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German Pages 234 Year 2009
Marcus Hattula Kontextabhängige Konzeptualisierung der Markenpersönlichkeit
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Marcus Hattula
Kontextabhängige Konzeptualisierung der Markenpersönlichkeit Eine empirische Analyse am Beispiel des deutschen Automobilmarktes
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hans H. Bauer
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Mannheim, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1443-9
Geleitwort
Im Zuge des Wandels von der Transaktions- zur Beziehungsökonomie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten in der Unternehmenspraxis wie auch in der Markenforschung ein sozialpsychologisches Markenverständnis entwickelt. Demnach sucht der Konsument im Umgang mit bedeutsamen Objekten nach einem authentischen und vertrauenswürdigen Beziehungspartner. Der Wunsch nach Vertrautheit und Risikoreduktion sowie nach einem komfortablen Umgang mit dem Angebot begründet dabei das natürliche Bedürfnis, die leblose Marke zu vermenschlichen. Die Marke muss daher als aktiver Interaktionspartner des Konsumenten interpretiert werden, die analog einem Menschen auch eine Persönlichkeit besitzt. Somit erlangt in Wissenschaft und Praxis das Konstrukt der Markenpersönlichkeit verstärkte Aufmerksamkeit. Dabei werden menschliche Wesenszüge metaphorisch auf die Marke übertragen, in Persönlichkeitsdimensionen strukturiert und in standardisierten Messinventaren einer wissenschaftlichen und praktischen Nutzung zugeführt. Der weiteren Erarbeitung des Konstruktes der Markenpersönlichkeit nimmt sich Marcus Hattula an, indem er zwei bisher vernachlässigte grundlegende konzeptuelle Forschungsfragen aufwirft, theoretisch fundiert und für den deutschen Automobilmarkt empirisch analysiert. Einerseits wird geklärt, was unter dem Begriff der Markenpersönlichkeit bzw. der sie konstituierenden Wesenszüge zu verstehen ist und wie sie entstehen. Andererseits wird hinterfragt, inwiefern überhaupt eine „einzig wahre“ Persönlichkeitsstruktur existiert oder ob das Konstrukt vielmehr in spezifischen Variationen je nach Kontext wie der jeweils betrachteten Marke oder dem jeweils urteilenden Konsumenten vorliegt. Die Arbeit fordert somit eine stärkere Konzeptualisierung von Konstrukten wie der Markenpersönlichkeit und nimmt eine kontextuelle Perspektive ein, die den Forscher anregt, bei jeder Analyse die zentralen Rahmenbedingungen (Kontexte) zu beachten und damit seine Ergebnisse zu präzisieren. Durch die Sensibilisierung für die Kontextabhängigkeit des Konstruktes werden die Rahmenbedingungen und der Gültigkeitsbereich einer Untersuchung systematisiert. Dies resultiert in einem tieferen Konzeptverständnis und erlaubt, in kontextübergreifenden Metaanalysen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzudecken und zu erklären. V
Die Grundsätze des Kontextualismus gelten jedoch nicht nur für die Wissenschaft, sondern insbesondere auch die Unternehmenspraxis steht vor der Herausforderung, die zentralen Wesenszüge und Persönlichkeitsdimensionen einer Marke aus Sicht der jeweiligen Zielgruppe aufzudecken und bei der Definition der eigenen Identität zu berücksichtigen. Somit besitzt diese Arbeit höchste praktische Relevanz zur Sicherung einer gegenseitig profitablen Beziehung zwischen Marke und Konsument. Ich wünsche dieser sehr profunden Arbeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit in der Wissenschaft und in der Unternehmenspraxis. Univ.-Prof. Dr. Hans H. Bauer
VI
Vorwort
Mit der vorliegenden Arbeit geht meine Promotion zu Ende. Zu ihrem Gelingen haben verschiedene Personen einen wichtigen Beitrag geleistet. Bei diesen möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Zunächst gebührt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Hans H. Bauer für die sehr hilfreichen Rücksprachen, sein entgegengebrachtes Vertrauen und dem damit verbundenen Freiraum besonderer Dank. Frau Professor Dr. Sabine Kuester danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats. Ein Dankeschön gilt auch dem Lehrstuhlteam von Herrn Professor Bauer, insbesondere Dr. Maik Hammerschmidt bereicherte meine Arbeit durch wertvolle Diskussionen und Anmerkungen. In diesem Sinne möchte ich auch meinen wissenschaftlichen Mitstreiterinnen Christine Knackfuss und Dr. Regine Lampert für ihren wertvollen Input zur Arbeit danken. Mein Dank richtet sich darüber hinaus an Dr. Ralf Mäder, der mir Sonderanalysen seiner Daten zur Verfügung stellte. Des Weiteren bin ich meinen Kollegen der BMW AG – Dirk Arnold, Wolfgang Breyer, Dr. Josef Köster, Dr. Mark Leach und Dr. Ralf Rodepeter – für ihre Unterstützung zu Dank verpflichtet. Abschließend möchte ich meinen Freunden und meiner Familie danken, die meinem Promotionsvorhaben großes Verständnis geschenkt haben. Vor allem sei meine Freundin Madlen erwähnt, welche stets an mich und meine Ideen glaubt. Meinen Freunden Jörg Auth, Christoph Broichmann, Dr. Walter Herzog und Robert Rausch möchte ich für die vielen Diskussionen und die Durchsicht dieser Arbeit danken. Besonderen Dank möchte ich meinen beiden Brüdern Stefan und Johannes sagen, ohne deren immerwährende Unterstützung diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Schließen möchte ich mit einem Dankeschön an meine Eltern, denen ich alles zu verdanken habe. Ich widme diese Arbeit meiner Tante und meinem Großvater, die mich persönlich stark geprägt haben. Marcus Hattula
VII
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht ............................................................................................................. IX Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................... XI Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. XIII Tabellenverzeichnis .....................................................................................................XV Anhangsverzeichnis ..................................................................................................XVII Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. XIX 1 Bedeutung der Markenpersönlichkeit ......................................................................1 2 Konstrukt der Markenpersönlichkeit.......................................................................8 2.1 Definition der Markenpersönlichkeit.....................................................................9 2.2 Entstehung der Markenpersönlichkeit .................................................................41 2.3 Wirkung der Markenpersönlichkeit .....................................................................47 3 Markenpersönlichkeit im Kontext von Marke und Konsument ..........................50 3.1 Theoretische Grundlagen des Kontextualismus ..................................................51 3.2 Kontextabhängigkeit der Wesenszüge.................................................................58 3.3 Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen........................................75 3.4 Hypothesensystem ...............................................................................................82 4 Empirische Untersuchung: Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit im deutschen Automobilmarkt ................................................................................83 4.1 Untersuchungsdesign ...........................................................................................84 4.2 Test der Hypothese 1: Kontextabhängigkeit der Wesenszüge ............................99 4.3 Test der Hypothese 2: Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen..117 5 Zusammenfassung und Implikationen..................................................................144 Anhang..........................................................................................................................153 Literaturverzeichnis ....................................................................................................179
IX
Inhaltsverzeichnis
1 Bedeutung der Markenpersönlichkeit ......................................................................1 2 Konstrukt der Markenpersönlichkeit.......................................................................8 2.1 Definition der Markenpersönlichkeit.....................................................................9 2.1.1 Wesenszüge als Analyseeinheiten..............................................................10 2.1.1.1 Begriff des Wesenzuges ......................................................................10 2.1.1.2 Selektion der Wesenszüge...................................................................12 2.1.2 Persönlichkeitsdimensionen als Metafaktoren ...........................................26 2.1.2.1 Systematisierung von Interdependenzen der Wesenszüge..................26 2.1.2.2 Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit ........................................27 2.1.2.3 Dimensionierungen der Markenpersönlichkeit ...................................30 2.1.2.4 Herausforderungen bei der Dimensionierung .....................................38 2.2 Entstehung der Markenpersönlichkeit .................................................................41 2.2.1 Kognitive Algebra ......................................................................................41 2.2.2 Strukturierung der Determinanten der Markenpersönlichkeit ...................45 2.3 Wirkung der Markenpersönlichkeit .....................................................................47 2.3.1 Self Expression Model ...............................................................................47 2.3.2 Functional Benefit Representation Model..................................................48 2.3.3 Relationship Basis Model...........................................................................48 3 Markenpersönlichkeit im Kontext von Marke und Konsument ..........................50 3.1 Theoretische Grundlagen des Kontextualismus ..................................................51 3.2 Kontextabhängigkeit der Wesenszüge.................................................................58 3.2.1 Marke-Wesenszug-Interaktion ...................................................................59 3.2.2 Konsument-Wesenszug-Interaktion ...........................................................66 3.3 Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen........................................75 3.3.1 Kontextfaktor Marke ..................................................................................76 3.3.2 Kontextfaktor Konsument ..........................................................................80 3.4 Hypothesensystem ...............................................................................................82 XI
4 Empirische Untersuchung: Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit im deutschen Automobilmarkt ................................................................................83 4.1 Untersuchungsdesign ...........................................................................................84 4.1.1 Analyseeinheiten ........................................................................................84 4.1.2 Untersuchungsobjekte ................................................................................91 4.1.3 Probanden...................................................................................................93 4.1.4 Datenerhebung ...........................................................................................95 4.2 Test der Hypothese 1: Kontextabhängigkeit der Wesenszüge ............................99 4.2.1 Generalisierbarkeit der Wesenszüge ........................................................100 4.2.2 Marke-Milieu-Cluster...............................................................................103 4.2.3 Bedeutungsräume der Wesenszüge ..........................................................109 4.2.4 Zusammenfassung....................................................................................116 4.3 Test der Hypothese 2: Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen..117 4.3.1 Generische Dimensionen..........................................................................118 4.3.2 Branchenspezifische Dimensionen ..........................................................126 4.3.3 Marken- und Milieuspezifische Dimensionen .........................................137 4.3.4 Zusammenfassung....................................................................................143 5 Zusammenfassung und Implikationen..................................................................144 Anhang..........................................................................................................................153 Literaturverzeichnis ....................................................................................................179
XII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Markenpersönlichkeit aus Sicht des Unternehmens und der Konsumenten.........................................................................................3
Abbildung 2:
Das Markenpersönlichkeitsinventar nach Aaker (Brand Personality Scale) .....................................................................3
Abbildung 3:
Konsequenzen mangelbehafteter Konzeptualisierung ..........................5
Abbildung 4:
Das Konstrukt Markenpersönlichkeit – Untersuchungsverlauf ............8
Abbildung 5:
Das Atomium der Markenpersönlichkeit ............................................11
Abbildung 6:
Die Abhängigkeitsverhältnisse Personen beschreibender Begriffe ....17
Abbildung 7:
Der Prozess der Generierung von Wesenszügen nach Mäder ............24
Abbildung 8:
Die hierarchische Struktur der Persönlichkeitseigenschaften .............28
Abbildung 9:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Hieronimus .........33
Abbildung 10:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Mäder (Markenebene) ....................................................................................34
Abbildung 11:
Basisdimensionen auf Markenebene vs. Individualdatenebene..........35
Abbildung 12:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Mäder (Individualdatenebene)........................................................................36
Abbildung 13:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Bosnjak, Biochmann und Hufschmid .................................................................37
Abbildung 14:
Der philosophische Disput zum Persönlichkeitsverständnis...............42
Abbildung 15:
Die Entstehung von Wesenszügen (am Beispiel „sportlich“ im Automobilbereich) ..............................................................................45
Abbildung 16:
Determinanten der Markenpersönlichkeit...........................................46
Abbildung 17:
Wirkungsmodelle der Markenpersönlichkeit ......................................49
Abbildung 18:
Der Prozess der Theoriebildung bzw. -prüfung ..................................57
Abbildung 19:
Kontextfaktoren nach Rossiter ............................................................58
Abbildung 20:
Bedeutungen des Wesenszuges „sportlich“ im Kontext der Marke BMW....................................................................................................65
Abbildung 21:
Die deutsche Milieulandkarte .............................................................74 XIII
Abbildung 22:
Die Datenbox der Faktorenanalyse .....................................................75
Abbildung 23:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Petzold ................78
Abbildung 24:
Der Prozess der Generierung von Wesenszügen in Erweiterung von Mäder (2005) ...............................................................................85
Abbildung 25:
Bedeutungsgegensätze des Wesenszuges „sportlich“ .......................110
Abbildung 26:
Bedeutungsfacetten des Wesenszuges „sportlich“............................111
Abbildung 27:
Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ ..............................112
Abbildung 28:
Die konfirmatorische Faktorenanalyse des Inventars nach Aaker im automobilen Kontext....................................................................119
Abbildung 29:
Die konfirmatorische Faktorenanalyse des Inventars nach Mäder im automobilen Kontext....................................................................121
Abbildung 30:
Eigenwerte der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization) .............................................................................123
Abbildung 31:
Das Circumplex der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization) .............................................................................124
Abbildung 32:
Eigenwerte der automobilspezifischen Faktorisierung .....................126
Abbildung 33:
Eigenwerte der automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization) .............................................................................129
Abbildung 34:
Das Circumplex der automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization) .............................................................................131
Abbildung 35:
Die Automotive Brand Personality Map...........................................133
Abbildung 36:
Die bipolare Abfrage der Automotive Brand Personality Map (Dimension 1)....................................................................................135
Abbildung 37:
Die Positionierung der Marken in der Automotive Brand Perception Map .................................................................................136
Abbildung 38:
Das Circumplex der Faktorisierung der Marke Porsche (nach ipsatization) .............................................................................138
Abbildung 39:
Eigenwerte der Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz ...........................................................................140
Abbildung 40:
Der Prozess der identitätsorientierten Markenführung .....................150
XIV
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Das Klassifikationssystem Personen beschreibender Begriffe ...........15
Tabelle 2:
Varianten der Markenpersönlichkeit...................................................20
Tabelle 3:
Die Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit .................................29
Tabelle 4:
Originäre Strukturierungen der Markenpersönlichkeit .......................31
Tabelle 5:
Replikationsstudien der Brand Personality Scale...............................32
Tabelle 6:
Metafaktoren deutscher Markenpersönlichkeitsforschung .................38
Tabelle 7:
Soziale Milieus in Deutschland...........................................................73
Tabelle 8:
Das Hypothesensystem .......................................................................82
Tabelle 9:
Die Eignung negativer Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Marken ..................................................................88
Tabelle 10:
Die Reduktion global beurteilter Persönlichkeitsmerkmale ...............89
Tabelle 11:
Die Reduktion von Synonympaaren ...................................................89
Tabelle 12:
Die Operationalisierung der Wesenszüge ...........................................90
Tabelle 13:
Soziodemografika und Milieuverteilung der Stichprobe ....................98
Tabelle 14:
Die Varianzzerlegung der Wesenszugskorrelationen .......................102
Tabelle 15:
Die Ähnlichkeit der Marken anhand ihrer Wesenszugsinterpretation .................................................................103
Tabelle 16:
Assoziationen mit dem Begriff „sportlich“.......................................104
Tabelle 17:
Die Eignung der Merkmale zur Beschreibung von Marken im automobilen Kontext.........................................................................106
Tabelle 18:
Die Clusterung von Marke-Milieu-Kombinationen anhand der Wesenszugsinterpretation .................................................................108
Tabelle 19:
Das Untersuchungsdesign der semantischen Analyse von Wesenszügen.....................................................................................109
Tabelle 20:
Die Kongruenz der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ .........................................................................................114
Tabelle 21:
Der Erklärungsgehalt der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ .........................................................................................115 XV
Tabelle 22:
Gütekriterien des Inventars nach Aaker im automobilen Kontext ....120
Tabelle 23:
Gütekriterien des Inventars nach Mäder im automobilen Kontext ...122
Tabelle 24:
Faktorladungen der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization) .............................................................................123
Tabelle 25:
Ladungen einer vierdimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung ...................................................................................127
Tabelle 26:
Ladungen einer zweidimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization)....................................................129
Tabelle 27:
Ladungen einer vierdimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization)....................................................130
Tabelle 28:
Das Messinventar der Automotive Brand Personality Map..............134
Tabelle 29:
Die Kontextabhängigkeit der Automotive Brand Perception Map ...137
Tabelle 30
Die Kontextabhängigkeit einer Fünf-FaktorenPersönlichkeitsstruktur im Automobilmarkt .....................................140
Tabelle 31:
Faktorkongruenzen eines Half-Split-Samples in Abhängigkeit der Faktorenzahl ......................................................................................141
Tabelle 32:
Top-5-Ladungen einer sechsdimensionalen Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz ............................142
Tabelle 33:
Top-3-Ladungen einer fünfdimensionalen Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz (nach ipsatization) .............................................................................142
XVI
Anhangsverzeichnis Anhang 1:
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Markenbeschreibung (Auszug)..........153
Anhang 2:
Der Fragebogen zur Identifikation von Personen beschreibenden Globalurteilen (Auszug)....................................................................156
Anhang 3:
Der Fragebogen zur Identifikation von Synonymen (Auszug) .........158
Anhang 4:
Der Quotenplan der Hauptuntersuchung...........................................160
Anhang 5:
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung (Auszug)...........................161
Anhang 6:
Der Codeplan der offenen Frage nach Assoziationen mit dem Begriff „sportlich“.............................................................................168
Anhang 7:
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Automobilmarken (Auszug)..............................................................169
Anhang 8:
Die Ähnlichkeit der sozialen Milieus bei der Interpretation der Wesenszüge.......................................................................................172
Anhang 9:
Bedeutungsfacetten des Wesenszuges „sportlich“............................173
Anhang 10:
Der Fragebogen der semiotischen Analyse des Wesenszuges „sportlich“ (Auszug) .........................................................................174
Anhang 11:
Der Eigenwertverlauf der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ .........................................................................................175
Anhang 12:
Faktorladungen der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ .........................................................................................175
Anhang 13:
Der Eigenwertverlauf des Messinventars der Automotive Brand Personality Map ................................................................................175
Anhang 14:
Faktorladungen des Messinventars der Automotive Brand Personality Map ................................................................................176
Anhang 15:
Das Circumplex des Messinventars der Automotive Brand Personality Map ................................................................................176
Anhang 16:
Die bipolare Abfrage der Automotive Brand Personality Map (Dimension 2)....................................................................................177
Anhang 17:
Der Eigenwertverlauf der Faktorisierung des Premiumclusters (ipsatization)......................................................................................177
XVII
Abkürzungsverzeichnis ABPM
Automotive Brand Perception Map
AGFI
Adjusted Goodness-of-Fit Index
AUF
Aufstiegsorientiertes Milieu
BPS
Brand Personality Scale
CAPI
Computer Assisted Personal Interview
DEV
durchschnittlich erfasste Varianz
df
degrees of freedom
EBM
Eignung zur Beschreibung von Marken
ETB
Etabliertes Milieu
FL
Fornell-Larcker-Kriterium
GFI
Goodness-of-Fit Index
H
Hypothese
HED
Hedonistisches Milieu
Hrsg.
Herausgeber
i.e.S.
im engeren Sinne
INT
Liberal-Intellektuelles Milieu
i.w.S.
im weiteren Sinne
KMT
Konsummaterialistisches Milieu
LISREL
Linear Structural Relationships
MAR
Modernes Arbeitnehmermilieu
MBL
Modernes bürgerliches Milieu
MBTI
Myers Briggs Type Indicator
mbv
market based view
NEO-FFI
NEO Five Factor Inventory
NEO-PIR
NEO Personality Inventory
n
Stichprobenumfang
XIX
NEO FFI
Neurocitism-Extraversion-Openness to Experience Five-Factor Inventory
NEO PI-R
Neurocitism-Extraversion-Openness to Experience Personality Inventory (revised)
NFI
Normed Fit Index
PAPI
Paper and Pencil Interview
PDI
Power Distanz Index
POM
Postmodernes Milieu
rbv
resource based view
RMSEA
Root Mean Squared Error of Approximation
TRA
Traditionelles Arbeitermilieu
TRB
Traditionelles bürgerliches Milieu
UAI
Uncertainty Avoidance Index
ȡ
Pearson-Korrelationskoeffizient
XX
„Alle Verallgemeinerungen sind gefährlich, sogar diese!“ (Alexandre Dumas der Ältere)
1
Bedeutung der Markenpersönlichkeit
Die Markierung von Produkten ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, welcher seit der Erfindung der Schrift zur Differenzierung genutzt wird. So finden sich bereits auf summerischen Bildschrifttafeln, minoischen Siegeln sowie ägyptischen, griechischen und römischen Tonkrügen Angaben zum Hersteller als Herkunftsnachweis. Seither haben sich jedoch Verständnis und Zweck der Markierung aufgrund geänderter Rahmenbedingungen vom bloßen Vorgang der Eigentums- bzw. Herkunftskennzeichnung zu einem umfassenden Markenmanagement gewandelt.1 Viele Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, die Nachfrage in hoch wettbewerbsintensiven und gesättigten Käufermärkten für sich zu gewinnen. Als Folge der Sättigungserscheinungen gilt es, den Markenbegriff wirkungsorientiert aus der Konsumentenperspektive zu betrachten. Demnach wird die Marke als ein in der Psyche der Konsumenten fest verankertes Vorstellungsbild von einem Produkt, dem Markenimage, definiert.2 Dabei zeigt sich, dass in vielen Bereichen, ausgehend von einer gesicherten Grundversorgung und oftmals kaum noch wahrnehmbaren funktionalen Unterschieden im Angebot, die symbolischen Assoziationen des Markenimages an Bedeutung gewinnen.3 Die Nachfrager nutzen die Marke zunehmend als Symbol, um Bedürfnisse wie Prestige, Hedonismus, Einzigartigkeit und Selbstausdruck zu befriedigen.4 Um diese Ziele zu verwirklichen, benötigt der Kunde einen authentischen und vertrauenswürdigen „Partner“. Der Sachverhalt hat zur Entwicklung eines sozialpsychologischen Markenverständnisses beigetragen, dass die Marke als aktiven Beziehungspartner interpretiert.5
1 2 3
4 5
Vgl. Bauer/Huber (1997), S. 2; Meffert/Burmann (2002b). Vgl. bspw. Dobni/Zinkhan (1990); Keller (2003b), S. 3 ff.; Meffert/Burmann/Koers (2002), S. 6. Vgl. Hieronimus (2003). Für eine Systematisierung unterschiedlicher Produktkategorien anhand der Motive (funktional vs. symbolisch) der Kaufentscheidung vgl. Vaughn (1980); ders. (1986); Ratchford (1987); Hammerschmidt/Donnevert/Bauer (2008). Vgl. Vershofen (1940); Maslow (1943); BBDO Group Germany/Bauer (2001), S. 14. Vgl. Morgan/Hunt (1994); Fournier (1998), S. 344 ff. Demnach hat es sich in der heutigen Zeit als unzureichend erwiesen, isoliert einzelne Transaktionen zu betrachten. Vielmehr bedarf es einer dauerhaften Pflege der Konsument-Marke-Beziehung (vgl. Peter (2001), S. 1 ff.). Das Marketing Science Institute stuft bspw. seit 2002 die Forschung zur Entwicklung der Kunde-Marke-Beziehung mit höchster Priorität ein (vgl. Marketing Science Institute (2002); dies. (2004); dies. (2006)).
1
Die Marketingpraxis reagierte frühzeitig auf die Suche von Konsumenten nach einem Beziehungspartner und konzipierte in Analogie zur Bedeutung der Persönlichkeit in menschlichen Beziehungen das Unternehmenskonzept der Markenpersönlichkeit. So verkaufen seit Mitte des 20. Jahrhunderts Kommunikationsagenturen nichtproduktbezogene, nicht-funktionale Aspekte der Marke unter diesem Begriff.6 Getrieben von der Aufmerksamkeit in der Praxis, nahm sich Anfang der neunziger Jahre auch die Wissenschaft der Analyse dieses Konzeptes an. Vor allem die beratungsorientierte Forschung betrachtet das Unternehmenskonzept der Markenpersönlichkeit als wesentlichen Bestandteil einer erfolgreichen Markenführung und fokussiert auf die Bereitstellung von Best-Practice-Leitsätze zu deren unternehmerischen Gestaltung.7 Eingebettet werden diese Vorgaben zur Persönlichkeit in einen Steuerungsrahmen der Marke. Unter dem Konstrukt der Markenidentität sind demnach – neben dem Persönlichkeitskonzept – das Produkt, die Organisation und die unmittelbare Markensymbolik zu definieren.8 Diese Definitionsleitsätze zur Identität der Marke sind jedoch meist unkonkret und berücksichtigen nur unzureichend Reaktionen und Assoziationen des Konsumenten (d.h. das Markenimage). Zur Ableitung konkreter Empfehlungen wurde somit die Forderung laut, den Adressaten selbst, d.h. den Konsumenten, in Analysen mit einzubeziehen und eine verhaltenswissenschaftliche Fundierung als Grundlage der Markengestaltung zu realisieren. Zur Abbildung des Markenbildes der Konsumenten wurde daher das Konzept der Markenpersönlichkeit aus Konsumentensicht definiert. Im Gegensatz zum strategischen Unternehmenskonzept der Markenpersönlichkeit wird nicht auf die unternehmerische Definition der Persönlichkeit abgezielt, sondern das persönlichkeitsbasierte Markenwissen der Konsumenten steht im Vordergrund. Es werden metaphorisch Personen beschreibende Assoziationen als Teil des Markenimages aufgedeckt.9 Damit sind neben der Abstraktion funktionaler Aspekte auch schwer greifbare symbolische Aspekte der Marke sichtbar und können Orientierung bei der unternehmerischen Definition der Marke (d.h. der Markenidentität) geben (vgl. Abbildung 1).
6 7
8
9
2
Vgl. u.a. Gardner/Levy (1955); Martineau (1958); Plummer (1984); Riesenbeck/Perrey (2004). Vgl. Meffert/Burmann (2002a), S. 51 ff. Zu definieren sind bspw. das Bild des typischen Verwenders, die kulturelle Verankerung der Marke sowie der Markteintrittszeitpunkt. Vgl. u.a. Park/Jaworski/Maclnnis (1986); Kapferer (1992); Upshaw (1995); Aaker (2002), S. 78 ff.; Aaker/Joachimsthaler (2001), S. 50 ff.; Meffert/Burmann (2002a), S. 54 f. Vgl. Batra/Lehmann/Singh (1993), S. 83; Bauer/Mäder/Huber (2002), S. 6; Biel (2001), S. 71 ff.
Markenbild aus Unternehmenssicht (Aussagenkonzept)
Markenbild aus Konsumentensicht (Akzeptanzkonzept)
Markenidentität
Markenimage
Unternehmenskonzept der Markenpersönlichkeit
Markenpersönlichkeit aus Konsumentensicht
Abbildung 1:
Markenpersönlichkeit aus Sicht des Unternehmens und der Konsumenten.
Von der Kritik einer mangelnden Konsumentenorientierung in der Persönlichkeitsforschung motiviert, führte die Forschergruppe um Jennifer Aaker, deren Erkenntnisse auch heute noch die Forschung zur Markenpersönlichkeit10 dominieren, Mitte der neunziger Jahre erste fundierte verhaltenswissenschaftliche Analysen in den USA durch.11 Es wird in Anlehnung an die Persönlichkeitspsychologie versucht, das persönlichkeitsbasierte Wissen der Konsumenten über die Marke aufzudecken, zu strukturieren und in standardisierten Messinventaren, wie etwa der amerikanischen Brand Personality Scale (BPS),
einer
wissenschaftlichen
und
praktischen
Nutzung
zuzuführen
(vgl.
Abbildung 2).
Sincerity
Excitement
Competence
Sophistication
Ruggedness
Down-to-Earth down-to-earth family-oriented small town
Daring daring trendy exciting
Reliability reliable hard-working secure
Class upper class good-looking glamorous
Masculinity outdoorsy masculine western
Honesty honest sincere real
Spiritedness spirited cool young
Intelligence intelligent technical corporate
Charm charming feminine smooth
Toughness tough rugged
Wholesomeness wholesome original
Imagination imaginative unique
Cheerfulness cheerful friendly sentimental
Contemporary up-to-date independent contemporary
Success successful leader confident
Abbildung 2: Quelle:
10
11
Das Markenpersönlichkeitsinventar nach Aaker (Brand Personality Scale). Aaker (1997), S. 352 ff.
Im Folgenden wird unter dem Begriff der Markenpersönlichkeit der Personen beschreibende Teil des Markenimages (d.h. die Konsumentensicht) verstanden. Vgl. Aaker (1997); Aaker/Benet-Martìnez/Garolera (2001). Für deutschsprachige Analysen vgl. Hieronimus (2003); Mäder (2005); Petzold (2006); Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007).
3
Ein Großteil der aktuellen Forschungsarbeiten zur Markenpersönlichkeit stellt mittlerweile das Konstrukt aus Konsumentensicht in den Vordergrund und zielt darauf ab, die relevanten Charaktereigenschaften von Marken zu operationalisieren. Hierzu werden meist Persönlichkeit beschreibende Begriffe des Wortschatzes zusammengetragen und mittels Faktorenanalysen zur effizienten Messung des Konstruktes auf ihre Basisdimensionen reduziert. Die Entscheidung, welche Eigenschaften relevant sind und welche nicht, basieren somit auf empirischen Erkenntnissen. Cronbachs α, Indikatorreliabilitäten usw. entscheiden über die Merkmalsauswahl und definieren das Persönlichkeitsverständnis.12 Damit wird den Empfehlungen der klassischen Messtheorie gefolgt, nach der die Konstrukterarbeitung an standardisierten Gütekennzahlen auszurichten ist.13 Trotz des wichtigen Beitrages der klassischen Messtheorie zur Systematisierung der Forschung gilt es jedoch, die inhaltlichen Aspekte der Konstruktkonzeptualisierung als Grundlage der Messung nicht zu vernachlässigen.14 So herrscht bis heute Uneinigkeit in Bezug auf die Fragestellung, was unter einer Persönlichkeitseigenschaft zu verstehen ist, wie sie entsteht und sich inhaltlich strukturieren lässt. Stattdessen wird die wissenschaftliche Diskussion in diesem Themenbereich dominiert von leicht interpretierbaren und kontrollierbaren objektiven Kennzahlen, welche den Erfolg der Wissenschaftler definieren.15 Aufgrund der induktiven Analysetechnik der explorativen Faktorenanalyse erscheinen Validitätsmaße als einzig maßgebende Größe, womit die Markenpersönlichkeit Gefahr läuft, zum Spielball der Empirie zu werden. „Unfortunately, brand personality’s popularity among marketing practitioners has galvanised neither extensive scholarly study nor illuminating theoretical accounts of the phenomenon.“16 „[…] the idle practice of producing new personality scales continues unabated, making it less likely that they will ever arrive in the promised land of the paradigm which alone would endow our efforts with scientific respectability.“17
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16 17
4
Vgl. u.a. Cronbach (1951); Fornell/Larcker (1981); Bagozzi (1982); Homburg/Giering (1996). Vgl. Churchill Jr. (1979). Den Ausgangspunkt der klassischen Messtheorie stellte Ende der 70er Jahre die Kritik an unsystematischer Konstruktnutzung mittels Ad-hoc Skalen dar (vgl. Jacoby (1978)), woraufhin die standardisierte Quantifizierung zur Validierung aus der Psychologie abgeleitet wurde. Vgl. Churchill Jr. (1998); Rossiter (2002). So stehen Grundsatzfragen wie die Kausalität von latenten Konstrukten und Indikatoren (reflektiv vs. formativ) erst seit kurzem wieder im Fokus (vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001); Jarvis et al. (2003)). „It is interesting to note that there is no corollary in marketing to the highly regarded Academy of Management Review, which publishes only conceptual qualitative pieces and is more frequently cited than the Journal of Marketing.“ (Nakata/Huang (2005), S. 617). Freling/Forbes (2005), S. 149. Eysenck (1992), S. 672.
Ohne ein umfassendes Wissen über die Bestandteile eines Konstruktes ist eine inhaltsvalide Messung des Konstruktes jedoch nicht zu erwarten („low content validity“). Darüber hinaus wird es schwierig, die empirischen Ergebnisse zu interpretieren („low statistical conclusion validity“). Auch das Arbeiten innerhalb eines Forschungsrahmens und das Einbetten des Konstruktes in übergreifende Theorien scheinen unmöglich („low internal validity“).18 So existieren in Folge der mangelnden Spezifikation der Charaktereigenschaften unterschiedlichste Verständnisse von Markenpersönlichkeit, da einzelne Forscher das Konstrukt vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Forschungsorientierung und Ziele interpretieren.19 Abbildung 3 verdeutlicht zusammenfassend die Konsequenzen mangelbehafteter Konzeptualisierung.
Poor Construct Conceptualization
Abbildung 3: Quelle:
Deficient/Contaminated Measures
Low Content Validity
Measurement Model Misspecification
Low Statistical Conclusion Validity
Weak Theoretical Rationale for Hypotheses
Low Internal Validity
Konsequenzen mangelbehafteter Konzeptualisierung. MacKenzie (2003), S. 324.
Somit erscheint es zielführend, bei der Betrachtung eines Konstruktes das konzeptuelle Thema aufbauend auf bisherigen Erkenntnissen eindeutig zu definieren.20 Aus dieser Forderung ergibt sich das erste Forschungsziel der vorliegenden Arbeit. Im Rahmen einer Literaturanalyse werden verstärkt Erkenntnisse zu Analyseeinheiten der Markenpersönlichkeit zusammengetragen. Ebenso wie Physiker Atome, Chemiker Moleküle und Biologen Gene in den Vordergrund stellen, gilt es, auch die Wesenszüge der Markenpersönlichkeit zu identifizieren und zu erklären. Erst ein klares Verständnis der Wesenszüge konzeptualisiert das Persönlichkeitskonstrukt und erlaubt die Strukturierung sowie Abgrenzung existierender Definitionsvarianten anhand ihrer Zusammensetzung. „Good definitions should (a) specify the construct’s conceptual theme, (b) in unambiguous terms, (c) in a manner that is consistent with prior research, and that (d) clearly distinguishes it from related constructs.“21
18 19 20 21
Vgl. Summers (2001), S. 407; MacKenzie (2003), S. 323 f. Vgl. Azoulay/Kapferer (2003), S. 150 ff.; Sweeney/Brandon (2006), S. 644. Vgl. Bortz/Döring (2006), S. 61 f. MacKenzie (2003), S. 325.
5
Vor dem Hintergrund der Heterogenität im bisherigen Konstruktumgang ist diese Definitionsanforderung zu erweitern. So gilt es zu klären, inwiefern sich die unterschiedlichen Erkenntnisse zum Persönlichkeitskonstrukt überhaupt im Sinne einer allgemeinen Theorie vereinen lassen. Im Mittelpunkt steht somit die Fragestellung, ob ein „einzig wahres“ Persönlichkeitsverständnis existiert oder ob das Konstrukt vielmehr in spezifischen Variationen je nach betrachtetem Kontext vorliegt. Bei einer exemplarischen Betrachtung des Sammelbegriffes des Hammers als Schlaggerät mit mehr als 50 Variationen (bspw. Auktionshammer, Dachdeckerhammer, Fäustel usw.) sind den einzelnen Instrumenten lediglich der grundsätzliche Zweck und die allgemeine Form gemein.22 Insofern konzipiert jede Konkretisierung den Begriff aufgrund der eigenständigen Charakteristika und Anwendungssituation neu. „A good definition should also specify the extent to which values of the construct are expected to differ across cases, conditions and time.“23
Entsprechend ist auch im Rahmen der Markenpersönlichkeit die Frage zu formulieren, inwiefern die Charaktereigenschaften einer Marke je nach Kontext variieren. Um die zentralen Kontextfaktoren zu strukturieren, eignet sich ein Rückgriff auf den Bezugsrahmen des Konstruktes in der Messtheorie.24 Auf der einen Seite gilt es dabei, den Urteilenden, d.h. den Konsumenten, und seine subjektive Konstruktion der Umwelt bzw. der Persönlichkeit einer Marke zu berücksichtigen. Demnach ist zu hinterfragen, inwiefern vor dem individuellen kulturellen und sozialen Hintergrund ähnliche Interpretationen der Persönlichkeit vorliegen. Auf der anderen Seite definiert das betrachtete Befragungsobjekt, d.h. die jeweilige Marke, den Kontext. So ist es vorstellbar, dass Persönlichkeitsbegriffe je nach der zu beschreibenden Marke ein eigenes Verständnis besitzen. Durch seine Kampagne „Just Do It“ betonte Nike bspw. eine mentale, alters- und geschlechtsunabhängige Bedeutung des Persönlichkeitsbegriffes „sportlich“ und grenzt sich damit von einem rein physischen, maskulinen Verständnis ab, wie es bspw. die Marke Lamborghini verkörpert. „Instead of Marketing to women using superstar athletes with testosterone pumping through their veins, Nike has taken the concept of „Just Do It“ and appealed to a deeply emotional issue for women today.“25
22 23 24 25
6
Vgl. Pichol (1993). MacKenzie (2003), S. 325. Vgl. Rossiter (2002). Siracuse (1999), S. 1.
Während die kontextspezifische Messung und die Invarianz von Skalen im Marketing zunehmend diskutiert werden,26 erfahren grundsätzliche Fragen nach der konzeptuellen Kontextspezifität von Marketingkonstrukten, wie der Markenpersönlichkeit, bisher wenig Aufmerksamkeit.27 Vielmehr sind die Analysen zur Markenpersönlichkeit vorwiegend darauf konzentriert, das Konstrukt generisch zu erarbeiten und in Messinventare zu überführen. Dazu werden Marken mehrerer Branchen und Konsumenten mit unterschiedlichsten Lebenseinstellungen meist möglichst repräsentativ zusammengestellt.28 Aufgrund individuell unterschiedlicher Strukturen ist jedoch die Vergleichbarkeit der Persönlichkeit gefährdet. Vielleicht wären individuelle Variationen der Markenpersönlichkeit für unterschiedliche Zielgruppen und Marken erforderlich. Die Suche nach Regeln und Gesetzen mit allgemeiner Gültigkeit müsste somit aufgegeben werden, wodurch letztendlich der Theoriegehalt des Konstruktes zu hinterfragen wäre. Die zweite Forschungsfrage der Arbeit untersucht daher die Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit. Zur Beantwortung der beiden vorangehend skizzierten Forschungsfragen wird in Kapitel 2 der bisherige Erkenntnisstand zur Markenpersönlichkeit zusammengetragen. Dabei werden in Ergänzung zu bisherigen Analysen des Persönlichkeitsbegriffes die konzeptuelle Betrachtung der einzelnen Wesenszüge und deren Verdichtung zu Persönlichkeitsdimensionen betont. Zudem werden die Determinanten und Konsequenzen von Markenpersönlichkeit angeführt. Darauf aufbauend wird in Kapitel 3 die Generalisierbarkeit des Konstruktes auf theoretischer Grundlage analysiert sowie die Übertragbarkeit auf unterschiedliche Marken und Konsumentengruppen diskutiert und in einem Hypothesensystem zusammengefasst. In Kapitel 4 erfolgt eine empirische Prüfung der Hypothesen für den deutschen Automobilmarkt. Die Arbeit schließt mit einer Reflektion der zentralen Ergebnisse sowie Implikationen zum Konstruktumgang in der Wissenschaft und Praxis in Kapitel 5.
26
27
28
Vgl. Drasgow/Kanfer (1985); Meredith (1993); Vandenberg/Lance (2000); Vandenberg (2002); Raju/Laffitte/Byrne (2002); Steinmetz et al. (2007). Für eine Anwendung im interkulturellen Kontext vgl. Singh (1995); Mullen (1995); Steenkamp/Baumgartner (1998); Scandura/Williams/Hamilton (2001); Byrne/Watkins (2003); Ueltschy et al. (2004); Scholderer/Grunert/Brunso (2005). Vgl. bspw. Boddewyn (1981), S. 61 ff.; Albaum/Peterson (1984), S. 161 ff.; Sin/Cheung/Lee (1999), S. 77 ff.; Nakata/Huang (2005), S. 614 f.; Douglas/Craig (2006), S. 1 ff. zur fehlenden Berücksichtigung des jeweiligen kulturellen Kontextes bei der Entwicklung des konzeptuellen Rahmens. Vgl. bspw. Aaker (1997); Hieronimus (2003); Mäder (2005); Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007).
7
„As human beings, we have to get to know someone before we become attached to them. How can anyone get to “know” a brand if it does not have a “personality” to get to know?“ (Siracuse (1999), S. 12 f.)
2
Konstrukt der Markenpersönlichkeit
Die folgenden Ausführungen widmen sich dem Begriff der Markenpersönlichkeit sowie seiner Entstehung und Relevanz für das Kaufverhalten. Hierzu wird zunächst der Stand der Forschung umfassend abgebildet und strukturiert (vgl. Abbildung 4). In Abschnitt 2.1 erfolgt die Begriffsdefinition des Konstruktes. Hierbei wird der inhaltliche Kern der Markenpersönlichkeit präsentiert, wobei im Gegensatz zu bisherigen Aufarbeitungen der vorhandenen Literatur weniger die Messung als vielmehr die inhaltliche Konzeptualisierung der Markenpersönlichkeit im Fokus steht. Die Wesenszüge einer Marke fungieren hierbei als Analyseeinheiten, deren Struktur sich in zugrundeliegenden Basisdimensionen zeigt. Aufbauend auf der Konzeptualisierung der Markenpersönlichkeit wird im nachfolgenden Abschnitt 2.2 die Entstehung des Konstruktes diskutiert, d.h. es werden die Determinanten zur Steuerung identifiziert und strukturiert. Die jeweiligen Einflussgrößen lassen sich hierbei in direkte Einflussgrößen (personenorientiert, bspw. Testimonials) und indirekte Einflüsse (leistungsbezogenes Verhalten der Marke, bspw. Produktgestaltung) unterscheiden. Letztendlich wird die Präferenz erzeugende Wirkung des Konstruktes herausgestellt. In Abschnitt 2.3 werden dabei das Self Expression Model, das Functional Benefit Representation Model sowie das Relationship Basis Model betrachtet und die zentrale Bedeutung der Markenpersönlichkeit für den Konsumenten wird belegt. Entstehung der Markenpersönlichkeit (Abschnitt 2.2)
Definition der Markenpersönlichkeit (Abschnitt 2.1)
Wirkung der Markenpersönlichkeit (Abschnitt 2.3)
Direkte Einflussgrößen Indirekte Einflussgrößen
Analyseeinheiten Basisdimensionen
Self Expression Model Functional Benefit Representation Model Relationship Basis Model
Abbildung 4:
8
Das Konstrukt Markenpersönlichkeit – Untersuchungsverlauf.
2.1
Definition der Markenpersönlichkeit
In der wissenschaftlichen Diskussion herrscht aufgrund differenzierter Forschungsziele selten Konsens darüber, was eindeutig unter einem Konstrukt zu verstehen ist. Häufig existiert eine Vielzahl von Definitionsversuchen, die das gleiche Konstrukt unterschiedlich interpretieren oder es werden verschiedene Konstrukte definiert, die auf das gleiche Phänomen abzielen.29 Für das Arbeiten innerhalb eines Forschungsrahmens ist jedoch eine eindeutige Strukturierung unabdingbar. Daher muss sich auch die Definition der Markenpersönlichkeit im Rahmen der vorliegenden Arbeit an einem einheitlichen Untersuchungsziel ausrichten. „[…] when you are having difficulty defining a construct, it is usually because you have not really decided what you want the construct to represent.“30
Das Ziel der Markenpersönlichkeitsforschung ist es, ein Konstrukt zur Verfügung zu stellen, um metaphorisch das Markenwissen der Konsumenten mit Personen beschreibenden Begriffen zu erfassen. Somit soll das Bild einer Marke im Kopf der Konsumenten standardisiert und effizient erfasst werden.31 Hierzu bietet die Persönlichkeitspsychologie Orientierungshilfe. Als wissenschaftlicher Ursprung der Persönlichkeitsforschung in der Neuzeit stehen dabei Charaktereigenschaften eines Menschen im Vordergrund, die das menschliche Wesen aufdecken sollen. Die Konsumentenforschung konzeptualisiert darauf aufbauend den Begriff der Markenpersönlichkeit in Anlehnung an die menschliche Persönlichkeit. Charaktereigenschaften der Humanpsychologie werden somit auf Marken übertragen. Im folgenden Abschnitt steht die Konkretisierung dieser Analyseeinheiten (vgl. Abschnitt 2.1.1) und die Strukturierung in übergeordnete Persönlichkeitsdimensionen (vgl. Abschnitt 2.1.2) im Fokus. „When we speak of a brand’s personality, we mean the way in which a consumer perceives the brand on dimensions that typically capture a person’s personality – extended to the domain of brands.“32 „[…] image of a brand that is not very different from the image that we have of other people.“33 „[…] the set of human characteristics associated with a brand.“34
29 30 31
32 33 34
Vgl. Kollat/Engel/Blackwell (1970); Churchill Jr. (1979), S. 67. MacKenzie (2003), S. 325. Vgl. Aaker (2002), S. 137 ff. Das Wort Persönlichkeit geht auf den lateinischen Ausdruck persona zurück, welcher als Maske bzw. Rolle übersetzt werden kann (vgl. Fisseni (2003), S. 18). Batra/Lehmann/Singh (1993), S. 84. Batra/Myers/Aaker (1996), S. 321. Aaker (1997), S. 347.
9
2.1.1 Wesenszüge als Analyseeinheiten 2.1.1.1
Begriff des Wesenzuges
Wie bereits vorangehend skizziert, stellt die Markenpersönlichkeit den Teil des Wissens eines Konsumenten dar, der Begriffe der menschlichen Persönlichkeit metaphorisch auf Marken anwendet. Dabei ist zu beachten, dass sich der psychologische Begriff der Persönlichkeit definitorisch rein auf Individuen als Objektbereich beschränkt. Somit wird zunächst der Frage nachgegangen, inwiefern das Übertragen aus der Persönlichkeitspsychologie in den Markenkontext zu begründen ist, ehe die Charaktereigenschaften einer Marke und damit der Wesenszugsbegriff näher beschrieben werden. Nach Gilmores Theory of Animism besteht bei jedem Menschen ein unvermeidbares Bedürfnis, jegliche Objekte mit menschlichen Eigenschaften zu beseelen.35 Dieser sogenannte Anthropomorphismus leitet unsere alltäglichen Gedanken und unser Verhalten, so dass bspw. nicht selten Automobile einen menschlichen Kosenamen vom Fahrzeughalter zugesprochen bekommen. Die Gründe für dieses natürliche Bedürfnis finden sich im Wunsch nach Vertrautheit und Risikoreduktion sowie nach einem komfortablen Umgang mit bedeutsamen, leblosen Objekten. Demnach möchte der Mensch die Interaktionen und die Beziehungen zu Objekten vereinfachen.36 Gerade Marken eignen sich zur Personifizierung. Sie befriedigen zunehmend symbolische Werte, die über den originären Produktnutzen hinausgehen.37 Damit gewinnen sie an persönlicher Bedeutung und werden ganz im Sinne eines Beziehungsmanagements zu individuellen Vertrauten. Ein metaphorischer Übertrag der menschlichen Persönlichkeit in die Wissenswelt der Konsumenten zur Marke scheint somit angemessen.38 „There is a remarkable similarity between human personalities and brands. Both are defined in the minds of people, both exist in a comparative world and both must have strong and consistent identities to “stand out” in an over-populated world, or in brand terms, marketplace. Thus, we should view a brand the way we view a human being.“39
35 36 37 38
39
10
Vgl. Gilmore (1919). Vgl. Freling/Forbes (2005), S. 152 f.; Bauer/Stockburger/Hammerschmidt (2006), S. 74. Vgl. BBDO Group Germany/Bauer (2001), S. 14. Vgl. Levy (1959), S. 119 ff. Damit lässt sich die Markenpersönlichkeit in Wissensklassifikationen als nicht-thematische, abstrakte Assoziationen zur Marke einordnen, welche im Gegensatz zu konkreten Markenmerkmalen (objektive physische Produktcharakteristika) nicht direkt beobachtbar sind (vgl. Myers/Shocker (1981), S. 213; Keller (1993), S. 4 ff.; Korchia (1999), S. 9 ff.; Keller (2005)). Siracuse (1999), S. 2.
Es stellt sich nun die Frage nach konkreten Begriffen, welche die Analyseeinheiten der Persönlichkeit darstellen. Auf der Suche nach den Grundbausteinen der Persönlichkeit hilft die Frage nach dem Gegenstand der Konsistenz, der als kleinster Nenner jede Wissenschaft definiert.40 Hierbei erscheint es wiederum sinnvoll, sich an der Persönlichkeitspsychologie als Leitdisziplin der Markenpersönlichkeitsforschung zu orientieren. Die menschliche Persönlichkeit konkretisiert sich über die Konsistenz im Verhalten, Fühlen und Denken einer Zielperson.41 Darauf aufbauend hat sich im psychologischen Diskurs das von Allport/Allport (1921) vorgeschlagene Konstrukt der Wesenszüge (Traits) als Analyseeinheit durchgesetzt. Als multidimensionales Profil42 konstituieren Wesenszüge analog einem Atomium die Persönlichkeit (vgl. Abbildung 5). In Abgrenzung zu „situativen Oberflächlichkeiten“ einer Person definieren Allport/Allport (1921) Wesenszüge als: „[…] fundamental and pervasive tendencies which constitute the main currents of human personality.“43
Wesenszug Zusammenhangsgeflecht
Abbildung 5:
Das Atomium der Markenpersönlichkeit.
Trotz der von Allport/Allport (1921) begonnenen Diskussion vernachlässigte die Psychologie in der Folgezeit die nähere Spezifikation von Wesenszügen und kann somit der Markenforschung nur wenig Orientierung geben. So konstatierte Allport (1966), dass seit der von ihm mit geprägten Arbeit in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts keine konzeptuelle Weiterentwicklung des Begriffes der Wesenszüge stattgefunden habe. Ausgehend von der zentralen Bedeutung der Persönlichkeit im täglichen Leben stützt sich die Forschung auf das Volksverständnis und den Umgang mit dem We40 41 42 43
Vgl. Hanson (1958), S. 70 ff. Vgl. Pervin/Cervone/John (2005), S. 30 f. Vgl. Law/Wong/Mobley (1998). Allport/Allport (1921), S. 9.
11
senszugsbegriff in der Alltagssprache. Am Volksmund orientiert, werden intuitiv verständliche, persönlichkeitsrelevante Wörter als Ausgangspunkt eines näheren Wesenszugsverständnisses definiert.44 Die Frage nach der Persönlichkeit eines Menschen oder einer Marke beantwortet die Allgemeinheit neben rein subjektiven Werturteilen („…ist eine starke Persönlichkeit“) mit beschreibenden Begriffen („…ist sportlich“), welche implizit die Konsistenz der Wesenszüge betonen.
2.1.1.2
Selektion der Wesenszüge
Die aus dem Wortschatz einer Sprache abgeleiteten Konzepte können jedoch nur einen ersten Ansatzpunkt darstellen und sind daher durch wissenschaftlichen Diskurs theoretisch zu erweitern und zu erklären.45 Demnach ist für ein besseres Konstruktverständnis zu begründen, warum manche Personen beschreibende Begriffe der Persönlichkeit einer Marke zuzuordnen sind und andere nicht. „Traits are many things to many theorists […] Thus, achievement of a working consensus on the nature of the trait concept would be a large first step.“46
Hierzu wird ein vierstufiger Prozess zur Konzeptualisierung der Wesenszüge entwickelt: 1. Identifikation potentieller Analyseeinheiten. 2. Strukturierung potentieller Analyseeinheiten in einem Kategoriensystem. 3. Prüfung der Eignung der Kategorien zur Abbildung der Persönlichkeit im Markenkontext und Darstellung von Varianten der Markenpersönlichkeit. 4. Angabe bisheriger Begriffslisten als Operationalisierung der Wesenszüge.
44 45 46
12
Vgl. McCrae/Costa Jr./Piedmont (1993), S. 21 ff. Vgl. Tellegen/Waller (1992). Wiggins (1997), S. 98 f.
Schritt 1: Identifikation potentieller Analyseeinheiten Den Ausgangspunkt der Analyse stellt die Auflistung potentieller Grundbausteine der menschlichen Persönlichkeit dar. Hierzu erfolgt eine Vollerhebung, d.h. es werden alle Begriffe zusammengetragen, mit denen sich eine Person in der Alltagssprache charakterisieren lässt. Zur Sammlung der Wörter kann auf die Sedimentationshypothese nach Klages (1926) zurückgegriffen werden. Demnach lagern (sedimentieren) bedeutende Begriffe im Wortschatz einer Sprache, um Phänomene entsprechend ihrer Relevanz differenziert zu beschreiben. Deshalb bildet die Analyse des Wortschatzes den Ausgangspunkt und dient der Identifikation bedeutender Personenbeschreibungen.47 Die Persönlichkeit wird dabei im Wesentlichen durch Adjektive im Wortschatz abgebildet.48 „One can see this process exemplified in the introduction of other concepts into language; for example, snow, of more importance to the Eskimo than to the English, has led to more terms in Eskimo dialects than in English. Presumably, the same process must occur for those nouns […] and adjectives […] that are used to describe persons.“49
Zum Aufdecken der Personen beschreibenden Begriffe des Wortschatzes dienen in erster Linie freie Personenbeschreibungen oder Wörterbücher (lexikalischer Ansatz). Erste Untersuchungen deutscher Begriffe gehen auf die Literaturanalyse von Baumgarten (1933) zurück, die 941 Adjektive zusammentrug. Allport/Odbert (1936) lieferten mit nahezu 18.000 Wörtern (meist lexikalisch ermittelten Adjektiven) die Pionierarbeit im englischsprachigen Bereich. Die umfassendste und aktuellste deutsche Liste mit ca. 5.000 Adjektiven stammt von den Bielefelder Psychologen Angleitner/Ostendorf/John (1990). Als Basis diente hierbei das Wahrig Wörterbuch von 1981, welches nach Personen beschreibenden Adjektiven durchsucht und um 256 Adjektive aus einer Literaturanalyse persönlichkeitspsychologischer Listen erweitert wurde.50
47
48
49 50
Vgl. Tellegen (1993). Die Sedimentationshypothese wurde bisher nicht getestet, kann aber aufgrund ihrer Intuitivität als schwer falsifizierbar betrachtet werden (vgl. Müskens (2001), S. 100 ff.). Vgl. Angleitner/Ostendorf (1994), S. 342 ff. Zu weiteren Formen der Erfassung durch Substantive, wie Typenwörter (bspw. Zyniker) und Attributbezeichnungen (bspw. Zynismus), welche meist Adjektiven (bspw. zynisch) oder deren Kombinationen entsprechen, vgl. Amelang et al. (2006). Goldberg (1981), S. 142. Vgl. Angleitner/Ostendorf/John (1990), S. 92 ff.; Angleitner/Ostendorf (1994), S. 341 ff.
13
Schritt 2: Strukturierung potentieller Analyseeinheiten in einem Kategoriensystem Diese Personen beschreibenden Begriffe sind folglich inhaltlich in einer Taxonomie zu ordnen und auf ihre Anwendbarkeit im Markenkontext zu prüfen.51 „With no clear consensus as to which attributes ought to be counted as personality variables, the most informative procedure would be to sample broadly from attribute of diverse types and carry out a reliable classification of the descriptors into variable categories, thus enabling some control for the effect of variable selection.“52
Zur Strukturierung der Merkmalsvielfalt erarbeitete die Forschergruppe um Angleitner in einer sprachübergreifenden Metaanalyse ein Kategoriensystem.53 Die psychologische Taxonomie dient der Einordnung von Personenbeschreibungen ähnlich naturwissenschaftlicher Ordnungen, wie dem Periodensystem der Elemente in der Chemie oder dem Klassifikationssystem der Tiere und Pflanzen in der Biologie. Die Kategoriezugehörigkeit der ca. 5.000 Adjektive beurteilten im Rahmen der Untersuchung zehn unabhängig voneinander arbeitende Psychologen. Eine Abfrage der Bekanntheit und Relevanz der Personenbeschreibung wurde vorangestellt, um die Qualität der Ergebnisse zu sichern.54 Dabei lassen sich anhand der Dauerhaftigkeit und des Abstraktionsgrades der Begriffe, d.h. anhand der unter einem Begriff zusammengefassten Informationsmenge, vier Merkmalstypen unterscheiden: 1) Zustandsbeschreibungen, 2) äußere Charakteristika, 3) Dispositionen und 4) soziale Aspekte, die in den Markenkontext überführt werden sollen (vgl. Tabelle 1).
51 52 53
54
14
Vgl. Milas/Mlacic (2007), S. 626. Saucier (1997), S. 1298. Als Grundlage dienten amerikanische, holländische und deutsche Taxonomieprojekte (vgl. John/Goldberg/Angleitner (1984)), ein System zur Klassifikation von Fragebogenitems (vgl. Angleitner/John/Löhr (1986)) sowie freie Personenbeschreibungen (vgl. Fiske/Cox (1979)). Weltanschauungen und soziale Effekte wurden aufgrund mangelnder Diskriminanz in Anlehnung an englischsprachige Taxonomien den Temperamentseigenschaften zugeordnet (vgl. Allport/Odbert (1936)). Vgl. Angleitner/Ostendorf/John (1990), S. 99 ff.; Angleitner/Ostendorf (1994), S. 349 ff. Es ist zu beachten, dass die Klassen nicht disjunkte Mengen darstellen, sondern unscharfe Grenzen besitzen. Begriffe können daher mehreren Kategorien angehören und werden anhand der jeweiligen Prototypizität beschrieben (vgl. Rosch et al. (1976), S. 95 ff.). Zuordnungsprobleme existieren vor allem für Zustände, welche Personen auch längerfristig und in verschiedenen Situationen kennzeichnen („statelike conditions“ wie emotional traits (bspw. ängstlicher Mensch) und emotional likes bzw. dislikes (bspw. Schlangenphobie); vgl. Allen/Potkay (1981); Ortony/Clore/Foss (1987), S. 354; Frijda (1994)).
Begriffskategorie 1. Zustandsbeschreibung 1a Inneres Erleben 1b Aktivitäten 2. Äußere Charakteristika 3. Disposition 3a Temperamente
3b Fähigkeiten
4. Soziale Aspekte 4a Rollen und Beziehungen 4b Reine Bewertungen
Tabelle 1: Quelle:
Beschreibung
Beispiel
Markenbereich
Emotionen, Stimmungen und Reaktionsbereitschaften der Person Von außen beobachtbare Aspekte des Verhaltens einer Person Körpermerkmale, Erscheinungsbild und Soziodemografie der Person
andächtig, traurig
Markenemotion
hastig, verächtlich
Markenverhalten
männlich, errötet
Markendesign
Generelle Personenbeschreibungen des emotionalen Verhaltensstils oder Personentyps Generelle Personenbeschreibungen des körperlichen Leistungsvermögens und der kognitiven (intellektuellen) Begabung
großspurig, spendabel
Markentemperament
sportlich, geistreich
Markenkompetenz
Rollenverhalten und Beziehungsbeschreibungen zwischen Kommunikator und Untersuchungsobjekt Globale, bewertende Feststellung (persönliche, gesellschaftliche und moralische Werturteile, Beurteilungen und Verurteilungen)
freundschaftlich, brüderlich
Markenbeziehungsqualität
erstklassig, bescheuert
Markenstärke/ psychologischer Markenwert
Das Klassifikationssystem Personen beschreibender Begriffe. Aufbauend auf Angleitner/Ostendorf (1994).
Auf der untersten Abstraktionsebene stehen Zustandsbegriffe zur Verfügung, um eine Person zu charakterisieren. Dieser Teilbereich der Personen beschreibenden Begriffe kennzeichnet zeitlich begrenzte Eigenschaften, die reaktiv in der jeweiligen Situation bzw. in der variablen externen Umwelt begründet sind.55 Dabei lassen sich innere Reaktionen bzw. Erlebnisse einer Person56 von äußeren Reaktionen bzw. Aktivitäten unterscheiden. Innere Zustände werden in der Markenwelt unter dem Begriff der Markenemotionen thematisiert und gewinnen zur Ansprache des Konsumenten zunehmend an Bedeutung.57 Jegliche nach außen gerichteten Aktivitäten einer Marke, die sogenannte „ostensive Realität“, sind dem Begriff des Markenverhaltens zuzuordnen.
55
56
57
Vgl. Anderson (1996a), S. 139 ff. zur Abbildung dieser konkreten Wahrnehmungen und spezifischen Erfahrungen im Kurzzeitgedächtnis. Vgl. Böcker (1986), S. 556 f. zur mathematischen Spezifikation des Perzeptionsbildungsprozesses. Vgl. Goldberg (1982), S. 230 f.; Watson (1988). Die hohe Relevanz der Emotionen im Rahmen der Persönlichkeitsforschung lässt sich auf die historische Bedeutung in der Militärforschung zurückführen. Zur Abgrenzung von Affekten anhand des Objektbezugs und der Fristigkeit vgl. Frijda (1994). Vgl. Bagozzi/Gopinath/Nyer (1999); O'Shaughnessy/O'Shaughnessy (2003); Riesenbeck/Perrey (2004), S. 185 ff. Die Bedeutung der Emotionen in der Praxis verdeutlicht die emotionale Ausrichtung von Kommunikationsaussagen (bspw. für den Automobilbereich BMW: „Freude am Fahren“, Seat: „Auto Emotión“, VW: „Aus Liebe zum Automobil“).
15
Eine weitere Begriffskategorie stellen äußere Charakteristika einer Person dar.58 Hierbei lassen sich Beschreibungen der menschlichen Konstitution (Anatomie, Morphologie), das äußere Erscheinungsbild sowie soziodemografische Eigenschaften (Alter, Geschlecht, soziale Schicht usw.) einer Person anführen. Obwohl die Marke augenscheinlich keine menschliche, physische Gestalt besitzt, kann sie über gezielte Verhaltensweisen ein Markendesign kreieren. So strahlt zum Beispiel der VW Beetle durch einen Produktauftritt mit modernen und runden Formen sowie Accessoires (bspw. Blumenvase im Fahrzeug) eine gewisse Jugendlichkeit und Weiblichkeit aus. Zudem lassen sich nicht unmittelbar beobachtbare Dispositionen aus den Zustandsbeschreibungen einer Person ableiten. Als „summary statements“ bzw. „information chunks“ stellen sie abstrakte Personenbeschreibungen dar und repräsentieren fest verankerte Assoziationen, welche im Langzeitgedächtnis abgelegt werden.59 Die Person wird dadurch zeitlich überdauernd und situationsübergreifend charakterisiert.60 In Abhängigkeit des Leistungsbezuges unterscheiden sich dabei Temperamentsbeschreibungen („Wie ist eine Person?“) von Fähigkeiten („Was leistet eine Person?“). In der Markenwelt lassen sich diese beiden Eigenschaftskategorien unter den Konzepten des Markentemperamentes und der Markenkompetenz zusammenfassen. Soziale Aspekte zeichnen sich durch das wohl höchste Abstraktionsniveau von Personenbeschreibungen aus. Sie bilden sich auf Basis des Wertesystems des Urteilenden. Im Gegensatz zu bisherigen Beschreibungen der Person, welche unabhängig vom externen Umfeld in der Person begründet sind, wird damit die Beziehung vom Urteilenden und Beurteilten als soziales (Lern-) Produkt abgebildet. In den Markenkontext überführt, bilden sich diese Begriffe entsprechend der means-end-Theorie.61 Die Marke mit den bisher angeführten Beschreibungen (Zustandsbegriffe, äußere Charakteristika bzw.
58 59
60 61
16
Vgl. Levy (1970), S. 228 ff. Dabei wird auch von konzeptuellem Wissen gesprochen. Zur eingängigen Darstellung bietet sich das semantische Netzwerk an. Ausgehend von einer hinreichenden Bekanntheit wird die Person bzw. Marke als zentraler Netzwerkknoten abgebildet. Assoziationen werden als weitere Knoten dargestellt, welche mittels Kanten unterschiedlich stark untereinander und mit der Person bzw. Marke verbunden sind (vgl. Mitchell (1982), S. 46 f.). Je nach Verbundstärke der Assoziationen werden sie bei Aktivierung des zentralen Netzwerkknotens aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen (vgl. Anderson (1983); Janiszewski/Van Osselaer (2000); Van Osselaer et al. (2001)). Vgl. Chaplin/John/Goldberg (1988), S. 549 ff.; Zuckerman (1983), S. 1084 ff. Vgl. Gutman (1982).
Dispositionen) dient für den Konsumenten als Mittel („means“), um seine Ziele bzw. Werte („end“) zu verwirklichen. Je nachdem, welchen Nutzen das Bündel Marke für den Konsumenten bereitstellt,62 erfolgt die Beurteilung der Beziehung. Diese sozialen Aspekte bzw. Einstellungen bestimmen entsprechend der Einstellungs-VerhaltensHypothese vor allem das Verhalten.63 Dabei lassen sich reine Bewertungen64 von Rollenbzw. Beziehungsbeschreibungen mit deskriptivem Inhalt65 unterscheiden.66 Diese Begriffe kennzeichnen die Stärke einer Persönlichkeit und werden in Forschungsarbeiten zur Markenstärke bzw. dem psychologischen Markenwert67 sowie der Markenbeziehungsqualität68 thematisiert. Abbildung 6 verdeutlicht abschließend die Ordnung der Personen beschreibenden Begriffe anhand des Abstraktionsgrades und die Abhängigkeiten der verschiedenen Arten von Personenbeschreibungen. Abstraktionsgrad Zustandsbeschreibungen
Dispositionen
Soziale Aspekte
¾ Markenemotion ¾ Markenverhalten
¾ Markentemperament ¾ Markenkompetenz
Markenbeziehungsqualität
Äußere Charakteristika internal
interpersonell deskriptiv
Abbildung 6:
62
63 64 65
66
67 68
Markenstärke
evaluativ
Die Abhängigkeitsverhältnisse Personen beschreibender Begriffe.
Der Nutzenbegriff ist dabei nicht auf den funktionalen Grundnutzen der Marke (bspw. Unfallsicherheit) beschränkt, sondern umfasst auch den symbolischen Zusatznutzen (Prestige, Hedonismus, Selbstausdruck und Einzigartigkeit (vgl. BBDO Group Germany/Bauer (2001), S. 14)). Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 171 ff. Vgl. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978); Almagor/Tellegen/Waller (1995); Saucier (1997), S. 1303 ff. Vgl. Cattell (1963); Wiggins (1979); Goldberg (1982), S. 231 f. Diese Fragestellungen stehen vor allem in der Soziologie im Fokus. Vgl. Keller (2003b), S. 596. Nach Peabody (1967) besitzt jede Personenbeschreibung (bspw. „sparsam“) eine deskriptive („gibt wenig Geld aus“) und eine evaluative Komponente („gut“). Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Anteile von Begriff zu Begriff. Bei reinen Bewertungen dominiert die wertende Komponente das Verständnis so stark, dass das Wort kaum noch einen deskriptiven Inhaltsanteil besitzt. Vgl. BBDO Group Germany/Bauer (2001), S. 31 ff. Zu Typen von Kunde-Marke-Beziehungen sowie einer Modellierung der Beziehungsqualität als Erfolgsfaktor einer stabilen Beziehung vgl. Fournier (1998); ders. (2001).
17
Schritt 3: Prüfen der Eignung der Kategorien zur Abbildung der Persönlichkeit im Markenkontext und Darstellung von Varianten der Markenpersönlichkeit Es stellt sich nun die Frage, aus welchen der in Schritt 2 dargestellten Personen beschreibenden Begriffe sich das Konstrukt der Markenpersönlichkeit zusammensetzt. In der bisherigen Forschung wurde diese Frage selten thematisiert, wodurch sich ein heterogener Konstruktumgang entwickelte. Unterschiedliche Kategorien definierten sich implizit in Abhängigkeit der Ziele des Forschers als persönlichkeitsrelevant. Auf Basis des Kategoriensystems werden im Folgenden die Varianten der Markenpersönlichkeit dargestellt und strukturiert. „Just as personality can be defined in more than one way (Allport, 1937), so can the criteria for selection personality-relevant descriptors variables.“69
Bei der Definition der Wesenszüge ist dem Spannungsfeld zwischen der Informationsbreite eines Begriffes und der Genauigkeit der Beschreibung ein hohes Maß an Bedeutung zuzusprechen. Je geringer das Abstraktionsniveau der Begriffe, desto genauer ist die jeweilige Beschreibung. Aufgrund der geringen Spannbreite der Begriffe sind allerdings auch viele Wörter nötig, um das Objekt umfassend zu charakterisieren.70 Als effiziente Lösung dieses Spannungsfeldes definieren Rosch et al. (1976) das Basislevel. Diese Abstraktionsebene erlaubt trotz der Begriffsbreite noch eine eindeutige Definition (bspw. Stuhl, Tisch). Die Wörter prägen vorwiegend unsere Umgangssprache und werden frühzeitig gelernt. Höhere und untergeordnete Abstraktionsebenen werden meist durch diese kurzen, nicht zusammengesetzten Wörter konkretisiert. Auf abstrakterer Ebene (bspw. Möbel) ist es für unterschiedliche Probanden oft herausfordernd, den gemeinsamen Inhaltsanteil des Begriffes eindeutig zu spezifizieren, wogegen bei konkreteren Objektbeschreibungen (bspw. Küchenstuhl, Wohnzimmertisch) die Zahl der Wörter nicht mehr handhabbar ist und viele Überschneidungen (bspw. in den zentralen Eigenschaften) zwischen den Wörtern vorliegen. „The basic level of classification, the primary level at which cuts are made in the environment, appears to result from the combination of these two principles [Informationsbreite vs. Genauigkeit (Anm. d. Verf.)]; the basic categorization is the most general and inclusive level at which categories can delineate real-world correlational structures.“71
69 70 71
18
Saucier (1997), S. 1296. Vgl. Cronbach/Gleser (1965), S. 97 ff. Rosch et al. (1976), S. 384.
In Analogie zu physischen Objekten identifizieren John/Hampson/Goldberg (1991) in mehreren Studien die Ebene der Dispositionen als Basislevel der Persönlichkeitspsychologie.72 „Taxonomers and lay people alike view stable traits [d.h. Dispositionen (Anm. d. Verf.)] as the most fundamental personality concepts.“73
Abstraktere Begriffe, wie die der sozialen Aspekte (d.h. Bewertungen und Beschreibungen von Rolle und Beziehungen; vgl. Tabelle 1), sind aufgrund eines zu starken Informationsverlustes abzulehnen. Bei den Untersuchungen zur Markenpersönlichkeit erscheint es notwendig, detaillierte Aussagen über den symbolischen Inhalt der Marke zu treffen, um Interventionsmaßnahmen ableiten und den Status quo der Beziehung erklären bzw. optimieren zu können. Für Fragen der Diagnose („Warum ist eine Marke bzw. die Beziehung zum Konsumenten stark oder schwach?“) und Therapie („Welche Maßnahmen sind zu ergreifen?“) sind daher Informationen zur Marke von Relevanz, welche über Globalaussagen hinausgehen und diese erklären.74 Eine Integration und Vermischung der bislang eigenständigen Forschungsrichtungen zur Markenstärke und Beziehungsqualität in die Analyse zur Markenpersönlichkeit erscheint somit nicht zielführend zur Entwirrung und Vereinheitlichung der Begriffsverständnisse. Demnach sind Personenbeschreibungen der sozialen Aspekte nicht in die Forschung zur Persönlichkeit einer Marke aufzunehmen.75 Weniger abstrakte Begriffe, wie die der Zustandsbeschreibungen, sind aufgrund ihres hohen Detaillierungsgrades nicht handhabbar. Wesenszüge zeichnen sich zudem durch eine gewisse Stabilität im Auftreten der Person aus.76 Die eher temporären Zustandsbeschreibungen verstoßen gegen diese Konsistenzforderung. So konnten wissenschaftliche Erkenntnisse zur Meinungsbildung bestätigen, dass bei steigender Bekannt-
72
73 74 75 76
Es ist jedoch generell zu beachten, dass abhängig von der Vertrautheit oder dem kulturellen Umfeld auch andere Begriffskategorien als Basislevel in Betracht kommen können (vgl. Rosch et al. (1976), S. 430 ff.). So werden in kollektivistischen Ländern, wie etwa in weiten Teilen Asiens, Personen vorrangig mit interpersonellen Begriffen beschrieben. Die Beziehungen zur Familie und zu sozialen Gruppen steht in der Gesellschaft im Vordergrund, wogegen in westeuropäischen Ländern ein individualistischeres Menschenbild dominiert (vgl. Shewder/Bourne (1984); Hofstede (2004)). John/Angleitner/Ostendorf (1988), S. 171. Vgl. Esch (2004), S. 514 ff.; Becker (2006), S. 7 f. Vgl. John/Angleitner/Ostendorf (1988), S. 175. Vgl. Abschnitt 2.1.1.1. Auch Attributionstheorien, die das menschliche Verhalten strukturieren, betonen Stabilität als Basisdimension (vgl. Weiner et al. (1971), S. 2; Heckhausen (1989), S. 424 f.).
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heit und Präsenz der Marke nur mit wenigen Zustandsbeschreibungen zu rechnen ist.77 Daneben sind abstrakte Begriffe aufgrund ihrer Stabilität und Informationsbreite von höherer Relevanz, um das Kaufverhaltensphänomen zu erklären.78 Es erscheint somit sinnvoller, die Zustandsbeschreibungen als Determinanten der Persönlichkeit zu interpretieren.79 Schlussendlich stellt sich die Frage, ob Zuschreibungen von inneren Erlebnissen zu einer „leblosen“ Marke (bspw. „die Marke ist verliebt, freut sich oder empfindet Stolz“) nicht einen zu abstrakten Gedanken darstellen und Grenzen der Theory of Animism80 erreicht werden.81 Aufgrund der Relevanz von Emotionen im Kaufentscheidungsprozess sind diese jedoch zu berücksichtigen. Dabei empfiehlt sich, nicht die Beschreibung der Marke, sondern die emotionale Reaktion des Konsumenten („Welche Emotionen löst die Marke beim Konsumenten aus?“) zu thematisieren.82 Obwohl weitgehend Einigkeit herrscht, dass vor allem Dispositionen das Basisgerüst der Persönlichkeit bilden, existieren unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Fragestellung, ob neben Temperamentsbegriffen auch Fähigkeiten oder äußere Charakteristika der Marke berücksichtigt werden sollten. In jüngster Zeit haben sich daraufhin zwei Forschungslager gebildet, welche die Markenpersönlichkeit mit unterschiedlicher Breite im engeren (i.e.S.) bzw. im weiteren Sinne (i.w.S.) definieren (vgl. Tabelle 2).83
Ȉ + + Ȉ
Temperamentsbegriffe Markenpersönlichkeit i.e.S. Fähigkeitsbegriffe äußere Charakteristika (Erscheinungsbild, Soziodemografie) Markenpersönlichkeit i.w.S.
Tabelle 2:
77
78 79 80 81
82 83
20
Varianten der Markenpersönlichkeit.
Vgl. Park (1986), S. 910 ff. Bei Personenbeschreibungen unter geringer Bekanntheit gibt es gegenläufige Befunde, ob temporäre Verhaltensweisen (vgl. Park (1986), S. 911; Sherman/Klein (1994), S. 974 ff.) oder globale Bewertungen (vgl. John/Hampson/Goldberg (1991), S. 356 ff.) genutzt werden. Vgl. Hsieh (2002), S. 48. Vgl. Abschnitt 2.2.1. Vgl. Abschnitt 2.1.1.1. Eine Reanalyse der Personen beschreibenden Begriffe auf Eignung zur Markenbeschreibung von Mäder (2005) bestätigt diese Vermutung. So gilt es, dass je häufiger Begriffe der Kategorie der Zustände zugeordnet werden (vgl. Angleitner/Ostendorf/John (1990)), desto weniger sind sie zur Markenbeschreibung geeignet (ȡ=-0,34). Die Validität der Beurteilung ist selbst in der Psychologie bei Beschreibungen durch Dritte (transitiv) aufgrund mangelnder Offensichtlichkeit der inneren Zustände einer Person zu hinterfragen (vgl. Asendorpf (2004), S. 50). Vgl. Knackfuss (im Druck). Vgl. Sweeney/Brandon (2006), S. 644.
Wird die Markenpersönlichkeit i.e.S. definiert, so ist der Persönlichkeitsbegriff auf Temperamentseigenschaften beschränkt. In Analogie zu Persönlichkeitspsychologen, welche Temperament als einzig „wahre Persönlichkeit“ ansehen,84 fordern einige Forscher, die Markenpersönlichkeit nicht zu verwässern.85 Zudem existiert in einer engen Interpretation des Konstruktes eine Bewertungsgrundlage für die gemeinsame Beurteilung der Konsumenten sowie der Marke, wogegen bei umfassenderen Persönlichkeitsverständnissen die Vergleichbarkeit der Persönlichkeitsstruktur von Person und Marke nicht belegt werden konnte.86 Dies ermöglicht kongruenztheoretische Analysen, wonach sich eine Übereinstimmung der eigenen Persönlichkeit (Selbstbild) mit der Markenpersönlichkeit in einem positiven, gleichgerichteten Effekt auf die Produktpräferenz auswirkt.87 Der Großteil der Forscher unterstellt jedoch ein breiteres Verständnis der Markenpersönlichkeit.88 Ziel ist es hierbei, ein möglichst breites Bild über die Merkmale der Marke zu erhalten. Markenpersönlichkeit i.w.S. umfasst somit neben Temperamentseigenschaften auch Fähigkeiten.89 Zudem werden Begriffe des Markendesigns (Erscheinungsbild der Marke und Soziodemografie) integriert.90 „Although the basic demographic characteristics of a human being, such as age, gender, and social class, need not appear in such personality dimensions (because they are visible or easily inferred) the demographics of a brand are often its most salient personality characteristics.“91
84
85
86
87 88 89
90
91
Die ersten bedeutenden Wesenszugtheoretiker vernachlässigten Fähigkeiten und subsumierten sie dem Begriff „miscellaneous“ (vgl. Allport/Odbert (1936); Cattell (1943); Eysenck (1970)). Darauf aufbauend vgl. u.a. De Raad/Hendriks/Hofstee (1992); Caprara/Perugini (1994); Szirmak/De Raad (1994) und Becker (1996). Vgl. u.a. Strausbaugh (1998); Stein (2004); Davies et al. (2001); Azoulay/Kapferer (2003), S. 150 f.; Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007), S. 307 f. Vgl. Strausbaugh (1998), S. 52 f.; Caprara/Barbaranellie/Guido (2001); Sweeney/Brandon (2006), S. 658. Die weitestgehende Wertfreiheit der Temperamentsbegriffe verhindert zudem Verzerrungen bei der Beurteilung des Selbstbildes des Konsumenten. Vgl. Strausbaugh (1998), S. 193; Stein (2004); Magin (2004), S. 111; Lampert (im Druck). Vgl. u.a. Aaker (1995); Aaker/Benet-Martìnez/Garolera (2001); Hieronimus (2003); Mäder (2005). In der Psychologie erweiterte Norman (1967) Temperamentseigenschaften um leistungsbezogene Merkmale. Diesem Persönlichkeitsverständnis folgen Goldberg (1990) als bedeutender Wesenszugtheoretiker der Gegenwart und die deutsche Persönlichkeitsforschung (vgl. Ostendorf (1994)). Im Markenkontext nutzt bspw. Becker (2006) die Dispositionen der Fähigkeiten neben Temperamentsbegriffen zur Entwicklung einer Unternehmenspersönlichkeit. Vgl. Levy (1959), S. 120 f.; Batra/Lehmann/Singh (1993), S. 84; Aaker (1997), S. 348. Arbeiten zum Markendesign als Inbegriff der Markenpersönlichkeit betonen die Anmutungsleistung (Ästhetizismus) des Markenauftrittes in enger Verbindung zum Corporate Design (vgl. Kesselmann/Müller (1996)). Batra/Lehmann/Singh (1993), S. 84.
21
Schritt 4: Angabe bisheriger Begriffslisten als Operationalisierung der Wesenszüge Um die Markenpersönlichkeit einer praktischen und wissenschaftlichen Nutzung zugänglich zu machen, ist die Messbarkeit des Konstruktes zu gewährleisten. Aufbauend auf der Konzeptualisierung des Konstruktes werden hierzu Begriffslisten als Operationalisierungsgrundlage von Wesenszügen vorgestellt und ihre Erarbeitung diskutiert. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf deutschsprachigen Arbeiten. Den Ausgangspunkt der Analysen zur Markenpersönlichkeit i.e.S. stellt die Dissertation von Strausbaugh (1998) in den USA dar. Entgegen der klassischen explorativen Suche nach Temperamentsbegriffen im Wortschatz einer Sprache stützt sie sich auf Jungs Personality Type Theory. Danach sind es vier Temperamentsdimensionen, welche die Persönlichkeit abbilden.92 Die Operationalisierung erfolgt über den Myers Briggs Type Indicator (MBTI).93 Dieses Instrument wurde ursprünglich für die Erhebung der menschlichen Persönlichkeit im nichtpsychatrischen Umfeld entwickelt und konnte erfolgreich in den Markenkontext überführt werden. Eine deutsche Übersetzung des MBTI mittels 24 Items (6 Items pro Dimension) wird derzeit erarbeitet.94 Eine Zusammenstellung der wesentlichen Temperamentsbegriffe aus dem deutschen Wortschatz erarbeiteten Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007). Auf Basis der Sedimentationshypothese, nach der sich, wie bereits erwähnt, für relevante Phänomene Begriffe im Wortschatz niederschlagen, erarbeiteten sie einen Itempool. Den Ausgangspunkt bildeten freie Assoziationen und existierende Listen der Markenpersönlichkeit. Diese reduzierten die Autoren auf 88 redundanzfreie Temperamentseigenschaften, welche klar verständlich, eindeutig und zur Markenbeschreibung geeignet sind.95 Für das Verständnis der Markenpersönlichkeit i.w.S. existieren eine Vielzahl an Begriffslisten, die weitestgehend auf der englischsprachigen Pionierarbeit von
92
93 94 95
22
Die Dimensionen unterscheiden extrovertierte vs. introvertierte, intuitive vs. sinnliche, emotionale vs. rationale und strukturierte vs. flexible Personen. Vgl. Briggs Myers (1998); Bents/Blank (2002). Vgl. Lampert (im Druck). Vgl. Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007), S. 307 f.
Aaker (1995) aufbauen.96 Aus Literaturrecherchen zu Persönlichkeitslisten der Psychologie, vorherrschenden Zusammenstellungen der Marketingpraxis und -wissenschaft sowie auf der Grundlage von freien Assoziationen erstellte Aaker (1995) einen Itempool aus der Umgangssprache. Auf Basis eines umfassenden Filterungsprozesses deckte Aaker die relevanten Wesenszüge auf. Einerseits erfolgte eine Prüfung auf Redundanz und Eignung zur deskriptiven Markenbeschreibung, andererseits beschränkte sie sich auf positive Merkmale, da aus Sicht der Autorin grundsätzlich nur positive Eigenschaften von Unternehmen angestrebt und negative Eigenschaften über gegensätzliche positive Merkmale erfasst werden. Dieser Pool von 114 Items wurde vorerst für den amerikanischen Markt entwickelt und in analoger Form für Spanien und Japan zusammengestellt.97 Hieronimus (2003) überführte diesen Ansatz als erster Forscher ins Deutsche. Aus forschungsökonomischen Gründen entwickelte er jedoch keine eigene Analysebasis, sondern übernahm die zentralen Merkmale der Forschungsgruppe um Aaker. Jede Sprache besitzt jedoch ihren eigenen Wortschatz, so dass bei Analysen der Markenpersönlichkeit auf Basis der Umgangssprache, kulturspezifische Begriffe zu berücksichtigen sind. Mäder (2005) nahm sich dieser Kritik an und entwickelte einen originären deutschen Itempool von 144 Begriffen. Dabei folgte er den grundsätzlichen Filterschritten nach Aaker (1995), die in Abbildung 7 dargestellt sind. Als Ausgangsbasis diente
die
lexikalische
Liste
deutscher
Personenbeschreibungen
nach
Angleitner/Ostendorf/John (1990). Im Rahmen der Forschungsarbeit von Mäder (2005) werden schlussendlich das Markentemperament (ca. 40% der Begriffe), die Markenkompetenzen (ca. 10% der Begriffe) und das Markendesign (ca. 20% der Begriffe) erfasst. Aufgrund des fundierten Vorgehens steht mit dieser Analyse eine operative Abbildung der Markenpersönlichkeit i.w.S. zur Verfügung, die als Status quo der deutschen Markenpersönlichkeitsforschung bezeichnet werden kann.
96
97
Frühe Arbeiten der Markenpersönlichkeit erfüllten nicht die Kriterien einer validen Begriffszusammenstellung. Wells et al. (1957) erarbeiteten bspw. eine lexikalische Liste, die sie jedoch willkürlich reduzierten und erweiterten. Analysen von Plummer (1984); Alt/Griggs (1988) sowie Batra/Lehmann/ Singh (1993) nutzten im Werbekontext qualitative Interviews zur Erarbeitung von Ad-hoc Skalen. Vgl. Aaker/Benet-Martìnez/Garolera (2001).
23
Kritisch anzumerken ist jedoch der hohe Anteil reiner Bewertungen, welche 30% der Begriffe, trotz des Versuchs der expliziten Ausfilterung, ausmachen. Die Integration reiner Bewertungen vermischt unterschiedliche Forschungsvorhaben, da die Markenpersönlichkeit die Bewertung der Marke beeinflussen bzw. erklären soll. Weiterhin folgt Mäder (2005) dem Vorgehen von Aaker (1995) und beschränkt sich auf positive Begriffe. Die Vernachlässigung negativer Symbolik birgt jedoch das Risiko, zentrale Treiber der Markenbeurteilung zu übersehen, welche über kein positives Antonym erfasst werden.98 Unlängst wurde die Relevanz negativer Begriffe bei der zwischenmenschlichen Eindrucksbildung und Erklärung der Markenablehnung bestätigt.99 Aufgrund der angeführten Kritikpunkte erscheint eine weiterführende Forschung zur Messung der Markenpersönlichkeit notwendig. „So kommt es, dass wir negative Informationen über jemanden oft für einen besonders verlässlichen Indikator seines „wahren“ Charakters halten und ihr bei der Eindrucksbildung einen unverhältnismäßig großen Stellenwert einräumen.“100
5.160 Persönlichkeit beschreibende Adjektive nach Angleitner/Ostendorf (1994) Filter Klarheit, Relevanz zur Persönlichkeitsbeschreibung
2.777 Merkmale 2.971 Merkmale
+
340 Freie Assoziationen
+
182 Sonstige Quellen
194 nicht-redundant & zur Beschreibung von Personen geeignet
Filter Positivität
1.308 Merkmale Filter Gebräuchlichkeit in der Alltagssprache
845 Merkmale Filter Eignung zur Markenbeschreibung
175 Merkmale Filter Globalurteile: globale (Un-) Ähnlichkeit und globale Bewertung
152 Merkmale Filter Synonyme
144 Merkmale Abbildung 7: Quelle:
98
99 100
24
Der Prozess der Generierung von Wesenszügen nach Mäder. Mäder (2005), S. 66.
Vgl. Davies et al. (2001); Smit/Berge/G. (2003); Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007). Zu hinterfragen ist zudem, ob eine Beurteilung der Positivität immer unabhängig vom Kontext möglich ist (bspw. fällt eine eindeutige Zuordnung bei den Eigenschaften „verrückt“ oder „verspielt“ schwer). Vgl. Banister/Hogg (2001); dies. (2003); dies. (2004). Forgas (1995), S. 68.
Abschließend ist die grundsätzliche Fragestellung nach der Allgemeingültigkeit der Markenpersönlichkeit zu diskutieren. Es gilt zu untersuchen, ob die Relevanz und das semantische Verständnis der Wesenszüge unabhängig von der betrachteten Marke und den urteilenden Konsumenten sind.101 Mäder (2005) forderte bspw. bei der Identifikation der Persönlichkeitsbegriffe, möglichst viele Marken und Bereiche in die Analyse einzubeziehen und die generische Eignung der Begriffe zur Markenbeschreibung abzuschätzen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass bestimmte Eigenschaften zur Beschreibung einiger Marken sehr relevant sind (bspw. „elegant“ bei Automobilmarken), diese bei anderen Marken (bspw. Zahncreme) jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Weiterhin ist es denkbar, dass etablierte Milieus und moderne Konsumenten vor dem Hintergrund ihrer Sozialisierung sogar Unterschiedliches unter dem Begriff „elegant“ verstehen. Dies würde die Generalisierbarkeit der Markenpersönlichkeitsforschung stark einschränken und spezifische Analysen erzwingen. Die Fragen zur Kontextabhängigkeit des Konstruktes werden in Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit vertieft. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein tieferes Verständnis der Wesenszüge als Analyseeinheiten der Markenpersönlichkeit einen Erkenntnisfortschritt darstellt, da diese den inhaltlichen Kern des Konstruktes konkretisieren. Der Forscher sollte vor dem Hintergrund der skizzierten Sachverhalte auf Basis konzeptueller Überlegungen und seinem Forschungsziel die relevanten Einheiten als Wesenszüge definieren und seine Auswahl begründen. Entsprechend Azoulay/Kapferer (2003) lässt sich die Definition der Markenpersönlichkeit erweitern: „[…] brand personality is the set of human personality traits that are both applicable to and relevant for brands.“102
101
102
Vgl. bspw. Caprara/Barbaranellie/Guido (2001), S. 391 f.; Petzold (2006); Höltkemeier (2006) für erste marken- bzw. branchenspezifische Ansätze. Azoulay/Kapferer (2003), S. 151.
25
2.1.2 Persönlichkeitsdimensionen als Metafaktoren 2.1.2.1
Systematisierung von Interdependenzen der Wesenszüge
Trotz der exklusiven Beschränkung auf relevante Wesenszüge ist die Merkmalsliste weiterhin sehr umfangreich. Aus Gründen des tieferen konzeptuellen Verständnisses und der besseren Handhabbarkeit in effizienten Messinventaren ist es eine der zentralen Aufgaben der Persönlichkeitsforschung, nach grundlegenden Dimensionen zu suchen.103 Die zu beantwortende Frage lautet somit: Kennzeichnen Wesenszüge unterschiedliche Dinge oder lassen sich Wesenszüge zu Metafaktoren verdichten? Argumente für eine Verdichtung zu übergeordneten Basisdimensionen liefert die systematische Überlappungshypothese nach Borkenau (1986). Danach ist eine Abgrenzung zwischen verschiedenen Wesenszügen aufgrund von Überschneidungen in den Bedeutungsräumen und kausalen Zusammenhängen nicht durchgehend möglich.104 So liegen bspw. den Begriffen „hilfsbereit“ und „freundlich“ ähnliche Bedeutungsinhalte zu Grunde, wodurch eine eindeutige Diskriminanz schwer möglich erscheint. Die bekannteste Methode zur Aufdeckung von Interdependenzen zwischen Wesenszügen stellt die Faktorenanalyse dar. Der psychologischen Tradition der faktorenanalytischen Persönlichkeitsforschung folgend, lassen sich Zusammenhänge (Korrelationen) der Wesenszüge explorativ auf gemeinsame Faktoren bei minimiertem Informationsverlust zurückführen.105 Somit basieren die Analysen nicht auf theoretisch abgeleiteten Hypothesen über die zentralen Dimensionen, sondern folgen einem induktiven Ansatz.106
103 104 105
106
26
Vgl. Cattell (1973), S. 56. Vgl. Borkenau (1986). Vgl. Cattell (1952); ders. (1988). Nach Wiggins (1973), S. 335 ff. sind faktorenanalytische Verdichtungen („external judgements“) von direkten Urteilen der semantischen Ähnlichkeit zu unterscheiden („internal structure“; bspw. Synonymcluster (vgl. John/Angleitner/Ostendorf (1988), S. 188 ff.) oder bei Unterstellung unterschiedlicher Abstraktionsniveaus der Begriffe (vgl. Hampson/Goldberg/John (1987)) kann eine direkte Zuordnung in einer Hierarchien (bspw. „karitativ“ – „großzügig“ – „nett“) erfolgen (vgl. (Hampson/John/Goldberg (1986))). Direkte Abfragen bilden aufgrund kognitiver Beschränkungen jedoch lediglich einfache Strukturen ab (vgl. Peabody/Goldberg (1989), S. 553 f.). Im Sinne Poppers Falsifikationismus führte dieses Vorgehen häufig zur Kritik der Theorielosigkeit der faktorenanalytischen Persönlichkeitsforschung (vgl. Briggs (1989), S. 249 ff.; Block (1995), S. 188 ff.). Von diesem Vorwurf getrieben, versuchten Forscher im Nachhinein ihre empirisch entdeckten Faktoren im biologischen System zu fundieren (vgl. Eysenck (1990); McCrae/Costa Jr. (1999)).
2.1.2.2
Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit
In der Psychologie wurde bei der Suche nach Basisdimensionen aufbauend auf einer dispositionalen Definition der menschlichen Persönlichkeit größtenteils Konsens bezüglich einer Fünf-Faktoren-Lösung erzielt.107 Ausgehend von Wesenszugsclustern nach Cattell (1943), die das Ergebnis subjektiver Reduktionsregeln der englischen Begriffsliste von Allport/Odbert (1936) darstellen, entdeckten Fiske (1949) und Tupes/Christal (1961) erstmals die Fünf-Faktoren-Struktur. Goldberg (1981) bezeichnete diese Faktoren aufgrund ihrer außergewöhnlichen Spannbreite und ihres Abstraktionsniveaus als Big FIVE.108 Trotz immer leicht unterschiedlicher Bezeichnung der Faktoren konnten zumindest vier der induktiv entdeckten Big FIVE kulturübergreifend109 und mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden110 bestätigt werden: „The same factors appear repeatedly, in whole or in part, in instruments derived from widely different theoretical sources: Murray’s needs, Goldberg’s adjectives, Block’s psychodynamic descriptors.“111
Die menschliche Persönlichkeit lässt sich demnach durch die Dimensionen Extraversion, Liebenswürdigkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und einen fünften, variierenden Faktor effizient abbilden. Die Faktoren der Extraversion und Liebenswürdigkeit bestimmen dabei interpersonale Einstellungen. Gewissenhaftigkeit beschreibt das aufgaben- und zielgerichtete Verhalten sowie die sozial erforderliche Triebkontrolle, wohingegen Neurotizismus das Gefühlsleben subsumiert. Die Interpretationen des fünften Faktors verdeutlichen die bereits skizzierte Diskussion über die Berücksichtigung von Fähigkeiten als Bestandteil der Persönlichkeit.112 Bei der Berücksichtigung von Fähigkeiten ergeben sich unterschiedliche leistungsbezogene Dimensionen. Einige 107
108
109
110
111 112
Vgl. Digman (1990); McCrae/John (1992) sowie den Dialog in der zweiten Ausgabe des Journal of Personality (1992), die den Big FIVE gewidmet ist. Bei Berücksichtigung jeglicher Personenbeschreibungen (neben den Dispositionen) ist von einer Sieben-Faktoren-Lösung auszugehen, wobei die Big FIVE in ihrer Form erhalten bleiben und sich jeweils ein Faktor der positiven und negativen Valenz anfügt (vgl. Almagor/Tellegen/Waller (1995); Saucier (1997), S. 1303 ff.). Vgl. Goldberg (1981), S. 159. Da eine Vielzahl der Folgearbeiten auf Norman zurückging, gilt er als Begründer der Fünf-Faktoren-Lösung (Norman FIVE). So konnten die Big FIVE von internationalen Forschungsteams konfirmatorisch (vgl. McCrae/Costa Jr. (1997); McCrae (2001); ders. (2002); McCrae et al. (2004); McCrae/Terracciano/Project (2005)) und explorativ (vgl. Saucier/Goldberg (1996); Saucier (1997); De Raad et al. (1998); Saucier/Hampson/Goldberg (2000)) bestätigt werden. Zu Ergebnissen bei Selbst- vs. Bekanntenbefragung, unterschiedlichen Skalen, unterschiedlichen Techniken der Faktorenanalyse bei Rotation und Faktorenzahl vgl. Goldberg (1981), S. 159 ff.; McCrae/Costa Jr. (1987); Ostendorf (1990), S. 69 ff. McCrae (1989), S. 243. Vgl. Abschnitt 2.1.1.2 der vorliegenden Arbeit.
27
Analysen verweisen auf soziale Fähigkeiten (Kultiviertheit), wohingegen in anderen Untersuchungen verschiedene Facetten von intellektuellen Fähigkeiten (Intelligenz, Kreativität bzw. Nachdenklichkeit) betont werden. Eine alternative Deutung als Offenheit für neue Erfahrungen zeigt sich bei Ausschluss der leistungsbezogenen Begriffe und ermöglicht eine Interpretation der Big FIVE als reine Temperamentsbeschreibung.113 Eine weitere Verdichtung der Big FIVE resultiert in 2 Metafaktoren, welche Liebenswürdigkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus (Į-Faktor) sowie Extraversion und Offenheit (ȕ-Faktor) subsumieren (vgl. Abbildung 8).114 Bestätigung erhalten diese Faktoren außerhalb der Persönlichkeitsforschung. So fanden Osgood/Suci/Tannenbaum (1978) in Faktorisierungen des semantischen Differenzials auf der Suche nach den Bedeutungsdimensionen allgemeiner Konzepte (jeglicher Wörter) eine dreidimensionale Struktur: Evaluation (angenehm – unangenehm), Erregung (erregend – beruhigend) und Potenz bzw. Dominanz (stark – schwach). Evaluation (über Liebenswürdigkeit) und Dominanz (über Neurotizismus) verdeutlichen den Į-Faktor, während Erregung klar dem ȕ-Faktor zuzuordnen ist.115 Somit scheinen diese Faktoren die grundsätzlichen Bedeutungsdimensionen von Konzepten im Allgemeinen abzubilden. Metafaktoren
Į-Faktor (+)
Big Five
(+)
Liebenswürdigkeit Gewissenhaftigkeit
ȕ-Faktor (-) Neurotizismus
(+) Extraversion
(+) Offenheit
Wesenszüge
Abbildung 8: Quelle:
113
114 115
28
Die hierarchische Struktur der Persönlichkeitseigenschaften. Gekürzt und übersetzt nach Digman (1997), S. 1252.
Vgl. Tupes/Christal (1961); McCrae (1989), S. 240 ff.; Peabody/Goldberg (1989), S. 563; De Raad et al. (1998); Schneider (2001), S. 50 sowie das vierte Heft vom European Journal of Personality (1994). Vgl. Digman (1997). Vgl. Ostendorf (1990), S. 197; Ostendorf (1994), S. 427 ff. für eine Zuordnung der drei Dimensionen des semantischen Differenzials zu den Big FIVE. Die Verdichtung der Faktoren Evaluation und Dominanz des semantsichen Differenzials im Į-Faktor bestätigen zudem die mangelnde Unabhängigkeit der Dominanzdimension (vgl. Russell/Pratt (1980), S. 312 f.).
Auf Basis dieser Fünf-Faktoren-Struktur wurde eine Vielzahl von Messinstrumenten entwickelt.116 Weit verbreitetet sind die Inventare der Forschergruppe um Costa und McCrae. Mit dem NEO Personality Inventory (NEO-PIR)117 sowie dem verkürzten NEO Five Factor Inventory (NEO-FFI)118 stehen validierte Messansätze zur Verfügung, welche in eine Vielzahl von Sprachen übersetzt wurden.119 In Tabelle 3 sind die Merkmale der Big FIVE zusammengefasst und zusätzlich durch Beispiele für die Messung nach Costa Jr./McCrae (1992) ergänzt. Mit diesem Persönlichkeitsinventar ist eine komprimierte Erfassung der menschlichen Persönlichkeit möglich, so dass Determinanten sowie Wirkungen des menschlichen Wesens unter verschiedenen Gesichtspunkten (klinische Psychologie, Sozialpsychologie, Lernpsychologie, Industrie- und Organisationspsychologie, Konsumentenverhalten usw.) analysierbar werden.120 Dimension
Beschreibung
Extraversion Bewertete Qualität und Intensität zwischenmenschlicher Interaktionen, des Aktivitätsniveaus, des Bedürfnisses nach Stimulation und der Fähigkeit, sich zu freuen Bewertet die Qualität der zwischenmenschlichen LiebensOrientierung nach einem Kontinuum, das von Mitgewürdigkeit fühl bis Antagonismus reicht, und zwar auf der Ebene von Gedanken, Gefühlen und Handlungen Bewertet das Maß an Organisation, Ausdauer und GewissenMotivation bei zielgerichtetem Verhalten. Spiegelt haftigkeit den Kontrast zwischen zuverlässigen, anspruchsvollen Personen und nachlässigen, schlampigen Personen wieder Bewertet Anpassungen vs. emotionale Labilität, Neurotizisidentifiziert Personen, die zu psychischem Leid, mus unrealistischen Ideen, exzessiven Süchten oder Gelüsten und schlecht angepassten Reaktionen oder Bewältigungsmechanismen neigen Bewertet proaktive Suche nach und Wertschätzung Offenheit von Erfahrungen um ihrer selbst willen, Toleranz gegenüber und Erforschung von Unbekanntem
Tabelle 3: Quelle:
116 117
118
119
120
Merkmale für hohe Ausprägung gesellig, aktiv, redselig
Merkmale für geringe Ausprägung reserviert, nüchtern, beherrscht
gutmütig, hilfsbereit, zynisch, reizbar, vertrauensvoll rücksichtslos
organisiert, fleißig, ordentlich
ziellos, lasch, unzuverlässig,
besorgt, nervös, emotional
ruhig, entspannt, sicher
neugierig, kreativ, originell
konventionell, bodenständig, nicht analytisch
Die Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit. Costa Jr./McCrae (1992), S. 2 nach Pervin/Cervone/John (2005), S. 322.
Vgl. für einen Überblick Ostendorf/Angleitner (1994). Das NEO-PIR bildet jede der fünf Dimensionen mittels sechs Facetten ab, welche wiederum mittels acht Testaufgaben belegt sind (vgl. Ostendorf/Angleitner (2004)). Das NEO-FFI bildet jede der fünf Dimensionen mittels zwölf Items ab (vgl. Borkenau/Ostendorf (1993)). Vgl. Costa Jr./McCrae (1997). Eine Übersicht der über 30 vorliegenden Übersetzungen bietet die Homepage des Lehrstuhls von Prof. Angleitner der Universität Bielefeld (vgl. Ostendorf (2008)). Vgl. McCrae/John (1992), S. 206; Saulsman/Page (2004). Für einen aktuellen Überblick zu den Big FIVE vgl. Acton (2008).
29
2.1.2.3
Dimensionierungen der Markenpersönlichkeit
Der faktorenanalytische Prozess fand seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch zur Entdeckung der Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit Anwendung. Während erste Analysen von Alt/Griggs (1988) und Batra/Lehmann/Singh (1993) aufgrund mangelbehafteter theoretischer und methodischer Fundierung kaum Beachtung fanden, gilt die Untersuchung von Aaker (1995) als Pionierarbeit der Strukturierung der Markenpersönlichkeit.121 631 für die amerikanische Bevölkerung repräsentativ ausgewählte Probanden beschrieben insgesamt 37 Konsumentenmarken anhand Aakers 114 Wesenszügen.122 Auf der Grundlage von explorativen Faktorenanalysen konnten zusammenhängende Wesenszüge aufgedeckt werden, die in fünf Dimensionen münden: Sincerity, Excitement, Competence, Sophistication und Ruggedness. Diese Dimensionen wurden zum näheren Verständnis faktorenanalytisch in 15 Facetten unterteilt (vgl. Abbildung 2). Um die Facetten möglichst differenziert zu erfassen, wurden jeweils clusteranalytisch drei Items als Operationalisierung ausgewählt. Die Validitätsprüfung reduzierte letztlich das Messinventar auf 42 Items, die so genannte Brand Personality Scale. Nachfolgend wurde geprüft, ob sich das Inventar auch in weiteren Untersuchungen anwenden lässt. Tabelle 5 zeigt eine Zusammenstellung der Replikationsstudien. Trotz wenig Bestätigung der Struktur nach Aaker (1995) verbreitete sich die Brand Personality Scale in Praxis und Forschung. In Ermangelung ausdifferenzierter Konzeptionen konnte sich die Brand Personality Scale als international anerkannte Dimensionierung und Operationalisierung der Markenpersönlichkeit durchsetzen.123 Vor allem die Überführung in andere Sprachräume ist zu kritisieren, da jede Sprache ihren eigenen Wortschatz mit eigenen unübersetzbaren Wortbedeutungen besitzt.124 Vor diesem Hintergrund sollten Analysen zur Erfassung von Markenpersönlichkeit auf kulturspezifisch erarbeiteten Wesenszügen aufsetzen (originäre Ansätze, vgl. Tabelle 4), da die Itembasis als Input der Faktorenanalyse wesentlich die Faktorenstruktur bestimmt.125
121 122 123 124 125
30
Vgl. Mäder (2005), S. 13 ff. Vgl. Abschnitt 2.1.1.2 zur Erarbeitung des Itempools als Operationalisierung der Wesenszüge. Vgl. Azoulay/Kapferer (2003), S. 144. Vgl. Abschnitt 2.1.1.2 in der vorliegenden Arbeit. Vgl. Velicer/Fava (1987); Ostendorf (1994), S. 384; Block (1995), S. 189; Saucier (1997).
31
Qualitative Konsumenteninterviews
Qualitative Konsumenteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen
Deutschland
England
Südkorea
Deutschland
Mäder (2005)
Sung/Tinkham (2005)
Sung/Tinkham (2005)
Bosnjak/Biochmann/ Hufschmid (2007)
Tabelle 4:
Originäre Strukturierungen der Markenpersönlichkeit
Qualitative Konsumenteninterviews
Qualitative Konsumenteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen Qualitative Konsumenteninterviews, lexikalisch, Merkmalslisten bestehender Inventare
Kanada
d'Astous/Levesque (2003)
Smit/Berge/G. (2003)
Frankreich, Tunesien, Kanada Niederlande
Spanien
Japan
Qualitative Experteninterviews Qualitative Experteninterviews zur Reduktion lexikalisch erarbeiteter Begriffe Qualitative Konsumenteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen Qualitative Konsumenteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen Qualitative Konsumenteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen Qualitative Konsumenten- und Experteninterviews, Merkmalslisten bestehender Persönlichkeitsskalen Lexikalisch, Merkmalslisten bestehender Inventare
Analyseeinheiten Merkmalsgenerierung
Ambroise et al. (2003)
Aaker/BenetMartìnez/Garolera (2001) Aaker/Benet-Martìnez/Garolera (2001)
England USA
Alt/Griggs (1988) Batra/Lehmann/Singh (1993) Aaker (1995)
USA
Land
Quelle
84
80
80
114
99
102
69
77
100
114
155 35
Items
13
13
13
45
4
20/73
4
25
24
37
6 11
13
3
3
45
1
4/8
2
25
24
24
3 7
4
7
8
5/3
5
6 (7)
12
5
5
5
3 7
aggregiert: Attraktivität, Verlässlichkeit, Temperament, Stabilität, Natürlichkeit; individuell: Verlässlichkeit, Attraktivität, Kreativität Likeableness, Trendiness, Competence, Sophistication, Traditionalism, Ruggedness, White Collar, Androgyny Competence, Trendiness, Likeableness, Passive Likeableness, Sophistication, Ascendancy, Ruggedness Antrieb, Gewissenhaftigkeit, Gefühl, Oberflächlichkeit
Clamorous, Secure, Outgoing, Sweet, Exciting, Elegant, Mischievous, Cheerful, Mature, Natural, Rigorous, Reliable Competence, Excitement, Gentle, Ruggedness, Annoying, Distinguishing, (Sophistication) Sophistication, Solidity, Genuineness, Enthusiasm, Unpleasantness
Excitement, Sincerity, Sophistication, Peacefulness, Passion
Excitement, Competence, Peacefulness, Sincerity, Sophistication
Sincerity, Excitement, Competence, Sophistication, Ruggedness
Extraversion, Social Acceptability, Virtue N/A
Stimuli Basisdimensionen Marken Branchen Anzahl
20
-
-
23
34/20
38
33
33
36
42
14
Inventar
.
32
USA
Hayes (1999)
USA
England
Wysong (2000)
Davies et al. (2001)
Deutschland
Australien
Tabelle 5:
Chile
42 Items der BPS
12 Items der Dimensionen Competence und Sincerity Facetten der Inventare nach Aaker (1995) und Aaker/Benet-Martìnez/ Garolera (2001) 42 Items der BPS
42 Items der BPS
42 Items der BPS
1
2
46
1
5
3
(freie Wahl)
7
7
8
1
Replikation
explorativ: Ermittlung von neun Dimensionen konfirmatorisch: Reduktion der 42 Items der BPS auf 14 Items notwendig Bier, Kaffee, Kleidung, explorativ: Definition von fünf Dimensionen durch 33 Items mit hinreiKonditorei chend großer Ladung, Aufspaltung von Sincerity in zwei Faktoren (Sincerity im engeren Sinne und User Friendliness); kein Aufdecken des Faktors Competence Fruchtsaft, Joghurt, TVkonfirmatorisch: Reduktion der 42 Items der BPS auf 39 Items notwendig; Sender, Automobil, Uhren, trotzdem mangelnde Diskriminanz zwischen den Faktoren Champagner, Fast Food Fruchtsaft, Joghurt, TVkonfirmatorisch: Reduktion der 42 Items der BPS auf 39 Items notwendig; Sender, Automobil, Uhren, trotzdem mangelnde Diskriminanz zwischen den Faktoren Champagner, Fast Food, Bier explorativ: Zuordnung von vier bzw. fünf der 15 Facetten zu einem anderen Faktor als in der BPS für die Gesamtstichprobe bzw. die Teilgruppe der Biertrinker Kleidung, Finanzdienst, explorativ und konfirmatorisch: geringe Validität (vor allem bei RuggedBaugewerbe ness) aufgrund von Problemen durch kulturspezifische Interpretation einiger Items (bspw. „western“) Mobiltelefon explorativ: Bestätigung der fünf Dimensionen, wobei 6 Items ohne Ladung auf einen Faktor entfernt wurden Discounter konfirmatorisch: Bestätigung der beiden Dimensionen Competence und Sincerity in separaten Faktorenanalysen Finanzdienstleister, Auto- konfirmatorisch: keine Bestätigung der BPS; geringe Diskriminanz mobil, Banken, Bier, zwischen den Faktoren Energieversorger, Kosme- explorativ: Ermittlung von zwei Dimensionen: Vertrauen/Sicherheit, tik, Transport, Zigaretten Temperament/Leidenschaft Jeans, Automobil explorativ und konfirmatorisch: Reduktion der Skala auf 35 Items notwendig; keine Bestätigung der Dimension Competence, stattdessen Aufdecken eines Faktors Successful and Contemporary Automobil konfirmatorisch: Reduktion der 42 Items der BPS auf 16 Items notwendig; keine Bestätigung der Dimension Ruggedness
Sonnenbrille
Stimuli Anzahl Branchen Marken
Replikationsstudien der Brand Personality Scale.
Rojas-Mèndez/ Erenchun-Podlech/SilvaOlave (2004)
Supphellen/Gronhaug Russland (2003)
Merrilees/Miller (2001) Hieronimus (2003)
Kim/Han/Park (2001) Korea
42 Items der BPS
Spanien
Bauer/Mäder/ Keller (2000)
15 Facetten der BPS
42 Items der BPS
Deutschland
42 Items der BPS, erweitert um „charismatic und „superficial“
42 Items der BPS
Merkmalsbasis
Bauer/Mäder/ Keller (2000)
Ferrandi et al. (1999) Frankreich
Land
Quelle
Insbesondere im deutschen Sprachraum wurde eine Vielzahl von Analysen zur Markenpersönlichkeit durchgeführt, welche im Weiteren betrachtet werden. Die erste Untersuchung zur Dimensionalität des Konstruktes geht auf Bauer/Mäder/Keller (2000) zurück. Ziel dieser Forschungsarbeit war es, die Brand Personality Scale nach Aaker (1995) bei sieben Marken in einem Convenience Sample von 70 Probanden in Deutschland zu replizieren. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse konnte die Struktur allerdings erst nach Reduktion von drei Items mit akzeptabler Güte bestätigen, wobei die Unabhängigkeit der fünf Dimensionen verworfen werden musste. Zu beachten ist die geringe Zahl an Marken und Personen der Untersuchung, wodurch die Ergebnisse nur einen ersten Ansatzpunkt liefern können. Einen zweiten Replikationsversuch der BPS nach Aaker im deutschsprachigen Raum unternahm Hieronimus (2003). Aufbauend auf computergestützten persönlichen Interviews (CAPI) von etwa 1.000 deutschen Konsumenten zu 46 Marken prüfte er die Anwendung der Brand Personality Scale sowie der spanischen und japanischen Adaptionen auf Ebene der Facetten. Wiederum konnte die konfirmatorische Faktorenanalyse die Strukturannahmen nicht bestätigen, wobei erneut die mangelnde Diskriminanzvalidität die Abhängigkeit der Dimensionen verdeutlichte. Die anschließende explorative Faktorenanalyse der Merkmale resultierte in einer zweidimensionalen Ordnung der Markenpersönlichkeit (vgl. Abbildung 9) mit einer rationalen (Vertrauen /Sicherheit) und einer emotionalen Komponente (Temperament/Leidenschaft), welche 67% der Merkmalsvarianz erklärte. Durch sachlogische und statistische Analysen wurde ein Messinventar mit fünf Indikatoren pro Faktor entwickelt.126
Abbildung 9: Quelle:
126
Vertrauen/Sicherheit
Temperament/Leidenschaft
zuverlässig
temperamentvoll
unverfälscht
leidenschaftlich
ehrlich
phantasievoll
bodenständig
fröhlich
erfolgreich
wagemutig
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Hieronimus. Hieronimus (2003), S. 155.
Vgl. Hieronimus (2003), S. 146 ff.
33
Die erste (originäre) Analyse der Markenpersönlichkeit auf Basis einer eigenständigen deutschen Merkmalsliste geht auf Mäder (2005) zurück. Ausgehend von einem Verständnis der Markenpersönlichkeit i.w.S., welches sich in 144 Begriffen konkretisiert,127 implementierte er weitgehend die Analyseschritte nach Aaker (1995). Mehr als 4.500 Probanden einer Online-Befragung bewerteten dabei 45 Marken. Es ergaben sich fünf Faktoren (mit 85% Varianzerklärung), wobei sich der erste Faktor Attraktivität wiederum in drei Facetten unterteilen lässt (Extravaganz, Ästhetik und Erotik), der zweite Faktor Verlässlichkeit in den Facetten Kompetenz sowie Integrität aufgeht und der dritte Faktor Temperament sich mit den Begriffen Dynamik sowie Kreativität konkretisieren lässt. Als weitere Faktoren zeigen sich Stabilität und Natürlichkeit. Für eine Operationalisierung der Dimensionen wurden 39 Items als weitere Cluster der Facetten bzw. der Dimensionen bereitgestellt (vgl. Abbildung 10). Attraktivität
Verlässlichkeit
Temperament
Stabilität
Natürlichkeit
Extravaganz extravagant elegant glamourös chic
Kompetenz kompetent verantwortungsvoll sicher solide präzise professionell
Dynamik progressiv dynamisch zeitgemäß aktiv aufstrebend revolutionär
unschlagbar unverfälscht zeitlos einprägsam erfolgreich bekannt
natürlich naturnah frisch
Integrität vertrauenswürdig
Kreativität einfallsreich
ehrlich
unkonventionell
wertvoll
pfiffig
Ästhetik ästhetisch charismatisch unwiderstehlich geschmackvoll Erotik sinnlich bezaubernd rassig
Abbildung 10: Quelle:
dezent
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Mäder (Markenebene). Mäder (2005), S. 115.
Im Hinblick auf das methodische Vorgehen von Mäder (2005) ist jedoch hervorzuheben, dass er in Anlehnung an Aaker (1995) vorerst nicht die individuellen Antworten der Personen faktorisierte, sondern vielmehr alle Angaben der Personen zu einer Marke mittelte und diese Mittelwerte der Marken weiter untersuchte.128 Dieser aggregierte Ansatz auf Markenebene vernachlässigt somit die Varianz zwischen den Befragten, d.h. den Konsumenten, bei einer Marke (within object) und stützt sich nur auf die
127 128
34
Vgl. Abschnitt 2.1.1.2. Vgl. Mäder (2005), S. 61 f. nach Aaker (1997), S. 350.
Varianz zwischen den Marken (between objects). Damit widerspricht dieses Vorgehen jedoch dem bisherigen konzeptuellen Grundverständnis der Markenpersönlichkeit insofern, als dass die Markenpersönlichkeit auf die menschlichen Charaktereigenschaften abzielt, die der Kunde individuell wahrnimmt und die seine Reaktion auf die Marke steuern.129 Es ergeben sich Artefakte, sofern diese individuell existierenden Unterschiede „verschenkt“ und in aggregierten Analysen Dimensionen bzw. Wahrnehmungsräume unabhängig von den Informationen der einzelnen Konsumenten konstruiert werden. Die Ergebnisse auf aggregierter Ebene können dabei sogar den tatsächlichen individuellen Zusammenhängen entgegenstehen. Dies verdeutlicht Abbildung 11 an einem hypothetischen Beispiel. Der Zusammenhang von „aggressiv“ und „sportlich“ ist dabei für jede der drei betrachteten Marken einzeln und bei übergreifender Betrachtung der einzelnen Datenpunkte (Individualdatenebene) negativ. Durch Mittelung der Urteile der drei Personen pro Marke und Betrachtung des Zusammenhangs auf aggregierter Ebene gilt hingegen: je „sportlicher“, desto „aggressiver“. Auf dieser Grundlage ist nicht sicher davon auszugehen, dass Analysen auf aggregiertem und individuellem Niveau die gleiche Faktorenstruktur ergeben.130 Somit erscheint es wenig sinnvoll, Marken auf aggregiert ermittelten Dimensionen zu vergleichen, die möglicherweise auf Individualebene nicht existieren. Weiterhin ist für Unternehmen eine aggregierte Betrachtung auf Markenebene insofern meist nicht praktikabel, als nur die eigene Marke und das begrenzte Wettbewerbsumfeld als Untersuchungsgegenstände im unternehmerischen Fokus stehen. aggressiv
+ + +
Urteile Person 1 zur Marke A
+
Urteile Person 1 … Urteile Person 2 … Urteile Person 3 … … zur Marke A … zur Marke B … zur Marke C Individualdatenebene (Zusammenhang über alle Urteile)
Markenebene (aggregiert) (Zusammenhang über Mittelwerte der Marken über Personen = Urteil Person 2)
sportlich Abbildung 11:
129 130
Basisdimensionen auf Markenebene vs. Individualdatenebene.
Vgl. Austin/Siguaw/Mattila (2003); Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007), S. 306 f. Vgl. Ostroff (1993); Backhaus/Erichson (2003), S. 326 ff.
35
Aufbauend auf der Erkenntnis, dass individuelle Analysen zur Strukturierung der Markenpersönlichkeit mit einem Forschungsmehrwert einhergehen,131 reanalysierte Mäder (2005) seine Daten auf Individualdatenebene. Bei sonst gleichem Vorgehen entdeckte er drei Dimensionen, welche 49% der Merkmalsvarianz erklären und eine Teilmenge der aggregiert gefundenen Fünf-Faktoren-Lösung darstellen. Demnach bestätigen sich die ersten beiden Dimensionen der Verlässlichkeit bzw. Attraktivität mit leicht veränderten Facetten (Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Professionalität bzw. Aufregung und Verführung). Den dritten Faktor bildet der Teilaspekt Kreativität aus der Dimension Temperament der ursprünglichen aggregierten Analyse. Die Operationalisierung erfolgte über Indikatoren mit der höchsten Item-to-Total-Korrelation mit den Facetten bzw. Dimensionen und konkretisiert sich in 23 Merkmalen (vgl. Abbildung 12). Dieses Inventar konnte in unterschiedlichen Teilstichproben validiert werden.
Verlässlichkeit
Attraktivität
Kreativität
Vertrauenswürdig vertrauenswürdig kompetent glaubwürdig überzeugend
Aufregung aufregend bezaubernd reizvoll unwiderstehlich
trendy modern pfiffig kreativ einfallsreich
Zuverlässigkeit zuverlässig sicher leistungsfähig
Verführung verführerisch
Professionalität professionell erfahren angesehen
Abbildung 12: Quelle:
sinnlich leidenschaftlich erotisch
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Mäder (Individualdatenebene). Mäder (2005), S. 115.
Diese Dimensionen verdeutlichen jedoch die bereits in Abschnitt 2.1.1.2 angeführten Schwächen der Operationalisierung von Wesenszügen. So können zum einen keine negativen Faktoren aufgedeckt werden, da negative Begriffe nicht in den Merkmalspool aufgenommen wurden. Zum anderen führt die Berücksichtigung von rein evaluativen Komponenten zu einem evaluativen Faktor (Attraktivität), der durch die beschreibende Persönlichkeit erklärt werden sollte und nicht als unabhängige Dimension Bestandteil des Konstruktes sein darf.
131
36
Vgl. Mäder (2005), S. 206 ff.
Basierend auf einem Persönlichkeitsverständnis i.e.S., welches positive und negative Temperamentsbegriffe berücksichtigt, nahmen sich Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007) der Kritik an. Eine Faktorisierung der Antworten zu 84 Merkmalen von 131 Befragten im Rahmen einer Online-Befragung bei insgesamt 13 Marken ergab eine vierdimensionale Lösung, welche 48% der Begriffsvarianzen erklärte. Die erste Dimension bezeichneten die Autoren mit Antrieb. In einer weiteren Faktorenanalyse der Items, die den Faktor Antrieb bildeten, konnten die zwei Facetten Erregung und Langeweile aufgedeckt werden. Weiterhin ergaben sich die Dimensionen Gewissenhaftigkeit, Gefühl und Oberflächlichkeit. Zur effizienten Messung und weiteren Anwendung der Persönlichkeitsstruktur wurden vier Items einer Dimension bzw. Facette mit hoher Ladung angeführt (vgl. Abbildung 13). Bei der Einbindung des Instruments der Mannheimer Psychologen um Bosnjak ist jedoch zu betonen, dass ein Persönlichkeitsverständnis i.e.S. zu Grunde gelegt wird und daher Fähigkeiten sowie das Erscheinungsbild der Marke unberücksichtigt bleiben. Zudem können die Ergebnisse des forschungsökonomischen Ansatzes der Online-Befragung unter überproportional vielen Studenten nur erste Hinweise geben und bedürfen weiterer Fundierung.
Antrieb
Gewissenhaftigkeit
Gefühl
Oberflächlichkeit
Erregung aufregend abenteuerlustig temperamentvoll frech
kompetent verantwortungsvoll ordentlich zuverlässig
gutmütig herzlich gefühlvoll liebevoll
scheinheilig aufdringlich arrogant egoistisch
Langeweile spießig kleinbürgerlich langweilig altmodisch
Abbildung 13: Quelle:
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Bosnjak, Biochmann und Hufschmid. Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007), S. 311.
Zusammenfassend zeigen sich bei den Analysen zur Markenpersönlichkeit auf Individualdatenebene wiederholt zwei Hauptfaktoren, welche Hieronimus (2003) als Superfaktoren der Persönlichkeit beschreibt. In einem der Faktoren verdichten sich rationale Aspekte, konkretisiert über Vertrauen/Sicherheit bei Hieronimus (2003), Verlässlichkeit bei Mäder (2005) oder Gewissenhaftigkeit bei Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007). In dem zweiten Faktor ergeben sich emotionale Aspekte, welche sich bei Hieronimus (2003) in Temperament/Leidenschaft, bei Mäder (2005) in der Facette Verführung so37
wie bei den Psychologen um Bosnjak im Gefühl ausdrücken. Somit existieren erste Hinweise, dass Rationalität und Emotionalität Metafaktoren der Markenpersönlichkeit darstellen.132 Zudem deutet sich in Analogie des bereits beschriebenen ȕMetafaktors der Psychologie (zusammengesetzt aus den Dimensionen Extraversion und Offenheit der Big FIVE) bei Mäder (2005) ein Faktor der Erregung in der Facette Aufregung an, der von Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007) bestätigt und um einen Faktor der Langeweile erweitert wird (vgl. Tabelle 6).133 Metafaktoren Forschungsprojekt Hieronimus (2003)
Rationalität
Emotionalität
Mäder (2005)
Vertrauen & Sicherheit Verlässlichkeit
Temperament & Leidenschaft Verführung
Aufregung
Bosnjak/Biochmann/ Hufschmid (2007)
Gewissenhaftigkeit
Gefühl
Erregung
Tabelle 6:
2.1.2.4
Erregung
Langeweile
Langeweile
Metafaktoren deutscher Markenpersönlichkeitsforschung.
Herausforderungen bei der Dimensionierung
Nachdem die bisherige Literatur zur Basisdimensionierung von Persönlichkeit analysiert wurde, werden drei allgemeine Herausforderungen bei der Dimensionierung thematisiert: Der Halo-Effekt, die Faktorenzahl und die Kontextspezifität der Markenpersönlichkeitsstruktur. Bei der Zusammenfassung der Wesenszüge zu Persönlichkeitsdimensionen ist sicherzustellen, dass die „wahren“ inhaltlichen Zusammenhänge aufgedeckt werden und die Verdichtung der Wesenszüge nicht durch einen Halo-Effekt der globalen Markeneinstellung verzerrt ist. Das Problem wird insbesondere anhand der Zerlegung der Begriffe in ihre inhaltliche (deskriptive) und bewertende (evaluative) Komponente deutlich. „[…] there are two sorts of things that we can say, for example, about strawberries; the first sort is usually called descriptive, the second sort evaluative. Examples of the first sort of remark are, “This strawberry is sweet” and “This strawberry is large, red, and juicy.” Examples of the second sort of remark are “This is a good strawberry” and “This strawberry is just as strawberries ought to be.“134
132
133
134
38
Die Unterscheidung nach rationalen und emotionalen Aspekten spiegelt sich auch in der Teilung der Konsumentenbedürfnisse in funktionalen (rationalen) Grundnutzen und symbolischen (emotionalen) Zusatznutzen wider (vgl. Herrmann/Bauer/Huber (1997)). Auch die theoretisch fundierte Markenpersönlichkeit i.e.S. nach Jungs Personality Type Theory unterscheidet extrovertierte/introvertierte und emotionale/rationale Charaktere (vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Hare (1952), S. 111.
Die Ähnlichkeiten (bzw. Korrelationen) zwischen Begriffen können auf deskriptive oder evaluative Gleichheit zurückgeführt werden.135 Zum einen kann die Vielzahl der inhaltlichen Überschneidungen gemeinsame Faktoren anzeigen (bspw. „sparsam“ und „geizig“ mit deskriptiver Äquivalenz). Zum anderen können sich diese Dimensionen bei inhaltlich heterogenen Begriffslisten, wie den Wesenszügen, meist nur schwer durchsetzen.136 Die gemeinsame Valenz der Begriffe steht im Vordergrund. Dies bedeutet, dass alle positiven bzw. alle negativen Merkmale hohe Zusammenhänge (bspw. „sparsam“ und „großzügig“ mit evaluativer Äquivalenz) aufweisen. Dabei beeinflusst die grundsätzliche Einstellung zur Marke die Bewertung der Wesenszüge (Halo-Effekt). So wird bspw. positiven Wesenszügen bei positiver bzw. negativer Grundeinstellung zur Marke systematisch mehr bzw. weniger zugestimmt. Dies resultiert in Antwortverschiebungen (Akquieszenzeffekten) zwischen den Befragten. Unabhängig von inhaltlichen Gemeinsamkeiten werden dadurch die Korrelationen von bspw. positiv bewerteten Begriffen aufgrund der gleichgerichteten Reaktion auf unterschiedliche Grundeinstellungen zur Marke ins Positive verzerrt. Es ergeben sich überhöhte positive Zusammenhänge bei inhaltlichen Synonympaaren, positive Zusammenhänge bei eigentlich inhaltlich unabhängigen Begriffen und geringere negative Zusammenhänge bei Antonymen. Bei positiven Wesenszugslisten definieren sich die Faktoren daher meist nur durch positiv ladende Items und negative Gegenpole werden kaum angezeigt. So kann erklärt werden, dass die Metafaktoren Rationalität und Emotionalität, trotzt ihrer semantischen Gegensätzlichkeit, unabhängige Faktoren bilden. Aaker (1995) ging in ihrer Untersuchung von einem Erklärungsanteil von über 60% aus, den sie auf einen Halo-Effekt zurückführte.137 Die bisher dargestellten Faktorisierungen zur Markenpersönlichkeit erklären ca. 50% der Varianz der zugrunde gelegten Wesenszüge. Lassen sich 60% davon auf einen Halo-Effekt zurückführen, reduziert sich die tatsächlich inhaltlich erklärte Varianz auf 20%, womit die Abstraktionsgüte zu hinterfragen ist. Die Persönlichkeitspsychologie standardisiert (ipsatization) daher zunehmend die Angaben eines Befragten. Entgegen der klassischen Standardisierung einer Variable über alle Befrag-
135 136 137
Vgl. Peabody (1967); Peabody (1970); Borkenau/Ostendorf (1987). Vgl. Thorndike (1920); Osgood/Suci/Tannenbaum (1978). Dies bestätigen die Varianzaufklärungen der deutschen Faktorisierungen. Der Anteil der Varianz, der auf den ersten unrotierten Faktor entfällt, ist ungleich höher als die weiteren Erklärungsanteile (bspw. bei Mäder (2005) 77% der Gesamterklärung). Dies weist auf einen Valenzfaktor hin (vgl. Paulhus (1981), S. 385).
39
ten, werden alle Antworten eines Befragten standardisiert.138 Dadurch werden interindividuelle Mittelwert- und Varianzdifferenzen reduziert, welche aufgrund von Antwortverschiebungen entstehen können.139 Weiterhin ist noch nicht geklärt, wie viele Basisdimensionen den Analyseeinheiten der Markenpersönlichkeit zu Grunde liegen. Während Hieronimus (2003) zwei Dimensionen vorstellt, konzentriert sich Mäder (2005) in seiner individuellen Analyse auf drei Dimensionen. Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007) decken vier Dimensionen auf und die Analysen auf aggregierter Ebene ergeben sogar fünf Faktoren. Grundsätzlich gilt, dass die Dimensionen nur einen Bruchteil der Wesenszüge modellhaft erfassen.140 So werden lediglich die zentralen Aspekte aus einem heterogenen Pool an Bedeutungsräumen abgebildet. Vor dem Hintergrund der dargelegten inhaltlichen Varianzerklärung von nur ca. 20% der Wesenszüge gewinnt die Forderung nach einer höheren Faktorenzahl zum tieferen Verständnis an Bedeutung.141 Dabei ist jedoch die Validität weiterer Faktoren zu gewährleisten.142 „Instead of asking “what is the correct numbers of factors?“ it may be more useful to ask a different question: As one sequentially increases the number of factors, how does the pattern of factor emergence in one study correspond to that in other studies?“143
Die Validität einer Persönlichkeitsstruktur ist auch in verschiedenen Kontexten zu überprüfen und zu gewährleisten. Wie in Abschnitt 2.1.1.2 bereits diskutiert, kann ein Wesenszug je nach Marke, die er beschreibt, bzw. je nach Konsument, der ihn zuschreibt, unterschiedliche Relevanzen und Bedeutungen besitzen. Vor diesem Hintergrund wäre davon auszugehen, dass kontextspezifische Zusammenhänge zu weiteren Wesenszügen vorliegen, so dass die Existenz einer universellen Persönlichkeitsstruktur gefährdet ist.144 Eine nähere Betrachtung dieser Annahme erfolgt in Kapitel 3.
138
139
140 141 142 143 144
40
Die Antworten eines jeden Befragten besitzen somit den Mittelwert 0 und eine Standardabweichung von 1. Dabei sind negative Begriffe zu drehen. Vgl. Ostendorf (1990), S. 155; Saucier (1997). Weitergehende psychologische Analysen versuchen die Valenz explizit zu eliminieren (vgl. Paulhus (1981); Saucier (1994), S. 141 f.). Hierbei ergeben sich die zwei Faktoren „Assertive vs. Unassertive“ und „Tight vs. Loose“ (vgl. Non-Evaluative Circumplex von Saucier/Ostendorf/Peabody (2001)). Vgl. McCrae/John (1992), S. 207. Vgl. Davies et al. (2001), S. 124. Vgl. Zwick/Velicer (1986). Saucier (1997), S. 1310. Vgl. Caprara/Barbaranellie/Guido (2001), S. 391 f.; Petzold (2006); Höltkemeier (2006).
2.2
Entstehung der Markenpersönlichkeit
Nachdem im vorangehenden Abschnitt der Begriff der Markenpersönlichkeit näher spezifiziert und abgegrenzt wurde, gilt es nun, die Determinanten aufzuzeigen und zu strukturieren, so dass die Steuerung der Marke möglich wird. Bevor einzelne Komponenten angeführt werden, sind konzeptuelle Fragen der Entstehung von Wesenszügen zu diskutieren. So erscheint es zielführend, zu klären, wie sich die Markenpersönlichkeit in den Köpfen der Konsumenten konstituiert. Damit stellt sich die Frage: Wie erfolgt der kognitive Abstraktionsprozess von spezifischen Erfahrungen zu Wesenszügen in den Köpfen der Konsumenten?
2.2.1 Kognitive Algebra Zur Beantwortung dieser Frage ist die kognitive Algebra der Abstraktion bzw. Kategorisierung aufzudecken.145 Den Abstraktionstheorien zufolge stellt dabei der normative Bedeutungsraum einer jeden Kategorie das Kriterium dar, anhand dessen Nähe Informationen zur Kategorie zugeordnet werden können. Dieser normative Benchmark wird in einem allgemeinen zentralen Konzept abgelegt146 und ergibt sich aus den typischen (family resemblance), aktuellen oder idealen Exemplaren der Kategorie.147 Demnach konkretisiert sich bspw. das Kategoriensystem natürlicher Objekte aufgrund charakteristischer physischer Attribute und typischer Verwendungen der Exemplare.148 So kennzeichnen physische Merkmale, wie Hosenbeine oder Taschen, und der Nutzen des Kälteschutzes die Kategorie der „Hose“. Die Persönlichkeitspsychologie hat diesen Ansatz auf die Kategorisierung des menschlichen Verhaltens zu Wesenszügen angewandt. Der normative Bedeutungsraum eines Wesenszuges ist dabei durch behavioristische, situative und motivationale
145
146
147 148
In der Wissenstheorie wird von prozeduralem Wissen („knowing how“) gesprochen, welches das deklarative Faktenwissen („knowing that“) verarbeitet (vgl. Anderson (1989), S. 319 ff.). Diese zentralen Konzepte werden häufig als Schemata (vgl. Rumelhart (1980)), Prototyp (vgl. Reed (1972)), Frame oder Skript (vgl. Alba/Hasher (1983)) bezeichnet. Als Alternative zur Konstruktion zentraler Konzepte gelten Exemplartheorien. Hierbei erfolgt ein Abgleich über alle Eigenschaftsausprägungen gespeicherter Exemplare, wodurch jedoch die Flexibilität eingeschränkt ist. Vgl. Medin/Wattenmaker/Hampson (1987); Barsalou (1985). Vgl. Mervis/Rosch (1981).
41
Komponenten definiert, die als Benchmark zur Einordnung des Verhaltens dienen.149 Entspricht das Verhalten in seiner Bedeutung den normativen Vorgaben, so lässt es sich als Exempel des Wesenszuges auffassen. Eine Gefälligkeit kann demnach je nach Gestik (bspw. lachend oder wütend), Situation (bspw. spontane Unterstützung bedürftiger Leute oder hierarchische Beziehung) sowie Motivation (Nettigkeit oder von Dritten angeordnet) als „hilfsbereit“ oder „unterwürfig“ interpretiert werden. Zeigt eine Person häufig für die Kategorie typische Verhaltensweisen, wird ihr der Wesenszug entsprechend dem Act Frequency Approach zugeschrieben.150 Somit gilt eine Person als „hilfsbereit“, sofern sie vergleichsweise häufig Verhaltensweisen an den Tag legt, die als „hilfsbereit“ kategorisiert werden. „People who learn about a person’s behaviours with the objective of forming an impression will spontaneously interpret these behaviours in terms of the trait concept they exemplify. This interpretation is made by comparing the behaviour description with the features of various trait concepts that are stored in memory.“151
Lange Zeit wurde auch ein gegenläufiger Effekt zwischen Wesenszügen (Dispositionen) und dem Verhalten einer Person diskutiert. Dies zeigt sich in einem philosophischen Diskurs Anfang der 30er Jahre (vgl. Abbildung 14). Im Raum stand die Frage, inwiefern sich Dispositionen als Prädiktor menschlichen Verhaltens eignen (genotypisch) oder lediglich eine abstrakte Beschreibung dessen darstellen (phenotypisch).152 Genotypisches Dispositionsverständnis:
Phenotypisches Dispositionsverständnis:
Kausalität der Disposition fürs Verhalten
Abstraktion des Verhaltens in Dispositionen
Verhaltensweise Disposition
Verhaltensweise Disposition
Verhaltensweise Man verhält sich aggressiv, da man ein aggressiver Mensch ist. Abbildung 14:
149 150
151 152
42
Verhaltensweise Man ist ein aggressiver Mensch, da man häufig aggressive Verhaltensweisen zeigt.
Der philosophische Disput zum Persönlichkeitsverständnis.
Vgl. Hampson (1982), S. 4; Weimer (1984), S. 174. Vgl. Buss/Craik (1983); Zuckerman (1983), S. 1084 f.; Wiggins (1997), S. 99 ff. Zur Kritik vgl. Block (1989), wobei der Grundgedanke der Verhaltenszusammenfassung nicht in Frage gestellt wird. Srull/Wyer Jr. (1989), S. 60. Vgl. Allport (1961), S. 364 f.
In den Forschungsarbeiten nach Ryle (1949), wonach Dispositionen das Verhalten steuern, werden Dispositionen in Analogie zu naturwissenschaftlichen Zuschreibungen (genotypisches Verständnis) betrachtet. Wie ein Glas unter bestimmten Umständen (bspw. bei einem Steinschlag) zerbricht, reagiert ein aggressiver Mensch in bestimmten Situationen aggressiv. Dispositionen erklären und projizieren demnach menschliches Verhalten.153 Dies impliziert jedoch einen Zirkelschluss. Eine Disposition wird aufgrund bestimmter Verhaltensweisen einer Person zugeschrieben und erklärt zugleich dieses Verhalten.154 Auf Basis dieser Kritik hat sich in den 80er Jahren im psychologischen Diskurs die phenotypische Interpretation von Dispositionen nach Hampshire (1953) durchgesetzt, welche nicht den Anspruch erhebt, Verhalten zu erklären: „[…] trait attributions do not involve hypothetical or quasi-hypothetical statements. Instead, trait attributions are summarizing statements that describe the general trend of a person’s conduct to date.“155
Dispositionen sind lediglich eine effiziente Möglichkeit der Erfassung des charakteristischen Verhaltens einer Person.156 Somit beschränkt sich die Vorhersagekraft für zukünftiges Verhalten auf die heuristische, Konsistenz unterstellende Annahme, dass der beste Prädiktor eine Betrachtung der Vergangenheit ist (Statusdiagnostik).157 Die Ursachen des menschlichen Verhaltens bzw. der Persönlichkeit sind gemäß den unterschiedlichen Persönlichkeitstheorien im biologischen System (Personismus), der Umwelt (Situationismus) oder in Kombination der beiden Aspekte (Interaktionismus) zu suchen, da sie nicht aus dem allgemeinen Sprachgebrauch abgeleitet werden können.158 „In a human-behavioral discipline like personality, folk distinctions may be an indispensable and valuable starting point. But, inevitably, new concepts will be introduced. […] As these explanatory psychological concepts mature, some folk concepts may increasingly be seen, not as basic explanatory constructs, but as social-cognitive structures to be explained.“159
153 154 155 156
157 158
159
Vgl. Ryle (1949), S. 116 ff. Vgl. Weimer (1984), S. 171 ff. Wiggins (1997), S. 103. Vgl. Hampshire (1953), S. 7 ff.; Wiggins (1997), S. 103 ff.; Buss/Craik (1983), S. 106 ff.; Hampson (1982). Vgl. Buss/Craik (1983), S. 107. Vgl. Pervin (1994), S. 109; Amelang et al. (2006), S. 66 ff. Kontinentaleuropäische Ansätze, wie die mythologisch anmutende Psychoanalyse nach Freud, betonen die internen Determinanten (wie den Geist mit dem unterbewussten Konflikt des „Ichs“ zwischen biologischen Wünschen des „Es“ und sozialen Zwängen des „Über-Ichs“). Angloamerikanische Theorien des Behaviorismus propagieren hingegen ein passives, lerntheoretisches, von Umwelteinflüssen gesteuertes Menschenbild (vgl. Pervin/Cervone/John (2005) und Fisseni (2003)). Tellegen/Waller (1992), S. 20.
43
Es bleibt die Frage, ob sich dieses Prinzip der zwischenmenschlichen Meinungsbildung in den Markenkontext übertragen lässt. Hierzu ist zu klären, ob einem leblosen Gegenstand, wie einer Marke, Verhaltensweisen zugeschrieben werden können, die als Ursachen von Wesenszügen gelten. Den Theorien zur Konsument-Marke-Beziehung folgend, handeln auch Marken als aktive Beziehungspartner und kommunizieren mit dem Konsumenten.160 Da Marken ihre physische Gegebenheit nur als Symbol besitzen, agiert eine Marke jedoch durch verwandte Bezugsobjekte. Eine Marke kommuniziert demnach nicht direkt, sondern wird vielmehr über ihre Produkte und Werbeaussagen oder Repräsentanten vertreten. Beim Konsumenten entsteht daher eine unmittelbare Assoziation zu den einzelnen Markenangeboten und Vertretern. Diese Sekundärassoziationen beziehen sich nicht direkt auf die Marke, werden aber aufgrund der engen Verbindung auf die Marke projiziert. Als Sekundärquellen werden in der Literatur häufig verwandte Marken (bspw. Allianzen), Personen (bspw. Mitarbeiter, Nutzer, Testimonials), Orte (bspw. Herkunftsland) oder Markenevents diskutiert.161 Diese Liste lässt sich auf jegliche Marketing-Mix-Aktivitäten erweitern. Analog zu menschlichem Verhalten ist dieses Verhalten einer Marke durch Wesenszüge abstrahierbar. Hierbei erfolgt ein Abgleich der Markenaktivitäten mit den normativen Räumen der einzelnen Wesenszüge und bei häufig entsprechendem Markenverhalten wird der Wesenszug der Marke zugeschrieben.162 Demnach wird eine Marke mit dem Merkmal „sportlich“ assoziiert, sofern häufig Informationen im Zusammenhang mit der Marke wahrgenommen werden (Markenverhalten), welche dem Bedeutungsraum des Begriffes zuzuordnen sind (vgl. Abbildung 15). Neue Informationen werden dann mit diesem kognitiven Vorwissen abgeglichen und bestätigen oder modifizieren die bestehende Information. Der Abstraktionsprozess ermöglicht demnach die überdauernde Ordnung und eine effiziente Abbildung des täglichen Markenerlebens. „Trait attributions convey the shared folk wisdom concerning actions and outcomes in an extraordinarily efficient manner.“163
160
161 162
163
44
Vgl. Fournier (1998), S. 344 ff. Parallelen der Konsument-Marke-Beziehung ergeben sich zu menschlichen Beziehungen mit nicht greifbaren Partnern (Prominente, Gott). Vgl. Keller (2003a), S. 597 ff. Der Bedeutungsraum ist vor dem Hintergrund der Begriffskategorie definiert, so dass Temperamentsbegriffe vorwiegend das emotionale Wesen der Person abstrahieren (vgl. Clark/Watson (1999)) und Fähigkeiten eher durch produktbezogene Merkmale der Markenqualität und -leistung bestimmt werden (vgl. Aaker/Fournier/Brasel (2004), S. 2). Wiggins (1997), S. 101.
Produkte mit hoher PS Zahl
Bedeutungsraum des Wesenszuges
Pferd als Markensymbol sportlich Rennfahrer als Testimonial
… Abbildung 15:
Die Entstehung von Wesenszügen (am Beispiel „sportlich“ im Automobilbereich).
2.2.2 Strukturierung der Determinanten der Markenpersönlichkeit Heuristische Untersuchungen unterteilen das Markenverhalten in direkte (personenbezogene) und indirekte (leistungsbezogene) Aktivitäten.164 Direkte Markenaktivitäten zeigen sich im Verhalten markennaher Personen, welche aufgrund der engen Verbindung zur Marke als repräsentativ für die Marke gelten. Eine Zuschreibung menschlichen Verhaltens der Repräsentanten ist daher unmittelbar möglich. Zu den markennahen Personen zählen der stereotype Verwender, Unternehmensangehörige (CEO, Mitarbeiter), Prominente sowie künstliche Testimonials (Avatare).165 Gemäß der Ansicht, dass jegliche Verhaltensweisen in eine Eigenschaftssprache übertragen werden, sind zudem alle weiteren Wahrnehmungen der Marke (bspw. Produkt-, Preis-, Händler-, Kommunikationspolitik, word of mouth) als indirektes Markenverhalten interpretierbar.166 Nach einer weiteren Systematisierung von Schmitt (2003) sind die Aktivitäten der Marke auch in Bezug auf die Interaktivität strukturiert, d.h. inwiefern der Konsument die Assoziation auf Basis einer aktiven Interaktion bildet (bspw. Servicekontakt) oder passiv das vorgefertigte Markenangebot übernimmt (bspw. Werbung). Weiterhin kann das Kriterium der Steuerbarkeit durch das Unternehmen herangezogen werden, wodurch sich interne, bewusst geplante Marketingaktionen (bspw. Produktsprache, Preisgestaltung, Händlerarchitektur oder Werbeauftritt) von externer, nicht vom Unternehmen steuerbarer Kommunikation (bspw. word of mouth) differenzieren.167 Abbildung 16 ordnet die Determinanten der Markenpersönlichkeit.
164 165 166 167
Vgl. Aaker (1997), S. 348; Hieronimus (2003), S. 82 ff.; Mäder (2005), S. 28 ff. Vgl. McCracken (1989); Batra/Myers/Aaker (1996), S. 333 ff.; Mäder (2005). Vgl. Olson/Allen (1995) für eine Interpretation der Wesenszüge als Verhaltensindex im Werbekontext. Vgl. Freling/Forbes (2005), S. 157 f. Die Kommunikation außerhalb des Unternehmens ist aufgrund der unabhängigen Beurteilung besonders glaubwürdig (vgl. Keller (2003b), S. 71).
45
passiv interaktiv Unter-
intern nehmen
direkt (personenbezogen)
Unter-
extern intern nehmen
CEO, Management Back-Office Mitarbeiter Werbebotschafter Typische Nutzer (kommuniziert) Avatare
extern extern
Front-Office Mitarbeiter (Vertrieb/ Service) Events Messen/ Ausstellungen Sponsoring
extern extern
Eigene Erfahrungen Bezugsgruppen (Familie, Freunde, Kollegen)
extern
Meinungsführer Typische Nutzer (real)
Herkunftsland
indirekt (leistungsbezogen)
Unternehmenserfolg Leistungskategorie Leistung Markenelemente Markenallianzen Design/ Verpackung Marketing-Mix
Interaktive Medien (z.B. Online Shop)
Nutzerforen im Internet
Medienberichte Institutionelle Tests Leserbriefe
Glaubwürdigkeit aus Kundensicht Steuerbarkeit durch das Unternehmen
Abbildung 16: Quelle:
Determinanten der Markenpersönlichkeit. Kilian (2004), S. 17.
Derzeit existieren nur wenige Befunde zur Bedeutung der einzelnen Determinanten als Treiber der Markenpersönlichkeit. Erste experimentelle Analysen untersuchen isoliert den Assoziationstransfer einzelner Einflussgrößen wie den von Testimonials,168 den von Markenerweiterungen169 sowie den Einfluss von Werbemaßnahmen und von Produkttypen (utilitarian vs. symbolic)170 auf die Persönlichkeit. Einen Ansatz zur simultanen Berücksichtigung mehrerer Determinanten stellen Wysong/Munch/Kleiser (2002) vor, wobei eine umfassende Liste an Determinanten (unterteilt nach Firmen-, Produktund Werbegrößen) zum Einsatz kommt. In einer Analyse des Biermarktes zeigen sich dabei Geschmack, Preis und Verpackung als zentrale Treiber der Persönlichkeit.171
168 169
170 171
46
Vgl. Mäder (2005), S. 121 ff. Vgl. Petzold (2006), S. 135 ff.; Diamantopoulus/Smith/Ian (2005) mit Kongruenzanalysen im Automobilmarkt. Vgl. Ang/Lim (2006). Vgl. Wysong/Munch/Kleiser (2002), S. 514. Die Analyse der Relevanz der einzelnen Persönlichkeitsdeterminanten erfolgte über direkt erhobene Wichtigkeiten.
2.3
Wirkung der Markenpersönlichkeit
Die Markenpersönlichkeit ermöglicht neben der effizienten Abbildung des funktionalen Markenwissens der Konsumenten metaphorisch die Beschreibung symbolischer Markenaspekte. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung symbolischer Markenassoziationen wird der Markenpersönlichkeit eine hohe Relevanz für das Kaufverhalten bzw. der vorgelagerten Markenwertschätzung zugesprochen. Im folgenden Abschnitt wird diese Annahme begründet. Die Wirkung der Markenpersönlichkeit lässt sich anhand des Self Expression Models, des Functional Benefit Representation Models und des Relationship Basis Models theoretisch belegen.172
2.3.1 Self Expression Model Nach dem kongruenztheoretisch geleiteten Self Expression Model befriedigt Markenpersönlichkeit das Bedürfnis des Konsumenten nach Ausdruck seiner Persönlichkeit (seines Selbstkonzeptes). Sirgy (1982) fundierte das Modell im Rahmen der von ihm geprägten Selbstkongruenztheorie, indem er drei Motive identifizierte, die das Streben nach Selbstkongruenz erklären. Dem Selbstkonsistenz-Motiv folgend, versuchen Individuen ein möglichst widerspruchsfreies Bild von sich selbst aufrechtzuerhalten, um die tatsächlich vorhandene Konzeption der eigenen Person zu bewahren. Die Kongruenz der Markenpersönlichkeit zum tatsächlichen Selbst steht daher im Vordergrund. Dagegen resultiert das Selbstwertgefühl-Motiv aus einem geringen Selbstwertgefühl aufgrund von Unzufriedenheit mit dem eigenen Ich und dem Wunsch sich über den Konsum einer Idealvorstellung zu nähern. Dementsprechend ist das Ausmaß der Übereinstimmung von Markenpersönlichkeit und idealem Selbstbild für die Wertschätzung der Marke entscheidend. Als übergreifendes Motiv lässt sich schlussendlich das Streben nach Selbsterkenntnis anführen. Personen neigen hinsichtlich ihres Selbst häufig zu Unsicherheit und können sich über Produkte definieren und Klarheit über das eigene Ich verschaffen.173 Markenpersönlichkeit gilt somit vor allem als Ergebnis und Zielfunktion symbolischer Differenzierungsaktivitäten.174
172 173 174
Vgl. Aaker (2002), S. 151 ff. Vgl. Bauer/Mäder/Huber (2002), S. 690 ff. Vgl. Farquhar (1990).
47
2.3.2 Functional Benefit Representation Model Darüber hinaus kann die Markenpersönlichkeit im Sinne eines „information chunks“ zur Pointierung funktionaler Markeneigenschaften im Rahmen des Functional Benefit Representation Models dienlich sein. Wie bereits skizziert, konstituiert sich die Persönlichkeit einer Marke teilweise aus konkreten Verhaltensweisen bzw. funktionalen Eigenschaften des Produktes bzw. der Marke. Im Rahmen des Functional Benefit Representation Models wird ein entgegengesetzter Halo-Effekt der abstrakten Persönlichkeit auf diese konkreten (funktionalen) Markeneigenschaften angenommen. Sofern eine Automarke als „sportlich“ gilt, wird den Produkten der Marke bspw. eine hohe PS-Zahl zugeschrieben und unterstellt, dass der Nutzer damit schnell „von A nach B kommt“. Eingeordnet in die means-end-Theorie unterstreicht die Persönlichkeit konkrete Aspekte (means), die vor dem Hintergrund der Wertvorstellungen des Konsumenten (end)175 bewertet werden und funktionalen Grundnutzen stiften.176
2.3.3 Relationship Basis Model Aufbauend auf den beiden diskutierten Ansätzen betont das Relationship Basis Model die Relevanz der Markenpersönlichkeit für den Aufbau von Konsument-MarkeBeziehungen. Dabei werden Marken als handelnde Beziehungspartner interpretiert, wodurch ein Verweis in die Sozialpsychologie177 und ein Übertragen der Relevanz der Persönlichkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen möglich ist.178 Es erweitert damit das Self Expression Model, indem die Marke nicht nur als Instrument zur Selbstdarstellung gesehen wird, sondern aktiv die Beziehung beeinflusst. Zudem ergänzt es das Functional Benefit Model, da die gesamte Persönlichkeit (funktionale und symbolische Markenaspekte) den Nutzen der Beziehung und damit die Wertschätzung der Marke definiert. Abbildung 17 verdeutlicht zusammenfassend die Wirkungsansätze der Markenpersönlichkeit.
175
176 177 178
48
Nach Bilsky/Schwartz (1994), S. 169 ff. sind die Wertvorstellungen einer Person wiederum auf seine Persönlichkeit als Selbstkonzept zurückzuführen. Vgl. Aaker (2002), S. 153. Vgl. Aughagen/Hinde (1997); Fletcher et al. (1999); Robins/Caspi/Moffitt (2000). Vgl. Blackstone (1993); Fournier (1998); Aaker (2002), S. 159.
Selbstkongruenztheorie (Self Expression Model, Relationship Basis Model) Kongruenz Markenpersönlichkeit
Wertschätzung der Kunde-Marke-Beziehung
Eigenschaften
Nutzen
Konsumentenpersönlichkeit
Wertvorstellungen
means-end-Theorie (Functional Benefit Representation Model, Relationship Basis Model) Abbildung 17: Quelle:
Wirkungsmodelle der Markenpersönlichkeit. In Anlehnung an Huber/Herrmann/Weis (2001), S. 8.
49
„’Knowing’ involves the inherent tragedy that these necessary representations of the known are necessarily misrepresentation: one cannot survive without doing it but one cannot do it well.“ (McGuire (1983), S. 2)
3
Markenpersönlichkeit im Kontext von Marke und Konsument
Die bisherigen Analysen verdeutlichen die Bedeutung der Markenpersönlichkeit. Als metaphorische Abstraktion des Konsumentenwissens ist das Konstrukt eine Darstellung des Markenbildes. Zudem ist die Markenpersönlichkeit ein zentraler Treiber der Wertschätzung des „Partners“ Marke und damit des Kaufverhaltens. Sowohl die Praxis als auch die Wissenschaft sind daher an näheren Erkenntnissen zu diesem Konstrukt interessiert. Bisher konnte jedoch kein allgemeines Begriffsverständnis etabliert werden. Eine mögliche Ursache hierfür könnte in der Tatsache liegen, dass in der Realität keine einheitliche Zusammensetzung und Struktur der Markenpersönlichkeit existiert. Sollten einzelne Marken aus Sicht unterschiedlicher Konsumenten eine eigenständige Persönlichkeit besitzen, so wäre der Kontext (Gültigkeitsbereich) zu berücksichtigen. In Abschnitt 3.1 sollen daher die Grundlagen zum Kontextualismus erarbeitet werden. Der philosophische Grundsatz, nach dem Erkenntnisse jeweils nur unter bestimmten Rahmenbedingungen (Kontexte) gelten, wird hierbei als Maxime der wissenschaftlichen Forschung angeführt und auf die Persönlichkeitsforschung übertragen. Im Folgenden werden entsprechende Hypothesen über die Kontextabhängigkeit der einzelnen Komponenten der Markenpersönlichkeit aufgestellt. Dabei wird hinterfragt, ob Analyseeinheiten übergreifend existieren (vgl. Abschnitt 3.2) und sich auf abstraktem Niveau die gleichen Dimensionen der Persönlichkeit kontextunabhängig zeigen (vgl. Abschnitt 3.3). Als Kontextfaktoren („Worüber soll generalisiert werden?“) fungieren zum einen Marken, die Wesenzüge besitzen, und zum anderen Konsumenten, die diese wahrnehmen. Abschnitt 3.4 fasst die Überlegungen zur Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit in einem Hypothesensystem zusammen, welches in Kapitel 4 einer empirischen Prüfung unterzogen wird. 50
3.1
Theoretische Grundlagen des Kontextualismus
Die Ursprünge des Kontextualismus sind in der Philosophie zu finden.179 Im Mittelpunkt steht die wissenstheoretische Frage: „Was wissen wir überhaupt?“. Dies lässt sich an einem plakativen Beispiel verdeutlichen. Sie schauen aus dem Fenster und es regnet. Doch sind Sie sich wirklich sicher, dass es tatsächlich regnet? Vielleicht unterliegen sie ja nur einer optischen Täuschung. Nach Meinung von Skeptikern können Individuen keine Gewissheit in Bezug auf das Vorhandensein des Wissens erlangen. Diese Tatsache, dass jegliches Wissen in Frage gestellt werden muss, ist für einen allgemeinen Erkenntnisfortschritt ernüchternd. Kritiker dieses sogenannten Skeptizismus halten entgegen, dass lediglich abstruse hypothetische Alternativen mit geringer Bedeutung und Wahrscheinlichkeit die Basis des kontraproduktiven Pessimismus darstellen.180 Als Ausweg entwickelte sich der Kontextualismus.181 Nach diesem Ansatz stehen diese wenig relevanten Alternativen nicht mehr im Vordergrund, sondern Wissen wird nur noch in Bezug auf sinnvolle und realistische Möglichkeiten (Kontexte) betrachtet. Die Antwort auf die Frage, ob ein Individuum über einen zentralen Wissensaspekt verfügt oder nicht, ist somit von kontextuellen Faktoren abhängig. „Jede Zuschreibung von Wissen hat ihren eigenen Kontext.“182
Doch was bedeutet die Kontextabhängigkeit des Wissens für den Erfolg einer Wissenschaft, deren primäres Ziel es ist, allgemeingültige Aussagen (Hypothesen bzw. Theorien) zu formulieren?183 Für einen allgemeingültigen Erkenntnisfortschritt müssen die Aussagen in möglichst vielen und möglichst relevanten Kontexten Anwendung finden. Dies bedeutet für den Teilbereich der Wissenschaft, der sich mit der Erarbeitung von Konstrukten wie dem der Markenpersönlichkeit beschäftigt, dass eine allgemein anerkannte Konzeptualisierung unter den zentralen Rahmenbedingungen zu bestätigen ist.
179 180 181 182 183
Vgl. DeRose (1999). Vgl. Ernst (2005), S. 162. Vgl. Brendel (2003), S. 1015 ff. Barke (2003), S. 1033. Einzelne verallgemeinerte Aussagen werden als Hypothese bezeichnet, welche in ein Hypothesengerüst eingebettet Theorien bilden.
51
Im Folgenden wird ein idealtypischer Prozess der Konstrukterarbeitung unter Berücksichtigung des Kontextes vorgeschlagen. Hierzu sind in einem ersten Schritt, entsprechend der hypothetisch-deduktiven Methode, Hypothesen zur Konstruktstruktur zu formulieren. Zu diesem Zweck müssen auf Basis des theoretischen Hintergrunds sowie der bestehenden Forschung ex-ante überprüfbare Erwartungen aufgestellt werden. In noch wenig erforschten Gebieten (Protowissenschaften) kann es zudem nützlich sein, Verallgemeinerungen aus einzelnen Beobachtungen (explorativ) abzuleiten (Induktion).184 Es wäre an dieser Stelle ineffizient, sich gleich theoretisch auf präzise Hypothesen zu beschränken. Dies ähnelt dem Verhalten in einem Ratespiel, indem nicht auf Hinweise gewartet, sondern unmittelbar mit Lösungsvorschlägen begonnen wird.185 Da sich die Markenpersönlichkeitsforschung noch in diesem Anfangsstadium befindet, konnte bisher kein Konsens über eine allgemeine Konzeption gefunden werden und die Suche nach dem Wesen des Konstruktes ist noch nicht abgeschlossen. Es ist daher kaum möglich, Hypothesen über die Konstruktstruktur auf Basis der bisherigen Erkenntnisse abzuleiten. Somit steht momentan ein strukturaufdeckendes Arbeiten im Vordergrund (Induktion), um das personenbezogene Markenwissen abzubilden. Es werden Personen beschreibende Begriffe aus dem Wortschatz einer Sprache als Analyseeinheiten herangezogen186 und zur Komplexitätsreduktion auf übergeordnete Basisdimensionen zurückgeführt. Dem Kontextualismus folgend, sind dabei die zentralen Rahmenbedingungen als Einflussgrößen der Persönlichkeitsstruktur zu berücksichtigen, um den jeweiligen Gültigkeitsbereich zu definieren und nicht unterschiedliche Kontexte zu vermischen.187
184
185
186
187
52
Nach Kuhn (1996) befindet sich eine (Proto-) Wissenschaft in dieser vorparadigmatischen Phase bis sich auf eine Theorie bzw. ein Paradigma geeinigt wurde. Vgl. Gadenne (2001). Der Frage nach der Offenheit für induktive Beweisführung (Positivismus) widmete sich ein beträchtlicher Teil der bisherigen wissenschaftsphilosophischen Diskussion. Grundsätzlich sollte nicht von einzelnen Beobachtungen auf die „Wahrheit“ geschlossen werden, da der Forscher sich nie sicher sein kann, dass es nicht entgegengesetzte Ergebnisse geben wird (Induktionsproblem (vgl. Stegmüller (1996)). Es ist jedoch eine sinnvolle Anregung zur Gewinnung von Hypothesen bei unreifen Wissenschaften. Zwar liegt der Forschung die Sedimentationshypothese zu Grunde, wonach die relevanten Aspekte der Persönlichkeit im Wortschatz einer Sprache lagern. Nur steht die Prüfung dieser Hypothese nicht im Fokus der Analyse, sondern begründet den induktiven Ansatz, mittels explorativer Verfahren im Wortschatz nach Analyseeinheiten und Dimensionen der Persönlichkeit zu suchen (vgl. Müskens (2001), S. 100 ff.). Vgl. Austin/Siguaw/Mattila (2003).
In einem zweiten Schritt werden die erarbeiteten Aussagen geprüft (Deduktion) und es wird nach weiteren Kontexten gesucht, in denen sich die Persönlichkeitsstruktur zeigt (condition seeking bzw. design approach).188 Hypothesen einer wissenschaftlich akzeptierten Theorie bzw. Konstruktkonzeption sollten sich unter möglichst vielen Bedingungen bestätigen. Die Orientierung am Falsifikationismus verlangt ernst gemeinte Prüfversuche zur Aufdeckung des Wahrheitsgehaltes (kritischer Rationalismus). Besteht eine Hypothese den jeweiligen Prüfversuch, so gilt sie als bewährt und kann nicht falsifiziert werden. Der Grad der Bewährung und damit der Wahrheitsgehalt steigen mit der Zahl der bestandenen Prüfversuche. Dabei ist Prüfversuch jedoch nicht gleich Prüfversuch, sondern es existieren qualitative Unterschiede. Hierbei ist von externer Validität der Untersuchung die Rede, womit die Breite bzw. Generalisierbarkeit der Analyse gekennzeichnet ist.189 Eine Analyse unter verschiedenen Kontexten zeigt hohe externe Validität und ermöglicht damit eine vielfältige und gründliche Theorieprüfung, aber auch die Chance, auf einen Kontext zu stoßen, unter dem die Hypothesen nicht standhalten. Vor dem Hintergrund der Vielzahl und Vielschichtigkeit von Kontextvariablen erscheint eine allumfassende Modellierung der Komplexität schlichtweg unmöglich. Im Sinne des Skeptizismus sind Generalisierungen zwangsläufig mit Fehlern verbunden, da stets Bedingungen existieren, unter denen Ergebnisse nicht haltbar sind oder eine neue Hypothese zu den Ergebnissen geeigneter erscheint. Somit ist eine Hypothese, wie auch ihre Gegenhypothese, in einigen Kontexten wahr und in einigen anderen falsch.190 „It becomes apparent that no one theoretical or methodological perspective is thoroughly adequate to deal with the complexity and the ever-changing nature of human action […] contextualism recognizes that there is no final analysis of anything and accepts that the knowledge we attain will remain relative and incomplete.“191
188 189
190 191
Vgl. Greenwald et al. (1986), S. 323 f. Die Analysequalität zeigt sich zudem in der internen Validität als Ausschaltung von Störfaktoren während der Untersuchung. Zudem dürfen Unterschiede in den Ergebnissen nicht in technischen Eigenheiten der Analysen begründet sein. Als Strukturelemente werden die Untersuchungssachverhalte (bspw. Antwortverhalten), Methoden (bspw. Befragungsart, Messmethode), Einheiten (bspw. Repräsentanz), Situationen (bspw. zeitpunkt- bzw. zeitablaufbezogene Einflüsse sowie Interviewerbias) und die Datenaufbereitungen (bspw. Responseübersetzung bzw. -kategorisierung) angeführt (vgl. Holzmüller (1995); Bauer (2002), S. 57 ff.). Vgl. McGuire (1983), S. 7. Jaeger/Rosnow (1988), S. 68 ff.
53
Daher gilt es, die Reichweite und den Gültigkeitsschwerpunkt einer Konzeption festzulegen und in der weiteren Verwendung zu beachten.192 Dabei besteht das Ziel nicht darin, bestehende Theorien einzuschränken,193 sondern vielmehr die Präzision der Ergebnisse zu erhöhen und damit das Konstruktverständnis weiterzuentwickeln. Der Ausgangspunkt ist hierbei die Offenheit gegenüber konträren Tatsachen und die Unabhängigkeit des Forschers von Vermutungen bzw. Hypothesen.194 Entgegen einem defensiven Denken sind Annahmen als Halbwahrheiten zu interpretieren, die zum Zwecke der Modifikation und Überwindung aufgestellt werden. Zeigen sich in Metaanalysen je nach Kontext unterschiedliche Ergebnisse, so handelt es sich bei den Konstrukten zwar weiterhin um den gleichen Untersuchungsgegenstand, direkte Vergleiche sind aber aufgrund der unterschiedlichen Strukturen nicht ohne weiteres möglich. „Departing from the logical empiricist position that the empirical confrontation is a test of whether a given theory is correct […] contextualism asserts rather that empirical confrontation is a discovery process to make clear the meaning of the hypothesis, disclosing is hidden assumptions and thus clarifying circumstances under which the hypothesis is true and those under which it is false.“195
In der Organisationstheorie lässt sich mit dem situativen Ansatz eine Anwendung dieser kontextuellen Gedanken finden.196 Die Grundidee des Ansatzes ist es, dass keine universell effiziente Organisationsstruktur existiert, sondern Organisationen je nach Situation bzw. Kontext (Unternehmensgröße, dynamische vs. statische Umwelt, Werkstattfertigung vs. Fließfertigung) ihre formalen Organisationsstrukturen anpassen müssen, um effizient zu sein. Das folgende Zitat verdeutlicht die kontextuelle Arbeitsweise. Dabei lässt sich für die vorliegende Arbeit der Begriff der Organisationsstruktur ohne weiteres durch den Markenpersönlichkeitsbegriff ersetzen: „In empirischen Untersuchungen ist zu ermitteln, wie Strukturen aussehen, die sich in bestimmten Situationen bewähren. Auf der Basis der Ergebnisse solcher Untersuchungen kann man dann Unterschiede in Organisationsstrukturen erklären, indem man sie auf situative Faktoren zurückführt. Man kann auch prognostizieren, wie eine Organisationsstruktur geändert wird, wenn sich die Situation der Organisation wandelt. Und schließlich kann man auch Gestaltungsempfehlungen formulieren: Aussagen dazu, wie eine Organisation ihre Struktur anzupassen hat, wenn sich ihre Situation ändert.“197
192
193 194 195 196 197
54
Vgl. Kelly (1986), S. 31 ff. Für eine Anwendung in der kulturübergreifenden Forschung mit dem Adapted Etic Model und dem Linked Emic Model vgl. Abschnitt 3.2.2. Vgl. MacKay (1988); Moser/Gadenne/Schröder (1988). Vgl. Blumer (1979), S. 46 ff. McGuire (1983), S. 7. Vgl. Kieser (2006), S. 215 ff. Kieser (2006), S. 215.
Die Umsetzung dieser Idealform des kontextspezifischen Erkenntnisfortschrittes muss bisher jedoch kritisch beurteilt werden. Der Literaturrückblick in Kapitel 2 zur Markenpersönlichkeit verdeutlicht, dass der Großteil der bisherigen Analysen die Rahmenbedingungen der Persönlichkeitsstruktur nur selten berücksichtigt bzw. anführt. Forscher suchen i.d.R. nach der „einen“, der universellen Persönlichkeit und berücksichtigen oftmals nicht die Möglichkeit von deren Nicht-Existenz. Wenn unterschiedliche Einheiten und Dimensionen der Persönlichkeit existieren, können übergreifende Analysen nur ein verzerrtes, übergeneralisiertes Bild darstellen. Demnach ist bislang unergründet, ob die Persönlichkeit bei unterschiedlichen Marken- bzw. Konsumentengruppen überhaupt eine einheitliche Struktur besitzt. So vermischen Untersuchungen vielfach Marken mehrerer Branchen und Konsumenten mit verschiedenen Lebenseinstellungen mit dem Ziel, den Markt möglichst repräsentativ abzubilden.198 Das Konstrukt Markenpersönlichkeit wird lediglich übergreifend untersucht und Analysen heterogener Subgruppen werden vernachlässigt.199 Stellvertretend für das grundsätzliche Ziel einer möglichst allgemeingültigen Konstruktkonzeptualisierung lässt sich folgende Aussage von Aaker (1997) anführen: „The objective of this research is […] to develop a theoretical framework of brand personality dimensions […] and a reliable, valid, and generalizable (Herv. durch den Verf.) scale to measure these dimensions.“200
Die Analyse der Replikationsstudien in Abschnitt 2.1.2.3 verdeutlicht jedoch, dass die Validität der generischen Inventare häufig angeführt wird, obgleich zur Abbildung der
198
199
200
unterstellten
Struktur
erst
mehrere
Anpassungsschritte
erforderlich
Zur expliziten Abbildung der Markenvielfalt selektierte Aaker (1995), deren Analysevorgehen sich als Standard der Markenpersönlichkeitsforschung etablierte, bspw. 37 Marken, die in bisherigen Analysen möglichst unterschiedliche Persönlichkeitsprofile gezeigt hatten und zielte auf eine möglichst große Generalisierbarkeit der Ergebnisse ab, indem sie sicherstellte, dass die Marken den Konsumenten unterschiedlichen Nutzen (symbolisch, funktional) bieten. Bei der Konzeption eines deutschen Markenpersönlichkeitsinventars wurde diese Forderung nach einem möglichst heterogenen Markenset übernommen. So versuchte Hieronimus (2003) mit 46 Marken aus acht Produktkategorien die Varianz der Grundgesamtheit widerzuspiegeln, Mäder (2005) selektierte jeweils die bekannteste Marke einer repräsentativen Systematik von 45 Produkt- und Dienstleistungskategorien, welche die Unterschiedlichkeit von Produktkategorien hinsichtlich ihrer Funktionalität und Symbolik abbilden und auch Bosnjak/Biochmann/Hufschmid (2007) nutzten 13 Marken mit maximaler Heterogenität bezüglich dieser zwei Aspekte. Einzige Ausnahme stellen die Analyse von Konsumentengruppen (getrennt nach Alter, Geschlecht und Bildung) von Aaker (1995) und Mäder (2005) dar. Es bleibt jedoch zu diskutieren, ob die Einteilung der Konsumenten anhand von Soziodemografika kontextrelevant ist (vgl. Abschnitt 3.2.2). Aaker (1997), S. 347.
55
sind.201 Zu erklären ist diese Tatsache mit der Tendenz, neue Informationen konsistent zu bisher vorhandenen Kenntnissen und Vermutungen zu interpretieren. Validiert ein Forscher seine eigene Überzeugung, so unterliegt er häufig dem Wunsch nach Selbstbestätigung und vertieft sich in seine eigene „theorieimprägnierte“ Realität.202 Vor allem wenn ein Wissensgebiet noch wenig erforscht und auf der Suche nach einer Konzeption ist, helfen übereinstimmende Ergebnisse die eigenen Ideen zu verfestigen, erfolgreich zu publizieren und damit die Forschungsgemeinschaft zu überzeugen.203 „Proponents for each theory engage in activities to make their theory better by increasing its internal consistency, often at the expense of limiting its scope. As a result […] a way of seeing is a way of not seeing. From an overall Academy perspective, such impeccable micro logic is creating macro nonsense!“ 204
Weitere Verbreitung finden die quasi generischen Inventare durch die Anwendung der Markenpersönlichkeit in übergreifenden Wirkungsanalysen mit verwandten Begriffen. Als gute Heuristik und in Ermangelung spezifischer Instrumente wird auf bestehende Konzeptionen zur Operationalisierung der Markenpersönlichkeit zurückgegriffen. Es entwickelte sich ein bandwagon effect, wonach die Struktur als gegeben angesehen wird, da viele Andere dies taten und folglich die Struktur zusätzliche Bestätigung erfuhr.205 Dabei wird bspw. den Persönlichkeitsdimensionen von Aaker (1995) eine Anwendbarkeit außerhalb des amerikanischen Wortschatzes zugeschrieben, welche die Abhängigkeit der Persönlichkeit von der jeweiligen Sprache bzw. Kultur vernachlässigt.206
201
202
203
204 205
206
56
Dabei ist zu beachten, dass konfirmatorische Analysen lediglich die Aufmerksamkeit auf das unterstellte Ergebnis lenken. Es ist bspw. vorstellbar, dass Konsumenten bestimmte Marken selten spontan mit dem Faktor „Robustheit“ verbinden, es sei denn, sie werden direkt darauf angesprochen. Zudem können keine zusätzlichen kontextspezifischen Facetten aufgedeckt werden, da nur die zu bestätigenden Begriffen berücksichtigt werden (vgl. Pervin/Cervone/John (2005), S. 326). Vgl. Daniels (1991), S. 178; Sullivan (1998), S. 838. Der vorangehend beschriebene kritische Rationalismus entwickelte sich, um diesem unkritischen Positivismus bzw. Empirismus entgegenzuwirken. Die Diskussion, dass jede Erkenntnis auf Konstruktionen eines Beobachters basiert und keine objektive Realität existiert, führen konstruktivistische Ansätze (vgl. Abschnitt 3.2.2). Vgl. Greenwald et al. (1986), S. 216. Dieser Effekt zeigt sich bspw. in der psychologischen Meinungsbildung. Hierbei steuert im Rahmen von Primacy Effekten der erste Eindruck häufig unsere weitere Wahrnehmung, da wir immer wieder versuchen unsere bisherige Meinung zu bestätigen (vgl. Asch (1946)). Weitere Beispiele sind selbsterfüllende Prophezeiungen („self fulfilling prophecy“). Es bestätigen sich Vorhersagen bzw. Erwartungen, indem auf die Umwelt Einfluss genommen wird und diese in eine Richtung gelenkt werden, die vorhergesagt bzw. erwartet wurde (vgl. Merton (1948)). Van de Ven (1989), S. 487. Vgl. Azoulay/Kapferer (2003), S. 144. Damit wird es schwer, konträre Ergebnisse zu publizieren und sich gegen renommierte Forschungsgemeinschaften zu stellen. Vgl. Abschnitt 2.1.2.3.
Somit unterliegt der Forscher einem Confirmation Bias. Auf der Suche nach konformen Ergebnissen interpretiert und reanalysiert er die Daten vielfach so lange und überdenkt seine Prozesse und Methoden bis das „richtige“ Ergebnis erzielt wird.207 Wissenschaft ist demnach teilweise zirkulär: Sie entdeckt, was sie zu Anfang selbst in die Untersuchung eingegeben hat (vgl. Abbildung 18).208 Diese Anpassungsschritte (d.h. die eingeschränkte externe Validität) und die Gründe für die anfänglich abweichenden Ergebnisse werden hierbei selten analysiert und kommuniziert. Der Prozess führt zwangsläufig zur Übergeneralisierung. Im folgenden Abschnitt sollen daher mögliche Rahmenbedingungen der Markenpersönlichkeit identifiziert und ihre Wirkung auf die Einheiten der Persönlichkeit, d.h. die Wesenszüge (vgl. Abschnitt 3.2) und auf abstraktem Niveau die Wirkung auf die Persönlichkeitsdimensionen (vgl. Abschnitt 3.3) erarbeitet werden. Develop Theory Derive Prediction
FIND ANOTHER PREDICTION
Set up Procedures
REVISE PROCEDURES
Test Prediction
REANALYZE DATA
CONFIRM
DISCONFIRM
207 208
?
?
Disconfirmation Dilemma
Report Results Abbildung 18: Quelle:
?
Abandon Problem
Der Prozess der Theoriebildung bzw. -prüfung. Greenwald et al. (1986), S. 220.
Vgl. Gadenne/Oswald (1986). Vgl. Holzkamp (1977); McGuire (1983), S. 15 f. Ein Beispiel ist der Rosenthal-Effekt. Der Forscher erwartet dabei aufgrund seiner Hypothesen bestimmte Resultate in Experimenten und vermittelt diese Erwartungen durch Veränderungen in der Untersuchungsanordnung an den Probanden, welche sich daraufhin im Einklang mit den Erwartungen verhalten (vgl. Rosenthal (1969)).
57
3.2
Kontextabhängigkeit der Wesenszüge
Um die Kontextfaktoren der Markenpersönlichkeit zu strukturieren, bietet sich ein Rückgriff auf den Bezugsrahmen eines Begriffes in der Messtheorie an. Demnach bilden die Analyseeinheiten den inhaltlichen Kern des Konstruktes, welche in Kapitel 2.1 bereits durch Wesenszüge und Persönlichkeitsdimensionen spezifiziert wurden. Rossiter (2002) führt weiterhin die zu betrachtenden Objekte sowie die Probanden als zentrale Bestandteile eines Konstruktes an (vgl. Abbildung 19). Diese Aspekte werden häufig vernachlässigt und müssen vertieft werden, da Merkmale sich immer auf ein Bezugsobjekt beziehen und in den Köpfen der Personen existieren.209 In Abschnitt 3.2.1 stehen daher die Bezugsobjekte, d.h. die Marken, und deren Wirkung auf die Wesenszüge (Marke-Wesenszug-Interaktion) im Vordergrund. Dabei wird hinterfragt, ob die Markenpersönlichkeit markenübergreifend eine ähnliche Interpretation erfährt. Abschnitt 3.2.2 verdeutlicht den Einfluss der Konsumenten als urteilende Entität auf die Markenpersönlichkeit. Da jede Person unterschiedlich mit der Umwelt umzugehen lernt, ist zu vermuten, dass sich dies auch im Verständnis der Wesenszüge widerspiegelt (Konsument-Wesenszug-Interaktion).
Objekt (Marke)
Projektion
Wahrnehmung
Wahrnehmung Proband (Konsument)
Abbildung 19: Quelle:
209
58
Analyseeinheit (Wesenszug)
Kontextfaktoren nach Rossiter. In Anlehnung an Rossiter (2002), S. 320.
Vgl. Rossiter (2002); Finn/Kayande (2005).
3.2.1 Marke-Wesenszug-Interaktion Einen wesentlichen Kontextfaktor bei der Messung von Konstrukten stellt nach Rossiter (2002) das Untersuchungsobjekt dar. Entsprechend fordert er deren Angabe als Teil jeder Konstruktdefinition. Demnach ist bspw. Servicequalität kein eigenes Konstrukt, da es noch durch das Objekt (IBM’s Servicequalität) zu spezifizieren ist.210 Somit sind auch die Markenpersönlichkeit von BMW und die Markenpersönlichkeit von Mercedes Benz verschiedene Konstrukte und es wäre folgerichtig ungenau, lediglich von Markenpersönlichkeit zu sprechen. Diese strenge Auffassung widerspricht dem Grundgedanken von Konstrukten als abstrakte Einheiten.211 Eine Integration des Objektbereichs in die allgemeine Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes erscheint daher übertrieben. Hingegen ist jedoch bei der Konkretisierung des Konstruktes in den Analyseeinheiten bzw. Wesenszügen der Einfluss der zu beschreibenden Marken zu beachten. Zu hinterfragen ist hierbei, ob die Wesenszüge der Persönlichkeit jeweils in Abhängigkeit der Marke interpretiert werden. Besitzt jede Marke ihre einzigartige Interpretation der Wesenzüge und damit ein eigenständiges Persönlichkeitsverständnis, so sind Vergleiche zwischen Marken und das Arbeiten innerhalb eines Forschungsrahmens nur eingeschränkt möglich. Um die Fragestellung zu verdeutlichen, wird ein Disput zur Einzigartigkeit des Menschen vorgestellt und in den Markenkontext überführt. Aufbauend auf der Unterscheidung durch den Philosophen Wilhelm Windelband in Ereigniswissenschaft (einmalige Ereignisse) und Gesetzeswissenschaft (allgemeingültige Gesetze) führte Allport (1937) die idiografische und die nomothetische Methode in die Persönlichkeitspsychologie ein. Die idiografische Methode betont die Individualität des Einzelnen. Demnach gleicht kein Mensch dem Anderen. Eine Ableitung von Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Persönlichkeit im Allgemeinen ist damit nicht ohne weiteres realisierbar und individuumzentrierte (intraindividuelle, dynamische) Analysen stehen im Vordergrund.212
210 211
212
Vgl. Rossiter (2002), S. 309. Vgl. Diamantopoulos (2005), S. 2. Eine Objektspezifikation würde auch ins Unendliche führen, da die Servicequalität bei IBM näher nach Regionen, Sparten usw. differenziert werden könnte. Vgl. Pelham (1993).
59
„[…] proponents of the idiographic approach have argued that the field of personality should be primarily concerned with understanding the developmental history of each person as well as the unique ways he or she interprets and responds to reality.“213
Im Gegensatz zur Betonung der Einzigartigkeit der Persönlichkeit folgt die nomothetische Sichtweise dem Grundgedanken von Adolf Bastian nach der psychischen Einheit (der Menschheit). Der „Vater der Ethnographie“ betonte Elementargedanken einer jeden Kultur, wonach alle Menschen eine Spezies sind und gemeinsame Basischarakteristika besitzen. Die Kategorie Mensch teilt demnach psychologische und physische Qualitäten, wodurch Gesetzmäßigkeiten im menschlichen Verhalten über Personen hinweg existieren.214 Dies erlaubt zwischenmenschliche (interindividuelle, auch statische) Beobachtungen wie die Annahme einer allgemeingültigen Strukturierung der Menschen anhand der Big FIVE. „[…] advocates of the nomothetic school of thought have argued that personality psychologists should be concerned with generalities or with discovering and quantifying traits and other aggregate phenomena observed in groups of individuals.“215
Ein Großteil der bisherigen psychologischen Persönlichkeitsforschung wird durch dieses nomothetische Verständnis dominiert, welches von der Suche nach übergreifenden Wesenszügen bzw. Unterschieden zwischen Personen wie den Big FIVE geprägt ist (differentielle Psychologie). In neuester Zeit zeichnet sich jedoch ein Wandel zu einer stärkeren Analyse des Individuums ab.216 Dabei werden im Sinne der idiografischen Forschung vermehrt Aussagen über die einzelne Person gesucht (Gesetze für einen Menschen).217 Diese können dann wiederum die Basis für nomothetische Vergleiche über Personen hinweg bilden (Gesetze zwischen Menschen).218 Eine Abstraktion muss aber vom Einzelnen ausgehen, da Persönlichkeit ein individuelles Phänomen
213 214 215 216 217
218
60
Grice (2004), S. 203 f. Vgl. Eysenck (1954). Grice (2004), S. 204. Vgl. Borsboom/Mellenbergh/van Heerden (2003). Im Rahmen sozial-kognitiver Theorien steht bspw. die Analyse des Verhaltens einer Person in unterschiedlichen Situationen im Vordergrund (vgl. Cervone (2004); Mischel (2004); Cervone (2005)). Es wurde bspw. die Anwendbarkeit bisheriger Erkenntnisse der differentiellen Persönlichkeitsforschung auf einzelne Personen untersucht. So konnten in einigen Studien idiografisch erarbeitete Wesenszüge den generischen Strukturierungen der menschlichen Persönlichkeit zugeordnet bzw. durch sie erklärt werden (vgl. Mervielde (1994); Kohnstamm et al. (1998); Borkenau/Ostendorf (1998); van Kampen (2000); Saucier/Goldberg (1998)). Diesen Ergebnissen stehen Erkenntnisse entgegen, wo nur lediglich 50% der individuellen Persönlichkeitskonstrukte durch die Big FIVE erklärt werden konnten (vgl. Schiller/Tellegen/Evens (1995); Grice (2004); Grice/Jackson/McDaniel (2006)).
ist.219 Somit folgt die Psychologie dem Grundgedanken des Kontextualismus und prüft nach der unabhängigen Erarbeitung einzelner Individuen, ob und welche Wesenszüge über die Objekte der Personen (-gruppen) hinweg generalisiert werden können.220 „[…] gilt es festzustellen, […] ob es ein für alle Einzelnen anwendbares Merkmal der Rigidität, Leistungsbereitschaft, Ehrlichkeit usw. gibt oder ob stattdessen spezifische Klassifikationssysteme zweckmäßig sind, die nur für bestimmte Personen-Gruppen Geltung haben.“221 „Every man is in certain aspects (a) like all other men, (b) like some other men, (c) like no other man.“222
Auch beim Aufbau starker Marken wird zunehmend die Einzigartigkeit des Objektes betont. Mit der Einführung des identitätsorientierten Ansatzes der Markenführung in den 90er Jahren ist es explizites Unternehmensziel eigenständige Markenidentitäten – einen unverwechselbaren genetischen Code – zu erschaffen, welche als eigenständige Markenpersönlichkeiten vom Konsumenten wahrgenommen werden.223 Im Folgenden ist zu prüfen, ob als Ergebnis dieser Bemühungen das Verständnis der Persönlichkeit von Marke zu Marke variiert und somit ein Interaktionseffekt zwischen Marken (als zu beschreibende Objekte) und Wesenszügen (als beschreibende Merkmale) existiert. „Die Markenidentität stellt eine in sich widerspruchsfreie, geschlossene Ganzheit von Merkmalen einer Marke dar, die diese von anderen Marken dauerhaft unterscheidet. Die Markenidentität entsteht erst in der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugsgruppen der Marke und bringt die spezifische Persönlichkeit einer Marke zum Ausdruck.“224
Einen Interaktionseffekt zwischen allgemeinen Objekten und Merkmalsbeschreibungen thematisiert die Forschung zum semantischen Differenzial bereits seit den 50er Jahren.225 Grundsätzliches Ziel der Forschung zum semantischen Differenzial ist es, die Bedeutungsdimensionen von Konstrukten im Allgemeinen (d.h. jegliche Wörter) aufzudecken. Dabei zeigen sich in Abhängigkeit des betrachteten Objektes (concepts)
219 220
221 222 223
224 225
Vgl. Rorer (1990); Pervin (1994), S. 110; Lamiell (1998); Asendorpf (2004), S. 116 f. Vgl. Rosenzweig (1986), S. 241 f. So differenzierte schon Kelly (1955) in seiner Psychologie der persönlichen Konstrukte spezifische Begriffe (Korollarium der Individualität) und übergreifende Charakteristika der Menschen (Korollarium der Gemeinsamkeit; vgl. Kelly (1986), S. 67 ff.). Amelang et al. (2006), S. 49. Murray/Kluckhohn (1953), S. 53. Vgl. Kapferer (1992), S. 111. Individualität gilt als eine der zentralen Basisdimensionen der unternehmensseitig zu definierenden Identität (vgl. Meffert/Burmann (2002a), S. 46). Meffert/Burmann (2002a), S. 47. Vgl. Heise (1969), S. 416 ff.; Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 176 ff.; Mann/Phillips/Thompson (1979), S. 214 ff.; Pedhazur/Pedhazur Schmelkin (1991), S. 128 f.
61
unterschiedliche Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften (scales). Die Eigenschaften werden somit in Abhängigkeit des betrachteten Objektes unterschiedlich interpretiert (concept-scale-interaction). Der Großteil dieser Forschung entstand in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Seither wurden diese Fragen kaum thematisiert, so dass nur wenig Erkenntnisfortschritt zu Fragen der Kontextabhängigkeit von Skalen folgte.226 „For example, sharp as applied to concepts like ME and AMERICA has a dynamic, favorable meaning (the slang usage) and correlates highly with scales like successful, intentional, and progressive; on the other hand, sharp as applied to concepts like BOULDER and KNIFE has its ordinary denotative meaning and correlates with scales like angular and rough.“227
Diese concept-scale-interaction ist auf die unterschiedliche Semantik zurückzuführen, die eine Skala (bspw. die Wesenszüge) in Abhängigkeit des Objektes (bspw. der Marken) erhält.228 Je nach betrachteter Marke könnte die Bedeutung, welche einem Wesenszug zugeschrieben wird, variieren. Zudem ist zu klären, ob überhaupt jeder Wesenszug bei jeder Marke semantisch interpretiert werden kann. So ist es vorstellbar, dass ein Wesenszug im Kontext einer Marke als irrelevant bzw. nicht anwendbar eingestuft und daher nicht mit Inhalt versehen wird. Diese beiden Ursachen sollen im Folgenden vorgestellt und in einer Hypothese zur Marke-Wesenszug-Interaktion zusammengefasst werden.
Ursache 1: Anwendbarkeit von Wesenszügen Im Markenkontext kann grundsätzlich jede Marke mit jedem Begriff in Verbindung gebracht werden, sofern bspw. das geeignete Testimonial gefunden werden kann, welches die jeweilige Eigenschaft auf die Marke projiziert. Jedoch sind nicht alle Merkmale für alle Marken relevant. Das Merkmal muss in das Markenbild passen. Im Sinne einer ganzheitlichen Identität einer Marke sind vor diesem Hintergrund Metaeigenschaften der Konsistenz229 und Authentizität230 zu berücksichtigen. Zudem erfüllen Marken
226 227 228
229 230
62
Vgl. Kapitel 3.1. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 178 f. Zudem können technische Artefakte (bspw. verzerrende Zustimmungstendenzen aufgrund von Unterbzw. Übertreibungen) concept-scale-interaction hervorrufen (vgl. Kahneman (1963)). Vgl. Batra/Lehmann/Singh (1993), S. 45 ff. Vgl. Grayson/Martinec (2004); Peterson (2005).
unterschiedlichste Funktionen. So ist bspw. ein symbolischer Übertrag von Merkmalen teilweise nicht glaubhaft, sobald der Begriff in einem zu fernen Zusammenhang zur funktionalen Aufgabe der Marke steht.231 Ein Merkmal besitzt daher nicht die gleiche Eignung bzw. Relevanz zur Beschreibung verschiedener Marken. Der Forschung zur concept-scale-interaction folgend, werden Eigenschaften in Abhängigkeit ihrer Relevanz interpretiert, die sie für eine bestimmte Marke haben.232 Die unterschiedliche Relevanz des Wesenzuges für eine Marke entscheidet darüber, ob dem Wesenszug eine Bedeutung zugeschrieben werden kann oder nicht. Wenn eine Skala irrelevant für ein Objekt oder eine Klasse von Objekten ist, so fällt eine bedeutsame Beurteilung schwer.233 Stellt diese Eigenschaft bei einem anderen Objekt ein entscheidendes Merkmal dar, erlangt es Bedeutung. Die Anwendbarkeit von Wesenszügen ist daher abhängig von der Relevanz der Merkmale bei einer Marke. „For example, sweet-sour may be highly relevant in evaluating food, moderately relevant in evaluating people, and of low relevance in evaluating abstract ideas. The amount of meaningful variation in ratings is proportional to relevance and, in practice, therefore there would be little meaningful variation in sweet-sour ratings of abstract ideas.“234
Ursache 2: Bedeutungsverschiebung von Wesenszügen Als weiterer Grund für concept-scale-interaction wird von Osgood/Suci/Tannenbaum (1978) die Änderung der semantischen Bedeutung eines Wesenszuges in Abhängigkeit des Objektes angeführt. Jedes Wort besitzt entsprechend der Sprachwissenschaft Bedeutungsinhalte, die von Personen im Laufe des Lebens gelernt werden müssen. Diese werden im Kopf in einem umfassenden „Lexikon“ gespeichert (lexikalische Bedeutung). Dabei haben fast alle Inhaltswörter mehrere Bedeutungsfacetten (Polysemie). Polysemie ist das Ergebnis einer natürlichen ökonomischen Tendenz der Sprache, wonach eine Sprachgemeinschaft meist bereits verfügbare Ausdrücke mit ähnlicher Bedeutung für neue Zwecke verwendet, anstatt neue Ausdrücke zu erfinden.235 Diese Mehrdeutigkeit
231
232 233 234 235
Vgl. Osgood/Tannenbaum (1955), S. 47 ff.; Smith/Nichols (1973); Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 213 f.; Nichols/Smith (1973). Vgl. Caprara/Barbaranellie/Guido (2001), S. 392. Vgl. Heise (1969), S. 418. Heise (1969), S. 418. Vgl. Löbner (2003), S. 14.
63
wurde vor allem bei den abstrakten Beschreibungen der Wesenzüge (summary statements) angeführt.236 „[…] trait names are […] nothing more than ratbag categories. We put into them a vast array of meaning that are roughly, but only roughly, comparable with another. […] But dissatisfied (with the natural language) as we may be, verbal bags are all we have to work with. […] Our fate is to analyze trait words, doing the best we can along the way to define our terms.“237
Verbindet sich nun der Wesenszug mit einer Marke in einzelnen Phrasen oder Sätzen („BMW ist sportlich“), so ist die gemeinsame Bedeutung jeweils herzuleiten, da diese nicht vorgefertigt im Kopf gespeichert ist. Die Bedeutung des gemeinsamen Ausdrucks (word mixture)238 wird über das Kongruenzprinzip erklärt.239 In Analogie zur Mischung von Farben verbinden sich die Bedeutungen der einzelnen Wörter. Die Objekte bewegen sich aufeinander zu und tragen beide zur gemeinsamen Bedeutung des Ausdrucks bei (für eine beispielhafte Darstellung vgl. Abbildung 20). Somit überträgt auch die Marke ihre Umwelt (ihr semantisches Netz) auf den Wesenszug, wodurch sich seine Bedeutung in Richtung der Marke verschiebt. Die Gestaltpsychologie fundiert diese Überlegungen. Demnach werden Marken nicht als Summation von vergleichbaren Einzelkriterien wahrgenommen, sondern als „big picture“ interpretiert („Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“).240 Jeder Wesenszug ist somit im Kontext des Gesamtkonzepts und der Historie der Marke zu sehen.241 Dadurch ist eine Abhängigkeit des Wesenszuges von der Marke gegeben.242 Die Bedeutungsverschiebung wird durch die Unbestimmtheit bzw. Mehrdeutigkeit der Wesenszüge zusätzlich unterstützt. Diese überträgt sich in die Komposition und ermöglicht die Lenkung des Wesenszuges in Richtung einer der verschiedenen Bedeutungsfacetten (kompositionale Ambiguität).243
236 237 238
239
240
241 242
243
64
Vgl. Bromley (1977), S. 44; John/Angleitner/Ostendorf (1988), S. 175. Allport (1961), S. 355 f. Zu unterscheiden ist die Äußerungsbedeutung, welche den konkreten Sprachkontext (wer sagt was und wann) mit einbezieht und in die Pragmatik als Analyse des Sprachgebrauchs übergeht. Vgl. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 199 ff. Der Kompositionsprozess eines Ausdrucks (Fregeprinzip) berücksichtigt neben der lexikalischen Bedeutung der Komponenten deren grammatische Bedeutung und komplexe Struktur (vgl. Löbner (2003), S. 18 ff.). Vgl. Wertheimer (1922), welcher mit der Gestalthaftigkeit eine Abkehr vom elementaren System Wundts propagierte und mit der Berliner Schule das Paradigma der Ganzheitsforschung begründete. Vgl. Asch (1946), S. 284. Auch bei der Eindrucksbildung einer Person gilt: „Die Bedeutung eines wahrgenommenen Persönlichkeitsmerkmals oder Charakterzugs steht nicht ein für allemal fest, sondern hängt unter anderem ab [...] von dem, was wir über den zu beurteilenden Menschen bereits wissen.“ (Forgas (1995), S. 62). Vgl. Löbner (2003), S. 63 f.
„[…] it is clear that there is a high degree of concept-scale-interaction; the meanings of scales and their relations to other scales vary considerably with the concept being judged. […] In the process of human judgement, all scales tend to shift in meaning toward parallelism with the dominant (characteristic) attribute of the concept being judged.“244 „This interaction hypothesis is called the meaning change hypothesis because it asserts that the effective meaning of each adjective will change, depending on which other adjectives it is combined with. Introspection endows this meaning change hypothesis with compelling face plausibility.“245
Bedeutung des Wesenszuges „sportlich“ im Kontext der Marke BMW Bedeutungsfacetten „sportlich“
Markenimage BMW
physische Leistungsfähigkeit
dynamisch
mentale Ausgeglichenheit
jung
Fairness
aggressiv
…
…
Abbildung 20:
Bedeutungen des Wesenszuges „sportlich“ im Kontext der Marke BMW.
Demnach besitzt ein Wesenszug je nach betrachteter Marke andere Bedeutungskomponenten und der Konsument ordnet unterschiedliche konkrete Markenwahrnehmungen als Repräsentationen des Wesenszuges ein.246 Zusammenfassend ist somit von einem Effekt der betrachteten Marke auf die semantische Bedeutung des Wesenszuges auszugehen.247 H 1a: Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig von der betrachteten Marke. Gegeben den Einfluss der Marke auf die Interpretation von Wesenszügen, gilt es, sich von generischen Analysen zu lösen. Demnach wären Vergleiche von Wesenszügen nur noch in Markenclustern mit homogenen Begriffsbedeutungen (bspw. innerhalb von Branchen aufgrund der funktionalen Ähnlichkeit) sinnvoll.
244 245 246
247
Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 187. Anderson (1996b), S. 10. Vgl. Abschnitt 2.2.1 zur Zuordnung konkreter Markenwahrnehmungen anhand der behavioristischen, situativen und motivationalen Bedeutungskomponenten eines Wesenszuges. Vgl. Caprara/Barbaranellie/Guido (2001), S. 392.
65
3.2.2 Konsument-Wesenszug-Interaktion In Bezug auf die Markenpersönlichkeit stehen der Konsument und seine Wahrnehmung der Wesenszüge einer Marke im Vordergrund. Hierbei ist zu beachten, dass der Wahrnehmungsprozess von Personen nicht mechanistisch eine objektive Realität abbildet. Stattdessen baut sich jedes Individuum auf Basis seiner Sinnesreize und Gedächtnisleistungen ein subjektives Bild von der sozialen Umwelt. Diese Konstruktion ist als reales Phänomen des Einzelnen anzuerkennen, unabhängig davon wie gut oder schlecht die Person die Realität abbildet. Gemäß dem Konstruktivismus gilt: „Was immer erkannt wird, wird von einem Beobachter erkannt! Was immer ausgesagt wird, wird von einem Beobachter ausgesagt! Jede Erkenntnis, jede Aussage, jede Beobachtung beruht letztlich auf den Konstruktionen eines Beobachters und nicht auf von ihm unabhängigen Tatsachen bzw. Gegenständen oder etwa einem von ihm unabhängigem, absoluten Sein.“248
Die Suche nach einer übergreifenden Wahrheit ist daher als herausfordernd einzustufen, da zu vermuten ist, dass nicht alle Personen das gleiche subjektive Verständnis der Markenpersönlichkeit besitzen, was auf eine Interaktion zwischen Konsument und Wesenszug zurückzuführen ist. Neben der Marke ist demnach der Konsument als weiterer Kontextfaktor zu betrachten. Erst durch eine derartige Fokussierung ist auch der Bezugsrahmen des Begriffes in der Messtheorie nach Rossiter (2002) klar festgelegt. „[…] nicht zwangsläufig folgern, daß das, was jemand denkt, dem ähnlich sein muß, was ein anderer unter ähnlichen Umständen denkt, noch kann er aus dem was die Öffentlichkeit für richtig hält, auf das Denken eines Menschen schließen.“249
Wie schon beim Kontextfaktor der Marken im vorangegangenen Abschnitt, ist auch bei der Analyse der Konsument-Wesenszug-Interaktion auf Erkenntnisse zum semantischen Differential zurückzugreifen. Dabei zeigt sich, dass bei einzelnen Personengruppen unterschiedliche Interpretationen von Eigenschaften existieren. Diese person-scaleinteraction lässt sich wiederum auf die unterschiedliche Relevanz sowie auf Bedeutungsverschiebungen der Skalen zurückführen, welche sich diesmal jedoch in Abhängigkeit der betrachteten Person zeigen250 und folgend näher betrachtet werden.
248 249 250
66
Wasser (2007), S. 5; zu konstruktivistischen Erkenntnistheorien (vgl. Reich (2001)). Kelly (1986), S. 53. Vgl. Crockett/Nidorf (1967); Snyder/Wiggins (1970); Shikiar/Fishbein/Wiggins (1974). Dabei kann der Effekt der Personen auf den Wesenszug aber nicht die Stärke des Markeneinflusses erreichen (vgl. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 170 ff.).
Ursache 1: Anwendbarkeit von Wesenszügen In Abschnitt 3.2.1 wurde bereits die Vermutung formuliert, dass die Relevanz der Wesenszüge von Marke zu Marke variiert. Kelly (1955) zufolge, definiert zudem jede Person für sich, welche Eigenschaften bei einer Marke relevant sind und welche nicht. In seiner personal construct theory betont er die Individualität der Konstrukte bzw. Eigenschaften anhand derer die Umwelt wahrgenommen wird. Auf Basis der Werteorientierung bzw. Erfahrungen einer Person setzt jede Person dabei unterschiedliche Schwerpunkte.251 "Korollarium der Individualität: Menschen unterscheiden sich in ihren Konstruktionen der Ereignisse voneinander."252
Demnach erfolgt auch die Zuschreibung von Wesenszügen zu einer Marke individuell unterschiedlich.253 Entsprechend der Theory of Animism vermenschlichen Konsumenten ihre Marken für einen vereinfachten Umgang.254 Für einige Konsumenten kann eine gegebene Marke dabei eine größere Bedeutung besitzen als für andere, wodurch das Bedürfnis nach persönlichem Umgang und Vermenschlichung unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Es konnte bspw. gezeigt werden, dass Individuen bei hoher Präferenz für eine Marke dieser vorrangig positive Eigenschaften (bspw. die eigene ideale Konsumentenpersönlichkeit entsprechend dem Selbstkonsistenz-Motiv) zuschreiben.255 Dies gilt jedoch nur eingeschränkt für Personen mit kollektivistischer Einstellung, da die Konformität zur Gruppe und nicht die eigene Persönlichkeit im Vordergrund steht.256 „[…] consumers who posses a favourable perception of a brand are more likely to build a trusting relationship with it. Thus, consumers will reinforce positive attitudes such as their preferred personalities on to the brand personality.“257
251
252 253
254 255 256 257
Vgl. Kelly (1986). Zur Abbildung und Entdeckung der individuellen Konstrukte eines Menschen entwickelte er die weit verbreitete Analysemethode des Repertory Grids. In Anlehnung an die Strukturierung der individuellen Erfahrungen anhand ihrer Ähnlichkeit gilt es, bei drei gegebenen Charakteren deskriptive Kontraste (Konstrukte) anzugeben und damit zu kennzeichnen, worin sich zwei Charaktere ähneln und vom dritten Charakter unterscheiden (vgl. Scheer/Catina (1993)). Kelly (1986), S. 67. Somit abstrahiert jede Person individuell spezifische Erfahrungen mit einer Marke in Wesenszüge. Die Norm, ab wann ein „Verhalten“ der Marke als Wesenszug interpretiert wird (vgl. Act-FrequencyApproach; Abschnitt 2.2.1), unterscheidet sich von Person zu Person. Vgl. Abschnitt 2.1.1.1. Vgl. Abschnitt 2.3.1; Dittmar (1992); de Chernatony/Dall'Olmo Riley (1997). Vgl. Markus (1977), S. 66; Triandis (1989); Markus/Kitayama (1991), S. 230; Phau/Lau (2001). Phau/Lau (2001), S. 431.
67
Zudem wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Werteorientierung eine Marke zur Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse genutzt, so dass für die einzelnen Personen unterschiedliche Eigenschaften in den Vordergrund treten. Sucht ein Konsument bei einer Marke bspw. nach funktionaler Bedürfnisbefriedigung, so werden vor allem Fähigkeitsbeschreibungen der Marke im Vordergrund stehen, wohingegen vielleicht ein anderer, der hedonistische Ziele verfolgt, das Markentemperament betont.258 Da diese Bedürfnisse sich in seiner einzigartigen Konsumentenpersönlichkeit ausdrücken, gilt sein Selbstbild als Referenz für die Markenwahrnehmung und bestimmt das individuelle Repertoire an Persönlichkeitseigenschaften bzw. Wesenszügen.259 So zeigt sich, dass in freien Beschreibungen anderer Personen häufig Dimensionen der eigenen Persönlichkeit benutzt werden.260 Konsumenten fühlen sich oftmals als „Experten“ auf Gebieten, die für sie wichtig sind und den eigenen Zielen bzw. der eigenen Persönlichkeit entsprechen. So besitzt eine extrovertierte Person größeres Wissen über Aspekte der Extrovertiertheit. Sie hat eine Historie als Extrovertierte und kann Verhalten auf dieser Dimension eher einordnen. Diese Informationen sind bei der Wahrnehmung und Beurteilung der sozialen Umwelt leichter zu interpretieren. Daraus folgt, dass aufgrund von Expertise extremer und überzeugter geurteilt wird.261 So konnten Fong/Markus (1982) bei extrovertierten bzw. introvertierten Personen deutlichere Aussagen über die Extro- bzw. Introvertiertheit anderer Personen nachweisen. Die Relevanz der Wesenszüge bei einer Marke ist somit abhängig vom Konsumenten bzw. seiner Werteorientierung. In Abschnitt 3.2.1 wurde bereits beschrieben, dass die Interpretation eines Wesenszuges nur erfolgt, sofern dieser für die betrachtete Marke relevant ist. Somit werden bei der Analyse einer Marke irrelevante Wesenszüge nicht beachtet und auch nicht mit Bedeutung versehen. Vor dem Hintergrund der personenspezifischen Relevanz der Wesenszüge ist zudem eine Abhängigkeit der Wesenszüge vom jeweiligen Konsumenten anzunehmen.
258 259
260 261
68
Vgl. Heise (1969), S. 417. Vgl. Hirschberg/Jennings (1980); Bilsky/Schwartz (1994). Searle (1969) spricht in diesem Zusammenhang von institutional facts, welche (entgegen objektiv gegebenen brute facts) personenspezifisch zugeschrieben werden. Vgl. Dornbusch et al. (1965); Lemon/Warren (1974); Fong/Markus (1982), S. 196 ff. Vgl. Cromwell/Caldwell (1962); Tajfel/Wilkes (1963); Landfield (1968).
Dies bestätigen auch empirische Erkenntnisse zum semantischen Differential. Demnach wird einem Objekt eine umfassendere Bedeutung zugeschrieben, sofern der Proband das Objekt nicht anhand eines standardisierten Itemsatzes bewerten muss, sondern vielmehr die für ihn relevanten Items zur Beschreibung frei heranzieht.262 Einen Beleg liefern Komorita/Bass (1967). Anhand der Werteorientierung von Personen (funktional, hedonistisch bzw. ethisch) sind unterschiedliche Begriffe (wertvoll, attraktiv bzw. ehrlich) für eine Person relevant und lediglich diese werden inhaltlich interpretiert. Es ist daher eine personenspezifische Anwendung von Wesenszügen anzunehmen, da diese für den Einzelnen unterschiedlich relevant sind und lediglich relevante Begriffe mit Bedeutung versehen werden. „Now suppose a concept like woman is being rated. The functionalist with low evaluation would rate woman slightly valuable and beneficial and neutral on all else since other scales are irrelevant to functionalists; functionalists with high evaluation of woman would rate the concept extremely valuable and beneficial, and again, neutral on other scales. Thus, valuable and beneficial would correlate with each other but not with the other scales. The same thing would hold true for the scales favored by hedonists and moralists.“263
Ursache 2: Bedeutungsverschiebung von Wesenszügen Jedoch determiniert die Zuschreibung eines Wesenszuges zu einer Person bzw. Marke nicht zwangsläufig seine semantische Bedeutung. Dies wurde im Kontext Marke bereits diskutiert. Demnach wandelt sich das Verständnis eines Wesenszuges, je nachdem, welcher Marke er zugeschrieben wird. Im Folgenden soll untersucht werden, ob das Wissen über Wesenszüge auch von Konsument zu Konsument variiert. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Wissenswelt eines Einzelnen lediglich eine brillante Vereinfachung der komplexen Umwelt abbildet. Dabei unterliegt der Konsument subjektiven Einflüssen, wonach im Folgenden ein universelles Begriffsverständnis zu hinterfragen ist.264
262 263 264
Vgl. Mitsos (1961); Warr/Schroder/Blackman (1969), S. 135. Heise (1969), S. 417. Vgl. McGuire (1983).
69
In Abschnitt 3.2.1 wurde bereits verdeutlicht, dass Personen zu jedem Begriff Bedeutungen abspeichern. Zu diesem Zweck werden die Wörter im Laufe des Lebens gelernt und ihre Interpretation im Kopf als individuelles Lexikon abgelegt. Dieser individuelle Lernprozess ist abhängig vom sozialen Umfeld einer jeden Person. Je nach Sozialisierung werden unterschiedliche Begriffsfacetten erlernt und abgespeichert.265 Zur Analyse der Bedeutung von Wesenszügen müssen daher die unterschiedlichen Lebenswelten von Personen betrachtet werden. So zeigen Untersuchungen, dass sich in Abhängigkeit des Studienfaches einer Person266 oder ihrer politischen Orientierung267 unterschiedliche Interpretationen von Eigenschaften ergeben. Des Weiteren ist es zielführend, den Marke-Wesenszug-Interaktionseffekt um den Konsument zu einer Konsument-Marke-Wesenszug-Interaktion zu erweitern.268 So wurde bei dem Kontextfaktor der Marken diskutiert, dass eine Marke ihre Bedeutung auf den Wesenszug überträgt, sofern die beiden Begriffe in Zusammenhang gebracht werden. Dieser Prozess erfolgt jedoch nicht unabhängig vom Konsumenten. In empirischen Studien konnte belegt werden, dass die Marke je nach Konsument unterschiedlich stark die Interpretation des Wesenszuges beeinflusst.269 Weiterhin unterscheidet sich das Markenverständnis zwischen Konsumenten, so dass unterschiedliche Assoziationen auf den Wesenszug übertragen werden.270 Zusammenfassend ist daher nicht von einer personenübergreifenden Bedeutung der Wesenszüge auszugehen. H 1b: Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig vom urteilenden Konsumenten.
265 266 267 268 269 270
70
Vgl. Löbner (2003), S. 14. Vgl. Lloyd/Innes (1969). Vgl. Warr/Schroder/Blackman (1969). Vgl. Mann/Phillips/Thompson (1979). Vgl. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 280 f. Eine Marke kann in einigen Kulturen aufgrund ihrer Historie unterschiedliche Bedürfnisse bzw. Zielgruppen ansprechen (culture bound products, wie bspw. Textilien, Nahrungsmittel oder Verlagsprodukte), wodurch die Marke von den jeweiligen Konsumenten differenziert gesehen wird (vgl. Müller/Gelbrich (2004), S. 555 ff.). Abgesehen von der individuellen Markenwahrnehmung können innerhalb einer Kultur auch Metafaktoren, wie Patriotismus, die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung ausländischer Marken beeinflussen (vgl. Supphellen/Gronhaug (2003)).
Sollten zwischen Konsumenten unterschiedliche Interpretationen von Wesenszügen vorherrschen, gilt es, die einzelnen Interpretationen zu berücksichtigen und in homogene Personengruppen zu strukturieren. Doch wie lässt sich für eine systematische Betrachtung die Heterogenität der Konsumenten strukturieren? Eine klassische Segmentierung anhand offensichtlicher Soziodemografika (wie Alter, Geschlecht, Einkommen und Beruf) scheint unangemessen. Danach besäßen Woody Allen und Sylvester Stallone vergleichbare Ausprägungen, doch kann wohl kaum von ähnlichen Lebenseinstellungen gesprochen werden. Eine Orientierung sollte vielmehr an den Werten ansetzen, welche die Relevanz und Bedeutung von Wesenszügen steuern. „Such value-orientation factors reflect basic differences between subjects […]. If one wanted to do within-concept analyses without having this matter enter in, one would need to divide the subject sample into homogeneous subgroups on the basis of value orientations and run analyses within subgroups“.271
Ein erster Ansatz der Strukturierung von Personen könnte darin bestehen, unterschiedliche Kulturen zu betrachten. Mit unterschiedlichen Wertgrundsätzen ausgestattet, gilt die Kultur als eine zentrale Einflussgröße für das menschliche Verhalten.272 Individuen erlernen dabei im Laufe der Sozialisation in der Gruppe bestimmte Muster des Denkens und Handelns, die eine Kultur und ihre Mitglieder prägen.273 Vor diesem Hintergrund erscheint es zielführend, die Frage zu formulieren, inwiefern der kulturelle Kontext die Konzeptualisierung von Konstrukten wie die Markenpersönlichkeit beeinflusst und ob im Sinne der Globalisierung universell gültige Konzeptionen möglich sind (etic approach) oder kulturspezifische Analysen notwendig werden (emic approach).274
271 272
273
274
Heise (1969), S. 418. „Culture is a set of shared and enduring meanings, values, and beliefs that characterize national, ethnic, and other groups and orient their behavior.“ (Faure/Sjostedt (1993), S. 3). Vgl. Hendon/Hendon/Herbig (1999). Für ein tieferes Verständnis der Kultur als Einflussgröße des menschlichen Verhaltens werden fünf Kulturdimensionen nach Hofstede (1980) unterschieden. Dabei ist unter Machtdistanz das Ausmaß zu verstehen, mit dem die weniger Mächtigen einer Kultur eine ungleiche Machtverteilung akzeptieren. Individualismus bzw. Kollektivismus verdeutlichen, inwiefern sich Individuen primär auf sich selbst und die eigenen Ziele konzentrieren bzw. sich in soziale Gruppen integrieren und die Ziele am Gemeinwohl ausrichten. Die dritte Dimension der Maskulinität bildet ab, inwiefern in der Kultur die klassische Rollenverteilung der Geschlechter vorherrscht. Als weitere Kulturdimension gilt die Unsicherheitsvermeidung einer Kultur (minimieren ungewisser und unbekannter Situationen). Die letzte Dimension umfasst die Langzeitorientierung einer Kultur und kontrastiert zukunftsorientiertes Denken der Personen und eine kurzfristige Ausrichtung an der Gegenwart. Vgl. Williams/Aaker (1998); Maheswaran/Shavitt (2000); Douglas/Craig (2006). Die Kulturabhängigkeit wird durch die Definition der Wesenszüge als Personenbeschreibungen im Wortschatz einer Sprache bzw. Kultur (Sedimentationshypothese; vgl. Abschnitt 2.1.1.2) verstärkt (vgl. John/Angleitner/Ostendorf (1988), S. 17).
71
Entgegen der allgemeinen Praxis, die Konzeptualisierung eines Konstruktes in einer Kultur (meist der USA, bspw. der BPS nach Aaker (1995)) ungeprüft auf weitere Kulturen zu übertragen, gilt es, im Sinne des Kontextualismus die Anwendbarkeit, Relevanz und Bedeutung des Konstruktes in neuen Kontexten zu untersuchen.275 „This implies that careful attention must be paid to how a construct is construed in a given context. Rather than assuming that it will necessarily be expressed in the same way, it is important to examine the underlying sociological context and consult local experts to explicate the concept appropriately.“276
Einen Ansatz bieten das Adapted Etic Model und das Linked Emic Model. Der erstgenannte Ansatz untersucht, ob die Erkenntnisse einer originär analysierten Kultur in weiteren Kulturen replizierbar sind. Dabei gilt es, explizit Unterschiede der neuen Kultur zu beachten und das konzeptuelle Grunddesign anzupassen. Dieser Ansatz unterliegt jedoch den Gefahren der Übergeneralisierung der originären Ergebnisse.277 Der Ausgangspunkt des Linked Emic Model hingegen ist der jeweilige lokale Kontext. Ausgehend von mehreren Richtungen wird als Idealform des Kontextualismus ein übergeordneter Rahmen gesucht, um das Konstrukt möglichst universell zu konzeptualisieren.278 Die Betrachtung der Kultur bietet eine erste grobe Systematisierung der unterschiedlichen Lebenswelten von Konsumenten. Jedoch auch innerhalb einer Kultur sowie unabhängig von kulturellen Grenzen (gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung) sind Gruppierungen von Personen mit ähnlichen Wertvorstellungen denkbar.279 Zudem ist die zeitliche Entwicklung der Wertewelten der Personen zu berücksichtigen.280 Eine detaillierte Segmentierung anhand der charakteristischen Einstellungen und Lebensorientierungen von Personen erscheint notwendig, um Einflüsse der Heterogenität von Personen auf das Persönlichkeitsverständnis zu untersuchen.
275 276 277 278 279
280
72
Vgl. Boddewyn (1981); Nakata/Huang (2005), S. 613 ff.; Douglas/Craig (2006), S. 3 ff. Douglas/Craig (2006), S. 4. Vgl. Abschnitt 3.1. Vgl. Aulakh/Kotabe (1993), S. 23; Sin/Cheung/Lee (1999), S. 77; Douglas/Craig (2006), S. 15 ff. Es zeigen sich bspw. in China sieben Regionen mit unterschiedlich konservativer Einstellung und daher variierender Präferenz für ausländische Güter (vgl. Cui/Liu (2001)). Dies lässt sich am Beispiel der nationalen Identität in Russland bei Trennung der Bevölkerung anhand des Alters in Sowjetrussen (aufgewachsen in der Sowjetunion vor der Reformierung) und jüngeren Russen (sozialisiert während der Gorbatschow- und Jelzin-Ära) verdeutlichen. Hiernach ist Sowjetrussen die Religion als Teil der nationalen Identität wichtiger und der Kauf nationaler Produkte wird mehr gefordert, wogegen die kulturelle Homogenität (gemeinsame landesspezifische Eigenschaften der Bevölkerung) geringere Bedeutung im Vergleich zu jüngeren Russen hat (vgl. Thelen/Honeycutt Jr. (2004)).
Eine Segmentierung der Werteorientierung, Lebensziele und Lebensweisen und damit auch der zentralen Konsummuster bietet der Ansatz der sozialen Milieus nach SIGMA. Die lebensweltliche Vielfalt wird dabei trennscharf und für ein Individuum zeitlich stabil abgebildet. Für Deutschland differenziert der Ansatz zehn Milieus (vgl. Tabelle 7).281 Milieu Aufstiegsorientiertes Milieu (AUF) Etabliertes Milieu (ETB) Hedonistisches Milieu (HED)
Konsummaterialistisches Milieu (KMT) LiberalIntellektuelles Milieu (INT)
Modernes Arbeitnehmermilieu (MAR) Modernes bürgerliches Milieu (MBL)
Postmodernes Milieu (POM)
Traditionelles Arbeitermilieu (TRA) Traditionelles bürgerliches Milieu (TRB)
Tabelle 7: Quelle:
281
Beschreibung „New Money“: Erreichen des Lebensstandards „gehobener Schichten“ als Maßstab für Erfolg. Das Erreichte stellt man gerne zur Schau (nicht selten auch über den Limits des eigenen Geldbeutels). Konservatives Elitemilieu mit traditioneller Lebensführung. Selbstverständnis als Führungsschicht und LeistungsträgerBewusstsein. Jugendkulturelles, ausgesprochen konsum-hedonistisch eingestelltes Milieu mit unkonventionellen Lebensformen. Eskapismus und Stilprotest als Wege zur Identität. Nährboden neuer Moden und Geschmackskulturen. Milieu der wirtschaftlich und sozial Randständigen mit geringen Chancen am Arbeitsmarkt nachindustrieller Gesellschaften: alte wie auch neue Armut. Liberales Bildungsbürgertum und moderne Funktionseliten mit postmaterialistischer Orientierung. Hoher Stellenwert von Selbstverwirklichung und Ich-Identität in Beruf und Freizeit. Ablehnung von Äußerlichkeitswerten (man schätzt aber das Edle, Echte, Auserlesene). Vielfach jüngere Facharbeiter, white- und no-collars in „neuen“ Branchen (moderne Dienstleistungen). Aufgeschlossen für Neues (Erfahrungen, Erlebnisse, Lebensweisen, Konsum). Harmonieorientiertes Milieu, man strebt ein ausgeglichenes, angenehmes und behütetes Leben an, ohne Risiken und Extreme, hoher Stellenwert von sozialen Beziehungen.
Junges, formal zumeist hochgebildetes Avantgarde-Milieu mit Schwerpunkt in den Metropolen. Lebensstil-Trendsetter mit radikal subjektivistischer Lebensphilosophie: Der Einzelne als „Ingenieur“ seines persönlichen Universums. Industriegesellschaftlich geprägtes Arbeitermilieu, teilweise noch mit starker gewerkschaftlicher Bindung. Häufig sozial und politisch autoritär eingestellt (Verteidigung des Erreichten). Milieu, das an traditionellen Werten, Moralvorstellungen, sozialen Regeln und Konventionen festhält.
Ziele Prestige, Zugehörigkeit zu den „Reichen und Schönen“, Luxuskonsum Distinguierter Lebensstil, gute Umgangsformen, Understatement und Diskretion Coolness, „Fun and Action“, Abwechslung, starke Reize
Sozial und wirtschaftlich den Anschluß an den gesellschaftlichen Mainstream nicht verlieren, Geld und Konsum Verantwortungsbewußter Umgang mit sich und der Welt, soziale Gerechtigkeit, ökologische und politische Korrektheit Lebensfreude (Ausgleich zwischen Arbeit, Freizeit und Familie), soziale Kontakte, individualisierter Konsum Lebensqualität, Sicherheit, materielles wie auch emotionales Wohlergehen, die soziale Mitte als selbstverständlicher Platz in der Gesellschaft Identität von Ich und Außenwelt (z. B. Marken, Produkte), Toleranz von Widersprüchen, multiple Identitäten Materielle und soziale Sicherheit, Solidar- und Gemeinschaftswerte, bescheidener Wohlstand Geordnete finanzielle und familiäre Verhältnisse, Sicherheit, angemessener (bürgerlicher) Lebensstandard
Soziale Milieus in Deutschland. SIGMA - Gesellschaft für internationale Marktforschung und Beratung mbH (2006).
Vgl. SIGMA - Gesellschaft für internationale Marktforschung und Beratung mbH (2006).
73
Oberschicht
Etabliertes Milieu
Sozialer Status
Obere Mittelschicht
Liberal-Intellektuelles Milieu 8,2% (5,7 Mio.) Postmodernes Milieu
9,1% (6,3 Mio.)
6,9% (4,8 Mio.) Mittlere Mittelschicht
Traditionelles bürgerliches Milieu 12,3% (8,5 Mio.)
Untere Mittelschicht
Traditionelles Arbeitermilieu 4,9% (3,4 Mio.)
Aufstiegsorientiertes Milieu
Modernes bürgerliches Milieu Modernes 11,9% (8,2 Mio.) Arbeitnehmermilieu 9,2% (6,3 Mio.)
Hedonistisches Milieu
17,1% (11,8 Mio.)
Konsummaterialistisches Milieu
9,9% (6,8 Mio.)
10,5% (7,3 Mio.) Unterschicht Werteorientierung
SIGMA © 2004
Abbildung 21: Quelle:
Traditionell
Modern
Postmodern
„Bewahren“
Status, Besitz, Lebensfreude „Haben, Verbrauchen, Genießen“
Subjektivismus „Ich Sein“
Die deutsche Milieulandkarte. SIGMA - Gesellschaft für internationale Marktforschung und Beratung mbH (2006).
Zur grafischen Darstellung können die Milieus anhand der grundsätzlichen Werteorientierung und dem sozialen Status zweidimensional in einer Milieulandkarte abgebildet werden (vgl. Abbildung 21; die Verteilung der Milieus innerhalb der Gesellschaft ist in Klammern dargestellt). Auf der horizontalen Achse wird dazu die Werteorientierung abgetragen. Sie repräsentiert die inhaltliche Zusammenfassung von Informationen über unterschiedliche Lebensstile, Wunsch- und Leitbilder, Sinngebungen/Religiosität, Einstellung gegenüber Arbeit, Leistung usw. Dabei kann die Wertedarstellung von traditionell zu postmodern als Zeitachse interpretiert werden. So wachsen in den letzten Jahren moderne Milieus und der Wunsch nach Selbstverwirklichung, wohingegen die Personenzahl mit traditionellen Ansichten kontinuierlich zurückgeht. Die vertikale Achse verdeutlicht den sozialen Status als Zusammenfassung der demografischen Merkmale wie bspw. Schulbildung, Beruf, Einkommen usw. Mit dem Ansatz der sozialen Milieus steht somit eine Segmentierung der Personen anhand charakteristischer Lebenseinstellungen zur Verfügung, der die Prüfung der Hypothesen zur Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit von den urteilenden Konsumenten erlaubt.
74
3.3
Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen
Im Rahmen der Persönlichkeitsforschung stehen für einen effizienten Konstruktumgang vor allem die Verdichtung von Analyseeinheiten und die Suche nach den zentralen Basisdimensionen im Vordergrund. Auf Basis der Diskussion zur Kontextabhängigkeit der Wesenszüge ist die Existenz allgemeingültiger Dimensionen in Abhängigkeit von der Marke bzw. Branche (vgl. Abschnitt 3.3.1) und der Konsumenten bzw. sozialen Milieus (vgl. Abschnitt 3.3.2) zu hinterfragen. Sollte ein Wesenszug je nach betrachteter Marke oder beurteilendem Konsumenten eine eigenständige Interpretation haben, würde er mit jeweils anderen Begriffen inhaltliche Überscheidungen aufweisen und verschiedenen Dimensionen zugeordnet werden. Generische Analysen ohne Berücksichtigung des Bezugsrahmens müssten dann aufgegeben und kontextspezifisch nur innerhalb homogener Marken- bzw. Konsumentencluster nach Dimensionen gesucht werden. Abbildung 22 verdeutlicht die dreidimensionale Datenbox, in welcher das Urteil eines jeden Konsumenten zur Marke bei einem Wesenszug einen Datenpunkt darstellt. Generische Analysen fassen Wesenszüge anhand ihrer Korrelationen über alle Konsumenten und Marken hinweg zusammen, wogegen kontextspezifische Analysen in homogenen
M
generisch Wesenszug
Konsument x Marke
ar ke
Subgruppen die Überschneidungen von Wesenszügen aufdecken.282 Wesenszug
Abbildung 22: Quelle:
282
Wesenszug Markengruppe A Konsument Milieu 1
Konsument Milieu 2
kontextuell
Wesenszug Markengruppe B Konsument Milieu 1
Konsument Person
Wesenszug Markengruppe A
Die Datenbox der Faktorenanalyse. In Anlehnung an Cattell (1978), S. 323.
Die Anwendungen von dreimodalen Komponentenanalysen (vgl. Wittmann (1979); Snyder/Law (1979); Hildebrandt/Klapper (1994); dies. (1999); dies. (2001)) sind aufgrund von Interpretationsproblemen ungeeignet und wenig verbreitet.
75
3.3.1 Kontextfaktor Marke In Abschnitt 3.2.1 wurde bereits die Abhängigkeit der Wesenszüge vom jeweiligen Markenkontext diskutiert. Einerseits wurde die unterschiedliche Relevanz eines Wesenszuges je betrachteter Marke angeführt. Demnach besitzt ein Merkmal nur wenig sinnvolle Varianz bei einer Marke, sofern es vom Konsumenten als irrelevant eingestuft wird. Daraus folgt für die Suche nach Persönlichkeitsdimensionen, dass sich keine systematischen Zusammenhänge zu anderen Variablen ergeben können und die Variable nicht die Faktorenstruktur bestimmt.283 Andererseits wurde eine Änderung der semantischen Bedeutung des Wesenszuges durch die Marke unterstellt. Die Verdichtung der Wesenszüge zu Basisdimensionen erfolgt jedoch gerade aufgrund der semantischen Überschneidung der Begriffe (systematische Überlappungshypothese nach Borkenau (1986)).284 Ändert sich die Bedeutung des Wesenszuges, so ändert sich auch die inhaltliche Überschneidung zu weiteren Begriffen und der Wesenszug wird je nach Marke einem anderen Faktor zugeordnet bzw. bildet eine eigenständige Dimension. Diese Abhängigkeit der Faktorenstruktur vom Untersuchungsobjekt wird bereits in verwandten Gebieten diskutiert. So ergeben sich in der Persönlichkeitspsychologie bei der Analyse einzelner Individuen Abweichungen zur generischen Struktur der Big FIVE.285 In der Forschung zum semantischen Differenzial zeigt sich der Einfluss des betrachteten Objektes darin, dass nicht immer die drei traditionellen Bedeutungsdimensionen (Evaluation, Erregung und Potenz) aufgedeckt werden und einzelne Marker einer Dimension je nach Objekt einer anderen Dimension zuzuordnen sind.286 Es ist daher auch für die Markenpersönlichkeit zu prüfen, ob sich markenspezifische Strukturen der Persönlichkeit zeigen.
283 284 285 286
76
Vgl. Heise (1969), S. 418. Vgl. Abschnitt 2.1.2.1. Vgl. Grice (2004); Grice/Jackson/McDaniel (2006). Vgl. Tanaka/Oyama/Osgood (1963); Kubiniec Mayerberg/Bean (1978); Mann/Phillips/Thompson (1979). Trotz der Verzerrung werden die Effekte des Objektkontextes kaum betrachtet und die semantischen Objektdimensionen als gegeben angesehen (vgl. Pedhazur/Pedhazur Schmelkin (1991), S. 128 f.).
Die bisherige Forschung kann hierzu erste Anhaltspunkte geben, indem betrachtet wird, inwiefern Analysen einzelner Marken und Branchen die markenübergreifend erarbeiteten Strukturen bestätigen. In Tabelle 5 wurde bereits veranschaulicht, dass bspw. die exakte Struktur der Brand Personality Scale von Aaker (1995) kaum repliziert werden konnte.287 Hayes (1999) versuchte bspw. für zwei Sonnenbrillenmarken in den USA die Struktur nachzubilden. Im gleichen Kulturraum wie Aaker (1995) kann er bei Analysen einer unbekannten (Pepper’s) und einer bekannten Marke (Oakley) erst nach Ausschluss von jeweils mehr als drei Viertel der Merkmale der Brand Personality Scale die Dimensionen auffinden.288 Weiterhin existieren Untersuchungen, welche, unter dem Ziel, die Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit in den Markenkontext zu überführen, die Persönlichkeitsstruktur einzelner Marken in explorativen Faktorenanalysen aufdecken und vergleichen. Dabei zeigt sich, dass keine einheitliche Struktur für alle Marken existiert, die mit den Big FIVE verglichen werden kann. In Italien deckt bspw. das Forscherteam Caprara/Barbaranellie/Guido (2001) bei zwölf Marken aus unterschiedlichen Geschäftsfeldern jeweils eine Zwei-Faktoren-Struktur auf, jedoch variiert die Faktorenzusammensetzung stark in Abhängigkeit der analysierten Marke. Dies bestätigen auch Milas/Mlacic (2007) für den kroatischen Markt. Eine Analyse von zehn lokalen Marken ergibt je nach Marke sogar eine unterschiedliche Anzahl an Faktoren sowie wiederum eine individuelle Zusammensetzung der Persönlichkeitsdimensionen. Auch in Deutschland zeigen sich erste markenspezifische Analysen, wie etwa das von Petzold (2006) im automobilen Kontext entwickelte Inventar. Aufbauend auf dem Status quo der deutschen Persönlichkeitsforschung nach Mäder (2005) wurden 4.672 Probanden in einer Online-Analyse zu 89 automobilen Stimuli (Automobilmarken, Baureihen und Konzeptsegmenten) befragt. Die Verdichtung einer branchenspezifischen Begriffsliste289 führt zu einer dreidimensionalen Faktorenstruktur (vgl. Abbildung 23).
287 288
289
Vgl. Abschnitt 2.1.2.3. Vgl. Hayes (1999), S. 175 ff. Vor allem die Dimensionen Sincerity und Excitement zeigten mangelnde Anpassungsgüte. Eine explorative Analyse der Items der Brand Personality Scale empfahl zudem eine größere Faktorenzahl zur Abbildung der Persönlichkeit. Dabei waren 69% der Begriffe auch Bestandteil der Untersuchung von Mäder (2005). Die zusätzlichen Begriffe entstammten Recherchen in der Fachpresse zu Markenkernwerten und -beschreibungen sowie freien Assoziationen zu Automobilmarken.
77
Ein Vergleich mit der generischen Analyse nach Mäder (2005) verdeutlicht die automobilspezifische Struktur der Persönlichkeit. Lediglich der Faktor Attraktivität kann ebenfalls bei Mäder (2005) gefunden werden, wobei auch nur die Facette Verführung übereinstimmt. Weiterhin entdeckt Petzold (2006) Dynamik und Jugendlichkeit als Aspekte des Faktors Attraktivität. Zudem zeigt sich ein Faktor Exklusivität, welcher in bisherigen Dimensionierungen der Markenpersönlichkeit nicht auftaucht. Diese Dimension lässt sich ebenfalls in drei Facetten (Luxus, Eleganz und Charakter) aufteilen. Der letzte Faktor ist mit dem Begriff Funktionalität zusammengefasst, wobei zu hinterfragen ist, ob diese Eigenschaften (bspw. „komfortabel“) Personenbeschreibungen darstellen.
Attraktivität
Exklusivität
Funktionalität
Verführung reizvoll faszinierend attraktiv sexy
Luxus luxuriös edel exklusiv
praktisch vernünftig familienfreundlich ökonomisch vielseitig sicher komfortabel umweltfreundlich
Dynamik temperamentvoll sportlich dynamisch Jugendlichkeit frisch pfiffig modisch
Abbildung 23: Quelle:
Eleganz elegant stilvoll niveauvoll Charakter ausdrucksvoll souverän
Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit nach Petzold. Petzold (2006), S. 188.
In einer weiteren Untersuchung im deutschsprachigen Raum von Höltkemeier (2006) werden zwei Biermarken auf ihre Faktorenstruktur hin betrachtet, wobei der Merkmalspool dem der Analyse von Hieronimus (2003) entspricht. In einem convenience sample von 614 Probanden (Schneeballbefragung) können drei Dimensionen ermittelt werden. Dabei bestätigen sich die beiden Faktoren Temperament und Leidenschaft sowie Vertrauen und Ehrlichkeit, welche Hieronimus (2003) bereits als Superfaktoren der Markenpersönlichkeit angeführt hat. Zudem zeigt sich ein weiterer Faktor Kultiviertheit, welcher im Vergleich zu den beiden ersten Faktoren nur untergeordnete Varianzerklärung besitzt.
78
Weitere Untersuchungen zur Existenz markenspezifischer Analysen erscheinen vor diesem Hintergrund notwendig. Der systematischen Erarbeitung von individuellen Strukturen, welche nach gemeinsamen Dimensionen abgesucht werden können, ist hierbei ein hoher Stellenwert zuzumessen. Dabei ist das Aggregationsniveau der Kontextspezifität zu berücksichtigen. Es ist bspw. zu analysieren, ob Marken einer Branche eine ähnliche Struktur besitzen oder ob selbst die Marken innerhalb einer Branche unterschiedliche Strukturen aufweisen.290 „Researchers should empirically validate the dimensionality of any brand descriptions by means of ad hoc factor analyses, which should be performed within each single brand on the scale used to assess them. In order to avoid ambiguous, invalid or unreliable results, factor structure cannot be accepted a priori without attempting to assess the presence of an interaction between the concept to be described (for example a brand or a product) and the terms to be used to describe it. This step is crucial before comparing different brands across personality dimensions.“291
Auf Basis der bisherigen Kenntnisse lässt sich als Hypothese festhalten, dass die Marke einen Einfluss auf die Strukturierung der Persönlichkeit hat. H 2a: Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig von der betrachteten Marke.
290
291
Vgl. Kubiniec Mayerberg/Bean (1978) zu Erkenntnissen im Rahmen der Forschung des semantischen Differentials, wonach die Marken nicht nur zwischen verschiedenen Konzeptbereichen unterschiedliche Strukturen besitzen, sondern auch innerhalb einer Konzeptgruppe. Caprara/Barbaranellie/Guido (2001), S. 392.
79
3.3.2 Kontextfaktor Konsument Die Fragestellung nach der Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen ist neben der Marke auch auf den Kontextfaktor Konsument zu erweitern. Auch hier wurden vor dem Hintergrund der individuellen Wertewelt des Einzelnen die variierende Relevanz und Semantik des Wesenszuges in der Konsument-Wesenszug-Interaktion betrachtet. Analog zum vorherigen Kapitel ist durch die konsumentenspezifische Interpretation der Begriffe daher auch von individuellen Persönlichkeitsdimensionen für einzelne Personengruppen auszugehen. Wiederum kann für erste Hinweise auf die Forschung zum semantischen Differenzial zurückgegriffen werden. Es zeigt sich, dass verschiedene Personengruppen Konzepte anhand unterschiedlicher Dimensionen interpretieren.292 Der Effekt ergab sich dabei meist über einen allgemeinen Interaktionseffekt mit den Konzepten (person-conceptscale-interaction) und wies nicht die Stärke des Einflusses der Konzepte an sich auf.293 Zur systematischen Analyse bietet sich eine Gruppierung der Konsumenten anhand ähnlicher Lebenswelten an. Dazu wurde in Abschnitt 3.2.2 bereits die Strukturierung anhand der Kulturen sowie der sozialen Milieus innerhalb einer Kultur vorgeschlagen. Erste Hinweise auf Strukturunterschiede in einzelnen Kulturen liefert die Betrachtung generischer Inventare. Dabei kann die Anwendbarkeit eines bestehenden Inventars in einer neuen Kultur geprüft werden. Die Ergebnisse von Replikationsstudien der amerikanischen Struktur von Aaker (1995) wurden bereits in Tabelle 5 veranschaulicht. Demnach fällt es schwer, die fünf Dimensionen der Brand Personality Scale in Ländern außerhalb des amerikanischen Kulturraums zu replizieren. Bspw. treten in Ländern mit höherer Machtdistanz, wie Russland,294 die Wesenszüge der sozialen Klasse und des Erfolges in den Vordergrund, da über Marken die Zugehörigkeit zur Klasse der Mächtigen verdeutlicht werden soll.295
292 293 294 295
80
Vgl. Crockett/Nidorf (1967); Snyder/Wiggins (1970); Shikiar/Fishbein/Wiggins (1974). Vgl. Osgood/Suci/Tannenbaum (1978), S. 170 ff.; Mann/Phillips/Thompson (1979). Vgl. Abschnitt 3.2.2; Hofstede (1980). Vgl. Supphellen/Gronhaug (2003), S. 211 ff.
Es wurde bereits betont, dass die Wesenszüge bzw. Analyseeinheiten der Markenpersönlichkeit kulturspezifisch zu erarbeiten sind. Jede Kultur besitzt ihre eigenen Werte, welche sich in ihrer Sprache reflektieren. Wird die Persönlichkeit entsprechend der Sedimentationshypothese aus dem Wortschatz der Sprache abgeleitet, sind umso mehr die kulturellen Besonderheiten zu beachten. Dieser Forderung folgend, entstanden in vielen Ländern umfassende originäre landesspezifische Analysen der Markenpersönlichkeit (vgl. Tabelle 4), welche die Heterogenität der Persönlichkeit verdeutlichen. In einem Vergleich der fünf Dimensionen im deutschen Markt nach Mäder (2005; vgl. Abbildung 10) mit der amerikanischen Strukturierung der Markenpersönlichkeit nach Aaker (1995; vgl. Abbildung 2) zeigen sich bei gleicher methodischer Vorgehensweise landesspezifische Schwerpunkte. Im Gegensatz zur amerikanischen Struktur besitzt bspw. die Persönlichkeit in der deutschen Struktur einen Faktor der Stabilität, welcher den Wunsch nach Unsicherheitsvermeidung kennzeichnet.296 Diese Werteeinstellung der deutschen Bevölkerung erklärt zudem die Zusammenfassung der amerikanischen Faktoren Competence und Sincerity in nur einer Dimension der Verlässlichkeit. Während im Amerikanischen von zwei unabhängigen Konstrukten auszugehen ist, bedingen nach der deutschen Kulturauffassung Kompetenz und Vertrauen einander. Um Unsicherheit zu vermeiden und Vertrauen zu der Marke zu gewinnen, fordert ein deutscher Konsument Kompetenz der Marke als Garantie bzw. Vorsichtsmaßnahme. Der zukunftsgerichtete Optimismus der Amerikaner sorgt dagegen dafür, dass Kompetenz wesentlich stärker mit Aspekten des Fortschrittes und der Dynamik verbunden wird und damit unabhängig vom Vertrauen ist. Weitere Unterschiede verdeutlichen die Dimensionen Natürlichkeit im Deutschen bzw. Ruggedness im Amerikanischen, welche nach Mäder (2005) einen negativen Zusammenhang besitzen. Während die Dimension Natürlichkeit in Deutschland den Wunsch verdeutlicht, mit der Umwelt im Einklang zu leben, wird in Amerika eine Verbesserung der Umwelt durch Dominanz und Kontrolle unterstellt.297 Neben den Unterschieden im Persönlichkeitsverständnis zwischen den Kulturen wurden in Abschnitt 3.2.2 auch innerhalb einer Kultur heterogene Konsumenteneinstellungen identifiziert (soziale Milieus). Bislang existieren aber kaum Untersuchungen zur Struktur der Persönlichkeit bei Personengruppen mit unterschiedlichen
296 297
Vgl. Abschnitt 3.2.2; Hofstede (1980). Vgl. Mäder (2005), S. 115 ff.
81
Werteeinstellungen innerhalb einer Kultur. Stattdessen wurden in einigen Analysen die generischen Inventare in Subgruppen getrennt nach soziodemografischen Kriterien wie Alter, Geschlecht und Bildung validiert.298 Es wurde jedoch bereits angeführt, dass eine Differenzierung anhand der Demographie nicht die Lebenswelten der Personen trennt, welche unterschiedliche Interpretationsmuster bedingen. Zum Einfluss des Konsumenten auf die Persönlichkeitsdimensionen der Marke sind demnach weitere systematische Forschungsschritte notwendig, welche die Abhängigkeit von Personengruppen (wie den sozialen Milieus) innerhalb einer Kultur betrachten. Auf Basis der theoretischen Überlegungen zur konsumentenspezifischen Interpretation der Wesenszüge sowie der empirischen Erkenntnisse lässt sich Hypothese 2b formulieren: H 2b: Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig vom urteilenden Konsumenten.
3.4
Hypothesensystem
Zusammenfassend lassen sich somit vier Hypothesen aufstellen, die die Abhängigkeit der Wesenszüge und der Persönlichkeitsdimensionen von der betrachteten Marke und den urteilenden Konsumenten postulieren (vgl. Tabelle 8). Die Prüfung der Hypothesen erfolgt in Kapitel 4 am Beispiel des deutschen Automobilmarktes. Kontextfaktor Komponente Hypothese 1a Wesenszug
Persönlichkeitsdimension Tabelle 8:
298
82
Marke
Konsument
Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig von der betrachteten Marke. Hypothese 2a Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig von der betrachteten Marke.
Hypothese 1b Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig vom urteilenden Konsumenten. Hypothese 2b Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig vom urteilenden Konsumenten.
Das Hypothesensystem.
Vgl. Aaker (1995), S. 78 f.; Mäder (2005), S. 84 ff.
4
Empirische Untersuchung: Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit im deutschen Automobilmarkt
Die Ausführungen in Kapitel 2 verdeutlichen die Bedeutung der Markenpersönlichkeit für die erfolgreiche Führung von Marken als langfristige Partner der Konsumenten. Aufgrund der Individualität von Marken und Konsumenten gestaltet es sich jedoch schwierig, das Konstrukt der Markenpersönlichkeit universal zu definieren und zu strukturieren. In Kapitel 3 wurden deshalb Hypothesen über die Abhängigkeit der Persönlichkeitsstruktur von der betrachteten Marke einerseits und dem urteilenden Konsumenten andererseits erarbeitet. Das Ziel des vorliegenden Kapitels ist es, diese Hypothesen empirisch zu fundieren. Um die Kontextabhängigkeit des Konstruktes umfassend zu prüfen, wird dabei einem Verständnis der Markenpersönlichkeit i.w.S. gefolgt (d.h.
neben
Temperamentsbegriffen
(Markenpersönlichkeit
i.e.S.)
werden
Beschreibungen von Fähigkeiten und dem äußeren Erscheinungsbild berücksichtigt; vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Die Vorstellung des Untersuchungsdesigns erfolgt in Abschnitt 4.1. Dabei werden mit einer Fokussierung auf die Markenpersönlichkeit im deutschen Automobilmarkt der Bezugsrahmen der Untersuchung (Analyseeinheiten, Untersuchungsobjekte und Probanden) abgesteckt und die Datenerhebung beschrieben. Im Anschluss werden die in Kapitel 3 aufgestellten Hypothesen geprüft. Dabei steht in Abschnitt 4.2 die Generalisierbarkeit der Wesenszüge über verschiedene Kontexte im Vordergrund. Als Kontextfaktoren sind entsprechend des Bezugsrahmens der Messtheorie das Untersuchungsobjekt, d.h. die unterschiedlichen Automobilmarken (MarkeWesenszug-Interaktion), und die Probanden, d.h. die unterschiedlichen deutschen Milieus (Konsument-Wesenszug-Interaktion), anzuführen. Ausgehend von einer generischen Wesenszugsliste wird gefragt, ob sich die Bedeutung und Semantik der Begriffe in Abhängigkeit des jeweiligen Kontextes ändern. Darauf aufbauend wird in Abschnitt 4.3 die Existenz allgemeingültiger Basisdimensionen der Persönlichkeit bei variierenden Automobilmarken und Konsumentengruppen untersucht. 83
4.1
Untersuchungsdesign
Um die in Kapitel 3 formulierten Hypothesen zur Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit zu prüfen, wird eine empirische Analyse durchgeführt. Der Bezugsrahmen einer solchen Untersuchung ist nach Rossiter (2002) durch die Analyseeinheiten (vgl. Abschnitt 4.1.1), die Untersuchungsobjekte (vgl. Abschnitt 4.1.2) und die zu befragenden Personen (vgl. Abschnitt 4.1.3) definiert. Diese Komponenten sowie der konkrete Datenerhebungsprozess (vgl. Abschnitt 4.1.4) stehen im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen.
4.1.1
Analyseeinheiten
Das Ziel der empirischen Analyse ist es, zu klären, ob sich die Markenpersönlichkeit abhängig von Kontextfaktoren, wie der betrachteten Marke oder den befragten Konsumenten, in unterschiedlichen Wesenszügen bzw. Basisdimensionen ausdrückt. Als Ausgangspunkt wird daher eine umfassende generische Merkmalsliste zur Operationalisierung der Wesenzüge benötigt, welche hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit in unterschiedlichen Kontexten zu prüfen ist. Eine solche Liste der Markenpersönlichkeit i.w.S. gilt es, im Folgenden zu erarbeiten. Bei der Erarbeitung der Merkmalsliste kann auf die Begriffszusammenstellung von Mäder (2005) aufgebaut werden, welche aktuell die umfassendste Analyse von deutschen Persönlichkeitsbegriffen im Markenkontext darstellt.299 Ebenfalls ausgehend vom Verständnis der Markenpersönlichkeit i.w.S. erarbeitete Mäder einen Pool von 144 Wesenszügen,
die
(vgl. Abbildung 7).
geeignet
sind,
Marken
im
Allgemeinen
zu
beschreiben
300
Abschnitt 2.1.1.2 führte jedoch bereits zwei zentrale Kritikpunkte dieser Itemliste an. Einerseits wurden negative Merkmale in der Zusammenstellung vernachlässigt. Dies birgt die Gefahr, zentrale Aspekte der Persönlichkeit zu ignorieren. Andererseits sind in der Merkmalsliste trotz expliziter Filterung eine Vielzahl von Begriffen enthalten, wel-
299 300
84
Vgl. Abschnitt 2.1.1.2. Vgl. Mäder (2005), S. 65 ff.
che lediglich bewertende und differenzierende Aussagen ohne Inhaltsanteil umfassen und damit dem deskriptivem Charakter der Markenpersönlichkeit nicht gerecht werden. Aufbauend auf Mäders Itemliste ist daher eine generische Wesenszugsliste zu erarbeiten, welche die aufgeführten Kritikpunkte berücksichtigt und für eine effiziente Abbildung der Persönlichkeit frei von Synonymen ist (vgl. Abbildung 24). Hierzu sind drei Analyseschritte notwendig: 1. Erweiterung der Itemliste von Mäder (2005) um negative Begriffe, 2. Reduktion von Globalurteilen und 3. Reduktion von Synonympaaren. 5.160 Persönlichkeit beschreibende, adjektivische Merkmale als Ausgangsbasis nach Angleitner / Ostendorf (1994) Filter Klarheit, Relevanz zur Persönlichkeitsbeschreibung
+
2.777 Merkmale 2.971 Merkmale
340 Freie Assoziationen
+
182 Sonstige Quellen
194 nicht-redundant & zur Beschreibung von Personen geeignet
Filter Positivität
Filter Negativität (Schritt 1)
1.308 Merkmale
1.663 Merkmale Filter Gebräuchlichkeit in der Alltagssprache
845 Merkmale
219 Merkmale Filter Eignung zur Markenbeschreibung
175 Merkmale
+
+ nicht antonym
13 Merkmale
188 Merkmale Filter Globalurteile globale (Un-) Ähnlichkeit und globale Bewertung (Schritt 2)
135 Merkmale Filter Synonyme (Schritt 3)
120 Merkmale Abbildung 24:
Der Prozess der Generierung von Wesenszügen in Erweiterung von Mäder (2005).
85
Schritt 1: Erweiterung der Itemliste von Mäder (2005) um negative Begriffe Die Erweiterung der Liste um negative Begriffe setzt auf dem bei Mäder (2005) ausgeschlossenen Begriffspool auf, der 1.663 Personenbeschreibungen aufgrund mangelnder Positivität eliminierte. Auf Basis dieser Begriffe findet der Filterungsprozess Anwendung, welchen Mäder (2005) den positiven Begriffen unterzog. Um eine ausgewogene Liste zu erhalten, werden somit an die negativen Begriffe die gleichen Anforderungen wie an die positiven Begriffe gestellt. In einem ersten Schritt muss die Gebräuchlichkeit der negativen Begriffe in der Alltagssprache gesichert werden. Der lexikalischen Analyse Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts geschuldet, enthält die Begriffsliste eine Vielzahl veralteter Begriffe, welche den Wortschatz nicht zeitgemäß abbilden. Zur Streichung dieser Begriffe wird deshalb jeder Begriff auf seine Nutzungshäufigkeit getestet. Mäder (2005) führte hierzu eine quantitative Studie bei neun Probanden durch, welche 1.308 Merkmale auf ihre Gebräuchlichkeit hin beurteilten. Aus Gründen des forschungsökonomischen Vorgehens bei hoher Validität und Objektivität der Ergebnisse empfiehlt sich in der vorliegenden Analyse jedoch auf die Korpuslinguistik auszuweichen. Hierbei wird die Sprache durch eine automatisierte Untersuchung von großen Textmengen (systematischen Aufzeichnungen realer Gespräche, Abhandlungen, Tageszeitung, Internet usw.) erforscht.301 Die größte Sammlung des deutschen Wortschatzes stellt dazu das Projekt Der Deutsche Wortschatz der Universität Leipzig dar,302 welches zu jedem Wort auch die Nutzungshäufigkeit und damit dessen Gebräuchlichkeit abbildet. Die Nutzungshäufigkeit der positiven Begriffe ist mit den Befragungsergebnissen nach Mäder (2005) abzugleichen und der geforderte Mindestwert der negativen Begriffe in Anlehnung daran zu bestimmen.303 219 negative Personen beschreibende Merkmale können demnach als gebräuchlich eingestuft werden.
301 302 303
86
Vgl. Lemnitzer/Zinsmeister (2006). Vgl. Quasthoff (1998). Die Datenbank umfasst ca. sechs Millionen Wörter. Als Mindestanforderung wird ein Rang kleiner 14 gefordert, d.h. das gebräuchlichste Wort („der“) darf nicht mehr als 213-mal häufiger vorkommen als das untersuchte Wort (Zipfsches Gesetz). Zudem sind Adjektive, welche auch in anderen Wortarten vorkommen, isoliert zu betrachten.
Ein Argument für den Ausschluss negativer Begriffe ist, dass sie lediglich Gegenteile (Antonyme) der positiven Begriffe und damit redundante Informationen abbilden.304 Um eine effiziente Liste ohne Doppelerfassungen zu gewährleisten, müssen Antonyme unter den negativen Begriffen identifiziert werden. Gemäß einem Kontrastwörterbuch305 erscheinen 54 Begriffe als eindeutige Gegenwörter zu bereits berücksichtigten positiven Adjektiven.306 Daraufhin wird der Begriff mit der geringeren Gebräuchlichkeit in der Alltagssprache eliminiert. Somit sind 165 negative Adjektive zu ergänzen, deren Bedeutungsraum bisher noch nicht durch positive Begriffe erfasst ist. Die Liste Personen beschreibender Merkmale ist anschließend auf deren Eignung zur Beschreibung von Marken zu prüfen und somit an den neuen Objektbereich anzupassen. Hierdurch erfolgt ein Ausschluss von Begriffskategorien, welche sich generell nicht zur Beschreibung von Markenpersönlichkeiten eignen. In Anlehnung an Mäder (2005) beurteilten 77 Probanden (Durchschnittsalter 31 Jahre, 42% weiblich) in Paper and Pencil Interviews (PAPI) die Eignung zur Markenbeschreibung auf einer siebenstufigen Skala.307 Um eine generische Eignung zur Markenbeschreibung unabhängig von bestimmten Marken abzubilden, sollten die Befragten an Marken im Allgemeinen denken.308 Zur Vermeidung von Ergebnisverzerrungen aufgrund von Effekten der Fragenreihenfolge kamen zwei Versionen mit entgegengesetzter Reihenfolge zur Anwendung.309 Bei einer Inter-Rater-Reliabilität von α=0,97 liegen 13 Begriffe in der durchschnittlichen Einschätzung der Eignung über dem Cut-off Wert von 4,67, welcher in Analogie zur Selektion der positiven Begriffe bei Mäder (2005) gewählt wird (Tabelle 9 zeigt die 20 negativen Begriffe mit den höchsten Durchschnittswerten der Eignung zur Markenbeschreibung (EBM)). Insgesamt stehen somit 188 positive und negative Begriffe zur Verfügung.
304 305 306
307 308
309
Vgl. Aaker (1997), S. 350. Vgl. Müller (1998). Gegenworte definieren sich über ein differenzierendes gegensätzliches Bedeutungsmerkmal bei Gleichheit aller übrigen Bedeutungsmerkmale (bspw. groß-klein). Ein Auszug des Fragebogens ist in Anhang 1 abgebildet. Unterstützt wurde dies durch Markenlogos, welche die heterogene Markenlandschaft abbilden. Neben der methodischen Übernahme des Vorgehens von Mäder (2005) kann die Kompatibilität der unabhängigen Befragungen mit der Aufnahme von zehn positiven Items aus Mäders Liste bestätigt werden. Trotz der geringen Stichproben zeigt ein t-Test bei einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 95% nur bei einem Item („rational“) signifikante Unterschiede in der Eignung zur Markenbeschreibung an. Vgl. Bickart (1993). Ein t-Test zum Vergleich der Mittelwerte der Begriffe in den beiden Stichproben zeigt für 18 der 165 Begriffe signifikante Unterschiede (α=0,05) zwischen den Versionen.
87
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Tabelle 9:
Merkmal konservativ frech wild schlicht verspielt einfach radikal aggressiv langweilig verrückt
EBM
Rang
5,91 5,71 5,57 5,53 5,25 5,13 5,06 5,00 4,87 4,83
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Merkmal kühl nüchtern arrogant rätselhaft durchschnittlich angepasst gefährlich eitel formell unberechenbar
EBM 4,82 4,75 4,69 4,53 4,52 4,52 4,30 4,29 4,27 4,25
Die Eignung negativer Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Marken.
Schritt 2: Reduktion von Globalurteilen Gemäß Abschnitt 2.1.1.2 umfasst die Markenpersönlichkeit i.w.S. lediglich deskriptive Eigenschaften (Begriffe des Temperamentes, der Fähigkeiten und der äußeren Erscheinung) und berücksichtigt keine sozialen Aspekte. Eine Betrachtung der Liste von Mäder (2005) zeigt jedoch eine Vielzahl an Globalurteilen (reine Bewertungen, Aussagen der (Un-) Ähnlichkeit). Der hohe Anteil ist verwunderlich, da ein expliziter Filterschritt zur Eliminierung von Begriffen ohne deskriptiven Inhaltsanteil berücksichtigt wurde, indem vier mit faktorenanalytischen Theorien der Persönlichkeit vertraute Auskunftspersonen den Itempool nach global beurteilenden Merkmalen durchsuchten. Der um negative Begriffe erweiterte Itempool wird daher einer erneuten Analyse unterzogen. In einer Expertenuntersuchung mit verstärktem Einbezug von Praktikern sind Begriffe in einer PAPI-Befragung zu identifizieren, welche allgemeine Werturteile oder Ähnlichkeitsbewertungen darstellen.310 Als Probanden dienen fünf Markenstrategen großer deutscher Industrieunternehmen, drei Mitarbeiter anerkannter Marktforschungsinstitute sowie zwei Promovierende mit einem Themenfokus auf Markenpersönlichkeit.311 Mit einer Inter-Rater-Reliabilität von α=0,83 können 30 zusätzliche Begriffe identifiziert werden, welche mehr als die Hälfte der Probanden als globale Bewertungen (25 Begriffe) oder als globale (Un-) Ähnlichkeitsurteile (5 Begriffe) einstufen (vgl. Tabelle 10).312 Somit ergeben sich 135 deskriptive Merkmale.
310 311
312
88
Ein Auszug des Fragebogens ist in Anhang 2 abgebildet. Die Wahl von 50% Praktikern bzw. Markenstrategen erfolgt bewusst, da sie die Marke steuern und positionieren. Ein Abgleich mit der psychologischen Taxonomie personenbeschreibender Begriffe nach Angleitner/Ostendorf/John (1990) ordnet die Begriffe ebenfalls als Globalurteile ein.
globale Bewertung Anzahl Merkmal
Merkmal unschlagbar konkurrenzfähig angenehm bedeutend bemerkenswert brillant führend perfekt vollkommen anerkannt ansprechend attraktiv begehrenswert
Tabelle 10:
9 8 7 7 7 7 7 7 7 6 6 6 6
Anzahl
begeisternd beliebt bezaubernd cool eindrucksvoll faszinierend fein genial stark sympathisch unentbehrlich unwiderstehlich
6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6
globale Unähnlichkeit Merkmal Anzahl überdurchschnittlich besonders hervorragend interessant überlegen
10 9 8 8 6
Die Reduktion global beurteilter Persönlichkeitsmerkmale.
Schritt 3: Reduktion von Synonympaaren Der dritte und abschließende Schritt besteht darin, diese Liste nochmals nach Synonymen abzusuchen, um inhaltliche Redundanzen für eine effiziente Beschreibung der Marken zu eliminieren. Zunächst werden das Duden Synonymwörterbuch und das Wortschatzlexikon Der deutsche Wortschatz nach gegenseitigen Synonympaaren in der Liste durchsucht. Daraus resultieren 68 potentielle Synonympaare innerhalb der 135 Begriffe. Diese werden mittels schriftlichen Experteninterviews acht Probanden vorgelegt (4 Marketingpraktiker, 2 Mitarbeiter von Marktforschungsunternehmen, 2 Doktoranden zur Markenpersönlichkeit).313 Bei einer Inter-Rater-Reliabilität von α=0,80 ist ein Wort zu eliminieren, sofern mindestens fünf der acht Personen es als Synonym einstufen. Im Ergebnis stehen neun Synonympaare (vgl. Tabelle 11). Es bleibt jeweils der Begriff erhalten, der sich am besten zur Markenbeschreibung eignet (vgl. Schritt 1). beibehaltenes Merkmal
eliminiertes Synonym
authentisch naturnah authentisch ausdrucksstark fortschrittlich trendy überzeugend vielseitig stilvoll
unverfälscht natürlich echt ausdrucksvoll progressiv modisch überzeugungsstark vielfältig geschmackvoll
Tabelle 11:
313
Anzahl 7 7 6 6 6 6 6 6 5
Die Reduktion von Synonympaaren.
Ein Auszug des Fragebogens ist in Anhang 3 abgebildet.
89
Tabelle 12 zeigt zusammenfassend die sich ergebende Merkmalsliste der Markenpersönlichkeit. 120 Begriffe konstituieren demnach die Markenpersönlichkeit i.w.S. Dabei lassen sich ca. zwei Drittel der Merkmale als Temperamentsbegriffe anhand des Klassifikationssystems Personen beschreibender Begriffe (vgl. Abschnitt 2.1.1.2) einstufen. Fähigkeiten
sowie
äußere
Charakteristika
bilden
gleichverteilt
die
weiteren
Merkmale.314 Merkmal 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
aggressiv aktiv altbekannt angesehen anspruchsvoll arrogant ästhetisch aufregend aufstrebend ausdrucksstark authentisch bekannt bescheiden beständig bodenständig charismatisch charmant chic dezent dynamisch effizient ehrlich einfach einfallsreich einflussreich einprägsam elegant erfahren erfolgreich erfolgsorientiert erfolgssicher erfrischend erotisch exklusiv exotisch extravagant flexibel fortschrittlich frech freundlich
Tabelle 12:
314
90
Merkmal 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80
frisch gesund glamourös glaubwürdig hoch qualifiziert innovativ jugendlich kompetent konservativ kraftvoll kreativ kühl langweilig lebendig leidenschaftlich leistungsfähig männlich mobil modebewusst modern naturnah niveauvoll nüchtern originell pfiffig phantasievoll praktisch präzise professionell qualitätsbewusst radikal raffiniert rassig reizvoll revolutionär robust romantisch schlicht schwungvoll selbstbewusst
Merkmal 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120
seriös sexy sicher sicherheitsbewusst sinnlich solide souverän sparsam sportlich spritzig stabil stilvoll technisch temperamentvoll tonangebend traditionell trendy überzeugend umweltfreundlich unkompliziert unkonventionell verantwortungsvoll verführerisch verrückt verspielt vertrauenswürdig vertraut vielseitig vital vorbildlich weiblich weltoffen wertvoll widerstandsfähig wild zeitgemäß zeitlos zielbewusst zukunftsorientiert zuverlässig
Die Operationalisierung der Wesenszüge.
Die Klassifikation der Begriffe erfolgt auf Basis der Begriffszuordnung von Angleitner/Ostendorf (1994).
4.1.2 Untersuchungsobjekte Die vorliegende empirische Untersuchung zur Kontextabhängigkeit der Markenpersönlichkeit konzentriert sich auf den Automobilmarkt. Es erscheint nicht zielführend, eine branchenübergreifende Untersuchung aufzusetzen, da der Kontext zu breit gefasst wäre und detaillierte Aussagen zur Persönlichkeit bei einzelnen Marken einer Branche nicht möglich wären. Vergleiche mit ausgewählten, nicht-automobilen Marken verdeutlichen jedoch beispielhaft, inwiefern sich branchenspezifische Unterschiede ergeben. Mit dem Automobilmarkt wird einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren betrachtet, dessen Bedeutung nach einer enormen Entwicklung über die letzten Jahre aus Sicht von Experten auch weiter zunimmt.315 Dem Automobilsektor ist jedoch nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht ein großer Stellenwert beizumessen. Für die meisten Kunden besitzt das Automobil bzw. dessen Kauf eine hohe wirtschaftliche, psychische und soziale Bedeutung.316 Einerseits erfüllt es zentrale funktionale Bedürfnisse als Transportnutzenstifter.317 Andererseits wird auf Basis der gesicherten Grundversorgung und der funktionalen Austauschbarkeit des Angebots vermehrt die symbolische Wirkung des Automobils betont. Dabei sucht der Konsument nach schwer zu imitierenden Zusatznutzen wie Prestige, Hedonismus, Einzigartigkeit und Selbstverwirklichung.318 Wird die allgemein akzeptierte Aufteilung der Marken anhand der vorrangigen Nutzenstiftung in funktional orientierte Marken (Basis) und Marken, die zusätzlich einen symbolischen Nutzen stiften (Premium), betrachtet,319 so untermauert der Aufschwung der Premium-
315 316
317
318
319
Vgl. Dannenberg/Kleinhans (2004), S. 88 f. Vgl. Schirmer (1990), S. 892 f.; Ozanne/Brucks/Grewal (1992), S. 455. Berechungen zum Markenwert belegen, dass Marken und damit die Assoziationen des Konsumenten das zentrale Kapital der Automobilhersteller sind (vgl. Interbrand (2007), S. 13 ff.). Mit dem PKW wurden 2006 in Deutschland drei Fünftel der Verkehrsleistung im Personenverkehr zurückgelegt (ca. 864 Mrd. Kilometer). Ein Bestand von 46 Millionen PKW (566 PKW je 1.000 Einwohner) und die höchste Zahl an Neuzulassungen in 2006 (3,47 Millionen PKW) unterstreichen die Bedeutung des Automobils in Deutschland (vgl. Verband der Automobilindustrie (2007), S. 223 ff.). Dies verdeutlicht der Aufschwung sportlicher und moderner Fahrzeugkonzepte, welche nicht den funktionalen Transportnutzen in den Vordergrund stellen, sowie die Angebote des badge engineering, wobei baugleiche Produkte lediglich aufgrund unterschiedlicher Markennamen beim Kunden einen unterschiedlichen Markterfolg erzielen (vgl. Verband der Automobilindustrie (2007), S. 56 f.). Vgl. Vaughn (1980); ders. (1986); Ratchford (1987), S. 31; Park/Milberg/Lawson (1991), S. 186 ff.; Aaker (1997), S. 349; Mäder (2005), S. 62 f.; Štrach/Everett (2006). Es existiert keine allgemein akzeptierte Einteilung der Automobilmarken in Premium bzw. Basis. Kriterien für eine Zuordnung finden sich bei Nueno/Quelch (1998), S. 62. Einige Autoren unterscheiden neben Premiummarken (bspw. BMW) Luxusmarken (bspw. Rolls Royce), welche eine Extremform der Premiummarken (nicht in Serienproduktion hergestellt) darstellen (vgl. Kapferer (2001); Vigneron/Johnson (2004), S. 485).
91
Automobilmarken die Notwendigkeit das Produkt anzureichern.320 Zur Abbildung des symbolischen Markenwissens eines Konsumenten wurde bereits das Konzept der Markenpersönlichkeit diskutiert.321 Gerade in Bezug auf das Automobil ist zu beobachten, dass Konsumenten ihr Fahrzeug oftmals personifizieren und das Automobil daher zum geschätzten und treuen Begleiter wird.322 Somit steht in dieser Arbeit eine Produktkategorie im Vordergrund, in welcher die Markenpersönlichkeit eine zentrale Rolle im Kaufentscheidungsprozess spielt. Um den deutschen Automobilmarkt möglichst breit zu erfassen, werden zehn Automobilmarken in die Analyse einbezogen, welche die Heterogenität des Marktes (bzgl. Bekanntheit, Volumen, Preissetzung) abbilden. Als Stimuli dienen Alfa Romeo, Audi, BMW, Mercedes Benz, MINI, Porsche, Saab, Toyota, Volkswagen und Volvo. Zusätzlich werden drei nicht automobile Marken aufgenommen, um beispielhaft branchenübergreifende Analysen zu ermöglichen (Coca Cola, Intel und Allianz).323
320
Die Betonung dieser symbolischen Markenassoziationen wird häufig unter Schlagworten wie Emotionalisierung und Erlebnisorientierung der Automobilmarken in Wissenschaft und Praxis thematisiert (vgl. Brandt/Heise (2001); Petzold (2006), S. 8 mit einer Aufstellung von Ankündigungen internationaler Automobilkonzerne zur beabsichtigten Emotionalisierung ihrer Marken). 321 Vgl. Abschnitt 2.1.1.1. 322 Vgl. Petzold (2006), S. 16 ff. Vor allem in Deutschland besitzt das Auto für den Besitzer eine große Bedeutung. Im Entdeckungsland des PKWs gilt das Auto als „des Deutschen liebstes Kind“. 323 Zur Selektion der Marken wird auf eine möglichst große Differenzierung zur Automobilbranche abgezielt. Das FCB-Grid der Werbeforschung liefert hierzu Orientierung. Produktkategorien lassen sich anhand des Grades des Involvements und der Motive hinter der Kaufentscheidung (funktional vs. symbolisch) unterscheiden (vgl. Vaughn (1980); ders. (1986); Ratchford (1987)). Als Gegenpol zu hoch involvierenden Autokäufen mit funktionaler und symbolischer Bedürfnisbefriedigung werden der Versicherungssektor mit vorwiegend funktionalem Nutzen (Allianz) und Marken aus Kategorien mit geringem Involvement (symbolisch: Coca Cola; funktional: Intel) gewählt.
92
4.1.3 Probanden Kontextspezifische Fragen nach dem Einfluss der befragten Person auf die Struktur der Markenpersönlichkeit sind nur zu beantworten, sofern die Heterogenität der Probanden in der Stichprobe abgebildet wird. Forschungsökonomische Gründe verhindern hier eine Abbildung der kulturellen Vielfalt. Der Literaturrückblick des vorangegangenen Kapitels verdeutlichte jedoch bereits, dass kulturelle Wertvorstellungen und Grundüberzeugungen das Wesenszugsverständnis und die zentralen Persönlichkeitsdimensionen beeinflussen. Weiteren Beweis liefert eine Sekundäranalyse auf Basis der Daten eines deutschen Automobilherstellers aus 43 Ländern zur Beschreibung von Marken mit ausgewählten Persönlichkeitsmerkmalen.324 In jedem Land wurden dazu standardisiert die identischen Eigenschaften von einem für den Fahrzeugbesitz repräsentativen Sample für die gleichen Automobilmarken in den Jahren 2004 oder 2005 in schriftlichen (PAPI) oder computergestützten persönlichen Interviews (CAPI) beurteilt. Bei Betrachtung der Zusammenhänge der Eigenschaften (bspw. mit dem Wesenszug „innovativ“) zwischen den Ländern zeigen sich deutliche Unterschiede. Werden die Länder anhand der akzeptierten Machtdistanz (operationalisiert über den Power Distanz Index (PDI)) geordnet,325 so ergibt sich für Länder mit hoher Distanz, wie etwa Russland (PDI=93) und China (PDI=80), eine nicht signifikante Korrelation326 zwischen „innovativ“ und „verantwortungsvoll“. Dagegen zeigt sich in egalitären und sozialen Gesellschaften wie Deutschland bzw. Großbritannien (jeweils PDI=35) ein signifikanter Zusammenhang (ȡDtl=0,44 bzw. ȡGB=0,51), d.h. das Innovationsverständnis ist mit sozialen Aspekten (bspw. Umweltfreundlichkeit) verknüpft.327 Zudem variiert die Zusammenhangsstärke des Begriffes „innovativ“ mit der Eigenschaft „mutig“ in Abhängigkeit der Werteeinstellung zur Unsicherheitsvermeidung in der Gesellschaft (operationalisiert über den Uncertainty Avoidance Index (UAI)).328 Die Korrelation von ȡ=-0,51 sagt aus, dass sich bei Erhöhung des UAI’s der Zusammenhang zwischen „innovativ“ und „mutig“ verringert.
324
325 326 327
328
Die Daten stammen aus unveröffentlichten Studien eines deutschen Automobilherstellers. Es wurden 16 asiatische, 14 europäische, 9 amerikanische, 2 afrikanische Länder sowie Australien und Neuseeland analysiert. Die Stichprobengröße variierte zwischen 400 und 2.400 Befragten pro Land. Vgl. Abschnitt 3.2.2 dieser Arbeit; Hofstede (1980). Die Signifikanzaussagen basieren auf dem 10% Signifikanzniveau. Die Korrelation des PDI eines Landes mit der jeweiligen Zusammenhangsstärke von „innovativ“ und „verantwortungsvoll“ ergab ȡ=-0,42. Vgl. Abschnitt 3.2.2 dieser Arbeit; Hofstede (1980).
93
Aus forschungsökonomischen Gründen beschränkt sich der Untersuchungsraum auf Deutschland. Für zuverlässige Aussagen ist es daher unerlässlich, die Zielgruppe des deutschen Automobilmarktes umfassend abzubilden.329 Zur Sicherung der repräsentativen Abbildung des Fahrzeugmarktes wird ein Quotenplan entwickelt, der die Zusammensetzung der Stichprobe detailliert definiert.330 Um eine ausgewogene Stichprobe hinsichtlich des Fahrzeugbesitzes zu gewährleisten und nicht nur zahlenmäßig vorherrschende Kleinwagen zu berücksichtigen, erfolgt zunächst eine Einteilung der Fahrzeugmodelle in vier Größenklassen.331 Der Stichprobenanteil der volumenstarken kleinsten Klasse wird daraufhin auf ein Sechstel der Stichprobe beschränkt. Im Gegensatz dazu wird für die volumenschwache Oberklasse gefordert, dass diese mindestens fünf Prozent der Stichprobe (d.h. 50 Interviews) ausmacht, um auch für diese Fahrer gesicherte Aussagen zu erhalten. Die weiteren Klassen werden entsprechend ihres Marktanteiles in den letzten fünf Jahren quotiert. Innerhalb der Größenklassen erfolgt ebenfalls eine repräsentative Abbildung des Marktes anhand der Zulassungen der letzten fünf Jahre, wobei Modelle mit über drei Prozent Marktanteil in der jeweiligen Größenklasse separat zu quotieren sind. Abweichungen von dieser Einteilung werden mittels nachträglicher Gewichtung angepasst. Für Alter, Geschlecht und Herkunft (Bundesland) der Probanden wird eine Marktabweichung von +/-10% innerhalb einer Größenklasse akzeptiert. Insgesamt wurden 1.158 Konsumenten befragt. Die Probanden füllten während der Befragung zusätzlich den SIGMA Milieuindikator aus.332 Dies ermöglicht eine Klassifikation der Probanden anhand ihrer Lebenswelten. Aus Gründen zu geringer Fallzahlen werden das liberal-intellektuelle Milieu, das moderne Arbeitnehmermilieu sowie das postmoderne Milieu aufgrund ähnlicher moderner Lebenseinstellungen in einem modernen Segment zusammengefasst.333
329
330 331
332 333
94
Die Arbeit fokussiert auf den Neuwagenmarkt als Kerngeschäftsfeld der Automobilhersteller. Somit gehen lediglich Konsumenten in die Analyse ein, die in den letzten fünf Jahren einen Neuwagen gekauft haben. Zudem dürften die Probanden nicht in den Bereichen Marktforschung, Werbung oder der Automobilindustrie beschäftigt sein, um Verzerrungen aufgrund der Vorprägung zu vermeiden. Vgl. Anhang 4. Dabei wurde sich an den Segmenten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Klassifikation von Mietwagen orientiert: Kompaktklasse (bspw. BMW 1er Reihe), Mittelklasse (bspw. BMW 3er Reihe), Obere Mittelklasse (bspw. BMW 5er Reihe) und Oberklasse (bspw. BMW 7er Reihe). Vgl. Abschnitt 3.2.2. Diese Klassifikation erfolgt nach Rücksprache mit SIGMA.
4.1.4 Datenerhebung Im September und Oktober 2006 erfolgte die Hauptuntersuchung, bei der eine für den deutschen Automobilmarkt repräsentative Konsumentengruppe (vgl. Abschnitt 4.1.3) ausgewählte Marken (vgl. Abschnitt 4.1.2) anhand einer Merkmalsliste von Wesenszügen (vgl. Abschnitt 4.1.1) beurteilte. Als Befragungsform diente das computergestützte, standardisierte mündliche Interview (CAPI).334 Nach einer freien Rekrutierung der Probanden anhand der definierten Quote wurden Termine zur Befragung (meist in den Wohnungen der Konsumenten) vereinbart. Die Befragung erfolgte durch einen Interviewer, der durch den standardisierten Fragebogen führte. Die direkte computergestützte Erfassung verhindert dabei eine fehlerhafte manuelle Dateneingabe und ermöglicht eine automatische Realisierung von Verzweigungen und Rotationen. Die Face-to-Face-Befragung erlaubt zudem bei Verständnisproblemen Erklärungen des Interviewers und die Sicherung der Ergebnisqualität. Einen Nachteil dieser Art der Befragung stellen jedoch Verzerrungen durch soziale Interaktionen zwischen Interviewer und Befragtem dar (Interviewer Bias). Um die Beeinflussung der Probanden zu minimieren und qualitativ hochwertige Aussagen zu generieren, erfolgte die Feldarbeit durch die GfK AG als renommiertes Marktforschungsinstitut unter Einhaltung internationaler Qualitätsstandards. Es kamen geschulte und erfahrene Interviewer zum Einsatz,335 die dem Anspruch der teilweise elitären Kunden (von Premium-Automobilmarken) gerecht wurden. Nach einem ausführlichen Briefing führte jeder Interviewer lediglich eine begrenzte Zahl von Interviews durch (max. 15), damit die Effekte des Interviewers weiter minimiert werden konnten. Bei der Gestaltung des Fragebogens (vgl. Anhang 5) sollte mit gezielten Maßnahmen der Merkmals- und Markenpräsentation die mentale Belastung des Konsumenten minimiert werden, um die Validität der Ergebnisse zu sichern. Zur Vorbeugung von Ermüdungserscheinungen wurden die 120 Merkmale zufällig in drei Blöcke eingeteilt und nach der Befragung eines jeden Blockes erfolgte eine auflockernde, offene Frage nach
334
335
Ein forschungsökonomischer Ansatz mit Konzentration auf Studentenstichproben oder weniger angebrachte Erhebungsmethoden (Online Befragung) kann die Repräsentativität nicht sichern und beeinflusst die Qualität der Untersuchung. Ein Abgleich mit der schwarzen Liste der Arbeitsgemeinschaft deutscher Marktforscher sichert zudem den Ausschluss auffälliger Interviewer.
95
spontanen Assoziationen zu ausgewählten Merkmalen („sportlich“, „innovativ“ und „exklusiv“). Die Items innerhalb der Blöcke und auch die Reihenfolge der Blöcke an sich wurden rotiert, um systematische Verzerrungen der Fragenreihenfolge zu vermeiden.336 Alle Merkmale sollten anhand einer fünfstufigen Likert-Skala entsprechend dem Schulnotenprinzip (von 1 = „trifft voll und ganz zu“ bis 5 = „trifft überhaupt nicht zu“) den einzelnen Marken zugeschrieben werden. Um die Belastung des Befragten weiter zu verringern, beantwortete jeder Proband Fragen zu jeweils nur vier der dreizehn Marken. Als Auswahlbedingung einer Marke empfiehlt es sich, eine hinreichende Bekanntheit zu fordern, um ein ausreichendes Markenwissen des Probanden zu gewährleisten.337 Es ist Ziel, für jede Marke ähnlich viele Antworten zu bekommen. Zur Sicherung der Gleichverteilung wurde auf Basis von Sekundärdaten zur Bekanntheit der Marken die Wahrscheinlichkeit für die Aufnahme einer Marke in die jeweilige Befragung bestimmt und während der Feldphase rollierend angepasst.338 Die für ein Interview gewählten Marken wurden in zufällig definierter Abfragereihenfolge präsentiert. Zudem wurde die Marke BMW, im Gegensatz zu den anderen Marken, in alle Befragungen aufgenommen, um die Vergleichbarkeit der Markenbewertung in unterschiedlichen Gruppierungen zu prüfen.339 Anschließende Testinterviews halfen das Studiendesign zu optimieren und damit Logik, eindeutige Filterführung, Vollständigkeit und Korrektheit des Fragebogens, Eindeutigkeit der Skalierungen, Verständlichkeit der Abfrage für Zielperson wie auch Interviewer sowie eine zumutbare Länge des Interviews sicher zu stellen. Dabei konnte die Interviewlänge von 35 Minuten bei einer Face-to-Face-Befragung als noch handhabbar eingestuft werden.
336 337
338
339
96
Vgl. Bickart (1993). Die Frage „Wie gut kennen Sie die folgende PKW-Marke?“ musste auf einer fünfstufigen Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (nie von der Marke gehört) mindestens mit 3 (ein bisschen) beantwortet werden (vgl. Frage 1a im Anhang 5). Demnach erhielten Marken mit geringerer Bekanntheit (bspw. MINI oder Saab) eine höhere Auswahlwahrscheinlichkeit. Es konnten bei der Beurteilung der Marke BMW keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit des Befragungsdesigns festgestellt werden.
Nach der Erhebung der Daten erfolgte eine ex post Qualitätssicherung der Ergebnisse – einerseits durch Standardkontrollen des Feldinstituts, andererseits durch Plausibilitätskontrollen des Antwortverhaltens. Die Standardkontrollen zur korrekten Interviewdurchführung fanden über eine stichprobenhafte telefonische Kontaktkontrolle bei etwa 10% der Befragten, einen Doppelbefragungsabgleich anhand der Adressen der Probanden sowie einer Sichtung der Interviewlänge und der Pausen zwischen den Interviews statt.340 Mittels Plausibilitätskontrollen des Antwortverhaltens konnten weitere auffällige Interviews markiert und die zugehörigen Interviewer identifiziert werden.341 Daraufhin wurden für die auffälligen Interviewer die Daten manuell nachkontrolliert. Schlussendlich mussten 19 Interviews von 2 Interviewern ausgeschlossen werden. Die finale Stichprobengröße beträgt damit 1.139 Konsumenten, die insgesamt 4.482 Markenbewertungen generierten. Tabelle 13 zeigt die soziodemografische Struktur sowie die Milieuverteilung (im Vergleich zum deutschen Neuwagenmarkt des Jahres 2006) für die Gesamtstichprobe und getrennt nach den untersuchten Marken.
340
341
Die Auswertungen werden mit dem Modul Capi Quality (Version 1.3) der Capi Software SPSS-MR Quancept for Windows CAPI Suite (Version 2.1.7) durchgeführt. Die Analysen wurden durch das Softwarepaket GfK Interview Quality (Version 1.2) unterstützt. Dabei erfolgte einerseits ein allgemeiner Konsistenztest, indem Interviews identifiziert wurden, bei denen das Antwortverhalten signifikant vom „normalen“ Antwortverhalten der Gesamtstichprobe abweicht (Ȥ²-Unabhängigkeitstest bestimmt signifikante Zusammenhänge in den Daten und markiert Interviews mit gegenläufigen Einträgen). Andererseits erfolgte ein interner Konsistenztest, wobei für jede Statementbatterie innerhalb eines Interviews auffällig hohe und niedrige Standardabweichungen sowie häufige Missings markiert wurden. Pro Interviewer erfolgte weiterhin ein Check auf doppelte Interviews anhand der Gleichheit bzw. Ähnlichkeit (Summe der quadrierten euklidischen Distanz der 100 Variablen mit der größten Streuung).
97
Tabelle 13:
342
98
gesamt
Alfa Romeo
Audi
BMW
Mercedes-Benz
MINI
Porsche
Saab
Toyota
VW
Volvo
Allianz
Coca Cola
Intel
Neuwagenmarkt342
Stichprobe Geschlecht weiblich männlich Alter Ø (Jahre) < 30 Jahre 30-39 Jahr 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60 Jahre Bildung Hauptschule Mittlere Reife Abitur Studium Milieu ETB TRB AUF MBL INT MAR HED POM
1.139
287
394
876
394
305
224
302
294
286
284
262
302
272
------
31% 69%
25% 75%
32% 68%
29% 71%
32% 68%
32% 68%
28% 72%
18% 82%
30% 70%
37% 63%
32% 68%
37% 63%
37% 63%
31% 69%
29% 71%
45 10% 27% 29% 21% 13%
43 8% 35% 30% 18% 9%
45 11% 25% 30% 21% 13%
45 10% 26% 29% 21% 14%
45 11% 25% 30% 21% 13%
42 11% 36% 27% 16% 9%
46 11% 24% 24% 24% 17%
44 7% 31% 34% 18% 10%
45 9% 26% 29% 22% 13%
47 12% 18% 27% 23% 19%
45 8% 32% 28% 19% 13%
48 8% 21% 25% 24% 22%
45 12% 21% 28% 23% 15%
42 14% 30% 30% 18% 7%
50 9% 17% 25% 21% 29%
19% 40% 22% 19%
16% 38% 27% 19%
18% 38% 25% 20%
20% 41% 20% 19%
18% 38% 25% 20%
15% 36% 26% 22%
20% 37% 17% 26%
16% 36% 28% 20%
24% 44% 15% 16%
21% 47% 15% 17%
15% 36% 29% 20%
23% 43% 14% 20%
20% 46% 18% 16%
16% 42% 24% 18%
25% 37% 11% 27%
13% 13% 27% 14% 10% 9% 5% 9%
10% 11% 32% 10% 10% 13% 3% 10%
14% 13% 28% 15% 9% 9% 4% 9%
14% 13% 27% 14% 10% 9% 5% 8%
14% 13% 28% 15% 9% 9% 4% 9%
10% 9% 29% 11% 14% 11% 3% 12%
16% 12% 32% 11% 8% 9% 5% 7%
12% 10% 32% 14% 11% 10% 2% 8%
10% 16% 23% 18% 12% 8% 5% 8%
14% 20% 19% 15% 11% 8% 5% 8%
16% 10% 27% 15% 8% 12% 4% 9%
18% 19% 19% 15% 10% 6% 5% 6%
12% 20% 21% 12% 13% 7% 7% 7%
12% 8% 29% 13% 10% 10% 7% 10%
15% 10% 19% 11% 10% 12% 6% 7%
Soziodemografika und Milieuverteilung der Stichprobe.
Die Daten stammen aus einer unveröffentlichten Studie eines deutschen Automobilherstellers.
4.2
Test der Hypothese 1: Kontextabhängigkeit der Wesenszüge
Das Ziel dieses Kapitels ist es, die Hypothese 1 zur kontextabhängigen Semantik der Wesenszüge zu prüfen. Einerseits gilt es zu klären, ob die Interpretation der Wesenzüge von der betrachteten Marke bzw. Branche abhängt (Hypothese 1a). Andererseits ist der Einfluss der urteilenden Konsumenten (strukturiert anhand der sozialen Milieus) zu betrachten (Hypothese 1b). Hierzu werden die semantischen Abweichungen in den unterschiedlichen Kontexten quantifiziert und mit Beispielen untermauert. In Abschnitt 4.2.1 wird die Generalizability Theory angeführt, welche mittels Varianzzerlegung den Einfluss der Kontextfaktoren (d.h. der betrachteten Marken und der urteilenden sozialen Milieus) und damit die Einschränkung der Generalisierbarkeit der Ergebnisse angibt. Daraufhin wird in Abschnitt 4.2.2 nach Marken- bzw. Milieuclustern gesucht, die ein in sich homogenes Verständnis von Wesenszügen besitzen. Es gilt die semantische Nähe zwischen den Marken und den sozialen Milieus aufzudecken. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entwickelte sich in Kooperation mit einem Premium-Automobilhersteller eine Untersuchung zu den Bedeutungsräumen ausgewählter Wesenszüge. In Abschnitt 4.2.3 wird dieses Projekt vorgestellt und die Ergebnisse werden beispielhaft verdeutlicht. Abschließend sind in Abschnitt 4.2.4 die Ergebnisse zusammenzufassen und die Hypothesen zur Kontextabhängigkeit der Wesenszüge zu prüfen.
99
4.2.1 Generalisierbarkeit der Wesenszüge Die Analysen dieses Abschnittes zielen darauf ab, den Einfluss der Kontextfaktoren Marke und Konsument auf die Bedeutung von Wesenszügen zu quantifizieren. Um den Inhalt eines Wesenszuges zu verstehen, bietet es sich an, die Beziehungen eines Wesenszuges mit weiteren Wesenszügen aufzudecken. Auf diese Weise ist es effizient möglich, für eine Vielzahl von Wesenszügen die jeweiligen Bedeutungen bei unterschiedlichen Marken und Konsumenten zu identifizieren. Wird bspw. der Wesenszug „innovativ“ mit den Eigenschaften „leistungsfähig“, „praktisch“, „vernünftig“, „zielbewusst“ oder „beständig“ verbunden, zeigt dies eine Begriffsinterpretation, welche das stetige Weiterentwickeln und schlussendlich den funktionalen Konsumentennutzen hervorhebt. Demgegenüber betonen Assoziationen mit „radikal“, „visionär“, „einfallsreich“, „unkonventionell“, „leidenschaftlich“ und „kreativ“ den Drang und die Lust als Pionier an etwas Bahnbrechendem zu arbeiten.343 Als Maß der Zusammenhänge zwischen Wesenszügen bietet sich die jeweilige Korrelation an. Als lineares Abhängigkeitsmaß zeigt sie an, inwiefern zwei Wesenszüge positiv oder negativ zusammenhängen und sich gemeinsame Varianz teilen.344 Um die inhaltlichen Gemeinsamkeiten aufzudecken und nicht den Antwortverschiebungen aufgrund von Halo-Effekten zu unterliegen,345 wird der gängigen Praxis der Persönlichkeitspsychologie gefolgt und die Antworten eines jeden Befragten werden vor der Korrelationsanalyse standardisiert (ipsatization). Dadurch werden die Mittelwert- und Varianzdifferenzen und somit die Verschiebungen zwischen den Befragten reduziert.346 Dies führt zu geringeren Korrelationsniveaus zwischen den Wesenszügen, da systematische Verzerrungen nicht das absolute Niveau beeinflussen. Ohne diese Prozedur sind die Überschneidungen möglichst unabhängig ausgewählter Wesenszüge überschätzt.
343
344
345 346
Eine Re-Analyse der Daten von Mäder (2005) zeigte zum Beispiel, dass der Zusammenhang von „innovativ“ mit „kreativ“ und „pfiffig“ mit steigendem funktionalen Nutzen der Marken abnahm, wogegen die Korrelation zu „technisch“ anstieg. Die Korrelationen sind Ausgangspunkt der faktorenanalytischen Persönlichkeitsforschung, welche Wesenszüge anhand deren Gemeinsamkeiten zu Dimensionen zusammenfasst (vgl. Abschnitt 2.1.2.1). Vgl. Abschnitt 2.1.2.4. Dabei werden die Angaben eines jeden Probanden zu einer Marke neu verteilt, so dass sie einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von 1 besitzen (vgl. Abschnitt 2.1.2.4).
100
Bei der Suche nach dem Einfluss der Kontextfaktoren Marke und Konsument auf das Verständnis von Wesenszügen kann auf die Messtheorie mit dem Konzept der Reliabilität zurückgegriffen werden. Die klassische Messtheorie bezeichnet eine Messung als reliabel, sofern die Zufallsstreuung (der Fehlerterm) um den wahren Wert eliminiert ist. Angewandt auf die vorliegende Forschungsfrage wird nach dem wahren Verständnis der Wesenszüge gesucht, welches sich aus den Korrelationen des Wesenszuges mit weiteren Merkmalen entwickelt. So ist bspw. das Begriffsverständnis des Merkmals „sportlich“ von Interesse. Die Korrelation von „sportlich“ und „aggressiv“ gibt dazu einen ersten Hinweis. Ob eine Analyse den wahren Wert der Korrelation zwischen „sportlich“ und „aggressiv“ aufdeckt oder fehlerbehaftet ist, kann mittels Reliabilitätsmaßen beurteilt werden.347 Problematisch erscheinen dabei systematische Schwankungen, die von der Marke oder dem Konsumenten abhängen. Im oben genannten Beispiel ergibt sich möglicherweise für einige Marken und Konsumenten eine positive und für andere wiederum eine negative Korrelation von „sportlich“ und „aggressiv“. Diese Abweichung vom wahren Mittelwert kann keinen Fehlerterm darstellen.348 Die Generalizability Theory von Cronbach et al. (1972) stellt hierzu einen Strukturierungsrahmen zur Verfügung, der von Peter (1979) im Marketing vorgestellt wurde, seither aber wenig Beachtung fand.349 Dabei ist es Ziel, den Fehlerterm, d.h. die Varianz um den wahren Wert, auf einzelne Ursachen zurückzuführen (facets of generalization). Facets of generalization bilden somit Kontextfaktoren der Ergebnisse ab. Für das oben genannte Beispiel interessiert der wahre Wert der Korrelation zwischen „sportlich“ und aggressiv“ für den Automobilmarkt. Daher wird über Marken (bilden den Automobilmarkt) und Konsumenten (beurteilen die Marken) als facets of generalization verallgemeinert.350 Die Generalizability Theory quantifiziert die (Fehler-) Varianz, die bei einer solchen Verallgemeinerung auf die unterschiedlichen Kontexte (Marke und Konsument) entfällt, und verdeutlicht damit den Einfluss auf die Generalisierung.
347 348
349
350
Vgl. Hogan/Benjamin/Brezinski (2000). Das Eliminieren der systematischen Abweichung vom „wahren“ Wert steht neben der Reduktion von Zufallsfehlern (d.h. der Reliabilität) im Rahmen der Sicherung der Validität einer Messung im Vordergrund (vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6 ff.). Vgl. Rentz (1987); ders. (1988); Finn/Kayande (1997); Brennan (2000); Marcoulides (2000); Finn/Kayande (2005). Es sind weitere (operative) Varianzquellen, wie der Zeitpunkt oder der Ort der Befragung, denkbar.
101
Tabelle 14 gibt die Zerlegung der Totalen Varianz wieder, welche in den 7.140 Korrelationen von Wesenszugspaaren x 10 Automobilmarken x 5 Milieus enthalten ist. Dabei ist der Großteil der Varianz (23%) auf die unterschiedlichen Wesenszugspaare zurückzuführen und keine Varianz wird durch die Marken und Milieus direkt induziert. Diese Varianzen sind am Beispiel der Marken wie folgt zu interpretieren: Wenn für jede der zehn Marken über alle Milieus und alle Wesenszugspaare das Mittel der Korrelationen bestimmt wird, ergeben sich ähnliche Durchschnittskorrelationen für jede Marke und somit resultiert kaum Varianz zwischen den Marken. Die hohe Varianz der Wesenszugspaare ist nicht als Fehlervarianz zu interpretieren. Sie zeigt an, dass sich die Korrelationen der Wesenszugspaare unterscheiden, wenn über Marken und Milieus gemittelt wird. So sind bspw. unterschiedliche Korrelationen zwischen „sportlichaggressiv“ und „sportlich-aufrichtig“ zu erwarten. Diese Varianz in den Korrelationen ist jedoch erwünscht, da sie die unterschiedlichen Zusammenhänge zwischen den Wesenszügen und damit die Bedeutung der Begriffe abbildet.351 Zudem ergibt sich Varianz in den Interaktionstermen. Hierbei ist die Interpretation schwieriger: So zeigt die Varianz des Interaktionsterms Wesenszugspaar x Marke an, dass die Korrelationen der Wesenszugspaare sich von Marke zu Marke unterscheiden und damit 7% der Gesamtvarianz verursacht werden. Unterschiedliche Korrelationen zwischen Wesenzügen ergeben sich auch in Abhängigkeit der sozialen Milieus (5% der Gesamtvarianz). Damit ist ein Einfluss der Marke und der Konsumenten auf das Verständnis der Wesenszüge belegt. Der größte Teil der Varianz geht auf den Drei-Wege-Interaktionseffekt zurück, wobei darin auch alle weiteren, nicht berücksichtigten Varianzquellen vereint sind. Varianzquelle Wesenszugspaar Marke Milieu Wesenszugspaar x Marke Wesenszugspaar x Milieu Marke x Milieu Wesenszugspaar x Marke x Milieu Totale Varianz
Tabelle 14:
351
Mittel der Quadrate zwischen Gruppen 0,424 0,014 0,031 0,032 0,037 0,003 0,021
Varianz absolut
prozentual
0,008 0,000 0,000 0,002 0,002 0,000 0,021 0,032
23% 0% 0% 7% 5% 0% 65% 100%
Die Varianzzerlegung der Wesenszugskorrelationen.
Die Varianz zwischen den interessierenden Wesenszügen zählt damit nicht zu den facets of generalization, welche den Fehlerterm konkretisieren, sondern wird als facets of differentiation bezeichnet (vgl. Brennan (2001)).
102
4.2.2 Marke-Milieu-Cluster Die in Abschnitt 4.2.1 dargestellten Ergebnisse untermauern die Abhängigkeit der Korrelation zwischen Wesenszügen von der Marke. Durch den Vergleich der Korrelationen der 120 Wesenszüge zwischen den Marken lassen sich nun Rückschlüsse über die Nähe der Marken bezüglich der Wesenszugsbedeutung ableiten. Dazu wird die Korrelation der Marken über die Zusammenhänge aller Wesenszüge (7.140 Korrelationen) berechnet und in einer von 0 (unähnlichste Marken) bis 1 (ähnlichste Marken) skalierten Ähnlichkeitsmatrix zusammengetragen (vgl. Tabelle 15). Um eine branchenübergrei-
Tabelle 15:
,60 ,76 ,26 ,95 ,41 ,77 ,67 ,45 ,53 ,28 ,25 ,51 ,60 ,35
1 ,87 ,67 ,33 ,62 ,67 ,61 ,59 ,28 ,26 ,47 ,66 ,34
,97 ,69 ,82 ,60 ,74 ,73 ,56 ,41 ,44 ,54 ,76 ,46
,26 ,87 ,97 ,31 ,24 ,39 ,38 ,49 ,45 ,28 ,20 ,23 ,48 ,24
,95 ,67 ,69 ,31 ,33 ,85 ,60 ,39 ,54 ,29 ,27 ,48 ,59 ,34
,41 ,33 ,82 ,24 ,33 ,14 ,24 ,17 ,12 0 ,04 ,12 ,31 ,05
,77 ,62 ,60 ,39 ,85 ,14 ,57 ,46 ,83 ,34 ,20 ,38 ,58 0,3
,67 ,67 ,74 ,38 ,60 ,24 ,57 ,67 ,62 ,38 ,37 ,58 ,57 ,44
,45 ,61 ,73 ,49 ,39 ,17 ,46 ,67 ,59 ,48 ,48 ,42 ,51 ,46
,53 ,59 ,56 ,45 ,54 ,12 ,83 ,62 ,59 ,28 ,15 ,38 ,54 ,27
,28 ,28 ,41 ,28 ,29 0 ,34 ,38 ,48 ,28 ,59 ,43
,25 ,26 ,44 ,20 ,27 ,04 ,20 ,37 ,48 ,15 ,59
Intel
Coca Cola
Allianz
Volvo
VW
Toyota
Saab
Porsche
,76 1
MINI
,60
MercedesBenz
BMW
Alfa Romeo Audi BMW Mercedes-Benz MINI Porsche Saab Toyota VW Volvo Allianz Coca Cola Intel Ø Automobilmarken Ø Nicht-Automobilmarken
Audi
Alfa Romeo
fende Einordnung zu erreichen, umfasst die Analyse auch nicht-automobile Marken.
,51 ,47 ,54 ,23 ,48 ,12 ,38 ,58 ,42 ,38 ,43 ,41
,41
Die Ähnlichkeit der Marken anhand ihrer Wesenszugsinterpretation.
Es zeigt sich, dass sich die Marken BMW und Audi am ähnlichsten bezüglich der semantischen Interpretation der Wesenszüge sind und auch im Kontext der Marke Mercedes Benz ein ähnliches Verständnis der Wesenszüge herrscht. Damit scheinen die drei großen deutschen Premiumanbieter verwandte Bedeutungen bei den Wesenszügen zu unterstützen. Ähnliche Bedeutungen werden zudem den Wesenszügen im Kontext der Marken Alfa Romeo und MINI zugeschrieben – zwei Marken, die sich in ihrem Fahrzeugangebot in kleineren Segmenten mit modernen Formen und ihrer sehr emotionalen Kundenansprache von den weiteren Automobilmarken abheben. Darüber hinaus zeigen sich hohe Korrelationen bei den Marken BMW und Porsche, wohingegen die Wesenszüge bei Porsche im Vergleich zu den weiteren Marken tendenziell andersartig interpretiert werden. 103
Die geringste Ähnlichkeit in der Bedeutung der Wesenszüge offenbart sich zwischen Automobilmarken und nicht automobilen Marken (bspw. Porsche und Allianz). Beleg dafür ist die doppelt so hohe Korrelation einer Automobilmarke zu weiteren Automobilmarken im Vergleich zu den nicht automobilen Marken.352 Diese lässt sich auf Unterschiede in der Wesenszugsinterpretation zurückführen, welche in den funktionalen Aufgaben der Produktbereiche begründet liegen. Im automobilen Kontext wird die Eigenschaft „sportlich“ bspw. mit „kraftvoll“ verbunden, wohingegen diese Eigenschaft im Kontext von Erfrischungsgetränken (am Beispiel Coca Cola) mit den Begriffen „gesund“ und „erfrischend“ korreliert. Die branchenübergreifend unterschiedliche Interpretation des Wesenszuges unterstreicht das Ergebnis einer offenen Frage, was die Probanden spontan mit „sportlich“ und der Marke verbinden (Tabelle 16 zeigt Assoziationen, die mindestens 5% der Befragten nannten).353 Automobilmarken 1 2 3 4
Intel
24% Sponsoring
25%
Kraft / Leistungsstärke Schnelligkeit / Beschleunigung
Marke ist nicht 10% sportlich Begriff passt 8% nicht
Erfrischung / 13% Energie
16%
12% Werbung
15%
6% Werbung
Art des Fahrzeugs Fahrweise / Fahreigenschaft
6
Coca Cola
12% Sponsoring
Autorennen
5
Allianz
Ästhetik / Design
7
Tabelle 16:
5% 5%
Nutzung 9% durch Sportler Temperament / Jugendlichkeit
8%
Marke ist nicht sportlich Schnelligkeit / Beschleunigung Kraft / Leistungsstärke Begriff passt nicht
18% 12% 9% 9%
7%
Ungesund
7%
Fokus / Verzicht
5%
Assoziationen mit dem Begriff „sportlich“.
Die Resultate legen zudem dar, dass sich der Begriff „sportlich“ nicht eignet, die Marken Allianz und Intel zu beschreiben. Die Begriffsassoziationen enthalten kaum inhaltliche Aussagen und es wird explizit geäußert, dass der Begriff nicht zur Beschreibung der Marke passt. Übertragen auf den Automobilmarkt, stellt sich auch hier die Frage, ob wirklich alle Wesenszüge zur Beschreibung von Automobilmarken anwendbar sind.
352
353
Mercedes-Benz ist bspw. den betrachteten Automobilmarken mit einer durchschnittlichen Korrelation von 0,48 näher als den drei nicht automobilen Marken mit einem durchschnittlichen Wert von 0,24. Diese Abfrage (vgl. Frage 5 im Anhang 5) wurde zur Auflockerung zwischen den Itembatterien der Wesenszüge im Fragebogen der Hauptuntersuchung integriert. Der Codeplan der offenen Fragen ist im Anhang 6 abgebildet.
104
Somit gilt es zu klären, ob alle der generisch erarbeiteten Wesenszüge (vgl. Abschnitt 4.1.1) zur Beschreibung von Automobilen geeignet sind. Dazu beurteilten 29 Probanden (Durchschnittsalter 29 Jahre, 26% weiblich) die Eignung der 120 Wesenszüge zur Beschreibung von Automobilmarken anhand einer siebenstufigen Likert-Skala (1: überhaupt nicht geeignet; 7: hervorragend geeignet).354 Tabelle 17 verdeutlicht die Mittelwerte im Vergleich zur Eignung der Beschreibung von Marken im Allgemeinen.355 Es zeigt sich, dass 42 Begriffe durch die Eingrenzung auf den automobilen Kontext signifikant356 an Eignung zur Markenbeschreibung verlieren und lediglich fünf Begriffe besser zur Beschreibung geeignet sind.357 Insgesamt sind 26 Begriffe der generischen Eigenschaftenliste im automobilen Kontext lediglich mäßig geeignet (Schwellwert unter 4), um Automobilmarken zu beschreiben. In der Konsumentenbeurteilung dieser Merkmale führt dies zu einer Tendenz, im Durchschnitt die Marke nahe dem Skalenmittelpunkt zu beantworten, da die Probanden keine systematischen Aussagen treffen können. Zudem zeigt sich bei diesen Merkmalen eine hohe Zufallsstreuung der Antworten entlang der Skala (hohe Varianz bei geringen systematischen Zusammenhängen zu anderen Wesenszügen und Items der globalen Markeneinstellung (Markensympathie, Weiterempfehlungsbereitschaft usw.)).358 Den Begriffen wird im Kontext Automobil somit keine Bedeutung zugeschrieben, womit eine sinnvolle Bewertung schwierig ist.359
354 355 356
357
358 359
Ein Auszug des Fragebogens ist in Anhang 7 abgebildet. Die Inter-Rater-Reliabilität beträgt α=0,88. Vgl. Abschnitt 4.1.1. Die Signifikanzaussagen basieren auf einem t-Test zum Vergleich der jeweiligen Mittelwerte in unabhängigen Stichproben bei einem 5% Signifikanzniveau. Der Mittelwert der Eignung zur Markenbeschreibung über alle 120 Wesenszüge ist im automobilen Kontext mit 4,77 deutlich unter dem Mittelwert von 5,28 im allgemeinen Markenkontext. Vgl. Mann/Phillips/Thompson (1979), S. 214 ff. Neben der Analyse, ob einige Begriffe für eine Beschreibung in der Automobilbranche nicht geeignet sind, könnten neue zusätzliche Wesenszüge im automobilen Kontext relevant werden. Dazu kann der Merkmalspool mit einer automobilspezifischen Zusammenstellung nach Petzold (2006) abgeglichen werden, welche auf der Merkmalsliste von Mäder (2005) aufsetzte und den Filterungsprozess zur Identifikation von Wesenszügen analog anwandte. Es wurde lediglich der Filter der Eignung zur Markenbeschreibung auf den Automobilkontext verschärft und zusätzlich für den Automobilmarkt spezifische Eigenschaften berücksichtigt (vgl. Abschnitt 3.3.1). Bei einem Vergleich der beiden Wesenszugslisten ergeben sich vier Merkmale („freizeitorientiert“, „herausfordernd“, „kultiviert“ und „konsequent“), die zur Beschreibung von Automobilmarken geeignet sind, sich jedoch bei der branchenübergreifenden Erarbeitung von Wesenszügen nicht durchsetzen konnten. Facetten der Begriffe finden sich jedoch in bestehenden Begriffen (bspw. konsequent – zielbewusst; herausfordernd – revolutionär; kultiviert – stilvoll).
105
Merkmal 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60
aggressiv aktiv altbekannt angesehen anspruchsvoll arrogant ästhetisch aufregend aufstrebend ausdrucksstark authentisch bekannt bescheiden beständig bodenständig charismatisch charmant chic dezent dynamisch effizient ehrlich einfach einfallsreich einflussreich einprägsam elegant erfahren erfolgreich erfolgsorientiert erfolgssicher erfrischend erotisch exklusiv exotisch extravagant flexibel fortschrittlich frech freundlich frisch gesund glamourös glaubwürdig hoch qualifiziert innovativ jugendlich kompetent konservativ kraftvoll kreativ kühl langweilig lebendig leidenschaftlich leistungsfähig männlich mobil modebewusst modern
Tabelle 17:
106
EBM Auto 5,16 4,11 4,32 5,58 5,16 4,05 5,79 4,89 4,53 5,00 4,95 5,58 3,63 4,47 4,68 4,63 3,74 5,47 5,32 6,58 5,05 3,63 4,00 4,37 3,68 4,68 6,16 3,74 5,32 5,11 3,84 4,42 3,58 6,47 5,00 5,79 5,05 6,11 4,58 3,68 3,68 2,42 5,11 4,74 3,95 6,63 5,42 4,95 5,79 5,68 5,26 3,47 4,32 4,26 5,00 5,79 5,00 4,26 3,74 5,89
EBM Allg. 5,00 5,08 5,29 5,50 5,63 4,69 5,63 5,04 4,96 5,42 5,58 5,79 3,21 5,38 4,96 4,88 4,92 5,25 5,13 5,96 5,21 4,92 5,13 5,04 4,75 5,04 5,88 5,08 5,83 4,88 4,83 5,46 5,25 5,92 5,54 5,63 5,13 6,17 5,71 4,79 5,13 4,79 4,75 5,46 4,75 6,29 5,83 5,71 5,91 5,08 5,71 4,82 4,87 4,88 4,96 5,50 5,58 4,88 4,88 5,79
Sign. ,66 ,01 ,02 ,82 ,19 ,10 ,60 ,73 ,24 ,26 ,09 ,58 ,28 ,01 ,50 ,52 ,00 ,54 ,59 ,01 ,69 ,00 ,00 ,11 ,01 ,43 ,43 ,00 ,20 ,56 ,02 ,01 ,00 ,02 ,17 ,61 ,83 ,83 ,00 ,01 ,00 ,00 ,41 ,06 ,06 ,15 ,26 ,06 ,71 ,08 ,24 ,00 ,19 ,13 ,93 ,37 ,16 ,14 ,01 ,78
Merkmal 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120
naturnah niveauvoll nüchtern originell pfiffig phantasievoll praktisch präzise professionell qualitätsbewusst radikal raffiniert rassig reizvoll revolutionär robust romantisch schlicht schwungvoll selbstbewusst seriös sexy sicher sicherheitsbewusst sinnlich solide souverän sparsam sportlich spritzig stabil stilvoll technisch temperamentvoll tonangebend traditionell trendy überzeugend umweltfreundlich unkompliziert unkonventionell verantwortungsvoll verführerisch verrückt verspielt vertrauenswürdig vertraut vielseitig vital vorbildlich weiblich weltoffen wertvoll widerstandsfähig wild zeitgemäß zeitlos zielbewusst zukunftsorientiert zuverlässig
EBM Auto 3,42 5,11 3,89 5,68 4,79 4,21 5,47 3,89 5,21 6,05 3,05 4,16 5,22 4,58 4,79 5,21 3,21 5,21 4,05 4,79 6,05 3,95 5,32 5,79 3,79 5,21 4,74 5,47 6,63 5,47 4,32 5,79 5,42 5,11 3,63 5,63 5,32 4,63 5,79 3,84 4,63 4,53 3,68 3,32 3,79 5,05 4,63 4,89 3,47 4,05 4,16 3,37 5,21 4,37 4,21 5,47 5,84 4,00 5,53 6,53
EBM Allg.
Sign.
4,92 5,17 4,75 5,63 5,38 5,17 5,54 4,92 5,67 5,46 5,06 4,88 4,88 5,13 5,71 5,29 4,83 5,53 4,83 5,04 5,88 5,13 5,25 4,92 5,08 5,71 5,54 4,42 5,63 5,58 4,79 5,58 4,92 5,33 4,79 5,67 5,79 5,83 6,04 5,00 5,46 4,67 5,63 4,83 5,25 5,71 5,42 5,50 5,17 5,17 5,46 4,79 5,71 5,00 5,57 5,75 6,04 4,92 5,63 6,38
Die Eignung der Merkmale zur Beschreibung von Marken im automobilen Kontext.
,00 ,87 ,04 ,88 ,15 ,03 ,87 ,01 ,25 ,08 ,00 ,06 ,33 ,15 ,02 ,82 ,00 ,46 ,05 ,56 ,61 ,01 ,86 ,01 ,00 ,16 ,04 ,01 ,00 ,79 ,22 ,48 ,17 ,55 ,01 ,91 ,14 ,00 ,46 ,00 ,03 ,72 ,00 ,00 ,00 ,08 ,05 ,08 ,00 ,01 ,00 ,00 ,20 ,12 ,00 ,44 ,56 ,01 ,77 ,54
Die Varianzzerlegung aus Abschnitt 4.2.1 verdeutlicht neben dem Effekt der Marke auch einen Einfluss der Konsumentengruppe auf die Interpretation von Wesenszügen.360 Dabei werden fünf Prozent der Varianz in den Zusammenhängen der Wesenszüge auf die unterschiedlichen Konsumentengruppen zurückgeführt. Zudem beeinflusst der Interaktionsterm aus Marke und Milieu den Inhalt der Wesenszüge. Daher wird aufbauend auf einer Ähnlichkeitsmatrix aller Marke-Milieu-Kombinationen eine Clusterung vorgenommen. Die Abbildung der Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Marken bzw. Milieus durch Korrelationen empfiehlt die Gruppierung ähnlicher Bedeutungscluster auf Basis der Faktorenanalyse.361 Es zeigen sich sieben Faktoren mit einem Eigenwert größer 1, die zusammen 50,9% der Varianz der Unterschiedlichkeiten in der Bedeutung der Marke-Milieu-Kombinationen erklären. Tabelle 18 legt die Varimax rotierte Ladung der einzelnen Kombinationen auf die sieben Faktoren dar. Es zeigen sich fünf Faktoren, die sich anhand der betrachteten Marken strukturieren lassen und welche die auf Marken beschränkte Analyse (vgl. Tabelle 15) bestätigen. So fasst Faktor 1 die drei großen deutschen Premiummarken (Audi, BMW, Mercedes Benz) zusammen. Faktor 2 schreibt Alfa Romeo und MINI eine einheitliche Bedeutungswelt unabhängig von der urteilenden Konsumentengruppe zu und Faktor 6 verdeutlicht die eigenständige Interpretation der Wesenszüge bei der Marke Porsche. Die großen Volumenhersteller Toyota und VW werden in einem Cluster zusammengefasst (Faktor 3), ebenso wie die schwedischen Marken Saab und Volvo (Faktor 5). Zudem zeigen sich zwei Faktoren, die markenübergreifend einzelne Milieus kombinieren. Einerseits unterstellt Faktor 4 dem modern bürgerlichen Milieu eine eigenständige Interpretation der Wesenszüge. Andererseits fasst der letzte Faktor traditionell bürgerliche Konsumenten zusammen. Die eigenständige Bedeutungswelt der bürgerlichen Milieus lässt sich auf den nicht sehr reflektierten Umgang mit der Markensymbolik zurückführen. Vor allem das traditionell bürgerliche Milieu konzentriert sich eher auf die rationalen Eigenschaften des Produktes. Ähnliches gilt für die modern bürgerlichen Konsumenten, wenn auch in abgeschwächter Form. Die Wesenszüge werden nicht in dem Ausmaß markenspezifisch interpretiert, wie es in den anderen Milieus der Fall ist.362
360 361 362
Anhang 8 zeigt die Ähnlichkeitsmatrix der sozialen Milieus. Vgl. Cattell (1978); Cattell (1988a). Vgl. SIGMA - Gesellschaft für internationale Marktforschung und Beratung mbH (2006).
107
Marke-Milieu
F1
Mercedes-Benz_etabliert Mercedes-Benz_aufstiegsorientiert Mercedes-Benz_modern Audi_etabliert Mercedes-Benz_modern bürgerlich Audi_modern BMW_modern BMW_etabliert BMW_aufstiegsorientiert Audi_aufstiegsorientiert Alfa Romeo_etabliert MINI_etabliert MINI_modern MINI_aufstiegsorientiert Alfa Romeo_traditionell bürgerlich Alfa Romeo_aufstiegsorientiert MINI_traditionell bürgerlich Alfa Romeo_modern Saab_aufstiegsorientiert VW_aufstiegsorientiert VW_etabliert VW_modern Toyota_aufstiegsorientiert Toyota_modern VW_traditionell bürgerlich Toyota_etabliert BMW_modern bürgerlich Saab_modern bürgerlich MINI_modern bürgerlich Toyota_modern bürgerlich Alfa Romeo_modern bürgerlich Volvo_modern bürgerlich Audi_modern bürgerlich VW_modern bürgerlich Porsche_modern bürgerlich Volvo_modern Saab_etabliert Volvo_traditionell bürgerlich Saab_modern Volvo_etabliert Volvo_aufstiegsorientiert Porsche_etabliert Porsche_aufstiegsorientiert Porsche_modern Porsche_traditionell bürgerlich Mercedes-Benz_traditionell bürgerlich Audi_traditionell bürgerlich BMW_traditionell bürgerlich Toyota_traditionell bürgerlich Saab_traditionell bürgerlich
Tabelle 18:
108
,63 ,60 ,59 ,55 ,52 ,50 ,49 ,48 ,45 ,42 ,06 ,15 ,24 ,21 -,01 ,15 ,14 ,16 ,22 ,24 ,19 ,29 ,17 ,22 ,03 ,19 ,32 ,22 ,18 ,00 ,06 ,16 ,36 ,08 ,00 ,20 ,15 ,00 ,17 ,16 ,21 ,22 ,19 ,17 ,04 ,30 ,29 ,20 -,05 ,06
F2 ,20 -,02 ,03 ,19 ,07 ,16 ,14 ,30 ,22 ,27 ,67 ,62 ,52 ,47 ,46 ,46 ,44 ,43 ,42 ,08 ,08 ,06 ,33 ,17 ,03 ,25 ,12 ,24 ,32 ,02 ,27 ,23 ,18 ,09 ,01 ,07 ,37 ,01 ,29 ,08 ,22 ,16 ,17 ,15 ,08 -,03 ,14 ,17 ,28 ,15
F3 ,06 ,24 ,10 ,21 ,17 ,23 ,24 ,24 ,32 ,39 ,04 ,07 ,22 ,28 ,18 ,39 ,18 ,19 ,28 ,62 ,56 ,49 ,47 ,47 ,43 ,38 ,17 ,03 -,02 ,26 -,09 ,18 ,30 ,26 ,03 ,28 ,03 ,09 ,18 ,34 ,37 ,15 ,13 ,02 ,05 ,00 ,15 ,18 ,39 -,07
F4 ,05 ,07 ,21 ,05 ,29 ,25 ,24 ,07 ,23 ,23 ,14 ,04 ,38 ,30 ,20 ,32 ,16 ,30 ,37 ,03 ,09 ,14 ,18 ,14 ,18 ,08 ,56 ,54 ,52 ,50 ,47 ,46 ,43 ,43 ,43 ,13 ,04 ,16 ,19 ,02 ,22 ,01 ,15 ,25 ,00 ,04 ,08 ,18 ,17 ,00
F5 ,05 ,26 ,27 ,08 ,10 ,22 ,23 ,19 ,06 ,05 ,08 ,11 ,14 ,17 ,08 ,20 ,13 ,17 ,39 ,18 ,20 ,36 ,20 ,30 ,15 -,09 ,04 ,31 ,11 ,08 ,16 ,32 ,05 -,01 -,02 ,57 ,52 ,50 ,48 ,48 ,47 ,15 ,00 ,17 ,06 ,19 ,02 ,11 ,03 ,40
F6 ,13 ,11 ,19 ,17 ,05 ,12 ,42 ,37 ,44 ,06 ,17 ,11 ,19 ,12 ,20 ,23 ,03 ,29 ,08 ,06 ,13 ,15 ,13 ,19 ,16 -,04 ,26 -,02 ,01 ,12 ,11 -,01 ,02 ,17 ,41 ,09 ,00 ,10 ,10 ,15 ,10 ,61 ,56 ,55 ,52 ,03 ,07 ,32 ,15 ,01
F7 ,07 ,22 ,18 ,02 ,19 ,17 ,22 ,08 ,19 ,15 ,06 ,01 ,09 -,04 ,25 ,06 ,16 ,17 ,03 ,03 ,01 ,10 ,09 ,13 ,38 ,11 ,14 ,00 ,04 ,14 ,04 ,01 ,09 ,10 ,04 ,08 ,06 ,24 ,08 ,00 ,07 -,08 ,08 ,06 ,27 ,66 ,63 ,63 ,42 ,41
Die Clusterung von Marke-Milieu-Kombinationen anhand der Wesenszugsinterpretation.
4.2.3 Bedeutungsräume der Wesenszüge Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Bedeutungen eines Wesenszuges in Abhängigkeit der betrachteten Marke und der urteilenden Konsumenten variieren können, wächst das Interesse an den unterschiedlichen Facetten eines Wesenszuges. In Zusammenarbeit mit einem deutschen Premium-Automobilhersteller wurde hierzu eine semantische Analyse von Wesenszügen entwickelt, deren Vorgehensweise am Beispiel des Wesenszuges „sportlich“ verdeutlicht wird.363 Die Analyse beruht auf einem dreistufigen Studiendesign, welches die Icon Added Value GmbH als Feldinstitut in Deutschland koordinierte. Tabelle 19 zeigt eine Übersicht der aufeinander aufbauenden Studienschritte, die nachfolgend näher beleuchtet werden. Schritt 1
2
3
Ziel
Methode
Analyse der Wesenszüge auf Basis der Manifestationen in der Gesellschaft Aufdecken der Wesenszüge aus Kundensicht
Desk Research/ Expertenworkshop qualitativ: Tiefeninterviews
Validierung und Faktorisierung der Bedeutungsfacetten der Wesenszüge
quantitativ: PAPI
Tabelle 19:
Stichprobe
Zeitraum
Kulturwissenschaftler, Sprachwissenschaftler, Semiotiker
Nov. – Dez. 2004
50 Käufer eines Neuwagens (Anschaffung vor höchstens 5 Jahren); Kauferwäger der Marken Audi, BMW, Mercedes Benz (repräsentativ verteilt) 400 Käufer eines Neuwagens (Anschaffung vor höchstens 5 Jahren); Kauferwäger der Marken Audi, BMW, Mercedes Benz (repräsentativ verteilt)
Apr. – Mai 2005
Sep. – Okt. 2005
Das Untersuchungsdesign der semantischen Analyse von Wesenszügen.
In einem ersten Schritt erfolgte eine umfassende Kulturanalyse. Ausgehend von der lexikalischen Bedeutung der Wesenszüge wurden unterschiedliche Bedeutungsfacetten der Wesenszüge in Workshops mit Semiotikern, Kultur- und Sprachwissenschaftlern erhoben364 und Manifestationen aus allen Bereichen des Lebens (Bücher, Zeitungen, TV Shows, Einzelhandel, kulturelle Phänomene, Marken, Werbung, Events, Musik, Websites usw.) dekodiert. Im Vordergrund einer holistischen Identifikation von Bedeutungsmustern standen bildliche Eindrücke (Muster, Farben, Stil, Inhalt, Layout, Bearbeitung, Mode), Sprache/Wörter (Inhalt, Sprachrhythmus, Stimmfall, Stil, Schriftbild, Akzente), auditive Muster (Musik, Geräusche, Lärm), Textur/Haptik/Geruch (multisensorische Eindrücke), Design (Struktur, Material, Ergonomie) und Bedeutungen (Symbolismus, Gegensätze, Humor, Konnotationen). Die Suche nach Beispielen, wie sich die zu be-
363 364
Insgesamt wurden zehn Wesenszüge getestet. Die Workshops fanden unter der Leitung des Sozialwissenschaftlers Dr. Harald Berens der Icon Added Value GmbH statt.
109
trachtenden Begriffe innerhalb der Kultur entfalten, wurde im Allgemeinen sowie bezogen auf den Automobilmarkt diskutiert. Zudem stand die Entwicklung der Wesenszüge im Zeitverlauf im Fokus. Die lexikalische Definition des Begriffes „sportlich“ war bspw. der Ausgangspunkt einer Diskussion zum Wesenszug: „sport|lich : 1. a) den Sport betreffend, auf ihm beruhend, b) fair, c) in einer Weise, die dem Sport als imponierender Leistung gleicht, ähnelt: 2. a) durchtrainiert; wie vom Sport geprägt, voller Spannkraft, b) einfach u. zweckmäßig im Schnitt; flott wirkend.“365
Aufbauend auf dieser Definition konnten in Expertenworkshops verwandte Wörter, Bilderwelten usw. zusammengetragen werden. Dabei zeigte sich ein Wandel des Begriffes im Laufe der Zeit. Definierte sich der Begriff in der Vergangenheit über die Leibesertüchtigung und den Wettkampf, stehen heute der Spaß und das Erlebnis an sich im Vordergrund. Zum besseren Verständnis der Facetten des Begriffes wurden diese anhand unterschiedlichster Kriterien strukturiert. Die gegensätzlichen Bedeutungsrichtungen am Beispiel des Begriffes „sportlich“ verdeutlicht Abbildung 25. Somit konnte ein breites Verständnis über mögliche Bedeutungsfacetten des Begriffes erarbeitet werden, das über lexikalische Normen hinausgeht. Maskulin
Fashion/Straße
Individuum Abbildung 25:
365
Bedeutungsgegensätze des Wesenszuges „sportlich“.
Dudenredaktion (1999).
110
Gruppe/Team
Extrem
Konventionell
Leistung
Feminin
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus Schritt 1 war in einem zweiten Schritt die Bedeutungswelt der Wesenzüge aus Konsumentensicht aufzudecken. Die Grundlage stellten Face-to-Face-Befragungen mit Personen dar, welche den Kauf eines PremiumAutomobils erwogen. Die Tiefeninterviews lassen sich in drei Abschnitte unterteilen. Die Interview führenden Psychologen sprachen nach einem kurzen Warm-up zunächst allgemein über die Begriffe, ohne sie in einen automobilen Zusammenhang zu bringen, um somit nicht Bedeutungsfacetten voreilig auszuschließen. Über „top-down-laddering“ mit Fragen nach dem „Was“ unter dem Begriff verstanden wird und „Wie“ er sich schlussendlich ausdrückt, bildeten die Probanden Assoziationsketten und explorierten eine Vielzahl von Bedeutungsfacetten.366 Im nächsten Gesprächsabschnitt ließen sich diese auf den automobilen Kontext übertragen. Abschließend wurden nicht angesprochene Bedeutungsmuster aus der Kulturanalyse des Schrittes 1 vorgeschlagen und auf Gültigkeit geprüft. Projektive Techniken sowie Assoziationsverfahren zu den von den Semiotikern ausgewählten Bildern halfen die Vorstellungen zu den Wesenszügen zu konkretisieren und den Zugang sowie die Formulierung von Gedanken zu erleichtern. Im Anschluss waren diese Antworten zu kodieren und die Bedeutungsfacetten zu formulieren. Abbildung 26 zeigt die Nennungen am Beispiel „sportlich“, wobei im Nachhinein aus Übersichtlichkeitsgründen eine Gliederung nach Determinanten und Nutzenaspekten des Begriffes vorgenommen wurde.367 Körperliche Leistung (n=78) - Schnelligkeit (n=22) - Kraft (n=22) - Leistung allgemein (n=15) - Ausdauer (n=7) - Jung (n=7) - Geschicklichkeit (n=5)
sportlich
Zielorientierung (n=40) - Grenzen überwinden (n=14) - Motivation (n=13) - Aggression (n=8) - Fokus (n=5)
Ausgleich & Harmonie (n=38) - Lebensfreude (n=17) - Harmonie (n=12) - Ästhetik (n=9)
Team Spirit (n=9) Abbildung 26:
366 367
Bedeutungsfacetten des Wesenszuges „sportlich“.
Vgl. Gutman (1997). Die detaillierte Auflistung der offenen Nennungen ist Anhang 9 abgebildet.
111
Den Abschluss und damit Schritt 3 der semantischen Analyse der Wesenszüge bildete eine quantitative Befragung zur Validierung und Strukturierung der Bedeutungsfacetten in übergeordneten Bedeutungsräumen. Auf repräsentativer Basis beurteilten 400 Kauferwäger eines Fahrzeuges der Marken Audi, BMW bzw. Mercedes Benz in einer schriftlichen Befragung diese drei großen deutschen Premium-Automobilmarken anhand der Bedeutungsfacetten der Wesenszüge aus den beiden Vorstufen.368 Zudem wurde der jeweilige Wesenszug an sich für jede Marke abgefragt. Mittels Faktorenanalysen werden die Bedeutungsfacetten verdichtet, um abstraktere Bedeutungsräume für jede Marke aufzudecken. Regressionsanalysen der Bedeutungsräume mit dem reinen Wesenszugsurteil verdeutlichen dann das vorherrschende Verständnis. Für den Begriff „sportlich“ lassen sich bei der Marke BMW die Bedeutungsfacetten zu drei Faktoren bzw. Bedeutungsräumen zusammenfassen (Abbildung 27 verdeutlicht die ladenden Bedeutungsfacetten und Bilderwelten).369 Es zeigt sich das klassisch physische Verständnis des Begriffes im Faktor „Der Starke“. „Der Aufrechte“ betont hingegen ein mentales Begriffsverständnis, ausgedrückt im eisernen Willen und dem Fairplay-Gedanken, wogegen der Faktor „Der Streiter“ das Gegeneinander und den Wettkampf betont. Der Starke - baut schnelle Autos - hat Kraft
Der Aufrechte - ist im Einklang mit sich selbst - verhält sich respektvoll - verhält sich sportlich fair - hat einen eisernen Willen - ist agil
Der Streiter - ist kompromisslos - sucht den Wettkampf - ist angriffslustig - genießt den Wettstreit - hat einen eisernen Willen
Abbildung 27:
368 369
Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“.
Ein Auszug des Fragebogens ist in Anhang 10 abgebildet. Anhang 12 zeigt die rotierte Faktorladungsmatrix nach Varimax-Rotation. Die drei Faktoren erklären 54% der Varianz in den Bedeutungsfacetten (vgl. Anhang 11 für den Eigenwertverlauf).
112
Im Folgenden ist zu klären, ob sich diese Bedeutungsdimensionen auch bei den Marken Audi und Mercedes Benz zeigen, welche zusammen mit der Marke BMW bereits als ein Cluster
mit
ähnlichen
Interpretationen
von
Wesenszügen
angeführt
wurden
(vgl. Tabelle 18). Die Aufgabe besteht darin, zu prüfen, ob sich die Ladungsmatrix der Marke BMW (Norm) auch bei der Analyse der Marken Audi und Mercedes Benz zeigt oder ob sich neue markenspezifische Faktoren bilden. Hierzu werden für die beiden Marken ebenfalls explorative Faktorenanalysen gerechnet. Ein Vergleich der Ladungsmatrizen ist jedoch nicht ohne weiteres möglich, da die Faktoren durch Rotationen in unendlich viele Kombinationen verändert werden können. Damit kann sich die Position der Achsen (Faktoren) bei der Analyse der Marke BMW von der Position bei der Analyse von Audi lediglich aufgrund einer anderen Rotation unterscheiden – dies, obwohl die gleichen Ladungsmuster vorliegen. Daher ist eine Minimierung der Rotationsunterschiede notwendig (Procrusted Rotation), um die Ladungsmatrizen zweier explorativer Faktorenanalysen vergleichen zu können. Dazu wird die Ladungsmatrix der Vergleichsanalyse (Audi) in dem Maße rotiert, dass die Kleinste-QuadrateAbweichung zur Ladungsmatrix der Normanalyse (BMW) minimal ist.370 Diese transformierte Ladungsmatrix der Analyse der Marke Audi kann direkt mit der Normmatrix der Analyse der Marke BMW verglichen werden und es können Kongruenzkoeffizienten berechnet werden, welche die Nähe der einzelnen Faktoren (Bedeutungsräume), der einzelnen Items (Bedeutungsfacetten) und des Gesamtmodells angeben.371
370 371
Vgl. Schönemann (1966). Einen weiteren Ansatz zur Prüfung der Ladungsstruktur bietet die konfirmatorische Faktorenanalyse. Hierbei können die Ladungen der BMW Analyse (Norm) als weitere Restriktionen (neben der Zuordnung der Items zu Faktoren) in das Modell der Wettbewerber gegeben und die Übereinstimmung dieser Vorgaben mit den empirischen Daten geprüft werden. Weiterhin kann eine Multi-Group Faktorenanalyse durchgeführt werden, welche bspw. bei der Analyse zur Messäquivalenz von Konstrukten in unterschiedlichen Kulturen häufig Anwendung findet. Hierbei wird keine explizite Norm definiert, sondern es wird für jede Gruppe simultan versucht, die vorgegebene Struktur bei unterschiedlich strengen Gleichheitsrestriktionen (Hypothesen zur einheitlichen Zuordnung der Analyseeinheiten zu einer Dimension (konfigurale Invarianz), Gleichheit der Faktorladungen (metrische Invarianz), Gleichheit der Konstanten (skalare Invarianz), Gleichheit der Kovarianzen der Faktoren (FaktorKovarianz Invarianz), Gleichheit der Varianzen der Faktoren (Faktor-Varianz Invarianz) sowie Übereinstimmung der Fehlervarianzen (Fehler-Varianz Invarianz)) zu bestätigen (vgl. Steenkamp/Baumgartner (1998)). Diese Verfahren können jedoch keine neuen markenspezifischen Faktoren aufdecken, sondern nur gegebene Strukturen falsifizieren.
113
Dabei kann auf den Kongruenzkoeffizienten nach Wrigley/Neuhaus (1955) zurückgegriffen werden. Dieser gibt den Zusammenhang der Ladungsmatrizen analog zum Korrelationskoeffizienten (allerdings basierend auf unstandardisierten Werten) an und ist ebenfalls von +1 (Kongruenz) bis -1 (Gegensatz) definiert.372 Im ersten Teil der Tabelle 20 sind die markenspezifischen Faktorkongruenzen der drei Bedeutungsräume des Begriffes „sportlich“ und des Gesamtmodells dargestellt. Es wird deutlich, dass die Bedeutungsräume der Marken Audi und BMW ähnlicher sind, als die Räume der Marken BMW und Mercedes Benz. Hierbei zeigt vor allem der Bedeutungsraum „Der Starke“ bei Mercedes Benz einen abweichenden semantischen Inhalt. Im Gegensatz zur „Kraft“ und „Schnelligkeit“ bei den Marken BMW und Audi wird dort die „Kontinuität“ und „Ausdauer“ als Facette des Wesenszuges „sportlich“ betont (hohe Ladung der Bedeutungsfacetten „hat einen eisernen Willen“ und „ist kompromisslos“). Bedeutungsraum Der Starke Der Aufrechte Der Streiter Gesamtmodell
Tabelle 20:
Faktorkongruenz vs. BMW Audi Mercedes Benz 0,91 0,97 0,95 0,95
0,78 0,93 0,90 0,88
Faktorkongruenz vs. BMW (milieuunabhängig) Etablierte Aufsteiger Moderne 0,89 0,99 0,89 0,93
0,91 0,98 0,92 0,94
0,71 0,92 0,92 0,86
Die Kongruenz der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“.
Eine entsprechende Analyse prüft die Existenz der Bedeutungsräume in den unterschiedlichen Milieus. Hierzu werden wiederum die drei Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“ bei der Marke BMW (vgl. Abbildung 27) als Norm genommen und mit milieuspezifischen Faktorisierungen der Marke BMW verglichen.373 Die drei Bedeutungsfacetten können in den unterschiedlichen sozialen Milieus repliziert werden. Lediglich die modernen Segmente interpretierten den Faktor „Der Starke“ weniger mit Kraftaspekten (Itemkongruenz von 0,44 für das Item „hat Kraft“). Hohe Ladungen besitzen die Items „ist agil“, „baut schnelle Autos“ und „ist im Einklang mit sich selbst“. Somit steht neben physischen Aspekten der Schnelligkeit/Wendigkeit auch die mentale Stärke im Fokus.
372
373
Vgl. Barrett (1986); McCrae et al. (1996). Zur beispielhaften Anwendung vgl. Barrett et al. (1998); Barrett (1999). Um von Kongruenz zu sprechen, muss ein Schwellenwert von 0,8 überschritten werden (vgl. Barrett (2006)). Zur Procusted Rotation und Berechnung der Faktorkongruenzen wird auf das Programm Orthosim-2 zurückgegriffen. Der Fokus auf die Marke BMW verhindert markenspezifische Effekte in der Analyse der Milieus.
114
Zusammenfassend zeigen sich ähnliche Bedeutungsräume über die Marken und Milieus. Dies belegen die hohen Kongruenzkoeffizienten der Gesamtmodelle. Im Gegensatz zu den abstrakten Wesenszügen stellen die Bedeutungsfacetten damit konkretere Beschreibungen dar, welche kontextübergreifend einheitlich interpretiert werden. Die alleinige Existenz der Bedeutungsräume in den unterschiedlichen Kontexten sagt allerdings noch nichts darüber aus, welcher Bedeutungsraum wie stark den Wesenzug in einem Kontext bildet. Somit müssen die Zusammenhänge der Bedeutungsräume mit dem Wesenszug an sich betrachtet werden. Hierzu sind die Korrelationen zwischen dem Faktorwert des Bedeutungsraums und dem Wesenszugsurteil zu berechnen und zur Angabe des Erklärungsanteils zu quadrieren.374 Insgesamt können je nach Kontext durch die drei Bedeutungsräume zwischen 47% und 65% der Varianz in der Beurteilung des Wesenszuges „sportlich“ erklärt werden. Tabelle 21 zeigt die Erklärungsanteile für die betrachteten Marken und Milieus, wobei die Gesamterklärung der Bedeutungsräume für jede Marke aus Vergleichsgründen auf 100% normiert ist. Bedeutungsraum
Audi
Der Starke Der Aufrechte Der Streiter
37% 52% 10%
Tabelle 21:
Erklärungsanteil Marken BMW Mercedes Benz 55% 17% 28%
31% 40% 29%
Erklärungsanteil Milieu (für BMW) ETB AUF MOD 74% 10% 16%
24% 62% 14%
48% 47% 6%
Der Erklärungsgehalt der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“.
Es zeigt sich, dass der Wesenszug „sportlich“ bei der Marke Audi vorrangig als „Der Aufrechte“ interpretiert wird, wogegen BMW das klassisch Physische und ein aggressiveres Verständnis zuteil wird („Der Starke“, „Der Streiter“). Mit Mercedes Benz wird ein wenig-profiliertes Verständnis des Begriffs verknüpft, da „sportlich“ sich ausgeglichen aus allen drei Bedeutungsräumen zusammensetzt. In Abhängigkeit der sozialen Milieus lässt sich für die Marke BMW feststellen, dass die klassisch physische Interpretation von „sportlich“ („Der Starke“) mit steigender Modernität des Milieus abnimmt. Lediglich etablierte Milieus (ETB) verbinden den Begriff mit physischer Leistung („Der Starke“). Für moderne Milieus (MOD) wurde bereits aufgezeigt, dass dieser Bedeutungsraum in der klassischen Form nicht existiert und mentale Stärke dominiert.
374
Die Korrelationskoeffizienten entsprechen in diesem Fall den standardisierten Regressionskoeffizienten, da die Faktorwerte der Bedeutungsräume per Definition der Faktorenanalyse unabhängig sind.
115
4.2.4 Zusammenfassung Ziel dieses Kapitels war es, die Hypothesen zur kontextabhängigen Semantik der Wesenszüge zu prüfen: H1a: Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig von der betrachteten Marke. H1b: Die semantische Bedeutung von Wesenszügen ist abhängig vom urteilenden Konsumenten. Auf Basis der Analysen dieses Kapitels sind beide Hypothesen nicht zu falsifizieren. Abschnitt 4.2.1 verdeutlichte, dass insgesamt sieben Prozent der Varianz in den Korrelationen von Wesenszügen (und damit der Bedeutung der Wesenszüge) allein auf die betrachtete Automobilmarke und mit fünf Prozent ein etwas geringerer Teil auf den urteilenden Konsumenten (bzw. sein soziales Milieu) entfallen. Analysen der Wesenszüge von Automobilmarken müssen demnach marken- und konsumentenspezifische Besonderheiten berücksichtigen, um nicht unter dem Dach eines Begriffes „Äpfel mit Birnen“ zu vergleichen. Generalisierungen sind nur in gewissen Grenzen möglich. Abschnitt 4.2.2 identifizierte daher Marke-Milieu-Cluster mit ähnlichen Interpretationsmustern der Wesenszüge. Innerhalb dieser Cluster erscheinen übergreifende Aussagen möglich. Für ein besseres Verständnis der Wesenszüge empfiehlt sich innerhalb jedes Clusters die Bedeutungsräume des Wesenszuges zu erheben (Abschnitt 4.2.3 zeigt eine beispielhafte Analyse). Eine Positionierung der Marke, die über Wesenszüge hinausgeht und Bedeutungsfacetten bzw. -räume spezifiziert, ermöglicht eine Konkretisierung der Marke.
116
4.3
Test der Hypothese 2: Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen
Das Ziel in diesem Kapitel ist es, Hypothese 2 zu prüfen und damit die Abhängigkeit der Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit von Marken (Hypothese 2a) und Konsumenten (Hypothese 2b) zu untersuchen. Kapitel 4.2 verdeutlichte bereits, dass auf der Ebene der einzelnen Wesenszüge die Semantik eines Begriffes vom Kontext beeinflusst wird. Daher ist zu hinterfragen, ob sich zumindest auf dem übergeordneten Niveau der Basisdimensionen eine übergreifende Strukturierung (entsprechend den Big FIVE der menschlichen Persönlichkeit) zeigt oder kontextspezifische Grundfaktoren existieren. Eine Analyse mit zunehmendem Detaillierungsgrad überprüft daher die Anwendbarkeit von übergreifenden Strukturierungen der in Abschnitt 4.1.1 erarbeiteten Wesenszugsliste auf die Marken und die sozialen Milieus des deutschen Automobilmarktes. In einem ersten Schritt steht in Abschnitt 4.3.1 die Anwendbarkeit generischer Strukturierungsansätze der Markenpersönlichkeit im automobilen Kontext im Vordergrund. Hierzu wird der internationale Standard der Brand Personality Scale nach Aaker (1995) und der nationale Status quo nach Mäder (2005) konfirmatorisch geprüft. Daraufhin wird in Abschnitt 4.3.2 mit der Automotive-Brand-Perception-Map eine branchenspezifische Struktur vorgestellt, die als abstrakter Positionierungsrahmen dient. Mit der Suche nach den Basisdimensionen der Persönlichkeit einzelner Automobilmarken und einzelner Konsumentengruppen erfolgt in Abschnitt 4.3.3 eine Konkretisierung der Persönlichkeitsstruktur. Abschließend gilt es, in Abschnitt 4.3.4 die Ergebnisse zusammenzufassen und die Hypothesen zur Kontextabhängigkeit der Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit zu bestätigen bzw. zu falsifizieren.
117
4.3.1 Generische Dimensionen Auf die Frage nach allgemeingültigen Dimensionen der Markenpersönlichkeit findet sich mittlerweile in der Literatur, wie in Abschnitt 2.1.2.3 dargestellt, eine Vielzahl an Vorschlägen, die kontextunabhängig das Konstrukt strukturieren. Im Folgenden wird geprüft, inwiefern diese generischen Faktoren im automobilen Kontext replizierbar sind. Dadurch können zwar keine kontextspezifischen Dimensionen aufgedeckt werden (hierzu sei auf Abschnitt 4.3.2 verwiesen). Es ermöglicht jedoch, generischere Basisdimensionen der Persönlichkeit zu bestätigen, die sich unabhängig vom Kontext zeigen. Hierzu werden die kulturübergreifend bedeutendste Erarbeitung von Aaker (1995) und der deutsche Status quo nach Mäder (2005) nacheinander auf ihre Anwendbarkeit im deutschen Automobilmarkt untersucht.
Schritt 1: Aakers Brand Personality Scale im automobilen Kontext Aaker (1995) stellt mit der Brand Personality Scale eine Konzeption der Markenpersönlichkeit in fünf Faktoren dar (vgl. Abbildung 2). Diese branchenübergreifende Zusammenstellung ist das weltweit bekannteste und meist genutzte Markenpersönlichkeitsverständnis. Untersuchungen in verschiedenen Kulturen können diese Ergebnisse jedoch meist nur nach mehrfacher Modifikation bestätigen.375 Eine Untersuchung der Übertragbarkeit in den deutschen Automobilmarkt steht noch aus und wird im Zuge dieser Arbeit betrachtet. Hierzu bewerteten 51 Probanden (Durchschnittsalter 31 Jahre, 39% weiblich) schriftlich die vier bekanntesten deutschen Automobilmarken Mercedes Benz, BMW, Audi und Volkswagen und zudem die Nischenanbieter Porsche und MINI. Die Operationalisierung erfolgte anhand der deutschen Übersetzung der 42 Items der Brand Personality Scale nach Aaker (2001).
375
Vgl. Abschnitt 2.1.2.3.
118
Abbildung 28:
bodenständig familienorientiert kleinstädtisch ehrlich aufrichtig echt gesund ursprünglich heiter gefühlvoll freundlich
0,52 0,44 0,39 0,71 0,73 0,62 0,56 0,59 0,16 0,31 0,50
gewagt modisch aufregend temperamentvoll cool jung phantasievoll einzigartig modern unabhängig zeitgemäß
0,77 0,75 0,87 0,86 0,69 0,72 0,78 0,68 0,66 0,53 0,58
zuverlässig hart arbeitend sicher intelligent technisch integrativ erfolgreich führend zuversichtlich
0,75 0,62 0,77 0,52 0,43 0,40 0,41 0,55 0,28
Kompetenz
vornehm glamourös gut aussehend charmant weiblich weich
0,70 0,74 0,73 0,60 -0,11 -0,13
Kultiviertheit
naturverbunden männlich abenteuerlich zäh robust
0,20 -0,11 -0,50 0,21 0,40
Robustheit
Aufrichtigkeit
0,01
Erregung/ Spannung
0,55
0,18 0,08 0,80 0,73 -1,13 0,68 0,77
-0,45
Die konfirmatorische Faktorenanalyse des Inventars nach Aaker im automobilen Kontext.
Abbildung 28 zeigt die standardisierten Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse einer Maximum Likelihood Schätzung. Demnach sind bis auf den Faktor Erregung/Spannung nur vereinzelt akzeptable Zusammenhänge (Ladungen) zwischen den Faktoren und den entsprechenden 42 Indikatoren zu verzeichnen.376 Die schlechte Übereinstimmung der Daten mit dem unterstellten Modell kennzeichnen auch die Gütekriterien auf Ebene der Faktoren bzw. des Gesamtmodells (vgl. Tabelle 22). Die Faktorreliabiltäten bestätigen die Ergebnisse auf Itemebene und verdeutlichen, bis auf den Faktor Erregung/Spannung, eine geringe interne Konsistenz. Vor allem der Faktor
376
Insgesamt erfüllen lediglich 16 Items der Brand Personality Scale das Kriterium einer akzeptablen Itemreliabilität von 0,4. Die Itemreliabilität ist die quadrierte standardisierte Ladung des Faktors auf das betrachtete Item und verdeutlicht den erklärten Varianzanteil des Items durch den latent zugrundeliegenden Faktor. Die Richtwerte der Güte orientieren sich an Homburg/Baumgartner (1995), S. 167 ff.
119
Robustheit scheint im deutschen Automobilmarkt nicht replizierbar. So weisen die Items „naturverbunden“ und „männlich“ sogar entgegengesetzte Vorzeichen bzw. Zusammenhänge zum Faktor auf. Diese fünfte Dimension zeigt auch hohe Zusammenhänge mit den weiteren Faktoren, wodurch die Eigenständigkeit der Faktoren zu hinterfragen ist.377 Damit bestätigen sich Ergebnisse aus Deutschland und Spanien, welche ebenfalls den Faktor Robustheit nicht in den Daten aufdecken konnten und ein europäisches Umweltverständnis (Einklang mit der Natur) der Dominanz der Umwelt in Amerika entgegenstellen.378 Es sei nochmals auf die methodischen Annahmen der aggregierten Analyse sowie der Problematik der Antwortverzerrungen durch einen Halo-Effekt bei der Erstellung der Brand Personality Scale verwiesen, welche zusätzlich zu den kulturellen Unterschieden die Ergebnisse verzerren können.379 Schlussfolgernd erscheint eine Übertragung der international weit verbreiteten Brand Personality Scale zur Strukturierung der Markenpersönlichkeit auf den deutschen Automobilmarkt schwierig. Konvergenzvalidität der Faktoren Cronbachs α (0,7) Faktorreliabilität (0,6) Durchschn. erfasste Varianz (0,5)
Aufrichtigkeit 0,77 0,79 0,28
Erregung 0,92 0,92 0,52
Kompetenz 0,78 0,78 0,30
Kultiviertheit 0,58 0,61 0,33
Robustheit 0,46 0,01 0,10
Erregung 39,2 (1df)
Kompetenz 23,9 (1df) 30,9 (1df)
Kultiviertheit 31,9 (1df) 2,5 (1df) 12,1 (1df)
0,00
0,30 0,01
0,03 0,53 0,46
Robustheit 32,1 (1df) 44,9 (1df) 35,2 (1df) 58,3 (1df) 0,64 1,28 0,59 0,20
Diskriminanzvalidität der Faktoren ǻȤ²
Ɏ² (Fornell-Larcker: DEV > Ɏ²)
Aufrichtigkeit Erregung Kompetenz Kultiviertheit Aufrichtigkeit Erregung Kompetenz Kultiviertheit
Gütebeurteilung des Gesamtmodells Ȥ²/df ( 2,5) RMSEA (0,05) GFI (0,9) bzw. AGFI (0,9) NFI (0,9) bzw. CFI (0,9)
Tabelle 22:
377
378 379
2472,4/809 = 3,1 0,15 0,43 bzw. 0,36 0,35 bzw. 0,43
Gütekriterien des Inventars nach Aaker im automobilen Kontext.
Eine Korrelationsangabe von ȡ=-1,13 zwischen Robustheit und Erregung/Spannung ist ein weiterer Indikator für die schlechte Modellanpassung. Vgl. Abschnitt 3.3.2; Aaker/Benet-Martìnez/Garolera (2001); Mäder (2005), S. 115 ff. Vgl. Abschnitt 2.1.2.4.
120
Schritt 2: Mäders Strukturierung im automobilen Kontext Eine kulturspezifische Strukturierung auf Individualdatenebene geht auf Mäder (2005) zurück und stellt den Status quo der deutschen Markenpersönlichkeitsforschung dar. Dieses branchenübergreifende Instrument ist gekennzeichnet durch die Dimensionen Verlässlichkeit, Attraktivität und Kreativität. Für eine Prüfung im deutschen Automobilmarkt wurde das Inventar von 23 Items zur Abbildung der Dimensionen in die Hauptstudie (vgl. Abschnitt 4.1) aufgenommen. 1.139 Probanden wurden dazu in Computer Assisted Personal Interviews (CAPI) zu vier von zehn Automobilmarken befragt. Das standardisierte Ergebnis der konfirmatorischen Faktorenanalyse auf Basis einer Maximum Likelihood Schätzung zeigt Abbildung 29. Die Gütekriterien sind zudem in Tabelle 23 dargestellt. Demnach zeigen das Gesamtmodell sowie die Reliabilitäten der Faktoren und Indikatoren eine akzeptable Anpassung. Lediglich der Faktor Kreativität (begründet in der geringen Erklärung der Indikatoren „pfiffig“ und „einfallsreich“) kann den geforderten Richtwert der durchschnittlich erfassten Varianz nicht erreichen.
Abbildung 29:
vertrauenswürdig kompetent glaubwürdig überzeugend zuverlässig sicher leistungsfähig professionell erfahren angesehen
0,80
aufregend bezaubernd reizvoll unwiderstehlich verführerisch sinnlich leidenschaftlich erotisch
0,74
trendy modern pfiffig kreativ einfallsreich
0,66
0,80 0,74 0,73 0,76 0,67
Verlässlichkeit
0,76 0,76 0,76 0,71
0,49
0,73 0,77 0,79 0,76
0,77
Attraktivität
0,68 0,75 0,65
0,81
0,69 0,61
Kreativität
0,73 0,60
Die konfirmatorische Faktorenanalyse des Inventars nach Mäder im automobilen Kontext.
121
Konvergenzvalidität der Faktoren Cronbachs α (0,7) Faktorreliabilität (0,6) Durchschnittlich erfasste Varianz (0,5)
Verlässlichkeit 0,93 0,93 0,56
Attraktivität 0,90 0,90 0,54
Kreativität 0,78 0,79 0,44
Attraktivität 663 (1df)
Kreativität 445 (1df) 226 (1df) 0,59 0,66
Diskriminanzvalidität der Faktoren ǻȤ² Ɏ² (Fornell-Larcker: DEV > Ɏ²)
Verlässlichkeit Attraktivität Verlässlichkeit Attraktivität
0,24
Gütebeurteilung des Gesamtmodells Ȥ²/df ( 2,5) RMSEA (0,05) GFI (0,9) bzw. AGFI (0,9) NFI (0,9) bzw. CFI (0,9)
Tabelle 23:
4901/227 = 21,6 0,08 0,86 bzw. 0,83 0,89 bzw. 0,89
Gütekriterien des Inventars nach Mäder im automobilen Kontext.
Das Modell weist zudem hohe Zusammenhänge zwischen den Dimensionen nach. Dies begründet die mangelnde Diskriminanzvalidität des dritten Faktors und bestätigt die Ergebnisse von Mäder (2005).380 Nach dem Fornell-Larcker Kriterium ist die gemeinsame Varianz der Dimension Attraktivität mit Kreativität mit 66% größer als die durchschnittlich erfasste Varianz jedes Faktors bei seinen Indikatoren, weshalb nicht von diskriminierenden Dimensionen gesprochen werden kann. Somit ist die Eigenständigkeit des Faktors Kreativität in Frage zu stellen. Grundsätzlich zeigen sich in den Daten sehr hohe Korrelationsniveaus. Wie bereits in Abschnitt 2.1.2.4 ausgeführt, sind diese neben den inhaltlichen Überschneidungen auch auf Antwortverzerrungen bspw. aufgrund von Halo-Effekten zurückzuführen. Dabei sei auch angemerkt, dass es bei der Verschiebung hin zu hohen positiven Korrelationen schwer ist, negative Korrelationen und somit negative Faktorladungen zu erhalten. Entgegengesetzte Pole eines Faktors sind nicht diagnostizierbar, da sie durch gleichgerichtete evaluative Überschneidungen überlagert werden. Um diesen Verzerrungen zu begegnen, werden die Daten wiederum standardisiert (ipsatization). Dadurch reduzieren sich die Korrelationen und ein geringeres Ladungsniveau sowie eine geringere Erklärungskraft der Faktoren ist zu akzeptieren. Dieser Umstand verdeutlicht, dass die Verdichtung auf gemeinsame Dimensionen eine starke Abstraktion darstellt, welche nur einen Bruchteil der Informationen abbildet.381
380 381
Vgl. Mäder (2005), S. 200 f. Vgl. Abschnitt 2.1.2.4.
122
Die Daten werden daraufhin nochmals explorativ faktorisiert. Als Folge der Bereinigung
der
Antwortverzerrungen
empfiehlt
der
Screenplot
der
Eigenwerte
(vgl. Abbildung 30) eine eindimensionale Lösung.382 Die Faktorladungen sind in Tabelle 24 abgebildet, wobei zum Vergleich eine zweidimensionale Struktur angefügt sei. Eigenwert 4 3 2 1 0 1 Abbildung 30: Merkmal
2
3
4
5
6
382
8
9
10 Faktorzahl
Eigenwerte der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization). Eindimensional Ladung
erfahren kompetent zuverlässig professionell leistungsfähig sicher vertrauenswürdig einflussreich angesehen glaubwürdig überzeugend modern kreativ trendy unwiderstehlich erotisch sinnlich pfiffig aufregend reizvoll bezaubernd verführerisch leidenschaftlich
Tabelle 24:
7
,56 ,54 ,51 ,49 ,46 ,45 ,44 ,43 ,42 ,30 ,15 -,04 -,10 -,28 -,29 -,32 -,33 -,35 -,37 -,37 -,37 -,39 -,48
Zweidimensional Ladung Faktor 1 Ladung Faktor 2 ,57 ,53 ,51 ,51 ,41 ,43 ,38 ,38 ,36 ,26 ,05 ,14 ,04 -,13 -,40 -,29 -,33 -,24 -,33 -,45 -,43 -,44 -,47
,07 ,12 ,08 ,02 ,21 ,12 ,27 ,25 ,28 ,20 ,35 -,60 -,48 -,51 ,32 -,14 -,02 -,43 -,19 ,22 ,13 ,11 -,08
Faktorladungen der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization).
Damit werden 16% der Varianz der Wesenzüge erklärt.
123
Die Ergebnisse nach Reduktion der evaluativen Verzerrungen zeigen, dass die beiden zentralen Dimensionen der Markenpersönlichkeit nach Mäder (2005) inhaltlich gegensätzliche Pole einer bipolaren Skala darstellen. Die Begriffe der Dimension Attraktivität laden negativ und Merkmale der Dimension Verlässlichkeit positiv auf den Faktor. Die umstrittene dritte Dimension der Kreativität zeigt sich erst beim Ergänzen eines zweiten Faktors. Die Ladungen lassen sich dabei entsprechend Circumplex-Modellen der Psychologie übersichtlich in einem Kreis darstellen (vgl. Abbildung 31).383 Die Faktorenanalyse unterstellt die Unabhängigkeit der Faktoren und damit eine Einfachheitsstruktur. Häufig ist es jedoch nicht möglich, trotz Rotation der Faktorzuordnung nach dem Varimax-Kriterium (maximale Trennschärfe der Dimensionen), die Merkmale den othogonalen Faktoren eindeutig zuzuordnen. Kreismodelle erlauben die Berücksichtigung der Sekundärladung. Somit sind sie flexibler in der Handhabung und durch Drehung des Kreises können unterschiedliche Rotationsergebnisse abgebildet werden.
rz e übe
nd uge
glaubwürdig angesehen vertrauenswürdig einflussreich leistungsfähig
unwiderstehlich reizvoll bezaubernd verführerisch
sicher kompetent zuverlässig erfahren professionell
sinnlich leidenschaftlich
erotisch aufregend
pfif
Abbildung 31:
383
fig dy tren
k re
mo d ativ ern
Das Circumplex der Re-Analyse des Inventars nach Mäder (nach ipsatization).
Vgl. Hofstee/De Raad/Goldberg (1992). Die horizontale Achse bildet dabei die Ladungen auf den ersten Faktor und die vertikale Achse die Ladungen auf den zweiten Faktor ab.
124
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass generische Strukturierungen der Markenpersönlichkeit im deutschen Automobilmarkt nicht unmittelbar anwendbar sind. Aakers Brand Personality Scale als internationaler Standard der Persönlichkeitskonzeption muss in ihrer Gesamtheit in Frage gestellt werden. Das deutsche Inventar nach Mäder (2005) kann ebenfalls nur eingeschränkt repliziert werden. Die Eigenständigkeit der Dimension der Kreativität ist zu hinterfragen. Obwohl kein Gesamtmodell bestätigt werden kann, konnten auch im automobilen Kontext die bereits von Hieronimus (2003) als Superfaktoren der deutschen Markenpersönlichkeit bezeichneten Dimensionen der Rationalität (Aaker (1995): Kompetenz, Mäder (2005): Verlässlichkeit) und Emotionalität (Aaker (1995): Erregung/Spannung, Mäder (2005): Attraktivität) entdeckt werden. In Abschnitt 2.1.2.3 wurde bereits angeführt, dass nahezu alle Untersuchungen zwei Metafaktoren enthalten, welche die rationale und die emotionale Komponente der Marke verdeutlichen. Es ist daher zu vermuten, dass sich kontextunabhängig die zwei Metafaktoren des Denkens (kognitive Markenkomponenten) und des Fühlens (affektive Markenkomponenten) zeigen. Werden zudem die verzerrenden Halo-Effekte der grundsätzlichen Markeneinstellung aus den Daten von Mäder (2005) reduziert, wodurch es möglich wird, Gegensatzpaare in einer Dimension aufzudecken, zeigt sich, dass die rationalen und emotionalen Komponenten entgegengesetzte Pole eines Faktors bilden. Somit scheinen Rationalität und Emotionalität kontextunabhängige Metafaktoren der Markenpersönlichkeit darzustellen, die semantische Gegensatzpaare bilden.
125
4.3.2 Branchenspezifische Dimensionen Ausgehend von der Erkenntnis, dass existierende Strukturierungen der Markenpersönlichkeit nur eingeschränkt auf den deutschen Automobilmarkt anwendbar sind und branchenspezifische Dimensionen noch nicht aufgedeckt wurden, wird im Folgenden explorativ nach den zentralen Basisdimensionen im automobilen Kontext gesucht.384 Hierzu werden die Beurteilungen der zehn Automobilmarken anhand der generischen Wesenszugsliste (vgl. Abschnitt 4.1.1) einer explorativen Faktorenanalyse unterzogen. Abbildung 32 zeigt den Eigenwertverlauf. Anhand des Ellbogen-Kriteriums empfiehlt sich die Betrachtung einer vierdimensionalen Lösung. Eigenwert 15
10
5
0 1
Abbildung 32:
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Faktorzahl
Eigenwerte der automobilspezifischen Faktorisierung.
Tabelle 25 stellt die Faktorladungen dar. Faktor 1 beschreibt dabei die Erfahrung und Kompetenz der Marken und damit rationale Aspekte einer Marke. Dagegen deckt Faktor 2 mit Begriffen wie „erotisch“ oder „leidenschaftlich“ emotionale Aspekte der Automobilmarken auf. Rationalität und Emotionalität wurden bereits als Metafaktoren der Markenpersönlichkeit in der branchenübergreifenden Literatur angeführt (vgl. Abschnitt 2.1.2.3) und in konfirmatorischen Analysen generischer Inventare bestätigt (vgl. Abschnitt 4.3.1). Diese Dimensionen bestätigen sich nun auch explorativ im automobilen Kontext. Zudem ergibt sich eine Dimension (Faktor 3) der Bescheidenheit und Natürlichkeit („schlicht“, „dezent“, „naturnah“) und mit Faktor 4 werden Begriffe wie „arrogant“, aber auch „exklusiv“ und „glamourös“ mit hohen Sekundärladungen erklärt.385
384
385
Die bisherigen Strukturierungen beschränken sich auf positive Analyseeinheiten. Es ist davon auszugehen, dass sich allein durch die Berücksichtigung negativer Wesenszüge neue Dimensionen bilden. Ein ähnlicher Faktor der Exklusivität wird bereits im automobilspezifischen Inventar von Petzold (2006) angeführt (vgl. Abschnitt 3.3.1).
126
Merkmal erfahren kompetent qualitätsbewusst vertrauenswürdig professionell zuverlässig leistungsfähig zielbewusst beständig stabil fortschrittlich hoch qualifiziert sicherheitsbewusst präzise seriös erfolgreich angesehen zukunftsorientiert erfolgssicher erfolgsorientiert souverän glaubwürdig überzeugungsstark sicher überzeugend einflussreich niveauvoll solide kraftvoll vorbildlich selbstbewusst anspruchsvoll verantwortungsvoll robust zeitgemäß widerstandsfähig weltoffen tonangebend technisch vielseitig
Tabelle 25:
F1 F2 F3 F4 ,78 ,78 ,78 ,77 ,76 ,76 ,76 ,75 ,75 ,75 ,74 ,74 ,73 ,73 ,73 ,73 ,72 ,72 ,72 ,72 ,71 ,71 ,70 ,69 ,69 ,69 ,69 ,68 ,67 ,66 ,66 ,66 ,66 ,66 ,65 ,65 ,64 ,63 ,63 ,63
,01 ,09 ,05 ,16 ,08 ,05 ,11 ,17 ,06 ,01 ,18 ,16 -,07 ,16 ,00 ,17 ,09 ,17 ,23 ,10 ,19 ,21 ,34 -,01 ,35 ,17 ,28 ,02 ,25 ,33 ,22 ,26 ,15 ,02 ,23 ,10 ,19 ,29 ,12 ,19
-,05 -,01 -,03 ,08 -,07 ,07 -,14 -,04 ,01 ,13 -,13 -,14 ,04 ,04 ,10 -,17 -,17 -,07 -,07 -,14 -,03 ,04 -,07 ,09 -,05 -,06 -,13 ,09 -,14 ,06 -,16 -,21 ,17 ,22 -,07 ,18 -,10 -,10 -,08 ,05
,04 -,01 ,02 -,07 -,03 -,06 ,08 -,07 ,00 ,02 -,13 ,07 ,04 ,01 -,02 ,00 ,17 -,18 ,00 -,05 ,08 -,14 ,05 ,07 -,02 ,20 ,13 ,03 ,22 ,02 ,00 ,24 -,06 ,06 -,27 ,08 -,14 ,21 ,05 -,10
Merkmal wertvoll stilvoll innovativ traditionell altbekannt effizient dynamisch aktiv bodenständig einfallsreich bekannt vertraut elegant flexibel aufstrebend authentisch modern kreativ einprägsam ausdrucksstark ehrlich ästhetisch praktisch mobil zeitlos exklusiv unkompliziert männlich gesund umweltfreundlich erotisch sexy leidenschaftlich wild frech frisch aufregend erfrischend verführerisch sinnlich
F1 F2 F3 F4 ,62 ,62 ,61 ,61 ,61 ,61 ,61 ,60 ,60 ,60 ,60 ,59 ,56 ,56 ,55 ,55 ,53 ,53 ,53 ,53 ,52 ,50 ,49 ,48 ,47 ,46 ,42 ,34 ,30 ,20 ,01 ,03 ,24 -,02 -,09 ,26 ,33 ,18 ,29 ,11
,26 ,38 ,29 -,01 ,02 ,26 ,40 ,38 ,02 ,41 ,03 ,21 ,32 ,38 ,33 ,27 ,41 ,48 ,27 ,46 ,30 ,40 ,15 ,23 ,18 ,36 ,21 ,25 ,27 ,15 ,72 ,72 ,71 ,70 ,68 ,67 ,67 ,67 ,67 ,66
-,15 -,15 -,14 ,02 -,13 ,16 -,21 -,07 ,18 -,12 -,16 -,06 -,19 ,13 -,08 ,15 -,18 -,08 -,28 -,23 ,18 -,14 ,41 ,08 ,08 -,24 ,31 ,02 ,14 ,19 ,15 ,10 ,02 ,01 ,01 ,07 -,13 ,13 -,06 ,19
,29 ,16 -,13 ,16 ,15 -,15 -,09 -,18 -,06 -,14 ,06 ,01 ,30 -,23 -,21 -,04 -,25 -,16 ,03 ,10 -,14 ,03 -,14 -,14 ,09 ,45 -,29 ,32 ,01 -,14 ,20 ,15 ,07 ,16 -,01 -,11 ,10 -,05 ,14 ,17
Merkmal pfiffig verspielt romantisch rassig charmant temperamentvoll reizvoll jugendlich phantasievoll trendy spritzig exotisch raffiniert verrückt originell modebewusst schwungvoll revolutionär charismatisch lebendig sportlich extravagant chic glamourös vital freundlich radikal weiblich unkonventionell schlicht nüchtern einfach dezent konservativ sparsam kühl naturnah langweilig arrogant aggressiv
F1 F2 F3 F4 ,21 -,17 ,02 ,27 ,21 ,33 ,40 ,10 ,34 ,32 ,28 -,19 ,31 -,20 ,21 ,33 ,41 ,20 ,21 ,40 ,36 ,25 ,48 ,23 ,43 ,38 -,08 -,14 ,17 -,15 ,05 -,12 ,14 ,14 -,36 -,04 ,08 -,33 -,01 -,04
,65 ,64 ,64 ,63 ,62 ,62 ,61 ,61 ,61 ,61 ,61 ,61 ,60 ,60 ,60 ,60 ,59 ,56 ,55 ,54 ,52 ,51 ,51 ,50 ,48 ,44 ,43 ,39 ,37 -,04 ,00 ,13 ,05 -,23 ,09 ,01 ,38 -,35 ,16 ,41
-,10 ,19 ,28 -,23 ,17 -,26 -,11 -,08 -,07 -,09 -,31 ,27 -,01 ,13 ,04 -,03 -,17 ,15 -,03 -,09 -,35 -,19 -,22 -,06 ,00 ,30 ,30 ,36 ,01 ,65 ,60 ,59 ,53 ,46 ,43 ,42 ,40 ,36 -,02 ,03
-,21 ,01 ,15 ,14 ,05 -,01 ,05 -,32 -,09 -,21 -,04 ,17 ,02 ,12 -,04 -,03 -,13 ,13 ,17 -,20 -,01 ,38 ,09 ,46 -,17 -,19 ,29 -,11 -,12 -,05 ,10 -,11 ,02 ,38 -,16 ,40 ,02 ,25 ,57 ,41
Ladungen einer vierdimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung.
Die Zusammenhänge der Wesenszüge und damit die Faktoren werden jedoch auch in dieser Analyse durch Antwortverzerrungen, wie durch einen Halo-Effekt, beeinflusst.386 Dies unterstreicht die Verteilung der Varianzaufklärung zwischen den Faktoren. Es existiert ein bedeutsamer erster Faktor, welcher mit 33% erklärter Varianz einen Großteil der durch das Gesamtmodell erklärten Varianz (49%) auf sich vereint. Dieser Faktor bildet die evaluativen Überschneidungen der Wesenszüge und damit die Valenz der Begriffe ab. Dies belegt die Korrelation der unrotierten Faktoren mit der Marken-
386
Vgl. Abschnitt 2.1.2.4.
127
stärke als rein evaluatives Globalurteil zur Marke.387 Während die Faktoren 2 bis 4 keinen signifikanten Zusammenhang zur Grundeinstellung gegenüber der Marke zeigen, besitzt Faktor 1 eine signifikante Korrelation von 0,69.388 Diesem Faktor werden 98 der 120 Items aufgrund hoher Ladungen zugeordnet. Die Dominanz dieser rein evaluativen Überschneidungen definiert die hohen Zusammenhänge zwischen den positiven Begriffen und verhindert das Aufzeigen deskriptiver Dimensionen. Zudem sind durch die Verzerrung alle Faktoren wiederum nur durch einen positiven Pol definiert. Zur Kontrolle von Verzerrungen aufgrund der globalen Evaluation der Marken werden die Daten vor der Faktorisierung für jeden Befragten erneut über alle Antworten standardisiert (ipsatization).389 Durch diese Bereinigung ergeben sich wiederum deutlich geringere Korrelationsniveaus und eine geringere Varianzerklärung.390 Es sei jedoch nochmals darauf hingewiesen, dass dies – verglichen mit den hohen Erklärungsanteilen der Analysen ohne Standardisierung – keineswegs einen Kritikpunkt darstellt. Bisherige Analysen haben aufgrund der Verzerrung die inhaltlichen Zusammenhänge der Wesenszüge stets überschätzt. Die geringeren Korrelationsniveaus verdeutlichen lediglich die Heterogenität der Wesenszugsliste (welche bspw. explizit um Synonyme bereinigt wurde) und somit die Schwierigkeit, gemeinsame Inhaltsdimensionen aufzudecken. Abbildung 33 zeigt den Eigenwertverlauf der standardisierten Analyse (ipsatization). Anhand des Ellbogen-Kriteriums empfiehlt sich eine Betrachtung einer zwei- oder einer vierdimensionalen Lösung.391 Tabelle 26 bzw. Tabelle 27 bilden die Faktorladungen ab.
387
388 389 390
391
Die Markenstärke wird entsprechend einer automobilen Anpassung des GfK Potential Index durch acht Items erhoben, welche die grundsätzliche Markensympathie, die persönliche Identifikation und die Weiterempfehlungsbereitschaft erfassen. Die Signifikanzaussagen basieren auf dem 5% Signifikanzniveau. Vgl. Abschnitt 2.1.2.4. Eine Vier-Faktoren-Lösung der Daten nach ipsatization kann nur noch 24% der Varianz in den 120 Items erklären. Damit bestätigt sich die Vermutung von Aaker (1995), wonach 60% der Varianzerklärung der Faktorenanalysen ohne ipsatization auf die rein evaluativen Überschneidungen zurückzuführen sind. Es werden dabei 17% bzw. 24% der Varianz der Wesenszüge erklärt.
128
Eigenwert 15 10
5
0 1 Abbildung 33: Merkmal sexy wild sicherheitsbewusst erotisch stabil frech erfahren leidenschaftlich seriös aufregend robust beständig spritzig qualitätsbewusst verspielt zuverlässig kompetent rassig pfiffig sicher jugendflich temperamentvoll erfrischend solide frisch verführerisch professionell exotisch sinnlich verrückt bodenständig widerstandsfähig schwungvoll romantisch phantasievoll charmant präzise vertrauenswürdig originell leistungsfähig
Tabelle 26:
2
3
4
5
6
7
8
9
10 Faktorzahl
Eigenwerte der automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization). F1 -,53 -,51 ,51 -,51 ,51 -,51 ,49 -,49 ,46 -,46 ,46 ,45 -,45 ,45 -,45 ,45 ,44 -,44 -,44 ,44 -,44 -,43 -,43 ,43 -,43 -,43 ,42 -,42 -,40 -,40 ,39 ,38 -,38 -,38 -,37 -,37 ,37 ,37 -,37 ,36
F2 -,06 -,10 -,02 -,10 ,03 -,21 ,14 ,11 -,02 ,24 -,05 ,13 ,23 ,14 -,36 ,09 ,19 ,24 ,07 -,05 -,10 ,26 -,06 ,08 ,01 ,23 ,19 -,41 -,10 -,37 -,07 ,02 ,23 -,23 ,14 -,07 ,16 ,17 -,01 ,26
Merkmal reizvoll traditionell trendy modebewusst verantwortungsvoll raffiniert sportlich angesehen erfolgsorientiert zielbewusst charismatisch praktisch extravagant souverän altbekannt lebendig technisch zukunftsorientiert vielseitig bekannt glaubwürdig revolutionär glamourös effizient weltoffen vital mobil authentisch zeitlos ehrlich flexibel männlich schlicht einfach langweilig nüchtern weiblich kühl konservativ dezent
F1 -,36 ,36 -,36 -,36 ,35 -,35 -,35 ,34 ,34 ,34 -,33 ,33 -,31 ,31 ,30 -,29 ,28 ,28 ,27 ,25 ,25 -,25 -,24 ,22 ,22 -,16 ,14 ,14 ,12 ,11 ,08 ,04 ,24 ,10 ,32 ,28 -,14 ,24 ,42 ,27
F2 ,34 -,04 ,13 ,12 ,00 ,05 ,26 ,27 ,17 ,21 ,02 -,18 ,11 ,28 ,04 ,14 ,08 ,24 ,15 -,10 ,16 -,06 ,10 ,06 ,17 ,12 -,10 -,02 -,03 -,08 ,07 -,01 -,66 -,65 -,57 -,55 -,50 -,49 -,45 -,43
Merkmal
F1
überzeugend sparsam anspruchsvoll tonangebend radikal stilvoll elegant dynamisch naturnah wertvoll niveauvoll einflussreich einfallsreich ausdrucksstark erfolgreich exklusiv natürlich chic kraftvoll erfolgssicher ästhetisch hoch qualifiziert fortschrittlich vorbildlich innovativ umweltfreundlich unkompliziert aktiv kreativ selbstbewusst modern einprägsam vertraut arrogant aufstrebend aggressiv freundlich zeitgemäß unkonventionell gesund
,09 ,26 ,14 ,19 -,13 -,05 ,01 -,04 -,02 ,11 ,12 ,32 -,02 -,21 ,29 -,09 ,02 -,29 ,15 ,24 -,11 ,27 ,27 ,17 ,11 ,14 ,17 -,01 -,18 ,16 -,12 -,03 ,17 ,06 ,04 -,16 -,05 ,16 -,11 ,06
F2 ,43 -,42 ,38 ,38 -,38 ,38 ,36 ,35 -,35 ,35 ,34 ,34 ,33 ,33 ,33 ,32 -,32 ,32 ,30 ,30 ,29 ,28 ,28 ,28 ,27 -,27 -,25 ,24 ,24 ,22 ,21 ,20 ,20 -,20 ,19 -,19 -,18 ,17 -,13 -,09
Ladungen einer zweidimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization).
129
Merkmal erfolgsorientiert erotisch erfolgreich romantisch professionell sexy exotisch sinnlich charmant erfahren zukunftsorientiert einflussreich zielbewusst leistungsfähig erfrischend weltoffen angesehen bekannt fortschrittlich altbekannt selbstbewusst technisch kompetent charismatisch tonangebend leidenschaftlich zeitgemäß beständig erfolgssicher natürlich qualitätsbewusst innovativ naturnah hoch qualifiziert souverän vertraut revolutionär einprägsam konservativ langweilig
Tabelle 27:
F1 F2 F3 F4 ,50 -,50 ,50 -,49 ,48 -,47 -,47 -,46 -,46 ,45 ,44 ,44 ,43 ,42 -,41 ,41 ,39 ,38 ,37 ,37 ,37 ,36 ,35 -,35 ,35 -,34 ,33 ,32 ,32 -,30 ,30 ,28 -,27 ,26 ,26 ,21 -,20 ,19 ,05 ,08
-,03 ,13 ,04 ,04 -,09 ,20 -,03 ,07 ,15 -,24 ,17 -,11 ,02 -,14 ,31 ,13 -,22 -,21 ,13 -,24 ,04 -,12 -,16 ,06 -,02 ,31 ,26 -,22 ,04 -,08 -,24 ,22 -,12 -,08 -,10 ,01 ,09 ,10 -,63 -,55
-,03 ,11 ,13 -,04 ,01 ,11 -,19 ,10 ,07 ,05 -,06 ,26 -,00 ,19 -,05 -,08 ,27 -,15 ,04 ,03 ,08 -,02 ,09 ,21 ,32 ,18 -,15 ,06 ,16 -,26 ,10 ,05 -,26 ,24 ,23 ,11 ,01 ,14 -,24 -,41
,01 -,22 ,02 -,10 ,14 -,21 -,33 -,11 ,03 ,14 ,19 ,01 ,16 ,07 ,01 ,06 -,01 -,25 ,23 -,15 -,07 -,03 ,28 -,12 -,02 -,14 ,19 ,25 ,15 ,28 ,27 ,13 ,12 ,16 ,22 ,10 -,15 -,16 -,02 -,19
Merkmal kühl trendy pfiffig jugendlich schwungvoll lebendig frisch spritzig kreativ modern phantasievoll temperamentvoll sicher sicherheitsbewusst einfallsreich modebewusst dezent robust aktiv sportlich traditionell dynamisch vital aufregend aufstrebend originell raffiniert männlich zeitlos einfach schlicht exklusiv sparsam elegant wertvoll anspruchsvoll weiblich stilvoll nüchtern niveauvoll
F1 F2 F3 F4 -,02 -,04 -,16 -,15 -,14 -,04 -,28 -,10 ,04 ,16 -,15 -,11 ,11 ,25 ,27 -,12 -,11 ,15 ,24 ,03 ,25 ,26 -,04 -,28 ,25 -,25 -,22 -,04 -,01 -,17 -,09 -,02 -,01 -,01 ,10 ,18 -,24 -,02 -,04 ,05
-,54 ,49 ,47 ,47 ,44 ,43 ,40 ,40 ,40 ,40 ,40 ,38 -,38 -,37 ,36 ,36 -,36 -,35 ,34 ,34 -,34 ,31 ,31 ,31 ,28 ,27 ,25 -,23 -,17 -,27 -,40 -,16 -,22 -,13 -,18 -,14 -,04 ,03 -,42 -,07
-,28 -,07 -,06 -,27 ,12 -,05 -,06 ,18 ,04 -,04 ,05 ,23 ,03 ,00 ,06 ,03 -,33 -,01 -,03 ,19 ,01 ,14 -,02 ,31 -,07 -,01 ,06 ,17 ,05 -,58 -,57 ,57 -,55 ,54 ,50 ,48 -,47 ,46 -,45 ,42
-,18 -,12 -,14 -,20 -,05 -,02 -,04 -,28 ,07 ,02 -,08 -,24 ,31 ,27 ,05 -,14 ,19 ,32 ,08 -,30 ,01 -,02 ,09 -,15 ,08 -,11 -,12 -,09 ,08 -,03 -,00 -,22 ,00 -,01 -,01 -,01 -,13 ,07 ,02 ,19
Merkmal chic kraftvoll glamourös ausdrucksstark reizvoll extravagant unkompliziert überzeugend verführerisch ästhetisch rassig umweltfreundlich mobil unkonventionell arrogant vertrauenswürdig aggressiv zuverlässig verrückt glaubwürdig frech verantwortungsvoll praktisch wild ehrlich radikal vorbildlich bodenständig seriös verspielt stabil effizient solide präzise vielseitig widerstandsfähig freundlich flexibel authentisch gesund
F1 F2 F3 F4 -,16 ,18 -,21 -,05 -,22 -,20 -,06 ,10 -,29 -,07 -,18 -,05 ,21 -,02 ,14 ,13 -,03 ,18 -,27 ,09 -,26 ,09 ,05 -,31 -,17 -,11 ,05 ,09 ,18 -,34 ,25 ,15 ,20 ,23 ,23 ,12 -,21 ,12 ,04 -,09
,19 -,15 -,13 ,16 ,32 -,05 -,01 ,17 ,26 ,13 ,27 -,12 ,05 ,09 -,38 -,08 -,16 -,19 ,04 ,03 ,28 -,15 -,12 ,20 -,01 -,18 ,03 -,25 -,30 ,16 -,31 ,08 -,27 -,13 ,04 -,28 ,15 ,26 -,01 -,04
,40 ,38 ,38 ,38 ,37 ,36 -,35 ,34 ,33 ,32 ,31 -,29 -,27 -,19 ,00 ,09 -,03 ,03 -,25 ,04 -,20 -,05 -,28 ,01 -,09 -,24 ,23 -,07 -,02 -,30 ,01 -,12 ,08 ,09 -,02 ,06 -,27 -,18 -,08 -,08
-,06 -,01 -,28 -,08 ,00 -,36 ,34 ,32 -,11 ,09 -,28 ,15 ,01 -,12 -,52 ,50 -,49 ,47 -,46 ,44 -,41 ,40 ,40 -,40 ,40 -,39 ,37 ,36 ,35 -,35 ,34 ,33 ,32 ,31 ,30 ,30 ,28 ,28 ,19 ,17
Ladungen einer vierdimensionalen automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization).
Die Ergebnisse lassen sich mit Hilfe von Circumplex-Modellen übersichtlich darstellen und interpretieren.392 Abbildung 34 visualisiert die zweidimensionale Lösung.
392
Vgl. Abschnitt 4.3.1. Dabei werden aus Gründen der Übersichtlichkeit lediglich Faktorladungen größer 0,4 für den ersten Faktor auf der horizontalen Achse bzw. Ladungen des zweiten Faktors von größer 0,3 auf der vertikalen Achse abgetragen.
130
exk l aus d
dyneinfal stil amislsreic v usiv oll ch h
eleg
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nd uge ll svoll rz e übe ertvsopruchuvoll nd w an ivea ebe n ang oll tonkraftv
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reizvoll temperamentvoll rassig verführerisch aufregend spritzig
professionell kompetent qualitätsbewusst erfahren beständig zuverlässig solide
leidenschaftlich pfiffig
stabil frisch
sicherheitsbewusst seriös sicher robust
sexy erfrischend wild erotisch jugendlich frech
verspielt verrückt exotisch
kon
l i ka h rad eiblic w
Abbildung 34:
i che bes
den
nat
ei ürli nfach ch
dezspars nü langwent am sch kühl chterneilig lich t
serv a
tiv
Das Circumplex der automobilspezifischen Faktorisierung (nach ipsatization).
Eine Interpretation der Faktorladungen des zweidimensionalen Falls zeigt einen ersten Faktor, welcher im Positiven mit Seriosität und im Negativen mit Leidenschaft umschrieben werden kann. Dabei bilden Begriffe wie „sicherheitsbewusst“, „seriös“ und „stabil“ den Gegenpol zu Merkmalen wie „sexy“, „frisch“ oder „leidenschaftlich“. Damit werden rationale Aspekte (Seriosität) mit emotionalen Aspekten (Leidenschaft) der Marke kontrastiert. Somit bestätigt sich wiederum, dass inhaltlich Rationalität und Emotionalität gegensätzliche Pole einer zentralen Persönlichkeitsdimension bilden. Der zweite Faktor kennzeichnet den Anspruch, welchen der Konsument der Marke zuschreibt. Diese Dimension konnte bereits Petzold (2006) in seiner automobilspezifischen Analyse aufdecken.393 Die Begriffe „exklusiv“, „elegant“ und „stilvoll“ (vierter Faktor der nicht-standardisierten Analyse) prägen einen hohen Anspruch, wohingegen die Merkmale „natürlich“, „schlicht“ und „genügsam“ die Natürlichkeit und Bescheidenheit als Gegenpol (ähnlich Faktor 3 der Analyse ohne ipsatization) betonen.394
393 394
Vgl. Abschnitt 3.3.1. Mäder (2005) entdeckte in seiner generischen Analyse auf Markenebene ebenfalls einen Faktor der Natürlichkeit (vgl. Abschnitt 2.1.2.3).
131
In der vierdimensionalen Lösung können die angesprochenen Dimensionen repliziert und weiter spezifiziert werden. Der Faktor Seriosität bzw. Leidenschaft zeigt sich in diesem Fall in den Faktoren 1 bzw. 4. Dabei werden in Faktor 4 „vertrauenswürdig“, „zuverlässig“ und „seriös“ mit emotionalen Aspekten der Unbekümmertheit („verrückt“, „frech“, „wild“ oder „aggressiv“) konfrontiert. In Faktor 1 stehen solchen Begriffen, wie „sinnlich, „romantisch“ oder „leidenschaftlich“, Aspekte der Verantwortung, der Erfahrung und des Erfolgs gegenüber. Es erfolgt somit eine Erweiterung der Dimension um die Verantwortung vs. Unbekümmertheit der Marke. Die Eigenständigkeit dieser Faktoren ist jedoch zu hinterfragen, da jeweils Aspekte der Rationalität und Emotionalität abgebildet werden. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse der VierFaktorenstruktur, operationalisiert über die zehn Items mit der höchsten Ladung pro Faktor, verdeutlicht mit einer Korrelation von 0,7 zwischen Faktor eins und Faktor vier einen hohen gemeinsamen Varianzanteil von etwa 50%. Wird die zweidimensionale Lösung im Circumplex unter Berücksichtigung der Sekundärladungen betrachtet, zeigt sich, dass Verantwortung und Unbekümmertheit als Linearkombinationen der Seriosität vs. der Leidenschaft und des Anspruches vs. der Bescheidenheit eine Diagonale bilden. Dies manifestiert sich darin, dass Begriffe wie „erfolgreich“, „erfahren“ und „einflussreich“ durch hohe Ladungen auf der Dimension Seriosität, aber auch auf Anspruch gekennzeichnet sind. Aspekte der Unbekümmertheit werden hingegen durch Leidenschaft und Bescheidenheit/Natürlichkeit abgebildet. Die Vier-Faktoren Lösung bildet die Anspruchsdimension in Faktor 3 ab. Zusätzlich präsentiert sich ein Faktor 2, welcher mit Extraversion im Positiven („trendy“, „lebendig“ oder „schwungvoll“) und Introversion im Negativen („konservativ“, „dezent“ oder „langweilig“) bezeichnet werden kann. Dieser beinhaltet Komponenten, die bereits in Abschnitt 2.1.2.3 mit Erregnung und Langeweile als möglicher zweiter Metafaktor der Markenpersönlichkeit umschrieben wurden. Es stellt sich auch hier die Frage, inwiefern diese Dimension unabhängig von den zwei Grunddimensionen Seriosität vs. Leidenschaft und Anspruch vs. Bescheidenheit ist. Die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigt bei zunehmender Extraversion eine sinkende Seriosität sowie einen positiven Zusammenhang mit der Anspruchsdimension. Demnach zeichnet sich eine extrovertierte Marke durch einen hohen Anspruch bei hoher Leidenschaft aus, wobei eine introvertierte Marke durch Seriosität und Bescheidenheit gekennzeichnet ist. Daher lässt sich auch Extraversion vs. Introversion im zweidimensionalen Circumplex darstellen. 132
Abbildung 35 visualisiert die Faktoren der zweidimensionalen Lösung in einer Automotive Brand Personality Map. Als Orientierungshilfe lassen sich die Diagonalen im Uhrzeigersinn als Lebensphasen einer Person interpretieren. Während in der Kindheit noch Unbekümmertheit vorherrscht (links unten), entsteht zunehmend ein Anspruchsdenken auf dem Weg hin zum ausdrucksstarken Teenager (links oben). In der weiteren Entwicklung zum Erwachsenen treten zunehmend Erfolgsziele und die Verantwortung (für die Familie) in den Vordergrund (rechts oben). Mit reiferem Alter dominieren dagegen meist Zurückhaltung und konservative Werte (rechts unten).
Extraversion
Anspruch Anspruch
Leidenschaft Leidenschaft
Unbekümmertheit
Abbildung 35:
Verantwortung
Seriosität Seriosität
Bescheidenheit/ Bescheidenheit/ Natürlichkeit Natürlichkeit
Introversion
Die Automotive Brand Personality Map.
Um den Umgang mit den Dimensionen der Automotive Brand Personality Map zu ermöglichen, ist ein Messinventar notwendig. Hierzu sind grundsätzlich zwei Abfrageformen denkbar. Einerseits ist analog zur Operationalisierung der bisherigen Persönlichkeitsinventare eine reflektive Messung mittels unipolarer Items vorstellbar. Andererseits ist aufgrund der bipolaren Interpretation der Dimensionen eine bipolare Reflektion möglich.
133
Zur unipolaren Abbildung der Automotive Brand Personality Map werden pro Dimension acht Merkmale (jeweils vier Items für den positiven und negativen Pol) definiert, um umfassend, aber noch handhabbar, mittels 16 Items die Dimensionen zu erfassen. In einem ersten Schritt sind dazu potentielle Merkmale zu identifizieren. Diese sollten auf der reflektierenden Dimension eine hohe Primärladung aufweisen und nur über eine geringe Sekundärladung durch die andere Dimension erklärt werden. Das Circumplex der Zwei-Faktoren-Lösung wird dazu in acht gleichgroße Segmente geteilt (vgl. Abbildung 34). Als potentielle Marker einer Dimension kommen diejenigen Items in Frage, welche im umschließenden Segment der Achse (d.h. 22,5° über bzw. unter der Achse) liegen. Aus diesen Merkmalen werden unter Berücksichtigung der Ladungshöhe, unter inhaltlichen Gesichtspunkten sowie Aspekten der Verständlichkeit jeweils 4 Begriffe ausgewählt (vgl. Tabelle 28). Zur Abbildung der Dimensionswerte lassen sich die vier Items pro Pol mitteln. Der jeweilige Dimensionswert ergibt sich aus der Subtraktion des negativen Pols vom positiven Pol.395 Dimension 1 Seriosität erfahren seriös stabil zuverlässig
Tabelle 28:
Leidenschaft erfrischend jugendlich leidenschaftlich wild
Anspruch
Dimension 2 Bescheidenheit/ Natürlichkeit
anspruchsvoll elegant exklusiv stilvoll
bescheiden einfach natürlich schlicht
Das Messinventar der Automotive Brand Personality Map.
Aufgrund der Bipolarität der Dimension bietet sich neben der Messung mittels 16 unipolaren Items eine direkte Abfrage der bipolaren Dimensionen an. Abbildung 36 zeigt eine solche Skala, die auf den unipolaren Begriffen einer jeden Definition beruht.396 Zur Validierung der Skala wurde eine forschungsökonomische PAPI Stichprobe von 51 Probanden (Durchschnittsalter 31 Jahre, 39% weiblich) gebeten, zwei zufällig ausgewählte Automobilmarken (Audi, BMW, Mercedes Benz, MINI, Porsche oder VW) anhand der 16 unipolaren Items und anhand der bipolaren Fragen zu bewerten. Die Korrelation der Dimensionswerte der unipolaren und der bipolaren Messung zeigt eine gro395
396
Das Inventar konnte in einem unabhängigen Test bestätigt werden. Hierzu wurden die 16 unipolaren Items einer Stichprobe von 51 Probanden zur Beurteilung von zwei zufällig ausgewählten Marken (Audi, BMW, Mercedes-Benz, MINI, Porsche oder VW) vorgelegt. Der Eigenwertverlauf einer explorativen Faktorenanalyse empfiehlt wiederum eine zweidimensionale Lösung (vgl. Anhang 13). Die Faktorladungen (vgl. Anhang 14) der 16 unipolaren Begriffe lassen sich anhand des Circumplexes (vgl. Anhang 15) abbilden und entsprechen der unterstellten Einfachheitsstruktur. Anhang 16 zeigt die entsprechende Abfrage der Dimension Anspruch vs. Bescheidenheit/Natürlichkeit.
134
ße Übereinstimmung der Messalternativen (ȡDim1=0,77; ȡDim2=0,87). Somit kann die Positionierung der Marken in der Automotive Brand Personality Map neben der Messung mittels 16 Items effizient durch zwei bipolare Skalen erhoben werden. Ebenso wie Menschen können auch Pkw-Marken durch Persönlichkeitseigenschaften und Werte beschrieben werden. Dabei kann eine Marke wie auch ein Mensch eher seriös oder eher leidenschaftlich sein. Unter Seriosität verstehen wir einen erfahrenen, zuverlässigen und stabilen Charakter. Hingegen lässt sich eine leidenschaftliche Marke mit Begriffen wie jugendlich, erfrischend und wild beschreiben. Ich möchte Sie nun bitten, die folgenden Pkw-Marken diesen zwei Charakteren zuzuordnen. Bitte urteilen Sie hierbei ganz aus ihrem Gefühl heraus. Programmierung: Reihenfolge der Skala von Interview zu Interview drehen, d.h. einmal beginnt Skala mit „sehr seriös“ und beim nächsten Interview mit „sehr leidenschaftlich“. Innerhalb eines Interviews nicht drehen! Filter: Marke nur abfragen bei hinreichender Bekanntheit! Marken randomisieren! BMW
Mercedes Benz
Audi
sehr seriös
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
eher seriös
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
beides in gleichem Maße
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
eher leidenschaftlich
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
sehr leidenschaftlich
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
Würden Sie sagen, die Marke … ist…
Abbildung 36:
Alfa Saab Romeo
Volvo MINI Lexus Porsche Toyota
VW
Ford
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
Die bipolare Abfrage der Automotive Brand Personality Map (Dimension 1).
Abbildung 37 verdeutlicht beispielhaft die Positionierung von Automobilmarken in Deutschland als Ergebnis einer unveröffentlichten kontinuierlichen Imageuntersuchung eines deutschen Automobilherstellers anhand der bipolaren Abfrage.397 Dabei zeigen sich erneut die in Abschnitt 4.2.2 identifizierten Markencluster mit ähnlicher Bedeutung der Wesenszüge. Das Cluster der deutschen Premiummarken Audi, BMW und Mercedes Benz zeichnet sich durch einen hohen Anspruch aus, wogegen die Massenhersteller (Basismarken) Toyota und VW eher für Bescheidenheit/Natürlichkeit stehen. Während diese Marken sich vorrangig auf der vertikalen Achse differenzieren, werden die Kleinwagenhersteller Alfa Romeo und MINI als emotionale Marken wahrgenommen. Damit unterscheiden sie sich von den schwedischen Automobilmarken Volvo und Saab die mit Seriosität in Zusammenhang gebracht werden und daher unterschiedliche Pole der horizontalen Achse besetzen. Zudem bestätigt sich die Alleinstellung der Marke Porsche, 397
Dabei basieren die Markenurteile auf CAPI Bewertungen von jeweils 600 Neuwagenkäufern (repräsentativ bzgl. Fahrzeugbesitz verteilt) in den Jahre 2007 und 2008.
135
die als Premium-Sportwagenhersteller einen hohen Anspruch und Leidenschaft vermittelt. Mit der Automotive Brand Perception Map steht somit ein Instrument zur Verfügung, um Automobilmarken in einer zweidimensionalen Landkarte zu positionieren und zu vergleichen. Ist man an tiefergehenden Erkenntnissen der Persönlichkeit einer Marke interessiert, müssen kontextspezifische, d.h. individuelle Analysen für die Marken durchgeführt werden. Hierzu sei auf den folgenden Abschnitt verwiesen.
Anspruch Anspruch Porsche Mercedes Benz BMW Audi Lexus
Leidenschaft Leidenschaft
Seriosität Seriosität Volvo
Alfa Romeo Saab Toyota MINI
VW Ford
Bescheidenheit/ Bescheidenheit/ Natürlichkeit Natürlichkeit Abbildung 37:
136
Die Positionierung der Marken in der Automotive Brand Perception Map.
4.3.3 Marken- und Milieuspezifische Dimensionen Die Automotive Brand Perception Map ermöglicht die Positionierung von Marken auf zwei zentralen Persönlichkeitsdimensionen des deutschen Automobilmarktes. Doch existiert diese Struktur der Wesenszüge für jede Automobilmarke und jede Konsumentengruppe? Es gilt wiederum, dass die Positionierung einer Marke bei einer Konsumentengruppe auf Dimensionen nur sinnvoll ist, sofern diese Dimensionen für die Marke und Konsumenten überhaupt existieren. Hierzu kann eine Faktorisierung der Wesenszüge für jede Marke und Konsumentengruppe vorgenommen und mit der Struktur der Automotive Brand Perception Map verglichen werden. Die Faktorkongruenzen der einzelnen Marken und Milieus mit den Dimensionen der Automotive Brand Perception Map zeigt Tabelle 29.
Milieu
Marke
Gesamtmodell Alfa Romeo Audi BMW Mercedes-Benz MINI Porsche Saab Toyota VW Volvo Allianz Coca Cola Intel ETB TRB AUF MBL HED MOD
Tabelle 29:
,88 ,88 ,73 ,69 ,93 ,53 ,91 ,91 ,85 ,92 ,71 ,66 ,64 ,95 ,95 ,98 ,96 ,88 ,97
Kongruenz Dimension 1
Dimension 2 ,93 ,92 ,95 ,90 ,96 ,88 ,94 ,94 ,91 ,94 ,81 ,85 ,91 ,99 ,97 ,99 ,98 ,94 ,99
,93 ,91 ,63 ,62 ,93 ,17 ,88 ,94 ,87 ,91 ,69 ,61 ,48 ,97 ,95 99 ,96 ,90 ,97
Die Kontextabhängigkeit der Automotive Brand Perception Map.
Die Analyse der Persönlichkeitsstruktur in den sozialen Milieus bestätigt die zweidimensionale Struktur der Automotive Brand Perception Map. In allen Milieus ergeben sich für beide Faktoren hohe Kongruenzen. Bei der Analyse der einzelnen Marken kann ebenfalls der erste Faktor der Seriosität vs. Leidenschaft repliziert werden. Selbst bei den nicht-automobilen Marken Allianz, Coca Cola und Intel offenbaren sich diese Dimensionen. Dies bestätigt die These der übergreifenden Ordnung der Wesenszüge anhand rationaler und emotionaler Aspekte. Die zweite Dimension Anspruch vs. Bescheidenheit kann dagegen im Kontext einzelner Marken nur eingeschränkt aufgefun137
den werden.398 Vor allem bei der Marke Porsche stellt sich ein abweichender Faktor heraus. Abbildung 38 veranschaulicht das Circumplex der Marke Porsche (rotiert zur maximalen Kongruenz mit der Automotive Brand Perception Map) und verdeutlicht die andersartige Strukturierung der Wesenszüge anhand der zweiten Dimension. Diese bildet die Kreativität und Flexibilität im Positiven und das Bekannte im Negativen ab. Dabei laden auf den Pol des Bekannten in einer emotionalen Interpretation (links unten) bekannte Kernkompetenzen der Marke (bspw. „sportlich“ und „exklusiv“). In einer eher rationaleren Interpretation des Faktors (rechts unten) ergeben sich jedoch auch Begriffe wie „langweilig“ und „altbekannt“. Damit besteht für die Marke Porsche die Gefahr, dass ein Begriff wie „sportlich“ noch stärker mit „altbekannt“ und „langweilig“ in Verbindung gebracht werden könnte.
kre pha nt
ativ flex
asie voll
l ibe nt zie effi
zukunftsorientiert robust vertrauenswürdig bodenständig
sinnlich erfrischend
stabil zuverlässig unkompliziert solide
leidenschaftlich sexy erotisch wild exotisch frech verspielt
sicherheitsbewusst beständig erfahren traditionell
glamourös
arr
nt oga g itzi spr klusiv ex
Abbildung 38:
rt spo
lich
a lan ltbeka gw eili nnt g ans beka a n p n kr a ftvo gese ruchsnt hen v o ll ll
Das Circumplex der Faktorisierung der Marke Porsche (nach ipsatization).
Somit werden die Automobilmarken selbst in der branchenspezifischen Automotive Brand Perception Map unterschiedlich gut abgebildet. Es stellt sich die Frage, ob systematische Einflüsse existieren, wonach einige Marken die Dimensionen der übergreifenden Analysen stärker beeinflussen als andere und deren Verständnis daher 398
Dabei bestätigt sich die mangelnde Eignung der ABPM zur Beschreibung nicht-automobiler Marken.
138
besser repräsentiert wird. Es zeigt sich, dass unbekannte Marken ohne Profil die Strukturierung stärker bestimmen als etablierte Marken. Eine Begründung dafür liegt in der Unsicherheit, wenn unbekannte bzw. noch nicht profilierte Marken beurteilt werden. Dies verdeutlicht eine signifikant negative Korrelation399 (ȡ=-0,76) zwischen der Bekanntheit der Marke und der durchschnittlichen Standardabweichung bei der Bewertung der Wesenszüge einer Marke. Diese hohe Standardabweichung impliziert Varianz, welche die Faktorisierung zu erklären versucht. Demnach ist das übergreifende Ergebnis der Faktorenanalyse näher an der Struktur der varianzstarken (unbekannten) Marken als an den etablierten Marken. Ein signifikant positiver Zusammenhang400 (ȡ=0,66) zwischen der durchschnittlichen Standardabweichung bei der Bewertung der Wesenszüge einer Marke und der Gesamtkongruenz der Persönlichkeitsstruktur der Marke mit der Automotive Brand Perception Map unterstreicht diese Vermutung. Die Automotive Brand Perception Map strukturiert somit die Markenpersönlichkeit im automobilen Kontext anhand von zwei Dimensionen. Damit bietet sich ein grobes Raster zur Positionierung von Automobilmarken. Für ein tiefergehendes Verständnis der Persönlichkeit sind weitere Dimensionen aufzudecken. Es zeigte sich bereits, dass eine Vier-Faktoren-Struktur im zweidimensionalen Raum der Automotive Brand Perception Map durch eine zusätzliche Interpretation der Diagonalen abbilden lässt.401 Bei der Exploration einer fünften Dimension werden die Innovation und der Fortschritt der Marke mit Langeweile kontrastiert. Hierbei ist zu klären, inwiefern dieser zusätzliche Faktor wiederum bei allen Automobilmarken vorherrscht oder nur in einer branchenübergreifenden Analyse durch die Varianz zwischen den Marken entsteht. Dazu wird die fünfdimensionale Strukturierung der Wesenszüge einer branchenübergreifenden Analyse mit einer Strukturierung der einzelnen Marken verglichen. Tabelle 30 gibt die entsprechenden Faktorkongruenzen der auf maximale Ähnlichkeit rotierten Ladungsmatrizen wieder. Dabei zeigt sich für die ersten vier Faktoren eine hohe Bestätigung der Dimensionen der branchenübergreifenden Analyse. Demgegenüber ist der fünfte Faktor in den einzelnen Marken- und Milieukontexten nur schwer replizierbar. Somit erscheint eine übergreifende Strukturierung der Persönlichkeit im automobilen Kontext lediglich
399 400 401
Die Signifikanzaussagen basieren auf dem 5% Signifikanzniveau. Die Signifikanzaussagen basieren auf dem 5% Signifikanzniveau. Vgl. Abschnitt 4.3.2.
139
auf den zwei (bzw. bei Integration der Diagonalen auf den vier Dimensionen) der Automotive Brand Perception Map angemessen. Kongruenz
Milieu
Marke
Alfa Romeo Audi BMW Mercedes Benz MINI Porsche Saab Toyota VW Volvo Allianz Coca Cola Intel ETB TRB AUF MBL HED MOD
Tabelle 30:
Gesamt
F1
F2
F3
F4
F5
,87 ,85 ,89 ,84 ,80 ,75 ,82 ,86 ,85 ,88 ,72 ,73 ,77 ,85 ,85 ,91 ,92 ,76 ,94
,94 ,92 ,84 ,94 ,89 ,83 ,90 ,93 ,88 ,92 ,81 ,79 ,76 ,94 ,92 ,92 ,93 ,89 ,95
,89 ,92 ,84 ,82 ,91 ,67 ,83 ,92 ,86 ,89 ,64 ,64 ,80 ,93 ,91 ,97 ,93 ,90 .94
,90 ,85 ,90 ,87 .80 ,70 ,82 ,87 ,83 ,87 ,71 ,83 ,84 ,84 ,84 ,92 ,94 ,83 ,97
,92 ,84 ,93 ,81 ,65 ,87 ,90 ,89 ,88 ,93 ,76 ,79 ,81 ,91 ,94 ,98 ,94 ,64 ,97
,77 ,74 ,82 ,82 ,77 ,64 ,71 ,66 ,84 ,83 ,79 ,79 ,77 ,60 ,72 ,86 ,94 ,53 ,94
Die Kontextabhängigkeit einer Fünf-Faktoren-Persönlichkeitsstruktur im Automobilmarkt.
Zur effektiven Steuerung der Marke ist es aber unabdingbar, weitere Dimensionen zu betrachten. Hierzu bedarf es einer kontextspezifischen Strukturierung des Persönlichkeitskonstruktes. Es gilt, innerhalb einer homogenen Grundgesamtheit (mit Blick auf das Verständnis der Wesenszüge) zu arbeiten. Eine solche Clusterung für den Automobilmarkt wurde in Abschnitt 4.2.2 vorgestellt. Im Folgenden werden beispielhaft die Basisdimensionen des Premiumclusters der Marken Audi, BMW und Mercedes Benz aufgedeckt. Abbildung 39 zeigt den Eigenwertverlauf der Faktorisierung der Wesenszüge. Es empfiehlt sich eine Fünf-Faktoren-Struktur. Eigenwert 5 4 3 2 1 0 1
Abbildung 39:
140
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Faktorzahl
Eigenwerte der Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz.
Unter der Zielsetzung, die Marken möglichst umfassend zu beschreiben, ist es notwendig, soviel Faktoren wie möglich zu extrahieren. Daher ist zu testen, ob mehr als die bereits durch den Eigenwertverlauf ermittelten fünf Faktoren zuverlässig identifiziert werden können. Dazu wird die Stichprobe zufällig geteilt und geprüft, wieviele Faktoren jeweils in beiden unabhängigen Subsamples aufgedeckt werden können.402 Die Faktorladungen der beiden unabhängigen Subsample-Analysen werden dazu entsprechend der Procrusted Rotation auf minimale Abweichung rotiert und die Faktorkongruenzen berechnet.403 Tabelle 31 zeigt in Abhängigkeit der Faktorenzahl, ob die Faktoren in beiden Substichproben zu finden sind. Die ersten fünf Faktoren mit den höchsten Eigenwerten (vgl. Abbildung 39) besitzen eine hohe Reliabilität. Bei einem Grenzwert der Faktorkongruenz von 0,8404 kann sogar eine Sechs-Faktoren-Lösung akzeptiert werden, die 50% der Varianz der 120 Wesenszüge erklärt. Anzahl extrahierter Faktoren
F1
F2
2 3 4 5 6 7 8 9 10
1.00 .98 .98 .98 .98 .98 .98 .98 .98
.99 .96 .92 .90 .91 .92 .91 .92 .91
Tabelle 31:
Kongruenz des Faktors in einem Split-Half-Sample F3 F4 F5 F6 F7 F8 .85 .96 .96 .95 .86 .86 .86 .86
.90 .90 .88 .87 .87 .89 .89
.93 .90 .92 .93 .95 .95
.80 .81 .82 .82 .83
.72 .61 .68 .68
.52 .66 .65
F9
F10
.55 .57
.55
Faktorkongruenzen eines Half-Split-Samples in Abhängigkeit der Faktorenzahl.
Tabelle 32 veranschaulicht die fünf Items mit der höchsten Ladung auf dem entsprechenden Faktor. Die ersten zwei Faktoren beschreiben die bereits bekannten Dimensionen der Seriosität und Leidenschaft aus der branchenübergreifenden Analyse in Abschnitt 4.3.2. Analog können Faktor 4 bzw. Faktor 6 als Faktoren der Bescheidenheit bzw. des Anspruches der Automotive Brand Perception Map interpretiert werden. Zusätzlich zeigt sich ein Faktor der Sportlichkeit/Jugendlichkeit (Faktor 3). Weiterhin manifestiert sich in Faktor 5 die Beschreibung der Marke als „arrogant“ und „aggressiv“ im Negativen und „umweltfreundlich“ im Positiven.
402 403 404
Vgl. Everett (1983) zum Einsatz der Half-Split-Sample-Analyse zur Bestimmung der Faktorenzahl. Vgl. Abschnitt 4.2.3. Vgl. Barrett (2006).
141
F1 1 2 3 4 5
F2
erfahren (.75) qualitätsbewusst (.75) kompetent (.74) leistungsfähig (.74) professionell (.74)
Tabelle 32:
erotisch (.75) sinnlich (.74) sexy (.72) romantisch (.70) leidenschaftlich (.69)
F3
F4
jugendlich (.61) sportlich(.56) spritzig (.53) trendy (.51) konservativ (-.50)
F5
einfach (.64) schlicht (.63) nüchtern (.57) dezent (.39) unkompliziert (.36)
F6
arrogant (-.65) aggressiv (-.52) radikal (-.47) verrückt (-.46) umweltfreundlich (.31)
extravagant (.57) originell (.38) glamourös (.35) unkonventionell (.33) exklusiv (.33)
Top-5-Ladungen einer sechsdimensionalen Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz.
Zum tieferen Verständnis der rein inhaltlichen Zusammenhänge der Wesenszüge werden auch an dieser Stelle Antwortverzerrungen aufgrund von Halo-Effekten der grundsätzlichen Markeneinstellung bereinigt (ipsatization).405 Mit Blick auf den Eigenwertverlauf (vgl. Anhang 17) empfiehlt sich eine Fünf-Faktoren-Struktur mit einer Varianzerklärung von 23%.406 In Tabelle 33 werden diese Faktoren mit den drei stärksten positiv und negativ ladenden Indikatoren beschrieben. Dabei bilden Faktor 2 (Seriosität vs. Leidenschaft) und Faktor 5 (Anspruch vs. Bescheidenheit/Natürlichkeit) die Dimensionen der Automotive Brand Perception Map ab. Weitere Ausdifferenzierung erfährt die Markenpersönlichkeit durch clusterspezifische Dimensionen. Dabei stellt Faktor 1 der Sportlichkeit und der Jugendlichkeit Begriffe wie „konservativ“ und „langweilig“ gegenüber. Faktor 3 betont die Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit der Marke, wogegen Faktor 4 die Veränderbarkeit der Marke abbildet. Hierbei wird der stetige Fortschritt auf der einen Seite mit der radikalen Umwälzung bzw. Revolution auf der anderen Seite kontrastiert. Neben den branchenübergreifenden Dimensionen der Seriosität vs. der Leidenschaft und des Anspruches vs. der Bescheidenheit/Natürlichkeit stehen für das Premuimcluster Audi, BMW und Mercedes Benz somit die Dimensionen der Sportlichkeit, der Glaubwürdigkeit und der Innovationskraft bei der Markenwahrnehmung der Konsumenten im Vordergrund. F1 pos 1 pos 2 pos 3 neg 1 neg 2 neg 3
spritzig (.49) sportlich (.49) jugendlich (.48) konservativ (-.60) langweilig (-.51) nüchtern (-.41)
Tabelle 33:
405 406
F2 erfolgsorientiert (.45) leistungsfähig (.41) professionell (.40) erotisch (-.50) sexy (-.49) sinnlich (-.49)
F3 (.46) glaubwürdig(.46) vorbildlich (.45) arrogant (-.52) aggressiv (-.47) langweilig (-.42) vertrauenswürdig
F4 fortschrittlich (.51) zuverlässig (.41) sicher (.37) radikal (-.44) revolutionär (-.42) verspielt (-.40)
F5 elegant (.46) anspruchsvoll (.43) exklusiv (.42) einfach (-.46) schlicht (-.41) nüchtern (-.36)
Top-3-Ladungen einer fünfdimensionalen Faktorisierung des Premiumclusters Audi, BMW und Mercedes Benz (nach ipsatization).
Vgl. Abschnitt 2.1.2.4. Die Faktorkongruenzen einer Half-Split-Sample-Analyse unterstützen ebenfalls eine Fünf-FaktorenLösung (Faktor 1: 0,96; Faktor 2: 0,93; Faktor 3: 0,92; Faktor 4: 0,89; Faktor 5: 0,84).
142
4.3.4 Zusammenfassung Ziel dieses Kapitels war es, die Hypothesen zur Kontextabhängigkeit der Persönlichkeitsdimensionen zu prüfen: H2a: Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig von der betrachteten Marke. H2b: Die Persönlichkeitsdimensionen sind abhängig vom urteilenden Konsumenten. Aus den Ergebnissen der Analysen ist zu schlussfolgern, dass die Hypothesen abhängig vom Abstraktionsgrad der Basisdimensionen beurteilt werden müssen. Abschnitt 4.3.1 verdeutlichte, dass die Anwendung bestehender Inventare im automobilen Kontext nicht unmittelbar möglich ist. Es konnten jedoch die Metafaktoren der Emotionalität und Rationalität repliziert werden, die bereits in Abschnitt 2.1.2.3 als Bestandteil nahezu aller vorherrschenden Strukturierungsversuche der Markenpersönlichkeit identifiziert wurden. Diese Faktoren bestätigten sich auch bei der explorativen Suche nach Basisdimensionen der Markenpersönlichkeit im automobilen Kontext (vgl. Abschnitt 4.3.2). Es ist demnach zu vermuten, dass sich kontextunabhängig die zwei gegensätzlichen Metafaktoren des Denkens (kognitive Markenkomponenten) und des Fühlens (affektive Markenkomponenten) zeigen. Für die Automobilbranche lassen sich neben diesen beiden Komponenten die Faktoren Anspruch vs. Bescheidenheit/Natürlichkeit aufdecken. Zusammen mit der Grunddimension der Rationalität vs. Emotionalität spannen diese die Automotive Brand Perception Map auf. Damit wird ein Raster zur Positionierung von Automobilmarken angeboten. Für weitergehende Dimensionierungen der Persönlichkeit ist aufgrund der spezifischen Semantik der Wesenzüge der jeweilige Marken- bzw. Konsumentenkontext zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 4.3.3). Am Beispiel des Premiumclusters der Marken Audi, BMW und Mercedes Benz konnten dabei neben den
Dimensionen
der
Automotive
Brand
Perception
Map
die
Sportlich-
keit/Jugendlichkeit, die Glaubwürdigkeit und die Innovationskraft als Dimensionen der Markenpersönlichkeit aufgedeckt werden.
143
5
Zusammenfassung und Implikationen
Im abschließenden Kapitel werden aus den Erkenntnissen der vorangehenden Analyse zur Markenpersönlichkeit Implikationen für die Wissenschaft und die Praxis abgeleitet. Dazu sind die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit zunächst zu reflektieren. Das erste Forschungsziel der vorliegenden Arbeit war es, das Konstrukt der Markenpersönlichkeit umfassend zu konzeptualisieren. Im Vordergrund standen dabei Fragen nach der Definition und den Analyseeinheiten der Persönlichkeit einer Marke. Die Markenpersönlichkeit wird in der bisherigen Literatur als Übertrag jeglicher menschlicher Charaktereigenschaften auf die Marke definiert. Diese Konstruktdefinition ist jedoch nur dann von Nutzen, wenn geklärt ist, was unter einer menschlichen Charaktereigenschaft zu verstehen ist. Damit wird das Definitionsproblem der Markenpersönlichkeit auf die Ebene der Charaktereigenschaften als Analyseeinheiten der Persönlichkeit verlagert, die schlussendlich als multidimensionales Profil das Konstrukt bilden. Ein klares Verständnis der Analyseeinheiten erscheint somit für die eindeutige Definition der Markenpersönlichkeit notwendig. Hierzu wurde in Kapitel 2 der Begriff der Wesenszüge aus der Persönlichkeitspsychologie aufgegriffen. Nach persönlichkeitspsychologischer Auffassung wird für Personen beschreibende Eigenschaften eine gewisse Dauerhaftigkeit gefordert, um als Wesenszüge die Persönlichkeit zu bilden. Jedoch ist der geforderte Grad der Dauerhaftigkeit nicht festgelegt, so dass unterschiedlichste Personen beschreibende Begriffe als Wesenszüge in Frage kommen. Um die Wesenszüge der Persönlichkeit systematisch zu erheben, wurden daher jegliche Personen beschreibenden Begriffe des deutschen Wortschatzes in einem Kategoriesystem anhand ihrer Dauerhaftigkeit strukturiert und ihre Anwendbarkeit als Wesenszug und damit Bestandteil der Markenpersönlichkeit diskutiert. In der bestehenden Literatur unterscheiden sich primär zwei Zusammenstellungen von Kategorien als Markenpersönlichkeit i.e.S. und i.w.S. Zum einen fokussieren sich Forscher ausschließlich auf Temperamentsbegriffe als Wesenszüge der Persönlichkeit (Markenpersönlichkeit i.e.S.). Erweitert um das Verständnis von Fähigkeiten und äußeren Charakteristika, ergibt sich zum anderen die Markenpersönlichkeit i.w.S. Diese breiter gefasste Definition der Markenpersönlichkeit liegt den meisten Analysen zugrunde, da eine umfassende Beschreibung der Marke mit personenbezogenen Assoziationen ermöglicht wird – denn auch Erkenntnisse zu Kompetenzen und Fähigkeiten sowie dem Design stellen zentrale Markenaspekte dar. 144
Darüber hinaus stand die Suche nach einer Strukturierung der Wesenszüge in übergeordnete Basisdimensionen der Persönlichkeit im Fokus der Untersuchung. Hierbei zeigte sich wiederum, dass unterschiedlichste Strukturierungen existieren. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage nach der Existenz einer allgemeingültigen Persönlichkeitsstruktur. Ausgehend von dieser Frage leitete sich das zweite Forschungsziel der vorliegenden Untersuchung ab. Demnach war zu klären, inwieweit die „eine wahre“ Markenpersönlichkeit existiert bzw. je nach Kontext unterschiedliche Begriffsverständnisse existieren. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurden in Kapitel 3 Hypothesen erarbeitet. Abgeleitet aus dem Bezugsrahmen der Messtheorie nach Rossiter (2002), der neben den Analyseeinheiten (Wesenszüge) das Untersuchungsobjekt (Marken) und die Probanden (Konsumenten) betont, wurden die betrachtete Marke und der urteilende Konsument als Kontextfaktoren der Markenpersönlichkeit angeführt. So unterstellte Hypothese 1 einen Einfluss der Kontextfaktoren auf die Semantik der einzelnen Wesenszüge. Zudem postulierte Hypothese 2, dass die Konstitution der Basisdimensionen und damit die Zusammenfassung der Wesenszüge zu Metafaktoren der Persönlichkeit jeweils von der Marke und vom Konsument abhängen. Eine empirische Analyse des deutschen Automobilmarktes in Kapitel 4 verifizierte Hypothese 1. Mittels der Generalizability Theory konnte aufgezeigt werden, dass die Bedeutung eines Wesenszuges in Abhängigkeit der betrachteten Marke und dem urteilenden Konsumenten variiert. Im automobilen Kontext wird bspw. die Eigenschaft „sportlich“ häufig mit „kraftvoll“ verbunden, wohingegen diese Eigenschaft im Kontext von Erfrischungsgetränken mit den Begriffen „gesund“ und „erfrischend“ korreliert. Einige Marken- und Konsumentengruppen besitzen dabei ähnliche Interpretationsformen und lassen sich in Clustern zusammenfassen. Innerhalb dieser Gruppen sind Vergleiche der Wesenszüge zwischen den Marken und Konsumenten aufgrund des ähnlichen Begriffsverständnisses unmittelbar möglich. So zeigen sich bspw. bei den drei deutschen Premium-Automobilmarken Audi, BMW und Mercedes Benz aus Sicht der Zielgruppe (etabliertes Milieu, aufstiegsorientiertes Milieu sowie moderne Milieus) vergleichbare Interpretationsmuster. Das Aufdecken dieser Bedeutungsräume für jeden Wesenszug innerhalb der Marken- bzw. Konsumentencluster erlaubt ein tieferes Begriffsverständnis. Für das Cluster der Marken Audi, BMW und Mercedes Benz differenziert sich bspw. der Begriff „sportlich“ in die Faktoren „Der Starke“ (physische
145
Kraft steht im Vordergrund), „Der Aufrechte“ (Fokus liegt auf der mentalen Einstellung bspw. dem Fairplay-Gedanken) und „Der Streiter“ (Wettkampfgedanke dominiert). Die Vielzahl der Wesenszüge lässt sich für einen effizienten Umgang anhand ähnlicher Bedeutungen in Basisdimensionen zusammenfassen. Gemäß der Hypothese 2 war zu prüfen, inwiefern kontextunabhängig die gleichen Dimensionen aufgedeckt werden können. Dabei zeigten sich in Abhängigkeit des Abstraktionsgrades der Dimensionierung unterschiedliche Ergebnisse. Bei der Suche nach einer zentralen Dimension der Persönlichkeit lassen sich kontextübergreifend die Wesenszüge anhand rationaler und inhaltlich entgegengesetzter emotionaler Aspekte ordnen. Unabhängig von der betrachteten Marke und dem sozialen Milieu des Konsumenten stellt die Dimension Rationalität vs. Emotionalität somit eine zentrale Persönlichkeitsdimension dar. Die Erarbeitung weiterer Ausdifferenzierung der Persönlichkeit scheint jedoch nur noch im jeweiligen Marken- und Konsumentenkontext möglich. So ergibt sich bspw. im Rahmen von Automobilmarken bei deutschen Konsumenten eine Dimension Anspruch vs. Bescheidenheit/Natürlichkeit, die außerhalb des automobilen Kontextes nicht aufgedeckt werden konnte. Somit lassen sich Automobilmarken in ein branchenspezifisches Raster der Rationalität vs. der Emotionalität und des Anspruchs vs. der Bescheidenheit/Natürlichkeit einordnen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurde in Form der Automotive Brand Perception Map eine „Landkarte“ entwickelt, die eine Positionierung und einen Vergleich der Automobilmarken ermöglicht. Für die Ableitungen spezifischer Handlungsempfehlungen anhand konkreterer Dimensionen empfiehlt sich ein Arbeiten innerhalb von Marken- und Konsumentenclustern mit ähnlichen semantischen Interpretationen der Wesenszüge. Für das Cluster der Marken Audi, BMW und Mercedes Benz können bspw. sechs Dimensionen (Seriosität/Kompetenz, Leidenschaft, Sportlichkeit/Jugendlichkeit, Bescheidenheit, Freundlichkeit und Glamour) aufgedeckt werden, die sich bei anderen (Automobil-) Marken in dieser Form nicht replizieren. Im folgenden Abschnitt werden Implikationen der vorliegenden Forschungsarbeit für die Wissenschaft abgeleitet. Die Arbeit fordert eine stärkere Konzeptualisierung von Konstrukten und nimmt eine kontextuelle Perspektive ein, die auf den ersten Blick möglicherweise destruktiv wirkt und den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt mit der Suche nach allgemeingültigen Aussagen bzw. Theorien eher zu hemmen als voranzutreiben scheint. So zwingt der kontextuelle Grundgedanke den Forscher, bei jeder 146
Analyse die zentralen Rahmenbedingungen (Kontexte) zu beachten und damit die Ergebnisse einzuschränken. Dies hilft jedoch schlussendlich, die Ergebnisse zu präzisieren. Durch Sensibilisierung für die Kontextabhängigkeit des Konstruktes werden die Rahmenbedingungen und der Gültigkeitsbereich der Untersuchung systematisiert, was in einem tieferen Konzeptverständnis endet. Im Laufe der Konzeptualisierung der Markenpersönlichkeit zeigen sich die Marke und der Konsument als Kontextfaktoren der Interpretation und der Strukturierung des Konstruktes. Eine allgemeine Konzeption der Wesenszüge und der Basisdimensionen ist nur eingeschränkt möglich, da die Übergeneralisierung über heterogene Kontexte u.U. zu Scheinkonstrukten führt, welche auf der Ebene einzelner Marken oder Konsumenten nicht existieren. Ausgehend von einem detaillierten Persönlichkeitsverständnis kann weitere Forschung zu den Determinanten und der Wirkung der Persönlichkeit ansetzen. Einerseits sind dabei für eine effiziente Konstruktsteuerung die Stellhebel zu identifizieren, mit denen sich die Wesenszüge und Basisdimensionen beeinflussen lassen. Bisher existieren wenige Untersuchungen, die mehrere Determinanten zugleich gegenüberstellen und damit relative Aussagen zur Effektivität der einzelnen Größen ermöglichen. Andererseits kann weitere Forschung zur präferenzsteigernden Wirkung des Konstruktes zu einem tieferen Verständnis des Konsumentenverhaltens beitragen.407 Die Verknüpfung der Markenpersönlichkeit zur Wertschätzung der Marke lässt sich in Einstellungsmodellen abbilden.408 Demnach werden die Komponenten der Markenpersönlichkeit in einem ersten Schritt unabhängig voneinander analysiert, wobei vor dem Hintergrund der Wertevorstellungen der Urteilenden Teilnutzenwerte für jeden Wesenszug zu berechnen sind. Der Transfer erfolgt mittels Idealvektor- (mehr/weniger der jeweiligen Eigenschaft ist besser)409 bzw. Idealpunktmodellen (bspw. näher an der Konsumentenpersönlichkeit ist besser).410 Es wird bspw. ermittelt, inwiefern eine Verknüpfung der Marke mit dem Begriff „sportlich“ die Präferenz für die Marke steigert.
407 408
409
410
Vgl. Lutz (1975). Vgl. Myers/Alpert (1968); Böcker (1986), S. 557 ff.; für eine frühe Metaanalyse vgl. Wilkie/Pessemier (1973). Zu Verfahren der Präferenzmodellierung vgl. Albrecht (2000), S. 22 ff. Teilnutzenfunktion des Idealvektormodells eines Wesenszuges i bei Marke s einer Person k: uisk=Įiskxisk (mit u: Nutzen, Į: Bewertungskonstante, x: Eigenschaftsausprägung). Teilnutzenfunktion des Idealpunktmodells eines Wesenszuges i bei Marke s einer Person k: uisk=Įik(xisk-x*isk) (mit u: Teilnutzenwert, Į: Bewertungsfunktion, x: Eigenschaftsausprägung, x*: Idealpunkt der Eigenschaft bspw. das ideale oder das tatsächliche Selbst der betrachteten Person).
147
Daraufhin erfolgt eine Verknüpfung dieser Teilnutzenwerte aller Wesenszüge, wodurch sich die Gesamtpräferenz ergibt.411 Bei der Bewertung der Marke kombinieren die Konsumenten bspw. den Nutzenwert, welchen die Marke aufgrund ihrer „Sportlichkeit“ bietet, und den Nutzenwert, welchen die Marke aufgrund ihrer „Kultiviertheit“ bietet. Je nach Annahme der Unabhängigkeit der Teilnutzenwerte verbinden sich diese Werte kompensatorisch412 oder nichtkompensatorisch.413 Das lineare (d.h. Idealvektor), additive (d.h. kompensatorische) Einstellungsmodell ist dabei aufgrund seiner Einfachheit am weitesten verbreitet.414 Diesem folgend, führt eine zusätzliche Einheit an Sportlichkeit zur Stärkung der Marke um einen konstanten Faktor. Allerdings widerspricht dieses Vorgehen dem Ganzheitlichkeitsgedanken einer jeden Persönlichkeit, nach dem die Wesenszüge (bspw. „sportlich“ und „kultiviert“) als organisiertes Ganzes zu betrachten sind und nicht unabhängig (kompensatorisch) voneinander wirken.415 So ist es bspw. denkbar, dass eine hohe Sportlichkeit bei einer Marke nur dann positiv bewertet wird, wenn die Marke auch eine gewisse Kultiviertheit ausstrahlt. Zudem ist die Linearitätsannahme zu hinterfragen, da ein stetiger Präferenzeffekt durch eine Steigerung der Sportlichkeit einer Automarke ins Unendliche nicht angenommen werden kann. Alternative Ansätze stellen bspw. Modellierungen anhand der Prospect Theory416 sowie der Cobb-Douglas-Funktion417 dar. Weiterhin ist anzumerken, dass auch die Relevanzen der einzelnen Wesenszüge kontextabhängig sind. Der Wesenszug „sportlich“ stellt bspw. bei der Marke BMW einen zentralen Stellhebel der Markenpräferenz dar, wohingegen bei Versicherungen (bspw. der Marke Allianz) die Eigenschaft keinerlei Relevanz besitzt.418 Die Konsumenten
411 412 413 414
415 416 417
418
Gesamtnutzenwert der Marke s einer Person k über alle Wesenszüge i: usk=Ȉi uisk (mit u: Nutzen). D.h. der individuelle Präferenzbeitrag einer Eigenschaft ist unabhängig von den weiteren Merkmalen. D.h. die Zusammenhänge zwischen den Wesenszügen werden berücksichtigt. Vgl. Rosenberg (1956); Fishbein (1963). Eine Anwendung findet sich in der Wettbewerbs-ImageStruktur-Analyse (vgl. Trommsdorff/Bookhagen/Hess (2000), S. 778 ff.; Trommsdorff/Paulssen (2001), S. 1149 ff.). Vgl. Wertheimer (1922); Asch (1946), S. 284. Vgl. Kahneman/Tversky (1979). Vgl. Varian (2003), S. 63 ff. Gesamtnutzenwert der Marke s einer Person k über alle Wesenszüge i: usk=Ȇi xiskĮisk (mit u: Nutzen, Į: Bewertungskonstante, x: Eigenschaftsausprägung). Die CobbDouglas-Funktion verknüpft somit Wesenszüge multiplikativ und erlaubt daher Interaktionseffekte. Zudem wird eine degressive Nutzenstiftung unterstellt, d.h. der zusätzliche Nutzen jeder weiteren Einheit des Wesenszuges sinkt. Diese Algebra erlaubt es dann Zielwerte bzw. optimale Verhältnisse zwischen den Wesenszügen (bei gleich hohem Grenznutzen) für eine maximale Präferenz abzuleiten. Vgl. Abschnitt 3.2.1.
148
haben zudem unterschiedliche Wertewelten und daher auch unterschiedliche Relevanzmuster.419 Bei der Berechnung der Relevanzen einzelner Wesenszüge sind aufgrund dieser Ungleichheiten wiederum marken- und konsumentenspezifische Analysen notwendig, welche für jeden einzelnen Konsumenten bei jeder einzelnen Marke die Wichtigkeit des Wesenszuges betonen.420 Neuere Verfahren, wie die hierarchisch-baysianische Methode421, der LISREL-Finite-Mixture-Ansatz422 oder der Finite-Mixture-Partial-LeastSquares-Ansatz,423 ermöglichen die Abbildung individueller Relevanzen. Abschließend werden die Implikationen für die Praxis abgeleitet. Das grundsätzliche Ziel der Markensteuerung ist es, anhand effizienter Maßnahmen beim Konsumenten Assoziationen mit der Marke zu verankern (Ist-Bild der Konsumenten), welche eine präferenzbildende Wirkung besitzen.424 Hierzu hat das Unternehmen ein Soll-Bild, seine Identität, zu definieren und dem Konsumenten zu vermitteln (vgl. Abbildung 40, Pfeil 1). Die Markenidentität beschreibt dabei, wofür die Marke aus Unternehmenssicht steht und woran sich jegliche Aktivitäten des Unternehmens auszurichten haben.425 Bei der Definition der Markenidentität sind dem sozialwissenschaftlichen Paradigma der Identitätsbildung folgend, die eigenen Kompetenzen sowie die Außenwirkung (Markenimage) zu beachten.426 Entsprechend dem resource based view (rbv) als Grundparadigma der Unternehmensführung gilt es demnach, sich kontinuierlich an den eigenen Kernkompetenzen zu orientieren (vgl. Abbildung 40, Pfeil 2).427 Damit das Unternehmen als ein authentischer, verlässlicher und einzigartiger Partner in der KonsumentMarke-Beziehung anerkannt wird, ist es notwendig, dass die Marke eine gewisse Kontinuität aufweist. Zum anderen gilt es, auch die externen Bedürfnisse (das Soll-Bild des
419 420 421
422 423 424 425 426
427
Vgl. Abschnitt 3.2.2. Vgl. Böcker (1986). Vgl. Ansari/Jedidi/Jagpal (2000). Für eine beispielhafte Anwendung der Segmentierung anhand individueller Relevanzen im Automobilmarkt vgl. Mäder et al. (2007). Vgl. Jedidi/Jagpal/DeSarbo (1997). Vgl. Hahn (2002); Hahn et al. (2002); Ringle (2006). Vgl. Hammerschmidt/Donnevert/Bauer (2008). Vgl. Aaker (2002), S. 68. Vgl. Frey/Haußer (1987), S. 17 zur Wechselseitigkeit der Selbstreflexion der eigenen, persönlichen Identität und einer externen Perspektive der Identitätszuschreibung durch Andere. Vgl. Barney (1991); Rasche (1994).
149
Konsumenten) in einem market based view (mbv) zu berücksichtigen, da dieser schlussendlich die Kaufentscheidung für eine Marke vollzieht (vgl. Abbildung 40, Pfeil 3).428 „Welchen Wert hat ein Streichholzmonopol, wenn die Kunden Feuerzeuge bevorzugen.“429
Kernkompetenzen -
Historie Vermögensgegenstände Fähigkeiten Organisationsprozesse Informationen Wissen …
Abbildung 40:
2 rbv
Markenbild aus Unternehmenssicht
Markenbild aus Konsumentensicht
Markenidentität
Markenimage
Soll-Bild bspw. Unternehmen möchte, dass Marke „sportlich“ wirkt
mbv 3
1
Soll-Bild bspw. Konsument möchte, dass Marke „sportlich“ ist
Ist-Bild bspw. Konsument nimmt die Marke als „sportlich“ wahr
Der Prozess der identitätsorientierten Markenführung.
In den vorangehenden Kapiteln wurde bereits betont, dass die Konsumenten vor dem Hintergrund des zunehmend austauschbaren funktionalen Angebotes vermehrt nach symbolischem Zusatznutzen streben. Die Marke wird als Beziehungspartner interpretiert, mit dem sich die Konsumenten auf der „Bühne des sozialen Lebens“ schmücken, freudige Momente erleben, selbst verwirklichen usw. Somit sind insbesondere die symbolischen Eigenschaften bei der Identitätsgestaltung zu berücksichtigen. Die Markenpersönlichkeit bietet sich als Abbildung des symbolischen Wissens an. Auf abstraktem Niveau der Wesenszüge wird dabei die Marke metaphorisch ähnlich einem Menschen beschrieben. Daher sollte bei der Identitätsdefinition das Unternehmenskonzept der Markenpersönlichkeit konkretisiert werden. Es ist zu definieren, welche Persönlichkeitseigenschaften die Marke besitzen soll. Dabei kann entsprechend dem market based view die Einschätzung der Konsumenten über die relevanten Wesenszüge einer Marke helfen.
428
429
Vgl. Porter (1980); Shapiro (1989). Die Integration der Angebots- in die Nachfrageperspektive zeigt sich in der strategischen Managementforschung im dynamic capability approach (vgl. Teece/Pisano/ Shuen (1997)). Im Mittelpunkt des Dogmas stehen die Ressourcen und Fähigkeiten des Unternehmens, die sich langfristig am Markt orientiert dynamisch entwickeln. Tomczak/Roosdorp (1996), S. 33.
150
Die vorliegende Arbeit empfiehlt dazu marken- und milieuspezifische Analysen innerhalb der Zielgruppe. Jedes Unternehmen steht vor der Herausforderung seine zentralen Wesenszüge und Basisdimensionen der Persönlichkeit aus Sicht der Zielgruppe aufzudecken und bei der Definition der eigenen Identität zu berücksichtigen. Sofern ein Benchmarking im Wettbewerbsumfeld erfolgt, ist zudem sicherzustellen, dass das betrachtete Wettbewerbsumfeld eine ähnliche Interpretation der Persönlichkeit aufweist und Vergleiche ausschließlich anhand gleicher Einheiten erfolgen (Anforderung der Messäquivalenz).430 Die in den vorangehenden Kapiteln skizzierte Automotive Brand Perception Map stellt hierfür ein Beispiel dar, welches ein gemeinsames Raster zur Positionierung von Automobilmarken anhand der Dimensionen Rationalität vs. Emotionalität und Anspruch vs. Bescheidenheit/Natürlichkeit bildet.431 Gleiches gilt bei der Ansprache unterschiedlicher sozialer Milieus. Liegen unterschiedliche Strukturen der Persönlichkeit bei den Konsumenten vor, ist dies in der Definition der Markenidentität zu berücksichtigen. Für ein detailliertes Verständnis der Persönlichkeit empfiehlt es sich dabei, die Bedeutungsräume der relevanten Wesenszüge (in den unterschiedlichen Gruppen) aufzudecken. Durch diese Konkretisierung der abstrakten Wesenszugsbegriffe erfolgt die Positionierung der Marke mit größerer Präzision. Aufbauend auf einem umfassenden Persönlichkeitsverständnis stellt sich die Frage nach der konkreten Präferenzwirkung des Konstruktes. Die Markenpersönlichkeit setzt sich aus vielen Wesenszügen zusammen bzw. ist multidimensional. Bei der Gestaltung der Markenpersönlichkeit erscheint eine Verbesserung aller Eigenschaften nicht zielführend, da diese teilweise sogar konträr zusammenhängen. Im Mittelpunkt steht daher die Frage, welche Persönlichkeitseigenschaften den größten Stellhebel auf die Kundenpräferenz darstellen. So zeigt sich bspw. in einer Cobb-Douglas-Modellierung eines Markenstärkeurteils432 auf die sechs Persönlichkeitsdimensionen des Premiumclusters der Automobilmarken Audi, BMW und Mercedes Benz, dass die Dimensionen der Leidenschaft und Seriosität/Kompetenz sowie die Sportlichkeit/Jugendlichkeit Stellhebel
430 431 432
Vgl. Steenkamp/Baumgartner (1998). Vgl. Abschnitt 4.3.2. Die Markenstärke vereint Valenzurteile zur Marke, wie die grundsätzliche Markensympathie, die persönliche Identifikation und die Weiterempfehlungsbereitschaft.
151
zur Stärkung der Marke darstellen.433 Bei der strategischen Planung der Markenidentität können diese Informationen über die Markenpersönlichkeit unterstützend wirken und die aktuellen Marktpräferenzen abbilden. Schlussendlich müssen jedoch unternehmensseitig die jeweiligen Markenstrategen, welche die Individualität und Besonderheiten der Marke kennen, ihre Markenvisionen definieren, da trotz notwendiger Orientierung am Markt der Konsument nicht die Marke führen kann.
433
Die relative Verteilung der Optima (auf 100% normiert) ergibt: Seriosität/Kompetenz 24%; Leidenschaft 31%; Sportlichkeit/Jugendlichkeit 21%; Bescheidenheit 0%; Freundlichkeit 15%; Glamour 9%. Demnach muss die Dimension Leidenschaft im Optimum 31%/24% mal so stark ausgeprägt sein im Vergleich zur Dimension Seriosität/Kompetenz.
152
Anhang
Sehr geehrte Auskunftsperson, vielleicht darf ich mich mit einer Bitte an Sie wenden. In dieser Untersuchung, welche Bestandteil meines Dissertationsprojektes ist, möchte ich gerne herausfinden, inwieweit menschliche Persönlichkeitseigenschaften dazu geeignet sind, die Wesenszüge von Marken zu beschreiben. So könnte beispielsweise die Marke BMW als besonders dynamisch und temperamentvoll wahrgenommen werden. Siemens dagegen mag mit den Merkmalen innovativ und kompetent treffend charakterisiert sein. Lufthansa könnte als sehr zuverlässige und vertrauenswürdige Fluglinie beschrieben werden. Coca-Cola wird oft als besonders authentisch empfunden. Marlboro wirkt als Zigarettenmarke eher männlich, Virginia Slims oder Eve 120 dagegen eher weiblich. Nicht alle menschlichen Eigenschaften sind jedoch dazu geeignet, Marken zu charakterisieren. Deshalb möchte ich gerne Ihre Einschätzung erfragen, inwieweit eine Reihe von Persönlichkeitseigenschaften zur Beschreibung von Marken IM ALLGEMEINEN (also nicht bezogen auf eine konkrete Marke) verwendet werden können. Versuchen Sie daher bitte, bei der Beurteilung stets an Marken in möglichst vielen Produkt- und Dienstleistungskategorien zu denken. Die umseitige, beispielhafte Aufstellung verschiedener Marken soll Sie dabei unterstützen, sich die Vielfalt der Marken zu vergegenwärtigen, bevor Sie zur Bewertung der Eigenschaften schreiten. Ihr Geschlecht:
männlich weiblich
Wie alt sind Sie?
Jahre
Im Voraus besten Dank für Ihre Mühe!
Dipl.-Kfm. Marcus Hattula Tel. 0174 / 8403162
Anhang 1:
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Markenbeschreibung – Seite 1.
153
Anhang 1:
154
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Markenbeschreibung – Seite 2.
Eignung von Persönlichkeitsmerkmalen zur Beschreibung von Marken Inwieweit eignen sich die folgenden Persönlichkeitseigenschaften zur Beschreibung von Marken bzw. wie sinnvoll finden Sie die Aussage: Die Marke ist … überhaupt sehr nicht schlecht schlecht mäßig 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47
laut durchschnittlich billig aktiv seltsam empfindlich blind beharrlich gewaltsam lautstark verärgert bodenständig rücksichtslos angespannt fassungslos gesellig kleinlaut platt stur gesprächig unverschämt zerstreut einfach gewissenhaft schlicht einsam sonderlich hartnäckig angepasst blöd gleichgültig idealistisch niedergeschlagen verspielt eitel individualistisch arrogant fieberhaft lahm initiativ rasend süchtig verächtlich klar denkend zögernd schwer schlimm
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
hervorsehr gut ragend
gut 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6
7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7
Anhang 1: Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Markenbeschreibung – Seite 3.
155
Sehr geehrte Auskunftsperson, vielleicht darf ich mich mit einer Bitte an Sie wenden. In dieser Untersuchung, welche Bestandteil meines Dissertationsprojektes ist, möchte ich herausfinden, inwieweit einzelne Persönlichkeitseigenschaften geeignet sind, die erfolgreiche Steuerung von Marken inhaltlich zu unterstützen. Eine dabei ungeeignete Gruppe von Persönlichkeitscharakteristika stellen Globalurteile dar, welche 1) allgemeine Werturteile über das Beurteilungsobjekt fällen, ohne auf dessen Beschaffenheit einzugehen (bspw.: "gut")oder 2) die Andersartigkeit des Beurteilungsobjektes beschreiben, ohne Aufschluss zu geben worin diese begründet ist (bspw.: "(un-)gewöhnlich"). Für eine erfolgreiche Markensteuerung sind jedoch diese Fragen nach den Ursachen zentral. Deshalb möchte ich Ihre Einschätzung erfragen, welche Persönlichkeitseigenschaften neben einer reinen globalen Bewertung oder Ähnlichkeitsaussage hierzu keinen näheren inhaltlichen Aufschluss geben. Versuchen Sie bitte, bei der Beurteilung stets an Marken im Allgemeinen, d.h. in möglichst vielen Produkt- und Dienstleistungskategorien, zu denken.
Ihr Geschlecht:
männlich weiblich
Wie alt sind Sie?
Jahre
Im Voraus besten Dank für Ihre Mühe!
Dipl.-Kfm. Marcus Hattula Tel. 0174 / 8403162
Anhang 2:
156
Der Fragebogen zur Identifikation von Personen beschreibenden Globalurteilen – Seite 1.
Kennzeichnen Sie bitte die folgenden Persönlichkeitseigenschaften, welche neben reinen globalen Bewertungen oder Ähnlichkeitsurteilen keine weitergehende inhaltliche Aussage treffen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47
Anhang 2:
kompetent beständig verantwortungsvoll leistungsfähig stabil sicherheitsbewusst führend stark überdurchschnittlich perfekt unverfälscht zielbewusst konkurrenzfähig unschlagbar erfolgsorientiert einflussreich freundlich verführerisch romantisch rassig reizvoll faszinierend glamourös stilvoll modebewusst exklusiv natürlich sportlich eindrucksvoll genial einfallsreich dynamisch zeitgemäß vielfältig unkonventionell technisch schlicht einfach nüchtern vertrauenswürdig seriös qualitätsbewusst angesehen professionell präzise bedeutend echt
Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil Allg. Werturteil
Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung Ähnlichkeitsbewertung
Der Fragebogen zur Identifikation von Personen beschreibenden Globalurteilen – Seite 2.
157
Sehr geehrte Auskunftsperson, vielleicht darf ich mich mit einer Bitte an Sie wenden. In dieser Untersuchung, welche Bestandteil meines Dissertationsprojektes ist, möchte ich herausfinden, inwieweit einzelne Paare von Persönlichkeitseigenschaften aufgrund identischer Bedeutung bei der Markenbeschreibung austauschbar sind. Ziel ist es Eigenschaftspaare zu identifizieren, welche im Rahmen der Beschreibung von Marken totale Synonyme darstellen. Es wird gefordert, dass beide Begriffe exakt den gleichen Bedeutungsraum besitzen und eine Entscheidung für oder gegen das entsprechende Wort keine inhaltlichen Folgen für die Aussage hat. Sollte ein Begriff einen zusätzlichen nicht geteilten Bedeutungsaspekt besitzen, kann nicht von einem totalen Synonym ausgegangen werden. Beim folgenden ersten Begriffspaar ist somit zu entscheiden, ob die Angaben „die Marke X ist ausdrucksvoll“ und „die Marke X ist ausdrucksstark“ nur Variationen der gleichen Aussage darstellen. Versuchen Sie bitte, bei der Beurteilung stets an Marken im Allgemeinen, d.h. in möglichst vielen Produkt- und Dienstleistungskategorien, zu denken.
Ihr Geschlecht:
männlich weiblich
Wie alt sind Sie?
Jahre
Im Voraus besten Dank für Ihre Mühe!
Dipl.-Kfm. Marcus Hattula Tel. 0174 / 8403162
Anhang 3:
158
Der Fragebogen zur Identifikation von Synonymen – Seite 1.
Kennzeichnen Sie bitte die folgenden Eigenschaftspaare, welche Ihrer Meinung nach exakt den gleichen Bedeutungsraum besitzen und austauschbar zur Markenbeschreibung genutzt werden können:
Anhang 3:
1
ausdrucksvoll – ausdrucksstark
2
echt – authentisch
totales Synonym totales Synonym
3
gesund – frisch
totales Synonym
4
modern – fortschrittlich
totales Synonym
5
niveauvoll – anspruchsvoll
totales Synonym
6
progressiv – fortschrittlich
totales Synonym
7
seriös – ehrlich
totales Synonym totales Synonym
8
stabil – gesund
9
temperamentvoll – dynamisch
totales Synonym
10
umweltfreundlich – natürlich
totales Synonym
11
vielseitig – vielfältig
totales Synonym
12
widerstandsfähig – beständig
totales Synonym
13
wild – temperamentvoll
totales Synonym
14
zuverlässig – authentisch
totales Synonym
15
angesehen – bekannt
totales Synonym
16
pfiffig – raffiniert
totales Synonym
17
einprägsam – lebendig
totales Synonym totales Synonym
18
zuverlässig – sicher
19
elegant – chic
totales Synonym
20
glaubwürdig – authentisch
totales Synonym
21
modisch – modern
totales Synonym
22
originell – kreativ
totales Synonym
23
progressiv – modern
totales Synonym
24
sexy – erotisch
totales Synonym
25
stabil – robust
totales Synonym
26
trendy – modisch
totales Synonym
27
temperamentvoll – lebendig
totales Synonym
28
unkompliziert – einfach
totales Synonym
29
zeitgemäß – modern
totales Synonym totales Synonym
30
natürlich – echt
31
widerstandsfähig – stabil
totales Synonym
32
kühl – frisch
totales Synonym
33
schwungvoll – dynamisch
totales Synonym
Der Fragebogen zur Identifikation von Synonymen – Seite 2.
159
Segment
Model
Verkaufszahlen
Marktanteil in %
Interviews
2000-2005
Kompaktklasse
UKL2 KKL MKL GKL Total VW (Bora/Vento/Golf/New Beetle/Touran) Opel (Astra/Zafira) Ford (Focus/Escort) Mercedes Benz (A-Klasse/B-Klasse/Vaneo) Audi (A2/A3/S3) Renault (Megane/Scenic/Megane Scenic) Toyota (Corolla/Corolla Verso/Sprinter/Paseo/Prius/RAVSkoda (Octavia) Mazda (3/323/MX-3/5/MX-5/Premacy) Peugeot (306/307) Others
Mittelklasse
Total Audi (A4 series/S4 series/RS4/Cabriolet/TT) BMW (3er Reihe/M3/Z3/Z4/X3) Mercedes Benz (C-Klasse/CLK/SLK) VW (Passat/Sharan) Ford (Mondeo/Galaxy/Maverick/Cougar) Opel (Vectra/Signum/Speedster/Frontera) Renault (Espace/Laguna/Spider) Others
Obere
Mittelklasse
Total Audi (A6/S6/RS6/Allroad/Q7) BMW (5er Reihe/X5) Mercedes-Benz (E-Klasse/M-Klasse/V-Klasse/ R-Klasse) Volvo (S80/S70/V70/S90/V70XC/XC90) Opel (Omega/Sintra/Monterey) Others
Oberklasse
Total Audi (A8/S8) BMW (6er Reihe/7er Reihe/Z8) Mercedes-Benz (S-Klasse/G-Klasse/SL/SLR) Porsche (911/911Turbo/GT) VW (Phaeton) Jaguar (XJ Series/XK/XJS/XJR/XKR) Others
Total
Anhang 4:
160
Der Quotenplan der Hauptuntersuchung.
5.559.785 4.461.848 1.622.064 242.869 11.886.56 1.536.555 839.296 482.897 439.785 352.648 341.173 248.557 191.794 173.899 165.637 787.544 5.559.785 563.707 734.515 769.799 651.143 329.702 245.491 156.575 1.010.916 4.461.848 260.430 365.143 533.242 94.976 50.811 317.462 1622064 28.485 45.976 91.522 35.664 9.557 6.994 24.671 242.869
47% 38% 14% 2% 100% 27,6% 15,1% 8,7% 7,9% 6,3% 6,1% 4,5% 3,4% 3,1% 3,0% 14,2% 100,0% 12,6% 16,5% 17,3% 14,6% 7,4% 5,5% 3,5% 22,7% 100,0% 16,1% 22,5% 32,9% 5,9% 3,1% 19,6% 100,0% 11,7% 18,9% 37,7% 14,7% 3,9% 2,9% 10,2% 100,0%
167 574 209 50 1000 46 25 15 13 11 10 7 6 5 5 24 167 73 94 99 84 42 32 20 130 574 34 47 69 12 7 41 209 6 9 19 7 2 1 5 50
G f K Marktforschung Nordwestring 101
Mitglied des Arbeitskreises Deutscher Marktforschungsinstitute e.V. Alle Rechte für Vervielfältigung, Fragebogentext und -gestaltung bei GfK Marktforschung 3/1998
90319 Nürnberg
PROJEKT MARKENPERSÖNLICHKEIT Projekt-Nr. 02775 151
Interviewer-Nr.
Guten Tag, ich komme von der GfK Marktforschung in Nürnberg, einem neutralen Marktforschungsinstitut. Wir machen zur Zeit eine Umfrage zum Thema "Pkw-Marken”. Dazu hätte ich Ihnen gerne einige Fragen gestellt. Zuerst aber einige allgemeine Fragen.
Fragebogennummer Col 1-6 Card No Spalte 7-8 Datum Col 30-33 G.
H.
Ländercode Spalte 9-10
INT.: BITTE EINGEBEN: Geschlecht
(
)
Männlich
28/1
(
)
Weiblich
28/2
card 18
card 18
Wie alt sind Sie? ___________ Jahre
O.
Interviewer Nr 11-17
29-30
In welchem Bundesland wohnen Sie?
card 18
_______________________________________
46-47
X.
Sind Sie in einer der folgenden Branchen beschäftigt: Marktforschung, Werbung, Automobilindustrie?
( ) nein 18/1 card 1 --------------------------------------------------------( ) ja 18/2 Î ENDE DES INTERVIEWS
A.
Verfügen Sie über einen PKW in Ihrem Haushalt, ( ) ja 19/1 den Sie überwiegend selbst fahren? --------------------------------------------------------( ) nein 19/2 Î ENDE DES INTERVIEWS
B.
Um welche Marke und welches Modell handelt es sich bei dem überwiegend von Ihnen selbst gefahrenen Wagen?
B1.
Marke: .................................................... (z.B. VW, ...)
Modell: .................................................. ( z.B. Golf, ...) 20-25
Welche Karosserieform hat Ihr ..... (Marke /Modell aus Frage B) ?
( 1 ) Limousine 34 ( 2 ) Kombi ( 3 ) Schrägheck ( 4 ) Coupé ( 5 ) Cabrio ( 6 ) Roadster ( 7 ) Großraumlimousine / Van ( 8 ) Geländewagen/ SUV (Sports Utility vehicle)/ SAV (Sports Activity Vehicle) ( 9 ) weiß nicht
INT.: Bitte alle Karosserieformen auf einmal vorlesen! Nur eine Antwort ist möglich! ´weiß nicht´ erlaubt. ´weiß nicht´ nicht vorlesen! Zeigen Sie Bilder der verschiedenen Karosserieformen!
Anhang 5:
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 1.
161
C.
Haben Sie diesen PKW neu bzw. geleast oder gebraucht gekauft?
( ) neu gekauft / geleast 26/1 --------------------------------------------------------( ) gebraucht gekauft 26/2
D.
Wie alt ist dieser PKW?
( ( ( ( ( (
E.
Ist Ihr derzeitiger Wagen ein Firmenwagen?
( ) ja 28/1Î WEITER FRAGE F ------------------------------------------------------------( ) nein 28/2Î WEITER FRAGE 1a
F.
Konnten Sie selbst über Marke und Modell Ihres Wagens entscheiden oder hatte Ihre Firma beides schon festgelegt?
Î ENDE DES ) ) ) ) ) )
Î
Anhang 5:
162
29/1 (
)
Ich konnte selbst frei entscheiden
29/2 (
)
Die Firma hatte beides schon festgelegt
INTERVIEWS
weniger als 1 Jahr alt 1 – unter 2 Jahre 2 - unter 3 Jahre 3 - unter 4 Jahre 4 - 5 Jahre älter als 5 Jahre ENDE DES INTERVIEWS
Î ENDE DES INTERVIEWS
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 2.
27/1 27/2 27/3 27/4 27/5 27/6
1a.
Wie gut kennen Sie die folgenden PKW - Marken? Benutzen Sie dazu bitte eine Skala von 1 bis 5. Würden Sie sagen, Sie kennen die Marke sehr gut, dann geben Sie der Marke die Zahl 1, kennen Sie sie gut, dann geben Sie die Zahl 2, kennen Sie sie ein bißchen, geben Sie die Zahl 3, kennen Sie die Marke fast gar nicht, geben Sie ihr die Zahl 4 und wenn Sie noch nie von der Marke gehört haben, geben Sie ihr die Zahl 5. INT.: ‘k.A.’ UND ‘weiß nicht’ SIND NICHT ZULÄSSIG LISTE “PKW-MARKEN“ VORLEGEN
1b.
INT.: NUR FÜR MARKEN, DIE LAUT FRAGE 1A BEKANNT SIND (CODES 1-3): Welche der Ihnen bekannten Pkw-Marken kommen für Sie bei Ihrem nächsten Autokauf grundsätzlich in Frage?
1c.
INT.: NUR FÜR MARKEN, DIE LAUT FRAGE 1B IN ERWÄGUNG GEZOGEN WERDEN: Und welche dieser Pkw-Marken würden Sie am wahrscheinlichsten kaufen?
1d.
INT.: NUR FÜR DIE MARKEN, DIE LAUT FRAGE 1B IN ERWÄGUNG GEZOGEN WERDEN UND LAUT FRAGE 1C NICHT DIE ERSTE WAHL SIND: Und welche dieser Pkw-Marken würden Sie am zweitwahrscheinlichsten kaufen?
1e.
INT.: NUR FÜR DIE MARKEN, DIE LAUT FRAGE 1A BEKANNT SIND (CODES 1-3) UND NUR FÜR DIE MARKEN, DIE IN FRAGE 1B NOCH NICHT GENANNT WURDEN: Und welche der Ihnen bekannten Pkw-Marken kommen für Sie bei einer zukünftigen Kaufentscheidung auf keinen Fall in Frage?
PKW - Marken Ð
Frage 1a
Frage 1b
Frage 1c
Frage 1d
Frage 1e
Bitte Zahl von 1 bis 5 vergeben (1 = sehr gut, 5 = noch nie gehört)
Bitte ankreuzen
Bitte ankreuzen
Bitte ankreuzen
Bitte ankreuzen
(nur eine Nennung möglich)
(nur eine Nennung möglich)
Card 3
Card 4
Card 5
Card 6
Card 7
Awareness Set
Consideration Set
First Choice
Second Choice
Reject Set
ALFA ROMEO AUDI BMW MERCEDES-BENZ MINI PORSCHE SAAB TOYOTA VOLKSWAGEN VOLVO
Anhang 5:
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 3.
163
2. Und nun noch einige allgemeine Fragen zu nicht-automobilen Marken: 2a.
Wie gut kennen Sie die folgenden Marken? Benutzen Sie dazu bitte eine Skala von 1 bis 5. Würden Sie sagen, Sie kennen die Marke sehr gut, dann geben Sie der Marke die Zahl 1, kennen Sie sie gut, dann geben Sie die Zahl 2, kennen Sie sie ein bißchen, geben Sie die Zahl 3, kennen Sie die Marke fast gar nicht, geben Sie ihr die Zahl 4 und wenn Sie noch nie von der Marke gehört haben, geben Sie ihr die Zahl 5. INT.: ‘k.A.’ UND ‘weiß nicht’ SIND NICHT ZULÄSSIG LISTE “non-car MARKEN“ VORLEGEN
2b.
INT.: NUR FÜR MARKEN, DIE LAUT FRAGE 2A BEKANNT SIND (CODES 1-3): Welche der Ihnen bekannten Marken kommen für Sie bei einer zukünftigen Kaufentscheidung (im jeweiligen Bereich) grundsätzlich in Frage?
2e.
INT.: NUR FÜR DIE MARKEN, DIE LAUT FRAGE 2A BEKANNT SIND (CODES 1-3) UND NUR FÜR DIE MARKEN, DIE IN FRAGE 2B NOCH NICHT GENANNT WURDEN: Und welche der Ihnen bekannten Marken kommen für Sie bei einer zukünftigen Kaufentscheidung auf keinen Fall in Frage?
Marke
Frage 2a
Frage 2b
Frage 2c
Bitte Zahl von 1 bis 5 vergeben (1 = sehr gut, 5 = noch nie gehört)
Bitte ankreuzen
Bitte ankreuzen
Card 3 Awareness Set
Card 4
Card 7
Consideration Set
Reject Set
Coca Cola McDonalds Allianz
Anhang 5:
164
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 4.
3.
Sie sagten, dass für Sie bei Ihrem nächsten Autokauf ein (Marke aus Fr. 1b – Audi/BMW/Mercedes-Benz) in Frage kommt, an welches Modell denken Sie dabei in erster Linie?
INT.: Frage nur stellen, wenn laut Fr. 1b Audi und/oder BMW und/oder Mercedes-Benz zum Kauf in Erwägung gezogen wird.
(NUR EINE NENNUNG JE MARKE)
Anhang 5:
card 22 ............................................................... ............................................................... 20-25 Modell AudiÎ Weiter mit Frage 2A ............................................................... ............................................................... 26-31 Modell BMWÎ Weiter mit Frage 2B ............................................................... ............................................................... 32-37 Modell Mercedes-BenzÎ Weiter mit Frage 2C
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 5.
165
BLÖCKE (4-5) (6-7) (8-9) rotieren. DIE FOLGENDE FRAGE 4 WIRD FÜR BMW UND 3 WEITERE ZU ROTIERENDE MARKEN BEANTWORTET, SOFERN SIE LAUT FRAGE 1A BZW. 2A, CODES 1-3 BEKANNT SIND (MARKEN & WAHLWAHRSCHEINLICHKEIT SIEHE XLS-DATEI). INT.: SOLLTE DER BEFRAGTE BEI EINZELNEN ITEMS PROBLEME BEI DER BEANTWORTUNG HABEN, SO FRAGEN SIE NACH SEINER UNGEFÄHREN VORSTELLUNG HIERZU. 4.
Ebenso wie Menschen können auch Marken durch Persönlichkeitseigenschaften und Werte beschrieben werden. Ich möchte Sie nun bitten, speziell die folgenden Marken hinsichtlich dieser Eigenschaften zu beurteilen. Bitte urteilen Sie hierbei ganz aus ihrem Gefühl heraus. BENUTZEN SIE DABEI WIEDER EINE ZAHL ZWICHEN 1 UND 5. 1 HEIßT: TRIFFT VOLL UND GANZ ZU ..... UND ......5 HEIßT: TRIFFT ÜBERHAUPT NICHT ZU MIT DEN ZAHLEN DAZWISCHEN KÖNNEN SIE IHR URTEIL ABSTUFEN. INT.: BITTE JEDES STATEMENT FÜR ALLE MARKEN FRAGEN, DANN ERST ZUM NÄCHSTEN STATEMENT ÜBERGEHEN. STATEMENTS ROTIEREN (MARKEN ROTIEREN) BMW
MARKE 2
Die Marke........... ist: 1.
kompetent
2.
beständig
3.
verantwortungsvoll
4.
leistungsfähig
5.
stabil
6.
sicherheitsbewusst
7.
zielbewusst
8.
erfolgsorientiert
9.
einflussreich
10. freundlich 11. verführerisch 12. romantisch 13. rassig 14. glamourös 15. stilvoll 16. modebewusst 17. arrogant 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
natürlich unkompliziert einfallsreich dynamisch zeitgemäß unkonventionell technisch
Anhang 5:
166
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 6.
MARKE 3
MARKE 4
25.
schlicht
26.
einfach
27.
nüchtern
28.
vertrauenswürdig
29.
seriös
30.
qualitätsbewusst
31.
angesehen
32.
professionell
33.
präzise
34.
robust
35.
überzeugungsstark
36.
erfolgreich
37.
authentisch
38.
praktisch
39.
kraftvoll
40.
tonangebend
41.
bekannt
42.
sportlich
5.
Wenn Sie jetzt an die Marke _____ denken. (Zufällig eine der 4 Marken, für welche Image beurteilt wurde (Frage 4,6,8), auswählen – BMW entsprechend untergewichten, da BMW immer abgefragt wird und die weiteren Marken nur in 25% der Fälle => BMW Wahrscheinlichkeit vierteln) Was kommt Ihnen spontan zur Eigenschaft „sportlich“ in den Sinn? Nennen Sie bitte 3 Kriterien, an welchen Sie Ihre Beurteilung fest machen, ob die Marke _______die Eigenschaft „sportlich“ besitzt oder nicht.
Anhang 5:
Der Fragebogen der Hauptuntersuchung – Seite 7.
167
Kategoriensystem Aggression
Fortschrittlichkeit/Technik
arrogant
für ältere Leute
Art des Fahrzeugs
Geschicklichkeit/Agilität
Logo Luxus/exklusiv/ Nobelstand Marke ist nicht sportlich
Ästhetik/Design
Größe allgemein
Markenimage
(sportliche) Ausstattung
gute, standfeste Bremsen Harmonie/bequem/ Komfort
Autorennen Begriff passt nicht zur Beschreibung der Branche/ Marke Biederkeit dynamisch elegant Erfolg
modern
Team Spirit Temperament/ Jugendlichkeit teuer/überflüssig
Nutzung durch Sportler
Tradition
Historie
preisgünstig
umweltfreundlich
Innenausstattung Karosserie/Fahrwerk keine Angabe Konservativismus
Product Placement Produktangebot Produkte Robustheit/hohe Qualität Schnelligkeit/ Beschleunigung sicher/Sicherheit sonstige Features, Ausstattungskomponenten sonstige souverän
ungesund unpraktisch unsportliches Fahrwerk Werbung
Erfrischung/Energie
Kontinuität
Erlebnis/Lebensfreude
Konzern/Markenportfolio
Familienauto
Kraft/Leistungsstärke
Farbe/Farbgestaltung Fokus/Verzicht
Langlebigkeit Lifestyleprodukte
Anhang 6:
168
Sponsoring Spritverbrauch
wertbeständig/wertvoll Wettbewerb stellen Willenskraft zuverlässig
Der Codeplan der offenen Frage nach Assoziationen mit dem Begriff „sportlich“.
Sehr geehrte Auskunftsperson, vielleicht darf ich mich mit einer Bitte an Sie wenden. In dieser Untersuchung, welche Bestandteil meines Dissertationsprojektes ist, möchte ich gerne herausfinden, inwieweit menschliche Persönlichkeitseigenschaften dazu geeignet sind, die Wesenszüge von Automobilmarken zu beschreiben. So könnte beispielsweise die Marke BMW als besonders dynamisch und temperamentvoll wahrgenommen werden. MercedesBenz dagegen mag mit den Merkmalen exklusiv und konservativ treffend charakterisiert sein. Nicht alle menschlichen Eigenschaften sind jedoch dazu geeignet, Marken zu charakterisieren. Deshalb möchte ich gerne Ihre Einschätzung erfragen, inwieweit eine Reihe von Persönlichkeitseigenschaften zur Beschreibung von Automarken verwendet werden können. Die umseitige, beispielhafte Aufstellung verschiedener Marken soll Sie dabei unterstützen, sich die Vielfalt der Marken zu vergegenwärtigen, bevor Sie zur Bewertung der Eigenschaften schreiten. Ihr Geschlecht:
Wie alt sind Sie?
männlich weiblich Jahre
Im Voraus besten Dank für Ihre Mühe!
Marcus Hattula Tel. 0176 4827 3002
Anhang 7:
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Automobilmarken – Seite 1.
169
Beispielhafte Aufstellung von Marken:
Anhang 7:
170
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Automobilmarken – Seite 2.
Eignung von Persönlichkeitsmerkmalen zur Beschreibung von Automobilmarken Inwieweit eignen sich die folgenden Persönlichkeitseigenschaften zur Beschreibung von Automobilmarkenmarken bzw. lassen sich Automobilmarken auf den folgenden Begriffen einordnen? überhaupt sehr nicht schlecht schlecht mäßig
hervorsehr gut ragend
gut
1
aggressiv
1
2
3
4
5
6
7
2
aktiv
1
2
3
4
5
6
7
3
altbekannt
1
2
3
4
5
6
7
4
angesehen
1
2
3
4
5
6
7
5
anspruchsvoll
1
2
3
4
5
6
7
6
arrogant
1
2
3
4
5
6
7
7
ästhetisch
1
2
3
4
5
6
7
8
aufregend
1
2
3
4
5
6
7
9
aufstrebend
1
2
3
4
5
6
7
10
ausdrucksstark
1
2
3
4
5
6
7
11
authentisch
1
2
3
4
5
6
7
12
bekannt
1
2
3
4
5
6
7
13
bescheiden
1
2
3
4
5
6
7
14
beständig
1
2
3
4
5
6
7
15
bodenständig
1
2
3
4
5
6
7
16
charismatisch
1
2
3
4
5
6
7
17
charmant
1
2
3
4
5
6
7
18
chic
1
2
3
4
5
6
7
19
dezent
1
2
3
4
5
6
7
20
dynamisch
1
2
3
4
5
6
7
21
effizient
1
2
3
4
5
6
7
22
ehrlich
1
2
3
4
5
6
7
23
einfach
1
2
3
4
5
6
7
24
einfallsreich
1
2
3
4
5
6
7
25
einflussreich
1
2
3
4
5
6
7
26
einprägsam
1
2
3
4
5
6
7
27
elegant
1
2
3
4
5
6
7
28
erfahren
1
2
3
4
5
6
7
29
erfolgreich
1
2
3
4
5
6
7
30
erfolgsorientiert
1
2
3
4
5
6
7
31
erfolgssicher
1
2
3
4
5
6
7
32
erfrischend
1
2
3
4
5
6
7
33
erotisch
1
2
3
4
5
6
7
Anhang 7:
Der Fragebogen zur Erhebung der Eignung der Persönlichkeitsmerkmale zur Beschreibung von Automobilmarken – Seite 3.
171
Aufstiegsorientiertes Milieu Aufstiegsorientiertes Milieu Etabliertes Milieu Modernes bürgerliches Milieu Modernes Milieu Traditionelles bürgerliches Milieu
Anhang 8:
172
Etabliertes Milieu
Modernes bürgerliches Milieu
Modernes Milieu
Traditionelles bürgerliches Milieu
,75
,61
1
,33
,20
,67
,18
,56
0
,75 ,61
,20
1
,67
,56
,33
,18
0
,49 ,49
Die Ähnlichkeit der sozialen Milieus bei der Interpretation der Wesenszüge.
Körperliche Leistungsfähigkeit Leistung Leistung bringen Energie Fitness/ körperliche Fitness/fit Leistung allgemein muskulös
Ȉ 78 9
mental/ Zielorientierung
Ȉ 40
5
Antrieb das Beste geben aktiv ein Ziel haben/ zielorientiert/ zielbewusst vorwärts kommen ehrgeizig
1
Kraft/kräftig/ kraftvoll
11
Willenskraft
1
stark
3
Esprit
1
durchtrainiert
2
Power
1
1 1
4 Ȉ 15
Kraft Bewegung flott/flink/ schnell/ rasant/zügig schnelle Leistung Beschleunigung/schnelle Beschleunigung Geschwindigkeit Schnelligkeit Ausdauer/ ausdauernd Ausdauer jung
Ȉ 22 1
jung
Ȉ7
1
1 Ȉ 13 1 3
Harmonie
2 2 1 1 1 1
ästhetisch elegant gut aussehend/ gutes Aussehen
3 2
1
schön
2
3
angriffslustig
1
Ästhetik/ Aussehen
Ȉ9
7 Ȉ7 7
1 1
spritzig wendig agil
1 1 1 Ȉ5
beherrschen
1 Ȉ8 1 1 1 2 1 1 2 1 1
5
euphorisch Sport als Lebenselixier dolce Vita Freude
2
gut gelaunt Lust am Leben Witz/Charme Vergnügen Lebensfreude
Gruppendynamik
1
fair/ sportlich fair Team Spirit
1
1
5 Ȉ9
2
Spaß
Freude am Fahren
1
1
aggressiv
Aggression unbegrenzte Möglichkeiten offen abenteuerlustig ohne Beschränkung(en) spontan Unabhängigkeit frei sein ausbrechen etwas verrückt sich nicht an die Regeln halten innovativ Grenzen überwinden spartanisch extrem Verzicht auf jeglichen Komfort kompromisslos Fokus/Verzicht
Geselligkeit Gemeinschaftsverständnis Gruppe/Team
Ȉ 12
1
2
Ȉ9
2
1
Ȉ 22
Team Spirit
1
Wettkampf
vielseitig
Anhang 9:
3 3
bequem ausgeglichen/ ausgewogen gesund alles muss zusammen passen Körperbewusstsein Leben lassen im Einklang mit dem Leben entspannt/locker wohlfühlen
Ȉ 38
15
geschickt
Geschicklichkeit
stellt sich Motivation allgemein Adrenalin hart kämpfend
1 1
Ausgleich & Harmonie
1 2 1 1 1 1 2 1 Ȉ 17
1 2 Ȉ 14 1 2 1 1 Ȉ5
Bedeutungsfacetten des Wesenszuges „sportlich“.
173
0DUNHQVHPLRWLN 0,D 1XQP|FKWHLFKPLW,KQHQEHUGHQ%HJULIIVSRUWOLFKVSUHFKHQ%LWWHVDJHQ6LH PLUZLHJXWGLHVHU%HJULII]XGHQ0DUNHQ$XGL%0:XQG0HUFHGHV%HQ]SDVVW%LWWH XUWHLOHQ6LHKLHUEHLJDQ]DXVLKUHP*HIKOKHUDXV %HQXW]HQ6LHGDEHLELWWH=DKOHQ]ZLVFKHQXQG KHLWSDVVWVHKUJXW KHLWSDVVWEHUKDXSWQLFKW 0LWGHQ=DKOHQGD]ZLVFKHQN|QQHQ6LH,KU8UWHLODEVWXIHQ ,QW6NDOD;YRUOHJHQ 0HUFHGHV $XGL %0: %HQ]
:HUWIUÄVSRUWOLFK³
0,E 1XQZHUGHLFK,KQHQHLQLJH$XVVDJHQ]HLJHQGLHDOOHHWZDVPLWGHP%HJULII VSRUWOLFK]XWXQKDEHQ ,QW/LVWH0,XQG9RUODJH$PLWGHQGUHL0DUNHQQDPHQYRUOHJHQ 6WDWHPHQWVQDFKHLQDQGHUURWLHUWYRUOHVHQXQG$QIDQJVSXQNWPDUNLHUHQ %LWWHVDJHQ6LHPLU]XMHGHU$XVVDJHGLHLFK,KQHQJOHLFKYRUOHVH]XZHOFKHUGHU GUHL0DUNHQVLH,KUHU0HLQXQJQDFKSDVVW6LHN|QQHQKLHU]XQXUHLQH0DUNH6LH N|QQHQDEHUDXFKPHKUHUHRGHUDOOHGUHL0DUNHQQHQQHQ :HQQ6LHGDV*HIKOKDEHQGDVVGLHMHZHLOLJH$XVVDJH]XNHLQHUGHUGUHL0DUNHQ SDVVWGDQQVDJHQ6LHPLUGDVELWWHDXFK 0HUFHGHV NHLQH %HJULIIVSRUWOLFK $XGL %0: %HQ] GDYRQ
YHUKlOWVLFKVSRUWOLFKIDLU
LVWDQJULIIVOXVWLJ
VXFKWGHQ:HWWNDPSI
LVWNRPSURPLVVORV
JHQLHWGHQ:HWWVWUHLW
YHUKlOWVLFKUHVSHNWYROO
EDXWVFKQHOOH$XWRV
KDW.UDIW
LVWDJLO
KDWHLQHQHLVHUQHQ:LOOHQ
LVWLP(LQNODQJPLWVLFKVHOEVW
Anhang 10: Der Fragebogen der semiotischen Analyse des Wesenszuges „sportlich“.
174
Eigenwert 4 3 2 1 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Faktorzahl
Anhang 11: Der Eigenwertverlauf der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“.
Merkmal
Ladung Faktor 1
baut schnelle Autos hat Kraft ist im Einklang mit sich selbst verhält sich respektvoll verhält sich sportlich fair hat einen eigenen Willen ist agil ist kompromisslos sucht den Wettkampf ist angriffslustig genießt den Wettstreit
Ladung Faktor 2
0,81 0,66 0,25 -0,09 0,40 0,12 0,26 0,00 0,11 0,46 0,43
Ladung Faktor 3
0,09 0,23 0,75 0,74 0,64 0,60 0,55 0,20 0,06 -0,04 0,33
0,02 0,26 0,04 0,03 -0,04 0,35 0,31 0,70 0,68 0,62 0,44
Anhang 12: Faktorladungen der Bedeutungsräume des Wesenszuges „sportlich“.
Eigenwert 5 4 3 2 1 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 Faktorzahl
Anhang 13: Der Eigenwertverlauf des Messinventars der Automotive Brand Personality Map.
175
Merkmal
Ladung Faktor 1
jugendlich erfrischend wild seriös erfahren stabil zuverlässig leidenschaftlich einfach exklusiv elegant schlicht anspruchsvoll genügsam stilvoll natürlich
Ladung Faktor 2 -0,82 -0,79 -0,77 0,74 0,73 0,70 0,66 -0,62 0,14 0,00 0,27 0,32 0,04 0,32 0,15 0,05
-0,20 0,05 0,14 0,18 -0,03 -0,13 0,04 0,28 -0,73 0,70 0,64 -0,63 0,60 -0,60 0,55 -0,52
Anhang 14: Faktorladungen des Messinventars der Automotive Brand Personality Map.
ll svo v lusi ruch l exk ansp vol ant stil el eg
leidenschaftlich
seriös
wild erfrischend
zuverlässig erfahren satbil
jugendlich
nat einfa ürli c ch h
b sch esche l i ch i d e n t
Anhang 15: Das Circumplex des Messinventars der Automotive Brand Personality Map.
176
Weiterhin kann eine Marke wie auch ein Mensch eher anspruchsvoll oder eher schlicht sein. Unter einem hohen Anspruch verstehen wir einen exklusiven, eleganten und stilvollen Charakter. Hingegen lässt sich eine schlichte Marke mit Begriffen wie natürlich, bescheiden oder einfach beschreiben. Ich möchte Sie nun bitten, die folgenden Pkw-Marken diesen zwei Charakteren zuzuordnen. Bitte urteilen Sie hierbei ganz aus ihrem Gefühl heraus. Programmierung: Reihenfolge der Skala von Interview zu Interview drehen, d.h. einmal beginnt Skala mit „sehr seriös“ und beim nächsten Interview mit „sehr leidenschaftlich“. Innerhalb eines Interviews nicht drehen! Filter: Marke nur abfragen bei hinreichender Bekanntheit Marken randomisieren! BMW
Mercedes Benz
Audi
sehr anspruchsvoll
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
eher anspruchsvoll
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
beides in gleichem Maße
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
eher schlicht
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
sehr schlicht
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
Würden Sie sagen, die Marke … ist…
Alfa Saab Romeo
Volvo MINI Lexus Porsche Toyota
VW
Ford
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
( )
Anhang 16: Die bipolare Abfrage der Automotive Brand Personality Map (Dimension 2).
Eigenwert 10
5
0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 Faktorzahl
Anhang 17: Der Eigenwertverlauf der Faktorisierung des Premiumclusters (ipsatization).
177
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