Multivariate Lieferantenbewertung : empirische gestützte Konzeption eines anforderungsgerechten Bewertungssystems 9783834981059, 3834981052, 9783834911568, 3834911569 [PDF]


136 41 4MB

German Pages 433 Year 2008

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Papiere empfehlen

Multivariate Lieferantenbewertung : empirische gestützte Konzeption eines anforderungsgerechten Bewertungssystems
 9783834981059, 3834981052, 9783834911568, 3834911569 [PDF]

  • 0 0 0
  • Gefällt Ihnen dieses papier und der download? Sie können Ihre eigene PDF-Datei in wenigen Minuten kostenlos online veröffentlichen! Anmelden
Datei wird geladen, bitte warten...
Zitiervorschau

Christian G. Janker Multivariate Lieferantenbewertung

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Christian G. Janker

Multivariate Lieferantenbewertung Empirisch gestützte Konzeption eines anforderungsgerechten Bewertungssystems 2., aktualisierte und erweiterte Auflage

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Technische Universität Dresden, 2004

1. Auflage Dezember 2004 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer,r Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1156-8

Geleitwort

V

Geleitwort

Die betriebliche Beschaffungsfunktion hat in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Bedeutungszuwachs erfahren, so dass sie sich im Gegensatz zur operativen Unterstützung von Produktions- und Absatzaktivitäten des Unternehmens heute als strategischer Erfolgsfaktor sieht, deren Aktivitäten das Betriebsergebnis beträchtlich beeinflussen. Diese Entwicklung wurde vor allem durch die Konzentration auf die Kernkompetenzen eines Unternehmens und die damit verbundene Reduktion der Fertigungstiefe ausgelöst, die zu einem deutlichen Anstieg des Einkaufsvolumens geführt hat. Insbesondere im Bereich des Supply Network Managements wird eine strategische, langfristige und vor allem partnerschaftliche Zusammenarbeit der Beteiligten angestrebt. Ein konsequentes und systematisches Lieferantenmanagement, verbunden mit der Identifikation, Bewertung, Auswahl und Förderung der richtigen Zulieferer, bildet die Grundlage für eine erfolgreiche, partnerschaftliche Integration und einen nachhaltigen Unternehmenserfolg, da die Leistungskraft jedes Unternehmens direkt von der Leistungsfähigkeit seiner Zulieferer abhängt. Das zentrale Element im Rahmen eines erfolgreichen Lieferantenmanagements ist eine anforderungsadäquate, objektive und leistungsfähige Lieferantenbewertung. Insbesondere in den Phasen der Lieferantenbewertung, -auswahl und -kontrolle ist ein Defizit an einer systematischen, der jeweiligen Situation angepassten Vorgehensweise erkennbar. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Punkt an und zeigt zunächst deutlich die Schwächen der bisherigen Lieferantenbewertungsverfahren auf. Es gelingt dem Autor, auf der Basis einer fundierten theoretischen und empirischen Analyse des Lieferantenmanagements einen neuen Ansatz zur Lieferantenbewertung zu entwickeln. Der Autor geht jedoch darüber hinaus und zeigt, wie sein konzipiertes System den gesamten Prozess des Lieferantenmanagements unterstützen kann. Von der ersten Phase, der Lieferantenidentifikation, bis hin zur Steuerung der Lieferantenbeziehung durch Sanktionen und Anreize werden anhand einer Praxisfallstudie die Einsatzmöglichkeiten überzeugend präsentiert. Die Arbeit enthält somit zum einen eine strukturierte, stringente Darstellung des Prozesses des Lieferantenmanagements, die durch wichtige empirische Befunde ergänzt wird, zum anderen die Konzeption eines leistungsfähigen Bewertungssystems, das sich durch eine hohe Originalität auszeichnet. Die vorliegende Darstellung wendet sich an Wissenschaftler und Praktiker, die an neuen Ideen und Weiterentwicklungen des Lieferantenmanagements und

VI

Geleitwort

insbesondere der Lieferantenbewertung interessiert sind. Ich wünsche der Arbeit eine weite Verbreitung in Forschung, Lehre und Praxis.

Prof. Dr. Rainer Lasch

Vorwort

VII

Vorwort zur zweiten Auflage

Der relativ rasche Abverkauf der Startauflage sowie häufige Nachfragen von praktischer, akademischer und dort vor allem auch von studentischer Seite ließen erfreulicher Weise eine zweite Auflage des vorliegenden Buches zu. Die überwiegend positiven Reaktionen auf die erste Auflage bestärkten mich darin, die Grundkonzeption des Werks unverändert zu lassen. So beschränken sich die Neuerungen zum einen auf die Korrektur von formalen Fehlern. Zum anderen wurde eine neue, im Nachgang dieser Arbeit entstandene, weitere empirische Untersuchung zum Lieferantenmanagement (mit Fokus auf klein- und mittelständischen Unternehmen) eingearbeitet. Die Ergebnisse dieser Studie aus dem Jahr 2006 finden sich vor allem im Anhang und enthalten interessante Vergleiche zum Lieferantenmanagement in Großunternehmen. So konnte diese zweite Auflage nicht zuletzt auch inhaltlich bereichert werden. Über Anregungen, Kritik und Hinweise freue ich mich jederzeit! Dresden, im April 2008

Christian G. Janker

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2003 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Dresden als Dissertationsschrift angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Logistik. Für die Unterstützung, die ich beim Abfassen der Arbeit erfahren habe, möchte ich mich bei allen Beteiligten herzlich bedanken. Allen voran gilt mein Dank meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Rainer Lasch, der meinen Weg bereits während meines Studiums in Augsburg stets wohlwollend begleitet hat. Er bestärkte mich darin, eine akademische Laufbahn einzuschlagen und ermöglichte mir an seinem Lehrstuhl in Dresden die Promotion in einer von ihm geschaffenen angenehmen Arbeitsatmosphäre. Für die zügige Anfertigung der Gutachten danke ich neben meinem

VIII

Vorwort

akademischen Lehrer auch Herrn Prof. Dr. Hermann Locarek-Junge sowie Herrn Prof. Dr. Otto Opitz. Wertvolle Unterstützung erhielt ich zudem von meinen Kollegen und Freunden am Lehrstuhl. In erster Linie seien dabei Herr Dipl.-Kfm. Christian Friedrich sowie Herr Dipl.-Ing. Arne Lemke genannt. Sie sorgten nicht nur für ein hervorragendes Arbeitsklima, sondern haben die Arbeit auch in fachlicher Hinsicht befruchtet. Bedanken möchte ich mich auch bei den studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls für die zuverlässige und schnelle Versorgung mit der von mir angeforderten Literatur. Herzlicher Dank gebührt schließlich meinen Eltern, die mir auf meinem bisherigen Weg stets die notwendige Freiheit, Förderung und Anteilnahme haben zukommen lassen, die nicht zuletzt für die Anfertigung einer solchen Arbeit unerlässlich sind. Dresden, im November 2004

Christian G. Janker

Inhaltsverzeichnis

IX

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort Vorwort

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis

V VII

IX XV XIX

Abkürzungsverzeichnis

XXIII

Symbolverzeichnis

XXV

1.

Einführung...................................................................................................................... 1

1.1

Problemstellung und Zielsetzung .................................................................................... 1 1.1.1 Lieferantenmanagement als Erfolgsfaktor für das Unternehmen ........................ 1 1.1.2 Schwächen des bestehenden Lieferantenmanagements....................................... 3 1.1.3 Forschungsfrage und Zielsetzung ........................................................................ 6

1.2

Aufbau der Arbeit ............................................................................................................ 8

1.3

Forschungsmethodik ...................................................................................................... 11

2.

Lieferantenmanagement.............................................................................................. 13

2.1

Einordnung des Lieferantenmanagements in die Beschaffung...................................... 13 2.1.1 Begriff und Bedeutung der Beschaffung ........................................................... 13 2.1.2 Ziele in der Beschaffung .................................................................................... 15 2.1.3 Phasen des Beschaffungsprozesses.................................................................... 19 2.1.4 Lieferantenmanagement als Teil des Beschaffungsprozesses ........................... 23

2.2

Determinanten des Lieferantenmanagements ................................................................ 25 2.2.1 Beschaffungsobjektmerkmale............................................................................ 25 2.2.2 Beschaffungsstrategien ...................................................................................... 26 2.2.3 Nachfrage- und Angebotsstruktur...................................................................... 29 2.2.4 Bewertungsmotiv und Kaufsituation ................................................................. 29

X

2.3

Inhaltsverzeichnis

Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick ............................................ 32 2.3.1 Lieferantenvorauswahl....................................................................................... 34 2.3.1.1 Lieferantenidentifikation....................................................................... 35 2.3.1.2 Lieferanteneingrenzung ........................................................................ 36 2.3.1.2.1 Selbstauskunft des Lieferanten ............................................. 37 2.3.1.2.2 Zertifikate ............................................................................. 39 2.3.1.2.3 K.O.-Kriterien....................................................................... 40 2.3.2 Lieferantenanalyse und –bewertung .................................................................. 41 2.3.3 Lieferantenauswahl ............................................................................................ 45 2.3.4 Lieferantencontrolling........................................................................................ 46 2.3.5 Steuerung der Lieferantenbeziehung ................................................................. 49 2.3.5.1 Steuerungsinstrumentarien.................................................................... 50 2.3.5.2 Maßnahmen der Lieferantenbeeinflussung........................................... 52

2.4

Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick ..................................................... 54 2.4.1 Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Untersuchung .................... 55 2.4.1.1 Forschungsmethodische Einordnung der Studie................................... 56 2.4.1.2 Konstruktion des Erhebungsinstrumentes............................................. 56 2.4.1.3 Festlegung von Untersuchungsfeld und Stichprobe ............................. 59 2.4.1.4 Untersuchungsverlauf ........................................................................... 60 2.4.1.5 Statistische Verfahren der Datenauswertung ........................................ 64 2.4.2 Ausgewählte Ergebnisse der Studie................................................................... 64 2.4.2.1 Lieferantenvorauswahl und –analyse.................................................... 64 2.4.2.2 Lieferantencontrolling und –steuerung ................................................. 70 2.4.3 Exkurs: Studie zum Lieferantenmanagement in KMU...................................... 76

3.

Lieferantenbewertung ................................................................................................. 77

3.1

Bedeutung der Lieferantenbewertung............................................................................ 77

3.2

Ziele der Lieferantenbewertung..................................................................................... 80

3.3

Anforderungen an die Lieferantenbewertung ................................................................ 82

3.4

Bewertungskriterien....................................................................................................... 86 3.4.1 Klassifizierung von Kriterien............................................................................. 87 3.4.1.1 Mengenleistung..................................................................................... 88 3.4.1.2 Qualitätsleistung ................................................................................... 88 3.4.1.3 Logistikleistung..................................................................................... 89

Inhaltsverzeichnis

XI

3.4.1.4 Entgeltleistung ...................................................................................... 91 3.4.1.5 Serviceleistung...................................................................................... 92 3.4.1.6 Informations- und Kommunikationsleistung ........................................ 93 3.4.1.7 Innovationsleistung ............................................................................... 94 3.4.1.8 Umweltleistung ..................................................................................... 94 3.4.2 Verfahren der Kriterienauswahl......................................................................... 97 3.5

Verfahren der Lieferantenbewertung........................................................................... 101 3.5.1 Quantitative Verfahren..................................................................................... 102 3.5.1.1 Preis-Entscheidungsanalyse ................................................................ 102 3.5.1.1.1 Preisbeobachtung................................................................ 103 3.5.1.1.2 Preisvergleich ..................................................................... 103 3.5.1.1.3 Preisstrukturanalyse............................................................ 104 3.5.1.2 Kosten-Entscheidungsanalyse............................................................. 107 3.5.1.3 Optimierungsverfahren ....................................................................... 108 3.5.1.4 Kennzahlenverfahren .......................................................................... 109 3.5.1.5 Bilanzanalyse ...................................................................................... 113 3.5.2 Qualitative Verfahren....................................................................................... 115 3.5.2.1 Numerische Verfahren ........................................................................ 116 3.5.2.1.1 3.5.2.1.2 3.5.2.1.3 3.5.2.1.4

Notensysteme...................................................................... 116 Punktbewertungsverfahren ................................................. 118 Matrix-Approach ................................................................ 123 Nutzwertanalyse ................................................................. 125

3.5.2.2 Verbale Verfahren............................................................................... 128 3.5.2.2.1 Checklistenverfahren .......................................................... 128 3.5.2.2.2 Portfolio-Analyse................................................................ 128 3.5.2.2.3 Lieferantentypologien......................................................... 136 3.5.2.3 Graphische Verfahren ......................................................................... 140 3.5.2.3.1 Profilanalyse ....................................................................... 140 3.5.2.3.2 Lieferanten-Gap-Analyse ................................................... 143 3.5.3 Weitere Ansätze zur Lieferantenbewertung..................................................... 145 3.5.3.1 Expertensysteme ................................................................................. 146 3.5.3.1.1 Operatorbasierte Lieferantenbewertung ............................. 147 3.5.3.1.2 Fuzzy Logic-basierte Lieferantenbewertung ...................... 148 3.5.3.2 Geldwertmethode ................................................................................ 151

XII

Inhaltsverzeichnis

3.5.3.3 Komplexe Verfahrensansätze im Überblick ....................................... 153 3.5.3.3.1 Analytic Hierarchy Process und Erweiterungen................. 153 3.5.3.3.2 Principal Component Analysis ........................................... 153 3.5.3.3.3 Activity-Based-Costing ...................................................... 155 3.5.3.3.4 Cluster Analysis.................................................................. 156 3.6

Lieferantenbewertung in der Praxis............................................................................. 158 3.6.1 Betriebliche Rahmenbedingungen ................................................................... 158 3.6.2 Ziele und Anforderungen ................................................................................. 163 3.6.3 Bewertungskriterien und Entscheidungssituationen ........................................ 165 3.6.4 Bekanntheit und Bedeutung der Bewertungsverfahren ................................... 167

3.7

Kritische Würdigung der Verfahren ............................................................................ 173

4.

Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse .................. 177

4.1

Faktorenanalyse ........................................................................................................... 177 4.1.1 Einordnung der Faktorenanalyse ..................................................................... 179 4.1.2 Teilschritte der Faktorenanalyse ...................................................................... 181 4.1.2.1 Errechnung der Korrelationsmatrix .................................................... 185 4.1.2.2 Extraktion der Faktoren ...................................................................... 188 4.1.2.2.1 Das faktorenanalytische Modell ......................................... 188 4.1.2.2.2 Kommunalitäten und Eigenwerte ....................................... 191 4.1.2.2.3 Faktorextraktionsverfahren................................................. 192 4.1.2.3 Faktorrotation...................................................................................... 204 4.1.2.4 Bestimmung der Faktorwerte.............................................................. 208

4.2

Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems ...................................................... 213 4.2.1 Schritt I: Festlegung der Bewertungskriterien ................................................ 215 4.2.2 Schritt II: Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale.............................. 217 4.2.3 Schritt III: Durchführung der Faktorenanalyse............................................... 221 4.2.4 Schritt IV: Interpretation des Faktorwerteplots .............................................. 222

4.3

Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems ...................................... 227 4.3.1 Einsatz in der Lieferantenvorauswahl.............................................................. 228 4.3.2 Einsatz in der Lieferantenbewertung und –auswahl ........................................ 238 4.3.2.1 Manuell ungewichtete Lieferantenmerkmale...................................... 239 4.3.2.2 Gewichtete Lieferantenmerkmale ....................................................... 253 4.3.3 Einsatz in Lieferantencontrolling und -steuerung............................................ 265

Inhaltsverzeichnis

XIII

4.3.3.1 Auswahl von Partnern zur Lieferantenförderung ............................... 265 4.3.3.2 Klassifikation und Repräsentation des Lieferantenstammes .............. 273 4.4

Vorteile und Grenzen des Lieferanten-Bewertungs-Systems ...................................... 285

5.

Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements ....... 291

5.1

Klassifikation mit der Clusteranalyse .......................................................................... 291 5.1.1 Grundkonzept der Clusteranalyse .................................................................... 291 5.1.1.1 Distanzmatrix ...................................................................................... 292 5.1.1.2 Klassifikationstyp ............................................................................... 294 5.1.1.3 Clusteranalyseverfahren...................................................................... 295 5.1.1.3.1 Partitionierende Verfahren.................................................. 295 5.1.1.3.2 Hierarchische Verfahren ..................................................... 296 5.1.2

5.2

Anwendung zur Lieferantenvorauswahl ................................................... 299

Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung (MDS).................................. 303 5.2.1 Grundkonzept der MDS nach Kruskal............................................................. 303 5.2.2 Anwendung zur Lieferantenvorauswahl .......................................................... 305 5.2.3 Anwendung zur manuellen Kriteriengewichtung ............................................ 307

6.

Schlussbetrachtung .................................................................................................... 310

6.1

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ........................................................... 310

6.2

Ausblick und offene Fragen......................................................................................... 314

Anhang .................................................................................................................................. 321

Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 387

Abbildungsverzeichnis

XV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1–1: Aufbau der Arbeit ....................................................................................... 10 Abbildung 2–1: Übersicht einzelner Zielebenen................................................................... 16 Abbildung 2–2: Übersicht einzelner Instrumentalziele......................................................... 18 Abbildung 2–3: Phasen des Beschaffungsprozesses............................................................. 19 Abbildung 2–4: Beschaffungs- und Lieferantenmanagementprozess................................... 23 Abbildung 2–5: Prozessschritte des Lieferantenmanagements............................................. 33 Abbildung 2–6: Veränderung von Lieferantenanzahl und Informationsmenge im Selektionsprozess................................................................................... 36 Abbildung 2–7: Informationsflüsse im Rahmen des Lieferantencontrollings ...................... 49 Abbildung 2–8: Untersuchungsmodell ................................................................................. 55 Abbildung 2–9: Rücklauf nach Branchen ............................................................................. 63 Abbildung 2–10: Rücklauf nach Unternehmensgröße (Beschäftigtenzahlen)........................ 63 Abbildung 2–11: Intensität der Beschaffungsmarktforschung................................................ 65 Abbildung 2–12: Intensität vs. Inhalte der Beschaffungsmarktforschung.............................. 65 Abbildung 2–13: Durchschnittlich genutzte Informationsquellen nach Branchen ................. 66 Abbildung 2–14: Nutzung von Informationsquellen zur Beschaffungsmarktforschung ........ 67 Abbildung 2–15: Bedeutung der Inhalte des Lieferantenfragebogens.................................... 67 Abbildung 2–16: Häufigkeit der Auditierung durch den Abnehmer ...................................... 68 Abbildung 2–17: Am häufigsten angewandte Auditarten....................................................... 69 Abbildung 2–18: Anzahl der in der Vorauswahl berücksichtigten Lieferanten nach Branchen............................................................................................. 69 Abbildung 2–19: Vergleich der Kennzahlen zwischen Lieferantencontrolling und –auswahl .............................................................................................. 71 Abbildung 2–20: Angewandte Klassifizierungssystematiken................................................. 71 Abbildung 2–21: Klassifizierungsmerkmale in der Praxis ..................................................... 72 Abbildung 2–22: Lieferantencontrolling nach Materialklassen.............................................. 73 Abbildung 2–23: Anreizinstrumente in Abhängigkeit von der Lieferantenleistung............... 74 Abbildung 2–24: Sanktionen in Abhängigkeit von der Lieferantenleistung........................... 75 Abbildung 3–1: Anforderungen an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung...................... 86 Abbildung 3–2: Versorgungsrisiko-ABC-Portfolio.............................................................. 99

XVI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3–3: Qualifiziertes Notensystem....................................................................... 117 Abbildung 3–4: Marktmacht-Portfolio ............................................................................... 130 Abbildung 3–5: Versorgungsstörungen-Anfälligkeits-Portfolio......................................... 131 Abbildung 3–6: Beschaffungsgüter-Portfolio .................................................................... 132 Abbildung 3–7: Standardstrategien des Beschaffungsgüter-Portfolio................................ 133 Abbildung 3–8: Lieferanten-Portfolio................................................................................. 134 Abbildung 3–9: Beschaffungsgüter-Lieferanten-Portfolio ................................................. 135 Abbildung 3–10: Drei Dimensionen von Einflussfaktoren auf die Lieferantenauswahl ...... 138 Abbildung 3–11: Risiko-Lieferfähigkeitsmatrix und Lieferantenauswahl-Matrix .............. 139 Abbildung 3–12: Polaritätenprofile....................................................................................... 141 Abbildung 3–13: Polarprofile................................................................................................ 142 Abbildung 3–14: Polarprofile mit Mindestanforderungen ................................................... 143 Abbildung 3–15: Lieferanten-Gap-Analyse ......................................................................... 145 Abbildung 3–16: Aufbau eines Expertensystems ................................................................. 147 Abbildung 3–17: Zugehörigkeitsfunktion Kriterium „Geographische Lage“ ...................... 148 Abbildung 3–18: Linguistische Variable „Geographische Lage“, Zugehörigkeitsfunktionen ................................................................................................ 150 Abbildung 3–19: Geldwertmethode ..................................................................................... 152 Abbildung 3–20: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen ....................................................... 159 Abbildung 3–21: Intensität der Lieferantenbewertung in Abhängigkeit der Beschaffungsstrukturen............................................................................. 160 Abbildung 3–22: An der Lieferantenbewertung beteiligte Fachbereiche ............................. 161 Abbildung 3–23: Durchschnittliche Anzahl der an der Lieferantenbewertung beteiligten Fachbereiche nach Branchen .................................................. 161 Abbildung 3–24: Softwareeinsatz bei der Lieferantenbewertung......................................... 162 Abbildung 3–25: Ziele der Lieferantenbewertung nach Nennung........................................ 163 Abbildung 3–26: Anforderungen an die Verfahren der Lieferantenbewertung .................... 164 Abbildung 3–27: Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit der Entscheidungssituation..................................................................................................... 165 Abbildung 3–28: Durchschnittliche Anzahl der Entscheidungssituationen je Hauptkriterium ...................................................................................... 166 Abbildung 3–29: Durchschnittliche Anzahl der Hauptkriterien je Entscheidungssituation ........................................................................ 167

Abbildungsverzeichnis

XVII

Abbildung 3–30: Bekanntheit der Lieferantenbewertungsverfahren .................................... 168 Abbildung 3–31: Durchschnittliche Anzahl der bekannten Verfahren nach Branchen ........ 169 Abbildung 3–32: Nutzung der Bewertungsverfahren ........................................................... 170 Abbildung 3–33: Durchschnittliche Anzahl der genutzten Verfahren nach Branchen ......... 171 Abbildung 3–34: Zufriedenheit hinsichtlich der bisher genutzten Verfahren....................... 172 Abbildung 3–35: Aussagen zur Lieferantenbewertung......................................................... 173 Abbildung 4–1: Dreistufige Beurteilung von QUALITÄT und ZUVERLÄSSIGKEIT .... 182 Abbildung 4–2: Teilschritte der Faktorenanalyse ............................................................... 184 Abbildung 4–3: Methoden der explorativen Faktorenanalyse zur Faktorextraktion .......... 199 Abbildung 4–4: Scree-Test im Ausgangsbeispiel ............................................................... 201 Abbildung 4–5: Graphische Darstellung des Zwei-Variablen-Beispiels ............................ 203 Abbildung 4–6: Graphische Darstellung des Schwerpunktes ............................................. 204 Abbildung 4–7: Variablen und Faktoren............................................................................. 208 Abbildung 4–8: Faktorwerteplot (unrotiert) des Ausgangsbeispiels .................................. 211 Abbildung 4–9: Faktorwerteplot (rotiert) des Ausgangsbeispiels ...................................... 212 Abbildung 4–10: Das Lieferanten-Bewertungs-System ....................................................... 213 Abbildung 4–11: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems.................................... 214 Abbildung 4–12: Kriterienanzahl in den Teilschritten des Lieferantenmanagementprozesses ................................................................................................... 217 Abbildung 4–13: Deskriptive Analyseverfahren................................................................... 220 Abbildung 4–14: Faktorwerteplotbeispiel mit Cluster und Ellipsenverhältnis 36,7:57,9..... 225 Abbildung 4–15: Häufigkeitsauszählungen der ordinalen Merkmale mit Idealwerten ....... 230 Abbildung 4–16: Histogramm des Merkmales PREIS mit Idealwert ................................... 231 Abbildung 4–17: Box-Plot des Merkmals PREIS mit Idealwert ......................................... 231 Abbildung 4–18: Scree-Test.................................................................................................. 233 Abbildung 4–19: Rotierter Faktorwerteplot der Lieferantenvorauswahl .............................. 236 Abbildung 4–20: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in der Lieferantenvorauswahl.............................................................................. 238 Abbildung 4–21: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl ausgewählter ordinaler Kriterien mit Idealwerten ......................................................... 242 Abbildung 4–22: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl ausgewählter ordinaler Kriterien mit Idealwerten ......................................................... 243 Abbildung 4–23: Box-Plots für die kardinalen Merkmale mit Idealwerten.......................... 244

XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4–24: Kreuztabelle QUALITÄT versus ERFAHRUNG mit Idealwert .............. 245 Abbildung 4–25: Zweidimensionaler rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenauswahl ................................................................................... 250 Abbildung 4–26: Dreidimensionaler rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenauswahl ................................................................................... 251 Abbildung 4–27: Rotierter gewichteter Faktorwerteplot ...................................................... 259 Abbildung 4–28: Gewichtete Subkriterien und übergeordnete Hauptkriterien .................... 261 Abbildung 4–29: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in der Lieferantenauswahl ................................................................................... 264 Abbildung 4–30: Häufigkeitsauszählungen der ordinalen Merkmale mit Idealwerten ....... 267 Abbildung 4–31: Sterndiagramme der potentiellen Förderungspartner und Ideallieferant ............................................................................................. 268 Abbildung 4–32: Rotierter Faktorwerteplot der Innovationsleistungs-Subkriterien............. 271 Abbildung 4–33: Rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenstrukturanalyse.................... 276 Abbildung 4–34: Lieferantenportfolio in der Lieferantenstrukturanalyse ............................ 278 Abbildung 4–35: Benchmarking-Cluster der Dogs-Lieferanten ........................................... 281 Abbildung 4–36: Optionen im Lieferantenportfolio der Lieferantenstrukturanalyse ........... 282 Abbildung 4–37: Beispiel einer hierarchischen Lieferantenstrukturanalyse ........................ 283 Abbildung 4–38: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in Lieferantencontrolling und -steuerung...................................................... 284 Abbildung 5–1: Dendrogramm ........................................................................................... 297 Abbildung 5–2: Ellenbogenkriterium des Average-Linkage-Verfahrens ........................... 300 Abbildung 5–3: Dendrogramm der Average-Linkage-Lösung........................................... 301 Abbildung 5–4: Innerklassendistanzen und Klassenmittelwerte der 3-Klassen-Lösung ..................................................................................... 302 Abbildung 5–5: Zweidimensionale Repräsentation mittels NMDS nach Kruskal ............. 306 Abbildung 5–6: Zweidimensionale Repräsentation der NMDS bei manueller Kriteriengewichtung ................................................................................. 308 Abbildung 6–1: Managementkonzepte entlang der Supply Chain ..................................... 316

Tabellenverzeichnis

XIX

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2–1: Übersicht einzelner Zielaspekte ....................................................................... 15 Tabelle 2–2: Entscheidungssituationen ................................................................................. 30 Tabelle 2–3: Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung ................................... 35 Tabelle 2–4: Vergleich von Rücklaufquoten ........................................................................ 62 Tabelle 2–5: Informationsweitergabe im Lieferantencontrolling ......................................... 74 Tabelle 3–1: Haupt- und Subkriterien der Lieferantenbewertung ........................................ 96 Tabelle 3–2: Preisvergleich ................................................................................................ 104 Tabelle 3–3: Kalkulation des Angebotspreises eines Produktes ......................................... 105 Tabelle 3–4: Ausgewählte Logistikkennzahlen .................................................................. 111 Tabelle 3–5: Interpretation der Gesamtwertzahl................................................................. 112 Tabelle 3–6: Fragenkatalog zur Bilanzanalyse ................................................................... 114 Tabelle 3–7: Bilanzanalyse ................................................................................................. 115 Tabelle 3–8: Ergebnis einer Bewertung mit dem Indexsystem........................................... 118 Tabelle 3–9: 100-Punkte-Bewertungssystem...................................................................... 119 Tabelle 3–10: Scoring-Modell .............................................................................................. 121 Tabelle 3–11: Matrix-Approach............................................................................................ 124 Tabelle 3–12: Nutzwertanalyse ............................................................................................. 127 Tabelle 3–13: Regelblock zur Bewertung des Standortes..................................................... 150 Tabelle 3–14: Ausprägungen der Anforderungen ................................................................. 174 Tabelle 3–15: Beurteilung der Bewertungsverfahren ........................................................... 176 Tabelle 4–1: Einteilung strukturen-prüfender Verfahren.................................................... 180 Tabelle 4–2: Quantitative Datenmatrix des Ausgangsbeispiels .......................................... 182 Tabelle 4–3: Korrelationsmatrix R für das Ausgangsbeispiel ............................................ 187 Tabelle 4–4: Faktorladungen ljk und Kommunalitäten hj2 ................................................ 191 Tabelle 4–5: Faktorladungsmatrix mit quadrierten Faktorladungen und Eigenwerten....... 201 Tabelle 4–6: Erklärungsanteile der Faktoren im Ausgangsbeispiel.................................... 202 Tabelle 4–7: Spiegelbildlich identische Korrelationsmatrix mit Winkelausdrücken.......... 203 Tabelle 4–8: Faktorladungsmatrix des Ausgangsbeispiels ................................................. 205 Tabelle 4–9: Rotierte Faktorladungsmatrix des Ausgangsbeispiels ................................... 205 Tabelle 4–10: Faktorwerte (unrotiert) für das Ausgangsbeispiel ......................................... 210

XX

Tabellenverzeichnis

Tabelle 4–11: Durchschnittliche Anzahl der Hauptbewertungskriterien je Entscheidungssituation .................................................................................. 215 Tabelle 4–12: Bewertungskriterien und deren Skalenniveau................................................ 219 Tabelle 4–13: Berechnung der City-Block-Distanzen anhand der Faktorwerte ................... 227 Tabelle 4–14: Datenmatrix in der Lieferantenvorauswahl.................................................... 229 Tabelle 4–15: Univariate deskriptive Analyse des Merkmals PREIS mit Idealwert ............ 231 Tabelle 4–16: Korrelationsmatrix der Lieferanten in der Lieferantenvorauswahl................ 232 Tabelle 4–17: Eigenwerte und Erklärungsanteile ................................................................. 233 Tabelle 4–18: Faktorladungsmatrix ...................................................................................... 233 Tabelle 4–19: Rotierte Faktorladungsmatrix......................................................................... 234 Tabelle 4–20: Erklärungsanteile nach Rotation .................................................................... 234 Tabelle 4–21: Faktorwerte (nach Rotation) in der Lieferantenvorauswahl .......................... 235 Tabelle 4–22: Bewertungskriterien bei der Lieferantenauswahl........................................... 240 Tabelle 4–23: Datenmatrix in der Lieferantenauswahl ......................................................... 241 Tabelle 4–24: Univariate deskriptive Statistik in der Lieferantenauswahl kardinaler Kriterien........................................................................................ 244 Tabelle 4–25: Korrelationsmatrix der Lieferantenmerkmale in der Lieferantenauswahl (Auszug)......................................................................................................... 246 Tabelle 4–26: Eigenwerte und Erklärungsanteile der ersten fünf Faktoren.......................... 246 Tabelle 4–27: Faktorladungsmatrix ...................................................................................... 247 Tabelle 4–28: Rotierte Faktorladungsmatrix......................................................................... 248 Tabelle 4–29: Erklärungsanteile nach Rotation .................................................................... 249 Tabelle 4–30: Faktorwerte in der Lieferantenauswahl.......................................................... 249 Tabelle 4–31: Erklärungsanteile nach Rotation .................................................................... 252 Tabelle 4–32: Rotierte Faktorladungsmatrix mit drei Faktoren............................................ 252 Tabelle 4–33: Haupt- und zugeordnete Subkriterien mit a priori Gewichten ....................... 254 Tabelle 4–34: Fiktive Kommunalitäten der Hauptkriterien .................................................. 255 Tabelle 4–35: A priori und a posteriori Gewichte................................................................. 256 Tabelle 4–36: Gewichte in der Lieferantenvorauswahl ........................................................ 258 Tabelle 4–37: Rotierte Faktorladungsmatrix und Kommunalitäten...................................... 258 Tabelle 4–38: Korrigierte Gewichte in der Lieferantenvorauswahl...................................... 258 Tabelle 4–39: Beispielskala der gewichteten Lieferantenmerkmale (Auszug)..................... 262 Tabelle 4–40: Ausgangsdaten für die Faktorenanalyse......................................................... 263

Tabellenverzeichnis

XXI

Tabelle 4–41: Auswahl von Entwicklungspartnern – Datenmatrix ...................................... 266 Tabelle 4–42: Korrelationsmatrix der Lieferanten im Lieferantencontrolling...................... 268 Tabelle 4–43: Eigenwerte und Erklärungsanteile ................................................................. 269 Tabelle 4–44: Faktorladungsmatrix ...................................................................................... 269 Tabelle 4–45: Rotierte Faktorladungsmatrix......................................................................... 270 Tabelle 4–46: Erklärungsanteile nach Rotation .................................................................... 270 Tabelle 4–47: Faktorwerte bei der Auswahl von Entwicklungspartnern .............................. 271 Tabelle 4–48: Berechnung der City-Block-Distanzen anhand der Faktorwerte ................... 272 Tabelle 4–49: Klassifikation und Repräsentation des Lieferantenstammes – Datenmatrix.. 275 Tabelle 4–50: Beurteilung des Lieferanten-Bewertungs-Systems mit der Faktorenanalyse ............................................................................................. 286 Tabelle 4–51: Erfüllung der Anforderungen durch das Lieferanten-BewertungsSystem............................................................................................................ 288 Tabelle 5–1: Matrix der paarweisen Objektdistanzen (Auszug)......................................... 293 Tabelle 5–2: Manuelle Gewichte in der Lieferantenvorauswahl ........................................ 307

Abkürzungsverzeichnis

XXIII

Abkürzungsverzeichnis

AHP Bd.

Analytic Hierarchy Process Band

BDI BME bspw. bzgl. bzw. CA CAPS CEO CRM DIN d.h. d. Verf. Diss. DQS ebd. EDV E-Mail EMAS

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. beispielsweise bezüglich beziehungsweise Cluster Analysis Center for Advanced Purchasing Studies Chief Executive Officer Customer Relationship Management Deutsches Institut für Normung das heißt der Verfasser Dissertation Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von QS-Systemen ebenda Elektronische Datenverarbeitung Electronic Mail Eco-Management and Auditing Scheme

EN eRFI eRFP eRFQ et al. etc. e.V. EWG f. ff.

Europanorm Electronic Request for Information Electronic Request for Proposal Electronic Request for Quotation et alii (und andere) et cetera (und so weiter) eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende

F+E G+V H. HCA HKZ

Forschung und Entwicklung Gewinn- und Verlustrechnung Heft Hierarchical Cluster Analysis Hauptkennzahl

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

Hrsg. insb.

Herausgeber insbesondere

ISO IT JiT KMO max. MCM MDS Mio. MSA NAPM NMDS Nr. o.J. o.V. p.a. PCA pdf PRM

International Organization for Standardization Informationstechnologie Just-in-Time Kaiser-Meyer-Olkin maximal Multi Channel Management Multidimensionale Skalierung Millionen Measure of Sampling Adequacy National Association of Purchasing Management Nichtmetrische Multidimensionale Skalierung Nummer ohne Jahresangabe ohne Verfasser per annum (pro Jahr) Principal Component Analysis Portable Document Format Partner Relationship Management

QM QS S. SCM SRM SRN TQM TÜV u.a. UM usw. u.z. v.a. vgl. vs. WT www z.B.

Qualitätsmanagement Qualitätssicherung Seite Supply Chain Management Supplier Relationship Management Supplier Relationship Network Total Quality Management Technischer Überwachungs-Verein und andere Umweltmanagement und so weiter und zwar vor allem vergleiche versus Weighted Total World Wide Web zum Beispiel

Symbolverzeichnis

XXV

Symbolverzeichnis α

Signifikanzniveau

aij

Ausprägung des Merkmals j bei Objekt i

A = (aij)n,m b

Datenmatrix (n Objekte, m Merkmale) Bewertungsfunktion einer Konfiguration (Stress) Kovarianz zwischen den Faktoren u und v Kovarianzmatrix der rotierten Faktoren

uv  = (uv)k,k dLj DL= (dL1,...,dLm) eij E = (eij)n,m fis F = (fis)n,k f’’is F’’ = (f’’is)n,k css cst C = (cst)m,m dcd D = (dcd)n,n gij G = (gij)n,m h H0 H1 hj2

Ladungsvektor der spezifischen Faktorladung j Diagonalmatrix der m spezifischen Faktorladungen

λs

Eigenwert des Faktors s

ljs

Faktorladung des Faktors s auf Merkmal j Klassifikation des Schrittes ß Ladungsmatrix (m Merkmale, k Faktoren)

Kß L = (ljs)m,k l’’js L’’= (l’’js)m,k

Anti-Image des Merkmals j bei Objekt i Anti-Image-Matrix (n Objekte, m Merkmale) Faktorwert von Objekt i bei Faktor s Faktorwertematrix (n Objekte, k Faktoren) rotierter Faktorwert von Objekt i bei Faktor s Faktorwertematrix der rotierten Faktoren Varianz des Merkmals s Kovarianz zwischen Merkmal s und t (sŽ t) Varianz-/Kovarianzmatrix von F (k=m Hauptkomponenten) Distanz zwischen Objekt c und d Distanzmatrix der n Objekte Image des Merkmals j bei Objekt i Image-Matrix (n Objekte, m Merkmale) Homogenitätsindex einer Klassifikation Nullhypothese Alternativhypothese 1 Kommunalität des Merkmals j

rotierte Faktorladung des Faktors s auf Merkmal j Ladungsmatrix der rotierten Faktoren

μ

Fuzzy-Vektor (operatorbasierte Lieferantenbewertung)

M = {1,...,m}

Merkmalsmenge

N = {1,…,n}

Objektmenge

pxy

partieller Korrelationskoeffizient zwischen Merkmal x und y

XXVI

Symbolverzeichnis

q rxy R = (rxy)m,m R’ = (r’xy)m,m sss sst S = (sst)m,m sj

Anzahl der extrahierten Hauptkomponenten Korrelationskoeffizient zwischen Merkmal x und y Korrelationsmatrix der m Merkmale reduzierte Korrelationsmatrix

uij U = (uij)n,m v W

spezifischer Faktor (Objekt i, Merkmal j) Einzelrestmatrix (n Objekte, m Merkmale) Verschiedenheitsindex einer Klassifikation Lieferantenwertzahl

x

Mittelwert der Beobachtungswerte

Xß zij Z = (zij)n,m

Konfiguration der Schrittes ß standardisierte Ausprägung des Merkmals j bei Objekt i standardisierte Datenmatrix (n Objekte, m Merkmale)

Varianz der Merkmals s Kovarianz zwischen Merkmale s und t (sŽ t) Varianz-/Kovarianzmatrix von Z (m Merkmale) Standardabweichung des Merkmals j

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

1

1. Einführung 1.1 Problemstellung und Zielsetzung 1.1.1 Lieferantenmanagement als Erfolgsfaktor für das Unternehmen Die industriellen Märkte befinden sich weltweit in einer Phase des Umbruchs. Der sich vollziehende Strukturwandel ist geprägt durch Überkapazitäten, Globalisierung des Wettbewerbs sowie kürzere Innovations- und Produktlebenszyklen. Die zunehmende Anwendung von Internet-Technologien auch im Rahmen des Beschaffungsprozesses1, ob als globale Informationsquelle oder zur Vernetzung mit externen Partnern, stellt Wissenschaft und Praxis vor neue Herausforderungen: Eine Neugestaltung und Optimierung der vorhandenen Strukturen und Prozesse ist oftmals unumgänglich. Durch die deutlich gestiegene Wettbewerbsintensität infolge stärkerer internationaler Konkurrenzbeziehungen werden Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Fertigungstiefen zu reduzieren, um sich ausschließlich auf ihre Kernkompetenzfelder konzentrieren zu können. Die Reduzierung der Fertigungstiefe bedingt gleichzeitig eine Verlagerung des Wertschöpfungsanteils auf die extern zu beschaffenden Güter2 und erhöht die Abhängigkeit von den Lieferanten [vgl. Maron/Brückner, 1998, S. 722]. Der Erfolg eines Unternehmens wird somit in zunehmendem Maße durch die Fähigkeiten seiner Zulieferer bestimmt: „Die Leistungskraft jedes Unternehmens hängt direkt von der Leistungsfähigkeit seiner Zulieferer ab.“ [HOLTMANN, 1996, S. 52]. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich einerseits der Wettbewerb zwischen den Unternehmen stärker auch in die vorgelagerten Wertschöpfungsstufen verschiebt und andererseits die Beschaffung einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren hat [vgl. Buchholz, 2002, S. 365; Cousins, 2002, S. 71 sowie Jahns, 2003, S. 32]. Wurde die Beschaffung in der Vergangenheit ausschließlich als operative Unterstützungsfunktion der Produktions- und Absatzaktivitäten des Unternehmens gesehen, so versteht sie sich heute als ein strategischer Erfolgsfaktor, deren Aktivitäten einen beträchtlichen Einfluss auf das Betriebsergebnis ausüben [vgl. Arnold/Eßig, 2000, S. 122f.]. Mit einer Senkung der Beschaffungskosten um 1 % kann (in Abhängigkeit von der Branche) die gleiche Ergebniswirkung erzielt werden wie durch eine 8 bis 19%-ige Umsatzsteigerung im Vertrieb [vgl. Koppelmann, 2000, S. 7].

1

2

Zur wachsenden Bedeutung von Internet-Technologien in der Beschaffung vgl. JÖRS (2002, S. 37f.), BOGASCHEWSKY (1999), BOGASCHEWSKY/KRACKE (1999) sowie Kapitel 2.3.1.2. Zur Make-or-Buy-Entscheidung vgl. ANDERS (1994, S. 151ff.), ARNOLDS/HEEGE/TUSSING (1998, S. 327ff.) und BICHLER (1997, S. 37ff.).

2

Kapitel 1 – Einleitung

Konzepte wie das Supply Chain Management (SCM), in dessen Vordergrund eine ganzheitliche Optimierung aller Prozesse über die gesamte Wertschöpfungskette steht, haben in der jüngeren Vergangenheit große Aufmerksamkeit erfahren. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht die partnerschaftliche Ausgestaltung der Zuliefer-Abnehmer-Beziehung durch eine engere, integrierende Zusammenarbeit der Unternehmen mit ihren Lieferanten. Die Ziele dieser Integration sind Kostensenkung, Nullfehler-Belieferung, Übertragung von Entwicklungs- und Logistikverantwortung auf den Lieferanten sowie ein zunehmender Abbau der Anzahl von Teilelieferanten zugunsten weniger Baugruppen-, Modul- bzw. Systemlieferanten [vgl. Giunipero/Brand, 1996, S. 29ff.]. Zur Erreichung dieser Ziele spielt die Wahl der richtigen Partner und damit der Zugang zu Spitzentechnologien für die eigene Leistungsfähigkeit eine absolute Schlüsselrolle [vgl. Nachtweh, 1998, S. 41]. Das beschaffende Unternehmen muss über eine leistungsfähige Lieferantenstruktur verfügen, denn „ein „falscher“ Lieferant verursacht hohe Zusatzkosten und wirkt sich langfristig negativ auf den Unternehmenserfolg aus.“ [MARON/BRÜCKNER, 1998, S. 722]. Die Identifikation, Bewertung und Auswahl der richtigen Zulieferer bilden demnach die Grundlage für eine erfolgreiche Integration und den nachhaltigen Unternehmenserfolg – ein konsequentes und systematisches Lieferantenmanagement3 ist somit zwingend erforderlich. Die Bedeutung des Lieferantenmanagements wird dabei in Zukunft noch steigen, wie eine empirische Untersuchung von WAGNER (2001, S. 23ff.) belegt: Demnach wird das Lieferantenmanagement innerhalb von fünf Jahren einen Bedeutungszuwachs von durchschnittlich 34 % erfahren. Innerhalb des Lieferantenmanagements wird vor allem das Management der Lieferantenbasis4, das die Identifikation, Bewertung und Auswahl der Lieferanten beinhaltet, als mit Abstand wichtigstes Element gesehen, dessen Bedeutung im genannten Zeitraum um durchschnittlich 59 % zunehmen soll. Auch das Center for Advanced Purchasing Studies stellt in Zusammenarbeit mit der National Association of Purchasing Management und der Unternehmensberatung A.T. Kearney fest, dass die Bedeutung des Lieferantenmanagements innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zunehmen und speziell die Lieferantenauswahl detaillierter und präziser werden wird [vgl. CAPS/NAPM/A.T. KEARNEY, 1998]. Als weiteres Indiz für den Bedeutungszuwachs in der betrieblichen Praxis ist zu werten, dass in jüngster Zeit immer mehr spezialisierte Dienstleister5 das Lieferantenmanagement als Betätigungsfeld entdeckt haben.

3 4 5

Eine ausführliche Beschreibung der Inhalte des Lieferantenmanagements findet sich in Kapitel 2. Zum Prozess des Lieferantenmanagements vgl. Kapitel 2.3. Exemplarisch sei hier auf die Siemens Procurement and Logistics Services (SPLS) verwiesen.

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

3

Beide genannten Untersuchungen zeigen nicht nur die insgesamt steigende Bedeutung des Lieferantenmanagements auf, sondern betonen zusätzlich die Wichtigkeit einer richtigen Lieferantenidentifikation, –bewertung und –auswahl: Ein Unternehmen muss in der Lage sein, die sich am Beschaffungsmarkt ergebenden Erfolgspotentiale zu identifizieren, nach seinen Bedarfsanforderungen zu selektieren und in den eigenen Wertschöpfungsprozess zu integrieren (sowie durch aktive Einflussnahme zu steuern). Entscheidende Voraussetzung für ein erfolgreiches Lieferantenmanagement ist das Vorliegen objektiver und umfassender Bewertungsergebnisse. Diese dienen als Grundlage, die besten Zulieferer auszuwählen, frühzeitig Schwachstellen in der Leistungsfähigkeit der Lieferanten zu erkennen und Maßnahmen für deren Verbesserung entwickeln zu können. Eine anforderungsadäquate, leistungsfähige Lieferantenbewertung ist somit gleichzeitig Basis und wichtigstes Element des Lieferantenmanagements [vgl. Hoffmann/Lumbe, 2001, S. 92].

1.1.2 Schwächen des bestehenden Lieferantenmanagements Auch wenn das enorme Potential der Lieferanten und des Lieferantenmanagements zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Kapitel 1.1.1) von vielen Unternehmen erkannt worden ist, können sie dieses häufig nicht nutzen [vgl. Wagner, 2001, S. 25]. Oftmals wird lediglich sehr plakativ von der Notwendigkeit einer sorgfältigen und strategischen Lieferantenauswahl im Zusammenhang mit dem Aufbau einer kooperativen ZuliefererAbnehmer-Beziehung gesprochen. Insbesondere in den Phasen der Lieferantenbewertung, -auswahl und -kontrolle ist ein Defizit an einer systematischen, der jeweiligen Situation angepassten Vorgehensweise erkennbar [vgl. Roland Berger & Partner, o.J.]. Es stellt sich somit die Frage, worin die Ursachen für diese suboptimale Ausgestaltung des Lieferantenmanagements zu sehen sind. In einer Umfrage unter 463 CEOs der weltgrößten Unternehmen werden als wichtigste Hindernisse bei der Umsetzung effektiver und effizienter Lieferantenbeziehungen genannt [vgl. A.T. Kearney, 1997]: 1. Too many other competing initiatives (56 %). 2. Comfortable relationships with existing suppliers (48 %). 3. Lack of cooperation across business units (40 %). 4. Doubt that opportunities exist (36 %). 5. Inadequate monitoring and control systems (32 %). 6. Lack of adequate data to support analysis (32 %). 7. Lack of cooperation across functions (32 %). 8. Inadequate experience in managing a major improvement program (28 %).

4

Kapitel 1 – Einleitung

Offensichtlich dominieren zunächst einmal interne, organisatorische Schwachstellen wie Mangel an Zeit oder fehlende Kooperation zwischen den Geschäftseinheiten. Hier sind die Unternehmen gehalten, als erstes diese Hindernisse in der eigenen Organisation zu beseitigen. Der wichtigste, die Wissenschaft betreffende Hinderungsgrund ist die Aussage, dass anforderungsadäquate Monitoring- und Kontrollsysteme fehlen. Ein Maschinenbauunternehmen mit beispielsweise 5000 Kreditoren, von denen 850 Materiallieferanten sind, kann eine gewisse Transparenz über die Lieferanten in den verschiedenen Sektoren (Material, Dienstleistungen und Investitionsgüter) nur dann gewährleisten, wenn es eine Klassifikation und Repräsentation seiner Lieferanten vornimmt [vgl. Large, 2000, S. 98]. Eine im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführte, empirische Untersuchung des Lieferantenmanagements bei 193 Industrieunternehmen bestätigte ebenfalls die Bedeutung der Repräsentation und Klassifikation von Lieferanten und zeigte weitere Schwachstellen insbesondere der bestehenden Lieferantenbewertungsverfahren auf.6 Der Auftrag der Praxis zur Konstruktion eines leistungsfähigen Bewertungssystems, das auch Klassifikation, Repräsentation und Kontrolle von Lieferanten unterstützt, ist demnach evident. Bevor gezeigt wird, dass dieses methodische Defizit auch theoretisch bestätigt wird, soll zunächst ein kurzer, allgemeiner Überblick über die Literatur zum Lieferantenmanagement gegeben werden.7 Generell existieren in der einschlägigen Literatur nach wie vor nur sehr wenige Werke, die sich explizit mit dem Lieferantenmanagement auseinandersetzen [vgl. Wagner, 2001, S. 87], wenngleich einige Veröffentlichungen aus jüngerer Zeit8 auf dessen Aktualität und zunehmende Relevanz hinweisen. Vielfach wird dieser Komplex als Bestandteil der Beschaffung bzw. des Qualitätsmanagements nur unzureichend abgehandelt.9 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von WAGNER (2001), die sich vor allem mit der strategischen Bedeutung des Lieferantenmanagements befasst. Zahlreiche Aufsätze, zumeist in (englischsprachigen) Fachzeitschriften veröffentlicht, und einige Monographien widmen sich jedoch Teilproblemen des Lieferantenmanagements und insbesondere dessen Zentralelement, der Lieferantenbewertung. Nur wenige Arbeiten beinhalten ein Gesamtkonzept zur Lieferantenbewertung: ESCHENBACH (1990) schlägt eine hinsichtlich der Wichtigkeit des Lieferanten unterschiedliche Bewertungsintensität vor und erweitert die Bewertung von Lieferanten zur reinen Auswahl um die Lieferantenkontrolle. 6

7 8

9

Die wichtigsten Studienergebnisse zum Lieferantenmanagement allgemein finden sich in Kapitel 2.4, zur Lieferantenbewertung im Speziellen in Kapitel 3.6. Eine ausführliche Literaturanalyse beinhalten insbesondere Kapitel 2.3 und Kapitel 3.5. Monographien aus jüngerer Zeit sind BELZ/MÜHLMEYER (2001), WAGNER (2001) und PFEFFERLI (2002). Vgl. hierzu beispielsweise ARNOLD (1997), KOPPELMANN (2000) und PFEIFER (1993).

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

5

HARTING (1994) sieht die Lieferantenbewertung ebenfalls als Grundlage für Lieferantenauswahl und –kontrolle, für die er in seiner Lieferanten-Wertanalyse ein dreidimensionales Scoring-Modell vorstellt. GLANTSCHNIG (1994) widmet den überwiegenden Teil ihrer Arbeit der Identifikation von geeigneten Bewertungskriterien in Abhängigkeit von spezifischen Faktoren wie Beschaffungsobjekt oder Beschaffungsstrategie. Die Instrumente zur Erhebung der vielen Kriterien werden ebenso vernachlässigt wie die Anwendung der Lieferantenbewertung zur Lieferantenkontrolle. HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997) fassen Grundlagen der Lieferantenbewertung wie Definition von Bewertungskriterien oder bekannte Verfahren zusammen, ohne ein eigenes Konzept zur Ausgestaltung einer Bewertung vorzulegen. DREYER (2000) empfiehlt eine lieferantentypspezifische Bewertung der Lieferleistungen, der eine Klassifikation der Lieferanten in Lohnfertiger, produktions-zentrierte Zulieferer, logistik-integrierende Zulieferer und know-how-integrierende Zulieferer vorausgeht. Der detailliert ausgearbeiteten Klassifikation von Lieferanten steht eine nahezu vollständige Vernachlässigung der bekannten Lieferantenbewertungsverfahren gegenüber. Der weitaus größte Teil der Literatur zur Lieferantenbewertung stellt Zeitschriftenaufsätze sowie Beiträge in Sammelwerken dar und beinhaltet Ansätze zur Lösung von Teilproblemen der Lieferantenbewertung. Diese Lösungsansätze können klassifiziert werden [vgl. Dreyer, 2000, S. 10] in •

Ansätze, die sich der Evaluierung/Bedeutung von Bewertungskriterien widmen,



Ansätze, die sich allgemein der Objektivierung der Entscheidungsfindung widmen, indem Verfahren zur Lieferantenbewertung vorgestellt werden und



(wenige) Ansätze, die sich der Bewertung ausgewählter Lieferanten widmen, indem spezifische Bewertungssystematiken in Abhängigkeit von der vorliegenden Beschaffungssituation entwickelt werden.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf die erwähnten Klassen näher einzugehen; die Inhalte dieser Ansätze finden sich berücksichtigt in einer umfangreichen Darstellung der Bewertungskriterien und –verfahren (vgl. Kapitel 3.4 und 3.5). Ungeachtet der beschriebenen Vielzahl von Ansätzen zur Lieferantenbewertung10, von denen nur ein Teil den Weg in die praktische Anwendung gefunden hat [vgl. Glantschnig, 1994, S. 1ff.], wird das bereits erwähnte, durch Studien bestätigte Methodendefizit auch in der Literatur mehrfach festgestellt. Bereits SCHERER (1991, S. 15) konstatiert den „Mangel an leistungsfähigen Methoden, das Theoriedefizit und die geringe Entscheidungsorientierung beschaffungswirtschaftlicher Analysen“. GLANTSCHNIG (1994, S. 1f.) weist auf erhebliche Methodendefizite im 10

Zu den Verfahren der Lieferantenbewertung vgl. Kapitel 3.5.

6

Kapitel 1 – Einleitung

Lieferantenmanagement ebenso hin wie HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997, S. 13), HARTING (1989, S. 6), WEELE (1994, S. 227f.) und DREYER (2000, S. 7). Der scheinbare Widerspruch zwischen der Vielzahl bekannter Bewertungsverfahren und dem nach wie vor existierenden Methodendefizit löst sich unter anderem dadurch auf, dass bislang keine empirische Untersuchung die mit einer Lieferantenbewertung verfolgten Zielsetzungen, deren Anforderungen sowie die Zufriedenheit der Unternehmen mit den bekannten Bewertungsverfahren ermittelt hat. Eine Optimierung der Lieferantenbewertung im Einklang mit der Praxis ist somit noch nicht erfolgt.11 Generell existieren insbesondere für den deutschen Markt nur äußerst wenige Studien, die sich überhaupt mit Themen zum Lieferantenmanagement befassen.12 Der gesamte Prozess des Lieferantenmanagements, von der Lieferantenidentifikation bis zur Lieferantensteuerung,13 wurde bislang in keiner Studie nachvollzogen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl theoretisch wie praktisch der Auftrag zur Konstruktion eines anforderungsadäquaten Lieferanten-Bewertungs-Systems evident ist. Die unbefriedigende Situation, dass keine leistungsfähigen Bewertungsverfahren zur wirkungsvollen Unterstützung des Lieferantenmanagements zur Verfügung stehen, bildet den Ausgangspunkt für diese Arbeit.

1.1.3 Forschungsfrage und Zielsetzung Die Zusammenfassung des letzten Abschnitts mündet in die der Arbeit zugrunde liegende, primäre Forschungsfrage: Wie ist ein Lieferanten-Bewertungs-System zu konzipieren, damit es das Lieferantenmanagement bestmöglich unterstützen kann? Anhand der Fragestellung werden sowohl der explorative Charakter (wie?) als auch das Forschungsfeld (Lieferantenmanagement) deutlich. Der Gestaltungsauftrag trägt dem in Kapitel 1.1.2 identifizierten, theoretisch und praktisch nachgewiesenen Methodendefizit Rechnung. Das Ziel der Konzeption liegt schließlich in der optimalen Unterstützung des Lieferantenmanagements durch das zu entwickelnde Lieferanten-Bewertungs-System. 11

12

13

DREYER (2000) untersucht in seiner Studie die bestehenden Lieferantenbewertungssysteme von 29 Unternehmen, ohne die Ziele und Anforderungen eines Bewertungsverfahrens zu evaluieren. Auch auf die Erhebung des Einsatzes und der Zufriedenheit der wichtigsten bekannten Verfahren (vgl. Kapitel 3.5) wird größtenteils verzichtet. MUSCHINSKI (1998a) untersucht vor allem Kriterien und deren situationsspezifische Variation bei der Lieferantenbewertung, während WAGNER (2001) Kriterien weitgehend und Verfahren vollständig ausblendet und sich der strategischen Bedeutung des Lieferantenmanagements zuwendet. Eine explizite Berücksichtigung von Lieferantenidentifikation und -eingrenzung findet bei beiden Studien nicht statt. Der gesamte Prozess wird ausführlich in Kapitel 2.3 beschrieben.

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

7

Im Nachgang der primären Forschungsfrage lassen sich weitere Fragestellungen ableiten, die für die Arbeit von Bedeutung sind: •

Was ist Lieferantenmanagement?



Welche Bedeutung hat die Lieferantenbewertung für das Lieferantenmanagement?



Wie werden Lieferantenmanagement allgemein und davon insbesondere Lieferantenbewertung derzeit in der Praxis umgesetzt?



Welche theoretischen und praktischen Anforderungen an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung existieren?



Wo liegen die Schwächen der bekannten Lieferantenbewertungsverfahren?



Wie hat das neue Lieferanten-Bewertungs-System auszusehen?



Welche Prozessschritte des Lieferantenmanagements kann das neu entwickelte Lieferanten-Bewertungs-System wie unterstützen?

Der Forschungsfrage und den sekundären Fragestellungen folgend, lautet die primäre Zielsetzung der Arbeit, ein operationales Lieferanten-Bewertungs-System zu entwickeln, das den theoretischen und praktischen Anforderungen an eine Lieferantenbewertung gerecht wird und den Prozess des Lieferantenmanagements bestmöglich unterstützt. Das zu konzipierende Bewertungssystem wird dabei nur dann für die Praxis interessant sein, wenn es entweder bessere Analyseergebnisse erzielt oder zumindest in der Handhabung Vereinfachungen gegenüber den traditionellen Verfahren mit sich bringt.

deutliche

Aus Forschungsfrage und sekundären Fragen lassen sich konkrete Aufgabenstellungen ableiten. Dazu zählen die Definition und Einordnung des Lieferantenmanagements, die Ermittlung der derzeit vorherrschenden Ausgestaltung des Lieferantenmanagements und insbesondere der Lieferantenbewertung, die empirische Überprüfung der theoretischen Anforderungen an eine Lieferantenbewertung und deren eventuelle Erweiterung, sowie die Evaluierung der Schwachstellen der bisherigen Verfahren. Die Wirkungsweise und Einsatzbreite des zu konzipierenden Verfahrens sollen schließlich an einer Fallstudie verdeutlicht werden, da Konzepte zwar Gestaltungsmodelle einer künstlichen Wirklichkeit sind, die die wesentlichen Komponenten und deren Beziehungsgefüge beinhalten, jedoch stets die konkrete Ausgestaltung offen lassen [vgl. Lofland, 1974, S. 102ff.]. Es ist offensichtlich, dass die Aufgabenstellung theoretische und praktische Elemente beinhaltet: Die Probleme bzw. Defizite der Lieferantenbewertung existieren in der Praxis, für deren Lösung es reine als auch angewandte Forschung (vgl. Kapitel 1.3) heranzuziehen gilt. Folgerichtig finden sich beide Methodiken im Ablauf der Arbeit wieder.

8

Kapitel 1 – Einleitung

1.2 Aufbau der Arbeit In Kapitel 1 werden zunächst die Problemstellung, Motivation und Zielsetzung der Arbeit vorgestellt. Ausgehend von der Bedeutung des Lieferanten als Erfolgsfaktor für das Unternehmen werden die bestehenden Schwächen im Lieferantenmanagement aufgezeigt und als wichtige Ursache die Methodendefizite in der Lieferantenbewertung identifiziert. Die Forschungsfrage sowie die daraus abgeleitete Zielsetzung schließen sich an, bevor der Aufbau der Arbeit und deren forschungskonzeptionelle Einordnung beschrieben werden. Kapitel 2 widmet sich dem Lieferantenmanagement und schafft somit den äußeren Bezugsrahmen der Arbeit. Nach der Einordnung des Lieferantenmanagements in die Beschaffung werden dessen Determinanten vorgestellt, zu denen beispielsweise Beschaffungsobjektmerkmale, Beschaffungsstrategien und Kaufsituation zählen. Basierend auf einer Literaturanalyse wird der Prozess des Lieferantenmanagements definiert. Es folgt die Beschreibung der einzelnen Phasen, die durch die wichtigsten empirischen Ergebnisse der durchgeführten internationalen Studie zum Lieferantenmanagement ergänzt werden. Die Phase der Lieferantenbewertung wird aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung in Kapitel 3 detailliert behandelt. Kapitel 3 richtet somit den Fokus auf die Lieferantenbewertung, die das Zentralelement des Lieferantenmanagements darstellt und deren bereits erwähnte methodische Defizite es aufzuzeigen gilt. Beginnend mit dem Nachweis ihrer essentiellen Bedeutung und der Beschreibung ihrer Ziele, werden die theoretischen Anforderungen an eine Lieferantenbewertung herausgearbeitet. Eine Zusammenstellung der Bewertungskriterien und umfassende Aufarbeitung der derzeit bekannten Bewertungsverfahren schließen sich an; darunter finden sich auch solche Ansätze, die nur sehr selten in der Literatur behandelt werden. Es folgen Studienergebnisse zur Lieferantenbewertung, wobei unter anderem erstmalig detailliert die Verfahrensanforderungen untersucht wurden. Der resultierende, theoretisch und empirisch ermittelte Anforderungskatalog erlaubt es, in Kombination mit der ausführlichen Aufarbeitung der Bewertungsverfahren, das benannte Methodendefizit nachzuweisen. Vor dem Hintergrund der theoretisch wie praktisch bestätigten Defizite der bestehenden Verfahren wird in Kapitel 4 ein neues Lieferanten-Bewertungs-System konzipiert. Grundlage des neuen Systems bildet eine Faktorenanalyse, deren Ablauf zunächst exakt beschrieben wird. Es folgen die Vorstellung des neuen Systems und die detaillierte Erläuterung, wie das System allgemein anzuwenden ist. Eine Fallstudie illustriert zudem ausführlich den konkreten Einsatz des Lieferanten-Bewertungs-Systems in den Phasen der Lieferantenvorauswahl, der Lieferantenbewertung und –auswahl, sowie in Lieferantencontrolling und –entwicklung. Eine

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

9

Zusammenstellung der Vorteile und Grenzen des neuen Systems schließt sich an, wobei als Bewertungsmaßstab die im vorherigen Kapitel ermittelten Anforderungen dienen. Kapitel 5 stellt ergänzend den Einsatz weiterer multivariater Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements vor. Dabei können die Clusteranalyse nicht nur zur Klassifikation und die multidimensionale Skalierung (MDS) nicht nur zur Repräsentation von Lieferanten angewendet werden, vielmehr ist mit beiden Verfahren auch eine eigenständige Auswahl von Zulieferern möglich. Aufgrund der insgesamt deutlich geringeren Einsatzbreite dieser Verfahren ist deren Haupteinsatz jedoch in der fallweisen Unterstützung des LieferantenBewertungs-Systems mit der Faktorenanalyse zu sehen, wie gezeigt wird. Die Schlussbetrachtung in Kapitel 6 fasst die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen und bietet einen Ausblick auf offene Fragen.

10

Kapitel 1 – Einleitung

Abbildung 1–1 verdeutlicht nochmals den Aufbau der vorliegenden Arbeit.

1 Einführung Problemstellung, Zielsetzung, Aufbau, Methodik

2 Lieferantenmanagement Einordnung, Determinanten, Inhalte Studienergebnisse 3 Lieferantenbewertung Bedeutung, Ziele, Anforderungen Kriterien, Verfahren Studienergebnisse

Theoretischer u. praktischer AnforderungsKatalog

kritische Würdigung der bekannten Verfahren

4 Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse Grundkonzept der Faktorenanalyse Anwendung zur Lieferantenbewertung Fallstudien zum Einsatz in ... Lieferantenvorauswahl ... Lieferantenbewertung und –auswahl ... Lieferantencontrolling und –steuerung Vorteile und Grenzen des neuen Systems

5 Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements Klassifikation mit der Clusteranalyse Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung

6 Schlussbetrachtung Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Ausblick und offene Fragen

Abbildung 1–1: Aufbau der Arbeit

Kapitel 1.1 – Problemstellung und Zielsetzung

11

1.3 Forschungsmethodik Bereits die Beschreibung des Ablaufs der Arbeit gibt Hinweise auf die zugrunde liegende Forschungskonzeption. Ziel dieses Kapitels ist es, die Arbeit wissenschaftstheoretisch zu positionieren sowie die verwendeten Forschungsmethoden und den Forschungsprozess überblicksartig darzustellen. Generell lassen sich Wissenschaften in Formalwissenschaften und Realwissenschaften systematisieren [vgl. Hill/Ulrich, 1979, S. 161ff.]. Erstere beinhalten die Konstruktion von Zeichensystemen; zu ihnen zählen beispielsweise die Mathematik oder die Logik. Realwissenschaften befassen sich mit der Beschreibung und Gestaltung von Wirklichkeitsausschnitten und den menschlichen Handlungsalternativen. Sie können weiter untergliedert werden in reine und angewandte Wissenschaften, je nachdem ob die Zielsetzung theoretischer oder praktischer Natur ist. Ziel der angewandten Forschung ist die Generierung von Wissen, um damit Entscheidungen modellieren und unterstützen zu können. Die Bedürfnisse der Praxis stehen dabei im Vordergrund, Wissenschaftlichkeit und Präzision treten dahinter zurück [vgl. Kromrey, 1998, S. 19f.]. Jedoch gilt es zu beachten, dass eine möglichst hohe Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse gesichert ist, d.h. die Lösung eines Problems eines einzelnen Unternehmens genügt beispielsweise nicht dem wissenschaftlichen Anspruch an die angewandte (anwendungsorientierte) Forschung [vgl. Ulrich/Hill, 1976, S. 305ff.]. Typische Vertreter der anwendungsorientierten Forschung sind beispielsweise die Sozialwissenschaften, zu denen auch die Betriebswirtschaftslehre zählt. Bei der reinen Forschung oder Grundlagenforschung steht die Generierung allgemein gültigen Wissens im Vordergrund. Ausgangspunkte der Grundlagenforschung entstammen nicht den Bedürfnissen der Praxis, sondern den bestehenden Forschungslücken oder Widersprüchen; das Erfassen und Kontrollieren von Nebenbedingungen, Präzision, Allgemeingültigkeit und eine wissenschaftliche Vorgehensweise sind erforderlich [vgl. Kromrey, 1998, S. 19f]. Eine Ausprägung der Grundlagenforschung ist die empirische Forschung, für die der Kritische Rationalismus nach POPPER (1959, S. 40ff.) als wissenschaftstheoretischer Kodex gelten kann. Danach ist die bewusst kritische Einstellung zu den bisherigen Lösungsversuchen, „also die aktive Teilnahme an der Elimination“ [POPPER, 1999, S. 27], zentrales Kennzeichnen einer wissenschaftlichen Arbeitsweise. Wie bereits in Kapitel 1.1.3 erwähnt, finden sich in der vorliegenden Arbeit theoretische und praktische Elemente. Folgerichtig werden im Forschungsprozess sowohl reine als auch angewandte Forschung eingesetzt. Letztendlich überwiegen zwar die Methoden der anwendungsorientierten Forschung; dennoch leisten auch Methoden der Grundlagen-

12

Kapitel 1 – Einleitung

forschung und nicht zuletzt der Falsifikation im Sinne des Kritischen Rationalismus, einen entscheidenden Beitrag zur Arbeit. Ferner vereint die Arbeit Aspekte des Entdeckungszusammenhangs, der die konzeptionelle Basis und den Bezugsrahmen fixiert, und des Begründungszusammenhangs, in dessen Mittelpunkt die werturteilsfreie, empirische Untersuchung des Problems steht [vgl. Kromrey, 1998, S. 76ff.]. Ausgangspunkte der Arbeit waren methodologische Defizite in der Forschung sowie das Wissen um Probleme in der Praxis – die Problemsituation war zu jenem Zeitpunkt jedoch lediglich als diffus zu bezeichnen. Eine umfangreiche Literaturanalyse, verbunden mit eigenen Konstrukten, bildeten die Grundlagen für die empirische Untersuchung mit größtenteils explorativem Charakter, nach deren Auswertung (unter anderem) die konkreten praktischen Anforderungen an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung standen. Mit diesem theoretisch und praktisch ermittelten Anforderungskatalog konnten das Methodendefizit in der Lieferantenbewertung belegt und der Forschungsauftrag konkretisiert werden. Gleichzeitig dient der Anforderungskatalog als Bewertungsmaßstab für das zu konzipierende Lieferanten-Bewertungs-System, dessen Leistungsfähigkeit in einer abschließenden Fallstudie praktisch nachgewiesen wird. Zusammenfassend lässt sich der Forschungsprozess als ein iterativer Lernprozess14 umschreiben, bei dem sich theoretische und empirische Forschung abwechseln [vgl. Tomczak, 1992, S. 84]. Eine eindeutige Zuordnung der Methoden zu Entdeckungs- oder Begründungszusammenhang ist somit weder möglich noch nötig [vgl. Raffee, 1993, S. 12].

14

GLASER/STRAUSS (1998) sprechen von „Grounded Theories“, wenn Konzepte auf der Basis von empirischen Daten entwickelt werden.

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

13

2. Lieferantenmanagement Das Lieferantenmanagement ist generell für die Ausgestaltung der Lieferanten-AbnehmerBeziehung verantwortlich und hat den Aufbau und Erhalt eines Lieferantenstammes, dessen Mitglieder sich durch Kontinuität, Leistungsfähigkeit und Lieferbereitschaft auszeichnen, zum Ziel [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 263]. Bevor die Inhalte des Lieferantenmanagements im Einzelnen detailliert dargelegt werden, erfolgt dessen Einordnung in die Beschaffung. Dazu werden Begriffe, Ziele und Phasen des Beschaffungsprozesses vorgestellt, um anschließend auf die Einflussfaktoren des Lieferantenmanagements einzugehen. Dem Stand des Lieferantenmanagements in der Literatur folgt ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung zum Lieferantenmanagement im deutschsprachigen Raum.

2.1 Einordnung des Lieferantenmanagements in die Beschaffung Zur Erstellung und Verwertung von Produkten in einem Unternehmen sind verschieden-artige Güter einzusetzen; im Allgemeinen umfasst der Gütereinsatz Arbeitskräfte, Material, Räume, Informationen und finanzielle Mittel [vgl. Küpper, 1989, S. 195]. Die Bereitstellung dieser Güter zur Versorgung der Unternehmung mit Erzeugnis- und Betriebsstoffen sowie Betriebsmitteln obliegt der Beschaffung.

2.1.1 Begriff und Bedeutung der Beschaffung In der wissenschaftlichen Literatur herrscht keine einheitliche terminologische Abgrenzung des Beschaffungsbegriffs [vgl. hierzu unter anderem Hildebrandt, 1989, S. 20 sowie Harlander/Platz, 1991, S. 13 oder Bedacht, 1995, S. 9]. An dieser Stelle soll nicht der Versuch unternommen werden, alle unterschiedlichen Auffassungen abzubilden und gegeneinander abzugrenzen15, sondern lediglich ein kurzer Überblick gegeben werden. Nach ARNOLD (1997, S. 3) umfasst die Beschaffung „sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogene Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen“. HARLANDER/PLATZ (1991, S. 16) subsumieren die Beschaffung von Erzeugnis- und Betriebsstoffen sowie Betriebsmitteln unter dem Begriff Materialwirtschaft.

15

Eine Übersicht zur unterschiedlichen Begriffsauffassung geben GROCHLA/SCHÖNBOHM bereits 1980 [vgl. Grochla/Schönbohm, 1980, S. 16ff.].

14

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

In diesem Zusammenhang sei auf die Abgrenzungsproblematik von Beschaffung, Materialwirtschaft und Logistik verwiesen, für die auf Grund der Vielzahl von begrifflichen Überschneidungen und Auslegungen in der Literatur der Versuch einer Systematisierung nicht vorgenommen werden kann.16 GROCHLA/SCHÖNBOHM (1980, S. 16ff.) betonen das allumfassende Beschaffungsverständnis, wonach die Beschaffung Sachgüter, Dienstleistungen, Arbeitskräfte, Rechte, Kapital und Informationen beinhaltet. Dieses Verständnis einer Beschaffung im weiteren Sinne wird jedoch aufgrund der wissenschaftlich eigenständigen Forschungsbereiche der Personal- und Finanzwirtschaft weitestgehend abgelehnt [vgl. Arnold, 1997, S. 4 sowie Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 21 und Hildebrandt, 1989, S. 23]. Eine Präzisierung des Beschaffungsbegriffs für den weiteren Verlauf der Arbeit bietet sich daher anhand der vom Unternehmen zu beschaffenden Objekte an. Die bereits erwähnte und in der Praxis vorgenommene Ausgliederung der Beschaffung von Arbeitskräften, Rechten und Kapital auf die Personal- bzw. Finanzabteilung rechtfertigt die Ausgrenzung dieser Objekte für die Definition eines engeren Beschaffungsbegriffs [vgl. Arnold, 1997, S. 5]. Wegen der Interdependenzen zum Marketing und der somit nicht expliziten Zuordnung des Objekts „Information“ wird diese Faktorenart ebenfalls in der weiteren Betrachtungsweise ausgeklammert. Somit umfasst die Beschaffung Tätigkeiten, die mit der Bereitstellung von Sachgütern17 und Dienstleistungen zusammenhängen. Die Beschaffung war lange Zeit lediglich auf die operativen

Tätigkeiten des

Versorgungsvorganges beschränkt [vgl. Grochla/Kubicek, 1976, S. 257 sowie Homburg, 1995, S. 814 und Fieten, 1990, S. 376]. Viele Entwicklungstendenzen, wie beispielsweise die Verringerung der Wertschöpfungstiefe, höhere Qualitätsanforderungen oder die Reduzierung der Lieferantenzahl, die das Ziel der Sicherung und Schaffung langfristiger Erfolgspotentiale verfolgen, bedingten zunehmend eine Erweiterung des Begriffsfeldes von der Beschaffung zum Beschaffungsmarketing. Begründet wird diese Sichtweise durch die vorhandenen Parallelen von Absatz und Beschaffung unter dem interaktionstheoretischen Aspekt des Managements von Austauschbeziehungen zwischen Kunden und Lieferanten [vgl. Koppelmann, 2000, S. 19f.]. Unter dem Begriff Beschaffungsmarketing lassen sich somit alle Aktivitäten zusammenfassen, „die darauf gerichtet sind, den Beschaffungsmarkt bei Kenntnis aller relevanten Informationen entsprechend den eigenen Zielsetzungen zu gestalten“ [HAMMANN/LOHRBERG, 1986, S. 40], um für den Erhalt und die Stärkung der eigenen Marktposition zu sorgen. Zum Instrumentarium des Beschaffungsmarketings zählen 16

17

Zur Abgrenzungsproblematik vgl. [Harlander/Platz 1991, S. 16; Küpper, 1989, S. 196; Grochla/Schönbohm, 1980, S. 6; Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S.21; Tempelmeier, 1993, S. 314.]. Zur Abgrenzung von Sachgütern vgl. ARNOLD (1997, S. 3f.).

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

15

Produktpolitik, Bezugspolitik, Kommunikationspolitik, Servicepolitik und Entgeltpolitik [vgl. hierzu Koppelmann, 2000, S. 283ff.].

2.1.2 Ziele in der Beschaffung Ziele lassen sich allgemein nach den Kriterien Zieldimensionalität und Zieloperationalität unterteilen, daneben können Ziele durch die zu erfüllende Zielfunktion charakterisiert werden. Auf eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Zielaspekte soll an dieser Stelle verzichtet werden; eine zusammenfassende, weitgehend selbsterklärende Übersicht über einzelne Zielaspekte und deren Bedeutungszusammenhang gibt Tabelle 2–1 [vgl. Szyperski, 1971, S. 649 ff. sowie Hildebrandt, 1989, S. 38 und Meyer, 1990, S. 28ff.].

Zielaspekt

Kriterien Identifikationsfunktion

Zielfunktion

Selektionsfunktion

Begrenzung des Alternativraumes für Entscheidungen.

Deskriptionsfunktion

Kriterienermittlung für Maßnahmen, die sich aus Zielen ableiten lassen.

Bewertungsfunktion

Maßstab zur Kontrolle der Wirkung ergriffener Maßnahmen.

Sachziel Zielinhalt Formalziel

Zieldimensionalität

Zielausmaß Zeitlicher Bezug Entscheidungsbereichsadäquanz

Zieloperationalität

Inhalt / Bedeutung Problemerkennung aus der Differenz des Soll- und Ist-Zustands.

Vertikale Beziehung

Festlegung von anzubietenden oder zu beschaffenden Gütern. Zweck der (Sach-)Ziele, z.B. Streben nach Gewinn oder Autonomie. Umfang und Höhe des angestrebten Zieles (Gewinnsteigerung, Marktanteil). Zeitspanne bzw. Zeitpunkt bis zur Zielerreichung. Geltungsbereich des Ziels über mehrere Funktionseinheiten des Unternehmens.

komplementär

Gegenseitige Förderung der Ziele.

konkurrierend

Gegenseitige Konkurrenz der Ziele.

indifferent Horizontale Beziehung Messbarkeit

Keine gegenseitige Beeinflussung der Ziele. Mögliche Hierarchisierung von Zielen: Ableitung von Unterzielen aus Oberzielen. Ermittlung von messbaren Kriterien (Zielvariablen), z.B. Marktanteil.

Tabelle 2–1: Übersicht einzelner Zielaspekte

16

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Zur Abgrenzung von Beschaffungszielen ist es zweckmäßig, deren hierarchische Schichtung näher zu betrachten. Die oberste Zielebene des unternehmerischen Handelns wird bestimmt durch Basisziele bzw. Unternehmensziele, die sich auf übergeordnete Unternehmensleitlinien und -grundsätze stützen und diese konkretisieren. Aus Basiszielen lassen sich Funktionsbereichsziele und aus diesen wiederum Instrumentalziele ableiten [vgl. Koppelmann, 2000, S. 102ff.]. Der Weg zur Erfüllung von Zielen lässt sich über Strategien formulieren, wobei die Instrumente zur Zielverwirklichung die entsprechenden Maßnahmen sind.18 Zu den Basiszielen sind erwerbswirtschaftliche Ziele, Sicherungs- und Einflussziele sowie gemeinwohlorientierte Ziele zu zählen [vgl. Koppelmann, 2000, S. 112]. Auf der Funktionsbereichsebene lassen sich Beschaffungs-, Produktions-, Absatz-, Finanz-, Forschungs- und Entwicklungsziele sowie Managementziele unterscheiden [vgl. Hildebrandt, 1989, S. 40]. Die einzelnen Zielkomponenten sind in Abbildung 2–1 dargestellt.

Basisziele Sicherungs und Einflussziele - Potentialerhaltungsziele - Selbständigkeitsziele - Machtziele - Prestigeziele usw.

Produktionsziele

Erwerbs wirtschaftliche Ziele - Gewinnziele - Umsatzziel

Gemeinwohl orientierte Ziele - Sozialethische Ziele - Gesamtwirtschaftliche Ziele usw.

Funktionsbereichsziele

Beschaffungsziele

Forschungs - und Entwicklungsziele

Absatzziele

-Beschaffungskostenziele -Beschaffungsqualitätsziele -Beschaffungssicherheitsziele -Beschaffungsflexibilitätsziele

Instrumentalziele

Produktziele -

Bezugsziele

Einzelprodukt - Billigprodukt - Mengeneinhaltung Normprodukt - Exklusivbezug usw. innovatives Produkt Serviceziele Spezialprodukt usw. - Lieferantenbereitschaftsgrad erhöhen - Verlängerung der Ersatzteilversorgung usw.

Kommunikationsziele - Leistungswettbewerb steigern - DFÜ-Kommunikation usw. Entgeltziele - Festpreisanteil steigern - Zahlungsziele verlängern usw.

Abbildung 2–1: Übersicht einzelner Zielebenen (Quelle: nach Koppelmann, 2000, S. 112, 115)

18

Zur Abgrenzung der Termini vgl. KOPPELMANN (2000, S. 105) oder KAHLE (1998, S. 12).

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

17

Im Folgenden werden die ausschließlich die beschaffungswirtschaftlichen Ziele näher betrachtet. Beschaffungswirtschaftliche Ziele können unterteilt werden in Kostensenkungsziele, Qualitätsziele, Sicherheitsziele und Flexibilitätsziele [vgl. Arnold, 1997, S. 10].19

a) Beschaffungskostenziel Für das beschaffende Unternehmen gilt es, sowohl Beschaffungsobjektkosten als auch Beschaffungsfunktionskosten zu optimieren. Zu den Beschaffungsobjektkosten gehören „...die mit Einstandspreisen bewerteten Mengen der beschafften Einsatzfaktoren (...), die erst im Zuge des betrieblichen Leistungsprozesses als Güterverzehr Kostencharakter annehmen“ [vgl. Meyer, 1990, S. 107]. Ferner sind die Kosten für Verpackung, Transport und Lagerung, sowie für Versicherung zu den Beschaffungsobjektkosten zu zählen. Beschaffungsfunktionskosten sind die entstehenden Kosten für die Durchführung der Aufgaben in den Bereichen Einkauf, Lagerung, Transport und Entsorgung [vgl. Hildebrandt, 1989, S. 47]. b) Beschaffungsqualitätsziel Der Qualitätsaspekt in der Beschaffungszielsystematik wird in den meisten Darstellungen auf die Beschaffungsobjektmerkmale eingeengt. Im beschaffungswirtschaftlichen Kontext stellt Qualität jene Determinante dar, die den internen Bedarf anderer Funktionsbereiche mit dem Leistungsangebot der Lieferanten abgleichen muss [vgl. Hildebrandt, 1989, S. 48]. Ein Abgleich im Sinne eines betriebswirtschaftlichen Optimums ist auch zwischen den Funktionsbereichen Produktion und Absatz notwendig, da unter Beachtung des Beschaffungskostenziels ein Kompromiss zwischen bestmöglicher Qualität und kostengünstigster bzw. notwendiger Qualität gefunden werden muss. c) Beschaffungssicherheitsziel Das Beschaffungssicherungsziel stellt die Sicherung der Versorgung von Fertigung und Absatz in den Mittelpunkt [vgl. Küpper, 1989, S. 203]. Insbesondere betroffen sind Erzeugnisstoffe, die auf Grund von Versorgungsstörungen zu einem erheblichen Engpass führen können. Somit ist eine konsequente Beobachtung des Beschaffungsmarktes erforderlich, um Gefahren, die beispielsweise aus der Erschöpfung von Rohstoffquellen, Monopolisierung von Zulieferbranchen, Abbau von Produktionskapazitäten, Konkurs von Zulieferern und politischen Entwicklungen herrühren, erkennen und frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Die Sicherheit der Güterversorgung für das Unternehmen wird insbesondere durch die Zuverlässigkeit der Lieferanten bestimmt. Darüber hinaus ist eine Verbesserung der Versorgungssicherheit durch entsprechende Lagerhaltung möglich, die – je nach Höhe des Lager-Servicegrades – eventuelle Lieferungsausfälle begrenzt auffangen kann. 19

Diese Ziele sind in der Literatur unterschiedlich gewichtet und unterscheiden sich teilweise auch in ihrer inhaltlichen Auslegung [vgl. Hildebrandt, 1989, S. 41].

18

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

d) Beschaffungsflexibilitätsziel Flexibilität in der Beschaffung ist darauf gerichtet, in jeder Situation handlungsfähig zu sein. Da eine Handlungsfähigkeit im Störungsfall die Voraussetzung dafür bildet, die Güterversorgung aufrechterhalten zu können, ist dieser Zielaspekt eng mit dem Beschaffungssicherheitsziel verbunden. Handlungsfähigkeit wird bestimmt durch die Größe des Spielraumes möglicher Alternativen. So wird beispielsweise zur Verringerung der Abhängigkeit von einem oder mehreren Lieferanten und durch den Aufbau von Substitutionsmöglichkeiten verschiedener Beschaffungsquellen diesem Ziel Rechnung getragen [vgl. Hildebrandt, 1989, S. 52]. Zudem hat die Flexibilität des Zulieferers auch entscheidenden Einfluss auf die Gesamtflexibilität des eigenen Unternehmens [vgl. Spath et al., 2001, S. 9]. Aus diesen verallgemeinerten Beschaffungszielen lässt sich eine Reihe weiterer, konkretisierter Ziele ableiten. Diese Instrumentalziele sind in Abbildung 2–2 über-blicksartig dargestellt; auf eine Präzisierung und Erläuterung dieser Instrumentalziele soll an dieser Stelle verzichtet werden [vgl. dazu ausführlich Koppelmann, 2000, S. 122ff.].

Instrumentalziele Produktziele

• Einzelprodukt • Billigprodukt • Normprodukt

Bezugsziele

• innovatives Produkt • Spezialprodukt • bewährte Produkte

• Einkaufskooperation • Bahntransporte erhöhen • Zentrallagerbezug reduzieren • Mengeneinhaltung • Exklusivbezug • Märktepräsenz

Entgeltziele • Festpreisanteil steigern • Einkaufspreise unter • Zahlungsziele verlängern Marktentwicklung senken • Anteil der Konkurrenzpreise steigern

Kommunikationsziele

Serviceziele

• Beschleunigung des Know-How Transfers • Leistungswettbewerb • DFÜ-Kommunikation zu Lieferanten ausbauen

• Verlängerung der Ersatzteilversorgung • Garantieumfang ausweiten • Kontrollverbesserung • Wareneingangszustand verbessern

Abbildung 2–2: Übersicht einzelner Instrumentalziele (Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 2000, S. 23)

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

19

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die beschaffungswirtschaftlichen Ziele, wie bereits angedeutet, konkreten Einfluss auf die Ausgestaltung des Lieferantenmanagements haben und im Einzelnen an späterer Stelle der Arbeit wieder aufgegriffen werden.

2.1.3 Phasen des Beschaffungsprozesses Um einzelne Problembereiche von Beschaffungsentscheidungen besser darstellen und erklären zu können, wird das Aufgabenfeld der Beschaffung in einzelne Prozessphasen unterteilt. KOPPELMANN (2000, S. 83ff.) unterteilt den Beschaffungsprozess in Situationsanalyse, Bedarfsanalyse, Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl, Lieferantenanalyse und -auswahl, Lieferantenverhandlung und Beschaffungsabwicklung (vgl. Abbildung 2–3).

Phasen des Beschaffungsprozesses Prüfen

Bedarfsanalyse Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl Lieferantenanalyse und -auswahl

Entscheiden

Informieren / Kontrollieren

Situationsanalyse

Lieferantenverhandlung

Beschaffungsabwicklung Prüfen

Abbildung 2–3: Phasen des Beschaffungsprozesses (Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 2000, S. 85)

Der in Abbildung 2–3 dargestellte Beschaffungsprozess deckt den gesamten Rahmen aller Beschaffungsaufgaben ab, so dass eine detaillierte Behandlung der einzelnen Phasen des Prozesses nicht Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung sein kann. Vielmehr soll ein kurzer Überblick der Veranschaulichung und Systematisierung genügen, wobei mit der

20

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Behandlung des Lieferantenmanagements (vgl. Kapitel 2.3) an entsprechender Stelle noch einmal einige Aspekte herausgegriffen und ausführlicher erläutert werden.

a) Situationsanalyse Ausgangspunkt für die Situationsanalyse bilden Fragestellungen, welche Beschaffungsziele verfolgt werden sollen, welche Beschaffungspotentiale zur Verfügung stehen und welche Konstellationen bei den zu treffenden Beschaffungsentscheidungen zu beachten sind. Die Beschaffungsziele stecken den richtungweisenden Rahmen ab, auf dessen Grundlage Strategien und einzelne Maßnahmen abgeleitet werden. Vor dem Hintergrund der Analyse von Beschaffungspotentialen eines Unternehmens gilt es, alle Stärken und Schwächen, die konkret mit diesem Funktionsbereich in Verbindung stehen, offen zu legen. Dazu erfolgt eine Bewertung des Image-, Einkaufs-, Macht-, Personal- und Finanzpotentials des Unternehmens [vgl. Koppelmann, 2000, S. 86ff.]. Die Untersuchung von Beschaffungskonstellationen soll Aufschluss darüber geben, welche zukünftigen Entwicklungen und Ereignisse im Unternehmen und Unternehmensumfeld sich abzeichnen. Eine ständige Beobachtung des Beschaffungsmarktes seitens der Beschaffungsmarktforschung ist somit erforderlich. b) Bedarfsanalyse Die Feststellung der zur Produktion und Herstellung notwendigen Einsatzfaktoren wird durch den Bedarf formuliert, der die Anforderungen an das Beschaffungsobjekt und an die Beschaffungsmodalitäten konkretisiert, die durch die aufgabenbezogenen Ansprüche der Funktionsbereiche Produktion, Forschung und Entwicklung und Absatz gestellt werden.20 Durch die Bedarfsfeststellung wird der Beschaffungsprozess initiiert. Mit der folgenden Beschaffungsobjektplanung wird festgelegt, welche Leistungen die zu beschaffenden Objekte erfüllen müssen und in welcher Menge diese erforderlich sind. Die Modalitätsplanung umfasst schließlich alle Aspekte, die mit der Entscheidung des Beschaffungsobjektes eng verbunden sind. Dazu zählen Entgelt- bzw. Konditionsbedarf, Ortsbedarf und Informationsbedarf [vgl. Koppelmann, 2000, S. 155ff.]. c) Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl Gegenstand der Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl ist die Ermittlung, Eingrenzung und Selektion von Beschaffungsmärkten bzw. -ländern [vgl. Weigand, 1998, S. 143ff.]. Ein erstes Kriterium bildet die räumliche Distanz und die damit verbundene Entscheidung, sich bei der Auswahl auf einen lokalen oder einen globalen Beschaffungsmarkt zu konzentrieren.

20

Zu den Bedarfsarten und den Arten der Bedarfsermittlung vgl. HARLANDER/PLATZ (1991, S.172ff.).

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

21

Darüber hinaus gilt es, die Märkte nach ihren Leistungs-, Kosten- und (den insbesondere bei globaler Beschaffung relevanten) Sicherheitsmerkmalen zu differenzieren [vgl. Menze, 1995, S. 25]. Zu den Leistungsmerkmalen gehören die Merkmalskriterien Technologiepotential, Arbeitskräftepotential, Logistikpotential und Kommunikations-potential [vgl. Scherer, 1991, S. 159f.]. Zu den Kostenmerkmalen sind Produktionsmittelkosten, Arbeitskräftekosten, Kapitalkosten sowie Verwaltungs- und Distributionskosten zu zählen. Die Sicherheitsmerkmale, die Einfluss auf das Beschaffungsrisiko ausüben, werden durch die politische und wirtschaftliche Stabilität bestimmt. Weiteren Einfluss haben die rechtliche Stabilität, wie beispielsweise Ein- und Ausfuhrregelungen sowie bi- und multilaterale Handelsabkommen, und die ökologische Stabilität, die besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beschaffung umweltgefährdender Einsatzfaktoren vorschreibt [vgl. Scherer, 1991, S. 160f.].

d) Lieferantenanalyse und -auswahl Lieferantenanalyse und –auswahl bilden einen Schwerpunkt im Rahmen des gesamten Beschaffungsprozesses und werden detailliert in Kapitel 2.3 beschrieben. KOPPELMANN (2000, S. 233ff.) subsumiert unter dem Begriff „Lieferantenanalyse“ alle notwendigen Schritte, den potentiell zugänglichen Kreis von Anbietern anhand von markt- und bedarfsbezogenen Auswahlkriterien analysieren und bewerten zu können. Im Unterschied dazu wird in der vorliegenden Arbeit die Lieferantenanalyse als jener Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses gesehen, der nach erfolgter Vorauswahl die Lieferantenbewertung vorbereitet. Ungeachtet der Nomenklatur münden beide Ansätze in die Auswahl der leistungsfähigsten Lieferanten, mit denen Lieferverhandlungen aufgenommen werden. e) Lieferantenverhandlung Bevor ein Auftrag an einen der ausgewählten Lieferanten erteilt werden kann, sind im Regelfall Verhandlungen mit dem Lieferanten zu führen, die das Ziel verfolgen, die angebotene Lieferleistung mit dem zuvor festgelegten Bedarf abzustimmen. Da der Beschaffungsprozess als eine Transaktion zwischen zwei Parteien gesehen werden kann, aus deren Beziehung beide Seiten profitieren wollen, ist es notwendig, sich nicht nur auf die eigenen Forderungen zu beziehen, sondern auch die Erwartungshaltung des Lieferanten zu berücksichtigen. Durch den Einsatz entsprechender beschaffungspolitischer Instrumente, zu denen die Maßnahmen der Produkt-, Service-, Bezugs-, Entgelt- und Kommunikationspolitik gehören [vgl. Koppelmann, 2000, S. 276ff.], können den Lieferanten Anreize gegeben und Forderungen gestellt werden. Im Verhandlungsprozess müssen die anreiz- und forderungspolitischen Instrumente so miteinander verknüpft werden, dass das ökonomische Prinzip nicht verletzt wird [vgl. Kienzle, 2000, S. 61]. Für das Verhandlungsergebnis des beschaffenden Unternehmens bedeutet das, dass „möglichst viele für notwendig erachtete

22

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Forderungen mit möglichst wenig aufwendigen Anreizen“ [SCHERER, 1991, S. 173] durchgesetzt werden können.

f) Beschaffungsabwicklung Die Beschaffungsabwicklung als letzter Prozessschritt des vorgestellten Modells beinhaltet die operativen Tätigkeiten der Bestellung, Beschaffungsüberwachung und Entsorgung. Alle Phasen des Beschaffungsprozesses werden durch Vorgänge des Informierens, Kontrollierens und des Entscheidens begleitet. Im Rahmen der Beschaffungskontrolle wird das Ergebnis der einzelnen Phasen sowie des gesamten Beschaffungsprozesses mit den a priori gesetzten Zielen überprüft.21 Allgemein dienen die benannten Querschnittsaktivitäten dazu, Informationen bereitzustellen, Entscheidungen vorzubereiten und den Prozess überwachend zu begleiten [vgl. Kienzle, 2000, S. 62]. Für die Einholung von Informationen stehen sowohl unternehmensinterne Informationsquellen, beispielsweise Daten der Lieferantenbewertung, als auch externe Quellen zur Verfügung. Die Versorgung des Beschaffungsbereiches mit externen Informationen obliegt der

Beschaffungsmarktforschung (vgl. Kapitel 2.3.1). Ihre Aufgabe ist es, dem Unternehmen Transparenz über die Beschaffungsmärkte zu verschaffen, Entwicklungen auf den Beschaffungsmärkten zu prognostizieren sowie die darauf wirkenden Umweltfaktoren zu erfassen und deren Einflüsse zu analysieren [vgl. Grochla/Schönbohm, 1980, S. 59]. Untersuchungsobjekte der Beschaffungsmarktforschung sind Produkte und Dienstleistungen, Marktstrukturen, Marktbewegungen und -entwicklungen, Preise und Kosten sowie die Lieferanten. Die Forschungsinhalte der jeweiligen Untersuchungsobjekte sollen mit dem Hinweis auf die behandelnde Literatur an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.22 Der Ablauf der Beschaffungsmarktforschung, welcher auch als Informationsprozess beschrieben werden kann, ist durch die Phasen der Bestimmung des Informationsbedarfs, der Informationssuche, der Informationsgewinnung und der Informationsaufbereitung gekennzeichnet [vgl. Hammann/Lohrberg, 1986, S. 73f.]. Die Datensammlung kann fallweise oder laufend erfolgen. Entsprechend dem Vorgehen in der Sekundärforschung können dazu bereits vorhandene Quellen ausgewertet, oder analog zum Vorgehen in der Primärforschung unternehmensindividuelle Informationen erhoben werden [vgl. Harlander/Platz, 1991, S. 41f.]. Die Intensität der Marktforschung ist abhängig von der Wichtigkeit des Beschaffungsobjektes für die Aufgabenerfüllung in der Unternehmung. Eine systematische 21

22

Eine ausführliche Darstellung der einzelnen Aktivitäten und Instrumente der Beschaffungskontrolle stellt ARNOLD (1997, S. 213ff.) vor. Vgl. bpsw. ARNOLD (1993, S. 334ff.), LENSING (1992, S. 35ff.) oder HAMMANN (1977, S. 88ff.).

Kapitel 2.1 – Einordnung des Lieferantenmanagements

23

Vorgehensweise unter Beachtung der Kosten-Nutzen-Relation ist für die einzelnen Aktivitäten in der Beschaffungsmarktforschung daher zwingend erforderlich [vgl. Hammann/ Lohrberg, 1986, S. 74]. Nach der Darstellung von Begrifflichkeiten, Zielen und Phasen des Beschaffungsprozesses kann die Einordnung des Lieferantenmanagements in den Beschaffungsprozess erfolgen.

2.1.4 Lieferantenmanagement als Teil des Beschaffungsprozesses Einen Aufgabenschwerpunkt in der Beschaffung bildet das Lieferantenmanagement. Obwohl das Lieferantenmanagement, dessen Schritte in Kapitel 2.3 detailliert beschrieben werden, innerhalb des Beschaffungsprozesses einen eigenen Untersuchungsgegenstand begründet, kann es aus dem beschaffungswirtschaftlichen Kontext nicht isoliert betrachtet werden. Die Aufgaben des Lieferantenmanagements, die sich ähnlich dem Beschaffungsprozess durch einzelne Prozessphasen darstellen lassen, sind immer geknüpft an eine bestimmte Entscheidungssituation und den damit verbundenen Rahmenbedingungen, die nicht nur das Entscheidungsfeld innerhalb des Lieferantenmanagements abstecken, sondern auch den Aufgabenbezug herstellen.

Beschaffungsprozess Bedarfsanalyse

Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl

Lieferantenanalyse und -auswahl

Lieferantenverhandlung

Beschaffungsabwicklung

Der Prozess des Lieferantenmanagements umfasst alle Schritte... ...von der Identifikation potentieller Lieferanten... ...über die Bewertung der Lieferanten... ...bis hin zur Kontrolle und Steuerung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung.

Beschaffungsmarktforschung / Interne Informationsquellen

Abbildung 2–4: Beschaffungs- und Lieferantenmanagementprozess

Lieferantenmanagementprozess

Lieferantenmanagement

Management von Informationen

Situationsanalyse

24

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Abbildung 2–4 verdeutlicht Zusammenhang und Abgrenzung der Aufgaben des Lieferantenmanagements vom gesamten Beschaffungsprozess. Demnach bilden die in Kapitel 2.1.3 beschriebenen Prozessphasen der Situations-, Bedarfs- und Beschaffungsmarktanalyse die Grundlage des Lieferantenmanagements, das die einzelnen Schritte von der Identifikation potentieller Partner bis hin zur Steuerung der Lieferantenbeziehung umfasst (vgl. Kapitel 2.3). Die Beschaffungsmarktauswahl beeinflusst beispielsweise den Schritt der Lieferantenidentifikation, in dem nach potentiellen Zulieferern gesucht wird. Lieferantenanalyse und auswahl sind direkte, schwerpunktmäßige Aufgaben des Lieferantenmanagements. Als Folge der Lieferantenauswahl sind Lieferantenverhandlungen aufzunehmen. Durch die Kontrolle und Steuerung der Lieferantenbeziehung wird schließlich die Beschaffungsabwicklung mit deren Überwachungsfunktion tangiert; diese besitzt jedoch für die vorliegende Arbeit keine Relevanz und wird daher nicht weiter verfolgt. Eine große Bedeutung wird vor allem dem Management von Informationen zwischen den Phasen des Beschaffungs- und Lieferantenmanagements zuteil. Neben den Informationen, die über die Bedarfs- und Beschaffungsmarktsituation Auskunft geben, müssen zur Identifikation neuer oder vorhandener Lieferanten Informationen und Daten durch die Beschaffungsmarktforschung oder durch interne Informationsquellen bereitgestellt werden. Andererseits dienen die Daten, die im Rahmen des Lieferantenmanagements gewonnen werden, als Informationsund Ausgangsbasis für einzelne Aktivitäten in der Beschaffungsmarktforschung oder stellen jene situations- und konstellationsbestimmende Determinanten dar, die das Aufgaben- und Entscheidungsfeld innerhalb des gesamtem Beschaffungsprozesses definieren und beeinflussen. Im vordergründigen Interesse steht hier beispielsweise die Entscheidung über die Bestimmung der Leistungs- und Wertschöpfungstiefe eines Unternehmens. Die Frage, ob ein für die Produktion benötigtes Teil selbst gefertigt oder fremd bezogen wird (Make-or-buy), ist neben dessen strategischer Bedeutung und dem Kernkompetenzbereich des Unternehmens abhängig vom eigenen Leistungsniveau und dem Leistungsniveau eines Lieferanten, bei dem das Produktionsteil äquivalent bezogen werden könnte [vgl. Arnold, 1997, S. 94]. Auf weitere Erklärungszusammenhänge zur Abgrenzung der Aufgaben des Beschaffungs- und Lieferantenmanagements soll mit dem Hinweis auf die weiterführende Literatur verzichtet werden [vgl. hierzu Glantschnig, 1994, S. 16ff. und Koppelmann, 2000, S. 201ff.]. Die Intensität und der Umfang, mit dem die einzelnen Aufgaben innerhalb des Lieferantenmanagements durchgeführt werden, sind von mehreren Einflussfaktoren abhängig, die im Folgenden näher erläutert werden.

Kapitel 2.2 – Determinanten des Lieferantenmanagements

25

2.2 Determinanten des Lieferantenmanagements Die Gestaltung der einzelnen Elemente des Lieferantenmanagements ist grundsätzlich von der vorliegenden Beschaffungssituation abhängig [vgl. Glantschnig, 1994, S. 103ff.]. Somit sind zunächst Faktoren zu definieren, welche zur Charakterisierung von Beschaffungssituationen herangezogen werden können [vgl. Strub, 1998, S. 97]. In einer umfangreiche Darstellung der Einflussfaktoren unterscheidet HARTING (1994, S. 64ff.) zwischen unternehmensinternen (z.B. Beschaffungsvolumen oder Beschaffungsstrategien) und unternehmensexternen Einflussfaktoren (z.B. politische Lage, Währungsrisiken oder Infrastruktur). Im Folgenden werden die wichtigsten Determinanten vorgestellt, die Einfluss auf die konzeptionelle Entwicklung eines Systems zur Lieferantenbewertung haben. Dazu zählen [vgl. Glantschnig, 1994, S. 104f.]:



Beschaffungsobjektmerkmale,



Beschaffungsstrategien,



Nachfrage- und Angebotsstruktur sowie



Bewertungsmotiv (bei Motiv „Lieferantenauswahl“ zusätzlich die Kaufsituation).

Inwieweit sich die einzelnen Faktoren auf die Gestaltung des Lieferantenmanagements konkret auswirken, wird im weiteren Verlauf der Arbeit an entsprechender Stelle erläutert.

2.2.1 Beschaffungsobjektmerkmale Die Eigenschaften der vom Lieferanten gelieferten Materialien bzw. Leistungen werden durch die Beschaffungsobjektmerkmale beschrieben. Diese charakteristischen Merkmale begründen die unterschiedlichen Anforderungen, welche an die Leistungsfähigkeit der Lieferanten gestellt werden. Die Beschaffungsobjektmerkmale beeinflussen demzufolge die Gestaltung aller Elemente des Lieferantenmanagements. So sind beispielsweise Umfang und Inhalt der Lieferantenanalyse (vgl. Kapitel 2.3.2) bei strategischen und komplexen Materialien größer als bei geringwertigen und standardisierten Materialien [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 121]. Durch eine Analyse der Beschaffungsobjektstruktur ist es möglich, die einzelnen Beschaffungsobjekte in homogene Gruppen einzuordnen. Aus dieser Zuordnung werden dann die jeweiligen Maßnahmen bzw. Handlungsoptionen abgeleitet. Im Rahmen einer Beschaffungsobjektstrukturanalyse werden beispielsweise verschiedene Objekte einem bestimmten Objekttyp zugeordnet, um dann die für den jeweiligen Objekttyp relevanten

26

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Merkmalskriterien hinsichtlich einer Lieferantenbewertung und -auswahl erheben zu können.23 Mit der Analyse der Beschaffungsobjektstruktur ist auch die Analyse der Lieferantenstruktur inhaltlich eng verbunden, die – ebenfalls durch Klassifikation – eine Zuordnung von Lieferanten in maximal homogene Gruppen zum Ziel hat. Diese Lieferantenstrukturanalyse wird im weiteren Verlauf der Arbeit aufgegriffen und detailliert beschrieben (vgl. Kapitel 2.3.4 und 4.3.3.2). Im Hinblick auf die Gestaltung der Lieferantenbewertung beeinflussen die Beschaffungsobjektmerkmale unter anderem die Bewertungshäufigkeit, die Definition der Bewertungskriterien (vgl. Kapitel 3.4) und die Entwicklung der Maßnahmen zur Steuerung der Lieferantenbeziehung (vgl. Kapitel 2.3.5).

2.2.2 Beschaffungsstrategien Aufgabe der Beschaffungsstrategien ist die Umsetzung der im Rahmen der Beschaffungspolitik vorgegebenen Beschaffungsziele (vgl. Kapitel 2.1.2) in langfristige Handlungsprogramme [vgl. Meyer/Mattmüller, 1999, S. 829]. KLAUS/KRIEGER (2000, S. 52f.) unterscheiden die Beschaffungsstrategien nach folgenden Faktoren:



Anzahl der Bezugsquellen (Single-Sourcing, Dual-Sourcing, Multiple-Sourcing),



Leistungsumfang (z.B. Unit-Sourcing, Modular-Sourcing),



Geographischer Ort der Bezugsquellen (z.B. Local-Sourcing, Global-Sourcing),



Ort der Leistungserbringung (z.B. External-Sourcing, Internal-Sourcing) und



Bereitstellung der Materialien (z.B. Just-in-Time, Vorratshaltung).

Im Folgenden sollen diejenigen der vorgestellten Strategien kurz umrissen werden, die sich mit den Determinanten Beschaffungsobjekt und Bezugsquelle auseinandersetzen [vgl. Arnold, 1997, S. 93ff. sowie vgl. Harlander/Blom, 1996, S. 25]:

• Anzahl der Bezugsquellen Hinsichtlich der Anzahl der Lieferanten ist zwischen Single-, Dual- und Multiple-Sourcing zu unterscheiden. Unter Single-Sourcing ist die Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen aus nur einer einzigen Quelle zu verstehen.24 Dazu muss zunächst ein leistungsstarker 23

24

SCHERER (1991, S. 243ff.) unterteilt Beschaffungsobjekte durch Merkmalsverknüpfungen in billige, leistungsstarke, bewährte, innovative, standardisierte und spezialisierte Beschaffungsobjekte, auf deren Basis GLANTSCHNIG (1994, S. 108ff.) die Merkmalskriterien definiert, die für die jeweilige Beschaffungssituation, d.h. für die jeweiligen Beschaffungsobjekte, entscheidungsrelevant sind. Eine andere Möglichkeit ist die im Rahmen der ABC-Analyse durchgeführte Klassifikation der Beschaffungsobjekte nach ihrer Wertstruktur [vgl. Large, 2000, S. 63ff.]. Hinsichtlich der Versorgung aus einer einzigen Quelle differenziert ARNOLD (1996, Sp. 1864f.) zwischen Single- und Sole-Sourcing. Letzteres beschreibt eine monopolistische Anbietersituation, in der sich der Abnehmer auf einen Lieferanten konzentrieren muss. Nach LEENDERS/FEARON (1997, S. 236) ist aber auch hierunter Single-Sourcing zu verstehen.

Kapitel 2.2 – Determinanten des Lieferantenmanagements

27

Lieferant aufgebaut werden, mit dem schließlich eine durch Rahmenverträge untermauerte langfristig angelegte Partnerschaft eingegangen wird. Auf lange Sicht sollen somit niedrige Einstandspreise und eine hohe Qualität sichergestellt werden. Diese Teilstrategie ist besonders für hochkomplexe Beschaffungsobjekte mit geringem Standardisierungsgrad geeignet, da durch die partnerschaftliche Forschung und Entwicklung sowohl Kostensenkungspotentiale als auch Differenzierungsvorteile gegenüber Wettbewerbern genutzt werden können [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1865]. Andererseits kann diese hohe Abhängigkeit von nur einem Zulieferer durch Lieferverzug oder Ausfall zu Verzögerungen im Leistungserstellungsprozess des Abnehmers führen. Zudem ist der Lieferant, aufgrund seines Know-hows und der engen vertraglichen Bindung an den Abnehmer, nicht beliebig substituierbar [vgl. Weigand, 1998, S. 55]. Um diese Abhängigkeit zu vermindern und trotzdem von den Vorzügen des Single-Sourcing profitieren zu können, wird auf das Dual-Sourcing zurückgegriffen [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1865]. Der beschaffungsobjektspezifische Bedarf wird hierbei auf zwei konkurrierende Anbieter verteilt. Für das Dual-Sourcing entschied sich auch das in Kapitel 4.3 vorgestellte Unternehmen ARGASSI bei seiner zu treffenden Lieferantenauswahl. Durch Einführung des Multiple-Sourcing lässt sich das Versorgungsrisiko noch weiter verringern, indem mehrere Bezugsquellen berücksichtigt werden und somit der Wettbewerb, insbesondere hinsichtlich der Einstandspreise, zwischen den Anbietern stimuliert wird. Im Gegensatz zum Single-Sourcing ist die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung nur auf den konkreten Bedarfsfall ausgerichtet. Zudem sollte das Beschaffungsobjekt einen hohen Standardisierungsgrad aufweisen [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1864].

• Leistungsumfang Eine andere Möglichkeit zur Reduzierung direkter Lieferbeziehungen liegt im ModularSourcing. Die hierbei beschafften Objekte zeichnen sich im Gegensatz zum Unit-Sourcing, der sogenannten Einzelteilbeschaffung, durch eine hohe Komplexität aus. Während beim Unit-Sourcing viele Teile bei vielen Lieferanten bezogen werden, sieht das Konzept des Modular-Sourcing die Beschaffung von montage- und lohnintensiven Baugruppen (Module) vor, die bislang vom Abnehmer selbst aus diversen Einzelteilen gefertigt wurden [vgl. Koppelmann, 2000, S. 126; Schulte, 1999a, S. 235]. Infolge des Outsourcing von Wertschöpfungsstufen hat der Abnehmer insgesamt zwar weniger Teile zu verarbeiten, diese weisen allerdings eine deutlich höhere Komplexität auf [vgl. Weigand, 1998, S. 50]. Als Nachteil sind die große Abhängigkeit sowie die Weitergabe und der Verlust von Know-how anzuführen, da der gesamte Wertschöpfungsprozess von der Entwicklung über die Beschaffung bis hin zur Produktion des Moduls an den Zulieferer übergeben wird [vgl. Bichler, 1997, S. 47].

28

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

In diesem Zusammenhang ist auf das Konzept des Simultaneous Engineering hinzuweisen. Dabei werden Forschungs- und Entwicklungsaufgaben von Lieferant und Abnehmer gemeinsam durchgeführt und somit der Know-how-Verlust in Grenzen gehalten [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 267].

• Geographischer Ort der Bezugsquellen In Bezug auf die räumliche Entfernung zwischen Quelle und Senke des benötigten Beschaffungsobjektes, kann zwischen Local-, Domestic- und Global-Sourcing unterschieden werden. Während Local-Sourcing auf die Bezugsquellen in der näheren Umgebung des Abnehmers abzielt, stellt Domestic-Sourcing die Beschaffung bei inländischen Lieferanten dar. Durch die größere Nähe zum Beschaffungsmarkt tragen beide Strategien zur Minimierung logistischer Risiken bei und gewähren somit eine erhöhte Versorgungssicherheit bei niedrigen Kosten [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1866f.; Weigand, 1998, S. 52]. Eine Ausweitung auf ausländische Beschaffungsmärkte stellt das sogenannte GlobalSourcing dar. Hierunter soll eine systematische Ausdehnung der Aktivitäten des Beschaffungsmarketings auf internationale Beschaffungsmärkte zur Erlangung strategischer Wettbewerbsvorteile verstanden werden [vgl. Schulte, 1999a, S. 229]. Ziel ist die Erschließung neuer potentieller Lieferanten, die Ausnutzung günstigerer Kostenstrukturen sowie die Beobachtung ausländischer Märkte, um neue technologische Entwicklungen identifizieren und entsprechend umsetzen zu können [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1867]. • Ort der Leistungserbringung Werden die zu beschaffenden Objekte ausschließlich außerhalb des eigenen Unternehmens gesucht, spricht man von External-Sourcing. Ist die Suche auf das eigene Unternehmen begrenzt, kommt das Internal-Sourcing zur Anwendung. Dem höheren Aufwand zur Informationsbeschaffung beim External Sourcing steht eine deutlich eingeschränkte Wahlmöglichkeit beim Internal Sourcing gegenüber. • Bereitstellung der Materialien Wesentliches Merkmal der folgenden beiden Konzepte ist der Zeitpunkt der Bereitstellung der Beschaffungsobjekte. Im Rahmen des Stock-Sourcing (Vorratshaltung) soll eine hohe Versorgungssicherheit durch Lagerbestände gewährleistet werden, um externe Störungen des Leistungserstellungsprozesses durch Lieferausfälle, Preisschwankungen und Angebotsverknappungen am Beschaffungsmarkt zeitweise ausgleichen zu können [vgl. Arnold, 1996, Sp. 1868]. Durch die hohe Kapitalbindung im Lagerbestand ist diese Teilstrategie allerdings nur für geringwertige, standardisierte Beschaffungsobjekte geeignet. Für hochwertige, komplexe Güter erscheint das Just-in-Time-Sourcing eher geeignet, da die Bereitstellung der erforderlichen Materialien bedarfssynchron und zeitgenau im

Kapitel 2.2 – Determinanten des Lieferantenmanagements

29

Produktionsprozess erfolgt. Analog zum Single-Sourcing wird der Lieferant durch langfristige Verträge an den Abnehmer gebunden. Die Lagerhaltung und die damit verbundene Kapitalbindung sowie die Qualitätssicherung finden beim Zulieferer statt [vgl. Schulte, 1999a, S. 238].25 Als Nachteil ist auch hier die hohe Abhängigkeit vom Lieferanten zu nennen, da es sich bei den Beschaffungsobjekten in der Regel um komplexe Baugruppen handelt.26 Beschaffungsstrategien bilden eine wichtige Grundlage des Lieferantenmanagements [vgl. Harlander/Blom, 1996, S. 25]. Inwieweit die erwähnten Strategien die Gestaltung der Lieferantenbewertung (beispielsweise über die Definition der Bewertungskriterien) beeinflussen, wird im Verlauf der Arbeit an entsprechender Stelle hervorgehoben.

2.2.3 Nachfrage- und Angebotsstruktur Die Nachfrage- und Angebotsstruktur beschreibt die Marktmacht des Abnehmers bzw. des Lieferanten. GLANTSCHNIG (1994, S. 124) unterscheidet folgende Machtpositionen:



Machtübergewicht des Abnehmers,



Machtübergewicht des Lieferanten oder



Wechselseitige Abhängigkeit.

Der Abnehmer besitzt eine hohe Marktmacht, wenn er einen großen Anteil am Liefervolumen des Lieferanten verursacht; im Extremfall ist der Abnehmer der einzige Kunde des Lieferanten. Die Marktposition des Lieferanten wird von der Anzahl der Konkurrenten beeinflusst. Demzufolge ist die Lieferantenmacht am höchsten, wenn kein anderer Anbieter für die jeweiligen Materialien existiert. Bei einer wechselseitigen Marktmacht sind die Positionen von Lieferant und Abnehmer gleich stark [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 316ff.]. Die Nachfrage- und Angebotsstruktur beeinflusst vor allem die Maßnahmen zur Steuerung der Lieferantenbeziehung, auf die in Kapitel 2.3.5 näher eingegangen wird.

2.2.4 Bewertungsmotiv und Kaufsituation Unter

dem

Aspekt

des

Bewertungsmotivs

wird

danach

unterschieden,

ob

die

Lieferantenbewertung eine Lieferantenauswahl oder eine Kontrolle bestehender Lieferanten (Lieferantencontrolling) zur Folge hat [vgl. Urban, 1998, S. 258]. Dadurch werden zum einen die Vorgehensweise bei der Lieferantenanalyse (beispielsweise die Wahl der Informations25 26

Eine Ausnahme bilden Übergangslager innerhalb des Fertigungsprozesses. Vgl. hierzu die Ausführungen zum Modular-Sourcing im Rahmen dieses Kapitels.

30

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

quellen) und zum anderen die Gestaltung der Bewertungsstruktur (beispielsweise die Definition der Kriterien) beeinflusst. Bei der Bewertung der Lieferanten mit dem Ziel der Lieferantenauswahl ist weiterhin die vorliegende Kaufsituation (vgl. Tabelle 2–2) zu betrachten.

Bekannter Lieferant

Neuer Lieferant

Bekanntes Beschaffungsobjekt

Routinebeschaffung

Lieferantenwechsel

Neues Beschaffungsobjekt

Sortimentswechsel

Neuprodukteinführung

Tabelle 2–2: Entscheidungssituationen (Quelle: Arnold, 1997, S. 176)

ARNOLD (1997, S. 165ff.) definiert in Abhängigkeit vom Neuigkeitsgrad der Beschaffungsobjekte und der Bekanntheit des potentiellen Lieferanten folgende Situationen:

• Routinebeschaffung In dieser Situation, die auch als reiner Wiederholungskauf bezeichnet werden kann, sind Beschaffungsobjekt und Lieferant bekannt und können anhand vorliegender Informationen bzw. bisheriger Erfahrungen bewertet werden. Ziel ist die kontinuierliche Überwachung der Leistungsfähigkeit des Zulieferers, damit Schwachstellen rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können [vgl. Arnold, 1997, S. 176]. • Lieferantenwechsel Im Gegensatz zur Routinebeschaffung besteht aufgrund fehlender Erfahrungen ein erhöhter Bedarf an Informationen über den neuen potentiellen Lieferanten. Zur Bewertung ist das Leistungsprofil des bisherigen Zulieferers als Maßstab heranzuziehen, um den Mindeststandard für den Lieferantenwechsel festzulegen [vgl. Arnold, 1997, S. 238]. Das Beschaffungsobjekt bleibt hiervon unberührt, da es bereits in der vorigen Lieferbeziehung exakt definiert wurde.

Kapitel 2.2 – Determinanten des Lieferantenmanagements

31

• Sortimentswechsel Auch in diesem Fall liegt eine Spezifikation des Beschaffungsobjektes vor, jedoch wurde es bisher weder bei dem zu bewertenden und bereits bekannten Lieferanten bezogen, noch bei einem anderen. Obwohl lieferantenspezifische Leistungsdaten über die Zusammenarbeit auf anderen Gebieten vorliegen, sind diese nicht ohne weiteres auf das neue Beschaffungsobjekt anwendbar. Bei der Bewertung kann somit das Leistungspotential des Lieferanten nur geschätzt werden [vgl. Arnold, 1997, S. 177]. Die Konstellationen Lieferantenwechsel und Sortimentswechsel können auch als modifizierte Wiederholungskäufe bezeichnet werden. Hierbei stellen der Lieferant oder das Beschaffungsobjekt für den Abnehmer eine bisher unbekannte Größe dar und führen somit zu einer einseitigen Variation der Kaufsituation.

• Neuprodukteinführung Im Vergleich zu den zuvor beschriebenen Entscheidungssituationen herrscht bei der Neuprodukteinführung, auch Erstkauf genannt, der größte Informationsbedarf. Weder über den Lieferant noch über das Beschaffungsobjekt liegen Erfahrungswerte vor. In diesem Fall sollten zunächst die Anforderungen an das zu beschaffende Produkt spezifiziert werden, um anschließend das Leistungspotential des Lieferanten abschätzen zu können [vgl. Arnold, 1997, S. 177]. Die vorliegende Kaufsituation beeinflusst die Vorgehensweise bei der Lieferantenanalyse und die Gestaltung der Lieferantenbewertung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zum Zweck der Lieferantenauswahl im Fall der Routinebeschaffung kein entscheidender Informationsbedarf besteht und dass mit zunehmender Neuigkeit der Entscheidungssituation der Informationsbedarf ansteigt. Der hohe Informationsbedarf in neuen Entscheidungssituationen mag ein Grund dafür sein, dass einige Einkäufer dazu neigen, die Situation der Routinebeschaffung anzustreben [vgl. Gruschwitz, 1989, S. 50]. Dabei besteht aber die Gefahr, neue potentielle Lieferanten und/oder Produkte (Substitutionsprodukte oder Innovationen) bei der Auswahlentscheidung von vorneherein auszuschließen und somit auf Wettbewerbsvorteile zu verzichten.

Nach der Einordnung des Lieferantenmanagements in den Beschaffungsprozess und der Erläuterung der Einflussfaktoren werden im folgenden Kapitel die bereits an einigen Stellen erwähnten Elemente des Lieferantenmanagements detailliert beschrieben.

32

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

2.3 Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick In der Literatur existieren nur in begrenztem Umfang Beiträge, die sich direkt mit dem Thema des Lieferantenmanagements auseinandersetzen oder die darunter zu verstehenden Aktivitäten detailliert beschreiben (vgl. auch Kapitel 1.1.2). Zudem wird der Begriff Lieferantenmanagement oftmals verwendet, ohne eine Definition dessen vorzunehmen. Die Analyse der unter dem Begriff Lieferantenmanagement beschriebenen Aktivitäten lässt jedoch Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Definition erahnen. Die derart erschlossene Bandbreite reicht vom schlichten Schlagwort bis hin zu umfassenden Managementkonzepten. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll nicht der Versuch unternommen werden, alle Definitionsansätze abzubilden und zu diskutieren27; an dessen Stelle tritt nachfolgend ein Überblick über einige signifikante Definitionen, die Gemeinsamkeiten erkennen lassen. HILDEBRANDT/KOPPELMANN (2000, S. 123) verstehen unter Lieferantenmanagement die „Steuerung der Wertschöpfung in der Beziehung zum Lieferanten“. Notwendig dazu sind unter anderem der Austausch von wichtigen Informationen über die Lieferanten, eine qualifizierte Lieferantenauswahl sowie das Erkennen und Nutzen von Weiterentwicklungspotentialen [vgl. Hildebrandt/Koppelmann, 2000, S. 123f.]. Als zentrales Element wird die Lieferantenbeurteilung (vgl. Kapitel 3) gesehen. BRETTSCHNEIDER (2000, S. 22) definiert Lieferantenmanagement als „die Gesamtheit der Aufgaben (...) zum Auffinden von Lieferanten und zum Aufbau der Beziehungen zu ihnen“. Langfristige Wertschöpfungspartnerschaften werden hier als geeignetes Mittel zur Optimierung angesehen. Nach WAGNER (2002, S. 11f.) umfasst Lieferantenmanagement die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von Lieferantenportfolios und Lieferantenbeziehungen. Die drei wesentlichen Aktivitäten sind Management der Lieferantenbasis (Reduktion, Selektion und Bewertung von Lieferanten), Lieferantenentwicklung und Lieferantenintegration. GLANTSCHNIG (1994, S. 12ff.) subsumiert unter Lieferantenmanagement die Phasen Analyse, Bewertung, Auswahl und Kontrolle von Lieferanten. Für HARTING (1994, S. 2) sind Auswahl, Bewertung, Kontrolle und Strategie die wesentlichen Elemente des Lieferantenmanagements. MARON/BRÜCKNER (1998, S. 720) sprechen von einem geschlossenen Regelkreis, der die Bewertung, Auswahl und Entwicklung von Lieferanten umfasst. Dieser Ansatz entstand aus der Praxis unter Zugrundelegung des Lieferantenmanagementsystems von Siemens.28 27 28

Einen guten, wenn auch nicht vollständigen Überblick über die Literatur gibt WAGNER (2001, S. 91). Vgl. dazu auch HOFFMANN/LUMBE (2001, S. 93f.) sowie FUCHS/ZACHAU (2000, S. 52).

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

33

Wie sich in obigen Ansätzen zeigt, sind – unabhängig von der jeweiligen Nomenklatur – einige zentrale Elemente wie Bewertung oder Auswahl stets in den Definitionen enthalten. Darauf aufbauend folgt diese Arbeit der in Abbildung 2–5 gezeigten Darstellung des Lieferantenmanagements, die das Grundkonzept von LASCH/JANKER/FRIEDRICH (2001, S. 16) weiterentwickelt. Die umfassende Definition begreift Lieferantenmanagement als Prozess und beginnt bei der Identifikation von Lieferanten und führt zur strategischen Lieferantensteuerung, die unter anderem Lieferantenintegration, -pflege und -entwicklung beinhaltet.

Lieferantenidentifikation Lieferanteneingrenzung Management der Lieferantenbasis

LieferantenVorauswahl

Lieferantenanalyse Lieferantenbewertung Lieferantenauswahl

Lieferantencontrolling

Steuerung der Lieferantenbeziehung Lieferantenpflege Lieferantenintegration Lieferantenentwicklung Lieferantenförderung Lieferantenerziehung

Abbildung 2–5: Prozessschritte des Lieferantenmanagements

Dabei ist zu beachten, dass der in Abbildung 2–5 dargestellte Ablauf als idealtypisch für eine Neuprodukteinführung anzusehen ist, bei dem alle genannten Prozessschritte von oben nach unten durchlaufen werden müssen. In Abweichung zum dargestellten Prozess wird eine Lieferantenbewertung zum Lieferantencontrolling ohne eine vorherige Lieferantenvorauswahl angewendet; daneben kann eine leistungsfähige Bewertung sogar die Lieferantenvorauswahl unterstützen, wie in Kapitel 4.3.1 gezeigt wird.

34

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Im Folgenden werden die benannten Teilschritte des Lieferantenmanagements näher beschrieben.

2.3.1 Lieferantenvorauswahl Die Lieferantenvorauswahl beinhaltet die Schritte der Lieferantenidentifikation und der Lieferanteneingrenzung. Je nach Kaufsituation wird dabei auf vorhandene Lieferanten des Unternehmens zurückgegriffen oder es werden neue Lieferanten auf dem Beschaffungsmarkt gesucht, was Aufgabe der bereits erwähnten Beschaffungsmarktforschung (vgl. Kapitel 2.1.3) ist. Abgesehen von Informationen über Lieferanten, Beschaffungsobjekte und Einstandspreise, sind auch Daten über die Angebots- und Nachfragestruktur sowie Dynamik und Entwicklungstendenzen der Beschaffungsmärkte von Interesse. Hieraus ergibt sich ein umfassender Überblick, der neben den eigenen auch die Beschaffungsmärkte der Lieferanten sowie Märkte für Substitutionsgüter einschließen und transparent darstellen sollte [vgl. Melzer-Ridinger, 1994, S. 29]. Aus Kostengründen sollte sich eine kontinuierliche Beschaffungsmarktforschung auf Lieferanten konzentrieren [vgl. Hartmann, 1997, S. 164].

von

A-

und

hochwertigen

B-Teilen

Die benötigten Lieferantendaten können durch primäre oder sekundäre Quellen erhoben werden. Primäre Quellen umfassen Daten, die direkt auf den Beschaffungsmärkten zum Zweck der Erkundung erhoben werden, während sekundäre Quellen bereits vorhandene Daten beinhalten, die für einen anderen Zweck, zu einem früheren Zeitpunkt ermittelt wurden [vgl. Lensing/Sonnemann, 1995, S. 105ff.]. Tabelle 2–3 gibt einen Überblick über primäre und sekundäre Quellen.29

29

Auf die einzelnen Quellen soll nicht näher eingegangen werden, da diese selbsterklärend sind. Zur Bedeutung des Internets als Informationsquelle der Beschaffung vgl. z. B. BOGASCHEWSKY (1999, S. 17ff.), LARGE (2000, S. 94ff.) sowie ROBERTS/MACKAY (1998, S. 176). HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997, S. 44) sind zudem mehrere Datenbanken zu entnehmen, von denen einige auch über das Internet verfügbar sind. EYHOLZER/KUHLMANN/MÜNGER (2002, S. 69ff.) untersuchen die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes neuer IT-Tools in der Beschaffung.

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

Primäre Quellen

35

Sekundäre Quellen

- Lieferantenbefragung

-Fachpublikationen

- Selbstauskunft

-Referenzen

- Messen/Ausstellungen

-Amtliche Statistiken

- Fachtagungen

-Firmenverzeichnisse

- Marktforschungsinstitute

-Börsen- und Marktberichte

- Auskünfte

-Internet

- Kontakte mit Verkäufern

-Datenbanken

- Betriebsbesichtigung

-Werbung

- Erfahrungsaustausch

-Publikationen der Lieferanten

- Angebote

-Tageszeitungen

- Probelieferungen - innerbetriebliche Quellen

Tabelle 2–3: Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung (Quelle: Koppelmann, 2000, S. 361, eigene Recherche)

Aufbauend auf den Ergebnissen der Beschaffungsmarktforschung ist schließlich eine qualifizierte Identifikation und Eingrenzung potentieller Lieferanten als Vorstufe der eigentlichen Bewertung möglich.

2.3.1.1

Lieferantenidentifikation

Im Rahmen der Lieferantenidentifikation gilt es, zunächst diejenigen Lieferanten zu identifizieren, die das benötigte Beschaffungsobjekt überhaupt anbieten. Bei einer Neuprodukteinführung ist der Bedarf an Neulieferanten offensichtlich – dagegen muss die Notwendigkeit des Lieferantenwechsels erst erkannt werden. Diese ergibt sich beispielsweise bei einer zu geringen Anzahl an Entwicklungspartnern, einem zu hohen Preisniveau des bestehenden Lieferanten, einem zu hohen Anteil an Problem- und Mängellieferanten, aber auch bei einer zu hohen Lieferantenanzahl [vgl. Large, 2000, S. 124]. Indizien für den Bedarf an Neulieferanten lassen sich aus der Analyse der Lieferantenstruktur und einer permanenten Markt- und Branchenanalyse ziehen [vgl. Large, 2000, S. 148 und Kleinau, 1995, S. 95]. Befinden sich im eigenen Lieferantenstamm ausreichend potentielle Zulieferer für das benötigte Produkt und liegen genügend Informationen über diese vor, ist die Suche an dieser Stelle beendet und es können entsprechende Angebote eingeholt und ausgewertet werden. Andernfalls müssen neue, den Anforderungen des Abnehmers gerecht werdende Lieferanten gefunden werden. Dazu wird der in Frage kommende Beschaffungsmarkt abgesteckt und nach Lieferanten abgesucht, welche das gewünschte Beschaffungsobjekt herstellen bzw. in der Lage sind es herzustellen [vgl. Glantschnig, 1994, S. 126]. Führt dieser erste Anlauf zu keinem verwertbaren Ergebnis, so ist eine Ausweitung der Suche auf angrenzende Branchen

36

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

sinnvoll. Bei Spezialprodukten ist die Suche auf Anbieter von ähnlichen Produkten oder auf Anbieter mit spezifischen, auf das benötigte Objekt anwendbaren Verfahrensfähigkeiten auszudehnen [vgl. Koppelmann, 2000, S. 239].

2.3.1.2

Lieferanteneingrenzung

In der Lieferanteneingrenzung werden die identifizierten Lieferanten grob auf ihre Eignung als Zulieferer für das beschaffende Unternehmen überprüft. Ziel ist es, die näher zu betrachtende Lieferantenzahl einzuschränken, so dass nur noch wenige Lieferanten dem detaillierten Prozess der Lieferantenanalyse (vgl. Kapitel 2.3.2) und Lieferantenbewertung (vgl. Kapitel 3) unterzogen werden müssen. Im Schritt der Lieferantenidentifikation wird noch eine Vielzahl an Lieferanten betrachtet, die im Verlauf des Selektionsprozesses sukzessive reduziert wird. Abbildung 2–6 zeigt die Entwicklung der zu untersuchenden Lieferantenanzahl und der benötigten Informationsmenge je Lieferant im Verlauf dieses Selektionsprozesses.

Lieferantenanzahl

Selektionsprozess

Lieferantenidentifikation

Lieferanteneingrenzung

Lieferantenanalyse Lieferantenanalyse und -bewertung Informationsmenge je Lieferant

Abbildung 2–6: Veränderung von Lieferantenanzahl und Informationsmenge im Selektionsprozess (Quelle: in Anlehnung an Schneider/Müller, 1989, S. 13)

Zur Reduktion der Lieferantenanzahl sind in der Lieferanteneingrenzung weitere Informationen über die Anbieter zu erheben. Hierzu zählen Daten, die vor der ersten Kontaktaufnahme (Gespräch oder Zusendung einer Anfrage) zusammengetragen werden, um eine dem Beschaffungsbedarf entsprechende, erste Sichtung der zu diesem Zeitpunkt

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

37

zahlreich vorhandenen Alternativen vorzunehmen.30 Erst für die nach der Eingrenzung verbleibende geringe Anzahl an Lieferanten ist eine Lieferantenanalyse sinnvoll. Im Folgenden werden drei Möglichkeiten der Lieferanteneingrenzung (Selbstauskunft des Lieferanten, Zertifikate und K.O.-Kriterien) detaillierter dargestellt.

2.3.1.2.1 Selbstauskunft des Lieferanten Unter den zahlreichen Informationsquellen (vgl. Tabelle 2–3) erscheint die Selbstauskunft zum Zweck der Lieferanteneingrenzung am geeignetsten. Anhand eines Lieferantenfragebogens31 werden die Informationen direkt beim Anbieter erhoben. Auskünfte des Lieferanten über sein eigenes Unternehmen sind selbstverständlich subjektiv geprägt und sollten zur Risikominimierung in den wichtigsten Punkten mit Daten aus anderen Quellen abgeglichen und bei Bedarf durch Rückfragen beim Anbieter ergänzt werden [vgl. Grunwald, 1993, S. 123]. Vor allem Unternehmen, die das Internet über eine extra eingerichtete Einkaufshomepage für die Lieferantensuche nutzen, greifen auf die Selbstauskunft als schnelle und preiswerte Methode der Lieferanteneingrenzung zurück. Dabei werden die Daten standardisiert via Eingabemaske erhoben, was deren Weiterverarbeitung erleichtert. BUCHHOLZ/MÜLLER (2003, S. 35f.) unterscheiden drei Arten der elektronischen Ausschreibung: eRFI (electronic Request For Information) erhebt lediglich allgemeine Unternehmensdaten wie Umsatz, Mitarbeiter oder Standort. eRFQ (electronic Request For Quotation) dient dazu, Preise für den spezifizierten Beschaffungsbedarf einzuholen. Mittels eRFP (electronic Request For Proposal) wird den Lieferanten zusätzlich die Möglichkeit gegeben, Lösungsvorschläge für den vorliegenden, komplexeren Beschaffungsfall abzugeben und somit ihr Know-how unter Beweis zu stellen. Unabhängig von der Möglichkeit einer elektronischen Ausschreibung, sollte ein umfassender Lieferantenfragebogen vor allem Informationen zu folgenden Themen liefern [vgl. Glantschnig, 1994, S. 128ff.]:



Organisation: Allgemeine Unternehmensdaten, wie Mitarbeiterzahl, Rechtsform, Anteilseigner und Konzernverbund, sowie Angaben zur Organisationsstruktur werden erfasst [vgl. Muschinski, 1998b, S. 104].



Produkt und Fertigung: Produktionsprogramm, Lizenzen und Patente sowie Kapazität, Auslastung, Modernisierungsgrad und Zustand der vorhandenen Betriebsmittel stehen im Mittelpunkt des Interesses [vgl. Arnolds/Heege/Tussing,

30

31

Dabei wird davon ausgegangen, dass der Beschaffer eine Vielzahl von Lieferquellen, zwischen denen er wählen kann, identifiziert hat und demnach eine Vorauswahl ökonomisch sinnvoll erscheint [vgl. Glantschnig, 1994, S. 127]. Beispiele für Lieferantenfragebögen zur Selbstauskunft sind FRIEDERICI/MAIWALD (1995, S. 54ff.) und KASTREUZ (1994, S. 165ff.) zu entnehmen.

38

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

2001, S. 383]. Daneben werden Kundenreferenzen (Hauptkunden) gefordert, aus denen sich Rückschlüsse auf dessen Zuverlässigkeit ziehen lassen.



Finanzkraft: Umsatzentwicklung, Marktanteil und Angaben zu F+E-Aktivitäten sowie Investitionsvorhaben dienen als Kennzahlen der Finanzkraft. Zusätzlich werden mit dem Lieferantenfragebogen Angaben zur Bilanz und G+V-Rechnung abgefragt [vgl. Glantschnig, 1994, S. 131].



Qualitätssicherung: Zur Überprüfung der Qualitätsfähigkeit des Anbieters stellt dieser Fragenkomplex den wichtigsten und in der Regel ausführlichsten Teil des Fragebogens dar. Er beinhaltet Fragen zum Qualitätssicherungssystem, dessen Bedeutung für den Lieferanten sowie über angewandte Verfahren und vorhandene Prüfeinrichtungen [vgl. Muschinski, 1998b, S. 104].



Logistik und Service: Es werden vornehmlich Angaben zur Vertriebslogistik, wie Lager- und Transportmöglichkeiten des Anbieters, erwartet. Erfahrungen mit Just-inTime und anderen Formen der beschaffungspolitischen Lieferantenintegration sind gegebenenfalls durch Referenzen zu belegen [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 383]. Daneben sind die Serviceleistungen des Lieferanten von Interesse, wie Ersatzteilversorgung und Kundendienst [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 54].



Kommunikation: Neben den herkömmlichen Formen der Telekommunikation interessieren vor allem vorhandene bzw. geplante Systeme für den elektronischen Datenaustausch, die eine intensivere Einbindung des Lieferanten zulassen und zu einer Verkürzung der Reaktionszeiten führen.



Umweltschutz: Die zunehmende Bedeutung des Umweltschutzes schlägt sich in diesem Bestandteil des Lieferantenfragebogens nieder. Recyclingbemühungen und der hiermit verbundene Einsatz von schadstoffarmen und recyclingfähigen Werkstoffen bei der Leistungserstellung sowie deren spätere Rücknahme stehen im Mittelpunkt [vgl. Glantschnig, 1994, S. 132f.].

Neben der direkten Befragung der Lieferanten und der beschriebenen elektronischen Ausschreibung können die zur Eingrenzung der Vielzahl an Anbietern erforderlichen Informationen über weitere Informationsquellen wie Bezugsquellennachweise, Wirtschaftsdatenbanken, Auskunfteien, Lieferantenhomepages, Lieferantenwerbung oder Fachzeitschriften beschafft werden, die im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung bereits erwähnt wurden (vgl. Tabelle 2–3). Gespräche mit Maklern/Vertretern, Fachkollegen oder Firmenvertretern auf Messen sowie Daten aus unternehmensinternen Quellen und eigene Erfahrungen tragen ebenso dazu bei, das bestehende Informationsdefizit zu befriedigen [vgl. Monczka/Trent/Handfield, 1998, S. 243ff.].

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

39

2.3.1.2.2 Zertifikate Durch die Entwicklung der Zulieferer von Teilelieferanten zu Wertschöpfungs- und Entwicklungspartnern ist die Bedeutung der Qualitätsleistung gestiegen – von der reinen Produktqualität hin zur Qualität und Leistungsfähigkeit der gesamten Geschäftsprozesse des Lieferanten. Qualitätsmanagementsysteme (QM-Systeme) und deren Zertifizierung als Nachweis über die Qualitätsfähigkeit eines Lieferanten werden immer bedeutender. Zertifikate32 dienen dem Einkäufer bereits bei der Lieferanteneingrenzung als Entscheidungshilfe zur Bewertung der Qualitätsfähigkeit lokaler wie internationaler Lieferanten [vgl. Piller/Korn, 1997, S. 29]. Der Einkäufer erhält frühzeitig und in einfacher Form Informationen zum QM-System des Zulieferers. In vielen Branchen ist deshalb ein Zertifikat bereits standardmäßig bei der Angebotsabgabe beizufügen [vgl. Kamiske/Brauer, 1999, S. 8f.]. Die bedeutendste Norm für den Aufbau eines QM-Systems ist die branchenneutrale Reihe DIN EN ISO 9000.33 Die neue Normenreihe ISO 9000:2000 trat nach einer Langzeitrevision im Dezember 2000 in Kraft. Die DIN EN ISO 9001 – Qualitätsmanagementsysteme: Anforderungen – ersetzt die bisherigen drei Nachweisstufen ISO 9001-9003.34 Sie legt die Forderungen an die Gestaltung eines QM-Systems fest und bildet die Grundlage für die Erteilung eines Zertifikates [vgl. Pfeifer, 2001, S. 69]. Kernpunkt der DIN EN ISO 9001 ist ein Prozessmodell, welches über das eigene Unternehmen hinaus geht und Kunden bzw. alle weiteren Interessenpartner mit einbezieht [vgl. ebd., S. 70]. Analog zu diesem Prozessmodell beinhaltet die DIN EN ISO 9001 vier Forderungen an das QM-System: Verantwortung der Leitung, Management von Ressourcen, Produktrealisierung und Messung, Analyse und Verbesserung.35 Wurde die Konformität des Qualitätsmanagementsystems mit den Forderungen der DIN EN ISO 9001 durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle festgestellt, erhält das Unternehmen ein Zertifikat, dessen Gültigkeitsdauer bei jährlicher Durchführung eines Überwachungsaudits mit positivem Ergebnis drei Jahre beträgt [vgl. Pfeifer, 2001, S. 114]. Für die Verlängerung 32

33

34

35

Neben den Zertifikaten, die durch (externe) Zertifizierungsstellen vergeben werden, kann auch im Rahmen einer Auditierung durch den Abnehmer eine (interne) Zertifizierung erfolgen. Auditierungen durch den Abnehmer werden (als wichtiger Bestandteil einer Lieferantenanalyse) in Kapitel 2.3.2 beschrieben, können in Ausnahmefällen aber auch der Lieferanteneingrenzung dienen. Die Normenreihe beinhaltet vier Normengruppen: DIN EN ISO 9000 – Qualitätsmanagementsysteme: Grundlagen und Begriffe, DIN EN ISO 9001 – Qualitätsmanagementsysteme: Anforderungen, DIN EN ISO 9004 – Qualitätsmanagementsysteme: Leitfaden zur Leistungsverbesserung und DIN EN ISO 9011 – Leitfaden für das Auditieren von QM- und UM-Systemen [vgl. Pfeifer, 2001, S. 69 und Kinter, 2000, S. 207]. Die alte Norm DIN EN ISO 9001 bezog sich auf die Darlegung des QM in Design, Entwicklung, Produktion, Montage und Wartung, DIN EN ISO 9002 bezog sich nur auf die Bereiche Produktion, Montage und Wartung und DIN EN ISO 9003 umfasste lediglich die Endprüfung. Zur ausführlichen Darstellung der Änderungen in der Normenreihe vgl. KINTER (2000, S. 208ff.) sowie PFITZINGER, (2001, S. 19ff.). Zur ausführlichen Beschreibung der Inhalte vgl. PFEIFER (2001, S. 71f.). Die detaillierten Forderungen sind der Norm DIN EN ISO 9001 zu entnehmen, vgl. DIN (Hrsg.) (2000b).

40

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

des Zertifikates um weitere drei Jahre ist ein Wiederholungs- oder Reaudit vor Ende der Gültigkeitsdauer durchzuführen, bei dem die Wirksamkeit des QM-Systems nochmals stichprobenartig geprüft wird. Es bleibt festzuhalten, dass die Normenreihe DIN EN ISO 9000 keine herausragenden Spitzenleistungen verlangt, sondern nur Mindestanforderungen enthält und keine Garantie für qualitativ einwandfreie Produkte darstellt – die Aussagekraft ist somit eingeschränkt. Dennoch hat sich das ISO-Zertifikat durch seine internationale Gültigkeit und große Akzeptanz zu einem etablierten Mittel bei der Lieferantenvorauswahl entwickelt [vgl. Hofmann, 1995, S. 38 und Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 387]. Analog zur Zertifizierung des Qualitätsmanagements lassen Unternehmen zunehmend auch ihre Produktion in Bezug auf Umweltgesichtspunkte und das Bestehen eines Umweltmanagementsystems (UM-System) überprüfen. Die beiden in Deutschland bedeutendsten Standards zum Aufbau eines UM-Systems, nach denen auch eine Zertifizierung möglich ist [vgl. Kamiske/Brauer, 1999, S. 322], sind die Normenreihe DIN EN ISO 14000 mit der Norm DIN EN ISO 14001 („Umweltmanagementsysteme – Spezifikationen mit Anleitung zur Anwendung“) und die Verordnung EWG Nr. 761/2001 („Verordnung über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsführung“), auch als „EG-Öko-Audit-Verordnung“ bzw. „EcoManagement and Auditing Scheme“ (EMAS II) bezeichnet36. Grundsätzlich haben die UM-Zertifikate bei der Lieferanteneingrenzung nicht den gleichen Stellenwert wie der von fast allen Lieferanten geforderte Nachweis über ein funktionsfähiges QM-System. Legt das beschaffende Unternehmen jedoch großen Wert auf Umweltaspekte und fordert dies auch von seinen Lieferanten, ist eine EMAS-Eintragung bzw. ein ISO 14001Zertifikat als Nachweis sehr gut geeignet.

2.3.1.2.3 K.O.-Kriterien Eine weitere Möglichkeit der Lieferanteneingrenzung bilden die K.O.-Kriterien. Durch deren Einsatz sollen diejenigen Lieferanten ausgesondert werden, Mindestanforderungen nicht erfüllen [vgl. Vyas/Woodside, 1984, S. 33].

die

bestimmte

KOPPELMANN (2000, S. 244f.) und GLANTSCHNIG (1994, S. 134ff.) haben in ihren Arbeiten mögliche K.O.-Kriterien zur Lieferanteneingrenzung formuliert. Demnach ist neben dem Produktprogramm, das im Rahmen der Lieferantenidentifikation bereits herangezogen wurde, die Lieferbereitschaft des Anbieters bedeutsam: Lieferanten, die den quantitativen Bedarf jetzt und in Zukunft nicht erfüllen können, dürfen nicht in die engere Wahl einbezogen 36

Die neue Verordnung EMAS II vom 27. April 2001 ist die überarbeitete Version der erstmals 1993 verabschiedeten EG-Öko-Audit-Verordnung. Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2002). Da sich die Bezeichnung EMAS als offizieller Begriff der Verordnung durchgesetzt hat, wird im weiteren Verlauf der Arbeit diese Bezeichnung verwendet.

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

41

werden. Darüber hinaus ist bei der Beschaffung von Zeichnungsteilen/Baugruppen und Werkstoff-, Modulen/Systemen entscheidend, ob der Lieferant bereits

Verarbeitungsprozess- bzw. Formerfahrung aufweist. Vor allem bei der Beschaffung von Modulen und Systemen, aber auch bei Zeichnungsteilen und Baugruppen sowie Investitionsgütern haben die Kriterien F&E-Aufwand und Investitionsaufwand Ausschlusscharakter. Diese Kriterien, wie auch Angaben zu Entwicklungsschwerpunkten und dem Einsatz neuer Technologien sind ein Indiz dafür, inwieweit der Lieferant in seine zukünftige Leistungsfähigkeit investiert und bestrebt ist, neue Lösungsvorschläge zu entwickeln. Fehlende Angaben zum Qualitätsmanagement (insbesondere die Zertifizierung des QM-Systems) können ebenso ein Ausschlusskriterium darstellen wie eine schlechte

finanzielle Lage. Letztere kann zur Nichtberücksichtigung des Lieferanten führen, da sie ein Indikator für ernsthafte Probleme beim Anbieter ist [vgl. Monczka/Trend/Handfield, 1998, S. 247]. Auf diesen Punkt ist besonders dann zu achten, wenn mit dem Lieferanten eine langfristige Beziehung angestrebt wird. Es wird deutlich, dass die K.O.-Kriterien den unternehmensspezifischen Gegebenheiten anzupassen sind. So kann beispielsweise die JiT-Fähigkeit als K.O.-Kriterium definiert werden, wenn die eigene Produktion eine bedarfssynchrone Anlieferung der zugekauften Komponenten erfordert. Wird vom beschaffenden Unternehmen ein Systemlieferant gesucht, kommt der Systemfähigkeit Ausschlusscharakter zu. Speziell bei Dienstleistungen und Investitionsgütern ist das Vorhandensein eines Kundendienstes entscheidend und somit als K.O.-Kriterium zur Lieferanteneingrenzung anwendbar. In der Lieferantenidentifikation und Lieferanteneingrenzung, also der Lieferantenvorauswahl, wurden potentielle Zulieferer gesucht und deren Zahl anschließend eingeschränkt. Als nächste Schritte im Prozess des Lieferantenmanagements Lieferantenanalyse und –bewertung.

(vgl.

Abbildung

2–5)

folgen

2.3.2 Lieferantenanalyse und –bewertung Die Lieferantenanalyse umfasst die Ermittlung, Aufbereitung, Verarbeitung und Darstellung von Informationen über (potentielle) Lieferanten [vgl. Glantschnig, 1994, S. 12]. Die Ergebnisse aus Beschaffungsmarktforschung, Selbstauskunft und gegebenenfalls Auditierung werden zusammengetragen und für die endgültige Lieferantenbewertung bereitgestellt. Mit der Lieferantenanalyse wird somit der Grundstein für die Bewertung von Lieferanten gelegt, da nur eine genaue Kenntnis über die Leistungsfähigkeit der Lieferanten Transparenz bei der Lieferantenbewertung schafft [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 42].

42

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Allerdings können auch während der Analyse noch Informationen zur Abrundung des Lieferantenbildes beschafft werden.37 Das klassische Verfahren zur Erhebung zusätzlicher Informationen ist die Auditierung durch den Abnehmer. 38 Im Rahmen von Audits erfolgt eine systematische und umfassende Untersuchung der Leistungsfähigkeit potentieller Lieferanten [vgl. Weigand, 1998, S. 183]. Ähnlich wie bei der Selbstauskunft kann auch hier ein Fragenkatalog verwendet werden, der dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand angepasst und wie eine Checkliste gehandhabt wird. Eine Auditierung soll Schwachstellen aufdecken, Anregungen für Verbesserungen geben und eingeleitete Qualitätssicherungsmaßnahmen überwachen [vgl. Kamiske/Brauer, 1999, S. 5]. Neben der Auditierung zur Erstbeurteilung im Rahmen der Lieferantenvorauswahl ist auch eine Auditierung bestehender Lieferanten im Lieferantencontrolling (vgl. Kapitel 2.3.4) möglich. Selbst eine unmittelbare Lieferantenbewertung anhand der Auditergebnisse ist denkbar [vgl. hierzu Gärtner, 1985, S. 41]. Generell werden mehrere Arten von Audits unterschieden. Die Auditierung des Qualitätsmanagementsystems wird als Systemaudit bezeichnet. Sie liefert Aussagen über dessen Wirksamkeit, indem die Kenntnisse des Personals sowie die praktische Anwendung und Existenz der vorgeschriebenen Instrumente39 zur Qualitätssicherung überprüft werden [vgl. Kolleck, 1994, S. 636].

Verfahrensaudits haben das Aufdecken von Schwachstellen in qualitätswirksamen Leistungserstellungsprozessen zum Ziel. Diese Prozesse zeichnen sich durch viele Arbeitsfolgen und Einflussgrößen sowie hohe Stückzahlen oder Durchsatzmengen aus, bedürfen einer langfristigen Planung und Nutzung und weisen überdies technologische Besonderheiten auf [vgl. Pfeifer, 2001, S. 355f.]. Ein Produktaudit unterzieht das Beschaffungsobjekt sowie die damit verbundenen Herstellungsunterlagen und Fertigungsprozesse einschließlich der eingesetzten Fertigungsanlagen und Prüfmittel einer Qualitätsprüfung auf Einhaltung der Qualitätsanforderungen an das Produkt [vgl. Gaster, 1994, S. 940]. Diese Untersuchung findet immer am Standort des Lieferanten statt und ist somit von den Qualitätsprüfungen im Wareneingang des Abnehmers abzugrenzen. Regelmäßig durchgeführt, kann das Produktaudit jedoch die Wareneingangskontrollen weitestgehend substituieren [vgl. Wildemann, 1993, S. 39ff.].

37

38 39

Der Begriff der Lieferantenanalyse kann auch weiter gefasst werden, indem der in der vorliegenden Arbeit als „Vorauswahl potentieller Lieferanten“ bezeichnete Prozess vollständig eingeschlossen wird [vgl. Glantschnig, 1994, S. 12]. Die Auditierung durch Zertifizierungsstellen wurde bereits in Kapitel 2.3.1.2 beschrieben. Hierzu zählen beispielsweise Handbuch und Anweisungen zur Qualitätssicherung sowie Richtlinien, Prüfprotokolle und Checklisten [vgl. Kolleck, 1994, S. 636].

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

43

Im Rahmen eines Dienstleistungsaudits werden neben fertigungsunterstützenden Dienstleistungen vor allem jene Dienstleistungen beurteilt, die für die Gestaltung der logistischen Schnittstelle zwischen Hersteller und Kunde von großer Bedeutung sind. Hierzu zählen beispielsweise Transport, Lagerung und Versand. Diese relativ junge Auditart wird durch die zunehmende Einbindung von Dienstleistern in die Leistungserstellung an Bedeutung gewinnen [vgl. Hermann, 1999, S. 191]. Analog zu den zuvor beschriebenen Auditarten, die zusammenfassend auch als Qualitätsaudits40 bezeichnet werden, lässt sich überprüfen, ob ein Lieferant umwelt-gerecht produziert und dies anhand seines dokumentierten Umweltmanagementsystems nachweisen kann [vgl. Maier, 1994, S. 19]. Dieses Öko-Audit (Umweltaudit) geht auf eine 1993 verabschiedete Verordnung der Europäischen Union zurück und kann abhängig vom Untersuchungsgegenstand als Verfahrensaudit oder Systemaudit durchgeführt werden [vgl. Maier, 1994, S. 19ff. sowie Weigand, 1998, S. 184f.]. Die beschriebenen Auditarten können auch simultan als so genanntes Kombi-Audit erhoben werden [vgl. Strese/Thiele/Winzer, 2000, S. 1439]. Lieferantenaudits ermöglichen es dem beschaffenden Unternehmen, direkt Einblick in die Prozesse des Lieferanten zu erhalten und auf diesem Weg detaillierte Informationen über den Anbieter einzuholen. Folglich stellen Lieferantenaudits für den Fall, dass die mit dem Lieferantenfragebogen erhobenen Informationen nicht ausreichend sind, ein probates Mittel zur weiteren Verdichtung der Lieferantendaten dar und erlauben eine Feinselektion als Vorbereitung auf die Bewertung und Auswahl von Zulieferern. Neben der Filterwirkung im Rahmen der Lieferanteneingrenzung dienen Audits auch dem gegenseitigen kennen lernen vor Auftragsbeginn, um abweichende Vorstellungen auszugleichen und sich gegenseitig zu beraten [vgl. Husi, 1985, S. 44]. Voraussetzung für die Durchführung eines Audits ist jedoch das Vorhandensein gegenseitigen Vertrauens, da bei einer Auditierung stets firmenspezifisches Know-how preisgegeben wird. Aufgrund des hohen Aufwands sollten Audits nur bei jenen Lieferanten durchgeführt werden, deren Zulieferleistung für den Abnehmer von außerordentlich hoher Bedeutung ist. Dies gilt insbesondere für Lieferanten von kritischen bzw. hochkomplexen Beschaffungsobjekten. Bei Anbietern von standardisierten Produkten erscheint ein Nachweis der Qualitätsfähigkeit per Zertifikat als ausreichend, da ein Ausweichen auf Ersatzlieferanten als relativ unproblematisch eingestuft werden kann. In der Lieferantenanalyse erfolgt eine Querschnittsbetrachtung der wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Leistungsfähigkeit potentieller Lieferanten in Form einer Momentaufnahme [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 18]. Neben dem einzelnen Angebot 40

Zur ausführlichen Beschreibung der verschiedenen Qualitätsaudits vgl. GASTER (1994, S. 927ff.).

44

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

des Lieferanten stehen dessen gesamtes Marktleistungsangebot sowie die Mittel und Möglichkeiten, dieses zu realisieren, im Mittelpunkt [vgl. Grochla/Schönbohm, 1980, S. 107]. Dazu sollten auch die nachfolgenden, speziellen Beziehungen zwischen Lieferant und Abnehmer durchleuchtet werden: Wechselseitige Abhängigkeiten, Konkurrenzbelieferung, Abhängigkeit von anderen Unternehmen bzw. Konkurrenten des Abnehmers, zeitliche Dauer der Geschäftsbeziehungen, Möglichkeit von Gegengeschäften und der Abnahme von Abfallstoffen, Werbewert des Lieferanten für die eigene Unternehmung sowie die räumliche Entfernung zwischen Lieferant und Abnehmer [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 134ff.]. Daraus können sich wichtige Hinweise für Bewertung, Auswahl und die zukünftige Zusammenarbeit ergeben.41 Die Lieferantenanalyse ist als eine notwendige Bedingung der sich anschließenden Lieferantenbewertung zu sehen. Für eine aktualisierte Momentaufnahme des jeweiligen Zulieferers müssen die gesammelten anbieterspezifischen Daten mit den eventuell bereits vorhandenen Informationen verglichen bzw. analysiert werden. Somit geht im Verlauf einer Lieferanten-Abnehmer-Beziehung jeder Beurteilung eine Analyse des betroffenen Anbieters voraus. Basierend auf den Resultaten der Lieferantenanalyse wird in der Lieferantenbewertung die Leistungsfähigkeit der verbliebenen Anbieter systematisch bewertet. Hierfür sind die relevanten Bewertungskriterien, das Vorgehen sowie die anzuwendenden Verfahren festzulegen [vgl. Fuchs/Zachau, 2000, S. 52f.]. Daneben muss festgelegt werden, welche Fachbereiche an der Lieferantenbewertung teilnehmen. Um einen umfassenden Überblick über die Stärken und Schwächen des Anbieters auf allen Gebieten zu erhalten, sollte die Beurteilung durch interdisziplinäre Arbeits- bzw. Projektgruppen vorgenommen werden.42 In Abhängigkeit von der Bedeutung des Beschaffungsobjektes bzw. des Lieferanten können die Fachbereiche Konstruktion, Produktion, Qualitätssicherung, Beschaffung, Logistik, Absatz, Datenverarbeitung, Finanzen sowie Forschung und Entwicklung in den Prozess einbezogen werden. Gemäß ihrer jeweiligen Spezialisierung beurteilen diese die entsprechenden Fachbereiche des Lieferanten. Koordination und Führung der Bewertungsaktivitäten sollten beim Beschaffungsbereich liegen, da dieser während der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung die Hauptschnittstelle darstellt.

41

42

Strebt ein Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit dem Lieferanten an, ist das gegenseitige Prüfen von Anbieter und Nachfrager (Due-Diligence) empfehlenswert, um Erfolgspotentiale dieser möglichen Verbindung auszuloten [vgl. Lassig/Lamberti/Jochum, 2003, S. 149]. DOBLER/BURT (1996, S. 239) sprechen in diesem Zusammenhang von sogenannten „Commodity Teams“, die neben der Bewertung auch für die Beschaffung von sich ähnelnden Warengruppen aus einer Bezugsquelle verantwortlich sind.

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

45

Auf eine detaillierte Darstellung von Zielsetzungen, Anforderungen, Kriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung soll an dieser Stelle verzichtet werden, da diese aufgrund der zentralen Bedeutung für die vorliegende Arbeit im dritten Kapitel erfolgt. Die Ergebnisse der Lieferantenbewertung werden entweder zur Lieferantenauswahl oder zum Lieferantencontrolling verwendet.

2.3.3 Lieferantenauswahl Wurden die Bedarfsfeststellung mit der Spezifizierung des Beschaffungsobjekts, die Identifikation und Eingrenzung verschiedener Bezugsquellen sowie die Bewertung dieser Alternativen durchgeführt, stellt die Lieferantenauswahl schließlich den Endpunkt des Entscheidungsprozesses dar [vgl. Webster/Wind, 1972, S. 16]. Die Lieferantenauswahl trägt dabei sowohl strategischen als auch operativen Charakter. In der strategischen Auswahl stehen Erfolgspotentiale der Lieferanten im Mittelpunkt, während im Rahmen der operativen Auswahl konkrete Aufträge über bestimmte Beschaffungsobjekte vergeben werden [vgl. Large, 2000, S. 146]. Der strategische Aspekt der Lieferantenauswahl schlägt sich vor allem in der Wahl der Kriterien nieder [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 20], worauf in Kapitel 3.4 ausführlich eingegangen wird. Am Ende der Lieferantenbewertung ergibt sich – in Abhängigkeit der angewandten Bewertungsmethodik – eine mehr oder weniger klare Rangfolge der Lieferanten. Je nach Verfahren darf diese allerdings nicht alleiniger Maßstab der Auswahl sein. Kann das Lieferantenbewertungsverfahren beispielsweise keine qualitativen Kriterien („weiche Faktoren“) verarbeiten, sollten diese mit in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Bei nahezu gleichen Bewertungsergebnissen kann außerdem die Pflege der Beziehungen zu Stammlieferanten für den Abnehmer von größerer Bedeutung sein als die Verpflichtung eines neuen Lieferanten, die trotz aller Bewertungsbemühungen immer Risiken birgt: Das tatsächliche Verhalten des neuen Zulieferers bei der Ausführung des ersten Auftrages und im Hinblick auf die spätere Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen ist nicht antizipierbar [vgl. Hartmann, 1997, S. 459], da die Auswahlentscheidung aufgrund fehlender Erfahrungswerte nur auf einer Prognose der Leistungsfähigkeit beruht. Um diese Risiken zu senken, muss ein leistungsfähiges, flexibles Bewertungsverfahren eingesetzt werden, das die gestellten Anforderungen43 bestmöglich erfüllt und damit die Gefahr von Fehlentscheidungen minimiert.

43

Vgl. Kapitel 3.3. Diese und weitere, empirisch ermittelte Anforderungen waren bei der Konstruktion eines neuen Verfahrens zu berücksichtigen.

46

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Allgemein lässt sich die Lieferantenauswahlentscheidung in Anlehnung an SOUKUP (1987, S. 8f.) wie folgt unterteilen:



Deutliche Überlegenheit eines einzelnen Lieferanten. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehlentscheidung relativ gering, wenngleich deren Konsequenzen als schwerwiegend anzusehen sind.



Zwischen allen/einigen betrachteten Lieferanten bestehen nur minimale Unterschiede. Die Wahrscheinlichkeit einer Fehlentscheidung ist in dieser Situation hoch, da die besten Lieferanten gleichermaßen geeignet erscheinen. Die mit einer Fehlentscheidung verbundenen Konsequenzen sind jedoch als gering einzustufen, da die Auswahl auf generell hohem Niveau erfolgt.



Überlegenheit einzelner Lieferanten hinsichtlich verschiedener Anforderungen. Das Risiko einer Fehlentscheidung ist hier am größten, da keiner der Lieferanten den Anforderungen umfassend gerecht wird. Die sich ergebenden Konsequenzen sind schwerwiegend.

Am einfachsten ist die Lieferantenauswahl im ersten Fall, am unproblematischsten im zweiten Fall aufgrund der hohen Leistungsdichte an der Spitze der Zulieferer. Im Gegensatz dazu erfordert die dritte Kategorie eine abschließende, ausführliche Analyse der Kandidaten, um letztendlich zu einer Auswahlentscheidung zu gelangen. Nachdem sich die beschriebene dritte Situation jedoch nicht vermeiden lassen wird, ist es Aufgabe eines leistungsfähigen Bewertungssystems, den Entscheider gerade in dieser Situation wirkungsvoll zu unterstützen. Hilfreich kann beispielsweise ein Ranking sein, das die potentiellen Lieferanten nach zunehmenden Abstand vom Wunschpartner (Ideallieferant) sortiert. Die Lieferantenvorauswahl sichert durch den Einsatz ihres Anforderungsprofils, dass keiner der bewerteten Lieferanten als vollkommen ungeeignet ist; die Auswahl kann also stets unter Erfüllung der Mindestanforderungen getroffen werden.

2.3.4 Lieferantencontrolling Neben der Lieferantenauswahl können die Ergebnisse der Lieferantenbewertung als Basis für das Lieferantencontrolling dienen. Um die Versorgungssicherheit des beschaffenden Unternehmens zu gewährleisten, muss die Leistung der ausgewählten Zulieferer im Verlauf der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung regelmäßigen Kontrollen unterzogen werden. Mit dem Lieferantencontrolling erfolgt für die Dauer der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung diese regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit, um Defizite beim Zulieferer rechtzeitig aufzudecken und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Das Lieferanten-

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

47

controlling ist somit stets eng mit der Steuerung der Lieferantenbeziehung verbunden, indem es die Entscheidungsgrundlage für den Einsatz der Anreiz- und Sanktionsmechanismen (vgl. Kapitel 2.3.5) bildet. Die Vielzahl bestehender Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen und der damit verbundene Controllingaufwand legen nahe, nicht alle Lieferanten mit der gleichen Intensität zu überwachen [vgl. Holtmann/Kranke, 1997, S. 47]. Daher bietet sich zunächst eine Lieferantenstrukturanalyse an, die Aufschluss über den je Lieferant zu erbringenden Aufwand gibt. In einer Lieferantenstrukturanalyse wird eine Klassifizierung des Lieferantenstammes vorgenommen. Erfolgt diese Klassifizierung beispielsweise anhand der Leistungsfähigkeit der Lieferanten, ergibt sich eine Einteilung in Hochleistungs-, Problem- und Mangellieferanten sowie unbrauchbare Lieferanten [vgl. Large, 2000, S. 108]. Problem- und Mangellieferanten sollten dabei verstärkten Kontrollen unterzogen werden, während Hochleistungslieferanten seltener überprüft werden müssen; diese können darüber hinaus als Benchmark bei der Entwicklung und Förderung neuer Lieferanten dienen. Werden anhand einer Lieferantenstrukturanalyse ungeeignete Lieferanten identifiziert, sollten diese (je nach Detailliertheit der Strukturanalyse nach einer weiteren Prüfung) aus dem Lieferantenstamm eliminiert werden. Ein leistungsfähiges

Lieferantenbewertungsverfahren

muss

die

Klassifizierung von

Lieferanten effektiv unterstützen, indem eine Klassifikation nach verschiedenen Kriterien möglich ist, um so die Strukturanalyse situationsadäquat gestalten zu können. Nachdem nahezu alle bekannten Lieferantenbewertungsverfahren diese flexible Klassifikationsmöglichkeit nicht bieten44, hat eine einfache Möglichkeit der Kategorisierung große Verbreitung gefunden: Die Unterteilung nach A-, B- und C-Lieferanten ausschließlich anhand des Einkaufsvolumens, wobei A-Lieferanten aufgrund ihres hohen Anteils und der damit verbundenen Abhängigkeit des Abnehmers besonderer Beobachtung bedürfen. Neben den aufgezeigten Klassifizierungsmöglichkeiten gibt es noch eine Vielzahl anderer, bei denen im Allgemeinen lediglich anhand eines einzelnen Kriteriums eine Unterteilung des Lieferantenstammes erreicht wird. Auf deren Darstellung soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden; LARGE (2000, S. 98ff.) erläutert ausführlich den Einsatz und die Durchführung einer Lieferantenstrukturanalyse, die auch im Rahmen der Lieferantenanalyse hilfreich sein kann.

44

Die Beurteilung der Lieferantenbewertungsverfahren erfolgt zusammenfassend in Kapitel 3.7.

48

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Mit der Wareneingangsprüfung45 bzw. der Überwachung der Leistungserfüllung bei Dienstleistern beginnt das eigentliche Aufgabenspektrum des Lieferantencontrollings. Das beschaffende Unternehmen erhält Kennzahlen, anhand derer sich vor allem die Zuverlässigkeit des Lieferanten messen lässt [vgl. Large, 2000, S. 201]. Durch einen Soll-IstVergleich zwischen den geforderten sowie den tatsächlichen Qualitäts-, Termin- und Mengenleistungen lassen sich Leistungsdefizite aufdecken und gegebenenfalls Steuerungsmaßnahmen (vgl. Kapitel 2.3.5) einleiten. Eine umfassende Überprüfung der Leistungsfähigkeit kann nur mit einem deutlich höheren Informationsaufwand erreicht werden und erfolgt demnach nicht permanent, sondern nur in bestimmten Intervallen. Dabei werden zur Evaluierung von Entwicklungstendenzen alte und neue Momentaufnahmen der Leistungsfähigkeit des Lieferanten anhand von Kennzahlen46 miteinander verglichen, um so rechtzeitig Fehlentwicklungen erkennen zu können. Voraussetzung für diese Längsschnittbetrachtung ist, dass je Lieferant stets die gleichen Bewertungskriterien bzw. Kennzahlen im Zeitablauf (beispielsweise bei Auswahl und Controlling) angewendet werden. Schließlich dient das Lieferantencontrolling der Sammlung und Bereitstellung von lieferantenspezifischen Informationen, um damit künftige Auswahlentscheidungen zu unterstützen [vgl. Muschinski, 1998b, S. 122] und ein Lieferanteninformationssystem aufzubauen. In diesem Lieferanteninformationssystem werden Informationen aus der Beschaffungsmarktforschung sowie der Lieferantenanalyse, -bewertung und -auswahl gespeichert. Abbildung 2–7 zeigt in vereinfachter Form die verschiedenen Möglichkeiten des Informationsflusses, der sich einerseits aus den mit der Lieferantenbewertung verfolgten Zielsetzungen und andererseits aus der Kontroll- und Steuerungsfunktion des Lieferantencontrollings ergibt. Die Speicherung der Informationen erfolgt für jeden Lieferanten in so genannten Lieferantendateien, in denen neben den eigentlichen Daten auch Bemerkungen und Begründungen zu den jeweiligen Entscheidungen festgehalten werden sollten [vgl. Friederici/Maiwald, 1995, S. 37]. Das Ergebnis ist ein Informationspool, der alle für das Lieferantenmanagement relevanten Informationen beinhaltet [vgl. Noeske, 1996, S. 40]. Für jede weitere Lieferantenanalyse und -bewertung stehen somit umfangreiche Informationen rasch zur Verfügung.

45

46

Zur ausführlichen Beschreibung der Wareneingangskontrolle vgl. ARNOLDS/HEEGE/TUSSING (2001, S. 387ff.) und MELZER-RIDINGER (1995, S. 125ff.). Zur Abnahmeprüfung vgl. HARTING (1994, S. 106ff.), PFEIFER (2001, S. 155ff.) und RINNE/MITTAG (1995, S. 141ff.). Ein Praxisbeispiel ist WAGNER (1989, S. 527ff.) zu entnehmen. Ausgewählte Logistikkennzahlen finden sich bei der Beschreibung der Kennzahlenverfahren (vgl. Kapitel 3.5.1.4). Zu Kennzahlen im Einkauf vgl. auch GOLLE (1993) und BOECKER (2001a,b).

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

49

Beschaffungsmarktforschung Lieferantenanalyse Lieferantenbewertung

Lieferantencontrolling

Steuerung der Lieferantenbeziehung

Lieferantenauswahl

Abbildung 2–7: Informationsflüsse im Rahmen des Lieferantencontrollings

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Lieferantencontrolling eine wichtige Grundlage für die Gestaltung und Steuerung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung bildet, auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird.

2.3.5 Steuerung der Lieferantenbeziehung Im Rahmen der Steuerung der Lieferantenbeziehung wird einerseits die Leistungsstruktur des Lieferantenstammes optimiert und den sich ändernden Bedingungen angepasst, andererseits die Zusammenarbeit mit den Lieferanten und deren Einbeziehung in das beschaffende Unternehmen verbessert, was als Lieferantenintegration bezeichnet wird [vgl. Wagner, 2001, S. 222ff.]. Diese Verbesserung der Kooperation ist nicht nur Selbstzweck, sondern eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Maßnahmen der Lieferantensteuerung zum gewünschten Erfolg führen, zumal die Zusammenarbeit der beschaffenden Unternehmen mit ihren Lieferanten oftmals nicht von Offenheit geprägt ist [vgl. Austermann, 2001, S. 42]. Zur Verbesserung des Verhältnisses von Lieferant und Abnehmer sowie dem Aufbau einer partnerschaftlichen Beziehung sollten die an die Lieferanten gestellten Anforderungen sowie die Qualitätsrichtlinien47 des Abnehmers in Form eines Lieferantenleitfadens festgehalten und offengelegt werden. Der Lieferant erhält somit Ansatzpunkte über die ihm entgegengebrachte Erwartungshaltung sowie die Art der angestrebten Zusammenarbeit [vgl. Holtmann/ Eberhardt, 1996, S. 52]. Ferner sollten die Kriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung allen Lieferanten bekannt sein [vgl. Muschinski, 1998b, S. 122]. Als Anreiz zur Leistungsverbesserung kann jeder Lieferant zudem neben den eigenen auch die Bewertungsergebnisse der Zuliefererkonkurrenz erhalten, was einen Leistungsvergleich im Sinne eines

50

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Benchmarking48 erlaubt. Generell ist ein offener, gegenseitiger Informationsaustausch für eine Verbesserung der Zusammenarbeit und den damit verbundenen Vertrauensaufbau erforderlich [vgl. Boutellier/Locker, 1998, S. 80; Strobel, 2002, S. 38]. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für den effektiven Einsatz der im Folgenden zu beschreibenden Instrumente und Maßnahmen der Lieferantenbeeinflussung das Handeln des Abnehmers für den Lieferanten nachvollziehbar und verständlich sein muss.

2.3.5.1

Steuerungsinstrumentarien

Zur Beeinflussung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung können verschiedene Instrumentarien eingesetzt werden [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 299ff.]:

a) Lieferantenpflege In Ergänzung zu den im letzten Abschnitt beschriebenen, allgemeinen Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit soll mit Hilfe der Lieferantenpflege in bestehenden Lieferantenbeziehungen ein partnerschaftliches Verhältnis aufgebaut werden, um dadurch das Leistungspotential zu erhalten bzw. zu erhöhen. Fairness im Umgang mit den Lieferanten, die Einhaltung von Verpflichtungen sowie Diskretion im Umgang mit vertraulichen Informationen können hierzu beispielsweise einen positiven Beitrag leisten [vgl. Hapke, 1989, S. 113].

b) Lieferantenerziehung Unter Lieferantenerziehung werden alle Maßnahmen verstanden, die der Abnehmer ergreifen kann, um den Lieferanten für eine überdurchschnittliche Leistung zu motivieren. Maßnahmen, die für den Lieferanten eine Anerkennung seiner (guten) Leistungen bedeuten, zählen dazu ebenso wie Sanktionen, mit deren Hilfe gezielt Druck auf den Lieferanten ausgeübt werden kann, wenn die Lieferantenleistung nicht den Anforderungen entspricht [vgl. Hapke, 1989, S. 120].

c) Lieferantenförderung und –entwicklung Sowohl Lieferantenförderung als auch Lieferantenentwicklung haben das Ziel, das Leistungsniveau der Lieferanten zu steigern, beispielsweise durch die Vermittlung von Knowhow oder die Schulung von Personal [vgl. Corsten, 1999, S. 678]. Schwierige betriebliche

47

48

Diese beinhalten alle wesentlichen Aspekte des Qualitätssicherungssystems des Abnehmers. Ein Beispiel hierfür ist bei MELZER-RIDINGER (1995, S. 183ff.) nachlesbar. Unter Benchmarking ist „...die kontinuierliche, strukturierte und systematische Orientierung aller Aktivitäten an Weltklassestandards“ [LASCH, 1998, S. 123] zu verstehen. In diesem Zusammenhang beschränkt sich das Benchmarking allerdings auf den reinen Leistungsvergleich. Zum Thema Benchmarking vgl. LASCH (1998, S. 115ff.), CAMP (1994) sowie Kapitel 4.3.3.2.

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

51

Probleme, zu deren Lösung der Zulieferer aus eigenen Mitteln nicht fähig ist, werden gemeinsam mit dem Abnehmer beraten. Während beim bestehenden Lieferantenstamm die Lieferantenförderung zum Einsatz kommt, bedeutet die Lieferantenentwicklung nach ARNOLD (1997, S. 180ff.) den Aufbau eines neuen Zulieferers, der bislang auf einem bestimmten Beschaffungsmarkt noch nicht vertreten ist. Angewandt wird die Lieferantenentwicklung dann, wenn kein Lieferant des Lieferantenstamms das gewünschte Beschaffungsobjekt mit den erforderlichen Eigenschaften anbieten kann, keiner der bestehenden Lieferanten an einer Ausweitung der Geschäftsbeziehungen interessiert ist, eine Eigenproduktion ausgeschlossen ist und kein Substitutionsgut existiert [vgl. Dobler/Burt, 1996, S. 218]. Generell ist es ratsam, den (potentiellen) Zulieferer möglichst früh in die angestrebte Produktentwicklung einzubeziehen [vgl. Holmen/Kristensen, 1998, S. 185ff.]. Besonders zur Lieferantenförderung und -entwicklung geeignet sind dabei Lieferanten, die außergewöhnliche partielle Leistungsfähigkeiten aufweisen (beispielsweise sehr gute Qualität) und es sich somit lohnt, Defizite in anderen Bereichen zu beheben [vgl. Hartley/ Choi 1996, S. 37ff.]. Da die Optimierung auf Kunden- und Lieferantenseite Kosten verursacht, sollte eine hohe wertmäßige und objektbezogene Bedeutung der Lieferantenleistung für das Unternehmen gegeben sein. Voraussetzung ist, dass der Zulieferer seine innerbetrieblichen Prozesse gegenüber dem Kunden offen legt [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 42]. Häufig eingesetzte Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der Lieferantenförderung und -entwicklung sind die Bereitstellung von Fertigungseinrichtungen, Beschaffung von Vormaterial, Entsendung von eigenem Personal und die Analyse von Schwachpunkten im Leistungsvermögen des Lieferanten [vgl. Large, 2000, S. 230]. Einen sieben Stufen umfassenden Lieferantenentwicklungsprozess schlägt WAGNER (2001, S. 215ff.) vor: 1. Identifikation kritischer Beschaffungsobjekte Nach erfolgter Prüfung, ob die Situation des Unternehmens Aktivitäten der Lieferantenentwicklung erfordert oder rechtfertigt, müssen jene Beschaffungsobjekte ausgewählt werden, bei denen ein Verbesserungsbedarf besteht. 2. Identifikation kritischer Lieferanten Nach der Auswahl der zu verbessernden Objekte werden die zugehörigen Lieferanten untersucht. Mit Hilfe der Lieferantenbewertung werden Leistungsdefizite bestehender und potentieller Lieferanten ermittelt. Nach intensiven Gesprächen mit allen Lieferanten des betreffenden Beschaffungsobjektes wird entschieden, ob sich die Lieferantenförderung bzw. -entwicklung anbietet oder auf einen Lieferantenwechsel zurückgegriffen wird.

52

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

3. Bildung eines crossfunktionalen Teams Wurde eine Entscheidung über die Entwicklung eines Lieferanten getroffen, wird ein Team aus den beteiligten Abteilungen gebildet und die eigentliche Entwicklungs-Initiative kann gestartet werden. 4. Treffen mit dem Top-Management des Lieferanten Das Team nimmt Kontakt mit dem Top-Management auf, um die Ziele abzugleichen und die Validierung der anvisierten Maßnahmen sowie die partnerschaftlichen Geschäftsbeziehungen zu verstärken. 5. Identifikation von Verbesserungsansätzen In diesem Schritt werden Verbesserungsansätze ermittelt und beurteilt. Untersucht werden beispielsweise Durchführbarkeit und Ressourcenbedarf, um herauszufinden, ob die Möglichkeiten erreichbar und realistisch sind. 6. Definition von Messinstrumenten Es wird festgelegt, welche Verfahren zur Messung der Fortschritte genutzt werden, welche Rollen die Beteiligten spielen, sowie welche Termine und Meilensteine zu setzen sind. 7. Monitoring der Fortschritte und Modifikation der Strategie Ein laufendes Monitoring und Controlling der Umsetzung der Maßnahmen sowie der erzielten Ergebnisse ist unerlässlich, da möglicherweise die Strategien im Laufe des Projektes modifiziert werden müssen. Zu den Normstrategien bei der Lieferantenförderung und –entwicklung zählen die Eigenoptimierung, wobei der Lieferant ausschließlich selbst für die im Entwicklungsplan vereinbarten Maßnahmen verantwortlich ist, und die aktive Lieferantenentwicklung, bei der Lieferant und Abnehmer gemeinsam ausgewählte Entwicklungsprojekte wie JiT-Anbindung durchführen [vgl. Hartmann, 2001, S. 81]. Die dritte Strategie, das Ausphasen und damit die Trennung von schlecht bewerteten Lieferanten [vgl. Hoffmann/Lumbe, 2001, S. 113], bildet die Schnittstelle zu den Sanktionen, die im Rahmen aller Instrumentarien zur Lieferantensteuerung eingesetzt werden können.

2.3.5.2

Maßnahmen der Lieferantenbeeinflussung

Gerade eng in den Entwicklungs- und Produktionsprozess eingebundene Lieferanten sind kurzfristig nicht zu ersetzen, zudem gestaltet sich der Aufbau von guten Ersatzlieferanten bei technologisch anspruchsvollen Produkten oftmals schwierig. Daher werden die im Folgenden

Kapitel 2.3 – Inhalte des Lieferantenmanagements - Literaturüberblick

53

dargestellten Maßnahmen der Lieferantenbeeinflussung im Wesentlichen zur Lieferantenerziehung eingesetzt, können aber auch im Rahmen aller übrigen zuvor beschriebenen Steuerungsinstrumente angewendet werden. Generell kann eine Vielzahl von Anreizen und Sanktionen zur Anwendung kommen; im Folgenden sollen die wichtigsten exemplarisch aufgezeigt werden.

a) Leistungsanreize Prämien und Auszeichnungen honorieren herausragende Leistungen, um somit den Lieferanten zu weiteren Leistungssteigerungen zu motivieren. Eine Veröffentlichung der Auszeichnung kann insbesondere für kleine Lieferanten positive Auswirkungen haben, beispielsweise durch die Erhöhung des Bekanntheitsgrades und die damit verbundene Entstehung neuer Geschäftsbeziehungen [vgl. Anders, 1994, S. 135 und o.V., 2003, S. 50]. Die verstärkte Berücksichtigung bei zukünftigen Aufträgen ist eine andere Möglichkeit der Anerkennung hervorragender Lieferantenleistungen [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 303]. Hält der Lieferant über einen längeren Zeitraum ein überdurchschnittliches Leistungsniveau, ist auch eine Erhöhung der Lieferquote denkbar. Ist die Zulieferleistung für den Abnehmer von großer Bedeutung, kann den besonders leistungsfähigen Lieferanten im Sinne der Lieferantenintegration eine engere Zusammen-

arbeit bis hin zur strategischen Partnerschaft in Aussicht gestellt werden [vgl. Knapp/ Durst/Bichler, 2000, S. 46f.]. Weitere Erhöhungen der Lieferquote infolge kontinuierlicher und nachhaltiger Leistungssteigerungen können in Single-Sourcing münden und dem Lieferanten als starker Anreiz dienen [vgl. Muschinski, 1998b, S. 125]. Seitens des beschaffenden Unternehmens gilt es jedoch stets zu beachten, dass mit der Verringerung der Lieferantenanzahl und der Erhöhung der Lieferquote auch die Abhängigkeit vom Lieferanten zunimmt.

b) Sanktionen Sanktionen mindern die Wahrscheinlichkeit des Auftretens unerwünschter Verhaltensweisen [vgl. Becker, 1995, S. 37] und werden zur Ahndung von Schlecht-Leistungen der Lieferanten eingesetzt. Wurde beispielsweise im Lieferantencontrolling eine bislang noch unkritische Häufung von leichten Fehlern identifiziert, sind verstärkte Kontrollen der Lieferungen notwendig. Spätestens wenn diese Fehler über einen längeren Zeitraum auftreten, ist zur Beseitigung der Defizite ein Lieferantengespräch mit Zielvereinbarung angebracht, in Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet werden [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 47].

dem

Bei Fortdauer der Schlechtleistung oder beim Auftreten von schwerwiegenderen Fehlern, die beispielsweise zu Störungen in der Versorgung und damit zu Zusatzkosten beim Abnehmer führen, sind vertragsrechtliche Sanktionen wie Wandlung, Minderung und Schadensersatz

54

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

denkbar [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 303]. Weitere Konsequenzen können die Senkung der Lieferquote, die Androhung eines Wechsels oder die vorübergehende Nichtberücksichtigung sein [vgl. Hapke, 1989, S. 120]. Bleiben die erheblichen Mängel trotz Einsatz der beschriebenen Sanktionen bestehen, ist die Eliminierung aus dem Lieferantenstamm als letztes Mittel anzuwenden, was der bereits beschriebenen Normstrategie des Ausphasens entspricht. Als Voraussetzung für die Eliminierung müssen entsprechende potentielle Ersatzlieferanten zur Gewährleistung der Versorgung vorhanden sein. Die Art der eingesetzten Anreize bzw. Sanktionen muss letztendlich von der Einstufung der betreffenden Lieferanten abhängig gemacht werden. PFEFFERLI (2002, S. 89f.) schlägt eine Ausrichtung der Sanktionen nach den bezogenen Materialarten und der Nachfragemacht vor. Handelt es sich um unkritische Teile, wird der Lieferant bei Schlechtleistung zur sofortigen Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen aufgefordert. Erfolgt in einer festgelegten Frist keine Leistungssteigerung, wird der Lieferant aus dem Lieferantenstamm eliminiert. Bei strategischen Bezugsobjekten wird gemeinsam mit dem Lieferanten an einer Verbesserung der Leistung gearbeitet. Sollte dies dennoch misslingen, ist eine neue Versorgungsquelle zu erschließen. Bei herausragenden Leistungen sollten die jeweiligen Zulieferer am Firmeneingang auf Schautafeln, in Firmenzeitschriften und im Internet veröffentlicht werden [vgl. Pfefferli, 2002, S. 89f.]. Dem theoretischen Status Quo des Lieferantenmanagements folgt ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung zum Thema „Lieferantenmanagement in Industrieunternehmen“.

2.4 Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick Wie bereits erwähnt (vgl. Kapitel 1.1.2), existieren nur wenige empirische Studien zum Thema Lieferantenmanagement, die meisten davon beziehen sich zudem auf den amerikanischen Markt49. Aufbauend auf der im vergangenen Kapitel erarbeiteten Theorie, zeigt das in Abbildung 2–8 dargestellte Untersuchungsmodell die Inhalte der empirischen Untersuchung, deren Schwerpunkt auf die Erforschung der Lieferantenbewertung (vgl. Kapitel 3) gelegt wurde.50

49 50

Vgl. dazu Tabelle 2–4, die einige internationale Studien auflistet. Aus Darstellungsgründen wurden dabei die als Folge der Lieferantenbewertung gleichberechtigt stattfindenden Teilschritte Lieferantenauswahl bzw. –controlling übereinander angeordnet.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

55

Beschaffungsstrategie, -objekt und Bezugsquelle

Entscheidungsrahmen des Lieferantenmanagements

Lieferantenidentifikation Lieferanteneingrenzung insb. Selbstauskunft

Lieferantenvorauswahl und -analyse

Lieferantenanalyse insb. Auditierung

Lieferantenbewertung Ziele Anforderungen Kriterien Verfahren

Lieferantenbewertung und -auswahl

Lieferantenauswahl

Lieferantencontrolling Steuerung der Lieferantenbeziehung

Lieferantencontrolling und -steuerung

insb. Anreize und Sanktionen

Abbildung 2–8: Untersuchungsmodell

Nach den Erläuterungen zur Vorbereitung und Durchführung der Untersuchung sowie zur Auswertung der Forschungsergebnisse werden die wichtigsten Studienergebnisse zu Lieferantenvorauswahl, Lieferantenanalyse, Lieferantencontrolling und zur Steuerung der Lieferantenbeziehung überblicksartig dargestellt. Detaillierte Untersuchungsergebnisse zur Lieferantenbewertung finden sich am Ende von Kapitel 3, im Anschluss an die ausführliche theoretische Darstellung von Anforderungen, Kriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung.

2.4.1 Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Untersuchung Eine Darlegung forschungsmethodischer Grundlagen mit anschließender Einordnung der Studie geht der ausführlichen Beschreibung des Untersuchungsverlaufes voraus.

56

2.4.1.1

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Forschungsmethodische Einordnung der Studie

Empirischen Untersuchungen dienen allgemein dazu, in einem systematischen Prozess Informationen zu gewinnen und zu verarbeiten, um damit Zustände der Umwelt abzubilden und entsprechende Grundlagen für Entscheidungen zu liefern. Nach FREICHEL (1992, S. 201) lässt sich dieser Prozess idealtypischerweise in die Phasen Definition und Design, Datengewinnung und Datenanalyse sowie Dokumentation untergliedern, auf deren Theorie im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher eingegangen werden soll (ausführlich dazu Atteslander, 1993, Green/Tull, 1982, Nieschlag et al., 1991, S. 621ff. sowie Krug/Nourney, 1982). Vor dem Hintergrund nur äußerst weniger Voruntersuchungen und somit mangelnder Grundlagendaten kann der primäre Zweck der vorliegenden Untersuchung nicht kausalanalytisch angelegt sein; für eine ausschließlich deskriptive Untersuchung ist das Forschungsgebiet zu groß, um alle relevanten Merkmale erfassen bzw. beschreiben zu können. Der Kern der Untersuchung ist daher als überwiegend explorativ zu bezeichnen, da vor allem in Bezug auf die Lieferantenbewertung keine ausreichend detaillierten Untersuchungen vorliegen (vgl. Kapitel 1.1.2). Die von MUSCHINSKI (1998a) durchgeführte Bestandsaufnahme zu diesem Thema befasst sich schwerpunktmäßig mit den zugrunde liegenden Bewertungskriterien und dem Einsatz von Sanktionen, bildet jedoch den Prozess des Lieferantenmanagements nicht umfassend ab. DREYER (2000) untersucht 29 Unternehmen, ohne auf die bekannten Bewertungsverfahren einzugehen. WAGNER (2001) schließlich vernachlässigt die eingesetzten Kriterien und Bewertungsverfahren. In der vorliegenden Arbeit wurden die benötigten Informationen mittels einer stichprobenartigen Befragung erhoben, um den Zeit- und Kostenaufwand vertretbar zu halten. Die resultierenden Daten werden schließlich einer Querschnittsanalyse unterzogen. Die folgenden Kapitel widmen sich der Konkretisierung des Forschungsdesigns.

2.4.1.2

Konstruktion des Erhebungsinstrumentes

Zur Untersuchung des Lieferantenmanagements, insbesondere der Lieferantenbewertung, muss die Beobachtung als Erhebungsverfahren aus leicht nachvollziehbaren Gründen ausscheiden. Wie bereits erwähnt, wurde daher auf das wichtigste Instrument der empirischen Forschung, die Befragung, zurückgegriffen; sie kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Eine mündliche Befragung, die entweder direkt (persönlich) oder indirekt (telefonisch, elektronisch) erfolgen kann, kam aufgrund der Menge der zu gewinnenden Informationen und - damit verbunden - aus Kostengründen nicht in Betracht, wenngleich durch eine mündliche Befragung tendenziell die höchsten Antwortquoten erreicht werden können. Um zudem

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

57

Ergebnisverzerrungen durch nicht deckungsgleiche Interviews51 auszuschalten, wurde eine schriftliche Befragung mittels standardisiertem Fragebogen (vgl. Anhang A-1) durchgeführt. Dies gewährleistet ferner, dass der ausfüllenden Person genügend Zeit zur Beantwortung zur Verfügung steht, auch wenn Einflüsse Dritter auf das Antwortverhalten nicht auszuschließen sind [vgl. Steffen, 1996, S. 133]. Nachfolgend soll auf Entwurf und Erprobung des Erhebungsinstrumentes eingegangen werden.

a) Aufbau des Fragebogens Nach GREEN/TULL (1982, S. 125f.) sind bei einem standardisierten Fragebogen zum Zwecke der besseren Vergleichbarkeit die Anzahl und Anordnung der Fragen fest vorgegeben; eine klare, verständliche Formulierung gewinnt dadurch erheblich an Bedeutung. Bezüglich der Antwortalternativen wird zwischen offenen Fragen, bei denen eine selbständige Antwortformulierung erforderlich ist, und geschlossenen Fragen unterschieden, die bestimmte, disjunkte Antwortalternativen zum Ankreuzen vorgeben. Offene Fragestellungen lassen zwar ein breiteres Band an Informationen zu und schließen Suggestivwirkungen weitgehend aus, haben jedoch den Nachteil, dass die Auswertung (d.h. die Kategorisierung) erheblich schwieriger ist [vgl. Böhler, 1992, S. 90], was einen weitgehenden Verzicht nahe legt. Offene Fragen bieten sich somit vor allem in den Bereichen an, in denen eine komplette Abdeckung aller denkbaren Antwortalternativen unmöglich ist. Der für diese Erhebung konstruierte Fragebogen enthält wenige offene, vorrangig jedoch geschlossene oder halboffene Fragen. Bei halboffenen Fragen kann zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten gewählt werden, welche jedoch handschriftlich ergänzt werden können. Insgesamt umfasst der erarbeitete Fragebogen 34 Fragen und gliedert sich in fünf thematische Blöcke, die auf dem in Abbildung 2–8 dargestellten Untersuchungsmodell basieren: Zur empirischen Erforschung der Lieferantenvorauswahl wird neben den Quellen zur Informationsbeschaffung auch die Intensität der Beschaffungsmarktforschung hinterfragt. Detaillierter werden auf die Selbstauskunft des Lieferanten und die Auditierung im Rahmen der Lieferantenanalyse eingegangen. Wenn Audits durchgeführt werden, ist deren Art und Häufigkeit von besonderem Interesse. Im Rahmen der Selbstauskunft wird der Inhalt des Lieferantenfragebogens erfragt. Fragen zur Klassifizierung von Lieferanten sowie zur Anzahl der im Rahmen der Vorauswahl berücksichtigten Anbieter schließen den Bereich der Vorauswahl und Analyse.

51

Zum sogenannten Interview-Bias vgl. beispielsweise BÖHLER (1992, S. 86).

58

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Den thematischen Schwerpunkt des Fragebogens stellt die Lieferantenbewertung und -auswahl dar. Zunächst wird die Häufigkeit der Lieferantenbewertung erfragt, bezogen auf bestimmte Beschaffungsteilstrategien. Rückschlüsse auf die jeweils vorherrschenden Beschaffungsstrukturen sind dadurch möglich. Organisatorische Aspekte, wie das Zusammenwirken der beteiligten betrieblichen Fachbereiche bei der Bewertung und Auswahl, sowie der Einsatz von Software zur Lieferantenbewertung, der Aufschluss über den Grad der Automatisierung gibt, schließen sich an. Der größte Teil des Fragebogens wird durch die Untersuchung der Ziele, Anforderungen, Selektionskriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung bestimmt. Dabei wird die Wichtigkeit der Kriterien in Abhängigkeit der vorliegenden Entscheidungssituation (Neuprodukteinführung, Lieferantenwechsel, Routinekauf oder Sortimentswechsel)52 bestimmt. Die Bewertungsverfahren werden detailliert untersucht bzgl. Bekanntheit, Nutzung und Zufriedenheit. Schließlich werden aus theoretischer Sicht begründete Aussagen zur Lieferantenbewertung allgemein und den eingesetzten Verfahren im Speziellen vorgegeben, denen die Auskunftsperson zustimmend, ablehnend oder neutral begegnen kann. Beim folgenden Abschnitt des Lieferantencontrolling steht die Überwachung der Lieferanten im Vordergrund. Es wird erfragt, ob und wie die Ergebnisse der Lieferantenbewertung zum Controlling genutzt werden und welche Controlling-Kennzahlen zum Einsatz kommen. Zu Vergleichszwecken werden in diesem Zusammenhang auch der Lieferantenauswahl dienende Kennzahlen erhoben. Daneben ist von Interesse, wie oft die Lieferanten von A-, B- und C-Teilen einer Bewertung unterzogen werden. Wie die Ergebnisse aus Lieferantenbewertung und –controlling zur Steuerung der Lieferantenbeziehung genutzt werden, wird im letzten thematischen Block des Fragebogens untersucht. Aus Vereinfachungs- und Verständlichkeitsgründen werden hierbei alle beschaffungspolitischen Instrumente zur Lieferantenbeeinflussung mit dem Begriff Lieferantenentwicklung bezeichnet. Dabei ist zunächst von Interesse, in welchem Umfang der Abnehmer die Bewertungsergebnisse dem jeweiligen Lieferanten zur Verfügung stellt. Abschließend wird erfragt, wie Anreize und Sanktionen in Abhängigkeit von der Leistung des Lieferanten eingesetzt werden.

52

Zu den Kaufsituationen vgl. Kapitel 2.2.4.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

59

Angaben über Rechtsform, Mitarbeiterzahl, Einkaufsvolumen, Kundenumsatz sowie Konzern- und Branchenzugehörigkeit, die eine spätere Kategorisierung der beteiligten Unternehmen erlauben, schließen den Fragebogen.

b) Pre-Test Um unklare Formulierungen, Missverständnisse und andere Fehler aufzudecken, wird die Rohfassung des Fragebogens einem Pre-Test unterzogen, der im Rahmen einer Voruntersuchung der Überprüfung des Erhebungsinstruments dient.53 Der Pre-Test besitzt somit einen hohen Stellenwert, um Fehler inhaltlicher, logischer und psychologischer Art zu vermeiden [vgl. Churchill, 1995, S. 440]. Zur Erzielung aussagekräftiger Ergebnisse wurde der Fragebogen nach vorheriger Absprache zehn Unternehmen der späteren Haupterhebung zugesandt [vgl. Green/Tull, 1982, S. 119]. Zusätzlich begutachteten Fachleute aus Industrieverbänden, Unternehmensberatungen und Dienstleistungsunternehmen den vorläufigen Fragebogen. Die Teilnehmer des Pre-Tests sollten zu den vorliegenden Fragen kritisch Stellung nehmen. Acht der zehn Unternehmen des Pre-Tests (80 %) sandten den Fragebogen zurück. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse in Kombination mit den Expertengesprächen hatten jedoch nur sehr wenige Korrekturen am Fragebogen zur Folge.

2.4.1.3

Festlegung von Untersuchungsfeld und Stichprobe

Die Grundgesamtheit ist durch alle für die statistische Untersuchung relevanten Merkmalsträger definiert [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 5]. Für die vorliegende Thematik erschien das Untersuchungsfeld der Industrieunternehmen aufgrund seiner ausgeprägten Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen besonders geeignet. Den Schwerpunkt der Untersuchung sollte auf deutsche Unternehmen gesetzt werden, aufgrund etwaiger grenzüberschreitender Unternehmensverflechtungen im süddeutschen Raum wurden jedoch zusätzlich einige Industriebetriebe aus Österreich und der Schweiz berücksichtigt. Im Hauptuntersuchungsgebiet Deutschland waren zum Zeitpunkt der Untersuchung insgesamt knapp 48.500 Industrieunternehmen registriert.54

53

54

Daneben werden Validität und Reliabilität der erhobenen Daten überprüft. Validität ist gegeben, wenn die Daten tatsächlich den zu messenden Sachverhalt wiedergeben. Reliabilität des Erhebungsinstrumentes lässt sich anhand der Stabilität der Testergebnisse bei wiederholten oder parallelen Messungen unter gleichen Rahmenbedingungen feststellen [vgl. Böhler, 1992, S. 102f.]. Auftragsrecherche beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) im Juli 2001. Stand der Daten: Ende September 1998.

60

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Aufgrund der großen Zahl der Unternehmen kam für die Untersuchung nur eine Teilerhebung in Betracht. Somit stellte sich die Frage nach Verfahren zur Bildung einer Stichprobe. Grundsätzlich wird hierbei zwischen zwei Gruppen von Verfahren unterschieden, den nichtzufälligen Auswahlverfahren (Quotenauswahl, Methode der typischen Fälle, Konzentrationsauswahl) und den Verfahren der zufälligen Auswahl (reine Zufallsauswahl und gemischte Verfahren). Eine detaillierte Beschreibung dieser Verfahren findet sich beispielsweise bei MEFFERT (1992), HIPPMANN (1994) oder BÖHLER (1992). Eine kombinierte Vorgehensweise sollte in der vorliegenden Untersuchung trotz relativ geringem Aufwand eine möglichst große Repräsentativität der erhobenen Stichprobe sichern. Zunächst wurde mit Hilfe des Konzentrationsverfahrens (nichtzufällige Stichprobe) das Untersuchungsfeld auf alle industriell produzierenden Gewerbe mit 100 und mehr Beschäftigten beschränkt55, da gerade bei kleineren Betrieben von einer deutlich geringeren Ausprägung des Merkmals „systematische Lieferantenbewertung“ ausgegangen werden konnte und der Informationsbeitrag als dementsprechend gering einzustufen war. Durch eine einfache Zufallsauswahl aus der verbliebenen Gesamtheit wurde anschließend die zu erhebende Stichprobe bestimmt. Als Datenbasis diente eine Industriedatenbank [vgl. Sachon, 2001], der Stichprobenumfang wurde auf 500 bis 1.000 Unternehmen festgelegt. Nach der Erläuterung der theoretischen Grundlagen zur Vorbereitung einer empirischen Studie wird im nächsten Kapitel der detaillierte Verlauf der vorliegenden Untersuchung beschrieben.

2.4.1.4

Untersuchungsverlauf

Zunächst soll das konkrete Vorgehen während der schriftlichen Befragung dargestellt werden, um in Anschluss den Rücklauf näher zu betrachten.

a) Durchführung der schriftlichen Befragung Nachdem die wenigen, sich aus dem Pre-Test ergebenden Korrekturen vorgenommen waren, wurden Einkaufsabteilungen von 900 Industrieunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeschrieben. Rund 94 % der Unternehmen erhielten den Fragebogen ohne Vorankündigung per E-Mail, ergänzt um ein einseitiges Anschreiben. Darin wurden die eMail-Empfänger gebeten, den Fragebogen an die Einkaufsabteilung weiterzuleiten, um die richtigen Adressaten sicherzustellen. Der Fragebogen selbst war als .pdf-Datei der Mail 55

Andere Untersuchungen weisen ähnliche Vorgehensweisen bei der Bestimmung von Stichproben auf. Vgl. z.B. MUSCHINSKI (1998a, S. 9); ROLAND BERGER et al. (o.J., S. 15).

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

61

beigegeben, so dass ein Ausdrucken und Zurückfaxen problemlos möglich war. Als Alternative wurde auf eine speziell dafür eingerichtete Internetseite verwiesen (verlinkt), die neben allgemeinen Informationen zur Untersuchung auch eine Online-Version des Fragebogens bereitstellte. Die übrigen Firmen, deren e-Mail-Adressen nicht ohne größeren Aufwand ermittelbar waren, wurden vorab telefonisch bezüglich ihrer Bereitschaft zur Teilnahme an der Untersuchung befragt. Das Einverständnis der Firmen vorausgesetzt, erhielten diese Unternehmen den Fragebogen per E-Mail, Telefax oder Post. Beim Postversand wurde darauf geachtet, dem „Wochenend-Brief-Stau“ zu entgehen [vgl. Dillman, 1978, S. 180]. Um die Rücklaufquote zu erhöhen, wurde den Informanten Anonymität in der Behandlung ihrer Angaben zugesichert, obgleich die erhobenen Daten nicht überaus sensitiv waren. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich vom 27.04.2001 bis zum 02.07.2001. Die erste Deadline für das Zurücksenden des Fragebogens lag etwa drei Wochen nach dem Erstanschreiben. Das Verstreichen dieser Deadline wurde als Start für eine erste Nachfassaktion (Follow Up) [vgl. Jobber, 1990, S. 138] gesehen. Die Informanten wurden per e-Mail oder Telefon56 zum Ausfüllen des Fragebogens aufgefordert, soweit zum jeweiligen Zeitpunkt noch kein ausgefüllter Fragebogen vorlag. Nach Verstreichen der Deadline der ersten Nachfassaktion wurde die Frist in einem zweiten Follow-Up um abermals drei Wochen verlängert. Es wurden jedoch nicht alle Unternehmen in den beiden Nachfassaktionen kontaktiert. Zusätzlich wurde den Unternehmen als Anreiz zur Beteiligung an der Studie angeboten, eine Kurzversion der Ergebnisse kostenfrei beziehen zu können. Auch wenn die Effektivität dieser Maßnahme nicht unumstritten ist [vgl. Jobber, 1986, S. 186], nahmen alle antwortenden Unternehmen das Angebot an und kreuzten am Fragebogen den entsprechenden Wunsch an. Unter steter Beachtung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses wurden diese Kurzversionen (Incentives) als .pdf-Dokument via e-Mail versandt.

b) Rücklauf der Befragung Nach Beendigung der Nachfassaktion erfolgte die Erfassung und Plausibilitätsprüfung der Daten. Insgesamt wurden 216 Fragebögen zurückgesandt, was einer unbereinigten Quote von 24,0 % entspricht. Mehrere branchenfremde Unternehmen (Werbeagenturen, Energie, Handel) beteiligten sich an der Untersuchung, da die zugrunde liegende Internetseite über Suchmaschinen leicht aufzufinden war. Deren Fragebögen wurden nicht in die Analyse einbezogen. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Fragebögen mit einem Anteil von mehr als 10% fehlender Daten, da der Mittelwert der so genannten missing values trotz des umfangreichen Fragenkataloges bei nur 3,3 % lag.57 56

57

Telefonisches Follow-Up (callback) ist zwar teurer als Follow-Up via e-Mail, aber auch effektiver [vgl. Jobber, 1990, S. 139]. Zur Problematik der missing values und des Non-Response-Bias vgl. beispielsweise STIER (1999, S. 203).

62

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Somit konnten insgesamt 193 Fragebögen in die Untersuchung einbezogen werden, was einer Rücklaufquote von 21,4 % entspricht. Die Rücklaufquote kann, vor allem in Anbetracht der kostengünstigen Durchführung der Untersuchung, als gut bis sehr gut bezeichnet werden: Bereits 15% Rücklaufquote gelten bei derartigen Studien als akzeptables Ergebnis [vgl. Baldauf/Reisinger/Moncrief, 1999, S. 346]. Auch ein Vergleich mit Rücklaufquoten anderer, internationaler schriftlicher Fragebogen-Untersuchungen zu ähnlichen Themen unterstreicht dies (vgl. Tabelle 2–4). Autor(en),

Land

Thema (Kurzfassung)

Jahr Puto/Patton/King, USA

Rücklaufquote

Risiko bei der Lieferantenauswahl

13,6 %

Vergleich der Lieferantenintegration

21,8 %

1985 Birou/Fawcett,

Europa

1994

USA

Sharland,

USA

Einfluss von Kosten auf LieferantenAbnehmer-Beziehungen

12,7 %

Muschinski, 1998a

D

Lieferantenbewertung

18,6 %

LaBahn/Krapfel,

USA

Frühzeitige Lieferantenintegration

21,4 %

Supply Chain Kooperation

19,0 %

1997

1999 Stank/Daugherty/ USA Autry, 1999 Wagner, 2001

D, A, CH Strategisches Lieferantenmanagement

Simpson/Siguaw/ USA White, 2002

Performance-Messung bei Lieferanten

25,0 % 14,3 %

Tabelle 2–4: Vergleich von Rücklaufquoten

Analysiert man die Stichprobe nach den an der Untersuchung beteiligten Branchen, ergibt sich folgendes Bild (vgl. Abbildung 2–9): Dabei wurden einige Industriezweige aufgrund ihrer sehr geringen Beteiligung den in Abbildung 2–9 dargestellten Branchen zugeordnet. Die genaue Zusammensetzung dieser Branchen findet sich im Anhang der Arbeit (vgl. Anhang A-2).

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

sonstige 10%

63

Maschinenbau 24%

Bekleidung 4% Nahrung 5% Fahrzeugbau 8%

Chemie 11% Metall 17%

Elektro 21%

Abbildung 2–9: Rücklauf nach Branchen

Fast alle Informanten gaben die Beschäftigtenzahlen ihres Unternehmens an, was zu folgender Aufteilung der Stichprobe nach Unternehmensgröße führt (vgl. Abbildung 2–10):

fehlende Angabe > 5000 MA 2% 13% < 501 MA 38% 1001 - 5000 MA 24%

501 - 1000 MA 23%

Abbildung 2–10: Rücklauf nach Unternehmensgröße (Beschäftigtenzahlen)

Verglichen mit dem Bundesdurchschnitt sind Industrieunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten (in Deutschland etwa 1,5 %)58 in der vorliegenden Studie mit knapp 37 % der Rückmeldungen deutlich überrepräsentiert, eine Hochrechnung auf die Grundgesamtheit 58

Auftragsrecherche beim BDI im Juli 2001.

64

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

muss daher unterbleiben. Im Hinblick auf den explorativen Charakter der Untersuchung ist dieser Sachverhalt jedoch nicht als negativ anzusehen, zumal ein Großteil der industriellen Standards von den großen Unternehmen initiiert wird.

2.4.1.5

Statistische Verfahren der Datenauswertung

Zur Analyse des gewonnenen Datenmaterials lassen sich die verwendeten Verfahren unter anderem nach der Anzahl der zu betrachtenden Variablen differenzieren: Univariate Verfahren untersuchen lediglich eine Variable, während bi- bzw. multivariate Verfahren Zusammenhänge zwischen zwei bzw. mehreren Variablen aufdecken können [vgl. Böhler, 1992, S. 161f.].59 Uni- und bivariate Verfahren gehören zur beschreibenden oder deskriptiven Statistik, deren Ziel es ist, viele Einzeldaten durch möglichst wenige, aussagekräftige Zahlen zu charakterisieren [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 3]. Bei sämtlichen Auswertungen wurde als Software Microsoft Excel® 97 und SPSS® 10.0 for Windows®, jeweils in der deutschen Version, eingesetzt.

2.4.2 Ausgewählte Ergebnisse der Studie Die Auswertung der quantitativen Daten bezieht sich auf die im Untersuchungsmodell (vgl. Abbildung 2–8) aufgezeigten thematischen Blöcke Lieferantenvorauswahl sowie Lieferantencontrolling und –steuerung. Empirische Ergebnisse zur Lieferantenbewertung und –analyse werden in Kapitel 3.6 vorgestellt, nach der ausführlichen theoretischen Beschreibung der Lieferantenbewertung als zentrales Element der vorliegenden Arbeit. Es würde den Rahmen des beabsichtigten Überblicks sprengen, alle in der Untersuchung erhobenen Daten branchen- oder größenspezifisch aufzubereiten. Im Folgenden werden daher charakteristische Ausprägungen hinsichtlich der vertretenen Branchen bzw. der Unternehmensgröße lediglich in besonderen Fällen ausgewiesen.

2.4.2.1

Lieferantenvorauswahl und –analyse

Die Lieferantenvorauswahl umfasst die Schritte der Lieferantenidentifikation und der Lieferanteneingrenzung (vgl. Abbildung 2–5). Vor allem für die Lieferantenidentifikation spielt die Intensität der Beschaffungsmarktforschung eine entscheidende Rolle. Abbildung 2–11 zeigt, dass knapp drei Viertel der 59

Auf eine multivariate Analyse wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet, da eine generelle, explorative Bestandsaufnahme der Lieferantenbewertung bei den Industrieunternehmen im Vordergrund stehen soll.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

65

Unternehmen ihre Beschaffungsmärkte laufend bzw. häufig systematisch erforschen, nur 4 % dagegen selten.

selten 4% manchmal 22%

laufend 33%

häufig 41%

N = 192

Abbildung 2–11: Intensität der Beschaffungsmarktforschung

Folgende Inhalte werden dabei hauptsächlich erhoben: 87 % der Unternehmen erfassen laufend oder häufig die Marktpreise, etwa 70 % halten primär Ausschau nach potentiellen Lieferanten und 60 % untersuchen vor allem die Wettbewerbsverhältnisse auf der Anbieterseite (vgl. Abbildung 2–12).

50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Potentielle Lieferanten (N=193)

laufend

Preise (N=193)

häufig

manchmal

Wettbewerbsverhältnisse auf der Anbieterseite (N=185) selten

nie

Abbildung 2–12: Intensität vs. Inhalte der Beschaffungsmarktforschung

66

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Die globale Ausrichtung der Beschaffungsstrukturen großer Konzerne legt die Vermutung nahe, dass mit der Größe des Unternehmens auch das Ausmaß der Informationsbeschaffung zunimmt. Im Rahmen der vorliegenden Studie konnte dieser Zusammenhang jedoch mit r = 0.16 bei  < 0,05 nicht signifikant bestätigt werden. Als Indikator für die Intensität der Beschaffungsmarktforschung kann auch die Anzahl der genutzten Informationsquellen – zumindest tendenziell – herangezogen werden. Generell greifen die befragten Unternehmen auf wenigstens zwei bzw. höchstens 21 (im Mittel 9,8) Informationsquellen zurück, wobei erhebliche branchenspezifische Unterschiede bestehen. Während die chemische Industrie durchschnittlich 11,9 Informationsquellen einsetzt, kommen in der Bekleidungsindustrie nur durchschnittlich 7,9 Quellen zur Anwendung (vgl. Abbildung 2–13).

8,9

Maschinenbau

Elektro

9,4

Metall

10,7

Chemie

11,9

9,8

Fahrzeugbau

9,6

Nahrung

Bekleidung

Gesamtdurchschnitt

7,9

9,8

Abbildung 2–13: Durchschnittlich genutzte Informationsquellen nach Branchen

Am häufigsten (mit jeweils über 85 %) nutzen die befragten Unternehmen bei der Beschaffungsmarktforschung das Internet sowie Messe- und Ausstellungsbesuche (vgl. Abbildung 2–14). Marktforschungsinstitute werden dagegen nur in knapp 3 % der Fälle in Anspruch genommen. Der finanzielle Aufwand bei der Fremdvergabe von Forschungsaufträgen, verbunden mit Misstrauen gegenüber Dritten, dürften die wichtigsten Gründe dafür sein.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

0%

N = 193

10%

20%

30%

40%

50%

67

60%

70%

80%

90%

100%

Internet Messen/Ausstellungen Angebote Kontakte mit Verkäufern Fachpublikationen Betriebsbesichtigung Lieferantenbefragung/Selbstauskunft Probelieferungen Firmenverzeichnisse Referenzen Erfahrungsaustausch Innerbetriebliche Quellen Publikationen der Lieferanten Datenbanken Auskünfte Werbung Fachtagungen Börsen- und Marktberichte Tageszeitungen Amtliche Statistiken Marktforschungsinstitute

Abbildung 2–14: Nutzung von Informationsquellen zur Beschaffungsmarktforschung

Etwa 62 % der Unternehmen nutzen einen Lieferantenfragebogen, dessen Inhalte generell als bedeutsam eingestuft werden. Besondere Beachtung finden dabei Auskünfte über Produkt/Fertigung und Qualitätssicherung, die von über 85 % der Befragten als sehr wichtig angesehen werden (vgl. Abbildung 2–15). Die geringste Bedeutung wird dem Umweltschutz beigemessen, den nur jedes fünfte Unternehmen als sehr wichtig einstuft.

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

O rg an isa tio n/ M an ag em en t( Pr N od =1 uk 80 t/F ) er tig un g (N =1 86 Fi ) na nz kr af t( Q N ua =1 lit 79 ät ss ) ic he ru ng (N V =1 er tri 89 eb ) slo gi sti k (N =1 74 ) Se rv ic e( N K =1 om 80 m ) un ik at io n (N =1 U m 81 w ) el tsc hu tz (N =1 75 )

0%

sehr wichtig

wichtig

weniger wichtig

Abbildung 2–15: Bedeutung der Inhalte des Lieferantenfragebogens

68

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Zur Einholung weiterer lieferantenspezifischer Daten kann als klassische Vertreterin der Lieferantenanalyse die Auditierung durch den Abnehmer zum Einsatz kommen. Insgesamt 76,4 % der befragten Unternehmen führen bei ihren Lieferanten Audits durch, wobei mit der Beschäftigtenzahl auch der Einsatz von Audits zunimmt. Besonders ausgeprägt ist die Auditierung bei großen Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten (88,5 %) und in der Elektrobranche (87,8 %). In der Bekleidungsindustrie dagegen werden Audits kaum eingesetzt (14,3 %), da die Überprüfung von weltweiten Rohstoffzulieferern mit erheblichem Aufwand verbunden ist (vgl. Anhang A-3 und A-4). 53 % der befragten Unternehmen führen ihre Audits in regelmäßigen Abständen durch, eine mehrfache Auditierung pro Jahr ist nur bei 3 % der Firmen üblich (vgl. Abbildung 2–16). 47 % der Betriebe auditieren nur bei Bedarf bzw. in bestimmten Situationen, beispielsweise zur Freigabe neuer oder bei Qualitätsproblemen bereits eingesetzter Lieferanten.

mehrmals im Jahr 3% jährlich 36%

bei Bedarf 47%

alle 2-3 Jahre 14%

N = 86

Abbildung 2–16: Häufigkeit der Auditierung durch den Abnehmer

Die traditionellen Qualitätsauditarten60 sind dabei am weitesten verbreitet: Am häufigsten (mit jeweils knapp 45 %) kommen System- und Produktaudit zur Anwendung, während Ökound Dienstleistungsaudit nur in unter 5 % aller Fälle eingesetzt werden (vgl. Abbildung 2– 17).

60

Zur Beschreibung der Auditarten vgl. Kapitel 2.3.2.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

69

N = 146

Systemaudit

Verfahrensaudit

Produktaudit

Dienstleistungsaudit

Öko-Audit

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Abbildung 2–17: Am häufigsten angewandte Auditarten

Abschließend soll gezeigt werden, wie viele Lieferanten nach Durchführung von Lieferantenidentifikation und Lieferanteneingrenzung tatsächlich der folgenden Bewertung unterzogen werden.

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

2 - 5 Lieferanten

6 - 10 Lieferanten

=7 ) (N

=1 2)

(N =6 )

Be kl ei du ng

N ah ru ng

(N

5) N =1 ie (

Fa hr ze ug ba u

Ch em

(N =3 1) M et al l

G es am td ur ch sc hn itt (N =1 66 M as ) ch in en ba u (N =3 9) El ek tro (N =3 8)

0%

> 10 Lieferanten

Abbildung 2–18: Anzahl der in der Vorauswahl berücksichtigten Lieferanten nach Branchen

Branchenübergreifend schränken fast 76 % der Unternehmen die potentiellen Zulieferer durch die Lieferantenvorauswahl auf zwei bis fünf Lieferanten ein (vgl. Abbildung 2–18). Eine Ausnahme bildet jedoch die wichtige Branche Fahrzeugbau, in der überwiegend (50 %) zwischen sechs und zehn Zulieferer Beachtung finden. Um den Aufwand vertretbar zu

70

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

halten, beziehen die wenigsten Unternehmen mehr als zehn Lieferanten in die sich anschließende Lieferantenbewertung ein. Wie bereits erwähnt, werden die empirischen Ergebnisse zu den Phasen der Lieferantenbewertung und –auswahl detailliert in Kapitel 3.6 vorgestellt, da diese für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung sind. Im Folgenden sollen somit Aussagen zum Lieferantencontrolling und zur Steuerung der Lieferantenbeziehung den Überblick über ausgewählte Ergebnisse des Prozesses des Lieferantenmanagements in der Praxis abschließen.

2.4.2.2

Lieferantencontrolling und –steuerung

Die Ergebnisse der Lieferantenbewertung können neben der Auswahl auch zur Überwachung und Steuerung der Lieferanten dienen. Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse der Studie für die Bereiche Lieferantencontrolling und Steuerung der Lieferantenbeziehung herausgestellt. Im Rahmen des Lieferantencontrollings spielen Bewertungskennzahlen eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen eine zügige und übersichtliche Leistungserfassung, dienen der Überwachung der Lieferantenleistung im Zeitablauf und können als Soll-Werte zur Lieferantenentwicklung auf einfache Weise vorgegeben werden. Die meisten Unternehmen verwenden Zuverlässigkeits- (76 %) und Qualitätskennziffern (56 %), preisbezogene Kennzahlen sind für 38 % der Unternehmen relevant (vgl. Abbildung 2–19). In der Lieferantenauswahl ergibt sich zwar eine andere Reihenfolge der Wichtung (Qualität 61 %, Preis 60 % und Zuverlässigkeit 53 %), übereinstimmend in Auswahl und Controlling ist jedoch die deutliche Dominanz der drei benannten Kennzahlenbereiche bezogen auf alle übrigen Kennzahlen. In der Lieferantenauswahl werden ferner Kennziffern zur Bewertung der Innovationsfähigkeit berücksichtigt, die im Lieferantencontrolling keine Beachtung (mehr) finden.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

71

80% 70%

61%

60%

76%

60% 50%

53% 56%

40% 38%

30% 20%

9%

11%

11%

10%

9%

6% 9%

8%

8%

tio n va In no

za hl en n

U

sk ng

Lieferantenauswahl (N=93) Lieferantencontrolling (N=87)

Li ef er an

ten b

ew

er tu

Ko ste n

0%

m sa tz

Pr ei s

8%

Se rv ic e

0%

Abbildung 2–19: Vergleich der Kennzahlen zwischen Lieferantencontrolling und –auswahl

Im theoretischen Teil wurde die Notwendigkeit einer Lieferantenklassifizierung, vor allem im Rahmen einer Lieferantenstrukturanalyse, betont. Folgerichtig klassifizieren über 90 % der befragten Unternehmen ihre Zulieferer. Zusammenhänge hinsichtlich Unternehmensgröße oder Branchenzugehörigkeit sind nicht festzustellen, was die generelle Bedeutung der Klassifikation noch unterstreicht (vgl. Anhang A-5 bis A-7).

sonstige (z.B. XYZ) 9% Lieferantenbewertung 4%

ABC-Systematik 87%

N = 172

Abbildung 2–20: Angewandte Klassifizierungssystematiken

72

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Von den klassifizierenden Unternehmen verwenden 87 % die klassische ABC-Systematik (vgl. Abbildung 2–20). Aus der Lieferantenbewertung resultierende, alternative Klassifizierungen wurden von nur 4 % der Befragten genannt, was auf die deutlichen Schwächen der meisten bekannten Lieferantenbewertungsverfahren im Hinblick auf die Klassifizierung zurückzuführen ist. Nach der Systematik stellt sich die Frage nach den Merkmalen, anhand derer die Klassifizierung vorgenommen wird. Abbildung 2–21 zeigt, dass Klassifikationen nach dem Einkaufsvolumen und der Produktqualität am weitesten verbreitet sind, gefolgt von Klassifikationen nach der Beschaffungsobjektart, der Versorgungssicherheit sowie der Preisund Kostenstruktur. Die beiden zuletzt genannten Merkmale sind vor allem in der Bekleidungsindustrie mit 88 % beziehungsweise 75 % sehr häufig anzutreffen, in der Nahrungsmittelbranche trifft dies mit knapp 88 % für die Klassifikation nach der Art des Beschaffungsobjekts zu (vgl. Anhang A-8).

0%

N = 174

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Einkaufsvolumen Qualität des Produktes bzw. der Leistung Art der Beschaffungsobjekte Beschaffungsrisiko bzw. Versorgungssicherheit Preis- und Kostenstruktur Auftragshäufigkeit sonstige (z.B. Flexibilität und Leistung des Lieferanten) Zuverlässigkeit weltweite Belieferung

Abbildung 2–21: Klassifizierungsmerkmale in der Praxis

Um den vermuteten Zusammenhang zwischen Klassifizierung und Lieferantencontrolling herauszufinden, wurden die Befragten gebeten, die Intensität ihres Lieferantencontrollings in Abhängigkeit einer nach der wertmäßigen Bedeutung der Produktionsmaterialen vorgenommenen ABC-Klassifikation61 anzugeben (vgl. Abbildung 2–22).

61

Zur Klassifikation der Beschaffungsobjekte vgl. Kapitel 2.2.1.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

73

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% laufend

häufig

A-Teile-Lieferant (N=170)

manchmal B-Teile-Lieferant (N=163)

selten

nie

C-Teile-Lieferant (N=162)

Abbildung 2–22: Lieferantencontrolling nach Materialklassen

Lieferanten von A-Teilen unterliegen demnach bei über 80 % der Befragten permanenten oder häufigen Kontrollen. Im Gegensatz dazu werden C-Teile-Lieferanten von etwa 77 % der Industrieunternehmen nur unregelmäßig oder nie bewertet. Immerhin 12 % der Unternehmen überprüfen jedoch auch ihre Lieferanten von C-Teilen laufend, obwohl die bereitgestellten Materialen von eher geringem Wert sind. Vermutlich handelt es sich hierbei um wertmäßig zwar unbedeutende, aber für die Produktion sehr wichtige (Klein-) Teile wie Spezialschrauben oder Ähnliches. Im Rahmen des Lieferantencontrollings werden Stärken und Schwächen der Lieferanten aufgedeckt, auf die das beschaffende Unternehmen mit gezielten Steuerungsmaßnahmen reagiert. Eine wichtige Voraussetzung für eine Akzeptanz dieser Maßnahmen beim Zulieferer ist, dass die Lieferanten über die Art und Weise ihrer Leistungserfassung informiert sind. Fast 86 % der befragten Unternehmen sind der Auffassung, dass die zur Anwendung kommenden Kriterien und Verfahren den Zulieferern bekannt sein müssen, knapp 74 % informieren ihre Lieferanten auch über die Resultate der Bewertung. Auf eine Offenlegung der Ergebnisse konkurrierender Zulieferer wird jedoch in über 93 % aller Fälle verzichtet (vgl. Tabelle 2–5), wobei in der Metallindustrie immerhin jedes fünfte Unternehmen für diese Transparenz sorgt. Tendenziell honorieren die Unternehmen überdurchschnittliche Leistungen mit einer verstärkten Integration der Lieferanten in die Wertschöpfungskette [vgl. Muschinski, 1998a, S. 42ff.].

74

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Aussage

Ja

„Den Lieferanten müssen die Kriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung bekannt sein.“

85,6 %

Lieferanten werden über die Bewertungsergebnisse informiert

73,5 %

Jeder Lieferant erhält sein individuelles Bewertungsergebnis

Nein 11,2 %

62

26,5 %

93,3 %

Jeder Lieferant erhält die Ergebnisse seiner Produktgruppen, auch die seiner Konkurrenten.

6,7 %

Branche: Metallindustrie

20,8 %

Jeder Lieferant erhält die Ergebnisse aller Produktgruppen.

0,0 %

Tabelle 2–5: Informationsweitergabe im Lieferantencontrolling

Um herauszufinden, welchen Leistungsgrad ein Lieferant hierfür aufweisen muss, wurde den Befragten zur Beurteilung der Leistung des Lieferanten eine Notenskala von sehr gut (Note 1) bis sehr schlecht (Note 5) vorgegeben, innerhalb derer eine Zuordnung bestimmter Anreizinstrumente erfolgen sollte (vgl. Abbildung 2–23). 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

Note 1 (sehr gute Leistung)

Note 2

Note 3

Note 4

Auszeichnungen (N=54)

Prämien (N=32)

verstärkte Berücksichtigung (N=148)

Erhöhung der Lieferquote (N=139)

engere Zusammenarbeit (N=156)

strategische Partnerschaft (N=147)

Single-Sourcing (N=100)

0%

Note 5 (sehr schlechte Leistung)

Abbildung 2–23: Anreizinstrumente in Abhängigkeit von der Lieferantenleistung

Für eine strategische Partnerschaft mit dem Lieferanten oder Single-Sourcing setzen 60 % bzw. 49 % der Unternehmen eine sehr gute Leistung voraus. Gute Leistungen sind Bedingung für eine engere Zusammenarbeit (57 %), die Erhöhung der Lieferquote (56 %) oder eine verstärkte Berücksichtigung (52 %). Anreizinstrumente können aber auch der Motivierung derjenigen Lieferanten dienen, deren Leistungsgrad mittelmäßig oder sogar schlecht ist. 62

Differenz zu 100 %: „Weiß nicht“.

Kapitel 2.4 – Lieferantenmanagement in der Praxis im Überblick

75

Prämien beispielsweise werden von 40 % aller befragten Unternehmen in Aussicht gestellt, wenn eine sehr schlechte Leistung ihrer Lieferanten vorliegt, Auszeichnungen von 20 %. Vor allem kleinere Betriebe greifen bei schlechten Leistungen ihrer Lieferanten hierauf zurück: 53 % der Unternehmen unter 501 Mitarbeiter setzen Prämien bei sehr schlechten Leistungen ein, knapp 35 % der Unternehmen dieser Größe verwenden Auszeichnungen. Diese Werte fallen bei Betrieben über 1000 Mitarbeiter auf 22 % bzw. 7 % und sind bei Firmen mit mehr als 5000 Beschäftigten bei Null. Die meisten größeren und alle großen Unternehmen setzen gute bis sehr gute Leistungen ihrer Lieferanten für Prämien und Auszeichnungen voraus (vgl. Anhang A-9). Ursächlich hierfür ist vermutlich die geringe Marktmacht der kleinen Unternehmen. Diese sehen sich oftmals mit Lieferanten konfrontiert, die größer sind als sie selbst und über eine stärkere Machtposition verfügen. Beim Einsatz von Strafmaßnahmen bei schlechten Leistungen droht hier ein Abbruch der Geschäftsbeziehung. Um dies zu verhindern, werden stattdessen Prämien und Auszeichnungen in Aussicht gestellt, wobei deren Wirksamkeit in dieser Konstellation zumindest fraglich ist. Üblicherweise reagieren die Unternehmen auf schlechte Leistungen ihrer Lieferanten mit sanktionierenden Steuerungsmaßnahmen. Abbildung 2–24 zeigt den Einsatz von Sanktionen in Abhängigkeit von der aktuellen Leistung des Lieferanten.63

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

Note 3

Note 4

Eliminierung (N=156)

vorübergehende Nichtberücksichtigung (N=145)

Androhung eines Wechsels (N=161)

Senkung der Lieferquote (N=147)

vertragsrechtliche Sanktionen (N=129)

Lieferantengespräch mit Zielvereinbarung (N=154)

Verstärkte Kontrollen (N=142)

0%

Note 5 (sehr schlechte Leistung)

Abbildung 2–24: Sanktionen in Abhängigkeit von der Lieferantenleistung

63

Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Sanktionen je nach Leistungsgrad ist identisch mit dem auf die Anreizinstrumente bezogenen Vorgehen.

76

Kapitel 2 – Lieferantenmanagement

Bereits bei mittelmäßigem Leistungsniveau müssen die Lieferanten mit verstärkten Kontrollen (26 %), Gesprächen mit Zielvereinbarung (24 %) oder sogar härteren Strafen wie Senkung der Lieferquote (22 %) sowie vorübergehender Nichtberücksichtigung (17 %) rechnen. Schlechte Leistungen ahnden die befragten Industrieunternehmen vor allem mit Wechselandrohungen (53 %) und Senkungen der Lieferquote (50 %). Bei sehr schlechten Leistungen schließen 78 % der Unternehmen betreffende Lieferanten aus ihrem Lieferantenstamm aus (Eliminierung), 51 % erwägen vertragsrechtliche Sanktionen und rund 40 % berücksichtigen jene Zulieferer zumindest vorübergehend nicht. Ungeachtet der bereits erwähnten, unterschiedlichen Machtverhältnisse konnte ein Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und der leistungsbezogenen Anwendung der Sanktionen nicht festgestellt werden.

2.4.3 Exkurs: Studie zum Lieferantenmanagement in KMU Im Herbst 2006 wurde im Nachgang zu der obigen Untersuchung eine neue Studie durchgeführt, die sich auf das Lieferantenmanagement in klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) konzentriert. Als Grundlage diente ein ähnlicher Fragebogen wie derjenige das Anhang A-1, die Untersuchung wurde jedoch noch um KMU-spezifische Fragen zu Macht- und Wissensdefiziten und deren Auswirkung auf das Lieferantenmanagement ergänzt. Wichtige Ergebnisse dieser Studie sowie einige interessante Vergleiche zu Großunternehmen finden sich in Anhang A-39, die komplette Untersuchung mit detaillierten Auswertungen bei JANKER/PAUL (2007).

Nach der Einordnung des Lieferantenmanagements in die Beschaffung, dem theoretischen Überblick über die Schritte des zugrunde liegenden Prozesses und der Vorstellung ausgewählter empirischer Ergebnisse werden im nächsten Kapitel Bedeutung, Kriterien, Anforderungen und Verfahren der Lieferantenbewertung ausführlich erläutert.

Kapitel 3.1 – Bedeutung der Lieferantenbewertung

77

3. Lieferantenbewertung Als Grundlage für die Lieferantenbewertung dienen die in der Lieferantenanalyse (vgl. Kapitel 2.3.2) gewonnenen Daten, die in der Lieferantenbewertung methodengestützt ausgewertet werden. Im Folgenden wird zunächst die zentrale Bedeutung der Lieferantenbewertung begründet, bevor auf Ziele, Anforderungen, Kriterien und Verfahren der Bewertung eingegangen wird. Ausgewählte Ergebnisse der vorliegenden empirischen Untersuchung zeigen den Einsatz der Lieferantenbewertung in der Praxis auf und überprüfen und erweitern den theoretischen Anforderungskatalog. Eine Gegenüberstellung von Anforderungen und bekannten Lieferantenbewertungsverfahren wird zeigen, dass die bestehenden Verfahren den Anforderungen nicht umfassend gerecht werden.

3.1 Bedeutung der Lieferantenbewertung KINDERMANN/HERSCHEL (2000, S. 123) sehen in der Lieferantenbewertung die Basis des Lieferantenmanagements, nach SIMPSON/SIGUAW/WHITE (2002, S. 39ff.) ist eine richtige Lieferantenbewertung entscheidend für die Zukunft des Unternehmens. Die zentrale Bedeutung der Lieferantenbewertung lässt sich daran erkennen, dass die Ergebnisse der Lieferantenbewertung die Grundlage für die Lieferantenauswahl, das Lieferantencontrolling und für die Steuerung der Lieferantenbeziehung darstellen. HOFFMANN/LUMBE (2001, S. 92) fanden in einer Benchmarking-Studie unter Automobilproduzenten heraus, dass eine detaillierte Bewertung aller wichtigen Lieferanten in allen untersuchten Unternehmen „der wesentliche Eckpfeiler des Systems“ ist. Die herausragende Bedeutung einer systematischen Lieferantenbewertung wurde bereits in Kapitel 1.1.1 nachgewiesen. Folgende Faktoren belegen dies zusätzlich: •

Nicht nur in der ISO 9000:2000, bereits in der ISO 9004 wird die Durchführung einer systematischen Lieferantenbewertung vorgeschrieben. Demzufolge besteht für alle nach ISO 9001-9003 arbeitenden und zertifizierten Unternehmen die Forderung nach einem entsprechenden Bewertungssystem [vgl. Strub, 1998, S. 566]. Dabei erfolgt zwar keine Aussage über die konkrete Durchführung der Bewertung, allerdings ist die alleinige Vorgabe unternehmensspezifischer Lieferantenanforderungen (d.h. Materialspezifikationen) nach den DIN EN ISO Normen noch nicht ausreichend. Die Einhaltung der Qualitätsanforderungen sowie anderer definierter Merkmalskriterien hinsichtlich der Lieferleistung sollten durch eine regelmäßige Auditierung und andere methodengestützte Bewertungsverfahren überwacht werden [vgl. Glaap, 1996, S. 168ff.].

78

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung



Versorgungsstrategien wie Single-Sourcing oder Modular-Sourcing bedingen höhere und komplexere Anforderungen an die Entwicklungs-, Qualitäts- und Logistikkompetenz der Lieferanten. Die Einhaltung dieser Anforderungen muss im Rahmen einer kontinuierlichen Bewertung der Lieferanten überwacht werden [vgl. Strub, 1998, S. 82].



Der Trend zur Integration der Lieferanten in die Wertschöpfungskette und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit erhöht die Bedeutung der Auswahl und der Optimierung leistungsfähiger Lieferanten. Eine systematische, methodengestützte Lieferantenbewertung stellt ein geeignetes Instrument dar, um die besten Lieferanten auszuwählen bzw. die Leistungsstärke bestehender Lieferanten zu optimieren [vgl. Strub, 1998, S. 82].

An einer methodengestützten Lieferantenbewertung sind generell alle Unternehmensbereiche interessiert, die in Kontakt mit den Lieferanten stehen. Hierzu gehören beispielsweise das Management, die verantwortlichen Einkäufer und die jeweiligen Bedarfsträger (Produktion). Die Einkäufer verwenden (idealerweise in cross-funktionalen Teams) die Ergebnisse der Lieferantenbewertung zum einen als Entscheidungsgrundlage für die Lieferantenauswahl, zum anderen als Grundlage für Verhandlungen mit dem Lieferanten und zur Entwicklung von Maßnahmen für die Behebung von festgestellten Schwachstellen im Rahmen der Lieferantenentwicklung und –förderung. Die Bedarfsträger im Abnehmerunternehmen (Produktion) besitzen ein großes Interesse an einer sorgfältigen Lieferantenbewertung und – auswahl, da sie als Endnutzer der Materialien bei Problemen hinsichtlich der Lieferleistung der Lieferanten stark betroffen sind [vgl. Dreyer, 2000, S. 4]. Als weiterer Unternehmensbereich profitiert beispielsweise die Logistikabteilung von einer erfolgreichen Lieferantenbewertung, die hier als Grundlage für die Aufdeckung und Beseitigung von Schwachstellen in den logistischen Prozessen zwischen den Lieferanten und dem Abnehmer dient. Werden durch eine sorgfältige Lieferantenbewertung nur die besten Zulieferer in partnerschaftliche Kooperationen eingebunden, führen diese Partnerschaften im Sinne des Single- oder Dual-Sourcing zu einem verminderten Versorgungsrisiko sowie zur Reduzierung der Lieferantenanzahl und dem damit verbundenen logistischen Aufwand. In Abhängigkeit der Qualitätszuverlässigkeit des Lieferanten lässt sich zudem der Prüfumfang im Wareneingang optimieren [vgl. Melzer-Ridinger, 1995, S. 109] sowie beim Abnehmer eine Verringerung der Lagerbestände, insbesondere der Sicherheitsbestände, erreichen, beispielsweise durch Vereinbarungen über verbrauchsorientierte Lieferzyklen [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 26].

Kapitel 3.1 – Bedeutung der Lieferantenbewertung

79

Die Durchführung einer umfassenden Lieferantenbewertung hat aber nicht nur für den Abnehmer Vorteile. Auch der Lieferant profitiert von einer methodengestützten Bewertung, da er Informationen über seine eigene Leistungsfähigkeit erhält, auf deren Grundlage er festgestellte Schwachstellen verbessern und somit seine eigenen Kosten senken kann [vgl. Harting, 1994, S. 63]. Erhält er eine Auszeichnung infolge guter Bewertungsergebnisse, kann er diese als Marketinginstrument gegenüber anderen Kunden benutzen [vgl. Wagner, 2001, S. 249]. Weitere Vorteile, die für den Lieferanten bei einer hohen Leistungsfähigkeit entstehen können, sind eine Verlängerung der Lieferverträge oder eine Erhöhung der Lieferquote. Durch Verträge über einen längeren Zeitraum kann der Lieferant eine bessere Planung seiner Geschäftsprozesse realisieren, ein bestimmtes Absatzvolumen über einen längeren Zeitraum sicherstellen und somit seine Beschaffungs-, Personal- und Fertigungsplanung optimieren [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 26]. Mit einer systematischen Lieferantenbewertung sind für das bewertende Unternehmen nicht nur Nutzen, sondern auch Kosten verbunden. Zu den anfallenden Bewertungskosten gehören Fehlerverhütungskosten (Kosten für die Durchführung von Audits, Lieferantenbewertungen oder Qualitätsdokumentationen) und Prüfkosten (Wareneingangskontrollen). Sie müssen den nicht anfallenden Fehlerkosten (Ausschuss, Verschrottungskosten) gegenüber gestellt werden. Die Kosten für die Lieferantenbewertung sind immer dann zu rechtfertigen, wenn sie niedriger als die vermiedenen Fehlerkosten sind [vgl. Urban, 1998, S. 261]. Neben diesem rein quantitativen KostenNutzen-Vergleich sollten auch die strategischen, nur schwer quantifizierbaren Vorteile einer qualitativ hohen Leistungsfähigkeit bzw. Lieferleistung des Lieferanten betrachtet werden [vgl. Strub, 1998, S. 418]. So führt beispielsweise eine hohe Termintreue zu einer Optimierung der Lagerbestände und zu einer besseren Planung der Geschäftsprozesse. Allgemein lässt sich schließen, dass Nutzen und Kosten im Verhältnis zueinander betrachtet werden müssen. Der Aufwand für Datenerfassung, Systemhandling und –pflege muss in vertretbarer Relation zum Nutzen des Beurteilungssystems stehen [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 44]. Daraus lassen sich bereits erste Anforderungen an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung ableiten, die insgesamt in Kapitel 3.3 ausführlich behandelt werden. Zur Evaluierung der weiteren Anforderungen sollen jedoch im folgenden Kapitel zunächst die Ziele der Lieferantenbewertung erläutert werden.

80

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

3.2 Ziele der Lieferantenbewertung Für die konzeptionelle Entwicklung eines Systems zur Lieferantenbewertung ist es elementar, die Ziele zu kennen, die mit der Lieferantenbewertung verfolgt werden. Diese Zielsetzungen dienen als Grundlage für die Ableitung der Anforderungen an ein Bewertungsverfahren sowie für die Gestaltung der Bewertungsstruktur, beispielsweise zur Bestimmung der Bewertungskriterien [vgl. Melzer-Ridinger, 1994, S. 61]. Hauptziel jeder Lieferantenbewertung ist es, durch Sammlung, Auswahl, Aufbereitung und Beurteilung von Informationen Transparenz über die vergangene, aktuelle und zukünftige Leistungsfähigkeit des Lieferanten und die tatsächlich erbrachte Lieferleistung zu schaffen [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 42 sowie Eschenbach, 1990, S. 175]. Bei der konkreten Formulierung der Ziele einer Lieferantenbewertung sind zunächst die übergeordneten Unternehmensziele zu betrachten. Strebt das Unternehmen beispielsweise die Qualitätsführerschaft an, so gilt die Sicherung der Qualität als oberstes Ziel für alle Funktionsbereichs- und Instrumentalziele. Wie in Kapitel 2.1.2 gezeigt, dienen die allgemeinen Unternehmensziele als Grundlage für die Ableitung der Beschaffungsziele. Die mit der Lieferantenbewertung verfolgten Zielsetzungen stellen wiederum eine Konkretisierung der Beschaffungsziele (und damit auch der Unternehmensziele) dar. Daneben sind in der Literatur Ansätze zu finden, die die Ziele der Bewertung denen der Beschaffung gleichsetzen und dieser strikten hierarchischen Trennung somit nicht folgen [vgl. Harting, 1994, S. 13, sowie Mai, 1982, S. 37ff. und Trux, 1972, S. 492ff.]. Einigkeit besteht jedoch darin, dass die Beschaffungsziele den Handlungsrahmen für die Lieferantenbewertung determinieren. Für eine effiziente Ausgestaltung der Lieferantenbewertung lassen sich aber aus den Zielen der Beschaffung zu wenig konkrete Anhaltspunkte ableiten. Daher bietet sich eine spezifische, schärfere Zielformulierung an, die gleichzeitig die Bedeutung der Bewertung für das beschaffende Unternehmen unterstreicht. Im Folgenden werden die in der Literatur am häufigsten genannten Ziele einer Lieferantenbewertung zunächst sammelnd aufgezählt und anschließend zusammenfassend strukturiert: •

Aufbau eines bereichsübergreifenden, unternehmenseinheitlichen Datenpools, der objektivierte, nachvollziehbare und vergleichbare Aussagen über die Lieferantenzuverlässigkeit enthält [vgl. Harting, 1994, S. 63],



Objektivierung der Lieferantenauswahl [vgl. Stark/Werner, 1989, S. 26],



Optimierung der Lieferantenauswahl [vgl. Hartmann, 1988a, S. 34],

Kapitel 3.2 – Ziele der Lieferantenbewertung



81

Entwicklung optimaler Strategien im Rahmen des Supply Managements, d.h. beispielsweise ständige Optimierung der Lieferantenstruktur bzw. –anzahl [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 43],



Erhöhung der Transparenz und der Objektivität aller lieferantenbezogenen Beschaffungsprozesse [vgl. Busch, 1978, S. 243],



Steuerung der Lieferantenbeziehung durch regelmäßige Kontrolle der Leistungsfähigkeit und Lieferleistung des Lieferanten [vgl. Hartmann, 1988b, S. 181],



Aufdecken von Schwachstellen beim Lieferanten und gemeinsame Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Mängelbeseitigung [vgl. Glaap, 1996, S. 168],



Förderung des beiderseitigen Problembewusstseins [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 23],



Kontinuierliche Entwicklung und Pflege der Beziehung mit strategisch wichtigen Lieferanten [vgl. Strub, 1998, S. 82],



Möglichkeit der Lieferantenerziehung aufgrund nachvollziehbarer Statistiken, beispielsweise durch Auszeichnung guter Lieferanten bzw. Eliminierung von ungeeigneten Lieferanten [vgl. Harting, 1994, S. 63],



Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des beschaffenden Unternehmens und des Lieferanten [vgl. de Vries, 1989, S. 26] sowie



Schaffen eines Verhandlungsinstruments, beispielsweise Preiserhöhungen [vgl. Hoffmann/Lumbe, 2001, S. 92].

zur

Abwehr

von

In einer empirischen Untersuchung ermittelte WERTZ (2000, S. 144), dass ein Großteil der befragten Unternehmen mit einer systematischen Lieferantenbewertung hauptsächlich die Ziele Qualitätsverbesserung und Kostensenkung verfolgen. Die vorliegende empirische Untersuchung wird diese These stützen und ergänzen (vgl. Kapitel 3.6). In Anlehnung an MUSCHINSKI (1998b, S. 82f.) und HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997, S. 19ff.) lassen sich die genannten Ziele wie folgt zusammenfassen: •

Auswahl der besten Lieferanten: Die Lieferantenbewertung muss fundierte Entscheidungsgrundlagen liefern, aus denen sich eindeutige Aussagen über die Leistungsfähigkeit einzelner Anbieter ableiten lassen. Damit trägt sie zudem zur Optimierung der Lieferantenstruktur bei, die sich aus der Gesamtheit der für bestimmte Beschaffungsobjekte zugelassenen Lieferanten ergibt.



Steuerung der Lieferantenbeziehung: In Form einer permanenten bzw. in Intervallen stattfindenden Kontrolle der Leistungsfähigkeit müssen die Bewertungsergebnisse zur Minimierung von Versorgungsstörungen beitragen [vgl. Glantschnig, 1994, S. 19].

82

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung



Pflege und Entwicklung der Lieferantenbeziehung: Die Lieferantenbewertung muss Anhaltspunkte zur Steigerung bzw. Erhaltung der Leistungsfähigkeit einzelner Lieferanten liefern, für den Fall erheblicher Abweichungen von den Anforderungen, aber auch zu deren Eliminierung [vgl. Eschenbach, 1990, S. 176].



Erhaltung und Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit: Ziel der Lieferantenbewertung ist es, das Innovationspotential bestimmter Lieferanten zu eruieren und durch Exklusivverträge für das eigene Unternehmen zu nutzen und somit für den Abnehmer neue Ertragspotentiale zu erschließen [vgl. Knapp/Durst/Bichler, 2000, S. 42].



Objektive und transparente Gestaltung des Entscheidungsprozesses: Im Zusammenhang mit den zuvor genannten Zielen muss die Lieferantenbewertung dafür sorgen, die Entscheidungen im Lieferantenmanagement besser nachvollziehen zu können.

Es wird deutlich, dass die ersten drei Ziele die Wichtigkeit der Lieferantenbewertung hinsichtlich der sich anschließenden Folgefunktionen Lieferantenauswahl und Steuerung der Lieferantenbeziehung betonen. Dagegen hebt vor allem die vierte Zielsetzung die strategische Bedeutung der Lieferantenbewertung hervor [vgl. Kannan/Tan, 2002, S. 11]. Die Umsetzung der beschriebenen Ziele schlägt sich in speziellen Anforderungen an die Lieferantenbewertung – und hierbei insbesondere an die zur Anwendung kommenden Verfahren – nieder.

3.3 Anforderungen an die Lieferantenbewertung Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen allgemeinen Anforderungen, die ohne direkte Auswirkung auf das verwendete Bewertungsverfahren bleiben und solchen, die unmittelbar Einfluss auf das Bewertungsverfahren ausüben. Letztere Gruppe ist dabei die weitaus größere und für die vorliegende Arbeit von elementarer Relevanz. Zu den allgemeinen Anforderungen zählen die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Bewertungsstruktur. Diese sollte für den Abnehmer und den Lieferanten vorhanden sein, damit beide Partner jederzeit die gesamte Bewertung nachvollziehen können [vgl. de Vries, 1989, S. 26]. Dazu gehört beispielsweise, dass die verwendeten Bewertungskriterien und Bewertungsverfahren bekannt sein müssen. Im Hinblick auf die Entscheidungsträger der Lieferantenbewertung ist im Unternehmen ein cross-funktionales Team zu bilden. Durch die gemeinsame, bereichsübergreifende Gestaltung

Kapitel 3.3 – Anforderungen an die Lieferantenbewertung

83

und Durchführung der Lieferantenbewertung wird diese auf eine breitere Basis gestellt und erhält eine höhere Akzeptanz [vgl. Lemke et al., 2000, S. 48]. Eine Verringerung des Aufwandes für die Durchführung der Lieferantenbewertung ist durch eine Konzentration der Bewertungsaktivitäten möglich. So bietet es sich an, die Häufigkeit der Bewertung in Abhängigkeit von der strategischen Bedeutung der Lieferanten zu differenzieren [vgl. Urban, 1998, S. 261]. Unter dem Zeitaspekt ist zudem eine regelmäßige Durchführung der Lieferantenbewertung über einen längeren Zeitraum hinweg von großer Bedeutung. Nur dann können positive oder negative Veränderungen bezüglich der Leistungsfähigkeit des Lieferanten erkannt werden [vgl. Grobel/Loebert, 2000, S. 62]. Damit schließlich die Ergebnisse der Lieferantenbewertung von den Lieferanten akzeptiert werden, ist es ebenfalls wichtig, dass die Bewertung dem Grundsatz der Gerechtigkeit genügt [vgl. Strub, 1998, S. 122]. Dies wird unter anderem erreicht durch die Verwendung lieferantenunabhängiger Beurteilungsrichtlinien [ebd., S. 122], eine Vergleichbarkeit der Lieferanten durch einen gleichen Bewertungsmaßstab [vgl. Pfohl/Gareis/Stölzle, 1999, S. 5], die Berücksichtigung von Besonderheiten bei der Auftragsvergabe (beispielsweise Sonderwünsche des Abnehmers) sowie eine nachvollziehbare Auswertung und Dokumentation der Bewertungsergebnisse auch für den Lieferanten [vgl. Hartmann/ Pahl/Spohrer, 1997, S. 24]. Vor allem letztgenanntes Beispiel markiert bereits den Grenzbereich der allgemeinen Anforderungen zu den verfahrensspezifischen, da ein leistungsfähiges Verfahren zur Lieferantenbewertung die Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse wirkungsvoll unterstützen kann. Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein neues Verfahren zur Lieferantenbewertung entwickelt wird, sind die folgenden verfahrensspezifischen Anforderungen zu berücksichtigen, die eine problemlose Übertragung und Anwendung des Verfahrens in der Praxis gewährleisten [vgl. Glantschnig, 1994, S. 20ff.]. Diese Anforderungen ermöglichen zudem eine Bewertung der bisher in der Praxis gebräuchlichen Methoden (vgl. hierzu Kapitel 3.7). Nachdem generell alle entscheidungsrelevanten Informationen Berücksichtigung finden sollen [vgl. Adam, 1996, S. 145], müssen neben den eruierten Daten aus Beschaffungsmarktforschung und Lieferantenanalyse auch die Unternehmens- und Beschaffungsziele, die als Rahmenbedingungen die unterschiedlichen Kaufsituationen determinieren, in die Bewertung einfließen. Die zum Einsatz kommenden Verfahren müssen somit für jede Entscheidungssituation aussagekräftige Ergebnisse liefern [vgl. Berg, 1981, S. 96]. Es sollte die Möglichkeit bestehen, eine differenzierte Gestaltung der Bewertungsstruktur in Abhängigkeit von der Beschaffungssituation vornehmen zu können, beispielsweise durch eine

84

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Festlegung materialgruppenspezifischer Bewertungskriterien [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 239]. Für den Erfolg einer Lieferantenbewertung ist eine ganzheitliche Gestaltung des Bewertungssystems von großer Bedeutung [vgl. Huck/Köpke, 1996, S. 1171]. Dafür müssen quantitative und qualitative Lieferantenmerkmale in das Bewertungsverfahren einfließen können [vgl. Wagner, 2001, S. 25]. Demzufolge sollte die Bewertung der Lieferanten nicht nur auf Grundlage quantitativer Kriterien wie Preis etc. erfolgen, sondern auch qualitative Aspekte wie Qualität, Lieferservice oder Flexibilität berücksichtigen. Für eine umfassende und der jeweiligen Entscheidungssituation angemessene Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten muss ein Verfahren viele Bewertungskriterien verarbeiten können [vgl. Glantschnig, 1994, S. 21 und Schulte-Rebbelmund, 1992, S. 50].64 Da diese sogenannten „soft facts“ meist auf subjektiven Urteilen der an der Bewertung beteiligten Personen beruhen, muss das Erfahrungspotential der Entscheidungsträger einbezogen werden können [vgl. Arnold, 1992, S. 39]. Der Aufwand für die Lieferantenbewertung sollte durch ein EDV-gestütztes Verfahren teilautomatisiert und damit verringert werden können; die EDV-Unterstützung kann zudem für die Ermittlung bestimmter quantitativer Kriterien (Termintreue oder Preisniveau) eingesetzt werden. Dabei gilt jedoch der Grundsatz, dass ein solches System den Einkäufer niemals ersetzen, sondern nur bei seiner Entscheidung unterstützen kann [vgl. Huck/Köpke, 1996, S. 1171]. In Ergänzung zur Teilautomatisierung ist es für eine erfolgreiche Durchführung der Lieferantenbewertung von großer Bedeutung, dass ein angemessenes Verhältnis von Aufwand und Nutzen vorliegt, das Verfahren also einen geringen Bewertungsaufwand besitzt [vgl. Strub, 1998, S. 122]. Ist ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht realisierbar, sollten die Bewertungsaktivitäten auf ein angemessenes Maß reduziert werden. Dies betrifft vor allem die Bewertung von Lieferanten, deren Zulieferteile für den Abnehmer nur von untergeordneter Bedeutung sind. Ungeachtet der notwendigen subjektiven Momente in der Lieferantenbewertung ist zur Vermeidung von Willkür die Objektivierung der Bewertungsergebnisse im Verlauf eines Verfahrens eine weitere grundlegende Voraussetzung für die Akzeptanz der Lieferantenbewertung [vgl. Arnold, 1992, S. 39]. Dies impliziert ein systematisches und vor allem reproduzierbares Vorgehen bei der Bewertung [vgl. Deim, 1998, S. 22], ferner sollten 64

MELZER-RIDINGER (1995, S. 96) vertritt bezüglich der Kriterienanzahl den entgegengesetzten Standpunkt und fordert die Berücksichtigung von nur wenigen Kriterien. Als Begründung werden die hohen Informationskosten und mangelnde Akzeptanz bei den Mitarbeitern hinsichtlich des Instrumentariums angeführt. Beide Gründe erscheinen als nicht haltbar, da einerseits die Akzeptanz des Lieferantenbewertungssystems maßgeblich von der Qualität der aus ihm gewonnenen Ergebnisse abhängt und andererseits drohende, weitaus höher zu taxierende Opportunitätskosten aus Fehlentscheidungen den Informationsaufwand rechtfertigen. Eine Reduzierung des Bewertungsaufwandes ist nur bei relativ unbedeutenden Beschaffungsobjekten vertretbar.

Kapitel 3.3 – Anforderungen an die Lieferantenbewertung

85

qualitative Kriterien in messbare Werte transformiert werden [vgl. Strub, 1998, S. 122]. Daneben sind die subjektiven Eingriffsmöglichkeiten auf ein notwendiges Maß zu beschränken; vor allem der Verzicht auf eine manuelle, fehleranfällige Gewichtung von vielen Kriterien erhöht die Objektivität im Sinne dieser Anforderung. Zudem sollte anhand der Bewertungsergebnisse eine Klassifizierung der Lieferanten möglich sein [vgl. Moser, 1997, S. 424]. Diese Kategorisierung dient im Rahmen einer Lieferantenstrukturanalyse der Verdeutlichung des jeweiligen Leistungsniveaus sowie als Anreiz für die Lieferanten, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern bzw. zu erhalten. Daneben können aus einer Lieferantenklassifizierung unterschiedliche Lieferantenstrategien abgeleitet werden, beispielsweise für Systemlieferanten oder für Lohnfertiger [vgl. Boutellier/Wagner, 2000, S. 32f.]. Zur Ableitung von Handlungsempfehlungen sowie zur Ausgestaltung und Steuerung der Beziehung zum Lieferanten sollte ein leistungsfähiges Verfahren schließlich eine Repräsentation der Zulieferer ermöglichen, die aufgrund der möglichen Anonymität beispielsweise bei Preisverhandlungen eingesetzt werden und dem Monitoring im Lieferantencontrolling dienen kann [vgl. Simpson/Siguaw/White, 2002, S. 29]. Abbildung 3–1 fasst die Anforderungen an ein Verfahren zusammen. Wie bereits erwähnt, fordert die Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger eine subjektive Eingriffsmöglichkeit, denen die Objektivierung der Ergebnisse zumindest teilweise gegenübersteht. Folglich sollte ein leistungsfähiges Verfahren a priori lediglich die notwendigen subjektiven Momente (wie die Festlegung der Kriterien) erlauben, dann jedoch ohne weitere Eingriffsmöglichkeiten methodengestützt ablaufen. Das Verfahren bildet somit die Bewertungsmethodik und ist als zentraler Bestandteil eines Systems zur Lieferantenbewertung zu betrachten, das in seinen Teilschritten allen Anforderungen gerecht wird. Ein solches System existiert bislang nicht und selbst der beiden konkurrierenden Anforderungen ungeachtet wird sich zeigen, dass die bekannten Verfahren auch die übrigen Anforderungen nicht vollständig erfüllen.

86

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Berücksichtigung der Entscheidungssituation

Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Merkmale Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger

Teilautomatisierung von Bewertung und Auswahl

geringer Bewertungsaufwand

Objektivierung der Ergebnisse

Klassifizierung der Lieferanten

Repräsentation der Lieferanten

Abbildung 3–1: Anforderungen an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung

3.4 Bewertungskriterien Eine umfassende und der jeweiligen Entscheidungssituation angemessene Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten spiegelt sich vor allem in der Festlegung der Bewertungskriterien wider. Bei Entscheidungssituationen, die aus Kosten- und Zeitgründen eine sehr schnelle Lieferantenauswahl erfordern, können Einfaktorenvergleiche herangezogen werden. Sie werden vornehmlich bei Beschaffungen mit einem geringen Einkaufsvolumen sowie einem niedrigen Versorgungsrisiko durchgeführt. Ihnen liegt nur ein einziges und leicht quantifizierbares Bewertungskriterium (wie Preis oder Ausschussquote) zugrunde [vgl. Hartmann, 1997, S. 437], was die Gefahr von Fehlentscheidungen deutlich erhöht. Für alle komplexeren Beschaffungsfälle ist daher ein Lieferantenanforderungsprofil zu definieren, das eine Reihe von Kriterien umfasst, anhand derer die Leistungsfähigkeit der Lieferanten im Rahmen eines Mehrfaktorenvergleichs bewertet wird. Bei solchen

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

87

Mehrfaktorenvergleichen ist darauf zu achten, dass die einzelnen Kriterien zueinander überschneidungsfrei sind. Obwohl die Komplexität des Bewertungsvorganges mit steigender Kriterienanzahl zunimmt, ist dieser erhöhte Informationsaufwand immer dann gerechtfertigt, wenn die drohenden, aus einer Fehlentscheidung resultierenden Opportunitätskosten weitaus höher zu taxieren sind [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 27]. Auch bei Mehrfaktorenmodellen der Lieferantenbewertung können einzelne Kriterien (im Rahmen der Lieferanteneingrenzung) Ausschlusscharakter gewinnen, wie in der Automobilindustrie der Qualitätsfaktor: „(...) nur Lieferanten, die Null-Fehler-Lieferungen garantieren und mit einem Qualitätsoskar ausgezeichnet werden, erhalten in der Regel neue Aufträge (...)“ [HARTMANN, 1997, S. 442]. Wie in Kapitel 2.3.1.2 beschrieben, kommt es durch diese K.O.-Kriterien in der Lieferantenvorauswahl zu einer Vereinfachung des Bewertungsprozesses auf jene Anbieter, die den definierten Grundanforderungen gerecht werden [vgl. Urban, 1998, S. 268]. In die nachfolgende Lieferantenbewertung werden dann alle weiteren ausgewählten Kriterien einbezogen.

3.4.1 Klassifizierung von Kriterien Die Möglichkeit der Lieferanteneingrenzung anhand von K.O.-Kriterien zeigt, dass nicht alle Kriterien für den Abnehmer die gleiche Bedeutung haben. Um neben den K.O.-Kriterien eine Hierarchie in der Kriterienbildung vornehmen zu können, werden in der Literatur verschiedene Einteilungen in Haupt- und Subkriterien unterschieden.65 Jedes Hauptkriterium lässt sich dabei in mehrere Subkriterien unterteilen, die auch als Teilbewertungskriterien bezeichnet werden. Diese Strukturierung in Haupt- und Subkriterien bietet die Möglichkeit, eine Bewertung der Lieferanten auch mit einer relativ geringen Anzahl von Anforderungskriterien, den Hauptkriterien, durchzuführen, ohne auf den umfassenden Charakter der Auswahlentscheidung verzichten zu müssen. Nachfolgend wird in Anlehnung an GLANTSCHNIG (1994, S. 54ff.) ein Kriterienkatalog entwickelt, der die wesentlichen Leistungsbereiche der Zulieferer abzudecken versucht.66 Die verwendeten Hauptkriterien sind dabei

65

66

Beispiele für Kriterienkataloge liefern unter anderem ARNOLD (1997, S. 180f.), DREYER (2000, GLANTSCHNIG (1994, S. 97ff.), HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997, S. 31ff.), KOPPELMANN (2000, S. 235f.), MUSCHINSKI (1998b, S. 88ff.), OELDORF/OLFERT (1997, S. 271f.), SARKIS/ TALLURI (2002, S. 21) und SIMPSON/SIGUAW/WHITE (2002, S. 33). GLANTSCHNIG (1994, S. 54ff.) spricht von einem Lieferantenmerkmalkatalog; die Begriffe Kriterium und Merkmal werden synonym verwandt. Der von Glantschnig entwickelte Kriterienkatalog basiert auf einer umfangreichen Literaturanalyse und liefert eine ausführliche Darstellung möglicher Bewertungskriterien.

88

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung



Mengenleistung,



Qualitätsleistung,



Logistikleistung,



Entgeltleistung,



Serviceleistung,



Informations- und Kommunikationsleistung,



Innovationsleistung und



Umweltleistung.

Mit der gewählten Darstellung können jedoch nur Ansätze für die Gestaltung unternehmensspezifischer Kriterienkataloge geliefert werden. Einerseits kommen selten alle Kriterien zur Anwendung, andererseits gibt es weitere Möglichkeiten, die Kriterien einzuteilen oder zu ergänzen. Generell lässt sich festhalten, dass viele (früher ausschließlich verwendete) überwiegend operative Kriterien (wie Preis oder Lieferzeit) zunehmend durch strategische Kriterien (wie Entwicklungspotential) ergänzt werden [vgl. Ellram, 1990, S. 8ff.]. Für den amerikanischen Markt heben SARKIS/TALLURI (2002, S. 22ff.) in ihrer empirischen Untersuchung die Bedeutung strategischer Kriterien bei der Lieferantenauswahl ebenso hervor wie SIMPSON/SIGUAW/WHITE (2002, S. 35f.). Die folgende Einteilung enthält in den acht genannten Hauptkriterien sowohl operative als auch strategische Subkriterien.

3.4.1.1

Mengenleistung

Mit der Mengenleistung soll die Leistungsfähigkeit des Lieferanten bezüglich der Realisierung bestimmter Auftragsmengen untersucht werden. Die Subkriterien Mindestliefermenge und Mengenflexibilität kennzeichnen dabei die Fähigkeit, sich dem variablen Mengenbedarf des Beschaffers anzupassen. Die Produktion kleiner Mengen erfordert geeignete Fertigungsprozesse sowie Maschinen mit geringem Umrüstaufwand [vgl. Glantschnig, 1994, S. 69]. Um hohe Auftragsmengen zu produzieren, müssen entsprechende Produktionsmöglichkeiten und -kapazitäten des Zulieferers vorhanden sein. Mit dem Merkmal Mengenkonstanz wird schließlich die Regelmäßigkeit und damit auch die Zuverlässigkeit der Lieferungen bewertet [vgl. Harrmann, 1990, S. 30].

3.4.1.2

Qualitätsleistung

Als eines der wichtigsten Hauptkriterien überprüft die Qualitätsleistung, inwieweit der Lieferant die qualitativen Leistungsanforderungen für die Dauer der Lieferanten-AbnehmerBeziehung erfüllen kann.

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

89

Als Subkriterien zählen zur Qualitätsleistung die Produktqualität, die Erfahrung des Lieferanten und das Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, das seinerseits durch die Arbeitsbedingungen, die Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung sowie durch vorhandene Projektierungs- und Beratungserfahrungen determiniert wird. Daneben gehört der Technologiestand des Lieferanten dazu, der sich in den vorhandenen Produktions- und Logistikeinrichtungen, dem Produktionsprogramm sowie in den zukünftigen Investitionsvorhaben widerspiegelt [vgl. ebd., S. 72f.]. Die Qualitätsleistung des Zulieferers kann zudem durch das Vorhandensein einer Zertifizierung wie DIN ISO 9000:2000 nachgewiesen werden, die beispielsweise auf die Langlebigkeit der Produkte oder eine gute Verarbeitung hinweisen kann. Weiterhin können die eingesetzten Produktionsmaterialien sowie Referenzen – als Befähigungsnachweis für die Fertigung dieser Produkte – aufschlussreich sein [vgl. ebd., S. 74f.]. Die Funktionalität des Qualitätssicherungssystems gibt Aufschlüsse über die Leistungskonstanz, deren Überprüfung eine Art Systemaudit darstellt: Dabei sind Defizite zu identifizieren, die Leistungsschwankungen verursachen könnten. Die Einsatzvariabilität ist stets dann von Bedeutung, wenn die Beschaffungsobjekte in verschiedenen Fertigungsprozessen oder Endprodukten verarbeitet werden sollen. Zur Feststellung der Einsatzvariabilität können die Möglichkeiten der Normung und Typung67 seitens des Lieferanten untersucht werden [vgl. Schlesinger, 1991, S. 76]. Genießt ein Lieferant einen besonders guten Ruf als Produzent hochwertiger Beschaffungsobjekte, kann der Abnehmer den damit verbundenen Werbewert des Lieferanten für die Vermarktung seines Endproduktes ausnutzen [vgl. Arnolds/ Heege/Tussing, 2001, S. 136]. Vor allem bei strategischen Beschaffungsentscheidungen sollte die Qualitätsphilosophie des Lieferanten in dessen Bewertung einbezogen werden [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 22].

3.4.1.3

Logistikleistung

Durch die zunehmende Vernetzung von Lieferant und Abnehmer gewinnt die Logistikleistung des Zulieferers stark an Bedeutung. Für deren umfassende Beurteilung sind die relevanten Material- und Warenflüsse im Unternehmen des Lieferanten als auch an dessen Schnittstelle zum Abnehmer zu betrachten. Die Logistikleistung kann nach Zeitleistung, Ortsleistung und Lieferleistung differenziert werden.

67

Während mittels der Normung Einzelteile vereinheitlicht werden, dient die Typung der Vereinheitlichung ganzer Erzeugnisse [vgl. Oeldorf/Olfert, 1998, S. 109ff.].

90

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

a) Zeitleistung Kurze Lieferzeiten kann der Lieferant einerseits über eine gut organisierte Auftragsabwicklung mit Möglichkeit zur Datenfernübertragung realisieren, zudem sollte er aus strategischer Sicht nachhaltige Maßnahmen zur Durchlaufzeitoptimierung68 in seiner Fertigung anwenden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 78]. Die Terminzuverlässigkeit erfasst die Fähigkeit des Lieferanten, die Beschaffungsobjekte zum vereinbarten Zeitpunkt bereitzustellen, wofür flexible Produktionsstrukturen beim Zulieferer von Vorteil sind, da diese eine bedarfsgerechte Anpassung der Abnahmemengen zulassen [vgl. Menze, 1993, S. 272]. Daneben hängt die Terminzuverlässigkeit des Zulieferers im Wesentlichen von der Ausgestaltung seiner Vertriebslogistik ab [vgl. Glantschnig, 1994, S. 80]. Die Möglichkeiten des Lieferanten, auf kundenindividuelle Terminwünsche einzugehen, sollen mit dem Subkriterium flexible Termingestaltung analysiert werden. b) Ortsleistung Neben der rein kilometermäßigen Entfernung zum Abnehmer ist für eine flexible Versorgung des Abnehmers auch die Lagerstellenzugänglichkeit von Interesse. Die Einräumung von Entnahmemöglichkeiten am Lager des Lieferanten gehört ebenso dazu wie die Möglichkeit eines Konsignationslagers69 am eigenen Standort [vgl. Schlesinger, 1991, S. 83f.]. Eine günstige Transportmittelanbindung umfasst neben den entsprechenden Verkehrsanschlüssen auch Verlade- und Transporteinrichtungen. Zusätzlich kann die Möglichkeit eines Austauschs der Transportbehältnisse auf Mehrwegbasis erfragt werden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 81]. Die Lieferortflexibilität des Anbieters ist als Indikator für dessen Anpassungsfähigkeit vor allem dann ein wichtiger Bewertungsfaktor, wenn die gewünschten Lieferorte des Abnehmers variieren [vgl. Schlesinger, 1991, S. 84]. c) Lieferleistung Die Lieferzuverlässigkeit misst das Verhalten des Lieferanten hinsichtlich der Einhaltung der Vertragsvereinbarungen [vgl. Eschenbach, 1990, S. 179]. Tendenziell wird die Lieferzuverlässigkeit erhöht, wenn der Lieferant erfahren ist in der Abwicklung ähnlicher Aufträge [vgl. Grochla/Schönbohm, 1980, S. 107], verschiedene Produktionsstandorte zur

68

69

Für die Planung und Steuerung des Fertigungsprozesses und die damit einhergehende Durchlaufzeitoptimierung stehen z. B. folgende Verfahren zur Verfügung: Belastungsorientierte Auftragsfreigabe, Kanban-System und Fortschrittszahlenkonzept [vgl. Schulte, 1999a, S. 336ff.]. Konsignationslager werden vom Lieferanten beim Abnehmer eingerichtet und unterhalten. Damit erfolgt eine Übertragung der Lagerhaltung und der entsprechenden Kosten auf den Lieferanten. Die eingelagerten Beschaffungsobjekte stehen dem Abnehmer frei zur Verfügung und werden nach ihrer Entnahme in Rechnung gestellt [vgl. Eschenbach, 1990, S. 232ff.].

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

91

Reduzierung des Ausfallrisikos besitzt sowie von bestimmten Rohstoffen und Vorlieferanten relativ unabhängig ist [vgl. Glantschnig, 1994, S. 82f]. Die Versorgung des Abnehmers durch den Lieferanten auch bei Marktengpässen wird als Liefertreue bezeichnet, deren Bewertung jedoch nur bei langjährigen Lieferanten-AbnehmerBeziehungen sinnvoll ist [vgl. Eschenbach, 1990, S. 180]. KOPPELMANN (2000, S. 168) weist darauf hin, dass Ausschließlichkeitsvereinbarungen mit dem Lieferanten stets dann eine Exklusivbelieferung sichern sollten, wenn das Beschaffungsobjekt maßgeblich zur Profilierung des eigenen Produktes beiträgt. Ein wichtiges Subkriterium der logistischen Leistungsfähigkeit, insbesondere im Rahmen des Just-in-Time-Sourcing70, ist die verarbeitungsgerechte Anlieferung, zu der auch die verbrauchsgerechte Verpackung gehört [vgl. Grunwald, 1993, S. 124]. Ein weiterer Bestandteil der Lieferleistung ist schließlich der Verpackungs- und Transportschutz. Die Maßnahmen des Lieferanten, die Qualität des Beschaffungsobjektes während des Transports sicherzustellen, werden anhand der vereinbarten Verpackungs- und Transportvorschriften beurteilt [vgl. Glantschnig, 1994, S. 87].

3.4.1.4

Entgeltleistung

Die Entgeltleistung umfasst die Preis- und die Kostengestaltung des Lieferanten. Im Rahmen der Preisgestaltung ist zunächst der Angebotspreis mit entsprechenden Konkurrenzangeboten zu vergleichen. Über den reinen Angebotspreis hinaus sind auch die finanzielle Konditionengestaltung des Lieferanten von Bedeutung, die mögliche Nachlässe und Skonti beinhaltet, sowie andere Zahlungsbedingungen wie das Zahlungsziel. Darüber hinaus sollte geprüft werden, inwieweit der Anbieter Produktivitätssteigerungen weitergibt, Preiserhöhungen rechtzeitig mitteilt, Bereitschaft zur Preisbindung zeigt und im Fall des Global-Sourcing Preissicherungsmaßnahmen ergreift [vgl. Glantschnig, 1994, S. 89]. Der zweite, vornehmlich strategische Aspekt der Entgeltleistung ist in der Kostenanalyse zu sehen, wofür der Abnehmer detaillierte Angaben über die Kostenbestandteile und das angewandte Kalkulationsverfahren benötigt, um den Angebotspreis nachvollziehen zu können [vgl. Glantschnig, 1994, S. 87].71 Sind die Herstellungskosten des Lieferanten zu hoch, sollte dessen Bereitschaft zur gemeinsamen Wertanalyse überprüft werden mit dem Ziel, Einsparpotentiale aufzudecken, ohne jedoch die Qualität und die Funktionsfähigkeit des Produktes zu beeinträchtigen [vgl. Bichler, 1997, S. 61]. Aus strategischer Sicht sind zudem die Aktivitäten des Lieferanten zur Kostenreduktion zu untersuchen [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 21f.]. 70 71

Zur Beschreibung der Sourcing-Konzepte vgl. Kapitel 2.2.2. Kostenbestandteile sind z.B. Material- und Lohnkosten. Zur Kostenstrukturanalyse vgl. KATZMARZYK (1988, S. 84ff.).

92

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Über die Bedeutung der Entgeltleistung und deren Subkriterien, vor allem des Angebotspreises, sind mehrere Untersuchungen erschienen, die teilweise deutlich voneinander abweichen. So ermittelte ELLRAM (1990, S. 8ff.) für die USA beispielsweise schon 1990, dass bei strategischen Partnerschaften zwischen Unternehmen die Wichtigkeit des Angebotspreises als Entscheidungskriterium hinter weiche Kriterien (wie Kooperationsbereitschaft) zurücktritt. In einer Studie speziell für die amerikanische Healthcare-Industrie betonen LAMBERT/ ADAMS/EMMELHAINZ (1997, S. 16ff.), dass trotz der Erhöhung des Kostendrucks im Gesundheitswesen die Bedeutung des Angebotspreises nicht gestiegen ist, was SIMPSON/SIGUAW/WHITE (2002, S. 29ff.) für 299 Unternehmen aus dem gesamten amerikanischen Markt bestätigen. Eine nach wie vor hohe Bedeutung des Preises als Kriterium zur Lieferantenauswahl fanden GUSTIN/DAUGHERTY/ELLINGER (1997, S. 41ff.) speziell bei der Beschaffung von IT-Systemen – unabhängig von der Geschäftstätigkeit und der Firmengröße. Auch KANNAN/TAN (2002, S. 11ff.) ermittelten den Preis als viertwichtigstes von 30 Kriterien, nach Lieferzuverlässigkeit, Qualität und technischer Kompetenz. Für den deutschen Markt existieren nur wenige empirische Untersuchungen zur Bedeutung des Angebotspreises bei der Lieferantenauswahl. In der ausführlichsten Studie zum Einfluss von Preis- vs. Nicht-Preis-Kriterien in Deutschland und den USA kommen KAUFMANN/ CARTER (2002, S. 4ff.) zum Ergebnis, dass erst mit dem Grad der Vernetzung der Unternehmen im internationalen Beschaffungsmarketing die hohe Bedeutung des Preises bei der Lieferantenauswahl sinkt. Das nicht überraschende Ergebnis unterstreicht ebenso wie alleine der Titel der Untersuchung, welch große Rolle der Angebotspreis nach wie vor in der Beschaffung spielt, auch wenn seine Bedeutung vor allem bei strategischen Wertschöpfungspartnerschaften durch andere, sogenannte „weiche Kriterien“ (soft facts) gemindert wird. Für alle opportunistischen Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen wird die Entgeltleistung weiterhin eines der wichtigsten Kriterien bei der Beschaffungsentscheidung sein, zumal durch die Möglichkeiten des e-Procurement diese opportunistischen Geschäftsbeziehungen wieder zunehmen dürften [vgl. Ramsay, 2001, S. 257ff. sowie Gierl, 2000, S. 107ff.].

3.4.1.5

Serviceleistung

Alle Dienstleistungen des Zulieferers, die in direktem Zusammenhang mit dem Beschaffungsobjekt stehen, werden zum Hauptkriterium Serviceleistung summiert, dessen strategische Bedeutung STANLEY/WISNER (2002, S. 97ff.) in einer Studie für den amerikanischen Markt nachweisen.

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

93

Zur Erfassung der Serviceleistung sind Inhalt und Umfang der Objektgarantie ebenso zu überprüfen [vgl. Schlesinger, 1991, S. 88], wie die Bereitschaft des Lieferanten zur Übernahme von Kosten, die durch schadhafte bzw. ausgefallene Beschaffungsobjekte entstanden sind [vgl. Glantschnig, 1994, S. 90] und das Kulanzverhalten [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 134]. Kann der Lieferant den Kunden auch über einen längeren Zeitraum nach Auslauf der Serie mit den zugehörigen Ersatzteilen versorgen, bietet er eine hohe, strategisch wichtige Nachkaufsicherheit für das beschaffende Unternehmen [vgl. Glantschnig, 1994, S. 90]. Reparatur und Wartung des Beschaffungsobjektes werden mit dem Subkriterium Kundendienst erfasst [vgl. Hammann/Lohrberg, 1986, S. 153]. Dazu zählen ferner weitere Maßnahmen wie Hilfestellungen in Notfällen, die je nach gewünschtem Detaillierungsgrad auch selbst als Subkriterien eingesetzt werden können.

3.4.1.6

Informations- und Kommunikationsleistung

Die Bereitschaft des Lieferanten, dem Abnehmer umfassende Informationen über sein Unternehmen sowie seine Produkte mitzuteilen, steht im Mittelpunkt der Bewertung der Informations- und Kommunikationsleistung. Allgemein ist die Kooperationsbereitschaft des Lieferanten dafür eine wichtige Voraussetzung, die sich unter anderem in der Kommunikationsbereitschaft (mit Reaktionszeiten, Antwortqualität und anderem) niederschlägt. Für den Aufbau einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist allerdings ein gegenseitiger Informationsaustausch notwendig. Bei strategischen Beschaffungsentscheidungen ist zudem die Bereitschaft zum Know-how-Transfer zu analysieren, insbesondere wenn gemeinsame Entwicklungsprojekte bereits geplant oder in (naher) Zukunft denkbar sind [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 22]. Die Informationsbereitschaft des Lieferanten hinsichtlich der Anwendungsbedingungen und Einsatzmöglichkeiten des Beschaffungsobjektes wird unter dem Aspekt der Anwendungsberatung erfasst [vgl. Glantschnig, 1994, S. 95]. Ein weiteres Subkriterium sind die zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel, die bezüglich ihrer Verfügbarkeit und Eignung zu bewerten sind. Dazu gehören hauptsächlich Internet-Technologien, die einen raschen, standardisierten Datenaustausch zwischen den Geschäftspartnern ermöglichen. Vor allem die elektronische Beschaffung (e-Procurement) mit ihren Möglichkeiten der Vernetzung und Prozessoptimierung stellt entsprechende Anforderungen an die Kommunikationsmittel und nicht zuletzt an das www-Angebot des Lieferanten, wie beispielsweise die Existenz eines einfach zu bedienenden Online-Shops [vgl. Bogaschewsky, 1999, S. 14ff.]. Zudem können bereits anhand der Homepage des Lieferanten erste Schlüsse auf seine Informationsbereitschaft gezogen werden.

94

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Die Gewährleistung des Datenschutzes ist vor allem im Zusammenhang mit dem elektronischen Datenaustausch von Bedeutung, damit vertrauliche Informationen nicht an Dritte gelangen [vgl. Koppelmann, 2000, S. 167].72 Leistungsfähige Firewalls, aktuelle AntiViren-Programme, ein umfassender Trojaner-Schutz73 und weitere Sicherheits-Einstellungen wie Kennwortschutz sind elementare Voraussetzungen für einen sicheren elektronischen Datenaustausch.

3.4.1.7

Innovationsleistung

Die Innovationsleistung eines Lieferanten beschreibt dessen Fähigkeit, neue wirtschaftliche Konzepte umzusetzen oder sogar selbst zu generieren [vgl. Backhaus, 1999, S. 694]. Für die Verwirklichung neuer Produkte und Verfahren bedarf es im Allgemeinen einer hohen vorhandenen technologischen Kompetenz, die beispielsweise über Referenzen, Patente und Lizenzen nachgewiesen werden kann [vgl. Backhaus, 1999, S. 694]. Unter strategischen Gesichtspunkten sollte entweder das Entwicklungspotential des Lieferanten anhand der materiellen und personellen Ressourcen allgemein abgeschätzt oder anhand der vorhandenen F&E-Kapazitäten74 möglichst konkret beurteilt werden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 77]. Die Umsetzbarkeit des Konzepts des Simultaneous Engineering (vgl. Kapitel 2.2.2) kann in diesem Rahmen ebenfalls überprüft werden. PETRONI/PANCIROLI (2002, S. 135ff.) weisen in ihrer Studie unter 198 Unternehmen der Lebensmittelbranche für den italienischen Markt nach, dass die Höhe der TechnologieInvestitionen und der Erwerb entsprechender Innovationskompetenz die Beziehung zwischen Lieferant und Kunde wesentlich bestimmt.75 Vor allem die strategische Bedeutung der Innovationsleistung wird dadurch empirisch bestätigt.

3.4.1.8

Umweltleistung

Die Umweltleistung misst die ökologische Leistungsfähigkeit des Lieferanten anhand ihrer beiden wichtigsten Subkriterien Umweltverträglichkeit und Recyclingbereitschaft.

72 73

74

75

Zum IT-Sicherheitsmanagement vgl. beispielsweise ROSSBACH/LOCAREK-JUNGE (2002). Zu Firewalls (Schutz des PCs vor externem Zugriff) und Trojanern (Viren, die anderen Programmen Zugang zu lokalen Daten auf dem befallenen PC verschaffen) vgl. STROBEL (2003, S. 7, 182). Als quantitativer Indikator können beispielsweise die Ausgaben des Lieferanten für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten dienen. Bei den 198 ausgewerteten Lieferanten wurde festgestellt, dass die Übertragung von Verantwortung an den Lieferanten in direktem Zusammenhang mit seiner Innovationsfähigkeit steht. Die innovativen Fähigkeiten belaufen sich nicht nur auf Produkt- und Prozessinnovationen, sondern auch auf Fähigkeiten der Mitarbeiter und auf einer innovationsorientierten Kultur [vgl. Petroni/Panciroli, 2002, S. 147f.].

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

95

Die Umweltverträglichkeit sowohl der hergestellten Produkte als auch der benutzten Verpackungen und der angewandten Fertigungsverfahren kann beispielsweise durch entsprechende Zertifikate nachgewiesen werden, die im Rahmen eines Öko-Audits erworben wurden [vgl. Hartmann, 1996, S. 54]. Daneben lässt sich die Umweltleistung anhand der Recyclingbereitschaft des Lieferanten beurteilen. Dabei wird geprüft, wie sortenrein die eingesetzten Werkstoffe und Verpackungen und damit wie recycelfähig die verwendeten Materialien sind. Zusätzlich zur rein physischen Recyclingfähigkeit der Materialien sind vor allem deren tatsächliche Rücknahme und Entsorgung durch den Lieferanten von Bedeutung [vgl. Glantschnig, 1994, S. 92 und North, 1995, S. 65f.].76 Zusätzlich zu den acht Hauptbewertungskriterien werden üblicherweise noch allgemeine Unternehmensdaten (wie Anschrift, Ansprechpartner etc.) erhoben, die im Bedarfsfall um quantitative Kennzahlen wie Umsatz, Mitarbeiter und Liquidität sowie weitere Kriterien wie Unabhängigkeit oder Marktposition ergänzt werden können [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 22]. Diese erweiterten Daten lassen sich zum Oberbegriff unternehmensbezogene und organisatorische Kriterien zusammenfassen. Da diese Kriterien jedoch entweder keine Trennschärfe bezüglich der Lieferantenauswahl besitzen (Adresse), deren Aussagegehalt nicht klar erkennbar ist (Mitarbeiterzahl), oder oftmals anderen Hauptkriterien zugeordnet werden können77, wurde auf eine weitere theoretische und empirische Analyse dieser organisatorischen Kriterien verzichtet.78 Tabelle 3–1 fasst die beschriebenen Haupt- und Subkriterien nochmals zusammen. Dabei ist anzumerken, dass die Übersicht nicht erschöpfend ist und nur die wichtigsten Subkriterien enthält. Ferner sind im Einzelfall auch abweichende Zuordnungen möglich; beispielsweise kann der Technologiestand neben der Qualitätsleistung auch der Innovationsleistung zugerechnet werden. Es bleibt stets Aufgabe des beschaffenden Unternehmens, den relevanten Kriterienkatalog anforderungsgerecht zusammenzustellen, um die jeweilige Entscheidungssituation mit ihren Besonderheiten umfassend abzubilden.

76

77

78

Weitere Subkriterien der Umweltleistung sind der Arbeit von NOCI (1997, S. 103ff.) zu entnehmen, die sich schwerpunktmäßig mit der Bedeutung der Umweltleistung bei der Lieferantenbewertung befasst. Beispielsweise könnten die Liquidität oder gar der Umsatz auch dem Hauptkriterium Innovationsleistung zugeschlagen werden, da sie auf finanzielle Spielräume für potentielle F&E-Aktivitäten schließen lassen. Die wenigen verbleibenden, nicht anderweitig zuordenbaren Merkmale können im Bedarfsfall dennoch als Einzelkriterien in eine Lieferantenbewertung eingehen.

96

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Mengenleistung

Serviceleistung



Mindestliefermenge



Objektgarantie



Mengenflexibilität



Kulanzverhalten



Hohe Auftragsmengen



Nachkaufsicherheit



Mengenkonstanz



Kundendienst

Qualitätsleistung

Informations- & Kommunikationsleistung



Produktqualität



Kooperationsbereitschaft



Erfahrung des Lieferanten



Kommunikationsbereitschaft



Qualifikationsniveau der Mitarbeiter



Know-how-Transfer



Technologiestand



Anwendungsberatung



Zertifizierung (ISO 9000:2000)



Internet-Technologien



Leistungskonstanz



www-Angebot



Einsatzvariabilität



Datenschutz



Werbewert des Lieferanten



Qualitätsphilosophie

Logistikleistung

Innovationsleistung



Zeitleistung



technologische Kompetenz



Kurze Lieferzeiten



Entwicklungspotential



Maßnahmen zur Durchlaufzeitoptimierung



F&E-Kapazitäten



Terminzuverlässigkeit



Flexible Termingestaltung





Ortsleistung

Entgeltleistung



Entfernung zum Abnehmer



Angebotspreis



Lagerstellenzugänglichkeit



Konditionengestaltung



Transportanbindung



Zahlungsziel



Lieferortflexibilität



Kostenanalyse



Kostenreduktionsaktivitäten

Lieferleistung •

Lieferzuverlässigkeit



Liefertreue



Exklusivbelieferung

Umweltleistung



Verarbeitungsgerechte Anlieferung



Umweltverträglichkeit



Verpackungs- und Transportschutz



Recyclingbereitschaft

Allgemeine Unternehmensdaten / Wenige weitere Einzelkriterien

Tabelle 3–1: Haupt- und Subkriterien der Lieferantenbewertung

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

97

3.4.2 Verfahren der Kriterienauswahl Jedes Unternehmen, das vor dem Problem der Lieferantenbewertung steht, muss im ersten Schritt festlegen, welche Kriterien für die Entscheidung von Bedeutung sind. Um die notwendigen Kriterien auszuwählen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So können einzelne Unternehmensbereiche beauftragt werden, alle Anforderungen aufzuzeigen, die an einen Lieferanten gestellt werden. Besitzt das Unternehmen beispielsweise einen eigenen Fuhrpark, ist eine Bewertung der Distributionslogistik hier nicht erforderlich, da das Unternehmen selbst für den Transport der benötigten Güter sorgen kann. Die so zusammengestellten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Lieferanten werden einem allgemeinen Lieferantenkriterienkatalog gegenübergestellt, aus dem schließlich die nicht zutreffenden Kriterien gestrichen werden. Durch diese individuelle Anpassung mittels Einschränkung entsteht ein unternehmensspezifischer Lieferantenkriterienkatalog, der die Grundlage für die angestrebte Lieferantenbewertung darstellt [vgl. Glantschnig, 1994, S. 54f.]. Dabei sollten bereichsspezifische Alleingänge vermieden werden, da zum Beispiel eine Konstruktionsabteilung häufig nur nach Qualitätsgesichtspunkten und eine Beschaffungsabteilung nur nach Kostengesichtspunkten bewertet. In der Literatur finden sich wenige Autoren, die sich eingehend mit der Auswahl und Bedeutung von Kriterien bei der Lieferantenbewertung befassen. Neben GLANTSCHNIG (1994, S. 141ff.)79 widmet sich hauptsächlich MUSCHINKSI (1998b, S. 92ff.) der Kriterienauswahl, auf dessen Arbeit im Folgenden zurückgegriffen wird. Die einzelfallorientierte Festlegung unterscheidet getrennt für jedes Beschaffungsobjekt bestimmte Auswahlkriterien. Besonders bei einer Beschaffung von komplexen Objekten ist diese Auswahlform zweckmäßig, da es hier zu einer umfassenden Betrachtung der einzelnen Beschaffungssituationen kommt. Auch für Unternehmen, die einen Umstieg vom Einfaktorvergleich zum Mehrfaktorenvergleich planen, ist die einzelfallorientierte Festlegung ein gutes Einstiegsverfahren. Nachteile dieses Verfahrens sind der hohe Zeitaufwand zur Ermittlung von geeigneten Kriterien sowie die mögliche Intransparenz des Auswahlprozesses [vgl. Muschinski, 1998b, S. 92]. Die generelle Festlegung benutzt für jeden Beschaffungsfall einen aus den Unternehmenszielen abgeleiteten, allgemein gültigen Kriterienkatalog für die Lieferantenbewertung. Somit wird die Einheitlichkeit im Beschaffungsprozess gefördert, was eine Nachprüfbarkeit der Auswahlentscheidung deutlich erleichtert. Die Verwendung eines unternehmensspezifischen 79

GLANTSCHNIG (1994, S. 141ff.) schlägt eine Auswahl der Kriterien entweder nach dem Beschaffungsobjekt oder der Beschaffungssituation vor. Zur Beschreibung von Beschaffungsobjekt und Beschaffungssituation vgl. Kapitel 2.2.

98

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Kriterienkatalogs stellt auch sicher, dass sich die Unternehmensziele in den Bewertungskriterien widerspiegeln. Nachteilig ist die generelle Festlegung vor allem, wenn unterschiedliche Beschaffungsstrategien wie Local- oder Global-Sourcing im Unternehmen verfolgt werden. Da diese Strategien im Unternehmen für unterschiedliche Beschaffungsobjekte parallel auftreten können, erfordern sie meist auch differenzierte Auswahlkriterien zur Lieferantenbeurteilung [vgl. ebd., S. 92f.]. Die situationsspezifische Festlegung vermeidet die Kritikpunkte der einzelfallorientierten und der generellen Festlegung der Entscheidungskriterien, indem ein KriterienAuswahlverfahren zu entwickeln ist, das die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Beschaffungssituationen beachtet. Eine Methode, die diesen Ansprüchen gerecht wird, muss häufig wiederkehrende, typische Beschaffungssituationen identifizieren und verschiedenen Klassen zuordnen können. Im nächsten Schritt werden für diese einzelnen Beschaffungsklassen einheitliche Auswahlkriterien festgelegt [vgl. ebd., S. 94]. Das Portfolio Konzept stellt eine Möglichkeit dar, die erwähnten spezifischen Klassen zu erzeugen.80 In der Vergangenheit wurden verschiedene beschaffungsorientierte Portfolios entwickelt, die sich in der Verwendung unterschiedlicher Schlüsselfaktoren unterscheiden, mit deren Hilfe die benötigte zweidimensionale Matrix erzeugt wird. Ziel ist es, die unterschiedlichen Beschaffungssituationen in den einzelnen Matrixfeldern abzubilden und daraus die wichtigsten Auswahlkriterien abzuleiten. Eines der bekanntesten Portfolios im Beschaffungssektor ist das Versorgungsrisiko-ABCPortfolio [vgl. Muschinski, 1998b, S. 94f.], das in Abbildung 3–2 dargestellt ist und später im Rahmen der Lieferantenbewertung mittels Portfolio-Analyse nochmals aufgegriffen werden wird. Die Einteilung der Matrixfelder ergibt sich aus der Einstufung der Beschaffungsobjekte in A- oder C-Artikel und dem Risiko, das bei der Beschaffung des entsprechenden Artikels besteht. Danach wird der Bezug von Schlüsselprodukten (Strategischen Produkten), Engpassprodukten, Hebelprodukten und von unproblematischen Produkten unterschieden.

80

Zur Verwendung des Portfolio-Konzeptes zur Lieferantenbewertung vgl. Kapitel 3.5.2.2.2.

Kapitel 3.4 – Bewertungskriterien

99

C-Artikel

hoch

Schlüsselprodukte (Strategische Produkte)

Engpassprodukte

niedrig

Versorgungsrisiko

ABC-Ausprägung A-Artikel

Hebelprodukte

Unkritische Produkte

Abbildung 3–2: Versorgungsrisiko-ABC-Portfolio (Quelle: Muschinski, 1998b, S. 95)

Schlüsselprodukte sind A-Artikel mit einem hohen Versorgungsrisiko. Daher sollten die Kriterien zur Lieferantenauswahl vor allem Versorgungssicherheit (Mengen-, Qualitäts- und Logistikleistung) und Wirtschaftlichkeit (Entgeltleistung) reflektieren. Hebelprodukte gehören ebenfalls zu den A-Artikeln, sind aber durch ein geringes Versorgungsrisiko gekennzeichnet. Bei diesen Produkten sollte besonderes Augenmerk auf die Beschaffungspreise, -konditionen und die Kapitalbindung (Entgeltleistung) gelegt werden. Engpassprodukte sind C-Artikel und weisen ein hohes Versorgungsrisiko auf. Hier steht die Sicherstellung der Versorgung im Vordergrund (vor allem die Mengen- und Logistikleistung), während die Entgeltleistung weniger bedeutsam ist. Unproblematische Produkte besitzen ein geringes Einkaufsvolumen und ein niedriges Versorgungsrisiko, weshalb sich die Lieferantenselektion hauptsächlich auf die Entgeltleistung beschränken lässt. Nachteilig an diesem Verfahren ist die Reduzierung der gesamten Einflussgrößen auf eine Kombination aus zwei Schlüsselfaktoren. Diese beiden Faktoren können eine vorliegende Beschaffungssituation meist nur unzureichend widerspiegeln. Bei einer merkmalsgestützten Kriterienauswahl werden die Beschaffungsobjekte in bestimmte Produktgruppen eingeteilt. Im Anschluss werden für die jeweilige Gruppe spezifische Beschaffungsobjektziele ausgewählt, zu deren Erreichung bestimmte Ausprägungen der Lieferantenmerkmale nötig sind, aus denen schließlich die Bewertungskriterien zur Lieferantenauswahl hervorgehen. Um eine bessere Unterscheidung der Beschaffungssituation zu erreichen, berücksichtigt MUSCHINSKI (1998b, S. 97) beschaffungssituationsbestimmende Merkmale wie Beschaffungsstrategien oder Marktstruktur. Die relevanten Auswahlkriterien ergeben sich dann aus der Kombination von Beschaffungsobjektzielen und den beschaffungssituationsbestimmenden Merkmalen.

100

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Da die Festlegung der Kriterien im Einzelfall erfolgt und mit allen Entscheidungsträgern gut abgestimmt sein sollte, gestaltet sich dieses Auswahlverfahren als aufwändig. Die Kombinationsmöglichkeiten zwischen den Beschaffungsobjektzielen und den beschaffungssituationsbestimmenden Merkmalen können zudem zu einer erschwerten Nachvollziehbarkeit führen. Eine entscheidungsorientierte Kriterienauswahl stützt sich auf vier bis sechs unternehmensspezifische, typische Beschaffungssituationen, die der Abnehmer zunächst zu erstellen hat. Beispielsweise lassen sich die verschiedenen Situationen durch folgende Faktoren beschreiben: Komplexität des Gutes (DIN oder Normteil, Baugruppe, Modul), Beschaffungsstrategien (Local- oder Global-Sourcing, Single- oder Multiple-Sourcing), Einkaufsvolumen (hoch oder gering) und Bedarfsverlauf (kontinuierlich oder sporadisch). Ein interdisziplinär zusammengestelltes Team selektiert im zweiten Schritt die Auswahlkriterien, die den jeweiligen Beschaffungsfall charakterisieren. Jeder auftretende Beschaffungsfall sollte dann einer vorher festgelegten Situation zugeordnet werden können. Da für die Situationen die Kriterien (und Gewichte, siehe unten) bereits festgelegt wurden, kann sofort eine Bewertung der Lieferanten erfolgen [vgl. ebd., 1998, S. 97f.]. Hauptproblem dieses Verfahrens ist das Aufstellen der typischen Beschaffungssituationen, die alle im Unternehmen vorkommenden Beschaffungsfälle abdecken müssen. Um die durchschnittliche Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit von der Beschaffungssituation zu ermitteln, wurde in der empirischen Untersuchung auf die in Kapitel 2.2.4 beschriebenen, vier allgemeinen Kaufsituationen zurückgegriffen: Routinebeschaffung, Lieferantenwechsel, Sortimentswechsel und Neuprodukteinführung. Nach erfolgter Auswahl können die Kriterien gemäß ihrer relativen Bedeutung gewichtet werden, wobei diese Möglichkeit im Wesentlichen von den zur Anwendung kommenden Verfahren81 abhängt. Die Gewichtung der Kriterien erfolgt in der Regel anhand der unternehmensspezifischen Gegebenheiten und den mit der Lieferantenbewertung verfolgten Zielen. So kann beispielsweise die Qualitätszuverlässigkeit des Lieferanten für den Abnehmer von größerer Bedeutung sein als dessen Angebotspreis. Konsequenterweise erhält der Qualitätsaspekt eine höhere Gewichtung als der Preis. Üblicherweise erfolgt die Gewichtung durch das Setzen von Punkten (=Prozentwerten) für die einzelnen Kriterien, die in der Summe über alle Kriterien 100 ergeben müssen.

81

Zu den Verfahren der Lieferantenbewertung vgl. Kapitel 3.5.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

101

Die Kriteriengewichtung gestaltet sich im Allgemeinen schwierig, da es bei einer großen Anzahl an Kriterien schnell zu einer fehlerhaften Verteilung der Gewichte kommen kann [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 19]. Genereller Nachteil einer vorgenommenen Gewichtung ist der Verlust an Transparenz beim verwendeten Verfahren [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 36]. Aufgabe eines leistungsfähigen Bewertungsverfahrens ist es daher, auch ohne manuelle Kriteriengewichtung aussagefähige Ergebnisse zu erzielen, was zudem die Objektivität der Bewertung erhöht. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Gewichtung, sollte die Vergabe der Gewichte methodengestützt erfolgen, beispielsweise nach der Methode des singulären Vergleichs [vgl. Large, 2000, S. 158]. Dazu werden alle Kriterien mit einem vorher festgelegten Kriterium verglichen und so das Gewicht jedes einzelnen Kriteriums in Bezug zu dem vorher festgelegten Kriterium ermittelt. Üblicherweise wird das für das Unternehmen wichtigste Kriterium als Vergleichskriterium festgelegt. Eine weitere Methode zur Festlegung von Gewichten ist der paarweise Vergleich [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 19], bei dem immer zwei Kriterien gleichzeitig gegeneinander abgewogen werden und sich daraus die absoluten Kriteriengewichte errechnen lassen. Dieses Vorgehen ist auch wichtiger Bestandteil des unter dem Namen Analytic Hierarchy Process (vgl. Kapitel 3.5.3.3.1) bekannten Verfahrens [vgl. Nydick/Hill, 1992, S. 31ff.]. Schließlich kann ein Kriterium mit absoluter Priorität bereits im Rahmen der Lieferantenvorauswahl als K.O.-Kriterium definiert werden und somit zur Eingrenzung der Lieferantenzahl dienen.

Hat das beschaffende Unternehmen für die vorliegende Beschaffungssituation die relevanten Kriterien ausgewählt (und gegebenenfalls gewichtet), werden die nach Lieferantenvorauswahl und –analyse verbliebenen, potentiellen Lieferanten bewertet. Dafür stehen eine Reihe an Verfahren zur Verfügung, die im nächsten Kapitel ausführlich erläutert werden.

3.5 Verfahren der Lieferantenbewertung Im Rahmen dieses Kapitels sollen die in der Literatur gebräuchlichsten Verfahren der Lieferantenbewertung detailliert dargestellt werden, die zudem durch einen kurzen Überblick über weitere, sehr selten gebrauchte Ansätze ergänzt werden. Prinzipiell sind die beschriebenen Verfahren für Lieferantenauswahl und -controlling gleichermaßen geeignet. Beim Lieferantencontrolling wird durch die nachfolgenden Verfahren die Leistung der Zulieferer in regelmäßigen Abständen erfasst und mit den Ergebnissen vorheriger Messungen verglichen, um hieraus Steuerungsmaßnahmen ableiten zu

102

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

können. Für die Lieferantenauswahlentscheidung lässt sich keine allgemeingültige Vorgehensweise formulieren, da die Darstellung der Bewertungsergebnisse von Verfahren zu Verfahren variiert. An jede Verfahrensbeschreibung schließt sich daher kurz die zugehörige Entscheidungsregel für die Lieferantenauswahl an. Die bekanntesten Verfahren der Lieferantenbewertung lassen sich allgemein in quantitative und qualitative Verfahren einteilen. Nach deren ausführlichen Beschreibung werden noch weitere, seltene Ansätze zur Lieferantenbewertung vorgestellt. Quantitative Verfahren basieren auf metrisch skalierten Daten, die sich in Form eines Gleichungssystems miteinander verknüpfen lassen und somit eine optimale Lösung ermöglichen [vgl. Adam, 1996, S. 81f.]. Im Gegensatz dazu erfassen qualitative Verfahren entweder generelle Einflüsse auf die Ziele, ohne jedoch deren genaues Ausmaß bestimmen zu können, oder sie verarbeiten subjektive Einschätzungen und Meinungen [vgl. Adam, 1996, S. 82]. Eine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden Verfahrenstypen ist jedoch nicht immer möglich, da einige Verfahren sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte miteinander kombinieren. Die vorgenommene Einordnung richtet sich in diesen Grenzfällen danach, ob der Kern des Verfahrens letztendlich qualitativ oder quantitativ ausgeprägt ist.

3.5.1 Quantitative Verfahren Quantitative Verfahren berücksichtigen, wie erwähnt, ausschließlich mathematisch genau erfassbare Kriterien, die in einem Modell miteinander in Beziehung gebracht und als mathematisches Entscheidungsproblem gelöst werden können. Eine Einbeziehung subjektiver qualitativer Anforderungskriterien ist nicht möglich. Zu den quantitativen Verfahren zählen die Preis- und die Kosten-Entscheidungsanalyse, die Bilanzanalyse, Optimierungsverfahren und Kennzahlenverfahren.

3.5.1.1

Preis-Entscheidungsanalyse

Die Preis-Entscheidungsanalyse ist ein unikriterielles Verfahren und unterscheidet drei auf den Preis ausgerichtete Methoden, die sich hinsichtlich des Untersuchungsobjektes, -zieles und Hauptanwendungsgebietes unterscheiden: Preisbeobachtung, Preisvergleich und Preisstrukturanalyse [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 137].

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

103

3.5.1.1.1 Preisbeobachtung Bei der Preisbeobachtung wird die Preisentwicklung eines Beschaffungsobjektes im Laufe der Zeit verfolgt, um über den zukünftigen Verlauf des Preises Prognosen abgeben zu können. Neben den Preisen der Beschaffungsprodukte werden auch die Preise möglicher Substitutionsprodukte beobachtet, um rechtzeitig Einsparpotentiale aufzudecken. ARNOLDS/HEEGE/TUSSING (2001, S. 138) empfehlen, die Preisentwicklung der von Lieferanten verwendeten Einsatzstoffe zu beobachten, da sich daraus Anhaltspunkte für die zu erwartenden Preise auf den direkten Beschaffungsmärkten ableiten lassen. Die Prognosen der Preise unterstützen den Beschaffer bei Preisverhandlungen und dienen als valide Grundlage der Vertragspolitik. Anwendung findet dieses Verfahren bei Produkten, die im Preis aufgrund von Änderungen des Angebots oder der Nachfrage stark schwanken und für die keine öffentlich notierten Marktpreise, wie sie beispielsweise für viele international gehandelte Rohstoffe geführt werden, existieren.

3.5.1.1.2 Preisvergleich Beim Preisvergleich werden die Preise verschiedener Lieferanten bzw. verschiedener Qualitäten im Rahmen der Angebotsanalyse miteinander verglichen und das günstigste Angebot ermittelt [vgl. Bichler, 1997, S. 64]. Die Schwierigkeit besteht darin, die Umrechnung der Preise auf einen einheitlichen Vergleichspreis (Einstandspreis) vorzunehmen, so dass die Angebote vergleichbaren Konditionen entsprechen. Tabelle 3–2 zeigt beispielhaft, wie die Umrechnung der Angebotspreise von vier verschiedenen Produkten gleicher Qualität, aber unterschiedlicher Preisstellungen, Zahlungsbedingungen und Lieferbedingungen erfolgen kann [vgl. Glantschnig, 1994, S. 27f.]. Liegt dem Abnehmer eine große Anzahl Angebote vor, ist auch eine Visualisierung der verschiedenen Preise in Form einer Häufigkeitsverteilung möglich. Somit wird ein Überblick über den Markt gewährt [vgl. Harting, 1994, S. 49ff.]. Der Preisvergleich ist vor allem für diejenigen Beschaffungsobjekte geeignet, die von mehreren Lieferanten in unterschiedlichen Qualitätslagen und Preisen bezogen werden können.

104

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Anbieter . A-Stahl AG

B-Stahl AG

Acieries Belges

Produkt . „Plastical“

„Coloral“

„Acierol“

„Colormetal“

1835,-

7,65

8,70

Angebotspreis €

1910,-

Japan Steel

Mengeneinheit

t

t

Tafel

qm

Umrechnung €/qm

9,55

9,18

10,20

8,70

Zerteilzuschläge

190 €/t

175 €/t

-

1,50 €/qm

Umrechnung €/qm

0,95

0,88

-

1,50

Preisstellung

Basis Siegen

Basis Siegen

frei Grenze

Lager Bremen

Umrechnung frei Werk

0,30

0,30

0,40

0,60

Preisbasis

Festpreis

Festpreis

Festpreis bfrs

Gleitklausel

Umrechnung Festpreis

-

-

ca. 0,05

ca. 0,90

Mengenrabatte

Staffel 600 t

Staffel 500 t

Staffel 800 t

Staffel 300 t 600 t

Umrechnung €/qm

-

: 0,20

-

: 0,70

Schutzfolie

130 €/t

140 €/t

enthalten

60 €/t

Verpackung

30 €/t

30 €/t

20 €/t

35 €/t

Paletten

franko Rücks.

franko Rücks.

10 €/t

franko Rücks.

Umrechnung Verpackung

0,80

0,85

0,15

0,48

Vergleichspreis (Summe der Umrechnungen)

11,60

11,01

10,80

11,48

Halbjahresbestellmenge

Tabelle 3–2: Preisvergleich (Quelle: in Anlehnung an Glantschnig, 1994, S. 28)

3.5.1.1.3 Preisstrukturanalyse Mit der Preisstrukturanalyse versucht der Abnehmer, die Kalkulation des Lieferanten nachzuvollziehen, indem der Preis hinsichtlich seiner Kosten- und Gewinnbestandteile untersucht wird [vgl. Friedl, 1990, S. 275]. Ziel ist es, durch Analyse der Kalkulation des Endpreises die Angemessenheit des Preises zu beurteilen, um dann bei Preisverhandlungen auf eine evidente Basis zurückgreifen zu können. Zur Überprüfung der Angemessenheit der Preise sind amtliche Notierungen und Statistiken sowie frühere Angebotspreise des Lieferanten zu Vergleichszwecken heranzuziehen [vgl. Hartmann, 1997, S. 440f.].82

82

Amtliche Notierungen sind beispielsweise Börsennotierungen und Auktionsergebnisse. Hinsichtlich der amtlichen Statistiken sei auf Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes verwiesen.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

105

Im folgenden Beispiel wird die Preisstrukturanalyse auf Basis von Vollkosten betrachtet, da diese in der Praxis am häufigsten durchgeführt wird [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 162]; es ist jedoch auch möglich, die Analyse auf Basis von Teilkosten durchzuführen. Die Aufgabe der Preisstrukturanalyse ist es, beispielsweise analog dem allgemeinen Kalkulationsschema (vgl. Tabelle 3–3) die einzelnen Kostenarten zu ermitteln. Für den konkreten Einzelfall einer Untersuchung der Preisbestandteile kann es erforderlich werden, die Kostenkategorien weiter zu untergliedern. Die Differenz zwischen Angebotspreis und der ermittelten Kostensumme kennzeichnet den beim Lieferanten verbleibenden Gewinn. Materialeinzelkosten + Materialgemeinkosten = Materialkosten + Fertigungseinzelkosten + Fertigungsgemeinkosten + Sondereinzelkosten der Fertigung = Fertigungskosten / Herstellkosten + Verwaltungsgemeinkosten + Vertriebsgemeinkosten + Sondereinzelkosten des Vertriebs = Selbstkosten + Gewinnaufschlag = Angebotspreis

Tabelle 3–3: Kalkulation des Angebotspreises eines Produktes (Quelle: Arnold, 1997, S. 187)

Die Einzelkosten sind für jedes Produkt direkt erfassbar und diesem zurechenbar. Zu ihnen zählen Materialeinzelkosten, Fertigungseinzelkosten und Sondereinzelkosten der Fertigung sowie des Vertriebs [vgl. im Folgenden Arnold, 1997, S. 187ff.]. Zur Kalkulation der Materialeinzelkosten werden das Produkt auf seine Einzelbestandteile hin untersucht und deren Preise im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung auf den Beschaffungsmärkten der Lieferanten ermittelt. Die Schätzung der Fertigungseinzelkosten gestaltet sich schwieriger, da diese vom eingesetzten Fertigungsverfahren, vom Zeitaufwand für die Herstellung eines Produktes und von der Lohnhöhe des beschäftigten Personals abhängig sind. Informationen über den Fertigungsprozess und die Fertigungszeit können jedoch zumindest teilweise im Wege einer Produktionsstättenbesichtigung gewonnen werden. Sondereinzelkosten der Fertigung und des Vertriebs können durch die Beschaffungsmarktforschung ermittelt werden, teilweise sind sie auch in den Angeboten der Lieferanten ausgewiesen.

106

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Gemeinkosten lassen sich den einzelnen Produkten nicht direkt zurechnen und müssen daher möglichst verursachungsgerecht in Form von prozentualen Zuschlagssätzen auf die Einzelkosten verrechnet werden. Zu ihnen gehören Material-, Fertigungs-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten [vgl. ebd., S. 188f.]. Materialgemeinkosten decken alle auftretenden Kosten für die Beschaffung, Prüfung, Lagerung und den innerbetrieblichen Transport von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen ab, wobei die Lagerkosten im Allgemeinen den größten Teil ausmachen. Die Schätzung dieses Kostenblocks setzt die Kenntnis über die Ausstattung und Modernität des Lager- und Transportsystems des Lieferanten voraus, wobei Erfahrungswerte und betriebseigene Kalkulationen des Abnehmers hilfreich sein können [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 158]. Zu den Fertigungsgemeinkosten zählen Hilfslöhne, kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen, Instandhaltungs-, Raum- und Energiekosten, Werkzeugkosten und Gehälter. Die Kenntnis über die Art und das Alter der eingesetzten Maschinen ist für die Schätzung einiger der aufgezählten Kosten unabdingbar. Vertriebs- und Verwaltungskosten werden anhand der Größe des Verwaltungsapparates des Lieferanten grob geschätzt. Für die Umlegung dieser Kosten auf das jeweilige Produkt lassen sich bei Mehrproduktunternehmen jedoch nur wenig Anhaltspunkte finden. Aus der Kenntnis der Kostensumme und des Angebotspreises lässt sich schließlich der Gewinnaufschlag des Lieferanten ermitteln. Zur Beurteilung, ob dieser vom Abnehmer toleriert werden kann, muss der Abnehmer den angemessenen Gewinn bestimmen, der von folgenden Einflussfaktoren abhängt [vgl. ebd., S. 161]: •

Marktstruktur: Bei monopoloiden Marktformen können höhere Gewinnmargen durchgesetzt werden als bei polypoloiden Marktformen.



Konjunkturlage: In Zeiten der Hochkonjunktur und Angebotsverknappung können höhere Gewinnmargen erreicht werden.



Größe der Bestellung: Aufgrund gewährter Mengenrabatte wird in der Regel der Stückgewinn bei einem Kleinauftrag größer sein als bei einem Großauftrag.



Lieferantenzuverlässigkeit: Ein Lieferant, der in der Vergangenheit positiv aufgrund seiner Zuverlässigkeit hinsichtlich Zeit, Qualität und Service aufgefallen ist, kann größere Gewinnmargen verlangen als unzuverlässige Lieferanten.



Entgelt für die Übernahme des Risikos: Ein Lieferant, der durch die Aufnahme der Produktion eines innovativen Erzeugnisses Risiken eingeht, wird sich dieses Risiko durch eine höhere Gewinnmarge bezahlen lassen.



Unterstützung durch den Abnehmer: Wird der Lieferant in irgendeiner Weise vom Abnehmer unterstützt bzw. gefördert, wird der Lieferant eine geringere Gewinnmarge kalkulieren.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

107

Die Durchführung einer Preisstrukturanalyse setzt die Möglichkeit voraus, detaillierte Kenntnisse über die Produktionsstruktur des Zulieferers erlangen zu können. Ihr Einsatz ist daher hauptsächlich beim Bezug jener Produkte möglich, auf deren Preishöhe das beschaffende Unternehmen während der Verhandlungen einen Einfluss ausüben kann. Dies sind in erster Linie Spezialanfertigungen für den Abnehmer [vgl. ebd., S. 139].

Während die Preisbeobachtung eher dem Lieferantencontrolling zuzuordnen ist, sind Preisstrukturanalyse und Preisvergleich vor allem bei der Lieferantenauswahl hilfreich. Ausgewählt wird jeweils der Lieferant mit dem günstigsten Preis. Dabei ist zu beachten, dass der reine Preisvergleich nur dann zur optimalen Auswahl führt, wenn die Qualität der Beschaffungsobjekte und das Leistungsprofil der Anbieter ein vergleichbares Niveau aufweisen [vgl. Hartmann, 1997, S. 449 sowie Muschinski, 1998b, S. 84].

3.5.1.2

Kosten-Entscheidungsanalyse

Während bei der Preisstrukturanalyse die Kostenbestandteile am Beschaffungsobjektpreis des Lieferanten untersucht wurden, werden bei der Kosten-Entscheidungsanalyse all diejenigen Kosten betrachtet, die dem Abnehmer bei Auswahl des entsprechenden Lieferanten zusätzlich zum Beschaffungspreis entstehen. Bei der Cost-Ratio-Method [vgl. Ellram, 1990, S. 10f.] werden dazu zunächst die durch den Lieferanten entstehenden Kosten bezüglich Qualität, Lieferung und Service im eigenen Unternehmen ermittelt. Anschließend werden diese Kosten als Prozentsatz vom gesamten Einkaufsvolumen ausgedrückt; dieser Wert bildet den Overall-Cost-Ratio. Im nächsten Schritt wird der vom Lieferanten genannte Einstandspreis um diesen Prozentsatz erhöht. Das Ergebnis kennzeichnet die Kosten, die dem Abnehmer tatsächlich für die Lieferung entstehen. Alle durch eine Geschäftsbeziehung entstehenden Kosten werden in diesem Zusammenhang somit als Strafe angesehen [vgl. Timmerman, 1986, S. 3f.].83 Ausgewählt wird der Lieferant mit dem niedrigsten korrigierten Einstandspreis. Als Erweiterung der Cost-Ratio-Method berücksichtigt das Total Cost Supplier Selection Model von SMYTKA/CLEMENS (1993, S. 42ff.) zusätzlich auch Risikofaktoren, wie beispielsweise die finanzielle Situation des Lieferanten. Aber auch Faktoren, die sich positiv auf die Geschäftsbeziehung auswirken (wie Just-in-Time-Erfahrung), werden hierbei 83

Der Ansatz von MONCZKA/TRECHA (1988, S. 3ff.) berücksichtigt ebenfalls die zusätzlich durch den Lieferanten entstehenden Kosten. Diese werden in einem Leistungsfähigkeitsindex verrechnet, mit dem der Einstandspreis multipliziert und entsprechend korrigiert wird.

108

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

analysiert. Diese Faktoren wirken als K.O.-Kriterien zur ersten Grobauswahl potentieller Lieferanten. Anschließend wird der optimale Lieferant analog zur Cost-Ratio-Method ermittelt. Mit Hilfe der beiden Kostenvergleichsverfahren nach ZÄPFEL (1973, S. 83ff.) lässt sich der optimale Lieferant durch Aufstellen von Zielfunktion und Nebenbedingungen ermitteln. Für das Kostenvergleichssystem I sind dabei die geringsten Bestellkosten ausschlaggebend, im Kostenvergleichssystem II werden der Lieferant, die Bestellmenge und die Anzahl der Lieferungen derart bestimmt, dass minimale Bestell- und Lagerhaltungskosten ausgelöst werden [vgl. Zäpfel, 1973, S. 84].84 Bei den Kostenvergleichsverfahren handelt es sich an sich um Optimierungsverfahren, deren Beschreibung im nächsten Kapitel erfolgen wird, die aber aufgrund der Zielfunktion auch der Kosten-Entscheidungsanalyse zugerechnet werden können.

3.5.1.3

Optimierungsverfahren

Eine Durchführung der Lieferantenbewertung mit den Verfahren der linearen Optimierung erfordert zunächst die Festlegung aller für die Bewertung relevanten Kriterien. Aus diesem Merkmalspool wird dann jenes Kriterium ausgewählt, das für den Prozess der Lieferantenbewertung die höchste Priorität genießt. Dieses kann abhängig vom Abnehmer die kürzeste Lieferzeit, der geringste Preis oder ein anderes Kriterium sein. Die beiden zuvor beschriebenen Verfahren der Preis- und Kosten-Entscheidungsanalyse können somit die Grundlage für Verfahren der linearen Optimierung bilden. Als wichtigstes Beschaffungsziel wird danach beispielsweise das „günstigste Preisangebot“ innerhalb der Zielhierarchie als Zielfunktion definiert [vgl. Hagedorn, 1975, S. 37]. Die übrigen Bereichsziele werden als Nebenbedingungen formuliert und legen Minimal- und/oder Maximalforderungen fest, die von den Lieferanten einzuhalten sind. Die potentiellen Lieferanten werden zunächst auf Erfüllung der Nebenbedingungen im Sinne einer K.O.-Prüfung geprüft. Alle diesbezüglich positiv bewerteten Lieferanten werden danach hinsichtlich der Zielfunktion in eine Rangfolge gebracht. Derjenige Lieferant, der die Zielfunktion am besten erfüllt, gilt als bestmöglicher Lieferant und wird ausgewählt [vgl. Hapke, 1989, S. 97]. Kritisch anzumerken ist die Vorrangstellung eines einzelnen Beschaffungsziels, da die zu Restriktionen umformulierten Teilziele selbst konkurrierende Beschaffungsziele sind. Daher führt die lineare Optimierung in sehr differenzierten Entscheidungsfällen nicht immer zum richtigen Ergebnis [vgl. Hagedorn, 1975, S. 38]. 84

Eine Erweiterung dieses Ansatzes um Qualitätskosten ist bei YOUSSEF/ZAIRI/MOHANTY (1996, S. 67ff.) zu finden.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

109

In Erweiterung der linearen Optimierung ermöglichen Goal-Programming-Ansätze die Optimierung von Systemen bezüglich mehrerer Zielsetzungen [vgl. Kleinau, 1995, S. 115]. In diesem Zusammenhang sei auf die Arbeiten von BUFFA/JACKSON (1983, S. 27ff.), WEBER/CURRENT (1993, S. 173ff.) sowie KARPAK/KASUGANTI/KUMCU (1999, S. 57ff.) verwiesen, die im Endergebnis ebenfalls Rangfolgen als Basis für die Lieferantenauswahlentscheidung liefern. Aufgrund ihrer komplexen Vorgehensweise soll jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf eine detaillierte Beschreibung verzichtet werden.

3.5.1.4

Kennzahlenverfahren

Kennzahlen sind quantitative Daten, die das Management über alle zahlenmäßig erfassbaren, betriebswirtschaftlichen Sachverhalte in präziser und konzentrierter Weise informieren sollen [vgl. Schulte, 1996, S. 429]. Kennzahlen können absolut gebildet werden als Einzelwerte, Summen, Differenzen und Durchschnitte, oder relativ als Gliederungs-, Beziehungs- und Indexzahlen. Bei den Gliederungszahlen wird eine Teilmenge zu der entsprechenden Gesamtmenge in Beziehung gesetzt, beispielsweise die Lieferqualität als Quotient aus liefermangelfreien Lieferungen und der Gesamtzahl aller Lieferungen. Beziehungszahlen sind dadurch charakterisiert, dass zwei gleichrangige, aber ungleichartige Größen ins Verhältnis gebracht werden, beispielsweise bei der Angabe der Kosten je Transport. Mit Hilfe von Indexzahlen lassen sich zeitliche Veränderungen abbilden, indem ein Basisjahr festgelegt und in der Folge alle entsprechenden Daten auf dieses Basisjahr bezogen werden, was bei der Darstellung von Preisentwicklungen häufig angewendet wird. Im Mittelpunkt der meisten Kennzahlenverfahren85 steht die Darstellung der Leistungsfähigkeit anhand einer einzigen Kennzahl (Operationalisierungsfunktion). Darüber hinaus hat die Bildung von Kennzahlen im Rahmen der Lieferantenbewertung unterschiedliche Funktionen zu erfüllen [vgl. Schulte, 1996, S. 434 sowie Klaus/Krieger, 2000, S. 228]: •

Kontrollfunktion: Durch den laufenden Vergleich der Ist-Leistung mit der SollLeistung des Lieferanten anhand der Kennzahlen werden Abweichungen schnell sichtbar und Gegensteuerungsmaßnahmen können ergriffen werden.



85

Anreizfunktion: Im Rahmen von Zielvereinbarungsprozessen dienen Kennzahlen zur Motivation der Mitarbeiter.

Zu Praxisbeispielen für Kennzahlenverfahren vgl. GROBEL/LOEBERT (2000, S. 62ff.) sowie MOSER (1997, S. 424ff.).

110

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung



Steuerungsfunktion: Kennzahlen steuern und koordinieren die operative und strategische Entscheidungsfindung.

Im Folgenden soll auf wichtige Ansätze zur Lieferantenbewertung mit Kennzahlen eingegangen werden. Zur Bewertung der Lieferanten anhand von Logistikkennzahlen ist eine leistungsfähige Logistikkostenrechnung Grundvoraussetzung. Beim Vergleich der Kennzahlen zwischen den Lieferanten werden zudem Potentiale der einzelnen Zulieferer aufgedeckt. Einige ausgewählte Logistikkennzahlen sind in Tabelle 3–4 zusammengefasst, die auch im Rahmen des Lieferantencontrollings Anwendung finden. Zur Ermittlung der Lieferflexibilität wird beispielsweise die Zeitspanne zwischen dem Sperrzeitpunkt jeglicher Änderungen und dem ursprünglichen Erfüllungszeitpunkt gemessen, zur Ermittlung der Lieferzuverlässigkeit wird die Anzahl der pünktlichen Lieferungen durch die Gesamtzahl aller Lieferungen dividiert. Durch den bereichsund unternehmensübergreifenden Charakter der Logistik lassen sich ihr viele weitere wichtige Kennzahlen zuordnen, wie Tabelle 3–4 zeigt. Neben den Logistikkennzahlen bieten die Zuverlässigkeitskennzahlen eine weitere Möglichkeit der Kennzahlenklassifizierung. Zusätzlich zur bereits erwähnten Lieferzuverlässigkeit ergibt sich beispielsweise die Qualitätszuverlässigkeit aus dem Verhältnis der Anzahl der mangelhaften Lieferungen und der Gesamtzahl aller Lieferungen eines Lieferanten. Unter Mengenzuverlässigkeit ist der Quotient aus Anzahl der fehlenden Einheiten zu Anzahl der zu liefernden Einheiten zu verstehen [vgl. Zäpfel, 1973, S. 30]. Als Maß für die Preistreue des Lieferanten ist dessen Preiszuverlässigkeit zu ermitteln, indem der an einem bestimmten Stichtag vereinbarte Preis durch den Lieferpreis dividiert und mit der jeweiligen Bestellmenge multipliziert wird [vgl. Harting, 1994, S. 205]. Ausgewählt wird jeweils der Lieferant mit der höchsten Kennzahl. Isoliert betrachtet sind diese Kennzahlen für die Gesamtbeurteilung eines Lieferanten jedoch wenig nützlich, da wechselseitige Abhängigkeiten unberücksichtigt bleiben. So wird beispielsweise die Qualitätszuverlässigkeit neben der Lieferqualität auch durch die Lieferausfallquote, die Servicebeanstandungsquote und andere Kennzahlen ausgedrückt. Erst die umfassende Betrachtung verschiedener Kennzahlen mehrerer Perioden lässt eine aussagekräftige Interpretation zu. Um diese umfassende Betrachtung zu erleichtern, können die zuvor beschriebenen Zuverlässigkeitskennzahlen zu einem Zuverlässigkeitsindex zusammengefasst werden [vgl.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

111

Tanew, 1982, S. 18].86 Eine allgemeine Möglichkeit zur Verdichtung der ermittelten Einzelkennzahlen ist die Bildung einer Gesamtwertzahl, die im Folgenden beschrieben wird. Bezeichnung

Formel

Fehllieferungsquote

(Anzahl der Fehllieferungen) Á 100 / (Σ Anzahl Lieferungen)

Lieferausfallquote

(Anzahl der Lieferausfälle) Á 100 / (Σ Anzahl Lieferungen)

Beanstandungsquote, Reklamationsquote

(Anzahl beanstandeter Lieferungen) Á 100 / (Σ Anzahl Lieferungen)

Lieferqualität

(Anzahl liefermangelfreie Lieferungen) Á 100 / (Σ Anzahl Lieferungen)

Servicebeanstandungsquote

(Anzahl beanstandeter Serviceleistungen) Á 100 / (Σ Anzahl Serviceleistungen)

Entsorgungsmängelquote

(Anzahl bemängelter Abfallbeseitigungen) Á 100 / (Σ Anzahl der Abfallbeseitigungen)

Lieferverzugsquote

(Anzahl verfallener Liefertermine) / (Σ Anzahl Lieferungen)

Fehlmengenquote

(Anzahl Lieferungen mit Fehlmengen) / (Σ Anzahl Lieferungen)

Rahmenvertragsquote

(Einkaufsvolumen aus Rahmenverträgen) Á 100 / (Σ Einkauf)

Termintreue, Liefertreue, Lieferzuverlässigkeit

(Anzahl auf bestätigten Termin gelieferte Lieferungen) Á 100 / (Σ Anzahl der bestellten und bestätigten Lieferungen)

Servicegrad

Zahl der befriedigten Bedarfsmeldungen / Gesamtzahl der Bedarfsmeldungen

Lieferzeit

Zeitspanne zwischen den Zeitmesspunkten der Auftragserteilung und der Auftragserfüllung

Lieferflexibilität

Zeitspanne zwischen Sperrzeitpunkt jeglicher Änderungen und dem ursprünglichen Erfüllungszeitpunkt

Lieferbereitschaft, Lieferfähigkeit

(Anzahl auf gewünschten Termin gelieferte Lieferungen) Á 100 / (Σ Anzahl der bestellten und bestätigten Lieferungen)

Informationsbereitschaft

(Anzahl richtiger Auskünfte zur Auftragssituation) / (Preis der Basisperiode)

Preisnachlassquote, Rabattquote

erzielte Preisnachlässe Á 100 / Materialeinkaufsvolumen

Preisindex

(Preis der Berichtsperiode) Á 100 / (Σ Anzahl der bestellten und bestätigten Lieferungen)

Recyclingquote

(Anteil des recycelten Materials) Á 100 / gesamter Materialverbrauch

Ausschussquote

Ausschussmaterialwert Á 100 / gesamter Materialverbrauch

Tabelle 3–4: Ausgewählte Logistikkennzahlen (Quellen: Koppelmann, 2000, S. 140ff.; Schulte, 1996, S. 436ff.; Schmidt, 1993, S. 236ff.)

86

Einen ähnlichen Ansatz beschreiben HARTMANN/PAHL/SPOHRER (1997, S. 76ff.). Die Beurteilung der Leistung erfolgt anhand notenähnlicher Indizes, die durch Bildung eines Mittelwertes zu einem Gesamtindex zusammengefasst werden. Für die Einordnung der Leistung müssen auch hier entsprechende Kennzahlen gebildet werden. Siehe auch TANEW (1981, S. 10ff.).

112

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Beim Gesamtwertzahlverfahren [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 91ff.] wird zunächst ein Anforderungskriterium als Hauptkennzahl (HKZ) definiert, alle anderen Kriterien werden gewichtet. Anschließend wird diese Hauptkennzahl durch Multiplikation mit der Summe der gewichteten übrigen Kennzahlen korrigiert, um den Lieferanten in eine Kategorie einordnen und entsprechende Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt 1,00, ebenso wie die Summe aller Gewichtungsfaktoren. Anhand der ermittelten Gesamtwertzahlen W werden beispielsweise die in Tabelle 3–5 dargestellten Lieferantenkategorien [vgl. Backhaus, 1999, S. 697] gebildet. Lieferanten- Gesamtwertzahl kategorie W

Erläuterung

Lieferant freigegeben

1

W >= 0,95

Lieferant mit hervorragender Eignung

für alle Teile

2

0,95 > W >= 0,85

Lieferant mit guter und zufriedenstellender Leistung

für alle C-Teile

3

0,85 > W >= 0,75

Lieferant mit bedingt annehmbarer, zu verbessernder Leistung; bedingt für C-Teile Unterstützung erforderlich

4

W < 0,75

Lieferant, dessen Leistung nicht mehr berücksichtigt werden kann

nicht freigegeben

Tabelle 3–5: Interpretation der Gesamtwertzahl (Quelle: in Anlehnung an Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 93)

Für eine umfassende Beurteilung der Lieferanten sollten neben den beschriebenen noch weitere (Zuverlässigkeits-)Kennzahlen einbezogen werden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 32].87 Ausgewählt wird der Lieferant mit der höchsten Gesamtwertzahl. Eine andere Vorgehensweise bietet das Quotientenverfahren. Auch hier werden zunächst Zuverlässigkeitskennzahlen errechnet, die dann allerdings von der Zahl 1 subtrahiert werden und sogenannte Raten bilden.88 Anschließend werden die einzelnen Raten addiert und der Lieferant mit der höchsten Summe ausgewählt [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 235f.]. Eine getrennte Bewertung des Beschaffungsobjektes einerseits und der Leistungsfähigkeit des Anbieters andererseits erfolgt beim Vendor Rating System. Die Bewertung des Beschaffungsobjektes orientiert sich dabei ausschließlich am Einstandspreis und setzt voraus, dass alle angebotenen Beschaffungsobjekte den gestellten Anforderungen genügen [vgl. 87

88

Beispiele für weitere Kennzahlen sind folgenden Quellen zu entnehmen: GRUNWALD (1993, S. 119ff.), KOPPELMANN (2000, S. 390ff.) und PIONTEK (1999, S. 106ff.). Eine Ausnahme bildet die Rate für den Einstandspreis, bei der lediglich der niedrigste Einstandspreis aller Angebote zum jeweiligen Einstandspreis des einzelnen Angebots ins Verhältnis gesetzt wird [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 236].

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

113

Muschinski, 1998b, S. 112]. Um neben dem reinen Preisvergleich auch die Leistungsfähigkeit der einzelnen Anbieter zu berücksichtigen, wird jedem Lieferanten eine Kennzahl mit der Basisbewertung 1,000 zugewiesen. Diesem Wert werden Strafpunkte für schlechte Leistungen in der Vergangenheit addiert sowie Gutschriften für besondere Leistungen subtrahiert [vgl. Hartmann, 1997, S. 459]. Die Multiplikation dieser Lieferantenkennzahl mit dem Einstandspreis ergibt den für die Lieferantenauswahl maßgeblichen Vergleichspreis [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 237]. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Kennzahlenverfahren, können hier auch qualitative Daten in die Bewertung einfließen, weshalb die Einordnung des Vendor Rating Systems in die quantitativen Verfahren nicht völlig widerspruchsfrei, aufgrund der überwiegend quantitativ ausgerichteten Vorgehensweise jedoch zu rechtfertigen ist.

3.5.1.5

Bilanzanalyse

Bei der Bilanzanalyse werden Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Geschäftsberichte der Lieferanten analysiert [vgl. Layer, 1985, S. 53]. Die Aufgabe besteht darin, aus dem bisherigen Geschäftsverlauf der Lieferanten Prognosen oder Tendenzaussagen für die Zukunft abzugeben bzw. Chancen- und Risikopotentiale, die für den Lieferanten oder Abnehmer relevant sein könnten, aufzudecken. Hierbei wird deutlich, dass es nicht ausreicht, die Bilanz einmalig zu analysieren. Erst die Betrachtung der Bilanz über mehrere Jahre hinweg ermöglicht eine sichere Beurteilung der Lieferanten und das Feststellen von Veränderungen [vgl. Klein, 1974, S. 168]. Empfehlenswert ist die Anwendung der Bilanzanalyse daher vorwiegend bei Lieferantenbeziehungen, die längerfristig geplant sind. In Abhängigkeit von der Zielsetzung der Lieferantenbewertung wird die Bilanz aus unterschiedlichen Blickrichtungen betrachtet, um einen Eindruck über die Liquidität, den Markterfolg, die Kostenstruktur und andere Faktoren zu gewinnen und durch betriebswirtschaftliche Kenngrößen (Kennzahlen) zu beschreiben. Tabelle 3–6 stellt beispielhaft für drei verschiedene Fragestellungen dar, welche Kenngrößen für den jeweiligen Sachverhalt relevant sein können [vgl. Harting, 1994, S. 59].

114

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Fragestellung des Einkaufs

Sachverhalt im Jahresabschluss und im Geschäftsbericht

Analyseinstrument, Kenngröße

Ist der Lieferant ein solider Partner?

- Liquidität

- Liquiditätskennziffer

- Kreditwürdigkeit

- Working Capital

Kann der Lieferant unser Wachstum mit vollziehen?

- Finanzkraft

- Cash Flow

- Kapitalstruktur

- Eigenkapitalquote

- Investitionen

- Investitionswachstum

- Zukunftsvorsorge

- Auftragsbestand

- Wachstumsaussichten

- Beteiligungsverhältnisse

- Erfolgsentstehung

- Erfolgsspaltung

Wie gut oder schlecht verdient der Lieferant?

- ordentliches Betriebsergebnis - Finanzergebnis - Beteiligung - Wertpapiere - Finanztransaktionen - außerordentliches Ergebnis - Bewertungsergebnis - Bilanzielle Maßnahmen

Wie ist die Verhandlungsstärke des Abnehmers?

- Erfolgsverwendung

- Rücklagen

- Rentabilitätskennziffer

- Bilanzgewinn

- Umsatz

- Eigene Bestellung

- Erfolg

- Anzahlung

- Anzahlungsbestand

- Erfolgsspaltung

- Auftragsbestand

Tabelle 3–6: Fragenkatalog zur Bilanzanalyse (Quelle: Harting, 1994, S. 59)

Verfolgt ein Unternehmen beispielsweise eine Wachstumsstrategie und möchte in neue Märkte expandieren, sind leistungsstarke Lieferanten erforderlich, die diesem Wachstum standhalten können. Kenngrößen wie Cash Flow oder Eigenkapitalquote beschreiben mit der finanzwirtschaftlichen Wachstumsmöglichkeit, inwieweit der Lieferant in der Lage ist, dieses Wachstum selbst zu finanzieren [vgl. Harting, 1994, S. 58]. Die Bilanzanalyse läuft aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen nach verschiedenen Schemata ab; BLOM (1985) beschreibt ausführlich die möglichen Ansätze. Tabelle 3–7 zeigt ein Beispiel für eine kurze Analyse, bei der die ermittelten Kenngrößen lediglich einen groben Unternehmensüberblick ergeben.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

115

Position

Bezeichnung

Dimension

1

Umsatzerlös (+ MwSt. + Skonti)

T€

2

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB)

T€

3=2:1

Material in % vom Umsatz

%

4

Löhne und Gehälter

T€

5

Soziale Abgaben

T€

6

Altersversorgung

T€

7=4+5+6

Summe Personalaufwand

T€

8=7:1

Personalaufwand in % vom Umsatz

%

9

Bezüge von Vorstand und Aufsichtsrat

T€

10

Gesamtleistung

T€

11 = 3 + 7 + 9

Produktionskosten

T€

12 = 10 : 11

Betriebsergebnis

T€

13

Beschäftigte (gesamt)

Personen

14 = 1 : 13

Umsatz pro Beschäftigten

€/Person

15 = 1 : 12

Betriebsergebnis pro Beschäftigten

€/Person

16 = 7 : 1

Personalaufwand pro 1 € Umsatz

€/1€

17

Cash Flow

T€

18

Eigenkapital (= Grundkapital + Rücklagen)

T€

19

Fremdkapital

T€

20 = 18 + 19

Gesamtkapital

T€

Tabelle 3–7: Bilanzanalyse (Quelle: Klein, 1974, S. 168; eigene Bearbeitung)

Der direkte Vergleich der Kenngrößen mit dem Branchendurchschnitt ermöglicht Aussagen über die Effektivität der Lieferantenleistung und damit über die Chancen und Risiken im Vergleich zu den Konkurrenten. Mit der Bilanzanalyse kann stets nur ein Teil des Leistungsspektrums der Lieferanten analysiert werden, für eine umfassende Bewertung sind Zusatzinformationen zwingend erforderlich. Daher ist die alleinige Lieferantenauswahl anhand der Ergebnisse einer Bilanzanalyse wenig sinnvoll, zumal in der Literatur keine Ausführungen existieren, die die konkrete Vorgehensweise bei der Auswahlentscheidung beschreiben [vgl. Glantschnig, 1994, S. 25].

3.5.2 Qualitative Verfahren Qualitative Verfahren können alle für eine Entscheidung wesentlichen Kriterien berücksichtigen, unabhängig davon, ob diese quantifizierbar sind oder nicht. Die wichtigsten qualitativen Verfahren lassen sich in numerische, graphische und verbale Verfahren einteilen.

116

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

3.5.2.1

Numerische Verfahren

Zu den numerischen Verfahren zählen Notensysteme, Punktbewertungsverfahren, Matrix Approach und Nutzwertanalyse.

3.5.2.1.1 Notensysteme Notensysteme verzichten auf eine individuelle Gewichtung der Anforderungskriterien und treten in vielfältigen Ausführungen auf, wobei die verwendeten Kriterien im Allgemeinen nicht quantifizierbar sind. Nachfolgend werden als die bekanntesten Verfahrensvarianten das Drei-Notensystem, das qualifizierte Notensystem und das Indexsystem beschrieben. a) Drei-Noten-System Bei diesem einfachen Lieferantenbewertungssystem werden die Lieferanten anhand der Kriterien in drei verschiedene Kategorien eingeordnet. Das Bewertungssystem, das einem Schulnotensystem vergleichbar ist, orientiert sich dabei beispielsweise an folgenden Abstufungen [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 75]: Die Ausprägung... immer gut problemlos

-

häufig durchschnittlich einige Probleme

-

selten bzw. schlecht bzw. überwiegend Probleme

2

-

3.

... entspricht der Note: 1

-

Es ist auch möglich, statt der Noten Punkte zu vergeben (Drei-Punkte-System). Eine gute Leistung wird dann z.B. mit „+1“, eine durchschnittliche mit „0“ und eine schlechte Leistung mit „-1“ bewertet. Ausgewählt wird derjenige Lieferant, dessen Notensumme am geringsten ist bzw. der die höchste Punktsumme erreicht. b) Qualifiziertes Notensystem Als Weiterentwicklung des Drei-Notensystems wird die Notenskala beim qualifizierten Notensystem weiter abgestuft (vgl. Abbildung 3–3), um eine differenzierte Bewertung der Lieferanten zu ermöglichen [vgl. de Vries, 1989, S. 26]. Zur Ermittlung des optimalen Lieferanten werden analog zum Drei-Noten-System die Einzelnoten aufaddiert und zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst. Der Lieferant mit der größten Summe wird ausgewählt [vgl. Urban, 1998, S. 285f.].

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

117

Lieferantenbeurteilung Lieferant: ...

immer

häufig

selten

9-7

6-4

3-1

1. liefert einwandfreie Qualität 2. hält Liefertermine ein 3. treibt vernünftige Preispolitik 4. beachtet Versandanweisungen 5. beantwortet Anfragen prompt 6. bestätigt Bestellungen prompt 7. beantwortet Mahnungen umgehend 8. bearbeitet Mangelrügen schnell 9. hilft in Notfällen 10. bietet nützliche Vertreterbesuche

Abbildung 3–3: Qualifiziertes Notensystem (Quelle: Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 76)

Schwachpunkte an diesen Verfahren sind die fehlende Klassifikation und Repräsentation der Lieferanten sowie die mangelnde Gewichtungsmöglichkeit der Bewertungskriterien [vgl. de Vries, 1989, S. 26]. Eine der Entscheidungssituation angemessene Bewertung ist daher kaum zu erreichen. c) Indexsystem Das Indexsystem prüft als spezielles Notensystem die Zuverlässigkeit der Lieferanten im Quantitäts-, Qualitäts- und Terminbereich parallel zur Leistungserbringung. Hierzu wird ein Notensystem mit Noten von beispielsweise 1 (sehr gut) bis 5 (schlecht) genutzt, um die erbrachte Leistung mit den Soll-Werten vergleichen und beurteilen zu können. Wareneingangs- bzw. Qualitätsprüfung bestimmen dazu Indizes (Noten) für die Mengentreue, die Produktqualität und die Liefertreue. Das arithmetische Mittel dieser Einzelindizes, der sogenannte Lieferindex, gibt die Zuverlässigkeit der Lieferleistung des Lieferanten an und lässt folgende Schlussfolgerungen zu [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 77]:



1,0 < Index  1,5: Der Lieferant erfüllt uneingeschränkt die Anforderungen.



1,5 < Index  2,5: Der Lieferant erfüllt die Anforderungen mit Einschränkungen.



2,5 < Index  3,0: Der Lieferant bietet nur bedingt annehmbare Leistung, die rasch verbessert werden muss.



3,0 < Index  5,0: Der Lieferant darf nicht mehr berücksichtigt werden, ein baldiger Lieferantenwechsel ist anzustreben.

118

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Tabelle 3–8 zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Lieferantenbewertung mit dem Indexsystem: Kriterium

Lieferant 1

Lieferant 2

Mengentreue

3

1

Produktqualität

2

2

Liefertreue

2

2

Lieferindex

2,3

1,7

Tabelle 3–8: Ergebnis einer Bewertung mit dem Indexsystem

Beide Lieferanten erfüllen demnach die gestellten Anforderungen mit Einschränkungen, wobei Lieferant 2 zuverlässiger bewertet wird als Lieferant 1. Obgleich beim Indexsystem eine Klassifikation vorgenommen wird, ist weder die Möglichkeit zur Repräsentation noch zur individuellen Gewichtung gegeben. Zudem ist die Bewertung durch die Beschränkung auf den Lieferindex zu einseitig und inflexibel.

3.5.2.1.2 Punktbewertungsverfahren Punktbewertungsverfahren berücksichtigen – im Gegensatz zu Notensystemen – eine unterschiedliche Gewichtung der Bewertungskriterien und sind in der Praxis in mehreren Varianten anzutreffen [vgl. Huck/Köpke, 1996, S. 1172ff. sowie Maron/Brückner, 1998, S. 718ff.]. In der wissenschaftlichen Literatur wird unterschieden zwischen 100-PunkteBewertungsverfahren (oder Höchstpunktzahlverfahren), Prozentbewertungsverfahren und Scoring-Modellen. a) 100-Punkte-Bewertungsverfahren Bei diesem Bewertungssystem, das auch unter dem Begriff Höchstpunktzahlverfahren bekannt ist, beträgt die maximal erreichbare Punktzahl 100. Diese wird entsprechend der Bedeutung der Anforderungskriterien für das zu beliefernde Unternehmen auf die einzelnen Kriterien verteilt [vgl. Hartmann, 1988c, S. 145]. Die Leistungsfähigkeit der Lieferanten wird anschließend mittels einer Bewertungsmatrix beurteilt und zur Gesamtpunktzahl addiert (vgl. Tabelle 3–9). Ausgewählt wird der Lieferant mit der höchsten Gesamtpunktzahl, im Beispiel also Lieferant 2.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

Zielkriterien

119

Punkte Lieferant 1

max.

Punkte Lieferant 2

Mengenleistung

5

5

4

3

2

1

5

4

3

2

1

Qualitätsleistung

25

25

20

15

10

5

25

20

15

10

5

Logistikleistung

20

20

16

12

8

4

20

16

12

8

4

Entgeltleistung

15

15

12

9

6

3

15

12

9

6

3

Serviceleistung

10

10

8

6

4

2

10

8

6

4

2

IuK-Leistung

10

10

8

6

4

2

10

8

6

4

2

Innovationsleistung

10

10

8

6

4

2

10

8

6

4

2

Umweltleistung

5

5

4

3

2

1

5

4

3

2

1

Summe

100

72

75

Tabelle 3–9: 100-Punkte-Bewertungssystem

Aus dieser Gesamtpunktzahl lassen sich neben dem besten Lieferanten zusätzlich Handlungsanweisungen für die zukünftige Behandlung der Lieferanten ableiten [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 87]. In Abhängigkeit von der erreichten Punktzahl gilt: •

90 < Punktzahl  100: Die Anforderungen werden sehr gut erfüllt, ausgezeichneter Lieferant. Lieferanteil sollte ausgeweitet werden.



80 < Punktzahl  90: Die Anforderungen werden gut erfüllt, bevorzugter Lieferant. Lieferanteil stabilisieren, eventuell ausweiten. Lieferantenentwicklung ist nur bei strategisch wichtigen Lieferanten erforderlich.



70 < Punktzahl  80: Die Anforderungen werden teilweise erfüllt, geeigneter Lieferant. Lieferantenentwicklung ist einzuleiten, der Lieferanteil mittelfristig zu reduzieren.



50 < Punktzahl  70: Die Anforderungen werden mangelhaft erfüllt. Eine Lieferantenentwicklung ist kurzfristig einzuleiten, der Lieferanteil zu reduzieren, eine Substitution ist vorzubereiten.



0 < Punktzahl  50: Die Anforderungen werden nicht erfüllt. Lieferanteil ist kurzfristig zu reduzieren, eine Substitution einzuleiten.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, für jede Bewertungsrubrik eine Mindestpunktzahl im Sinne eines K.O.-Kriteriums zu fordern, um die Lieferantenbeziehung aufrecht zu erhalten; andernfalls erfolgt eine Trennung vom Lieferanten. b) Prozentbewertungsverfahren Prozentbewertungsverfahren verfolgen einen dem 100-Punkte-Bewertungsverfahren sehr ähnlichen Ansatz: Für die einzelnen Anforderungskriterien werden jeweils prozentuale Erfüllungsgrade berechnet und diese mit den vorher festgelegten Gewichtungsfaktoren multipliziert; die Summe der Gewichtungsfaktoren muss 100 ergeben. Soweit es sich um

120

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

quantifizierbare Selektionskriterien handelt, wird der Erfüllungsgrad in Form von Kennzahlen ermittelt. Ansonsten ist dieser durch subjektive Einschätzungen zu bestimmen, indem der erreichte Punktwert durch den maximal erreichbaren dividiert wird [vgl. Hartmann/ Pahl/Spohrer, 1997, S. 80ff.]. Die erreichbare Gesamtpunktzahl beträgt 100. Der Lieferant mit der höchsten erreichten Punktzahl wird ausgewählt. Alle beim 100-PunkteBewertungsverfahren genannten Handlungsanweisungen lassen sich auch für das Prozentbewertungsverfahren ableiten. Nachteilig an 100-Punkte-Bewertungsverfahren und Prozentbewertungsverfahren ist vor allem die mangelnde Repräsentationsmöglichkeit. c) Scoring-Modell Das Scoring-Modell kann als qualifiziertes Notensystem mit zusätzlicher Berücksichtigung einer Kriteriengewichtung angesehen werden. Es basiert auf Teilbeurteilungen für diese Kriterien, den sogenannten scores [vgl. Stark, 1979, S. 58]. Die Anforderungskriterien werden zunächst entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet; den höchsten Gewichtungsfaktor erhält das wichtigste, den niedrigsten Gewichtungsfaktor das unbedeutendste Kriterium. Anschließend werden die Lieferanten anhand der Kriterien in Hinblick auf den Erfüllungsgrad mit einem Punktwert, einer Note oder einem Prozentsatz bewertet, wobei die beste Bewertung der Höchstzahl entspricht. Durch Addition der Produkte aus Bewertungsziffer und Gewichtungsfaktor bestimmt man den Gesamtwert für jeden Lieferanten, den sogenannten Scoring-Index. Der Lieferant mit dem höchsten Scoring-Index gilt als der beste Lieferant [vgl. Hammann/Lohberg, 1986, S. 153]. In Tabelle 3–10 wird das Scoring-Modell beispielhaft auf zwei Lieferanten angewendet, die anhand von acht Hauptkriterien bewertet werden, die sich aus 30 Subkriterien zusammensetzen. Maximal sind 15 Punkte erreichbar. Für den Lieferanten 1 errechnet sich ein Scoring-Index von 11,953 und für den Lieferanten 2 einen Scoring-Index von 10,795. Lieferant 1 wird somit besser beurteilt als Lieferant 2. In der Literatur sind unterschiedliche Variationen des Scoring-Modells anzutreffen. Nachfolgend werden die Modelle von THOMPSON (1990), KEPNER/TREGOE (1970) und HOLTGREWE (1981) in ihrer Idee kurz vorgestellt.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

Hauptkriterien Subkriterien

1. Mengenleistung

121

Gewicht

Lieferant 1 Punkt- Punktzahl zahl gewichtet

5%

1.1 Mindestliefermenge 1.2 Mengenflexibilität 1.3 Mengenkonstanz 1.4 hohe Menge Gewichteter Teilpunktwert

25 % 25 % 25 % 25 %

10 10 10 14 11

30% 30% 30% 10%

15% 15% 20% 20% 5% 10% 15%

40% 30% 15% 15%

1,910

8 14 9 10 12,25

11 13 5 6 9,95

1,838 30% 20% 20% 30%

1,493

14 14 12 15 13,9

10 7 8 8 8,4

1,390

0,840

10% 70% 30%

15 10 13,5

11 11 11

1,350

1,100

10% 50% 25% 25%

10 13 12 11,25

13 14 15 13,75

1,125

1,375

5%

8.1 Umweltverträglichkeit 8.2 Recyclingbereitschaft Gewichteter Teilpunktwert

60% 40%

4 4 4,00

15 14 14,6

0,200

Gewichteter Punktwert Summe

6 11 9 11 11 5 13 9,55

10%

7.1 Technologische Kompetenz 7.2 Entwicklungspotential 7.3 F&E-Kapazitäten Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 8. Umweltleistung

13 14 9 15 14 9 7 11,5

2,300

6.1 Kommunikationsbereitschaft 6.2 Know-how-Transfer Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 7. Innovationsleistung

2,850

15%

5.1 Objektgarantie 5.2 Nachkaufsicherheit 5.3 Kulanzverhalten 5.4 Kundendienst Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 6. Informationsleistung

14 8 11 15 11,4

3,200

4.1 Angebotspreis 4.2 Konditionengestaltung 4.3 Kostenanalyse 4.4 Kostenreduktionsaktivitäten Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 5. Serviceleistung

12 14 13 11 12,8

20%

3.1 Lieferzuverlässigkeit 3.2 Liefertreue 3.3 Lieferortflexibilität 3.4 Terminzuverlässigkeit 3.5 kurze Lieferzeiten 3.6 Entfernung zum Abnehmer 3.7 Verpackung Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 4. Entgeltleistung

0,4875

25%

2.1 Erfahrung des Lieferanten 2.2 Leistungskonstanz 2.3 Produktqualität 2.4 Mitarbeiter-Qualifikation Gewichteter Teilpunktwert

Gewichteter Punktwert 3. Logistikleistung

11 11 11 6 9,75

0,550

Gewichteter Punktwert

2. Qualität

Lieferant 2 Punkt- Punktzahl zahl gewichtet

100%

11,953

Tabelle 3–10: Scoring-Modell

0,730 10,795

122

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

THOMPSON (1990, S. 13ff.) erweitert das Scoring-Modell in seiner Vendor Profile Analysis um den Faktor Unsicherheit. Unter Einbeziehung der Monte-Carlo-Simulation lässt sich der im Rahmen der Punktwertfestlegung auftretende Unsicherheitsgrad in die Bewertung integrieren. Hierzu werden Bandbreiten festgelegt, innerhalb derer sich die Merkmalsausprägungen voraussichtlich bewegen werden. Aufgrund der komplexen Vorgehensweise soll auf eine ausführliche Beschreibung an dieser Stelle jedoch verzichtet werden [vgl. hierzu Thompson, 1990, S. 13ff.]. Die Lieferantenbewertung nach KEPNER/TREGOE (1970) stellt ebenfalls eine Abwandlung des Scoring-Modells dar. Nach Festlegung und Gewichtung der für die Bewertung relevanten Entscheidungskriterien wird ermittelt, in welchem Umfang die Kriterien bei den Lieferanten ausgeprägt sind. Der erzielte Scoring-Index als Summe der Produkte aus Gewicht und Bewertungspunktzahl ist jedoch nur kurzfristiger Art: Im Anschluss werden die nachteiligen Folgen dieser (vorläufigen) Entscheidung abgeschätzt und die Rangfolge dadurch neu gebildet [vgl. Harting, 1994, S. 30]. Das Verfahren von HOLTGREWE (1981) wiederum ist eine Modifikation des Modells von KEPNER/TREGOE (1970): Während bei letztgenanntem Modell die absoluten Ausprägungsgrade der Entscheidungskriterien zur Lieferantenauswahl herangezogen wurden, nutzt HOLTGREWE den maximalen Ausprägungsunterschied Δ zwischen der besten und der schlechtesten Alternative zur Berechnung der relativen Ausprägungsgrade. Dazu wird auf einer Skala von 0 bis Δ die Differenz aus dem maximalen absoluten Ausprägungsgrad und dem absoluten Ausprägungsgrad des Lieferanten von Δ subtrahiert und abgetragen. Anschließend werden diese Einzelwerte auf eine Skala von 1 bis 10 transformiert, wobei der erzielte Wert den relativen Ausprägungsgrad des Kriteriums darstellt. Zum Schluss werden die Entscheidungskriterien nach der Bedeutung der Ausprägungsunterschiede neu gewichtet [vgl. ausführlich Harting, 1994, S. 30f.]. Nachteile bei allen vorgestellten Scoring-Modellen sind neben einer hohen Subjektivität vor allem fehlende Möglichkeiten der Klassifikation und Repräsentation.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

123

3.5.2.1.3 Matrix-Approach Der Matrix-Approach [vgl. Gregory, 1986, S. 25ff.] ist ein Bewertungsverfahren, das dem Scoring-Modell und dem 100-Punkte-Bewertungssystem ähnlich ist. Die Besonderheit bei diesem Verfahren besteht darin, dass mehrere Entscheidungsträger einbezogen werden, um subjektive Einflüsse weitgehend abbauen zu können. Zu diesem Zweck wird ein material team gebildet, dem Mitarbeiter aus den Fachbereichen Produktion, Konstruktion, Qualitätssicherung und Beschaffung angehören sollten. Indem mehrere Bereiche gleichberechtigt an der Entscheidungsfindung mitwirken, lassen sich einseitige Entscheidungen verhindern [vgl. Hapke, 1989, S. 98]. Idealtypisch ergibt sich beim Matrix Approach folgende Vorgehensweise [vgl. Gregory, 1986, S. 25ff.]: Zunächst werden fünf Hauptkriteriengruppen gebildet (Proposal Responsiveness, Technical, Quality/Reliability, Cost und General). Zu diesen Gruppen werden Subkriterien und (analog zum 100-Punkte-Bewertungssystem) entsprechend ihrer Bedeutung maximal erreichbare Punktwerte bestimmt. Die Bewertung des Lieferanten erfolgt anhand dieser Subkriterien, deren Ausprägungen addiert, durch das Gesamtgewicht der Hauptkategorie dividiert und mit 100 multipliziert werden.89 Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse der Hauptbewertungskategorien einer weiteren Gewichtung unterzogen: In Abhängigkeit von der Entscheidungssituation und den damit verbundenen Anforderungen ermöglicht diese zweite Gewichtung eine eher produktionsorientierte oder eher kostenorientierte Sichtweise bei der Entscheidungsfindung. Der Gesamtscore wird nach dem aus dem Scoring-Modell bekannten Schema ermittelt. Abschließend werden sogenannte Judgement Points in Form von Zu- und Abschlägen mit dem Gesamtergebnis verrechnet. Diese beinhalten weitestgehend selbsterklärend Aspekte wie die Größe des Lieferanten (vgl. Tabelle 3–11). Ausgewählt wird der Lieferant mit der höchsten Gesamtpunktzahl. Im Beispiel in Tabelle 3–11 besteht das Hauptkriterium Proposal Responsiveness aus drei Subkriterien, die alle mit fünf erreichbaren Punkten gleich stark gewichtet sind: Maximal kann ein Lieferant daher die Gesamtpunktzahl 15 in dieser Gruppe erreichen. Der Weighted Total-Punktwert (WT) gibt an, wie viel Prozent der erreichbaren Punkte der Lieferant erzielt hat. Dazu wird die erreichte Punktzahl der Hauptkriteriengruppe durch die mögliche Gesamtpunktzahl dividiert; Lieferant A erreicht beispielsweise 84 % der Punkte im Hauptkriterium Cost.

89

In Einzelfällen ist eine lieferantenspezifische Bewertung einzelner Unterkriterien, z. B. aufgrund diesbezüglich fehlender Erfahrungen mit dem Lieferanten unmöglich. Ist dies der Fall, wird die entsprechende Gewichtung im Gesamtgewicht der Hauptkategorie nicht berücksichtigt (vgl. Tabelle 3–11, Hauptkategorie „Quality/Reliability“). Vgl. hierzu GREGORY (1986, S. 26).

124

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Evaluation Factors

WT

Supplier A

Supplier B

5 5 5 (15)

3 4 5 12Á100/15 = 80

2 4 1 7Á100/15 = 46

10 5 5 5 (25)

8 4 5 4 21Á100/25 = 84

9 3 2 2 16Á100/25 = 64

5 10 3 7 (25)

5 2 6 13Á100/25 = 52

5 8 1 7 21Á100/25 = 84

3 2 3 2 4 7 4 (25)

2 2 3 1 4 6 3 21Á100/25 = 84

0 2 2 1 3 4 3 15Á100/25 = 60

4 1 2 2 1 (10)

3 1 2 2 1 9Á100/10 = 90

2 1 2 2 1 8Á100/10 = 80

2 3 5 4 1 (15)

Á80 = 160 Á84 = 252 Á52 = 260 Á84 = 336 Á90 = 90 Σ 1098

2Á46 = 92 3Á64 = 192 5Á84 = 420 4Á60 = 240 1Á80 = 80 Σ 1024

1098/15 = 73,2

1024/15 = 68

-

4 -

Σ 73,2

Σ 72,0

I. Proposal Responsiveness A. Problem Understanding B. Terms and Conditions C. Timeliness D. Weighted Total II. Technical A. Design Approach B. Related Experience C. Production Risk D. ST/STE Approach E. Weighted Total III. Quality / Reliability A. MIL. Experience B. Performance History C. Data D. Survey Score E. Weighted Total IV. Cost A. Development B. Qualification C. ST/STE D. Recurring Eng. E. LAT/IAT F. Unit Price G. Price Curve H. Weighted Total V. General A. Past Delivery History B. Mgt. Organization C. Personnel Qualifications D. Facilities E. Payment Provisions F. Weighted Total VI. Summary A. Proposal Responsiveness B. Technical C. Quality-Reliability D. Cost E. General F. Weighted Total G. Composite Score Judgement Points A. Small/Minority Business B. -----------------------------

0-4 0-3

Tabelle 3–11: Matrix-Approach (Quelle: in Anlehnung an Gregory, 1986, S. 26)

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

125

In Schritt VI (Summary) werden die Hauptkriteriengruppen erneut gewichtet, mit den Weighted Total-Punktwerten multipliziert und abschließend addiert. Im Beispiel würde Lieferant A ausgewählt werden, der mit 73,2 (gegenüber 72,0) das etwas bessere Gesamtergebnis erreicht. Beim Matrix Approach muss jeder Beschaffungsfall einer separaten Beurteilung unterzogen werden. Aufgrund der fehlenden Formalisierung erweist sich der Bewertungsprozess daher als sehr aufwendig [vgl. Glantschnig, 1994, S. 47], zudem ist keine Repräsentationsmöglichkeit der Lieferanten gegeben.

3.5.2.1.4 Nutzwertanalyse Die Nutzwertanalyse geht im deutschsprachigen Raum auf ZANGEMEISTER (1976) zurück und ist „die Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit den Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems zu ordnen. Die Abbildung dieser Ordnung erfolgt durch die Angabe der Nutzenwerte (Gesamtwerte) der Alternativen“ [ZANGEMEISTER, 1976, S. 45]. Damit ist die Nutzwertanalyse auch zur Bewertung von Lieferanten geeignet, indem die Anbieter in ihrer Gesamtheit nach ihrem jeweiligen Beitrag zur Erreichung der Beschaffungsziele beurteilt werden [vgl. Hagedorn, 1975, S. 38]. Der allgemeine Ablauf 90 einer Nutzwertanalyse lässt sich wie folgt zusammenfassen [vgl. Dennstedt, 1978, S. 77ff.]: 1. Im ersten Schritt werden entsprechend der Zielsetzung der Lieferantenbewertung die Entscheidungskriterien festgelegt, anhand derer die Lieferanten beurteilt werden sollen. Wegen der größeren Aussagefähigkeit sollten kardinale Kriterien bevorzugt werden. 2. Im Anschluss daran erfolgt eine Gewichtung der Entscheidungskriterien danach, wie groß ihr Beitrag zur Erreichung des verfolgten Zieles ist. 3. Im dritten Schritt werden die objektiven Ausprägungen der Entscheidungskriterien der Lieferanten als Ist-Werte erfasst und den vom Bewerter erwünschten Soll-Werten gegenübergestellt (Zielertragsmatrix). 4. Um die Einzelbeurteilungen in einem späteren Schritt zu einem Gesamturteil aggregieren zu können, müssen sie zunächst in eine einheitliche Dimension gebracht werden (Zielwertematrix).

90

Zur ausführlichen Beschreibung der Nutzwertanalyse im Rahmen der Lieferantenbewertung vgl. HARTING (1994, S. 23ff.), ein Praxisbeispiel ist DANOWSKI/DIEDERICHS (2000, S. 366ff.) zu entnehmen.

126

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Dazu wird für jedes Entscheidungskriterium eine mathematische Funktion zwischengeschaltet, die die Bewertungsergebnisse in Zielwerte überführt. Diese Transformationsformel muss folgenden Ansprüchen genügen [vgl. Harting, 1994, S. 28]: Wird der Soll-Wert in positiver (negativer) Weise über- oder unterschritten, so wird der Zielwert größer (kleiner) als 1,0; die Abweichung des Zielwertes vom Wert 1,0 ist proportional der Abweichung des Ist-Wertes vom Soll-Wert. Ergebnis ist eine subjektive Präferenzstruktur, bei der am ermittelten Zielwert unmittelbar der Erfüllungsgrad des jeweiligen Kriteriums deutlich wird. 5. Durch Multiplikation der Zielwerte mit den dazugehörigen Gewichten erhält man Teilnutzenwerte, deren Summe den Gesamtnutzen des Lieferanten für den Bewerter abbildet. 6. Der Lieferant, der den höchsten Gesamtnutzenwert erzielt, gilt als der optimale Lieferant und sollte ausgewählt werden. Tabelle 3–12 zeigt an einem Beispiel die Anwendung der Nutzwertanalyse zur Lieferantenbewertung [vgl. Harting, 1994, S. 27]. Die beiden Lieferanten (L1 und L2) werden anhand der Kriterien aus Spalte (a) bewertet, welche in Spalte (b) kardinal operationalisiert werden. Spalte (c) gibt die Gewichte der Kriterien an, Spalte (d) die vorgegebenen SollWerte. Die tatsächlichen Werte (Ist-Werte) der beiden Lieferanten finden sich in Spalte (e), die mittels der Transformationsformel aus Spalte (f) transformiert werden. Diese Regel kombiniert Soll- und Ist-Werte nach bestimmten Vorschriften. Durch Anwendung dieser Formel lässt sich der Zielwert aus Spalte (g) errechnen, der mit den Gewichten aus Spalte (c) multipliziert wird und damit den gewichteten Zielwert aus Spalte (h) ergibt. Die Summe der gewichteten Zielwerte stellt den Gesamtnutzwert dar, von denen Lieferant 2 mit 90,75 (gegenüber 87,75) den besseren erreicht und somit ausgewählt werden sollte. Rigide Modellannahmen (Transformationsregel) und eine komplizierte Anwendung setzen der Nutzwertanalyse Grenzen. Vor allem die starke Berücksichtigung subjektiver Momente erschwert eine objektive Lieferantenbewertung [vgl. Harting, 1994, S. 29]. Zudem ist der Bewertungsaufwand beträchtlich und eine Repräsentation der Zulieferer erfolgt nicht.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

Tabelle 3–12: Nutzwertanalyse (Quelle: in Anlehnung an Harting, 1994, S. 27)

127

128

3.5.2.2

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Verbale Verfahren

Zu den verbalen Verfahren, deren Bewertung schwerpunktmäßig durch die Beschreibung der Lieferanten erfolgt, zählen Checklistenverfahren, Portfolio-Analyse und die Lieferantentypologien.

3.5.2.2.1 Checklistenverfahren Das Checklistenverfahren fasst alle für die vorliegende Entscheidungssituation relevanten Bewertungskriterien in einer Liste91 zusammen. Für messbare Faktoren werden in der Regel Fragestellungen verwendet, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind [vgl. Backhaus, 1999, S. 696]. Nichtmessbare Faktoren können mittels verbal differenzierter Urteile unterschiedlichen Bewertungsklassen zugeordnet werden [vgl. Harting, 1994, S. 72]. Die Bewertungskriterien selbst werden in K.O.-Kriterien und erlässliche Merkmale unterteilt. Ausgewählt wird derjenige Lieferant, der alle K.O.-Kriterien und die meisten erlässlichen erfüllt [vgl. Westermann, 1989, S. 50]. Die Checklisten können an die verschiedenen Entscheidungssituationen angepasst werden und bieten die Möglichkeit, alle wichtigen Fragestellungen einzubeziehen und somit Schwächen und Stärken des Lieferanten zu erkennen [vgl. Harrmann, 1990, S. 30]. Zudem dienen Checklisten als Grundlage für Profilanalyse92 und Punktbewertungsverfahren93. In einer Erweiterung des Verfahrens wird die Leistungsfähigkeit mehrerer Lieferanten direkt miteinander verglichen [vgl. Hartmann/Pahl/Spohrer, 1997, S. 37]. Ein Zulieferer dient dabei als Referenzlieferant, dem der zweite Zulieferer gegenübergestellt wird. Da diese Erweiterung allerdings mit Gewichten und Punktwerten arbeitet, ist jene Vorgehensweise den ScoringModellen94 zuzuordnen. Nachteilig an Checklistenverfahren ist, dass alle erlässlichen Merkmale als gleichwertig angesehen und die unterschiedlichen Merkmalsausprägungen der einzelnen Lieferanten nicht berücksichtigt werden [vgl. Westermann, 1989, S. 50]. Klassifikation, Repräsentation und eine Verdichtung der Daten zu aussagefähigen Kennzahlen erfolgen nicht.

3.5.2.2.2 Portfolio-Analyse Die Portfolio-Analyse wurde ursprünglich in der Finanztheorie zur optimalen Zusammenstellung von Finanzanlagen entwickelt [vgl. Markowitz, 1959]. Heute findet sie in Finanzwirtschaft, Controlling, Marketing, Logistik und anderen Bereichen Anwendung. 91

92 93 94

Beispiele für Checklisten sind folgenden Quellen zu entnehmen: DEMARCHI (1974, S. 115), HARTING (1994, S. 71ff.) sowie MEINECKE (1983, S. 23ff.). Zur Beschreibung der Profilanalyse vgl. Kapitel 3.5.2.3.1. Punktbewertungsverfahren werden in Kapitel 3.5.2.1.2 vorgestellt. Zum Scoring-Modell als spezielles Punktbewertungsverfahren vgl. Kapitel 3.5.2.1.2 c).

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

129

Ziel der Portfolio-Analyse im Rahmen der Lieferantenbewertung ist zum einen die Erfassung der vom Beschaffungsmarkt ausgehenden Bedrohungspotentiale und zum anderen die Offenlegung der sich auf dem Markt bietenden strategischen Chancen. Es sollen in Abhängigkeit von der Markt- und Unternehmenssituation Strategien entwickelt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden [vgl. Heege, 1987, S. 10]. Die Zusammenstellung eines Lieferantenbündels im sogenannten Lieferanten-Portfolio soll die anfallenden Kosten minimieren, die benötigten Bedarfe decken sowie das vorgegebene Beschaffungsbudget einhalten [vgl. Mai, 1982, S. 147ff.]. Die graphische Darstellung der Ergebnisse der Bewertung erfolgt in der Portfolio-Matrix. In dieser zweidimensionalen Matrix sind auf der Abszisse unternehmensbezogene und auf der Ordinate umfeldbezogene (d.h. beschaffungsmarktbezogene) Merkmalsausprägungen abgebildet, die durch Punktbewertungsverfahren95 gemessen werden können. Die beiden auch als Schlüsselfaktoren bezeichneten Merkmalstypen [vgl. Harting, 1994, S. 37] können differieren und führen so zu unterschiedlichen Formen der Portfolio-Darstellung. Aus der Position des Bewertungsobjektes in der Portfolio-Matrix werden Norm- oder Standardstrategien abgeleitet, die grobe Handlungsempfehlungen und Verhaltensregeln darstellen. Bereits an dieser Stelle sei auf den Hauptnachteil hingewiesen, dass durch die Portfoliotechnik eine Lieferantenbewertung nur im Sinne einer Klassifikation unterstützt wird, eine Auswahlentscheidung jedoch nicht angegeben werden kann. Portfolio-Ansätze sind daher in erster Linie für die Lieferantenverhandlung, das Lieferantencontrolling und die Steuerung der Lieferantenbeziehung zu verwenden. Im Folgenden werden die wichtigsten beschaffungsorientierten Portfolio-Konzepte vorgestellt, weitere Ansätze beschreiben ausführlich HARTING (1994, S. 44ff.), HUBMANN/BARTH (1990, S. 26ff.), LINDNER (1983, S. 202ff.), MAI (1982, S. 147ff.), MENZE (1993, S. 293f.) und PIONTEK (1999, S. 114ff.). a) Marktmacht-Portfolio Das Marktmacht-Portfolio, häufig auch unter dem Begriff Einkaufs-Portfolio beschrieben, betrachtet das Kräfteverhältnis zwischen dem Abnehmer und den Lieferanten [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 316]. Dazu werden die Marktmacht des Abnehmers und der Lieferanten beispielsweise anhand der in Anhang A-10 und A-11 beschriebenen Einflussfaktoren bestimmt und im Portfolio gegenübergestellt (vgl. Abbildung 3–4).

95

Zur Beschreibung der Punktbewertungsverfahren vgl. Kapitel 3.5.2.1.2.

130

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Marktmacht des Abnehmers

hoch niedrig

Marktmacht des Lieferanten

niedrig

A Emanzipationsstrategie Diversifikationsstrategie

hoch

B Geschäftsfreundestrategie

C

D

Anpassungs- und Selektionsstrategie

Chancenrealisierungsstrategie Abschöpfungsstrategie

Abbildung 3–4: Marktmacht-Portfolio (Quelle: in Anlehnung an Harting, 1994, S. 40)

Den entstandenen vier Feldern des Portfolios (Feld A bis D) lassen sich unterschiedliche strategische Stoßrichtungen zuordnen [vgl. Harting, 1994, S. 38f.]: Die dem Feld A des Portfolios zuzuordnenden Lieferanten weisen eine hohe Marktmacht gegenüber dem Abnehmer auf. Die gleichzeitig niedrige Marktmacht des Abnehmers fordert die aktive Verfolgung einer Emanzipationsstrategie beziehungsweise einer Diversifikationsstrategie [vgl. auch Schulte, 1996, S. 371]. Hierbei soll der Abnehmer durch geeignete Maßnahmen versuchen, seine eigene Position gegenüber dem Lieferanten zu stärken und die Abhängigkeiten von ihm zu senken, um nicht auf dessen Preise, Konditionen und sonstige Zwänge angewiesen zu sein. Gelingt dies nicht, ist eine Trennung von diesem Lieferanten anzudenken und nach Substitutionsmöglichkeiten (Eigenfertigung oder neuer Lieferant) zu suchen. Im Feld B der Matrix treffen zwei gleichwertige Marktpartner aufeinander. Abnehmer und Lieferant sind gleichermaßen voneinander abhängig und wollen weiterhin als Geschäftspartner agieren, so dass sich die Geschäftsfreundestrategie empfiehlt. Zwischen beiden Seiten sollte es durch einen intensiven Informationsaustausch zum Aufbau einer Vertrauensbasis mit dem Ziel der partnerschaftlichen Zusammenarbeit kommen. Beide Parteien müssen die Wirkung ihrer absatz- bzw. beschaffungspolitischen Instrumente auf die resultierenden Marktreaktionen des Partners detailliert berücksichtigen. Im Feld C der Matrix finden sich schwache Lieferanten und ein schwacher Abnehmer. Da sich der Abnehmer den jeweiligen Marktverhältnissen anpassen muss, kann er nur die Anpassungs- und Selektionsstrategie verfolgen, indem er aus den potentiellen Lieferanten den günstigsten auswählt. Im Feld D der Matrix stehen dem marktmächtigen Abnehmer mehrere schwache Lieferanten gegenüber. Der Abnehmer kann seine Macht ausüben, indem er versucht, Preise, Konditionen und Vertragsbedingungen zu seinem Vorteil zu beeinflussen. Diese als Chancenrealisierungsoder Abschöpfungsstrategie bezeichnete, tendenziell aggressive Stoßrichtung zielt darauf ab, die Lieferanten zu Wettbewerb sowie Leistungs- und Qualitätssteigerungen anzuregen.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

131

b) Versorgungsstörungen-Anfälligkeits-Portfolio Im Versorgungsstörungen-Anfälligkeits-Portfolio (vgl. Abbildung 3–5) werden die Faktoren „Anfälligkeit des Unternehmens gegenüber internen Versorgungsstörungen“ und „Gefahr marktbedingter Versorgungsstörungen“ in einer Matrix gegenübergestellt. Da in diesem Portfolio ausschließlich Beschaffungsrisiken betrachtet werden, wird es auch als RisikoPortfolio in der Beschaffung bezeichnet [vgl. Glantschnig, 1994, S. 38]. Anfälligkeit gegenüber internen Versorgungsstörungen hoch

A Investitionsstrategie

hoch

C Selektive Strategie

niedrig

Gefahr marktbedingter Störungen

niedrig

B

D

Abschöpfungsstrategie

Selektive Strategie

Abbildung 3–5: Versorgungsstörungen-Anfälligkeits-Portfolio (Quelle: in Anlehnung an Harting, 1994, S. 42)

Auch hier lassen sich den vier Feldern (A bis D) Standardstrategien zuordnen [vgl. Heege, 1987, S. 68]: Im Feld A der Matrix ist die Situation durch eine hohe Gefahr und Anfälligkeit für Versorgungsstörungen gekennzeichnet. Für die Zukunft wird deshalb eine Investitionsstrategie empfohlen, um langfristig Versorgungssicherheit schaffen zu können. Mit einer Make-or-Buy-Analyse kann beispielsweise festgestellt werden, ob der Abnehmer durch Investitionen zukünftig auf Eigenfertigung wechseln soll oder ob die Lieferanten durch langfristige Zulieferverträge an ihn gebunden werden sollen [vgl. auch Harting, 1994, S. 42]. Für das Feld B des Portfolios wird die Abschöpfungsstrategie vorgeschlagen, da wegen der geringen Gefahr und Anfälligkeit gegenüber Versorgungsstörungen die Einkaufsmacht voll ausgenutzt werden kann. Die Strategie für Felder C und D des Portfolios muss individuell abgewogen werden. Die Überlegung, ob eher die Investitions- oder die Abschöpfungsstrategie verfolgt werden soll, hängt in erster Linie von dem Zielkonflikt „Versorgungssicherheit gegen niedrige Beschaffungskosten“ ab. c) Beschaffungsgüter-Portfolio Durch Erweiterung und Abwandlung des Versorgungsstörungen-Anfälligkeits-Portfolios entsteht das Beschaffungsgüter-Portfolio (Versorgungsrisiko-ABC-Portfolio), welches das Risiko der Marktbereitstellung mit den Ergebnissen einer beschaffungsobjekt-bezogenen

132

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

ABC-Analyse96 kombiniert. Das Versorgungsrisiko beinhaltet dabei neben internen betrieblichen Risiken auch externe marktbedingte Anfälligkeiten der Versorgungssicherheit, wie beispielsweise Umweltrisiken oder Konkurrenz [vgl. Heege, 1987, S. 82]. ABC-Ausprägung

hoch niedrig

Versorgungsrisiko

A-Artikel

C-Artikel

A

B

Strategische Produkte (Key-products)

Engpassprodukte (Bottleneck-products)

C

D

Hebelprodukte (Leverage-products)

Unkritische Produkte (Non-critical-products)

Abbildung 3–6: Beschaffungsgüter-Portfolio (Quelle: in Anlehnung an Harting, 1994, S. 43)

Für die Beschaffungsobjekte und die abzuleitenden Strategien ergibt sich folgende Einteilung (Feld A bis Feld D) aus Abbildung 3–6 [vgl. Arnolds/Heege/Tussing, 2001, S. 320f.]: Im Feld A des Portfolios befinden sich die strategischen Produkte, die sich durch ein hohes Beschaffungsvolumen bei gleichzeitig hohem Versorgungsrisiko auszeichnen. Für diese strategisch bedeutsamen Materialien werden die in Abbildung 3–7 dargelegten Standardstrategien97 empfohlen, welche eine wirtschaftliche Sicherung der Versorgung zum Ziel haben, die durch partnerschaftliche Verhältnisse zu den Lieferanten erreicht werden soll. Engpassprodukte in Feld B gelten wie strategische Produkte aufgrund ihres erhöhten Versorgungsrisikos als kritisch. Die Standardstrategien (vgl. Abbildung 3–7) zielen deshalb vor allem darauf ab, dieses Risiko zu verringern. Anders als bei den A-Artikeln wird wegen der relativ geringen Wertigkeit der Produkte die Möglichkeit genutzt, das Versorgungsrisiko durch eine erhöhte Bestandshaltung zu reduzieren, auch wenn dies erhöhte Beschaffungskosten zur Folge hat. Feld C der Matrix beinhaltet als Hebelprodukte A-Artikel, die durch ein niedriges Versorgungsrisiko gekennzeichnet sind und deshalb einen wesentlichen Beitrag zum Betriebsergebnis leisten können. Bei diesen Produkten sollte die Abschöpfungsstrategie verfolgt werden, indem durch Ausnutzen der Einkaufsmacht und aggressives Auftreten auf den Beschaffungsmärkten gezielte Preis- und Verhandlungsstrategien verfolgt werden (vgl. Abbildung 3–7). Durch Vermeidung von Kosten aus Bestandshaltungen wird das Betriebsergebnis zusätzlich verbessert.

96 97

Zur ABC-Analyse für Beschaffungsobjekte vgl. Kapitel 2.2.1. Die Inhalte der Strategien sind stichpunktartig, jedoch selbsterklärend in den Matrixfeldern der Abbildung 3– 7 erläutert und werden deshalb an dieser Stelle nicht näher diskutiert.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

133

Unkritische Produkte in Feld D des Portfolios haben weder eine hohe Wertigkeit, noch ist ihre Beschaffung mit Risiken verbunden. Der Abnehmer sollte durch eine effiziente Beschaffungsabwicklung den Analyse- und Kontrollaufwand bei Lieferanten dieser Produkte weitgehend minimieren. Standardstrategien des Beschaffungsgüter-Portfolios

Vorgehensweise zur Versorgungsrisikominderung

A - Strategische Produkte

B- Engpassprodukte

-

Aufbau langfristiger Zusammenarbeit mit Lieferanten

-

Sicherstellung der Versorgung über längerfristige Lieferverträge

-

langfristige Beschaffungspläne

-

-

intensive Make-or-Buy-Analyse

-

Förderung der aktiven Beschaffungsmarktforschung

keine kurzfristigen Lieferantenwechsel und Konzentration auf relativ sichere Lieferanten

u. a.

-

Förderung neuer Lieferanten

-

-

Lieferantenzuverlässigkeit überwachen

-

Bestände zur Risikovermeidung halten

-

u. a.

C - Hebelprodukte

D - Unkritische Produkte

-

Abschöpfungsstrategie

-

-

Aggressives Auftreten auf den Beschaffungsmärkten

Übergang von Eigenfertigung zur Fremdfertigung

-

Produktstandardisierung

-

intensive Suche nach neuen leistungsstarken Lieferanten

-

effiziente Bearbeitung

-

Bestandsoptimierung

-

u. a.

-

Qualitätssicherung beim Lieferanten

-

u. a.

Abbildung 3–7: Standardstrategien des Beschaffungsgüter-Portfolio (Quelle: Harting, 1994, S. 46 und Schulte, 1996, S. 363; eigene Bearbeitung)

d) Beschaffungsgüter-Lieferanten-Portfolio Zur Bildung eines Beschaffungsgüter-Lieferanten-Portfolios ist zunächst ein LieferantenPortfolio zu erstellen, das die Lieferanten für jede Materialgruppe entsprechend ihrer strategischen Bedeutung für den Abnehmer als strategische, Engpass-, Hebel- oder unkritische Lieferanten klassifiziert (vgl. Abbildung 3–8). Dazu werden die Zulieferer in einer Matrix positioniert, die den Lieferanteil und die Marktbedeutung des Lieferanten gegenüberstellt [vgl. Schulte, 1996, S. 365]. Die Kombination dieses Lieferanten-Portfolios (vgl. Abbildung 3–8) mit dem bereits betrachteten Beschaffungsgüter-Portfolio (vgl. Abbildung 3–6) führt zu dem in Abbildung 3– 9 dargestellten Beschaffungsgüter-Lieferanten-Portfolio, dem besondere Chancen und Risiken für den Abnehmer zu entnehmen sind [vgl. Schulte, 1996, S. 367 und Wildemann, 1996, S.1ff. sowie Wildemann, 1999a, S. 442].

134

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

niedrig

hoch

Strategische Lieferanten

Engpasslieferanten

niedrig

Marktbedeutung des Lieferanten

Lieferanteil hoch

Hebellieferant

Unkritische Lieferanten

Abbildung 3–8: Lieferanten-Portfolio

Für die Beschaffung von unkritischen Produkten oder Hebelprodukten bei unkritischen Lieferanten oder Hebellieferanten lautet die Normstrategie für die Abnehmer effizient beschaffen bzw. optimieren und ausschöpfen. Aufgrund der niedrigen Marktbedeutung der Lieferanten und des niedrigen Versorgungsrisikos mit Produkten sollte durch eine effiziente Beschaffungsabwicklung der Aufwand weitgehend minimiert werden, die vorhandene Einkaufsmacht lässt Preisstrategien zu. Eine riskante Versorgungslösung besteht, wenn der Abnehmer strategisch wichtige Produkte oder Engpassprodukte von strategischen Lieferanten oder Engpasslieferanten bezieht. Wegen der hohen Marktbedeutung und der damit verbundenen hohen Marktmacht dieser Lieferanten ist der Abnehmer in hohem Maße von den Zulieferern abhängig. Das wichtigste Ziel besteht somit darin, jedes Versorgungsrisiko zu vermeiden. Treffen strategische Produkte oder Engpassprodukte auf Hebellieferanten oder unkritische Lieferanten, wird als Normstrategie die Suche nach alternativen Produkten empfohlen. Dadurch soll die Position des beschaffenden Unternehmens selektiv verbessert werden mit dem Ziel, durch Beibehaltung der Lieferanten und Substitution der Produkte das Versorgungsrisiko zu mindern. Die Position selektiv zu verbessern bei bestehenden oder neuen Lieferanten lautet die sehr allgemeine Handlungsempfehlung für unkritische Produkte oder Hebelprodukte, die von Engpasslieferanten oder strategischen Lieferanten bezogen werden. Das Ziel besteht somit darin, sich von der Abhängigkeit von den Lieferanten zu lösen. Durch die Beschaffungsstrategie Marktpotential nutzen, dann partnerschaftliche Zusammenarbeit wird das geringe Versorgungsrisiko der Beschaffungsgüter genutzt, um zunächst in einem initiierten Wettbewerb der Lieferanten einen günstigen Einstandspreis zu erzielen. Durch die nachfolgende, kooperative Ausrichtung der Geschäftsbeziehung soll das Entwicklungspotential der Lieferanten zum Nutzen des Abnehmers erschlossen und kontrolliert werden [vgl. Wildemann, 1999b, S. 54f.].

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

135

Mit der Normstrategie Wertschöpfungspartnerschaft wird gezielt eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Abnehmer und Lieferant aufgebaut, um die Versorgungssicherheit strategischer Produkte zu erhöhen.

Beschaffungsgüter-Klassifizierung (Abbildung 3–6)

Lieferanten-Klassifizierung (Abbildung 3–8) Engpasslieferant

Strategischer Lieferant

Hebellieferant

Unkritischer Lieferant

Unkritische Produkte

Position selektiv verbessern bei bestehenden / neuen Lieferanten

Position selektiv verbessern bei bestehenden / neuen Lieferanten

effizient beschaffen, optimieren, ausschöpfen

effizient beschaffen, optimieren, ausschöpfen

HebelProdukte

Position selektiv verbessern bei bestehenden / neuen Lieferanten

Strategische Produkte

Versorgungsrisiko vermeiden

EngpassProdukte

Versorgungsrisiko vermeiden

Marktpotential nutzen, dann partnerschaftliche Zusammenarbeit Position selektiv verbessern bei bestehenden / neuen Lieferanten

effizient beschaffen, optimieren, ausschöpfen

Wertschöpfungspartnerschaft Versorgungsrisiko vermeiden

nach alternativen Produkten suchen

Versorgungsrisiko vermeiden

nach alternativen Produkten suchen

effizient beschaffen, optimieren, ausschöpfen

nach alternativen Produkten suchen nach alternativen Produkten suchen

Abbildung 3–9: Beschaffungsgüter-Lieferanten-Portfolio (Quelle: nach Schulte, 1996, S. 367)

Bei allen Portfolio-Techniken ist kritisch anzumerken, dass die Festlegung der Klassifikationsmerkmale sowie der verwendeten Kriterien subjektiv und willkürlich erfolgt. Wie bereits erwähnt, ist der einschlägigen Literatur nicht zu entnehmen, in welcher Art und Weise letztendlich die Auswahlentscheidung anhand der verschiedenen Portfolios erfolgt. Zudem erscheint die Ableitung der strategischen Position des Abnehmers (beispielsweise beim Marktmacht-Portfolio) aus nur zwei Schlüsselfaktoren problematisch [vgl. Heege, 1987, S. 95]. Schließlich sind viele Normstrategien sehr allgemein gehalten und daher im konkreten Anwendungsfall wenig hilfreich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die beschriebenen Portfolio-Analysen Lieferantenbewertungsverfahren darstellen, die hauptsächlich zur Lieferantenverhandlung, zum Lieferantencontrolling und zur Steuerung des Lieferantenbeziehung eingesetzt werden können, indem sie eine Klassifizierung der Lieferanten (beispielsweise für eine

136

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Lieferantenstrukturanalyse, vgl. Kapitel 2.3.4) unterstützen. Zur Lieferantenauswahl erscheinen sie wenig geeignet.

3.5.2.2.3 Lieferantentypologien Lieferantentypologien dienen der Aufteilung alternativer Bezugsquellen in möglichst homogene Klassen und basieren auf einer Verdichtung der relevanten Selektionskriterien. Für jede Klasse lassen sich analog zur Portfolio-Analyse Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung und den damit verbundenen Einsatz beschaffungspolitischer Instrumentarien ableiten, weshalb die Lieferantentypologien den verbalen Verfahren98 zugeordnet werden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 35f.]. Durch die Möglichkeit einer konkreten Auswahlentscheidung geht die dreidimensionale Lieferantenbewertung nach HARTING (1994, S. 51ff.) jedoch über die Portfolio-Analyse hinaus, deren Schwerpunkt wie gezeigt in der Ableitung von Normstrategien zu sehen ist. Im Rahmen der dreidimensionalen Lieferantenbewertung erfolgt eine Klassifikation der Auswahlkriterien in exogene und endogene sowie die spezielle Leistungsfähigkeit des Anbieters betreffende Einflussfaktoren. Exogene und endogene Faktoren dienen als Selektionsfilter und sollen gewährleisten, dass nur geeignete Lieferanten der eigentlichen Bewertung zugeführt werden [vgl. Harting, 1994, S. 51]. Die drei Dimensionen der Auswahl werden in einem sogenannten Lieferantenauswahl-Würfel dargestellt, dessen Seiten in Abbildung 3–10 beispielhaft aufgeklappt sind99. Die erste Dimension dient der Berücksichtigung des Umfeldes des Lieferanten. In einer Umfeldanalyse werden dazu exogene Einflussfaktoren, die das Lieferausfallrisiko bestimmen und vom Lieferanten nicht beeinflusst werden können, ermittelt und entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet. Auf einer Risikoskala wird beurteilt, inwieweit der jeweilige Einflussfaktor Risiken unterliegt. Die höchste Risikoklasse 5 trifft zu, wenn ein hoher Einfluss des jeweiligen Kriteriums auf das Versorgungsrisiko gegeben ist. Risikoklasse 1 bedeutet, dass das Kriterium keinen Einfluss auf das Versorgungsrisiko besitzt (im Beispiel hat die Religion keinerlei Einfluss). Zur Gesamtbeurteilung des Umfeldrisikos des Lieferanten als niedrig, mittel oder hoch wird die Summe der Produkte aus Gewichtungsfaktor und Risikofaktor analog einem ScoringModell gebildet. Dieser Gesamtindex wird auf der Risikoachse der Risiko-LieferfähigkeitsMatrix abgetragen (vgl. Abbildung 3–11). Im Beispiel ist der Lieferant mit einem Index von 2,75 einem mittleren Risiko ausgesetzt. 98

99

Ein Zuordnung zu den numerischen Verfahren wäre aufgrund der zugrundeliegenden Scoring-Modelle ebenfalls zu rechtfertigen. Beispiel entnommen aus HARTING (1994, S. 52f.).

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

137

Die zweite Dimension berücksichtigt endogene Einflussfaktoren, also vom Lieferanten beeinflussbare Kriterien der Lieferfähigkeit. Diese werden ebenfalls gewichtet und deren Erfüllung beurteilt. Hierbei bedeutet ein niedriger Skalenwert, dass der Lieferant den Indikator gut erfüllt. Die Summe der Produkte aus Gewichtungsfaktor und Risikofaktor wird auf der Lieferfähigkeitsachse der Risiko-Lieferfähigkeits-Matrix abgetragen. Der in Abbildung 3–10 bewertete Lieferant ist mit einem Lieferfähigkeits-Index von 2,75 nach der Skala aus Abbildung 3–11 als bedingt geeignet einzustufen. Anhand der Position des Lieferanten in der Risiko-Lieferfähigkeits-Matrix kann abgelesen werden, ob der Lieferant insgesamt unkritisch, mittelkritisch oder kritisch zu betrachten ist. Dieses Ergebnis bildet zugleich den Input in der Spalte Einflussfaktoren in der Lieferantenauswahl-Matrix (vgl. Abbildung 3–11). Der Beispiellieferant ist mit einer Positionierung im Feld 5 als mittelkritisch zu betrachten. Die dritte Dimension bildet die Bewertungsmatrix für die eigentlichen Auswahlkriterien zur Lieferantenbewertung. Ziel ist die Selektion des besten der betrachteten Lieferanten. Dazu werden zunächst die Auswahlkriterien gewichtet und beurteilt. Anschließend wird die Summe der Produkte aus Gewichtungsfaktor und Risikofaktor in der Lieferantenauswahl-Matrix abgetragen (vgl. Abbildung 3–11). Der Beispiellieferant erfüllt mit einem Index von 1,9 die Auswahlkriterien zur Lieferantenbewertung sehr gut. Ausgewählt wird generell der Lieferant mit dem kleinsten Bewertungsergebnis. Der Koordinatenpunkt in der Lieferantenauswahl-Matrix erlaubt eine Klassifikation der Lieferanten in A, B oder C-Lieferanten mit entsprechenden Handlungsanweisungen, die analog zum 100-Punkte-Bewertungssystem hier nur kurz umrissen werden sollen [vgl. Harting, 1994, S. 53]: •

A-Lieferant: Die gestellten Anforderungen werden sehr gut erfüllt; Lieferant ist bevorzugter Lieferant, dessen Lieferanteil ausgeweitet werden soll.



B-Lieferant: Die gestellten Anforderungen werden gut erfüllt; Lieferanteil ist zu stabilisieren, eventuell auszuweiten. Eine Lieferantenentwicklung ist nur bei strategisch wichtigen Lieferanten erforderlich, Lieferant muss jedoch dauerhaft beobachtet werden.



C-Lieferant: Die gestellten Anforderungen werden (teilweise) mangelhaft erfüllt; eine Lieferantenentwicklung ist einzuleiten, der Lieferanteil kurzfristig zu reduzieren. Eventuell muss eine Substitution vorbereitet werden.

Durch Kombination der Ergebnisse in der Lieferantenauswahl-Matrix (vgl. Abbildung 3–11) wird der bewertete Lieferant aus Abbildung 3–10 insgesamt als A-Lieferant eingestuft.

138

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Exogene Einflussfaktoren Beurteilung des Umfeldes Einflussfaktor

Gewicht

Risikoskala 1

2

3

4

Index 5

a

b

Politische Unruhe

0,25

c

d=bÁc

Streiks

0,25

Ausfuhr-/ Einfuhrverbot

0,1

X

Devisenpolitik

0,05

X

Wirtschafts-/ Arbeitsethik

0,05

Ausbildungssystem

0,05

Infrastruktur

0,05

X

Religion

0,05

X

0,05

Klimat./geolog. Bedingungen

0,05

X

0,05

Entfernung/

0,1

X

0,50 X

1,00 0,20 0,10 X

X

0,25 0,15 0,05

X

0,30

Transport ERGEBNIS

Σ 2,75

1,00

Endogene Einflussfaktoren

Bewertungsmatrix für Auswahlkriterien

Beurteilung der Lieferfähigkeit Einflussfaktor

Gewicht

Risikoskala 1

a

b

Gesamteindruck

0,10

Techn. Know-how

0,10

Maschinenkapazität

0,05

Qualitätssicherung

0,05

Prüfmittel und -methode

0,20

Werkstoffprüfung

0,10

Mitarbeiterqualifikation

0,20

Finanzielle Mittel

0,20

ERGEBNIS

1,00

2

3 4

5

c X X X X X X

X X

zur Lieferantenbewertung Index

Auswahlkriterien

Gewicht

Risikoskala 1

2

3 4

Index 5

d=bÁc

a

b

c

0,20

Qualität

0,40

X

d=bÁc

0,10

Preis

0,20

0,20

Lieferzuverlässigkeit

0,15

0,05

Liefertreue

0,05

X

0,05

1,00

Technischer Kundendienst

0,05

X

0,05

0,20

Prompte Erledigung von Briefen, Telefonaten, Reklamationen

0,05

0,60

Administrative Arbeit

0,05

0,40

Zusammenarbeit bei Problemen

0,05

Σ 2,75

ERGEBNIS

1,00

0,40 X

0,60

X

0,30

X

0,20

X X

0,25 0,05 Σ 1,90

Abbildung 3–10: Drei Dimensionen von Einflussfaktoren auf die Lieferantenauswahl (Quelle: in Anlehnung an Harting, 1994, S. 52)

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

139

Abbildung 3–11: Risiko-Lieferfähigkeitsmatrix und Lieferantenauswahl-Matrix (Quelle: Harting, 1994, S. 54) .

.

Als wesentliche Kritikpunkte sind bei diesem Verfahren vor allem der beträchtliche Bewertungsaufwand sowie die komplizierte Handhabung anzuführen [vgl. Muschinski, 1998b, S. 118ff.].

140

3.5.2.3

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Graphische Verfahren

Zu den wichtigsten graphischen Verfahren der Lieferantenbewertung zählen die Profilanalyse (mit den Unterarten Polaritätenprofil und Polarprofil), sowie die Lieferanten-Gap-Analyse. In der Literatur sind noch andere Darstellungsarten von mehrdimensionalen Merkmalen vorzufinden, wie Streuungsdiagramme, zweidimensionale Histogramme, Flury-RiedwylGesichter und Scatterplots [vgl. Heiler/Michels, 1994, S. 177]. Diese Verfahren haben jedoch keinen Eingang in die Lieferantenbewertung gefunden. Profilanalyse und Lieferanten-Gap-Analyse erlauben die Repräsentation ganzer Objekte, also die Darstellung mehrere Merkmale eines Objekts (Lieferant) in einer Grafik. Mit den grafischen Auswertungsverfahren wird das Ziel verfolgt, zum einen so genannte AusreißerObjekte zu erfassen und zum anderen ähnliche Lieferanten zu erkennen und zu repräsentieren.

3.5.2.3.1 Profilanalyse Die Profilanalyse dient der graphischen Visualisierung der Leistungsfähigkeit der Lieferanten. Dazu werden alle entscheidungsrelevanten Merkmale aufgelistet, die qualitativ und quantitativ sein können. Die Abbildung der Merkmalsausprägungen bei den Lieferanten erfolgt durch Zuordnung in Bewertungsstufen, beispielsweise von sehr gut bis sehr schlecht [vgl. Harrmann, 1990, S. 30]. Die Leistungsfähigkeit wird in Form eines Polaritäten- oder Polarprofils graphisch dargestellt. a) Polaritätenprofil Beim Polaritätenprofil werden die Merkmale aufgelistet, die Merkmalsausprägungen der Lieferanten anhand einer Skala beurteilt und schließlich durch Linien verbunden [vgl. Harting, 1994, S. 34f]. Abbildung 3–12 zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Lieferantenbewertung zweier Lieferanten mit dem Polaritätenprofil. Dazu wurden acht beschriebenen Hauptbewertungskriterien (vgl. Kapitel 3.4.1) von mehreren Teams mit Punkten von 0 (sehr schlecht) bis 15 (sehr gut) bewertet und das arithmetische Mittel der Punkte im Polaritätenprofil abgetragen.100 Es ist ersichtlich, dass Lieferant 1 bei sechs der acht Hauptkriterien besser bewertet wird als Lieferant 2. Bei den Hauptkriterien Innovationsleistung und Umweltleistung ist Lieferant 1 jedoch schwächer als Lieferant 2, so dass keine Dominanz gegeben ist. Die Entscheidung, welcher der Lieferanten gewählt werden sollte, hängt somit in entscheidendem Maße davon ab, welche Hauptkriterien für das zu beliefernde Unternehmen am bedeutsamsten sind – eine Gewichtung der Merkmale ist also erforderlich.

100

Vorgehensweise und Daten entstammen einem mittelständischen Unternehmen.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

141

Merkmalsausprägung

15

12

9

6

Lieferant 1 3

Lieferant 2

Umweltleistung

Innovationsleistung

Informationsleistung

Serviceleistung

Entgeltleistung

Logistikleistung

Qualitätsleistung

Mengenleistung

0

Beurteilungsmerkmal Abbildung 3–12: Polaritätenprofile

In einer weiteren Anwendungsmöglichkeit kann ein Ideal-Profil eingezeichnet werden, mit dem die Ist-Profile der zu bewertenden Lieferanten verglichen werden. Danach wird derjenige Anbieter ausgewählt, dessen Profil die größte Übereinstimmung mit dem Ideal-Profil aufweist [vgl. Muschinski, 1998b, S. 114f.]. b) Polarprofil Polarprofile gehen auf die aus der Mathematik bekannten Sterndiagramme zurück, bei denen von einem zentralen Punkt ausgehend die Merkmale auf skalierten Strahlen repräsentiert werden. Die Größe eines Sternenzackens ergibt sich dabei aus der relativen Merkmalsausprägung, wobei die größte Merkmalsausprägung dem Kreisradius entspricht und beim kleinsten Beobachtungswert der Zacken im Kreismittelpunkt verschwindet [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 614]. STARK/WERNER (1989, S. 29) nutzen diese Sterndiagramme als Polarprofile, in denen die Ausprägungen der Merkmale ungewichtet sternförmig abgetragen und verbunden werden. Polarprofile basieren damit auf der gleichen Repräsentationsidee wie die Polaritätenprofile, können im Vergleich zu diesen jedoch nur wenige Kriterien gleichzeitig illustrieren [vgl. Stark/Werner, 1989, S. 29]. Analog zu den Polaritätenprofilen können bei den Polarprofilen die Ist-Profile aller potentiellen Lieferanten gegenübergestellt werden oder aber das Ist-Profil der Lieferanten mit

142

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

einem vorher definierten Ideal-Profil verglichen werden. Der dem Ideal-Profil ähnlichste Lieferant wird schließlich ausgewählt.

Mengenleistung 15

Umweltleistung

12

Qualitätsleistung

9 6 3

Innovationsleistung

Logistikleistung

0

Informationsleistung

Entgeltleistung

Serviceleistung

Lieferant 1 Lieferant 2

Abbildung 3–13: Polarprofil

Abbildung 3–13 zeigt das Ergebnis der Lieferantenbewertung der beiden Lieferanten, deren Polaritätenprofile bereits in Abbildung 3–12 dargestellt sind. Auch bei den Polarprofilen wird sichtbar, dass Lieferant 2 Stärken in der Umweltleistung und Innovationsleistung besitzt und ansonsten dem Lieferanten 1 mehr oder weniger unterlegen ist. Um auch beim (seltenen) Vorliegen einer Dominanz die Mindestanforderungen zu sichern, kann zusätzlich ein so genanntes Soll-Profil eingezeichnet werden, das diese Mindestanforderungen repräsentiert [vgl. Harting, 1994, S. 35]. Abbildung 3–14 enthält neben den Profilen zweier Lieferanten (1 und 2) das Soll-Profil mit den Minimalforderungen an die Lieferanten. Hierbei kann zwar gezeigt werden, dass Lieferant 1 den Lieferanten 2 dominiert, jedoch keiner der beiden Zulieferer die Mindestanforderungen erfüllt und somit zum momentanen Zeitpunkt nicht als Lieferant geeignet ist. Schließlich besteht noch die Möglichkeit, alle Lieferanten in jeweils einem separaten Sterndiagramm darzustellen, um der Unübersichtlichkeit beim gleichzeitigen Einzeichnen in einem gemeinsamen Polarprofil zu entgehen. Auf diese Weise können bei einer begrenzten Anzahl an Lieferanten die ähnlichsten bzw. unähnlichsten optisch bestimmt werden.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

Soll-Profil Ist-Profil Lieferant 1 Ist-Profil Lieferant 2

143

Qualität 6

1 = sehr schlecht 6 = sehr gut

5 4 3 Service

2

Preis

1 0

Zugesagte Liefersicherheit

Mengenzuverlässigkeit

Abbildung 3–14: Polarprofile mit Mindestanforderungen (Quelle: Harting, 1994, S. 35)

Hauptnachteile an allen Verfahren der Profilanalyse sind die mangelnde Eindeutigkeit der Auswahlentscheidung und die Unübersichtlichkeit beim Eintragen vieler Lieferanten bzw. Merkmale [vgl. Glantschnig, 1994, S. 34].

3.5.2.3.2 Lieferanten-Gap-Analyse Die Lieferanten-Gap-Analyse wird von GLANTSCHNIG (1994, S. 186ff.) im Rahmen ihrer Arbeit zur merkmalsgestützten Lieferantenbewertung beschrieben. Aufgabe der merkmalsgestützten Lieferantenbewertung ist es, „objekt- sowie situationsbestimmt die relevanten Lieferantenmerkmale festzulegen und darauf aufbauend durch Gewichtung der festgelegten Merkmale Richtlinien für den nachfolgenden Schritt der Lieferantenverhandlung festzuschreiben“ [GLANTSCHNIG, 1994, S. 164]. Zunächst werden im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung potentielle Lieferanten identifiziert, die die gewünschten Objekte herstellen können. Eine Reduktion der Anzahl der Lieferanten erfolgt durch den Einsatz des Instruments der Selbstauskunft101. Als Grundlage der sich anschließenden Lieferantenbewertung ist ein möglichst umfangreicher Lieferantenmerkmalkatalog zu erstellen. In diesem Katalog sind beschaffungsobjekt- sowie beschaffungssituationsspezifisch die Auswahlkriterien aufgelistet, die zur Beurteilung des

101

Zu Selbstauskunft und weiteren Methoden der Lieferanteneingrenzung vgl. Kapitel 2.3.1.2.

144

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Lieferanten herangezogen werden sollten. Das Erstellen dieses Kataloges soll im Folgenden kurz umrissen werden [vgl. Glantschnig, 1994, S. 104ff.]. Zunächst wird die Beschaffungssituation anhand der spezifischen Beschaffungsobjektzielsetzung sowie weiterer situationsbestimmender Merkmale definiert. Als mögliche Beschaffungsobjektziele werden Betrachtungen der Beschaffungsobjekte hinsichtlich Menge, Preisniveau, Leistungsniveau, Neuigkeitsgrad und Standardisierungsgrad genannt. Situationsbestimmende Merkmale sind leistungs- und mengenbezogene Merkmale, Beschaffungsstrategien sowie die Angebots- und Nachfragestruktur, die die Beschaffungssituation näher spezifizieren. Beispiele hierfür sind die Objektmerkmale „Bedarfsdringlichkeit“ und „Objektkomplexität“. Den Beschaffungsobjektzielen und beschaffungssituationsbestimmenden Merkmalen werden im nächsten Schritt die sie charakterisierenden Lieferantenmerkmale zugeordnet. Merkmale wie „hohe Liefertreue“ und „hohe Lieferzuverlässigkeit“ kennzeichnen beispielsweise das Beschaffungsobjektziel „leistungsstarkes Beschaffungsobjekt“, Lieferantenmerkmale wie „kurze Lieferzeit“ und „Lieferzeitpunkteinhaltung“ sind bedeutend zur Beurteilung der „Bedarfsdringlichkeit“. Als Ergebnis sind die für die vorliegende Beschaffungssituation relevanten Lieferantenmerkmale zusammengestellt, um die Bewertung unter wirtschaftlich sinnvollen Gesichtspunkten durchführen zu können. Im vorletzten Schritt erfolgt eine Gewichtung der Lieferantenmerkmale durch deren Einteilung in zwei Gruppen. Der Erfüllung der Kriterien aus der einen Gruppe ist im Rahmen von Lieferantenverhandlungen Vorrang vor der Erfüllung der Kriterien der anderen Gruppe einzuräumen. Zur Visualisierung des Leistungsniveaus wird nun in der Lieferanten-Gap-Analyse das Leistungs-Ist dem a priori definierten Leistungs-Soll gegenübergestellt. Die Differenz zwischen Soll und Ist veranschaulicht grafisch die vorhandene Leistungslücke, auch Gap genannt [vgl. Glantschnig, 1994, S. 186ff.]. Erfüllt ein Lieferant alle Leistungsaspekte des Hauptkriteriums, beträgt seine Ist-Leistung 100 %, bei Nichterfüllung einzelner Merkmale vermindert sich dieser Wert entsprechend. Je geringer die Lücke ausfällt, desto bedenkenloser kann die Auswahlentscheidung für einen Lieferanten getroffen werden. Abbildung 3–15 zeigt beispielhaft die Darstellung einer Leistungslücke durch eine Lieferanten-Gap-Analyse. Eine hundertprozentige Leistungserfüllung der Hauptkriterien muss nicht immer wünschenswert sein. Daher kann eine Bandbreite definiert werden, innerhalb derer sich die Leistungen des Lieferanten bewegen dürfen, um noch als ausreichend bewertet zu werden. Die Gap-Analyse erlaubt ferner die Einbeziehung des zeitlichen Aspekts, indem die IstLeistung eines späteren Bewertungszeitpunktes in das Diagramm eingetragen wird. Auf

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

145

diesem Wege lassen sich Leistungszuwächse oder Verschlechterungen aufzeigen, auf die der Abnehmer durch die in Kapitel 2.3.5.2 beschriebenen Steuerungsmaßnahmen reagieren kann [vgl. Glantschnig, 1994, S. 187f.]. 100%-Leistung

100%

Soll-Leistung als Bandbreite

90% Leistungslücke

Leistungsniveau

80%

Ist-Leistung

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Kooperationsbereitschaft

Kundendienst

Liefertreue

Verpackungs- und Transportschutz

Lieferzuverlässigkeit

Leistungsintegration

Langlebigkeit

Werkzeugbau

hoher Technologiestand

hohes Qualifikationsniveau

0%

Lieferantenmerkmale

Abbildung 3–15: Lieferanten-Gap-Analyse (Quelle: Glantschnig, 1994, S. 187)

Eine übersichtliche Erfassung der Leistungsfähigkeit mehrerer Zulieferer ist bei einer Lieferanten-Gap-Analyse jedoch nicht möglich, zudem ist das vorgeschaltete Verfahren der merkmalsgestützten Auswahl zeitaufwändig und kompliziert.

3.5.3 Weitere Ansätze zur Lieferantenbewertung In diesem Kapitel werden weitere Verfahren zur Lieferantenbewertung vorgestellt, die seltener in der Literatur beschrieben werden. Dazu zählen die Expertensysteme, die Geldwertmethode sowie einige mathematisch anspruchsvolle Verfahren; die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.102

102

Eine überblicksartige Zusammenstellung weiterer Verfahren bieten DE BOER/LABRO/MORLACCHI (2001, S. 75ff.) sowie in älteren Aufsätzen DEGRAEVE/LABRO/ROODHOOFT (2000, S. 34ff.), HOLT (1998, S. 153ff.), WEBER/CURRENT/BENTON (1991, S. 2ff.) und LAMBERSON/DIEDRICH/ WUORI (1976, S. 19ff.).

146

3.5.3.1

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

Expertensysteme

Expertensysteme werden in der Informatik im Rahmen der Erforschung der künstlichen Intelligenz entwickelt. Diese Systeme sind wissensbasierte Computerprogramme, die Verständnis-, Lern- und Problemlösungsprozesse von Experten nachzubilden versuchen [vgl. Klaus/Krieger, 2000, S. 138]. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Schlussfolgerungen auf hohem Qualitätsniveau aus dem gespeicherten Wissen und Lösungsmechanismen automatisiert abzuleiten, ohne die stetige Unterstützung durch Experten in Anspruch nehmen zu müssen. Eine Entlastung der Experten und die Standardisierung der Entscheidungsfindung gehen damit einher. Abbildung 3–16 stellt den grundlegenden Aufbau eines Expertensystems dar. Es besteht aus zwei Hauptkomponenten, der Wissensbasis und dem Steuerungssystem [vgl. im Folgenden Urban, 1998, S. 207ff.]. In der Wissensbasis ist das gesamte fachspezifische Fakten- und Erfahrungswissen der mit dem System vertrauten Experten enthalten. Zusätzlich wird in ihr das durch jede Nutzung des Systems gewonnene, fallbezogene spezifische Benutzerwissen hinterlegt. Die Datenbasis ist somit nie abgeschlossen, sondern entwickelt sich mit jeder Anwendung analog einem lernenden System weiter. Für die Repräsentation des Expertenwissens gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, beispielsweise die deklarative oder die prozedurale Wissensrepräsentation. Bei der deklarativen Wissensrepräsentation ist das Wissen der Experten lediglich in Form von Beschreibungen von Fakten und Sachverhalten gespeichert, wobei Angaben von Verknüpfungen zwischen den Faktenausprägungen fehlen. Hingegen werden bei der prozeduralen Wissensrepräsentation Verknüpfungen durch Produktionsregeln bzw. WennDann-Regeln hergestellt. Diese Vorschriften sind in der Regelbasis abgelegt und werden von einem Regelinterpreter auf Widersprüche kontrolliert. Das Steuerungssystem setzt sich aus dem Dialogsystem und der Inferenzkomponente zusammen. Das Dialogsystem benötigt als Schnittstelle zwischen Computer und Mensch die Subsysteme Wissenserwerbskomponente, Dialogkomponente und Erklärungskomponente. Interaktionen zwischen Experten und Computer zur Umwandlung des bereichsspezifischen Expertenwissens in für den Computer verarbeitbares Wissen werden im Rahmen des Lernprozesses von der Wissenserwerbskomponente unterstützt. Auf der Ebene der Anwendung wird das fallspezifische Faktenwissen mit Hilfe der Dialogkomponente in Computerwissen umgewandelt. Die Dialogkomponente stellt umgekehrt auch die Präsentation der Ergebnisse der Nutzung des Expertensystems in für den Anwender verständlicher Art sicher. Mit der Erklärungskomponente werden die Ergebnisse rational begründet und erläutert. Die Inferenzkomponente generiert aus vorhandenem Faktenwissen aufgrund von logischen Schlussfolgerungen (beispielsweise „wenn..., dann...“-Bedingungen) neues Wissen. Diese

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

147

Vorgehensweise wird im Folgenden anhand der operatorbasierten und der Fuzzy Logicbasierten Lieferantenbewertung dargestellt.

Expertensystem

Wissensbasis

Datenbasis

Steuerungssystem

Regelbasis

Dialogsystem

Inferenzkomponente

Regelinterpreter Wissenserwerbskomponente

Erklärungskomponente

Dialogkomponente

Abbildung 3–16: Aufbau eines Expertensystems

3.5.3.1.1 Operatorbasierte Lieferantenbewertung Ausgehend von der obersten Zielsetzung der Lieferantenbewertung, die je nach Beschaffungssituation differieren kann, wird bei operatorbasierten Expertensystemen zunächst eine Kriterienhierarchie derart aufgebaut, dass die Kriterien der untersten Ebene eindeutig bewertbar sind [vgl. im Folgenden Urban, 1998, S. 298ff.]. Für jedes dieser Unterkriterien wird dann auf Basis des Expertenwissens ein sogenanntes Fuzzy-Intervall formuliert, das beschreibt, bei welchen Kriterienausprägungen der Entscheidungsträger eindeutig zufrieden bzw. eindeutig unzufrieden ist. Das Expertenwissen ist damit deklarativ repräsentiert. In Abbildung 3–17103 ist beispielhaft eine mögliche Zufriedenheitsfunktion μGL(x) bei der Bewertung der geographischen Lage eines Lieferanten in Abhängigkeit von der Entfernung x zum Beurteiler angegeben.

103

Beispiel entnommen aus URBAN (1998, S. 298ff.).

148

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

μGL(x) 1

0.5

0 0

100

150

x [km] 300

Abbildung 3–17: Zugehörigkeitsfunktion Kriterium „Geographische Lage“ (Quelle: Urban, 1998, S. 298)

.

Diese Funktion wird durch das Fuzzy-Intervall μGL(x)=(0, 100, 0, 50) determiniert: Bei einer Entfernung bis zu 100 km ist die Zufriedenheit eindeutig 1, ab einer Entfernung von 150 km eindeutig 0. Diese Zuordnung konnte von den Experten zweifelsfrei angegeben werden. Für Entfernungen dazwischen kann nur vage beschrieben werden, inwieweit das Unternehmen zufrieden bzw. unzufrieden ist. Zur Fixierung des Funktionsverlaufs wurde in obigem Beispiel daher ein linearer Übergang angesetzt und interpoliert. Nach Abschluss der Beschreibung der Zufriedenheitsfunktionen aller Unterkriterien mittels unscharfer Mengen erfolgt im Rahmen der Inferenz die Aggregation der Zufriedenheitswerte der Kriterienausprägungen zu einem Gesamturteil [vgl. Urban, 1998, S. 299]. Dazu wird ein Operator,

beispielsweise

der

σ-Operator,

eingesetzt.

Dieser

Operator

lässt

eine

unterschiedliche Gewichtung der Kriterien derart zu, dass für ein Kriterium der Bewertungsgruppe festgelegt wird, wie stark es die anderen Kriterien dominiert [vgl. ebd., S. 354]. Zur Berechnung des Zufriedenheitswerts der Kriteriengruppe werden der mit dem σOperator gewichtete, dominierende Zufriedenheitswert sowie das Produkt aus (1-σ) und dem Durchschnitt der Zufriedenheitswerte der dominierten Kriterien addiert. Dies wird für alle Ebenen des Kriteriensystems sukzessive durchgeführt. Das Ergebnis sagt schließlich aus, mit welcher Zugehörigkeit (Zufriedenheit) der jeweilige Lieferant die oberste Zielsetzung erfüllt. Ausgewählt wird der Lieferant mit dem höchsten Zufriedenheitswert. 3.5.3.1.2 Fuzzy Logic-basierte Lieferantenbewertung Analog zur operatorbasierten wird bei der Fuzzy Logic-basierten Lieferantenbewertung ebenfalls eine Kriterienhierarchie aufgebaut. Bei der Beurteilung der Lieferanten anhand dieser Kriterien kann das Problem auftreten, dass deren Ausprägungen nicht exakt, sondern nur unscharf bekannt sind. Für die Abbildung derartiger Probleme erweist sich die zweiwertige, scharfe Logik (ja/nein, erfüllt/nicht erfüllt) häufig als ungeeignet. Mit Hilfe der

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

149

Fuzzy Logic104 ist jedoch eine Abbildung dieser unscharfen Aussagen möglich [vgl. Adam, 1996, S. 421]. Fuzzy Logic-basierte Verfahren nutzen hierfür im Schritt der Fuzzifizierung das Konzept der linguistischen Variablen, um zu ermitteln, mit welcher Zugehörigkeit bzw. Zufriedenheit der jeweilige Lieferant die oberste Zielsetzung erfüllt. Linguistische Variablen [vgl. Urban, 1998, S. 306] werden beschrieben über •

die Begriffsmengen, die verbale Ausdrücke wie beispielsweise {„gut“, „mittel, „schlecht“} enthalten, die in ihrer Differenziertheit das gesamtes Spektrum der möglichen Kriterienausprägungen abbilden;



die Grundmengen, die alle denkbaren Kriterienausprägungen enthalten und



die Zugehörigkeitsfunktionen, die die Grundmengen den Begriffsmengen zuordnen, also den Grad der Zugehörigkeit angeben.

Die Bestimmung der Zugehörigkeitsfunktionen μ erfolgt durch Experten aufgrund deren Fachwissen und unter eventueller Berücksichtigung der Ergebnisse von Statistiken. Für jede Teilmenge der Begriffsmenge wird dazu mit einer möglichst einfachen Funktion (meist den sogenannten Fuzzy-Intervallen) beschrieben, mit welcher Zugehörigkeit die Ausprägungen der linguistischen Variablen den Teilmengen der Begriffsmenge zugeordnet werden können. Abbildung 3–18 zeigt am Beispiel der Bewertung der „geographischen Lage“ die Konstruktion von Zugehörigkeitsfunktionen. Erkennbar ist, dass die Experten die Lage der Lieferanten bis 100 km Entfernung eindeutig als „gut“ einstufen. Entfernungen ab 150 km zählen eindeutig zur Menge der „schlechten“ geographischen Lage. Die unscharfe Menge dazwischen wird durch die Experten weiter differenziert, indem sie eine Aussage darüber treffen, in welchem Bereich die geographische Lage eindeutig als „mittel“ bewertet werden kann. Es erfolgt ein gleitender Übergang von der eindeutig „guten“ zur eindeutig „mittleren“ geographischen Lage im Entfernungsbereich von 100 bis 116 km, analog der Übergang von „mittel“ nach „schlecht“. Die Zuordnungen in den Übergangsbereichen werden approximiert105, wobei sich für eine sinnvolle Interpretation die Zugehörigkeitswerte in jedem Entfernungsbereich zu eins addieren müssen. Im Beispiel in Abbildung 3–18 erfolgte eine lineare Interpolation. Für die konkreten Kriterienausprägungen können im nächsten Schritt Fuzzy-Vektoren der Form μGL(x) = [μGL(x)gut , μGL(x)mittel , μGL(x)schlecht ] bestimmt werden, in Abbildung 3–18 beispielsweise μGL(100 km) = (1, 0, 0).

104 105

Zur allgemeinen Vorgehensweise der Fuzzy Logic vgl. ROMMELFANGER (1994, S. 7ff.). URBAN (1998, S. 309f.) beschreibt und diskutiert mögliche Funktionsverläufe.

150

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

μGL(x) 1 gut mittel schlecht

0.5

0 0

100

116

133

150

200

Abbildung 3–18: Linguistische Variable „Geographische Lage“, Zugehörigkeitsfunktionen (Quelle: Urban, 1998, S. 311)

.

Nach Abschluss dieser Fuzzifizierung für alle linguistischen Variablen erfolgt im Rahmen der Inferenz die stufenweise Aggregation der Zufriedenheitswerte zu einem Gesamturteil. „Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Verfahren der Lieferantenbewertung, bei denen die Aggregation durch einen mathematischen Operator erfolgt, wird hier durch Regeln eine Aggregation in verbaler Form vorgenommen, die auf der Basis von konkreten Erfahrungen und Hypothesen von Experten beruht.“ [URBAN, 1998, S. 312]. Damit erfolgt eine prozedurale Wissensrepräsentation. Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise ist in Tabelle 3–13 der in der Regelbasis hinterlegte Regelblock zur Bewertung des Standortes durch die Unterkriterien geographische Lage (GL) und Infrastruktur (IS) dargestellt [Beispiel entnommen aus Urban, 1998, S. 305]. PRÄMISSEN WENN Regel Geographische Lage (GL)

KONKLUSION UND

DANN

Infrastruktur (IS)

Standort

1

gut

gut

gut

2

gut

mittel

gut

3

gut

schlecht

mittel

4

mittel

gut

gut

5

mittel

mittel

mittel

6

mittel

schlecht

mittel

7

schlecht

gut

mittel

8

schlecht

mittel

mittel

9

schlecht

schlecht

schlecht

Tabelle 3–13: Regelblock zur Bewertung des Standortes (Quelle: Urban, 1998, S. 305)

Entsprechend den Zugehörigkeitswerten in den Fuzzy-Vektoren werden gleichzeitig mehrere Regeln aktiviert. Bei Fuzzy-Vektoren μ = (μgut , μmittel , μschlecht) von beispielsweise

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

151

μGL = (0,8; 0,2; 0) und μIS = (0; 0,3; 0,7) sind alle Regeln aktiviert, die durch die Kombination der Beschreibungen der geographischen Lage als „gut/mittel“ und der Infrastruktur als „mittel/schlecht“ entstehen. In Tabelle 3–13 betrifft dies die Regeln 2, 3, 5 und 6. Für diese Regeln werden im nächsten Schritt Erfüllungsgrade berechnet, die anschließend zu einem Gesamterfüllungsgrad zusammengefasst und normiert werden. Diese normierten Werte gehen als Fuzzy-Vektor für die Standortbewertung in den übergeordneten Regelblock ein und verdichten sich in der Defuzzifizierung zu einer diskreten Wertzahl, die den Erfüllungsgrad aller Kriterien wiedergibt.106 Ausgewählt wird der Lieferant mit der höchsten Wertzahl. Mit Hilfe von Expertensystemen lässt sich menschliches Entscheidungsverhalten bei der Lieferantenbeurteilung auf einem Computer abbilden. Im Vergleich zu den anderen Verfahren führen Expertensysteme somit zu einer verbesserten Objektivierung der Entscheidungsprozesse [vgl. Nachtrab/Morlock, 1997, S. 29]. Kritisch anzumerken ist, dass die Subjektivität zwar gemindert, jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern lediglich auf die Expertenebene übertragen wird. Die Beurteilung der qualitativen Kriterien kann indes verbal erfolgen, bleibt aber dennoch subjektiv. Die Komplexität der Verfahren bedingt zusätzlich eine schwierige Nachvollziehbarkeit und einen erhöhten Zeitaufwand. Schließlich bieten Expertensysteme keine Möglichkeiten zur Repräsentation der Lieferanten.

3.5.3.2

Geldwertmethode

Die Geldwertmethode kombiniert quantitative und qualitative Aspekte einer Lieferantenbewertung und basiert auf einer monetären Beurteilung von unterschiedlichen Leistungsangeboten107. WESTERMANN (1989, S. 50f.) beschreibt folgende fünfstufige Vorgehensweise: 1. Zunächst werden die notwendigen, erwünschten und unerwünschten Funktionen festgelegt. Notwendige Funktionen können dabei Mindestanforderungen darstellen und erwünschte Funktionen Eigenschaften beschreiben, die über die festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen. 2. Im zweiten Schritt erfolgt die Einholung der Angebote bei den potentiellen Lieferanten.

106

107

Zur Defuzzifizierung kann beispielsweise das Flächenhalbierungsverfahren angewendet werden [vgl. Urban, 1998, S. 319ff]. Aus diesem Grund ist auch eine Zuordnung zu den numerischen Verfahren möglich.

152

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

3. Für alle Lieferanten, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, werden deren Angebote in einem Tableau den erwünschten Funktionen gegenüber gestellt (vgl. Abbildung 3–19). 4. Für jede erwünschte Funktion wird für jeden Anbieter ein positiver Geldwert ermittelt, der aus den Entscheidungszielen abgeleitet wird. Liegen bei einem Lieferanten unerwünschte Eigenschaften vor, wird diesem ein negativer Geldwert zugeordnet. 5. Abschließend werden für jeden Lieferanten die Geldwerte der erwünschten und unerwünschten Zusatzeigenschaften summiert und den jeweiligen Einstandspreisen gegenübergestellt. Ausgewählt wird der Lieferant, dessen Werte die größte positive bzw. kleinste negative Differenz aufweisen. Die Verwendung von Geldwerten macht quantitative und qualitative Kriterien miteinander vergleichbar. Zudem stellt die Geldwertmethode einen unmittelbaren, logischen und nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen Entscheidungszielen und -alternativen her [vgl. Westermann, 1989, S. 51f.]. Als wesentliche Kritikpunkte sind der hohe (vor allem von der Anzahl der gewünschten Zusatzfunktionen abhängende) Bewertungsaufwand sowie die zu großen subjektiven Einflussmöglichkeiten zu nennen. Zudem erfolgen bei der Geldwertmethode weder Klassifizierung noch Repräsentation der Lieferanten. Angebote Funktionen I. Alle unerläßlichen Funktionen vorhanden1) II. zusätzlich erwünschte Funktionen: - zusätzliche höhere Anlieferqualität - zusätzliche höhere Langzeitqualität - zusätzlich kürzere Lieferzeit - dichteres Kundendienstnetz - Gegengeschäftsmöglichkeiten III. Gesamtwert der erwünschten Zusatzfunktionen IV. Einstandspreise V. Differenz VI. Entscheidung für Legende:

1)

2)

Angebot A

Angebot B

Angebot C

ja

ja

ja

-2) 4.000,1.000,1.000,-

5.000,1.000,1.000,1.000,-

4.000,-2) 4.000,-2) -

6.000,-

8.000,-

8.000,-

- 10.000,-

- 13.000,-

- 15.000,-

- 4.000,-

- 5.000,-

- 7.000,-

X

Überprüfung von Minimalniveaus; es werden nur Angebote aufgenommen, die sämtliche unerläßliche Faktoren erfüllen. Daten sind der bewertenden Person/dem bewertenden Team unbekannt oder der Anbieter erreicht lediglich die Mindestanforderungen

Abbildung 3–19: Geldwertmethode (Quelle: Westermann, 1989, S. 52)

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

3.5.3.3

153

Komplexe Verfahrensansätze im Überblick

Nahezu ausschließlich in englischsprachigen Zeitschriften finden sich Ansätze, die sich der Lieferantenbewertung mit mehr oder weniger komplexen statistischen Verfahren widmen. Im deutschsprachigen Raum finden diese Ansätze bislang keine Beachtung. Nachfolgend sollen ausgewählte Verfahren im Überblick vorgestellt werden.108

3.5.3.3.1 Analytic Hierarchy Process und Erweiterungen Mit Hilfe des Analytic Hierarchy Process (AHP)109 lassen sich unterschiedliche Alternativen in eine Rangfolge bringen, die auf der Bedeutung der relevanten Kriterien und deren Erfüllungsgrad basieren. Die Gewichtung der Kriterien erfolgt durch paarweise Vergleiche. Diese Gewichte werden anschließend mit den zugehörigen Erfüllungsgraden multipliziert und ergeben somit das Bewertungsergebnis der jeweiligen Lieferanten [vgl. Nydick/Hill, 1992, S. 32ff.]. Die Bedeutung der Lieferanten wird dabei stets in Relation zu den anderen Anbietern festgehalten. Erweitert sich der Kreis der potentiellen Anbieter, ist ein Neubeginn des Bewertungsprozesses erforderlich. Hauptkritik am AHP sind fehlende Klassifizierungs- und Repräsentationsmöglichkeiten. Eine dem AHP ähnliche Vorgehensweise stellt die Thurstone Case V - Skalierung dar, auf die jedoch nicht näher eingegangen wird [vgl. hierzu Thompson, 1991, S. 29ff.].110 Der AHP wurde durch die Einbeziehung einer Gruppe von Entscheidungsträgern zum sogenannten Multi-Criteria Group Decisionmaking Model erweitert [vgl. Muralidharan/ Anantharaman/Deshmukh, 2002, S. 22ff.]. Der Ablauf in fünf Schritten (Identifikation der einzubeziehenden Entscheidungsträger, Festlegung der relevanten Kriterien, Identifikation der potentiellen Lieferanten, Bewertung der Lieferanten mittels AHP und Evaluierung des besten Lieferanten) betont neben der Verwendung quantitativer und qualitativer Kriterien vor allem die Bedeutung der Gruppenentscheidung.

3.5.3.3.2 Principal Component Analysis PETRONI/BRAGLIA (2000, S. 65ff.) nutzen die Hauptkomponentenanalyse, um lieferantenspezifische Gesamtwertzahlen herzuleiten, die einen Vergleich zwischen den Anbietern ermöglichen sollen:

108 109

110

Die ausschließlich englischen Titel der Verfahren werden jeweils beibehalten. Zur Anwendung des AHP bei der Lieferantenbewertung vgl. NYDICK/HILL (1992, S. 32ff.). Zur allgemeinen Methodik des AHP vgl. SAATY (1980, S. 1ff.; 1994, S. 19ff.). Siehe auch Kapitel 3.4.2. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Thurstone-Skalierung ist KLEINAU (1995, S. 129ff.) zu entnehmen.

154

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

1. Für jeden Lieferant wird dessen Erfüllungsgrad der relevanten Kriterien ermittelt und als standardisierter Wert dargestellt.111 Die Kriterien werden dabei in Input- und Outputfaktoren eingeteilt: Während Inputfaktoren die Fähigkeiten der Anbieter als Input des Leistungserstellungsprozesses beschreiben, stellen Outputfaktoren das Ergebnis dieses Prozesses dar (z.B. Preis, Qualität, Lieferzuverlässigkeit). 2. Die Faktoren werden mittels sogenannter Output-Input-Ratios zueinander ins Verhältnis gesetzt, wobei nur „sinnvolle“ Relationen auszuwählen sind (z.B. Lieferzuverlässigkeit/Produktionskapazität). Diese Verhältniszahlen fließen als Variablen in die Hauptkomponentenanalyse ein.112 3. Als Ergebnis liefert die Hauptkomponentenanalyse eine bestimmte Anzahl voneinander unabhängiger Hauptkomponenten, die einen Großteil der Varianz der Ausgangsdaten (Output-Input-Ratios) repräsentieren. Ist eine eindeutige Zuordnung der Variablen zu den Hauptkomponenten nicht möglich, ist eine Rotation der Ladungsmatrix notwendig. 4. Anschließend wird für jede Variable ein Koeffizient aus der Summe der Produkte aus den Hauptkomponentenladungen und dem Prozentsatz der durch diese Hauptkomponente erklärten Varianz berechnet. 5. Zum Abschluss wird jeder Koeffizient mit dem lieferantenspezifischen Wert der zugehörigen Variable (Output-Input-Ratio) multipliziert. Diese resultierenden Kennzahlen werden je Anbieter zu einer Gesamtwertzahl addiert. Ausgewählt wird der Lieferant mit der höchsten Gesamtwertzahl. Mit dem beschriebenen Verfahren ist eine ungefilterte Verarbeitung quantitativer wie qualitativer Daten möglich. Daneben ist es nicht erforderlich, die Kriterien manuell zu gewichten. Die Faktorenanalyse wird auch im neu zu konzipierenden Lieferanten-Bewertungs-System (vgl. Kapitel 4) von zentraler Bedeutung sein, jedoch in einer gänzlich anderen Vorgehensweise. Im Folgenden sollen daher die Kritikpunkte am soeben vorgestellten Verfahren von PETRONI/BRAGLIA (2000, S. 65ff.) aufgezeigt werden: Die Festlegung der Output-Input-Ratios (und damit des zentralen Bestandteils des Verfahrens) ist rein subjektiv. Es existieren keinerlei Hilfen, was unter „sinnvollen“ Verhältnissen von Output- und Inputfaktoren zu verstehen ist; vielmehr ist die Einteilung in Input- und Outputfaktoren selbst nicht immer überschneidungsfrei (Beispiel Recycling). 111

112

Die Erfüllungsgrade werden als Verhältniszahlen ermittelt. Durch deren Standardisierung werden qualitative und quantitative Ausprägungen vergleichbar gemacht. Zur Standardisierung vgl. BAMBERG/BAUR (2002, S. 109) sowie HARTUNG/ELPELT (1999, S. 508). Zur allgemeinen Vorgehensweise der Hauptkomponentenanalyse bzw. der Faktorenanalyse vgl. z.B. HARTUNG/ELPELT (1999, S. 505ff.). Siehe auch Kapitel 4.1 der vorliegenden Arbeit.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

155

Daneben besteht die Gefahr, dass wichtige Kriterien nicht in die Entscheidung einbezogen werden können, weil sie sich nicht in geeignete Output-Input-Ratios pressen lassen. Die erklärte Varianz bezieht sich ferner nicht auf die Rohdaten der Ausgangsinformation, sondern auf die bereits gebildeten Output-Input-Ratios; ihre Aussagefähigkeit ist somit zumindest eingeschränkt. Der komplizierte, aufwändige und abstrakte Ablauf lassen die Vorgehensweise für einen Praxiseinsatz ungeeignet erscheinen. Schließlich wird weder die Anforderung der Repräsentation noch der Klassifikation von Lieferanten erfüllt.

3.5.3.3.3 Activity-Based-Costing Activity-Based-Costing nach ROODHOOFT/KONINGS (1996, S. 97ff.) basiert auf der Berechnung der Gesamtkosten, die von einem Lieferanten im Produktionsprozess eines Unternehmens verursacht wurden. Primäres Ziel ist es, den bestehenden Lieferantenstamm kostengünstigst zu verkleinern. Der Ansatz läuft in mehreren Schritten ab. In einem ersten Schritt werden die wichtigsten Tätigkeiten bzw. Vorgänge eines Unternehmens (wie Planungstätigkeiten, Warenannahme oder Rüsten von Maschinen) identifiziert. Für diese Tätigkeiten müssen die anfallenden Gemeinkosten ermittelt werden, da sie für die spätere Berechnung herangezogen werden. Faktoren, die die bedeutendsten Kosten einer Tätigkeit widerspiegeln, werden cost driver genannt. Mit Hilfe dieser Kostentreiber wird die cost driver ratio („Kostentreiberrate“) berechnet, die sich aus den Gemeinkosten pro Kostentreiber ergibt und alle aufgrund einer Tätigkeit anfallenden Kosten enthält. Alle Kosten, die ein Lieferant infolge von Fehlern (beispielsweise Fehllieferungen oder Qualitätsmängel) im Produktionsprozess verursacht, werden formal als die Summe aller Mängel bezeichnet, die das beschaffende Unternehmen (neben dem Kaufpreis) zusätzlich belasten. Daneben wird der Aufpreis des aktuellen im Vergleich zum billigsten Lieferanten ermittelt und mit der Anzahl der zugekauften Einheiten multipliziert, was den erhöhten Kaufpreis insgesamt (d.h. aller bezogenen Einheiten) darstellt. Der Kostenwert pro Lieferant errechnet sich schließlich als Summe beider Faktoren wie folgt [vgl. Roodhooft/Konings, 1996, S. 100]:

SiB = ( pi − p min ) × q + ¥ j c Bj × DijB mit:

SiB

geschätzter Kostenwert für Lieferant i

pi

Verkaufspreis pro Einheit von Lieferant i

p q

min

Verkaufspreis des preiswertesten Lieferanten verkaufte Einheiten

156

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung

c Bj

geschätzte Kosten pro Kostentreiber j im Unternehmen

DijB

geschätzte Einheiten der Kostentreiber j im Unternehmen, die von Lieferant i verursacht wurden

Der Lieferant, der nach dieser Berechnung die geringsten Kosten verursacht, sollte als Zulieferer beibehalten werden. Hauptnachteil des Verfahrens ist dessen ausschließliche Einsetzbarkeit zur Lieferantenreduktion; eine Lieferantenauswahl beim Neukauf beispielsweise kann aufgrund fehlender Daten durch Activity Based Costing nicht unterstützt werden. Kritisch anzumerken sind darüber hinaus vor allem die Fixierung auf die Kosten, die (daraus resultierende) hohe Gewichtung des Einkaufspreises, die schwierige Nachvollziehbarkeit des Vorgehens bei der Bewertung der Kostentreiber sowie die mangelnde Klassifikation und Repräsentation der Zulieferer.

3.5.3.3.4 Cluster Analysis Die Cluster Analysis (Clusteranalyse, CA) ist ein multivariates statistisches Verfahren, das ursprünglich in den Sozialwissenschaften entwickelt wurde [vgl. Hinkle et al., 1969, S. 49]. Die zu klassifizierenden Objekte werden zu Gruppen (Clustern) zusammengefasst, die möglichst gleiche Variablenausprägungen aufweisen. Die Variablenausprägung zwischen den Clustern soll dabei so unähnlich wie möglich ausfallen.113 Die CA kann für beliebige Objekte (beispielsweise Lieferanten) eingesetzt werden und führt aufgrund der Gruppenbildung sowohl zu einer Datenstrukturierung als auch zu einer Datenreduzierung. Die Datenreduzierung wird durch die Beschreibung der einzelnen Cluster mit einem charakteristischen Typus hervorgerufen [vgl. Zuber, 1999, S. 1]. Unter dem Begriff der CA werden verschiedene Verfahren zusammengefasst; im Rahmen des Lieferantenmanagements werden in der Literatur die Hierarchische Clusteranalyse [vgl. Bühl/Zöfel, 2000, S. 492ff.] und die Clusterzentrenanalyse vorgestellt [vgl. Holt, 1998, S. 157]. Beide Verfahren werden jedoch ausschließlich zur Klassifizierung der Lieferanten angewandt; Auswahltechniken mittels der CA werden nicht beschrieben. a) Hierarchische Clusteranalyse Bei der Hierarchischen Clusteranalyse (HCA) stellt zu Beginn jedes Objekt (=Lieferant) ein eigenes Cluster dar. Durch eine schrittweise Fusionierung dieser Cluster wird die Anzahl der Cluster bis auf ein Optimum reduziert. Für die Fusionierung stehen prinzipiell verschiedene Methoden zur Verfügung, BÜHL/ZÖFEL (2000, S. 492f.) verwenden das Average-Linkage113

Das Vorgehen der Clusteranalyse wird im Rahmen von Kapitel 5.1 ausführlicher beschrieben.

Kapitel 3.5 – Verfahren der Lieferantenbewertung

157

Verfahren114, bei dem die Distanz zwischen zwei Clustern aus dem Durchschnitt der Distanzen aller Fallpaare des ersten Clusters und dem Durchschnitt der Distanzen alle Fallpaare des zweiten Clusters ermittelt wird. Die Cluster mit dem geringsten Abstand zueinander werden zu einem neuen Cluster zusammengefasst. Dieses Vorgehen wird schrittweise fortgesetzt, bis es zu einem sprunghaften Anstieg der Distanz zwischen zwei Clustern kommt. An dieser Schrittstelle ergibt sich die optimale Clusteranzahl aus der Differenz zwischen der Startanzahl der Objekte und der Schrittzahl vor dem sprunghaften Anstieg des Abstandsmaßes [vgl. Bühl/Zöfel, 2000, S. 476]. b) Clusterzentrenanalyse Die HCA ist bei der Berechnung der Cluster sehr genau und eignet sich nur für kleine Fallzahlen, da die Rechenzeit mit der dritten Potenz der Fallzahl steigt und dadurch zu zeitaufwendig wird [vgl. Bühl/Zöfel, 2000, S. 493]. Bei großen Objektzahlen wird daher die Clusterzentrenanalyse als nicht-hierarchisches Clusterverfahren angewandt [vgl. Holt, 1998, S.157]. Sie versucht, die Objekte (=Lieferanten) einer vorgegebenen Clusteranzahl durch die schrittweise Berechnung von Distanzen zwischen Clusterzentrum und Objekt optimal zuzuordnen. Die gängigste Methode der Clusterzentrenanalyse ist die sogenannte k-meansMethode, die in Kapitel 5.1 beschrieben wird. Ein spezifischer Nachteil der Clusterzentrenanalyse besteht darin, dass die Clusteranzahl vorgegeben werden muss, da sie – im Gegensatz zur HCA – nicht aus den Ergebnissen ableitbar ist. Ein weiteres Problem liegt in der Abschätzung der Anfangswerte für die Clusterzentren. In diesem Fall kann die Durchführung der HCA mit einer Zufallsauswahl der Fälle die Clusteranzahl und die Anfangswerte für die Clusterzentrenanalyse vorgeben. Insgesamt bieten die vorgestellten Verfahrensansätze der Clusteranalyse lediglich eine Klassifikation der Lieferanten, können jedoch die Lieferantenauswahl nicht wirkungsvoll unterstützen.

Weitere, sehr seltene und komplexe Verfahren, die im Rahmen der Arbeit nicht näher erläutert werden sollen, nutzen

114



Discreet Choice Analysis Experiments [vgl. Verma/Pullman, 1998, S. 739ff.],



Human Judgement Models [vgl. Patton, 1996, S. 135ff.],



Marginal Cost Models [vgl. Talluri, 2002, S. 4ff.],



Mixed Integer Programming [vgl. Weber/Current, 1993, S. 173ff.],

Zum Average-Linkage-Verfahren vgl. Kapitel 5.1.1.3.

158

Kapitel 3 – Lieferantenbewertung



Multi-Objective Programming [vgl. Weber/Ellram, 1993, S. 3ff.] und



Neural Networks [vgl. Siying/Jinlong/Zhicheng, 1997, S. 468ff.].

Der Anwendbarkeit dieser Modelle stehen hauptsächlich deren Komplexität und zumeist schwierige Nachvollziehbarkeit gegenüber. Daneben erfüllen sie nicht die Anforderung einer aussagefähigen grafischen Repräsentation der Lieferanten. Nach der ausführlichen theoretischen Beschreibung der Anforderungen, Ziele, Kriterien und Verfahren der Lieferantenbewertung werden im folgenden Kapitel die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Studie vorgestellt, um anschließend die gebräuchlichsten Verfahren der Lieferantenbewertung den theoretischen und empirischen Anforderungen gegenüberzustellen. Es wird sich zeigen, dass keines der Verfahren die gestellten Anforderungen umfassend erfüllen kann; der Auftrag zur Konstruktion eines anforderungsgerechten Verfahrens ist demnach evident.

3.6 Lieferantenbewertung in der Praxis Um die empirischen Ergebnisse zum Fragenkomplex „Lieferantenbewertung“ in der Studie besser zu strukturieren, wurde eine Einteilung in folgende vier Unterkapitel gewählt: Betriebliche Rahmenbedingungen, Ziele und Anforderungen, Bewertungskriterien und Entscheidungssituationen sowie Bekanntheit und Bedeutung der Bewertungsverfahren.

3.6.1 Betriebliche Rahmenbedingungen Die betrieblichen Rahmenbedingungen beeinflussen stets auch die Ausgestaltung der Lieferantenbewertung, wie bereits in Kapitel 2.2 aufgezeigt. Interessant sind vor allem die in der Praxis vorherrschenden Beschaffungsstrukturen und deren Zusammenhang mit der Lieferantenbewertung. Abbildung 3–20 zeigt zunächst, inwieweit die unterschiedlichen Beschaffungsstrukturen bei den befragten Industrieunternehmen überhaupt ausgeprägt sind. Am stärksten ausgeprägt sind dabei Single-Sourcing mit knapp 64 % sowie Global-Sourcing mit knapp 55 % der Nennungen, am seltensten (32 %) wurde Stock-Sourcing genannt. Branchenspezifisch ist in den Industriezweigen Maschinenbau, Elektro und Fahrzeugbau Single-Sourcing bei über 70 % der Unternehmen ausgeprägt, während in der chemischen Industrie 81 % der Befragten Multiple-Sourcing betreiben (vgl. Anhang A-12). Durch die internationalen Verflechtungen der chemischen und der Bekleidungsindustrie ist erwartungsgemäß auch das Global-Sourcing wesentlicher Bestandteil der betrieblichen Beschaffungsstrategien (77,8 % bzw. 75 %).

Kapitel 3.6 – Lieferantenbewertung in der Praxis

159

Zudem konnte festgestellt werden, dass die Ausprägung von Single-, Modular- und GlobalSourcing mit steigender Unternehmensgröße zunimmt (vgl. Anhang A-13). 0%

Single-Sourcing (N=161)

10%

20%

30%

40%

ausgeprägt

50%

60%

70%

80%

90%

100%

nicht ausgeprägt

Multiple-Sourcing (N=156)

Modular-Sourcing (N=143)

Global-Sourcing (N=159)

Local-Sourcing (N=151)

Just-in-Time (N=151)

Stock-Sourcing (N=144)

Abbildung 3–20: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen115

Nachdem die allgemeine Ausprägung der Beschaffungsstrukturen bekannt ist, stellt Abbildung 3–21 jenen verschiedenen Beschaffungsstrukturen die Intensität der Lieferantenbewertung detailliert gegenüber. Es zeigt sich, dass die Lieferantenbewertung am intensivsten beim Single-Sourcing durchgeführt wird: 31 % der befragten Unternehmen führen die Bewertung „sehr intensiv“ durch, knapp 34 % der Unternehmen „intensiv“, was insgesamt durch das ausgeprägte Abhängigkeitsverhältnis zwischen Abnehmer und Lieferant begründet ist. Auch beim Global-Sourcing wenden 21 % der Unternehmen eine „sehr intensive“ Lieferantenbewertung an. Der Grund hierfür ist vermutlich in der erhöhten Unsicherheit beim Einkauf in fremden Ländern zu sehen: Für eine erfolgreiche Kooperation mit ausländischen Zulieferern sind umfassende Kenntnisse über die jeweiligen Beschaffungsmärkte unabdingbar.116 Bei Local-Sourcing ist die Intensität der Lieferantenbewertung „weniger intensiv“ (48 %), was vermutlich mit der hohen Kenntnis der lokalen Zulieferer zusammenhängt.

115

116

Für diesen allgemeinen Überblick wurden die Beschaffungsstruktur-Intensitäten „sehr intensiv“ und „intensiv“ zu „ausgeprägt“ zusammengefasst, die Intensitäten „weniger intensiv“ und „gar nicht“ zu „nicht ausgeprägt“. Auf spezielle Inhalte der Beschaffungsmarktforschung bezogene Korrelationen bestätigen diese Annahme jedoch nur schwach: Der Bewertungsaufwand beim Global-Sourcing korreliert mit der Intensität von Untersuchungen über potentielle Lieferanten (r=0,40; 0,7) vor, ist die Anwendung einer Faktorenanalyse zumindest fraglich. Darüber hinaus kann mit mehreren Verfahren geprüft werden, ob sich das Ergebnis der Analyse auf die Grundgesamtheit hochrechnen lässt. Bei Verwendung der Faktorenanalyse in der Lieferantenbewertung sind die Ausgangsdaten jedoch nicht als Stichprobe anzusehen, sondern als Vollerhebung. Eine Hochrechnung hat das Lieferanten-Bewertungs-System nicht zum Ziel, so dass auf eine Anwendung dieser Prüfverfahren im Folgenden verzichtet werden kann.

188

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

4.1.2.2

Extraktion der Faktoren

Die bisherigen Überlegungen richteten sich auf die Ausgangsdaten mit deren Korrelationen, um die Eignung für faktoranalytische Zwecke zu untersuchen. Im zweiten, zentralen Schritt der Faktorenanalyse (vgl. Abbildung 4–2) wird die Berechnung der Faktoren aus den Variablen beschrieben, was als Faktorextraktion bezeichnet wird. Wie bereits erwähnt, stehen mehrere Verfahren der Faktorextraktion zur Verfügung. Ausführlich beschrieben wird die Hauptkomponentenmethode, weitere Extraktionsverfahren werden in ihrer Idee überblicksartig vorgestellt. Zunächst soll jedoch der Bezugsrahmen der Faktorextraktion abgesteckt werden, indem auf das faktorenanalytische Modell, dessen Grundgleichung und die resultierende Schätzaufgabe, die die erwähnte Vielfalt der Extraktionsverfahren bedingt, eingegangen wird.

4.1.2.2.1 Das faktorenanalytische Modell Ausgangspunkt ist eine Datenmatrix A (Gleichung 4.1) und deren standardisierte Datenmatrix

Z (Gleichung 4.2). Bei einer Faktorenanalyse geht man davon aus, dass sich die standardisierten Merkmalsvektoren z1,...,zm durch eine Linearkombination von möglichst wenigen, unbekannten Faktoren darstellen lassen. Dabei wird zwischen k gemeinsamen Faktoren und den spezifischen Faktoren unterschieden [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 509f.]:

z j = lj1 f 1 + lj2 f 2 + ... + lji f i + ... +ljk f k + dLj u j mit fi lji uj dLj Die Vektoren f

j=1,...,m

(4.9)

i-ter gemeinsamer Faktor (i=1,...k) Ladung des gemeinsamen Faktors i auf Variable j spezifischer Faktor der Variable j Ladung des spezifischen Faktors auf Variable j i

heißen gemeinsame Faktoren, da sie alle Merkmalsvektoren z1,...,zm

beeinflussen. Die Höhe des Einflusses von Faktor f

i

auf Merkmal(svektor) z

j

gibt dabei

jeweils die zugehörige Faktorladung lji an. Daneben wird für jedes Merkmal j noch ein spezifischer Faktor u j benötigt, der den nicht durch die gemeinsamen Faktoren erklärten Rest beinhaltet. Diese spezifischen Faktoren heißen auch Einzelrestfaktoren, ihre zugehörige Ladung wird mit dLj gekennzeichnet.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

189

Matriziell lässt sich somit schreiben:

Z = FLT + UDL

(4.10)

mit

Z = ( zij )n,m

standardisierte Datenmatrix nach (4.2)

sowie

F = ( f 1,..., f k ) =

f 11 . f n1

... ...

f 1k . f nk

(4.11)

als Matrix der k gemeinsamen Faktoren (Faktorwertematrix)

1

k

L = ( l ,..., l ) =

l11 . l m1

... l1k . ... l mk

(4.12)

als Matrix der k Ladungsvektoren (Ladungsmatrix) und

u11 U = ( u ,..., u ) = . u n1 1

m

... u1m . ... u nm

(4.13)

als Matrix der m spezifischen Faktoren (Einzelrestmatrix)

d L1 1

m

DL =(dL ,..., dL )=

. 0

...

0 .

(4.14)

... d Lm

als Diagonalmatrix der m spezifischen Faktorladungen

190

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Während die standardisierte Datenmatrix Z also den Zusammenhang zwischen den n Objekten und den m Merkmalen beschreibt, spiegelt die Faktorwertematrix F den Zusammenhang zwischen den n Objekten und den k gemeinsamen Faktoren wider; die

Ladungsmatrix L beinhaltet schließlich den Zusammenhang zwischen den m Merkmalen und den k gemeinsamen Faktoren. Bezüglich der Faktorwertematrizen F und U wird vorausgesetzt, dass die spezifischen 1

m

Faktoren u ,..., u untereinander unkorreliert sind und nicht mit den gemeinsamen Faktoren f 1

,..., f k korrelieren [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 234], was allein aufgrund der Bezeichnung

„spezifischer Faktor“ leicht nachvollziehbar ist. 1

Wird zusätzlich gefordert, dass auch die gemeinsamen Faktoren f ,..., f unkorreliert

131

k

untereinander

, also orthogonal sind [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1993, S. 642], lässt sich

nach (4.5) die Korrelationsmatrix R wie folgt berechnen:

R = LLT + DLDL

(4.15)

Wird die Korrelationsmatrix um die Einflüsse DL der spezifischen Faktoren bereinigt, erhält man die reduzierte Korrelationsmatrix R’.

R’ = R – DLDL = LLT

(4.16)

Gleichung (4.16) ist auch als das Fundamentaltheorem der Faktorenanalyse nach THURSTONE (1947) bekannt. Es besagt, dass die reduzierte Korrelationsmatrix R’ durch die Korrelationen zwischen den Faktoren reproduzierbar sein muss [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 279]. Die Schätzung der Ladungsmatrix L stellt das Hauptproblem der Faktorenanalyse dar, da es unendlich viele Matrizen L gibt, die Gleichung (4.16) erfüllen. Kapitel 4.1.2.2.3 widmet sich diesem Problem, das auch als Faktorextraktion bezeichnet wird. Zuvor sollen jedoch zwei wichtige Kenngrößen definiert werden, die im weiteren Verlauf der Faktorenanalyse bedeutsam sind.

131

Für den (unüblichen) Fall der korrelierten Faktoren siehe HARTUNG/ELPELT (1999, S. 509).

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

191

4.1.2.2.2 Kommunalitäten und Eigenwerte Um mehr über die Bedeutung der Faktorladungen ljk zu erfahren, betrachtet man die Hauptdiagonalelemente aus Gleichung (4.15) und führt damit implizit eine Varianzzerlegung durch [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 235]:

rjj = lj12 + lj22 + ... + ljk2 + dLj2 = 1 Dabei erklärt der erste gemeinsame Faktor f j

(standardisierten) Merkmals z , der k-te Faktor f

(4.17) 2

1

den Anteil lj1

k

also den Anteil ljk . Der nicht von den

an der Varianz des 2

2

gemeinsamen Faktoren erklärte Teil der Varianz (Rest) wird als Einzelvarianz dLj bezeichnet.

Die Faktorladungen ljk können Werte zwischen –1 und +1 annehmen; auf deren Interpretation wird in Kapitel 4.1.2.4 näher eingegangen. Die Summe der durch die gemeinsamen Faktoren 2

erklärte Teil der Varianz der Variable j heißt Kommunalität hj :

hj2 = lj12 + lj22 + ... + ljk2

(4.18)

j = 1,..,.m

Die Kommunalität gibt folglich an, welchen Betrag der Streuung einer Variablen alle Faktoren zusammengenommen beschreiben [vgl. Überla, 1971, S. 57ff.]. Kommunalität und Einzelvarianz ergänzen sich zur (Gesamt-)Varianz einer Variablen, also zu 1. Die Werte der Kommunalitäten liegen stets zwischen 0 und 1. Der Wert 1 wird nur dann erreicht, wenn die Streuung einer Variablen restlos durch die gemeinsamen Faktoren erklärt wird. Da dies in der Regel nicht der Fall ist, sind die Kommunalitäten häufig kleiner als 1. Werden in obigem Ausgangsbeispiel zwei Faktoren extrahiert (Verfahren siehe Kapitel 4.1.2.2.3), erklären diese beiden Faktoren nicht vollständig die Varianz der Beobachtungsdaten, was an der Summe der Faktorladungsquadrate, den Kommunalitäten, zu erkennen ist (vgl. Tabelle 4–4).

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,9011

0,3079

0,906829

Zuverlässigkeit

0,9349

0,2674

0,945581

Qualität

0,8700

0,3523

0,880959

Mitarbeiter

-0,4883

0,8714

0,997773

Umsatz

-0,4613

0,8853

Tabelle 4–4: Faktorladungen ljk und Kommunalitäten hj

0,996616 2

192

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Beispielsweise wird der PREIS durch die beiden Faktoren zu gut 90,6 % erklärt, was sich aus der quadrierten Summe der Faktorladungen (0,90112 + 0,30792) ergibt. Einen ebenfalls wichtigen Aspekt bei der Durchführung der Faktorenanalyse stellt der

Eigenwert dar. Während die Kommunalität den Teil der Streuung einer Variablen angibt, welcher durch alle im Modell berücksichtigten Faktoren erklärt wird, beschreibt der Eigenwert hingegen den Teil der Gesamtstreuung aller Variablen, welcher durch einen bestimmten Faktor erklärt wird [vgl. Bortz, 1993, S. 480f.]. Die aufgeklärte Varianz durch einen Faktor i heißt Eigenwert

λi und berechnet sich aus der

Summe der aufgeklärten Varianzen in den Variablen:

λi = l1i2 + l2i2 + ... + lji2 + ... + lmi2

i = 1,...,k

(4.19)

mit

lji

Faktorladung des Faktors i bei Merkmal j

Ein Eigenwert gilt als klein, wenn er 1 oder kleiner ist, da dann dieser Faktor bestenfalls soviel Varianz aufklärt wie eine Variable allein. Eigenwerte sind somit wichtige Hilfsmittel, um im folgenden Schritt der Faktorextraktion die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren zu bestimmen.

4.1.2.2.3 Faktorextraktionsverfahren Wie bereits erwähnt, stellt die Schätzung der Ladungsmatrix L, auch Faktorextraktion genannt, das zentrale Problem der Faktorenanalyse dar, da es unendlich viele Matrizen gibt, die Gleichung (4.16) erfüllen. Jedes Bestimmungsverfahren muss somit neben der Orthogonalität der Faktoren zusätzliche Anforderungen an die Ladungsmatrix stellen. Im Folgenden wird die Hauptkomponentenmethode ausführlich beschrieben, da sie dem neuen Lieferanten-Bewertungs-System zugrunde liegt. Zusätzlich werden weitere Verfahren zur Faktorextraktion überblicksartig dargestellt. Hinweise zur Faktorenanzahl und zur graphischen Interpretation schließen das Kapitel.

Bestimmung

der

a) Hauptkomponentenmethode Die Hauptkomponentenmethode wird meist mit der Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis) gleich gesetzt. FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ (1996, S. 661) sehen die Hauptkomponentenmethode aber als einen Spezialfall der Hauptachsentransformation im Rahmen der übergeordneten Hauptkomponentenanalyse, zu der noch die später beschriebene

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

193

Hauptfaktorenanalyse gehört. Bei der Hauptkomponentenmethode wird das gleiche Verfahren der Hauptachsentransformation (also die Hauptkomponentenanalyse) zur Ermittlung aus-

schließlich der „wichtigsten“ Faktoren angewendet. Generell verfolgt die Hauptkomponentenanalyse [vgl. Hotelling, 1933, 1936] das gleiche Ziel der Datenreduktion wie die Faktorenanalyse – dennoch sind diese beiden Verfahren voneinander abzugrenzen. Die Hauptkomponentenanalyse ist keine Faktorenanalyse im eigentlichen Sinn, da sie unter der Annahme fehlender merkmalseigener Varianzen arbeitet – es bestehen also keine Einzelrestvarianzen. Die Variablen lassen sich somit immer durch k unkorrelierte Faktoren ohne Rest beschreiben, das heißt die Varianz einer Variable wird vollständig durch die Faktoren erklärt. Es gilt folglich:

Z = FLT

(4.20)

Werden aus diesen k unkorrelierten Faktoren die q wichtigsten ausgewählt, spricht man von einer Hauptkomponentenmethode. Selbstverständlich wird bei diesem Vorgehen die Varianz der Ausgangsvariablen nicht mehr zu 100% erklärt; dieser Informationsverlust wird jedoch bewusst in Kauf genommen, um die gewünschte Komplexitätsreduktion zu erreichen. Die Hauptkomponentenmethode arbeitet somit nach dem gleichen Extraktionsprinzip wie die Hauptkomponentenanalyse, bricht jedoch bei Erreichen eines genügend hohen Erklärungsanteils ab. Die Bestimmung der Faktorenanzahl wird im nächsten Abschnitt ausführlich behandelt. Dabei ist festzuhalten, dass bei der Hauptkomponentenmethode im Unterschied zur Faktorenanalyse kein explizites Modell formuliert wird, sondern dass sie nur ein rein datenmanipulierendes Verfahren darstellt mit dem Ziel, die „wesentlichen Faktoren“ auszuwählen. Daneben arbeitet dieses Verfahren ohne Verteilungsannahmen [vgl. Überla, 1971, S. 87ff.], was dessen Einsatz im Lieferanten-Bewertungs-System zusätzlich begünstigt. Der detaillierte Verlauf der Hauptkomponentenmethode erfolgt nach OPITZ (1980, S. 111ff.) in den folgenden Schritten: Ausgangspunkt ist eine Datenmatrix A, die nach (4.2) in eine standardisierte Datenmatrix Z T

überführt wird132. Zugrunde liegend ist ferner das Modell (4.20): Z = FL .

132

Eine Standardisierung ist bei OPITZ (1980) aufgrund vergleichbarer Datenstruktur nicht explizit erwähnt, jedoch nach gängiger Auffassung Grundlage der Hauptkomponentenanalyse bzw. –methode [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 507 sowie Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 661].

194

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Es seien:

S = ( sij )m,m

Varianz-/Kovarianzmatrix von Z mit

sij =

C = ( cij )m,m

z, f

n

¥ (zti – zi)(ztj – zj) t=1

Varianz-/Kovarianzmatrix von F mit

cij =

Die Mittelwerte

1 n

1 n

n

¥ (fti – fi)(ftj – fj) t=1

werden analog zur Definition in Formel (4.3) gebildet.

Als Maß für die Information von Z bzw. von F bietet sich die Summe der Hauptdiagonalelemente, die Spur, von S bzw. von C an. Wird für die Ladungsvektoren paarweise Orthonormalität (Orthogonalität mit Länge 1) gefordert, dann gilt:

C = LTSL cii = l

iT

Sl

bzw. i

i=1,...,m

(4.21)

sowie

c11 + ... + cmm = s11 + ... + smm

(4.22)

Die gesamte Ursprungsinformation wird somit durch m Faktoren erklärt. Der Anteil der auf die i-te Hauptkomponente übertragenen Ursprungsinformation ist nach (4.21) nur vom i

Ladungsvektor l abhängig. Es gilt nun, die Ladungsvektoren so zu bestimmen, dass die durch 1

die Faktoren f ,..., f

m

erklärten Varianzen s11,..., smm sukzessive abnehmen. Der erste

Faktor soll dabei den größten Anteil der Ausgangsvarianz erklären, der zweite Faktor den zweitgrößten Anteil usw.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

195

Dazu werden folgende Optimierungsprobleme gelöst: T

max c11 = max l 1 S l 1 T max c22 = max l 2 S l 2 ... bzw.

unter l unter l

1T 2T

l 1= 1 T l 2 = 1, l 1 l2 = 0

...

für alle i = 1,...,m: T

max cii = max l i S l i

unter l

iT

T

l i = 1, l j l i = 0

(j=1,…,i-1)

Die Lösung dieser Probleme führt zu folgender Eigenwertaufgabe der Matrix S:

det (S - λE) = 0

(4.23)

Zunächst werden die Eigenwerte 1

Hauptkomponenten f ,..., f

m

λ1,..., λm berechnet, die gleichzeitig die Varianzen der

mit c11 ≥ c22 ≥ ... ≥ cmm ≥ 0 darstellen. Diese Eigenwerte

λ1,..., λm werden wie folgt nummeriert: λ1 ≥ λ2 ≥ λ3 ≥ ... ≥ λm

(4.24) 1

Die Eigenvektoren sind dann die dazu paarweise orthonormalen Faktorladungsvektoren l ,...,

lm; sie sind eindeutig bis auf das Vorzeichen. Damit ist L bestimmt. Im Optimum gilt wegen (4.22):

T

C = S = L SL

c11 = . 0

...

1

...

=

. 0

0 s11 . = . ... cmm 0

...

0 .

... smm

0 . ...  m

(4.25)

Die nach (4.23) ermittelten Faktoren sind somit paarweise unkorreliert und der Betrag der erklärten Stichprobenvarianz nimmt mit steigendem Index ab. Ziel der Hauptkomponentenmethode ist es nun, die ersten q aus m Faktoren, die Hauptkomponenten, auszuwählen, so dass der gewünschte Erklärungsanteil b erreicht wird:

196

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

q

‡”s

tt

‡”s

tt

t1 m

≥b

(4.26)

t1

Bei umfangreichem Datenmaterial wird b etwa 50 bis 60 % betragen [vgl. Opitz, 1980, S. 121]. Weitere, ausführliche Methoden zur Bestimmung der Anzahl der Hauptkomponenten werden in Abschnitt c) vorgestellt. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Hauptkomponentenmethode anstatt auf der Varianz-Kovarianz-Matrix C auf der Korrelationsmatrix R fußen kann. Dies ist derart zu interpretieren, dass in (4.21) die zusätzliche Forderung cii  [1; 2] an die Varianzen cii gestellt wird [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 83], was ähnlich dem Kaiser-Kriterium (siehe Abschnitt c)) ebenfalls die Zahl der Hauptkomponenten determiniert. Das Verfahren der Hauptkomponentenmethode löst die gegenläufigen Problemstellungen „möglichst geringe Faktorenzahl“ sowie „möglichst hohe erklärte Ausgangsvarianz“ auf anschauliche Weise und ist durch den Verzicht auf detaillierte Modellannahmen, deren Parameter in der Praxis fast nie bekannt sind, für die Konzeption des LieferantenBewertungs-Systems gut geeignet. Weitere Extraktionsverfahren werden im Folgenden überblicksartig behandelt.

b) Weitere Extraktionsverfahren Bei der Einteilung der Faktorextraktionsverfahren ist zu unterscheiden zwischen Methoden, die vom faktoranalytischen Modell mit gemeinsamen und spezifischen Faktoren ausgehen und solchen, die a priori keine spezifischen Faktoren oder diese nur als Rest identifizieren, der sich als Resultat des Verfahrenablaufes ergibt [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 709]. Zur ersten Gruppe zählen:



Maximum-Likelihood-Analyse



Hauptfaktorenanalyse



Image-Analyse



Kanonische Faktorenanalyse



α-Faktorenanalyse



Maximum-Determinanten-Lösung



Verfahrensvarianten, die zunächst die Kommunalitäten schätzen und dann die Korrelationsmatrix reduzieren

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

197

Exemplarisch sollen aus dieser Gruppe die Idee der Maximum-Likelihood-Analyse, der Hauptfaktorenanalyse und der Image-Analyse vorgestellt werden, für die anderen Varianten werden Literaturhinweise gegeben. Zur zweiten Gruppe zählen:



Hauptkomponentenmethode (vgl. a))



Zentroidmethode



Multiple-Group-Methode



Minres-Verfahren

Nachdem als bekanntester Vertreter dieser Gruppe die Hauptkomponentenmethode in Abschnitt a) bereits ausführlich behandelt wurde, soll im Weiteren lediglich die Idee der Zentroidmethode umrissen werden. Literaturhinweise zu den beiden anderen Verfahren und eine zusammenfassende Grafik schließen das Unterkapitel.

b1) Verfahren mit gemeinsamen und spezifischen Faktoren Die Maximum-Likelihood-Methode (kurz: ML-Faktorenanalyse) wurde von LAWLEY/ MAXWELL (1971) entwickelt und gehört neben der Hauptkomponentenanalyse zu den wichtigsten Faktorextraktionsverfahren. Mit dieser Methode werden solche Parameter geschätzt, unter denen die Wahrscheinlichkeit, die beobachtete Korrelationsmatrix zu reproduzieren, am größten ist. Dabei wird unterstellt, dass die Verteilung des Datenmaterials einer multivariaten Normalverteilung gehorcht. Bei der Maximum-Likelihood-Methode „interessiert man sich jedoch in erster Linie für das Zustandekommen der Kovarianzen (...) und nur in zweiter Linie für die Erklärung der Daten“ [FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ, 1996, S. 649], was einen Einsatz im Lieferanten-Bewertungs-System ausschließt. Eine detaillierte Beschreibung der Maximum-Likelihood-Methode findet sich beispielsweise bei HARTUNG/ELPELT (1999, S. 519ff.). Das Verfahren der Hauptfaktorenanalyse ist der bereits ausführlich beschriebenen Hauptkomponentenmethode recht ähnlich, geht jedoch von der Existenz merkmalseigener Varianzen nach Gleichung (4.10) aus. Nach einer Schätzung der Kommunalitäten wird die Korrelationsmatrix R um die merkmalseigenen Einflüsse zu R’ bereinigt (4.16); erst nach dieser Bereinigung werden die k wichtigsten Hauptkomponenten als Hauptfaktoren entnommen [ausführlich dazu Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 671ff.]. Daneben werden mit dieser Analyse andere Ziele als bei der Hauptkomponentenmethode verfolgt. Die Hauptfaktorenanalyse sucht die Ursache, die für die hohen Ladungen der

198

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Variablen auf einen Faktor verantwortlich sind. Die Hauptkomponentenmethode verfolgt das Ziel, einen Sammelbegriff für die auf einen Faktor hoch ladenden Variablen zu finden [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 293], weshalb die Hauptkomponentenmethode besser für den Einsatz im Lieferanten-Bewertungs-System geeignet ist (neben weiteren, bereits im Rahmen der Hauptkomponentenmethode beschriebenen Vorteilen). Wie soeben beschrieben, besteht ein wichtiges Problem der Faktorenanalyse darin, die Kommunalitäten zu schätzen. Deren Werte kennt der Anwender nicht – ihm steht lediglich die Korrelationsmatrix zur Verfügung, die Faktorladungen müssen erst bestimmt werden. Ein häufig benutztes Verfahren zur Kommunalitätenschätzung gibt denjenigen Schätzwert vor, der den höchsten quadrierten Korrelationskoeffizient einer Variable mit allen anderen Variablen darstellt [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 237]. Ähnliche und weitere Verfahren zur Kommunalitätenbestimmung behandeln unter anderem FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ (1996, S. 673ff.) sowie HARTUNG/ELPELT (1999, S. 534f.). Bei der unter a) vorgestellten Hauptkomponentenmethode werden die Kommunalitäten durch den Iterationsprozess der Faktorextraktion ermittelt, d.h. man überlässt es dem Rechenverfahren, die Höhe der Kommunalitäten zu bestimmen. Nicht zuletzt dadurch wird die Verwendung der Hauptkomponentenmethode für das in Kapitel 4.2 zu konzipierende Lieferanten-Bewertungs-System begünstigt. Die Image-Analyse nach GUTTMANN (1953) umgeht das Problem der a priori Kommunalitätenschätzung, indem nicht nach dem durch die gemeinsamen Faktoren erklärten Datenanteil gesucht wird, sondern das Image G berechnet wird, d.h. derjenige Teil der Variablen, der jeweils durch die anderen, noch zu untersuchenden Variablen vorausgesagt werden kann. Die reduzierte Korrelationsmatrix wird dann gemäß R’=GTG gebildet. Der weitere Verfahrensablauf ist analog zur Hauptfaktorenanalyse; die ermittelten Hauptkomponenten heißen Imagefaktoren [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 699]. Nachdem die Image-Analyse eine „Approximation der Hauptfaktorenanalyse darstellt“ [FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ, 1996, S. 699], wurde auf ihren Einsatz im Rahmen des Lieferanten-Bewertungs-Systems aus genannten Gründen verzichtet. Weitere Extraktionsverfahren, die vom faktoranalytischen Modell mit gemeinsamen und spezifischen Faktoren ausgehen, sind die der Maximum-Likelihood-Methode sehr ähnliche

kanonische Faktorenanalyse nach RAO (1955) [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 525ff.], die αFaktorenanalyse nach KAISER/CHAFFREY (1965) [vgl. auch Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 704f.] und die Maximum-Determinanten-Lösung nach HOWE (1955). Daneben existieren Verfahrensvarianten, die zunächst die Kommunalitäten schätzen und dann die

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

199

Korrelationsmatrix reduzieren, wie beispielsweise die gestufte Dreieckszerlegung nach dem Cholesky-Verfahren [vgl. Stoer, 1976, S. 146].

b2) Verfahren, die a priori keine spezifischen Faktoren berücksichtigen Als wichtigste Vertreterin dieser Gruppe wurde in a) bereits die Hauptkomponentenmethode ausführlich dargestellt. Die Zentroidmethode nach THURSTONE (1947) ist eines der einfachsten Verfahren zur Bestimmung der Ladungsmatrix. Sie geht davon aus, dass „die Achse, die den ersten der q extrahierten Faktoren darstellt, den Schwerpunkt der p Merkmalspunkte im q-dimensionalen Raum schneidet, und die übrigen Achsen jeweils orthogonal sind“ [HARTUNG/ELPELT, 1999, S. 534]. Verfahrenstechnisch wird dabei der Rang der Korrelationsmatrix R sukzessive um 1 verringert – allerdings ohne ein konkretes Optimalitätskriterium, so dass bei der Anwendung dieser Methode viel Willkür bleibt. Folgerichtig wird die Zentroidmethode denn auch als Näherungslösung der Hauptkomponentenmethode angesehen [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 696], weshalb sie für die Konzeption des LieferantenBewertungs-Systems nicht eingesetzt wird. Die Multiple-Group-Methode ist der Zentroidmethode ähnlich und teilt die standardisierten Variablen in Gruppen ein, deren Zentroide die Faktoren bilden [vgl. Fahrmeir/Hamerle/ Tutz, 1996, S. 696f.]. Für das Minres-Verfahren (Minimierung der Residuen) wird verwiesen auf [ebd., S. 698f.].

Verfahren, die a priori gemeinsame und spezifische Faktoren berücksichtigen

Verfahren, die a priori keine spezifischen Faktoren berücksichtigen



Maximum-Likelihood-Analyse



Hauptfaktorenanalyse



Hauptkomponentenmethode



Image-Analyse



Zentroidmethode



Kanonische Faktorenanalyse



Multiple-Group-Verfahren



Maximum-Determinanten-Lösung



Minres-Verfahren



Dreieckszerlegung nach Cholesky

Abbildung 4–3: Methoden der explorativen Faktorenanalyse zur Faktorextraktion

Abbildung 4–3 fasst die beschriebenen Extraktionsverfahren der explorativen Faktorenanalyse nochmals übersichtlich zusammen. Die konfirmatorische Faktorenanalyse, die zusätzliche Nebenbedingungen und Hypothesen über die Variablen und Faktoren erfordert,

200

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

wird dabei (wie zu Beginn des Kapitels erwähnt) nicht berücksichtigt, weil sie im vorliegenden Fall aufgrund mangelnden Vorwissens nicht angewendet werden kann. Generell bleibt es dem Anwender überlassen, welche Extraktionsmethode er bevorzugt; jedes Verfahren bietet seine Vorteile bei Vorliegen der entsprechenden Ausgangssituation. Zur Interpretation und zum Vergleich von Analyseergebnissen ist es nur wichtig zu wissen, welcher Art die extrahierten Faktoren sind: Hauptkomponenten, Maximum-LikelihoodFaktoren,

Image-Faktoren,

α-Faktoren

oder

kanonische

Faktoren

[vgl.

Fahrmeir/

Hamerle/Tutz, 1996, S. 710]. Für den Einsatz im Lieferantenmanagement wurde auf Basis der beschriebenen Extraktionsverfahren die Hauptkomponentenmethode gewählt. Sie setzt im Gegensatz zu den anderen Faktorextraktionsverfahren keine Verteilungsannahme voraus, schätzt a priori keine Kommunalitäten und ist ein rein datenreduzierendes Verfahren, das die wichtigsten Faktoren – die Hauptkomponenten – extrahiert. Bestimmungsansätze zur Anzahl der zu extrahierenden Faktoren werden im folgenden Kapitel behandelt.

c) Ansätze zur Bestimmung der Faktorenanzahl Die Faktorenanalyse allgemein und im Besonderen die Hauptkomponentenmethode haben zum Ziel, möglichst wenige Faktoren zu ermitteln, die möglichst viel der Ausgangsinformation erklären – es liegt demnach ein Kompromiss-Problem vor. Zur Reduktion der Komplexität und zur graphischen Veranschaulichung der Ergebnisse sollte die Zahl der Faktoren q so weit wie möglich reduziert werden (ideal q=2). Bei dieser Bestimmung der Faktorenanzahl kann der Anwender subjektiv in die Analyse eingreifen. Im Folgenden werden dazu vier Kriterien erläutert als Hilfestellung für die Entscheidung, ob Faktoren im faktoranalytischen Modell beibehalten oder weggelassen werden sollten.

• Kaiser-Kriterium (Eigenwert-Kriterium) Das Kaiser-Kriterium nach KAISER/DICKMAN (1959) nutzt den Eigenwert (vgl. Gleichung 4.19) eines Faktors zur Bestimmung der Faktorenzahl. Der Eigenwert gibt an, wie viel Varianz der Faktor für alle Variablen insgesamt erklärt. Dem Kaiser-Kriterium zufolge sollten nur die Faktoren mit einem Eigenwert >1 extrahiert werden, da bei einem Eigenwert kleiner oder gleich 1 nicht mehr als die Variable allein erklärt wird [vgl. Marinell, 1998, S. 160]. Tabelle 4–5 zeigt die Faktorladungen der einzelnen Merkmale und in den Klammern die dazugehörigen quadrierten Faktorladungen, welche aufsummiert den Eigenwert eines Faktors darstellen (vgl. Gleichung 4.19). Im vorliegendem Beispiel legt das Kaiser-Kriterium somit eine Extraktion von zwei Faktoren nahe.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

201

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Preis

0,9011 (0,8119)

0,3079

(0,0948) -0,2634 (0,0694) -0,1542 (0,0237)

Zuverlässigkeit

0,9349 (0,8740)

0,2674

(0,0715) -0,0707 (0,0049)

Qualität

0,8700 (0,7568)

0,3523

(0,1241)

0,2222 (0,0493)

0,3375 (0,1139) -0,0718 (0,0051)

Mitarbeiter

-0,4883 (0,2384)

0,8714

(0,7593) -0,0016 (0,0000) -0,0208 (0,0004)

Umsatz

-0,4613 (0,2128)

0,8853

(0,7837) -0,0197 (0,0003)

Eigenwerte

2,894

1,834

0,189

0,0355 (0,0012) 0,080

Tabelle 4–5: Faktorladungsmatrix mit quadrierten Faktorladungen und Eigenwerten



Scree-Test

Beim sogenannten Scree-Test nach CATTELL (1966) wird der Eigenwertverlauf der Faktoren graphisch dargestellt. Bei einem deutlichen Knick in der Kurve werden die Faktoren rechts von der Knickstelle abgeschnitten, indem man die Faktorenanzahl derart wählt, dass der letzte einbezogene Faktor gerade die Knickstelle bildet [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 669].

3,000 2,500 2,000 1,500 1,000 0,500 0,000 Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Faktor 5

Abbildung 4–4: Scree-Test im Ausgangsbeispiel

In Abbildung 4–4 ist erkennbar, dass nach dem Scree-Test im vorliegenden Fall drei Faktoren auszuwählen wären.

• Subjektive Festlegung der erklärten Gesamtvarianz Die Faktorenanzahl lässt sich auch dadurch begrenzen, dass so viele Faktoren extrahiert werden, bis ein willkürlich festgesetzter Anteil der Gesamtvarianz durch diese erklärt wird [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 670]. Auf diese Methode zur Bestimmung der Faktorenanzahl greift die in a) vorgestellte Hauptkomponentenmethode zurück (vgl. Gleichung 4.26), wobei in praxi eine Entscheidung auch weniger streng a posteriori anhand der extrahierten Hauptkomponenten und deren Erklärungsanteile getroffen werden kann.

202

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Sollen im Ausgangsbeispiel mindestens 80 % der Gesamtvarianz erklärt werden, sind nach Tabelle 4–6 zwei Faktoren zu extrahieren, da sie bereits einen kumulierten Erklärungsanteil von 94,6 % besitzen (vgl. Tabelle 4–6).

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Eigenwerte

2,894

1,834

0,189

0,080

Erklärungsanteil

0,579

0,367

0,038

0,016

Kumulierter Erklärungsanteil

0,579

0,946

0,983

0,999

Tabelle 4–6: Erklärungsanteile der Faktoren im Ausgangsbeispiel

• Bartlett-Test Eine statistische Variante zur Festlegung der Faktorenanzahl stellt schließlich der Test nach BARTLETT (1951) dar, der eine Normalverteilung der Daten voraussetzt. Geprüft wird, ob sich die m-q kleinsten Eigenwerte

λq+1,...,λm von R noch signifikant unterscheiden und

somit weitere Faktoren zu berücksichtigen sind. Eine detaillierte Beschreibung des Testablaufs findet sich bei FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ (1996, S. 670). Abschließend sei darauf verwiesen, dass die erwähnten Methoden zur Bestimmung der zu extrahierenden Faktorenanzahl parallel angewendet werden können und stets nur allgemeine Hinweise geben. Letztendlich liegt es in der Hand des Anwenders, gerade diejenige Anzahl an Faktoren zu extrahieren, die für die vorliegende Entscheidungssituation am sinnvollsten erscheint.

d) Graphische Interpretation von Faktoren Der faktoranalytische Ansatz kann auch graphisch veranschaulicht werden, was dessen Verständlichkeit und Anschaulichkeit erhöht. Die Korrelationskoeffizienten können dabei als Winkel zwischen zwei Vektoren in einem Diagramm abgebildet werden. Wenn – wie im Ausgangsbeispiel – die Korrelation zwischen dem PREIS und der ZUVERLÄSSIGKEIT 0,909 beträgt (vgl. Tabelle 4–3), kann dies graphisch durch einen Winkel von 25° zwischen den beiden Vektoren verdeutlicht werden. Diese Verbindung wird über des Kosinus des jeweiligen Winkels hergestellt; für das angeführte Beispiel gilt: cos (25°) = 0,909. Entsprechend lässt sich jeder beliebige Korrelationskoeffizient mit genau einem definierten Winkel darstellen (vgl. Tabelle 4–7).

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

Preis Zuverlässigkeit Qualität

203

Preis

Zuverlässigkeit

1,000 | 0°

25°

Qualität 35°

Mitarbeiter 99°

Umsatz 98°

0,909

1,000 | 0°

32°

103°

101° 96°

0,815

0,845

1,000 | 0°

96°

Mitarbeiter

-0,168

-0,228

-0,117

1,000 | 0°



Umsatz

-0,143

-0,186

-0,099

0,994

1,000 | 0°

Tabelle 4–7: Spiegelbildlich identische Korrelationsmatrix mit Winkelausdrücken

Betrachtet man nur die beiden Variablen PREIS und ZUVERLÄSSIGKEIT, kann man deren Beziehung zueinander sehr einfach in einem zweidimensionalen Raum abbilden (vgl. Abbildung 4–5).

Vektor 1 (Preis)

Vektor 2 (Zuverlässigkeit) 25°

Abbildung 4–5: Graphische Darstellung des Zwei-Variablen-Beispiels

Je mehr Variablen in dieser graphischen Darstellung berücksichtigt werden sollen, um so mehr Dimensionen werden benötigt, um eine entsprechende Anordnung aller Variablen mit deren Winkeln zu ermöglichen. Eine korrekte Darstellung ist aber nur dann möglich, wenn alle Ausgangsvarianzen der Variablen zu 100 % erklärt werden, also alle Kommunalitäten gleich 1 sind. Werden jedoch mehrere Variablen auf zwei oder drei Faktoren verdichtet, ergibt sich quasi immer ein Informationsverlust, der eine widerspruchsfreie grafische Darstellung verhindert – wie auch im vorliegenden Beispiel. Dessen ungeachtet soll im Folgenden anhand des Ausgangsbeispiels kurz die Idee des gemeinsamen Faktorenraums umrissen werden (vgl. Abbildung 4–6). Im Beispiel wird Faktor 2 (im zweidimensionalen Raum) als Resultante der fünf Vektoren ermittelt: Werden die Vektoren als Seile mit einem Gewicht in 0 betrachtet und diese mit gleicher Stärke gezogen, würde sich das Gewicht in Richtung des Faktors 2 bewegen. Durch die übliche Voraussetzung der Faktorenanalyse, dass die Faktoren zueinander unabhängig sein sollen, ergibt sich Faktor 1 durch die Errichtung eines Vektors, der rechtwinklig (orthogonal) zu Faktor 2 ist [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 286]. Dieses Vorgehen erlaubt in Kombination mit der Bestimmung von Faktorwerten (vgl. Kapitel 4.1.2.4) eine graphische Repräsentation der Analyseergebnisse, was eine wichtige

204

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Anforderung für die Konstruktion eines neuen Systems zur Lieferantenbewertung darstellt (vgl. Abbildung 3-1).

Faktor 2 Qualität

Umsatz

Preis Zuverlässigkeit Mitarbeiter

0

Faktor 1

Abbildung 4–6: Graphische Darstellung des Schwerpunktes

Um die Interpretierbarkeit des nach der Faktorextraktion erzielten Ergebnisses zu erhöhen, werden häufig Faktorrotationen durchgeführt, auf die im folgenden dritten Schritt der Faktorenanalyse (vgl. Abbildung 4–11) näher eingegangen wird.

4.1.2.3

Faktorrotation

Bisher wurden die Faktoren nur als rein rechentechnische Ergebnisse angesehen, was zu einer geringen Aussagekraft der Faktorenanalyse führte, da die Bedeutung der Faktoren inhaltlich nicht näher bestimmt wurde. Ziel aller Faktorrotationen ist demnach das Erreichen einer möglichst guten Interpretierbarkeit der Faktoren im Sinne des von THURSTONE (1947) geprägten Begriffes der

Einfachstruktur. Darin enthalten sind konkrete Anforderungen an die Gestalt der Ladungsmatrix, wie „jede Zeile der Ladungsmatrix soll mindestens eine Null enthalten“ oder „für jedes Spaltenpaar sollen nur wenige Variablen hohe Ladungen in beiden Spalten haben [vgl. Überla, 1971, S. 175f. sowie Hartung/Elpelt, 1999, S. 547]. Die Interpretation der Faktoren ergibt sich aus den Beziehungen der einzelnen Variablen zu den Faktoren, welche der Faktorladungsmatrix entnommen werden können. Hohe Faktorladungen deuten auf eine große, kleine dagegen auf eine geringe Bedeutung eines Faktors für die entsprechende Variable. Die Variable ZUVERLÄSSIGKEIT weist

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

205

beispielsweise eine hohe Ladung auf den ersten Faktor, aber eine kleine Ladung auf den zweiten Faktor auf (vgl. Tabelle 4–8). Insgesamt wird die Varianz des Kriteriums ZUVERLÄSSIGKEIT durch die beiden Faktoren zu 94,56 % erklärt, was sich an der Kommunalität, der Quadratsumme der Faktorladungen, ablesen lässt.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,9011

0,3079

0,906829

Zuverlässigkeit

0,9349

0,2674

0,945581

Qualität

0,8700

0,3523

0,880959

Mitarbeiter

-0,4883

0,8714

0,997773

Umsatz

-0,4613

0,8853

0,996616

Tabelle 4–8: Faktorladungsmatrix des Ausgangsbeispiels

In obigem Beispiel werden alle Merkmale relativ eindeutig durch einen der beiden Faktoren erklärt. Nicht selten treten jedoch Faktoren auf, die eine starke Korrelation zu sämtlichen Variablen des Modells aufweisen (Universalfaktoren). Um die Interpretation bei solchen Problemen zu erleichtern, wurden verschiedene Verfahren entwickelt, die die Faktorladungsmatrix einer Transformation unterwerfen. Bei dieser Transformation werden die Achsen des Koordinatensystems, in dem die Faktorladungen dargestellt sind, gedreht, was als Rotation bezeichnet wird [vgl. Marinell, 1998, S. 157f.]. Die Faktoren werden dabei derart rotiert, dass jeder Faktor nur mit einer kleinen, begrenzten Menge von Variablen korreliert und die Qualität der gefundenen Lösung (d.h. insbesondere die Kommunalität und die erklärte Gesamtvarianz) gleich bleibt, die Faktorladungsmatrix sich aber ändert. Geht man von der Faktorladungsmatrix der Tabelle 4–8 aus und rotiert die Faktoren, erhält man die folgende rotierte Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–9) mit den neuen Erklärungsanteilen.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,9489

-0,0803

0,906829

Zuverlässigkeit

0,9635

-0,1310

0,945581

Qualität

0,9382

-0,0272

0,880959

Mitarbeiter

-0,0968

0,9942

0,997773

Umsatz

-0,0665

0,9961

0,996616

Erklärungsanteil

0,545

0,401

Kumulierter Erklärungsanteil

0,545

0,946

Tabelle 4–9: Rotierte Faktorladungsmatrix des Ausgangsbeispiels

206

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Kommunalitäten der Merkmale nach der Rotation nicht geändert haben: Die Summen der quadrierten Faktorladungen sind nach der Rotation genauso groß wie vor der Rotation. Auch die durch beide Faktoren erklärte Gesamtvarianz von 94,6 % ist gleich geblieben (vgl. Tabelle 4–6). Geändert hat sich allerdings der Anteil der Varianz, der von den einzelnen Faktoren erklärt wird. Die Gesamtvarianz für Faktor 1 hat sich verringert (57,9 % auf 54,5 %) bzw. vergrößert für Faktor 2 (36,7 % auf 40,1 %). Bei dem beschriebenen Beispiel der rotierten Faktorladungsmatrix wurde die VarimaxRotation angewandt, welche mit der Quartimax- und der Equimax-Rotation zu den orthogonalen Transformationen zählt. Bei einer orthogonalen Rotation bleibt die Unkorreliertheit der Faktoren als wichtige Forderung der Faktorenanalyse erhalten und es ändert sich nichts an der gesamten Varianzaufklärung durch die Faktoren. Es kommt allerdings zu einer „Umverteilung“ derart, dass sich die Eigenwerte der Faktoren ändern können. Im Einzelnen stehen folgende Methoden zur Verfügung [vgl. Brosius, 1998, S. 667f.]:



Varimax: Die Faktoren werden so rotiert, dass die Variablen jeweils auf einem Faktor eine sehr hohe Ladung, auf den anderen Faktoren dagegen eine möglichst geringe Ladung aufweisen (Vereinfachung der Faktoren); die Varianzsumme der Faktoren wird also maximiert. Dieses Rotationsverfahren wird im vorzustellenden LieferantenBewertungs-System verwendet und löst folgendes Problem [vgl. Bausch/ Opitz, 1993, S. 83]: 2

q ¦ m l2 ¶ ¦ l2 ¶ max q ¥ ¥ §§ jk2 ·· − ¥ §§ ¥ jk2 ·· k =1 j =1 h ¨ j ¸ k =1 ¨ j =1 h j ¸ q

mit q hj

2

ljk

2

m

(4.27)

Anzahl der extrahierten Faktoren Kommunalität des Merkmals j nach (4.18) Faktorladung des Faktors k bzgl. des Merkmals j

Als Ergebnis der Maximierung erhält man umgerechnet für jedes Paar der q Faktoren einen Winkel δ, um den die Achsen zu drehen sind.



Quartimax: Die Anzahl der Faktoren wird minimiert, die zur Interpretation einer Variablen erforderlich sind (Vereinfachung der Variablen).



Equimax: Kombination beider obiger Methoden.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

207

Das meistgenutzte und auch im Rahmen des Ausgangsbeispiels angewandte Rotationsverfahren ist die Varimax-Rotation. GUADAGNIOLI/VELICER (1988) schlagen für die Interpretation von Varimax-rotierten Faktoren folgende Regeln vor:



Ist bei vier oder mehr Variablen der Betrag der Ladungen größer als 0,6, kann der Faktor interpretiert werden.



Ist bei zehn oder mehr Variablen der Betrag der Ladungen größer als 0,4, kann der Faktor ebenfalls interpretiert werden.



In anderen Fällen kann bestenfalls nur bei hohem Stichprobenumfang mit stabilen Faktorstrukturen gerechnet werden.

Führen die orthogonalen Rotationen zu keiner sinnvollen Interpretation, können im Anschluss schiefwinklige (oblique) Rotationen durchgeführt werden. Sie geben die Annahme der Orthogonalität der Faktoren auf, indem sie korrelierte, schiefwinklige Faktoren erzeugen [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 561f.]. Hauptvertreter der obliquen Rotationsmethoden sind:



Promax: Verfolgt das Ziel, die Quadrate der Ladungswerte noch deutlicher in die Nähe von 0 oder 1 zu bringen, indem die Ergebnisse einer Varimax-Rotation durch eine nichtsinguläre, oblique Transformation verbessert werden [detailliert hierzu Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 681].



Oblimin: Schiefwinklige Version der Quartimax-Rotation [ebd., S. 681].

Nach einer Varimax-Rotation des Ausgangsbeispiels (vgl. Tabelle 4–9) ist deutlich zu erkennen, dass der erste Faktor sehr stark auf dem PREIS, der ZUVERLÄSSIGKEIT und der QUALITÄT lädt, also auf alle Merkmale, die in erster Linie mit dem Lieferprodukt zu tun haben (da es bei der ZUVERLÄSSIGKEIT letztendlich nicht bekannt ist, ob diese für alle Produkte des Unternehmens gleich gut ist oder beispielsweise in Abhängigkeit der Wertigkeit der Produkte differiert). Dieser Faktor kann deshalb als produktbezogene Daten bezeichnet werden. Der zweite Faktor lädt auf der Anzahl der MITARBEITER und dem UMSATZ des Unternehmens, was beispielsweise die Bezeichnung (allgemeine)

unternehmensbezogene Daten rechtfertigt (vgl. Abbildung 4–7).

208

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Variablen

Faktoren

Preis Zuverlässigkeit

Produktbezogene Daten

Qualität

Mitarbeiter

Unternehmensbezogene Daten

Umsatz

Abbildung 4–7: Variablen und Faktoren

Das folgende Kapitel widmet sich dem vierten und letzten Schritt der Faktorenanalyse (vgl. Abbildung 4–11), der Bestimmung der Faktorwerte. Dadurch wird unter anderem die wichtige graphische Darstellung eines faktoranalytischen Ergebnisses ermöglicht.

4.1.2.4

Bestimmung der Faktorwerte

Neben der graphischen Darstellung werden konkrete Faktorwerte immer dann benötigt, wenn die extrahierten Faktoren in weiteren Untersuchungen verwendet werden sollen, beispielsweise im Rahmen einer Clusteranalyse (vgl. Kapitel 5.1), um weniger Variablen einbeziehen zu müssen. Allgemein geben die Faktorwerte die Ausprägungen der Faktoren bei den Objekten an und werden in der Faktorwertematrix F zusammengefasst (vgl. Gleichung 4.11), der bislang keine besondere Beachtung geschenkt wurde – in Kapitel 4.1.2.3 wurden ausschließlich Verfahren zur Schätzung der Ladungsmatrix L vorgestellt. Die Wahl des Extraktionsverfahrens bedingt jedoch auch das Vorgehen bei der Bestimmung der Faktorwerte: Nur bei Verwendung der Hauptkomponentenanalyse, zu der die später im LieferantenBewertungs-System eingesetzte Hauptkomponentenmethode gehört, lassen sich die Faktorwerte berechnen, bei allen anderen Extraktionsverfahren müssen sie geschätzt werden. Im Rahmen der Hauptkomponentenanalyse, und damit der Hauptkomponentenmethode gilt, wie bereits beschrieben:

Z = FLT mit

LTL = E

wegen Orthonormalität der Ladungsmatrix L

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

209

Somit ist

ZL = FLTL = FE = F

also

F = ZL

(4.28)

Die Faktorwertematrix F kann demnach bei Einsatz der Hauptkomponentenmethode exakt berechnet werden aus dem Produkt der standardisierten Datenmatrix Z und der nach Kapitel 4.1.2.2.3 a) extrahierten Ladungsmatrix L. Die derart errechneten Faktorwerte werden im Anschluss häufig noch standardisiert nach (4.2), so auch beim im weiteren Verlauf dieser Arbeit verwendeten Statistikprogramm SPSS® 10.0. Wurden die Faktorvariablen einer Rotationstransformation unterzogen, muss dies auch mit der Matrix F’’ der rotierten Faktorwerte geschehen – durch Multiplikation von (4.28) mit der Kovarianzmatrix Λ der rotierten Faktoren [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 693]:

F’’ = ZL’’Λ

(4.29)

mit

F’’ L’’

Faktorwertematrix der rotierten Faktoren

Λ

Kovarianzmatrix der rotierten Faktoren

Ladungsmatrix der rotierten Faktoren

Bei allen anderen Extraktionsverfahren gibt es keine eindeutige Faktorwertematrix F, da die

entsprechenden

Ladungsmatrizen

L nur jeweils eine reduzierte empirische

Korrelationsmatrix R’ reproduzieren. F muss somit geschätzt werden, wofür zwei Methoden gebräuchlich sind: Die Schätzung nach BARTLETT, die auf dem Maximum-LikelihoodPrinzip und auf der Kleinst-Quadrat-Methode beruht, sowie die Regressionsmethode nach THOMSON. Beide Verfahren sollen an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden [zur detaillierten Beschreibung vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 690f.].

Für das Ausgangsbeispiel wurden auf Basis der Hauptkomponentenmethode nach (4.28) folgende unrotierte, standardisierte Faktorwerte errechnet (vgl. Tabelle 4–10):

210

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Faktor 1

Faktor 2

Lieferant 1

-0,0448

-0,3802

Lieferant 2

-0,9669

1,7945

Lieferant 3

0,5423

-0,2343

Lieferant 4

-1,4026

-1,2530

Lieferant 5

0,7783

-0,0255

Lieferant 6

1,0937

0,0984

Tabelle 4–10: Faktorwerte (unrotiert) für das Ausgangsbeispiel

Durch ihre Standardisierung können die Faktorwerte inhaltlich wie folgt interpretiert werden [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 323]:

‚

Ein positiver Faktorwert drückt eine überdurchschnittliche Ausprägung des Lieferanten auf diesen Faktor im Vergleich zu allen anderen betrachteten Lieferanten

‚

aus. Ein Faktorwert von 0 besagt, dass der Lieferant in Bezug auf diesen Faktor eine

‚

durchschnittliche Ausprägung besitzt. Ein negativer Faktorwert drückt eine unterdurchschnittliche Ausprägung des Lieferanten auf diesen Faktor im Vergleich zu allen anderen betrachteten Lieferanten aus.

Die Faktorwerte und die Positionen der Faktoren lassen sich schließlich graphisch in einem zweidimensionalen Raum veranschaulichen, dem so genannten Faktorwerteplot. Dieser bietet einen optischen Anhaltspunkt, wie stark die Lieferanten mit den Faktoren (Achsen des Koordinatensystems) in Verbindung stehen. Die Darstellung eines dritten Faktors wäre im dreidimensionalen Raum ebenfalls möglich; aus Anschauungsgründen wird jedoch oftmals darauf verzichtet.

Für das Ausgangsbeispiel stellen die Achsen in Abbildung 4–8 die extrahierten Faktoren dar, wobei die Punkte im Koordinatenkreuz die jeweiligen Positionen der Lieferanten in Bezug auf die Faktoren anzeigen (Faktorwerte). Lieferant 3 (vgl. die Werte aus Tabelle 4–10) hat beispielsweise die Koordinaten (0,5423; -0,2343) und liegt somit im vierten Quadranten des Faktorwerteplots.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

211

Faktor 2 (36.7 %)

2,5 2,0

2 Mitarbeiter

Umsatz

1,5 1,0 Qualität Preis

0,5

Zuverlässigkeit 6

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

1

0,5

5 3

Faktor 1 1,0

1,5

%) 2,0 (57.92,5

-0,5 -1,0 4

-1,5 -2,0 -2,5

Abbildung 4–8: Faktorwerteplot (unrotiert) des Ausgangsbeispiels

In der vorliegenden zweifaktoriellen Lösung gibt diese Position an, dass bei einer Bündelung der fünf Lieferantenmerkmale zu zwei Faktoren Lieferant 3 in Bezug auf Faktor 1 (produktbezogene Daten) überdurchschnittlich und in Bezug auf Faktor 2 (unternehmensbezogene Daten) unterdurchschnittlich bewertet wird. Entsprechendes gilt für die Positionierung der übrigen fünf Lieferanten. Neben der Darstellung der ursprünglichen Faktorladungen in einem Plot besteht auch die Möglichkeit, die nach (4.27) Varimax-rotierten Faktorladungen und die entsprechenden Faktorwerte nach (4.29) einzuzeichnen, wie in Abbildung 4–9 ersichtlich. Eine Varimax-Rotation ändert, wie beschrieben, als Orthogonalrotation die Lage der Objekte (Lieferanten) zueinander nicht, was gut zu erkennen ist: Sowohl im ursprünglichen als auch im rotierten Faktorwerteplot liegen die Lieferanten 3, 5 und 6 in nächster Nähe zueinander und in gleicher Lage zu den übrigen Lieferanten 1, 2 und 4. Die Lieferanten 3, 5 und 6 besitzen eine unterdurchschnittliche Ausprägung bzgl. Faktor 2 (unternehmensbezogene Daten), jedoch eine überdurchschnittliche Ausprägung zu Faktor 1 (den produktbezogene Daten), die je nach Lieferant mehr oder weniger stark ausfällt.

212

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Faktor 2 (40.1 %)

2,5 2,0

Umsatz

Mitarbeiter

1,5 1,0 0,5 Qualität

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0 -0,5

0,5

1,0

1,5

Preis2,0

Faktor 1 (54.5 2,5%)

Zuverlässigkeit

-1,0 -1,5 -2,0 -2,5

Abbildung 4–9: Faktorwerteplot (rotiert) des Ausgangsbeispiels

Lieferant 2 dagegen besitzt einen hohen Faktorwert für den zweiten Faktor, was auf eine starke überdurchschnittliche Ausprägung der unternehmensbezogenen Daten hinweist. Lieferant 4 nimmt in diesem Faktorwerteplot eine Extremposition ein, da er weder überdurchschnittliche Ausprägungen bzgl. des ersten noch des zweiten Faktors aufweist. Auch Lieferant 1 ist bzgl. beider Faktoren (schwach) unterdurchschnittlich, liegt jedoch derart nahe am Ursprung, dass dieser Lieferant am ehesten als der in jeder Hinsicht durchschnittliche Zulieferer bezeichnet werden kann. Zu beachten ist schließlich, dass der Erklärungsanteil der einzelnen Faktoren nach einer Varimax-Rotation im Vergleich zum ursprünglichen Faktorwerteplot anders verteilt ist. So beschreibt der erste Faktor nur noch 54,5 % (nach 57,9 %), wobei der Erklärungsanteil des zweiten Faktors jetzt 40,1 % (nach 36,7 %) beträgt. Insgesamt werden selbstverständlich nach wie vor 94,6 % der Ausgangsvarianz der Variablen erklärt. Nach der ausführlichen Beschreibung von Einordnung und Ablauf einer Faktorenanalyse soll im folgenden Kapitel das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse vorgestellt werden.

Kapitel 4.1 – Faktorenanalyse

213

Zur sprachlichen Vereinfachung wird dabei stets von einer Faktorenanalyse gesprochen, hinter der sich als Extraktionsverfahren jeweils die in Kapitel 4.1.2.2.3 explizit dargestellte Hauptkomponentenmethode verbirgt, wie bereits mehrfach erwähnt.

4.2 Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems Ziel dieses Kapitels ist die Vorstellung und Beschreibung des allgemeinen Ablaufs des Lieferanten-Bewertungs-Systems. Dessen konkrete Einsatzmöglichkeiten im Lieferantenmanagement werden im Rahmen einer Fallstudie in Kapitel 4.3 aufgezeigt. Abschließend erfolgt eine kritische Würdigung des Systems (Kapitel 4.4). Das in Abbildung 4–10 dargestellte Lieferanten-Bewertungs-System bildet die Grundlage für den Einsatz der Faktorenanalyse in Lieferantenvorauswahl (vgl. Kapitel 4.3.1), -auswahl (vgl. Kapitel 4.3.2) sowie -controlling (vgl. Kapitel 4.3.3). Das System setzt sich aus einer subjektiven und einer objektiven Komponente zusammen – analog zur Faktorenanalyse: Wie in Kapitel 4.1.2 beschrieben, hat diese ebenfalls festgelegte Verfahrensschritte und solche, bei denen ein subjektiver Eingriff möglich bzw. nötig ist.

Unternehmensstrategie Beschaffungssituation

Beschaffung situatio Kriterien

Ideallieferant

Kriterie

SUBJEKTIV: Erfahrungen aus verschiedenen Fachbereichen

Ideallieferan

OBJEKTIV: Statistisches Verfahren

Faktorenanalyse

Faktorenanalys

Lieferantenvorauswahl

Lieferantenauswahl

Lieferantencontrolling

Abbildung 4–10: Das Lieferanten-Bewertungs-System

214

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Wie aus Abbildung 4–10 ersichtlich, berücksichtigt die subjektive Komponente die vorliegende Beschaffungssituation sowie die Unternehmensstrategie und schlägt sich unter anderem in der Wahl der Kriterien und in der Konstruktion des Ideallieferanten nieder. Verfolgt ein Unternehmen beispielsweise das Ziel der Kostenführerschaft, sind viele Subkriterien der Entgeltleistung (vgl. Kapitel 3.4.1.4) bei der Entscheidungsfindung heranzuziehen und beim Ideallieferanten entsprechend kostengünstig zu setzen. Im zweiten Schritt wird die Faktorenanalyse als objektives Verfahren durchgeführt, welches die Lieferanten analysiert und repräsentiert, um sie darauf aufbauend bewerten und klassifizieren zu können. Allgemein wird das Lieferanten-Bewertungs-System nach den in Abbildung 4–11 dargestellten vier Schritten durchgeführt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dieses Modell aus-

schließlich in dieser Weise bearbeitet werden muss. Die deskriptive Analyse der Merkmale (Schritt II) ist in der Praxis nicht zwingend notwendig.

I.

Festlegung der Bewertungskriterien ... nach Entscheidungssituation ... nach dem Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses … eventuell Definition des Ideallieferanten

II.

Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale

III.

Durchführung der Faktorenanalyse ... Berechnung der Korrelationsmatrix ... Faktorextraktion ... Faktorrotation ... Bestimmung der Faktorwerte

IV.

Interpretation des Faktorwerteplots Abbildung 4–11: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems

Im Folgenden werden die vier Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems detailliert beschrieben und deren Einsatz im Anschluss an den realen Daten eines Unternehmens aufgezeigt (vgl. Kapitel 4.3).

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

215

4.2.1 Schritt I: Festlegung der Bewertungskriterien Die Wahl der relevanten Bewertungskriterien erfolgt entweder in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation oder/und in Abhängigkeit vom vorliegenden Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses.

a) Kriterienwahl in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation „Welche Lieferanten (...) ausgewählt werden, hängt in erster Linie vom Beschaffungsobjekt und von der gegebenen Beschaffungsmarktsituation ab, so dass keine allgemeingültigen Hinweise möglich sind (...)“ [GROCHLA/SCHÖNBOHM, 1980, S. 161]. Eine wichtige Rolle spielt dabei die vorliegende Entscheidungssituationen, in deren Abhängigkeit unterschiedlich viele Bewertungskriterien in die Analyse einfließen. Wie in Kapitel 2.2.4 dargestellt, kann eine Entscheidungssituation zur Lieferantenauswahl aus einer Routinebeschaffung, einem Lieferantenwechsel, einer Neuprodukteinführung oder einem Sortimentswechsel entstehen (vgl. Tabelle 2-2). Je nach Entscheidungssituation variiert dann die durchschnittliche Anzahl der verwendeten Hauptbewertungskriterien. Bei einer Neuprodukteinführung beispielsweise wird das beschaffende Unternehmen mit neuen Lieferanten konfrontiert, während es bei einem Sortimentswechsel auf existierende Lieferanten–Abnehmer–Beziehungen zurückgreifen kann. Folglich bewertet ein Unternehmen bei einer Neuprodukteinführung eine größere Anzahl von Kriterien als in anderen Situationen. Die durchschnittliche Anzahl der Hauptbewertungskriterien je Situation zeigt Tabelle 4–11 (vgl. auch Abbildung 3-29).

Entscheidungssituation

Anzahl der Hauptbewertungskriterien

Routinebeschaffung

3,8

Lieferantenwechsel

4,1

Sortimentswechsel

3,5

Neuprodukteinführung

4,6

Tabelle 4–11: Durchschnittliche Anzahl der Hauptbewertungskriterien je Entscheidungssituation

Demnach variiert die Anzahl der Hauptkriterien insgesamt zwischen 3,5 und 4,6; eine branchenspezifische Aufschlüsselung findet sich im Anhang (vgl. Anhang A-23). Auch der Lieferantentyp hat Auswirkungen auf die Kriterienwahl: Während beim einfachen Lohnfertiger eher Kostengesichtspunkte im Vordergrund stehen, sind beim Logistik- oder Know-how-integrierenden Zulieferer eher Logistikleistungen bzw. Innovationsleistungen heranzuziehen [vgl. Dreyer, 2000, S. 29ff.].

216

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

b) Kriterienwahl nach dem Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses Die Auswahl und die Anzahl der Bewertungskriterien werden weiterhin durch den Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses bestimmt. In der Lieferantenvorauswahl sollten alle möglichen Zulieferer auf dem Markt anhand von nur wenigen, für das Unternehmen elementaren Hauptkriterien bewertet werden, da es Ziel dieses Teilschrittes ist, einen unternehmensspezifischen, aber dennoch groben Marktüberblick zu erhalten. Eine zu große Anzahl an Lieferanten kann durch den Einsatz eines vorgeschalteten K.O.-Kriteriums verringert werden (vgl. Kap. 2.3.1.2). In der Lieferantenbewertung bzw. -auswahl hingegen werden die Zulieferer, die durch die Lieferantenvorauswahl herausgefiltert wurden, noch einmal anhand aller detaillierter Anforderungen (Subkriterien), die ein Unternehmen an die Lieferanten stellt, bewertet. Aus diesem Grund wird man hier eine Matrix vorfinden, die üblicherweise deutlich mehr Kriterien als Lieferanten beinhaltet. Dabei sollten auch strategische Subkriterien in die Analyse einfließen [vgl. Narasimhan/Talluri/Mendez, 2001, S. 29 sowie Sarkis/Talluri, 2002, S. 19 und Wagner, 2001, S. 203]. Nach erfolgter Lieferantenauswahl bieten Lieferantencontrolling und –steuerung eine jederzeitige Repräsentation des Lieferantenstammes hinsichtlich aller Kriterien, anhand derer die Lieferantenbewertung durchgeführt wurde. Es können allerdings auch nur einzelne Merkmale (beispielsweise ein Hauptbewertungskriterium und dessen Subkriterien) zur Repräsentation des Lieferantenstammes angewandt werden. Daneben ist es möglich, im Rahmen der Steuerung der Lieferantenbeziehung geeignete Partner zur Lieferantenförderung zu identifizieren. Abbildung 4–12 fasst den Sachverhalt anhand einer Lieferanten-Kriterien-Matrix zusammen. Demnach können in der Lieferantenvorauswahl beispielsweise 20 Lieferanten anhand von fünf Hauptkriterien bewertet werden.133 In der Lieferantenauswahl steigt die Anzahl der Kriterien (25 Subkriterien der acht Hauptkriterien), die Zahl der Lieferanten dagegen sinkt (fünf Lieferanten).134 In Lieferantencontrolling und –steuerung sind keine allgemeinen Aussagen möglich, wie gezeigt.

133 134

Zur Gewichtung der Hauptkriterien durch die Anzahl ihrer Subkriterien vgl. Kapitel 4.3.2.2. Die 25 Subkriterien sind aus Gründen der Übersichtlichkeit lediglich durch Punkte dargestellt. Zudem wurden die Lieferanten so nummeriert, dass idealtypischerweise nach der Vorauswahl exakt die Lieferanten 16 bis 20 in die Bewertung einfließen.

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

Hauptkriterien

Subkriterien

217

Menge

Qualität

Logistik

Entgelt

Innovation

Umwelt

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Service Information

.

.

. Lieferanten L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8

Lieferanten-Vorauswahl (20 x 5 – Matrix)

L9 L 10 L 11 L 12 L 13 L 14 L 15 L 16 L 17 L 18 L 19 L 20

Lieferantenbewertung (5 x 25 – Matrix) Å L-Auswahl (Å Å L-Controlling)

Abbildung 4–12: Kriterienanzahl in den Teilschritten des Lieferantenmanagementprozesses

Für Lieferantenvorauswahl, -auswahl und -entwicklung ist es zudem erforderlich, einen Ideallieferanten zu definieren (vgl. Kapitel 4.2.4).

4.2.2 Schritt II: Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale Der Einsatz der deskriptiven Statistik im zweiten Schritt des Lieferanten-Bewertungs-Systems liefert einen Überblick über die Merkmalsausprägungen der Lieferanten. Diese Analyse umfasst all jene statistischen Verfahren, die sich mit den Methoden der Erfassung, Auswertung und übersichtlichen Darstellung von Daten befassen [vgl. Pflaumer/Heine/Hartung, 2001, S. 1]. Sie gewährt einen Eindruck über die Merkmale der potentiellen Lieferanten und gibt erste Hinweise, ob eine aussagefähige Faktorenanalyse zu erwarten ist. An dieser Stelle soll jedoch darauf verwiesen werden, dass die deskriptive Analyse bei einem Praxiseinsatz des Lieferanten-Bewertungs-Systems wohl nicht stets erfolgt: Aus Zeitgründen

218

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

ist ein Verzicht auf diesen Schritt nicht unwahrscheinlich. Obgleich das LieferantenBewertungs-System trotzdem durchführbar bleibt, gehen dem Anwender dabei wertvolle Informationen verloren. Die in Kapitel 3.4 erläuterten Lieferantenmerkmale oder Kriterien charakterisieren die Lieferanten und sind das Rohmaterial für die deskriptiven und multivariaten Analysen. Sie werden nach Art ihrer möglichen Ausprägungen klassifiziert, wobei neben der bereits erwähnten Unterscheidung in quantitative und qualitative Merkmale auch eine Einteilung in diskrete und stetige Merkmale möglich ist. Im Folgenden soll ein Überblick über die Skalierung sowie die univariaten und bivariaten Verfahren der Datenauswertung gegeben werden.

a) Skalierung Die Skalierung der Merkmalsausprägungen ist entscheidend für die Transformationsmöglichkeiten der Daten und somit für die Auswahl eines geeigneten Analyseverfahrens [vgl. Heiler/Michels, 1994, S. 22]. Die wichtigsten Ausprägungen werden nachfolgend kurz vorgestellt. Die vorliegende Arbeit bedient sich sowohl bei der deskriptiven als auch bei der multivariaten Analyse der Statistikprogramme SPSS® und MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993]. Bei einer Nominalskala sind die Merkmalsausprägungen nicht vergleichbar und ihre Anordnung drückt keine Rangordnung aus. Sowohl nominal binäre als auch nominal

polytome Merkmale können nur zwischen Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung der Merkmalsausprägung unterschieden werden [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 43]. Bei ordinalskalierten Merkmalen ist es möglich, die Rangordnung (nicht aber die Differenzen) der Merkmalsausprägungen zu interpretieren. Die Objekte lassen sich nach ihrer Intensität und dem Intensitätsgrad ordnen [vgl. Heiler/Michels, 1994, S. 22]. Eine Ordinalskala transformiert die Menge der möglichen Ausprägungen in reelle Zahlen (häufig: ganze Zahlen). Merkmale werden als quantitativ oder metrisch bezeichnet, wenn sich deren Ausprägungen nicht nur ordnen lassen, sondern auch die Abstände zwischen den Merkmalsausprägungen angegeben werden können. Die metrische Skala (auch Kardinalskala) kann weiter untergliedert werden in:

‚ ‚

Intervallskala: (Nur) Abstände können verglichen werden. Verhältnisskala: Die Intervallskala weist einen natürlichen Nullpunkt auf.

‚

Absolutskala: Zur Verhältnisskala kommt eine natürliche Einheit hinzu.

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

219

Eine ebenfalls wichtige Unterscheidung ist die in stetige Merkmale, in denen die Merkmalsausprägungen beliebige Werte der reellen Zahlenachse annehmen können (z.B. Alter, Größe, Gewicht), und diskrete Merkmale, in denen nur bestimmte Merkmalsausprägungen aus dem Bereich der reellen Zahlen angenommen werden können. Ein stetiges Merkmal kann demnach zwar nicht nominalskaliert sein, jedoch kann ein diskretes Merkmal die Ausprägungen verhältnisskaliert, ordinalskaliert oder nominalskaliert wiedergeben [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S.11]. Nach erfolgter Skalierung der im Kapitel 3.4 (vgl. Tabelle 3–1) detailliert beschriebenen Bewertungskriterien ergibt sich folgendes Bild (vgl. Tabelle 4–12): ®

Variablenbezeichnung

SPSS - / MSTATVariablenbezeichnung

Skalenniveau

Preis frei Haus

PREISHAU

kardinal/ metrisch

Zahlungsziel

ZAHLZIEL

kardinal/ metrisch

Konditionengestaltung

KONDIT

ordinal/ geordnet

Kostenanalyse

KOSTENAN

nominal binär

Mengenflexibilität

MENGFLEX

ordinal/ geordnet

Mindestliefermenge

MINDLIEF

kardinal/ metrisch

Hohe Menge

HOHEMENG

nominal binär

Qualitätsniveau der Produkte

QUALITÄT

ordinal/ geordnet

Erfahrung des Lieferanten

ERFAHRUN

ordinal/ geordnet

Mitarbeiterqualifikation

MAQUALIF

ordinal/ geordnet

ISO 9000 : 2000

ISO 9000

nominal binär

Technologiestand des Lieferanten

TECHNOLO

ordinal/ geordnet

Ortsleistung

ORTSLEIS

kardinal metrisch

Lieferleistung

LIEFERLE

ordinal/ geordnet

Zeitleistung

ZEITLEIS

kardinal/ metrisch

Kundendienst

KUNDDIEN

ordinal/ geordnet

Objektgarantie

OBJEKTGA

ordinal/ geordnet

Nachkaufsicherheit

NACHKAUF

ordinal/ geordnet

Umsatz

UMSATZ

kardinal/ metrisch

Technologische Kompetenz

TECHKOMP

ordinal/ geordnet

F&E Kapazitäten

F&E KAPA

ordinal/ geordnet

Recyclingbereitschaft

RECYCLIN

nominal binär

Umweltverträglichkeit

UMWELTVE

ordinal/ geordnet

Kooperation zur Zusammenarbeit

KOOPERAT

nominal binär

www-Angebot

WWW

ordinal/ geordnet

Tabelle 4–12: Bewertungskriterien und deren Skalenniveau

220

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Die einzelnen Verfahren der deskriptiven Analyse lassen sich in univariate und bivariate Verfahren unterteilen, die bereits im Rahmen der Beschreibung der statistischen Methoden zur Fragebogenauswertung kurz umrissen wurden (vgl. Kapitel 2.4.1.5). Die Analyseverfahren unterscheiden sich demnach hinsichtlich des Skalenniveaus der betrachteten Variablen (vgl. Abbildung 4–13).

Nominale Merkmale Univariate Verfahren Bivariate Verfahren

Ordinale Merkmale

Häufigkeitsauszählungen Häufigkeitsauszählungen div. Lage-/Streuungsparameter Kreuztabelle

Rangkorrelation

Kardinale Merkmale Lage- und Streuungsparameter Korrelationsanalyse

Abbildung 4–13: Deskriptive Analyseverfahren

b) Univariate Verfahren Mit Hilfe von univariaten Verfahren wird eine Variable bezüglich deren Merkmalsausprägungen betrachtet. Dies liefert bereits wesentliche Aufschlüsse über die Struktur der Daten. Für die jeweils vorliegenden Skalenniveaus bieten sich verschiedene Verfahren an [vgl. Pflaumer/Heine/Hartung, 2001, 15f.]. So können beispielsweise für die ordinalen Merkmale MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK und SERVICE Häufigkeitsauszählungen durchgeführt werden, und bei den kardinalen Merkmalen PREIS und MINDESTLIEFERMENGE können Lage- und Streuungsparameter berechnet werden. In den Häufigkeitsauszählungen werden die absoluten und die relativen Häufigkeiten (in Prozent) durch eine graphische Darstellung mit Hilfe eines Stabdiagramms veranschaulicht. Die Fläche eines Stabes ist dabei proportional zur Zahl der Beobachtungen der zugehörigen Ausprägung im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Beobachtungen. Häufigkeitsauszählungen sind dann sinnvoll, wenn ein Merkmal nur wenige Ausprägungen besitzt [vgl. Schlittgen, 1997, S. 13ff.].

Lage- und Streuungsparameter werden für die kardinalen Merkmale berechnet, die sehr viele Ausprägungen annehmen können und daher von Häufigkeitsaufzählungen abzusehen ist. Als Lageparameter können Modus, Minimum, 25 %- Quantil, Median, 75 %-Quantil, Maximum und Mittelwert bestimmt werden. Als Streuparameter werden mittlere quadratische Abweichung135, Streuung, Spannweite und der Quartalsabstand ermittelt (vgl. hierzu Kapitel 2.4.1.5).

135

Die mittlere quadratische Abweichung wird im Folgenden vereinfachend als Varianz bezeichnet.

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

221

Ebenso können auch Histogramme und Boxplots, die die Verteilung der Ausprägungen repräsentieren, zur graphischen Darstellung in die Analyse einbezogen werden.136

c) Bivariate Verfahren Bivariate Verfahren untersuchen die Beziehungen zwischen zwei Variablen. Zu ihnen zählen Kreuztabellen, Korrelationsanalysen und Sterndiagramme.137 „Kreuztabellen stellen eine zweidimensionale Erweiterung der einfachen Häufigkeitsaufzählung dar (...)“ [BAUSCH/OPITZ, 1993, S. 32]. Dieses Verfahren bietet einen einfachen Weg zur Veranschaulichung und Herausarbeitung von Zusammenhängen zwischen zwei Variablen. Die Ergebnisse der Kreuztabellierung werden dabei in ein 3D-Stabdiagramm übertragen, wobei die Höhe der einzelnen Säule proportional zur beobachteten Häufigkeit des zugehörigen Ausprägungspaares der beiden Merkmale ist. Randhäufigkeiten fassen die Ausprägungen zeilen- bzw. spaltenweise zusammen [vgl. Bamberg/Baur, 2002, S. 32]. Die Korrelationsrechnung wurde bereits in Kapitel 4.1.2.1 als Teilschritt der Faktorenanalyse detailliert beschrieben.138

Sterndiagramme, die mehrere Merkmale und Objekte graphisch abbilden, wurden in Kapitel 3.5.2.3.1 ausführlich vorgestellt.

4.2.3 Schritt III: Durchführung der Faktorenanalyse Im Anschluss an die deskriptive Analyse wird im dritten Schritt des Lieferanten-BewertungsSystems die Faktorenanalyse durchgeführt. Diese erfolgt nach den in Kapitel 4.1.2 ausführlich beschriebenen Teilschritten, die sich in die Berechnung der Korrelationsmatrix, Faktorextraktion, Faktorrotation und Bestimmung der Faktorwerte gliedern (vgl. Abbildung 4–2). Als Faktorextraktionsverfahren wird dabei auf die in Kapitel 4.1.2.2.3 dargestellte Hauptkomponentenmethode zurückgegriffen. Wie bereits erwähnt, ist die in Kapitel 4.1.2.1 vorgestellte Überprüfung auf Eignung der Korrelationskoeffizienten für eine Faktorenanalyse und eine Hochrechnung auf die Grundgesamtheit im Lieferantenmanagement nicht erforderlich, da hier keine Stichprobe vorliegt und somit auch nicht auf eine Grundgesamtheit zurückzuschließen ist. Stattdessen ist es ausreichend, in der Korrelationsmatrix einige hohe Werte (>0,7) vorzufinden, was zudem die spätere Interpretierbarkeit der Faktoren erleichtert.

136 137 138

Zur Darstellung von Histogrammen und Boxplots vgl. SCHLITTGEN (1997, S. 23 und 38). Für eine ausführliche Beschreibung vgl. BAUSCH/OPITZ (1993, S. 32ff.). Weitere Maße der Korrelationsrechnung finden sich bei FAHRMEIR et al. (1999, S. 141ff.).

222

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Die Durchführung der einzelnen Teilschritte der Faktorenanalyse erfolgt mit Hilfe des Statistikprogramme SPSS® 10.0 und MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993]. Am Ende jeder Faktorenanalyse steht ein Faktorwerteplot, welcher im vierten Schritt des Systems analysiert wird.

4.2.4 Schritt IV: Interpretation des Faktorwerteplots Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der Faktorenanalyse im Faktorwerteplot graphisch veranschaulicht. Sind in die Faktorenanalyse viele ordinale Merkmale eingeflossen, muss die gefundene Repräsentation (d.h. die Ähnlichkeitsbeziehungen der Lieferanten zueinander) zunächst bestätigt werden, beispielsweise durch Sterndiagramme (vgl. Kapitel 3.5.2.3.1), durch die Clusteranalyse (vgl. Kapitel 5.1) oder durch die bei ordinalen Daten sehr gut geeignete Multidimensionale Skalierung (vgl. Kapitel 5.2). Durch diese Bestätigung wird ausgeschlossen, dass ein zu hoher Anteil an ordinalen Daten die Aussagefähigkeit des Faktorwerteplots abschwächt. Anschließend wird der Faktorwerteplot gemäß dem Ziel der Bewertung interpretiert. In der Lieferantenvorauswahl grenzt man die Menge potentieller Lieferanten anhand weniger Hauptbewertungskriterien ein, um diese im zweiten Schritt einer detaillierteren Bewertung zu unterziehen (vgl. Abbildung 2-6). In der Lieferantenbewertung und –auswahl hingegen fällt die Entscheidung für einen oder auch für mehrere Lieferanten. Entschließt sich das Unternehmen im Rahmen seiner Beschaffungsstrategie für das Single-Sourcing, wird die Entscheidung bei der Lieferantenauswahl nur auf einen Lieferanten fallen, wobei die Strategien des Dual- oder Multiple-

Sourcing prinzipiell zwei oder mehrere Lieferanten in Betracht ziehen [vgl. Hartmann, 1997, S. 205]. Die Auswahl eines oder mehrerer Lieferanten im vierten Schritt des Lieferanten-BewertungsSystems ist somit abhängig von der Strategie des jeweiligen Unternehmens. Im Rahmen von Lieferantencontrolling und –steuerung stellt der Faktorwerteplot eine Unterstützung zur Aufdeckung von Stärken und Schwächen verschiedener Leistungen des einzelnen Lieferanten dar, liefert darüber hinausgehend aber auch die Möglichkeit, Ersatzlieferanten oder Entwicklungspartner auszuwählen sowie den gesamten Lieferantenstamm im Sinne einer Lieferantenstrukturanalyse zu repräsentieren.

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

223

Die letztendlichen Beurteilungen der Zulieferer hinsichtlich ihrer Merkmale, vor allem aber die Auswahl der Lieferanten geschehen mit Hilfe eines in die Analyse einbezogenen, mit den Kriterien zu definierenden Ideallieferanten, welcher die Lage eines fiktiven Wunschlieferanten repräsentiert. Die Ansprüche an einen Ideallieferanten sollten allgemein, d.h. allen potentiellen Lieferanten, bekannt sein [vgl. Simpson/Siguaw/White, 2002, S. 30 und Buchwalter, 2002, S. 51]; eine Veröffentlichung auf der Webseite des beschaffenden Unternehmens erfüllt beispielsweise diese Empfehlung. Generell gilt, dass die geforderten Ausprägungen der jeweiligen Kriterien vom Lieferantentyp abhängen: Für einfache Lohnfertiger sind an deren Innovationsleistung (sofern diese überhaupt als Kriterium einfließt) geringere Ansprüche zu stellen als für Know-how integrierende Zulieferer [vgl. Dreyer, 2000, S. 39].

Zur Bestimmung des Ideallieferanten Die Festlegung des Ideallieferanten sollte ein Expertenteam oder die jeweiligen Funktionsbereiche des Unternehmens übernehmen [vgl. Glantschnig, 1994, S. 186]139. Wie Abbildung 3-23 zeigt, sind für die Bewertung der Lieferanten in den Industrieunternehmen im Durchschnitt 3,8 Fachbereiche wie beispielsweise Beschaffung, Qualitätssicherung, Logistik und Produktion zuständig. Aus diesen Fachbereichen sollten dann auch die Entscheidungsträger bei der Festlegung des Ideallieferanten hinzugezogen werden. Bei der Bestimmung der qualitativen Merkmale (z.B. Qualitätsleistung) für den Ideallieferanten ist es naheliegend, die jeweils bestmögliche Leistung als „Idealleistung“ festzulegen. Die von dem beschaffenden Unternehmen gewünschte Leistung muss aber nicht immer zu 100 % der möglichen Leistung entsprechen. In einigen Fällen kann es die vorliegende Beschaffungssituation vernünftig erscheinen lassen, das Leistungssoll herabzustufen, wenn aus unternehmensinternen Gründen beispielsweise nur eine durchschnittliche Innovationsleistung gefordert wird. Bei der Festlegung der quantitativen Merkmale des Ideallieferanten sollte beachtet werden, dass die gewünschte Leistung nicht immer den Extremwerten entsprechen muss, d.h. die kürzeste Lieferzeit oder der niedrigste Preis werden nicht immer die gewünschten Soll-Werte darstellen. So kann beispielsweise die verlangte Lieferzeit aus den unternehmensindividuellen Faktoren wie dem Produktionsprogramm inklusive Vorlaufzeiten, der Ablaufplanung und der benötigten Flexibilität abgeleitet werden. Der gewünschte Preis wiederum kann dem Durchschnittspreis aller Anbieter am Markt, aber auch dem niedrigsten Preis entsprechen. Eine weitere Möglichkeit bildet die Bestimmung des Preises nach Art eines Supremums, d.h. der Idealpreis liegt minimal unter oder sogar über dem niedrigsten Preis eines potentiellen Lieferanten, der beispielsweise die gewünschte Qualität (oder ein anderes wichtiges 139

GLANTSCHNIG nutzt in diesem Zusammenhang den Begriff des Soll-Wertes der einzelnen Lieferanten.

224

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Hauptkriterium) anbietet. NARASIMHAN/TALLURI/MENDEZ (2001, S. 29) betonen unter Berufung auf eine Untersuchung von WOODSIDE und VYAS, dass die Unternehmen bereit sind, vier bis sechs Prozent mehr als den niedrigsten Preis eines Anbieters der geforderten Produktperformance zu zahlen. Durch die Festlegung des Ideallieferanten erfolgt eine implizite Kriteriengewichtung: Wird ein Kriterium des Ideallieferanten auf den (um starke Ausreißer bereinigten) Durchschnittswert aller potentiellen Lieferanten festgelegt, können viele Lieferanten dieses Kriterium in etwa erfüllen; graphisch gesprochen liegen sie in der Nähe des Idealwerts. Folglich nehmen die Trennschärfe und somit das Gewicht dieses Merkmals ab. Bei der Vergabe von Extremwerten (Minimum- bzw. Maximumwert und darüber hinaus) bekommt betreffendes Kriterium implizit ein höheres Gewicht im Rahmen der Lieferantenbewertung zugewiesen, weil dessen Trennschärfe ansteigt. Voraussetzung ist, dass jenes Kriterium im Plot gut repräsentiert wird, dessen Kommunalität also hoch ist. Positiv anzumerken ist, dass bei der Ermittlung des Ideallieferanten die Anforderungen von der Beschafferseite definiert werden und nicht der Markt der Zulieferer a priori die Standards festlegt. Dies impliziert eine eingehende Beschäftigung mit dem eigenen Unternehmen und dessen Ansprüchen an eine effiziente Produktion. Selbstverständlich werden Informationen über den Lieferantenmarkt (beispielsweise beim Merkmal PREIS) in die Generierung des Wunschpartners einfließen, dennoch ist die Evaluierung der Ideal-lieferanten auf Basis der synergetischen Expertenmeinungen verschiedener Bereiche des beschaffenden Unternehmens vorteilhaft – nicht zuletzt im Hinblick auf die Lieferanten-entwicklung und –förderung. Bei der anschließenden Interpretation des Faktorwerteplots deuten geringe räumliche Entfernungen zu diesem Ideallieferanten auf eine hohe Ähnlichkeit des potentiellen Lieferanten zum perfekten Zulieferer. Generell werden alle Abweichungen vom Idealwert richtungsunabhängig als gleichermaßen suboptimal erachtet. Eine kürzere Lieferzeit als die gewünschte ist demnach für ein Just-inSequence fertigendes Unternehmen genau so störend wie eine längere. Zudem wird eine verzerrende Kompensationsmöglichkeit von Lieferantenleistungen ausgeschlossen: Unterdurchschnittliche Qualität kann beispielsweise nicht durch über-durchschnittliche Logistikleistung ausgeglichen werden. Dennoch gibt es Merkmale, bei denen eine Abweichung vom Idealwert in die eine Richtung weniger gravierend ist als in die andere; Beispiele hierfür sind Unterschreitung des geforderten Preises oder Übererfüllung eines ordinalen Kriteriums wie der geforderten Qualität. Auf diese Antisymmetrie kann bei der Lieferantenauswahl im Faktorwerteplot zurückgegriffen werden: Sind mehrere Lieferanten gleich weit vom Ideallieferanten entfernt, ist die Auswahl unter denjenigen Lieferanten zu treffen, die sich in der Halbebene mit der tendenziell günstigeren Abweichung befinden. Die

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

225

Merkmalsvektoren geben dabei die jeweilige Richtung an. Steigt beispielsweise das ordinale Kriterium Innovation nach rechts an, sind unter den gleich weit vom Ideallieferanten entfernten Zulieferern der oder die rechts davon liegenden zu wählen. Die Entfernung der Zulieferer zum Ideallieferanten ist einerseits graphisch durch eine Clusterbildung (vgl. Abbildung 4–14) im Faktorwerteplot zu erkennen, andererseits durch die Berechnung von City-Block-Distanzen zu bestimmen.

Clusterbildung und Distanzmessung Bei einer Clusterbildung im Faktorwerteplot sind die unterschiedlichen Erklärungsanteile der Faktoren zu berücksichtigen. In Abbildung 4–14 erklärt beispielsweise der erste Faktor 57,9 % und der zweite Faktor 36,7 % der Merkmale. Die differierenden Erklärungsanteile der beiden Faktoren müssen bei der Bestimmung des Abstands zum Ideallieferanten in der nachfolgenden Weise eingerechnet werden.

Faktor 2 (36.7 %)

2,5 2,0

2 Mitarbeiter

Umsatz

1,5 57.9

1,0

Qualität 36.7

0,5

Preis

Ideal

Zuverlässigkeit 6

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

1

0,5

5 3

Faktor 1 1,0

1,5

%) 2,0 (57.92,5

-0,5 -1,0 4

-1,5 -2,0 -2,5

Abbildung 4–14: Faktorwerteplotbeispiel mit Cluster und Ellipsenverhältnis 36,7:57,9

Durch eine unterschiedliche Festlegung der Breite und Höhe eines Clusters (Ellipse), entsprechend dem Erklärungsanteil der Faktoren, ist es möglich, die verschiedenen

226

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Erklärungsvarianzen in die Auswahl einzubeziehen - der Schwerpunkt der Ellipse liegt dabei im Ideallieferanten, der in vorliegendem Beispiel willkürlich festgelegt wurde. In der dargestellten zweidimensionalen Lösung in Abbildung 4–14 entspricht somit die Breite der Ellipse dem Erklärungsanteil des zweiten Faktors und die Höhe der Ellipse dem Erklärungsanteil des ersten Faktors. Das Verhältnis Breite:Höhe der Ellipse beträgt somit 36,7:57,9. Folglich müssen jene Lieferanten, die auf dem ersten Faktor hoch laden, sich näher am Ideallieferanten befinden, um in das Cluster aufgenommen zu werden, da dieser Faktor eine höhere Wichtigkeit gegenüber dem zweiten Faktor aufweist. Im Cluster liegende Lieferanten können dann je nach Einsatz der Faktorenanalyse vorausgewählt bzw. ausgewählt werden – im Beispiel die Lieferanten 3, 5 und 6. Für die Radien der Ellipse (das Seitenverhältnis bleibt erhalten!) lässt sich keine allgemein gültige Empfehlung geben. Folgende Ansatzpunkte vereinfachen jedoch die Entscheidung:



In der Lieferantenvorauswahl sollten nur so viele Lieferanten eingegrenzt werden, dass die detaillierte Bewertung des nachfolgenden Schrittes (Lieferantenbewertung) mit vertretbarem Aufwand möglich ist.



In der Lieferantenbewertung und –auswahl gibt die Sourcing-Strategie des Unternehmens die Anzahl der auszuwählenden Lieferanten und damit den Radius der Ellipse vor. Sollen beispielsweise im Rahmen von Multi-Sourcing drei Lieferanten ausgewählt werden, sind die Radien der Ellipse so lange kontinuierlich zu vergrößern, bis drei Lieferanten im Cluster des Ideallieferanten liegen.



Bei stetig zunehmenden Radien der Ellipse ist eine Grenze dann sinnvoll, bevor das Verhältnis Ellipsenfläche zu Anzahl der umhüllten Lieferanten sehr deutlich ansteigt. Bildlich bedeutet dies, dass ein neuer (in das Cluster aufzunehmender) Lieferant einen großen Sprung in den Radien der Ellipse erfordern würde; der Lieferant liegt „weit weg“ vom bisherigen Cluster. Im obigen Beispiel würde eine Aufnahme von Lieferant 1 in das Cluster eine erhebliche Vergrößerung der Ellipsenfläche bedeuten.

Formal werden für die Vorauswahl bzw. Auswahl der Lieferanten im Faktorwerteplot die Distanzen zum Ideallieferanten berechnet. Für jeden Lieferanten Li (i=1,...,n) wird dabei die

City-Block-Distanz zwischen den q Faktorwerten des Lieferanten i und des Ideallieferanten I bestimmt, wobei diese Distanzen mit dem Erklärungsanteil e j der einzelnen Faktoren gewichtet werden müssen: q

d (Li, I) =  e j | fij – fIj |

für alle i = 1,…,n

j=1

mit fij

Faktorwert des j-ten Faktors bei Lieferant i

(4.30)

Kapitel 4.2 – Konzeption des Lieferanten-Bewertungs-Systems

fIj e

227

Faktorwert des j-ten Faktors beim Ideallieferant I j

Erklärungsanteil des Faktors j

Die derart errechnete Distanz bildet dann eine Lieferantenkennzahl, die mittels einer Rangvergabe eine Auswahl des oder der Lieferanten ermöglicht und zusätzlich im Lieferantencontrolling eingesetzt werden kann (vgl. Kapitel 4.3.3). In Tabelle 4–13 ist ersichtlich, dass bei der Berechnung der City-Block-Distanzen, ebenso wie bei der Clusterbildung, die Lieferanten 5, 6 und 3 am nächsten zum Ideallieferanten liegen. City-Block Distanz

Rang

0,7832 1,4692

4 5

-0,2343

0,3897

3

-1,2530

1,8897

6

0,7783

-0,0255

0,2092

1

Lieferant 6

1,0937

0,0984

0,3464

2

Ideallieferant

0,7500

0,5000

0,0000

Faktor 1

Faktor 2

0,5788

0,3667

-0,0448 -0,9669

-0,3802 1,7945

Lieferant 3

0,5423

Lieferant 4

-1,4026

Lieferant 5

Erklärungsanteil Faktorwerte Lieferant 1 Lieferant 2

Tabelle 4–13: Berechnung der City-Block-Distanzen anhand der Faktorwerte

Nach dieser allgemeinen theoretischen Beschreibung der durchzuführenden Prozessschritte wird der Einsatz des Lieferanten-Bewertungs-Systems in Vorauswahl, Auswahl und Controlling anhand des Unternehmens ARGASSI (Name geändert) und weiterer Anwendungsfälle ausführlich erläutert.

4.3 Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems Das Unternehmen ARGASSI mit Sitz in London hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1957 auf die Produktion von hochwertigen Gummiformteilen spezialisiert. Mehrere hundert Mitarbeiter sind in dem mittelständischen Unternehmen beschäftigt. Das Unternehmen besitzt eine Baureihe von Membran- und Schrägsitzventilen, die in verschiedenen Nennweiten erhältlich sind. ARGASSI gibt darüber hinaus auch die Konstruktion, die Produktion und die Modifikation von Spezialwerkzeugen in Auftrag. Das Unternehmen kooperiert bei der Entwicklung und dem Entwurf von Produkten und deren Design mit seinen wichtigsten Zulieferern.

228

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

ARGASSI befindet sich in einer Neuprodukteinführung, was eine intensive und systematische Lieferantenauswahl voraussetzt. Die bisherige Lieferantenbewertung und -auswahl erfolgte anhand von Checklistenverfahren, deren Ergebnisse nicht mehr zufriedenstellend waren. Das Unternehmen verfolgt für den anstehenden Beschaffungsfall die Strategie des Dual-Sourcing, es möchte somit zur Abhängigkeitsvermeidung das betreffende Objekt von zwei Lieferanten beschaffen. Die Einsatzmöglichkeiten des konzipierten Lieferanten-Bewertungs-Systems im Rahmen des Lieferantenmanagements werden in den nächsten Kapiteln detailliert gezeigt. Das Statistikprogramm SPSS® 10.0 stellt dabei das Hilfsmittel zur Berechnung der Faktoren und des Faktorwerteplots dar, mittels MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993] werden Sterndiagramme erstellt sowie Clusteranalyse und Multidimensionale Skalierung (vgl. Kapitel 5) durchgeführt.

4.3.1 Einsatz in der Lieferantenvorauswahl Im Folgenden werden die vier Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems (vgl. Abbildung 4–11) für die Lieferantenvorauswahl durchgeführt.

Schritt I: Festlegung der Bewertungskriterien ARGASSI steht vor dem Problem einer Neuprodukteinführung und bezieht folglich alle in Frage kommenden Lieferanten auf dem Markt in die Vorauswahl ein. Eine intensive und systematische Beschaffungsmarktforschung identifizierte 20 potentielle Lieferanten, die das gewünschte Produkt anboten. Zur Lieferanteneingrenzung entschied sich ARGASSI für die fünf Hauptkriterien (vgl. Kapitel 3.4) Preisleistung, Mengenleistung, Qualitätsleistung, Logistikleistung und Serviceleistung, im Folgenden vereinfachend abgekürzt mit: PREIS, MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK und SERVICE. Ziel der Lieferantenvorauswahl war es, etwa fünf Lieferanten einzugrenzen, die im Anschluss einer detaillierten Bewertung unterzogen werden sollten. Ein von ARGASSI entworfener, standardisierter Fragebogen, der den 20 potentiellen Lieferanten zuging, lieferte dann erste lieferantenspezifische Daten zu den geforderten Kriterien. Durch die Internationalität der Zulieferer wurde der Preis auf [Euro] umgerechnet erhoben, die übrigen Merkmale wurden fünfstufig ordinal skaliert mit den Ausprägungen sehr schlecht (1), schlecht (2), mittel (3), gut (4) und sehr gut (5). In Kombination mit Eigenrecherchen und Erfahrungswerten140 erhielt ARGASSI die in Tabelle 4–14 wiedergegebene Datensammlung über die Lieferanten.

140

Einige Lieferanten waren ARGASSI über befreundete Unternehmen teilweise bekannt.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

229

Diese Darstellung beinhaltet neben den 20 Lieferanten einen Ideallieferanten, der durch ein Expertenteam von ARGASSI, dem Mitglieder aus verschiedenen Unternehmensbereichen angehörten, festgelegt wurde und der den Sollpartner darstellt. Umfangreiche Besprechungen waren der Konstruktion des Ideallieferanten voraus gegangen. Jedem Mitglied des Bewertungskomitees war dabei eine Checkliste mit Subkriterien der fünf Hauptkriterien zugegangen, um konkrete Anhaltspunkte für das Setzen der Idealwerte zur Verfügung zu haben. Anzumerken ist, dass die qualitativen Merkmale des Ideallieferanten, wie beispielsweise Mengen- und Qualitätsleistung, stets 100 % der möglichen Leistung entsprechen und der gewünschte Preis (0,40 Euro) von ARGASSI auf den Modalwert aller Preise potentieller Lieferanten gesetzt wurde.

Preis

Menge

Qualität

Logistik

Service

Lieferant 1

0,50

sehr gut

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Lieferant 2

0,52

sehr gut

sehr gut

sehr gut

gut

Lieferant 3

0,55

gut

sehr gut

schlecht

mittel

Lieferant 4

0,60

sehr gut

gut

gut

mittel

Lieferant 5

0,65

gut

sehr gut

gut

mittel

Lieferant 6

0,66

sehr gut

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Lieferant 7

0,10

sehr gut

gut

sehr gut

mittel

Lieferant 8

0,30

schlecht

schlecht

sehr gut

gut

Lieferant 9

0,40

sehr gut

sehr gut

sehr gut

mittel

Lieferant 10

0,70

gut

gut

mittel

mittel

Lieferant 11

0,30

mittel

sehr schlecht

gut

sehr gut

Lieferant 12

0,40

sehr schlecht

schlecht

mittel

mittel

Lieferant 13

0,40

schlecht

mittel

mittel

mittel

Lieferant 14

0,10

sehr schlecht

sehr schlecht

gut

gut

Lieferant 15

0,20

sehr schlecht

mittel

sehr gut

sehr gut

Lieferant 16

0,89

gut

gut

mittel

sehr gut

Lieferant 17

0,95

sehr gut

sehr gut

schlecht

sehr schlecht

Lieferant 18

0,85

mittel

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Lieferant 19

0,90

sehr gut

sehr gut

sehr schlecht

schlecht

Lieferant 20

0,70

mittel

sehr gut

schlecht

gut

Ideallieferant

0,40

sehr gut

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Tabelle 4–14: Datenmatrix in der Lieferantenvorauswahl

Um einen ersten Eindruck von der Struktur der auszuwertenden Daten der Lieferanten zu erhalten, wird im Folgenden eine deskriptive statistische Analyse, wie in Kapitel 4.2.2 beschrieben, durchgeführt.

230

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Schritt II: Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale Für die jeweils vorliegenden Skalenniveaus bieten sich verschiedene Verfahren an. Die ordinalen Merkmale MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK und SERVICE werden anhand von Häufigkeitsauszählungen charakterisiert und für das kardinale Merkmal PREIS werden Lageund Streuungsparameter berechnet. Dabei wird zusätzlich der konstruierte Ideallieferant zu Vergleichszwecken und zur Erhöhung der Aussagekraft der deskriptiven Statistik farblich markiert (rot) eingezeichnet bzw. dessen Werte angegeben. In den Häufigkeitsauszählungen ist zu erkennen, dass von allen Lieferanten bei den Merkmalen MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK und SERVICE nur maximal fünf Zulieferer ein schlechtes bis sehr schlechtes Ergebnis aufweisen (vgl. Abbildung 4–15). Gut erkennbar ist zudem, dass der Ideallieferant bei allen ordinalen Kriterien die beste Ausprägung besitzt und dass je nach Kriterium sechs (SERVICE) bis zehn (QUALITÄT) Lieferanten diese Ansprüche erfüllen.

12

10 10

8

8

8

8

6 6

4 4

3

4

4 4

3

4

3

2

2 2 2

2

1

1 1

0

Menge

Ideal

Qualität

Logistik Ideal

sehr schlecht

schlecht

Service Ideal

mittel

gut

Ideal

sehr gut

Abbildung 4–15: Häufigkeitsauszählungen der ordinalen Merkmale mit Idealwerten (n=20)

Für das kardinale Merkmal PREIS werden Lage- und Streuungsparameter berechnet (vgl. Tabelle 4–15), da aufgrund der unendlich vielen Ausprägungen Häufigkeitsauszählungen nicht sinnvoll sind (vgl. Kapitel 4.2.2). Der ideale Preis wurde – wie beschrieben – von ARGASSI auf den Modalwert festgesetzt. Wie die univariate deskriptive Statistik zeigt, besteht beim Merkmal PREIS zwar eine hohe Spannweite (Extremwerte 0,10 und 0,95 [Euro]), jedoch eine vertretbare Streuung von 0,2481.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

Preis

Preis

231

Modus (=Ideal)

Minimum

25 %Quantil

Median

75 %Quantil

Maximum

0,40

0,10

0,40

0,52

0,70

0,95

Mittelwert

Varianz

Streuung

Spannweite

Quartilsabstand

0,5271

0,0616

0,2481

0,85

0,30

Tabelle 4–15: Univariate deskriptive Analyse des Merkmals PREIS mit Idealwert (n=20)

Das Histogramm (vgl. Abbildung 4–16) des Merkmals PREIS zeigt die ausgebildete Spitze in der Mitte der Verteilung und erklärt somit die noch annehmbare Streuung.

6

Anzahl Beobachtungen

5 4 3 2 1

Ideal

0,1000

0,2117

0,3833

0,5250

0,6667

0,8083

0,9500

Abbildung 4–16: Histogramm des Merkmales PREIS mit Idealwert (n=20)

Eine graphische Darstellung in Form eines Box-Plots bietet einen guten Überblick über die berechneten Kennzahlen aus Tabelle 4–15 (vgl. Abbildung 4–17). Auch hier ist leicht erkennbar, dass trotz großer Spannweite keine allzu starken Ausreißer beim Merkmal PREIS bestehen.

Ideal

PREIS

0,10

Abbildung 4–17: Box-Plot des Merkmals PREIS mit Idealwert (n=20)

0,95

232

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Weitere Analysen wären an dieser Stelle möglich, von denen die Korrelationsrechnung jedoch im folgenden Schritt des Systems ohnehin zwingend durchgeführt wird.

Schritt III: Durchführung der Faktorenanalyse Die Durchführung der Faktorenanalyse folgt den in Abbildung 4–2 beschriebenen vier Teilschritten: Errechnung der Korrelationsmatrix, Extraktion der Faktoren, Faktorrotation und Bestimmung der Faktorwerte – jeweils unter Einbeziehung des Ideallieferanten.

1) Errechnung der Korrelationsmatrix Anhand der Korrelationsmatrix aus Tabelle 4–16 ist zu erkennen, dass die Merkmale MENGE und QUALITÄT positiv, die Merkmale LOGISTIK und SERVICE jedoch negativ zum Merkmal PREIS korrelieren. Ein höherer Preis geht also mit besseren Qualitäts- und Mengenleistungen einher, nicht jedoch mit besserer Logistik oder besserem Service. So bietet beispielsweise der teuerste Lieferant schlechte Logistik und sehr schlechten Service.

Preis Menge

Preis

Menge

Qualität

Logistik

1

0,4435

0,6211

-0,5266

Service -0,2551

0,4435

1

0,7592

0,0173

-0,2043

Qualität

0,6211

0,7592

1

-0,8870

-0,1652

Logistik

-0,5266

0,0173

-0,8870

1

0,6041

Service

-0,2551

-0,2043

-0,1652

0,6041

1

Tabelle 4–16: Korrelationsmatrix der Lieferanten in der Lieferantenvorauswahl (n=21)

Die Struktur der Korrelationsmatrix zeigt ebenfalls, dass jedes Merkmal mit mindestens einem anderen Merkmal eine Korrelation größer als 0,6 aufweist. Es ist daher möglich, dass einige wenige hoch geladene Faktoren in der Lösung auftreten. Der Einsatz der Faktorenanalyse ist also grundsätzlich sinnvoll.

2) Extraktion der Faktoren Der Scree-Test, wie bereits in Kapitel 4.1.2.2 beschrieben, empfiehlt eine Extraktion von vier Faktoren, da ab dem vierten Faktor („Knickstelle“) die restlichen Eigenwerte nahezu unverändert bleiben (vgl. Abbildung 4–18).141

141

Allerdings ist auch die Veränderung der Eigenwerte zwischen dem dritten und vierten Faktor relativ gering, so dass auch eine Extraktion von drei Faktoren nach dem Scree-Test zu rechtfertigen wäre.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

233

3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Faktor 5

Abbildung 4–18: Scree-Test

Bei Betrachtung der Eigenwerte und Erklärungsanteile aus Tabelle 4–17 ist jedoch zu erkennen, dass das Extraktionskriterium, nur Faktoren mit Eigenwert größer als 1 zu extrahieren (Kaiser-Kriterium), im vorliegenden Beispiel zu zwei Faktoren führt und zudem der Erklärungsanteil von nur zwei Faktoren fast 80 % (vgl. Kapitel 4.1.2.2) beträgt. Aus diesen Gründen wurden zwei zu extrahierende Faktoren gewählt.

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Faktor 5

Eigenwerte

2,501

1,457

0,661

0,210

0,171

Erklärungsanteil

0,500

0,291

0,132

0,042

0,034

Kumulierter Erklärungsanteil

0,500

0,792

0,924

0,966

1,000

Tabelle 4–17: Eigenwerte und Erklärungsanteile

Anhand der Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–18) ist ferner ersichtlich, dass die drei Merkmale PREIS, MENGE und QUALITÄT auf dem ersten Faktor sehr hoch laden und die Merkmale LOGISTIK und SERVICE auf dem zweiten Faktor.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,8386

-0,0298

0,704166

Menge

0,7257

0,5354

0,813338

Qualität

0,8082

0,4845

0,887847

Logistik

-0,5569

0,7565

0,882348

Service

-0,5545

0,6021

0,670030

Tabelle 4–18: Faktorladungsmatrix

234

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Allerdings bestehen bei den Merkmalen MENGE, LOGISTIK und SERVICE hohe Ladungen auf beiden Achsen, was zu einer schwierigen Interpretation der Ergebnisse führt und eine Rotation der Achsen (vgl. Kapitel 4.1.2.3) als angebracht erscheinen lässt, die im dritten Schritt der Faktorenanalyse erfolgt.

3) Faktorrotation Anhand der Varimax-rotierten Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–19) ist eine bessere Interpretation der Faktoren möglich. Die erste Achse wird dabei von den Merkmalen PREIS, MENGE und QUALITÄT, die zweite Achse von den Merkmalen LOGISTIK und SERVICE definiert. Die neuen Faktorladungen erlauben nun eine eindeutige Zuordnung zwischen den Merkmalen und den Faktoren, da jedes Merkmal auf genau einem Faktor, ausgenommen der PREIS, sehr hoch lädt. Der erste Faktor erklärt eine produktbezogene Leistungskomponente, während die zweite Achse die Zusatzleistungen beschreibt.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,6677

-0,5083

0,704166

Menge

0,9017

0,0183

0,813338

Qualität

0,9396

-0,0708

0,887847

Logistik

-0,0182

0,9392

0,882348

Service

-0,1053

0,8118

0,670030

Tabelle 4–19: Rotierte Faktorladungsmatrix

Eine Analyse der Erklärungsanteile (vgl. Tabelle 4–20) der einzelnen Faktoren nach der Varimax-Rotation zeigt, dass sich die Information nun besser auf die beiden Faktoren verteilt.

Faktor 1

Faktor 2

Neuer Erklärungsanteil

0,431

0,361

Kumulierter Erklärungsanteil

0,431

0,792

Tabelle 4–20: Erklärungsanteile nach Rotation

Der erste Faktor erklärt nunmehr 43,1 % (nach 50,0 %) der Gesamtvarianz, der zweite Faktor 36,1 % (nach 29,1 %).

4) Bestimmung der Faktorwerte Im letzten Schritt der Faktorenanalyse werden die Faktorwerte berechnet. Tabelle 4–21 zeigt, dass der Ideallieferant überdurchschnittliche Ausprägungen sowohl hinsichtlich des ersten als

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

235

auch des zweiten Faktors besitzt. Dies deutet darauf hin, dass voraussichtlich nur Lieferanten im Faktorwerteplot vorausgewählt werden, die ebenfalls positive Faktorwerte auf beiden Faktoren besitzen, wie unter anderem die Lieferanten 1, 2 und 6.

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 1

Faktor 2

Lieferant 1

0,8880

1,2368

Lieferant 11

-1,3170

0,5525

Lieferant 2

0,8586

Lieferant 3

0,2648

0,8142

Lieferant 12

-1,6798

-0,8873

-0,9911

Lieferant 13

-1,0527

Lieferant 4

0,4730

-0,7377

-0,1474

Lieferant 14

-2,1743

0,1344

Lieferant 5 Lieferant 6

0,5506

-0,2166

Lieferant 15

-1,2765

1,0082

1,0530

1,1045

Lieferant 16

0,4802

-0,0925

Lieferant 7

0,0948

0,6946

Lieferant 17

0,8775

-2,0451

Lieferant 8

-1,2496

0,5473

Lieferant 18

0,6479

0,7699

Lieferant 9

0,6848

0,5074

Lieferant 19

0,7846

-2,0264

Lieferant 10

0,1842

-0,7474

Lieferant 20

0,1690

-0,7978

Ideallieferant

0,7850

1,3195

Tabelle 4–21: Faktorwerte (nach Rotation) in der Lieferantenvorauswahl

Schritt IV: Interpretation des Faktorwerteplots Die berechneten Faktorwerte und die Faktoren lassen sich schließlich graphisch in einem zweidimensionalen Raum veranschaulichen, dem Faktorwerteplot (vgl. Kapitel 4.1.2.4). Der Faktorwerteplot zeigt anschaulich, wie die 21 Lieferanten mit den beiden Faktoren in Verbindung stehen. Die ermittelte Repräsentation (vgl. Abbildung 4–19) wurde sowohl durch Sterndiagramme (siehe Anhang A-30) als auch durch eine Clusteranalyse (vgl. Abbildung 53) und eine Multidimensionale Skalierung (vgl. Abbildung 5-5) bestätigt. Trotz mehrerer ordinaler Merkmale bleibt daher die Aussagekraft des Plots erhalten. Die Achsen in Abbildung 4–19 stellen die beiden extrahierten Faktoren dar, während die Punkte im Koordinatensystem die jeweiligen Positionen der (nummerierten) Lieferanten in Bezug auf die Faktoren anzeigen (Faktorwerte). Der Ideallieferant ist rot markiert. Wie in Teilschritt 3) erläutert, steht der erste Faktor (die Rechtsachse) für die produktbezogenen Leistungen und erklärt 43,1 % der Gesamtvarianz aller Merkmale. Der zweite Faktor (die Hochachse) mit 36,1 % Erklärungsanteil definiert die Zusatzleistungen. Insgesamt werden durch diese beiden Faktoren (Achsen) fast 80 % der Gesamtvarianz beschrieben, was einen sehr guten Erklärungsanteil darstellt.

236

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Faktor 2 (36.1 %)

2,5 2,0

Logistik Service

1,5

Ideal 1 6

15

1,0 18

7 11

8

2

9

0,5 14

Menge

Faktor 1

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

16 4 0,5 5

1,0

1,5

Qualität %) 2,0 (43.12,5

-0,5 10 13 12

-1,0

20

3 Preis

-1,5 -2,0 19

17

-2,5

Abbildung 4–19: Rotierter Faktorwerteplot der Lieferantenvorauswahl

Bei der folgenden Clusterbildung sind die unterschiedlichen Erklärungsanteile der beiden Faktoren berücksichtigt: Die clusterbildende Ellipse mit Schwerpunkt im Ideallieferant hat demnach ein Breite:Höhe-Verhältnis von 36,1:43,1, was dem reziproken Verhältnis der Erklärungsanteile der extrahierten Faktoren entspricht (vgl. Kapitel 4.2.4). Im vorliegenden Faktorwerteplot können fünf Cluster gebildet werden (vgl. Abbildung 4–19): (1) Die Lieferanten 3, 4, 5, 10, 16, 20 können zusammengefasst werden, da diese durch ihre Lage nahe am Ursprung insgesamt mittelmäßige Leistungen erbringen. Leicht überdurchschnittlichen Leistungen bei PREIS (d.h. etwas teurer als der Durchschnitt), MENGE und QUALITÄT stehen meist unterdurchschnittliche Leistungen bei den Merkmalen LOGISTIK und SERVICE gegenüber. (2) Die zweite Gruppe umfasst die Lieferanten 12 und 13, welche schlechte Leistungen in MENGE und QUALITÄT sowie unterdurchschnittliche Leistungen in LOGISTIK und SERVICE zeigen. Allerdings sind sie im PREIS günstiger. (3) Die Lieferanten 8, 11, 14, 15 können ebenfalls in einem Cluster zusammengefasst werden, da diese Lieferanten einen sehr niedrigen PREIS und schlechte Leistungen in

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

237

MENGE und QUALITÄT, jedoch gute bis sehr gute Leistungen in LOGISTIK und SERVICE aufweisen. (4) Lieferanten 17 und 19 sind durch einen sehr hohen PREIS sowie schlechte bzw. sehr schlechte Zusatzleistungen gekennzeichnet. (5) Das fünfte Cluster ist das relevante, da dieses Cluster den Ideallieferanten enthält. In der Nähe des Ideallieferanten liegen die Zulieferer 1, 2, 6, 7, 9, 18, welche bei allen Merkmalen gute bis sehr gute Leistungen liefern und einen niedrigen bis mittleren PREIS für das Produkt besitzen. Weiterhin ist erkennbar, dass beispielsweise auch eine Trennung der Lieferanten in vier Cluster möglich wäre, wobei die Lieferanten 12 und 13 dem Cluster 3 zugeordnet werden. Jedoch besteht das Ziel dieser Klassifikation nicht im Bilden von mehreren Clustern (mit untauglichen Lieferanten), sondern in der Repräsentation des relevanten Beschaffungsmarktes und spezifischer im Finden der nächstähnlichen Lieferanten zum Ideallieferanten. Aus dem Faktorwerteplot wird ersichtlich, dass in der Nähe des Ideallieferanten sechs Lieferanten liegen. Bei engeren Radien der Ellipse wäre auch eine geringere Anzahl an potentiellen Lieferanten zu erreichen. Während der Radius der Ellipse jedoch bei den Lieferanten 1, 6, 2, 18, 9 und 7 nur in kleinen Schritten ansteigt, würde die Aufnahme des nächstliegenden Lieferanten (16) einen größeren Sprung im Radius erfordern. Ähnlich einem Ellenbogenkriterium scheint zwischen Lieferant 7 und Lieferant 16 eine vernünftige Grenze zu existieren, die auch graphisch gut erkennbar ist. In Einklang mit dem Ziel der Lieferantenvorauswahl, etwa fünf Lieferanten einzugrenzen, befand ARGASSI sechs Lieferanten als eine vernünftige Anzahl für detaillierte Bewertungen und entschied sich folgerichtig für die Lieferanten 1, 2, 6, 7, 9 und 18, die im Cluster des Ideallieferanten liegen. Diese sechs Zulieferer werden im nächsten Schritt anhand von 25 Merkmalen erneut bewertet, um eine konkrete Entscheidung für zwei Lieferanten treffen zu können. Verallgemeinert können die Schritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems im Bereich der Lieferantenvorauswahl zusammengefasst werden: In der Lieferantenvorauswahl werden im vierten Schritt des Lieferanten-Bewertungs-Systems Cluster gebildet und diejenigen Lieferanten ausgewählt, welche im Cluster des Ideallieferanten liegen (vgl. Abbildung 4–20). Durch Variation des Radius ist eine unternehmensindividuelle Eingrenzung der Anzahl potentieller Lieferanten möglich. Der Faktorwerteplot dient somit der Repräsentation des Beschaffungsmarktes, der Klassifikation der potentiellen Lieferanten und damit der Evaluation geeigneter Lieferanten für die nachfolgende Lieferantenbewertung und –auswahl.

238

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Lieferanten-Bewertungs-System in der Lieferantenvorauswahl I.

Festlegung der Bewertungskriterien ... nach Entscheidungssituation ... wenige Hauptkriterien der möglichen Lieferanten auf dem Markt … Ideallieferant mit gewünschten Eigenschaften

II.

Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale

III.

Durchführung der Faktorenanalyse ... Berechnung der Korrelationsmatrix ... Faktorextraktion ... Faktorrotation ... Bestimmung der Faktorwerte

IV.

Interpretation des Faktorwerteplots ... Clusterbildung ... Auswahl des Clusters mit Ideallieferant

Abbildung 4–20: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in der Lieferantenvorauswahl

4.3.2 Einsatz in der Lieferantenbewertung und –auswahl Bei der Lieferantenbewertung werden nun weitere Bewertungskriterien hinzugezogen, die Subkriterien. Es muss festgestellt werden, inwieweit die einzelnen Lieferanten alle Anforderungen, die an die zu beschaffenden Produkte und Leistungen gestellt werden, erfüllen. Diese Subkriterien sind bereits vorab bekannt, für die Lieferanteneingrenzung des vorhergehenden Schrittes jedoch zu detailliert und aufgrund des Erhebungsaufwandes für die Vorauswahl ungeeignet. Im Rahmen der Lieferantenauswahl soll zusätzlich explizit auf die Gewichtung der Lieferantenmerkmale eingegangen werden. Fließen die Subkriterien a priori ungewichtet in die Bewertung ein, muss sich der Beschaffer keine Gedanken über deren Gewichtung machen, was als deutlicher Vorteil anzusehen ist, da die Kriteriengewichtung ein schwieriger Vorgang ist, dem zudem oftmals zu wenig Sorgfalt geschenkt wird [vgl. Thompson, 1991, S. 27]. Die Anzahl der Subkriterien je Hauptkriterium bedeutet jedoch automatisch eine implizite Kriteriengewichtung142: Mit der Zahl der Subkriterien steigt demnach die Gewichtung des übergeordneten Hauptkriteriums. Über diese allgemeine Tendenz hinaus gehende Angaben zur exakten Höhe der Gewichte interessieren an dieser Stelle nicht. Es ist jedoch möglich, nach Durchführung der Faktorenanalyse die resultierende a posteriori Gewichtung der Hauptkriterien anhand der Kommunalitäten exakt zu errechnen, worauf im nächsten Kapitel detailliert eingegangen wird. 142

Zur Kriteriengewichtung vgl. ausführlich Kapitel 3.4.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

239

Daneben ist es möglich, a priori eine manuelle Kriteriengewichtung vorzunehmen, welche dem Beschaffer eine subjektive Eingriffsmöglichkeit bietet und die Bedeutung der einzelnen Kriterien innerhalb der Bewertung steuert. Wenn jedoch mehr als etwa sieben Kriterien zu gewichten sind, lässt die simultane Vergleichsfähigkeit des Menschen stark nach [vgl. Sarkis/Talluri, 2002, S. 19]. Um die schwierige Festlegung der Gewichte zu erleichtern, eignen sich daher Paarvergleiche der Kriterien („Ist Preis wichtiger oder Qualität?“), um darauf aufbauend mittels Analytic Hierarchy Process (AHP)143 ein Ranking aller Merkmale zu erstellen [vgl. Nydick/Hill, 1992, S. 33]. Nachfolgend werden beide Möglichkeiten – a priori ungewichtete und a priori gewichtete Merkmale – in der Lieferantenauswahl aufgezeigt, wobei ARGASSI wie erwähnt das Ziel des Dual-Sourcing verfolgt.

4.3.2.1

Manuell ungewichtete Lieferantenmerkmale

Die folgenden Ausführungen orientieren sich wieder an den vier vorgestellten Teilschritten des Lieferanten-Bewertungs-Systems aus Kapitel 4.2.

Schritt I: Festlegung der Bewertungskriterien Für die sechs vorausgewählten Lieferanten (vgl. Kapitel 4.3.1) sind alle geforderten Detailkriterien durch das Expertenteam von ARGASSI festgelegt worden. Tabelle 4–22 zeigt, wie sich die 25 Subkriterien den acht Hauptbewertungskriterien zuordnen lassen. Das allgemeine Merkmal UMSATZ wurde dabei auf Wunsch des Unternehmens der Innovationsleistung zugeordnet. Tabelle 4–23 zeigt die gesamte (7 x 25)-Matrix. Diese Matrix enthält kardinale, ordinale und binäre Merkmale, was eine Bestätigung der Cluster im (später zu errechnenden) Faktorwerteplot, beispielsweise durch Sterndiagramme, erforderlich macht. Der PREIS wird dabei in [Euro] angegeben, das ZAHLUNGSZIEL in [Tagen], die ORTSLEISTUNG in [Entfernung des Zulieferers ab Werk in km], die ZEITLEISTUNG in [Lieferzeit in Tagen], der UMSATZ in [Millionen Euro] und die MINDESTLIEFERMENGE in [Stück]. Bei den binären Merkmalen KOSTENANALYSE („Legt der Lieferant eine detaillierte Berechnung seines Angebotspreises offen?“), HOHE MENGE („Ist der Lieferant in der Lage, die von uns geforderte Maximalmenge zu liefern?“), ISO 9000:2000, RECYCLING-BEREITSCHAFT und KOOPERATIONSBEREITSCHAFT wurde ermittelt, ob betreffendes Kriterium erfüllt ist oder nicht. Die restlichen ordinalen Merkmale wurden nach ihrem Erfüllungsgrad beurteilt

143

Zur Beschreibung des AHP vgl. Kapitel 3.5.3.3.1.

240

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

anhand einer fünfstufigen Skala mit Stufen von sehr schlecht/sehr niedrig (= 1 Punkt) bis sehr gut/sehr hoch (= 5 Punkte).

Menge

Qualität

Logistik

Service

Mengenflexibilität

Produktqualität

Ortsleistung

Kundendienst

Mindestliefermenge

Erfahrung des Lieferanten

Lieferleistung

Objektgarantie

hohe Menge

Mitarbeiterqualifikation Zeitleistung

Nachkaufsicherheit

ISO 9000:2000 Technologiestand

Entgelt

Information

Innovation

Umwelt

Preis

Kooperationsbereitschaft

Technologische Kompetenz

Recyclingbereitschaft

Zahlungsziel

www-Angebot

F&E Kapazitäten

Umweltverträglichkeit

Konditionengestaltung

Umsatz

Kostenanalyse

Tabelle 4–22: Bewertungskriterien bei der Lieferantenauswahl

Durch die Anzahl ihrer Subkriterien fließen die Hauptkriterien implizit gewichtet in die Auswahlentscheidung ein: Am wichtigsten ist für ARGASSI demnach die QUALITÄT mit fünf Subkriterien, am unwichtigsten sind INFORMATION und UMWELT mit jeweils zwei Subkriterien. Im Unterschied zum folgenden Kapitel 4.3.3.2 a) genügt an dieser Stelle jene Rangfolge der Hauptkriterien, eine exakte Quantifizierung ist nicht von Interesse. Die Matrix beinhaltet neben den sechs Lieferanten der Vorauswahl einen Ideallieferanten, den ein aus verschiedenen Abteilungen zusammengesetztes Expertenteam des Unternehmens ARGASSI bestimmte. Es ist ersichtlich, dass die qualitativen Merkmale des Ideallieferanten, wie beispielsweise MENGENFLEXIBILITÄT und PRODUKTQUALITÄT, immer 100 % der möglichen Leistung entsprechen und der gewünschte PREIS (0,50 Euro) den Durchschnittspreis aller Preise der potentiellen Lieferanten darstellt; im Rahmen der Lieferantenauswahl kommt dem Preis folglich geringere Trennschärfe (der zu bildenden Cluster) und damit geringere Bedeutung zu (vgl. Kapitel 4.2.4). Eine ebenfalls untergeordnete Bedeutung sollte dem Merkmal ORTSLEISUNG beigemessen werden:

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

241

Preis

Zahlungsziel

Lieferant 1

0,50

30

gut

ja

sehr gut

Lieferant 2

0,52

30

sehr gut

ja

sehr gut

Lieferant 6

0,66

30

sehr gut

ja

sehr gut

Lieferant 7

0,10

90

mittel

nein

mittel

Lieferant 9

0,40

60

mittel

nein

gut

Lieferant 18

0,85

30

sehr gut

nein

sehr gut

Ideallieferant

Konditionen

Kostenanalyse

Mengenflexibilität

0,50

60

sehr gut

ja

sehr gut

Hohe Menge

Produktqualität

Erfahrung

Mitarbeiterqualifikation

ISO 9000:2000

Lieferant 1

ja

sehr gut

hoch

sehr gut

ja

Lieferant 2

ja

sehr gut

sehr hoch

sehr gut

ja

Lieferant 6

nein

sehr gut

sehr hoch

sehr gut

ja

Lieferant 7

ja

mittel

niedrig

gut

nein

Lieferant 9

ja

sehr gut

niedrig

gut

ja

Lieferant 18

nein

sehr gut

sehr niedrig

mittel

nein

Ideallieferant

ja

sehr gut

sehr hoch

sehr gut

ja

Ortsleistung

Lieferleistung

Zeitleistung

Kundendienst

Objektgarantie

Lieferant 1

400

mittel

24

sehr gut

gut

Lieferant 2

500

schlecht

32

gut

gut

Lieferant 6

700

sehr schlecht

25

sehr gut

sehr gut

Lieferant 7

50

sehr gut

20

mittel

schlecht

Lieferant 9

100

sehr gut

15

mittel

mittel

Lieferant 18

40

sehr gut

18

mittel

sehr gut

Ideallieferant

100

sehr gut

20

sehr gut

sehr gut

Umsatz

Technologische Kompetenz

F&E Kapazitäten

Recyclingbereitschaft

Umweltverträglichkeit

Lieferant 1

200

sehr gut

sehr gut

ja

gut

Lieferant 2

10

gut

sehr gut

nein

gut

Lieferant 6

200

sehr gut

sehr gut

ja

gut

Lieferant 7

200

sehr gut

schlecht

nein

sehr schlecht

Lieferant 9

10

mittel

mittel

ja

gut

Lieferant 18

1

schlecht

gut

nein

sehr gut

Ideallieferant

5

sehr gut

sehr gut

ja

sehr gut

WWWAngebot

Mindestliefermenge

Technologiestand

Nachkaufsicherheit

Kooperationsbereitschaft

Lieferant 1

schlecht

500

hoch

gut

ja

Lieferant 2

schlecht

500

hoch

gut

ja

Lieferant 6

sehr schlecht

250

sehr hoch

sehr gut

ja

Lieferant 7

mittel

1000

mittel

schlecht

nein

Lieferant 9

gut

500

mittel

schlecht

nein

Lieferant 18

mittel

250

schlecht

sehr gut

nein

Ideallieferant

sehr gut

500

sehr hoch

sehr gut

ja

Tabelle 4–23: Datenmatrix in der Lieferantenauswahl

242

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Es sei nahezu egal, ob ein Lieferant 50 km oder 150 km vom Werk entfernt sei; erst deutlich oberhalb von 200 km Distanz wäre dies negativ anzuführen. Der Idealwert wurde somit auf 100 km festgelegt, nicht zuletzt um eine durch Fixierung auf Null induzierte Übergewichtung des Merkmals zu verhindern. Ergänzend lässt sich dennoch festhalten, dass bei annährend gleich weit vom Ideallieferanten entfernten Zulieferern diejenigen zu bevorzugen sind, die näher am Unternehmen liegen bzw. einen geringeren Preis aufweisen. Aus machtpolitischen Überlegungen wollte ARGASSI tendenziell mit kleineren Zulieferern zusammenarbeiten. Ein Blick auf die Datenmatrix zeigt, dass sich die sechs vorausgewählten Unternehmen durch strukturelle Gegebenheiten in zwei Größenklassen einteilen lassen: Unternehmen mit etwa 200 Mio. Euro Umsatz pro Jahr und Unternehmen von 1 bis 10 Mio. Umsatz pro Jahr. ARGASSI entschied sich aus genannten Gründen für die letztere Gruppe und setzte den Idealwert des Kriteriums UMSATZ auf 5 Mio. Euro. Die Idealwerte der übrigen kardinalen Merkmale ergaben sich schließlich durch unternehmensspezifische Vorgaben der Produktion (Merkmale ZEITLEISTUNG, MINDESTLIEFERMENGE) und der Finanzen (ZAHLUNGSZIEL).

Schritt II: Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale Um einen Überblick über die Struktur der lieferantenspezifischen Daten zu erhalten, erfolgt zunächst eine deskriptive statistische Analyse entsprechend dem Skalenniveau der Lieferantenmerkmale. Der Ideallieferant wird wieder gesondert ausgewiesen.

6

5 5

4 4

3

3

3

3

2

2

2

2

1

1

1

1 1

1

1 0 Mitarbeiterqualifikation

Produktqualität

MengenMengen-flexibiltät

Konditionen

Kundendienst

flexibilität Ideal

sehr schlecht

Ideal

schlecht

Ideal

mittel

Ideal

gut

sehr gut

Abbildung 4–21: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl ausgewählter ordinaler Kriterien mit Idealwerten (n=6)

Ideal

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

243

Die Häufigkeitsauszählungen aus Abbildung 4–21 zeigen, dass zwei (von fünf) Subkriterien der Qualitätsleistung (MITARBEITERQUALIFIKATION und PRODUKT-QUALITÄT) von über 80 % der Lieferanten gut oder sehr gut erfüllt werden. Bei den ordinalen Merkmalen KONDITIONENGESTALTUNG, MENGENFLEXIBILITÄT und KUNDENDIENST zeigen die Lieferanten ebenfalls keine schlechten Leistungen. Allerdings ist die ERFAHRUNG von drei Lieferanten niedrig bzw. sehr niedrig und auch das WWW-ANGEBOT zeigt nur bei zwei Lieferanten ein positives Bild (vgl. Abbildung 4–22). Den Ansprüchen des rot hervorgehobenen Ideallieferanten genügen je nach Kriterium keiner (WWW-ANGEBOT) bis fünf (PRODUKTQUALITÄT) der Zulieferer.144

2

2

2

2

2

2

1

1

1

1

1

1

0

0 Erfahrung Erfahrung

sehr niedrig

niedrig

mittel

hoch

Ideal sehr hoch

ww w-Angebot www-Angebot

sehr schlecht

schlecht

mittel

Ideal gut sehr gut

Abbildung 4–22: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl ausgewählter ordinaler Kriterien mit Idealwerten (n=6)

Für die kardinalen Merkmale werden Lage- und Streuungsparameter berechnet. Auffallend bei den Merkmalen MINDESTLIEFERMENGE, ORTSLEISTUNG und UMSATZ ist die hohe Streuung der Daten. Lieferant 7 stellt mit seiner MINDESTLIEFERMENGE von 1000 einen Ausreißer in der Objektmenge dar, aber auch der jährliche UMSATZ der Lieferanten und deren Entfernung zum Werk von ARGASSI ist sehr unterschiedlich, wie an den Minimum- und Maximum-Werten abzulesen ist (vgl. Tabelle 4–24). Auffällig ist, dass die Spannweite des Merkmals UMSATZ sehr groß ist (199 Mio. Euro), wobei die Lieferanten jedoch keinerlei Umsätze zwischen (über) 10 Mio. Euro und 190 Mio. Euro aufweisen, sondern entweder höhere oder niedrigere Erträge erwirtschaften. Dies deutet auf große strukturelle Unterschiede der Zulieferer hin.

144

Im Anhang sind die weiteren Häufigkeitsauszählungen zu finden (vgl. Anhang A-31).

244

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

n=20

Modus

Minimum

Median

Maximum

Mittelwert

Streuung

Preis

0,50

0,10

0,51

0,85

0,50

0,23

Zahlungsziel

30,00

30,00

30,00

90,00

45,00

22,91

Mindestliefermenge

500,00

250,00

500,00

1000,00

500,00

250,00

Ortsleistung

100,00

40,00

250,00

700,00

298,33

251,68

Zeitleistung

20,00

15,00

22,00

32,00

22,33

5,50

Umsatz

200,00

1,00

105,00

200,00

103,50

96,55

Tabelle 4–24: Univariate deskriptive Statistik in der Lieferantenauswahl kardinaler Kriterien

Daher ist es hilfreich zu sehen, wo der Durchschnitt der jeweiligen Merkmale liegt, wie weit der mittlere Bereich „gestreckt“ ist, wie sich die Ausreißer verhalten und wo der Idealwert angesiedelt ist. Die nachfolgenden Box-Plots fassen die Struktur der kardinalen Merkmale übersichtlich zusammen (vgl. Abbildung 4–23): Ideal

PREIS

0,10

0,85 Ideal

ZAHLZIEL MINDESTLIEFERMENGE

30,00

90,00 Ideal

250,00

1000,00 Ideal

ORTSLEISTUNG ZEITLEISTUNG

40,00

700,00 Ideal

15,00

32,00 Ideal

UMSATZ

1,00 200,00

Abbildung 4–23: Box-Plots für die kardinalen Merkmale mit Idealwerten

Anhand der Grafik sind die hohen Streuungen der Merkmale UMSATZ und ORTSLEISTUNG gut zu erkennen. Um die Beziehungen zwischen zwei Variablen untersuchen zu können, wird für die ordinalen Merkmale QUALITÄT und ERFAHRUNG eine Kreuztabelle erstellt.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

245

Die Kreuztabelle (vgl. Abbildung 4–24) zeigt, dass eine sehr gute Qualität nicht nur bei einer hohen Erfahrung des Lieferanten möglich ist. So besitzen beispielsweise zwei potentielle Lieferanten des Unternehmens ARGASSI eine niedrige oder sogar sehr niedrige ERFAHRUNG und bieten dennoch eine sehr gute QUALITÄT bei ihren Produkten. Zwei Lieferanten genügen dem Idealwert „sehr gute Qualität“ bei „sehr hoher Erfahrung“.

2 1 1

0

1

1

0

mittel

0

Qualität sehr gut

sehr niedrig

niedrig

hoch

sehr hoch

Ideal

Erfahrung

Abbildung 4–24: Kreuztabelle QUALITÄT versus ERFAHRUNG mit Idealwert

Die deskriptive Analyse lieferte einen ersten Eindruck von den 25 Merkmalen der Lieferanten sowie von den gewünschten Idealwerten. Im Anschluss werden die Faktorenanalyse durchgeführt und der resultierende Faktorwerteplot interpretiert.

Schritt III: Durchführung der Faktorenanalyse Die folgenden Schritte der Faktorenanalyse beziehen sich wiederum auf das in Kapitel 4.1 beschriebene Grundkonzept dieses statistischen Verfahrens mit seinen vier Teilschritten.

1) Errechnung der Korrelationsmatrix Im ersten Schritt der Faktorenanalyse wird die Korrelationsmatrix, um Zusammenhänge zwischen den Variablen zu erkennen. Die Korrelationsmatrix zeigt, dass nahezu jedes Merkmal mit mindestens einem anderen Merkmal größer als 0,7 korreliert (Auszug aus der Korrelationsmatrix vgl. Tabelle 4–25, gesamte Korrelationsmatrix siehe Anhang A-32). So besteht beispielsweise eine sehr hohe Korrelation des Merkmales ERFAHRUNG mit den Merkmalen KOSTENANALYSE und MITARBEITERQUALIFIKATION.

246

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Preis

Preis

Konditionengestaltung

Kostenanalyse

Mengenflexibilität

Qualität

Erfahrung

Mitarbeiterqualifikation

1

0,7770

0,2204

0,8395

0,7739

0,0620

-0,1682

Konditionengestaltung

0,7770

1

0,6088

0,8590

0,5960

0,5244

0,2545

Kostenanalyse

0,2204

0,6088

1

0,6794

0,4714

0,9592

0,9058

Mengenflexibilität

0,8395

0,8590

0,6794

1

0,8807

0,5284

0,3462

Qualität

0,7739

0,5960

0,4714

0,8807

1

0,3666

0,2402

Erfahrung

0,0620

0,5244

0,9592

0,5284

0,3666

1

0,9510

Mitarbeiterqualifikation

-0,1682

0,2545

0,9058

0,3462

0,2402

0,9510

1

Tabelle 4–25: Korrelationsmatrix der Lieferantenmerkmale in der Lieferantenauswahl (Auszug)

Die hohen Korrelationen der einzelnen Variablen zueinander deuten bereits auf mögliche hoch geladene Faktoren hin, welche in der späteren Lösung auftreten können. Der Einsatz einer Faktorenanalyse ist also prinzipiell sinnvoll.

2) Extraktion der Faktoren Aus Tabelle 4–26 der Eigenwerte und Erklärungsanteile ist gut zu erkennen, dass das Extraktionskriterium (Kaiser-Kriterium), nur Faktoren mit Eigenwert größer als 1 zu extrahieren, im vorliegenden Beispiel zu mindestens fünf zu extrahierenden Faktoren führt, was jedoch keine graphische Repräsentation mehr erlaubt. Da der Erklärungsanteil von zwei Faktoren bereits über 75 % beträgt, wurde in Abstimmung mit ARGASSI eine Entscheidung über zwei zu extrahierende Faktoren getroffen. Zusätzlich wird auch eine dreifaktorielle Lösung diskutiert145 (vgl. Schritt IV).

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

Faktor 5

Eigenwerte

12,611

6,189

2,978

1,467

1,341

Erklärungsanteil

0,504

0,248

0,120

0,059

0,054

Kumulierter Erklärungsanteil

0,504

0,752

0,872

0,931

0,985

Tabelle 4–26: Eigenwerte und Erklärungsanteile der ersten fünf Faktoren

Die Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–27) zeigt, dass unter anderem die Merkmale KOSTENANALYSE, MENGENFLEXIBILITÄT und F&E-KAPAZITÄTEN auf dem ersten 145

Zur Darstellung des dreidimensionalen Faktorwerteplots vgl. Abbildung 4–26.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

247

Faktor sehr hoch laden und die Merkmale PREIS und TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ auf dem zweiten Faktor. Bei verschiedenen Merkmalen, wie unter anderem bei der MINDESTLIEFERMENGE und der MITARBEITERQUALIFIKATION, bestehen jedoch hohe Ladungen auf beiden Achsen. Die daraus resultierende schwierige Interpretation der Ergebnisse lässt eine Rotation der Achsen sinnvoll erscheinen, welche im dritten Schritt der Faktorenanalyse erfolgt. In Anbetracht der Fülle an Kriterien liegen erfreulich viele hohe bis sehr hohe Kommunalitäten vor; lediglich die beiden Merkmale WWW-ANGEBOT und RECYCLINGBEREITSCHAFT fließen mit 19,7 % bzw. 22,8 % ihrer ursprünglichen Informationen nur schwach in die Analyse ein.

Preis

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

0,6029

-0,7787

0,969846

-0,7814

0,4272

0,793009

Konditionengestaltung

0,7934

-0,3840

0,777005

Kostenanalyse

0,9002

0,3895

0,962072

Zahlungsziel

Mengenflexibilität

0,8953

-0,4019

0,963022

Mindestliefermenge

-0,6911

0,6594

0,912388

Hohe Menge

0,437477

-0,2696

0,6040

Qualitätsniveau der Produkte

0,7402

-0,4824

0,780608

Erfahrung

0,8180

0,5059

0,925094

Mitarbeiterqualifikation

0,6834

0,6995

0,956347

ISO 9000 : 2000

0,6893

0,3275

0,582349

Technologiestand

0,7329

0,5551

0,845231

Ortsleistung

0,7699

0,3293

0,701116

-0,7441

-0,3021

0,645021

Zeitleistung

0,6219

0,3726

0,525654

Kundendienst

0,8534

0,3730

0,867476

Objektgarantie

0,8016

-0,5119

0,904510

Nachkaufsicherheit

0,7957

-0,4034

0,795905

Umsatz

0,0059

0,6296

0,396466

Technologische Kompetenz

0,2884

0,8887

0,873002

F&E Kapazitäten

0,9758

-0,0889

0,960038

Recyclingbereitschaft

0,4255

0,2177

0,228422

Umweltverträglichkeit

0,6485

-0,6462

0,838104

Kooperationsbereitschaft

0,9002

0,3895

0,962072

-0,4054

-0,1817

0,197321

Lieferleistung

www-Angebot

Tabelle 4–27: Faktorladungsmatrix

248

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

3) Faktorrotation Durch eine Varimax-Rotation der Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–28) werden die Kriterien besser den Faktoren zugeordnet, was die Interpretation der Faktoren erleichtert. Mit Ausnahme von UMSATZ und F&E-KAPAZITÄTEN kann nun jedes Merkmal eindeutig einem der beiden Faktoren zugewiesen werden. Die erste Achse wird dabei insbesondere von den unternehmensbezogenen Merkmalen wie ERFAHRUNG, MITARBEITERQUALIFIKATION, TECHNOLOGIESTAND, KUNDENDIENST und KOOPERATIONSBEREITSCHAFT definiert, wobei die zweite Achse hauptsächlich von den produktspezifischen Merkmalen PREIS, MINDESTLIEFERMENGE, OBJEKT-GARANTIE und UMWELTVERTRÄGLICHKEIT beeinflusst wird.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

-0,0304

0,9843

0,969846

Zahlungsziel

-0,3310

-0,8267

0,793009

Konditionengestaltung

0,3677

0,8011

0,777005

Kostenanalyse

0,9423

0,2723

0,962072

Mengenflexibilität

0,4349

0,8797

0,963022

-0,1136

-0,9484

0,912388

Hohe Menge

0,1763

-0,6375

0,437477

Qualitätsniveau der Produkte

0,2641

0,8431

0,780608

Erfahrung des Lieferanten

0,9530

0,1302

0,925094

Mitarbeiterqualifikation

0,9723

-0,1048

0,956347

ISO 9000 : 2000

0,7401

0,1859

0,582349

Technologiestand

0,9186

0,0381

0,845231

Ortsleistung

0,8034

0,2358

0,701116

-0,7663

-0,2404

0,645021

Zeitleistung

0,7169

0,1083

0,525654

Kundendienst

0,8957

0,2553

0,867476

Objektgarantie

0,2927

0,9049

0,904510

Nachkaufsicherheit

0,3572

0,8175

0,795905

Umsatz

0,4051

-0,4820

0,396466

Technologische Kompetenz

0,7880

-0,5021

0,873002

F&E Kapazitäten

0,6962

0,6894

0,960038

Recyclingbereitschaft

0,4668

0,1028

0,228422

Umweltverträglichkeit

0,0892

0,9111

0,838104

Kooperationsbereitschaft

0,9423

0,2723

0,962072

-0,4283

-0,1178

0,197321

Mindestliefermenge

Lieferleistung

www-Angebot

Tabelle 4–28: Rotierte Faktorladungsmatrix

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

249

Durch die Varimax-Rotation haben sich die Erklärungsanteile der einzelnen Faktoren (vgl. Tabelle 4–29) geändert. Der Erklärungsanteil des ersten Faktors hat sich dabei verringert (von 50,4 % auf 40,0 %), der des zweiten Faktors vergrößert (von 24,8 % auf 35,2 %).

Faktor 1

Faktor 2

Neuer Erklärungsanteil

0,400

0,352

Kumulierter Erklärungsanteil

0,400

0,752

Tabelle 4–29: Erklärungsanteile nach Rotation

Insgesamt werden 75,2 % der Gesamtvarianz der Ausgangsinformationen verarbeitet, was in Anbetracht der vielen Kriterien einen sehr guten Wert darstellt. Zusammenfassend steht die erste Achse primär für die unternehmensbezogenen Daten und erklärt 40,0 % der Gesamtvarianz, während die zweite Achse mit einem Erklärungsanteil von 35,2 % in erster Linie die produktbezogenen Leistungen widerspiegelt.

4) Bestimmung der Faktorwerte Im letzten Schritt der Faktorenanalyse werden die Faktorwerte berechnet (vgl. Tabelle 4–30). Wie zu erkennen ist, weisen zwei Lieferanten (7 und 9) negative Faktorwerte bezüglich beider Faktoren auf und liegen somit insgesamt unter dem Durchschnitt. Alle anderen Lieferanten erfüllen zumindest einen der Faktoren überdurchschnittlich. Bei Lieferant 18 ist beispielsweise der erste Faktor im Vergleich zu den übrigen Lieferanten stark unterdurchschnittlich ausgeprägt, während der zweite Faktor als stark überdurchschnittlich ausgeprägt eingeschätzt wird.

Faktor 1

Faktor 2

Lieferant 1

0,8097

-0,0904

Lieferant 2

0,6700

0,2147

Lieferant 6

1,0518

0,4987

Lieferant 7

-0,5989

-1,9120

Lieferant 9

-0,8553

-0,3288

Lieferant 18

-1,5679

1,3677

Ideallieferant

0,4907

0,2501

Tabelle 4–30: Faktorwerte in der Lieferantenauswahl

Im vierten und letzten Schritt des Lieferanten-Bewertungs-Systems wird der Faktorwerteplot gebildet und analysiert.

250

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Schritt IV: Interpretation des Faktorwerteplots Abbildung 4–25 zeigt die graphische Darstellung der Objektmenge, den Faktorwerteplot. Diese Darstellung beinhaltet neben den sechs vorausgewählten Lieferanten auch den vom Unternehmen definierten Ideallieferanten (rot markiert). Damit ist ersichtlich, welche Lieferanten in dessen Nähe liegen und somit den erwünschten Leistungen über alle Merkmale am ähnlichsten sind. Da auch mehrere ordinale Merkmale in die Analyse eingeflossen sind, wurden die Ähnlichkeitsbeziehungen der Lieferanten zueinander und zum Ideallieferanten zunächst anhand ihrer Sterndiagramme bestätigt (vgl. Anhang A-33) – die Aussagefähigkeit des Faktorwerteplots ist somit gesichert.

Faktor 2 2,5 (35.2 %) Objektgarantie

Konditionen Nachkaufsicherheit

Qualität

2,0

Umw eltverträgl.

Mengenflexibilität

Preis

1,5

18

F&E-Kapazität

1,0

Kostenanalyse

6

0,5

Ideal

Lieferleistung

-1,0

-0,5 9

1

0,0

0,5

-0,5

1,0

ISO 9000

Ortsleistung

Zeitleistung

Recycling

Kooperation

Technologie

0,0 -2,5 w w w-2,0 -Angebot-1,5

2

Kundendienst

Erfahrung

Mitarbeiter1,5 2,0 Faktor 2,51 Qualifikation (40.0 %)

Technikkompetenz

-1,0 Zahlungsziel

Umsatz

-1,5

Mindestleistung Hohe Menge

7

-2,0 -2,5

Abbildung 4–25: Zweidimensionaler rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenauswahl

Da ARGASSI eine Strategie des Dual-Sourcing verfolgt, müssen zwei Lieferanten ausgewählt werden. Dabei liegen die Lieferanten 2 und 1 dem Ideallieferanten am nächsten, was an der eingezeichneten Ellipse gut abzulesen ist. Die Ellipse weist ein Höhe:BreiteVerhältnis von 40,0:35,2 auf, entsprechend dem reziproken Erklärungsanteil der Faktoren.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

251

Die Lieferanten 1 und 2 stellen somit die „optimalen“ Bezugsquellen für das von ARGASSI zu beziehende Produkt dar; mit ihnen wurden Lieferverhandlungen aufgenommen. Abschließend soll zum Vergleich mit dem zweidimensionalen Plot der Faktorwerte eine

dreidimensionale Repräsentation (vgl. Abbildung 4–26) der zuletzt diskutierten Faktorlösung gezeigt werden. In Tabelle 4–29 wurden die Erklärungsanteile der ersten fünf (unrotierten) Faktoren bereits dargestellt. Der dritte Faktor erklärt dabei noch 12,0 % der Variablen und auch der Eigenwert des dritten Faktors (2,978) liegt über dem beim Kaiser-Kriterium festgelegten Wert von 1; die Einbeziehung eines dritten Faktors im Rahmen der Faktorenanalyse ist demnach gerechtfertigt.

Z

6

1

2

Ideal

7

9

18

X Y

3 Hauptkomponenten 1. Faktor (36,66%) (X)

2. Faktor (32,89%) (Y)

3.Faktor (17,56%) (Z)

Abbildung 4–26: Dreidimensionaler rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenauswahl

Tabelle 4–31 zeigt die neuen Erklärungsanteile der drei Faktoren nach einer VarimaxRotation. Der erste Faktor definiert demnach 36,7 % (nach 50,4 % in der unrotierten Lösung) der Gesamtvarianz, der zweite Faktor 32,9 % (nach 24,8 %) und der dritte Faktor 17,6 % (nach 12,0 %). Insgesamt werden nun 87,2 % der Gesamtvarianz erklärt.

252

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Neuer Erklärungsanteil

0,367

0,329

0,176

Kumulierter Erklärungsanteil

0,367

0,696

0,872

Tabelle 4–31: Erklärungsanteile nach Rotation

Eine sinnvolle Interpretation der Faktoren dieser dreidimensionalen Repräsentation aus Abbildung 4–26 ist nur ansatzweise möglich. Wie Tabelle 4–32 zeigt, erklärt der dritte Faktor hauptsächlich Merkmale der logistischen Leistungsfähigkeit (ORTS-, LIEFER- und ZEITLEISTUNG) sowie UMSATZ und WWW-ANGEBOT.

Preis Zahlungsziel Konditionengestaltung Kostenanalyse Mengenflexibilität Mindestliefermenge Hohe Menge Qualitätsniveau der Produkte Erfahrung Mitarbeiterqualifikation ISO 9000 : 2000 Technologiestand Ortsleistung Lieferleistung Zeitleistung Kundendienst Objektgarantie Nachkaufsicherheit Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Recyclingbereitschaft Umweltverträglichkeit Kooperationsbereitschaft www-Angebot

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Kommunalität

0,9800 -0,8438 0,8212 0,3288 0,9046 -0,9534 -0,6233 0,8589 0,1879 -0,0452 0,2321 0,0944 0,2816 -0,2837 0,1492 0,3095 0,9212 0,8372 -0,4591 -0,4536 0,7305 0,1332 0,9166 0,3288 -0,1394

-0,1485 -0,1144 0,2299 0,8605 0,3717 -0,0331 0,4361 0,3253 0,9020 0,9537 0,8471 0,9260 0,4952 -0,4281 0,4305 0,8604 0,2443 0,2444 0,1533 0,7448 0,6193 0,6620 0,2088 0,8605 0,0173

0,0926 -0,3906 0,2500 0,3479 0,1109 -0,0589 -0,3783 -0,1663 0,3092 0,2819 -0,0553 0,1997 0,7588 -0,8074 0,7124 0,2487 0,0448 0,1968 0,6485 0,3377 0,2249 -0,2809 -0,3304 0,3479 -0,9512

0,991120 0,877604 0,789792 0,969566 0,968788 0,913465 0,721799 0,871074 0,944495 0,991006 0,774491 0,906353 0,900267 0,915647 0,715066 0,897954 0,910338 0,799394 0,654814 0,874525 0,967653 0,534915 0,993006 0,969566 0,924483

Tabelle 4–32: Rotierte Faktorladungsmatrix mit drei Faktoren

Dabei ist anzumerken, dass gerade die Merkmale UMSATZ und WWW-ANGEBOT von den Faktoren der vorhergehenden zweifaktoriellen Lösung nur sehr schwach beschrieben wurden,

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

253

wie die geringen Kommunalitäten zeigten. Der dritte Faktor schließt diese Lücke. Der dreidimensionale Faktorwerteplot kann somit am besten wie folgt interpretiert werden: Die xAchse definiert im Wesentlichen die produktbezogenen Leistungen, die y-Achse die unternehmensbezogenen Leistungen und die z-Achse schließlich die logistische Leistungs-

fähigkeit, den UMSATZ und das WWW-ANGEBOT. Beachtet werden muss allerdings, dass die LIEFERLEISTUNG und das WWW-ANGEBOT auf der z-Achse sinken. So erbringt beispielsweise Zulieferer 9 überwiegend mittlere produktbezogene und unternehmensbezogene Leistungen, aber eine überdurchschnittliche logistische Leistungsfähigkeit und ein gutes WWW-ANGEBOT. Die Schwierigkeit einer Interpretierbarkeit der Faktorlösung mit zunehmendem Dimensionsraum wird deutlich. In dieser dreidimensionalen Repräsentation können, analog zur zweidimensionalen Lösung, Cluster gebildet werden, die ebenfalls zur Auswahl der Lieferanten 1 und 2 führen, wie im 3D-Plot erkennbar (vgl. Abbildung 4–26). Auf das Einzeichnen des Ellipsoiden, dessen Länge, Breite und Höhe den reziproken Erklärungsanteilen der Faktoren entsprechen müssen, wird aus Übersichtlichkeitsgründen verzichtet.

4.3.2.2

Gewichtete Lieferantenmerkmale

Obwohl es als Vorteil anzusehen ist, nicht 20 und mehr Kriterien gewichten zu müssen, sollen in diesem Kapitel weitere Möglichkeiten der Lieferantenauswahl skizziert werden, bei denen die Kriterien manuell gewichtet in die Bewertung einfließen. Die relative Gewichtung, die von Branche zu Branche und von Produkt zu Produkt verschieden sein wird, soll die Bedeutung des jeweiligen Haupt- oder Subkriteriums zum Ausdruck bringen. Ein Lieferantenmerkmal erhält dann eine hohe Gewichtung, wenn dieses für die Lieferantenauswahl eine wichtige Rolle spielt. Die Summe aller Gewichte muss sich sowohl auf der Ebene der Hauptbewertungskriterien als auch der Subkriterien jeweils zu 1 (bzw. zu 100 %) addieren. Somit stehen mehrere Möglichkeiten der manuellen Kriteriengewichtung zur Verfügung: eine ausschließliche Gewichtung der Hauptkriterien und/oder eine ausschließliche Gewichtung der Subkriterien. Beide Varianten werden im Folgenden vorgestellt. Eine Gewichtung der Hauptkriterien kann dabei durch die Anzahl der zugehörigen Subkriterien (Fall a)) erfolgen oder durch eine Korrektur der standardisierten Datenmatrix Z (Fall b)), die Gewichtung der Subkriterien wird in Fall c) beschrieben.

254

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

a) Gewichtung der Hauptkriterien durch Anzahl zugehöriger Subkriterien Das bisherige Auswahlsystem erfordert keine manuelle Gewichtung der Kriterien seitens des Beschaffers. Da die Faktorenanalyse von einer Gleichverteilung der Merkmale ausgeht, ist mit der Zahl der Subkriterien a priori eine implizite Gewichtung des übergeordneten Hauptkriteriums gegeben, wie bereits erwähnt. A posteriori wird diese Gewichtung durch die Kommunalitäten der Merkmale verändert, so dass die ursprünglichen Gewichte durch die Faktorenanalyse gleichsam korrigiert werden; die Stärke der Korrektur hängt dabei von den ermittelten Kommunalitäten ab. Dabei werden (fiktive) Kommunalitäten für die Hauptmerkmale derart konstruiert, dass die Kommunalitäten der zugehörigen Subkriterien gemittelt werden und dieser Mittelwert als Kommunalität des Hauptkriteriums betrachtet wird.

Menge

Qualität

Logistik

Service

Mengenflexibilität

Produktqualität

Ortsleistung

Kundendienst

Mindestliefermenge

Erfahrung des Lieferanten

Lieferleistung

Objektgarantie

hohe Menge

Mitarbeiterqualifikation Zeitleistung

Nachkaufsicherheit

ISO 9000:2000 Technologiestand

a priori Gewichtung 3/25

5/25

3/25

3/25

Entgelt

Information

Innovation

Umwelt

Preis

Kooperationsbereitschaft

Technologische Kompetenz

Recyclingbereitschaft

Zahlungsziel

www-Angebot

F&E Kapazitäten

Umweltverträglichkeit

Konditionengestaltung

Umsatz

Kostenanalyse

a priori Gewichtung 4/25

2/25

3/25

2/25

Tabelle 4–33: Haupt- und zugeordnete Subkriterien mit a priori Gewichten

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

255

Ausgangspunkt ist die Datenmatrix des voranstehenden Kapitels (vgl. Tabelle 4–22), wobei, wie erwähnt, das Subkriterium UMSATZ dem Hauptkriterium Innovation zugeordnet werden sollte als vereinfachendes Maß für die mit der Unternehmensgröße steigende Innovationstätigkeit. Die 25 Subkriterien verteilen sich auf die acht Hauptkriterien wie in Tabelle 4–33 angegeben, woraus sich die a priori Gewichtung der Hauptkriterien errechnen lässt. Dem Hauptkriterium MENGE sind beispielsweise 3 der 25 Subkriterien zugeordnet, was eine a priori Gewichtung von 3/25 oder 12 % bedeutet. Das Hauptkriterium QUALITÄT vereint fünf Subkriterien auf sich und erhält damit ein Gewicht von 5/25 oder 20 %. Alle anderen a priori Gewichtungen errechnen sich analog.

Subkriterien Preis

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

0,6029

-0,7787

0,969846

-0,7814

0,4272

0,793009

Konditionengestaltung

0,7934

-0,3840

0,777005

Kostenanalyse

0,9002

0,3895

0,962072

Mengenflexibilität

0,8953

-0,4019

0,963022

Mindestliefermenge

-0,6911

0,6594

0,912388

Hohe Menge

Zahlungsziel

-0,2696

0,6040

0,437477

Qualitätsniveau der Produkte

0,7402

-0,4824

0,780608

Erfahrung

0,8180

0,5059

0,925094

Mitarbeiterqualifikation

0,6834

0,6995

0,956347

ISO 9000 : 2000

0,6893

0,3275

0,582349

Technologiestand

0,7329

0,5551

0,845231

Ortsleistung

0,7699

0,3293

0,701116

-0,7441

-0,3021

0,645021

Zeitleistung

0,6219

0,3726

0,525654

Kundendienst

0,8534

0,3730

0,867476

Objektgarantie

0,8016

-0,5119

0,904510

Nachkaufsicherheit

0,7957

-0,4034

0,795905

Umsatz

0,0059

0,6296

0,396466

Technologische Kompetenz

0,2884

0,8887

0,873002

F&E Kapazitäten

0,9758

-0,0889

0,960038

Recyclingbereitschaft

0,4255

0,2177

0,228422

Umweltverträglichkeit

0,6485

-0,6462

0,838104

Kooperationsbereitschaft

0,9002

0,3895

0,962072

www-Angebot

-0,4054

-0,1817

0,197321

Lieferleistung

Tabelle 4–34: Fiktive Kommunalitäten der Hauptkriterien

HauptkriteriumsKommunalität ENTGELT 0,875

MENGE 0,771

QUALITÄT 0,818

LOGISTIK 0,624 SERVICE 0,856

INNOVATION 0,743 UMWELT 0,533 INFORMATION 0,580

256

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Nach Durchführung der Faktorenanalyse und Extraktion von zwei Faktoren ergeben sich die in Tabelle 4–27 dargestellten Faktorladungen und Kommunalitäten. Die Mittelung der Kommunalitäten der Subkriterien wird nun als fiktive Kommunalität des übergeordneten Hauptkriteriums angenommen (vgl. Tabelle 4–34). So errechnet sich die Kommunalität des Hauptkriteriums MENGE beispielsweise als Mittel der Kommunalitäten der zugehörigen Subkriterien MENGENFLEXIBILITÄT, MINDESTLIEFERMENGE und HOHE MENGE, also zu (0,963022 + 0,912388 + 0,437477) : 3 = 0,771. Die Varianz des Hauptkriteriums MENGE fließt demnach zu 77,1 % in die Faktorenanalyse ein. Das Produkt aus a priori Gewicht und Kommunalität des Hauptkriteriums ergibt die a posteriori Gewichtung des Hauptkriteriums. Eine Normierung auf 1 liefert schließlich die prozentualen a posteriori Gewichte der acht Hauptkriterien (vgl. Tabelle 4–35). Das Hauptkriterium MENGE beispielsweise, das a priori durch seine drei Subkriterien mit 3/25 = 0,12 in die Analyse einging, wurde im Plot zu etwa 77 % repräsentiert (entspricht der fiktiven Kommunalität des Hauptkriteriums), was ein a posteriori Gewicht von 0,12  0,7709 = 0,092515 ergibt, nach Normierung rund 12,2 %.

(a) a priori Gewicht

Menge

Qualität

Logistik

Service

0,12

0,20

0,12

0,12

(b) Kommunalität des Hauptkriteriums

0,770962

0,817921

0,623930

0,855967

Produkt (a)(b) = a posteriori Gewicht

0,092515

0,163585

0,074871

0,102715

Normierte a posteriori Gewichte

0,123029

0,217539

0,099565

0,136593

Entgelt

Information

Innovation

Umwelt

0,16

0,08

0,12

0,08

(b) Kommunalität des Hauptkriteriums

0,875483

0,579690

0,743168

0,533263

Produkt (a)(b) = a posteriori Gewicht

0,140077

0,046375

0,089180

0,042661

Normierte a posteriori Gewichte

0,186278

0,061671

0,118593

0,056732

(a) a priori Gewicht

Tabelle 4–35: A priori und a posteriori Gewichte

Man erkennt, dass mit Ausnahme des im Plot relativ schwach vertretenen Hauptkriteriums UMWELT die a posteriori Gewichte mit den a priori Gewichten gut verträglich sind.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

257

Auf diese Weise lässt sich durch die Anzahl der Subkriterien die Gewichtung des übergeordneten Hauptkriteriums steigern, jedoch ohne a priori die exakte a posteriori Gewichtung der Hauptkriterien zu kennen. Nach Durchführung der Faktorenanalyse ist unter Einbeziehung der Kommunalitäten diese exakte Gewichtung errechenbar. Sollten aufgrund sehr schlechter Kommunalitäten die a posteriori Gewichte nicht zufriedenstellend sein, muss die Zahl der extrahierten Faktoren sukzessive so lange erhöht werden, bis das gewünschte Hauptkriterium hinreichend gut erklärt wird.

Eine Gewichtung der Hauptkriterien durch die Anzahl der Subkriterien ist vornehmlich in der Lieferantenauswahl sinnvoll, da nur hier derart viele Subkriterien in Betracht gezogen werden. Im nächsten Abschnitt soll gezeigt werden, wie auch im Schritt der Lieferantenvorauswahl eine manuelle Kriteriengewichtung erfolgen kann.

b) Gewichtung der Hauptkriterien durch Gewichtung der standardisierten Daten In der Lieferantenvorauswahl werden üblicherweise nur wenige Hauptkriterien betrachtet – deren Gewichtung mittels der Anzahl an Subkriterien scheidet somit aus. Deshalb wird im Folgenden eine weitere Methode der Kriteriengewichtung vorgestellt, die sowohl bei Sub- als auch bei Hauptkriterien eingesetzt werden kann. Dabei werden die standardisierten Ausgangsdaten nach der Faktorextraktion mit den Gewichten der Merkmale j multipliziert, so dass die erfolgten Standardisierungen nicht auf (j; sj) = (0; 1), sondern auf (j; sj) = (0; kj) lauten (mit j = Erwartungswert des Merkmals j, sj = Standardabweichung des Merkmals j und kj = um die Kommunalität korrigiertes Gewicht des Merkmals j). Anschließend werden aus diesen korrigierten Daten und den vor der Gewichtung extrahierten Faktoren die Faktorwerte und damit der Faktorwerteplot berechnet. Bei einer nachträglichen Faktorextraktion würde der Gewichtungseffekt aufgehoben, da sich die Hauptkomponentenmethode invariant gegenüber einer Multiplikation der standardisierten Werte mit einem konstanten Faktor zeigt. Ein Beispiel soll das Vorgehen illustrieren. Ausgangspunkt bildet die Datenmatrix der Lieferantenvorauswahl (vgl. Tabelle 4–14). Die gewünschte Gewichtung soll eine einseitige Preisentscheidung widerspiegeln, um den Effekt der Korrektur der standardisierten Daten leicht nachvollziehbar zu machen. Der PREIS soll demnach mit 90% gewichtet werden, die restlichen 10% verteilen sich wie folgt auf die übrigen vier Kriterien (vgl. Tabelle 4–36).

258

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Preis

Menge

Qualität

Logistik

Service

0,90

0,02

0,02

0,01

0,05

Tabelle 4–36: Gewichte in der Lieferantenvorauswahl

Nach Faktorextraktion und Faktorrotation ergeben sich für die ersten beiden Faktoren die (bereits in Tabelle 4–19 dargestellten) Faktorladungen und Kommunalitäten wie folgt (vgl. Tabelle 4–37).

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Preis

0,6677

-0,5083

0,704166

Menge

0,9017

0,0183

0,813338

Qualität

0,9396

-0,0708

0,887847

Logistik

-0,0182

0,9392

0,882348

Service

-0,1053

0,8118

0,670030

Tabelle 4–37: Rotierte Faktorladungsmatrix und Kommunalitäten

Nach der Faktorextraktion ist somit bekannt, dass das Hauptkriterium PREIS im Plot zu 70,4 %, das Hauptkriterium MENGE zu 81,3 % usw. repräsentiert wird. Daraus lassen sich die korrigierten Gewichte der Merkmale j ableiten, mit denen die standardisierte Datenmatrix zu multiplizieren ist, gemäß der Formel:

Korrigiertes Gewichtj = gewünschtes Gewichtj / Kommunalitätj

(4.31)

Für das Merkmal PREIS beispielsweise errechnet sich das korrigierte Gewicht zu 0,90 : 0,704166 = 1,278108. Mit dem Faktor 1,278108 ist also das Merkmal PREIS in der standardisierten Datenmatrix zu multiplizieren, um a posteriori mit 90 % in die Entscheidung einzufließen. Tabelle 4–38 zeigt alle korrigierten Gewichte. Preis

Menge

Qualität

Logistik

Service

0,90

0,02

0,02

0,01

0,05

Kommunalität

0,704166

0,813338

0,887847

0,882348

0,670030

Korrigiertes Gewicht = Korrekturfaktor

1,278108

0,024590

0,022526

0,011333

0,074624

Gewünschtes Gewicht

Tabelle 4–38: Korrigierte Gewichte in der Lieferantenvorauswahl

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

259

Wird nun die standardisierte Datenmatrix Z mit dem Vektor der korrigierten Merkmalsgewichte aus Tabelle 4–38 multipliziert, erhält man die korrigierte standardisierte Datenmatrix Z

(k)

. Eine weitere Multiplikation von Z

(k)

mit der Faktorladungsmatrix L aus (k)

Tabelle 4–37 liefert schließlich die gewichtete Faktorwertematrix F

, aus der sich der

gewichtete Faktorwerteplot erstellen lässt (vgl. Abbildung 4–27). Faktor 2 (36.1 %)

2,5 2,0 14

Logistik

7

Service

1,5

15 11

1,0

8

Ideal

0,5 12

13

9 1

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

Menge

2

Faktor 1

0,0 3 -0,5

0,5 4 5

1,0

6

Qualität %) 2,0 (43.12,5

1,5

20 10

-1,0 -1,5

18

Preis

16 19 17

-2,0 -2,5

Abbildung 4–27: Rotierter gewichteter Faktorwerteplot

Es lässt sich erkennen, dass alle Lieferanten ausschließlich in Richtung des dominierenden Merkmals PREIS ausgerichtet sind. Eine Multidimensionale Skalierung bestätigt diese Anordnung ebenso wie eine Clusteranalyse (vgl. Abbildung 5-6 und Anhang A-37). In unmittelbarer Nähe des Ideallieferanten befinden sich die preisgleichen (0,40 Euro) Lieferanten 9, 12 und 13, am weitesten entfernt ist der Lieferant mit dem am meisten abweichenden Preis, Lieferant 17 (0,95 Euro). Rechts vom Ideallieferanten sind dabei die Lieferanten, die im Preis nach oben abweichen, links davon diejenigen mit Abweichungen nach unten. Eine Auswahlentscheidung wird somit nahezu ausschließlich aufgrund des Preises getroffen, die übrigen Kriterien spielen eine verschwindend geringe Rolle, wie durch die gegebene Kriteriengewichtung beabsichtigt. Sollte eine Lieferantenvorauswahl in praxi

260

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

tatsächlich derart preislastig sein, so wäre eine Ellipse mit nach links oben offener Halbebene zu bevorzugen (da eine Abweichung vom Idealpreis nach unten günstiger ist als nach oben) oder der Idealpreis generell auf den kleinsten vorkommenden Preis zu setzen. Prinzipiell ist jedoch bei einer ähnlich hohen Gewichtung wie in vorliegendem Beispiel der Einsatz einer Faktorenanalyse zu hinterfragen, da für die Auswahlentscheidung auch ein Einfaktorvergleich ausreichend wäre. Lediglich aus Anschauungsgründen wurde in vorliegendem Beispiel darauf zurückgegriffen. Dieses Verfahren der Kriteriengewichtung ist sowohl bei Haupt-, als auch bei Subkriterien einsetzbar. Kritisch anzumerken bleibt, dass zur korrekten Wiedergabe der gewünschten Kriteriengewichtung ein ausreichend hoher Erklärungsanteil durch die Faktoren gesichert sein muss. Mehrere Testläufe mit unterschiedlichen, realen Datensätzen haben ergeben, dass ein Erklärungsanteil von mindestens 70 % eine gute Basis für die Kriteriengewichtung zu bilden scheint. Wird dieser Anteil von maximal drei Faktoren nicht erreicht, muss die Auswahlentscheidung mathematisch durch Bildung der nach Formel (4.30) gewichteten CityBlock-Distanzen erfolgen und für die Repräsentation auf die Multidimensionale Skalierung zurück gegriffen werden (vgl. Kapitel 5.2). Abschließend wird ein Verfahren vorgestellt, das ausschließlich die Gewichtung von Subkriterien erlaubt und damit in erster Linie in der Lieferantenauswahl einsetzbar ist.

c) Gewichtung der Subkriterien Soll im Faktorwerteplot der Lieferantenauswahl eine Reduktion der Komplexität erreicht werden, können die Subkriterien gemäß den ihnen zugewiesenen Gewichten analog einem Scoring-Modell zu den übergeordneten Hauptkriterien verdichtet werden. Diese fließen dann ihrerseits ungewichtet in die Faktorenanalyse ein. Anstelle vieler Subkriterien enthält der Faktorwerteplot somit nur noch die Hauptkriterien als Merkmalsvektoren, was eine erhebliche Komplexitätsverringerung darstellt. Ausgehend von den gleichen Merkmalen und dem gleichen Ideallieferanten wie im ungewichteten Fall (vgl. Tabelle 4–23), seien folgende Gewichte der Subkriterien von einem Expertenteam vorab festgelegt worden (vgl. Abbildung 4–28).

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

40%

Mengenleistung

40%

261

- Mengenflexibilität - Mindestliefermenge

20%

- hohe Menge

Qualitätsleistung

40%

- Qualitätsniveau der Produkte

15%

- Erfahrung des Lieferanten

15%

- Mitarbeiterqualifikation

15% 15%

- ISO 9000:2000 - Technologiestand

Entgeltleistung

50%

- Angebotspreis

10%

- Zahlziel

30%

- Konditionengestaltung

10%

- Kostenanalyse 33%

Serviceleistung

33%

- Kundendienst - Objektgarantie

33%

- Nachkaufsicherheit 33%

Logistikleistung

33%

- Ortsleistung - Lieferleistung

33%

- Zeitleistung 50%

Informationsleistung

50%

33%

Innovationsleistung

33%

- Kooperationsbereitschaft - www-Angebot

- Umsatz - technologische Kompetenz

33%

- F&E Kapazitäten 50%

Umweltleistung

50%

- Recyclingbereitschaft - Umweltverträglichkeit

Abbildung 4–28: Gewichtete Subkriterien und übergeordnete Hauptkriterien

Die 25 relevanten Subkriterien werden zu den acht übergeordneten Hauptkriterien zusammengefasst, wobei die Summe der Gewichte der Subkriterien für jedes Hauptkriterium 100% ergeben muss.146 Wie aus Abbildung 4–28 ersichtlich, setzt sich beispielsweise das Hauptkriterium MENGENLEISTUNG zu jeweils 40 % aus MENGENFLEXIBILITÄT und MINDESTLIEFERMENGE sowie zu 20 % aus HOHE MENGE zusammen. Die ENTGELTLEISTUNG ergibt sich zu 50 % aus dem ANGEBOTSPREIS, zu 30 % aus der KONDITIONENGESTALTUNG und zu jeweils 10 % aus ZAHLUNGSZIEL und KOSTENANALYSE.

146

Abweichungen zu 100 % sind auf die Rundung auf ganze Zahlen zurückzuführen.

262

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Punktzahl je Erfüllung des Kriteriums

Kriterien

Lieferant Gewicht

Mengenleistung Mengenflexibilität sehr gut gut mittel schlecht sehr schlecht Mindestliefermenge 0-250 251-500 501-750 751-1000 >1000 hohe Menge ja nein

2

6

7

9

18

Ideal

4,60

4,60

2,40

3,00

3,20

2,40

4,60

40%

5

5

5

3

4

5

5

40%

4

4

5

2

4

5

4

20%

5

5

1

5

5

1

5

5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 1

Qualitätsleistung Qualitätsniveau (Produkt) sehr gut gut mittel schlecht sehr schlecht Erfahrung des Lieferanten sehr hoch hoch mittel gering sehr gering Mitarbeiterqualifikation sehr gut gut mittel schlecht sehr schlecht ISO 9000:2000 ja nein Technologiestand sehr hoch hoch mittel schlecht sehr schlecht

1

4,70

4,86

5,00

2,70

4,10

3,05

5,00

40%

5

5

5

3

5

5

5

15%

4

5

5

2

2

1

5

15%

5

5

5

4

4

3

5

15%

5

5

5

1

5

1

5

15%

4

4

5

3

3

2

5

5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 1 5 4 3 2 1

Tabelle 4–39: Beispielskala der gewichteten Lieferantenmerkmale (Auszug)

Für die Gewichtung der Subkriterien ist – entgegen dem ungewichteten Fall – eine Ordinalskala zur Bepunktung der kardinalen Merkmale erforderlich. Tabelle 4–39 zeigt auszugsweise eine mögliche fünfstufige Punktskala, die sich an den bereits in der Vorauswahl und der ungewichteten Auswahl verwendeten Skalen orientiert: Danach wird bei ordinalen Kriterien die höchste Bewertung (5 Punkte) vergeben, wenn das betreffende Merkmal von einem Lieferanten sehr gut erfüllt ist. Für gute Leistungen werden 4 Punkte, für mittlere Leistungen 3 Punkte, für schlechte Leistungen 2 Punkte und für sehr schlechte Leistungen wird 1 Punkt vergeben. Binäre Merkmale erhalten 1 Punkt, wenn das Merkmal nicht erfüllt ist und 5 Punkte bei Erfüllung des Merkmals; auf unterschiedlich hohe Bepunktungen für

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

263

„erfüllt“ bzw. „nicht erfüllt“ wird aus Gründen der Einheitlichkeit verzichtet. Damit ist pro Hauptkriterium generell eine maximale Gesamtpunktzahl von fünf möglich. Die vollständigen Skalen finden sich in Anhang A-34. Das Produkt aus der Gewichtung eines Subkriteriums und dessen Bepunktung ergibt die Punktzahl des Subkriteriums. Diese Punktzahlen werden schließlich zur Gesamtpunktzahl des übergeordneten Hauptkriteriums addiert und bilden die Ausgangsdaten für die Faktorenanalyse (vgl. Tabelle 4–40); pro Lieferant gehen demnach die Gesamtpunktzahlen aller acht Hauptkriterien in die Analyse ein. Lieferant 1

Lieferant 2

Lieferant 6

Lieferant 7

Lieferant 9

Lieferant 18

IDEAL

Mengenleistung

4,60

4,60

2,40

3,00

3,20

2,40

4,60

Qualitätsleistung

4,70

4,86

5,00

2,70

4,10

3,05

5,00

Entgeltleistung

4,20

4,00

4,00

3,80

3,40

3,10

4,40

Serviceleistung

4,33

4,00

5,00

2,33

2,67

4,33

5,00

Logistikleistung

2,33

1,67

1,67

1,67

4,67

4,67

4,67

Informationsleistung

3,50

3,50

3,00

2,00

2,50

2,00

5,00

Innovationsleistung

4,00

4,67

4,00

3,00

3,67

3,67

5,00

Umweltleistung

4,50

2,50

4,50

1,00

4,50

3,00

5,00

Tabelle 4–40: Ausgangsdaten für die Faktorenanalyse

Die Durchführung der Faktorenanalyse erfolgt nach den beschriebenen vier Teilschritten (vgl. Abbildung 4–11); am Ende resultiert ein Faktorwerteplot, anhand dessen die optimalen Lieferanten mittels Clusterbildung ausgewählt werden (analog Kapitel 4.3.2.1). In diesem Zusammenhang soll jedoch auf die vorangegangenen Kapitel verwiesen werden, in denen die erforderlichen Teilschritte und die letztendliche Lieferantenauswahl bereits ausführlich erläutert wurden.

Diese Vorgehensweise sollte nur dann erfolgen, wenn der Ideallieferant in allen Subkriterien die maximale Leistung erfordert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Nicht- oder Schlechterfüllung eines Kriteriums durch die Übererfüllung eines anderen Kriteriums kompensiert wird; dann können Lieferanten die Position des Ideallieferanten erreichen, obwohl sie nicht in allen Kriterien mit ihm übereinstimmen. Lieferanten, die stark, aber gleichmäßig um die Idealwerte der einzelnen Kriterien schwanken, werden zudem besser bewertet als Lieferanten, die die Idealwerte jeweils nur knapp verfehlen. Die geforderte Maximalpunktzahl beim Ideallieferanten ist jedoch stets durch die vorzunehmende Skalierung erreich bar, so dass diese Voraussetzung keine Einschränkung der Anwendbarkeit darstellt.

264

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Generell verliert die Lieferantenauswahl mittels Kriterienverdichtung aufgrund der genannten Kompensationsmöglichkeit an Trennschärfe: Im Faktorwerteplot bedeuten identische Positionen zweier Lieferanten nicht, dass diese beiden Zulieferer leistungsidentisch sind – ein Nachteil, den alle Scoring-Modelle (vgl. Kapitel 3.5.2.1) aufweisen.

Eine zusammenfassende Darstellung der Schritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in der Lieferantenauswahl zeigt Abbildung 4–29.

Lieferanten-Bewertungs-System in der Lieferantenauswahl I.

Festlegung der Bewertungskriterien ... nach Entscheidungssituation ... alle wichtigen Haupt- und Subkriterien für die wenigen, vorausgewählten Lieferanten … manuelle Kriteriengewichtung möglich … Ideallieferant mit gewünschten Eigenschaften

II.

Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale

III.

Durchführung der Faktorenanalyse ... Berechnung der Korrelationsmatrix ... Faktorextraktion ... Faktorrotation ... Bestimmung der Faktorwerte

IV.

Interpretation des Faktorwerteplots ... Auswahl des/r Lieferanten mit minimalem Abstand zum Ideallieferant

Abbildung 4–29: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in der Lieferantenauswahl

Im folgenden Kapitel soll schließlich der Einsatz des Lieferanten-Bewertungs-Systems im Lieferantencontrolling und in der Steuerung der Lieferantenbeziehung aufgezeigt werden.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

265

4.3.3 Einsatz in Lieferantencontrolling und -steuerung Für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit muss die Leistung der ausgewählten Lieferanten im Verlauf der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung regelmäßigen Kontrollen unterzogen werden, um Veränderungen im Zeitablauf erkennen und angemessen reagieren zu können. Dies kann durch Repräsentation und Klassifikation der Zulieferer im Faktorwerteplot unterstützt werden. Die Faktorenanalyse wird dann im Sinne einer Lieferantenstrukturanalyse [vgl. Large, 2000, S. 98ff.] eingesetzt.147 Daneben kann das Lieferanten-Bewertungs-System im Rahmen der Steuerung der Lieferantenbeziehung genutzt werden, geeignete Partner zur Lieferantenförderung (vgl. Kapitel 2.3.5.1) auszuwählen oder Ersatzlieferanten zu identifizieren. KRAUSE/ELLRAM (1997, S. 24) weisen in ihrer Untersuchung die wichtige Rolle der Lieferantenbewertung auch für die Lieferantenförderung nach. Im Folgenden werden die Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems im Lieferantencontrolling und in der Steuerung der Lieferantenbeziehung anhand zweier Beispiele skizziert. Es wird gezeigt, wie aus dem bisherigen Lieferantenstamm ein Entwicklungspartner für die Zukunft, d.h. für die Verwirklichung neuer Produkte, evaluiert werden kann und wie eine Repräsentation und Kategorisierung des Lieferantenstammes im Faktorwerteplot erfolgt.

4.3.3.1

Auswahl von Partnern zur Lieferantenförderung

Die Auswahl eines Entwicklungspartners erfolgt erneut anhand der in Abbildung 4–11 dargestellten Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems. Die Faktorenanalyse dient damit dem Prozess der Lieferantenförderung, in dem bereits vorhandene Lieferanten gemäß den Ansprüchen an einen Entwicklungspartner auf- und ausgebaut werden.

Schritt I: Festlegung der Bewertungskriterien Für das Unternehmen ARGASSI galt es, aus sechs bestehenden Lieferanten einer Produktklasse, mit denen bereits eine langjährige, zuverlässige Zusammenarbeit erfolgte, einen Zulieferer auszuwählen, der im Zuge der geplanten Investitionen systematisch gefördert werden sollte, um die avisierte technische Weiterentwicklung mitzugehen.

147

Zur Theorie des Lieferantenstrukturanalyse vgl. Kapitel 2.3.4.

266

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Dieser Entwicklungspartner sollte von der Unternehmensgröße zu ARGASSI passen und eine insgesamt hochgradige INNOVATIONSLEISTUNG zeigen. PETRONI/PANCIROLI (2002, S. 135) zeigen, dass Innovation eine entscheidende Komponente in der LieferantenBeschaffer-Beziehung ist. Aus diesem Grund wird die INNOVATIONSLEISTUNG anhand deren Subkriterien TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ und F&E-KAPAZITÄTEN (jeweils fünfstufig ordinal skaliert analog Kapitel 4.3.2.2) genauer betrachtet, da diese Kriterien für die Fähigkeit bezüglich der Umsetzung neuer wirtschaftlicher Konzepte stehen [vgl. Backhaus, 1999, S. 654]. Zur Sicherstellung der passenden Unternehmensgröße fließt noch der UMSATZ (kardinal skaliert in [Euro]) in die Datenmatrix ein (vgl. Tabelle 4–41). Innovationsleistung Umsatz [Mio. €]

Technologische Kompetenz

Lieferant 1

40

sehr gut

sehr gut

Lieferant 2

10

gut

sehr gut

Lieferant 3

1

schlecht

gut

Lieferant 4

10

Mittel

mittel

F&E Kapazitäten

Lieferant 5

50

sehr gut

sehr gut

Lieferant 6

100

sehr gut

schlecht

Ideallieferant

30

sehr gut

sehr gut

Tabelle 4–41: Auswahl von Entwicklungspartnern – Datenmatrix

Die Datenmatrix beinhaltet neben den sechs Lieferanten einen Ideallieferanten, welcher innerhalb des Unternehmens durch ein Expertenteam festgelegt wurde. Im vorliegenden Fall entsprechen die qualitativen Merkmale dieses Ideallieferanten, die TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ und die F&E KAPAZITÄTEN, jeweils zu 100 % der möglichen Leistung. Der gewünschte UMSATZ (30 Mio. Euro) als quantitatives Merkmal ergab sich einerseits durch marktmacht-technisches Kalkül von ARGASSI, das einen allzu ertragsstarken Entwicklungspartner verhindern wollte, der aufgrund seiner finanziellen Kapazitäten eventuell die Technologieführerschaft übernehmen könnte. Daneben sollte der UMSATZ jedoch nicht übergewichtet in die Analyse eingehen, was dessen Lage nur rund 15% unter dem Mittelwert aller Umsätze (35,17 Mio. Euro) der potentiellen Lieferanten auch garantiert (vgl. Kapitel 4.2.4).

Schritt II: Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale In den Häufigkeitsauszählungen (vgl. Abbildung 4–30) der Lieferanten ist ersichtlich, dass lediglich einer der sechs potentiellen Lieferanten eine schlechte F&E KAPAZITÄT und eine

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

267

schlechte TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ aufweist. Sehr schlechte Leistungen werden generell nicht abgeliefert. Zur Erhöhung der Aussagekraft der deskriptiven Statistik ist die Lage des Ideallieferanten jeweils rot markiert. Es zeigt sich, dass die Hälfte der potentiellen Förderungspartner die beiden ordinalen Merkmale F&E KAPAZITÄT und TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ wie gewünscht erfüllt.

3

3

3

2

1

1

1

1

1

1

1

0 Technologische Kompetenz

F&E Kapazitäten Ideal

Ideal

sehr schlecht

schlecht

mittel

gut

sehr gut

Abbildung 4–30: Häufigkeitsauszählungen der ordinalen Merkmale mit Idealwerten (n=6)

Für das kardinale Merkmal UMSATZ betragen der Modus 10, der Median 25, der Mittelwert 35,17 und die Standardabweichung 33,86 (jeweils [Mio. Euro]). Weiterhin ist an den Sterndiagrammen zu erkennen, dass die Lieferanten 1 und 5 sehr ähnliche Merkmalsausprägungen zum Ideallieferanten besitzen (vgl. Abbildung 4–31). Obwohl bereits die Sterndiagramme eine Entscheidung für Lieferant 1 und/oder 5 nahe legen, wird nachfolgend die Faktorenanalyse exemplarisch durchgeführt. Einerseits wünschen sich 81 % der Industrieunternehmen neben der Repräsentation einzelner Lieferanten, wie sie hier mit den Sterndiagrammen gezeigt wurde, eine graphische Veranschaulichung der Lage zueinander konkurrierender Lieferanten (vgl. Abbildung 3-35), wie sie der Faktorwerteplot bietet.

268

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Lieferant 1

Lieferant 2

Lieferant 3

Lieferant 5

Lieferant 6

Ideallieferant

Lieferant 4

Abbildung 4–31: Sterndiagramme der potentiellen Förderungspartner und Ideallieferant (n=7)

Daneben ist es nur bei einer sehr geringen Anzahl an Merkmalen (hier: drei Kriterien) möglich, Vergleiche und Entscheidungen ausschließlich anhand der Sterndiagramme zu treffen.

Schritt III: Durchführung der Faktorenanalyse Wie bereits mehrfach erläutert, orientiert sich der Ablauf der Faktorenanalyse an den in Abbildung 4–11 gezeigten vier Teilschritten unter Einbeziehung des Ideallieferanten.

1) Errechnung der Korrelationsmatrix Die Korrelationsmatrix (vgl. Tabelle 4–42) zeigt, dass die Merkmale UMSATZ und TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ stark miteinander positiv korrelieren, wobei die F&E KAPAZITÄTEN zu keinem anderen Merkmal eine hohe Korrelation aufweisen.

Umsatz

Technologische Kompetenz

F&E Kapazitäten

1

0,7019

-0,4627

Technologische Kompetenz

0,7019

1

0,2097

F&E Kapazitäten

-0,4627

0,2097

1

Umsatz

Tabelle 4–42: Korrelationsmatrix der Lieferanten im Lieferantencontrolling

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

269

Aufgrund der hohen Korrelation der Merkmale UMSATZ und TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ und des relativ unabhängigen Merkmals F&E KAPAZITÄTEN ist es demnach möglich, dass zwei geladene Faktoren in der Lösung auftreten; der Einsatz einer Faktorenanalyse ist somit grundsätzlich sinnvoll148.

2) Extraktion der Faktoren Die Eigenwerte und Erklärungsanteile aus Tabelle 4–43 bestätigen die Vermutung, sich für zwei Faktoren zu entscheiden. In vorliegendem Beispiel besitzen beide Faktoren einen Eigenwert größer als 1, und der kumulierte Erklärungsanteil von diesen beiden Faktoren beträgt bereits 98,2 %. Faktor 1

Faktor 2

Eigenwerte

1,755

1,191

Erklärungsanteil

0,585

0,397

Kumulierter Erklärungsanteil

0,585

0,982

Tabelle 4–43: Eigenwerte und Erklärungsanteile

Anhand der Faktorladungsmatrix (vgl. Tabelle 4–44) ist zudem erkennbar, dass die beiden Merkmale UMSATZ und TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ auf dem ersten Faktor sehr hoch laden und das Merkmal F&E KAPAZITÄTEN auf dem zweiten Faktor eine hohe Ladung aufweist. Alle drei Ausgangsmerkmale werden zudem hervorragend in der Analyse erfasst, wie die sehr hohen Kommunalitäten (jeweils > 97.6 %) zeigen.

Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

0,9809

-0,1189

0,976211

Technologische Kompetenz

0,8069

0,5743

0,980969

F&E Kapazitäten

-0,3769

0,9201

0,988757

Umsatz

Tabelle 4–44: Faktorladungsmatrix

Nachdem bereits jetzt eine hinreichende Interpretierbarkeit der Faktoren besteht, wäre eine Faktorrotation nicht zwingend erforderlich. Aus Anschauungsgründen wird im dritten Schritt 148

Wie bereits erwähnt, ist bei lediglich drei Merkmalen eine Entscheidung meistens auch anhand der Sterndiagramme möglich.

270

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

der Faktorenanalyse dennoch eine Rotation der Achsen durchgeführt, die die Interpretierbarkeit noch verbessert.

3) Faktorrotation Die Faktoren der Varimax-rotierten Faktorladungsmatrix erklären zu über 98 % die Varianz der Variablen (vgl. Tabelle 4–43). Der erste Faktor beschreibt dabei den UMSATZ und die TECHNOLOGISCHE KOMPETENZ, wobei der zweite Faktor auf den F&E KAPAZITÄTEN lädt (vgl. Tabelle 4–45). Faktor 1

Faktor 2

Kommunalität

Umsatz

0,8609

-0,4849

0,976211

Technologische Kompetenz

0,9652

0,2221

0,980969

F&E Kapazitäten

0,0035

0,9944

0,988757

Tabelle 4–45: Rotierte Faktorladungsmatrix

Bei Betrachtung der Erklärungsanteile (vgl. Tabelle 4–46) der einzelnen Faktoren nach der Varimax-Rotation kann festgestellt werden, dass sich die Information nach Rotation nun etwas besser auf die zwei Faktoren verteilt.

Faktor 1

Faktor 2

Neuer Erklärungsanteil

0,558

0,424

Kumulierter Erklärungsanteil

0,558

0,982

Tabelle 4–46: Erklärungsanteile nach Rotation

Der erste Faktor erklärt jetzt mit 55,8 % (nach 58,5 %) geringfügig weniger, der zweite Faktor mit 42,4 % (nach 39,7 %) geringfügig mehr.

4) Bestimmung der Faktorwerte Im letzten Schritt der Faktorenanalyse werden die Faktorwerte berechnet (vgl. Tabelle 4–47). Wie zu erkennen ist, besitzen die Lieferanten 1 und 5 sowie der Ideallieferant positive Faktorwerte auf beiden Faktoren, was auf überdurchschnittliche Ausprägungen dieser Lieferanten bei beiden Faktoren gegenüber den anderen Lieferanten hinweist. Nachdem alle anderen Lieferanten mindestens einen negativen Faktorwert besitzen, lässt sich bereits hier eine Entscheidung zugunsten von Lieferant 1 bzw. Lieferant 5 ablesen.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

271

Faktor 1

Faktor 2

Lieferant 1

0,5768

0,7018

Lieferant 2

-0,3475

0,7503

Lieferant 3

-1,5571

-0,2682

Lieferant 4

-1,0087

-0,7825

Lieferant 5

0,7178

0,6117

Lieferant 6

1,1829

-1,8052

Ideallieferant

0,4358

0,7921

Tabelle 4–47: Faktorwerte bei der Auswahl von Entwicklungspartnern

Schritt IV: Interpretation des Faktorwerteplots Es ergibt sich der folgende rotierte Faktorwerteplot (vgl. Abbildung 4–32), dessen Ähnlichkeitsbeziehungen durch die Sterndiagramme aus Abbildung 4–31 bestätigt werden.

Faktor 2 (42.4 %)

2,5 2,0

F&E-Kapazität

1,5 1,0

Ideal 1

2

5

0,5

Technologische Kompetenz

0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

3

-0,5

Faktor 1 0,0

0,5

1,0

1,5

2,0 (55.82,5 %)

-0,5 4

Umsatz

-1,0 -1,5 -2,0

6

-2,5

Abbildung 4–32: Rotierter Faktorwerteplot der Innovationsleistungs-Subkriterien

272

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Abbildung 4–32 zeigt, dass die Lieferanten 1 und 5 (wie erwartet) im Cluster des Ideallieferanten liegen, das aus einer Ellipse mit einem Höhe:Breite-Verhältnis von 55,8:42,4 besteht. Diese beiden Lieferanten repräsentieren somit die potentiellen Entwicklungspartner, mit denen ARGASSI Gespräche über die Lieferantenförderung aufnehmen sollte. Dabei bleibt es dem Unternehmen überlassen, mit einem oder beiden Lieferanten in Kontakt zu treten. Die Einbeziehung eines weiteren Lieferanten (Nr. 2) in das Cluster würde zu einer deutlichen Vergrößerung des Radius der Ellipse führen und ist damit nicht anzuraten.

Formal lassen sich potentielle Entwicklungspartner durch die Berechnung von City-BlockDistanzen ermitteln. Wie in Kapitel 4.2.4 beschrieben, werden dabei die Distanzen zwischen den Faktorwerten der einzelnen Lieferanten und des Ideallieferanten bestimmt, wobei die Faktorwerte zunächst mit den Erklärungsanteilen der einzelnen Faktoren gewichtet werden. Für Lieferant 1 beispielsweise errechnet sich die gewichtete City-Block-Distanz d wie folgt (Werte vgl. Tabelle 4–48): d (Lieferant 1; Ideallieferant) = |0,5768-0,4358|0,558 + |0,7018-0,7921|0,424 = 0,1170. Diese derart berechnete Distanz bildet dann eine Kennzahl, welche mit einer Rangvergabe eine Auswahl der Lieferanten ermöglicht. Aus Tabelle 4–48 ist ersichtlich, dass die Lieferanten 1 und 5 die geringsten Abstände zum Ideallieferanten aufweisen und so die gewünschten Entwicklungspartner darstellen. City-BlockDistanz

Rang

0,7018

0,1170

1

0,7503

0,4548

3

-1,5571

-0,2682

1,5616

6

Lieferant 4

-1,0087

-0,7825

1,4737

4

Lieferant 5

0,7178

0,6117

0,2338

2

Lieferant 6

1,1829

-1,8052

1,5181

5

Ideallieferant

0,4358

0,7921

0,0000

1. Faktor

2. Faktor

0,558

0,424

Lieferant 1

0,5768

Lieferant 2

-0,3475

Lieferant 3

Erklärungsanteil Faktorwerte

Tabelle 4–48: Berechnung der City-Block-Distanzen anhand der Faktorwerte

Wie Abbildung 3-35 zeigt, sind 81 % der Industrieunternehmen an einer Verdichtung der erhobenen Daten zu wenigen, aussagefähigen Kennzahlen interessiert. Die gebildeten CityBlock-Distanzen können als Lieferantenkennzahlen interpretiert werden, die die fiktive Entfernung zum Ideallieferanten angeben; je niedriger diese ist, desto besser erfüllt

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

273

betreffender Lieferant die gestellten Erwartungen. Tabelle 4–48 zeigt, dass Lieferant 1 die niedrigste Lieferantenkennzahl (0,1170) besitzt und somit am besten die erwünschten Leistungen liefert. Am weitesten von den Idealvorstellungen entfernt ist Lieferant 3 mit der größten Lieferantenkennzahl (1,5616). Im Rahmen des Lieferantencontrollings ermöglicht eine nach obigem Schema gebildete Kennzahl eine zügige Leistungserfassung, aber auch eine Überwachung der Lieferanten unter Berücksichtigung des Zeitaspektes im Sinne einer Lieferantenbeobachtung [vgl. Glantschnig, 1994, S. 189].

4.3.3.2

Klassifikation und Repräsentation des Lieferantenstammes

Regelmäßige Kontrollen des gesamten Lieferantenstammes mit der Zielsetzung, einen Einblick in die Leistungsstruktur aller bzw. ausgewählter Zulieferer zu erhalten und daraus Analogieschlüsse in der Behandlung gleichartiger Lieferanten abzuleiten, sind ein wichtiger Bestandteil des Lieferantencontrollings. Im Faktorwerteplot kann die Leistungsstruktur der Lieferanten repräsentiert werden, auf deren Basis die Zulieferer klassifiziert werden. Die Faktorenanalyse bildet somit die Grundlage einer Lieferantenstrukturanalyse und dient zur Segmentierung des Lieferantenportfolios [vgl. Wagner, 2001, S. 200]. Generell existieren mehrere Möglichkeiten zur Repräsentation und Klassifikation des Lieferantenstammes. Beispielsweise können alle Lieferanten des Unternehmens mit den acht Hauptbewertungskriterien, aber auch gleichzeitig mit deren Subkriterien im Faktorwerteplot abgebildet werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, von nur einem Hauptkriterium die Subkriterien in die Faktorenanalyse einzubeziehen, um so eine detaillierte Repräsentation der Lieferanten in Bezug auf das geforderte Hauptkriterium zu erreichen. Weitere Beispiele ließen sich anführen. Ausgangspunkt bilden stets die über die Zulieferer gesammelten Informationen, die erstmals im Rahmen der Lieferantenvorauswahl und –auswahl erhoben wurden und kontinuierlich um die Erfahrungswerte aus der (oftmals langjährigen) Zusammenarbeit mit diesen Lieferanten ergänzt werden. Während bei neuen Lieferanten im Rahmen der Lieferantenvorauswahl nur Leistungsfähigkeiten abschätzbar sind, kann nach mehrjähriger Zusammenarbeit auf die tatsächliche Leistung der Lieferanten zurückgegriffen werden. Die Produktbezogenheit der einzelnen Zulieferer wird in diesem Zusammenhang außer Acht gelassen. Die meisten quantitativen Merkmale, beispielsweise der PREIS, sind somit nicht mehr direkt vergleichbar und müssen demzufolge ordinale Werte (z.B. (stark) unterdurchschnittlich, durchschnittlich, (stark) überdurchschnittlich) annehmen. Wenn beispielsweise der Preis um 25 % (50 %) über bzw. unter dem Durchschnittspreis des jeweiligen Produktes liegt, wird er im Sinne der beschriebenen Standardisierung als (stark)

274

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

überdurchschnittlich bzw. (stark) unterdurchschnittlich bezeichnet. Auf die Einbeziehung eines Ideallieferanten muss verzichtet werden, da pro Beschaffungsfall unterschiedliche Anforderungen an den Erfüllungsgrad der Kriterien gestellt werden. Im Folgenden sollen 20 bestehende Lieferanten eines Unternehmensbereiches von ARGASSI einer Lieferantenstrukturanalyse hinsichtlich fünf Hauptkriterien unterzogen werden. Wie schon bei der Vorauswahl, entschied sich das Unternehmen für die Hauptkriterien PREIS, MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK und SERVICE. Um die Beurteilung zu vereinheitlichen und die bewertenden Experten (aus mehreren Abteilungen von ARGASSI) gedanklich zu unterstützen, wurde eine Liste mit einigen Subkriterien je Hauptkriterium beigegeben, die das Expertenteam bei der letztendlichen Benotung der Hauptkriterien berücksichtigen sollte. Alle fünf Merkmale wurden fünfstufig ordinal skaliert erhoben. Für die vier letztgenannten Kriterien wurde auf die bereits mehrfach bekannte Skala (sehr schlecht := 1 Punkt bis sehr gut := 5 Punkte) zurückgegriffen. Das Hauptkriterium PREIS beinhaltet Subkriterien wie die Zahlungsbedingungen, so dass sich der Durchschnittspreis aus dem um Boni und Skonti bereinigten Angebotspreis ergibt. Die resultierenden Ausprägungen des Preises wurden schließlich wie folgt skaliert:



stark überdurchschnittlich (50 % und mehr über dem Durchschnitt des betreffenden Produktes) := 1 Punkt,



überdurchschnittlich (25 % bis 49 % über dem Durchschnitt des betreffenden Produktes) := 2 Punkte,



durchschnittlich (bis 24 % über bzw. unter dem Durchschnitt des betreffenden Produktes) := 3 Punkte,



unterdurchschnittlich (25 % bis 49 % unter dem Durchschnitt des betreffenden Produktes) := 4 Punkte, sowie



stark unterdurchschnittlich (50 % und mehr unter dem Durchschnitt des betreffenden Produktes) := 5 Punkte.

Tabelle 4–49 zeigt zusammenfassend die fünf Hauptmerkmale von 20 bestehenden Lieferanten des Unternehmens ARGASSI.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

275

Preis

Menge

Qualität

Logistik

Service

Lieferant 1

durchschnittlich

gut

sehr gut

gut

mittel

Lieferant 2

durchschnittlich

sehr gut

sehr gut

gut

gut

Lieferant 3

unterdurchschnittlich

sehr gut

gut

sehr gut

mittel

Lieferant 4

überdurchschnittlich

gut

sehr gut

mittel

mittel

Lieferant 5

unterdurchschnittlich

sehr gut

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Lieferant 6

durchschnittlich

sehr gut

sehr gut

sehr gut

gut

Lieferant 7

durchschnittlich

gut

sehr gut

schlecht

mittel

Lieferant 8

unterdurchschnittlich

sehr schlecht

sehr schlecht

sehr gut

sehr gut

Lieferant 9

unterdurchschnittlich

sehr gut

sehr gut

mittel

mittel

Lieferant 10

überdurchschnittlich

gut

gut

mittel

mittel

Lieferant 11

unterdurchschnittlich

schlecht

sehr schlecht

gut

sehr gut

Lieferant 12

überdurchschnittlich

mittel

sehr gut

schlecht

gut

Lieferant 13

überdurchschnittlich

sehr gut

sehr gut

sehr schlecht

schlecht

Lieferant 14

überdurchschnittlich

mittel

sehr gut

sehr gut

sehr gut

Lieferant 15

überdurchschnittlich

schlecht

schlecht

mittel

mittel

Lieferant 16

durchschnittlich

sehr gut

gut

gut

mittel

Lieferant 17

unterdurchschnittlich

sehr schlecht

mittel

sehr gut

sehr gut

Lieferant 18

unterdurchschnittlich

sehr schlecht

sehr schlecht

gut

gut

Lieferant 19

durchschnittlich

schlecht

mittel

mittel

mittel

Lieferant 20

durchschnittlich

sehr schlecht

schlecht

mittel

mittel

Tabelle 4–49: Klassifikation und Repräsentation des Lieferantenstammes – Datenmatrix

Das Lieferanten-Bewertungs-System erfolgt in den bekannten vier Schritten. Im Rahmen dieses Beispiels soll auf die deskriptive Analyse und die ausführliche Beschreibung der Faktorenanalyse verzichtet werden, nachdem diese in ihrem Ablauf bereits mehrfach erläutert wurden.

276

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Die Durchführung der Faktorenanalyse nach den in Kapitel 4.1.2 beschriebenen Teilschritten inklusive einer Varimax-Rotation liefert den folgenden zweidimensionalen, rotierten Faktorwerteplot (vgl. Abbildung 4–33): Faktor 2 (37.3 %)

2,5 2,0 Qualität

Menge

C

1,5

F

6

1,0

E

9

3

1 13

D

4

0,5

7

-2,0

-1,5

-1,0

16

14 Logistik

10 12

-2,5

5

2

0,0 -0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

-0,5

Faktor 1 (42.62,5 %)

Service

B 19

Preis2,0

17

A

-1,0

15 20

-1,5

11 18

8

-2,0 -2,5

Abbildung 4–33: Rotierter Faktorwerteplot in der Lieferantenstrukturanalyse

Die Ähnlichkeitsbeziehungen der Lieferanten zueinander lassen sich durch deren Sterndiagramme (vgl. Anhang A-35) bestätigen. Es zeigt sich, dass bereits zwei Faktoren 83,6 % der Gesamtvarianz erklären, wobei auf den ersten Faktor 46,7 % und auf den zweiten Faktor 36,9 % entfallen. Der erste Faktor beschreibt dabei LOGISTIK, PREIS und SERVICE, der zweite Faktor QUALITÄT und MENGE. Im Faktorwerteplot (vgl. Abbildung 4–33) können nun Cluster (mit einem Höhe:BreiteVerhältnis von 46,7:36,9) gebildet werden: Die Lieferanten der Cluster C und F stellen beispielsweise Hochleistungslieferanten dar, da sie den Leistungsanforderungen überdurchschnittlich entsprechen – und das bei (unter)durchschnittlichem Preis. Die Lieferanten im Cluster B müssen verstärkten Kontrollen unterzogen und/oder entwickelt werden, da sie nur unterdurchschnittliche Leistungen liefern. Die Cluster A, D und E liefern teils unterdurchschnittliche, teils überdurchschnittliche Leistungen, wobei Cluster E (ebenso wie Cluster F) mit dem Lieferanten 13 (bzw. 5) einen Ausreißer darstellt.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

277

Im Einzelnen lassen sich die Cluster wie folgt beschreiben:



Cluster A: Die Lieferanten 8, 11, 17, 18 sind gekennzeichnet durch mindestens gute Zusatzleistungen (LOGISTIK und SERVICE) sowie niedrigen PREIS, dafür aber sehr schlechte MENGEN- und QUALITÄTSLEISTUNGEN.



Cluster B:

Die

Lieferanten

15,

19,

20

zeichnen

sich

durch

insgesamt

unterdurchschnittliche Leistungen aus. Sowohl bei den produktbezogenen Daten als auch bei den Zusatzleistungen werden maximal Mittelwerte erreicht, keine einzige Ausprägung ist gut oder gar sehr gut.



Cluster C: Alle Lieferanten (1, 2, 3, 6, 9, 14, 16) weisen insgesamt überdurchschnittliche Leistungen auf. Überwiegend guten bis sehr guten produktbezogenen Leistungen und Zusatzleistungen steht ein mittlerer bis unterdurchschnittlicher PREIS gegenüber.



Cluster D: Die Lieferanten 4, 7, 10, 12 bieten fast ausnahmslos gute bis sehr gute MENGEN- und QUALITÄTsleistungen, jedoch unterdurchschnittliche Zusatzleistungen bei überdurchschnittlichem PREIS.



Cluster E: Lieferant 13 ist teuer, liefert aber mit die beste MENGEN- und QUALITÄTsleistung bei schlechten bis sehr schlechten Zusatzleistungen.



Cluster F: Lieferant 5 bietet bei unterdurchschnittlichem PREIS beste Produkt- und Zusatzleistungen und besitzt damit eine Ausnahmestellung.

Der Faktorwerteplot ermöglicht durch diese Lieferantentypologisierung [vgl. Dreyer, 2000, S. 29f.] einen raschen Überblick über die Leistungsstruktur des Lieferantenstammes. Unter der Prämisse sinnvoll interpretierbarer Faktoren lassen sich die Lieferanten anhand eines zweidimensionalen Faktorwerteplots wie folgt typologisieren (vgl. Abbildung 4–34). Der erste Quadrant enthält die Stars, da diese Lieferanten sowohl in Bezug auf den ersten als auch auf den zweiten Faktor überdurchschnittliche Leistungen erbringen. Lieferanten, die Logistik oder Know-how ins Unternehmen integrieren, sollten diesem Cluster angehören. Im dritten Quadranten befinden sich die Dogs, die insgesamt unterdurchschnittliche Leistungen liefern. Bei Lieferanten diesen Typs ist zu prüfen, wie sie entwickelt werden können oder ob eine Eliminierung aus dem Lieferantenstamm sinnvoll ist. Dazu sind jedoch detailliertere Analysen erforderlich, wie weiter unten beschrieben. Generell sollten Lieferanten des dritten Quadranten verstärkten Kontrollen unterzogen werden. Die Zulieferer der Quadranten zwei und vier lassen sich nicht derart pauschal bewerten und werden deshalb als

Fragezeichenlieferanten (???) gekennzeichnet. Während die Lieferanten des vierten Quadranten in Bezug auf den ersten Faktor überdurchschnittliche und in Bezug auf den zweiten Faktor unterdurchschnittliche Leistungen aufweisen, verhält es sich bei den Lieferanten des zweiten Quadranten genau umgekehrt. Da der erste Faktor einen höheren

278

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Erklärungsanteil als der zweite Faktor besitzt, könnte man folglich die Lieferanten des vierten Quadranten auch als Semi-Stars, die Lieferanten des zweiten Quadranten als Semi-Dogs bezeichnen. Zu beachten ist jedoch, dass beide Lieferantentypen voll den an sie gestellten Erwartungen entsprechen können - in Abhängigkeit der hinter den Faktoren stehenden Merkmale sowie den individuellen Anforderungen an diese Lieferanten. Die Unerlässlichkeit einer derartigen Prüfung legt daher den Begriff Fragezeichenlieferant nahe.

Faktor 2 2,5 2,0 1,5

Stars

??? 1,0 0,5 0,0 -2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

Faktor 1 0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

-0,5 -1,0

Dogs

-1,5

???

-2,0 -2,5

Abbildung 4–34: Lieferantenportfolio in der Lieferantenstrukturanalyse

Da die Durchschnittsbildung unter Einbeziehung aller Leistungsklassen von Lieferanten erfolgte, ist demnach zunächst zu prüfen, in wie weit die Zulieferer der einzelnen Cluster deren spezifischen Anforderungen entsprechen. Beispielsweise sind die Lieferanten des Clusters D (Semi-Dogs) überwiegend einfache Teilefertiger, bei denen es auf solide Qualität und gute Mengenleistungen ankommt, die Zusatzleistungen jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen – ARGASSI war mit dem Leistungsspektrum großteils zufrieden. Der Fokus der zukünftigen Optimierung wird vornehmlich auf Maßnahmen zur Kostensenkung und in einem Einzelfall auf der Verbesserung der Logistik liegen.

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

279

Die Lieferanten des Clusters A (Semi-Stars) zeichnen sich durch gute bis sehr gute Zusatzleistungen wie Logistik und Service aus und sind zudem noch billig. Dies kann vollkommen ausreichend sein, wenn diese Lieferanten nur indirekte Artikel liefern, deren Qualitäts- und Mengenleistungen keinen überdurchschnittlichen Ansprüchen genügen müssen (wie im Fall von ARGASSI). Die Lieferanten im Cluster C (Stars) sind die Hochleistungslieferanten des beschaffenden Unternehmens, die in allen Belangen überdurchschnittliche Leistungen erbringen. Auch einzelne Ausreißerobjekte wie in Cluster E oder F können aufgrund einer Spezialistenoder Monopolistenstellung erklärt werden. Im vorliegenden Fall ist beispielsweise der Lieferant des Clusters E ein Spezialfertiger mit dadurch bedingter sehr hoher Lieferantenmacht, so dass eine (wünschenswerte) Beeinflussung von Preis oder Logistik seitens ARGASSI unmöglich ist. Selbst die Lage des in allen Belangen unterdurchschnittlichen Clusters B (Dogs) kann dann noch befriedigend sein, wenn aufgrund eines überaus hohen Leistungsniveaus des gesamten Lieferantenstammes selbst mittelmäßige (und somit für den Bedarfsfall zufriedenstellende) Leistungen zu dieser Platzierung führen. Im Allgemeinen sind diese Lieferanten jedoch zumindest verstärkt zu überwachen oder zu fördern, wie später gezeigt wird. Auch eine Elimination aus dem Lieferantenstamm kann sinnvoll sein. Durch diese Typologisierung können etwaige schwarze Schafe sofort identifiziert werden, wenn beispielsweise ein logistik-integrierender Zulieferer sich in Cluster D befindet; sofortige Fördermaßnahmen sind dann unerlässlich. Sind alle Lieferanten korrekt „ihrem“ Cluster zugeordnet, kann innerhalb der Cluster die Art der Zusammenarbeit verglichen und gegebenenfalls einander angepasst werden. Vergleichspunkte können unter anderem vertragliche Aspekte (wie Zeitpunkte der Rechnungslegung), der Informationsbedarf (von einfachen Teilefertigern sind deutlich weniger Daten erforderlich als von Hochleistungslieferanten) und das Risiko der Zusammenarbeit (kaum Folgen für die Produktion bis zu Abriss des Materialstroms) sein. Daraus lassen sich Analogieschlüsse in der Behandlung gleichartiger Lieferanten ableiten [vgl. Dreyer, 2000, S. 46ff.], die in eine spezifische Lieferantenstrategie für jedes Cluster münden können [vgl. Boutellier/Wagner, 2000, S. 31f.]. Daneben sind mittelfristig, auch bei momentan zufriedenstellendem Leistungsniveau der Cluster, Maßnahmen zur Optimierung des Lieferantenstammes einzuleiten, um auch zukünftig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Sind nach obiger Prüfung der Lieferant bzw. die Lieferanten zur Förderung identifiziert, kann die Leistungsfähigkeit der Zulieferer durch gezielte Steuerungsmaßnahmen wie Anreize und Sanktionen (vgl. Kapitel 2.3.5.2) beeinflusst werden. Welche Steuerungsmaßnahmen

280

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

eingesetzt werden, hängt einerseits von der Machtstellung dem Lieferanten gegenüber und andererseits von der Ethik des beschaffenden Unternehmens ab. So können beispielsweise die Beziehungen zu den Lieferanten in den Clustern A und B (vgl. Abbildung 4–33) durch Sanktionen wie Senkung der Lieferquote, Wechselandrohung oder vorübergehende Nichtberücksichtigung gesteuert werden. Sehr schlechte Leistungen (bei den Dogs) können sogar zu einer Eliminierung des oder der Lieferanten aus dem Lieferantenstamm führen, wie die empirische Untersuchung zeigt (vgl. Abbildung 2–24). Dabei ist jedoch anzumerken, dass allein aufgrund dieser überblicksartigen Lieferantenstrukturanalyse keine Elimination erfolgen sollte; vielmehr muss der betreffende Lieferant einer detaillierteren Analyse mit allen relevanten Kriterien unterzogen werden. Eine sinnvolle Interpretierbarkeit der beiden Faktoren vorausgesetzt, kann der Faktorwerteplot auch herangezogen werden, um die Suche nach potentiell geeigneten

Benchmarking-Partnern im Rahmen der Lieferantenförderung (vgl. Kapitel 2.3.5.1) zu unterstützen.149 Star-Lieferanten dienen dabei als Benchmarking-Partner für die Fragezeichenlieferanten, die Fragezeichenlieferanten ihrerseits sind Benchmarking-Partner für die Dogs – je nach gewünschter Entwicklungsrichtung: Sollen Dogs-Lieferanten in Richtung des ersten Faktors verbessert werden, sind Benchmarking-Partner aus den Fragezeichenlieferanten des vierten Quadranten (Semi-Stars) heranzuziehen. Liegt der Fokus der Optimierung auf dem zweiten Faktor der Dogs, muss auf die Fragezeichenlieferanten des zweiten Quadranten (Semi-Dogs) zurückgegriffen werden (vgl. Abbildung 4–35). Je nach Art und Marktstellung der identifizierten, potentiellen Benchmarking-Partner kann das durch den Faktorwerteplot unterstützte Benchmarking intern, extern oder funktional sein [vgl. Lasch, 1998, S. 134ff.]. Der Einsatz ordinaler Daten fördert zwar die Vergleichbarkeit der Lieferanten im Plot und die Produktunabhängigkeit unterstützt die Grundidee des funktionalen Benchmarking [vgl. Lasch, 1998, S. 137f.], dennoch müssen zur endgültigen Bestimmung der tatsächlichen Benchmarking-Partner weitere Analysen vorgenommen werden, beispielsweise um die Vergleichbarkeit bezüglich der benötigten Kennzahlen sicherzustellen und Verzerrungen auszuschließen. Schließlich kann das beschaffende Unternehmen – in Abhängigkeit seiner Machtstellung – nur potentielle Benchmarking-Partner vermitteln; Voraussetzung für ein erfolgreiches Benchmarking ist stets die aktive Bereitschaft der beteiligten Unternehmen, den Benchmarking-Prozess zu unterstützen und diesen nicht als Industriespionage, sondern als Win-Win-Situation zu verstehen [vgl. Camp, 1994, S. 49ff.].

149

Zum Prozess des Benchmarking vgl. CAMP (1994) und LASCH (1998, S. 177ff.).

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

281

Faktor 2 2,5 2,0 1,5

Stars

??? 1,0 0,5 0,0

Optimierung Faktor 2

-2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

Faktor 1 0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

-0,5 -1,0

Dogs

Optimierung -1,5 Faktor 1

???

-2,0 -2,5

Abbildung 4–35: Benchmarking-Cluster der Dogs-Lieferanten

ARGASSI identifizierte im Bereich der Dogs (Cluster B) einen zu fördernden Lieferanten: Bei Zulieferer 15 sollte die Qualitätsleistung (repräsentiert in Faktor 2) verbessert werden. Prinzipiell kamen als Benchmarking-Partner die Lieferanten der Cluster D und E in Frage. Um eine Ähnlichkeit der Leistung bezüglich des ersten Faktors zu gewährleisten, wurde bei der Suche nach dem potentiellen Benchmarking-Partner auf Lieferanten des Clusters D zurückgegriffen. Die Wahl fiel schließlich auf Lieferant 10, der in der Qualitätsleistung eine deutlich bessere Leistung bot, in den Merkmalen des ersten Faktors (Logistik, Preis, Service) mit Lieferant 15 jedoch gleichbewertet wurde. Mit diesem Lieferanten (Nr. 10) wurden Verhandlungen aufgenommen bezüglich seiner Bereitschaft, Benchmarking-Partner zu werden150. Zusammenfassend lassen sich mögliche Handlungsoptionen im zweidimensionalen Faktorwerteplot der Lieferantenstrukturanalyse wie folgt darstellen (vgl. Abbildung 4–36):

150

Da es sich im vorliegenden Fall um Wettbewerbsbenchmarking handelt und die Skepsis der beteiligten Unternehmen anfänglich hoch war, waren die Verhandlungen zum Zeitpunkt der Beendigung der vorliegenden Arbeit noch nicht abgeschlossen.

282

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Faktor 2 2,5 2,0 1,5

???

Stars

Optimierung Faktor 1

1,0 0,5 0,0

Optimierung Faktor 2

-2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

Optimierung Faktor 2

0,0

0,5

1,0

1,5

Faktor 1 2,0

2,5

-0,5 -1,0

Dogs

Elimination

Optimierung -1,5 Faktor 1

???

-2,0 -2,5

Abbildung 4–36: Optionen im Lieferantenportfolio der Lieferantenstrukturanalyse

Die Hochleistungslieferanten (Stars) sollten durch intensive Pflege der Lieferbeziehung langfristig an das Unternehmen gebunden werden, die Errichtung einer strategischen Partnerschaft ist in Erwägung zu ziehen; entscheidungsunterstützend ist dabei eine detailliertere Analyse, wie weiter unten beschrieben. Fragezeichenlieferanten sollten in Bezug auf ihren schwächeren Faktor gefördert werden, als Benchmarking-Partner können StarLieferanten herangezogen werden. Bei den Dogs ist zu entscheiden, ob sich eine Lieferantenförderung lohnt oder eine Elimination vorzuziehen ist. Werden diese Optimierungsmaßnahmen regelmäßig durchgeführt und kontrolliert, ergibt sich eine kontinuierliche Verbesserung des Leistungsniveaus des gesamten Lieferantenstammes. Die in Abbildung 4–36 dargestellten Maßnahmen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist beispielsweise auch möglich, die Positionen der Fragezeichenlieferanten lediglich in Richtung des für sie bedeutsameren Faktors zu fördern (d.h. die SemiStars des vierten Quadranten in Richtung Faktor 1, die Semi-Dogs des zweiten Quadranten in Richtung Faktor 2) und die Positionierung bezüglich des anderen Faktors unangetastet zu lassen. Auch eine Optimierung innerhalb der einzelnen Kategorien ist denkbar. So besitzen nicht alle als Star-Lieferanten ausgewiesene Zulieferer dieselben ordinalen Beurteilungen. Die

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

283

Suche nach einem geeigneten Benchmarking-Partner erfolgt dann jeweils innerhalb einer Lieferantenkategorie: Star-Lieferant 5 (Cluster F) könnte beispielsweise als BenchmarkingPartner für die Star-Lieferanten des Clusters C dienen. Darüber hinaus können die Dogs simultan in Richtung beider Faktoren optimiert werden, indem die Star-Lieferanten als Benchmarking-Partner dienen. Durch eine Erhöhung des Detaillierungsgrades innerhalb der Kategorien sind noch weitere Optionen möglich. Beispielsweise können die Stars unter Verwendung rein strategischer Kriterien in einem zweiten Faktorwerteplot repräsentiert werden, anhand dessen vor allem die Top-Performer unter den Lieferanten zum Aufbau strategischer Wertschöpfungspartnerschaften identifiziert werden können (vgl. Abbildung 4–37). F2

???

Faktor 2 strategisch Stars

F1

Do gs

Kandidaten für die Entw icklung zum TopPerformer

Top-Perform er

Top-

langfristige Zusammenarbeit Stars strategische Partnerschaft

???

Faktor 1 strategisch

operativ über-, strategisch unterdurchschnittlich

Kandidaten für die Entw icklung zum TopPerformer

Abbildung 4–37: Beispiel einer hierarchischen Lieferantenstrukturanalyse

Diese hierarchische Analyse sondiert dabei im ersten Schritt (unter Verwendung mehrheitlich operativer Kriterien) die Kandidaten für eine weitreichende Zusammenarbeit. Die zweite Stufe identifiziert dann (durch den Einsatz vorwiegend strategischer Kriterien) geeignete Partner für eine derartige Zusammenarbeit. Dabei ist zu beachten, dass eine strikte Trennung der beiden Stufen in rein operative und rein strategische Kriterien nicht möglich ist. Vielmehr sind im ersten Schritt all diejenigen Merkmale enthalten, die (im Sinne von K.O.-Kriterien) ein Lieferant unabdingbar erfüllen muss, um als strategischer Wertschöpfungspartner überhaupt in Frage zu kommen.

284

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

In analoger Weise kann die hierarchische Analyse auch eingesetzt werden, um andere Felder des Lieferantenportfolios detaillierter zu untersuchen. Die entscheidende Grundvoraussetzung für derartige Analysen ist jedoch, wie mehrfach erwähnt, eine sinnvolle Interpretierbarkeit der Faktoren (Achsen) – insbesondere muss die Leistung eines Lieferanten umso höher sein, je weiter nordöstlich im Plot er liegt. Abschließend soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass der Faktorwerteplot im Rahmen einer Lieferantenstrukturanalyse die Leistungsstruktur aller Zulieferer überblicksartig abbilden kann. Er ist somit gut geeignet zur Kontrolle, raschen Repräsentation und Klassifizierung des Lieferantenstammes. Bei sinnvoller Achseninterpretation können zudem Benchmarking-Partner zur Optimierung des Lieferantenstammes identifiziert werden. Aufgrund seines Überblickscharakters kann der Plot jedoch lediglich entscheidungsunterstützend wirken. Vor einer Ableitung konkreter Maßnahmen wie Sanktionen oder Anreize sind stets detailliertere Analysen durchzuführen, wie beispielsweise die gezeigte hierarchische Analyse. Daneben ist ein zusätzlicher Blick in die Datenmatrix der Zulieferer unerlässlich. Schließlich ist jeweils zu entscheiden, ob nur wenige oder alle Lieferanten eines Clusters gefördert werden sollen.

Lieferanten-Bewertungs-System in Lieferantencontrolling und -steuerung I.

Festlegung der Bewertungskriterien ... nach Entscheidungssituation ... nach Ziel des Lieferantencontrollings (Repräsentation, Entwicklungspartner, Ersatzlieferant) ... Ideallieferant bei Entwicklungspartner und Ersatzlieferant

II.

Deskriptive Analyse der Lieferantenmerkmale

III.

Durchführung der Faktorenanalyse ... Berechnung der Korrelationsmatrix ... Faktorextraktion ... Faktorrotation ... Bestimmung der Faktorwerte

IV.

Interpretation des Faktorwerteplots ... Auswahl von Ersatzlieferanten oder Entwicklungspartner ... Repräsentation des Lieferantenstammes anhand der Hauptkriterien (Lieferantenstrukturanalyse) ... Repräsentationsmöglichkeiten ausgewählter Lieferanten anhand selektierter Haupt- und/oder Subkriterien ... Implikationen für die Optimierung des Lieferantenstammes

Abbildung 4–38: Teilschritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems in Lieferantencontrolling und -steuerung

Abbildung 4–38 fasst die vier Schritte des Lieferanten-Bewertungs-Systems im Rahmen von Lieferantencontrolling und –steuerung zusammen. Der Einsatz unterscheidet sich zur

Kapitel 4.3 – Einsatzmöglichkeiten des Lieferanten-Bewertungs-Systems

285

Vorgehensweise im Rahmen der Lieferantenvorauswahl bzw. –auswahl neben der Bestimmung der Bewertungskriterien vor allem in der Interpretation des Faktorwerteplots. Bei der Interpretation des Faktorwerteplots im Lieferantencontrolling besteht einerseits die Möglichkeit, Ersatzlieferanten oder Partner zur Lieferantenförderung auszuwählen, andererseits den gesamten Lieferantenstamm zu repräsentieren, um Analogien in der Behandlung gleichartiger Lieferanten erschließen zu können. Im Rahmen dieser Lieferantenstrukturanalyse ist die Erstellung eines Lieferantenportfolios möglich, anhand dessen sich Handlungsempfehlungen zur Steuerung der gesamten Lieferantenbasis ableiten lassen. Wird das Verfahren im Zeitablauf mehrfach angewendet, ist eine dynamische Lieferantenbeobachtung gewährleistet. Wechselnde, den Erfordernissen des Marktes angepasste Kriterien [vgl. Gustin/Daugherty/Ellinger, 1997, S. 42f.] garantieren in dieser dynamischen Überwachung ein Lieferantenstammes.

stets

marktgerechtes

Leistungsabbild

des

eigenen

4.4 Vorteile und Grenzen des Lieferanten-Bewertungs-Systems Anhand des in Kapitel 3.3 beschriebenen und in Kapitel 3.6.4 empirisch bestätigten und erweiterten Anforderungskataloges an ein Verfahren zur Lieferantenbewertung soll eine Beurteilung des vorgestellten Lieferanten-Bewertungs-Systems erfolgen. Dabei wird überprüft, inwieweit dieses System den gestellten Anforderungen (vgl. Abbildung 3–1) entspricht und welche Vorteile sich ergeben. Basis für die in Tabelle 4–50 vorgenommene Bewertung des neuen Verfahrens sind die in Tabelle 3–14 aufgezeigten Ausprägungen der Anforderungen. Es ist ersichtlich, dass das konzipierte Verfahren den Anforderungen gerecht wird. Wie bereits in Kapitel 4.2 beschrieben, variieren je nach Entscheidungssituation die Kriterien, welche quantitativer und qualitativer Natur sein können. Die geforderte Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger, also eine erwünschte Subjektivität im Rahmen der Lieferantenbewertung, wird mit der Konstruktion des Ideallieferanten erreicht, welcher von den zuständigen Fachbereichen im Unternehmen erstellt wird. Durch die Generierung des Ideallieferanten setzt das beschaffende Unternehmen zudem selbst die Maßstäbe und Anforderungen, ohne sich a priori allzu stark von den Marktgegebenheiten beeinflussen zu lassen – nicht zuletzt im Hinblick auf die Lieferantenförderung und -entwicklung ein Vorteil. Dabei analysiert das Unternehmen zugleich seine internen Produktions- und Beschaffungsabläufe und kann somit durch das Offenlegen von Schwachstellen von dieser Analyse mehrfach profitieren. Daneben erlaubt die

286

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Möglichkeit (nicht aber die Notwendigkeit!) einer manuellen Kriteriengewichtung ebenfalls subjektive Eingriffe.

Anforderung

Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Berücksichtigung der Entscheidungssituation

+

Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Kriterien

+

Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger

+

Teilautomatisierung von Bewertung und Auswahl

+

geringer Bewertungsaufwand

+

Objektivierung der Ergebnisse

+

Klassifizierung der Lieferanten

+

Repräsentation der Lieferanten

+

Verdichtung der Daten zu Kennzahlen

+

Tabelle 4–50: Beurteilung des Lieferanten-Bewertungs-Systems mit der Faktorenanalyse

Die Einbeziehung der Subjektivität geht jedoch nie über das erforderliche Maß hinaus. Speziell die Gewichtung der Bewertungskriterien wird allgemein als fehleranfällig angesehen: Eine manuelle Verteilung von beispielsweise 25 (sich zu 100% summierenden) Gewichten ist stets problematisch, wie gezeigt151. Jenes konkrete Setzen der Gewichte ist beim vorgestellten Lieferanten-Bewertungs-System nicht notwendig – stattdessen kann das beschaffende Expertenteam auf einfache Ja-/Nein-Entscheidungen zurückgreifen, ob ein Subkriterium einzubeziehen ist oder nicht (vgl. Kapitel 4.3.2.2 a)) – also auf eine Entscheidung, die auch bei den meisten anderen Verfahren ohnehin nötig ist. Durch die Beschränkung der subjektiven Eingriffe und der sich anschließenden objektiven Bewertung mit Hilfe eines Computerprogramms (wie beispielsweise SPSS® oder MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993]) führt dieses System zu einer Objektivierung der Ergebnisse.

151

Zur ausführlichen Kritik an der erwähnten manuellen Kriteriengewichtung vgl. Kapitel 4.3.2.

Kapitel 4.4 – Vorteile und Grenzen des Lieferanten-Bewertungs-Systems

287

Mit dem Einsatz dieses Lieferanten-Bewertungs-Systems ist daher ein vergleichsweise geringer Bewertungsaufwand verbunden, da einerseits keine komplizierte manuelle Gewichtung der Kriterien erforderlich ist und andererseits die Bewertung bzw. Auswahl der Lieferanten teilautomatisiert erfolgt. Lediglich die Konstruktion des Ideallieferanten kann zeitintensiver sein, jedoch nicht mehr als beispielsweise die (hier unnötige) Generierung von Skalen für die kardinalen Kriterien im Rahmen einer Nutzwertanalyse. Dafür erlaubt der Ideallieferant eine wesentlich genauere Auswahl derjenigen Lieferanten, die den Unternehmensanforderungen am besten gerecht werden. Zur Unterstützung des Managements werden Kennzahlen generiert, die die Leistungslücken der einzelnen Lieferanten zum Ideallieferanten aufzeigen und somit ein Lieferanten-Ranking erlauben. Sind die Achsen eindeutig interpretierbar, können zusätzlich Lieferantenkennzahlen ersten und zweiten Grades gebildet werden. Der im letzten Schritt des Lieferanten-Bewertungs-Systems gebildete Faktorwerteplot erzeugt ein graphisches Abbild des relevanten Beschaffungsmarktes. Einzig bei diesem Verfahren kann eine Vielzahl an Lieferanten und Merkmalen in einer Abbildung übersichtlich dargestellt werden, was beispielsweise bei den auf die Auswahl folgenden Verhandlungen mit den Lieferanten ein großer Vorteil ist. Durch die implizite Kriteriengewichtung ist das System zudem selbstschärfend und reagiert in der Repräsentation automatisch auf sich ändernde Bedeutungen der Kriterien: Ist ein Kriterium beispielsweise bereits bei 70 % der Lieferanten mit gewünschter Ausprägung erfüllt, sinkt dessen Trennschärfe bzgl. der Lage der Lieferanten im Faktorwerteplot. Darüber hinaus generiert das System vielseitige einsetzbare Klassifikationen des Lieferantenstammes (vgl. Kapitel 4.3.3.2), sowohl in Bezug auf die Hauptbewertungs- oder die Subkriterien, als auch in Bezug auf den gesamten Lieferantenstamm oder auf einzelne Lieferanten. Die Klassifikation des gesamten Lieferantenstammes im Rahmen einer Lieferantenstrukturanalyse liefert ein rasches, aktuelles Leistungsabbild und zeigt zudem Verbesserungspotentiale auf. Gleichzeitig lassen sich anhand des Faktorwerteplots potentielle Benchmarking-Partner zur Lieferantenförderung identifizieren. Konkrete Steuerungsmaßnahmen wie Anreize und Sanktionen können nach Durchführung einer zweistufighierarchischen Analyse abgeleitet werden. Gerade die letztgenannten Eigenschaften des Lieferanten-Bewertungs-Systems mit der Faktorenanalyse werden von den in Kapitel 3.5 beschriebenen Verfahren nicht oder nur ungenügend erfüllt. So sind beispielsweise bei den zwei am häufigsten angewandten Verfahren (vgl. Abbildung 3–32), der Preis- und Kostenentscheidungs-Analyse, keine Berücksichtigung der Entscheidungssituation, aber auch keine Berücksichtigung der

288

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

qualitativen Merkmale möglich. Wie weiterhin gezeigt152, werden die Zielsetzungen der Klassifikation und vor allem der Repräsentation (vgl. Abbildung 3–35) im Rahmen dieser Verfahren ebenfalls nicht erfüllt. Tabelle 4–51 stellt nochmals zusammen, wie das Lieferanten-Bewertungs-System den Anforderungen an ein Lieferantenbewertungsverfahren im Einzelnen gerecht wird:

Anforderung

Im Lieferanten-Bewertungs-System mit der Faktorenanalyse umgesetzt durch...

Berücksichtigung der Entscheidungssituation

...Variation der Anzahl und Art der Bewertungskriterien.

Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Kriterien

...Standardisierung qualitativer und quantitativer Merkmale.

Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger

...Konstruktion des Ideallieferanten.

Teilautomatisierung von Bewertung und Auswahl

...subjektive Auswahl der Kriterien, objektive Bewertung mit EDV-gestütztem Programm.

geringer Bewertungsaufwand

...Verzicht auf manuelle Gewichtung der Merkmale, teilautomatisierte Bewertung.

Objektivierung der Ergebnisse

...Einsatz eines multivariaten statistischen Verfahrens. Beschränkung der subjektiven Eingriffsmöglichkeiten auf die erwünschten.

Klassifizierung der Lieferanten

...Clusterbildung im Faktorwerteplot. Ableitung von Verbesserungspotentialen und Benchmarking-Partnern möglich.

Repräsentation der Lieferanten

...Abbilden der Lieferanten und der relevanten Merkmale im Faktorwerteplot und somit der Lage der Lieferanten zueinander. Einfacher und schneller Überblick über den Beschaffungsmarkt.

Verdichtung der Daten zu Kennzahlen

...Errechnung der Distanz zum Ideallieferanten. Bei Interpretierbarkeit der Achsen zusätzlich Ermittlung von Lieferantenkennzahlen ersten und zweiten Grades.

Tabelle 4–51: Erfüllung der Anforderungen durch das Lieferanten-Bewertungs-System

152

Zur ausführlichen Bewertung der Lieferantenbewertungsverfahren vgl. Kapitel 3.7.

Kapitel 4.4 – Vorteile und Grenzen des Lieferanten-Bewertungs-Systems

289

Trotz der vielfältigen Vorteile des Lieferanten-Bewertungs-Systems auf Basis der Faktorenanalyse sind auch diesem Verfahren Grenzen gesetzt, die im Folgenden aufgezeigt werden.

Es ist denkbar, dass in der Praxis die Lieferantenmerkmale so auftreten, dass die gebildeten Faktoren keine Einfachstruktur aufweisen und somit inhaltlich kaum interpretiert werden können. In diesem Fall ist es unmöglich, eine sichere Aussage über die Struktur zu treffen, die hinter den Merkmalen besteht. Obgleich die im Faktorwerteplot dargestellten Faktoren (Achsen) nicht interpretiert werden können, ist es dennoch möglich, die Lage der einzelnen Lieferanten zueinander zu erkennen und anhand des Ideallieferanten eine Vorauswahl bzw. Auswahl zu treffen. Die Faktoren bilden dann mathematische Konstruktionen mit bestimmten optimalen Eigenschaften, denen in der Realität nichts entsprechen braucht. Lediglich die Lieferantenstrukturanalyse im Rahmen des Lieferantencontrollings ist dann nicht sinnvoll. Generell ist die Ableitung konkreter Maßnahmen aus der Lieferantenstrukturanalyse, beispielsweise die Auswahl von Benchmarking-Partnern, nicht allein aufgrund eines einzigen Faktorwerteplots ratsam, hierfür bedarf es detaillierterer Analysen – ein Nachtteil, der jedoch allen Verfahren zur Lieferantenbewertung immanent ist, sofern sie überhaupt Hinweise zur Ausgestaltung der Lieferbeziehung liefern. Ferner bleibt die graphische Darstellung auf die Evaluierung von maximal drei Faktoren beschränkt. Sollte unter Einbeziehung von drei Faktoren die erklärte Varianz der Gesamtinformation zu gering sein, müssen vier und mehr Faktoren extrahiert werden. Eine Auswahl erfolgt dann rein mathematisch durch die Berechnung der Differenzen zum Ideallieferanten. Die Abbildung im Faktorwerteplot entfällt somit, die Einsatzfähigkeit des Systems bleibt aber (mit Ausnahme der Strukturanalyse) erhalten. Sollte ein Kriterium für ein Unternehmen überaus wichtig sein, aber nur eine geringe Kommunalität aufweisen, kann die Zahl der extrahierten Faktoren erhöht werden, um dieses Kriterium in den Plot und damit in die Entscheidung einzubeziehen. Aufgrund der im Faktorwerteplot nur geringen Trennschärfe des Kriteriums ist es in betreffendem Fall jedoch besser, jenes Kriterium als K.O.-Kriterium voranzustellen. Schließlich ist die Faktorenanalyse ein anspruchsvolles statistisches Verfahren, das in der Praxis nur mit Hilfe von Computern und entsprechender Software angewendet werden kann. Da das Lieferanten-Bewertungs-System mit der Faktorenanalyse jedoch deutlich aussagekräftigere Ergebnisse liefert als andere Verfahren, sollte diese Erhöhung der

290

Kapitel 4 – Das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse

Komplexität auch von Unternehmensseite akzeptiert werden – zumal jene Erhöhung nicht durch steigenden manuellen Bewertungsaufwand bedingt ist, sondern lediglich durch das (rechnergestützt ablaufende) zugrunde liegende statistische Verfahren.

Nach der umfassenden Darstellung des Lieferanten-Bewertungs-Systems auf Basis der Faktorenanalyse und dessen Anwendungsmöglichkeiten sollen im folgenden Kapitel zwei weitere, mit der Faktorenanalyse zusammenhängende multivariate Methoden kurz umrissen und deren Einsatz im Lieferantenmanagement aufgezeigt werden.

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

291

5. Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements Bereits bei der Einordnung der Faktorenanalyse innerhalb der multivariaten Verfahren (vgl. Kapitel 4.1.1) wurde gezeigt, dass eine Vielzahl von weiteren Methoden existiert, die der Repräsentation, Klassifikation oder Identifikation von Objekten dienen. Einige dieser eigenständigen Verfahren stehen mit der Faktorenanalyse derart in Verbindung, dass sie als Verbesserungsvorschläge für bestimmte Teilprobleme innerhalb der Faktorenanalyse angesehen werden können und somit deren Ablauf unterstützen. Zwei dieser Verfahren werden im Folgenden herausgegriffen und in ihrem Gedankengang erläutert. Es handelt sich dabei um die Clusteranalyse zur Klassifikation und um die Multidimensionale Skalierung zur Repräsentation von Lieferanten. Die Darstellung ist bewusst begrenzt, lediglich das Prinzip dieser Verfahren und deren Einsatzmöglichkeiten im Lieferantenmanagement sollen aufgezeigt werden.

5.1 Klassifikation mit der Clusteranalyse Mit einer Klassifikation wird nicht nur das Ziel verfolgt, eine große Datenmenge überschaubar zu machen, sondern auch, die einzelnen Klassen interpretieren zu können. Somit dient die Klassifikation der Einteilung einer unüberschaubaren Menge von Objekten in Klassen aufgrund von Übereinstimmung und Ähnlichkeit. Innerhalb der einzelnen Klassen können weitere multivariate Verfahren angewendet werden [vgl. Fahrmeir/ Hamerle/Tutz, 1996, S. 437ff.]. Wie gezeigt, können mit Hilfe der Faktorenanalyse im Rahmen des Faktorwerteplots Cluster von Lieferanten gebildet werden. Die Clusteranalyse stellt das klassische Verfahren zur Generierung von Klassen dar.

5.1.1 Grundkonzept der Clusteranalyse Bei diesem Verfahren werden die n interessierenden Objekte, beispielsweise Lieferanten, in Klassen eingeteilt. Im Sinne einer guten Interpretierbarkeit sollen Objekte, die derselben Klasse zugeordnet werden, sich möglichst ähnlich sein, wogegen Objekte aus verschiedenen Klassen sich möglichst stark unterscheiden sollen, d.h. die Klassen sollen in sich homogen und untereinander heterogen sein [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 437].

292

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

5.1.1.1

Distanzmatrix

Ausgangspunkt der Clusteranalyse ist, ebenso wie bei der Faktorenanalyse, eine Datenmatrix

A nach (4.1), aus welcher sich eine Distanzmatrix D gewinnen lässt: ¦ d (1,1) d (1,2)  d (1, n) ¶ § · § d (2,1) d (2,2)  d (2, n) · D=§    · § · § d (n,1) d (n,2)  d (n, n) · ¨ ¸

(5.1)

mit

d(i,j)= dij

Distanzindex zwischen Objekt i und Objekt j (i,j=1,...,n)

Ein Distanzindex ist dabei ein Maß für die Ähnlichkeit zweier Objekte i und j. Je ähnlicher zwei Objekte sind, desto kleiner muss der zugehörige Distanzindex sein. Eine Vielzahl von Distanzindizes steht zur Verfügung, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden soll. Eine detaillierte Abhandlung der im Folgenden genannten und weiterer Distanzmaße findet sich in HARTUNG/ELPELT/KLÖSENER (1995, S. 520ff.). Generell werden zur Bestimmung der Distanzmatrix für jedes Objektpaar die Distanzen in Abhängigkeit der Skalierung der Merkmale berechnet, die anschließend zur gewichteten Gesamtdistanz aggregiert werden. Bei nominalen Merkmalen kann beispielsweise die Anzahl der nicht übereinstimmenden Merkmalsausprägungen, bei ordinalen Merkmalen die Rangdifferenz und bei kardinalen Merkmalen Spezialfälle der Lp-Distanzen, wobei man zwischen der L1-Distanz (City-Block-Distanz), der L2-Distanz (euklidischer Abstand) und weiteren Distanzen wie der Tschebyschev-Distanz unterscheidet, verwendet werden [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 70ff.]. Allgemein gültige Empfehlungen zur Wahl der Distanzindizes sind nicht möglich, als Zeichen einer guten Verträglichkeit mit den Ausgangsdaten sollten aber die anhand der Sterndiagramme sich ähnlichsten Objekte die niedrigste Distanz und die sich unähnlichsten Objekte die höchste Distanz zueinander aufweisen. Im Rahmen des Lieferantenmanagements soll der Einsatz der Clusteranalyse in der Lieferantenvorauswahl gezeigt werden. Die Distanzberechnung sowie die weitere Durchführung der Clusteranalyse erfolgen mit Hilfe des Statistikprogramms MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993]. Ausgangspunkt der Analyse ist die Datenmatrix aus Tabelle 4-18, die die Ausprägungen von 21 Lieferanten (inklusive Ideallieferant) bei fünf Merkmalen (ein Merkmal kardinal, vier Merkmale ordinal) enthält. Folgende Vorgehensweise entsprach der Forderung nach einer mit den Ausgangsdaten verträglichen Distanzmatrix:

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

293

Bei den ordinalen Ausprägungen der Merkmale (MENGE, QUALITÄT, LOGISTIK, SERVICE) wurde die einfache Rangdifferenz angewandt, welche die Verschiedenheit der Objektpaare wiedergibt [vgl. Opitz, 1980, S. 36]. Für das kardinale Merkmal (PREIS) wurde die City-Block-Distanz angewandt, um dem Ziel einer Gleichgewichtung aller Merkmale nahe zu kommen. Unter Berücksichtigung der in der deskriptiven Analyse (vgl. Kapitel 4.2.2) festgestellten Ausreißerdaten erschien eine Gewichtung der Merkmale mit 1/(90 % Quantil – 10 % Quantil) zweckmäßig, um nach dieser Ausreißerbereinigung alle Merkmale ungefähr denselben Beitrag zur Gesamtdistanz leisten zu lassen [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 44]. Tabelle 5–1 zeigt einen Auszug aus der sich ergebenden Distanzmatrix. Beispielsweise ist ersichtlich, dass die Lieferanten 17 und 19 eine sehr geringe Distanz (0,91) zueinander aufweisen, was auf eine hohe Ähnlichkeit dieser beiden Lieferanten schließen lässt. Demgegenüber zeigen die Lieferanten 15 und 19 die höchste Distanz (5,51) der abgebildeten Lieferanten zueinander und sind somit in den Merkmalsausprägungen am unterschiedlichsten. Lieferant 19

Lieferant 20

Lieferant 1

3,41

2,29

Lieferant 2

2,88

1,76

Lieferant 3

1,59

0,97

Lieferant 4

2,27

2,14

Lieferant 5

2,11

1,49

Lieferant 6

3,18

2,06

Lieferant 7

3,33

3,20

Lieferant 8

4,95

2,83

Lieferant 9

2,56

2,43

Lieferant 10

2,04

1,42

Lieferant 11

5,20

3,08

Lieferant 12

3,89

2,77

Lieferant 13

3,31

2,18

Lieferant 14

5,49

3,37

Lieferant 15

5,51

3,39

Lieferant 16

2,76

1,69

Lieferant 17

0,91

2,36

Lieferant 18

3,41

1,72

Lieferant 19

0,00

2,12

Lieferant 20

2,12

0,00

Ideallieferant

3,56

2,43

Tabelle 5–1: Matrix der paarweisen Objektdistanzen (Auszug)

294

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

Im Anhang sind die gesamten Distanzmaße der Lieferanten abgebildet (vgl. Anhang A-36). Es zeigt sich, dass die Distanzen mit den Sterndiagrammen der Objekte (vgl. Anhang A-30) sehr gut verträglich sind. So ist beispielsweise die Ähnlichkeit der Profile der Lieferanten 17 und 19 gut erkennbar, während die Profile der Lieferanten 15 und 19 deutlich unterschiedlich sind. Ausgehend von einer Datenmatrix A bzw. einer Distanzmatrix D kann nun das Clusteranalyseverfahren mit dem ersten Schritt – der Festlegung des Klassifikationstyps – begonnen werden.

5.1.1.2

Klassifikationstyp

In Abhängigkeit von der Zielsetzung einer Clusteranalyse werden die Klassifikationstypen nach Überdeckungen, Partitionen, Quasihierarchien und Hierarchien unterschieden. „Von einer Überdeckung spricht man, wenn sich einzelne Klassen aus einer Klassifikation zwar überschneiden dürfen, d.h. gemeinsame Objekte enthalten können, jedoch keine Klasse vollständig in einer anderen enthalten ist (...).“ [HARTUNG/ELPELT, 1999, S. 447]. Sind keine Klassenüberschneidungen zulässig, so spricht man von einer Partition, bei der kein Objekt zu mehr als einer Klasse gehören darf. Die Klassen einer Partition sind in diesem Fall disjunkt. Eine nichtdisjunkte Klassifikation liegt vor, wenn Überdeckungen möglich sind [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 439]. Die Struktur einer Objektmenge wird bei Überdeckungen und Partitionen nur sehr grob wiedergegeben. Aus diesem Grund werden häufig die feineren Klassifikationstypen Quasihierarchie und Hierarchie gewählt, welche sich auf die Struktur einer Klassifikation beziehen [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 448]. Eine Quasihierarchie ist das Ergebnis einer Folge von Überdeckungen, eine Hierarchie die Folge von Zerlegungen. Unabhängig vom Klassifikationstyp ist zu entscheiden, ob jedes der interessierenden Objekte klassifiziert werden soll. Bei einer exhaustiven Klassifikation wird jedes Objekt klassifiziert, d.h. alle Objekte sind in den Klassen enthalten. Nicht exhaustiv bedeutet hingegen, dass es Objekte gibt, die keiner Klasse zugeordnet sind [vgl. Opitz, 1980, S. 66]. Im Rahmen des Einsatzes der Clusteranalyse im Lieferantenmanagement wird eine exhaustive Klassifikation angestrebt, da somit jeder Lieferant einer Klasse zugeordnet wird. Obwohl eine disjunkte Klassifikation aufgrund der einfacheren Interpretierbarkeit prinzipiell wünschenswert erscheint, darf aufgrund des a priori nicht bekannten Problemtyps, d.h. der Ähnlichkeitsbeziehungen der Lieferanten zueinander, eine nicht-disjunkte Klassifikation nicht ausgeschlossen werden. Mehrere Testläufe mit Verfahren, die tendenziell zur Bildung von

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

295

disjunkten bzw. nichtdisjunkten Klassifikationen neigen, müssen daher über den Klassifikationstyp Aufschluss geben. Ist nämlich der Typ des Klassifikationsproblems bekannt, kennt man üblicherweise auch die Klassifikation selbst [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 62f.]. Aussagen zur Anzahl der zu bildenden Klassen erfolgen an späterer Stelle.

5.1.1.3

Clusteranalyseverfahren

Nach Festlegung des Klassifikationstyps wird ein Clusteranalyseverfahren bestimmt. Die in der Praxis am häufigsten angewandten Methoden153 der Klassifikation sind die partitionierenden und die hierarchischen Klassifikationsverfahren [vgl. Fahrmeir/Hamerle/ Tutz, 1996, S. 453ff. sowie Backhaus et al., 2003, S. 500ff.].

5.1.1.3.1 Partitionierende Verfahren Die partitionierenden Verfahren, zu denen Verfahrensvarianten wie KMEANS, HMEANS oder CLUDIA gehören, gehen von einer Anfangszerlegung aus, wobei die festgelegte Startpartition beispielsweise das Ergebnis eines (im Folgenden beschriebenen) hierarchischen Verfahrens oder einer zufälligen Klassenteilung sein kann. Es werden dann sequentiell die Objekte zwischen den Klassen getauscht und gegebenenfalls eine Neuzuordnung vorgenommen. Das Ziel dieser Austauschverfahren ist es, eine durch Objekttausche nicht mehr zu verbessernde Klassifikation zu erreichen. Als Maß der Bewertung kann beispielsweise die Innerklassendistanz oder kumulierte Innerklassenvarianz benutzt werden [vgl. Lasch/Eiber/Hirschle, 1995, S. 23 sowie Opitz, 1980, S. 71.]. Nachfolgend werden das CLUDIA-, das KMEANS- und das HMEANS-Verfahren näher erläutert [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 57ff. sowie Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 473ff.]: •

CLUDIA (Austauschverfahren auf Distanzen)

Beim CLUDIA-Verfahren nach SPÄTH (1983) wird geprüft, ob sich die Bewertungsfunktion b einer Klassifikation K im Schritt 

153

Daneben existieren noch die Verfahren der unscharfen Klassifikation (Fuzzy Clustering), auf die hier nicht näher eingegangen werden soll [vgl. dazu Bausch/Opitz, 1993, S. 59f. sowie Bezdek, 1981].

296

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

( ) ¥

b Kv =

K ∈K

v

1 K

¥d

(5.2)

ij i , j∈ K , i < j

mit dij nach (5.1) bei einem Tausch eines Objektes aus seiner aktuellen Klasse in eine andere Klasse verbessert, d.h. der Wert der Funktion b kleiner wird. Wenn dies der Fall ist, wird der Wechsel des Objektes durchgeführt. Diese Prozedur erfolgt so lange, bis die Klassifikation nicht verbessert werden kann. Die Anzahl der vorgegebenen Klassen bleibt allerdings konstant. •

KMEANS (gewichtetes Varianzkriterium)

Das KMEANS-Verfahren ist dem CLUDIA-Verfahren sehr ähnlich, verwendet jedoch als Bewertungsfunktion das Varianzkriterium

( ) ¥

b Kv =

K ∈K

v

1 K

m

¥¥ (a

ik

i∈ K k =1

− aKk )

2

mit

aKk =

1 K

¥a

i∈ K

ik

(5.3)

mit aij nach (4.1). Verringert sich durch einen Wechsel von einem Objekt in eine andere Klasse das Varianzkriterium, wird der Tausch durchgeführt.154 •

HMEANS

Im Grundprinzip arbeitet dieser Algorithmus identisch zu CLUDIA, es werden ebenfalls die kumulierten Innerklassendistanzen als Bewertungskriterium verwendet. Allerdings werden bei dem HMEANS-Verfahren alle Objekte auf einmal getauscht, d.h. bis zum Ende der Prozedur werden einzeln die klassenverbessernden Objekte zunächst markiert und am Ende des Durchlaufs wechseln alle markierten Objekte die Klasse. Obwohl die Zahl der Klassen während der Durchführung des Verfahrens absinken kann, entspricht die Klassenzahl der Endklassifikation derer der Ausgangspartition. 5.1.1.3.2 Hierarchische Verfahren Hierarchische Verfahren konstruieren eine Folge von Partitionen (Zerlegungen). Dabei wird die Anforderung an die Homogenität der Klassen schrittweise verringert (divisive Verfahren) oder schrittweise erhöht (agglomerative Verfahren). Bei divisiven Verfahren befinden sich zu Beginn alle Objekte in einer Klasse und die Klassenanzahl nimmt im Laufe des Verfahrens 154

Bewertungsfunktion kann auch das gewichtete Varianzkriterium [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 58] sein: m 1 1 2 b(K v )g = ¥ aik ¥¥ (g k (aik − aKk )) mit aKk = K i¥ ∈K K ∈K K i∈K k =1 v

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

297

mit höherer Homogenität zu, während bei den agglomerativen Algorithmen jedes Objekt zunächst einer eigenen Klasse angehört und so die Klassenzahl im Laufe des Verfahrens immer kleiner wird. Das Klassifikationsergebnis divisiver und agglomerativer Verfahren lässt sich sehr einfach grafisch in einem Dendrogramm darstellen [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 453]. Dabei werden nach rechts die Objekte und nach oben der Index h abgetragen, der die Homogenität der Klassen misst, wobei sich die einzelnen hierarchischen Klassifikationsverfahren in der Wahl von h differenzieren [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 454ff.]. Ebenso sind Dendrogramme mit nach rechts wachsendem h üblich, während die Objekte nach oben angeordnet sind (vgl. hierzu Abbildung 5–3). Abbildung 5–1 zeigt ein Dendrogramm, in dem sechs Objekte sukzessive zu einer Klasse vereinigt werden; divisive Verfahren konstruieren dabei den Stammbaum von oben nach unten, agglomerative Verfahren von unten nach oben.

h

1

2

3

4

5

6

Objekte

Abbildung 5–1: Dendrogramm

In einem Dendrogramm werden zudem deutlich getrennte Klassen (Klassen, die über einen weiten Bereich von h unverändert bleiben) und Ausreißer (Objekte, die erst spät mit anderen Objekten in einer Klasse vereinigt werden) aufgedeckt. Im Folgenden werden nur die agglomerativen Verfahren erläutert, da die divisiven Verfahren in der Praxis kaum Anwendung finden. Zu den gebräuchlichsten agglomerativen Verfahren zählen Single-, Complete- und Average-Linkage-Verfahren, das Zentroid-Verfahren, das Verfahren von WARD (1963) und schließlich die Informationsanalyse [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 460]. Die drei erstgenannten Verfahren sollen kurz vorgestellt werden.

298

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

Ausgangspunkt ist die feinst mögliche Partition, in der die Klassenzahl der Zahl der Objekte entspricht. Mit Hilfe eines Distanzmaßes wird für jede Partition das Paar von Klassen mit minimalem Abstand bestimmt. Die ähnlichsten Cluster werden dann in einer Gruppe zusammengefasst und die Distanzmaße zwischen den Klassen erneut berechnet. Diese Prozedur wird durchgeführt, bis sich alle Objekte in einer Klasse befinden. Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich lediglich in der Berechnung der Distanzen. Beim Single-Linkage-Verfahren fusionieren zwei Klassen, wenn ein Objekt aus der einen Klasse und ein Objekt aus der anderen Klasse ein geringes Distanzmaß aufweisen155. Die Verschiedenheit v zweier Klassen K1 und K2 errechnet sich demnach gemäß

h = v (K1, K2) = iKmin dij , jK 1

(5.4)

2

An die Abstände zwischen den übrigen Objekten werden keine Ansprüche gestellt, so dass diese Objekte durchaus hohe Distanzen aufweisen können [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 461]. Beim Single-Linkage-Verfahren werden in der Folge häufig zwei recht unterschiedliche Klassen von Objekten fusioniert. Allerdings ist es dessen Vorteil, auch sehr verzweigte Klassen zu erkennen. Während das Single-Linkage-Verfahren die kleinere Klassenverschiedenheit heranzieht, werden beim Average-Linkage-Verfahren der Durchschnitt und beim Complete-LinkageVerfahren der größere der beiden Werte gewählt. Die Neuberechnung der Distanzen erfolgt bei letzterem Verfahren dadurch, dass einer neu gebildeten Klasse die größte Einzeldistanz zugeordnet wird.156 In diesem Sinne erzeugt das Complete-Linkage-Verfahren homogene Klassen:

h = v (K1, K2) = max dij iK1 , jK2

(5.5)

Allgemein lassen sich die verwendeten Verschiedenheitsmaße der Fusion der Klassen K1 und K2 und den übrigen Klassen L unter Zuhilfenahme von vier Parametern 1, 2,  und  darstellen [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 56] gemäß v ( K 1 ∪ K 2 , L ) = α 1 v ( K 1 , L ) + α 2 v ( K 2 , L ) + βv ( K 1 , K 2 ) + γ v ( K 1 , L ) − v ( K 2 , L )

(5.6)

155 156

Das Single-Linkage-Verfahren ist daher auch als Minimum Distance Method bekannt. Das Complete-Linkage-Verfahren ist daher auch als Maximum Distance Method bekannt.

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

299

Wird Gleichung (5.6) beispielsweise auf das Average-Linkage-Verfahren angewendet, erhält man v unter Verwendung der Parameter wie folgt [ebd., S. 57]:

v( K , L ) =

1 K L

¥d

ij

i∈K , j∈L

α1 =

K1 K

α2 =

K2 K

β =0 γ =0

(5.7)

K = K1 ∪ K 2 , K1 ∩ K 2 = ∅ Die hierarchischen Klassifikationsverfahren haben gegenüber den Partitionsverfahren den Vorteil, dass die Klassenanzahl nicht vorzugeben ist; vielmehr lassen sich Anhaltspunkte für die optimale Klassenzahl anhand des Verfahrensablaufs ermitteln. „Trägt man nun im Verlauf des Fusionsprozesses die Bewertung der Klassifikation auf der Ordinate und die Klassenzahl auf der Abszisse eines Diagramms ab, so erhält man als Graph den funktionalen Zusammenhang zwischen Bewertung und Zahl der Klassen. Ist der Funktionsverlauf (...) an einer Stelle mit einem angewinkelten Ellenbogen vergleichbar, ist die Knickstelle ein Hinweis auf eine sinnvolle Klassenzahl.“ [BAUSCH/OPITZ, 1993, S. 56]. Dieses Kriterium wird auch als Ellenbogenkriterium bezeichnet.157 Daneben müssen jedoch noch andere Faktoren, wie beispielsweise ein sinnvolles Verhältnis zwischen Klassen- und Objektzahl, beachtet werden. Nach dieser allgemeinen, überblicksartigen Beschreibung der Clusteranalyse soll im folgenden Kapitel deren konkreter Einsatz in der Lieferantenvorauswahl gezeigt werden.

5.1.2 Anwendung zur Lieferantenvorauswahl Der singuläre Einsatz der Clusteranalyse eignet sich primär im Rahmen der Lieferantenvorauswahl158, da hier eine größere Anzahl an Lieferanten anhand weniger Kriterien beurteilt wird. Daneben kann die Clusteranalyse ergänzend eingesetzt werden, um eine durch die Faktorenanalyse erhaltene Klassifikation zu bestätigen, wie bereits erwähnt. Auf Basis der in Kapitel 5.1.1.1 erstellten Distanzmatrix wird anhand des beschriebenen hierarchischen Verfahrens Average-Linkage eine Klassifikation gebildet. Für den Einsatz des Average-Linkage-Verfahrens sprach zunächst dessen mittelnde Eigenschaft zwischen den Extremen Single- und Complete-Linkage. Zusätzlich wurde das Klassifikationsergebnis auch bei der Verwendung von Single und Complete Linkage bestätigt, so dass von einer stabilen

157

158

Eine grafische Veranschaulichung des Ellenbogenkriteriums erfolgt im Rahmen des nächsten Kapitels (vgl. Abbildung 5–2). Auch ein Einsatz in der Lieferantenstrukturanalyse ist zur reinen Klassifizierung der Lieferanten möglich; auf weitere Implikationen wie Identifikation von Benchmarking-Partnern muss jedoch verzichtet werden.

300

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

Klassifikation gesprochen werden kann, deren Struktur direkt interpretiert werden kann [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 63]. Die Entwicklung der Klassifikationsbewertung in Abhängigkeit der Klassenanzahl ist im Ellenbogendiagramm (vgl. Abbildung 5–2) dargestellt. Ausgeprägte Knickstellen sind beim Übergang von drei auf vier sowie von acht auf neun Klassen zu erkennen. Da aufgrund von nur 21 Objekten (Lieferanten) eine kleinere Klassenanzahl bevorzugt wird, soll im Folgenden eine Lösung mit drei Klassen diskutiert werden.

Klassifikationsbewertung

3,15

2,25

1,89

1,26

0,63

0,00 1

4

7

10

13

16

20

Abbildung 5–2: Ellenbogenkriterium des Average-Linkage-Verfahrens

Das Dendrogramm des Average-Linkage-Verfahrens (vgl. Abbildung 5–3) zeigt die Struktur des Ergebnisses an. Gut zu erkennen ist, dass die Lieferanten 17 und 19 eine Ausnahmestellung innerhalb der Objektmenge einnehmen und erst spät mit einer großen Klasse anderer Lieferanten fusionieren. Ferner bildet sich eine Gruppe mit den Lieferanten 8, 11, 12, 13, 14 und 15. Die dritte Gruppe besteht aus allen übrigen Lieferanten, eingeschlossen dem Ideallieferant. Daneben ist ersichtlich, dass bei vorliegender Klassenbildung der Lieferant 1, gefolgt von den Lieferanten 6 und 2, in die Klasse des Ideallieferanten aufgenommen wird. Lieferant 1 ist damit dem Ideallieferanten am ähnlichsten, Lieferant 6 am zweitähnlichsten und Lieferant 2 am drittähnlichsten. Da gemäß dem Ziel der Lieferantenvorauswahl ungefähr fünf Lieferanten identifiziert werden sollten, ist diese

Kapitel 5.1 – Klassifikation mit der Clusteranalyse

301

Erhöhung der Lieferantenzahl im Cluster des Ideallieferanten so lange durchzuführen, bis die gewünschte Anzahl erreicht wird. Wie schon bei der Faktorenanalyse, ergeben sich auch hier sechs Lieferanten (1, 6, 2, 18, 7, 9), die in die folgende Bewertung einzubeziehen sind. Durch diese Ranking-Eigenschaft kann die Clusteranalyse nicht ausschließlich in der Lieferantenvorauswahl, sondern auch zur Bestätigung eines Ergebnisses der Lieferantenauswahl verwendet werden. Das Ergebnis des Average-Linkage-Verfahrens führt damit zum identischen Resultat der Lieferantenvorauswahl wie das Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse (vgl. Kapitel 4.2.2). Die 5-Klassen-Lösung, welche sich durch die begrenzte Anzahl zu identifizierender Lieferanten ergab, ist durch einen Schnitt im Dendrogramm einfach erreichbar (vgl. Abbildung 5–3); die resultierenden fünf Klassen entsprechen exakt denen bei Einsatz der Faktorenanalyse.

Lieferant 1 IDEALLIEFERANT Lieferant 6 Lieferant 2 Lieferant 18 Lieferant 7 Lieferant 9 Lieferant 4 Lieferant 5 Lieferant 10 Lieferant 3 Lieferant 20 Lieferant 16 Lieferant 17 Lieferant 19 Lieferant 12 Lieferant 13 Lieferant 8 Lieferant 14 Lieferant 11 Lieferant 15 0,00

0,63

1,26

1,89

2,52

3,15

Abbildung 5–3: Dendrogramm der Average-Linkage-Lösung

Abgesehen von der Bestätigung der Repräsentationsergebnisse des konzipierten LieferantenBewertungs-Systems liegt der Vorteil der Clusteranalyse in der möglichen Berechnung der Innerklassendistanzen und der Klassenmittelwerte (vgl. Abbildung 5–4). Greift man auf die durch das Ellenbogenkriterium vorgeschlagene 3-Klassen-Lösung zurück, ist beispielsweise ersichtlich, dass die Klasse 2 mit den Lieferanten 17 und 19 eine Innerklassendistanz von 0,45 aufweist, wobei bei Klasse 1 diese Distanz 13,31 beträgt. Dieses deutet einerseits auf die unterschiedlichen Merkmalsausprägungen innerhalb der Klasse 1 hin,

302

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

ist vor allem aber ein Resultat der großen Anzahl an Lieferanten in dieser Klasse. Würde die Clusteranalyse singulär eingesetzt, wäre eine weitere Differenzierung der Klasse 1 zu empfehlen, die schließlich zur bekannten 5-Klassen-Lösung führen würde.

Klasse Nr. 1

Klasse Nr. 2

Anzahl der Objekte: 13 mit Innerklassendistanz: 13,31

Anzahl der Objekte: mit Innerklassendistanz:

Lieferant 1 Lieferant 3 Lieferant 5 Lieferant 7 Lieferant 10 Lieferant 18 Ideallieferant

Lieferant 17

Lieferant 2 Lieferant 4 Lieferant 6 Lieferant 9 Lieferant 16 Lieferant 20

2 0,45

Lieferant 19

Klasse Nr. 3 Anzahl der Objekte: mit Innerklassendistanz: Lieferant 8 Lieferant 12 Lieferant 14

6 2,11

Lieferant 11 Lieferant 13 Lieferant 15

Gegenüberstellung der Klassenmittelwerte der 3 Klassen Klasse Anzahl der Objekte n Preis Menge Qualität Logistik Service

1 13

2 2

3 6

0,56 4,00 4,40 3,93 3,80

0,93 5,00 5,00 1,50 1,50

0,23 1,75 1,75 4,50 4,50

Abbildung 5–4: Innerklassendistanzen und Klassenmittelwerte der 3-Klassen-Lösung

An den Klassenmittelwerten ist zu erkennen, dass die Klasse 1 durch durchschnittliche Merkmalsausprägungen gekennzeichnet ist (Mittelwertklasse), wobei die Klasse 2 einen hohen PREIS (0,93 ), sehr gute MENGEN- und QUALITÄ TSLEISTUNGEN sowie schlechte bzw. sehr schlechte Zusatzleistungen aufweist.159 Die Klasse 3 besitzt im Gegensatz zur Klasse 2 einen niedrigen PREIS und schlechte produktbezogene Leistungen, jedoch gute bis sehr gute Zusatzleistungen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Clusteranalyse sowohl als eigenständiges oder als unterstützendes Verfahren zur Klassenbildung der Lieferanten eingesetzt werden kann. Probleme können bei der Wahl des geeigneten Distanzmaßes und des Clusteranalyseverfahrens, aber auch beim Finden und Setzen der Clusteranzahl entstehen [vgl. Bortz, 1993, S. 528ff.]. Daneben ist die grafische Repräsentation im Dendrogramm 159

Skalierung der ordinalen Merkmale wie bekannt: 5 := sehr gut, 1 := sehr schlecht.

Kapitel 5.2 – Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung

303

weniger aussagekräftig als der Faktorwerteplot der Faktorenanalyse, der zusätzlich zu den Objekten (Lieferanten) die Merkmalsvektoren enthält. Eine Verdichtung der vielen Merkmale zu wenigen Faktoren erfolgt ebenso wenig wie eine Ableitung von Aussagen zur Gestaltung der Lieferantenbeziehung in einer Lieferantenstrukturanalyse. Insgesamt sind somit die Einsatzmöglichkeiten der Clusteranalyse im Rahmen des Lieferantenmanagements deutlich geringer als die der Faktorenanalyse.

5.2 Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung (MDS) Die Verfahren der mehr- oder multidimensionalen Skalierung (MDS) gehören neben der Faktorenanalyse zur Gruppe der repräsentierenden Verfahren (vgl. Kapitel 4.1), die im allgemeinen differenziertere Ergebnisse als Klassifikationsverfahren liefern [vgl. Opitz, 1980, S. 109]. Die Methoden verfolgen das Ziel, die Objektmenge in einem ein-, zwei- oder dreidimensionalem Raum so zu positionieren, dass die Ähnlichkeitsbeziehungen der Objekte möglichst analog den Ausgangsdaten wiedergegeben werden. Es können sowohl quantitative als auch qualitative Daten verarbeitet werden. Die Verfahren der MDS lassen sich unterteilen in die Verfahren der metrischen multidimensionalen Skalierung (MMDS), die konkrete Werte für die Ähnlichkeiten der Objekte benötigen, und in Verfahren der nichtmetrischen multidimensionalen Skalierung (NMDS), die lediglich Informationen über den Ähnlichkeitsgrad von Objekten (am ähnlichsten, am zweitähnlichsten etc.) erfordern [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 380]. Generell gilt, dass ausschließlich aus einer subjektiv empfundenen Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zwischen den Objekten eine Konfiguration abgeleitet wird [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 613], d.h. relevante Eigenschaften (Merkmale) der einzelnen Objekte dürfen unbekannt sein. Methoden zur Erhebung von Ähnlichkeitsdaten finden sich beispielsweise ausführlich in FAHRMEIR/HAMERLE/TUTZ (1996, S. 775ff.). Den im Vergleich zur Faktorenanalyse schwächeren Voraussetzungen der MDS steht jedoch eine schwierigere Interpretierbarkeit der Repräsentationsergebnisse gegenüber, wie später gezeigt wird.

5.2.1 Grundkonzept der MDS nach Kruskal Im Folgenden wird die nichtmetrische MDS nach KRUSKAL (1964) dargestellt. Wie jedes andere Verfahren der NMDS, baut dieses ebenfalls auf einer Startkonfiguration in einem ein-, zwei- oder dreidimensionalem Raum auf. Mit Hilfe eines Gradientenverfahrens werden dann die Objekte so lange verschoben, bis eine möglichst gute räumliche Anordnung analog der ermittelten Distanzmatrix erreicht ist [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 405ff.].

304

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens ist eine Distanzmatrix nach (5.1), die für quantitative als auch qualitative Merkmale gebildet sein kann. Daneben wird eine Startkonfiguration benötigt, die rein zufällig gewählt, nach SHERMAN (1972) konstruiert werden kann [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 786], oder auf den Faktorwerten einer Faktorenanalyse basiert. Ziel ist es, die Objektanordnung derart zu verschieben, dass die Repräsentation möglichst gut mit den Ausgangsdaten verträglich ist. Die MDS kann zur Repräsentation für vorgegebene Klassen dienen, wobei beispielsweise die Klasseneinteilung einer Clusteranalyse veranschaulicht oder die Repräsentation einer Faktorenanalyse nachvollzogen werden kann [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 384]. Wenn die Ergebnisse der Cluster- bzw. Faktorenanalyse und der MDS verträglich sind, wird die Gruppierung der Objekte als gut angesehen. Als Gütekriterium für eine Konfiguration X = (xik)n,q (im Rq mit xik als Konfigurationsdaten (x11,...,x1q,x21,...,xnq)=(x1,...,xn)) und damit als Zielkriterium für deren Optimierung wird die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen den Distanzen dij(X) einer Konfiguration X und den mittels monotoner Regression errechneten ij verwendet, von Kruskal als Stress b bezeichnet [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 71f.]: b( x1 ,..., xn ) = ¥ (d ij ( X ) − δ ij )

2

(5.8)

i< j

Zur Normierung der Stressfunktion (5.8) auf Werte zwischen 0 und 1 (bnorm) wird der errechnete Stress (b) durch den maximal möglichen Stress (bmax) dividiert:

¥ (d ( X ) − δ )

2

bnorm =

b = bmax

ij

ij

i< j

¥ (d ( X ) − d ( X ))

2

(5.9)

ij

i< j

mit

δ = δ ij = d ( X ) =

2 ¥ dij ( X ) n(n − 1) i < j

Die Bewertungsfunktion bnorm ist von den Distanzen dij(X) abhängig und damit indirekt eine Funktion der Konfigurationsdaten (x11,...,x1q, x21,..., xnq) [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 384f.]. Über den negativen Gradienten (5.10) der Bewertungsfunktion lässt sich die stärkste Verkleinerung der Zielfunktion und damit der Verschiebungsrichtung der Objekte, bezogen auf die aktuelle Repräsentation X, bestimmen [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 72]:

Kapitel 5.2 – Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung

− grad

¦ ∂b ∂b ¶ ∂b ∂b T bnorm = § − norm ,...,− norm ,− norm ,...,− norm · § ∂x ∂xnq ·¸ ∂x21 ∂x1q 11 ¨

305

(5.10)

Die Konfiguration X s des Schrittes s wird in die neue Konfiguration X s+1 überführt gemäß der Verschiebungsformel (5.11). Der Parameter λs gibt dabei die Schrittweite der Verschiebung im Schritt s an:

X s +1 = X s − λs grad bnorm X s

(λs > 0)

(5.11)

Zur Festlegung von λs existieren verschiedene Vorschläge, die sich meist zwischen 0,2 und 0,4 bewegen [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 386]. Der Endbewertung einer Konfiguration anhand des normierten Stress bnorm liegt folgende Skala von Kruskal zugrunde: wenn 0,20 < bnorm ] 1,00



Nicht zufriedenstellend,



Ausreichend,

wenn 0,15 < bnorm ] 0,20



Zufriedenstellend,

wenn 0,10 < bnorm ] 0,15



Gut,

wenn 0,05 < bnorm ] 0,10



Sehr gut,

wenn 0,00 < bnorm ] 0,05.

Bei Anwendung dieses Stresswertes ist jedoch zu beachten, dass der Stress in entscheidendem Maße auch von der Anzahl der Objekte und dem zugrunde liegenden Distanzmaß abhängt. Zudem sind abweichende Skalen der Beurteilung möglich [vgl. Fahrmeir/Hamerle/Tutz, 1996, S. 788]. Im Folgenden soll die NMDS genutzt werden, um in der Lieferantenvorauswahl das Cluster des Ideallieferanten zu identifizieren und in der Lieferantenauswahl mit manueller Kriteriengewichtung die dem Ideallieferanten ähnlichsten Zulieferer zu bestimmen.

5.2.2 Anwendung zur Lieferantenvorauswahl Basierend auf der in Kapitel 5.1.1.1 ermittelten Distanzmatrix wird bei der Anwendung der nichtmetrischen multidimensionalen Skalierung nach Kruskal zur Lieferantenvorauswahl das Statistikprogramm MSTAT [vgl. Bausch/Opitz, 1993] verwendet. Die Startkonfiguration bildet dabei die berechnete zweidimensionale Faktorwertematrix (vgl. Tabelle 4–25), um mit einem ausreichenden Stress beginnen zu können. Nach 20 Iterationen

306

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

gemäß Formel (5.11) mit einer konstanten Schrittweite von λs = 0,2 ist ein guter Stresswert von bnorm = 0,0989 erreicht. Abbildung 5–5 zeigt die Repräsentation der NMDS nach Kruskal. Die durch das LieferantenBewertungs-System ermittelten Klassen160 sind dabei farblich unterschiedlich gekennzeichnet. Mit Ausnahme des Lieferanten 16, der quasi „zwischen“ zwei Klassen liegt, bestätigt die NMDS exakt das Klassifikationsergebnis der Faktorenanalyse und des AverageLinkage-Verfahrens (vgl. Kapitel 5.1.2). Eine derartige Bestätigung eines Klassifikationsbzw. Repräsentationsergebnisses ist vor allem dann notwendig, wenn die meisten der einbezogenen Kriterien ordinal sind.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Lieferant 1 Lieferant 2 Lieferant 3 Lieferant 4 Lieferant 5 Lieferant 6 Lieferant 7 Lieferant 8 Lieferant 9 Lieferant 10 Lieferant 11 Lieferant 12 Lieferant 13 Lieferant 14 Lieferant 15 Lieferant 16 Lieferant 17 Lieferant 18 Lieferant 19 Lieferant 20

0,914 15 11

18 Ideal 1

6

14 2

8 7

9

4 12

16

5

13 20

10 3

IDEALLIEFERANT

19 -1,339 -1,430

17 Stress der 20. Konfiguration: 0,0989

1,140

Abbildung 5–5: Zweidimensionale Repräsentation mittels NMDS nach Kruskal

Zur Ermittlung des Idealclusters müssen um den Ideallieferanten konzentrische Kreise mit wachsendem Radius so lange gezogen werden, bis die gewünschte Anzahl an Lieferanten durch die Kreise eingehüllt wird. Eine differenzierte Behandlung exakt gleich weit vom Ideallieferanten entfernter Zulieferer, die beim konzipierten Lieferanten-Bewertungs-System durch Einbeziehung von Halbebenen erreicht wird, ist bei der MDS nicht möglich.

160

Die ausführliche Ableitung der Lieferantenklassen im Rahmen der Lieferantenvorauswahl findet sich in Kapitel 4.3.1.

Kapitel 5.2 – Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung

307

5.2.3 Anwendung zur manuellen Kriteriengewichtung In Kapitel 4.3.2.2 wurden verschiedene Verfahrensvarianten vorgestellt, um beim Lieferanten-Bewertungs-System mit der Faktorenanalyse eine manuelle Gewichtung der Kriterien zu ermöglichen. Eine manuelle Kriteriengewichtung kann auch mit der MDS nachgebildet werden. Dazu werden bei der Errechnung der Distanzmatrix nach (5.1) die einzelnen Distanzindizes je Kriterium mit dem gewünschten Kriteriengewicht multipliziert und anschließend zur Gesamtdistanzmatrix aggregiert. Basierend auf einer derart ermittelten Distanzmatrix wird dann die MDS, hier wiederum die NMDS nach Kruskal, durchgeführt. Zur Veranschaulichung soll die in Kapitel 4.3.2.2 dargestellte Kriteriengewichtung nachvollzogen werden. Ausgangspunkt ist somit neben der Datenmatrix der Lieferantenvorauswahl (vgl. Tabelle 4–18) folgende bekannte Kriteriengewichtung, die eine einseitige Preisentscheidung widerspiegelt (vgl. Tabelle 5–2):

Preis

Menge

Qualität

Logistik

Service

0,90

0,02

0,02

0,01

0,05

Tabelle 5–2: Manuelle Gewichte in der Lieferantenvorauswahl

Nach Errechnung der Distanzmatrix, wobei die Distanzen der Kriterien gemäß Tabelle 5–2 gewichtet wurden, wurde auf Basis der Faktorwerte als Startkonfiguration nach 50 Iterationen folgende zweidimensionale Repräsentation erreicht, deren Stress mit bnorm = 0,0059 als nahezu perfekt zu bezeichnen ist (vgl. Abbildung 5–6). Es lässt sich erkennen, dass der Faktorwerteplot (vgl. Abbildung 4–28) bestätigt wird. Die Zulieferer entfernen sich vom Ideallieferanten auf einem schmalen Streifen; dieser wird durch den PREIS definiert, wie die Faktorenanalyse gezeigt hat. Dass dieser Streifen die PreisDimension darstellt, ist bei der MDS jedoch nicht unmittelbar ersichtlich – ein Nachteil gegenüber der Faktorenanalyse. Die Dimension wird erst indirekt erkennbar, indem die Lieferanten nach zunehmender Entfernung vom Ideallieferanten geordnet werden. Dann zeigt sich, dass eine Sortierung nahezu ausschließlich anhand der Abstände zum Idealpreis erfolgt: Die Lieferanten 9, 12 und 13 liegen auf „gleicher Höhe“ mit dem Ideallieferanten, da alle den selben Preis bieten. Allerdings sind die Lieferanten 12 und 13 in den übrigen Kriterien, die zusammen immerhin 10 % erklären, dem Ideallieferanten so deutlich unähnlicher als die Lieferanten 1 und 2, dass deren Preisdifferenz von 0,10 bzw. 0,12 in der NMDS fast aufgewogen wird, was sich in nahezu gleichen Abständen der Lieferanten 1, 2 und 12, 13 zum Ideallieferanten zeigt. Der Plot der Faktorenanalyse liefert hier das feinere, trennschärfere Ergebnis – wie sich durch einen Vergleich der prozentualen Abweichungen vom

308

Kapitel 5 – Weitere multivariate Verfahren im Rahmen des Lieferantenmanagements

Ideallieferanten leicht überprüfen lässt. Mit zunehmendem Abstand vom Ideallieferanten wächst die Differenz zum Idealpreis, bis hin zu den am weitest entfernten Lieferanten 19 und 17. Lieferanten mit Preis über dem Idealpreis liegen dabei rechts unterhalb vom Ideallieferanten, Lieferanten mit Preis unter dem Idealpreis links oberhalb. Von allen gleich weit vom Ideallieferanten entfernten Zulieferer wären somit die Lieferanten der linken Halbebene zu bevorzugen.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Lieferant 1 Lieferant 2 Lieferant 3 Lieferant 4 Lieferant 5 Lieferant 6 Lieferant 7 Lieferant 8 Lieferant 9 Lieferant 10 Lieferant 11 Lieferant 12 Lieferant 13 Lieferant 14 Lieferant 15 Lieferant 16 Lieferant 17 Lieferant 18 Lieferant 19 Lieferant 20

1,798 7 14 15

11 8 21 Ideal 9 12 13

1 2 3

6 4 5

IDEALLIEFERANT 20

10 18 16

19 17

-1,833 -1,984

Stress der 50. Konfiguration: 0,0059

1,807

Abbildung 5–6: Zweidimensionale Repräsentation der NMDS bei manueller Kriteriengewichtung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die multidimensionale Skalierung ein der Faktorenanalyse ähnliches Verfahren darstellt, ohne deren mathematische Exaktheit zu erreichen. Nachteilig im Vergleich zur Faktorenanalyse ist, neben der uneinheitlichen Konfigurationsbeurteilung anhand des Stresses, die Abhängigkeit der Endkonfiguration von der gewählten Startkonfiguration. Das Hauptproblem des Einsatzes einer MDS ist jedoch, dass die Achsen einer Repräsentation nicht quantitativ interpretiert werden können [vgl. Bausch/Opitz, 1993, S. 71f.]. Auch qualitativ stellen die Achsen keinerlei „Faktoren“ dar, die aus einer Verdichtung der Merkmale entstanden sind. Interpretationen sind daher nur unter Zuhilfenahme der Datenmatrix der Objekte selbst möglich, indem dichter besetzte Bereiche

Kapitel 5.2 – Repräsentation mit der multidimensionalen Skalierung

309

anhand der Originaldaten beschrieben werden. Ein Bezug der Konfiguration zu den beobachteten Merkmalen wird somit lediglich subjektiv, nicht mehr objektiv hergestellt [vgl. Hartung/Elpelt, 1999, S. 383]: Ausschließlich die paarweisen Distanzen bestimmen bei der MDS die Repräsentation, wogegen die Eigenschaften der Objekte als unbeachtet in die Analyse eingehen können [vgl. Backhaus et al., 2003, S. 613]. Als Interpretationshilfe der Repräsentation können die wichtigsten Merkmale als Vektoren so eingezeichnet werden, dass die Korrelationen zwischen den Projektionen der Objekte auf die Merkmalsvektoren möglichst hoch sind, was als Property Fitting nach GREEN/RAO (1972) bezeichnet wird [vgl. dazu auch Gaul/Baier, 1994, S. 67]. Der Grundgedanke einer aussagekräftigen Verdichtung von vielen Merkmalen zu wenigen, interpretierbaren Faktoren (wie von den Unternehmen gewünscht, vgl. Abbildung 3–35), wird jedoch durch die MDS nicht erfüllt; eine Lieferantenstrukturanalyse kann deshalb nicht sinnvoll unterstützt werden. Dagegen sollte die MDS immer dann bestätigend eingesetzt werden, wenn in die Erstellung eines Faktorwerteplots bei dem in Kapitel 4.2 beschriebenen Lieferanten-Bewertungs-System viele ordinale Merkmale eingeflossen sind. Ferner kann die MDS verwendet werden, wenn seitens des beschaffenden Unternehmens ein rascher, nur grober Marktüberblick über potentielle Lieferanten gefordert ist. Typischerweise sind dabei viele Daten der Lieferanten nicht bekannt, sondern können lediglich in Form von Ähnlichkeitsbeziehungen der Lieferanten zueinander geschätzt werden, beispielsweise durch ein – aus verschiedenen Abteilungen des beschaffenden Unternehmens zusammengesetztes – Expertenteam. Eine derartige Lieferantenbewertung auf Basis einer MDS liefert dann zwar eine Repräsentation des Beschaffungsmarktes, die die Erwartungen an die zu beobachtenden Lieferanten und somit deren Potentialabschätzungen beinhaltet, jedoch aufgrund der hohen Subjektivität und in Ermangelung konkreter Daten nur als vorbereitende Entscheidungsgrundlage dienen sollte. Die Einholung konkreter Lieferantendaten, beispielsweise durch Verwendung eines Fragebogens, bleibt unerlässlich.

Insgesamt ist der Einsatz der Multidimensionalen Skalierung als Basis des LieferantenBewertungs-System weniger gut geeignet als die Faktorenanalyse, kann diese jedoch durch ihre größere Robustheit bezüglich des Datenniveaus sinnvoll ergänzen und unterstützen.

310

Kapitel 6 – Schlussbetrachtung

6. Schlussbetrachtung In der Schlussbetrachtung werden die wesentlichen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammengefasst, bevor ein Ausblick auf offene Fragen und weitere Forschungsansätze die Arbeit schließt.

6.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Ausgangspunkt der Arbeit war die Kenntnis eines Methodendefizits im Bereich der Lieferantenbewertung. Eine Literaturrecherche bestätigte dieses Defizit, ohne jedoch auf empirische Studien zum Thema verweisen zu können (vgl. Kapitel 1.1.2). Dabei zeigte sich weiterhin, dass der Prozess des Lieferantenmanagements, dessen Zentralelement die Lieferantenbewertung ist, bis dato noch nicht durchgängig empirisch untersucht wurde. Demnach wurde als primäre Forschungsfrage abgeleitet, wie ein Lieferanten-BewertungsSystem konzipiert sein muss, um den Prozess des Lieferantenmanagements bestmöglich unterstützen zu können. Weitere, sekundäre Fragestellungen schlossen sich an. Da die Arbeit theoretische und praktische Elemente umfasst, ergänzen sich folgerichtig auch in der gewählten Forschungsmethodik reine und angewandte Forschung. Aspekte des Entdeckungszusammenhangs, wie die Fixierung des Bezugsrahmens „Lieferantenmanagement“, vereinen sich in synergetischer Weise mit Aspekten des Begründungszusammenhangs, beispielsweise mit der empirischen Untersuchung der Anforderungen an ein System zur Lieferantenbewertung. Nach GLASSER/STRAUSS (1998) folgt die Arbeit somit den Grounded Theories, in denen Konzepte auf Basis empirischer Daten entwickelt werden. Die theoretische und empirische Analyse des Lieferantenmanagements (vgl. Kapitel 2) und insbesondere der Lieferantenbewertung (vgl. Kapitel 3) legen den Grundstein für das zu konzipierende Lieferanten-Bewertungs-System. Die wesentlichen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: •

Lieferantenmanagement als Prozess Auffallend wenige Autoren widmen sich explizit dem Thema Lieferantenmanagement, obgleich über dessen jüngsten Bedeutungszuwachs im Rahmen der Beschaffung in der betriebswirtschaftlichen Literatur weitgehend Einigkeit besteht. Meist wird der Begriff „Lieferantenmanagement“ ohne exakte Definition und Abgrenzung verwendet, so dass anhand der beschriebenen Inhalte rekursiv auf das zugrunde liegende Begriffsverständnis geschlossen werden muss. Basierend auf einer derartigen Literaturanalyse, wurde in der vorliegenden Arbeit das Lieferantenmanagement als ein sieben Teilschritte umfassender Prozess definiert: Beginnend bei der Identifikation potentieller Lieferanten und deren Eingrenzung, erfolgen eine

Kapitel 6.1 – Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

311

Analyse und Bewertung der Lieferanten, um auf deren Basis schließlich den oder die besten Lieferanten auszuwählen, zu kontrollieren und die Lieferanten-AbnehmerBeziehung zu steuern. Der Prozessgedanke kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass der Status Quo des Lieferantenmanagements niemals als Endpunkt angesehen werden darf; vielmehr ist eine permanente Überwachung und Optimierung des eigenen Lieferantenstammes erforderlich, ergänzt um die stete Beobachtung und Analyse der potentiellen Beschaffungsmärkte. Die empirische Untersuchung bei knapp 200 Industrieunternehmen zeigte unter anderem, dass die Intensität der Beschaffungsmarktforschung nicht nur von der Unternehmensgröße, sondern vor allem von der vorherrschenden Beschaffungsstruktur abhängt: Insbesondere bei Single-, Modular- und Just-in-Time-Sourcing, welche sich durch ein ausgeprägtes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Abnehmer und Lieferant auszeichnen, ist im Vergleich zu anderen Beschaffungsstrukturen eine intensivere Informationsbeschaffung festzustellen. Zur Erlangung lieferantenspezifischer Informationen werden dabei insbesondere die Selbstauskunft mittels Lieferantenfragebogen und das Internet genutzt. Ziel der Recherchen ist eine weitgehende Transparenz über die potentiellen Lieferanten und deren Eigenschaften. Im Rahmen des Lieferantencontrollings führen die meisten Unternehmen eine Klassifizierung ihrer Zulieferer durch. Die Intensität der Überwachung von A-Teile-Lieferanten fällt deutlich stärker aus als bei Lieferanten von B- und C-Teilen. •

Lieferantenbewertung als zentrales Element des Lieferantenmanagements Innerhalb des Lieferantenmanagements ist die Lieferantenbewertung von zentraler Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für die Lieferantenauswahl und das Lieferantencontrolling, welches seinerseits wieder Basis für die Steuerung der Lieferantenbeziehung ist. Leistungsfähige Bewertungsverfahren können darüber hinaus die Vorauswahl potentieller Lieferanten unterstützen sowie Hinweise zur Ausgestaltung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung geben. Wird aufgrund eines leistungsschwachen Bewertungsverfahrens ein falscher Lieferant ausgewählt, sind die wirtschaftlichen Folgen meistens schwerwiegend und können – wenn überhaupt – nur mit erheblichem Aufwand korrigiert werden. Alle Maßnahmen zur Lieferantenintegration oder –förderung laufen ins Leere, wenn ein ungeeigneter Zulieferer ausgewählt wurde. Im Rahmen des Lieferantencontrollings können schließlich durch nicht erkannte Optimierungspotentiale im Lieferantenstamm Wettbewerbsvorteile verschenkt werden.

312

Kapitel 6 – Schlussbetrachtung



Lieferantenbewertung wird Anforderungen nicht gerecht Die zentrale Bedeutung der Lieferantenbewertung begründet die hohen Anforderungen an diesen Prozessschritt und das zugrunde liegende Bewertungs-verfahren. Wie aus der Literaturanalyse ersichtlich, werden die bekannten Verfahren den gestellten Anforderungen nicht gerecht. Das theoretisch aufgezeigte Methodendefizit wurde anhand der durchgeführten Untersuchung erstmalig empirisch bestätigt und erweitert. Dabei wurden zunächst Ziele der Lieferantenbewertung erhoben. Für die Mehrheit der Befragten gelten Qualitätssicherung und Zuverlässigkeit der Zulieferer als wichtigste Ziele der Lieferantenbewertung, was sich auch in der Wahl der Hauptbewertungskriterien widerspiegelt: In drei von vier Entscheidungssituationen wird die Qualitätsleistung der Lieferanten überprüft. Generell wird eine größere Anzahl an Kriterien in die Bewertung aufgenommen, wenn sich Unternehmen in den Entscheidungssituationen mit neuen Lieferanten konfrontiert sehen. Im Durchschnitt setzen die Unternehmen vier Bewertungsverfahren ein. In Kombination mit dem von nahezu 70 % der Befragten geäußerten Wunsch, nur ein auf alle Situationen anwendbares Verfahren nutzen zu können, wird das Methodendefizit evident. Mehr als 80 % der Unternehmen fordern zudem eine grafische Veranschaulichung der Lage zueinander konkurrierender Lieferanten, ebenso wie eine sinnvolle Verdichtung der umfangreichen erhobenen Daten. Eine kritische Würdigung der bekannten Bewertungsverfahren zeigt, dass diese die theoretisch wie empirisch ermittelten Anforderungen nicht erfüllen können. Der Auftrag zur Konzeption eines neuen Verfahrens ist somit gegeben.

Basierend auf den umfassenden Voruntersuchungen wurde ein den Anforderungen entsprechendes Lieferanten-Bewertungs-System auf Grundlage einer Faktorenanalyse konzipiert und dessen Einsatzbreite und Leistungsfähigkeit in einer Fallstudie exemplarisch nachgewiesen. Das System setzt sich aus einer subjektiven und einer objektiven Komponente zusammen. Die subjektive Komponente berücksichtigt die vorliegende Beschaffungssituation sowie die Unternehmensstrategie und schlägt sich in der Wahl der Kriterien und in der Konstruktion des gewünschten Ideallieferanten nieder. Die Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Entscheidungsträger ist somit gewährleistet. Im folgenden Schritt wird die Faktorenanalyse als ein objektives Verfahren durchgeführt, welches die Lieferanten analysiert und repräsentiert, um sie darauf aufbauend bewerten und klassifizieren zu können. Als Faktorextraktionsverfahren wurde auf die Hauptkomponentenmethode zurückgegriffen, da ihr

Kapitel 6.1 – Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

313

keinerlei Verteilungsannahmen zugrunde liegen, sie ein rein datenmanipulierendes Verfahren darstellt und keine a priori-Schätzungen der Kommunalitäten erforderlich sind. Das Lieferanten-Bewertungs-System wird in vier Schritten durchgeführt. Im ersten Schritt werden die Bewertungskriterien und der Ideallieferant festgelegt. Die Auswahl und die Anzahl der Bewertungskriterien hängen dabei von der Entscheidungssituation und dem Teilschritt des Lieferantenmanagementprozesses ab: Im Rahmen der Lieferantenvorauswahl liegen viele Lieferanten, jedoch nur wenige Hauptkriterien vor; in der Lieferantenauswahl sind nur wenige Lieferanten, diese jedoch anhand vieler (Sub-) Kriterien zu bewerten. Der Ideallieferant wird vom beschaffenden Unternehmen definiert, das die gewünschten Ausprägungen bei den einzelnen Kriterien festlegt. Das bewertende Team sollte sich dabei aus mehreren Abteilungen des Unternehmens (Beschaffung, Produktion, Controlling etc.) zusammensetzen. Der Einsatz der deskriptiven Statistik im zweiten Schritt des Lieferanten-Bewertungs-Systems liefert einen quantitativen Überblick über die Merkmale der potentiellen Lieferanten und gibt anhand der Korrelationsmatrix erste Hinweise, ob eine aussagefähige Faktorenanalyse zu erwarten und deren Einsatz somit sinnvoll ist. Im dritten Schritt wird die Faktorenanalyse durchgeführt, die sich ihrerseits aus vier Teilschritten zusammensetzt: Neben der bereits erwähnten Korrelationsmatrix zählen hierzu die Faktorextraktion, die Faktorrotation und die Bestimmung der Faktorwerte. Auf Basis der Faktorwerte wird im letzten Schritt schließlich (im zwei- und dreidimensionalen Fall) ein Faktorwerteplot erstellt. Da die Faktorenanalyse ursprünglich für überwiegend kardinales Datenmaterial konzipiert wurde, muss die Lage der Lieferanten im Faktorwerteplot bei Einsatz mehrerer ordinaler und/oder binärer Merkmale durch eine Clusteranalyse oder eine Multidimensionale Skalierung bestätigt werden. Abschließend wird der Plot entsprechend dem Ziel der Bewertung interpretiert: In der Lieferantenvorauswahl werden alle Lieferanten im Cluster des Ideallieferanten einer detaillierteren Bewertung unterzogen, um in der folgenden Lieferantenauswahl den oder die Lieferanten mit der geringsten Distanz zum Ideallieferanten auszuwählen. Das Cluster wird dabei durch eine Ellipse mit Schwerpunkt im Ideallieferanten aufgespannt, deren Höhe und Breite sich aus dem reziproken Erklärungsanteil der Faktoren ergeben. Formal werden für die Vorauswahl bzw. Auswahl der Lieferanten die Abstände zum Ideallieferanten berechnet. Für jeden Lieferanten wird dabei die City-Block-Distanz zwischen den Faktorwerten des Lieferanten und des Ideallieferanten bestimmt, wobei diese Distanzen jeweils mit dem Erklärungsanteil der einzelnen Faktoren gewichtet werden müssen. Der Faktorwerteplot kann schließlich auch das Lieferantencontrolling wirkungsvoll unterstützen, indem beispielsweise die Leistungsstruktur des Lieferantenstammes repräsentiert wird, auf dessen Basis die Zulieferer klassifiziert werden können; das Bewertungs-System bildet dann die Grundlage einer Lieferantenstrukturanalyse. Unter der Maßgabe sinnvoll interpretierbarer Faktoren können so

314

Kapitel 6 – Schlussbetrachtung

differenzierte Maßnahmen zur Steuerung der Lieferantenbeziehung abgeleitet werden, wie die Bestimmung geeigneter Benchmarking-Partner bei der Optimierung des Lieferantenstammes. Zusammenfassend zeigt sich, dass das konzipierte Lieferanten-Bewertungs-System auf Basis der Faktorenanalyse ein Bewertungssystem darstellt, das allen Anforderungen gerecht wird. Ein computergestützter Ablauf erzeugt auf Knopfdruck den Faktorwerteplot, der für die Vorauswahl, Auswahl und zum Controlling der Lieferanten genutzt werden kann. Wird das System im Zeitablauf wiederholt angewendet, ist eine kontinuierliche Lieferantenbeobachtung gewährleistet. Wechselnde, den Erfordernissen des Marktes angepasste Kriterien garantieren in dieser dynamischen Überwachung ein aktuelles Leistungsabbild des eigenen Lieferantenstammes.

6.2 Ausblick und offene Fragen Im Ausblick sollen konkrete Einsatzhinweise für die Praxis gegeben und mögliche Konsequenzen aus aktuellen Trends im Lieferantenmanagement aufgezeigt werden. •

Verknüpfung mit der internen IT-Architektur Aufgrund der Komplexität des zugrunde liegenden statistischen Verfahrens ist eine rechnergestützte Durchführung des konzipierten Lieferanten-Bewertungs-Systems unumgänglich und im Sinne einer Teilautomatisierung auch erwünscht. Es ist sinnvoll, das Bewertungs-System mit der bislang im Unternehmen genutzten betriebswirtschaftlichen Software (wie SAP® R/3) zu verknüpfen mit dem Ziel, alle quantitativen Daten der Lieferanten (beispielsweise Preise, Lieferzeiten, Mindestmengen) direkt von der Unternehmenssoftware zu beziehen. Die Eingabe von Daten zur Durchführung einer Lieferantenbewertung beschränkt sich somit ausschließlich auf qualitative Kriterien. Eine derartige Verknüpfung trägt zur Beschleunigung der Bewertung bei und vermindert gleichzeitig die Fehleranfälligkeit.



Wissensmanagement Informationen über die Art der Leistungserbringung und insbesondere über das partnerschaftliche Verhältnis zwischen den Mitarbeitern des Lieferanten und denen des beschaffenden Unternehmens können – im Gegensatz zu den quantitativen Kriterien – vorrangig aufgrund von persönlichen Einschätzungen beurteilt werden. Für eine faire, möglichst objektive Beurteilung qualitativer Kriterien ist es wichtig, diese von einem abteilungsübergreifenden Team bewerten zu lassen. Um allen Mitarbeitern die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Wissen über die Lieferanten schnell und unkompliziert ans Unternehmen weiterzugeben, sollte über das Intranet jeder Computer mit der zentralen Lieferantendatenbank vernetzt sein. Auf (nahezu)

Kapitel 6.2 – Ausblick und offene Fragen

315

jedem Rechner des Unternehmens sorgt eine vom Desktop aus aufzurufende und einfach zu bedienende Eingabemaske dafür, dass in wenigen Feldern (Name/Nummer des Lieferanten, Art der Information über den Lieferanten, Quelle und Datum der Information, etc.) das gesamte Mitarbeiterwissen über die Zulieferer erfasst werden kann. Regelmäßiges Einstellen von Daten kann durch Prämien oder andere Anreize belohnt und gefördert werden. Um Missbrauch vorzubeugen, werden die eingegebenen Daten an eine Clearing-Stelle geleitet, die deren Stimmigkeit anhand eigener Erfahrungen und anderer Meldungen prüft. Nach erfolgter Prüfung und Formatierung werden die Daten schließlich in die zentrale Lieferantendatenbank eingespeist. Der Zugriff auf die Lieferantendaten kann passwort-geschützt gesteuert werden. Somit erhalten zu jedem Zeitpunkt der Lieferantenbewertung alle Mitglieder des beurteilenden Teams die Möglichkeit, ihre eigenen Erfahrungen durch die neuesten Meldungen aller Mitarbeiter des Unternehmens zu ergänzen und diese in ihre Bewertung einfließen zu lassen. •

Externe Anbindung / Einsatz von Web-based Technologies Große Chancen im Beschaffungs- und Lieferantenmanagement eröffnen aufkommende IT-Tools, die für nahezu jegliche Aktivität im Rahmen der Beschaffung die entsprechende Unterstützung zur Verfügung stellen.161 Dabei ist zu beachten, dass derartige Tools lediglich Enabler sein können, deren Einsatz in der Regel mit einer Restrukturierung der Prozesse einhergehen muss. Beispielsweise kann das Potential von e-Procurement nur ausgeschöpft werden, wenn zunächst ein zentraler, wenige Lieferanten umfassender Katalog angelegt wird, auf den bei der Beschaffung dezentral zurückgegriffen werden kann. So ist es möglich, verbilligte Einkaufspreise durch erhöhte Abnahmemengen, verringerte Transaktionskosten durch eine effizientere Abwicklung sowie ein verbessertes Lieferantenportfolio durch die Nutzung der frei werdenden Zeit zur Lieferantenoptimierung zu erreichen. Vor allem die Möglichkeit des elektronischen Einkaufs stellt die Lieferantenbewertung vor neue Aufgaben. Es ist denkbar, dass zukünftig vermehrt externe Dienstleister die Bewertung der Zulieferer vornehmen, was bislang von den meisten Unternehmen abgelehnt wird (vgl. Kapitel 3.6.2 sowie Carter et al., 2000, S. 17). Dieses Misstrauen könnte durch den Einsatz unabhängiger, neutraler Zertifizierungsstellen abgebaut werden – zunächst lediglich für die Beschaffung

161

Eine gute Übersicht über die am Markt befindlichen Tools bieten EYHOLZER/KUHLMANN/MÜNGER (2002, S. 71f.).

316

Kapitel 6 – Schlussbetrachtung

geringwertiger Güter. Ein spezifisches Gütesiegel der Lieferanten würde zudem die Transparenz auf den elektronischen Marktplätzen erhöhen. Durch den elektronischen Einkauf dürften opportunistische Lieferantenbeziehungen (wieder) zunehmen; Kriterien wie Entgeltleistung werden an Bedeutung gewinnen. Eine Strukturierung des Lieferantenportfolios ist demnach Grundvoraussetzung: Unterschiedliche Zulieferer sind unterschiedlich zu behandeln. Die Art der Beziehung (kooperativ vs. opportunistisch) ist vorab festzulegen. Das konzipierte LieferantenBewertungs-System kann dabei die notwendige Klassifizierung der Lieferanten durch die Lieferantenstrukturanalyse unterstützen. •

Neue Managementansätze entlang der Supply Chain Verbunden mit den vorgestellten IT-Tools sind in jüngster Zeit eine Reihe von (oftmals nicht trennscharf abgrenzbaren) Managementansätzen entstanden, die in Abbildung 6–1 überblicksartig dargestellt sind [vgl. im Folgenden Riemer/Klein, 2002, S. 5ff.].

Abbildung 6–1: Managementkonzepte entlang der Supply Chain (Quelle: Riemer/Klein, 2002, S. 8)

Dabei umfasst das PRM (Partner Relationship Management) alle Maßnahmen eines Unternehmens zur Planung, Durchführung und Kontrolle der Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern und Non-Profit-Organisationen mit dem Ziel, die eigene Wettbewerbsposition zu sichern und auszubauen. SRM (Supplier Relationship Management) fokussiert als Teilbereich des PRM auf die Beziehungen zu den Lieferanten und kann mit dem in Kapitel 2.3 definierten Lieferantenmanagement gleichgesetzt werden. SNM (Supplier Network Management) vereint Aspekte des SCM (vgl. Kapitel 1.1.1) und des SRM, indem es auf das ganzheitliche Management des Lieferantennetzwerks unter besonderer Berücksichtigung der Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Lieferanten abzielt.

Kapitel 6.2 – Ausblick und offene Fragen

317

Auf der Abnehmerseite widmet sich das CRM (Customer Relationship Manage-ment) dem Management der Kundenbeziehungen, während MCM (Multi Channel Management) die Auswahl, Gestaltung und Kontrolle der Distributions- und Informationskanäle von einem Unternehmen zu dessen Kunden beinhaltet. Unabhängig von der Nomenklatur erfordern alle Ansätze auf der Beschaffungsseite ein erfolgreiches Lieferantenmanagement (SRM) [vgl. Riemer/Klein, 2002, S. 9]. Analog zum Einsatz der oben beschriebenen Web-based Technologies ist, neben der anforderungsgerechten Auswahl der Zulieferer, eine Strukturierung des Lieferantenstammes erforderlich, um die Art der Beziehung zu den einzelnen Lieferanten festlegen zu können. Die zentrale Bedeutung einer leistungsfähigen Lieferantenbewertung wird somit noch erhöht. Offene Fragen Bereits die ersten Recherchen zur vorliegenden Arbeit haben gezeigt, dass das Thema Lieferantenbewertung für die meisten Unternehmen von hoher Aktualität ist. Das belegen nicht zuletzt die zahlreichen Anfragen von Unternehmen zu inhaltlichen und methodischen Aspekten der Lieferantenbewertung in entsprechenden Internet-Foren.162 Darüber hinaus konnte während des Untersuchungsverlaufs in Gesprächen mit Fachverantwortlichen ein starkes Interesse an dieser Thematik festgestellt werden. Im Folgenden werden Themen umrissen, die als Anregung für die weitere Forschungsarbeit dienen können. •

Mit der durchgeführten Bestandsaufnahme ist ein erster Schritt zu einer umfassenden empirischen Aufarbeitung des Themas Lieferantenbewertung getan. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen könnten zeitlich versetzte Folgestudien Entwicklungen in diesem Bereich aufzeigen. Für weiterführende Untersuchungen sollte ein Hypothesensystem aufgebaut werden, um im Rahmen einer kausalanalytischen Forschung die Wirkungszusammenhänge innerhalb des Lieferantenmanagements herauszuarbeiten. Besonderes Interesse könnte dabei einer Quantifizierung der Zusammenhangs zwischen leistungsfähiger Lieferantenbewertung und erfolgreichem Lieferantenmanagement zukommen.



162

Weitere Forschungsgebiete für empirische Studien könnten das Lieferantenmanagement bei klein- und mittelständischen Unternehmen sowie bei Handelsunternehmen sein. Dabei gilt es, die speziellen Anforderungen jener Unternehmen an ein erfolgreiches Lieferantenmanagement zu evaluieren.

Beispiele für entsprechende Diskussionsforen im Internet: www.quality-management.com/forum.htm; www.umweltdatenbank.de/qforum/qforum.htm.

318

Kapitel 6 – Schlussbetrachtung



Da sich die wenigen bisherigen Studien stets auf die Sicht des beschaffenden Unternehmens beziehen, wäre eine Untersuchung des Lieferantenmanagements aus Sicht der Lieferanten interessant. In diesem Zusammenhang sollte überprüft werden, welche Aufgaben in Zukunft auf Lieferanten übertragen werden können. Von einer gemeinsamen, internet-basierten Produktentwicklung ausgehend, sind die Auflösung von Abteilungen und Neubildung von Strukturen auf Projektebenen vorstellbar. In einem fortgeschrittenem Entwicklungsstadium der LieferantenAbnehmer-Beziehung könnte der Zulieferer die gesamte Planung und Steuerung des Beschaffungsbereichs des Abnehmers – mit Ausnahme der Schlüsselprodukte – übernehmen, während die Wareneingangskontrollen von unabhängigen, externen Dienstleistern übernommen werden.



Auf konzeptioneller Seite ist es erforderlich, die erwähnten Managementansätze entlang der Supply Chain besser zu strukturieren und weiter zu entwickeln. Es sind durchgängige, integrierende Planungs- und Steuerungskonzepte zu entwerfen, welche sämtliche Aktivitäten des Lieferantenmanagements zielführend steuern und den Einsatz von Web-based-Technologies als Enabler unter deren Nutzen-Kosten-Relation planen. Der Versuch, eine Effizienzsteigerung ausschließlich durch den Einsatz von IT-Tools zu erreichen, kann hohe Implementierungskosten verursachen, ohne dabei die Kunden-Lieferanten-Integration nachhaltig entscheidend zu verbessern.

Gerade der letztgenannte Punkt zeigt deutlich, dass die (häufig vorzufindende) Trennung der wissenschaftlichen Forschungsgebiete nicht länger aufrechtzuerhalten ist. Erst die synergetische Zusammenarbeit von Fachgebieten wie Logistik, Organisation, Controlling, Informatik, Personal und Finanzen wird die Erfolgspotentiale des Lieferantenmanagements umfassend ausschöpfen können.

Anhang

Anhang

321

Anhang

Inhaltsübersicht Anhang A - 1: Fragebogen .................................................................................................................. 322 Anhang A - 2: Rücklauf nach Branchen.............................................................................................. 326 Anhang A - 3: Durchführung von Audits nach Branchen ................................................................... 326 Anhang A - 4: Durchführung von Audits nach Unternehmensgröße.................................................. 326 Anhang A - 5: Klassifizierung der Lieferanten ................................................................................... 327 Anhang A - 6: Klassifizierung der Lieferanten (Branchen) ................................................................ 327 Anhang A - 7: Klassifizierung der Lieferanten (Unternehmensgröße) ............................................... 327 Anhang A - 8: Klassifikationsmerkmale in der Praxis nach Branchen ............................................... 328 Anhang A - 9: Einsatz von Anreizinstrumenten in Abhängigkeit von der Leistung des Lieferanten (Unternehmensgröße) .................................................................................................. 328 Anhang A - 10: Einflussfaktoren der Angebotsmacht ........................................................................ 329 Anhang A - 11: Einflussfaktoren der Nachfragemacht ....................................................................... 330 Anhang A - 12: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen nach Branchen ............................................... 331 Anhang A - 13: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen nach Unternehmensgröße .............................. 331 Anhang A - 14: Einheitliche Vorgehensweise bei Lieferantenbewertung und –auswahl ................... 332 Anhang A - 15: Einheitliche Vorgehensweise nach Unternehmensgröße........................................... 332 Anhang A - 16: An der Lieferantenbewertung beteiligte Fachbereiche nach Branchen..................... 332 Anhang A - 17: Art der Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen............................................. 333 Anhang A - 18: Aussagen zur Lieferantenbewertung ......................................................................... 333 Anhang A - 19: Softwareeinsatz bei der Lieferantenbewertung nach Unternehmensgröße................ 334 Anhang A - 20: Mit der Lieferantenbewertung verfolgte Zielsetzungen ............................................ 334 Anhang A - 21: Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation nach Branchen ........................................................................................................... 335 Anhang A - 22: Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation nach Unternehmensgröße . ...................................................................................... 336 Anhang A - 23: Anzahl der Hauptkriterien je Entscheidungssituation nach Branchen ...................... 337 Anhang A - 24: Bekanntheit und Nutzung von Bewertungsverfahren nach Branchen....................... 338 Anhang A - 25: Bekanntheit und Nutzung von Bewertungsverfahren nach Unternehmensgröße...... 339 Anhang A - 26: Anzahl der bekannten Verfahren nach Branchen ...................................................... 339 Anhang A - 27: Anzahl der bekannten Verfahren nach Unternehmensgröße ..................................... 340 Anhang A - 28: Anzahl der genutzten Verfahren nach Branchen....................................................... 340 Anhang A - 29: Anzahl der genutzten Verfahren nach Unternehmensgröße...................................... 340 Anhang A - 30: Sterndiagramme in der Lieferantenvorauswahl......................................................... 341 Anhang A - 31: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl ................................................ 342 Anhang A - 32: Korrelationsmatrix in der Lieferantenauswahl .......................................................... 344 Anhang A - 33: Sterndiagramme der Lieferantenbewertung und -auswahl ........................................ 346 Anhang A - 34: Gewichtung und Bepunktung der Subkriterien ......................................................... 347 Anhang A - 35: Sterndiagramme in der Lieferantenstrukturanalyse................................................... 350 Anhang A - 36: Objektdistanzen in der Lieferantenvorauswahl ......................................................... 351 Anhang A - 37: Dendrogramm des Complete-Linkage-Verfahrens bei manueller Gewichtung ........ 354 Anhang A - 38: Überprüfung auf Eignung zur Hochrechnung ........................................................... 355 Anhang A - 39: Lieferantenmanagement in klein- und mittelständischen Unternehmen ................... 360

322

Anhang

Fragebogen zur Lieferantenbewertung und -auswahl in der Praxis Eine Untersuchung des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftlehre, insb. Logistik, an der TU Dresden

4. Welche der nachfolgenden Inhalte erheben Sie mit dem Lieferantenfragebogen und wie wichtig sind Ihnen diese Informationen im Rahmen der Lieferanten-Vorauswahl?

Lieferanten-Vorauswahl 1. Wie systematisch erforschen Sie Ihre Beschaffungsmärkte? laufend

„

häufig

„

manchmal

„

selten

„

2. Wie oft führen Sie die folgenden Untersuchungen im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung durch?

e ni

n lte se al m ch an fig m u hä d en uf la

„ „

„ „

„ „

„ „

„ „

„

„

„

„

„

_____________________ „ 

„

„

„

„

Potentielle Lieferanten Preise Wettbewerbsverhältnisse auf der Anbieterseite

„ Internet „ Datenbanken „ Werbung „ Betriebsbesichtigung

„ Lieferantenbefragung/ „ ErfahrungsSelbstauskunft austausch „ Messen/Ausstellungen „ Angebote „ Fachtagungen „ Probelieferungen „ Marktforschungs„ Publikationen der institute Lieferanten „ Auskünfte „ Tageszeitungen „ Börsen- und Marktberichte „ Kontakte mit Verkäufern

Organisation/Management Produkt/Fertigung Finanzkraft Qualitätssicherung Vertriebslogistik Service Kommunikation Umweltschutz

wichtig

weniger wichtig

„

„

„

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

5. Wie viele Lieferanten beziehen Sie in die Vorauswahl ein?

____ 

6. Klassifizieren Sie Ihre Lieferanten?

3. Welche der nachfolgend aufgeführten Informationsquellen nutzen Sie zur Gewinnung von Informationen über Lieferanten? (Mehrfachnennungen möglich) „ Fachpublikationen „ Referenzen „ Amtliche Statistiken „ Firmenverzeichnisse

sehr wichtig

nie

„

„ innerbetriebliche Quellen „ _________________ 

„ Ja, nach der ABC-Systematik. „ Ja, nach folgender Systematik: _______________  „ Nein. Å Bitte weiter mit Frage 9. 7. Wie zufrieden sind Sie mit der angewandten Systematik? sehr zufrieden

„

zufrieden

„

weniger zufrieden

„

überhaupt nicht zufrieden

„

8. Nach welchen der nachfolgend aufgeführten Aspekte klassifizieren Sie Ihre Lieferanten? (Mehrfachnennungen möglich) „ Einkaufsvolumen „ Auftragshäufigkeit „ Art der Beschaffungsobjekte „ Preis- und Kostenstruktur „ Qualität des Produktes bzw. der Leistung „ Beschaffungsrisiko bzw. Versorgungssicherheit „ Andere: ________________________________ 

Anhang A - 1: Fragebogen

Anhang

323

9. Führen Sie bei Ihren Lieferanten Audits durch? „ Ja „ Nein Wenn ja, wie oft?  ___________und nach welcher Art am häufigsten? „ Systemaudit „ Verfahrensaudit „ Dienstleistungsaudit

„ Ja, als interdisziplinäre Arbeits-/Projektgruppe. „ Nein, sie arbeiten unabhängig voneinander.

„ Produktaudit „ Öko-Audit

15. Die Auswahl der Lieferanten erfolgt ...

„ _______________ 

Lieferantenbewertung und -auswahl 10. Mit welcher Intensität führen Sie die Lieferantenbewertung und -auswahl hinsichtlich nachfolgender Beschaffungsstrukturen durch? sehr intensiv

intensiv

weniger intensiv

Single-Sourcing Multiple-Sourcing

„ „

„ „

„ „

„ „

Modular-Sourcing Local-Sourcing Global-Sourcing Just-in-Time

„ „

„ „

„ „

„ „

„ „

„ „

„ „

„ „

Stock-Sourcing

„

„

„

„

gar nicht

11. Existiert in Ihrem Unternehmen eine einheitliche Vorgehensweise bei der „ Ja Lieferantenbewertung und -auswahl? „ Nein 12. Wie viele Lieferanten werden durchschnittlich bewertet?

____ 

13. Welche der nachfolgend aufgeführten Fachbereiche bzw. Stellen sind bei Ihnen für die Bewertung von Lieferanten zuständig und wie sind diese organisatorisch eingegliedert? zentral

dezentral

Konstruktion

„

„

Produktion Qualitätssicherung

„ „

„ „

Beschaffung Logistik Absatz Datenverarbeitung

„ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „

„

„

Finanzen Forschung und Entwicklung Controlling Unternehmensberatung/ Dienstleister

„

14. Arbeiten die in Frage 13 angekreuzten Fachbereiche zusammen?

„ ... durch die Fachbereiche aus Frage 13. „ ... durch folgenden Bereich: _________________  16. Verwenden Sie Software für die Lieferantenbewertung? „ Ja, wir verwenden Standardsoftware. Å Welches Programm verwenden Sie? _____________________________________  „ Ja, wir verwenden eigenentwickelte Software. „ Nein, wir bewerten manuell. 17. Nennen Sie bitte in absteigender Form die drei wichtigsten Ziele, die Sie mit der Bewertung Ihrer Lieferanten verfolgen! Rang 1: _________________________________  Rang 2: _________________________________  Rang 3: _________________________________  18. Welche Anforderungen stellen Sie an Verfahren zur Lieferantenbewertung und für wie wichtig schätzen Sie diese ein? sehr wichtig

wichtig

weniger wichtig

Automatisierbarkeit von Bewertung und Auswahl

„

„

„

systematische und reproduzierbare Vorgehensweise

„

„

„

Verarbeitung qualitativer und quantitativer Daten

„

„

„

Einbeziehung des Erfahrungspotentials der Einkäufer

„

„

„

„

„

„

„

„

„

____________________ „ 

„

„

Klassifizierung der Lieferanten Ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis

(A-1: Fragebogen – Fortsetzung)

324

Anhang

21. Inwiefern stimmen Sie den nachfolgenden Aussagen zur Lieferantenbewertung und -auswahl zu?

19. In der nachfolgenden Matrix werden Ihnen Entscheidungssituationen und Hauptbewertungskriterien vorgegeben. Bitte kreuzen Sie für jede Entscheidungssituation (=Spalte) die wichtigsten Kriterien an! (Mehrfachnennungen möglich) Ro

u ti ne

Ne up Lie So r od fe r rtim uk an be e tei nts te n sc n fü we we ha hru ch ffu ch ng se ng se l l

Qualitätsleistung Logistikleistung Entgeltleistung Serviceleistung Informationsleistung Innovationsleistung Umweltleistung

20. Welche der nachfolgenden Verfahren zur Lieferantenbewertung sind Ihnen bekannt, welche haben Sie bisher genutzt und wie zufrieden sind Sie mit diesen?

t tz nu ge t nn ka be

2

3

4

„

„Å „

„

„

„

„

„Å „

„

„

„

„ „

„Å „ „Å „

„ „

„ „

„ „

„ „ „ „ „

„Å „Å „Å „Å „Å

„ „ „ „ „

„ „ „ „ „

„ „ „ „ „

„ „ „ „ „

„

„Å „

„

„

„

„ „ „

„Å „ „Å „ „Å „

„ „ „

„ „ „

„ „ „

„

„Å „

„

„

„

_________________ „ 

„Å „

„

„

„

Bilanzanalyse Preis-Entscheidungsanalyse Kosten-Entscheidungsanalyse Optimierungsverfahren Kennzahlenverfahren Profilanalyse Checklistenverfahren Portfolio-Analyse Notensystem Höchstpunktzahlverfahren Prozentbewertungsverfahren Scoring-Modell Nutzwertanalyse Fuzzy Logic / Expertensysteme

sti mm we en iß ich nic tz zu ht u

„

„

„

„

„

„

„

„

„

„

„

„

Lieferantencontrolling

2 = zufrieden 4 = überhaupt nicht zufrieden

1

me

Es sollte ein Verfahren geben, das in allen Beschaffungssituationen anwendbar ist. „ Ein aussagekräftigeres Ergebnis rechtfertigt den Einsatz von aufwendigeren Bewertungsverfahren. „ Den Lieferanten müssen die Kriterien und Methoden der Lieferantenbewertung bekannt sein. „ Eine grafische Veranschaulichung der Lage konkurrierender Lieferanten zueinander ist hilfreich. (z.B. bei Verhandlungen) „ Das Outsourcing des Lieferantenmanagements, insbes. der Bewertung, führt zu besseren Ergebnissen. „ Es ist sinnvoll die erhobenen Daten zu wenigen Kennzahlen zu verdichten, die den aktuellen Informationsstand widerspiegeln. „

Mengenleistung

1 = sehr zufrieden 3 = weniger zufrieden

sti m

22. Nutzen Sie die Ergebnisse der angewandten Verfahren zum Lieferantencontrolling?

„ Ja „ Nein

23. Bitte nennen Sie die Kennzahlen, die bei Ihnen im Zusammenhang mit Lieferantenauswahl bzw. -controlling am häufigsten verwandt werden! Lieferantenauswahl:

Lieferantencontrolling:

_________________ 

__________________ 

___________________ ____________________ ___________________ ____________________ 24. In welchen Situationen verdichten Sie Ihre Kennzahlen zu einer Gesamtkennzahl? „ Lieferantenauswahl

„ Lieferantencontrolling

25. Gibt es in Ihrem Unternehmen ein „Qualitätshandbuch für Lieferanten“ „ Ja bzw. einen „Leitfaden für Lieferanten“? „ Nein

(A-1: Fragebogen – Fortsetzung)

Anhang

325

26. Wie oft werden Lieferanten folgender Materialklassen im Rahmen des Lieferantencontrollings von Ihnen bewertet?

Ihr Unternehmen 29. Welche Rechtsform hat Ihr Unternehmen?

___________ 

30. Wie viele Mitarbeiter werden in Ihrem Unternehmen beschäftigt?

___________ 

Lieferantenentwicklung

31. Wie groß war das Einkaufsvolumen im Jahr 2000?

___________ 

27. Teilen Sie den betroffenen Lieferanten die Ergebnisse der Bewertung mit?

32. Wie groß war der Umsatz mit Ihren Kunden im Jahr 2000?  ___________

Lieferant für ... ... A-Teile ... B-Teile ... C-Teile

laufend

„ „ „

häufig

manchmal

„ „ „

„ „ „

selten

nie

„ „ „

„ „ „

„ Ja „ Nein Wenn ja, in welcher Form? „ Jeder Lieferant erhält sein individuelles Ergebnis. „ Jeder Lieferant erhält alle Ergebnisse seiner Produktgruppen, auch die seiner Konkurrenten. „ Es werden alle Ergebnisse aller Produktgruppen offengelegt. 28. Welche der nachfolgenden Anreizinstrumente bzw. Sanktionen kommen bei Ihnen zum Tragen, wenn die Leistung Ihrer Lieferanten gemäß vorgegebener Notenskala differenziert wird? 1 = sehr gute Leistung

33. Gehören Sie einer Unternehmensgruppe bzw. einem Konzern an? „ Ja „ Nein Wenn ja, welcher  _________________________ 34. Zu welcher der nachfolgend aufgeführten Branchen zählen Sie Ihr Unternehmen? „ Holz / Papier „ Chemie „ Bekleidung „ Elektro „ Nahrung „ Metall

„ Fahrzeugbau „ Maschinenbau „ ______________ 

5 = sehr schlechte Leistung 1 2 3 4 5

Anreizinstrumente: Single-Sourcing strategische Partnerschaft engere Zusammenarbeit Erhöhung der Lieferquote verstärkte Berücksichtigung Prämien Auszeichnungen

„ Ja, ich bin an Ihren Studienergebnissen interessiert!

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

„ „ „ „ „ „ „

_____________________ „  Sanktionen: Verstärkte Kontrollen „ Lieferantengespräch mit Zielvereinbarung „ vertragsrechtliche Sanktionen „ Senkung der Lieferquote „ Androhung eines Wechsels „ vorübergehende Nichtberücksichtigung „ Eliminierung „

„

„

„

„

Ansprechpartner ___________________________

„

„

„

„

Abteilung

___________________________

„ „ „ „

„ „ „ „

„ „ „ „

„ „ „ „

Straße, Nr.

___________________________

PLZ / Ort

___________________________

„ „

„ „

„ „

„ „

_____________________ „ 

„

„

„

„

Bitte lassen Sie mir ein Studienexemplar kostenlos zukommen. Meine Anschrift lautet: Firmenname

___________________________

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

(A-1: Fragebogen – Fortsetzung)

326

Anhang

Branche Maschinenbau

absolut

%

45

23,3%

enthaltene Branchen

Elektro

41

21,2%

Metall Chemie Fahrzeugbau Nahrung Bekleidung

33 22 15 10 8

17,1% 11,4% 7,8% 5,2% 4,1%

sonstige

19

9,8%

N=

193

100,0%

Halbleiter, Luftfahrttechnik, Medizintechnik, Messtechnik, Optik, Semiconductor, Stahlerzeugung Pharma Zulieferer

Anlagenbau, Bau, Baustoffe, Bergbau, Holz/Papier, Kunststoff, medizinische Produkte, Sanitär, Schiffbau, Schleifmittel, Sonnenschutz

... ja ... nein N=

Bekleidung

Nahrung

Fahrzeugbau

Chemie

Metall

Elektro

Audit

Maschinenbau

Anhang A - 2: Rücklauf nach Branchen

32 36 28 17 12 7 1 71,1% 87,8% 84,8% 77,3% 85,7% 70,0% 14,3% 13 5 5 5 2 3 6 28,9% 12,2% 15,2% 22,7% 14,3% 30,0% 85,7% 45

41

33

22

14

10

7

Anhang A - 3: Durchführung von Audits nach Branchen

Audit ... ja ... nein N=

< 501 MA

501 - 1000 MA 1001 - 5000 MA

> 5000 MA

53 72,6% 20 27,4%

32 74,4% 11 25,6%

35 76,1% 11 23,9%

23 88,5% 3 11,5%

73

43

46

26

Anhang A - 4: Durchführung von Audits nach Unternehmensgröße

Anhang

327

Klassifizierung

absolut

... ja ... nein N=

%

172 18 190

90,5% 9,5% 100,0%

N=

44

40

33

19 14 86,4% 100,0% 3 0 13,6% 0,0% 22

Bekleidung

30 90,9% 3 9,1%

Nahrung

35 87,5% 5 12,5%

Fahrzeugbau

40 90,9% 4 9,1%

Chemie

Metall

... ja ... nein

Elektro

Klassifizierung

Maschinenbau

Anhang A - 5: Klassifizierung der Lieferanten

7 8 70,0% 100,0% 3 0 30,0% 0,0%

14

10

8

Anhang A - 6: Klassifizierung der Lieferanten (Branchen)

Klassifizierung ... ja ... nein N=

< 501 MA

501 - 1000 MA 1001 - 5000 MA

> 5000 MA

67 93,1% 5 6,9%

37 86,0% 6 14,0%

41 89,1% 5 10,9%

24 92,3% 2 7,7%

72

43

46

26

Anhang A - 7: Klassifizierung der Lieferanten (Unternehmensgröße)

Bekleidung

... weltweite Belieferung

Nahrung

... Art der Beschaffungsobjekte ... Preis- und Kostenstruktur ... Qualität des Produktes bzw. der Leistung ... Beschaffungsrisiko bzw. Versorgungssicherheit ... Zuverlässigkeit

Fahrzeugbau

... Auftragshäufigkeit

Chemie

... Einkaufsvolumen

Metall

Klassifzierungsmerkmal

Elektro

Anhang

Maschinenbau

328

35 85,4% 4 9,8% 20 48,8% 17 41,5% 32 78,0% 17 41,5% 4 9,8% 1 2,4%

27 75,0% 7 19,4% 17 47,2% 14 38,9% 26 72,2% 20 55,6% 4 11,1% 0 0,0%

27 90,0% 7 23,3% 18 60,0% 12 40,0% 21 70,0% 12 40,0% 1 3,3% 0 0,0%

18 94,7% 3 15,8% 10 52,6% 7 36,8% 13 68,4% 10 52,6% 2 10,5% 0 0,0%

13 92,9% 0 0,0% 6 42,9% 7 50,0% 8 57,1% 6 42,9% 1 7,1% 2 14,3%

5 71,4% 0 0,0% 6 85,7% 4 57,1% 5 71,4% 2 28,6% 1 14,3% 0 0,0%

7 87,5% 0 0,0% 2 25,0% 6 75,0% 7 87,5% 7 87,5% 3 37,5% 0 0,0%

41

36

30

19

14

7

8

N=

Anhang A - 8: Klassifikationsmerkmale in der Praxis nach Branchen

gesamt

Anreiz N= ...

Single-Sourcing

1

100

...

strategische Partnerschaft

147

...

engere Zusammenarbeit

118

2 49

26

Erhöhung der Lieferquote

82

...

verstärkte Berücksichtigung

93

...

Prämien

20

...

Auszeichnungen

54

4

5

19

6

49,0% 26,0% 19,0%

6,0%

89

51

60,5% 34,7%

...

< 501 MA

3

50

5 3,4%

1,4%

54

9

3

7,6%

2,5%

15

1

30,5% 50,0% 18,3%

1,2%

25

41

31

48

12

1

33,3% 51,6% 12,9%

1,1%

3 15,0%

0

0

18

3

27

0,0% 54,0% 40,0% 2

24

1

0 0,0%

10

1

0,0% 24,5% 54,7% 18,9%

1,9%

0

13

1

...

strategische Partnerschaft

...

engere Zusammenarbeit

...

Erhöhung der Lieferquote

...

verstärkte Berücksichtigung

...

Prämien

15

7

1

1,1% 25,9% 58,6% 12,1%

1,7%

11

7

11

Auszeichnungen

34

5

3

5 1

57,9% 15,8% 21,1%

5,3%

21

16

0

2

53,8% 41,0%

0,0%

5,1%

9

22

3

0

26,5% 64,7%

8,8%

0,0%

23

27,8% 63,9%

10

2

1

5,6%

2,8%

22

2

1

28,6% 62,9%

5,7%

2,9%

3

2

10 0

2

7

2

2

0

1

1 0

0

0

0

0,0% 65,7% 31,4% 1

2

50,0% 14,3% 14,3% 14,3%

3

0 0,0%

5

0

0

0,0% 41,4% 41,4% 17,2%

0,0%

0,0%

1

0

1,7% 45,7% 40,0% 14,3%

0,0%

0,0%

8

4

8

5

4

1

0

0

4,3%

0,0%

0,0%

14

2

1

0

0,0% 26,1% 60,9%

8,7%

4,3%

0,0%

13

1

0

0

0,0% 30,0% 65,0%

5,0%

0,0%

0,0%

3

0

0

0,0% 42,1% 42,1% 15,8%

0,0%

0,0%

2

8 2

1

6

0

1

0,0% 20,0% 2

2

8 0

1

0

0

0,0% 33,3%

0,0%

0,0%

4

0

7,1% 80,0%

0,0%

0

0

3

0,0% 60,0% 0

2

0,0% 16,7%

1 = sehr gute Leistung

0,0% 78,3% 17,4%

6

1

14

Legende: 4

0,0%

0

16

12

0

0,0%

0

12

5

0,0% 53,3% 26,7% 20,0%

6

0,0%

0 0,0%

0

0

0,0%

1 2,7%

0

18

2,9%

21

0

15

1

1,6% 40,5% 56,8%

3

0

11

8,7% 17,4% 17,4% 34,8% 50,0% 16,7% 16,7%

4

5

0,0%

23

8

4 2

4

4

3

8,0%

0

12

6,7% 26,7% 53,3% 20,0%

2

2 8

2

3

> 5000 MA

4 4

0,0% 22,2% 33,3% 22,2% 22,2% 66,7% ...

29

0

3

0,0%

6

0,0%

2 11

6,0% 9,7%

1

0,0% 48,0% 32,0% 12,0%

0

31

4

8

3

1,7% 38,7% 50,0%

1001 - 5000 MA

Anreiz Single-Sourcing

20

2

6

5

7,3%

0

11

501 - 1000 MA 4

9

40,7% 11,1% 14,8% 13,0% 20,4% 21,7%

...

3

0,0% 10,0% 20,0% 55,0% 13,3%

22

2

2

0,0% 43,9% 26,8% 22,0%

2

42,4% 45,8%

1

1

0

0,0% 20,0%

0,0%

2 = gute Leistung 3 = mittelmäßige Leistung 4 = schlechte Leistung 5 = sehr schlechte Leistung

Anhang A - 9: Einsatz von Anreizinstrumenten in Abhängigkeit von der Leistung des Lieferanten (Unternehmensgröße)

Anhang

329

Lieferantendaten

Marktdaten

charakteristische Merkmale

1

Angebotsstruktur

2

Konjunkturentwicklung

3

Präferenzstruktur der Produkte

4

Marktwachstum

5

New-comer barriers to entry

1

Marktanteil

2

Leistungsfähigkeit

3

Kapazitätsauslastung

4

Gewinnschwelle

Einflussfaktoren der Angebotsmacht Wettbewerbsintensität des Lieferanten Erläuterungen (Inhalte) Wenige Lieferanten beschränken den Abnehmer in seiner Lieferantenauswahl, bei heterogenen Lieferantenleistungen besteht die Möglichkeit einer Lieferantenauswahl. Im Konjunkturaufschwung (Hochkonjunktur) werden Beschaffungsmärkte zu Verkäufermärkten, d. h. Lieferanten haben eine starke Angebotsmacht. Im Abschwung dagegen haben sie eine schwache Marktmacht. Ist die Substituierbarkeit der Produktes gleich Null, so ist der Lieferant in einer starken Position. Herrscht kein Wachstum auf dem Beschaffungsmarkt, dann ist der Lieferantenwettbewerb groß und die Angebotsmacht klein. Auf einem expandierenden Beschaffungsmarkt ist die Angebotsmacht ungebrochen. Die Angebotsmacht der Lieferanten ist als klein zu bezeichnen, wenn keinerlei Eintrittsbarrieren bestehen. Sind die Barrieren hoch und/oder ist mit Gegenmaßnahmen der etablierten Wettbewerber zu rechnen, so gilt die Angebotsmacht der etablierten Lieferanten als groß. Ein hoher Marktanteil bedeutet einen hohen Einfluss auf Abnehmer und Mitbewerber (Zulieferer). Kriterien wie Kapitalbasis-Finanzsituation, ManagementQualitätsstruktur, Innovationsniveau, Image, Zuverlässigkeit, Qualitätsniveau, Einstandspreis, Lieferzeit, Kapazität Frage nach der Auslastung der Produktionskapazität: niedrige Auslastung bedeutet Preiszugeständnisse, hohe Auslastung bedeutet Selektion der Auftragseingänge. Frage: Liegt die Gewinnschwelle nahe an der Kapazitätsgrenze, dann muss der Lieferant Preiszugeständnisse machen, liegen diese Punkte weit auseinander, wird er keine Preiszugeständnisse machen.

Anhang A - 10: Einflussfaktoren der Angebotsmacht

Angebotsmacht stark

schwach

Monopol, Kartell

viele Anbieter

gut

schlecht

gegeben

nicht gegeben

groß

klein

klein

groß

groß

klein

hoch

niedrig

gut

schlecht

relativ klein

relativ groß

330

Anhang

Lieferantendaten

Möglichkeiten aktiver Marktformung

Marktdaten

charakteristische Merkmale

Einflussfaktoren der Nachfragemacht Unternehmens-/Abnehmer-Aktivitäten Erläuterungen (Inhalte) Zulieferer ziehen im allgemeinen aus absatzpolitischen Gründen (Sicherheit) Großabnehmer vor. Kapazitätsauslastung und Kostendegression werden günstiger. Sind die Bedarfszuwächse relativ groß, so wird der Abnehmer für die Zulieferer interessant, auch im Hinblick auf Preise und Konditionen, d. h. je reibungsloser der Übergang vom Fremdbezug zur Eigenleistung ist, desto größer wird die Nachfragemacht des Abnehmers.

Nachfragemacht stark

schwach

groß

klein

groß

klein

1

Beschaffungsmarktanteil und Einkaufsvolumen

2

Bedarfszuwächse

1

Eigenfertigung Make or buy

Kann das abnehmende Unternehmen notfalls auf den Fremdbezug verzichten und den Artikel in Eigenfertigung erstellen, so hat das zwei Folgen: 1. Durch die Rückwärtsintegration verliert der Zulieferer einen Abnehmer und 2. der Zulieferer schafft sich einen Konkurrenten.

groß

klein

2

Lieferantenentwicklung

Veränderung des Angebotsmarktes in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht mit dem Ziel der Erhöhung der Wettbewerbsintensität.

groß

klein

1

Marktanteil

groß

klein

2

Leistungsfähigkeit

hoch

niedrig

3

Kapazitätsauslastung

gut

schlecht

Ein hoher Marktanteil bedeutet einen hohen Einfluss auf Abnehmer und Mitbewerber (Zulieferer). Kriterien wie Kapitalbasis-Finanzsituation, ManagementQualitätsstruktur, Innovationsniveau, Image, Zuverlässigkeit, Qualitätsniveau, Einstandspreis, Lieferzeit, Kapazität Frage nach der Auslastung der Produktionskapazität: niedrige Auslastung bedeutet Preiszugeständnisse, hohe Auslastung bedeutet Selektion der Auftragseingänge.

Anhang A - 11: Einflussfaktoren der Nachfragemacht

... Global-Sourcing

... Just-in-Time

... Stock-Sourcing

Bekleidung

... Local-Sourcing

Nahrung

... Modular-Sourcing

Fahrzeugbau

... Multiple-Sourcing

absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= %

Chemie

... Single-Sourcing

Metall

Beschaffungsstruktur

Elektro

331

Maschinenbau

Anhang

26 37 70,3% 16 35 45,7% 15 34 44,1% 16 34 47,1% 21 38 55,3% 17 35 48,6% 6 34 17,6%

25 36 69,4% 20 36 55,6% 9 30 30,0% 8 32 25,0% 17 34 50,0% 13 33 39,4% 12 31 38,7%

14 29 48,3% 13 29 44,8% 6 24 25,0% 5 28 17,9% 11 27 40,7% 14 28 50,0% 4 28 14,3%

11 18 61,1% 13 16 81,3% 6 16 37,5% 8 16 50,0% 14 18 77,8% 9 15 60,0% 7 15 46,7%

10 12 83,3% 6 12 50,0% 7 12 58,3% 4 12 33,3% 9 13 69,2% 7 12 58,3% 2 11 18,2%

4 6 66,7% 3 4 75,0% 1 5 20,0% 3 6 50,0% 2 6 33,3% 4 6 66,7% 3 4 75,0%

4 7 57,1% 2 8 25,0% 2 7 28,6% 3 8 37,5% 6 8 75,0% 3 6 50,0% 3 6 50,0%

Anhang A - 12: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen nach Branchen

Beschaffungsstruktur ... Single-Sourcing

... Multiple-Sourcing

... Modular-Sourcing

... Local-Sourcing

... Global-Sourcing

... Just-in-Time

... Stock-Sourcing

absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= % absolut N= %

< 501 MA 40 63 63,5% 31 61 50,8% 17 57 29,8% 21 60 35,0% 31 62 50,0% 31 60 51,7% 21 60 35,0%

501 - 1000 MA 1001 - 5000 MA 21 39 53,8% 19 39 48,7% 12 34 35,3% 13 37 35,1% 20 37 54,1% 17 34 50,0% 15 34 44,1%

22 37 59,5% 20 35 57,1% 11 32 34,4% 12 35 34,3% 21 39 53,8% 14 37 37,8% 5 32 15,6%

> 5000 MA 19 21 90,5% 11 20 55,0% 13 19 68,4% 10 18 55,6% 15 20 75,0% 11 19 57,9% 4 17 23,5%

Anhang A - 13: Ausgeprägte Beschaffungsstrukturen nach Unternehmensgröße

332

Anhang

Einheitliches Vorgehen

absolut

... ja ... nein N=

%

158 33 191

82,7% 17,3% 100,0%

Anhang A - 14: Einheitliche Vorgehensweise bei Lieferantenbewertung und –auswahl

Einheitliches Vorgehen

< 501 MA

... ja ... nein

501 - 1000 MA 1001 - 5000 MA

> 5000 MA

65 89,0% 8 11,0%

33 75,0% 11 25,0%

37 80,4% 9 19,6%

22 84,6% 4 15,4%

73

44

46

26

N=

... Konstruktion ... Produktion ... Qualitätssicherung ... Beschaffung ... Logistik ... Absatz ... Datenverarbeitung ... Finanzen ... Forschung und Entwicklung ... Controlling ... Dienstleister Unternehmensberatung N=

18 40,0% 11 24,4% 40 88,9% 43 95,6% 14 31,1% 3 6,7% 4 8,9% 4 8,9% 10 22,2% 3 6,7% 0 0,0% 45

Bekleidung

Nahrung

Fahrzeugbau

Chemie

Metall

Elektro

Fachbereich

Maschinenbau

Anhang A - 15: Einheitliche Vorgehensweise nach Unternehmensgröße

13 12 7 6 1 2 31,7% 37,5% 31,8% 42,9% 10,0% 25,0% 14 15 13 6 7 7 34,1% 46,9% 59,1% 42,9% 70,0% 87,5% 35 30 18 12 9 7 85,4% 93,8% 81,8% 85,7% 90,0% 87,5% 40 32 22 14 10 8 97,6% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 13 10 9 13 3 3 31,7% 31,3% 40,9% 92,9% 30,0% 37,5% 5 2 3 0 0 2 12,2% 6,3% 13,6% 0,0% 0,0% 25,0% 7 2 5 1 0 2 17,1% 6,3% 22,7% 7,1% 0,0% 25,0% 6 5 4 0 0 2 14,6% 15,6% 18,2% 0,0% 0,0% 25,0% 17 8 6 5 2 3 41,5% 25,0% 27,3% 35,7% 20,0% 37,5% 6 3 4 1 1 1 14,6% 9,4% 18,2% 7,1% 10,0% 12,5% 1 1 0 0 0 1 2,4% 3,1% 0,0% 0,0% 0,0% 12,5% 41

32

22

14

10

8

Anhang A - 16: An der Lieferantenbewertung beteiligte Fachbereiche nach Branchen

Anhang

333

Art der Zusammenarbeit

absolut

... interdisziplinäre Arbeitsbzw. Projektgruppe ... unabhängig voneinander N=

%

125

69,8%

54

30,2%

179

100,0%

Anhang A - 17: Art der Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen

Aussagen Es sollte ein Verfahren geben, das in allen Beschaffungssituationen anwendbar ist. Ein aussagekräftigeres Ergebnis rechtfertigt den Einsatz von aufwendigeren Bewertungsverfahren. Den Lieferanten müssen die Kriterien und Methoden der Lieferantenbewertung bekannt sein. Eine grafische Veranschaulichung der Lage konkurrierender Lieferanten zueinander ist hilfreich (z.B. bei Verhandlungen). Das Outsourcing des Lieferantenmanagements, insbes. der Bewertung, führt zu besseren Ergebnissen. Es ist sinnvoll, die erhobenen Daten zu wenigen Kennzahlen zu verdichten, die den aktuellen Informationsstand widerspiegeln.

N=

stimme zu

weiss nicht

stimme nicht zu

187

129 69,0%

17 9,1%

41 21,9%

185

82 44,3%

47 25,4%

56 30,3%

187

160 85,6%

6 3,2%

21 11,2%

186

150 80,6%

16 8,6%

20 10,8%

186

15 8,1%

52 28,0%

119 64,0%

186

151 81,2%

22 11,8%

13 7,0%

Anhang A - 18: Aussagen zur Lieferantenbewertung

334

Anhang

Software

< 501 MA

... von SAP ... von Böhme & Weiss ... von Brain ... von Baan ... sonstige Software (z.B. Softcon, J.D. Edwards)

... eigenentwickelte ... manuelle Bewertung N=

501 - 1000 MA 1001 - 5000 MA

> 5000 MA

6 8,7% 2 2,9% 2 2,9% 0 0,0% 6 8,7% 20 29,0% 33 47,8%

11 25,6% 0 0,0% 1 2,3% 1 2,3% 2 4,7% 9 20,9% 19 44,2%

9 20,5% 0 0,0% 1 2,3% 1 2,3% 4 9,1% 11 25,0% 18 40,9%

4 15,4% 0 0,0% 0 0,0% 0 0,0% 5 19,2% 13 50,0% 4 15,4%

69

43

44

26

Anhang A - 19: Softwareeinsatz bei der Lieferantenbewertung nach Unternehmensgröße

Ziel Qualitätssicherung Versorgungssicherheit niedrige Preise Steuerung der Lieferantenbeziehung Optimierung der Lieferantenbasis Lieferantencontrolling zuverlässigere Lieferanten Entscheidungsgrundlage Objektivierung/Vergleichbarkeit Kostensenkung verbesserter Service des Lieferanten Erschliessung neuer Potentiale sonstige (z.B. Klassifikation, Lieferanten motivieren)

gesamt 138 74,6% 23 12,4% 71 38,4% 31 16,8% 20 10,8% 26 14,1% 97 52,4% 11 5,9% 17 9,2% 22 11,9% 8 4,3% 4 2,2% 43 23,2%

Rang 1 104 75,4% 8 34,8% 6 8,5% 4 12,9% 11 55,0% 11 42,3% 14 14,4% 3 27,3% 3 17,6% 9 40,9% 0 0,0% 1 25,0% 11 25,6%

Rang 2 26 18,8% 10 43,5% 25 35,2% 14 45,2% 1 5,0% 10 38,5% 57 58,8% 1 9,1% 9 52,9% 6 27,3% 1 12,5% 1 25,0% 12 27,9%

Rang 3 8 5,8% 5 21,7% 40 56,3% 13 41,9% 8 40,0% 5 19,2% 26 26,8% 7 63,6% 5 29,4% 7 31,8% 7 87,5% 2 50,0% 20 46,5%

Anhang A - 20: Mit der Lieferantenbewertung verfolgte Zielsetzungen

Anhang

335

gesamt

Maschinenbau

Elektro

Metall

Kriterien 1 Mengenleistung

2

3

4

1

2

3

4

1

2

3

4

1

2

3

4

116

57

39

51

23

9

11

7

26

12

9

13

27

14

8

14

77,9%

38,3%

33,6%

36,7%

65,7%

25,7%

35,5%

22,6%

76,5%

34,3%

32,1%

37,1%

84,4%

43,8%

40,0%

45,2%

Qualitätsleistung

108

135

89

124

25

31

23

29

21

31

22

32

25

30

16

26

72,5%

90,6%

76,7%

89,2%

71,4%

88,6%

74,2%

93,5%

61,8%

88,6%

78,6%

91,4%

78,1%

93,8%

80,0%

83,9%

Logistikleistung

90

77

42

61

17

15

8

12

22

17

11

18

20

14

9

13

60,4%

51,7%

36,2%

43,9%

48,6%

42,9%

25,8%

38,7%

64,7%

48,6%

39,3%

51,4%

62,5%

43,8%

45,0%

41,9%

Entgeltleistung

95

110

60

79

23

27

18

21

23

21

12

18

20

24

12

16

63,8%

73,8%

51,7%

56,8%

65,7%

77,1%

58,1%

67,7%

67,6%

60,0%

42,9%

51,4%

62,5%

75,0%

60,0%

51,6%

Serviceleistung

58

82

46

83

15

20

10

15

14

19

10

23

13

16

8

16

38,9%

55,0%

39,7%

59,7%

42,9%

57,1%

32,3%

48,4%

41,2%

54,3%

35,7%

65,7%

40,6%

50,0%

40,0%

51,6%

Informationsleistung

41

59

36

80

12

14

8

21

8

15

10

22

7

11

7

17

27,5%

39,6%

31,0%

57,6%

34,3%

40,0%

25,8%

67,7%

23,5%

42,9%

35,7%

62,9%

21,9%

34,4%

35,0%

54,8%

Innovationsleistung

17

55

54

113

3

13

14

26

3

13

15

27

5

12

5

23

11,4%

36,9%

46,6%

81,3%

8,6%

37,1%

45,2%

83,9%

8,8%

37,1%

53,6%

77,1%

15,6%

37,5%

25,0%

74,2%

Umweltleistung

35

37

30

50

4

3

6

10

11

10

6

12

7

7

4

6

23,5%

24,8%

25,9%

36,0%

11,4%

8,6%

19,4%

32,3%

32,4%

28,6%

21,4%

34,3%

21,9%

21,9%

20,0%

19,4%

149

149

116

139

35

35

31

31

34

35

28

35

32

32

20

31

1

2

3

4

N=

Chemie

Fahrzeugbau

Nahrung

Bekleidung

Kriterien

Mengenleistung

1

2

3

4

16

11

4

7

12

7

5

80,0%

55,0%

26,7%

41,2%

85,7%

50,0%

41,7%

Qualitätsleistung

1 7

2

3

4

1

2

3

4

8

2

1

2

4

2

1

1

53,8% 100,0%

28,6%

25,0%

28,6%

66,7%

33,3%

16,7%

20,0%

16

19

13

15

12

13

9

12

5

6

3

6

4

5

3

4

80,0%

95,0%

86,7%

88,2%

85,7%

92,9%

75,0%

92,3%

62,5%

85,7%

75,0%

85,7%

66,7%

83,3%

50,0%

80,0%

Logistikleistung

13

15

5

8

10

10

5

7

4

3

2

1

4

3

2

2

65,0%

75,0%

33,3%

47,1%

71,4%

71,4%

41,7%

53,8%

50,0%

42,9%

50,0%

14,3%

66,7%

50,0%

33,3%

40,0%

2

6

3

4

33,3% 100,0%

50,0%

80,0%

Entgeltleistung

12

17

6

8

10

11

7

10

5

4

2

2

60,0%

85,0%

40,0%

47,1%

71,4%

78,6%

58,3%

76,9%

62,5%

57,1%

50,0%

28,6%

2

7

2

5

2

3

50,0% 100,0%

33,3%

83,3%

33,3%

60,0%

Serviceleistung

10

12

8

11

2

9

6

8

2

1

50,0%

60,0%

53,3%

64,7%

14,3%

64,3%

50,0%

61,5%

25,0%

14,3%

Informationsleistung

8

7

5

9

4

5

2

6

1

3

1

2

1

4

3

3

40,0%

35,0%

33,3%

52,9%

28,6%

35,7%

16,7%

46,2%

12,5%

42,9%

25,0%

28,6%

16,7%

66,7%

50,0%

60,0%

4

5

Innovationsleistung

3

6

8

16

1

3

5

10

1

3

3

6

1

5

15,0%

30,0%

53,3%

94,1%

7,1%

21,4%

41,7%

76,9%

12,5%

42,9%

75,0%

85,7%

16,7%

83,3%

1

6

2

4

16,7% 100,0%

33,3%

80,0%

6

5

Umweltleistung

9

6

9

8

0

2

1

7

3

3

2

3

45,0%

30,0%

60,0%

47,1%

0,0%

14,3%

8,3%

53,8%

37,5%

42,9%

50,0%

42,9%

20

20

15

17

14

14

12

13

8

7

4

7

N=

6

6

66,7% 100,0%

Legende: 1 = Routinebeschaffung 2 = Lieferantenwechsel 3 = Sortimentswechsel 4 = Neuprodukteinführung

Anhang A - 21: Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation nach Branchen

336

Anhang

gesamt

< 501 MA

501 - 1000 MA

Kriterien 1 Mengenleistung

2

3

4

1

2

3

4

1

2

3

4

126

60

40

52

45

20

19

18

30

13

8

13

78,8%

37,7%

32,8%

35,1%

70,3%

31,7%

38,0%

31,0%

83,3%

37,1%

28,6%

38,2%

Qualitätsleistung

116

144

95

130

43

60

38

47

26

28

22

31

72,5%

90,6%

77,9%

87,8%

67,2%

95,2%

76,0%

81,0%

72,2%

80,0%

78,6%

91,2%

Logistikleistung

96

84

42

66

33

31

16

23

23

19

11

18

60,0%

52,8%

34,4%

44,6%

51,6%

49,2%

32,0%

39,7%

63,9%

54,3%

39,3%

52,9%

Entgeltleistung

102

116

63

82

40

46

27

34

20

20

12

16

63,8%

73,0%

51,6%

55,4%

62,5%

73,0%

54,0%

58,6%

55,6%

57,1%

42,9%

47,1%

Serviceleistung

68

90

47

87

26

38

18

29

16

19

12

22

42,5%

56,6%

38,5%

58,8%

40,6%

60,3%

36,0%

50,0%

44,4%

54,3%

42,9%

64,7%

Informationsleistung

43

63

42

87

15

24

21

34

13

19

8

21

26,9%

39,6%

34,4%

58,8%

23,4%

38,1%

42,0%

58,6%

36,1%

54,3%

28,6%

61,8%

Innovationsleistung

18

59

61

121

7

19

24

45

5

14

13

28

11,3%

37,1%

50,0%

81,8%

10,9%

30,2%

48,0%

77,6%

13,9%

40,0%

46,4%

82,4%

Umweltleistung

43

44

33

54

14

17

11

17

12

9

7

12

26,9%

27,7%

27,0%

36,5%

21,9%

27,0%

22,0%

29,3%

33,3%

25,7%

25,0%

35,3%

160

159

122

148

64

63

50

58

36

35

28

34

N=

1001 - 5000 MA

Legende:

> 5000 MA

Kriterien 1

2

3

4

1

2

3

4 1 = Routinebeschaffung

Mengenleistung

Qualitätsleistung

Logistikleistung

Entgeltleistung

Serviceleistung

Informationsleistung

Innovationsleistung

Umweltleistung

N=

32

17

10

14

19

10

3

7

2 = Lieferantenwechsel

84,2%

43,6%

33,3%

37,8%

86,4%

45,5%

21,4%

36,8%

3 = Sortimentswechsel

27

36

25

35

20

20

10

17

71,1%

92,3%

83,3%

94,6%

90,9%

90,9%

71,4%

89,5%

20

23

11

19

20

11

4

6

52,6%

59,0%

36,7%

51,4%

90,9%

50,0%

28,6%

31,6%

25

31

18

19

17

19

6

13

65,8%

79,5%

60,0%

51,4%

77,3%

86,4%

42,9%

68,4%

19

21

10

23

7

12

7

13

50,0%

53,8%

33,3%

62,2%

31,8%

54,5%

50,0%

68,4%

10

16

9

21

5

4

4

11

26,3%

41,0%

30,0%

56,8%

22,7%

18,2%

28,6%

57,9%

4

19

16

31

2

7

8

17

10,5%

48,7%

53,3%

83,8%

9,1%

31,8%

57,1%

89,5%

13

13

11

15

4

5

4

10

34,2%

33,3%

36,7%

40,5%

18,2%

22,7%

28,6%

52,6%

38

39

30

37

22

22

14

19

4 = Neuprodukteinführung

Anhang A - 22: Bedeutung der Hauptkriterien in Abhängigkeit von der Entscheidungssituation nach Unternehmensgröße .

Anhang

337

gesamt Entscheidungssituation

Routinebeschaffung

Lieferantenwechsel

Sortimentswechsel

Neuprodukteinführung

N=

1

149

2

11

3

7

8

M

6

5

7,4% 12,8% 28,9% 22,8% 14,8%

6,0%

4,0%

3,4%

19

15

3

6,7% 14,1% 19,5% 20,1% 14,8% 12,8% 10,1%

2,0%

116

21

16

34

6

9

10

43

Maschinenbau

5

22

149

19

4

29

7

3

4

13,8% 20,7% 20,7% 21,6% 11,2%

6,0%

2,6%

3,4%

4 2,9%

24

22

13

139

24

30

13

25

19

13

12

9,4% 15,8% 25,9% 14,4% 13,7%

22

36

20

9,4%

8,6%

1

2

6

3,8

17,1%

2

4

11

5

1

Routinebeschaffung

2

1

3

7

8

3

0

1

0,0%

2,9%

3

5

0

8,6% 14,3%

0,0%

4

6

6

8,6% 22,9% 11,4% 17,1% 17,1% Sortimentswechsel

5

6

3

7

17,9% 21,4% 10,7% 25,0% Neuprodukteinführung

1 2,9%

2

4

4

1

0

7,1% 14,3%

2

3,6%

0,0%

2

4

12

1

5,7% 31,4% 25,7%

5,7%

8,6%

2,9%

2,9%

2

4

2

0

5,7% 11,4%

5,7%

0,0%

6

9

11

4

6

2

0

1

1

12,9% 19,4% 35,5% 19,4%

6,5%

0,0%

3,2%

3,2%

3,4

6

0

4,6

0,0%

11

9

3

3

3

3

9,7% 22,6% 29,0%

3

7

9,7%

9,7%

9,7%

9,7%

6

4

5,7% 11,4% 34,3% 17,1% 11,4%

1

2

2

3,8

3

5

4

12

6,3% 15,6% 37,5% 3

3,9

5

1

Routinebeschaffung

2

0

3

4

4

3

5

5

Lieferantenwechsel

0 0,0%

Sortimentswechsel

1

1

3

1

2

2

2

6,3%

6,3%

6,3%

3

4

1

9,4% 12,5%

3,1%

5

7

1

8

1

1 5,0%

4

4

3

2

9,7% 12,9% 16,1% 19,4% 12,9% 12,9%

9,7%

6,5%

3

4,7

M

3

1

5,0% 15,0%

5,0%

3

1

4

2

0

4,4

0,0%

1 5,0%

7,1% 3

1

1

1

1

0,0% 20,0% 40,0% 13,3%

6,7%

6,7%

6,7%

6,7%

3

3

2

1

5,9% 17,6% 23,5% 17,6% 17,6% 11,8%

5,9%

0 0,0%

1

1

2

Neuprodukteinführung

1

3

4

5

6

1

1

Routinebeschaffung

2

1

3

7

8

3,9

25,0%

0

0

0

0,0%

0,0%

1

0

0

0,0% 14,3% 14,3% 28,6% 14,3%

0,0%

0,0%

28,6% Sortimentswechsel

1

1

0

0

25,0%

0,0%

0,0%

0

1

1

Neuprodukteinführung

1

0

2

3

0

0

0

0,0% 75,0%

0,0%

0,0%

0,0%

3

0,0% 14,3% 14,3% 42,9%

0

0

2

4

5

5

7

8

3,9

4,0

3,5

4,2

M

0

0

7,1% 35,7% 42,9% 14,3%

0,0%

0,0%

0,0%

1

6

6

0

3

1

1

1

7,1% 21,4% 21,4% 21,4%

7,1%

7,1%

7,1%

3

3

0

0

0

0,0% 16,7% 33,3% 25,0%

0,0%

0,0%

0,0%

2

2

2

0

0

4,8

3

2

2

0,0% 15,4%

M

0,0%

0

2

4,6

4

1

2

2

3,6

4,3

3,3

5,2

7,7% 15,4% 15,4% 15,4% 15,4% 15,4%

Bekleidung 6

3

2

1

5

12,5% 12,5% 12,5% 25,0% 37,5% Lieferantenwechsel

1

4

3,2

0,0% 10,0%

2

1

4,7

3

Nahrung Entscheidungssituation

4

5,0%

5,0%

6

3,8

M

5

5,0% 45,0%

5,7% 11,4%

8

6

7

9

7

5,0% 25,0%

3,4

5

3

4

6

9,4% 15,6% 21,9% 15,6% 12,5%

5,0% 25,0% 20,0% 15,0% 25,0%

0

5

3,5

Fahrzeugbau 6

0,0% 20,0% 15,0% 25,0% 15,0%

5

3,1% 18,8%

Chemie Entscheidungssituation

M

1

2,9% 17,1% 25,7% 31,4%

M

8,8%

8

9

8

3

Metall 6

5

3

10

5

2,9% 14,7% 29,4% 26,5% 14,7% Lieferantenwechsel

5

4

7

2

Elektro Entscheidungssituation

6

9

1

4,1

3

2

0

0

0,0% 28,6%

0,0%

0,0%

3,6

3,6

4,0

1

2

1

1

4

1

5

7

8

M

1

0

0

0

0,0%

0,0%

0,0%

2

2

0

0,0% 33,3% 33,3% 33,3%

0,0%

0

0

0

0,0%

0,0%

0,0%

0

1

2

0 0,0%

2

6

16,7% 16,7% 16,7% 33,3% 16,7%

33,3% 4,1

3

0

1

0

0

0,0% 16,7% 16,7% 16,7% 16,7%

0,0%

0,0%

0

1

0,0% 20,0%

1

2

0

1

1

0

0,0% 40,0% 20,0% 20,0%

2

1

0,0%

Legende: 1 - 8 = Anzahl der Bewertungskriterien M = Mittelwert

Anhang A - 23: Anzahl der Hauptkriterien je Entscheidungssituation nach Branchen

3,2

6,0

3,3

5,2

338

Anhang

Anhang A - 24: Bekanntheit und Nutzung von Bewertungsverfahren nach Branchen

Anhang

339

gesamt

< 501 MA

501 - 1000 MA

1001 - 5000 MA

> 5000 MA

Verfahren N=

1

Bilanzanalyse

188

PreisEntscheidungsanalyse

188

KostenEntscheidungsanalyse

188

Optimierungsverfahren

188

2 73

3

115

1 46

2 27

3 45

1 17

2 21

3 23

1 7

2 16

3 30

1 10

2 9

3 17

12

38,8% 61,2% 40,0% 37,5% 62,5% 37,8% 47,7% 52,3% 30,4% 34,8% 65,2% 33,3% 34,6% 65,4% 70,6% 52

136

123

21

51

47

11

33

30

12

34

28

8

18

18

27,7% 72,3% 90,4% 29,2% 70,8% 92,2% 25,0% 75,0% 90,9% 26,1% 73,9% 82,4% 30,8% 69,2% 100,0% 71

117

94

25

47

40

18

26

22

17

29

19

11

15

13

37,8% 62,2% 80,3% 34,7% 65,3% 85,1% 40,9% 59,1% 84,6% 37,0% 63,0% 65,5% 42,3% 57,7% 86,7% 121

67

41

41

31

19

30

14

11

34

12

4

16

10

7

64,4% 35,6% 61,2% 56,9% 43,1% 61,3% 68,2% 31,8% 78,6% 73,9% 26,1% 33,3% 61,5% 38,5% 70,0% Kennzahlenverfahren

188

Profilanalyse

188

64

124

66

22

50

27

17

27

17

16

30

12

9

17

10

34,0% 66,0% 53,2% 30,6% 69,4% 54,0% 38,6% 61,4% 63,0% 34,8% 65,2% 40,0% 34,6% 65,4% 58,8% 129

59

21

52

20

7

31

13

3

31

15

5

15

11

6

68,6% 31,4% 35,6% 72,2% 27,8% 35,0% 70,5% 29,5% 23,1% 67,4% 32,6% 33,3% 57,7% 42,3% 54,5% Checklistenverfahren

188

74

114

76

31

41

25

16

28

20

15

31

21

12

14

10

39,4% 60,6% 66,7% 43,1% 56,9% 61,0% 36,4% 63,6% 71,4% 32,6% 67,4% 67,7% 46,2% 53,8% 71,4% Portfolio-Analyse

188

85

103

49

33

39

17

24

20

12

18

28

9

10

16

11

45,2% 54,8% 47,6% 45,8% 54,2% 43,6% 54,5% 45,5% 60,0% 39,1% 60,9% 32,1% 38,5% 61,5% 68,8% Notensystem

188

76

112

68

31

41

20

18

26

17

18

28

18

9

17

13

40,4% 59,6% 60,7% 43,1% 56,9% 48,8% 40,9% 59,1% 65,4% 39,1% 60,9% 64,3% 34,6% 65,4% 76,5% Höchstpunktzahlverfahren

188

Prozentbewertungsverfahren

188

Scoring-Modell

188

86

102

61

36

36

19

20

24

16

19

27

18

11

15

8

45,7% 54,3% 59,8% 50,0% 50,0% 52,8% 45,5% 54,5% 66,7% 41,3% 58,7% 66,7% 42,3% 57,7% 53,3% 100

88

46

42

30

16

24

20

11

22

24

12

12

14

7

53,2% 46,8% 52,3% 58,3% 41,7% 53,3% 54,5% 45,5% 55,0% 47,8% 52,2% 50,0% 46,2% 53,8% 50,0% 127

61

19

53

19

5

33

11

4

26

20

5

15

11

5

67,6% 32,4% 31,1% 73,6% 26,4% 26,3% 75,0% 25,0% 36,4% 56,5% 43,5% 25,0% 57,7% 42,3% 45,5% Nutzwertanalyse

188

119

69

29

45

27

11

32

12

6

28

18

6

14

12

6

63,3% 36,7% 42,0% 62,5% 37,5% 40,7% 72,7% 27,3% 50,0% 60,9% 39,1% 33,3% 53,8% 46,2% 50,0% Fuzzy Logic/ Expertensysteme

188

149

39

9

58

14

2

37

7

4

36

10

1

18

8

2

79,3% 20,7% 23,1% 80,6% 19,4% 14,3% 84,1% 15,9% 57,1% 78,3% 21,7% 10,0% 69,2% 30,8% 25,0%

Legende: 1 = nicht bekannt 2 = bekannt 3 = bekannt + genutzt

Maschinenbau

Elektro

Metall

Chemie

Fahrzeugbau

Nahrung

Bekleidung

Anhang A - 25: Bekanntheit und Nutzung von Bewertungsverfahren nach Unternehmensgröße

15 33,3% 17 37,8% 13 28,9%

12 29,3% 18 43,9% 11 26,8%

6 18,8% 14 43,8% 12 37,4%

8 36,4% 5 22,7% 9 40,9%

4 28,6% 3 21,4% 7 50,0%

4 40,0% 4 40,0% 2 20,0%

5 62,5% 2 25,0% 1 12,5%

N=

45

41

32

22

14

10

8

Mittelwert

6,9

6,6

7,7

6,9

8,6

6,8

3,9

Anzahl der bekannten Verfahren 8

Anhang A - 26: Anzahl der bekannten Verfahren nach Branchen

340

Anhang

Anzahl der bekannten Verfahren

< 501 MA

8

15 34,1% 18 40,9% 11 25,0%

> 5000 MA

14 30,4% 16 34,8% 16 34,8%

8 30,8% 7 26,9% 11 42,3%

N=

72

44

46

26

Mittelwert

6,8

6,5

7,3

7,5

28 70,0% 11 27,5% 1 2,5%

20 62,5% 8 25,0% 4 12,5%

14 66,7% 4 19,0% 3 14,3%

5 35,7% 7 50,0% 2 14,3%

Bekleidung

28 65,1% 11 25,6% 4 9,3%

Nahrung

Fahrzeugbau

>8

Chemie

5-8

Metall

8

Anhang A - 29: Anzahl der genutzten Verfahren nach Unternehmensgröße

Anhang

341

Merkmale ab 12 Uhr im Uhrzeigersinn

Lieferant 1

Lieferant 2

Lieferant 3

Lieferant 4

Lieferant 5

Lieferant 6

Lieferant 7

Lieferant 8

Lieferant 9

Lieferant 10

Lieferant 11

Lieferant 12

Lieferant 13

Lieferant 14

Lieferant 15

Lieferant 16

Lieferant 17

Lieferant 18

Lieferant 19

Preis Menge Qualität Logistik Service

Lieferant 20

Ideallieferant

Anhang A - 30: Sterndiagramme in der Lieferantenvorauswahl

342

Anhang

80

%

70 60 50 40 30 20 10 0 Kostenanalyse

Hohe Menge

ISO 9000:2000

ja

60

Recyclingsbereitschaft

Kooperation zur Kooperationsbereitschaft Zusammenarbeit

nein

%

50

40

30

20

10

0 Lieferleistung

Kundendienst

sehr schlecht

Objektgarantie

schlecht

Nachkaufgarantie F&E Kapazitäten

mittel

gut

Umweltvertäglichkeit

sehr gut

Anhang A - 31: Häufigkeitsauszählungen in der Lieferantenauswahl

Anhang

343

30

%

25

20

15

10

5

0 Technologische Kompetenz sehr schlecht

schlecht

mittel

hoch

sehr hoch

(A-31: Häufigkeitsaufzählungen in der Lieferantenauswahl – Fortsetzung)

344

Preis Zahlungsziel Konditionengestaltung Kostenanalyse Mengenflexibilität Mindestliefermenge Hohe Menge Qualitätsniveau der Produkte Erfahrung des Lieferanten Mitarbeiterqualifikation ISO 9000 : 2000 Technologiestand des Lieferanten Ortsleistung Lieferleistung Zeitleistung Kundendienst Objektgarantie Nachkaufsicherheit Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Recyclingbereitschaft Umweltverträglichkeit Kooperation zur Zusammenarbeit www-Angebot

Preis Zahlungsziel Konditionengestaltung Kostenanalyse Mengenflexibilität Mindestliefermenge Hohe Menge Qualitätsniveau der Produkte Erfahrung des Lieferanten Mitarbeiterqualifikation ISO 9000 : 2000 Technologiestand des Lieferanten Ortsleistung Lieferleistung Zeitleistung Kundendienst Objektgarantie Nachkaufsicherheit Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Recyclingbereitschaft Umweltverträglichkeit Kooperation zur Zusammenarbeit www-Angebot

Anhang

Preis

Zahlungsziel

Konditionengestaltung

Kostenanalyse

Mengenflexibilität

Mindestliefermenge

Hohe Menge

1

0,8434

0,777

0,2204

0,8395

-0,9478

-0,7435

0,8434 0,777 0,2204 0,8395 -0,9478 -0,7435

1 -0,6999 -0,5095 -0,8846 0,8473 0,4961

-0,6999 1 0,6088 0,859 -0,7009 -0,513

-0,5095 0,6088 1 0,6794 -0,3118 0,0913

-0,8846 0,859 0,6794 1 -0,8473 -0,3721

0,8473 -0,7009 -0,3118 -0,8473 1 0,6831

0,4961 -0,513 0,0913 -0,3721 0,6831 1

0,7739

-0,8006

0,596

0,4714

0,8807

-0,8819

-0,2582

0,062

-0,3346

0,5244

0,9592

0,5284

-0,194

0,1704

-0,1682 0,0868

-0,1923 -0,3721

0,2545 0,2052

0,9058 0,7303

0,3462 0,4961

0 -0,3416

0,3721 0,3

-0,0204

-0,1632

0,4049

0,8807

0,4079

-0,1498

0,1316

0,2697 -0,2808 0,1014 0,2243 0,8835 0,8145

-0,6292 0,6392 -0,4946 -0,4237 -0,7338 -0,6974

0,4337 -0,4553 0,5035 0,5257 0,9105 0,949

0,7361 -0,7057 0,728 0,9354 0,5401 0,596

0,492 -0,4794 0,4185 0,6355 0,9172 0,8773

-0,4062 0,3912 -0,0898 < -0,866 -0,7434

-0,2601 0,2863 0,0613 -0 -0,5916 -0,5804

-0,3575

0,1173

-0,2927

0,1726

-0,2901

0,3205

-0,0731

-0,5028

0,2491

-0,0412

0,6233

-0,0996

0,4115

0,3614

0,6406

-0,797

0,8241

0,8799

0,9465

-0,6859

-0,2008

0,058 0,836

-0,1132 -0,6974

-0,0468 0,6885

0,4167 0,3642

0,2831 0,8773

-0,3118 -0,8673

0,0913 -0,3265

0,2204

-0,5095

0,6088

1

0,6794

-0,3118

0,0913

-0,2344

0,5624

-0,2233

-0,3311

-0,225

0,2478

0,4353

Qualitätsniveau der Produkte

Erfahrung des Lieferanten

Mitarbeiterqualifikation

ISO 9000 : 2000

Ortsleistung

Lieferleistung

0,7739 -0,8006 0,5960 0,4714 0,8807 -0,8819 -0,2582

0,062 -0,3346 0,5244 0,9592 0,5284 -0,1940 0,1704

-0,1682 -0,1923 0,2545 0,9058 0,3462 0,0000 0,3721

0,0868 -0,3721 0,2052 0,7303 0,4961 -0,3416 0,3000

0,2697 -0,6292 0,4337 0,7361 0,4920 -0,4062 -0,2601

-0,2808 0,6392 -0,4553 -0,7057 -0,4794 0,3912 0,2863

Technologiestand des Lieferanten -0,0204 -0,1632 0,4049 0,8807 0,4079 -0,1498 0,1316

1

0,3666

0,2402

0,6455

0,2831

0,3694

-0,3326

0,3666 0,2402 0,6455

1 0,9510 0,7667

0,9510 1 0,8062

0,7667 0,8062 1

0,9465 0,9247 0,7455

0,7239 0,6856 0,5853

-0,6911 -0,6392 -0,5153

0,2831

0,9465

0,9247

0,7455

1

0,6331

-0,5775

0,3694 -0,3326 0,1584 0,4410 0,7638 0,6088 -0,4712

0,7239 -0,6911 0,7143 0,8730 0,4200 0,4635 0,1403

0,6856 -0,6392 0,6468 0,8473 0,1834 0,2250 0,2983

0,5853 -0,5153 0,3681 0,6831 0,2958 0,1814 -0,0731

0,6331 -0,5775 0,4842 0,8987 0,3892 0,4136 0,2488

1 -0,9942 0,7683 0,6410 0,3518 0,3821 0,4141

-0,9942 1 -0,8079 -0,5867 -0,3388 -0,3843 -0,4018

-0,3111

0,6843

0,7970

0,3614

0,7749

0,4179

-0,3794

0,7777 0,4714 0,9366

0,7641 0,4148 0,2472

0,6227 0,5095 0,0675

0,6426 0,7303 0,4353

0,6516 0,6005 0,1909

0,6425 0,2612 0,1227

-0,6209 -0,1568 -0,0935

0,4714

0,9592

0,9058

0,7303

0,8807

0,7361

-0,7057

-0,0468

-0,2575

-0,2475

-0,0725

-0,1432

-0,8162

0,8516

Anhang A - 32: Korrelationsmatrix in der Lieferantenauswahl

Anhang

345

Preis Zahlungsziel Konditionengestaltung Kostenanalyse Mengenflexibilität Mindestliefermenge Hohe Menge Qualitätsniveau der Produkte Erfahrung des Lieferanten Mitarbeiterqualifikation ISO 9000 : 2000 Technologiestand des Lieferanten Ortsleistung Lieferleistung Zeitleistung Kundendienst Objektgarantie Nachkaufsicherheit Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Recyclingbereitschaft Umweltverträglichkeit Kooperation zur Zusammenarbeit www-Angebot

Preis Zahlungsziel Konditionengestaltung Kostenanalyse Mengenflexibilität Mindestliefermenge Hohe Menge Qualitätsniveau der Produkte Erfahrung des Lieferanten Mitarbeiterqualifikation ISO 9000 : 2000 Technologiestand des Lieferanten Ortsleistung Lieferleistung Zeitleistung Kundendienst Objektgarantie Nachkaufsicherheit Umsatz Technologische Kompetenz F&E Kapazitäten Recyclingbereitschaft Umweltverträglichkeit Kooperation zur Zusammenarbeit www-Angebot

Zeitleistung

Kundendienst

Objektgarantie

0,1014 -0,4946 0,5035 0,728 0,4185 -0,0898 0,0613

0,2243 -0,4237 0,5257 0,9354 0,6355 -0,3333 -0

0,8835 -0,7338 0,9105 0,5401 0,9172 -0,866 -0,5916

Nachkaufsicherheit 0,8145 -0,6974 0,949 0,596 0,8773 -0,7434 -0,5804

-0,3575 0,1173 -0,2927 0,1726 -0,2901 0,3205 -0,0731

Technologische Kompetenz -0,5028 0,2491 -0,0412 0,6233 -0,0996 0,4115 0,3614

F&E Kapazitäten 0,6406 -0,797 0,8241 0,8799 0,9465 -0,6859 -0,2008

0,1584

0,441

0,7638

0,7143 0,6468 0,3681

0,873 0,8473 0,6831

0,42 0,1834 0,2958

0,6088

-0,4712

-0,3111

0,7777

0,4635 0,225 0,1814

0,1403 0,2983 -0,0731

0,6843 0,797 0,3614

0,7641 0,6227 0,6426

0,4842

0,8987

0,7683 -0,8079 1 0,4789 0,2074 0,3338 0,1782

0,641 -0,5867 0,4789 1 0,5774 0,6195 0,3125

0,3892

0,4136

0,2488

0,7749

0,6516

0,3518 -0,3388 0,2074 0,5774 1 0,9657 -0,2846

0,3821 -0,3843 0,3338 0,6195 0,9657 1 -0,1492

0,4141 -0,4018 0,1782 0,3125 -0,2846 -0,1492 1

0,4179 -0,3794 0,3942 0,6859 -0,1188 0,0146 0,6676

0,6425 -0,6209 0,5913 0,8231 0,8316 0,8304 -0,1119

0,3942

0,6859

-0,1188

0,0146

0,5913 -0,224 -0

0,8231 0,6236 0,3717

0,8316 0,27 0,8584

0,8304 0,1325 0,7237

0,6676

1

0,2097

-0,1119 0,1726 -0,6042

0,2097 0,3666 -0,3933

1 0,3666 0,7284

Umsatz

0,728

0,9354

0,5401

0,596

0,1726

0,6233

0,8799

-0,6453

-0,2478

-0,1073

-0,1974

-0,5994

-0,1894

-0,2914

Recyclingbereitschaft 0,0580 -0,1132 -0,0468 0,4167 0,2831 -0,3118 0,0913

Umweltverträglichkeit 0,8360 -0,6974 0,6885 0,3642 0,8773 -0,8673 -0,3265

Kooperation zur Zusammenarbeit 0,2204 -0,5095 0,6088 1 0,6794 -0,3118 0,0913

www-Angebot -0,2344 0,5624 -0,2233 -0,3311 -0,225 0,2478 0,4353

0,4714

0,9366

0,4714

-0,0468

0,4148 0,5095 0,7303

0,2472 0,0675 0,4353

0,9592 0,9058 0,7303

-0,2575 -0,2475 -0,0725

0,6005

0,1909

0,8807

-0,1432

0,2612 -0,1568 -0,224 0,6236 0,27 0,1325 0,1726

0,1227 -0,0935 -0 0,3717 0,8584 0,7237 -0,6042

0,7361 -0,7057 0,728 0,9354 0,5401 0,596 0,1726

-0,8162 0,8516 -0,6453 -0,2478 -0,1073 -0,1974 -0,5994

0,3666

-0,3933

0,6233

-0,1894

0,3666 1 0,3642

0,7284 0,3642 1

0,8799 0,4167 0,3642

-0,2914 0,1325 0,1711

0,4167

0,3642

1

-0,3311

0,1325

0,1711

-0,3311

1

(A-32: Korrelationsmatrix in der Lieferantenauswahl – Fortsetzung)

346

Anhang

Merkmale ab 12 Uhr in Uhrzeigersinn PREIS ZAHLZIEL KONDIT KOSTENAN MENGFLEX MINDLIEF HÖHEMENG QUALITÄT ERFAHRUNG MAQUALI ISO TECHNOLO ORTSLEIS LIEFERLE ZEITLEIS KUNDENDI OBJEKTGA NACHKAUF UMSATZ TECHKOMP F&E KAPA RECYCLING UMWELTVE KOOPERAT WWW-ANGE

Lieferant 1

Lieferant 2

Lieferant 6

Lieferant 9

Lieferant 18

Ideallieferant

Lieferant 7

Anhang A - 33: Sterndiagramme der Lieferantenbewertung und -auswahl

Anhang

347

Punktzahl je Erfüllung des Kriteriums

Kriterien

Lieferant Gewicht

Mengenleistung Mengenflexibilität sehr gut gut mittel

1

2

6

7

9

18

Ideal

4,60

4,60

2,40

3,00

3,20

2,40

4,60

40%

5

5

5

3

4

5

5

40%

4

4

5

2

4

5

4

20%

5

5

1

5

5

1

5

5 4

schlecht

3 2

sehr schlecht

1

Mindestliefermenge 0-250 251-500

5 4

501-750

3

751-1000 >1000

2 1

ja nein

5 1

hohe Menge

Qualitätsleistung Qualitätsniveau der Produkte sehr gut gut

5 4

mittel

3

schlecht sehr schlecht

2 1

Erfahrung des Lieferanten sehr hoch hoch

5 4

mittel

3

gering

2

sehr gering Mitarbeiterqualifikation

1

sehr gut gut mittel

5 4 3

schlecht

2

sehr schlecht

1

ja nein

5 1

sehr hoch hoch

5 4

mittel schlecht

3 2

sehr schlecht

1

ISO 9000:2000

Technologiestand

4,70

4,86

5,00

2,70

4,10

3,05

5,00

40%

5

5

5

3

5

5

5

15%

4

5

5

2

2

1

5

15%

5

5

5

4

4

3

5

15%

5

5

5

1

5

1

5

15%

4

4

5

3

3

2

5

Entgeltleistung Angebotspreis