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German Pages 245 Year 2007
Timo Grünert Mergers & Acquisitions in Unternehmungskrisen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Strategische Unternehmungsführung Herausgegeben von Professor Dr. Wilfried Krüger Lehrstuhl für Organisation – Unternehmungsführung – Personalwirtschaft, Universität Gießen
Gegenstand dieser Schriftenreihe sind Fragestellungen, die den Erfolg und die Existenz von Unternehmungen nachhaltig prägen und daher im Mittelpunkt der Theorie und Praxis der strategischen Unternehmungsführung stehen. Dazu gehören die Analyse und Gestaltung externer Beziehungen ebenso wie das Management der internen Potenziale und der erforderlichen Wandlungs- und Erneuerungsprozesse. Ziel ist es, Beiträge für eine anwendungsorientierte Theorie zu liefern und eine theorieorientierte Praxis bei der Problembewältigung zu unterstützen.
Timo Grünert
Mergers & Acquisitions in Unternehmungskrisen Krisenbewältigung durch Synergierealisation
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Wilfried Krüger
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Gießen, 2006
1. Auflage Januar 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0474-0
Geleitwort
V
Geleitwort Beteiligungserwerb und Übernahmen sind ein in Theorie wie Praxis unverändert aktuelles Thema. Während sich die meisten Untersuchungen bisher auf die Frage konzentrierten, ob und unter welchen Bedingungen M&A-Strategien erfolgreich sind, geht der Autor der vorliegenden Studie einer anderen Fragestellung nach. Aus der Sicht des Akquisiteurs sind Übernahmen typischerweise Ausdruck einer Wachstumsstrategie. Herr Grünert untersucht dagegen, ob M&A-Aktivitäten auch als Teil einer Krisenbewältigungsstrategie eingesetzt werden können. M&A-Maßnahmen wären dann in gewisser Weise eine „Flucht nach vorne“. Diese bisher kaum untersuchte, originelle Fragestellung weckt die Neugierde des Lesers. Die konzeptionellen Grundlagen dieser empirischen Studie bestehen in einer Zusammenführung der Krisentheorie und der M&A-Theorie. Auf der einen Seite werden zwei M&AGrundstrategien unterschieden: kostenorientierte Konsolidierung einerseits und leistungsorientiertes Wachstum andererseits. Beide Strategien lassen sich getrennt voneinander, aber auch kombiniert realisieren. Eine Kombination würde bedeuten, dass der Akquisiteur gleichzeitig Kosten- und Umsatzsynergien realisieren will. Diese für die Praxis wesentlichen Ziele von M&A-Vorhaben weisen auf der anderen Seite Parallelen zum Management von Ertragskrisen auf. Ertragskrisen, als eine besonders relevante Krisenform, sind langfristig nicht allein durch Maßnahmen zur Kostensenkung zu beheben. Vielmehr müssen sich Kostensenkungs- und Umsatzsteigerungsmaßnamen ergänzen, um einen Turnaround dauerhaft erfolgreich zu gestalten. Aus einer Analyse der verschiedenen Querbeziehungen leitet der Autor ein Krisen-M&AModell ab. Dort wird auf sehr einleuchtende Weise ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Grundstrategien der Krisenbewältigung und den erwähnten M&A-Strategien hergestellt. Je nachdem, ob der Fokus der Krisenbewältigung eher auf „Stabilisierung“, „Restrukturierung“ oder „Strategische Repositionierung“ gerichtet ist, kommen – analytisch gesehen – andere M&A-Strategien in Betracht. Für die empirische Prüfung der Zusammenhänge greift der Autor auf die Methode der Ereignisstudie zurück. Es geht also darum, M&A-Maßnahmen als kursbestimmende Ereignisse anzusehen und den Effekt (Erfolg) dieser Maßnahmen durch die Ermittlung sog. abnormaler Renditen zu bestimmen. Fokus der Untersuchung ist die Perspektive des Akquisiteurs. Hierfür werden Daten aus dem deutschen wie dem US-amerikanischen Aktienmarkt ausgewertet. Der relevante Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre 1997 bis 2004. Tatsächlich lassen
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Geleitwort
sich Fälle identifizieren, in denen Unternehmen zur Krisenbewältigung M&A-Maßnahmen durchführen. Dass in dem Untersuchungszeitraum nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Fällen auftrat, ist nicht der Untersuchung, sondern der Seltenheit dieser Strategie geschuldet. Dennoch erscheinen die Ergebnisse plausibel und weitgehend verallgemeinerungsfähig. Es zeigt sich u.a., dass ein umfassendes Krisenmanagement regelmäßig mit internen Anpassungen beginnt und M&A-Maßnahmen erst danach durchgeführt werden. Dazu passt der Befund, dass kostenorientierte Konsolidierungsstrategien eher selten den Hintergrund der Akquisition bilden, leistungsorientierte Wachstumsstrategien sowie duale Strategien also dominieren. Besonders bemerkenswert sind die Veränderungen der abnormalen Renditen. Über das gesamte Sample war eine deutliche Renditesteigerung festzustellen. Zusammenschlüsse in Situationen der Ertragskrise lassen sich also klar als wertschaffende Vorgänge einstufen. Die mit anderen Studien verglichen hohe Wertsteigerung wird von Herrn Grünert u.a. damit erklärt, dass schwierige Unternehmungssituationen eine Art „erzieherischen Einfluss“ auf die Handlungen des Top-Managements ausüben. Durch die mehr oder weniger bedrohliche Ausgangslange werden Investitionsentscheidungen kritischer geprüft und tendenziell eher dann umgesetzt, wenn ein deutlicher Mehrwert zu erwarten ist. Dieser Gesamteindruck wird allerdings dadurch relativiert, dass eine Teilstichprobe der Untersuchung negative Kursreaktionen aufwies. Es gibt also auch in Krisenfällen Zusammenschlüsse, die Wert vernichten. Weitere Auswertungen zeigen u.a. einen speziellen Größeneffekt. So sind die Erfolgsaussichten für große akquirierende Unternehmungen im Vergleich zu denen kleiner Akquisiteure deutlich schlechter zu beurteilen. Eine mögliche Erklärung hierfür liegt in der Erwartung eines übermäßigen Anstiegs von Komplexitätskosten bei großen Zusammenschlüssen. Interessant ist auch die Auswertung hinsichtlich der verfolgten Grundstrategien. Die Börse beurteilt Zusammenschlüsse, die auf Kostensynergien abzielen, positiver als solche, die primär auf Erzielung von Umsatzsynergien ausgerichtet sind.
Dem Verfasser gelingt es, die teilweise komplexe Materie dieser ganz eigenständigen Studie transparent und sehr plastisch darzustellen. Neben einer wohltuenden Konzentration auf das Wesentliche fällt an der Arbeit auch besonders positiv auf, dass Herr Grünert sein Vorgehen und seine Ergebnisse kritisch zu reflektieren im Stande ist. Auf die Weise werden die gewonnenen Erkenntnisse immer wieder hinterfragt, wodurch ihr Stellenwert allerdings keineswegs gemindert wird.
Geleitwort
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Mit dieser interessanten und sehr gut lesbaren Studie wird ein gut fokussierter Beitrag zur Krisen- wie zur M&A-Problematik geleistet. Der Praxis des M&A-Managements wie der des Krisenmanagements bieten sich zahlreiche umsetzbare Denkanstöße, die Theorie wird auf bedeutsame weiterführende Forschungsfragen aufmerksam gemacht.
Prof. Dr. Wilfried Krüger
Vorwort
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Vorwort Rückblickend betrachtet, so scheint es, war es ja dann doch alles gar nicht so schwierig. Meint man zumindest, heute. Die Wahrheit ist allerdings eine andere. Nicht zuletzt aus diesem Grund, ist das Verfassen dieses Vorwortes, am Ende meines universitären Ausbildungsweges, ein Privileg, weil ich hiermit denjenigen danken kann, die diesen Weg maßgeblich begleitet und unterstützt haben. An erster Stelle gebührt mein außerordentlicher Dank meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Wilfried Krüger. Ich danke ihm für die Herzlichkeit, mit der er mich an seinem Lehrstuhl aufgenommen hat, für die großen Freiheiten, die er mir bei der Bearbeitung meines Themas gewährte und für die große Unterstützung, die er mir in jeder Phase meines Forschungsprozesses zuteil werden ließ. Die Tatsache, dass ich zum Abschluss meiner universitären Laufbahn mit einem so klugen und weitsichtigen, engagierten und netten akademischen Lehrer zusammenarbeiten durfte, kann ich wirklich nur als großes Glück bezeichnen. Herrn Professor Dr. Martin Glaum danke sehr ich für seine Bereitschaft, das Korreferat zu übernehmen, den Herren Professor Dr. Morlock und Professor Dr. Meckl danke ich für ihr Mitwirken an der mündlichen Prüfung. Des Weiteren möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls OFP herzlich dafür danken, dass sie mir die Integration in das bestehende Doktoranten-Team so leicht gemacht und meine Arbeit mit vielen guten und hilfreichen Anregungen unterstützt haben. Herrn Dr. Michael Burkert danke ich sehr für die fachlichen und wissenschaftstheoretischen Diskussionen und Ratschläge sowie für die zahlreichen Aufmunterungsversuche, die glücklicherweise meistens (kurzzeitig) erfolgreich waren. Danken möchte ich auch Herrn Dr. Reiner Specht, der mich bei meinen ersten beruflichen Schritten maßgeblich förderte, und der mir vor und während der Dissertation in so manchem motivierenden Gespräch wegweisende Orientierung gegeben hat.
Bleibt schließlich noch der Dank an meine Familie, der mit Worten im Grunde nicht auszudrücken ist. Meiner Schwester danke ich dabei zunächst für das äußerst gewissenhafte Korrekturlesen dieser Arbeit, darüber hinaus aber, in einem ganz anderen Maßstab, insbesondere auch dafür, dass sie ein so wunderbarer Mensch ist. Zwei anderen wunderbaren und ganz wichtigen Menschen in meinem Leben, meiner Mutter und meiner Oma, danke ich für ihre
X
Vorwort
tiefe Liebe, die mir seit jeher eine Menge Kraft gibt und meinem Leben ein außergewöhnlich hohes Maß an Sicherheit und Stabilität verleiht.
Widmen möchte ich diese Arbeit meinem Vater, der mich auch in komplizierteren Lebenssituationen immer kompromisslos in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt hat, auch wenn dies mit eigenem Verzicht verbunden war. Das schreibt sich so schnell und ist doch so wahr und schließlich auch das, was uns ewig verbinden wird. Dir, lieber Papi, verdanke ich, dass meine zurückliegenden 30 Lebensjahre unbeschwert und glücklich waren – mehr geht einfach nicht – danke!
Timo Grünert
Inhaltsübersicht
XI
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht .....................................................................................................................XI Inhaltsverzeichnis...............................................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................XIX Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................XXIII Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... XXV A Einleitung ........................................................................................................................... 1 1 Problemstellung und Zielsetzung .................................................................................. 1 2 Forschungskonzeption und Aufbau der Arbeit ............................................................. 5 B Grundlegung ...................................................................................................................... 9 1 Unternehmungskrisen.................................................................................................... 9 2 Mergers&Acquisitions ................................................................................................ 26 C Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken ...................................................................................................... 51 1 Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie.......................................... 51 2 Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken............................ 79 D Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung.... 101 1 Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen................................................................. 101 2 Ergebnisse vergangener Studien zum M&A-Erfolg ................................................. 126 3 Operationalisierung und resultierende Datenbasis der eigenen empirischen Untersuchung............................................................................................................. 134 E Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung ............................. 155 1 Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen............................. 155 2 Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung ............ 163 F Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick........................................................ 193 1 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................ 193 2 Restriktionen der Untersuchung und Ausblick ......................................................... 204 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 205
Inhaltsverzeichnis
XIII
Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht .....................................................................................................................XI Inhaltsverzeichnis...............................................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................XIX Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................XXIII Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... XXV A Einleitung ........................................................................................................................... 1 1 Problemstellung und Zielsetzung .................................................................................. 1 2 Forschungskonzeption und Aufbau der Arbeit ............................................................. 5 B Grundlegung ...................................................................................................................... 9 1 Unternehmungskrisen.................................................................................................... 9 1.1 Begriff der Unternehmungskrise ........................................................................... 9 1.2 Klassifikation von Unternehmungskrisen ........................................................... 10 1.2.1 Möglichkeiten der Krisenklassifikation .................................................... 10 1.2.2 Klassifikation nach verfehltem Unternehmungsziel ................................. 11 1.2.2.1 Strategische Krisen........................................................................ 11 1.2.2.2 Erfolgskrisen ................................................................................. 12 1.2.2.3 Liquiditätskrisen............................................................................ 13 1.2.3 Klassifikation nach Krisenintensität.......................................................... 14 1.2.4 Klassifikation nach Krisenursache ............................................................ 15 1.3 Begriffliche Grundlagen zum Krisenmanagement.............................................. 21 1.3.1 Definition Krisenmanagement .................................................................. 21 1.3.2 Abgrenzung zu verwandten Begriffen ...................................................... 23 2 Mergers&Acquisitions ................................................................................................ 26 2.1 Definition und Eingrenzung des M&A-Begriffs................................................. 26 2.2 Klassifikation von M&A-Maßnahmen................................................................ 29 2.2.1 Differenzierung nach leistungswirtschaftlicher Verwandtschaft der beteiligten Unternehmungen ..................................................................... 29 2.2.2 Differenzierung nach Unterstützung des Managements der Zielunternehmung ..................................................................................... 31
XIV
Inhaltsverzeichnis
2.2.3 Differenzierung nach resultierendem Autoritätsverhältnis ....................... 32 2.2.4 Weitere Differenzierungskriterien............................................................. 33 2.3 M&A-Motivationstheorien.................................................................................. 34 2.3.1 Strukturierung der Motivationstheorien .................................................... 34 2.3.2 Synergietheorien........................................................................................ 35 2.3.2.1 Positive Synergieeffekte................................................................ 35 2.3.2.2 Negative Synergieeffekte .............................................................. 40 2.3.3 Managertheorien........................................................................................ 41 2.3.4 Fehlbewertungstheorien ............................................................................ 43 2.4 Division von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target ................... 45 2.4.1 Relevanz des Kaufpreises.......................................................................... 45 2.4.2 Relevanz der Akquisitionswährung........................................................... 48 2.5 Zwischenfazit ...................................................................................................... 50 C Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken ...................................................................................................... 51 1 Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie.......................................... 51 1.1 M&A-Grundstrategien ........................................................................................ 51 1.1.1 Einleitende Bemerkungen ......................................................................... 51 1.1.2 M&A-Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung .................. 52 1.1.3 M&A-Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums..................... 55 1.1.4 Strategie der parallelen Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien ....................................................................................... 58 1.2 Basiserkenntnisse zum Management von Ertragskrisen ..................................... 61 1.3 M&A-Grundstrategien innerhalb des Krisenmanagements ................................ 66 1.3.1 Mergers&Acquisitions zur Stabilisierung der Krisensituation ................. 67 1.3.2 Mergers&Acquisitions zur effizienzorientierten Restrukturierung........... 68 1.3.3 Mergers&Acquisitions zur grundlegenden strategischen Repositionierung ....................................................................................... 69 1.3.4 Anmerkungen zur Integrationsproblematik bei Krisen-M&As................. 74 1.4 Krisen-M&A-Modell........................................................................................... 76 2 Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken............................ 79 2.1 Alternative Formen von Krisen-M&As .............................................................. 79
Inhaltsverzeichnis
XV
2.2 Chancen und Risiken einzelner M&A-Strategien ............................................... 80 2.2.1 Die Krisenunternehmung als Target.......................................................... 80 2.2.1.1 Allgemeine Anmerkungen ............................................................ 80 2.2.1.2 Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen......................... 81 2.2.1.3 Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen .................................... 83 2.2.2 Die Krisenunternehmung als Akquisiteur ................................................. 85 2.2.2.1 Allgemeine Anmerkungen ............................................................ 85 2.2.2.2 Möglichkeiten der Zusammenschlussfinanzierung für Krisenunternehmungen ................................................................. 87 2.2.2.3 Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen......................... 90 2.2.2.4 Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen .................................... 95 2.3 Zwischenfazit ...................................................................................................... 98 D Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung.... 101 1 Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen................................................................. 101 1.1 Einleitende Bemerkungen ................................................................................. 101 1.2 Alternative Methoden der Erfolgsmessung....................................................... 102 1.2.1 Expertenbefragung .................................................................................. 102 1.2.2 Analyse von Wiederverkaufsraten .......................................................... 103 1.2.3 Jahresabschlussorientierte Erfolgsmessung ............................................ 104 1.2.4 Kapitalmarktorientierte Erfolgsmessung................................................. 106 1.3 Details zur Erfolgsmessung mittels Ereignisstudien ......................................... 107 1.3.1 Das Konzept der abnormalen Rendite..................................................... 107 1.3.1.1 Grundprinzip ............................................................................... 107 1.3.1.2 Messung der abnormalen Renditen ............................................. 110 1.3.1.3 Signifikanzprüfung...................................................................... 114 1.3.2 Voraussetzungen für die valide Messung abnormaler Renditen ............. 118 1.3.2.1 Markt- und informationsseitige Voraussetzungen ...................... 118 1.3.2.2 Voraussetzungen innerhalb des Marktmodells............................ 122
XVI
Inhaltsverzeichnis
2 Ergebnisse vergangener Studien zum M&A-Erfolg ................................................. 126 2.1 Einleitende Bemerkungen ................................................................................. 126 2.2 Ergebnisse kapitalmarktorientierter Untersuchungen ....................................... 126 3 Operationalisierung und resultierende Datenbasis der eigenen empirischen Untersuchung............................................................................................................. 134 3.1 Grundsätzliche Ausrichtung der eigenen Untersuchung ................................... 134 3.1.1 Fokus: Akquisiteure ................................................................................ 134 3.1.2 Ziel: Repräsentative Samplebildung ....................................................... 135 3.2 Schritte der Samplebildung ............................................................................... 136 3.2.1 Kriterium 1: Vorliegen einer Ertragskrise unmittelbar vor Zusammenschluss.................................................................................... 136 3.2.1.1 Auswahl des Kriteriums zur Identifikation von Ertragskrisen.... 136 3.2.1.2 Konkretisierung der Kennzahl/ Festlegung der kritischen Hürde .......................................................................... 140 3.2.2 Kriterium 2: Wesentliche Fusion bzw. Übernahme durchgeführt .......... 142 3.2.3 Kriterium 3: Kursbasierte Erfolgsanalyse durchführbar ......................... 144 3.3 Auswahl des Prognosemodells für die erwarteten Renditen ............................. 146 3.4 Zu berechnende Kennzahlen ............................................................................. 151 3.5 Abschließende Bewertung von Samplegröße und Methode der Erfolgsmessung .......................................................................................... 152 E Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung ............................. 155 1 Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen............................. 155 1.1 Merkmale der akquirierenden Krisenunternehmungen..................................... 155 1.2 Deskriptive Ergebnisse zu den analysierten Zusammenschlüssen.................... 156 2 Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung ............ 163 2.1 Ergebnisse der Tests auf Normalverteilung ...................................................... 163 2.2 Ergebnisse der Ereignisstudie ........................................................................... 164 2.2.1 Ergebnisse für das gesamte Sample ........................................................ 164 2.2.2 Differenzierung nach positiver bzw. negativer Kursreaktion am Ereignistag............................................................................................... 170 2.2.3 Differenzierung nach Börsennotierung der Zielunternehmung............... 175 2.2.4 Differenzierung nach Größe der akquirierenden Unternehmung............ 181
Inhaltsverzeichnis
XVII
2.2.5 Differenzierung nach M&A-Grundstrategie ........................................... 186 F Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick........................................................ 193 1 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................ 193 2 Restriktionen der Untersuchung und Ausblick ......................................................... 204 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 205
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abbildungsverzeichnis Abbildung A-1:
Siebenstufiger Forschungsprozess der angewandten Betriebswirtschaftslehre.......................................................................... 5
Abbildung A-2:
Bezugsrahmen ......................................................................................... 6
Abbildung B-1:
Möglichkeiten der Klassifikation von Unternehmungskrisen ................ 11
Abbildung B-2:
Ansätze der Krisenursachenforschung .................................................... 16
Abbildung B-3:
Exemplarische Ursache-Wirkungskette von Unternehmungskrisen....... 19
Abbildung B-4:
Misserfolgsursachen nach Hauschildt ..................................................... 21
Abbildung B-5:
Begriff der Unternehmungsverbindung................................................... 27
Abbildung B-6:
Bedeutende Motivationstheorien in der M&A-Forschung...................... 35
Abbildung B-7:
Bandbreite negativer Synergien .............................................................. 41
Abbildung B-8:
Systematik der Verteilung von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target............................................................................ 45
Abbildung B-9:
Fallunterscheidung für die Verteilung von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target............................................................ 46
Abbildung B-10: Zusammenhang von Wertentwicklung und Zusammenschlussmotivation. ................................................................. 48 Abbildung C-1:
Wertkette nach Porter.............................................................................. 53
Abbildung C-2:
Schematische Darstellung der Wirkungsweise der Grundstrategie
Abbildung C-3:
Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der Grundstrategie
der kostenorientierten Konsolidierung (GKK)........................................ 53
der kostenorientierten Konsolidierung (GKK)........................................ 54 Abbildung C-4:
Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums (GLW).......................................... 57
Abbildung C-5:
Relevante Elemente der Wertkette bei Konsolidierungs- und Integrationsmaßnahmen .......................................................................... 59
Abbildung C-6:
Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der dualen M&AStrategie .................................................................................................. 59
Abbildung C-7:
Gegenüberstellung der Charakteristika von GKK und GLW ................. 61
Abbildung C-8:
Krisenmanagement-Modell von Robbins/Pearce.................................... 63
Abbildung C-9:
Phasen des Krisenbewältigungsmodells nach Bibeault........................... 64
Abbildung C-10: Phasensicht des Krisenmanagements (eigene Darstellung) .................... 67
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung C-11: Alternative Strategien des Krisenmanagements innerhalb der Verdrängungsstrategie............................................................................. 70 Abbildung C-12: Potenzielle Wirkung von Konsolidierungsmaßnahmen auf marktweite Überkapazitäten.................................................................... 72 Abbildung C-13: Krisen-M&A-Modell............................................................................... 77 Abbildung C-14: Klassifizierung von Krisen-M&As ......................................................... 79 Abbildung C-15: Grundsätzliche Alternativen zur Finanzierung von M&A-Maßnahmen .................................................................................. 87 Abbildung C-16: Entscheidungsmodell............................................................................... 100 Abbildung D-1:
Bezugsrahmen der M&A-Erfolgsforschung ........................................... 102
Abbildung D-2:
Alternative Ansätze der jahresabschlussorientierten Erfolgsmessung ....................................................................................... 105
Abbildung D-3:
Prinzip der kursbasierten Erfolgsmessung .............................................. 107
Abbildung D-4:
Vorgehensmodell bei Ereignisstudien..................................................... 110
Abbildung D-5:
Schätz- und Ereignisperiode bei Ereignisstudien.................................... 111
Abbildung D-6:
Allgemeine Grenzen zur Ablehnung einer Nullhypothese beim t-Test............................................................................................... 115
Abbildung D-7:
Ergebnisse von Studien, die den M&A-Erfolg auf Seite des Targets messen ........................................................................................ 130
Abbildung D-8:
Ergebnisse von Studien, die den M&A-Erfolg auf Seite des
Abbildung D-9:
Prozessschritte der Samplebildung.......................................................... 136
Akquisiteurs messen................................................................................ 131
Abbildung D-10: Teilergebnis der Studie von Picken......................................................... 144 Abbildung D-11: Kursrelevante Informationen im Übernahmeprozess am Beispiel der Drillisch/ Victorvox-Transaktion ...................................................... 145 Abbildung D-12: Wertgrenzen des Durbin-Watson-Tests .................................................. 148 Abbildung D-13: Kommentierung von Kritikpunkten bezüglich der Wahl der kursbasierten Erfolgsmessung................................................................. 153 Abbildung E-1:
Akquirierende Unternehmungen des Untersuchungssamples nach Branchenzugehörigkeit ........................................................................... 155
Abbildung E-2:
Akquirierende Unternehmungen des Untersuchungssamples
Abbildung E-3:
Motiv-Kategorien der eigenen Untersuchung ......................................... 157
nach Größe .............................................................................................. 156
Abbildungsverzeichnis
Abbildung E-4:
XXI
Positionierung der analysierten Krisen-M&As auf dem StrategieKontinuum .............................................................................................. 161
Abbildung E-5:
Ergebnisse der Ereignisstudie für das gesamte Sample .......................... 167
Abbildung E-6:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Samples mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag................................ 172
Abbildung E-7:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nicht-börsennotierten Unternehmungen ............... 178
Abbildung E-8:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure ................................................................................ 184
Abbildung E-9:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1) .................................... 189
Abbildung E-10: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit Tendenz GLW bzw. Tendenz GKK (Abgrenzung 2) ............................................ 190 Abbildung F-1:
Gegenüberstellung der Charakteristika von GKK und GLW ................. 194
Abbildung F-2:
Krisen-M&A-Modell............................................................................... 196
Abbildung F-3:
Zusammenfassende Darstellung der positiven Beispielfälle aus Kap. C.2................................................................................................... 199
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Aufl.
Auflage
AR
abnormal return
ARs
abnormal returns
BWL
Betriebswirtschaftslehre
bzw.
beziehungsweise
c.p.
ceteris paribus
ca.
circa
CAR
cumulative abnormal return
CARs
cumulative abnormal returns
CEO
Chief Executive Officer
d.h.
das heißt
et al.
et alii
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FN
Fußnote
ggf.
gegebenenfalls
GKK
Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung
GLW
Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engeren Sinne
i.H.v.
in Höhe von
i.w.S.
im weiteren Sinne
Kap.
Kapitel
M&A/ M&As
Mergers&Acquisitions
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
o.g.
oben genannt(e)
OLS
Ordinary Least Squares
p.a.
per anno
resp.
respektive
RoI
Return on Investment
XXIII
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
S.
Seite
sog.
sogenannt(e)
u.a.
und andere
u.U.
unter Umständen
Vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
Tabellenverzeichnis
XXV
Tabellenverzeichnis Tabelle D-1:
Fälle des Untersuchungssamples und Ergebnisse der Tests bezüglich der Modellannahmen .............................................................. 147
Tabelle E-1:
Zusammenschlussmotive der analysierten Krisen-M&As ...................... 158
Tabelle E-2:
Ergebnisse der Kolmogorov-Smirnov-Tests auf Normalverteilung ....... 163
Tabelle E-3:
Ergebnisse der Ereignisstudie für das gesamte Sample .......................... 164
Tabelle E-4:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Samples mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag................................ 171
Tabelle E-5:
Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Sample mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag ........ 175
Tabelle E-6:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nicht-börsennotierten Unternehmungen ............... 176
Tabelle E-7:
Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nicht-börsennotierten Unternehmungen ......... 179
Tabelle E-8:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure ................................................................................ 182
Tabelle E-9:
Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure ............................................................ 183
Tabelle E-10:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1) .................................... 187
Tabelle E-11:
Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1) ................. 188
Tabelle E-12:
Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit Tendenz GLW bzw. Tendenz GKK (Abgrenzung 2) ............................................ 191
Problemstellung und Zielsetzung
1
A Einleitung 1
Problemstellung und Zielsetzung
Die betriebswirtschaftliche Forschung beschäftigt sich bereits seit gut zwei Jahrzehnten intensiv mit der Frage, wie Unternehmungskrisen schnell und vor allem umfassend bewältigt werden können. Gemessen an der Entwicklung der Insolvenzfälle, tut sie dies allerdings mit keinem bemerkenswerten Erfolg. So liegt die Zahl der Unternehmungskrisen, die ihr vorläufiges Ende in der Insolvenz finden, im Jahr 2004 deutschlandweit auf einem besorgniserregenden Niveau von 22.424.1 Die gravierenden strukturellen Probleme im Inland und die rasanten Veränderungen der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinterlassen offensichtlich tiefe Spuren. Zum Thema Krisenmanagement scheint demnach noch nicht alles gesagt. Ein anderer, nicht weniger bedeutender Forschungsbereich der Betriebswirtschaftslehre befasst sich – ebenfalls seit vielen Jahren – mit der Thematik von Unternehmungszusammenschlüssen. Im Mittelpunkt dieses Forschungsbereichs steht der Begriff Synergie resp. die Frage, ob durch die Vereinigung zweier Unternehmungen ein Gebilde entstehen kann, das mehr wert ist, als die Summe seiner Teile. Theoretisch ließe sich ein solcher Effekt, der von ANSOFF plakativ mit der Formel 2+2=5 umschrieben wird, begründen, und auch die Praxis der Unternehmungsführung scheint von einer entsprechenden Wirkung weitgehend überzeugt. Letzteres signalisiert nicht zuletzt die enorm hohe Bedeutung, die der Markt für Unternehmungskontrolle in den vergangenen Jahren erreicht hat.2 Folgt man also der Überlegung, der zufolge Zusammenschlüsse positive synergetische Ausstrahlungseffekte auf die am Zusammenschlussprozess beteiligten Unternehmungen entfalten können, so offenbart sich eine wesentliche Querverbindung zwischen den Themenfeldern Mergers&Acquisitions und Krisenmanagement. Denn wenn sich die Verbindung zweier Unternehmungen im Einzelfall tatsächlich in einer substanziellen Stärkung der Wettbewerbsposition niederschlägt, könnte die Durchführung einer Akquisition bzw. Fusion auch als wesentliche Maßnahme des Krisenmanagements angesehen werden – getreu dem Motto: Krisenbewältigung durch Synergierealisation. 1 2
Diese Zahl bezieht sich auf die Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Vgl. Statistisches Bundesamt (Pressemitteilung vom 04.03.2005). So wurden im Jahr 2000 weltweit Transaktionen im Wert von 3.684 Mrd. US$ angekündigt. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 28. Nach einem zwischenzeitlich starken Rückgang der Volumina erholt sich der Markt jüngst wieder. Im Jahr 2004 wurden etwa 48.500 Transaktionen mit einem Gesamtwert von ca. 1.700 Mrd. US$ angekündigt. Vgl. Finanz Betrieb News, 01/2005, S. 15.
2
Einleitung
In der wissenschaftlichen Literatur zum Krisenmanagement wird die Sinnhaftigkeit einer solch zusammenschlussorientierten Turnaround-Strategie in der Regel aus Sicht eines (profitablen) Akquisiteurs analysiert, der eine Krisenunternehmung übernimmt und anschließend restrukturiert. Dabei leitet vorrangig die Frage, ob derartige Übernahmen für die akquirierenden Gesellschaften wertschaffende Vorgänge darstellen.3 In der Wirtschaftspraxis wird darüber hinaus für Einzelfälle diskutiert, ob eine einigermaßen gleichberechtigte Fusion zweier Krisenunternehmungen tendenziell eher zu einer Beschleunigung oder zu einer Bewältigung von Unternehmungskrisen führt: „Die große Gefahr liegt hier darin, zwei Blinde in der irrigen Meinung zusammenzuführen, daraus wenigstens einen Einäugigen retten zu können.“4 „Wenn sich zwei Lahme verbünden, wird daraus noch 5
lange kein Gesunder.“ „Die beiden Kranken wollen nicht nur halb gesunden. Großfusion von Alno und Casawell soll Küchenbranche helfen.“6
Eine Arbeit, die sich mit den Chancen und Risiken zusammenschlussbasierter Krisenbewältigungsstrategien explizit aus Sicht der Krisenunternehmung sowie systematisch, d.h. theoretisch und empirisch fundiert, auseinandersetzt, liegt bis heute hingegen nicht vor.7 Das liegt u.U. an den vermeintlich geringen Erfolgsaussichten derartiger Strategien: Betrachtet man die vielfach vorgetragenen, kritischen Anmerkungen zum Erfolg von M&AMaßnahmen8 und die Schlussfolgerung, wonach Prozesse der Synergierealisation äußerst komplexe und schwer zu gestaltende Vorgänge mit einer nicht zu unterschätzenden Wahrscheinlichkeit des Scheiterns darstellen, so begründet dies ernste Zweifel, ob Zusammenschlüsse gerade in angespannten Unternehmungs-, d.h. Krisensituationen erfolgreich und mit
3
4 5 6 7
8
Vgl. z.B. die Artikel „Mergers as a Means of Restructuring Distressed Firms: An Empirical Investigation” (Clark/Ofek [Mergers 1994]) und “Performance of Acquisitions of Distressed Firms” (Bruton et al. [Performance 1994]). Hollenberg [Private Equity 2003]. Frühbrodt [Konsolidierung 2003]. Iwersen [Alno 2003]. Das gilt insbesondere auch für Arbeiten, die sich der Thematik aus Sicht einer akquirierenden Krisenunternehmung widmen. Nach Bruton et al. [Performance 1994], S. 987: “Finally, some distressed firms make acquisitions themselves (Bibeault, 1982). Such actions may represent attempts to improve resources and competitive position, or they may be attempts to exit a difficult environment. Greater understanding of such acquisitions is needed, and no empirical studies of them have been published.” Vgl. Glaser-Gallion [Realität 2002]: „In drei von vier Fällen werden die ursprünglichen Ziele einer Fusion nicht erreicht.“; Unternehmungsberatung A.T. Kearney: „85 Prozent aller Merger verfehlen ihre Ziele, die sie erreichen wollten.“; Unternehmungsberatung Mercer: „57 Prozent der fusionierten Unternehmen scheitern innerhalb von drei Jahren an der Realisierung der möglichen Vorteile.“ (zitiert nach Balzer et al. [Spirale 2000], S. 88).
Problemstellung und Zielsetzung
3
kontrolliertem Risiko zu gestalten sind – insbesondere wenn die Krisenunternehmung dabei mehr ist als nur ein passives Target. Bei dieser scheinbar naheliegenden Schlussfolgerung ist jedoch zu beachten, dass die den kritischen Anmerkungen zu Grunde liegenden M&A-Misserfolgsquoten, die in zahlreichen Studien nachgewiesen werden, nicht fehlinterpretiert werden sollten. Die M&A-Forschung spricht sich nämlich grundsätzlich klar dafür aus, dass im Rahmen von Zusammenschlüssen regelmäßig positive Synergieeffekte auf Gesamtebene entstehen.9 Darüber hinaus wird konstatiert, dass nur in etwa der Hälfte aller Fälle auch die akquirierende Unternehmung von diesen Synergiewirkungen profitieren kann.10 Die Wissenschaft begründet diesen Sachverhalt mit der Überlegung, der zufolge ein bedeutender Teil der weltweit initiierten Zusammenschlüsse nicht am ökonomischen Rationalitätspostulat ausgerichtet wird. So kommt es vor, dass akquirierende Manager ihre Fähigkeiten zur Synergiehebung überschätzen oder schlicht aus Eitelkeit handeln. In der Folge bezahlen sie dann mehr für Zielgesellschaften als wirtschaftlich gerechtfertigt wäre – sie bezahlen zu viel. Dort, wo dies gilt, schafft ein Zusammenschluss für die akquirierende Gesellschaft selten Wert. Dort, wo dies jedoch nicht gilt, und das scheint in immerhin rund 50% der getätigten Zusammenschlüsse der Fall zu sein, ist es hingegen wahrscheinlich, dass sowohl die übertragende als auch die übernehmende Gesellschaft von fusionsbedingten Synergiegewinnen profitiert. Die Idee, sich den Effekt der Synergierealisation im Rahmen der Krisenbewältigung zu Nutze zu machen, ist demnach nicht allein aufgrund der viel zitierten Misserfolgsquoten abwegig. Das gilt umso mehr, wenn man unterstellt, dass u.U. gerade in Unternehmungskrisen ein Umfeld herrscht, das Entscheider zu einem restriktiveren Investitionscontrolling zwingt und sie tendenziell davon abhalten wird, zu viel zu bezahlen. Die vorliegende Arbeit wird sich auf Basis dieser Überlegungen systematisch mit folgenden Forschungsfragen auseinandersetzen: 1. Weisen die Themenfelder Krisenmanagement und Mergers&Acquisitions relevante Überschneidungen und Querverbindungen auf, die aus theoretischer Sicht dafür sprechen, dass Zusammenschlüsse in Krisen sinnvolle Handlungsalternativen darstellen?
9
10
Zu diesem Ergebnis kommen Studien, die Zusammenschlusseffekte auf Seiten der Akquisiteure und auf Seiten der Zielgesellschaften messen und beide Effekte in eine kombinierte (Synergie-) Erfolgsgröße überführen. Vgl. die Quellenangaben in Kap. D.2.2. Vgl. z.B. die Ergebnisse von Bradley et al. [Division 1988], S. 11, Walker [Takeovers 2000], S. 61, Hirshleifer et al. [Evidence 2005], Anhang.
4
Einleitung
2. Werden Fusionen und Übernahmen in der Wirtschaftspraxis tatsächlich im Rahmen der Krisenbewältigung eingesetzt und – wenn ja – wie lassen sich derartige „KrisenM&As“ näher charakterisieren? 3. Welche Chancen und Risiken können Fusionen und Übernahmen in Unternehmungskrisen zugeschrieben werden? 4. Wie erfolgreich sind Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen? Sind sie erfolgreicher als der Durchschnitt aller M&A-Transaktionen? Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich die nachfolgende Erörterung dieser Forschungsfragen auf das Management akuter Unternehmungskrisen konzentrieren wird. Das liegt zum Ersten daran, dass strategische, d.h. lediglich latent vorhandene Unternehmungskrisen schwer zu operationalisieren und abzugrenzen sind. Zweitens soll diese Arbeit einen Beitrag zum Thema Krisenbewältigung leisten und sich nicht mit Fragen der Krisenvermeidung auseinandersetzen. Drittens basiert die oben ansatzweise dargestellte Grundüberlegung auch auf der Idee, dass Unternehmungskrisen in gewisser Weise eine Art „erzieherischen Einfluss“ auf handelnde Manager ausüben. Dies ist wiederum vor allem für ernstere Krisensituationen zu rechtfertigen: „As noted by Grinyer, Mayes, and McKiernan (1988), stagnating performance situations clearly differ from turnaround situations because such situations lack a survival crisis atmosphere and create much less pressure on a firm’s managers to take action.”11
11
Barker/Mone [Retrenchment 1994], S. 397 f.
Forschungskonzeption und Aufbau der Arbeit
2
5
Forschungskonzeption und Aufbau der Arbeit
Die Forschungskonzeption dieser Arbeit basiert grundsätzlich auf dem Wissenschaftsverständnis von ULRICH, dem zufolge die Betriebswirtschaftslehre als anwendungs- und problemlösungsorientierte Sozialwissenschaft angesehen wird.12 Dieses Verständnis gründet auf der Kritik, nach der das positivistische Wissenschaftsparadigma – kurz gesagt: die Suche nach absoluter Wahrheit – nicht sinnvoll auf die Betriebswirtschaftslehre übertragen werden kann, weil hier (im Gegensatz zur Naturwissenschaft) Menschen und komplexe soziale Systeme interagieren. Demzufolge zielt die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Wissenschaft nicht darauf ab, Gesetzeshypothesen und Theorien aufzustellen bzw. deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.13 Vielmehr ist es das erklärte Ziel, Wissen zu generieren, das die Lösung relevanter Probleme der Praxis ermöglicht. Dem Forschungsregulativ der Wahrheit wird somit das der Nützlichkeit entgegengestellt: „Anwendungsorientierte Wissenschaft selbst hat den Sinn, aus dem weiten Bereich des Machbaren das auszuwählen, was gemacht werden soll.“14 Der von ULRICH vorgeschlagene siebenstufige Forschungsprozess (Abb. A-1) dient damit auch der vorliegenden Arbeit als konzeptionelle Grundlage.15 Erfassung und Typisierung praxisrelevanter Probleme Erfassung und Interpretation problemrelevanter Theorien und Hypothesen Erfassung und Spezifizierung problemrelevanter Verfahren der Formalwissenschaften Erfassung und Untersuchung des relevanten Anwendungszusammenhangs Ableitung von Beurteilungskriterien, Gestaltungsregeln und -modellen Prüfung der Regeln und Modelle im Anwendungszusammenhang Beratung der Praxis
Abbildung A-1: Siebenstufiger Forschungsprozess der angewandten Betriebswirtschaftslehre
12 13 14 15
Vgl. Ulrich [Management 1984], S. 131 ff sowie Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 1994], S. 143 ff. Vgl. Ulrich [Management 1984], S. 174. Ulrich [Management 1984], S. 206. Vgl. Ulrich [Management 1984], S. 192 f. Explizit erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass der Einbeziehung von Praxiserfahrungen und -beobachtungen auch innerhalb des dargestellten Forschungsprozesses eine sehr große Bedeutung beigemessen wird. Das unterstreicht, dass empirische Forschung auch im Paradigma der angewandten Wissenschaft eine zentrale Rolle spielt.
6
Einleitung
Der Aufbau der Arbeit orientiert sich hingegen weitgehend am Bezugsrahmen, der die grundsätzlich angedachten Zusammenhänge zwischen Krisensituation sowie Maßnahmen und Erfolg des Krisenmanagements widerspiegelt:
gesamtwirtschaftlicher Kontext Branchenkontext Unternehmungskontext
Unternehmung in Ertragskrise
Krisenbewältigungsmaßnahmen M&AAktivität
Erfolg des Krisenmanagements
M&A-Partner
Abbildung A-2: Bezugsrahmen
Danach werden im nachfolgenden Kap. B zunächst die wesentlichen Grundlagen zu den beiden Kernbestandteilen des Bezugsrahmens, d.h. zu den Themenbereichen Unternehmungskrisen und Mergers&Acquistions, vorgestellt und diskutiert. Im Anschluss daran widmet sich der erste Teil von Kap. C der theoretischen Zusammenführung beider Themenfelder. Im zweiten Teil von Kap. C erfolgt schließlich eine sehr praxisnahe Erörterung typischer Chancen und Risiken von in Unternehmungskrisen initiierten M&A-Maßnahmen. Dafür werden besonders aussagekräftige Beispiele der Wirtschaftspraxis benannt und im Hinblick auf die bis dahin angestellten (theoretischen) Überlegungen reflektiert. In Kap. E wird diese erste, allerdings noch wenig systematische Erfolgsanalyse auf eine breitere empirische Basis gestellt. Dazu wird auf die Methodik der Ereignisstudie zurückgegriffen, die sich in der M&AForschung mittlerweile als zentrales Verfahren zur strukturierten Erfolgsbewertung durchgesetzt hat. Zwischen diesen beiden empirischen Arbeitsteilen kommt dem Kap. D gewissermaßen eine einleitende Funktion zu. Hier werden zunächst die bekanntesten Alternativen der systematischen M&A-Erfolgsmessung vorgestellt und bewertet sowie Ergebnisse vergangener Studien komprimiert wiedergegeben. Darüber hinaus werden in diesem Abschnitt die Struktur der Ereignisstudie beschrieben sowie Angaben zur analysierten Datenbasis gemacht.
Forschungskonzeption und Aufbau der Arbeit
7
Kap. F fasst die gewonnenen Erkenntnisse kompakt zusammen, benennt Grenzen ihrer Aussagekraft und schließt mit einem kurzen Ausblick. Der von ULRICH eingeforderte Praxisbezug wird damit in der vorliegenden Arbeit gewissermaßen zweiseitig hergestellt. Neben einer detaillierteren Betrachtung von Einzelfällen, die tiefere Einblicke in die Chancen-Risiko-Struktur von Krisen-M&As ermöglicht, gestattet die systematische Erfolgsanalyse mittels Ereignisstudie die Bewertung aus einer übergeordneteren Sichtweise.16 Der Forderung nach theoriegeleiteter Problembearbeitung wird dagegen im ersten Teil von Kap. C nachgekommen. Da das Forschungsproblem aus der Wirtschaftspraxis abgeleitet ist und die im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen überführt werden, sind auch die anderen Anforderungen des beschriebenen Wissenschaftsverständnisses erfüllt.
16
Zur Rechtfertigung dieser Forschungsstrategie sei auf Kromrey verwiesen: „Ein Grundproblem zahlreicher empirischer Untersuchungen ist, dass die Datenerhebung sich nur auf ein Erhebungsinstrument, die Studie sich also auf nur eine Operationalisierungsstrategie stützt. Damit steht die gesamte Untersuchung unter dem prägenden Einfluss eines einzigen Instruments, dessen instrumentenspezifische ‚Verzerrungen’ kaum kontrolliert werden können. (...) Die Kombination nicht nur verschiedener Messinstrumente im Rahmen eines Forschungsansatzes, sondern auch die parallele Annäherung an das gleiche Forschungsproblem auf der Basis verschiedener Ansätze wird in den Sozialwissenschaften über wissenschaftstheoretische Grenzen hinweg zunehmend für notwendig gehalten. Insbesondere bei komplexen und bei noch in der Entwicklung befindlichen Forschungsgegenständen (...) erbringt erst eine bewusst geplante Methodenvielfalt die notwendige Fülle an Informationen, um daraus ein Gesamtbild zusammenstellen und auch um die gefundenen Teilinformationen gegenseitig validieren zu können.“ Vgl. Kromrey [Sozialforschung 2002], S. 524f.
Unternehmungskrisen
9
B Grundlegung 1 1.1
Unternehmungskrisen Begriff der Unternehmungskrise
Der Versuch, den Begriff der Unternehmungskrise exakt zu definieren, wird durch mindestens zwei Aspekte erschwert: Zum einen wird der Ausgangsbegriff Krise bereits seit der griechischen Antike in so vielen unterschiedlichen Bereichen verwendet,17 dass LUNEBURG ihn als „one of the most overworked words in the language“18 bezeichnet, zum anderen sieht sich die Betriebswirtschaftslehre mit einer enorm weiten und undifferenzierten Verwendung des Begriffs „Unternehmungskrise“ im alltäglichen praktischen Sprachgebrauch konfrontiert.19 Da hilft es, sich zunächst an der grundsätzlichen Begriffsbedeutung zu orientieren, wonach eine Krise stets eine „entscheidungsträchtige Situation“ charakterisiert, „die den Wendepunkt bzw. Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung“ kennzeichnet und in der „eine extreme Ambivalenz der Entwicklungsmöglichkeiten“ herrscht.20 Analysiert man auf dieser Basis die Gemeinsamkeiten von vorwiegend in den achtziger Jahren entwickelten Definitionsansätzen, so lassen sich bestimmte Merkmale identifizieren, die dem Begriff der Unternehmungskrise offenbar zwingend zuzuschreiben sind. Danach ist eine Unternehmungskrise ein ungewollter und zeitlich begrenzter Prozess mit stark ambivalentem Ausgang, der sich darin äußert, dass bestimmte wesentliche Ziele der Unternehmung nicht erreicht werden, was wiederum zu einer (mittel- oder unmittelbaren) Gefährdung des Fortbestands der Unternehmung führt .21 Darüber hinaus wird in einigen Begriffsbeschreibungen das Charakteristikum angeführt, dass in Unternehmungskrisen stets ein ungewöhnlich hoher Entscheidungs- und Zeitdruck herrscht.22 In Ergänzung zu dieser Begriffsbestimmung hat die betriebswirtschaftliche For-
17
18 19 20 21
22
Verwendung findet der Krisenbegriff schon früh im juristischen, theologischen und medizinischen Bereich, später auch in den Geschichts-, Politik- und Sozialwissenschaften. Vgl. Linde [Krisenmanagement 1994], S. 5. Luneburg [Crisis 1970], zitiert nach Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 3. Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 4. Zu den kursiven Textteilen: Linde [Krisenmanagement 1994], S. 5. Vgl. hierzu Hess et al. [Sanierungshandbuch 1998], S. 4, Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 6 sowie von Löhneysen [Unternehmungskrisen 1982], S. 26f., Müller [Krisenmanagement 1982], S. 1, Krummenacher [Krisenmanagement 1981], S. 7ff. und Zahn [Konzepte 1983], S. 191 ff. Zu einer Übersicht auch Linde [Krisenmanagement 1994], S. 9. Vgl. Witte [Unternehmenskrise 1979], S. 11, Weber [Krisenmanagement 1980], S. 15, Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 17 und Zahn [Konzepte 1983], S. 191 ff.
10
Grundlegung
schung ihr Hauptaugenmerk innerhalb der Krisenthematik auf die folgenden fünf Bereiche gelegt:23 1. Die Klassifizierung unterschiedlicher Krisenarten 2. Die Ermittlung von Ursachen, die zu Unternehmungskrisen führen 3. Die Entwicklung von Verfahren zur Erkennung und Prognose von Unternehmungskrisen 4. Die Identifizierung typischer Verlaufsmuster von Unternehmungskrisen 5. Die Entwicklung und Erörterung von Maßnahmen zur Krisenbewältigung Mit Ausnahme des dritten Punktes, der sich gedanklich auf ein Zeitfenster vor Kriseneintritt bezieht, sind diese Themenbereiche für die nachfolgenden Ausführungen von Bedeutung. Dementsprechend sollen die jeweiligen Basiserkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung zu diesen Fragen im folgenden Grundlagenteil kompakt dargestellt werden. Aufgrund der bestehenden inhaltlichen Verbindungen der Themen 1, 2 und 4 scheint es dabei sinnvoll, eine Diskussion unterschiedlicher Krisenarten in den Mittelpunkt der nachstehenden Ausführungen zu stellen und Fragen zu typischen Krisenursachen und typischen Verlaufsmustern quasi mit zu erörtern. Der Bereich der Krisenbewältigung (Punkt 5) wird darüber hinaus im Grundlagenteil nur auf begrifflicher Ebene diskutiert. Eine detailliertere Auseinandersetzung mit dieser Thematik leitet später das Kapitel der theoretischen Zusammenführung von Synergie- und Krisenmanagementtheorie und damit den Hauptteil dieser Arbeit ein.
1.2
Klassifikation von Unternehmungskrisen
1.2.1
Möglichkeiten der Krisenklassifikation
Wie schon ein undifferenzierter Blick in die Praxis zeigt, ist nicht davon auszugehen, dass es eine typische Unternehmungskrise gibt. Die Wissenschaft reagiert auf diese Situation, in dem sie versucht, verschiedene Arten von Krisen inhaltlich zu schematisieren und mit sinnvollen Schlagworten zu beschreiben. Nach o.g. Definition werden in einer Unternehmungskrise wesentliche Ziele der Unternehmung verfehlt, was zu einer zumindest mittelbaren Bedrohung ihres Fortbestehens führt. Dieses elementare Charakteristikum eröffnet im Wesentlichen drei naheliegende Klassifikationsebenen:24
23 24
Vgl. von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 9. Mitunter werden in wissenschaftlichen Arbeiten zum Krisenbegriff auch mehr als drei Klassifikationsebenen angeführt. Vgl. z.B. von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 10. Allerdings resultiert diese Viel-
Unternehmungskrisen
11
Krisen-Klassifikation nach
Krisenarten (Bsp.)
Kap.
verfehltem Unternehmungsziel
strategische Krisen, Erfolgskrisen, Liquiditätskrisen
B.1.2.2
Krisenintensität bzw. Aggregatzustand
potentielle Krisen, latente Krisen, akute Krisen
B.1.2.3
Krisenursache(n)
endogene Krisen, exogene Krisen, Branchenkrisen, Absatzkrisen, Kostenkrisen, Managementkrisen
B.1.2.4
Abbildung B-1: Möglichkeiten der Klassifikation von Unternehmungskrisen
1.2.2
Klassifikation nach verfehltem Unternehmungsziel
Eine Differenzierung alternativer Krisenarten in Abhängigkeit vom verfehlten Primärziel der Unternehmung hat in der betriebswirtschaftlichen Forschung ebenso wie in der Wirtschaftspraxis eine große Tradition.25 Danach werden regelmäßig strategische Krisen, Erfolgskrisen und Liquiditätskrisen unterschieden.26 1.2.2.1
Strategische Krisen
Eine Unternehmung kann im Wettbewerb langfristig nur bestehen, wenn es ihr gelingt, ihre Erfolgspotenziale an den aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Marktes auszurichten.27 Weichen die vorhandenen Erfolgspotenziale einer Unternehmung, die nach MÜLLER „alle produkt- und marktspezifischen Voraussetzungen im Sinne von Ressourcen (Personal, Know-how, Systeme und Finanzmittel)“28 repräsentieren, von den benötigten Erfolgspotenzialen ab, so gerät die Unternehmung unter Druck. Sie verliert in der Folge theoriegemäß sukzessive ihre Fähigkeit, überlegene Marktleistungen zu erbringen und wird daher mit ziemlicher Sicherheit mittelbar aus dem Konkurrenzkampf ausscheiden. Aus Sicht der Unternehmungsleitung stellt diese strategische Zielverfehlung zweifellos eine gewisse Gefährdungslage dar. Eine Unternehmung, die sich einer solchen Situation gegenübersieht, befindet sich in einer strategischen Krise.29 Ob sich diese Krisensituation dabei einstellt, weil bei weitgehend
25 26 27 28 29
zahl von Ebenen eher aus einer bloßen Aufzählung von in der Literatur verwendeten Begrifflichkeiten. Die vorgenommene Dreiteilung deckt hingegen nahezu alle Klassifikationsmöglichkeiten ab. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 53 ff., Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 4. Vgl. zur großen Relevanz dieser Klassifikation von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 10. Vgl. Gälweiler [Unternehmensführung 2005], S. 23 ff., Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 57 ff., Welge/Al-Laham [Management 2003], S. 123 ff. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 126. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 37 f.
12
Grundlegung
stabilen Umweltbedingungen interne Probleme die Ressourcenentwicklung der Unternehmung beeinträchtigen, oder weil sich bei einer gleichbleibenden Ressourcenlage die Anforderungen des Marktes ändern, ist hierbei zunächst unerheblich. Fest steht, dass auf beide Arten eine relevante „Ressourcen-Lücke“ entsteht, die die Unternehmung strategisch schwächt. Anzumerken ist bei der Erörterung dieser Krisenart, dass eine Abgrenzung zum krisenfreien Normalzustand der Geschäftstätigkeit mit Schwierigkeiten behaftet ist. Unterstellt man nämlich, dass sich eine Unternehmung in der heutigen globalen, dynamischen und wettbewerbsintensiven Geschäftswelt ständig mit dem Verlust, der Wahrung und dem Aufbau von (neuen) Erfolgspotenzialen auseinander zu setzen hat, so kann man folgern, dass der Umgang mit einer bestimmten Form der strategischen Krise vielmehr Alltag als Ausnahmezustand darstellen wird.30 Für eine explizite Kennzeichnung dieser Entwicklung als strategische Krise spricht hingegen, dass ein entsprechendes Krisenverständnis das Augenmerk auf einen zentralen Aspekt der Unternehmungsführung zu legen vermag: Krisen beginnen i.d.R. mit strategischen Schwächen, auch wenn diese anfänglich schwer zu fassen sind. 1.2.2.2
Erfolgskrisen
Eine Unternehmung befindet sich der herrschenden Meinung nach in einer Erfolgskrise, wenn sie bestimmte primäre (individuelle) Erfolgsziele gravierend unterschreitet.31 Man denke hier in erster Linie an die Verfehlung von Umsatz-, Gewinn- und/ oder Rentabilitätszielen, wobei MÜLLER von einer Konkretisierung der relevanten Zielverfehlung absieht, HESS ET AL. hingegen explizit nur dann von Erfolgskrisen sprechen, wenn Verluste entstehen.32 Mitunter wird der Begriff der Erfolgskrise auch mit den Schlagworten Ertrags- bzw. Ergebniskrise über- und gleichgesetzt. Dies erscheint sinnvoll, wenn man voraussetzt, dass sich der Erfolg einer Unternehmung regelmäßig über deren Ertragssituation definieren wird, und sich diese wiederum typischerweise aus finanziellen Ergebnisgrößen ableiten lässt. So befindet sich eine Unternehmung nach VON DER HORST in einer Ergebniskrise, wenn ihre Ertragskraft bzw. ihre Rendite nicht für ihre mittel- bis langfristige Handlungs- und Überlebensfähigkeit aus-
30 31 32
Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 5 sowie die Literatur, die sich zur Notwendigkeit des permanenten unternehmerischen Wandels äußert (z.B. Krüger [Change 2002], S. 15 ff.). Vgl. Berktold [Revitalisierung 1999], S. 87. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 54. bzw. Hess et al. [Sanierungshandbuch 1998], S. 18, 20.
Unternehmungskrisen
13
reicht.33 Dies ist der Fall, wenn die Unternehmung einen negativen Ertrag ausweisen muss, oder wenn sie eine noch zu definierende (positive) Mindestrendite unterschreitet.34 1.2.2.3
Liquiditätskrisen
Erkennt man eine Erfolgskrise vorwiegend an den ungenügenden Ergebnissen der Gewinnund Verlustrechnung einer Unternehmung, so definiert sich die Liquiditätskrise über deren Finanzkraft und Bilanz. Genauer gesagt: Sieht sich eine Unternehmung von dem Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bedroht, so befindet sie sich in einer Liquiditätskrise.35 Das wohl grundlegendste aller Unternehmungsziele – die Aufrechterhaltung eines geordneten Geschäftsbetriebes – ist in dieser Situation stark gefährdet. Muss zu einem bestimmten Zeitpunkt der Unternehmungsentwicklung schließlich konstatiert werden, dass die Gesellschaft tatsächlich zahlungsunfähig oder überschuldet ist, so hat sie oder einer ihrer Gläubiger nach den Regelungen der neuen Insolvenzordnung Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.36 Umstritten ist dabei, ob die Insolvenz noch als eigenständige Krisenphase zu interpretieren ist, oder ob sie nicht vielmehr den Zustand nach einer (nicht bewältigten) Krise beschreibt.37 Durch den Hinweis, dass „die Mehrzahl aller Krisen einen langjährigen Erosionsprozeß dar[stellt], bei dem zuerst das Erfolgspotential verfällt, sodann Verluste eintreten und schließlich die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintritt“38 wird ausdrücklich darauf auf-
33 34 35
36
37
38
Vgl. von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 13. Diese Mindestrendite kann sich z.B. an Bezugsgrößen des Kapitalmarktes oder an Erfolgsgrößen der Wettbewerber ausrichten. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 34 ff. Von Zahlungsunfähigkeit ist in diesem Zusammenhang zu sprechen, wenn die Verbindlichkeiten der Unternehmung mangels liquider Mittel nicht mehr (fristgerecht) beglichen werden können. Der Überschuldungstatbestand liegt vor, wenn die Schulden der Unternehmung ihr Vermögen, d.h. den Wert ihrer Aktiva, übersteigen. Vgl. Hess et al. [Sanierungshandbuch 1998], S. 5. Einschlägig sind die § 13 ff. der Insolvenzordnung (InsO). Der Schuldner (die Unternehmung) hat zudem das Recht, den entsprechenden Antrag auch schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu stellen. Vgl. zu diesen Punkten Schmeisser/Schmeisser [Insolvenzverfahren 2004], S.200 ff. In der Begriffswelt von Müller wird diese Situation mit dem Begriff „Konkurs/Vergleich“ bezeichnet. Nach der Einführung der neuen gesetzlichen Regelungen zur Insolvenz am 01.01.1999 sind diese Begrifflichkeiten überholt. Zum Teil wird in diesem Zusammengang die Meinung vertreten, dass mit der Insolvenz eine Gefahr der Nicht-Befriedigung von Gläubigerinteressen einhergeht, was wiederum als Gefahr einer relevanten Zielverfehlung seitens der Unternehmung auslegt werden kann. Vgl. dazu auch die Anmerkungen von Witte [Unternehmenskrise 1979], S. 18. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 56.
14
Grundlegung
merksam gemacht, dass sich die genannten Krisenarten auch in ein Phasenschema integrieren lassen, welches einen typischen Krisenverlauf widerspiegelt.39 1.2.3
Klassifikation nach Krisenintensität
Eine Unterscheidung verschiedener Unternehmungskrisen nach ihrer Intensität findet sich in einer Vielzahl von Arbeiten, die sich in den achtziger und neunziger Jahren mit dem Krisenbegriff auseinandergesetzt haben. Bei einer Analyse dieser Arbeiten fällt die starke inhaltliche und begriffliche Affinität auf, die unterschiedliche Ansätze aufweisen. So werden zur Beschreibung der verschiedenen Krisenarten, die hier vielfach auch als aufeinanderfolgende Krisenphasen interpretiert werden, in Anlehnung an die Bewertung von allgemeinen Gefahrensituationen regelmäßig die Begriffe potenziell, latent und akut verwendet. Dieser Einteilung folgt beispielsweise auch KRYSTEK, der bei seiner Differenzierung formal zwar nicht direkt auf die Krisenintensität abstellt, sich aber mit grundsätzlich gleicher Intention am „Aggregatzustand“ bzw. an der „Beeinflussbarkeit der Unternehmungskrise“ orientiert.40 Im Ergebnis ermittelt er auf diese Weise vier Arten von Unternehmungskrisen, die er in ein Phasenmodell integriert. Danach befindet sich jede Unternehmung grundsätzlich in einer „potentiellen, d.h. lediglich möglichen und noch nicht realen Unternehmungskrise“41. Wird in der Folge der Eintritt einer Krise konkreter, d.h. wahrscheinlicher, obwohl eine direkte Identifikation noch nicht möglich ist, so spricht KRYSTEK von einer verdeckt vorhandenen – einer latenten – Unternehmungskrise. Mit Eintritt der realen, wahrnehmbaren und destruktiven Krisenwirkung rutscht die Unternehmung in eine akute Krise. Solange dabei das Krisenbewältigungspotenzial der Unternehmung die Krisenbewältigungsanforderungen noch übersteigt, befindet sich die Unternehmung in einer akut/ beherrschbaren Krise. Ist das Gegenteil der Fall, so muss eine akut/ nicht beherrschbare Krise diagnostiziert werden. Arbeiten, die eine ähnliche Einteilung vornehmen, stammen u.a. von RÖTHIG, RÖDL und
39
40 41
VON
Vgl. z.B. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 21 f. Müller identifiziert drei typische Krisenverläufe. Danach beginnen rund 60% aller Liquiditätskrisen mit strategischen Zielverfehlungen und 30% im Stadium der Erfolgskrise. In lediglich 10% der Fälle resultiert eine Liquiditätskrise ohne vorhergehende strategische und ertragsseitige Probleme. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 56. Dass auch andere Krisenverläufe innerhalb dieser Begriffssystematik denkbar, wenn auch nicht typisch sind, erwähnt von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 16 ff. Vgl. (auch zu den unmittelbar folgenden Ausführungen) Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 29 ff. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 29.
Unternehmungskrisen
15
LÖHNEYSEN.42 Gemein ist all diesen Ansätzen die grundlegende Sichtweise: Ausgehend von einem Normalzustand, der, je nach Interpretation, schon als eine frühe, unkonkrete und wenig dramatische Krisenphase gekennzeichnet werden kann, durchläuft eine Unternehmung – sofern die unternommenen Krisenbewältigungsversuche erfolglos bleiben – mehrere Krisenstadien. Ist zu Beginn dieser Entwicklung das Krisenbewältigungspotenzial regelmäßig hoch, der Handlungs- und Zeitdruck dagegen niedrig, so ändert sich dies mit fortschreitender Krisendauer. Kann auch in der letzten Krisenphase nicht wirksam interveniert werden, bleibt die Insolvenz als (vorläufiger) negativer Schlusspunkt. Damit liegt auch dieser Klassifikation von Krisenarten eine Prozesssicht zu Grunde, die auf einen typischen Krisenverlauf hinweist. Ein Vergleich mit den Ausführungen zur Krisenklassifikation nach verfehltem Unternehmungsziel verdeutlicht darüber hinaus die inhaltlichen Überschneidungen beider Sichtweisen. So ist zu vermuten, dass eine strategische Krise vielfach als potenziell bis latent, eine Erfolgskrise als akut (beherrschbar) und eine Liquiditätskrise als akut (beherrschbar oder nicht beherrschbar) eingestuft werden kann.43 1.2.4
Klassifikation nach Krisenursache
Eine Klassifikation unterschiedlicher Krisenarten nach den Ursachen der Unternehmungskrise basiert auf den Erkenntnissen der betriebswirtschaftlichen Krisenursachenforschung. Diese bildet bereits seit Beginn der Auseinandersetzung mit der Krisenthematik einen überaus komplexen und wichtigen Forschungsschwerpunkt der BWL.44 Das gilt zum einen, weil diese Ursachenforschung konkrete Hinweise liefert, wie Krisen frühzeitig zu erkennen und so bestenfalls zu vermeiden sind, und zum anderen, weil sie zielführende Erkenntnisse für den Prozess der Krisenbewältigung offenbart.45 Die Komplexität dieses Forschungsbereichs beschreibt treffend SLATTER, wenn er konstatiert: „each major cause of decline is a potential book in itself“46.
42
43 44 45 46
Röthig unterscheidet lediglich latente und akute Krisen; Rödl sieht die Krisenentwicklung entweder im latenten, subakuten oder akuten Bereich. Von Löhneysen differenziert hingegen potenzielle, latente und akute Krisen. Vgl. Röthig [Krisen-Management 1976], S. 13 f., Rödl [Früherkennung 1979], S. 46 f. und von Löhneysen [Unternehmungskrisen 1982], S. 102 ff. Vgl. auch Leker [Unternehmenskrisen 1993], S. 5 ff. Vgl. zu einer sehr frühen Arbeit, die sich mit den Ursachen von Unternehmungskrisen auseinandersetzt, Fleege-Althoff [Unternehmung 1930]. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 32 f. Slatter [Recovery 1986], S. 24.
16
Grundlegung
Nun sind die Ergebnisse der Krisenursachenforschung – der erwähnten Komplexität folgend – sehr vielfältig und insgesamt reichlich unübersichtlich.47 Die nachstehende Analyse konzentriert sich demzufolge darauf, einen strukturierten Überblick über die wesentlichen Ursache-Theorien zu geben und Krisenarten zu benennen, die diesen Ansätzen typischerweise zuzuordnen sind. In Anlehnung an die Ausführungen von KRYSTEK, der sich intensiv mit den Forschungsergebnissen zu Krisenursachen auseinandergesetzt hat, können die Arbeiten zu dieser Thematik inhaltlich dreigeteilt werden:48 Ansätze der Krisenursachenforschung
quantitative Krisenursachenforschung
Theoriebasierte Modelle
qualitative Krisenursachenforschung
Abbildung B-2: Ansätze der Krisenursachenforschung
Quantitative Krisenursachenforschung Die quantitative Krisenursachenforschung nutzt die statistischen Daten, die für jede Unternehmung vorhanden und leicht erfassbar sind (Branche, Rechtsform, Unternehmungsgröße, Alter) und sucht nach auffallenden Merkmalshäufigkeiten bei insolvent gewordenen Firmen.49 Typische Ergebnisse verweisen in diesem Zusammenhang dann beispielsweise darauf, dass Unternehmungen der Baubranche einem höheren Insolvenzrisiko unterliegen, als Firmen anderer Industriezweige, oder dass sehr junge Unternehmungen häufiger insolvent werden, als bereits etablierte.50 Eine direkte Krisenklassifikation findet auf Basis dieser Ergebnisse allerdings nicht statt. Bei einer Relevanzbewertung der Erkenntnisse dieses Forschungsbereichs ist darüber hinaus eine differenzierte Sichtweise angebracht. So liefern diese Analysen zwar u.U. interessante Informationen für (Fremd-) Kapitalgeber, die sich bei einer Risikobewertung ihrer Investments auf statistische Insolvenzwahrscheinlichkeiten stützen – für ein
47 48
49 50
Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 18, Lüthy [Unternehmenskrisen 1988], S.47 sowie zur grundsätzlichen Komplexität Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 34. Krystek selbst unterscheidet begrifflich eigentlich nur zwei Bereiche, nämlich eine quantitative sowie eine qualitative Forschungsrichtung. Allerdings macht er zudem „ergänzende Aussagen zur qualitativen Krisenursachenforschung“ – und diese werden hier, da sie vielmehr eine Art Zwitterstellung einzunehmen scheinen, gesondert in einem dritten Teil behandelt. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 32 ff. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 33. Vgl. die Angaben bei Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 55 f.
Unternehmungskrisen
17
umfassenderes Krisenverständnis offenbaren sie dagegen nur wenig zielführende Erkenntnisse.51 Aus diesem Grund soll dieser Forschungszweig hier nicht näher betrachtet werden. Theoriebasierte Modelle Der zweite Bereich der Krisenursachenforschung versucht, das Entstehen von Unternehmungskrisen eher theoretisch, zumeist über das Lebenszyklusmodell der Unternehmung zu erklären. So wechseln sich nach GREINER in einer typischen Unternehmung evolutionäre und revolutionäre Entwicklungsphasen ab. Letztere stellen dabei stets Entwicklungsbrüche dar, denen bestimmte Formen der Krise zugeordnet werden. Mit zunehmendem Alter und zunehmender Größe durchläuft eine Unternehmung danach zunächst eine Führungsstilkrise, anschließend eine Autonomie-, eine Kontroll- und eine Bürokratiekrise; jeweils dazwischen finden Phasen des Wachstums statt.52 Ähnlich identifiziert ALBACH Wachstumsschwellenkrisen, die – wie der Name schon nahe legt – beim Erreichen kritischer Wachstumsschwellen in der Unternehmungsentwicklung auftreten.53 Offensichtlich ist, dass hier im Grunde genommen aus Wachstumstheorien einigermaßen undifferenziert Krisentheorien abgeleitet werden, was GABELE zu dem Urteil veranlasst, die entsprechenden Autoren seien so etwas wie „Krisenforscher im Nebenberuf“54. Dieser Kritik folgend ist hervorzuheben, dass die einzelnen genannten Krisenphasen ein idealisiertes Verlaufsmuster der Unternehmungsentwicklung unterstellen – und je weniger sich die Praxis an diese modellierten Zusammenhänge hält, desto unbedeutender werden die Erkenntnisse dieser Theoriebildung für den wichtigen Prozess der Krisenbewältigung.55 Qualitative Krisenursachenforschung Die qualitative Krisenursachenforschung reagiert auf die eingeschränkte Aussagekraft der beiden erstgenannten Forschungszweige und widmet sich der Thematik von einer anderen
51 52
53
54 55
Vgl. die Kritik bei Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 56 und Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 44. Die Originalbegriffe im englischen Text lauten: crisis of leadership, crisis of autonomy, crisis of control und crisis of red tape. Vgl. Greiner [Organizations 1972], S. 41. Vgl. zur Übersetzung von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 24. Vgl. Albach [Wachstumsschwellen 1976]. Eine ähnliche Sichtweise findet sich auch bei Brockhoff [Wachstumsschwellen 1980] und Pümpin/Prange [Unternehmensentwicklung 1991]. Z.T. wird darauf hingewiesen, dass eine Unternehmung nicht zwingend sämtliche Krisenphasen durchlaufen muss. Vielmehr kann ein weitsichtiges Management den Kriseneintritt umgehen. Gabele [Krisenmanagement 1981], S. 152. Vgl. die Kritik von Oechsler/Schormair [Krisenmanagement 1983], S. 3.
18
Grundlegung
Seite: Durch Befragungen von Krisen-Experten der Praxis (Manager, Banker, Unternehmensberater, Insolvenzverwalter) und durch Sichtung von schriftlichem Datenmaterial (Gerichtsakten, Geschäftsberichte, Presseartikel) wird untersucht, welche Gründe für die eigentliche Entstehung von Unternehmungskrisen verantwortlich sind.56 Während sich einige Untersuchungen dabei im Rahmen der Stichprobenbildung vor allem auf Insolvenzfälle konzentrieren,57 beziehen andere Analysen dagegen auch Krisenfälle mit ein, die das Stadium der Insolvenz noch nicht erreicht haben.58 Als wesentliches Ergebnis kristallisiert sich bei einer Durchsicht der Arbeiten zur qualitativen Krisenursachenforschung heraus, dass in einem frühen Forschungsstadium regelmäßig endogene und exogene Krisenursachen unterschieden wurden. Diese bereits im Jahre 1930 von FLEEGE-ALTHOFF vorgeschlagene begriffliche Trennung folgt der Sichtweise, dass sowohl unternehmungsinterne Schwäche als auch unternehmungsexterne Veränderungen dazu führen können, dass Unternehmungen aus dem Gleichgewicht geraten.59 Folgerichtig unterscheiden einige Autoren endogene und exogene Unternehmungskrisen,60 wobei auffällt, dass unternehmungsinternen Krisenursachen regelmäßig eine bedeutendere Stellung zugesprochen wird als exogenen Faktoren.61 Die diesbezüglich diskutierten internen Dysfunktionalitäten beziehen sich dabei meist auf allgemeine oder spezielle Managementfehler sowie auf eine zu geringe Eigenkapitalausstattung.62 Als typische exogene Krisenursachen werden hingegen vielfach gesamtwirtschaftliche und branchenspezifische Nachfragerückgänge, ein steigender Wettbewerbsdruck sowie rechtliche Beschränkungen angeführt.63 TÖPFER stellt in diesem Zusammenhang eine differenziertere Sichtweise der Problematik vor. Nach seinem
56 57 58
59
60 61 62 63
Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 33 und 45 ff. Der entsprechende Forschungsbereich wird auch „Insolvenzursachenforschung“ genannt. Vgl. hierzu z.B. die frühe Untersuchung von Hahn [Ursachen 1958]. Diese Unterscheidung ist von Bedeutung, da im erstgenannten Fall die Untersuchungsgruppe nur aus Unternehmungen besteht, die die Krise nicht erfolgreich bewältigt haben. Franke spricht in diesem Zusammenhang davon, dass hier eine „Unternehmenspathologie“ betrieben wird. Einer Analyse von allgemeinen Krisenfällen (vor Insolvenz) wird mehr Aussagekraft beigemessen. Vgl. Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 57. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 46 und Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 56. Nach letzterem beruhen endogene respektive selbst generierte Dysfunktionalitäten dabei auf Organisations- oder Führungsfehlern (vgl. Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 52). Zur bereits sehr frühzeitigen Unterscheidung in exogene und endogene Unternehmungskrisen vgl. Fleege-Althoff [Unternehmung 1930]. Vgl. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 27 ff. Vgl. die Quellenangaben bei Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 46 ff. Vgl. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 31. Vgl. Bibeault [Turnaround 1982], S. 27 ff. Zu anderen Arbeiten, die verschiedene Krisenursachen benennen und in ihrer Relevanz bewerten, vgl. z.B. Hoffman [Strategies 1989], Schendel et al. [Turnaround 1976], Thian/Goldthorpe [Causes 1989].
Unternehmungskrisen
19
Verständnis ist eine trennscharfe Unterscheidung von endogen bzw. exogen verursachten Unternehmungskrisen nicht haltbar, da vielmehr eine komplexe Interdependenz beider Ursachenbereiche zu einer Entstehung von Unternehmungskrisen führt.64 Die folgende Abbildung visualisiert exemplarisch eine denkbare Ursache-Wirkungskette, welche die angesprochene Interdependenz endogener und exogener Krisenursachen verdeutlicht.65
Symptomebene
Überschuldung/ Zahlungsunfähigkeit Umsatz-/ Ertragseinbrüche Preisverfall/ ruinöser Wettbewerb starker Konkurrenzdruck im abgedeckten Marktsegment hohe Marktsättigung/ keine Bearbeitung weiterer Marktsegmente keine strategische Produkt-/ Marktdifferenzierung
Mehrstufige UrsachenWirkungs-Analyse
keine Analyse von strategischen Marktdaten keine für strategische Analysen und Marktforschung in der Unternehmung zuständige(n) Stelle(n) fehlende strategische Ausrichtung/ Prioritätensetzung durch das Top Management Festhalten an früher erfolgreichen Konzepten geistige Inflexibilität
1. Ursachenebene
nicht ausreichende Qualifikation des Top Management
Abbildung B-3: Exemplarische Ursache-Wirkungskette von Unternehmungskrisen
Die nach dieser Sichtweise wesentliche Unterscheidung von Ursachen- und Symptomebene wird dabei auch von anderen Autoren als elementar beurteilt.66 In jüngerer Zeit hat sich über dieses „neue“ Problemverständnis eine integrierte Sichtweise herausgebildet, die mittlerweile als so etwas wie der Status quo der Ursachenforschung bezeichnet werden kann. Danach werden (akute) Unternehmungskrisen regelmäßig dadurch ausgelöst, dass das Management 64
65 66
Töpfer unterscheidet im Detail sieben Krisen-Ursachenkomplexe, die im jeweiligen Krisen-Einzelfall einen verschieden starken Einfluss auf das Ausbrechen der Unternehmungskrise haben können. In jedem Fall wirken sie (zumindest einige von ihnen) gemeinsam. Vgl. Töpfer [Insolvenzursachen 1985], S. 162 ff. Eine grundsätzlich ähnliche Sichtweise haben auch Pearce/Robbins [Theory 1993], S. 623 und Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 35. In Anlehnung an Töpfer [Insolvenzursachen 1985], S. 164. Vgl. z.B. Slatter [Recovery 1986], S. 24.
20
Grundlegung
einer Unternehmung auf externe Veränderungen (Einflüsse, Entwicklungen) falsch, in unzureichendem Maße oder zu spät reagiert. In dieser Situation versäumt es dann die Unternehmung, sich den veränderten Rahmenbedingungen adäquat anzupassen: The problem does not arise from external conditions, but a change of external conditions causes imbalance. The problems come from an internal problem, but the triggering mechanism that suddenly makes things that formerly worked no longer work is a change in external things – a condition of tight money, a condition of high interest rates, a condition of faltering industry sales, or any combination of those things. It works on your internal problems so that you can no longer live with them, so you have at this point to either fall by the wayside or correct the internal problems.67
Einen Manager, der externe Gründe für die Krise seiner Unternehmung verantwortlich macht, vergleicht ARGENTI mit einem Kapitän auf hoher See: What does he expect – a world in which taxes and laws are not changed? This is like the captain of a ship which is grossly overloaded blaming a two-foot wave for sinking it – and, in one case, he is right; it was a 68 two-foot wave that sank it! But what about all the other ships near by which are still afloat?
Die Untersuchung von DR.WIESELHUBER&PARTNER aus dem Jahr 2002 bestätigt die erwähnte Komplexität bei der Zusammenwirkung interner und externer Krisenursachen. So resultieren die akuten Krisen bei den analysierten mittelständischen Firmen in der überwiegenden Zahl aus einer Kombination von Managementdefiziten und Marktdruck, wobei unter letzterem Begriff Aspekte wie Preisdruck, Strukturveränderungen in Branche und Markt sowie Marktsättigung subsumiert werden. Überraschenderweise verwendet die gleiche Studie – weitgehend ungeachtet dieser Komplexität – die Begriffe Absatz-, Umsatz-, Kosten-, Finanz- und Managementkrise.69 Eine solche Differenzierung findet sich zwar auch im alltäglichen Sprachgebrauch, dennoch ist sie zu kritisieren, weil sie zu einer unbefriedigenden Vermischung von Ursachen- und Symptomebene führt. Eine in dieser Hinsicht aussagekräftigere Darstellung findet sich bei HAUSCHILDT. Hier werden auf Basis einer empirischen Untersuchung zwölf Misserfolgselemente identifiziert, die sich wiederum vier Krisenursachenbereichen zuordnen lassen.
67 68 69
Robert Di Giorgio, Chairman der Di Giorgio Corp., San Francisco aus dem Jahre 1978, zitiert nach Bibeault [Turnaround 1982], S. 25. Argenti [Collapse 1976], S. 134. Vgl. Dr.Wieselhuber & Partner [Unternehmenskrisen 2002], S. 7 f. Das Analyseergebnis, wonach nur in 11% aller Fälle keine Managementkrisen vorlagen, unterstreicht die Bedeutung dieses Problembereichs. Lubos wählt die gleiche begriffliche Krisenunterscheidung, subsumiert Umsatz- und Absatzkrise jedoch unter erstgenannter Krisenart. Darüber hinaus erwähnt er, dass sich die entsprechenden Krisenarten aus einer Verlustquellenanalyse ableiten lassen, was die Zuordnung zur Symptomebene rechtfertigt. Vgl. Lubos [Erfolgsfaktoren 1995], S. 279.
Unternehmungskrisen
21
1
40%
In der Person liegende Ursachen
2 3 4
66% 20% 25%
Führungsfehler In der Konstitution/ Organisation liegende Ursachen Überhastete Expansion
5 6
90% 47%
Mängel im Absatzbereich Mängel im Produktbereich
7 8
5% 47%
Mängel in der Beschaffung/ Logistik Mängel im Personalwesen
9 10
15% 18%
Mängel in der Infrastruktur Mängel in der Forschung und Entwicklung
Strategische Misserfolgsursachen
11 12
29% 36%
Mangel an Eigenkapital Mangelhaftes Planungs- und Kontrollsystem
Verschärfende Misserfolgsursachen
Strukturell Misserfolgsursachen
Operative Misserfolgsursachen
70
Abbildung B-4: Misserfolgsursachen nach Hauschildt
Im Ergebnis scheint eine solche Beschreibung vorzuziehen, da sie die Ursachen, nicht die Symptome in den Vordergrund stellt. Insgesamt ist aber darauf hinzuweisen, dass jede Krisenklassifikation auf Basis der Krisenursachenanalyse mehr oder weniger mit den geschilderten Problemen der Multikausalität, Mehrstufigkeit und Multilokalität von Krisenursachen zu kämpfen hat.71
1.3
Begriffliche Grundlagen zum Krisenmanagement
1.3.1
Definition Krisenmanagement
Dass Unternehmungskrisen überwiegend destruktive Wirkungen entfalten, ist hinlänglich bekannt. Werden sie nicht erfolgreich bewältigt, so droht die Insolvenz der Unternehmung. In der Folge verlieren (vielfach) Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze, Eigen- und Fremdkapitalgeber Geld, Lieferanten Kunden und Kunden Lieferanten.72 Aus betriebs- wie aus volkswirtschaft-
70
71 72
Vgl. Hauschildt [Schaden 1983], S. 149. In seiner Analyse wertet der Autor 72 Berichte über Unternehmungskrisen aus, die im Manager Magazin in den Jahren 1971-1981 unter den Titel „Mißmanagement“ erschienen sind. Die angegebenen Prozentwerte spiegeln Häufigkeiten wider. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 67. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 72 ff. - hier wird auch darauf hingewiesen, dass Unternehmungskrisen mitunter konstruktive Wirkungen haben können. Danach entsteht durch Krisen regelmäßig ein Veränderungsdruck, der u.U. Maßnahmen ermöglicht, die das System Unternehmung wettbewerbsfähiger und erfolgreicher machen und die im krisenfreien Normalzustand nicht ergriffen worden wären. Dieser positive Aspekt („Krise als Chance“) darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Krise zunächst einmal die Existenz einer Unternehmung bedroht und daher grundsätzlich unerwünscht ist. Vgl. hierzu auch Franke [Unternehmenskrise 1997], S.76 ff.
22
Grundlegung
licher Sicht sind Unternehmungskrisen daher zu vermeiden bzw. – sofern sie schon eingetreten sind – zu bewältigen.73 Der Prozess dieser Krisenvermeidung und -bewältigung wird im erweiterten Wortsinn als Krisenmanagement bezeichnet.74 Nach einem engeren Verständnis bezieht sich der Begriff Krisenmanagement dagegen lediglich auf den Prozess der Krisenbewältigung, d.h. auf das Management einer akuten, bereits eingetretenen und sichtbaren Unternehmungskrise.75 Neben dieser prozessualen Sicht, wird – in Analogie zum allgemeinen Managementbegriff – auch jene Personengruppe resp. Institution als Krisenmanagement bezeichnet, welche die Unternehmung durch den Prozess der Krisenbewältigung führt.76 Die Maßnahmen, die zu einer Vermeidung von akuten Unternehmungskrisen führen sollen, und die nach dem erweiterten Begriffsverständnis bereits dem (prozessualen) Krisenmanagement zuzurechnen sind, setzen im Stadium der potentiellen und latenten Krisensituation an. Hierbei geht es entweder darum, mögliche Unternehmungskrisen gedanklich vorwegzunehmen, oder bereits eingetretene aber noch verdeckte (also latente) Krisen rechtzeitig zu erkennen. Ersterem Ziel wird man dabei gerecht, indem man sich frühzeitig und weitsichtig mit alternativen Szenarien der Unternehmungs- und Umweltentwicklung auseinandersetzt und darauf aufbauend Alternativplanungen erarbeitet, letzterem, indem man Frühwarnsysteme errichtet, die sog. „weak signals“ aufnehmen, und die ggf. auf eine sich anbahnende manifeste Krisensituation aufmerksam machen.77 Einige Autoren bezeichnen diese Maßnahmen als aktives Krisenmanagement.78 Relevant scheint in diesem Zusammenhang die generelle Kritik von LINDE, wonach eine derart weite Fassung des Krisenmanagement-Begriffs große Abgrenzungsprobleme mit sich bringt, weil nach dieser weiten Definition hinterfragt werden muss, ob es neben dem Krisenmanagement überhaupt noch ein „normales“ Management der Unternehmung geben kann.79 Aufgrund der Tatsache, dass es im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht um die Vermeidung latenter Unternehmungskrisen gehen soll,80 wird fortan ein enges prozessuales Begriffsver-
73 74 75 76 77 78 79 80
Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 1. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 106 ff. und Franke [Unternehmenskrise 1997], S. 93. Vgl. Linde [Krisenmanagement 1994], S. 15. Vgl. von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 42 und Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 101 ff. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 106 f. Vgl. u.a. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 6. Vgl. Linde [Krisenmanagement 1994], S. 15, Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 6 f. Vgl. hierzu die Ausführungen in der Einleitung.
Unternehmungskrisen
23
ständnis zu Grunde gelegt. Danach umfasst Krisenmanagement im Sinne dieser Arbeit die „Planung, Realisation und Kontrolle von Repulsivmaßnahmen“81, die auf die Bewältigung akuter Unternehmungskrisen ausgerichtet sind. 1.3.2
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Da in der wissenschaftlichen Literatur ebenso wie im Sprachgebrauch der Wirtschaftspraxis im Zusammenhang mit Unternehmungskrisen immer wieder auch die Begriffe TurnaroundManagement, Sanierung und Restrukturierung auftauchen, sollen sie nachfolgend kurz erörtert und – wo nötig – vom hier verwendeten Begriff des Krisenmanagements abgegrenzt werden. Turnaround-Management Bei einer Analyse der umfangreichen US-amerikanischen Abhandlungen zum Management von Unternehmungskrisen fällt auf, dass eine begriffliche Differenzierung unterschiedlicher Krisenarten nach dem Kriterium der Krisenintensität (potenziell/ latent/ akut) hier offensichtlich keine Tradition hat.82 Stattdessen wird die finanzwirtschaftliche Performance einer Unternehmung zum alles entscheidenden Krisenkriterium. Unterschreitet diese finanzwirtschaftliche Performance im konkreten Fall entweder eine bestimmte Benchmark oder geht sie über einen gewissen Zeitraum einfach nur stetig zurück, so befindet sich eine Unternehmung in einer „Turnaround-Situation“.83 Dieser Begriff impliziert dabei nicht, dass der Prozess der Umkehr der negativen Entwicklung bereits eingeleitet oder gar (erfolgreich) abgeschlossen worden wäre, sondern lediglich, dass die Unternehmungsentwicklung in diesem Stadium einer Umkehr bedarf. Nach PEARCE/ROBBINS: “A turnaround situation exists when a firm encounters multiple years of declining financial performance subsequent to a period of prosperity.”84 Übertragen auf die deutsche Begriffswelt ähnelt die angloamerikanische Definition der Turnaround-Situation somit stark der einer Erfolgskrise.
81 82 83 84
Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 6. Zu diesem Urteil kommt auch von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 59. Hinsichtlich der konkreten Operationalisierung dieser Bedingungen besteht in der Literatur sehr großer Dissens. Vgl. hierzu die ausführliche Kritik von Pearce/Robbins [Theory 1993], S. 628. Pearce/Robbins [Theory 1993], S. 623. Ähnlich auch Hambrick [Turnaround 1985], S. 10.2: „As a starting point, a Turn Around situation is defined as one in which business performance is persistently below some minimally acceptable level.“
24
Grundlegung
Auf Basis der Erklärung, der zufolge als „Turnaround“ der (Zeit-) Punkt einer substanziellen und nachhaltig positiven Änderung der Unternehmungsperformance anzusehen ist,85 kann Turnaround-Management ganz grundsätzlich als Führungsprozess zur Erreichung dieser (Trend-) Umkehr interpretiert werden. Die sich offensichtlich ergebende Analogie zur deutschen Bezeichnung Krisenmanagement ermöglicht daher im Weiteren eine synonyme Verwendung beider Begriffe.86 Sanierung Ähnlich wie beim Begriff des Krisenmanagements besteht auch beim Schlagwort Sanierung Uneinigkeit darüber, wie weit der entsprechende Begriff zu fassen ist.87 Nach einem engen Verständnis bezieht sich der Begriff Sanierung im Wesentlichen auf finanzwirtschaftliche Sofortmaßnahmen, die als Reaktion auf eine akute Gefahr der Illiquidität initiiert werden und die das kurzfristige Überleben einer Krisenunternehmung sicherstellen sollen.88 Dieser engen Definition steht ein erweitertes Begriffsverständnis gegenüber. So definiert BÖCKENFÖRDE: „Sanierung ist die Summe aller, aus ganzheitlicher strategischer Perspektive entstammender, führungsorientierter, organisatorischer, finanz-, leistungs- und sozialwirtschaftlicher Maßnahmen, die einerseits zur Beseitigung einer zeitraumbezogenen Illiquidität und der entstandenen Kapitalverluste ergriffen werden und andererseits die Wiederherstellung existenzerhaltender Rentabilität, Innovationskraft oder Produktivität zur Folge haben, so daß mittel- bis langfristig die Leistungsfähigkeit bzw. die Überlebensfähigkeit des Unternehmens gegeben ist.“89
Beachtet man, dass sich der Begriff Sanierung im Ursprung auf das lateinische Wort “sanare” zurückführen lässt, was wiederum mit heilen übersetzt werden kann, so spricht einiges für die letztgenannte, erweiterte Sichtweise. Schließlich führt eine kurzfristige Existenzsicherung nicht zwingend zu einer langfristigen Gesundung. Legt man bei der Definition des Sanierungs-Begriffs folglich ein erweitertes Verständnis zu Grunde, so besteht eine hohe inhaltliche Kongruenz zum hier verwendeten Begriff des Krisenmanagements.
85 86 87 88 89
Vgl. Bibeault [Turnaround 1982], S. 81, Schendel et al. [Turnaround 1976], S. 3. Vgl. hierzu auch von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 59. Vgl. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 6 f. und Seefelder [Unternehmenssanierung 2003], S. 22. Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 5 und Burtscher [Krisenmanagement 1996], S. 65. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 7. Zu einem ähnlichen (weiten) Verständnis vgl. auch Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 82.
Unternehmungskrisen
25
Restrukturierung Der Begriff Restrukturierung ist in Wissenschaft und Praxis nicht einheitlich definiert.90 Während LÜTHY darunter alle Bestrebungen subsumiert, die darauf „gerichtet sind, die wirtschaftlichen Hauptaktivitäten des Unternehmens zu erhalten und wieder profitabel zu gestalten“,91 lehnt BERGAUER den Begriff Restrukturierung stark an den der Reorganisation an. Damit lassen sich grundsätzlich alle tiefgreifenden und geplanten organisatorischen Änderungen in Unternehmungen dem Restrukturierungs-Begriff zuordnen.92 In der Wirtschaftspraxis wird der Begriff i.d.R. ähnlich weit gefasst. Insofern überrascht die Sichtweise von BÖCKENFÖRDE, wonach die Begriffe Restrukturierung und Turnaround als deckungsgleich anzusehen sind.93 Die konträre Auffassung von ACHLEITNER/WAHL scheint hier intuitiv richtiger. Danach soll der Begriff der „Unternehmensrestrukturierung primär nicht als Synonym für Sanierung oder Rationalisierung stehen“.94 In der vorliegenden Arbeit wird dieser letztgenannten Sichtweise gefolgt. Danach bezieht sich der Begriff Restrukturierung ganz allgemein auf die Initiierung geplanter Veränderungsprozesse in Unternehmungen. Ein wesentlicher und zwingender Zusammenhang zum Begriff der Unternehmungskrise besteht dabei nicht, weshalb Restrukturierung auch nicht mit Krisenmanagement gleichzusetzen ist.95
90 91 92
93 94
95
Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 7. Lüthy [Unternehmenskrisen 1988], S. 27. Vgl. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 7. Zum typischen Begriffsverständnis in der angloamerikanischen Literatur, das dem zuletzt dargestellten weiten Verständnis entspricht, vgl. z.B. Bowman/Singh [Restructuring 1993]. Vgl. Böckenförde [Unternehmenssanierung 1996], S. 7 f. Vgl. Achleitner/Wahl [Restructuring 2003], S. 2 ff. Eine extreme Sichtweise, die sich von der herrschenden Meinung deutlich abhebt, vertreten Kraus/Gless ([Sanierungskonzepte 2004], S. 120). Danach wird unter Restrukturierung bzw. Sanierung „die Bewältigung einer Unternehmenskrise verstanden, die existenzbedrohend ist“. Vgl. zu diesem Schluss auch Seefelder [Unternehmenssanierung 2003], S. 22.
26
2 2.1
Grundlegung
Mergers&Acquisitions Definition und Eingrenzung des M&A-Begriffs
Beachtet man, dass sich die M&A-Thematik in den letzten Jahren zu einem der meistdiskutierten Phänomene in betriebswirtschaftlicher Forschung und Praxis entwickelt hat, so sollte man annehmen können, dass mittlerweile Einigkeit darüber herrscht, für was das Schlagwort „M&A“ – also Mergers&Acquisitions – eigentlich steht. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr verweist GERPOTT bei der ausführlichen Analyse des begrifflichen Status quo auf ein unübersichtliches Definitionswirrwarr, das die weltweite M&A-Literatur kennzeichnet.96 Um sich einer Definition und Eingrenzung des M&A-Begriffs zielführend zu nähern, sind deshalb drei Aspekte hervorzuheben: 1. Es ist festzuhalten, dass das ständig verbundene Begriffspaar „Mergers&Acquisitions“ zunächst einen Sammelbegriff darstellt, dem es an präziser Abgrenzung mangelt.97 2. Um diesen Ausdruck im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit zum Untersuchungsgegenstand zu machen, bedarf es einer trennscharfen Beschreibung und Abgrenzung von Einzelphänomenen, die diesem Sammelbegriff zuzuordnen sind.98 3. Eine solche Abgrenzung muss sich an der konkreten Problemstellung einer wissenschaftlichen Untersuchung orientieren. Sie ist demgemäß selten als richtig oder falsch sondern vielmehr als zweckmäßig bzw. unzweckmäßig zu beurteilen.99 Das dieser Arbeit zu Grunde liegende M&A-Verständnis orientiert sich – insbesondere dem dritten Punkt folgend – an der in Abb. B-5 dargestellten begrifflichen Differenzierung.100 Danach wird unter dem Oberbegriff Unternehmungsverbindung die Gesamtheit aus Unternehmungskooperationen und Unternehmungsvereinigungen subsumiert, wobei der zentrale Unterschied der letztgenannten Begriffe typischerweise im Ausmaß der Bindungsintensitäten 96
97 98 99 100
Im Detail entsteht diese Problematik dadurch, dass im deutschsprachigen Raum Begriffe wie Akquisition, Zusammenschluss, Unternehmungsverbindung, Fusion, Kooperation und Übernahme, im angloamerikanischen Sprachgebrauch die Begriffe acquisition, merger und takeover Verwendung finden. Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung dieses Sachverhalts Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 18 ff. Vgl. Pausenberger [Systematik 1989], S. 621 ff., Brealey/Myers [Principles 1991], S. 817 ff. und Vogel [M&A 2002], S. 3. Vgl. Jansen [Mergers 2001], S. 46, Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 19. Vor allem im angloamerikanischen Raum trifft man regelmäßig auf ein deutlich umfassenderes Begriffsverständnis. Vgl. z.B. Copeland/Weston [Theory 1988], S. 676: „…the traditional subject of M&A’s has been expanded to include takeovers and related issues of corporate restructuring, corporate control, and changes in the ownership structure of firms”. Vgl. auch die Ausführungen bei Jansen [Mergers 2001], S.45 f. sowie Gösche [Mergers 1991], S. 11.
Mergers&Acquisitions
27
zwischen den beteiligten Unternehmungen besteht. Schränken Unternehmungen bei Kooperationen in aller Regel ihre wirtschaftliche Dispositionsfreiheit lediglich partiell ein, um in bestimmten Bereichen mit anderen Unternehmungen zusammenzuarbeiten, ohne aber ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit maßgeblich aufzugeben, so resultieren bei Unternehmungsvereinigungen deutlich stärkere Abhängigkeitsverhältnisse.101 Der Begriff Unternehmungszusammenschluss wird darüber hinaus als Synonym für den Begriff Unternehmungsvereinigung angesehen.102 Unternehmungsverbindungen
Unternehmungskooperationen
Kooperationen i.e.S.
operative Kooperationen
Unternehmungsvereinigungen/ Unternehmungszusammenschlüsse Akquisitionen (i.e.S.) Fusionen durch Aufnahme
Fusionen Fusionen durch Neugründung
Abbildung B-5: Begriff der Unternehmungsverbindung
Da sich die eigene (empirische) Untersuchung später aus Gründen des Forschungsinteresses auf die engere Verbindungsform der Unternehmungsvereinigungen/ Unternehmungszusammenschlüsse konzentrieren wird, seien die wesentlichen Untergruppen dieser Zusammenschlussart näher erläutert. Akquisitionen Von einer Akquisition (i.e.S.) spricht man, wenn zwei Unternehmungen wirtschaftlich vereinigt und unter einheitlicher Leitung zusammengefasst werden, ohne dass dabei eine der beteiligten Unternehmungen ihre Rechtspersönlichkeit verlieren würde.103 Die angesprochene wirtschaftliche Vereinigung kann dabei auf zwei unterschiedliche Arten zustande kommen:
101
102
103
Als Kooperationen im engeren Sinne werden meist Strategische Allianzen und Joint-Ventures angeführt, typische operative Kooperationsformen umfassen Interessengemeinschaften und Kartelle. Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 37. Diese begriffliche Unterscheidung weicht von dem Verständnis Pausenbergers ab. Dieser ordnet Unternehmenskooperationen und Unternehmensvereinigungen dem Oberbegriff der „Unternehmenszusammenschlüsse“ unter. Vgl. Pausenberger [Systematik 1989], S. 625. Die hier vorgenommene Unterscheidung entspricht dem intuitiven Begriffsverständnis jedoch besser. Vgl. die Aussagen bei Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 37, Pausenberger [Systematik 1989], S. 623.
28
Grundlegung
zum einen, wenn eine akquirierende Unternehmung im Rahmen eines sog. Share-Deals wesentliche Kapitalanteile der Zielunternehmung übernimmt, zum anderen, wenn eine Zielunternehmung im Rahmen eines sog. Asset-Deals wesentliche Teile ihrer Vermögensgegenstände (und ggf. Schulden) auf die akquirierende Gesellschaft überträgt.104 In beiden Fälle ist die Wesentlichkeit der Anteils- bzw. Vermögensübertragung entscheidend für eine Charakterisierung der Transaktion als Akquisition im engeren Sinne.105 Werden nämlich lediglich „nicht-wesentliche“ Teile übertragen, so ist davon auszugehen, dass der Erwerber im Rahmen einer Transaktion keine beherrschende Stellung bei der Zielunternehmung erlangt.106 Folgerichtig erfüllt die Transaktion nicht den Tatbestand eines Unternehmungskaufs und ist somit nur nach einem erweiterten Begriffsverständnis als Akquisition zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass konkrete Regelungen hinsichtlich dieser Wesentlichkeit nicht im Gesetzestext verankert sind, und dass weder beim Share- noch beim Asset-Deal allgemeingültige Grenzwerte existieren, deren Überschreitung eine derartige beherrschende Stellung zwingend implizieren würde. In der empirischen Forschung wird bei Share-Deals vielfach ab einer Beteiligungshöhe von über 50% („Mehrheitsbeteiligung“) von einem Unternehmungskauf, d.h. von einer Akquisition i.e.S. gesprochen.107 Diese Grenzziehung folgt der durchaus plausiblen Annahme, der zufolge ein Mehrheitsgesellschafter i.d.R. die Leitungs- und Kontrollbefugnis innehaben wird, sie klärt aber nicht, ob dies nicht auch – zumindest in Einzelfällen – schon bei geringeren Beteiligungen faktisch der Fall sein kann. Eine empirische Arbeit muss diesen Sachverhalt demzufolge im Rahmen der Operationalisierung untersuchungsspezifisch erörtern und relevante Beteiligungsgrenzen benennen. Fusionen Im Gegensatz zur Akquisition erfolgt bei einer Fusion neben der wirtschaftlichen auch eine rechtliche Vereinigung der beteiligten Gesellschaften. Verliert dabei lediglich eine Unternehmung ihre Rechtspersönlichkeit, wohingegen die zweite ihre Rechtspersönlichkeit behält,
104
105 106 107
Ein Share-Deal wird gesetzlich als Rechtskauf im Sinne des § 433 BGB verstanden. Ein Asset-Deal stellt hingegen juristisch einen Sachkauf im Sinne des § 453 BGB dar. Vgl. hierzu Picot [Unternehmenskauf 2004], S. 32 f. Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 28 f. Vgl. hierzu die Ausführungen bei Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 28 ff., Picot [Unternehmenskauf 2004], S. 32 ff., Vgl. z.B. Eckardt [Kurseffekte 1999], S. 93.
Mergers&Acquisitions
29
so spricht man von einer Fusion durch Aufnahme.108 Wird das Vermögen zweier Unternehmungen dagegen auf eine neugegründete Gesellschaft übertragen, wobei beide Transaktionspartner ihre ursprüngliche Rechtspersönlichkeit aufgeben, so entspricht dies einer Fusion durch Neugründung.109 Wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit von Mergers&Acquisitions gesprochen, so steht dieser Begriff fortan für die beiden zuletzt erörterten Arten von Unternehmungsvereinigungen, d.h. für Akquisitionen (i.e.S.) und Fusionen (durch Aufnahme und Neugründung). Dort, wo die folgende Problemdiskussion eine differenzierte Betrachtung verlangt, wird eine entsprechende Unterscheidung von Akquisition (Acquisition) und Fusion (Merger) vorgenommen. Allerdings sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dieser formalen Differenzierung, die sich lediglich an der Fortführungsentscheidung einzelner Rechtspersonen orientiert, in vielen wissenschaftlichen Arbeiten kein allzu großer Nutzen beigemessen wird. Das Wesen einer Unternehmungsvereinigung wird in der Praxis offensichtlich wenig davon beeinflusst, ob die rechtliche Verschmelzung den Kriterien einer Akquisition, einer Fusion durch Aufnahme oder einer Fusion durch Neugründung genügt.110 Viel aussagekräftiger ist es nach der herrschenden Meinung, Mergers&Acquisitions anhand inhaltlicher Kriterien zu unterscheiden. Welche Möglichkeiten hierbei regelmäßig im Vordergrund stehen, zeigen die folgenden Kapitel.
2.2
Klassifikation von M&A-Maßnahmen
2.2.1
Differenzierung nach leistungswirtschaftlicher Verwandtschaft der beteiligten Unternehmungen
Die Unterscheidung verschiedener M&A-Maßnahmen nach der leistungswirtschaftlichen Verwandtschaft der beteiligten Unternehmungen hat in Wissenschaft und Praxis größte Tra-
108
109
110
Vgl. Pausenberger [Systematik 1989], S. 624, Jansen [Mergers 2001], S. 51 und Vogel [M&A 2002], S. 6 f.. Schmusch folgert aus der inhaltlichen Beschreibung der Fusion durch Aufnahme, dass es sich hierbei ebenfalls um eine Akquisition handelt. Vgl. Schmusch [Unternehmensakquisitionen 1998], S. 11. Diese Sichtweise entspricht teilweise dem üblichen Sprachgebrauch der Praxis. Um eine inhaltlich klare Trennung zu gewährleisten, wird dieser begrifflichen Überschneidung hier jedoch nicht gefolgt. Vgl. Pausenberger [Systematik 1989], S. 624, Vogel [M&A 2002], S. 5 ff., Jansen [Mergers 2001], S. 51. Dörr bezeichnet den Fall, bei dem beide Unternehmungen ihre rechtliche Selbständigkeit aufgeben auch als „Konsolidierung“, wohingegen als Fusion lediglich eine Transaktion zu bezeichnen ist, bei der nur eine Unternehmung (zumeist die aufgekaufte) ihre Rechtsperson verliert. Vgl. Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 1 ff. Dieser Sichtweise wird hier nicht gefolgt. Gesetzlich relevante Regelungen finden sich für die Fusion durch Aufnahme in den §§ 4-35 UmwG, für die Fusion durch Neugründung in den §§ 36-38 UmwG. Vgl. hiezu Kerler [Shareholder 2000], S. 11.
30
Grundlegung
dition und bildet zweifellos das zentrale Differenzierungskriterium der Literatur. Die Mehrzahl der (deutschen) Ansätze unterscheidet im Rahmen dieser Klassifizierung, die sich an der Ähnlichkeit der von den Unternehmungen bearbeiteten Produkt-Markt-Felder orientiert, horizontale, vertikale und konglomerate Zusammenschlüsse.111 Von einem horizontalen Zusammenschluss spricht man dabei, wenn die am M&A-Prozess beteiligten Unternehmungen in der gleichen Branche tätig sind. Je nach dem, ob sich die Produktangebote beider Gesellschaften über diese Tatsache hinaus decken oder nicht, unterscheidet man innerhalb dieser Grundstrategie horizontale Zusammenschlüsse mit bzw. ohne Produktausweitung.112 Von einem vertikalen Zusammenschluss ist zu sprechen, wenn durch die wirtschaftliche Vereinigung von akquirierender Unternehmung und Zielgesellschaft vor- bzw. nachgelagerte Wertschöpfungsaktivitäten miteinander verbunden werden – wenn also beide Unternehmungen bisher (zumindest schematisch) in einem KundenLieferanten-Verhältnis zueinander standen.113 Konglomerate Zusammenschlüsse zeichnen sich dadurch aus, dass die am Transaktionsprozess beteiligten Unternehmungen in nicht verwandten Produkt-Markt-Feldern agieren.114 Entsprechende M&A-Maßnahmen bezeichnet man regelmäßig auch als Diversifikation.115 An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass diese vermeintlich einleuchtende Dreiteilung verschiedener M&A-Arten im wissenschaftlichen wie im praktischen Anwendungszusammenhang an ihre Grenzen stößt, da in der Realität vielfach Zwischenformen der o.g. Cluster existieren, bei denen eine Zuordnung zur Interpretationssache wird. So bestehen z.B. regelmäßig Probleme bei der Beurteilung, ob Zusammenschlüsse zweier Unternehmungen mit unterschiedlichen Produktlinien (noch) als horizontal (mit Produktausweitung) oder (schon) als konglomerat zu bezeichnen sind.116 GERPOTT kommt diesbezüglich sogar zu dem Schluss,
111
112 113
114
115
116
Vgl. beispielhaft Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 8 ff., Bühner [Erfolg 1990], S. 12 f., Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 128 ff., Pausenberger [Systematik 1989], S. 622 und Wächter [Voraussetzungen 1990], S. 115 f.; für einen angloamerikanischen Beitrag Chatterjee [Synergy 1986], S. 123. Vgl. Bühner [Erfolg 1990], S. 5., Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 13. Hierbei ist eine Vorwärtsintegration (Richtung Markt) sowie eine Rückwärtsintegration (Richtung Rohstoffe) zu unterscheiden. Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 43, Bühner [Erfolg 1990], S. 5, Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 8, Pausenberger [Systematik 1989], S. 622 u.v.a. Vgl. Bühner [Erfolg 1990], S. 5 f., Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 23 f. Mitunter wird für diese Zusammenschlussform auch der Begriff „lateral“ gebraucht. Vgl. Schmusch [Unternehmensakquisitionen 1998], S. 13. Für eine detailliertere Auseinandersetzung mit dem Diversifikationsbegriff, die auf die Unterschiede von horizontaler, vertikaler, konzentrischer und konglomerater Diversifikation eingeht, vgl. Homp [Kernkompetenzen 2000], S. 66 ff. Vgl. Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 16. Eine ähnliche Problematik entsteht regelmäßig auch bei der Entscheidung, ob bei einem brancheninternen Zusammenschluss eine Produktausweitung konsta-
Mergers&Acquisitions
31
dass „es offensichtlich äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, mit Hilfe einer nominal-skalierten Entweder-Oder-Variablen sinnvoll festzuhalten, welche Ähnlichkeiten zwischen den Produkt-Markt-Feldern von Unternehmen bei Akquisitionen bestehen“.117 Diesem Urteil folgend warnt er davor, „gewissermaßen ‚per Gewohnheitsrecht’ auf die globale kategoriale Unterscheidung von Akquisitionstypen (...) zurückzugreifen“.118 Diese skeptische Sichtweise wird in der vorliegenden Arbeit ausdrücklich geteilt. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass viele angloamerikanische Untersuchungen, die sich auch empirisch auf die Klassifikation nach leistungswirtschaftlicher Verwandtschaft beziehen, eine sehr pragmatische Sichtweise an den Tag legen. Danach ist ein Zusammenschluss entweder als „related“ oder als „unrelated“ zu bezeichnen.119 Die „related acquisitions“ umfassen dabei auch noch (horizontale) Zusammenschlüsse mit deutlicher Produkt- und/ oder Marktausweitung, wohingegen bei „unrelated acquisitions“ weder eine technologische noch eine ProduktMarkt-Beziehung zwischen den beteiligten Unternehmungen existiert (Diversifikation i.e.S.).120 2.2.2
Differenzierung nach Unterstützung des Managements der Zielunternehmung
Neben dieser vielfach im Vordergrund stehenden Differenzierungsalternative wird ein Zusammenschluss regelmäßig auch danach bewertet, ob er von dem Leitungsgremium der Zielgesellschaft befürwortet oder abgelehnt wird. Ist letzteres der Fall, so wird der Übernahmeversuch vielfach mit dem Attribut feindlich versehen.121 Zusammenschlüsse, die in beiderseitigem Einvernehmen der Geschäftsleitungen durchgeführt werden, bezeichnet man hingegen als freundlich. Da im Rahmen feindlicher Übernahmeversuche den Gesellschaftern der Zielunternehmung zumeist ein zeitlich befristetes und an bestimmte Konditionen geknüpftes Übernahmeangebot für deren Besitzanteile unterbreitet wird, welches nicht mit der Geschäftsleitung des Targets abgesprochen ist, wird diese Transaktionsform treffender auch als „unab-
117 118 119 120 121
tiert werden muss oder nicht. Schließlich wird die Verbindung zweier Unternehmungen mit völlig identischen Produkten kaum praxisrelevant sein. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 13 (FN19). Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 44. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 44. Vgl. beispielhaft Singh/Montgomery [Performance 1987], S. 379, Lubatkin [Merger 1987], S. 39 ff., Seth [Value 1990], S. 432 f. sowie der Hinweis bei Haspeslagh/Jemison [Myths 1987], S. 56. Vgl. Singh/Montgomery [Performance 1987], S. 379. Vgl. Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 30 ff. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch wird eine feindliche Übernahme als „hostile takeover“ bezeichnet. Vgl. Jansen [Mergers 2001], S. 40 und 60 ff.
32
Grundlegung
gestimmter Zusammenschluss“ bezeichnet.122 In der Literatur wird diesen feindlichen Übernahmen oftmals eine besondere Problemdimension beigemessen. Danach führt ein unabgestimmter Übernahmeversuch in der Zielunternehmung (auf nahezu allen Hierarchieebenen) zu einer feindseligen Einstellung gegen den potenziellen Akquisiteur, was sowohl den Planungs- und Abstimmungsprozess in der Pre-Merger-Phase als auch den nachfolgenden Integrationsprozess maßgeblich erschwert.123 Ob diese negativen Wirkungen im Endeffekt jedoch auch dazu führen, dass feindliche Übernahmen im Durchschnitt weniger erfolgreich sind als freundliche, ist umstritten.124 Fest steht, dass einer Zielgesellschaft im Rahmen eines solchen feindlichen Übernahmeversuchs diverse Gegenmaßnahmen zur Verfügung stehen, die einen Zusammenschluss gegen den Willen der Geschäftsleitung wesentlich erschweren können.125 2.2.3
Differenzierung nach resultierendem Autoritätsverhältnis
Eine dritte Differenzierungsalternative unterscheidet verschiedene M&A-Maßnahmen danach, in welchem „Autoritätsverhältnis“ sich die am M&A-Prozess beteiligten Unternehmungen zusammenschließen.126 SCHMIDT klassifiziert in diesem Zusammenhang drei Varianten, die sich darin unterscheiden, inwieweit die „strategischen und strukturellen Konzepte der Mergerpartner“ nach einem Zusammenschluss fortgeführt werden.127 Im ersten denkbaren Fall werden dabei die entsprechenden strategischen und strukturellen Konzepte beider am M&A-Prozess beteiligten Gesellschaften möglichst gleichberechtigt übernommen und in gewisser Weise paritätisch fortgeführt. Typisch ist hierbei, dass sich das Streben nach paritätischer Zusammenführung meist durch eine möglichst ausgeglichene personelle Besetzung der neuen Führungsspitze manifestiert und die Führungsgremien der alten Gesellschaften kommunizieren, dass es sich bei der Unternehmungsverbindung um einen 122
123
124 125 126 127
Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 42. Dieser Ausdruck verdeutlicht besser als die Kennzeichnung „feindlich“, dass hier nicht per se gegen die Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft gehandelt wird. Für eine Sonderform der feindlichen Übernahme, bei der ein Akquisiteur versucht, Stimmrechtsvollmachten von Aktionären der Zielgesellschaft zu erwerben („proxy fight“) vgl. Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 33. Beispiele für feindliche Übernahmen finden sich bei Jansen [Mergers 2001], S. 60 ff. und Fray et al. [Acquisitions 1985], S. 12-8 f. Vgl. Buono/Bowditch [Mergers 1989], S. 70 f., Vogel [M&A 2002], S. 23 und Kirchner [Akquisitionsmanagement 1991], S. 114. Dass sich auch Argumente dafür finden lassen, dass diese negative Wirkung nicht eintritt, da Mitarbeiter der Zielunternehmung auf unteren Hierarchiestufen auch unabgestimmten Übernahmen neutral oder positiv gegenüberstehen können, sehen Salter/Weinhold [Takeovers 1988], S. 146. Vgl. hierzu die umfassende Diskussion bei Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 50 ff. Für eine kompakte Darstellung der alternativen Gegenmaßnahmen vgl. Jansen [Mergers 2001], S. 62 ff. und Vogel [M&A 2002], S. 25ff. Vgl. Pausenberger [Systematik 1989], S. 622. Schmidt [Mergers 2001], S. 603.
Mergers&Acquisitions
33
sog. Merger-of-Equals handelt. Ein entsprechendes Verständnis, wie es z.B. von den Vorständen von Daimler-Benz AG und Chrysler Corp. bei ihrem vielbeachteten Zusammenschluss im Jahre 1998 formuliert wurde, wird meist dadurch unterstrichen, dass man die Unternehmungsverbindung im Rahmen einer Fusion abwickelt. Im zweiten Fall – der i.d.R. klassische Akquisitionsgeschäfte charakterisiert – dominiert das Konzept einer Gesellschaft die langfristige strukturelle, strategische und kulturelle Ausrichtung der verbundenen Unternehmung(en). Die Zielgesellschaft wird hierbei also nicht nur formell, sondern auch strukturell der akquirierenden Unternehmung untergeordnet. Bei der dritten möglichen Alternative wird hingegen keines der bisherigen Konzepte (weder gleichberechtigt noch dominierend) in die vereinigte Unternehmung übernommen. Vielmehr wird hier durch den Zusammenschluss sowohl strategisch als auch strukturell eine neue Ausrichtung konfiguriert. SCHMIDT sieht diese Form der Anpassung vor allem bei defensiv ausgerichteten Zusammenschlüssen, bei denen sich Gesellschaften vereinigen, die gleichermaßen über eine unbefriedigende Ertragslage verfügen und bei denen eine vollständige Neuformierung notwendig erscheint. Zu dieser Klassifizierung ist anzumerken, dass in der Wirtschaftspraxis insbesondere die Existenz des ersten Falls immer wieder angezweifelt wird. JACK WELCH, ehemaliger CEO von General Electric, urteilt diesbezüglich in Anlehnung an den o.g. Zusammenschluss in der Automobilbranche: „Der unglückliche Teil des Daimler-Chrysler-Deals war die Diskussion am Anfang. (…) da war aber viel die Rede vom Merger of equals. Aber das gibt es nicht, jemand muss das Sagen haben.“128 Doch auch wenn man annehmen muss, dass eine vollkommene Parität nicht gänzlich erreicht bzw. kaum dauerhaft aufrechterhalten werden kann, ermöglichen die o.g. Ausführungen den gedanklichen Entwurf eines Kontinuums, auf dem Zusammenschlüsse sinnvoll positioniert werden können. 2.2.4
Weitere Differenzierungskriterien
Weitere Möglichkeiten der Differenzierung verschiedener M&A-Maßnahmen finden sich bei der Durchsicht vornehmlich empirischer Studien, die durch eine zusätzliche Klassifizierung den Einfluss weiterer Merkmale auf den M&A-Erfolg untersuchen wollen. Auf strategischer
128
Interview mit J.Welch in DER SPIEGEL, Ausgabe 10/2001, S. 139. Zu dem geringen Operationalisierungsgrad dieser Grundsatzfrage vgl. auch den Rechtsstreit zwischen Kirk Kerkorian und der DaimlerChrysler AG, bei dem die Frage im Mittelpunkt stand, ob die Fusion von Daimler Benz AG und Chrysler Corp., die als Merger of Equals angekündigt wurde, nicht vielmehr faktisch eine Akquisition von Chrysler durch Daimler Benz darstellte. Die Klage wird im April 2005 zurückgewiesen. Vgl. hierzu FAZ vom 09.04.2005, S. 14.
34
Grundlegung
Seite wird in diesem Zusammenhang gerne analysiert, ob nationalen Zusammenschlüssen eine andere Erfolgswahrscheinlichkeit beigemessen werden kann als grenzüberschreitenden Transaktionen.129 Geleitet wird diese Differenzierung durch die Diskussion zur Bedeutung kultureller Unterschiede im Integrationsprozess, wohingegen sich technische Schwierigkeiten dieser Clusterung regelmäßig durch die unklaren Zuordnungsmöglichkeiten multinationaler Konzerne ergeben. Eine eher operative Sichtweise unterscheidet Mergers&Acquisitions nach der Finanzierung der Transaktion, wobei hier vielfach Fälle danach differenziert werden, ob eine Bezahlung des Kaufpreises durch Barmittel, durch Aktientausch oder durch eine Mischform stattfindet.130 Die Relevanz dieser Trennung resultiert dabei in erster Linie aus der unterschiedlichen Risikoverteilung, die diesen Finanzierungsformen zuzuordnen ist (vgl. hierzu Kap. 2.3.2). Gewissermaßen als Überleitung zum nächsten Kapitel ist hier des Weiteren darauf hinzuweisen, dass Mergers&Acquisitions auch auf Basis der ihnen zu Grunde liegenden Zusammenschlussmotive unterschieden werden können. Diese Klassifizierung ist jedoch von so elementarer Bedeutung, dass sie eigenständig erörtert werden soll.
2.3
M&A-Motivationstheorien
2.3.1
Strukturierung der Motivationstheorien
Die enorme Bedeutung, die der weltweite M&A-Markt mittlerweile erreicht hat, verleiht der Frage, warum sich Unternehmungen eigentlich zusammenschließen, außerordentliche Relevanz. Bei der Klärung dieser Frage fallen zunächst zwei Dinge auf: Zum einen hat es sich die M&A-Forschung bereits frühzeitig zur Aufgabe gemacht, Einzelmotive, die für das Zustandekommen von Zusammenschlüssen verantwortlich gemacht werden können, in z.T. umfangreichen Zielkatalogen zusammenzustellen.131 Zum anderen beruft sich die M&A-Praxis (Manager, Berater, Investmentbanker) in nahezu jedem Einzelfall auf ein ebenso wohlklingendes wie undifferenziertes Schlagwort: Synergie.132 Darüber hinaus hat die Wissenschaft in den letzten Jahren im Rahmen einer strukturierteren Auseinandersetzung mit der Motivationsfrage eine Reihe von Theorien entwickelt, die – nebeneinander stehend – eine Vielzahl
129 130 131
132
Vgl. z.B. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 135 ff., Bühner [Aktionärsbeurteilung 1992]. Vgl. z.B. Rappaport/Sirower [Tradeoffs 1999], Rudolph [Akquisitionsfinanzierung 2000] und Langner [Kauf 1999]. Vgl. u.a. die Zielkataloge bei Achleitner [Akquisitionen 2000], S. 96, Caytas/Mahari [Banking 1988], S. 20, Kerler [Shareholder 2000], S. 34 f., Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 62 f. sowie die dort angegebenen Quellen. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 33.
Mergers&Acquisitions
35
sinnvoller Erklärungen für die tatsächliche Durchführung von Unternehmungsvereinigungen liefern. Die bedeutendsten dieser Motivationstheorien sind überblickartig in Abb. B-6 dargestellt – sie werden nachfolgend erläutert. Motivationstheorien Synergietheorien Effizienz-Theorie: - operationelle Synergien - Management-Synergien - finanzwirtschaftliche Synergien
Managertheorien Empire-building-Theorie Free-Cash-Flow-Theorie
Fehlbewertungstheorien Valuation-Theorie Hubris-Theorie
Marktmacht-Theorie
Abbildung B-6: Bedeutende Motivationstheorien in der M&A-Forschung
2.3.2 2.3.2.1
Synergietheorien Positive Synergieeffekte
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Zusammenführung zweier Unternehmungen sinnvoll, wenn die entstehende Gesellschaft nach Zusammenführung mehr wert ist als die Summe der bis dato unverbundenen Teilgesellschaften.133 ANSOFF veranschaulicht diesen Sachverhalt, der in Gleichung [1] dargestellt ist, mit seiner viel zitierten und plakativen Formel: 2+2=5.134 Auf die betriebswirtschaftliche Definition übertragen, der zufolge sich der Wert einer Unternehmung durch Addition der Barwerte ihrer zukünftigen Cash-Flows ergibt,135 heißt das: eine zusammenschlussbedingte Wertsteigerung resultiert, wenn die Summe der Barwerte der Cash-Flows beider Unternehmungen nach Zusammenschluss größer ist, als die Summe dieser Barwerte ohne Zusammenschluss [2].136 Ist dies der Fall, so spricht man davon, dass durch die Verbindung beider Unternehmungen positive Synergieeffekte erzielt werden.137 Die Höhe dieser Synergiegewinne errechnet sich durch die in Gleichung [3] dargestellte Differenzbildung der Unternehmungswerte.138
133 134 135
136 137
Vgl. Bühner [Erfolg 1990], S. 6 f., Bausch [Unternehmungszusammenschlüsse 2003], S. 81 ff., Kerler [Shareholder 2000], S. 20, Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 62 ff. Ansoff [Managementstrategie 1966], S. 97 ff. Vgl. zu dem entsprechenden Verfahren der Unternehmensbewertung, das sich am Shareholder-ValueGedanken orientiert, Peemöller [Unternehmensbewertung 2005], S. 268 ff. sowie Dück-Rath [Unternehmensbewertung 2005], S. 37 ff. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 32. Vgl. z.B. Seth [Value 1990], S. 432 und Ebert [Evaluierung 1998], S. 18 ff. Diese Sichtweise orientiert sich an einer klassischen Definition des Synergie-Begriffs – etwa nach Rockholtz ([Akquisitionsmanagement
36
[1]
Grundlegung
Unternehmungswert AB f
[2]
FCF AB t
¦ 1 r AB
t
t 1
f
Synergieeffekt
FCF A t
f
FCF B t
¦ 1 r A ¦ 1 r B t
t
t 1
f
[3]
Unternehmungswert A Unternehmungswert B
t 1
FCF AB t
f
FCF A t
f
FCF B t
¦ 1 r AB ¦ 1 r A ¦ 1 r B t
t 1
FCF(A)t, FCF(B)t, FCF(AB)t:
t
t 1
t
t 1
Freie Cash-Flows der Unternehmung A bzw. B bzw. der verbundenen Unternehmung AB
r(A), r(B), r(AB):
unternehmungsindividuelle Kapitalkosten
Wie eine genauere Betrachtung der letztgenannten Synergieformel verdeutlicht, wird eine Steigerung des ökonomischen Gesamtwertes im Rahmen eines Zusammenschlusses daher einerseits erreicht, wenn bei einer konstanten Entwicklung der Kapitalkosten die Summe der zukünftigen Cash-Flows der verbundenen Unternehmung die Summe der Cash-Flows im Stand-Alone-Fall übersteigt. Andererseits wird der gleiche positive Effekt erzielt, wenn bei einer Addition der unternehmungsindividuellen Cash-Flows die Kapitalkosten der verbundenen Unternehmung gegenüber dem Stand-Alone-Fall sinken.139 Zusammenschlüsse, die initiiert werden, um eine Steigerung des ökonomischen Gesamtwertes der verbundenen Unternehmungen zu erreichen – sprich: Zusammenschlüsse, bei denen eine Realisation von positiven Synergieeffekten angestrebt wird – zielen demzufolge stets auf wenigstens einen dieser Effekte ab. In der Praxis des Akquisitions- und Fusionsmanagements existiert eine Reihe von Ansatzpunkten, die eine Beeinflussung der Geschäftstätigkeit nach eben dieser Maßgabe möglich erscheinen lassen. Diese wertsteigerungsbasierten Ansätze, die allesamt der grundlegenden Synergie- bzw. genauer gesagt der Effizienztheorie zuzuordnen sind, offenbaren dem zusammenschlussinitiierenden Management die möglichen Stellhebel für eine Realisierung von Synergievorteilen:
138 139
1999], S. 132): “Synergien stellen die akquisitionsbedingte Veränderung des nach einer Akquisition vorhandenen Gesamtmarktwertes der Akquisitionspartner gegenüber der Summe ihrer vor der Akquisition vorhandenen Einzelmarktwerte dar (…).”. Zu einer Übersicht über verschiedene Definitionen, vgl. Hofmann [Dyssynergiemanagement 2004], S. 237 und Rodermann [Synergiemanagement 1999], S. 400 ff. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 24. Vgl. zu beiden Fällen Kerler [Shareholder 2000], S. 38. Natürlich spiegeln diese beiden Fälle idealisierte Zustände wider. So steigt der ökonomische Gesamtwert auch dann, wenn a) beide Effekte gleichzeitig eintreten oder b) sich diese Effekte gegenläufig entwickeln, aber in der Summe eine positive Wertänderung ausweisen.
Mergers&Acquisitions
37
Operationelle Synergien Positive operationelle Synergien entstehen, wenn sich durch den Zusammenschluss zweier Unternehmungen positive Volumen- und/ oder Verbundeffekte ergeben.140 Nach dem klassischen Verständnis resultieren Volumeneffekte (Skaleneffekte, Economies of Scale), wenn zwei Unternehmungen durch Verbindung ihrer Wertschöpfungsaktivitäten die Ausbringungsmenge ihrer Produktion erhöhen und so eine Degression der Stückkosten erreichen.141 Modelltheoretisch basiert dieses Konzept auf der Annahme, wonach ein bestehender Fixkostenblock durch eine einfache Mengenerhöhung auf einen höheren Output verteilt werden kann. Dabei ist die Entstehung von Economies of Scale nicht nur auf den Produktionsbereich – in den die grundlegende Theorie entwickelt wurde – beschränkt.142 Vielmehr lassen sich Volumeneffekte überall dort erzielen, wo bei einer gemeinsamen Ausführung gleicher Aktivitäten Kostendegressionseffekte durch eine Verteilung bestehender Fixkosten realisiert werden können (z.B. im F&E-, im Marketing-, im Absatz- oder im Verwaltungsbereich).143 Verbundeffekte (Economies of Scope) entstehen im Gegensatz zu den genannten Volumeneffekten, wenn durch die gemeinsame Erstellung verschiedenartiger Produkte bzw. Dienstleistungen eine Degression der Gemeinkosten erreicht werden kann.144 Damit entstehen die entsprechenden Vorteile nicht primär durch eine Mengensteigerung, sondern durch die Produktvielfalt.145 Hinter dieser Idee steht die Überlegung, der zufolge bestimmte Produktionsfaktoren in der Realität nicht perfekt teilbar sind, was dazu führt, dass eine Unternehmung an verschiedenen Stellen des Wertschöpfungsprozesses Überkapazitäten besitzt.146 Durch eine Zusammenlegung der Produktion (i.w.S.), sprich: durch eine gemeinsame Leistungserstellung, ist es demnach möglich, bestimmte Inputfaktoren im Verbund zu nutzen und so Effizienz-, d.h. Kostenvorteile gegenüber der getrennten Produktion der verschiedenartigen Outputein-
140 141 142 143 144 145 146
Vgl. Schmidt/Schettler [Ziele 1999], S. 312 ff. Seidel ([Erfolgsfaktoren 1995], S. 28 f.) subsumiert diese Effekte unter dem Begriff der operativen Synergien. Vgl. Pausenberger [Unternehmenszusammenschlüsse 1993], S. 4443 f. Vgl. Hofmann [Dyssynergiemanagement 2004], S. 170. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 34, Capron [Performance 1999], S. 989, Eckardt [Kurseffekte 1999], S. 40, Pausenberger [Unternehmenszusammenschlüsse 1993], S. 4444. Vgl. Jansen [Mergers 2001], S. 75. Vgl. Bühner [Strategie 1985], S. 261. Vgl. Stephan [Diversifikation 2003], S. 91.
38
Grundlegung
heiten zu realisieren.147 Eine derart vorteilhafte Verbundnutzung kann sich auf Gebrauchsund Verbrauchsgüter ebenso beziehen, wie auf eine gemeinsame Nutzung von Know-how.148 Erwähnt sei an dieser Stelle, dass über die Genauigkeit der Abgrenzungsmöglichkeit zwischen Volumen- und Verbundeffekten seit Formulierung der Theorien heftig diskutiert wird, und dass eine ganze Reihe von Experten zu dem Schluss gelangt, die Grenzziehung sei inhaltlich und begrifflich nicht trennscharf.149 Als Grund hierfür kann angesehen werden, dass die Entscheidung, ob im Einzelfall Economies of Scale oder Economies of Scope zu bestimmten Kostendegressionsvorteilen führen, von dem Ausmaß der Kongruenz der zusammengeführten Aktivitäten abhängig gemacht wird – und dies ist in der Praxis mitunter kaum eindeutig zu beurteilen. Neben diesen klassischen Konzepten der Skalen- und Verbundeffekte existiert eine weitere Subtheorie, die der Theorie der operationellen Synergien zuzuordnen ist. Danach eröffnet insbesondere die vertikale Vereinigung von Unternehmungen eine Möglichkeit, bisher bestehende Koordinations- und Administrationskosten zwischen Zulieferer- und Abnehmerseite zu senken.150 Implizit unterstellt wird in dieser Theorie die Annahme, dass bei einer ökonomischen Transaktion regelmäßig Transaktionskosten durch die Anbahnung, die Vereinbarung, die Kontrolle und die Anpassung wirtschaftlicher Leistungsbeziehungen entstehen, die vermindert werden können, wenn sich die Transaktionspartner nicht am Markt, sondern innerhalb einer Unternehmung begegnen.151 In Anlehnung an die o.g. Begrifflichkeiten hat sich als Schlagwort für diese Transaktionskostentheorie der Begriff der Economies of vertical integration herausgebildet.152 Management-Synergien Management-Synergien entstehen, wenn die akquirierende Unternehmung über bessere Managementfähigkeiten als die Targetunternehmung verfügt und es ersterer gelingt, diese über-
147 148 149 150 151
152
Vgl. Panzar/Willig [Scale 1977] und Panzar/Willig [Scope 1981], Jansen [Mergers 2001], S. 75, Bühner [Strategie 1985], S. 27. Vgl. Hierzu die ausführliche Darstellung bei Stephan [Diversifikation 2003], S. 91 ff. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 34, Kogeler [Synergiemanagement 1992], S. 56 f. und Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 81 f. Vgl. Pausenberger [Unternehmenszusammenschlüsse 1993], S. 4445, Carlton/Perloff [Organization 1994], S. 502, Buzzell [Integration 1983]. Vgl. zu dieser Differenzierung der Transaktionskosten Picot [Transaktionskostenansatz 1982], S. 270 und Williamson [Kapitalismus 1990]. Zu anderen Vorteilen, die sich aus der vertikalen Integration ergeben können, vgl. Petersen [Bewertung 1994], S. 94 ff. und Gaughan [Mergers 2002], S. 144 ff. Vgl. Brealey/Myers [Finance 2000], S. 943.
Mergers&Acquisitions
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legenen Fähigkeiten nach Zusammenschluss auf die Zielgesellschaft zu übertragen.153 Konkret manifestiert sich diese Anpassung meist durch einen Austausch des bisherigen TargetManagements und/ oder durch eine Übertragung effizienterer Führungs- resp. Controllingsysteme.154 Im Ergebnis wird so eine Performanceverbesserung auf Seiten der Zielgesellschaft angestrebt. Finanzwirtschaftliche Synergien Finanzwirtschaftliche Synergien können grundsätzlich auf zwei unterschiedliche Arten entstehen. Zum einen ist es denkbar, dass durch die Verbindung zweier Unternehmungen eine (langfristige) Senkung der Kapitalkosten erreicht werden kann, was, wie oben dargestellt, zu einer geringeren Diskontierung der Cash-Flows führen würde. Zum anderen besteht in Einzelfällen u.U. die Möglichkeit, durch den Zusammenschluss zweier Unternehmungen Steuervorteile ggü. der Stand-Alone-Situation zu realisieren.155 Letztere Möglichkeit wird regelmäßig allerdings nur dann gegeben sein, wenn eine akquirierende Gesellschaft eine bestimmte Steuerpflicht dadurch mindern kann, dass sie eine verlustgenerierende Unternehmung übernimmt und deren Ergebnis mit dem eigenen verrechnet. Eine derartige Transaktion würde ihren positiven Wertsteigerungseffekt dann nicht auf Seite der Kapitalkosten, sondern vielmehr direkt auf Seite der Cash-Flows entfalten. Die erstgenannte Theorie der Kapitalkostensenkung basiert im Detail wiederum auf drei unterschiedlichen theoretischen Überlegungen, wobei die erste – und wohl bedeutendste – den resultierenden Kostenvorteil über die Portfoliotheorie zu erklären versucht. Danach reduziert sich durch die Verbindung zweier Unternehmungen, deren Cash-Flows keine vollständig positive Korrelation aufweisen, das systematische Risiko der Geschäftstätigkeit, was dazu führt, dass die Höhe der Kapitalkosten, die sich an diesem systematischen Risiko orientiert, sinkt.156 Eine weitere Erklärung für eine Senkung der Kapitalkosten resultiert aus der Annahme, dass mit steigender Unternehmungsgröße auch die Zugangsmöglichkeiten zu günstigerem Kapital steigen. Schließlich wird die Überlegung angeführt, der zufolge die Zusammenführung von Unternehmungen die Schaffung eines „internen Kapitalmarktes“ ermög153 154 155 156
Vgl. Trautwein [Motives 1990], S. 284. Man spricht demzufolge auch von der Theorie des überlegenen Managements. Vgl. Schmidt/Schettler [Ziele 1999], S. 314. Vgl. Bühner [Unternehmenszusammenschlüsse 1990], S. 295. Vgl. zu diesem Punkt und den folgenden Trautwein [Motives 1990], S. 284 ff., Jansen [Mergers 2001], S. 77, Petersen [Bewertung 1994], S. 253 ff., Pausenberger [Unternehmenszusammenschlüsse 1993], S. 4444 f.
40
Grundlegung
licht, der wiederum für eine effizientere Kapitalallokation und damit für eine Senkung der Kapitalkosten sorgen kann. Marktmacht-Synergien Neben den o.g. Effizienztheorien existiert ein weiteres Theoriekonzept, welches den wertsteigerungsbasierten Synergieansätzen zuzuordnen ist. Danach können Unternehmungen durch ihren Zusammenschluss eine Begrenzung des Wettbewerbs erreichen, was ihnen u.U. die Möglichkeit eröffnet, höhere Preise am Absatzmarkt durchzusetzen. Darüber hinaus können sie ihren Größenvorteil eventuell bei Verhandlungen mit der Lieferantenseite nutzen und günstigere Beschaffungspreise erzielen. Die Gewinne, die der verbundenen Unternehmung durch diese Maßnahmen zufallen, entstehen im Gegensatz zu den bisher diskutierten Synergien nicht durch Effizienzverbesserungen, sondern durch einen Vermögenstransfer vom Kunden bzw. Lieferanten an die Unternehmung. Konsequenterweise wird diese Theorie zur Erlangung von Marktmacht auch als Monopol-Theorie bezeichnet.157 Positive Synergieeffekte entstehen also entweder durch eine Verbindung von Wertschöpfungsaktivitäten, durch eine Übertragung von Managementpotenzial, durch eine Vereinigung von Risikopositionen und/ oder durch eine Reduktion von Wettbewerb – sofern sich hierdurch kostensenkende oder umsatzsteigernde Wirkungen einstellen.158 Bei der Beurteilung der ökonomischen Sinnhaftigkeit von M&A-Maßnahmen sind diesen positiven Synergieeffekten, die durch einen Zusammenschluss realisiert werden können, negative Synergieeffekte gegenüberzustellen, die ebenfalls im Rahmen von Unternehmungsverbindungen resultieren. 2.3.2.2
Negative Synergieeffekte
Negative Synergien weisen im Gegensatz zu positiven Synergien keinen unternehmungswertsteigernden, sondern einen unternehmungswertsenkenden Charakter auf.159 Man bezeichnet sie folgerichtig auch als akquisitionsbedingte Kosten.160 Eine gängige Unterscheidung dieser Kosten stellt Abb. B-7 dar. Ein Zusammenschluss ist demnach ökonomisch sinnvoll, wenn die positiven Synergieeffekte die negativen übersteigen und somit insgesamt ein wertsteigernder (Netto-) Effekt resultiert. 157 158 159 160
Zu einer detaillierten Erörterung dieser Theorie vgl. Trautwein [Motives 1990], S. 285f. sowie Pausenberger [Unternehmenszusammenschlüsse 1993], S. 4441 und Eckardt [Kurseffekte 1999], S. 56. Vgl. Rockholtz [Akquisitionsmanagement 1999], S. 132. Vgl. Rockholtz [Akquisitionsmanagement 1999], S. 133. Hofmann ([Dyssynergiemanagement 2004], S. 236 ff.) wählt hier auch den Begriff „Dyssynergien“.
Mergers&Acquisitions
41
Kostenart
Erläuterung/ Beispiele
Prozesskosten
Kosten, die im Rahmen der Planung, der Verhandlung und der Durchführung entstehen. Kosten für etwaige Kapitalerhöhungen, Notare, Wirtschaftsprüfer, Anwälte
Integrationskosten
Kosten für den Transfer von Ressourcen. Kosten für technische Anpassungen, für die Verschiebung von Vermögensgegenständen, Versetzungen, Entlassungen, Trainingsprogramme
Komplexitätskosten
Koordinationskosten
Kosten, die entstehen, weil verschiedene Aktivitäten von Akquisiteur und Target fortan aufeinander abgestimmt werden müssen. Kosten für zusätzlichen Zeitaufwand, die Einführung neuer Koordinationsinstanzen etc.
Kompromisskosten
Kosten, die entstehen, weil eine gemeinsamen Ressourcennutzung einem beiderseitig optimalen Einsatz der Ressourcen entgegensteht. Außendienste können sich nicht mehr auf ein Produktprogramm konzentrieren.
Inflexibilitätskosten
Kosten, die entstehen, weil die organisatorische Komplexität durch den Zusammenschluss steigt und die Überschaubarkeit der Unternehmung abnimmt. Verzögerung angemessener Reaktionen auf Markt- und Wettbewerbsbewegungen.
Psychologische Kosten
Kosten, die entstehen, weil Unternehmungszusammenschlüsse bei Mitarbeitern Bedrohungs- und Unsicherheitsempfindungen auslösen und deren Arbeitsmotivation und -leistung mindern. 161
Abbildung B-7: Bandbreite negativer Synergien
2.3.3
Managertheorien
Da die M&A-Erfolgsforschung viele Transaktionen ex post mit dem Attribut „nicht wertschaffend“ resp. „ökonomisch nicht erfolgreich“ versieht, sucht die Betriebswirtschaftslehre nach Erklärungen, die das Zustandekommen von Zusammenschlüssen begründet, ohne dabei primär ein Wertsteigerungsdenken der involvierten Entscheidungsträger zu unterstellen. Auf Basis der anerkannten Principal-Agent-Theory konnten in diesem Zusammenhang zwei viel versprechende Ansätze erarbeitet werden, die reale Phänomene treffend zu beschreiben scheinen. Im Kern gründen beide Ansätze dabei auf der zentralen Idee, wonach die in der Wirtschaftspraxis mittlerweile weit verbreitete Trennung von Eigentum und Kontrolle dazu führt, dass zwischen den genannten Parteien Zielkonflikte entstehen, die aus Sicht der Kapitalgeber zu suboptimalen Investitionsentscheidungen führen. Genauer: Dort, wo ein externes Management (als Agent) die operative Geschäftsleitung im Auftrag der Gesellschafter (Prin161
Vgl. hierzu die Ausführungen bei Krüger [Akquisitionsprojekte 1988], S. 372, Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 103 ff., Sautter [Unternehmensakquisition 1988], S. 236 ff. und Rockholtz [Akquisitionsmanagement 1999], S. 150 f. Kosten für die eigentliche Bezahlung des Kaufpreises genießen eine Sonderstellung und sind nicht im Rahmen negativer Synergien zu diskutieren.
42
Grundlegung
cipal) übernimmt, kann es aufgrund fehlender Kontrollmechanismen vorkommen, dass das Management bestimmte Entscheidungen nicht im Sinne der Shareholder, sondern im eigenen Interesse trifft.162 Die Literatur bezeichnet dieses Verhalten als Moral Hazard.163 Konkret stehen hierbei zwei Theorien im Mittelpunkt: Empire-builing-Theorie Auf den konkreten Fall der Empire-building-Theorie übertragen, wird unterstellt, dass ein externes Management nicht nur nach Unternehmungsprofitabilität, sondern regelmäßig auch nach Macht, Prestige und Anerkennung strebt.164 Ein Zusammenschluss zweier Unternehmungen, der die Weisungsbefugnis des (akquirierenden) Managements erweitert, erhöht nach dieser Theorie den individuellen Nutzen dieses Führungsgremiums, weshalb Mergers&Acquisitions auch zu Stande kommen können, wenn daraus keine ökonomischen Vorteile für die Shareholder des Akquisiteurs resultieren.165 Free-Cash-Flow-Theorie Die Free-Cash-Flow-Theorie folgt einer ähnlichen, psychologisch geprägten Sichtweise. Danach empfindet es ein Management als unbefriedigend, erwirtschaftete freie Cash-Flows an die Gesellschafter auszuschütten, weil eben diese Ausschüttungen den Einfluss- und Kontrollbereich der Geschäftsleitung verkleinern. Um also weiterhin die Kontrolle über das erwirtschaftete Kapital zu behalten und um (damit) die Gefahr zu umgehen, bei später eventuell notwendigen Kapitalbeschaffungsmaßnahmen durch eine starke Kontrollinstanz an der eigenen Ideenumsetzung behindert zu werden, neigt das Management einer Unternehmung dazu,
162
163 164
165
Vgl. Bühner [Erfolg 1990], S. 19. Da eine solche Zielverfolgung aus Sicht der Shareholder natürlich unerwünscht ist, wird versucht, eine weitgehende Zielkongruenz zu schaffen. Üblicherweise geschieht dies durch eine Kopplung der Managervergütung an den Unternehmungserfolg. Vgl. hierzu die umfangreiche Literatur zur Principal-Agent-Theory (z.B. Franke [Agency 1993]). Insgesamt ist jedoch zu konstatieren, dass diese Anpassungsinstrumente selten perfekt funktionieren, weswegen Raum für die folgenden Theorien existiert. Vgl. Gerke et al. [Bewertung 1995], S. 805. Vgl. Albrecht [Zusammenschlussstrategien 1994], S. 23, Malatesta [Wealth 1983], S. 157, Penrose [Theory 1959], S. 186 ff. Um diese Motive nicht irrational erscheinen zu lassen, beschreiben Monsen/Dowens die grundsätzliche Zielsetzung des Managements als Maximierung des langfristige Arbeitseinkommens. Elemente wie Prestige und Macht sind dabei nichtmonetäre Teile dieses Arbeitseinkommens. Vgl. Monsen/Dowens [Theory 1965], S. 48. Diese Theorie beinhaltet darüber hinaus die Annahme, dass Manager M&As durchführen, um ihre Unternehmung durch einen Zugewinn an Größe selbst vor Übernahmen zu schützen, weil sie ihren Machtbereich durch derartige Vorgänge bedroht sehen. Vgl. Schmidt/Schettler [Ziele 1999], S. 315.
Mergers&Acquisitions
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freie Mittel zu investieren – auch wenn diese Investitionen nicht die Kapitalkosten erwirtschaften und somit aus Eigentümersicht zu unterlassen wären.166 Managertheorien basieren somit ganz allgemein auf der Annahme, dass sich gewisse Handlungen der Unternehmungsleitung nicht am ökonomischen Rationalitätspostulat ausrichten. Stattdessen wird der Entscheidungsprozess von den eigenen Interessen des Managements dominiert, die sich von den Interessen der Eigentümer z.T. elementar unterscheiden können.167 2.3.4
Fehlbewertungstheorien
Der Versuch, das Zustandekommen von Mergers&Acquisitions zu erklären, ohne die wertsteigerungsbasierte Synergietheorie zu Grunde zu legen und ohne ein egoistisch handelndes Management zu unterstellen, hat weitere Theorien hervorgebracht. Zweien dieser Ansätze hat TRAUTWEIN in seiner umfangreichen Untersuchung ein hohes Maß an Plausibilität bescheinigt, weswegen sie kurz dargestellt werden sollen.168 Gemein ist beiden Ansätzen, dass sie ein bestimmtes Maß an Fehlbewertungen für das Zustandekommen von M&A-Maßnahmen verantwortlich machen – einerseits auf Ebene des Marktes, andererseits auf Ebene der Entscheidern. Valuation-Theorie Die Idee, dass Manager von akquirierenden Unternehmungen bessere Informationen über den wahren Wert eines potenziellen Zielobjektes haben können als der Kapitalmarkt, legt den Grundstein für die sog. Valuation-Theorie. Danach ist es der Geschäftsleitung eines Akquisiteurs möglich, unterbewertete Unternehmungen zu identifizieren und den Eigentümern dieser Unternehmungen finanziell interessante Übernahmeangebote zu unterbreiten, indem sie diesen den „wahren Wert“ für ihre Unternehmung bieten. Nehmen die Gesellschafter der Target-Unternehmung ein solches Kaufangebot an, so resultiert der Zusammenschluss aufgrund
166 167
168
Vgl. Jensen [Takeovers 1986]. Mitunter findet sich in der Literatur auch eine begriffliche Unterscheidung von rationalen und irrationalen Motivdimensionen. Vor einer derartigen Differenzierung ist jedoch zu warnen, weil eine solche Umschreibung nicht immer korrekt ist. So sind hier diskutierte M&A-Motive wie Machterweiterung oder Statusstreben höchstens im ökonomischen Sinne - nicht jedoch grundsätzlich - als irrational zu bezeichnen. Eine in diesem Sinne falsche Definition findet sich z.B. bei Frank [Erfolgsfaktoren 1993], S. 137; eine richtige dagegen bei Kerler [Shareholder 2000], S. 36 ff. Vgl. Trautwein [Motives 1990], S. 286 ff.
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Grundlegung
einer ursprünglichen marktseitigen Fehl- bzw. Unterbewertung der Zielgesellschaft.169 Die akquirierende Unternehmung würde in einer solchen Situation also von einer Fehlbewertung profitieren. Hubris-Theorie Die Hubris-Theorie basiert auf der weithin bekannten Prozess-Theorie, die besagt, dass strategische Entscheidungen aufgrund ihres Prozesscharakters in der Realität nicht vollständig rational getroffen werden.170 Im Gegensatz zu den bereits diskutierten Managertheorien resultiert diese Suboptimalität der Entscheidungsfindung dabei jedoch nicht aus einem vorsätzlich egoistischen Verhalten der Entscheidungsträger, sondern vielmehr aus dem organisationstypischen Zusammenwirken dreier Faktoren:171 1. Individuen (also auch Entscheider) verfügen lediglich über ein begrenztes Informationsverarbeitungspotenzial. Die reale Entscheidungsfindung genügt daher selten bzw. nie dem strengen Rationalitätspostulat der Wirtschaftswissenschaften (im Sinne eines homo oeconomicus). Stattdessen kennzeichnen gedankliche Vereinfachungen den Entscheidungsprozess. 2. Organisationen entwickeln Routinen. Auftretende Probleme werden nach Handlungsmustern gelöst, die sich in der Vergangenheit als erfolgreich bewiesen haben. 3. Strategische Entscheidungen entwickeln sich nicht auf neutralem Boden, sondern stets im Spannungsfeld politisch-taktischer Erwägungen. ROLL hat diese Ausgangstheorie auf den Entscheidungsprozess bei Mergers&Acquisitions übertragen. Danach ist es denkbar, dass ein akquirierendes Management dem Glauben unterliegt, es verfüge über Möglichkeiten, unterbewertete Unternehmungen erkennen und günstig erwerben zu können. Da diese Möglichkeit jedoch seiner Meinung nach de facto nicht existiert, konstatiert er: „individual decision makers in the bidding firm are infected by overweening pride and arrogance (hubris) and thus persist in a belief that their own valuation of the target is correct, despite objective information that the targets true economic value is lower.“172. Mit anderen Worten: Entscheider überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten und tref-
169 170 171 172
Vgl. Schmidt/Schettler [Ziele 1999], S. 314 und Halpern [Acquisitions 1983], S. 300. Vgl. Trautwein [Motives 1990], S. 288. Vgl. zu den folgenden Punkten Simon [Models 1957], Cyert/March [Theory 1963] und Pettigrew [Strategy 1977]. Roll [Hubris 1986], S. 212.
Mergers&Acquisitions
45
fen in der Folge (Investitions-) Entscheidungen, die ökonomisch als nicht rational zu beurteilen sind.173
2.4
Division von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target
2.4.1
Relevanz des Kaufpreises
Bisher wurde erörtert, dass M&A-Maßnahmen als ökonomisch sinnvoll zu beurteilen sind, wenn durch den Zusammenschluss zweier Unternehmungen positive Synergieeffekte resultieren, die den Unternehmungswert der verbundenen Gesellschaft über die addierten StandAlone-Werte von Akquisiteur und Target steigen lassen. Diese makroökonomische Zielsetzung ist jedoch zu relativieren. Schließlich ist die Steigerung des Gesamtwertes beider Unternehmungen weder primäres Ziel des akquirierenden noch des veräußernden Managements (resp. deren Eigentümer). Stattdessen werden auf beiden Seiten typischerweise ausschließlich eigene Wertsteigerungsziele das Handeln leiten. Um also die Frage zu beantworten, wie sich das ökonomische Rationalitätspostulat aus der individuellen Sicht einer akquirierenden bzw. einer Zielunternehmung darstellt, sei zunächst auf die nachstehende Graphik verwiesen, die die hierbei relevanten Größen benennt:174 Gesamter Synergiegewinn
Marktwert der Zielgesellschaft Substanzwert der Zielgesellschaft (Stand-Alone-Wert)
(kann vom Substanzwert abweichen)
Kaufpreis
Synergiegewinn Akquisiteur
Synergiegewinn Target
Abbildung B-8: Systematik der Verteilung von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target
Geht man nun in dieser schematischen Darstellung zunächst davon aus, dass der wahre Stand-Alone-Wert und der Marktwert der Zielgesellschaft ebenso feststehende Größen repräsentieren, wie der gesamte durch Zusammenschluss erzielbare Synergiegewinn, so zeigt sich,
173
174
Vgl. hierzu auch Malmendier/Tate [Acquisitions 2004]. Wird eine vermeintliche marktliche Unterbewertung des Targets für die Übernahme verantwortlich gemacht, so gründet die Hubris-Theorie auf der Valuation-Theorie. Überschätzt das Management des Akquisiteurs hingegen seine Möglichkeiten der Synergiehebung, so besteht auch eine inhaltliche Affinität zu den wertsteigerungsorientierten Ansätzen. Vgl. Eccles et al. [Paying 1999], S. 140.
46
Grundlegung
dass die Höhe des Kaufpreises für die „Gewinnzerlegung“ eine alles entscheidende Bedeutung einnimmt.175 Die Eigentümer der Zielgesellschaft erzielen danach eine akquisitionsbedingte Wertsteigerung, wenn der Kaufpreis, den der Akquisiteur für ihre Unternehmung zu zahlen bereit ist, über dem Stand-Alone-Wert ihrer Gesellschaft liegt.176 Umgekehrt gilt, dass die Gesellschafter des Akquisiteurs finanziell dann von einem Zusammenschluss profitieren, wenn der Kaufpreis, den sie für die Übernahme des Targets bezahlen (müssen), kleiner ist als die Summe aus Stand-Alone-Wert des Targets und Gesamtwert der realisierbaren Synergiegewinne. GERPOTT überführt diesen logischen Zusammenhang in eine Fallunterscheidung, die zeigt, dass unter der Voraussetzung einer positiven Gesamtwertsteigerung grundsätzlich fünf verschiedene Gewinn- bzw. Verlustsituationen für die Akquisiteur- und Targetseite unterschieden werden können:177 Ausgangsprämisse
Akquisitionsbedingte Steigerung des Gesamtwertes der beiden beteiligten Unternehmungen 'W E 'W Z
Fall 1
Fall 2
0
Fall 3
Fall 4
Fall 5
• Steigerung des Verkäufervermögens
• Steigerung des Verkäufervermögens
• Steigerung des Verkäufervermögens
• Konstanz des Verkäufervermögens
• Reduktion des Verkäufervermögens
• Steigerung des Käufervermögens
• Konstanz des Käufervermögens
• Reduktion des Käufervermögens
• Steigerung des Käufervermögens
• Steigerung des Käufervermögens
'WE WZN % P W ZV
'WE WZN
'W E W ZN
P W ZV 'W E WZN
P W ZV
P W ZV 'WE WZN
P %W ZV
'W E akquisitionsbed. Veränderung des Barwertes der bei der erwerbenden Unternehmung anfallenden Cash-Flows 'WZ akquisitionsbed. Veränderung des Barwertes der bei der erworbenen Zielunternehmung anfallenden Cash-Flows
WZN Barwert der bei der erworbenen Zielunternehmung nach der Akquisition erwarteten Cash-Flows WZV Barwert der bei der Zielunternehmung ohne Akquisition erwarteten Cash-Flows (Stand-Alone) P
Akquisitionspreis
Abbildung B-9: Fallunterscheidung für die Verteilung von Synergiegewinnen zwischen Akquisiteur und Target
Konstatiert man, dass die hier aufgeführten Fälle 4 und 5 eher theoretischer Natur sein werden, weil die Eigentümer von Zielgesellschaften Kaufangebote, die sie finanziell nicht besser 175 176
177
Vgl. Kerler [Shareholder 2000], S. 82. Eine etwaige Abweichung des Marktwertes von diesem Substanzwert (der einer marktlichen Fehlbewertung entsprechen würde und in der Graphik dementsprechend dargestellt ist) ist in diesem Zusammenhang theoretisch unbedeutend. Vgl. Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 68.
Mergers&Acquisitions
47
stellen, regelmäßig nicht annehmen werden, so wird das Hauptaugenmerk auf die ersten drei Fälle gelenkt. Fall 1 kann hierbei – zumindest aus einer unternehmungsunabhängigen Perspektive – als Idealkonstellation bezeichnet werden. Der Kaufpreis wird dabei so gewählt, dass beide Parteien von den gesamten Synergiegewinnen einen Anteil für sich beanspruchen können. Konkreter: Die Target-Aktionäre lassen sich den Verkauf ihrer Unternehmung mit einer Prämie vergüten (schließlich ermöglichen sie der akquirierenden Unternehmung ja die spätere Synergiehebung) und die Gesellschafter des Akquisiteurs profitieren von dem Sachverhalt, dass die bezahlte Prämie nicht in voller Höhe den zu realisierenden Synergiegewinnen entspricht. In Fall 2 gibt der Akquisiteur hingegen sämtliche Synergiegewinne, die im Rahmen des Zusammenschlusses erzielt werden, über die bezahlte Prämie an die Gesellschafter der Zielunternehmung ab. Im Ergebnis resultiert für die Eigentümer der akquirierenden Unternehmung gewissermaßen ein „Nulleffekt“ – der Zusammenschluss bringt ihnen, trotz vorliegender Gesamtsynergien, keinerlei finanzielle Vorteile. Als Extremkonstellation ist schließlich Fall 3 anzusehen, bei dem die Prämie die absolute Höhe der Synergiegewinne sogar übersteigt. Dies hat zur direkten Folge, dass dem Akquisiteur durch den Zusammenschluss finanzielle Verluste entstehen, wohingegen die Target-Aktionäre übermäßig profitieren. Kurz gesagt: Synergievorteile werden hier schlicht zu teuer bezahlt.178 An dieser Stelle sei auf einen wichtigen Aspekt hingewiesen, der im weiteren Verlaufe dieser Arbeit immer wieder hohe Bedeutung erlangen wird. So hat die M&A-Literatur bereits frühzeitig einen direkten Zusammenhang zwischen den erörterten Motivtheorien und den eben vorgestellten Fällen der Gewinnzerlegung hergestellt. Danach besteht eine logische Beziehung zwischen der zusammenschlussbedingten Wertentwicklung einer Unternehmung und den jeweiligen, dem Zusammenschluss zu Grunde liegenden Motiven des leitenden Managements.179 Abb. B-10 verdeutlicht diesen Zusammenhang.
178 179
Vgl. hierzu Kerler [Shareholder 2000], S. 82. Vgl. hierfür exemplarisch die Arbeiten von Gerke et al. [Bewertung 1995], S. 812, Bühner [Jahresabschlußerfolg 1990], S. 1290, Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 77.
48
Grundlegung
Zusammenschlussbedingte Wertentwicklung
Interpretation
das Vermögen der Aktionäre steigt
Management verfolgt ökonomische Ziele
das Vermögen der Aktionäre sinkt
Management verfolgt Eigeninteressen oder unterliegt der Selbstüberschätzung 180
Abbildung B-10: Zusammenhang von Wertentwicklung und Zusammenschlussmotivation.
Ganz grundsätzlich verdeutlichen diese Ausführung also, dass die Höhe des Kaufpreises, oder besser: die Verhältnismäßigkeit zwischen bezahlter Prämie und synergetischer Gesamtwertsteigerung, über den Einzelerfolg von Akquisiteur und Target entscheidet. Wichtig ist hierbei nun, dass die zahlende Unternehmung sich bei der offensichtlich erfolgsentscheidenden Festlegung des sinnvollerweise maximal zu entrichtenden Kaufpreises mit dem Problem der Planungs- und Prognoseunsicherheit konfrontiert sieht. Schließlich ist zum Zeitpunkt der Transaktionsabwicklung – entgegen der bisher unterstellten Sichtweise – keinesfalls sicher, wie hoch die Gesamtwertsteigerung der Transaktion wirklich ausfallen wird, d.h. ob und in welcher Höhe Synergiegewinne später tatsächlich auch realisiert werden können. In diesem Kontext muss die Form der Zusammenschlussfinanzierung diskutiert werden, die die unterschiedlichen Möglichkeiten des Umgangs mit dieser Prognoseunsicherheit erörtert. 2.4.2
Relevanz der Akquisitionswährung
In der M&A-Praxis existieren unterschiedliche Formen der Finanzierung von Unternehmungszusammenschlüssen: 1. die Bezahlung des Kaufpreises in bar, 2. die Vermögensübertragung mittels Aktientausch, 3. Mischformen der beiden erstgenannten Alternativen.181 Im Folgenden sollen insbesondere die existenten Unterschiede der Alternativen Barkauf und Aktientausch hinsichtlich der Frage erörtert werden, inwieweit die Wahl der jeweiligen Finanzierungsform die Division von Synergiegewinnen zwischen den Zusammenschlussparteien zu beeinflussen vermag.182
180 181 182
Kritische Anmerkungen zu diesem Logikschluss finden sich bei Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 69 f. Vgl. Sullivan et al. [Medium 1994], S. 51 ff., Rudolph [Akquisitionsfinanzierung 2000], S. 131 ff. Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung sonstiger Vor- und Nachteile der Bar- bzw. der Aktienfinanzierung Schmitz [Akquisitionswährung 1999], S. 313 ff., Langner [Kauf 1999], S. 543 ff.
Mergers&Acquisitions
49
Bezahlung des Kaufpreises mit Barmitteln Bezahlt eine akquirierende Unternehmung die Übernahme mit Barmitteln (Cash Offer), so tragen die Eigentümer des Akquisiteurs fortan das alleinige Risiko, dass die angestrebten Synergiegewinne nicht bzw. nicht in voller Höhe eintreten.183 Ein kurzer Blick auf den typischen Zusammenschlussprozess verdeutlicht diesen Schluss: Im Rahmen von Übernahmeverhandlungen wird die akquirierende Gesellschaft zunächst stets eine detaillierte Synergieprognose anstellen, bei der später zu realisierende Synergievorteile identifiziert, bewertet und aufsummiert werden. Bei der anschließenden Verhandlung beider Seiten über die Höhe eines akzeptablen Kaufpreises wird der Akquisiteur dann einen Preis bieten, der über dem Substanzwert der Zielgesellschaft und unter der Größe „Substanzwert Target + prognostizierte Synergiegewinne“ liegt.184 Im Falle einer Einigung bezahlt der Käufer schließlich den Kaufpreis mit Barmitteln und findet die ehemaligen Gesellschafter des Targets ab. Stellt sich nun in der Folgezeit heraus, dass die geplanten Synergiegewinne nicht realisiert werden können, muss konstatiert werden, dass die akquirierende Gesellschaft für ihre vorige Prämienzahlung nicht die erwartete Gegenleistung erhält. Die Target-Gesellschafter hingegen, die zu diesem Zeitpunkt an keinem der Transaktionspartner mehr beteiligt sind, erlangen durch diese nachträglich festgestellten Planungsfehler keine Nachteile mehr. Bezahlung des Kaufpreises mit Aktien des Akquisiteurs Bei der zweiten Finanzierungsalternative – dem Erwerb fremder Anteile mittels Aktientausch (Stock Offer) – gestaltet sich die Situation deutlich anders.185 Hier werden die AltGesellschafter der Zielunternehmung durch die Transaktion an der akquirierenden Unternehmung und damit auch am „Synergieausfallrisiko“ beteiligt. Stellt sich nämlich im Rahmen der Unternehmungsintegration heraus, dass die geplanten Synergien nicht in erwarteter Höhe realisiert werden können, so wird der Unternehmungswert nach Bekanntwerden dieser Tatsache fallen. Unter diesem Wertverlust leiden dann die Alt-Aktionäre des Akquisiteurs ebenso wie die des Targets, die ja in dieser Situation an der überlebenden resp. an der neuge-
183 184 185
Vgl. zu diesem Punkt Rappaport/Sirower [Tradeoffs 1999], S. 148 ff. Dies entspricht Fall 1 von oben. Dies gilt i.d.R. für den Fall der Fusion durch Aufnahme. Entsteht im Rahmen des Zusammenschlusses eine neue Gesellschaft (Fusion durch Neugründung), so werden die Alt-Eigentümer des Targets an dieser neuen Gesellschaft beteilig. Neben diesem Sachverhalt sind beide Fälle hier inhaltlich nicht zu unterscheiden.
50
Grundlegung
gründeten Gesellschaft beteiligt sind. Das Risiko der Fehlspezifikation erwarteter Synergiegewinne wird hier also zwischen den Aktionären der Zusammenschlussparteien aufgeteilt.186
2.5
Zwischenfazit
Als Zwischenfazit dieses Kapitels, welches die Grundlagen der M&A-Theorie umreißt, sei festgehalten: 1. Die Motivationsforschung hat im Wesentlichen drei Obertheorien entwickelt, die das Zustandekommen von Unternehmungszusammenschlüssen begründen. Danach resultieren Akquisitionen und Fusionen, weil durch einen Zusammenschluss eine Unternehmungswertsteigerung erreicht wird, weil Manager eigene Interessen verfolgen oder weil Informationen falsch bewertet werden. 2. Dies deutet darauf hin, dass Zusammenschlüsse Wert schaffen aber auch Wert vernichten können – je nachdem, welche Motivation der Initiierung eines Zusammenschlusses zu Grunde liegt. 3. Die Frage wertschaffend oder nicht ist auf aggregierter Ebene ebenso zu stellen und zu beantworten wie auf Seiten des Akquisiteurs und des Targtes. Existieren Gesamtsynergiegewinne, so werden diese nämlich zwischen Akquisiteur und Target aufgeteilt, wobei auch Situationen denkbar sind, in denen eine Partei trotz vorliegender Gesamtsynergie überhaupt nicht profitiert bzw. sogar Vermögenseinbußen erleidet. 4. Hinsichtlich der Aufteilung positiver Gesamtsynergien sind im Einzelfall zwei Aspekte von Bedeutung: die Höhe des Kaufpreises (im Verhältnis zu den realisierbaren Gesamtsynergien) und die Wahl der Finanzierungsform. 5. Bewertet man den Erfolg von M&A-Maßnahmen ex-post, so lassen sich auf Basis dieser Ergebnisse Schlüsse auf die jeweils zu Grunde liegenden Zusammenschlussmotive bzw. auf die Motivtheorien ziehen.
186
Vgl. Rappaport/Sirower [Tradeoffs 1999], S. 148 ff.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
51
C Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken 1
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
1.1
M&A-Grundstrategien
1.1.1
Einleitende Bemerkungen
In einem vorangegangenen Kapitel wurde darauf hingewiesen, dass die im Rahmen von Zusammenschlüssen realisierbaren positiven Synergieeffekte grundsätzlich sowohl auf Seiten der Kapitalkosten als auch auf Seiten der Cash-Flows wirken können.187 Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit soll nun die letztgenannte, leistungswirtschaftliche Dimension in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken. Diese Schwerpunktsetzung basiert auf folgenden Erkenntnissen: Zum einen beruhen Effekte der Kapitalkostensenkung im Wesentlichen auf risikotechnischen Automatismen der Portfoliotheorie, womit sie nicht im direkten Einflussbereich des Managements stehen.188 Zum anderen wird diesen Effekten bei der Diskussion wichtiger Zusammenschlussmotive regelmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung zugerechnet.189 Synergetische Vorteile auf Seiten der Cash-Flows basieren hingegen im Wesentlichen auf einer Senkung der Kosten der operativen Geschäftstätigkeit bzw. auf einer Steigerung der Umsatzerlöse.190 Diese vermeintlich triviale Feststellung hat weitreichende Auswirkungen, weil sie die Komplexität der Synergietheorie entscheidend reduziert: Zusammenschlüsse sind insgesamt nur dann wertsteigernde Vorgänge, wenn hierbei Kosten unterproportional zu den Umsätzen steigen. Maßnahmen der Synergierealisation müssen demnach zu einer relativen Kostenreduktion und/ oder zu einer relativen Umsatzsteigerung führen.191 Sämtliche Synergieziele sind letzten Endes auf diese Ansatzpunkte auszurichten, auch wenn in der Praxis vielfach mit „strategischen Vorteilen“ argumentiert wird. ECCLES ET AL. schreiben dazu richtigerweise: „Remember that most strategic reasons to do deals boil down to some form of
187 188 189 190 191
Vgl. Kap. B.2.3.2.1. So sinkt durch die Kombination nicht vollständig korrelierter Zahlungsströme das Geschäftsrisiko, was sich nach der Portfoliotheorie von Markowitz in fallenden Kapitalkosten niederschlagen sollte. Vgl. z.B. Eccles et al. [Paying 1999], S. 143. Dem frühen Urteil von Kitching ([Mergers 1967], S. 86 ff.), wonach Synergien im Finanzbereich als sehr wesentlich angesehen werden, wird heute nicht mehr gefolgt. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 33. Vgl. Hofmann [Synergien 2005], S. 484 ff.
52
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
revenue generator or cost savings, which should be reflected in the numbers.“192 Aufgrund dieser offensichtlichen Dualität synergetischer Ansatzpunkte werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur vielfach zwei M&A-Grundstrategien differenziert. Danach scheint es sinnvoll, M&A-Strategien, die auf eine kostenorientierte Konsolidierung abzielen, von Strategien, die auf leistungsorientiertes (Umsatz-) Wachstum ausgerichtet sind, zu unterscheiden.193 1.1.2
M&A-Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung
M&A-Maßnahmen, die eine Verbesserung der Kosten-Erlös-Struktur primär durch eine Senkung der (operativen) Kosten erreichen wollen, folgen der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung (GKK).194 Diese Strategie basiert auf der Überlegung, wonach insbesondere bei Zusammenschlüssen von Unternehmungen mit identischen bzw. ähnlichen Wertschöpfungsaktivitäten Redundanzen entstehen, die im Rahmen einer nachfolgenden Konsolidierung kostenwirksam abgebaut werden können.195 ECCLES
ET AL.
verdeutlichen,
worum es dabei im Wesentlichen geht: „Usually, they (cost savings, Anm. d. Verf.) come from eliminating jobs, facilities, and related expenses that are no longer needed when functions are consolidated, or they come from economies of scale in purchasing.“196 Kostensynergien entstehen demzufolge vorrangig durch eine effizientere Auslastung von Kapazitäten, wobei das klassische Modell der Wertkette von PORTER als Anschauungsbeispiel für mögliche Bereiche der Konsolidierung dienen kann (vgl. Abb. C-1).197
192
193 194
195 196
197
Eccles et al. [Paying 1999], S. 144. Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Hofmann [Dyssynergiemanagement 2004] (S. 271 ff.), in denen kostensenkende und umsatzsteigernde Zusammenschlusseffekte durchgängig differenziert werden. Mitunter erfolgt eine Dreiteilung in Umsatz-, Kosten- und Kompetenzsynergien (vgl. Zeidler [Synergieeffekte 2004], S. 56 ff.). Aber auch diese Sicht ist nicht konsequent, weil Kompetenzsynergien auch auf Umsatz- oder Kostenseite wirken müssen, sonst entwickeln sie keinen ökonomischen Wert. Vgl. zu dieser inhaltlichen Zweiteilung beispielsweise Töpfer [Stolpersteine 2000], S. 11 (wenngleich dieser andere Begriffe nennt), aber auch die in den folgenden Abschnitten benannten Quellen. Diese Begrifflichkeit wird an dieser Stelle eingeführt. In der Literatur werden bei einem sehr ähnlichen Verständnis z.T. andere Begriffe verwendet. Schwenker wählt für die entsprechenden M&A-Maßnahmen den Begriff „Restrukturierungsfusionen“ (vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 11), Reißner spricht von M&A-Maßnahmen „zur Verbesserung der Kostenorientierung“ (vgl. Reißner [Synergiemanagement 1992], S. 38 ff.). Vgl. u.a. Clarke [Acquisitions 1987], S.14 ff., Hofmann [Dyssynergiemanagement 2004], S. 257 ff., Reißner [Synergiemanagement 1992], S. 39 f. Eccles et al. [Paying 1999], S. 141. Ähnlich auch Bower [M&As 2001], S. 93 ff. Hinweise darauf, dass Maßnahmen des Personalabbaus regelmäßig die bedeutendste Quelle von Kostensynergien darstellen werden, finden sich bei Vogel [M&A 2002], S. 37. Vgl. Clarke [Acquisitions 1987], S. 13.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
53
Ge
Unternehmungsinfrastruktur
spa nn wi
Personalwirtschaft
e nn
Technologieentwicklung
Operationen
Marketing & Vertrieb
Ausgangslogistik
Kundendienst
Ge
Eingangslogistik
wi nn sp
an
ne
Beschaffung
198
Abbildung C-1: Wertkette nach Porter
Abb. C-2 visualisiert die hierbei leitende Grundintention. Unternehmung A vor Zusammenschluss:
Unternehmung B vor Zusammenschluss:
Maschine 1
Maschine 2
Maschine 1
Maschine 2
Mitarbeiter 1
Mitarbeiter 2
Mitarbeiter 1
Mitarbeiter 2
Nach Zusammenschluss und Konsolidierung:
Maschine 1
Maschine 2
Maschine 1
Maschine 2
Mitarbeiter 1
Mitarbeiter 2
Mitarbeiter 1
Mitarbeiter 2
Bessere Kapazitätsauslastung
ausgelastete Kapazität nicht-ausgelastete Kapazität
Rationalisierung:
Verkauf/ Stilllegung der Maschinen, Entlassung der Mitarbeiter
Abbildung C-2: Schematische Darstellung der Wirkungsweise der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung (GKK)
Im Bereich Beschaffung können darüber hinaus – weitgehend unabhängig von Maßnahmen des Kapazitätsabbaus – Marktmachtsynergien für geringere Einkaufskonditionen und somit ebenfalls für direkte Kostenentlastungen sorgen. Schematisch lässt sich die Zielrichtung der GKK damit wie folgt darstellen:
198
Vgl. Porter [Wettbewerbsvorteile 2003], S. 62. Vogel [M&A 2002] ordnet einzelnen Wertkettenelementen konkrete Maßnahmen der Synergierealisation zu.
54
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
UmsatzA
KostenA
UmsatzB
KostenB
UmsatzAB
KostenAB
1
1
1
1
2
1,5
Abbildung C-3: Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung (GKK)
Die zentralen Charakteristika der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung basieren demgemäß allesamt auf der Tatsache, dass die synergetischen (Kosten-) Vorteile derartiger Zusammenschlüsse primär aus Rationalisierungsmaßnahmen resultieren. Konkret lassen sich folgende Eigenschaften ausmachen: 1. Die GKK wird typischerweise im Rahmen von horizontalen Zusammenschlüssen ohne bzw. mit geringer Produktausweitung verfolgt, weil bei diesen Unternehmungsverbindungen regelmäßig die größten Konsolidierungs- und Rationalisierungspotenziale entstehen.199 2. Die Prozessschritte zur Synergiehebung (Konsolidierung mit anschließendem Kapazitätsabbau) sind überaus klar definiert. Das hat zur Folge, dass die tatsächliche Höhe der zu realisierenden Synergiegewinne schon im Vorfeld der Transaktion gut prognostiziert werden kann. Des Weiteren spricht dieser Aspekt dafür, dass die erwarteten Synergievorteile später auch planmäßig realisiert werden können.200 Kostensynergien werden in diesem Zusammenhang vielfach auch als „harte Synergien“ bezeichnet.201 3. Die zumeist einschneidenden Veränderungen, die mit der Umsetzung der Konsolidierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen einhergehen, bewirken, dass Konsolidierungszusammenschlüsse auf Seiten der Arbeitnehmer meist als sehr bedrohliche Vorgänge wahrgenommen werden.202 Daher ist zu erwarten, dass Unternehmungen bei dieser Art der Zusammenschlüsse regelmäßig mit negativen Reaktionen der Belegschaft (Streik) und sinkender Arbeitsmotivation zu kämpfen haben. Das kann wiederum den Integrationsprozess schwer belasten.203
199 200 201 202 203
Vgl. i.w.S. Bühner [Erfolg 1990], S. 11 f. und Capron [Performance 1999], S. 988, Gerpott [Personalbestandsveränderungen 2004], S. 889. Vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 15. Vgl. Eccles et al. [Paying 1999], S. 141. Vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 15, Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 112, von Baeckmann [Downsizing 1998], S. 64 ff. Vgl. zur Wirkung von Downsizing-Maßnahmen auf Mitarbeiterverhalten Kieser [Downsizing 2002], S. 33 ff.: „Downsizing kann die Kultur einer Firma zerstören.“
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
55
4. Aufgrund der Tatsache, dass die mit der Konsolidierung verbundenen Rationalisierungsmaßnahmen typischerweise Geld kosten (man denke insbesondere an Leistungsverpflichtungen aus Sozialplänen), hat die GKK das immanente Problem der Kostenremanenz. D.h. die Maßnahmen zur Hebung von Kostenvorteilen wirken in vielen Fällen zunächst kontraproduktiv. Anstatt für eine bessere Kosten-Erlös-Relation zu sorgen, belasten sie kurzfristig das Ergebnis.204 5. Die in vielen Arbeiten zur Post-Merger-Integration diskutierte Bedeutung der kulturellen Dimension für den Erfolg der Synergiehebung (Stichwort: Notwendigkeit eines „cultural fit“), ist für kosten- resp. konsolidierungsorientierte Zusammenschlüsse offensichtlich weniger bedeutend. Wichtiger ist es hier, dass die zu konsolidierenden Systeme der Zusammenschlusspartner ein möglichst hohes Maß an Redundanzen aufweisen. 1.1.3
M&A-Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums
Bei seiner Erörterung unterschiedlicher M&A-Basisstrategien stellt REIßNER den Zusammenschlüssen, die auf eine Verbesserung der Kostenorientierung abzielen, M&A-Maßnahmen gegenüber, die auf eine Verbesserung der Differenzierungsorientierung ausgerichtet sind. Konkret versteht er hierunter Zusammenschlüsse, die auf eine Erlangung von Differenzierungsvorteilen abzielen, wobei selbige entstehen, wenn den Produkten bzw. Dienstleistungen der Vertragsparteien durch den Zusammenschluss Eigenschaften zuteil werden, „die von Kunden bzw. Konsumenten besondere Wertschätzung erfahren“.205 CLARKE hat eine sehr ähnliche Sichtweise. Danach sind „differentiation synergies“ (die den Gegenpart zu Kostensynergien bilden) auch als „non-cost-competitive advantages“ zu bezeichnen. Zu den entsprechenden Vorteilen, die durch eine Unternehmungsverbindung realisiert werden können, zählt er: „[a] wider distribution, superior product or service performance, better quality standards or image.“206 Offensichtlich ist, dass die von beiden Autoren benannten Differenzierungssynergien zunächst auf der Umsatz- und nicht unmittelbar auf der Kostenseite einer Unternehmung wirken. So entstehen die Synergieeffekte hier, weil durch die Verbindung von Geschäftsaktivitä-
204 205
206
Müller [Krisenmanagement 1986], S. 172 f. Reißner [Synergiemanagement 1992], S. 42. Vgl. hierzu auch die Ausführungen hinsichtlich der Bedeutung von Kerneigenschaften für eine erfolgreiche Unternehmungsführung bei Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 57 ff. Danach „dienen Kerneigenschaften dazu, Kundenbedürfnisse besser als die Konkurrenz befriedigen zu können. Sie stiften also einen Kundennutzen.“ (S. 67). Clarke [Acquisitions 1987], S. 15 f.
56
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
ten (c.p.) höhere Preise am Markt durchsetzbar sind und/ oder weil dadurch zusätzliche Mengen an Produkten bzw. Dienstleistungen abgesetzt werden können.207 Bei M&AMaßnahmen, die entweder der einen und/ oder der anderen Zielsetzung folgen, geht es demgemäß tendenziell eher um Wachstum als um Konsolidierung bzw. mehr um eine leistungsmäßige Verbesserung und Erweiterung denn um ein kostenorientierten Kapazitätsabbau.208 Folgerichtig sollen M&A-Strategien, die diese Grundintention an den Tag legen, von den im letzten Kapitel charakterisierten Konsolidierungsstrategien abgegrenzt werden. Unter der Bezeichnung Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums (GLW) werden demzufolge fortan diejenigen M&A-Strategien subsumiert, die auf -
eine Verbindung von komplementären Absatzmärkten,
-
eine Vervollständigung/ Erweiterung des Produktprogramms und/oder
-
auf eine qualitätsseitige Verbesserung der angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen
209
abzielen.
In Fällen, in denen die umsatzseitigen Vorteile dabei durch eine produkt- oder
marktseitige Ausweitung der Geschäftstätigkeit erreicht werden sollen, müssen sich Effekte des cross-selling einstellen.210 Davon ist auszugehen, wenn sich die Produkte der Firmen ähneln, ihre Vertriebsmärkte dagegen unterscheiden oder wenn das genaue Gegenteil der Fall ist.211 In Fällen, bei denen das Ziel einer qualitätsmäßigen Verbesserung (Differenzierung) das Zusammenschlussvorhaben leitet, sind zwei Aspekte erfolgskritisch: Zum einen muss die Verbindung der Ressourcen und Fähigkeiten beider Firmen zu einer Veränderung der Produkt- resp. Dienstleistungseigenschaften führen; zum anderen müssen die Kunden diese Differenzierung auch durch mehr Nachfrage und/ oder eine höhere Zahlungsbereitschaft honorieren. Man bedenke in diesem Zusammenhang auch, dass die Erreichung der Systemfähig-
207
208 209
210
211
Die Arbeit von Bower unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Transaktionen, die auf eine Produkt- oder Markterweiterung ausgerichtet sind sowie deren grundsätzliche Umsatzfokussierung. Vgl. Bower [M&As 2001], S. 98 ff. Vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 15 ff. Vgl. Capron [Performance 1999], S. 989 f. und Hofmann [Synergien 2005], S. 486. Übertragen auf die Differenzierung von Synergieeffekten bei Hofmann ([Dyssynergiemanagement 2004], S. 257 ff.) geht es bei dieser Grundstrategie somit um die Alternativen „Ergänzung/Ausgleich von Wertschöpfungsaktivitäten“ und „Transfer von Wertschöpfungsaktivitäten“. Vgl. Bruner [Mergers 2004], S. 328. Paprottka ([Unternehmenszusammenschlüsse 1996], S. 82 f. und 138 f.) und Hofmann ([Synergien 2005], S. 486) sprechen in diesem Zusammenhang von „Spill-overEffekten“. Inhaltlich basieren diese Effekte auf den Theorien der Economies of Scale bzw. Scope. Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 156 oder auch das Beispiel bei Simon [Umsatz 2001], S. 3: „Im Falle von zwei nicht konkurrierenden, sondern komplementären Baustoffherstellern nahmen die Außendienste das jeweils andere Sortiment zusätzlich in ihr Verkaufsprogramm auf. Beide Firmen erzielten Umsatzzuwächse und konnten den Abbau ihrer Außendienste vermeiden.“
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
57
keit („alles aus einer Hand“) als relevanter Differenzierungsvorteil anzusehen ist.212 Generell ist allerdings zu beachten, dass in einigen Branchen traditionell weniger produktseitige Abgrenzungsmöglichkeiten vorhanden sind als in anderen.213 Die Wirkungsrichtung leistungsresp. wachstumsorientierter Zusammenschlüsse lässt sich schematisch wie folgt darstellen:
UmsatzA
KostenA
UmsatzB
KostenB
UmsatzAB
KostenAB
1
1
1
1
2,5
2
Abbildung C-4: Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums (GLW)
Aus der Feststellung, dass der Sinn eines leistungsorientierten Zusammenschlusses offensichtlich auf der Komplementarität sich ergänzender Ressourcen, Fähigkeiten und Märkte beruht und eben nicht auf der Kongruenz jener Faktoren, lassen sich die wesentlichen Charakteristika der GLW ableiten: 1. Die GLW wird tendenziell im Rahmen von horizontalen Zusammenschlüssen mit Produkt- oder Marktausweitung sowie im Rahmen von vertikalen Unternehmungsverbindungen verfolgt.214 Bei dieser Art der Zusammenschlüsse ist die gerade angesprochene Komplementarität eher gegeben als bei Vereinigungen von Unternehmungen mit weitgehend identischen Wertschöpfungsaktivitäten. 2. Die primär umsatzseitige Synergierealisation der GLW verlangt dabei ein hohes Maß an struktureller und kultureller Integration der sich verbindenden Unternehmungen, da nur durch eine Ergänzung der individuellen Potenziale Mehrwert generiert wird.215 3. Das Ausmaß des auf den Zusammenschluss folgenden Ressourcenabbaus ist – insbesondere im Gegensatz zur schon dargestellten GKK – meist als unwesentlich anzusehen. Gerade die gegenseitige Nutzung sowie der Ausbau der bestehenden Ressourcen und Fähigkeiten sind Leitmotive wachstumsorientierter Zusammenschlüsse. 4. Nicht zuletzt aufgrund der beiden letztgenannten Sachverhalte gilt die Prognose der konkreten Synergiehöhe bei Wachstumszusammenschlüssen als sehr problematisch und der spätere Prozess der Synergierealisation als ausgesprochen komplex und schwierig. Das 212 213
214 215
Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 35. Man denke an die Baubranche als Beispiel für einen Markt mit geringen Abgrenzungsmöglichkeiten bzw. an den Sektor der Hochtechnologie, im dem kleinste Produkt- bzw. Qualitätsvorteile zu Wettbewerbsvorteilen führen. Vgl. i.w.S. Capron [Performance 1999], S. 988 ff. Vgl. i.w.S. Bower [M&As 2001], S. 99.
58
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
liegt auch daran, dass das Ausmaß der tatsächlich zu realisierenden Umsatzsynergien stark von den unternehmungsexternen Faktoren Marktentwicklung und Kundenverhalten abhängig ist.216 Umsatzsynergien werden folglich auch als „soft synergies“ bezeichnet.217 5. Die angestrebten Synergievorteile entfalten sich, so sie überhaupt entstehen, eher kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum hinweg. Kurzfristige Erfolge, die die Ergebnissituation der verbundenen Unternehmung(en) schlagartig positiv beeinflussen, sind selten. 6. Kosten entstehen bei der GLW im Rahmen der Unternehmungsintegration bei der Anpassung bzw. Abstimmung der sich ergänzenden Systeme und nicht wie bei den konsolidierungsorientierten Transaktionen durch Rationalisierungskosten. Demnach geht es hier meist um zeitlich gedehntere Aufwendungen, weniger um kurzfristig anfallende Kostenblöcke, die das Ergebnis einmalig belasten. 7. Der fehlende Rationalisierungsfokus führt schließlich dazu, dass diese nach vorne gerichteten Zusammenschlüsse als „angenehmer“ empfunden werden und (vor allem intern) „leichter zu kommunizieren“ sind.218 1.1.4
Strategie der parallelen Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien
Die Kernelemente der beiden bisher dargestellten Grundstrategien lassen sich darüber hinaus theoretisch auch in eine Kombinationsstrategie überführen.219 Ein erneuter Blick auf die Wertkette von PORTER kann diese Idee verdeutlichen (Abb. C-5). Danach zieht die GLW ihre synergetischen Vorteile typischerweise aus einer leistungsorientierten Zusammenführung der Bereiche Operationen, Technologieentwicklung sowie Marketing&Vertrieb. Je nachdem, ob die Wachstumsstrategie dabei eher absatz- oder differenzierungstechnische Ziele verfolgt, wird eine vorwärtsgerichtete Integration in wenigstens einem dieser Bereiche auf eine gemeinsame Know-how- bzw. Ressourcennutzung – und nicht auf einen partiellen Kapazitätsabbau – ausgerichtet sein. Darüber hinaus ist jedoch festzustellen, dass die anderen Aktivitäten der Wertschöpfungskette von einer solch partiellen, leistungsorientierten Zusammenführung weitgehend unberührt bleiben werden. Gelänge es nun im Rahmen eines Zusammenschlusses, die angesprochenen Vorteile durch eine gegenseitige Ergänzung in einem oder 216 217 218 219
Vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 15 und Töpfer [Stolpersteine 2000], S. 13: „Drei Viertel der Unternehmen konnten Synergien lediglich durch das Heben von Kostensenkungspotenzialen realisieren.“ Vgl. Eccles et al. [Paying 1999], S. 141. Vgl. Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 15 und Gerpott [Unternehmensakquisitionen 1993], S. 112. Vgl. Reißner [Synergiemanagement 1992], S. 42.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
59
mehreren der drei genannten Bereiche zu nutzen und gleichzeitig die sonstigen Aktivitäten der Wertschöpfungskette nach Maßgabe der GKK zu konsolidieren, so ließe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zweiseitig positiver Effekt realisieren.
Ge
Unternehmungsinfrastruktur
spa nn wi
Personalwirtschaft
e nn
Technologieentwicklung
Ausgangslogistik
Marketing & Vertrieb
Kundendienst
wi nn
Operationen
Ge
Eingangslogistik
spa
nn e
Beschaffung
Kernbereiche der differenzierungsorientierten Integration Kernbereich der absatzorientierten Integration Bereiche der kostenorientierten Konsolidierung Abbildung C-5: Relevante Elemente der Wertkette bei Konsolidierungs- und Integrationsmaßnahmen
In der schematischen Darstellung ergibt sich demnach folgendes Bild:
UmsatzA
KostenA
UmsatzB
KostenB
UmsatzAB
KostenAB
1
1
1
1
2,2
1,8
Abbildung C-6: Schematische Darstellung der Wirkungsrichtung der dualen M&A-Strategie
Hinsichtlich der Wesensmerkmale dieser dualen Strategie, die auf eine parallele Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien ausgerichtet ist, lassen sich folgende Aussagen treffen: 1. Eine Umsetzung der Strategie bietet sich vor allem im Rahmen von horizontalen Zusammenschlüssen mit Produkt- oder Marktausweitung an. Insbesondere bei diesen M&AArten können sich auf Seiten der Ressourcen und Fähigkeiten sowohl nützliche Ergänzungen als auch Überschneidungen ergeben. 2. Die eigentliche Synergierealisation basiert hierbei sowohl auf Maßnahmen der Rationalisierung durch einen Abbau von Redundanzen als auch auf Maßnahmen der ergänzenden Integration in zumindest einem der o.g. Bereiche. 3. Insbesondere durch die Bedeutung konsolidierungsorientierter Maßnahmen ist eine gewisse Berechenbarkeit der Synergierealisation gewährleitstet, was im Gegenzug die
60
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Wahrscheinlichkeit einer totalen Fehlkalkulation – insbesondere gegenüber der GLW – verringert. 4. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Rationalisierung nur auf Teilbereiche der Unternehmungstätigkeiten konzentriert, wird der kurzfristige Kostendruck durch einmalige außerordentliche Aufwendungen hier – insbesondere gegenüber der GKK – weniger drastisch sein. 5. Die Leistungs- bzw. Wachstumskomponente des Zusammenschlusses kann im Rahmen des Integrationsprozesses motivationstechnische Wirkungen entfalten, weil Mitarbeiter den Zusammenschluss nicht als reine Maßnahme zur Kostensenkung auffassen.
Zum Abschluss dieses Kapitels sei darauf hingewiesen, dass die hier vorgenommene Zweibzw. Dreiteilung alternativer M&A-Grundstrategien die reale Welt schematisch darstellt. So sind sowohl die GKK als auch die GLW richtigerweise als Extrempunkte eines Kontinuums zu interpretieren, auf dem sich reale Zusammenschlüsse sinnvoll positionieren lassen:220
220
Die wenigsten kostenorientierten Zusammenschlüsse werden überhaupt keine Vorteile aus einer leistungsmäßigen Ergänzung komplementärer Ressourcen und Fähigkeiten ziehen. Ebenso wenig werden wachstumsorientierte Transaktionen gänzlich auf Kapazitätsanpassungen an der einen oder anderen Stelle verzichten. Die Strategie der parallelen Realisierung von Kosten- und Umsatzvorteilen bildet somit gedanklich die Mitte des Kontinuums.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
61
Grundstrategie der kostenorientierten Grundstrategie des leistungsorientierten Konsolidierung Wachstums Kontinuum Kerngedanken
Konsolidierung, Eliminierung von Redundanzen
Verbindung unterschiedlicher Stärken, gegenseitige Nutzung von Ressourcen bzw. Know-how
Systeme sind idealer kongruent Weise typische M&Ahorizontal ohne deutliche Produkt- oder Stoßrichtung Marktausweitung
komplementär
Synergierealisation basiert auf Niveau des Ressourcenabbaus
Rationalisierungsmaßnahmen, Ressourcenabbau wesentlich
„ergänzende Integration“
Berechenbarkeit d. Synergierealisation Kosten der Synergierealisation
hoch
gering
hoch, fallen en-bloc an
geringer, fallen zeitlich gedehnt an
Zeitliche Wirkung der Synergie Zentrale Elemente der Wertkette
mittelfristig (kurzfristig belasten Rationalisierungskosten) sämtliche Elemente relevant
langfristig (Markt muss die Veränderungen aufnehmen) Marketing/Vertrieb, Operationen, Technologieentwicklung
Relevanz der gering kulturellen Integration Bedeutung der gering Kundenreaktion für die Synergiehebung Reaktion der tendenziell ablehnend Belegschaft
horizontal mit deutlicher Produkt- oder Marktausweitung
unwesentlich
hoch
hoch
nicht ablehnend
Abbildung C-7: Gegenüberstellung der Charakteristika von GKK und GLW
1.2
Basiserkenntnisse zum Management von Ertragskrisen
Nach einer eingehenden Analyse der Literatur, die sich mit der Bewältigung von Ertragsbzw. Ergebniskrisen auseinandersetzt, gewinnt man den Eindruck, dass die Erkenntnisse des entsprechenden Forschungsbereichs in sich ziemlich widerspruchsfrei sind. Die einzelnen, von Forscherseite vorgetragenen Ansichten, weisen – zumindest was die Kernaussagen anbelangt – bemerkenswert hohe Überschneidungen auf. Das gilt im nationalen wie im internationalen Vergleich.221 Als Grund für diese Kongruenz lässt sich dabei die Tatsache anführen, dass die Basisüberlegung zum Management von Ergebniskrisen äußerst klar und einleuch-
221
Vgl. von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 59.
62
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
tend ist. So werden Ergebniskrisen „bewältigt, indem durch eine Steigerung des Umsatzes und/ oder Reduktion der Kosten eine Steigerung des Ergebnisses erzielt wird. Dafür können prinzipiell alle betriebswirtschaftlichen Instrumente operativer Natur, welche eine Senkung der Kosten (...) oder eine Ausweitung des Umsatzes (durch Veränderung des Preises und/ oder der abgesetzten Menge) zum Ziel haben, verwendet werden.“222 Das Management von Ertragskrisen ist somit nicht mehr und nicht weniger als das Management von Erlösen und Kosten, wobei die Phasenmodelle des Krisenmanagements empfehlen, den Turnaroundprozess mit Maßnahmen der Kostensenkung einzuleiten und erst später Maßnahmen der Erlössteigerung zu ergreifen.223 Da diese Phasenmodelle im Bereich der Krisenmanagementforschung einen erheblichen Stellenwert haben, sollen zwei von ihnen nachfolgend etwas detaillierter vorgestellt werden. So argumentieren ROBBINS/PEARCE, dass ein Turnaroundprozess aus einer Retrenchmentund einer Recovery-Phase bestehen sollte. Auf Basis ihrer empirischen Analyse der TextilIndustrie zeigen die Autoren, dass sich erfolgreiches Krisenmanagement zunächst auf die Initiierung defensiver Maßnahmen des Retrenchment konzentriert, um so eine Stabilisierung der Krisensituation zu erreichen.224 Im Mittelpunkt dieser Maßnahmen steht eine Reduktion von Kosten sowie eine Reduktion von Vermögensgegenständen (Assets), wobei explizit darauf hingewiesen wird, dass mit steigender Krisenintensität an beiden Stellschrauben (gleichzeitig) zu drehen ist.225 Haben die Maßnahmen zu der gewünschten Stabilisierung der Krisensituation geführt, so gilt es in der sich anschließenden Recovery-Phase, den langfristigen Erholungsprozess der Unternehmung einzuleiten. Dabei geht es im Wesentlichen um die Ergreifung von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung sowie zur strategischen Repositionierung der Krisenunternehmung. In Fällen, in denen vorwiegend interne Ursachen für den Kriseneintritt verantwortlich gemacht werden, erlangen hierbei die erstgenannten, operativen Anpassungen eine besondere Relevanz, wohingegen auf extern verursachte Unternehmungskri-
222 223
224 225
von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 58 f. Die entsprechenden Modelle basieren dabei auf der Annahme, dass Unternehmungskrisen typischerweise mit dem Verlust von Erfolgspotenzialen beginnen und mit zunehmendem Zeitablauf ein bedrohliches Stadium erreichen, in dem die destruktiven Krisenwirkungen den Fortbestand der Unternehmung akut gefährden. Vgl. zu diesem Abschnitt Robbins/Pearce [Turnaround 1992]. Vgl. auch James [Trouble 2002], S. 43: „Indeed, the deeper the trouble a company finds itself in, the more important it is to focus on the balance sheet, because a cash flow-driven rescue is unlikely to work fast enough to save the company.”
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
63
sen verstärkt mit strategischer Anpassung reagiert werden sollte.226 Abb. C-8 visualisiert das Phasenmodell und benennt konkrete Strategien, die in der Retrenchment- und in der Recovery-Phase denkbare Handlungsalternativen darstellen.227
Turnaround Situation Cause Severity
Internal Factors
declining sales or margins
Turnaround Response Retrenchment Phase Recovery Phase
Cost Reduction
low
Efficiency Maintenance Stability
high
External Factors
immanent bankruptcy
strategies:
Asset Reduction
liquidation, divestment, improve operational efficiency, product elimination, head count cuts
Recovery Entrepreneurial Reconfig.
market penetration, reconcentration/ segmentation, new markets, acquisitions, new products,
Abbildung C-8: Krisenmanagement-Modell von Robbins/Pearce
Das Phasenmodell von BIBEAULT gründet auf einem sehr ähnlichen Problemverständnis. Danach lässt sich der klassische Prozess des Turnarounds in die drei Phasen Emergency Stage, Stabilization Stage und Return-to-growth Stage unterteilen. Abb. C-9 stellt die unterschiedlichen Zielrichtungen der drei Phasen dar und benennt Maßnahmen-Schwerpunkte, die ihnen zugeordnet werden können.228
226
227
228
Zu dieser Differenzierung unterschiedlicher Turnaround-Strategien passen auch die Äußerungen von Hambrick/Schecter ([Turnaround 1983], S. 233 ff). Danach stehen einer Krisenunternehmung i.d.R. vier sinnvolle Krisenbewältigungsstrategien zur Verfügung, die sich über folgende Kernziele definieren: „revenue generation“, „product/market refocussing“, „cost cutting“, „asset reduction“. Zu den Arbeiten, die die Äußerungen von Robbins/Pearce (R/P) kritisieren, zählen Barker/Mone [Retrenchment 1994] und Castrogiovanni/Bruton [Turnaround 2000]. Letzteres Autorenpaar unterstellt, dass die „undifferenzierte“ Sicht von R/P, wonach Retrenchment-Aktivitäten fester Bestandteil einer jeden Krisenbewältigung sein sollten, dem traditionellen Verständnis des Krisenmanagements entgegensteht. Dieses traditionelle Verständnis sähe nur bei intern verursachten Unternehmungskrisen eine Notwendigkeit zur Initiierung von Retrenchment-Maßnahmen. Bei einer genaueren Betrachtung des Modells von Robbins/Pearce ist diese Kritik jedoch weitgehend zurückzuweisen. So werden die Retrenchment-Aktivitäten von R/P nur als notwendig erachtet, wenn die Unternehmungssituation instabil ist. Und in einem solchen Kontext scheint ihr Urteil, dass Retrenchment-Maßnahmen kurzfristig zwingend notwendig sind, gerechtfertigt. Dem o.g. traditionellen Verständnis des Krisenmanagements folgen R/P – entgegen der Behauptung von Castrogiovanni/Bruton – durch die explizite Empfehlung, der zufolge intern (extern) verursachten Krisen insbesondere mit Maßnahmen der Effizienzsteigerung (strategischen Neuausrichtung) begegnet werden sollte. Vgl. für diesen Abschnitt Bibeault [Turnaround 1982], S. 99 ff.
64
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
3 Phasen des Krisenbewältigungsprozesses Emergency Stage
Stabilization Stage
Return-to-growth-Stage
Basic thrust
Take defensive steps
Maintain conservative posture
Take aggressive action to seize advantage
Objective(s)
Survival, return to positive cash flow
Profit improvement, earn acceptable RoI
Growth and developement, growth in market share
Strategies
Liquidation/ divestment, product elimination, head count cuts
Divestment, product-mix enhancement, improve operations, reposture the business
Acquisition, new products, new markets, increase market penetration
Products
Prune product line drastically
Prune product line, prune individual products
Extend and improve product line
Costs
Reduce costs drastically, „meat-ax“ cuts if necessary
Reduce costs, improve overhead value
Invest in productivity
Capacity
Cut capacity, disinvest
Limit risk focus and defer investments
Increase marketing thrust to hold or build volume
Financial Management
Manage for cash flow
Strengthen balance sheet
Obtain external funding in modest amounts
Abbildung C-9: Phasen des Krisenbewältigungsmodells nach Bibeault
Aus der entsprechenden stichwortartigen Aufzählung geht hervor, dass in der Phase einer akuten Bestandsbedrohung zunächst defensive Maßnahmen der Desinvestition und des Downsizings einzuleiten sind.229 Anstatt die eigentlichen Ursachen anzugehen, die sich für den Eintritt der Unternehmungskrise verantwortlich zeichnen, wird empfohlen, die destruktiven Krisenwirkungen schnell und konsequent zurückzudrängen. Eine kurz- bis mittelfristige Sicherung der Liquidität steht hierbei im Mittelpunkt der Anstrengungen. Konsequenterweise zielen die Sanierungsmaßnahmen somit auf eine absolute Reduktion von Kosten (durch drastische Einschnitte in den Bereichen Personal und Produktion) sowie auf eine Beschaffung von Barmitteln.230 Letztere ist meist an die Veräußerung von Geschäftsteilen oder Vermögensgegenständen gebunden. Wurde durch diese Maßnahmen einmal eine Stabilisierung der (Liquiditäts-) Situation erreicht, folgen Schritte, die zu einer Verbesserung der Unternehmungsperformance führen sollen. Im Mittelpunkt des Krisenmanagements stehen in
229
230
Unter Downsizing versteht man im alltäglichen Sprachgebrauch umfangreiche Maßnahmen des Personalabbaus. Vgl. Kieser [Downsizing 2002], S. 31. Eine ausführlichere Erörterung des Begriffs findet sich bei von Baeckmann [Downsizing 1998], S. 5 ff. Zu konkreten Maßnahmen, die zu einer kurzfristigen Stabilisierung beitragen können, vgl. u.a. Bergauer [Unternehmenskrise 2003], S. 29 ff., Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 167 ff.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
65
dieser zweiten Phase folglich klassische Maßnahmen des Prozessmanagements.231 Mit dem Hinweis, dem zufolge auch in dieser Phase noch Desinvestitionsaktivitäten denkbare Handlungsalternativen darstellen, wird verdeutlicht, dass auch hier Maßnahmen des Downsizing grundsätzlich noch eine Rolle spielen. Anstatt jedoch wie in der Emergency-Phase auf schnell wirksame und drastische Maßnahmen des Kapazitätsabbaus zu setzen, basieren die Desinvestitions- und Fortführungsentscheidungen hier auf eingehenden Profitabilitätsanalysen. Prozesse, die dauerhaft nicht wirtschaftlich bearbeitet werden können, müssen in irgendeiner Form „ausgelagert“ werden, alle anderen werden unter Effizienzgesichtspunkten optimiert. Ohne also den grundsätzlichen Geschäftsfokus maßgeblich zu verändern, gilt es in der Stabilisierungsphase, die bisher existierenden Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. Eine Optimierung der Kostenstruktur steht hierbei nach wie vor im Vordergrund. Diese Ausrichtung ändert sich in der dritten Phase des typischen Krisenmanagementprozesses. Die bisherige defensive bzw. konservative Leitlinie wird durch eine aggressive Grundhaltung ersetzt. Anstatt kleinere Anpassungsreaktionen auf operativer Ebene vorzunehmen, werden hier weitreichende strategische Schritte eingeleitet, die den Unternehmungserfolg langfristig zurückbringen sollen. Dies geschieht, wie die Umschreibung „Return-to-growth“ nahe legt, durch Initiierung von Maßnahmen, die auf (Umsatz-) Wachstum ausgerichtet sind. In Betracht kommen hier insbesondere eine produkt- und/ oder marktseitige Ausweitung der Geschäftstätigkeit oder eine verstärkte Marketing- und Vertriebsleistung in den angestammten Produkt-Markt-Feldern. Beide Maßnahmen zielen darauf ab, Marktanteile zu erhöhen und wirken demzufolge direkt auf der Umsatzseite einer Unternehmung.232 Ein deutschsprachiger Beitrag, der inhaltlich zu ähnlichen Aussagen gelangt, stammt von COENENBERG/FISCHER. Danach besteht der Turnaroundprozess aus einem Crash-Programm, gefolgt von einer Phase der Restrukturierung und einer abschließenden Phase der strategischen Neupositionierung.233 Diese strategische Neupositionierung muss sich dabei an der (neuen) langfristigen Wettbewerbsstrategie der Krisenunternehmung orientieren, wobei als
231 232
233
Die Beiträge in der Literatur zum Thema Prozessmanagement sind äußerst vielfältig. Vgl. für eine kompakte und praxisnahe Erörterung Best/Weth [Geschäftsprozesse 2005], S. 25 ff. Die Bedeutung der genannten Substrategien unterstreicht auch O'Neill ([Recovery 1986], S. 81 ff.), der vier mögliche Turnaround-Strategien identifiziert: management strategies (personeller Wechsel im TopManagement), cutback strategies, growth strategies („to boot the firm ahead“) und restructuring strategies (neue Vertriebs- und Produktionsmethoden). Vgl. Coenenberg/Fischer [Turnaround 1993], S. 3 f. Ohne eine explizite Phasensicht zu unterstellen, fordert auch Franke ([Unternehmenskrise 1997], S. 104 ff.) reaktive Maßnahmen, die auf eine Verringerung der Krisenwirkungen abzielen sowie aktive Maßnahmen, die eine längerfristig wirksame Zurückschlagung der Krisenursachen bezwecken, zu unterscheiden.
66
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Alternativen hier grundsätzlich die von PORTER empfohlenen generischen Wettbewerbsstrategien der Kostenführerschaft, der Differenzierung und der Spezialisierung in Betracht kommen.234 Unterstützt werden die Kernaussagen der dargestellten Phasenmodelle durch eine Vielzahl von Beiträgen zum Krisenmanagement, die den Standpunkt vertreten, dass TurnaroundStrategien langfristig meist dann erfolgreich sind, wenn sich Maßnahmen zur Kostensenkung und Umsatzsteigerung ergänzen. So kommt MEYER nach einer umfangreichen Analyse von Turnaround-Fällen auf Basis der PIMS-Datenbank zu dem Ergebnis, dass aggressives Kostenmanagement allein keinen langfristigen Erfolg des Krisenmanagements garantiert. Stattdessen konzentrieren sich die erfolgreichen Krisenunternehmungen seines Samples sowohl auf eine Verbesserung ihrer Service- und Produktqualität (die sich in Marktanteilsgewinnen und einer höheren Kapazitätsauslastung niederschlägt) als auch auf eine Senkung der Produktions- und Verwaltungskosten.235 SIMON kommt in seinem Artikel „Gegen den Wind – mehr Umsatz trotz Krise“ zu einem ähnlichen Schluss. Danach können Maßnahmen zur Umsatzsteigerung entscheidend zu einer besseren (Über-) Kapazitätsauslastung und damit zu einer Entschärfung der Krisensituation beitragen. In diesem Zusammenhang schlägt er vor, die eigenen Marketingaktivitäten zu intensivieren, den Produktnutzen für den Kunden (im Sinne einer Differenzierung) zu steigern und aggressive Preisstrategien zu fahren.236 Die Ergebnisse der empirischen Analyse von V.D. HORST unterstützen dieses Bild. Danach gelingt es erfolgreichen Unternehmungen im Verlaufe ihrer Krisenbewältigung meist, ihren Umsatz zu steigern, wobei dies für Unternehmungen ohne Krisenbewältigung nicht gilt.237
1.3
M&A-Grundstrategien innerhalb des Krisenmanagements
Nachdem nun die wesentlichen Aspekte der Synergie- und der Krisenmanagementtheorie getrennt voneinander erläutert wurden, soll nachfolgend erörtert werden, inwieweit sich beide Themenfelder zusammenführen lassen. Es gilt darzustellen, ob und ggf. wie, d.h. an welchen
234
235 236
237
Vgl. Coenenberg/Fischer [Turnaround 1993], S. 8 ff. sowie Reutner [Krisenzonen 1990], S. 308: „Ist die operative Krise bewältigt, so muss das Unternehmen immer noch gegen die stärkeren Positionen des Wettbewerbs ankämpfen.“ Für die generischen Wettbewerbsstrategien vgl. Porter [Wettbewerbsstrategie 1999] und Porter [Wettbewerbsvorteile 2003]. Vgl. Meyer [Qualitätsmanagement 1993], S. 67. Vgl. Simon [Umsatz 2001], S. 1 ff. Der Autor weist hier auch darauf hin, dass dieser erfolgversprechenden Strategie des Umsatzwachstums in der alltäglichen Praxis des Krisenmanagements zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Vgl. zu diesen Ergebnissen von der Horst [Unternehmenskrisen 2000], S. 102 ff.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
67
Stellen die beschriebenen M&A-Grundstrategien den Prozess einer Krisenbewältigung zu unterstützen vermögen. Die folgenden Ausführungen orientieren sich dabei an dem in Abb. C-10 dargestellten Verständnis des Krisenmanagements, welches weitgehend auf den vorigen Erkenntnissen basiert. Phasen des Krisenmanagements Phase
Stabilisierung
effizienzorientierte Restrukturierung
strategische Repositionierung
Oberziel des Krisenmanagements
Überleben/ Erwirtschaftung eines positiven Cash-Flow
Rückkehr in die Gewinnzone
Erwirtschaftung einer angemessenen Mindestrendite
Im Mittelpunkt der Krisenbewältigsungsmaßnahmen steht eine Beeinflussung der
Einnahmen/ Ausgaben
Prozesse
strategischen Wettbewerbsposition
Abbildung C-10: Phasensicht des Krisenmanagements (eigene Darstellung)
1.3.1
Mergers&Acquisitions zur Stabilisierung der Krisensituation
In akuten, d.h. unmittelbar existenzbedrohenden Krisensituationen ist M&A-Maßnahmen nur eingeschränkt ein Potenzial zur Krisenbewältigung zuzuschreiben. So wirken leistungsorientierte Zusammenschlüsse nicht direkt auf Seite der Betriebskosten und damit – wenn überhaupt – in aller Regel zu langsam, als dass sie einen stabilisierenden Effekt entfalten könnten.238 Anders stellt sich die Situation bei konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen dar. Wie MÜLLER in seiner Arbeit gezeigt hat, lassen sich Kostendegressionseffekte erzielen, wenn man sich mit anderen Unternehmungen zusammenschließt und einen partiellen Kapazitätsabbau durchführt.239 Diese Fokussierung auf einen Kapazitätsabbau führt zu einer grundsätzlichen Zielkongruenz von M&A- und Krisenbewältigungsstrategie, zumindest, wenn man unterstellt, dass durch eine Konsolidierung tatsächlich weitreichende Möglichkeiten zum Kapazitätsabbau resultieren. Letzteres ist jedoch auch beim Zusammenschluss zwei-
238
239
Aufgrund der langen Vorlaufkosten wäre ein entsprechender Einsatz in einer akut bedrohlichen Krisensituation sogar kontraproduktiv. Vgl. Reutner [Krisenzonen 1990], S. 308. Nach Miles ([Corporate Comeback 1997], S. 287 f.): „Erst kommt die Steigerung des Ergebnisses, dann eine Steigerung des Umsatzes. Der alternative Weg sieht auf dem Papier großartig aus, funktioniert aber nicht. So verwandelt man sich lediglich von einem kleinen krisengeschüttelten Unternehmen in einen großen Sanierungsfall.“ Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 144 f.
68
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
er Wettbewerber nicht selbstverständlich.240 So macht KLEIN in diesem Zusammenhang richtigerweise darauf aufmerksam, dass konsolidierungsorientierte Zusammenschlüsse in bestimmten Ausgangssituationen auch zu derart hohen Komplexitätssteigerungen führen können, dass trotz Umsetzung von Konsolidierungsmaßnahmen letzten Endes keine Effizienzvorteile resultieren. Seiner Meinung nach gilt dies vor allem für Zusammenschlüsse von Unternehmungen, die jeweils (noch) mehrere, unterschiedliche Stufen der branchenweiten Wertschöpfungskette bearbeiten und daher einen geringen Geschäftsfokus aufweisen: „Sinnvolle Konsolidierungsstrategien müssen sich jeweils auf bestimmte Teilbereiche der Wertschöpfung konzentrieren.“241 Dort, wo dies gilt, ist prinzipiell die Möglichkeit einer synergetischen Entlastung gegeben. Allerdings beschränkt das strategietypische Problem der Kostenremanenz den entsprechenden Strategieeinsatz im Rahmen eines Crash-Programms zur Stabilisierung. Danach besteht nur für den Fall, dass die einmaligen Rationalisierungskosten der Konsolidierung getragen werden können, die Chance, dass synergetische Effekte der Kostenentlastung auch stabilisierend wirken. Besitzt die Krisenunternehmung die hierfür notwendigen finanziellen Ressourcen nicht, was in instabilen Krisensituationen regelmäßig zu unterstellen ist, so können konsolidierungsorientierte M&A-Strategien nur mit externer Unterstützung (durch Beteiligung eines Finanzinvestors oder strategischen Partners) vollzogen werden. 1.3.2
Mergers&Acquisitions zur effizienzorientierten Restrukturierung
Auf Basis der Überlegungen, nach denen alle drei identifizierten M&A-Grundstrategien auf eine Effizienzsteigerung abzielen, kann ihnen ein grundsätzliches Potenzial zur effizienzorientierten Restrukturierung im Rahmen der Krisenbewältigung zugerechnet werden. Gemäß der diesen Grundstrategien zugeordneten Charakteristika ist die Realisierung von Effizienzgewinnen bei konsolidierungsorientierten M&A-Maßnahmen von weniger externen Faktoren abhängig als bei leistungsorientierten Maßnahmen und damit berechenbarer. Folglich sind in Situationen, in denen keine Änderung des Geschäftsfokus, sondern lediglich eine effizientere Prozessgestaltung im Mittelpunkt des Interesses steht, Strategien der GKK denen der GLW 240
241
Nach Müller [Krisenmanagement 1986], S. 145.: „Dabei muß sich stets aufs neue zeigen, ob es sich bei der Übernahme von Konkurrenten nur um eine bloße Addition von Marktanteilen ohne praktische Nutzeffekte für die einzelne Kostenposition handelt oder ob eine organische Verschmelzung mit synergetischen Wirkungen gelingt.“ Zitat und Anmerkungen von Klein, H. (CEO der Unternehmungsberatung A.T. Kearney) beim Stuttgarter Strategieforum 2005. Als Beispiel für eine Branche, in der Konsolidierungsmaßnahmen aus dem angeführten Grund momentan noch wenig erfolgversprechend sind, führt er die Papierindustrie an.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
69
vorzuziehen. Bereits ohne einen expliziten Krisenbezug urteilt SCHWENKER: „Man sollte vorsichtig sein, wenn die erwarteten Synergien zu 80 Prozent aus Markt- und zu 20 Prozent aus Kostensynergien bestehen“242. Darüber hinaus ist anzumerken, dass einer dualen M&AStrategie, die praktisch zeitgleich Kostensynergien durch Konsolidierung und Umsatzsynergien durch Ergänzung realisieren kann, ein besonderes Erfolgspotenzial beigemessen werden kann. Das gilt, weil in den einschlägigen Arbeiten zum Krisenmanagement explizit darauf hingewiesen wird, dass erfolgreiches Krisenmanagement an den Stellschrauben Umsatz und Kosten dreht und eine duale M&A-Strategie dieser Forderung der „zweiseitigen Einflussnahme“ nachkommt. Dabei ist es unerheblich, ob die umsatzseitigen Synergieeffekte durch eine Ergänzung der Vertriebsaktivitäten (d.h. durch cross-selling) erreicht werden oder aus einer leistungsmäßigen Verbesserung der angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen resultieren. Des Weiteren umgeht die duale Strategie die latent vorhandene Gefahr rein kostensenkungsorientierter Maßnahmen, die Substanz einer Unternehmung zu schwächen und in der Folge keinen Prozess des Gesund-, sondern einen des Totschrumpfens einzuleiten. Insgesamt ist zu konstatieren, dass in stabilisierten Krisensituationen, in denen über eine Senkung des Break-Even und/ oder über eine Erhöhung der Absatzleistung eine Rückkehr in die Gewinnzone erreicht werden soll, M&A-Maßnahmen prinzipiell sinnvolle Handlungsoptionen darstellen können. Dabei weisen die Vorteile, die die M&A-Strategie gegenüber der unternehmungsindividuellen Restrukturierung kennzeichnen (Geschwindigkeit/ höheres absolutes Wirkungspotenzial), im Grunde keine krisenspezifischen Besonderheiten auf. Das gilt zumindest, sofern durch den Zusammenschluss – ganz gleich auf welche Synergiearten er sich bezieht – ein Nettosynergieeffekt resultiert und die Aufwendungen für die Realisierung dieses Effekts kurzfristig getragen werden können. 1.3.3
Mergers&Acquisitions zur grundlegenden strategischen Repositionierung
Wie die Ausführungen zum Krisenmanagement gezeigt haben, endet der Prozess der erfolgreichen Krisenbewältigung gewöhnlicherweise nicht zu dem Zeitpunkt, an dem wieder eine „schwarze Null“ geschrieben wird. Vielmehr endet er dann, wenn die Unternehmung wieder über eine langfristige verteidigungsfähige Wettbewerbsposition verfügt und eine Rendite erwirtschaftet, die mindestens die Kapitalkosten deckt. Insofern stellt sich die Frage, ob M&A-Maßnahmen in Unternehmungskrisen auch ein langfristiges Erfolgspotenzial entfalten
242
Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 16.
70
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
können, das über die Zielsetzung der mittelfristigen Effizienzsteigerung hinaus geht. Dies erscheint grundsätzlich denkbar, sofern durch die synergetischen Wirkungen der M&AMaßnahme eine strategische Repositionierung ermöglicht wird und die Krisenunternehmung in eine unique selling position gelangt. MÜLLER orientiert sich in diesem Zusammenhang an den generischen Wettbewerbsstrategien von PORTER und identifiziert fünf (Teil-) Strategien, die auf eine langfristige Verdrängung des Wettbewerbs abzielen. So kommt hier eine Positionierung als branchenweiter Marktführer oder eine Segmentierungsstrategie in Betracht, wobei erste danach zu unterscheiden ist, ob sie über einen Preis- oder Qualitätswettbewerb (Differenzierung) erreicht werden soll. langfristige, auf Verdrängung des Wettbewerbs ausgerichtete Krisenbewältigungsstrategien Marktführerstrategie über Preiswettbewerb Kostendegression durch Steigerung der produzierten und abgesetzten Stückzahlen neue Märkte
Kostenteilung mit Wettbewerbern
über Qualitätswettbewerb (Differenzierung)
Segmentierungsstrategie
bisherige Märkte
Abbildung C-11: Alternative Strategien des Krisenmanagements innerhalb der Verdrängungsstrategie
243
Eine übergeordnete Strategie der Differenzierung kann somit durch leistungsorientierte M&A-Maßnahmen unterstützt werden, bei denen die Ergänzung der Wertschöpfungsaktivitäten einen entsprechenden Differenzierungseffekt bewirkt. M&A-Strategien der Konsolidierung und leistungsorientierte Zusammenschlüsse, die auf eine Verbindung von Absatzpotenzialen ausgerichtet sind, leisten hier hingegen keinen wesentlichen Beitrag zur Zielerfüllung. Duale Strategien kommen in Betracht, wenn die Umsatzsynergien einen Schwerpunkt des Synergieeffekts ausmachen und selbige durch Differenzierungseffekte resultieren. Die Positionierung als Kostenführer unterstützen dagegen insbesondere M&A-Maßnahmen, die auf eine parallele Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien ausgerichtet sind. Durch die zweiseitige Beeinflussung der Kosten-Erlös-Relation können hier umfangreiche Effizienzvorteile resultieren, die von Konkurrenten Stand-Alone nur sehr schwer in diesem Ausmaß und in der entsprechenden Geschwindigkeit imitierbar sind. Zusammenschlüsse, die sich auf eine Konsolidierung beschränken (GKK), können in dieser Hinsicht zwar auch Vorteile generieren, ihre positive Wirkung wird der einer dualen Strategie jedoch tendenziell unterlegen 243
Vgl. Müller [Krisenmanagement 1986], S. 137 ff.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
71
sein. Leistungsorientierten Zusammenschlüssen, die auf eine Konsolidierung der Aktivitäten weitgehend verzichten, ist hingegen nur ein geringes Potenzial zur Erlangung der Kostenführerschaft beizumessen, weil der Weg zur Kostenführerschaft über eine umsatzseitige Synergierealisation als sehr lang angesehen werden muss. Entscheidet sich die (Krisen-) Unternehmung für den aktiven Rückzug in ein Teilmarktsegment, so kann sie nach PORTER auch innerhalb dieser Konzentrationsstrategie zwischen einer Differenzierungs- und einer Kostenorientierung wählen. Bei näherem Hinsehen kann hier jedoch die Meinung von KRÜGER/HOMP
geteilt werden, der zufolge es in der Praxis „normalerweise einfacher sein [dürf-
te], eine Nische als Differenzierer zu besetzen.“244 Damit sind an dieser Stelle wiederum (zumindest überwiegend) leistungsorientierte M&A-Maßnahmen als sinnvolle Substrategien des Krisenmanagements anzusehen, die eine synergiebasierte Differenzierung vom Wettbewerb ermöglichen. Insgesamt ist all diesen Ausführungen der Hinweis hinzuzufügen, dass das Ziel einer langfristigen Verdrängung des Wettbewerbs hohe Anforderungen an den Prozess der Synergierealisation stellt. In diesem Sinne reicht es nicht aus, dass eine Krisenunternehmung nach Zusammenschluss mit einem Transaktionspartner etwas günstiger produziert, etwas mehr absetzt oder einen etwas größeren Produkt- bzw. Dienstleistungsnutzen anbietet. All das zählt in der Phase der effizienzorientierten Restrukturierung. Die langfristige Repositionierung ist erst erreicht, wenn man am günstigsten produziert oder den größten Produkt-/ Dienstleistungsnutzen anbietet. Besonders deutlich wird dieser Gegensatz, wenn man sich die Aussage des Krisenmanagement-Modells von ROBBINS/PEARCE in Erinnerung ruft, dem zufolge Maßnahmen der „Efficiency Maintenance“ als Reaktion auf extern verursachte Unternehmungskrisen typischerweise zu kurz greifen. Dies sei am Beispiel von Branchenkrisen, bei denen am ehesten eine externe Verursachung individueller Unternehmungskrisen unterstellt werden kann, erläutert. Branchen- oder auch Strukturkrisen kennzeichnen sich typischerweise durch eine marktweite Existenz von Überkapazitäten, die durch einen stetigen oder plötzlichen Nachfragerückgang hervorgerufen werden. Als Folge dieser Überkapazitäten resultiert ein Preiskampf, der dazu führt, dass die am Markt zu erzielenden Preise kaum noch die (Fix-) Kosten der Leistungserstellung decken.245 Um in dieser Situation weiterhin zu „wettbewerbsfähigen“ Konditionen anbieten zu können, reagieren die Marktteilnehmer mit erheblichen Maßnahmen des Down244 245
Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 75. Vgl. Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 86.
72
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
sizing, die auf eine beträchtliche Senkung der (Fix-) Kosten ausgerichtet sind.246 Es entbrennt ein Kampf um die Kostenführerschaft. Unternehmungen, die diesen Kampf verlieren, werden – ohne eine Verbesserung der strukturellen Lage – aus dem Markt ausscheiden.247 In einem solchen Wettbewerbsumfeld werden nun Maßnahmen, die auf eine mittelfristige Senkung des Break-Even ausgerichtet sind, i.d.R. zu kurz greifen. Eine langfristige Krisenbewältigung gelingt hier nur, wenn man a) die Position der Kostenführerschaft erlangt, b) die zentrale Krisenursache (Strukturprobleme/ Überkapazitäten) zurückdrängt oder c) der zentralen Krisenursache (Strukturprobleme/ Überkapazitäten) ausweicht.248 Dem erstgenannten Ziel kann man mittels M&A-Maßnahmen näher kommen, wenn durch die Zusammenführung der Wertketten ein im Vergleich zur Konkurrenz privilegiertes Kostensenkungspotenzial gehoben werden kann, welches die Positionierung als Kostenführer ermöglicht. Dies ist wiederum in erster Linie – in Analogie zur obigen Argumentation – durch duale und konsolidierungsorientierte M&A-Strategien zu erreichen. Führt der auf den Zusammenschluss folgende Prozess des Kapazitätsabbaus auch zu einer Entspannung der marktweiten Überkapazitätsproblematik, so zielt die M&A-Strategie darüber hinaus direkt auf die Ursachen der Unternehmungskrise:
zusammenschlussbedingte Konsolidierung der Wertschöpfungsaktivitäten Abbau von unternehmungsindividuellen (Über-) Kapazitäten Verringerung der marktweiten Überkapazitätsproblematik weniger Preisdruck, höhere Preise, höhere Margen (für alle verbleibenden Anbieter) Abbildung C-12: Potenzielle Wirkung von Konsolidierungsmaßnahmen auf marktweite Überkapazitäten
Dabei ist zu beachten, dass die Chancen auf eine solche Marktbereinigung auf Märkten mit offenen Grenzen und heterogener Anbieterstruktur typischerweise geringer sind als auf oli-
246 247 248
Vgl. Hoffmann/Roventa [Konsolidierung 2004], S. 20, Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 101. Vgl. Hoffmann/Roventa [Konsolidierung 2004], S. 20. Vgl. Jedgens [Wettbewerbsstrategien 1996], S. 74 ff., Kern [Verhalten 1990], S. 157 ff., Göttgens [Erfolgsfaktoren 1995], S. 21 ff.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
73
gopolistischen Märkten mit tendenziell engeren geographischen Grenzen249 und dass es um die Prognostizierbarkeit dieser Konsolidierungswirkung weniger gut bestellt ist: Schließlich ist die Fusion von zwei Krisenunternehmen unter Beteiligung eines Eigenkapitalgebers zu erwähnen. Dies kann in oligopolistischen Märkten mit Überkapazität ein äußerst wirksamer Beitrag zur Krisenbewältigung sein. Dies aber nur, wenn es zum Abbau von Kapazitäten kommt, die an anderer Stelle nicht wieder neu entstehen, und wenn die Fusion das Oligopol nicht destabilisiert. Die große Gefahr liegt hier darin, zwei Blinde in der irrigen Meinung zusammenzuführen, daraus wenigstens einen Einäu250 gigen retten zu können.
Führt die angesprochene Konsolidierung hingegen weder zu einer merklichen Verdrängung des Wettbewerbs, weil die Konkurrenz in Sachen Effizienzsteigerung Schritt halten kann, noch zu einer elementaren Minderung der Strukturprobleme, so ist das Potenzial (überwiegend) konsolidierungsorientierter M&A-Strategien im Sinne einer umfassenden Krisenbewältigung begrenzt. Die entsprechenden Strategien zielen in einer solchen Situation nämlich nicht auf die Ursachen einer Unternehmungskrisen ab, sondern lediglich auf deren Symptome. Demgemäß verschaffen sie bestenfalls ein wenig Luft zum Atmen und zögern das Ausscheiden aus dem Markt hinaus, ohne als Rettungsanker zu fungieren.251 Bleibt die M&A-seitige Unterstützung einer Ausweichstrategie, bei der das problembehaftete Marktumfeld verlassen und in zukunftsträchtigere Bereiche eingetreten wird. Hierbei ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass auch bei Strategien des Marktwechsels Zusammenschlüsse nur im Hinblick auf synergetische Wirkungen Sinn machen.252 Unterstellt man weiter, dass traditionell wichtige Synergieformen wie eine Konsolidierung der Produktion oder eine Integration der Vertriebsaktivitäten aufgrund der Unterschiedlichkeit der ProduktMarkt-Felder bei diversifizierenden Zusammenschlüssen eine geringere Bedeutung haben werden,253 so rückt der Aspekt Fähigkeiten in den Mittelpunkt der Überlegungen. KRÜGER/HOMP
weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Maßnahmen der Diversifikati-
on erfolgreich sein können, wenn Managementkompetenzen vorhanden sind und es gelingt, (z.B. technologische) Kernkompetenzen zu transferieren.254 ANSLINGER/COPELAND bestätigen diese Sichtweise. Danach ist der Grundsatz „Stick to your knitting“ nicht dahingehend fehlzuinterpretieren, dass eine Unternehmung nur in ihrem Kerngeschäftsfeld agieren und 249
250 251 252 253 254
Vgl. zu diesem grundsätzlichen Schluss Gassmann/Höller [Insolvenz 2005], nach denen das Ausscheiden der Walter Bau AG auf dem deutschen Markt wegen der offenen Grenzen keine marktseitige Entspannung bewirken wird. Hollenberg [Private Equity 2003]. Vgl. Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 103. Vgl. u.a. Gomez/Ganz [Diversifikation 1992], S. 45, Hoffmann [Diversifikation 1989], S. 53. Vgl. Paprottka [Unternehmenszusammenschlüsse 1996], S. 83. Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 80.
74
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
wachsen sollte: „It really means a company should grow within its field of knowledge.”255 Die Verbindung dieser Ausführungen zum Krisenmanagement stellt schließlich MÜLLER her, indem er konstatiert, dass die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren von Diversifikationsmaßnahmen – Know-how, Kapital und Managementkapazität – Krisenunternehmungen typischerweise nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen. Daher sollten Diversifikationsmaßnahmen in Krisen, wenn überhaupt, frühzeitig initiiert werden und sich auf nahe liegende Technologien oder Kundengruppen konzentrieren.256 Die Sinnhaftigkeit von M&A-basierten Ausweichstrategien in Unternehmungskrisen steht damit in einem direkten Zusammenhang zur Ressourcenstärke der Krisenunternehmung. Ein entsprechender Einsatz dieser Strategien bietet sich demnach nur in bestimmten Ausgangssituationen an. Interessant ist in diesem Kontext auch das Untersuchungsergebnis von ANAND/SINGH, wonach konsolidierungsorientierte Akquisitionen in schrumpfenden Industrien im Mittel erfolgreicher sind als diversifikationsorientierte Akquisitionen.257 1.3.4
Anmerkungen zur Integrationsproblematik bei Krisen-M&As
Eine Vielzahl von Arbeiten, die sich mit dem Erfolg von Unternehmungszusammenschlüssen auseinandersetzen, kommt zu dem Schluss, das die Gestaltung des Integrationsprozesses nach erfolgter Unternehmungsverbindung einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg einer M&A-Maßnahme ausübt.258 Dabei zielt dieser Integrationsprozess typischerweise auf eine umfassende Realisierung positiver Synergien bei gleichzeitiger, weitgehender Vermeidung negativer Synergieeffekte (Dyssynergien).259 Dies gelingt wiederum nach der herrschenden Meinung insbesondere dann, wenn der Prozess der Post-Merger-Integration -
255
256 257 258 259
schnell initiiert und
-
konsequent umgesetzt wird,
-
höchste Priorität genießt,
-
auf klar definierte Synergieziele ausgerichtet ist und
Anslinger/Copeland [Growth 1996], S. 135. Kritisiert werden muss allerdings die Sicht der Autoren, wonach derartige „fähigkeitsorientierte“ Akquisitionen als „nonsynergistic“ bezeichnet werden. Das widerspricht dem Verständnis dieser Arbeit, wonach auch ein Transfer von Know-how Quelle von Synergievorteilen sein kann. Zum Grundsatz „Stick to your knitting“ vgl. Peters/Waterman [Excellence 1982], S. 292 ff. Vgl. Müller [Schwimmen 1990], S. 361 ff. Vgl. Anand/Singh [Redeployment 1997], S. 99 ff. Vgl. Coley/Reinton [Value 1988], S. 29 ff. und Gerpott/Schreiber [Integrationsgeschwindigkeit 1994], S. 100. Vgl. Schwenker/Bötzel [Growth 2005], S. 1 ff., Bartels/Koch [Post-Merger-Management 2005], S. 409.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
-
75
die psychologischen Folgewirkungen eines Zusammenschlusses berücksichtigt, also sicherstellt, dass die Mitarbeiter nicht bzw. so wenig wie möglich mit unerwünschten Verhaltens- und Einstellungsänderungen (Verängstigung, Frustration, innere Kündigung) reagieren.260
Reflektiert man diese Forderungen im Hinblick auf Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen, so spricht einiges für, einiges aber auch gegen die Annahme, dass Prozessen der Integration bei Krisen-M&As tendenziell ein hohes Erfolgspotenzial beigemessen werden kann. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass Maßnahmen der Integration in Fällen, in denen sich ein Krisenmanagement maßgeblich auf die Realisierung von Synergieeffekten stützt, schnell und mit starker Priorisierung eingeleitet werden. Der hohe Handlungsdruck zwingt hier zu schnellen und weitreichenden Entscheidungen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen klare Vorstellungen von potenziellen Synergiezielen zu Grunde liegen, da andernfalls das hohe Risiko eines entsprechenden Zusammenschlusses nicht zu rechtfertigen wäre. Beide Argumente unterstützen die o.g. These. Hinsichtlich der konsequenten Umsetzung der Integrationsmaßnahmen ist allerdings bereits ein differenzierteres Urteil angebracht. So wird die hohe Bedeutung der Synergierealisation, ohne die ein Überleben der Krisenunternehmung gefährdet wäre, zwar einerseits eine kompromisslose Durchsetzung von Integrationsmaßnahmen fördern.261 Andererseits bedarf diese Durchsetzung regelmäßig freier finanzieller und managementspezifischer Ressourcen262 – und diese sind in Krisensituationen gewöhnlich eher Mangelware. Dem „Wollen“ steht hier somit u.U. ein „Nicht-Können“ entgegen. Ähnlich differenziert ist im Kontext der psychologischen Wirkungsdimension von Krisen-M&As zu urteilen. Während konsolidierungsorientierte Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen das normale Maß weit übersteigende, negative Reaktionen der Mitarbeiter hervorrufen werden, können tendenziell wachstumsorientierte Zusammenschlüsse in Krisen eventuell auch eine positive Verhaltensreaktion nach sich ziehen. Gelänge es der Unternehmungsführung z.B., durch den Vollzug einer entsprechenden M&A-Maßnahme Hoffnung zu entfachen, so könnte die Transaktion u.U. als Initialzündung interpretiert werden und neue Kräfte mobilisieren. 260
261 262
Vgl. zu diesen Punkten Picot [ Integration 2005], S. 449, Schwenker [Synergie-Effekte 2001], S. 3 ff., Möller [Erfolg 1983], S. 314, Clemente/Greenspan [Mergers 1998], S. 163 ff. Bartels/Koch [Post-MergerManagement 2005], S. 409 ff. u.v.a. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass in der Literatur noch deutlich mehr Erfolgsfaktoren diskutiert werden. Die benannten Punkte werden jedoch am häufigsten angeführt. Dass die Bereitschaft, unbeliebte Maßnahmen im Rahmen der Integration durchzusetzen, nicht für alle Zusammenschlüsse gleich ausgeprägt ist, erwähnen Grube/Töpfer [Integration 2002], S. 198. Vgl. Gerpott/Schreiber [Integrationsgeschwindigkeit 1994], S. 109.
76
1.4
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Krisen-M&A-Modell
Die erfolgte Gegenüberstellung von Krisenmanagement- und Synergietheorie hat eine Reihe von Querverbindungen zwischen den entsprechenden Themenfeldern offenbart. Danach lässt sich zunächst, ausgehend von dem Bedrohungspotenzial der Krisensituation, ein temporäres Oberziel der Krisenbewältigungsstrategie ableiten. In Abhängigkeit von diesem Oberziel konzentriert sich die Krisenbewältigungsstrategie folglich auf einen kurzfristig wirksamen Kapazitätsabbau (im Rahmen eines Crash-Programms), eine mittelfristige Effizienzsteigerung (im Rahmen allgemeiner Restrukturierungsaktivitäten) oder auf die Erlangung einer unique selling position (im Rahmen der strategischen Repositionierung). Gemäß der spezifischen Anforderungen dieser Krisenbewältigungsstrategien und der Charakteristika der identifizierten M&A-Grundstrategien kann schließlich eine Zuordnung von Krisenbewältigungsund geeigneter M&A-Grundstrategie vorgenommen werden. Auf diese Weise entsteht eine Art Krisen-M&A-Modell. Im Kern soll dieses Modell implizieren, dass eine Unternehmungskrise durch eine zusammenschlussbedingte Realisation von Synergieeffekten kurzfristig stabilisiert, mittelfristig entschärft und/ oder langfristig bewältigt werden kann. Dies gilt grundsätzlich, wenn die Verbindung zweier Unternehmungen zu positiven NettoSynergieeffekten führt und ein situativ angemessener Einsatz bestimmter M&AGrundstrategien erfolgt.
Integration von Synergie- und Krisenmanagementtheorie
Krisensituation: instabil
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Krisensituation: stabil Prozess der Krisenbewältigung
Oberziel: Überleben
Oberziel: „schwarze Null“
Oberziel: Erwirtschaftung einer angemessene Rendite
Fokus: Stabilisierung
Fokus: Restrukturierung
Fokus: strategische Repositionierung
Maßnahme: Kapazitätsabbau
Maßnahme: Effizienzsteigerung
Maßnahme: Erarbeitung einer unique selling position Strategiewahl abhängig von eigenen Stärken/Schwächen und Wettbewerbskräften
Kostenführerschaft
Marktführer durch Differenzierung
Marktführer im Teilmarktsegment
GKK
duale Strategie
duale Strategie
GLWd
GLWd
duale Strategie
GKK
GKK
duale Strategie
duale Strategie
GLW
GLWa
Potenzial der M&A-Strategie zur Stabilisierung/ Effizienzsteigerung/ Repositionierung: hoch
mittel
gering
GLWa: vorwiegend absatzorientierte Wachstumsstrategie GLWd: vorwiegend differenzierungsorientierte Wachstumsstrategie soweit das Problem der Kostenremanenz gelöst werden kann
Abbildung C-13: Krisen-M&A-Modell
Danach ist ein vollständig konsolidierungsorientierter Zusammenschluss nur im Fall einer akuten Existenzbedrohung als erste M&A-Alternative zu wählen – und hier auch nur unter der weitreichenden Bedingung, dass das Problem der Kostenremanenz gelöst werden kann. Zusammenschlüsse, die auf eine parallele Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien abzielen, sind dagegen besonders viel versprechende Handlungsalternativen, sofern sie im
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Rahmen einer effizienzorientierten Restrukturierung oder im Rahmen einer strategischen Repositionierung als Kostenführer eingesetzt werden. Leistungsorientierte Zusammenschlüsse bieten darüber hinaus ein hohes Potenzial zur Unterstützung des Krisenbewältigungsprozesses, wenn dieser aus einer stabilen Ausgangssituation heraus auf eine Repositionierung als qualitätsorientierter Marktführer abzielt. Durchweg eher geringe Potenziale sind dagegen leistungsorientierten M&As zuzuschreiben, deren Synergiefokus primär auf eine absatzseitige Ergänzung ausgerichtet ist. Darüber hinaus sei erwähnt, dass sich in den einzelnen Ausgangssituationen – ohne dass dies in dem Modell explizit dargestellt wäre – regelmäßig auch eine Verbindung von unternehmungsindividuellen Maßnahmen der Krisenbewältigung und M&A-Maßnahmen anbietet. Das gilt im Sinne einer parallelen Realisierung, aber auch in der Form, dass unternehmungsindividuelle Maßnahmen der Stabilisierung bzw. der effizienzorientierten Restrukturierung vorbereitend wirken und den erfolgreichen Einsatz von M&AMaßnahmen einleiten können.
Um den Praxisbezug dieser theoretischen Überlegungen herzustellen bzw. zu hinterfragen, widmen sich die nachfolgenden Kapitel einer beispielorientierten Erörterung typischer Chancen und Risiken von Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen.263
263
Die Krisenunternehmungen, die im Rahmen der folgenden Ausführungen benannt werden, erfüllen allesamt die Krisenkriterien der sich anschließenden Ereignisstudie. Vgl. für die konkreten Operationalisierungskriterien Kap. D.3.2.1. Damit kann unterstellt werden, dass es sich bei den erörterten Praxisfällen stets um Ertragskrisen handelt.
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
2
79
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
2.1
Alternative Formen von Krisen-M&As
Aufgrund der Tatsache, dass bei den bisherigen Ausführungen stets eine gesamtsynergetische Sichtweise vorherrschte, wurden bis dato sämtliche Unternehmungsvereinigungen, an denen Krisenunternehmungen beteiligt sind, unter dem Begriff Krisen-M&As subsumiert. Für eine eingehendere Analyse der praktischen Chancen und Risiken von Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen ist eine solch undifferenzierte Sichtweise unzureichend. Daher sollen unterschiedliche Arten von Krisen-M&As hier zunächst unterschieden und nachfolgend getrennt voneinander analysiert werden. Die entsprechende Differenzierung wird sich dabei an zwei Fragen orientieren, welche die Wesensmerkmale eines Zusammenschlusses unter Beteiligung einer Krisenunternehmung elementar beeinflussen: 1. Welche M&A-Grundstrategie leitet den Zusammenschluss? 2. Welche Rolle übernimmt die Krisenunternehmung im Zusammenschlussprozess? Auf Basis dieser Dimensionen lassen sich sechs bzw. vier unterschiedliche Arten von Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen unterscheiden, je nachdem, ob man die duale Strategie als eigenständige M&A-Grundstrategie ansieht oder nicht. Für die folgende Betrachtung wird – zur besseren Differenzierbarkeit – lediglich eine Zweiteilung der M&AGrundstrategien unterstellt. Danach ergibt sich folgendes Bild: M&A-Strategie Rolle der Krisenuntern.
Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung
duale Strategie
Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums
Target
Krisenunternehmung als Target in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen
Krisenunternehmung als Target in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen
Akquisiteur
Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen
Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen
Abbildung C-14: Klassifizierung von Krisen-M&As
80
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
2.2
Chancen und Risiken einzelner M&A-Strategien
2.2.1 2.2.1.1
Die Krisenunternehmung als Target Allgemeine Anmerkungen
Übernimmt die Krisenunternehmung im Zusammenschlussprozess die Rolle des Targets, so sind die Aufgaben im Transaktions- und Integrationsprozess meist klar verteilt. Die akquirierende Unternehmung bezahlt den Kaufpreis, trägt die Kosten der Integration bzw. der Konsolidierung und überträgt ihr strukturelles und strategisches Konzept auf die Krisenunternehmung. Während also die akquirierende Gesellschaft den Prozess in vielerlei Hinsicht dominiert, fällt der Krisenunternehmung eine eher passive Rolle zu. In der betriebswirtschaftlichen Literatur finden sich einige Hinweise, die darauf hindeuten, dass derartige Target-Strategien für Krisenunternehmungen sinnvolle Maßnahmen darstellen können. So weisen LÜTZENRATH ET AL. darauf hin, dass die Hereinnahme eines strategischen Investors sowohl aus Sicht des Akquisiteurs als auch aus Sicht des Targets (resp. einer Krisenunternehmung) Sinn machen kann. Die Krisenunternehmung profitiert u.U. von Synergieund Vertrauensgewinnen, neuen Managementkapazitäten sowie einem Zufluss an Kapital; die akquirierende Gesellschaft kann im Gegenzug regelmäßig vielfältige Markt- und Produktionssynergien realisieren.264 CLARK/OFEK bestätigen diese Sichtweise für Krisenunternehmungen, zweifeln allerdings (nach Bewertung ihrer empirischen Ergebnisse) an der letztendlichen Vorteilhaftigkeit dieser strategischen Option für erwerbende Gesellschaften.265 In der umfangreichen Arbeit von KRYSTEK wird die entsprechende Target-Strategie unter dem Schlagwort der Kooperationsstrategie (als eine von drei relevanten Sanierungsstrategien) diskutiert. Danach kann eine Krisenunternehmung von einer kapitalmäßigen (Mehr- oder Minderheits-) Beteiligung eines nationalen oder internationalen Kooperationspartners profitieren, wenn dieser in den finanz- und/oder leistungswirtschaftlichen Bereich der angeschlagenen Gesellschaft eingreift und die Sanierungsbemühungen so unterstützt. Als Idealfall stellt sich dabei eine Situation dar, in der der Kooperationspartner Einfluss auf beide Bereiche nimmt.266 Damit werden die theoretischen Aussagen der vorangegangenen Kapitel zur Bedeutung von Synergiegewinnen im Rahmen der Krisenbewältigung grundsätzlich gestützt.
264 265 266
Vgl. Lützenrath et al. [Bankstrategien 2003], S. 63 ff. Vgl. Clark/Ofek [Mergers 1994], S. 541. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 222 f.
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
2.2.1.2
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Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen
Ein Beispiel, welches die angesprochene Vorteilhaftigkeit einer solchen Target-Strategie maßgeblich zu unterstreichen vermag, ist die Beteiligung von Renault an Nissan im Jahr 1999. Thema: Konsolidierung als umfassende Krisenbewältigungsstrategie für Targets Beispiel: Renault beteiligt sich an Nissan Im Jahr 1999 übernimmt der französische Automobilhersteller Renault von dem japanischen Autobauer Nissan Schulden i.H.v. 5,4 Mrd. US$ und gleichzeitig 36,6% des Eigenkapitals. Nissan blickt zu diesem Zeitpunkt auf acht verlustreiche Jahre zurück und steht ohne baldigen Turnaround vor dem Aus. Die Unternehmung leidet an immensen Überkapazitäten, zu hohen Einkaufspreisen, einer geringen Marktmacht in den USA, die sich in niedrigen Verkaufspreisen niederschlägt, und einer hohen Schuldenlast, die notwendigen Investitionen entgegensteht. Nach der Beteiligung der französischen Gesellschaft wird Carlos Ghosn, bisher Top-Manager bei Renault, Präsident und CEO der Nissan Corp. und mit dem Turnaround der Krisenunternehmung betraut.267 Bereits wenige Jahre später gilt Nissan als „dauerhaft“ saniert. Die Wirtschaftspresse feiert den interkulturellen Firmenzusammenschluss seitdem als Musterbeispiel für erfolgreiches Krisenmanagement. Im Jahr 2005 wird Ghosn zum CEO der Renault-Gruppe berufen.268 Begründet wird der schnelle und umfassende Turnaround-Erfolg von Nissan mit dem konsequenten Krisenmanagement, das im Kern auf eine zusammenschlussbedingte, kostenorientierte Synergierealisation ausgerichtet war. So wurden Produktionsstätten konsolidiert und durch Aufträge beider Marken besser ausgelastet, überschüssige Kapazitäten abgebaut, Einkaufsvolumina kostenwirksam zusammengelegt und die F&E-Aktivitäten weltweit integriert. Der Personalbestand wurde im Rahmen dieser Maßnahmen bei Nissan weltweit um 21.000 Stellen reduziert, daneben wurde eine gemeinsame Plattformstrategie (für Kleinwagen) entwickelt und umgesetzt.269 Auch die Synergierealisation im Vertriebsbereich war tendenziell konsolidierungsmotiviert (Zusammenlegung bestehender Einheiten). Darüber hinaus wurden einige notwendige strukturelle Anpassungen am „System Nissan“ vorgenommen (Auflösung des kapitalintensiven Keiretsu-Systems, Neugestaltung des Anreiz- und Vergütungssystems).270 Den gesamten, tiefgreifenden Restrukturierungsprozess unterstützte Renault dabei vorrangig durch die Übertragung von umfangreichen Managementkapazitäten und finanziellen Ressourcen. Letztere dienten einem Auffangen der Konsolidierungskosten ebenso wie der Finanzierung neuer Investments: „The revival plan, therefore, was as much about future growth (accelerating) as it
267 268 269 270
Vgl. bis dahin Ghosn [Businesses 2002], S. 37 ff. Vgl. Schubert [Renault 2005]. Vgl. zu diesen Maßnahmen Harbour [Marriage 2002], Lamparter [Erfolg 2004]. Vgl. Ghosn [Businesses 2002], S. 38 ff.
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
was about cutting costs (breaking). We couldn’t say, ‘There will be a time for cost reduction and then a time for growth’ – we had to do both at once.”271
Das Beispiel verdeutlicht mehrere Dinge: Zum einen lassen sich durch Maßnahmen der kostenorientierten Konsolidierung offensichtlich tatsächlich weitreichende Entlastungseffekte erzielen, die den Prozess der Krisenbewältigung maßgeblich unterstützen und zu einer weitgehenden Rettung des Gesamtsystems beitragen können. Zum anderen stellt sich dabei offensichtlich eine Situation als besonders vorteilhaft dar, in der ein starker strategischer Partner diese Konsolidierung führt und finanziert. Damit wird das strategietypische Problem der Kostenremanenz praktisch abgegeben. Eine Mehrheitsbeteiligung ist in dieser Hinsicht interessanterweise augenscheinlich keine zwingende Voraussetzung für die umfangreiche gemeinsame Synergiehebung. Des Weiteren wird ersichtlich, dass die Konsolidierungsmaßnahmen bei der entsprechenden strategischen Zielsetzung u.U. ein gravierendes Rationalisierungspotenzial freisetzen können, welches insbesondere auf Seiten der Krisenunternehmung zu umfangreichen Maßnahmen des Kapazitätsabbaus führen wird. Diese Einschnitte sind für Teile der Belegschaft schmerzhaft, sichern aber u.U. den Fortbestand der Unternehmung und den Erhalt der übrigen Arbeitsplätze.272 Schließlich stellt sich für die Zielgesellschaft derartiger Krisen-M&As stets eine gewisse Problematik des Autonomieverlustes – wobei das natürlich keine krisenspezifische Besonderheit ist. Grundsätzlich ist in Ergänzung zu diesem Beispiel darauf hinzuweisen, dass im Rahmen konsolidierungsorientierter Target-Strategien natürlich auch Situationen denkbar sind, in denen es einem Investor nicht um die weitgehende Erhaltung und Rettung einer übernommenen Krisenunternehmung geht. Im Extremfall wird ein Akquisiteur lediglich seine eigenen Kapazitäten auslasten, indem er die Aufträge und die Kunden der Zielgesellschaft übernimmt und einen Großteil der fremden Organisation abbaut.273 Eine solche faktische Zerlegung wäre dabei wohl kaum noch nach klassischem Verständnis als Maßnahme des Krisenmanagements zu bezeichnen, auch wenn der Firmenmantel der Krisenunternehmung nach erfolgter Transaktion und Konsolidierung fortbestehen und der überlebende Rest des Systems wieder wirtschaftlich arbeiten sollte. I.d.R. wird eine derart motivierte Übernahme aber aufgrund der klaren Gewinner-Verlierer-Struktur nur in sehr bedrohlichen Krisenstadien und auf Initiative 271 272
273
Ghosn [Businesses 2002], S. 44. „`Carlos Ghosh, geh’ wieder nach Frankreich zurück`, skandierten aufgebrachte Arbeiter vor den Werkstoren der Nissan-Fabrik im Tokioter Stadtteil Murayama. Das war 1999. Heute ist Ghosh tatsächlich nach Frankreich zurückgekehrt, doch die meisten Nissan-Mitarbeiter dürften ihm mehr als eine Träne nachweinen.“ Schubert [Renault 2005]. Vgl. hierzu auch Lützenrath et al. [Bankstrategien 2003], S. 61.
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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der Kapitalgeber der Krisenunternehmung hin realisiert. Aus deren Sicht ist diese Strategie auch noch am ehesten als Strategie zur Krisenbewältigung anzusehen.274 Insgesamt kann also für Krisenunternehmungen die frühzeitige und aktive Suche nach einem strategischen Investor Sinn machen. Nach HOFFMANN/ROVENTA:275 Verkaufe allerdings rechtzeitig, wenn sich abzeichnet, dass Ertragskraft und damit Unternehmenswert (...) sich nicht dauerhaft absichern lassen, vorhandene Restrukturierungsoptionen nicht ausreichen und eine wettbewerbsfähige Unternehmensgröße aus eigener Kraft nicht erreichbar ist, um die Selbständigkeit auf Dauer zu erhalten. (...) Finde einen Käufer, welcher der ‚natürliche Eigentümer’ wäre und der damit – bedingt durch hohe ertragswirksame Synergieeffekte – den höchsten Kaufpreis bezahlt. Nimm aus einer Position der Stärke und klarem Verständnis der Ausgangslage und Ziele heraus Finanzierungs- oder unternehmerische Partner herein.
2.2.1.3
Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen
Bei leistungsorientierten Zusammenschlüssen spielen Maßnahmen des Kapazitätsabbaus definitionsgemäß keine bzw. nur eine sehr untergeordnete Rolle. Folgerichtig sehen sich Krisenunternehmungen, die im Rahmen einer solch leistungsorientierten M&A-Maßnahme als Target auftreten, auch nicht mit der Gefahr einer mehr oder weniger ausgeprägten Zerschlagung konfrontiert. Auf den ersten Blick könnte man dies als positives Merkmal werten. So scheint ein Zusammenschluss, der sich auf die gegenseitige Ergänzung von Ressourcen und Fähigkeiten konzentriert und der auf eine Realisierung von Umsatz- (d.h. Absatz- und/ oder Differenzierungs-) Synergien ausgerichtet ist, eine elegante und „schmerzfreie“ Lösung von Unternehmungskrisen zu sein. Ein weiteres Beispiel aus der Automobilbranche, bei dem sich eine Gesellschaft maßgeblich an einem angeschlagenen Konkurrenten beteiligt, verdeutlicht, dass eine solche Zielsetzung auch in der Praxis Unternehmungsverbindungen leiten kann. Thema: Hohes Risiko von Wachstumsstrategien in Krisensituationen Beispiel: DaimlerChrysler beteiligt sich an der Mitsubishi Motor Company Kurze Zeit nachdem DaimlerChrysler (DC) die Kooperationsgespräche mit Nissan im Jahr 1999 abbricht, weil die japanische Unternehmung offensichtlich „zu marode“ sei, akquiriert DC einen 34%-Anteil an der japanischen Mitsubishi Motor Company (MMC). Dieser geht es aller274 275
Vgl. hierfür den Fall der Übernahme von Teilen der insolventen Walter Bau AG durch den österreichischen Baukonzern Strabag bei Gassmann/Höller [Insolvenz 2005]. Hoffmann/Roventa [Konsolidierung 2004],S. 20. Vgl. für ein weiteres positives Beispiel einer TargetStrategie in Unternehmungskrisen die Übernahme der angeschlagenen Linotype-Hell AG durch die Heidelberger Druckmaschinen AG im Jahr 1996. Auch hier werden Kosten- und Umsatzsynergien durch eine schnelle und umfassende Konsolidierung bzw. Integration der Unternehmungsaktivitäten erzielt. Vgl. Mehdorn [Erfahrungen 1999], S. 475.
84
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
dings zu diesem Zeitpunkt nur unwesentlich besser als dem Konkurrenten Nissan, beide Firmen schreiben rote Zahlen. Die vom DC-Vorstand Jürgen Schrempp formulierte Zielsetzung der Beteiligung unterscheidet sich allerdings drastisch von der des Renault/Nissan-Deals: „Wir erhalten im Zuge der Globalisierung jetzt den vollständigen Zugang nach Asien. Wir erweitern unser Markenportfolio und erhalten die richtigen Produkte, um neue, stark wachsende Märkte wie zum Beispiel Lateinamerika, Osteuropa und Afrika zu erschließen. Nicht zuletzt hat Mitsubishi eine hohe Kompetenz bei Kleinwagen. Aber die Allianz ist nicht nur für uns vorteilhaft. MMC erhält mit Daimler-Chrysler einen starken Partner, der die Expansion in Märkten außerhalb Asiens fördert.“276 Die Beteiligung verfolgt somit eindeutig Wachstumsziele, die vorrangig auf eine Ergänzung von Absatzmärkten ausgerichtet sind.277 Gut sechs Jahre später gilt die MMC noch immer als akuter Krisenfall in ernsten Existenznöten. Nachdem DC eine weitere Ausweitung des Engagements und damit im Grunde eine weitere Unterstützung des Krisenbewältigungsprozesses im Jahr 2005 ablehnt, wird der Zusammenschluss in der Presse endgültig als klarer Misserfolg klassifiziert.278 Neben unternehmungsspezifischen Gründen, die einer Erholung der MMC entgegenstanden („lange vertuschte Qualitätsmängel“279), werden für das Scheitern der M&A-Maßnahme bzw. der Krisenbewältigung in der Presse vor allem die geringen Konsolidierungsaktivitäten und -Synergien des Zusammenschlusses verantwortlich gemacht. So arbeiteten Renault und Nissan quasi vom ersten Tag an zusammen und konsolidierten ihre Aktivitäten (siehe voriges Beispiel), wohingegen durch die Absatzorientierung im DC/MMC-Deal keine umfassenden Rationalisierungsschritte eingeleitet wurden. Wesentliche Skaleneffekte wurden im Laufe der Jahre nicht erzielt. Die Unternehmungen blieben weitgehend separate Einheiten „in everything from design and engineering to production in plants“.280 Darüber hinaus wurden Sanierungsarbeiten viel zu zaghaft eingeleitet,281 was u.U. auch damit zusammenhängt, dass der von DC entsandte Kontrolleur Rolf Eckrodt lange Zeit nur die offizielle Nummer zwei in der MMC-Führung war und auch diese Position nicht immer gefestigt zu sein schien.282
Offensichtlich führt die eindeutig absatzorientierte Wachstumsstrategie in diesem Beispiel nicht zum Erfolg, was die vorigen Ausführungen an einigen Punkten unterstreicht: Die Realisierung von Umsatzsynergien ist per se ein kritischer, schwer zu gestaltender Vorgang mit einer nicht zu unterschätzenden Wahrscheinlichkeit der Zielverfehlung. Diese Wahrscheinlichkeit ist dabei umso höher, je instabiler sich die Ausgangssituation bei der Krisenunternehmung darstellt. Im vorliegenden Fall werden trotz der Tatsache, dass die Krise von Mitsubishi zu nicht unwesentlichen Teilen aus internen (Effizienz-) Problemen resultierte, Ziele 276 277 278 279 280 281 282
Zitiert aus einem Interview mit J.Schrempp: o.V. [Mitsubishi 2000]. Vgl. zur Vision der „Welt AG“ Wassink [DaimlerChrysler 2004] und Döring [Sayonara 2004]. Vgl. z.B. o.V. [Mitsubishi 2004]. Lamparter [Erfolg 2004]. Harbour [Marriage 2002]. Vgl. Enz [Schleuderkurs 2000]. Ähnliches geht aus einem Artikel der Börsen-Zeitung hervor, vgl. o.V. [Mitsubishi 2004]. Vgl. o.V. [Turnaround 2002].
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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des Umsatzwachstums verfolgt ohne zuvor eine wirkliche effizienzorientierte Restrukturierung der Krisenunternehmung einzuleiten. Eine umfassende Krisenbewältigung gelingt so nicht. Eine duale Ausrichtung der M&A-Maßnahme hingegen, die in einer solchen Ausgangssituation erfolgversprechender wäre, kann beim geschilderten Zusammenschluss aufgrund des fehlenden Rationalisierungspotenzials nicht initiiert werden, weil die Systeme der Unternehmungen offensichtlich zu wenig Redundanzen aufweisen, die durch eine Konsolidierung in Effizienzgewinne umzuwandeln wären. Grundsätzlich wird damit deutlich: Strategische Zusammenschlussmotive sind nur dann legitim, wenn sich die erwarteten strategischen Effekte in handfeste Kosten- und/ oder Umsatzvorteile überführen lassen und die Krisenunternehmung hierdurch wirklich gestärkt wird. Nach Schweizer: „Ein krankes Objekt wird nicht einfach dadurch gesund, dass man es mit einem gesunden verbindet.“283 2.2.2
Die Krisenunternehmung als Akquisiteur
2.2.2.1
Allgemeine Anmerkungen
Unterstellt man auf Basis der vorigen Ausführungen, dass der Prozess der Synergierealisation – sofern weitsichtig und krisenursachenbezogen umgesetzt – maßgeblich zur Bewältigung von Unternehmungskrisen beitragen kann, so stellt sich die Frage, ob der gleiche positive Effekt nicht auch ohne den im Rahmen von Target-Strategien typischen Autonomieverlust zu erreichen ist. Dies wäre denkbar, wenn die Krisenunternehmung die Federführung im M&AProzess übernehmen und als Akquisiteur auftreten würde. In dieser Rolle obläge es ihr, den Zusammenschluss zu initiieren, den Konsolidierungs- bzw. den Integrationsprozess zu gestalten und die damit verbundenen Aufwendungen zu tragen. Dass diese aktive Rolle zunächst reichlich kontraintuitiv ist, beschreibt äußerst treffend RIGBY:284 Conventional wisdow says that acquisitions are too risky to undertake during a downturn. According to this way of thinking, companies that appear ripe for the picking are likely to be deeply troubled and could drag down an already fragile business. Moreover, a company thinking about acquisitions may find that its cash is limited, that dept is unavailable, and that its stock price is depressed and thus not valuable as acquisition currency. Given these dismal conditions, the last thing a company should do is double down existing bets with acquisitions.
Unterstützt wird dieser Eindruck, wenn man zusammenfasst, welche Besonderheiten und Charakteristika einer Krisenunternehmung im Regelfall zugerechnet werden. So stellt TURNHEIM
283 284
fest, dass „ein zu sanierendes Unternehmen überwiegend ein negatives, veraltetes Un-
Vgl. Schweizer [Unternehmen 1990], S. 294. Rigby [Downturn 2001], S. 103.
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
ternehmensklima auf[weist], das sich ausdrückt in: Gleichgültigkeit, schlechtem Innovationsklima, Vergangenheitsbezogenheit, Umfeldnegation, grundsätzlich egozentrischem Verhalten.“285 Darüber hinaus ist anzunehmen, dass in Krisensituationen regelmäßig ein akuter Zeitdruck und Handlungszwang besteht, der die Kooperationsverhandlungen ebenso erschwert wie die sonstigen krisentypischen Störfeuer des Alltags.286 Offensichtlich sind dies nicht gerade die Bedingungen, die aggressive und offensive Schritte der Krisenbewältigung – wie etwa die Initiierung von Zusammenschlüssen – zwingend nahe legen würden. In dem Artikel von RIGBY, aus dem das obige Zitat entnommen ist, wird diesbezüglich jedoch ein anderer Schluss gezogen. Am Beispiel eines erfolgreichen Turnarounds, der im Kern auf akquisitorischen Maßnahmen der Krisenunternehmung basierte, visualisiert der Autor den Sinn und die Praktikabilität von derart gestalteten M&A-Maßnahmen in Krisensituationen. Thema: Krisenbewältigung durch Synergierealisation Beispiel: Der akquisitorische Turnaround von Arrow Electronics Im Jahr 1985 wird die Branche der Hersteller von elektronischen Komponenten von einem gra287 vierenden Nachfragerückgang getroffen. In den folgenden drei Jahren muss die Firma Arrow Electronis, zu diesem Zeitpunkt zweitgrößter Anbieter im Markt, einen Umsatzrückgang von 730 Mio. US$ auf 550 Mio. US$ verkraften. Operativ werden keine Gewinne mehr erwirtschaftet, was in der Kombination mit den zu zahlenden Zinsaufwendungen zu einer ernsthaften Bestandsbedrohung der Unternehmung führt. In dieser Situation entscheidet sich der CEO von Arrow Electronics, Steve Kaufman, den drittgrößten Anbieter der Branche zu übernehmen und so die eigene Marktposition auszubauen. „Rather than cut back in the hope of surviving, Kaufman took advantage of the turbulence. `We made our greatest strategic moves during the period of greatest financial weakness,`he says. He decided to get out of the hole through acquisitions.” Finanziert wird die Akquisition zu einem Drittel mit eigenen Aktien und zu zwei Dritteln mit Fremdkapital, das mit Forderungen und Warenbestand des Targets besichert ist. Ein Konkurrent vergleicht die Unternehmungsverbindung mit zwei Nichtschwimmern, die in der tiefsten Stelle des Pools nacheinander greifen. Aber es funktioniert. Nach einigen weiteren Akquisitionen in der Folgezeit, in der sich erste Erfolge der ersten Übernahme einstellen, wird Arrow zum Marktführer in der Industrie. Jahre später kommt Rigby nach Betrachtung dieses Falls zu dem Schluss: „The surprising insight is that – assuming the core business is worth holding and growing – focused acquisitions during downturns should reduce rist, not increase it.“
Dieses Beispiel verdeutlicht erneut, dass die Erkenntnisse der theoretischen Zusammenführung von Krisenmanagement- und M&A-Theorie durchaus praktische Bedeutung haben: 285 286 287
Turnheim [Sanierungsstrategien 1988], S. 153. Vgl. Krystek [Unternehmungskrisen 1987], S. 221 ff. (Hervorhebung wörtlich zitiert). Zu den negativen Begleiterscheinungen von Unternehmungskrisen auch Töpfer/Schimke [Krisenmanagement 1986], S. 10 ff. Vgl. zu diesem Beispiel Rigby [Downturn 2001].
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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Synergetische Vorteile, die im Rahmen von Zusammenschlüssen generiert werden, können den Prozess der Krisenbewältigung tatsächlich unterstützen. Das gilt offensichtlich auch, wenn die Krisenunternehmung keinen defensiven, sondern einen offensiven Part im Transaktions- und Integrationsprozess einnimmt. Unterstellt man einer derart offensiv gestalteten M&A-Strategie also grundsätzlich ein gewisses Erfolgspotenzial, so rückt die Frage in den Mittelpunkt, inwieweit die typischerweise nur sehr eingeschränkt vorhandenen finanziellen Ressourcen von Krisenunternehmungen einer Umsetzung jener Strategien entgegenstehen. Schließlich sind die (finanziellen) Belastungen, die einer akquirierenden Gesellschaft im Rahmen von Zusammenschlüssen entstehen, erheblich. Neben den Aufwendungen für die eigentliche Übernahme der fremden Geschäftsanteile, fallen regelmäßig Kosten für die Transaktion, für die Unternehmungsintegration (resp. die Konsolidierung) sowie Komplexitäts- und psychologische Kosten an.288 2.2.2.2
Möglichkeiten der Zusammenschlussfinanzierung für Krisenunternehmungen
Die einer Unternehmung grundsätzlich zur Verfügung stehenden Finanzierungsmöglichkeiten (Abb. C-15) sind im Kontext von existierenden Ertragskrisen und Akquisitionsvorhaben unterschiedlich zu bewerten.
Finanzierungsmöglichkeiten für M&A-Maßnahmen Außenfinanzierung
Innenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung Selbstfinanzierung
Kapitalfreisetzung
teilweise oder vollständige Einbehaltung von Gewinnen
Verkauf nichtbetriebsnotwendiger Aktiva; Verkauf von Unternehmungsteilen
Firmen ohne Börsenzugang
Firmen mit Börsenzugang
Private-Equity
Kapitalerhöhung gegen Bar; Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen
Fremdfinanzierung
Begabe von Unternehmungsanleihen; Schuldscheindarlehen; Einzelkredite 289
Abbildung C-15: Grundsätzliche Alternativen zur Finanzierung von M&A-Maßnahmen
So kommt die Alternative der Selbstfinanzierung für eine Finanzierung von Krisen-M&As wohl nur in Betracht, wenn die Krisenunternehmung zum Zeitpunkt der Transaktionsdurchführung noch über Gewinnrücklagen aus vergangenen und besseren Zeiten verfügt. In vielen 288 289
Vgl. Kap. B.2.3.2.2 sowie Vogel [M&A 2002], S. 100. In Anlehnung an Picot [Unternehmenskauf 2004], S. 102 ff.
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Praxisfällen des Krisenmanagements ist dies allerdings kaum zu erwarten. Mit steigender Krisendauer und -intensität werden vorhandene Rücklagen nach und nach aufgezehrt. Eine Zusammenschluss-Finanzierung aus freien Cash-Flows wird in Unternehmungskrisen daher eher selten – und wenn überhaupt, dann nur in frühen und wenig dramatischen Krisenstadien – zu beobachten sein. Ein etwas anderes Urteil ist hinsichtlich der zweiten Option der Innenfinanzierung – der Kapitalfreisetzung – zu fällen. Grundsätzlich stellt die Veräußerung von Vermögensgegenständen und Geschäftsteilen nämlich sicher auch für angeschlagene Gesellschaften eine nahe liegende Möglichkeit zur Liquiditätsbeschaffung dar. Maßnahmen der Desinvestition sind folglich vielfach (frühzeitiger) Bestandteil von Krisenbewältigungsstrategien.290 Inwieweit allerdings die hierdurch resultierenden Verkaufserlöse auch für die Finanzierung von M&ATransaktionen verwendet werden können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab und ist daher letztlich nur für den Einzelfall zu beurteilen.291 Am Beispiel der Bilfinger Berger AG kann gezeigt werden, dass eine entsprechende Finanzierung von Krisen-M&As durch Desinvestitionserlöse möglich erscheint, sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen günstig sind.292 Auf der Seite der Außenfinanzierung existieren daneben grundsätzlich die Alternativen der Beteiligungs- und der Fremdfinanzierung. Im Rahmen der Beteiligungsfinanzierung fließt der (Krisen-) Unternehmung langfristig haftendes Kapital zu, sei es von Seiten der alten oder von Seiten neuer Gesellschafter. In Unternehmungskrisen kann diese Finanzierungsalternative als interessante Möglichkeit zur Beschaffung von Kapital angesehen werden, sofern es gelingt, die Altaktionäre sowie die neuen Investoren von der Sinnhaftigkeit einer geplanten Investition resp. M&A-Aktivität zu überzeugen. Beides ist im Krisenfall stets mit größeren Schwierigkeiten verbunden, aber nicht unmöglich. Maßnahmen der Kapitalerhöhung werden sich demnach i.d.R. umsetzen lassen, wenn die Führung der Krisenunternehmung ein gewisses Maß an Vertrauen genießt und ein schlüssiges Konzept zur langfristigen Krisenbewältigung vorlegen kann. Der wachsende Markt von Privat-Equity-Gesellschaften erhöht die
290 291
292
Vgl. James [Trouble 2002], S. 43 ff. sowie die Aussagen zu den Phasenmodellen des Krisenmanagements in Kap. C.1.2. Von wesentlicher Bedeutung sind in diesem Zusammenhang: die Größe der desinvestierten Einheiten, deren „gesundheitliche Verfassung“ (Verkauf von Tafelsilber vs. Veräußerung von Verlustbringern) sowie die Stabilität der Unternehmungskrise vor und nach der Desinvestition. Vgl. die ausführlichere Darstellung dieses Falls in Kap. C.2.2.2.4.
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Chancen dieser Finanzierungsstrategie in den letzten Jahren zusehends.293 Gewissermaßen als Sonderform der Beteiligungsfinanzierung ist die Alternative der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen anzusehen. Bei dieser nicht-liquiditätswirksamen Finanzierungsmethode führt die akquirierende Gesellschaft „eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts durch“.294 Die neu ausgegebenen Aktien werden dann von den Gesellschaftern der Zielunternehmung bezogen, die im Gegenzug ihre Unternehmung als Sacheinlage in die akquirierende Unternehmung einbringen. Sind beide Gesellschaften börsennotiert, so wird dieses Verfahren meist mit einem Aktientausch abgewickelt. Der grundsätzliche Vorteil dieser Finanzierungskonstruktion, dass keine liquiden Finanzmittel zur Bezahlung des Kaufpreises benötigt werden, entfaltet bei Krisen-M&As – bei denen liquide Mittel knappes Gut sind – natürlich eine besondere Wirkung. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Begleitkosten der Transaktion mit dieser Finanzierungsalternative nicht gedeckt werden können, weshalb i.d.R. zusätzlicher Finanzierungsbedarf besteht. Ähnlich wie bei der vorher dargestellten Form der Beteiligungsfinanzierung steht und fällt auch diese Finanzierungsmethode mit der Zustimmung der Alt- und der Neugesellschafter. Dabei ist zu beachten, dass Krisenunternehmungen im Rahmen solcher Umtauschofferten natürlich selten exorbitante Prämien bieten werden (können), weswegen derartige Zusammenschlüsse meist zu Stande kommen, wenn auch die Target-Gesellschafter eine Unternehmungsvereinigung i.w.S. als Maßnahme zur (eigenen) Krisenbewältigung ansehen. Thema: Finanzierung von Krisen-M&As ohne Einsatz liquider Mittel Beispiel: Alno übernimmt Casawell Im Jahr 2003 reagiert der angeschlagene Küchenhersteller Alno auf die langjährigen strukturel295 len Probleme der Branche mit der Übernahme des Konkurrenten Casawell. Casawell ist zum Zeitpunkt der Transaktion vollständige Tochtergesellschaft der US-amerikanischen WhirlpoolGruppe und kämpft ebenfalls seit Jahren mit schwerwiegenden Ertragsproblemen. Um die Fusion liquiditätsunwirksam gestalten zu können, führt Alno nach Abschluss der Übernahmeverhandlungen eine zehnprozentige Kapitalerhöhung durch, wobei die neuen Aktien ausschließlich von Whirlpool übernommen werden. Im Gegenzug bringt die US-Gesellschaft ihre Tochter in die Alno AG ein. Bei der ganzen Transaktion fließt somit kein Geld.
293
294 295
Vgl. das Zitat von Hollenberg in FN 250 und auch folgendes Praxisbeispiel: Bei der Übernahme von Chéreau durch die stark angeschlagene Kögel Fahrzeugwerke AG im Jahr 2004 wurde der Kaufpreis von der Investorengruppe SMB finanziert. Vgl. o.V. [Kögel 2004]. Vogel [M&A 2002], S. 99. Vgl. für dieses Beispiel Iwersen [Alno 2003] und o.V. [Alno 2003].
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Neben diesen unterschiedlichen Finanzierungsalternativen besteht theoretisch auch die Möglichkeit, M&A-Transaktionen mit geliehenem Fremdkapital zu finanzieren. In der Praxis des Krisenmanagements steht diese Alternative jedoch eher begrenzt zur Verfügung – wenngleich das Beispiel von Arrow Electronics anderes vermuten lässt. So stehen Geschäftsbanken als primäre Anbieter von Fremdkapital Ausweitungen ihrer Engagements in Unternehmungskrisen traditionell äußerst zurückhaltend gegenüber.296 Für die Übernahme neuer Engagements gilt dies in besonderem Maße. Daraus ist zu folgern, dass gerade größere Akquisitionsvorhaben i.d.R. nicht vollständig mit Fremdkapital finanziert werden (können).297 Eher ist es vorstellbar, die Folgekosten einer Transaktion (sprich: die Kosten der Integration und Konsolidierung) über die Aufnahme von Fremdkapital zu finanzieren, sofern die Gläubiger von einer synergiereichen Zusammenführung der Unternehmungsaktivitäten überzeugt werden können. Insgesamt soll diese Erörterung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten zwei Aspekte verdeutlichen: Zum einen stellt die Suche nach zugänglichen Finanzierungsquellen in Unternehmungskrisen sicher ein wesentliches Problem dar, welches die Initiierung von (sinnvollen) M&A-Maßnahmen verhindern kann. Dabei steigen die Probleme zweifellos mit akuter werdender Krisensituation. Auf der anderen Seite kann nicht unterstellt werden, dass in Ertragskrisen per se keine Möglichkeiten zur Finanzierung von Zusammenschlüssen existieren. Das gilt einerseits, weil Unternehmungsvereinigungen auch liquiditätsunwirksam abgewickelt werden können, und andererseits, weil sich für M&A-Maßnahmen, die auf eine Bewältigung von Unternehmungskrisen ausgerichtet sind, eventuell auch (risikoreiche) Financiers finden lassen. 2.2.2.3
Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend konsolidierungsorientierten Zusammenschlüssen
Da die Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung auf einen partiellen Kapazitätsabbau abzielt, ist davon auszugehen, dass die Targetunternehmung im Rahmen solcher Zusammenschlüsse meist eine bestimmte Größe überschreiten wird. Eine Vereinigung mit einer – aus Sicht des Akquisiteurs – relativ kleinen Zielgesellschaft würde nämlich ein zu geringes 296
297
Vgl. Lützenrath et al. [Bankstrategien 2003], S. 61 und Miles [Corporate Comeback 1997], Kap. 2.1. Für den Hinweis, dass Banken nach Geltung der Basel II-Richtlinien grundsätzlich weniger Mittel für Akquisitionen bewilligen, vgl. Prill/Nefjodow [Chancen 2003]. Als weitere Ausnahme kann die Übernahme der Dethleffsen AG durch die Berentzen AG angesehen werden, bei der letztere Gesellschaft den Kaufpreis von 50 Mio. DM mit Fremdkapital bezahlte. Vgl. o.V. [Berentzen 1999].
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Maß an Konsolidierungs- resp. Rationalisierungspotenzialen generieren und der Transaktion die synergetische Grundlage rauben. Wenn aber das Target bei der GKK demnach tendenziell eher relativ groß sein wird und die Krisenunternehmung dennoch die aktive Rolle des Akquisiteurs innehat, so kann unterstellt werden, dass sich die Zielgesellschaft selbst auch nicht in bester Verfassung befindet. Andernfalls würde sich die Rollenverteilung erfahrungsgemäß eher andersrum darstellen. In der Wirtschaftspraxis wird diese Art des Zusammenschlusses konsequenterweise als „Verbindung zweier Kranker“ angesehen, bei der sich die Frage stellt, ob daraus „ein Gesunder“ resultiert.298 Ein solcher Zusammenschluss, bei dem eine Krisenunternehmung als Akquisiteur auftritt, im Grunde jedoch nicht mehr als ein Primus inter pares ist, wird regelmäßig in Branchenkrisen als potenzielle Krisenbewältigungsstrategie diskutiert.299 Damit sind hier die Ausführungen zu Branchenkrisen und dem privilegierten Kostensenkungspotenzial von Bedeutung (Vgl. Kap. C.1.3.1). Das Beispiel der letztendlich gescheiterten Kaufring AG offenbart das Risikopotenzial solcher Zusammenschlüsse. Thema: Synergien werden nicht realisiert Beispiel: Kaufring AG übernimmt die Nürnberger Bund Handelsgesellschaft Durch einen anhaltenden Nachfragerückgang im Einzelhandel und einer Reihe von Insolvenzfällen weisen Ende der neunziger Jahre auch viele größere Handelsgesellschaften akute Krisensymptome auf. So kämpft die Kaufring AG als eine der damals größten Handels-, Dienstleistungs- und Beratungsunternehmungen für den Einzelhandel mit rückläufigen Umsätzen und roten Zahlen.300 Ein Konkurrent der Kaufring AG, die Einkaufsgenossenschaft Nürnberger Bund, muss der schlechten Marktentwicklung Ende 1996 Tribut zollen und Vergleich anmelden.301 Im Zuge der Unternehmungssanierung im Vergleichsverfahren beteiligt sich die Kaufring AG zunächst mit 49% an der ausgegliederten Nürnberger Bund Handelsgesellschaft mbH (NBH). Die Ziele der Beteiligung, die im November 1998 durch eine Erweiterungsakquisition auf 100% ausgeweitet wird, sind zu großen Teilen kosten- und konsolidierungsorientiert. Durch eine Verbindung der Einkaufsorganisationen sollen günstigere Einkaufspreise generiert werden und von einer Zusammenlegung der Lager verspricht man sich weitreichende Kostendegressionseffekte. Das gleiche Ziel leitet die Zusammenführung der Bereiche Auftragsabwicklung, Finanz- und Rechnungswesen, Datenverarbeitung und Logistik. „Spätestens mit dieser Kooperation werde es Kaufring gelingen, sich der `Kostenfalle` zu entziehen.“302 In den Folgejahren gelingt es der Kaufring AG jedoch nicht, eine umfassenden Turnaround einzuleiten und
298 299 300 301 302
Vgl. für diese und ähnliche Formulierungen die Zitate in der Einleitung. Vgl. Engberding [Unternehmenskrisen 1998], S. 106: Danach besteht hier die Gefahr, dass sich die Schwächen von zwei schwachen Partnern addieren und die Synergievorteile der Zusammenarbeit übertreffen. Vgl. o.V. [Kaufring 1996]. Vgl. o.V. [Nürnberger Bund 1997]. o.V. [Kostenfalle 1998].
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
die Krise zu bewältigen. Stattdessen muss die Gesellschaft am 27.12.2001 Insolvenzantrag stellen. Rückblickend werden für das Scheitern des Krisenbewältigungsprozesses überwiegend Gründe verantwortlich gemacht, die in einem Zusammenhang zur Übernahme der NBH stehen. So wird einerseits darauf verwiesen, dass die geplanten Kostendegressionseffekte nie eingetreten sind, weil die Systeme beider Unternehmungen (insbesondere im Lager- und Logistik-Bereich) keine kostenwirksame Konsolidierung ermöglichten. Das hatte zur Folge, dass Personal und teuere Lagerkapazitäten nicht abgebaut werden konnten sondern sogar aufgebaut werden mussten.303 Die fehlenden Synergieerfolge belasteten folglich in Kombination mit den Übernahme- und Integrationskosten die Ertrags- und Liquiditätslage. Dieses Problem wurde dadurch verschärft, dass die Investitionen für die Integration der NBH nicht langfristig genug finanziert wurden.304 Als die Banken eine Verlängerung ihrer Engagements ablehnten, wurde die Kaufring AG zahlungsunfähig.
Das Beispiel der Kaufring AG zeigt, welche Folgen kosten- und konsolidierungsorientierte Akquisitionen in Unternehmungskrisen haben können, bei denen letztlich gar keine kostenwirksame Konsolidierung durchgeführt werden kann. In einer solchen Situation entstehen Komplexitäts- und Finanzierungskosten, ohne dass auf der anderen Seite Synergieeffekte zu einer Stabilisierung der Ertragssituation führen würden. Da in diesen Fällen kein starker Partner die negativen Effekte auffangen und ausgleichen kann, resultiert hieraus i.d.R. eine bedrohliche Verschärfung der Krisensituation, die u.U. zur Insolvenz führt – wobei eine kurzfristige Finanzierung der Integrationskosten lediglich ein schnelleres Aus bewirkt als eine längerfristige. Das folgende Beispiel der Walter Bau AG unterstreicht die hohen Risiken, die mit aktiv initiierten und konsolidierungsorientierten Krisen-M&As verbunden sind, auch wenn im Rahmen des Zusammenschlusses tatsächlich Synergievorteile resultieren. Thema: Synergien reichen nicht für eine umfassende Krisenbewältigung Beispiel: Die Konsolidierungsbemühungen der Walter Bau AG Ende der neunziger Jahre befindet sich die Baubranche in einer schweren und lang anhaltenden Krise. Die im Zuge der Wiedervereinigung aufgebauten Kapazitäten stellen mittlerweile Über305 kapazitäten dar, was zu einem enormen Wettbewerbs- und Preisdruck führt. Die Walter Bau AG ist im Jahre 1999 von dieser Situation, wie viele andere Konkurrenten auch, stark betroffen und schreibt rote Zahlen. Die Schwesterunternehmungen der Walter Bau AG, die, ebenso wie
303 304
305
Vgl. Terliesner [Siechtum 1999], o.V. [Finanzkrise 1999], o.V. [Lage 1999]. Vgl. o.V. [Kredite 1999] und auch o.V. [Überleben 1999]: „War es vor fast zwei Jahren die Kaufring AG gewesen, die der Einkaufsgenossenschaft Nürnberger Bund mit dem Einstieg ins Kapital nach deren Vergleich vom Schafott half, muss sich der Düsseldorfer Einkaufsverbund nun selbst nach einem Retter umschauen. Der Strick baumelt schon in Sichtweite.“ Vgl. Gintau [Baubranche 1999], Skowronowski [Bau 1999].
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die Walter Bau selbst, zu großen Teilen dem Bauunternehmer Ignatz Walter gehören, befinden 306 sich in einer ähnlichen Lage. Trotz des gemeinsamen Großaktionärs sind die Unternehmungen Walter Bau AG, Heilit + Woerner AG und Dyckerhoff&Widmann AG (kurz: Dywidag) selbständig börsennotiert und arbeiten als eigenständige Einheiten, die in keiner Holding konsolidiert werden. Im Zuge der Krisenbewältigungsstrategie der Walter Bau AG übernimmt die Gesellschaft im Jahre 2000 zunächst die Heilit + Woerner AG sowie im Folgejahr die Dywidag AG. Beide Transaktionen werden mittels Aktientausch abgewickelt und sind als klassische Konsolidierungsdeals ausgelegt. Im Anschluss an die Unternehmungsverbindungen werden die Aktivitäten der Gesellschaften weitgehend zusammengeführt und umfangreiche Maßnahmen des Kapazitätsabbaus initiiert. In der Summe sollen diese Maßnahmen Kostenvorteile von über 100 Mio. 307 Euro p.a. ermöglichen. Im Gegensatz zum Kaufring-Fall zeigt eine Analyse der Krisenbewältigungsmaßnahmen bei diesem Beispiel auch, dass die Konsolidierung der Aktivitäten zu weitreichenden Rationalisierungsmaßnahmen, allen voran beim Personal, führt. Zwischenzeitlich verkündet der designierte Vorstandschef Wolf E. Fitzner: „Der Turnaround ist geschafft, die 308 Restrukturierung greift.“ Das dem nicht so ist, wird spätestes deutlich, als die Walter Bau AG am 01.02.2005 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt.
Dieser Fall verdeutlicht eindrucksvoll, dass der Prozess der Krisenbewältigung trotz umfangreicher Maßnahmen zur Konsolidierung und des Kapazitätsabbaus scheitern kann, wenn diese Maßnahmen keine dauerhafte Beseitigung der Krisenursachen ermöglichen. So bewirken die Rationalisierungsmaßnahmen im vorliegenden Beispiel zwar eine mittelfristige Effizienzsteigerung, nicht jedoch eine umfassende Krisenbewältigung. Der Zusammenschluss lässt sich nicht in einen entscheidenden (langfristigen) Wettbewerbsvorteil ummünzen. Wie gezeigt wurde, sind gerade in „extern verursachten“ Krisen Maßnahmen der strategischen Repositionierung zu ergreifen, weil alle anderen Maßnahmen kein langfristiges Gesundungspotenzial versprechen. In einer Branchenkrise führen effizienzsteigernde Maßnahmen daher nur zum Erfolg, wenn eine merkliche Verdrängung des Wettbewerbs erreicht oder die branchenweite Überkapazitätsproblematik entschärft wird. Im vorliegenden Beispiel ist dies nicht der Fall. Vielmehr existieren sogar Hinweise, die darauf schließen lassen, dass die hohen Konsolidierungskosten,309 einhergehend mit einer erheblichen Verunsicherung der verbleibenden
306 307 308 309
Vgl. o.V. [Heilit+Woerner 2000], o.V. [Walter Bau 2000], o.V. [Dywidag 2000]. Vgl. o.V. [Bauriese 2001], o.V. [Einschnitte 2001]. Zitiert nach o.V. [Chefwechsel 2002]. Der ehemalige Vorstandschef von Walter Bau, H.J. Wolf, wird in der Börsenzeitung mit den Worten zitiert: „Die Restrukturierung habe wesentlich mehr Kraft gekostet als gedacht.“ Vgl. Flämig [Chance 2002].
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Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Arbeitnehmer,310 auch das mittelfristige Restrukturierungspotenzial wesentlich eingeschränkt haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Reaktion der Banken, die einen finalen Zusammenschluss von Walter Bau AG und Ed. Züblin (im Jahr 2004) verhindern, weil sie das Risiko des Scheiterns als zu hoch einschätzen.311 Offensichtlich signalisiert die Tatsache, dass die Walter Bau AG zu diesem Zeitpunkt erneut in ernsten Schwierigkeiten steckt, dass konsolidierungsorientierte Unternehmungszusammenschlüsse unter ungünstigen Rahmenbedingungen kein Allheilmittel zur Krisenbewältigung darstellen. Ein anderer Zusammenschluss, der als Reaktion auf eine Branchenkrise initiiert wird, zeigt hingegen – zumindest ansatzweise –, dass Konsolidierungsstrategien auch weitreichendere positive Wirkungen entfalten können: Thema: Zweiseitige Synergierealisation ermöglicht umfassende Krisenbewältigung Beispiel: Zusammenschluss der Fluggesellschaften Air France und KLM Unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kämpfen die Fluggesellschaften auf beiden Seiten des Atlantiks mit Nachfragerückgängen und Überkapazitäten. Diese angespannte Marktsituation wird in der Folgezeit durch den Irak-Krieg, hohe Kerosinpreise sowie die SARS-Epidemie weiter verschärft, was dazu führt, dass ein Großteil der internationalen Airlines in den Jahren 2002 und 2003 bestenfalls noch geringe operative Gewinne erzielen kann. Die niederländische Gesellschaft KLM – die sich, im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmungen, bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner größeren strategischen Allianz angeschlossen hat – schreibt im Geschäftsjahr 2002 rote Zahlen (sowohl beim Nettoergebnis als auch beim EBIT), ihr größerer französischer Konkurrent Air France erwirtschaftet gleichzeitig nur knapp positive Ergebnisse und ist deshalb ebenfalls als Krisenunternehmung zu klassifizieren.312 Im Herbst 2003 einigen sich beide Gesellschaften auf einen Zusammenschluss durch Aktientausch, bei dem der französischen Gesellschaft aufgrund ihrer höheren Marktkapitalisierung praktisch die Rolle des Akquisiteurs zufällt. Beide Unternehmungen haben im Vorfeld des Zusammenschlusses weitgehende unternehmungsindividuelle Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet, die im Wesentlichen auf eine Reduktion der (Fix-) Kosten abzielen.313 Synergetische Vorteile versprechen sich beide Gesellschaften „vor allem durch eine Optimierung der Flugnetze, eine bessere Organisation des Flugbetriebs, ein erweitertes Angebot an Unterhaltsdiensten sowie Kostenreduktionen in der Beschaffung, dem Verkauf und der Informationstechnologie“. Darüber hinaus erwartet man „positive Synergien durch das erweiterte Netz an angebotenen Destinationen“. Insgesamt sehen die Planungen der Vorstände vor, dass ca. 60% der gesamten Synergievorteile
310
311 312 313
„Die Kosten der Zusammenführung gibt Porzig mit 5 Mill. DM an. Nach Überzeugung von Ignaz Walter liegen diese jedoch erheblich höher. Quantitativ nicht erfassbare Effekte, wie sinkende Arbeitsmotivation mancher Beschäftigten, spielten eine große Rolle.“ zitiert nach o.V. [Bauriese 2000]. „Durch Züblin verzögert sich nur der Niedergang von Walter“ zitiert nach o.V. [Züblin 2004]. Vgl. o.V. [Air France 2003] und o.V. [Rekordverlust 2003]. Vgl. o.V. [Rekordverlust 2003] und o.V. [Rückgang 2004].
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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durch Kostenreduktionen und rund 40% durch Umsatzsteigerungen realisiert werden.314 Diese Zahlen verdeutlichen die grundsätzlich zweiseitige Ausrichtung der M&A-Strategie, die damit eher als duale Strategie (mit kostenorientiertem Schwerpunkt) denn als reine Konsolidierungsstrategie bezeichnet werden muss. Ende des Jahres 2004 berichtet die neue Gesellschaft Air France KLM, dass die bisher geplanten Synergievorteile für das laufende Geschäftsjahr sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Kostenseite deutlich übertroffen werden. Gleichzeitig werden die Synergie-Planzahlen für die kommenden vier Jahre stark nach oben korrigiert. Im Jahr 2005/2006 sollen sie sich auf 265 Mio. Euro belaufen, geplant waren nach der oberen Schätzung ursprünglich nur 135 Mio. (265/135). Die korrigierten Werte für die Folgejahre lauten: (390/260), (485/370), (580/495).315
In der Presse wird diese deutliche Überschreitung bzw. die Anhebung der Synergieziele als Indikator für einen erfolgreichen Zusammenschluss gewertet. Offensichtlich profitiert die verbundene Unternehmung einerseits von der Tatsache, dass sie Umsatz- und Kostensynergien parallel realisieren kann, sowie davon, dass sie durch den Zusammenschluss zum weltweit größten Wettbewerber, d.h. zum Marktführer aufsteigen konnte. Die Fusion führt somit nicht nur zu maßgeblichen Effizienzgewinnen, sie führt gleichzeitig zu einer relevanten Verdrängung des Wettbewerbs. In Anlehnung an das Modell der Krisen-M&As wird hier mit einer dualen Strategie sowohl das Ziel der mittelfristigen Effizienzsteigerung als auch das der Marktbeherrschung durch Kostenführerschaft verfolgt. Damit wird in diesem Fall auch der Forderung des Modells Rechnung getragen, exogen verursachten (Branchen-) Krisen Strategien der strategischen Repositionierung entgegenzustellen. Die vermeintlich existenten kulturellen Differenzen, die im Vorfeld der Transaktion immer wieder als Grund für eine Synergie-Zielverfehlung diskutiert wurden, spielen unter diesen Voraussetzungen scheinbar keine allzu entscheidende Rolle. 2.2.2.4
Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend leistungsorientierten Zusammenschlüssen
Eine gänzlich andere Ausgangssituation besteht in dem Fall, in dem die Krisenunternehmung eine Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums verfolgt und gleichzeitig als Akquisiteur auftritt. Da im Rahmen dieser Strategie sozusagen definitionsgemäß auf eine wesentliche kostenorientierte Konsolidierung verzichtet wird, konzentrieren sich diese Zusammenschlüsse hierbei regelmäßig auf die Übernahme von weitgehend gesunden, d.h. profitabel
314 315
Vgl. Voigt [KLM 2004] sowie die gemeinsame Pressemitteilung der sich verbindenden Unternehmungen vom 30.09.2003. Vgl. o.V. [Air France 2004].
96
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
arbeitenden Zielunternehmungen. Wenn aber das Target gesund ist und die Krisenunternehmung die Rolle des Akquisiteurs innehat, dann kann die Target-Gesellschaft, verglichen mit der akquirierenden Unternehmung, eigentlich nur relativ klein sein. Andernfalls wäre auch hier eine umgekehrte Rollenverteilung zu erwarten. Thema: Krisenbewältigung durch leistungsorientierte Wachstumsstrategie Beispiel: Bilfinger&Berger verstärkt seine Dienstleistungssparte mittels Akquisitionen Im Zuge der schon angesprochenen langwierigen Krise der Baubranche entschließt sich die Bilfinger&Berger AG, nachdem sie ihre Aktivitäten im unternehmerischen Alleingang stark rationalisiert hat, den strukturellen Branchenproblemen eine Ausweichstrategie entgegenzusetzen. Anstatt weiter auf eine Verteidigung des Marktanteils auf dem immer kleiner werdenden und mit Überkapazitäten belasteten Kernmarkt zu setzen, strebt die Unternehmung eine Verschiebung ihres Geschäftsfokus in Richtung baunaher Dienstleistungen an. „Das Management möchte das Unternehmen zu einer `Multi-Service-Gruppe für Immobilien und Infrastruktur` trim316 men.“ Dazu wird im Wesentlichen auf eine Akquisitionsstrategie zurückgegriffen. So übernimmt die Gesellschaft, die sich im Rahmen der Neuformierung in Bilfinger Berger AG umbenennt, im Jahr 2002 mehrere kleinere Gesellschaften des neuen Zielmarktes, darunter auch Tochtergesellschaften von insolvent gewordenen Wettbewerbern (Vorstandschef H.Bodner: 317 „Zukäufe zu vertretbaren Preisen“ ). Zur Finanzierung der Transaktionen wird überwiegend 318 auf Mittel aus Desinvestitionsmaßnahmen zurückgegriffen. Interessanterweise signalisieren die Presseberichte bereits im Vorfeld dieser Akquisitionen eine deutliche Erholung der Krisenunternehmung. Insgesamt scheint die Krisensituation demnach stabiler zu sein als beim Konkurrenten Walter Bau. Im Jahr 2004 konstatiert die Börsen-Zeitung, dass sich die Gesellschaft 319 „vom Baukonzern zur Multi-Service-Gruppe“ gewandelt hat.
Bei der Betrachtung dieses Beispiels kristallisiert sich eine Frage heraus, die für die Bewertung des strategietypischen Chancen-Risiko-Profils von entscheidender Bedeutung ist: Können die positiven Synergieeffekte, die durch eine Akquisition kleinerer Einheiten vorwiegend auf Umsatzseite resultieren, ausreichen, um maßgeblich zu einer Bewältigung von Ertragskrisen beizutragen? Hinweise auf die Antwort dieser Frage offenbart ein Vergleich der beiden zuletzt dargestellten Beispiele aus der deutschen Baubranche. Zunächst einmal wird hierbei deutlich, dass in einem ähnlichen Marktumfeld (Branchenkrise im Bau) offensichtlich unterschiedliche Krisenbewältigungs- und damit auch unterschiedliche M&A-Grundstrategien verfolgt werden. Während die Walter Bau AG auf eine kostenorientierte Marktkonsolidierung setzt, versucht der Wettbewerber Bilfinger&Berger, den strukturellen Problemen durch 316 317 318 319
o.V. [Bilfinger+Berger 2001]. Zitiert nach Goldschmidt [Zukäufe 2002]. Vgl. o.V. [Rheinhold&Mahla 2002]. o.V. [Bilfinger 2004].
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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eine Verschiebung des Geschäftsfokus auszuweichen. In der Presse wird diese Ausweichstrategie des leistungsorientierten, genauer gesagt des differenzierungsorientierten Wachstums einige Jahre später eindeutig als erfolgreicherer Weg klassifiziert:320 Dabei sorgen vor allem die Titel von Hochtief und Bilfinger Berger für Furore auf dem Parkett. "Der Grund für den Erfolg der beiden Unternehmen liegt darin, daß sie ihr Geschäftsmodell in den vergangenen Jahren viel breiter aufgestellt haben", sagt Achim Henke, Analyst bei UBS. "So ist beispielsweise der Deutschland-Anteil deutlich zurückgefahren worden." Außerdem spielen Dienstleistungen eine immer größere Rolle. Man versucht, sich immer mehr vom zyklischen Baugeschäft abzukoppeln. "Zumal das sogenannte Facility-Management neben dem geringeren Risiko auch noch höhere Margen abwirft", erklärt Henke. Getreu dem Motto: Weg von Stein auf Stein, hin zu mehr Dienstleitungen, die letztlich das Geld bringen.
Der „Rückzug“ in profitable Marktnischen kann in Krisen demnach tatsächlich von M&AMaßnahmen unterstützt werden – zumindest, wenn sich die Krisenunternehmung im Vorfeld dieser Maßnahmen durch unternehmungsindividuelle Krisenbewältigungsanstrengungen den nötigen Freiraum verschafft. Um in Ergänzung zu diesem positiven Beispiel auch auf die Risiko-Komponente der offensiv geführten GLW hinzuweisen, sei ein amerikanischer Fall angeführt, der in der Insolvenz der Krisenunternehmung endete. Thema: Unterschätzte Kosten und überschätzte Synergien führen zum Scheitern Beispiel: Huffy Corp. übernimmt die Gen-X-Sports Comp. Im Herbst 2002 akquiriert der angeschlagene US-amerikanische Hersteller von Sportartikeln, die Huffy Corp., die kanadische Gen-X-Sports Comp. im Rahmen eines Aktientauschs. Die Wachstumsorientierung des Zusammenschlusses wird dabei aus der Stellungnahme der verantwortlichen Manager von Huffy ersichtlich: „... and changing the focus of Huffy to that of a more diversified sporting goods company. It expands our customer base, increases our sales volume in the sporting goods retail channel, and extends our business in Canada and internationally, while creating new opportunities for growth.”321 Dass diese Strategie nicht aufgeht, signalisiert ein (offensichtlich nicht geplanter) Teilverkauf der vormals akquirierten kanadischen Unternehmung im Sommer 2004. Wenig später muss die Huffy Corp. „bankrupcy protection“ nach Chapter 11 beantragen – weitgehend gleichbedeutend mit der in Deutschland üblichen Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Huffy selbst macht für das Scheitern der Krisenbewältigung u.a. die Integrationskosten des Gen-X-Deals verantwortlich, die das erwartete Maß überstiegen. Ein Branchenkenner bewertet die Übernahme folgerichtig als Fehler: „It was away from their core business. It’s possible they misunderstood who their customers were.”322
320 321 322
Sommerfeldt [Bau-Aktien 2005]. Zitiert aus der Pressemitteilung „Huffy Corporation to Aquire Gen-X Sports“ vom 17.06.2002. Gemstetter, M. (Editor-in-chief der Zeitschrift „Bicycle Retailer and Industry News”), zitiert nach Hannah [Huffy 2004].
98
2.3
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Zwischenfazit
Zusammenfassend lassen sich aus den vorangegangenen theoretischen Ausführungen und den dargestellten Praxisbeispielen einige Schlüsse ziehen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nicht um repräsentative und eindeutig generalisierbare Ergebnisse handeln kann. Vielmehr lassen sich die nachfolgenden Erkenntnisse als Bausteine einer Theorie interpretieren, die empirisch weiter zu verifizieren sind: 1. Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen sind aus theoretischer Sicht in bestimmten Ausgangssituationen als Substrategien des Krisenmanagements einsetzbar. Dabei weisen grundsätzlich alle drei differenzierten M&A-Grundstrategien ein gewisses Potenzial zur Unterstützung des Krisenbewältigungsprozesses auf. 2. Das auf Basis der Erkenntnisse von Krisen- und Synergietheorie entwickelte KrisenM&A-Modell legt einen situationsabhängigen Einsatz bestimmter M&A-Grundstrategien nahe. 3. Aufgrund der Tatsache, dass Effekte der Synergierealisation vielfach sowohl auf Seiten der übernehmenden als auch auf Seiten der übertragenden Unternehmung wirken, kann eine Krisenunternehmung theoretisch als Akquisiteur und als Target von einem Zusammenschluss profitieren. 4. Die auf den vorangegangenen Seiten angeführten Beispiele unterstreichen die grundsätzliche Praxisrelevanz der hier diskutierten Strategiealternative. Danach werden sowohl tendenziell wachstums- als auch tendenziell konsolidierungsorientierte Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen durchgeführt. Die Krisenunternehmung übernimmt im Rahmen dieser Transaktionen z.T. die Rolle des Akquisiteurs, z.T. die des Targets. 5. Eine pauschale Erfolgsbewertung von Krisen-M&As scheint nach Reflexion der Beispiele nicht möglich. Vielmehr existieren offensichtlich positive und negative, d.h. erfolgreiche und nicht erfolgreiche Fälle. Eine Gegenüberstellung dieser positiven und negativen Fälle unterstreicht an vielen Stellen die Implikationen der theoretischen Ausführungen. Danach sind M&As in Unternehmungskrisen offenbar erfolgreich, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Zum einen müssen die Strukturen, Prozesse und Systeme der Zusammenschlusspartner derart zueinander passen, dass eine umfangreiche Synergierealisation ermöglicht wird. Zum anderen muss die M&A-Strategie, resp. die synergetische Wirkung an den situativen Anforderungen des Krisenmanagements ausgerichtet sein.
Praxisnahe Diskussion strategieimmanenter Chancen und Risiken
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6. Grundsätzlich ist Zusammenschlüssen, bei denen die Krisenunternehmung die Rolle des Targets einnimmt, ein geringeres Risiko beizumessen, als unmittelbar akquisitorischen Maßnahmen. Bei erstgenannten trägt der Zusammenschlusspartner die finanziellen Lasten der Integration und ermöglicht so weitreichende Restrukturierungsmaßnahmen. Für akquirierende Krisenunternehmungen hat eine Situation, in der die gerade genannten Erfolgsfaktoren nicht (vollständig) erfüllt werden, zumeist weitreichende negative Folgen. Werden die geplanten Synergien nicht realisiert, wirken sie nicht angemessen im Sinne des Krisenmanagements oder übersteigen die Integrations- bzw. Konsolidierungskosten die Erwartungen, so kann die M&A-Maßnahme u.U. auch als Krisenbeschleuniger wirken.323 Der Prozess der Entscheidungsfindung, der klärt, ob, wann und in welcher Form Zusammenschlüsse als Strategien des Krisenmanagements eingesetzt werden können bzw. sollten, muss daher unterschiedliche Faktoren berücksichtigen. Abb. C-16 zeigt die Kernbestandteile eines entsprechenden Entscheidungsmodells:
323
Vgl. Slatter [Recovery 1986], S. 97 und 236 der darauf hinweist, dass Akquisitionen in Krisen riskanter sind und dass Akquisitionsstrategien daher nur im Anschluss an eine wesentliche ‚Erholung der Bilanz’ initiiert werden sollten.
100
Zusammenführung der Themenfelder und Erörterung strategieimmanenter Chancen und Risiken
Analyse der Krisensituation, der eigenen Stärken und Schwächen und der Wettbewerbskräfte Ober- und Unterziele des Krisenmanagements synergetische Zielrichtung eines Zusammenschlusses potentielle (geeignete) Zusammenschlusspartner
Zugangsmöglichkeiten zu Kapital
Ressourcen der Krisenunternehmung
Ressourcen des potentiellen Zusammenschlusspartners
(finanzielle und nicht-finanzielle)
(finanzielle und nicht-finanzielle)
Entscheidung M&A-Strategie Rolle der Krisenunt.
Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung
duale Strategie
Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums
Target Akquisiteur
Abbildung C-16: Entscheidungsmodell
Nach der Erörterung der systematischen Integrierbarkeit von Synergie- und Krisenmanagementtheorie, der Diskussion alternativer Krisen-M&A-Strategien sowie der Ableitung strategieimmanenter Chancen und Risiken, soll nun eine umfassendere und systematischere Erfolgsanalyse dieser Strategiealternative durchgeführt werden. Dies geschieht in Kap. E. Kap. D wird einleitend die grundsätzlich zur Verfügung stehenden empirischen Methoden der Erfolgsanalyse gegenüberstellen sowie grundlegende Ergebnisse vergangener Studien zum Erfolg von M&A-Maßnahmen benennen. Letztere dienen einerseits als Benchmark für die eigene Untersuchung, gleichzeitig verdeutlichen sie, auf welche Untersuchungsschwerpunkte sich die eigene Studie aus welchen Gründen konzentriert.
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen
101
D Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung 1 1.1
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen Einleitende Bemerkungen
Die M&A-Erfolgsforschung versucht traditionell, die Fragen zu klären, ob durch M&AMaßnahmen in der Praxis tatsächlich positive Gesamtsynergieeffekte resultieren und wie sich diese positiven Gesamteffekte, so sie existieren, unter den Vertragsparteien aufteilen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse werden Rückschlüsse darüber gezogen, ob reale Unternehmungsvereinigungen überwiegend durch wertsteigerungsorientierte Ziele des Managements motiviert sind, oder ob sie durch Faktoren wie Egoismus und Hybris initiiert werden. Die Erfolgsforschung bildet damit das Rückgrat der M&A-Forschung. Sie vermag zu klären, welche theoretischen Ansätze tatsächlich praktische Relevanz entfalten und ob es für einzelne Interessengruppen in der betriebswirtschaftlichen Realität sinnvoll sein kann, M&AMaßnahmen durchzuführen. Diesem hohen Anspruch folgend, hat sich die Erfolgsforschung in den letzten Jahrzehnten selbst zu einem überaus komplexen Themenfeld entwickelt. Verschiedene Ansätze – d.h. auch verschiedene Untersuchungen – unterscheiden sich innerhalb dieses Forschungszweiges insbesondere hinsichtlich der Fragen, auf welcher Seite man den Erfolg einer Transaktion misst (beim Akquisiteur, beim Target oder als kombinierten Gesamterfolg) und mit welcher Methode man ihn misst.324 Bezüglich einer dritten Frage besteht dabei weitgehende, erhebungstechnische Übereinstimmung: Auf Basis der weitreichenden Annahme, der zufolge „nur solche Unternehmungen im Wettbewerb existieren können, die die Interessen der Kapitalgeber zur bestimmenden Größe der Unternehmenspolitik erheben, indem sie sich konsequent auf eine wertorientierte Unternehmensführung fokussieren und Renditen erwirtschaften, die über den Kapitalkosten liegen“325, wird der Erfolg strategischer Entscheidungen regelmäßig danach beurteilt, ob die erwirtschafteten Renditen einer Unternehmung durch Umsetzung dieser Entscheidungen steigen oder nicht. Gleiches gilt auch für die Erfolgsbewertung bei Fusionen und Übernahmen. Danach sind Zusammenschlüsse erfolgreich, wenn sie die primäre Zielsetzung der Shareholder-Value-orientierten Unternehmungsführung erfüllen, sprich: eine Vermögenssteigerung der Eigenkapitalgeber bewir324 325
Vgl. z.B. die Ausführungen bei Eckardt [Kurseffekte 1999], S. 75 ff. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 53.
102
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
ken.326 Wird dieses Ziel nicht erreicht, so ist ein Zusammenschluss aus Sicht der betreffenden Unternehmung als Misserfolg zu charakterisieren. Die folgende Graphik veranschaulicht eine Art Ordnungsrahmen der Erfolgsforschung. Die nachstehenden Kapitel widmen sich anschließend einer Erörterung der vier wichtigsten Methoden der systematischen Erfolgsmessung.327
Untersuchungsmethode b
Untersuchungsgegenstand a
Shareholder-Value-Sichtweise
ökonomischer Erfolg
+
ökonomische Bewertung
Motive, die dem Zusammenschluss real zu Grunde liegen
ökonomisch sinnvoll
ökonomisch rationale Motive: wertsteigerungsorientiertes Denken (Synergietheorie)
ökonomisch nicht sinnvoll
ökonomisch nicht rationale Motive: Egoismus, Selbstüberschätzung, Fehlbewertungen des Managements
0
_
a
ökonomischer Gesamterfolg/ Erfolg aus Sicht der Shareholder der akquirierenden Unternehmung/ Erfolg aus Sicht der Shareholder der übertragenden Unternehmung
b
Expertenbefragung/ Analyse der Wiederverkaufsraten/ jahresabschlussorientierte Analyse/ kapitalmarktorientierte Analyse (Event Study)
Abbildung D-1: Bezugsrahmen der M&A-Erfolgsforschung
1.2
Alternative Methoden der Erfolgsmessung
1.2.1
Expertenbefragung
Im Rahmen der Erfolgsbewertung durch Expertenbefragung beurteilen Personen den Erfolg von Zusammenschlüssen, die direkt an Transaktionsprozessen beteiligt sind bzw. waren. In (teil-)standardisierten Befragungen geben dabei vorrangig Manager (akquirierender Unternehmungen), Investmentbanker sowie Unternehmensberater ihre Erfahrungswerte hinsichtlich der Erfolgswirksamkeit von individuell beobachteten Zusammenschlüssen wider.328 Dem erhebungstechnischen Vorteil, dass hierbei – abseits von starren Kennzahlenanalysen – Ex-
326 327 328
Vgl. Eckardt [Kurseffekte 1999], S. 32 bzw. für eine genaue Darstellung des Shareholder-ValueGedankens Rappaport [Value 1995]. Vgl. zu dieser Vierteilung u.a. Vogel [M&A 2002], S. 271. Vgl. z.B. die Arbeiten von Kaufmann [Erfolgsfaktoren 1990] und Kitching [Mergers 1967].
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen
103
pertenmeinungen einen detaillierten Einblick in die praktische Problemwelt ermöglichen, steht der Nachteil entgegen, dass diese Expertenmeinungen nicht immer dem Kriterium der Objektivität genügen.329 So wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass insbesondere zusammenschlussinitiierende Manager vielfach Erfolgsquoten benennen, die weit über den Ergebnissen anderer Studien liegen.330 Darüber hinaus ist auch das Urteil von Beratern und Investmentbankern aufgrund der recht einseitigen Interessenlage stets mit gebotener Vorsicht zu interpretieren. Als Reaktion auf diese Kritikpunkte wählt die Wissenschaft diese Methode heute so gut wie nicht mehr.
1.2.2
Analyse von Wiederverkaufsraten
Auf Basis der Annahme, dass Akquisitionen grundsätzlich mit der Intention einer langfristigen strategischen Bindung durchgeführt werden, implizieren die dem Zusammenschlussprozess nachfolgenden Desinvestitions- und Liquidationsaktivitäten den Misserfolg einer Transaktion. Nach diesem Muster geben dann prozentuale Wiederverkaufs- bzw. Liquidationsquoten von zuvor akquirierten Targets Aufschluss über die allgemeine Erfolgssituation bei Mergers&Acquisitions.331 Der Kauf von Rover durch die BMW AG im Jahre 1994 mit anschließender Veräußerung der Zielunternehmung nur 6 Jahre später, verdeutlicht, dass die hier zu Grunde liegende Logik im Einzelfall Sinn machen kann und tatsächlich vernünftige (Miss-) Erfolgsbewertungen ermöglicht.332 Allein auf aggregierter Analyseebene muss dieses Urteil hinsichtlich der Untersuchungsvalidität zurückgewiesen werden. Denn zum einen kann bei großzahligen Untersuchungen nicht automatisch unterstellt werden, dass mit jeder Akquisition tatsächlich eine langfristige strategische Bindung angestrebt wird, womit eine Gleichsetzung von Desinvestition und Misserfolg zu Fehlschlüssen führen kann.333 Zum anderen ist nicht davon auszugehen, dass jede Transaktion, welche die ursprünglich formulierten Zielkriterien verfehlt und die folgerichtig als Misserfolg zu klassifizieren wäre, auch wieder durch Desinvestition oder Liquidation „rückgängig gemacht“ wird.334 Konsequenterweise konzent-
329 330 331 332 333 334
Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 289. Vgl. Kerler [Shareholder 2000], S. 130 f. Vgl. Bodemann [Unternehmen 1990], S. 94 sowie die Untersuchung von Porter [Strategy 1987]. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 290. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 57. Vgl. (auch für eine weiterführende Erörterung der Schwächen dieser Methode) Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 72 f.
104
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
riert sich die betriebswirtschaftliche Forschung bei der Erfolgsmessung von M&ATransaktionen auf zwei andere Ansätze.
1.2.3
Jahresabschlussorientierte Erfolgsmessung
Die jahresabschlussorientierte Erfolgsmessung zieht ihre Schlüsse aus den Erfolgsdaten, die aus dem externen Rechnungswesen einer Unternehmung hervorgehen. Der Jahresabschluss einer Unternehmung, der einen umfassenden Einblick in deren Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ermöglichen soll, dient dabei als primäre Informationsquelle.335 Verrechnet man im Rahmen der Jahresabschlussanalyse Kennzahlen aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung, so lassen sich Rentabilitätswerte berechnen, die Aufschluss über die finanzielle Performance einer Unternehmung in der abgeschlossenen Berichtsperiode geben. Typische Kennzahlen, die hierbei vorrangige Beachtung finden, sind die Eigen- und die Gesamtkapitalrentabilität.336 Die jahresabschlussorientierte Erfolgsmessung analysiert nun die Veränderungen jener Performancekennzahlen, die annahmegemäß durch die M&A-Maßnahme resultieren, und leitet so Erfolgsurteile ab. Übersteigen die realen Rentabilitätswerte der verbundenen Unternehmung nach Zusammenschluss die unternehmungsspezifischen Vergleichswerte, so wird der Zusammenschluss als wirtschaftlich erfolgreich bewertet. Ist das Gegenteil der Fall, so wird der Zusammenschluss als ökonomischer Misserfolg klassifiziert. Innerhalb dieser Grundsystematik unterscheiden sich verschiedene Ansätze hinsichtlich der verwendeten Benchmark, mit der die realen Rentabilitätswerte der verbundenen Unternehmung nach Zusammenschluss verglichen werden. Abb. D-2 zeigt, welche Varianten dabei im Rahmen der jahresabschlussorientierten Erfolgsanalyse grundsätzlich sinnvoll und möglich erscheinen.337 Aufgrund der regelmäßig fehlenden Einsicht externer Forscher in die genauen Planungen von Akquisiteur und Target, stützen sich empirische Untersuchungen meistens auf die dargestell-
335 336 337
Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 277. Vgl. z.B. Bühner [Erfolg 1990], S. 51 ff. und Albrecht [Zusammenschlussstrategien 1994], S. 57 ff. Empirische Studien zum Zusammenschlusserfolg, die auf einer Zeitreihenanalyse von Rentabilitätskennzahlen basieren, wählen z.T. unterschiedliche Zeiträume für die Messung der Ausgangs- und der Kontrolldaten. Das vorliegende Beispiel, das die Kennzahlen drei Jahre vor und drei Jahre nach Zusammenschluss untersucht, orientiert sich an der Arbeit von Bühner [Erfolg 1990], S. 51 ff. Bei der konkreten Ermittlung der Kennzahlen-Entwicklung werden meist die arithmetischen Mittel vor und nach Zusammenschluss berechnet und miteinander verglichen.
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen
105
te Vorher/Nachher-Analyse, wenngleich eine solche Gegenüberstellung wissenschaftlich recht unbefriedigend ist.338 durchschnittliche Kapitalrentabilität vor Zusammenschluss nach Zusammenschluss Jahr
-t
...
-1
1
...
t
Kapitalrentabilität der w
akquirierenden Unternehmung (Ist/Stand-alone)
x
akquirierenden Unternehmung (Plan/Stand-alone) v
konsolidierten Unternehmung (theoretisch/addiert)
y z
konsolidierten Unternehmung (Ist)
Erfolgsebene
Vorher/Nachher-Analyse
Ist/Plan-Vergleich
Sicht der akquirierenden Unternehmung
z-w
z-x
ökonomischer Gesamteffekt
z-v
z-y
Abbildung D-2: Alternative Ansätze der jahresabschlussorientierten Erfolgsmessung
In der Literatur werden der Methode der jahresabschlussorientierten Erfolgsmessung darüber hinaus drei weitere elementare Kritikpunkte zugerechnet, welche ihre Anwendungstauglichkeit erheblich beeinträchtigen: 1. Aufgrund des existierenden Spielraums, der bei der Gestaltung von Jahresabschlüssen de facto immer besteht, können die erfolgsentscheidenden Ergebnisgrößen durch Ausnutzung von Ansatz- und Bewertungsspielräumen künstlich beeinflusst werden. So ist es beispielsweise denkbar, dass die Performancezahlen einer Unternehmung vor dem Zusammenschluss künstlich runter, später dagegen bewusst rauf gerechnet werden, um so einen (höheren) Synergieerfolg ausweisen zu können.339 2. Wie bereits erwähnt, sollte die langfristige bzw. dauerhafte Vermögenssteigerung der Aktionäre das grundlegende Erfolgskriterium von M&A-Maßnahmen darstellen. Dem
338
339
Nach Fairburn/Kay [Introduction 1989], S. 23: “The proper comparison is, of course not with the premerger performance of the merging firms but rather with what the post-merger performance would have been if the merger had not occurred.” Wird dennoch die Kennzahlen-Entwicklung über einen längeren Zeitraum untersucht, so ist es u.U. ratsam, die ermittelten Rentabilitäts-Entwicklungen um branchenund/oder gesamtwirtschaftliche Einflüsse zu bereinigen. Vgl. Albrecht [Zusammenschlussstrategien 1994], S. 64 ff. Dörr spricht in diesem Fall von einer „komparativen Objektanalyse“. Vgl. Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 67. Vgl. Kerler [Shareholder 2000], S. 103, Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 67 ff.
106
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
hierdurch implizit geforderten Anspruch noch zukunftsbezogener Erfolgsmessung kann die jahresabschlussorientierte Analyse jedoch nur in engen Grenzen gerecht werden. Hier wird der Erfolg zwangsläufig auf Basis weniger Jahre (nach Zusammenschluss) beurteilt – die längerfristige Wirkung einer Transaktion wird so nicht berücksichtigt.340 3. Die ganze Logik der jahresabschlussorientierten Erfolgsmessung basiert auf der Annahme, dass die ermittelten Renditedifferenzen, die den Erfolg einer M&A-Maßnahme schlussendlich definieren und die durch einen Vorher/Nachher-Vergleich zu Stande kommen, auch ursächlich dem Zusammenschluss zuzurechnen sind. Diese Annahme ist jedoch als ausgesprochen heikel anzusehen. Schließlich werden durch die mehrjährige Betrachtungsweise auch die ergebniswirksamen Effekte einer Vielzahl anderer strategischer Entscheidungen quasi mitanalysiert. Ob sich am Ende eine M&A-Maßnahme für eine ermittelte Performanceveränderung verantwortlich zeichnet, oder ob sie durch andere Ursachen bzw. durch Mischeffekte resultiert, kann ex post nie mit ausreichender Genauigkeit und Plausibilität gesagt werden.341
1.2.4
Kapitalmarktorientierte Erfolgsmessung
Die Suche nach einer möglichst objektiven und zukunftsbezogenen Erfolgskennzahl, die zudem auch noch eine klare Zuordnung von Maßnahme und Erfolgswirkung ermöglicht, führt an den Kapitalmarkt. Hier spiegeln Aktienkurse – laut klassischer Kapitalmarktheorie – jederzeit aktuelle Unternehmungswerte wider.342 Und da sich ein erfolgreicher Zusammenschluss aus Sicht der Eigentümer einer Unternehmung definitionsgemäß stets dadurch auszeichnet, dass er den Wert der Unternehmung erhöht, kann der Aktienkurs, der diesen Wert (modelltheoretisch) unverzögert wiedergibt, als Erfolgsbarometer einer Transaktion verwendet werden.343 Abb. D-3 visualisiert diesen Zusammenhang.
340
341 342 343
Das oben angeführte, schematische Beispiel, das die Veränderung der Erfolgskennzahlen bis drei Jahre nach Zusammenschluss untersucht, verdeutlicht diesen begrenzten Zeit- bzw. Analysehorizont. Vgl. auch Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 69. Vgl. Vogel [M&A 2002], S. 281, Neumann [Fusionen 1994], S. 242. Vgl. Cornell [Valuation 1993], S. 34 ff. Vgl. MacKinlay [Event Studies 1997], S. 13.
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen
107
Aktienkurs Wert der Unternehmung
Kursänderung als Erfolgskriterium für das Ereignis
Barwert der zukünftigen Cash-Flows wesentliches Ereignis
zukünftige Cash-Flows
Kapitalkosten (Diskontierung)
Abbildung D-3: Prinzip der kursbasierten Erfolgsmessung
Danach beeinflusst ein für den Unternehmungserfolg wesentliches Ereignis die zukünftige Cash-Flow-Situation der Unternehmung, die Höhe ihrer Kapitalkosten oder beides. In der Folge verändert sich der Barwert ihrer zukünftigen Cash-Flows und damit der Wert der Unternehmung. Die Richtung und die Höhe dieser Wertänderung sind – einen informationseffizienten Kapitalmarkt unterstellt – schließlich an der Veränderung des Aktienkurses abzulesen.344 Das methodische Konstrukt, das auf Basis dieses Zusammenhangs die Berechnung von konkreten Erfolgskennzahlen ermöglicht, nennt man Ereignisstudie oder auch (engl.)
Event Study. Da sich diese Messmethode in der M&A-Forschung mittlerweile durchgesetzt hat345 und zudem später auch das Gerüst für die eigene empirische Untersuchung darstellt, soll sie im Folgenden in der notwendigen Ausführlichkeit erörtert werden.
1.3
Details zur Erfolgsmessung mittels Ereignisstudien
1.3.1 1.3.1.1
Das Konzept der abnormalen Rendite Grundprinzip
Die Methode der Ereignisstudie ermöglicht die Messung des Einflusses, die ein bestimmtes, unerwartetes Ereignis auf den Kurs einer Aktie und damit (der oben dargestellten Logik folgend) auf den Wert einer Unternehmung hat.346 Im konkreten Fall erfolgt diese angestrebte
344
345
346
Vgl. Fama et al. [Adjustment 1969], S. 1 ff. Im Folgenden wird die genannte Voraussetzung, der zufolge Kapitalmärkte für eine legitime Anwendung dieser Messmethode informationseffizient sein müssen, immer wieder erwähnt. Da erst im Rahmen einer Prüfung der konkreten Anwendbarkeit zu hinterfragen ist, ob diese Voraussetzung in der Praxis auch erfüllt wird, findet die Diskussion dieses Punktes in Kap. D.1.3.2.1 statt. Vgl. MacKinlay [Event Studies 1997], S. 36 und Kerler [Shareholder 2000], S. 96. Der Meinung von Dörr ([Unternehmensakquisitionen 2000], S. 66), der zufolge die „jahresabschlussorientierte Erfolgsmessung ... die in Studien am häufigsten benutzte Methode der Erfolgsmessung [ist]“, muss nach Sichtung der umfangreichen Literatur ausdrücklich widersprochen werden. Vgl. McWilliams/Siegel [Research 1997], S. 628, Fama et al. [Adjustment 1969], S. 1 ff. und MacKinlay [Event Studies 1997], S. 13.
108
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
Messung von Ursache und Wirkung durch die Ermittlung einer sog. abnormalen Rendite, die eine Aktie als Reaktion auf eine neue Information erzielt.347 Dabei geht man davon aus, dass man die gesamte Kursrendite eines Wertpapiers in eine erwartete und in eine unerwartete, d.h. abnormale Rendite aufteilen kann, wobei ausschließlich Letztere durch ein unerwartetes Ereignis resultiert und die Wirkung dieses Ereignisses auf den Unternehmungswert ausdrückt. Das Vorzeichen und die Höhe dieser unerwarteten, abnormalen Rendite, die ohne das „neue Ereignis“ bzw. ohne die Information über das neue Ereignis nicht erzielt worden wäre, gibt dann aus Sicht der Aktionäre direkten Aufschluss über die Erfolgswirkung jenes Ereignisses.348 Die abnormale Rendite eines Wertpapiers i an Tag t ARi,t ergibt sich demnach ganz allgemein durch Subtraktion der erwarteten Rendite E(Ri,t) von der gesamten Kursrendite Ri,t dieses Wertpapiers an Tag t:349
ARi ,t
Ri ,t E Ri ,t
Um im Rahmen von Ereignisstudien zu generalisierbaren Aussagen über die Kurswirkungen bestimmter wesentlicher Ereignisse zu gelangen, werden die nach dem obigen Prinzip berechneten abnormalen Renditen über die beobachteten Einzelfälle eines Untersuchungssamples in tägliche Durchschnittswerte überführt:350
ARt
1 N ¦ ARi,t N i1
Unter der strengen theoretischen Annahme, dass neue Informationen am Kapitalmarkt unmittelbar und vollständig verarbeitet werden, könnte man sich bei der Berechnung und Analyse dieser durchschnittlichen abnormalen Renditen auf den Tag t0 konzentrieren, an dem die neue, kurswirksame Information an den Markt dringt. Da allerdings in Wissenschaft und Praxis immer wieder angezweifelt wird, dass der Prozess der Informationsverarbeitung an Kapitalmärkten tatsächlich derart perfekt abläuft, arbeitet man im Rahmen von Ereignisstudien bei der Ermittlung abnormaler Renditen nicht nur mit dem eigentlichen Ereignistag t0, sondern
347 348 349 350
Vgl. Oerke [Ad-hoc 1999], S. 24. Vgl. Oerke [Ad-hoc 1999], S. 22. Vgl. Fama et al. [Adjustment 1969], S. 12. Vgl. Halpern [Acquisitions 1983], S. 303. Hierdurch wir sichergestellt, dass unsystematisch auftretende Kursreaktionen auf ein bestimmtes Ereignis zu einer Nivellierung des Gesamtergebnisses führen. In einem solchen Fall tendiert der Durchschnittswert dann gegen Null, was signalisiert, dass von dem Ereignis keine klaren Vermögensänderungen ausgehen.
Erfolgsbewertung bei M&A-Maßnahmen
109
zusätzlich mit Ereignisfenstern, die den Ereignistag t0 einschließen.351 Rechentechnisch geschieht dies, indem man die einzelnen durchschnittlichen täglichen abnormalen Renditen ARt innerhalb eines bestimmten Zeitfensters (sog. Ereignisfenster) summiert (vgl. Abbil-
dung D-5).352 Im Ergebnis erhält man eine „kumulierte abnormale Rendite“ (engl.: cumulative abnormal return):
w
CARv , w
¦ AR
t
t v
Nach dieser Systematik bietet der Kapitalmarkt also unter der Voraussetzung, dass dort Informationen effizient verarbeitet werden, eine ideale Möglichkeit, um Einflüsse von M&ATransaktionen auf den Wert der beteiligten Unternehmungen zu analysieren.353 Positive und deutlich von Null abweichende Werte für ARt bzw. CARv ,w signalisieren, dass das Ereignis, welches der Kursänderung zu Grunde liegt, an Tag t bzw. im Zeitfenster [v,w] einen Mehrwert für die Aktionäre der analysierten Unternehmungen schafft. Negative Werte implizieren das Gegenteil.354 Abb. D-4 stellt abschließend das allgemeine Vorgehensmodell zur konkreten Durchführung von Ereignisstudien dar:
351
352 353 354
Vgl. McWilliams/Siegel [Research 1997], S. 630 und Oerke [Ad-hoc 1999], S. 37 ff. Der Forschungsbereich Behavioral Finance, der sich mit dem realen Verhalten von Marktteilnehmern auseinandersetzt, hat Erkenntnisse offenbart, wonach Marktteilnehmer bei der Bewertung bestimmter Ereignisse (kurzfristig) über- oder unterreagieren können. Ist dies der Fall, so spiegeln die kurzfristigen Markt- resp. Aktienkursreaktionen nicht den „wahren Effekt“ eines Ereignisses wider. Erst nachdem diese Über- bzw. Unterreaktionen durch folgende Gegenbewegungen korrigiert werden, pendeln sich die „korrekten“ Kurse ein. Zeitfenster werden in der Ereignisstudie demnach gebildet, um die wahre Kurswirkung von Ereignissen erfassen zu können. Vgl. zur sog. „Overreaction-Hypothese“ u.a. De Bondt/Thaler [Stock Market 1985], Wilhelm [Überreaktion 1996], Meyer [Overreaction 1994]. Vgl. auch die Ausführungen in Kap. D.1.3.2.1. Wobei gilt: v < t0 40 nur unvollständig und in Sprüngen tabelliert sind, werden die hier relevanten, nicht explizit ausgewiesenen Werte für „98, 98“-Freiheitsgrade über die tabellierten Werte für „80; 80“- bzw. „120; 120“-Freiheitsgrade mittels Durchschnittsbildung interpoliert.
Operationalisierung und resultierende Datenbasis der eigenen empirischen Untersuchung
149
Eine Bewertung hinsichtlich der geforderten Linearität ist auf Basis der Bestimmtheitsmaße sowie deren Signifikanz vorzunehmen. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Werte des F-Tests, die Aufschluss über jene Signifikanz geben, so zeigt sich, dass die ermittelten Bestimmtheitsmaße in 23 der 33 Fälle auf dem 5%-Niveau signifikant sind (F-Wert < 0,05). In zwei weiteren Fällen lässt sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang von Index- und Aktienrendite auf dem 10%-Niveau ausmachen. Für die verbleibenden acht Fälle wird auch dieses Signifikanzniveau unterschritten. Betrachtet man darüber hinaus, welche relative Erklärungskraft der Indexrendite je Einzelfall zuteil wird, so ergibt sich allerdings ein eher ernüchterndes Bild: Nur für 17 der 33 Regressionen übersteigt das Bestimmtheitsmaß R2 den Wert von 0,05, was bedeutet, dass lediglich in diesen 17 Fällen mehr als 5% der Gesamtstreuung der Aktienrendite durch die Indexrendite erklärt wird. In den restlichen 16 Fällen ist die Erklärungskraft der Indexrendite geringer. Bei näherem Hinsehen wird dabei deutlich, dass vor allem die Regressionen für das deutsche Sample geringe Bestimmtheitsmaße aufweisen. Innerhalb des US-Samples liegen 12 der 16 R2-Werte (und damit 75%) über 0,05, innerhalb des deutschen Samples gilt dies lediglich für 5 der 18 Fälle (33%). Das lässt darauf schließen, dass insbesondere die Wahl des SDAX als Referenzindex als ungünstig zu beurteilen ist. Auf der anderen Seite zeigt eine genauere Analyse der Kursentwicklungen der deutschen Aktien in der jeweiligen Schätzperiode eine Besonderheit, welche die Problematik der geeigneten Indexauswahl relativiert. Danach zeichnen sich einige deutsche Wertpapiere durch eine geringe Handelsaktivität aus, die immer wieder dazu führt, dass an einzelnen Tagen keine Umsätze stattfinden und somit „Null-Renditen“ resultieren.468 Dort, wo dieses Phänomen häufiger auftritt, kämpft die lineare Regression mit der Schwierigkeit, täglich wechselnde Indexrenditen mit z.T. konstanten Null-Renditen verknüpfen zu müssen – eine Situation, die schließlich zwangsläufig zu geringen Bestimmtheitsmaßen führen muss. Um zu überprüfen, ob die Verwendung eines anderen Indizes dieses Grundsatzproblem besser zu lösen vermag, werden für fünf Fälle des deutschen Samples die Regressionen testweise mit Rückgriff auf den Index MDAX berechnet und die Ergebnisse mit den tabellierten Werten der SDAX-Regressionen verglichen. Bei diesem Vergleich zeigt sich allerdings das zu erwartende Bild: Auch die Wahl eines anderen Indizes führt nicht zu höheren Bestimmtheitsmaßen
468
Diese Tatsache resultiert meist aus der Kombination von geringem Streubesitz und vorliegender Krisensituation.
150
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
und damit auch nicht zu einer zuverlässigeren indexgestützten Prognose erwarteter Renditen.469 Fasst man die Testergebnisse zusammen, so wird deutlich, dass die geforderten Voraussetzungen der linearen Regression nicht durchweg als erfüllt angesehen werden können. Insbesondere die zuletzt thematisierten geringen Bestimmtheitsmaße legen den Schluss nahe, dass das Marktmodell für das vorliegende Untersuchungssample keine allzu großen Vorteile gegenüber anderen, naiveren Modellen aufweist. Einige Studien plädieren unter den gegebenen Umständen dafür, Anpassungen an der Regression vorzunehmen und umsatzlose Tage mit Null-Renditen bei der Berechnung der Regressionskoeffizienten in der Schätzperiode außen vor zu lassen. Auf diese Weise ergäben sich erwartungstreuere Parameterschätzer.470 Problematisch ist dabei allerdings, dass in der Testperiode ebenfalls Tage mit Null-Renditen auftreten können und diese dann bei der Ermittlung der tagesspezifischen abnormalen Rendite mit den Parameterschätzern verbunden werden, die unter der Prämisse berechnet wurden, dass es keine Null-Renditen gäbe. Die Ausgangsproblematik, die aus dem Vorliegen umsatzloser Tage resultiert, wird daher im Grunde nur verschoben.471 Die nachfolgende Ereignisstudie reagiert auf die beschriebene Problematik bei der Schätzung erwarteter Renditen in einer anderen Weise: statt Anpassungen am Marktmodell vorzunehmen, die nicht wesentlich zu einer Steigerung der Untersuchungsvalidität führen, werden die erwarteten Renditen später nicht ausschließlich auf Basis des Marktmodells sondern zusätzlich mit Hilfe des mittelwertbereinigten Modells berechnet.472 Ein Vergleich der mit beiden
Modellen ermittelten, abnormalen Renditen kann dann im Rahmen der Auswertung klären, inwieweit Ergebnisse aus Verzerrungen einer Modellspezifikation resultieren. In jedem Fall ist unter den gegebenen Umständen darauf zu achten, dass Rückschlüsse aus der AR- und 469
470 471
472
Für Berentzen/Arcus ergibt sich danach ein Bestimmtheitsmaß von 0,002 bei einem F-Signifikanzwert von 0,528 (0,002; 0,528). Entsprechend gilt für die anderen Tests: Kampa Haus/ Hebel (0,000; 0,826), Kühnle Kopp Kausch/ Turbo Luft Technik (0,001; 0,670); Salzgitter/ Mannesmann Röhrenwerke (0,005; 0,331); Walter Bau/ Heilit Wörner (0,011; 0,138). Vgl. z.B. Ehrenberg/Trautmann [Ankündigungseffekte 1996], S. 14. Zur Erläuterung: Kurse von Aktien, die immer wieder umsatzlose Tage mit Null-Renditen aufweisen, tendieren dazu, an Tagen mit Handelstätigkeit sehr volatil zu reagieren. Klammert man die umsatzlosen Tage bei der Regression aus, so spiegeln die berechneten Koeffizienten nur die volatilen Kursbewegungen wider. An umsatzlosen Tagen in der Testperiode resultieren dann u.U. hohe (positive oder negative) erwartete Renditen und damit gleichzeitig auch hohe (negative bzw. positive) abnormale Renditen. Die ermittelten abnormalen Renditen sind also auch nach einer veränderten Koeffizientenberechnung anfällig für Verzerrungseffekte. An dieser Stelle sei nochmals auf die Aussage von Brown/Warner verwiesen, wonach das Modell mittelwertbereinigter Renditen dem Marktmodell nicht per se unterlegen ist. Das Modell der „Market Adjusted Returns“ soll hier keine Verwendung finden, weil nicht davon auszugehen ist, dass es über mehr Erklärungskraft verfügt als das Marktmodell (beide orientieren sich ja an einer Indexrendite).
Operationalisierung und resultierende Datenbasis der eigenen empirischen Untersuchung
151
CAR-Berechnung nur auf Portfoliobasis erfolgen und den Ergebnissen der Signifikanztests eine hohe Beachtung geschenkt wird.
3.4
Zu berechnende Kennzahlen
Die zentralen Erfolgskennzahlen der Event Study-Methodik sind die durchschnittlichen täglichen abnormalen Renditen ARt, die für das Gesamtsample bzw. für ein Cluster von Fällen berechnet werden, sowie die durchschnittlichen kumulierten abnormalen Renditen CAR [v,w], die zusätzlich die Entwicklung innerhalb eines Ereignisfensters widerspiegeln. Beide Kennzahlen werden demgemäß auch in der nachfolgenden Untersuchung im Mittelpunkt des Auswertungsinteresses stehen. Darüber hinaus weisen vor allem angloamerikanische Studien regelmäßig zwei weitere Größen aus, die gewissermaßen als Kontrollwerte der ermittelten AR- und CAR-Werte dienen.473 Zum einen wird dabei der Median einzelner CAR-Werte berechnet und mit dem arithmetischen Mittel dieser Werte (das bisher schlicht als Durchschnitt bezeichnet wurde) verglichen.474 Zum anderen wird bei jeder einzelnen Erfolgsanalyse – auf Ebene der täglichen und der kumulierten abnormalen Renditen – der Prozentsatz der Fälle mit positivem Vorzeichen angegeben. Ein Vergleich dieser Kontrollgrößen mit den Ergebnissen der einfachen AR- und CAR-Analyse ermöglicht schließlich eine umfassendere Beurteilung der „wahren“ Erfolgswirkung der untersuchten M&A-Maßnahmen: Weichen die Mean-CAR-Werte deutlich von den entsprechenden Median-Werten ab, so kann gefolgert werden, dass einige positive oder negative Ausreißer das Bild im Rahmen der arithmetischen Durchschnittsbildung verzerren.475 Der gleiche Schluss liegt nahe, wenn der Prozentsatz der Fälle mit positivem Vorzeichen bei positiven (negativen) durchschnittlichen AR- bzw. CAR-Werten unter (über) 50 liegt.476 Da die Gefahr einer solchen Verzerrung bei kleineren Untersuchungssamples – wie
473 474 475
476
Zur Empfehlung einer entsprechenden Vorgehensweise vgl. den Hinweis bei MacKinlay [Event Studies 1997], S. 15. In der späteren Auswertung werden die Werte des arithmetischen Mittels mit dem englischen Begriff „Mean“, die Median-Werte hingegen mit der Kurzform „Med.“ versehen. Das folgende Beispiel soll die Kontrolleigenschaft verdeutlichen: Werden im Rahmen einer Untersuchung die fünf Messwerte -5; -4; -1; 0; 100 erhoben, so ergibt sich ein arithmetischer Mittelwert von 18. Dieser hohe Mittelwert ist zwar nicht falsch, dennoch spiegelt er die Ergebnissituation etwas verzerrt wider, weil er vorwiegend durch den Wertbeitrag eines sehr hohen Einzelwertes resultiert. Der Median, der einen Datensatz in zwei gleichgroße Hälften teilt und den dazwischenliegenden Wert als Mittelwert ausweist, liegt im vorliegenden Fall bei -1. Ermittelt man also im konkreten Anwendungsfall stark voneinander abweichende Mittel- (d.h. Mean- und Median-) Werte, so ist die Ergebnisreihe genauer zu analysieren. Auf das Beispiel der letzten Fußnote übertragen liegt der Prozentsatz der positiven Werte bei 20% (nur einer von fünf Ergebniswerten hat ein positives Vorzeichen). Diese geringe Quote kollidiert mit dem hohen
152
Grundlegende empirische Ergebnisse und Struktur der eigenen Untersuchung
sie die spätere Analyse kennzeichnen – in besonderem Maße gegeben ist, erlangt der konsequente Vergleich dieser Erfolgsgrößen hier eine besondere Relevanz.
3.5
Abschließende Bewertung von Samplegröße und Methode der Erfolgsmessung
Ein Vergleich des gewonnenen Untersuchungssamples mit Datensätzen anderer Ereignisstudien zeigt, dass sich die nachfolgende Untersuchung auf eine relativ geringe Fallanzahl stützt. Das kann jedoch kaum überraschen, beachtet man, dass sich die vorliegende Arbeit einer unkonventionellen und wenig umgesetzten Strategiealternative widmet und sich die eigene empirische Analyse lediglich auf börsennotierte akquirierende Krisenunternehmungen konzentriert. Sieht man mit der weiter oben angeführten Begründung von einer Aufweichung der Auswahlkriterien ab, so stellt sich die Frage, wie mit der eher kleinen Samplegröße im Rahmen der folgenden Untersuchung umzugehen ist. Dazu ist grundsätzlich anzumerken, dass die Methodik der Event Study keine Mindestgröße für Untersuchungssamples kennt. Es existieren sogar Studien, die lediglich eine Einzelfallanalyse durchführen, was legitim erscheint, wenn man die resultierenden Ergebnisse richtig interpretiert.477 Um die Eignung der kursbasierten Erfolgsanalyse für das vorliegende Untersuchungssample zu bewerten, werden in nachfolgender Tabelle abschließend einige naheliegende Kritikpunkte benannt und kommentiert:
477
arithmetischen Mittel von 18. Zusammengenommen kann aus einem Vergleich beider Größen gefolgert werden, dass der hohe arithmetische Mittelwert „lediglich“ auf den hohen Ergebnisbeitrag weniger Einzelwerte zurückzuführen ist und das Gesamtbild unzureichend widerspiegelt. Vgl. z.B. die Arbeit von Balakrishnan [Prognostics 1988].
Operationalisierung und resultierende Datenbasis der eigenen empirischen Untersuchung
153
Kritikpunkt:
Kommentar/ Lösung:
Aufgrund der Besonderheiten der untersuchten Fälle (Stichwort: geringe Handelsaktivität der Aktien der Krisenunternehmungen) sind die Annahmen der linearen Regression z.T. nicht erfüllt.
Bei der Berechnung der AR- und CAR-Werte wird neben dem Marktmodell auch das Modell mittelwertbereinigter Renditen verwendet, das keine Annahmen unterstellt. Ein Vergleich der Ergebnisse soll modellspezifische Verzerrungen sichtbar machen.
Aufgrund des kleinen Samples besteht die Gefahr, dass einige Ausreißer die Erfolgskennzahlen verzerren.
Neben den durchschnittlichen (kumulierten) abnormalen Renditen werden auch die Median-Werte sowie der Prozentsatz der positiven Fälle angegeben. Das Gesamtbild dieser Kennzahlen macht einzelne Verzerrungen sichtbar.
Aufgrund der geringen Fallzahl in den einzelnen Sample-Clustern kann keine Normalverteilung unterstellt werden.
Es erfolgt pro Sample-Cluster ein Test auf Normalverteilung. Je nach Ausgang dieses Tests wird ein geeigneter (parametrischer oder nicht-parametrischer) Signifikanztest gewählt.
Aufgrund der geringen Fallzahl in den einzelnen Sample-Clustern schlagen die Signifikanztests u.U. nicht an.
Dieses Problem ist grundsätzlich gegeben und kann nicht technisch umgangen werden. Zeichnen sich allerdings für eine untersuchte Information klare Kurseffekte ab, so werden die Signifikanztests auch bei kleineren Samples anschlagen. Ist dies trotz geringer Samplegröße der Fall, so kann man von recht eindeutigen Ergebnissen sprechen.
Aufgrund des kleinen Samples kann man die Ergebnisse der Untersuchung nicht generalisieren.
Generalisierbarkeit hängt nicht zwingend von der Samplegröße ab. Vielmehr stellt sich beim Vorliegen signifikanter Ergebnisse die Frage, inwieweit das Sample für die Grundgesamtheit repräsentativ ist. Die vorliegende Untersuchung geht bei der Samplebildung systematisch vor und nutzt Datenbanken, die die meisten Fälle der Grundgesamtheit beinhalten werden. Damit basiert die Studie gewissermaßen auf einer Vollerhebung, was wiederum für ein relevantes Maß an Repräsentativität spricht.
Abbildung D-13: Kommentierung von Kritikpunkten bezüglich der Wahl der kursbasierten Erfolgsmessung
Als Zwischenfazit sei somit festgehalten, dass die Methodik der Ereignisstudie als Instrument der systematischen Erfolgsmessung auch für das vorliegende Sample geeignet ist.478 Die Ergebnisse hinsichtlich der abnormalen Renditen bzw. hinsichtlich deren statistischen Signifikanz werden über dieses allgemeine Urteil hinaus Aufschluss darüber geben, ob (schon) auf Basis dieses kleinen Samples klare Kurs- resp. Wertänderungseffekte zu erkennen sind.
478
Beispiele für Ereignisstudien, die ähnlich großen Gesamt- und Teilsamples arbeiten, finden sich u.a. bei: Clark/Ofek [Mergers 1994], Nayyar [Reactions 1995].
Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen
155
E Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung 1 1.1
Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen Merkmale der akquirierenden Krisenunternehmungen
Bevor auf die Ergebnisse der kursbasierten Erfolgsanalyse eingegangen wird, soll zunächst das analysierte Untersuchungssample etwas näher beschrieben werden. Die nachstehenden Abbildungen visualisieren dabei die Zusammensetzung des Samples hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit sowie der Größe der 27 Krisenunternehmungen, die insgesamt 33 Fusio-
nen und Übernahmen in der Rolle des Akquisiteurs durchgeführt haben. Die 12 deutschen Krisenunternehmungen des Samples führten dabei 17 Transaktionen durch, wohingegen die 15 amerikanischen Firmen in der Summe 16 Zusammenschlüsse initiierten. Die akquirierenden Krisenunternehmungen sind in 12 unterschiedlichen Branchen tätig, wobei insbesondere die Industriezweige Bau und Handel (inkl. Einzelhandel) stark im Sample vertreten sind. Die fünf Akquisiteure der Baubranche führten insgesamt neun, die beiden Firmen aus Getränkebzw. Maschinenbauindustrie jeweils zwei Zusammenschlüsse durch, womit sich im Endeffekt eine Fallanzahl von 33 ergibt.479 Küchen Energie Agrikultur Zulieferer (Auto und sonst. Industrie) Telekommunikation Maschinen- und Anlagenbau Getränke Automobil (inkl. LKW) Papier und Bürotechnologie (Hoch-) Technologie Handel (inkl. Einzelhandel) Bau- und Bauzulieferer
1 1 1
akquirierende Unternehmungen nach Branche (n=27) 2 2
1 1 2 3 3 5 5 0
1
2
3
4
5
6
Abbildung E-1: Akquirierende Unternehmungen des Untersuchungssamples nach Branchenzugehörigkeit
479
Lediglich sechs der 33 identifizierten Zusammenschlüsse haben grenzüberschreitenden Charakter, bei 27 Fällen verbinden sich Unternehmungen desselben Herkunftslandes.
156
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Hinsichtlich der Unternehmungsgröße zeigt sich, dass ein großer Teil der analysierten Transaktionen (45%) von ziemlich kleinen Aktiengesellschaften – mit einer Marktkapitalisierung unter 100 Mio. Euro – initiiert wurde. Dem entgegen stehen lediglich drei Transaktionen (9%) von sehr großen Gesellschaften mit einer Marktkapitalisierung größer 5 Mrd. Euro. akquirierende Unternehmungen nach Größe (Marktkapitalisierung vor Zusammenschluss) MK > 5.000 Mio. Euro
3
1.500 Mio. < MK < 5.000 Mio. Euro
3 7
500 Mio. < MK < 1.500 Mio. Euro 3
100 Mio. < MK < 500 Mio. Euro
11
MK < 100 Mio. Euro 0
2
4
6
8
10
12
Abbildung E-2: Akquirierende Unternehmungen des Untersuchungssamples nach Größe
1.2
Deskriptive Ergebnisse zu den analysierten Zusammenschlüssen
Da im Rahmen der theoretischen Zusammenführung von Krisenmanagement- und Synergietheorie ausführlich auf die Bedeutung unterschiedlicher Synergieziele hingewiesen wurde, soll die deskriptive empirische Analyse der Praxisfälle im Wesentlichen untersuchen, welche konkreten Ziele Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen leiten. Die entsprechende Untersuchung basiert dabei auf einer umfangreichen und einzelfallbezogenen Inhaltsanalyse von Pressemitteilungen und Geschäftsberichten, die sich explizit zu den jeweils ausschlaggebenden Zusammenschlussmotiven äußern.480 Aufgrund der Tatsache, dass in den gesichteten Informationsquellen ähnliche Ziele vielfach nicht einheitlich benannt werden, kann eine aussagekräftige Motiv-Analyse nur auf Basis einer (zu entwickelnden) Auswertungssystematik erfolgen. Nach Sichtung und Zusammenstellung aller formulierten Einzelmotive wurden daher zehn
Zielkategorien gebildet, die sich einerseits recht klar voneinander abgrenzen lassen und die andererseits eine vollständige Zuordnung der identifizierten Einzelmotive ermöglichen. Darüber hinaus wurde jede dieser zehn Zielkategorien einer der beiden in Kap. C hergeleiteten
480
Berücksichtigt wurden hier insbesondere Äußerungen des Managements der akquirierenden Unternehmung, die in Verbindung mit der Übernahmeankündigung getätigt wurden. Die Analyse kann daher nur beschränkt die tatsächlichen Übernahmemotive erfassen.
Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen
157
M&A-Grundstrategien zugeordnet, je nachdem, ob sie tendenziell eher für kosten- oder eher für leitungsorientierte Zusammenschlüsse charakteristisch ist: direkt kostenwirksame Synergien im Vertrieb durch Konsolidierung GKK
Synergien im primären Wertschöpfungsprozess Synergien in der Verwaltung Synergien im Einkauf
Kontinuum
Synergien in den Bereichen Marketing, Logistik, EDV Kostensynergien ohne genauere Quellenangabe Vereinigung von Technologien und Know-how Verbindung komplementärer geographischer Märkte/ gegenseitige Nutzung sich ergänzender Vertriebsaktivitäten produktseitige Stärkung von Geschäftsfeldern des ursprünglichen Kerngeschäfts/ Erweiterung der Produktpalette/ Verbindung komplementärer Stärken im Angebot GLW
Stärkung von Geschäftsfeldern, die bisher nicht zum Kerngeschäft zählten/ Eintritt in neue Geschäftsfelder/ neue strategische Ausrichtung
Abbildung E-3: Motiv-Kategorien der eigenen Untersuchung
Das Ergebnis für die entsprechende Analyse der zusammenschlussinitiierenden Ziele bei den untersuchten Krisen-M&As spiegelt Abb. E-1 wider.
158
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Zusammenschlussmotiv
Anzahl Nennungen
Stärkung von Geschäftsfeldern, die bisher nicht zum Kerngeschäft zählten/ Eintritt in neue Geschäftsfelder/ neue strategische Ausrichtung
7
Produktseitige Stärkung von Geschäftsfeldern des ursprünglichen Kerngeschäfts/ Erweiterung der Produktpalette/ Verbindung komplementärer Stärken im Angebot
18
Verbindung komplementärer geographischer Märkte/ gegenseitige Nutzung sich ergänzender Vertriebsaktivitäten
8
Vereinigung von Technologien und Know-how
4
Kostensynergien ohne genauere Quellenangabe
3
Synergien in den Bereichen Marketing, Logistik und EDV
4
Synergien im Einkauf
8
Synergien in der Verwaltung
10
Synergien im primären Wertschöpfungsprozess
7
Direkt kostenwirksame Synergien im Vertrieb durch Konsolidierung
5
Tabelle E-1: Zusammenschlussmotive der analysierten Krisen-M&As
Danach leitet bei mehr als der Hälfte der analysierten Zusammenschlüsse das Ziel einer pro-
duktseitigen Stärkung von Kerngeschäftsfeldern durch eine Erweiterung der Produktpalette oder eine weitergehende Ergänzung komplementärer Stärken im Angebot. Mit 18 Nennungen wird diese Zielsetzung mit Abstand am häufigsten als Zusammenschlussmotiv angeführt. Eine deutlich geringere Bedeutung weisen die Motive auf, die auf eine Stärkung von Ge-
schäftsfeldern abzielen, die bisher nicht zum Kerngeschäft zählten (darunter auch: Eintritt in neue Geschäftsfelder). Letztere Zielsetzung wird in sieben Fällen als zentrale Zusammenschlussmotivation ausgewiesen. Das impliziert zweierlei: Zum einen stützt das genannte Verhältnis von 18 zu sieben die These, nach der Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen eher der horizontalen Stoßrichtung (mit Produktausweitung) folgen, denn der vertikalen oder der konglomeraten (eine Erkenntnis, die insgesamt kaum überraschen kann, wenn man sich die Implikationen der allgemeinen Chancen-Risiko-Bewertung unterschiedlicher M&A-Maßnahmen in Erinnerung ruft). Zum anderen wird gleichzeitig deutlich, dass zumindest einige Zusammenschlüsse einer recht offensiven strategischen Grundhaltung folgen und auf eine Änderung des strategischen Geschäftsfokus abzielen. Eine genauere Betrachtung dieser sieben Zusammenschlüsse, die tendenziell als Maßnahmen der Diversifikation anzusehen sind, zeigt dabei allerdings, dass sich die Expansion in allen Fällen auf Bereiche fokussiert, die zumindest eine gewisse Nähe zum Kerngeschäft aufweisen. Dem Ziel,
Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen
159
umfangreiche Anpassungen an der strategischen Ausrichtung vorzunehmen, wird demnach nur in Maßen gefolgt – ein weitreichender Markt- bzw. Branchenwechsel wird nämlich von keinem zusammenschlussinitiierenden Management angestrebt. Dazu ist anzumerken, dass auch diese Beobachtung im Einklang mit den Ausführungen zur Sinnhaftigkeit von Diversifikationsmaßnahmen (nicht nur) in Unternehmungskrisen steht: Bei einer gleichzeitigen Produkt- und Marktausweitung ist man offensichtlich gut beraten, wenn man sich auf seine Kernkompetenzen und nahe liegende Kundengruppen konzentriert. Die Vorstellung, man könne sich in einer Krise vollständig vom angestammten Marktumfeld abwenden und über eine M&A-Transaktion in ein völlig neues Marktumfeld ausweichen, scheint danach nicht praxisrelevant. Ähnlich bedeutend wie die Zielsetzung, neue Geschäftsfelder aufzubauen bzw. zu stärken, ist das Motiv der Verbindung sich ergänzender Vertriebsaktivitäten, das insgesamt in acht Fällen aktiv kommuniziert wird. Diese Tatsache gewinnt an Bedeutung, wenn man betrachtet, dass das Gegenziel zu dieser absatzorientierten Verbindung komplementärer Märkte – die
kostenorientierte Konsolidierung überlappender Vertriebsaktivitäten – lediglich in fünf Fällen eine Rolle zu spielen scheint. Damit entsteht der Eindruck, dass Vertriebssynergien tendenziell eher durch umsatzsteigernde cross-selling-Effekte denn durch einen kostenorientierten Kapazitätsabbau realisiert werden sollen. Interpretiert man diese Erkenntnis im Hinblick auf die Grundaussagen der Synergietheorie, nach denen Maßnahmen des Kapazitätsabbaus i.d.R. schneller zu Effizienzvorteilen führen, so wird hier der Eindruck gestärkt, dass Unternehmen der Wachstumsalternative (ungeachtet etwaiger Geschwindigkeitsnachteile) langfristig höhere Synergiepotenziale beimessen. Diese Überlegung ist ganz im Sinne von SIMON.481 Das vierte untersuchte Zusammenschlussmotiv, das der Stoßrichtung des leistungsorientierten Wachstums zugeordnet ist, die Vereinigung von Know-how und Techno-
logien, wird nur in vier Fällen als zentrale Zielsetzung angeführt. Offensichtlich sind Synergien in diesem Bereich nur bedingt geeignet, um in Zeiten akuter Ertragsschwäche Effizienzprobleme zu lösen oder die strategische Repositionierung einzuleiten. Auf der Seite der Motivkategorien, die der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung zugeordnet sind, sind vor allem drei Zielsetzungen von Bedeutung: in zehn Fällen werden Synergien in der Verwaltung angestrebt, in acht Fällen leitet das Ziel der Konsolidie-
rung des Einkaufs und in sieben Fällen erhofft man sich Synergien im primären Wert481
Vgl. dessen Aussagen zur Vorteilhaftigkeit der Ergänzung komplementärer Vertriebsaktivitäten in Kap. C.1.2.
160
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
schöpfungsprozess (i.d.R. in der Produktion). Vergegenwärtigt man sich, dass im Theorieteil die Meinung vertreten wurde, dass eben diese Synergien im Allgemeinen recht problemlos und schnell zu realisieren sind, so überraschen die doch recht geringen Häufigkeiten an dieser Stelle. Zur Erinnerung: Das Motiv der Synergieerzielung im primären Wertschöpfungsprozess wird ebenso häufig genannt, wie das Motiv der Stärkung neuer Geschäftsfelder; Synergien in der Verwaltung werden nur in zehn Fällen explizit als Grund ausgewiesen, die Erweiterung der Produktpalette ist dagegen in 18 Fällen mitentscheidend. Kostensynergien scheinen danach bei Krisen-M&As (erstaunlicher Weise) keine Sonderstellung gegenüber Umsatzsynergien einzunehmen. Das bestätigt sich auch, wenn man die genannten Gründe für beide Basiskategorien getrennt von einander summiert und vergleicht: 37 Nennungen entfallen auf Motive mit der Tendenz der kostenorientierten Konsolidierung, ebenfalls 37 entfallen auf Motive mit der Tendenz des leistungsorientierten Wachstums. Synergien im Bereich
Marketing, Logistik und EDV, die der erstgenannten Kategorie zugeordnet sind, werden übrigens vier Mal und damit ebenso häufig genannt, wie die Zielsetzung der Know-how- und Technologievereinigung. In drei Fällen wird auf die angestrebte Realisierung von Kosten-
synergien hingewiesen, ohne dass hierfür nähere Quellenangaben gemacht werden.
In einem nächsten Analyseschritt soll hinterfragt werden, welche Motiv-Kombinationen bei den untersuchten Zusammenschlüssen ausgemacht werden können, d.h. auf welcher Seite des Kontinuums GKK-GLW sich letztere positionieren lassen. Bei der entsprechenden, einzelfallspezifischen Betrachtung zeigt sich, dass in lediglich fünf Fällen überhaupt keine Primärziele genannt werden, die der wachstumsorientierten Strategiealternative zuzuordnen sind. Das signalisiert, dass reine Konsolidierungszusammenschlüsse, bei denen die Verbindung komplementärer Fähigkeiten und Ressourcen keinerlei Rolle spielt, in der Praxis des Krisenma-
nagements offensichtlich selten sind. Für dieses Analyseergebnis lassen sich unterschiedliche Gründe anführen: So ist es denkbar, dass Manager von Krisenunternehmungen bei Zusammenschlüssen bewusst nicht einseitig kostenorientiert argumentieren, um das Unternehmungsklima nicht unnötig (weiter) zu verschlechtern. Stattdessen weisen sie u.U. auf die Bedeutung leistungsorientierter Ziele hin, wohl wissend, dass diese bei der Initiierung des Zusammenschlusses keine entscheidende Rolle spielen. Eine solche Begründung würde nahe legen, dass die auf der Inhaltsanalyse basierende Motivanalyse die Realität nicht genau genug abbildet. Geht man hingegen davon aus, dass das zitierte Ergebnis die Realität widerspiegelt und rein kostenorientierte Akquisitionen in Unternehmungskrisen selten verfolgt werden, so
Charakteristika von Fusionen und Übernahmen in Ertragskrisen
161
lässt dies darauf schließen, dass einer solchen Strategie wesentliche Umsetzungshemmnisse im Wege stehen oder ihr schlicht kein allzu großes Erfolgspotenzial beigemessen wird. Für beide Überlegungen lassen sich – das wurde im Rahmen der theoretischen Zusammenführung von Synergie- und Krisenmanagementtheorie gezeigt – Argumente finden: Danach werden reine Konsolidierungsstrategien in instabilen Krisenphasen wahrscheinlich überwiegend als Target-Strategien verfolgt, weil die Kostenremanenz einer anderweitigen Strategie entgegensteht. Des Weiteren stellt die GKK in der Recovery-Phase höchstens die zweitbeste Lösung dar.482 Interessant ist in jedem Fall das Ergebnis der Gegenprobe. Danach wird in immerhin 15 von 33 Fällen auf eine explizite Erwähnung von kostenorientierten Konsolidierungszielen vollständig verzichtet, wonach diese Transaktionen recht eindeutig der wachstumsorientierten M&A-Grundstrategie zugerechnet werden können. In den verbleibenden 13 Fällen werden schließlich explizit sowohl kosten- als auch leistungsorientierte Ziele als wesentliche Zusammenschlussmotive angeführt, wobei hier nicht geklärt ist, in welchem (Relevanz-) Verhältnis beide Zielarten zueinander stehen. Das Ergebnis einer in dieser Hinsicht nicht weiter differenzierenden Analyse fasst Abb. E-4. zusammen.483 Offensichtlich liegen die untersuchten Praxisfälle somit tendenziell eher in der Mitte und auf der leistungsorientierten Seite des hergeleiteten Kontinuums:
Kontinuum GKK
duale Strategie
GLW
5 Fälle
13 Fälle
15 Fälle
Abbildung E-4: Positionierung der analysierten Krisen-M&As auf dem Strategie-Kontinuum
Aufgrund der Tatsache, dass für die deutschen Fälle des Untersuchungssamples weiterreichende Informationen zugänglich waren, konnten für diese entsprechenden 17 Transaktionen einige zusätzliche interessante Erkenntnisse gewonnen werden.484 So ergab die ausführlichere
482 483
484
Vgl. das Krisen-M&A-Modell (Abb. C-13). Eine genauere Differenzierung der 13 Fälle, die hier aufgrund der offensichtlichen zweiseitigen Zielsetzung der dualen M&A-Strategie zugerechnet werden, erfolgt im Rahmen der Erfolgsanalyse (vgl. Kap. E.2.2.5). Durch die Verwendung der Datenbank LexisNexis konnten für jeden Einzelfall des deutschen Samples die relevanten Artikel der Wirtschaftspresse für den Zeitraum bis zwei Jahre vor und zwei Jahre nach Zusammenschluss gesichtet und ausgewertet werden. So war es möglich, ein ganzheitliches Bild der Restrukturie-
162
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Inhaltsanalyse in 14 der 17 Fälle (82%) klare Hinweise darauf, dass die akquirierende Krisenunternehmung vor dem Zusammenschluss umfangreiche unternehmungsindividuelle Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet und durchgeführt hat.485 Dieses Ergebnis impliziert, dass Krisen-M&As in vielen Fällen weder als alleinige noch als erste Maßnahme des Krisenmanagements initiiert werden. Vielmehr wird deutlich, dass ein umfassendes Krisenmanagement regelmäßig mit internen Anpassungen beginnt und M&A-Maßnahmen erst nach diesen internen Anpassungen durchgeführt werden. Dieses Ergebnis stützt damit grundsätzlich die Sicht der Phasenmodelle, wonach kurzfristig stabilisierende Sofortmaßnahmen am Anfang eines Krisenbewältigungsprozesses stehen sollten. Und da eine kurzfristige Stabilisierung mit synergieorientierten Zusammenschlüssen nur im Rahmen einer Target-Strategie erreicht werden kann, sind unternehmungsindividuelle Sanierungsmaßnahmen wichtige Bestandteile des Krisenmanagements. Ein weiteres Ergebnis der Inhaltsanalyse ist, dass bei der Mehrzahl aller analysierten deutschen Krisen-M&As (11 von 17) nicht nur die akquirierende Gesellschaft, sondern auch die Targetunternehmung bzw. deren Muttergesellschaft vor dem Zusammenschluss angeschlagen war und mit Krisensymptomen kämpfte. Für lediglich sechs Fälle kann dies nicht zweifelsfrei aus den Pressemitteilungen nachgewiesen werden. Von diesen sechs Fällen sind wiederum vier recht eindeutig als leistungsorientierte Wachstumsakquisitionen zu klassifizieren. Das verdeutlicht zwei Dinge: Zum einen dominiert bei Zusammenschlüssen, bei denen die Krisenunternehmung die aktive Rolle des Akquisiteurs übernimmt, offensichtlich der Fall, der an anderer Stelle dieser Arbeit als „Verbindung zweier Kranker“ thematisiert wurde. Zum anderen sind es vor allem leistungsorientierte Zusammenschlüsse, die in dieser Hinsicht die Ausnahmen darstellen. Beide Schlüsse stehen, obwohl darauf hinzuweisen ist, dass sie nur aus einem sehr kleinen Sample abgeleitet wurden, im Einklang mit den theoretischen Überlegungen aus Kap. C.
485
rungsaktivitäten einzelner Krisenunternehmungen zu gewinnen, in denen Fusionen und Übernahmen Teil des Krisenmanagements waren. Für das amerikanische Sample konnte keine entsprechend systematische Auswertung über alle Fälle und über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Typische Restrukturierungsmaßnahmen, die in diesem Zusammenhang genannt werden, umfassen einen Personalabbau, die Schließung von Betriebsstätten sowie den Verkauf von Vermögensgegenständen und ganzen Unternehmungsteilen.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
2
163
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
2.1
Ergebnisse der Tests auf Normalverteilung
Wie beschrieben, ist der Signifikanztest bei Ereignisstudien in Abhängigkeit von der Normalverteilung der abnormalen Renditen der untersuchten (Teil-) Samples zu wählen. Mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests wurden die später analysierten Teilsamples folglich auf das Vorliegen einer Normalverteilung hin untersucht. Die nachstehende Tabelle stellt die Ergebnisse der entsprechenden Tests zusammen. Danach kann für jedes im Rahmen der Ereignisstudie gebildete Teilsample eine Normalverteilung der abnormalen Renditen unterstellt werden. Konsequenterweise werden die nachfolgenden Signifikanztests mit dem t-Test durchgeführt.
Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
Prüfgröße KolmogorovSmirnov-Test
Signifikanzwert
Prüfgröße KolmogorovSmirnov-Test
Signifikanzwert
Alle Fälle mit Alno
0,041
0,900
0,044
0,829
Alle Fälle ohne Alno
0,041
0,887
0,043
0,861
Fälle mit negativer Kursreaktion an t0
0,072
0,245
0,053
0,620
0,043
0,860
0,051
0,669
0,081
0,148
0,077
0,191
0,045
0,822
0,056
0,562
0,046
0,789
0,042
0,875
0,031
0,990
0,053
0,635
0,034
0,974
0,040
0,902
Zusammenschlüsse nach der GLW
0,059
0,500
0,056
0,560
Zusammenschlüsse mit Tendenz GLW
0,031
0,991
0,039
0,959
Zusammenschlüsse mit Tendenz GKK (ohne Alno)
0,056
0,563
0,063
0,400
Sample
Fälle mit positiver Kursreaktion an t0 (ohne Alno) Zusammenschlüsse mit börsennotierten Targets Zusammenschlüsse mit nichtbörsennotierten Targets (ohne Alno) Akquisitionen großer Krisenunternehmungen Akquisitionen kleiner Krisenunternehmungen (ohne Alno) Zusammenschlüsse nach GKK und dualer Strategie (ohne Alno)
Tabelle E-2: Ergebnisse der Kolmogorov-Smirnov-Tests auf Normalverteilung
164
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
2.2
Ergebnisse der Ereignisstudie
2.2.1
Ergebnisse für das gesamte Sample
Die wesentlichen Ergebnisse der Ereignisstudie für das gesamte Sample von 33 Fällen sind in den Spalten 1 und 3 von Tab. E-3 zusammengefasst. Danach zeigen die Ergebnisse, die auf Basis des Marktmodells berechnet wurden (Spalte 1), eine sehr hohe positive abnormale Rendite am Ereignistag t0 i.H.v. 7,10%.486 Dieser statistisch hochsignifikante Wert signalisiert, dass der Markt schnell und – im Durchschnitt – überaus positiv auf die Ankündigung von M&A-Maßnahmen in Unternehmungskrisen reagiert, bei denen die Krisenunternehmung die aktive Rolle im Zusammenschlussprozess einnimmt. Dieses Basisergebnis wird dabei zunächst durch zwei Aspekte gestützt: Zum einen weisen die arithmetischen Mittelwerte der kumulierten abnormalen Renditen, die für insgesamt vier Zeitfenster um den Ereignistag herum berechnet wurden, eine stabile Entwicklung auf (CAR[0;+1] = 7,51%; CAR[-1;+1] = 7,31%; CAR[-5;+5] = 7,90%; CAR[-40;+40] = 7,38%). Zum anderen werden diese Teilergebnisse auch grundsätzlich von den Ergebnissen des mittelwertbereinigten Modells (Spalte 3) untermauert. Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
Alle Fälle mit Alno Alle Fälle ohne Alno Alle Fälle mit Alno Alle Fälle ohne Alno n=33
n=32
n=33
n=32
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. Mean AR-1
-0,20%
Mean AR0 Mean AR+1
7,10% *** 58%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
7,51% *** 67% 3,49%
3,18% *** 66% 3,16%
7,66% *** 70% 2,71%
3,33% *** 69% 2,64%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
7,31% *** 64%
3,02% *** 63%
7,78% *** 67%
3,47% *** 66%
2,81%
2,76%
3,93%
3,83%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
7,90% *** 61% 3,33%
3,40% 3,31%
59%
8,90% *** 67% 4,84%
4,30% 4,66%
56%
8,11%
4,30%
0,42%
Mean CAR[-40;+40] 7,38% Med. CAR[-40;+40] 3,64%
42% -0,16% 64%
58%
44%
1,76% *** 56% 1,43%
4,27% 3,51%
**
*
66%
0,12%
58%
7,11% *** 67% 0,55%
2,15%
64%
55%
0,13%
59%
1,78% *** 66% 1,55%
**
**
66%
66% 53%
1,39%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau Tabelle E-3: Ergebnisse der Ereignisstudie für das gesamte Sample
486
Sofern die folgenden Ausführungen nichts anderes explizit erwähnen, beziehen sich die genannten Kennzahlen ebenso wie die dargestellten Graphiken auf die Ergebnisse nach dem Marktmodell.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
165
Betrachtet man bei näherem Hinsehen allerdings die zu Kontrollzwecken berechneten Größen, die die Ergebnisse der arithmetischen Durchschnittsbildung verifizieren sollen, so zeigen sich deutliche Hinweise auf das Vorliegen einer Ausreißer-Problematik. Danach lassen insbesondere die Medianwerte, die für die kumulierten abnormalen Renditen ausgewiesen werden und die erheblich von den entsprechenden Mean-Werten abweichen, den Schluss zu, dass einzelne hohe Ergebnisbeiträge für die außergewöhnlich hohen arithmetischen Mittelwerte
verantwortlich sind. Die Tendenz der im Durchschnitt positiven Kursreaktion auf das untersuchte Ereignis wird zwar auch von den Medianwerten gestützt, die, je nach Ereignisfenster, im Bereich zwischen positiven 2,81 und 3,64% liegen. Dennoch scheint die Höhe der arithmetischen Mittelwerte die „wahre“ durchschnittliche Erfolgssituation überzubewerten. Ähnliches signalisieren, wenngleich weniger deutlich, auch die Kennzahlen „%-p.“, welche die Quote der Fälle mit positiver AR- bzw. CAR-Entwicklung im untersuchten Sample wiedergeben. So weisen z.B. nur rund 60% der im Sample zusammengefassten Einzelfälle positive kumulierte abnormale Renditen auf, was im Gegenzug bedeutet, dass in ca. 40% aller Fälle negative kumulierte abnormale Renditen für die übernehmenden Gesellschaften resultieren. Die hohen arithmetischen Mittelwerte sind daher zu hinterfragen. Eine genauere Betrachtung der einzelnen Wertbeiträge der Samplefälle offenbart schließlich die primäre Quelle des verzerrenden Effekts. So reagiert die Aktie der Unternehmung Alno am Ereignistag t0 mit exorbitanten Kurssprüngen auf die Ankündigung, dass der Hersteller von Küchen seinen Konkurrenten Casawell vollständig übernehmen wird. Der Kurs der Aktie steigt am Tag der Ankündigung von 1,62 Euro um effektive (und gleichzeitig abnormale) 178% auf 4,50 Euro.487 Dieser Wertbeitrag, der vollständig in die Berechnung des MeanAR-Wertes am Tag t0 einfließt, führt zum außergewöhnlich hohen Ergebniswert des Gesamtsamples von 7,10%. Zwar reagiert die Alno-Aktie am Folgetag mit einer Kurskorrektur um rund 31% (auf 3,10 Euro), was ihre kumulierte abnormale Rendite im Ereignisfenster [-1;+1] auf 146,16% fallen lässt, dennoch beeinflusst auch dieser Wertbeitrag die Durchschnittsbildung der Sample-CARs enorm. Um zu aussagekräftigeren Zahlen zu gelangen, wurden daher im nächsten Analyseschritt die einzelnen AR- und CAR-Berechnungen ohne Berücksichtigung des Alno-Falls durchgeführt. 487
Die extreme Kursreaktion erklärt sich dabei über mehrere Faktoren: Zum einen weist die Alno-Aktie im Vorfeld der Übernahmeankündigung eine sehr geringe Handelsaktivität auf. Daneben ist der Streubesitz der Wertpapiere relativ gering. Durch die langwierige Unternehmungskrise hat sich der Kurs auf sehr niedrigem Niveau eingependelt. Die Nachricht der Übernahme wird nun offensichtlich als große Chance zur nachhaltigen Krisenbewältigung angesehen. Die Richtung der Kursreaktion ist somit sicherlich aussagekräftig, ihre Höhe hingegen als äußerst ungewöhnlich anzusehen.
166
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Das verringert des Sample auf 32 Fälle. Die entsprechenden Ergebnisse sind für das Marktmodell in Spalte 2 und für das mittelwertbereinigte Modell in Spalte 4 von Tab. E-3 dargestellt. Ein Vergleich von Mean- und Medianwerten zeigt dabei unmittelbar den korrigierenden Effekt des Fall-Ausschlusses. Wichen die entsprechenden Größen bisher stark voneinander ab, so ist nun eine weitgehende Übereinstimmung abzulesen. Das spricht dafür, dass die neuen Zahlen den wahren Effekt der untersuchten Maßnahme korrekt bzw. zumindest deutlich besser widerspiegeln, als die vorher dargestellten Ergebniswerte. Die Interpretation der neuen Werte beginnt sinnvollerweise bei den Ergebnissen der durchschnittlichen abnormalen Tagesrenditen, die um den Ereignistag resultieren. Über alle 32 Fälle ergibt sich danach am Ereignistag selbst eine durchschnittliche abnormale Rendite i.H.v. 1,76%. Dieser Wert ist statistisch auf dem höchsten getesteten Niveau von 1% signifikant. Am Tag t1, der auf den Ereignistag folgt, resultiert eine – ebenfalls hochsignifikante – abnormale Rendite i.H.v. 1,43%. Bemerkenswert ist dabei, dass beide positiven Durchschnittswerte zu Stande kommen, obwohl nur 56% bzw. 66% der Samplefälle einen positiven Wertbeitrag (an t0 bzw. t1) beisteuern. Es scheint also nicht so zu sein, dass eine besonders große Mehrzahl der untersuchten Fälle um den Ereignistag herum positive abnormale Renditen erzielt. Der signifikante und positive Ergebniswert an Tag t1 lässt darüber hinaus auf eine systematische Unterreaktion des Marktes an t0 schließen: Die vollständige Informationsverarbeitung erstreckt sich demnach scheinbar auf mindestens zwei Tage. Die durchschnittliche abnormale Rendite steigt in diesem Zwei-Tages-Fenster auf signifikante 3,18% an. Eine Ausweitung dieses Ereignisfensters auf drei Tage (CAR[-1;+1]) legt dabei wegen des nahezu unveränderten Ergebnisses den Schluss nahe, dass unmittelbar vor dem Ereignistag selbst keine besondere Kursreaktion stattfindet.
Ausgehend von diesen kurzfristigen Ergebnissen soll eine Betrachtung der beiden längeren Ereignisfenster klären, inwieweit die ermittelten spontanen Kursreaktionen auch Bestand haben. Im hier diskutierten Fall sprechen die CAR-Ergebnisse für eine dauerhafte Kursänderung und damit für einen tatsächlichen (durchschnittlichen) Vermögenszuwachs der Aktionäre. Im Zeitfenster [-5;+5] liegt die kumulierte abnormale Rendite bei (gerade noch signifikanten) 3,40%, im Fenster [-40;+40] steigt sie sogar auf 4,27%. Das letzterer Wert dabei keine statistische Signifikanz mehr aufweist, liegt an der schon früher diskutierten Eigenschaft des Signifikanztests, bei längeren Zeiträumen kaum noch anzuschlagen. Ein Vergleich dieser Werte, die allesamt nach dem Marktmodell berechnet wurden, mit den Ergebnissen des mittelwertbereinigten Modells, zeigt dabei hohe Überschneidungen. Die größte Abweichung
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
167
ergibt sich beim Ereignisfenster [-5;+5]. Hier übersteigt der Wert des mittelwertbereinigten Modells den des Marktmodells um 1,0%. Insgesamt legt dies den Schluss nahe, dass sich die modellspezifischen Verzerrungen bei der Prognose der erwarteten Renditen – zumindest bei einer Analyse des Gesamtsamples – in Grenzen halten. Auf Basis dieser Ergebnisse ist somit zu folgern, dass Krisenunternehmungen von der Ankündigung, eine M&A-Maßnahme in der aktiven Rolle durchführen zu wollen, im Durchschnitt profitieren. Die durchschnittliche Wertsteigerung ist auf Wochen hin stabil und im Kern signifikant. Graphik E-5 visualisiert die durchschnittliche CAR-Entwicklung des Gesamtsamples. Die geringe Amplitude der Kurve bis zum Zeitpunkt t0 signalisiert dabei, dass vor dem Ereignistag selbst keine systematische Kursreaktion erfolgt – die Information also nicht vorzeitig vom Markt antizipiert und verarbeitet wird. Die einigermaßen waagerechte Entwicklung im Zeitraum nach dem Ereignistag (hier: nach t1) unterstreicht die Stabilität des Wertzuwachses.
Ergebnisse für das gesamte S ample 10,0% alle Fälle mit Alno alle Fälle ohne Alno
Entwicklung CAR
8,0% 6,0% 4,0% 2,0%
-2,0%
40
36
32
28
24
20
16
8
12
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-36
-40
0,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-5: Ergebnisse der Ereignisstudie für das gesamte Sample
Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Resultaten allgemeiner M&A-Studien, die sich nicht explizit auf Transaktionen in Unternehmungskrisen konzentrieren, so wird deutlich, dass die hier für das Gesamtsample ermittelten positiven (kumulierten) abnormalen Renditen als bemerkenswert hoch zu bezeichnen sind. Das wird besonders deutlich, wenn man sich das Bild der Ergebnis-Zusammenstellung in Erinnerung ruft, das auf der Literaturanalyse von ECKARDT basiert (vgl. Abb. D-7). Dieses Bild zeigt, dass keine der 38 Studien, die den Übernahmeerfolg auf Seiten des Akquisiteurs mittels elftägigem CAR-Wert ([-5;+5]) misst, kumulierte Überrenditen > 3% ausweist. Die hier – wohlgemerkt ohne den Alno-Fall – ermittelten durchschnittlichen kumulierten abnormalen Renditen i.H.v. 3,40% (nach Marktmodell)
168
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
bzw. 4,30% (nach mittelwertbereinigtem Modell) stellen somit offensichtlich weit überdurchschnittliche Erfolgswerte dar. In diesem Zusammenhang ist allerdings auf einen Aspekt hinzuweisen, der die Aussagekraft des entsprechenden Ergebnisvergleichs etwas limitiert. So zeigt eine stichprobenartige Überprüfung der von ECKARDT zusammengestellten Studien, dass eine ganze Reihe dieser Studien bei der Sampleauswahl auf die Einführung einer Wesentlichkeitsgrenze verzichtet.488 Damit sind diese Untersuchungen mit der in Kap. D.3.2.2 erörterten Problematik konfrontiert, dass der Prozess der Durchschnittsbildung von AR- und CAR-Werten mit der Berücksichtung vieler unbedeutender Transaktionen zunehmend zu Ergebnissen im Bereich von Null führen wird. Ein Vergleich der eigenen Ergebnisse mit den Resultaten der aktuellen und umfangreichen Studien von MOELLER
ET AL.
(CAR[-1;+1] = 1,1%) bzw. FULLER
ET AL.
(CAR[-2;+2] =
1,8%) bestätigt jedoch den Eindruck, dass Zusammenschlüsse, die von Krisenunternehmungen initiiert werden, im Durchschnitt (aus Sicht der akquirierenden Gesellschaften) klar wertschaffendere Vorgänge darstellen als „allgemeine“ M&A-Maßnahmen.489 Lediglich die Er-
gebnisse von PICKEN sind in ihrer Höhe mit den eigenen Resultaten vergleichbar.490 Insgesamt spricht somit einiges für die Überlegung, der zufolge die Sondersituation der Ertragskrise zumindest im Mittel dazu führt, dass Krisen-M&As stärker durch Wertsteigerungsdenken der handelnden Manager und weniger durch Moral Hazard motiviert sind als die Gesamtheit der weltweit durchgeführten Fusionen und Übernahmen. Offensichtlich wirken schwierige Unternehmungssituationen in der Tat eine Art „erzieherischen Einfluss“ auf die Handlungen des Top-Managements einer Krisenunternehmung aus: Durch die mehr oder weniger bedrohliche Ausgangslage werden (Investitions-) Entscheidungen tendenziell restriktiver geprüft und vorwiegend nur dann umgesetzt, wenn der (Krisen-) Unternehmung dadurch ein wirklicher Mehrwert entsteht. Inhaltlich steht ein solcher Schluss im Einklang mit den Implikationen der Free-Cash-FlowHypothese, die den Verdacht formuliert, dass (erfolgreiche) Unternehmungen mit hohen frei488
489 490
Hier sind z.B. die Studien von Doukas/Travlos [Acquisitions 1988], Cakici et al. [Acquisitions 1996] und Bruner [Merger 1988] zu nennen. Andere Studien konzentrieren sich auf Fälle, bei denen sowohl die akquirierende als auch die übernommene Gesellschaft börsennotiert ist und stellen darüber zumindest eine gewisse Wesentlichkeit der Transaktion sicher. Dazu zählen u.a.: Bradley et al. [Division 1988] und Lang et al. [Free Cash Flow 1991]. Beide Vergleichsstudien berücksichtigen eine Wesentlichkeitsgrenze, indem sie den MindestTransaktionswert auf 1 Mio. US$ festlegen. Das gilt jedoch nur, wenn man die 115 „kleinen“ Fälle seines Gesamtsamples unberücksichtigt lässt, die deutlich unter der in der vorliegenden Arbeit festgelegten Wesentlichkeitsgrenze liegen. Vgl. hierzu die Ergebnisübersicht für die Differenzierung nach relativer Größe: Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 149.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
169
en Cash-Flows eher dazu neigen, nicht-wertschaffende Transaktionen durchzuführen, als Gesellschaften, die über geringe(re) finanzielle Mittel verfügen.491 Dem viel zitierten Urteil, dass akquirierende Unternehmungen bei der Ankündigung (resp. Durchführung) von M&AMaßnahmen nur selten eine Steigerung des Aktien- und Unternehmungswertes verbuchen können, ist damit für das vorliegende Sample zu widersprechen. Demzufolge ist auch zu bestreiten, dass Akquisiteure in der Mehrzahl der Fälle als Verlierer des Merger-Games zurückbleiben. Das mag für die Gesamtheit der weltweiten M&A-Fälle gelten, für Transaktionen, die in Ertragskrisen initiiert werden, gilt dies offensichtlich nicht. Allerdings ist davor zu warnen, bei einer Bewertung der hier vorgestellten Ergebnisse –trotz deren grundsätzlicher „Überlegenheit“ – allzu euphorisch zu urteilen. Schließlich zeigen die einzelnen Ergebniswerte der Gesamtanalyse auch, dass der positive durchschnittliche Wertgewinn in der vorliegenden Untersuchung nur auf dem positiven Ergebnisbeitrag von gut der Hälfte der analysierten Fälle basiert (im Zeitfenster [-40;+40] sind es 56%). Damit wird hin-
sichtlich der Frage, welche Motive Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen leiten, zwar überwiegend die Synergiethese gestützt, das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass
diesbezüglich offensichtlich erhebliche Unterschiede auf Einzelfallebene existieren. Um in dieser Hinsicht zunächst weiteren Aufschluss darüber zu gewinnen, wie sich das Gesamtsample aus positiven und negativen Fällen zusammensetzt und inwieweit beide Gruppen stabile positive bzw. negative Kursreaktionen aufweisen, wird in einem nächsten Analyse-
schritt das Gesamtsample differenziert. Dabei werden Fälle, die am Ereignistag t0 eine positive abnormale Kursreaktion ausweisen, und Fälle, die am entsprechenden Tag eine negative abnormale Kursreaktion aufweisen, separiert und getrennt betrachtet. Bevor dies geschieht, ist jedoch die Frage zu klären, wie im Rahmen der folgenden Analysen und Ergebnispräsentationen mit dem Alno-Fall umgegangen werden soll. Ein konsequentes Weglassen der entsprechenden AR- und CAR-Werte von Alno im Rahmen der Durchschnittsberechnungen ist dabei zu kritisieren, weil es den Ergebnisbeitrag eines (äußerst) positiven Exempels gänzlich unberücksichtigt lässt und so zu einer Unterbewertung der jeweiligen Sampleergebnisse führt. Eine undifferenzierte Durchschnittsberechnung, die auf allen (AR- und CAR-) Ebenen die hohen dreistelligen prozentualen Werte des Alno-Falls mit einbezieht, führt auf der anderen Seite – wie gesehen – zu verzerrten Gesamtergebnissen. Dieser Effekt wäre dabei umso stärker, je kleiner das analysierte Teilsample ist, dem der Alno-Fall
491
Vgl. Jensen [Takeovers 1986] und Harford [Acquisitions 1999].
170
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
inhaltlich zuzurechnen wäre. Eine solche Verzerrung würde in der Folge sowohl die internen Ergebnisvergleiche der eigenen Untersuchung als auch den Benchmarking-Prozess mit fremden Studien erschweren. Zur Lösung dieser Trade-off-Problematik wird fortan wie folgt verfahren: Für Teilsample, die den Alno-Fall grundsätzlich umfassen, werden die arithmetischen Mittelwerte (Mean-AR und Mean-CAR) ohne Berücksichtigung des Alno-Falls berechnet und ausgewiesen. Dies führt an dieser Stelle zwar tendenziell zu einer Unterbewertung des wahren Kurseffekts, gewährleistet aber gleichzeitig eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Um trotz dieser künstlichen Ergebniskorrekturen möglichst aussagekräftige Erkenntnisse für „Alno-Sample“ gewinnen zu können, werden die Kontrollgrößen (Median- und %-p.-Werte) mit Berücksichtigung des Alno-Falls berechnet. Dies erscheint hier sinnvoll, weil die Systematik der Medianberechnung dazu führt, dass die exorbitante Höhe der positiven abnormalen Rendite von Alno nur als „ein hoher Wert“ berücksichtigt wird.492 Ähnliches gilt für die Kennzahl, die den
Prozentsatz der positiven Fälle ausweist. Hier wird der Alno-Fall einfach als ein Fall mit positiver (kumulierter) abnormaler Rendite gewertet – ohne dass die enorme Höhe der Kursänderung die Kennzahl selbst beeinflussen würde.493 Die Kombination der Berechnungsmethoden ermöglicht somit die Gewinnung aussagekräftiger Erkenntnisse.
2.2.2
Differenzierung nach positiver bzw. negativer Kursreaktion am Ereignistag
In Anlehnung an die Vorgehensweise bei GERKE ET AL. (1995) soll eine Gegenüberstellung von Fällen mit positiven bzw. negativen Kursreaktionen am Ereignistag zeigen, wie homogen das Gesamtsample ist. Konkret geht es dabei um die Klärung der Frage, ob sich das Gesamtsample systematisch in dauerhaft erfolgreiche bzw. dauerhaft nicht-erfolgreiche Fälle unterteilen lässt oder ob die entsprechenden Kursreaktionen an t0 zufälliger Natur sind. Tab. E-4 stellt die Ergebnisse für die angesprochene Zweiteilung dar. Wie im vorigen Kapitel beschrieben, resultieren die grau hinterlegten (Mean-) Ergebnisse dabei ohne eine Berücksichtigung des Alno-Falls. Entsprechend des hier im Mittelpunkt stehenden Differenzierungsfokus’ lassen sich 14 Fälle mit negativer und 19 Fälle mit positiver abnormaler Kursreaktion an t0 identifizieren und in 492
493
Auf das Beispiel zur Medianberechnung aus FN 475 übertragen heißt das: Für eine Ergebnisreihe -5; -4; -1; 0; 100 wird der Wert 100 einfach als „größter Wert“ und damit nicht anders als etwa ein Wert von +0,1 behandelt. Die Ergebnisreihen -5; -4; -1; 0; 100 und -5; -4; -1; 0; 0,1 haben damit beide einen Median i.H.v. -1. Deshalb verzerrt die Berücksichtigung des Alno-Falls die Medianwerte nicht. Auch hierbei ist es demnach irrelevant, ob ein einzelner Ergebnisbeitrag 100 oder 0,1 beträgt.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
171
Teilsample überführen. Für die negativen Fälle ergibt sich an diesem Ereignistag erwartungsgemäß eine signifikante negative durchschnittliche abnormale Rendite i.H.v. -4,41% (nach Marktmodell). Die positiven Fälle verzeichnen hingegen – ebenso erwartungsgemäß – eine signifikante abnormale Rendite i.H.v. 6,55%. Erste interessante Ergebnisse offenbart ein Blick auf die durchschnittlichen täglichen abnormalen Renditen an Tag t1. Die Fälle mit negativer Kursreaktion an t0 weisen hier eine positive – allerdings nicht-signifikante – abnormale Rendite i.H.v. 1,09% auf. Diese Gegenbewegung spricht dafür, dass der Markt für diese negativen Fälle an t0 tendenziell überreagiert. Ein Vergleich der abnormalen Tagesrenditen an t0 mit den Werten der kurzen Ereignisfenster (CAR[0;+1] = -3,32% und CAR[-1;+1] = 2,99%) verdeutlicht diesen Effekt. Gegenteiliges ist für die Fälle zu beobachten, die an t0 eine positive abnormale Rendite aufweisen. Hier liegen die kumulierten Renditen innerhalb der beiden kurzen Zeitfenster deutlich über den abnormalen Tagesrenditen am Ereignistag: Von 6,55% steigt der kumulierte Wertgewinn auf 8,24% (CAR[0;+1]) bzw. 7,69% (CAR[-1;+1]) an. Damit ist für diese Fälle eine marktseitige Unterreaktion an t0 zu konstatieren, die den wahren positiven Wertänderungseffekt nicht in seiner Gänze erfasst. Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
Fälle mit negativer Kursreaktion (AR) an t0
Fälle mit positiver Kursreaktion (AR) an t0
Fälle mit negativer Kursreaktion (AR) an t0
Fälle mit positiver Kursreaktion (AR) an t0
n=14
n=19
n=14
n=19
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. Mean AR-1
0,34%
Mean AR0 Mean AR+1
-4,41% *** 0% 1,09% 57%
43% -0,55%
6,55% *** 100% -5,77% *** 0% 1,69% ** 68% 1,87% * 64%
42%
1,44%
64% -0,56%
5,74% *** 100% 1,38% * 64%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
-3,32% *** 29%
8,24% *** 95% -3,90% **
36%
7,12% *** 86%
-3,63%
6,88%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
-2,99% ** -2,29%
29%
7,69% *** 89% -2,46% 6,89% -3,84%
27%
6,57% *** 86% 5,21%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
-3,40%
50%
8,69% *** 68% -3,29%
55%
8,28% *** 73%
45%
7,29% 6,04%
-4,77%
0,92%
6,79%
0,65%
Mean CAR[-40;+40] -4,12% Med. CAR[-40;+40] 1,57%
50% 10,80% 12,65%
63% -1,39% -1,83%
41%
6,22%
7,90% 59%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau ohne den Ergebnisbeitrag des Alno-Falls Tabelle E-4: Ergebnisse der Ereignisstudie für Samples mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag
172
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Interessante Ergebnisse erhält man auch für die längeren Untersuchungszeiträume. Danach ergibt sich für die Fälle, die am Ereignistag eine negative abnormale Rendite realisieren, auch über das 81-tägige Ereignisfenster eine negative durchschnittliche Rendite i.H.v. -4,12%. Die geringe Abweichung vom ermittelten Ein-Tages-Effekt an t0 signalisiert dabei, dass die kurzfristige Kursreaktion dauerhaften Bestand hat. Für die 19 ursprünglich positiv bewerteten Fälle kann ebenfalls eine sehr stabile Entwicklung konstatiert werden. Die am Ereignistag gemessene Überrendite i.H.v. 6,55% steigt auf einen Wert von 10,80% (CAR[-40;+40]) an. Die in Graphik E-6 dargestellten Verläufe der kumulierten abnormalen Renditen visualisieren dabei die genaue Entwicklung innerhalb des gesamten Ereignisfensters.
Differenzierung nach Kursreaktion am Ereignistag (Marktmodell) 25,0%
Fälle mit neg. Kursreaktion Fälle mit pos. Kursreaktion (mit Alno) Fälle mit pos. Kursreaktion (ohne Alno)
15,0% 10,0% 5,0%
-10,0%
40
36
32
28
24
20
16
8
12
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-5,0%
-36
0,0% -40
Entwicklung CAR
20,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-6: Ergebnisse der Ereignisstudie für Samples mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag
Die nach dem Ereignistag einigermaßen waagerecht verlaufenden CAR-Linien spiegeln die Stabilität der Entwicklungen eingängig wider. Diese Stabilität ist es schließlich auch, die den Schluss nahe legt, dass sich das Gesamtsample aus recht heterogenen Fällen zusammensetzt. Für einen Teil der untersuchten Fälle führt die M&A-Maßnahme demnach zu einem (dauerhaften) Wertverlust, für einen anderen Teil zu einem (dauerhaften) Wertgewinn. Zu einem ähnlichen Urteil gelangt auch die Untersuchung von GERKE 494
Transaktionen deutscher Firmen analysiert.
ET AL.
(1995), die 105 M&A-
Beide Ergebnisse zusammengenommen führen
damit zu der Erkenntnis, dass die Fokussierung auf Krisenunternehmungen offensichtlich
494
Danach weisen die Fälle mit positiver (negativer) abnormaler Rendite am Ereignistag über das 81-tägige Ereignisfenster eine durchschnittliche kumulierte abnormale Rendite i.H.v. ca. +3% (-3%) auf. Vgl. Gerke et al. [Bewertung 1995], S. 813.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
173
nicht zu einer Homogenisierung der ursprünglich heterogenen M&A-Landschaft führt. Auch
wenn man nur M&As von Krisenunternehmungen betrachtet, lassen sich sowohl Zusammenschlüsse, die Wert steigern, als auch Zusammenschlüsse, die Wert vernichten, identifizieren. Der Versuch einer internen Verifizierung dieser Ergebnisse mittels der berechneten Kontrollgrößen offenbart dabei verschiedene Erkenntnisse: Zunächst unterstreichen die Ergebnisse, die nach dem mittelwertbereinigten Modell berechnet wurden, die grundsätzlichen Resultate des Marktmodells. Auch nach erstgenanntem Modell lässt sich eine gewisse Über- bzw. Unterreaktion am Ereignistag selbst feststellen. Darüber hinaus sind auch die CAREntwicklungen als ähnlich zu beurteilen. Größere Abweichungen zwischen den Ergebnissen des Marktmodells und des mittelwertbereingten Modells ergeben sich lediglich im Bereich des 81-tägigen Ereignisfensters. Dies ist wiederum verständlich, da sich hier die geringen täglichen Differenzen über einen längeren Zeitraum aufsummieren.495 Darüber hinaus spricht jedoch die Kombination aus Medianwerten und Quoten der positiven Fälle für eine vorsichtigere Interpretation der bisher dargestellten Ergebnisse – insbesondere auf Seiten der Fälle mit negativer Kursreaktion an t0. So liegt der Medianwert für diese Fälle im Zeitfenster [-5;+5] bei positiven 0,92% (Mean-Wert: -3,40%), im Bereich [-40;+40] sogar bei positiven 1,57% (Mean-Wert: -4,12%). Das lässt auf zwei Dinge schließen: Zum einen verzerrt bei diesen beiden Ereignisfenstern offensichtlich mindestens ein stark negativer Einzelfall den arithmetischen Mittelwert (negativer Ausreißer), zum anderen scheinen sich die kurzfristig negativ bewerteten Fälle im Laufe der Zeit – und im Durchschnitt – wieder zu erholen. Der %-p.Wert, der für dieses Sample im längsten Untersuchungszeitraum bei immerhin 50% liegt, unterstreicht diesen Eindruck. Danach erleiden nur rund die Hälfte der Unternehmungen, deren Aktien kurzfristig Kursverluste erleiden, auch langfristige Vermögenseinbußen. Auf der anderen Seite signalisiert der %-p.-Wert im Zeitfenster [-40;+40] für die Fälle, die an t0 eine positive abnormale Rendite erzielen, dass der langfristige Wertgewinn hier nur auf dem Wertbeitrag von 63% der Fälle beruht. Das oben präsentierte Ergebnis hinsichtlich der Differenzierbarkeit von dauerhaft positiven bzw. negativen Fällen ist damit etwas zu relativieren. Um in dieser Frage weiteren Aufschluss zu erhalten, soll mittels eines statistischen Tests untersucht werden, ob sich die hier in zwei Teilsamples differenzierten Fälle vom Ergebnis her 495
An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass die Ergebnisse der über 81 Tage kumulierten abnormalen Renditen primär als Tendenzwerte interpretiert werden sollten. Sie sollen Aufschluss darüber geben, ob eine kurzfristige Entwicklung im Kern Bestand hat oder nicht, ob also die entsprechenden CAR-Werte die AR-Werte, die um den Ereignistag herum gemessen werden, unterstreichen oder nicht. Aufgrund der Kritikpunkte bezüglich längerer Ereignisfenster (vgl. Kap. D.1.3.2.1) ist von einer allzu detaillierten Interpretation dieser „langfristigen“ CAR-Werte abzusehen.
174
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
signifikant unterscheiden. Dazu wird an dieser Stelle, ebenso wie bei allen nachfolgenden Untersuchungen, auf den Wilcoxon-Rangsummentest zurückgegriffen. Dieser Test bietet sich im Rahmen dieser und folgender Analysen an, weil er – im Gegensatz zu klassischen tTests – ohne Verteilungsannahmen auskommt.496 Für die konkrete Testentscheidung werden hierbei zunächst beide Stichproben zusammengelegt und sämtliche Beobachtungen (für eine bestimmte Untersuchungsperiode) der Größe nach aufsteigend sortiert. So ergibt sich z.B. für das Ereignisfenster [-5;+5] eine Zahlenreihe, welche die CAR[-5;+5]-Ergebnisse für alle (n=) 33 Einzelfälle des Gesamtsamples aufsteigend ordnet. Anschließend wird jedem dieser Werte eine Rangzahl zugeordnet, wobei der kleinste Wert den Rangplatz 1, der größte hingegen den Rangplatz n erhält. Zur Ermittlung der Prüfgröße z werden dann die Rangplätze beider ursprünglichen Teilsamples getrennt voneinander aufsummiert. Im hier diskutierten Fall ergibt sich somit eine Rangsumme für die Fälle mit negativer Kursreaktion an t0 (RS1) und eine Rangsumme für die Fälle mit positiver Kursreaktion an t0 (RS2).497 Die Prüfgröße z berechnet sich schließlich nach: z
RS 1 E RS 1 Var RS 1
bzw.
z
n n 1 · RS 1 §¨ 1 2 ¸¹ 498 © . n1 n n1 n 1 12
Für größere Gesamtsamples ist diese Teststatistik standardnormalverteilt, weswegen die kritischen Schranken für eine Annahme bzw. Ablehnung der Nullhypothese (dass beide Teilsamples in ihrer Lage übereinstimmen) aus der Normalverteilung gewonnen werden können.499 Tab. E-5 stellt die Ergebnisse der Wilcoxon-Teststatistik für die in diesem Kapitel thematisierte Differenzierung in Fälle mit positiver bzw. negativer Kursreaktion am Ereignistag dar. 496 497 498 499
Vgl. Büning/Trenkler [Methoden 1994], S. 131. Dabei gilt: RS1 + RS2 = 1 + 2 + ... + n. n1 (n2) steht hier für die Anzahl der Beobachtungen des ersten (zweiten) Teilsamples. Damit ist n = n1 + n2. Vgl. zu diesem Abschnitt z.B. Schlittgen [Statistik 1997], S. 347 ff. Für eine einseitige Alternativhypothese („die Werte der ersten Stichprobe sind kleiner als die der zweiten Stichprobe“) ergeben sich folgende Bereiche für eine Ablehnung der Nullhypothese: |z|>1,2816 (für eine 10-prozentige Irrtumswahrscheinlichkeit); |z|>1,6449 (für eine 5-prozentige Irrtumswahrscheinlichkeit); |z|>2,3263 (für eine 1-prozentige Irrtumswahrscheinlichkeit). Vgl. die Tabelle der Standardnormalverteilung (z.B. in Schlittgen [Statistik 1997], S. 462 f.).
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Marktmodell maßgebliches Ereignisfenster
175
mittelwertbereinigtes Modell
z
Sig.
z
Sig.
CAR[0;+1]
-4,116
***
-3,628
***
CAR[-1;+1]
-3,388
***
-2,750
***
CAR[-5;+5] CAR[-40;+40]
-2,659
***
-2,139
**
-1,020
-0,496
Tabelle E-5: Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Sample mit positiver bzw. negativer abnormaler Kursreaktion am Ereignistag
Für die ersten drei Ereignisfenster ist die Nullhypothese danach klar abzulehnen. Das bedeutet, dass die Ergebnisse für die Fälle mit negativer Kursreaktion an t0 auch noch innerhalb des Zeitfensters [-5;+5] signifikant von den Vergleichsergebnissen (Fälle mit positiver abnormaler Rendite an t0) abweichen. Dies unterstreicht wiederum die Annahmen, nach denen das Gesamtsample aus zwei heterogenen Teilsamples besteht, und die Kursreaktionen an t0 systematisch bzw. nicht zufällig erfolgen. In der längeren Betrachtung schlägt der Signifikanztest allerdings nicht mehr an. Trotz dieses in der langen Sicht nicht-signifikanten Ergebnisses, scheint eine Gesamtbetrachtung der hier differenzierten Fälle den Schluss zuzulassen, dass einige Krisenunternehmungen stark von der Ankündigung, eine M&A-Maßnahme aktiv gestalten zu wollen, profitieren, andere hingegen nicht. Damit stellt sich die Frage, ob sich die (stark) positiven Fälle von den negativen bzw. nichtpositiven Fällen anhand klarer inhaltlicher Kriterien abgrenzen lassen.
2.2.3
Differenzierung nach Börsennotierung der Zielunternehmung
Aufgrund der Tatsache, dass in einigen Studien die Börsennotierung der Zielgesellschaft als Erfolgs- bzw. besser gesagt als Misserfolgskriterium für Zusammenschlüsse angeführt wird, soll auch das vorliegende Sample von Transaktionen in Unternehmungskrisen nach diesem Kriterium differenziert und analysiert werden. Die Ergebnisse für die resultierenden Teilsamples der eigenen Untersuchung sind in Tab. E-6 aufgeführt und gegenübergestellt. Für die 14 Transaktionen, bei denen sich eine Krisenunternehmung mit einer börsennotierten Zielunternehmung zusammenschließt, ergibt sich am Ereignistag eine negative durchschnittliche abnormale Rendite i.H.v. -3,50%. Dieser negative Wert ist hochsignifikant und wird vom zugehörigen %-p.-Wert, der hier lediglich bei 21% liegt, stark untermauert. Die schon weiter vorne zu beobachtende Gegenbewegung für Fälle, die an t0 Kursverluste erleiden, ist
176
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
auch hier festzustellen: An t1 weisen 71% der Akquisiteure positive abnormale Renditen auf, was im Ergebnis dazu führt, dass die gesamte abnormale Wertänderung in den kurzfristigen Ereignisfenstern bei „nur noch“ -1,70% (CAR[0;+1]) bzw. -1,82% (CAR[-1;+1]) liegt. Beide Werte sind nicht statistisch signifikant, auch wenn die Kontrollgrößen die negativen Ergebnisse klar stützen: Die nach dem mittelwertbereinigten Modell ermittelten Mean-CAR-Werte weichen um weniger als 0,5% von den entsprechenden Werten des Marktmodells ab, die Medianwerte sind für beide Modelle und Ereignisfenster klar negativ, und die Prozentsätze der positiven Fälle liegen für das Marktmodell jeweils deutlich unter 50%.
Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
Zusammenschlüsse mit Zusammenschlüsse mit Zusammenschlüsse mit Zusammenschlüsse mit börsennotierten nicht-börsennotierten börsennotierten nicht-börsennotierten Unternehmungen Unternehmungen Unternehmungen Unternehmungen
n=14
n=19
n=14
n=19
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. Mean AR-1
-0,12%
Mean AR0 Mean AR+1
-3,50% *** 21% 71%
1,14%
71%
1,39%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
-1,70% -2,71%
43%
6,98% *** 84% -1,57% 5,89% -1,53%
50%
7,15% *** 84% 5,92%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
-1,82%
36%
6,78% *** 84% -1,36%
43%
7,22% *** 84%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
-0,01% 2,51%
57%
Mean CAR[-40;+40] -2,72% Med. CAR[-40;+40] 2,92%
57%
1,80%
43% -0,19% **
-1,29%
42%
0,21%
57%
5,84% *** 84% -3,32% *** 36% 58%
6,89% 6,05% 6,79%
1,75%
*
-2,62% **
63%
0,07%
42%
5,76% *** 89% *
58%
6,81%
1,47% 2,10%
71%
9,71%
58% -1,25%
50%
12,65%
-0,64%
6,50% 7,62% 8,63%
**
63% 58%
13,40%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau ohne den Ergebnisbeitrag des Alno-Falls Tabelle E-6: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nicht-börsennotierten Unternehmungen
Betrachtet man hingegen die Ergebnisse für die beiden längeren Ereignisfenster, so wird der bisher gewonnene Eindruck etwas relativiert. Denn obwohl die arithmetischen Durchschnittswerte ihr negatives Vorzeichen behalten, drehen die Medianwerte für beide Zeiträume in den positiven Bereich (Med.-CAR[-5;+5] = 2,51%, Med.-CAR[-40;+40] = 2,92%). In Kombination mit den %-p.-Werten, die für beide Ereignisfenster bei 57% liegen, signalisiert dies, dass eine Mehrzahl der Akquisiteure, die börsennotierte Zielgesellschaften übernehmen, langfristig keine Vermögenseinbußen erleidet. Systematische Kursgewinne sind nach der
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
177
umfassenden und gemeinsamen Interpretation der verschiedenen Ergebniswerte jedoch auch nicht zu erkennen.
Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich für die Fälle, bei denen die Aktien der Targetunternehmung nicht an der Börse gehandelt werden. Hier reagieren die Aktien auf Ankündigungen von M&A-Maßnahmen am Ereignistag mit großen Kurssprüngen. Im Durchschnitt ergibt sich eine Wertsteigerung an t0 von signifikanten 5,84%. Der %-p.-Wert (84%) verdeutlicht dabei, dass dieses positive Ergebnis von einer starken Gruppe positiver Einzelfälle getragen wird. Die positive durchschnittliche Tagesrendite an Tag t1 lässt an dieser Stelle wiederum auf eine leichte Unterreaktion des Marktes für das Teilsample mit der positiven Kursreaktion an t0 schließen. Im kurzfristigen Bereich steigen die CARs konsequenterweise auf signifikante 6,98% ([-1;0]; 84%-positive) bzw. auf 6,78% ([-1;+1]; 84%-positive). Die Medianwerte stützen diese Ergebnisse, und auch die nach dem mittelwertbereinigten Modell ermittelten Resultate sprechen für ihre Validität. Weitet man die eigene Untersuchung für dieses Teilsample in Ergänzung zu dieser kurzfristigen Sichtweise auf längere Ereignisfenster aus, so lässt sich ein Phänomen beobachten, welches schon bei der Sampledifferenzierung nach der Kursreaktion an t0 ausgemacht werden konnte: Obwohl die Mean-CAR-Werte für die Übernahmen nicht-börsennotierter Targets zunächst – unabhängig vom verwendeten Modell – recht konstant bleiben (CAR[-5;+5] = 6,05% bzw. 6,50%) und später sogar deutlich steigen (CAR[-40;+40] = 9,71% bzw. 8,63%), nimmt die Anzahl der %-p.-Werte kontinuierlich ab. Am Ende weisen nur noch 58% der Einzelfälle dieses Teilsamples positive abnormale Renditen im Ereignisfenster [-40;+40] auf. Das impliziert, dass offensichtlich einige sehr positive Einzelfälle die Gesamtentwicklung der kumulierten abnormalen Renditen langfristig tragen, wohingegen andere Fälle ihren kurzfristigen Wertgewinn nicht dauerhaft verteidigen können. Abb. E-7 zeigt, dass dieser Effekt für die Entwicklung der durchschnittlichen kumulierten abnormalen Renditen allerdings weitgehend ohne Belang ist.
178
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Differenzierung nach Börsennotierung des Targets 15,0%
Zusammenschlüsse mit börsennotierten Targets Zusammenschlüsse mit nicht-börsennotierten Targets
5,0%
40
36
32
28
24
20
16
12
8
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-36
0,0% -40
Entwicklung CAR
10,0%
-5,0% -10,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-7: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nichtbörsennotierten Unternehmungen
Betrachtet man in diesem Zusammenhang explizit die einzelnen Ergebniswerte für das 81tägige Ereignisfenster, so gelangt man zu folgendem Urteil: Der annähernd gleiche %-p.Wert beider Teilsamples (57% vs. 58%) signalisiert hier, dass die Differenzierung der Fälle in Abhängigkeit von der Börsennotierung der Zielgesellschaft langfristig keine klare Charakterisierung als Erfolg oder Misserfolg ermöglicht. Das unterstreicht auch das entsprechende Ergebnis des Wilcoxon-Rangsummentests, das in Tab. E-7 dargestellt ist. Danach ist der Unterschied zwischen den Ergebnissen der beiden Teilsamples langfristig nicht statistisch signifikant. Diese Feststellung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hinter den ähnlichen %-p.-Werten sehr unterschiedliche Effekte verbergen. Während der Teil der positiven Fälle im Sample börsennotierter Targets gerade einmal dafür Sorge trägt, dass sich der Durchschnitts-CAR-Wert langfristig zwischen -3 und +3% einpendelt, bewirkt er im anderen Teilsample weitaus höhere Ergebnisausschläge zwischen 9,71 und 12,65%.500 Die reine Wahrscheinlichkeit, über ein Ereignisfenster [-40;+40] positive Überrenditen erzielen zu können, unterscheidet sich demnach für beide Teilsamples kaum. Darüber hinaus gilt jedoch, dass für die erfolgreichen Akquisiteure, die nicht-börsennotierte Targets übernehmen, deutlich höhere positive Kursreaktionen resultieren als für die erfolgreichen Akquisiteure des anderen Teilsamples.
500
je nachdem, ob man die Mean- oder die Medianwerte betrachtet.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Marktmodell maßgebliches Ereignisfenster
179
mittelwertbereinigtes Modell
z
Sig.
z
Sig.
CAR[0;+1]
-3,060
***
-2,914
***
CAR[-1;+1]
-2,768
***
-2,732
***
CAR[-5;+5] CAR[-40;+40]
-1,566
*
-1,020
-0,692
-0,729
Tabelle E-7: Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Zusammenschlüsse mit börsennotierten bzw. nicht-börsennotierten Unternehmungen
Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit den Ergebnissen der eingangs erwähnten Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, ob die (fehlende) Börsennotierung von Targets systematische Auswirkungen auf den Übernahmeerfolg akquirierender Unternehmungen hat, soll eine umfassendere Bewertung der gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen. So finden z.B. FULLER ET AL.
(2002), dass die Akquisiteure ihres Samples beim Kauf von public targets im Ereig-
nisfenster [-2;+2] einen signifikanten Wertverlust i.H.v. -1,00% erleiden, wohingegen sie bei der Übernahme von private targets (CAR[-2;+2] = 2,08%) und subsidiary targets (CAR[-2;+2] = 2,75%) signifikant profitieren.501 Im Kern begründen die Autoren diese bemerkenswerten Erfolgsunterschiede damit, dass akquirierende Unternehmungen beim Kauf von privaten Firmen und Tochtergesellschaften bessere Preise erzielen können als beim Kauf börsennotierter Targets.502 Die Studie von MOELLER ET AL. aus dem Jahre 2004, die insgesamt 12.023 M&ATransaktionen analysiert und die eine gleichartige Differenzierung vornimmt, kommt zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Danach verlieren akquirierende Gesellschaften bei der Übernahme von public targtes im dreitägigen Ereignisfenster CAR[-1;+1] durchschnittlich -1,02% ihres Wertes. Diese Kursreaktion ist hochsignifikant. Beim Zusammenschluss mit private targets erzielen sie hingegen eine signifikante und positive kumulierte abnormale Rendite i.H.v. 1,50%; beim Kauf von subsidiary targtes resultiert sogar ein durchschnittlicher Wertgewinn i.H.v. 2,00%. Gerechtfertigt wird dieses Ergebnis u.a. mit der Überlegung, der zufolge Besitzer von privaten Firmen und Tochtergesellschaften u.U. mehr an dem Verkauf ihrer Unternehmungen interessiert sein könnten als Aktionäre börsennotierter Gesellschaften. In diesem
501
502
Das Sample der Untersuchung besteht aus 3.135 Transaktionen, bei denen der Akquisiteur eine börsengehandelte US-Unternehmung ist. Der relevante Untersuchungszeitraum reicht vom 01.01.1990 bis zum 31.12.2000. Vgl. Fuller et al. [Returns 2002]. Hinter dieser Idee steckt die Annahme, dass börsengehandelte Firmen leichter zu kaufen bzw. zu verkaufen sind als die beiden anderen Unternehmungsarten. Dies führt zu einem „liquidity discount“ für private Unternehmungen und Tochtergesellschaften, der wiederum bewirkt, dass für diese Unternehmungen geringere Übernahmeprämien bezahlt werden müssen.
180
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Fall profitiere der Akquisiteur dann von der Tatsache, dass er einen „liquidity service“ anbietet. Ein weiteres Indiz für die Vorteilhaftigkeit, nicht-börsennotierte Targets zu übernehmen, liefert PICKEN (2003). Dieser zeigt bei einer Analyse deutscher M&As, dass auf Seiten der Zielgesellschaft ausschließlich für vormals unabhängige Unternehmungen signifikante Über-
renditen resultieren. Targets, die hingegen vor der Transaktion in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zu einer kontrollierenden Muttergesellschaft standen, profitieren von der Ankündigung einer Übernahme langfristig nicht.503 Unterstellt man nun, dass in beiden Fällen regelmäßig Gesamtsynergien entstehen, die unter den Zusammenschlusspartnern zu verteilen sind, so lässt der Null-Effekt auf Seiten der abhängigen Targets darauf schließen, dass Akquisiteure sich bei diesen Übernahmen eine größeres Stück vom Synergiekuchen abschneiden können. Als Begründung für diesen Sachverhalt diskutiert der Autor die Möglichkeit, dass Muttergesellschaften ihre Tochterunternehmungen aus Sicht des Kapitalmarktes zu „fairen Konditionen“ verkaufen.504 Die Ergebnisse der eigenen Untersuchung zu dieser Frage werden damit von den oben zitierten Studien grundsätzlich unterstützt. Vergleicht man die einzelnen Ergebnisse der über kurze Ereignisfenster kumulierten abnormalen Renditen, so zeigt sich darüber hinaus, dass die Unterschiede der CAR-Werte zwischen den beiden hier analysierten Teilsamples besonders hoch sind. Offensichtlich reagieren die Märkte in der Sondersituation der Unternehmungskrise auf Ankündigungen, nicht-börsennotierte Targets übernehmen zu wollen, tendenziell wie erwartet positiv, absolut gesehen jedoch ausgesprochen stark. Als Begründung für diesen Sachverhalt sollen dabei primär die vorne angeführten Argumente vertreten werden. Danach scheint es denkbar, dass (Krisen-) Unternehmungen bei Verhandlungen mit nichtbörsennotierten Targets bessere Konditionen erzielen, als wenn sie eine Vielzahl von Aktionären von dem Sinn eines Zusammenschlusses und von der Angemessenheit einer bestimmten Prämie überzeugen müssen.505 Für Krisenunternehmungen, für die ein „Overpayment“ dramatische Auswirkungen haben würde, könnte dieser Prämienvorteil somit zum entscheidenden Erfolgskriterium werden. Darüber hinaus ist eine Erklärung für die hohen Renditeunterschiede vielleicht auch darin zu sehen, dass nicht-börsennotierte Gesellschaften u.U. andere Führungs- und Unternehmungs-
503 504 505
Der Mean-CAR-Wert im Zeitfenster [-40;+40] liegt für unabhängige Targets bei 17,59% und für abhängige Targets bei nicht signifikanten 0,47%. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 163. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 163. Man denke in diesem Zusammenhang auch an den bei Zusammenschlüssen mit nicht-börsennotierten Firmen oft anzutreffenden Hinweis, dass „zum Kaufpreis keine näheren Angaben gemacht werden“.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
181
strukturen aufweisen als börsennotierte Unternehmungen.506 Diese strukturellen Unterschiede könnten den Integrationsprozess bei Übernahmen erstgenannter Gesellschaften regelmäßig erleichtern und so im Einzelfall zu einer Steigerung des Gesamtsynergieeffekts beitragen. In Krisensituationen wäre ein solcher Vorteil, insbesondere wegen des typischerweise begrenzten zusätzlichen Konfliktlösungspotenzials, zweifellos (besonders) bedeutend.
2.2.4
Differenzierung nach Größe der akquirierenden Unternehmung
Die Differenzierung des Untersuchungssamples in Transaktionen, die von relativ großen bzw. von relativ kleinen akquirierenden Gesellschaften durchgeführt werden, basiert auf dem in der Studie von MOELLER ET AL. nachgewiesenen „Size Effect“. Danach erzielen die kleinen Akquisiteure ihres Samples bei den von ihnen initiierten M&A-Maßnahmen im Durchschnitt eine signifikant positive kumulierte abnormale Rendite i.H.v. 2,32%, wohingegen die großen Akquisiteure lediglich einen nicht-signifikanten Wertgewinn i.H.v. durchschnittlich 0,08% verbuchen können.507 Verschiedene Teilergebnisse ihrer Studie liefern Erklärungsansätze für diese bemerkenswerte Differenz: So ermitteln die Autoren zum einen, dass große Akquisiteure im Mittel höhere Übernahmeprämien bezahlen als kleine Akquisiteure, was den Schluss nahe legt, dass große übernehmende Gesellschaften tendenziell zu viel bezahlen. Darüber hinaus weist die Studie auf ein anderes, überaus bedeutungsreiches Phänomen hin: Danach entstehen bei Zusammenschlüssen, die von großen Unternehmungen initiiert werden, im Mittel nur sehr geringe bis gar keine Gesamtsynergiegewinne.508 Es scheint also, als gäbe es bei dieser Art der Übernahmen nicht einmal auf aggregierter Ebene positive Zusammenschlusseffekte. Und wo nichts zu verteilen ist, da ist es dementsprechend auch kaum möglich, eigene Vorteile aus der Transaktion zu ziehen. Anders sieht dies bei der Analyse der kombinierten Wertentwicklung für Transaktionen kleiner Akquisiteure aus. Hier resultieren durch-
schnittlich Gesamtsynergien (für das Portfolio aus Akquisiteur und Target) i.H.v. 3,80%. Die
506
507 508
So weisen z.B. Hinderer ([Unternehmung 1984]) und Thomas ([Entwicklungsprozeß 1994]) darauf hin, dass bei mittelständischen Unternehmungen eine Reihe von Vorteilen aus deren „Überschaubarkeit“ resultieren. Dass dieser Überlegenheitshypothese auch eine Unterlegenheitshypothese entgegensteht, beschreibt Schmitt [Strategien 1997], S. 37 ff. Vgl. zu diesem Abschnitt Moeller et al. [Acquisitions 2004], S. 201 ff. Die genannten Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum [-1;+1]. Für das Sample großer Akquisiteure ergibt sich demnach im Ereignisfenster [-1;+1] ein kombinierter (d.h. aggregierter) durchschnittlicher abnormaler Wertgewinn i.H.v. lediglich 0,68%. Nach der Total-dollarreturn-Methode repräsentiert dieser marginale prozentuale Durchschnittsgewinn einen absoluten Wertverlust des Samples i.H.v. rund 56 Mrd. US$. Die entsprechenden Übernahmen großer Akquisiteure sind danach nicht einmal in der ökonomischen Gesamtsicht wertsteigernde Vorgänge.
182
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Quintessenz dieser Ergebnisse fassen MOELLER ET AL. wie folgt zusammen: „The evidence is therefore consistent with managerial hubris playing more of a role in the decisions of large firms.”509 Um zu überprüfen, ob dieses zentrale Ergebnis auch innerhalb der eigenen Untersuchung nachgewiesen werden kann, wurde das hier zur Verfügung stehende Sample anhand des Kriteriums der Marktkapitalisierung in Zusammenschlüsse großer bzw. kleiner Akquisiteure differenziert. Fälle, bei denen die Krisenunternehmung am letzten Tag der Schätzperiode (t41)
eine Marktkapitalisierung < 500 Mio. Euro aufwies, wurden dabei als „Übernahmen klei-
ner Akquisiteure“ charakterisiert. Akquisiteure, deren Marktkapitalisierung an diesem Tag die Grenze von 500 Mio. Euro überstieg, wurden dementsprechend im Gegensample „Übernahmen großer Akquisiteure“ zusammengefasst.510 Die zahlenmäßigen Ergebniswerte sind für beide Teilsamples in Tab. E-8 dargestellt. Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
große Krisenkleine Krisengroße Krisenkleine Krisenunternehmungen unternehmungen unternehmungen unternehmungen (Marktkapitalisierung (Marktkapitalisierung (Marktkapitalisierung > (Marktkapitalisierung > 500 Mio. Euro) < 500 Mio. Euro) 500 Mio. Euro) < 500 Mio. Euro)
n=19
n=14
n=14
n=19
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p.
Mean AR-1
-0,03%
Mean AR0 Mean AR+1
-2,84% *** 29% 1,31% * 64%
5,34% *** 79% 1,51% * 63%
-2,81% *** 36% 1,24% 57%
5,36% *** 89% 1,79% ** 68%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
-1,53% -2,10%
50%
6,84% *** 79% 5,89%
-1,57% -1,65%
43%
7,15% *** 89% 5,92%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
-1,56% -1,26%
36%
6,58% *** 84% 6,20%
-1,07% -2,62%
36%
7,00% *** 89% 5,24%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
-1,53% 2,51%
57%
7,23% *** 63% 6,40%
0,12% 1,24%
64%
7,56% *** 68% 7,62%
Mean CAR[-40;+40] -7,55% Med. CAR[-40;+40] -1,33%
36% -0,26%
43% 13,47% 13,40%
47%
*
0,49%
68% -10,32% -2,49%
43% -0,15%
36% 15,68% ** 14,39%
53%
68%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau ohne den Ergebnisbeitrag des Alno-Falls Tabelle E-8: Ergebnisse der Ereignisstudie für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure
509 510
Moeller et al. [Acquisitions 2004], S. 226. Die Bestimmung der kritischen Differenzierungsgrenze von 500 Mio. Euro erfolgte anhand untersuchungstechnischer und inhaltlicher Kriterien. Einerseits sollte die Grenzziehung sicherstellen, dass zwei Teilsamples resultieren, die jeweils eine gewisse Mindestgröße überschreiten. Andererseits galt es, eine Hürde zu wählen, die eine sinnvolle Differenzierung ermöglicht. Für die Fälle, bei denen die Marktkapitalisierung am entsprechenden Stichtag (noch) in D-Mark bzw. in US-Dollar ausgewiesen wurde, erfolgte eine tagesgenaue Umrechnung in Euro.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
183
Ein Vergleich der Kursreaktionen am Ereignistag offenbart dabei drastische Unterschiede zwischen den differenzierten Fällen. So erleiden die großen Akquisiteure am Tag der Übernahme-Ankündigung signifikante Wertverluste i.H.v. -2,84%. Lediglich 29% der Einzelfälle des aus 14 Fällen bestehenden Teilsamples können an diesem Tag positive abnormale Kursreaktionen aufweisen. Gänzlich anders stellt sich die Situation für die kleinen übernehmenden Gesellschaften dar. Die 19 Einzelfälle dieses Samples erzielen bemerkenswert hohe durchschnittliche positive (und signifikante) abnormale Kursgewinne i.H.v. 5,34%. Das Ergebnis, nach dem 79% der hier analysierten Fälle mit positiven Wertbeiträgen zu dieser abnormalen Kursreaktion beitragen, unterstützt das außergewöhnlich hohe AR-Resultat. An Tag t1 zeigen sich die nach den bisherigen Auswertungen beinahe schon zu erwartenden Kursbewegungen: Für das Sample der großen Akquisiteure reagiert der Markt mit einer spürbaren Gegenbewegung (+1,31%), die impliziert, dass die kurzfristigen Kursverluste etwas überzogen waren. Für das Sample der kleinen Akquisiteure wird der positive Trend von Tag t0 durch die sich anschließende signifikante abnormale Rendite von 1,51% noch verstärkt. So stehen sich im Zeitfenster [-1;+1] abnormale Renditen i.H.v. -1,56% bzw. 6,58% und %-p.Werte von 36 bzw. 84 gegenüber. Die Ergebnisse des Wilcoxon-Tests (Tab. E-9) unterstreichen dabei eindrücklich die signifikanten Unterschiede beider Teilsamples. Ein Blick auf die entsprechenden Ergebnisse des mittelwertbereinigten Modells und auf die zugehörigen Medianwerte spricht zudem für die Aussagekräftigkeit der Mean-Werte. Marktmodell maßgebliches Ereignisfenster
mittelwertbereinigtes Modell
z
Sig.
z
Sig.
CAR[0;+1]
-2,878
***
-2,987
***
CAR[-1;+1]
-2,513
***
-2,586
***
CAR[-5;+5] CAR[-40;+40]
-1,858
**
-1,603
*
-1,785
**
-1,748
**
Tabelle E-9: Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure
Dass der Wilcoxon-Test im Rahmen dieser gesamten Ereignisstudie erstmalig auch für das 81-tägige Zeitfenster signifikante Unterschiede zwischen den Samples nachweist, lässt auf eine hohe Stabilität der kurzfristigen (und gegenläufigen) Kursreaktionen schließen. Sämtliche Einzelergebnisse, die in Tab. E-8 zusammengefasst sind, unterstützen diese Sichtweise. Im zweitlängsten Ereignisfenster summiert sich der Performanceunterschied beider Teilsamples auf 8,76% (-1,53% vs. 7,23%), über den 81-tägigen Zeitraum liegt er gar bei bemerkenswert großen 21,02%. Die graphische Visualisierung dieser Zahlen liefert Abb. E-8.
184
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Differenzierung nach Unternehmungsgröße 15,0%
große Akquisiteure kleine Akquisiteure (ohne Alno)
5,0%
40
36
32
28
24
20
16
12
8
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-36
0,0% -40
Entwicklung CAR
10,0%
-5,0% -10,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-8: Ergebnisse der Ereignisstudie für Transaktionen großer bzw. kleiner Akquisiteure
Der von MOELLER ET AL. beschriebene Size Effect wird demnach auch durch das relativ kleine Untersuchungssample, das sich auf Zusammenschlüsse in Ertragskrisen konzentriert, eindrucksvoll bestätigt. Danach scheinen Übernahmen und Fusionen in Unternehmungskrisen besonders wertschaffende Vorgänge dazustellen – sofern der Akquisiteur hierbei eine bestimmte Größe nicht überscheitet. Der Alternative, mit M&A-Maßnahmen auf eine Krisensituation zu reagieren, ist hingegen für große Akquisiteure im Mittel kein Erfolgspotenzial beizumessen. Als Erklärung für diesen Sachverhalt kommen grundsätzlich die eingangs erörterten Argumente von MOELLER ET AL. in Betracht, die auch auf den Spezialfall von Krisen-M&As übertragen werden können. So entstehen im Rahmen von Zusammenschlüssen typischerweise nicht nur positive Synergieeffekte, sondern auch Komplexitätskosten, wobei das Verhältnis dieser beiden Faktoren wesentlich über den Gesamterfolg eines Zusammenschlusses entscheidet. Das Untersuchungsergebnis von MOELLER
ET AL.,
dem zufolge bei Transaktionen
großer Akquisiteure keine bedeutenden Wertgewinne auf aggregierter Ebene entstehen, lässt in diesem Zusammenhang darauf schließen, dass ein übermäßiges Ansteigen der Komplexitätskosten gerade bei großen Zusammenschlüssen dem allgemeinen M&A-Erfolg entgegensteht.511 Diese Sichtweise wird auch sachlogisch durch die Überlegung gestützt, dass die Zusammenführung großer Systeme regelmäßig mit mehr Schwierigkeiten behaftet sein wird als die Vereinigung kleinerer Systeme. In einer Situation, in der nun eine übernehmende Gesell-
511
Vgl. auch Bower [M&As 2001], S. 95: “Decades of experience show us that it’s extraordinary difficult to merge well-established, large companies that have deeply entrenched processes and values.”
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
185
schaft mit ertragsseitigen Problemen kämpft und gewissermaßen viel mit sich selbst zu tun hat, könnte dieses allgemeine Komplexitätsproblem besonders starke Auswirkungen haben. Danach wäre es dann kleinen Akquisiteuren bei Krisen-M&As leichter möglich, die im Vergleich weniger stark steigenden Komplexitätskosten durch Synergiegewinne auszugleichen. Das (absolut gesehen) kleinere entstehende Gesamtsystem bliebe nach dieser Überlegung trotz Krise und Komplexitätskosten beherrsch-, führ- und kontrollierbar und deshalb besser
und schneller in der Lage, Gesamtsynergien zu realisieren. Für große Gesellschaften, die sich bei der Durchführung von M&A-Maßnahmen im Restrukturierungsprozess befinden, könnte das Zusammenfallen von Krise und Komplexitätskosten hingegen schwerere und unbeherrschbarere Auswirkungen haben. Als andere denkbare Erklärung kommt in Betracht, dass sich kleine Akquisiteure, d.h. Akquisiteure mit geringer(er) Marktkapitalisierung, eventuell in akuteren Krisensituationen befinden als Gesellschaften, die (noch) eine hohe Marktbewertung aufweisen. Vertritt man in diesem Zusammenhang weiter die Auffassung, dass eine starke Krisensituation als kontrollierendes Moment wirkt, dass zu sehr überlegten und weitsichtigen Investitionsentscheidungen eines Managements führt, so wird der Performancevorteil kleinerer Akquisiteure begründbar. Inhaltlich ist man mit dieser Hypothese wieder sehr nah bei der Argumentation von MOELLER ET AL.,
wonach das Ausmaß von Moral-Hazard in Abhängigkeit von der Unternehmungssi-
tuation variieren kann. Schlussendlich ist aber auch eine profanere Begründung für den Size Effect nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen. So zeigt ein Vergleich der hier differenzierten Teilsamples mit den im vorigen Kapitel differenzierten Fällen ein beträchtliches Maß an Überschneidungen. Mit anderen Worten: Große Akquisiteure tendieren dazu, börsennotierte Targets zu übernehmen, kleine Akquisiteure schließen sich überwiegend mit nicht-börsennotierten Targets zusammen. Bei einer Analyse der entsprechenden Querverbindung ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von 62,8%. Danach ist nicht auszuschließen, dass ein gewisser Teil der im Rahmen der hier angestellten Fallunterscheidung ermittelten Renditedifferenz auf den vorher diskutierten Einfluss der (fehlenden) Börsennotierung von Zielgesellschaften zurückzuführen ist. MOELLER ET AL. registrieren für ihre Untersuchung ebenfalls ein relevantes Maß an Fallüberschneidungen, weswegen auch sie diesen Sachverhalt als wesentliche Erklärungstheorie für den Size Effect diskutieren. Abschließend sei an dieser Stelle jedoch auf die ermittelten Ergebnisunterschiede zwischen den beiden zuletzt vorgenommenen Fallunterscheidungen hingewiesen: Danach scheint das
186
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Kriterium der Börsennotierung als alleiniger Erklärungsfaktor nicht für eine Begründung der ausgesprochen hohen Renditeunterschiede zwischen den Samples großer und kleiner Akquisiteure auszureichen.
2.2.5
Differenzierung nach M&A-Grundstrategie
Zu Beginn von Kapitel C, das sich der theoretischen Zusammenführung von Synergie- und Krisenmanagementtheorie widmete, wurden zwei gegensätzliche M&A-Basisstrategien unterschieden und charakterisiert. Daneben wurde darauf hingewiesen, dass sich diese Basisstrategien auch in eine Strategie mit dualer Zielsetzung integrieren lassen. Anschließend wurde gezeigt, dass alle diese M&A-Strategien grundsätzlich sinnvolle Teile von übergeordneten Krisenbewältigungsstrategien darstellen können: In Abhängigkeit von den wesentlichen Krisenursachen, dem Krisenausmaß und der primären Zielsetzung des Krisenmanagements können Unternehmungen demnach mit kosten- oder leistungsorientierten M&AMaßnahmen bzw. mit einer Simultanstrategie auf Ertragskrisen reagieren und den Prozess der Krisenbewältigung unterstützen. An dieser Stelle soll nun überprüft werden, ob den einzelnen Strategiealternativen unterschiedliche Erfolgspotenziale zugerechnet werden können.512 Dazu wird das gesamte Untersuchungssample zunächst in zwei etwa gleich große Teilsamples separiert. Das erste der beiden umfasst dabei ausschließlich Fälle, die recht eindeutig der Grundstrategie des leistungsorientierten Wachstums zuzuordnen sind. Das Gegensample umfasst hingegen sowohl die wenigen Fälle, die recht eindeutig der Grundstrategie der kostenorientierten Konsolidierung zugerechnet werden können, als auch die stärkere Gruppe von Fällen, die ganz offensichtlich eine integrierte Strategie mit dualer Zielsetzung verfolgen. Durch diese Zusammenlegung ergibt sich eine Samplegröße von 18. Tab. E-10 stellt die Ergebnisse für die so differenzierten Teilsample gegenüber. Danach zeigen sich recht unterschiedliche abnormale Kursreaktionen. Am Ereignistag resultiert für die leistungsorientierten Zusammenschlüsse eine durchschnittliche nicht signifikante und nur 512
Die Differenzierung nach den beiden in Teil C dieser Arbeit hergeleiteten Grundstrategien wird hier der klassischen Unterscheidung nach leistungswirtschaftlicher Verwandtschaft (horizontal, vertikal, konglomerat) aus zwei Gründen vorgezogen: Zum einen zeigen Untersuchungen, dass ein sehr großer Teil aller initiierten M&A-Transaktionen in horizontaler Richtung durchgeführt wird, was die Bildung unterschiedlicher und vergleichbarer Teilsamples erschwert (vgl. z.B. die Ausführungen bei Dörr [Unternehmensakquisitionen 2000], S. 9). Zum anderen werden im Cluster horizontaler Zusammenschlüsse regelmäßig konsolidierungs- und wachstumsorientierte M&A-Maßnahmen zusammengefasst, was eine entsprechende Erfolgsanalyse in Abhängigkeit von der Kosten- oder Umsatzorientierung unmöglich macht. Gerade diese letztgenannte Unterscheidung wurde im Theorieteil aber als wesentlich dargestellt.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
187
leicht positive abnormale Rendite i.H.v. 0,28%, wohingegen das Gegensample signifikante abnormale Kursgewinne i.H.v. durchschnittlich 3,06% erzielt. Interessanterweise widerspricht ein Vergleich der zugehörigen %-p.-Werte dabei der Annahme, dass diese Renditedifferenz auf eine unterschiedlich große Anzahl positiver Fälle in den Subsamples zurückzuführen ist. So weisen immerhin 60% der Akquisiteure, die die GLW-Strategie verfolgen, an t0 positive abnormale Kursreaktionen auf – für die Akquisiteure, die duale bzw. kostenorientierte Zusammenschlüsse durchführen, liegt dieser Wert bei gerade einmal 56%. Am Tag t1 sind für beide Teilsamples positive abnormale Kursbewegungen festzustellen, wobei hier wiederum nur die für das (i.w.S.) kostenorientierte Sample ermittelte abnormale Rendite statistische Signifikanz aufweist und in ihrer Höhe bedeutend ist (2,06%). Dementsprechend ergeben sich über die beiden kurzen Ereignisfenster bemerkenswerte Renditedifferenzen zwischen den Teilsamples i.H.v. 4,12% ([-1;0]) bzw. 5,66% ([-1;+1]).
Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
GLW
GKK und duale Strategie
GLW
GKK und duale Strategie
n=15
n=18
n=15
n=18
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. Mean AR-1
-0,98%
33%
0,56%
Mean AR0 Mean AR+1
0,28%
60%
3,06% *** 56%
0,71%
67%
2,06%
61%
0,86%
73%
2,16%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
0,99% 2,78%
60%
5,11% *** 72% 4,00%
1,12% 2,54%
67%
5,29% *** 72% 3,89%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
0,01% 0,80%
60%
5,67% *** 67% 5,87%
0,11% 0,15%
60%
6,42% *** 67% 5,14%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
-1,38% -0,78%
40%
7,61% *** 78% -2,45% 5,75% -0,23%
Mean CAR[-40;+40] -2,41% Med. CAR[-40;+40] -0,77%
47% 10,17% 9,34%
50% -1,00% **
0,25%
67% -7,74% -5,45%
40%
1,13%
67%
3,13% *** 67%
56% **
56%
47% 10,26% *** 83% 9,71% 40% 14,93% 13,72%
*
67%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau ohne den Ergebnisbeitrag des Alno-Falls Tabelle E-10: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1)
Der Wilcoxon-Rangsummentest bestätigt dabei für das dreitägige Ereignisfenster, dass die kumulierten abnormalen Renditen für Wachstumsakquisitionen signifikant kleiner sind als die der kostenorientierten Zusammenschlüsse (vgl. Tab. E-11).
188
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
Marktmodell maßgebliches Ereignisfenster
z
mittelwertbereinigtes Modell Sig.
z
Sig.
CAR[0;+1]
-1,121
CAR[-1;+1]
-1,663
**
-1,085 -1,844
**
CAR[-5;+5] CAR[-40;+40]
-2,133
**
-2,782
***
-1,410
*
-0,868
Tabelle E-11: Ergebnisse des Wilcoxon-Rangsummentests für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1)
Dehnt man die Untersuchung auf die beiden längeren Ereignisfenster aus, so wird der Eindruck äußerst ungleicher Kursreaktionen noch verstärkt. Im Zeitraum [-5;+5] liegt der arithmetische Mittelwert der GLW-Strategie im negativen Bereich (-1,38%), der entsprechende Wert für das Gegensample stattdessen bei 7,61%. Die Medianwerte und die Quoten der positiven Einzelfälle (40% vs. 78%) unterstreichen dieses auffallend gegenläufige Ergebnis. Gleiches gilt für das 81-tägige Ereignisfenster, bei dem sich die Renditedifferenz auf 12,58% addiert. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass dieser Unterschied nach Berechnungen des mittelwertbereinigten Modells noch viel stärker ausfällt. In diesem Zeitfenster und für die gebildeten Teilsamples sind damit erstmalig gravierend abweichende Ergebnisse für beide Prognosemodelle festzustellen. Die grundsätzliche Tendenz der Resultate wird hierdurch jedoch nicht beeinflusst. Auch nach den zu Kontrollzwecken mit dem mittelwertbereinigten Modell berechneten abnormalen Renditen scheinen Zusammenschlüsse mit der Zielrichtung des leistungsorientierten Wachstums im Durchschnitt eher Wert zu vernichten, wohingegen solche mit dualer bzw. kostenfokussierter Ausrichtung offensichtlich Wert schaffen. Abb. E9 visualisiert die langfristigen CAR-Entwicklungen der differenzierten Strategiealternativen und verdeutlicht dabei den augenscheinlichen Erfolgsunterschied. Dabei zeigt der Verlauf der grünen Linie, dass sich die Wertverluste des GLW-Samples lange Zeit in Grenzen halten und erstaunlicherweise erst gegen Ende des Untersuchungszeitraumes zunehmen. Für die Fälle des zusammengesetzten Gegensamples resultiert ein verständlicherer CAR-Verlauf mit stabileren Entwicklungen vor und nach dem Ereignistag.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
189
Differenzierung nach verfolgter Grundstrategie, Abgrenzung 1 15,0%
klare Strategie des leistungsorientierten Wachstums Strategien der Konsolidierung bzw. mit dualer Zielrichtung (ohne Alno)
5,0%
40
36
32
28
24
20
16
8
12
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-36
0,0% -40
Entwicklung CAR
10,0%
-5,0% -10,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-9: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse nach GLW bzw. GKK und dualer Strategie (Abgrenzung 1)
Die gerade diskutierten Ergebnisse decken sich damit mit einer zentralen und im Theorieteil eingehend erörterten Erkenntnis der M&A-Forschung: Kostensynergien sind leichter zu realisieren als Umsatzsynergien. Oder anders gesagt: Zusammenschlüsse, die auf Kostensynergien abzielen, sind im Mittel erfolgreicher als Zusammenschlüsse, die primär auf die Erzielung von Umsatzsynergien ausgerichtet sind. In allgemeinen M&A-Studien wird dieser Sachverhalt immer wieder durch Ergebnisse untermauert, die nachweisen, dass bei horizontalen Zusammenschlüssen höhere Synergiegewinne für akquirierende Gesellschaften entstehen als bei vertikalen oder konglomeraten Unternehmungsvereinigungen.513 Darüber hinaus belegen einige Untersuchungen auch den Renditevorteil horizontaler Zusammenschlüsse ohne Produktausweitung gegenüber selbigen mit Produktausweitung.514 Als Begründung bietet
sich damit eine recht einfache Sichtweise an: Je mehr sich die Aktivitäten der Zusammenschlusspartner überschneiden, desto mehr Redundanzen entstehen im Rahmen der Unternehmungsvereinigung. Und je mehr Redundanzen entstehen, desto umfangreicher lassen sich Kostensynergien realisieren. Diese Logik scheint tendenziell für die Gesamtheit der M&A-Fälle ebenso zu gelten wie für den hier analysierten Ausschnitt, der sich auf Zusammenschlüsse in Ertragskrisen konzentriert. Eine erneute Analyse, die eine etwas veränderte Differenzierung vornimmt, soll diese Ergebnisse auf Stabilität und Validität überprüfen. Dazu wird das Gesamtsample von 33 Fäl-
513 514
Vgl. z.B. Gerke et al. [Bewertung 1995], S. 812 f., Singh/Montgomery [Performance 1987], S. 382, Kerler [Shareholder 2000], S. 158 ff. Vgl. Picken [Unternehmensverbindungen 2003], S. 134.
190
Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
len wiederum in zwei Subsamples zerlegt. Anstatt jedoch die 13 Fälle, die bisher allein auf Basis der Motivanalyse als duale Strategien charakterisiert wurden, einfach dem GKKSample zuzuordnen, soll nun eine differenziertere Fallabgrenzung erfolgen. Danach wird jeder dieser 13 Fälle nach eingehender inhaltlicher Einzelfallbewertung entweder dem Sample mit klarer Leistungs- oder dem Sample mit klarer Kostenorientierung zugeordnet. Auf diese Weise entsteht ein Teilsample „Tendenz GLW“, das aus 21 Fällen besteht, sowie ein Teilsample „Tendenz GKK“, dem zwölf Fälle zugerechnet werden. Die so resultierende, zweite Abgrenzung verspricht, dem hier leitenden Differenzierungsmotiv damit noch besser zu folgen als die erste, weil sie sich nicht so kurzsichtig an der binären Codierung der Motivanalyse orientiert.515 Vergleicht man nun die Ergebnisse dieser neuen Abgrenzung mit den Ergebnissen der ersten, wobei bereits ein Blick auf die in Abb. E-10 dargestellten CAR-Entwicklungen sehr aufschlussreich ist, so werden die bisher diskutierten Resultate tatsächlich bestätigt.
Differenzierung nach verfolgter Grundstrategie, Abgrenzung 2 15,0%
tendenzielle Zielrichtung: Strategie des leistungsorientierten Wachstums tendenzielle Zielrichtung: Strategie der Konsolidierung (ohne Alno)
9,0% 6,0% 3,0%
-6,0%
40
36
32
28
24
20
16
8
12
4
0
-4
-8
-12
-16
-20
-24
-28
-32
-3,0%
-36
0,0% -40
Entwicklung CAR
12,0%
Tage des Ereignisfensters
Abbildung E-10: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit Tendenz GLW bzw. Tendenz GKK (Abgrenzung 2)
Denn wie zu sehen ist, bleibt die erhebliche Renditedifferenz auch von der veränderten Differenzierungsmethode weitgehend unbeeinflusst. Im elftägigen Ereignisfenster stehen sich kumulierte abnormale Renditen von 0,57% (Tendenz Wachstum) und 8,80% (Tendenz Konso-
515
Zur Erläuterung: Bei der Motivanalyse in Kap. E.1.2 sind Fälle, bei denen sowohl leistungs- als auch konsolidierungsorientierte Ziele angeführt wurden, ohne nähere „Schwerpunktanalyse“ als Fälle mit dualer Strategie charakterisiert worden. Dies hat dazu geführt, dass in dieser Gruppe recht unterschiedliche Fälle zusammengefasst wurden. Die neue Differenzierung trennt die unterschiedlichen Fälle in dieser Gruppe.
Erfolg von Fusionen und Übernahmen im Rahmen der Krisenbewältigung
191
lidierung) gegenüber. Im 81-tägigen Zeitfenster vergrößert sich der Unterschied der beiden CAR-Werte auf 13,21%. Mediane und %-p.-Werte unterstreichen dieses Bild: Marktmodell
mittelwertbereinigtes Modell
Tendenz GLW
Tendenz GKK
Tendenz GLW
Tendenz GKK
n=21
n=12
n=21
n=12
(C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. (C)AR Sig. %-p. Mean AR-1
-0,61%
33%
0,71%
38%
0,81%
Mean AR0 Mean AR+1
0,55% 1,09%
57% 67%
4,06% *** 58% 2,07% ** 58%
0,53% 1,26%
67% 67%
4,17% *** 67% 2,10% ** 58%
Mean CAR[0;+1] Med. CAR[0;+1]
1,64% 2,78%
62%
6,13% *** 75% 4,00%
1,80% 2,54%
67%
6,27% *** 75% 3,89%
Mean CAR[-1;+1] Med. CAR[-1;+1]
1,02% 0,80%
57%
6,84% *** 75% 7,54%
1,57% 2,91%
62%
7,09% *** 75% 6,50%
Mean CAR[-5;+5] Med. CAR[-5;+5]
0,57% -0,10%
48%
8,80% *** 83% 6,18%
1,70% 1,67%
57%
9,28% *** 83% 7,90%
Mean CAR[-40;+40] -0,27% Med. CAR[-40;+40] -0,23%
48% 12,94% 13,02%
58% -0,23%
75% -2,10% -1,92%
43% 16,54% 14,34%
67%
*
75%
t-Test: * signifikant auf 90%-Niveau; ** signifikant auf 95%-Niveau; *** signifikant auf 99%-Niveau ohne den Ergebnisbeitrag des Alno-Falls Tabelle E-12: Ergebnisse der Ereignisstudie für Zusammenschlüsse mit Tendenz GLW bzw. Tendenz GKK (Abgrenzung 2)
Zusammenfassung der Ergebnisse
193
F Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick 1
Zusammenfassung der Ergebnisse
Da Zusammenschlüsse in der Praxis regelmäßig mit einem Verweis auf zu realisierende Synergieeffekte gerechtfertigt werden und eine Verbesserung der Unternehmungsperformance durch die Verbindung bisher getrennter Wertketten auch theoretisch möglich erscheint, sind Zusammenschlüsse als potenzielle Maßnahmen des Krisenmanagements zu diskutieren. Die vorliegende Arbeit widmet sich dieser Diskussion. Dabei stellt sie die Frage in den Mittelpunkt, inwieweit Zusammenschlüsse in Unternehmungs-, genauer gesagt in Ertragskrisen aus Sicht einer Krisenunternehmung sinnvolle Handlungsoptionen darstellen können. Auf Basis
des Forschungsverständnisses von ULRICH, dem zufolge die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Wissenschaft nicht nach absoluter Wahrheit, sondern nach nützlichen Erkenntnissen suchen soll, und dem Rat von KROMREY, bei komplexen und weitgehend unerforschten Fragestellungen verschiedene Blickwinkel auf ein Thema zu integrieren, fokussierten sich die Ausführungen des Hauptteils dieser Arbeit auf vier Forschungsfragen. Da diese vier Forschungsfragen nicht im Rahmen einer einzigen empirischen Untersuchung analysiert und bewertet werden können, hat die vorliegende Dissertation verschiedene (theoretische und empirische) Ansatzpunkte gewählt und den Versuch einer inhaltlichen Integration unternommen. Die nachstehende Zusammenfassung der Ergebnisse orientiert sich an den vier zentralen Forschungsfragen und erläutert, auf welche Weise die präsentierten Ergebnisse im Einzelnen gewonnen wurden. Die Themenfelder Krisenmanagement und Mergers&Acquisitions weisen aus theo-
retischer Sicht relevante Überschneidungen auf, die nahe legen, dass Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen den Prozess der Krisenbewältigung zu unterstützen vermögen. Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man die wesentlichen Erkenntnisse beider Forschungsbereiche in geeigneter Weise strukturiert und integriert. So leiten auf Seite der M&ATheorie Überlegungen, wonach sich Zusammenschlüsse, die auf eine kostenorientierte
Konsolidierung setzen, von Zusammenschlüssen, die auf ein leistungsorientiertes (Umsatz-) Wachstum ausgerichtet sind, inhaltlich weitgehend unterscheiden lassen. In einem ersten Schritt wurden diese beiden Zielrichtungen daher charakterisiert und von einander
194
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
abgegrenzt. Im Ergebnis resultierte so die schematische Gegenüberstellung zweier M&AGrundstrategien, die gedanklich Extrempunkte eines Kontinuums repräsentieren: Grundstrategie der kostenorientierten Grundstrategie des leistungsorientierten Konsolidierung Wachstums Kontinuum Kerngedanken
Konsolidierung, Eliminierung von Redundanzen
Verbindung unterschiedlicher Stärken, gegenseitige Nutzung von Ressourcen bzw. Know-how
Systeme sind idealer kongruent Weise
komplementär
typische M&AStoßrichtung
horizontal ohne deutliche Produkt- oder Marktausweitung
horizontal mit deutlicher Produkt- oder Marktausweitung
Synergierealisation basiert auf
Rationalisierungsmaßnahmen, Ressourcenabbau
„ergänzende Integration“
Niveau des Ressourcenabbaus
wesentlich
unwesentlich
Berechenbarkeit d. Synergierealisation
hoch
gering
Kosten der Synergierealisation
hoch, fallen en-bloc an
geringer, fallen zeitlich gedehnt an
Zeitliche Wirkung der Synergie
mittelfristig (kurzfristig belasten Rationalisierungskosten)
langfristig (Markt muss die Veränderungen aufnehmen)
Zentrale Elemente der Wertkette
sämtliche Elemente relevant
Marketing/Vertrieb, Operationen, Technologieentwicklung
Relevanz der kulturellen Integration
gering
hoch
Bedeutung der gering Kundenreaktion für die Synergiehebung
hoch
Reaktion der Belegschaft
nicht ablehnend
tendenziell ablehnend
Abbildung F-1: Gegenüberstellung der Charakteristika von GKK und GLW
Auf Basis dieser Zweiteilung wurde schließlich auch auf die Existenz einer dualen Strategie hingewiesen, die sowohl auf die Realisierung kostenseitiger Synergievorteile durch Konsolidierung als auch (parallel) auf die Realisierung umsatzseitiger Synergievorteile durch Wachstum abzielt. Auf der anderen Seite mündete die Reflexion der bestehenden Theorien zum
Krisenmanagement in der Erkenntnis, dass in Abhängigkeit vom Bedrohungspotenzial der Krise und den ihr zu Grunde liegenden Ursachen verschiedene Strategien der Krisenbewältigung zu verfolgen sind. Durch die Verbindung beider Sichtweisen konnte anschließend ein Krisen-M&A-Modell entwickelt werden, welches unterschiedlichen Krisen-Ausgangs-
Zusammenfassung der Ergebnisse
195
situationen verschiedene, den Prozess der Krisenbewältigung potenziell unterstützende M&A-Grundstrategien zuordnet. Danach können Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen grundsätzlich im Sinne einer kurzfristigen Stabilisierung, mit dem Ziel einer mittelfris-
tigen Effizienzsteigerung und auch zur strategischen Repositionierung eingesetzt werden. Insgesamt verdeutlicht das Krisen-M&A-Modell dabei die besondere Bedeutung von wachstums- resp. differenzierungsorientierten Zusammenschlüssen und von M&A-Maßnahmen, die auf eine parallele Realisierung von Kosten- und Umsatzsynergien ausgerichtet sind:
196
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
Krisensituation: instabil
Krisensituation: stabil Prozess der Krisenbewältigung
Oberziel: Überleben
Oberziel: „schwarze Null“
Oberziel: Erwirtschaftung einer angemessene Rendite
Fokus: Stabilisierung
Fokus: Restrukturierung
Fokus: strategische Repositionierung
Maßnahme: Kapazitätsabbau
Maßnahme: Effizienzsteigerung
Maßnahme: Erarbeitung einer unique selling position Strategiewahl abhängig von eigenen Stärken/Schwächen und Wettbewerbskräften
Kostenführerschaft
Marktführer durch Differenzierung
Marktführer im Teilmarktsegment
GKK
duale Strategie
duale Strategie
GLWd
GLWd
duale Strategie
GKK
GKK
duale Strategie
duale Strategie
GLW
GLWa
Potenzial der M&A-Strategie zur Stabilisierung/ Effizienzsteigerung/ Repositionierung: hoch
mittel
gering
GLWa: vorwiegend absatzorientierte Wachstumsstrategie GLWd: vorwiegend differenzierungsorientierte Wachstumsstrategie soweit das Problem der Kostenremanenz gelöst werden kann
Abbildung F-2: Krisen-M&A-Modell
Zusammenschlüsse, die primär auf eine kostenorientierte Konsolidierung abzielen, können den Prozess der Krisenbewältigung hingegen im Rahmen der Stabilisierung, in der Phase der Restrukturierung und in Fällen unterstützen, in denen die Krisenunternehmung an der Erlangung einer Position der Kostenführerschaft arbeitet. Bezüglich der erstgenannten Alternative ist dabei jedoch darauf hinzuweisen, dass die typischerweise hohen Folgekosten einer umfangreichen Konsolidierung dem Einsatz zur Stabilisierung im Wege stehen können, weswe-
Zusammenfassung der Ergebnisse
197
gen sich die Verfolgung dieser Strategie nur anbietet, wenn das Problem der Kostenrema-
nenz gelöst werden kann. Eine synergetische Verbindung komplementärer Absatzmärkte mit dem Ziel der Umsatzsteigerung kann zwar in zwei Ausgangssituationen einen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten, verglichen mit anderen M&A-Alternativen, die sich in diesen Situationen anbieten, ist dieser Strategie jedoch ein eher geringes Potenzial beizumessen. Überlegungen hinsichtlich der Frage, ob Maßnahmen der Integration, denen stets eine sehr große Bedeutung im M&A-Prozess zugesprochen wird, bei Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen tendenziell leichter zu gestalten und erfolgreicher umzusetzen sind, führen darüber hinaus zu keinem klaren Ergebnis. Der bestehende Handlungsdruck und die hohe Priorisierung des Integrationsprozesses sprechen in diesem Zusammenhang für eine entsprechende Wirkung. Die Tatsache, dass eine erfolgreiche Umsetzung der Integration zumeist umfangreicher finanzieller und managementspezifischer Ressourcen bedarf, spricht – zumindest für Fälle, in denen die Krisenunternehmung den Integrationsprozess führt – eher dagegen. Des Weiteren ist vor allem für konsolidierungsorientierte Zusammenschlüsse mit einer erheblichen negativen Beeinflussung der Mitarbeitermotivation zu rechnen, die eine erfolgreiche Integration erschwert.
Mergers&Acquisitions werden in der Praxis des Krisenmanagements als Maßnah-
men zur Krisenbewältigung eingesetzt.
Da in der M&A-Systematik typischerweise die Rolle des Akquisiteurs von derjenigen des Targets differenziert wird, ergibt sich unter zusätzlichem Rückgriff auf die Unterscheidung nach der zentralen synergetischen Stoßrichtung eines Zusammenschlusses eine schematische
Vierteilung von Krisen-M&As: ¾Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend konsolidierungsorientierten Zu-
sammenschlüssen ¾Die Krisenunternehmung als Target in überwiegend leistungsorientierten Zusammen-
schlüssen ¾Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend konsolidierungsorientierten
Zusammenschlüssen ¾Die Krisenunternehmung als Akquisiteur in überwiegend leistungsorientierten Zu-
sammenschlüssen
198
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
Die Ausführungen in Kap. C.2 haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass sich für all diese vier Grundtypen von Krisen-M&As reale Fälle der Unternehmungspraxis als Beispiele anführen lassen. In Unternehmungskrisen werden somit sowohl konsolidierungs- als auch leistungsorientierte Zusammenschlüsse durchgeführt, wobei die Krisenunternehmung hier wie dort als Target, aber auch als Akquisiteur auftritt. In Ergänzung zu dieser ersten grundlegenden Feststellung verdeutlichten die Ergebnisse der deskriptiven Auswertung im Vorfeld der Ereignisstudie, dass es sich hierbei – auch in dem Segment, in dem die Krisenunternehmung (kontraintuitiv) die aktive Rolle im Zusammenschlussprozess einnimmt – nicht nur um wenige Einzelfälle handelt. Offensichtlich wird der Strategie der Krisenbewältigung
durch Synergierealisation auch in der Unternehmungspraxis ein relevantes Potenzial beigemessen.
Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen ist grundsätzlich ein Potenzial zur
Unterstützung des Krisenbewältigungsprozesses zuzuschreiben.
Eine eingehende, auf umfassenden Berichten der Wirtschaftspresse beruhende Analyse der in Kap. C.2 präsentierten Praxisbeispiele von Krisen-M&As konnte zeigen, dass mit den unterschiedlichen Grundtypen von Zusammenschlüssen in Unternehmungskrisen ganz un-
terschiedliche Chancen-Risiken-Strukturen verbunden sind: Als Target profitiert man u.U. von der Stärke eines gesunden Partners, was immer dann von Bedeutung ist, wenn Maßnahmen der Konsolidierung bzw. Integration zunächst mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden sind; gleichzeitig verliert man jedoch an Entscheidungsautonomie. Als Akquisi-
teur bleibt man zwar weiterhin die führende Gesellschaft, muss jedoch die Lasten der Integration weitgehend selbst tragen. In Situationen, in denen die erhoffte synergetische Wirkung nicht (vollständig) eintritt oder der Integrationsaufwand das erwartete Maß übersteigt, kann dies existenzbedrohliche Auswirkungen haben. Die Krise wird dann durch den Zusammenschluss u.U. beschleunigt und nicht zurückgedrängt. Darüber hinaus zeigt sich: Zusammenschlüsse nach der Maßgabe der Kostenorientierung sind zwar in ihren synergetischen Wirkungen berechenbarer, das hilft jedoch nur, wenn die einmalig (hohen) Aufwendungen für die Rationalisierung kurzfristig getragen werden können. Krisen-M&As, die auf ein leis-
tungsorientiertes Wachstum abzielen, sind aus theoretischer Sicht im Hinblick auf ihre Erfolgswirkung eher zurückhaltender zu bewerten.
Zusammenfassung der Ergebnisse
199
Grundsätzlich spricht die Tatsache, dass einige der betrachteten Praxisfälle recht eindeutig als Erfolg, andere wiederum klar als Misserfolg zu bewerten sind, gegen eine pauschale Erfolgsbewertung von Krisen-M&As. Das Potenzial von Zusammenschlüssen in Unternehmungskri-
sen lässt sich aus vier der angeführten Praxisbeispiele ableiten, die ex post als Erfolg klassifiziert werden können. Hier leisten die entstehenden Synergien offensichtlich einen entscheidenden Beitrag zum erfolgreichen Krisenmanagement. Bei näherem Hinsehen lassen sich in diesem Zusammenhang zwei Erfolgsfaktoren ausmachen: Zum einen werden bei den erfolgreichen Zusammenschlüssen tatsächlich weitreichende Synergieeffekte realisiert, weil die Strukturen und Prozesse der Zusammenschlusspartner im Sinne der leitenden Synergieziele wirklich zusammenpassen. Zum anderen passt bei den entsprechenden Krisen-M&As die gewählte M&A-Grundstrategie gemäß den Implikationen des Krisen-M&A-Modells zu der jeweiligen Ausgangssituation: Akquisiteur Target
Ausgangssituation Krisenunternehmung
Angemessene Krisenbewältigungsstrategie laut Modell
Wirkung der M&AMaßnahme
Renault
Effizienzprobleme, unternehmungsindiv. Überkapazitäten
effizienzorientierte Restrukturierung
umfangreiche Effizienzsteigerungen (primär durch Konsolidierung)
Branchenkrise, marktweite Überkapazitäten
strategische Repositionierung
Verdrängung des Wettbewerbs (durch ergänzende Integration und Konsolidierung)/ Erlangung der Marktführerschaft
Branchenkrise, marktweite Überkapazitäten
strategische Repositionierung
führende Position in profitablem Marktsegment
strategische Repositionierung
Verdrängung des Wettbewerbs/ Erlangung der Marktführerschaft
Nissan
Air France KLM
Bilfinger Berger
HSG, Rheinhold Mahla
Arrow (direkter Wett- Branchenkrise Electronics bewerber)
Abbildung F-3: Zusammenfassende Darstellung der positiven Beispielfälle aus Kap. C.2.
Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Krisenunternehmungen in den angeführten Beispielen z.T. die Rolle des Targets, z.T. die des Akquisiteurs innehaben, so unterstützt dies die theoretische Überlegung, der zufolge M&As in Unternehmungskrisen nicht nur einseitig als sinnvolle Handlungsoptionen zu interpretieren sind. Mehr noch, in einigen Situationen besteht offensichtlich keine Alternative zur Target-Strategie (geringe Ressourcen der Krisenunternehmung bei angestrebter Konsolidierungsstrategie). In anderen Fällen kann die Krisenun-
200
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
ternehmung nur als Akquisiteur auftreten, weil es den potenziellen Zusammenschlusspartnern genauso schlecht oder noch schlechter geht. Die Risikokomponente von Krisen-M&As ist stark ausgeprägt.
Das hohe Ausmaß der Risikokomponente von Krisen-M&As wird ersichtlich, wenn man die Entwicklungen der in Kap. C präsentierten, offensichtlich nicht erfolgreichen Zusammenschlüsse betrachtet. Von den vier in diesem Zusammenhang zu nennenden Praxisbeispiele, sind drei Krisenunternehmungen mittlerweile insolvent (Kaufring, Walter Bau, Huffy), eine kämpft auch Jahre nach der M&A-Maßnahme mit schweren Krisensymptomen (Mitsubishi). Wie eine nähere Analyse dieser Fälle verdeutlicht, verstoßen die entsprechenden M&AMaßnahmen gegen wenigstens einen der o.g. Erfolgsfaktoren. Bei den Akquisitionen von Huffy und Kaufring stellen sich die erwarteten (umsatz- bzw. kostenorientierten) Synergieeffekte gar nicht erst ein, weil die Systeme und Strukturen offensichtlich nicht gut genug zu denen der Transaktionspartner passen. Bei Walter Bau werden zwar Synergien realisiert, aufgrund der anhaltenden Branchenkrise reichen diese effizienzorientierten Anstrengungen, mit denen keine wirkliche strategische Repositionierung im Wettbewerb einhergeht, jedoch nicht aus, um die Krisenursachen entscheidend zurückzudrängen. Bei Mitsubishi hingegen passt die (absatzorientierte) Stoßrichtung der M&A-Strategie nicht zur vorherrschenden KrisenAusgangssituation, in der eine effizienzseitige Restrukturierung angebracht gewesen wäre. Da hilft es nur wenig, dass die Target-Strategie in diesem Fall zumindest bis heute ein Überleben der Krisenunternehmung sichergestellt hat. Insgesamt zeigt sich, dass M&As in Unternehmungskrisen auch zum Krisenbeschleuniger werden und eine bedrohliche Entwicklung einleiten können, wenn die avisierten Synergien nicht in geplanter Höhe eintreten oder das zentrale Problem nicht lösen. Durch Zusammenschlüsse steigen typischerweise die Komplexitätskosten – und wenn diese nicht wenigstens durch Synergien ausgeglichen werden, gerät die Krisenunternehmung durch den Zusammenschluss verstärkt unter Druck. Das gilt besonders, wenn sie die führende Rolle im M&AProzess einnimmt und die Lasten der Transaktion selbst tragen muss. Bei Fällen, in denen die Krisenunternehmung den Zusammenschlussprozess als Ak-
quisiteur dominiert, leiten die Motive der dualen und der leistungsorientierten M&A-Strategie.
Zusammenfassung der Ergebnisse
201
Bei einer näheren Betrachtung der im Rahmen der Ereignisstudie analysierten Fälle (n=33), in denen die Krisenunternehmung durchweg als Akquisiteur auftritt, zeigt sich, dass sich der überwiegende Teil der Fälle in der Mitte (13) und auf der leistungs- resp. wachstumsorientierten Seite (15) des Strategiekontinuums positionieren lässt. Dazu passt auch, dass das Motiv der „produktseitigen Stärkung von Geschäftsfeldern des ursprünglichen Kerngeschäfts/ Erweiterung der Produktpalette/ Verbindung komplementärer Stärken im Angebot“ mit insgesamt 18 Nennungen mit weitem Abstand als wichtigstes Transaktionsmotiv genannt wurde. Rein kostenorientierte Akquisitionen durch Krisenunternehmungen sind hingegen eher selten (5). Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Implikationen des Krisen-M&AModells. Danach sind reine Konsolidierungsstrategien grundsätzlich nur in einer Krisenphase, nämlich in der einer akuten Bestandsbedrohung, als wirkungsvollste M&AHandlungsalternative anzusehen. Und in dieser Phase steht das strategietypische Problem der Kostenremanenz meist der Verfolgung einer Akquisiteur-Strategie entgegen.
Fusionen und Übernahmen, bei denen die Krisenunternehmung die Rolle des Ak-
quisiteurs übernimmt, sind im Mittel wertschaffende Maßnahmen. Die systematische Erfolgsmessung mittels Ereignisstudie hat gezeigt, dass für die untersuchten Fusionen und Übernahmen, die von Krisenunternehmungen in der Rolle des Akquisiteurs durchgeführt wurden, im Zeitfenster [0;+1] ein mittlerer abnormaler und statistisch signifi-
kanter Wertgewinn i.H.v. 3,18% (nach Marktmodell und ohne den Alno-Fall) resultiert. Danach sind die entsprechenden Zusammenschlüsse im Mittel wertschaffend und ökonomisch sinnvoll. Die zu Kontrollzwecken berechneten Ergebnisse (abnormale und kumulierte abnormale Renditen nach mittelwertbereinigtem Modell, Median-Werte und Prozentsatz der Werte mit positivem Vorzeichen) unterstützen dabei die Validität dieses Ergebnisses. Die Beobachtungen über das 81-tägige Ereignisfenster sprechen darüber hinaus für seine Stabilität. Da die durchschnittliche kumulierte abnormale Rendite für das gesamte Untersuchungssample nach einem Vergleich mit Studien ohne einen expliziten Krisenbezug als ausgesprochen hoch charakterisiert werden kann, spricht einiges für die Überlegung, der zufolge bei Akquisitionen und Fusionen in Unternehmungskrisen ökonomischer kalkuliert wird. Entweder spielt also Moral-Hazard in kritischen Unternehmungssituationen tendenziell eine geringere Rolle als in unkritischen Ausgangssituationen, und/ oder die Sondersituation der Krise ermöglicht im Mittel eine erfolgreichere Gestaltung des Integrationsprozesses. Weiterführende Analysen relativieren diese Überlegungen. So verdeutlichen die Ergebnisse, die nach einer
202
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
Differenzierung des Gesamtsamples in Abhängigkeit von der abnormalen Kursreaktion am Ereignistag gewonnen wurden, dass im Gesamtsample sowohl Fälle mit stabil positiver, aber
auch welche mit stabil negativer Kursreaktion zusammengefasst sind. Die analysierten Krisen-M&As sind damit nur im Durchschnitt wertschaffend – auf Einzelfallebene existieren offenbar erhebliche Erfolgsdifferenzen. Durch weitere Differenzierungen des Untersuchungssamples konnten schließlich konkrete Anhaltspunkte für den Erfolg bzw. Misserfolg einer Transaktion identifiziert werden. So stellte sich heraus, dass Übernahmen von nichtbörsennotierten Zielgesellschaften in Unternehmungskrisen im Durchschnitt deutlich Wert schaffen, wohingegen dies für Übernahmen börsennotierter Targets nicht gilt. Weiterhin wurde nachgewiesen, dass Akquisitionen, die von großen Krisenunternehmungen initiiert werden, tendenziell Wert vernichten, wobei für Akquisitionen kleiner Krisenunternehmungen Gegenteiliges der Fall ist. Schließlich gelang es durch eine inhaltliche Trennung des Untersuchungssamples in Abhängigkeit von der verfolgten M&A-Grundstrategie nachzuweisen, dass Krisen-M&As, die sich tendenziell stärker an den Zielen einer kostenorientierten Konsolidierung orientieren, im Mittel deutlich höhere Wertsteigerungen verzeichnen als Zusammenschlüsse, die vornehmlich auf ein leistungsorientiertes Wachstum abzielen. Damit folgt dieses Ergebnis den Grundaussagen der M&A-Theorie, wonach Maßnahmen der Konsolidierung eine berechenbarere und umfangreichere Synergierealisation ermöglichen als Maßnahmen, die eine Ergänzung komplementärer Ressourcen anstreben. Schlussfolgerungen
Die Ausführungen in dieser Arbeit haben gezeigt, dass Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen sinnvolle Handlungsoptionen für Krisenunternehmungen darstellen können. Sofern die Strukturen und Prozesse zweier Zusammenschlusspartner zueinander passen, können durch eine Unternehmungsverbindung Synergieeffekte realisiert werden, die auch den Prozess der Krisenbewältigung unterstützen können. Dabei ist es zunächst zweitrangig, ob die Krisenunternehmung eine solche Unternehmungsverbindung als Akquisiteur oder Target gestaltet. Einen langfristigen Erfolgsbeitrag zum Krisenmanagement kann eine M&AMaßnahme darüber hinaus leisten, wenn sie gemäß Krisen-M&A-Modell der Ausgangssituation angemessen ist und die Synergien auf die Krisenursachen abzielen. Von Akquisitionen, die einen dieser Punkte nicht erfüllen, ist aufgrund der hohen Belastung, die mit einem entsprechend offensiv geführten Zusammenschluss einhergehen, und der geringen Belastbarkeit von Krisenunternehmungen abzusehen. Die quantitativen Ergebnisse legen darüber hinaus
Zusammenfassung der Ergebnisse
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den Schluss nahe, dass Krisen-M&As für akquirierende Krisenunternehmungen insbesondere dann chancenreich sind, wenn Übernahmeverhandlungen ohne den öffentlichen Kapitalmarkt ablaufen und die Synergieziele tendenziell stärker auf Konsolidierung denn auf Wachstum beruhen. Insofern scheinen Zusammenschlüsse in Krisen gerade auch für den Mittelstand interessante Maßnahmen zu sein, sofern hier zwei Konkurrenten ihre Wertketten (u.U. durch Beteiligung eines Finanzinvestors, der die einmaligen Restrukturierungskosten trägt) teilweise konsolidieren und darüber hinaus Vorteile durch eine partielle gegenseitige Ergänzung erreichen können.
204
2
Zusammenfassung, Restriktionen und Ausblick
Restriktionen der Untersuchung und Ausblick
Da sich die vorliegende Arbeit in empirischer Hinsicht – sowohl bei der detaillierteren Einzelfalldarstellung in Kap. C.2 als auch im Rahmen der Ereignisstudie – auf ein relativ kleines Sample von Praxisfällen konzentriert, ist eine Generalisierung der gewonnenen Erkenntnisse nur sehr eingeschränkt möglich. Das gilt auch, weil einige Annahmen des Marktmodells, welches wiederum einigen Teilauswertungen der Ereignisstudie zu Grunde liegt, nicht durchgängig erfüllt sind. Insofern sind die präsentierten Ergebnisse mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren. Des Weiteren wurde an verschiedenen Stellen deutlich, dass in einem kleinen Sample Einzelfälle große Ergebniswirkung entfalten können („Alno-Fall“). Positiv soll hierbei allerdings gleichzeitig herausgestellt werden, dass es durch die Berechnung zusätzlicher Kontroll-Erfolgsgrößen meist gelang, eine weitgehende interne Verifizierung der Ergebnisse sicherzustellen. Einschränkend ist jedoch weiterhin zu erwähnen, dass sich sämtliche hier untersuchten Praxisfälle auf börsennotierte deutsche oder amerikanische Krisenunternehmungen beziehen, was eine „internationale Adaption“ der Ergebnisse ebenso einschränkt wie eine Übertragung auf die Situation bei mittelständischen Unternehmungen. Insgesamt scheint eine weitere Auseinandersetzung mit der Thematik der Krisen-M&As angebracht, konnte die vorliegende Arbeit doch aufzeigen, dass Zusammenschlüsse in Unternehmungskrisen Teil einer erfolgreichen Krisenbewältigungsstrategie sein können. Zukünftigen Forschungsvorhaben sei in diesem Zusammenhang einerseits geraten, die hier getätigten Analysen auf eine breitere empirische Basis zu stellen (was vor allem durch eine Erweiterung des geographischen Fokus’ möglich erscheint). Andererseits scheint es erstrebenswert, die gewonnenen Ergebnisse mit einer anderen als der hier verwendeten Erfolgsmessmethode der Event Study zu validieren, hat sich doch gezeigt, dass die Ereignisstudie bei Krisen-M&As mit einigen Operationalisierungs- und Messproblemen zu kämpfen hat. Da die vergangenen Ausführungen den Eindruck entstehen ließen, dass Erfolg und Misserfolg bei der hier diskutierten Thematik offensichtlich nahe beieinander liegen, soll auch explizit erwähnt werden, dass eine weitere, detaillierte Betrachtung von Einzelfällen gerechtfertigt erscheint. In diesem Kontext wäre es wünschenswert, wenn die Gruppe der mittelständischen Unternehmungen in die Untersuchung mit einbezogen wird.
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