Mathematische Modellbildung und numerische Simulation von Gas-Flüssigkeits-Blasenströmungen [PDF]

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Zitiervorschau

Mathematische Modellbildung und numerische Simulation von Gas-Flussigkeits-Blasenstr¨ ¨ omungen

Der Fakult¨at Maschinenbau der Universit¨at Stuttgart eingereichte

Habilitationsschrift

vorgelegt von Alexander Sokolichin geboren in Moskau

Hauptberichter : Prof. Dr.-Ing. G. Eigenberger Mitberichter : Prof. Dr.-Ing. M. Reuß Mitberichter : Prof. Dr. S. Turek Tag des Habilitationskolloquiums: 19.12.2003

2004

II

.

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner T¨atigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f¨ur Chemische Verfahrenstechnik der Universit¨at Stuttgart. Dem Institutsleiter, Herrn Prof. Dr.-Ing. G. Eigenberger, gilt mein herzlicher Dank f¨ur die stete und großz¨ugige wissenschaftliche und menschliche Unterst¨utzung. Recht herzlich m¨ochte ich mich bei Herrn Dr. A. Lapin bedanken f¨ur seine großz¨ugige Unterst¨utzung bei der Entwicklung des Programms zur Berechnung von Blasenstr¨omungen und f¨ur die fruchtbare Zusammenarbeit bei der Entwicklung der in diesem Programm eingesetzten numerischen Verfahren. Herrn Prof. Dr.-Ing. M. Reuß und Prof. Dr. S. Turek gilt mein besonderer Dank f¨ur die ¨ Ubernahme der Mitberichte und die damit verbundene M¨uhe, die umfangreiche Habilitationsschrift zu lesen und zu beurteilen. Allen momentanen und ehemaligen Mitarbeitern danke ich f¨ur die einmalige Arbeitsatmosph¨are am Institut, die sich durch Hilfsbereitschaft und gegenseitige Unterst¨utzung auch uber ¨ die Arbeit hinaus auszeichnet. Ganz besonders m¨ochte ich mich bei den Mitarbeitern der Gas/Liquid-Gruppe Stefan Becker, Claudia Schopf, Oliver Borchers und Robert Fettig bedanken f¨ur die a¨ ußerst produktive und sehr angenehme Zusammenarbeit und f¨ur die Bereitstellung der zahlreichen Meßergebnisse, ohne die eine detaillierte Validierung des mathematischen Modells nicht m¨oglich w¨are. Wolfgang Lengerer m¨ochte ich sehr f¨ur seine menschliche Unterst¨utzung danken, die er mir w¨ahrend einer schwierigen Phase meines Lebens geleistet hat. Der BASF und der Deutschen Forschungsgemeinschaft sei f¨ur ihre großz¨ugige F¨orderung gedankt.

Stuttgart, im Januar 2004

III

IV

Meinen Eltern

INHALTSVERZEICHNIS

V

Inhaltsverzeichnis

Formelzeichen und Abkurzungen ¨ Einleitung

IX 1

I

Diskretisierung hyperbolischer Gleichungen

11

1

Lineare Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit

13

1.1

Herleitung der Erhaltungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

1.2

Analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung . . . . . . . . . . .

17

1.3

Finite-Volumen-Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

1.4

Upwind- und Downwind-Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

1.5

Zentral-Differenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

1.6

Upwind-Verfahren zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

1.7

Agarwal-Verfahren und QUICK-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

1.8

Monotonie-Erhaltung und TVD-Eigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

1.9

Konstruktion eines TVD-Verfahrens h¨oherer Ordnung . . . . . . . . . . . .

79

1.10 TVD-Verfahren: Untersuchung der Testf¨alle . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

1.11 Testfall No.3: nichtmonotone glatte L¨osungsfunktion . . . . . . . . . . . .

99

2

Lineare Konvektionsgleichung mit variabler Konvektionsgeschwindigkeit 2.1

110

Analytische L¨osung der Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

VI

INHALTSVERZEICHNIS

2.2

Fall einer positiven variablen Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 114

2.3

Fall einer beliebigen variablen Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 127

3 Burger-Gleichung 3.1

Theoretische Aspekte und 2 Testf¨alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3.2

Flux-Limiter-Verfahren f¨ur die Burger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . 143

3.3

Slope-Limiter-Verfahren f¨ur die Burger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . 152

3.4

Splitting-Verfahren und QTVD-Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . 156

4 Mehrdimensionale Probleme

161

4.1

Lineare Konvektionsgleichung in zwei Dimensionen . . . . . . . . . . . . 161

4.2

Fall einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . 164

4.3

Fall einer variablen Konvektionsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . 172

4.4

Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 175

5 Zeitintegrationsverfahren

II

132

181

5.1

Implizite und explizite Verfahren erster Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 181

5.2

Das Crank-Nicolson-TVD-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Modellbildung und Simulation von Blasenstr¨omungen

6 Das mathematische Modell

189 191

6.1

Grundgleichungen des Two-Fluid Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

6.2

Kopplung zwischen den Phasen im Two-Fluid-Modell . . . . . . . . . . . . 194

6.3

Das Drift-Flux-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

6.4

Boussinesq-Approximation f¨ur Drift-Flux-Modell . . . . . . . . . . . . . . 201

6.5

Erste Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

6.6

Die Impulsbilanz f¨ur die Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

INHALTSVERZEICHNIS

6.6.1

Impulsbilanz f¨ur die Einzelblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

6.6.2

Druckkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

6.6.3

Schwerkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

6.6.4

Weitere Kr¨afte: Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

6.6.5

Widerstandskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

6.6.6

Die virtuelle Masse ( added mass force“) . . . . . . . . . . . . . . 225 ”

6.6.7

Radiale Kr¨afte ( lift forces“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 ”

6.6.8

Zur Relevanz der einzelnen Kr¨afte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

6.6.9

Die Impulsbilanz f¨ur die Gasphase: Zusammenfassung . . . . . . . 236

6.7

Das Euler-Lagrange Model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

6.8

Modellierung der Turbulenz in einer Blasenstr¨omung . . . . . . . . . . . . 239

6.9

7

VII

6.8.1

Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

6.8.2

Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz . . . . . . . . . . . 242

6.8.3

Modellierung der turbulenten Dispersion in der Gasphase . . . . . . 246

Das mathematische Modell: Zusammenfassung und numerische Aspekte . . 253

Lokal begaste Blasens¨aule 7.1

7.2

258

Außermittig begaste Blasens¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 7.1.1

Beschreibung des Testfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

7.1.2

Ergebnisse einer laminaren Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 262

7.1.3

Einsatz eines Turbulenzmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

7.1.4

Einflußdes Diskretisierungsverfahrens auf die Genauigkeit der L¨osung280

Mittig begaste Blasens¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 7.2.1

Beschreibung der Testf¨alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

7.2.2

Station¨are Str¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

7.2.3

Instation¨are Str¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

VIII

INHALTSVERZEICHNIS

7.2.4

Vergleich der zeitabh¨angigen Daten, Phasentrajektorien . . . . . . . 290

7.2.5

Gitterabh¨angigkeit der L¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

7.2.6

Einflußder Schlupfgeschwindigkeit auf die Ergebnisse . . . . . . . 295

8 Schlaufenreaktor

298

8.1

Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

8.2

Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau . . . . . . . . . . . . . . . . 304

9 Gleichm¨aßig begaste Blasens¨aule

314

9.1

Flache Blasens¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

9.2

Zylindrische Blasens¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

10 Zusammenfassung

336

A Ausgelagerte Beweise zu einzelnen Theoremen

340

A.1 Beweis des Theorems 3

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

A.2 Beweis des Theorems 4

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

A.3 Beweis des Theorems 6

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

A.4 Beweis des Theorems 7

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

A.5 Beweis des Theorems 8

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

A.6 Beweis des Theorems 9

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Literaturverzeichnis

350

¨ FORMELZEICHEN UND ABKURZUNGEN

Formelzeichen und Abkurzungen ¨ Teil I Abkurzungen ¨ CDS (FL) LUDS L-AGARWAL L-CDS L-LUDS L-QUICK MC MM QTVD QUICK SB (SL) TVD VL

central differencing scheme flux limiter linear upwind differencing scheme limitierte Version des Agarwal-Verfahrens limitierte Version von CDS limitierte Version von LUDS limitierte Version von QUICK monotonized centered minmod Quasi-TVD quadratic upstream interpolation for convective kinematics superbee slope limiter total variation diminishing van Leer

Lateinische Buchstaben a, a(x) konstante oder variable Konvektionsgeschwindigkeit D numerische Diffusion E (x t) totale Energie En (x t) numerischer Gesamtfehler E (x) numerischer Ortsfehler Rx 2 erf (x) error function, erf (x) = p2 e;x dx 0 f (u) Stromfunktion F (U  i ; 1=2) numerischer Konvektionsstrom an der Stelle x = xi;1=2

IX

X

F (U  i ; 1=2 j ) F (U  l) F (U  r) G(U  i j ; 1=2) G(U  u) h(x x0) k Lj L(x t) L(x) N N (x x0 ) p p p(x t) t TV (U ) u(x t) u(x t) u(: t) u0(x) uK (x t) uKD (x t) uKDi(x t) uni Uin Ui Ui Un U U v ( x t) xy X1 X2

¨ FORMELZEICHEN UND ABKURZUNGEN

numerischer Konvektionsstrom an der Stelle x = xi;1=2, y = yj Abk¨urzung f¨ur F (U  i ; 1=2), F (U  i ; 1=2 j ) Abk¨urzung f¨ur F (U  i + 1=2) numerischer Konvektionsstrom an der Stelle x = xi , y = yj ;1=2 Abk¨urzung f¨ur G(U  i j ; 1=2) Heavyside Sprungfunktion, 8

< h(x x0) = : 0 wenn x  x0 1 wenn x0 < x

Wellenzahl Lipschitz-Konstanten lokaler Abbruchfehler ortlicher ¨ Abbruchfehler Anzahl der Kontrollvolumina Wahrscheinlichkeitsintegral der Normalverteilung, Rx 1 (x;x )2 N (x x0 ) = p21  e; 2 20 dx ;1 Approximationsordnung eines Diskretisierungsverfahrens Konvergenzordnung eines Diskretisierungsverfahrens Druck Zeit P 1 jU ; U j totale Variation der Gitterfunktion U , TV (U ) = ii=+ i+1 i =;1 unbekannte Funktion genaue analytische L¨osung Abh¨angigkeit x 7! u(x t) bei konstant gehaltenem t Anfangsbedingung L¨osung der Konvektionsgleichung ut + aux = 0 L¨osung der Konvektions-Diffusions-Gleichung ut + aux = Duxx L¨osung der Konvektions-Dispersions-Gleichung ut + aux = Buxxx exakte L¨osung an der Stelle (xi tn ) numerische Approximation der exakten L¨osung an der Stelle (xi tn ) Abk¨urzung f¨ur Uin+1 Abk¨urzung f¨ur Uin Gitterfunktion, U n = fU:n g = fUin i = ::: ;1 0 1 2 :::g Abk¨urzung f¨ur U n+1 Abk¨urzung f¨ur U n Geschwindigkeit Koordinaten Einstr¨omrand Ausstr¨omrand

¨ FORMELZEICHEN UND ABKURZUNGEN

Griechische Buchstaben  unbestimmte Koeffizienten x, y Maschenweite des numerischen Gitters t Zeitschritt  Verh¨altnis von aufeinanderfolgenden Gradienten der Gitterfunktion U bzw. der Stromfunktion f (U ) freier Gewichtungsparameter

(t) Randbedingung %(x t) Dichte  Parameter der Normalverteilung , Gewichtungsfaktoren im TVD-Konvektionsstrom (), () Limiter-Funktionen Indizes agar Agarwal cds central differencing scheme cn Crank-Nicolson dc deferred correction down downwind fl flux limiter i j Index f¨ur Kontrollvolumina l Abk¨urzung f¨ur i ; 1=2 (l) Laufvariable f¨ur Iteration luds linear upwind differencing scheme mc monotonized centered mm minmod n Laufvariable f¨ur Zeitschritt r Abk¨urzung f¨ur i + 1=2 qtvd quasi-tvd sb superbee sl slope limiter tvd total variation diminishing up upwind vl van Leer

XI

XII

¨ FORMELZEICHEN UND ABKURZUNGEN

Teil II Lateinische Buchstaben BIT blaseninduzierte Turbulenz Cam — Koeffizient der virtuellen Tr¨agheitskraft ( added mass coefficient“) ” Cd — Widerstandsbeiwert ( drag coefficient“) ” C — Parameter im Modell f¨ur blaseninduzierte Turbulenz C1 — Parameter im k --Modell C2 — Parameter im k --Modell Ck — Parameter im Modell f¨ur blaseninduzierte Turbulenz Cl — Koeffizient der radialen Kraft ( lift coefficient“) ” C — Parameter im k --Modell Cw kg=(m3  s) Schwarz-und-Turner-Konstante, Cw = 5  104 kg=(m3  s) Dlgt m2=s turbulenter Diffusionskoeffizient db m Blasendurchmesser

ex

E o

Fam Fd Fg Fl Fp Ftotal FW g I

— —

N N N N N N N=m3 m=s2 —

k mb Mo p Pk Re S

m2=s2 kg

N=(m2  s2)

Sk

N=(m2  s)

Sc





N=m2 N=(m2  s) —

vertikal nach oben gerichteter Einheitsvektor 2 E¨otv¨oszahl, E o = g%ldb virtuelle Tr¨agheitskraft ( added mass force“) ” Widerstandskraft ( drag force“) ” Schwerkraft radiale Kraft ( lift force“) ” Druckkraft Summe aller auf eine Einzelblase wirkenden Kr¨afte Wechselwirkungskraft Erdbeschleunigungsvektor Einheitstensor turbulente kinetische Energie Blasenmasse g4 Mortonzahl, Mo = %l l3 Druck Produktionsrate der turbulenten kinetischen Energie Blasen-Reynoldszahl, Re = %l dbjubl ;ul j Zusatzquellterm in der -Gleichung, beschreibt den Einfluß der Blasen auf die Turbulenz Zusatzquellterm in der k -Gleichung, beschreibt den Einfluß der Blasen auf die Turbulenz Schmidtzahl f¨ur den turbulenten Transport

XIII

¨ FORMELZEICHEN UND ABKURZUNGEN

t

T TRe u u0 ub udrift umom urise uslip

Vb V_G We

x xb

Xd

s N=m2 N=m2 m=s m=s m=s m=s m=s m=s m=s m3 l=min —

m m



Zeit Schubspannungstensor Tensor der Reynolds’schen Schubspannungen Geschwindigkeitsvektor turbulente Geschwindigkeitsschwankungen Blasengeschwindigkeit drifting velocity momentane Geschwindigkeit Blasenaufstiegsgeschwindigkeit Schlupfgeschwindigkeit, slip = b ; l Blasenvolumen Gasdurchsatz 2 Weberzahl, We = %l jub;ul j db Ortskoordinatenvektor Blasenposition Phasenindikatorfunktion der dispersen Phase

u

u u

Griechische Buchstaben  m2=s3 Energiedissipationsrate " — Volumenanteil  — Kroneckersymbol

kg=(m  s) laminare Viskosit¨at

t kg=(m  s) turbulente Wirbelviskosit¨ at  !T @ @ @ ; 1 r m Gradientenvektor @x @y @z 3 % kg=m Dichte 2  kg=s Oberfl¨achenspannung  — Parameter im k --Modell k — Parameter im k --Modell Tiefgestellte Indizes b zur Einzelblase geh¨orige Gr¨oße BI blaseninduziert d zur dispersen Phase geh¨orige Gr¨oße g zur Gasphase geh¨orige Gr¨oße l zur Fl¨ussigphase geh¨orige Gr¨oße SI scherinduziert

XIV

ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassung Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines mathematischen Modells, das eine zutreffende und effiziente numerische Simulation von Gas-Fl¨ussigkeits-Reaktoren mit Blasenstr¨omungen erm¨oglicht. Die Qualit¨at eines mathematischen Modells kann nur anhand detaillierter Vergleiche zwischen Simulation und Experiment erfolgen. Da ein mathematisches Modell aus einem System von nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen besteht, die auf numerischen Wege gel¨ost werden, ist die Validierung des Modells nur dann m¨oglich, wenn die Simulationsergebnisse nicht zu sehr durch numerische Fehler beeinflußt werden. Bei der numerischen Behandlung der partiellen Differentialgleichungen stellt die Diskretisierung der konvektiven Terme ein besonders schwieriges Problem dar. W¨ahrend die linearen Verfahren erster Ordnung an einem hohen numerischen Fehler infolge der numerischen Diffusion leiden, f¨uhren die linearen Verfahren h¨oherer Ordnung zu einem unphysikalischen Verlauf der L¨osungsprofile. Wegen der auftretenden Oszillationen im L¨osungsprofil k¨onnen diese Verfahren zum L¨osen von konvektionsdominanten Problemen nicht eingesetzt werden, wenn die zu transportierende Gr¨oße physikalisch keine negativen Werte annehmen darf (wie z.B. Konzentration, Gasgehalt, turbulente kinetische Energie usw.). In der letzten Zeit wurde eine Reihe von neuen nichtlinearen Diskretisierungsverfahren entwickelt, die auf dem sog. TVD-Konzept (Total Variation Diminishing) basieren. Sie liefern oszillationsfreie Profile und sind auf glatten L¨osungen bis zur dritten Ordnung genau. Eine ausf¨uhrliche Auseinandersetzung mit dem TVD-Konzept ist ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit. Da die TVD-Verfahren nicht nur zur Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen sondern auch allgemein zur Diskretisierung von beliebigen konvektionsdominanten Gleichungen eingesetzt werden k¨onnen, und damit f¨ur ein breites Spektrum verfahrenstechnischer Anwendungen von Interesse sind, werden sie im ersten Teil der Arbeit behandelt. Zun¨achst wird am Beispiel einer eindimensionalen linearen Konvektionsgleichung mit einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit die Herleitung der TVD-Diskretisierung ausf¨uhrlich erl¨autert. Anschließend wird die Verallgemeinerung des TVD-Konzepts auf komplexere lineare und nichtlineare ein- und mehrdimensionale hyperbolische Gleichungen diskutiert. Dabei wer-

ZUSAMMENFASSUNG

XV

den die Vorteile der TVD-Verfahren gegen¨uber den linearen Diskretisierungsmethoden an 11 Testf¨allen veranschaulicht. Die Fragen der Modellbildung und numerischen Simulation von blaseninduzierten Str¨omungen werden dann im zweiten Teil dieser Arbeit behandelt. Zur Diskretisierung der Modellgleichungen werden die im ersten Teil entwickelten TVD-Verfahren eingesetzt. Ausgehend von einem sogenannten Basismodell“ des Euler-Euler-Typs, das nur solche Terme ” im Modell ber¨ucksichtigt, deren Existenz und mathematische Darstellung weitgehend akzeptiert ist, wird das Modell im engen Wechselspiel mit Experimenten validiert und weiterentwickelt. Es werden dazu unterschiedliche Konfigurationen von lokal begasten Blasens¨aulen, Schlaufenapparaten und gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen simuliert. Zu den ausf¨uhrlich untersuchten Fragen geh¨ort der Einfluß der unterschiedlichen Kr¨afte, insbesondere der Widerstandskraft, der added mass force“ und der lift force“ auf die Blasenbewe” ” gung, sowie die Frage der Erfassung und der Auswirkung von Turbulenz in der Gas-Fl¨ussigkeitsstr¨omung. Die Turbulenz a¨ ußert sich dabei zum einen in der Erh¨ohung der effektiven Viskosit¨at der Fl¨ussigphase und zum anderen in der Dispersion der Gasblasen, wobei die Gasblasen selber maßgeblich zur Turbulenz in der Fl¨ussigphase beitragen. Als Ergebnis folgt, daß das typisch instation¨are Str¨omungsverhalten in lokal begasten Blasens¨aulen mit niedrigem Gasgehalt gut vorhergesagt werden kann, wenn die instation¨aren, dreidimensionalen Modellgleichungen mit den entwickelten numerischen Verfahren gel¨ost werden. Dazu reicht bei lokaler Begasung ein Turbulenzansatz nach dem Standard-k -Modell aus. Bei vollst¨andiger Begasung und h¨oherem Gasgehalt muß dagegen die blaseninduzierte Turbulenz mitber¨ucksichtigt werden. Bisherige Modellans¨atze daf¨ur erlauben zwar eine zutreffende Beschreibung nach vorheriger Anpassung der entsprechenden Modellparameter aber noch keine sichere Vorausberechnung.

XVI

.

ZUSAMMENFASSUNG

EINLEITUNG

1

Einleitung Die vorliegende Arbeit entstand als Ergebnis einer 5-j¨ahrigen Forschungst¨atigkeit im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogrammes Analyse, Modellierung und Berechnung mehr” phasiger Str¨omungen“ (Vorhaben Ei 131/10 mit dem Titel Modellierung und effiziente ” numerische Simulation von Gas-Fl¨ussigkeits-Reaktoren mit Blasenstr¨omungen nach dem Euler-Euler-Konzept“). Es war das Ziel des Vorhabens, ein Simulationsprogramm zu entwickeln, mit dem das station¨are und instation¨are Verhalten von Gas-Fl¨ussigkeits-Blasenstr¨omungen in Apparaten unterschiedlicher Geometrie modellm¨aßig zutreffend beschrieben und numerisch effizient simuliert werden kann. Zutreffende Modellierung bedeutet, daß alle wichtigen physikalischen Effekte durch das mathematische Modell richtig wiedergegeben werden. Die Effizienz der Numerik setzt voraus, daß die Modellgleichungen zum einen mit einem klar eingrenzbaren numerischen Fehler und zum anderen mit m¨oglichst niedrigem Speicherplatz- und vor allem Rechenzeitbedarf gel¨ost werden. Die Effektivit¨at des Rechenverfahrens ist sehr wichtig, da die Modellgleichungen in mehreren Hunderttausenden von Gitterpunkten und uber ¨ Zehntausende von Zeitschritten aufgel¨ost werden m¨ussen, um das dreidimensionale und zeitabh¨angige Verhalten der Str¨omung wiederzugeben. Es gibt heute viele unterschiedliche Ans¨atze zur Modellierung von Zweiphasenstr¨omungen. Bis auf den Fall der Direkten Numerischen Simulation von Gas-Fl¨ussigstr¨omungen, bei welcher die genauen einphasigen Gleichungen innerhalb der jeweiligen Phase gel¨ost werden, sind uberwiegend ¨ sog. statistische Modelle (das Euler-Euler-Modell bzw. das EulerLagrange-Modell) im Einsatz. Diese statistischen Modelle ergeben sich aus den lokalen einphasigen Gleichungen durch eine geeignete Mittelung. Ihr Einsatz ist allerdings mit Unsicherheit verbunden, die in der Natur der statistischen Modelle liegt. Da bei einem Mittelungsprozeß genaue Informationen u¨ ber die tats¨achliche Str¨omung ben¨otigt werden, die eben so nicht vorliegen, werden die Terme in den gemittelten Gleichungen von verschiedenen Autoren auf unterschiedliche Weise modelliert. Die Unterschiede betreffen vor allem die Modellierung der Wechselwirkungsterme zwischen beiden Phasen und die Modellierung

2

EINLEITUNG

der Zweiphasenturbulenz. Ein breiter Einsatz von statistischen Modellen zur Simulation von Gas-Fl¨ussigkeits-Blasenstr¨omungen wird z.Zt. vor allem dadurch erschwert, daß diese Modellterme h¨aufig nur an das jeweilige Problem angepaßt werden und somit keine allgemeine G¨ultigkeit besitzen. Diese Unsicherheit bez¨uglich des mathematischen Modells ist ein Grund daf¨ur, daß das Verh¨altnis zwischen der Modellierung und der numerischen L¨osung bei zweiphasigen Str¨omungen ein anderes ist als im einphasigen Bereich. Die Grundgleichungen der einphasigen Str¨omungen sind im Prinzip bekannt. Die Unsicherheiten betreffen vor allem die Modellierung der einphasigen Turbulenz, aber selbst daf¨ur gibt es eine Reihe von erprobten Modellen, so daß der Einsatz der numerischen Str¨omungsmechanik zur Vorhersage der Hydrodynamik von einphasigen Systemen heute als ein weitverbreitetes Standardverfahren angesehen werden kann. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig bei der Entwicklung der geeigneten numerischen Methoden, die es erm¨oglichen, Apparate mit komplizierten Geometrien auszulegen und die resultierenden Gleichungssysteme effektiv zu L¨osen. Es werden daher st¨andig neue flexible Gittergenerierungsverfahren sowie Methoden zur Verk¨urzung des Rechenganges entwickelt. Parallelisierung, Gebietszerlegung sowie den Einsatz von Mehrgitterverfahren zur Konvergenzbeschleunigung sind typische Beispiele. Bei der Modellierung und Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen liegt der Schwerpunkt dagegen eindeutig bei der Entwicklung der mathematischen Modelle und deren Validierung. Man konzentriert sich deshalb u¨ berwiegend auf Apparate mit einfachen Geometrien (flach bzw. zylindrisch, mit und ohne Einbauten), die den Einsatz von strukturierten und zum großen Teil a¨ quidistanten karthesischen bzw. zylindrischen Gittern erm¨oglichen, f¨ur die effektive numerische Standardverfahren eingesetzt werden k¨onnen. Die wichtigste Anforderung an die Numerik ist daher nicht die Behandlung komplexer Berechnungsgebiete, sondern Gew¨ahrleistung solcher Eigenschaften des Rechenverfahrens, die eine zuverl¨assige Validierung der mathematischen Modelle erm¨oglichen. Die Validierung der Modelle kann dabei nur durch detaillierte Vergleiche zwischen Simulationen und Experiment erfolgen. Ein Maß f¨ur die G¨ute des Modells ist dabei die H¨ohe der Modellfehler, die die Differenz zwischen der tats¨achlichen Str¨omung und der exakten L¨osung des zugrundegelegten mathematischen Modells quantitativ beschreibt. Das mathematische Modell besteht aus einem System von nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen, bei deren numerischer L¨osung numerische Fehler entstehen, die die Differenz zwischen der exakten L¨osung des Differentialgleichungssystems und der numerischen L¨osung beschreiben. Die Modellfehler werden somit von den numerischen Fehlern uberla¨ gert. Die Validierung des Modells ist daher nur dann m¨oglich, wenn die Simulationsergebnisse nicht zu sehr durch numerische Fehler beeinflußt werden. Somit steht sie im direkten Zusammenhang mit der Validierung des verwendeten numerischen Verfahrens.

EINLEITUNG

3

Die numerischen Fehler unterteilen sich in Diskretisierungsfehler und L¨osungsfehler. Die Diskretisierungsfehler beschreiben die Differenz zwischen der exakten L¨osung des Differentialgleichungssystems und der exakten L¨osung des durch die Diskretisierung entstandenen algebraischen Gleichungssystems. Die L¨osungsfehler beschreiben die Differenz zwischen der exakten L¨osung des algebraischen Gleichungssystems und der iterativ berechneten N¨aherungsl¨osung. Die Diskretisierungsfehler h¨angen im wesentlichen von der Ordnung des Diskretisierungsverfahrens, der Feinheit des numerischen Ortsgitters und der Gr¨oße des Zeitschritts ab. Im Prinzip sind sie vom Anwender kontrollierbar: mit feiner werdenden Gittern und kleiner werdenden Zeitschritten wird jedes konsistente Berechnungsverfahren zu einer gitterunabh¨angigen L¨osung konvergieren. Die Diskretisierungsfehler lassen sich daher anhand von L¨osungen auf mehreren systematisch verfeinerten Gittern bzw. mit verkleinerten Zeitschritten absch¨atzen. Im Bereich der monotonen Konvergenz (d.h. bei hinreichend feiner Diskretisierung) ist die Differenz zwischen den L¨osungen auf zwei aufeinanderfolgenden Gittern proportional zum Fehler auf dem feinsten Gitter (analog f¨ur den zeitlichen Diskretisierungsfehler), wobei der Proportionalit¨atsfaktor von der Ordnung des Diskretisierungsschemas abh¨angt. F¨ur eine verl¨aßliche Absch¨atzung sind L¨osungen auf mindestens drei Gittern bzw. mit drei Zeitschritten notwendig. Leider ist es bis heute noch nicht u¨ blich, Ver¨offentlichungen zur Simulation von Zweiphasenstr¨omungen mit einer detaillierten Fehleranalyse zu verbinden. So wurden bis vor kurzem f¨ur die Diskretisierung der Konvektionsterme u¨ berwiegend Upwind-Diskretisierungsverfahren erster Ordnung eingesetzt, die große Fehler in Form von numerischer Diffusion verursachen k¨onnen. Wie in [111] gezeigt wurde, k¨onnen diese Fehler die Qualit¨at der numerischen L¨osung sehr stark beeintr¨achtigen. Deshalb sind Behauptungen, dieses oder jenes Modell sei durch einen Vergleich mit experimentellen Daten ausreichend validiert, als spekulativ einzusch¨atzen, wenn die Ver¨offentlichung keine Angaben zu der Genauigkeit der numerischen L¨osung enth¨alt. Diese Meinung setzt sich in den letzten Jahren immer st¨arker durch, und hat dazu gef¨uhrt, daß einige bekannte Zeitschriften, wie das ASME Journal of Fluids Engineering, seit 1993 grunds¨atzlich keine Ver¨offentlichungen akzeptieren, wenn sie keine detaillierte Angaben zur H¨ohe der numerischen Fehler enthalten [31]. Gleichzeitig wird gefordert, daß die eingesetzten Diskretisierungsverfahren formal mindestens zweiter Ordnung genau sein sollen, da bei Verfahren erster Ordnung aufgrund der numerischen Diffusion eine starke Verf¨alschung der L¨osung auftritt. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß Strategien, die eine lineare Umschaltung zwischen den Verfahren erster und zweiter Ordnung verwenden (insbesondere die sehr bekannten hybrid-“ und power-law-“ Verfahren, s. [93]) ” ” als Diskretisierungsverfahren erster Ordnung angesehen werden m¨ussen, da ihre Ergebnisse

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EINLEITUNG

beim L¨osen von konvektionsdominanten Problemen auf groben Gittern mit dem UpwindVerfahren erster Ordnung weitgehend u¨ bereinstimmen. Wenn trotzdem in bekannten Zeitschriften des Chemical Engineering immer noch Simulationsergebnisse mit Verfahren erster Ordnung zur Diskretisierung von Konvektionstermen eingesetzt werden, so gibt es daf¨ur gute Gr¨unde. Es existieren zwar viele unterschiedliche lineare Diskretisierungsschemata, die numerisch stabil sind, zweiter oder sogar dritter Ordnung genau sind, und keinerlei numerische Diffusion aufweisen. Sie f¨uhren jedoch zu L¨osungsprofilen, die an mehr oder weniger starken Oszillationen leiden, wobei unphysikalische lokale Maxima und Minima entstehen. Setzt man solche Verfahren z.B. zur Berechnung des Gasgehalts oder der turbulenten kinetischen Energie ein, so k¨onnen sich lokal negative L¨osungswerte ergeben, die zum Zusammenbruch des gesamten Berechnungsverfahrens f¨uhren. Entsprechende Diskretisierungsverfahren sind daher ebenfalls nicht sinnvoll. In der letzten Zeit wurde aber eine Reihe von neuen nichtlinearen Diskretisierungsverfahren entwickelt, die auf dem sog. TVD-Konzept (Total Variation Diminishing) basieren [77]. Sie liefern oszillationsfreie Profile und sind bei glattem L¨osungsverlauf bis zur dritten Ordnung genau. Die mathematische Theorie der TVD-Schemata ist allerdings nur f¨ur den ¨ eindimensionalen Fall relativ gut entwickelt. Die direkte Ubertragung von eindimensionalen Diskretisierungsschemata auf den mehrdimensionalen Fall f¨uhrt zu konservativen TVDModellen, die h¨ochstens erster Ordnung genau sein k¨onnen [32]. Deshalb erfolgt die Erweiterung des TVD-Konzepts auf den mehrdimensionalen Fall auf ad hoc Basis durch lokal eindimensionale Dekomposition der mehrdimensionalen Modellgleichungen. Die resultierenden Schemata u¨ berzeugen im mehrdimensionalen Fall durch sehr genaue und vor allem physikalisch sinnvolle (oszillationsfreie) L¨osungen. Wegen der hohen Komplexit¨at werden diese TVD-Schemata bisher in der angewandten numerischen Str¨omungmechanik allerdings noch relativ selten benutzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden TVD-Verfahren seit 1996 eingesetzt und an zahlreichen ein- und mehrdimensionalen linearen und nichtlinearen Beispielen eingehend getestet. Trotz der komplexeren Handhabung zahlt sich der Einsatz der TVD-Verfahren mehrfach aus, da die gitterunabh¨angige L¨osung auf viel gr¨oberen (im Vergleich zum Up¨ wind-Verfahren) Gittern erzielt werden kann. Wir sind daher zu der Uberzeugung gekommen, daß es momentan keine andere Alternative gibt, wenn man auf handhabbaren Gittern eine weitgehend gitterunabh¨angige L¨osung berechnen m¨ochte. In zahlreichen Ver¨offentlichungen sowie in Monographien [46, 77] findet man eine ausf¨uhrliche Beschreibung von unterschiedlichen TVD-Verfahren. F¨ur einen unvorbereiteten Leser wird die Lekt¨ure dieser Literaturquellen zum einen dadurch erschwert, daß sie eine fundierte mathematische Ausbildung voraussetzen, und zum anderen sehr allgemein konzipiert sind.

EINLEITUNG

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Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird daher die Problematik der TVD-Diskretisierung aus einer anderen Perspektive behandelt. Der einfachste Fall einer eindimensionalen linearen Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit wird nicht als ein Spezialfall sondern als Einstiegsbeispiel und daher sehr ausf¨uhrlich dargestellt. Die Entwicklung von TVD-Verfahren f¨ur zunehmend komplexere F¨alle baut dann konsequent darauf auf. Da der Einsatz von TVD-Verfahren einerseits eine zwingende Voraussetzung f¨ur eine genaue L¨osung der Zweiphasengleichungen ist, und diese Verfahren andererseits nicht nur zur Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen sondern auch allgemein zur Diskretisierung von beliebigen konvektionsdominanten Gleichungen eingesetzt werden k¨onnen, sind sie f¨ur ein breites Spektrum verfahrenstechnischer Anwendungen von Interesse. Daher werden sie im ersten Teil der Arbeit in allgemeiner Form behandelt, bevor sie im Teil II f¨ur den Fall der Zweiphasenstr¨omung konkretisiert werden. Der erste Teil der Arbeit besteht aus 5 Kapiteln. Im Kapitel 1 werden wir uns mit der linearen Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit befassen. Nach der Herleitung der Erhaltungsgleichung (Abschn. 1.1) und deren analytischer L¨osung (Abschn. 1.2) leiten wir im Abschn. 1.3 die Finite-Volumen-Formulierung ab, die uns als Ausgangspunkt f¨ur unterschiedliche Diskretisierungsverfahren dienen wird. Wir beginnen mit der Untersuchung des Upwind-Verfahrens erster Ordnung und demonstrieren an einigen Beispielen den sehr starken Einfluß der numerischen Diffusion (Abschn. 1.4). Danach werden unterschiedliche linearen Verfahren zweiter und dritter Ordnung untersucht, und die Gr¨unde f¨ur das Auftreten der Oszillationen in den L¨osungsprofilen besprochen (Abschn. 1.5–1.7). Im Abschn. 1.8 wird eine allgemeine Definition eines TVD-Verfahrens gegeben und im Abschn. 1.9 wird eine Reihe von TVD-Verfahren f¨ur die lineare Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit hergeleitet. Die beiden Abschnitte geh¨oren zu den formelintensivsten“ Abschnitten der ganzen Arbeit, die meisten Umformungen sind jedoch ” rein arithmetischer Natur und sind bei etwas Geduld einfach nachzuvollziehen. Das Material dieser beiden Abschnitte ist Voraussetzung f¨ur das Verst¨andnis der restlichen Kapitel. In den letzten beiden Abschnitten des ersten Kapitels werden die entwickelten TVD-Verfahren an einer Reihe von Beispielen getestet. In den Kapiteln 2–4 wird der Aufbau eines TVD-Verfahrens zun¨achst am Beispiel einer linearen Konvektionsgleichung mit variabler Konvektionsgeschwindigkeit erl¨autert, und dann auf den Fall einer eindimensionalen nichtlinearen Burger-Gleichung und schließlich auf den Fall mehrerer Dimensionen u¨ bertragen. Zur Illustration der entwickelten Verfahren werden acht weitere Testbeispiele herangezogen. In den ersten vier Kapiteln werden wir uns ausschließlich mit der Diskretisierung der Kon-

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EINLEITUNG

vektionsterme besch¨aftigen. Als Zeitintegrationsverfahren wird dabei die implizite Zeitdiskretisierung erster Ordnung eingesetzt. Im Kapitel 5 gehen wir daher kurz auf andere M¨oglichkeiten der Zeitdiskretisierung unter dem Blickwinkel des TVD-Konzeptes ein. Der mathematischen Modellbildung und numerischen Simulation von Gas-Fl¨ussigkeits-Blasenstr¨omungen ist der zweite Teil dieser Arbeit gewidmet. Erste Arbeiten auf dem Gebiet der Simulation von Gas-Fl¨ussig-Str¨omungen kamen zu Anfang der 60-er Jahre aus dem Bereich der Kerntechnik. Ziel dieser Arbeiten war die Untersuchung des sog. lost” of-coolant-accident“. Die Simulationen wurden eindimensional anhand einfacher Modelle durchgef¨uhrt. Das Gas-Fl¨ussig-Gemisch wurde als eine quasi-homogene Phase betrachtet, die Gasgeschwindigkeit aus einer algebraischen Schlupfbeziehung berechnet, und die Wandreibung durch den turbulenten Rohrreibungsansatz mit konstantem Reibungsbeiwert ber¨ucksichtigt. Seit Ende der 60-er Jahre werden eindimensionale Zweiphasenmodelle auch zur Berechnung von Blasens¨aulen eingesetzt. Die R¨uckvermischung in beiden Phasen wird mit Hilfe von axialen Dispersionskoeffizienten beschrieben, deren Werte aus empirischen Korrelationen ermittelt werden und die von mehreren Gr¨oßen wie z.B. Reaktordurchmesser und Gasleerrohrgeschwindigkeit abh¨angen. Die große Zahl unterschiedlicher empirischer Korrelationen f¨ur axiale Dispersionskoeffizienten belegt, daß die Vorhersage dieses Modellparameters mit einer großen Unsicherheit verbunden ist. In ersten Ans¨atzen zur zweidimensionalen Modellierung von Blasens¨aulen wurde das radiale Gasgehaltsprofil postuliert und die Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit aus einer vereinfachten Impulsbilanz berechnet. Die ersten detaillierteren Zweiphasenmodelle zur mehrdimensionalen Berechnung von GasFl¨ussig-Str¨omungen in unterschiedlichen Reaktoren wurden zu Anfang der 80-er Jahre vero¨ ffentlicht. Zur Modellierung der Zweiphasenstr¨omung wurde dabei meist das sog. EulerEuler-Modell verwendet, bei welchem f¨ur beide Phasen eigene Bewegungsgleichungen aufgestellt werden, die durch einen Austauschterm gekoppelt sind. Die Gasphase wird dabei als Pseudokontinuum behandelt. Typisch f¨ur diese Arbeiten war eine zweidimensionale station¨are Betrachtungsweise der Zweiphasenstr¨omung. Die Aufl¨osung beschr¨ankte sich in den meisten F¨allen auf nicht mehr als 500 Kontrollvolumina und die u¨ berwiegende Zahl der Ver¨offentlichungen kam aus dem akademischen Bereich. Ein fast lawineartiges Anwachsen der Forschungsaktivit¨aten auf dem Gebiet der Simulation der Zweiphasenstr¨omungen kann seit Mitte der 90-er Jahre beobachtet werden, bedingt durch die Weiterenwicklung der numerischen Methoden der Str¨omungsmechanik und die drastische Erh¨ohung der Rechenleistung. Immer o¨ fter werden Simulationsergebnisse ver¨offentlicht, die eine dreidimensionale instation¨are Berechnung mit mehreren Hunderttausenden von St¨utzstellen verwenden. Auch das Interesse seitens der Industrie nimmt st¨andig zu, zumal immer mehr kommerzielle Softwarepakete eine dynamische, mehrdimensionale Simulation von Zweiphasenstr¨omungen zulassen.

EINLEITUNG

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¨ Bereits in einem Ubersichtsartikel aus dem Jahre 1997 von Jakobsen et al. [53] werden 180 Ver¨offentlichungen zitiert, die die Problematik der numerischen Simulation von GasFl¨ussig-Str¨omungen betreffen. Mittlerweile ist die Anzahl der Artikel weiter gestiegen. Dar¨ unter ist kaum eine Arbeit zu finden, in welcher von einer mangelhaften Ubereinstimmung mit Experimenten berichtet wird, obwohl sich die Modelle h¨aufig deutlich unterscheiden. Nicht selten verwenden unterschiedliche Forschungsgruppen sich gegenseitig ausschließen¨ de Modellannahmen, und erzielen trotzdem f¨ur den gleichen Testfall hervorragende Ubereinstimmung zwischen Simulation und Experiment. Diese Lage macht es einem Neueinsteiger nicht gerade leicht, die numerische Str¨omungsmechanik zur Berechnung der Zweiphasenhydrodynamik sinnvoll einzusetzten. Hinzu kommt, daß die meisten kommerziellen Pakete zwar eine große Vielfalt von Modellvarianten enthalten und durch die Verwendung von User-Subroutinen fast uneingeschr¨ankt erweiterbar sind. Die Paketbeschreibungen geben allerdings kaum Hinweise darauf, welche Modellvarianten in einem konkreten Fall eingesetzt werden sollten und welche Modellannahmen als besonders kritisch angesehen werden m¨ussen. Wir sehen die Aufgabe des zweiten Teils dieser Arbeit daher darin, dem Leser einen kriti¨ schen Uberblick u¨ ber die vorhandenen Modelle zu verschaffen und dies mit einigen Beispielen zu illustrieren. Die Behandlung der unsicheren Aspekte wird dabei genau so hoch gewichtet, wie die Darstellung von Modellen, die an einigen ausgew¨ahlten Beispielen sehr gute Ergebnisse erzielt haben. Wegen dem st¨andig wachsenden Volumen an neuen Ver¨offentlichungen k¨onnen allerdings nicht alle Aspekte der Modellierung von Zweiphasenstr¨omungen behandelt werden. Der Rahmen des untersuchten Gebietes soll deshalb im Folgenden genau definiert werden. Der Gegenstand unserer Untersuchungen sind die sog. statistischen Euler-Euler-Modelle. Die Grundgleichungen dieser Modelle ergeben sich aus den genauen lokalen einphasigen Gleichungen durch eine geeignete Mittelung. Der daf¨ur erforderliche Formalismus wird in der oft zitierten Arbeit von Ishii [50] ausf¨uhrlich dargestellt. Die resultierenden Gleichungen haben eine Form, die f¨ur alle zweiphasigen Systeme gleich ist, unabh¨angig davon, ob es sich z.B. um eine Gas-Feststoff- oder eine Gas-Fl¨ussig-Str¨omung handelt. Sie enthalten allerdings einige Terme, deren Form postuliert werden muß, wie z.B. die Wechselwirkungsterme zwischen beiden Phasen. Es ist klar, daß die Gestalt dieser Terme entscheidend davon abh¨angt, um was f¨ur ein System es sich handelt. So wird z.B. die Widerstandskraft f¨ur ein sich im Gas bewegendes Festoffpartikel durch andere Korrelationen beschrieben als f¨ur eine relativ zur Fl¨ussigkeit aufsteigende Gasblase. Auch der Einfluß der einzelnen Terme auf die L¨osung des Gleichungssystems h¨angt von der Art des Zweiphasensystems ab. So kann man in den meisten F¨allen den Einfluß der Tr¨agheit und der Schwerkraft bei der Berechnung der Blasengeschwindigkeit in einer Gas-Liquid-Str¨omung vollst¨andig vernachl¨assi-

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EINLEITUNG

gen, w¨ahrend in einer Gas-Feststoff-Str¨omung diese Kr¨afte einen entscheidenden Einfluß auf die Bewegung der Feststoffpartikel haben. Wir werden uns deshalb im Rahmen dieser Arbeit auf ein konkretes Zweiphasensystem festlegen, und zwar auf die Gas-Flussigkeits¨ Str¨omungen, in denen die Gasphase in Form von einzelnen Gasblasen vorliegt, und alle im System befindlichen Gasblasen die gleiche Blasenmasse haben. Dabei werden sowohl die Blasenkoaleszenz als auch der Blasenzerfall ausgeschlossen. Es wird sich zeigen, daß diese Annahme f¨ur Luftblasen im Wasser zul¨assig ist, solange sich die Blasengr¨oße im Bereich von 1 bis 10 mm Durchmesser bewegen. Wir werden uns auschließlich auf die Betrachtung der Hydrodynamik konzentrieren und schließen daher sowohl den Stoffaustausch zwischen beiden Phasen als auch die chemische Reaktion aus. Außerdem werden wir von isothermen Verh¨altnissen ausgehen. Abschließend sei vermerkt, daß das hier vorgestellte Modell auf der Voraussetzung beruht, daß der Anteil der Gasphase am Gesamtvolumen moderat ist und lokal die 5%-Grenze nicht wesentlich bzw. nur an wenigen Stellen im Reaktor u¨ bersteigt. Der Grund f¨ur diese Einschr¨ankung liegt darin, daß ab einem Gasgehalt von 5% die Blasenwechselwirkungen sehr stark zunehmen. Das betrifft nicht nur die erh¨ohte Koaleszenzwahrscheinlichkeit und Bildung von gr¨oßeren Blasen, sondern auch eine stark nichtlineare Wechselwirkung der blaseninduzierten und scherinduzierten Turbulenz, sowie eine Ver¨anderung des Wiederstandsverhaltens von Blasenclustern im Vergleich zu Einzelblasen. Die bisher vorhandenen experimentellen Daten sind zum Teil widerspr¨uchlich und reichen nicht aus, um die oben genannte Effekte zuverl¨assig abzusch¨atzen. Ver¨offentlichungen, die Euler-Euler-Modelle trotzdem zur Berechnung von Blasenstr¨omungen einsetzen, bei denen der Gasgehalt in großen Teilen des Reaktors die Marke von 20%, 30% und zum Teil sogar 40% u¨ bersteigt, m¨ussen bisher als spekulativ angesehen werden. Der starke Fortschritt, der in den letzten Jahren bei der Berechnung von Blasenstr¨omungen mit einem niedrigen Gasgehalt erzielt wurde, l¨aßt jedoch hoffen, daß auch in praxisrelevanten Str¨omugen mit hoher Gasbelastung genaue Berechnungen m¨oglich sind. Voraussetzungen daf¨ur sind experimentell uberpr¨ ¨ ufte Korrelationen zur Beschreibung der bis jetzt noch nicht genau verstandenen Ph¨anomene oder entsprechende Ergebnisse aus der Direkten Numerischen Simulation. Die Mehrzahl der Ver¨offentlichungen zu Modellierung von Blasenstr¨omungen l¨aßt sich in sechs Gruppen aufteilen: lokal begaste Blasens¨aulen, gleichm¨aßig begaste Blasens¨aulen, Schlaufenapparate, begaste R¨uhrkessel, Blasenstr¨omungen in vertikal durchstr¨omten R¨ohren und Blasenstr¨omungen in durchstr¨omten horizontalen Kr¨ummern. Außerdem existiert eine breite Reihe von Ver¨offentlichungen aus dem Bereich der metallurgischen Produktion, wo die Injektion der Gasblasen in die Metallschmelze die turbulente Durchmischung der Schmelze anregen soll ( die sog. gas-agitated tanks“ bzw. gas-stirred ladles“). Da die dabei ” ” eingesetzten Modelle meistens an isothermen Luft-Wasser-Systemen getestet werden, kann

EINLEITUNG

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man diese Arbeiten in die Gruppe der lokal begasten Blasens¨aulen einordnen. Die oben genannten sechs Gruppen kann man zwei gr¨oßeren Klassen zuordnen. Die lokal oder gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen sowie die Blasenstr¨omungen in Schlaufenapparaten bilden die Klasse der sogenannten blaseninduzierten Str¨omungen ( bubble-driven ” flows“). In diesen Apparaten befindet sich die Fl¨ussigphase in einem Ruhezustand, solange der Begaser ausgeschaltet ist. Erst nach dem Einschalten des Begasers stellt sich eine Auftriebsstr¨omung ein, die aus der Druckdifferenz infolge der ungleichm¨aßigen Verteilung der Gasphase im Apparat resultiert. Die blaseninduzierten Str¨omungen sind durch eine starke zweiseitige Kopplung zwischen den beiden Phasen gekennzeichnet. W¨ahrend die Bewegungen in der Fl¨ussigphase eine Umverteilung der Gasphase zu Folge haben, beeinflußt die sich st¨andig a¨ ndernde Verteilung der Gasphase unmittelbar die Dynamik der Fl¨ussigphase. Eine m¨oglichst genaue Berechnung der Verteilung der Gasphase ist bei den blaseninduzierten Str¨omungen somit eine zwingende Voraussetzung f¨ur eine zutreffenden Modellierung der Hydrodynamik des gesamten Zweiphasensystems. Die restlichen drei Gruppen kann man zu der Klasse der mechanisch induzierten Str¨omungen zusammenfassen. Auch wenn der Begaser komplett ausgeschaltet ist, kommt hier die Str¨omung nicht zum Erliegen, sondern wird durch den Impuls des R¨uhres bzw. durch die Druckdifferenz zwischen dem Ein- und Ausstr¨omrand aufrechterhalten. Auch in den Blasenstr¨omungen dieser Klasse ist eine zweiseitige Kopplung zwischen den Phasen vorhanden. Der Einfluß der Gasphase auf die Dynamik der Fl¨ussigphase ist allerdings wesentlich schw¨acher als im Falle von blaseninduzierten Str¨omungen, da die ohne die Blasenpr¨asenz bereits vorhandene Str¨omungsstruktur weitgehend beibehalten wird. Entsprechend werden an die Berechnung der Verteilung der Gasphase keine so hohe Anspr¨uche wie im Falle einer blaseninduzierten Str¨omung gestellt. Die Untersuchung von mathematischen Modellen zur Beschreibung der Klasse der mechanisch induzierten Blasenstr¨omungen ist nicht das Ziel dieser Arbeit, d.h. wir werden uns ausschließlich mit den blaseninduzierten Str¨omungen befassen. Die Fragen der Modellbildung und numerischen Simulation von blaseninduzierten Str¨omungen werden in 5 Kapiteln im zweiten Teil dieser Arbeit behandelt. Im Kapitel 6 werden die Grundgleichungen des Euler-Euler-Modells sowie unterschiedliche Varianten zur Modellierung der Wechselwirkungsterme und der Zweiphasenturbulenz vorgestellt. Gleichzeitig werden einige numerische Aspekte besprochen. W¨ahrend im ersten Teil der Arbeit die Diskretisierung von einzelnen Modellgleichungen behandelt wird, wird im Kapitel 6 ein Verfahren zur L¨osung vom gesamten System vorgestellt. Die hohe Effektivit¨at des resultierenden Verfahrens wird durch eine Reihe von vereinfachenden Modellvoraussetzungen erm¨oglicht, deren Zul¨assigkeit ausf¨uhrlich diskutiert wird.

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EINLEITUNG

In Kapiteln 7 bis 9 wird der Einsatz von unterschiedlichen Modellvarianten an den Beispielen von lokal begasten Blasens¨aulen, Schlaufenapparaten und gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen diskutiert. Bei allen drei Reaktortypen wird die gleiche Vorgehensweise verwendet. Ausgehend von einem sogenannten Basismodell“ des Euler-Euler-Typs werden ” zun¨achst nur solche Terme im Modell ber¨ucksichtigt, deren Existenz und mathematische Darstellung weitgehend gesichert ist. So wird z.B. bei der Modellierung der Wechselwirkungskraft zwischen beiden Phasen nur die Widerstandskraft ber¨ucksichtigt; der Einfluß der virtuellen Masse und der sog. lift force“ wird vernachl¨assigt. Ausgehend von dieser ” Basisversion“ wird das Modell im engen Wechselspiel mit Experimenten validiert und ” weiterentwickelt. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, daß die Modellgleichungen nicht an einen speziellen Testfall angepaßt, sondern an einer Reihe von unterschiedlichen Experimenten getestet werden. Da das Ziel des zweiten Teils der Arbeit in einer kritischen Diskussion und Auseinandersetzung mit den Modellen und L¨osungsverfahren anderer Autoren liegt, werden die unterschiedlichen Modellvarianten zun¨achst ausf¨uhrlich beschrieben. Dies ist Inhalt des gesamten 6. Kapitels. Die Hinweise auf fremde Literaturquellen sind dabei auf das gesamte Kapitel verteilt. Auch in den darauffolgenden Kapiteln 7 bis 9 wird auf einige fremde Simulationsergebnisse ausf¨uhrlich eingegangen, diesmal nach den einzelnen Reaktortypen gegliedert. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend im Kapitel 10, zusammengefaßt.

Teil I Diskretisierung hyperbolischer Gleichungen

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Kapitel 1

Lineare Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit 1.1

Herleitung der Erhaltungsgleichung

Den Ausgangspunkt unserer Untersuchungen bildet die eindimensionale lineare Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit (in der englischsprachigen Literatur convection equation“, oft aber auch advection equation“ genannt): ” ” ut + aux = 0 (1.1) Hier bezeichnet x die Ortskoordinate, t die Zeit, u(x t) ist die gesuchte Funktion und a ist eine Konstante. Ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit werden wir stets annehmen, daß a positiv ist. Diese Gleichung ist ein Spezialfall einer allgemeineren (in der Regel nichtlinearen) hyperbolischen Erhaltungsgleichung ut + f (u)x = 0 (1.2) f¨ur den Fall einer linearen Stromfunktion

f (u) = au:

(1.3)

In diesem Abschnitt wollen wir zeigen, wie eine hyperbolische Gleichung aus den physikalischen Erhaltungss¨atzen hergeleitet werden kann. Da wir uns in einem weiteren Kapitel auch mit nichtlinearen Gleichungen befassen werden, wird sich die Herleitung nicht auf den linearen Spezialfall beschr¨anken. Wir beginnen (in Anlehnung an LeVeque [77]) mit der Herleitung der Erhaltungsgleichung f¨ur die Masse f¨ur ein eindimensionales gasdynamisches Problem. Man stelle sich eine Gasstr¨omung in einem Rohr mit einem kleinen (relativ zur Rohrl¨ange) konstanten Querschnitt 13

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KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

vor, so daß die Dichte und die Geschwindigkeit des Gases als konstant u¨ ber den Querschnitt angenommen werden k¨onnen. Man bezeichne mit x die Position entlang des Rohres und mit %(x t) die Dichte des Gases an der Stelle x zum Zeitpunkt t. Die Dichte %(x t) sei dabei so definiert, daß die Gesamtmasse des Gases in einem beliebigen Rohrabschnitt zwischen den Positionen x1 und x2 als Integral der Dichte dargestellt werden kann:

Z x2

Masse in x1 x2] zum Zeitpunkt t =

x1

%(x t)dx:

(1.4)

Nehmen wir weiter an, daß die Rohrwand kein Gas durchl¨aßt, so kann sich die Gasmasse im Rohrabschnitt x1 x2 ] nur durch Zu- bzw. Abfluß der Masse durch die Querschnitte x1 und x2 a¨ ndern. Wir bezeichnen mit v (x t) die Geschwindigkeit des Gases im Querschnitt x zum Zeitpunkt t. Der Massenstrom des Gases durch diesen Querschnitt ist dann durch

Massenstrom in (x t) = %(x t)v(x t)

(1.5)

gegeben. ¨ Die Anderung der Gasmasse in Abschnitt x1 x2 ] ist somit durch die Differenz der Massenstr¨ome durch die Querschnitte x1 und x2 bestimmt:

d Z x2 %(x t)dx = %(x t)v(x t) ; %(x t)v(x t): 1 1 2 2 dt x1

Intergriert man diese Gleichung uber ¨ das Zeitintervall t1 t2], t2 > Erhaltungsgleichung f¨ur die Masse in der sogenannten Integralform:

Z x2 x1

%(x t2)dx = +

Z x2 x1 Z t2 t1

%(x t1)dx %(x1 t)v(x1 t)dt ;

(1.6)

t1, so erh¨alt man die (1.7)

Z t2 t1

%(x2 t)v(x2 t)dt:

Die Integralform dr¨uckt die Gesamtmasse des Gases im Abschnitt x1 x2 ] zum Zeitpunkt t2 durch die Gesamtmasse des Gases im Abschnitt x1 x2] zum Zeitpunkt t1 und die totalen (aufintegrierten) Massenstr¨ome des Gases durch die Querschnitte x1 und x2 aus. Setzt man voraus, daß sowohl die Gasdichte %(x t) als auch die Gasgeschwindigkeit v (x t) stetig differenzierbare Funktionen von x und t sind, kann man Gleichung (1.7) auch in der folgenden Form schreiben:

! Z t2 Z x2  @ @ %(x t) + @x (%(x t)v(x t)) dxdt = 0: t1 x1 @t

(1.8)

1.1: HERLEITUNG DER ERHALTUNGSGLEICHUNG

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Da diese Gleichung f¨ur jeden Rohrabschnitt x1 x2] und uber ¨ jedes Zeitintervall t1 t2 ] gilt, folgt daraus, daß der Integrand von (1.8) an jeder Stelle (x t) gleich Null sein muß, d.h.

%t + (%v)x = 0:

(1.9)

Das ist die sogenannte Differentialform der Massenerhaltungsgleichung. In zwei F¨allen kann die Massenbilanz (1.9) als eigenst¨andige Gleichung gel¨ost werden. Der erste Fall liegt vor, wenn die Geschwindigkeit v (x t) eine bekannte Funktion von %(x t) ist. Ein typisches Beispiel ist das sog. traffic flow“ Problem. Hier beschreibt die Funktion ” %(x t) nicht die Gasdichte in einem Rohr, sondern die Fahrzeugdichte auf einer Autobahn (Anzahl der Fahrzeuge pro Kilometer). v (x t) ist entsprechend die Geschwindigkeit des Fahrzeugs, das sich zum Zeitpunkt t an der Stelle x befindet. Bei der Herleitung der TrafficFlow-Gleichung geht man davon aus, daß die Geschwindigkeit der Fahrzeuge allein von der lokalen Fahrzeugdichte abh¨angt, und zwar so, daß die Geschwindigkeit mit der zunehmenden Fahrzeugdichte abnimmt. Ist die Geschwindigkeit v als Funktion von % bekannt, so ist das Produkt %v ebenfalls eine Funktion von %, d.h. %v = f (%). Die Massenerhaltungsgleichung (1.9) l¨aßt sich dann folgendermaßen schreiben:

%t + f (%)x = 0:

(1.10)

Das entspricht genau der hyperbolischen Erhaltungsgleichung (1.2) bis auf die Bezeichnung der unbekannten Funktion. Die Massenbilanz (1.9) kann auch dann als eigenst¨andige Gleichung gel¨ost werden, wenn die Geschwindigkeit v (x t) als Funktion von x und t a priori bekannt ist. Ein Speziallfall, wenn die Geschwindigkeit v nur von x abh¨angt, d.h. v (x t)  v (x), wird im Kapitel 2 untersucht. Man beachte, daß sich in diesem Fall die Massenerhaltungsgleichung (1.9) nicht in der Form (1.2) schreiben l¨aßt, da die Stromfunktion f nicht nur von der gesuchten Funktion %, sondern auch von der unabh¨angigen Variable x abh¨angt:

%t + f (% x)x = 0 mit f (% x) = %v(x): Nur wenn die Geschwindigkeit v (x

(1.11)

t) weder von x noch von t abh¨angt, d.h.

v(x t)  a = const h¨angt die Stromfunktion f nur von % ab:

%t + f (%)x = 0 mit f (%) = a%:

(1.12)

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KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Das entspricht genau der linearen Konvektionsgleichung (1.1) bis auf die Bezeichnung der unbekannten Funktion. Vollst¨andigkeitshalber soll auch der Fall erw¨ahnt werden, daß die Geschwindigkeit v weder a priori bekannt noch eine Funktion von % ist, wie das im Falle einer eindimensionalen Gasstr¨omung meistens der Fall ist. Die Massenbilanz (1.9) kann dann nicht als eigenst¨andige Gleichung gel¨ost werden, sondern nur als Teil eines Gleichungssystems. Neben der Massenbilanz soll auch die Impulsbilanz und die Energiebilanz der eindimensionalen Gasstr¨omung aufgestellt werden. Vernachl¨assigt man dabei den Einfluß der Reibung und der W¨armeleitung, so erh¨alt man die eindimensionalen Eulerschen Gleichungen der Gasdynamik:

(%v)t + (%v2 + p)x = 0

(1.13)

Et + (v(E + p))x = 0:

(1.14)

Hier bezeichnet E die totale Energie und p den Druck. Das Gleichungssystem (1.9, 1.13, 1.14) enth¨alt 3 Gleichungen und 4 Unbekannte. Damit das System gel¨ost werden kann, muß es um die Zustandsgleichung erweitert werden, die den Druck p als Funktion von %, %v und E darstellt. Es ist interessant zu bemerken, daß das System (1.9, 1.13, 1.14) ebenfalls in der Form (1.2) dargestellt werden kann, wenn man die Funktionen u(x t) und f (u) als Vektorfunktionen mit je 3 Komponenten versteht:

uT = (% %v E )  (u1 u2 u3)

(1.15)

f (u)T = (%v %v2 + p v(E + p))  (u2 u22=u1 + p(u) u2(u3 + p(u))=u1) (1.16) Bei der Herleitung der Differentialform (1.9) der Massenerhaltungsgleichung haben wir angenommen, daß die Funktionen %(x t) und v (x t) stetig differenzierbar sind. Ist das nicht der Fall, so gilt weiterhin nur die allgemeinere Integralform (1.7). Auch im Falle der allgemeinen hyperbolischen Erhaltungsgleichung gilt die Differentialform

ut + f (u)x = 0

(1.17)

nur, wenn die Funktionen u(x t) und f (u) stetig differenzierbar sind. Die stetige Differenzierbarkeit der Stromfunktion f (u) wird stets angenommen. Die gesuchte Funktion u(x t) braucht aber nicht stetig differenzierbar zu sein, selbst wenn die Anfangsbedingungen diese Eigenschaft besizten. In einem solchen Fall sind eine oder mehrere Ableitungen in (1.17) nicht definiert und man muß auf die entsprechende Integralform zur¨uckgreifen, die f¨ur die hyperbolische Gleichung (1.17) folgendermaßen aussieht:

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¨ 1.2: ANALYTISCHE LOSUNG DER LINEAREN KONVEKTIONSGLEICHUNG

Z x2 x1

u(x t2)dx = +

Z x2 x1 Z t2 t1

u(x t1)dx f (u(x1 t))dt ;

(1.18)

Z t2 t1

f (u(x2 t))dt:

Es k¨onnen somit L¨osungen u(x t) existieren, die nur der Integralform (1.18), nicht aber der Differentialform (1.17) der Erhaltungsgleichung gen¨ugen. Man nennt solche L¨osungen schwache L¨osungen“ der Differentialgleichung (1.17). Im Falle einer linearen Konvekti” onsgleichung (1.1) existiert f¨ur das Cauchy-Problem mit nicht glatten Anfangsbedingungen nur eine schwache L¨osung (s. n¨achsten Abschnitt). Im Falle einer nichtlinearen hyperbolischen Gleichung k¨onnen selbst bei stetig differenzierbaren Anfangsbedingungen mehrere schwache L¨osungen existieren, wovon nur eine physikalisch sinnvoll“ ist. Diese Problema” tik wird im Kapitel 3 noch ausf¨uhrlich besprochen.

1.2

Analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung

In diesem Abschnitt wollen wir die analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung

ut + aux = 0 a > 0

(1.19)

bestimmen. Das L¨osungsgebiet sei zun¨achst durch eine Halbebene (x t) 2 (;1 +1)  0 +1) definiert. Zur Berechnung der L¨osung ben¨otigen wir die Anfangs- und Randbedingungen f¨ur die gesuchte Funktion. Im Falle einer Halbebene besitzt das L¨osungsgebiet allerdings keine R¨ander in der x-Richtung, so daß wir uns auf die Anfangsbedingung beschr¨anken k¨onnen. Die Anfangsbedingung sei durch die folgende Gleichung definiert:

u(x t = 0) = u0(x) x 2 (;1 +1):

(1.20)

Das System (1.19, 1.20) wird auch als Cauchy-Problem f¨ur die lineare Konvektionsgleichung bezeichnet. Wir nehmen zun¨achst an, daß die Funktion u0 (x) stetig differenzierbar ist. In diesem Fall lautet die analytische L¨osung des Cauchy-Problems

u(x t) = u0(x ; at):

(1.21)

18

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

u(x,t) t

t>0 u0 (x) t=0

x

.

at

x Abbildung 1.1: L¨osung der linearen Konvektionsgleichung.

Man kann das leicht u¨ berpr¨ufen, indem man die Ausdr¨ucke f¨ur die partiellen Ableitungen von u(x t)

ut(x t) = u00(x ; at)  (x ; at)0t = ;au00(x ; at)

(1.22)

ux(x t) = u00(x ; at)  (x ; at)0x = u00(x ; at)

(1.23)

in die Gleichung (1.19) einsetzt. Auch die Anfangsbedingung (1.20) ist offensichtlich erf¨ullt. Die L¨osung (1.21) l¨aßt sich leicht geometrisch interpretieren. Sie besagt, daß das Profil der gesuchten Funktion u(x t) zum Zeitpunkt t gleich ist dem Profil der L¨osung zum Zeitpunkt t = 0, das um at entlang der x-Achse nach rechts verschoben wurde (s. Abb. 1.1). Daraus folgt, daß die L¨osung u(x t) entlang jeder Geraden x ; at = x0 x0 2 (;1 +1) konstant bleibt. Diese geraden Linien nennt man Charakteristiken der Differentialgleichung. Man beachte, daß Charakteristiken Kurven in der x-t-Ebene sind, die den gew¨ohnlichen Differentialgleichungen x0 (t) = a, x(0) = x0 gen¨ugen. Wenn man die Ableitung der L¨osung u entlang einer Charakteristik berechnet, so folgt aus (1.19), daß diese Ableitung verschwindet:

d u(x(t) t) = @ u(x(t) t) + @ u(x(t) t)  x0(t) dt @t @x = ut + aux = 0

(1.24)

19

¨ 1.2: ANALYTISCHE LOSUNG DER LINEAREN KONVEKTIONSGLEICHUNG

was wiederum best¨atigt, daß der Wert der Funktion u entlang jeder Charakteristik konstant sein muß. Daraus folgt gleichzeitig, daß die L¨osung u eindeutig durch die Anfangsbedingung (1.20) bestimmt wird. Ist nun die Anfangsbedingung u0(x) nicht differenzierbar, so kann die Funktion u(x t) = u0(x;at) nicht mehr als klassische L¨osung der Differenzialgleichung interpretiert werden. Sie gen¨ugt allerdings der Integralform der linearen Konvektionsgleichung (s. Abschnitt 1.1), falls u0 (x) eine beliebige integrierbare Funktion ist. Um das zu zeigen, setzen wir die Funktionen u(x t) = u0 (x ; at) und f (u) = au in die Integralgleichung (1.18) ein: Z x2 Z x2 u0(x ; at2)dx = x u0(x ; at1)dx (1.25) x1 1 Z t2 Z t2

+

bzw.

Z x2 ;at2

;

x1 ;at2 Z x1 ;at2 x1 ;at1

t1

au0(x1 ; at)dt ;

u0(x ; at2)d(x ; at2) = u0(x1 ; at)d(x1 ; at) +

Z x2;at1 x1 ;at1 Z x2;at2 x2 ;at1

t1

au0(x2 ; at)dt:

u0(x ; at1)d(x ; at1)

(1.26)

u0(x2 ; at)d(x2 ; at)

Die Umbenennung der Variablen und die Umgruppierung der Terme auf der rechten Seite f¨uhrt zu: Z x2;at2 Z x1;at1 Z x2;at1 Z x2;at2 u0(y)d(y) = u0(y)d(y) + u0(y)d(y) + u0(y)d(y) (1.27) x1 ;at2 x1 ;at2 x1 ;at1 x2 ;at1 Es ist nun offensichtlich, daß die letzte Gleichung f¨ur jede integrierbare Funktion u0(x) und f¨ur alle Wertepaare (x1 x2), (t1 t2) erf¨ullt ist. Die Funktion (1.21) kann somit als schwache L¨osung der linearen Konvektionsgleichung (1.19) interpretiert werden (s. Abschnitt 1.1). Obwohl die analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung trivial ist, ist es bekanntlich nicht einfach, diese Gleichung numerisch mit hoher Genauigkeit zu l¨osen. In weiteren Abschnitten dieses Kapitels werden unterschiedliche numerische Diskretisierungsverfahren diskutiert. Unser Ziel ist es, ein Verfahren zu finden, das eine m¨oglichst hohe Genauigkeit besitzt, numerisch stabil ist und physikalisch sinnvolle L¨osungen liefert. Das Verfahren soll sowohl f¨ur glatte als auch f¨ur diskontinuierliche Anfangsbedingunen einsetzbar sein. Um die G¨ute der numerischen Verfahren zu testen, ben¨otigen wir einige Referenzl¨osungen. Bis jetzt haben wir die analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung nur f¨ur das Cauchy-Problem gefunden. Numerisch kann eine Gleichung allerdings nicht auf einem r¨aumlich unbegrenzten Gebiet gel¨ost werden. Wir werden uns daher auf eine endliche

20

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

.

x=x0+at t

x=x0+at

t t0 =t+

X1 -x a

(x,t)

X1

(x,t)

X2

x

x0=x-at

X2

X1

x

x0=x-at

A

B

Abbildung 1.2: Berechnung der L¨osung im Punkt (x t): A - die Charakteristik kreuzt die xAchse rechts von X1; B - die Charakteristik kreuzt die x-Achse links von X 1.

Strecke X1 lautet dann

X2], normalerweise auf die Strecke 0 2], beschr¨anken. Die Anfangsbedingung u(x t = 0) = u0(x) x 2 X1 X2]:

(1.28)

Damit die L¨osung der Konvektionsgleichung eindeutig bestimmt ist, m¨ussen neben der Anfangsbedingung noch die Randbedingungen spezifiziert werden. Da die L¨osung sich entlang der Charakteristiken stromabw¨arts fortpflanzt, k¨onnen die Werte der Funktion u(x t) an der Stelle (X2 t) keinen Einfluß auf die L¨osung im Inneren des Intervalls X1 X2 ] haben. Am Rand x = X2 braucht die Randbedingung also nicht angegeben zu werden. Die Randbedingung am Rand x = X1 sei gegeben durch:

u(x = X1 t) = (t) t > 0:

(1.29)

Wir werden die L¨osung der Gleichung (1.19) mit der Anfangsbedingung (1.28) und der Randbedingung (1.29) zun¨achst auf geometrischem Weg konstruieren. Das L¨osungsgebiet ist ein Halbstreifen (x t) 2 X1 X2 ]  0 +1). Wir gehen davon aus, daß wie im Falle einer Halbebene die L¨osung entlang jeder Charakteristik konstant ist. F¨ur jedes Wertepaar (x t) aus dem Halbstreifen werden wir die Charakteristik, die durch den Punkt (x t) l¨auft, zur¨uckverfolgen, bis sie einen der R¨ander des Streifens kreuzt. Der Punkt (x t) liegt auf der Charakteristik x = x0 +at mit x0 = x;at. Diese Charakteristik kreuzt die x-Achse im Punkt x0. Liegt der Punkt x0 innerhalb der Strecke X1 X2 ]

¨ 1.2: ANALYTISCHE LOSUNG DER LINEAREN KONVEKTIONSGLEICHUNG

21

(s. Abb. 1.2, A), so ist die L¨osung in (x t) durch die Anfangsbedingung in x0 bestimmt: u(x t) = u0(x0) = u0(x ; at). Liegt der Punkt x0 dagegen außerhalb der Strecke X1 X2] (s. Abb. 1.2, B), so kreuzt die Charakteristik die Gerade x = X1 an der Stelle t0 = t + (X1 ; x)=a, und die L¨osung u(x t) wird durch die Randbedingung it t0 bestimmt. Zusammengefaßt kann die so berechnete L¨osung folgendermaßen dargestellt werden:

8 > < u (x ; at) wenn x ; at X1 u(x t) = > 0 X ;x : (t + 1a ) wenn x ; at < X1

(1.30)

Analog zu (1.25 - 1.27) kann man zeigen, daß die Funktion (1.30) der Integralform der linearen Konvektionsgleichung gen¨ugt. Ist die Funktion u(x t) nicht stetig differenzierbar, so handelt es sich um eine schwache L¨osung, ansonsten ist die konstruierte Funktion gleichzeitig eine klassische L¨osung der Differentialgleichung (1.19), da in diesem Fall die Integralform und die Differentialform a¨ quivalent sind. Nun wollen wir 2 Referenzl¨osungen vorstellen, die wir als Testf¨alle in weiteren Abschnitten dieses Kapitels verwenden werden. In beiden F¨allen wird der L¨osungsstreifen durch die Anfangsstrecke X1 X2 ]= 0 2] definiert und wir nehmen an, daß die Konvektionsgeschwindigkeit a gleich 1 ist. Die Formel (1.30) vereinfacht sich dann zu

8 > < u (x ; t) wenn x ; t 0 u(x t) = > 0 : (t ; x) wenn x ; t < 0

(1.31)

Testbeispiel No.1. Im ersten Testbeispiel wird eine stetig differenzierbare L¨osung dargestellt. Die Anfangsbedingung sei durch das Wahrscheinlichkeitsintegral der Normalverteilung mit Parametern x0 und  gegeben: Zx ; 1 (x;x0 )2 1 e 2 2 dx x 2 0 2]: u0(x) = N (x x0 ) = p (1.32)

2 ;1

Diese Anfangsbedingung kann als eine stetige Approximation der Heavyside’schen Sprungfunktion

8 > < 0 wenn x  x0 h(x x0) = > (1.33) : 1 wenn x0 < x betrachtet werden. Dabei definiert der Wert von x0 die Position der Sprungstelle, und  - die Steilheit des Wahrscheinlichkeitsintegrals an der Stelle x0: Nx0 (x x0 )jx=x0 = p 1 : (1.34) 2

22

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

1.2

1

0.8

0.6 h(x;0.4) N(x;0.4,0.1) N(x;0.4,0.02)

0.4

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.3: Heavyside’sche Sprungfunktion sowie ihre Approximation durch das Wahrscheinlichkeitsintegral f¨ur  = 0:1 und  = 0:02.

In Abbildung 1.3 sind die Heavyside’sche Sprungfunktion f¨ur x0 N (x x0 ) f¨ur 2 unterschiedliche -Werte dargestellt.

= 0:4 sowie die Funktion

Die Randbedingung sei nun durch

(t) = N (;t x0 ) t > 0

(1.35)

gegeben. Wegen u0(x ; t) = (t ; x) folgt aus (1.31), daß die L¨osung der linearen Konvektiongleichung mit der Anfangsbedingung (1.32) und der Randbedingung (1.35) durch die Formel

u(x t) = N (x ; t x0 ) x 2 0 2] t 0 beschrieben wird. Das Startprofil der L¨osung sowie ihr Verlauf zu den Zeitpunkten t und t = 1 sind in der Abb. 1.4 f¨ur den Fall x0 = 0:4 und  = 0:02 abgebildet.

(1.36)

= 0:5

F¨ur die programmtechnische Umsetzung des Testbeispiels ist es wichtig zu wissen, daß das Wahrscheinlichkeitsintegral N (x x0  ) durch folgende Beziehung dargestellt werden kann:

!  1 x ; x 1 0 : N (x x0 ) = 2 + 2  erf p 2

(1.37)

23

¨ 1.2: ANALYTISCHE LOSUNG DER LINEAREN KONVEKTIONSGLEICHUNG

1.2

1

u(x,t)

0.8

t=1s 0.6

t=0.5s 0.4

t=0s 0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.4: Test No.1 ( Zeitpunkten.

:

= 0 02):

Anfangsprofil und L¨osungsverlauf zu 2 verschiedenen

Hier bezeichnet erf (x) die error function“, die folgendermaßen definiert ist: ” Zx 2 2 erf (x) = p e;x dx:

0

(1.38)

Die Funktion erf (x) ist in den meisten FORTRAN-Compilern als intrinsic function“ ent” halten. Außerdem kann die Randbedingung (1.35) f¨ur den Fall x0 = 0:4 und  = 0:02 mit einer sehr hohen Genauigkeit durch Null approximiert werden.

Testbeispiel No.2. Im zweiten Testbeispiel wird eine dikontinuierliche L¨osung dargestellt. Die Anfangs- und Randbedingung seien durch folgende Funktionen gegeben

8 > > 0 wenn 0  x  0:2 > < u0(x) = > 1 wenn 0:2 < x < 0:6 > > : 0 wenn 0:6  x  2

(t) = 0 t > 0

Wir sind an der Entwicklung der L¨osung im Zeitintervall t

(1.39)

(1.40)

2 0 1] interessiert. W¨ahrend

24

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

1.2

t=1s

t=0.5s

t=0s 1

u(x,t)

0.8

0.6

0.4

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.5: Testbeispiel No.2: Anfangsprofil und L¨osungsverlauf zu 2 verschiedenen Zeitpunkten.

dieses Zeitintervalls kann die L¨osung folgendermaßen dargestellt werden:

8 > 0 wenn x  0:2 + t > > < u(x t) = > 1 wenn 0:2 + t < x < 0:6 + t > > : 0 wenn 0:6 + t  x

Das Startprofil der L¨osung sowie ihr Verlauf zu den Zeitpunkten t der Abb. 1.5 dargestellt.

(1.41)

= 0:5 und t = 1 sind in

1.3 Finite-Volumen-Formulierung Im letzten Abschnitt dieses Kapitels haben wir die analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung hergeleitet. Der Rest des Kapitels wird sich mit der Entwicklung der numerischen Methoden zur L¨osung dieser Gleichung befassen. Alle Diskretisierungsverfahren, die wir betrachten werden, basieren auf einer einheitlichen Finite-Volumen-Formulierung, die in diesem Abschnitt hergeleitet wird. Die Finite-Volumen-Formulierung enth¨alt Konvektionsfl¨usse uber ¨ die Seiten der Kontrollvolumina, die sich nicht eindeutig aus den Werten der diskretisierten L¨osung bestimmen lassen. Diese Konvektionsfl¨usse m¨ussen daher

25

1.3: FINITE-VOLUMEN-FORMULIERUNG

durch die Werte der Gitterfunktion approximiert werden. Je nach verwendeter Approximationsformel erh¨alt man entsprechend unterschiedliche Diskretisierungsverfahren. Die FiniteVolumen-Formulierung kann somit als ein Halbfabrikat angesehen werden, das erst durch die Spezifizierung der Berechnung der Konvektionsfl¨usse zu einem ausformulierten numerischen Algorithmus wird. In diesem Abschnitt wird nur die Herleitung der Finite-VolumenFormulierung durchgef¨uhrt, die einzelnen Diskretisierungsverfahren werden in den nachfolgenden Abschnitten diskutiert. Die unterschiedlichen Approximationen der unbekannten Massenstr¨ome uber ¨ die Seiten der Kontrollvolumina haben zur Folge, daß auch die Aufstellung der numerischen Randbedingungen f¨ur jedes konkrete Diskretisierungsverfahren gesondert betrachtet werden muß. Diese werden daher jeweils zusammen mit dem konkreten Diskretisierungsverfahren im entsprechenden Abschnitt diskutiert. In diesem Abschnitt wollen wir der Problematik der numerischen Randbedingungen zun¨achst aus dem Wege gehen, und einfachheitshalber von einem unendlichen Berechnungsgebiet ausgehen, auch wenn die L¨osung einer Gleichung auf einem r¨aumlich unbegrenzten Gebiet numerisch gar nicht realisierbar ist. Wir betrachten also das Cauchy-Problem f¨ur die eindimensionale lineare Konvektionsgleichung:

ut + aux = 0

x 2 (;1 +1) t 0

u(x t = 0) = u0(x)

x 2 (;1 +1):

(1.42) (1.43)

Es wird zun¨achst ein numerisches Netz u¨ ber das Berechnungsgebiet gelegt. Wir werden dabei von einem a¨ quidistanten Gitter ausgehen, obwohl die meisten Verfahren auf den Fall nicht¨aquidistanter Gitter verallgemeinert werden k¨onnen. Die Maschenweite in der xRichtung sei durch x bezeichnet, und der Zeitschritt durch t. Das numerische Gitter wird durch die Wertepaare (xi tn ) definiert, wobei

xi = i  x i = ::: ;1 0 1 2 :::

(1.44)

tn = n  t n = 0 1 2 ::: gilt. Der Wert xi definiert den Mittelpunkt des i-ten Kontrollvolumens. Die Randpunkte des i-ten Volumenelements sind entsprechend durch

xi;1=2 = xi ; x=2 = (i ; 1=2)  x xi+1=2 = xi + x=2 = (i + 1=2)  x definiert (s. Abb. 1.6).

26

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Ui-1

Ui a Ui-1/2

xi-1

.

Ui+1 a Ui+1/2

xi xi-1/2

xi+1

x

xi+1/2

Abbildung 1.6: Skizze des i-ten Kontrollvolumens.

Jedem Wertepaar (xi tn ) wird eine Gr¨oße Uin zugeordnet, die als numerische Approximation der exakten L¨osung der Konvektionsgleichung an der Stelle (xi tn ) interpretiert wird. Der zu approximierende Wert wird mit uni bezeichnet: Uin uni  u(xi tn): (1.45) Die Startwerte der gesuchten Gitterfunktion Uin k¨onnen direkt aus der Anfangsbedingung (1.43) ermittelt werden:

Ui0 := u0i  u(xi 0) = u0(xi):

(1.46)

Das numerische L¨osungsverfahren soll nun erm¨oglichen, die Werte der Gitterfunktion zum Zeitpunkt tn+1 aus den Werten der Gitterfunktion zum Zeitpunkt tn rekursiv zu berechnen. Dazu wird die Gleichung (1.42) uber ¨ das Kontrollvolumen xi;1=2 xi+1=2] sowie u¨ ber das Zeitintervall tn tn+1 ] integriert und durch xt dividiert: t xi+1=2 1 Zn+1 Z (u + au )dxdt = 0: (1.47) x xt tn xi;1=2 t Anschließend werden die einzelnen Terme durch die Werte fU:n g und fU:n+1 g approximiert. Wir behandeln die beiden Summanden des zu integrierenden Ausdrucks separat. F¨ur den ersten Summanden gilt: 8 xi+1=20 tn+1 1 9 tZn+1 xiZ+1=2 > > < 1 Z BZ = 1 1 C I1 = xt utdxdt = t > x utdtA dx> = @ : xi;1=2 tn tn xi;1=2

1.3: FINITE-VOLUMEN-FORMULIERUNG

27

8 xi+1=2 9 xiZ+1=2 > > Z < = = 1t > 1x u(x tn+1)dx ; 1x u(x tn)dx> : xi;1=2 xi;1=2 Nun wird angenommen, daß bei kleinen Werten von x die Funktionen u(: tn) und u(: tn+1) im Intervall xi;1=2 xi+1=2] durch den Funktionswert in der Mitte des Intervalls hinreichend genau approximiert werden. Unter Ber¨ucksichtigung von (1.45) ergibt sich folgende Darstellung f¨ur den Ausdruck I1:

1

1 1 I1 t x (u(xi tn+1)  x) ; x (u(xi tn)  x) = n+1 n+1 n n = ui ;t ui Ui ;t Ui :

(1.48)

F¨ur den zweiten Summanden aus (1.47) gilt:

I2 = x1t

8 tn+10 xi+1=2 1 9 > > Z Z < = 1 1 B C auxdxdt = x > t @ auxdxA dt> = : tn xi;1=2 xi;1=2

tZn+1 xiZ+1=2 tn

8 tn+1 9 tZn+1 > > Z < = 1 1 1 = x > t au(xi+1=2 t)dt ; t au(xi;1=2 t)dt> : : tn tn

(1.49)

Zur Auswertung der beiden Integrale in (1.49) k¨onnen die Werte der unbekannten Funktion in den Zeitpunkten t = tn und t = tn+1 eingesetzt werden. Werden ausschließlich die Werte der Zeitebene t = tn verwendet, so f¨uhrt das zu einem expliziten Diskretisierungsverfahren. Werden dagegen nur die Werte aus der Zeitebene t = tn+1 eingesetzt, ergibt sich eine vollimplizite Zeitdiskretisierung. Beide Verfahren sind erster Ordnung genau. Die zweite Ordnung der Zeitdiskretisierung kann erreicht werden, wenn der Beitrag der Funktionswerte aus beiden Zeitebenen t = tn und t = tn+1 je zu H¨alfte ber¨ucksichtigt wird (die sog. Crank-Nicolson-Methode). Wir werden aus Stabilit¨atsgr¨unden ausschließlich die vollimplizite Diskretisierung verwenden. Auf andere Zeitdiskretisierungsverfahren gehen wir sp¨ater im Kapitel 5 ein. Das Integral I2 wird somit wie folgt approximiert:



I2 1x 1t (au(xi+1=2 tn+1)  t) ; 1t (au(xi;1=2 tn+1)  t) = n+1 n+1 au ( x i+1=2 tn+1 ) ; au(xi;1=2 tn+1 ) aUi+1=2 ; aUi;1=2 =

: x x

(1.50)

28

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Die neuen Gr¨oßen Uin+1 1=2 bezeichnen dabei die numerischen Approximationen der gesuchten Funktion u(x t) an den Stellen (xi1=2 tn+1 ). An diesen Stellen ist die Gitterfunktion fU:n+1g jedoch nicht definiert. Die Werte Uin+11=2 m¨ussen deshalb aus den Werten der Gitterfunktion in den Knoten (xi tn+1 ), (xi1 tn+1 ), (xi2 tn+1 ) usw. interpoliert werden. Jede konkrete Interpolationsformel f¨ur U in;+1 1=2 kann dabei von einer unterschiedlichen (endlichen) Anzahl der Elemente des Vektors U n+1 = fU:n+1 g abh¨angen, die um das Element Uin+1 zentriert“ sind. Wir werden daher folgende einheitliche Formulierung verwenden, in der ” die genaue Anzahl der in die Interpolation miteinbezogenen Nachbarknoten nicht explizit angegeben wird:

aUin;+11=2 = F (U n+1  i ; 1=2):

(1.51)

Die Funktion F (U n+1  i ; 1=2) wird als numerischer Konvektionsstrom“ bezeichnet. ” Setzt man nun die Approximationen (1.48) und (1.50) f¨ur I 1 und I2 in die Gleichung

I1 + I2 = 0 ein, erh¨alt man die Finite-Volumen-Formulierung f¨ur die lineare Konvektionsgleichung

Uin+1 ; Uin + a Uin+1+1=2 ; Uin;+11=2 = 0: t x

(1.52)

Unter Ber¨ucksichtigung von (1.51) l¨aßt sich die Gleichung (1.52) auch folgendermaßen schreiben:

Uin+1 ; Uin + F (U n+1 i + 1=2) ; F (U n+1 i ; 1=2) = 0: t x

(1.53)

Die letzte Schreibweise der Finite-Volumen-Formulierung hat gegen¨uber der Schreibweise (1.52) den Vorteil, daß sie auch f¨ur den Fall einer nichtlinearen hyperbolischen Gleichung

ut + f (u)x = 0 verwendet werden kann, wenn man mit F (U n+1  i ; 1=2) die numerische Approximation des Konvektionsstroms

t  1 Zn+1f (u(x n+1  n+1  i ; 1=2) = F ( U i;1=2 t))dt f (U )x=x t tn i;1=2 bezeichnet.

(1.54)

29

1.3: FINITE-VOLUMEN-FORMULIERUNG

Ist die Funktion F (U n+1  i ; 1=2) genau spezifiziert, so liefert die Finite-Volumen-Formulierung (1.53) eine implizite Gleichung, aus der U n+1 als Funktional von U n berechnet werden kann:

U n+1 = FV (U n ): (1.55) Ist der numerische Konvektionsstrom F (U  i ; 1=2) eine lineare Funktion von U , so ist auch FV ein linearer Operator, d.h. FV (a1U 1 + a2U 2) = a1FV (U 1) + a2FV (U 2) 8a1 a2 2 R1 8U 1 U 2 2 R1: (1.56) Mit Hilfe des Funktionals (1.55) kann nun die numerische L¨osung U n zum Zeitpunkt t = tn aus den Startwerten U 0 (1.46) rekursiv berechnet werden:

U n = (FV )n(U 0):

(1.57)

Konvergenz. Uns wird interessieren, wie gut die aus (1.57) berechnete Gitterfunktion U n die exakten L¨osungswerte un = fun: g approximiert. Um die G¨ute der Approximation zu quantifizieren, definieren wir den numerischen Fehler En (x t) als 1-Norm der Differenz zwischen den Vektoren U n und un :

En (x t) := kU n ; unk = x

X i

jUin ; uni j:

(1.58)

Eine numerische L¨osungsmethode heißt konvergent, wenn f¨ur jeden Zeitpunkt t = T > 0 die Differenz zwischen der numerischen und der exakten L¨osung der Gleichung bei feiner werdenden Gittern gegen Null geht. Die Anzahl der Zeitschritte n, die gemacht werden m¨ussen, um die L¨osung im fest vorgegeben Zeitpunkt T zu berechnen, h¨angt folgendermaßen mit der Zeitschrittweite t zusammen: T = nt. Konvergenz eines L¨osungsverfahrens bedeutet somit, daß f¨ur 8T > 0

lim E (x t = T=n) = 0 !0 n

x

n!1

(1.59)

gelten muß. Die Konvergenz eines L¨osungsverfahrens besagt nur, daß die numerische L¨osung gegen die exakte L¨osung konvergiert. Sie gibt jedoch keinen Aufschluß dar¨uber, wie schnell die Gitterfunktion gegen die exakte L¨osung konvergiert. Die Geschwindigkeit der Konvergenz wird erst durch die Konvergenzordnung beschrieben. Der numerische Fehler En (x t) h¨angt sowohl von der Zeitschrittweite t als auch von der Maschenweite x ab. Bei der zeitlichen Diskretisierung haben wir uns zun¨achst ausschließlich auf die vollimplizite Methode festgelegt. Die ortliche ¨ Diskretisierung h¨angt jedoch von der konkreten Darstellung des numerischen Konvektionsstroms F (U  i ; 1=2)

30

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

ab. Unterschiedliche Methoden der o¨ rtlichen Diskretisierung werden das Thema folgender Abschnitte sein. F¨ur uns steht deshalb zun¨achst der Vergleich dieser Methoden miteinander und somit die Abh¨angigkeit des numerischen Fehlers von der Maschenweite x im Vordergrund. Wir sondern daher den numerischen Ortsfehler E (x) aus, indem wir den Zeitschrittweitenanteil aus dem Gesamtfehler En (x t) durch einen Grenz¨ubergang eliminieren:

E (x) := nlim !1 En (x t):

(1.60)

t=T=n

Hinter dieser Definition steht eine Annahme, daß die Zeitschrittweite so klein ist, daß sie keinen Einfluß auf die H¨ohe des Gesamtfehlers mehr aus¨ubt. Man beachte, daß der numerische Ortsfehler außer von x auch noch vom fixierten Zeitpunkt T abh¨angt. Diese Abh¨angigkeit wird jedoch nicht explizit angegeben, da wir in unseren numerischen Vergleichsexperimenten immer denselben Zeitpunkt f¨ur alle Diskretisierungsverfahren verwenden werden. Man sagt, daß ein Diskretisierungsverfahren von der Konvergenzordnung gr¨oßte Zahl ist, f¨ur die

p ist, wenn p die

E (x) = O(xp)

(1.61)

gilt. Je gr¨oßer die Konvergenzordnung p eines Verfahrens ist, um so schneller konvergiert die numerische L¨osung gegen die exakte L¨osung der Differentialgleichung, wenn x reduziert wird.

Konsistenz. Eine notwendige Bedingung der Konvergenz ist die Konsistenz des Diskreti¨ sierungsverfahrens. Konsistenz eines Diskretisierungsverfahrens bedeutet, daß beim Ubergang x ! 0 t ! 0 die diskretisierte Gleichung in die urspr¨ungliche Differentialgleichung u¨ bergeht. Die Konsistenz definiert also einen Zusammenhang zwischen der Differentialgleichung (1.42) und der diskretisierten Gleichung (1.53). Um die Definition der Konsistenz zu formalisieren, f¨uhren wir den Begriff des lokalen Abbruchfehlers ein. Der lokale Abbruchfehler L(x t) ist die Differenz zwischen der diskretisierten Gleichung und der Differentialgleichung, wenn die exakten L¨osungswerte eingesetzt werden:

L(x t) :=



n+1 ; un F (un+1  i + 1=2) ; F (un+1  i ; 1=2) u = i t i + x

!  ; (ut + aux)  xi=x | {z } tn =t

0

31

1.3: FINITE-VOLUMEN-FORMULIERUNG



n+1 n n+1 n+1 = ui ;t ui + F (u  i + 1=2);xF (u  i ; 1=2)

!  :  xi=x

(1.62)

tn =t

Der Ausdruck in den runden Klammern entspricht der Finite-Volumen-Formulierung an der Stelle (xi tn ). Wegen xi = i  x, tn = n  t w¨urde sich beim Grenz¨ubergang x ! 0 t ! 0 die Stelle (xi tn) dem Koordinatenanfang (0,0) n¨ahern. Um diese Abh¨angigkeit zu eliminieren, wird daher das Wertepaar (xi tn ) vor dem Grenz¨ubergang durch ein beliebiges aber fixiertes Wertepaar (x t) ersetzt. Die Konsistenz eines Diskretisierungsverfahrens bedeutet somit, daß

lim ! L(x t) = 0

x 0 t 0

!

(1.63)

gilt. Analog zum numerischen Ortsfehler kann man den Begriff des ortlichen ¨ Abbruchfehlers einf¨uhren:

L(x) := lim L(x t): t!0

(1.64)

L(x) = O(xp)

(1.65)

Die gr¨oßte Zahl p, f¨ur die

gilt, wird als (¨ortliche) Approximationsordnung des Diskretisierungsverfahrens bezeichnet. Bei einem konvergenten Diskretisierungsverfahren ist die Konvergenzordnung in der Regel um so h¨oher, je h¨oher die Approximationsordnung des Verfahrens ist.

Stabilit¨at. Die Konsistenz des Diskretisierungsverfahrens ist nur eine notwendige Bedingung f¨ur dessen Konvergenz. Eine weitere notwendige Bedingung der Konvergenz ist die sog. Stabilit¨at des Verfahrens. Ein numerisches L¨osungsverfahren heißt stabil, wenn der Fehler En (x t) gleichm¨aßig beschr¨ankt ist bei n ! 1 f¨ur alle fixierten Zeitschritt¨ weiten t < t0 . Das Aquivalenz-Theorem von Lax [99] besagt, daß f¨ur ein konsistentes lineares Verfahren (s. (1.56)) Stabilit¨at eine notwendige und hinreichende Bedingung der Konvergenz ist. Dabei stimmen die Konvergenz- und Approximationsordnung des Verfahrens u¨ berein. F¨ur ein nichtlineares Verfahren bedarf es allerdings einer anderen Definition der Stabilit¨at, damit ein konsistentes und stabiles Verfahren konvergent ist.

Bezeichnungen. Zum Abschluß des Abschnittes wollen wir noch eine Konvention bez¨uglich der Bezeichnungen treffen. In weiteren Kapiteln wird die Finite-Volumen-

32

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Formulierung (1.53) mit vielen unterschiedlichen numerischen Konvektionsstromfunktionen F (U n+1  i ; 1=2) verwendet. Diese Gleichung enth¨alt die Werte der Gitterfunktion auf zwei Zeitebenen: U n und U n+1 . Der genaue Wert des Zeitindex n ist in den meistens F¨allen allerdings nicht relevant, man k¨onnte z.B. genau so gut die Bezeichnungen U alt und U neu verwenden. Um die Lesbarkeit der Formeln nicht unn¨otig zu erschweren, wird daher vereinbart, daß mit U immer die Werte der neuen“ Zeitebene U n+1 bezeichnet ” werden, und mit U – die Werte der alten“ Zeitebene U n . Außerdem werden die Indizes ” i ; 1=2 und i + 1=2 oft durch l und r (”links“ bzw. ”rechts“ von i) ersetzt, dort wo es dem besseren Verst¨andnis dienen kann. Die Finite-Volumen-Formulierung (1.53), zum Beispiel, k¨onnte in der neuen kompakten Schreibweise folgendermaßen aussehen:

Ui ; U i + F (U  r) ; F (U  l) = 0: t x

1.4 Upwind- und Downwind-Diskretisierung Damit die Finite-Volumen-Formulierung (1.53) zur Berechnung der Gitterfunktion U eingesetzt werden kann, m¨ussen zun¨achst die numerischen Konvektionsstr¨ome an den R¨andern des Volumenelements spezifiziert werden. Da die Gitterfunktion U nur in den Zentren der Kontrollvolumina definiert ist, m¨ussen die Werte der Gitterfunktion an den R¨andern der Kontrollvolumina interpoliert werden. Man muß also eine Annahme u¨ ber den Verlauf der L¨osung zwischen den Gitterpunkten treffen. Die einfachste M¨oglichkeit besteht darin, daß man einen konstanten Verlauf der gesuchten Funktion innerhalb jedes Volumenelements annimmt:

U (x) = Ui x 2 xi;1=2 xi+1=2]

(1.66)

Diese Formulierung ist jedoch nicht konsistent, da jedem Rand eines Volumenelements gleichzeitig zwei Funktionswerte zugeordnet werden. Der Randpunkt xi;1=2, zum Beispiel, geh¨ort sowohl zum Volumenelement xi;3=2 xi;1=2] als auch zum Volumenelement xi;1=2 xi+1=2]. Die Funktion U (x) sollte daher laut (1.66) an der Stelle xi;1=2 gleichzeitig zwei Werte, n¨amlich Ui;1 und Ui , annehmen. Dies steht mit der Definition der Funktion als einer eindeutigen Abbildung im Widerspruch. Um diesen Widerspruch zu beseitigen, muß man sich f¨ur einen der zwei m¨oglichen Werte entscheiden. Entscheidet man sich konsequent (d.h. f¨ur R¨ander aller Kontrollvolumina) f¨ur den Wert der Gitterfunktion mit dem kleineren Index, so erh¨alt man folgende st¨uckweise konstante Interpolation (s. Abb. 1.7, oben):

U (x) = Ui x 2 (xi;1=2 xi+1=2]:

(1.67)

33

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

Ui-1/2

Ui+1/2 Ui+1 Ui

Ui-1

xi-1 a

xi xi-1/2

xi+1

x

xi+1/2

Upwind Ui-1/2

Ui+1/2 Ui+1 Ui

Ui-1

xi-1 a .

xi xi-1/2

xi+1

x

xi+1/2

Downwind

Abbildung 1.7: Upwind- und Downwind-Interpolation der unbekannten Funktion.

34

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Entscheidet man sich dagegen konsequent f¨ur den Wert der Gitterfunktion mit dem gr¨oßeren Index, so erh¨alt man eine andere, ebenfalls st¨uckweise konstante Interpolation (s. Abb. 1.7, unten):

U (x) = Ui x 2 xi;1=2 xi+1=2):

(1.68)

Im ersten Fall erh¨alt man folgenden Ausdruck f¨ur den numerischen Konvektionsstrom:

aUi;1=2 = F up(U  i ; 1=2) = aUi;1:

(1.69)

Das hochgestellte up“ ist eine Abk¨urzung f¨ur das englische Wort Upwind“. Sie kommt ” ” daher, daß der Wert der gesuchten Funktion an der Stelle xi;1=2 durch den Wert der Gitterfunktion in der Stelle xi;1 approximiert wird, die sich stromaufw¨arts von der Stelle xi;1=2 befindet. Im zweiten Fall erh¨alt man den numerischen Konvektionsstrom, der entsprechend als Downwind“-Approximation bezeichnet wird: ”

aUi;1=2 = F down(U  i ; 1=2) = aUi:

(1.70)

Die Bezeichnungen Upwind“ und Downwind“ sind nur f¨ur den Fall einer positiven Kon” ” vektionsgeschwindigkeit a sinnvoll. Ist a negativ, dann m¨ussen diese Bezeichnungen offensichtlich ausgetauscht werden. Setzt man den Upwind-Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich die sog. Upwind-Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

UPWIND : Ui ;tU i + a Ui ;xUi;1 = 0:

(1.71)

Diese Formel kann man auch direkt aus der linearen Konvektionsgleichung mittels eines Finite-Differenzen-Verfahrens ableiten, wenn man f¨ur die Approximation der ortlichen ¨ Ableitung die R¨uckw¨artsdifferenz verwendet. Der Einsatz des Downwind-Konvektionsstroms in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) f¨uhrt entsprechend zu der Downwind-Diskretisierung, die einer Approximation der ortlichen ¨ Ableitung durch die Vorw¨artsdifferenz entspricht:

DOWNWIND : Ui ;tU i + a Ui+1;x Ui = 0:

(1.72)

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

35

Upwind-Verfahren. Wir werden zun¨achst die Eigenschaften der Upwind-Diskretisierung untersuchen und zwar als erstes die Approximationsordnung. Wir nehmen an, daß die Funktion u(x t) mindestens dreifach differenzierbar ist. Der lokale Abbruchfehler ergibt sich aus dem Einsatz des Konvektionsstromes (1.69) in die Definition (1.62):

u(x ; x t + t) : L(x t) = u(x t + t)t ; u(x t) + a u(x t + t) ;  x

(1.73)

Der Grenz¨ubergang t ! 0 f¨uhrt zu

u(x t) ; u(x ; x t) : L(x) = lim L ( x  t ) = u + a t t!0 x

t) um den Punkt x 2  x u(x ; x t) = u(x t) ; xux(x t) + 2 uxx(x t) + O(x3)

(1.74)

Wir setzen die Taylorentwicklung der Funktion u(:

(1.75)

in die Gleichung (1.74) ein und erhalten

L(x) = ut + aux ; a2 x uxx + O(x2):

(1.76)

Da man annimmt, daß die Funktion u(x t) eine L¨osung der linearen Konvektionsgleichung ist, ist die Summe der ersten beiden Terme gleich Null, und es gilt

L(x) = ; a2 x uxx + O(x2) = O(x):

(1.77)

Wir haben damit gezeigt, daß das Upwind-Verfahren konsistent ist und die Approximations¨ ordnung 1 hat. Da dieses Verfahren linear ist, ist es nach dem Aquivalenz-Theorem von Lax f¨ur die Konvergenz des Verfahrens hinreichend und notwendig, daß das Verfahren auch stabil ist. Die Stabilit¨at eines linearen Verfahrens kann mit vielen unterschiedlichen Methoden untersucht werden, die in einschl¨agigen B¨uchern u¨ ber die numerische Str¨omungsmechanik ausf¨uhrlich behandelt werden (s. z.B. [45]). Auf die Darstellung dieser Methoden wird in dieser Arbeit daher verzichtet. F¨ur das Upwind-Verfahren erster Ordnung gilt, daß es absolut (d.h. unabh¨angig von der Zeitschrittweite t) stabil ist ( unconditionally stable“). Daraus ” folgt, daß das Upwind-Verfahren konvergent ist und die Konvergenzordnung 1 hat. Im Unterschied zu linearen Verfahren ist es bei nichtlinearen Diskretisierungsverfahren oft nur mit erheblichem Aufwand bzw. gar nicht m¨oglich, ihre Konvergenzordnung auf theoretischem Wege zu bestimmen. Man ist somit gezwungen, die Konvergenzordnung empirisch anhand von einzelnen Testbeispielen zu ermitteln. Wir werden daher die Vorgehensweise zur empirischen Ermittlung der Konvergenzordnung eines Verfahrens anhand der Testbeispiele No.1 und No.2 (s. Abschnitt 1.2) ausf¨uhrlich erl¨autern. Es wird uns nicht u¨ berraschen,

36

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

daß f¨ur das Testbeispiel No.1 die empirisch ermittelte Konvergenzordnung des UpwindVerfahrens mit dem theoretisch festgestellten Wert von 1 u¨ bereinstimmt. F¨ur das Testbeispiel No.2 werden wir allerdings nur die Konvergenzordnung von 0.5 feststellen. Der vermeintliche Widerspruch mit der Theorie l¨aßt sich leicht erkl¨aren. Der theoretisch ermittelte ¨ Wert von 1 ergibt sich aus der Ubereinstimmung zwischen der Konvergenzordnung und der Approximationsordnung eines stabilen linearen Verfahrens. Bei der Ermittlung der Approximationsordnung des Upwind-Verfahrens haben wir die mehrfache Differenzierbarkeit der L¨osung vorausgesetzt und f¨ur die Taylorentwicklung der L¨osung (s. (1.75)) benutzt. Im Testbeispiel No.2 handelt es sich allerdings um eine diskontinuierliche L¨osung, so daß die Annahme der Differenzierbarkeit verletzt ist. Daher stimmt auch die Konvergenzordnung im Testbeispiel No.2 nicht mit dem f¨ur differenzierbare Funktionen theoretisch ermittelten Wert u¨ berein. Bisher haben wir die Upwind-Diskretisierung nur f¨ur das Cauchy-Problem (1.42, 1.43), d.h. f¨ur ein r¨aumlich unbegrenztes L¨osungsgebiet diskutiert. In unseren Testbeispielen wird die L¨osung allerdings in einem o¨ rtlich begrenzten Gebiet und zwar f¨ur x 2 0 2] gesucht. Die an die R¨ander grenzenden Kontrollvolumina bed¨urfen einer besonderen Behandlung, die wir jetzt diskutieren werden. Es wird zun¨achst ein numerisches Gitter u¨ ber das Berechnungsgebiet gelegt. F¨ur eine beliebige (aber feste) nat¨urliche Zahl N unterteilen wir das Berechnungsintervall 0 2] in N Teilintervalle gleicher L¨ange. Die Gitterpunkte seien nun durch die Endpunkte der Teilintervalle so definiert, daß dem ersten Punkt der Index 0 und dem letzten Punkt der Index N zugeordnet wird:

0 = x0 < x1 < ::: < xi < ::: < xN = 2 Bezeichnet man mit x mit (1.44)

¨ = 2=N die L¨ange eines Teilintervalls, so gilt in Ubereinstimmung

xi = i  x i = 0 1 2 ::: N:

(1.78)

Zu jedem Gitterpunkt mit dem Index i = 1 2 ::: N ; 1 geh¨ort ein Kontrollvolumen xi;1=2 xi+1=2] der L¨ange x, das im Inneren des Intervalls 0 2] liegt. Wir bezeichnen diese Kontrollvolumina deshalb als innere Kontrollvolumina. F¨ur jedes innere Kontrollvolumen kann die Upwind-Diskretisierung (1.71) direkt angewendet werden. Man erh¨alt dadurch N ; 1 lineare Gleichungen. Der Punkt x0 liegt direkt am Einstr¨omrand des Berechnungsgebietes. Der Wert der Gitterfunktion U0 kann daher direkt aus der physikalischen Randbedingung ermittelt werden:

U0 = (tn+1 ):

(1.79)

37

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

a UN-1/2

a UN

x

xN-1 xN .

xN-3/2

xN-1/2

Abbildung 1.8: Skizze des N -ten Kontrollvolumens.

Am Ausstr¨omrand (xN = 2) liegt keine physikalische Randbedingung vor. Zu diesem Gitterpunkt geh¨ort auch kein inneres Kontrollvolumen, so daß die Formel (1.71) nicht angewendet werden kann. Man kann diesem Punkt aber ein halbes“ Kontrollvolumen xN ;1=2 xN ] ” der L¨ange x=2 zuordnen (s. Abb. 1.8) und die Finite-Volumen-Formulierung wie f¨ur ein inneres Kontrollvolumen durch zweifache Integration der Konvektionsgleichung u¨ ber xN ;1=2 xN ]  tn tn+1] herleiten. Analog zu (1.52) erh¨alt man dann

UN ; U N + aUN ; aUN ;1=2 = 0: t x=2

(1.80)

Hier braucht nur der numerische Konvektionsstrom aUN ;1=2 approximiert werden, wof¨ur der Upwind-Konvektionsstrom aUN ;1 (s. (1.69)) verwendet wird. Die resultierende Gleichung f¨ur das Randvolumen

UN ; U N + a UN ; UN ;1 = 0 t x=2

(1.81)

ergibt zusammen mit den N ; 1 Gleichungen f¨ur die inneren Kontrollvolumina und der Randbedingung (1.79) ein System, daß aus N + 1 linearen Gleichungen f¨ur N + 1 unbekannte Gr¨oßen fUi i = 0 N g besteht. Die zugeh¨orige Koeffizientenmatrix ist tridiagonal, das Gleichungssystem kann also durch die LU -Zerlegung f¨ur tridiagonale Systeme, bekannt als Thomas-Algorithmus (s. z.B. [45]), gel¨ost werden.

38

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Die Definition des numerischen Gesamtfehlers En (x t) (1.58) soll nun ebenfalls f¨ur den Fall eines endlichen Berechnungsgebietes angepaßt werden. Da die beiden Randpunkte, x0 und xN , jeweils mit einem halben“ Kontrollvolumen in das Berechnungsgebiet eingehen, ” werden die lokalen Fehler in diesen Punkten nur mit einem Faktor x=2 gewichtet:

i=X N ;1 jUin ; unij + 2x jUNn ; unN j: En (x t) := 2x jU0n ; un0 j + x  i=1

(1.82)

Testbeispiel No.1. Wir werden nun das Upwind-Verfahren zur Berechnung der numerischen L¨osung f¨ur den Testfall No.1 mit x0 = 0:4 und  = 0:1 einsetzen. Unser Ziel ist, die Konvergenzordnung des Verfahrens zu bestimmen. Dazu m¨ussen wir das Verhalten des Ortsfehlers E (x) bei x ! 0 zu einem beliebigen aber festen Zeitpunkt untersuchen. Wir w¨ahlen daf¨ur den Zeitpunkt T = 1. Der Ortsfehler ist als Grenzwert des Gesamtfehlers En (x t) bei t ! 0, nt = T definiert. Numerisch kann man diesen Grenzwert nur n¨aherungsweise bestimmen, mit einer beliebig hohen aber dennoch fest im voraus vorgegebenen Genauigkeit. Wir werden uns dabei auf die ersten vier signifikannten Stellen beschr¨anken. Wir beginnen mit der Maschenweite x = 0:1. Wir m¨ussen nun die Zeitschrittweite t solange sukzessiv verkleinern, bis sich die ersten 4 signifikannten Stellen des Gesamtfehlers (zum Zeitpunkt T = 1) nicht mehr a¨ ndern. In der Tabelle 1.1 sind die Werte des Gesamtfehlers f¨ur verschiedene Zeitschrittweiten t aufgelistet. Als N¨aherungswert des Ortsfehlers E (x) f¨ur x = 0:1 erh¨alt man die Zahl 0:1754. In der Abbildung 1.9 ist der Verlauf der L¨osung sowie des lokalen Fehlers jUi ; ui j exemplarisch f¨ur t = 0:2 und t = 0:00001 dargestellt. Bei der Zeitschrittweite t = 0:00001 ist der Zeitfehleranteil aus dem Gesamtfehler fast vollst¨andig eliminiert (s. Tabelle 1.1). Bei der Zeitschrittweite t = 0:2 liegt der Zeitfehleranteil allerdings noch in derselben Gr¨oßenordnung wie der Ortsfehleranteil. Die durchgefuhrte ¨ Elimination des Zeitfehlers aus dem Gesamtfehler ist daher eine notwendige Voraussetzung fur ¨ die korrekte Bestimmung des Konvergenzverhaltens eines Verfahrens. Wir wiederholen die Prozedur der Elimination des Zeitfehlers f¨ur unterschiedliche Maschenweiten und erhalten so den Ortsfehler als Funktion von x in einer tabellarischen Form (s. Tabelle 1.2). Wir werden eine solche Tabelle als -Tabelle bezeichnen.

E x

Wir gehen nun davon aus, daß bei hinreichend kleinen Werten von x der Ortsfehler sich folgendermaßen verh¨alt:

E (x) C xp:

(1.83)

39

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

t

En (x t) t

En (x t)

.2

0.3012529491 .001

0.1764255058

.1

0.2517855533 .0005

0.1759179599

.05

0.2187887219 .0002

0.1756125256

.02

0.1944360214 .0001

0.1755105623

.01

0.1852530811 .00005

0.1754595522

.005

0.1804194249 .00002

0.1754289369

.002

0.1774349795 .00001

0.1754187303

Tabelle 1.1: Test No.1 (

:

= 0 1): Gesamtfehler

als Funktion von t bei x = 0:1.

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

dx=0.1, dt=0.2, E(dx,dt)=0.3012

dx=0.1, dt=1.E−5, E(dx,dt)=0.1754

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

1

1.2

1.4

1.6

1.8

0

2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.9: Test No.1 ( = 0:1): Verlauf der L¨osung sowie der lokalen Fehler jUi ; ui j f¨ur zwei unterschiedliche Zeitschrittweiten.

F¨ur zwei unterschiedliche Maschenweiten x1 und x2 gilt dann

E (x1)  x1 p E (x2) x2

(1.84)

woraus man folgende Approximationsformel f¨ur die Konvergenzordnung p erh¨alt

p



! E ( x ) 1 log x1  E (x ) : x2 2

(1.85)

Wir setzen nun jeweils zwei nachfolgende Maschenweiten aus der Tabelle 1.2 in die Formel

40

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

x

E (x)

5.000e-3 1.793e-2

5.000e-2 1.142e-1

2.500e-3 9.417e-3

2.500e-2 6.936e-2

1.000e-3 3.894e-3

1.000e-2 3.304e-2

5.000e-4 1.970e-3

1.000e-1 5.000e-2 0.6190

E (x)

1.000e-1 1.754e-1

Tabelle 1.2: Test No.1 (

x p

x

0.7194

:

= 0 1): Ortsfehler als

2.500e-2 1.000e-2 0.8093

0.8818

Funktion von x.

5.000e-3 2.500e-3 0.9290

0.9637

1.000e-3 0.9830

Tabelle 1.3: Test No.1 ( = 0:1): Approximationswerte f¨ur Konvergenzordnung p f¨ur unterschiedliche Maschenweiten x.

(1.85) ein und erhalten Approximationswerte f¨ur p, die in der Tabelle 1.3 zusammengetragen sind. Eine solche Tabelle werden wir entsprechend als -Tabelle bezeichnen.

p x

Aus der p-x-Tabelle wird ersichtlich, daß mit zunehmender Gitterfeinheit der empirisch ermittelte Wert der Approximationsordnung sich immer weniger von dem theoretisch hergeleiteten Wert von 1 unterscheidet. Die hier vorgestellte Methode zur empirischen Ermittlung der Konvergenzordnung eines Diskretisierungsverfahrens wird in diesem wie auch in den folgenden Kapiteln noch mehrmals angewandt. Es wird dabei allerdings nur das Endergebnis pr¨asentiert, entweder in Form einer p-x-Tabelle oder in Form eines -Diagramms. Ein p-x-Diagramm ist eine graphische Darstellung der Wertepaare aus der p-x-Tabelle, wobei die p-Achse linear und die x-Achse logarithmisch skaliert wird. Eine logarithmische Skalierung ist sinnvoll, da auf einer linear-skalierten Achse der Abstand zwischen zwei benachbarten Werten von x immer kleiner wird, wenn x gegen Null geht. Ein der p-x-Tabelle 1.3 entsprechendes p-x-Diagramm ist in der Abb. 1.10 dargestellt.

p x

Analog zum p-x-Diagramm k¨onnen die Wertepaare aus einer E -x-Tabelle in einem -Diagramm graphisch dargestellt werden. Hier werden allerdings beide Achsen logarithmisch skaliert, da sowohl die x-Werte als auch die E -Werte immer dichter beianander liegen, wenn x gegen Null geht. Eine doppel-logarithmische Skalierung hat auch einen anderen Vorteil. Benimmt sich der Ortsfehler bei hinreichend kleinen Werten von x wie (1.83), so gilt auch

E x

log E (x) log C + p  log x:

(1.86)

41

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND p−dx−Diagramm 2.0 1.8 1.6 1.4 1.2

p

1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0

0.001

0.0025 0.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx .

Abbildung 1.10: Test No.1 (

:

= 0 1):

Das p-x-Diagramm f¨ur das Upwind-Verfahren.

Das bedeutet, daß bei einer log-log-Skalierung der Ortsfehler einen linearen Verlauf hat, mit einer Steigung, die proportional zur Konvergenzordnung p ist. Ein E -x-Diagramm ist insbesondere dann n¨utzlich, wenn man die Effektivit¨at mehrerer Diskretisierungsverfahren an einem Testbeispiel vergleicht. Man kann damit gleichzeitig sowohl die Konvergenzordnung als auch die absoluten Werte des Ortsfehlers beim Einsatz verschiedener Verfahren miteinander vergleichen. F¨ur das hier diskutierte Testbeispiel ist das E -x-Diagramm f¨ur das Upwind-Verfahren in der Abb. 1.11 dargestellt. Zum Abschluß schauen wir uns die L¨osungsprofile auf vier unterschiedlichen numerischen Gittern an (Abb. 1.12). Man sieht, daß die Ann¨aherung der numerischen L¨osung an die exakten L¨osungsprofile nur sehr langsam erfolgt, und daß selbst bei einer Maschenweite x = 0:005 (das entspricht 400 Gitterpunkten) der Unterschied zwischen beiden Profilen sehr deutlich zu sehen ist. Interessant ist auch der Charakter des numerischen Ortsfehlers. Qualitativ wird das Verhalten der L¨osung korrekt wiedergegeben, die berechneten Profile sind aber durch einen im Vergleich zur exakten L¨osung flacheren Verlauf gekennzeichnet. Der Grund f¨ur dieses diffusive Verhalten des Upwind-Verfahrens wird im weiteren Verlauf dieses Abschnittes erkl¨art.

Testbeispiel No.2. Wir wollen nun die Konvergenzordnung des Upwind-Verfahrens f¨ur den Testfall No.2 bestimmen. Wir lassen eine ausf¨uhrliche Beschreibung aller Zwischenschritte aus, und pr¨asentieren nur das Endergebnis in Form eines p-x-Diagramms (Abb. 1.13). Wie bereits erw¨ahnt, betr¨agt die empirisch ermittelte Konvergenzordnung in diesem

42

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND E−dx−Diagramm 1.0000

0.1000

E

0.0100

Tabellen−Werte E(dx)=3.9*dx

0.0010

0.0001 0.0001

0.0010

dx

0.0100

0.1000

.

Abbildung 1.11: Test No.1 (

:

= 0 1): Das

E -x-Diagramm f¨ur das Upwind-Verfahren.

Fall nur 0:5, was auf die Diskontinuit¨at der L¨osung zur¨uckzuf¨uhren ist. In Abb. 1.14 sind die L¨osungsprofile f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten aufgetragen. W¨ahrend im Testfall ¨ No.1 auf einem Gitter mit 400 Kontrollvolumina eine durchaus brauchbare Ubereinstimmung mit der exakten L¨osung festgestellt werden konnte, kann im Testfall No.2 auf dem gleichen Gitter kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden (Abb. 1.14, links). Selbst auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:0005 (entspricht 4000 (!) Kontrollvolumina) kann man deutlich die Unterschiede zwischen der exakten und der numerischen L¨osung erkennen (Abb. 1.14, rechts).

Steile Gradienten. Das Problem mit dem schlechten Konvergenzverhalten des UpwindVerfahrens tritt nicht nur im Falle einer diskontinuierlichen L¨osung auf, sondern auch dann, wenn die L¨osung steile Gradienten aufweist, wie das z.B. im Testbeispiel No.1 f¨ur  = 0:02 der Fall ist (s. Abb. 1.4). Aus dem p-x-Diagramm (Abb. 1.15) erkennt man, daß die empirisch ermittelte Konvergenzordnung sich zwar dem theoretischen Wert von 1 n¨ahert, aber selbst auf einem sehr feinen Gitter mit der Maschenweite x = 0:001 noch weit davon entfernt ist. Das kommt daher, daß der Anstieg der L¨osung vom Wert 0 auf den Wert 1 sich auf einem sehr engen Intervall vollzieht, und obwohl dieser Anstieg auf eine kontinuierliche Weise erfogt, wird diese Kontinuit¨at nur auf sehr feinen Gittern vom numerischen Verfahren ¨ erfaßt. Auf den gr¨oberen Gittern dagegen, f¨allt“ dieser stetige Ubergang durch das numeri” sche Gitter, und die numerische L¨osung benimmt sich wie im Falle einer diskontinuierlichen L¨osungsfunktion.

43

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

dx=0.05, E(dx)=0.1142

dx=0.025, E(dx)=0.06936

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

x

x

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

Test No.1, sigma=0.1, UPWIND

1.8

2

.

.

dx=0.01, E(dx)=0.03304

dx=0.005, E(dx)=0.01793

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) |U(i,n)−u(i,n)|

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

x

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.12: Test No.1 (

:

= 0 1): Verlauf

der L¨osung sowie der lokalen Fehler jUi ; ui j

f¨ur vier unterschiedliche Maschenweiten.

Numerische Diffusion. Wir haben bereits gesehen, daß die Ortsfehler beim Einsatz des Upwind-Verfahrens vor allem dadurch verursacht werden, daß die berechnete L¨osung einen flacheren Verlauf hat, als die exakte L¨osung der linearen Konvektionsgleichung. Das gilt sowohl f¨ur den Testfall No.1 als auch f¨ur den Testfall No.2. Dieses stark diffusive Verhalten der Upwind-Diskretisierung l¨aßt sich auch theoretisch begr¨unden. Schaut man sich den o¨ rtlichen Abbruchfehler (1.76) an, so stellt man fest, daß die Differenzenformel (1.71) die ursprungliche Konvektionsgleichung (1.42) zwar mit erster Ordnung approximiert, aber noch besser, und zwar mit zweiter Ordnung, approximiert sie die Konvektions-DiffusionsGleichung

ut + aux = Duxx

(1.87)

44

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.2, UPWIND, p−dx−Diagramm 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6

p

0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0

0.001

0.0025 0.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx .

Abbildung 1.13: Testbeispiel No.2: Das p-x-Diagramm f¨ur das Upwind-Verfahren.

Test No.2, UPWIND, dx=0.005, E(dx)=0.1128

Test No.2, UPWIND, dx=0.0005, E(dx)=0.03568

1.2

1.2

1

1

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.14: Testbeispiel No.2: Verlauf der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

45

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

Test No.1, sigma=0.02, UPWIND p−dx−Diagramm 2.0 1.8 1.6 1.4 1.2

p

1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0

0.001

0.0025 0.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx .

Abbildung 1.15: Test No.1 (

mit

:

= 0 02): Das

p-x-Diagramm f¨ur das Upwind-Verfahren.

D = a2 x :

(1.88)

W¨urde man die Gleichung (1.87) bei einem fest vorgegebenen Wert von x (als Parameter) exakt l¨osen, und diese exakte L¨osung zusammen mit der numerischen L¨osung der Konvektionsgleichung mittels Upwind-Verfahrens (auf einem Gitter mit derselben Maschenweite x) graphisch darstellen, so w¨urde man praktisch keinen Unterschied zwischen den beiden Profilen sehen k¨onnen. Die Gr¨oße D wird als numerische Diffusion bezeichnet. Wir sehen, daß die Gr¨oße der numerischen Diffusion linear von x abh¨angt und mit zunehmender Gitterverfeinerung gegen Null geht. Da man allerdings immer nur mit einer endlich großen Maschenweite arbeitet, ist der Wert von D stets gr¨oßer als Null. Das erkl¨art sowohl das diffusive Verhalten des Upwind-Verfahrens als auch die Tatsache, daß die Gl¨attung der L¨osung mit zunehmender Verfeinerung des Gitters abnimmt (s. Abb. 1.12). Den Einfluß der numerischen Diffusion auf die L¨osung der linearen Konvektionsgleichung kann man qualitativ untersuchen, wenn man als Anfangsbedingung f¨ur das Cauchy-Problem (1.19, 1.20) die Funktion

u0(x) = sin(kx) x 2 (;1 +1):

(1.89)

w¨ahlt. Die L¨osung der Konvektionsgleichung lautet in diesem Fall

uK (x t) = sin(k(x ; at))

(1.90)

46

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

a=1, t=1, dx=0.01, D=0.005, k=10

a=1, t=1, dx=0.01, D=0.005, k=20

2

2

u K(x,t) u KD (x,t)

1.5 1

1

0.5

0.5

0

0

−0.5

−0.5

−1

−1

−1.5

0

0.5

1

1.5

u K(x,t) u KD (x,t)

1.5

2

x

−1.5

0

0.5

1

1.5

2

x

.

Abbildung 1.16: Vergleich der Funktionen uK (x

t) und uKD (x t) f¨ur zwei Parameters¨atze.

w¨ahrend die L¨osung der Konvektions-Diffusions-Gleichung (1.87) folgendermaßen aussieht: uKD (x t) = e;Dk2 t sin(k(x ; at)) = e;Dk2 t  uK (x t): (1.91) F¨ur zwei Werte von k sind die Verl¨aufe der Funktionen uK (x t) und uKD (x t) zum Zeitpunkt t = 1 in der Abb. 1.16 exemplarisch dargestellt. Man sieht, daß das L¨osungsprofil mit der richtigen Geschwindigkeit entlang der x-Achse transportiert wird, die Amplitude der L¨osung nimmt aber mit der Zeit exponential ab. Die Abnahmerate nimmt sowohl mit dem steigenden Diffusionskoeffizienten D als auch mit der steigenden Wellenzahl k zu. L¨ost man nun die lineare Konvektionsgleichung f¨ur eine beliebige Funktion u0(x) auf einem Gitter mit der Maschenweite x, so kann auf diesem Gitter die Anfangsbedingung in eine endliche Fourier-Reihe mit der maximalen Wellenzahl ( wave number“) kmax = =x ” zerlegt werden. Bei einer Gitterverfeinerung nimmt der numerische Diffusionskoeffizient einerseits linear ab. Andererseits nimmt die maxiale Wellenzahl und die Anzahl der Summanden in der Fourier-Reihe zu. Treten in der Anfangsbedingung steile Gradienten auf, so sind die neuen hochfrequenten Summanden u¨ bergewichtet, solange das Gitter nicht fein genug ist. In diesem Bereich wird die theoretische Konvergenzordnung von 1 empirisch nicht best¨atigt. Erst wenn das numerische Gitter so fein ist, daß der Beitrag der hochfrequenten Summanden exponentiell abnimmt, wird die Konvergenzordnung von 1 tats¨achlich erreicht. Im Testfall No.1 mit  = 0:02 passiert das bei einer kleineren Maschenweite, als im Fall mit  = 0:1, was erkl¨art, warum bei derselben Aufl¨osung das Upwind-Verfahren f¨ur  = 0:02 viel schlechter abschneidet als f¨ur  = 0:1. Diese Vorgehensweise zur Untersuchung des qualitativen Verhaltens der numerischen L¨o-

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

47

sung mittels einer Differentialgleichung, die von einem Diskretisierungsverfahren mit einer h¨oheren Ordnung approximiert wird, als die ursprungliche lineare Konvektionsgleichung, werden wir noch mehrmals verwenden. Die entsprechende Differentialgleichung hat in der Literatur einen eigenen Namen erhalten. Sie wird als modifizierte Gleichung“ ( modified ” ” equation“ [77]), manchmal auch als a¨ quivalente Differentialgleichung“ ( equivalent diffe” ” rential equation“ [45]) eines Verfahrens bezeichnet.

Upwind-Verfahren: Zusammenfassung. Wir wollen nun die gewonnenen Erkenntnisse aus der Untersuchung des Upwind-Verfahrens zusammenfassen. Die Upwind-Diskretisierung hat die Approximationsordnung von 1 und ist ein absolut stabiles Verfahren. Sie hat damit die Konvergenzordnung 1. Diese Aussage gilt allerdings nur f¨ur hinreichend glatte L¨osungen. Im Falle einer diskontinuierlichen (schwachen) L¨osung der lineraren Konvektionsgleichung hat das Upwind-Verfahren eine niedrigere Konvergenzordnung von 0.5. Ist die L¨osung glatt, weist aber steile Gradienten auf, so ist die theoretische Konvergenzordnung nur auf sehr feinen Gittern erreichbar. Bei den in der Praxis verwendbaren gr¨oberen Gittern ist die (empirisch ermittelte) Konvergenzordnung wesentlich niedriger. Das UpwindVerfahren liefert physikalisch sinnvolle L¨osungen, die allerdings wesentlich flacher verlaufen, als die exakte L¨osung der Differentialgleichung. Der Grund daf¨ur liegt in der numerischen Diffusion, die mit der Upwind-Diskretisierung verbunden ist, da das UpwindVerfahren mit zweiter Ordnung eine Konvektions-Diffusions-Gleichung approximiert. Das Ausmaß der numerisch bedingten Diffusion ist dabei linear proportional zu der Konvektionsgeschwindigkeit a und zu der Maschenweite x. Downwind-Verfahren. In einer a¨ hnlichen Weise, wie wir das Upwind-Verfahren untersucht haben, wollen wir nun auch das Downwind-Verfahren behandeln. F¨ur den lokalen Abbruchfehler der Downwind-Diskretisierung gilt:

L(x t) = u(x t + t)t ; u(x t) + a u(x + x t + tx) ; u(x t + t) : Der Grenz¨ubergang t ! 0 f¨uhrt zu u(x + x t) ; u(x t) : L(x) = lim L ( x  t ) = u + a t t!0 x Einsatz der Taylorentwicklung der Funktion u(: t) um den Punkt x 2 u(x + x t) = u(x t) + xux(x t) + 2x uxx(x t) + O(x3)

(1.92)

(1.93)

(1.94)

in die Gleichung (1.93) f¨uhrt nun zu

L(x) = ut + aux + a2 x uxx + O(x2) = a2 x uxx + O(x2) = O(x)

(1.95)

48

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

und wir stellen fest, daß das Downwind-Verfahren die Approximationsordnung 1 hat. Im Unterschied zur Upwind-Diskretisierung ist das Downwind-Verfahren allerdings numerisch instabil, und zwar unabh¨angig von der Zeitschrittweite t. Der Grund f¨ur diese Instabilit¨at liegt darin, daß dieses Verfahren wichtige Eigenschaften der Konvektionsgleichung verletzt. W¨ahrend sich die L¨osung der linearen Konvektionsgleichung mit der positiven Geschwindigkeit a entlang der x-Achse fortpflanzt, die Information also von links nach rechts propagiert“, wird bei der Downwind-Approximation f¨ur U i;1=2 der Wert der Gitterfunktion ” verwendet, der stromabw¨arts liegt. Man approximiert damit sozusagen gegen die Stromrichtung. Wir wollen nun das Verhalten des Downwind-Verfahrens anhands des Testfalls No.1 veranschaulichen, und dabei gleichzeitig die etwas vage Aussage u¨ ber die Fehlapproximation verdeutlichen. Die Behandlung der Randelemente erfolgt auf die gleiche Weise wie bei Upwind-Diskretisierung. Am Einstr¨omrand gilt die Randbedingung (1.79), und am Ausstr¨omrand verwendet man die Gleichung (1.80) f¨ur das halbe“ Kontrollvolumen, in die man die Downwind” Approximation aUN (s. (1.70)) f¨ur den numerischen Konvektionsstrom aUN ;1=2 einsetzt. ¨ Zur besseren Ubersichtlichkeit fassen wir das resultierende Gleichungssysten hier noch einmal zusammen:

U0 = (tn+1 ) U1 ; U 1 + a U2 ; U1 = 0 t x U2 ; U 2 + a U3 ; U2 = 0 t x ::: UN ;1 ; U N ;1 + a UN ; UN ;1 = 0 t x UN ; U N + a UN ; UN = 0: t x=2

(1.96)

(1.97)

Bereits anhand dieses Gleichungssystems kann man feststellen, daß das Downwind-Verfahren nicht gegen die exakte L¨osung der Differentialgleichung konvergieren kann. Man sieht z.B., daß die Gleichung (1.96) von den anderen Gleichungen des Systems vollst¨andig entkoppelt ist, da die unbekannte Gr¨oße U0 in keine weitere Gleichung eingeht. Die physikalische Randbedingung am Einstr¨omrand bestimmt zwar den Wert U0 , hat aber u¨ berhaupt keinen Einfluß auf die L¨osung im Inneren des Berechnungsgebietes. Am rechten Rand wird

49

1.4: UPWIND- UND DOWNWIND-DISKRETISIERUNG

Test No.1, sigma=0.1, DOWNWIND

Test No.1, sigma=0.1, DOWNWIND

dx=0.05, dt=0.01, T=0.1

dx=0.05, dt=0.01, T=0.2

1.2

1.2

1

1

0.8

0.8

0.6

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.4 0.2

0.2

0

0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

u(i,n) U(i,n)

0.4

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Test No.1, sigma=0.1, DOWNWIND

Test No.1, sigma=0.1, DOWNWIND

dx=0.05, dt=0.01, T=0.3

dx=0.05, dt=0.01, T=0.4 8.0

1.2

7.0

1.0

6.0 5.0

0.8

u(i,n) U(i,n)

4.0 0.6

3.0 2.0

0.4

u(i,n) U(i,n)

0.2

1.0 0.0 −1.0

0.0

−2.0 −0.2

−3.0 −4.0

−0.4 −0.6

−5.0 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.17: Test No.1 (

−6.0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

:

= 0 1): Verlauf

der L¨osung zu 4 unterschiedlichen Zeitpunkten.

ebenfalls keine sinnvolle L¨osung berechnet, da aus Gleichung (1.97) folgt, daß UN = U N gilt, die numerische L¨osung am rechten Rand a¨ ndert sich also mit der Zeit nicht. Die Instabilit¨at des Verfahrens sorgt außerdem daf¨ur, daß im Inneren des Berechnungsgebietes Oszillationen entstehen, die mit der Zeit anwachsen, wie aus der Abb.1.17 f¨ur die L¨osung auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:05 ersichtlich ist. Reduziert man die Maschenweite, fallen die Oszillationen noch st¨arker aus. Das qualitative Verhalten der mit dem Downwind-Verfahren errechneten L¨osung kann man ebenfalls mit Hilfe der modifizierten Gleichung erkl¨aren. Schaut man sich den o¨ rtlichen Abbruchfehler (1.95) an, so stellt man fest, daß die Differenzenformel (1.72) mit zweiter

50

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Ordnung wiederum die Konvektions-Diffusions-Gleichung

ut + aux = Duxx

(1.98)

approximiert, wobei diesmal — im Gegensatz zum Upwind-Verfahren — der Diffusionskoeffizient D negativ ist:

D = ; a2 x :

(1.99)

W¨ahrend bei einem positiven Diffusionskoeffizienten die Gradienten in der L¨osung mit der Zeit abgeflacht werden, passiert bei einem negativen Diffusionskoeffizienten genau das Gegenteil: die kleinsten Unterschiede im L¨osungverlauf wachsen mit der Zeit an. Aufgrund von numerischen Rundungsfehlern k¨onnen kleine Unebenheiten im L¨osungsverlauf selbst dort entstehen, wo die L¨osung zun¨achst konstant war. Mit der Gitterverfeinerung nimmt die Anzahl solcher Unebenheiten sogar noch zu, so daß die Frequenz der Oszillationen ebenfalls gr¨oßer wird.

1.5 Zentral-Differenz Im letzten Abschnitt haben wir zwei Diskretisierungsverfahren untersucht, die auf einer st¨uckweise konstanten Interpolation der numerischen L¨osung zwischen den Gitterpunkten basieren. Eines von diesen beiden Verfahren, die Upwind-Diskretisierung, hat sich als stabiles Verfahren erwiesen, das auch physikalisch sinnvolle L¨osungen liefert, ist allerdings nur erster Ordnung genau, was eine viel zu langsame Konvergenzordnung zu Folge hat. Wir wollen nun versuchen, ein Verfahren mit einer h¨oheren Konvergenzordnung zu erzeugen, indem wir anstatt der st¨uckweise konstanten Interpolation eine lineare Interpolation der L¨osung zwischen den Gitterpunkten verwenden:

U (x) = Ui;1 + (x ; xi;1)  Ui ;xUi;1 x 2 xi;1 xi] Der Verlauf der so definierten Funktion U (x) ist in der Abb. 1.18 skizziert.

(1.100)

F¨ur eine so definierte lineare Interpolation ist der Wert der Funktion U (x) an der Stelle xi;1=2 gleich dem Mittelwert von Ui;1 und Ui. F¨ur den numerischen Konvektionsstrom gilt daher

aUi;1=2 = F cds(U  i ; 1=2) = a Ui;12+ Ui :

(1.101)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich eine Diskretisierung der Konvektionsgleichung, die der Approximation der ortlichen ¨ Ableitung durch die zentrale Differenz entspricht:

51

1.5: ZENTRAL-DIFFERENZ

Ui+1/2 Ui-1/2

Ui+1 Ui

Ui-1

xi-1 a

xi

xi+1

xi-1/2

x

xi+1/2

CDS .

Abbildung 1.18: Lineare Interpolation der L¨osung zwischen den Gitterpunkten.

CDS : Ui ;tU i + a Ui+12;xUi;1 = 0:

(1.102)

F¨ur das resultierende Diskretisierungsverfahren werden wir die in der Literatur u¨ bliche Abk¨urzung CDS ( central differencing scheme“) benutzen. ” Analog zum vorigen Abschnitt kann man den o¨ rtlichen Abbruchfehler f¨ur das CDS-Verfahren bestimmen:

; u(x ; x t) : L(x) = ut + a u(x + x t)2 x

Einsatz der Taylorentwicklung der Funktion u(: zu:

(1.103)

t) um den Punkt x in die rechte Seite f¨uhrt

L(x) = ut + aux + a6x uxxx + O(x4): 2

(1.104)

bzw., da die Summe der ersten beiden Terme gleich Null ist, 2 a  x L(x) = 6 uxxx + O(x4) = O(x2):

(1.105)

Das CDS-Verfahren besitzt somit die Approximationsordnung von 2. Wie das UpwindVerfahren ist das CDS-Verfahren ebenfalls absolut stabil. Daraus folgt, daß es konvergent ist und auf glatten L¨osungen die Konvergenzordnung 2 hat.

52

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

CDS: p−dx−Diagramm Test No.1, sigma=0.1

2.5

p

2.0 1.5

p

2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0

0.0025 0.005

0.05

0.1

0.001

0.0025 0.005

0.01

0.025

0.05

0.1

0.01

0.025

0.05

0.1

Test No.2

0.5 0.0

.

0.025

Test No.1, sigma=0.02

1.0

p

0.01

0.00025 0.0005 0.001

0.0025 0.005

dx

Abbildung 1.19: Testf¨alle 1 und 2: Das p-x-Diagramm f¨ur das CDS-Verfahren.

Wir werden nun das Verhalten der CDS-Diskretisierung an unseren Testf¨allen 1 und 2 untersuchen. Die Behandlung der Randelemente erfolgt auf die gleiche Weise wie bei UpwindDiskretisierung. Am Einstr¨omrand gilt die Randbedingung (1.79), und am Ausstr¨omrand verwendet man die Gleichung (1.80) f¨ur das halbe“ Kontrollvolumen, in die man die ” CDS-Approximation a(UN ;1 + UN )=2 (s. (1.101)) f¨ur den numerischen Konvektionsstrom aUN ;1=2 einsetzt. Die resultierende Formel lautet:

UN ; U N + a UN ; UN ;1 = 0: t x

(1.106)

In Abb. 1.19 sind die p-x-Diagramme f¨ur beide Testf¨alle dargestellt. Man sieht, daß die empirische Konvergenzordnung im Testfall 1 f¨ur beide  -Werte 2 betr¨agt. Im Testfall 2 dagegen wird lediglich eine Konvergenzordnung von 0.47 erreicht. Wir wollen nun das Verhalten der numerischen L¨osung f¨ur beide Testf¨alle detailliert untersuchen.

53

1.5: ZENTRAL-DIFFERENZ

Test No.1, sigma=0.1, CDS

Test No.1, sigma=0.1, CDS

dx=0.1, E(dx)=0.1316

dx=0.05, E(dx)=0.04098

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Test No.1, sigma=0.1, CDS

Test No.1, sigma=0.1, CDS

dx=0.025, E(dx)=0.009985

dx=0.01, E(dx)=0.001611

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

x

Abbildung 1.20: Test No.1 (

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

:

= 0 1):

Verlauf der L¨osung f¨ur 4 unterschiedliche Maschenweiten.

Testbeispiel No.1. In der Abb. 1.20 sind die Profile der L¨osung auf 4 unterschiedlichen Gittern f¨ur den Fall  = 0:1 dargestellt. Man sieht, daß bereits bei einer Aufl¨osung von 40 ¨ Gitterpunkten (x = 0:05) eine gute Ubereinstimmung mit der exakten L¨osung im Frontbereich erzielt wird. Der Großanteil des numerischen Fehlers resultiert aus dem Verlauf der L¨osung hinter der Front. Hier weisen die L¨osungsprofile starke Oszillationen auf. Im Gegensatz zu Downwind-Diskretisierung nehmen diese Oszillationen mit der Gitterverfeinerung jedoch ab. Bei einer Aufl¨osung von 200 Gitterpunkten (x = 0:01) sind sie (zumindest optisch) nicht mehr erkennbar. Im Fall von  = 0:02 sind die Oszillationen allerdings viel st¨arker ausgepr¨agt (Abb. 1.21) und sind selbst bei einer Aufl¨osung von 200 Gitterpunkten noch deutlich zu sehen. Da in der exakten L¨osung keine solche Schwankungen vorhanden sind, sind diese Oszillatio-

54

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.1, sigma=0.02, CDS

Test No.1, sigma=0.02, CDS

dx=0.025, E(dx)=0.1058

dx=0.01, E(dx)=0.03404

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n)

0.6 0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

−0.2

−0.2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.21: Test No.1 (

:

= 0 02): Verlauf

der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

Test No.2, CDS, dx=0.1, E(dx)=0.4360

Test No.2, CDS, dx=0.01, E(dx)=0.1793

1.2

1.4

1.0

1.2

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.8

0.4

0.6

0.2

0.4

0.0

0.2

−0.2

0.0

−0.4

−0.2

−0.6

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

1.0

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Test No.2, CDS, dx=0.001, E(dx)=0.06447

Test No.2, CDS, dx=0.0001, E(dx)=0.02191

1.4

1.4

1.2

1.2

u(i,n) U(i,n)

1.0 0.8

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

−0.2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

1.0

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.22: Test No.2 : Verlauf der L¨osung f¨ur 4 unterschiedliche Maschenweiten.

55

1.5: ZENTRAL-DIFFERENZ

nen rein numerischer Natur. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer numerischen ” Dispersion“. Der Grund f¨ur das dispersive Verhalten des CDS-Verfahrens wird weiter unten erkl¨art.

Testbeispiel No.2. In der Abb. 1.22 sind die Profile der L¨osung f¨ur den Testfall No.2 auf 4 unterschiedlichen Gittern dargestellt. Man sieht, daß selbst bei einer Aufl¨osung von 20000 (!!) Gitterpunkten (x = 0:0001) starke Oszillationen vorhanden sind. Im großen Teil der L¨osungsstrecke nimmt die Amplitude der Schwankungen mit der Gitterverfeinerung jedoch ab, auch wenn das sehr langsam passiert. Obwohl die beiden Dikontinuit¨aten im Vergleich zu Abb. 1.14 viel besser aufgel¨ost werden, sorgt der große numerische Fehler im Bereich der Fluktuationen daf¨ur, daß das CDS-Verfahren in diesem Testfall mit einer empirischen Konvergenzordnung von 0.47 sogar schlechter abschneidet als das UpwindVerfahren. Die hier vorgestellten L¨osungsprofile sind insbesondere f¨ur den Vergleich mit anderen Diskretisierungsverfahren interessant, die sp¨ater vorgestellt werden.

Numerische Dispersion. Zur Untersuchung des qualitativen Verhaltens des CDS-Verfahrens wenden wir uns wieder der modifizierten Gleichung zu. Aus der Darstellung (1.104) f¨ur den o¨ rtlichen Abbruchfehler des CDS-Verfahrens sieht man, daß die Differenzenformel (1.102) die urspr¨ungliche Konvektionsgleichung (1.42) zwar mit zweiter Ordnung approximiert, aber noch besser, und zwar mit vierter Ordnung, approximiert sie die KonvektionsDispersions-Gleichung (auch als Korteweg-de Vries-Gleichung bekannt):

ut + aux = Buxxx

(1.107)

mit 2 B = ; a6x :

(1.108)

Die Gr¨oße B wird als numerische Dispersion bezeichnet. Sie h¨angt quadratisch von x ab und geht mit zunehmender Gitterverfeinerung gegen Null. Der Einfluß der numerischen Dispersion auf die L¨osung der linearen Konvektionsgleichung kann man qualitativ untersuchen, wenn man als Anfangsbedingung f¨ur das Cauchy-Problem (1.19, 1.20) wiederum die Funktion

u0(x) = sin(kx) x 2 (;1 +1):

(1.109)

w¨ahlt. Die L¨osung der Konvektionsgleichung lautet in diesem Fall

uK (x t) = sin(k(x ; at))

(1.110)

56

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

a=1, t=1, dx=0.03, B=−0.00015, k=10

a=1, t=1, dx=0.03, B=−0.00015, k=20

2

2

u K(x,t) u KDi(x,t)

1.5 1

1

0.5

0.5

0

0

−0.5

−0.5

−1

−1

−1.5

0

0.5

1

1.5

u K(x,t) u KDi(x,t)

1.5

2

x

−1.5

0

0.5

1

1.5

2

x

.

Abbildung 1.23: Vergleich der Funktionen uK (x

t) und uKDi (x t) f¨ur zwei Parameters¨atze.

w¨ahrend die L¨osung der Konvektions-Dispersions-Gleichung (1.107) folgendermaßen aussieht: uKDi(x t) = sin(k(x ; at ; Bk2t)) = uK (x ; Bk2t t): (1.111) Man sieht, daß die L¨osung der Konvektions-Dispersions-Gleichung um Bk2t der L¨osung der Konvektionsgleichung vorauseilt (bzw. – bei negativem B – hinterherbleibt). Wichtig ist, daß die St¨arke der Verschiebung zwischen beiden L¨osungen nicht nur von der numerischen Dispersion B , sondern auch von der Wellenzahl k abh¨angt. F¨ur zwei Werte von k sind die Verl¨aufe der Funktionen uK (x t) und uKDi (x t) zum Zeitpunkt t = 1 in Abb. 1.23 exemplarisch dargestellt. L¨ost man die lineare Konvektionsgleichung f¨ur eine beliebige Funktion u0(x) auf einem Gitter mit der Maschenweite x, so kann auf diesem Gitter die Anfangsbedingung in eine endliche Fourier-Reihe zerlegt werden. Da die einzelnen Komponenten dieser Zerlegung sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten (a + Bk2) entlang der x-Achse fortpflanzen, driften“ sie auseinander und verursachen damit die bereits beobachteten Oszillationen in ” der numerischen L¨osung. Beim CDS-Verfahren ist der numerische Dispersionskoeffizient B negativ, so daß alle Komponenten sich zu langsam relativ zur exakten L¨osung bewegen. Die Oszillationen treten deshalb im Testfall No.1 hinter der Front auf.

CDS-Verfahren: Zusammenfassung. Wir wollen nun die gewonnenen Erkenntnisse aus der Untersuchung des CDS-Verfahrens kurz zusammenfassen. Die CDS-Diskretisierung hat die Approximationsordnung von 2 und ist ein absolut stabiles Verfahren. Sie hat damit die Konvergenzordnung 2. Diese Aussage gilt allerdings nur f¨ur hinreichend glatte L¨osungen.

57

1.6: UPWIND-VERFAHREN ZWEITER ORDNUNG

Ui+1/2 Ui Ui-2

Ui-1 Ui-1/2

xi-2 a

xi-1

xi xi-1/2

xi+1

x

xi+1/2

LUDS .

Abbildung 1.24: Lineares Upwind Verfahren (LUDS).

Im Falle einer diskontinuierlichen L¨osung der lineraren Konvektionsgleichung hat das CDSVerfahren eine wesentlich niedrigere Konvergenzordnung. Obwohl das CDS-Verfahren eine im Vergleich zum Upwind-Verfahren h¨ohere Konvergenzrate hat, kann es zum L¨osen von konvektionsdominanten Problemen nicht eingesetzt werden. Der Grund daf¨ur ist die numerische Dispersion, die starke unphysikalische Oszillationen in der numerischen L¨osung verursacht. Solche Oszillationen f¨uhren insbesondere dann zu Schwierigkeiten, wenn die zu transportierende Gr¨oße physikalisch keine negativen Werte annehmen darf (wie z.B. Konzentration, Gasgehalt, turbulente kinetische Energie usw.). Im weiteren Verlauf des Kapitels werden wir daher versuchen, ein Verfahren zu konstruieren, das gleichzeitig eine hohe Konvergenzordnung hat und keine unphysikalischen L¨osungen produziert.

1.6

Upwind-Verfahren zweiter Ordnung

In vorigen Abschnitten haben wir zwei stabile Diskretisierungsverfahren kennengelernt. Das Upwind-Verfahren benutzt die st¨uckweise konstante Interpolation der Gitterfunktion und ist

58

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

daher nur erster Ordnung genau, verwendet bei der Interpolation aber ausschließlich den Wert der Gitterfunktion stromaufw¨arts von der Approximationsstelle und liefert deshalb physikalisch sinnvolle L¨osungen ohne Oszillationen. Das CDS-Verfahren benutzt dagegen die lineare Interpolation der unbekannten Funktion zwischen den Gitterpunkten, woraus die Approximationsordnung von 2 resultiert, gewichtet dabei beide Werte der Gitterfunktion, die sich links und rechts von der Approximationsstelle befinden, mit einem Faktor 0.5, was in einem dispersiven Charakter des Verfahrens resultiert. Da wir auf der Suche nach einem Verfahren sind, das die Vorteile dieser beiden Diskretisierungsmethoden verkoppelt, liegt es nahe, eine konzeptionelle Mischung“ aus beiden zu ” ¨ bilden, indem man die lineare Interpolation mit der Ubergewichtung der stromaufw¨arts liegenden Punkte verbindet. Ein entsprechendes Verfahren wurde von Price et al. [96] bereits im Jahre 1966 vorgeschlagen und ist unter dem Namen Upwind-Verfahren zweiter Ord” nung“ bekannt. Wir benutzen f¨ur dieses Verfahren die in der englischsprachigen Literatur u¨ bliche Abk¨urzung LUDS ( linear upwind differencing scheme“). ” Beim LUDS-Verfahren verwendet man zur Berechnung des Wertes der Funktion U (x) an der Stelle xi;1=2 eine Gerade, die nicht wie im CDS-Verfahren durch die Punkte (xi;1 Ui;1 ) und (xi Ui ) geht, sondern durch die Punkte (xi;2 Ui;2 ) und (xi;1 Ui;1 ) (s. Abb. 1.24). F¨ur den numerischen Konvektionsstrom gilt dann

aUi;1=2 = F luds(U  i ; 1=2) = a 3Ui;1 2; Ui;2 :

(1.112)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich eine Diskretisierung der Konvektionsgleichung, die der Approximation der ortlichen ¨ Ableitung durch die R¨uckw¨artsdifferenz zweiter Ordnung entspricht:

Ui;1 + Ui;2 = 0: LUDS : Ui ;tU i + a 3Ui ; 42 x

(1.113)

F¨ur den o¨ rtlichen Abbruchfehler des LUDS-Verfahrens gilt

L(x) = ut + aux ; a3x uxxx + a4x uxxxx + O(x4) 2

3

(1.114)

das Verfahren hat also die Approximationsordnung von 2. Es ist außerdem wie das CDSund Upwind-Verfahren absolut stabil. Daraus folgt, daß es konvergent ist und auf glatten L¨osungen die Konvergenzordnung 2 hat. Die Behandlung von Randbedingungen erfolgt auf die gleiche Weise wie bei anderen Verfahren. Die resultierende Formel f¨ur das letzte Volumenelement lautet:

UN ; U N + a 2UN ; 3UN ;1 + UN ;2 = 0: t x

(1.115)

59

1.6: UPWIND-VERFAHREN ZWEITER ORDNUNG

Einer besonderen Behandlung bedarf das Volumenelement mit der Nummer 1. Aus der Differenzenformel (1.113) sieht man, daß f¨ur dieses Kontrollvolumen der Wert der Gitterfunktion an der Stelle x;1 ben¨otigt wird, die außerhalb des Berechnungsgebietes liegt. Dieses Problem kann man dadurch umgehen, daß man den Wert U;1 gleich dem Wert der Gitterfunktion am Rand setzt: U;1 = U0 . Diese Vorgehensweise ist nur dann zul¨assig, wenn die Randbedingung sich zeitlich nicht bzw. sehr wenig a¨ ndert. Testf¨alle 1 und 2 gen¨ugen dieser Anforderung. Bei instation¨aren Randbedingungen dagegen kann diese Approximation die Konvergenzordnung des Verfahrens im gesamten L¨osungsgebiet negativ beeinfl¨ussen. Diese Problematik wird im Abschnitt 1.11 noch ausf¨uhrlich besprochen. Die numerische Behandlung des resultierenden Gleichungssystems ist um einiges aufwendiger als beim CDS-Verfahren, da infolge des Upwindings die Koeffizientenmatrix keine tridiagonale Struktur mehr hat und das Thomas-Algorithmus nicht direkt eingesetzt werden kann. Man kann allerdings das System in eine tridiagonale Form bringen, indem man einige Terme auf die rechte Seite schiebt und als Quellterme quasi-explizit behandelt. Quasi” explizit“ bedeutet in diesem Zusammenhang, daß man das resultierende Gleichungssystem mehrfach l¨ost und auf der rechten Seite die Werte aus der vorigen Iteration (und nicht aus der alten Zeitebene wie bei zeit-expliziten Verfahren) rekursiv einsetzt. Die Aufteilung der Gleichung (1.113) in Terme, die implizit, und Terme, die quasi-explizit behandelt werden, kann sehr bequem auf der Ebene der numerischen Konvektionsstr¨ome durchgef¨uhrt werden. Der LUDS-Konvektionsstrom kann folgendermaßen dargestellt werden:

F luds (U  i ; 1=2) = aUi;1 + a Ui;1 ;2 Ui;2

=: F up(U  i ; 1=2) + F dc(U  i ; 1=2):

(1.116)

Anschließend f¨uhrt man die Initialisierung durch:

U (0) = U und l¨ost rekursiv das Gleichungssystem

Ui(l+1) ; U i + F up(U (l+1) i + 1=2) ; F up(U (l+1) i ; 1=2) = t x dc (l) dc (l) ; F (U  i + 1=2);xF (U  i ; 1=2) l = 1 2 ::: (1.117) solange, bis die Differenz zwischen zwei nachfolgenden L¨osungsvektoren U(l) und U (l+1) eine vorgegebene Toleranzgrenze unterschreitet. Die Idee zur Aufteilung eines numerischen Konvektionsstroms h¨oherer Ordnung in einen Konvektionsstrom erster Ordnung F up(U  i;1=2) und einen Korrekturstrom F dc (U  i;1=2)

60

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

wurde von Khosla und Rubin [59] vorgeschlagen. Der Korrekturstrom wird in der Literatur als deferred correction term“ bezeichnet, daher das hochgestellte dc“ in F dc (U  i ; 1=2). ” ” Die quasi-explizite Behandlung des Korrekturstroms bringt f¨ur das L¨osen des Gleichungssystems gleich drei Vorteile. Erstens, wird dadurch eine einfache Struktur der Koeffizientenmatrix erreicht. Bei eindimensionalen Gleichungen erh¨alt man eine tridiagonale Koeffizientenmatrix, was den Einsatz des direkten Thomas-Algorithmus erm¨oglicht. Im 2dimensionalen Fall entsteht eine F¨unf-Diagonalmatrix. Das resultierende Gleichungssystem kann sehr effektiv mit dem SIP-Algorithmus ( strongly implicit procedure“) von Stone [118] ” (s. auch [30]) iterativ gel¨ost werden. Im 3-dimensionalen Fall hat die Matrix eine siebendiagonale Struktur, eine (vektorisierte) Verallgemeinerung des SIP-Algorithmus f¨ur diesen Fall wurde von Leister und Peric [75] vorgeschlagen. Der zweite Vorteil besteht darin, daß die resultierende Matrix mit der Koeffizientenmatrix des Upwind-Verfahrens erster Ordnung u¨ bereinstimmt. Sie enth¨alt positive Koeffizienten auf der Hauptdiagonale, alle anderen Koeffizienten sind dagegen negativ. Diese Eigenschaft der Koeffizientenmatrix sorgt f¨ur das gute Konvergenzverhalten des Stone-Algorithmus. Man beachte, daß beim CDS-Verfahren (1.102) dagegen nicht alle Koeffizienten außerhalb der Hauptdiagonale negativ sind. Im eindimensionalen Fall spielt das keine Rolle, da der Thomas-Algorithmus ein direktes L¨osungsverfahren ist. Im 2- und 3-D Fall f¨uhrt diese Eigenschaft zu Konvergenzproblemen beim Stone-Algorithmus, so daß auch hier eine quasiexplizite Behandlung des Korrekturstroms sinnvoll ist, obwohl das Originalgleichungssystem bereits eine f¨unf- (bzw. sieben-) diagonale Koeffizientenmatrix besitzt. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden wir Diskretisierungsverfahren kennenlernen, die nichtlineare numerische Konvektionsstr¨ome verwenden. In diesem Fall kann die quasiexplizite Behandlung des Korrekturstroms gleichzeitig als eine Art Linearisierung des Gleichungssystems betrachtet werden, was ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise ist. Wir wenden uns nun der Untersuchung unserer Testbeispiele zu.

Testbeispiel No.1. In den Abbildungen 1.25 und 1.26 sind die Profile der L¨osung auf 2 unterschiedlichen Gittern f¨ur die F¨alle  = 0:1 und  = 0:02 dargestellt. Man sieht, das die numerische L¨osung auch beim LUDS-Verfahren an unphysikalischen Oszillationen leidet. Wie beim CDS-Verfahren kann man dieses Verhalten mit Hilfe der modizfizierten Differenzialgleichung erkl¨aren. Aus der Darstellung (1.114) f¨ur den ortlichen ¨ Abbruchfehler des LUDS-Verfahrens sieht man, daß die modizfizierte Differenzialgleichung wiederum eine Konvektions-Dispersions-Gleichung ist. Es gibt allerdings einige Unterschiede zum Dispersionsverhalten des CDS-Verfahrens. Erstens, ist der numerische Dispersionskoeffizient B

61

1.6: UPWIND-VERFAHREN ZWEITER ORDNUNG

Test No.1, sigma=0.1, LUDS

Test No.1, sigma=0.1, LUDS

dx=0.1, E(dx)=0.1081

dx=0.05, E(dx)=0.05339

1.2

1.2

1

1

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.25: Test No.1 (

:

= 0 1):

Verlauf der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

Test No.1, sigma=0.02, LUDS

Test No.1, sigma=0.02, LUDS

dx=0.025, E(dx)=0.07073

dx=0.01, E(dx)=0.03288

1.2

1.2

1

1

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

x

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.26: Test No.1 (

:

= 0 02): Verlauf

der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

diesmal positiv und betr¨agt 2 B = a3x :

(1.118)

Die Oszillationen treten deshalb (im Gegensatz zum CDS-Verfahren) relativ zu der Front stromabw¨arts auf. Zweitens ist beim LUDS-Verfahren der absolute Betrag des numerischen Dispersionskoeffizienten doppelt so hoch wie beim CDS-Verfahren. Obwohl beide Verfahren dieselbe Konvergenzordnung von 2 haben, sollte der numerische Fehler E (x) beim CDS-Verfahren deshalb kleiner sein als beim LUDS-Verfahren, zumindest bei hinreichend kleinen Werten von x. In Abb. 1.27 (links) sind die numerischen Fehler beider Verfahren f¨ur den Fall  = 0:1 in einem E -x-Diagramm gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß

62

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.1, sigma=0.02, CDS vs. LUDS

Test No.1, sigma=0.1, CDS vs. LUDS

E−dx−Diagramm

E−dx−Diagramm 1.0000

1.00000

0.10000

0.1000

CDS LUDS 0.01000

E

E

0.0100

CDS LUDS

0.00100

0.0010 0.00010

0.00001

0.0001 0.001

0.0025

0.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

0.001

0.0025

0.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 1.27: Test No.1: Vergleich von CDS- und LUDS-Verfahren f¨ur   = 0:02) (rechts).

:

= 0 1 (links) und

das CDS-Verfahren tats¨achlich wesentlich besser abschneidet, als das LUDS-Verfahren. Im Fall  = 0:02 ist der numerische Fehler beim CDS-Verfahren erst ab einer Aufl¨osung von x = 0:005 wesentlich kleiner als beim LUDS-Verfahren (Abb. 1.27, rechts). Auf Gittern mit einer Maschenweite oberhalb von x = 0:01 liefert das Upwind-Verfahren zweiter Ordnung sogar wesentlich genauere L¨osungen als die Zentral-Differenz. Daf¨ur gibt es auch eine logische Erkl¨arung. Der Abbruchfehler (1.114) des LUDS-Verfahrens enth¨alt neben 3 dem dispersiven Term noch einen diffusiven Term vierter Ordnung, n¨amlich a4x uxxxx, w¨ahrend beim Abbruchfehler des CDS-Verfahrens (1.104) ein solcher Term nicht vorhanden ist. Auf hinreichend feinen Gittern ist dieser Term im Vergleich zum dispersiven Term vernachl¨assigbar klein, und die Genauigkeit des Verfahrens wird durch die H¨ohe des numerischen Dispersionskoeffizienten bestimmt. Da dieser beim CDS-Verfahren kleiner als beim LUDS-Verfahren ist, liefert das CDS-Verfahren auch genauere L¨osungen. Auf gr¨oberen Gittern dagegen, sorgt dieser Term daf¨ur, daß die Oszillationen in der numerischen L¨osung (die auf feinen Gittern ohnehin verschwinden) stark ged¨ampft werden. Man sieht das z.B. sehr deutlich, wenn man die Abbildungen 1.21 und 1.26 miteinander vergleicht. In den CDS-L¨osungen sind die Oszillationen viel st¨arker ausgepr¨agt, als im LUDS-Fall. Deshalb ist auch der numerische Fehler beim LUDS-Verfahren auf groben Gittern kleiner. Ab welcher Aufl¨osung der diffusive Term keine Rolle mehr spielt, h¨angt von der Glattheit der L¨osung ab. Im Falle  = 0:02 passiert das bei einem wesentlich feineren Gitter, als im Falle  = 0:1. Das zeigt, daß ein besseres Konvergenzverhalten eines Verfahrens bei x ! 0 noch nichts dar¨uber aussagt, wie gut dieses Verfahren auf einem konkreten Gitter im Vergleich zu anderen Verfahren ist.

63

1.6: UPWIND-VERFAHREN ZWEITER ORDNUNG

Test No.2, LUDS, dx=0.1, E(dx)=0.3719

Test No.2, LUDS, dx=0.01, E(dx)=0.09959

1.2

1.4 1.2

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8

u(i,n) U(i,n)

1.0 0.8

0.6

0.6

0.4

0.4 0.2

0.2 0.0 0.0 −0.2

−0.2 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Test No.2, LUDS, dx=0.001, E(dx)=0.02561 1.4

Test No.2, LUDS, dx=0.0001, E(dx)=0.006413 1.4

1.2

1.2

u(i,n) U(i,n)

1.0 0.8

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

−0.2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

1.0

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.4

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.28: Test No.2 : Verlauf der L¨osung f¨ur 4 unterschiedliche Maschenweiten.

Testbeispiel No.2. Die Aussage u¨ ber den sinkenden Einfluß des diffusiven Termes auf die Genauigkeit des LUDS-Verfahrens mit zunehmender Gitterverfeinerung ist nur f¨ur hinreichend oft differenzierbare L¨osungsfunktionen g¨ultig. Im Falle einer diskontinuierlichen L¨osung nimmt die Frequenz der Oszillationen mit der h¨oheren Aufl¨osung immer weiter zu, und der d¨ampfende Einfluß des diffusiven Termes sorgt daf¨ur, daß die LUDS-L¨osung unabh¨angig von der Gitterfeinheit immer genauer ist, als die CDS-L¨osung. In der Abb. 1.28 sind die Profile der L¨osung f¨ur den Testfall No.2 auf 4 unterschiedlichen Gittern dargestellt. Auf allen Gittern sind die Oszillationen viel weniger ausgepr¨agt, als im CDS-Fall (vgl. Abb. 1.22). Nicht nur der absolute Wert des numerischen Fehlers ist beim LUDS-Verfahren auf allen Gittern kleiner als im CDS-Fall (Abb. 1.29). Man sieht auch deutlich, daß die E -x-Kurve f¨ur das LUDS-Verfahren wesentlich steiler verl¨auft. Die empirisch ermittelte Konvergenzordnung betr¨agt 0.60 und ist tats¨achlich h¨oher als beim

64

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.2, CDS vs. LUDS E−dx−Diagramm 1.000

0.100

E 0.010

0.001

CDS LUDS E(dx)=1.67*dx**0.47 E(dx)=1.64*dx**0.60 .0001

.00025 .0005

.001

.0025

dx

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 1.29: Test No.2: Vergleich von CDS- und LUDS-Verfahren.

CDS-Verfahren.

LUDS-Verfahren: Zusammenfassung. Das Upwind-Verfahren 2.Ordnung verwendet eine lineare Approximation des numerischen Konvektionsstromes, wobei zwei Werte der Gitterfunktion verwendet werden, die stromaufw¨arts von der Approximationsstelle liegen. Das Verfahren hat einen Abbruchfehler 2. Ordnung und ist absolut stabil. Es hat damit die Konvergenzordnung 2 auf glatten L¨osungen. Wie beim CDS-Verfahren leiden die numerischen L¨osungen beim Einsatz des LUDS-Verfahrens an unphysikalischem Verhalten. Auf groben Gittern fallen die Oszillationen allerdings weniger stark aus, als im CDS-Fall. Das f¨uhrt auf groben Gittern zu einer h¨oheren Genauigkeit der numerischen L¨osung als beim Einsatz des CDS-Verfahrens. Auf hinreichend feinen Gittern ist dagegen die CDS-L¨osung genauer, weil dann der Abbruchfehler des CDS-Verfahrens um Faktor 2 kleiner ist, als im LUDS-Fall. Diese Aussage gilt allerdings nur f¨ur hinreichend glatte L¨osungen. Im Falle einer diskontinuierlichen L¨osung hat das LUDS-Verfahren auf allen Gittern eine bessere Genauigkeit und eine h¨ohere empirische Konvergenzordnung als die Zentraldifferenz. Wegen der auftretenden Oszillationen im L¨osungsprofil kann das LUDS-Verfahren zum

1.7: AGARWAL-VERFAHREN UND QUICK-VERFAHREN

65

L¨osen von konvektionsdominanten Problemen ebenfalls nicht eingesetzt werden, wenn die zu transportierende Gr¨oße physikalisch keine negativen Werte annehmen darf.

1.7

Agarwal-Verfahren und QUICK-Verfahren

Agarwal-Verfahren. Das im letzten Abschnitt untersuchte Upwind-Verfahren 2.Ordnung stellt nur eine der vielen M¨oglichkeiten dar, bei der Approximation des numerischen Konvektionsstroms die stromaufw¨arts von der Approximationsstelle liegenden Punkte u¨ berzugewichten. Man k¨onnte daher annehmen, daß andere Verfahren mit der Upwinding-Eigenschaft existieren, die im Gegensatz zu LUDS keine Oszillationen in der numerischen L¨osung verursachen. Wir wollen nun diese Annahme genauer untersuchen. Ein linearer numerischer Konvektionsstrom, der zur Approximation der Funktion U (x) an der Stelle xi;1=2 die Werte Ui;2 , Ui;1 und Ui verwendet, sieht in der allgemeinen Form folgendermaßen aus:

aUi;1=2 = F allg(U  i ; 1=2) = a  (Ui + Ui;1 + Ui;2):

(1.119)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich folgende Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

ALLG : Ui ;tU i + a Ui+1 + ( ; )Ui +x( ;  )Ui;1 ; Ui;2 = 0:

(1.120)

F¨ur den o¨ rtlichen Abbruchfehler dieses Verfahrens gilt

L(x) = ut + aux( +  +  ) + ax u ( ;  ; 3 ) + ax2 u ( +  + 7 ) + 2 xx 6 xxx ax3 u ( ;  ; 15 ) + O(x4): 24 xxxx

(1.121)

Damit das Verfahren die Approximationsordnung von 2 hat, m¨ussen folgende Bedingungen erf¨ullt werden:

++ = 1

(1.122)

 ;  ; 3 = 0

(1.123)

66

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Das Gleichungssystem (1.122, 1.123) enth¨alt 2 Gleichungen und drei Unbekannte, wir w¨ahlen daher  als freie Variable und erhalten die allgemeine L¨osung des Gleichungssystems in der Form:

 = 32 ; 2  =  ; 12 Definiert man nun eine neue Variable dermaßen geschrieben werden:

(1.124) (1.125)

= 2, so kann die allgemeine L¨osung auch folgen-

0 1 0 1 0 1 0    BB C B CC B CC BB 2 B B BB  C C B C B 3 =B ; 2 CC = BB 32 ; CCC = BBB 2 B@ C C B A @ A @ 1A @   ; 12 2 ; 2

1 2 1 2

0

1 0 1 0 CC B C CC + (1 ; ) BBB 3 CCC CA B@ 2 CA 1

(1.126)

;2

Die zwei Vektorspalten auf der rechten Seite dieser Darstellung entsprechen genau den Koeffizienten der numerischen Konvektionsstr¨ome f¨ur das CDS- und das LUDS-Verfahren. Wir haben somit festgestellt, daß jeder lineare Konvektionsstrom der Form (1.119), der zu einem konsistenten Diskretisierungsverfahren mit Approximationsordnung nicht kleiner als 2 f¨uhrt, notwendigerweise ein gewichtetes Mittel aus dem CDS- und dem LUDSKonvektionsstrom ist:

F allg(U  i ; 1=2) = F cds (U  i ; 1=2) + (1 ; )F luds (U  i ; 1=2):

(1.127)

Da sowohl die CDS- als auch die LUDS-Diskretisierung an numerischer Dispersion leiden, kann man erwarten, daß auch der numerische Konvektionsstrom (1.127) f¨ur alle -Werte zu einem Diskretisierungsverfahren f¨uhrt, das ebenfalls unphysikalische Oszillationen in der numerischen L¨osung verursacht. Es sei denn, der freie Parameter wird so gew¨ahlt, daß der Dispersionsterm in der Darstellung des lokalen Abbruchfehlers verschwindet. Die dem Konvektionsstrom (1.127) entsprechende Diskretisierung sieht nun folgendermaßen aus:

U

Ui ; U i + a 2 t

i+1 +

3



3 2 ; 2 Ui +

 3 2







; 2 Ui;1 + 21 ; 2 Ui;2

x

und f¨ur den o¨ rtlichen Abbruchfehler (1.121) gilt:

= 0:

(1.128)

67

1.7: AGARWAL-VERFAHREN UND QUICK-VERFAHREN

Test No.1, sigma=0.1, E−dx−Diagramm

Test No.1, sigma=0.02, E−dx−Diagramm

CDS, LUDS und AGARWAL

CDS, LUDS und AGARWAL 1e+00

1e+00

CDS LUDS AGARWAL

1e−01

1e−01

1e−02 1e−02

E

E

1e−03

1e−03

CDS LUDS AGARWAL

1e−04 1e−04

1e−05

1e−06

.

0.001

0.0025 0.005

0.01 dx

0.025

0.05

0.1

1e−05

0.001

0.0025 0.005

Abbildung 1.30: Test No.1: Vergleich von 3 Verfahren f¨ur   = 0:02) (rechts).

0.01 dx

0.025

0.05

0.1

:

= 0 1 (links) und

2 3 a  x a  x L(x) = 6 uxxx(3 ; 2) + 24 uxxxx(6 ; 6 ) + O(x4):

(1.129)

Man sieht, daß der dispersive Term bei einem Wert von = 23 verschwindet. Das resultierende Diskretisierungsverfahren hat in diesem Fall sogar eine Approximationsordnung von 3. Dieses Upwind-Verfahren 3. Ordnung wurde im Jahre 1981 von Agarwal [1] vorgeschlagen. Das Agarwal-Verfahren ist absolut stabil und hat f¨ur glatte L¨osungen Konvergenzordnung von 3. Vollst¨andigkeitshalber seien hier noch der numerische Konvektionsstrom und die Finite-Volumen-Formel f¨ur das Agarwal-Verfahren dargestellt:

aUi;1=2 = F agar(U  i ; 1=2) = a  ( 31 Ui + 65 Ui;1 ; 16 Ui;2)

(1.130)

; 6Ui;1 + Ui;2 = 0: AGARWAL : Ui ;tU i + a 2Ui+1 + 3Ui6 x

(1.131)

Wir wenden uns nun der Untersuchung unserer Testf¨alle f¨ur das Agarwal-Verfahren zu.

Testbeispiel No.1. In der Abb. 1.30 sind die numerischen Fehler von CDS-, LUDS- und Agarwal-Verfahren f¨ur den Testfall No.1 f¨ur beide  -Werte in einem E -x-Diagramm gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß das Agarwal-Verfahren tats¨achlich wesentlich genauer als

68

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

die beiden anderen ist, was sowohl die Konvergenzrate als auch den absoluten Betrag des numerischen Fehlers auf allen Gittern betrifft. Ungl¨ucklicherweise leiden auch die mit dem Agarwal-Verfahren berechneten L¨osungen an Oszillationen (Abb. 1.31, 1.32), auch wenn diese viel weniger ausgepr¨agt sind, als im CDS- (Abb. 1.20, 1.21) und LUDS-Fall (Abb. 1.25, 1.26). Diese Oszillationen sind von anderer Natur als bei beiden vorigen Verfahren. Man sieht z.B. deutlich, daß sie diesmal sowohl vor der Front als auch hinter der Front auftreten. Die Ursachen f¨ur diese Fluktuationen k¨onnen nicht mehr so einfach mit Hilfe der modifizierten Differentialgleichung erkl¨art werden. Eine andere (indirekte) Begr¨undung wird aber im n¨achsten Abschnitt gegeben. Test No.1, sigma=0.1, AGARWAL

Test No.1, sigma=0.1, AGARWAL

dx=0.1, E(dx)=0.04350

dx=0.05, E(dx)=0.01115

1.2

1.2

1

1

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.31: Test No.1 (

:

= 0 1): Verlauf

der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

Test No.1, sigma=0.02, AGARWAL

Test No.1, sigma=0.02, AGARWAL

dx=0.025, E(dx)=0.02496

dx=0.01, E(dx)=0.006846

1.2

1.2

1

1

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.32: Test No.1 (

:

= 0 02): Verlauf

der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

69

1.7: AGARWAL-VERFAHREN UND QUICK-VERFAHREN

Test No.2, AGARWAL, dx=0.1, E(dx)=0.2219 1.2

Test No.2, AGARWAL, dx=0.01, E(dx)=0.04098 1.2

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

u(i,n) U(i,n)

0.8

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 1.33: Test No.2 : Verlauf der L¨osung f¨ur 2 unterschiedliche Maschenweiten.

Testbeispiel No.2. Auch im Testfall No.2 (Abb. 1.33) gehen die Oszillationen im Vergleich zu beiden anderen Verfahren (Abb. 1.22, 1.28) ) sehr stark zur¨uck . Das sorgt wiederum f¨ur die h¨ohere Genauigkeit des Agarwal-Verfahrens auf allen Gittern (Abb. 1.34). Die empirische Konvergenzordnung des Verfahrens betr¨agt 0.75, was die Konvergenzordnung alle bisher diskutierten Diskretisierungsmethoden u¨ bertrifft.

Agarwal-Verfahren: Zusammenfassung. Ausgehend von einer allgemeinen Formulierung eines linearen Upwind-Konvektionsstroms wurde gezeigt, daß jedes darauf basierende Verfahren, das mindestens 2.Ordnung genau ist, als ein gewichtetes Mittel aus ZentralDifferenz und Upwind-Verfahren 2.Ordnung dargestellt werden kann. Da diese beiden Verfahren an numerischer Dispersion leiden, gilt dasselbe auch f¨ur dessen Mittel, es sei denn, der Gewichtungsfaktor ist so gew¨ahlt, daß der Dispersionskoeffizient des resultierenden Verfahrens zu Null wird. Bei diesem speziellen Wert des Gewichtungsfaktors erh¨alt man das Agarwal-Verfahren, das 3.Ordnung genau ist. Das Verfahren ist absolut stabil, und hat in allen unstersuchten Testf¨allen und auf allen numerischen Gittern eine h¨ohere Genauigkeit als CDS- und LUDS-Verfahren erzielt. Im Falle einer diskontinuierlichen L¨osung wurde dabei eine empirische Konvergenzordnung von 0.75 festgestellt. Ungl¨ucklicherweise leiden auch die mit dem Agarwal-Verfahren berechneten L¨osungen an Oszillationen, so daß auch dieses Verfahren zum L¨osen von konvektionsdominanten Problemen nicht eingesetzt werden kann, wenn die zu transportierende Gr¨oße physikalisch keine negativen Werte annehmen darf.

QUICK-Verfahren. Das am weitesten verbreitete Upwind-Verfahren h¨oherer Ordnung ist das von Leonard [76] entwickelte Quadratic Upstream Interpolation for Convective Kine” matics“-Verfahren (QUICK). Beim QUICK-Verfahren wird zur Berechnung des Wertes der

70

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.2, E−dx−Diagramm CDS, LUDS und AGARWAL 1e+00

1e−01

E

1e−02 CDS LUDS AGARWAL E(dx)=1.67*dx**0.47 E(dx)=1.64*dx**0.60 E(dx)=1.30*dx**0.75

1e−03

1e−04

.0001

.00025 .0005

.001

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx .

Abbildung 1.34: Test No.2: Vergleich von CDS-, LUDS- und Agarwal-Verfahren.

Funktion U (x) an der Stelle xi;1=2 eine Parabel durch die Punkte (xi;2 Ui;2 ), (xi;1 Ui;1 ) und (xi Ui ) gelegt. Der Wert, den diese Parabel an der Stelle xi;1=2 annimmt, wird dann als Approximationswert f¨ur U (xi;1=2) benutzt (s. Abb. 1.35). F¨ur den numerischen Konvektionsstrom gilt dann

aUi;1=2 = F quick (U  i ; 1=2) = a  ( 38 Ui + 34 Ui;1 ; 18 Ui;2):

(1.132)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich folgende Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

; 7Ui;1 + Ui;2 = 0: QUICK : Ui ;tU i + a 3Ui+1 + 3Ui8 x

(1.133)

Man sieht, daß diese Differenzenformel auch aus der allgemeinen Darstellung (1.128) abgeleitet werden kann, wenn man f¨ur den Gewichtungsfaktor den Wert 34 einsetzt. Der Abbruchfehler errechnet sich dann aus (1.129) zu

2 3 a  x a  x L(x) = 24 uxxx + 16 uxxxx + O(x4):

(1.134)

71

1.7: AGARWAL-VERFAHREN UND QUICK-VERFAHREN

Ui Ui-2

xi-2 a

Ui+1/2

Ui-1

Ui+1

Ui-1/2

xi-1

xi xi-1/2

xi+1

x

xi+1/2

QUICK .

Abbildung 1.35: Quadratische Interpolation der L¨osung zwischen den Gitterpunkten.

Man sieht, daß das QUICK-Verfahren lediglich 2. Ordnung genau ist, entgegen der weit ¨ verbreiteten Uberzeugung, daß die Approximationsordnung dieses Verfahrens 3 ist. Der numerische Dispersionskoeffizient des QUICK-Verfahrens ist allerdings wesentlich kleiner als im CDS- bzw. LUDS-Verfahren (um Faktor 6 bzw. 8). Außerdem enth¨alt der Abbruchfehler einen Diffusionsterm vierter Ordnung, der wie beim LUDS-Verfahren f¨ur die D¨ampfung der Oszillationen auf den groben Gittern sorgt. Das f¨uhrt dann auf allen Gittern zu einer wesentlich h¨oheren Genauigkeit des QUICK-Verfahrens im Vergleich zu beiden anderen, wie man aus der Abb. 1.36 sieht. Auf groben Gittern ist die Genauigkeit des QUICK-Verfahrens sogar vergleichbar mit der Genauigkeit des Agarwal-Verfahrens, was ein Grund daf¨ur sein kann, warum man allgemein von der 3.Ordnung des QUICK-Verfahrens u¨ berzeugt ist. Gleichzeitig sieht man deutlich, daß bei kleineren x-Werten die E -x-Kurven von CDS, LUDS und QUICK parallel verlaufen, was ein Beweis daf¨ur ist, daß alle drei Verfahren die gleiche Konvergenzordnung haben, und zwar die Ordnung 2. Auch im Testfall No.2 ist die Genauigkeit des QUICK-Verfahrens wesentlich h¨oher als von CDS und LUDS (Abb. 1.37), obwohl die empirisch ermittelte Konvergenzordnung von 0.6 mit der des LUDS-Verfahrens ubereinstimmt. ¨ Auf groben Gittern ist die Genauigkeit wiederum vergleichbar mit der des Agarwal-Verfahrens. Auf die ausf¨uhrliche Darstellung der L¨osungsprofile f¨ur unsere Testf¨alle werden wir diesmal verzichten, da sich daraus keine neuen Erkenntnisse gewinnen lassen. Im beiden Testf¨allen

72

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.1, sigma=0.1, E−dx−Diagramm

Test No.1, sigma=0.02, E−dx−Diagramm

CDS, LUDS, AGARWAL und QUICK

CDS, LUDS, AGARWAL und QUICK 1e+00

1e+00

CDS LUDS AGARWAL QUICK

1e−01

1e−02

1e−01

1e−02

E

E

1e−03

1e−03

CDS LUDS AGARWAL QUICK

1e−04 1e−04

1e−05

1e−06

.

0.001

0.0025 0.005

0.01 dx

0.025

0.05

0.1

1e−05

0.001

0.0025 0.005

Abbildung 1.36: Test No.1: Vergleich von 4 Verfahren f¨ur   = 0:02 (rechts).

0.01 dx

0.025

0.05

0.1

:

= 0 1 (links) und

weisen diese Profile Oszillationen auf (wie dies auch bei allen anderen untersuchten Verfahren h¨oherer Ordnung der Fall war), was den Einsatz des QUICK-Verfahrens f¨ur konvektionsdominante Probleme stark einschr¨ankt.

Der vermeintliche Widerspruch. Die einzelnen bis jetzt untersuchten Verfahren unterscheiden sich lediglich in der Approximation des Konvektionsstroms aUi;1=2. Beim Upwind-Verfahren wurde ein st¨uckweise konstater Verlauf der unbekannten Funktion angenommen, und das resultierende Verfahren hatte die Approximationsordnung von 1. Bei CDS und LUDS wurde eine lineare Interpolation verwendet und das entsprechende Diskretisierungsverfahren hatte eine Approximationsordnung von 2. Da im QUICK-Verfahren eine quadratische Interpolation verwendet wird, erwartet man auch eine entsprechend h¨ohere Approximationsordnung dieses Verfahrens. Die Tatsache, daß die Approximationsordnung von QUICK-Verfahren trotzdem nicht h¨oher als 2 ist, ist daher sehr u¨ berraschend. F¨ur dieses Ph¨anomen gibt es allerdings eine einfache Erkl¨arung. Wir erinnern uns an die Herleitung der Finite-Volumen-Formulierung (1.53). Man intergrierte beide Summanden der ursprunglichen Differentialgleichung (1.42) und erhielt die Integralform

I1 + I2 = 0 in die f¨ur die Ausdr¨ucke I1 und I2 Approximationsformeln eingesetzt wurden. Der Term I1 wurde einheitlich f¨ur alle Verfahren approximiert, wobei xiZ+1=2

1 x xi;1=2 u(x t)dx u(xi t)

(1.135)

73

1.7: AGARWAL-VERFAHREN UND QUICK-VERFAHREN

Test No.2, E−dx−Diagramm CDS, LUDS, AGARWAL und QUICK 1e+00

1e−01

E

1e−02 CDS LUDS AGARWAL QUICK

1e−03

1e−04

.0001

.00025 .0005

.001

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx .

Abbildung 1.37: Test No.2: Vergleich von 4 Verfahren.

angenommen wurde, was einen Approximationsfehler von O(x2 ) f¨ur I1 zu Folge hat. Der Approximationsfehler f¨ur I2 h¨angt dagegen von der Darstellung des numerischen Konvektionsstromes ab. Beim Upwind-Verfahren wird der Ausdruck I2 mit erster Ordnung approximiert, so daß die Summe beider Ausdr¨ucke die Approximationsordnung von 1 hat. Beim CDS und LUDS werden beide Terme, I1 und I2 , mit 2. Ordnung angen¨ahert, die Summe hat somit einen Fehler von Ordnung 2. Beim QUICK-Verfahren wird lediglich der Term I2 mit 3.Ordnung approximiert, der Term I1 wird nach wie vor mit 2.Ordnung angen¨ahert, so daß die Summe beider Ausdr¨ucke nur die Approximationsordnung von 2 hat. Es gibt daher nur 2 M¨oglichkeiten, ein Verfahren 3. Ordnung zu konstruieren. Die erste M¨oglichkeit besteht darin, daß das Integral (1.135) ebenfalls mit der 3.Ordnung approximiert wird. Diese Vorgehensweise ist beim Finite-Volumen-Verfahren allerdings nicht ublich. ¨ Die andere M¨oglichkeit besteht darin, einen Approximationsausdruck 2.Ordnung f¨ur I2 so zu w¨ahlen, daß die Koeffizienten bei x2 in den Approximationsfehlern f¨ur I1 und I2 sich gegenseitig eliminieren. Genau dieser Anforderung entspricht das Agarwal-Verfahren, das 3.Ordnung genau ist, obwohl der Term I2 beim Einsatz des Agarwal-Konvektionsstroms nur mit 2.Ordnung approximiert wird. Aus der Darstellung (1.62) des lokalen Abbruchfehlers f¨ur die Finite-Volumen-Formulie-

74

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

rung kann man durch den Grenz¨ubergang t ! 0 ableiten, daß

 F ( u  i + 1 = 2) ; F ( u  i ; 1 = 2)  ; aux L(x) = xi=x x

gilt. F¨ur die Approximationsordnung eines Verfahrens ist daher nicht entscheidend, wie genau der Konvektionsstrom au(xi;1=2) durch F (u i ; 1=2) approximiert wird, sondern wie genau die Ableitung der Stromfunktion – (au)x – durch den Ausdruck

 F (u i + 1=2) ; F (u i ; 1=2)  xi=x x

approximiert wird. Diese Erkenntnis wird in den folgenden Kapiteln bei der Herleitung von Verfahren 3.Ordnung f¨ur nichtlineare Konvektionsgleichungen n¨utzlich sein.

1.8 Monotonie-Erhaltung und TVD-Eigenschaft Die wichtigsten Anforderungen an ein numerisches Verfahren sind, daß es m¨oglichst hohe Genauigkeit besitzt, numerisch stabil ist und physikalisch sinnvolle L¨osungen liefert. Keines von den bis jetzt untersuchten Verfahren gen¨ugt allen drei Anforderungen gleichzeitig. Das einzige Verfahren, das oszillationsfreie L¨osungen liefert – n¨amlich das Upwind-Verfahren – ist lediglich 1. Ordnung genau. Alle Verfahren, die eine h¨ohere Ordnung haben, produzierten L¨osungen mit unphysikalischen Oszillationen. Die Vorgehensweise, die wir bis jetzt verwendet haben, um ein Verfahren mit den gew¨unschten drei Eigenschaften zu bilden, kann man als empirisch bezeichnen. Zun¨achst wurde ein Verfahren konstruiert, danach wurden seine Eigenschaften untersucht. Waren diese nicht zufriedenstellend, haben wir versucht, die Ursachen daf¨ur zu bestimmen und das Verfahren in die richtige Richtung zu modifizieren. Anschließend wurden die Eigenschaften des neuen Verfahrens getestet usw. So haben wir beim Upwind-Verfahren festgestellt, das der einzige Mangel des Verfahrens seine niedrige Konvergenzordnung ist. Wir haben die Approximationsordnung des Verfahrens durch den Einsatz der linearen Interpolation erh¨oht, und kamen so zum CDS-Verfahren, das eine h¨ohere Konvergenzordnung hatte, aber oszillierende L¨osungen produzierte. Um ¨ diese zu vermeiden, haben wir die lineare Interpolation mit der Ubergewichtung der stromaufw¨arts liegenden Punkte kombiniert, und erhielten so das LUDS-Verfahren. Das Austesten des LUDS-Verfahrens hat gezeigt, daß dieses ebenfalls an unphysikalischem Verhalten der L¨osung leidet. Nachdem wir festgestellt haben, daß der Grund f¨ur die Oszillationen die numerische Dispersion ist, haben wir ein Verfahren gefunden, bei dem kein dispersiver Term

1.8: MONOTONIE-ERHALTUNG UND TVD-EIGENSCHAFT

75

in der modifizierten Gleichung enthalten ist (Agarwal-Verfahren). Anschließend mußten wir leider feststellen, daß auch dieses Verfahren numerische L¨osungen mit Fluktuationen erzeugt. Nachdem wir gesehen haben, daß dieser empirische Weg nicht zum Erfolg f¨uhrt, wollen wir nun versuchen, das Problem vom anderen Ende anzugreifen. Wir wollen die Verfahren auf die Weise konstruieren, daß es von vornherein sichergestellt ist, daß sie keine unphysikalischen L¨osungen erzeugen k¨onnen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß diese Anforderung an das Verfahren zun¨achst genau formalisiert werden. Dazu m¨ussen wir als erstes die Frage beantworten, was wir unter physikalisch sinnvollen numerischen L¨osungen verstehen. Das sind f¨ur uns solche numerischen L¨osungen, die wichtige Eigenschaften der analytischen L¨osung nicht verletzen. Beim Cauchy-Problem f¨ur die lineare Konvektionsgleichung bedeutet das, daß



keine neuen lokalen Extrema in der L¨osung auftreten k¨onnen, der Wert des lokalen Minimums nicht kleiner werden kann, der Wert des lokalen Maximums nicht wachsen kann.

Wichtig ist, daß die L¨osung der allgemeinen hyperbolischen Gleichung ut + f (u)x Eigenschaften ebenfalls besitzt.

= 0 diese

Diese Bedingungen sind allerdings schwer formalisierbar, da die Stellen der lokalen Extrema sich mit der Zeit entlang der x-Achse bewegen. Aus diesen 3 Forderungen an die L¨osungsfunktion folgt allerdings, daß wenn die L¨osung zum Zeitpunkt t = 0 monoton (fallend oder wachsend) ist, so muß sie es auch f¨ur alle t > 0 bleiben. Gen¨ugt auch ein numerisches Schema dieser Anforderung, so sagt man, daß es monotonie erhaltend ( monotonicity preserving“) ist. Formal bedeutet das, wenn die Gitterfunktion ” U = fU ig monoton bez¨uglich i ist, so muß das auch f¨ur die Gitterfunktion U = fUig mit U = FV (U ) gelten (s. 1.55). Es ist klar, daß ein monotonie-erhaltendes Verfahren keine oszillierenden L¨osungen bei der Berechnung der linearen Konvektion von wandernden Fronten produzieren kann. Eine hinreichende Bedingung f¨ur die Monotonie-Erhaltung ist die sogenannte MonotonieEigenschaft ( monotonicity“) eines Verfahrens. Ein numerisches Verfahren heißt monoton, ” wenn f¨ur zwei Gitterfunktionen U und V aus U  V folgt: FV (U )  FV (V ). Es ist bekannt, daß jedes monotone Diskretisierungsverfahren stabil ist. Leider kann es h¨ochstens von erster Ordnung genau sein [45]. Weiterhin gilt, daß jedes lineare Finite-Volumen-Verfahren, das monotonie erhaltend ist,

76

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

gleichzeitig monoton ist. Daraus folgt, daß jedes monotonie erhaltende lineare Verfahren ebenfalls h¨ochstens von erster Ordnung genau sein kann. Das erkl¨art, warum alle bisher untersuchten Verfahren 2. und 3. Ordnung (inkl. Agarwal-Verfahren) oszillierende L¨osungen produziert haben. Wir kommen somit zu der Schlußfolgerung, daß wir ein monotonie-erhaltendes Verfahren h¨oherer Ordnung nur finden k¨onnen, wenn wir auf die Klasse der nichtlinearen Diskretisierungsverfahren ausweichen. Damit entstehen f¨ur uns gleichzeitig zwei neue Probleme. Erstens ist es nicht einfach, die Monotonie-Erhaltung eines nichtlinearen Verfahrens zu u¨ berpr¨ufen. Zweitens, ist es f¨ur ein nichtlineares Verfahren wesentlich schwieriger, eine hinreichende Bedingung f¨ur die Stabilit¨at zu finden, die f¨ur ein konsistentes Verfahren dessen Konvergenz sichert. Gl¨ucklicherweise gibt es einen sehr eleganten Weg, diese beiden Probleme zu l¨osen. Wir haben uns vorher darauf geeinigt, daß ein numerisches Verfahren wichtige Eigenschaften der anlytischen L¨osung nicht verletzen darf. Eine dieser Eigenschaften betrifft die totale Variation der L¨osung. F¨ur eine Funktion u = u(x) ist die totale Variation TV (u) folgendermaßen definiert:

TV (u) =

Z

   @u  dx:  @x 

(1.136)

Eine wichtige Eigenschaft der L¨osung der linearen Konvektionsgleichung ist, daß die totale Variation der L¨osung mit der Zeit nicht zunimmt (vorausgesetzt TV (u0) < 1, was wir stets annehmen werden):

TV (u(: t2))  TV (u(: t1)) f u r t2 > t1 0:

(1.137)

F¨ur die analytische L¨osung der linearen Konvektionsgleichung ist diese Bedingung offensichtlich erf¨ullt, da sich die Profile der L¨osung zu 2 verschiedenen Zeitpunkten nur durch eine Verschiebung entlang der x-Achse unterscheiden, deshalb muß die totale Variation der beiden Profile gleich groß sein. Viel wichtiger ist es, daß die Bedingung (1.137) auch f¨ur die L¨osung der allgemeinen hyperbolischen Gleichung ut + f (u)x = 0 erf¨ullt ist, wie Lax in 1973 gezeigt hat [74]. Analog zu (1.136) kann die totale Variation einer Gitterfunktion U folgendermaßen definiert werden: i=+ X1 TV (U ) = jUi+1 ; Uij : (1.138) i=;1 Wir nennen ein Verfahren TV-stabil, wenn TV (U n ) gleichm¨aßig beschr¨ankt ist f¨ur alle x, t und n mit x < x0, t < t0 und nt  T . F¨ur ein TV-stabiles Verfahren gilt folgendes

77

1.8: MONOTONIE-ERHALTUNG UND TVD-EIGENSCHAFT

Theorem 1 [77] Ein konsistentes und TV-stabiles Diskretisierungsverfahren mit einer Lipschitz-stetigen Konvektionsstromfunktion F (U  i ; 1=2) ist konvergent. Wir sagen, daß ein Diskretisierungsverfahren die TVD-Eigenschaft hat ( Total Variation ” Diminishing“), wenn f¨ur ein beliebiges U mit TV (U ) < 1 gilt:

TV (U )  TV (U ) mit U = FV (U ):

(1.139)

Hat ein Verfahren die TVD-Eigenschaft, so werden wir dieses als TVD-Verfahren bezeichnen. Das Konzept eines TVD-Verfahrens wurde von Harten [40] im Jahre 1983 eingef¨uhrt. In dieser Arbeit wurden diese Verfahren noch als TVNI-Verfahren“ bezeichnet ( Total ” ” Variation NonIncreasing“). Ab 1984 [41] setzt sich die Abk¨urzung TVD“ durch. ” Theorem 2 Ein TVD-Verfahren ist TV-stabil. Beweis. Aus der Definition eines TVD-Verfahrens folgt, daß

TV (U n)  TV (U n;1 )  :::  TV (U 0) (1.140) gilt. Damit ist TV (U 0 ) die gesuchte Obergrenze f¨ur alle TV (U n ), die unabh¨angig von x, t und n ist. 2 Theorem 3 Ein TVD-Verfahren mit einer Lipschitz-stetigen Konvektionsstromfunktion ist monotonie-erhaltend. Beweis. Die Monotonie-Erhaltung eines TVD-Verfahrens folgt daraus, daß die Entstehung von Oszillationen die totale Variation der L¨osung erh¨oht. Den vollst¨andigen Beweis findet man im Anhang A.1.2 Aus diesen drei S¨atzen folgt, daß ein konsistentes TVD-Verfahren mit einem Lipschitzstetigen Konvektionsstrom konvergent ist und oszillationsfreie L¨osungen liefert. Offen bleibt noch die Frage, wie kann man feststellen, ob ein Verfahren die TVD-Eigenschaft besitzt oder nicht. Folgendes Theorem von Harten [40, 41] gibt Antwort auf diese Frage. Theorem 4 Kann ein Finite-Volumen-Verfahren in folgender Form dargestellt werden

Ui = U i ; Ci;1(Ui ; Ui;1) + Di (Ui+1 ; Ui)

(1.141)

dann hat dieses Verfahren die TVD-Eigenschaft, wenn folgende Bedingungen erf¨ullt sind:

0  Ci  C < 1 8i

(1.142)

0  Di  D < 1 8i

(1.143)

78

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Der Ausdruck (1.141) erweckt den Eindruck, daß es sich hier um ein lineares Verfahren handelt. Das muß allerdings nicht notwendigerweise der Fall sein. Die Koeffizienten Ci und Di k¨onnen durchaus selbst von den Werten der Gitterfunktion U abh¨angen. Beweis. In [40] hat Harten eine Variante dieses Theorems f¨ur explizite Finite-VolumenVerfahren angegeben. In [41] wurde dieser Satz f¨ur implizite Verfahren mit periodischer L¨osung in einem endlichen Intervall bewiesen. Wir werden stattdessen verlangen, daß

lim jUi ; Ui;1j = 0

i!1

(1.144)

gilt. Den Beweis des Theorems (unter der getroffenen Annahme (1.144)) findet man im Anhang A.2.2 Als Illustration betrachten wir das Upwind-Verfahren 1.Ordnung. Die Differenzenformel

Ui ; U i + a Ui ; Ui;1 = 0: t x

(1.145)

Ui = U i ; axt (Ui ; Ui;1 )

(1.146)

l¨aßt sich in der Form

schreiben. Das entspricht (1.141) mit

Ci;1 = axt Di = 0

(1.147) (1.148)

und die Bedingungen (1.142, 1.143) sind offensichtlich erf¨ullt. Man beachte, daß f¨ur ein unendliches Gebiet die Gleichung (1.146) keine eindeutige L¨osung besitzt. Man kann einen beliebigen Index i0 w¨ahlen, den Wert Ui0 frei setzen, und alle anderen Werte der Gitterfunktion U aus (1.146) rekursiv berechnen. Man m¨usste dazu lediglich die Gleichung (1.146) nach Ui;1 (f¨ur i < i0 ) bzw. nach Ui (f¨ur i > i0) aufl¨osen. Um Eindeutigkeit der L¨osung zu gew¨ahrleisten, k¨onnte man z.B. verlangen, daß die Bedingung

lim U i!;1 i

= x!;1 lim u(x tn+1)  x!;1 lim u0(x)

(1.149)

erf¨ullt wird. Der letzte Grenzwert existiert, da wir angenommen haben, daß die totale Variation TV (u0) < 1 ist. Aus (1.149) folgt automatisch, daß die Voraussetzung (1.144) f¨ur i ! ;1 erf¨ullt ist.

79

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

Auf der anderen Seite, folgt aus (A.9) f¨ur das Upwind-Verfahren

S (i1 i2) :=

iX =i2 i=i1

jUi+1 ; Uij  TV (U ) + axt jUi ; Ui ;1 j: 1

1

(1.150)

Beim fixierten Wert von i1 bildet die Reihe S (i1 i2) eine monoton wachsende Folge, die von oben begrenzt ist. Deshalb hat diese Folge einen endlichen Grenzwert bei i2 ! +1, woraus folgt, daß die Voraussetzung (1.144) auch f¨ur i ! +1 erf¨ullt ist.

1.9

Konstruktion eines TVD-Verfahrens h¨oherer Ordnung

In diesem Abschnitt werden wir das Theorem von Harten dazu verwenden, um TVD-Verfahren 2. und 3. Ordnung zu konstruieren. Im Abschnitt 1.6 haben wir bei der Herleitung des LUDS-Verfahrens eine konzeptionelle Mischung“ aus Upwind-Verfahren und CDS be” nutzt. Beim Aufbau eines TVD-Verfahrens werden wir a¨ hnlich vorgehen, indem wir direkt ein gewichtetes Mittel aus dem Upwind- und CDS-Konvektionsstrom bilden. Der numerische Konvektionsstrom f¨ur das CDS-Verfahren l¨aßt sich analog zu (1.116) als Upwind-Konvektionsstrom plus Korrekturterm darstellen:

F cds(U  l) = a Ui;12+ Ui

= F up(U  l) + (F cds(U  l) ; F up(U  l)) = aUi;1 + a2 (Ui ; Ui;1 )

(1.151)

Hier und weiter verwenden wir die Abk¨urzung l“ f¨ur den Ausdruck i;1=2“. Der Ausdruck ” ” i + 1 = 2 “ wird entsprechend durch r“ abgek¨urzt. ” ” F¨ur ein gewichtetes Mittel aus F up (U  l) und F cds (U  l) gilt daher

F tvd(U  l) := (1 ; l)F up(U  l) + lF cds(U  l) = F up(U  l) + l(F cds(U  l) ; F up(U  l)) = aUi;1 + l a2 (Ui ; Ui;1):

(1.152)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (1.53) ein, so ergibt sich folgende Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

80

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Ui + 2r (Ui+1 ; Ui) ; Ui;1 ; 2l (Ui ; Ui;1) U i ; Ui TVD : t + a = 0: x

(1.153)

W¨urde man den Gewichtungsfaktor l f¨ur alle Volumina gleich nehmen, so w¨are das resultierende Diskretisierungsverfahren linear. F¨ur ein lineares Verfahren gilt aber, daß es entweder h¨ochstens 1.Ordnung genau ist, oder nicht monotonie-erhaltend ist (s. Abschnitt 1.8). Es wird deshalb f¨ur jedes Kontrollvolumen ein eigener Gewichtungsfaktor gesucht, der vom L¨osungsverlauf in der unmittelbaren Umgebung des betrachteten Volumenelements abh¨angt. Ist die L¨osung an der Stelle xi glatt genug, so kann man die Zentraldifferenz einsetzen, an kritischen Stellen dagegen sollte man den Upwind-Anteil u¨ bergewichten. Zu den kritischen Stellen geh¨oren insbesondere diejenigen, wo die zweite Ableitung der L¨osung hoch ist, sowie die Stellen der lokalen Extrema der L¨osungsfunktion, da dort das CDS-Verfahren die meisten Oszillationen verursacht. Zur Beschreibung der Glattheit der L¨osungsfunktion benutzen wir das Verh¨altnis von aufeinanderfolgenden Gradienten

l := UUi;1;;UUi;2

(1.154)

l = (l) :

(1.155)

i i;1 und suchen den Gewichtungsfaktor l als eine Funktion von l:

Da die Funktion () den Beitrag des CDS-Konvektionsstromes in Abh¨angigkeit vom lokalen L¨osungsverhalten limitiert, wird sie als Limiter-Funktion“ oder k¨urzer als Limiter“ ” ” bezeichnet. Man sieht, daß in die Definition der Gr¨oße l zwei Werte der Gitterfunktion eingehen, die stromaufw¨arts von xi liegen (Ui;2 und Ui;1 ) , hier wird also die Stromrichtung mitber¨ucksichtigt. Ist der Wert von l negativ, so bedeutet das, daß xi in der N¨ahe eines lokalen Extremums der Gitterfunktion U liegt. Wir werden an solchen Stellen den Konvektionsstrom F tvd(U  l) gleich dem Upwind-Strom setzen, das entspricht

(l) = 0 wenn l  0:

(1.156)

F¨ur positive Werte von l verlangen wir dagegen, daß der Gewichtungsfaktor positiv ist:

(l) > 0 wenn l > 0:

(1.157)

Ist der Nenner in (1.154) gleich Null, so bedeutet das, daß die Werte Ui;1 und Ui gleich sind. In diesem Fall stimmen auch die Gr¨oßen F up (U  l) und F cds (U  l) u¨ berein und der Wert des Gewichtungsfaktors l beeinflußt den Konvektionsstrom F tvd (U  l) nicht. Einfachheitshalber wird der Wert von l zu Null gesetzt:

l = 0 wenn Ui ; Ui;1 = 0:

(1.158)

81

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

Wir wollen nun untersuchen, welche Eigenschaften die Funktion () besitzen soll, damit das Diskretisierungsverfahren (1.153) die TVD-Eigenschaft hat. Wir nehmen zun¨achst an, daß (Ui ; Ui;1 ) 6= 0 und (Ui+1 ; Ui ) 6= 0 gilt, setzen l = (l ) und r = (r ) in die Gleichung (1.153) ein, und schreiben die resultierende Gleichung in folgender Form:

 ! a  t (  (  r) l) Ui = U i ; x Ui + 2 (Ui+1 ; Ui) ; Ui;1 ; 2 (Ui ; Ui;1) :

(1.159)

Hier bezeichnet r folgenden Ausdruck

r := UUi ; ;Ui;U1 i+1

(1.160)

i

Es gibt drei M¨oglichkeiten, die Formel (1.159) in Form (1.141) darzustellen. Die einfachste M¨oglichkeit

at (2 ; ( ))(U ; U ) ; at ( )(U ; U ) Ui = U i ; 2 l i i;1 x 2x r i+1 i f¨uhrt zu

at (2 ; ( )) Ci;1 = 2 l x at ( ) Di = ; 2 x r

(1.161)

(1.162) (1.163)

Wegen (1.157) ist Di f¨ur positive Werte von r negativ und die Bedingung (1.143) ist offensichtlich verletzt. Die zweite M¨oglichkeit besteht darin, daß wir den Koeffizienten Ci;1 zu Null machen, indem wir die Gleichung (1.159) folgendermaßen umschreiben:

 ! U a  t i ; Ui;1 Ui = U i ; 2x (2 ; (l)) U ; U + (r) (Ui+1 ; Ui ) i+1 i

(1.164)

Das entspricht (1.141) mit

Ci;1 = 0

 ! a  t U i ; Ui;1 Di = ; 2x (2 ; (l)) U ; U + (r ) i+1

i

at ((2 ; ( )) + ( )) = ; 2 l r r x

Ist l

< 0 und r > 0, so gilt wegen (1.156, 1.157) at (2 + ( )) < 0 Di = ; 2 r x r

(1.165)

(1.166)

(1.167)

82

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

und die Bedingung (1.143) ist wieder verletzt. Schließlich kann man die Gleichung (1.159) analog zu (1.164) so umschreiben, daß der Koeffizient Di zu Null wird:

 ! U a  t i+1 ; Ui Ui = U i ; 2x 2 ; (l) + (r ) U ; U (Ui ; Ui;1 ) i i;1

(1.168)

Das entspricht (1.141) mit

 ! a  t U i+1 ; Ui Ci;1 = 2x 2 ; (l) + (r ) U ; U i i;1  ! at 2 ; ( ) + (r ) = 2 l x r Di = 0

(1.169) (1.170)

Damit die Bedingung (1.142) erf¨ullt ist, muß folgende Ungleichung gelten

0  2 ; (l) + (r )  C r

(1.171)

Es gilt folgendes Theorem 5 Damit das Diskretisierungsverfahren (1.153) die TVD-Eigenschaft hat, ist es hinreichend, daß der Limiter () neben (1.156, 1.157, 1.158) folgende Bedingungen erf¨ullt

()  2 8 > 0

(1.172)

()  2 8 > 0:

(1.173)

Beweis. Wir zeigen zun¨achst, daß die Ungleichungen (1.171) erf¨ullt sind. Aus (1.156, 1.157, 1.172) folgt:

2 ; (l) + (r) 2 ; (l) 0: r

(1.174)

Auf der anderen Seite gilt wegen (1.156, 1.157, 1.173):

2 ; (l) + (r )  2 + (r )  4 r r

(1.175)

Nun sollen wir noch 3 Sonderf¨alle betrachten, wenn eins von l , r oder beide gleichzeitig nicht definiert sind. Ist (Ui ; Ui;1 ) = 0, so ist auch l = 0 wegen (1.158). Gleichzeitig gilt

83

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

entweder r = 0 oder (Ui+1 ; Ui ) = 0, in beiden F¨allen ist auch r = 0 (1.156, 1.158). Die resultierende Diskretisierungsformel stimmt dann mit dem Upwind-Verfahren u¨ berein, das die Harten-Bedingungen (1.142, 1.143) erf¨ullt, wie am Schluß des vorigen Abschnittes gezeigt wurde. Ist nun (Ui ; Ui;1 ) 6= 0 und (Ui+1 ; Ui ) = 0, f¨uhrt (1.152) zu

at (2 ; ( ))(U ; U ) Ui = U i ; 2 l i i;1 x

(1.176)

und die Harten-Bedingungen (1.142, 1.143) sind wegen (1.156, 1.157, 1.172) ebenfalls erf¨ullt. 2 Theorem 5 gibt hinreichende Bedingungen daf¨ur an, daß der Limiter zu einem TVD¨ Verfahren f¨uhrt. Uber die Approximationsordnung des resultierenden Verfahrens sagt es allerdings nichts aus. Im Abschnitt 1.7 wurde gezeigt, daß jedes lineare Upwind-Verfahren, das mindestens 2.Ordnung genau ist, als ein gewichtetes Mittel aus Zentral-Differenz und LUDS-Verfahren dargestellt werden kann. W¨urde man als Limiter-Funktion ()  1 w¨ahlen, so w¨urde der Konvektionsstrom (1.152) mit dem CDS-Konvektionsstrom u¨ bereinstimmen. Die Limiter-Funktion () =  entspricht dagegen dem LUDS-Verfahren. Es w¨are daher sinnvoll zu verlangen, daß ein TVD-Limiter nicht nur den Bedingungen des Theorems 5 gen¨ugt, sondern auch f¨ur  > 0 zwischen den Geraden ()  1 und () =  liegt. Der Bereich, in welchem die Werte der Limiter-Funktion unter den gemachten Voraussetzungen liegen d¨urfen, ist in der Abb. 1.38 dargestellt. Man sieht, daß die Limiter-Funktion, deren Werte im gekennzeichneten Bereich liegen, zwangsl¨aufig f¨ur  = 1 den Wert 1 annehmen muß. Theorem 6 Damit das Diskretisierungsverfahren (1.153) f¨ur hinreichend glatte L¨osungen an den Stellen (x t) mit ux 6= 0 die Approximationsordnung 2 hat, ist es hinreichend, daß der Limiter () folgende Bedingungen erf¨ullt

(1) = 1.

1.

2. Die Limiter-Funktion ist Lipschitz-stetig in der N¨ahe von 

= 1.

Beweis. Siehe Anhang A.3.2 Wir wollen die bisherigen Ergebnisse zusammenfassen. Das Diskretisierungsverfahren (1.153) mit einer Lipschitz-stetigen LimiterFunktion, die Werte im kariert dargestellten Bereich der Abb. 1.38 annimmt, ist TV-stabil , produziert oszillationsfreie L¨osungen und hat bis auf die kritischen Stellen der L¨osungsfunktion Approximationsordnung 2.

84

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Wertebereich der TVD−Limiter−Funktion 3.0

φ(θ)=θ (LUDS)

φ(θ)=2θ 2.5

2.0

φ

φ(θ)=2

1.5

1.0

φ(θ)=1

(CDS)

0.5

0.0 0.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

3.0

.

Abbildung 1.38: Wertebereich der TVD-Limiter-Funktion. Der zul¨assige Bereich ist kariert dargestellt.

Obwohl aus TV-Stabilit¨at und Konsistenz eines Verfahrens dessen Konvergenz folgt, kann man im allgemeinen nicht davon ausgehen, daß die Konvergenzordnung und die Approximationsordnung des Verfahrens u¨ bereinstimmen. Wir werden daher die Konvergenzordnung der TVD-Verfahren in folgenden Abschnitten an unseren Testf¨allen empirisch ermitteln. Zun¨achst m¨ussen wir allerdings die Limiter-Funktion genau spezifizieren. Die am weitesten verbreiteten Limiter sind folgende:

minmod : mm() = max(0 min(1 )) superbee : sb() = max(0 min(1 2) min(2 )) + jj vanLeer : vl() = 1 + jj (  !) 1 +  mc monotonized centered : () = max 0 min 2 2 2

(1.177) (1.178) (1.179) (1.180)

Der Verlauf dieser Limiter-Funktionen ist in der Abb. 1.39 skizziert. Der Minmod-Limiter

85

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

Minmod−Limiter

φ

Superbee−Limiter

3.0

3.0

2.5

2.5

2.0

2.0

φ

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

0.0 0.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

0.0 0.0

3.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

3.0

.

Van Leer’s Limiter

φ

Monotonized−Centered−Limiter

3.0

3.0

2.5

2.5

2.0

2.0

φ

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

0.0 0.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

3.0

0.0 0.0

1.0

2.0

3.0

θ

4.0

5.0

6.0

.

Abbildung 1.39: Skizzen der Limiter-Funktionen.

(kurz: MM) verl¨auft entlang der unteren Grenze des zul¨assigen Bereichs. Der Name des Limiters kommt daher, daß f¨ur den Limiter mm gilt:

mm () = minmod(1 )

(1.181)

Dabei ist die Funktion minmod(x y ) so definiert, daß sie den Wert 0 annimmt, wenn ihre Argumente unterschiedliche Vorzeichen haben, ansonsten ist sie gleich dem Maximum aus den Betr¨agen beider Argumente. Sie kann auch durch eine einzige Formel definiert werden:

minmod(x y) = sign(x)  max 0 min(jxj sign(x)  y)]:

(1.182)

Der Superbee-Limiter (kurz: SB) verl¨auft dagegen entlang der oberen Grenze des zul¨assigen

86

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Bereichs. Er wurde von Roe [101] im Jahr 1985 zum ersten Mal eingesetzt und verdankt ihm seinen Namen. Der van Leer’s Limiter (kurz: VL) verl¨auft zwischen den ersten beiden Limiter-Funktionen ¨ differenzierbar. Er wurde bereits im Jahre 1974 eingesetzt und ist im Bereich  > 0 uberall [128], und tr¨agt den Namen seines Erfinders“. Im Bereich  > 2 n¨ahert sich der VL-Limiter ” nur sehr langsam dem Wert 2. Der Monotonized-Centered-Limiter (kurz: MC) verl¨auft im Bereich  < 2 a¨ hnlich wie VL-Limiter, erreicht danach aber ziemlich schnell die obere Grenze des zul¨assigen Bereichs. Er wurde ebenfalls von van Leer eingef¨uhrt [129]. Alle vier vorgestellten Limiter haben die sogenannte Symmetrie-Eigenschaft:

() =  1  :  

(1.183)

Wir werden diese Eigenschaft noch sp¨ater in diesem Abschnitt ben¨otigen.

Alternative Vorgehensweise. Bei der Konstruktion eines TVD-Verfahrens sind wir bisher vom numerischen Konvektionsstrom ausgegangen, der als gewichtetes Mittel aus Upwindund CDS-Konvektionsstrom dargestellt wurde. Man k¨onnte aber anstatt von CDS-Strom F cds(U  l) auch einen anderen Konvektionsstrom 2.Ordnung nehmen, z.B. den LUDS-Konvektionsstrom F luds (U  l). Wir wollen nun untersuchen, ob man auf diesem Wege zu prinzipiell anderen TVD-Verfahren gelangen kann. F¨ur ein gewichtetes Mittel aus F up (U  l) und F luds (U  l) gilt (s. auch (1.116) ):

F tvd(U  l) = (1 ; l)F up(U  l) + lF luds(U  l) = F up(U  l) + l(F luds(U  l) ; F up(U  l)) = aUi;1 + l a2 (Ui;1 ; Ui;2 ):

(1.184)

tvd Wir bezeichnen den neuen Konvektionsstrom mit F (U  l) und den Gewichtungsfaktor mit

l, um sie von F tvd(U  l) und l zu unterscheiden. Analog zu (1.159) gilt:

 ! a  t

( 

(  r) l) Ui = U i ; x Ui + 2 (Ui ; Ui;1 ) ; Ui;1 ; 2 (Ui;1 ; Ui;2)

was man folgendermaßen in der Form (1.141) darstellen kann (mit Di

(1.185)

= 0):

 ! U a  t i;1 ; Ui;2 Ui = U i ; 2x 2 + (r) ; (l) U ; U (Ui ; Ui;1) i i;1

(1.186)

87

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

Das entspricht (1.141) mit

 ! a  t U i;1 ; Ui;2 Ci;1 = 2x 2 + (r) ; (l) U ; U i i;1 at (2 + ( ) ; ( ) ) = 2 r l l x Di = 0

(1.187) (1.188)

Damit die Bedingung (1.142) erf¨ullt ist, m¨ussen folgende Ungleichungen gelten:

0  2 + (r) ; (l)l  C

(1.189)

Anstatt den Limiter () neu zu erfinden, kann man mit Hilfe des folgenden Theorems die bereits nachgewiesene Eigenschaften der Limiter-Funktionen mm (), sb (), vl () und mc () sinnvoll ausnutzen: Theorem 7 Gen¨ugt die Limiter-Funktion () den Voraussetzungen des Theorems 5, und ist die Funktion () entweder als

() := ( )

1. oder als

() :=

2.

1

definiert, so erf¨ullt die Funktion () die Bedingungen (1.189) Beweis. Siehe Anhang A.4.2 Wir wollen nun untersuchen, was passiert, wenn wir die auf diese Weise konstruierten Limiter in die Definition des Konvektionsstromes (1.184) einsetzen. Im Fall () = ()= erh¨alt man:

F tvd(U  l) = aUi;1 + (l)  a2  (Ui;1 ; Ui;2)

= aUi;1 + (l)  a  (Ui;1 ; Ui;2) l 2 = aUi;1 + (l)  UUi ;;UUi;1  a2  (Ui;1 ; Ui;2 ) i;1 i;2 = aUi;1 + (l)  a2  (Ui ; Ui;1)  F tvd(U  l)

d.h. die Konvektionsstr¨ome F

tvd

(1.190)

(U  l) und F tvd(U  l) stimmen in diesem Fall u¨ berein!

88

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

W¨urde man stattdessen den Ausdruck () = (1=) in (1.184) einsetzen, so w¨urde das im allgemeinen zu einem anderen Diskretisierungsverfahren f¨uhren. F¨ur die vorgestellten 4 Limiter-Funktionen mm (), sb (), vl () und mc () allerdings, stimmen wegen deren Symmetrie-Eigenschaft (1.183) die Funktionen () = (1=) und () = ()= u¨ berein, tvd so daß auch in diesem Fall gilt F (U  l)  F tvd (U  l). Wir haben somit gezeigt, daß unabh¨angig davon, ob man den TVD-Strom als gewichtetes Mittel aus Upwind und CDS mit einem symmetrischen Limiter () , oder als gewichtetes Mittel aus Upwind und LUDS mit einem Limiter () = ()= oder () = (1=) konstruiert, sind die resultierenden Diskretisierungsverfahren in allen drei F¨allen identisch. Alternative Limiter. Beim Aufbau der 4 vorgestellten Limiter-Funktionen (1.177-1.180) ¨ ging man von geometrischen Uberlegungen aus: entscheidend war, daß deren Werte im vorgeschriebenen Bereich lagen. Man kann aber als Ausgangspunkt auch eine beliebige Funktion nehmen, und anschließend ihre Werte wenn notwendig korrigieren. Wir haben vorher schon gesehen, daß die Funktion ()  1 dem CDS-Verfahren und die Funktion () =  dem LUDS-Verfahren entsprechen. Das Agarwal-Verfahren und das QUICK-Verfahren erh¨alt man durch () = 2=3 + =3 bzw. () = 3=4 + =4, da diese beiden Verfahren durch lineare Kombination aus CDS und LUDS gebildet werden k¨onnen. Offensichtlich liegen diese vier Funktionen nicht im zul¨assigen Wertebereich der Abbildung 1.38. Man kann aber aus diesen Funktionen die entsprechenden TVD-Limiter dadurch konstruieren, daß man die Funktionswerte dort ver¨andert, wo sie den zul¨assigen Bereich verlassen, und ansonsten unver¨andert l¨aßt. Die resultierenden Limiter sind in der Abb. 1.40 skizziert, und werden folgendermaßen definiert:

CDS : cds () = max f0 min (1 2)g LUDS : luds () = max f0 min(2 )g (  !) 2 +  agar AGARWAL : () = max 0 min 3 2 2 !) (  3 +  QUICK : quick () = max 0 min 4 2 2

(1.191) (1.192) (1.193) (1.194)

Man beachte, daß diese vier Limiter-Funktionen die Symmetrie-Eigenschaft (1.183) nicht tvd besitzen. Es gilt jedoch cds (1=) = luds ()=, so daß der Konvektionsstrom F (U  l) mit () = cds (1=) zu demselben Verfahren f¨uhrt wie Konvektionsstrom F tvd (U  l) mit

89

¨ 1.9: KONSTRUKTION EINES TVD-VERFAHRENS HOHERER ORDNUNG

CDS−Limiter

LUDS−Limiter

3.0

3.0

2.5

2.5

2.0

2.0

φ(θ)=θ

φ

φ

1.5

1.5

φ(θ)=1 1.0

1.0

0.5

0.5

0.0 0.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

0.0 0.0

3.0

0.5

1.0

1.5

θ

2.0

2.5

3.0

.

AGARWAL−Limiter

QUICK−Limiter

3.0

3.0

φ(θ)=2/3+θ/3

2.5

2.5

2.0

φ

2.0

φ

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

0.0 0.0

φ(θ)=3/4+θ/4

1.0

2.0

3.0

θ

4.0

5.0

6.0

0.0 0.0

1.0

2.0

3.0

θ

4.0

5.0

6.0

.

Abbildung 1.40: Skizzen der Limiter-Funktionen cds (), luds (), agar () und quick ().

luds () und umgekehrt, der Konvektionsstrom F tvd(U  l) mit () = luds (1=) f¨uhrt zu demselben Verfahren wie Konvektionsstrom F tvd(U  l) mit cds (). Alle vier Limiter gen¨ugen den Voraussetzungen des Theorems 6, so daß resultierende Verfahren an den unkritischen Stellen die Approximationsordnung von mindestens 2 haben. Der AGARWAL-Limiter agar () f¨uhrt an solchen Stellen sogar zu einer Approximationsordnung von 3. Das folgt daraus, daß in der N¨ahe von  = 1 der AGARWAL-Limiter mit der Funktion () = 2=3 + =3 ubereinstimmt ¨ (Abb. 1.40, unten links), so daß der entsprechende TVD-Verfahren die gleiche Approximationsordnung hat wie das Agarwal-Verfahren, und dessen Approximationsordnung ist bekanntlich 3. Wir werden die limitierten Versionen der linearen Verfahren CDS, LUDS, AGARWAL und

90

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

QUICK entsprechend mit L-CDS, L-LUDS, L-AGARWAL und L-QUICK bezeichnen.

Numerische Aspekte. Bevor wir in den n¨achsten Abschnitten mit der Untersuchung des Einflusses verschiedener Limiter-Funktionen auf die numerische L¨osung unserer Testf¨alle beginnen, sollen hier noch einige numerische Aspekte besprochen werden. Bisher sind wir bei der Herleitung eines TVD-Verfahrens von einem r¨aumlich unbegrenzten L¨osungsgebiet ausgegangen. In den Testf¨allen wollen wir das Verfahren allerdings f¨ur das Intervall 0 2] einsetzten. Die Diskretisierung des Berechnungsgebietes sowie die Behandlung der Randelemente erfolgt analog zum Upwind-Verfahren und ist im Abschnitt 1.4 ausf¨uhrlich beschrieben. Zur Berechnung des numerischen Konvektionsstromes F tvd (U  1=2) braucht man den Wert der Gitterfunktion an der Stelle x;1 , die außerhalb des Berechnungsgebietes liegt. Wie beim LUDS-Verfahren kann man bei station¨aren Randbedingungen einen fiktiven Gitterpunkt einf¨ugen und U;1 = U0 setzen. Alternativ kann man den Gewichtungsfaktor 1=2 gleich Null setzen, was im Endergebnis auf dasselbe hinausl¨auft. Die erste Variante ist programmtechnisch effektiver, da dann das erste Volumenelement auf die gleiche Weise wie alle anderen inneren Kontrollvolumina behandelt werden kann. Der instation¨are Fall wird im Abschnitt 1.11 behandelt. Das resultierende Gleichungssystem ist nichtlinear. Die Linearisierung kann durch den de” ferred correction approach“ durchgef¨uhrt werden, der im Abschnitt 1.6 beschrieben wurde (s. (1.116, 1.117)). F¨ur den Korrekturstrom F dc (U  l) gilt (s. 1.155, 1.158):

F dc(U  l) = l  a2  (Ui ; Ui;1 ) = 8 > < 0 = >a : 2  (Ui ; Ui;1 )  ( UUi;;1;UUi;2 ) i i;1

Wenn f¨ur einen Limiter (:) eine Funktion (:

8 > < 0 (x y) = > : y  ( xy )

wenn Ui ; Ui;1 = 0 wenn Ui ; Ui;1 6= 0

(1.195)

:) existiert mit der Eigenschaft wenn y = 0 wenn y 6= 0

(1.196)

dann kann man den Korrekturstrom F dc (U  l) wesentlich einfacher berechnen durch:

F dc(U  l) = a2  (Ui;1 ; Ui;2 Ui ; Ui;1):

(1.197)

So eine Funktion exisitiert f¨ur 7 der 8 betrachteten Limiter. Wir zeigen exemplarisch die

¨ 1.10: TVD-VERFAHREN: UNTERSUCHUNG DER TESTFALLE

91

Herleitung einer solchen Funktion f¨ur den MM-Limiter mm . Es gilt f¨ur y 6= 0:

y  mm

(  !)  ! x = y  max 0 min 1 x y y (  !) = sign(y)  jyj  max 0 min 1 x y (  !) = sign(y)  max 0 jyj  min 1 xy (  !) x j y j = sign(y)  max 0 min jyj y = sign(y)  max f0 min (jyj x  sign(y))g =: mm(x y):

mm Wie man leicht u¨ berpr¨ufen kann, ist die Bedingung (x 0) = 0 ebenfalls erf¨ullt. Bis auf den VL-Limiter kann die Funktion analog hergeleitet werden. Wir pr¨asentieren hier nur das Endergebnis:

sb(x y) = sign(y)  maxf0 min jyj 2x  sign(y)] min 2jyj x  sign(y)]g #) ( " j y j + x  sign( y ) mc 2jyj 2x  sign(y) (x y) = sign(y)  max 0 min 2 cds (x y) = sign(y)  maxf0 min jyj 2x  sign(y)]g luds (x y) = sign(y)  maxf0 min 2jyj x  sign(y)]g #) ( " 2 j y j + x  sign( y ) agar 2jyj 2x  sign(y) (x y) = sign(y)  max 0 min 3 ( " #) 3 j y j + x  sign( y ) quick (x y) = sign(y)  max 0 min 2jyj 2x  sign(y) 4 Diese Idee zur Berechnung des Korrekturstromes mit Hilfe der Funktion stammt von Yee [135].

1.10

TVD-Verfahren: Untersuchung der Testf¨alle

In diesem Abschnitt wollen wir den Einfluß der Limiter-Funktionen auf die numerischen L¨osungen der Testf¨alle 1 und 2 untersuchen. Durch den Aufbau der TVD-Verfahren ist sichergestellt, daß die L¨osungen keine Oszillationen enthalten k¨onnen. Die Unterdr¨uckung ¨ der Oszillationen geschieht allerdings durch starke Ubergewichtung des Upwind-Stromes in

92

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Minmod−Limiter, E(dx)=0.06314

Superbee Limiter, E(dx)=0.01815

1.2

1.2

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Van Leer’s Limiter, E(dx)=0.04322

MC−Limiter, E(dx)=0.03754

1.2

1.2

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

CDS−Limiter, E(dx)=0.04821

LUDS−Limiter, E(dx)=0.05672

1.2

1.2

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

AGARWAL−Limiter, E(dx)=0.03347

QUICK−Limiter, E(dx)=0.03515

1.2

1.2

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n)

0.8 0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0.0

0.0

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

u(i,n) U(i,n)

0.8

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.41: Test No.2: Verlauf der L¨osung auf einem Gitter x = 0:01 f¨ur 8 Limiter.

93

¨ 1.10: TVD-VERFAHREN: UNTERSUCHUNG DER TESTFALLE

der N¨ahe der kritischen Stellen. Dieser ist allerdings nur erster Ordnung genau, so daß man erwarten kann, daß TVD-Verfahren zwar physikalisch sinnvolle L¨osungen liefern, m¨oglicherweise aber auf Kosten der Genauigkeit. Wir beginnen mit der Untersuchung des Testbeispiels No.2, da in diesem Fall beim Einsatz von linearen Verfahren h¨oherer Ordnung die Oszillationen am st¨arksten ausgepr¨agt waren (Abb. 1.22, 1.28, 1.33). In Abb. 1.41 ist der Verlauf der L¨osung auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:01 f¨ur alle 8 Limiter-Funktionen dargestellt. Man sieht, daß die L¨osungen in allen 8 F¨allen tats¨achlich keine Oszillationen aufweisen. VERFAHREN

p

VERFAHREN

p

VERFAHREN

p

CDS

0.47

L-CDS

0.67

MM

0.66

LUDS

0.60

L-LUDS

0.66

SB

1.00

AGARWAL

0.75

L-AGARWAL

0.76

VL

0.69

QUICK

0.60

L-QUICK

0.71

MC

0.67

Tabelle 1.4: Testbeispiel No.2: Empirische Konvergenzordnung von 12 Verfahren

In der Tabelle 1.4 sind die empirischen Konvergenzordnungen f¨ur 4 lineare Verfahren sowie f¨ur 8 TVD-Verfahren zusammengetragen. Man sieht, daß die limitierten Versionen von allen vier linearen Verfahren (CDS, LUDS, AGARWAL und QUICK) eine h¨ohere Konvergenzordnung haben, als die nichtlimitierten Originalverfahren. Auch die absoluten Fehler der limitierten Versionen sind auf fast allen Gittern niedriger, wie man auf den E -xDiagrammen (Abb. 1.42) sehen kann. Besonders stark f¨allt die Fehlerreduktion beim CDSVerfahren aus. Das lineare CDS-Verfahren leidete am meisten von den starken Oszillationen und profitiert daher am meisten von deren Eliminierung. Beim Agarwal-Verfahren f¨allt die Fehlerreduktion am kleinsten aus. Entscheidend ist aber, daß in allen vier F¨allen der Einsatz der entsprechenden Limiter-Funktion die Oszillationen in der L¨osung beseitigt und gleichzeitig die Genauigkeit der L¨osung erh¨oht. Sehr interessant ist auch der Vergleich der vier alternativen Limiter untereinander (Abb. 1.43, links). Im Abschnitt 1.6 haben wir gesehen (s. Abb. 1.29), daß das LUDS-Verfahren im Testfall No.2 auf allen Gittern genauere L¨osungen erzielte als das CDS-Verfahren, obwohl der absolute Wert des Dispersionskoeffizienten des CDS-Verfahrens 2 mal kleiner ist. Wir haben dieses Ph¨anomen damit erkl¨art, daß der Abbruchfehler des LUDS-Verfahrens einen zus¨atzlichen diffusiven Term enth¨alt, der f¨ur starke Reduktion der Oszillationen sorgt im Vergleich zum CDS-Verfahren, was eine h¨ohere Genauigkeit auf allen Gittern zu Folge hatte. Bei den limitierten Versionen beider Verfahren werden diese Oszillationen bereits durch den Einsatz des Limiters unterdr¨uckt, so daß nun das L-CDS-Verfahren besser als das

94

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

CDS vs. L−CDS

LUDS vs. L−LUDS

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

E

E 1e−02

1e−02 CDS L−CDS

1e−03

.0005

.001

.0025

.005

0.01

0.025

LUDS L−LUDS

0.05

1e−03

0.1

.0005

.001

.0025

.005

dx

.

0.01

AGARWAL vs. L−AGARWAL

0.05

0.1

QUICK vs. L−QUICK

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

E

E 1e−02

1e−02 AGARWAL L−AGARWAL

1e−03

.0005

.

0.025

dx

.001

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

QUICK L−QUICK

0.1

1e−03

.0005

.001

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx

Abbildung 1.42: Test No.2: Vergleich von limitierten und nichtlimitierten Verfahren.

L-LUDS abschneidet. Die limitierten Versionen von AGARWAL und QUICK haben wiederum eine viel h¨ohere Genauigkeit als L-CDS- und L-LUDS-Verfahren. Der Unterschied zwischen L-AGARWAL und L-QUICK f¨allt diesmal allerdings viel schw¨acher aus als im nichtlimitierten Fall (vgl. Abb. 1.37). In der Abb. 1.43 (rechts) ist der Fehlerverlauf in Abh¨angigkeit von der Gitteraufl¨osung f¨ur vier Standard-Limiter dargestellt. Zu Vergleichszwecken ist auch die E -x-Kurve f¨ur das Upwind-Verfahren erster Ordnung aufgetragen. Am schlechtesten schneidet der MMLimiter ab. Man sieht in der Abb. 1.41 (ganz oben, links), daß beim Einsatz des MMLimiters die L¨osung am st¨arksten abgeflacht wird. Trotzdem ist die Genauigkeit und die Konvergenzordnung des MM-Verfahrens wesentlich h¨oher als beim Upwind-Verfahren. Die E -x-Kurven von MC- und VL-Verfahren verlaufen sehr eng nebeneinander. Obwohl das VL-Verfahren eine etwas h¨ohere Konvergenzordnung hat (s. Tab. 1.4), ist der absolute Feh-

95

¨ 1.10: TVD-VERFAHREN: UNTERSUCHUNG DER TESTFALLE

ler des MC-Verfahrens auf allen Gittern niedriger. Die mit Abstand besten Ergebnisse liefert aber der SB-Limiter. Das SB-Verfahren hat sowohl die h¨ochste Konvergenzordnung von allen untersuchten Verfahren als auch den kleinsten numerischen Fehler auf allen Gittern. In der Abb. 1.41 (ganz oben, rechts) sieht man, daß beim Einsatz des SB-Limiters beide Diskontinuit¨aten sehr genau aufgel¨ost werden. Die hervorragende Genauigkeit des SB-Verfahrens im Testfall No.2 l¨aßt sich durch sein stark antidiffusives Verhalten erkl¨aren. Je gr¨oßer der Wert der Limiter-Funktion ist, um so st¨arker wird der CDS-Konvektionsstromanteil in F tvd (U  l) gewichtet. Bei einem Gewichtungsfaktor von 2 stimmt der TVDKonvektionsstrom sogar mit dem Downwind-Strom u¨ berein, der (wie im Abschnitt 1.4 gezeigt wurde) antidiffusiv ist. Im Unterschied zur reinen Downwind-Diskretisierung verursacht das SB-Verfahren allerdings keine Oszillationen, da der Limiter den Wert von 2 nicht uberall ¨ annimmt. Er verl¨auft aber entlang der oberen Grenze des zul¨assigen Wertebereichs f¨ur ein TVD-Verfahren 2.Ordnung und erlaubt somit soviel Antidiffusion“ wie nur m¨oglich. ” Das SB-Verfahren ist daher sehr effektiv bei der Aufl¨osung von diskontinuierlichen Fronten, weil es den vertikalen Verlauf der L¨osung durch Antidiffusion aufrechterh¨alt und dabei nicht uber ¨ die exakte L¨osung hinausschießt (infolge der TVD-Eigenschaft). Gleichzeitig ist damit der gr¨oßte Nachteil des SB-Verfahrens bei Aufl¨osung von geneigten Fronten verbunden, da der SB-Limiter daf¨ur sorgt, daß diese Fronten u¨ ber das zul¨assige Maß hinaus aufgesteilt“ ” werden, wie weiter unten gezeigt wird. Im Testfall No.1 mit  = 0:1 wurde f¨ur alle TVD-Verfahren bis auf MM und L-AGARWAL die empirische Konvergenzordnung von 2 festgestellt. Das MM-Verfahren erreichte auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:005 eine etwas niedrigere Konvergenzrate von 1.9, w¨ahrend das L-AGARWAL-Verfahren eine Konvergenzordnung von 3 hat, was mit der

Alternative Limiter

Standard−Limiter

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

E

E 1e−02

1e−02 L−CDS L−LUDS L−AGARWAL L−QUICK

1e−03

.0005

.

.001

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

Minmod Superbee Van Leer MC UPWIND 0.1

1e−03

.0005

.001

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx

Abbildung 1.43: Test No.2: Vergleich von alternativen und Standard-Limitern untereinander.

96

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

CDS vs. L−CDS

E

LUDS vs. L−LUDS

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

E

1e−04

1e−04 CDS L−CDS

1e−05

1e−06

.001

.0025

.005

0.01

0.025

1e−05

0.05

.001

.005

0.01

0.025

0.05

AGARWAL vs. L−AGARWAL

QUICK vs. L−QUICK 1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

E

0.1

1e−03

1e−04 AGARWAL L−AGARWAL

1e−05

.001

.0025

dx

1e−04

.

1e−06

0.1

1e−01

1e−06

LUDS L−LUDS

dx

.

E

1e−03

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx

Abbildung 1.44: Test No.1 (

QUICK L−QUICK

1e−05

1e−06

.001

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx

:

= 0 1): Vergleich

von limitierten und nichtlimitierten Verfahren.

Ordnung des nichtlimitierten AGARWAL-Verfahrens u¨ bereinstimmt. In der Abb. 1.44 ist der Fehlerverlauf der limitierten Versionen von vier linearen Verfahren mit dem der nichtlimitierten Originalverfahren verglichen. Auf den groben Gittern schneiden die limitierten Verfahren immer deutlich besser ab, w¨ahrend mit zunehmender Gitterverfeinerung der Unterschied in der Genauigkeit zwischen den limitierten und nichtlimitierten Versionen fast vollst¨andig verschwindet. Das liegt daran, daß sich mit feiner werdenden Gittern die Werte von l und r dem Wert von 1 n¨ahern, und in der Umgebung von  = 1 stimmen die limitierten Versionen mit den nichtlimitierten u¨ berein (s. Abb. 1.40). Der Vergleich der vier alternativen Limiter untereinander (Abb. 1.45, links) zeigt, daß die mit Abstand beste Genauigkeit von dem AGARWAL-Limiter erzielt wird, gefolgt vom QUICK-Limiter, wobei der Vorsprung des AGARWAL-Limiters bei groben Gittern nicht sehr stark ausf¨allt. Sehr interessant ist der Verlauf der E -x-Kurven der 4 Standard-Limiter

97

¨ 1.10: TVD-VERFAHREN: UNTERSUCHUNG DER TESTFALLE

(Abb. 1.45, rechts). Abgesehen vom SB-Verfahren ist das Ergebnis vergleichbar mit dem f¨ur das Testbeispiel No. 1. Bei kleinen Werten von x liegen die Kurven f¨ur VL- und MCLimiter sehr eng nebeneinander, wobei auf groben Gittern das MC-Verfahren etwas genauer ist. Wesentlich schlechter schneidet der MM-Limiter ab, wobei seine Genauigkeit immer noch viel h¨oher als die des Upwind-Verfahrens erster Ordnung ist. Sehr merkw¨urdig ist dagegen der Verlauf der E -x-Kurve f¨ur das SB-Verfahren. W¨ahrend auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:1 der SB-Limiter die beste L¨osung von allen Verfahren produziert, nimmt der Fehler bei Verdoppelung der St¨utzstellenanzahl nur ganz leicht ab, und w¨achst bei einer weiteren Gitterverfeinerung sogar an. Die Erkl¨arung f¨ur dieses Ph¨anomen liegt im bereits erw¨ahnten stark antidiffusiven Verhalten des SB-Verfahrens. In der Abb. 1.46 ist die mit MM- und SB-Verfahren berechnete L¨osung f¨ur zwei unterschiedliche Maschenweiten dargestellt. Auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:1 verl¨auft die MM-L¨osung wesentlich flacher als die exakte L¨osung, w¨ahrend das SB-Profil viel steiler als das MM-Profil ist, was in einer 5fach h¨oheren Genauigkeit resultiert. Die Antidiffussion des SB-Verfahrens hebt somit die Diffusion des Upwind-Verfahrens auf. Auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:025 geht die numerische Diffusion des MM-Verfahrens stark zur¨uck, die L¨osung ist nun wesentlich genauer, als auf dem groben Gitter. Beim Einsatz des SB-Verfahrens dagegen sorgt dessen starke Antidiffusion daf¨ur, daß die Front in der numerischen L¨osung nun steiler verl¨auft, als die exakte Front (Abb. 1.46, unten rechts). Die Genauigkeit der L¨osung des SB-Verfahrens ist sogar schlechter als im MM-Fall. Bei weiteren Gitterverfeinerung geht der Einfluß der Antidiffusion zwar deutlich zur¨uck, die Genauigkeit der SB-L¨osung bleibt aber weiterhin niedriger, als die der MM-L¨osung (s. Abb. 1.45, rechts). Alternative Limiter

E

Standard−Limiter

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

E

1e−04

1e−04 L−CDS L−LUDS L−AGARWAL L−QUICK

1e−05

1e−06

.001

.

1e−03

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

1e−06

.001

dx

Abbildung 1.45: Test No.1 (

Minmod Superbee Van Leer MC UPWIND

1e−05

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

dx

:

= 0 1): Vergleich

von alternativen und Standard-Limitern

untereinander.

98

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.1, sigma=0.1, MM−Limiter

Test No.1, sigma=0.1, SB−Limiter

dx=0.1, E(dx)=0.06902

dx=0.1, E(dx)=0.01386

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n)

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

Test No.1, sigma=0.1, MM−Limiter

Test No.1, sigma=0.1, SB−Limiter

dx=0.025, E(dx)=0.008652

dx=0.025, E(dx)=0.010184

1

1

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n)

u(i,n) U(i,n)

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

x

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 1.46: Test No.1 (

:

= 0 1): Vergleich

von MM- und SB-Verfahren f¨ur zwei

unterschiedliche Maschenweiten.

Testf¨alle 1 und 2: Zusammenfassung. Wir haben gezeigt, daß der Einsatz der TVDLimiter-Funktionen bei der Berechnung des numerischen Konvektionsstroms erm¨oglicht, oszillationsfreie L¨osungen der lineraren Konvektionsgleichung zu erhalten. Ein Vergleich der linearen Verfahren h¨oherer Ordnung mit ihren limitierten Versionen hat gezeigt, daß Unterd¨uckung der Oszillationen durch den Limiter gleichzeitig die Genauigkeit der L¨osung auf fast allen untersuchten Gittern verbessert. Die Konvergenzordnung der Verfahren wurde ¨ durch die Ubergewichtung des Upwind-Stromes in der N¨ahe der kritischen Stellen somit nicht negativ beeinflußt. Im Falle der diskontinuierlichen L¨osungsfunktion haben die limitierten Versionen sogar eine h¨ohere Konvergenzrate erzielt, als die linearen Originalverfah-

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

99

ren. Die mit Abstand besten Ergebnisse wurden beim Einsatz des limitierten AGARWAL-Verfahrens erzielt, das im Falle der glatten L¨osungsfunktion eine Konvergenzordnung von 3 hat. Das zweitbeste Ergebnis unter den alternativen Limitern hat das limitierte QUICKVerfahren gezeigt, wobei im Testfall No.2 seine Genauigkeit fast genauso gut wie die des AGARWAL-Verfahrens war. Unter den Standard-Limiter-Funktionen haben f¨ur beide Testf¨alle der VL- und der MCLimiter sehr gut abgeschnitten. Das MM-Verfahren leidet st¨arker als diese beiden an der numerischen Diffusion und zeigte eine viel schlechtere Aufl¨osung der Fronten auf groben Gittern. Das stark antidiffusive Verhalten des SB-Limiters sorgt daf¨ur, daß er im Falle der glatten L¨osungsfunktion auf feinen Gittern die Front zu steil aufl¨ost und dadurch von allen Verfahren die schlechteste Genauigkeit erzielt, obwohl im Testfall No.2 dieser Limiter die besten L¨osungen produzierte.

1.11

Testfall No.3: nichtmonotone glatte L¨osungsfunktion

Im letzten Abschnitt haben wir unterschiedliche TVD-Verfahren an 2 Beispielen getestet und festgestellt, daß die limitierten Versionen von linearen Verfahren h¨oherer Ordnung die Oszillationen aus der L¨osung eliminieren und gleichzeitig die Genauigkeit der L¨osung erh¨ohen. Im Testfall No. 1 wurde außerdem festgestellt, daß die limitierten Verfahren die Konvergenzordnung der Originalverfahren beibehalten und auf allen untersuchten Gittern den L¨osungsfehler reduzieren. Diese Aussagen sind jedoch noch nicht verallgemeinerbar. Sowohl im Testfall No.1 als auch im Testfall No.2 handelte es sich um einen L¨osungsprofil mit einer scharfen Front. In diesem Fall sind die Oszillationen in den L¨osungen beim Einsatz von linearen Verfahren besonders stark ausgepr¨agt, so daß der Einsatz von Limitern besonders große Vorteile bringt. Bei realen mehrdimensionalen str¨omungsmechanischen Problemen k¨onnen die L¨osungen zu verschiedenen Zeitpunkten bzw. an verschiedenen Orten unterschiedlich glatten Verlauf aufweisen. F¨ur ein numerisches Verfahren ist es wichtig, daß es in allen m¨oglichen F¨allen das Problem effizient l¨ost. In diesem Abschnitt wollen wir daher einen weiteren Testfall mit einer L¨osung ohne steile Fronten untersuchen. Wir w¨ahlen als Anfangsbedingung

u0(x) = 1 + cos(x) x 2 0 2]:

(1.198)

(t) = 1 + cos(t) t > 0:

(1.199)

und als Randbedingung

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

2.6 2.4

t=0s t=0.5s t=1s

2.2 2 1.8 1.6

u(x,t)

100

1.4 1.2 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.47: Testbeispiel No.3: Anfangsprofil und L¨osungsverlauf zu 2 verschiedenen Zeitpunkten.

Test No.3, CDS, dx=0.1 2.2 2 1.8 1.6 1.4 1.2

u(i,n) U(i,n)

1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.48: Test No.3: CDS-L¨osung auf einem Gitter mit 20 St¨utzstellen.

101

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

Die L¨osung der linearen Konvektionsgleichung (1.19) mit a = 1 lautet in diesem Fall

u(x t) = 1 + cos((x ; t)) x 2 0 2] t 0:

(1.200)

Das Startprofil der L¨osung sowie deren Verlauf zu den Zeitpunkten t = 0:5 und t = 1 sind in der Abb. 1.47 abgebildet. In Abb. 1.48 ist die numerische L¨osung mit dem CDS-Verfahren auf einem Gitter mit nur 20 St¨utzstellen dargestellt. Man sieht, daß die numerische L¨osung das exakte L¨osungsprofil sehr gut wiedergibt, und keine starken Oszillationen auftreten. Wir wollen nun untersuchen, wie gut die TVD-Verfahren in diesem Testfall im Vergleich zu nichtlimitierten Verfahren abschneiden. Der neue Testfall ist außerdem aus zwei weiteren Gesichtspunkten interessant. Im Testfall No.1 handelte es sich um eine glatte monotone L¨osungsfunktion, die keine lokalen Extrema hatte. Kritische Stellen, die beim Einsatz von linearen Verfahren Oszillationen verursachten, waren diejenigen mit einer starken Kr¨ummung der L¨osung. Auf groben Gittern wurde an solchen Stellen bei der Berechnung des TVD-Konvektionsstroms der Upwind-Anteil ubergewichtet. ¨ Mit zunehmender Gitterverfeinerung n¨ahern sich l und r dem Wert 1, die limitierten Konvektionsstr¨ome stimmen mit den nichtlimitierten u¨ berein und alle TVDVerfahren erreichen eine Approximationsordnung von mindestens 2. Im Testfall No.3 handelt es sich dagegen um eine L¨osung mit lokalen Extrema. Unabh¨angig davon, wie fein das numerische Gitter ist, ist in der N¨ahe einer lokalen Extremumstelle entweder l oder r negativ. Und das bedeutet, daß an solchen Stellen ein TVD-Verfahren maximal erster Ordnung genau ist. Der Testfall No.3 gibt uns somit die M¨oglichkeit zu untersuchen, inwieweit die niedrigere Approximationsordnung an einzelnen Stellen die Konvergenzordnung des Verfahren im gesamten L¨osungsgebiet beeinflußt. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Behandlung des Volumenelements mit der Nummer 1. Alle TVD-Verfahren ben¨otigen zur Berechnung des Konvektionsstromes F (U  1=2) den Wert der Gitterfunktion an der Stelle x;1 , die außerhalb des Berechnungsgebietes liegt. Bisher haben wir zwei Testf¨alle mit quasi-station¨aren Randbedingungen untersucht (im Test No.2 ist (t)  0 und f¨ur Test No.1 gilt mit einer sehr hohen Genauigkeit (t) 0). Wir konnten daher das entstandene Problem dadurch umgehen, daß wir U;1 = U0 gesetzt haben. Im Test No.3 handelt es sich dagegen um eine instation¨are Randbedingung. In diesem Fall kann die Annahme U;1 = U0 das Konvergenzverhalten des Verfahrens im gesamten L¨osungsgebiet negativ beeinflussen. Als erstes untersuchen wir das Problem mit der Behandlung des fiktiven Wertes U;1 , da dieses nicht nur bei allen TVD-Verfahren, sondern auch bei der Berechnung des Konvektionsstromes F (U  1=2) mit LUDS-, AGARWAL- und QUICK-Verfahren entsteht. Wir wissen, daß die analytische L¨osung mit der Konvektionsgeschwindigkeit a entlang der xAchse propagiert. W¨are das L¨osungsgebiet r¨aumlich unbegrenzt, so w¨urde der L¨osungs-

102

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

wert u(x;1 tn+1 ) mit dem Wert u(0 tn+1 + x=a) u¨ bereinstimmen. Tats¨achlich gilt wegen u(x t) = u0(x ; at):

u(x;1 tn+1) = u(;x tn+1) = u0(;x ; atn+1) u(0 tn+1 + x=a) = u0(0 ; a  (tn+1 + x=a)) = u0(;x ; atn+1): Wir k¨onnen deshalb den genauen“ Wert U;1 folgendermaßen berechnen: ”

U;1 = u(0 tn+1 + x=a) = (tn+1 + x=a): Wir werden diese Formel zur Berechnung von U;1 Variante A“ nennen. Diese Vorgehens” weise setzt allerdings voraus, daß wir die analytische L¨osung bereits kennen. Sie kann daher nicht auf andere Gleichungen verallgemeinert werden. Wir werden diese Variante deshalb nur als Referenzl¨osung betrachten. Ist die analytische L¨osung der Differentialgleichung nicht bekannt, so muß der Wert U;1 aus den Werten der Gitterfunktion approximiert werden, die innerhalb des Berechnungsgebietes liegen. Die einfachste M¨oglichkeit wurde bereits angesprochen. Wir nennen diese Approximation Variante 1“: ”

U;1 = U0:

(1.201)

Unter der Annahme, daß die L¨osungsfunktion eine glatte Fortsetzung außerhalb des Berechnungsgebietes hat, hat Variante 1 die Approximationsordnung von 1. Die Approximationsordnung 2 kann erreicht werden, wenn man davon ausgeht, daß der Punkt (x;1 U;1 ) auf einer Geraden liegt, die durch die Stellen (x0 U0 ) und (x1 U1 ) geht. Die entsprechende Formel ( Variante 2“) lautet: ”

U;1 = 2U0 ; U1:

(1.202)

Schließlich k¨onnen wir eine Parabel durch drei Punkte (x0 U0), (x1 U1 ) und (x2 U2 ) legen und den Wert ausrechnen, den diese Parabel an der Stelle x;1 annehmen wird ( Variante ” 3“):

U;1 = 3U0 ; 3U1 + U2:

(1.203)

Die Variante 3 hat entsprechend die Approximationsordnung von 3. In Abb. 1.49 sind alle 3 Varianten der Approximation von U;1 graphisch veranschaulicht. Wir werden zun¨achst untersuchen, welchen Einfluß die Berechnung des fiktiven Wertes U;1 auf das Konvergenzverhalten von linearen Diskretisierungsverfahren hat. Wir w¨ahlen dazu

103

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

U-1 U0

U-1

U0 U1

x

x-1

x1

x-1

x0

Variante 1:

x0

Variante 2:

U-1 = U0

U-1 = 2 U0 - U1

U-1

U0

U2 U1

x1

x-1

x2

x0

Variante 3:

U-1 = 3 U0 - 3 U1 + U2

.

Abbildung 1.49: Drei Varianten zur Berechnung von U;1 .

x

x

104

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

LUDS

AGARWAL

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

1e−03

E

E 1e−04

1e−04

1e−05 1e−06 1e−07

1e−05

Variante A Variante 1 Variante 2

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

Variante A Variante 1 Variante 2 Variante 3

1e−06 1e−07

0.2

.0025

.005

0.01

dx

.

0.025

0.05

0.1

0.2

dx

Abbildung 1.50: Test No.3: Einfluß der Approximation von U ;1 auf die Konvergenzordnung von LUDS und AGARWAL.

L−LUDS

E

L−AGARWAL

1e+01

1e+01

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

E

1e−03 1e−04

1e−04 Variante A Variante 1 Variante 2 Variante 3

1e−05 1e−06 1e−07 .

1e−03

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

Variante A Variante 1 Variante 2 Variante 3

1e−05 1e−06

0.2

1e−07

.0025

dx

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

0.2

dx

Abbildung 1.51: Test No.3: Einfluß der Approximation von U ;1 auf die Konvergenzordnung von L-LUDS und L-AGARWAL.

ein Verfahren 2.Ordnung (LUDS) und ein Verfahren 3. Ordnung (AGARWAL). In der Abb. 1.50 (links) sind die E -dx-Kurven f¨ur das LUDS-Verfahren mit unterschiedlichen Approximationsvarianten der Gr¨oße U;1 dargestellt. W¨ahrend bei der Variante A und Variante 2 die Konvergenzordnung von 2 erreicht wird, f¨uhrt die Variante 1 nur zu einer Konvergenzordnung von 1, was in einer viel schlechteren Genauigkeit im gesamten L¨osungsbereich resultiert. Einsatz der Variante 3 (ohne Grafik) erh¨oht nicht die Konvergenzrate des Verfahrens, verkleinert allerdings den absoluten Betrag des numerischen Fehlers im Vergleich zur Variante 2.

105

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

Test No.3, L−LUDS, dx=0.025 2.2 2 1.8 1.6 1.4 1.2

u(i,n) U(i,n)

1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 1.52: Test No.3: L-LUDS-L¨osung (Var.3) auf einem Gitter mit 80 St¨utzstellen.

Auch beim Einsatz des AGARWAL-Verfahrens hat die Approximation des Wertes U;1 einen entscheidenden Einfluß auf die Konvergenzordnung des Verfahrens (Abb. 1.50, rechts). W¨ahrend bei der Veriante 3 die Konvergenzordnung von 3 erreicht wird, f¨uhren die Varianten 1 und 2 entsprechend zu Konvergenzordnungen von 1 und 2. Der absolute Betrag des numerischen Fehlers ist bei der Variante 3 nur unwesentlich h¨oher als bei Variante A. In der Abb. 1.51 (links) sind die E -dx-Kurven f¨ur das limitierte LUDS-Verfahren dargestellt. F¨ur die Varianten A und 2 ist der Verlauf der E -dx-Kurve fast identisch. In beiden F¨allen wird die Konvergenzordnung von 2 erzielt. Die niedrigere Approximationsordnung des limitierten Verfahrens an den Extremalstellen der L¨osung beeinflußt also nicht die Konvergenzordnung des Verfahrens im gesamten Bereich. Bei der Variante 1 wird wie im nichtlimitierten Fall lediglich die Konvergenzordnung von 1 erreicht. Sehr merkw¨urdig sieht der Verlauf der E -dx-Kurve bei der Variante 3 aus. In der Abb. 1.52 ist die numerische L¨osung mit dem L-LUDS-Verfahren und Variante 3 auf einem Gitter mit 80 St¨utzstellen dargestellt. Man sieht daß die numerische L¨osung innerhalb eines gr¨oßeren Intervalls von der exakten L¨osung sehr stark abweicht. Um den Grund f¨ur dieses Verhalten der L¨osung zu verstehen, m¨ussen wir untersuchen, welchen Einfluß die Approximation des Wertes U;1 auf die Berechnung des numerischen Konvektionsstromes F tvd (U  1=2) hat. Die Variante 1 (1.201) f¨uhrt wegen U0 ; U;1 = 0 zu 1=2 = 0 und es gilt F tvd (U  1=2)  F up(U  1=2). An der

106

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Stelle x1=2 wird bei der Variante 1 immer der Upwind-Strom eingesetzt. Bei der Variante 2 (1.202) gilt U0 ; U;1 = U1 ; U0 , daraus folgt F tvd (U  1=2)  F cds (U  1=2). An der Stelle x1=2 wird somit bei der Variante 2 immer der CDS-Strom eingesetzt. Beide Varianten sind physikalisch sinnvoll. Der Einsatz der Approximationsvariante 3 (1.203) beim LUDS-Verfahren kann dagegen zu unerwarteten Ergebnissen f¨uhren. Es gilt

1=2 = UU0 ;;UU;1 = ;2U0U+;3UU1 ; U2 1 0 1 0 ; U2 : = 2 + UU1 ; U0 1

(1.204)

Ist U1 die Stelle des lokalen Maximums der L¨osung, so gilt 1=2 > 2 und luds (1=2) = 2; der L-LUDS-Konvektionsstrom an der Stelle xi;1=2 stimmt dann mit dem Downwindstrom F down(U  1=2) uberein. ¨ Gleichzeitig gilt 3=2 < 0 und somit luds (3=2) = 0; der L-LUDSKonvektionsstrom an der Stelle xi+1=2 stimmt dann mit dem Upwindstrom F up(U  3=2) u¨ berein. Wegen F down (U  1=2) = F up(U  3=2) nimmt die Diskretisierung f¨ur das erste Volumenelement folgende Form ein:

U1 = U 1 In diesem Fall hat die Randbedingung keinen Einfluß auf die L¨osung im Inneren des Berechnungsgebietes. Im Testfall No. 3 befindet sich die Maximumstelle der L¨osung zum Zeitpunkt t0 = 0 in x = x0 . Nach einigen Zeitschritten verlagert sie sich nach x1, so daß genau der eben besprochene Fall eintritt: U1 wird zum lokalen Maximum der L¨osung. Solange 1=2 = 2 und 3=2 = 0 gilt, bleibt die numerische L¨osung von der analytischen abgekoppelt - ein Effekt, der in der Abb. 1.52 deutlich zu sehen ist. In der Abb. 1.51 (rechts) sind die E -dx-Kurven f¨ur das limitierte AGARWAL-Verfahren dargestellt. Analog zum nichtlimitierten AGARWAL-Verfahren f¨uhren die Varianten 1 und 2 zu Konvergenzordnungen von 1 und 2. Die E -dx-Kurven f¨ur Varianten A und 3 stimmen u¨ berein. Bei der Variante 3 des L-AGARWAL Verfahrens findet keine Entkoppellung der numerischen L¨osung von der Randbedingung statt, da agar (1=2)  2 erst f¨ur 1=2 5 gilt. Daß dieser Wert im Test No.3 nicht erreicht wird, bedeutet nicht, daß die Variante 3 mit dem L-AGARWAL-Verfahren uneingeschr¨ankt eingesetzt werden darf. Man sollte auch beim L-AGARWAL-Verfahren grunds¨atzlich die Variante 2 verwenden, zumal der Unterschied im Fehlerverlauf zwischen den Varianten 2 und 3 nicht so dramatisch ausf¨allt. Das ist auf den ersten Blick u¨ berraschend, da beim nichtlimitierten AGARWAL-Varfahren (Abb. 1.50, rechts) die Variante 3 zu wesentlich niedrigeren Fehlern als Variante 2 gef¨uhrt hat. Daß der Unterschied zwischen diesen beiden Varianten beim limitierten Verfahren nicht so stark

107

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

CDS vs. L−CDS

LUDS vs. L−LUDS

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

1e−03

E

E 1e−04

1e−04

1e−05

1e−05

CDS (Var. 2) L−CDS (Var. 2)

1e−06 1e−07

LUDS (Var. 2) L−LUDS (Var. 2)

1e−06

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

1e−07

0.2

.0025

.005

0.01

dx

.

0.025

0.05

0.1

0.2

dx

AGARWAL vs. L−AGARWAL

.

QUICK vs. L−QUICK

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

1e−03

1e−03

E

E 1e−04

1e−04

1e−05 1e−06 1e−07

1e−05

AGARWAL (Var. 3) L−AGARWAL (Var. 2) L−AGARWAL (Var. 3)

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

QUICK (Var. 2) L−QUICK (Var. 2)

1e−06 1e−07

0.2

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

0.2

dx

Abbildung 1.53: Test No.3: Vergleich von limitierten und nichtlimitierten Verfahren.

Alternative Limiter

Standard−Limiter

1e+00

1e+00

1e−01

1e−01

1e−02

1e−02

E

E 1e−03

1e−03 L−CDS (Var. 2) L−LUDS (Var. 2) L−AGARWAL (Var. 2) L−QUICK (Var. 2) UPWIND

1e−04

1e−05 .

.0025

.005

0.01

0.025

dx

0.05

0.1

0.2

Minmod (Var. 2) Superbee (Var. 2) Van Leer (Var. 2) MC (Var. 2) UPWIND

1e−04

1e−05

.0025

.005

0.01

0.025

0.05

0.1

0.2

dx

Abbildung 1.54: Test No.3: Vergleich von alternativen und Standard-Limitern untereinander.

108

KAPITEL 1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT KONSTANTER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

ausf¨allt, liegt daran, daß beim L-AGARWAL mit Variante 3 nur eine Konvergenzordnung von 2.4 erreicht wird. Das bedeutet, daß beim L-AGRAWAL-Verfahren (im Unterschied zu L-LUDS) die niedrigere Approximationsordnung an den Extremalstellen die Konvergenzordnung des Verfahrens im gesamten Bereich negativ beeinflußt; sie geht von 3 auf 2.4 zur¨uck. In der Abb. 1.53 ist der Fehlerverlauf der limitierten Versionen von vier linearen Verfahren mit dem der nichtlimitierten Originalverfahren verglichen. Im Unterschied zu Testbeispielen No. 1 und 2 haben die limitierten Versionen von allen 4 Verfahren eine niedrigere Genauigkeit als die Originalverfahren. Bis auf L-AGARWAL f¨allt dieser Unterschied jedoch nicht sehr stark aus. In allen 4 F¨allen konnte die Konvergenzordnung von 2 erreicht werden, so daß alle limitierten Verfahren immer noch wesentlich genauer als die UPWIND-Diskretisierung erster Ordnung sind (Abb. 1.54, links). Der Vergleich der alternativen Limiter untereinander zeigt, daß wie in Testf¨allen 1 und 2, die besten Ergebnisse mit L-AGARWAL erzielt werden, gefolgt von L-QUICK. Unter den Standard-Limitern (Abb. 1.54, rechts) schneidet der MCLimiter am besten ab. Die schlechtesten Ergebnisse produziert der Minmod-Limiter. Das Superbee-Verfahren verh¨alt sich a¨ hnlich wie im Test No.1. Auf dem groben Gitter geh¨ort ¨ seine L¨osung zu den besten, danach folgt die Ubergangsphase mit einer niedrigen Konvergenzrate infolge der starken Kompression der L¨osung. Im Grenzwert x ! 0 wird die Konvergenzordnung von 2 jedoch erreicht. Zusammenfassung. In diesem Abschnitt haben wir 3 Fragen untersucht. Wir haben gesehen, daß bei instation¨aren Randbedingungen die Approximation des Konvektionsstromes F (U  1=2) einen entscheidenden Einfluß auf die Genauigkeit der L¨osung im gesamten L¨osungsbereich hat. Bei allen Verfahren, die den Wert von U;1 zur Berechnung von F (U  1=2) ben¨otigen, kann mit der bisher verwendeten Approximation U;1 := U0 lediglich die Konvergenzordnung von 1 erreicht werden. Es wurden alternative Varianten vorgeschlagen und deren Einfluß auf die Konvergenzordnung der Verfahren untersucht. Ein Vergleich zwischen den limitierten Versionen der linearen Verfahren und den nichtlimitierten Originalverfahren f¨ur eine nichtmonotone glatte L¨osungsfunktion hat gezeigt, daß die limitierten Verfahren auf fast allen Gittern eine schlechtere Genauigkeit der L¨osung erzielen. Sie sind aber trotzdem wesentlich genauer als das UPWIND-Verfahren erster Ordnung, was zusammen mit der Garantie einer physikalisch sinnvollen L¨osung f¨ur alle L¨osungsfunktionen und dem hervoragenden Konvergenzverhalten in F¨allen mit steilen L¨osungsprofilen fur ¨ den universalen Einsatz der limitierten Verfahren zur L¨osung von konvektionsdominannten Problemen spricht. Bis auf das L-AGARWAL-Verfahren haben die limitierten Verfahren die Konvergenzordnung der Originalverfahren beibehalten, obwohl die L¨osungsfunktion nicht-monoton gewe-

¨ 1.11: TESTFALL NO.3: NICHTMONOTONE GLATTE LOSUNGSFUNKTION

109

sen ist. Das L-AGARWAL-Verfahren erzielte lediglich eine Konvergenzordnung von 2.4, die niedriger ist als die Ordnung des Original-Verfahrens. Selbst diese Konvergenzordnung kann nur bei einem Einsatz zur Berechnung von U;1 erzielt werden (Variante 3), der f¨ur andere Testf¨alle nichtkontrollierbare Ergebnisse produzieren kann. Es wird deshalb vorgeschlagen, das L-AGARWAL-Verfahren ausschließlich mit der Variante 2 der Berechnung von U;1 einzusetzen. Obwohl in diesem Fall die Konvergenzordnung des Verfahrens weiter auf 2 absinkt, erzielt dieses Verfahren die genauesten L¨osungen von allen 8 TVD-Diskretisierungen (s. Abb. 1.54). Vereinbarung. In diesem Kapitel haben wir einen Weg zur Konstruktion von TVD-Verfahren f¨ur die lineare Konvektionsgleichung vorgestellt und 8 Varianten dieser Verfahren untersucht. In einem weiteren Kapitel werden wir die hier vorgestellte Vorgehensweise auch f¨ur nichtlineare Gleichungen anwenden. Es wird sich zeigen, daß auch in diesem Fall die hier diskutierten Limiter-Funktionen eingesetzt werden k¨onnen. Da in allen 3 bisher diskutierten Testf¨allen die CDS und LUDS-Limiter wesentlich schlechter als QUICK- und AGARWALLimiter, und MM- und VL-Limiter schlechter als MC-Limiter abgeschnitten haben, werden die CDS-, LUDS-, MM- und VL-Limiter nicht mehr ber¨ucksichtigt.

Kapitel 2

Lineare Konvektionsgleichung mit variabler Konvektionsgeschwindigkeit 2.1 Analytische L¨osung der Gleichung Im letzten Kapitel haben wir die Herleitung von TVD-Verfahren f¨ur die eindimensionale lineare Konvektionsgleichung mit einer konstanten positiven Konvektionsgeschwindigkeit in aller Ausf¨uhrlichkeit pr¨asentiert. In den meisten praxisrelevanten F¨allen handelt es sich allerdings um mehrdimensionale Probleme. Die Konvektionsgeschwindigkeit ist dabei eine Funktion der Zeit und der Ortskoordinaten und ist nicht nur variabel, sondern wechselt oft auch das Vorzeichen. Schließlich kann die Geschwindigkeit selbst als eine unbekannte Gr¨oße in einer Gleichung auftreten (man denke an die Navier-Stokes-Gleichungen). In diesem Falle ist die zu l¨osende Gleichung nicht linear. Unser Ziel ist es daher, die im letzten Kapitel vorgestellte Vorgehensweise zur Diskretisierung der eindimensionalen linearen Konvektionsgleichung mit konstanter Konvektionsgeschwindigkeit auf mehrdimensionale lineare und nichtlineare Probleme mit variabler Konvektionsgeschwindigkeit zu u¨ bertragen. Als erster Zwischenschritt wollen wir in diesem Kapitel auf die Annahme einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit verzichten. Ob die Konvektionsgeschwindigkeit nur eine Funktion der Ortskoordinate x ist, oder von beiden Variablen x und t abh¨angt, ist nicht entscheidend. Sowohl die Herleitung der analytischen L¨osung als auch der Aufbau der numerischen Verfahren unterscheidet sich in beiden F¨allen nur unwesentlich. Wir werden daher annehmen, daß die Konvektionsgeschwindigkeit nur eine Funktion der Ortskoordinate x ist: a = a(x). Die resultierende Gleichung lautet:

@ u(x t) + @ (a(x)u(x t)) = 0 @t @x 110

(2.1)

111

¨ 2.1: ANALYTISCHE LOSUNG DER GLEICHUNG

Die Anfangsbedingung sei durch die folgende Gleichung definiert:

u(x t = 0) = u0(x) x 2 (;1 +1):

(2.2)

Wie im Falle einer konstanten Geschwindigkeit k¨onnen nun Charakteristiken der Gleichung (2.1) als solche Kurven definiert werden, die der gew¨ohnlichen Differentialgleichung

mit der Anfangsbedingung

x0(t) = a(x)

(2.3)

x(0) = x0

(2.4)

gen¨ugen. Dabei kann x0 ein beliebiger Wert aus (;1 tion der charakteristischen Kurve auf der x-Achse.

+1) sein. Er definiert die Startposi-

Wir k¨onnen die Konvektionsgleichung (2.1) folgendermaßen umschreiben:

ut + a(x)ux = ;a0(x)u:

(2.5)

F¨ur die Ableitung der L¨osung u entlang einer Charakteristik gilt daher

d u(x(t) t) = @ u(x(t) t) + @ u(x(t) t)  x0(t) dt @t @x = ut + a(x)ux = ;a0(x)u:

(2.6)

Entlang einer Charakteristik x = x(t), die vom Punkt x0 startet, kann die L¨osungfunktion also aus der gew¨ohnlichen Differentialgleichung

d u(x(t) t) = ;a0(x(t))u(x(t) t) dt

(2.7)

u(x(0) 0)  u(x0 0) = u0(x0)

(2.8)

mit der Anfangsbedingung

berechnet werden. Ist die Funktion a(x) im gesamten L¨osungsbereich stetig differenzierbar, so k¨onnen die gew¨ohnlichen Differentialgleichungen (2.3) und (2.7) eindeutig gel¨ost werden, und man kann daraus die Funktion u(x t) f¨ur alle Wertepaare (x t) bestimmen. Ist das Anfangprofil u0(x) ebenfalls eine stetig differenzierbare Funktion von x, so stellt die Funktion u(x t) eine klassische L¨osung der Differentialgleichung (2.1) dar, ansonsten kann sie als schwache L¨osung dieser Gleichung interpretiert werden (s. Abschnitt 1.1).

112

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Wir wollen nun das Charakteristiken-Verfahren zur Bestimmung der analytischen L¨osung der Konvektionsgleichung an einem Beispiel veranschaulichen, und dabei gleichzeitig zwei neue Testf¨alle f¨ur die numerischen Verfahren definieren. Wir gehen von einer lineare Konvektionsgeschwindigkeit a(x) = x aus, und suchen die L¨osung im Bereich (x t) 2 0 2]  0 +1). Die Anfangsbedingung sei entsprechend durch

u(x t = 0) = u0(x) x 2 0 2]

(2.9)

definiert. Eine genaue Spezifikation der Funktion u0 (x) ist an dieser Stelle noch nicht notwendig. Im Unterschied zur linearen Konvektionsgleichung mit konstanter Geschwindigkeit werden diesmal keine Randbedingungen ben¨otigt. Das liegt daran, daß die Konvektionsgeschwindigkeit a(x) am linken Rand gleich Null ist, und die L¨osung am linken Rand eindeutig durch die Anfangsbedinging am Rand definiert ist. Nun sei x0 ein beliebiger Punkt aus dem Intervall 0 teristischen Gleichung

lautet

Aus der Anfangsbedingung (2.4) folgt vom Punkt x0 startet:

2]. Die allgemeine L¨osung der charak-

x0(t) = x

(2.10)

x(t) = C et:

(2.11)

C = x0, und somit gilt f¨ur die Charakteristik, die x(t) = x0et:

(2.12)

Entlang einer Charakteristik gilt f¨ur die L¨osungsfunktion

d u(x(t) t) = ;a0(x(t))u(x(t) t) = ;u(x(t) t) dt

(2.13)

Daraus folgt wegen (2.8):

u(x(t) t) = u0(x0)e;t f ur x(t) = x0et:

(2.14)

Wir nehmen einen beliebigen Punkt (x t) 2 0 2]  0 +1). Dieser liegt auf einer Charakteristik, die von der Stelle (x0 0) startet mit x0 = xe;t. Einsatz des Wertes x0 in (2.14) f¨uhrt zu:

  u(x t) = u0 xe;t  e;t:

(2.15)

Das ist die gesuchte L¨osung der Gleichung (2.1) mit der Anfangsbedingung (2.9), was man durch Einsatz der Funktion (2.15) in die Gleichung (2.1) u¨ berpr¨ufen kann.

113

¨ 2.1: ANALYTISCHE LOSUNG DER GLEICHUNG

TEST No. 4, sigma=0.02 1.2

u(x,t=1)

1 0.8 0.6 0.4 0.2

t

0 1.2

u(x,t=0)

1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

0.2

0.4

0.6 0.8

1 x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

.

.

TEST No. 5 1.2

u(x,t=1)

1 0.8 0.6 0.4 0.2

t

0 1.2

u(x,t=0)

1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

0.2

0.4

0.6 0.8

1 x

1.2

1.4

1.6

Abbildung 2.1: Exakte L¨osung f¨ur Test No. 4 mit 

1.8

:

2

= 0 02 und

f¨ur Test No.5

114

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Die Charakteristik, die von der Stelle x0 = 0 startet, lautet x = 0. Das heißt, daß der linke Rand des Berechnungsgebietes mit dieser Charakteristik u¨ bereinstimmt, und es gilt daher

u(0 t) = u0(0)  e;t:

(2.16)

Nun wollen wir die Anfangsbedingung genauer spezifizieren. Wie im letzten Kapitel werden wir einen Fall mit einer stetigen und einen Fall mit einer diskontinuierlichen L¨osungsfunktion untersuchen. Wir u¨ bernehmen daher die Anfangsbedingungen aus den Testf¨allen 1 und 2 (s. Abschnitt 1.2, Glngn. (1.32) und (1.39)). Die resultierenden F¨alle werden als Testbeispiele No.4 und No.5 bezeichnet. Das Anfangsprofil sowie der L¨osungverlauf f¨ur Test No.4 mit  = 0:02 und f¨ur Test No.5 ist zusammen mit den Charakteristiken in der Abb. 2.1 dargestellt. Im n¨achsten Abschnitt werden wir verschiedene Diskretisierungen f¨ur die Konvektionsgleichung (2.1) vorstellen, und deren Effizienz an diesen Testbeispielen ausprobieren. Dabei werden wir uns zun¨achst auf den Fall einer variablen aber positiven Konvektionsgeschwindigkeit beschr¨anken (so wie das bei a(x) = x f¨ur x 2 (0 2) auch der Fall ist). Die Verallgemeinerung der Verfahren auf den Fall einer beliebigen Konvektionsgeschwindigkeit wird in einem separaten Abschnitt besprochen.

2.2 Fall einer positiven variablen Geschwindigkeit Ziel dieses Abschnittes ist es, die Vorgehensweise zum Aufbau eines Verfahrens h¨oherer Ordnung, das oszillationsfreie L¨osungen produziert, auf den Fall einer variablen Konvek¨ tionsgeschwindigkeit zu verallgemeinern. Eine direkte Ubertragung der Herleitung eines TVD-Verfahrens ist nicht m¨oglich, da im Falle einer variablen Konvektionsgeschwindigkeit die Konvektionsgleichung nicht in der Form (1.2) dargestellt werden kann und die totale Variation der analytischen L¨osung je nach Verlauf der Funktion a(x) sowohl ab- als auch zunehmen kann. W¨urde ein numerisches Verfahren die TVD-Eigenschaft besitzen, so w¨aren dadurch die physikalischen Eigenschaften der exakten L¨osung unter Umst¨anden verletzt, was wir gerade vermeiden wollen. Anstatt ein Verfahren mit der TVD-Eigenschaft aufzubauen, k¨onnen wir dagegen wie im Falle einer konstanten Geschwindigkeit den Konvektionsstrom als ein gewichtetes Mittel aus einem Verfahren erster Ordnung und einem Verfahren zweiter Ordnung bilden, und den Gewichtungsfaktor so w¨ahlen, daß das resultierende Verfahren im Falle einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit die TVD-Eigenschaft besitzen w¨urde. Obwohl solche Verfahren f¨ur variable Geschwindigkeiten die TVD-Eigenschaft verletzen k¨onnen, werden wir sie trotzdem als TVD-Verfahren bezeichnen.

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

115

Der Ausgangspunkt f¨ur unterschiedliche Diskretisierungsverfahren ist die einheitliche Finite-Volumen-Formulierung:

Ui ; U i + F (U  i + 1=2) ; F (U  i ; 1=2) = 0 t x

(2.17)

mit

F (U  i ; 1=2) = (aU )i;1=2

tZn+1 1

t a(xi;1=2)u(xi;1=2 t)dt tn

(2.18)

die analog zu (1.53) hergeleitet werden kann. Als erstes wollen wir den Upwind-Konvektionsstrom f¨ur den Fall einer variablen positiven Geschwindigkeit definieren. Im Falle einer konstanten positiven Geschwindigkeit wurde der Wert von Ui;1=2 durch den n¨achsten stromaufw¨arts liegenden Wert Ui;1 approximiert. Gleiche Vorgehensweise wird auch im Falle variabler Geschwindigkeit verwendet. Gleichzeitig gibt es zwei M¨oglichkeiten f¨ur die Darstellung der Geschwindigkeit a an der Stelle xi;1=2. Vorausgesetzt, daß die Funktion a(x) bekannt ist, kann man sowohl den Wert der Funktion a(x) im stromaufw¨arts liegenden Gitterpunkt nehmen als auch direkt den Wert xi;1=2 in die Funktion a(x) einsetzen. Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Formulierungen f¨ur das Upwind-Verfahren. Im ersten Fall wird der gesamte Konvektionsstrom an der stromaufw¨arts von xi;1=2 liegenden Stelle ausgewertet:

(aU )i;1=2 = F up fl(U  i ; 1=2) = ai;1Ui;1:

(2.19)

Im zweiten Fall wird nur der Wert der unbekannten Funktion U an der Stelle xi;1 ausgewertet, und f¨ur die Konvektionsgeschwindigkeit a wird der genaue Wert an der Stelle xi;1=2 genommen:

(aU )i;1=2 = F up sl(U  i ; 1=2) = ai;1=2Ui;1 mit

(2.20)

ai;1=2 = a(xi;1=2):

Um die beiden Upwind-Str¨ome voneinander zu unterscheiden, verwenden wir zus¨atzliche Bezeichnung FL“ im ersten und SL“ im zweiten Fall. Die Bedeutung dieser Abk¨urzungen ” ” wird im weiteren Verlauf des Abschnittes erkl¨art. Diese zwei Definitionen von UpwindStr¨omen haben entsprechend unterschiedliche Differenzenformeln zu Folge. Im ersten Fall erh¨alt man folgende Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

UPWIND(FL) : Ui ;tU i + aiUi ;axi;1Ui;1 = 0:

(2.21)

116

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Diese Formel kann man auch direkt aus der Konvektionsgleichung (2.1) mittels eines FiniteDifferenzen-Verfahrens ableiten, wenn man f¨ur die Approximation der ortlichen ¨ Ableitung die R¨uckw¨artsdifferenz verwendet. F¨ur den Abbruchfehler des Verfahrens gilt:

Lup fl(x) = ; 2x (au)xx + O(x2) = O(x):

(2.22)

Im zweiten Fall sieht die Diskretisierungsformel fogendermaßen aus:

UPWIND(SL) : Ui ;tU i + ai+1=2Ui ;xai;1=2Ui;1 = 0:

(2.23)

F¨ur den Abbruchfehler des Verfahrens gilt:

Lup sl(x) = ; 2x ((au)xx ; (axu)x) + O(x2) = O(x):

(2.24)

Man sieht, daß beide Verfahren die Approximationsordnung von 1 haben, und daß im Falle a = const beide Diskretisierungen u¨ bereinstimmen. In Abb. 2.2 (links) sind die mit beiden Verfahren berechneten L¨osungsprofile f¨ur den Test No.4 und Maschenweite x = 0:025 gegen¨ubergestellt. Beide Profile haben einen a¨ hnlichen, f¨ur das UPWIND-Verfahren charakteristischen diffusiven Verlauf, wie man ihn aus dem vorigen Kapitel bereits kennt. Obwohl man deutlich den Unterschied zwischen zwei L¨osungsprofilen sehen kann, ist der absolute Wert des numerischen Fehlers in beiden F¨allen bis auf die dritte signifikante Stelle gleich groß. Der Vergleich von E -x-Kurven f¨ur beide Verfahren (Abb. 2.2, rechts) zeigt, daß dies auch f¨ur andere Maschenweiten der Fall ist. Das ist etwas u¨ berraschend, da man annehmen k¨onnte, daß der UPWIND(SL)-Strom genauere L¨osungen produziert, zumal bei der Approximation von (aU )i;1=2 der exakte Wert der Funktion a(x) an der Stelle xi;1=2 verwendet wurde. Daß man keine Verbesserung der Genauigkeit im Vergleich zu UPWIND(FL)L¨osung beobachtet, liegt daran, daß nicht die Genauigkeit der Approximation von (aU )i;1=2 durch F (U  i ; 1=2) entscheidend ist, sondern wie gut die Ableitung (au)x durch

F (u i + 1=2) ; F (u i ; 1=2) x

approximiert wird, und das erfolgt in beiden Verfahren gleich gut (s. in diesem Zusammenhang die Diskussion am Ende des Abschnittes 1.7). Analog zu beiden Upwind-Konvektionsstr¨omen kann man zwei CDS-Str¨ome definieren. Der CDS(FL)-Strom wird als Mittelwert von Konvektionsfl¨ussen (aU )i;1 und (aU )i gebildet:

(aU )i;1=2 = F cds fl(U  i ; 1=2) = ai;1Ui;21 + aiUi :

(2.25)

117

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

Test No.4, sigma=0.02, UPWIND: (FL) vs. (SL)

Test No.4, sigma=0.02, UPWIND: (FL) vs. (SL)

dx=0.025, E(dx,FL)=0.04938, E(dx,SL)=0.04943

E−dx−Diagramm

0.4

1e−01 0.3

u(i,n) U(i,n) (FL) U(i,n) (SL)

E

0.2

UPWIND (SL) UPWIND (FL)

0.1

1e−02

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

.0025

x

.005

0.01

0.025

dx

0.05

0.1

0.2

.

Abbildung 2.2: Test No.4 (

:

= 0 02): Vergleich von

UPWIND (FL) und UPWIND (SL).

Beim CDS(SL)-Strom wird dagegen der genauer Wert der Konvektionsgeschwindigkeit an der Stelle xi;1=2 mit dem Mittelwert aus Ui;1 und Ui multipliziert:

(aU )i;1=2 = F cds sl(U  i ; 1=2) = ai;1=2 Ui;12+ Ui :

a

(2.26)

Setzt man den Konvektionsstrom F cds fl (U  i ; 1=2) in die Finite-Volumen-Gleichung (2.17) ein, so ergibt sich eine Diskretisierung der Konvektionsgleichung, die der Approximation der o¨ rtlichen Ableitung durch die zentrale Differenz entspricht:

CDS(FL) : Ui ;tU i + ai+1Ui+12;xai;1Ui;1 = 0:

(2.27)

F¨ur den Abbruchfehler des Verfahrens gilt

Lcds fl(x) = 6x (au)xxx + O(x4) = O(x2): 2

(2.28)

Das Verfahren hat also die Approximationsordnung von 2. Setzt man dagegen den Konvektionsstrom F cds sl (U  i ; 1=2) in die Finite-Volumen-Gleichung (2.17) ein, so f¨uhrt das zu einer Diskretisierung, die auf den ersten Blick wenig mit der zentralen Differenz zu tun hat:

Ui +Ui Ui; +Ui CDS(SL) : Ui ;tU i + ai+1=2 2 ;xai;1=2 2 = 0: +1

1

(2.29)

118

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.4, sigma=0.02, CDS: (FL) vs. (SL)

Test No.4, sigma=0.02, CDS: (FL) vs. (SL)

dx=0.025, E(dx,FL)=0.03699, E(dx,SL)=0.03207

E−dx−Diagramm

0.4

1e−01 0.3

u(i,n) U(i,n) (FL) U(i,n) (SL)

0.2

1e−02

E 0.1

1e−03

CDS (SL) CDS (FL)

0

−0.1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

1e−04

x

.0025

.005

0.01

0.025

dx

0.05

0.1

0.2

.

Abbildung 2.3: Test No.4 (

:

= 0 02): Vergleich

von CDS (FL) und CDS (SL).

Im Falle einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit a mit dem CDS(FL) jedoch u¨ berein.

= const stimmt dieses Verfahren

F¨ur den Abbruchfehler des Verfahrens gilt

Lcds sl (x) =

x2 (au) ; 3 (a u) ; 3 (a u )  + O(x4) = O(x2): xxx 6 4 xx x 2 x x x

(2.30)

Damit hat auch das CDS(SL)-Verfahren die Approximationsordnung von 2. In Abb. 2.3 (links) sind die mit beiden Verfahren berechneten L¨osungsprofile f¨ur den Test No.4 und Maschenweite x = 0:025 gegen¨ubergestellt. Beide Profile haben einen a¨ hnlichen, f¨ur das CDS-Verfahren charakteristischen dispersiven Verlauf. Dabei sind beim CDS(SL)-Profil die Fluktuationen etwas schw¨acher ausgepr¨agt, als beim CDS(FL)-Profil. Das kann man dadurch erkl¨aren, daß in unserem Testfall wegen a(x) = x f¨ur den Abbruchfehler des CDS(SL)-Verfahrens gilt:

 2  Lcds sl (x) = 6x (au)xxx ; 23 uxx + O(x4) = O(x2):

(2.31)

Man sieht, daß dieser Abbruchfehler im Vergleich zu (2.28) einen Diffusionsterm enth¨alt, der d¨ampfend auf die Oszillationen wirkt. Das resultiert in einer h¨oheren Genauigkeit des CDS(SL)-Verfahrens auf groben Gittern gegen¨uber der CDS(FL)-Diskretisierung. Mit zunehmender Gitterverfeinerung verschwindet der Genauigkeitsvorsprung des CDS(SL)-Verfahrens jedoch vollst¨andig, wie ein Vergleich von E -x-Kurven f¨ur beide Verfahren in Abb. 2.3 (rechts) deutlich zeigt. Wir haben somit alle notwendigen Vorbereitungen getroffen, um einen TVD-Konvektionsstrom zu definieren. Auch hier gibt es zwei M¨oglichkeiten, je nach dem, ob man ein gewich-

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

119

tetes Mittel aus den beiden FL- oder aus den beiden SL-Verfahren bildet. Wir beginnen mit der Definition eines TVD(FL)-Konvektionsstromes. Analog zu (1.152) definieren wir

F tvd fl(U  l) := (1 ; fll)F up fl(U  l) + fllF cds fl(U  l) = F up fl(U  l) + fll(F cds fl(U  l) ; F up fl(U  l)) fl = ai;1Ui;1 + 2l (aiUi ; ai;1Ui;1):

(2.32)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (2.17) ein, so ergibt sich folgende Diskretisierung der Konvektionsgleichung:

TVD(FL) : fl fl Ui ; U i + aiUi + 2r (ai+1Ui+1 ; aiUi) ; ai;1Ui;1 ; 2l (aiUi ; ai;1Ui;1) = 0: (2.33) t

x

Die zentrale Frage ist die Definition des Gewichtungsfaktors fl l . Wie oben bereits erw¨ahnt, darf man nicht verlangen, daß das TVD(FL)-Verfahren f¨ur beliebige Konvektionsgeschwindigkeiten die TVD-Eigenschaft besitzt, sondern nur f¨ur den Fall einer konstanten Geschwindigkeit. Da im Falle a  const die Str¨ome F up fl(U  l) und F cds fl (U  l) mit den im letzten Kapitel definierten Konvektionsstr¨omen F up (U  l) und F cds (U  l) u¨ bereinstimmen, reicht es zu gew¨ahrleisten, daß auch der Gewichtungsfaktor fl l im Falle a  const dem Wert l aus (1.153) gleich ist. Wir setzen dazu

fll = 0 wenn aiUi ; ai;1Ui;1 = 0

(2.34)

fll = (lfl)

(2.35)

und ansonsten

wobei () ein beliebiger TVD-Limiter ist, und lfl folgendermaßen definiert ist:

lfl := ai;a1UUi;;1 ;a ai;U2Ui;2 : i i

i;1 i;1

(2.36)

Im Falle Ui = Ui;1 und a  const gilt auch ai Ui = ai;1 Ui;1 und beide Gewichtungsfaktoren l und fl l sind gleich Null (1.158, 2.34). Gilt dagegen Ui 6= Ui;1 , so ist bei a  const

120 auch ai Ui

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

6= ai;1Ui;1 und wir erhalten

! ai;1Ui;1 ; ai;2Ui;2 = aiUi ; ai;1Ui;1  ! U i;1 ; Ui;2 = U ;U = (l) = l: i i;1

fll = (lfl) =



(2.37)

Wir haben damit gezeigt, daß f¨ur a  const die Diskretisierungsformeln (1.153) und (2.33) beim Einsatz derselben TVD-Limiter-Funktion () u¨ bereinstimmen. Man beachte, daß nicht nur der TVD(FL)-Konvektionsstrom als ein gewichtetes Mittel aus zwei Str¨omen gebildet wurde, sondern auch bei der Definition von lfl die Differenz von zwei benachbarten Str¨omen im Z¨ahler und Nenner steht. Da die Konvektionsstr¨ome (auf englisch fluxes“) ” im Mittelpunkt des Aufbaus eines TVD(FL)-Verfahrens stehen, werden diese Verfahren als Flux-Limiter“-Verfahren bezeichnet. Das erkl¨art auch die bisher verwendete Abk¨urzung ” FL“. ” Analog zu (2.32) k¨onnen wir den TVD(SL)-Konvektionsstrom als ein gewichtetes Mittel aus UPWIND(SL)- und CDS(SL)-Strom bilden:

F tvd sl(U  l) := (1 ; sll )F up sl(U  l) + sllF cds sl(U  l) = F up sl(U  l) + sll(F cds sl(U  l) ; F up sl(U  l))  ! sl l = ai;1=2 Ui;1 + 2 (Ui ; Ui;1)

(2.38)

was zu folgendem TVD(SL)-Verfahren f¨uhrt:

TVD(SL) :

   sll slr (U ; U ) ; a U + ( U ; U ) a U + i;1=2 i;1 i i;1 2 Ui ; U i + i+1=2 i 2 i+1 i = 0: (2.39) t x Man beachte, daß f¨ur alle 3 SL-Str¨ome gilt

F :: sl(U  l) = ai;1=2Ui::;1=2

(2.40)

mit

Uiup;1=2 := Ui;1

(2.41)

Uicds ;1=2 := (Ui;1 + Ui )=2

(2.42)

sl up sl cds Uitvd ;1=2 := (1 ; l )Ui;1=2 + l Ui;1=2

(2.43)

121

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

d.h. sie unterscheiden sich nur in der Approximation des Wertes Ui;1=2 . Obwohl wir den TVD(SL)-Konvektionsstrom als ein gewichtetes Mittel aus zwei Str¨omen gebildet haben, k¨onnte man die Definition (2.38) auch folgendermaßen interpretieren: Man definiere die TVD-Approximation f¨ur die unbekannte Variable Ui;1=2 als ein gewichtetes Mittel aus cds der Upwind-Approximation Uiup ;1=2 und der CDS-Approximation Ui;1=2 und setze diese anschließend in die allgemeine Definition (2.40) ein. Bei dieser Interpretation steht nicht der Konvektionsstrom als Ganzes, sondern die Approximation der unbekannten Funktion im Vordergrund. Man kann weiterhin den Gewichtungsfaktor sl l genauso wie im Falle einer konstanten Geschwindigkeit definieren:

sll = 0 wenn Ui ; Ui;1 = 0:

(2.44)

sll = (lsl )

(2.45)

lsl := UUi;1;;UUi;2 :

(2.46)

und ansonsten

wobei f¨ur lsl gilt:

i

i;1

In diesem Fall gilt sl l  l und die Diskretisierungsformeln (1.153) und (2.39) stimmen f¨ur a  const u¨ berein. Man beachte, daß die Gleichung sl l = l auch im Falle einer variablen Konvektionsgeschwindigkeit erf¨ullt ist, da die Funktion a(x) in die Definition von lsl gar nicht eingeht. Wir sehen, daß nicht nur beim Aufbau des TVD(SL)-Konvektionsstroms die Approximation der unbekannten Variablen im Vordergrund steht, sondern auch bei der Definition von lsl der Verlauf des L¨osungsprofils (und nicht die Glattheit des Konvektionsstromes aU ) entscheidend ist. Schreibt man die Definition (2.43) folgendermaßen um

sl Uitvd ;1=2 = Ui;1 + l (Ui ; Ui;1 )=2

(2.47)

so kann man auch sagen, daß der Faktor sl l die zu ber¨ucksichtigende Steigung (auf englisch slope“) des L¨osungsprofils bei der Approximation von Ui;1=2 limitiert. Daher werden die ” TVD(SL)-Verfahren als Slope-Limiter“-Verfahren bezeichnet, was auch die Bedeutung der ” bisher verwendeten Abk¨urzung SL“ erkl¨art. ” Bevor wir die entwickelten TVD-Verfahren f¨ur unsere Testf¨alle einsetzen, soll noch eine wichtige Bemerkung gemacht werden. Wir haben gesehen, daß die beiden Versionen von UPWIND-Verfahren die Approximationsordnung von 1 haben und daß sowohl CDS(FL) als auch CDS(SL) zweiter Ordnung genau sind. Das gleiche gilt auch f¨ur die QUICK(FL)und QUICK(SL)-Verfahren, die man durch Einsatz des Limiters () = 3=4+ =4 (der kein

122

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.4, AGARWAL: (FL) vs. (SL)

Test No.4, sigma=0.02, AGARWAL: (FL)vs.(SL) dx=0.025, E(dx,FL)=0.01009, E(dx,SL)=0.00975

E−dx−Diagramm

0.4

1e−01 1e−02

0.3

u(i,n) U(i,n) (FL) U(i,n) (SL)

0.2

1e−03 1e−04

E

1e−05

0.1

1e−06 1e−07

0

AGARWAL (SL), sigma=0.02 AGARWAL (FL), sigma=0.02 AGARWAL (SL), sigma=0.1 AGARWAL (FL), sigma=0.1

1e−08 −0.1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

1e−09

.00025 .0005 0.001

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 2.4: Test No.4 (

:

= 0 02): Vergleich

von AGARWAL (FL) und AGARWAL (SL).

TVD-Limiter ist !) in das TVD(FL)- bzw. TVD(SL)-Verfahren erh¨alt. Setzt man stattdessen die Funktion () = 2=3 + =3 in beide Diskretisierungsformeln ein, so erh¨alt man die AGARWAL(FL)- und AGARWAL(SL)-Verfahren, die nicht mehr die gleiche Approximationsordnung haben. W¨ahrend das AGARWAL(FL)-Verfahren mit einem Abbruchfehler

Lagar fl(x) = 12x (au)xxxx + O(x4) = O(x3) 3

(2.48)

die Approximationsordnung von 3 hat, gilt f¨ur den Abbruchfehler von AGARWAL(SL):

Lagar sl(x) = 24x ((axxu)x + 2(axux)x) + O(x3) = O(x2): 2

(2.49)

Das bedeutet, daß das AGARWAL(SL)-Verfahren nur 2. Ordnung genau ist. In Abb. 2.4 (links) sind die mit beiden Verfahren berechneten L¨osungsprofile f¨ur den Test No.4 und Maschenweite x = 0:025 gegen¨ubergestellt. Man sieht praktisch keinen Unterschied zwischen beiden L¨osungen. Ein Vergleich von E -x-Kurven f¨ur beide Verfahren (Abb. 2.4, rechts) best¨atigt zwar, daß bei x ! 0 die Konvergenzordnung von AGARWAL(SL) niedriger als die Konvergenzordnung von AGARWAL(FL) ist, dennoch stimmen die absoluten Werte vom numerischen Fehler bis auf sehr feine Gitteraufl¨osungen fast genau uberein. ¨ Das bedeutet, daß (zumindest im Testfall No.4) das AGARWAL(SL)-Verfahren die empirische Konvergenzrate von 3 hat, obwohl das Verfahren formal nur 2.Ordnung genau ist. In der Abb. 2.5 sind die Ergebnisse f¨ur das Testbeispiel No.4 ( = 0:02) und eine Maschenweite x = 0:025 f¨ur SB-, MC-, QUICK- und AGARWAL-Limiter, integriert in das TVD(FL)- sowie in das TVD(SL)-Verfahren dargestellt. Man sieht, daß in allen vier FLVerfahren die numerische L¨osung leichte Oszillationen (man w¨urde in diesem Fall eher sa¨ gen Uberschwinger“) aufweist. An dieser Stelle sei daran erinnert, daß die TVD-Verfahren ”

123

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

SUPERBEE (FL) : E(dx)=0.01199

SUPERBEE (SL) : E(dx)=0.00190

0.4

0.4

0.3

0.3

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

x

x

MC (FL) : E(dx)=0.01328

MC (SL) : E(dx)=0.00709

1.8

2

.

.

0.4

0.4

0.3

0.3

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

x

x

L−QUICK (FL) : E(dx)=0.00726

L−QUICK (SL) : E(dx)=0.00631

2 .

0.4

0.4

0.3

0.3

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

x

x

L−AGARWAL (FL) : E(dx)=0.00852

L−AGARWAL (SL) : E(dx)=0.00594

2 .

0.4

0.4

0.3

0.3

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

x

Abbildung 2.5: Test No.4 ( Verfahren.

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

:

= 0 02):

Verlauf der L¨osung auf einem Gitter x

:

= 0 025

f¨ur 8

124

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

f¨ur die lineare Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit auf rein empirischer Basis konstruiert wurden und es besteht daher keine Garantie, daß die damit produzierten L¨osungen oszillationsfrei sind. Trotzdem ergeben alle vier TVD(SL)-Verfahren L¨osungsprofile, die keinerlei Fluktuationen aufweisen. Die genaueste L¨osung auf dem hier betrachteten Gitter wurde vom TVD(SL)-Verfahren mit dem Superbee-Limiter produziert, wobei man sieht, daß diese L¨osung (wie im Falle einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit) an zu starker Antidiffusion leidet. Das f¨uhrt dazu, daß dieses Verfahren auf feineren Gittern schlechter als andere TVD(SL)-Verfahren abschneidet (s. Abb. 2.6).

Test No.4 (sigma=0.02): E−dx−Diagramm 1e−01

1e−02

E 1e−03 UPWIND (SL) SUPERBEE (SL) MC (SL) L−AGARWAL (SL) L−QUICK (SL)

1e−04

1e−05

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 2.6: Test No.4 (

:

= 0 02): Vergleich von

4 Limitern f¨ur TVD(SL) untereinander.

Von den restlichen drei untersuchten Limitern werden die besten Ergebnisse vom AGARWAL-Limiter produziert, gefolgt von QUICK-Limiter und MC-Limiter, wobei der Unterschied in der Genauigkeit zwischen diesen drei Verfahren erst auf relativ feinen Gittern deutlich wird. In der Abb. 2.7 sind die Ergebnisse f¨ur das Testbeispiel No.5 f¨ur FL- und SL-Versionen von SB-, MC-, QUICK- und AGARWAL-Verfahren auf einem Gitter mit der Maschenweite x = 0:025 dargestellt. Wie im Test No.4 (Abb. 2.5), treten bei allen vier FL-Verfahren leichte Oszillationen im L¨osungsprofil auf. Bei allen vier SL-Verfahren ist die numerische L¨osung dagegen oszillationsfrei. Obwohl beide Diskontinuit¨aten nicht sehr gut aufgel¨ost

125

2.2: FALL EINER POSITIVEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

SUPERBEE (FL) : E(dx)=0.05036

SUPERBEE (SL) : E(dx)=0.03651

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.1

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

x

x

MC (FL) : E(dx)=0.05388

MC (SL) : E(dx)=0.04617

1.8

2

.

.

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.1

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

x

x

L−QUICK (FL) : E(dx)=0.04977

L−QUICK (SL) : E(dx)=0.04645

2 .

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.1

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

x

x

L−AGARWAL (FL) : E(dx)=0.04999

L−AGARWAL (SL) : E(dx)=0.04532

2 .

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x

1.2

1.4

u(i,n) U(i,n) (SL)

0.1

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 2.7: Test No.5: Verlauf der L¨osung auf einem Gitter x = 0:025 f¨ur 8 Verfahren.

126

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Test No.5, UPWIND: (FL) vs. (SL)

Test No.5, CDS: (FL) vs. (SL)

dx=0.025, E(dx,FL)=0.1199, E(dx,SL)=0.1202

dx=0.025, E(dx,FL)=0.1692, E(dx,SL)=0.1300

0.4

0.5 0.4

0.3

0.3 0.2

0.2

0.1 0.0

u(i,n) U(i,n) (FL) U(i,n) (SL)

0.1

u(i,n) U(i,n) (FL) U(i,n) (SL)

−0.1 −0.2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

−0.3

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

Abbildung 2.8: Test No.5 : Lineare UPWIND- und CDS-Verfahren.

werden, ist der L¨osungsverlauf wesentlich steiler als beim UPWIND-Verfahren bei der gleichen Aufl¨osung (s. Abb. 2.8, links). Zu Vergleichszwecken wird auch die CDS-L¨osung (FLund SL-Versionen) in der Abbildung 2.8 (rechts) dargestellt. Beide L¨osungen leiden stark an dispersivem Verhalten des Diskretisierungsverfahrens, und die Genauigkeit des CDSVerfahrens ist sogar niedriger als im UPWIND-Fall. Ein Vergleich von 4 limitierten SL-Verfahren untereinander (Abb. 2.9) zeigt, daß wie im Test No.2 der SB-Limiter zu den mit Abstand genauesten Ergebnissen f¨uhrt. Die anderen drei Limiter unterscheiden sich nur unwesentlich in der Genauigkeit, wobei das LAGARWAL(SL)-Verfahren die kleinsten Fehler produziert.

Zusammenfassung. In diesem Abschnitt wurde ein Versuch unternommen, die Idee zur Konstruktion eines oszillationfreien Verfahrens f¨ur die lineare Konvektionsgleichung von dem Fall einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit auf den Fall einer variablen positiven Geschwindigkeit zu u¨ bertragen. Es wurden zwei m¨ogliche Erweiterungen vorgestellt: Flux-Limiter-Verfahren und Slope-Limiter-Verfahren. Bei den Flux-Limiter-Verfahren wird der Beitrag des CDS-Anteils bei der Berechnung des numerischen Konvektionsstroms limitiert, w¨ahrend bei den Slope-Limiter-Verfahren die Limitierung den Verlauf der zwischen den Gitterpunkten interpolierten L¨osungsfunktion betrifft. Beide Verfahren wurden auf einer rein empirischen Basis konstruiert, so daß man von vornherein nicht garantieren konnte, daß die numerische L¨osung tats¨achlich oszillationsfrei sein wird. Die Eigenschaften der resultierenden Verfahren wurden an 2 Testf¨allen untersucht. W¨ahrend alle Flux-LimiterVerfahren in beiden Testbeispielen leichte Oszillationen produzierten, lieferten die SlopeLimiter-Verfahren in beiden F¨allen physikalisch sinnvolle L¨osungen.

127

2.3: FALL EINER BELIEBIGEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

Test No.5: E−dx−Diagramm

1e−01

E 1e−02

1e−03

UPWIND (SL) SUPERBEE (SL) MC (SL) L−AGARWAL (SL) L−QUICK (SL)

.0025

.005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 2.9: Test No.5: Vergleich von 4 Limitern f¨ur TVD(SL) untereinander.

Ein Vergleich von Slope-Limiter-Verfahren mit unterschiedlichen Limiter-Funktionen untereinander f¨uhrte zu folgendem Ergebnis. Wie im Falle einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit hatte der SB-Verfahren die beste Konvergenzrate von allen Verfahren im Falle von diskontinuierlichen L¨osungsfunktion, w¨ahrend im Falle einer glatten L¨osung das stark antidiffusive Verhalten des Verfahrens seine Genauigkeit beeintr¨achtigte. Da wir an einem Verfahren interessiert sind, daß sowohl f¨ur glatte als auch f¨ur diskontinuierliche L¨osungen gute Konvergenzeigenschaften aufweist, wird der SB-Limiter im weiteren Verlauf der Arbeit nicht mehr eingesetzt. Von den restlichen 3 untersuchten Limitern wurde das beste Konvergenzverhalten vom L-AGARWAL-Verfahren gezeigt, gefolgt von L-QUICK- und MC-Limiter.

2.3

Fall einer beliebigen variablen Geschwindigkeit

Im letzten Abschnitt haben wir uns auf den Fall einer variablen aber u¨ berall nichtnegativen Konvektionsgeschwindigkeit beschr¨ankt. Nun wollen wir die Annahme, daß die Konvektionsgeschwindigkeit nicht negativ sein darf, aufheben, und die Konstruktion eines TVD-

128

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

Verfahrens entsprechend verallgemeinern. Wir werden uns dabei auf die SL-Verfahren beschr¨anken, da die TVD(FL)-Verfahren bereits im Falle einer positiven Konvektionsgeschwindigkeit nicht zufriedenstellende Ergebnisse geliefert haben. Das hochgestellte sl“ wird dies” mal bei den Bezeichnungen einfachheitshalber weggelassen. Wir gehen wiederum von der Finite-Volumen-Formulierung (2.17) aus, und approximieren den numerischen Konvektionsstrom (aU )i;1=2 durch

(aU )i;1=2 = F tvd(U  i ; 1=2) = ai;1=2Uitvd ;1=2

(2.50)

wobei f¨ur die Konvektionsgeschwindigkeit ai;1=2 der genaue Wert a(xi;1=2) eingesetzt wird (s. auch 2.40). Bei einer UPWIND-Approximation der Gr¨oße Ui;1=2 wird der Wert der L¨osungsfunktion im n¨achsten stromaufw¨arts von xi;1=2 liegenden Gitterpunkt genommen. Dieser ist gleich xi;1, wenn die Konvektionsgeschwindigkeit ai;1=2 positiv ist, und gleich xi, wenn die Konvektionsgeschwindigkeit negativ ist. Das f¨uhrt zu:

Uiup;1=2

8 > i;1 : Ui wenn ai;1=2 < 0

(2.51)

Die CDS-Approximation f¨ur Ui;1=2 ist dagegen unabh¨angig von der Stromrichtung, und wird wie im Falle einer positiven Geschwindigkeit definiert:

Uicds ;1=2 := (Ui;1 + Ui )=2:

(2.52)

Man bildet nun die TVD-Approximation f¨ur Ui;1=2 als

up cds Uitvd ;1=2 := (1 ; l )Ui;1=2 + l Ui;1=2 mit

8 > < ( ) wenn Ui ; Ui;1 6= 0 l = > l : 0 wenn Ui ; Ui;1 = 0

(2.53)

(2.54)

Bei der Definition der Gr¨oße l muß wiederum die Stromrichtung ber¨ucksichtigt werden:

UI ;1 l = UUI ; ;U i

wobei Index I wie folgt definiert wird:

i;1

(2.55)

129

2.3: FALL EINER BELIEBIGEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

8 > < i ; 1 wenn ai;1=2 0 I = > : i + 1 wenn ai;1=2 < 0:

(2.56)

Damit ist der Aufbau des TVD(SL)-Verfahrens bereits vollst¨andig definiert. Man berechne zun¨achst die UPWIND- und CDS-Approximationen f¨ur Ui;1=2 nach (2.51, 2.52). Man bestimme danach den Gewichtungsfaktor l nach (2.54) und berechne die TVD-Approxitvd mation Uitvd ;1=2 f¨ur Ui;1=2 nach (2.53). Schließlich setze man den so ermittelten Wert Ui;1=2 in die Formel (2.50) zur Berechnung des numerischen Konvektionsstromes F tvd (U  i ; 1=2) ein. Obwohl der TVD(SL)-Konvektionsstrom auf diese Weise eindeutig definiert wird, wird eine direkte Umsetzung der beschriebenen Berechnungsmethode dadurch erschwert, daß die Werte der Gitterfunktion fUi g nicht bekannt sind und der numerische Konvektionsstrom F tvd(U  i ; 1=2) in diesem Fall eine komplexe nichtlineare Funktion von fUig ist. Die Linearisierung kann durch den deferred correction approach“ durchgef¨uhrt werden, s. ” Abschnitt 1.6 (1.116, 1.117). Die Aufteilung des Konvektionsstromes F tvd (U  i ; 1=2) in einen UPWIND-Strom F up(U  l) und einen Korrekturstrom F cds (U  l) wird folgendermaßen durchgef¨uhrt. Der Einsatz von (2.53) in (2.50) f¨uhrt zu:

F tvd(U  l) = ai;1=2Uitvd ;1=2   = ai;1=2 (1 ; l)Uiup;1=2 + lUicds ;1=2  up  = ai;1=2Uiup;1=2 + lai;1=2 Uicds ; U ;1=2 i;1=2 =: F up(U  l) + F dc(U  l):

(2.57)

F¨ur den UPWIND-Strom F up(U  l) := ai;1=2Uiup ;1=2 gilt:

8 > i;1=2 i;1 : ai;1=2Ui wenn ai;1=2 < 0 = max(ai;1=2 0)  Ui;1 ; max(;ai;1=2 0)  Ui

(2.58)

Damit lassen sich die Koeffizienten des Tridiagonal-Systems (1.117) direkt berechnen. F¨ur den Korrekturstrom F dc (U  l) := l ai;1=2



up Uicds ;1=2 ; Ui;1=2

 up  F dc(U  l) = l  ai;1=2Uicds ;1=2 ; ai;1=2Ui;1=2



gilt:

130

KAPITEL 2: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG MIT VARIABLER KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT



 U i;1 + Ui = l  ai;1=2 2 ; max(ai;1=2 0)  Ui;1 + max(;ai;1=2 0)  Ui (2.59) = l  21  jai;1=2j  (Ui ; Ui;1 ): Durch den Einsatz einer Funktion (: analog zu (1.197) berechnen:

:) (s. (1.196)) l¨aßt sich der Korrekturstrom F dc(U  l)

F dc(U  l) = jai;21=2j  (UI ; UI ;1 Ui ; Ui;1):

(2.60)

Behandlung der Randbedingungen. Zum Schluß wollen wir auf die Formulierung der numerischen Randbedingungen eingehen. L¨ost man die lineare Konvektionsgleichung (2.1) auf einem endlichen Intervall X1 X2 ], so kann — in Abh¨angigkeit von der Richtung der Konvektionsgeschwindigkeit a(x) am Rand — jeder der Randpunkte X1 und X2 sowohl dem Einstr¨omrand als auch dem Ausstr¨omrand entsprechen. Wir werden uns deshalb auf die Betrachtung des Randpunktes X1 beschr¨anken. Gilt a(X1 ) > 0, so ist X1 ein Einstr¨omrand und es soll f¨ur diesen Randpunkt eine physikalische Randbedingung in der Form

u(x = X1 t) = (t) t > 0

(2.61)

vorliegen, damit die analytische L¨osung der Konvektionsgleichung eindeutig bestimmt ist. Aus dieser physikalischen Randbedingung l¨aßt sich der Wert der Gitterfunktion im ersten Gitterpunkt direkt berechnen durch:

U0 = (tn+1 ):

(2.62)

Gilt a(X1 ) < 0, so ist X1 ein Ausstr¨omrand und es liegt keine physikalische Randbedingung vor. In diesem Fall wird eine Finite-Volumen-Formulierung f¨ur ein halbes“ Kontrollvolu” men x0 x1=2] verwendet:

U0 ; U 0 + F (U  1=2) ; F (U  0) = 0: t x=2 Hier braucht nur der Strom F (U  1=2) approximiert werden, da f¨ur F (U  0) gilt: F (U  0) = (aU )0 = a(x0)  U0:

(2.63)

(2.64)

F¨ur F (U  1=2) wird der TVD-Konvektionsstrom F tvd(U  1=2) nach (2.50) eingesetzt. Gilt a1=2 0, so ben¨otigt man zur Berechnung des Konvektionsstromes F (U  1=2) den Wert der

2.3: FALL EINER BELIEBIGEN VARIABLEN GESCHWINDIGKEIT

131

Gitterfunktion an der Stelle x;1 , die außerhalb des Berechnungsgebietes liegt. Im Abschnitt 1.11 wurden drei Varianten zur Berechnung des fiktiven Wertes U;1 angegeben. Aus den dort dargelegten Gr¨unden sollte nur die Variante 2 eingesetzt werden. Ist die Konvektionsgeschwindigkeit am Rand a(X1 ) gleich 0 (das ist u¨ brigens in beiden Testbeispielen der Fall), so stimmt der Rand f(x t) : x = X1 t > 0g mit der Charakteristik uberein, ¨ die von der Stelle (x t) = (X1 0) startet. In diesem Fall gilt wegen (2.7):

@ u(X t) = ;a0(X )u(X t) 1 1 @t 1

(2.65)

u(X1 t) = u0(X1)  e;a0(X1)t:

(2.66)

woraus folgt

Dieser Wert kann analog zu (2.61, 2.62) f¨ur die numerische Randbedingung am Rand x = X1 verwendet werden.

Kapitel 3

Burger-Gleichung 3.1 Theoretische Aspekte und 2 Testf¨alle Bisher haben wir uns ausschließlich mit linearen Gleichungen besch¨aftigt. In diesem Kapitel wollen wir uns mit einer eindimensionalen nichtlinearen hyperbolischen Gleichung befassen. Dazu betrachten wir die eindimensionalen Eulerschen Gleichungen der Gasdynamik (s. Abschnitt 1.1):

%t + (%v)x = 0

(3.1)

(%v)t + (%v2 + p)x = 0

(3.2)

Et + (v(E + p))x = 0:

(3.3)

Im Falle einer isothermen Str¨omung ist der Druck p eine Funktion von  und die Gleichungen (3.1, 3.2) bilden ein geschlossenes System. Die Diskretisierungsverfahren f¨ur die Kontinuit¨atsgleichung (3.1) wurden bereits im letzten Kapitel behandelt. Wir konzentrieren uns deshalb auf die Impulsbilanz (3.2). Der Druckgradient stellt in dieser Gleichung einen Quellterm dar, dessen numerische Behandlung keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Wir werden den Einfluß dieses Termes deshalb zun¨achst vernachl¨assigen. Die partielle Differentiation der beiden restlichen Terme f¨uhrt unter Ber¨ucksichtigung von (3.1) zu:

%t  v + %  vt + (%v)x  v + %v  vx = 0 ()

(3.4)

(%| t +{z(%v)x})  v + %  (vt + vvx) = 0 ()

(3.5)

0

vt + vvx = 0:

(3.6)

Die letzte Gleichung entspricht der hyperbolischen Erhaltungsgleichung

ut + f (u)x = 0 132

(3.7)

133

¨ 3.1: THEORETISCHE ASPEKTE UND 2 TESTFALLE

f¨ur den Fall einer quadratischen Stromfunktion:

f (u) = 12 u2

bis auf die Bezeichnung der unbekannten Funktion u(x

BURGER ; GLEICHUNG :

(3.8)

t). Die Gleichung ut + uux = 0

(3.9)

wird in der Literatur als Burger-Gleichung bezeichnet und wird sehr oft zum Testen von Diskretisierungsverfahren eingesetzt, da eine Reihe von exakten L¨osungen bekannt ist (s. Whitham, [133]). Die quadratische Stromfunktion stellt die einfachste Form der Nichtlinearit¨at dar und l¨aßt sich relativ leicht untersuchen. Gleichzeitig ist man bei der analytischen und numerischen Behandlung der Burger-Gleichung mit der ganzen F¨ulle von Problemen konfrontiert, die auch im Falle einer allgemeinen nichtlinearen Stromfunktion vorhanden sind. Wir werden uns deshalb bei der Herleitung der numerischen Methoden f¨ur die nichtlinaren hyperbolischen Gleichungen nur auf die Burger-Gleichung beschr¨anken, zumal diese Gleichung die gleiche Art von Nichtlinearit¨at hat, wie die Navier-Stokes-Gleichung, mit der wir uns im n¨achsten Kapitel besch¨aftigen werden. Wir beginnen wie immer mit der analytischen Behandlung der zu untersuchenden Differentialgleichung. Die Spezifikation der Anfangsbedingung erfolgt wie u¨ blich durch:

u(x t = 0) = u0(x) x 2 (;1 +1):

(3.10)

Wie im Falle einer linearen Konvektionsgleichung k¨onnen Charakteristiken der Burger-Gleichung (3.9) als solche Kurven definiert werden, die der gew¨ohnlichen Differentialgleichung

mit der Anfangsbedingung

x0(t) = u(x(t) t)

(3.11)

x(0) = x0

(3.12)

gen¨ugen. Dabei kann x0 ein beliebiger Wert aus (;1 +1) sein, und definiert die Startposition der charakteristischen Kurve. Auf den ersten Blick scheint es nicht m¨oglich zu sein, das Charakteristiken-Verfahren zur Bestimmung der L¨osung der Burger-Gleichung einzusetzen, da zur Berechnung der Charakteristik durch (3.11) die exakte L¨osung u(x t) bereits vorliegen soll. Wir werden aber gleich sehen, daß es nicht notwendig ist, diese L¨osung im gesamten L¨osungsbereich zu kennen, um die Charakteristik berechnen zu k¨onnen. F¨ur die Ableitung der L¨osung u(x

t) entlang einer Charakteristik gilt: d u(x(t) t) = @ u(x(t) t) + @ u(x(t) t)  x0(t) dt @t @x = ut + uux = 0:

(3.13)

134

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Das bedeutet, daß die L¨osungsfunktion u(x gilt:

t) entlang der Charakteristik konstant ist. Dabei

u(x(t) t)  const  u(x(0) 0) = u(x0 0) = u0(x0):

(3.14)

Aus (3.11) folgt nun, daß die Charakteristik eine gerade Linie ist, deren Ableitung durch die Anfangsbedingung u0(x0) definiert ist. Als Beispiel (das wir zugleich als Testfall No.6 bezeichnen werden) betrachten wir die Burger-Gleichung f¨ur x 2 0 2] mit der Anfangsbedingung

u0(x) = x2 x 2 0 2]:

(3.15)

Der linke Rand des Berechnungsgebietes stimmt mit der Charakteristik u¨ berein, die durch den Punkt x0 = 0 geht, so daß die Spezifikation der Randbedingung nicht notwendig ist. Auch am Rand x = 2 wird keine Randbedingung vorgegeben, da dies ein Ausstr¨omrand ist. Es sei x0 ein beliebiger Punkt aus dem Intervall 0 x0 aus startet, gilt

2]. F¨ur eine Charakteristik, die vom Punkt

x(t) = x0 + u0(x0)t = x0 + x02t:

(3.16)

F¨ur die L¨osung entlang dieser Charakteristik gilt wegen (3.14):

u(x(t) t) = u0(x0) = x02:

(3.17)

Wir nehmen nun einen beliebigen Punkt (x t) 2 0 2]  0 +1). L¨ost man die Gleichung (3.16) nach x0 auf, so stellt man fest, daß der Punkt (x t) auf einer Charakteristik liegt, die von der Stelle (x0 0) startet mit

p 1 + 4xt : ; 1 + x0 = 2t

(3.18)

Einsatz des Wertes x0 in (3.17) f¨uhrt zu:

u(x t) =



;1 + p1 + 4xt !2  2t

2xp2 : 1 + 2xt + 1 + 4xt

(3.19)

In Abb.3.1 ist das Anfangsprofil sowie der L¨osungverlauf zum Zeitpunkt t = 1 f¨ur Test No.6 zusammen mit den Charakteristiken dargestellt. Der entscheidende Punkt beim Aufbau der L¨osung mit Hilfe des Charakteristiken-Verfahrens ist die Voraussetzung, daß jeder Punkt (x t) aus dem L¨osungsbereich auf genau einer Charakteristik liegt. Diese Voraussetzung ist erf¨ullt, wenn die Funktion u0(x) stetig und

135

¨ 3.1: THEORETISCHE ASPEKTE UND 2 TESTFALLE

TESTFALL No.6:

u(x,t=1) u(x,t=0)

ANFANGSPROFIL und LÖSUNG zum ZEITPUNKT t=1s 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0

4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 3.1: Test No. 6: Anfangsprofil, Charakteristiken und exakte L¨osung zum Zeitpunkt t=1s.

monoton wachsend ist. In diesem Fall decken die Charakteristiken, die von der x-Achse ¨ starten, das gesamte Gebiet komplett ab, und zwar ohne Uberschneidung. Ist die Funktion u0(x) nicht stetig bzw. nicht monoton wachsend, so kann es passieren, daß entweder nicht das gesamte L¨osungsgebiet durch die Charakteristiken abgedeckt wird, oder daß zwei oder mehr Charakteristiken sich an verschieden Stellen kreuzen. In der Abb. 3.2 ist ein Beispiel f¨ur eine nicht monoton wachsende Anfangsbedingung gezeigt. Wir sehen, daß sich im Punkt (x t) = (1:5 1) mehrere Charakterisiken kreuzen, so daß im L¨osungprofil eine Diskontinuit¨at ( Schock“) entsteht. Nach dem Zeitpunkt t = 1 ” kann das Charakteristiken-Verfahren nicht mehr eingesetzt werden. Es ist interessant, daß die L¨osung zum Zeitpunkt t = 1 unstetig ist, obwohl das Anfangsprofil eine stetige Funktion von x ist. Selbst wenn das Anfangsprofil eine stetig differenzierbare Funktion ist (was im hier gezeigten Beispiel nicht der Fall ist), deren Ableitung zumindest an einem Punkt

136

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

NICHT MONOTON WACHSENDE u0(x) ANFANGSPROFIL und LÖSUNG zum ZEITPUNKT t=1s

u(x,t=1)

1

0.5

0

u(x,t=0)

1

0.5

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 3.2: Nicht monoton wachsende Anfangsbedingung: Anfangsprofil, Charakteristiken und exakte L¨osung zum Zeitpunkt t=1s.

negativ ist, bildet sich zum Zeitpunkt Tshock = ;1= min u00 (x) ein Schock, und die klassische L¨osung der Burger-Gleichung h¨ort auf zu existieren, da die ortliche ¨ Ableitung der L¨osungsfunktion nicht mehr definiert ist ([133]). Das ist der wesentliche Unterschied zwischen den linearen und nichtlinearen hyperbolischen Gleichungen: w¨ahrend sich bei einer linearen Gleichung die Diskontinuit¨at nur entlang einer Charakteristik fortpflanzen kann und die Stetigkeit der Anfangsbedingung automatisch zur Stetigkeit der L¨osung im gesamten L¨osungsbereich f¨uhrt, kann bei einer nichtlinearen Gleichung eine Diskontinuit¨at in der L¨osung selbst dann entstehen, wenn das Anfangsprofil stetig oder sogar stetig differenzierbar ist. Obwohl die Burger-Gleichung nach der Entstehung eines Schocks keine klassische L¨osung mehr besitzt, besitzt sie eine schwache L¨osung im Sinne von Glng. (1.18), Abschnitt 1.1. Um das Verhalten dieser schwachen L¨osung qualitativ zu untersuchen, werden wir den Schock

137

¨ 3.1: THEORETISCHE ASPEKTE UND 2 TESTFALLE

isoliert betrachten. Dazu untersuchen wir das Cauchy-Problem f¨ur die Burger-Gleichung mit einer st¨uckweise konstanten Anfangsbedingung, die eine einzige Diskontinuit¨at hat:

8 > < u wenn x < 0 u0(x) = > l : ur wenn x > 0

(3.20)

Diese Aufgabe wird in der Literatur als Riemann-Problem f¨ur die Burger-Gleichung bezeichnet. Die L¨osung des Riemann-Problems h¨angt vom Verh¨altnis zwischen den Werten von ul und ur ab. In der Abbildung 3.2 wurde die Bildung eines Schocks durch Aufsteilen der L¨osungsfront skizziert. Diesem Fall entspricht das Riemann-Problem mit ul > ur . Wie k¨onnte in einem solchen Fall die schwache L¨osung aussehen? Da der Wert der L¨osung vor dem Schock h¨oher ist als der Wert nach dem Schock, laufen die Charakteristiken in den Schock hinein“. ” Damit ist ein Abflachen der Front im weiteren Zeitverlauf ausgeschlossen. Auf der anderen Seite ist ein Anwachsen der Diskontinuit¨at ebenfalls nicht m¨oglich, denn das w¨urde eine Zunahme der totalen Variation der L¨osung bedeuten, was f¨ur hyperbolische Gleichungen der Form (3.7) ausgeschlossen ist [74]. Das bedeutet, daß die schwache L¨osung die Form eines Schocks behalten muß, mit den Werten ul und ur vor bzw. nach dem Schock. Bezeichnen wir mit s die Geschwindigkeit, mit der sich der Schock entlang der x-Achse fortpflanzt, so sieht die L¨osung des Riemann-Problems f¨ur den Fall ul > ur folgendermaßen aus (s. Abb. 3.3):

8 > < u wenn x < st u0(x) = > l : ur wenn x > st

(3.21)

Um die Schock-Geschwindigkeit s zu bestimmen, setzen wir die L¨osungsfunktion (3.21) in die Integralgleichung (1.18) ein. Wir w¨ahlen dazu t1 = 0, t2 = 1. Die Gr¨oßen x1 und x2 sollten so gew¨ahlt werden, daß sich der Schock w¨ahrend des Zeitintervalls t1 t2] innerhalb von x1 x2] befindet. Ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit nehmen wir an, daß 0 < s < 1 gilt und nehmen daher x1 = 0 und x2 = 1. Wir schreiben die Gleichung (1.18) f¨ur ausgew¨ahlte Werte von x1 x2 ] und t1 t2] sowie f¨ur den Fall einer quadratischen 2 Stromfunktion f (u) = u2 um:

Z1 0

u(x 1)dx =

Z1 0

u(x 0)dx

Z 1 u2(1 t) Z 1 u2(0 t) + 0 2 dt ; 0 2 dt:

(3.22)

138

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

u(x,t=0)

u(x,t=1)

RIEMANN−PROBLEM: ul>ur

−0.5

0

0.5

1

x .

Abbildung 3.3: Riemann-Problem mit ul > ur : Anfangsprofil, Charakteristiken und die schwache L¨osung zum Zeitpunkt t = 1s f¨ur den Fall ul = 1:8, ur = 0:2.

Das ist eine Erhaltungsgleichung f¨ur die Gr¨oße u. Links steht das Integral der L¨osungsfunktion zum neuen Zeitpunkt t = 1 uber ¨ das Intervall 0 1]. Aus (3.21) folgt, daß dieser Wert gleich ul  s + ur  (1 ; s) ist. Erster Term auf der rechten Seite entspricht dem Integral der L¨osungsfunktion u¨ ber das Intervall 0 1] zum alten Zeitpunkt t = 0 und ist gleich ur . Der zweite und der dritte Term beschreiben die aufintegrierten Konvektionsstr¨ome durch die R¨ander des Intervalls, 0:5u2l bzw. 0:5u2r . F¨ur die Schock-Geschwindigkeit s gilt daher: 2 ; 0:5u2 0 : 5 u l r = ul + ur : s = ul ; ur 2

(3.23)

Das ist die sog. Rankine-Hugoniot-Bedingung f¨ur die Burger-Gleichung. Es gibt allerdings auch eine andere M¨oglichkeit, an die schwache L¨osung (3.21) des Riemann-Problems zu gelangen. Wir erinneren uns daran, daß wir die Gleichung (3.6) u¨ ber die Eulerschen Gleichungen hergeleitet haben. Im allgemeinen mehrdimensionalen Fall

139

¨ 3.1: THEORETISCHE ASPEKTE UND 2 TESTFALLE

u(x,t=1)

RIEMANN−PROBLEM: ul>ur

−0.5

Schwache Lösung eps=0.02 eps=0.01

0

0.5

1

x .

Abbildung 3.4: Riemann-Problem mit ul > ur : Schwache L¨osung von (3.9) sowie L¨osungen von (3.24) f¨ur  = 0:02 und  = 0:01 zum Zeitpunkt t = 1s.

stellen die Eulerschen Gleichungen der Gasdynamik einen Grenzfall der Navier-StokesGleichungen dar, f¨ur den Fall einer vernachl¨assigbar niedrigen Reibung. Analog dazu kann die Burger-Gleichung (3.9) als ein Grenzfall der viskosen Burger-Gleichung

ut + uux = uxx

(3.24)

betrachtet werden, f¨ur  ! 0. Die nicht-viskose“ Burger-Gleichung, die wir bisher un” tersucht haben, ist daher nur eine Vereinfachung der physikalisch korrekteren Gleichung (3.24). Wenn der Wert von  klein und die L¨osungsfunktion u(x t) glatt ist, dann ist der Term uxx vernachl¨assigbar klein im Vergleich zu anderen Termen der Gleichung (3.24), und die nicht-viskose Burger-Gleichung (3.9) ist eine gute Approximation f¨ur (3.24). So w¨urde sich die L¨osung des Tests No.6 kaum ver¨andern, wenn man anstatt von (3.9) die Gleichung (3.24) mit derselben Anfangsbedingung f¨ur ein kleines  gel¨ost h¨atte. Bildet sich im L¨osungsverlauf ein Schock, so w¨achst die zweite Ableitung uxx viel schneller als ux und der Term uxx kann selbst bei kleinen Werten von  nicht mehr vernachl¨assigt werden. Dieser Term bewahrt die L¨osung vor der Entstehung einer Diskontinuit¨at und sorgt daf¨ur, daß selbst im Falle einer unstetigen Anfangsbedingung die L¨osung f¨ur alle t > 0 glatt wird. F¨ur sehr kleine Werte von  w¨are dann die L¨osung (3.21) des Riemann-Problems durch die glatte L¨osung ersetzt, die in der Abb. 3.4 f¨ur  = 0:02 und  = 0:01 exemplarisch skizziert ist. L¨aßt man  gegen Null gehen, so werden die L¨osungsprofile steiler, und die L¨osung von (3.24) n¨ahert sich der schwachen L¨osung von (3.9). W¨ahrend das Charakteristiken-Verfahren beim Riemann-Problem f¨ur den Fall ul > ur deswegen nicht eingesetzt werden kann, da einige Punkte des L¨osungsbereichs auf mehreren

140

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

u(x,t=0)

u(x,t=1)

RIEMANN−PROBLEM: ul 0 ein Bereich x 2 (ult urt) existiert, in welchem die L¨osung nicht definiert ist, da durch solche Punkte (x t) keine einzige Charakteristik l¨auft, die von der x-Achse aus startet. Selbst wenn eine schwache L¨osung des Riemann-Problems existiert, kann deren Verlauf innerhalb der in Abb. 3.5 dargestellten Black-Box“ mittels des Charakteristiken-Verfahrens nicht bestimmt ” werden. Nimmt man an, daß die schwache L¨osung wieder die Form (3.21) hat, so kann man durch Einsatz dieser Funktion in die Integralgleichung (3.22) zeigen, daß die Schock-Geschwin-

141

¨ 3.1: THEORETISCHE ASPEKTE UND 2 TESTFALLE

u(x,t=1)

RIEMANN−PROBLEM: ul ur aus (3.23) berechnet werden kann.

Andererseits kann man wiederum die L¨osung der viskosen Burger-Gleichung (3.24) f¨ur kleine -Werte nehmen, und den Grenzwert der L¨osungsfunktion bei  ! 0 bilden. Man erh¨alt in diesem Fall folgende Funktion (s. Abb. 3.6):

8 > u wenn x < ult > > < l u(x t) = > x=t wenn ult < x < ur t > : ur wenn x > ur t

(3.25)

Setzt man diese Funktion in die Integralgleichung (1.18) ein, so stellt man fest, daß die Gleichung erf¨ullt ist. Es handelt sich hier also um eine weitere schwache L¨osung des RiemannProblems mit ul < ur . Man kann sogar zeigen, daß im Falle ul < ur unendlich viele schwache L¨osungen der Burger-Gleichung existieren. Betrachtet man allerdings die nicht” viskose“ Burger-Gleichung (3.9) lediglich als einen Grenzfall der physikalisch korrekteren viskosen Burger-Gleichung (3.24), so muß man nur die L¨osung (3.25) als eine physikalisch sinnvolle L¨osung anerkennen. Wir wollen nun ein Testbeispiel (Test No. 7) definieren, das beide F¨alle des RiemannProblems gleichzeitig ber¨ucksichtigt. Wir beschr¨anken uns wie immer auf das Intervall 0 2]

142

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Testfall No. 7 1

t=1s

t=0s

u(x,t)

0.9

0.8

0.7

0.6

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

Abbildung 3.7: Testbeispiel No.7: Anfangsprofil und L¨osungsverlauf zum Zeitpunkt t = 1s.

und definieren die Anfangsbedingung durch:

8 > > 0:6 wenn 0  x  0:2 > < u0(x) = > 0:9 wenn 0:2 < x < 0:6 > > : 0:6 wenn 0:6  x  2

(3.26)

und die Randbedingung durch:

(t) = 0:6 t > 0:

(3.27)

Wir sind an der Entwicklung der L¨osung im Zeitintervall t 2 0 1] interessiert. W¨ahrend dieses Zeitintervalls kann die physikalisch sinnvolle“ schwache L¨osung der Burger-Gleichung ” folgendermaßen dargestellt werden (vgl.(3.21), (3.25)) :

8 > > 0:6 > > > < (x ; 0:2)=t u(x t) = > > 0:9 > > > : 0:6

x < 0:2 + 0:6t 0:2 + 0:6t  x  0:2 + 0:9t (3.28) 0:2 + 0:9t < x < 0:6 + 0:75t 0:6 + 0:75t  x Das Startprofil der L¨osung sowie deren Verlauf zum Zeitpunkt t = 1 ist in der Abb. 3.7 dargestellt.

wenn wenn wenn wenn

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.2: FLUX-LIMITER-VERFAHREN FUR

3.2

143

Flux-Limiter-Verfahren fur ¨ die Burger-Gleichung

Wie im Falle einer linearen Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit, kann ein TVD-Verfahren f¨ur die Burger-Gleichung sowohl als ein Flux-Limiter- als auch als ein Slope-Limiter-Verfahren aufgebaut werden. Wir werden diese beiden M¨oglichkeit in zwei separaten Abschnitten betrachten. Da eine Verwechselung von beiden Verfahren dadurch ausgeschlossen ist, werden wir die im Abschnitt 2.2 zu Diskriminierungszwecken eingef¨uhrten Indizes FL“ und SL“ diesmal weglassen. ” ” Ein wesentlicher Unterschied zur linearen Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit besteht darin, daß die totale Variation der analytischen L¨osung der Burger-Gleichung mit der Zeit tats¨achlich nicht zunehmen kann. Man kann daher beim Aufbau der Diskretisierungsverfahren f¨ur die Burger-Gleichung verlangen, daß diese die TVD-Eigenschaft (1.139) besitzen, ohne daß dadurch die physikalischen Eigenschaften der Gleichung verletzt w¨aren. W¨ahrend von den empirisch aufgebauten TVD-Verfahren f¨ur die lineare Konvektionsgleichung nur die SL-Verfahren oszillationsfreie L¨osungen produzierten, kann man bei der Burger-Gleichung davon ausgehen, daß sowohl die Flux-Limiter- als auch die Slope-Limiter-Verfahren keine Oszillationen in der numerischen L¨osung verursachen werden, vorausgesetzt nat¨urlich, daß sie die TVD-Eigenschaft besitzen. Im Abschnitt 1.8 wurde gezeigt, daß ein konsistentes TVD-Verfahren mit einem Lipschitzstetigen Konvektionsstrom konvergent ist. Konvergenz eines Verfahrens bedeutet, daß die Differenz zwischen der numerischen und der exakten L¨osung der Differentialgleichung bei feiner werdenden Gittern gegen Null geht. Dieser Begriff bedarf im Falle einer nichtlinearen Gleichung einer weiteren Pr¨azisierung. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, kann die Burger-Gleichung je nach Anfangsbedingung entweder eine oder gleichzeitig mehrere schwache L¨osungen haben. Hat die Gleichung mehrere schwache L¨osungen, so bedeutet die Konvergenz eines TVD-Verfahrens, daß der Abstand zwischen der numerischen L¨osung und der Menge aller schwachen L¨osungen gegen Null geht [77]. Hat die Burger-Gleichung aber mehrere schwache L¨osungen, so kann davon nur eine physikalisch sinnvoll sein. Sie kann durch einen Grenz¨ubergang  ! 0 aus der L¨osung u (x t) der viskosen BurgerGleichung (3.24) bestimmt werden. Damit ein konsistentes TVD-Verfahren nicht nur gegen die Menge aller schwachen L¨osungen der Burger-Gleichung sondern konkret gegen diese einzige physikalisch sinnvolle L¨osung konvergiert, muß dieses Verfahren noch weitere Bedingungen erf¨ullen. Eine Reihe von hinreichenden Bedingungen f¨ur die Konvergenz eines TVD-Verfahrens gegen die korrekte L¨osung wird in der Literatur in Form einer sogenannten Entropie-Ungleichung“ formuliert (s. dazu mehr in [46, 77]). Wir werden die” ses Thema jedoch nicht weiter vertiefen. Die Untersuchung von Diskretisierungsverfahren f¨ur die Burger-Gleichung ist f¨ur uns nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Behandlung

144

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

der Navier-Stokes-Gleichungen. Da diese allerdings immer einen diffusiven Term enthalten, k¨onnen sie auch keine nicht-physikalischen schwachen L¨osungen haben. Auch f¨ur den Testfall 7 kann gezeigt werden, daß die weiter unten vorgestellten Verfahren nur gegen die korrekte schwache L¨osung konvergieren k¨onnen. Einige dieser Verfahren d¨urfen jedoch nicht allgemein zur L¨osung der Burger-Gleichung eingesetzt werden und m¨ussen deshalb etwas modifiziert werden. Die entsprechenden kritischen Momente dieser Verfahren werden im Folgenden im Text explizit erw¨ahnt. Der Ausgangspunkt f¨ur unterschiedliche Diskretisierungsverfahren ist wie immer die einheitliche Finite-Volumen-Formulierung (1.53):

Ui ; U i + F (U  i + 1=2) ; F (U  i ; 1=2) = 0: t x

(3.29)

F¨ur die Burger-Gleichung gilt dabei:

tZn+1 1 1 2 F (U  i ; 1=2) = 2 (Ui;1=2) t 12 u2(xi;1=2 t)dt: tn

(3.30)

Wir skizzieren nun das Ablauf-Diagramm zum Aufbau eines Flux-Limiter-Verfahrens: 1. Man definiere den Upwind-Konvektionsstrom F up (U  i ; 1=2) 2. Man definiere den CDS-Konvektionsstrom F cds (U  i ; 1=2) 3. Man definiere den TVD-Konvektionsstrom F tvd (U  l) als (1 ; l)F up(U  l) + lF cds (U  l) 4. Man setze den TVD-Konvektionsstrom F tvd (U  l) in die Finite-VolumenFormulierung ein, und bestimme den Gewichtungsfaktor l so, daß das resultierende Verfahren die TVD-Eigenschaft hat Einfachheitshalber gehen wir zun¨achst von der Annahme aus, daß die L¨osungsfunktion u¨ berall positiv ist. (Die Behandlung des allgemeineren Falls wird am Ende des Abschnittes erfolgen.) Bei der Formulierung des Upwind-Konvektionsstromes wird der gesamte Strom an der stromaufw¨arts von xi;1=2 liegenden Stelle ausgewertet. Ist die L¨osungsfunktion positiv, so ist auch die Stromrichtung positiv (da die Konvektionsgeschwindigkeit mit der L¨osungsfunktion u¨ bereinstimmt). Wir definieren daher:

1 (U )2 = F up(U  i ; 1=2) = 1 U 2 : 2 i;1=2 2 i;1

(3.31)

145

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.2: FLUX-LIMITER-VERFAHREN FUR

Ui2;1 und 12 Ui2 gebildet: 1 (U )2 = F cds(U  i ; 1=2) = 1   1 U 2 + 1 U 2 : (3.32) 2 i;1=2 2 2 i;1 2 i

Der CDS-Strom wird als Mittelwert von Konvektionsfl¨ussen

1 2

F¨ur den TVD-Strom gilt daher

F tvd(U  l) := (1 ; l)F up(U  l) + lF cds(U  l) = F up(U  l) + l(F cds(U  l) ; F up(U  l)) 2 2 = 21 Ui2;1 + 2l  Ui ;2Ui;1 :

(3.33)

Setzt man diesen Konvektionsstrom in die Finite-Volumen-Gleichung (3.29) ein, so ergibt sich folgende Diskretisierung der Burger-Gleichung:

TVD (Flux ; Limiter) : Ui ; U i + 12 Ui2 + 2r  Ui

2 +1

t

;Ui2

2

; 12 Ui2;1 ; 2l  Ui ;2Ui; = 0: x 2

2

1

(3.34)

Wir definieren

l = 0 wenn Ui2 ; Ui2;1 = 0

(3.35)

l = (l)

(3.36)

und ansonsten

wobei l folgendermaßen definiert ist: 2 ; U2 U i l := U;21; U 2i;2 : i i;1

(3.37)

Wir suchen nun eine solche Limiter-Funktion (), daß das Verfahren (3.34) die TVDEigenschaft besitzt. Wir nehmen an, daß sowohl l als auch r wohldefiniert sind, und schreiben die Gleichung (3.34) unter Ber¨ucksichtigung von (3.36) folgendermaßen um:

 ! (  (   t r) 2 l) 2 2 2 2 2 Ui = U i ; 2x Ui + 2 (Ui+1 ; Ui ) ; Ui;1 ; 2 (Ui ; Ui;1 )

(3.38)

146

bzw.

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

 ! 2 2 U  t i +1 ; Ui Ui = U i ; 4x 2 ; (l) + (r) U 2 ; U 2 (Ui2 ; Ui2;1 ) i i;1  ! ( U (  i + Ui;1 )t r) = Ui ; 2 ; (l) +  (Ui ; Ui;1 ) 4x r

(3.39)

Das entspricht (1.141) mit

 ! (  ( U r) i + Ui;1 )t 2 ; (l) +  Ci;1 = 4x r Di = 0

Damit die Bedingung (1.142) erf¨ullt ist, m¨ussen folgende Ungleichungen gelten

0  2 ; (l) + (r )  C r

(3.40)

Diese stimmen jedoch mit (1.171) komplett u¨ berein. Daher k¨onnen alle TVD-Limiter, die f¨ur die lineare Konvektionsgleichung mit konstanter Geschwindigkeit eingesetzt wurden, auch f¨ur das Flux-Limiter-Verfahren f¨ur die Burger-Gleichung verwendet werden. Behandlung der Nichtlinearit¨at. Das Flux-Limiter-Verfahren (3.34) ist nichtlinear. Diese Nichtlinearit¨at hat allerdings einen anderen Charakter als im Falle von TVD-Verfahren f¨ur lineare Konvektionsgleichung, die im Abschnitt 1.9 behandelt wurden. Damals waren beide Bausteine eines TVD-Verfahrens – die Upwind- und CDS-Konvektionsstr¨ome – lineare Funktionen der Gitterfunktion. Die Nichtlinearit¨at betraf nur die Berechnung des Gewichtungsfaktors l . Durch die Aufteilung des TVD-Stroms in einen linearen Upwind-Strom und einen nichtlinearen Korrekturstrom konnte das Problem der Nichtlinearit¨at durch quasiexplizite Behandlung des Korrekturstromes gel¨ost werden (s. auch Abschnitt 1.6). Im Falle der Burger-Gleichung sind infolge der Nichtlinearit¨at der zugrundeliegenden Stromfunktion — f (u) = 12 u2 — nicht nur der Korrekturstrom, sondern auch der Upwind- und der CDS-Strom nichtlinear. Eine quasi-explizite Behandlung des Korrekturstromes (s. (1.117)) l¨ost das Problem der Nichtlinearit¨at nicht, da durch die vollimplizite Behandlung des Upwind-Stromes die resultierende algebraische Gleichung nach wie vor nichtlinear bleibt. Die Linearisierung des Upwind-Stromes kann entweder mit dem Newton-Verfahren oder mit Hilfe der Picard-Iteration durchgef¨uhrt werden. Die erste Methode ist z.B. in [30] ausf¨uhrlich beschrieben. Wir ziehen jedoch die Picard-Iteration vor. Bei dieser Methode wird der

147

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.2: FLUX-LIMITER-VERFAHREN FUR

TEST No.6, UPWIND : E(dx)=0.1227

TEST No.6, CDS : E(dx)=0.05755

1.1

1.1

1

1

0.9

0.9

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.7 0.6

0.6

0.5

0.5

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.7

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

x .

.

TEST No.6, MC : E(dx)=0.006068

TEST No.6, L−AGARWAL : E(dx)=0.006713

1.1

1.1

1

1

0.9

0.9

0.8

0.8

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.7 0.6

0.6

0.5

0.5

0.4

0.4

0.3

0.3

0.2

0.2

0.1

0.1

0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.7

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0

0.2

0.4

x

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 3.8: Test No.6: Verlauf der L¨osung auf einem Gitter x = 0:25 f¨ur 4 Verfahren.

quadratische Upwind-Strom F up (U  i ; 1=2) = 12 Ui2;1 in zwei Multiplikanden aufgeteilt, von denen einer quasi-explizit und der anderer voll-implizit behandelt wird: (l) F up(U  i ; 1=2) = 21 Ui(;l+1) 1 Ui;1

(3.41)

(vgl. die Bezeichnungen in (1.117)). Die quasi-explizite Behandlung der Konvektionsgeschwindigkeit erfordert zwar mehr Iterationen als das Newton-Verfahren, sie ist aber viel einfacher zu programmieren und steht methodisch im Einklang mit der quasi-expliziten Behandlung des Korrekturstromes. Testbeispiel No.6. In der Abb. 3.8 sind die Ergebnisse f¨ur den Testfall No.6 und eine Maschenweite x = 0:25 f¨ur UPWIND- und CDS-Verfahren, sowie f¨ur das TVD-Verfahren (3.34) mit MC- und AGARWAL-Limiter dargestellt. Die niedrigste Genauigkeit wird vom UPWIND-Verfahren erzielt, gefolgt von CDS-Verfahren, dessen L¨osung die aus fr¨uheren Beispielen bekannten Oszillationen aufweist. Beide TVD-Verfahren erzielen dagegen hervorragende Ergebnisse. In Abb. 3.9 sind die E -x-Kurven f¨ur diese 4 Verfahren gegen¨uber-

148

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Test No.6: E−dx−Diagramm 1e−01 1e−02 1e−03

E

1e−04 1e−05 UPWIND CDS MC L−AGARWAL

1e−06 1e−07 1e−08

.005

0.01

0.025

0.05

dx

0.1

0.25

0.5

.

Abbildung 3.9: Test No.6: Vergleich von 4 Flux-Limiter-Verfahren untereinander.

gestellt. Man sieht, daß das MC-Verfahren die gleiche Konvergenzordnung wie das CDSVerfahren hat, wobei der absolute Wert des Fehlers auf allen Gittern beim MC-Verfahren wesentlich niedriger ist. Der AGARWAL-Limiter erzielt wie erwartet die noch h¨ohere Konvergenzordnung von 3. Testbeispiel No.7. Richtig deutlich sind die Vorteile der TVD-Verfahren gegen¨uber UPWIND und CDS erst im Test No.7 zu sehen. In der Abb. 3.10 sind die Ergebnisse f¨ur 4 Verfahren auf zwei unterschiedlichen Gittern (x = 0:025 und x = 0:01) dargestellt. Man sieht, daß sowohl der MC- als auch der AGARWAL-Limiter sehr genaue L¨osungen produzieren. Das UPWIND-Verfahren leidet dagegen wie im Falle der linearen Gleichung an zu starker numerischen Diffusion, w¨ahrend die numerische Dispersion des CDS-Verfahrens daf¨ur sorgt, daß die Gitterverfeinerung sich kaum auf die Genauigkeit der L¨osung auswirkt. In Abb. 3.11 sind die E -x-Kurven f¨ur diese 4 Verfahren gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß die Fehlerkurve f¨ur das CDS-Verfahren nur ganz langsam abnimmt. Das UPWINDVerfahren erreicht die Konvergenzordnung von 0.8. Das L-AGARWAL- und das MC-Verfahren haben eine etwas h¨ohere Konvergenzordnung von 1, die absoluten Werte des numerischen Fehlers sind aber wesentlich niedriger, als bei der UPWIND-L¨osung. W¨ahrend im Test No.6 der AGARWAL-Limiter zu einer wesentlich genaueren L¨osung als der MC-

149

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.2: FLUX-LIMITER-VERFAHREN FUR

TEST No.7, UPWIND, dx=0.025 : E(dx)=0.04543

TEST No.7, UPWIND, dx=0.01 : E(dx)=0.02440

0.9

0.9

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.8

0.8

0.7

0.7

0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

TEST No.7, CDS, dx=0.025 : E(dx)=0.06548

TEST No.7, CDS, dx=0.01 : E(dx)=0.06076

1.1 1.1 1.0

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.9

u(i,n) U(i,n) (FL)

1.0 0.9

0.8

0.8

0.7

0.7

0.6

0.6

0.5

0

0.5

1

1.5

2

0.5

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

TEST No.7, MC, dx=0.025 : E(dx)=0.01145

TEST No.7, MC, dx=0.01 : E(dx)=0.004629

0.9

0.9

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.8

0.8

0.7

0.7

0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

x

TEST No.7, L−AGARWAL, dx=0.025 : E(dx)=0.01068

TEST No.7, L−AGARWAL, dx=0.01 : E(dx)=0.004263

.

0.9

0.9

u(i,n) U(i,n) (FL)

u(i,n) U(i,n) (FL)

0.8

0.8

0.7

0.7

0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 3.10: Test No.7: Verlauf der L¨osung auf zwei unterschiedlichen Gittern f¨ur 4 Verfahren.

150

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Test No.7: E−dx−Diagramm 1e−01

E 1e−02 UPWIND CDS MC L−AGARWAL 1e−03 .005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 3.11: Test No.7: Vergleich von 4 Flux-Limiter-Verfahren untereinander.

Limiter gef¨uhrt hat, ist im Testfall No.7 die Genauigkeit beider Verfahren in etwa gleich gut. Beliebige L¨osungsfunktion. Wir haben bisher bei der Herleitung des Flux-Limiter-Verfahrens f¨ur die Burger-Gleichung angenommen, daß die L¨osungsfunktion u(x t) u¨ berall positiv ist. Wir wollen nun auf diese Annahme verzichten und die Herleitung des TVD-Verfahrens auf den Fall einer beliebigen (was das Vorzeichen betrifft) L¨osungsfunktion verallgemeinern. Wir beginnen mit der Definition des Upwind-Stromes F up (U  i ; 1=2). Dabei wird der gesamte Strom an der stromaufw¨arts von xi;1=2 liegenden Stelle ausgewertet. Entscheidend dabei ist die Stromrichtung an der Stelle xi;1=2, hier ist die Gitterfunktion jedoch nicht definiert. Um die Stromrichtung an der Stelle xi;1=2 zu bestimmen, verwenden wir daher eine lineare Interpolation f¨ur die L¨osungsfunktion zwischen den Gitterpunkten xi;1 und xi und definieren zu diesem Zweck die Geschwindigkeit Ul an der Stelle xi;1=2 als

Ul := 12 (Ui;1 + Ui):

(3.42)

Das Vorzeichen von Ul ist nun entscheidend, ob der gesamte Strom an der Stelle xi;1 oder

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.2: FLUX-LIMITER-VERFAHREN FUR

151

an der Stelle xi ausgewertet wird:

8 < 21 Ui2;1 wenn Ul 0 1 (U )2 = F up(U  i ; 1=2) = > > 2 i;1=2 : 12 Ui2 wenn Ul < 0

(3.43)

Der so definierte Upwind-Strom, sowie das darauf basierende TVD-Verfahren, gen¨ugt keiner der bekannten Entropie-Ungleichungen (s. die Diskussion am Anfang des Abschnittes) und kann dazu f¨uhren, daß die numerische L¨osung gegen eine nichtphysikalische schwache L¨osung konvergiert. Ein entsprechendes Beispiel wird in [77] angegeben. Durch eine leichte Modifikation der Definition (3.43) kann die Erf¨ullung einer Entropie-Ungleichung erzwungen werden, das resultierende TVD-Verfahren w¨are dadurch allerdings wesentlich komplizierter geworden. Ein interessierter Leser sei auf das Buch von Hirsch [46] verwiesen, in dem die Problematik der Konvergenz eines TVD-Verfahrens gegen eine falsche“ ” schwache L¨osung ausf¨uhrlich diskutiert wird. F¨ur die Navier-Stokes-Gleichungen, die neben den konvektiven auch die diffusiven Terme enthalten, ist dieses Problem nicht relevant. Wir setzten die Konstruktion des TVD-Verfahrens fort. An der Definition des CDS-Konvektionsstromes (3.32) a¨ ndert sich gegen¨uber dem Fall einer positiven L¨osungsfunktion nichts, da dieser stromrichtungsunabh¨angig ist. Der TVD-Strom wird wie in (3.33) durch

F tvd(U  l) := (1 ; l)F up(U  l) + lF cds(U  l) = F up(U  l) + l(F cds(U  l) ; F up(U  l)) definiert, wobei die konkrete Darstellung diesmal vom Vorzeichen der Geschwindigkeit Ul abh¨angt:

8 > l  Ui2 ;Ui2;1 wenn U 0 1 2 < U + l i ; 1 F tvd(U  l) = > 2 1 2 2 Ui2;2Ui2;1 : 2 Ui ; 2l  2 wenn Ul < 0

(3.44)

Auch bei der Definition der Gr¨oße l wird die Stromrichtung an der Stelle xi;1=2 ber¨ucksichtigt: 2 UI2;1 : l := UUI2 ; ; U2

i

i;1

(3.45)

wobei Index I wie folgt definiert wird:

8 > < i ; 1 wenn Ul 0 I = > : i + 1 wenn Ul < 0:

(3.46)

152

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Es gilt folgendes

Theorem 8 Gen¨ugt die Limiter-Funktion den Voraussetzungen des Theorems 5 (Abschnitt 1.9), so besitzt das resultierende Verfahren die TVD-Eigenschaft. Beweis. Siehe Anhang A.5.2

3.3 Slope-Limiter-Verfahren fur ¨ die Burger-Gleichung Ein Slope-Limiter-Verfahren unterscheidet sich von einem Flux-Limiter-Verfahren dadurch, daß man den Limiter zur Berechnung der Approximation der unbekannten Variable an beiden R¨andern der Kontrollvolumina verwendet, und diese Approximation anschließend in die Stromfunktion f (u) einsetzt. Wir skizzieren zun¨achst das Ablauf-Diagramm zum Aufbau eines Slope-Limiter-Verfahrens: 1. Man definiere die Upwind-Approximation Uiup ;1=2 2. Man definiere die CDS-Approximation Uicds ;1=2 3. Man definiere die TVD-Approximation U tvd (U  l) als (1 ; l)Uiup;1=2 + lUicds ;1=2 4. Man setze die TVD-Approximation U tvd (U  l) in die Stromfunktion f (u) ein und erhalte so den TVD-Konvektionsstrom F tvd (U  l) = f (U tvd (U  l)) Die einzelnen Schritte zur Definition der TVD-Approximation U tvd (U  l) unterscheiden sich nur wenig von dem Fall einer linearen Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit und wurden in Abschnitt 2.3 ausf¨uhrlich dokumentiert. Der einzige Unterschied liegt darin, daß die Stromrichtung an der Stelle xi;1=2 nicht durch die vorgegebene Geschwindigkeit ai;1=2 sondern durch die L¨osungsfunktion selbst (Ui;1=2 = Ul = 12 (Ui;1 + Ui)) bestimmt wird. Im Falle der linearen Konvektionsgleichung wurde die Approximation U tvd (U  l) anschließend mit der Geschwindigkeit ai;1=2 multipliziert, was eine kompakte einheitliche Darstellung des Upwind- und des Korrekturstroms erm¨oglichte (2.58, 2.60). Bei der BurgerGleichung m¨ussen dagegen die F¨alle Ul 0 und Ul < 0 separat behandelt werden. Exem-

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.3: SLOPE-LIMITER-VERFAHREN FUR

plarisch betrachten wir den Fall Ul

F tvd(U  l)

=

0. Es gilt

f (U tvd (U  l)) =

1 U + Ui ; Ui;1 2 2 i;1 l 2

153

(3.47)

Dieser Konvektionsstrom wird folgendermaßen aufgespalten:

F tvd(U  l)

  1 U i ; Ui;1 l Ui ; Ui;1 2 = 2 Ui;1 + 2 2Ui;1 + l 2 2 =: F up(U  l) + F dc(U  l):

(3.48)

Der Korrekturstrom kann nun quasi-explizit behandelt und der Upwind-Strom mit Hilfe der Picard-Iteration linearisiert werden. Theorem 9 Unter den Voraussetzungen des Theorems 5 (Abschnitt 1.9) besitzt das resultierende Verfahren die TVD-Eigenschaft. Beweis. Siehe Anhang A.6.2 Nun wenden wir uns den Testbeispielen zu. Untersuchung der Testf¨alle. In der Abb. 3.12 sind die E -x-Kurven f¨ur das Testbeispiel No.6 f¨ur UPWIND- und CDS-Verfahren, sowie f¨ur das TVD-Verfahren (A.36) mit MC- und AGARWAL-Limiter dargestellt. Wie im Flux-Limiter-Fall (vgl. Abb. 3.9), erzielen beide TVD-Verfahren eine h¨ohere Genauigkeit als UPWIND- und CDS-Verfahren. Vergleicht man die E -x-Kurven der Flux-Limiter- und Slope-Limiter-Versionen des LAGARWAL-Verfahrens, so stellt man fest, daß im Gegensatz zu L-AGRAWAL(FL)-Verfahren, das eine Konvergenzordnung von 3 f¨ur diesen Testfall erreicht hat, die Slope-LimiterVersion des Verfahrens lediglich eine Konvergenzordnung von 2 hat. Der Grund f¨ur die niedrigere Konvergenzordnung der Slope-Limiter-Variante ist der gleiche wie im Falle einer linearen Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit und wurde im Abschnitt 2.2 ausf¨uhrlich erl¨autert. Bei den CDS- und MC-Verfahren kann dagegen ein gegenl¨aufiger Effekt beobachtet werden. Die Konvergenzordnung von beiden Versionen dieser Verfahren ist zwar dieselbe (2), die absoluten Werte des numerischen Fehlers sind bei Slope-Limiter-Versionen um Faktor 3 (CDS) bzw. 8 (MC) niedriger. Dadurch erreicht die Slope-Limiter-Version des MCVerfahrens eine sogar bessere Genauigkeit als das L-AGRAWAL(SL)-Verfahren. In der Abb. 3.13 sind die E -x-Kurven von 4 Slope-Limiter-Verfahren f¨ur das Testbeispiel No.7 gegen¨ubergestellt. Der Verlauf der Kurven ist dabei fast identisch mit dem der FluxLimiter-Versionen dieser Verfahren (vgl. Abb. 3.11), so daß sich keine eindeutige Pr¨aferenzen f¨ur die eine oder andere Version der Verfahren ableiten lassen.

154

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

Test No.6: E−dx−Diagramm 1e−01 1e−02 1e−03

E

1e−04 1e−05 UPWIND CDS MC L−AGARWAL

1e−06 1e−07 1e−08

.005

0.01

0.025

0.05

dx

0.1

0.25

0.5

.

Abbildung 3.12: Test No.6: Vergleich von 4 Slope-Limiter-Verfahren untereinander.

Zusammenfassung. In den letzten beiden Abschnitten wurden zwei M¨oglichkeiten zum Aufbau eines TVD-Verfahrens f¨ur die nichtlineare Burger-Gleichung vorgestellt. Es wurde gezeigt, daß es durch eine geeignete Wahl des Limiters erreicht werden kann, daß sowohl die Flux-Limiter- als auch die Slope-Limiter-Verfahren die TVD-Eigenschaft besitzen. Die mit diesen Verfahren berechneten L¨osungen weisen keine Oszillationen auf, welche beim Einsatz von nichtlimitierten Verfahren h¨oherer Ordnung entstehen k¨onnen. Gleichzeitig erreichen diese TVD-Verfahren eine Konvergenzordnung von mindestens 2 f¨ur glatte L¨osungsfunktionen. Obwohl die dargestellten TVD-Verfahren eine Reihe von Vorteilen gegen¨uber den herk¨ommlichen nichtlimitierten Verfahren besitzen, werden sie in der hier vorgestellten Form zur L¨osung von nichtlinearen Gleichungen der Str¨omungsmechanik a¨ ußerst selten eingesetzt. Daf¨ur gibt es eine Reihe von Gr¨unden. Der wichtigste Grund ist wohl der, daß die Behandlung von TVD-Verfahren numerisch sehr aufwendig ist. W¨ahrend im Falle von Slope-Limiter-Verfahren f¨ur lineare Konvektionsgleichung mit variabler Geschwindigkeit eine kompakte Darstellung des UPWIND- sowie des Korrekturstromes (s. (2.58, 2.60)) eine einfache und u¨ bersichtliche Programmierung der resultierenden Diskretisierungsformel erm¨oglichte, ist eine a¨ hnliche Vereinfachung im Falle

155

¨ DIE BURGER-GLEICHUNG 3.3: SLOPE-LIMITER-VERFAHREN FUR

Test No.7: E−dx−Diagramm 1e−01

E 1e−02 UPWIND CDS MC L−AGARWAL 1e−03 .005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 3.13: Test No.7: Vergleich von 4 Slope-Limiter-Verfahren untereinander.

der nichtlinearen Gleichung nicht m¨oglich. Hier m¨ussen die F¨alle Ul > 0, Ul < 0, Ur > 0, Ur < 0 separat behandelt werden, wobei jedes Mal eine andere Darstellung sowohl f¨ur den Upwind-Anteil als auch f¨ur den Korrekturstrom (insbesondere bei Slope-Limiter-Verfahren, vgl. (3.48)) resultiert. Das f¨uhrt sowohl zu einem hohen Programmieraufwand als auch zu einem rechenzeitintensiven und nicht sehr u¨ bersichtlichen Programm. Auf der anderen Seite weisen einige nichtlimitierten Verfahren h¨oherer Ordnung (wie z.B. QUICK, AGARWAL) ein Konvergenzverhalten auf, das mit dem der TVD-Verfahren vergleichbar ist, wobei der Programmieraufwand wesentlich niedriger ist. Der Einsatz von nichtlimitierten Verfahren hat zwar einen negativen Einfluß auf die Optik der L¨osung, zu einem Zusammenbruch des Programms f¨uhrt dies jedoch nicht: eine leicht oszillierende Geschwindigkeitsverteilung ist nicht so kritisch wie eine negative Konzentration oder eine negative turbulente kinetische Energie. Daher ist der Einsatz von QUICK-Verfahren zur Diskretisierung von Navier-Stokes-Gleichungen immer noch sehr verbreitet. Wir wollen im n¨achsten Abschnitt allerdings ein weiteres Verfahren vorstellen, das zwar kein reines TVD-Verfahren ist (d.h. die TVD-Eigenschaft nicht besitzt), daf¨ur aber wesentlich einfacher zu handhaben ist und gleichzeitig weniger Oszillationen als die herk¨ommlichen nichtlimitierten Verfahren in der numerischen L¨osung verursacht. Wir werden die-

156

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

ses Verfahren daher als QTVD-Verfahren“(Quasi-TVD-Verfahren) bezeichnen. Zu den we” sentlichen Vorteilen des QTVD-Verfahrens z¨ahlt unter anderem, daß die linearen und nichtlinearen Gleichungen auf die gleiche Weise behandelt werden, und daß die meisten Programme, in denen eine Upwind-Diskretisierung bereits implementiert ist, durch eine leichte Modifikation QTVD-f¨ahig“ gemacht werden k¨onnen. ”

3.4 Splitting-Verfahren und QTVD-Diskretisierung Der einzige Unterschied zwischen allen bisher diskutierten Diskretisierungsverfahren f¨ur die Burger-Gleichung lag in der unterschiedlichen Darstellung des numerischen Konvektionsstromes: tZn+1 1 1 2 F (U  i ; 1=2) = 2 (Ui;1=2) t 12 u2(xi;1=2 t)dt: (3.49) tn Gleichzeitig haben alle Flux-Limiter- und Slope-Limiter-Verfahren eines gemeinsam – der quadratische Ausdruck 12 (Ui;1=2)2 wurde in allen diesen Verfahren als Ganzes approximiert, d.h. beide Faktoren des Produktes (Ui;1=2 )2 = Ui;1=2  Ui;1=2 wurden gleich behandelt. Man betrachte z.B. die CDS-Approximation. Beim Flux-Limiter-CDS-Strom wird der Mittelwert von Konvektionsfl¨ussen 12 Ui;1  Ui;1 und 12 Ui  Ui gebildet (s. (3.32)), w¨ahrend beim 1 Slope-Limiter-CDS-Strom zun¨achst die CDS-Approximation Uicds ;1=2 = 2 (Ui;1 + Ui ) definiert und anschließend mit sich selbst multipliziert wird :

cds F cds sl(U  i ; 1=2) = 12 Uicds ;1=2  Ui;1=2:

(3.50)

Diese Vorgehensweise ist zwar notwendig, um die TVD-Eigenschaft des aus UPWIND- und CDS-Strom gebildeten TVD-Verfahrens zu gew¨ahrleisten, bei den meisten Programmen, die nur die Implementierung von den herk¨ommlichen nichtlimitierten Verfahren h¨oherer Ordnung (CDS, LUDS, QUICK) enthalten, geht man allerdings anders vor. Die unbekannte Funktion u hat in der Burger-Gleichung eine doppelte Bedeutung. Einerseits, bestimmt sie die Geschwindigkeit, mit welcher der Konvektionstransport stattfindet. Gleichzeitig ist sie diejenige Gr¨oße, welche durch die Konvektion transportiert wird. Dementsprechend kann man auch bei der Approximation des numerischen Konvektionsstromes 1 vel 2 Ui;1=2  Ui;1=2 einen Faktor als die Konvektionsgeschwindigkeit (Ui;1=2 ) und den anderen Faktor als die Erhaltungsgr¨oße selbst auffassen, und f¨ur beide Faktoren unterschiedliche Interpolationen verwenden:

F (U  i ; 1=2) = 21 Uivel ;1=2  Ui;1=2 :

(3.51)

3.4: SPLITTING-VERFAHREN UND QTVD-DISKRETISIERUNG

157

Da dabei der numerische Konvektionsstrom in zwei Teile aufgespalten wird, kann man alle Verfahren, die die Darstellung (3.51) verwenden, auch als Splitting-Verfahren“ be” ¨ zeichnen. Ublicherweise wird bei einem Splitting-Verfahren f¨ur diejenige Komponente, die die Konvektionsgeschwindigkeit beschreibt, einheitlich die lineare Interpolation eingesetzt 1 Uivel ;1=2 = 2 (Ui;1 + Ui ) = Ul :

F (U  i ; 1=2) = 21 Ul  Ui;1=2:

(3.52)

Die Approximation der Gr¨oße Ui;1=2 kann je nach Verfahren unterschiedlich erfolgen. Einsatz von Ui;1=2 = Uiup ;1=2 f¨uhrt zu der UPWIND-Variante des Splitting-Verfahrens, die CDS-Variante wird durch Einsatz von Ui;1=2 = Uicds ;1=2 erzeugt. Die resultierende Diskretisierungsformel sieht in diesem Fall folgendermaßen aus:

Ui +Ui+1 Ui;1 +Ui U i ; U i 0:5Ur 2 ; 0:5Ul 2 = 0: CDS(SPLITTING) : t + x

(3.53)

Man beachte, daß sich diese Formel vom CDS(SL)-Verfahren (2.29) f¨ur die lineare Gleichung nur dadurch unterscheidet, daß anstatt von ai+1=2 und ai;1=2 diesmal Terme 0:5Ur und 0:5Ul verwendet werden. Setzt man die Approximation Ui;1=2 = Uitvd ;1=2 in den Ausdruck (3.52) ein, so f¨uhrt das zu einem Verfahren, das zwar keine TVD-Eigenschaft besitzt, aber dennoch ein TVD-¨ahnliches Verhalten aufweist. Wir bezeichnen den resultierenden Konvektionsstrom als Quasi-TVD (QTVD):

F qtvd(U  i ; 1=2) = 12 Ul  Uitvd ;1=2:

(3.54)

Im Gegensatz zu Flux-Limiter- und Slope-Limiter-TVD-Str¨omen, die in den vorigen 2 Abschnitten definiert wurden, gilt f¨ur den QTVD-Strom unabh¨angig vom Vorzeichen von Ul folgende einheitliche Darstellung:

F qtvd(U  i ; 1=2) = F up(U  i ; 1=2) + F dc(U  i ; 1=2)

(3.55)

mit

F up(U  i ; 1=2) = max(0:5Ul 0)  Ui;1 ; max(;0:5Ul 0)  Ui F dc(U  i ; 1=2) = l  21  j0:5Ul j  (Ui ; Ui;1):

(3.56) (3.57)

Auch diese Darstellung unterscheidet sich vom TVD(SL)-Strom f¨ur die lineare Gleichung lediglich durch die Verwendung des Termes von 0:5Ul anstelle von ai;1=2 (vgl. (2.57, 2.58, 2.59)).

158

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

TEST No.7, UPWIND, dx=0.01 : E(dx)=0.01448

TEST No.7, CDS, dx=0.01 : E(dx)=0.06273 1.2

1.0

1.1

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

0.9

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

1.0 0.9

0.8

0.8 0.7

0.7 0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0.5

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

.

.

TEST No.7, QUICK, dx=0.01 : E(dx)=0.01241

TEST No.7, AGARWAL, dx=0.01 : E(dx)=0.009120 1.0

1.0

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

0.9

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

0.9

0.8 0.8 0.7

0.7

0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

x

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x .

TEST No.7, MC, dx=0.01 : E(dx)=0.004997

TEST No.7, L−AGARWAL, dx=0.01 : E(dx)=0.005259

1.0

1.0

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

0.9

0.8

0.8

0.7

0.7

0.6

0.6 0

0.2

0.4

0.6

0.8

u(i,n) U(i,n) (SPLIT)

0.9

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

0

0.2

x

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

x

Abbildung 3.14: Test No.7: Verlauf der L¨osung auf einem Gitter x = 0:01 f¨ur 6 Splitting-Verfahren.

Setzt man in einem Programm das TVD(SL)-Verfahren fur ¨ alle linearen Gleichungen und das QTVD-Verfahren fur ¨ die Gleichungen zu Bestimmung der Geschwindigkeitskomponenten ein, so erfolgt die Berechnung der Koeffizienten fur ¨ alle Modell¨ gleichungen nach einem einheitlichen Schema, was sowohl die Ubersichtlichkeit des Codes erh¨oht, als auch die Wahrscheinlichkeit eines Programmierfehlers reduziert. Liegt außerdem eine Programmvariante vor, in der eine Upwind(Splitting)-Diskretisierung bereits implementiert ist, so kann dieses Programm auf einfache Weise auf das QTVD-Verfahren umgestellt werden, indem die Korrekturstr¨ome als Quellterme der

159

3.4: SPLITTING-VERFAHREN UND QTVD-DISKRETISIERUNG

Test No.7: E−dx−Diagramm 1e−01

E 1e−02 UPWIND CDS QUICK AGARWAL MC L−AGARWAL 1e−03 .005

0.01

dx

0.025

0.05

0.1

.

Abbildung 3.15: Test No.7: Vergleich von 6 Splitting-Verfahren untereinander.

Upwind-Diskretisierung hinzugefugt ¨ werden. Das ist der Grund, warum in den meisten kommerziellen Softwarepaketen das QTVDVerfahren implementiert wird, obwohl in den Paketbeschreibungen von einer TVD-Diskretisierung gesprochen wird, die oszillationsfreie L¨osungen produziert. Daß tats¨achlich aber Oszillationen auftreten, k¨onnen wir den L¨osungsprofilen f¨ur den Testfall No.7 entnehmen, die mit QTVD-Verfahren mit MC- und AGARWAL-Limitern berechnet wurden (s. Abb. 3.14). Interessant ist, daß selbst die UPWIND-Version des SplittingVerfahrens in diesem Testfall leichte Oszillationen im L¨osungsprofil produziert (Abb. 3.14, ganz oben, links). Gleichzeitig sieht man, daß die Oszillationen in den QTVD-L¨osungen weniger stark ausgepr¨agt sind als in den mit CDS-, QUICK- und AGARVAL-Verfahren berechneten Profilen. Die weitgehende Unterdr¨uckung von Oszillationen beim Einsatz von QTVD-Verfahren f¨uhrt gleichzeitig zu einem besseren Konvergenzverhalten im Vergleich zu nichtlimitierten Verfahren h¨oherer Ordnung (Abb. 3.15). Vergleicht man den Verlauf von E -x-Kurven der QTVD-Versionen von MC- und L-AGARWAL-Verfahren mit dem der Flux- und Slope-Limiter-Varianten dieser Verfahren (Abbildungen 3.11 und 3.13) so kann man feststellen, daß alle drei Varianten ein sehr a¨ hnliches Konvergenzverhalten aufweisen, wobei die QTVD-Versionen am einfachsten zu implementieren sind. Wir werden daher

160

KAPITEL 3: BURGER-GLEICHUNG

f¨ur alle Simulationen, die im zweiten Teil dieser Arbeit vorgestellt werden, ausschließlich die QTVD-Diskretisierung f¨ur die nichtlinearen Navier-Stokes-Gleichungen verwenden, die im Abschnitt 4.4 noch ausf¨uhrlich beschrieben wird. Wir beenden hiermit die Betrachtung von eindimensionalen hyperbolischen Gleichungen und fahren im n¨achsten Kapitel mit der Untersuchung der linearen und nichtlinearen Gleichungen in zwei Dimensionen fort.

Kapitel 4

Mehrdimensionale Probleme 4.1

Lineare Konvektionsgleichung in zwei Dimensionen

In diesem Kapitel werden wir die Diskretisierung einer mehrdimensionalen linearen Konvektionsgleichung behandeln. Wir beschr¨anken uns dabei auf den zweidimensionalen Fall, da die Erweiterung auf den 3-D Fall analog durchgef¨uhrt werden kann. Die zweidimensionale lineare Konvektionsgleichung sieht folgendermaßen aus:

@ u(x y t) + @ (a(x y)u(x y t)) + @ (b(x y)u(x y t)) = 0: @t @x @y

(4.1)

Der Fall konstanter Konvektionsgeschwindigkeiten (a  const, b  const) wird diesmal nicht wie im 1-D Fall separat behandelt, sondern nur als ein Spezialfall der allgemeineren Gleichung (4.1) betrachtet. Im Unterschied zu vorigen Kapiteln werden wir gleich mit der Herleitung der Finite-Volumen-Formulierung beginnen. Einige analytische Testf¨alle werden in folgenden Abschnitten pr¨asentiert. Dort sind auch die entsprechenden Anfangs- und Randbedingungen spezifiziert. Wir gehen deshalb zun¨achst von einem unendlichen Berechnungsgebiet aus, und definieren das numerische Gitter durch

xi = i  x i = ::: ;1 0 1 2 ::: yj = j  y j = ::: ;1 0 1 2 ::: tn = n  t n = 0 1 2 ::: Das Wertepaar (xi yj ) definiert den Mittelpunkt des Kontrollvolumens mit dem Doppelindex (i j ). Definiert man weiter

xi1=2 = xi  x=2 = (i  1=2)  x 161

162

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

yj1=2 = yj  y=2 = (j  1=2)  y so wird das Volumenelement selbst durch xi;1=2

xi+1=2]  yj;1=2 yj+1=2] festgelegt.

Wir bezeichnen mit U i j und Ui j die numerischen Approximationen der exakten L¨osung der Konvektionsgleichung an der Stelle (xi yj ) zu den Zeitpunkten t = tn und t = tn+1 :

U i j u(xi yj tn) Ui j u(xi yj tn+1): Nun wird die Differentialgleichung (4.1) u¨ ber das Kontrollvolumen xi;1=2 xi+1=2]  yj;1=2 yj+1=2] sowie uber ¨ das Zeitintervall tn tn+1 ] integriert

tZn+1 xiZ+1=2 yjZ+1=2 1 xyt tn xi;1=2 yj;1=2 (ut + (au)x + (bu)y )dydxdt = 0

(4.2)

und die einzelnen Terme durch die Werte fU : g und fU: g approximiert. Geht man dabei a¨ hnlich wie im Abschnitt 1.3 vor, so erh¨alt man folgende Finite-Volumen-Formulierung f¨ur die zweidimensionale lineare Konvektionsgleichung

Ui j ; U i j + F (U  i + 1=2 j ) ; F (U  i ; 1=2 j ) t x + G(U  i j + 1=2);yG(U  i j ; 1=2) = 0:

(4.3)

mit

tZn+1 yjZ+1=2 1 1 a(xi;1=2 y)u(xi;1=2 y t)dydt F (U  i ; 1=2 j ) t y y tn j;1=2

a(xi;1=2 yj )u(xi;1=2 yj tn+1) (aU )i;1=2 j

(4.4)

tZn+1 xiZ+1=2 1 1 G(U  i j ; 1=2) t x b(x yj;1=2)u(x yj;1=2 t)dxdt tn xi;1=2

b(xi yj;1=2)u(xi yj;1=2 tn+1) (bU )i j;1=2

(4.5)

4.1: LINEARE KONVEKTIONSGLEICHUNG IN ZWEI DIMENSIONEN

163

so daß die Gleichung (4.3) auch folgendermaßen geschrieben werden kann:

Ui j ; U i j + (aU )i+1=2 j ; (aU )i;1=2 j + (bU )i j+1=2 ; (bU )i j;1=2 = 0: t x y Im Spezialfall konstanter Konvektionsgeschwindigkeiten (a  const, b  const) gilt

Ui j ; U i j + a Ui+1=2 j ; Ui;1=2 j + b Ui j+1=2 ; Ui j;1=2 = 0: t x y Da die Gitterfunktion U nur in den Zentren der Kontrollvolumina definiert ist, m¨ussen die Werte der Gitterfunktion auf den R¨andern der Kontrollvolumina interpoliert werden. Wie im 1-D Fall kann man zeigen, daß eine st¨uckweise-konstante Interpolation der Gitterfunktion, bei der der Wert an der stromaufw¨arts liegenden Stelle genommen wird (2-D-UPWIND) zu einem Verfahren erster Ordnung f¨uhrt, das an numerischer Diffusion leidet. Eine lineare Interpolation der Gitterfunktion zwischen den Gitterpunkten f¨uhrt zum 2-D-CDS-Verfahren, das 2.Ordnung genau ist, aber starke Oszillationen in der L¨osung verursacht. Wie bei einem 1-D-Problem, nimmt die totale Variation der analytischen L¨osung der linearen Konvektionsgleichung (im Falle a  const, b  const) nicht zu, so daß man versuchen kann, eine numerisches Verfahren zu bilden, das ebenfalls die TVD-Eigenschaft besitzt. Leider kann so ein Verfahren im zweidimensionalen Fall h¨ochstens erster Ordnung genau sein, wie Goodman und LeVeque in [32] gezeigt haben. Man geht deshalb in der Praxis so vor, daß man dieselben Interpolationsans¨atze, welche im 1-D Fall zur Konstruktion eines TVD-Verfahrens gef¨uhrt haben, unver¨andert in den 2-D Fall u¨ bernimmt. Die resultierenden Diskretisierungsverfahren besitzen zwar nicht die TVD-Eigenschaft, produzieren jedoch in den meisten bekannten Testf¨allen oszillationsfreie L¨osungen mit einer guten Aufl¨osung von scharfen Fronten und sind auf glatten L¨osungen je nach eingesetzer Limiter-Funktion mindestens 2.Ordnung genau. Man bezeichnet solche Verfahren daher trotzdem als TVDVerfahren, obwohl sie genau gesehen gar keine TVD-Verfahren sind. Sind die Konvektionsgeschwindigkeiten a(x y ) und b(x y ) nicht konstant, so bildet man ein Diskretisierungsverfahren, das im Spezialfall a  const, b  const mit dem TVDVerfahren ubereinstimmt. ¨ Dabei kann man ebenfalls die eindimensionalen Interpolationsans¨atze direkt u¨ bernehmen (s. Abschnitt 2.2). Da im 1-D Fall nur die Slope-Limiter-Verfahren oszillationsfreie L¨osungen erzeugt haben (s. Abschnitt 2.2), sollte man sie auch

164

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

im 2-D Fall einsetzen. Analog zu (2.57) gilt dann unter Verwendung von Abk¨urzungen l“=(i ; 1=2 j ), ”u“=(i j ; 1=2): ” (aU )i;1=2 j = F tvd(U  l) = F up(U  l) + F dc(U  l) (4.6)

(bU )i j;1=2 = Gtvd (U  u) = Gup(U  u) + Gdc (U  u)

(4.7)

wobei die UPWIND-Str¨ome wie in (2.58) –

F up(U  l) = max(al 0)  Ui;1 j ; max(;al 0)  Ui j

(4.8)

Gup(U  u) = max(bu 0)  Ui j;1 ; max(;bu 0)  Ui j

(4.9)

– und die Korrekturstr¨ome wie in (2.59) definiert werden:

F dc(U  l) = l  12  jalj  (Ui j ; Ui;1 j ) (4.10) Gdc (U  u) = u  21  jbuj  (Ui j ; Ui j;1): (4.11) Dabei bezeichnen al und bu die Geschwindigkeitswerte a(xi;1=2 yj ) und b(xi yj ;1=2). Die Gewichtungsfaktoren werden durch die Limiter-Funktion definiert ( l = (l ), u = (u)), und f¨ur l und u gilt ; UI ;1 j  = Ui J ; Ui J ;1 l = UUI j ; (4.12) u Ui j ; Ui j;1 i j Ui;1 j mit

8 8 > > < i ; 1 wenn al 0 < j ; 1 wenn bu 0 I=> und J = > : i + 1 wenn al < 0: : j + 1 wenn bu < 0:

Ist die Gr¨oße l bzw. u nicht definiert, da Ui j ; Ui;1 j der entsprechende Gewichtungsfaktor zu Null gesetzt.

(4.13)

= 0 bzw. Ui j ; Ui j;1 = 0, so wird

In den n¨achsten zwei Abschnitten wird das so konstruierte TVD-Verfahren an zwei Beispielen mit konstanten und einem Beispiel mit variablen Konvektionsgeschwindigkeiten getestet.

4.2 Fall einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit In diesem Abschnitt wollen wir das Verhalten von unterschiedlichen Diskretisierungsverfahren an 2 Testbeispielen f¨ur den Fall einer konstanten Konvektionsgeschwindigkeit untersuchen. Unter der Annahme a(x y )  a  const, b(x y )  b  const l¨aßt sich die

4.2: FALL EINER KONSTANTEN KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

165

zweidimensionale Konvektionsgleichung (4.1) folgendermaßen schreiben:

ut + aux + buy = 0:

(4.14)

Das Cauchy-Problem wird durch die Anfangsbedingung

u(x y t = 0) = u0(x y) x y 2 (;1 +1):

(4.15)

definiert. Analog zum eindimensionalen Fall kann man zeigen, daß die analytische L¨osung des Cauchy-Problems f¨ur den Fall einer stetig differenzierbaren Anfangbedingung lautet

u(x y t) = u0(x ; at y ; bt):

(4.16)

Ist die Anfangsbedingung u0 (x y ) nicht differenzierbar, so kann die Funktion (4.16) als schwache L¨osung der Konvektionsgleichung (4.14) interpretiert werden (die der Differentialgleichung (4.14) entsprechende Integralform l¨aßt sich analog zu (1.18) herleiten). Wir wollen nun zwei Testf¨alle untersuchen, wovon in einem Fall die Anfangsbedingung diskontinuierlich und in anderem Fall stetig differenzierbar ist. In beiden F¨allen werden f¨ur die Geschwindigkeitskomponenten die Werte a = b = 1 angenommen. Das entspricht einem homogenen Str¨omungsfeld in der xy -Ebene und die Stromrichtung verl¨auft parallel zur Geraden y = x. Die analytische L¨osung lautet in beiden F¨allen

u(x y t = 0) = u0(x ; t y ; t):

(4.17)

Testbeispiel No.8. Wir untersuchen zun¨achst den Fall einer diskontinuierlichen L¨osung. Die Anfangsbedingung sei durch folgende Funktion gegeben:

8 > < 1 wenn (x y) 2 0:2 0:4]  0:2 0:4] u0(x y) = > : 0 ansonsten

(4.18)

Die analytische L¨osung der Gleichung (4.14) lautet entsprechend

8 > < 1 wenn (x ; t y ; t) 2 0:2 0:4]  0:2 0:4] u(x y t) = > : 0 ansonsten

(4.19)

Wir sind an der Entwicklung der L¨osung im Zeitintervall t 2 0 0:5] interessiert. W¨ahrend dieses Zeitintervalls liegt der Bereich, in dem die L¨osung ungleich Null ist, innerhalb des Quadrates (x y ) 2 0 1]  0 1], so daß wir uns bei der numerischen Berechnung der L¨osung

166

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

.

u(x,y,t=0)

u(x,y,t=0.5)

START

1 0.8

0.8

0.6

0.6

0.4

0.4

0.2

0.2

1

0.8

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6 x

0.8

T=0.5s

1

1

1

0.8

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6 x

0.8

Abbildung 4.1: Test No.8: Anfangsprofil und L¨osungsverlauf zum Zeitpunkt t = 0:5s.

auf dieses Gebiet beschr¨anken werden. An beiden Einstr¨omr¨andern werden dabei triviale Randbedingungen spezifiziert:

u(0 y t) = 0 y 2 0 1] t > 0

(4.20)

u(x 0 t) = 0 x 2 0 1] t > 0:

(4.21)

Das Startprofil der L¨osung sowie deren Verlauf zum Zeitpunkt t = 0:5 ist in der Abb. 4.1 dargestellt. In der Abbildung 4.2 sind die auf einer Maschenweite x = y = 0:01 berechneten L¨osungen f¨ur 8 Verfahren gegen¨ubergestellt. Der Vorteil der limitierten Verfahren ist eindeutig zu erkennen. Die UPWIND-L¨osung leidet stark an numerischer Diffusion, so daß das Maximum der numerischen L¨osung fast 30% unter dem Maximalwert der exakten L¨osung liegt. Die CDS-, QUICK- und AGARWAL-L¨osungen leiden dagegen an starken Oszillationen, wobei der Maximalwert zu hoch und der Minimalwert zu niedrig ausf¨allt. Alle vier TVD-Verfahren liefern dagegen oszillationsfreie Profile, wobei sowohl das Maximum als auch das Minimum der numerischen und der exakten L¨osung u¨ bereinstimmen. Die MC-, L-QUICK- und L-AGARWAL-Verfahren produzieren dabei sehr a¨ hnliche Ergebnisse. Die mit Abstand genaueste L¨osung liefert allerdings der Superbee-Limiter, und zwar nicht nur auf dem hier dargestellten Gitter von 100  100 St¨utzstellen, sondern auch bei gr¨oberen Aufl¨osungen, wie aus dem E -x-Diagramm (Abb. 4.3) ersichtlich ist (es wurde stets x = y genommen). Das beschriebene Verhalten von allen 8 Verfahren sowie deren Reihenfolge in Bezug auf die Genauigkeit stimmen somit mit dem eindimensionalen Fall (Test No.2) vollst¨andig u¨ berein.

Testbeispiel No.9. In diesem Testbeispiel wird der Fall einer stetig differenzierbaren L¨osung untersucht. Die Anfangsbedingung sei durch folgende Funktion gegeben:

u0(x y) = sin(2x)  sin(2y):

(4.22)

1

167

4.2: FALL EINER KONSTANTEN KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

.

UPWIND MIN=0.00

CDS MIN=-0.47 MAX=1.63 ERR=0.051

MAX=0.71 ERR=0.037

QUICK MIN=-0.13 MAX=1.26 ERR=0.014

AGARWAL MIN=-0.07 MAX=1.14 ERR=0.013

SUPERBEE

MC

MIN=0.00

MIN=0.00

MAX=1.00

MAX=1.00

ERR=0.007

ERR=0.012

L-QUICK

L-AGARWAL

MIN=0.00

MIN=0.00

MAX=1.00

MAX=1.00

ERR=0.011

ERR=0.011

Abbildung 4.2: Test No.8: L¨osungsverlauf zum Zeitpunkt y = 0:01 f¨ ur 8 Verfahren.

t

: s auf einem Gitter x

= 05

=

168

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

TEST No.8: E−dx−Diagramm 1e−01

E UPWIND Superbee MC L−AGARWAL L−QUICK

1e−02

0.01

0.025

0.05

0.1

dx,dy .

Abbildung 4.3: Test No.8: Vergleich von 4 Limitern untereinander.

Die analytische L¨osung der Gleichung (4.14) lautet entsprechend

u(x y t) = sin(2(x ; t))  sin(2(y ; t)):

(4.23)

Sie ist periodisch bez¨uglich x, y und t und die Periode betr¨agt 1. Wir k¨onnen uns somit bei der numerischen Berechnung der L¨osung wieder auf das Quadrat (x y ) 2 0 1]  0 1] beschr¨anken. Damit die L¨osung eindeutig bestimmt ist, m¨ussen noch die Randbedingungen an den Einstr¨omr¨andern spezifiziert werden. Man kann dazu entweder die Werte der analytischen L¨osung (4.23) am Rand einsetzen:

u(0 y t) = ; sin(2t)  sin(2(y ; t)) y 2 0 1] t > 0

(4.24)

u(x 0 t) = ; sin(2t)  sin(2(x ; t)) x 2 0 1] t > 0

(4.25)

oder periodische Randbedingungen verwenden:

u(0 y t) = u(1 y t) y 2 0 1] t > 0

(4.26)

u(x 0 t) = u(x 1 t) x 2 0 1] t > 0:

(4.27)

169

4.2: FALL EINER KONSTANTEN KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

t=0 und t=1

u(x,y,t) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 1

.

0.8

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6 x

0.8

1

Abbildung 4.4: Test No.9: Anfangsprofil bzw. der L¨osungsverlauf zum Zeitpunkt t = 1s.

Aus mathematischer Sicht sind diese beiden S¨atze von Randbedingungen a¨ quivalent, da sie zu ein und derselben L¨osung f¨uhren, die durch (4.23) definiert ist. Numerisch implementiert, f¨uhren sie jedoch zu unterschiedlichen L¨osungen. Die physikalischen Randbedingungen (4.24, 4.25) f¨uhren zu numerischen Randbedingungen:

U0j = ; sin(2tn+1)  sin(2(yj ; tn+1 )) j = 0 N

(4.28)

Ui0 = ; sin(2tn+1)  sin(2(xi ; tn+1)) i = 0 N:

(4.29)

Damit stimmen die analytische und die numerische L¨osung an Einstr¨omr¨andern zu allen Zeitpunkten genau u¨ berein, wodurch die Genauigkeit der numerischen L¨osung im Inneren des Berechnungsgebietes u¨ ber l¨angere Zeit erhalten bleibt. Die periodischen physikalischen Randbedingungen (4.26, 4.27) f¨uhren entsprechend zu periodischen numerischen Randbedingungen:

U0j = UNj j = 0 N

(4.30)

Ui0 = UiN i = 0 N:

(4.31)

Damit werden die numerischen Fehler, die am Ausstr¨omrand entstehen, u¨ ber den Einstr¨omrand wieder eingeschleust“, was dazu f¨uhrt, daß sich die numerischen Fehler im Inneren ” des Berechnungsgebietes u¨ ber l¨angere Zeit ansammeln k¨onnen.

170

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

TEST No.9: E−dx−Diagramm

1e−01

E 1e−02 UPWIND Superbee MC L−AGARWAL L−QUICK 1e−03

0.01

0.025

0.05

0.1

dx,dy .

Abbildung 4.5: Test No.9: Vergleich von 4 Limitern untereinander.

Wir beginnen mit der Untersuchung der Randbedingunen (4.28, 4.29) und vergleichen die numerische und die exakte L¨osung zum Zeitpunkt t = 1. Zu diesem Zeitpunkt stimmt die exakte L¨osung (4.23) mit der Anfangsbedingung (4.22) uberein. ¨ Sie ist in Abb. 4.4 dargestellt. Auf die Darstellung der numerischen L¨osungen werden wir diesmal verzichten, da diese bei allen untersuchten TVD-Verfahren von der exakten L¨osung visuell kaum zu unterscheiden ist. Stattdessen schauen wir uns die E -x-Kurven f¨ur 4 untersuchten Limiter an (Abb. 4.5). Man sieht, daß alle vier TVD-Verfahren wesentlich genauer als das UPWIND-Verfahren sind. Die nach (1.85) berechnete Approximation f¨ur die Konvergenzordnung der Verfahren betr¨agt 1.64 f¨ur Superbee, 1.88 f¨ur L-QUICK, 1.89 f¨ur MC und 1.96 f¨ur L-AGARWAL. Man kann davon ausgehen, daß auf feineren Gittern die Konvergenzordnung von 2 erreicht wird. Das MC- und das L-QUICK-Verfahren haben fast identische E -x-Kurven, L-AGARWAL ist nur unwesentlich genauer (maximal 20% auf dem feinsten der untersuchten Gitter). Das Verhalten des Superbee-Limiters ist typisch f¨ur die glatten L¨osungsfunktionen. Auf dem gr¨obsten Gitter liefert das Verfahren die genauesten L¨osungen, danach wird die Konvergenz durch die Antidiffusion des Verfahrens stark beeintr¨achtigt. Entscheidend ist jedoch, daß auch dieses Verfahren eine h¨ohere Konvergenzordnung als UPWIND hat, und gleichzeitig

171

4.2: FALL EINER KONSTANTEN KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

.

u(x,y,t) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 1

0.8

UPWIND, t=2 MIN=-0.454 MAX=0.454 ERR=0.221

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

u(x,y,t) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 1

0.8

0.4

0.6 x

0.8

MC, t=10 MIN=-0.947 MAX=0.947 ERR=0.017

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

0.4

0.6 x

0.8

u(x,y,t) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 1 1 0.8

SUPERBEE, t=10 MIN=-0.996 MAX=0.996 ERR=0.025

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

u(x,y,t) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 1 1 0.8

0.4

0.6 x

1

0.8

L-AGARWAL, t=10 MIN=-0.959 MAX=0.959 ERR=0.004

0.6 0.4 y

0.2

0

0

0.2

0.4

Abbildung 4.6: Test No.9: L¨osungsverlauf zum Zeitpunkt t = 2s (UPWIND) bzw. (TVD-Verfahren) auf einem Gitter x = y = 0:01.

0.6 x

t

0.8

= 10

1

s

an keinen Oszillationen (im Gegensatz zu allen linearen Verfahren h¨oherer Ordnung) leidet. Nun wenden wir uns dem Fall periodischer Randbedingungen (4.30, 4.31) zu. Wie oben bereits erw¨ahnt, ist dieser Fall sehr gut daf¨ur geeignet, um das Langzeitverhalten unterschiedlicher Diskretisierungen zu untersuchen. Wir w¨ahlen dazu den Zeitpunkt t = 10s. Auch zu diesem Zeitpunkt stimmt die exakte L¨osung der Konvektionsgleichung mit der Anfangsbedingung (4.22) u¨ berein, die in der Abb. 4.4 dargestellt wurde. Beim Einsatz des UPWIND-Verfahrens hat die numerische L¨osung zu diesem Zeitpunkt einen sehr flachen Verlauf, so daß auf die Darstellung der L¨osung zum Zeitpunkt t = 10s verzichtet werden kann. In Abb. 4.6 (oben, links) wird stattdessen die UPWIND-L¨osung zum Zeitpunkt t = 2s dargestellt. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat die L¨osung eine mehr als 50% kleinere Amplitude als die exakte L¨osung der Gleichung, was auf den starken Einfluß der numerischen Diffusion zur¨uckzuf¨uhren ist. Zum Zeitpunkt t = 10s hat die numerische L¨osung eine Amplitude von lediglich 0.012, weniger als 2% des Soll-Wertes. In der Abbildung 4.6 (oben, rechts) ist die mit Superbee-Verfahren berechnete L¨osung dargestellt. Im Gegensatz zur UPWIND-L¨osung leidet die Superbee-L¨osung nicht an einer

172

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

Abflachung, sondern an einer Aufsteilung. Das ist dem bereits im 1-D Fall diskutierten antidiffusiven Charakter des Superbee-Limiters zu verdanken. Obwohl die glatten Fl¨achen steiler werden, schießen sie nicht uber ¨ die zul¨assigen Grenzen hinaus, so daß die Minimumund Maximumwerte der exakten L¨osung nicht u¨ berschritten werden. Obwohl die SuperbeeL¨osung etwas eckig und unnat¨urlich wirkt, hat sie zum Zeitpunkt t = 10s eine fast 10fach h¨ohere Genauigkeit, als die UPWIND-L¨osung nach nur 2 Sekunden Echtzeit. Auch die mit MC-Limiter berechnete L¨osung leidet an der numerischen Antidiffusion, im Vergleich zur Superbee-L¨osung sieht sie jedoch wesentlich glatter aus. Der numerische Fehler wird allerdings nur um 33% im Vergleich zur Superbee-L¨osung reduziert. Die mit Abstand genaueste L¨osung liefert das L-AGARWAL-Verfahren. Das L¨osungsprofil wirkt sehr glatt, der numerische Fehler geht um Faktor 4 (!) zur¨uck im Vergleich zur MC-L¨osung. Zusammenfassung. Bei der L¨osung der zweidimensionalen Konvektionsgleichung mit konstanten Geschwindigkeiten liefern alle TVD-Verfahren sowohl im Falle einer diskontinuierlichen als auch im Falle einer glatten L¨osungsfunktion sehr genaue L¨osungsprofile, die keinerlei unphysikalische Oszillationen aufweisen.

4.3 Fall einer variablen Konvektionsgeschwindigkeit In diesem Abschnitt wollen wir das Verhalten von unterschiedlichen Diskretisierungsverfahren an einem Testbeispiel f¨ur den Fall einer variablen Konvektionsgeschwindigkeit untersuchen. Ein sehr beliebtes Beispiel einer variablen Geschwindigkeit ist ein rotierendes Str¨omungsfeld:

a(x y) = ;(y ; y0)

(4.32)

b(x y) = (x ; x0):

(4.33)

Das Koordinatenpaar (x0 y0) beschreibt den Mittelpunkt der Rotation, so daß diesem Str¨omungsfeld ein um den Punkt (x0 y0) rotierendes L¨osungsprofil entspricht. Man nennt diese Testaufgabe deshalb oft Festk¨orperrotationsproblem ( solid body rotation“). ” Wir werden uns bei der numerischen Berechnung wieder auf das quadratische Berechnungsgebiet (x y ) 2 0 1] 0 1] beschr¨anken und w¨ahlen deshalb den Punkt (x0 y0) = (0:5 0:5) als Rotationszentrum. Als Startprofil u0(x y ) nehmen wir eine Funktion, die von LeVeque [78] vorgeschlagen wurde und deren Profil in der Abbildung 4.7 graphisch dargestellt ist (Test No.10). Das L¨osungsprofil beschreibt drei Festk¨orper“: eine Scheibe mit einem Schlitz, einen Kegel ”

173

4.3: FALL EINER VARIABLEN KONVEKTIONSGESCHWINDIGKEIT

u(x,y,t=0) START

1 0.8 0.6 0.4 0.2 1

0.8

0.6 0.4 y

0.2

.

0

0

0.2

0.4

0.6 x

0.8

1

Abbildung 4.7: Test No.10: Startprofil nach LeVeque [78].

und einen glatten Buckel. Dieser Festk¨orpersatz macht eine volle Umdrehung innerhalb von 2 Sekunden, so daß die L¨osung der Konvektionsgleichung zu den Zeitpunkten

t = 2 4 6 ::: mit dem Startprofil u¨ bereinstimmt. In der Abbildung 4.8 sind die L¨osungsprofile, berechnet mit UPWIND sowie 3 TVD-Verfahren, nach einer bzw. zehn vollen Umdrehungen dargestellt. Man sieht, daß die UPWIND¨ L¨osung bereits nach einer Umdrehung keine Ahnlichkeit mit dem Startprofil hat, und nach 10 Umdrehungen fast vollst¨andig uber ¨ die R¨ander des Berechnungsgebietes wegdiffundiert ist. Dagegen liefern alle 3 TVD-Verfahren sehr genaue L¨osungen nach einer Umdrehung. Die MC- und L-ARAGWAL-Profile sind ziemlich a¨ hnlich und weisen fast gleiche Genauigkeit auf. Die Superbee-L¨osung hat eine fast doppelt so hohe Genauigkeit, die vor allem aus der besseren Aufl¨osung der Scheibe resultiert. Nach 10 Umdrehungen ist Superbee das einzige Verfahren, bei dem der Schlitz in der Scheibe noch deutlich zu erkennen ist. Daf¨ur sind der Kegel und der Buckel bei den beiden anderen Verfahren viel besser aufgel¨ost, w¨ahrend beim Superbee-Verfahren diese beiden Teile der L¨osung infolge der Antidiffusion fast senkrechte Seitenfl¨achen bekommen. Entscheidend ist, daß auch in diesem Testfall eine dem UPWIND-Verfahren deutlich u¨ berlegene Genauigkeit aller TVD-Diskretisierungen nicht auf Kosten eines unphysikalischen Verhaltens der L¨osung erzielt wird.

174

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

.

UPWIND

UPWIND

MIN=0.00

MIN=0.07

MAX=0.53

MAX=0.14

ERR=0.106

ERR=0.160

SUPERBEE

SUPERBEE

MIN=0.00

MIN=0.00

MAX=1.00

MAX=1.00

ERR=0.016

ERR=0.035

MC

MC

MIN=0.00

MIN=0.00

MAX=0.98

MAX=0.78

ERR=0.030

ERR=0.062

L-AGARWAL

L-AGARWAL

MIN=0.00

MIN=0.00

MAX=0.99

MAX=0.78

ERR=0.027

ERR=0.048

Abbildung 4.8: Test No.10: L¨osungsverlauf nach 1 (links) und 10 (rechts) Umdrehungen auf einem Gitter x = y

:

= 0 01 f¨ ur

4 Verfahren.

175

4.4: DISKRETISIERUNG DER NAVIER-STOKES-GLEICHUNGEN

4.4

Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen

In diesem Abschnitt wollen wir auf die Besonderheiten eingehen, die mit der Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen verbunden sind. Wir beschr¨anken uns dabei wiederum auf den zweidimensionalen Fall und setzen außerdem voraus, daß die Str¨omung inkompressibel ist. Die letzte Annahme ist f¨ur die Konstruktion des Verfahrens nicht entscheidend, sie macht jedoch die Analogie zur zweidimensionalen Konvektionsgleichung, die wir sp¨ater ausnutzen werden, mehr transparent. Die Navier-Stokes-Gleichung ist eine vektorielle Gleichung, so daß man im 2-D Fall zwei skalare Gleichungen ber¨ucksichtigen muß – je eine Gleichung pro Koordinatenrichtung. Da beide Gleichungen a¨ hnlich sind, beschr¨anken wir uns auf die Beschreibung der Erhaltungsgleichung der Fluidgeschwindigkeit in x-Richtung. Bezeichnet man diese wie u¨ blich mit u, die y -Geschwindigkeit mit v , die Dichte mit % und den Druck mit p, so lautet die x-Impulsbilanz in der konservativen Form

(%u)t = ;px ; (%u2 ; ux)x ; (%uv ; uy )y + %gx

(4.34)

Hier bezeichnet gx - die x-Komponente der Erdbeschleunigung, und – die dynamische Viskosit¨at des Fluids. Wir teilen alle Terme dieser Gleichung durch die als konstant angenommene Dichte, und bringen die Konvektionsterme auf die linke Seite:

ut + (u2)x + (uv)y = ; 1% px + uxx + uyy + gx:

(4.35)

Hier bezeichnet  die (als konstant angenommene) kinamatische Viskosit¨at des Fluids. F¨ur die Herleitung der Finite-Volumen-Formulierung nehmen wir an, daß das zweidimensionale numerische Gitter, auf dem die Gitterfunktion Ui j definiert ist, genau so wie im Abschnitt 4.1 festgelegt wird. Dabei kann es sein, daß die (ebenfalls unbekannten) Approximationen — Pi j f¨ur den Druck und Vi j f¨ur die y -Geschwindigkeit — auf anderen, versetzten, Gittern definiert sind. Zum jetzigen Zeitpunkt spielt dies jedoch noch keine Rolle. Die Finite-Volumen-Formulierung wird hergeleitet, indem man die Gleichung (4.35) u¨ ber das Kontrollvolumen xi;1=2 xi+1=2]  yj ;1=2 yj +1=2] sowie u¨ ber das Zeitintervall tn tn+1 ] integriert und durch xy t dividiert. Die Behandlung des Drucktermes, der diffusiven Terme und des Quelltermes auf der rechten Seite der Gleichung stellt dabei keine Schwierigkeiten dar. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das klassische Buch von Patankar [93] und beschr¨anken uns auf die Behandlung der Terme auf der linken Seite der Gleichung (4.35). Wir setzen daher die rechte Seite gleich Null und schreiben die resultierende Glei-

176

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

chung folgendermaßen um, wobei der Term u2 explizit in zwei Faktoren aufgespalten wird:

@ u(x y t) + @ (u(x y t)  u(x y t)) + @ (v(x y t)  u(x y t)) = 0: @t @x @y

(4.36)

Ein direkter Vergleich dieser Gleichung mit der zweidimensionalen Konvektionsgleichung (4.1) zeigt, daß der einzige Unterschied zwischen diesen Gleichungen darin besteht, daß die Gleichung (4.36) an Stelle von bekannten Konvektionsgeschwindigkeiten a(x y ) und b(x y) diesmal unbekannte Geschwindigkeitskomponenten u(x y t) und v(x y t) enth¨alt. Die resultierende Finite-Volumen-Formulierung stimmt daher mit der Gleichung (4.3) komplett u¨ berein, wobei die numerischen Konvektionsstr¨ome

F (U  i ; 1=2 j ) und G(U  i j ; 1=2) diesmal nicht die Gr¨oßen

(aU )i;1=2 j und (bU )i j;1=2 sondern die nichtlinearen Ausdr¨ucke

(U  U )i;1=2 j und (V  U )i j;1=2

(4.37)

approximieren. Im Abschnitt 3.4 vorigen Kapitels wurde das Splitting-Verfahren f¨ur die Burger-Gleichung pr¨asentiert. Dieses Verfahren behandelt die linearen und nichtlinearen Konvektionsstr¨ome v¨ollig analog, so daß die Approximationsausdr¨ucke f¨ur die linearen Konvektionsstr¨ome durch eine leichte Modifikation an den Fall der nichtlinearen Str¨ome angepaßt werden k¨onnen. Wir setzen nun das Splitting-Verfahren auch f¨ur die Diskretisierung der Gleichung (4.36) ein. Das bedeutet, daß die Approximationsausdr¨ucke (4.6 - 4.13) auch f¨ur die Terme (4.37) eingesetzt werden k¨onnen, wenn die Gr¨oßen al und bu so umdefiniert werden, daß sie die Geschwindigkeiten U (xi;1=2 yj ) und V (xi yj ;1=2 ) approximieren. Bei der Definition von al verwenden wir die lineare Interpolation zwischen den Stellen (xi;1 yj ) und (xi yj ):

al = U (xi;1=2 yj ) = 12 (Ui;1 j + Ui j ):

Die Approximationsformel f¨ur V (x i yj ;1=2) h¨angt davon ab, ob man eine versetzte oder eine nichtversetzte Variablenanordnung verwendet. Bei einer nicht-versetzten Variablenanordnung ist die Gitterfunktion Vi j an denselben Stellen wie die Gitterfunktion Ui j definiert. Man verwendet dann eine lineare Interpolation zwischen den Stellen (xi yj ;1 ) und (xi yj ):

bu = V (xi yj;1=2) = 21 (Vi j;1 + Vi j ):

4.4: DISKRETISIERUNG DER NAVIER-STOKES-GLEICHUNGEN

177

Bei einer versetzten Variablenanordnung nach Harlow und Welch [38] ist die Gitterfunktion Vi j in den Eckpunklten des U -Kontrollvolumens definiert. Man verwendet dann f¨ur die Approximation von V (xi yj ;1=2) eine lineare Interpolation zwischen den Stellen (xi;1=2 yj;1=2) und (xi+1=2 yj;1=2). Bei der Besprechung des Splitting-Verfahrens f¨ur die Burger-Gleichung wurde erw¨ahnt, daß sein wichtigster Vorteil eine relativ einfache und f¨ur alle (linearen sowie nichtlinearen) Gleichungen einheitliche Implementierung ist. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, daß obwohl der Einsatz von Limiter-Funktionen im Rahmen eines Splitting-Verfahrens auf einer Analogie zu Slope-Limiter-Verfahren beruht, das resultierende Verfahren jedoch die TVD-Eigenschaft nicht besitzt. Das als QTVD (quasi-TVD) getaufte Verfahren f¨uhrte im Test No.7 zwar zu deutlich besseren Ergebnissen als die nichtlimitierten Verfahren zweiter Ordnung, eine vollst¨andige Eliminierung der Oszillationen wurde jedoch nicht festgestellt. Im Test No.7 handelte es sich allerdings um eine diskontinuierliche L¨osungsfunktion. Wir wollen nun das QTVD-Verfahren an einem Beispiel testen, bei welchem die L¨osung keine Diskontinuit¨aten aufweist. Als Testfall No.11 untersuchen wir das sogenannte standing vortex problem“. Das str¨o” mende Medium sei nichtviskos und das Berechnungsgebiet sei durch (x y ) 2 0 1]  0 1] gegeben. Die Anfangsbedingung f¨ur die Geschwindigkeit sei durch ein axisymmetrisches rotierendes Str¨omungsfeld gegeben. Wir definieren das Geschwindigkeitsfeld in Polarkoordinaten (ur u ):

ur = 0 8 > > 5r wenn r < 0:2 > < u = > 2 ; 5r wenn 0:2  r  0:4 > > : 0 wenn r > 0:4 wobei die Gr¨oße r folgendermaßen definiert ist

q r = (x ; 0:5)2 + (y ; 0:5)2:

Diese Anfangsbedingung f¨ur das Geschwindigkeitsfeld, dargestellt in Abb. 4.9, bildet gleichzeitig die station¨are L¨osung des Problems. Die numerische L¨osung sollte daher diese Anfangsverteilung m¨oglichst genau beibehalten. In Abb. 4.10 ist das Geschwindigkeitsfeld zum Zeitpunkt t = 3s, berechnet auf einem Gitter mit 65  65 St¨utzstellen mit dem UPWIND (links) und dem QTVD-L-AGARWALVerfahren (rechts), dargestellt. Infolge der numerischen Diffusion nimmt der Maximalwert der Geschwindigkeit in der UPWIND-L¨osung auf 0.47 ab, bei der L-AGARWAL-L¨osung

178

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

.

Abbildung 4.9: Test No.11: Das Flow-Map und die Stromlinien f¨ur das Geschwingkeitsfeld zum Zeitpunkt t = 0s

.

Abbildung 4.10: Test No.11: UPWIND und L-AGARWAL-L¨osung zum Zeitpunkt

t = 3s als Flow-Map.

.

Abbildung 4.11: Test No.11: UPWIND und L-AGARWAL-L¨osung zum Zeitpunkt

t = 3s als Flow-Map (vergr¨oßert).

179

4.4: DISKRETISIERUNG DER NAVIER-STOKES-GLEICHUNGEN

.

Abbildung 4.12: Test No.11: UPWIND und L-AGARWAL-L¨osung zum Zeitpunkt

t = 3s als Stromlininen.

Test No.11: UPWIND vs. L−AGARWAL Vertikale Geschwindigkeit auf der Hoehe y=0.5 1

EXAKT UPWIND L−AGARWAL

0.5

0

−0.5

−1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x .

Abbildung 4.13: Test No.11: Vergleich der L¨osungsprofile auf der H¨ohe y

:

= 0 5.

180

KAPITEL 4: MEHRDIMENSIONALE PROBLEME

betr¨agt der Maximalwert dagegen 0.88. Außerhalb des Kreises mit dem Radius 0.4 ist bei der exakten L¨osung die Geschwindigkeit gleich Null. Die numerische L¨osung ist infolge der Diskretisierungsfehler jedoch ungleich Null. In Abb. 4.11 sind die Geschwindigkeiten in diesem Bereich vergr¨oßert dargestellt. Man sieht, daß auch hier die L-AGARWAL-L¨osung wesentlich genauer als die UPWIND-L¨osung ist. Auch das Stromliniendiagramm f¨ur die L¨ AGARWAL-L¨osung (Abb. 4.12, rechts) zeigt wesentlich mehr Ahnlichkeit mit der exakten L¨osung (Abb. 4.9), als im Falle der UPWIND-L¨osung (Abb. 4.12, links). In der Abb. 4.13 sind die Profile der vertikalen Geschwindigkeitskomponente auf der H¨ohe y = 0:5, berechnet mit beiden Verfahren, der exakten L¨osung gegen¨ubergestellt. Eine wesentlich h¨ohere Genauigkeit des L-AGARWAL-Verfahrens ist deutlich zu erkennen. Entscheidend ist, daß das mit QTVD-Verfahren berechnetes Profil keine unphysikalischen Oszillationen aufweist. Mit diesem Abschnitt schließen wir unsere Ausf¨uhrungen zur Diskretisierung von linearen und nichtlinearen Konvektionstermen bei ein- und mehrdimensionalen Probelmen ab. Im letzten Kapitel des ersten Teils der Arbeit gehen wir noch kurz auf unterschiedliche M¨oglichkeiten der Zeitdiskretisierung unter dem Blickwinkel des TVD-Konzeptes ein.

Kapitel 5

Zeitintegrationsverfahren 5.1

Implizite und explizite Verfahren erster Ordnung

Bei der Herleitung der Finite-Volumen-Formulierung f¨ur die lineare Konvektionsgleichung im Abschnitt 1.3 mußten wir 2 Integrale u¨ ber das Zeitintervall tn tn+1 ] numerisch auswerten (s. (1.49) ). F¨ur diese Auswertung standen uns die Werte der unbekannten Funktion aus den Zeitebenen t = tn und t = tn+1 zu Verf¨ugung. Damit ergeben sich 3 M¨oglichkeiten zur Auswertung der Zeitintegrale im Rahmen der Finite-Volumen-Formulierung. Die erste M¨oglichkeit besteht darin, daß man ausschließlich die Werte der alten“ Zeitebene ” t = tn verwendet. Das f¨uhrt zu einem expliziten Diskretisierungsverfahren. Wird der Konvektionsterm mit Hilfe des UPWIND-Verfahrens diskretisiert, so erh¨alt man bei expliziter Zeitintegration folgende Diskretisierung der linearen Konvektionsgleichung:

Ui ; U i + a U i ; U i;1 = 0: t x Zur Erinnerung: wir bezeichnen mit U immer die Werte der neuen“ Zeitebene ” und mit U – die Werte der alten“ Zeitebene t = tn . ”

(5.1)

t = tn+1

Eine implizite Zeitintegration erh¨alt man, wenn zur Auswertung der Zeitintegrale nur die Werte aus der Zeitebene t = tn+1 eingesetzt werden. Die Eigenschaften des impliziten UPWIND-Verfahrens f¨ur die lineare Konvektionsgleichung wurden im Abschnitt 1.4 ausf¨uhrlich diskutiert, die entsprechende Diskretisierungsformel lautet:

Ui ; U i + a Ui ; Ui;1 = 0: t x

(5.2)

Die dritte M¨oglichkeit besteht darin, daß man bei der Auswertung der Zeitintegrale den Beitrag der Funktionswerte aus beiden Zeitebenen t = tn und t = tn+1 je zu H¨alfte 181

182

KAPITEL 5: ZEITINTEGRATIONSVERFAHREN

ber¨ucksichtigt. Das f¨uhrt zum sogenannten Crank-Nicolson-Verfahren. F¨ur die UPWINDDiskretisierung der Konvektionsterme sieht die Crank-Nicolson-Zeitintegration folgendermaßen aus:

Ui ; U i + a Ui ; Ui;1 + a U i ; U i;1 = 0: t 2 x 2 x

(5.3)

Bei der Herleitung von TVD-Verfahren haben wir uns ausschließlich auf die implizite Zeitintegration beschr¨ankt. Man kann aber genauso gut Diskretisierungsverfahren mit der TVDEigenschaft auf anderen Zeitintegrationverfahren aufbauen. Die Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Zeitintegrationverfahren sind das Thema dieses Abschnittes. Der gr¨oßte Vorteil von expliziten Verfahren ist ihre einfache und kosteng¨unstige numerische Behandlung, da die resultierenden Gleichungssysteme nach den Funktionswerten der neuen Zeitebene explizit aufgel¨ost werden k¨onnen. So kann die explizite UPWINDDiskretisierung (5.1) folgendermaßen umgeschrieben werden:

Ui = U i ; axt (U i ; U i;1):

(5.4)

Dies erm¨oglicht eine direkte Berechnung des unbekannten“ Wertes Ui aus den bekannten ” Werten U i und U i;1 . Die implizite UPWIND-Diskretisierung (5.2) f¨uhrt dagegen zu einem Gleichungssystem

 at  at U = U 1+ U i; i x x i;1

(5.5)

aus welchem die Werte der neuen Zeitebene nur mittels einer rechenzeitintensiveren algebraischen L¨osung ermittelt werden k¨onnen. Der Vorteil von expliziten Verfahren wird noch deutlicher bei nichtlinearen TVD-Verfahren bzw. bei der Diskretisierung nichtlinearer Gleichungen, da bei impliziten Verfahren das resultierende System infolge der Nichtlinearit¨at iterativ gel¨ost werden muß. Allerdings sind die expliziten Verfahren mit einer starken Einschr¨ankung verbunden. Sie betrifft die maximal zul¨assige Zeitschrittweite. W¨ahrend alle in vorigen Kapiteln betrachteten impliziten Verfahren (abgesehen von der unphysikalischen Downwind-Diskretisierung) absolut (d.h. unabh¨angig von der Zeitschrittweite) stabil sind, sind alle expliziten Verfahren entweder bedingt stabil oder sogar absolut instabil. Bedingte Stabilit¨at bedeutet, daß das Diskretisierungsverfahren nur dann stabil ist, wenn die Zeitschrittweite t nicht gr¨oßer als ein maximal zul¨assiger Wert t0 ist. F¨ur das explizite UPWIND-Verfahren (5.1) bedeutet das z.B., daß die Zeitschrittweite t folgende Stabilit¨atsbedingung

t  ax

(5.6)

5.1: IMPLIZITE UND EXPLIZITE VERFAHREN ERSTER ORDNUNG

183

erf¨ullen muß. Das implizite UPWIND-Verfahren (5.2) kann dagegen f¨ur beliebige Werte von t eingesetzt werden. Es ist interessant, daß gerade im Falle einer linearen Konvektionsgleichung mit konstanter Geschwindigkeit die absolute Stabilit¨at von impliziten Verfahren keinerlei Vorteile bringen kann. Wir erinnern uns an die Methode der modifizierten Differentialgleichung, die im Kapitel 1 mehrmals angewandt wurde. So lautete die modifizierte Differentialgleichung f¨ur das implizite UPWIND-Verfahren (vgl. 1.87):

ut + aux = a2 x uxx:

(5.7)

Bei der Herleitung dieser Gleichung haben wir allerdings den Zeitfehleranteil aus dem lokalen Abbruchfehler der UPWIND-Diskretisierung durch einen Grenz¨ubergang t ! 0 bereits eliminiert. F¨ur einen endlichen Wert von t lautet die modifizierte Differentialgleichung f¨ur das implizite UPWIND-Verfahren dagegen

ut + aux = a2 x uxx + 2t utt:

(5.8)

Die implizite Formulierung kann also als UPWIND-Diskretisierung der Zeitableitung aufgefaßt werden und f¨uhrt genauso zu einer numerischen Diffusion wie die UPWIND-Diskretisierung der Ortsableitung. Der negative Einfluß dieser zeitintegrationsbedingten“ nume” rischen Diffusion ist um so st¨arker, je intensiver sich die L¨osung der Differentialgleichung ¨ mit der Zeit a¨ ndert. Bei der linearen Konvektionsgleichung findet eine o¨ rtliche Anderung ¨ der L¨osung immer parallel mit der zeitlichen Anderung der L¨osung statt, da f¨ur die L¨osung der linearen Konvektionsgleichung gilt:

ut = ;aux:

(5.9)

utt = a2uxx:

(5.10)

Daraus folgt

Eingesetzt in (5.8) f¨uhrt das zu folgender Form der modifizierten Differentialgleichung f¨ur das implizite UPWIND-Verfahren



! 2 t a  x a ut + aux = 2 + 2 uxx:

(5.11)

Man sieht, daß bei einer Zeitschrittweite von t > x=a der zeitintegrationsbedingte“ ” Koeffizient der numerischen Diffusion gr¨oßer ist als der numerische Diffusionkoeffizient,

184

KAPITEL 5: ZEITINTEGRATIONSVERFAHREN

der durch die UPWIND-Diskretisierung der Ortsableitung hervorgerufen wird. W¨urde man durch eine TVD-Diskretisierung den o¨ rtlichen Fehler weitgehend reduzieren, so w¨urde noch der Zeitfehleranteil bleiben, der in derselben Gr¨oßenordnung liegt. Um diesen zu reduzieren, m¨ußte man mit Zeitschrittweiten arbeiten, die wesentlich kleiner als x=a sind, und in diesem Bereich kann man wiederum die effektivere explizite Formulierung verwenden. Die Tatsache, daß der Einsatz der impliziten Zeitintegration im Falle der linearen Konvektionsgleichung im Vergleich zur expliziten Zeitintegration wenig Sinn macht , kann allerdings nicht verallgemeinert werden. Insbesondere im 2- und 3-dimensionalen Fall aber genauso bei anderen 1-D Gleichungen sind Situationen denkbar, bei denen die L¨osung starke o¨ rtlichen Gradienten hat, sich zeitlich aber gar nicht bzw. nur ganz langsam a¨ ndert. Der Testfall No.11 am Ende des vorigen Kapitels ist ein gutes Beispiel daf¨ur. Wird eine solche station¨are bzw. quasistation¨are L¨osung eines Problems gesucht, so kommt man mit impliziten Verfahren viel schneller ans Ziel, da die M¨oglichkeit, mit wesentlich gr¨oßeren Zeitschrittweiten zu arbeiten, die Verluste infolge einer aufwendigeren L¨osung des algebraischen Gleichungssystem mehr als ausgleicht. Ist man dagegen an einer genauen zeitlichen Aufl¨osung interessiert und muß man dabei mit Zeitschrittweiten arbeiten, die unterhalb der Stabilit¨atsgrenze von expliziten Verfahren liegen, so ist die explizite Zeitintegration eindeutig vorzuziehen. Wir werden den Aufbau eines expliziten TVD-Verfahren daher kurz skizzieren. Wie im impliziten Fall wird ein expliziter TVD-Konvektionsstrom als ein gewichtetes Mittel aus dem (expliziten) UPWIND-Strom

aUi;1=2 = F up(U  i ; 1=2) = aU i;1:

(5.12)

und dem expliziten CDS-Strom

aUi;1=2 = F cds(U  i ; 1=2) = a U i;12+ U i :

(5.13)

gebildet. Der resultierende Ausdruck f¨ur den TVD-Strom F tvd(U  l) sowie die TVD-Diskretisierungsformel stimmen mit (1.152,1.153) uberein, ¨ wenn man anstatt von den Werten U der neuen Zeitebene die Werte der alten Zeitebene U einsetzt. Analog zu (1.168) kann die explizite TVD-Diskretisierung in der Form

Ui = U i ; C i;1(U i ; U i;1 ) + Di(U i+1 ; U i) dargestellt werden, wobei die Gr¨oßen C i;1 und D i folgendermaßen definiert sind:

C i;1

!  a  t U i+1 ; U i = 2x 2 ; (l) + (r ) U ; U i i;1

(5.14)

185

5.2: DAS CRANK-NICOLSON-TVD-VERFAHREN

 !  a  t ( r) = 2x 2 ; (l) + r Di = 0:

(5.15) (5.16)

Analog zum Theorem 4 kann gezeigt werden, daß ein Finite-Volumen-Verfahren, das in der Form (5.14) dargestellt werden kann, die TVD-Eigenschaft besitzt, wenn folgende Bedingungen erf¨ullt sind [40, 41]:

C i 0 8i

(5.17)

D i 0 8i

(5.18)

C i + D i  1 8i

(5.19)

Unter den Voraussetzungen des Theorems 5 sind die Bedingungen (5.17, 5.18) offensichtlich erf¨ullt. Analog zu (1.175) kann man zeigen, daß

gilt, woraus folgt

2 ; (l) + (r )  4 r

(5.20)

at  4 + 0 = 2at : C i + Di  2 x x

(5.21)

Die Bedingung (5.19) ist erf¨ullt, wenn t  0:5x=a ist. Man sieht, daß sich die maximal zul¨assige Zeitschrittweite beim expliziten TVD-Verfahren im Vergleich zum expliziten UPWIND-Verfahren halbiert hat (vgl. (5.6)). Das darf aber nicht u¨ berraschen, da der TVD-Strom als ein gewichtetes Mittel aus UPWIND-Strom und CDS-Strom gebildet wird. W¨ahrend das dem UPWIND-Strom entsprechende explizite Verfahren bedingt stabil ist, ist das explizite CDS-Verfahren absolut instabil. Die Beimischung“ von numerischer Diffu” sion in Form von UPWIND-Strom stabilisiert somit das CDS-Verfahren und verleiht dem resultierenden Verfahren die TVD-Eigenschaft.

5.2

Das Crank-Nicolson-TVD-Verfahren

Sowohl die vollimplizite als auch die vollexplizite Zeitintegration, die wir im vorigen Abschnitt untersucht haben, f¨uhren zu Diskretisierungsverfahren, die bzgl. der Zeitkoordinate lediglich erster Ordnung genau sind. Da die vollimpliziten Verfahren uberwiegend ¨ in Situationen mit zeitlich wenig ver¨anderlichen L¨osungen eingesetzt werden, spielt die niedrige Ordnung des Verfahrens keine große Rolle. Die vollexpliziten Verfahren werden dagegen dann eingesetzt, wenn die genaue zeitliche Aufl¨osung des Problems von Interesse ist

186

KAPITEL 5: ZEITINTEGRATIONSVERFAHREN

und deshalb so kleine Zeitschritte erfordert, daß sie in den Stabilit¨atsbereich von expliziten TVD-Verfahren fallen. In diesen Situationen ist es sinnvoll, anstatt von expliziten TVD-Verfahren Crank-NicolsonTVD-Verfahren einzusetzten. Dadurch wird nicht nur die Ordnung des Verfahrens bzgl. der Zeitkoordinate von 1 auf 2 erh¨oht, sondern auch der Stabilit¨atsbereich des Verfahrens im Vergleich zur expliziten Variante um Faktor 2 ausgeweitet. Beim Crank-Nicolson-TVD-Verfahren wird der TVD-Konvektionsstrom als ein arithmetisches Mittel aus dem impliziten und dem expliziten TVD-Strom gebildet. Die resultierende Diskretisierungsformel kann in der Form

Ui = U i ; Cicn;1(Ui ; Ui;1) + Dicn (Ui+1 ; Ui)

; C cni;1(U i ; U i;1) + Dcni (U i+1 ; U i)

(5.22)

dargestellt werden, wobei

Cicn;1 = 0:5Ci;1

C cn i;1 = 0:5C i;1 Dicn = 0:5Di

Dcn i = 0:5D i und die Koeffizienten Ci;1 , Di , C i;1 , Di wie in (1.169, 1.170, 5.15, 5.16) definiert werden. Analog zum Theorem 4 kann gezeigt werden, daß ein Finite-Volumen-Verfahren, das in der Form (5.22) dargestellt werden kann, die TVD-Eigenschaft besitzt, wenn folgende Bedingungen erf¨ullt sind [40, 41]:

0  Cicn  C < 1 8i 0  Dicn  D < 1 8i

C cn 0 8i i

Dcn 0 8i i

cn C cn  1 8i i + Di Unter Voraussetzungen des Theorems 5 sind alle diese Bedingungen erf¨ullt, wenn zus¨atzlich t  x=a gilt. Durch Beimischung des impliziten TVD-Stroms kann somit im Vergleich zum expliziten TVD-Verfahren die maximal zul¨assige Zeitschrittweite tats¨achlich von 0:5x=a auf x=a um Faktor 2 erh¨oht werden.

5.2: DAS CRANK-NICOLSON-TVD-VERFAHREN

187

Das Crank-Nicolson-TVD-Verfahren f¨uhrt zu einem nichtlinearen Gleichungssystem, das zun¨achst linearisiert und anschließend mehrmals mittels eines direkten oder iterativen algebraischen Solvers gel¨ost werden muß. Die Berechnung von Koeffizienten des resultierenden Gleichungssystems ist aufwendiger als beim vollimpliziten Verfahren, da sowohl der implizite als auch der explizite TVD-Strom ermittelt werden muß. Zur L¨osung von zeitinsensitiven Problemen sollte daher lieber das implizite TVD-Verfahren erster Ordnung eingesetzt werden. Bei zeitempfindlichen Problemen ist das Crank-Nicolson-TVD-Verfahren dem expliziten TVD-Verfahren vorzuziehen, da infolge der h¨oheren Ordnung des CrankNicolson-Verfahrens eine vergleichbare Genauigkeit mit wesentlich gr¨oßeren Zeitschrittweiten erreicht werden kann, als beim Einsatz des expliziten Verfahrens. So kann man der Tabelle 1.1 entnehmen (Abschnitt 1.4), daß sich im Testfall No.1 beim Einsatz des impliziten UPWIND-Verfahrens erster Ordnung die vier signifikanten Stellen des Gesamtfehlers erst ab einer Zeitschrittweite t = 0:00005 nicht mehr a¨ ndern. Diese Zeitschrittweite liegt weit unterhalb der Stabilit¨atsgrenze f¨ur das explizite UPWIND-Verfahren, deren Einsatz die erforderliche Rechenzeit um Faktor 2 verk¨urzt. Der Unterschied f¨allt nicht so stark aus, da im Falle der UPWIND-Diskretisierung keine Linearisierung notwendig ist. Außerdem erm¨oglicht die tridiagonale Form des Gleichungssystems den Einsatz eines direkten algebraischen L¨osers. Beim Einsatz des Crank-Nicolson-UPWIND-Verfahrens wird die erforderliche Genauigkeit bereits bei einer Zeitschrittweite von t = 0:005 erreicht, so daß die Anzahl der notwendigen Zeitschritte um Faktor 100 kleiner ist, was in einer 38(!)-fachen Reduktion der Rechenzeit im Vergleich zum expliziten UPWIND-Verfahren resultiert. In allen Testf¨allen, die in vorigen Kapiteln untersucht wurden, wurde zun¨achst der Zeitfehleranteil aus dem Gesamtfehler eliminiert, und erst anschließend die verbleibenden Ortsfehleranteile von verschiedenen Ortsdiskretisierungen miteinander verglichen. Obwohl wir dabei nur vollimplizite Verfahren miteinander verglichen haben, wurde die Zeitfehlerelimination mittels des Crank-Nicolson-Verfahrens durchgef¨uhrt, da die impliziten Verfahren (insbesondere in 2-D F¨allen) bis zu 1000-fach l¨angere Rechenzeit in Anspruch genommen h¨atten. Auf die G¨ultigkeit der getroffenen Aussagen hat das allerdings keinen Einfluß, da im Grenzwert t ! 0 (beim fixierten Wert von x) die implizite und die Crank-NicolsonZeitintegration bei einem stabilen Verfahren dieselben L¨osungsprofile liefern.

188

.

KAPITEL 5: ZEITINTEGRATIONSVERFAHREN

Teil II Modellbildung und Simulation von Blasenstr¨omungen

189

Kapitel 6

Das mathematische Modell 6.1

Grundgleichungen des Two-Fluid Modells

Den Ausgangspunkt f¨ur die Herleitung der Gleichungen des Two-Fluid-Modells bilden die einphasigen Grundgleichungen der Str¨omungsmechanik: die Kontinuit¨atsgleichung und die Impulsgleichung. Diese Gleichungen gelten an jedem Ort im Reaktor, der entweder durch die Gas- oder durch die Fl¨ussigphase ausgef¨ullt wird, da dort eine einphasige Str¨omung vorliegt. An der (beweglichen) Phasengrenzfl¨ache werden die Innenrandbedingungen aufgestellt, die von der Gleichheit der Geschwindigkeiten beider Phasen in unmittelbarer Grenzfl¨achenn¨ahe und vom Kr¨aftegleichgewicht an der Phasengrenzfl¨ache ausgehen [26, 50, 56]. Diese Gleichungen sind f¨ur die direkte numerische Simulation isothermer Zweiphasenstr¨omungen prinzipiell ausreichend. Aufgrund ihrer Komplexit¨at sind sie allerdings einer numerischen L¨osung nur bedingt zug¨anglich. Der numerische Aufwand gestattet bisher nur die Simulation von wenigen aufsteigenden Blasen [79, 123, 125] und keinesfalls eines gesamten Reaktors. Erst durch geeignete Mittelung kann eine praktikable Form makroskopischer Gleichungen mit kollektiven Wechselwirkungstermen gewonnen werden. Bei einer Mittelung wird das Verhalten der physikalischen Gr¨oßen durch einen Mittelwert und eine die Fluktuationen beschreibende Gr¨oße ersetzt. In den gemittelten Gleichungen treten dann die Korrelationen der Fluktuationen von verschiedenen physikalischen Gr¨oßen auf. Da der Wert der Fluktuationen nicht bekannt ist, muß der Einfluß dieser Korrelationen auf die makroskopischen Gleichungen abgesch¨atzt, und durch entsprechende Modellterme, die nur die statistischen Mittelwerte dieser Gr¨oßen enthalten, approximiert werden. Da allerdings nur sehr wenige experimentelle Informationen u¨ ber das instation¨are dreidimensionale Verhalten von Blasenstr¨omungen vorliegen, ist die geeignete Beschreibung dieser Modellterme schwierig. Unterschiedliche Annahmen, die von verschiedenen Autoren 191

192

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

auf dem Wege zu den gemittelten Gleichungen getroffen werden, f¨uhren dazu, daß es in der Literatur eine F¨ulle von Varianten des Two-Fluid-Modells gibt, die sich im Komplexit¨atsgrad sowie in der Modellierung der einzelnen gemittelten Terme unterscheiden. Sie sind Gegenstand zahlreicher theoretischer Diskussionen [4, 26, 66, 88, 127, 134]. Werden diese Modelle f¨ur eine numerische Berechnung eingesetzt, so werden sie zun¨achst vereinfacht, so daß nur solche Terme in den Gleichungen erhalten bleiben, welchen eine konkrete physikalische Bedeutung zugemessen werden kann. Diese vereinfachten Modelle, die zur Simulation von Gas-Fl¨ussigkeitsstr¨omungen verwendet werden, weisen untereinan¨ der (im Unterschied zu den allgemeinen theoretischen Modellen) viel mehr Ahnlichkeit auf [33, 34, 97, 105, 112]. Die Unterschiede beziehen sich auf die Modellierung von einigen wenigen Termen. Solche praxisrelevante Modelle mittlerer“ Komplexit¨at bilden den Aus” gangspunkt unserer Untersuchungen. Im Rahmen des Two-Fluid Euler-Euler-Modells wird das hydrodynamische Verhalten einer Gas-Fl¨ussigkeits-Blasenstr¨omung durch folgende Gr¨oßen beschrieben, die sich sowohl zeitlich, als auch ortlich ¨ a¨ ndern k¨onnen:

u lokale Geschwindigkeit ug der Gasphase;

- lokale Geschwindigkeit l der Fl¨ussigphase; -

- Gasgehalt "g , der den lokalen volumetrischen Anteil der Gasphase am Gesamtvolumen der Gas-Fl¨ussigkeits-Mischung beschreibt; - Fl¨ussigkeitsgehalt "l, der den lokalen volumetrischen Anteil der fl¨ussigen Phase am Gesamtvolumen beschreibt; - Druck p, der f¨ur beide Phasen den gleichen lokalen Wert annimmt. Als Parameter bzw. abh¨angige Variablen treten die Dichten der beiden Phasen auf: - Dichte %l der Fl¨ussigphase, die meist als konstant angenommen wird; - Dichte %g der Gasphase, die entweder als konstant angenommen wird, oder vom lokalen Druck z. Bsp. gem¨aß der Zustandsgleichung f¨ur ideale Gase abh¨angt. Es wird weiter angenommen, daß die Gasphase in Form von einzelnen Gasblasen vorliegt. Obwohl in einer realen Str¨omung Gasblasen unterschiedlicher Blasengr¨oße und -masse auftreten, wird bei einem Two-Fluid-Modell meist nur von einer Blasenklasse ausgegangen. Alle Blasen einer Blasenklasse haben gleiche Blasenmasse. Das Volumen einer Blase kann sich allerdings mit dem lokalen Druck a¨ ndern.

193

6.1: GRUNDGLEICHUNGEN DES TWO-FLUID MODELLS

M¨ochte man explizit zwischen verschiedenen Blasengr¨oßen unterscheiden, m¨ussen mehrere Blasenklassen betrachtet werden. Jede Blasenklasse wird dann durch ihre eigene Volumenkonzentration "ig und ihre eigene Geschwindigkeit ig charakterisiert. Im folgenden wird von nur einer Blasenklasse ausgegangen. Es wird außerdem angenommen, daß die Str¨omung isotherm ist. Der Stoffaustausch zwischen beiden Phasen wird vernachl¨assigt.

u

u u

Zur Bestimmung der neun unbekannten Gr¨oßen ( l , g - mit jeweils drei Komponenten, "g , "l und p) wird ein System von Differentialgleichungen aufgestellt, das aus den Kontinuit¨atsgleichungen und Impulsbilanzen f¨ur beide Phasen besteht. Da jede Impulsbilanz 3 skalare Gleichungen beinhaltet, liegen zur Bestimmung von 9 unbekannten Gr¨oßen 8 Gleichungen vor. Das System wird durch eine algebraische Beziehung geschlossen, die besagt, daß die Summe von Volumenanteilen beider Phasen am Gesamtvolumen des Zweiphasengemisches gleich 1 sein muß:

"l + "g = 1:

(6.1)

Da zwischen beiden Phasen kein Massenaustausch angenommen wird, k¨onnen die Kontinuit¨atsgleichungen f¨ur beide Phasen getrennt und ohne Austauschglieder formuliert werden

@ ("l%l) + r  (" % u ) = 0 l l l @t @ ("g%g ) + r  (" % u ) = 0 g g g @t

(6.2) (6.3)

Beide Kontinuit¨atsgleichungen entsprechen den einphasigen Masseerhaltungsgleichungen, wobei alle Terme mit dem Volumenanteil der jeweiligen Phase multipliziert werden. Die Impulsbilanzen f¨ur beide Phasen lauten [127]:

@ ("l%lul ) + r  (" % u u ) = ;" rp + " r  T + " % g + r  TRe + F l l l l l l l l l W l @t @ ("g%g ug ) + r  (" % u u ) = ;" rp + " r  T + " % g ; F g g g g g g l g g W @t

(6.4)

(6.5)

¨ Sie weisen ebenfalls viel Ahnlichkeit mit den einphasigen Impulsbilanzen auf, wobei die meisten Terme den Volumenanteil der jeweiligen Phase enthalten. Außerdem tritt in beiden Impulsbilanzen ein Term W auf, der die Wechselwirkung zwischen den beiden Phasen beschreibt und daher in beiden Impulbilanzen mit unterschiedlichem Vorzeichen auftritt. Dieser Wechselwirkungsterm wird in einem weiteren Abschnitt spezifiziert.

F

T

Der Term "l r  l ber¨ucksichtigt den molekularen Impulstransport in der Fl¨ussigphase. Der

194

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

T

Schubspannungstensor l wird standardm¨aßig wie folgt definiert:

(Tl)ij



! @ ( u l)i @ (ul )j 2 @ (ul )n = l @x + @x ; 3 ij @x : j i n

(6.6)

Dabei bezeichnet l die laminare Viskosit¨at in der Fl¨ussigphase. Ein a¨ hnlicher Term, gewichtet mit "g , ist auch in der Gasimpulsbilanz (6.5) aufgef¨uhrt. Einige Autoren verwenden in der Gasimpulsbilanz anstelle von l den Tensor g , der analog zu (6.6) definiert wird. Andere Forscher vernachl¨assigen diesen Term dagegen vollst¨andig. F¨ur die praktische Anwendung des Modells haben diese Unterschiede nur wenig Bedeutung, da die Gr¨oße der Gasgeschwindigkeit u¨ berwiegend durch den Druckterm (;"g rp) und den Wechselwirkungsterm W bestimmt wird, so daß alle anderen Terme in der Gasimpulsbilanz nur eine untergeordnete Rolle spielen.

T

T

F

T

Der Term Re l entsteht bei der Herleitung der gemittelten Gleichungen dadurch, daß die momentanen Geschwindigkeitswerte von den gemittelten Geschwindigkeitswerten abweichen. 0 Bezeichnet man diese Abweichungen mit l , so gilt [127]:

u

0 0 TRe l := ;"l%l ul ul :

(6.7)

u

0 Die Abweichungen l resultieren aus den Geschwindigkeitsschwankungen, die sowohl durch die Turbulenz in der Fl¨ussigphase als auch durch die St¨orungen infolge der Umstr¨omung der einzelnen Blasen entstehen. In Analogie zu einphasigen turbulenten Str¨omungen werden wir den Term Re l als Tensor der Reynolds’schen Scheinspannungen bezeichnen. Da die lokalen Schwankungswerte durch das mathematische Modell nicht aufgel¨ost werden, muß dieser Term durch ein geeignetes Turbulenzmodell aus anderen makroskopischen Variablen approximiert werden. In Anlehnung an Nigmatulin et al. [88] wird ein a¨ hnlicher Term in der Gasimpulsbilanz nicht ber¨ucksichtigt, da man davon ausgeht, daß zwischen den einzelnen Blasen keine direkte Wechselwirkung stattfindet, die einen turbulenten Impulstransport in der dispersen Phase verursachen k¨onnte.

T

T

F

Sind die Terme Re l und W spezifiziert, so bilden die Gleichungen (6.1–6.5) ein geschlossenes System, das numerisch gel¨ost werden kann. Bevor wir die Modellierung dieser Terme ausf¨uhrlich besprechen, wollen wir das Gleichungssystem (6.1–6.5) etwas genauer untersuchen.

6.2 Kopplung zwischen den Phasen im Two-Fluid-Modell Das Two-Fluid-Modell (6.1–6.5) enth¨alt f¨ur jede Phase jeweils eine Massen- und eine Impulsbilanz. Diese Bilanzen sind jedoch nicht voneinander unabh¨angig, sondern stark ver-

195

6.2: KOPPLUNG ZWISCHEN DEN PHASEN IM TWO-FLUID-MODELL

koppelt. Die Kopplung zwischen den Phasen wird in einem Zweiphasenmodell zum einen durch die Wechselwirkungsterme in den Impulsbilanzen, zum anderen durch den Volumenanteil der jeweiligen Phase am Gesamtvolumen ber¨ucksichtigt. In Abh¨angigkeit von der zu simulierenden Str¨omungform k¨onnen eine oder alle beide Kopplungskomponenten vernachl¨assigt werden. Schauen wir uns diese beiden Kopplungskomponenten f¨ur den Fall der Blasenstr¨omung n¨aher an. Die Impulsbilanz f¨ur die Fl¨ussigphase in einem Euler-Euler-Modell unterscheidet sich von der Impulsbilanz in einem Einphasensystem vor allem dadurch, daß auf der rechten Seite ein zus¨atzlicher Quellterm W auftritt, der die Wechselwirkungskraft zwischen den beiden Phasen beschreibt. Diese Wechselwirkungskraft beinhaltet die Summe aller Kr¨afte, die von der Gasphase auf die sich realtiv zu ihr bewegende Fl¨ussigphase ausge¨ubt werden. Da diese Kr¨afte auf die Gasphase in die gegengesetzte Richtung wirken, geht der Quellterm W in die Impulsbilanz f¨ur die Gasphase mit einem Minuszeichen ein.

F

F

Die relative Bewegung der Gasblasen erfolgt u¨ berwiegend in vertikaler Richtung, da die Blasen infolge der Archimedes-Kraft zur Fl¨ussigkeitsoberfl¨ache aufsteigen. Daß die Gasblasen dabei nicht unendlich beschleunigt werden, ist Folge einer Widerstandskraft der Fl¨ussigphase. Diese Widerstandskraft stellt gleichzeitig den gr¨oßten Anteil der Wechselwirkungskraft zwischen den Phasen dar. Werden die Blasen durch die Widerstandskraft abgebremst, so erf¨ahrt die Fl¨ussigkeit einen vertikalen Auftrieb. Bei Gas-Liquid-Str¨omungen, die durch das Gas angetrieben werden, und nur solche werden im Rahmen dieser Arbeit untersucht, ist die Auftriebskraft allein daf¨ur verantwortlich, daß die Fl¨ussigphase in Bewegung kommt. W¨urde man den Auftriebseffekt vernachl¨assigen, so w¨urden die aufsteigenden Blasen keinen Einfluß auf die Fl¨ussigphase aus¨uben, und sie bliebe in Ruhe (wie das anschaulich von Delnoij et al. [20] gezeigt wurde). Deshalb kann die Kopplung der beiden Phasen durch die Wechselwirkungskraft bei blaseninduzierten Str¨omungen selbst bei einem sehr niedrigen Gasphasenanteil keinesfalls vernachl¨assigt werden. Bei mechanisch induzierten Str¨omungen (in einem Rohr oder in einem ger¨uhrten Beh¨alter) hat die Gasphase bei einem niedrigen Gasanteil dagegen keinen entscheidenden Einfluß auf die Str¨omung in der Fl¨ussigphase. Man kann in diesem Fall den Auftriebseffekt vernachl¨assigen, indem die Impulsbilanz f¨ur die Fl¨ussigphase durch eine einphasige Impulsbilanz ohne den Wechselwirkungsterm ersetzt wird. Die Wechselwirkungskraft beeinflußt dann nur die Bewegung der Gasphase, nicht aber die der Fl¨ussigphase. Man spricht in diesem Zusammenhang oft von einer Einwegkopplung zwischen den Phasen ( one-way coup” ling“), im Unterschied zu einer Zweiwegkopplung ( two-way coupling“), bei welcher die ” Wechselwirkungskraft in beiden Impulsbilanzen ber¨ucksichtigt wird.

196

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Der Auftriebseffekt ist allerdings nur eine Komponente der Kopplung zwischen den beiden Phasen. Die zweite Kopplungskomponente resultiert daraus, daß die Kontinuit¨atsgleichungen f¨ur die beiden Phasen (6.2, 6.3) durch die Schließbedingung (6.1) miteinander gekoppelt sind. Nimmt der Gasgehalt in einem Volumenelement zu, so wird der Wert von "g gr¨osser und von "l entsprechend kleiner. Damit stellen wir fest, daß die Geschwindigkeit der LiquidPhase in einem Volumenelement zum einen durch die Auftriebskraft, zum anderen durch diesen Verdr¨angungseffekt beeinflußt wird. Die beiden angesprochenen Kopplungseffekte bereiten allerdings Schwierigkeiten bei der numerischen Behandlung des Euler-EulerModells. Die u¨ bliche Methode zur L¨osung der Modellgleichungen besteht darin, die partiellen Differentialgleichungen (6.2–6.5) bzgl. der Ortkoordinaten zu diskretisieren und das resultierende System von gew¨ohnlichen Differentialgleichungen zusammen mit der algebraischen Schließbedingung (6.1) mit einem Zeitintegrator zu l¨osen (sog. Method of Lines“). Die ” zeitliche Integration kann entweder mit einem gekoppelten oder mit einem entkoppelten L¨osungsverfahren durchgef¨uhrt werden. Bei einem gekoppelten L¨osungsverfahren wird das gesamte System von diskretisierten Modellgleichungen simultan gel¨ost. Mit zunehmender St¨utzstellenanzahl nimmt der Speicherplatzbedarf und die notwendige Rechenzeit drastisch zu. Deshalb ist die Verwendung eines gekoppelten L¨osungsverfahrens bei einer feinen o¨ rtlichen Diskretisierung viel zu rechenintensiv. Bei einem entkoppelten L¨osungsverfahren werden die einzelnen Modellgleichungen nicht simultan, sondern nacheinander gel¨ost, und die Kopplung zwischen den einzelnen Variablen wird durch a¨ ußere Iterationen erreicht. Sind die Gleichungen stark miteinander gekoppelt, so ergeben sich bei einem entkoppelten L¨osungsverfahren Konvergenzschwierigkeiten. So wird die Widerstandskraft, die den Hauptanteil der Wechselwirkungskraft W beinhaltet, maßgeblich von der Geschwindigkeitsdifferenz der beiden Phasen ( g ; l ) mitbestimmt. Da die Wechselwirkungskraft in beiden Impulsbilanzen auftritt, folgt daraus, daß die Geschwindigkeit der Fl¨ussigphase in der Impulsbilanz f¨ur die Gasphase enthalten ist und umgekehrt. Dadurch treten w¨ahrend der Iteration Schwingungen auf, die die Konvergenz verlangsamen [35].

u

u

F

Da auf die Kopplung durch den Wechselwirkungsterm zwischen den beiden Phasen nicht verzichtet werden kann, muß ein anderer Weg zur Konvergenzbeschleunigung eingeschlagen werden. Er besteht darin, die einzelnen Gleichungen nicht in der urspr¨unglichen Form zu l¨osen, sondern zun¨achst so umzuformen, daß die Kopplung zwischen den umgeformten Gleichungen schw¨acher ist, als zwischen den urspr¨unglichen Impulsbilanzen. Diese Umformung kann auf zwei Ebenen durchgef¨uhrt werden. Eine M¨oglichkeit besteht darin, daß man die Umformung der bereits diskretisierten Impulsbilanzen vornimmt. Dieser Weg wurde von Spalding [116] vorgeschlagen und ist unter der Bezeichnung PEA ( Partial”

6.3: DAS DRIFT-FLUX-MODELL

197

Elimination-Algorithm“) bekannt. Wie der Name schon sagt, wird durch das PEA-Verfahren die Kopplung zwischen zwei Impulsbilanzen nur teilweise beseitigt, wodurch die durch die Umformung erzielte Konvergenzbeschleunigung nicht sehr groß ausf¨allt. Die zweite M¨oglichkeit besteht darin, daß man die n¨otige Umformung auf der Ebene der Differentialgleichungen vornimmt, d.h. vor der eigentlichen Ortsdiskretisierung. Man ersetzt dabei die Impulsbilanz der Fl¨ussigphase durch die Summe der Impulsbilanzen f¨ur beide Phasen und erh¨alt auf diese Weise die Impulsbilanz f¨ur die Gas-Fl¨ussig-Mischung. Die resultierende Gleichung enth¨alt keinen Wechselwirkungsterm mehr, da dieser durch Addition der beiden Impulsbilanzen eliminiert wird. Sie ist jedoch komplexer als die urspr¨ungliche Fl¨ussigphasenimpulsbilanz, da sie Terme enth¨alt, die die Tr¨agheitskraft und den konvektiven Impulstransport f¨ur beide Phasen beschreiben. Wegen dem starken Dichteunterschied zwischen der Gas- und der Fl¨ussigphase k¨onnen jedoch die auf die Gasphase bezogenen Terme meist vernachl¨assigt werden, so daß die resultierende Gleichung analog zu der Fl¨ussigphasenimpulsbilanz gel¨ost werden kann. Da der hohe Dichteunterschied zwischen der kontinuierlichen und der dispersen Phase eine wichtige Voraussetzung dieses Verfahrens ist, kann dieses Verfahren allerdings nicht auf andere disperse Zweiphasensysteme ubertragen ¨ werden. Auch die zweite Kopplungskomponente bereitet Schwierigkeiten bei der numerischen Behandlung der Modellgleichungen. L¨ost man beide Kontinuit¨atsgleichungen (bei gegebenen Geschwindigkeiten beider Phasen) nach dem Liquid-Gehalt "l und dem Gasgehalt "g auf, so erf¨ullen diese Gr¨oßen in der Regel die Schließbedingung (6.1) nicht, so daß die Geschwindigkeiten beider Phasen oder vielmehr die Druckverteilung iterativ korrigiert“ wer” den muß, was sich wiederum negativ auf das Konvergenzverhalten auswirkt. Im Gegensatz zum Auftriebseffekt kann der Verdr¨angungseffekt der Fl¨ussigphase allerdings in vielen F¨allen vernachl¨assigt werden, was zu einer Entkopplung der beiden Kontinuit¨atsgleichungen und damit zu einer drastischen Konvergenzbeschleunigung f¨uhrt. Die Einzelheiten des Verfahrens sowie die Zul¨assigkeit der getroffenen Annahme werden im u¨ bern¨achsten Abschnitt ausf¨uhrlich besprochen.

6.3

Das Drift-Flux-Modell

Im Abschnitt 6.1 wurden die Grundgleichungen des Two-Fluid Euler-Euler-Modells vorgestellt, wobei f¨ur jede Phase eine eigene Kontinuit¨atsgleichung und eine eigene Impulsbilanz aufgestellt wurde. Das Two-Fluid-Modell ist jedoch nicht die einzige M¨oglichkeit, die Anwesenheit von zwei Phasen bei der Beschreibung von Blasenstr¨omungen zu ber¨ucksichtigen. Andere Modelle konzentrieren sich auf die Betrachtung des Gemisches der beiden

198

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

u

Phasen. Werden die Gemischdichte % und die Gemischimpulsdichte % als effektive Dichte bzw. effektive Impulsdichte der Gas-Liquid-Dispersion definiert,

% = "l%l + "g %g

(6.8)

%u = "l%lul + "g %g ug

(6.9)

so kann man das Navier-Stokes-System f¨ur das Gemisch, bestehend aus der Kontinuit¨atsgleichung und der Impulsbilanz, aufstellen:

@% + r  (%u) = 0 @t @ (%u) + r  (%uu) = ;rp + r  T + TRe + %g @t Der Spannungstensor

T wird analog zu (6.6) definiert: !  @ u i @ uj 2 @ un + ;  : (T) =

ij

@xj

@xi

3 ij @xn

(6.10) (6.11)

(6.12)

Hier beschreibt die Gr¨oße die (laminare) Viskosit¨at der Gas-Liquid-Dispersion. In [100] werden unterschiedliche Darstellungen f¨ur diesen Modellparameter angegeben. Dabei wird zur Berechnung der Viskosit¨at der Gas-Liquid-Dispersion die laminare Viskosit¨at der LiquidPhase mit einem Faktor versehen, der vom Volumenanteil der dispersen Phase abh¨angt. Bei einem niedrigen Volumenanteil der dispersen Phase ist dieser Faktor f¨ur alle Darstellungen in etwa gleich 1, so daß in diesem Fall

l

(6.13)

gilt. F¨ur den Turbulenzterm

wobei

TRe gilt in Analogie zu (6.7) TRe := ;%u0 u0

(6.14)

u0 den turbulenten Schwankungen der Gemischgeschwindigkeit u entspricht.

Die Definition der Gemischdichte (6.8) spielt im Rahmen des Drift-Flux-Modells die Rolle der Zustandsgleichung“ f¨ur das Zweiphasengemisch. Der Gasgehalt "g kann aus der Kon” tinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase (6.3) berechnet werden, wenn die Gasgeschwindigkeit g bekannt ist.

u

Zur Bestimmung der Gasgeschwindigkeit gibt es zwei M¨oglichkeiten. Die einfachste Variante stellt das homogene Modell dar, das keine relative Bewegung zwischen den Phasen

199

6.3: DAS DRIFT-FLUX-MODELL

u

u

u

zul¨aßt. In diesem Fall gilt g = l = . F¨ur die Beschreibung der Str¨omung von GasFl¨ussigkeitsgemischen ist diese Annahme nur im Falle von sehr kleinen Gasblasen oder hohen Liquid-Z¨ahigkeiten gerechtfertigt, so daß das homogene Modell zur Simulation von Wasser-Luft-Blasenstr¨omungen mit Blasendurchmessern von 1 bis 10mm nicht eingesetzt werden kann. Bei einem Drift-Flux-Modell wird im Gegensatz zum homogenen Modell die Relativbewegung zwischen den beiden Phasen zugelassen. Die Geschwindigkeit der Gasphase kann dann entweder aus der Gasimpulsbilanz (6.5) berechnet, oder als Summe der LiquidGeschwindigkeit und Schlupfgeschwindigkeit dargestellt werden, wobei die letztere aus empirischen Korrelationen bestimmt wird. Der Einsatz der Gasimpulsbilanz (6.5) setzt allerdings voraus, daß die Liquid-Geschwindigkeit l bekannt ist, da die Wechselwirkungskraft von der Differenz der Geschwindigkeiten beider Phasen abh¨angt. Aus der Impulsbilanz (6.11) f¨ur das Zweiphasengemisch l¨aßt sich allerdings nur die Geschwindigkeit des Gemisches bestimmen. Um das System zu schließen, muß man beide Impulsbilanzen zusammen mit der Gleichung (6.9) l¨osen, die die Geschwindigkeiten beider Phasen mit der Geschwindigkeit des Gemisches verkn¨upfen. Wegen der starken Kopplung dieser drei Gleichungen, und einer daraus folgenden komplexen numerischen Behandlung, verzichtet man normalerweise auf die Berechnung der Gasgeschwindigkeit aus der Gasimpulsbilanz, und bedient sich stattdessen einer empirischen Korrelation, die einen direkten Zusammenhang zwischen und g beschreibt.

u

u

u

u

Im Gegensatz zum allgemeinen Fall einer dispersen Zweiphasenstr¨omung, kann man im Falle einer Gas-Liquid-Blasenstr¨omung allerdings davon ausgehen, daß die Geschwindigkeit der Liquid-Phase mit der Geschwindigkeit des Gemisches mit guter Genauigkeit u¨ bereinstimmt. Da die Dichte der Gasphase %g (unter Normalbedingungen) um drei Gr¨oßenordnungen kleiner als die Dichte der Fl¨ussigphase %l ist, und wir außerdem davon ausgehen wollen, daß der Gasphasenanteil "g die 5% Grenze nicht u¨ bersteigt (s. Einleitung) und damit bedeutend unterhalb des Liquid-Volumenanteils "l liegt, folgt wegen "g %g  "l %l f¨ur die Dichte des Gemisches

% = "l%l + "g %g "l%l

(6.15)

und damit f¨ur die Gemischgeschwindigkeit

%u = "l%lul + "g %g ug "l%l ul %ul

(6.16)

u ul:

(6.17)

bzw.

200

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Wird die Gemischgeschwindigkeit aus der Gemischimpulsbilanz (6.11) bestimmt, so kann man also im Falle von Blasenstr¨omungen zur Berechnung der Gasgeschwindigkeit die Gasimpulsbilanz (6.5) bzw. eine Schlupfbeziehung verwenden, wobei anstatt der Liquid-Geschwindigkeit l die ihr mit einer hohen Genauigkeit entsprechende Gemischgeschwindigkeit eingesetzt wird.

u

u

Das Two-Fluid-Modell und das Drift-Flux-Modell sind zun¨achst zwei verschiedene Ans¨atze zur Beschreibung einer Zweiphasenstr¨omung. W¨ahrend das Two-Fluid-Modell aus den genauen lokalen Einphasengleichungen durch ein Mittelungsprozess abgeleitet wird, wird bei einem Drift-Flux-Modell von der Annahme ausgegangen, daß sich das hydrodynamische Verhalten eines Zweiphasengemisches durch die einphasigen Kontinuit¨ats- und Navier-Stokes-Gleichungen beschreiben l¨aßt. Das Navier-Stokes-System (6.10–6.11) wird somit nicht mathematisch hergeleitet, sondern postuliert. Im Fall von allgemeinen Zweiphasenstr¨omungen hat das Two-Fluid-Modell einen detaillierteren Charakter als das DriftFlux-Modell. Im Falle von Blasenstr¨omung allerdings sind das Two-Fluid-Modell und das Drift-Flux-Modell weitgehend a¨ quivalent. Das soll im folgenden gezeigt werden. Die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur das Gemisch (6.10) ergibt sich direkt aus der Summe der Kontinuit¨atsgleichungen der beiden Phasen (6.2) und (6.3), wenn man die Definitionen (6.8) und (6.9) einsetzt:

@ ("l%l ) + r  (" % u ) = 0 l l l @t + @ ("g%g ) + r  (" % u ) = 0 g g g @t @ ("l%l + "g %g ) + r  (" % u + " % u ) = 0 l l l g g g @t () @% @t + r  (%u) = 0 Addiert man beide Impulsbilanzen (6.4) und (6.5), so k¨onnen die Tr¨agheitsterme in (6.5) wegen "g < "l und %g  %l vernachl¨assigt werden:

@ ("l%lul) + r  (" % u u ) = ;rp + r  T + TRe + %g l l l l l l @t

(6.18)

Aus (6.13, 6.15, 6.17) folgt außerdem:

@ ("l%lul) @ (%u) @t @t

(6.19)

201

¨ DRIFT-FLUX-MODELL 6.4: BOUSSINESQ-APPROXIMATION FUR

r  ("l%lulul) r  (%uu) !  @ ( u l )i @ (ul )j 2 @ (ul)n + ;  (T ) =

@xi 3 ij @xn  ! @ u i @ uj 2 @ un

@x + @x ; 3 ij @x = (T)ij j i n 0 0 0 0 Re TRe l = ;"l%l ul ul ;%u u = T l ij

l

(6.20)

@xj

(6.21) (6.22)

Setzt man nun (6.19 – 6.22) in (6.18) ein, so folgt die Impulsbilanz f¨ur das Gemisch (6.11). Somit ist festzuhalten, daß f¨ur die numerische Berechnung einer Gas-Liquid-Blasenstr¨omung sowohl das Drift-Flux-Modell als auch das Two-Fluid-Modell eingesetzt werden kann, wobei zu erwarten ist, daß die Ergebnisse beider Modelle weitgehend a¨ hnlich ausfallen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden wir uns deshalb auf die Weiterentwicklung des Drift-Flux-Modells beschr¨anken.

6.4

Boussinesq-Approximation fur ¨ Drift-Flux-Modell

Boussinesq-Approximation und deren Interpretation. Das Drift-Flux-Modell hat gegenuber ¨ dem Two-Fluid-Modell den Vorteil, daß zur Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen Einphasensimulationsprogramme und -algorithmen verwendet werden k¨onnen, die nur unwesentlich modifiziert werden m¨ussen. Die Gas-Fl¨ussig-Str¨omung wird als quasi-einphasige Str¨omung mit variabler Dichte betrachtet. Die lokalen Dichteunterschiede sorgen dabei f¨ur die Auftriebseffekte, die Wechselwirkungskraft W tritt dagegen in der Gemischimpulsbilanz nicht mehr auf.

F

Wird das betrachtete System im Batch-Mode betrieben, so daß keine a¨ ußeren Impulsstr¨ome zu- bzw. abgef¨uhrt werden, und wird dem System auch kein Impuls auf mechanischem Wege aufgepr¨agt (wie im R¨uhrkesselreaktor durch den R¨uhrer), so befindet sich die Fl¨ussigphase im Ruhezustand, solange dem System kein Gas zugef¨uhrt wird. Erst nach dem Einschalten des Begasers entsteht die großr¨aumige Zirkulationsbewegung in der Fl¨ussigphase, die aus den horizontalen Dichtegradienten des Zweiphasengemisches resultiert. ¨ Ahnliche Vorg¨ange in einphasigen Str¨omungen, bei denen sich Zirkulationsbewegungen im Fluid als Folge der lokalen Dichteunterschiede aus den Temperaturgradienten ergeben, nennt man freie Konvektion. Bei der mathematischen Modellierung der freien Konvektion wird u¨ blicherweise die Abh¨angigkeit der Dichte von der Temperatur nur im Schwerkraftterm der Impulsgleichung ber¨ucksichtigt. Diese Vorgehensweise geht auf die Arbeit von Boussinesq [14] zur¨uck und wird daher als Boussinesq-Approximation bezeichnet. Sie kann

202

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

auch bei der Modellierung der gasangetriebenen Str¨omungen angewandt werden, wenn der Wert des lokalen Gasgehalts wesentlich kleiner als Eins ist. In diesem Fall kann man die Abh¨angigkeit der Gemischdichte vom Gasgehalt (bis auf den Schwerkraftterm % ) vernachl¨assigen und das Navier-Stokes-System (6.10, 6.11) nimmt wegen

g

% "l%l %l

u ul %g "l%l g = (1 ; "g )%lg

(vgl:mit(6:15)) (vgl:mit(6:17))

folgende Form an:

r  ul = 0

@ (%lul) + r  (% u u ) = ;rp + r  T + TRe + % g ; " % g l l l l l g l l @t

(6.23) (6.24)

g

Bis auf den Term ;"g %l in der zweiten Gleichung ist das System (6.23, 6.24) mit dem Navier-Stokes-System f¨ur eine einphasige inkompressible Str¨omung identisch. Man sieht, daß sich unter den getroffenen Annahmen eine Gas-Fl¨ussigkeit-Str¨omung wie eine reine Fl¨ussigkeitsstr¨omung verh¨alt, mit der Ausnahme, daß an jenen Stellen im Reaktor, wo die Gasphase pr¨asent und somit der Gasgehalt "g ungleich Null ist, ein zus¨atzlicher Quellterm in ¨ der Impulsbilanz auftritt. Uberall dort wo Gasphase pr¨asent ist, erf¨ahrt die Fl¨ussigkeit einen Auftrieb, der proportional zum lokalen Gasgehalt ist. Somit wird auch im Rahmen des DriftFlux-Modells der Auftriebseffekt ber¨ucksichtigt, jedoch nicht u¨ ber den Wechselwirkungsterm sondern direkt u¨ ber den Auftriebsterm ;"g %l . Eine R¨uckkopplung erfolgt dadurch, daß die Bewegung in der Fl¨ussigphase die Gasgeschwindigkeit und somit die Gasverteilung im Reaktor beeinflußt. Der Verdr¨angungseffekt, den die Gasphase in der urspr¨unglichen Kontinuit¨atsgleichung (6.2) auf die Fl¨ussigphase aus¨ubt, wird allerdings vernachl¨assigt.

g

W¨urde auch der Einfluß des Auftriebstermes in der Impulsbilanz (6.24) vernachl¨assigt, so w¨urde nur die Bewegung der Fl¨ussigphase durch das geschlossene System (6.23, 6.24) beschrieben. Die Gasphase k¨onnte damit keinen Einfluß auf die Str¨omung der fl¨ussigen Phase aus¨uben. Der Einfluß der Fl¨ussigphase auf die Gasverteilung im Reaktor bliebe allerdings erhalten (Impulsbilanz der Gasphase). Diese Situation entspr¨ache genau dem Fall einer Einwegkopplung zwischen den Phasen, die bereits im Abschnitt 6.2 angesprochen wurde. Es ist somit festzuhalten, daß im Rahmen der Boussinesq-Approximation nur der Auftriebseffekt, jedoch nicht der Verdr¨angungseffekt durch das Drift-Flux-Modell ber¨ucksichtigt wird. Somit wird z.B. nicht ber¨ucksichtigt, daß sich die H¨ohe des Gas-Fl¨ussigkeitsspie¨ gels in einem Beh¨alter verschiebt, wenn der mittlere Gasgehalt durch Anderung der Gaszufuhr zu- oder abnimmt. Allerdings ist bei vielen technischen Fragestellungen die H¨ohe

¨ DRIFT-FLUX-MODELL 6.4: BOUSSINESQ-APPROXIMATION FUR

203

des Fl¨ussigkeitsspiegels weniger entscheidend als die lokale Gasgehaltsverteilung und die durch sie induzierte Str¨omungsstruktur. Das gilt insbesondere f¨ur die hier betrachteten F¨alle mit niedrigem Gasgehalt. Gasgehaltsverteilung und Str¨omungsstruktur werden aber auch mit Ber¨ucksichtigung der Boussinesq-Approximation korrekt wiedergegeben. Demgegen¨uber w¨urde die genaue Simulation von Lage und Form der Gas-Fl¨ussigkeitsoberfl¨ache die Ber¨ucksichtigung einer freien Oberfl¨ache in den Randbedingungen erforderlich machen, was den Modelierungs- und den Rechenaufwand erheblich erh¨oht. Herleitung der Druckgleichung. Ein weiterer Vorteil der Boussinesq-Approximation ist die Vereinfachung bei der Berechnung der Druckverteilung im Reaktor. Die Gleichungen (6.23, 6.24) liefern keine explizite Bedingung zur Berechnung des Druckes. L¨ost man die Navier-Stokes-Gleichungen (6.24) bei einem gegebenen Druckfeld nach den Geschwindigkeitskomponenten auf, so werden im allgemeinen die resultierenden Geschwindigkeitskomponenten der Kontinuit¨atsgleichung (6.23) nicht gen¨ugen. Um dieses Problem zu l¨osen, werden die diskretisierten Navier-Stokes-Gleichungen vereinfacht, und in die Kontinuit¨atsgleichung eingesetzt. So entsteht eine Druckgleichung, die zur Bestimmung des Druckfeldes benutzt wird. Da die Gleichungen (6.23, 6.24) weitgehend mit dem Navier-Stokes-System f¨ur eine inkompressible einphasige Str¨omung u¨ bereinstimmen, kann die Druckgleichung genau wie bei Patankar [93] hergeleitet werden. Wird anstatt der Einphasenkontinuit¨atsgleichung (6.23) die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur Gemisch (6.10) ohne Boussinesq-Approximation ber¨ucksichtigt, so l¨aßt sich auch f¨ur diesen Fall eine Gleichung zur Bestimmung des Druckfeldes herleiten [117]. Die resultierende Druckgleichung ist allerdings nicht mehr linear wie bei einer Einphasenstr¨omung, sondern ¨ quadratisch. Sie verliert ihre Ubersichtlichkeit und ihre L¨osung erfordert zus¨atzliche a¨ ußere Iterationen, was die notwendige Rechenzeit erheblich verl¨angert. Zul¨assigkeit der Boussinesq-Approximation. Bei der Simulation der Naturkonvektion in Fl¨ussigkeiten ist der mit der Annahme konstanter Fluiddichte verbundener Fehler sehr klein, da die Dichteunterschiede infolge der Temperaturgradienten nur Bruchteile von einem Prozent betragen. Im Falle eines Gas-Liquid-Gemisches bedeutet der Einsatz von %l statt "l %l in die Impulsbilanz einen um etwa "g erh¨ohten Betrag der Tr¨agheitskraft. Bei kleinen Werten von "g , und nur solche werden im Rahmen dieser Arbeit betrachtet, hat das keinen qualitativen und kaum einen quantitativen Einfluß auf die L¨osung. Betr¨agt der Wert des lokalen Gasgehalts in einem gr¨oßeren Bereich des Berechnunggebietes mehr als 5%, so werden quantitative Unterschiede bemerkbar. In diesem Fall sollte die tats¨achliche Gemischdichte "l%l in die Impulsbilanz (6.24) eingesetzt werden:

@ ("l%lul) + r  (" % u u ) = ;rp + r  T + TRe + % g ; " % g l l l l l l g l l @t

(6.25)

204

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Auf das numerische Verfahren hat dies aber keinen wesentlichen Einfluß. Von entscheidender Bedeutung f¨ur die Effektivit¨at des numerischen Verfahrens ist allerdinges der Einsatz der Einphasenkontinuit¨atsgleichung (6.23) anstelle von (6.10), da genau diese Vereinfachung sowohl eine effektive Modellierung der freien Oberfl¨ache als auch die Herleitung einer einfachen Druckgleichung erm¨oglicht. Um zu pr¨ufen, ob man diese Gleichung auch bei h¨oheren Gasgehalten einsetzen kann, seien die Kontinuit¨atsgleichungen der beiden Phasen noch einmal aufgef¨uhrt:

@ ("l%l) + r  (" % u ) = 0 l l l @t @ ("g%g ) + r  (" % u ) = 0 g g g @t Werden beide Phasen als inkompressibel betrachtet, so kann man beide Gleichungen durch die jeweils konstante Dichte teilen und addieren mit dem Ergebnis

z }|1 { @ ("l + "g ) + r  (" u + " u )) = 0 l l g g @t () r  ("lul + "g ug )) = 0 () r  ul + r  ("g (ug ; ul)) = 0

(6.26)

u

u u

Wie im Abschnitt 6.6.5 gezeigt wird ist in der Schlupfgeschwindigkeit slip = ( g ; l) die vertikale x-Komponente dominant und ann¨ahernd konstant, so daß der letzte Term auf der linken Seite von (6.26) durch

g r  ("g (ug ; ul)) uxslip @" @x abgesch¨atzt werden kann. Selbst bei hohen Gasgehaltswerten ist dieser Term relativ klein, wenn sich der Gasgehalt in der vertikalen Richtung nicht sehr stark a¨ ndert. Diese Forderung ist offensichtlich verletzt, wenn in einem Beh¨alter der Gaseintrag ver¨andert wird. Wird z.Bsp. in einem nur mit Fl¨ussigkeit gef¨ullten Beh¨alter ein Bodenbegaser eingeschaltet, so wandert in den ersten Sekunden eine scharf abgegrenzte Gasfront nach oben. In der Zeit bis die Gasfront die Oberfl¨ache erreicht hat, steigen der integrale Gasgehalt, das Gesamtvolumen des Gemisches und entsprechend die freie Oberfl¨ache kontinuierlich an. Nach einer gewissen Zeit stellt sich ein Zustand ein, bei dem sich der integrale Gasgehalt nicht mehr stark a¨ ndert, und Gleichung (6.26) durch die Einphasenkontinuit¨atsgleichung (6.23) gut approximiert wird. Wird die Einphasenkontinuit¨atsgleichung (6.23) vom

205

¨ DRIFT-FLUX-MODELL 6.4: BOUSSINESQ-APPROXIMATION FUR

Anfang der Berechnung an eingesetzt, so wird in der Simulation das Ansteigen der freien Oberfl¨ache vernachl¨assigt. Ist der integrale Gasgehalt so hoch, daß diese Ausdehnung nicht vernachl¨assigt werden darf, so kann man ihren Einfluß n¨aherungsweise ber¨ucksichtigen, indem man die Simulation mit der um den integralen Gasgehalt vergr¨oßerten H¨ohe des Berechnungsgebietes neu startet. 1.50

1.50

1.50

1.50

1.25

1.25

1.25

1.25

1.00

1.00

1.00

1.00

0.75

0.75

0.75

0.75

0.50

0.50

0.50

0.50

0.25

0.25

0.25

0.25

0.00

0.00 0.0

.

0.1

0.2

0.3

Geschwindigkeit

0.4

0.5

0.00 0.0

0.1

0.2

Gasgehalt

0.3

0.4

0.5

0.00 0.0

0.1

0.2

0.3

Geschwindigkeit

0.4

0.5

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

Gasgehalt

Abbildung 6.1: Anfahren einer lokal begasten Blasens¨aule. Simulationszeit 0:1s. Momentaufnahme der Liquid-Geschwindigkeit und der Gasverteilung, links berechnet ohne und rechts mit Boussinesq-Approximation.

Zwei illustrative Beispiele. Der Einfluß der Boussinesq-Approximation auf die L¨osung der Modellgleichungen soll nun an zwei Beispielen demonstriert werden. Im ersten Beispiel wird das Anfahrverhalten einer lokal begasten flachen Blasens¨aule mit dem Drift-FluxModell ohne und mit Boussinesq-Approximation zweidimensional simuliert. Abb.6.1 zeigt eine Momentaufnahme der Liquid-Geschwindigkeit und der Gasverteilung 0:1s nach dem Einschalten der Begasung. Bei den Simulationsergebnissen ohne Boussinesq-Approximation (Abb.6.1, links) zeigt die Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit fast im gesamten Reaktor nach oben, weil die Fl¨ussigkeit durch den Verdr¨angungseffekt aus dem Reaktor herausgeschoben wird. Außerdem sieht man einen deutlichen Anstieg der Geschwindigkeit in der N¨ahe des Begasers infolge des Auftriebseffektes. Im Falle der Verwendung der Boussinesq-Approximation (Abb.6.1, rechts) wird der Verdr¨angungseffekt vernachl¨assigt und die Fl¨ussigphase ger¨at nur in der unmittelbaren N¨ahe

206

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

des Begasers in Bewegung. In Abb. 6.1 werden die beiden Geschwindigkeitsfelder stark vergr¨oßert dargestellt, da die tats¨achlichen Unterschiede der mit den beiden Modellen berechneten Geschwindigkeiten im Bereich von mm=s liegen. Auf die Gasgehaltsverteilung haben diese Unterschiede somit keinen erkennbaren Einfluß. Sp¨atestens wenn die Gasphase den oberen Teil des Reaktors erreicht hat und sich der integrale Gasgehalt in der Blasens¨aule nur noch sehr wenig a¨ ndert, kann man die Str¨omungsbilder, die mit beiden Methoden berechnet wurden, nicht mehr voneinander unterscheiden (Abb. 6.2). 1.50

1.50

1.50

1.50

1.25

1.25

1.25

1.25

1.00

1.00

1.00

1.00

0.75

0.75

0.75

0.75

0.50

0.50

0.50

0.50

0.25

0.25

0.25

0.25

0.00

0.00 0.0

.

0.1

0.2

0.3

Geschwindigkeit

0.4

0.5

0.00 0.0

0.1

0.2

Gasgehalt

0.3

0.4

0.5

0.00 0.0

0.1

0.2

0.3

Geschwindigkeit

0.4

0.5

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

Gasgehalt

Abbildung 6.2: Wie Abb. 6.1, jedoch zum Simulationszeitpunkt von 10:0s (links ohne, rechts mit Boussinesq-Approximation).

Wir haben somit gesehen, daß sich der Einsatz der Boussinesq-Approximation im DriftFlux-Modell kaum auf die Genauigkeit der L¨osung auswirkt. Gleichzeitig konnte die Rechenzeit infolge der getroffenen Vereinfachungen um den Faktor 7 reduziert werden. Man beachte jedoch, daß das Drift-Flux-Modell bereits eine Vereinfachung gegen¨uber dem TwoFluid-Modell darstellt. Im zweiten Beispiel wird daher das Ergebnis einer Berechnung mit dem Drift-Flux-Modell inklusive Boussinesq-Approximation dem Ergebnis einer Simulation mit dem Two-FluidModell gegen¨ubergestellt. Es handelt sich dabei um die 3-dimensionale Berechnung eines flachen Schlaufenreaktors auf einem Gitter mit 140000 St¨utzstellen. Die Berechnung

¨ DRIFT-FLUX-MODELL 6.4: BOUSSINESQ-APPROXIMATION FUR

207

mit dem Two-Fluid-Modell wurde mit dem kommerziellen Software-Paket CFX 4.2 von D.Pfleger (BASF) durchgef¨uhrt, die L¨osung des Drift-Flux-Modells mit dem eigenen Programm.

.

.

Abbildung 6.3: Tiefengemittelte Gasverteilung und Liquid-Geschwindigkeit, berechnet auf einem Gitter 140x100x10, links mit CFX 4.2 und vollst¨andigem Two-FluidModell, rechts mit Drift-Flux-Modell und Boussinesq-Approximation.

In Abb. 6.3 ist die Gasverteilung sowie das Geschwindigkeitsfeld der Fl¨ussigphase dargestellt, berechnet mit beiden Modellvarianten. Man sieht, daß die Ergebnisse sehr a¨ hnlich sind. Um einen besseren Vergleich zu erm¨oglichen, sind in Abb. 6.4 die mit beiden Programmen berechneten Profile des Gasgehalts und der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit auf unterschiedlichen H¨ohen gegen¨ubergestellt. Unterschiede zwischen beiden L¨osungen sind kaum zu erkennen. Die erforderlichen Rechenzeiten differieren allerdings um einen Faktor 48 (1 Stunde gegen¨uber etwa 2 Tagen auf einer UltraSPARC-60 Workstation). Man kann somit festhalten, daß das Drift-Flux-Modell mit Boussinesq-Approximation bei niedrigen Gasgehalten eine sehr gute N¨aherung des vollst¨andigen Two-Fluid-Modells dar-

208

.

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

.

Abbildung 6.4: Profile des Gasgehalts (links) und der Liquid-Geschwindigkeit (rechts) auf unterschiedlichen H¨ohen, berechnet mit Two-Fluid-Modell (——) und mit dem Drift-Flux-Modell inkl. Boussinesq-Approximation (– – –).

6.5: ERSTE ZWISCHENBILANZ

209

stellt und numerisch wesentlich effektiver gel¨ost werden kann.

6.5

Erste Zwischenbilanz

Bevor wir mit der Modellbeschreibung fortfahren, soll der bisherige Stand kurz zusammengefaßt werden. Der Ausgangspunkt f¨ur die Beschreibung einer Gas-Liquid-Blasenstr¨omung war das EulerEuler Two-Fluid-Modell (6.1–6.5), das aus einer Kontinuit¨atsgleichung und einer Impulsbilanz f¨ur jede der beiden Phasen sowie einer zus¨atzlichen Schließbedingung bestand. Das Modell wurde allgemein konzipiert. Einige Terme, die den Einfluß der Turbulenz auf die Str¨omung und die Wechselwirkungskraft zwischen den beiden Phasen beschreiben, wurden zwar eingef¨uhrt, aber noch nicht spezifiziert. Danach wurde gezeigt, daß im Falle von Gas-Liquid-Str¨omung das Two-Fluid-Modell dem Drift-Flux-Modell infolge der großen Dichterunterschiede zwischen den beiden Phasen weitgehend a¨ quivalent ist. Bei einem Drift-Flux-Modell werden die Kontinuit¨atsgleichung und die Impulsbilanz f¨ur die Fl¨ussigphase durch die entsprechenden Gleichungen f¨ur das GasFl¨ussig-Gemisch ersetzt. Die beiden Bilanzgleichungen f¨ur die Gasphase bleiben unver¨andert. In einem weiteren Schritt wurde die Boussinesq-Approximation eingef¨uhrt, die die Abh¨angigkeit der Gemischdichte vom lokalen Gasgehalt nur im Schwerkraftterm der Gemischimpulsbilanz ber¨ucksichtigt. Dadurch wurde das Navier-Stokes-System f¨ur das Gemisch auf eine Form gebracht, die sich von der Impuls- und Massebilanz f¨ur inkompressible Einphasenstr¨omung nur durch einen zus¨atzlichen Auftriebsterm in der vertikalen Impulsbilanz unterscheidet. Diese Vereinfachung erm¨oglicht eine anschauliche Interpretation der Modellgleichungen und den Einsatz von numerischen Algorithmen f¨ur Einphasenstr¨omungen, die nur unwesentlich modifiziert werden m¨ussen. Es wurden die Grenzen der Anwendbarkeit der Boussinesq-Approximation diskutiert. F¨ur Berechnung von Gas-Fl¨ussig-Str¨omungen mit niedrigem Gasvolumananteil, und nur solche werden im Rahmen dieser Arbeit untersucht, kann das vereinfachte Modell uneingeschr¨ankt eingesetzt werden. Bei Gasvolumenanteilen von mehr als 5% sollte die Gemischimpulsbilanz (Glg. (6.25) anstelle von Glg. (6.24)) verwendet werden. Bei der L¨osung der f¨ur die numerische Effizienz entscheidenden Gemischkontinuit¨atgleichung kann die Boussinesq-Approximation eingesetzt werden, wenn die Verteilung des Gasgehalts keine starken Gradienten in der vertikalen Richtung aufweist. Bis auf F¨alle, in denen sich die Begasung zeitlich stark a¨ ndert, ist diese Voraussetzung in der Regel erf¨ullt. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit gehen wir daher davon aus, daß der Einsatz der Boussinesq-Approximation zul¨assig ist.

210

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Wir fassen die Modellgleichungen noch einmal zusammen. Das Drift-Flux-Modell mit Boussinesq-Approximation und (noch nicht genauer definiertem) Turbulenz-Term Re l besteht aus folgenden Gleichungen:

T

r  ul = 0

@ (%lul ) + r  (% u u ) = ;rp + r  T + r  TRe + % g ; " % g l l l l l g l l @t @ ("g %g ) + r  (" % u ) = 0 g g g @t @ ("g%g ug ) + r  (" % u u ) = ;" rp + " r  T + " % g ; F g g g g g g l g g W @t

(6.27) (6.28) (6.29) (6.30)

In den folgenden Abschnitten werden die Terme diskutiert, die bis jetzt noch nicht spezifiziert wurden.

6.6 Die Impulsbilanz fur ¨ die Gasphase 6.6.1 Impulsbilanz fur ¨ die Einzelblase Die Impulsbilanz f¨ur die Gasphase

@ ("g%g ug ) + r  (" % u u ) = ;" rp + " r  T + " % g ; F g g g g g g l g g W @t

(6.31)

wird zur Berechnung der Gasgeschwindigkeit eingesetzt. Diese Gleichung wurde bis auf den Term W definiert, der die Wechselwirkungskraft zwischen den Gasblasen und der sie umstr¨omenden Fl¨ussigkeit beschreibt. Dieser Term wird in der Regel aus der Impulsbilanz f¨ur die Einzelblase durch einen Mittelungsprozess abgeleitet.

F

Im Two-Fluid-Modell, welches den Ausgangspunkt f¨ur die Beschreibung der Gas-LiquidBlasenstr¨omung bildete, trat der Term W sowohl in der Impulsbilanz f¨ur die Fl¨ussigphase als auch in der Impulsbilanz f¨ur die Gasphase (mit anderem Vorzeichen) auf. In einem DriftFlux-Modell tritt dieser Term nur noch in der Gasimpulsbilanz auf. In der Gemischimpulsbilanz, die aus der Summe der beiden Einzelphasenbilanzen hergeleitet werden kann, ist er eliminiert. Da wir nicht an dem Term W selbst, sondern nur an der Gasgeschwindigkeit interessiert sind, k¨onnen wir in einem ersten Schritt auch die Impulsbilanz f¨ur die Einzelblase zur Bestimmung der Gasgeschwindigkeit heranziehen.

F

F

Die Gleichung, welche im Lagrangeschen Bezugssystem die Bilanz der auf die Gasblase

211

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

wirkenden Kr¨afte beschreibt, kann folgendermaßen formuliert werden:

d(mbub) = F total dt

(6.32)

u

Dabei ist mb die Blasenmasse, b - die Geschwindigkeit der Blase zum Zeitpunkt t, und total - die Summe aller Kr¨afte, die auf die Blase wirken. Es werden dabei die in den folgenden Abschnitten diskutierten Summanden ber¨ucksichtigt.

F

6.6.2

Druckkraft

Aus einem globalen Druckgradienten resultiert die Druckkraft, die durch den folgenden Ausdruck wiedergegeben werden kann:

Fp = ;Vb  rp

(6.33)

Vb ist dabei das Volumen der Gasblase. Weicht der Druckgradient nur unwesentlich vom hydrostatischen Druckgradienten ab (rp %l g), so entspricht die Druckkraft (6.33) der nach Archimedes (220 v.Chr.) berechneten Auftriebskraft, die betragsm¨aßig gleich der Gewichtskraft der von der Gasblase verdr¨angten Fl¨ussigkeit ist:

Fp ;Vb%lg: 6.6.3

(6.34)

Schwerkraft

Der Einfluß der Schwerkraft wird durch den Ausdruck

Fg = mb  g

(6.35)

beschrieben.

6.6.4

Weitere Kr¨afte: Vorbemerkungen

Befindet sich eine ruhende Gasblase in einer ruhenden Fl¨ussigkeit, so wirken keine weiteren Kr¨afte auf die Gasblase. Da sich aber die Gasblase relativ zu der Fl¨ussigphase bewegt, bilden sich in der unmittelbaren N¨ahe der Gasblase lokale Druckst¨orungen und Schubspannungen aus. Im Rahmen unseres u¨ ber Volumenelemente mit mehreren Gasblasen mittelnden

212

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Modells werden diese Schwankungen jedoch nicht aufgel¨ost. Ihr Einfluß auf die Blasenbewegung muß deshalb aus experimentell basierten halb-empirischen Korrelationen abgeleitet werden. Da die Wechselwirkungen zwischen der Gasblase und der sie umstr¨omenden Fl¨ussigkeit von ziemlich komplexer Natur sind und noch nicht vollst¨andig verstanden werden, gibt es viele unterschiedliche Ansichten dar¨uber, wie man diese Einfl¨usse am besten beschreiben kann. Auf der einen Seite stehen Arbeiten, in denen nur die Widerstandskraft ber¨ucksichtigt wird, bzw. direkt die Annahme einer konstanten Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen getroffen wird. Andere Ver¨offentlichungen ber¨ucksichtigen dagegen eine F¨ulle von weiteren relevanten“ Kr¨aften – wie z.B. die added mass force“, die Basset-force“ und die ” ” ” lift force“ (bzw. die Magnuskraft als Spezialfall), um einige davon zu nennen. Modelle, ” die mehrere Kr¨afte ber¨ucksichtigen, werden in der Regel als genauer“ und vollst¨andiger“ ” ” bewertet, als Modelle, die nur von einer einfachen Schlupfbeziehung Gebrauch machen. Diese Beurteilung w¨are allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn die Existenz der oben genannten Kr¨afte, sowie die Richtigkeit von konkreten Formeln zu ihrer Berechnung nachgewiesen w¨are. Herrscht dagegen u¨ ber die Existenz einzelner Kr¨afte bzw. deren Darstellung eine große Unsicherheit, so kann es sinnvoller sein, auf ihre Ber¨ucksichtigung zu verzichten. Unter diesem Aspekt haben algebraische Schlupfmodelle durchaus ihre Rechtfertigung, zumal bei diesen Modellen in der Regel eine Schlupfgeschwindigkeit berechnet wird, die den Experimentaldaten weitgehend entspricht, was beim Einsatz von umfangreicheren Modellen nicht immer gew¨ahrleistet ist. Die oben angesprochene Unsicherheit bez¨uglich der Existenz und Modellierung der einzelnen Kr¨afte resultiert daraus, daß die experimentelle Erfassung der auf eine Einzelblase wirkenden Kr¨afte (wenn uberhaupt) ¨ nur unter einer Reihe von stark vereinfachenden Annahmen m¨oglich ist, die in praxisrelevanten F¨allen fast immer verletzt sind. Darauf wird in den folgenden Abschnitten n¨aher eingegangen.

6.6.5 Widerstandskraft Bewegt sich eine Blase in einer Fl¨ussigkeit, so erf¨ahrt sie eine Kraft, die ihrer Bewegung entgegen wirkt, falls die Geschwindigkeit der umgebenden Fl¨ussigkeit kleiner als die Geschwindigkeit der Blase ist. W¨ahrend die Bewegung der Blase gebremst wird, erf¨ahrt die Fl¨ussigkeit eine Beschleunigung in Richtung der Blasenbewegung. Diese Widerstandskraft d l¨aßt sich in allgemeiner Form wie folgt darstellen (Index ”d“ steht f¨ur den englischen

F

213

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Ausdruck drag force“): ”

Fd = ; 12 Cd %l d4b jub ; ul j (ub ; ul) 2

(6.36)

Hier wurde mit db der (¨aquivalente) Blasendurchmesser bezeichnet. Cd steht f¨ur einen dimensionslosen Ausdruck, der in der Literatur als Widerstandsbeiwert bezeichnet wird (englisch: drag coefficient“). Bei kleinen Blasen-Reynoldszahlen ” Re := %ldb j b ; lj < 0:1 (6.37) l

u u

kann die Widerstandskraft und somit der Widerstandsbeiwert unter der Annahme schleichender Str¨omung analytisch berechnet werden:

24 Cd = Re

(6.38)

Diese Formel setzt voraus, daß es sich um ein kugelf¨ormiges Teilchen mit einer starren Oberfl¨ache handelt. Da bereits geringe Verunreinigungen die Beweglichkeit der Phasengrenzfl¨ache und die interne Zirkulation unterbinden, kann die Gleichung (6.38) auch f¨ur sehr kleine Blasen verwendet werden. F¨ur die Einzelblase, die mit konstanter Geschwindigkeit in der ruhenden Fl¨ussigkeit aufsteigt, l¨asst sich die Blasenaufstiegsgeschwindigkeit aus dem Kr¨aftegleichgewicht zwischen Druckkraft, Schwerkraft und Widerstandskraft berechnen. Vernachl¨assigt man die Schwerkraft gegen¨uber der Druckkraft, so ergibt sich folgender Ausdruck f¨ur die Aufstiegsgeschwindigkeit:

urise =

s

4  db g 3 Cd

(6.39)

Wird der Widerstandsbeiwert Cd nach (6.38) berechnet, so ergibt sich aus (6.39) f¨ur eine Gasblase mit einem Durchmesser von 5mm in einem Luft/Wasser-System eine Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von 13:65m=s, was um einen Faktor von etwa 60(!) die experimentell ermittelten Werte von 20 ; 25cm=s u¨ bersteigt. Da Gleichung (6.38) bei h¨oheren Reynoldzahlen nicht benutzt werden darf, muß die Wider¨ standskraft in solchen F¨allen experimentell ermittelt werden. Dimensionsanalytische Uberlegungen f¨uhren zu dem Ergebnis, daß im Falle einer starren kugelf¨ormigen Partikel der Widerstandsbeiwert eine Funktion der Partikel-Reynoldszahl allein sein muß. Um die Abh¨angigkeit des Cd -Wertes von Reynoldszahl Re zu bestimmen, reicht es aus, bei einem beliebig gew¨ahlten Partikeldurchmesser und f¨ur eine beliebig gew¨ahlte newtonsche Fl¨ussigkeit die Widerstandskraft bei unterschiedlich hohen Relativgeschwindigkeiten zu messen.

214

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Die entsprechenden Experimente lassen sich relativ einfach durchf¨uhren, indem man die Partikel mit einer (beliebigen) konstanten Geschwindigkeit durch eine sich im Ruhezustand befindliche Fl¨ussigkeit zieht, und die daf¨ur notwendige Zugkraft direkt mißt. Aus der so ermittelten Widerstandskraft l¨aßt sich dann der Widerstandsbeiwert berechnen. Die resultierende Abh¨angigkeit des Widerstandsbeiwertes von der Reynoldszahl kann analytisch folgendermaßen approximiert werden [16]:

8 > < Cd = > :

Re (1 + 0:15Re 24

) wenn Re < 1000 0:44 wenn Re 1000

0:687

(6.40)

F¨ur die Gasblasen gilt diese Beziehung nur, wenn sie nicht deformiert sind und eine starre Oberfl¨ache vorliegt, was nur bei sehr kleinen Gasblasen angenommen werden kann. Wird der Widerstandsbeiwert Cd nach (6.40) berechnet, so ergibt sich aus (6.39) f¨ur einen Blasendurchmesser von 5mm eine Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von 38:6cm=s, was zwar we¨ sentlich genauer ist als Glg. (6.38), aber immerhin noch eine etwa 70%-ige Ubersch¨ atzung gegen¨uber den experimentell ermittelten Werten bedeutet. Wie wir gesehen haben, beeinflußt die Gr¨oße des Widerstandsbeiwerts unmittelbar die Blasenaufstiegsgeschwindigkeit bzw. die Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen. Wird die Blasengeschwindigkeit falsch berechnet, so f¨uhrt dies zu einer inkorrekt berechneten Verteilung der Gasphase im Reaktor. Da in einem durch das Gas angetriebenen System die Str¨omungsform sehr stark von der Gasgehaltsverteilung abh¨angt, ist eine ausreichend genaue Berechnung des Widerstandsbeiwerts mitentscheidend f¨ur die Qualit¨at der numerischen Simulation. Eine genaue Bestimmung des Widerstandsbeiwerts f¨ur Gasblasen erweist sich allerdings als eine a¨ ußerst schwierige Aufgabe. Die Gasblase ist weder rund noch starr. Die Korrelationen f¨ur den Widerstandsbeiwert sollten die Deformation der Gasblase sowie die Zirkulation des Gases im Blaseninneren ber¨ucksichtigen. Diese Korrelationen m¨ussten daher außer der Blasen-Reynoldzahl die Abh¨angigkeit von anderen dimensionslosen Kennzahlen enthalten, die f¨ur die Blasendeformation von Bedeutung sind, wie z.B. E¨otv¨oszahl (E o ) und Mortonzahl (Mo) oder Weberzahl (We), die folgendermaßen definiert sind (wir nehmen an, daß %g  %l gilt, und verwenden deshalb einfachheitshalber %l anstelle von (%l ; %g )): 2 E o = g%l db 4 Mo = %g l3 l 2 We = %l jub ; ulj db

215

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Hier bezeichnet  die Oberfl¨achenspannung (f¨ur das Wasser gilt  0:07kg=s2 ). Da die meisten Simulationen f¨ur das Wasser/Luft-System durchgef¨uhrt wurden, beschr¨anken wir uns im weiteren Verlauf bei der Beurteilung von verschiedenen Ans¨atzen ausschließlich auf dieses Stoffsystem.

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

30

25

20

15

Destilliertes Wasser Leitungswasser

10

5

0

0

1

2

3

4 5 6 7 Blasendurchmesser [mm]

8

9

10

.

Abbildung 6.5: Aufstiegsgeschwindigkeit u rise von Einzelblasen in Wasser in Abh¨angigkeit vom a¨ quivalenten Blasendurchmesser db . An Meßergebnisse von Haberman und Morton [37] angepaßte Kurven nach [29].

Eine zuverl¨assige Bestimmung empirischer Korrelationen wird dadurch erschwert, daß eine direkte Messung der Widerstandskraft von Gasblasen in Abh¨angigkeit der Relativgeschwindigkeit unm¨oglich ist. Im Gegensatz zu einer starren Kugel l¨aßt sich eine Gasblase nicht mit einer konstanten Geschwindigkeit durch eine ruhende Fl¨ussigkeit ziehen. Der Widerstandsbeiwert kann deshalb bei einem vorgegebenen Blasendurchmesser nur f¨ur den Wert der Relativgeschwindigkeit berechnet werden, der gleich der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit ist. Wird dabei der Blasendurchmesser variiert, so liegt als Meßergebnis ein Diagramm vor, das die Abh¨angigkeit der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit vom Blasendurchmesser beschreibt. Dabei unterliegen die Meßergebnisse großen Schwankungen, da die Blasenaufstiegsgeschwindigkeit stark von der Reinheit des Wassers abh¨angt. In Abbildung 6.5 sind

216

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

analytisch berechnete Kurven dargestellt, die nach Glng. (2.11) aus [29] an die Meßergebnisse von Haberman und Morton [37] f¨ur destilliertes Wasser und f¨ur Leitungswasser angepaßt wurden. Man sieht, daß insbesondere im Bereich 1mm < db < 2mm große Unterschiede in der Aufstiegsgeschwindigkeit von Einzelblasen beobachtet wurden. Diese Unterschiede sind darauf zur¨uckzuf¨uhren, daß infolge von oberfl¨achenaktiven Verunreinigungen im Leitungswasser die Grenzfl¨ache immobilisiert wird, was die Herabsetzung der Aufstiegsgeschwindigkeit verursacht [132]. Da die vorliegende experimentelle Information nicht ausreicht, um den Widerstandsbeiwert Cd als eine Funktion von drei dimensionslosen Kennzahlen eindeutig zu bestimmen, ist die Anzahl unterschiedlicher Korrelationen hoch. Wir wollen einige davon etwas genauer untersuchen. Dabei erwarten wir von einer empirischen Korrelation f¨ur den Widerstandsbeiwert Cd, daß ihr Einsatz in die Gleichung (6.39) Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten urise liefert, die zwischen den beiden in Abb.6.5 dargestellten Meßkurven liegen. Wir beschr¨anken uns dabei auf die Blasendurchmesser von 2mm bis 6mm, da in den meisten zur Validierung von Zweiphasenmodellen verwendeten Testf¨allen die experimentell ermittelte Blasengr¨oße innerhalb dieser Grenzen liegt (s. z.B. [9]). Wir beginnen mit der Feststoff-Formel“ (6.40), die wir als Korrelation A“ bezeichnen ” ” werden. Obwohl der Einsatz dieser Formel in die Beziehung (6.39) f¨ur Blasendurchmesser oberhalb von 3mm deutlich u¨ berh¨ohte Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten liefert (vgl. Abb. 6.6, oben links), wird sie von vielen Autoren bei der Simulation von Blasenstr¨omungen eingesetzt (Delnoij et al. [20, 21], Djebbar et al. [25], Kuwagi und Ozoe [63], Mudde und Simonin [86], Sommerfeld et al. [115]). Nicht in allen Arbeiten werden die dabei eingesetzten Blasendurchmesser angegeben, so daß nicht immer festgestellt werden kann, ob die aus der Feststoff-Formel“ resultierende Relativgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen ” in dem mit den Meßdaten u¨ bereinstimmenden Bereich (2mm < db < 2:7mm) liegt oder nicht. Sommerfeld et al. [115] sowie Mudde und Simonin [86] gehen bei der Simulation einer lokal begasten Blasens¨aule aus [8] von einem Blasendurchmesser von db = 3mm aus, was zwar mit dem im zugrundeliegenden Experiment ermittelten mittleren Blasendurchmesser ubereinstimmt, ¨ bei der Verwendung der Korrelation A jedoch in einer uberh¨ ¨ ohten Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von etwa 29cm=s resultiert. Delnoij et al. verwenden f¨ur denselben Testfall einen fiktiven Blasendurchmesser von 2mm. Das entspricht zwar nicht dem experimentell ermittelten Wert, daf¨ur wird in diesem Fall eine realistischere Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von 20:8cm=s berechnet. Als n¨achstes untersuchen wir eine Korrelation, die von Tomiyama et al. [121] 1995 vorgeschlagen (s. auch [126]) und von Pan et al. [90, 91] sowie Tomiyama [123] zur Simulation

217

45

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation A

40

35

30

25

20

15

2

3

4

5

6

45 Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation B

40

35

30

25

20

15

2

Blasendurchmesser [mm]

3

4

5

6

Blasendurchmesser [mm]

45

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

.

Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation C

40

35

30

25

20

15

2

3

4

5

6

45 Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation D

40

35

30

25

20

15

2

45 Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation E

40

35

30

25

20

15

2

3

4

5

Blasendurchmesser [mm]

3

4

5

6

Blasendurchmesser [mm]

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit [cm/s]

Blasendurchmesser [mm]

6

45 Destilliertes Wasser Leitungswasser Korrelation F

40

35

30

25

20

15

2

3

4

5

6

Blasendurchmesser [mm]

Abbildung 6.6: Einzelblasenaufstiegsgeschwindigkeit u rise in Wasser in Abh¨angigkeit vom a¨ quivalenten Blasendurchmesser db , berechnet nach (6.39) f¨ur 6 unterschiedliche empirische Korrelationen f¨ur Cd.

218

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

von gleichm¨aßig und lokal begasten Blasens¨aulen eingesetzt wurde:

 24  E o

0:687 8 Cd = max Re (1 + 0:15Re ) 3  E o + 4

(6.41)

Diese Formel, die wir als Korrelation B“ bezeichnen werden, stimmt f¨ur kleine Reynolds” zahlen mit der Feststoff-Formel (6.40) uberein. ¨ Ab einer Blasengr¨oße von etwa db = 2:6mm wird der Widerstandsbeiwert durch den zweiten Ausdruck in (6.41) bestimmt. Dieser sorgt daf¨ur, daß die Korrelation B auch f¨ur gr¨oßere Blasen zur Aufstiegsgeschwindigkeiten f¨uhrt, die innerhalb des Meßbereichs liegen (vgl. Abb. 6.6, oben rechts). Bhanu und Mazumdar [10], Jakobsen et al. [53], Johansen und Boysan [55], Ranade und van den Akker [97] verwenden folgende Korrelation C“, die nur von der E¨otv¨oszahl abh¨angt: ”

Cd =

1:0 E o

0:622 + 0:235

(6.42)

Sie darf jedoch nur f¨ur Blasen ab 2mm Durchmesser eingesetzt werden, da mit abnehmendem Blasendurchmesser der nach (6.42) berechnete Widerstandsbeiwert gegen Null geht, weshalb f¨ur kleinere Blasen eine stark u¨ berh¨ohte Aufstiegsgeschwindigkeiten berechnet wird. F¨ur Blasendurchmesser oberhalb von db = 2:6mm stimmen die mit Korrelationen B und C berechneten Aufstiegsgeschwindigkeiten ziemlich genau u¨ berein (vgl. Abb. 6.6, mitte links). Schreibt man die Korrelation C folgendermaßen um:

E o

 Cd = 7:464 3 0:94E o + 4

(6.43)

¨ so wird die Ahnlichkeit mit dem 2.Teil des Ausdruckes (6.41) offensichtlich. Die von Kuo und Wallis [61] f¨ur das Stoffsystem Leitungswasser/Luft ermittelte Formel, die wir als Korrelation D“ bezeichnen werden, wirkt recht komplex: ”

8 > > 24=Re > > > 20:68=Re0:643 > > < Cd = > 6:3=Re0:385 > > > We=3 > > > : 8=3

wenn Re < 0:49 wenn 0:49 < Re < 100 wenn Re > 100 We  8 Re  2065:1=We2:6 wenn Re > 100 We  8 Re > 2065:1=We2:6 wenn Re > 100 We > 8

(6.44)

Sie wurde von Boisson und Malin [11], Ilegbusi et al. [48], Jenne [54] zur numerischen Simulation von Blasenstr¨omungen eingesetzt. Der Einsatz dieser Formel f¨ur Luftblasen im Wasser resultiert in einer Blasenaufstiegsgeschwindigkeit, die f¨ur Blasendurchmesser oberhalb von db = 2:27mm nicht mehr von der Blasengr¨oße abh¨angt, solange f¨ur die Weberzahl

219

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

We  8 gilt (vgl. Abb. 6.6, mitte rechts). Einsatz von Cd = We=3 in (6.39) f¨uhrt dabei zu folgendem Ausdruck

urise =

s 4

4g 22:9 cm : %l s

(6.45)

Das in der letzten Zeit h¨aufig eingesetzte Softwarepaket CFX 4.2 verwendet folgende Formel ( Korrelation E“) zur Berechnung des Widerstandsbeiwertes ”

Cd = 23 E o 12

(6.46)

Setzt man die Definition der E¨otv¨oszahl in diese Formel ein, so kann man die Korrelation E auch folgendermaßen darstellen:

r Cd = 23 db g% l

(6.47)

In dieser Form wird Korrelation E von Morud [83] sowie Morud und Hjertager [84] f¨ur die Simulation von gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen und begasten R¨uhrkesseln eingesetzt und stimmt mit der von Ishii und Zuber in [51] vorgeschlagenen Korrelation u¨ berein. Setzt man diese Formel in die Beziehung (6.39) ein, so stellt man u¨ berraschenderweise fest, daß hinter der Korrelation E ebenfalls die Annahme einer blasengr¨oßenunabh¨angigen Aufstiegsgeschwindigkeit steckt (vgl. Abb. 6.6, unten links). Diese kann nach der Formel (6.45) berechnet werden und betr¨agt somit ebenfalls 22:9cm=s, und zwar nicht nur f¨ur Blasendurchmesser oberhalb von db = 2:27mm, sondern f¨ur alle Blasengr¨oßen. Korrelationen D und E sind nicht die einzigen Ans¨atze, die zu einer (zumindest in einem großen db -Bereich) blasengr¨oßenunabh¨angigen Aufstiegsgeschwindigkeit f¨uhren. Eine sehr einfache Beziehung stammt von Schwarz und Turner [105]. Sie fassen das Produkt d2b 1 ur die Widerstands2 Cd %l  4 j b ; l j zu Cw Vb zusammen, so daß der Ausdruck (6.36) f¨ kraft zu

u u

Fd = ;Cw Vb(ub ; ul )

(6.48)

vereinfacht wird und geben f¨ur Cw folgenden konstanten Wert an ( Korrelation F“): ”

Cw = 5  104 mkg3s

(6.49)

Die Aufstiegsgeschwindigkeit ergibt sich mit dieser Gleichung zu ungef¨ahr 20 cm/s, was ebenfalls mit den experimentell gefundenen Werten mit brauchbarer Genauigkeit uberein¨ stimmt (vgl. Abb. 6.6, unten rechts). Der Einsatz von einem etwas kleineren Wert ( Korre” lation “)

F

C w = 4:29  104 mkg3s

(6.50)

220

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

w¨urde sogar zu einem Ergebnis f¨uhren, das mit der aus den Korrelationen D und E berechneten Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von 22:9cm=s u¨ bereinstimmt. Wir werden den Wert (6.50) sp¨ater f¨ur einen detaillierteren Vergleich zwischen Korrelationen D, E und F verwenden. Wegen ihrer Einfachheit wird die Korrelation F von vielen Autoren eingesetzt (Becker et al. [8], Deng et al. [23], Grienberger und Hofmann [34], Hillmer et al. [43], Kuzmin [64], Lapin et al. [71], Sokolichin und Eigenberger [110], Svendsen et al. [119], Torvik und Svendsen [124]). Zusammenfassend k¨onnen wir feststellen, daß bis auf die Feststoff-Formel (6.40) alle untersuchten Korrelationen sinnvolle Ergebnisse f¨ur die Blasenaufstiegsgeschwindigkeit liefern. Die resultierenden Kurven unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander, nehmen f¨ur Luftblasen im Wasser Werte im Bereich zwischen 20cm=s und 30cm=s an, und zeigen (wie die Meßdaten auch) nur wenig Abh¨angigkeit vom eingesetzten Blasendurchmesser. Der durchgef¨uhrte Vergleich bezog sich allerdings auf einen speziellen Fall: wir untersuchten die Aufstiegsgeschwindigkeit einer Einzelblase in einer ruhenden Fl¨ussigkeit. Nun nehmen wir an, daß die Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit von Null verschieden ist. Beschr¨ankt man sich bei der Betrachtung der Wechselwirkungskr¨afte ausschließlich auf die Widerstandskraft, so lautet die Impulsbilanz f¨ur die Einzelblase im Lagrangeschen Bezugssystem

d(mbub) = F + F + F p g d dt

2 = ;Vb  rp + mb  g ; 21 Cd%l  d4b jub ; ulj (ub ; ul):

(6.51)

F¨ur m¨aßige Gasdichten kann der Einfluß der Schwerkraft in dieser Gleichung vernachl¨assigt werden. Wegen der niedrigen Dichte der Gasphase wird der Gleichgewichtszustand zwischen der Druck- und der Widerstandskraft innerhalb von einigen Millisekunden erreicht, so daß der Einfluß des Tr¨agheitstermes ebenfalls keine Rolle spielt. Definiert man die Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen als

uslip = ub ; ul so erh¨alt man aus 0 = Berechnung von slip :

u

(6.52)

Fp + Fd unter Einsatz von Vb = d3b =6 folgende Gleichung zu 3 Cd % ju j u = ;rp: 4 db l slip slip

(6.53)

Nimmt man weiterhin an, daß der Druckgradient sich nur wenig vom hydrostatischen Druckgradienten unterscheidet (was bei blaseninduzierten Str¨omungen mit niedrigen

221

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

@p ;% g, @p 0, @p 0: l @x @y @z s

43  dCbg d z

0 uslip 0

Gasgehalten immer der Fall ist), so gilt wegen

uxslip uyslip

(6.54) (6.55)

Das bedeutet, daß unter den gemachten Voraussetzungen die Relativgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen gleich der Aufstiegsgeschwindigkeit einer Einzelblase in ruhender Fl¨ussigkeit ist (vgl. (6.39)). Damit liefern die Korrelationen B – F nicht nur f¨ur die Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten, sondern auch f¨ur Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen in einem dynamischen Str¨omungsfeld weitgehend a¨ hnliche Ergebnisse. Wie die Blasenaufstiegsgeschwindigkeit, h¨angt auch die Schlupfgeschwindigkeit bei einem konstanten Druckgradienten allein vom Blasendurchmesser ab. Wird in einem Zweiphasenmodell die Abh¨angigkeit des Blasendurchmessers von Druck vernachl¨assigt, so braucht die Schlupf¨ geschwindigkeit nach (6.54, 6.55) nur einmal berechnet zu werden. Diese Uberlegungen zeigen, daß der Einsatz von algebraischen Schlupfmodellen, in denen die Gasgeschwindigkeit als Summe von Liquidgeschwindigkeit und einem konstanten Schlupf berechnet wird, durchaus seine Rechtfertigung besitzt. Auch wenn sich der dynamische Druckgradient bei niedrigen Gasgehalten nur unwesentlich vom statischen Druckgradienten unterscheidet, gibt es dennoch F¨alle, in welchen diese Unterschiede eine wichtige Rolle spielen. Dazu geh¨ort insbesondere die Simulation einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule. Wir werden die Simulation einer Blasenstr¨omung in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule in einem weiteren Kapitel noch ausf¨uhrlich besprechen. An dieser Stelle sei nur vermerkt, daß ein (experimentell nachgewiesener) dynamischer Str¨omungszustand in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule nur dann durch die Simulation wiedergegeben werden kann, wenn das mathematische Modell eine horizontale, von Null verschiedene Relativgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen zul¨aßt. Geht man allerdings davon aus, daß sich der dynamische Druckgradient vom hydrostatischen Druckgradienten nicht unterscheidet, so sind die Horizontalkomponenten uyslip uzslip gleich Null ( s. (6.55)). Im Falle einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule darf diese Vereinfachung somit nicht getroffen werden, und die Schlupfgeschwindigkeit sollte stattdessen aus der allgemeineren Beziehung (6.53) berechnet werden. Diese Prozedur ist jedoch viel rechenaufwendiger, da der Widerstandsbeiwert in den meisten Korrelationen eine nichtlineare Funktion von Schlupfgeschwindigkeit ist. Die Aufl¨osung von Gleichung (6.53) nach Komponenten der Schlupfgeschwindigkeit kann damit nur auf einem iterativen Wege erfolgen, und zwar in jedem einzelnen Kontrollvolumen, deren Anzahl bei 3-D Simulationen oft die Einhunderttausendgrenze u¨ bersteigt. Die Korrelation F liefert hier eine rechenzeitsparende Alternative. Da der hier eingesetzte Cw -Wert keine Abh¨angigkeit von der Schlupfgeschwindigkeit auf-

222

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

weist, kann diese explizit aus der Relation

p uslip = ; r Cw

(6.56)

berechnet werden. Nichtgleichgewichtszust¨ande. Alle bisher diskutierten Korrelationen f¨ur den Widerstandsbeiwert wurden f¨ur den Fall eines hydrostatischen Druckgradienten bzw. f¨ur den Fall einer diesem Gradienten entsprechenden Blasenaufstiegsgeschwindigkeit getestet. Oft werden diese Korrelationen allerdings in Situationen eingesetzt, in denen sich die Blasengeschwindigkeiten von den bis jetzt diskutierten Bedingungen unterscheiden. Die damit verbundenen Unsicherheiten sollen an einem Beispiel illustriert werden. Wir betrachten dazu eine Gasblase mit einem Durchmesser von 5mm. Steigt diese Blase in einem ruhendem Wasser auf, so erf¨ahrt sie eine Druckkraft, deren Betrag sich durch

@p = d3=6  % g = 6:43  10;4 N jFpj = ;Vb  @x l b

(6.57)

berechnen l¨aßt. Gleichzeitig erf¨ahrt sie seitens der Fl¨ussigphase die Widerstandskraft, deren Betrag sich aus der Beziehung (6.36) folgendermaßen darstellen l¨aßt:

jFdj = 12 Cd%l d4b jub j2 = 0:0098 kg=m]  Cd  jubj2: 2

d2 Wird das Produkt 12 Cd %l  4b j b j zu Beziehung verwenden:

u

C w Vb

(6.58)

zusammengefaßt, so kann man auch folgende

jFd j = C w Vb jubj = 65:45  10;9 m3]  C w  jubj

(6.59)

Wir setzten nun Korrelationen D und E zur Berechnung des Widerstandsbeiwertes Cd in die Formel (6.58), sowie Korrelation F f¨ur die Gr¨oße C w in die Darstellung (6.59) ein, und berechnen die daraus resultierenden Betr¨age der Widerstandskraft in Abh¨angigkeit von der Blasengeschwindigkeit j b j. Ergebnisse dieser Berechnungen sind in der Abb. 6.7 graphisch dargestellt. Man sieht, daß bei einer Blasengeschwindigkeit von j b j = 22:9cm=s der Betrag der Widerstandskraft in allen drei F¨allen gleich groß ist. Er stimmt mit dem in (6.57) berechneten Betrag der Druckkraft u¨ berein. Das bedeutet, daß beim Einsatz von allen drei Korrelationen der Wert j b j = 22:9cm=s der Blasenendgeschwindigkeit entspricht, da in diesem Fall ein Gleichgewicht zwischen Druck- und Widerstandskraft erreicht wird. F¨ur alle anderen Werte der Blasengeschwindigkeit weichen die mit den drei Korrelationen berechneten Betr¨age der Widerstandskraft jedoch stark voneinander ab. Diese Schlußfolgerung betrifft allgemein die Bestimmung der Widerstandskraft bei Werten der Schlupfgeschwindigkeit, die sich von der Endgeschwindigkeit wesentlich unterscheiden. Da eine

u

u

u

223

Widerstandskraft [N]

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Korrelation D Korrelation E Korrelation F 0.000643

0.000450

.

30.0

22.9

20.9

19.2

16.0

0.00

0

Blasengeschwindigkeit [cm/s]

Abbildung 6.7: Betrag der Widerstandskraft jFd j in Abh¨angigkeit von Blasengeschwindigkeit f¨ur eine Blase mit 5mm Durchmesser, berechnet nach Korrelationen D, E, und F.

direkte Messung der Widerstandskraft in diesem Fall jedoch nicht m¨oglich ist, ist der Einsatz von unterschiedlichen empirischen Korrelationen, die f¨ur den Gleichgewichtszustand angepaßt wurden, in einem Nichtgleichgewichtszustand problematisch. Zum Gl¨uck sind die Nichtgleichgewichtszust¨ande beim Blasenaufstieg in der Regel nur von a¨ ußerst kurzer Dauer. Wegen der niedrigen Dichte der Gasphase wird bei einer St¨orung das Kr¨aftegleichgewicht zwischen Druckkraft und Widerstandskraft so schnell wiederher¨ gestellt, daß die Unterschiede in der Darstellung der Widerstandskraft w¨ahrend der Ubergangsphase kaum einen Einfluß auf die Berechnung der Blasentrajektorie haben. Es gibt jedoch einen Sonderfall, bei welchem die Unterschiede in den Verl¨aufen von drei Kurven aus Abb. 6.7 sehr wohl einen bedeutenden Einfluß auf die Simulationsergebnisse haben ¨ k¨onnen. In unseren bisherigen Uberlegungen gingen wir davon aus, daß sich der an der Blase anliegende Druckgradient nicht deutlich vom hydrostatischen unterscheidet. Bei blaseninduzierten Str¨omungen mit niedrigen lokalen Gasgehalten ist diese Annahme durchaus gerechtfertigt. Oft werden die oben angegebenen Korrelationen allerdings auch f¨ur den Fall einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule in einem heterogenen Str¨omungszustand eingesetzt, wobei die integralen Gasgehalte nicht selten im Bereich von 30% und mehr liegen. In die-

224

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

sem Fall ist der an der Blase anliegende Druckgradient ebenfalls um etwa 30% kleiner, als der hydrostatische, da die Gemischdichte proportional mit dem Liquid-Gehalt abnimmt. F¨ur eine Blase mit einem Durchmesser von 5mm w¨urde das z.B. bedeuten, daß die auf sie wirkende Druckkraft nicht mehr 6:43  10;4 N (wie in (6.57) berechnet), sondern lediglich 4:50  10;4 N betr¨agt. In diesem Fall wird das Gleichgewicht zwischen Druckkraft und Widerstandskraft beim Einsatz von Korrelationen D, E und F nicht mehr bei einer und derselben Blasengeschwindigkeit erreicht, sondern es ergeben sich 3 unterschiedliche Werte: 20:9cm=s, 19:2cm=s und 16:0cm=s (s. Abb. 6.7). Dieser Unterschiede sollte man sich beim Einsatz von Blasenaufstiegskorrelationen f¨ur F¨alle mit nicht hydrostatischer Druckverteilung immer bewußt sein. Widerstandsbeiwerte im Blasenschwarm. Alle bisher besprochenen Korrelationen f¨ur den Widerstandsbeiwert bezogen sich auf die einzelne aufsteigende Gasblase. Befindet sich die Gasblase jedoch in einem Blasenschwarm, so senken die Nachbarblasen zum einen (wie oben diskutiert) den hydrostatischen Druckgradienten. Zum anderen haben sie aber auch ¨ einen Einfluß auf die Blasen-Umstr¨omung, was zu einer Anderung des Widerstandverhaltens der Fl¨ussigkeit f¨uhren kann. Modellm¨aßig wird dieser Einfluß dadurch ber¨ucksichtigt, daß die Korrelationen f¨ur den Widerstandsbeiwert, die f¨ur eine Einzelblase berechnet wurden, mit einem Korrekturfaktor f versehen werden, der vom lokalen Gasgehalt abh¨angt. Folgende Darstellung des Korrekturfaktors f stammt von Ishii und Zuber [51] und wurde von Pan et al. [90, 91], Morud [83] sowie Morud und Hjertager [84] eingesetzt:

0 1 9=7 2 1 + 17 : 67 " l A : f = @ 18:67"3l =2

(6.60)

1:7 Mudde und Simonin [86] verwenden den Korrekturfaktor f = "; l , w¨ahrend Tomiyama 0:5 [123] die Beziehung f = "; l einsetzt. Der nach diesen Formeln berechnete Korrekturfaktor ist in allen drei F¨allen gr¨oßer als 1, so daß der daraus resultierende Widerstandsbeiwert f¨ur eine Gasblase im Blasenschwarm gr¨oßer ist als der Widerstandsbeiwert f¨ur eine einzelne isolierte Gasblase. Das f¨uhrt dazu, daß die daraus resultierende Aufstiegsgeschwindigkeit im Blasenschwarm mit steigendem Gasgehalt kontinuierlich abnimmt.

Eine Reihe von neueren experimentellen Ergebnissen zeigt jedoch, daß die Abnahme der Schwarmgeschwindigkeit mit zunehmendem Gasgehalt erst ab einem Gasgehalt von etwa 4 bis 5 % erfolgt. Bei kleineren Gasgehalten dagegen kann die Schlupfgeschwindigkeit in einem Blasenschwarm um bis zu 40% h¨oher als die einer isoliert aufsteigenden Gasblase sein [36, 104]. In der Abbildung 6.8 ist der an die Meßdaten von Schl¨uter und R¨abiger [104] angepaßte Verlauf der Aufstiegsgeschwindigkeit eines Blasenschwarms in Abh¨angigkeit vom lokalen Gasgehalt f¨ur Gasblasen von 4mm Durchmesser dargestellt. Da diese Korrelation zu Vergleichszwecken auch in unserem Programm einsetzt wurde (s. Ergebnisse im Kapitel

225

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

.

40

Schwarmgeschwindigkeit [cm/s]

35 30 25 20 15 10 5 0

0

1

2

3

4

5

6

7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Gasgehalt [%]

Abbildung 6.8: Aufstiegsgeschwindigkeit eines Blasenschwarms in Abh¨angigkeit vom lokalen Gasgehalt. An Meßergebnisse von Schl¨uter und R¨abiger [104] angepaßter Verlauf nach (6.61).

8), wird hier die daf¨ur verwendete Berechnungsformel angegeben:

8 > > (23 + 200"g ) cm=s] wenn 0  "g < 0:05 > < uxslip = juslipj = > (51:75 ; 375"g ) cm=s] wenn 0:05  "g < 0:09 > : (21 ; 100"g =3) cm=s] wenn 0:09  "g  0:18

6.6.6

(6.61)

Die virtuelle Masse ( added mass force“) ”

Die vorstehend diskutierten unterschiedlichen Ausdr¨ucke f¨ur den Widerstandsbeiwert wurden empirisch f¨ur den Fall einer konstanten Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen bestimmt. Falls sich die Gasblase aber relativ zu der L-Phase beschleunigt, so wird

226

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

ein Teil der Fl¨ussigkeit (die Blasenschleppe oder der wake“) mitbeschleunigt, und diese ” zus¨atzliche Tr¨agheitskraft der Fl¨ussigkeit bremst die Gasblase entsprechend ab. Dieser Einfluß wird durch die sogenannte virtual mass force“, manchmal auch added mass force“ ” ” genannt, beschrieben:

Fam

 ! d u D u b Dul slip = ;CamVb %l Dt = ;CamVb %l dt ; Dt

(6.62)

Der Koeffizient Cam beschreibt den Volumenanteil der mitgenommenen Fl¨ussigkeit relativ zu dem Blasenvolumen. Dann stellt der Ausdruck f¨ur am nichts anderes dar, als die Masse der mitgenommenen Fl¨ussigkeit multipliziert mit der relativen Beschleunigung zwischen den beiden Phasen. Wie die Kr¨aftebilanz (6.51) deutlich macht, w¨urde eine unter dem Einfluß des archimedischen Auftriebes losgelassene Blase ohne die Wirkung der virtuellen Masse eine sehr hohe Beschleunigung erfahren. Die virtuelle Masse erh¨oht dagegen die Tr¨agheit der Gasblase betr¨achtlich, und verz¨ogert die Einstellung ihrer Endgeschwindigkeit.

F

Obwohl der Einfluß der virtuellen Masse wegen der Plausibilit¨at ihrer physikalischen Begr¨undung allgemein anerkannt ist, ist es schwierig, den Wert des Parameters Cam korrekt abzusch¨atzen. W¨ahrend man sich bei den theoretischen Untersuchungen bisher nur auf sehr vereinfachte Modelle beschr¨ankt hat, wird die experimentelle Bestimmung dieses Koeffizienten dadurch erschwert, daß in den bis jetzt durchgef¨uhrten Experimenten der Einfluß der virtuellen Masse auf die Meßergebnisse als a¨ ußerst gering bezeichnet werden muß [47]. Die grunds¨atzliche Schwierigkeit der experimentellen Ermittlung liegt darin, daß der Effekt ¨ der added mass force nur bei schnellen Anderungen der Schlupfgeschwindigkeiten auftritt [26], diese lassen sich jedoch experimentell nicht zuverl¨assig genug einstellen und auswerten. Diese Unsicherheiten bei der Bestimmung des Cam -Koeffizienten erkl¨aren, warum in der Literatur f¨ur diesen Wert viele verschiedene Korrelationen angegeben werden (s. z.B. [100]). Unter idealisierten Bedingungen (kleine starre kugelf¨ormige Partikel) ergibt sich f¨ur den Koeffizienten der virtuellen Masse:

Cam = 0:5:

(6.63)

Bei Gasblasen in der Fl¨ussigkeit schlagen Cook und Harlow [17] den Wert

Cam = 0:25

(6.64)

vor und begr¨unden das damit, daß im Falle einer Gasblase die Masse der mitgenommenen Fl¨ussigkeit halb so groß ist, wie im Falle einer starren Partikel.

227

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Auf der anderen Seite behaupten viele Autoren, daß die mit wachsender Gr¨oße immer forminstabiler werdenden Blasen im Verh¨altnis zu ihrem eigenen Blasenvolumen immer mehr Fl¨ussigphase mit sich schleppen. So verwenden Lopez de Bertodano et al. [81, 82] in Anlehnung an Lance und Bataille [68] f¨ur Gasblasen mit einem Durchmesser von 5mm Werte im Bereich

1:2 < Cam < 3:4:

(6.65)

Wie bei der Berechnung des Widerstandsbeiwertes verwenden einige Autoren auch f¨ur Berechnung des Cam -Koeffizienten Korrelationen, die einen vom lokalen Gasgehalt abh¨angigen Faktor enthalten. Auch diese Abh¨angigkeiten sind sehr widerspr¨uchlich. W¨ahrend Boisson und Malin [11], z.B., eine Korrelation einsetzen, die von der Abnahme des Cam -Wertes mit zunehmendem lokalen Gasgehalt ausgeht:

Cam = 0:5  (1:0 ; 2:78 min(0:2 "g ))

(6.66)

setzt die von Pan et al. [90, 91] verwendete Beziehung

Cam = 1 + 3:32"g

(6.67)

eine genau gegengerichtete Abh¨angigkeit voraus. Von der u¨ berwiegenden Mehrheit der Autoren, die die added mass force bei der Simulation von Blasenstr¨omungen ber¨ucksichtigen, wird f¨ur Cam allerdings der zu Anfang vorgestellte Wert von 0.5 eingesetzt (s. z.B. [10, 54, 63, 67, 86, 89, 92, 109]). Abgesehen davon, daß eine F¨ulle von unterschiedlichen Darstellungen f¨ur den Added-MassKoeffizienten vorliegt, ist auch die Frage umstritten, ob die Ber¨ucksichtigung dieser Kraft einen wesentlichen Einfluß auf die Simulationsergebnisse haben kann. In jedem Fall w¨urde sie aber den L¨osungsaufwand drastisch erh¨ohen. Wird n¨amlich im mathematischen Modell neben der Widerstandskraft auch die Kraft der virtuellen Masse explizit ber¨ucksichtigt, so geht der algebraischer Charakter der Impulsgleichung f¨ur die Gasphase verloren, was einen nicht unwesentlichen zus¨atzlichen Speicher- und Rechenzeitbedarf f¨ur die Simulation bedeutet. Die Vermutung, man k¨onnte die added mass force in der Gasimpulsbilanz vernachl¨assigen, basiert auf der Annahme, daß die Gasblase – trotz der Pr¨asenz der virtuellen Tr¨agheitskraft – den Gleichgewichtszustand wesentlich schneller erreicht, als sich die f¨ur den Gleichgewichtszustand entscheidenden a¨ ußeren Einfl¨usse a¨ ndern. Um diese Annahme zu uberpr¨ ¨ ufen, berechnen wir den Aufstieg einer Gasblase ausgehend vom Ruhezustand im unendlich ausgedehnten ruhenden Wasser. Einfachheitshalber gehen wir von der Korrelation F (6.48, 6.49)

228

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

u

@p = ;% g lautet die (eindimensionale)

f¨ur den Widerstandsbeiwert aus. Wegen l = 0 und @x Bewegungsgleichung f¨ur die Gasblase in diesem Fall:

l

d(mbub) = V % g ; m g ; C V u ; C V % dub b l b w b b am b l dt dt

(6.68)

Wir teilen alle Terme dieser Gleichung durch die konstante Blasenmasse mb = %g Vb und erhalten: dub = %l g ; g ; Cw u ; %l C  dub (6.69) dt %g %g b %g am dt bzw.

Cw u + ( %l ; 1)g b (1 + %%l Cam) du = ; dt %g b %g g

(6.70)

Wegen %%gl  1 sieht man sofort, daß die Tr¨agheitskraft gegen¨uber der virtuellen Masse und die Schwerkraft gegen¨uber der Druckkraft vernachl¨assigt werden kann:

b Cam%l du dt = ;Cw ub + %lg

(6.71)

In dieser Differentialgleichung werden nur noch die Druckkraft, die Widerstandskraft und die virtuelle Tr¨agheitskraft ber¨ucksichtigt. Die analytische L¨osung mit den Anfangsbedingungen ub (0) = 0 lautet  ; Cw t % lg ub(t) = C 1 ; e Cam%l (6.72) w bzw. f¨ur %l

= 1000 mkg3 , g 10 sm2 , Cw = 5  104 mkg3s und Cam = 0:5 :   ub(t) = 0:2 ms 1 ; e;100t

(6.73)

Dieser Verlauf der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit in Abh¨angigkeit der Zeit ist in Abbildung 6.9 dargestellt. Er zeigt, daß die Endgeschwindigkeit, die aus dem Kr¨aftegleichgewicht zwischen Druck- und Widerstandskraft resultiert, bereits nach weniger als einer Zehntel Sekunde erreicht wird. Nach nur 0:022s liegt der Unterschied zwischen der Blasengeschwindigkeit und der Terminalgeschwindigkeit innerhalb des 10%-Bereichs. Dabei stellt das hier besprochene Testbeispiel einen Extremfall dar, denn es entspricht der Annahme, daß die Relativgeschwindigkeit nach St¨orung des Gleichgewichtszustandes nur 0cm=s betr¨agt. Da man jedoch davon ausgehen kann, daß die Relativgeschwindigkeit vor der St¨orung gleich der Terminalgeschwindigkeit gewesen ist, so wird sie auch nach der St¨orung nicht wesentlich davon abweichen. Außerdem f¨uhrt die hier eingesetzte Korrelation F f¨ur den ¨ Widerstandsbeiwert zu einer deutlichen Ubersch¨ atzung der Widerstandskraft bei niedrigen Blasengeschwindigkeiten (s. Abb. 6.7). Beim Einsatz von anderen Korrelationen w¨urde sich deshalb das Gleichgewichtszustand noch schneller einstellen.

229

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

Blasengeschwindigkeit [cm/s]

20.0

15.0

10.0

5.0

0.0 0.00

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05 0.06 Zeit [s]

0.07

0.08

0.09

0.10

.

Abbildung 6.9: Zeitlicher Verlauf der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit ausgehend vom Ruhezustand, berechnet nach (6.73).

Die virtuelle Tr¨agheitskraft kann also nur dann einen Einfluß auf die Bewegung der Gasblase aus¨uben, wenn sich die Geschwindigkeit der Fl¨ussigphase entlang der Blasentrajektorie schneller und st¨arker ver¨andert, als sich die Relativgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen diesen Ver¨anderungen anpassen kann. Da die Relaxationszeit der Gasblase bei einer St¨orung des Gleichgewichts lediglich 0:01s betr¨agt, muß es sich hierbei um hochfrequente Oszillationen im Geschwindigkeitsverlauf der Fl¨ussigphase (entlang der Blasentrajektorie) handeln. Diese Schlußfolgerung stimmt mit der von Drew [26] u¨ berein, daß der Effekt der added mass force nur bei relativ hohen Frequenzen auftreten kann. Hier k¨onnte man an den Einfluß von turbulenten Schwankungen, insbesondere im Blasenschwarm denken. Dieser Einfluß wird aber mit dem vorliegenden Modell nicht aufgel¨ost, sondern ist bereits in den experimentell-empirischen Korrelationen f¨ur die Schwarmgeschwindigkeit ber¨ucksichtigt. Den Einfluß von großr¨aumigen Wirbeln auf die Blasentrajektorie hat Lapin [72] f¨ur ein f¨ur gleichm¨aßig begaste Blasens¨aulen typisches dynamisches 3-dimensionales Str¨omungsfeld untersucht, und festgestellt, daß dabei der Beitrag der added mass force verschwindend gering ist.

230

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

In die gleiche Richtung deuten die Ergebnisse von Jenne [54], der den Einfluß der added mass force auf die Verteilung der Gasphase in einem R¨uhrkessel untersuchte. Obwohl in einem R¨uhrkessel bei einer hohen R¨uhrerdrehzahl das Geschwindigkeitsfeld wesentlich h¨oheren Schwankungen unterliegt, als im Falle von blaseninduzierten Str¨omungen, wurden in dieser Arbeit keine qualitativen und kaum quantitative Unterschiede zwischen einer Simulation ohne und mit der Ber¨ucksichtigung der virtuellen Tr¨agheitskraft festgestellt (s. Abb. 60 in [54]). Vollst¨andigkeitshalber seien hier jedoch zwei Arbeiten erw¨ahnt, in denen von einem entscheidenden Einfluß der added mass force berichtet wurde. Delnoij et al. [20] behaupten, daß der Einfluß der virtuellen Masse unter keinen Umst¨anden außer Acht gelassen werden darf, da sonst Stabilit¨atsprobleme bei der Berechnung der Blasengeschwindigkeit in der N¨ahe des Begasers entstehen. Abgesehen davon, daß die Schwierigkeiten bei der numerischen Realisierung kaum als Argument gegen ein konkretes Modell angesehen werden d¨urfen, liegen die von Delnoij et al. berichteten Stabilit¨atsprobleme offensichtlich in der ung¨unstigen Wahl des numerischen Verfahrens und nicht, wie die Autoren behaupten, im Modell selbst. In der Arbeit von Sommerfeld et al. [115] werden a¨ hnliche Simulationen wie in [20] durchgef¨uhrt. Die Autoren berichten von keinen Stabilit¨atsproblemen, obwohl sie den Einfluß der virtuellen Masse in ihrem Modell nicht ber¨ucksichtigen. Mudde und Simonin [86] berichten, daß bei der Simulation einer lokal begasten Blasens¨aule aus [8] bei der Ber¨ucksichtigung der added mass force ein mit dem Experiment u¨ bereinstimmender instation¨arer Str¨omungszustand simuliert werden konnte, w¨ahrend ohne die virtuelle Tr¨agheitskraft eine lediglich quasistation¨are L¨osung erzielt wurde. Wir gehen auf dieses Ph¨anomen im n¨achsten Kapitel n¨aher ein. Hier sei nur angemerkt, daß in der Arbeit von So¨ kolichin und Eigenberger [112] f¨ur denselben Testfall eine sehr gute Ubereinstimmung mit den Meßdaten auch ohne Ber¨ucksichtigung der virtuellen Masse erzielt werden konnte, so daß die Ursache f¨ur die Diskrepanzen nicht allein an der Vernachl¨assigung der added mass force liegen kann.

6.6.7 Radiale Kr¨afte ( lift forces“) ” Wird eine starre kugelf¨ormige Partikel o¨ rtlich ungleichm¨aßig angestr¨omt, so wirken auf diese Partikel zus¨atzliche Kr¨afte in der quer zu der Hauptstr¨omung liegenden Richtung, die zum einen aus der Partikelrotation (Saffman-Kraft) und zum anderen aus der unterschiedlichen Druckverteilung um die rotierende Partikel (Magnus-Kraft) resultieren. Es gibt viele unterschiedliche Darstellungen f¨ur die Summe dieser Kr¨afte, die in der englischsprachigen Literatur mit transversal lift force“ bezeichnet wird. Da diese Kraft uber¨ ”

231

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

wiegend zur Beschreibung der radialen Umverteilung der Gasblasen in einem vertikal ausgerichteten Str¨omungsfeld verwendet wird, ist auch die Bezeichnung radiale Kraft“ bzw. ” lateral force“ u¨ blich. Wie die Widerstandskraft l¨aßt sich die lift force nur in den einfach” sten F¨allen theoretisch berechnen. Zur Bestimmung der Saffman-Kraft nimmt man starre kugelf¨ormige Partikel bei niedrigen Reynoldszahlen an, die Magnus-Kraft wird unter Annahme einer idealen reibungsfreien Str¨omung berechnet. In Blasenstr¨omungen ist das Ph¨anomen allerdings sehr komplex (Ausbildung einer asymmetrischen Nachlaufstr¨omung, Blasenverformung, Zirkulation im Blaseninneren) und entzieht sich einer exakten theore¨ tischen Beschreibung. Eine simple Ubernahme der unter idealisierten Annahmen hergeleiteten Ausdr¨ucke ist f¨ur Simulation von realen Blasenstr¨omungen nicht gerechtfertigt. Auf der einen Seite gibt es bisher f¨ur den in realen Blasenstr¨omungen relevanten Bereich von E¨otv¨os-, Morton- und Reynoldszahlen keinen eindeutigen experimentellen bzw. numerischen Nachweis u¨ ber die Existenz, die Richtung und den Betrag der radialen Kraft. Auf der anderen Seite haben die f¨ur die Darstellung der radialen Kraft eingesetzten Ausdr¨ucke einen sehr großen Einfluß auf die Simulationsergebnisse. Sie k¨onnen somit zu einer reinen Anpassung an die experimentellen Ergebnisse mißbraucht werden. Wir wollen das Gesagte an einigen Beispielen verdeutlichen. Dabei gehen wir von der folgenden Darstellung der lift force aus, die von Auton [5, 6] sowie Thomas et al. [120] f¨ur den Fall einer Potentialumstr¨omung von Blasen hergeleitet und in den meisten Arbeiten zur Simulation von Blasenstr¨omungen, die diese Kraft ber¨ucksichtigen, eingesetzt wurde:

Fl = ;ClVb %l(ug ; ul)  (r  ul )

(6.74)

Obwohl in [5, 6, 120] f¨ur den Cl-Koeffizienten ein Wert von 0.5 berechnet wurde, werden bei den numerischen Berechnungen sowohl positive Werte zwischen 0.01 [65] und 0.5 [20, 21, 22, 63, 87, 109] als auch negative(!) Werte zwischen ;0:5 [11, 34, 124] und ;3:0 [119] eingesetzt. Der Effekt der lift force auf die Blasenbewegung l¨aßt sich am einfachsten veranschaulichen, wenn man von einer axialsymmetrischen ausgebildeten Aufw¨artsstr¨omung in der Mitte eines Zylinders bzw. langen Rohres ausgeht. Unter den gemachten Voraussetzungen ist nur die axiale Komponente der Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit (uxl) von Null verschieden und sie kann sich nur in der radialen Richtung a¨ ndern. Daher gilt f¨ur die radiale Komponente der lift force: x l: Flr = ;ClVb%l(uxg ; uxl) @u (6.75) @r Hier bezeichnen uxg und uxl die axialen Komponenten der Gas- und Liquid-Geschwindigkeit. Nimmt nun die axiale Geschwindigkeit der Fl¨ussigkeit zur Wand ab, so gilt @uxl < 0 (6.76)

@r

232

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

so daß wegen

uxg ; uxl = uxslip > 0

(6.77)

die Richtung der radialen Kraft mit dem Vorzeichen von Cl u¨ bereinstimmt: f¨ur C l > 0 wirkt sie in die Richtung Wand, w¨ahrend sie beim Einsatz von Cl < 0 die Blasen zur Reaktormitte treibt. Dementsprechend wird auch bei numerischen Berechnungen der Lift-Koeffizient ¨ entweder positiv oder negativ angesetzt, je nach dem, ob f¨ur eine bessere Ubereinstimmung mit den Meßdaten eine Umverteilung des radialen Gasgehaltsprofils in die Richtung Wand oder zur Reaktormitte erforderlich ist. Im Falle eines vertikal ausgerichteten von unten nach oben zwangsdurchstr¨omten Rohres zeigen Experimentaldaten, daß die Gasgehaltsprofile ein ausgepr¨agtes Maximum in der Wandn¨ahe aufweisen [80, 107, 131]. Wird das Gas dem Rohr gleichm¨aßig u¨ ber den gesamten Querschnitt zugef¨ugt, so ist eine Umverteilung des flachen Gasgehaltsprofils erw¨unscht, bei der die Gasblasen zur Wand hin verschoben werden. Entsprechend wird ein positiver Lift-Koeffizient angesetzt. Die Versuche werden in der Regel in langen R¨ohren mit einem Durchmesser von nur wenigen Zentimetern durchgef¨uhrt, die Liquidgeschwindigkeit betr¨agt in der Rohrmitte oft mehr als 1m=s. In diesem Fall w¨urde der Einsatz vom theoretischen Lift-Koeffizienten von Cl = 0:5 zu einer radialen Kraft f¨uhren, die in derselben Gr¨oßenordnung liegt wie die vertikale Druckkraft, was einer horizontalen Schlupfgeschwindigkeitskomponente von bis zu 20cm=s entspricht. Deshalb wird bei der Simulation der Rohrstr¨omung ein wesentlich niedrigerer Cl -Wert eingesetzt. Lopez de Bertodano et al. [82] schlagen z.B. Werte zwischen 0.02 und 0.1 vor. Der Einsatz der radialen Migrationskraft in einer Rohrstr¨omung f¨uhrt allerdings dazu, daß das Gasgehaltsprofil den Maximalwert direkt an der Wand, und nicht – wie experimentell beobachtet – in der Wandn¨ahe erreicht. Um auch diesen Effekt durch die Simulation wiederzugeben, wird eine weitere Kraft eingef¨uhrt. Mit der Begr¨undung, die Blasen k¨onnen nicht durch die Wand gehen, wird die von Antal et al. [2] vorgeschlagene Wand-Abstoß” Kraft“ ( wall-force“, lubrication-like lift force“) in das Modell aufgenommen, wodurch ei” ” ¨ ne noch bessere Ubereinstimmung mit gemessenen Gasgehaltsprofilen erzielt werden konnte [62, 82]. Im Unterschied zu einer vertikalen Rohrstr¨omung, liegen im Falle einer gleichm¨aßig u¨ ber den gesamten Querschnitt begasten Blasens¨aule Gasgehaltsprofile vor, die ein Maximum nicht in der Wandn¨ahe, sondern in der Mitte des Reaktors aufweisen [35, 44]. Es findet somit eine Umverteilung des unmittelbar am Begaser noch flachen Gasgehaltsprofils zur Symmetrieachse der Apparatur statt. Da jedoch ein positiver Lift-Koeffizient die genau entgegengerichtete Migration der Gasblasen zu Folge haben w¨urde, wird das Vorzeichen des Koeffizienten willk¨urlich ge¨andert, mit der Begr¨undung, dadurch ließen sich die gemesse-

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

233

¨ nen Profile besser wiedergeben. Da die radiale Anderung der Axialgeschwindigkeit in einer Blasens¨aule in der Regel um eine Gr¨oßenordnung niedriger ist als in einer vertikalen Rohrstr¨omung, wird diesmal ein vom Betrag her wesentlich h¨oherer Lift-Koeffizient eingesetzt: ;0:5 in [11, 34, 124], ;1:5 und ;2:0 in [52] sowie ;3:0 in [119], was einer zur Mitte gerichteten Schlupfgeschwindigkeit von etwa 2 bis 6 cm/s entspricht. Der große Einfluß des dabei eingesetzten Wertes auf die Simulationsergebnisse wird aus der Abb. 5.8 aus [35] ersichtlich: wird bei einem Wert von Cl = ;0:1 eine Liquid-Geschwindigkeit in der Mitte der S¨aule von lediglich 16cm=s berechnet, f¨uhrt der Lift-Koeffizient von Cl = ;0:7 zu einer fast vierfach so hohen Geschwindigkeit von 60cm=s. Dabei ist zu ber¨ucksichtigen, daß die obigen Zwangsmaßnahmen nur erforderlich sind, wenn man versucht, das durch schnell fluktuierende großr¨aumige Wirbel gekennzeichnete Str¨omungsverhalten in gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen durch ein station¨ares Modell zu beschreiben. Darauf wird am Ende dieses Abschnitts eingegangen. Im Zusammenhang mit der Diskussion u¨ ber das Vorzeichen des Lift-Koeffizienten sollten an dieser Stelle Ergebnisse einiger experimentellen Untersuchungen sowie Ergebnisse der Direkten Numerischen Simulation von einer in einer Scherstr¨omung aufsteigenden Einzelblase erw¨ahnt werden, die belegen, daß dabei tats¨achlich eine auf die Blase wirkende Querkraft entstehen kann, wobei die Richtung dieser Kraft von der Gr¨oße der Gasblase abh¨angt [28, 122]. Tomiyama et al. [122] schlagen deshalb folgenden, von dem Blasendurchmesser abh¨angigen, Lift-Koeffizienten vor:

Cl = ;0:04E o + 0:48:

(6.78)

Das entspricht einem negativen Vorzeichen bei Blasen ab einem Durchmesser von 9mm, der Wert Cl = ;0:5 wird dabei bei einem Durchmesser von etwa 13mm erreicht. Abgesehen davon, daß in den meisten Simulationen die Blasen diese Gr¨oße nicht erreichen, muß man genau darauf achten, unter welchen Voraussetzungen die Korrelation (6.78) hergeleitet wurde. Sowohl die numerischen Simulationen als auch die Experimente wurden f¨ur die Mortonzahlen im Bereich von ;5 < log(Mo) < ;3 durchgef¨uhrt. Es handelt sich dabei also um Fluide, die im Vergleich zu Wasser eine wesentlich h¨ohere Viskosit¨at aufweisen (f¨ur Wasser gilt Mo = 2:37  10;11 ). Das Vorzeichenwechsel des Lift-Koeffizienten wird damit begr¨undet, daß sich bei gr¨oßeren Blasen infolge deren Deformation der Blasennachlauf asymetrisch anordnet, so daß aus der Wechselwirkung zwischen dem zur Wand versetzten Nachlauf und der Scherstr¨omung eine zus¨atzliche Querkraft resultiert, die der klassischen“ ” lift force entgegen wirkt. Es muß allerdings sehr bezweifelt werden, daß diese Argumentation auch f¨ur große Luftblasen im Wasser ihre G¨ultigkeit beh¨alt, da bei einem Blasendurchmesser von 9mm nicht mehr von einem stabilen, seitlich versetzten Blasennachlauf ausgegangen werden kann. Die zahlreichen Meßergebnisse belegen (s. z.B. [9, 29]), daß bereits bei wesentlich kleineren Gasblasen ein dynamischer, sich periodisch abl¨osender Nachlauf

234

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

beobachtet wird. Er sorgt unter anderem daf¨ur, daß selbst in ruhendem Wasser die Blase entlang einer spiralf¨ormigen Trajektorie aufsteigt, so daß auch in diesem Fall von einer Querkraft“ — allerdings mit einer st¨andig wechselnder Richtung — gesprochen werden ” kann, obwohl gar keine Scherstr¨omung vorliegt. Aufgrund ihrer Form¨anderung segelt“ die ” Gasblase in unterschiedliche Richtungen. Außer bei Rohrstr¨omungen und gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen wurde die radiale Kraft auch bei einigen Simulationen einer lokal begasten Blasens¨aule eingesetzt [20, 21, 22, 63, 87, 109]. Dabei wird eine (zylindrische bzw. flache) Apparatur durch eine einzige am Boden angebrachte Fritte entweder mittig oder etwas seitlich versetzt begast. Der Blasenschwarm steigt auf und verursacht eine großr¨aumige Zirkulation in der Fl¨ussigphase mit einem Geschwindigkeitsmaximum in der Mitte der Apparatur. Dabei l¨aßt sich beobachten, daß die Breite des Blasenschwarmes mit der H¨ohe zunimmt. Dieser Effekt l¨aßt sich wiederum durch die Ber¨ucksichtigung der Lift-Kraft beschreiben. Diesmal muß diese Kraft jedoch bewirken, daß sich die Blasen vom Blasenschwarminneren nach außen (zur Wand) bewegen, daf¨ur ist — wie das auch bei der vertikalen Rohrstr¨omung der Fall war — wiederum ein positiver Lift-Koeffizient erforderlich. Daher wird in allen oben zitierten Arbeiten der Wert von Cl = 0:5 eingesetzt. Werden bei niedrigen F¨ullh¨ohen der untersuchten Apparatur (20 bis 40cm in [63, 87, 109]) durch den Einsatz der radialen Kraft noch durchaus sinnvolle Ergebnisse erzielt, so f¨uhrt diese Kraft bei Simulation von schlanken langen Apparaten (17:5  199:5cm in [21]) zu einer immer gr¨oßeren Ausweitung des Blasenschwarms u¨ ber die gesamte Breite der Apparatur, wodurch die Str¨omung im oberen Teil der Blasens¨aule fast vollst¨andig zum Erliegen kommt (Fig. 7 in [21]). Das entspricht jedoch ganz und gar nicht den dieser Simulation zugrundeliegenden experimentellen Beobachtungen [15]. Die oben angegebenen Beispiele zeigen eine große Willk¨ur beim Einsatz der radialen Kraft zur Simulation von Blasenstr¨omungen. Gegen ihre Ber¨ucksichtigung spricht insbesondere die Tatsache, daß diese Kraft nur dann verwendet wird, wenn sie im konkreten Fall eine bessere Anpassung an die Meßdaten erlaubt. (So wird z.B. bei der Berechnung von begasten R¨uhrkesseln die lift force niemals eingesetzt [25, 42, 49, 54, 83, 84, 97], weil sich dadurch keine Verbesserung der Ergebnisse erzielen l¨aßt.) Die durch die Anpassung an einen Spezialfall bestimmten optimalen“ Werte lassen sich nicht auf andere Testf¨alle u¨ bertragen, ” selbst wenn es sich um die gleiche Apparatur (unter ver¨anderten Betriebsbedingungen) handelt. Die Verwendung der Lift-Kraft erh¨oht also beim derzeitigen Stand der Erkenntnisse nicht die Vorhersagekraft der Modelle. Sie wird deshalb im folgenden nicht ber¨ucksichtigt. Das st¨arkste Argument f¨ur ihre Nichtber¨ucksichtigung ergibt sich allerdings aus der Tatsache, daß alle oben genannten Effekte, die bisher mit der Wirkung einer radialen Kraft erkl¨art wurden, auch ohne deren Ber¨ucksichtigung zutreffend simuliert werden k¨onnen, wenn man die Wirkung der dabei auftretenden stark instation¨aren Wirbel angemessen ber¨ucksichtigt.

235

¨ DIE GASPHASE 6.6: DIE IMPULSBILANZ FUR

So haben Pokharna et al. [95] gezeigt, daß sich ein den Meßdaten entsprechendes Profil des Gasgehalts in einem vertikalen Rohr dadurch berechnen l¨aßt, daß man die Wechselwirkung zwischen Gasblasen und turbulenten Wirbeln in das Modell aufnimmt. Wachi und Yates [130] a¨ ußerten die Vermutung, daß das Ansteigen des Gasgehaltes in der Mitte einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule ein Ergebnis des zur Mitte gerichteten Druckgradienten ist, der infolge der instation¨aren Wirbeln in der Blasens¨aule entsteht. Die instation¨aren Simulationsergebnisse von Devanathan et al. [24] sowie von Sokolichin et al. [111] best¨atigen diese Vermutung (s. auch Kapitel 9). Auch die Ausbreitung des aufsteigenden Blasenschwarmes in einer lokal begasten Blasens¨aule l¨aßt sich ohne den Einsatz der radialen Kraft erkl¨aren, wenn man den Einfluß der Turbulenz auf die Gasgehaltsverteilung im Modell ber¨ucksichtigt [12, 86, 109, 111, 112, 115] (s. auch Abschnitt 6.8.3).

6.6.8

Zur Relevanz der einzelnen Kr¨afte

Nachdem wir die einzelnen Kr¨afte, die die Bewegung einer Gasblase beeinflussen k¨onnen, detailliert untersucht haben, wollen wir die Frage nach der Relevanz dieser Kr¨afte zusammenfassend beantworten. Modellm¨aßig ber¨ucksichtigt werden sollten nur solche Kr¨afte, - deren Existenz experimentell nachgewiesen ist und - deren Ber¨ucksichtigung bei der numerischen Simulation einen bedeutenden Einfluß auf die Ergebnisse hat. Wenn eine Kraft beide Bedingungen erf¨ullt, muß die Frage untersucht werden, ob f¨ur ihre numerische Berechnung ein zuverl¨assiges Modell vorhanden ist. Unter den Kr¨aften, deren Existenz unumstritten ist, gibt es solche, die kaum einen Eind(mb b) , die fluß auf die Simulationsergebnisse aus¨uben. Dazu geh¨oren die Tr¨agheitskraft dt Schwerkraft g und die added mass force am . Die Aufnahme dieser Kr¨afte in das mathematische Modell verbessert zwar nicht die Simulationsergebnisse, verlangsamt aber bedeutend die Rechenprozedur, was die Effektivit¨at des Simulationsprogramms stark herabsetzt.

u

F

F

F

Die lift force l geh¨ort zu den nichtrelevanten Kr¨aften zweiter Art“: ihre Aufnahme in das ” mathematische Modell hat zwar einen bedeutenden Einfluß auf die Simulationsergebnisse, ihre Existenz und Wirkungsrichtung ist f¨ur praxisrelevante Blasengr¨oßen jedoch nicht nachgewiesen. Dasselbe gilt auch f¨ur die im vorigen Abschnitt erw¨ahnte wall force“. ” Zu den einzigen relevanten Kr¨aften im Sinne der o.g. Definition geh¨oren somit nur zwei Kr¨afte: die Druckkraft und die Widerstandskraft. Ohne die Pr¨asenz der Druckkraft w¨urde

236

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

eine Blase in ruhendem Wasser nicht aufsteigen, w¨ahrend sie sich ohne die Wirkung der Widerstandskraft unendlich beschleunigen w¨urde. Zusammenfassend k¨onnen wir festhalten, daß mathematische Modelle, die sich auf die Ber¨ucksichtigung der Druckkraft und der Widerstandskraft beschr¨anken, die als wesentlich erkannten Kr¨afte ber¨ucksichtigen. Ihre Aussagen m¨ussen zun¨achst als vertrauensw¨urdiger angesehen werden als die mit einem Modell berechneten Resultate, das all relevant forces“ ” [20] einsetzt, insbesondere dann, wenn dabei auch solche Kr¨afte wie lift force und wall force verwendet werden.

6.6.9 Die Impulsbilanz fur ¨ die Gasphase: Zusammenfassung ¨ Der Ausgangspunkt unserer Uberlegungen war die Impulsbilanz f¨ur die Gasphase (6.31), die aus dem Two-Fluid-Modell u¨ bernommen und im Eulerschen Bezugssystem formuliert wurde. Diese Gleichung war bis auf den Term W definiert, der die Wechselwirkungskraft zwischen den Gasblasen und der sie umstr¨omenden Fl¨ussigkeit beschreibt.

F

F

Ein Ansatz f¨ur W wurde aus der Impulsbilanz (6.32) f¨ur die Einzelblase abgeleitet. Dazu m¨usste diese Gleichung in das Eulersche Bezugssystem transformiert werden [53]. Werden jedoch in der Blasenimpulsbilanz ausschließlich die Druckkraft und die Widerstandskraft ber¨ucksichtigt, so l¨aßt sich die Schlupfgeschwindigkeit slip zwischen beiden Phasen unmittelbar aus der Beziehung 0 = p + d ableiten (s. (6.53)), woraus sich die Blasengeschwindigkeit b als

u

F

F

ub = ul + uslip

u

(6.79)

bestimmen l¨aßt. Die so berechnete Blasengeschwindigkeit unterscheidet sich jedoch von der Geschwindigkeit der Gasphase, die in die Gleichung (6.29) zur Berechnung des Gasgehalts eingesetzt wird. Die Differenz zwischen beiden Geschwindigkeiten —

udrift = ug ; ub

(6.80)

— wird in der Literatur oft als drifting velocity“ bezeichnet [86, 108] und resultiert aus der ” Wechselwirkung zwischen den einzelnen Gasblasen und den turbulenten Schwankungen in der Fl¨ussigphase. Ihre Ber¨ucksichtigung im Modell ist deswegen so wichtig, weil die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase (6.29) keinen diffusiven Term enth¨alt, der die turbulente Dispersion der Gasphase ber¨ucksichtigt. Herkunft und Berechnung der drifting velocity“ ” werden im Abschnitt 6.8.3 ausf¨uhrlich besprochen.

237

6.7: DAS EULER-LAGRANGE MODEL

6.7

Das Euler-Lagrange Model

Eine Inspektion des Drift-Flux-Modells (6.27–6.30) zeigt, daß die beiden letzten Gleichungen nur dazu ben¨otigt werden, um den Gasgehalt "g zu bestimmen. W¨are die Verteilung der Gasphase im Reaktor bekannt, so k¨onnte man sich auf die L¨osung der ersten beiden Gleichungen beschr¨anken. Die bisher diskutierte Eulersche Betrachtungsweise stellt jedoch nicht die einzige M¨oglichkeit dar, die Gasgehaltsverteilung zu berechnen. Eine Alternative besteht darin, daß man die Trajektorie jeder einzelnen Blase direkt bestimmt. Da in diesem Fall die Positionen der einzelnen Gasblasen zu jedem Zeitpunkt bekannt sind, l¨aßt sich daraus der Gasgehalt in jedem vorgegeben Volumen V berechnen, indem man die Volumina von allen Blasen aufsummiert, die sich im Volumenelement V befinden, und anschließend durch V teilt. Zur Berechnung der Trajektorie einer Blase wird eine Bewegungsgleichung aufgestellt:

dxb = u b dt

(6.81)

die Blasengeschwindigkeit wird direkt aus der Gleichung (6.32) berechnet. Da diese Gleichungen in einem Lagrangeschen Bezugssystem formuliert sind, spricht man in diesem Fall von einem Lagrange-Modell f¨ur die Gasphase, bzw. von einem Euler-Lagrange-Modell f¨ur die Zweiphasenstr¨omung. In der hier diskutierten Variante beschreiben die Eulerschen Gleichungen das Gemisch der beiden Phasen (6.27, 6.28). Eine andere M¨oglichkeit besteht darin, daß man nicht das Zweiphasengemisch, sondern nur die Liquid-Phase durch die Eulerschen Gleichungen beschreibt (s. (6.2, 6.4)). In diesem Fall ist ein weiterer Rechenschritt erforderlich, der zur Berechnung des Beitrages der Wechselwirkungskraft W in der Impulsbilanz f¨ur die Fl¨ussigphase f¨uhrt. Im Rahmen des Euler-Lagrange-Modells wird diese Gr¨oße mit Hilfe der PSIC-Methode (Particle-Source-in-Cell) nach Crowe et al. [18] berechnet. Die u¨ berwiegende Mehrheit der Ver¨offentlichungen verwendet diese Variante des Euler-Lagrange-Modells, obwohl die erste Vorgehensweise wesentlich effektiver ist [69].

F

An dieser Stelle sollen kurz die Vor- und Nachteile des Euler-Lagrange-Verfahrens im Vergleich zum Euler-Euler-Verfahren besprochen werden. Der wichtigste Vorteil des Euler-Lagrange-Modells besteht darin, daß jede Gasblase einzeln modelliert wird. Dadurch k¨onnen beliebige Blasengr¨oßenverteilungen sowie zus¨atzliche Effekte, die die Wechselwirkungen zwischen Blasen untereinander wie auch zwischen beiden Phasen betreffen, direkt modelliert werden. Stoff¨ubergang mit und ohne Reaktion, Blasenzerfall und -koaleszenz k¨onnen — im Prinzip — direkt in das hydrodynamische Modell aufgenommen werden. Der andere große Vorteil dieses Modells besteht darin, daß bei einer Lagrange’schen Modellierung

238

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

der dispersen Phase keine numerische Diffusion auftritt, die die Gasgehaltsverteilung im Reaktor stark beeinflussen kann [111]. Diesen wichtigen Vorteilen steht jedoch eine Reihe von Nachteilen gegen¨uber. Das gr¨oßte Problem beim Einsatz der Euler-Lagrange-Verfahrens — und das betrifft speziell die Blasenstr¨omungen — resultiert aus der Tatsache, daß die einzelnen Gasblasen ein betr¨achtliches Volumen einnehmen und daher nicht als punktf¨ormige Partikel angesehen werden k¨onnen. Befindet sich lediglich das Zentrum und nicht die gesamte Gasblase innerhalb eines Volumenelementes V , so darf demnach nicht das gesamte Volumen dieser Gasblase dem Volumenelement V zugerechnet werden. Da eine genaue Umrechnung des Blasenvolumens auf die Nachbarelemente einer rechenaufwendigen Prozedur bedarf, wird der Beitrag jeder Gasblase zu dem Gasgehalt in den Nachbarvolumina durch eine spezielle Gewichtungsfunktion ber¨ucksichtigt [20, 69]. Selbst in diesem Fall kann bei einer niedrigen durchschnittlichen Anzahl der Gasblasen pro Kontrollvolumen eine stark fluktuierende Gasgehaltsverteilung resultieren, was zum einen der Definition des Gasgehaltes widerspricht, und zum anderen zu numerischen Instabilit¨aten f¨uhren kann. Bei der Definition der gemittelten Gr¨oßen — und der Gasgehalt geh¨ort dazu — nimmt man an, daß das Mittelungsvolumen gen¨ugend groß sei, um die starken lokalen Schwankungen zu eliminieren. Die oben angesprochenen Fluktuationen der Gasgehaltsverteilung sind somit die Folge eines zu klein gew¨ahlten Mittelungsvolumens. Das zur Berechnung des lokalen Gasgehaltes eingesetzte Mittelungsvolumen stimmt in der Regel ¨ und wird durch die numerische Aufl¨osung des Bemit dem Kontrollvolumen V uberein rechnungsgebiets eindeutig festgelegt. Da jedoch eine Vergr¨oßerung dieses Kontrollvolumens gleichzeitig eine gr¨obere Aufl¨osung bedeuten w¨urde, werden die Schwankungen in der Gasgehaltsverteilung dadurch eliminiert, daß bei niedriger Blasenanzahl pro Kontrollzelle jede physikalische Blase durch mehrere numerischen Blasen modelliert wird, wobei mit jeder numerischen Blase nur ein Teil des Volumens der physikalischen Blase assoziiert wird [111]. Diese Vorgehensweise ist insbesondere dann erforderlich, wenn neben dem konvektiven Transport auch die turbulenten Schwankungen der Blasenpositionen im Modell ber¨ucksichtigt werden sollen. Dazu wird f¨ur jede Gasblase entweder die Blasengeschwindigkeit oder direkt die Blasenposition einer zuf¨alligen St¨orung unterworfen, deren Intensit¨at vom Turbulenzgrad in der Fl¨ussigphase abh¨angt (s. z.B. [69, 111, 114]). W¨ahrend im Rahmen des Euler-Modells der Einfluß der turbulenten Schwankungen durch einen diffusiven Term beschrieben wird (s. Absch. 6.8.3), was immer zu einem Gastransport aus dem Bereich mit einer h¨oheren in den Bereich mit einer niedrigeren Gaskonzentration f¨uhrt, kann im Rahmen des Lagrange-Modells bei niedriger Blasenanzahl auch ein Gastransport in die entgegengesetzte Richtung simuliert werden. Ein entscheidender Nachteil des Euler-Lagrange-Verfahrens besteht darin, daß mit steigen-

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

239

der Blasenanzahl im Reaktor der Rechenaufwand und der Speicherplatzbedarf st¨andig zunehmen, was dem Einsatz dieses Verfahrens physikalische Grenzen setzt. Bei einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule im Industriemaßstab kann die Blasenanzahl mehrere Millionen betragen. Ist die Anzahl der Einzelblasen pro Kontrollvolumen ziemlich hoch, so wird oft angenommen, daß jede berechnete Trajektorie nicht einer Einzelblase, sondern einem ganzen Blasencluster entspricht. Der Blasencluster wird so modelliert, daß man eine r¨aumliche Verteilung der einzelnen Gasblasen um den zentralen Clusterpunkt postuliert, und nur dessen Trajektorie berechnet. Eine solche Clusterbildung ist allerdings nur bis zur einer gewissen Clustergr¨oße m¨oglich, da bei einer zu niedrigen Clusteranzahl pro Kontrollvolumen wiederum starke Fluktuationen in der resultierenden Gasgehaltsverteilung sowie Probleme bei der Berechnung des turbulenten Gastransports entstehen. Bei der Benutzung des Euler-Euler-Modells treten die o.g. Schwierigkeiten nicht auf. Speicherbedarf und der Rechenaufwand h¨angen nur von der Anzahl der Kontrollvolumina und nicht von der Gasblasenanzahl ab. Die hohe numerische Diffusion bei der Berechnung der Gasgehaltsverteilung muß allerdings durch den Einsatz von Diskretisierungsverfahren h¨oherer Ordnung bek¨ampft werden. Ber¨ucksichtigung von mehreren Blasengr¨oßen ist im Rahmen des Euler-Euler-Modells nur mit zunehmendem Rechenaufwand m¨oglich, stellt aber numerisch gesehen keine grunds¨atzliche Schwierigkeit dar. Zusammenfassend kann man sagen, daß das Euler-Euler-Modell numerisch leichter behandelt werden kann, w¨ahrend das Euler-Lagrange-Modell einen h¨oheren numerischen Aufwand erfordert, daf¨ur aber detailliertere Informationen u¨ ber das Verhalten der dispersen Phase liefert. Werden in beiden Modellen jedoch gleiche Annahmen u¨ ber die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse getroffen, so liefern beide Modelle bei einer hinreichend feinen Diskretisierung grunds¨atzlich dieselben Ergebnisse (Sokolichin et al. [111]).

6.8

Modellierung der Turbulenz in einer Blasenstr¨omung

6.8.1

Einleitende Bemerkungen

Bei der Modellierung der Hydrodynamik in einem Zweiphasensystem stellt die Modellierung der Turbulenz eindeutig das komplexeste Problem dar. Wird der Einfluß des turbulenten Terms r  Re l in der Gemischimpulsbilanz (6.28) vernachl¨assigt, so f¨uhrt das dazu, daß bei hohen Reynoldszahlen mit zunehmender Gitterfeinheit immer mehr Wirbel aufgel¨ost werden und keine Gitterkonvergenz der numerischen L¨osung erzielt werden kann (s. dazu Abb.7.7 im n¨achsten Kapitel).

T

240

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Im Falle von einphasigen Str¨omungen w¨are eigentlich kein Turbulenzmodell erforderlich, wenn die Rechnerkapazit¨aten ausreichen w¨urden, um die Navier-Stokes-Gleichungen zeitabh¨angig und dreidimensional mit ausreichend feinen Gittern und ausreichend kleinen Zeitschritten zu l¨osen. Das Navier-Stokes-System f¨ur Einphasenstr¨omungen enth¨alt eine genaue Beschreibung des Fluidverhaltens bis auf den Mikromaßstab. Kann die Str¨omung bis hin zu sehr kleinen Wirbeln aufgel¨ost werden, so spricht man von einer Direkten Numerischen Simulation (DNS) der Turbulenz. Im Falle von zweiphasigen Str¨omungen m¨ußte man entsprechend die lokalen einphasigen Gleichungen auf einem gen¨ugend feinen Raster l¨osen, die Phasengrenzfl¨ache verfolgen, sowie die Str¨omung im Blaseninneren und um jede der beweglichen Blasen aufl¨osen, um zu einer Direkten Numerischen Simulation zu gelangen. Im Rahmen von statistischen Zweiphasenmodellen wie dem Two-Fluid- oder dem DriftFlux-Modell, die durch eine geeignete Mittelung der einphasigen Gleichungen hergeleitet werden, haben dagegen Begriffe wie Phasengrenzfl¨ache oder Blaseninneres keinen Sinn. Da zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort im Reaktor nur eine der beiden Phasen vorhanden sein kann, ist der Volumenanteil der jeweiligen Phase nur als Mittelwert der Phasenindikatorfunktion definiert. Die Geschwindigkeiten der beiden Phasen, die in statistischen Modellen auftreten, sind ebenfalls phasengemittelte Geschwindigkeiten. So wie die Diskontinuit¨aten der Phasenindikatorfunktion an der Phasengrenzfl¨ache durch den Mittelungsprozeß gegl¨attet werden, so d¨urfen auch bei den phasengemittelten Geschwindigkeiten keine Schwankungen mehr auftreten, die auf dem Scale der Einzelblasen liegen. Diese Schwankungen werden (soweit vorhanden) durch den Mittelungsprozeß eliminiert. Ihr Einfluß auf die phasengemittelten Geschwindigkeiten muß daher durch den Zusatzterm r  Re l ber¨ucksichtigt werden.

T

Wird bei einem laminaren Modell dieser Term vernachl¨assigt, so nimmt man an, daß in der Str¨omung keine Wirbel vorliegen, die in der Gr¨oßenordnung von Einzelblasen sind. Der Einfluß von geringen Geschwindigkeitsschwankungen, die durch die Umstr¨omung von einzelnen dispersen Partikeln (Blasen) entstehen, wird also entweder vernachl¨assigt, oder durch eine Korrektur in der laminaren Viskosit¨at der Fl¨ussiphase ber¨ucksichtigt. Werden bei numerischen Simulationen mit einem solchen laminaren Modell Wirbel aufgel¨ost, die in der Gr¨oßenordnung der einzelnen Gasblasen liegen, so ist das ein Anzeichen daf¨ur, daß der Turbulenz-Term r  Re l nicht mehr vernachl¨assigt werden kann.

T

Bereits bei einphasiger Str¨omung stellt die Erfassung der turbulenzbedingten Schwankungswerte ein anspruchsvolles Unterfangen dar. In zweiphasigen Str¨omungen kommen die Auswirkungen der Blasenumstr¨omung auf Produktion, Transport und Dissipation der turbulenten kinetischen Energie hinzu. Außerdem gewinnen bei Gas-Fl¨ussigkeitsgemischen die Wechselwirkungen der turbulenten Strukturen mit der Phasengrenzfl¨ache und die daraus

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

241

resultierenden Wellen an der Blasenoberfl¨ache entscheidende Bedeutung. Die f¨ur die zutreffende Modellierung dieser Effekte notwendige Information, die nur aus detaillierten Experimenten oder aus der Direkten Numerischen Simulation von Zweiphasenstr¨omungen gewonnen werden kann, liegt allerdings noch nicht in ausreichendem Umfang vor. Deshalb werden zur Beschreibung der Turbulenz in Zweiphasensystemen von vielen Autoren die einphasigen Turbulenzmodelle eingesetzt. Dabei wird meistens das sogenannte Standard-k --Modell verwendet, das urspr¨unglich f¨ur station¨are einphasige Str¨omungen in einfachen Geometrien von Harlow und Nakayama [39] sowie Launder und Spalding [73] entwickelt wurde. Bei der Berechnung des turbulenten Spannungstensors wird Gebrauch von der BoussinesqHypothese [13] gemacht, wonach in Analogie zu (6.6) folgende Darstellung verwendet wird:



! @ ( u ) @ ( u ) l i l j t (TRe ; 32 %lij k: l )ij = l @x + @x j i

(6.82)

Dabei stellt k die turbulente kinetische Energie

   k := 21 u00l i u00l i

(6.83)

und tl die turbulente bzw. effektive Wirbelviskosit¨at dar. Diese berechnet sich aus 2

tl = C  %l k :

(6.84)

F¨ur die o¨ rtliche und zeitliche Ver¨anderung der turbulenten kinetischen Energie k und deren Dissipationsrate  werden zwei zus¨atzliche Bilanzgleichungen ben¨otigt (s. z.B. [30]):

 ! @ (%lk) + r  (% u k) = r  tl rk + P ; %  l l k l @t k  ! @ (%l) + r  (% u ) = r  tl r + C P  ; C % 2 : l l 1 k @t  k 2 l k

(6.85) (6.86)

Der Term Pk beschreibt dabei die Produktionsrate der turbulenten kinetischen Energie, die folgendermaßen modelliert wird:



! @ ( u ) @ ( u ) (ul)i : l i l j Pk = tl @x + @x @@x j i j

(6.87)

Dieses Modell enth¨alt f¨unf Parameter, f¨ur die meistens folgende Werte eingesetzt werden:

C = 0:09 C1 = 1:44 C2 = 1:92 k = 1:0  = 1:3:

(6.88)

Wird das einphasige k --Modell zur Berechnung der Liquid-Turbulenz in Blasenstr¨omungen eingesetzt, so werden die Bilanzgleichungen f¨ur k und  dahingehend modifiziert, daß die

242

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

einzelnen Terme dieser Gleichungen mit dem Volumenanteil der Fl¨ussigphase analog zu (6.2, 6.4) gewichtet werden [35]. Bei niedrigem Gasgehalt kann diese Korrektur jedoch vernachl¨assigt werden. Der Einfluß der Wirbelbewegungen um Blasen und Blasencluster auf die Hauptstr¨omung (man spricht von blaseninduzierter Turbulenz“) wird entweder ver” nachl¨assigt, durch zus¨atzliche Quellterme in den k ; und ;Gleichungen oder durch andere Modifikationen ber¨ucksichtigt. Eine Reihe von Ans¨atzen zur Beschreibung der blaseninduzierten Turbulenz wird im n¨achsten Abschnitt diskutiert. ¨ Uben die relativ zu Fl¨ussigphase aufsteigenden Gasblasen einen Einfluß auf die Turbulenzparameter aus, so haben auf der anderen Seite die turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen in der Fl¨ussigkeit eine starke Wirkung auf die Vermischung in der Gasphase. Wie man diese turbulenten Dispersionseffekte durch ein mathematisches Modell beschreiben kann, ist das Thema des Abschnittes 6.8.3.

6.8.2 Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz Wie in den folgenden Kapiteln gezeigt, wird in den Simulationsergebnissen bereits bei moderaten Gasgehalten die Turbulenzintensit¨at in der fl¨ussigen Phase wesentlich untersch¨atzt, wenn das verwendete Turbulenzmodell keine Terme zur Beschreibung der blaseninduzierten Turbulenz enth¨alt. Die Entwicklung von mathematischen Modellen f¨ur die blaseninduzierte Turbulenz befindet sich allerdings noch in einem Anfangsstadium. Im Prinzip k¨onnen die Erhaltungsgleichungen f¨ur die turbulente kinetische Energie und deren Dissipationsrate in einer Zweiphasenstr¨omung analog zu den einphasigen Gleichungen hergeleitet werden (Elghobashi und Abou-Arab [27], Kataoka und Serizawa [58]). Der Mangel an ausreichender Kenntnis u¨ ber die physikalischen Abl¨aufe erschwert jedoch die Erstellung stichhaltiger Schließungsgesetze. Wie die Untersuchungen partikelbeladener Str¨omungen gezeigt haben, kann es, je nach den konkreten Bedingungen, zu einer Reduzierung oder Anhebung der turbulenten kinetischen Energie in der kontinuierlichen Phase kommen. Bei blasenbeladener Str¨omung tritt zus¨atzlich eine Wechselwirkung der Wirbel mit der beweglichen Grenzfl¨ache auf, deren experimentelle Untersuchung erst in Ans¨atzen vorgenommen wurde [7]. Die großen Blasen erreichen die Abmessung der energietragenden Wirbel; ihr dispersives Verhalten ist noch nicht hinreichend untersucht worden. Die in der Literatur vorhandenen Modelle sind deshalb zum Teil widerspr¨uchlich und die Darstellung einzelner Terme meistens nur an das jeweilige Problem angepaßt. Eine kritische Auseinandersetzung mit den theoretischen Aspekten der in der Literatur diskutierten Modelle zur blaseninduzierten Turbulenz liegt außerhalb des Rahmens dieser Arbeit. In diesem Abschnitt sollen lediglich die drei g¨angigsten Modellvarianten vorgestellt und die Grenzen ihrer Anwendung besprochen werden. Der Einfluß dieser Modelle auf die

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

243

Simulationsergebnisse wird in folgenden Kapiteln an konkreten Testf¨allen veranschaulicht. Der einfachste Ansatz zur Ber¨ucksichtigung des Blaseneinflusses auf die Liquid-Turbulenz geht zur¨uck auf Sato und Sekoguchi [102] sowie Sato et al. [103]. Der Spannungstensor Re wird analog zu (6.82) modelliert, wobei f¨ur die effektive Viskosit¨at folgende Formel l eingesetzt wird:

T

tl = tl SI + tl BI :

(6.89)

Hier entspricht tl SI dem scherinduzierten Anteil der turbulenten Wirbelviskosit¨at. Er wird analog zu (6.84) aus den Gr¨oßen k und  berechnet. Der zweite Summand, tl BI , resultiert dagegen aus der blaseninduzierten Turbulenz. Er wird proportional zum Gasgehalt angesetzt:

tl BI = 1:2 d2b "g %ljuslipj:

(6.90)

Um ein Gef¨uhl u¨ ber die H¨ohe der so definierten blaseninduzierten Viskosit¨at zu erhalten, setzten wir in diesen Ausdruck f¨ur den Blasendurchmesser db , die Liquid-Dichte %l und die Schlupfgeschwindigkeit j slip j exemplarisch Werte von 5mm, 1000kg=m3 und 20cm=s ein. Die blaseninduzierte effektive Viskosit¨at berechnet sich dann zu

u

tl BI

"

# kg = 0:6  "g m  s :

Das entspricht bei einem lokalen Gasgehalt von 5% einem Wert

tl BI

# kg = 0:03 m  s : "

Dieser Wert ist im Fall einer typischen blaseninduzierten Str¨omung um 1 bis 2 Gr¨oßenordnungen kleiner als derjenige Turbulenzanteil, der in der Fl¨ussigphase erzeugt wird. Er ubt ¨ somit kaum einen Einfluß auf die Simulationsergebnisse aus. Jenne [54] untersuchte den Einfluß des Sato-Modells auf die Simulation eines begasten R¨uhrkessels und stellte fest, daß der Einfluß der blaseninduzierten Turbulenz nach dem Sato-Modell um bis zu drei Gr¨oßenordnungen kleiner als der der scherinduzierten Turbulenz war, obwohl der Gasgehalt in seinen Untersuchungen in einigen Teilen der Apparatur oberhalb der 10%-Grenze lag. Die zweite Modellvariante stammt von Arnold et al. [3]. Dieser Ansatz geht von der Annahme aus, daß der Einfluß der Gasblasen auf die Fl¨ussigkeitsturbulenz u¨ berwiegend aus den Geschwindigkeitsfluktuationen resultiert, die als Folge der Umstr¨omung der aufsteigenden Blasen durch die Fl¨ussigkeit entstehen. Da aus Kontinuit¨atsgr¨unden eine solche Reaktion im umgebenden Fluid selbst dann vorhanden ist, wenn sich die Blasen durch ein ruhendes

244

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Medium bewegen, lassen sich diese Schwankungen nicht als Turbulenz im herk¨ommlichen Sinne interpretieren. Man verwendet deshalb daf¨ur den Begriff Pseudoturbulenz“. Unter ” Annahme einer Potentialumstr¨omung von unverformten spherischen Blasen l¨aßt sich eine theoretische Absch¨atzung f¨ur den Einfluß dieser Schwankungen ableiten. Geht man von ei¨ ner linearen Uberlagerung der einphasigen und der Pseudoturbulenz aus, so l¨aßt sich der Spannungstensor Re l als Summe

T

Re Re TRe l = Tl SI + Tl BI

(6.91)

darstellen, wobei der scherinduzierte Anteil analog zu (6.82) modelliert und f¨ur den blaseninduzierten Anteil folgender Ausdruck eingesetzt wird:

TRe l BI

1  3 2 = ;"g %l uslipuslip + juslipj I : 20 20

(6.92)

I

Mit wird hier der Einheitstensor bezeichnet. Lopez de Bertodano et al. [81] verwenden dieses Modell in Kombination mit dem Sato-Ansatz zur Simulation einer vertikalen Blasenstr¨omung in einem Rohr, und konnten damit eine deutliche Verbesserung gegen¨uber dem einphasigen Turbulenzmodell erzielen. Im u¨ bern¨achsten Kapitel wird jedoch am Beispiel eines Schlaufenreaktors gezeigt, daß die mit diesem Modell berechnete blaseninduzierte Turbulenz deutlich untersch¨atzt wird. Aus (6.92) l¨aßt sich die blaseninduzierte turbulente kinetische Energie bestimmen [81] :

kBI = 41 "g juslipj2

(6.93)

was bei einem Schlupf von etwa 20cm=s

kBI

" 2# = 0:01"g ms2

(6.94)

entspricht. W¨ahrend f¨ur den oben angesprochenen Testfall ein Vergleich zwischen Meßdaten und Simulation mit einem einphasigen Turbulenzmodell auf einen Anteil der blaseninduzierten turbulenten kinetischen Energie von 0:01m2 =s2 schließen l¨aßt, wird aus (6.94) selbst bei 10% Gasgehalt ein um den Faktor 10 kleinerer Betrag berechnet. Wir haben gesehen, daß sowohl das Sato-Modell, als auch das Arnold-Modell in einer Reihe von Testf¨allen den Einfluß der blaseninduzierten Turbulenz stark untersch¨atzen. Ein weiterer Nachteil dieser Ans¨atze besteht in ihrer lokalen Wirkung, da sie die Anhebung der Turbulenzintensit¨at nur dort ber¨ucksichtigen, wo die Gasphase auch tats¨achlich pr¨asent ist, w¨ahrend in der Realit¨at eine durch die Blasen induzierte Turbulenz wegen dem konvektiven Transport der turbulenten Energie auch an den von der Turbulenzquelle weiter entfernten Stellen ihre Wirkung zeigen kann.

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

245

Der letzte Modellansatz, den wir besprechen wollen, ber¨ucksichtigt daher auch den konvektiven Transport der Blasenturbulenz, indem der Einfluß der Gasblasen direkt durch die Aufnahme von zus¨atzlichen Quelltermen in die Bilanzgleichungen f¨ur k und  ber¨ucksichtigt wird. Der zus¨atzliche Quellterm in der k -Gleichung wird nach dem von Kataoka und Serizawa [58] vorgeschlagenen Ansatz proportional zum Produkt der Widerstandskraft und der Schlupfgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen eingesetzt. Geht man von einem Gleichgewicht zwischen Druck- und Widerstandskraft aus, so l¨aßt sich dieser Term folgendermaßen darstellen:

Sk = ;Ck "g rp  uslip:

(6.95)

Da die Schlupfgeschwindigkeit und der Druckgradient entgegengerichtet sind, ist dieser Term bei Wahl einer postiven Konstante Ck stets gr¨oßer als Null. Ein entsprechender Quellterm in der -Gleichung wird standardm¨aßig folgendermaßen modelliert

S = C  k Sk

(6.96)

und ist ebenfalls positiv. Das bedeutet, daß der Beitrag der Blasen sowohl zur Produktion als auch zur Dissipationsrate der turbulenten kinetischen Energie positiv ist, woraus sowohl ein Anstieg als auch eine Verminderung der Turbulenzintensit¨at im Vergleich zu einphasigen Turbulenzmodellen resultieren kann. In vielen F¨allen gelingt es, durch eine passende Wahl ¨ der Modellkonstanten Ck und C eine sehr gute Ubereinstimmung zwischen Meßdaten und Simulationsergebnissen zu erzielen, wobei eine bessere Vorhersage der gemessenen Turbu¨ lenzintensit¨at in der Regel auch zu einer besseren Ubereinstimmung zwischen den gemessenen und berechneten Geschwindigkeiten f¨uhrt. Darauf wird in Kapiteln 8 und 9 n¨aher eingegangen. Das zeigt, wie wichtig eine genaue Vorhersage der blaseninduzierten Turbulenz f¨ur die Qualit¨at der Simulationsergebnisse ist. Die Beispiele aus Kapiteln 8 und 9 zeigen aber auch, daß sich die durch Anpassung ermittelten optimalen“ Werte der Modellparameter ” von Fall zu Fall unterscheiden k¨onnen. In der Literatur werden f¨ur Modellkonstanten Werte zwischen 0.01 und 1 f¨ur Ck [11, 62] sowie zwischen 1 und 1.92 f¨ur C [10, 62] eingesetzt. So stellten Bhanu und Mazumdar [10] bei der Simulation einer lokal begasten Blasens¨aule fest, daß ein Anstieg des Ck -Wertes von 0 auf 0.9 zu einer fast 50%igen Verminderung der Liquidgeschwindigkeit in der S¨aulenmitte f¨uhrt. Eine starke Empfindlichkeit der Simulationsergebnisse gegen¨uber den Modelparametern schr¨ankt den Einsatz dieses Modells f¨ur eine apriori-Berechnung der Zweiphasenhydrodynamik daher gegenw¨artig noch ein.

246

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

6.8.3 Modellierung der turbulenten Dispersion in der Gasphase Wenn man Fotoaufnahmen der Str¨omung in einer lokal begasten Blasens¨aule betrachtet (z.B. Abb.7.1), so stellt man fest, daß die Breite des aufsteigenden Blasenschwarms mit der H¨ohe der S¨aule zunimmt. Es findet also eine radiale Vermischung in der Gasphase statt. Eine gleichzeitige axiale Vermischung tritt ebenfalls auf. Ihre Wirkung kann auf den Bildern allerdings nicht erkannt werden, weil in der vertikalen Richtung der konvektive Transport dominiert. Welche Ursachen hat die Vermischung in der Gasphase? Zum einen ergibt sie sich aus den Wechselwirkungen zwischen den Blasen, zum anderen durch den Einfluß der Turbulenz in der Fl¨ussigphase. Relative Bewegung zwischen der Fl¨ussigkeit und der Gasphase f¨uhrt dazu, daß in der unmittelbaren Umgebung einzelner Gasblasen die Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit starken Fluktuationen ausgesetzt ist. Das gilt besonders im Blasennachlauf. Diese Fluktuationen treten selbst dann auf, wenn die auf die Apparategr¨oße bezogene Reynoldszahl relativ klein ist, die Str¨omung also im globalen Sinne als laminar bezeichnet werden kann (z.B. kleine Luftblasen in Glyzerin in einer Apparatur im Labormaßstab). Diese Fluktuationen beeinflussen das Verhalten der benachbarten Blasen. Kleinere Blasen k¨onnen im Nachlauf der großen Blasen beschleunigt werden, andere werden zur Seite geschoben. Hat die Str¨omung einen globalen turbulenten Charakter, so werden die dispersiven Effekte, die sich aus der Blasenwechselwirkung ergeben, zus¨atzlich durch die turbulenten Wirbel in der Fl¨ussigphase verst¨arkt. Bei relativ niedrigem Gasblasenanteil und kleiner Blasengr¨oße spielt dieser turbulente Anteil die dominierende Rolle bei der lokalen Vermischung. W¨ahrend die großr¨aumige Zirkulationsbewegung in der Fl¨ussigphase durch das Modell zutreffend wiedergegeben wird, k¨onnen die lokalen Geschwindigkeitsschwankungen auf dem Maßstab der Einzelblasen im Rahmen des bisher betrachteten statistischen Modells nicht aufgel¨ost werden (s. Abschnitt 6.8.1). Der Einfluß dieser Geschwindigkeitsfluktuationen auf die lokale Vermischung in der Gasphase muß deshalb zus¨atzlich modelliert werden. Ein u¨ blicher Weg besteht darin, die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase um einen zus¨atzlichen Diffusionsterm

 ! @ % Dt @"g @xi g lg @xi

t proportional zur turbulenten zu erweitern und den turbulenten Diffusionskoeffizienten Dlg Wirbelviskosit¨at in der Fl¨ussigphase zu setzen (s. z.B. Grienberger und Hofmann [34], Torvik und Svendsen [124]). Um die Bedeutung des Diffusionsterms zu verstehen, muß man sich Klarheit u¨ ber seine Herkunft sowohl im physikalischen wie im mathematischen Sinne verschaffen. Um die folgen-

247

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

den Ausf¨uhrungen m¨oglichst transparent zu gestalten, wird angenommen, daß die disperse Phase inkompressibel und die Str¨omung im statistischen Sinne station¨ar ist. Als Beispiel einer im statistischen Sinne station¨aren Str¨omung kann man sich die turbulente Str¨omung im Inneren eines langen Rohres vorstellen. Die momentanen Geschwindigkeitswerte unterliegen zwar turbulenten Schwankungen, die um die turbulenten Schwankungen bereinigten Geschwindigkeitsprofile a¨ ndern sich allerdings nicht mit der Zeit.

Xd 1

0 t

∆ti T (u

mom i d

)

Xdudmom

t

∆ti .

T

Abbildung 6.10: Phasenindikatorfunktion X d der dispersen Phase (oben) und Produkt Xd umom d (unten) als Funktionen der Zeit.

Wir wollen nun den Weg zur Herleitung der Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die disperse Phase im Rahmen eines statistischen Modells skizzieren. Zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort im Reaktor kann nur eine der beiden Phasen vorhanden sein. F¨ur Orte im Inneren der dispersen Phase gilt die momentane einphasige Kontinuit¨atsgleichung:

r  umom d (x t) = 0:

(6.97)

248

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

u

Hier bezeichnet mom d die momentane Geschwindigkeit der dispersen Phase. Im Rahmen eines statistischen Modells wird die Kontinuit¨atsgleichung (6.97) einer Mittelungsprozedur unterworfen. In der Literatur werden daf¨ur unterschiedliche Mittelungsverfahren verwendet [50]. F¨ur statistisch station¨are Str¨omungen eignet sich insbesondere die Zeitmittelung sehr gut. Der zeitliche Mittelwert f ( ) einer Gr¨oße f t) wird durch ZT 1 f ( ) = Tlim f ( t)dt (6.98) !1 T

x

x

0

x

x

definiert. In der hier vorliegenden Form kann die Gleichung (6.97) jedoch noch nicht zeitlich gemittelt werden, da sie nur zu den Zeitpunkten definiert ist, an welchen der Mittelungsort im Inneren der dispersen Phase liegt. Um diese Schwierigkeit zu u¨ berwinden, f¨uhrt man eine Phasenindikatorfunktion Xd ein. Diese nimmt zu jedem Zeitpunkt t an jedem Ort , der durch die disperse Phase besetzt“ ist, den Wert 1 an, ansonsten 0 (s. Abb.6.10). Entspre” chend ist das Produkt Xd mom d aus der Phasenindikatorfunktion der dispersen Phase Xd und der momentanen Geschwindigkeit mom d definiert (s. Abb.6.10).

x

x

u

u

Multipliziert man nun die Gleichung (6.97) mit der Phasenindikatorfunktion Xd , so f¨uhrt die Anwendung der Kettenregel zu einer Form der Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die disperse Phase, die nun zu jedem Zeitpunkt t gilt:

r  (Xd(x t)umom d (x t)) = 0:

(6.99)

(Streng genommen ist diese Gleichung an der Phasengrenzfl¨ache nur im Sinne der verallgemeinerten Funktionen definiert. Auf eine genaue Betrachtung der damit verbundenen Besonderheiten wird im Rahmen dieser Ausf¨uhrung jedoch verzichtet.) Die zeitliche Mittelung der Glg. (6.99) f¨uhrt zu

r  (Xd(x t)umom d (x t)) = 0:

(6.100)

Wie in [57] gezeigt, lassen sich unter den gegebenen Voraussetzungen die Reihenfolge von Mittelwertbildung und Differentiation vertauschen, womit f¨ur die gemittelte Kontinuit¨atsgleichung

r  (Xd (x t)umom d (x t)) = 0

(6.101)

x) der dispersen Phase am Ort x als zeitlichen

folgt. Definiert man den Volumenanteil "d ( Mittelwert der Phasenindikatorfunktion Xd

"d(x) := Xd(x t)

(6.102)

249

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

u x) der dispersen Phase am Ort x als mom ud(x) := Xd (x t")u(xd ) (x t) d

und die phasengemittelte Geschwindigkeit d (

(6.103)

so l¨aßt sich die gemittelte Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die disperse Phase (6.101) folgendermaßen darstellen

r  ("dud) = 0:

(6.104)

u

Die Bedeutung der neu eingef¨uhrten Gr¨oßen "d und d kann man sich am besten so klar machen. Man plaziert am Punkt einen fiktiven Beobachter und l¨aßt ihn die Str¨omung an diesem Punkt u¨ ber ein l¨angeres Zeitintervall verfolgen. Die Gr¨oße "d ( ) ist dann die Gesamtverweilzeit der dispersen Phase am Ort , dividiert durch die Gesamtl¨ange des Beobachtungszeitintervalls, oder, in Bezeichnungen der Abb.6.10,

x

x

x

ZT 1 1 X t X dt

"d = Tlim d i !1 T T i 0

(6.105)

Zur Berechnung der phasengemittelten Geschwindigkeit wird folgendermaßen vorgegangen. Jedes mal, wenn die disperse Phase am Ort vorhanden ist, wird die L¨ange der Verweilzeit mit der Geschwindigkeit der dispersen Phase mutipliziert. Diese Werte werden u¨ ber die gesamte Beobachtungszeit aufaddiert und durch die Gesamtverweilzeit der dispersen Phase am Ort dividiert:

x

x

P (umom )  t ZT 1 1 i i P d mom i ud = "  Tlim X d ud dt

!1 T0 d i ti

(6.106)

Mit einer auf diese Weise definierten phasengemittelten Geschwindigkeit der dispersen Phase beschreibt Gleichung (6.104) die Transportvorg¨ange genau, also auch die lokalen Vermischungsvorg¨ange. Deshalb sind keine diffusionartigen Zusatzterme in dieser Gleichung vorhanden und n¨otig. In Wirklichkeit ist es aber so, daß die Geschwindigkeit der dispersen Phase, die aus der Impulsbilanz berechnet wird, nicht mit der Gr¨oße identisch ist, die oben als phasengemittelte Geschwindigkeit definiert wurde. Diesen auf den ersten Blick paradoxen Sachverhalt wollen wir jetzt an einem einfachen Beispiel erkl¨aren. Wir stellen uns zun¨achst eine station¨are, zweidimensionale einphasige turbulente Str¨omung einer Fl¨ussigkeit zwischen zwei parallelen horizontalen Platten vor (Abb. 6.11). Es bezeichne - die horizontale (axiale) Koordinatenachse und - die vertikale (radiale)

Ox

Oy

250

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

vl mom(B)

t

B

y A 0

x

.

Abbildung 6.11: Turbulente Str¨omung einer Fl¨ussigkeit zwischen zwei unendlich langen parallelen horizontalen Platten. Am Punkt A wird Tracer zugef¨uhrt, der sich radial vermischt. Am Ort B sitzt der Beobachter.

mom Koordinatenachse. Die Gr¨oßen umom l (x y t) und vl (x y t) seien die momentanen Werte der axialen und der radialen Geschwindigkeit am Ort (x y ) zum Zeitpunkt t. Es gilt dann:

0 umom l (x y t) = ul (x y ) + ul(x y t)

(6.107)

vlmom(x y t) = vl(x y) + vl0(x y t)

(6.108)

ul

und v l sind somit die statistischen (zeitlichen) Mittelwerte der beiden Geschwindigkeitskomponenten und u0l und vl0 deren turbulente Schwankungen. Es gilt definitionsgem¨aß u0l = 0 und vl0 = 0. Wenn man voraussetzt, daß die Str¨omung ausgebildet ist, ist die gemittelte Radialgeschwindigkeit vl ebenfalls gleich Null. Es gilt also vlmom = vl0. Man stelle sich nun vor, daß am Ort A der Str¨omung u¨ ber eine Sonde Tracerpartikel zugef¨uhrt werden. Die Tracerpartikel haben die Dichte der Fl¨ussigkeit und haben eine sehr kleine Konzentration und einen kleinen Durchmesser, so daß sie kaum einen Einfluß auf die Str¨omung der fl¨ussigen Phase aus¨uben. Unter diesen Annahmen stimmt die phasengemittelte Geschwindigkeit der Fl¨ussigphase mit ihrem zeitlichen Mittelwert u¨ berein. Insbesondere gilt f¨ur die radiale Komponente der phasengemittelten Geschwindigkeit

vl = v l = 0

(6.109)

¨ 6.8: MODELLIERUNG DER TURBULENZ IN EINER BLASENSTROMUNG

251

Es ist klar, daß infolge der turbulenten Schwankungen eine radiale Vermischung der Tracerpartikel stromabw¨arts von Punkt A stattfinden wird. Wir wollen die o¨ rtliche Konzentrationsver¨anderung des Tracers stromabw¨arts mathematisch beschreiben. Nach Gleichung (6.104) wird die o¨ rtliche Konzentrationsverteilung durch

@ ("pup) + @ ("pvp) = 0 @x @y

(6.110)

beschrieben, wobei up und vp die axiale und radiale Komponenten der phasengemittelten Geschwindigkeiten der Tracerpartikel sind. Die Gleichung (6.110) kann nur dann eine radiale Vermischung der Tracerpartikel beschreiben, wenn die radiale Komponente der phasengemittelten Partikelgeschwindigkeit vp nicht gleich Null ist. Wir nehmen an, daß infolge der sehr kleinen Partikelgr¨oße die Geschwindigkeit jeder einzelnen Partikel mit der Geschwindigkeit der Fl¨ussigkeit in ihrer unmittelbaren Umgebung u¨ bereinstimmt. Um die radiale Komponente vp der phasengemittelten Geschwindigkeit der Tracerpartikel zu bestimmen, setzen wir einen fiktiven Beobachter an einen Punkt B , stromabw¨arts von A und etwas in der vertikalen Richtung nach oben versetzt, und lassen ihn die radiale Geschwindigkeit am Punkt B u¨ ber l¨angere Zeit beobachten. In der Abb.6.11 sei der zeitliche Verlauf der radialen Geschwindigkeit der fl¨ussigen Phase am Punkt B dargestellt. Mit dicken schwarzen Punkten seien in der Abb.6.11 die Geschwindigkeiten der Tracerpartikel markiert, die am Ort B beobachtet wurden. Da sich die Tracerpartikel mit der Geschwindigkeit der fl¨ussigen Phase bewegen, liegen diese Punkte direkt auf der Kurve vlmom (B t). Die Konzentration der Tracerpartikel nimmt von der Symmetrieachse zur Wand ab. Das bedeutet, daß oberhalb des Punktes B weniger Tracerpartikel pro Volumeneinheit vorhanden sind, als unterlhalb vom Punkt B . Deshalb werden am Punkt B mehr solche Partikel registriert, die von unten kommen, als solche, die von oben kommen. Diese Partikel haben eine positive vertikale Geschwindigkeit, deshalb sehen wir in der Abb.6.11 mehr dicke schwarze Punkte oberhalb der t-Achse, als unterhalb. Bei jeder registrierten Partikel geht das Produkt aus Geschwindigkeit und Verweilzeit am Ort B in die Formel (6.106) ein. Nehmen wir zur Vereinfachung an, daß die Partikel rund sind und den Punkt B mit ihrem Massenschwerpunkt durchqueren. Dann ist die Verweilzeit umgekehrt proportional zur Partikelgeschwindigkeit und das Produkt aus diesen beiden Werten ist bei allen Partikeln bis auf das Vorzeichen gleich. Eine von unten kommende Partikel leistet einen positiven Beitrag zu (6.106), der genauso groß ist, wie der negative Beitrag einer von oben kommenden Partikel. Da von unten mehr Partikel den Punkt B durchqueren, ist die phasengemittelte radiale Geschwindigkeit der dispersen Phase positiv und somit ungleich der phasengemittelten Geschwindigkeit der fl¨ussigen Phase vl , die gleich Null ist (s. (6.109)). Das bedeutet, obwohl f¨ur jede einzelne Partikel ihre Geschwindigkeit mit der Geschwin-

252

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

digkeit der Fl¨ussigkeit in ihrer unmittelbaren Umgebung u¨ bereinstimmt, sind die phasengemittelten Geschwindigkeiten beider Phasen nicht gleich. W¨ahrend die gemittelte radiale Liquid-Geschwindigkeit gleich Null ist, hat die phasengemittelte Geschwindigkeit der dispersen Phase einen Anteil, der vom Ortsgradienten der Volumenkonzentration der dispersen Phase abh¨angt. W¨are die phasengemittelte Geschwindigkeit der dispersen Phase ebenfalls Null, dann k¨onnte durch Gleichung (6.110) eine radiale Vermischung der Partikel gar nicht beschrieben werden. Analog zu diesem Beispiel gilt auch f¨ur Blasenstr¨omungen: obwohl sich die Geschwindigkeit jeder einzelnen Gasblase von der Geschwindigkeit der sie umgebenden Fl¨ussigkeit um eine mehr oder weniger konstante Schlupfgeschwindigkeit unterscheidet, ist die Differenz zwischen phasengemittelten Geschwindigkeiten beider Phasen nicht gleich der Schlupfgeschwindigkeit, die aus dem Kr¨aftegleichgewicht zwischen Druck- und Widerstandskraft berechnet wird. Die phasengemittelte Gasgeschwindigkeit enth¨alt vielmehr eine zus¨atzliche, vom Ortsgradienten der Volumenkonzentration der Gasphase abh¨angige Komponente drift , die von Simonin und Violet [108] als drifting velocity“ bezeichnet wurde. Es gilt somit ”

u

ug = ul + uslip + udrift

(6.111)

ug = ub + udrift

(6.112)

bzw.

u

wenn wir f¨ur die Summe aus der gemittelten Liquid-Geschwindigkeit l und der Schlupfgeschwindigkeit slip die Bezeichnung b verwenden.

u

u

Zur Berechnung der drifting velocity“ wird von Simonin und Violet [108] folgende Bezie” hung eingesetzt

udrift =

;Dtgl 



! 1 r" ; 1 r" ;Dt  1 r" : g gl " "g g "l l g

(6.113)

Da die beiden Gradienten — r"g und r"l — bis auf das Vorzeichen u¨ bereinstimmen, und der Gasgehalt in der Regel um eine Gr¨oßenordnung kleiner als der Liquid-Gehalt ist, kann der zweite Term in den runden Klammern vernachl¨assigt werden. Mit tgl wird der turbulente Dispersionstensor bezeichnet. In der Regel wird davon ausgegangen, daß dieser Tensor eine Diagonalform hat, wobei alle Diagonalelemente gleich sind und sich wie folgt berechnen lassen

D

1  tl : (Dtgl)ii = Sc %l

(6.114)

253

6.9: DAS MATHEMATISCHE MODELL: ZUSAMMENFASSUNG UND NUMERISCHE ASPEKTE

Sc ist die Schmidtzahl f¨ur den turbulenten Transport. Sie entspricht dem Verh¨altnis der Geschwindigkeitsfluktuationen der beiden Phasen. Es ist experimentell belegt, daß im Falle von Gas-Fl¨ussig-Str¨omungen infolge eines deutlichen Dichteunterschieds die Geschwindigkeitsfluktuationen beider Phasen vergleichbare Gr¨oße aufweisen [106]. Es wird deshalb f¨ur den Faktor Sc in der Regel der Wert Sc = 1 angenommen [54, 124]. Faßt man alle diese Gleichungen zusammen, so ergibt sich f¨ur die Gasgeschwindigkeit

ug = ub ; %l "1 r"g : t

l g

(6.115)

Setzt man diese Darstellung f¨ur die phasengemittelte Gasgeschwindigkeit in die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase (6.29) ein, so erh¨alt man folgende Konvektions-Diffusions-Gleichung, die sowohl den konvektiven Transport als auch die turbulente Vermischung in der Gasphase beschreibt:

 ! @ ("g%g ) + r  (" % u ) = @ %g  t  @"g : g g b @t @xi %l l @xi 6.9

(6.116)

Das mathematische Modell: Zusammenfassung und numerische Aspekte

In den letzten Abschnitten wurden unterschiedliche M¨oglichkeiten zur Modellierung der Wechselwirkungskraft und der Zweiphasenturbulenz vorgestellt. Legt man sich auf eine konkrete Modellvariante fest, so wird dadurch das turbulente Drift-Flux-Modell mit Boussinesq-Approximation (6.27–6.30) vollst¨andig definiert. Wir wollen nun alle Modellgleichungen in einer zusammenfassenden Form darstellen, wobei wir die einfachste Variante der Modellierung der Wechselwirkungskraft und der Turbulenz zugrundelegen. Wir bezeichnen dieses Modell als Basismodell“. Dieses Basismodell wird den Ausgangspunkt f¨ur numeri” sche Simulationen bilden, die in den n¨achsten Kapiteln beschrieben werden. Wir fassen zun¨achst die wichtigsten Annahmen des Basismodells zusammen:



Die Gasphase liegt in Form von dispersen Gasblasen vor (Grundvoraussetzung des Euler-Euler-Modells). Alle Blasen haben die gleiche Blasenmasse (sonst m¨usste man mehrere Blasenklassen einf¨uhren).

254





KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

Blasenredispergierung und -koaleszenz werden vernachl¨assigt (sonst m¨usste man mehrere Blasengr¨oßenklassen betrachten mit zus¨atzlichen Austauschtermen zwischen den einzelnen Klassen). Die Dichte der dispersen Phase (Gas) ist viel kleiner als die Dichte der kontinuierlichen Phase (Fl¨ussigkeit). Unter dieser Voraussetzung kann das Two-Fluid-Modell durch das Drift-Flux-Modell ersetzt werden. Der Gasgehalt ist niedrig und weist keine starken vertikalen Gradienten auf (Grundvoraussetzungen f¨ur Boussinesq-Approximation). Die Tr¨agheitskraft, Schwerkraft, lift force und virtuelle Masse werden in der Gasimpulsbilanz vernachl¨assigt, so daß die Schlupfgeschwindigkeit aus dem Gleichgewicht zwischen Druckkraft und Widerstandskraft berechnet wird. Bei Simulationen von gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen wird der Widerstandsbeiwert nach Korellation F berechnet, wobei ein konstanter Cw -Wert nach Schwarz und Turner [105] eingesetzt wird. Bei Simulationen von lokal begasten Blasens¨aulen und Schlaufenreaktoren wird eine konstante Schlupfgeschwindigkeit von 20cm/s angenommen. Die Turbulenz in der Fl¨ussigphase wird durch das Standard-k --Modell beschrieben. Der Einfluß der dispersen Phase auf die Turbulenz wird vernachl¨assigt. Die turbulente Durchmischung in der Gasphase wird durch einen Diffusionsterm in der Gaskontinuit¨atsgleichung modelliert. Der turbulente Diffusionskoeffizient wird proportional der turbulenten Wirbelviskosit¨at in der Fl¨ussigphase gesetzt. F¨ur die turbulente Schmidtzahl wird der Wert Sc = 1 angenommen.

Das resultierende System besteht aus Gleichungen, die das Verhalten des Gas-Fl¨ussig-Gemisches beschreiben, und Gleichungen, die zur Berechnung des lokalen Gasgehalts eingesetzt werden. Das Navier-Stokes-System f¨ur das Gemisch besteht aus der Kontinuit¨atsgleichung

r  ul = 0

(6.117)

@ (%lul) + r  (% u u ) = ;rp + r  T + r  TRe + % g ; " % g l g l l l l l l @t

(6.118)

und der Impulsbilanz

6.9: DAS MATHEMATISCHE MODELL: ZUSAMMENFASSUNG UND NUMERISCHE ASPEKTE

T

255

T

Die Terme l bzw. Re l entsprechen dem molekularen bzw. turbulenten Spannungstensor in der Fl¨ussigphase. Es gilt

(Tl)ij (TRe l )ij



(ul)i + @ (ul)j ; 2  @ (ul)n = l @@x @xi 3 ij @xn j  ! @ ( u l )i @ (ul )j t = l @x + @x ; 32 %lij k j i

!

(6.119) (6.120)

wobei die turbulente Wirbelviskosit¨at tl der Fl¨ussigphase nach dem Standard-k --Modell (6.85, 6.86) aus k und  berechnet wird: 2

tl = C%l k C = 0:09:

(6.121)

Die Dichte %l und die dynamische Viskosit¨at der Fl¨ussigphase nehmen folgende konstante Werte an:

"

l = 0:001 kg s m " # kg %l = 1000 m 3

#

(6.122) (6.123)

Die Gleichungen (6.117–6.123) stimmen mit dem hydrodynamischen Modell f¨ur einphasige inkompressible turbulente Str¨omungen bis auf den Term ;"g %l u¨ berein. Zur numerischen L¨osung dieses Systems k¨onnen daher alle f¨ur die einphasigen Str¨omungen entwickelten Verfahren eingesetzt werden. F¨ur die Simulationen, die in folgenden Kapiteln pr¨asentiert werden, wird das von Patankar [93] entwickelte SIMPLER-Verfahren eingesetzt. Die Diskretisierung der Modellgleichungen erfolgt nach der Finite-Volumen-Methode. Zur Diskretisierung der Konvektionsterme wird das TVD(SL)-Verfahren (2.39) f¨ur die linearen Gleichungen und das QTVD-Verfahren (3.54) f¨ur die Gleichungen zu Bestimmung der Geschwindigkeitskomponenten eingesetzt, soweit nicht ausdr¨ucklich etwas anderes erw¨ahnt wird. Als Limiter-Funktion wird in allen Gleichungen der Monotonized-Centered-Limiter (1.180) verwendet.

g

g

Zur Berechnung des Termes ;"g %l in Glg.(6.118) muß die lokale Gasgehaltsverteilung bekannt sein. Am Anfang der ersten Iteration wird der Wert des Gasgehaltes aus der alten Zeitebene u¨ bernommen. Zu Anfang aller folgenden Iteration wird die Gasverteilung neu berechnet. Diese Berechnung erfolgt in vier Schritten.

u

Zun¨achst wird die Schlupfgeschwindigkeit slip bestimmt, wobei man entweder die Beziehung

p uslip = ; r Cw

(6.124)

256

KAPITEL 6: DAS MATHEMATISCHE MODELL

mit

"

Cw = 5  10 mkg3s 4

verwendet oder einfach



# (6.125)



uslip = 20 cm s  ex

(6.126)

u

setzt. Im zweiten Schritt wird die Blasengeschwindigkeit“ b aus der folgenden Schlupf” beziehung berechnet:

ub = ul + uslip:

(6.127)

Sie wird in die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase eingesetzt, die in folgender Form modelliert wird:  ! @ ("g%g ) + r  (" % ) = @ tl  @ ("g%g ) : (6.128) g g b @t @xi %l @xi

u

Die Darstellung des diffusiven Termes unterscheidet sich hier von der Gleichung (6.116), falls die Gasphase kompressibel modelliert wird, da wir es f¨ur sinnvoll halten, anzunehmen, daß in diesem Fall der diffusive Strom zwischen zwei Nachbarzellen proportional zu der Blasenanzahldifferenz in diesen Zellen und nicht zu der Gasgehaltsdifferenz ist. Bei der numerischen Behandlung der Gleichung (6.128) wird das Produkt "g %g zu einer einzigen unbekannten Variable zusammengefaßt. Im dritten Schritt wird die Verteilung dieser Variable aus der Gleichung (6.128) berechnet. Um daraus den Gasgehalt zu bestimmen, wird der Wert dieser Variable im vierten Schritt durch die Gasdichte %g dividiert. Falls die Gasphase kompressibel modelliert wird, wird %g aus der Zustandsgleichung f¨ur das ideale Gas berechnet, mit dem aus der Navier-Stokes-Gleichung berechneten Druck. In dieser Form wird das Basismodell in den n¨achsten Kapiteln zur Berechnung von lokal und gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen sowie von Schlaufenreaktoren eingesetzt. Zu Vergleichszwecken werden auch Rechnungen mit einer Schlupfgeschwindigkeit von 25cm=s und mit einem laminaren Modell durchgef¨uhrt. Bei einem laminaren Modell wird die effektive Wirbelviskosit¨at gleich Null gesetzt. Dadurch verschwindet sowohl der turbulente“ ” Term in der Gemischimpulsbilanz (6.118), als auch der diffusive Term in der Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase (6.128). Es wird sich zeigen, daß mit diesem Basismodell in mehreren komplexen Testf¨allen eine ¨ sehr gute Ubereinstimmung mit Meßdaten erzielt wird, ohne daß eine Anpassung des Modells notwendig w¨are. Es handelt sich dabei in der Regel um F¨alle mit einem niedrigen

6.9: DAS MATHEMATISCHE MODELL: ZUSAMMENFASSUNG UND NUMERISCHE ASPEKTE

257

lokalen Gasgehalt von 1 bis 2%. Nimmt der Gasgehalt in großen Bereichen des Reaktors h¨ohere Werte an, so macht sich der Einfluß der blaseninduzierten Turbulenz bemerkbar. Um auch solche F¨alle berechnen zu k¨onnen, wird das Basismodell um die Quellterme (6.95, 6.96) in den k - und -Gleichungen erweitert. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, daß die Modellgleichungen nicht an einem speziellen Fall, sondern an einer Reihe von unterschiedlichen Experimenten getestet werden.

Kapitel 7

Lokal begaste Blasens¨aule In diesem Kapitel wird das im letzten Abschnitt vorgestelle Basismodell zur Simulation einer lokal begasten Blasens¨aule eingesetzt. Das Kapitel enth¨alt eine erweiterte Darstellung des in Becker et al. [8], Borchers et al. [12] sowie Sokolichin und Eigenberger [112] ver¨offentlichten Materials. Ein expliziter Verweis auf diese Arbeiten wird im weiteren Verlauf des Kapitels nur an wesentlichen Stellen erfolgen und insbesondere bei den meisten Abbildungen fallengelassen. Bei einer lokal begasten Blasens¨aule handelt es sich um eine flache oder zylindrische Apparatur ohne Einbauten, die in unserem Fall u¨ ber eine am Boden der Apparatur angebrachte Fritte begast wird. Die Fl¨ache des Begasers ist wesentlich kleiner als der Querschnitt der Apparatur, daher wird von einer lokalen Begasung gesprochen. Wird die Apparatur u¨ ber mehrere Fritten begast, die mehr oder weniger gleichm¨aßig u¨ ber den gesamten Boden verteilt sind, so spricht man von einer gleichm¨aßigen Begasung. Es k¨onnen dabei auch Lochbzw. Sinterplatten zur Begasung eingesetzt werden, wobei die Begasungsfl¨ache in der Regel zwischen 60 und 100% der Bodenfl¨ache einnimmt. Die numerische Simulation einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule wird Thema eines weiteren Kapitels sein. F¨ur praktische Anwendungsf¨alle haben lokal begaste Blasens¨aulen nur wenig Relevanz, sie eignen sich jedoch ausgezeichnet zur Validierung der mathematischen Modelle. Der f¨ur die Durchmischung in beiden Phasen ausschlaggebende stark instation¨are Str¨omungszustand tritt in gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen erst bei h¨oheren Gasbelastungen auf. Die damit verbundenen hohen lokalen Gasgehalte lassen keinen Einsatz von nichtinvasiven optischen Meßverfahren zu. Sie sind zudem mit vielen Unsicherheiten bei der mathematischen Modellierung verbunden. Das Widerstandsverhalten der Blasen bei hohem Gasgehalt, der Einfluß der Blasen auf die Turbulenz sowie die bei hohem Gasgehalt nicht mehr zu vernachl¨assigende Koaleszenz und Redispergierung sind Ph¨anomene, die bis jetzt nur wenig verstanden und somit nicht zuverl¨assig modelliert werden k¨onnen.

258

259

Bei lokal begasten Blasens¨aulen dagegen tritt ein dynamischer Str¨omungszustand bereits bei wesentlich kleineren Gasdurchs¨atzen auf. Der aufsteigende Blasenschwarm f¨ullt nur einen Teil der Versuchsapparatur aus, und die lokalen Gasgehalte liegen oft im Bereich von 1 bis 2%. Dadurch k¨onnen die Geschwindigkeiten beider Phasen an jedem Ort des Reaktors mit optischen Meßverfahren (LDA, PDA, PIV, PTV) erfaßt werden. Das Maß der Ausbreitung des aufsteigenden Blasenschwarms infolge der turbulenten Dispersion l¨aßt sich mit bloßem Auge feststellen. Bei einer flachen Apparatur liefern zudem die zeitaufgel¨osten Photoaufnahmen des Blasenschwarms eine wichtige Information u¨ ber das instation¨are Verhalten der (¨uberwiegend zweidimensionalen) Wirbelstruktur in der fl¨ussigen Phase, was einen qualitativen Vergleich mit den (ebenfalls instation¨aren) Simulationsergebnissen erm¨oglicht. Das ist ein wichtiger Vorteil von lokal begasten Blasens¨aulen gegen¨uber den gleichm¨aßig begasten Apparaten, in denen in der Regel nur die Information u¨ ber die langzeitgemittelten Geschwindigkeits- und (seltener) Gasgehaltsprofile vorliegt. Auch vom mathematischen Standpunkt sind die lokal begasten Apparate leichter zu modellieren. Die Durchmesser der einzelnen Blasen unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander, so daß man mit guter N¨aherung von einer einheitlichen Blasenmasse ausgehen kann. Koaleszenz und Redispergierung der Blasen spielen bei niedrigen Gasgehalten eine untergeordnete Rolle, wie auch ihr Einfluß auf die Liquid-Turbulenz. Trotzdem ist die Str¨omungsstruktur in einer lokal begasten Blasens¨aule durchaus komplex. Wie sp¨ater gezeigt wird liegt in vielen F¨allen eine stark instation¨are Str¨omungsstruktur vor, wobei die großr¨aumigen dynamischen Zirkulationsbewegungen von lokalen turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen u¨ berlagert werden. Dieses instation¨are turbulente Str¨omungsfeld hat zudem selbst in flachen Apparaten einen ausgepr¨agten dreidimensionalen Charakter. Die beschriebene Komplexit¨at der Str¨omungsstruktur ist wohl der wichtigste Grund daf¨ur, daß selbst f¨ur die scheinbar einfachen Testf¨alle der lokal begasten flachen Blasens¨aulen bis¨ her nur wenige Ergebnisse pr¨asentiert werden, die durch gute quantitative Ubereinstimmung mit Meßergebnissen u¨ berzeugen. Allerdings muß eine zutreffende Modellierung der lokal begasten Blasens¨aule als notwendige Voraussetzung daf¨ur angesehen werden, auch wesentlich komplexere Str¨omungszust¨ande in stark begasten Apparaten zuverl¨assig berechnen zu k¨onnen. Die lokal begasten Blasens¨aulen stellen daher f¨ur die Validierung des mathematischen Modells einen wichtigen Benchmark dar. Dieses Kapitel besteht aus zwei Abschnitten. Im Abschnitt 7.1 wird als Testfall eine außermittig begaste flache Blasens¨aule untersucht. Seit die ersten Meßdaten zu diesem Testfall in 1994 von Becker et al. [8] ver¨offentlicht wurden, hat sich dieses Beispiel zu h¨aufig aufgegriffenem Benchmark f¨ur Zweiphasencodes entwickelt. Neben zahlreichen Vortr¨agen auf internationalen Kolloquien und Konferenzen sind mehrere Ver¨offentlichungen erschienen,

260

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

in denen Simulationsergebnisse zu diesem Testfall pr¨asentiert wurden (Becker et al. [8], Delnoij et al. [20], Mudde und Simonin [86], Sokolichin und Eigenberger [112], Sommerfeld et al. [115]). Die in diesen Arbeiten eingesetzten Modelle gehen von unterschiedlichen Modellvoraussetzungen aus, so daß ein detaillierter Vergleich der erzielten Ergebnisse eine hervorragende M¨oglichkeit bietet, den Einfluß der einzelnen Modellannahmen zu untersuchen. Dabei sind insbesondere folgende Fragen von Interesse: - Kann man auf ein Turbulenzmodell verzichten und sich auf ein laminares Modell beschr¨anken? - Wenn nicht: Ist das einphasige k --Turbulenzmodell eine sinnvolle Alternative zum laminaren Modell? - Werden durch den Einsatz eines Turbulenzmodells die großr¨aumigen, dynamischen Zirkulationsbewegungen aufgel¨ost, oder werden sie zusammen mit den lokalen Geschwindigkeitsschwankungen aus den Simulationsergebnissen eliminiert? - Haben die added mass force und die lift force einen starken Einfluß auf die Verteilung der Gasphase? - Welchen Einfluß hat die eingesetzte Korrelation f¨ur den Widerstandsbeiwert auf die Simulationsergebnisse? - Kann das turbulente Dispersionsmodell die Ausbreitung des Blasenschwarmes zutreffend beschreiben? - Kann eine Str¨omung in einem flachen Apparat zweidimensional simuliert werden, oder ist eine dreidimensionale Rechnung erforderlich? - Wie empfindlich sind die numerischen L¨osungen gegen¨uber den eingesetzten Diskretisierungsverfahren und der Gitteraufl¨osung? Wir werden sehen, daß beim Einsatz des im letzten Kapitel entwickelten Basismodells ei¨ ne sehr gute Ubereinstimmung mit Experiment erzielt wird. Zur einer besseren Validierung des Modells sind jedoch Untersuchungen an weiteren Testf¨allen erforderlich. Im Abschnitt 7.2 wird das Basismodell daher an einer Reihe von F¨allen einer mittig begasten Blasens¨aule erprobt. Experimentelle Untersuchungen zeigen, daß die Str¨omungsstruktur in einer mittig begasten Blasens¨aule in einem entscheidenden Maße von dem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis der Apparatur abh¨angt. Es soll daher untersucht werden, ob die angesprochene Ver¨anderung der Str¨omungsstruktur auch im Modell zutreffend beschrieben wird. Außerdem werden unterschiedliche Ans¨atze zur Berechnung der Schlupfgeschwindigkeit miteinander verglichen.

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

7.1

Außermittig begaste Blasens¨aule

7.1.1

Beschreibung des Testfalls

261

Der Testfall ist ausf¨uhrlich in den Arbeiten [8] und [9] beschrieben. Deshalb werden die experimentellen Ergebnisse nur kurz zusammengefaßt. Es handelt sich um eine flache Apparatur mit rechteckigem Querschnitt und folgenden Abmessungen: H¨ohe 200cm, Breite 50cm, Tiefe 8cm. Vor dem Einschalten des Begasers wird die Apparatur je nach Testfall bis zu einer H¨ohe von 190cm mit Leitungswasser gef¨ullt, wobei im hier untersuchten Beispiel die F¨ullh¨ohe 150cm betr¨agt. Glassplatten auf Vorder- und R¨uckseite der Apparatur erm¨oglichen die Beobachtung und Dokumentation der weitgehend zweidimensionalen Str¨omungsvorg¨ange in der Apparatur. Als Gasverteiler wird eine por¨ose Kunststoff-Sinterscheibe mit 4cm Durchmesser eingesetzt, die bei dem hier untersuchten Gasdurchsatz eine enge Blasengr¨oßenverteilung mit einem mittleren Durchmesser von etwa 3mm erzeugt. Ihr Einbauort (Mittelpunkt) liegt 15cm von der linken Seitenwand entfernt. Bei einem Gasdurchsatz von 1:6l=min (was einer Gasleerrohrgeschwindigkeit von 0:66mm=s entspricht) entwickelt sich in der Flachapparatur eine dynamische Str¨omung. Sie besteht aus mehreren Zirkulationswirbeln, die st¨andig ihren Ort und ihre Gr¨oße a¨ ndern. Als Folge davon steigt der Blasenschwarm wellen- oder m¨aanderf¨ormig auf. Die Richtung des unteren Teils des Blasenschwarms ist stabil und immer auf die linke Apparaturwand gerichtet. Der obere Teil des Schwarms a¨ ndert entsprechend der Fl¨ussigkeitsbewegung seinen Ort und sein Erscheinungsbild, er wandert ann¨ahernd periodisch mit einer Periodendauer von etwa 40s zwischen der linken Apparatewand und der Mitte der Apparatur hin- und her. Das dynamische Verhalten der Str¨omumg l¨aßt sich auf den in der Abb. 7.1 dargestellten Fotografien des Blasenschwarms sehr gut erkennen.

.

Abbildung 7.1: Außermittig begaste Blasens¨aule: Fotografien eines periodisch wandernden Blasenschwarms zu 9 verschiedenen Zeiten, t = 5s.

In Abb.7.2 sind die Ergebnisse einer LDA-Messung f¨ur die vertikale Liquid-Geschwindig-

262

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

Point A (x=900mm,y=35mm,z=40mm)

Uliq [m/s]

1.0 0.5

B

0.0

A −0.5

0

300 Point B (x=1050mm,y=450mm,z=40mm)

Uliq [m/s]

0.5

x 0.0

−0.5

0

300 Time [s]

.

y

.

Abbildung 7.2: Außermittig begaste Blasens¨aule (V_ G = 1 6l=min): Langzeitmessung der Liquid-Geschwindigkeit in vertikaler Richtung am Punkt A (Blasenstr¨omung) und Punkt B (blasenfreie Zone).

keit an zwei Stellen im Reaktor dargestellt. Man sieht sowohl die niederfrequenten Schwankungen der Geschwindigkeit, die sich aus dem globalen quasi-periodischen Str¨omungscha¨ rakter ergeben, als auch die Uberlagerung dieser quasi-periodischen Schwankungen durch eine hochfrequente turbulente Komponente. Sowohl die niederfrequenten als auch die hochfrequenten Komponenten weisen in der blasenfreien Zone (Punkt B) zwar einen mehr regul¨aren Charakter im Vergleich zum begasten Bereich (Punkt A) auf. Die Unterschiede sind jedoch nicht sehr stark ausgepr¨agt. An beiden Punkten betr¨agt die Periodendauer der niederfrequenten Schwankungen etwa 40s.

7.1.2 Ergebnisse einer laminaren Rechnung Im Jahre 1994 haben wir erste Simulationsergebnisse zu diesem Testfall ver¨offentlicht (Becker et al. [8]). Wegen der Unsicherheiten, die mit dem Einsatz eines einphasigen Turbulenzmodells f¨ur Zweiphasenstr¨omungen verbunden sind, wurden die Rechnungen mit einem laminaren Two-Fluid-Modell durchgef¨uhrt. Die verwendeten Modellvoraussetzungen stimmen ziemlich genau mit der laminaren Version des Basismodells (Abschn. 6.9) u¨ berein. Wegen der im Vergleich zu anderen Abmessungen relativ geringen Tiefe der Apparatur, wurde von einer Zweidimensionalit¨at der Str¨omung ausgegangen, und auf die Ber¨ucksichtigung der dritten Dimension bei der Simulation verzichtet. Die Konvektionsterme in allen Gleichungen wurden mit Upwind-Verfahren erster Ordnung diskretisiert.

263

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Simulationen wurden auf zwei unterschiedlich feinen Gittern durchgef¨uhrt. Auf einem Ortgitter mit 18x25 Kontrollvolimina ergab sich ein station¨arer Str¨omungszustand (Abb.7.3, mitte) der den zeitlich gemittelten Ergebnissen einer LDA-Messung auf dem gleichen Raster sehr a¨ hnlich sieht (Abb.7.3, links). Da die LDA-Messungen nacheinander durchgef¨uhrt wurden und jeder Meßpunkt nur u¨ ber 30 bis 60s gemittelt wurde, liegen die Meßwerte f¨ur benachbarte Punkte mitunter bei unterschiedlichen Str¨omungszust¨anden vor, so daß die gemessenen Geschwindigkeitsvektoren zum Teil nicht konsistent erscheinen. Bei einer Verdoppelung der Gitteraufl¨osung in beiden Koordinaten konnte auch das dynamische Pendeln des Blasenschlauchs (Abb. 7.4) und die gemessenen periodischen Geschwindigkeits¨anderungen im Punkt A (ohne Bild) gut wiedergegeben werden. Das langzeitgemittelte Geschwindigkeitsfeld der Feingitterl¨osung stimmt mit der station¨aren Grobgitterl¨osung und den LDA-Messungen ebenfalls gut u¨ berein (Abb. 7.3).

.

1.5

1.5

1.5

1.4

1.4

1.4

1.3

1.3

1.3

1.2

1.2

1.2

1.1

1.1

1.1

1.0

1.0

1.0

0.9

0.9

0.9

0.8

0.8

0.8

0.7

0.7

0.7

0.6

0.6

0.6

0.5

0.5

0.5

0.4

0.4

0.4

0.3

0.3

0.3

0.2

0.2

0.2

0.1

0.1

0.1

0.0

0.0 0.0

0.1

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0.0 0.0

0.1

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0.3

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0.0

0.1

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0.3

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.

Abbildung 7.3: Außermittig begaste Blasens¨aule (V_G = 1 6l=min): links - zeitlich gemittelte Ergebnisse einer LDA-Messung der L-Geschwindigkeit; mitte - station¨ares Str¨omungsfeld auf einem Gitter von 18x25 Punkten; rechts - lanzeitgemitteltes L-Geschwindigkeitsfeld auf einem Gitter von 36x50 Punkten.

Auf den ersten Blick wirken diese Simulationsergebnisse recht befriedigend. Die Dynamik der Str¨omung, die radiale Ausbreitung des Blasenschwarms und selbst das zeitlich gemittelte Geschwindigkeitsfeld der Fl¨ussigphase werden durch die Simulation gut wiedergegenben. Offen bleibt jedoch, ob die pr¨asentierte numerische L¨osung tats¨achlich dem zugrundeliegenden laminaren mathematischen Modell entspricht, wie groß der durch die numerische Diffusion des Upwind-Verfahrens verursachte numerische Fehler ist und was bei einer weiteren

264

.

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

1.5

1.5

1.5

1.5

1.4

1.4

1.4

1.4

1.3

1.3

1.3

1.3

1.2

1.2

1.2

1.2

1.1

1.1

1.1

1.1

1.0

1.0

1.0

1.0

0.9

0.9

0.9

0.9

0.8

0.8

0.8

0.8

0.7

0.7

0.7

0.7

0.6

0.6

0.6

0.6

0.5

0.5

0.5

0.5

0.4

0.4

0.4

0.4

0.3

0.3

0.3

0.3

0.2

0.2

0.2

0.2

0.1

0.1

0.1

0.1

0.0 0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.0 0.5 0.0

0.0 0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.0 0.5 0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

.

Abbildung 7.4: Ergebnisse einer dynamischen Simulation auf einem 36x50-Gitter: Momentaufnahme der Liquid-Geschwindigkeit und der Gasverteilung zu 2 verschiedenen Zeiten.

Gitterverfeinerung passiert. Delnoij et al. [20] haben die Blasenstr¨omung in der flachen Apparatur im Rahmen eines Euler-Lagrange-Modells simuliert. Sie haben ebenfalls ein laminares zweidimensionales Modell eingesetzt, und erhielten auf einem Gitter mit 50x100 Kontrollvolumina eine quasiperiodische L¨osung mit einem oszillierenden Blasenschwarm (Abb. 7.5, oben). Das Oszillationsverhalten unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem im Experiment beobachteten. Insbesondere der stabile untere Teil des Blasenschwarms, der im Experiment immer auf die linke Apparaturwand gerichtet ist (Abb. 7.1), wurde nicht korrekt reproduziert. Die mit etwa 21s berechnete Periodendauer (s. Abb. 7.6, oben) untersch¨atzt die im Experiment festgestellte Periodendauer um einen Faktor 1.9. Ein Vergleich zwischen Abb. 7.4 und Abb. 7.5 (oben) zeigt, daß die Simulationsergebnisse mit einem Euler-Euler-Modell von den Euler-Lagrange-Simulationen deutlich abweichen. Die eingesetzten Modelle unterscheiden sich in 3 Aspekten. Erstens wurde bei der Euler-Lagrange-Simulation ein feineres Gitter eingesetzt. Zweitens, k¨onnte die mit der im Euler-Euler-Modell verwendeten Upwind-Diskretisierung verbundene numerische Diffusion einen starken Einfluß auf die Ergebnisse haben. Drittens, wurden von Delnoij et al. bei der Berechnung der Blasentrajektorien alle relevanten Kr¨afte“ (inklusive Tr¨agheitskraft, ” Schwerkraft, Druckkraft, Widerstandskraft, added mass force und lift force) ber¨ucksichtigt,

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

265

.

.

.

.

Abbildung 7.5: Oszillierender Blasenschwarm, berechnet von Delnoij et al. [20] mit einem Euler-Lagrange-Modell (oben) und mit der laminaren Version des Basismodells (unten) auf einem Gitter mit 50x100 Kontrollvolumina zu 5 verschiedenen Zeiten, t = 10s.

266

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

.

.

0.4 0.3 0.2

Uliq[m/s]

0.1 0.0 −0.1 −0.2 −0.3 −0.4 −0.5 −0.6 −0.7 .

0

50

100

150 Time[s]

200

250

300 .

Abbildung 7.6: Langzeitfluktuationen der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit am Punkt A, berechnet von Delnoij et al. [20] mit einem Euler-Lagrange-Modell (oben) und mit der laminaren Version des Basismodells (unten) auf einem Gitter mit 50x100 Kontrollvolumina.

w¨ahrend in unseren Simulationen lediglich die Druckkraft und die Widerstandskraft modelliert wurden. Um den Einfluß der unterschiedlich feinen Gitteraufl¨osungen und der numerischen Diffusion bei den Euler-Euler-Simulationen zu eliminieren, wurde die Rechnung mit dem laminaren Basismodell auf einem 50x100 Gitter wiederholt, wobei die Konvektionsterme in der Gaskontinuit¨atsgleichung zur Reduktion der numerischen Diffusion mit einem TVDVerfahren diskretisiert wurden. Obwohl bei der Berechnung der Gasgeschwindigkeit nach wie vor eine stark vereinfachte Variante der Gasimpulsbilanz verwendet wurde, konnte diesmal mit dem Euler-Euler-Modell eine L¨osung berechnet werden, die dem Ergebnis der

267

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Euler-Lagrange-Simulation von Delnoij et al. sehr a¨ hnlich sieht (Abb. 7.5, unten). Beide L¨osungen sind quasi-periodisch, und auch die Periodendauer und die Amplitude der Fluktuationen am Punkt A stimmen quantitativ sehr gut u¨ berein (Abb. 7.6). Dieser Vergleich zeigt deutlich, daß der Hauptgrund daf¨ur, daß das ver¨anderte Oszillationsverhalten des Blasenschwarms nicht in den unterschiedlichen Modellen f¨ur die Wechselwirkungskr¨afte, sondern in einer feineren Diskretisierung liegt. .

25x75

.

50x150

.

100x300

200x600

.

.

.

400x1200

.

.

Abbildung 7.7: Ergebnisse einer dynamischen 2D-Simulation mit einem laminaren Modell auf 5 unterschiedlich feinen Gittern (25x75, 50x150, 100x300, 200x600 und 400x1200): Momentaufnahme der Liquid-Geschwindigkeit 5s nach dem Einschalten des Begasers.

Abbildung 7.7 zeigt das Liquid-Geschwindigkeitsfeld, berechnet mit einem laminaren Basismodell auf 5 unterschiedlich feinen Gittern. Man sieht deutlich, daß mit zunehmender Gitterfeinheit mehr und mehr Wirbel aufgel¨ost werden, so daß sich qualitativ neue L¨osungen ergeben und man nicht von einer Gitterkonvergenz der L¨osung sprechen kann. Die Anzahl der Wirbel nimmt mit der Anzahl der St¨utzstellen st¨andig zu, weil die Str¨omung einen turbulenten Charakter hat, der turbulente Term r  Re l in der laminaren Navier-StokesGleichung jedoch nicht ber¨ucksichtigt wurde. Gleichzeitig sieht man, daß mit zunehmender Gitterfeinheit die Breite des Blasenschwarms kleiner wird (Abb. 7.8). Das liegt daran, daß die numerische Diffusion zur¨uckgeht, w¨ahrend die turbulente Vermischung im laminaren Modell nicht enthalten ist.

T

¨ Die von Becker et al. [8] erzielte Ubereinstimmung der Rechnungen des laminaren Modells

268

.

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

25x75

.

50x150

.

.

100x300

.

200x600

.

.

Abbildung 7.8: Ergebnisse einer dynamischen 2D-Simulation mit einem laminaren Modell auf 4 unterschiedlich feinen Gittern (25x75, 50x150, 100x300 und 200x600): Verteilung des Gasgehalts 5s nach dem Einschalten des Begasers.

mit dem Experiment r¨uhrt daher, daß die Effekte, die im Modell vernachl¨assigt wurden (Turbulenz in der Fl¨ussigphase und turbulente Vermischung in der Gasphase) durch die numerische Diffusion modelliert“ wurden. Die Modellfehler wurden in diesem Fall durch die ” numerischen Fehler kompensiert. Setzt man Diskretisierungsverfahren 2.Ordnung ein und verfeinert das Rechengitter, so gehen die numerischen Fehler zur¨uck und die Modellfehler treten in den Vordergrund. Das Beispiel zeigt, daß die Validierung des Modells ohne gleichzeitige Validierung des numerischen Verfahrens nicht m¨oglich ist.

7.1.3 Einsatz eines Turbulenzmodells Zweidimensionale Simulationen. Ein Grund, warum wir urspr¨unglich ein laminares Modell zur Simulation des Testfalls eingesetzt hatten, war die Vermutung, daß ein turbulentes Modell zu so hohen Werten der effektiven Viskosit¨at f¨uhren w¨urde, daß das instation¨are Verhalten der Str¨omung dadurch zu stark ged¨ampft wird. Diese Vermutung basierte auf Erfahrungen mit dem Einsatz des k --Modells zur 2-D Berechnung einer Str¨omung in einem flachen Schlaufenreaktor. Die mit dem Turbulenzmodell berechneten Werte der effektiven Wirbelviskosit¨at betrugen zum Teil das 20000-fache gegen¨uber der laminaren Viskosit¨at.

269

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Daher konnten mehrere im Experiment beobachtete Zirkulationszellen durch die Simulationsergebnisse nicht wiedergegeben werden [8]. Auf der anderen Seite zeigen die Ergebnisse des letzten Abschnittes, daß man ohne ein Turbulenzmodell keine zuverl¨assige Simulationsergebnisse erzielen kann, da diese sehr stark mit der Gitteraufl¨osung variieren. Das hat uns veranlaßt, die Ursachen f¨ur das Scheitern des 2D k --Modells genauer zu untersuchen. Dazu wurden Simulationen mit einem laminaren Modell aus dem Ruhezustand gestartet. Einige Sekunden nach dem Einschalten des Begasers, wenn die Fl¨ussigkeit in den meisten Teilen des Reaktors in Bewegung gekommen ist, wurden die k - und -Felder initialisiert, und das Turbulenzmodell wurde eingeschaltet. 0.2

Uliq[m/s]

0.1

0.0

−0.1

0

20

40 Time[s]

60

80

.

Abbildung 7.9: Langzeitverlauf der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit am Punkt A, berechnet mit dem (turbulenten) Basismodell auf einem Gitter mit 25x75 Kontrollvolumina.

Abbildung 7.9 zeigt den Verlauf der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit am Punkt A, berechnet mit unserem (turbulenten) Basismodell auf einem Gitter mit 25x75 Kontrollvolumina, w¨ahrend der ersten 80s der Simulation. Man sieht, daß zun¨achst Schwingungen auftreten, die einer durch instation¨are Zirkulationszellen bewirkten Pendellbewegung des Blasenschlauchs entsprechen. Diese Dynamik klingt aber schnell auf eine station¨are L¨osung ab. Bei einer Gitterverfeinerung auf 50x150 Kontrollvolumina wurde die station¨are L¨osung ebenfalls nach etwa 60s Simulationszeit bereits erreicht. In der Abb. 7.10 sind die Simulationsergebnisse f¨ur die Geschwindigkeit der Fl¨ussigphase und f¨ur die Gasverteilung f¨ur beide Aufl¨osungen aufgef¨uhrt. Man sieht, daß im Unterschied zum laminaren Modell eine

270

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

gitterunabh¨angige L¨osung bereits auf relativ groben Gittern erzielt werden konnte. Diese station¨aren L¨osungen stimmen auch gut mit den Ergebnissen der zweidimensionalen turbulenten Simulation von Sommerfeld et al. [115] und Mudde und Simonin [86] u¨ berein. Sommerfeld et al. [115] verwenden ein Euler-Lagrange-Modell und berichten von einer quasistation¨aren L¨osung, wobei die Geschwindigkeit am Punkt A leichte Oszillationen zeigt. Das gesamte Str¨omungsfeld a¨ ndert sich allerdings nur sehr wenig mit der Zeit. Man beachte, daß im Rahmen eines dynamischen Euler-Lagrange-Modells keine exakt station¨are L¨osung erzielt werden kann, da sich die Positionen der einzelnen Gasblasen mit der Zeit st¨andig a¨ ndern. Mudde und Simonin [86] verwenden ein turbulentes Euler-Euler-Modell, daß sich nur unwesentlich von unserem Basismodell unterscheidet. Sie berichten ebenfalls von einer station¨aren L¨osung, die nach etwa 60s erreicht ist. Das berechnete Liquid-Geschwindigkeitsfeld ¨ und die Gasgehaltsverteilung haben sehr viel Ahnlichkeit mit Abb. 7.10, und selbst der station¨are Wert der vertikalen Geschwindigkeit am Punkt A weicht mit 14:4cm=s nur unwesentlich von bei uns ermitteltem Wert von 14:1cm=s (s. Abb. 7.9) ab. In Abb.7.11 ist die radiale Verteilung der turbulenten Wirbelviskosit¨at der Fl¨ussigphase tl auf der halben H¨ohe der Flachapparatur dargestellt. In der Mitte der Apparatur ist der Wert der turbulenten Wirbelviskosit¨at fast um den Faktor 5000 h¨oher als die laminare Viskosit¨at von Wasser. Diese hohen Werte der turbulenten Wirbelviskosit¨at sorgen nicht nur daf¨ur, daß der dynamische Charakter der Str¨omung unterdr¨uckt wird. Auch die Dispersion in der Gasphase wird u¨ bersch¨atzt, da der turbulente Diffusionskoeffizient in der Gasphase proportional der turbulenten Wirbelviskosit¨at der Fl¨ussigphase genommen wird. In Abb. 7.10 sieht man deutlich, daß auf der halben H¨ohe der Apparatur der Gasgehalt an der rechten Wand positive Werte aufweist. Das widerspricht aber den experimentellen Ergebnissen aus Abb. 7.1, die zeigen, daß auf der H¨ohe H=2 die Gasphase h¨ochstens die halbe Breite der Apparatur f¨ullt. Alle bisher pr¨asentierten Simulationsergebnisse bezogen sich auf den Einsatz zweidimensionaler Modelle. Der Hauptgrund f¨ur den Einsatz eines 2D-Modells war die Annahme, daß in einer flachen Apparatur mit einer im Vergleich zu anderen Abmessungen relativ geringen Tiefe die Str¨omung einen uberwiegend ¨ zweidimensionalen Charakter hat. Ergebnisse von LDA-Messungen best¨atigen, daß sich die in verschiedenen Tiefenschichten gemessenen langzeitgemittelten Geschwindigkeitsfelder nur wenig voneinander unterscheiden. Das gilt allerdings nicht f¨ur die Geschwindigkeitsfluktuationen und daher auch nicht f¨ur die turbulente kinetische Energie. Sommerfeld et al. [115] berichten, daß bei einer zweidimensionalen Simulation die maximalen Werte f¨ur die turbulente kinetische Energie im Bereich mit st¨arksten Geschwindigkeitsgradienten festgestellt wurden, d.h. in der N¨ahe der Mittelpunkte von großr¨aumigen

271

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

025x075

Liquid-Geschwindigkeit

Gasgehaltsverteilung

050x150 Abbildung 7.10: Ergebnisse einer 2D-Simulation mit dem (turbulenten) Basismodell auf 2 unterschiedlich feinen Gittern: station¨are L¨osung f¨ur Liquid-Geschwindigkeit und Gasverteilung.

272

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

.

turbulent viscosity [kg/(ms)]

5.0

4.0

3.0

2.0

1.0

0.0 0.0

0.1

0.2 0.3 distance from wall [m]

0.4

0.5

Abbildung 7.11: Ergebnisse einer 2D-Simulation mit dem (turbulenten) Basismodell: radiale Verteilung der turbulenten Wirbelviskosit¨at der Fl¨ussigphase tl auf der halben H¨ohe der Flachapparatur.

.

turbulent kinetic energy [m2/s2]

0.015

0.010

0.005

0.000 0.0

0.1

0.2 0.3 0.4 distance from the left sidewall [m]

0.5

Abbildung 7.12: Ergebnisse einer 2D-Simulation mit dem (turbulenten) Basismodell: radiale Verteilung der turbulenten kinetischen Energie k auf der halben H¨ohe der Flachapparatur.

273

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

.

dissipation rate [m2/s3]

0.010

0.005

0.000 0.0

0.1

0.2 0.3 distance from wall [m]

0.4

0.5

Abbildung 7.13: Ergebnisse einer 2D-Simulation mit dem (turbulenten) Basismodell: radiale Verteilung der Dissipationsrate  der turbulenten kinetischen Energie auf der halben H¨ohe der Flachapparatur.

Wirbeln. In der N¨ahe der Reaktorw¨ande wurde dagegen eine starke Abnahme der Turbulenzintensit¨at festgestellt. Das mit unserem turbulenten Basismodell berechnete Profil (Abb. 7.12) best¨atigt diese Aussage. Ein Vergleich zwischen Abbildungen 7.11 und 7.12 zeigt ei¨ ne Ahnlichkeit zwischen den Profilen der turbulenten Wirbelviskosit¨at und der turbulenten kinetischen Energie. Sie resultiert daraus, daß im Rahmen des k --Modells die turbulente Wirbelviskosit¨at proportional dem Quadrat der turbulenten kinetischen Energie k und umgekehrt proportional zu ihrer Dissipationsrate  ist (s. Glg. (6.84)). Da die letztere im Inneren der Apparatur einen ziemlich flachen Verlauf aufweist (s. Abb.7.13), f¨uhrt ein Anstieg der turbulenten kinetischen Energie gleichzeitig zu einem Anstieg der effektiven Viskosit¨at. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob es zul¨assig ist, die Str¨omung in einer Flachapparatur durch ein zweidimensionales Modell zu beschreiben. Der Einsatz eines 2-D Modells setzt voraus, daß das Berechnungsgebiet in der dritten Dimension entweder unendlich (bzw. sehr) lang ist, oder daß die physikalischen Grenzen der Apparatur in der dritten Dimension zumindest keinen Einfluß auf die Str¨omung im Apparateinneren haben. In unserem Fall hat die Flachapparatur eine Tiefe von nur 8cm, die kleiner als die H¨ohe und die Breite der Apparatur ist, so daß der Einsatz eines 2-D Modells bereits die erste Bedingung verletzt. Auch die Annahme, daß Vorder- und Hinterwand keinen Einfluß auf die Str¨omung haben, ist zu bezweifeln. Bereits bei einer zweidimensionalen Berechnung haben wir gesehen, daß die Seitenw¨ande der Apparatur einen Einfluß auf die Verteilung der turbulenten kinetischen Energie und damit auch auf die Verteilung der turbulenten Wirbelviskosit¨at haben. Es ist

274

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

deshalb zu erwarten, daß auch die Vorder- und Hinterwand die Werte der effektiven Wirbelviskosit¨at in einer a¨ hnlichen Weise beeinflussen. Um diese Annahme zu u¨ berpr¨ufen, wurde eine 3-D Simulation mit dem k --Turbulenzmodell durchgef¨uhrt. Es wurde festgestellt, daß sich die dreidimensionalen Ergebnisse wesentlich von den 2-D Berechnungen unterscheiden.

t µl

"MUeff" 0.473 0.378 0.284 0.189 0.0946

[kg/(ms)] 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07

Depth[m]

0

0.5 0.4 0.45 0.3 0.35 0.25 0.15 0.2 0.05 0.1

Width[m]

Abbildung 7.14: Ergebnisse einer 3D-Simulation mit dem turbulenten Basismodell: horizontale Verteilung der turbulenten Wirbelviskosit¨at der Fl¨ussigphase tl auf der halben H¨ohe der Flachapparatur (Momentaufnahme).

Dreidimensionale Simulationen. Die 3-D L¨osung hat im Unterschied zu einer 2-D Simulation einen ausgepr¨agt dynamischen Charakter. Die Momentaufnahmen der turbulenten Wirbelviskosit¨at und der turbulenten kinetischen Energie der Fl¨ussigphase (Abb.7.14 und 7.15) auf der halben H¨ohe der Flachapparatur zeigen deutlich den Einfluß der dritten Dimension auf diese Gr¨oßen. Wie an den Seitenw¨anden nehmen turbulente kinetische Energie und die Wirbelviskosit¨at auch an der Vorder- und Hinterwand ab. Das beinflußt die Verteilung dieser beiden Gr¨oßen auch im Inneren der Apparatur, so daß diesmal der Maximalwert der turbulenten Wirbelviskosit¨at um den Faktor 10 kleiner ausf¨allt, als im Falle einer 2-D Simulation. Das reicht aus, um den dynamischen Charakter der Str¨omung wiederherzustellen. Die Ergebnisse einer dynamischen 3-D Simulation auf einem Gitter mit 150x50x8 St¨utzstel¨ len sind in der Abb.7.16 ausf¨uhrlich dargestellt. Sie zeigen eine u¨ berraschend gute Ubereinstimmung zwischen Simulation und Experiment. Sowohl der stabile untere Teil des Blasenschwarms als auch der quasi-periodisch wandernde obere Teil werden durch die Berechnung gut wiedergegeben.

275

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

"Kturb" 0.00691 0.00553 0.00414 0.00276 0.00138

k [m2/s2] 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07

Depth[m]

0

0.45 0.5 0.35 0.4 0.3 0.25 0.15 0.2 0.05 0.1

Width[m]

Abbildung 7.15: Ergebnisse einer 3D-Simulation mit dem turbulenten Basismodell: horizontale Verteilung der turbulenten kinetischen Energie k auf der halben H¨ohe der Flachapparatur (Momentaufnahme).

In der Abb. 7.17 sind die Langzeitfluktuationen der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit in den Punkten A und B dargestellt, berechnet mit dem 3-D Modell auf einem Gitter mit 150x50x8 Kontrollvolumina. Die hochfrequente Komponente der Fluktuationen, die in Experimenten beobachtet wurde (Abb. 7.2), ist durch das Turbulenzmodell herausgefiltert worden. Beide Kurven in der Abb. 7.17 k¨onnen als quasi-periodisch bezeichnet werden. Ihre Amplitude und Frequenz stimmen gut mit der niederfrequenten Komponente der Zeitserien aus der Abb. 7.2 u¨ berein. Auch die langzeitgemittelten Ergebnisse der LDA-Messungen stimmen recht gut mit dem ebenfalls zeitlich gemittelten simulierten Geschwindigkeitsfeld der Fl¨ussigphase uberein, ¨ insbesondere im blasenfreien Bereich (Abb. 7.18). Obwohl der hier behandelte Testfall von vielen Forschungsgruppen untersucht wurde, gibt es bis jetzt nur eine weitere Ver¨offentlichung, in der die Simulationen mit einem dreidimensionalen Modell durchgef¨uhrt wurden (Mudde und Simonin [86]). Die Ergebnisse dieser Arbeit unterscheiden sich allerdings von den hier gezeigten. Es wurden 2 Modellvarianten untersucht. In der ersten Modellvariante wurde bei der Berechnung der Wechselwirkungskraft nur die Widerstandskraft ber¨ucksichtigt. In der zweiten Modellversion wird auch die added mass force modelliert. Im Unterschied zu den hier pr¨asentierten Ergebnissen konnte mit der ersten Modellvariante keine dynamische L¨osung erzielt werden, w¨ahrend die Hinzunahme der virtuellen Tr¨agheitskraft in der zweiten Variante zu einer dynamischen L¨osung gef¨uhrt ¨ hat. Diese dynamische L¨osung zeigt viel Ahnlichkeit mit dem oszillierenden Schwarm aus Abb. 7.1. Zeitgemittelte Profile wurden jedoch nicht angegeben.

276

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

Abbildung 7.16: Außermittig begaste Blasens¨aule: Fotografien eines periodisch wandernden Blasenschwarms und die tiefengemittelten Ergebnisse einer dynamischen 3-D Simulation auf einem Gitter mit 150x50x8 St¨utzstellen zu 9 verschiedenen Zeiten, t = 5s . Von oben nach unten: Fotografie des Blasenschwarms, berechnete Gasverteilung, Stromlinien und Liquid-Geschwindigkeit.

277

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Point A (x=900mm,y=35mm,z=40mm)

Uliq [m/s]

1.0 0.5 0.0 −0.5

0

300 Point B (x=1050mm,y=450mm,z=40mm)

Uliq [m/s]

0.5

0.0

−0.5

0

300 Time [s]

.

Abbildung 7.17: Langzeitfluktuationen der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit an den Punkten A und B (s. Abb. 7.2), berechnet mit der turbulenten Version des Basismodells auf einem Gitter mit 150x50x8 Kontrollvolumina.

.

.

Abbildung 7.18: Langzeitgemittelte Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene. Links - Ergebnis der LDA-Messungen; Mitte - Ergebnis der 3DSimulation; Rechts - Vergleich zwischen berechneten (——) und gemessenen (– – –) Geschwindigkeitsprofilen auf unterschiedlichen H¨ohen.

278

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

Die turbulente Version unseres Basismodells und die erste Modellvariante von Mudde und Simonin unterscheiden sich in 3 wichtigen Aspekten. Erstens verwenden Mudde und Simonin die Feststoff-Korrelation (6.40) zu Berechnung des Widerstandsbeiwertes. Man geht dabei von einem Blasendurchmesser von db = 3mm aus, was mit dem im zugrundeliegenden Experiment ermittelten mittleren Blasendurchmesser u¨ bereinstimmt. Das entspricht einer Blasenaufstiegsgeschwindigkeit von etwa 29cm=s beim Einsatz der Feststoff-Korrelation, w¨ahrend im Basismodell von einem konstanten Schlupf von 20cm=s ausgegangen wurde. Zweitens unterscheiden sich beide Simulationen bez¨uglich der verwendeten numerischen Gitter. W¨ahrend in unseren Simulationen auf einem Gitter mit 150x50x8 Kontrollvolumina gerechnet wurde, verwenden Mudde und Simonin ein 6fach gr¨oberes Gitter mit 50x25x8 Volumenelementen. Um den Einfluß der Schlupfgeschwindigkeit und der Gitteraufl¨osung auf die Simulationsergebnisse zu untersuchen, wurden mit dem Basismodell 2 Vergleichsrechnungen auf einem Gitter 50x25x8 durchgef¨uhrt, wobei sowohl mit einer Schlupfgeschwindigkeit von 20cm=s als auch mit dem Wert 29cm=s gerechnet wurde. In beiden F¨allen konnte eine stark instation¨are L¨osung erzielt werden. Daraus folgt, daß der Grund f¨ur die Stationarit¨at der L¨osung der ersten Modellvariante von Mudde und Simonin weder die mangelnde Gitteraufl¨osung noch die zu hoch angesetzte Schlupfgeschwindigkeit von 29cm=s ist. Der dritte Unterschied zwischen dem Basismodell und dem ersten Modell von Mudde und Simonin betrifft die Modellierung der Turbulenz. W¨ahrend das Basismodell den Einfluß der dispersen Phase auf die Turbulenz vernachl¨assigt, wird von Mudde und Simonin ein Modell zur Ber¨ucksichtigung der blaseninduzierten Turbulenz eingesetzt. Dieses Modell hat viel ¨ Ahnlichkeit mit dem Ansatz von Kataoka und Serizawa [58], s. Abschnitt 6.8.2. Der Einfluß der Gasblasen auf die Turbulenz wird durch die Aufnahme von zus¨atzlichen Quelltermen in die Bilanzgleichungen f¨ur k und  ber¨ucksichtigt. Der Quellterm f¨ur die k -Gleichung wird auf recht komplizierte Weise modelliert, und proportional zur Widerstandskraft zwischen beiden Phasen angesetzt. Der Quellterm in der -Gleichung wird wie in (6.96) modelliert, wobei f¨ur die Konstante C ein Wert von 1.2 angenommen wird. Offensichtlich sind diese zus¨atzlichen Modellterme daf¨ur verantwortlich, daß die Dynamik der Zweiphasenstr¨omung im Vergleich zu unserem Basismodell stark ged¨ampft wird. Die zweite Modellvariante von Mudde und Simonin unterscheidet sich von der ersten Modellvariante dadurch, daß bei der Berechnung der Wechselwirkungskraft zwischen beiden Phasen zus¨atzlich die virtuelle Tr¨agheitskraft ber¨ucksichtigt wird. Außerdem wird das Modell f¨ur die blaseninduzierte Turbulenz dahingehend modifiziert, daß die Produktion der Turbulenz durch die Blasen im Vergleich zu vorher um etwa 33% niedriger angesetzt wird. Wie im Abschnitt 6.6.6 gezeigt wurde, ist der Einfluß der virtuellen Tr¨agheitskraft auf die Bewegung der einzelnen Blasen von untergeordneter Bedeutung. Deshalb kann davon aus-

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

279

gegangen werden, daß der Unterschied in den beiden L¨osungen ausschließlich aus der unterschiedlichen Beschreibung der Quellterme der blaseninduzierten Turbulenz resultiert. Wir werden im n¨achsten Kapitel zeigen, daß die Art der Modellierung dieser Terme tats¨achlich einen entscheidenden Einfluß auf die L¨osung der Modellgleichungen haben kann.

.

.

Abbildung 7.19: Ergebnisse einer 3D-Simulation mit dem (turbulenten) Basismodell auf 3 unterschiedlich feinen Gittern: 75x25x4(- - - - - -), 150x50x8(– – – – –) und 225x75x12(——–) St¨utzstellen. Profile der tiefen- und langzeitgemittelten vertikalen Liquid-Geschwindigkeit nach einer Mittelungszeit von 4 (links) bzw. 20 (recht) Minuten.

Gitterabh¨angigkeit der L¨osung. Wir haben gesehen, daß f¨ur den Testfall mit einem drei¨ dimensionalen turbulenten Modell sehr gute qualitative und quantitative Ubereinstimmung erzielt werden kann. Wie im Falle einer laminaren Berechnung ist allerdings noch die Frage zu beantworten, wie gut die pr¨asentierte numerische L¨osung dem zugrundeliegenden mathematischen Modell entspricht. Wegen der starken Instationarit¨at der Zweiphasenstr¨omung ist eine direkte Gegen¨uberstellung von lokalen Geschwindigkeitsschwankungen, berechnet auf Gittern unterschiedlicher Feinheit, nicht sinnvoll. Deshalb m¨ussen die berechneten Zeitreihen statistisch bearbeitet werden. Die einfachste Form einer solchen Bearbeitung ist die Langzeitmittelung der einzelnen Geschwindigkeitskomponenten. Da das Str¨omungsverhalten nicht strikt periodisch ist (s. Abb. 7.17), muß das Zeitintervall der Mittelung wesentlich l¨anger als die Dauer einer Periode“ gew¨ahlt werden. ” In Abb.7.19 sind Profile der tiefen- und langzeitgemittelten Liquid-Geschwindigkeit dargestellt, berechnet auf 3 unterschiedlich feinen Gittern. Man sieht, daß die u¨ ber 4 Minuten

280

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

gemittelten Werte auf allen drei Gittern gr¨oßere Differenzen zueinander aufweisen, w¨ahrend die u¨ ber 20 Minuten gemittelten Werte auf den Gittern 150x50x8 und 225x75x12 sehr gut u¨ bereinstimmen. Man kann feststellen, daß die L¨osung auf dem gr¨obsten Gitter mit 75x25x4 St¨utzstellen bereits qualitativ gut der genauen L¨osung der Modellgleichungen entspricht, ab einem Gitter von 150x50x8 St¨utzstellen a¨ ndert sich die L¨osung auch quantitativ kaum mehr. Zeitfehlersch¨atzung. Der numerische Fehler entsteht nicht nur durch die Orts-, sondern auch durch die Zeitdiskretisierung der Modellgleichungen. Um den Einfluß des Zeitfehlers abzusch¨atzen, wurden Simulationen auf einem Gitter von 150x50x8 Gitterpunkten mit drei verschiedenen Zeitschrittweiten durchgef¨uhrt: 0.05s, 0.1s, 0.2s. Obwohl f¨ur diesen Testfall eine implizite Zeitdiskretisierung erster Ordnung verwendet wurde, ergab sich, daß sich die langzeitgemittelten Geschwindigkeits- und Gasgehaltsprofile bei allen drei Zeitschrittweiten kaum voneinander unterscheiden. Das kann damit erkl¨art werden, daß selbst die gr¨oßte der eingesetzten Zeitschrittweiten immer noch wesentlich kleiner als die mit etwa 40s gesch¨atzte Periode der aufgel¨osten Oszillationen des Blasenschwarms ist.

7.1.4 Einfluß des Diskretisierungsverfahrens auf die Genauigkeit der L¨osung Am Beispiel der laminaren 2D-Simulation wurde gezeigt, daß die numerischen Fehler die Modellfehler kompensieren k¨onnen, so daß mit einem falschen Modell qualitativ richtige Ergebnisse erzielbar sind. Es kann aber auch der umgekehrte Fall eintreten, daß mit einem Modell, das prinzipiell in der Lage ist, die instation¨are Zweiphasenstr¨omung richtig zu beschreiben, Simulationsergebnisse erzielt werden, die mit dem Experiment nicht uber¨ einstimmen, weil die numerischen Fehler die L¨osung qualitativ ver¨andern. So haben wir gesehen, daß das Drift-Flux-Modell in Kopplung mit dem Standard-k --Modell zur Beschreibung der Turbulenz das instation¨are Verhalten der Str¨omung in einer außermittig begasten Flachapparatur gut wiedergeben kann. Die Fehleranalyse durch die Gittervariation hat gezeigt, daß die pr¨asentierte L¨osung ab einem Gitter von 150x50x8 Gitterpunkten der tats¨achlichen L¨osung der Modellgleichungen mit hoher Genauigkeit entspricht. Dabei wurden die Konvektionsterme in allen Gleichungen mit einem TVD-Verfahren zweiter Ordnung diskretisiert. Es wird allerdings oft angenommen, daß beim Einsatz eines Turbulenzmodells die Diskretisierung zweiter Ordnung nicht notwendig sei, da die Diffusionseffekte, die sich aus dem Einsatz eines Turbulenzmodells ergeben (effektive turbulente Wirbelviskosit¨at und effektive Diffusion in der Gasphase), viel st¨arker sind, als der Einfluß der numerischen Diffusion, die mit dem Einsatz von Diskretisierungsverfahren erster Ordnung verbunden ist.

281

¨ 7.1: AUßERMITTIG BEGASTE BLASENSAULE

VERTICAL VELOCITY [m/s]

Um diese Annahme zu u¨ berpr¨ufen, wurden Vergleichsrechnungen durchgef¨uhrt, bei denen die Diskretisierungsordnung f¨ur die Konvektionsterme in einzelnen Modellgleichungen variiert wurde. Als Referenzl¨osung wurde dabei die L¨osung auf einem 150x50x8-Gitter benutzt, mit einer Diskretisierung zweiter Ordnung f¨ur Konvektionsterme in allen Modellgleichungen (Fall EG2 UV2 KE2). Im Fall EG2 UV2 KE1 wurde die Diskretisierung zweiter Ordnung nur f¨ur die Konvektionsterme in der Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase und in den Navier-Stokes-Gleichungen eingesetzt. Im Fall EG2 UV1 KE1 wurde nur die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase mit der zweiten Ordnung diskretisiert, und schließlich wurde im Fall EG1 UV1 KE1 das Upwind-Verfahren erster Ordnung f¨ur alle Gleichungen eingesetzt.

0.25 0.00 −0.25

EG2_UV2_KE2

0.25 0.00 −0.25

EG2_UV2_KE1

0.25 0.00 −0.25

EG2_UV1_KE1

0.25 0.00 −0.25

EG1_UV1_KE1 0

100

200

300

400

500

TIME[s] .

.

Abbildung 7.20: Langzeitverlauf der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit im Punkt A (s.Abb. 7.2), berechnet mit unterschiedlichen Diskretisierungsverfahren.

Die Simulationen wurden aus einem mit dem Verfahren EG2 UV2 KE2 vorgerechneten Str¨omungszustand durchgef¨uhrt. In der Abb.7.20 ist der Langzeitverlauf der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit im Punkt A (s.Abb. 7.2) f¨ur unterschiedliche Diskretisierungsverfahren dargestellt. Man sieht, daß die L¨osung im Fall EG2 UV2 KE1 mit der Referenzl¨osung qualitativ gut u¨ bereinstimmt. Auch die langzeitgemittelten Geschwindigkeits- und Gasgehaltprofile stimmen in diesen beiden F¨allen sehr gut u¨ berein (ohne Bild). Die numerische Diffusion hat demnach nur einen geringen Einfluß auf die Genauigkeit der

282

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

L¨osung von k - und -Gleichungen. Das kann man damit erkl¨aren, daß in diesen Gleichungen die konvektiven Terme nur eine untergeordnete Rolle spielen, weil die Produktions- und Dissipationsterme dominieren.

EG2 UV1 KE1

EG1 UV1 KE1

Abbildung 7.21: Ergebnisse einer 3D-Simulation mit dem turbulenten Basismodell f¨ur F¨alle EG2 UV1 KE1 und EG1 UV1 KE1: station¨are L¨osung f¨ur LiquidGeschwindigkeit und Gasverteilung (tiefengemittelt).

Der Einsatz des Upwind-Verfahrens erster Ordnung zur Diskretisierung der Konvektionsterme in den Navier-Stokes-Gleichungen hat dagegen einen entscheidenden Einfluß auf die L¨osung. Sie ist nicht mehr dynamisch, wie in den F¨allen EG2 UV2 KE2 und EG2 UV2 KE1, sondern station¨ar (Abb. 7.20 und 7.21, links). Wird zus¨atzlich die Kontinuit¨atsgleichung f¨ur die Gasphase mit Upwind-Verfahren diskretisiert, so bleibt die L¨osung weiterhin station¨ar. Der Einfluß der numerischen Diffusion auf die L¨osung der Kontinuit¨atsgleichung macht sich nur im unteren Teil der Apparatur bemerkbar (Abb. 7.21). Mit der H¨ohe der Apparatur nehmen die Unterschiede in der Gasgehaltsverteilung durch den Einfluß der turbulenten Vermischung ab. Es k¨onnte allerdings sein, daß die in der Abb.7.21 pr¨asentierten station¨aren L¨osungen nicht durch die numerischen Fehler verursacht wurden, sondern daß mehrfache L¨osungen auftreten und eine davon station¨ar ist. Um das zu u¨ berpr¨ufen, wurde bei einer Simulation mit dem Diskretisierungsverfahren EG2 UV1 KE1 nach dem Erreichen des station¨aren Zustandes auf Diskretisierungsverfahren EG2 UV2 KE2 umgeschaltet. Die Abb.7.22 zeigt, daß in diesem Fall der dynamische Str¨omungszustand wiederhergestellt wird. Damit ist gezeigt, daß die Stationarit¨at der L¨osung beim Einsatz der Upwind-Diskretisierung nur durch numerische Fehler verursacht wird.

283

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

0.6

VERTICAL VELOCITY [m/s]

0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 −0.1 −0.2 −0.3 −0.4

0

100

200

300

400 500 TIME[s]

600

700

800

Abbildung 7.22: Langzeitverlauf der vertikalen Liquid-Geschwindigkeit im Punkt A (s.Abb. 7.2), berechnet zun¨achst mit Diskretisierungsverfahren EG2 UV1 KE1 und nach 600s mit EG2 UV2 KE2.

7.2

Mittig begaste Blasens¨aule

7.2.1

Beschreibung der Testf¨alle

Die Experimente f¨ur den Fall einer mittigen Begasung wurden in der selben flachen Apparatur durchgef¨uhrt, die auch im Falle der außermittigen Begasung eingesetzt wurde. Die Apparategeometrie ist daher dem Abschnitt 7.1.1 zu entnehmen. Der Begaser befindet sich im Mittelpunkt der Bodenfl¨ache, sein Durchmesser betr¨agt 4cm. Die Str¨omungsform in einer mittig begasten flachen Blasens¨aule wird durch den Gasdurchsatz sowie die F¨ullh¨ohe der Apparatur bestimmt. Der Einfluß der F¨ullh¨ohe auf die Str¨omungsform ist in der Abbildung 7.23 f¨ur einen Gasdurchsatz von 1l=min (das entspricht einer Gasleerrohrgeschwindigkeit von 0:4125mm=s) veranschaulicht. Bei einem H¨ohe zu Breite Verh¨altnis von 1 (wir verwenden hierf¨ur eine f¨ur zylindrische Apparate typische Abk¨urzung H=D, D“ steht dabei f¨ur Durchmesser“) hat die Str¨omung ” ” einen quasi-station¨aren Charakter und besteht aus nur einer großr¨aumigen Zirkulationszelle (durch einen Pfeil gekennzeichnet), die die gesamte Breite der Apparatur f¨ullt. Sobald das Verh¨altnis H=D oberhalb von 1.5 liegt, wird die Str¨omung instation¨ar. Sie besteht aus zwei versetzten Reihen von Zirkulationszellen, die sich von oben nach unten bewegen

284

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

x B

x C

x A

.

a

b

c

.

Abbildung 7.23: Mittig begaste Blasens¨aule, Variation des F¨ullstandes. Station¨are Str¨omung bei H=D = 1 (a). Oszillierender Blasenschwarm bei H=D = 2 (b) and H=D = 3 (c).

und sich gegenseitig periodisch abl¨osen. Abbildung 7.23 (b und c) zeigt diese instation¨are Str¨omungsform exemplarisch f¨ur H=D-Verh¨altnisse von 2 und 3. Man sieht, daß die Anzahl der Zirkulationszellen mit der F¨ullh¨ohe zunimmt. W¨ahrend f¨ur H=D = 2 zwei bis drei Zellen beobachtet wurden, liegt deren Anzahl f¨ur H=D = 3 bei drei bis vier. In Abb. 7.24 sind die Ergebnisse einer LDA-Messung f¨ur die vertikale Liquid-Geschwindigkeit an einzelnen Stellen f¨ur die F¨alle H=D = 1 und 2 dargestellt. Die Zeitserie f¨ur den Punkt A (s. Abb. 7.23, a) zeigt, daß bei einem H=D-Verh¨altnis von 1 die Str¨omung einen statistisch station¨aren Charakter hat. Man sieht nur die hochfrequenten turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen um einen mehr oder weniger konstanten Mitelwert. Die Zeitserie f¨ur den Punkt C (s. Abb. 7.23, b) zeigt, daß bei einem H=D-Verh¨altnis von 2 die Str¨omung einen quasi-periodischen Charakter hat. Wie im Falle einer außermittig be¨ gasten Blasens¨aule resultiert der Langzeitverlauf der Liquid-Geschwindigkeit aus der Uberlagerung der niederfrequenten quasi-periodischen großr¨aumigen Wirbelbewegung und der lokalen turbulenten und hochfrequenten Geschwindigkeitsfluktuationen, die v¨ollig stochastisch sind.

285

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

point A (x=100mm,y=70mm) 0.2

vertical liquid velocity (m/s)

0.0 −0.2 −0.4

0

100 point C (x=500mm,y=250mm)

0.6 0.4 0.2 0.0 −0.2

0

20

40

60

80

100

time (s) .

.

Abbildung 7.24: Mittig begaste Blasens¨aule bei H=D = 1 und 2. Langzeitmessung der LiquidGeschwindigkeit in vertikaler Richtung an den Punkten A (H=D = 1) und C (H=D = 2), s. Abb. 7.23.

7.2.2

Station¨are Str¨omung

Qualitative sowie quantitative Untersuchungen der station¨aren Str¨omungsform f¨ur das H=DVerh¨altnis von 1 wurden f¨ur Gasdurchs¨atze von 1l=min sowie 2l=min durchgef¨uhrt (s. Abb. 7.25). In beiden F¨allen besteht die Str¨omung aus einer einzigen Zirkulationszelle, wobei sich die Zirkulationsrichtung w¨ahrend der Anfahrperiode zuf¨allig einstellt, und sich im weiteren Verlauf nicht mehr a¨ ndert. Fotografien des station¨aren Blasenschwarmes sind in Abb. 7.25 (a,c) dargestellt. Abb. 7.25 (b,d) zeigt die berechnete Gasgehaltsverteilung in Form von Isolinien. Die obere Reihe entspricht einem Gasdurchsatz von 1l=min, die untere Reihe einer doppelt so hohen Gasbelastung. Man sieht, daß die Kr¨ummung des aufsteigenden Blasenschwarms beim h¨oheren Gasdurchsatz st¨arker ausgepr¨agt ist. Das ist die Folge der h¨oheren Zirkulationsgeschwindigkeit in der Fl¨ussigphase. Dieser Effekt wird durch die Simulationen korrekt wiedergegeben, genauso wie das Maß der Ausbreitung des Blasenschwarms infolge der turbulenten Dispersion. In Abb. 7.26 sind die gemessenen und die berechneten Geschwindigkeitsfelder in der mittleren Tiefenebene f¨ur beide Gasdurchs¨atze gegen¨ubergestellt. Um einen besseren Vergleich

286

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

zu erm¨oglichen, werden die Profile der vertikalen Geschwindigkeitskomponente auf vier unterschiedlichen H¨ohen im rechten Teil der Abb. 7.26 dargestellt. Man sieht, daß bei der h¨oheren Gasbelastung die absoluten Werte der Geschwindigkeit sowohl im Experiment als auch in der Simulation zunehmen. Die berechneten Profile stimmen mit den Meßdaten recht gut u¨ berein, insbesondere im blasenfreien Bereich.

7.2.3 Instation¨are Str¨omung F¨ur das H=D-Verh¨altnis von 2 und 3 wurden Untersuchungen der instation¨aren Str¨omungsform bei einem Gasduchsatz von 1l=min durchgef¨uhrt. Abbildung 7.27 zeigt einen Vergleich zwischen den Fotografien des oszillierenden Blasenschwarms und den Simulationsergebnissen f¨ur die momentane Gasgehaltsverteilung zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Im rechten Teil der Abbildung sind die entsprechenden Geschwindigkeitsfelder der fl¨ussigen

1l/min

a

b

c

d

2l/min

Abbildung 7.25: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 1. Fotografien des Blasenschwarms (links) sowie berechnete Gasgehaltsverteilung (rechts) f¨ur 2 unterschiedliche Gadurchs¨atze.

287

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

1l/min

MESSUNG

SIMULATION

VERGLEICH

2l/min

Abbildung 7.26: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 1. Gasdurchsatz 1l=min (oben) und 2l=min (unten). Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ ussigphase in der mittleren Tiefenebene. Links - Ergebnis der LDA-Messungen; Mitte - Ergebnis der 3DSimulation; Rechts - Vergleich zwischen berechneten (——) und gemessenen (– – –) Geschwindigkeitsprofilen auf unterschiedlichen H¨ohen.

Phase in der mittleren Tiefenebene dargestellt. Man sieht, daß das berechnete Str¨omungsfeld aus mehreren Zirkulationszellen besteht, deren Anzahl mit der F¨ullh¨ohe der Apparatur ¨ zunimmt. Es kann wieder eine gute qualitative Ubereinstimmung zwischen Meßdaten und Experiment festgestellt werden, was die Form des Blasenschwarms, seine Ausbreitung infolge der turbulenten Dispersion und sein periodisches Verhalten betrifft. Ein quantitaviver Vergleich zwischen Meßdaten und Simulation wird anhand der langzeitgemittelten Geschwindigkeiten durchgef¨uhrt. Diese sind in den Abbildungen 7.28 und 7.29 f¨ur beide F¨ullh¨ohen dargestellt. In beiden F¨allen ist das zeitlich gemittelte Str¨omungsfeld symmetrisch. Ein Vergleich der Profile der vertikalen Geschwindigkeitskomponente auf un¨ terschiedlichen H¨ohen zeigt eine gute Ubereinstimmung zwischen Simulation und Experiment. Es f¨allt auf, daß bei einer F¨ullhohe von

150cm (H=D = 3) im mittleren Teil der Appara-

288

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

Abbildung 7.27: Oszillierender Blasenschwarm in einer mittig begasten flachen Blasens¨aule f¨ur H=D = 2 (oben) und H=D = 3 (unten). Fotografien des Blasenschwarms (links), berechnete Gasgehaltsverteilung (mitte) und Geschwindigkeitsfeld in der mittleren Tiefenebene zu zwei verschiedenen Zeiten.

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

.

289

.

Abbildung 7.28: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 2. Gasdurchsatz 1l=min. Langzeitgemittelte Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene. Links - Ergebnis der LDA-Messungen; Mitte - Ergebnis der 3D-Simulation; Rechts - Vergleich zwischen berechneten (——) und gemessenen (– – –) Geschwindigkeitsprofilen auf unterschiedlichen H¨ohen.

.

.

Abbildung 7.29: Wie Abb. 7.28, jedoch f¨ur H=D = 3.

290

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

tur die langzeitgemittelten Geschwindigkeiten in Wandn¨ahe eine horizontale, auf die Wand gerichtete Komponente besitzen. Dieser Effekt tritt sowohl im Experiment als auch bei den berechneten Geschwindigkeiten auf (Abb. 7.29) und resultiert aus der Dreidimensionalit¨at der Str¨omung. Die in Abb. 7.29 dargestellten Ergebnisse entsprechen der mittleren Tiefenebene der Apparatur. In Tiefenebenen, die n¨aher zur Vorder- und Hinterwand liegen, ist die horizontale Komponente der Geschwindigkeiten an denselben Stellen zur Apparaturmitte gerichtet, so daß, gemittelt u¨ ber die gesamte Tiefe der Apparatur, die horizontale Geschwindigkeitskomponente in Wandn¨ahe nicht mehr vorhanden ist.

7.2.4 Vergleich der zeitabh¨angigen Daten, Phasentrajektorien Alle bisher durchgef¨uhrten quantitativen Vergleiche basieren auf langzeitgemittelten Daten, da die momentanen Geschwindigkeiten an mehreren Stellen mit dem eingesetzten LDAVerfahren nicht simultan erfaßt werden k¨onnen. Obwohl die langzeitgemittelten Daten durchaus zur Validierung der Simulationsergebnisse ¨ sowie zur Uberpr¨ ufung der Gitterkonvergenz eingesetzt werden k¨onnen, sind sie f¨ur die Quantifizierung einer instation¨aren Str¨omung im allgemeinen nicht ausreichend, da dabei alle Informationen uber ¨ die Dynamik der Str¨omung verlorengehen. Als eine sinnvolle Alternative bietet sich die Darstellung der u¨ ber ein l¨angeres Zeitintervall gemessenen bzw. berechneten lokalen Geschwindigkeiten an, s. z.B. Abbildungen 7.2 und 7.17 im Abschnitt 7.1. Liefert das eingesetzte Meßverfahren eine zeitaufgel¨oste und zeitgleiche (simulatane) Erfassung von zwei Geschwindigkeitskomponenten, so k¨onnen diese in Form von sogenannten Phasentrajektorien grafisch aufgetragen und zur Validierung der dynamischen Str¨omungsberechnung eingesetzt werden. Der Begriff der Phasentrajektorie soll an einem Beispiel erl¨autert werden. Die Geschwindigkeit der Liquid-Phase an einem fixierten Punkt ist ein Vektor, der durch drei Komponenten (Ux Uy Uz ) gekennzeichnet ist. Die Projektion dieser Geschwindigkeit auf die X-Y-Ebene ist ein Radius-Vektor mit Koordinaten (Ux Uy ). Im Falle einer instation¨aren Str¨omung h¨angen diese Werte von der Zeit ab: (Ux(t) Uy (t)). Damit a¨ ndert sich von einem Zeitpunkt zu dem anderen die Richtung und die L¨ange der Projektion (Abb. 7.30). Verbindet man die Pfeilenden der Projektionsvektoren miteinander, so erh¨alt man die sog. Phasentrajektorie (Abb. 7.31). Bei einer dynamischen Simulation l¨aßt sich die Phasentrajektorie direkt aus den berechneten Werten ableiten, bei einer Messung ist eine simulatane Erfassung von 2 Geschwindigkeitkomponenten notwendig. Im Falle einer quasi-periodischen Str¨omung bildet die Phasentrajektorie eine mehr oder weniger geschlossene Kurve, so daß ein direkter Vergleich zwischen den gemessenen und

291

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Uy (Ux(t3),Uy(t3)) (Ux(t2),Uy(t2))

(Ux(t1),Uy(t1)) (Ux(t4),Uy(t4))

Ux .

.

Abbildung 7.30: Projektion der Geschwindigkeit an einem fixierten Ort auf die X-Y-Ebene zu vier verschiedenen Zeitpunkten

Uy

Ux .

.

Abbildung 7.31: Die Phasentrajektorie (entspricht der Abb. 7.30)

292

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

berechneten Phasentrajektorien m¨oglich ist. Dieses Verfahren soll nun beispielhaft f¨ur den Fall einer mittig begasten Blasens¨aule mit einem H=D-Verh¨altnis von 2 eingesetzt werden. Es werden die Phasentrajektorien an den Punkten B und C (s. Abb. 7.23) ausgewertet (man beachte, daß hier mit x die vertikale und mit y die horizontale Koordinate der Meßstellen bezeichnet wird). Im oberen Teil der Abbildung 7.32 sind die Rohmeßdaten f¨ur die vertikale Liquid-Geschwindigkeit durch die grauen Kurven dargestellt. Da die quasi-periodische Komponente durch die turbulen¨ te Schwankungskomponente uberlagert ¨ ist, ist eine direkte Ubertragung der Rohmeßdaten in die Phasentrajetorie nicht sinnvoll. Um die periodische Bewegung besser erkennen zu k¨onnen, wurden die Meßdaten mit einer Fouriermaske gefiltert und nach Abschneiden der hohen (turbulenten) Frequenzen wieder zur¨ucktransformiert. Diese gefilterten Daten sind in den Diagrammen durch schwarze Kurven dargestellt. Die Schwingungsfrequenz ist in der Mitte der Flachapparatur (Punkt C) genau doppelt so ¨ groß wie am Rand (Punkt B). Ursache f¨ur die periodische Anderung der Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit ist, daß sich auf beiden Seiten der Apparatur abwechselnd Wirbel von oben nach unten bewegen, wie Abb. 7.23 zeigt. Da in der Mitte der Apparatur die Wirbel beider Seiten vorbeilaufen, ist die Frequenz der Geschwindigkeitsschwankung hier um den Faktor 2 gegen¨uber der Randposition erh¨oht. Die – wie oben beschrieben – gefilterten Meßdaten beider Geschwindigkeitskomponenten wurden in Abb. 7.32 (Mitte) als Phasentrajektorien aufgetragen. Im unteren Teil der Abb. 7.32 sind die entsprechenden Simulationsergebnisse, ebenfalls nach Frequenzfilterung, dar¨ gestellt. Insgesamt ist eine gute Ubereinstimmung erkennbar, was sowohl die Bewegungsformen als auch die Absolutwerte der Geschwindigkeiten betrifft. Im Fall der Position nahe der S¨aulenwand (Punkt B) stellt die Phasentrajektorie eine Ellipse dar, der Schwerpunkt der Kurve gibt den langzeitgemittelten Geschwindigkeitsvektor wieder. Man sieht dabei sehr gut, wie stark dieser von den momentanen Werten der Geschwindigkeit abweicht. Vertikal- und Horizontalgeschwindigkeit schwingen sinusf¨ormig um ihren jeweiligen Mittelwert, in der Phase um 90 verschoben. In der mittleren Position (Punkt C) handelt es sich dagegen um eine doppelt periodische Bewegung, die dadurch verursacht wird, daß zwei gegenl¨aufige Str¨omungswirbel den Meßort streifen. Die Trajektorie wird quasi aus zwei Ellipsen rechts und links der vertikalen Achse zusammengesetzt. Da sich die Geschwindigkeit nicht ruckartig a¨ ndern kann, sind diese beiden Ellipsen verbunden.

293

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

Punkt B (x=50cm, y=1cm)

Punkt C (x=50cm,y=25cm) 0.50

vertical liquid velocity (m/s)

vertical liquid velocity (m/s)

0.50

0.25

0.00

−0.25

−0.50

0

25

50

75

100

125

150

175

0.25

0.00

−0.25

200

0

25

50

time (s)

75

100

125

150

175

200

time (s)

.

.

0.3

vertical liquid velocity (m/s)

vertical liquid velocity (m/s)

0.10

0.00

−0.10

−0.20

−0.30

−0.40 −0.040

−0.020

0.000

0.020

0.2

0.1

0.0

−0.1 −0.2

0.040

horizontal liquid velocity (m/s)

−0.1

0.0

0.1

0.2

horizontal liquid velocity (m/s)

.

.

vertical liquid velocity (m/s)

vertical liquid velocity (m/s)

0.3

0.10

0.00

−0.10

−0.20

−0.30

−0.40 −0.040

−0.020

0.000

0.020

0.1

0.0

−0.1 −0.2

0.040

horizontal liquid velocity (m/s) .

0.2

−0.1

0.0

0.1

0.2

horizontal liquid velocity (m/s) .

Abbildung 7.32: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 2. Gasdurchsatz 1l=min. Oben: Langzeitmessung der Liquid-Geschwindigkeit in vertikaler Richtung an den Punkten B und C, s. Abb. 7.23. Rohdaten (graue Kurven) und gefilterte Daten (schwarze Kurven). Mitte - Phasentrajektorien der gefilterten Meßdaten. Unten - Phasentrajektorien der gefilterten Simulationsdaten.

294

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

7.2.5 Gitterabh¨angigkeit der L¨osung Die in den vorigen Abschnitten pr¨asentierten Simulationsergebnisse f¨ur die mittig begaste Blasens¨aule entsprechen folgenden Gitteraufl¨osungen: 75x75x12 Kontrollvolumina f¨ur den Fall H=D = 1, 150x75x12 – f¨ur den Fall H=D = 2 und 225x75x12 – f¨ur den Fall H=D = 3. Durch numerische Vergleichexperimente wurde sichergestellt, daß der Einsatz von feineren Gittern die Simulationsergebnisse nicht bzw. nur unbedeutend beeinflußt.

.

.

.

50x50x8

75x75x12

125x125x20

.

Abbildung 7.33: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 1. Gasdurchsatz 1l=min. Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene bei einer Aufl¨osung (von links nach rechts): 50x50x8, 75x75x12, 125x125x20.

.

.

Abbildung 7.34: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 1. Gasdurchsatz 1l=min. Geschwindigkeitsprofile auf 3 unterschiedlichen H¨ohen. Links - Vergleich zwischen 75x75x12 (———) und 50x50x8 (– – – – –) L¨osungen. Rechts - Vergleich zwischen 75x75x12 (———) und 125x125x20 (– – – – –) L¨osungen.

Werden jedoch gr¨obere Gitter eingesetzt, so k¨onnen nicht zu vernachl¨assigende numeri-

295

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

sche Fehler bei der L¨osung der Modellgleichungen entstehen. Abbildung 7.33 zeigt die Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene f¨ur den Fall H=D = 1 f¨ur einen Gasdurchsatz von 1l=min, berechnet auf 3 unterschiedlich feinen Gittern. Man sieht, daß bei einer Simulation mit 50x50x8 Kontrollvolumina der Abl¨osewirbel in der rechten oberen Ecke nicht aufgel¨ost wird. Auf beiden feineren Gittern wird dieser Wirbel jedoch korrekt wiedergegeben. Das f¨uhrt zu deutlichen Unterschieden in den Geschwindigkeitsprofilen zwischen 50x50x8- und 75x75x12-L¨osungen (s. Abb. 7.34, links), w¨ahrend die L¨osungen auf den Gittern mit 75x75x12 und 125x125x20 Kontrollvolumina recht gut ubereinstimmen ¨ (Abb. 7.34, rechts).

7.2.6

Einfluß der Schlupfgeschwindigkeit auf die Ergebnisse

Alle bisherigen Simulationen wurden mit dem Basismodell (s. Abschnitt 6.9) durchgef¨uhrt, wobei f¨ur die axiale Komponente der Schlupfgeschwindigkeit slip ein konstanter Wert von 20cm=s angenommen wurde. Wie die Meßergebnisse zeigen (s. Abb. 6.5), liegen die Einzelblasenaufstiegsgeschwindigkeiten f¨ur Blasendurchmesser zwischen 3 und 9 mm u¨ berwiegend in einem Bereich zwischen 22 und 25cm=s. Um den Einfluß der Schlupfgeschwindigkeit auf die Simulationsergebnisse zu untersuchen, wurden Vergleichsrechnungen durchgef¨uhrt, wobei f¨ur die axiale Komponente der Schlupfgeschwindigkeit ein Wert von 25cm=s angesetzt wurde. Die Ergebnisse f¨ur beide Werte der Schlupfgeschwindigkeit sind in den Abbildungen 7.35 und 7.36 f¨ur die mittig begaste Flachapparatur mit einem H=D-Verh¨altnis von 1 und 2 gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß in beiden F¨allen die berechneten Geschwindigkeiten nicht sehr empfindlich auf die Variation von slip reagieren. Das l¨aßt sich damit Erkl¨aren, daß ein Anstieg der Schlupfgeschwindigkeit um 25% von 20cm=s auf 25cm=s nicht automatisch einen Anstieg der vertikalen Blasengeschwindigkeit um denselben Prozentsatz bedeutet.

u

u

Bei einer Blasens¨aule mit einem H=D-Verh¨altnis von 2 betr¨agt die momentane vertikale Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit entlang der gesamten Blasentrajektorie etwa 30cm=s, so daß ein Anstieg der Schlupfgeschwindigkeit um 25% zu einem Anstieg der vertikalen Blasengeschwindigkeit (die als Summe aus Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit und Schlupfgeschwindigkeit dargestellt werden kann) von lediglich 10% f¨uhrt. Bei einem H=D-Verh¨altnis von 1 ist im unteren Bereich der Apparatur infolge der seitlichen Anstr¨omung der Begasungsstelle die vertikale Komponente der Fl¨ussigkeitsgeschwindigkeit entlang der Schwarmtrajektorie wesentlich niedriger als ihre horizontale Komponente. Deshalb wird der Blaseschwarm um so st¨arker von der Symmetrieachse abgelenkt, je kleiner die Schlupfgeschwindigkeit ist. Entsprechend liegen die Maxima der Geschwindigkeitsprofile bei einem Wert von uxslip = 25cm=s n¨aher zur Symmetrieachse als bei uxslip = 20cm=s. Die

296

¨ KAPITEL 7: LOKAL BEGASTE BLASENSAULE

.

.

.

uxslip = 20cm=s

uxslip = 25cm=s

VERGLEICH

.

Abbildung 7.35: Mittig begaste Blasens¨aule, H=D = 1. Gasdurchsatz 1l=min. Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene. Links - Ergebnis der 3D-Simulation mit uxslip = 20cm=s; Mitte - Ergebnis der 3D-Simulation mit uxslip = 25cm=s; Rechts - Vergleich zwischen Geschwindigkeitsprofilen f¨ur uxslip = 20cm=s (——) und f¨ur uxslip = 25cm=s (– – –) auf unterschiedlichen H¨ohen.

Unterschiede in den Profilverl¨aufen sind jedoch nicht sehr groß. Im n¨achsten Kapitel werden wir allerdings an weiteren Testf¨allen sehen, daß die H¨ohe der Schlupfgeschwindigkeit und somit die St¨arke der seitlichen Auslenkung einen gr¨oßeren Einfluß auf die Geschwindigkeitsverteilung in der Apparatur haben kann, so daß die Empfindlichkeit der L¨osung gegen¨uber diesem Modellparameter in jedem konkreten Fall separat untersucht werden muß. Neben einer direkten Variation der Schlupfgeschwindigkeit wurden auch Vergleichsrechnungen durchgef¨uhrt, bei denen zur Berechnung der Schlupfgeschwindigkeit die Beziehung (6.124) eingesetzt wurde. Da in allen untersuchten F¨allen der dynamische Druck um nicht mehr als 0.1% vom hydrostatischen abweicht, wurden keine Unterschiede zwischen den Simulationsergebnissen mit Beziehung (6.124) und Simulationsergebnissen mit einer konstanten Schlupfgeschwindigkeit von 20cm=s festgestellt.

297

¨ 7.2: MITTIG BEGASTE BLASENSAULE

.

.

.

uxslip = 20cm=s

uxslip = 25cm=s

Abbildung 7.36: Wie Abb. 7.35, jedoch f¨ur H=D

=2

VERGLEICH

und nach einer Langzeitmittelung.

.

Kapitel 8

Schlaufenreaktor Im letzten Kapitel wurde das Basismodell an einer Reihe von F¨allen einer Blasenstr¨omung in einer lokal begasten Blasens¨aule getestet. Obwohl die Str¨omungsstruktur durchaus komplex war und in den meisten Beispielen einen stark instation¨aren, turbulenten und dreidimensio¨ nalen Charakter hatte, konnte in allen F¨allen eine gute quantitative Ubereinstimmung mit den Meßdaten erzielt werden. Bei der Berechnung der Gasgeschwindigkeit wurde bisher von einem konstanten Schlupf von 20cm=s ausgegangen. Vergleichssimulationen mit einem h¨oheren Wert von 25cm=s ¨ haben gezeigt, daß die Simulationsergebnisse auf die Anderung dieses Parameters insbesondere dann empfindlich reagieren, wenn der Begaser mit einer hohen Geschwindigkeit seitlich uberstr¨ ¨ omt wird. In einem solchen Fall bestimmt die H¨ohe der Schlupfgeschwindigkeit die St¨arke der horizontalen Auslenkung des Blasenschwarmes. Da der durch die Gasphase bewirkte Auftriebseffekt daf¨ur sorgt, daß an Stellen mit maximalem Gasgehalt auch die vertikale Komponente der Liquid-Geschwindigkeiten in der Regel ihr Maximum erreicht, ist die Gr¨oße der horizontalen Auslenkung direkt mit der Position des Maximums der Geschwindigkeitsprofile verbunden (Abb. 7.35). Im Falle einer mittig begasten Blasens¨aule f¨uhrt eine leichte Verschiebung der Geschwindigkeitsprofile noch nicht zu einer Ver¨anderung des globalen Str¨omungsmusters. Im Abschnitt 8.1 wird jedoch ein Testfall untersucht, in welchem sich die seitliche Auslenkung des aufsteigenden Blasenschwarmes stark auf das globale Str¨omungsmuster auswirkt. Zur Beschreibung der Turbulenz in der fl¨ussigen Phase wurde bisher das einphasige Standard-k --Modell ohne Zusatzterme verwendet. Da sich der aufsteigende Blasenschwarm in allen untersuchten F¨allen nur u¨ ber ein kleines Gebiet der Apparatur ausbreitet, konnte der Einfluß der Blasen auf die Turbulenz vernachl¨assigt werden. Ist die Gasphase jedoch in gr¨oßeren Bereichen des Reaktors vorhanden, so kann die Vernachl¨assigung der blasenin¨ duzierten Turbulenz zu einer mangelhaften Ubereinstimmung mit dem Experiment f¨uhren.

298

8.1: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM BREITEN EINBAU

.

299

.

Abbildung 8.1: Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau: Fotografien eines station¨ar aufsteigenden Blasenschwarms und Profile der gemessenen vertikalen LiquidGeschwindigkeiten auf unterschiedlichen H¨ohen. Links - bei einem Gasdurchsatz von 0:33l=min, rechts - 1:5l=min.

Das ist bei den im Follgenden untersuchten Schlaufenreaktorvarianten der Fall.

8.1

Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau

Die Experimente wurden in der selben flachen Apparatur durchgef¨uhrt, deren Geometrie im Abschnitt 7.1.1 beschrieben wurde. Die Apparatur enth¨alt jetzt einen Einbau mit folgenden Abmessungen: Breite 18cm, H¨ohe 145cm, Tiefe 8cm. Der Einbau f¨ullt die gesamte Tiefe der Apparatur, der Abstand vom Boden der Apparatur betr¨agt 16cm, der Abstand zwischen dem Einbau und den beiden Seitenw¨anden betr¨agt ebenfalls 16cm. Die Apparatur wurde u¨ ber eine am Boden angebrachte Fritte begast. Der Einbauort des Begasers liegt 15cm von der linken Seitenwand entfernt, sein Durchmesser betr¨agt 4cm. Die F¨ullh¨ohe der Apparatur betr¨agt 190cm. Abbildung 8.1 zeigt die Str¨omung im flachen Schlaufenapparat f¨ur 2 unterschiedliche Gasdurchs¨atze. In beiden F¨allen wurde eine großr¨aumige Zirkulationsbewegung in der Fl¨ussigphase beobachtet, wobei die Str¨omung links vom Einbau nach oben und rechts vom Einbau

300

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

.

.

.

uxslip = 20cm=s

uxslip = 25cm=s

uxslip nach (6.61)

uxslip = 30cm=s

.

Abbildung 8.2: Gasverteilung im Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau, berechnet auf einem Gitter mit 72x50x8 Kontrollvolumina. Gasdurchsatz 0:33l=min. Variation der Schlupfgeschwindigkeit (v.l.n.r.): uxslip = 20cm=s, uxslip = 25cm=s, uxslip berechnet nach (6.61) und uxslip = 30cm=s.

nach unten gerichtet ist. Der Einbau hat einen stabilisierenden Einfluß auf die Str¨omungsform. Langzeitmessungen der Liquid-Geschwindigkeit an unterschiedlichen Punkten (ohne Abbildung) belegen, daß es sich hier um eine statistisch station¨are Str¨omung handelt. Die Begasungsintensit¨at hat einen entscheidenden Einfluß auf die Form der Geschwindigkeitsprofile im Riser. Man sieht, daß bei einem niedrigen Gasdurchsatz (0:33l=min, entspricht etwa 0:425mm=s Gasleerrohrgeschwindigkeit, bezogen auf den Riser-Querschnitt) die Umlaufgeschwindigkeit nicht hoch genug ist, um der Blasenschwarm von der vertikalen Tajektorie abzulenken. Blasen steigen entlang des Einbaus auf. Entsprechend weisen die Geschwindigkeitsprofile im Riser ein Maximum in der N¨ahe des Einbaus auf. Bei einem Gasdurchsatz von 1:5l=min dagegen wird der Blasenschwarm infolge der h¨oheren Umlaufgeschwindigkeit st¨arker zur Reaktorwand abgelenkt, so daß die Blasen – zumindest im unteren Teil der Apparatur – uberwiegend ¨ entlang der linken Reaktorwand aufsteigen. Entsprechend weisen die Geschwindigkeitsprofile im unteren Teil des Risers ein Maximum in der N¨ahe der Reaktorwand auf. Weiter oben verteilen sich die Gasblasen mehr oder weniger gleichm¨aßig uber ¨ den gesamten Riserquerschnitt, das Maximum der Geschwindigkeitspro-

301

8.1: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM BREITEN EINBAU

file verlagert sich entsprechend zur Mitte des Steigrohr-Bereichs. In Abb. 8.2 sind die Simulationsergebnisse f¨ur den Gasdurchsatz von 0:33l=min dargestellt. Man sieht, daß bei einer Schlupfgeschwindigkeit von 20cm=s der Blasenschwarm bereits bei dieser niedrigen Gasleerrohrgeschwindigkeit nicht entlang des Einbaus, sondern weiter links in der Mitte des Risers aufsteigt. Zum Vergleich sind Simulationsergebnisse mit einem Schlupf von 25cm=s, 30cm=s sowie mit einer nach (6.61) berechneten Schlupfgeschwindigkeit dargestellt. In allen drei F¨allen steigt der Blasenschwarm entlang des Einbaus auf.

.

.

.

uxslip = 20cm=s

uxslip = 25cm=s

uxslip nach (6.61)

uxslip = 30cm=s

.

Abbildung 8.3: Profile der gemessenen (——) sowie berechneten (– – –) vertikalen LiquidGeschwindigkeiten auf unterschiedlichen H¨ohen in der mittleren Tiefenebene f¨ur das Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau. Simulationsbedingungen wie in Abb. 8.2.

Die den 4 Modellvarianten entsprechenden Profile der vertikalen Liquid-Geschwindigkeiten sind in der Abb. 8.3 den Meßergebnissen gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß bei einer Schlupfgeschwindigkeit von 20cm=s eine starke Abweichung zwischen Meßdaten und Simulation vorliegt. Anders als die gemessenen Profile erreichen die berechneten Liquid-Geschwindigkeiten ihr Maximum im mittleren Teil des Risers, was aus der falschen Berechnung der Gasgehaltsverteilung (Abb. 8.2, links) resultiert. In den restlichen 3 F¨allen stimmt der Verlauf der gemessenen und der berechneten Profile qualitativ recht gut u¨ berein. Sowohl bei einem Schlupf von 25cm=s als auch beim Einsatz der Korrelation (6.61) kann dar¨uberhin-

302

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

.

.

.

uxslip = 20cm=s

uxslip nach (6.61)

uxslip nach (6.61)+BIT

Abbildung 8.4: Simulationsergebnisse f¨ur Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau, berechnet auf einem Gitter mit 72x50x8 Kontrollvolumina. Gasdurchsatz 1:5l=min. Berechnete Gasverteilung sowie Profile der gemessenen (——) sowie berechneten (– – –) vertikalen Liquid-Geschwindigkeiten auf unterschiedlichen H¨ohen f¨ur 3 Modellvarianten (v.l.n.r.): uxslip = 20cm=s, uxslip berechnet nach (6.61), uxslip nach (6.61) + Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz (BIT) nach (6.95, 6.96), Ck = 1, C = 1:2.

¨ aus eine sehr gute quantitative Ubereinstimmung im Riser festgestellt werden. Beim Einsatz einer Schlupfgeschwindigkeit von 30cm=s wird die vertikale Geschwindigkeitskomponente in großen Bereichen des Risers jedoch etwas untersch¨atzt (Abb. 8.3, rechts). Das l¨aßt sich damit erkl¨aren, daß eine zu hoch angesetzte Schlupfgeschwindigkeit zur Abnahme des lokalen Gasgehalts und des damit verbundenen Auftriebseffektes f¨uhrt. Simulationsergebnisse f¨ur den Gasdurchsatz von 1:5l=min sind in der Abb. 8.4 dargestellt. Man sieht, daß auch in diesem Fall bei einer Schlupfgeschwindigkeit von 20cm=s der Blasenschwarm im Vergleich zu Experiment zu stark an die Wand gedr¨uckt wird. Daraus resultieren insbesondere im oberen Teil des Steigrohres starke Unterschiede zwischen den berechneten und gemessenen Geschwindigkeitsprofilen (Abb. 8.4, links). Beim Einsatz der Beziehung (6.61) zur Berechnung der Schlupfgeschwindigkeit (Abb. 8.4, mitte) wird der Blasenschwarm weniger stark ausgelenkt. Der Gasgehalt erreicht sein Maximum nicht an der Wand, sondern in der Mitte zwischen der Wand und dem Einbau. Daraus resultiert auch ¨ eine bessere Ubereinstimmung zwischen den berechneten und gemessenen Geschwindigkeitsprofilen. Noch bessere Ergebnisse k¨onnen erzielt werden, wenn man neben der Bezie-

8.1: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM BREITEN EINBAU

.

303

.

Abbildung 8.5: Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau, Gasdurchsatz 1:5l=min. Profile der gemessenen (——) sowie berechneten (– – –) turbulenten kinetischen Energie auf unterschiedlichen H¨ohen. uxslip berechnet nach (6.61). Links - ohne blaseninduzierte Turbulenz, rechts - mit BIT nach (6.95, 6.96), Ck = 1, C = 1:2.

304

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

hung (6.61) f¨ur die Relativgeschwindigkeit zus¨atzlich die nach (6.95, 6.96) definierte Quellterme zur Beschreibung der blaseninduzierte Turbulenz (kurz: BIT) in das Modell aufnimmt (Abb. 8.4, rechts). Es ist interessant, daß in diesem Fall nicht nur die berechneten LiquidGeschwindigkeiten, sondern auch die Profile der turbulenten kinetischen Energie gut mit den Meßdaten u¨ bereinstimmen (Abb. 8.5). Der Einfluß des gew¨ahlten BIT-Modells sowie der einzelnen Modellparameter auf die Simulationsergebnisse wird im n¨achsten Abschnitt detailliert untersucht. Wir k¨onnen somit festhalten, daß die Variation der Schlupfgeschwindigkeit insbesondere dann die Simulationsergebnisse wesentlich beeinflußt, wenn sie eine starke Ver¨anderung der o¨ rtlichen Verteilung des Gasgehalts bewirkt.

8.2 Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau In diesem Abschnitt wird die Blasenstr¨omung in einem flachen Apparat mit einem schmalen Einbau untersucht. Die Abmessungen der Apparatur, die F¨ullh¨ohe sowie der Begasungsort stimmen mit den Daten aus dem vorigen Abschnitt u¨ berein. Bei den Abmessungen des Einbaus hat sich nur die Breite ge¨andert, sie betr¨agt nun 3cm anstatt von 18cm. Der Einbau erstreckt sich u¨ ber die gesamte Tiefe der Apparatur, der Abstand vom Boden der Apparatur betr¨agt 25cm, der Abstand zwischen dem Einbau und den beiden Seitenw¨anden betr¨agt jeweils 23:5cm. Abbildung 8.6 zeigt die Str¨omung f¨ur drei unterschielich hohe Gasdurchs¨atze. Wie im Apparat mit dem breiten Einbau hat auch hier die Begasungsintensit¨at einen entscheidenden Einfluß auf die Str¨omung. W¨ahrend bei einem Gasdurchsatz von 1l=min der Blasenschwarm u¨ berwiegend im rechten Teil des Risers aufsteigt, f¨ullt er bei einem Gasdurchsatz von 2l=min fast die ganze Breite des Steigrohres. Bei einer noch h¨oheren Begasungsintensit¨at ist der rechte Teil des Risers u¨ berwiegend blasenfrei und die Blasen verschieben sich noch mehr zur linken Seitenwand. Bei einem Gasdurchsatz von 1l=min steigt der Blasenschwarm m¨aanderf¨ormig auf, woraus ein Geschwindigkeitsfeld im Riser resultiert, das aus mehreren Zirkulationswirbeln besteht (Abb. 8.6, links). Auch in der Simulation kann die wellenf¨ormige Gasverteilung im Riser gut wiedergegeben werden. Die Simulationergebnisse sind jedoch sehr empfindlich gegen¨uber dem eingesetzten Wert der Relativgeschwindigkeit zwischen beiden Phasen. In Abb. 8.7 sind die Ergebnisse f¨ur drei unterschiedliche Modelle f¨ur die Schlupfgeschwindigkeit pr¨asentiert. Obwohl in allen drei F¨allen das Str¨omungsmuster sehr a¨ hnlich ist, unterscheiden sich die einzelnen Geschwindigkeitsfelder in der Gr¨oße der darin enthaltenen Zirkulationszel¨ len. Die beste Ubereinstimmung mit den Meßdaten konnte bei einem eingesetzten Wert f¨ur

305

8.2: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM SCHMALEN EINBAU

. .

1l=min

2l=min

.

4l=min

.

. .

Abbildung 8.6: Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau. Fotografien des Blasenschwarms und gemessene Geschwindigkeitsfelder der Fl¨ussigphase in der mittleren Tiefenebene f¨ur 3 unterschiedliche Gasdurchs¨atze.

. .

1l=min, uxslip = 20cm=s

.

1l=min, uxslip = 23cm=s

.

1l=min, uxslip nach (6.61)

. .

Abbildung 8.7: Tiefengemittelte Gasverteilung und Liquid-Geschwindigkeit in der mittleren Tiefenebene in einem Schlaufenapparat mit dem schmalen Einbau, berechnet auf einem Gitter 76x51x8 f¨ur Gasdurchsatz von 1l=min. Variation der Schlupfgeschwindigkeit (v.l.n.r.): uxslip = 20cm=s, uxslip = 23cm=s, uxslip berechnet nach (6.61).

306

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

. .

PHOTO

MESSUNG

"g

ul

x Vergleich ul

Vergleich k

.

Abbildung 8.8: Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau bei einem Gasdurchsatz von 2l/min. V.l.n.r.: Fotografie des Blasenschwarms, gemessenes Geschwindigkeitsfeld, berechnete Gasverteilung, berechnetes Geschwindigkeitsfeld, Profile der gemessenen (——) sowie berechneten (– – –) vertikalen LiquidGeschwindigkeiten und der turbulenten kinetischen Energie auf unterschiedlichen H¨ohen. uxslip berechnet nach (6.61).

. .

PHOTO

MESSUNG

"g

ul

x Vergleich ul

Vergleich k

Abbildung 8.9: Wie Abb. 8.8, jedoch bei einem Gasdurchsatz von 4l/min.

.

8.2: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM SCHMALEN EINBAU

307

Schlupfgeschwindigkeit von 23cm=s erzielt werden. Simulationsergebnisse f¨ur Gasdurs¨atze von 2l=min und 4l=min sind in den Abbildungen 8.8 und 8.9 dargestellt. Obwohl die gemessenen und die berechneten Geschwindigkeitsfelder sehr a¨ hnlich sind, gibt es dennoch einige bedeutende Unterschiede zwischen den experimentellen Ergebnissen und der Simulation. Man sieht, daß bei beiden Gasdurchs¨atzen die Dispersion in der Gasphase stark untersch¨atzt wird, so daß sich die Gasblasen ausschließlich in der N¨ahe der linken Reaktorwand ansammeln, w¨ahrend im Experiment eine gleichm¨aßigere Verteilung beobachtet wird. Als Folge davon werden die vertikalen Geschwindigkeiten der Fl¨ussigphase im oberen Teil des Risers stark u¨ bersch¨atzt. Ein Vergleich zwischen den gemessenen und den berechneten Profilen der turbulenten kinetischen Energie zeigt ebenfalls deutliche Unterschiede. Die experimentell ermittelten wesentlich h¨oheren Turbulenzintensit¨aten k¨onnen auf den Einfluß der blaseninduzierten Turbulenz zur¨uckgef¨uhrt werden, der im Rahmen des Basismodells vernachl¨assigt wird. Die Abweichungen von den Meßdaten nehmen dabei mit zunehmender Gasbelastung zu. Beide Rechnungen wurden mit dem Ansatz (6.61) f¨ur die Schwarmgeschwindigkeit durchgef¨uhrt. Der Einfluß der Relativgeschwindigkeit auf die Simulationsergebnisse geht mit der steigenden Gasbelastung jedoch deutlich zur¨uck. Abbildung 8.10 zeigt, daß eine leichte Verschiebung der Gasgehaltsprofile beim Einsatz von uxslip = 20cm=s und uxslip = 30cm=s nur im unteren Teil des Risers festgestellt werden kann. Auf die Geschwindigkeitsprofile der Fl¨ussigphase haben diese Unterschiede nur einen marginalen Einfluß. Da die Vernachl¨assigung der blaseninduzierten Turbulenz (BIT) offensichtlich daf¨ur verantwortlich ist, daß die turbulente kinetische Energie in den Simulationen stark untersch¨atzt wird, haben wir das Basismodel um die im Abschnitt 6.8.2 beschriebenen Ans¨atze zur Beschreibung der BIT erweitert, und den Einfluß unterschiedlicher Ans¨atze auf die Simulationsergebnisse untersucht. Sowohl der Einsatz des Sato-Modells (6.89, 6.90) als auch der Einsatz des Arnold-Modells (6.91, 6.92) hat gezeigt, daß diese Modelle praktisch keinen Einfluß auf die Simulationsergebnisse haben. Die resultierenden Geschwindigkeits- und Gasgehaltsprofile stimmen mit den mit dem Basismodell berechneten Profilen dermaßen gut uberein, ¨ daß sich eine graphische Vergleichsdarstellung er¨ubrigt. Die Ursachen f¨ur das Scheitern beider Modelle wurden bereits im Abschnitt 6.8.2 diskutiert. Der Einsatz der zus¨atzlichen Quellterme in die Bilanzgleichungen f¨ur die turbulente kinetische Energie und ihre Dissipationsrate nach (6.95, 6.96) hat dagegen einen bedeutenden Einfluß auf die berechnete Turbulenzintensit¨at, wobei die Richtung dieses Einflusses in einem starken Maße von den eingesetzten Modellparametern Ck und C abh¨angt. Die mit an die Meßergebnisse angepaßten Parameter-Werten berechneten L¨osungen sind f¨ur die Gasdurchs¨atze von 2l=min unf 4l=min in Abbildungen 8.11 und 8.12 dargestellt. In beiden

308

.

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

.

Abbildung 8.10: Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau bei einem Gasdurchsatz von 4l=min. Profile des Gasgehalts (links) und der Liquid-Geschwindigkeit (rechts) auf unterschiedlichen H¨ohen, berechnet mit uxslip = 20cm=s (——) und uxslip = 30cm=s (– – –).

309

8.2: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM SCHMALEN EINBAU

. .

PHOTO

MESSUNG

"g

ul

x Vergleich ul

Vergleich k

.

Abbildung 8.11: Wie Abb. 8.8, jedoch mit Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz nach (6.95, 6.96), Ck = 1:0, C = 1:2 (Gasdurchsatz 2l/min).

. .

PHOTO

MESSUNG

"g

ul

x Vergleich ul

Vergleich k

.

Abbildung 8.12: Wie Abb. 8.9, jedoch mit Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz nach (6.95, 6.96), Ck = 0:83, C = 0:13 (Gasdurchsatz 4l/min).

310

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

¨ F¨allen konnte eine (im Vergleich zu Basismodell ohne BIT) wesentlich bessere Ubereinstimmung mit den gemessenen Profilen der turbulenten kinetischen Energie erzielt werden. Die h¨oheren Werte f¨ur die Turbulenzintensit¨at f¨uhren ihrerseits zu einem Anstieg in der turbulenten Dispersion der Gasphase, so daß auch die berechneten Gasgehaltsprofile diesmal wesentlich besser mit den visuell beobachteten u¨ bereinstimmen. Die Umverteilung des Gasgehalts zur Risermitte f¨uhrt wiederum zur Verlagerung der Maxima der Geschwindigkeitsprofile in dieselbe Richtung, so daß auch diese diesmal sehr gut die gemessenen Profile reproduzieren. Wir haben somit gesehen, daß durch den Einsatz eines BIT-Modells nach (6.95, 6.96) ei¨ ne wesentlich bessere Ubereinstimmung mit den Meßdaten erzielt werden kann, als mit dem turbulenten Basismodell ohne Ber¨ucksichtigung der blaseninduzierten Turbulenz. Ein Einsatz dieses BIT-Modells zu einer Apriori-Berechnung der Zweiphasenstr¨omung wird gegenw¨artig dadurch stark eingeschr¨ankt, daß sich die optimalen“ Werte der Modellparame” ter von Fall zu Fall deutlich unterscheiden k¨onnen, so daß ihre Bestimmung f¨ur einen konkreten Testfall nur durch eine Anpassungprozedur m¨oglich ist. Diese setzt allerdings voraus, daß eine genaue und detaillierte Beschreibung der zugrundeliegenden Zweiphasenstr¨omung bereits vorhanden ist. Um den Einfluß der BIT-Modellparameter Ck und C auf die Simulationsergebnisse zu untersuchen, wurden f¨ur drei Testf¨alle – Schlaufenapparat mit einem schmalen Einbau bei einem Gasdurchsatz von 2, 3 und 4l=min – je 819 Simulationsrechnungen durchgef¨uhrt, wobei der Wert des Parameters Ck zwischen 0:0 und 1:0, und der Wert des Parameters C zwischen 0:0 und 1:9 variiert wurden. Bei C -Werten oberhalb von 1:85 wurde in allen drei Testf¨allen eine starke Abnahme der turbulenten Wirbelviskosit¨at im Vegleich zum Basismodell ohne BIT festgestellt. Infolgedessen haben die Simulationsergebnisse einen stark instation¨aren, fast chaotischen Charakter. ¨ Die Str¨omungsmuster weisen keinerlei Ahnlichkeit mit den Meßdaten auf. Die Ergebnisse wurden daher nicht weiter ausgewertet. Bei kleineren C -Werten wurde in den meisten F¨allen eine quasi-station¨are L¨osung berechnet. Die Simulationsergebnisse wurden den entsprechenden Meßdaten gegen¨ubergestellt und folgendermaßen ausgewertet. An 1225 Stellen im Reaktor wurde die lokale Abweichung zwischen den gemessenen und den berechneten Werten f¨ur die vertikale LiquidGeschwindigkeit sowie f¨ur die turbulente kinetische Energie ermittelt. Die absoluten Werte dieser lokalen Fehler wurden u¨ ber alle 1225 Stellen gemittelt, und anschließend mit dem maximalen Meßwert der zugrundeliegenden Gr¨oße normiert. Die resultierenden Simulationsfehler (in %) f¨ur die vertikale Liquid-Geschwindigkeit sowie f¨ur die turbulente kinetische Energie sind f¨ur alle drei Testf¨alle in Abbildung 8.13 farbig dargestellt. Man beachte, daß

311

8.2: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM SCHMALEN EINBAU

2l/min:

Ck

= 1 00, :

= 1 20

C

:

K−error[%]

U−error[%] 1

1

11

22

0.9

0.9

21

10.5

0.8

0.8

20

10

0.7

0.7

Ck[−]

9

0.5

Ck[−]

9.5 0.6

19

0.6

18

0.5

17

0.4

8.5

0.4

16

0.3

8

0.3

15

0.2

14

0.2

7.5

0.1

0.1

13

7 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

0

1.8

0

0.2

0.4

0.6

0.8

3l/min:

Ck

= 0 84, :

1.4

1.6

1.8

.

= 0 36

C

:

K−error[%]

U−error[%] 1

1

11.5

0.9

11

0.8

10.5

0.7

0.9

16 0.7

9

0.4

15

0.6

Ck[−]

9.5

0.5

17

0.8

10

0.6

Ck[−]

1.2

Ceps[−]

Ceps[−]

.

1

0.5

14

0.4

13

8.5

0.3

0.3

12

8

0.2

0.2 7.5

11 0.1

0.1 7 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

0

1.8

0.2

0.4

0.6

0.8

Ck

= 0 83, :

11

10

8.5 0.4 8

0.3

7.5

0.2

7

0.1

6.5

Ceps[−]

1.2

:

1.4

1.6

1.8

15

13

0.6

Ck[−]

Ck[−]

9 0.5

1

= 0 13

C

0.7

9.5 0.6

0.8

.

0.8

0.7

0.6

1.8

14

10.5

0.4

1.6

0.9

0.8

0.2

1.4

1

0.9

0

1.2

K−error[%]

U−error[%] 1

0

1

Ceps[−]

4l/min:

.

10 0

Ceps[−]

.

12

0.5 11 0.4 10

0.3 0.2

9

0.1 8 0

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Ceps[−]

1.2

1.4

1.6

1.8

.

Abbildung 8.13: Modellierung der blaseninduzierten Turbulenz nach (6.95, 6.96). Sensitivit¨atsuntersuchungen bzgl. der Modellparameter Ck und C . Beschreibung im Text.

312

KAPITEL 8: SCHLAUFENREAKTOR

der untere Rand in jedem Diagramm einem Ck -Wert von 0 entspricht. In diesem Fall verschwinden die zus¨atzlichen BIT-Terme in den k - und -Gleichungen, was einem einphasigen Turbulenzmodell ohne BIT-Korrektur entspricht. Folgende Schl¨usse k¨onnen aus diesen Diagrammen gezogen werden. 1. Bei allen drei Gasdurchs¨atzen entspricht der untere Rand der K-Diagramme dem gr¨oßten Fehlerbereich. Das bedeutet, daß die Vernachl¨assigung der BIT zu einem großen Fehler in der Vorhersage der turbulenten kinetischen Energie f¨uhrt. Der Einfluß dieses Fehlers auf die Vorhersage der Liquid-Geschwindigkeit h¨angt jedoch von der St¨arke der Begasung ab. W¨ahrend bei einem Gasdurchsatz von 2l=min mit einem Modell ohne BIT noch durchaus ¨ brauchbare Ubereinstimmung zwischen gemessenen und berechneten Geschwindigkeiten festgestellt werden konnte, liegt der untere Rand der 3- und 4l=min- U-Diagramme im Bereich mit den gr¨oßten Geschwindigkeitsfehlern. ¨ 2. Bei allen drei Gasdurchs¨atzen kann eine Ahnlichkeit zwischen den U-Diagrammen und den K-Diagrammen in der Hinsicht festgestellt werden, daß die Bereiche mit niedrigen Geschwindigkeitsfehlern in U-Diagrammen den Bereichen mit niedrigen k -Fehlern in den KDiagrammen ziemlich gut entsprechen. Das zeigt, wie wichtig eine genaue Vorhersage der blaseninduzierten Turbulenz f¨ur die korrekte Vorhersage der Liquid-Geschwindigkeit ist. 3. Gleichzeitig kann man feststellen, daß sich die dunklen Bereiche mit den niedrigsten Geschwindigkeitsfehlern und somit auch die durch Anpassung ermittelten optimalen“ Werte ” der Modellparameter selbst f¨ur drei sehr a¨ hnliche Testf¨alle deutlich unterscheiden. Man k¨onnte zwar einen einheitlichen Parametersatz finden, mit welchem in allen drei F¨allen brauchbare Ergebnisse erzielt werden k¨onnen (z.B. Ck = 1:0, C = 1:2; diese Parameterwerte haben u¨ brigens auch im Schlaufenapparat mit einem breiten Einbau zur einem guten Ergebnis gef¨uhrt, s. Abb. 8.4, 8.5). So ein Parametersatz w¨are jedoch ohne einen vorherigen detaillierten Vergleich mit den Meßdaten nicht bekannt gewesen. Außerdem kann man nicht davon ausgehen, daß dieselben Parameterwerte auch in anderen Testf¨allen zu zutreffenden Ergebnisse f¨uhren werden. So werden wir im n¨achsten Kapitel sehen, daß bei der Simulation einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule der Einsatz der Parameterwerte Ck = 1:0, C = 1:2 ¨ zur einer starken Ubersch¨ atzung der effektiven Wirbelviskosit¨at f¨uhrt. Selbst f¨ur den hier untersuchten Testfall f¨ur einen niedrigeren Gasdurchsatz von 1l=min, f¨uhrt der Einsatz des BIT-Modells mit diesem Parametersatz zu einer Verschlechterung der Simulationsergebnisse im Vergleich zu einem Modell ohne BIT (vgl. Abb. 8.6, 8.7, 8.14).

8.2: SCHLAUFENAPPARAT MIT EINEM SCHMALEN EINBAU

.

313

.

Abbildung 8.14: Simulationsergebnisse f¨ur Schlaufenapparat mit schmalem Einbau bei einem Gasdurchsatz von 1l/min: Gasverteilung (links) und Geschwindigkeitsfeld (rechts), berechnet mit uxslip = 23cm=s und BIT-Modell nach (6.95, 6.96), Ck = 1:0, C = 1:2.

Kapitel 9

Gleichm¨aßig begaste Blasens¨aule In den letzten zwei Kapiteln wurde das Basismodell zur Simulation von lokal begasten Blasens¨aulen und Schlaufenreaktoren eingesetzt. Bei lokal begasten Blasens¨aulen handelte es sich um Zweiphasenstr¨omungen mit einem niedrigen Gasgehalt (1-2%), wobei die Gasphase nur in einem relativ kleinen Bereich der Apparatur vorhanden war. Es konnte eine sehr ¨ gute qualitative und quantitative Ubereinstimmung zwischen Simulation und Experiment erzielt werden. Im Falle von flachen Schlaufenreaktoren wurden einige Testf¨alle mit einem ebenfalls moderaten Gasgehalt untersucht. Die Gasblasen verteilen sich diesmal allerdings u¨ ber den gesamten Querschnitt des Risers und u¨ ben einen betr¨achtlichen Einfluß auf die Turbulenz in der fl¨ussigen Phase aus. In diesem Fall konnte mit dem Basismodell zwar eine gute quali¨ tative Ubereinstimmung mit dem Experiment erzielt werden, eine quantitative Anpassung der Simulationsergebnisse an die Meßdaten wurde jedoch erst nach einer Erweiterung des Basismodells durch zus¨atzliche Terme zur Beschreibung der blaseninduzierten Turbulenz (BIT) m¨oglich. Es wurde allerdings festgestellt, daß die Simulationsergebnisse sehr empfindlich gegen¨uber einer Variation der in den zus¨atzlichen BIT-Termen enthaltenen Modellkonstanten reagieren, so daß ein Einsatz der BIT-Terme f¨ur eine Apriori-Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Eine zutreffende Beschreibung der Blasenstr¨omung in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule stellt die gr¨oßte Herausforderung f¨ur ein Zweiphasenmodell dar. Auf der einen Seite liegt der lokale Gasgehalt in den praxisrelevanten F¨allen meist wesentlich oberhalb der bisher untersuchten 2%-Grenze. Gleichzeitig sind die Gasblasen im Unterschied zu lokal begasten Blasens¨aulen und den Schlaufenreaktoren u¨ ber die gesamte Apparatur verteilt. Die Str¨omungsform in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule h¨angt in einem entscheidenden Maße vom eingesetzten Gasvolumenstrom ab. Bei geringen Gasbelastungen liegt der sog. homogene Str¨omungszustand vor. Dieser Betriebszustand ist durch eine einheitliche 314

315

Blasenaufstiegsgeschwindigkeit aufgrund der einheitlichen Blasengr¨oße und der gleichm¨aßigen Blasenverteilung charakterisiert. Es wird keine großr¨aumige Zirkulation beobachtet. Der homogene Str¨omungszustand stellt den Trivialfall einer Blasenstr¨omung dar. Seine numerische Berechnung im Rahmen eines Two-Fluid-Modells bereitet keine Schwierigkeiten. Bei h¨oheren Gasleerrohrgeschwindigkeiten tritt ein heterogener Str¨omungszustand auf. Bei konstanter Blasengr¨oße und einer begrenzten Blasenaufstiegsgeschwindigkeit gibt es einen maximal m¨oglichen Gasdurchsatz (Flutpunkt), der unter diesen Bedingungen durch die ¨ S¨aule transportiert werden kann. Zur Illustration dieses Effektes stellen wir folgende Uberlegungen an. Wir nehmen an, daß die Gasphase absolut gleichm¨aßig u¨ ber die gesamte Blasens¨aule verteilt ist, und der Wert des lokalen Gasgehaltes einheitlich "g betr¨agt (zur Vereinfachung der Darstellung wird von der Inkompressibilit¨at der Gasphase ausgegangen). Bei zunehmendem Gasgehalt nimmt die vertikale Komponente des Druckgradienten mit dem steigenden Gasgehalt ab, was in einer Abnahme der Relativgeschwindigkeit resultiert. Geht man einfachheitshalber von einer linearen Abh¨angigkeit zwischen dem lokalen Gasgehalt und dem Wert der vertikalen Schlupfgeschwindigkeit aus [44], so betr¨agt die Gasleerrohrgeschwindigkeit bei einer gleichm¨aßigen Begasung

V_G = "g(1 ; "g )uEB slip:

(9.1)

Hier bezeichnet uEB slip die Einzelblasenaufstiegsgeschwindigkeit in unendlich ausgedehntem ruhendem Wasser. Die Gr¨oße V_G erreicht ihr Maximum bei "g = 0:5. Bei uEB slip = 20cm=s entspricht das einer Gasleerrohrgeschwindigkeit von 5cm=s. Wird die Gasleerrohrgeschwindigkeit u¨ ber den Flutpunkt erh¨oht, so weicht das System vom homogenen in den heterogenen Str¨omungszustand aus. Durch Zusammenballungen von Klein- zu Großblasen, die eine wesentlich h¨ohere Blasenaufstiegsgeschwindigkeit haben, wird der hohe Gasduchsatz bew¨altigt. Dieser Str¨omungszustand wird aufgrund der rotierenden gr¨oßeren Blasen auch als churn turbulent“ bezeichnet [19]. ” Die Gr¨oße der Gasleerrohrgeschwindigkeit, bei der die homogene Str¨omung heterogen wird, h¨angt von vielen a¨ ußeren Parametern wie Reaktorgeometrie, Begaserkonstruktion, Druck, Temperatur, Blasengr¨oßenverteilung u v. a. ab [35] und kann von dem oben abgesch¨atzten Wert von 5cm=s stark abweichen. Diese Abweichung resultiert zum einen aus der stark vereinfachten Annahme der linearen Abh¨angigkeit der Schwarmgeschwindigkeit vom Gasgehalt. Zum anderen tritt die Blasenkoaleszenz bereits wesentlich fr¨uher auf als beim oben ermitteltem kritischen Wert von "g = 0:5. Diese beiden Korrekturen erkl¨aren zwar die Abweichung des Flutpunktes von dem ermittelten Wert von 5cm=s, nicht jedoch seine Abh¨angigkeit von der Reaktorgeometrie. Die dritte Voraussetzung des Ansatzes (9.1) war die Annahme, daß sich die Fl¨ussigkeit

316

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

in einem globalen Ruhezustand befindet, und daher alle Gasblasen mit einer einheitlichen ¨ Geschwindigkeit aufsteigen. In der Realit¨at gibt es jedoch eine Ubergangsphase zwischen dem homogenen und heterogenen Str¨omungszustand, in der in der Fl¨ussigphase bereits großr¨aumige Zirkulationen entstehen, w¨ahrend die Blasengr¨oße noch mehr oder weniger einheitlich bleibt. Verlagern sich die Blasen in die Bereiche mit schnell aufsteigender Fl¨ussigkeit, so k¨onnen auch wesentlich h¨ohere Gasdurchs¨atze als im homogenen Str¨omungszustand bew¨altigt werden, ohne daß eine h¨ohere Relativgeschwindigkeit zwischen Phasen und somit auch die Blasenkoaleszenz notwendig w¨are. Da das dynamische Verhalten der Fl¨ussigkeit jedoch stark von der Geometrie der Apparatur abh¨angt, hat die Geometrie einen entscheidenden Einfluß auf die kritische Gasleerrohrgeschwindigkeit, bei der sich der heterogene Str¨omungszustand einstellt. Obwohl in vielen neueren Arbeiten versucht wird, die heterogene Str¨omungsform in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule mit lokalen Gasgehalten bis zu 30-40% einer Berechnung zug¨anglich zu machen, muß man sich im Klaren dar¨uber sein, daß f¨ur eine zuverl¨assige Simulation des heterogenen Str¨omungszustandes der gegenw¨artige Kenntnisstand noch nicht ausreicht. Das Widerstandsverhalten der Blasen bei hohem Gasgehalt, der Einfluß der Blasen auf die Turbulenz sowie ihr – bei hohen Gasvolumenanteilen nicht mehr zu vernachl¨assigendes – Koaleszenz- und Redispergierungsverhalten sind Ph¨anomene, die bis jetzt nur wenig verstanden und somit nicht zuverl¨assig modelliert werden k¨onnen. Da im Rahmen des Basismodells von einer einheitlichen Blasenmasse ausgegangen wird, werden wir uns bei den Berechnungen der Str¨omung in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule auf Gasdurchs¨atze von 1 bis 2cm=s beschr¨anken. Diese Gasdurchs¨atze entspre¨ chen f¨ur die meisten Apparaturgeometrien dem oben angesprochenen Ubergangsbereich zwischen der homogenen und heterogenen Str¨omungsform, w¨ahrend dessen die starke Blasenkoaleszenz noch nicht einsetzt, die Str¨omung jedoch bereits einen stark dynamischen Charakter hat, der zumindest qualitativ mit dem heterogenen Str¨omungszustand uberein¨ stimmt. Bereits bei diesen moderaten Gasleerrohrgeschwindigkeiten betr¨agt der lokale Gasgehalt in gr¨oßeren Teilen der Apparatur 5 bis 10%, so daß der Einfluß der Blasen auf die Turbulenz bedeutend ist. Da dieser jedoch gegenw¨artig nicht zuverl¨assig modelliert werden ¨ kann, wird bei den numerischen Simulationen lediglich eine qualitative Ubereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen angestrebt, auf die quantitativen Vergleiche mit den Meßdaten wird an dieser Stelle verzichtet. Die dynamische Str¨omungsform in einer flachen Apparatur unterscheidet sich wesentlich von der Str¨omung in einer zylindrischen Blasens¨aule. Wir werden deshalb die flachen und die zylindrischen Apparate in zwei separaten Abschnitten behandeln.

¨ 9.1: FLACHE BLASENSAULE

9.1

317

Flache Blasens¨aule

Experimentelle Erkenntnisse. Die dynamische Str¨omungsform in einer gleichm¨aßig begasten flachen Blasens¨aule wurde experimentell in mehreren Arbeiten untersucht. Chen et al. [15] untersuchten 2 flache Apparate mit den Abmessungen (H¨ohe/Breite/Tiefe) 1500mm  760mm  50mm und 1800mm  175mm  15mm, Lin et al. [79] haben die Blasenstr¨omung in 3 Apparaten mit den Abmessungen 1600mm483mm12:7mm, 2286mm609:6mm 6:4mm und 300mm  240mm  6:35mm beobachtet. Die Abmessungen der vom Mudde et al. [85] eingesetzten Apparatur stimmen fast genau mit dem ersten Apparat von Lin et al. uberein. ¨ In einigen Apparaten wurden zwei bewegliche Trennw¨ande eingebaut, so daß nicht nur die F¨ullh¨ohe, sondern auch die effektive Breite der Apparatur varriert werden konnte. In allen drei Arbeiten wurde bei einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis oberhalb von 1 bei h¨oheren Gasleer¨ rohrgeschwindigkeiten eine dynamische Str¨omungsform festgestellt, die viel Ahnlichkeit mit der Str¨omung in den mittig begasten flachen Apparaten aufweist (s. Abschnitt 7.2). Das Str¨omungsfeld besteht aus zwei versetzten Reihen von Zirkulationszellen, die sich von oben nach unten bewegen und sich gegenseitig periodisch abl¨osen. Die Breite der Zirkulationszellen nimmt mit der Gasleerrohrgeschwindigkeit zu und erreicht eine stabile Gr¨oße ¨ bei einem Gasdurchsatz von 1cm=s. Diesem Gasdurchsatz entspricht auch der Ubergang in den heterogenen Str¨omungszustand, bei dem die starke Koaleszenz ansetzt. Das Verh¨altnis zwischen der maximalen Breite der Zirkulationszellen und der Breite der Apparatur h¨angt von der letzteren ab und geht von 0:6 (bei der Apparaturbreite von 10cm) auf 0:3 (bei der Apparaturbreite von 60cm) herunter. Die Anzahl der Zirkulationszellen in der vertikalen Richtung nimmt mit dem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis der Apparatur zu. Eine simultane Geschwindigkeitsmessung in der gesamten Blasens¨aule wurde in keiner der zitierten Arbeiten durchgef¨uhrt. Werden die Geschwindigkeitsmessungen an verschiedenen Stellen im Reaktor nacheinander durchgef¨uhrt, und die gemessenen Geschwindigkeiten an jeder Meßstelle u¨ ber einen l¨angeren Zeitraum gemittelt, so liefern die zeitgemittelten Geschwindigkeitswerte ein Str¨omungsbild, bei dem die Fl¨ussigphase in der Mitte der Blasens¨aule nach oben, und entlang der Reaktorwand nach unten fließt (s. Abbildung 9.1). Zweidimensionale Simulationen. Im Jahre 1994 haben wir erste Simulationsergebnisse f¨ur die Blasenstr¨omung in einer gleichm¨aßig begasten flachen Blasens¨aule ver¨offentlicht (Sokolichin und Eigenberger [110]). Wegen der Unsicherheiten, die mit dem Einsatz eines einphasigen Turbulenzmodells f¨ur Zweiphasenstr¨omungen verbunden sind, wurden die Rechnungen mit einem laminaren Two-Fluid-Modell durchgef¨uhrt. Die verwendeten Modellvoraussetzungen stimmen ziemlich genau mit der laminaren Version des Basismodells (Abschn.

318

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

GAS Abbildung 9.1: Zeitlich gemitteltes Str¨omungsbild in einer gleichm¨aßig begasten flachen Blasens¨aule

6.9) u¨ berein. F¨ur die Schlupfgeschwindigkeit wurde ein konstanter Wert von 20cm=s angenommen. Wegen der im Vergleich zu anderen Abmessungen relativ geringen Tiefe der Apparatur, wurde von einer Zweidimensionalit¨at der Str¨omung ausgegangen, und auf die Ber¨ucksichtigung der dritten Dimension bei der Simulation verzichtet. Die Konvektionsterme in allen Gleichungen wurden mit Upwind-Verfahren erster Ordnung diskretisiert. Simulationen wurden f¨ur zwei unterschiedliche Apparaturabmessungen durchgef¨uhrt: 750mm  150mm und 450mm  150mm. Die eingesetzten numerischen Gitter bestanden entsprechend aus 75x25 und 45x25 Kontrollvolumina. Wurde in den Simulationen jede Bodenzelle mit gleicher Intensit¨at begast, so ergab sich unabh¨angig von der Gasleerrohrgeschwindigkeit immer der homogene Str¨omungszustand. Der Begaser wurde deshalb so modelliert, daß ein Gasmassenstrom mit der gleichen Intensit¨at nicht durch jede, sondern durch jede zweite Zelle am unteren Teil des Berechnungsgebietes einfließt. In diesem Fall bleiben die wandn¨achsten Kontrollvolumina unbegast. Trotzdem wurde bei niedrigen Werten der Gasleerrohrgeschwindigkeit ein homogener Str¨omungszustand berechnet. Bei Gasdurchs¨atzen oberhalb von etwa 2cm=s ergab sich dagegen ein dynamisches Str¨omungsfeld.

319

¨ 9.1: FLACHE BLASENSAULE

0.75

0.75

0.75

0.75

0.60

0.60

0.60

0.60

0.45

0.45

0.45

0.45

0.30

0.30

0.30

0.30

0.15

0.15

0.15

0.15

0.00 0.00

.

0.05

a

0.10

0.15

0.00 0.00

0.05

b

0.10

0.15

0.00 0.00

0.05

c

0.10

0.15

0.00 0.00

0.05

0.10

0.15

d

Abbildung 9.2: Laminare 2D-Simulation einer gleichm¨assig begasten flachen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 5: momentane (a,b,c) und langzeitgemittelte (d) Simulationsergebnisse f¨ur Liquid-Geschwindigkeitsfeld.

320

.

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

0.45

0.45

0.30

0.30

0.15

0.15

0.00 0.00

0.05

0.10

0.15

0.00 0.00

0.05

0.10

0.15

.

Abbildung 9.3: Laminare 2D-Simulation einer gleichm¨assig begasten flachen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 3: momentanes (links) und langzeitgemitteltes Liquid-Geschwindigkeitsfeld (rechts).

Die Str¨omung hat einen periodischen Charakter. Die momentanen Geschwindigkeitsfelder zu drei verschiedenen Zeitpunkten sowie die langzeitgemittelten Ergebnisse sind in der Abb. 9.2 f¨ur das H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 5 dargestellt. Beide stimmen mit den entsprechenden experimentellen Ergebnissen qualitativ gut uberein. ¨ Bei einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 3 (Abb. 9.3) ergab sich ein a¨ hnliches Str¨omungsbild, wobei die Anzahl der Zirkulationszellen gegen¨uber dem ersten Fall kleiner ist. Das entspricht ebenfalls den experimentellen Beobachtungen. Im weiteren Verlauf der numerischen Untersuchungen wurde festgestellt, daß ein dynamischer Str¨omungszustand auch dann berechnet werden kann, wenn man in der Simulation den gesamten Boden tats¨achlich absolut gleichm¨aßig begast. In diesem Fall darf man allerdings nicht mehr von einer konstanten Schlupfgeschwindigkeit ausgehen, sondern muß eine Abh¨angigkeit der Schlupfgeschwindigkeit vom lokalen Druckgradienten ber¨ucksichtigen. Dieser Effekt l¨aßt sich folgendermaßen erkl¨aren. Bei einer absolut gleichm¨aßigen Begasung kann eine Bewegung in der fl¨ussigen Phase nur dann entstehen, wenn diese Gleichm¨aßigkeit durch die radiale Umverteilung der Gasphase gest¨ort wird. Dies geschieht in der Regel w¨ahrend der Simulation des Anfahrverhaltens einer gleichm¨assig begasten flachen Blasens¨aule infolge der kleinen numerischen Fehler selbst bei

321

¨ 9.1: FLACHE BLASENSAULE

3/4 H

20

VERTICAL VELOCITY [cm/s]

0 −20 −40 20

1/2 H

0 −20

TVD UPWIND

−40 20

1/4 H

0 −20 −40

.

0 10 20 30 40 50 DISTANCE FROM THE LEFT WALL [cm]

.

Abbildung 9.4: Laminare 2D-Simulation einer gleichm¨assig begasten flachen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 3: momentane LiquidGeschwindigkeitsfelder, berechnet mit folgenden Diskretisierungsverfahren f¨ur die Konvektionsterme in der Gaskontinuit¨atsgleichung: TVD (links) und UPWIND (mitte). Rechts: Vergleich der mit beiden Verfahren berechneten langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofile auf 3 unterschiedlichen H¨ohen [111].

Annahme einer konstanten Schlupfgeschwindigkeit. Im weiteren Simulationsverlauf wird diese Ungleichm¨aßigkeit jedoch wieder eliminiert und die Str¨omung kommt zum Erliegen. Wird dagegen im Modell die Abh¨angigkeit der Schlupfgeschwindigkeit vom lokalen Druckgradienten ber¨ucksichtigt, so sorgt der durch die Fl¨ussigkeitswirbel verursachte horizontale Druckunterschied f¨ur eine st¨andige radiale Umverteilung der Gasphase. Die Gasblasen werden zur Mitte der Wirbel getrieben, wodurch dort ein zus¨atzlicher Auftrieb entsteht, der die Struktur der Wirbel ver¨andert. Dadurch wird eine neue radiale Umverteilung der Gasphase angeregt, u s. w., so daß dieser dynamische Str¨omungszustand als selbsterhaltend bezeichnet werden kann. Allerdings muß die Gasbelastung entsprechend hoch sein, damit die Unterschiede im horizontalen Verlauf des Gasgehalts ausreichen, um die Wirbel auf Dauer aufrechtzuerhalten. Daher wird der dynamische Str¨omungszustand nicht bei jeder, sondern nur bei einer gen¨ugend hohen Gasbelastung simuliert. Ergebnisse einer laminaren 2-D Simulation f¨ur den Fall einer absolut gleichm¨aßigen Begasung wurden in Sokolichin et al. [111] f¨ur eine Flachapparatur mit einem H¨ohe/Breite-

322

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

Verh¨altnis von 3 (1500mm  500mm) auf einem Gitter mit 150x50 Kontrollvolumina f¨ur die Gasleerrohrgeschwindigkeit von 2cm=s pr¨asentiert. Die Konvektionsterme in den NavierStokes-Gleichungen wurden mit Upwind-Verfahren erster Ordnung diskretisiert, w¨ahrend bei der Berechnung der Gasverteilung sowohl das Upwind-Verfahren erster Ordnung als auch ein TVD-Verfahren eingesetzt wurde. Die momentanen Geschwindigkeitsfelder, berechnet mit beiden Verfahren sind in der Abb. 9.4 dargestellt. Die mit dem UPWIND-Verfahren berechnete L¨osung stimmt mit den fr¨uheren Ergebnissen (Abb. 9.3) und mit den experimentellen Beobachtungen qualitativ recht gut uberein. ¨ Das mit dem (genaueren) TVD-Verfahren berechnetes Str¨omungsfeld enth¨alt dagegen wesentlich mehr Wirbel. Ihre Anzahl steigt immer weiter, wenn man die Gitteraufl¨osung verfeinert und TVD-Verfahren auch f¨ur Konvektionsterme in den Navier-Stokes-Gleichungen einsetzt. Die berechnete Str¨omungsform weicht dann immer mehr von der experimentell ermittelten ab. Dieser Effekt war bereits bei der laminaren Berechnung einer lokal begasten Blasens¨aule aufgetreten (Abb. 7.7). Er ist auf die Turbulenz der Str¨omung zur¨uckzuf¨uhren, die in einem laminaren Modell vernachl¨assigt wird. Im rechten Teil der Abb. 9.4 sind die langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofile, berechnet mit beiden Diskretisierungsverfahren f¨ur die Konvektionsterme in der Gaskontinuit¨atsgleichung, gegen¨ubergestellt. Man sieht, daß die langzeitgemittelten Profile ziemlich gut u¨ bereinstimmen, obwohl die momentanten Str¨omungsfelder wesentliche qualitative Unterschiede aufweisen. Dieses Beispiel zeigt, wie gef¨ahrlich es ist, die Validierung eines Modells nur anhand von langzeitgemittelten Daten durchzuf¨uhren. Pan et al. [90, 91] setzen ein turbulentes zweidimensionales Two-Fluid-Modell zur Simulation einer gleichm¨aßig begasten flachen Blasens¨aule ein. Sie gehen davon aus, daß der Einfluß der scherinduzierten Turbulenz im Vergleich zur blaseninduzierten Turbulenz vernachl¨assigt werden kann. Daher wird nur die letztere modelliert. Pan et al. verwenden das Modell von Sato und Sekoguchi [102] (s. Glg. (6.90)) und erzielen dabei Str¨omungsfelder, die denen aus den Abbildungen 9.3 und 9.4 sehr a¨ hnlich sind. Sie untersuchten auch den Einfluß der added mass force und der Schlupfgeschwindigkeit auf die Simulationsergebnisse und haben festgestellt, daß dieser Einfluß sehr gering ist. Zur Berechnung des Widerstandsbeiwertes wurde die Korrelation B (6.41) eingesetzt, wobei f¨ur Blasendurchmesser db drei Werte 2:5mm, 5mm und 8mm eingesetzt wurden. Die Schlupfgeschwindigkeit betr¨agt f¨ur diese Blasengr¨oßen 25:17cm=s, 22:92cm=s und 23:83cm=s entsprechend. Dreidimensionale Simulationen. Bei der Simulation der außermittig begasten flachen Blasens¨aule (Abschnitt 7.1) wurde festgestellt, daß wegen der geringen Tiefe der Apparatur (8cm) die Vorder- und die Hinterwand einen bedeutenden Einfluß auf die Simulationsergebnisse aus¨uben. Das gilt um so mehr f¨ur die gleichm¨aßig begasten Apparate, da hier die

323

¨ 9.1: FLACHE BLASENSAULE

.

.

Abbildung 9.5: Turbulente 3D-Simulation einer gleichm¨assig begasten flachen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 3 (450mm  150mm  20mm). Momentane Simulationsergebnisse f¨ur Liquid-Geschwindigkeitsfeld in der mittleren Tiefenebene. Links: ohne blaseninduzierte Turbulenz, rechts - mit BIT nach (6.90).

Experimente in Apparaturen mit noch kleineren Tiefen durchgef¨uhrt wurden (in der Regel weniger als 2cm). Um den Einfluß der Apparatetiefe zu untersuchen, wurde eine 3-dimensionale Simulation eines gleichm¨aßig begasten flachen Apparates mit den Abmessungen 450mm  150mm  20mm mit dem turbulenten Basismodell durchgef¨uhrt. Die Aufl¨osung betrug 90x30x6 St¨utzstellen, f¨ur die Gasleerrohrgeschwindigkeit wurde ein Wert von 1cm=s eingesetzt. Im linken Teil der Abb. 9.5 ist das momentane Liquid-Geschwindigkeitsfeld in der mittleren Tiefenebene dargestellt. Dieses zeigt einen recht chaotisches Str¨omungsbild, die aus Experimenten bekannte geordnete Wirbelstruktur ist hier nicht zu Erkennen. Dieses Str¨omungsbild ist auf die niedrige effektive Viskosit¨at zur¨uckzuf¨uhren. Obwohl zu ihrer Berechnung das k -Modell eingesetzt wurde, liegen die Werte f¨ur die turbulente Wirbelviskosit¨at im zentralen Bereich bei etwa

tl

"

# kg = 0:01 m  s :

Das entspricht lediglich einer Verzehnfachung gegen¨uber der laminaren Viskosit¨at des Wassers, und ist um fast zwei Gr¨oßenordnungen niedriger, als die turbulente Wirbelviskosit¨at,

324

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

die in der außermittig begasten flachen Blasens¨aule und in den flachen Schlaufenapparaten berechnet wurde. Dies best¨atigt die Annahme von Pan et al., daß in einer flachen Apparatur mit einer sehr geringen Tiefe der Einfluß der scherinduzierten Turbulenz im Vergleich zur blaseninduzierten Turbulenz vernachl¨assigt werden darf. Zur Ber¨ucksichtigung der blaseninduzierten Turbulenz wurden zwei Modelle getestet. Das Einschalten des BIT-Modells von Kataoka und Serizawa [58] (6.95, 6.96) mit den Werten Ck = 1, C = 1:2, die sich bei der Simulation von flachen Schlaufenapparaten bei h¨oheren Gasdurchs¨atzen bew¨ahrt haben, f¨uhrte zun¨achst zu einem drastischen Anstieg der turbulenten Wirbelviskosit¨at auf Werte um

tl

"

= 0:25 mkg s

#

was zu einer starken D¨ampfung der dynamischen Wirbel f¨uhrte und die Str¨omung in der Fl¨ussigphase binnen weniger Sekunden zur¨uck in den Ruhezustand versetzte. Der Einsatz des Sato-Modells nach (6.90) f¨uhrte dagegen zu einem weniger starken Anstieg der effektiven Viskosit¨at – auf Werte im Bereich von

tl

# kg = 0:07 m  s : "

In diesem Fall wurde die dynamische Str¨omungsstruktur beibehalten, gleichzeitig brachte der Anstieg der turbulenten Wirbelviskosit¨at etwas Ordnung in die vorher chaotische Wir¨ belstruktur (s. Abb. 9.5, rechts), so daß nun eine qualitative Ubereinstimmung mit Experimenten wieder vorhanden war. Die langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofile entsprechen ebenfalls dem in der Abb. 9.1 dargestellten Muster und werden hier nicht angegeben. Obwohl in diesem speziellen Fall das Sato-Modell zur einer Verbesserung der Simulationsergebnisse gef¨uhrt hat, darf man seine Bedeutung nicht ubersch¨ ¨ atzen. Der Einfluß des Sato-Modells ist ausschließlich auf die (auf die geringe Tiefe der Apparatur bemessene) niedrige Reynoldszahl der Fl¨ussigstr¨omung und die damit verbundene niedrige scherinduzierte Turbulenz zur¨uckzuf¨uhren. Wie wir sp¨ater sehen werden, ist bei runden Blasens¨aulen bereits bei einem Durchmesser von 15cm die scherinduzierte effektive Wirbelviskosit¨at um mehrere Gr¨oßenordnungen h¨oher und der Beitrag des Sato-Modells ist daher verschwindend gering.

9.2 Zylindrische Blasens¨aule Die dynamische Str¨omungsform in einer zylindrischen Blasens¨aule unterscheidet sich von der Str¨omung in einer flachen Apparatur vor allem dadurch, daß die Zirkulation in der

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

325

fl¨ussigen Phase in Form von dreidimensionalen thorusf¨ormigen Wirbeln vorliegt. Diese sind v¨ollig regellos angeordnet, so daß in diesm Fall von einer absolut chaotischen Str¨omung ge¨ sprochen werden kann. Uber die instation¨are Wiebelstruktur liegen bisher kaum detaillierte Informationen vor. Ein momentanes Str¨omungsbild kann nicht gemessen werden, weil dazu eine simultane Geschwindigkeitsmessung in der gesamten Blasens¨aule notwendig w¨are, was mit keiner der bekannten Meßmethoden m¨oglich ist. Werden jedoch die Geschwindigkeitsmessungen an verschiedenen Stellen im Reaktor nacheinander durchgef¨uhrt, so liefern die zeitgemittelten Geschwindigkeitswerte ein a¨ hnliches Str¨omungsbild wie in einer Flachapparatur, bei dem die Fl¨ussigphase in der Mitte der Blasens¨aule nach oben, und entlang der Reaktorwand nach unten fließt (s. Abbildung 9.1). Im mittleren Teil der Apparatur nimmt die langzeitgemittelte axiale Komponente der Liquid-Geschwindigkeit den Wert vom 0m=s bei einem Abstand von 0:7R von der Symmetrieachse an, wobei R den Radius des runden Querschnittes der Blasens¨aule bezeichnet [35, 44]. Man beachte jedoch, daß dieses zeitgemittelte Str¨omungsbild nichts uber ¨ die momentanen stark instation¨aren Geschwindigkeitsfelder aussagt, da die Schwankungsbreite der momentanen Geschwindigkeitswerte an einzelnen Meßstellen ein mehrfaches der zeitlich gemittelten Werten betr¨agt. In den letzten Jahren wird verst¨arkt versucht, die mehrdimensionale Zirkulationsstr¨omung in einer zylindrischen Blasens¨aule einer Berechnung zug¨anglich zu machen. Es werden dabei uberwiegend ¨ 2-dimensionale axialsymmetrische Modelle verwendet (Boisson und Malin [11], Grienberger und Hofmann [34], Jakobsen et al. [52], Krishna et al. [60], Ranade [98], Solbakken und Hiertager [113], Svendsen et al. [119], Torvik und Svendsen [124]), wobei in allen zitierten Arbeiten die station¨are L¨osung berechnet wird. Da man mit einem station¨aren Modell die transienten Str¨omungsstrukturen offensichtlich nicht berechnen kann, wird versucht, es zur Berechnung der zeitlich gemittelten Str¨omungsstruktur zu verwenden. Dabei wird folgendes u¨ bersehen: liegt in einem Reaktor eine instation¨are Str¨omungsform vor, die durch dynamische Gleichungen beschrieben wird, so werden die gemittelten Geschwindigkeitswerte im allgemeinen nicht den station¨aren Gleichungen gen¨ugen, die aus den dynamischen Modellgleichungen resultieren, wenn man den zeitabh¨angigen Term wegl¨aßt. Das station¨are Modell darf man nur zur Berechnung von stationa

ren Str¨omungen verwenden. Die zeitgemittelte Str¨omung wird dagegen nicht durch die station¨aren, sondern durch die zeitgemittelten Gleichungen beschrieben. Diese zeitgemittelten Gleichungen enthalten zwar ebenfalls keinen zeitabh¨angigen Term, sie unterscheiden sich allerdings wesentlich von den station¨aren Modellgleichungen. Versucht man trotzdem, die zeitgemittelte Str¨omungsform in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule mit Hilfe des station¨aren Modells zu berechnen, so erh¨alt man ohne Einsatz der

326

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

radialen Kr¨afte (s. Abschnitt 6.6.7) unabh¨angig von der Gasleerrohrgeschwindigkeit immer den homogenen Str¨omungszustand. Das liegt daran, daß eine Umverteilung des am Begaser noch gleichm¨aßigen Gasgehaltprofils zur Mitte der S¨aule nur durch eine von Null verschiedene radiale Schlupfgeschwindigkeit resultieren kann. Diese ist bei dynamischen Simulationen eine Folge der ungleichm¨aßigen Druckverteilung, die sich aus den dynamischen Wirbeln ergibt. Da diese jedoch im Rahmen eines station¨aren Modells nicht berechnet werden k¨onnen, wird das station¨are Modell in den oben zitierten Arbeiten dahingehend modifiziert, daß die Umverteilung der Gasphase zur Reaktormitte auf andere Weise gew¨ahrleistet wird. In den meisten Arbeiten wird die radiale Magnuskraft mit einem negativen Lift-Koeffizienten verwendet [11, 34, 52, 113, 119, 124]. Die falsche“ Magnuskraft hat zur Folge, daß ” bei einem Str¨omungsbild, wie auf der Abbildung 9.1 skizziert, die Gasblasen zur Mitte des Reaktors transportiert werden. Ein a¨ hnlicher Effekt wird durch den Einsatz der Wand” Abstoß-Kraft“ [98] erzielt. Die St¨arke der radialen Kraft wird so angepaßt, daß eine gute ¨ Ubereinstimmung mit den Meßdaten erzielt wird. In einigen Arbeiten wird zus¨atzlich eine Abh¨angigkeit des Wiederstandsbeiwertes von der Entfernung von der Symmetrieachse eingef¨uhrt. Ist der Widerstandsbeiwert in der S¨aulenmitte gr¨oßer als in der N¨ahe der Reaktorwand, so resultiert das in einer Schlupfgeschwindigkeit zwischen den beiden Phasen, die in der S¨aulenmitte kleiner ist, als in der Wandn¨ahe. Da die Blasens¨aule u¨ ber den gesamten Querschnitt gleichm¨aßig begast wird, f¨uhrt das dazu, daß bei gleicher Gaszufuhr in der S¨aulenmitte weniger Gas wegtransportiert wird, als in der Wandn¨ahe, und der Gasgehalt in der Reaktormitte entsprechend ansteigt. Obwohl das station¨are Modell, nach diesen Modifikationen, Str¨omungsbilder liefert, die mit Abb. 9.1 u¨ bereinstimmen, kann diese Vorgehensweise nicht zufriedenstellen. Zum einen sind die eingesetzten Anpassungskoeffizienten nicht auf andere Apparaturabmessungen u¨ bertragbar und variieren von Fall zu Fall betr¨achtlich. Zum anderen, haben die Werte der langzeitgemittelten Geschwindigkeiten f¨ur die Auslegung von Blasens¨aulenreaktoren nur wenig Relevanz, da f¨ur die Vermischungsvorg¨ange in den beiden Phasen die instation¨aren Geschwindigkeitsfelder ausschlaggebend sind, und diese werden mit einem station¨aren Modell gerade nicht aufgel¨ost. Da man mit einem station¨aren Modell die dynamischen Str¨omungsstrukturen offensichtlich nicht berechnen kann, wurde von der Arbeitsgruppe L¨ubbert/Lapin [24, 70, 71] ein dynamisches Modell zur dreidimensionalen Berechnung der Hydrodynamik und Vermischung in Blasens¨aulen verwendet. Die Turbulenz in der Fl¨ussigphase wird durch eine u¨ ber die gesamte Blasens¨aule konstante effektive Viskosit¨at ber¨ucksichtigt. Wie in diesen Arbeiten gezeigt wird, kann bei einer hohen r¨aumlichen Aufl¨osung des Berechnungsgebietes das instation¨are Str¨omungsverhalten in einer Blasens¨aule qualitativ gut wiedergegeben werden. Die berech-

327

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

neten instation¨aren Geschwindigkeitsfelder k¨onnen dann zur Berechnung der konvektiven R¨uckvermischung in den beiden Phasen eingesetzt werden. Modell

Begasung 80%

Begasung 100%

ohne turbulente Dispersion

Fall 1

Fall 2

dynamisch

dynamisch

Umax = 17:2cm=s Umax = 10:5cm=s mit turbulenter Dispersion

Fall 3

Fall 4

quasi-station¨ar

station¨ar

Umax = 4:2cm=s

Umax = 0:0cm=s

mit turbulenter Dispersion

Fall 5

Fall 6

und BIT nach (6.95, 6.96) mit

station¨ar

station¨ar

Ck = 1, C = 1:2

Umax = 0:002cm=s Umax = 0:0cm=s

mit turbulenter Dispersion

Fall 7

Fall 8

und BIT nach (6.95, 6.96) mit

dynamisch

station¨ar

Ck = 1, C = 1:92

Umax = 12:3cm=s

Umax = 0:0cm=s

Tabelle 9.1: 3D-Simulation einer gleichm¨assig begasten zylindrischen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 6: Definition der 8 Testf¨alle und Zusammenfassung der Simulationsergebnisse (dynamisch oder station¨ar, Maximalwert des langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofils auf der H¨ohe H=2).

Bisher gibt es nur eine Ver¨offentlichung, in der das dreidimensionale dynamische TwoFluid Modell in Verbinding mit einem k --Modell zur Berechnung einer zylindrischen Blasens¨aule eingesetzt wird (Pfleger und Becker [94]). Es wird eine zylindrische Blasens¨aule mit einer H¨ohe von 2:6m und einem Durchmesser von 0:288m untersucht, wobei sowohl ein Ringbegaser als auch ein Plattenbegaser simuliert wird. Beim Plattenbegaser wird allerdings in der Simulation nicht der gesamte Boden begast, da in diesem Fall keine Zirkulation in der fl¨ussigen Phase simuliert werden konnte. Stattdessen wird uber ¨ die an die Wand grenzenden Kontrollvolumina kein Gas zugef¨ugt. Daß bei einer v¨ollig gleichm¨aßigen Begasung kein dynamischer Str¨omungszustand berechnet werden konnte, kann allerdings an einer mangelhaften Gitteraufl¨osung liegen (12300 Zellen entsprechen einem mittleren Zellenvolumen von etwa 17:5cm3 ). Da eine Simulation mit einer feineren Aufl¨osung (62400 Zellen) mehr als 12 Tage Rechenzeit in Anspruch genommen hatte, waren solche feinen Gitter nicht zur Variation der Modellparameter geeignet.

328

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

Vertical Velocity [cm/s]

20

10

0 Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 7

−10

−20

−1

−0.8 −0.6 −0.4 −0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Dimensionless Radius [−] .

.

Abbildung 9.6: 3D-Simulation einer gleichm¨assig begasten zylindrischen Blasens¨aule mit einem H¨ohe/Breite-Verh¨altnis von 6: Vergleich der langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofile auf der H¨ohe H=2 f¨ur F¨alle 1,2,3 und 7.

Bei beiden Begaserkonfigurationen wurde das instation¨are Str¨omungsverhalten der Bla¨ sens¨aule qualitativ gut wiedergegeben und es konnte sogar eine recht brauchbare Ubereinstimmung mit den (langzeitgemittelten) Meßdaten f¨ur Geschwindigkeitsprofile erzielt werden. Es sollte allerdings darauf hingewiesen werden, daß in dem von Pfleger und Becker verwendeten Modell die turbulente Dispersion in der Gasphase v¨ollig vernachl¨assigt wird, was bei in der Arbeit eingesetzten Gasgehalten von bis zu 10% kaum zul¨assig ist. Um den Einfluss der Begasung, der Turbulenzmodelle sowie der turbulenten Dispersion auf die Simulationen zu untersuchen, haben wir eine Reihe von Vergleichsrechnungen durchgef¨uhrt. Die genaue Spezifikation der untersuchten Modelle ist der Tabelle 9.1 zu entnehmen. Die Gasleerrohrgeschwindigkeit betrug in allen F¨allen 2cm=s. Da uns vor allem qualitative Unterschiede interessierten, wurde eine kleinere Blasens¨aule mit einer H¨ohe von 90cm und einem Durchmesser von 15cm untersucht. Die Gitteraufl¨osung betrug 180x30x30 Kontrollvolumina, was einem Zellenvolumen von 0:125cm3 entspricht.

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

.

329

.

Abbildung 9.7: Fall 1: Momentanes Liquid-Geschwindigkeitsfeld (links) und Gasgehaltsprofile (mitte) auf unterschiedlichen H¨ohen in der mittleren Tiefenebene. Rechts momentanes Liquid-Geschwindigkeitsfeld in 3 unterschiedlichen horizontalen Querschnittsebenen.

330

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

.

.

Abbildung 9.8: Wie Abb. 9.7, jedoch f¨ur den Fall 2.

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

331

Die ersten zwei F¨alle entsprechen Simulationen mit dem turbulenten Basismodell, wobei wie in Pfleger und Becker [94] die turbulente Dispersion in der Gasphase zun¨achst nicht ber¨ucksichtigt wurde. Es wurde sowohl eine zentrale Begasung u¨ ber 80% der Bodenfl¨ache (Fall 1), als auch eine komplett gleichm¨aßige Begasung (Fall 2) simuliert. In beiden F¨allen konnte eine stark instation¨are Str¨omung berechnet werden (Abb. 9.7, 9.8), wobei die insta¨ tion¨aren Geschwindigkeitsfelder untereinander viel Ahnlichkeit aufweisen, und eine ausgepr¨agte Aufw¨artstr¨omung in der S¨aulenmitte auftrat. Sie resultiert daraus, daß der Gasgehalt in der S¨aulenmitte h¨oher als in der N¨ahe der Reaktorwand ist. Im Fall 1 ist das eine Folge der zentralen Begasung. Im Fall 2 erfolgt die Umverteilung des urspr¨unglich gleichm¨aßigen Gasgehaltsprofils durch den Einfluß des horizontalen Druckgradienten auf die horizontale Komponente der Schlupfgeschwindigkeit. Hier ist das Maximum der Gasgehaltsprofile in der S¨aulenmitte jedoch nicht so stark ausgepr¨agt wie im Falle einer zentralen Begasung, was in einer niedrigeren vertikalen Geschwindigkeit im Vergleich zum Fall 1 resultiert (Abb. 9.6). Die Geschwindigkeitsfelder in mehreren horizontalen Querschnittsebenen zeigen, daß die Str¨omung einen ausgepr¨agten dreidimensionalen Charakter hat. Es ist offensichtlich, daß eine solche Str¨omungsform im Rahmen eines axialsymmetrischen Modells nicht simuliert werden kann. Man sieht, daß die dynamische Str¨omung in einer zylindrischen Blasens¨aule im Rahmen eines turbulenten Modells qualitativ richtig wiedergegeben werden kann. Gleichzeitig zeigen die langzeitgemittelten Geschwindigkeitsprofile starke Abh¨angigkeit von der Simulation des Begasers. Nicht weniger bedeutend ist der Einfluß von anderen Modellparametern. Wird der Einfluß der Turbulenz nicht nur auf die effektive Viskosit¨at in der fl¨ussigen Phase, sondern auch auf die Dispersion in der Gasphase ber¨ucksichtigt, so geht der dynamische Charakter der Str¨omung weitgehend verloren. In einer v¨ollig gleichm¨aßig begasten Kolonne (Fall 4) kommt die Str¨omung vollst¨andig zum Erliegen, w¨ahrend bei einer zentralen Begasung die Geschwindigkeitsschwankungen nur im unteren Teil der S¨aule beobachtet werden (Fall 3, Abb. 9.9, links). Dabei sieht man deutlich, daß infolge der turbulenten Dispersion die Gasgehaltsprofile mit der H¨ohe immer flacher werden, so daß das Geschwindigkeitsmaximum in der S¨aulenmitte im Falle einer zentralen Begasung von 17:2cm=s auf nur 4:2cm=s zur¨uckgeht (Abb. 9.6). Eine m¨ogliche Ursache f¨ur den zu starken Einfluß der turbulenten Dispersion k¨onnte die zu hoch berechnete turbulente h kg i Wirbelviskosit¨att sein. Diese h kg ibetr¨agt in der S¨aulenmitte durcht schnittlich l = 1:5 ms im Fall 1 bzw. l = 1:0 ms im Fall 2. F¨ur dieses Argument spricht auch eine ziemlich gleichm¨aßige Str¨omungsform im oberen Teil der Kolonne (Abb. 9.7 und 9.8, jeweils links), w¨ahrend im Experiment in der Regel eine chaotische Str¨omung entlang der gesamten S¨aule beobachtet wird.

332

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

. .

Fall 3

.

Fall 5

.

Abbildung 9.9: Momentanes Liquid-Geschwindigkeitsfeld und Gasgehaltsprofile auf unterschiedlichen H¨ohen in der mittleren Tiefenebene f¨ur F¨alle 3 und 5.

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

.

333

.

Abbildung 9.10: Wie Abb. 9.7, jedoch f¨ur den Fall 7.

334

¨ ¨ KAPITEL 9: GLEICHMAßIG BEGASTE BLASENSAULE

Die zu hoch berechnete turbulente Wirbelviskosit¨at kann auf die Vernachl¨assigung der blaseninduzierten Turbulenz im Basismodell zur¨uckgef¨uhrt werden, wobei man dieses mal – im Unterschied zur Blasenstr¨omung in den flachen Schlaufenapparaten – davon ausgehen kann, daß die Gasblasen einen d¨ampfenden Einfluß auf die Turbulenz in der Fl¨ussigphase aus¨uben. Wird allerdings neben dem Einfluß der turbulenten Dispersion auch der Einfluß der blaseninduzierten Turbulenz ber¨ucksichtigt, so f¨uhrt der Einsatz des BIT-Modells von Kataoka und Serizawa [58] (6.95, 6.96) mit den Werten Ck = 1, C = 1:2, die sich bei der Simulation von flachen Schlaufenapparaten bei h¨oheren Gasdurchs¨atzen bew¨ahrt haben, h i kg zu einem weiteren Anstieg der turbulenten Wirbelviskosit¨at auf Werte tl 3:8 ms , so daß im Falle der zentralen Begasung die Str¨omung v¨ollig station¨ar wird (Fall 5, Abb. 9.9, rechts). Im mittleren Teil der Kolonne ist die Gasphase nun absolut gleichm¨aßig verteilt, in der Fl¨ussigphase kann keine Zirkulation mehr beobachtet werden. Im Falle einer v¨ollig gleichm¨aßig begasten Kolonne (Fall 6) wird nach wie vor der Ruhezustand berechnet. Wird allerdings f¨ur C der Wert von 1:92 eingesetzt, so f¨uhrt das im Falle einer zentralen hBegasung (Fall 7) zu einer Reduktion der turbulenten Wirbelviskosit¨at auf Werte tl

i 0:3 mkgs . Obwohl die Gasgehaltsprofile durch den Einfluß der turbulenten Dispersion im Vergleich zum Fall 1 wesentlich glatter ausfallen, reichen die Unterschiede im horizontalen Verlauf dieser Profile aus, um eine dynamische Str¨omung aufrechtzuerhalten (Abb. 9.10). Dabei kann eine starke Dynamik nicht nur im unteren Teil, sondern entlang der gesamte Kolonne festgestellt werden. Das Geschwindigkeitsmaximum in der S¨aulenmitte geht dabei von 17:2cm=s (Fall 1) auf 12:3cm=s (Fall 7) zur¨uck (Abb. 9.6). Im Falle einer gleichm¨aßigen Begasung (Fall 8) wurde allerdings auch mit diesem C -Wert eine homogene Str¨omungsform berechnet. An diesen Testf¨allen sieht man, daß es mit mehreren Modellvarianten m¨oglich ist, sowohl das chaotische dynamische Verhalten der Str¨omung, als auch das langzeitgemittelte para” bolische“ Geschwindigkeitsprofil qualitativ korrekt wiederzugeben. Ein quantitativer Vergleich zwischen den mit unterschiedlichen Modellen berechneten Profilen zeigt jedoch starke Unterschiede. Diese sind vor allem auf die Unsicherheiten bei der Modellierung der turbulenten Effekte in der Blasenstr¨omung zur¨uckzuf¨uhren. Insbesondere der Einsatz des BIT-Modells, das eine sehr starke Abh¨angigkeit der Simulationsergebnisse von den eingesetzten Modellparametern zeigt, bedarf einer weiteren Validierung. Diese wird vor allem dadurch erschwert, daß bis jetzt kaum Informationen vorliegen, die zur Validierung eines Turbulenzmodells in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule geeignet sind. Die Str¨omung in einer gleichm¨aßig begasten Blasens¨aule ist sowohl turbulent als auch instation¨ar. Daher werden die zeitlichen Geschwindigkeitsfluktuationen sowohl durch die turbulenten lokalen Schwankungen als auch durch die großr¨aumigen instation¨aren Wirbel verursacht. W¨ahrend im Rahmen eines statistischen Turbulenzmodells nur der Beitrag der turbulenten Schwan-

¨ 9.2: ZYLINDRISCHE BLASENSAULE

335

kungen (um den kurzzeitgemittelten Mittelwert) zur turbulenten kinetischen Energie modelliert wird, werden in den meisten ver¨offentlichten Experimenten alle Fluktuationen um den langzeitgemittelten Mittelwert ausgewertet und k¨onnen somit nicht zur Validierung eines Turbulenzmodells verwendet werden, da sich die resultierenden Werte der turbulenten kinetischen Energie um fast eine Gr¨oßenordnung unterscheiden k¨onnen [85].

Kapitel 10

Zusammenfassung Eine wesentliche Voraussetzung f¨ur die numerische Berechnung von Mehrphasenstr¨omungen, wie sie in technischen und industriellen Prozessen vorliegen, ist eine m¨oglichst realistische Modellierung der relevanten physikalischen Effekte, welche das Verhalten der Str¨omung bestimmen. Auf der Grundlage des Euler-Euler Verfahrens wurden einige wesentliche Aspekte f¨ur die Berechnung und Modellierung von dispersen Gas-Fl¨ussikeits-Blasenstr¨omungen aufgezeigt und neue Entwicklungen vorgestellt. Dabei wurde sowohl auf die Bedeutung der einzelnen Kr¨afte f¨ur die Blasenbewegung eingegangen, als auch Modelle zur Beschreibung der blaseninduzierten Turbulenz einer detaillierten Analyse unterzogen, und anhand experimenteller Daten validiert. Den allgemeinen Rahmen f¨ur die Modellentwicklung bildete ein Two-Fluid-Modell vom Euler-Euler Typ, das sowohl die fl¨ussige als auch die disperse Phase als ein Pseudokontinuum behandelt. Das Two-Fluid-Modell wurde zun¨achst in einer allgemeinen Form dargestellt, wobei die Terme zur Beschreibung der Wechselwirkungskr¨afte zwischen beiden Phasen sowie der Turbulenz in der fl¨ussigen Phase nicht genau spezifiziert wurden. Da in der Literatur viele unterschiedliche Ans¨atze zur Beschreibung dieser Terme existieren, war eines der Ziele dieser Arbeit, den Einfluß der verschieden Ans¨atze zur Modellierung dieser Terme zu untersuchen. Dazu sollten unterschiedliche Modellvarianten durch Vergleiche der Simulationsergebnisse untereinander sowie mit den Experimenten bewertet werden. Eine zuverl¨assige Validierung von Modellen setzt ein genaues und effizientes numerisches Verfahren voraus. Insbesondere beim Vergleich von verschiedenen mathematischen Modellen bzw. bei Untersuchungen zum Einfluß einzelner Modellparameter auf die L¨osung des Gesamtgleichungssystems ist es sehr wichtig, daß die numerische L¨osung der exakten L¨osung des mathematischen Modells mit hoher Genauigkeit entspricht. Die ausreichende numerische Genauigkeit wurde durch die systematische Fehlerkontrolle und den Einsatz von nichtlinearen Diskretiseirungsverfahren h¨oherer Ordnung (TVD-Verfahren) gew¨ahrlei-

336

337

stet, die im ersten Teil dieser Arbeit ausf¨uhrlich beschrieben wurden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Konvergenzrate des Iterationsverfahrens bei der numerischen Behandlung der Modellgleichungen, da die Differentialgleichungen in mehreren Hunderttausenden von Gitterpunkten und u¨ ber Zehntausende von Zeitschritten aufgel¨ost werden m¨ussen, um das dreidimensionale und zeitabh¨angige Verhalten der Str¨omung wiederzugeben. Die Konvergenzrate des Iterationsverfahrens wird wesentlich von der Kopplung zwischen den einzelnen Modellgleichungen beeinflußt. Die Kopplung zwischen der Gasphase und der Fl¨ussigphase wird in einem Two-Fluid-Modell zum einen durch die Wechselwirkungsterme in den Impulsbilanzen f¨ur die jeweilige Phase, zum anderen durch den Volumenanteil der jeweiligen Phase am Gesamtvolumen ber¨ucksichtigt. Es wurde gezeigt, daß im Falle einer Gas-Fl¨ussig-Str¨omung das Two-Fluid-Modell durch ein Drift-Flux-Modell ersetzt werden kann. Das letztere enth¨alt die Wechselwirkungsterme nur in einer der beiden Impulsbilanzen, wodurch das Konvergenzverhalten des Iterationsverfahrens wesentlich beschleunigt werden kann. Abgesehen von der Konvergenzbeschleunigung hat das Drift-Flux-Modell gegen¨uber dem Two-Fluid-Modell den Vorteil, daß zur Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen Einphasensimulationsprogramme und -algorithmen verwendet werden k¨onnen, die nur unwesentlich modifiziert werden m¨ussen. Dabei ¨ ist wichtig, daß die weitgehende Aquivalenz des Two-Fluid-Modells und des Drift-FluxModells unabh¨angig vom konkreten Einsatz zur Modellierung der Wechselwirkungskr¨afte und der Turbulenzterme in der fl¨ussigen Phase erhalten bleibt. Im Rahmen dieser Arbeit sind wir von der Annahme ausgegangen, daß der Anteil der Gasphase am Gesamtvolumen moderat ist und lokal die 5%-Grenze nicht wesentlich bzw. nur an wenigen Stellen im Reaktor u¨ bersteigt. Es wurde gezeigt, daß bei niedrigem Gasphasenanteil die Boussinesq-Approximation f¨ur das Drift-Flux-Modell eingesetzt werden kann. Dadurch wird im Modell die Kopplung zwischen beiden Phasen durch den Volumenanteil der jeweiligen Phase am Gesamtvolumen eliminiert, was zu einer weiteren Konvergenzbeschleunigung f¨uhrt. Am Beispiel einer 3-D Simulation eines Schlaufenreaktors mit 140000 St¨utzstellen wurde gezeigt, daß das Two-Fluid-Modell und das Drift-Flux-Modell mit Boussinesq-Approximation sehr a¨ hnliche Ergebnisse liefern, wobei die erforderliche Rechenzeit beim Einsatz des Drift-Flux-Modells um einen Faktor 48 k¨urzer ausfiel. Die Bedeutung der einzelnen Kr¨afte f¨ur die Blasenbewegung wurden anhand der Bewegungsgleichung f¨ur die Einzelblase separat untersucht. Es wurde gezeigt, daß die einzigen relevanten Kr¨afte die Druckkraft und die Widerstandskraft sind, wobei nur solche Kr¨afte als relevant bezeichnet wurden,

338

KAPITEL 10: ZUSAMMENFASSUNG

- deren Existenz experimentell nachgewiesen ist und - deren Ber¨ucksichtigung bei der numerischen Simulation einen bedeutenden Einfluß auf die Ergebnisse hat. Ein Vergleich von unterschiedlichen Ans¨atzen f¨ur den Widerstandsbeiwert hat gezeigt, daß f¨ur das Wasser/Luft-System die Endgeschwindigkeit der Gasblasen f¨ur Blasendurchmesser von 2mm bis 6mm in einem engen Bereich zwischen 20 und 25 cm/s liegt. Eine große Unsicherheit betrifft allerdings das Widerstandsverhalten der Blasen im Schwarm. In der Literatur wird sowohl von der Abnahme als auch von der Zunahme der Schwarmgeschwindigkeit mit zunehmendem Gasgehalt berichtet. Das komplexeste Problem stellt die Modellierung der Turbulenz in einem Zweiphasensystem dar. Am Beispiel einer lokal begasten Blasens¨aule wurde gezeigt, daß ohne Ber¨ucksichtigung des Turbulenzeinflusses mit zunehmender Gitterfeinheit mehr und mehr Wirbel aufgel¨ost werden und keine Gitterkonvergenz erzielt wird. Deshalb wurde in einem ersten Schritt zur Beschreibung der Turbulenz in Zweiphasensystemen das einphasige k --Modell eingesetzt. Ein Modell, das bei der Beschreibung der auf die Gasblase wirkenden Kr¨afte nur die Druckkraft und die Widerstandskraft ber¨ucksichtigt bzw. eine konstante Blasenschlupfgeschwindigkeit von 20 cm/s annimmt und die turbulenten Terme mit Hilfe des einphasigen k -Modells beschreibt, wurde als Basismodell bezeichnet. Dieses Basismodell wurde an unterschiedlichen Konfigurationen von lokal begasten Blasens¨aulen, Schlaufenapparaten und gleichm¨aßig begasten Blasens¨aulen getestet. Bei lokal begasten Blasens¨aulen handelte es sich um Zweiphasenstr¨omungen mit einem niedrigen Gasgehalt (1-2%), wobei die Gasphase nur in einem relativ kleinen Bereich der Apparatur vorhanden war. Der Einsatz des Basismodells zur Berechnung von station¨aren ¨ und instation¨aren Blasenstr¨omungen hat in allen Testf¨allen zu einer sehr guten Ubereinstimmung zwischen Meßdaten und Simulation gef¨uhrt. Wichtige Voraussetzung war, daß die Simulationen dreidimensional und auf einem hinreichend feinen numerischen Gitter mit der TVD-Diskretisierung der Konvektionsterme durchgef¨uhrt wurden. In Vergleichssimulationen mit unterschiedlichen Werten der Schlupfgeschwindigkeit (20 und 25cm/s) hat sich gezeigt, daß die Variation der Schlupfgeschwindigkeit nur wenig Einfluß auf die Simulationsergebnisse besitzt. Im Falle von flachen Schlaufenreaktoren wurden einige Testf¨alle mit einem ebenfalls moderaten Gasgehalt untersucht. Die Gasblasen verteilen sich diesmal allerdings uber ¨ den gesamten Querschnitt des Risers und u¨ ben einen betr¨achtlichen Einfluß auf die Turbulenz in der fl¨ussigen Phase aus. In diesem Fall konnte mit dem Basismodell zwar eine gute qualitative

339

¨ ¨ Ubereinstimmung mit den Experimenten erzielt werden, eine quantitative Ubereinstimmung der Simulationsergebnisse mit den Meßdaten wurde jedoch erst nach einer Erweiterung des Basismodells durch zus¨atzliche Terme zur Beschreibung der blaseninduzierten Turbulenz (BIT) erreicht. Dabei wurde festgestellt, daß die Simulationsergebnisse sehr empfindlich gegen¨uber einer Variation der in den zus¨atzlichen BIT-Termen enthaltenen Modellkonstanten reagieren, so daß ein Einsatz der BIT-Terme f¨ur eine Apriori-Berechnung von Zweiphasenstr¨omungen mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Vergleichssimulationen mit unterschiedlichen Werten der Schlupfgeschwindigkeit haben gezeigt, daß die Simulationsergeb¨ nisse auf die Anderung dieses Parameters insbesondere dann empfindlich reagieren, wenn der Begaser mit einer hohen Geschwindigkeit seitlich u¨ berstr¨omt wird. In einem solchen Fall bestimmt die H¨ohe der Schlupfgeschwindigkeit die St¨arke der horizontalen Auslenkung des Blasenschwarmes. Es wurde bereits erw¨ahnt, daß beim Aufbau des mathematischen Modells die Annahme getroffen wurde, daß der Anteil der Gasphase am Gesamtvolumen moderat ist und lokal die 5%-Grenze nicht wesentlich bzw. nur an wenigen Stellen im Reaktor u¨ bersteigt. Der Grund f¨ur diese Einschr¨ankung liegt darin, daß ab einem Gasgehalt von 5% die Blasenwechselwirkungen sehr stark zunehmen. Das betrifft nicht nur die erh¨ohte Koaleszenzwahrscheinlichkeit und Bildung von gr¨oßeren Blasen, sondern auch eine starke nichtlineare Wechselwirkung der blaseninduzierten und scherinduzierten Turbulenz, sowie eine Ver¨anderung des Wiederstandsverhaltens von Blasenclustern im Vergleich zu Einzelblasen. Die bisher vorhandenen experimentellen Daten sind zum Teil widerspr¨uchlich und reichen nicht aus, um die oben genannte Effekte zuverl¨assig abzusch¨atzen. Somit lassen sich die praxisrelevanten Str¨omugen mit hoher Gasbelastung mit der aktuellen Modellversion noch nicht zuverl¨assig berechnen. Die zufriedenstellenden Simulationsergebnisse bei der Berechnung von Blasenstr¨omungen mit einem niedrigen Gasgehalt, die in dieser Arbeit pr¨asentiert wurden, lassen jedoch hoffen, daß auch in praxisrelevanten Str¨omugen mit hoher Gasbelastung genaue Berechnungen m¨oglich sein werden, sobald ausreichend Datenmaterial zur Beschreibung der bis jetzt noch nicht genau verstandenen Ph¨anomenen vorliegt. Dabei k¨onnen entsprechende Daten sowohl aus gezielten Experimenten oder auch aus der Direkten Numerischen Simulation stammen. Die im letzten Kapitel pr¨asentierten Simulationsergebnisse f¨ur gleichm¨aßig begaste Blasens¨aulen zeigen, daß bereits mit der aktuellen Modellversion das sehr komplexe Str¨omungsverhalten in diesen Apparaten zumindest qualitativ korrekt wiedergegeben werden kann. Die starke Abh¨angigkeit der Simulationsergebnisse von eingesetzten BIT-Modellparametern zeigt jedoch, daß die Entwicklung von zuverl¨assigen und ausreichend validierten Modellen f¨ur turbulente Effekte eine dringende Voraussetzung f¨ur die modellgest¨utzte numerische Simulation praxirelevanter Blasenstr¨omungen ist.

340

ANHANG A: AUSGELAGERTE BEWEISE ZU EINZELNEN THEOREMEN

Anhang A

Ausgelagerte Beweise zu einzelnen Theoremen A.1 Beweis des Theorems 3

U i f¨ur alle i und TV (U ) < 1, dann gilt   TV (U ) = U +1 ; U ;1 (A.1)

Es sei U eine monotone Gitterfunktion mit U i+1

mit

U 1 := i!1 lim U i: Wir werden zun¨achst annehmen, daß f¨ur U

Daraus folgt, daß

(A.2)

= FV (U ) gilt

U1 = U 1 :

(A.3)

  TV (U ) U +1 ; U ;1 

(A.4)

ist. Auf der anderen Seite folgt aus der TVD-Eigenschaft, daß

und somit

  TV (U )  TV (U ) = U +1 ; U ;1 

(A.5)

  TV (U ) = U +1 ; U ;1

(A.6)

ist. Jede Monotonie-Verletzung in U w¨urde allerdings zu einer h¨oheren totalen Variation f¨uhren und ist somit nicht m¨oglich.

341

A.2: BEWEIS DES THEOREMS 4

Wir m¨ussen noch die vorher getroffene Annahme (A.3) u¨ berpr¨ufen. Hier kommt die Lipschitz-Stetigkeit der Funktion F (U  i ; 1=2) ins Spiel. Wir erinnern uns, daß der numerische Konvektionsstrom von einer endlichen Anzahl der Elemente des Vektors U abh¨angt, die um das Element Ui zentriert“ sind. Wir nehmen an, daß diese Elemente Indizes ” i + i1 i + i2 ::: i + im haben, wobei i1 ::: im sowohl negativ als auch positiv sein k¨onnen. Aus (1.53) folgt dann

  t Ui ; U i  =  x  jF (U  i + 1=2) ; F (U  i ; 1=2)j X  xt  Lj  jUi+j+1 ; Ui+j j : j =i1 i2 ::: im

(A.7)

Hier bezeichnen Lj die Lipschitz-Konstanten. Wegen TV (U ) < 1 gilt jUi+1 ; Ui j wenn i ! 1. Deshalb f¨uhrt ein Grenz¨ubergang i ! 1 in (A.7) zu (A.3). 2

A.2

! 0,

Beweis des Theorems 4

Wir schreiben den Ausdruck (1.141) f¨ur Indizes i + 1 und i auf und bilden die Differenz aus beiden:

Ui+1 = U i+1 ; Ci(Ui+1 ; Ui) + Di+1 (Ui+2 ; Ui+1)

; Ui = U i ; Ci;1(Ui ; Ui;1) + Di (Ui+1 ; Ui) (Ui+1 ; Ui ) = (U i+1 ; U i) ; Ci(Ui+1 ; Ui) + Ci;1(Ui ; Ui;1 ) + Di+1 (Ui+2 ; Ui+1) ; Di (Ui+1 ; Ui) bzw.

(1 + Ci + Di )(Ui+1 ; Ui) = (U i+1 ; U i) + Ci;1(Ui ; Ui;1 ) + Di+1(Ui+2 ; Ui+1): Daraus folgt wegen (1.142, 1.143)

(1 + Ci + Di )jUi+1 ; Uij  jU i+1 ; U ij + Ci;1jUi ; Ui;1j + Di+1jUi+2 ; Ui+1 j:

(A.8)

342

ANHANG A: AUSGELAGERTE BEWEISE ZU EINZELNEN THEOREMEN

Wir summieren die Ungleichung (A.8) von beiden Seiten doppelt auftretenden Terme:

iX =i2 i=i1 iX =i2 i=i1

i1 bis i2 (i1 < i2) auf und streichen die auf

jUi+1 ; Uij + Ci jUi +1 ; Ui j + Di jUi +1 ; Ui j  2

2

2

1

1

1

jU i+1 ; U ij + Ci ;1jUi ; Ui ;1j + Di +1jUi +2 ; Ui +1j 1

Ein Grenz¨ubergang i1

1

1

2

2

2

(A.9)

! ;1, i2 ! +1 f¨uhrt wegen (1.142, 1.143, 1.144) zu i=+ X1 i=;1

jUi+1 ; Uij 

i=+ X1 i=;1

jU i+1 ; U ij:

Das entspricht genau der Definition eines TVD-Verfahrens.2

A.3 Beweis des Theorems 6 Man kann den lokalen Abbruchfehler Ltvd (x) des Verfahrens (1.153) folgendermaßen darstellen:

Ltvd (x) = Lcds (x) + 2a x ((ui+1 ; ui)( r ; 1) ; (ui ; ui;1)( l ; 1)) xi=x

(A.10)

wobei Lcds (x) den lokalen Abbruchfehler des CDS-Verfahrens bezeichnet (1.103). Da das CDS-Verfahren die Approximationsordnung 2 hat (s. (1.105)), reicht es zu zeigen, daß f¨ur

L := 2a x ((ui+1 ; ui)( r ; 1) ; (ui ; ui;1)( l ; 1)) xi=x

(A.11)

L = O(x2):

(A.12)

gilt

Die Taylorentwicklung von ui;1 , ui+1 f¨uhrt zu

( ! 2  x 3 u + xux + 2 uxx + O(x ) ; u ( r ; 1)  ! ) 2  x 3 ; u ; u + xux ; 2 uxx + O(x ) ( l ; 1)

L = 2a x 

343

A.4: BEWEIS DES THEOREMS 7

bzw.

  L = a2 ux( r ; l) + 2x uxx(( r ; 1) + ( l ; 1)) + O(x2):

F¨ur (A.12) reicht es zu zeigen, daß

r ; 1 = O(x) l ; 1 = O(x)

(A.13)

r ; l = O(x2):

(A.14)

und

gilt. Wegen ux (x

t) 6= 0 existiert ein K > 0 und x0 > 0, so daß f¨ur alle x < x0 gilt: ju(x  x t) ; u(x t)j > K x: (A.15)

Wir k¨onnen daher annehmen, daß l und r f¨ur hinreichend kleine x wohldefiniert sind, und l = (l ) bzw. r = (r ) in die Bedingungen (A.13, A.14) einsetzen. Es wird zun¨achst die Bedingung (A.13) gepr¨uft. F¨ur hinreichend kleine x gilt r es folgt aus den Voraussetzungen dieses Theorems:

1, und

j r ; 1j = j (r) ; (1)j  L  jr ; 1j =     u 2 u i ; ui;1 i ; ui;1 ; ui+1     = L   ui+1 ; ui ; 1xi=x = L   ui+1 ; ui xi=x    2 2 L  x  x  3   K x  2u ; u + xux ; 2 uxx ; u ; xux ; 2 uxx + O(x ) =   = KLx  x2uxx + O(x3) = O(x): Hier bezeichnet L die Lipschitz-Konstante. Die zweite H¨alfte der Bedingung (A.13) sowie die Bedingung (A.14) k¨onnen analog u¨ berpr¨uft werden.2 A.4

Beweis des Theorems 7

1. Setzt man die Funktion () = ()= in die Ungleichungen (1.189) ein, so erh¨alt man

0  2 + (r) ; (l)  C r

(A.16)

344

ANHANG A: AUSGELAGERTE BEWEISE ZU EINZELNEN THEOREMEN

Diese Ungleichungen stimmen jedoch mit Bedingungen (1.171) uberein, ¨ die unter den Voraussetzungen des Theorems 5 erf¨ullt sind. 2. Setzt man stattdessen () = (1=) in die Ungleichungen (1.189) ein, so erh¨alt man

 1  1 0  2 +  ;  l  C r l

(A.17)

Einfachheitshalber ersetzen wir 1=r durch r und 1=l durch l :

0  2 + (r) ; (l)  C l

(A.18)

Aus (1.156, 1.157, 1.173) folgt nun:

2 + (r ) ; (l) 2 + (r) ; 2l = (r ) 0 l l

(A.19)

Auf der anderen Seite gilt wegen (1.156, 1.157, 1.172):

2 + (r) ; (l)  2 + (r)  4: l

(A.20)

Das Theorem ist bewiesen.2

A.5 Beweis des Theorems 8 Wir definieren zun¨achst analog zu Ul die Geschwindigkeit Ur am rechten Rand des i-ten Volumenelements:

Ur := 12 (Ui + Ui+1):

(A.21)

Wir werden nun das resultierende TVD-Verfahren in Form (1.141) darstellen und zeigen, daß die Ungleichungen (1.142) und (1.143) erf¨ullt sind. Die konkrete Darstellung des resultierenden TVD-Verfahrens h¨angt von den Vorzeichen der Werte Ul und Ur ab. Es m¨ussen daher 4 F¨alle ber¨ucksichtigt werden. Fall 1: Ul

> 0, Ur > 0.

Dieser Fall wurde bereits bei der Behandlung der positiven L¨osungsfunktion ber¨ucksichtigt (s. (3.39)). Fall 2: Ul

< 0, Ur < 0.

345

A.5: BEWEIS DES THEOREMS 8

Analog zu (3.39) gilt in diesem Fall:

 ! ( U (  i+1 + Ui )t l) Ui = U i ; 2 ; (r ) + 4x l (Ui+1 ; Ui)  ! (  j U r jt l) = U i + 2x 2 ; (r) +  (Ui+1 ; Ui ) l

(A.22)

Das entspricht (1.141) mit

Ci;1 = 0  ! j U (  r j t l) Di = 2x 2 ; (r) +  l

(A.23)

Damit die Bedingung (1.143) erf¨ullt ist, m¨ussen folgende Ungleichungen gelten

0  2 ; (r ) + (l)  D:

(A.24)

l

Unter den Voraussetzungen des Theorems 5 kann die G¨ultigkeit dieser Bedingungen v¨ollig analog zu (1.171) gezeigt werden. Fall 3: Ul

> 0, Ur < 0.

Einsatz von (3.44) in die Finite-Volumen-Formulierung (3.29) f¨uhrt in diesem Fall zu folgender Diskretisierung der Burger-Gleichung:

Ui ; U i + 21 Ui2+1 ; 2r  Ui+12;Ui ; 12 Ui2;1 ; 2l  Ui ;2Ui;1 = 0 t x 2

2

2

2

(A.25)

bzw. (vorausgesetzt, daß l und r wohldefiniert sind):

 !  t (  (  r) 2 l) 2 2 2 2 2 Ui = U i ; 2x Ui+1 ; 2 (Ui+1 ; Ui ) ; Ui;1 ; 2 (Ui ; Ui;1)

Eine Addition und Subtraktion von

t 2x

(A.26)

 Ui2 auf der rechten Seite f¨uhrt zu:

 ! (   t r) 2 2 2 2 Ui = U i ; 2x Ui+1 ; Ui ; 2 (Ui+1 ; Ui )  !  t (  l) 2 2 2 2 ; 2x Ui ; Ui;1 ; 2 (Ui ; Ui;1 )

bzw.

t  (2 ; ( ))  (U 2 ; U 2) Ui = U i ; 4 r i i+1 x

(A.27)

346

ANHANG A: AUSGELAGERTE BEWEISE ZU EINZELNEN THEOREMEN

t  (2 ; ( ))  (U 2 ; U 2 ) ; 4 l i i;1 x r jt = U i + jU2 x  (2 ; (r))  (Ui+1 ; Ui ) ; U2l xt  (2 ; (l))  (Ui ; Ui;1)

(A.28)

Das entspricht (1.141) mit

l t Ci;1 = U2 x  (2 ; (l)) r jt Di = jU2 x  (2 ; (r))

(A.29)

Da f¨ur alle TVD-Limiter gilt

0  ()  2

(A.30)

sind die Bedingungen (1.142) und (1.143) des Harten-Theorems erf¨ullt. Fall 4: Ul

< 0, Ur > 0.

Einsatz von (3.44) in (3.29) f¨uhrt zu:

Ui ; U i + 12 Ui2 + 2r  Ui+12;Ui ; 12 Ui2 + 2l  Ui ;2Ui;1 = 0: t x 2

bzw.

2

2

2

 ! (  (   t r) 2 l) 2 2 2 Ui = U i ; 2x 2 (Ui+1 ; Ui ) + 2 (Ui ; Ui;1 )

(A.31)

(A.32)

Daraus folgt

t  ( )  (U 2 ; U 2) ; t  ( )  (U 2 ; U 2 ) Ui = U i ; 4 r l i+1 i i i;1 x 4x

jUljt  ( )  (U ; U ) r t = U i ; U2  (  r )  (Ui+1 ; Ui ) + l i i;1 x 2x Das entspricht (1.141) mit

l jt Ci;1 = ; jU2 x  (l) r t Di = ; U2 x  (r)

(A.33)

347

A.6: BEWEIS DES THEOREMS 9

Damit die Bedingungen (1.142) und (1.143) des Harten-Theorems erf¨ullt sind, muß in diesem Fall (l ) = (r ) = 0 gelten. Aus (3.45, 3.46) folgt wegen Ul

< 0: 2 2 l = UUi2+1;;UU2 i = UUi+1; ;U Ui  UUr i i;1 l i i;1

(A.34)

Der letzte Bruch auf der rechten Seite ist wegen der getroffenen Annahme (Ul < 0, Ur > 0) ;Ui negativ. Gilt Ui;1 < Ui < Ui+1 , so ist UUii+1 ;Ui;1 positiv, und damit l < 0. In diesem Fall gilt (l) = 0. Liegt der Wert Ui nicht innerhalb des Intervalls (Ui;1 Ui+1 ), so ist l > 0, und die Bedingung (1.142) ist nicht erf¨ullt. Man beachte, daß in diesem Fall Ui die Stelle des lokalen Extremums der Gitterfunktion ist. Bei der TVD-Diskretisierung der linearen Konvektionsgleichung wurde in der N¨ahe solcher Stellen das Upwind-Verfahren 1.Ordnung eingesetzt. Wir k¨onnen auch im Falle der Burger-Gleichung a¨ hnlich vorgehen, wof¨ur eine leichte Modifikation in der Definition der Gr¨oße l notwendig ist:

 ! U U I + UI ;1 I ; UI ;1 l := U + U  max U ; U 0 : i i;1 i i;1

(A.35)

Durch diese Modifikation wird erreicht, daß im Falle Ul < 0, Ur > 0 die Bedingung (l ) = 0 und somit (1.142) erf¨ullt ist. Aus Symmetriegr¨unden ist auch (r) = 0 und es gilt somit Di = 0.2 Man kann leicht zeigen, daß die Modifikation (A.35) keinen Einfluß auf den Nachweis der TVD-Eigenschaft in F¨allen 1 bis 3 hat, da die neue Definition von l restriktiver als die alte ist (d.h. den Upwind-Strom noch st¨arker gewichtet). Man beachte, daß in Bereichen mit positiver bzw. negativer L¨osungsfunktion die lokalen Extremstellen von fUi g und fUi2g ubereinstimmen, ¨ so daß beide Definitionen — (3.45) und (A.35) — zum selben Wert des Gewichtungsfaktors l f¨uhren. Die Unterschiede ergeben sich nur in einem eher seltenen Fall, daß ein Vorzeichenwechsel der L¨osungsfunktion in der N¨ahe der lokalen Extremumstelle stattfindet.

A.6

Beweis des Theorems 9

Wir wollen untersuchen, ob das resultierende Slope-Limiter-Verfahren die TVD-Eigenschaft hat. Wir beschr¨anken uns diesmal auf den Fall einer positiven L¨osungsfunktion, so daß Ul > 0 und Ur > 0 gilt. Einsatz von (3.47) in die Finite-Volumen-Formulierung (3.29) f¨uhrt

348

ANHANG A: AUSGELAGERTE BEWEISE ZU EINZELNEN THEOREMEN

zu folgender Diskretisierung der Burger-Gleichung:

TVD (Slope ; Limiter) :  Ui ; U i + 21 Ui + r Ui

;Ui 2 ; 1 U + Ui ;Ui;1 2 i;1 l 2 2 2

+1

t

x

= 0:

(A.36)

Daraus folgt (vorausgesetzt, daß l und r wohldefiniert sind):

( 2  2)  t U U i+1 ; Ui i ; Ui;1 Ui = U i ; 2x Ui + (r ) 2 ; Ui;1 + (l) 2    t U U i+1 ; Ui i ; Ui;1 = Ui ;  2x Ui + (r) 2 + Ui;1 + (l) 2    Ui + (r ) Ui+12; Ui ; Ui;1 ; (l) Ui ;2Ui;1 (  !)  t U i ; Ui;1 (r ) = U i ; 4x Ui + Ui;1 + 2 r + (l)   ! (  r)  2 ; (l) +  (Ui ; Ui;1) r

(A.37)

Das entspricht (1.141) mit

(  !)  !  t U (  i ; Ui;1 (r ) r) Ci;1 = 4x Ui + Ui;1 + 2 r + (l)  2 ; (l) + r Di = 0

Unter den Voraussetzungen des Theorems 5 gelten die Ungleichungen (1.171). Damit die Bedingung (1.142) erf¨ullt ist, reicht es deshalb zu zeigen, daß der Ausdruck

(

 !) U i ; Ui;1 (r ) A := Ui + Ui;1 + 2 r + (l)

(A.38)

nicht negativ ist. Unter den gemachten Voraussetzungen gilt Ui + Ui;1 > 0 sowie ( (r)=r + (l)) 0, so daß A nur dann negativ sein kann , wenn Ui ; Ui;1 < 0 ist. In diesem Fall folgt aus ()  2 :

A

(

 !) U i ; Ui;1 (r ) Ui + Ui;1 + 2 r + 2

349

A.6: BEWEIS DES THEOREMS 9

=

(

) U i ; Ui;1 (r ) 2Ui + 2   := A1 r

(A.39)

Wir unterscheiden nun 3 F¨alle.

Fall 1: r

< 0.

Es gilt (r ) = 0 und somit

A A1 = 2Ui > 0: Fall 2: 0 < r

(A.40)

< 1.

Die Ungleichung 0 < r bedeutet

0 < UUi ; ;Ui;U1 : i+1

Wegen Ui ; Ui;1

i

< 0 gilt auch Ui+1 ; Ui < 0. Aus der Ungleichung r < 1 folgt nun: r = UUi ; ;Ui;U1 < 1 =) i+1 i Ui;1 ; Ui < Ui ; Ui+1 =) Ui+1 < 2Ui ; Ui;1 :

Auf der anderen Seite folgt aus (r )  2r und somit

0 < r < 1 sowie

(1.172, 1.173) die Ungleichung

A A1 2Ui + Ui ;2Ui;1  2 = 3Ui ; Ui;1 > Ui + Ui+1 > 0

Fall 3: r

(A.41)

> 1.

Aus (1.172, 1.173) folgt, daß in diesem r -Bereich (r )  2 ist, und deshalb



A A1 2Ui + Ui ; Ui;1 = 2Ui + Ui+1 ; Ui = Ui + Ui+1 > 0 r

Wir haben somit gezeigt, daß im Falle einer positiven L¨osungsfunktion das konstruierte Slope-Limiter-Verfahren unter den Voraussetzungen des Theorems 5 die TVD-Eigenschaft besitzt. 2

350

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