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German Pages 475 Year 2008
Miriam Meckel | Beat F. Schmid (Hrsg.) Kommunikationsmanagement im Wandel
Miriam Meckel | Beat F. Schmid (Hrsg.)
Kommunikationsmanagement im Wandel Beiträge aus 10 Jahren
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Prof. Dr. Miriam Meckel ist Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement (MCM) der Universität St. Gallen. Prof. Dr. Beat F. Schmid ist Direktor des Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement (MCM) der Universität St. Gallen.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Barbara Roscher | Jutta Hinrichsen Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0913-8
Vorwort
Vorwort Die rasante Beschleunigung der Kommunikation durch Technologien hat zur Wahrnehmung einer Zeitenwende geführt, umschrieben mit Begriffen wie Informationsgesellschaft, Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft oder Kommunikationsgesellschaft – und zur Gründung des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen vor zehn Jahren. Seine Mission war und ist, sich aus einer Managementperspektive mit dieser Wende zu befassen. Das Bedürfnis nach einem solchen Institut hat die Praxis artikuliert, weshalb das Institut eine Joint Venture zwischen der Bertelsmann-Stiftung, der Heinz-Nixdorf-Stiftung und der Universität St. Gallen wurde. Es gehört inzwischen zu den anerkannten Institutionen für Lehre, Forschung und Praxisberatung im Themenfeld Kommunikationsmanagement. Das 10-jährige Bestehen soll Anlass sein, einen Blick zurück zu werfen auf das Geleistete. Der vorliegende Band tut dies mit einer Sammlung von ausgewählten Forschungsbeiträgen – einer notgedrungen kleinen Auswahl aus dem Fundus von einigen Hundert Arbeiten. Sie sind die sichtbare Spur der Arbeit von den mehr als einem halben Dutzend Habilitanden, den Projektleitern und den etwa 100 Doktoranden, welche am Institut dessen Gebiete bearbeitet haben. So konnte das Institut vielen Wissenschaftlern und Studierenden eine fruchtbare Auseinandersetzung mit den Kommunikationsthemen ermöglichen und es ihnen erlauben, sich selbst und ihr Wissen zu entwickeln. Ohne sie und ihre Mitarbeit, ohne ihr Nehmen und Geben, hätte es nicht wachsen können. Ihnen muss deshalb zuerst gedankt werden. Dass dieses ‚Biotop’ entstehen konnte, verdanken wir aber seinen Stiftern. Den Stiftungen und ihren Vertretern, Marc Wössner und Horst Nasko, gilt deshalb unser besonderer Dank! Aber auch denen ist zu danken, die in den administrativen Bereichen der Stiftungen, der Universität und im Institut mit grossem Einsatz halfen, deren Pläne umzusetzen. Wir danken Salome Schmid-Isler für die Initiative und die umsichtige editoriale Arbeit für dieses Buch. Allen Autoren danken wir für das zur Verfügungstellen ihrer Forschungsarbeiten, sowie den betroffenen Verlagen für die Gewährung der Abdrucksrechte. Unser Dank geht auch an Remo Stieger für die geduldige und sorgfältige Arbeit bei der Erstellung der druckfertigen Version. Frau Barbara Roscher und Frau Jutta Hinrichsen vom Gabler Verlag danken wir für die entgegenkommende Zusammenarbeit. Wir hoffen, dass das Buch bei der Leserschaft einen anregenden Eindruck der an unserem Institut laufenden Forschung vermittelt. Zudem soll es auch ein Bild der überaus rasanten Entwicklungen in der Mediengesellschaft zeichnen.
Miriam Meckel, Beat Schmid
St. Gallen, im Mai 2008 5
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Salome Schmid-Isler Einleitung ................................................................................................................................ 11
Beat F. Schmid Medien- und Kommunikationsmanagement – Begriffsbestimmung und Aufgabenfelder (1997) ........................................................................................................... 21
I Das Digitale Medium Peter Glotz Von Analog nach Digital: Unsere Gesellschaft auf dem Weg zur digitalen Kultur (2001)........................................................................................................... 55 Werner Wunderlich The «Black Art»: A Revolution in the History of Media (2003) ........................................ 69 Beat F. Schmid Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL (1999) .................... 85 Miriam Meckel Das Glück der Unerreichbarkeit. Wege aus der Kommunikationsfalle (2007) ............ 113
II Medienwirtschaft Peter Gomez & Lucy Küng Creating Value in the New Economy. Do “old” economy Management Concepts have a Future? (2001).................................................................. 131 Wolfgang Maass & Florian Stahl Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement (2003) .................... 151
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Inhaltsverzeichnis
Johannes Hummel & Ulrike Lechner The Community Model of Content – A case study of the movie industry (2001)........ 163 Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität – Grenzen vorhandener Ansätze und Vorschlag eines Synthesemodells (2004) ................................................................... 183 Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg Towards Guidelines for Design of Mobile Services (2005).............................................. 197
III Kommunikationsmanagement Markus Will & Ulrike Geissler Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation? (2000) .............................. 219 Sabine Einwiller & Markus Will Towards an Integrated Approach to Corporate Branding – Findings from an Empirical Study (2002).......................................................................................... 231 Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff Corporate Branding and Issues Management – Integrating Two Concepts to Enhance Corporate Reputation (2007)................................................. 249 Martin J. Eppler & Jeanne Mengis The Concept of Information Overload – A Review of Literature from Organization Science, Accounting, Marketing, MIS, and Related Disciplines (2004) ................................................................................................... 271 Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation (2007)........... 307 Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld (2007) ............................................................................................... 325 Beat F. Schmid & Miriam Meckel Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft (2006).................................. 339
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Inhaltsverzeichnis
IV Medien für die Kommunikation Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium (1999) ................................................................................................ 371 Hans-Dieter Zimmermann Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte (2002)............................................... 391 Salome Schmid-Isler Die NetAcademy (2003) ...................................................................................................... 411 Rolf Grütter Software-Agenten im Semantic Web (2006)...................................................................... 431 Beat F. Schmid Inszenierung von Produkten im E-Business (2002) ......................................................... 451
Ausblick Miriam Meckel Kommunikation im Dreiklang von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft (2007)................................................................................................................ 477
Anhang Team =mcminstitute .............................................................................................................. 491
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Einleitung
Salome Schmid-Isler
Einleitung
Salome Schmid-Isler
Das vorliegende Buch gibt einen Einblick in die Art und Weise, wie das junge Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement die Aufgabe anging, die es von seinen Gründern, der Bertelsmann-Stiftung, der Heinz-Nixdorf-Stiftung und der Universität St. Gallen, erhalten hatte. Seine Mission gründete in zwei Wurzeln. Die eine ist die wachsende Bedeutung der Kommunikation für das Geschäft allgemein, für seine Abwicklung ebenso wie für die Gestaltung von Produkten und Leistungen und für die Bildung der Unternehmensidentität. Die zweite Wurzel ist die transformierende Kraft der Informationstechnologie auf die Kommunikationsmedien und ihre Inhalte. Im Zentrum, so wollten es die Gründer, stand von Anfang an das digitalen Medium mit seinen Herausforderungen. Die digitale Revolution hatte in den 1990er Jahren nicht nur die Kommunikationsmedien fundamental zu verändern begonnen – Stichworte waren hier Digitalisierung (ISDN) und Internet. Es waren auch die Inhalte, die Contents, welche neue Formen annahmen. Hier hiessen die Schlagworte Multimedia und Konvergenz. Die Wertschöpfungssysteme der mit Information beschäftigten Industrien drohten ihre angestammte Gestalt zu verlieren. Am Horizont zeichnete sich eine Konvergenz der später sogenannten TIME-Industrien (Telekommunikation, Informatik, Medien, Entertainment) ab und verlangte nach Neupositionierung. Um diesen Wandel zu bewältigen, war nicht nur ein grundlegendes Verständnis der neuen Technologie, sondern auch eine Analyse der sich wandelnden Kundenbedürfnisse, neue Geschäftsmodelle, kurz: die Erarbeitung von Methoden für das Management der Transformation notwendig geworden. Diese Herausforderung der Medienwirtschaft und der anderen mit Information befassten Industrien, sowie die Wirkung der neuen Gestalt der Information auf Unternehmen und Märkte ganz allgemein, standen Pate bei der Gründung des Instituts. An ihr waren vor zehn Jahren zwei motivierte Stiftungspartner beteiligt. Mark Wössner, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, wurde Präsident des geschäftsleitenden Ausschusses des Instituts und war sehr aktiv an dessen Formgebung beteiligt. Ebenso wirkte Horst Nasko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des zweiten Stiftungspartners, der Heinz Nixdorf-Stiftung, in diesem Gremium engagiert gestaltend mit. Seine Anliegen waren die Auswirkungen des digitalen Mediums auf die Kommunikation und auf die damit verbundenen Produkte, Dienstleistungen und Industrien. Er ist zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buches Präsident des Geschäftsleitendern Ausschusses. Die Anliegen der Universität St. Gallen vertraten in diesem Leitungsgremium die Professoren Peter Gomez und Beat Schmid. Sie waren primär an den Antworten interessiert, welche die Managementlehre auf die neuen Herausforderungen zu entwickeln hat.
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Einleitung
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Die Anforderungen
In den Diskussionen, an denen sich auch Frau Dr. Ingrid Hamm, Leiterin des Gründungsprojektes bei der Bertelsmann-Stiftung, mit grossem Engagement beteiligte, entstand das Anforderungsprofil des Instituts, das im Kooperationsvertrag zwischen den Gründungspartnern festgehalten wurde: 1. Das Institut soll drei Lehrstühle beherbergen, um die Forschungsthemen abzudecken. Ein Lehrstuhl soll die Technologie-Aspekte vertreten, ein zweiter einen Schwerpunkt im Management haben, ein dritter sich dem gesellschaftlichen und rechtlichen Umfeld widmen. 2. Das Institut soll einen Lehrgang in Medien- und Kommunikationsmanagement entwickeln und an der Universität St. Gallen anbieten. 3. Zudem soll ein Graduiertenlehrgang im Gebiet des Managements der neuen edien ausgearbeitet und als englischsprachiger MBA an der Universität St. Gallen angeboten werden. 4. Es soll regelmässig ein internationales Symposium zum Management der digitalen Herausforderungen veranstaltet werden. 5. Um den Umgang mit den neuen Medien nicht nur zu lehren, sondern auch selber zu pflegen, soll das Institut für seine Forschung eine Internetpräsenz und ein eigenes akademisches Journal aufbauen. Mit Beat Schmid wurde eine interne Lösung für die Besetzung des ersten Lehrstuhls gefunden. Er wurde als geschäftsführender Direktor der Gründungsdirektor des Instituts. Sein am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI-HSG) aufgebautes Team wurde zur Startbelegschaft des neu gegründeten Instituts. Daraus erklärt sich der in der Startphase schwergewichtige Anteil an technologiebezogenen Forschungsthemen. Der zweite Lehrstuhl, ein Stiftungslehrstuhl, wurde ausgeschrieben. Dabei war klar, dass es schwierig sein würde, geeignete Kandidaten für das gesuchte Profil zu finden, welches es im Universitätsbereich ja erst zu entwickeln galt. In der Tat musste Peter Gomez die Aufgaben dieses Lehrstuhls vier Jahre lang kommissarisch übernehmen, bis dann im Frühjahr 2002 Andreas Hermann den Lehrstuhl besetzte – allerdings nur für zwei Jahre. Er wechselte universitätsintern zu einer andern Aufgabe und leitet seither die Forschungsstelle für Business Metrics. Unser zentral wichtige Lehrstuhl musste neu ausgeschrieben werden, mit einem stärker auf die Unternehmenskommunikation ausgerichteten Profil. Seit Herbst 2005 ist er nun definitiv mit Miriam Meckel besetzt Sie ist seit 2006 auch geschäftsführende Direktorin des Instituts.
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Salome Schmid-Isler
Für den Bereich des dritten Lehrstuhls konnte für die rechtlichen Fragen eine Lösung mit der rechtswissenschaftlichen Abteilung der Universität St. Gallen gefunden werden. Herbert Burkert übernahm die Gestaltung des Rechtsblocks in der Lehre. Mit der Gründung der Forschungsstelle für Informationsrecht (FIR-HSG) im Jahr 2000, deren Präsident des geschäftsleitenden Ausschusses er wurde, entstand auch ein enger Kooperationspartner für die Forschung unseres Institutes. Im Jahr 2000 konnte Peter Glotz für den Lehrstuhl gewonnen werden, sein Gebiet waren die gesellschaftlichen Aspekte der neuen Mediengesellschaft. Nach seiner Emeritierung stiess im Frühjahr 2005 Werner Wunderlich von der Kulturwissenschaftlichen Abteilung der HSG zum Direktorium des Instituts. Er brachte die geisteswissenschaftliche, insbesondere mediengeschichtliche Perspektive ein und baut am MCM den Kompetenzbereich Buchwissenschaften in Zusammenarbeit mit dem St. Galler Zentrum für das Buch auf. Der mit den Stiftungen vereinbarte Lehrgang konnte ab dem Herbst 1998 als Vertiefungsrichtung Medien- und Kommunikationsmanagement an der HSG angeboten werden. Diese Vertiefungsrichtung verband die Ausprägungen einer Funktionslehre Kommunikations- und Medienmanagement mit einer Branchen-Betriebswirtschaftslehre Medienwirtschaft und konnte sowohl von Studierenden der Studienrichtung Betriebswirtschaftslehre (BWL) als auch der Studienrichtung Informations- und Technologiemanagement (ITM) gewählt werden. Dieser Lehrgang positionierte sich auf Anhieb als der am drittbesten nachgefragte. Im Zuge der mit der Einführung des Bachelor/Master-Systems durchgeführten Studienreform wurde die Zahl der Vertiefungsrichtungen stark reduziert. Die Vertiefungsrichtung Medien- und Kommunikationsmanagement konnte nicht mehr als eigenständiger Masterlehrgang angeboten werden. Ihre Inhalte finden sich nun in zwei anderen Masterprogrammen, dem Master of Arts HSG in Marketing, Services and Communication Management (MSC) und dem Master of Arts HSG in Information, Media and Technology Management (IMT). Peter Glotz baute an der Universität St. Gallen den ersten englischsprachigen „11 month full time MBA in New Media and Communication“ auf. Er nahm, nach intensiven Vorarbeiten, im Februar 2000 den Betrieb auf, mit 46 MBA-Studierenden – 32 Männer und 14 Frauen aus 16 Nationen, im Durchschnittsalter von 32 Jahren und mit einer im Mittel 6-ährigen Vollzeit-Berufserfahrung. Peter Glotz betreute diesen innovativen Studiengang noch zwei Jahre über seine Emeritierung hinaus. Im Kontext der Neuordnung der Weiterbildungsstufe der HSG wurde dieser Executive Media-MBA im Jahr 2005 sistiert. Das Projekt eines internationalen Symposiums zum Forschungsgebiet des Instituts führte zum =mcmforum, das seit 1999 jedes Jahr stattfindet. Diese Veranstaltungen wurden zuerst durch die Bertelsmann Stiftung, namentlich durch Frau Dr. Hamm, später durch das Institut organisiert. Den Auftrag einer eigenen Internetpräsenz erfüllte das Institut mit der 1997 aufgeschalteten NetAcademy. Sie wird in einem Beitrag in diesem Band vorgestellt. 1999 wurde das International Journal on Media Management (JMM) gegründet. Damit war das
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Einleitung
Institut federführend verantwortlich für zwei internationale wissenschaftliche Journals: Für das JMM sowie für das schon 1991 an Beat Schmids Lehrstuhl am IWI-HSG gegründete International Journal ofElectronic Markets (JEM). Beide Journals wurden in der NetAcademy auch online publiziert und administriert – eine mit Assistierenden des Instituts organisierte editoriale Arbeit, samt Review-Prozess mit den hochrangigen Editorial Boards. Die vierteljährlichen Druckversionen werden von den Verlagen Routledge, UK bzw. Lawrence Erlbaum, USA herausgegeben. Die vorliegende Publikation zeichnet ein Profil der Forschung des Institutes für Medien- und Kommunikationsmanagement der vergangenen zehn Jahre. Die Darstellung des am Institut entwickelten Curriculums in der Lehre, den Erfahrungen des MBAProgrammes und des am Lehrstuhl von Peter Glotz bearbeiteten Bereichs des ELearning bleibt deshalb unberücksichtigt. Hinter den Forschungsarbeiten, von denen das Buch nur eine kleine Auswahl zeigen kann, stehen Menschen. Die Forschung am Institut wurde sehr rasch aufgebaut. Sie startete mit dem Team, das Beat Schmid vom Institut für Wirtschaftsinformatik mitbrachte und das u.a. die Kompetenzzentren Electronic Markets (Hans-Dieter Zimmermann) und Enterprise Knowledge Media (Thomas Schwan, später Martin Eppler und Rüdiger Reinhard) umfasste. Am MCM entstanden weitere Kompetenzbereiche zu den Themen Angewandte Wissensrepräsentation (Rolf Grütter), Knowledge Visualization (Remo Burkhard), Computational Media (Ulrike Lechner), E-Content & Mobile Media (Katarina Stanoevska-Slabeva), Intelligent Media (Wolfgang Maass), Produktdesign (Torsten Brodt). Peter Gomez baute mit Lucy Küng (Kompetenzzentrum Media and Communications Industries) und Frank Habann (Medienindustrie) den medienwirtschaftlichen Bereich auf. Bei Beat Schmid wurde mit Markus Will (später mit Sabine Einwiller und Diana Ingenhoff) im Center for Corporate Communication der Forschungsbereich der Unternehmenskommunikation geschaffen, welcher später, wie auch der Kompetenzbereich Finanzkommunikation (Victor Porak), von Miriam Meckel übernommen wurde. Bei Peter Glotz stand der Aufbau und Betrieb des MBA im Zentrum, worin er von einem kreativen Doktorierenden-Team unterstützt wurde. Die Forschung im Bereich Medien in der Aus- und Weiterbildung wurde von Johannes Hummel geführt, das Thema E-Learning betreute Sabine Seufert, mit welcher Peter Glotz 2002 ein bedeutendes Lehrbuch über Corporate Universities publiziert hat. Weitere lehrstuhlübergreifende Aktivitäten am Lehrstuhl von Beat Schmid waren die Entwicklung von Internet-Plattformen (NetAcademy, Alexandria, ScientificCommons) und die Herausgabe der genannten Journals JMM und JEM. Beat Schmid betreute auch die Geschäftsführung des Instituts. Die administrative Aufbauarbeit wurde in der Anfangsphase von Markus Gisler mit grossem Einsatz geleistet und dann mit den Geschäftsführern Hans-Ruedi Troxler und Andreas Brandenberg, assistiert von Martin Fritschi, fortgeführt, zusammen mit den Mitarbeiterinnen im Sekretariat. Im Anhang
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Salome Schmid-Isler
werden die Teams des Instituts und ihre Mitglieder genannt, denen das Institut seine Forschungsleistungen und die Schaffung der Voraussetzungen dafür verdankt. Das Institut ist sehr rasch gewachsen. Ende des ersten Jahres waren 26 Personen auf der Payroll, sowie eine ansehnliche Anzahl von etwa 10 studentischen Hilfskräften. Deren Anzahl entwickelte sich rasch: 1999 waren es 33 (24) Mitarbeitende – die Zahl in Klammern beziffert jeweils die studentischen Hilfskräfte –, 2000: 43 (26) Mitarbeitende; 2001: 50 (47); 2002: 54 (26). Die Planung hatte einen Korridor von 40-60 Personen am Institut vorgesehen. Die Marktlage bremste im Jahr 2003: 47 (21) Mitarbeitende. Die kraftvolle Entwicklung des =mcminstitute hat aber auch exogene Hemmungen erfahren. Ende 2003 wurde Peter Glotz emeritiert. Im September 2004 verliess Andreas Hermann das Institut. Der Executive MBA wurde 2005 sistiert. Peter Glotz verstarb im gleichen Jahr. Dieser Aderlass blieb, auch angesichts der nahenden Emeritierung von Beat Schmid, nicht ohne Folgen: Das Institut halbiert in einem einzigen Jahr seinen Umfang von 2004: 31 (8) zu 2005: 16 (5) Mitarbeitenden. Im Oktober 2005 trat Miriam Meckel ihre Stelle am Institut an. Zuvor war im gleichen Jahr schon Werner Wunderlich dazugestossen. Er hat inzwischen sein Forschungsteam, vornehmlich um Themen zum Medium Buch, aufgebaut. Miriam Meckel hat an ihrem Lehrstuhl für Corporate Communication nicht nur ein Forschungsteam aufgebaut, das weitere und aktuelle Themenschwerpunkte bearbeitet. Stellvertretend seien Kapitalmarktkommunikation, Social Networking und Social Responsibility genannt. Sie hat den Mitarbeitenden auch die Gewissheit vermittelt, dass sie die Mission des Instituts weitertragen wird. Ihr Schlussbeitrag in dieser Schrift zeigt dies in sehr schöner Weise. Mit fast 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat das Institut bereits wieder eine ansehnliche Grösse erreicht. Die nächsten zehn Jahre werden somit das Wachstum des Instituts fortsetzen, in einem Umfeld, das den vom Institut bearbeiteten Themenfeldern neue und inspirierte Aktualität verleiht.
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Die Kapitel und ihre Beiträge
Nach dieser Tour d'horizon zur Geschichte des =mcminstitute folgt eine Erläuterung zu den Auswahlkriterien, welche die Selektion der hier publizierten Forschungsbeiträge lenkten. Die vier Kapitel mit Forschungsbeiträgen werden eingerahmt durch einen Beitrag von Beat Schmid, der die Aufgaben des Instituts beschreibt, wie sie vor gut 10 Jahren gesehen wurden, und einem Ausblick von Miriam Meckel, welcher die Fragestellungen am Institut heute thematisiert. Der einleitende Beitrag von Beat Schmid zeigt den in den Gründungsdebatten des Institutes schliesslich erreichten Konsens auf. Er stellt eine gekürzte Fassung des Dokumentes dar, das später als Orientierungspapier über das Profil des neuen Instituts 16
Einleitung
für Medien- und Kommunikationsmanagement einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht wurde. Dieser Beitrag enthielt auch Aussagen zur Struktur des Lehrprogramms, die hier weggelassen sind. Die Forschungsbereiche des Instituts waren und sind: Das digitale Medium, die mit ihm verbundene Medienwirtschaft, das Management der Kommunikation sowie das Management der Kommunikationsmedien. Die ausgewählten Beiträge wurden in vier Kapiteln diesen vier Themenfeldern zugewiesen. Dass viele Beiträge nicht nur eines dieser Themen berühren, muss nicht betont werden. Das Kapitel zum digitalen Medium enthält vier Beiträge. Der Beitrag von Peter Glotz „Von Analog nach Digital“ beschreibt den Weg unserer Gesellschaft zur digitalen Kultur. Er repräsentiert die von den Gründern gewünschte breite gesellschaftliche Sicht auf den Medienwandel. Werner Wunderlichs Beitrag „The Black Art. A Revolution in the History of Media“ vertritt die geisteswissenschaftliche Reflexion des Medienwandels. Die technisch-mathematische Sicht dieses Phänomens wird im Beitrag von Beat Schmid „Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL“ thematisiert. Miriam Meckels Beitrag „Das Glück der Unerreichbarkeit“ bespricht eine Facette des Umgangs des Individuums mit der neuen Medienwelt. Die vier Beiträge geben Zeugnis von den verschiedenen disziplinären Zugangsweisen, mit denen man sich im Institut mit dem digitalen Medium auseinandersetzt. Das Kapitel zur Medienwirtschaft versucht, mit einer Auswahl von fünf Artikeln, einen Eindruck von der Breite der Beschäftigung mit diesem Themenfeld zu vermitteln. Der Beitrag von Peter Gomez und Lucy Küng, „Creating Value in the New Economy“ vertritt die Management-Perspektive. Wolfgang Maass und Florian Stahl, „Content Management als Teil des Kommunikationsmanagements“, fokussieren auf die Managementproblematik digital repräsentierter Inhalte. Johannes Hummel und Ulrike Lechner vertreten den Community-Aspekt, wie er im Internet mit Tauschplattformen für Musik für Furore gesorgt hat. Ihr Beitrag trägt den Titel “The Community Model of Content Management – A Case Study of the Music Industry”. Als Vertreter der empirisch messenden Arbeiten folgt ein Beitrag der Autoren Andreas Herrmann, Boris Lyczek, Andreas Brandenberg und Dorothea Schaffner: „Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität – Grenzen vorhandener Ansätze und Vorschlag eines Synthesemodells.“ Der Beitrag von Katarina Stanoevska-Slabeva und Roman Högg schliesslich widmet sich der neuen Mobile-Welt: „Towards Guidelines for Design of Mobile Services“. Dieses Paper ist zudem ein Beispiel für die Beschäftigung des Instituts mit dem Thema des Produktdesigns. Das Hauptgeschäftsfeld des Kommunikationsmanagements des Instituts ist mit sieben Beiträgen vertreten. Von Markus Will und Ulrike Geissler stammt die Erörterung der Frage „Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?“ Im Jahre 2000 hatte die Unternehmenskommunikation vom Internet noch kaum Notiz genommen. Es folgen zwei Beiträge zum Corporate Branding: Sabine Einwiller und Markus Will schlagen einen integrierten Ansatz vor – „Towards an Integrated Approach to Corpo-
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Salome Schmid-Isler
rate Branding“. Die Verbindung des Corporate Branding mit einem anderen Feld des Kommunikationsmanagements, dem Issue Management, das am Institut recht breit bearbeitet wurde, leistet der Beitrag von Sabine Einwiller und Diana Ingenhoff: „Corporate Branding and Issues Management – Integrating two Concepts to Enhance Corporate Reputation“. Die Autoren dieser drei Beiträge waren Mitarbeitende des Center for Corporate Communication, das Markus Will am Institut aufgebaut und geleitet hat. Dieser Kompetenzbereich gehört nun zum Lehrstuhl von Miriam Meckel. Kommunikationsmanagement wurde am Institut von Anfang an breit aufgefasst. Die Managementkonzepte, die im Wissensmanagement entwickelt wurden und das Studium der Probleme, die dort untersucht wurden, unterscheiden sich nicht fundamental von dem, was im Kommunikationsmanagement in anderen Stakeholderbezirken relevant ist. Martin Eppler hat am Institut das Kompetenzzentrum Enterprise Knowledge Media geleitet und den Bereich des Wissensmanagements vertreten. Das Forschungspapier von ihm und Jeanne Mengis, „The Concept of Information Overload“ illustriert einen Beitrag, der von diesen Kompetenzzentrum zum Kommunikationsmanagement geleistet wurde. Die Forschungstätigkeiten des Kommunikationsmanagements der jüngeren Zeit beleuchten drei Beiträge der Teams um Miriam Meckel. „Die Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation“ werden im Beitrag von Matthias Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel und Katarina Stanoevska-Slabeva besprochen. Er steht für das neue Forschungsfeld im Bereich des Social Networking oder Web 2.0. Ein anderes wichtiges Forschungsfeld betrifft die Kapitalmarktkommunikation. Das Forschungspapier von Christian Fieseler, Christian Hoffmann und Miriam Meckel, „Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld“, gibt einen Einblick. Der Beitrag von Beat Schmid und Miriam Meckel, „Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft“, beleuchtet Entwicklungen, die beim Kommunikationsmanagement in einer grundsätzlichen Perspektive zu betrachten sind. Das Kapitel Medien für die Kommunikation gibt mit fünf Beiträgen einen Eindruck der Institutsaktivitäten in diesem Feld. Am Institut wurde unterschieden zwischen Geschäftsmedien (Business Media), d.h. Medien zur Abwicklung von Geschäftstransaktionen, und Wissensmedien (Knowledge Media) als Medien zur Kommunikation von Wissen. Für den ersten Bereich war primär das Kompetenzzentrum Elektronische Märkte (CC EM) unter der Leitung von Hans-Dieter Zimmermann zuständig, für das zweite das Kompetenzzentrum Enterprise Knowledge Media (CC EKM) unter der Leitung von Martin Eppler. Aus diesen zwei Bereichen stammen die Beiträge von Martin Eppler, Patrick Seifried und Axel Röpnack, „Improving Knowledge Intensive Processes“ und, von Hans-Dieter Zimmermann, „Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte“. Daneben wurden am Institut Internet-Plattformen implementiert und gestaltet. Die NetAcademy war eine von den Gründern des Institutes explizite geplante und geförderte Plattform. Der Beitrag von Salome Schmid-Isler, „Die NetAcademy“, gibt Informationen zu diesem Projekt. Die Studie von Rolf Grütter steht für die umfangreiche Forschungstätigkeit im Bereich der semantischen Wissensrepräsentation. 18
Einleitung
Am Institut wurden auch Forschungsfragen zum Produktdesign angegangen. Wenn Produkte im digitalen Medium präsentiert werden, öffnet sich eine Fülle neuer Möglichkeiten. Das Produkt wird zum digitalen Produkt und kann mit einer Menge von zusätzlichen Diensten angereichert werden. Der Beitrag von Beat Schmid, „Inszenierung von Produkten im E-Business“ zeigt Überlegungen auf, wie sie am Institut zum Produktdesign in den neuen Medien entwickelt wurden. Das Buch schliesst mit Miriam Meckels Ausblick auf die künftige Entwicklung: „Kommunikation im Dreiklang von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft“. Dieser Beitrag nimmt damit die schon bei der Gründung wegleitende Triade wieder auf und konkretisiert sie am 10. Geburtstag des Institutes neu.
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Medien- und Kommunikationsmanagement
Beat F. Schmid (1997)
Medien- und Kommunikationsmanagement Begriffsbestimmung und Aufgabenfelder Positionspapier zur Gründung des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement, MCM Institute, Universität St.Gallen, 1997. Online: http://de.scientificcommons.org/12749066
Beat F. Schmid
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Zusammenfassung
Dieser Beitrag wurde in der Gründungsphase des Instituts für den Geschäftsleitenden Ausschuss des Instituts verfasst. Er ist 1997 entstanden und beschreibt die Aufgabenfelder des Joint Venture vor dem Hintergrund der Diskussionen, welche die Gründungspartner geführt haben. Es galt, ein gemeinsames Verständnis der Begriffe zu finden und Konsens zu den Aufgabenfeldern des Instituts zu erlangen. Der Beitrag ist deshalb geprägt durch die Sicht der Zeit, in der die Gründung des Instituts stattfand. Aus heutiger Sicht tönt vieles überholt. Der Beitrag hat jedoch eine historische Funktion: Er soll zeigen, wie die Mission des Instituts damals konkretisiert wurde. Die meisten der damals beschriebenen Aufgabenfelder wurden in den folgenden Jahren bearbeitet. Die Gewichte haben sich dann aber teilweise verschoben. So wurde das Gebiet der Medienwirtschaft, damals konzipiert als neu aufzubauende Branchen-BWL, geringer gewichtet als geplant; das Kommunikationsmanagement rückte dagegen in Gestalt der Unternehmenskommunikation stärker in den Vordergrund. Inzwischen eher klassische E-Business-Themen wurden zunehmend durch Arbeiten im Feld des Social Networking abgelöst. Der Beitrag ist leicht gekürzt, gibt aber inhaltlich die damals verfolgte Stossrichtung unverkürzt wieder. Der Abschnitt zur Lehre wurde gestrichen, da das vorliegende Buch den Forschungsthemen des Instituts gewidmet ist.
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Einleitung
Gegenstand Das Medien- und Kommunikationsmanagement (MKM) befasst sich, wie der Name sagt, mit dem Management der Medien und der Kommunikationsbeziehungen. Management ist eine gestaltende und lenkende Tätigkeit. Das MKM befasst sich somit mit der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Kommunikationsbeziehungen einer Instanz mit ihren Partnerinstanzen. Diese Kommunikationsbeziehungen bedienen sich geeigneter Kommunikationsmittel, d.h. verfügbarer Medien: Medien sind „Mittel zur Weitergabe oder Verbreitung von Information durch Sprache, Gestik, Mimik, Schrift, Bild, Musik“ (Meyers Lexikon). Medien sind demzufolge zum einen Kommunikationsmittel im Sinne von Kanälen, welche die Kommunikation physisch ermöglichen. Diese sind mit Technologien ver-
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Medien- und Kommunikationsmanagement
bunden und mit den sie umsetzenden Industrien. Medien sind aber auch Symbolsysteme, welche die für jede Kommunikation notwendige Bedeutung vermitteln. Erfolgreiches Kommunikationsmanagement ist nicht ohne explizite Gestaltung der semantischen Dimension möglich. MKM hat daher auch das Medienmanagement, d.h. das Management der Medien als Mittel und Träger der Austauschbeziehungen zum Gegenstand, im Sinne der Mitgestaltung und ihrer Lenkung, soweit dies möglich ist. Die Realisation der meisten Medien und ein Grossteil der Kommunikationsbeziehungen erfolgen heute arbeitsteilig: Die Medien- und Kommunikationswirtschaft stellt Produkte und Dienste zur Verfügung. Diese sehr speziellen Produkte und Leistungen werden von einer der bedeutendsten Branchen hergestellt und über Märkte vermittelt. Das Management der Medienwirtschaft ist daher ein weiteres Feld eines ganzheitlichen MKM. Die Entwicklung der Medien ist nicht nur durch technologische Innovationen getrieben, sondern auch durch die gesellschaftlichen Kräfte, die sie auslöst oder beeinflusst. Medien sind Räume des Austausches, die Gemeinschaften konstituieren und in der Interaktion mit andern Gemeinschaften verändern können. Die in solchen Ökologien von interagierenden Gemeinschaften ablaufenden Prozesse beeinflussen nicht nur die Positionen der kommunizierenden Instanzen, sondern auch jene Dritter, ja oft der gesamten Gesellschaft. Ein verantwortungsvolles MKM verlangt daher ein möglichst tiefes Verständnis der Medien und ihrer Wirkungen, um auf dieser Basis verantwortungsvolle Handlungsempfehlungen zu entwickeln. An dieser vorläufigen Explikation des Begriffs des MKM zeigt sich, dass verschiedene Elemente zu studieren sind. Beispiele:
Die Austauschpartner in der Kommunikationsbeziehung (Sender und Empfänger): Firmen, Behörden, Privatpersonen, Computersysteme.
Die Inhalte der Kommunikation: ihre Bedeutung, das verfolgte Ziel, ihre konkrete Darstellung und Präsentation (Medienwahl und Wahl der Darstellung).
Die verwendeten Medien: Typen, Leistungscharakteristik, technische Aspekte, wirtschaftliche Aspekte (Make or Buy, Investitions- und Kostenrechnung, etc.).
Der Prozess der Kommunikation bzw. des Austauschs als solcher: das mit dem Akt des Austauschs verfolgte Ziel; Gestaltung des Kommunikationsprozesses; Wahl von Zeitpunkt und Häufigkeit der Interaktion, etc., Lieferanten der benötigten Kommunikationsmedien, Inhalte, Dienstleistungen, etc.
Rolle des Kommunikationsmanagers als Gestalter dieser Parameter. Das Umfeld, bestehend aus Dritten bzw. ihren Interessenvertretern, welche die Austauschbeziehungen beschränken, kontrollieren, besteuern, etc.
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Beat F. Schmid
Involvierte Disziplinen Mit dem Gegenstand Medien und Kommunikation befassen sich verschiedene Disziplinen aus unterschiedlichem Interesse und mit verschiedener Optik. Dazu gehören die folgenden:
Die Medien- und Kommunikationswissenschaften befassen sich aus einer geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Perspektive mit dem Phänomen der Kommunikation und der Rolle, welche die Medien darin spielen: mit historischen und kulturwissenschaftlichen Aspekten, soziologischen und politologischen Fragestellungen sowie subsidiär auch mit Fragen der Medientechnologie.
Die Inhalte und ihre Herstellung sind traditionell Gegenstand von Medienschulen und - akademien, die Journalismus, Musik, Film und die Gestaltung anderer Medien lehren und erforschen.
Bei den technischen Disziplinen beschäftigen sich die Ingenieurwissenschaften mit den Trägermedien (Papier, Film, Telekommunikation, Video und Audio). In neuerer Zeit gesellt sich die Medieninformatik dazu, die den Computer als universelles Trägermedium für digitalisierte Information zum Gegenstand hat.
Die Informationswissenschaften, hervorgegangen aus den Bibliothekswissenschaften, verstehen die Information als Gut und ihre Verwaltung als Aufgabe.
Die Betriebswirtschaftslehre betrachtet Medien seit längerem unter dem Aspekt der Aussenkommunikation (Unternehmenskommunikation, Marketing, Verkauf und Service). Im innerbetrieblichen Bereich sind in den letzten Jahren die Informationsund Kommunikationssysteme vom Informationsmanagement und das betriebliche Wissen vom Wissensmanagement zum Gegenstand der systematischen Untersuchung und Gestaltung geworden.
Die Ökonomie hat im Umfeld der Publizistik- und Medienwissenschaften mit der Medienökonomie eine Spezialisierung erzeugt, welche sich mit den ökonomischen Spezifika der Medien und der Kommunikation, insbesondere den institutionellen Aspekten der Medienwirtschaft befasst.
Die Gesellschaftswissenschaften beschäftigen sich u.a. mit der Wirkung der Medien auf den Menschen und die Gesellschaft; das Recht mit medienspezifischen rechtlichen Fragen; die Geisteswissenschaften mit ethischen und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen. Die Reflexion auf Medien hat historisch durch die Etablierung neuer Medien jeweils eine Vertiefung und oft auch Umgestaltung erfahren. Die Entwicklung und Verbreitung der Fotografie und namentlich des Films, die Verbreitung der elektronischen Broadcastmedien Radio und später Fernsehen sind Beispiele solcher historischer Marken. Die Audio- und Videotechnik haben gerade eben begonnen, die ihnen spezifische
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Medien- und Kommunikationsmanagement
Reflexion zu erfahren. In jedem dieser Fälle erfolgte eine Erweiterung des Medienbegriffs.
Der Computer als Medium Die Auffassung des Computers als Medium steht noch in den Anfängen, ist aber seit dem Einsatz von Multimedia und Internet grundsätzlich akzeptiert. Es lässt sich schon heute erkennen, dass die neue Technologie eine wesentliche Erweiterung des Medienbegriffs verlangt. Das wird allein mit den folgenden Punkten deutlich: Multimedia erlaubt nicht nur die Darstellung tendenziell aller von der Medienindustrie produzierten persistenten Daten (Schrift, Ton, Bild) auf einem einzigen universellen Träger: Dieser hat als Maschine wesentlich neue Eigenschaften. Er vermag auch die Geräte, die zur Abspielung von Ton- und Bilddokumenten entwickelt wurden (Audiound Videogeräte, Synthesizer, Schnittpulte etc.), zu integrieren und somit zu ersetzen. Er kann sie mit intelligenten Funktionen anreichern und z.B. mit Funktionen von Bearbeitungsgeräten (wie Schnittpulten) verbinden. Die Broadcastmedien Radio und Fernsehen sind technisch in das Internet integrierbar. Die Internet-Endgeräte werden zu Empfängern und Sendern. Damit erhält jedermann die Möglichkeit, als Lieferant im Broadcastmarkt aufzutreten. Während die genannten Entwicklungen konzeptionell allenfalls mit den herkömmlichen Kategorien erfasst werden können, fügen die folgenden neue Dimensionen hinzu:
Die bidirektionalen Punkt-zu-Punkt-Medien Briefpost und Telefon werden in das neue Medium ebenfalls integriert (Elektronische Post und Telefonie, auch Videoconferencing im Internet). Damit erfolgt eine Integration der oben genannten Medien mit den bidirektionalen Medien. Sie gewinnt im Internet rasch an Boden.
Das neue digitale Medium verschmilzt mit den betrieblichen Informationssystemen und Interorganisationssystemen: Dieselbe Technologie, d.h. dasselbe Medium kommt für Intranets (innerbetrieblich), Extranets (zwischenbetrieblich) und Internet (überbetrieblich) zum Einsatz. Damit wird die Grenze zwischen Wirtschaft und Unterhaltung, Arbeitsplatz und Privatsphäre eliminiert.
Die neu entstehenden interaktiven Informationsobjekte verbinden somit Merkmale der Printmedien, Broadcastmedien, Punkt-zu-Punkt-Medien sowie von Informationssystemen und Softwareprodukten. Diese neuen Inhalte werden – unter Nutzung dieses enorm erweiterten Gestaltungsspielraums – eine reiche Palette von alten und neuen Diensten integrieren und bisherige Grenzen sprengen.
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Umwälzungen in Wirtschaft und Gesellschaft Diese unvollständige Liste von Aspekten des neuen universellen, digitalen und globalen Mediums macht deutlich, dass eine grundsätzliche Umwälzung bevorsteht. Sie bewirkt und verlangt die Neugestaltung der Kommunikationsbeziehungen. Da die Organisation der Betriebe, der Arbeit und unserer Beziehungen generell wesentlich durch das Leistungsprofil der zur Verfügung stehenden Medien definiert sind, wird auch die Organisation weiter Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens eine neue Gestalt finden. Dies gilt für den zwischenbetrieblichen Bereich (siehe etwa Finanzmärkte oder Luftfahrt) ebenso wie für den innerbetrieblichen Bereich (Globalisierung, Outsourcing, Virtualisierung der Unternehmen) oder die Arbeitsmärkte. Das MKM wird seine eingangs genannte Managementaufgabe folglich vor dem Hintergrund der relevanten Erkenntnisse der sich mit Medien und Kommunikation befassenden Disziplinen und der Kenntnis der Medientechnologien angehen müssen.
Adressaten Die Adressaten der Erkenntnisse des MKM können in der arbeitsteiligen Wirtschaft in zwei hauptsächliche Kreise gegliedert werden: 1.
Der erste Adressatenkreis steht für die primären Kommunikationspartner. Er besteht in Funktionen bzw. Funktionsträgern, die sich mit der Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen eines Agenten mit seinen externen oder internen Partnern befassen. Dazu gehört subsidiär auch die Gestaltung der für den Austausch benötigten Medien.
2.
Der zweite Adressatenkreis ist die Medien- und Kommunikationsindustrie. Sie stellt vom ersten Adressatenkreis benötigte Plattformen und Leistungen zur Verfügung. Sie produziert oder vermittelt auch Inhalte, welche die Kommunikations- und Informationsbedürfnisse der Wirtschaft und Gesellschaft befriedigen.
Inhalt Nach dieser vorläufigen Umschreibung des Aufgabenfeldes soll nun auf einzelne Aspekte etwas ausführlicher eingegangen werden. Zunächst wird in Kapitel 2 das Verständnis der Begriffe Management, Kommunikation und Medium dargestellt. Dann werden im dritten Kapitel die drei hauptsächlichen Aufgabenfelder umschrieben: Kommunikationsmanagement, Medienmanagement und Management der Medienwirtschaft. Dort wird argumentiert, dass es um die Entwicklung einer im wesentlichen neuen Funktionslehre der BWL (Kommunikationsmanagement) und einer neuen Branchen-BWL (Medienwirtschaft) geht. Im 4. Kapitel werden damit verbundene Forschungsziele beschrieben. (Das 5. Kapitel war den Lehrzielen gewidmet, die
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MKM als Vertiefungsrichtung innerhalb der betriebswirtschaftlichen Ausbildung verfolgen soll. Es ist hier weggelassen.) Die Umschreibung der Forschungs- und Lehrziele kann nur eine erste Annäherung liefern. Die Erfahrung und der Dialog mit der Praxis wird zahlreiche Modifikationen und Ergänzungen verlangen. Gleiches gilt für die Begriffsbestimmungen und die Umschreibung der Aufgabenfelder des MKM. Die Sicht des Autors ist durch seine fachliche Herkunft geprägt, d.h. die des Informationsmanagements. Sie ist insbesondere durch die Auseinandersetzung mit den eng verknüpften Phänomenen der elektronischen Märkte, offener verteilter Systeme, namentlich des Internet und neuer Formen der Wissensrepräsentation beeinflusst. In diesen neuen Medien wird Information zu einer aktiven, lebendigen Substanz, die Organisationsstrukturen wie Märkte und Firmen zu durchwachsen und transformieren begonnen hat. Die klassischen Planungsparadigmen versagen nicht nur wegen der durch die immer weitergehende Vernetzung nicht mehr zu bewältigenden Komplexität. Die Aufhebung der Distanzen und die Geschwindigkeit des Computers lassen auch eine neue Zeitmetrik wirksam werden, mit denen die klassischen Abläufe nicht fertig werden. Immer grössere Teile der wirtschaftlichen Realität präsentieren sich im neuen Medium und verlangen eine mediale Sicht. Die Grenzen zwischen Massenmedien und geschäftlicher Kommunikation sind durchlässig geworden. Die Gestaltung von Handelsplattformen im Internet beispielsweise hat immer mehr Ähnlichkeit mit der Gestaltung von Medien wie Zeitungen. Verfolgt man umgekehrt die Entwicklung der elektronischen Ausgaben von Zeitungen im Internet, so erkennt man immer mehr Elemente von interaktiven Diensten, wie sie traditionell in Informations- und Kommunikationssystemen anzutreffen sind. Die Beispiele lassen sich vermehren. Sie weisen alle in die Richtung einer neuen Verbindung, die tiefer reicht als die Rekonstruktion der Zeitung im Internet, mit interaktiven Inseraten, die dem Leser das Betreten elektronischer Geschäfte erlauben oder die Kontaktaufnahme mit einem Inserenten. Wir müssen eine Managementlehre entwickeln, die uns lehrt, wie man Medien wie das Internet bewusst und zweckgerichtet baut und lenkt – oder vielleicht besser: wie man sie kultiviert, im genuinen Sinne des Bewirtschaftens.
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Begriffe
3.1
Managementlehre
Begriffsbestimmung Die Aufgabe des Managements wird in der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung sozialer Systeme gesehen (Ulrich 1984). Zu diesen sozialen Systemen gehören insbesondere Firmen. Sie sind traditionell der dominante Gegenstand der Managementlehre. Die Funktionsweise der Firma ist Gegenstand der beschreibenden und erklärenden Disziplinen, auf die sie zurückgreift (Ökonomie, Soziologie, Psychologie u.a.), die Gestaltung und Lenkung der Firma ihre eigene Domäne. Dazu gehören: die Organisation der Produktionsprozesse (sie standen im Tayloristischen Ansatz im Vordergrund), der Aussenbeziehungen (Beziehungen zu den Märkten, Kunden und Lieferanten, zu Staat und Gesellschaft) und der Innenbeziehungen. Im folgenden sollen einige Problemfelder kurz berührt werden, mit denen das Management konfrontiert ist, und die alle einen Bezug zum Medien- und Kommunikationsmanagement haben. Auf die Aufgaben des MKM kommen wir unter Kapitel 4. zurück. Hier soll nur deutlich werden, dass die Kommunikationsbeziehungen als Aufgaben des Managements einem Wandel unterliegen und an Bedeutung gewinnen.
Aussenbeziehungen und Information In den Aussenbeziehungen kommen Märkte und Medien ins Spiel. Diese betreffen traditionell in erster Linie die Kommunikation der Firmenleistungen, namentlich das Marketing, den damit eng verbunden Absatz und Handel, sowie am andern Ende der Wertschöpfungskette die Beschaffung. In den vergangenen Jahren sind nun auch die Leistungsprozesse immer öfter firmenübergreifend Objekte der Gestaltung geworden. Somit erhält die Gestaltung der Austauschbeziehungen eine weitere Dimension. Die Aussenbeziehungen haben demzufolge im Verlaufe der Entwicklung der Managementlehre immer mehr an Bedeutung gewonnen. Der Produktionsfaktor Information wird immer klarer als zentrale Grösse erkannt. Das Informationsmanagement beginnt sich als eigenständige Disziplin neben dem Management der klassischen Faktoren Kapital und Arbeit zu etablieren. Im Vordergrund steht dabei die formale, meist maschinenlesbare Information. Diese ist nun aber in sehr rasch wachsender Menge auf Märkten verfügbar bzw. anzubieten, so dass Informationsmanagement kontinuierlich auch Kommunikationsmanagement wird. Dem ganzheitlichen, umfassenden und systematischen Management der Kommunikationsbeziehungen kommt somit ein immer grösserer Stellenwert zu. Dies soll anhand zweier wichtiger Gebiete, nämlich den Märkten und Medien, verdeutlicht werden. 28
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Märkte Durch die Ausstattung der Unternehmen mit computerisierten Informationssystemen und ihre allmähliche Vernetzung verändern sich die Märkte. Elektronische Märkte sind die sich herausbildende Gestalt des Handelsplatzes. Sie haben in manchen Zügen wieder den Charakter der Agora der antiken griechischen Städte, auf denen Waren und Informationen gleichermassen ausgetauscht wurden, leicht erreichbar für alle Stadtbewohner. Die neuen Märkte sind wieder solche Plätze für den Austausch von Informationen und Waren aller Art – nun global, für jeden jederzeit erreichbar. Sie ermöglichen auch neue gewinnbringende Dienste und Produkte und verlangen so deren Nutzung. Zwei Beispiele sollen diese Entwicklung verdeutlichen. Märkte haben in mehrfacher Hinsicht an Bedeutung gewonnen. Während Firmen früher stärker auf Heimmärkte ausgerichtet waren, wo die wichtigen Spieler häufig direkt oder über Firmenverbände beeinflussbar waren, herrschen heute mehr und mehr transnationale und globale Märkte vor. Sie sind für die meisten Firmen nicht mehr direkt beeinflussbar. Dies hat zur Entwicklung Risiken reduzierender Strategien und Instrumente geführt. Die Finanzmärkte zeigen dies exemplarisch: Waren früher z.B. Wechselkursschwankungen Ereignisse, welche den Jahresabschluss einer Firma massiv beeinflussen konnten, so bieten die heute verfügbaren Instrumente eine weitgehende Immunisierung gegen diese Risiken an. Mit der Globalisierung der Finanzmärkte und den zahlreichen neuen Instrumenten bzw. Produkten haben die Firmen eine beträchtliche Erweiterung ihres Gestaltungsspielraumes gewonnen – oder von der andern Seite her betrachtet: eine neue wichtige Gestaltungs-, d.h. Managementaufgabe, übernommen. Diese Entwicklung hat in der Theorie zu einer lebendigen Diskussion über die Organisationsformen Markt und Hierarchie oder Mischformen wie Netzwerke geführt und in der Praxis zu Outsourcing, Dis- und Reintermediation, ja zur Umgestaltung ganzer Branchen (die Textilindustrie und Computerbranche sind Beispiele). Virtualisierung des Unternehmens ist ein Schlagwort für diese Entwicklung. Mit dem Aufkommen elektronischer Märkte dürfte sich diese Entwicklung radikalisieren und mehr und mehr Märkte in Richtung der Finanzmärkte mit standardisierten, handelbaren Kontrakten führen. Auch hier hat sich somit ein Gestaltungspotential eröffnet, das die Managementlehre künftig verstärkt zum Gegenstand ihrer Forschung und Lehre machen muss.
Massenmedien Die Mediengesellschaft entsteht durch die Etablierung von Massenmedien, die in ihrer Wirksamkeit zuzunehmen scheinen. Das Medium Fernsehen ist in seiner institutionellen und inhaltlichen Entwicklung noch nicht in einem stabilen Gleichgewichtszustand. Seine Auswirkungen sind von den Firmen und Organisationen nach und nach erkannt und Gegenstand des Managements geworden. Und nun zeichnet sich der Sturmlauf
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des neuen Mediums Internet ab. Es ist bis ins Innerste der Betriebe mit ihren Prozessen verknüpft. Die Etablierung der Massenmedien mit ihrer realitätsdefinierenden Funktion einerseits und die Abnahme der Schutzfunktion der Bedeutung eines Unternehmens für die Nation andererseits, haben zu einer rasch wachsenden Exposition des unternehmerischen Tuns sowie von Produkten und Leistungen geführt. Firmen und ganze Branchen sind mit dem symbolhaften Charakter konfrontiert, den sie oder ihre Produkte in den Medien erhalten können. Dieser gründet oft in Dimensionen, die aus der Optik der Firma wenig mit den ihr wichtigen Aspekten und Bewertungskriterien zu tun haben. Die Chemie- und Pharmaindustrie, die Energiebranche oder die Agrarwirtschaft haben in der jüngeren Vergangenheit diesbezügliche Erfahrungen gemacht. Die Geschäftstätigkeit in Drittweltländern oder das Verhalten in den Arbeitsmärkten sind weitere Felder, in denen Managemententscheide eine autonome Spiegelung erfahren und ein sich verselbständigendes Wachstum der Bilder ereignen kann. Unternehmenskommunikation und Issue Management sind Versuche, diesen Phänomenen zu begegnen. Aber auch die gezielte Gestaltung und Entwicklung der Medien selbst als Plattformen für die Kommunikation wird immer mehr zu einer Aufgabe eines verantwortlichen und erfolgreichen Managements der Firma. Wir kommen auf diesen Punkt weiter unten ausführlich zurück.
Gestaltung der betriebsinternen Medien Die Managementlehre hat sich nach der Blüte des Taylorismus zunächst intensiv mit den Innenbeziehungen des Unternehmens und ihrer Gestaltung befasst. Nachdem die Unternehmung zunächst eher mechanistisch (Taylor 1911) oder ökonomisch (Transaktionskosten, Coase 1937) oder als rechtliche Institution betrachtet wurde, hat Barnard in seinem bedeutenden Werk ‘The Functions of the Executive’ die innergesellschaftliche Dimension betont (Barnard 1938). Er sieht die Organisation als ‘that kind of cooperation among men that is conscious, deliberate, purposeful’ (op.cit. p.4). Die Beziehungen des der Organisation Angehörigen zu ihr, zu seinen Vorgesetzten, zu den andern, kurz: die sozialen Beziehungen werden in ihrer für die Organisation konstitutiven Bedeutung erkannt. Diese Beziehungen sind Kommunikations- und Austauschbeziehungen, deren Management mehr als Aufbau- und Ablauforganisation umfasst. Es gehört auch das Management des Symbol- und Wertesystems dazu, das den Raum, das Medium für diese, abgibt. Wir werden unten einen Medienbegriff skizzieren, der solche für Organisationen konstitutiven Kommunikationsräume umfasst. Organisationales Gedächtnis und organisationales Wissen sind in den letzten Jahren lebendige Diskussionsfelder geworden – sowohl bei an allgemeiner Managementlehre interessierten Forschern, z.B. (von Krogh/Roos 1995), als auch bei Forschern, die von der Seite der Informationssysteme her kommen. Gehört das organisationale Wissen
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mit seinen Systemen und seiner Semantik zum MKM? Die Frage kann angesichts der oben erwähnten Verwischung der Grenzen zwischen innerbetrieblichen und zwischen- und überbetrieblichen Systemen und angesichts der sich neu definierenden Grenzen zwischen Firma und Aussenwelt (Markt, Kunde, Lieferant und Mitarbeiter) jedenfalls nicht von vornherein verneint werden. Die inneren Medien der Organisation – ihr Symbolsystem für die Selbst- und Aussenkommunikation, ihr Wissen in informaler und auf Informationssystemen basierter Form – sind Gestaltungsparameter des Management. Sie sind eng mit den externen Medien verknüpft.
3.2
Begriff des Mediums
Allgemeiner Begriff des Mediums Medien sind, wie eingangs erwähnt, Räume, Plattformen, Mechanismen, welche die Kommunikation oder allgemeiner: den Austausch zwischen Agenten (Menschen, Organisationen, Maschinen etc.) ermöglichen. Damit der Austausch – wir betrachten zunächst den Fall des Informationsaustauschs – gelingt, sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. Kanäle C. Zunächst braucht es ein System von Verbindungen zwischen den Agenten, die einen Transport der Information vom sendenden Agenten (Sender) zum empfangenden Agenten (Empfänger) ermöglichen. Die Nachrichtentechnik nennt eine solche Verbindung einen Kanal. Ein solcher Kanal muss geeignet sein, die zu übermittelnde Information aufzunehmen, zu tragen. Man spricht daher auch vom Trägermedium. Solche Trägermedien bzw. Kanäle sind physische Produkte wie Papier oder elektromagnetische Signale, die mit einer bestimmten Technologie und einer sie produzierenden Wirtschaft verknüpft sind. Häufig wird der Medienbegriff mit dem Begriff des Trägermediums identifiziert. Man spricht dann von Printmedien, Fotografie und Film als Medien, elektronischen Medien (Radio und Fernsehen), etc. Dieser Medienbegriff erfasst eine wichtige Komponente des Mediums. Er ist aber zu sehr an der Technologie und den ihr zugehörigen technischen Möglichkeiten, bzw. den für sie typischen, historisch entstandenen wirtschaftlichen Strukturen ausgerichtet. Syntax L. Die ausgetauschten Inhalte bedürfen einer formalen Strukturierung, kurz: einer Syntax, die den potentiellen Sendern und Empfängern bekannt ist und im Trägermedium (Kanal) realisiert werden kann. Solche syntaktischen Regeln umfassen – am Beispiel der Schrift – die verwendete Schrift (lateinisch, kyrillisch etc.), Schrifttypen, Regeln der Grammatik, Layoutregeln, ohne die ein funktionsfähiger Kanal nicht entstehen und seine Aufgabe erfüllen kann. Wir können auch von der Sprache sprechen, die zur Codierung der Nachricht Verwendung finden soll.
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Solche Regeln sind bei den klassischen Medien im Laufe der Zeit entstanden und in einem kontinuierlichen Lernprozess auf die potentiellen Sender und Empfänger übertragen worden. Der Erwerb der Fähigkeiten zur Codierung und Decodierung der Printmedien ist anspruchsvoll und wird in der Grundschule im Verlaufe einiger Jahre erworben. Der Code für die Kommunikation über den Fernseher ist vergleichsweise leichter zu erwerben. Das neue Medium Internet ist in der Einführungsphase und verlangt von seinem Benutzer das Erlernen einer teilweise neuen Syntax. (Diese oder Teile von ihr werden häufig auch als Protokoll bezeichnet. Wir verwenden diesen Begriff hier jedoch mit einer breiteren Bedeutung.) Semantischer Raum W. Erfolgreiche Kommunikation verlangt eine Interpretation der übermittelten Botschaft durch den Empfänger, die mit der Intention des Senders kompatibel ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Semantik der übermittelten, d.h. im Kanal vorhandenen Nachricht. Diese Semantik ist weder im physischen Trägermedium noch in der Syntax enthalten, sondern kommt von ausserhalb. Sie verweist auf dem übermittelten Code auf externe Welten, auf die Referenz oder Bedeutung der in ihm enthaltenen Nachricht. Wir können vom semantischen Raum sprechen, in dem die Kommunikation stattfindet. Dieser semantische Raum ist wesentlicher Bestandteil des Mediums im Sinne seiner Definition als Austauschmechanismus für Information. Die Semantik umfasst Begriffe und Symbole, die geistiger Natur sind. Medien ermöglichen mit ihnen das (Mit-)Teilen von Welten, das Bilden gemeinsamer Welten. Das gilt für die Innenwelt einer Organisation ebenso wie für die in den Massenmedien kommunizierten und gestalteten Welten, ob News, Olympiaden, Formel 1 oder Star Wars. Die Semantik ist einer Logik unterworfen, die von allen Teilnehmern geteilt werden muss. Man könnte daher statt von semantischem Raum auch vom logischen Raum sprechen, der definierender Bestandteil eines Mediums ist. Der semantische Raum besteht meist aus einem Kern von Anliegen und Ideen, die man als Axiome bezeichnen kann, und ihn umgebenden Sekundärkonzepten und in ihnen formulierten Standpunkten. Diese Axiome sind für die das Medium als ihre Welt auffassende Agentenpopulation mehr oder weniger verpflichtend, die sekundären Anliegen oder Positionen werden häufig geteilt oder wenigstens zugelassen. Seit R. Dawkins in seinem Buch ‘The Selfish Genes’ (Dawkins 1976) das Konzept des Mems zur Bezeichnung von Ideen, welche die Köpfe der Menschen bevölkern und sie lenken, eingeführt hat, ist die Bedeutung der die Welt erschliessenden und bildenden Funktion der Ideen oder Meme von einer Reihe von Autoren beschrieben worden (Dawkins 1976), (Brodie 1996), (Lynch 1996) u.a. Sie beschreiben den Wettbewerb der Meme, ihre Reproduktion und Selektion in Analogie zur Biologie und erklären eine Reihe von Phänomenen der Ideologiebildung sowie von Medienphänomenen mit diesen Kategorien. Man kann mit dieser Terminologie den semantischen Raum als Bestand der Meme, verbunden mit der sie regierenden Logik, bezeichnen. Er definiert die Weltsicht der das Medium bewohnenden Agenten. Er steht andererseits, wie das biologische Pendant,
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das Genom, im Wettbewerb mit anderen Memen, d.h. mit anderen Medienwelten, um die Gunst der Agenten. Damit dieser Wettbewerb erfolgreich bestanden wird, muss eine gewisse Ordnung, ein Management des Meme, erfolgen. Rollen R. In einem Medium befinden sich nebst Empfänger und Sender in der Regel noch weitere Akteure. Im Printmedium sind dies etwa Autoren, Redakteure, Aufsichtsinstanzen, Erbringer von Diensten auf der Übermittlungsebene, etc. Die Aufgabenprofile dieser Agententypen, ihre Rechte und Pflichten, bezeichnen wir als Rollen. Zu einem Medium gehört somit ein System von aufeinander abgestimmten Rollen. Die Rollen machen einen organisatorischen Aspekt des Mediums aus. Sie legen sozusagen seine Aufbauorganisation fest. Ohne kohärente Rollendefinitionen kann es nicht funktionieren. Das ist nicht weiter erstaunlich, ist es doch als Transaktionsmechanismus definiert. Und Transaktionen bedürfen einer Organisation, wenn sie funktionieren sollen. Es gilt dabei, nicht nur die technischen Seiten des jeweiligen Mediums organisatorisch im Griff zu haben, sondern auch die Interessen der nutzenden Kunden und Lieferanten. Dazu sind oft auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen (Autorenrechte, Konsumentenschutz) und die zugehörigen Rollen zu schaffen. Um nun konkrete Komunikationstransaktionen abzuwickeln, d.h. das Medium wirklich seiner Bestimmung gemäss arbeiten zu lassen, sind Abläufe zu regeln. Dies geschieht mittels eines Protokolls. Protokoll P. Die Gesamtheit oder das aufeinander und auf die definierten Rollen abgestimmte System der Prozesse, die zur Funktionsweise eines Mediums implementiert sind, nennen wir in Anlehnung an den Sprachgebrauch, der im Kommunikationsbereich Verwendung findet, Protokoll. Das Protokoll regelt somit neben Formaten die Abläufe, enthält also die Ablauforganisation des Mediums. Damit ist der Medienbegriff definiert: Ein Medium besteht demnach aus einem Kanalssystem, einer Syntax, einem semantischen Raum, Rollen und Interaktionsprotokoll – formelhaft:
Medium = C + L + W + R + P Märkte als Medien Märkte sind bekanntlich auch Mechanismen für den Austausch – allerdings für Güter und Leistungen. Hewitt hat den Begriff des agorischen Systems geprägt, um allgemeine offene Systeme des Austauschs zu benennen ((Hewitt 1988) und (Miller 1988)). Er hat den Begriff agorisch (engl. agoric) in Anlehnung an die griechische Bezeichnung für Marktplatz, Agora, gewählt. Der Marktplatz der Griechen war – wie oben gesagt – Ort des Austauschs für Waren und Informationen. Hewitt und andere diesen Begriff verwendende Autoren, z.B. (Hubermann 1988), wollen mit ihm Systeme wie das Internet bezeichnen, welches mehr und mehr beide Funktionen, die des Kommunikationsmediums und des Marktplatzes im Sinne des Ortes des Warentauschs, erhält. Wir sehen 33
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hier ein erneutes Zusammenwachsen der Kommunikationsmedien für Informationen und Güter. Die Charakterisierung der Märkte als Medien ist mit dem oben gegebenen Medienbegriff zwingend. Alle genannten Elemente des Medienbegriffs sind in Märkten nicht nur anzutreffen, sondern notwendig vorhanden: Auf keines kann verzichtet werden.
3.3
Kommunikation und Austausch
Allgemeiner Begriff des Austauschs Unter Kommunikation wird ein Akt des Austauschs verstanden. Das ausgetauschte Gut kann verschiedenen Kategorien angehören. In unserem Zusammenhang interessieren besonders Wissen oder Rechte. Der Austausch hat, wie das verwendete Medium, zunächst einen physischen Aspekt: Sender und Empfänger haben beide Zugang zum selben Kanal, sie sind über ihn verbunden. Der Sender beliefert den Kanal mit dem zu übermittelnden Objekt, der Empfänger entnimmt es diesem. Beide müssen wissen, wie das zu geschehen hat. Das so übermittelte physische Objekt stellt aber nicht den ganzen Kommunikationsakt dar – er besitzt eine semantische Dimension, die über den semantischen Raum des Mediums vermittelt wird. Wenn dieser beim Sender und Empfänger nicht auf gleiche Weise vorhanden ist, wird die Kommunikation in der Regel nicht vollständig gelingen. Mittels Kommunikation kann bei Benutzung des gleichen Mediums – inklusive semantischer Dimension – Wissen ausgetauscht werden, indem es als Information codiert und diese übermittelt wird. Beim Aufnehmen von Information wird das Wissen des Empfängers verändert. In der Sprechweise Dawkins: Sein Gehirn ist nun mit dem Mem infiziert, das der Sender übermittelt hat. (Das wenigste, was sich an seinem Wissenszustande ändert, ist das Wissen, dass der Sender ihm eine bestimmte Botschaft übermittelt hat.) Medien, die dem Wissensaustausch dienen, können wir als Wissensmedien bezeichnen. Mittels Kommunikation können aber auch Werte vermittelt werden. Diese können sich auf den Empfänger, Dritte oder Dinge beziehen. Dinge als Wertobjekte können so selber Gegenstand des Tausches werden. Eine genauere Analyse, die hier nicht erfolgen soll, zeigt, dass dabei im Grunde genommen neben Wissen Rechte übertragen werden. Voraussetzung dafür ist, dass im semantischen Raum der Partner der Begriff des Besitzes vorhanden und in den Rollenbeschreibungen institutionalisiert ist. Wir wollen Medien, die dem Tausch von Gütern oder Werten im ökonomischen Sinne dienen, Geschäftsmedien (Business Media) nennen. Sie sind in den Volkswirtschaften und Organisationen zahlreich vorhanden. Ihre Regeln werden in Gesetzestexten, Verordnungen und Verträgen festgehalten. 34
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Der einzige Unterschied zu Wissensmedien liegt im Charakter der ausgetauschten Objekte: Während Information bei ihrer Kommunikation vom Sender zum Empfänger nach dem erfolgten Kommunikationsakt bei beiden, Sender und Empfänger, vorhanden ist, ist dies bei Gütern nicht der Fall: Der Sender besitzt das übermittelte Gut, d.h. das Verfügungsrecht, nicht mehr, es ist jetzt im Besitze des Empfängers. (Unter den Begriff des Gutes fallen auch Eigentumsrechte an Informationsgütern.) Der Austausch von Wissen ist also expansiv – Wissen des Senders kann durch Kommunikation nicht ausgelöscht, dagegen auf weitere Agenten übertragen werden, während der Austausch von Gütern konservativ ist: Durch den Austausch können Güter nicht vermehrt werden. Die oben eingeführte Betrachtung der Märkte als Medien drängt sich auch aufgrund der Analyse der Markttransaktion auf. Analysiert man diese genauer, so zeigt sich, dass in ihr drei Phasen mit unterschiedlichen Ergebnissen anzutreffen sind: 1. Die Informationsphase vermittelt die für einen Kauf- bzw. Verkaufsakt notwendige Information. Sie basiert auf einem Wissensmedium, das den fraglichen Produkten zugeordnet ist und Information zu den mit möglichen Transaktionen zusammenhängenden Fragen des potentiellen Kunden oder Lieferanten bereitstellt. 2. Die Vereinbarungsphase erzeugt günstigenfalls einen rechtlich verbindlichen Kontrakt. Sie ist mit einer Reihe von Kommunikationsakten verbunden, die zum Teil das der Informationsphase zugeordnete Wissensmedium verwenden, zum Teil neue Partner (Behörden, Banken etc.) betreffen. 3. Die Abwicklungsphase dient der Erfüllung des in der Vereinbarungsphase geschlossenen Kontrakts und involviert neben Sender und Empfänger die Logistikdienstleister. Die erste Marktphase wird somit durch Medien realisiert, die Informationen kommunizieren (also Wissensmedien) und somit auch Gegenstand des MKM sind. Diese sind jedoch auf das Engste mit den Transaktionen der nachfolgenden Phasen verbunden, so dass eine integrierte Betrachtung angezeigt ist. In der Vereinbarungsphase werden Rechte übertragen, deren Umschreibung und Semantik vollständig mit den Inhalten der Informationsphase verknüpft ist. Die Abwicklungsphase bezieht ihre Semantik wiederum aus dem Kontrakt der Vereinbarungsphase und mittelbar der Informationsphase. Eine getrennte Behandlung der mit den Transaktionsphasen verbundenen Medien dürfte daher zu unterlegenen Geschäftslösungen führen.
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Mit den gegebenen Begriffsbestimmungen lassen sich nun wesentliche Aufgaben des MKM bestimmen. Im folgenden soll zunächst das Management der Kommunikationsbeziehungen besprochen werden. Dies ist deswegen sinnvoll, weil mit ihm die Bedürfnisse der Kunden angesprochen werden. Modernes Management geht von diesen aus. Wir werden dann die Gestaltung der Kommunikationsmittel, d.h. das Medienmanagement, besprechen, um abschliessend auf das Management der Medienwirtschaft zu kommen, die Güter und Leistungen nicht nur für Endkunden, sondern auch für Geschäftskunden herstellt.
4.1
Kommunikationsmanagement
Externe Kommunikation Das Management der Kommunikationsbeziehungen eines Agenten (z.B. einer Firma) mit seinen Partneragenten (z.B. den aktuellen und potentiellen Kunden der Firma, den Lieferanten, der Öffentlichkeit) verlangt zunächst die Wahl der Kommunikationspartner, Wahl und Gestaltung der Inhalte je Partner, die Wahl der Kommunikationskanäle und das Design der Kommunikationsprozesse. Diese Aufgaben sind heute im Firmenbereich meist unterschiedlichen Funktionen zugewiesen:
Die Unternehmenskommunikation entwirft ein Bild der Firma und ihrer Mission und gestaltet die Kommunikationsbeziehungen zu den Medien, um dieses Bild der Öffentlichkeit zu vermitteln. Sie kommuniziert die Firmenanliegen auf anderen Kanälen zu weiteren wichtigen Stakeholdern, wie Behörden oder Aktionären.
Das Marketing kommuniziert die Information über die Produkt- und Leistungspalette der Firma.
Der Verkauf nutzt weitgehend die gleichen Kanäle wie das Marketing, zusätzlich jedoch als wesentliche Ergänzung Kataloge. Elektronische Kataloge in Form von dem Kunden zugänglichen Datenbanken, Web-Sites oder ähnlichen Implementationen sind zunehmend wichtig geworden, da sie dem Kunden wesentliche Vorteile bieten.
Im After Sales-Bereich finden immer mehr interaktive computergestützte Medien ihren Einsatz.
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Interne Kommunikation Die innerbetriebliche Kommunikation wird in ihrer Bedeutung für die Firma immer deutlicher erkannt. Ihre systematische Gestaltung ist ein zentraler Gegenstand des Informationsmanagements. Das Informationsmanagement hat sich in der Vergangenheit allerdings primär mit dem Teil der Information befasst, welcher auf Informationssystemen abbildbar ist. Durch die Einführung der Büroinformationssysteme, mit E-Mail und Groupware, neuerdings mit Internetzugang, wurde die Optik allerdings wesentlich erweitert. Grosse Teile der informalen Information, die bisher in Papierform oder über das Telefon kommuniziert wurde, wird nun über Computernetzwerke übermittelt. Diese haben eine ganz andere Reichweite und Charakteristik. Sie heben den Raum auf, verwischen die Grenzen zwischen Büro, Heim und unterwegs. Ein immer grösserer Teil der Akten ist elektronisch überall verfügbar. Eine tiefgreifende Umgestaltung der firmeninternen Kommunikation ist damit in Gang gekommen. Die Gestalt der sich künftig einstellenden neuen „Gleichgewichtszonen“ der Leistungskoordination ist heute noch nicht absehbar. Diese neuen firmeninternen Kommunikationsplattformen erlauben zudem eine viel weitergehende Kunden- und Lieferantenintegration. Haben die geschlossenen Computernetzwerke in vielen Branchen diesbezüglich bereits enorme Veränderungen gebracht (Handel in Finanzmärkten, Tourismusbranche, Automobilbranche, etc.), so steht nun eine generelle Integration auf der Basis der Plattform Internet bevor, die zu einem Bruchteil der Kosten und des Zeitaufwandes der herkömmlichen firmennetzbasierten Lösungen realisiert werden kann. Entsprechende Business-to-BusinessPlattformen werden heute von fast allen wichtigen Herstellern von Firmenlösungen bereits angeboten. Sie stellen aber erst den Anfang einer Entwicklung dar, welche sehr rasch sehr ausgereifte Lösungen anbieten dürfte. Einheitliche, internetbasierte Medien werden Interaktionsräume mit neuartigen Grenzen schaffen.
Funktion Damit eröffnet sich dem Kommunikationsmanagement eine enormer neuer Gestaltungsspielraum, der nicht nur genutzt werden kann, sondern genutzt werden muss, wenn die Firma überleben will. Einige wichtige Aufgabenfelder sind die folgenden: Die Aufgaben der Unternehmenskommunikation, des Marketing, des Verkaufs und des After Sales-Bereiches dürften eine engere Integration erfahren. Die firmenexternen Kommunikationsbeziehungen sind immer weniger von den firmeninternen zu trennen. Die Systemplattformen konvergieren zu einem universellen und einheitlichen Kommunikationsmedium. Das Leistungsprofil der Firma wird in zunehmenden Masse durch ihr dem Kunden zur Verfügung gestelltes Wissen bestimmt. Das Wissen der Firma muss somit überall dort, wo es direkten Kundennutzen stiften kann, eine hohe Visibilität und Erreichbar-
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keit erlangen. Die Internetangebote im Effektenhandel und Anlagebereich geben dafür Beispiele. Diese Beispielbereiche zeigen, dass das Kommunikationsmanagement einer Firma zu einem zentralen Erfolgsfaktor wird und vor grossen Umwälzungen steht. Sein systematisches Studium und seine Einbettung in die Managementlehre ist eine Herausforderung, der sich das MKM stellen will. Das Kommunikationsmanagement ist eine Funktion, welche die umfassende und systematische Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Austauschbeziehungen der Organisation mit all ihren Stakeholdern zum Gegenstand hat. Sie muss diese Beziehungen unter Nutzung des internen und externen Wissens, der internen und externen Leistungen im Sinne der Ziele der Organisation so gestalten, dass der Nutzen der Stakeholder maximiert wird. Dabei sind alle Gestaltungsparameter der Kommunikationsbeziehungen zu berücksichtigen (Partner, Inhalt, Design, Medium, Prozesse). Die Inhalte umfassen Informationen und Werte. Bemerkung: Das Kommunikationsmanagement, wie es hier umschrieben wurde, hat beträchtliche Überschneidungen mit dem seit langem etablierten Marketing und dem in jüngster Vergangenheit entstandenen Informationsmanagement. Beide Gebiete entwickeln sich aus sich heraus weiter. Die sinnvolle Arbeitsteilung zwischen dem umfassenden Kommunikationsmanagement, wie es hier gefordert wird, und dem Marketing einerseits und dem Informationsmanagement andererseits wird sich erst noch herausbilden müssen. Diese Situation überlappender Gebiete ist in der BWL (wie in andern Disziplinen) nicht neu. Es ist denkbar, dass das Kerngebiet, von dem her das Kommunikationsmanagement operiert, das Medienmanagement sein wird.
4.2
Medienmanagement
Gestaltung der Kommunikationsräume Die Kommunikation bedient sich hauptsächlich der auf dem Markt angebotenen Kommunikationsmittel, um ihre Nachrichten zu übermitteln. Innerhalb der Betriebe werden zusätzlich eigene Medien in Form von in die Ablauforganisation eingebauten Kommunikationssystemen aufgebaut und gepflegt, sowie computerisierte betriebliche Informations- und Kommunikationssysteme. Diese Kommunikationsmechanismen sind aber mehr als eine komplexere Art von Telefon, Post oder Fax. Sie umfassen, wie in Abschnitt 2.2 ausgeführt wurde, auch einen semantischen Raum, der gestaltet werden kann und muss. Diese Aufgabe wird für die externen Medien in Teilen von der Unternehmenskommunikation (z.B. Corporate Identity), vom Marketing (z.B. Branding) oder vom Verkauf wahrgenommen. Im internen Bereich wirken alle Funktionen mit, wenn auch mit unterschiedlichen Absich-
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ten und Graden des Bewusstseins hinsichtlich der welt-gemeinschaftsbildenden Funktion ihres Tuns. Die verwendeten Kommunikationskanäle befinden sich nun als Folge der technischen Revolution in rascher Umgestaltung. Zudem bilden sich neue Merkmale für die Gestalt der Aufbau- und Ablauforganisation heraus. Eine systematische Gestaltung der Medien als gemeinsame Räume des Austauschs innerhalb der Firma und zwischen der Firma und ihren Partnern (Kundengruppen, Lieferantentypen, Mitarbeitern, Arbeitsmarkt, Öffentlichkeit, etc.) ist daher notwendig. Sie verlangt mehr als die Bereitstellung der Kommunikationsmittel. Sie umfasst die mediengerechte Mitgestaltung der Semantik (Identity, Brands, Image etc.) und oft auch die Mitarbeit an der Gestaltung der Kommunikationsplattform als solcher. Auf den tieferen Schichten des Mediums werden die syntaktischen Elemente festgelegt. Dazu gehören auch Standards. Das ist im überbetrieblichen Bereich meist eine (häufig für den Erfolg des Produktes entscheidend wichtige) Aufgabe der Key player. Auf den höheren Ebenen wird die Semantik definiert. Diese ist ein Gemeinschaftswerk, an dem viele mitarbeiten müssen, wenn die anschliessend über das Medium laufende Kommunikation erfolgreich sein soll. Dabei ist ein Kernbestand von allgemeineren Konzepten und Symbolen meist nicht firmenspezifisch, sondern branchenspezifisch und mit gerade (aktuellen) gesellschaftlichen Themen verknüpft (etwa Umwelt oder zwischenmenschlichen Beziehungen). Daneben sind aber Symbole zu finden, welche firmenspezifisch sind und ihre Identität definieren.
Das neue universelle Trägermedium Die Gestaltung der Medien als Kommunikations- und Austauschplattformen erhält zum einen deshalb eine neue Dimension, weil die neue Informationsinfrastruktur ein universelles Medium ist. Der Computer ist eine Realisation des Konzeptes der universellen Turing-Maschine, welche jede andere Maschine zu simulieren vermag. Die herkömmlichen Medien besitzen einen durch ihre jeweilige Technologie definierten, mehr oder weniger grossen Gestaltungsspielraum, der seinerseits die Gestalt der Botschaft mitprägt. Marshall McLuhans Diktum ‘The medium is the message’ spricht diesen Sachverhalt an (McLuhan 1964). Der Computer gestattet dagegen, wegen seiner Universalität, im Prinzip alles Machbare zu simulieren und offeriert in der Realität eine rasch wachsende Fülle von Optionen. Unter Multimedia wird die Simulation und Integration der herkömmlichen Medien Schrift, Bild und Ton verstanden. Damit sind die Möglichkeiten des neuen Mediums jedoch keineswegs ausgeschöpft. Wie in der Musik, wo die Elektronik und in der jüngeren Vergangenheit der Computer neue Gestaltungsdimensionen eröffnet und die Märkte revolutioniert haben, ist auch im Bereich der symbolischen Kommunikation damit zu rechnen, dass neben der Rekonstruktion des Bekannten Neues geschaffen wird und dass dieses die Massen anziehen wird.
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Die Bewältigung dieser neuen Gestaltungsaufgabe, die sich nicht auf die Rekonstruktion des Bekannten im neuen Trägermedium beschränken darf, verlangt eine besondere Anstrengung und die Entwicklung neuer Konzepte. Es gilt dabei auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit im Informationszeitalter eine neue Grössenordnung angenommen hat: Die Produktivität wächst im Bereich der Informationstechnologie mit jährlichen Raten von 50% bis 100% und mehr – ein quantitativer Sprung, der den Übergang vom Agrar- ins Industriezeitalter wiederholt, wo die Produktionsraten vom Promille- in den Prozentbereich sprangen.
Gestaltung der Gemeinschaften Die neuen Medien werden vermehrt vom Empfänger her neu definiert. Das integrierte Medium gestattet ihm, in einer Schnittstelle d.h. mittels eines der für die jeweiligen Umstände – Heimbereich, Arbeitsplatz, unterwegs – entworfenen Endgeräte tendenziell alle bisher getrennten Kommunikationsplattformen zu integrieren. Seine Bedürfnisse werden so zu neuen Bündelungen der von ihm bezogenen Leistungen führen. Die Kontexte, in denen der Partner die Leistungen der Firma benötigt, sind daher mit zu berücksichtigen und kundengerecht zu integrieren – auf semantischer wie syntaktischer Ebene. Die Evolution der sich letztlich durchsetzenden Environments ist kein einseitiger Prozess. Sie wird weder vom Kunden allein bestimmt, noch vom Sender diktiert. Es ist vielmehr ein kreativer Prozess, in dem die zu einem Kontext gehörigen Sender und Empfänger in gemeinsamer Interaktion sich der stabilen und überlegenen, d.h. überlebensfähigen, Lösung annähern müssen. Die Universalität des neuen Trägermediums verwischt nicht nur die Grenzen zwischen den bisherigen Trägermedien, sondern auch die Grenzen, welche die Organisation unserer Tätigkeiten gegenwärtig zieht, etwa zwischen Arbeit und Freizeit, Arbeits-, Wohn- und Ferienort, zwischen Unterhaltung, Information und Arbeit. Das bedeutet, dass die Austauschbeziehungen in immer grösserem Umfang ganzheitlich zu betrachten und zu gestalten sind. Die herkömmliche Trennung der Medien in Unterhaltungs- und Informationsmedien einerseits und Austauschmechanismen für den Geschäftsbereich andererseits, in Broadcast- Medien hier und Punkt-zu-Punkt-Medien dort, wird verschwimmen. Das Angebot an interaktiver Information, die das Auslösen von Bestellungen und das Arbeiten mit ihr gestattet, wächst explosionsartig. Der Wettbewerb dieser Meme um die Aufmerksamkeit der potentiellen Wirte selektiert die Erfolgreichen. Um mehr als eine kurzlebige Epidemie im Markt auszulösen, bedarf es der Bildung längerfristig überlebender Gemeinschaften. Das gelingt nur in einem gemeinsamen medialen Raum, der die notwendigen Bindungskräfte besitzt. Solche Medien entwickeln sich wie in der Vergangenheit auch künftig spontan, von selber. Sie sind aber in einem gewissen Ausmasse gestaltbar, lassen sich pflegen und kultivieren. Oft lassen sie sich
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Medien- und Kommunikationsmanagement
auch schaffen, wie Super Mario, Barbie, Donald Duck, Raumschiff Enterprise, Olympiade und viele andere Beispiele zeigen.
Aufgabe Das Medienmanagement muss auf der Basis einer integralen Betrachtung der Austauschbeziehungen für Information und für Güter und Leistungen eine systematische Gestaltung und Pflege der Medien als Kommunikationsräume leisten, die im zwischen- und überbetrieblichen Bereich sowie innerbetrieblich benötigt werden. Es geht dabei von den Gemeinschaften aus, welchen sie als Trägermedien dienen sollen. Die Gestaltung erfolgt im Sinne der Firmenziele. Das impliziert in der Regel Nachhaltigkeit in der Pflege der Gemeinschaften. Diese integrale Betrachtung bedeutet nicht, dass die Lösung ein vollintegriertes System sein soll. Es ist im Gegenteil maximale Modularität anzustreben. Aber jede gute Lösung muss auf dem Hintergrund des Gesamtkontextes bestehen können, den sie im Markt und beim Kunden vorfindet. Die Auflösung des Paradoxes zwischen maximaler Integration der Dienste beim Partner, um so seine Bedürfnisse im Sinne nachhaltiger Beziehungen optimal befriedigen zu können, und maximaler Modularität der Leistungskomponenten, um optimale Beweglichkeit und Kostenstrukturen zu erlangen, ist eine zentrale Aufgabe des Medienmanagements.
4.3
Management der Medienwirtschaft
Auflösung von Branchengrenzen Die Medienwirtschaft stellt heute einen Teil der für die Kommunikation benötigten Produkte und Leistungen her. Dazu gehören Kataloge, Bücher, Printmedien ebenso wie die elektronischen Medien. Die Telekommunikationsindustrie stellt mit den Telekommunikationsdiensten Plattformen bereit, ohne die weder der externe noch der interne Austausch funktionieren könnten. Die Computerindustrie liefert die neuen Plattformen. Die oben erwähnten Entwicklungen haben nun begonnen, die Grenzen zwischen diesen Branchen insofern aufzulösen, als ihre Dienste teilweise Substitute in den Leistungen der Nachbarbranche erhalten haben. Die Computerindustrie drängt ins Kommunikationsgeschäft und mit der Dokument- und Bildverarbeitung in das angestammte Revier der Print- und Buchmedien bzw. des Foto- und Filmgeschäftes. Eine tiefgreifende Umgestaltung eines erheblichen Teils der Wirtschaft ist im Gange. Er umfasst die Medienwirtschaft, die Computer- und der Softwareindustrie, die Telekommunikationsbranche und die Content-Produzenten. Betroffen ist auch die Konsumelektronikbranche: Ihre Audio- und Videogeräte beginnen mit dem Computer zu verschmelzen, ihre Spiele mit dem Computer. Eine Reihe weiterer Branchen werden von diesen Umwälzungen berührt, z.B. die Fotobranche oder die Post.
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Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist der ganze informationsverabeitende Bereich in Bewegung geraten. Er macht in den Industrieländern etwa die Hälfte der Wertschöpfung aus. Wir stehen hier vor einer neuen Industrialisierung, deren Bedeutung mit Recht mit der Industrialisierung verglichen wird, die das Agrarzeitalter abgelöst und die Agrarwirtschaft zu einem wertschöpfungsmässig relativ kleinen Wirtschaftsteil gemacht hat. Eine Wiederholung einer solchen Entwicklung scheint nun durchaus wahrscheinlich. Die vom Menschen benötigten physischen Industriegüter werden als Folge dieser Entwicklung in einer künftigen Volkswirtschaft möglicherweise von einem anteilsmässig relativ kleinen Segment der Volkswirtschaft produziert werden, während die Informationsgüter und die mit ihnen zusammenhängenden Leistungen – gemeint sind sowohl Sachinformationen als auch unterhaltende Information, Facts and Fiction – zum wertschöpfungsmässig dominanten Teil werden.
Branchen-BWL für die wertschöpfungsmässig dominante Branche Allein aus diesen Gründen drängt sich die Etablierung einer Branchen-BWL auf, die sich mit der Medienwirtschaft, vor allem auch in ihrer künftigen Form, systematisch beschäftigt. Diese Branche ist für die Volkswirtschaft gewiss nicht weniger bedeutsam als Branchen, für die spezialisierte Betriebslehren existieren, wie für die Bankwirtschaft, die Versicherungswirtschaft, den Tourismus oder die Industriebetriebslehre. Ihr Aufgabenprofil ist diesen analog zu gestalten. Es sollte unter anderem folgende Elemente umfassen:
Studium der institutionellen Struktur der Branche und der beobachtbaren Veränderungstendenzen;
Studium der technologischen Basis der involvierten Branchen und ihrer Veränderungen;
Studium der zugehörigen Märkte und der in ihnen beobachtbaren Veränderungstendenzen;
Studium des relevanten juristischen und gesellschaftlichen Umfeldes; Adaption der Management-Konzepte und Entwicklung von branchenspezifischen Methoden und Konzepten;
Etablierung von Kontakten und Kooperationen mit relevanten Nachbardisziplinen, namentlich im technologischen und gestaltenden Bereich. Die Etablierung einer Medien-BWL ist auch aus der Sicht des Kommunikations- und Medienmanagements, die es als Funktionslehre der allgemeinen Managementlehre zu entwickeln gilt, zu begrüssen: Sie bringt ihr innerhalb der BWL einen Partner zur Erarbeitung der Profile derjenigen Produkte und Leistungen, die zur Implementation der angestrebten Kommunikationsbeziehungen notwendig sind. Der wichtigste Part-
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Medien- und Kommunikationsmanagement
ner für die Lieferung dieser Produkte dürfte die neue Medienwirtschaft sein, im Verbund mit der Computer- und Telekommunikationsindustrie, d.h. die neue Medienwirtschaft. Eine gleichzeitige Behandlung der Funktionslehre Kommunikations- und Medienmanagement und der Branchen-BWL Medienwirtschaft im gemeinsamen Rahmen des MKM verspricht hohe Synergien.
5
Forschungsziele
5.1
Übersicht
Nach dem bisher Gesagten ergeben sich folgende Forschungsaufgaben:
Entwicklung einer Medienbetriebslehre als Branchen-BWL, in Analogie zu anderen Branchen-BWL, z.B. Bankbetriebslehre.
Entwicklung des MKM als Funktionsbereich der Managementlehre. Sie ist als Funktionsbereich, der das Management der von einer Organisation benutzten Medien und der über sie abgewickelten Kommunikationsbeziehungen als Aufgabe betrachtet, eng mit dem Funktionsbereich Marketing und dem Management der Ressource Information verknüpft. Abb. 1 gibt eine bildliche Darstellung des Forschungsfeldes MKM wieder, indem die oben besprochenen drei Aufgaben des Kommunikationsmanagements, des Medienmanagements und des Managements der Medienwirtschaft auf die zwei zu entwickelnden Disziplinen abgebildet werden. Die Dicke der Pfeile (Dreiecke) symbolisiert das Gewicht der drei Teilgebiete für die jeweilige Disziplin.
Kommunikationsmanagment Medienmanagement Management der Medienwirtschaft
Branchen-BWL
Funktionslehre
Abbildung1: Forschungsfeld MKM
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Die für dieses Ziel notwendigen oder relevanten Forschungsfragen umfassen eine breite Palette von Fragestellungen. Dazu gehören, wie in andern Disziplinen auch, neben Kernfragen eine Fülle von relevanten Detailfragen und Randthemen, so dass der Versuch einer vollständigen Beschreibung des Forschungsfeldes illusorisch wäre. Zusätzlich kommt erschwerend dazu, dass das Feld neu ist und es einige Zeit dauern wird, bis eine der Sache gerecht werdende Sicht entwickelt ist. Hier soll trotz dieser Umstände versucht werden, eine grobe Karte der – wie uns scheint – in jedem Falle zu erforschenden Landschaft zu zeichnen.
Forschungsgegenstände Medien und Kommunikation Medien als Kommunikationsplattformen, wie sie in 3.2 beschrieben wurden, und über sie abgewickelte Kommunikationsdienste, werden von allen physischen Agenten benötigt. Diese Agenten umfassen Privatpersonen, Organisationen aller Art, aber auch mehr und mehr Maschinen und Informationssysteme. Wir wollen uns hier auf das wirtschaftliche Teilsystem beschränken und die anderen Kommunikationsbeziehungen und Medien nur dann berücksichtigen, wenn sie zu diesem eine direkte Beziehung haben. Nach dem bisher Gesagten kann man von der Sache her zunächst zwei hauptsächliche Gegenstandsbereiche unterscheiden, mit denen sich die Forschung des MKM auseinandersetzen muss: 1.
Das Studium der Medien als Plattformen oder Mechanismen des Austauschs in empirischer und theoretischer Hinsicht, unter dem Aspekt ihres Managements.
2.
Das Studium der Kommunikationsbeziehungen zwischen Agenten, unter dem Aspekt ihres Managements.
5.2
Forschungsgegenstand Medien
Medien als Plattformen des Austauschs verbinden Agenten, die über sie in einem ihnen gemeinsamen „logischen Raum“ interagieren. Abb. 2 symbolisiert (in Anlehnung an Petri-Netze) Medien mit einem Kreis und Agenten mit Vierecken. Die Pfeile geben die Richtung des jeweiligen Informationsstromes an. Manche Agenten liefern nur Information, andere treten nur als Empfänger auf, wieder andere sind beides, Lieferanten (Sender) und Empfänger:
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Medien- und Kommunikationsmanagement
Abbildung 2: Medium als Austauschplattform für Agenten
Medium Kanäle
Damit eine Kommunikationsplattform ihre Aufgabe erfüllen kann, sind nebst den sie nutzenden Sendern und Empfängern verschiedene weitere Akteure erforderlich. In wohl jedem für das MKM relevanten Fall gehören zu diesen weiteren Akteuren wenigstens die folgenden:
Die Technologie und die mit ihr verbundenen Akteure; Die mit dem Betrieb und der Organisation des Mediums als wirtschaftlicher Struktur verbundenen Agenten;
Staat und Gesellschaft als das Medium von aussen regulierender Akteure, die z.B. Kontroll- und Aufsichtsfunktionen wahrnehmen oder rechtliche Rahmenbedingungen setzen.
Markt und Hierarchie als Koordinationsmechanismen Um die Frage zu beantworten, wie eine solche Plattform gestaltet, gelenkt und entwickelt werden kann, ist zunächst zu fragen, welche Koordinationsmechanismen in ihnen wirksam sind. Manche dieser Medien haben den Charakter von Märkten, d.h. sie besitzen keine zentrale Instanz, deren Aufgabe das Management des Mediums ist. Ein staatliches Monopolmedium dagegen oder eine innerbetriebliche Kommunikationsplattform sind Beispiele von zentral gestaltbaren Plattformen: In ihnen herrscht das hierarchische Paradigma der Koordination der einzelnen Akteure. In den meisten Fällen wird eine hybride Form vorliegen: Weder vollständiger Markt – mindestens der Staat wird regulierend eingreifen – noch reine Hierarchie. Es bleiben aber in jedem Falle für die einzelnen Agenten Gestaltungsspielräume. Um Handlungsempfehlungen zur Nutzung dieser Gestaltungsspielräume herleiten zu können, ist vorgängig das Studium der Kommunikationsmedien als Objekt der Gestaltung angezeigt. Die kann erfolgen, indem zunächst die involvierten Akteure hinsichtlich ihrer strukturellen, 45
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intentionalen und übrigen relevanten Aspekte untersucht werden. Dies sind folgende Akteurgruppen:
Die Technologieindustrie und -märkte sowie die mit der entsprechenden Forschung befasste Akteure.
Die Medienindustrie als Diensterbringer in den Medienmärkten und als Mittlerin in den Inhaltsmärkten (Contents) und Lieferantin von Inhalten, die nicht von Nutzern des Mediums erbracht werden (z.B. Zeitungsredaktionen).
Die Akteure des Umfeldes der Medien, namentlich Staat und Gesellschaft, repräsentiert durch die zugehörigen Institutionen.
Die Nutzer des jeweiligen Mediums. Sie stellen somit Gegenstände der Forschung dar. Die nachstehenden Ausführungen geben Beispiele von Elementen zu den einzelnen Akteurgruppen bzw. zu dem Gebiet an, das sie vertreten.
Technologie Die Kenntnis der für ein bestimmtes Medium notwendigen Technologie ist bis zu einem gewissen Grade notwendig. Wie tief diese Kenntnisse reichen müssen, variiert von Medium zu Medium. Für die klassischen Medien kann namentlich von Seiten der Medienwirtschaft relativ klar gesagt werden, wie tief diese Kenntnisse reichen müssen. Hier lässt sich die Technologie in der Regel relativ klar vom Management der Medien als solcher trennen: Es hat sich eine Arbeitsteilung zwischen Technologie und Management mit gut definierten Schnittstellen eingespielt. Nebst der Kenntnis dieser Schnittstellen ist jedoch die Kenntnis der Märkte und der technologischen Trends, insbesondere im Bereich von möglichen Substituten, notwendig, um die richtigen Entscheide zu treffen. Etwas anders ist die Situation für die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Hier ist eine vertiefte Auseinandersetzung aus Gründen ihre Mehrdimensionalität hinsichtlich der Medienwirtschaft unerlässlich. Zu diesen Dimensionen gehören:
Die IKT liefert einen universellen Informationsträger, der als Substitut für die andern auftreten kann und dies auch immer häufiger tut.
Die IKT liefert namentlich mit Internet einen neuen Informationsträger, der mehr ist als nur Substitut für die bekannten: Er verlangt die eigenständige inhaltliche und wirtschaftliche Gestaltung. Hier entsteht ein marktmässig und gesellschaftlich hochbedeutsames neues Medium, dessen Spezifika noch nicht hinreichend verstanden werden.
Der Umgang mit der IKT ist viel näher an die Akteure herangerückt: Sowohl Nutzer wie Produzenten (z.B. Redakteure und Autoren) sind mehr und mehr selber aktiv 46
Medien- und Kommunikationsmanagement
gestaltend tätig. Die Implementation von Inhalten im Medium, die Gestaltung von Prozessen (wie Diskussionen), die Definition und Organisation von Rollen können immer weniger „nach hinten“ delegiert werden. Die alte Form der Arbeitsteilung ist nicht mehr gültig.
Die IKT scheint auch in weiten Bereichen eine Art Industrialisierung der Managementtätigkeit mit sich zu bringen. Dieser Effekt ist zunächst allerdings nicht MKMspezifisch. Er wird aber neue Produktmärkte hervorbringen, die für die Medienindustrie der Zukunft möglicherweise interessant sind.
Die Grenzen zwischen IKT-Industrie und Medienindustrie sind fliessend geworden, so dass sich auch aus diesem Grunde eine bessere Kenntnis der IKT empfiehlt. Ziel der IKT-bezogenen Forschung sollten primär Fragen sein, die einen Bezug zu Medien (und zu Kommunikationsbeziehungen – siehe unten) haben, z.B.: Wie lassen sich Systeme wie das Internet als Medium auffassen? Was ist der Bezug zu den bekannten Medien? Wie sehen generelle Vorgehensmodelle für die Etablierung von neuen Medien aus? Welches sind die adäquaten Organisationsmodelle? Weiter interessieren institutionelle Fragen zur IKT-Industrie: Wie ist die IKT-Industrie organisiert? Welches sind die Entwicklungstendenzen im organisatorischen Bereich? Was sind ihre Potentiale und Absichten hinsichtlich der Medienwirtschaft? Was sind die Synergiepotentiale?
Medienwirtschaft Die Forderung nach dem Studium der Medienwirtschaft bedarf nach dem bereits Gesagten keiner weiteren Begründung. Die Inhalte sind analog zu jenen anderer Branchen-BWL zu gestalten, die Forschungsfragen analog zu stellen. Sie verlangen zunächst eine gründliche Auseinandersetzung mit der Natur des Gegenstandes, den die Medienwirtschaft primär gestaltet: die Natur des Mediums, seiner Inhalte, die durch das Medium konstituierten Gemeinschaften. Weiter sind die institutionelle Gestalt der Medienwirtschaft und die Struktur ihrer Märkte zu untersuchen. Welches ist die organisatorische Gestalt der einzelnen Medienbereiche (in diachronischer Betrachtung)? Wie erklärt sich diese? Welches sind die Veränderungstrends in den Märkten? Wohin bewegen sich die Firmen? Um diese deskriptiven Arbeiten sachgerecht durchführen zu können, ist auch nach den adäquaten Beschreibungskategorien zu fragen. Neben der empirisch-deskriptiven Forschung ist ein Schwerpunkt im Bereich der normativen Arbeit zu legen, d.h. im Bereich des Managements der Medienwirtschaft – wieder in Analogie zu andern Branchen-BWL. Seine Spezifika wird die Medien-BWL u.a. von der oben im Zusammenhang mit der IKT erwähnten Vieldimensionalität ihres Gegenstandes erhalten.
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Staat und Gesellschaft Die Bezeichnung der Medien als die vierte Gewalt im Staat (oder fünfte?) zeigt ihre Relevanz für Staat und Gesellschaft. Die durch die neuen, IKT-basierten Infrastrukturen ausgelöste wirtschaftliche Globalisierung beginnt gerade, ins Bewusstsein der breiteren Öffentlichkeit zu dringen, während die Diskussionen um das Internet noch eher Vorhut-Charakter haben; die breite Diskussion dürfte dann einsetzen, wenn die Effekte von einer breiten Bevölkerungsschicht wirklich erfahren werden, z.B. in Form der Globalisierung weiter Bereiche des Einzelhandels oder der Arbeitsmärkte. Der rechtzeitige und sachgerechte Einbezug der relevanten Fragestellungen und Erkenntnisse der mit Medienfragen befassten Gesellschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, namentlich der Ethik, sind unerlässlich. Eine rein technologisch-wirtschaftliche Betrachtungsweise wäre unverantwortlich – allein schon aus Gründen des Risikomanagements. Dieses verlangt heute von einer verantwortungsvollen Managementlehre die systematische gesellschaftliche Reflexion ihrer Handlungsanweisungen.
5.3
Forschungsgegenstand Kommunikation
Die Aufgabe des Kommunikationsmanagement wurde oben beschrieben. In der ihr zugeordneten Forschung ergibt sich daraus der zugehörige Gegenstandsbereich. Er umfasst in Analogie zum Medienmanagement zunächst grundsätzliche Fragestellungen, wie sie von den Medien- und Kommunikationswissenschaften untersucht werden. Diese erhalten nun aber eine bestimmte Orientierung, nämlich auf organisatorische und wirtschaftliche Kategorien hin. Unter anderem ergeben sich die folgenden Fragestellungen:
Wesen der Kommunikation: Motivation und Wirkung der Kommunikation, namentlich auch in ihrer wirtschaftlichen Dimension (Nutzen für den Kommunikationspartner; Funktion in der Koordination).
Wechselwirkung zwischen Kommunikationsmedium und Art der Kommunikation. Wechselwirkung zwischen offenen Gemeinschaften und Kommunikation: ihre gemeinschaftsbildende Funktion in Abhängigkeit von Medium und Art der Kommunikationsbeziehungen.
Wechselwirkung zwischen geschlossenen Gemeinschaften (Organisationen) und Kommunikation (verwendetes Medium und Art der Kommunikationsbeziehungen).
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Medien- und Kommunikationsmanagement
Gestaltungsdimensionen Da – wie oben gesagt – das primäre Erkenntnisinteresse in Handlungswissen besteht, dominieren die handlungsbezogenen Dimensionen. Dies bedeutet im Falle der Gestaltung der Kommunikation und ihrer Inhalte im Sinne, wie sie die Medienwirtschaft versteht: Neben Fragen des strategischen Managements und der Organisation gilt es, die Designfragen auf allen Ebenen, insbesondere auch der ästhetischen Dimension, zu klären, sowie die im Zusammenhang mit der Realisation sich stellenden Fragen der Technik. Keine dieser Dimensionen kann isoliert behandelt werden. Die dominante Dimension, der die anderen untergeordnet sind, ist dabei die Managementdimension. Abb. 3 gibt die drei wichtigsten Dimensionen bildlich wieder:
Abbildung 3: Dimensionen der Gestaltung der Inhalte
Management
Technik
Design
Wechselwirkungen mit der Gestalt der Organisation Die Wechselwirkung der zur Verfügung stehenden Kommunikationsmedien mit der Gestalt der Organisation und die Funktion der Medien und der Kommunikationsbeziehungen für die Bildung von Gemeinschaften sind für das MKM zentrale Fragestellungen. Die erste hängt eng mit der durch die neuen Medien (Firmennetzwerke, Interorganisationssysteme, Internet u.a.) eingeleiteten Umgestaltung der Organisationsstrukturen der Betriebe, Branchen und Regionalökonomien zusammen. Überzeugende Antworten auf sie sind für ein erfolgreiches Management der Kommunikationsbeziehungen eines Wirtschaftssubjektes notwendig. Die Antworten auf die zweite Frage sind nicht nur für die erfolgreiche CI-Bildung und ein gezieltes und nachhaltiges Etablieren von Produktidentitäten (Branding) hilfreich, sondern generell für den Aufbau und die Pflege von (Teil-)Märkten und den diese ausmachenden Gemeinschaften. Zu diesen Gemeinschaften gehören auch Leser-, Hörer- und Zuschauergemeinschaften, sowie die sich bildenden Internet-Communities. Die Bearbeitung dieser Forschungsfragen wird unter Beizug anderer Disziplinen, die sich mit der Kommunikation befassen, erfolgen. Dazu gehören nebst den Medien- und Kommunikationswissenschaften Psychologie und Soziologie und andere Gesell-
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schaftswissenschaften. Auch die neuere Organisationslehre ist für diese Fragen (und die nachfolgenden) eine wichtige Quelle von weiterführenden Fragen und Einsichten. Sie gibt zudem ein gutes Bild der für die Erforschung der genannten Felder relevanten Disziplinen - siehe etwa (Williamson 1986).
Kommunikationsbeziehungen der Organisationseinheit Nebst grundsätzlichen Fragestellungen interessiert das Kommunikationsmanagement eines Agententyps ganz besonders, nämlich das der Organisationseinheit, namentlich der Firma. Die systematische Gestaltung und Pflege der Kommunikationsbeziehungen mit ihren Stakeholdern ist, wie oben ausgeführt, eines der Hauptanliegen des Kommunikationsmanagements. Die Austauschplattformen zwischen den Partnern erhalten im Zuge ihrer Rekonstruktion mit der neuen IKT immer mehr den Charakter offener Märkte. Die IKTNetzwerke machen sie zu globalen Plattformen, zu denen im Prinzip alle Anbieter und Nachfrager, aber auch Wettbewerber Zugang haben. Das Internet wird die Entwicklung, die in Finanzmärkten oder in der Luftfahrt durch die IKT bewirkt wurde, zu einer allgemeinen Erscheinung machen. Auch hier zeigt sich, dass die Aufgaben des Kommunikationsmanagements deshalb ein gründliches Studium dieser Infrastrukturen und der mit ihnen sich einstellenden neuen Möglichkeiten, d.h. ihrer Chancen und Gefahren, verlangen.
Kommunikationsmanagement entlang der Wertschöpfungskette Für die Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen, die für den Abschluss und die Abwicklung von Kontrakten nötig sind, ergibt sich eine Optik, die etwas vertrauter ist. Hier rückt die Wertschöpfungskette in den Vordergrund. Die Trennung der Medien der Leistungsflüsse und der Informationsflüssen ist von der Sache her unerwünscht. Die Beschleunigung, die in der Industrie erreicht wurde, geht zu einem erheblichen Teil auf ihre Integration (z.B. im Rahmen der CIM-Philosophie) zurück. Die Verknüpfung der Kommunikationsbeziehungen entlang der eigenen Wertschöpfungskette mit denen anderer, die beim gleichen Kunden enden sowie mit den in 4.1 erwähnten Beziehungen nach innen und zu übrigen Stakeholdern der Firma, die aus Kundensicht bzw. wegen der Offenheit der Medien immer wichtiger wird, macht die Aufgabe nicht einfacher. Sie ist Folge der erwähnten, durch die Nutzung der einheitlichen, auf der Technologie des Internet (oder einer Weiterentwicklung desselben) basierenden Plattform induzierten Aufweichung der Grenzen.
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Medien- und Kommunikationsmanagement
Forschungsmethodik Die Forschungsfragen der erwähnten (und weiterer) Forschungsfelder müssen sowohl empirisch, durch Analyse von konkreten Fällen, als auch normativ, mit der Entwicklung von Beschreibungs- und Vorgehensmodellen angegangen werden. Letztere sollten „bottom up“, durch die Analyse und das Redesign der Transaktionen, sowie „top down“, durch die Analyse der heute vorhandenen und künftig erwünschten Stakeholder, ihrer Bedürfnisse und die von ihnen bevorzugt verwendeten Medien, der bei ihnen zu erreichenden Ziele und der zielkonformen Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen und gegebenenfalls der verwendeten Medien selber, angegangen werden. Die Kunden der Forschung des MKM sind neben der Scientific Community vor allem die Firmen und Organisationen. Aus diesem Grunde ist in diesem neuen Gebiet ein kooperativer Forschungsstil erfolgsentscheidend. In den vergangenen Jahrzehnten ist in den verschiedensten Gebieten eine breite empirische Evidenz dafür entstanden, dass jene Wirtschaftsräume besonders gut abschneiden, in denen eine enge Integration der Hochschulforschung mit der Firmenforschung gelingt. Dies zeitigt überlegene Leistungen in der Forschung selbst, vor allem aber im Transfer der Erkenntnisse, sei es in die Firmen oder in Start-Up Unternehmungen.
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McLuhan, M. (1964): Understanding Media: The Extensions of Man. New York: Mentor. Miller, M.S. und Drexler K.E.: (1988): Markets and Computation: Agoric Open Systems. In: Hubermann (1988) p. 133 - 177. Taylor, F. W. (1911): The Principles of Scientific Management. New York: Harper & Row. Ulrich, H. (1984): Management - Gesammelte Beiträge. Bern und Stuttgart. Von Krogh, G.; Roos J. (1995): Wettbewerbsvorteile durch Wissensmanagement. In: Die Unternehmung 6/95. Williamson, O. (1986): Economic Organization: Firms, Markets and Policy Control. New York University Press
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I Das digitale Medium
Von Analog nach Digital
Peter Glotz (2001)
Von Analog nach Digital: Unsere Gesellschaft auf dem Weg zur digitalen Kultur Aus: Glotz Peter, Von Analog nach Digital: Unsere Gesellschaft auf dem Weg zur digitalen Kultur. Frauenfeld, Stuttgart, Wien: Huber 2001, S. 15-34
Peter Glotz
Die Zukunft der digitalen Ökonomie Wir lebten bisher in einer Industriegesellschaft. Das hiess, dass die meisten Menschen mit Stoffbearbeitung beschäftigt waren; dazu war hoher Energieeinsatz notwendig. Jetzt stehen wir mitten in einer raschen Evolution, die viele Menschen eine Revolution nennen. Es ist eine Medienwende wie damals, als die beweglichen Lettern des Johannes Gutenberg unsere Kultur umzustülpen begannen. Eine neue Galaxis – im Zentrum der Computer. Viele technische Instrumente tragen zu dieser Wende bei, Glasfaserkabel, Satelliten, Anrufbeantworter, Buchungsautomaten, Videorecorder, Mobiltelefone. Der Computer aber integriert alle anderen Medien. Telefon, Fernsehapparat und Personalcomputer werden zusammengeschaltet. Immer mehr Menschen werden miteinander in einem Netz verbunden. Sie haben Rückkanäle. Eine blitzschnelle Punkt-zuPunkt-Kommunikation über die ganze Welt wird möglich. Dies wird vor allem unsere Wirtschaftsstruktur vollständig verändern. Wir bekommen eine neue Form der Marktwirtschaft, eine wildere, anarchische, dehnbare, spekulationsgetriebene, weltweit operierende Wirtschaft. Man könnte diesen neuen Kapitalismus den digitalen Kapitalismus nennen. Daraus entsteht ein gewaltiger Produktivitätsschub. Denken Sie an die Landwirtschaft: Drei Prozent der Erwerbstätigen produzieren heute mehr Lebensmittel als früher einmal zwanzig oder fünfundzwanzig Prozent. Ganz ähnlich geht das mit der Industrie. Alle Prognosen zeigen uns, dass wir zur Produktion der notwendigen Güter (Stichwort: Stoffumwandlung) nur noch fünfzehn Prozent der Erwerbstätigen brauchen werden. Diese Entwicklung treibt uns über die Schwelle von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft. Mit welchem Label sollen wir diese neuartige Gesellschaft behängen? Viele sind im Schwange: eben Informationsgesellschaft, aber auch telematische Gesellschaft, digitale Gesellschaft, Wissensgesellschaft, Kommunikationsgesellschaft. Wichtig ist nur dies: In der Gesellschaft der Zukunft werden mehr Menschen in der Informationsverarbeitung und der Dienstleistung tätig sein als in der Industrie. Und zweitens: Information ist nur ein Rohstoff. Aus der Anzahl der zur Verfügung stehenden Informationen, die sich täglich vermehren, muss Wissen gemacht werden. Diejenigen, die aus Information Wissen machen, nennt man Symbolanalytiker. Sie werden bald rund zwanzig Prozent der Erwerbstätigen unserer Gesellschaft ausmachen. Und in dieser Gesellschaft werden sich andere Abläufe durchsetzen als in der Industriegesellschaft. Zum Beispiel wird sich die Punkt-an-viele-Struktur, die wir zum Beispiel im Fernsehen erkennen, in eine Punkt-zu-Punkt-Struktur verwandeln. Wirklich vernetzt sind in Gesellschaften wie Deutschland, der Schweiz, Österreich vielleicht fünfzehn oder achtzehn Prozent. Aber diese Zahl wird sich schnell steigern. Wenn einmal dreissig oder vierzig Prozent der Menschen vernetzt sind, gibt es einen Umschlag der Quantität in Qualität. Noch
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Von Analog nach Digital
ist der neue Typus der Gesellschaft, die digitale Gesellschaft, die Wissensgesellschaft, nicht erreicht. Ich sage es an einem Beispiel: Obwohl in Deutschland die Grundlagen für die digitale Signatur existieren, benutzen nur 7000 oder 8000 Menschen digitale Signaturen. Warum? Man muss sich ein Lesegerät anschaffen, man muss Gebühren zahlen. Das tut man nur, wenn man davon einen wirklichen Gewinn hat. Was müssen Sie zum Beispiel tun, wenn Sie einen neuen Pass oder einen neuen Führerschein wollen? Sie müssen den langen Weg zu Ihrem Passamt machen, eine Nummer ziehen, eineinhalb Stunden warten, zwei Passbilder und ein unterschriebenes Formular einreichen und dann vierzehn Tage später noch einmal kommen, um das Dokument abzuholen. In einigen Jahren werden Sie das ganze Geschäft online erledigen können. Dann werden sich die Menschen auch Lesegeräte für digitale Signaturen zulegen. Dann wird die digitale Gesellschaft erreicht sein. Aber ich vermute, dass das irgendwann zwischen 2009 und 2014 der Fall sein wird. Wir sind auf dem Weg in die Wissensgesellschaft, in den digitalen Kapitalismus. Aber wir sind dort noch nicht angelangt. Ich habe die neuartige Struktur dieser digitalen Gesellschaft in meinem Buch Die beschleunigte Gesellschaft genau beschrieben. Hier kann ich sie nur mit groben Strichen zeichnen. Hervorheben will ich die folgenden Trends: Diese Gesellschaft wird stärker als unsere von Selbstständigen, so genannten „Selbstbeschäftigern“ gekennzeichnet sein. Weniger als die Hälfte der Erwerbstätigen werden
in Normalarbeitsverhältnissen tätig sein. Die Zahl der Telearbeiter wird wachsen, viel mehr Menschen werden von zu Hause mit Modem, Telefon und Personalcomputer arbeiten, die Einbindung in Betriebe und feste Strukturen wird geringer. Das beeinflusst natürlich das soziale Verhalten der Menschen. Sie müssen einerseits unternehmerisch denken lernen, müssen für die eigene Zukunft selbst vorsorgen, können sich weniger auf Vorsorge und staatliche Strukturen verlassen. Das heisst, dass sie ihr eigener Herr sind. Das heisst aber auch, dass sie oft genug verlassen sind. Was folgt daraus? Eine grössere Bedeutung der Ellenbogen oder eine stärkere Einstellung auf Teamarbeit und Kooperation? Den zweiten Trend, den ich hervorheben will, nenne ich Molekularisierung. Die wichtigste Veränderung, die die telematische Gesellschaft mit sich bringt, ist ja die grössere Konnektiviät, das heisst also die Intensität der Anbindung an Netze. Diese Konnektivität schafft neue Kombinationsmöglichkeiten. Man kann sich Partner leichter aussuchen: bessere, aber auch billigere. Das führt zu dem, was Don Tapscott „molekulare Wirtschaftsstrukturen“ nennt. „Unternehmen lösen sich in ihre Bestandteile auf und werden zu Clustern kleiner Moleküle, die gut zusammenarbeiten.“ Ein harmloses Beispiel ist das Journal of Finance, eine wissenschaftliche Fachzeitschrift der USA, das sieben Herausgeber an drei verschiedenen Universitäten der Vereinigten Staaten hat. Das gab es natürlich auch schon in der industriellen Welt, sogar schon vorher. Nur: Inzwischen befindet sich das Redaktionsbüro wiederum an einem anderen Ort in den USA; der Verleger sitzt in Holland, der Druck erfolgt in Indien, Versand und Rechnungswesen sitzen in der Schweiz. Wo dieses Prinzip auf grosse Unternehmen über-
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Peter Glotz
greift, entsteht eine vollständig neue Architektur: kleine Kernteams, die mit autonomen Einzelunternehmen (und Einzelunternehmern) kooperieren. Am weitesten in dieser Entwicklung scheint ABB, ein europäisches Grossunternehmen, das 1988 aus der Fusion der schwedischen ASEA und der schweizerischen BROWN-BOVERI COMPANY (BBC) entstand – ein Konzern ohne geographisches Zentrum und ohne Nationalität. Das Hauptquartier (100 Mitarbeiter) ist in Zürich, der oberste Mann war lange Zeit ein Schwede, die Bilanzen werden in Dollar veröffentlicht, und Englisch ist die offizielle ABB-Sprache. Was sich neu entwickelt, sind also so genannte „virtuelle Unternehmen“. Das sind Unternehmen, die nicht real als Gebäudekomplex, Belegschaft, Hierarchie existieren, aber doch in der Möglichkeit. Ein virtuelles Unternehmen entsteht dadurch, dass jemand mit einem Problem sich an jemanden wendet, von dem er glaubt, dass er für die Lösung dieses Problems kompetent ist. Also jedes Unternehmen hat ein neues Informations- und Beziehungsgefüge. Die innere Organisation und die Absatzstruktur verändern sich gründlich. Der Verbund der Zulieferbetriebe muss mit dem der Abnehmer zusammengeführt werden, oft bis zu einem Punkt, an dem der Kunde die Maschinen und das Know-how seines Lieferanten mitbenutzt und in dessen interne Daten und Geschäftsgeheimnisse Einblick erhält. Diese innige Verbindung bewirkt eine wechselseitige Abhängigkeit. Die Auswirkungen dieser „Molekularisierung“ auf die alte Arbeitnehmergesellschaft des Industrialismus und auf die Psychologie der Erwerbstätigen sind gewaltig. Eine weitere Tendenz dieser neuen Phase der Marktwirtschaft nenne ich „Ausdünnung der Mitte“. In den Unternehmen der Zukunft verliert das mittlere Management seine klassischen Aufgaben, nämlich Überwachung und Bericht an die Unternehmensleitung. Viele Grossunternehmen geben inzwischen nahezu alle wichtigen Informationen innerhalb von 24 Stunden an immer grössere Zahlen an Mitarbeitern, und zwar über ihr Intranet. So zerbricht die alte Hierarchie. Im Klartext heisst das: Die Müllfahrer werden ihre Jobs behalten. Müll muss auch in der digitalen Gesellschaft abtransportiert werden. Ein Teil des mittleren Managements aber wird überflüssig. Die Hierarchien in den Betrieben werden flacher. Die Verantwortung an vorderster Front wird grösser. Auch das verändert die Über- und Unterordnungsverhältnisse, die Atmosphäre in den Unternehmen. Wenn ich zusammenfassen sollte, was die digitale Ökonomie kennzeichnet, dann würde ich auf vier Basistrends hinweisen: Dematerialisierung, Beschleunigung, Dezentralisierung und Globalisierung. Dematerialisierung heisst, dass ein grosser Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit im digitalen Kapitalismus nicht mehr von der Verwertung von Bodenschätzen, von Stoffumwandlungsprozessen und Energie getragen wird, sondern von der Verwertung von Informationen. Der Weg geht also zur schwerelosen Wirtschaft, wie der englische Soziologe Antony Giddens das nennt. Die hardwareorientierte Gesellschaft verwandelt sich zu einer softwareorientierten, telematischen Gesellschaft. Die wichtigste Grundtendenz der digitalen Gesellschaft ist ohne Zweifel die Beschleunigung, am eindeutigsten symbolisiert im 24-Stunden-Geldmarkt. Ein ungeheurer
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Geschwindigkeitsimpuls geht durch die Informationswirtschaft. Die aktuellen Themen sind Time Based Management und Verkürzung der Entwicklungszeiten. Die Marktpräsenzzeiten der Produkte verkürzen sich spürbar; die alten Generationen werden schnell von neuen kannibalisiert. Inzwischen frisst nicht mehr der Grosse den Kleinen, sondern der Schnelle den Langsamen. Das grösste Merger, das für diese Entwicklung steht, ist der Zusammenschluss des Internetunternehmens AOL (12'700 Mitarbeiter) mit dem alten Medienriesen TIME WARNER (rund 70'000 Mitarbeiter). AOL hat aufgrund seiner hohen Marktkapitalisierung mit Aktien den alten, wertvollen Konzern kaufen und übernehmen können. Ein symbolischer Akt. Die dritte Grundströmung heisst Dezentralisierung. Die Erfahrungen der Siebzigerund Achtzigerjahre gingen dahin, dass zentrale Wirtschaftsplanung und programmgesteuerte Rechenprogramme komplexe Probleme nicht lösen konnten. Viele Programme scheiterten bei zentraler Steuerung an ihrer Komplexität und ihrem Vernetzungsgrad. Plötzlich aber sitzen die Leute an kleinen Personalcomputern, Just-in-TimeProduktion und Outsourcing sind die Stichworte. Der alte, organisierte Kapitalismus wird aufgeräufelt. Neben die alte Welt – die es natürlich immer noch gibt – tritt eine neue. Bleibt als vierte Grundtendenz die viel beredete und beschwätzte Globalisierung, eine Entwicklung, die die avancierten Gesellschaften tief beeinflusst. Das Zauberwort heisst Arbitrage, Umgehung. Der digitale Kapitalismus beruht immer mehr auf der Ausnutzung von Unterschieden bei Wechselkursen oder Zinsen. Steuerdumping wird möglich. Grosse Unternehmen bewegen sich dorthin, wo sie die günstigsten Bedingungen finden. Die internationale Kommunikation wird vielfältig verstärkt. Schwellenländer, zum Beispiel solche mit gutem Bildungssystem und niedrigen Löhnen (Indien), bekommen neue Entwicklungschancen. Die langsamen, korporatistischen europäischen Grossgesellschaften allerdings können erhebliche Wettbewerbsprobleme bekommen. Was also passiert? Der Computer wird das Medium der Medienintegration. Die Endgeräte PC, Telefon und Fernsehen werden miteinander vernetzt. Es geht um die Vernetzung von Schulen und Ausbildungsstätten, von Hochschulen und Bibliotheken, von Arztpraxen und Krankenhäusern. Der kommunizierende Mensch im Media-Mix, der in einer digitalen Welt Botschaften und Meinungen austauscht, lehrt und lernt, sich unterhält, anbietet, kauft, bezahlt, arbeitet und Geschäfte macht, lebt anders, kann jedenfalls anders leben als die Couch Potatoes, die sich nur von Sendezentralen bestrahlen 1assen. Viele Aktivitäten des Menschen werden sich ändern: Sortieren, Speichern, Kommunizieren, Arbeiten, Lehren/Lernen, Politisieren, Administrieren, Heilen, Kaufen, Bestellen, Buchen, Fahren, Transportieren, Sichbewegen, aber auch Spielen, Sichzerstreuen. Die Anwendung der Interaktivität auf das Erziehungswesen, die Arbeitswelt, die Medizin oder die tägliche Lebensbewältigung (Teleshopping, Telebanking) wird die Gesellschaft grundlegend verändern. Vor einem möchte ich allerdings warnen – sich einzubilden, dass die New Economy neue ökonomische Gesetze hervorbringt. Die Kernidee lautet, dass der technische
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Fortschritt, die Vernetzung und der Rückgang der Transaktionskosten einen dauernden Anstieg der Produktivität und des weltweiten Wettbewerbs zur Folge haben werden. Die Markteintrittsbarrieren würden geringer, ergo nähere sich der Wettbewerb zunehmend dem klassischen Ideal der vollkommenen Konkurrenz. Die Konsequenz sei das Ende der Inflation und des Konjunkturzyklus. Das sind krause Ideen. Auch in Zukunft wird ein Anstieg der Geldmenge, der über das Wachstumspotential des Sozialprodukts hinausgeht, Inflation nach sich ziehen. Es ist blanker Unsinn, sich einzubilden, dass Lagerhaltungszyklen, Prognoseunsicherheiten und Koordinationsschwierigkeiten zwischen Produzenten und Konsumenten im Zeitalter der digitalen Ökonomie gänzlich der Vergangenheit angehörten. Den Netzwerkeffekt gibt es natürlich; aber er wird gelegentlich gewaltig übertrieben. Auch für die digitale Ökonomie gilt eine Maxime, die David S. Bennahum, Partner eines grossen Incubators in New York, folgendermassen formuliert hat: „At the end of the day, cashflow is cashflow.“ Was wird die digitale Ökonomie an neuen Trends bringen? Das Grundphänomen ist eine Verdichtung und Internationalisierung der Kommunikation, eine engmaschige Vernetzung grösserer Teile der Welt. Die neue Leichtigkeit und Geschwindigkeit der Verbindungen schafft neue Wertschöpfungsketten neue Welthandels-Strukturen, eine bisher unbekannte weltweite Preistransparenz und einen neuen Typus des Unternehmens den eher kleinen, schnellen, beweglichen Player. Die Selbstständigkeit wird wachsen. Der E-Commerce wird viele alte Intermediäre verdrängen und schon in wenigen Jahren zwischen sechs und zehn Prozent des Gesamthandels ausmachen. Völlig neue Geschäftsmodelle werden entstehen, vor allem neuartige Dienstleistungen: Bookon-demand, das E-Book, das virtuelle Seminar, digitale Tablett-Zeitungen, elektronische Klagemauern und jede Menge von Beratungsdiensten, die das billigste Flugticket oder das billigste Telefongespräch ermitteln. Der neue Kommunikationsstil verändert den Aggregatzustand der Marktwirtschaft. Der digitale Kapitalismus ist etwas anderes als der Industriekapitalismus. Zum Beispiel entwickelt sich eine Renaissance des unternehmenden Unternehmers, eine Kultur der Brinkmanship, des Wagemuts, der spekulierenden Vernunft. Diese affiziert stark wachsende Minderheiten der Gesellschaft. Stock-options werden vielen Menschen wichtiger werden als Mitbestimmung, Aktien interessanter als Kommunalobligationen. Die Führung der avancierten Gesellschaften übernimmt eine globale Elite, die viele Wochen im Jahr im Flugzeug sitzt, als Lingua-Franca Englisch benutzt und deren Modus vivendi „any time - any place“ heisst. Was also ist typisch für den digitalen Kapitalismus? Die Börsen bekommen eine zentrale Stellung. In bestimmten Sektoren werden Zukunftsversprechungen höher gehandelt als Sachwerte. Das bringt Marktkapitalisierungen mit sich, die wir bisher nicht gekannt haben, damit auch neue Währungen für Übernahmen und Käufe. Unfriendly Takeovers, wie im Beispiel VODAFONE-MANNESMANN, werden vielleicht nicht zum Alltag, wohl aber zu einer selbstverständlichen Möglichkeit. Das Klima wird rauher.
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In dieser Phase des Kapitalismus wird mehr geleast als gekauft, mehr gemietet als angeschafft. Die Sachwerte treten zurück. Das heisst allerdings nicht, dass Eigentum keine Rolle mehr spielt, wie Jeremy Rifkin in seinem Buch The Age of Access behauptet. Auch wer mietet oder least, muss Verfügungsrechte haben. Und sie werden ungleicher verteilt sein als in der Vergangenheit. Die neue Ökonomie ist im Übrigen nur ein begrenzter Sektor der gesamten Wirtschaft. Nehmen Sie das Beispiel Deutschland: Die am Neuen Markt registrierten Unternehmen haben nicht mehr als 120'000 Beschäftigte. Nun gibt es den schönen Satz des Vorstandsvorsitzenden von CISCO, John Chambers: Seine Formel lautet „E-Business oder out of Business“. Das ist der Hinweis darauf, dass sich auch die Incumbents, die grossen, alten Unternehmen auf die Netzwerkökonomie umstellen müssen. LUFTHANSA und SIEMENS sind längst dabei. SIEMENS treibt den Aufbau seines elektronischen Geschäfts mit Investitionen von knapp zwei Milliarden allein in den nächsten achtzehn Monaten voran. Man will Einsparungen von einem bis zwei Prozent des Jahresumsatzes von 150 Milliarden erreichen. Beim Einkauf sollen grosse Kostenvorteile herausgeschunden werden. Auch Forschung, Entwicklung oder Logistik sowie das Gewinnen neuer Mitarbeiter soll über das Internet laufen. Früher galt die selbstironische Aussage „Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiss“. In Zukunft soll eine Datenbank-Suchmaschine helfen, Lösungen für technische Probleme im Konzern weltweit auszutauschen. Dies heisst, dass sich die Grenzen zwischen der neuen und der alten Ökonomie verwischen werden. Eine neue Phase der Wirtschaftsgeschichte beginnt. Wie ist die Arbeitsplatz-Bilanz der digitalen Ökonomie? Drei Parteien bestimmen diese Debatte: Hochrechner, Gesundbeter und Grölbacken. Ich beginne mit den Hochrechnern. Zu ihnen gehört eine Kommission, die der frühere EU-Kommissar Bangemann ins Leben rief; sie prognostizierte, dass die Informations- und Kommunikationstechnik zehn Millionen neue Arbeitsplätze in Europa schaffen werde. Dieselbe Methode kann man natürlich auch in umgekehrter Richtung anwenden. So sagt der amerikanische Wirtschaftsjournalist Jeremy Rifkin schlicht „das Ende der Arbeit“ voraus: „Das Informationszeitalter hat begonnen und dank immer leistungsfähigerer Computerprogramme werden wir schon bald in einer Welt ohne Arbeit leben.“ Den Höhepunkt solcher Zukunftsforschung hat Hans Moravec, ein weltberühmter Experte für künstliche Intelligenz von der Carnegie-Mellon-University geboten. Er schloss aus der Steigerung der Rechengeschwindigkeit von Silizium-Chips, dass zwischen 2030 und 2040 Roboter mit der Rechenkapazität von dreissig Millionen MIPS (Million Instructions Per Second) auf dem Markt wären, die dann so leistungsfähig sein würden wie ein menschliches Gehirn. Roboter sollen den Menschen in der Produktion komplett ersetzen und im wahrsten Sinne des Wortes in Rente schicken. Die zweite Partei verwechselt Realismus mit Defaitismus und hält Prognosen über Arbeitsplatzverluste für das Ergebnis technikfeindlicher Weltverschwörungen. Dahinter steckt eine Erfahrung der Siebziger- und Achtzigerjahre. Damals hatten die Gewerkschaften die aparte Idee, Chips als Jobkiller zu bezeichnen. Einige Gewerkschafter glaubten, man könne auch prinzipielle Innovationen im Schnittmuster eines National61
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staates per Gesetz oder Tarifvertrag verhindern, wenn man sich nur genug aufplustere. Um solchen Argumenten vorzubeugen, versteift man sich auf das Argument, Arbeit sei immer und unter allen Umständen genügend da, gelegentlich sei nur der Preis für die Arbeit zu hoch. Bernd Rüthers, ein wahrlich des Sozialismus unverdächtiger Arbeitsrechtler, kommt zu dem Ergebnis: „Vergleicht man die Trends am Arbeitsmarkt der letzten zwei Jahrzehnte mit Reaktionen der massgeblichen Führungseliten in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat, so sind diese sich offenkundig weitgehend einig, dass nach den Wirkungen des technischen Fortschritts auf den Arbeitsmarkt nicht genau gefragt werden soll.“ Eine Schweigevereinbarung, auch Positive Thinking genannt: Wir müssen es schaffen, also werden wir es schaffen. Lasst uns um Gottes Willen die Leute nicht durch die Prognose kritischer Entwicklungen verunsichert. Die dritte Partei kommt (wie gesagt) aus der Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat. Ihre Protagonisten kommen meistens aus der politischen Elite, die Gewerkschaften eingeschlossen. Eine ihrer berühmten Formeln lautet: „Wir werden nicht zulassen, dass.. .“ Als ob der Kapitalismus sich je darum geschert hätte, was Gesinnungstäter zulassen. Ich nenne die Vertreter dieser Spezies „Grölbacken“, weil sie im Vollgefühl ihrer Bodenständigkeit, Linientreue und Normalität so stolz die Backen aufblasen. Ihre Standardsätze lauten: „Wir werden die Arbeitslosenzahl in Deutschland bis zum Jahr X halbieren.“ „Dies ist ein kurzfristiges Phänomen. Es wird auch in Zukunft wieder Vollbeschäftigung geben.“ „Die profitgierigen Arbeitgeber sind die Wurzel des Übels.“ Oder: „Wer keine Arbeit hat, ist selber schuld und entweder faul oder allzu anspruchsvoll oder disziplinlos.“ Aus den Slogans geht hervor, dass es Grölbacken in allen politischen Lagern gibt. Es sind diejenigen, die sich nicht getrauen, ihrer Klientel einzugestehen, dass man bestimmte schöne Ziele, die im eigenen Grundsatzprogramm stehen, nicht mehr durchsetzen kann, weil sich der Komplex der technischen und ökonomischen Bedingungen tiefgehend verändert hat. Natürlich gibt es auch Leute, die der Wirklichkeit ins trübe Auge schauen. Dazu gehören in Deutschland der Gewerkschafter (und neuerdings Arbeitsminister) Walter Riester, wenn er über Grundsicherung und Bürgergeld nachdenkt. Oder der Vorstandsvorsitzende der früheren HOECHST AG, Jürgen Dormann. Letzterer hat auf die Frage, ob geplante Umsatzsteigerungen auch neue Arbeitsplätze bedeuteten, schlicht mit „Nein“ geantwortet. Der Reporter fragte nach: „Wenn nicht einmal in der Pharma-Industrie, einer High-Tech-Branche, neue Stellen entstehen, wo dann?“ Dormann antwortet: „Das ist eine gute Frage. Ich mache die Scheinheiligkeit, die überall blüht, nicht mehr mit. Unser Ziel ist es, den heutigen Beschäftigungsstand zu halten. Dazu müssen wir extrem erfolgreich sein.“ Das genau ist die Lage. Schon der Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre zeigt das Problem: Jobless Growth. ABB hat durch Umstrukturierungen Mitte der Neunzigerjahre 50'000 Beschäftigte freigesetzt und gleichzeitig den Umsatz um 60 Prozent gesteigert. SIEMENS steigerte zwar seine Mitarbeiter im Ausland zwischen 1993 und 1997 von 153'000 auf 180’000; in Deutschland aber wurde der Personalstand in der gleichen Zeit von 238'000
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auf 197'000 verringert. In einem unternehmensweiten Optimierungsprogramm unter dem Namen TOP wurden in fünf Jahren Einsparungen von ungefähr dreissig Milliarden Mark erreicht. Kein Wunder: In vielen Schwellenländern der Welt gibt es intelligente und vorzüglich ausgebildete junge Menschen, die gerne für 20'000 DM Jahreslohn mit Höchsteinsatz arbeiten. Indien bildet beispielsweise mehr englischsprachige Ingenieure aus als die USA. Der VATM, der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. in Deutschland, weist stolz darauf hin, dass die neuen privaten Telefongesellschaften in Deutschland schon 25'000 Arbeitsplätze geschaffen hätten. Weitere 25'000 seien darüber hinaus im Umfeld der Telekommunikation bei Online-Firmen, Software-Unternehmen und Hardware-Produzenten entstanden. Die DEUTSCHE TELEKOM AG baute allerdings zwischen 1992 und 1998 44'781 Arbeitsplätze ab. Mit derartigen Daten könnte man unendlich lang fortfahren. Soweit die Entwicklung derzeit prognostizierbar ist, ist die Arbeitsplatzbilanz der telematischen Gesellschaft negativ. Dabei muss man sich klarmachen, dass sich die reifen Industriegesellschaften gerade erst im Übergang zum digitalen Kapitalismus befinden. Die meisten neuen Entwicklungen haben uns noch gar nicht erreicht. Aber für 1997 nahm der Sachverständigenrat für Deutschland eine Arbeitslosenrate von 15,9 Prozent an. Einschliesslich der verdeckten Arbeitslosigkeit seien in Deutschland 6,34 Millionen Menschen arbeitslos; die Zahl der Beschäftigten ist zwischen 1991 und 1996 von 33,1 Millionen auf 30,7 Millionen gesunken. Ist es angesichts dieser Zahlen wahrscheinlich, dass die Politik mit ihren traditionellen Instrumenten – sei es eine weitere „Amerikanisierung“ der europäischen Gesellschaften, sei es eine Erneuerung neokorporatistischer Mechanismen (Bündnis für Arbeit) – die Vollbeschäftigung wieder herstellen kann? Die Antwort ist Nein. Dennnoch stehen wir ja – selbst in den USA, erst recht aber in Europa – vor der „Kulturrevolution“, die die Telematik bewirken dürfte. Noch kann man ja mit Fug und Recht fragen, wer auf dem Internet eigentlich Geld verdient. Die Leute überschätzen die kurzfristige, unterschätzen allerdings die langfristigen Chancen dieses Mediums. Was aber geschieht, wenn die vollautomatisierte Filialbank realisiert wird? „Moderne Technologie wird das herkömmliche Filialgeschäft obsolet machen“, sagt Walter V. Shipley, der frühere Chef der CHASE-MANHATTAN-BANK. Die ASSEKURANZ in Deutschland schätzt, dass sie 80 Prozent ihres Innendienstpersonals (um die 200'000 Menschen) abbauen wird. Es gibt Studien, die besagen, dass 40 Prozent aller Bankbediensteten, 45 Prozent der Sekretariatsarbeiten und 25 bis 75 Prozent aller Bürotätigkeiten (die riesige Spanne zeigt die Unsicherheit der Prognose) wegfallen könnten. Beim elektronischen Handel (E-Commerce) soll es schon bis 2005 zu einer Verdoppelung des Jahresumsatzes (auf 25 Milliarden Dollar) kommen. Was dann? Was geschieht, wenn auf der Basis einer hohen Arbeitslosigkeit (wie derzeit in den meisten Ländern Europas) der Arbeitsmarkt durch den Einfluss der Digitalisierung noch ein wenig schlechter wird? Es entwickelte sich das, was ich eine Zweidrittelgesellschaft nenne. Die ökonomisch führende Schichten, also die Informationsverarbeiter und Symbolanalytiker, kooptie63
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ren die konfliktfähigen sozialen Schichten. Es bildet sich ein Zweidrittelblock, der ganz gut zu leben hat, in den oberen Etagen sogar brilliant. Es bleibt aber ein drittes Drittel übrig, eine neuartige Unterschicht. Und woraus besteht die? Einerseits aus den Ausgegrenzten, den Arbeitslosen, den sozial wirklich Schwachen. Zum anderen aber aus freiwilligen Absteigern. Das ist das Phänomen des Downshifting. Die digitale Ökonomie bringt materielle Utopien hervor; ein Teil der Net-Generation wird von Begriffen wie „Netzwerkeffekt“ oder Stock Options zu Selbstausbeutung und gnadenloser Aktivität getrieben. Der Beschleunigungsimpuls des digitalen Kapitalismus produziert aber auch die genau gegenteilige Disposition, die der Zukunftsforscher Matthias Horx Downshifting nennt. Gemeint ist eine private Rebellion gegen die beschleunigte Gesellschaft. Eine wachsende Zahl von Menschen glaubt, ihre physische und psychische Balance nur noch durch die Reduktion von Komplexität bewahren zu können. Es ist eine „Wellness-Bewegung“. Die Stichworte heissen: Jobwechsel, Ortswechsel, Entrümpelung des Lebens, Askese und Zeitsouveränität. In den USA wird der Anteil der Menschen, die an Downshifting-Prozessen beteiligt sind, in verschiedenen Studien auf 10 bis 15 Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Diese Menschen versuchen, einer drohenden Überlastung und Entfremdung durch ganzheitliche Konzepte der Lebensführung zu entgehen, in denen das Geld heruntergestuft wird. Die stärkste Motivation scheint die Familie zu sein; besonders junge Frauen, aber in zunehmendem Masse auch junge Männer verzichten bewusst auf Verdienst, um dafür Familien-Zeit zu erlösen. Horx spricht von einem „transmateriellen Genuss-Ethos“. Das Leben soll langsam ablaufen, damit es bewusst erlebt werden kann. Man wirft alles weg, was man im eigenen Haushalt ein Jahr nicht benutzt hat. Man grenzt sich durch Bildung von anderen ab und feiert Entspannung als souveräne Lebensbewältigung. So ergibt sich ein Kulturkampf zwischen Beschleunigung und Entschleunigung. Konfliktfähige Gruppen steigen bewusst in das untere, das dritte Drittel der Gesellschaft ab und stossen dort auf die Modernisierungsverlierer, die bestenfalls über defensive, populistisch instrumentalisierte Argumente verfügen. Dieser Konflikt wird eine nicht gerade geschlossene, aber effektvolle Ideologie hervorbringen. Es werden Millionen darauf verfallen, dass Eltern sich viele Stunden täglich ihrem Säugling widmen müssen, dass Menschen meditieren sollten, dass ein gesunder Körper viel Pflege braucht, dass nur ein sparsamer Lebensstil ökologisch sei oder dass das Weltgericht so unmittelbar bevorstehe, dass es keinen Sinn mache, neue Teilchenbeschleuniger zu bauen oder neuartige Zahnzwischenraumbürsten zu vermarkten. Zur Blüte kommen werden kommunitäre Kindergärten und Schulen, neuartige Freikirchen, Fitnesscenter, Kulturinstitutionen und Festivals aller Art. Eine neue Welle der antirationalistischen Kulturkritik wird aufsteigen; pathosgeladene Proteste gegen die „Vergletscherung der Seele“, neue Familienwerte und eine Dosis neuer Religiosität. Inzwischen dröhnt uns der Streit dieser Wertsysteme in den Ohren. Noch ist die Ideologie des Zweidrittelblocks dominant, die des dritten Drittels unterlegen. Aber wie lange noch? Schon ziehen sich Manager in abgelegene Klöster zurück, um sich von teuer bezahlen Gurus Augustinus, Konfuzius oder Teilhard de Chardin auslegen zu 64
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lassen. In den Ecken vieler Parks vermehrt sich die Zahl ganz normal aussehender Leute – eigentlich denkt man, das sind „Arbeitnehmer“ – die langsam seltsame Verrenkungen machen und dabei irgendwelche Laute ausstossen. Wenn man sich informiert, hört man, diese Übung heisse Tai-Chi und werde von Jing- und Jang-Formeln begleitet. Die Sehnsucht nach dem interpretativen Mehrwert von Religion wächst; allerdings richtet sie sich immer weniger auf die Volkskirchen. Die Tochter dreht dem Vater das Wasser ab, das er beim Rasieren laufen lässt, im Hinblick auf das Wasserproblem auf der südlichen Halbkugel. Unter den Mischehen zwischen den beiden Klassen explodieren die Konflikte. Ich bin nicht dazu da, darauf aufzupassen, dass sich unser Kind beim Herumkrabbeln nicht den Kopf anstösst, das kann auch ein nettes, kinderliebes Mädchen mit qualifiziertem Hauptschulabschluss, brüllt der aufsteigende Enddreissiger, der in einer Beratungsfirma gerade „Partner“ geworden ist. Ich habe dich nicht geheiratet, um ständig allein und in dieser Scheissvilla begraben zu sein, antwortet ihm seine Frau. Warum, fragt die MIT-Psychologin Sherry Turkle, soll es gerechtfertigt sein, dass ein Börsenmakler mit seinem 14-Stunden-Tag hoch angesehen ist, während ein „unbezahlter“ Spielmacher in einem Computerspiel, einem MultiUser-Dungeon, der ebenso lange im Cyberspace verbringt, als „Süchtiger“ gilt? Es fliegen die Fetzen, und das, was wir heute erleben, ist nur der Anfang. In den grossen Gesellschaften des digitalen Kapitalismus (wie der deutschen) dürften die Beschleuniger die Dominanz behalten; das sieht man am schon zitierten Aktienboom in der Mittelschicht, dem Erfolg von Schröders „Neuer Mitte“ und den lebensbedrohlichen Problemen der „Grünen“. Luxurierende Askese wird aber ein gut hörbarer Cantus Firmus des nächsten Jahrzehnts werden. Die Zeit der ideologischen Debatten ist keineswegs vorbei, wie einige Fukujamas nach 1989 meinten, sie geht – natürlich – munter weiter. Nun gibt es Gott sei Dank genügend Leute, die diese Entwicklung nicht einfach an sich ablaufen lassen, sondern zu beeinflussen versuchen. Es sind die Wortführer einer „rheinischen Strategie“. Sie wollen die soziale Marktwirtschaft, den europäischen Sozialstaat, eben den rheinischen Kapitalismus erhalten. Viele haben längst begriffen, dass das nicht durch eine Schleifung der Festungen des Gegners, durch eine direkte Konfrontation mit dem digitalen Kapitalismus gelingen kann. Sie benutzen eine neue Strategie. Es ist eine Strategie der Save Havens. „Arbeit“ – im Sinn von nützlicher und befriedigender Tätigkeit – ist im Überfluss da, sagen sie sich: Sozialarbeit, Gesundheitswesen, Ausbildung, Beratung, Umweltschutz, Rechtshilfe, Wissenschaft. Auch Kunst und Spiel werden bald zu diesem Katalog hinzugefügt werden. Längst existiert eine „Gemeinwirtschaft“, eine „Economie Sociale“, ein „Dritter Sektor“, ein „Non-ProfitNetwork“, in dem viele Menschen sinnvoll – wenn auch in der Mehrzahl unbezahlt – tätig sind. Die Idee geht dahin, gemeinnützige Tätigkeiten als grundsätzliche Alternative zu traditionellen Arbeitsverhältnissen, zum (erst zweihundert Jahre alten) Jobsystem aufzuwerten. Wenn man einen Weg finden könnte, solche „Tätigkeit“ so zu entlohnen oder abzusichern, dass die, die ihr nachgehen, davon einigermassen auskömmlich leben können, könnte man die Symbolanalytiker ihrem Geschwindig65
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keitsrausch und ihrer Senatorkartenkultur überlassen und sie lediglich dazu nötigen, den Anteil abzuliefern, ohne den das Gesamtsystem der sozial gespaltenen telematischen Gesellschaft nicht zu finanzieren wäre. Natürlich kann man sagen, der dritte Sektor sei eine Abschiebestation. Dort lebe man zweitklassig. Dieses Argument gewinnt noch an Gewicht, wenn man nicht daran glaubt, dass die Idee der „neuen Arbeit“, die Weltanschauung einer ökologischen Bescheidenheit, die Theorie der Entschleunigung Schritt für Schritt zur dominanten Ideologie werden könnten. Das ist nämlich in Ländern wie Deutschland unwahrscheinlich; dazu ist der Zweidrittelblock zu fest verfugt, der Mörtel ist die Gier der Menschen, ihr Besitzindividualismus. Allerdings ist es nicht logisch, das Lebensprinzip der Gewinnmaximierung einerseits abzulehnen, andererseits aber den Gewinn, also den materiellen Lebensstandard, zum entscheidenden Kriterium für die Lebensqualität zu machen. In einem „rheinischen Kapitalismus“ der Zukunft lebte das dritte Drittel deutlich dürftiger als der Zweidrittelblock, dafür aber – nach eigener Definition – „sinnvoller“. Was ist also meine Prognose? Roh zusammengefasst lautet sie: Es wird weniger Erwerbsarbeit geben als heute, weniger wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Aber Arbeit wird genug da sein, nur eben nicht Erwerbsarbeit. Daraus folgt, dass ein Teil der Menschen – ich betone: ein Teil, nicht die gesamte Gesellschaft – die Energie ihres Lebens in Non-Profit-Organisationen stecken wird. Wer den Sinn eines Lebens nicht in der Erwerbsarbeit findet, sucht ihn anderswo. Das ist eine neue Chance für Grass-RootMovements, Virtual Communities, intelligente lose Assoziationen, aber auch neuartige Vereine und vielleicht sogar Orden. Der „dritte Sektor“ wird wachsen. Er wird sehr viele, gut ausgebildete und argumentationsfähige Menschen anziehen. In ihm wird ein wichtiger Teil des intellektuellen Lebens in den Gesellschaften des digitalen Kapitalismus stattfinden. Ich wiederhole meinen Hinweis, dass es in diesem Gesellschaftstypus nicht ohne Kulturkämpfe abgehen wird, Kulturkämpfe zwischen dem der Erwerbsarbeit hingegebenen Zweidrittelblock (der sich in der beschleunigten Gesellschaft um Non-ProfitOrganisationen, Eigenarbeit und Fund-Raising nicht viel kümmern kann) und dem dritten Drittel, in dem die Eigenarbeit blühen dürfte. Diese Kulturkämpfe werden, wie gesagt, um Beschleunigung und Entschleunigung gehen. Auf der anderen Seite könnte sich auch eine gegenseitige Toleranz einspielen. Der Zweidrittelblock wird froh sein, dass auch Menschen, die keine wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze finden, sinnvolle Lebenskonzepte praktizieren, also nicht notwendigerweise agressiv werden müssen. Und die Menschen, die „Downshifting-Prozesse“ mitgemacht haben, werden möglicherweise ganz froh sein, nicht im Rat-Race des Zweidrittelblocks mitlaufen zu müssen. Solche Kompromisse werden bis in die Familie hinein, bis in die Ehen realisiert werden. Es wird viele – komplizierte – Mischehen geben. Am Schluss plädiere ich für Einschluss, für Inklusion. Einschluss bedeutete Grundeinkommen für das dritte Drittel, klassenübergreifende kommunikative Strukturen, das
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Teilen von Wissen untereinander und Toleranz zwischen unterschiedlichen Lebensstilen und Weltbildern. Ausschluss führt zu Apartheid. Kulturkämpfe wird es in beiden Modellen geben. Allerdings werden sie im rheinischen Kapitalismus mit Worten ausgefochten, im kalifornischen häufig gewaltsam. Der rheinische Weg ist beschwerlicher. Er verlangt komplizierte Kompromisse, zähe und langwierige Kommunikationsprozesse, soziale Phantasie und vor allem materielle Zugeständnisse. Aber es lohnt sich, diesen Weg zu versuchen, wenn unsere Gesellschaften nicht in Konfrontation versinken sollen. In einer Marktwirtschaft darf man den Profit nicht verketzern. Aber nicht alle Menschen und nicht alle Organisationen müssen der Logik des Profits folgen. Es gibt auch noch eine andere Welt. Sie wird stärker werden, nicht schwächer. Der digitale Kapitalismus produziert sich mit seiner „Neuen Ökonomie“ – ganz anders als Francis Fukuyama vor einem Jahrzehnt vermutete – seine Gegenideologie. Sie ist, wie die Proteste gegen die World Trade Organisation (WTO) in Seattle und Sidney zeigen, in Gärung. Die politischen Klassen sollten ihre Fühler ausfahren, wenn sie noch welche haben.
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The «Black Art»: A Revolution in the History of Media
Werner Wunderlich (2003)
The «Black Art»: A Revolution in the History of Media Working paper, MCM Institute, University of St.Gallen, 2003. Online: http://de.scientificcommons.org/12749017
Werner Wunderlich
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Abstract
«The Man of the Millennium»: In the year 1999, an American research group accorded Johannes Gutenberg this historical designation in recognition of his brilliant invention which paved the way for pioneering intellectual, political, and social changes in the centuries that followed. Ideas from the Renaissance, Humanism, and the Reformation that are still influential today, enduring perceptions of the individual and society, power and leadership, God and the world, new forms of literature and art, basic transformations in communications and media – thanks to Gutenberg our contemporary world is hardly conceivable without these cultural developments. These came about through the invention of printing with movable type, an invention that was elevated to the status of an «ars impressoria», the art of printing. This was based on the high respect accorded the creative genius behind the technical innovation, the admiration felt for the remarkable richness of his ideas, the historical reverence for a unique, individual achievement in a new era, and the amazement over the progress that was made in the production and distribution of printed works. This is still an ancient way of understanding things, namely, viewing art as a craft and attributing to it – something that is obvious with book printing a «reproductive» function in the literal sense of the word. Even the terms «black magician» and «black art» as applied to printers and their craft [1] – in analogy to black magic and its mysterious, magical tricks – still reflect a secret respect for the power and influence of the printing ink, but certainly also sympathy for the graphic trade.
2 A massive and rapid dissemination of knowledge across time and space that could be undertaken in a dependable and lasting way was only made possible with the advent of this technical innovation. Already the generation after Gutenberg was enthusiastic about this prospect and, like Johannes Sambucus in his Emblemata (Antwerp 1564 and 1566), waxed almost poetic in its praise of something that was deemed sufficient to guarantee the honor of the nation – the «inventum Germanorum». The aphorism was dedicated to Johannes Oporinus, whose actual name was Herbster. As Professor of Greek at the University of Basel, he had founded, in 1541, a printing house together with Thomas Platter. In 1542, they printed a Latin translation of the Koran and in 1543 the famous illustrated anatomical text De humani corporis fabrica by Andreas Vesalius, with woodcuts by Jan Steven van Kalkar.
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«VEL LEUIA MULTITUDINE CLARENT. Ioanni Oporino carissimo. Qvis neget inuentum Germanorum ingeniosum Cartula quo recipit tot monumenta typis? Quo quicquid factum est vnquam, scripsitque vetustas Asseritur, cupide posteritasve legit. Quot regum historiae latuissent, dicta sophorum, Teuthonicus recte ni reparasset honos! Ni leuis haec, vsu sed cartula digna theatris, Custosque aeternum nos meminisse velit! Sunt etiam leuibus sua pondera, commodiates Quas redimant nullae sint licet orbis opes. Ergo suas vires cuncti notesque diesque Vtilibus voueant, multa papyrus adest. Hoc tu praeclare et solerter Oporine curas, Quot nemo plures edit, habetque typos.» [2] (Through its multiplicity, even the small thing becomes famous. Who would not want to call this invention of the Germans a work of genius. Through it, a sheet of paper can be filled with so much evidence of the spirit with the aid of printed letters. It brings together everything which ever took place and everything the ancients ever wrote so that future generations can have the pleasure of reading it. How many stories of kings, how many sayings of wise men would have remained unknown if this glorious German invention had not brought them to light, had not this light piece of paper which, given its usefulness, is worthy of being immortalized in poetry, along with its «guardians», insured that we can remember them forever! Even something that is light can be «weighty», and has advantages which no power can buy, even if it were the might of the whole world. And so, everyone ought to devote his energy day and night to that which is useful. There is plenty of paper available. You see to this with world renowned skill, Oporinus; no one produces more letters or has more of them than yourself.) Already a century after Gutenberg it was clear that printing with movable type was of inestimable value for the transmission and dissemination of knowledge owing to the
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completely new possibilities which the book offered vis-à-vis structure, content, and function. Almost 400 years later, in July, 1820, a historically conscious Goethe had a conversation with the Weimar composer and musicologist Johann Christian Lobe in which he summed up as follows: «Ja, sagte Goethe, die Buchdruckerkunst ist ein Faktor, von dem ein zweiter Teil der Welt- und Kunstgeschichte datiert, welcher von dem ersten ganz verschieden ist; daher wir auch mit Folgerungen aus dem ersten auf den zweiten Teil nicht mehr auskommen.» [3] (Yes, Goethe said, the art of printing is a factor which marks a second stage of world history and the history of art, and it is a stage which is completely different from the first. That is the reason why any conclusions we may draw from the first stage with respect to the second simply do not suffice.) From our contemporary perspective, one such «conclusion» is that the stages in the further development of writing occasion one another and occur in ever shorter periods of time from each other. Consider mechanization and commercialization in the fifteenth century, automation and industrialization in the nineteenth, digitalization and globalization at the end of the twentieth. Since here again we witness a fundamental change in the media with unforeseeable consequences for the organization of society and worldwide communication, the «art of printing» truly does appear to us in the light of current experience as a factor that has a powerful influence on history. It serves as the technical basis and medial prerequisite for the current and future «imparting» of the world and of reality. This far-reaching and definitive transformation of the media which, in the final analysis, accounts for our own culture, was certainly not initiated, but rather revolutionized, by Gutenberg. The development of writing [4] had a decisive significance for the history of mankind. What oral transmission could often only impart in an inexact and undependable way could now be reproduced as information with relative precision and continuity. In addition, it could be transported through time and space. The dissemination as well as the reception of information could be undertaken independent of the personal and simultaneous presence of the sender and the recipient. This was made possible through the storage of the written word and the fact that it could be read or recited orally. Society is expanded in a number of ways as a result: socially, because information can reach whomever and however many people one wishes to reach; geographically, because information bridges distances and connects communities that lie far apart; chronologically, because the anchoring of knowledge and experience makes available to societies traditions of identity and identification which, in themselves, create a sense of unity. It is only through written transmission that meaning is preserved in a lasting manner. As something significant, it can be comprehended again and again in new ways, independent of voice and person. In fact, meaning was virtually identified with writing and the objective and personal guarantee of authenticity which it offered.
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3 The book – the German word «Buch» can be traced back to the designation for birch slates as something on which to write [5] – was already known in classical times as a written medium fashioned from individually attached parts. The Babylonians and Assyrians used clay tablets, the Indians laced palm leaves, the Egyptians, Greeks, and Romans rolls of papyrus wrapped around a staff. From the second century on, the scroll was increasingly separated from the codex, which consisted of a cover and bound leaves. This expression, which comes from the Latin «caudex», the original meaning of which was «block of wood», is an allusion to the right-angle form and wooden cover of the codex. [6] Because durable parchment is difficult to roll, in contrast to paper, the parchment codex, the leaves of which can be turned in a very practical way, quickly established itself as a book form. The book was of paramount importance as a cult medium for Christianity from late antiquity on. Consider the highly significant term that is used for «Biblia», the book of books: the «Holy Scripture». The term makes strikingly clear the substance and the magnitude of this revered perception of both the divine authority and the indisputable authenticity of writing as a medium for conveying the message and truth (of God). Antiquity was likewise familiar with «printing» as an alternative to the manuscript. Printing, understood as the transposing of blackened, optical signs onto some sort of base, had been known for quite some time in its simple form as stone rubbings, clay markings, roller stamps or seals in the high cultures along the Nile and in Mesopotamia. Beginning in the early seventh century, Confucian and Buddhist texts were carved in their entirety into wooden blocks in order to preserve them in a more permanent way. Their duplication through paper rubbings was only of secondary interest. In thirteenth-century Korea, the first attempts were made to print with metal type and from the fourteenth century on, inverted stamps were made from metal in sand molds and used for printing. The Chinese technique of block printing was known in Europe at that time and was used at the beginning of the fourteenth century first for the pressing of textiles, and then later for the production of woodcuts for illustrations, and finally for the printing of complete pages of so-called «block books». These techniques and practices were, without a doubt, important for the procedures later followed by Gutenberg, the origins of which, it might be mentioned, have also repeatedly been attributed to French or Dutch craftsmen. Apart from this, an important prerequisite for the printing of books was paper, which had been developed much earlier in China. It had arrived in Europe in the twelfth century and, since 1390, had been produced in Nuremberg in Ulman Strömer’s first paper mill. Paper, which was made from plant fibers and rags made from cotton, linen, or hemp, was cheaper than parchment which was produced from untanned sheepskin or calfskin; moreover, it was easier to work with. Consider, for example, that in order to make a complete copy of Thomas Aqui-
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nas’s Summa theologica, one needed the parchment produced by seventy-five sheep – a small fortune.
4 The history of media is always associated with the effect of media. For it is only through the transformation and the various alterations in media that we can learn about their development as instruments of communication and dispensers of information and describe it as history. [7] Data which are pregnant with history and that have a particular function as memory and possess extraordinary commemorative value are helpful in drawing attention to such issues and sharpening the consciousness so that one can appreciate what has been achieved and recognize certain tendencies and perspectives. And voilà – the millennium celebrations provide an appropriate occasion for a jubilee in the area of media history – 600 years of Gutenberg. Nevertheless, the year of commemoration is a fiction, for the date of birth of this man of the millennium remains a mystery. There is good reason to assume, however, that Gutenberg was born about the year 1400. As is generally known, documents dating from 1420 refer to him as having come of age. What could have been more appropriate, given the jubilee that was celebrated already on the threshold of the twentieth century, than the desire to commemorate Gutenberg’s 500th birthday? Thus, in 1900 there was international acceptance of the year 1400 as the «virtual» date of birth for Gutenberg, so that now, in the year 2000, his 600th birthday can be duly celebrated – on June 24th, the birthday of his patron saint, John the Baptist. To be sure, details regarding Gutenberg’s life and work are sparse. [8] Not even his name is to be found in the works he is supposed to have published. Nor do we possess any contemporary portrait of him. His father, Friele Gensfleisch zur Laden, had been a citizen of Mainz since 1372 and for a time city comptroller. The addition to the name, «zum Gutenberg», taken from the identical name of a court as a designation for residence, was not used by members of the family to indicate their origins until after 1420. On several occasions, the family, along with other patricians, had to leave the city for political reasons and as a result of social unrest. In 1411, they took up temporary residence in Eltville, the hometown of Gutenberg’s mother. Could this, perhaps, be the reason why Johannes de Alta Villa, who registered in 1418/19 at the University of Erfurt (which then belonged to the archbishopric of Mainz), is identical with Gutenberg? In 1434, we find Gutenberg in St. Arbogast, a suburb of Strassburg, working as a goldsmith and active as an accomplished entrepreneur and financier. Since the Strassburg sources [9] that mention him refer to presses, molds, and tools, Gutenberg had been experimenting during this time
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with various tools and processing techniques for book printing, originally with the intention of imitating «beautiful» manuscripts. For his purposes, he made use of the natural possibilities for combining letters of the alphabet, processed paper, used specific metals, alloys, and combinations of colors, relied on tried and tested machines such as engraving chisel and press, and brought everything together in line with his idea of constructing a groundbreaking «technology of media». Back in Mainz, he borrowed 150 Gulden in 1448 from his cousin Arnold Gelthus, clearly intending to wrap up his experiments and to begin, about 1450, setting and printing books and pamphlets. Gutenberg created altogether 290 different typographical signs in Gothic type (Textura) for the printed works that have been attributed to him: calendars, indulgences, dictionaries, and naturally also for the Latin Bible according to the Vulgata, i.e., the edition by Jerome dating from the end of the fourth century that was in general use at the time. Two pieces of data support the idea that Gutenberg had begun commercial printing sometime after 1450. One letter of indulgence gives the date of publication as October 22, 1454, the oldest confirmed date of publication for a Gutenberg printing. A letter written by the Imperial Secretary, Enca Silvio Piccolomini, later Pope Pius II, to the Spanish Cardinal Juan de Carvajal, dated March 12, 1455, informs us that a «vir mirabilis», an extraordinary man, presented «Quinternions», i.e., printed sheets in five sections, of a Latin Bible in a distinct and accurate script and, as the letter-writer emphasizes, one that could be read without the need to resort to glasses.» [10] This may well have been Gutenberg’s masterpiece, that famous 42-line Bible [11] which his apprentice, Peter Schöffer, is also supposed to have helped produce. All in all, probably 180 copies were printed, on both paper and parchment. Of these, forty-nine are extant today, each one of them distinct from the other. These «cradle printings,» or «incunabula», named after the «early period», the «crib period» of printing, were intended to outdo as much as possible the codices in terms of their beauty. It was for this reason that the initials or illustrations in many cradle printings were still made by hand and fashioned into highly valuable and artistic gems, literally true book «treasures». The high cost of development and production of this new «technological media» was not something Gutenberg could assume by himself. Once again, he sought out business partners who had considerable capital at their disposal. After having received a loan from his cousin in 1448, be borrowed from the Mainz publisher and book dealer Johann Fust in 1449 and 1452 a total of 1550 Gulden, undoubtedly intending to finance factory equipment and to serve as a partner’s contribution towards the production of the Bible. A lawsuit ensued over the repayment of the debt. Gutenberg withdrew from the project. He received the tools and the inventory of Bibles, while Fust continued to operate the printing house together with his son-in-law and with Gutenberg’s former apprentice Schöffer. Having become bankrupt, Gutenberg was ostracized in 1458. It is conceivable that this was the reason why he sold some of his type to Bamberg where, in 1459, some of his former apprentices began to print a thirty-six line Bible. In 1459, presumably with financial support from the Mainz lawyer Konrad Humery, Guten75
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berg established another printing house in his home town. In 1462, however, he was once again banished from Mainz, but did return later. The Archbishop of Mainz, Adolf II, appointed him «courtier» («Hofmann») in 1465, a position which, thanks to the payments in kind that were attached to it, ensured him a livelihood. Gutenberg died on February 3, 1468.
5 Gutenberg’s invention is as simple as it is ingenious. In all sorts of new ways it constructs texts from their smallest components, the twenty-six letters of the Latin alphabet. Gutenberg normalizes every letter in terms of width, height, and type size, and produces a corpus of signs that can be rearranged time and time again in ever new combinations. At the tip of a metal rod, the counter die (or punch), he engraved a letter (type) in reverse and struck the relief print as a true-to-side impression in copper, the mold. With a pouring instrument he had developed specifically for this purpose, Gutenberg filled the depression with liquid lead and produced the letters. These were arranged in a typecase in accordance with their frequency of use. For example, e, n, I, or a were placed in the middle, similar to the traditional keyboard on a typewriter. The number of necessary letters and spaces for balance in block format is calculated for each manuscript. Everything is then put together as a galley text in lines, columns, and pages and this is held together with corner tabs. This standardization makes it theoretically possible to produce identical texts that can be duplicated as often as one wishes. For the actual printing itself, Gutenberg used the method of the winepress or paper press. A high and constant relief printing transfers the letters, which have been blackened with a mixture of lampblack, boiled linseed oil, and egg whites, onto a moistened piece of paper which, because of its dampness, is pliable and easily adaptable to the raised type. The type and the paper are then pushed under the printing plate and this so-called platen press is wedged onto the piece of paper. The technical term is high pressure. In this analogous transfer process, the blackened types, the digital signs, leave a positive impression on the paper. The paper is imprinted on the front and back, the pages arranged in an ingenious manner so that they are already set up for the actual bookbinding in the correct numerical order according to the folds of the sheets. Printing ensures reliable copies which, in contrast to oral and manuscript tradition, do not contain any deviations from the text. Different manuscripts of the Nibelungenlied, for example, portray the character of Kriemhild in very different ways. What might still be attractive in secular narrative (above all for latter day interpreters) is hardly acceptable for religious texts (and their contemporary interpreters), since liturgy and theological instruction had to be the same everywhere with respect to form and con76
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tent. Thus, printing was something that appeared just at the right time for religious reform movements within a «universitas christiana» in the process of breaking apart, as it reestablished generally valid standards. The Reformation makes the printed Biblia – based on binding translations and textual editions that are in accord with one another – the foundation of an evangelical declaration of belief. The Counter Reformation also put great stock by unified texts in its efforts to realize its aims. For example, Philip II of Spain had 15,000 identical breviaries produced by an Antwerp printer to be distributed among the priests of his empire.
6 A conveyor of data had now been created. Communication could be undertaken in written form, and published, in hitherto unknown quantities. This conveyor could also produce in large numbers, was capable of rapid dissemination, and it had an incredible range; it was easy to operate and could transmit information reliably. Printing brought about a basic change in the relationship between texts and their creators as well as their recipients. The book as a medium, in the form that it has retained even today, cast the human body into a secondary position as the speaking and writing «key medium» of communication. Texts no longer represent the visible traces of the body movement of the writer. Only rarely are they the audible messages directed to someone. Instead, they are much more frequently written forms of communication intended to be read by many recipients. At the same time, however, metaphors such as the «body of the book», the «soul of the book», «book knowledge», or «the clever book» humanized the new medium and personified it as a «living» conversational partner of the reader. This hapless, small-time entrepreneur had, with his invention, created a technological medium that began to revolution communication and to change the world. The book became a cultural object that was widely distributed, a form of merchandise, [12] and the person who read it was often the one who bought it. This does not mean, of course, that everyone could afford to buy books. Naturally, «cheap» and «expensive» are relative values. However, in contrast to other items such as food, books, which were often printed in only a few hundred copies, were relatively expensive. On the other hand, printed products were relatively cheap when compared to manuscripts which were costly to produce. Nonetheless, owning a book, continued to be predicated upon one’s having a fairly good income, even if it did not mean that one had to be affluent, privileged by class, or a member of the clergy. Apart from the need for the printing press within society, this also provided the impetus for the founding of reading societies in which books circulated to satisfy the desire to read and which also offered subjects for discussion. [13] The cheap printings that began to appear for sale at the annual mar77
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kets of colporteurs, particularly from the end of the seventeenth century on, made it possible for broader segments of society to buy books without having to forgo necessities. The libraries of churches, universities, and the nobility were by no means accessible to everyone; their overseers kept a close watch on them and made sure that anyone who did visit them had a right to be there and, moreover, that the library was being used appropriately in the service of its owner or sponsor. Public libraries were not established until the nineteenth century. [14] Knowledge, whether it had been passed down through the ages or was just coming into being, was now stored in ever-increasing quantities in guides, encyclopedias, and specialized books. The «universal historian» («polyhistorian») Konrad Gessner attempted in 1545 in Zurich to establish a comprehensive storehouse of knowledge, as indicated in the title of his Bibliotheca universalis. [15] This complete register of all works, wherever and however they could be found, was arranged alphabetically according to the names of the authors, and then reorganized three years later to include themes and particular areas of interest. It was intended to place at the disposal of the reader in the most complete way possible all knowledge that had been written down, just as in a magazine. Meanwhile, the intensive distribution of written materials through such «repositories of data» and the increasing need for same brought about a gradual alphabetization. Nevertheless, it is not really possible to speak of a general expansion of reading and writing until the nineteenth century with the introduction of compulsory school education. If the truth and wisdom of the written word had been guaranteed in the Middle Ages through authorities such as angels or apostles, the modern age legitimized knowledge and the accuracy of the printed word through the authority of their authors. The author, who often remains anonymous as the «spokesman» of God and the imparter of the truth of salvation, was eventually replaced by an author who guaranteed the authenticity of his text through his name and could lay claim to authority by virtue of the latter [16]. At first the printers and publishers who bore the financial risk attempted to obtain a «privilegium impressorium» to protect themselves against reproductions. From this there emerged in the eighteenth century the «copyright,» based on the spirit of the Enlightenment. This established contractual rules regarding the property of a work, as well as its reproduction, distribution, utilization, and royalties. [17]
7 Gutenberg’s solution represents one of the greatest achievements in cultural history, and one with the most far-reaching ramifications. It came into being at a time of substantial and widely influential change, while simultaneously exercising its own effect
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on the latter. The organization of society became increasingly difficult to regulate through the direct exchange of information between people. The solidification of territorial states, the development of public administration and a system of justice, the founding of universities and schools, the spread of a monetary economy, the development of trade and businesses, the extension of communication routes, the discovery of new markets and new continents, increasing social mobility and differentiation within society, the growing importance of cities – all of these developments produced an ever increasing need, and a corresponding demand for, the printed word. Printed works multiplied at an incredible rate already in Gutenberg’s time. More and more titles in ever larger numbers of editions were produced. The book, in the form of an exclusive manuscript, a precious, ornate manuscript, became an object of mass production. The market began to regulate the accessibility to the medium. Consequently, those authorities who had exercised supreme power and control over the word increasingly lost their influence and control over the new medium. Both religious and secular leaders tried to assert their former authority by invoking censorship and edict. They suppressed the reading and even the publishing of undesirable books through such measures as the Worms Edict of 1521, or the «index librum prohibitorum», the register of prohibited books, of Pope Paul IV in 1559, or the Tridentine Council of 1564. Certainly among the forbidden books were to be found Luther ‘s «heretical writings», but also the stories about Eulenspiegel (Howleglass) of the famous chest-book (first print Strasbourg 1510/12), whose title hero sows societal unrest through his mischievous pranks. Southern Germany took the lead in the establishment of printing houses. These new «authorities» (a printing-office is called at this time «Offizin») were instrumental in the development of High German into a unified written language and of a standard language throughout all Germany. [18] Before the printing of books, the use of a written language was limited to the religious «litterati» and a few secular scribes. There was no colloquial language in general use, as the spoken language of the people in the Middle Ages consisted of regionally determined dialects. There was no such thing as a «national community linked by common forms of communication». Just as medieval society can be divided up into numerous social, political, and cultural bodies, the state of communication was equally diverse. Naturally, before the printing of books became widespread, there was a notable lack of a code that could connect the individual dialects and integrate the multitude of communicative tasks. The publishing centers were trade metropolises such as Augsburg, Frankfort on the Main, or Nuremberg, religious citadels such as Cologne or Strasbourg in their roles as bishopric sees, as well as sites of Catholic faculties such as Wittenberg, or Bâle as the home of Reformist universities. Just as at the dawn of German literacy under the Carolingians, when Christian missionaries produced the first German texts, religion again played a decisive role in the continuing development of the language. Luther‘s translation of the Bible into High German established linguistic standards for syntax, gram-
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mar, vocabulary, orthography, and rhetoric. Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch Auffs new zugericht (The complete Holy Bible: newly prepared in German) was read from Zurich to Lübeck, from Cologne to Leipsic and its language influenced both written and oral communication. In addition, a unified German literary language came into being. It began increasingly to replace Latin, asserted itself in prose in contrast to verse, and began to be favored for the epic narrative in the form of the novel. Besides the book, printing technology also produced other forms of information media. Modern mass media had their origins in the age of Gutenberg. The tendentious pamphlet [19] and leaflet was used by agitators in religious and political conflicts and became the precursor of mass media, and the illustrated Newe Zeytungen [20] (new gazettes) satisfied a growing curiosity for sensational news items. They reported on the «horrifying» deeds of the bloodthirsty Carpathian count Dracula, the Münsing calf with its two heads, and the collapse of a bridge under the weight of pious pilgrims. As the circle of recipients exposed to these new things and to news in general grew larger, the perception of the present also changed. The increased speed by which information was passed on thanks to technology caused the time between an event and the knowledge that it had occurred to become less and less and, in so doing, intensified the sense of actuality. If Marco Polo’s sojourn in China at the end of the thirteenth century was still regarded by most people even years after his trip, simply on the basis of a handwritten report, as something new and current, pamphlets allowed the space of time between the sea battle at Lepanto on May 20, 1571 and the news of its occurrence to be reduced to a few weeks. Today, with live broadcasts, we can immediately share in the anger and frustration of the hapless hockey player who misses the penalty goal or of the unfortunate end receiver who misses the touchdown pass. The information they provided about the world at large or even the new world beyond the narrow city walls or village limits allowed the printing media to change the perception of the environment and, consequently, the way people behaved. This transformation involves at one and the same time a limitation and an expansion. A limitation in the sense that what an individual person imparts in the way of impressions or observations can become the measure by which a view is disseminated among the masses. Expansion in the sense that whatever offers rapid and multifaceted distribution of information can expand the knowledge and capabilities of many. Then, just as now, manipulation and enlightenment depend, on the one hand, on how the media define and legitimize their «common good», and, on the other, on how «the common man» has developed his critical competence with respect to communication and how he is willing to use it. And there is no doubt about the necessity to use it in deed especially we keep in mind the increasing influence of new media nowadays. From the time that the printing of books converted what had previously been a unicum into a mass product, the price set by the publisher [21] established the value of the individual series product, independent of its intellectual worth. Once price controls were lifted, supply and demand determined the price that was set. It was not the pre-
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sumed importance of a work for society, not the recognized cultural «rank» of a title which served as the main criterion for printing it, but rather the economic potential it had in the marketplace. The new media technology with its increasingly standardized manufacturing procedures – first intaglio and offset printing, then rotary press printing, the flatbed printing machine, phototypography, and finally multi-media desktop publishing systems, allowed information and entertainment to become a commodity, and to a degree that was undreamed of in a growing market with competing media. This commodity has become more and more subjected to commercial strategies. This «commodity character» of printing products was and certainly remains today the prerequisite for freedom of the press, even if secular interests and the Church, in their efforts to gain power, sought from the outset to control the printing media. In the final analysis, commercial avenues of distribution have other structures than channels of dissemination that are hierarchical in nature. In this way it was possible to ensure freedom of information as well as freedom of opinion, and not only thanks to guarantees assured by the constitution as a result of the emancipation of the bourgeoisie. «Wir verdanken daher dem Bücherdruck und der Freiheit desselben undenkbares Gutes und einen unübersehbaren Nutzen», (It is to the printing of books and the freedom that comes with it that we are obliged for an unimaginable boon and incalculable benefits [to society]) Goethe stated in a speech delivered at the opening of the «Freitagsgesellschaft» («Friday Society») on September 9, 1799. [22]
8 Our existence as individuals and as a society depends on our ability to remember – in the literal sense of «making present» traditional knowledge – or, as Harald Weinrich says, on the extent to which forgetting takes place, for it is this which regulates the stored amount of civilized accomplishments as well as cultural knowledge. [23] In order to produce and legitimize societal and historical identity and to preserve it as a continuity, as well as to use it for new orientations, we must be able to fall back on tradition. [24] Cultural memory preserves this knowledge for us in word and in written form and with the assistance of this knowledge we can utilize traditions and forms to promote activity within society. The Egyptian King Thammus – as Plato reports in his Phaidros Dialog – rejected the invention of letters because writing, as a form of support for and storage of memory, occasions forgetfulness. This is hardly comprehensible to us today, given our knowledge of the history of the book and as the users of modern
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media. We are more inclined to agree with Horace, who points with considerable pride to the way in which his written works have survived: «Exegi monumentum aere perennius regalique situ pyramidum altius, quod non imber edax, no aquilo impotens possit diruere aut innumerabilis annorum series et fuga temporum.» [25] (I have created a monument that will survive iron, which surpasses the majestic structure of the pyramids, and neither the lashing rain nor the intemperate north wind can destroy it, nor the innumerable succession of years and the flight of time.) But ever since we began using writing instruments for recording information and for its dissemination, the amount of available data has been constantly increasing. Even manuscripts always contained more information than could be put to use. With the advent of books and digital media, however, the amount of data has become vast and, thanks to gigantic storage capacities, discarded – and forgotten. What an individual and a society need in terms of traditional perceptions and ideas for self-interpretation and for acting within a limited life span can never be more than partially filtered from the unlimited amount of data available. Every change in the media alters the conditions of cultural memory because the measures that people have taken to appropriate and preserve past knowledge also change. Nevertheless: the cultural memory of the media contributes to our own orientation of ourselves and of reality. It can place us at a critical distance to the latter through the diverse and changing interpretations of that reality; it can also let us experience how norms and values are conditioned by society and history and how they can be transformed. To be sure, in order to exist in history we must always be able to absorb information from the flood of data into our memory banks and then recall it again. The person who forgets is not necessarily a happy person, as the singing-teacher Alfred assures us in Johann Strauss’s operetta Die Fledermaus. Rather, he must nowadays be prepared to ask the burning question: why?
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Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL In: Gomez, P.; Müller-Stewens, G.; Rüegg-Stürm, J. (Hrsg.): Entwicklungsperspektiven einer integrierten Managementlehre – Forschungsgespräche zur 100Jahr-Feier der Universität St. Gallen. Gerhard Haupt-Verlag Bern, 1999 (S. 285-312) © by Haupt Berne
Beat F. Schmid
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Zusammenfassung
Die Informationstechnologie transformiert die Wirtschaft auf fundamentale Weise. Dieser Wandel äussert sich u a. in der Aufhebung der Distanz (Globalisierung) und in einer Beschleunigung des Produktivitätswachstums um eine Grössenordnung. Kern dieser Revolution ist der interaktive Informationsträger Computer und das rasche Wachstum maschinenlesbarer Information, die mehr und mehr in global einheitlichen Sprachen abgefasst ist. Der Strukturkern der Basisinnovation Computer besteht im Formalismus oder Kalkül. Seine Mathematisierung hat die Entwicklung der modernen Informationstechnologie möglich gemacht, seine Umsetzung regiert den Bau der neuen IT-Welt mit ihren immer mächtigeren Diensten. Eine neue Fundamentalwissenschaft hat sich zu etablieren begonnen, die den Kern der Computerwissenschaften bildet und Kalküle und ihre Umsetzung zum Gegenstand hat. In diesem Beitrag wird nach einer kurzen Darstellung der transformierenden Wirkung der IT auf die Wirtschaft und Bemerkungen zur Geschichte der IT-Innovation zunächst die allgemeinere These vertreten, dass die Kalkülisierung, d.h. die Schaffung eines künstlichen Symbolsystems zur Repräsentation eines Weltbereiches die notwendige Voraussetzung sowohl für die exakt-wissenschaftliche Theoriebildung wie für die Industrialisierung des betreffenden Bereiches darstellt. Dieser Prozess findet seit dem 17. Jahrhundert für die cartesianische „res extensa“ (d.h. die ausgedehnte Substanz) in der Physik, der Wissenschaft der Raum-ZeitMannigfaltigkeit, statt und der mit ihren Erkenntnissen arbeitenden Industrialisierung. Die neue Basisinnovation zeitigt nun eine Kalkülisierung von Descartes‘ „res cogitans“ (d.h. der denkenden Substanz), des Denkens und Planens. Die damit verbundene neue Industrialisierung, die mit der IT-basierten Informationsverarbeitung angebrochen ist, verlangt nach einer neuen Managementlehre. Diese wird damit mindestens teilweise zu einer exakten, auf einer formalen Basis beruhenden Wissenschaft.
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Einleitung
Dieser Beitrag wurde für die Forschungsgespräche geschrieben, welche anlässlich der 100-Jahr-Feier der Universität St. Gallen zum Thema „Entwicklungsperspektiven einer integrierten Managementlehre“ stattfinden. Die Betriebswirtschaftslehre ist einer der jüngsten Sprosse im universitären Bereich. Vor ca. 100 Jahren wurden an verschiedenen Stellen der industrialisierten Welt entsprechende Fachhochschulen gegründet, die allmählich universitären Rang erhielten. Es wiederholte sich damit eine Entwicklung, die mit den Polytechniken im Bereich der Ingenieurwissenschaften einige Jahrzehnte früher eingesetzt hatte. Diese haben inzwischen im Verbund mit den exakten Wissenschaften in der universitären Forschungslandschaft eine Führungsposition übernommen, sowohl in quantitativer als auch in methodischer Hinsicht. Die Zivilisation, in der wir heute leben, ist jedoch nicht nur durch technische Systeme gekennzeichnet, sondern durch immer komplexer werdende organisatorische Strukturen. Sie ist geprägt durch hochinterdependente, meist globale Unternehmensstrukturen einerseits, Regelsysteme und diese umsetzende Institutionen wie Marktplätze andererseits, welche diese untereinander und mit den Konsumenten verbinden. Sind solche Strukturen früher historisch gewachsen und waren sie nur teilweise Gegenstand bewusster Planung, so hat sich dies mehr und mehr geändert und immer häufiger sind wir gefordert, solche Strukturen von Grund auf bewusst zu planen, zu lenken und zu entwickeln, d.h. sie zu managen. Selbst die Erzeugung des Wissens in der industriellen Forschung (und zunehmend auch in der universitären Forschung) ist Gegenstand bewussten Planens geworden. Die wissenschaftliche Disziplin die sich mit der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung, d.h. mit dem Management solcher Strukturen befasst, ist somit nicht nur angesichts seiner kurzen Geschichte erst am Beginn seiner Laufbahn. Seine eigentliche Entfaltung darf, setzt man sie mit den Ingenieurwissenschaften vor ihrem Aufgabenhintergrund in Parallele, im nächsten Jahrhundert erwartet werden. Dies kann nicht nur angesichts der geschilderten gesellschaftlichen Bedürfnisse gefordert und erwartet werden. Es gibt vielmehr eine Reihe von innerwissenschaftlichen Gründen, die Voraussetzungen für das Eintreten dieser jungen Disziplin in eine Reifephase sprechen. Im Folgenden soll eine Entwicklung skizziert werden, die, wie uns scheint, mit der Zwangsläufigkeit der Logik zu einer Transformation nicht nur der Wirtschaft und der gesellschaftlichen Systeme, sondern auch der Managementlehre als wissenschaftliche Disziplin führen muss.
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Die transformierende Kraft der Informationstechnologie auf die Wirtschaft
Der neue Informationsträger Mit der Erfindung des Computers steht dem Menschen zum ersten Mal in der Geschichte der Zivilisation ein aktiver Informationsträger zur Verfügung. Bisher kannten wir lediglich passive, künstlich hergestellte Informationsträger zur Mitteilung unseres Wissens (Huberman 1988; Stefik 1988a; Stefik 1988b). Der Computer vermag jedoch das in ihm gespeicherte Wissen aktiv anzuwenden, um Fragen zu beantworten oder Probleme zu lösen. Bisher war diese Fähigkeit dem Informationsträger Mensch vorbehalten. Die Informationstechnologie hat sich in den letzten fünfzig Jahren stürmisch entwickelt und eine Reihe von Paradigmen hervorgebracht, die zur kognitiven Bewältigung dieses neuen Informationsträgers dienlich sind. Besonders nützlich ist das Konzept des Informationsobjektes, das der objektorientierten Programmierung entstammt. Es beinhaltet eine bestimmte Datenmenge samt den für diese Daten typischen Operationen. Solche Informationsobjekte sind für den PC-Nutzer beispielsweise Texte samt den Operationen, die das Textverarbeitungsprogramm zur Verfügung stellt um sie zu bearbeiten, oder in ein Tabellenkalkulationsprogramm eingebettete Tabellen. Zu ihnen gehören ebenso CAD-Zeichnungen, Informationssysteme, Flugreservationssysteme oder elektronische Börsen. All diesen Informationsobjekten gemeinsam ist, dass in ihnen neben Daten auch Prozesswissen in formalisierter, maschinenlesbarer Form gespeichert ist. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die hinter dem Informationsobjekt tätige und es nutzende Maschine diese Operationen ausführen kann. Die Verbindung des Computers mit den Telekommunikationsnetzwerken hat diese Objekte portabel gemacht. Sie können nun von einem Computer auf den anderen, entfernt arbeitenden, übertragen werden. Sie sind damit ortslos geworden. Ihre Interaktion, wie sie innerhalb eines einzelnen Systems seit Jahrzehnten möglich ist, kann nun im globalen Massstab erfolgen. Die Voraussetzung dazu ist die Entwicklung gemeinsamer Sprachen und Protokolle (wie etwa des TCP/IP des Internets). Diese Entwicklung erfolgt sehr schnell. Die physikalische Basis bilden leitungsgebundene oder drahtlose Netze, deren Auf- und Ausbau ebenfalls in rasantem Tempo voranschreitet.
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Die neue Infosphäre Die nun wie Radio- oder Fernsehprogramme ubiquitären, ortslos gewordenen Informationsobjekte bilden eine Infosphäre, die heute schon Hunderte von Millionen von Informationsobjekten umfasst. Sie wird gespeist aus Daten und Prozessen, die in betrieblichen Informationssystemen aufgebaut wurden, Daten und Diensten von Interorganisationssystemen (IOS) wie Börsen oder Flugreservationssysteme, Daten aus den mit Netzwerken verbundenen PCs, Tausenden von Online-Datenbanken, etc. Seit kurzem werden auch die klassischen Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen mit dem Netz verbunden, womit die neue Infosphäre hinsichtlich Zahl und Art der in ihr lebenden Informationsobjekte weiteren Zuwachs erhält (vgl. Abb 1).
Abbildung 1: Die neue Infosphäre
In dem Ausmasse, wie die Interkonnektivität zwischen diesen Objekten zunimmt, sei es durch die Etablierung gemeinsamer Sprachen oder über Verbindungsdienste, wächst ihre Macht kombinatorisch: Durch Bilden von Geweben von Objekte entstehen komplex strukturierte Hypertext-Objekte mit z.T. enormem Potential. Die Evolution dieser „Mehrzeller“ steht erst in den Anfängen. Auch die Verwendung gemeinsamer Sprachen und Protokolle ist erst in Teilbereichen Realität, in den meisten Bereichen noch Programm und Absicht. Sobald eine gemeinsame Sprache oder ein offenes Protokoll verwendet wird, findet ein überlegenes Wachstum statt. Die Evolution der Infosphäre wird daher in diese Richtung verlaufen. (So ist das Internet eine Folgeerscheinung der Verwendung eines gemeinsamen Protokolls.) Diese Entwicklung wird sich in Zukunft auf wesentlich reichhaltigeren Diensten und Objekten fortsetzen.
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Effekte Obwohl wir erst in den Anfängen der Evolution der neuen Infosphäre stehen, ist ihre transformierende Kraft auf die Wirtschaft bereits unübersehbar:
Die Aufhebung des Raumes macht sich in der Globalisierung bemerkbar. Die Transformation der Finanzmärkte in elektronische Märkte beispielsweise hat Gestalt und Wirkung des Produktionsfaktors Kapital bereits deutlich spürbar verändert.
Wir stellen eine rasante Beschleunigung der Produktivitätsentwicklung fest: War diese im Industriezeitalter im Bereich von einigen Prozentpunkten pro Jahr, so liegt sie heute bei einigen zehn, oft bei hundert und mehr Prozent pro Jahr. Dieser enorme Anstieg der Produktivität pro Zeiteinheit hat die bisherigen Vorgehensweisen für Planung und Produktion obsolet werden lassen.
Der in die neue Informationssphäre eingetauchte Agent – sei es ein Unternehmen, ein Konsument, ein Mitarbeiter – ist umgeben von unzähligen, z.T. ausserordentlich mächtigen Informationsobjekten, die selber Agenten sind. Er kann an seinem Ort ihre Dienste nutzen, um Mehrwert zu schaffen oder um seine Konsumbedürfnisse zu erfüllen.
Umgekehrt ist dieser Agent über das neue Medium an jedem Ort der Erde telepräsent und kann dort seine Leistungen anbieten. Mit dem Anwachsen der Bandbreite wird diese Telepräsenz rasch an Macht gewinnen. Die neue Infosphäre enthält somit eine beinahe explosionsartig wachsende Menge eines neuartigen Rohstoffes, der das Fundament der wissensbasierten neuen Ökonomie darstellt. Die Produktionsfaktoren Information, Kapital und Arbeit sind auf neuartige Weise verfügbar. Die kognitive Bewältigung dieser neuen Welt ist noch nicht erfolgt, die organisatorische Erschliessung und Umsetzung dieser Potentiale ist noch bei weitem nicht bewältigt. Die Maschinenlesbarkeit der in den Informationsobjekten vorhandenen Information erklärt einen Teil der Beschleunigung des Produktivitätswachstums. Wenn beispielsweise das Informationsobjekt „CAD-Zeichung“ (z.B. eines neuen Motors) maschinell in das Informationsobjekt „virtuelles Produkt“ (im Beispiel: der Motor im Datenraum) umgesetzt werden kann, welches seinerseits zusammen mit hochkomplexer physikalischer Information (z.B. zur Mechanik, zu Verbrennungsprozessen, zu Materialverhalten) zum Input in Simulationsrechnungen (z.B. zu Verbrauch und Leistung, Verhalten bei Belastungswechseln) wird, deren Ergebnisse dann wieder Input für wirtschaftliche Bewertungsmodelle abgeben, so wird dadurch eine oft Grössenordnungen betragende Beschleunigung der bisherigen Entwicklungsprozesse erreicht. Vernetzungen von Informationsobjekten über Betriebsgrenzen hinweg, basierend auf offenen Schnittstellen bzw. gemeinsamen Sprachen, werden die Basis der künftigen wissensbasierten Ökonomie abgeben. Die damit einhergehende Externalisierung von bisher personengebundenem, aber auch organisationalem Wissen, seine Formalisierung, 90
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praktisch kostenlose Multiplizierbarkeit und ubiquitäre Verfügbarkeit, schafft eine völlig neue Grundlage für die Wirtschaft der Informationsgesellschaft. Die transformierende Kraft dieses neuen Informationsäthers ist bereits heute deutlich spürbar. Was ist der Kern, der Antrieb in diesem neuen Medium? Wir meinen, es ist die Formalisierung, welche als katalytisches Element wirkt (vgl. Abb. 2). Die Formalisierung namentlich der Abläufe sind die Kalküle. Dies soll nun näher begründet werden.
Abbildung 2: Die neue Gestalt der Information durch Formalisierung
Wirtschaft
Logik
Computer Sci
Syntax
Code maschinenlesbare Informationen
Information
Informationsverarbeitung
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Computer Based Economy
Semantik
Datentypen
Symbol, Prozesse
Algorithmik
maschinenausführbare Programme
Zur Geschichte des Kalküls und des Computers
Die Rationalisierung der Produktion Die moderne Informationstechnologie hat zwei Wurzeln.
Die Formalisierung der Logik Das Konzept der Rationalisierung der Arbeitsabläufe Wir wenden uns zunächst der zweiten Wurzel zu.
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Im 19. Jh. wurde die Arbeitsteilung mehr und mehr Gegenstand der Reflexion. In der Praxis etablierte sich schrittweise die moderne Form der Arbeitsorganisation:
Die mündlichen Anweisungen des Prinzipals wichen zunehmend den schriftlichen, formalisierten Vorschriften.
Es wurden Formulare und Arbeitskarten entwickelt, die gelegentlich auch schon codiert und mechanisch ausgewertet wurden (Lochkartenmaschine von Hermann Hollerith, 1860-1926).
Abstraktion und Standardisierung führten zur für die Industrialisierung kennzeichnenden Substituierbarkeit von Teilen und Arbeitskräften.
Es folgte die Ausdifferenzierung der übergeordneten Instanz (Management), welche Regeln formuliert und ihre Befolgung überwacht (und der Schulen, die das zugehörige Wissen vermitteln sollten). Diese hier in Stichworten beschriebene Entwicklung erfährt einen Höhepunkt in Taylors Arbeiten und in der Ford’schen Fabrik. Die Rationalisierung der Produktion und des mit ihr verbundenen gesellschaftlichen Lebens fand eine breite Wahrnehmung und wurde in fast allen Kulturbereichen eingehend diskutiert. Für die Soziologie zu Beginn des Jahrhunderts beispielsweise schreibt Bettina Heintz: „ ,Rationalisierung´ und ,Differenzierung´ waren die beiden Hauptbegriffe, mit denen man in der damaligen Soziologie den Wandel zur modernen Gesellschaft zu beschreiten suchte: die Entpersonalisierung sozialer Beziehungen, die zunehmende Dominanz von kühlen Zweck-Mittel-Berechnungen, die Tendenz zur Abstraktion und Quantifizierung, die Teilung der Arbeit bis hin zur Zergliederung einzelner Arbeitsabläufe, die zunehmende Regelhaftigkeit der sozialen Verhältnisse und der Wunsch nach Berechenbarkeit und Kontrolle. Beherrschbarkeit der Welt durch Zergliederung und Berechnung, das war für die damalige Soziologie das Grundmerkmal des modernen Rationalismus, wie sie ihn in der modernen Gesellschaft verkörpert sahen. ,Rationalisierung´ war der Blickwinkel, von dem her sie die Gesellschaft, in der sie lebten, verständlich zu machen suchten.“ (Heintz 1993) Auch in anderen kulturellen Bereichen wurde die Rationalisierung thematisiert, z.B. in den Kunstrichtungen des Futurismus. Die maschinenhaft choreografierten amerikanischen Revuen (z.B. die Tiller Girls) wurden fasziniert durch diese Optik betrachtet. Filme Eisensteins oder Langs „Metropolis“ oder Chaplins „Modern Times“ geben die damalige Wahrnehmung ebenfalls wieder. Von diesem Zeitgeist, von dieser Optik der Arbeitsorganisation waren auch die Mathematiker geleitet, die in den 1930er Jahren das Konzept des Computers entwickelten. Alan Turing (1912-1954) und Emil Post (1897-1954) entwickelten, unabhängig voneinander, Computerkonzepte, die sich bis in die Einzelheiten gleichen. Sie rekonstruierten dazu das Konzept des Algorithmus mit Hilfe des Paradigmas der Fliessbandproduktion. Dies wird bei Post besonders deutlich. Er nimmt explizit Bezug auf den Fliess-
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bandarbeiter. Das Fliessband wird bei ihm wie bei Turing zu einem endlosen Band von Feldern, die leer sind oder Symbole aus einem endlichen Alphabet enthalten können. Bei Post führt ein fiktiver Arbeiter (bei Turing wird dieser abstrakter als „Kopf“ der Turingmaschine definiert) einige wenige Operationen aus: „A. Marking the box he is in (assumed empty), B. Erasing the mark in the box he is in (assumed marked), C. Moving the box on his right, D. Moving the box on his left, E. Determining whether the box he is in is or is not marked.“(Post 1936) Wie die Theorie später gezeigt hat, lassen sich aus diesen elementaren Operationen alle auch noch so komplexen Operationen aufbauen, durch geeignete Sequenzbildung (Programmierung). Sie sind andererseits so einfach, dass sie sich mechanisieren lassen. Das Konzept des universellen Computers war geboren, seine Umsetzung folgte binnen weniger Jahre. Diese Leistungen wären jedoch nicht ohne die zweite Wurzel, die Formalisierung der Logik, möglich gewesen. Nur auf dieser Basis konnten Abläufe über ihre Formalisierung zu mathematischen Objekten und somit selber Gegenstand der Berechnung werden. Nur auf dieser mathematischen Basis waren Erkenntnisse wie diese möglich:
Jede Maschine, d.h. jedes nach bestimmten Vorschriften arbeitende Gebilde, lässt sich mit einer Maschine simulieren (und das heisst: durch sie substituieren), die aus Schaltern, d.h. ganz einfachen Maschinen, aufgebaut ist.
Es gibt eine universelle Maschine, welche jede andere Maschine simulieren kann, wenn sie zuvor mit einem geeigneten Input versehen (d.h. programmiert) wird. Die Umsetzung dieser Erkenntnisse durch John von Neumann (1903-1957) u.a. führte zum Computer. Wir wenden uns nun der zweiten Wurzel, der Formalisierung der Logik, zu.
Die Formalisierung der Logik Computerwissenschaftliche Bücher, die einen geschichtlichen Rückblick enthalten, referenzieren fast immer Gottfried Wilhelm von Leibniz (1646-1716) als einen der geistigen Väter der Disziplin. Dies geschieht mit Recht. Seine Vision einer „scientia generalis“ als methodisches Instrument zum Aufbau einer deduktiven Enzyklopädie, basierend auf einer einheitlichen Wissenschaftssprache („characteristica universalis“) war eine Weiterentwicklung und Verallgemeinerung von René Descartes (1596-1650)
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Konzept einer „mathesis universalis“ als allgemeiner Theorie der Grössen und Grössenverhältnisse und allgemeiner Methodenlehre. Bei Leibniz erfuhr diese Idee nicht nur eine Radikalisierung, sondern auch eine Konkretisierung im Konzept des Kalküls. Dieses sollte es ihm erlauben die Charaktere, d.h. die Zeichen, welche Gegenstände der Welt oder des Denkens symbolisieren, nach vorgegebenen Gesetzen zu formen und umzuwandeln. Er hatte nicht nur die deutliche Vision der Substituierbarkeit der Wahrheit durch Richtigkeit im Sinne des Kalküls, wie sie in der modernen Logik inzwischen vollständig ausgearbeitet vorliegt, er entwarf auch eine Reihe von Kalkülen, die teilweise nahe an das herankommen, was im 19. Jahrhundert in der formalen Logik schliesslich entwickelt wurde, wie neuere Arbeiten nachweisen(vgl. Peckhaus 1997). Nur beiläufig sei daran erinnert, dass Leibniz (nach Blaise Pascal (1623-1662) und Wilhelm Schickard (1592-1635)) eine mechanische Rechenmaschine entwickelte, die alle arithmetischen Grundoperationen auf mechanische Weise auszuführen gestattete. Das Leibniz’sche Programm hat sich in unterschiedlichen Brechungen fortgepflanzt, z.B. in den Werken von Christian Wolf (1679-1754), Johann Heinricht Lambert (17281777), Gottfried Ploucquet (1716-1790) und anderen Wissenschaftern, die sich mit einer sauberen Fundierung der Wissenschaften beschäftigten. Das Leibniz’sche Programm wurde jedoch erst im 19. Jahrhundert wirklich in weiten Teilen umgesetzt. In Grossbritannien vor allem ist George Boole (1815-1864) zu nennen. Seine Arbeit war eingebettet in einen lebendigen Kontext von Arbeiten, die sich einerseits um eine Erneuerung der Logik bemühten und die andererseits die Mathematik unter Einbezug kontinentaler Ansätze vorantrieben. Zu letzteren gehörte auch die Analytical Society, deren Mitbegründer Charles Babbage (1791-1871) war. Babbage war ein Vorläufer der oben genannten Entwicklungen durch Turing und Post. Er entwickelte die „Difference Engine“ und orientierte sich dabei an der Rechenmanufaktur des Baron Gaspard de Prony, der den Auftrag erhalten hatte, die Logarithmentafel neu zu berechnen1. Babbage entwickelte eine mechanische programmierbare Maschine, eine Vorläuferin des heutigen Computers. Er war in seinen Ideen stark betriebswirtschaftlich beeinflusst. Auch bei ihm zeigt sich die geschichtliche Verbindung zwischen dem Konzept des Computers und jenem der Arbeitsorganisation. In Deutschland sind im Zusammenhang mit der Mathematisierung der Logik die Namen Ernst Schröder (1841-1902), die Brüder Grassmann (Hermann Günther, 18091877 und Robert, 1815-1901) und insbesondere Gottlob Frege (1848-1925) zu nennen. In den USA leistete der Philosoph Charles Sanders Peirce (1839-1914) wichtige Beiträge zur formalen Grundlegung der Logik.
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De Prony selbst war durch Adam Smiths „Wealth of Nation“ inspiriert worden, wie Charles Babbage in seiner Schrift „Economy of Manufacturers and Machinery“, 1832, berichtet (im Kapitel „On the Division of Mental Labour“), zitiert in: Heinz (1993), S. 215.
Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL
Die Logik war bis zu ihrer Formalisierung eine philosophische Disziplin, die in der Neuzeit eher mit der Psychologie als mit der Mathematik in Verbindung gebracht wurde. Ihre Formalisierung in der 2. Hälfte des 19. Jh. und in diesem Jahrhundert stellt kulturgeschichtlich betrachtet eine tiefgreifende Revolution dar. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse haben nicht nur ein neues Fundament für die Logik selber, sondern auch andere formale Disziplinen wie die Mathematik geliefert. Sie hat auch zu dem geführt, was heute Computer Sciences genannt wird. Der Weg dazu lief über Namen wie David Hilbert (1862-1943) mit seinem Konzept des Formalismus, Jacques Herbrand und Kurt Gödel (1906-1978) mit ihrem Konzept der rekursiven Funktion, Church und Kleene mit ihrem Lambda-Kalkül und dem Konzept der Lambda-Definierbarkeit, Andrej Markow (1856-1922) mit seinem Algorithmus-Konzept und andere. Auf diesem Hintergrund formulierte Alonzo Church (1903-1955) 1936 seine bekannte These, in der er den Begriff der effektiven Berechenbarkeit in der Präzisierung gleichsetzte, die er durch die genannten Mathematiker erfahren hatte und die sich alle als Äquivalente erwiesen. Im gleichen Jahr 1936 veröffentlichten Turing und Post ihr Konzept des Computers, womit die Mechanisierung der in der formalen Logik präzisierten kognitiven Operationen konzeptionell vollendet wurde. Damit war die Basis gelegt, allgemeine Abläufe zum Gegenstand mathematischer Betrachtungen zu machen und sie selbst Berechnungen zu unterwerfen. In der Folge wurden formale Sprachen entwickelt, die eine präzise Beschreibung von Abläufen gestatten – wir nennen sie heute Programmiersprachen. Ihre Syntax und Semantik ist heute gut verstanden, ebenso ihre Beziehung zum Konzept der Maschine einerseits und zur Logik andererseits.
Computerwissenschaften, Wissenschaft der Kalküle und ihrer Umsetzung Die im Zuge der Formalisierung der Logik und der Erfindung des Konzeptes der rechnenden oder „denkenden“ Maschine entwickelten Konzepte führten nicht nur zur Praxis der Informatik, d.h. einer neuen Ingenieursdisziplin mit all ihren Spezialisierungen, auch in der Gestalt der Wirtschaftsinformatik, sondern auch zu einer allgemeinen Theorie die Kalküle, Prozesse und rechnende oder allgemeine Produktionssysteme zum Gegenstand hat. In einer ersten Phase wurde das Konzept der Maschine oder des Automaten als mathematisch präzise beschriebene Struktur entwickelt. Parallel dazu wurde die Theorie der formalen Sprachen und insbesondere der Programmiersprachen entwickelt und die Verbindung mit dem Automatenkonzept geklärt. Inzwischen liegt uns eine ausgereifte Theorie vor, welche die Beschreibung sequentieller Prozesse zum Gegenstand hat. Sie gibt uns Mittel in die Hand, beweisbar korrekte Prozessbeschreibungen (Programme) auf der Basis formaler Sprachen zu erzeugen, deren Semantik geklärt ist, sowohl im operationalen Sinne, d.h. in ihrer Wir-
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kung auf die ausführende Instanz, wie auch im sogenannten denotationellen Sinne, d.h. hinsichtlich ihrer Interpretation in abstrakten (mathematischen) begrifflichen Strukturen. Die Programmierung, zunächst und in weiten Bereichen immer noch ein Handwerk, das sich zum Ausdruck der Pläne und Abläufe einer formal exakten Sprache bedient, wurde so zu einer wissenschaftlichen Disziplin, die auch das Räsonieren über die Pläne auf exakt-wissenschaftlicher Basis ermöglicht und die heute an Universitäten gelehrt wird. In den letzten Jahrzehnten ist u.a. als Folge der Vision der Künstlichen Intelligenz und der Versuche zu ihrer Umsetzung die Beziehung zwischen Logik und Algorithmik immer klarer herausgearbeitet worden. Der Beweis als Kernelement der Logik und der Algorithmus als tragendes Konzept der Informatik sind als zwei Aspekte derselben Sache erkannt worden. Michael Beeson schreibt: „The flow of information seems now to be logic, now to be computation.“2 Die neue Grundlagendisziplin stellt nun exakte Sprachen zur Formulierung von Algorithmen und Abläufe zur Verfügung, die unser Denken über Prozesse und Veränderungen zunächst im Umfeld der Computer, nun aber in beliebigen Strukturen zu verändern begonnen haben. Gemeinsamer Kern der formalen Sprachen und des Automaten- oder Maschinenkonzepts ist das Konzept des Kalküls. Die Theorie der Kalküle ist gemeinsamer Gegenstand der Computerwissenschaft und der Logik. Es darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass diese Theorie, welche Logik, Teile der Mathematik und der Computerwissenschaften trägt, die Leibniz’sche Vision einer „characteristica universalis“ auf einer gut verstandenen und tragfähigen Basis zu realisieren vermag. Wie nicht anders zu erwarten, sind dabei einige Präzisierungen aber auch Modifikationen notwendig gewesen, auf die hier nicht eingegangen werden soll. Die neu entstandene Fundamentalwissenschaft kann als allgemeine Theorie der Konstruktion und des Konstruierens aufgefasst werden, ob nun der betrachtete Gegenstand Informationen und Gedanken betrifft oder ob er sich auf physische und ökonomische Objekte bezieht. Diese Theorie wird damit zur Basiswissenschaft einer neuen, formalen Organisationslehre. Bevor dies näher erläutert wird, sollen einige allgemeine Überlegungen zur Wirkung der Formalisierung dieses Denk- und Seinsbereichs vorgetragen werden.
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zitiert nach: N. Greenleaf, Algorithmic Languages and the Compatibility of Functions, in: J.H. Johnson and M.J. Loomis, The mathematical revolution inspired by computing, Calderon Press, Oxford 1991.
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Die Formalisierung als Kern der exakten Wissenschaften und der Industrialisierung
Das symbolische Denkorgan Die Formalisierung der Geometrie mittels der Sprache der Arithmetik durch Descartes in der analytischen Geometrie und die Beschreibung raumzeitlicher Vorgänge, namentlich von Bewegungen durch Newton (1643-1727) und Leibniz, mittels dieser Sprache legte das Fundament zur neuzeitlichen Physik. Damit verfügte die Menschheit über ein neues kollektives Denkorgan das, losgelöst von Vorstellungen, allein im Raum der Symbole raumzeitliche Vorgänge zu beschreiben und zu simulieren erlaubt. Das uns natürlich gegebene Denkorgan stellt uns ein Modell der Aussenwelt zur Verfügung, das mit bildlichen Vorstellungen arbeitet. Damit vermag das Denken nicht wesentlich über das sinnlich Erfahrbare in die Tiefenstruktur der Dinge vorzudringen. Das neue symbolbasierte Denkorgan, das im 17. Jahrhundert geschaffen wurde, befreit uns von diesen Restriktionen. Es basiert auf dem bereits in der Antike entwickelten formalen System der Zahlen mit seinen Kalkülen, das schon den alten Ägyptern komplizierte Rechnungen durchzuführen gestattete, die von sinnlichen Vorstellungen befreit waren. Durch die Erfindung des Differenzialkalküls wurde die Arithmetik so erweitert, dass die neuzeitliche Physik mit all ihren theoretischen Begriffsbildungen bis hin etwa zu dem des elektromagnetischen Feldes möglich wurde (vgl. Abb. 3).
Abbildung 3: Handeln in der Welt und im Modell Handeln, Wahrnehmen
im Modell
biologisch (Vorstellung)
in der Welt
symbolisch (Rechnen) Kalkül
intersubjektiv mechanisierbar
Die Nutzung dieses neuen symbolbasierten kollektiven Denkorgans für die Produktion in der Wirtschaft des 17. und 18. Jahrhunderts erfolgte erst nach und nach. Für lange Zeit basierten die Erfindungen noch auf dem vorwissenschaftlichen handwerkli-
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chen Verfahren. Dies gilt auch für die Erfindung der Dampfmaschine. Dagegen begann man relativ früh die beobachteten Phänomene z.B. in der Dampfmaschine mittels der Erkenntnisse der neuentstandenen Physik tiefer zu durchdringen, um die so gewonnenen Erkenntnisse für neue Designs zu nutzen (vgl. Basella 1988). Erst nach und nach wurden Produkte entwickelt, die ohne dieses aussersinnliche neue Organ nicht hätten entwickelt werden können. Dies gilt für weite Bereiche des Elektromagnetismus und seiner Anwendungen, z.B. in der drahtlosen Telekommunikation. Die heutige computersimulierte Entwicklung findet beinahe vollständig im symbolischen Medium statt.
Industrialisierung und wissenschaftliche Methode Das Kennzeichnende der modernen Ingenieurswissenschaften und der mit ihnen verbundenen industriellen Produktion kann in der Verwendung der wissenschaftlichen Methode zur Erklärung der beobachteten Phänomene und zur Entwicklung verbesserter oder neuer Lösungsdesigns gesehen werden. Ihr Verfahren ist die Modellbildung unter Verwendung der theoretischen Konzepte, die rechnerische Durchdringung dieser Modelle und ihre Nutzung in Design und Produktion.
Drei Epochen des Kalküls Die Macht des Kalküls, d.h. des vom sinnlichen Vorstellen losgelösten, symbolbasierten Räsonierens und Kalkulierens hat sich in (mindestens) drei Stufen entfaltet. In der Antike hat sie sich zunächst in der Arithmetik und ihren Anwendungen im wirtschaftlichen Bereich kundgetan, wo Bestandes- und Flussberechnungen aller Art die Beherrschung komplexer Organisationen wie Stadt-Staaten oder Reiche wie des ägyptischen oder römischen ermöglicht haben. Sie tun dies heute noch in Betrieben in der verfeinerten Gestalt des modernen Rechnungswesens. Die zweite Demonstration ihrer Macht haben die Kalküle, wie erwähnt, im 17. Jh. im Zuge der Formalisierung der „res extensa“, d.h. der Arithmetisierung von Raum und Zeit, geleistet. Die Explosion des naturwissenschaftlichen Wissens und seine immer raschere Umsetzung in immer mächtigere Technologien, die den Globus, neuen Organen gleich, überziehen, geben dafür hinreichenden Beweis. Die technisch-industrielle Zivilisation ist ohne dieses Organ nicht denkbar. Als dritte Welle hat nun die Kalkülisierung des Denkens, der cartesianischen „res cogitans“ begonnen. Es darf angenommen werden, dass die Auswirkungen dieser neuen Industrialisierung – und darum handelt es sich – nicht weniger dramatisch sein werden. Bisher herrscht im Bereich der Denkoperationen, d.h. der Verarbeitung von Information, das Handwerk vor. Die Industrialisierung dieser Prozesse hat jedoch mit der Informationstechnologie begonnen. Dabei verstehen wir unter Industrialisierung
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die Ablösung des Handwerks durch auf exaktere Wissenschaften basierende Ingenieurswissenschaften (vgl. Abb. 4). Da die Managementlehre sich mit der Planung und Lenkung von Systemen befasst und somit mit einer rationalen Verarbeitung von Information, stellt sich die Frage, ob die Managementlehre die neue formale Wissenschaft, die sich mit der Verarbeitung von Information, mit Prozessen, ihrer Beschreibung und Gestaltung allgemein befasst, einzulassen hat. Wir meinen ja.
Abbildung 4: Wirkungen von Kalkülsystemen auf BWL und Technik BWL Antike
Arithmetik
Technik Buchführung Mengenrechnung
Geometrie
Neuzeit analyt. Geometrie 17./18. Jh. Analysis Moderne 19./20. Jh. formale Logik
math. Physik VWL Industrialisierung moderne BWL Computer Based Economy
Computer Comp. Mgt. Science
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Analogien zwischen Computerwissenschaften und Managementlehre
Managementlehre Gegenstand der Managementlehre ist die Gestaltung von Organisationen im Sinne von zweckgerichteten sozialen Systemen. Diese bestehen i.d.R. aus zahlreichen Akteuren oder Agenten, wie wir sie im Folgenden nennen wollen, denen bestimmte Funktionen oder Rollen zugewiesen werden. Sie werden über unterschiedliche Koordinationsmechanismen so miteinander verbunden, dass die intendierten Zwecke erreicht werden.
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Man unterscheidet dabei zwei hauptsächliche Koordinationsformen, nämlich die Hierarchie und den Markt. Während beim Markt die Agenten autonom sind und in jedem Einzelfalle frei entscheiden, ob sie in ein Tauschverhältnis eintreten wollen, basiert die Hierarchie auf der Ressourcenzusammenlegung und dem teilweisen Verzicht auf Autonomie. Im Gegenzug erhält der auf seine Freiheiten verzichtende Agent einen Anteil am gemeinsam erzielten Ertrag. Die so entstehenden vertikal gegliederten Hierarchien nennt man Organisationen. Zu ihnen gehören Firmen ebenso wie Bürokratien, Vereine, etc (vgl. Vanberg 1982). Die Managementlehre befasst sich mit der Gestaltung solcher Organisationen und ihren Austauschbeziehungen. Ein zweites Feld der Managementlehre besteht in der Gestaltung der Prozesse, d.h. der Ablauforganisation. Zielen werden Strategien zugeordnet, die ihre Erreichung versprechen. Diese werden operationalisiert, d.h. in konkrete Abläufe umgesetzt und mit den notwendigen Ressourcen versorgt. Ein Controlling wacht darüber, dass die Ziele erreicht und die Pläne eingehalten werden.
Computerwissenschaften und ihre Paradigmen Mit dem strukturell gleichen Problemfeld beschäftigen sich die Computerwissenschaften. Historisch betrachtet war dieses Feld zwar zunächst sehr viel enger definiert. Die Agenten waren Funktionen und Applikationen, die Koordinationsprobleme in der hierarchischen Host-Umgebung vergleichsweise simpel. Das hat sich jedoch schrittweise geändert. Heutige offene Systeme, z.B. elektronische Märkte, weisen eine Komplexität auf, die jener von betrieblichen Strukturen durchaus entspricht. Der Computer wurde in seiner ersten Epoche, die bis in die 1960er Jahre hinein dauerte, als Assistent gesehen. Er sollte, wie das heute der PC immer noch tut, für seinen Herrn Tätigkeiten automatisiert erledigen. Diese waren in den Anfängen fast ausschliesslich in zwei Bereichen angesiedelt: In der Durchführung von Berechnungen einerseits und in der Auswertung von Formularen andererseits. Der erste Bereich konnte auf die Vorarbeiten zurückgreifen, die in der numerischen Mathematik und in den Ingenieurwissenschaften geleistet worden waren, der zweite Bereich auf die Datenverarbeitung mit Lochstreifen und Lochkarten, wie sie seit Hollerith in grossen Betrieben und Behörden im Einsatz war. In einer zweiten Phase, die die 60er bis 80er Jahre umfasste, herrschte das Paradigma des Informationssystems vor. Computersysteme wurden als Informationssysteme betrachtet, deren Kern Datenbanken mit ihren Datenverwaltungssystemen waren, auf denen in Applikationen abgebildete und somit automatisierte Prozesse oder Abläufe durchgeführt wurden. Diese Abläufe umfassten zuerst einfache administrative Tätigkeiten des Backoffice. Sie eroberten dann den Produktionsbereich: Die CIM-Vision steht als Programm für diese Welle der Informatisierung der Abläufe. Seit den 1980er Jahren werden auch komplexere Workflows im Bürobereich und ganze Geschäftspro-
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zesse, z.T. auch betriebsübergreifend, im Rahmen des Business Reengineering auf diese Systeme abgebildet.
Zwei Organisationskulturen In all diesen Fällen werden Abläufe gestaltet. Sie benutzen dabei mehr oder weniger komplexe Informationsobjekte, in welchen Formulare Berichte und sonstige Dokumente der klassischen Geschäftsprozesse ersetzen und wiederum solche Informationsobjekte erzeugen, oder sie steuern physische Prozesse wie NC-Maschinen, Warenflüsse oder Geldtransaktionen. Inzwischen sind gewaltige computerbaiserte Systeme aufgebaut worden, auf denen ganze Branchen basieren. Ohne die modernen Flugreservationssysteme beispielsweise, bei denen es sich im wesentlichen um Informationssysteme klassischen Typs handelt, wäre die moderne Luftfahrt undenkbar. Analoges gilt für die Bankwirtschaft, Versicherungswirtschaft und viele andere Bereiche. Im Reich der Theorie bestehen jedoch nach wie vor zwei getrennte Kontinente der Organisationslehre: Die Leitwissenschaft für den Kontinent der Informationssysteme, in denen der Taylorismus seine Triumphe feiert und der immer grössere Teile des Geschäfts an sich zieht, ist die Computerwissenschaft. Sie spielt eine Rolle, die analog zu der der Physik in den Ingenieurwissenschaften ist. Wie die Physik in vielen Ingenieurwissenschaften die eher pragmatisch-handwerkliche Art des Arbeitens nur wenig verdrängen konnte, so ist auch in der Wirtschaftsinformatik das handwerkliche Schaffen immer noch dominant. Aber so wenig wie die grundsätzliche Zuständigkeit und langfristige Wirksamkeit der Physik in den klassischen Ingenieurwissenschaften bestritten werden kann, so wenig dürfte dies für den genannten Kontinent der Informationssysteme der Fall sein. In ihm wird sie mehr und mehr die Herrschaft übernehmen. Daneben, und weitgehend mit dem ersten unverbunden, existiert nach wie vor der Kontinent der klassischen Organisationslehre. Dort findet die organisatorische Gestaltung des nichtcomputerisierten Geschäftes statt. Diese Trennung gilt für die Theorie in stärkerem Masse als für die Praxis. In der Organisationslehre sind im Laufe der Zeit verschiedene Metaphern für die Organisation entwickelt worden(siehe Gell-Mann 1994a u. 1994b). Das Bild der tayloristischen Maschinenorganisation, das der informationssystemzentrierten Informatik wohl mit Recht unterstellt werden darf, wurde abgelöst durch andere Metaphern, die das lebendige und gesellschaftliche Element der betrieblichen Realität stärker in den Vordergrund rückten. Die grundsätzliche Richtigkeit der dahinterstehenden Anliegen kann nicht bestritten werden. Ist die Trennung der zwei Kontinente auf diesem Hintergrund gerechtfertigt, wird sie auf Dauer bestehen bleiben können?
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Das neue Paradigma der Computerwissenschaften Das neue Paradigma der Computerwissenschaften, das sich im Verlaufe der 1980er Jahre immer deutlicher herausgebildet hat und eine dritte Phase eingeleitet hat, ist das des Multi Agent Systems (MAS), d.h. eines Systems aus vielen miteinander kooperierenden Agenten (vgl. Abb. 5). Dabei wird angenommen, dass diese Agenten unterschiedliche Grade der Autonomie besitzen können. Beispiele solcher MAS sind sog. verteilte Systeme, d.h. Computersysteme, die aus mehreren über Netzwerke verbundenen Computern bestehen, ohne dass sie ein gemeinsames Betriebssystem besitzen. Ein neueres Beispiel hierfür ist auch das Internet mit seinen Abermillionen von autonomen, miteinander kommunizierenden Informationsobjekten und den hinter ihnen stehenden Computern. Zu ihnen gehören aber auch Systeme künstlichen Lebens, sogenannte komplexe adaptive Systeme (Complex Adaptive Systems, CAS). Diese und weitere Typen von MAS haben alle Züge, die in den verschiedenen Metaphern der Managementlehre angesprochen werden. Wir kommen darauf zurück.
Abbildung 5: Paradigmen des Konzeptualisierung des Computers Multi Agent Systems (MAS) Information Systems Assistant Zeit 1945 50
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Das Konzept der MAS hat verschiedene Wurzeln. Eine wichtige stammt aus dem Gebiet der sogenannten Verteilten Künstlichen Intelligenz (Distributed Artificial Intelligence, DAI). Nachdem erkannt wurde, dass das Paradigma des Experten für die problemlösende Intelligenz nur beschränkt tauglich ist, weil sehr viele intelligente Leistungen durch das Zusammenwirken mehrerer, oft sehr spezialisierter und oft autonomer Agenten entsteht, wurde das Konzept des MAS eingeführt und in der Folgezeit immer weiter entwickelt (siehe O’Hare/Jennings 1996). Solche MAS wurden und werden als Computersysteme vor allem im Produktionsumfeld eingesetzt. Organisatorische Konzepte der Betriebswirtschaftslehre fliessen bei der Modellierung der Agenten ein. So besitzen solche Agenten nicht nur Wissen und eine Planbibliothek, sie besitzen auch Ziele, die Fähigkeit zur Bewertung und Auswahl von Plänen, Absichten und Verfahren, die mit der Bearbeitung dieser Grössen zusammenhängen – kurz:
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Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL
Strukturen, wie wir sie von Betrieben her kennen, die ihre Aktionen gestalten müssen (Müller 1996; Sinha 1996). Bei Konflikten, z.B. um knappe Ressourcen, verständigen sie sich mittels Verhandlungen. Dazu werden Protokolle entwickelt die, wenn möglich, Erfolg garantieren. Offene elektronische Märkte, wie sie gegenwärtig zahlreich in Entwicklung sind, können als solche Multi Agenten-Systeme betrachtet werden. Für sie werden sichere Protokolle entwickelt (Zhang/Lukose 1997): Sprachen, über die sich die Agenten austauschen können. Die Gestaltung grosser, auch globaler kooperierender Systeme im Cyberspace in der neuen Infosphäre ist in vollem Gange. Dabei können die Agenten Computer, Organisationen, hybride Systeme oder Menschen sein: Im Äther der Datenobjekte äussern sie sich über die gleiche Schnittstelle. Die Informatik hat somit mit ihrem neuen Paradigma in der Theorie und in der Praxis ein Gebiet betreten, das zum Kernland der Betriebswirtschaftslehre gehört. Sie bedient sich dabei mehr und mehr betriebswirtschaftlicher Konzepte, in der Theorie noch zögernd, dafür umso stärker in der Praxis. Beim Bau elektronischer Börsen, von Electronic Malls und allgemein von elektronischen Märkten, aber auch beim Bau innerund zwischenbetrieblicher Kommunikations- und Leistungsplattformen ist dies gar nicht zu umgehen. In der Praxis hat somit die Verschmelzung betriebswirtschaftlicher und computerwissenschaftlicher Konzepte begonnen. Wird ihr die Theorie folgen? Wenn ja: Welche Seite übernimmt die Führung – die Managementlehre oder die Computerwissenschaften?
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Heraufkunft einer neuen Managementlehre als exakte Wissenschaft?
Die Managementlehre ist eine allgemeine Wissenschaft der Gestaltung sozialer Systeme. Soziale Systeme bestehen aus einer Gemeinschaft von Subsystemen, die als Agenten bezeichnet werden können. Dies können einzelne Menschen oder andere soziale Systeme sein. Sie lehrt uns, wie solche Systeme kognitiv zu erfassen, d.h. zu beschreiben sind, wie sie in Komponenten zerlegt werden können, und wie diese und ihre Beziehungen untereinander zu gestalten sind. Die Managementlehre gehört wissenschaftsgeschichtlich zu den Künsten (artes), deren Basis das natürliche und handwerksbasierte Denken ist. Die hier gestellte Frage ist, ob sie sich zu einer exakten Wissenschaft weiterentwickeln wird, wie dies z.B. die Medizin auf der Basis der exakten Naturwissenschaften tat. Wie in der Medizin wird dabei
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auch für die Managementlehre zweifellos ein Bereich für das Handwerk und die Künste bestehen bleiben. Wie bereits ausgeführt, haben die Computerwissenschaften begonnen ihren primären Gegenstand der logischen Systeme, der kognitiven Prozesse wie sie in der Mathematik oder der Prozesse wie sie in technischen Systemen stattfinden, mit dem Konzept der Multi-Agenten-Systeme so auszudifferenzieren, dass er sich mit dem Systembegriff der Managementlehre in weiten Bereichen überschneidet. Wir können nun zwei mögliche Positionen einnehmen:
Die Grundkonzepte beider Bereiche sind weitgehend identisch. Eine gemeinsame Basiswissenschaft wird die Paradigmen und Methoden für beide, heute noch getrennten, Disziplinen bereitstellen.
Die beiden Bereiche sind wesensmässig so verschieden, dass sie keine gemeinsame Behandlung zulassen. Bei Einnahme der zweiten Position wäre zu begründen, worin das wesensmässig Verschiedene des Gegenstandes, vor allem aber der Methoden der Managementlehre besteht. Man beachte dabei, dass auch die formale, mechanisierbare Logik immer das menschliche Denken zum eigentlichen Gegenstand hat und dass umgekehrt das Konzept der Maschine oder des Automaten der Informatik keineswegs nur technisch hergestellte Maschinen intendiert, sondern immer auch den handelnden Menschen – sei es der Beweise durchführende Mathematiker, Turings Computer (d.h. der rechnende Mensch) oder eine Organisation (wie ein Theaterensemble oder eine Firma). Es bezeichnet irgendwelche nach Regeln handelnde Systeme, soweit und insofern sie nach Regeln handeln. (Dies schliesst spontanes, „zufälliges“ Handeln keineswegs aus.) Wir vertreten hier die erste Position und meinen, dass sich eine neue Basiswissenschaft herausbildet, die sowohl die heutigen Computerwissenschaften wie die heutige Managementlehre umfassen wird und die, wie die moderne Physik, auf einer formalen Basis aufbauen wird. Diese formale Basis liegt mit den Computerwissenschaften bzw. in ihrem logischen Kern teilweise vor (vgl. Abb. 6). Es gilt, diese von den akzidentiellen Elementen zu befreien, die sie von ihrer Herkunft her mit sich tragen und sie so zu verallgemeinern, dass sie den Bedürfnissen der allgemeinen Managementlehre dienlich sind.
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Zur Entfaltung der Macht des Kalküls in der Wirtschaft und BWL
Abbildung 6: Integration von Computer Sciences und Management Sciences zu einer Computational Management Science BWL-Konzepte
Comp. Org. Theory Comp. Mgt. Science
Bau von: -Informationssystemen -Elektronischen Märkten ……. d.h. Medien für Communities Von Agenten
Informatik-Konzepte
Diese neue Wissenschaft vermag dann als Basis dafür zu dienen die neuen Strukturen, die sich in der Infosphäre in rasendem Tempo bilden und gleichsam auskristallisieren, adäquat zu beschreiben und planmässig zu formen. Die dort anzutreffenden Informationsobjekte sind virtuellen Maschinen im Sinne der Informatik. Sie sind aber gleichzeitig oft hochkomplexe Wissensstrukturen und Repräsentanten komplexer Agenten. Ihre Beschreibung und Einbindung in neue organisationale Strukturen und Abläufe, die gegenwärtig auf pragmatischer und handwerklicher Basis erfolgt, könnte dann nach und nach auf wissenschaftliche Weise erfolgen, in Analogie zum Prozess, welche die auf der Physik ruhenden Ingenieurwissenschaften in den letzten Jahrhunderten durchlaufen haben. Die Computerisierung, basierend auf der Formalisierung der Information und der informationsverarbeitenden Prozesse, stellt wie gesagt eine neue industrielle Revolution dar, die mehr ist als eine Welle der seit dem 18. Jahrhundert laufenden industriellen Revolution, die ihre Wurzel in der neuzeitlichen Physik hat. Deshalb sind die neuen Ingenieurwissenschaften, die zunächst im Umfeld der Computerwissenschaften als weitere Ingenieursdisziplinen, welche die bisherigen ergänzen, gesehen wurden, nicht als gültige Antwort zu betrachten. Ihre Aufgabe ist nämlich auf einem wesensmässig anderen Kontinent, der erwähnten cartesianischen „res cogitans“, angesiedelt, und nicht wie jene der bisherigen Ingenieursdisziplinen auf dem Kontinent der „res extensa“. Die Informationsverarbeitung im Umfeld wirtschaftlicher und anderer Organisationen ist aber eine angestammte Domäne der Betriebswirtschaftslehre. Auch aus dieser Optik ist eine Transformation der Managementlehre hin zu einer neuen Basiswissenschaft für die neue industrielle Revolution zu erwarten (vgl. Schmid 1997).
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Schritte zur Umsetzung
Abschliessend soll ein Ansatz skizziert werden, wie das oben erläuterte Programm partiell in Angriff genommen werden kann. Ausgangspunkt bilden dabei MultiAgenten-Systeme. Dazu zählen wir Betriebe, die wir im Ulrich’schen Sinne als Systeme auffassen, die ihrerseits aus Subsysteme zusammengesetzt sind (z.B. Ulrich 1984). Solche Subsysteme werden als Agenten verstanden, die ihrerseits als Multi-AgentenSystem gesehen werden können. Aber auch zwischenbetriebliche Gemeinschaften von Kunden, Lieferanten und dritten Dienstleistern können als MAS aufgefasst werden. Schliesslich sind auch offene Märkte Multi-Agenten-Systeme. Unser Ansatz fasst Multi-Agenten-Systeme als Gemeinschaften von kooperierenden Agenten auf, die Informationen oder andere Objekte wie Güter oder Leistungen austauschen. Damit sie dies tun können, bedürfen sie eines Mediums im Sinne einer den Austausch ermöglichenden Plattform. Statt primär die Struktur der Agenten ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken (wie das beispielsweise die DAI tut), studieren wir zunächst das Medium als einen die Gemeinschaft konstituierenden Raum. Zum erfolgreichen Austausch von Wissen zwischen Agenten ist ein Medium mit den folgenden Komponenten notwendig (siehe Schmid 1997):
Kanäle C. Zunächst braucht es ein System von Verbindungen zwischen den Agenten, die einen Transport der Information vom sendenden Agenten (Sender) zum empfangenden Agenten (Empfänger) ermöglichen. Die Nachrichtentechnik nennt eine solche Verbindung einen Kanal. Ein solcher Kanal muss geeignet sein, die zu übermittelnde Information aufzunehmen, zu tragen. Man spricht daher auch vom Trägermedium. Solche Trägermedien bzw. Kanäle sind physische Produkte wie Papier oder elektromagnetische Signale, die mit einer bestimmten Technologie und einer sie produzierenden Wirtschaft verknüpft sind. Häufig wird der Medienbegriff mit dem Begriff des Trägermediums identifiziert. Man spricht dann von Printmedien, Fotografie und Film als Medien, elektronischen Medien (Radio und Fernsehen) etc. Dieser Medienbegriff erfasst eine wichtige Komponente des Mediums. Er ist aber zu sehr an der Technologie und den ihr zugehörigen technischen Möglichkeiten bzw. den für sie typischen, historisch entstandenen wirtschaftlichen Strukturen ausgerichtet.
Syntax L. Die ausgetauschten Inhalte bedürfen einer syntaktischen Strukturierung, kurz: einer Syntax, die den potentiellen Sendern und Empfängern bekannt ist und im Trägermedium (Kanal) realisiert werden kann. Solche syntaktischen Regeln umfassen – am Beispiel der Schrift – die verwendete Schrift (lateinisch, kyrillisch etc.), Schrifttypen, Regeln der Grammatik, Layoutregeln, ohne die ein funktionsfähiger
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Kanal nicht entstehen und seine Aufgabe erfüllen kann. Wir können auch von der Sprache sprechen, die zur Codierung der Nachricht Verwendung finden soll. Solche Regeln sind bei den klassischen Medien im Laufe der Zeit entstanden und in einem kontinuierlichen Lernprozess auf die potentiellen Sender und Empfänger übertragen worden. Der Erwerb der Fähigkeiten zur Codierung und Decodierung der Printmedien ist anspruchsvoll und wird in der Grundschule im Verlaufe einiger Jahre erworben. Der Code für die Kommunikation über den Fernseher ist vergleichsweise leichter zu erwerben. Das neue Medium Internet ist in der Einführungsphase und verlangt von seinem Benutzer das Erlernen einer teilweise neuen Syntax. (Diese oder Teile von ihr werden häufig auch als Protokoll bezeichnet. Wir verwenden diesen Begriff hier jedoch in einer etwas anderen, noch zu beschreibenden Weise.)
Semantischer Raum W. Erfolgreiche Kommunikation verlangt eine Interpretation der übermittelten Botschaft durch den Empfänger, die mit der Intention des Senders kompatibel ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Semantik der übermittelten, d.h. im Kanal vorhandenen Nachricht. Diese Semantik ist weder im physischen Trägermedium noch in der Syntax enthalten, sondern kommt von ausserhalb. Sie verweist auf den Kontext, welchen die übermittelte Nachricht referenziert, auf die Bedeutung, welcher ihr in der externen Welt eignet. Wir können vom semantischen Raum sprechen, in dem die Kommunikation stattfindet. Dieser semantische Raum ist wesentlicher Bestandteil des Mediums im Sinne seiner Definition als Austauschmechanismus für Information. Die Semantik umfasst zum Einen Abstrakta, d.h. Begriffe und Symbole die geistiger Natur sind, etwa „rot“ (als Begriff), „Freiheit“ oder der „heilige Gral“. Zum Andern umfasst sie (mögliche) Welten über die unter Verwendung der Begriffe Nachrichten ausgetauscht werden können. Diese Welten als semantischer Gehalt der übermittelten Information sind das, woran die Kommunikationspartner letztlich interessiert sind. Medien ermöglichen das (Mit-)Teilen von Welten, das Bilden gemeinsamer Welten. Das gilt für die Innenwelt einer Organisation ebenso wie für die in den Massenmedien kommunizierten und gestalteten Welten, ob News, Olympiaden, Formel 1 oder Star Wars. Die Semantik ist einer Logik unterworfen, die von allen Teilnehmern geteilt werden muss. Man könnte daher statt von semantischem Raum auch vom logischen Raum reden, der definierender Bestandteil eines Mediums ist. Der semantische Raum besteht meist aus einem Kern von Anliegen und Ideen, die man als Axiome bezeichnen kann und ihn umgebenden Sekundärkonzepten und in ihnen formulierten Standpunkten. Die Axiome sind für die das Medium als ihre Welt auffassende Agentenpopulation mehr oder weniger verpflichtend, die sekundären Anliegen oder Positionen werden häufig geteilt oder wenigstens zugelassen. Seit R. Dawkins in seinem Buch ‘The Selfish Gene’ (Oxford University Press, New 107
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York 1976) das Konzept des Mems zur Bezeichnung von Ideen, welche die Köpfe der Menschen bevölkern und sie lenken, eingeführt hat, ist die Bedeutung der die Welt erschliessenden und bildenden Funktion der Ideen oder Meme von einer Reihe von Autoren aufgenommen worden. Sie beschreiben den Wettbewerb der Meme, ihre Reproduktion und Selektion in Analogie zur Biologie und können mit diesen Kategorien eine Reihe von Phänomenen der Medien und der Ideologiebildung erklären. Man kann mit dieser Terminologie den semantischen Raum als Bestand der Meme oder als Memom (in Anlehnung an den Begriff des Genoms der Biologie) verbunden mit der es regierenden Logik bezeichnen. Es definiert die Weltsicht der das Medium bewohnenden Agenten. Es steht andererseits wie das biologische Pendant, das Genom, im Wettbewerb mit anderen Memomen, d.h. mit anderen Spezies oder Medien um die Gunst der Agenten. Damit dieser Wettbewerb erfolgreich bestanden wird, muss eine gewisse Ordnung, ein Management des Memoms, erfolgen:
Rollen R. In einem Medium befinden sich nebst Empfänger und Sender in der Regel noch weitere Akteure. Im Printmedium sind dies etwa Autoren, Redakteure, Aufsichtsinstanzen, Erbringer von Diensten auf der Übermittlungsebene etc. Die Aufgabenprofile dieser Agententypen, ihre Rechte und Pflichten bezeichnen wir als Rollen. Zu einem Medium gehört somit ein System von aufeinander abgestimmten Rollen. Die Rollen machen einen organisatorischen Aspekt des Mediums aus. Sie legen sozusagen seine Aufbauorganisation fest. Ohne kohärente Rollendefinitionen kann es nicht funktionieren. Das ist nicht weiter erstaunlich, ist es doch als Transaktionsmechanismus definiert. Und Transaktionen bedürfen einer Organisation wenn sie funktionieren sollen. Es gilt, nicht nur die technischen Seiten des jeweiligen Mediums organisatorisch im Griff zu haben (z.B. eines Fernsehsenders oder eines Zeitungshauses), sondern auch die Interessen der nutzenden Kunden und Lieferanten. Dazu sind oft auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen (Autorenrechte, Konsumentenschutz) und die zugehörigen Rollen zu schaffen. Um nun konkrete Komunikationstransaktionen abzuwickeln, d.h. das Medium wirklich seiner Bestimmung gemäss arbeiten zu lassen, sind Abläufe zu regeln. Dies geschieht mittels eines Protokolls:
Protokoll P. Die Gesamtheit oder das aufeinander und auf die definierten Rollen abgestimmte System der Prozesse, die zur Funktionsweise eines Mediums implementiert sind, nennen wir in Anlehnung an den Sprachgebrauch der im Kommunikationsbereich Verwendung findet Protokoll. Das Protokoll regelt die Abläufe, enthält also die Ablauforganisation des Mediums.
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Damit ist der Medienbegriff definiert: Ein Medium besteht demnach aus einem Kanalssystem, einer Syntax, einem semantischen Raum sowie Rollen und Protokoll – formelhaft: Medium = C + L + W + R + P Das Konzept des Mediums besitzt somit neben dem eigentlichen Kanalsystem und der mit ihr verbundenen Logik eine organisationale Komponente, die über Rollendefinitionen aufbauorganisatorische Elemente enthält und mit den Protokollen und den Prozessen ablauforganisatorische Bestandteile umfasst. Ein so aufgefasstes Medium ist der stabile Teil einer Organisation bzw. eines MAS. Die einzelnen Agenten, die Mitglieder der Gemeinschaft (community) sind, können in dieses Medium eintreten oder es verlassen, wie Mitarbeiter eine Firma, wie Marktteilnehmer einen Markt, wie Bürger einen Staat oder wie Fans einen Fanclub. Mit diesem Medienbegriff lassen sich zum Einen organisationale Konzepte gut rekonstruieren. Es dient ebenso als Rahmenkonzept für die Modellierung von Informationsinfrastrukturen, für Betriebe oder für überbetrieblichen Gemeinschaften (wir nennen sie Knowledge Media3) oder zur Modellierung von Plattformen für den Güteraustausch wie elektronische Märkte (wir nennen sie Business Media4). Sie versprechen somit einen Rahmen abzugeben um IT-basierte Infrastrukturen spezifizieren und bauen zu können. Das hier skizzierte Medienkonzept lässt sich jedoch auch formalisieren. Die Entwicklung einer exakten theoretischen Basis scheint ohne grössere Probleme möglich zu sein und wird gegenwärtig erforscht (Schmid/Lechner 1998). Damit wäre eine formale Basis für Teile der Organisationslehre erreicht, die gleichermassen eine Basis für die Entwicklung technischer Plattformen wie für die betriebswirtschaftlichen Problemfelder liefert. Betrachtet man solche Medien bzw. Communities unter dynamischen und evolutionären Aspekten, so können sie als komplexe adaptive Systeme im Sinne der oben erwähnten CAS aufgefasst werden. Die in diesem CAS-Umfeld entwickelten Konzepte lassen sich problemlos übertragen, womit neuere Ansätze der Managementlehre ein exaktes Fundament erhalten. Diese Andeutungen müssen hier genügen; die Ansätze sollen in Publikationen dargestellt werden, die gegenwärtig in Arbeit sind.
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Vgl. hierzu: http://www.knowledgemedia.org Vgl. hierzu: http://www.businessmedia.org
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Miriam Meckel (2007)
Das Glück der Unerreichbarkeit. Wege aus der Kommunikationsfalle Aus: Miriam Meckel: Das Glück der Unerreichbarkeit. Wege aus der Kommunikationsfalle. Hamburg: Murmann 2007, S. 29-51 © 2007 by Murmann Verlag GmbH, Hamburg.
Miriam Meckel
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In der Kommunikationsfalle: Datenflut und Denkebbe
Gab es je einen Moment, in dem unsere Menge an verfügbarer Information begrenzt war? Vermutlich nicht. Und so ist es auch ein sinnloses und endloses Unterfangen, die Informationen auf der Welt „zählen“ oder kategorisieren zu wollen. Dem Analytiker der »Weltinformationsmenge« mag die Menschheit wie Sisyphos vorkommen: Mühsam rollt sie eine Kugel bergan, die mit jedem Moment und jeder Strecke Weges an Umfang zunimmt. Die Realität übertrifft den Mythos noch: Das, was da bewegt wird, verändert sich, es ist zunächst aus Stein, dann kommt Papier hinzu, später magnetisches Material, schliesslich Silizium, denn im Abstand von einigen Jahrzehnten bringt der technologische Fortschritt neue Übertragungswege und Speichermedien hervor. Bei jeder Veränderung fallen Stücke von der Kugel und rollen bergab. Vielleicht zerschellen sie an einer Felskante, vielleicht bleiben sie auch einfach am Rand liegen und verrotten dort, weil niemand mehr auf sie aufmerksam wird. Aufsammeln kann die schuftende Menschheit diese vielen Teile nicht mehr, denn dann würde die grosse Kugel ihr entgleiten. Was verloren geht, ist unwiederbringlich fort. Was hinzukommt, wird für einen gewissen Zeitraum Teil der Last, die es zu bewältigen gilt. Das, was die Menschheit vor sich herschiebt, ist schon seit langem viel zu gross, als dass der Einzelne es überschauen oder voranbewegen könnte. Ich fühle mich oft wie Sisyphos. Wenn ich morgens mein E-Mail-Programm starte und, bevor ich die Augen richtig aufgemacht habe, schon wieder eine zweistellige Zahl an Nachrichten in der Eingangsbox vorfinde. Wenn ich eine Stunde später, nach einem Termin, auf meinen BlackBerry schaue und dort weitere dreissig E-Mails eingegangen sind, davon mehrere mit angehängten Dokumenten, die ich möglichst schnell lesen und kommentieren soll. In meinem Kollegen- und Freundeskreis gibt es kaum jemanden mehr, der nicht spätabends oder am Wochenende E-Mails kontrolliert und verschickt. Ich kenne auch niemanden mehr, der sein Handy konsequent ausschaltet. Selbst bei meinem Vater, der 78 Jahre alt ist, muss ich überlegen, ob ich ihn mit penetrantem Piepsen wecke, wenn ich nach 23 Uhr noch eine SMS schicke. Auch er macht das Ding selten aus. Das Problem an all diesen Informationen ist: Ich muss etwas mit ihnen machen: antworten, etwas bearbeiten, Stellung nehmen. Auf Information folgt mehr Information. Wir alle müssen reagieren. Und wenn wir uns den Luxus leisten, es nicht zu tun, ist der Preis dafür oft ein schlechtes Gewissen.
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Das Glück der Unerreichbarkeit
1.1
Das Sisyphos-Syndrom
Aus Information wird mehr Information. Und so wächst die Menge stetig an, von der wir alltäglich einen Teil zu bewältigen haben. Um zu ermitteln, wie viele Informationen es in der Welt überhaupt gibt, hat eine Forschergruppe der School of Information Management and Systems an der Universität Berkeley in zwei Studien für die Jahre 1999 und 2002 versucht, die Menge an weltweit verfügbarer und gespeicherter Information zu ermitteln (Berkeley 2002). Danach wurden auf allen physikalischen Datenträgern (Print, Film, magnetische und optische Speichermedien) im Jahr 2002 etwa fünf Exabyte an neuen Daten gespeichert. Neu heisst in diesem Fall: Datenmengen, die zusätzlich zu den bereits vorhandenen entstanden sind. Das klingt nach viel. Um welche Informationsmengen es sich dabei handelt, führt ein Vergleich plastisch vor Augen: Wenn man die neunzehn Millionen Bücher und anderen Archivdokumente der Kongressbibliothek zu Washington digitalisieren könnte, dann kämen dabei etwa zehn Terabyte Daten heraus. Ein Terabyte ist aber nur der einmillionste Teil eines Exabyte. Wir bräuchten also eine halbe Million Mal die Kongressbibliothek zu Washington mit ihren gesamten digitalisierten Beständen, um auf die Menge von fünf Exabyte zu kommen. Der grösste Teil der gespeicherten Daten landet auf Festplatten – und auf dem altbekannten Papier, das bis heute auch immer noch der langlebigste Informationsträger ist. Der Löwenanteil dieser Daten besteht aus Bürodokumenten. Mit der Entwicklung des Computers wurde die Vision des papierlosen Büros populär. Allein zwischen 1999 und 2002 ist die Menge der auf Papier gespeicherten Informationen um 36 Prozent gestiegen. Pro Jahr werden fast 700 Milliarden Seiten in den Büros weltweit unnötig gedruckt. Vision und Wirklichkeit haben also nicht recht zueinander gefunden. Mit den gespeicherten Daten sind allerdings noch nicht die gesamten weltweit vorhandenen Daten erfasst. Ergänzt werden die auf Trägermedien gespeicherten Informationen durch die Daten, die über elektronische Übertragungskanäle (Telefon, Radio, TV und das Internet) ausgetauscht werden. Diese Datenmenge belief sich nach den Angaben der Berkeley-Studie im Jahr 2002 weltweit auf fast 18 Exabyte. Das ist dreieinhalb Mal mehr als die Menge an gespeicherten Daten und umgerechnet so viel wie 1,75 Millionen digitalisierte Kongressbibliotheken. Sage und schreibe 98 Prozent dieser Datenmenge entfällt auf Telefonate, gefolgt von der Datenübertragung im Internet. Im Netz ist wiederum die E-Mail das Medium, das die grösste Datenmenge produziert. Mittlerweile gibt es weltweit mehr als eine Milliarde E-Mail-Nutzer, die täglich etwa 171 Milliarden Mails verschicken. 71 Prozent davon sind leider Spam-Mails. (Radicati) Ein einzelner Mensch kann unmöglich auch nur einen Bruchteil dieser Datenflut bewältigen. Wir benötigen und benutzen nur eine verschwindend kleine Menge dieser Daten, die als Informationen für uns wichtig, hilfreich oder einfach angenehm sind. Dennoch: Wenn die weltweite Datenmenge insgesamt stetig zunimmt, wächst im
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Verhältnis auch die Menge an Informationen, die wir als Ausschnitt daraus zur Verfügung haben und nutzen können oder auch nutzen müssen. Die Informationen gelangen ausserdem immer schneller zu uns. Die Datenübertragungsleistungen haben sich durch das schnelle Internet oder neue Übertragungsstandards im Mobilfunk vervielfacht. Der Einzelne muss nicht nur immer mehr Informationen bewältigen, er muss sie auch immer schneller aufnehmen und bearbeiten, und es bleibt ihm immer weniger Zeit für die gedankliche Auseinandersetzung damit. In dieser Situation gerät er leicht in die Kommunikationsfalle: Wer immer auf Empfang ist, versteht bald gar nichts mehr. Wir sind overnewsed und underinformed. Wenn Datenquantität und Informationsqualität auseinanderklaffen, versinken wir im Treibsand der Daten. Es gibt keinen festen Halt mehr, keine Orientierungspunkte, die uns den Ausweg weisen könnten, und jede Bewegung treibt uns weiter in die Kommunikationsfalle hinein. Dabei ist es ganz einfach: Je mehr Informationen es gibt, desto mehr Zeit braucht man, um sorgfältig zu prüfen, wie wichtig, relevant, nützlich diese Informationen jeweils sind. Diese Zeit haben heute die wenigsten. Fehlt diese Zeit, bleibt nur ein Ausweg: Wir reagieren oberflächlicher, um mit der Informationsmenge überhaupt noch zurande zu kommen. Zugleich nehmen Beanspruchung und Belastung zu, die Ruhe- und Erholungszeiten verringern sich. So entsteht ein Krankheitsbild des modernen, vernetzten und mobilen Menschen, das ich als informationelles Sisyphos-Syndrom bezeichne.
1.2
Information overload
Wann wird aus viel Information zu viel Information? Der US-Schriftsteller und Zukunftsforscher Alvin Toffler hat schon 1970 den Begriff der Informationsüberflutung (information overload ) geprägt (Toffler 1970). Getragen von einer Grundskepsis gegenüber dem technologischen Fortschritt nimmt Toffler an, der Mensch müsse in kurzer Zeit zu viele Veränderungen durchmachen, die ihn belasten oder ihm gar die Orientierung nehmen. Die wachsende Informationsflut ist dabei einer der wichtigsten Gründe für den »Zukunftsschock«, unter dem die Menschen erstarren. Die Sozial- und Wahrnehmungspsychologie hat einen nüchternen Erklärungsansatz: Sie geht davon aus, dass der Mensch über begrenzte Kapazitäten verfügt, mit denen er auch nur eine begrenzte Menge von Reizen verarbeiten kann (Jacoby 1977). Er kann nicht mehr als zwei Prozent der ihm zur Verfügung stehenden Informationen wirklich wahrnehmen und verarbeiten. Der Rest ist »Informationsmüll«, der zwar nicht genutzt wird, aber dennoch zum Kommunikationsgrundrauschen beiträgt. Zum Glück sind wir zur selektiven Wahrnehmung fähig. Wir können überschüssige Informationen ausblenden und nur die wirklich an uns heranlassen, die wir auch
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Das Glück der Unerreichbarkeit
tatsächlich brauchen. Es gelingt uns auch unter Bedingungen der Informationsüberlastung immer wieder, Informationen abzuwehren, die nicht nur wenig hilfreich, sondern womöglich sogar schädlich sind. Wir weisen Informationen ab, die dem eigenen Wissen, der individuellen Lebenserfahrung oder den für unsere persönliche Identität und den sozialen Zusammenhalt im unmittelbaren Lebensumfeld wichtigen Erfahrungswerten entgegenstehen. (Klapp 1978) Wir können ausblenden. Wir können verwerfen und gewichten. Und wir halten zuweilen sogar die Mehrdeutigkeit von Informationen aus, die sich nicht sofort eins zu eins in unser Wissen einbauen und einordnen lassen. Diese Ambiguitätstoleranz hilft uns, in einer komplexen und widersprüchlichen Welt zu überleben, ohne schlicht verrückt zu werden. Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, dass die überzähligen Informationen eine Belastung darstellen. Sie erschweren die Mechanismen, mit denen der Einzelne sich gegen zu viel Information zur Wehr setzen kann. Auch wenn wir auswählen können, müssen wir mit unseren vorhandenen kognitiven Kapazitäten unter einem immer grösseren Informationsangebot auswählen; auch wenn wir ausblenden, werden wir gefordert, einen immer grösseren Teil auszublenden. Datenmenge und Gedankenmenge verhalten sich nicht proportional zueinander – im Gegenteil.
1.3
Homo connectus
Vom informationellen Sisyphos-Syndrom sind die Menschen vor allem an ihrem Arbeitsplatz betroffen. Führungskräfte leiden besonders häufig darunter, aber inzwischen greift die Überlastung auf alle Hierarchiestufen über. Jeder steht im Strom der Informationen und muss sich in ihm behaupten. Schon 1996 gaben in einer internationalen Befragung von 1300 Managern in Grossbritannien, USA, Australien, Hongkong und Singapur zwei Drittel der Befragten zu Protokoll, sie fühlten sich durch Informationsüberlastung gestresst und ihre persönlichen Beziehungen litten unter dieser Belastung. Fast die Hälfte der Befragten meinte, ihre Entscheidungsfähigkeit werde durch die Informationslast beeinträchtigt und die dadurch entstehenden Kosten (Verschwendung von Arbeitszeit, Unterbrechungen etc.) überstiegen den Wert, den die Informationen auf der anderen Seite für das jeweilige Unternehmen hätten. (Waddington 1996) Zwischen 1996 und heute hat sich einiges geändert: Die Menge an Informationen ist stetig angewachsen und die Möglichkeiten des Zugriffs auf diese Informationen wurden erweitert. Ich erinnere mich noch daran, wie ich vor zwölf Jahren zum ersten Mal ein mobiles Telefon benutzt habe. Es war das Redaktionstelefon des Fernsehmagazins, für das ich damals arbeitete, ein Exemplar des sogenannten C-Netzes, und hatte sehr wenig mit dem heutigen Handy zu tun. Das Gerät im Ausmass eines Werkzeugkoffers 117
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wurde nur im Notfall eingesetzt. Meist trug oder fuhr der Chef es mit sich herum. Wir Redakteure telefonierten an unserem Arbeitsplatz oder privat zu Hause. Heute haben wir nach Angaben des Forschungsinstituts »Research and Markets« in Europa längst im Mobilfunk eine Marktsättigung erreicht, die bei einhundert Prozent liegt. (Research and Markets) Das heisst, jeder potentielle Kunde besitzt inzwischen ein Handy. Der Trend geht nun zum Zweittelefon oder zum Smartphone, mit dem sich auch mobil E-Mails empfangen lassen. Es sind heute also nicht mehr allein oder in erster Linie die Manager, die von den Möglichkeiten der vernetzten, mobilen Kommunikation profitieren. Und sie profitieren auch nicht nur, sondern leiden auch unter der allumfassenden Erreichbarkeit. Wir können inzwischen von einer neuen Generation des Menschen sprechen: dem »Homo connectus« (Glotz 1999). Es sind die gewachsene Menge und Vielfalt der Informationen, die unsere Lebens- und Arbeitswelt immer komplexer machen. Und es sind die veränderten Rahmenbedingungen eines globalen digitalen Kapitalismus, die uns in unserem Arbeits- und Lebensumfeld verändern. Die Anforderungen betreffen inzwischen uns alle: Wir müssen permanent neue Informationen verarbeiten, wir müssen jederzeit kommunikationsund kooperationsbereit sein und rund um die Uhr erreichbar. Jeder hat heute nicht nur die Chance, sondern auch die Pflicht, mobil und vernetzt zu kommunizieren. Und er muss sich den Veränderungen stellen, die damit verbunden sind.
1.4
Das Gedächtnis der Menschheit
Derzeit sind BlackBerry und Smartphone die Vorzeigeprodukte für den mobilen vernetzten Menschen, da sie ihm ermöglichen, immer und überall Informationen zu empfangen und zu kommunizieren. Doch so wie die technologische Entwicklung uns in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neue Möglichkeiten und Endgeräte beschert hat, wird sie sich nicht auf BlackBerry und Smartphone ausruhen. Längst sind die nächsten Schritte in Sicht, die uns Menschen noch weitergehend in ein computergestütztes elektronisches Netzwerk einbinden, das permanenten Informationsaustausch und allumfassende Kommunikation möglich macht. Die Idee eines solchen Netzwerks ist alt. Im Juli 1945 veröffentlichte der wissenschaftliche Berater von US-Präsident Franklin D. Roosevelt, Vannevar Bush, einen Artikel im Magazin Atlantic Monthly, in dem er den Gang des technologischen Fortschritts beschrieb und die Vision eines solchen Netzwerks entwickelte. (Bush 1945) Dieses Netzwerk, »Memex« genannt, stellte sich Bush als ein technisches Gerät vor, in dem das Individuum alle seine Bücher, Schallplatten, Informationen und Kommunikationsverläufe speichert. Bush konzeptualisierte »Memex« als mechanisches Gerät, das einen immer schnelleren und flexibleren Zugriff auf die gespeicherten Daten ermöglicht und als eine Art ausgelagerte Erweiterung des menschlichen Gedächtnisses fun-
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giert. Zusätzliche Inhalte, wie Bücher oder Bilder, sollten auf Mikrofilm erworben und in »Memex« integriert werden. Die Vision Vannevar Bushs zeigt zweierlei: Natürlich müssen wir bei Lektüre des Textes an manchen Stellen schmunzeln, können wir uns an mechanische Datenträger heute fast kaum noch erinnern. Ich habe während meines Studiums Tage und Wochen in der Universitätsbibliothek zugebracht, um dort Dokumente zu lesen, die auf Mikrofilm gespeichert waren. Hatte man einige Stunden verkrampft auf die weisse Schrift auf schwarzem Grund gestarrt, fingen die Texte an zu verschwimmen, die Augen und der Rücken schmerzten. Fast überall sind die mechanischen Datenträger längst durch neue Technologien ersetzt worden. Aber die Grundidee Vannevar Bushs ist klug und noch immer aktuell: die Speicherung und Vernetzung aller Daten, die ein Mensch in seinem Leben sammelt und zur Verfügung haben will. Weise eingesetzt, würde eine solche Technik das Leben erleichtern. Vergessen zu dürfen bringt einem jeden Erleichterung im alltäglichen Leben und Entlastung im Umgang mit Informationen. Wenn die Technik uns richtig unterstützt, können wir all das vergessen, was wir im Moment nicht brauchen, in dem Wissen, dass wir es jederzeit wieder finden. Genau das ist die Kernherausforderung unserer informatisierten Zeit: Wir brauchen den Zugriff auf die Informationen und das Wissen dieser Welt genau dann, wenn wir es benötigen, denn wir sind nicht in der Lage, alles in unserem Gehirn abrufbar zu halten. Um dieses Problem zu lösen, bringt die Forschung technologischen Fortschritt hervor, der manchmal weniger, manchmal aber auch mehr dazu beiträgt, die Diskrepanz zwischen Informationspotential und Verarbeitungskapazität zu verringern, von der wir heute alle geplagt werden.
1.5
Immer schneller, immer mehr
Es sind drei Gesetzmässigkeiten, mit denen sich die Dynamik des technologischen Fortschritts beschreiben lässt und die dafür sorgen, dass wir heute ein riesiges Stück weiter sind, als Vannevar Bush sich das 1945 hat vorstellen können (Meckel 2001).
Gordon Moore, Gründer des Chipherstellers INTEL, prognostizierte schon in den sechziger Jahren zutreffend, dass sich die Halbleiterkapazitäten alle 18 Monate verdoppeln würden (Moores Gesetz). Bei gleichbleibenden Kosten verzeichnen die Computerleistungen ein exponentielles Wachstum, das auch den Vernetzungsprozess erheblich beschleunigen kann (Moore 1965).
Robert Metcalfe, Gründer von 3COM, entwickelte die These, dass der Nutzen oder die Leistungsfähigkeit eines Netzwerks proportional zum Quadrat der im Netzwerk vorhandenen Knotenzahl wächst (Metcalf’sches Gesetz). Anders formuliert: 119
Miriam Meckel
Wenn nur ein Mensch ein Telefon besitzt, dient es höchstens zum Selbstgespräch mit geringem Nutzwert. Je mehr andere Menschen allerdings über ein Telefon verfügen, desto mehr Kommunikationsmöglichkeiten ergeben sich und desto grösser wird auch der Nutzwert des eigenen Telefons.
Der dritte Entwicklungsindikator wurde von dem Nobelpreisträger für Ökonomie, Ronald Coase, »entdeckt« – die Transaktionskosten (Coase Theorem). (Coase 1960) Während sie in den analogen Wirtschaftsprozessen häufig – abhängig von der Art des Produkts oder der Dienstleistung – recht hoch ausfallen, operiert die Netzökonomie zum grossen Teil mit deutlich geringeren Transaktionskosten. Diese drei Gesetzmässigkeiten sorgen dafür, dass Vernetzungsprozesse exponentiell vonstatten gehen und den Wandel unserer Informations- und Kommunikationsstrukturen in Wirtschaft und Gesellschaft immer weiter vorantreiben. Bislang waren es immer nur Menschen, die über die Vernetzung von Computern ihre individuellen Informations- und Kommunikationsformen verändert, beschleunigt, intensiviert haben. Doch der nächste technologische Evolutionsschritt ist schon im Ansatz vollzogen: das Internet der Dinge. In Zukunft soll unsere kommunikative Vernetzung in alle Lebensbereiche hineinreichen und auch die Alltagsgegenstände unseres täglichen Lebens einbeziehen. In der Computerindustrie wird diese Entwicklung als pervasive computing oder ubiquitous computing bezeichnet. (Mattern 2002) Der zweite Begriff wurde Anfang der neunziger Jahre von Mark Weiser geprägt, damals Wissenschaftler am XEROX-Forschungszentrum in Palo Alto. (Weiser 1991) Weiser sieht ubiquitous computing als vollständige und umfassende Integration des Computers in unsere Lebenswelt: »Wenn die Technologie stärker eingebettet und damit unsichtbar wird, beruhigt das unser Leben, indem die ständigen Störungen entfallen ... Die profundesten Technologien sind die, die irgendwann verschwinden. Sie weben sich selbst in die Prozesse des alltäglichen Lebens ein, bis wir sie nicht mehr von ihnen unterscheiden können.« (Ebenda (Übersetzung M.M.))
1.6
Fernbedienung fürs Leben
Verschiedene Technologien lassen schon heute Teile dieser Vorstellung wirklich werden. Eine wichtige Entwicklung ist die Sprachsteuerung und Spracherkennung von Computern. Erste Anwendungen gibt es längst. So kann ich die wichtigsten Gesprächspartner, deren Nummern in meinem Mobiltelefon gespeichert sind, durch die Aussprache ihres Namens anrufen. Meistens funktioniert das tatsächlich, es sei denn, ich spreche mit vollem Mund oder es ist sehr laut in meiner Umgebung. Wie wenig ausgereift diese Basisform der Spracherkennung durch Computer manchmal noch ist, weiss jeder, der gelegentlich versucht, im Call Center der Lufthansa die Nummer seiner Miles and More-Karte zu hinterlassen. »Ich habe sie leider nicht verstanden«, ist die
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Das Glück der Unerreichbarkeit
häufigste Antwort, die das elektronische Fräulein vom Dienst auf Lager hat. Stellen wir uns vor, was möglich ist, wenn die Spracherkennung wirklich umfassend funktioniert: Mit einem kleinen Headset oder Miniohrhörer und einem Mikrofon im Hemdknopf können wir alle Bedienfunktionen unseres Mobiltelefons oder Kleinstcomputers über Sprache steuern. Das Mobiltelefon ist schon jetzt eine Form des tragbaren Computers (wearable computing). Schon heute können wir mit dem Smartphone nicht nur telefonieren, sondern SMS und E-Mails verschicken, unseren Kalender führen, im Internet surfen, Fotos und kleine Videofilme machen oder Computerspiele spielen. Künftig wird das Telefon noch mehr Funktionen übernehmen: Wir werden mit dem Gerät unsere Umgebung steuern können, Fahrkarten oder Getränke am Automaten kaufen, das Garagentor öffnen, uns beim Zutritt zum Bürogebäude elektronisch ausweisen und die elektronische Wegfahrsperre unseres Autos deaktivieren. Irgendwann werden wir auf einer Party über das Handy die Namen der uns plötzlich gegenüberstehenden Gäste eingeflüstert bekommen – über das Display oder über das Headset, das wir immer an uns tragen. (Economist Technology) Das Mobiltelefon entwickelt sich zum Allround-Helfer im Alltag, sozusagen zum Schweizer Messer des digitalen Zeitalters. Es wird zur Fernbedienung für unser Leben.
1.7
Vernetzung total
Noch komplexer wird es, wenn wir die Weiterentwicklung des Mobiltelefons mit dem »Internet der Dinge« kombinieren. Jeder Gegenstand in unserem Lebensumfeld kann zukünftig identifiziert werden. Dazu wird er mit einem kleinen und in der Herstellung billigen Kommunikationsmodul ausgestattet, zum Beispiel einem elektronischen Etikett. Eine Technologie, die insbesondere im Handel entwickelt und eingesetzt wird, sind die RFID-Chips (Radio Frequency Identification), kleine elektronische Etiketten, die eine Antenne, einen analogen und digitalen Schaltkreis und einen permanenten Speicher enthalten und dabei nicht grösser als ein Fingernagel sind. Waren, die mit einem solchen Chip ausgestattet sind, können automatisch identifiziert, zugeordnet, sortiert oder verladen werden. RFID-Chips ermöglichen den Einkauf ohne Kassiererin: Man fährt den Einkaufswagen einfach an der Kasse vorbei und alle Waren werden erkannt, damit man sie dann auch bezahlen kann. Damit ein RFID-Lesegerät einen Chip erkennt, braucht zwischen beiden Gegenständen nicht einmal Sichtkontakt zu bestehen, die Gegenstände kommunizieren über Funk miteinander und tauschen ihre Daten aus. Stellen wir uns vor, dass unser Mobiltelefon zukünftig als Lesegerät für solche Chips dienen kann, dass jeder einzelne Gegenstand unseres Alltags seine individuelle Beschreibung auf einem elektronischen Etikett erhält, vielleicht sogar eine spezifische Internetadresse (URL), die auf die »Homepage« des jeweiligen Gegenstands im Netz verweist. Und stellen wir uns weiter vor, dass in das System dieser Datenvernetzung 121
Miriam Meckel
auch noch Lokalisierungsdienste, wie GPS, eingebunden werden. Dann wären nicht nur Informationsaustausch und Kommunikation von jedem Ort aus mit jedem Gegenstand möglich, wir könnten auch immer wissen, wo sich etwas befindet. Es ist durchaus vorstellbar, dass ich in zwanzig Jahren bei »Google Home« meinen Haustürschlüssel in die Suchmaske eingeben kann, weil er mir gerade wieder einmal abhanden gekommen ist. Über das mobile Internet in Verbindung mit GPS »meldet« sich mein Schlüssel bei meinem Mobiltelefon und gibt an, er befinde sich derzeit auf dem kleinen Weinregal im Keller. Auch meine Brille weiss dann immer, wo sie ist, teilt es mir über mein Handy mit und wir finden wieder zusammen. Die Tiefkühlpizza weiss nicht nur, wo sie liegt und ob es dort kühl genug ist, sondern auch wie sie zubereitet wird. Das übermittelt sie der Mikrowelle, ohne dass ich eingreifen muss. Und der Rasensprenger kommuniziert nicht nur mit den Feuchtigkeitssensoren im Garten, sondern erhält über das mobile Internet auch die Daten der lokalen Wettervorhersage. Wenn es innerhalb der kommenden 24 Stunden regnen soll, richtet er sich auf einen freien Tag ein. So komfortabel ein solches vernetztes Leben sein kann, so offen liegt in ihm auch alles, was wir gewohnt sind, als Privatsphäre zu schützen. Längst ist es möglich, ein eingeschaltetes Handy in einem Umkreis von wenigen hundert Metern zu lokalisieren. Mit zusätzlichen Funkschnittstellen (wie Bluetooth oder RFID) lässt sich dieser Radius auf etwa zehn Meter verringern. (Mattern 2002) Wir ziehen eine Lebens- und Kommunikationsspur hinter uns her, die womöglich nicht nur die Menschen nachvollziehen können, denen wir dies gerne zugestehen. Wo werden alle die Daten wie lange gespeichert, die aus diesen komplexen Vernetzungen hervorgehen? Und wer hat Zugriff auf diese Daten? Lassen sich aus der Kombination einzelner Datensätze detaillierte Lebens- und Gewohnheitsbilder einzelner Menschen konstruieren, so dass ihr künftiges Verhalten daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet und dementsprechend vorhergesagt werden kann? Ein Beispiel sind die Bonuskarten des Einzelhandels. Wer beispielsweise in der Schweiz bei Migros einkauft, kann über die »Cumulus«-Karte Punkte sammeln, die sich dann zur Belohnung von Einkaufstreue in Waren oder Geld umsetzen lassen. Mit der Nummer der Karte lässt sich im Internet jeder Einkauf bis zum einzelnen Apfel, Haarentfernungsmittel oder Tampon nachvollziehen. Zwar ist der Zugang passwortgeschützt. Aber hundertprozentige Sicherheit bietet das bekannterweise nicht. Mir ist ziemlich egal, ob irgendjemand kontrollieren kann, welches Obst ich erwerbe. Was aber ist mit der jungen Frau, die ein Päckchen Kondome kauft und deren Freund sich nach Lektüre der Einkaufsliste im Netz fragt, für wen sie die wohl braucht? Auch in Deutschland sammeln die Anbieter von Bonuskarten bei jedem Einkauf wertvolle Kundendaten, die weit über die unmittelbar mit dem Einkauf zusammenhängenden Informationen hinausgehen. Dies sind Fragen der Privat- und Intimsphäre sowie des Datenschutzes, die noch längst nicht beantwortet sind. Wir müssen sie stellen, weil unsere informationelle
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Das Glück der Unerreichbarkeit
Selbstbestimmung hier auf dem Spiel steht. Wenn unser Mobiltelefon zur Fernbedienung unseres Lebens wird, dann muss der Zugang zu diesem Gerät anders gesichert werden als heute. Dann reicht kein vierstelliger PIN-Code, den man jedes Mal eingibt, wenn das Gerät angeschaltet wird. Das Gerät muss nach kurzer Zeitspanne in den Sicherheitsmodus umschalten. Wir brauchen beispielsweise den Fingerscanner am Telefon, um unsere gespeicherten Daten, vor allem aber den Zugang zu allen mobilen Datennetzen, den uns dieses Telefon ermöglicht, vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Umgekehrt brauchen wir Schutzmechanismen, die uns vor ungewollten und nicht zu bewältigenden Datenströmen aus anderen Quellen bewahren, die über das Mobiltelefon den Zugang zu uns suchen.
1.8
Vorsicht Kommunikationsfalle!
Was bedeutet das alles für unser Leben? Es bedeutet ganz sicher nicht, nach der Vergangenheit zu rufen, nach dem Motto: Früher war alles besser und übersichtlicher. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, den technologischen Fortschritt nicht ungeschehen machen und uns den Informations- und Kommunikationsanforderungen nicht gänzlich entziehen. Ich behaupte: Die meisten Menschen wollen auf die Möglichkeiten, die mit alledem verbunden sind, auch gar nicht verzichten. Also geht es nicht um die Frage, ob wir Teil dieser mobilen Kommunikationsnetzwerke sein wollen. Es geht darum, wie der Einzelne daran teilhat, wie es ihm gelingen kann, die Kommunikationsanforderungen der Umwelt und die eigenen Konzentrations- und Ruhebedürfnisse in Einklang zu bringen. Wer die Kommunikationsfalle umgehen will, darf nicht stecken bleiben in Datenmengen und Informationsbergen. Um den Überblick zu behalten, braucht er Selbstdisziplin und eine klare Vorstellung davon, wie das eigene Leben aussehen soll und welche privaten Bedürfnisse er darin befriedigen möchte. Er braucht die Chance auf Ruhepausen, die sich in der Regel nicht von selbst einstellen, sondern organisiert und abgesichert werden müssen. Dafür gibt es offenbar bei den meisten Menschen ein klares und bewusstes Bedürfnis. Ein interessantes Beispiel: Jahrelang galt das mobile Telefonieren an Bord eines Flugzeugs als Sicherheitsrisiko und war verboten. Während sich einige besonders wichtige Menschen anfänglich noch darüber beklagten und beschwerten, haben sich die meisten Reisenden inzwischen sehr gerne mit dieser Einschränkung abgefunden. Es gibt sogar Menschen, die behaupten, sie liebten besonders die Langstreckenflüge, weil sie ihnen eine wunderbare telefonfreie Ruhe- und Konzentrationszeit von mehreren Stunden bescherten. Nun überlegen verschiedene Airlines, das Telefonieren an Bord zu erlauben – und siehe da: Das will kaum jemand. Bei einer Umfrage unter mehr als 4000 Passagieren der Lufthansa hat sich die Mehrheit gegen das Telefonieren an Bord
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Miriam Meckel
ausgesprochen. Eine Studie mit 8000 Passagieren bei United Airlines kommt zu den gleichen Ergebnissen. (Kuhn 2007) Ein wenig Vorstellungskraft genügt, um zu verstehen, warum diese Resultate so klar sind: Wer möchte zehn Stunden oder mehr im Flugzeug neben einem Menschen der Sorte sitzen, die einem häufig im Zug begegnet: Die gesamte Strecke laut telefonierend, dabei mehr auf die Aufmerksamkeit der Abteil- oder Kabinenumwelt als auf die des Gesprächspartners bedacht, die Mitreisenden mit unsinnigem oder uninteressantem Geschwätz belästigend. Auf der Zugfahrt kann man notfalls in den Speisewagen fliehen – wenn der nicht auch schon durch Showtelefonierer besetzt ist. Während des Fluges wäre man den Sprechexhibitionisten nahezu hilflos ausgeliefert. Vermutlich sind die Fluggesellschaften gut beraten, dieses Problem noch einmal in Ruhe zu überdenken. Sonst müssen künftig womöglich Sky Marshals eingreifen, um handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen Telefonfreaks und Telefonabstinenzlern in der Luft zu schlichten.
1.9
Informations- und Kommunikationsökologie
Die meisten Menschen wissen, was sie wollen: Sie wollen mobil sein, vernetzt leben und kommunizieren können. Aber sie brauchen auch ihre Ruhepausen, eine gewisse Ordnung in den Informationsströmen, den Kommunikationsformen und den Abläufen des täglichen Lebens. Es geht um nicht weniger als eine Informations- und Kommunikationsökologie, die wir etablieren und weiterentwickeln müssen, wollen wir in der Lage sein, mit den wachsenden Informations- und Kommunikationsanforderungen umzugehen, um eher die Vorteile zu geniessen, denn die Nachteile zu erleiden. Drei grundsätzliche Strategien genügen, um den richtigen Rahmen zu setzen. Informationen sind für uns Menschen so wichtig wie Lebensmittel. Deshalb müssen wir auch bei unserem täglichen »Infococktail« darauf achten, dass er richtig zusammengestellt ist und in angemessenen Portionen aufgenommen wird. Ähnlich wie in der Ernährungswissenschaft kommt auch die Informationswissenschaft Schritt für Schritt zu der Erkenntnis, dass Informationsqualität wichtig, Informationsquantität problematisch ist. Um für uns selbst eine Qualitätsdimension unseres persönlichen Informationsmix zu beschreiben, müssen wir uns darüber klar werden, welche Informationen wir benötigen, wozu wir sie brauchen und wo wir sie am besten finden. Auch wenn die Informationen heute auf allen Kanälen über sogenannte Push-Funktionen an uns herangetragen werden, sollten wir uns eher auf unser eigenes Auswahl- und Orientierungsvermögen verlassen und selbst suchen. Zielloses Surfen im Netz führt selten zu einem produktiven Ergebnis, es verschwendet auch viel Zeit. Sich zum Beispiel durch einen kurzen Moment der Besinnung auf die Frage »Was ist wesentlich?« jeden Mor-
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Das Glück der Unerreichbarkeit
gen zu vergewissern, welche Aufgaben auf der Agenda stehen, was wir dazu brauchen und wie wir es am besten finden, gibt uns eine Struktur für den Tag und hilft, Prioritäten zu setzen und uns selbst nach diesen Prioritäten zu organisieren. Datensammeln ist nicht Denken. Es gibt Phasen, in denen man vornehmlich versucht, Neues zu finden, Informationen zusammenzustellen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Dann muss eine zweite Phase folgen, die ich etwas anachronistisch die »kontemplative Phase« nenne. Das ist die Zeit der Verdichtung, der Bewertung, der Weiterentwicklung von Gedanken und Sachverhalten. In dieser Phase kommen nicht mehr allein mediale Informationsquellen, wie Datenbanken oder das Internet, in Betracht (wie wär’s mit der Lektüre eines Buchs?). Dann brauchen wir einen dialogischen Abgleich: die Diskussion oder auch den konstruktiven Streit mit einem oder mehreren anderen Menschen über das Gedachte und Recherchierte. Wer immer in der Sammelphase stecken bleibt, jeder Information hinterherhechelt, leidet irgendwann an Informationsermüdung (information fatigue syndrome). (Lewis 1999) Dazu gehören Symptome wie Frustration, Verwirrung, Entscheidungsschwäche, wachsende Ungeduld und Intoleranz, aber auch physische Auswirkungen wie Kurzsichtigkeit, Blutdruckprobleme oder Herzrhythmusstörungen. Wir brauchen im Umgang mit den Informationslasten, die wir zu bewältigen haben, Reflexions- und Vertiefungspausen, sonst folgt auf die Datenflut unweigerlich die Denkebbe. Die kluge Verarbeitung von nützlichen Informationen setzt den Wechsel zwischen den Kommunikationsdimensionen voraus. Ein Grossteil unserer täglichen Kommunikation findet heute auf den virtuellen Plattformen, im Internet, per E-Mail, im Chat, in Weblogs etc. statt. Das ist in vielerlei Hinsicht hilfreich und hat den Zugang zu vielen Recherchewegen und Informationsquellen erheblich erleichtert. Wo es ihm leichtgemacht wird, neigt der Mensch dazu, sich festzusetzen. Wer allerdings seine Zeit nur noch vor dem Computer verbringt oder – die modernere Form – den Computer permanent in Form eines kleinen mobilen Handgeräts, wie dem BlackBerry oder einem Smartphone, mit sich trägt, der verliert gelegentlich den Anschluss an das wirkliche Leben. Immer wieder lässt sich in Büros, Konferenzräumen oder an Cafétischen beobachten, dass zwei Menschen miteinander reden, aber eigentlich doch nicht. Der eine tippt während des Gesprächs permanent nahezu manisch in seinen Kleincomputer und versucht parallel dazu, das Gespräch in Gang zu halten. Aus einer solchen Situation entwickeln sich keine kreativen Gedanken, es entstehen auch keine menschlichen Beziehungen, und darüber hinaus ist dieses Verhalten schlicht unhöflich. Ein wirkliches Kommunikationstalent der mobilen vernetzten Gesellschaft ist in der Lage, die Kommunikationsdimensionen spielend zu wechseln, folgt dabei der klaren Regel, nicht alles ständig zu vermischen und gleichzeitig zu tun, und weiss um die Bedeutung jeder der beiden Dimensionen: des wirklichen Lebens und des virtuellen Lebens. Wir brauchen beide Dimensionen, müssen in beiden Dimensionen technisch, aber auch sozial anschlussfähig sein.
125
Miriam Meckel
Andernfalls laufen wir Gefahr, irgendwann in Zukunft eine Entwicklung mitzuerleben, die das »American Life Project« in einem Szenario zum Internet 2020 (Pew Internet 2006) als Ergebnis einer Befragung für möglich hält: Von knapp 750 befragten Experten war der Grossteil der Meinung, es werde sich aus dem Widerstand gegen die mit der technologischen und informationellen Entwicklung unserer Welt verbundenen Konsequenzen eine Klasse von »Technologieverweigerern« herausbilden. Sie wird als eigene, separierte kulturelle Gemeinschaft am Rande der modernen vernetzten Gesellschaft leben, und einzelne ihrer Mitglieder werden terroristische Anti-TechnologieAttacken gegen den Rest der Gesellschaft begehen. Der US-Psychologe Edward Hallowell, Spezialist für Informationsflut und menschliche Überlastung, bringt das Problem am Beispiel des elektronischen Spiels auf den Punkt: »Es ist nicht das Videospiel, das dein Hirn zerrüttet, es ist das, was du wegen des Spiels nicht tust, was dein Leben zerrüttet.« (Wallis 2006)
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Das Glück der Unerreichbarkeit
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II Medienwirtschaft
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Creating value in the new economy
Peter Gomez & Lucy Küng (2001)
Creating value in the new economy. Do “old” economy management concepts have a future? Die Unternehmung. Swiss Journal of Business Research and Practice, 2001, 55(2), S. 97-109
Peter Gomez & Lucy Küng
1
Abstract
It is broadly agreed that the dramatic technological advances of the past decade, particularly the advent of the Internet, have ushered in a new era for management and organisational theory. Literature, whether scholar or practitioner orientated, is peppered with references to the “new economy” which, it is commonly agreed, represents a fundamentally new environment for strategising and organising. But while the existence of the new economy is widely accepted, a similar consensus regarding its defining attributes and more crucially for managers, its implications for “old economy” managerial tools and precepts has yet to emerge. This article makes an initial contribution towards remedying this situation by applying the VIP model (Gomez, 1998), a composite management tool in which many key concepts of the old economy are embedded, to the new economy. In this way it seeks to examine the differences between the two economies and assess the relevance of existing management tools for the Internet environment.
2
Introduction
Alternatively labelled the “knowledge-based economy” (Thurow 1999), the “Network Era” (Bradley/Nolan 1998), the “connected economy” (Kelly 1998), and the “Internet economy” (Evans/Wurster 2000), the new economy is recognised as a fundamentally different business environment, one where companies once celebrated as shinning examples of best practice can find themselves disadvantaged and where longestablished management tools have lost relevance. But beyond this, consensus as to how organisations should be managed in this environment becomes far weaker. The need to address this issue arose when required to design advanced level courses on the new media sector. At this point a previously hypothetical question became real, namely how valid are “old” economy management tools for managers in the “new economy”?
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Creating value in the new economy
3
The VIP cycle “old” and “new”
In an attempt to provide an initial answer to this question we turned to the VIP cycle (Gomez 1998), an analytical tool which combines many of the key management concepts of the “non-Web” economy. The model seeks to identify levers by which value creation potential can be optimised through the sequential analysis of the organisation according to a number of inter-related dimensions. The model is holistic from a number of perspectives: value creation processes are defined not simply as activities concerned with financial management, but as the sum of the activities engaged in by an organisation; it combines a number of key management concepts in a single tool; and finally it views an organisation as embedded in a wider environmental system and therefore prey to exogenous changes in technology, the economy and so on. It is also implementation-oriented – recognising that value can only be created if value-creation initiatives are feasible and if they resonate with motivation and initiative of individuals within the organisation.
Figure 1: The original VIP model (Gomez 1998)
Vision
Organisation
Value
Rules of the Game
Value creation
Drivers Core Processes
Competencies
Strategies
The methodology employed was straight-forward. For each of the concepts in the VIP model two questions were asked. First, is this concept (vision, competencies etc.) valid in the new economy? Second, if yes, what common characteristics would emerge from 133
Peter Gomez & Lucy Küng
the application of this concept to new economy firms? For the purposes of analysis a “new economy firm” was defined as one for which the Internet is intrinsic to its business model and basic business processes. The term therefore encompasses firms which were created to take advantage of the Internet, such as Netscape and Yahoo! and firms which predated the Internet, but which later re-orientated their businesses to be Internet-based, such as Microsoft, Intel, Cisco Systems and AOL. The following text presents the findings of this exercise and concludes with proposals for a revised VIP model for the new economy.
3.1
Vision
Although widely used, vision is a loosely-defined management term (Thornberry 1997). The VIP model attempts to counter this lack of clarity by concretising the concept as “a dream with a deadline”, that is a dream that can be expressed as a concise statement encompassing the organisation’s core identity and basic orientation in terms of product, market and positioning. An effective vision has a long-term focus (typically five-ten years) and not only provides a general motivational “lift” but acts as a spur to action. A classic example is Steve Jobs’ 1970s vision for Apple Computers – “a computer for every man, woman and child”. In an era of mainframe computers this represented a truly radical view of the future. In the new economy the pace of change is so swift that carefully crafted business plans can be rendered obsolete overnight, calling for constant change in strategic direction (Cusumano/Yoffie 1998). This, coupled with an increasingly unstructured competitive environment where networks structures are blurring the boundaries of the organisation (Prahalad/Ramaswamy 2000) can create a confusing organisational environment. Vision can counteract uncertainty, provide clarity about organisational purpose and thus help build organisational stability. This is achieved by using vision to articulate the organisation’s core business model (Venkatraman 2000), even though this business model is liable to change frequently (see “Strategies”, below). Netscape, a pioneer of the new economy used vision as a “living, moving plan” (Cusumano/Yoffie 1998, 21) to enable the organisation to co-evolve with an industry competing an “Internet time”. Its vision was grounded in four concepts: (1) the power of high powered, global networks to change how individuals work, play and interact; (2) the potential of a universal interface to the Internet to tie the network together and allow it to grow; (3) the need for open standards, and (4) flexibility of implementation. This last element provided Netscape with freedom of operation – the organisation could engage in new products, technologies, partnerships and markets without contradicting its stated goals. Armed with this vision Netscape was able to engage in
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Creating value in the new economy
dramatic changes of strategic direction, refocusing its activities at almost yearly intervals on different aspects of electronic networks, moving from the Internet (1995), to the intranet (1996), to the extranet (1997) and back to the public Internet in 1998. In the new economy the central relevance of vision as a management tool remains but its position within the VIP cycle is perhaps called into question. By placing this element before “rules of the game” the original model implies that a vision can allow an organisation to set the “rules of the game”. Yet leadership in the new economy would appear to result more often from early pattern recognition (that is early detection of emergent game rules) followed by the development of a vision to exploit this. Thus Microsoft sought to take advantage of Moore’s Law (the fact that microprocessor power is doubling every eighteen months and becoming cheaper) by designing a business that avoided the elements that were becoming commoditized (computing power) but sought to exploit what it felt would become the bottleneck in the system, software, or an operating system that would allow consumers to take advantage of increases in computing power. Similarly, Netscape created a business that would capitalise on the emergence of high-powered global networks, particularly the Internet, at a point when the majority of Western industry was still unaware of the WWW, and Amazon.com sought to find a business model that would tap into the potential of the Internet for buying and selling. In recognition of the close interaction between these two elements in the new economy a VIP model for the new economy integrates “vision” and “rules of the game” into a new joint stage. We have termed this “mapping”, because the task involved is that of creating a “road map” of the shifting competitive landscape.
3.2
Rules of the game
This stage of the VIP model is concerned with identifying the underlying forces shaping an organisation’s competitive environment, allowing an organisation to determine whether its internal “roadmap”, its “theory of the business”(Drucker 1994) is still valid and appropriate. Within an Internet context the validity of this concept remains if not increases. The speed and scope of change means it makes sense to focus on the handful of core forces shaping industry developments rather than their multifarious nearterm results. Such analysis applied to firms seeking to operate in the new economy might generate the following generic developments:
The rapid and unpredictable nature of change poses a challenge to established strategic principles and processes. Eisenhardt/Brown, who have conducted over ten years’ research into companies in the US computer sector, home of the Internet (1998a, 1998b, 1999) characterise it as a “highly competitive, high velocity environment” where markets and market opportunities are fast-changing and highly
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Peter Gomez & Lucy Küng
unpredictable, and where the key strategic challenge is managing change. Robins/Wiersema (1999) describe the new economy as “unstructured”: managers are under mounting pressure from the proliferation of new industries and the rapid displacement of established businesses.
High levels of competition. The transparency and accessibility of the Internet coupled with a rapid pace of technological development and plentiful venture capital have encouraged new entrants (“ankle biters”) with new business models and new value propositions whose lower-cost operations put stress on incumbents’ cost structures and profitability. Globalisation, market liberalisation and convergence encourage incumbents to develop their businesses in non-traditional directions, creating further competition from larger-scale incumbents in other sectors.
The network becomes a dominant metaphor. Electronic networks are also transforming how activities are performed within firms and the linkages between them, allowing Internet-enabled networks of collaboration between distributors, customers and suppliers. These developments, coupled with the popularity of partnerships of all kinds as a means of accessing resources and fostering growth, has led to the emergence of new forms of fluid, flexible networked organisations.
Powershift in favour of customers. The Internet allows customer relationships to be developed, sustained and exploited by far more sophisticated means than hitherto (Tapscott 1997; Shapiro/Varian 1999; Foresight 2000a). The ability to source products and services globally and compare prices increases customer power while at the same time interactivity allows far deeper customer relationships and the development of products to suit individual requirements and tastes. As a result “customer competence” – the ability to build, manage and exploit relationships with customers (Prahalad/Ramaswamy 2000) is vital – indeed customer benefits have been described as “the only barrier to entry” in the e-economy (venture capitalist J. Neil Weintraut cited in Mieszkowski 2000).
Human capital becomes a key asset. The new economy enterprise relies on the abilities of talented individuals – indeed the knowledge worker has been described as the principal economic unit of the new economy (Tapscott 1997; Drucker 1999). But it also represents a challenging climate for employee relationships. On the one hand the sheer newness of the technologies employed means some essential skills are scarce, creating a sellers’ market for specific types of expertise (Reich 1998; Foresight 2000). On the other employees possessing such skills tend to be highly mobile (MDG.org et al. undated, Evans/Wurster 2000) and, because they require high degrees of autonomy and flexibility, hard to “contain” within formal organisational structures (Malone in Bradley/Nolan 1998; Reich 1998). In the words of Andy Grove, new economy employees “own their employability” (cited in Neilson, Pasternak et al. 2000) – they share their unique abilities with an employer in return for development opportunities and will stay only as long as these remain attractive. 136
Creating value in the new economy
3.3
Core competencies
The concept of the competence as a source of competitive advantage originated in studies of the diversified firm, where an organisation was viewed as a collection of company-wide competencies rather than as a portfolio of individual businesses, thereby providing a route to identify new business opportunities and means of deploying assets (Prahalad/Ramaswamy 2000). Today, core competencies are commonly understood as a bundle of skills that are both integrated and company-wide, integrate multiple streams of technology, involve many levels of people and all functions, are rooted in intangible as well as tangible assets, deliver a real and meaningful customer benefit, present a gateway to a wide variety of potential markets and above all are unique to the organisation and inimitable. While the concept of organisational competencies retains its significance in the new economy (see, for example Chakravarthy 1997) the changing nature of the competencies designated as “core” does represent a challenge to the concept of core competencies as it has been hitherto defined. In the “old”economy core competencies tended to encompass technological capabilities – thus Sony was praised for its competence in miniaturisation and Motorola for its expertise in wireless communication (Hamel/Prahalad 1994). However in the new economy such competencies are increasingly accessed via strategic alliances (Kale et al. 2000; The Economists 2000; Venkatraman 2000). The reasons are straightforward, if markets are emergent it is difficult to develop a picture of the future and therefore identify which competencies might be core and further, even if such competencies can be identified, the pace of change will make it hard to develop them fast enough to respond to market developments. Instead, in dynamic markets the critical competencies are those that allow an organisation to adapt and extend its resource base in step with market opportunities. These have been termed “dynamic capabilities”, that is competencies by which managers “integrate, build, and reconfigure internal and external competencies to address rapidly changing environments” (Teece et al. 1997, 516) – Eisenhardt/Martin (2000) identify product development, alliancing and strategic decision-making as examples. However as Eisenhardt/Martin point out, such capabilities essentially represent “best industry practice” and are far from unique. Thus high velocity markets may present a boundary condition for the concept of core competencies since those that apply in such context are neither heterogeneous, rare nor inimitable.
3.4
Strategies
The VIP model reflects the positioning school (Mintzberg 1998) of strategy which favours establishing an optimal position vis à vis current and future competitors, which generates both higher profits and resources with which to further consolidate the
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Peter Gomez & Lucy Küng
position. This is achieved via the application of a limited palette of generic strategies (cost leadership, product differentiation etc.) which in turn are arrived at through the application of a set of generic tools to analyse generic market conditions (market fragmentation or maturation etc.). Thus strategy formulation is ‘a controlled, conscious process that produces full-blown deliberate strategies to be made explicit before being formally implemented focused on the close-ended selection of generic strategic positions’ (Mintzberg 1998, 83). The model from this school which arguably exerted the greatest influence on the strategic behaviour of firms and on scholarly literature is Porter’s Five Forces model (1980). This proposes that sustained above-average performance depends on determining an optimal strategic position through close analysis of the dynamics of competitive rivalry, which in turn is the product of the interplay between five basic competitive forces, entrants, buyers, suppliers, substitutes and rivalry between existing firms. The appropriateness of this model to the new economy has been challenged on many counts. First it requires a defined industry, discrete competitive arena and stable markets (Fidler 1997; Robins/Wiersema 1999) and fixed relationships between major players (Downes/Mui 1998). Second, it rests on the concept of barriers to entry, which in emerging markets are limited and short lived and therefore present an inadequate basis for strategic advantage (Robins/Wiersema 1999). Third, it is atomistic rather than relational, viewing firms as autonomous entities competing for profits, which is inappropriate when firms are embedded in a network of relationships (Gulati et al. 2000; Prahalad/ Ramaswamy 2000) and fourth, it is imitative and reactive – rather than focusing on new growth opportunities through innovation firms accept the status quo and seek to find optimal position within it (Chan/ Mauborgne 1999). In the new economy the need for adaptability is paramount and approaches to strategy favour an evolutionary, emergent approach. If competitive advantage is not sustainable the goal ceases to be the optimisation of a position within a bounded competitive space. Instead companies seek to adapt to an endlessly mutating environment by fundamentally rethinking and renewing their core business proposition – their business model (Eisenhardt/Brown 1998; Basta 2000). Indeed Hamel/Sampler (1998, 53) claim that in an e-environment competition is not between products but between business models1. The positioning school is not entirely excluded from these processes in that some business model revision involves, for example, using the Internet to reduce operating cost levels (cost leadership strategy) or enhance services (a differentiation strategy). The ability to realign the business with emerging markets is predisposed on the organisation being capable of frequently reconfiguring its internal and external resources (see “Organisation” below). Thus a revised VIP model integrates the ele-
1
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Venkatraman (2000, 18) defines new business models as “those that offer, on a sustained basis, an order-of-magnitude increase in value propositions to the customers compared to companies with traditional business models. In doing so [they] disturb the status quo and create new rules of business”.
Creating value in the new economy
ments of “Competencies”and “Strategies” in a new joint stage termed “Renewal”, denoting that this stage is concerned with renewing an organisation's core business proposition to match fast changing markets. AOL was so successful re-inventing its core business model in the face of successive environmental challenges that it was christened the “cyber cockroach” (Swisher, 1998). It was launched in 1989 as a private online service offering games, e-mail, chat, news, forums and other information in return for hourly subscription fees. It responded to the growth of the Internet by relaunching itself as an Internet-based online service providing community and information services for domestic subscribers in middle America. lts business model was to acquire subscribers as fast as possible through low prices and pay premium prices to established media companies for popular, high profile content, thereby “riding the coattails of other people's brands” (Swisher 1998, 93). Once it established a critical mass of subscribers it leveraged its market dominance into profits by building multiple revenue streams, improving terms from suppliers and charging the content providers it once paid for content. Since establishing itself as a new media blue chip, AOL has continued develop its business model in response to a turbulent environment and emerging business opportunities using a range of different strategic moves including includes acquisition (Netscape, Time Warner), alliances (Sun Microsystems, Wal-Mart, Citi-group) and the development of new products and services (AOL Phone, AOL TV).
3.5
Processes
In the original VIP model core processes build a bridge between strategy formulation and implementation by translating broad strategic goals into tangible daily routines. The conceptual basis for modelling a firm's value creation processes is again supplied by a Porter model, the value chain (1985). This analytical tool disaggregates the firm into a sequential chain of strategically relevant activities stretching from the supply side (raw materials, inbound logistics etc.) to the demand side (outbound logistics, marketing and sales), allowing the behaviour of costs to be analysed, and sources of differentiation and opportunities for improving performance to be identified. Although analysis involves disaggregating a firm's activities, value is assessed on a cumulative basis over the entire chain of activities. It therefore assumes that competitive advantage is created through scale, through vertically integrating as much of the value chain as possible to improve end-to-end quality and market share. The linear view of the firm as enshrined in Porter's value chain concept is one of the hardest to reconcile with the new economy (Rayport/Svioka 1995; Yoffie 1997; Evans/ Wurster 2000). The technological advances which underpinned its development are profoundly altering value systems. First, technological advances coupled with the deregulation of markets make it feasible to unbundle specific stages from hitherto
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vertically integrated value chains. This potential for disaggregation when combined with the availability of venture capital has reduced entry barriers and encouraged start-up businesses concentrating on specific stages of the value chain and with distinct sources of competitive advantage (Bradley/Nolan 1998; Henzler 1998). This challenges the concept of averaging value across an entire chain, since subsidizing poor performance in one activity by combining it with others where value is created leads to disadvantage, as competitors are likely to emerge focusing on maximizing performance in each activity. Companies must ensure they are advantaged at each step they are active in or outsource that stage (Evans/Wurster 2000). A more fundamental challenge to the concept is presented by the fluid cross-sectoral business networks that are a characteristic of the information economy (Kelly, 1998; Neilson, Pasternak et al. 2000; Werbach 2000). These non-sequential and dynamic interactive alignments are hard to reconcile with the linear value chain concept. For example in the television sector value chains are disintermediating as a result of the digitisation of information, the emergence of new media platforms and the liberalisation of national media markets. Where the industry value chain once consisted of just three stages - developing content, packaging it into channels and then transmitting these – this series of fully-integrated processes has been “unbundled” to create at least seven distinct stages which have provided entry opportunities for new players with new business models. Endemol, the Dutch creator of “Big Brother”, has developed a highly lucrative global business focusing on the content stage, particularly on the development of content formats with strong brands that can be exploited simultaneously across multiple media platforms and in many different national markets. A diagram of its central value creation processes would resemble an interactive hub with spokes radiating out across different delivery platforms in different geographic markets and linking up with the value creation processes of its many joint venture and outsourcing partners.
3.6
Organisation
“The new organisation [is the] “Internetworked Enterprise” a vast web of relationships, including all levels and functions, in which the boundaries inside and outside are fluid and permeable” (Tapscott 1997, 4). In the original VIP model the “organisation” stage is concerned with anchoring the organisation's core processes in its wider structure. In a new economy context these elements remain closely linked in that the dynamic networked alignments evident at process level are echoed in the basic structure of organisations themselves. Its effect on the structure of organisations is one of the most widely analysed impacts of the Internet. It is credited with “de-integrating” industrial structures, that is orches-
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Creating value in the new economy
trating a shift from large, complex and stable hierarchically organised firms to more flexible, fluid and laterally co-ordinated ones characterised by high levels of collaboration. In the old economy, the basic range of structural options for organisations was broad (ranging from functional through divisional, holding to matrix options etc.) but relatively straightforward. Firms selected the organisation design which would best allow strategy to be implemented and meet the demands placed by stakeholders, environmental challenges and geographic diversity. In the new economy the basic process remains the same but the range of structural options has broadened with the addition of networked structures, and the nature of organisation structures has become more complex due to the fact that a single firm may attempt to combine several different options simultaneously. Prahalad/Venkatraman (2000, 87) term such structures, which not only combine a number of different structural elements but can also reconfigure internal and external resources easily, “Velcro organisations”. Their components include:
Outsourcing Partners In the new economy pressure to outsource activities comes from the disintermediation of value chains (see “Processes” above), and, more fundamentally, from by the intrinsic capabilities of the Internet which reduces transaction costs, boosts price transparency, speeds procedures and makes information available more quickly and widely. This renders the size and complexity of old economy organisations uneconomic, encouraging them to focus on their core activities and buy in non-core products and services.
Alliance Partners Co-operative arrangements are an important means of acquiring and deploying resources in the new economy (Venkatraman 2000, 23) so much so that it has been characterised as “a patchwork of alliances, joint ventures, and partnerships” (Prahalad/Ramaswamy 2000, 79).
Spin offs Spun-off business units are an increasingly common feature of larger firms active in the new economy. Whereas old economy divestitures often involved business units that were no longer central to activities, new economy spin-offs often involve units that offer the greatest potential for growth even if they are essential to operations. Thus in 1996 AT&T spun off Lucent Technologies and NCR, and in 2000 its wireless activities. Such equity carve-outs allow the parent to capitalise on the high valuations placed on high tech businesses, provide a pool of cheap capital, generate “acquisition currency” necessary to compete in the Internet arena (Deutsche Bank 2000) and ensure 141
Peter Gomez & Lucy Küng
the availability of the stock options that until recently have been important as a means to attract and reward key talent.
3.7
Culture
“The beauty of Silicon Valley is that the culture and the structure reinforce each other. Do not regard it as some sort of economic machine, where various raw materials are poured in at one end and firms such as Apple and Cisco roll out at the other, but rather as a form of ecosystem that breeds companies: without the right soil and the right climate, nothing will grow” (Economist 1997). The original VIP model does not make explicit mention of culture's role in value creation, including it implicitly in “Organisation”. In the new economy however culture has an important role to play in value creation and there are strong arguments for assigning it a stand-alone role. An organisation's culture, as expressed in the form of a set of shared, hidden assumptions, governs how the competitive environment is perceived and the acceptance of strategic responses to that environment (Schein 1992; Christensen/Overdorf 2000). In the new economy cultural assumptions at firm level and at industry level are an important driver of value creation, simultaneously helping value creation in new players and hindering value creation in incumbents. It has been widely suggested that their “legacy mindset” – that is shared cultural values – placed incumbents at a competitive disadvantage in the new economy (Ghosh 1998; Hamel/Sampler 1998; Foresight 2000b; Neilson et al. 2000). Dominant cognitive models, it is claimed, meant they perceived the Internet as an alternative distribution channel rather than an opportunity to refine business models and create entirely new businesses (Downes/Mui 1998; Kelly 1998; Evans/Wurster 2000). Thus for incumbents seeking to respond to the new economy, cultural values can act as a brake. For new players however, culture acts as a stabiliser, counteracting frequent changes in business models and amorphous industry structures, and equipping organisations to embrace change. Indeed the success of Silicon Valley has been ascribed in part to the combination of its unique structure and culture (Saxenian 1994). In structural terms the area is host to clusters of highly entrepreneurial organisations which are decentralised, loosely organised and which frequently spawn other companies. These characteristics are partnered by cultural values that predispose organisations to be enthusiastic about change, open to new ideas and new business partners. The result is an economy that is able to change quickly (Bahrami/Eves 1995).
142
Creating value in the new economy
3.8
Value creation
The hub of the original VIP model is value generation, and this stage of analysis is concerned with pinpointing which driver of shareholder value (revenue growth, profit margin, level of investment, capital expenditure and taxes) (Rappaport 1986) has the greatest effect on value creation for key stake holder groups. In the new economy the issue of value generation is complex. This is partly because at time of writing it is a field in transition (in that a protracted bull market for Internet stocks is drawing to a close and many dot-com companies are closing their doors), but more generally because the stratospherically high valuations awarded to new economy firms appeared to defy long-established valuation techniques and as a result called into question existing concepts of what constitutes value, how it is created and how its measured (Desmet et al. 2000; Gemini undated). For a long time it appeared that the chief, indeed the only route to value was increase in market capitalisation (as a result the IPO has been described as the “business model of the Web”). Traditional valuation techniques such as discounted cash flow (DCF), profit performance or p/e ratios are difficult to apply in the new economy because earnings are often negative and future cash flows, terminal values and economic profits hard to estimate. In the absence of hard data, value has often been calculated according to assumptions of an organisation's broader long-term value creation potential, these in turn being based on investors' views on the emerging game rules in a sector. For example AOL’s high market value was attributed in part to the benefits that would accrue to its instant messaging service from the “increasing returns” phenomenon common in network markets, which would generate for AOL a critical mass of locked in customers that competitors couldn't replicate. Similarly past valuations of Amazon.com and Yahoo! were based on the belief that market share would translate to profits at some point in the future (Browning/Ip 2000). Real options theorists have taken such assumptions – that investors in new economy firms are not buying future free cash flows but an option to be part of an emerging game – a stage further. They have developed a systematic framework for evaluating not only investment decisions but also broader strategic options under dynamic and highly uncertain conditions (Leslie/Michaels 1997).
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Figure 2: A VIP model for the New Economy
Vision Mapping
Organisation
Cultural
Rules of the Game
Real Options
Values Core Processes
Competencies
Renewal Strategies
4
Conclusions – a revised VIP model for the new economy
To conclude we shall return to the question raised at the start of this article, namely how should the VIP model be adapted for the new economy? As the figure above shows, the first change is that although all the components of the original model remain they are constellated differently. The six “perimeter” elements have been grouped into three sets of pairs, each representing a new “meta-stage” in the revised model. The first stage is called mapping and comprises the closely-interlinked elements of “vision” and “rules of the game”. The central task here is for firms to develop a “roadmap” of their environment and use this to develop a vision that capitalises on the emerging environment. The next meta-stage is entitled renewal and is designed to ensure that organisations are equipped to stay in the game by constantly revising their basic business proposition in step with the changing competitive landscape. Renewal
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Creating value in the new economy
is achieved through closely combining “competencies” and “strategies”, where strategy is about constantly revisiting and renewing the basic business proposition and core competencies facilitate these transformations by equipping the organisation to constantly refigure its internal and external resources. The final “meta-stage” integrates the elements of “organisation” and “core processes” in a joint stage termed realisation denoting that their joint role is to ensure that the processes of renewal are realised. Figure 3 shows a simplified revised VIP model highlighting the new metastages. More radical changes can be observed at the hub of the model. First, cultural values have been included as an overarching driver of value in recognition of their ability to help or hinder the creation of value. Second and more fundamentally, value creation has been replaced by real options. This reflects the fact that the new economy is a capricious environment where discontinuous change can lay waste to long-established and well-managed businesses with alarming ease and at the same time open up new and promising markets with surprising speed. Within this context those charged with protecting and increasing stakeholder value must adopt a broader, future-focused perspective. “Old” economy value drivers such as competencies, strategies and processes of course retain their significance. But increasingly an organisation's ability to generate rests on a more fundamental factor, on the ability to remain a player in a fastmoving field. Thus those entrusted with generating value in the new economy must above all ensure an organisation retains real options to compete in the dynamic markets of the future.
Figure 3: VIP model for the new economy (simplified).
MAPPING
Cultural
Real Options
Values REALIZATION
RENEWAL
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Umfeld des Content Management
Die Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit von Unternehmen sind in den vergangenen Jahren massiv angestiegen. Investor Relations, interne Kommunikation, Marktkommunikation und Kommunikation gegenüber Partnern und potentiellen Mitarbeitern sind Beispiele zumeist sehr komplexer Kommunikationssituationen. In diesem Zuge ist Content Management zum Modebegriff mutiert, der vor allem als technologischer Oberbegriff zur Verwaltung von Web-Inhalten verwendet wird. Aus Sicht einer Organisation greift Content Management bis in die Grundfähigkeiten der Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Organisationen hinein. Gartner spricht bereits in der Vorhersage einer „Real Time Economy“ davon, dass Unternehmen monatlich, wöchentlich und täglich Finanzberichte herausgeben werden, wofür die organisationale Fähigkeit, Information innerhalb eines Unternehmens effizient auf Basis geeigneter Content Management Systeme und Portale zu kreieren und zu teilen, die Basis bilden wird. Thematisch entstammt Content Management den Anforderungen zur Verwaltung und Nutzung immer grösser anwachsender Informationsmengen, über die ein Unternehmen im Intranet, Extranet und im Internet verfügt. Aufgrund der Digitalisierung von Daten und Informationen geht zunehmend weniger von diesen verloren und steht dauerhaft der Organisation zur Verfügung. Doch die Speichermöglichkeiten alleine genügen nicht, um das Gespeicherte auch gewinnbringend in Unternehmen einzusetzen. Aus diesem Grund entwickelten sich vor allem technikgetriebene Methodiken, die unter den Begriffen Datenmanagement, Informationsmanagement, Content Management, Groupware Wissensmanagement eingeführt wurden. Content Management eröffnet neue Möglichkeiten hinsichtlich der Fähigkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit in einer Organisation. Somit haben technische Plattformen des Content Management, sogenannte Content Management Systeme (CMS), unmittelbar Auswirkungen auf die unternehmerischen Fähigkeiten, Produkte zu entwickeln (Product Design), Projekte durchzuführen (Project Management) und grundsätzlich zusammenzuarbeiten (Collaboration). Ist Content Management die organisatorisch-kommunikative Seite der Medaille, so sind Content Management Systeme (CMS) die technologische. Ein CMS stellt einer Organisation digitale Dienste zur Verfügung, die Kommunikationssituationen unterstützen. In modernen Varianten bieten CMS Möglichkeiten, organisatorische Zusammenhänge durch Rollen- und Rechtekonzepte auszudrücken. Von daher zeichnet sich ab, dass Initiativen zum Content Management einen ebenso transformierenden Einfluss auf Organisationen haben werden, wie E-Business, Supply Chain Management und Customer Relationship Management. 152
Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement
Die Fähigkeit eines Unternehmens, die richtige Kommunikation mit einem Produkt zu assoziieren, ist für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu einer Kernkompetenz geworden. So ist beispielsweise die integrierte, d.h. inhaltlich konsistente, verständliche, cross-mediale und cross-organisationale Kommunikation bei der Einführung eines neuen Automobils ebenso fundamental wie im Falle einer Unternehmenskrise. Als ein Teil davon soll im Folgenden das Thema Content Management als Design-Aufgabe eines Unternehmens verstanden und auf technische Umsetzbarkeit in digitalen Medien hin diskutiert werden.
2
Management von Kommunikationssituationen
Die Kernaufgabe eines Unternehmens ist es, Geschäftsideen in Produkte umzuwandeln, die damit verbundenen Leistungen ihren Kunden zu kommunizieren, und daraus Geschäftsbeziehungen aufzubauen (Schmid 2001). Eng mit der Gestaltung des Produktes ist die Gestaltung der Kommunikation verknüpft, welche eine dauerhafte Beziehung zwischen dem Kunden und dem Produkt sowie zum Unternehmen schaffen soll. Das Ziel des Kommunikationsmanagements ist die nachhaltige „Verankerung der Produktideen des Unternehmens in den Köpfen der Kunden“ (ebenda). In einer derart aufgefassten Kommunikationssituation tritt ein Unternehmen als Ganzes verschiedenen Kommunikationspartnern gegenüber. Durch die Konvergenz zahlreicher Medien, wie beispielsweise Bücher, Radio und Fernsehen, lassen sich Inhalte in vollkommen neuer Weise miteinander vernetzen (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Konvergenz der Medien (vgl. Schmid 2001) Text Audio Video
Multimedia
Informationssysteme Telekommunikation Post-Dienste
Neue Medien
Markttransaktionen
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Wolfgang Maass & Florian Stahl
Die Konvergenz der Medien bedingt ein Re-Design organisationaler und kommunikativer Strukturen von Unternehmen. Die funktionale Gliederung einer Organisation bietet hierbei nur bedingt die Basis, um das Kommunikationsmanagement eines Unternehmens zu gestalten (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Konvergenz der Austauschbeziehungen der Unternehmung (vgl. Schmid 2001)
PR Marketing Verkauf Entwicklung/ Produktion Lieferung After Sales Service
Derart konvergierende, kommunikative Austauschbeziehungen brechen bestehende Strukturen auf und ermöglichen die Gestaltung neuer Kommunikationssituationen. Eine Kommunikationssituation setzt sich aus der Beschreibung der verwendbaren Rollen, der Interaktionen und der darin verwendeten Sprache zusammen. Aus den Interaktionen leiten sich Anforderungen an zugrundeliegende elektronische Dienste ab, die beispielsweise durch Content Management Systeme bereitgestellt werden können.1 Kommunikationssituationen benötigen ein klares Verständnis über die verfügbaren Rollen, Sprachmittel und Kommunikationsdienste. In eindeutiger Weise kann nur mit solchen Akteuren kommuniziert werden, die einerseits wissen, in welcher Rolle sie an der Kommunikation teilnehmen und andererseits in der Lage sind, das Übertragungsmedium und den Inhalt zu entschlüsseln. Diese beiden Punkte sind um so wichtiger, da sich durch digitale Kommunikationsmittel innerhalb weniger Jahre teilweise vollkommen neue Logiken, d.h. Sprachelement und Bedeutungen, entwickelt haben. Die Nutzer dieser Mittel müssen erst lernen, mit diesen umzugehen. In der Startphase des WWW wurde das technisch Machbare mit dem kommunikativ Wünschenswerten gleichgesetzt, was dazu führte, dass eine Web Site vielfach mit Funktionalitäten und Kommunikationsmitteln überfrachtet wurde, ohne dadurch 1
154
Hierzu wurde am =mcminstitute (HSG) eine spezifische Methodik (OIL-Design) entwickelt und in Kundenprojekten eingesetzt (Schmid 2002).
Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement
einen nachweisbaren kommunikativen Nutzen zu stiften. So ist es nicht überraschend, wenn aktuelle Studien zeigen, dass für den Nutzer in einem Unternehmen der aktive Umgang mit Content Management Systemen die grössten Probleme bereitet. (Forrester 2002) Allgemein lassen sich unidirektionale und multidirektionale Kommunikationssituationen unterscheiden. In der einfachsten Form gibt es die Rolle eines Senders, die einem oder mehreren Empfängern Nachrichten übermitteln kann (Point-to-Point oder Broadcast). Historisch gesehen verhalf der Buchdruck dieser Kommunikationsform zum Durchbruch. Solche Kommunikationssituationen wurden durch Radio und Fernsehen telekommunikativ erweitert. Multidirektionale Kommunikationssituationen sind die Urform der Kommunikation, in der sich zwei oder mehr Kommunikationspartner in unterschiedlichen Rollen durch Austausch von Nachrichten verständigen. In ihrer Allgemeinheit ist die direkte, natürliche Rede der älteste Vermittler dieser Kommunikationsform. Durch die Erfindung telekommunikativer Vermittlungsmedien erlangt die multidirektionale Kommunikation eine Renaissance. Das Telefon schuf die multidirektionale Kommunikation zwischen zwei Kommunikationsteilnehmern, die wechselseitig die Rolle des Senders und Empfängers tauschen konnten. Durch das Internet und insbesondere das WWW wird auch diese Limitation aufgehoben, so dass auch mehrere Kommunikationspartner telekommunikativ Nachrichten austauschen können, was einer direkten, natürlich-sprachlichen Situation vergleichbar ist. Einfache, aber sehr erfolgreiche Spielformen hiervon sind SMS, MMS, E-Mail und Instant Messaging. Kommunikationssituationen auf der Basis technologischer Möglichkeiten des Internet sind im Gegensatz zum Telefon noch weitgehend unbekannt. Für Kommunikationssituationen, wie sie beispielsweise durch Chat Rooms geschaffen werden, müssen sich Rollenbilder und Sprachmittel erst noch herauskristallisieren. Corporate Web Sites präsentieren sich zumeist als Transfer traditioneller, unidirektionaler Kommunikationssituationen, wie sie vormals durch gedruckte Unternehmensbroschüren geschaffen wurden. In welcher Weise und in welcher Rolle beispielsweise Kunden oder Journalisten mit einem Unternehmen via Corporate Web Sites bzw. Enterprise Portals in Zukunft interagieren können, ist noch weitgehend offen. Betrachtet man branchenübergreifend die Kommunikationspolitik, so lässt sich erkennen, dass relevante Anspruchsgruppen immer mehr Information und Interaktion fordern und Schritt für Schritt unter dem Deckmantel unterschiedlicher Bewegungen, wie beispielsweise Shareholder Value, auch erhalten. Derartige Anforderungen haben nicht zuletzt erhebliche organisatorische Auswirkungen innerhalb eines Unternehmens. Kommunikative Interaktion im Zeitalter des Internet bedeuten erhöhte Anforderungen daran, wie der richtige Inhalt mit der dazu passenden kommunikativen Intention zur richtigen Zeit in die jeweilige kommunikative Situation gelangt. Enterprise Portals, als Zusammenfassung kommunikativer Leistungen eines Unternehmens, werden derartigen Anforderungen in der Innen- und Aussensicht Rechnung tragen müssen.
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Wolfgang Maass & Florian Stahl
3
Begriffspräzisierungen zum Content Management
Traditionell wird Content Management häufig als prozessuales Framework für die systematische und strukturierte Erzeugung (Generierung), Verwaltung (Organisation und Aufbereitung), Zur-Verfügung-Stellung (Präsentation, Publikation und Distribution) und Schaffung von Nutzungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten (Nutzung und Wiederverwendung) von elektronischem Inhalt definiert, unabhängig ob im Internet, Intranet oder unternehmensweiten Systemen (Rothfuss, Ried 2001). Forrester schlägt eine Definition vor, welche zumindest ansatzweise organisationale Aspekte in Form von Rollen berücksichtigt: „A combination of well-defined roles, formal processes, and supporting systems architectures that helps firms contribute, collaborate on, and control page elements such as text, graphics, multimedia, and applets.” (2002) Betrachtet man Content Management aus organisationaler Sicht, so ergibt sich folgende Definition: Content Management umfasst alle Kommunikationssituationen einer Organisation, welche die Explikation, die Archivierung, die Publikation, die Distribution, die Modifikation, die Verwaltung und die Nutzung dokumentierter Inhalte jedweder Formate auf der Basis digitaler Medien unterstützt. Ausgenommen sind hiervon im Allgemeinen transaktionsverarbeitende Tätigkeiten, wie beispielsweise Finanztransaktionen und undokumentierte Kommunikationsformen, wie beispielsweise Konversationen. Wird eine Konversation, wie beispielsweise ein Telefonat, aufgezeichnet, so gilt es als dokumentiert und kann dann als Inhalt im Sinne des Content Management verwendet werden. In diesem Sinne tritt Content Management die Nachfolge des Buchdrucks an, indem es alle Arbeitssituationen (explizieren, archivieren, etc.) formalisiert und durch telekommunikative Transportmedien unterstützt, so dass eine Organisation zu niedrigen Kosten in effizienter Weise über derart explizierte Inhalte kommunizieren und arbeiten kann. Die Kommunikation von Unternehmensdaten via Neue Medien ist als ein erster Schritt für zumeist einfache, leicht nutzbare Inhalte zu betrachten. Die Nutzung von Content Management in kommunikations- und arbeitsintensiven Bereichen, wie beispielsweise der Produktentwicklung und der Beratung, steht in ihrer Vollständigkeit noch aus. Häufig wird in diesen Bereichen Content Management bisher als eine rein administrative Archivierungsfunktion betrachtet.
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Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement
Content Management verankert sich in der Organisation, in den Prozessen und der technologischen Infrastruktur. Nachfolgend sollen diese drei Ebenen kurz umrissen werden.
Organisationale Ebene Aus Sicht der Inhaltsgenerierung gibt es vier klassische Rollen, die in fast jedem Content Management Umfeld verwendet werden: Content Designer, Autor, Moderator/Agent und Editor. Die Rolle des Designers enthält die Pflicht, das Layout in Form von Template-Schablonen für Inhalte und Navigation zu entwerfen (beispielsweise Word-Vorlagen, HTML/CSS-Stylesheets). Die Rolle des Autors enthält die Aufgabe, digitale Assets, wie Texte, Bilder, Sounds etc. unabhängig vom Layout zu erstellen. Moderatoren/Agenten bearbeiten Meta-Informationen, wie z.B. Veröffentlichungszeitraum und Klassifizierung des Inhalts. Dieser Rolle wird im Zuge der Entwicklung des „semantic web“ eine immer grössere Bedeutung zukommen. Durch Anreicherung des Inhalts um kategorische, den Inhalt beschreibende Informationen (Meta-Information in Form von terminologischen und ontologischen Beschreibungen) wird dieser selbstbeschreibend und kann unabhängig vom Kontext und spezifischen Applikationen ausgewertet werden. Dadurch lässt sich ein derart erweiterter Inhalt sehr viel einfacher und effizienter zwischen unterschiedlichen Organisationen und Nutzern austauschen. Die vierte zentrale Rolle innerhalb des Content Managements ist der Editor, der die Veröffentlichung der Inhalte auf dem Produktions-System verwaltet.
Prozessuale Ebene Diese verschiedenen Rollen lassen sich den verschiedenen Stadien des ContentLebenszyklus zuordnen (vgl. Abbildung 3). Das hier verwendete Framework des Content-Lebenszyklus besteht aus vier verschiedenen Phasen: Content Creation, Content Management, Content Publishing und Content Distribution. Die Rolle des Designers und des Autors ist dabei vor allem in der Phase der Content Creation angesiedelt, die Rolle des Moderators/Agenten in der Phase der Content Managements und die Rolle des Editors in den Phasen Content Publishing und Content Distribution.
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Wolfgang Maass & Florian Stahl
Abbildung 3: Definition und Festlegung der Attribute innerhalb des Content Management Lifecycle
Content Life Cycle
Content Distribution
Content Creation Business Defines
Technology Implements
Template Design Authoring Benachrichtigung Authentifizierung Überprüfung und Freischaltung
Content Management Business Defines
Technology Implements
Benutzerverwaltung, Workflows, Strukturverwaltung, Staging, Linkverwaltung, Relevanzmanagement, Agenten, Versionsverwaltung und Archivierung
Content Publishing Business Defines
Technology Implements
Präsentation, Information Profiling, Dynamische / Statische Publikation,
Business Defines
Technology Implements
Retrieval, Personalisierung, Multi-Channel Syndication
Content Management System
Aufgaben und Pflichten der ersten Phase der Content Creation sind Template-Design, Authoring (Identifikation, wer Content anlegen und editieren darf), Benachrichtigung, Authentifizierung und Approval (Sicherstellung, dass die erforderliche Freigabe des Content erfolgt, bevor dieser in die nächste Phase gelangt). In der zweiten Phase Content Management des Content Lebenszyklus findet die Organisation des Content (Strukturverwaltung, Staging und Linkverwaltung), die Versionierung des Content, die Benutzerverwaltung, der Workflow (real-time Weiterleitung des Content, einschliesslich Benachrichtigung, Annahme oder Ablehnung des Content und dessen Nachprüfung) und die Archivierung des Content statt. In der dritten Phase des Content-Lebenszyklus, der Phase des Content Publishing, gehören die dynamische und statische Präsentation und Publikation des Content (Verknüpfung des Content mit Layout-Templates) zu den Aufgaben und Pflichten. In der vierten Phase, Content Distribution, gilt es, Abfragemöglichkeiten (Retrieval: Suche, Sortierung etc.), die Veröffentlichung des Content in mehreren Kanälen (Verbreitung des Content auf mehrere Plattformen wie Internet, Intranet, e-Mail, Drucker), Syndizierung und Personalisierung des Inhalts einzurichten.
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Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement
Technologische Ebene Ein Intranet, welches unmittelbar auf der Basis eines generischen technischen „out-ofthe-box“ Systems entwickelt wurde, verlangt, dass die damit arbeitende Organisation ebenfalls „out-of-the-box“ Charakteristika erfüllt. In stark strukturierten Branchen, wie beispielsweise dem Handel, mag ein solches Vorgehen in Teilen adäquat sein. In vielen übrigen Bereichen kommt dem Design der Kommunikationssituationen eine fundamentale Bedeutung zu. In dieser Diskussion nimmt die Welt der technischen Systeme eine treibende Kraft ein. Ohne die Entwicklung der ersten Web Server wäre die Erfindung des http-Protokolls und des HTML-Formats möglicherweise zu einer historischen Randbemerkung zu Hypertext-Systemen verkommen. Durch den tatsächlichen Gebrauch erst entwickelten sich die Ideen, welche das WWW zu einer der aktivsten Kommunikationswelten der globalisierten Welt macht. In der Startphase des WWW kam es zu einer Kreativitätsexplosion. Analog zu Darwins Theorie haben sich nach fast zehn Jahren stabile und gemeinsam akzeptierte Kommunikationsmittel durchgesetzt. Man hat im Gebrauch von Content Management Systemen Erfahrungen gesammelt und die entsprechenden technischen Systeme sind in vielen Belangen professioneller geworden. Aufgrund technologischer Entwicklungen, wie beispielsweise J2EE und .NET, werden CMS permanent massiven Re-Designs unterworfen. Gleichzeitig bieten mittlerweile auch Open Source Projekte ausgereifte Lösungen. Trotzdem vertrauen, laut Forrester Research, weiterhin ein Grossteil global-agierenden Unternehmen (54% von 3500 befragten Unternehmen) auf eigenentwickelte CMS-Lösungen (Forrester 2002).
4
Content Management Systeme
Content Management auf technologischer Ebene beinhaltet die Auswahl eines geeigneten Systems sowie dessen Implementation und Anpassung an Unternehmensbedürfnisse. Damit dieser Schritt der Auswahl eines geeigneten Systems möglich ist, bedarf es vorweg der Durchführung aller Schritte und Entscheidungen, die im letzten Abschnitt auf der organisationalen und prozessualen Ebene beschrieben sind. Nur so ist gewährleistet, dass eine entsprechend der Unternehmensorganisation und Unternehmenskultur adäquate Content Management Technologie zum Einsatz kommt. Vor diesem Hintergrund liefert das vorliegende Buch eine Momentaufnahme des technischen CMS-Marktes, welche die technische Welt aus Sicht des SoftwareAnbieters und aus Sicht des Kunden durchleuchtet. Die Auswahl eines geeigneten Content Management Systems sollte nicht nur wegen der grossen Anzahl an Anbietern nach einer im Vorfeld definierten Strategie erfolgen. Dabei sollten, neben den organisationalen Aspekten, die Unternehmensziele und -bedürfnisse, sowie funktionale 159
Wolfgang Maass & Florian Stahl
Anforderungen des Systems, festgelegt werden. Innerhalb der Unternehmensziele und -bedürfnisse, die mit der Implementierung eines CMS erreicht werden sollen, müssen sich die langfristigen Strategien des Unternehmens wiederfinden. So muss beispielsweise bedacht werden, ob das Unternehmen in den nächsten Jahren plant, eLearning-Umgebungen aufzubauen, Customer-Relationship Management durch elektronische Systeme zu unterstützen oder welchen Vertriebskanal (beispielsweise Direktvertrieb, Vertrieb über Zwischenhändler und Online-eCommerce-Vertrieb) das Unternehmen in den nächsten Jahren verstärkt ausbauen will. Diese Unternehmensziele und -bedürfnisse sollten definiert werden, um stabile Anforderungen festlegen zu können, die dann auch zumindest mittelfristig durch ein CMS erfüllt werden können. Bei den funktionalen Anforderungen gibt es keine pauschale Liste, die bei jedem Projekt oder Unternehmen bei der Auswahl eines Content Management Systems angewendet werden kann, da Kommunikationssituationen per se aus strategischen Gesichtspunkten individuelle Bedürfnisse enthalten. Daher gilt es, wie bei der Festlegung der organisationalen Rollen und Pflichten innerhalb des Content Management, wiederum alle Stakeholder (IT-Verantwortliche, alle betroffenen Unternehmensbereiche sowie die End-User des Systems), die später mit dem System arbeiten müssen, bei der Festlegung der funktionalen Anforderungen einzubeziehen. Diese Vorgehensweise gilt umso mehr, sofern das CMS unternehmensweit eingesetzt werden soll.
5
Ausblick
Content Management wird zunehmend alle Unternehmensbereiche durchdringen und dazu beitragen, neue Kommunikationssituationen zu schaffen. Viele Unternehmen haben mit Web Sites und Intranets zur Etablierung „push“-artiger Kommunikationssituationen begonnen. In Zukunft werden verstärkt erweiterte und vollkommen neuartige Kommunikationssituationen mit weiteren Stakeholdern, wie beispielsweise Journalisten, Investoren, externen Experten, mit Politik und Interessensverbänden etabliert werden. Daher werden viele CMS-Anbieter versuchen, verstärkt in den „Enterprise Content Management“-Markt vorzudringen unter Hinzunahme von differenzierenden CRM-, Wissensmanagement und Collaboration-Funktionalitäten vorzudringen. Eine zentrale Rolle werden Technologien rund um das Austauschformat XML zuzüglich ontologischer Erweiterungen zukommen. Bereits heute geben viele Systeme an „XML-basiert“ zu sein, worunter zumeist nur der Ex- und Import von XML-basierten Daten in Datenbanken verstanden wird. Entwicklungen, wie Web Services oder Content Syndication (Handel mit Content), werden die tiefgehende Integration XMLbasierter Funktionalitäten in CMS vorantreiben.
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Content Management als Teil des Kommunikationsmanagement
Abschliessend sollen 10 Thesen den Versuch eines Ausblicks in die Zukunft des Content Management geben. 1.
Main-Roads-for-Development: Zwei alternative CMS-Entwicklungslinien werden mittelfristig den Markt beherrschen: 1. integrierte und komplexe CMS und 2. modulare und offene CMS.
2.
Integrated-Working-Environments: Zusammenwachsen von CMS, EAI, Wissensmanagement Systeme, ProjektManagement Systeme, Instant Messaging und E-Mail zu integrierten Kommunikations- und Arbeitssystemen. Content Management wird zur Basis integrierter, offener und modularer Kommunikationsplattformen für Organisationen in Print- und digitalen Medien.
3.
Distributed-Content-Management: CMS werden sich in Zukunft technologisch verteilen (Distributed Content Networks). Wie die Erfolge von Peer-2-Peer-Anwendungen zeigen, lassen sich die Komplexität und damit die Kosten eines Systems in die Aussenbereiche zum Anwender hin verlagern. Kernpunkt der dazu notwendigen Überlegungen sind geeignete Kommunikationsprotokolle.
4.
Media-Protocols: Unterschiedliche Kommunikationsprotokolle in Content Management Systemen werden sich zu einem offenen Medienprotokoll vereinen, so dass Inhalte plattformunabhängig über Technologien und Organisationen hinweg kommuniziert und verarbeitet werden können.
5.
Product Differentiation vs. Commodity: Nichtvergleichbare CMS-Produktvarianten werden verschwinden. CMS werden in ihren Funktionen stärker vergleichbar, austauschbar und integrierbar.
6.
Focus-Shift: Content Management wird in Zukunft den Nutzer und nicht den Inhalt in das Zentrum stellen, wodurch sich fluide und kostengünstige Arbeitsorganisationen schaffen lassen.
7.
Intelligent-Working-Environments: CMS werden mit agentenbasierten Systemen verschmelzen, welche über Mechanismen der künstlichen Intelligenz, wie beispielsweise der natürlichen Sprache, Inferenz- und Planungssysteme, verfügen.
8.
CMS goes private: CMS werden den Privatbereich erobern. Familien und Privatpersonen werden ihre persönlichen Daten und Inhalte durch eigene CMS verarbeiten. Dies umfasst Inhalte zu Verträgen, Finanzen, Bildern, Videos, Telekommunikationseinrichtungen, Fernsehen, Radio bis hin zu „intelligent home“-
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Anwendungen. Dieser Markt wird vor allem durch Open Source Systeme abgedeckt werden. 9.
eGovernment meets CMS: CMS werden Dienstleistungen der öffentlichen Hand über Kommunikationssituationen integrieren. Da CMS Funktionen, wie Gesetze, Formulare, Rechnungen etc. adressieren, lassen sich hierdurch Initiativen zum eGovernment umsetzen. Dies wird dann umso stärker Einzug halten, je mehr Bürger über eigene, private CMS-Anwendungen verfügen.
10. The End of Content Management and CMS: Die Begriffe „Content Management“ und „CMS“ werden auf Grund des psychologischen Bedürfnisses nach neuen Begriffen verschwinden. Jedoch werden die mit CMS verbundenen organisatorischen, kulturellen und technologischen Veränderungen nachhaltig wirken.
Literaturverzeichnis Forrester Research, Inc. (2002): “Enterprise Content Management Dilusions” Govindarajan, Srini ; Gupta, Vipul K. ; Johnson, Tonya (2001): Overview of Content Management Approaches and Strategies, Electronic Markets, Vol. 11, No. 4, 12/01 Gupta, Vipul K.; Govindarajan, Srinivasan; Johnson, Tonya M. (2001): Overview of Content Management Approaches and Strategies, EM - Electronic Markets Kopp, Hans Jochen; Jäckel, K. Konrad; van Offern, Anja L. (2001): Erfolgsfaktor Content Management – Vom Web Content bis zum Knowledge Management, Vieweg Verlag Rothfuss G., Ried C. (2001): “Content Management mit XML”, Springer. Schmid Beat (2001): Kommunikations- und Medienmanagement. Entwurf: Version 01 („Toskaner Paper“). mcm institute: Working Report-2001-03 Schmid, Beat (2002): Inszenierung von Produkten im E-Business. In: Wunderlich, Werner (Hrsg.); Spoun, Sascha (Hrsg.): Medienkultur im digitalen Wandel. Bern, Haupt, 2002.
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Johannes Hummel & Ulrike Lechner (2001)
The Community Model of Content A case study of the movie industry International Journal of Media Management JMM, Vol. 3 (1) 2001 (pp. 4-14)
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
1
Motivation and Introduction
Information and communication technology not only provide new kinds of content, but also new designs for the production, packaging, multiplying and distribution of it. As a consequence, novel business models are possible where new actors are involved in various processes along the value chain. This paper contributes to the discussion of the impact of technology on business models for content management. Our example is the music industry. This industry, which now combines the traditional offline industry and the novel services such as MP3.com, Napster.com, and gnutella, is a prominent example of the role of technology plays in creating economic value through new business models for content management. We focus on one particular business model, virtual communities. We argue that community and content management are inseparable in the novel services for content management. We present one specific community model for content management, discuss it, and illustrate it with its applications and structures in the music industry. This paper is organized as follows. First, we analyze the characteristics of content on the Internet as a digital product (Sect. 2). Second, we look at the role of communities regarding the management of content (Sect. 3). In this chapter, we describe types and functions of communities as business models and focus on the technology as a prerequisite for content management. In the fourth section (Sect. 4), we illustrate our description using the example of services and communities in the music industry. We close this paper with a short discussion of the findings (Sect. 5).
2
Content on the Internet
The notion of content is closely related to the medium that transfers it. In traditional one-way mass media, content is typically a product of the media industry. Newspaper articles, television spots, sports coverage etc. are produced, packed, duplicated, and distributed by the media industry. A piece of content, for example a television show or a newspaper article, is a self-contained unit. The traditional communication channels assemble pieces of content according to their format, and then copy and distribute the (packaged) content.
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The Community Model of Content
This is changing through the Internet and its technology. Due to the characteristics of the Internet and its digital technology, content has a much broader meaning in the sense of an information good. The characteristics of content on the Internet versus the traditional media industry differ in four aspects:
1.
Content is digital. Most content are digital or have a digital counterpart. By way of illustration, mp3 format is a digital counterpart to analogue as well as other digital data formats in this case, compact disks and cassettes. Television has both conventional and digital broadcast formats. Digital content can be distributed processed and stored in high volumes with the means of information technology. As the digital technology becomes a commodity good, anyone can easily create, package, or modify content. Moreover, digital content is accessible to machines for all kinds of processing – this increases the availability of content and makes the contents more valuable than conventional counterparts (cf. on the value of information (Shapiro and Varian, 1999)).
2.
Content is linked. As the Internet can be seen as an electronic network, the content is embedded in and part of this network. This is most easily seen when one compares an isolated web page to the page as a part of a Web site or an information system or an online application. An isolated site or a single web page is of little utility or value – it will hardly be visited. However, when a page is linked, it will be accessed through customers and becomes valuable. In many cases, the value of the content results from a direct link from information to transaction. To wit, hyperlinks between pure information on products to transaction services to buy those products (cf. (Shapiro and Varian, 1999)). Still, this content and its links need to be structured and organized (Stanoevska-Slabeva and Schmid, 2000).
3.
Content is interactive. As every participant is both a recipient and sender, the Internet allows interactivity in a much broader way than traditional media does. There is traditional passive content consumption as is usual with books, television, or broadcasting. However, unique to new media, there is also interactive content with interaction between user and application or among users. Interactive contents may solve problems presented to them and adapt to users’ needs. Therefore, the producer of content is not only the media industry, but potentially also every participant on the Internet. As a consequence, content changes over time as the media and community interacting with it.
4.
Content is embedded in a social, economic and organizational environment. Individual content is sometimes very valuable for other participants. The Internet not only has the cultural function of information as found in traditional media, but also the economic function of commerce and the social function of community, this content spills over to these functions (cf. Sect. 3.2). In the Internet,
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Johannes Hummel & Ulrike Lechner
everybody can provide information about products. The experiences that consumers share are considered more trustworthy and valuable than information provided by producers (Hagel III and Armstrong, 1997; Schubert, 1999). Reviews and recommendations in online shops or at file-sharing communities are good examples of it (cf. the participatory product catalog of (Schubert, 1999),(Schubert and Ginsburg, 2000) or (Hagel III and Armstrong, 1997). The above characteristics of content have several consequences on the entire value chain of the media industry. The sources of content are much broader, as every participant is a potential creator and sender of content. However, the Internet does not only allow one-to-many communication as in traditional media, but also many-to-one or many-to-many kinds of communication. Because of this, all steps of the value chain can be implemented following a new design. This leads to increasing competition at every stage of the value chain, as new business models evolve for every part of the value chain, allowing new actors to participate and to manage the processes (cf. (Schmid, 1999; Schmid, 2000)). As a consequence, the management of content is becoming one of the key functions from which to keep or generate revenues. The pure content, produced by the media industry, is modified and changed with contributions from the community. Here, content and the social environment of the community become inseparable. Moreover, with the novel peer-to-peer architectures, a transaction infrastructure for peers emerged in the music sector. These architectures, as well as the trend toward decentralized systems, allow for decentralized community management. This article describes one of the most fascinating examples of this. It has had a deep impact on the business model and sources of revenue for at least one part of the media industry. This phenomenon of virtual communities and their peer-to-peer services allows participants to manage and distribute music files themselves.
3
Communities as a model for content management on the Internet
In this chapter, we describe virtual communities, their functions, and their role as a business model for community management. First, we take a closer look at the prerequisites for the development of these communities, the development of multidirectional communication, and peer-to-peer architectures, that have evolved because of the interactive technology of the Internet. On this foundation, we describe virtual communities, their functions, and the business model “virtual community” in more detail.
166
The Community Model of Content
As Timmers (Timmers, 1998), we consider a business model to be (1) an architecture for the product, services and information flows including a description of the various business actors and their roles and (2) a description of the potential benefits for the various business actors and their roles; and (3) a description of the sources of revenues. Timmers considers “Virtual Community” to be a business model in electronic markets and he characterizes this model in the following manner, “The ultimate value of virtual communities [comes] from the members (customers or partners) who add their information ... “.
Figure 1: Interaction models Mass communication uni-directional
Mass customization interactive
Community multi-lateral C
C
C
C
C
C P/I
P/I
P/I C
C
C
C
C
P/I: Producer/Inter
3.1
C: Consumer
C Exchange
System architectures and business models – infrastructures for communities
The information and communication technology of the Internet provides platforms to create content as described above. On these platforms, interaction is part of the creation of content and of its economic value. Three basic architectures for interaction can be differentiated (cf. Fig. 1). In mass communication, the traditional model of the media industry, communication is unidirectional. Content is produced and distributed to the consumers through channels, which allow hardly any feedback or consumer contribution. Easier and less costly interaction through the medium of the Internet has changed this transactional model profoundly. In mass customization, communication channels are interactive – content can be exchanged between consumer and producer/intermediary rather than transmitted from
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Johannes Hummel & Ulrike Lechner
producers to consumers. In mass customization, a little feedback from the consumer enables the producer/intermediary to tailor the communication to the individual consumer. However, there is information and communication asymmetry. One of the parties, typically the producer or intermediary, has more information than the other communication partners do. This asymmetry decreases in the community model, as all interaction partners are able to communicate with each other. Information and communication technology refers to this architecture as peer-to-peer. All members of the community are able to participate in communication on an equal basis, i.e., as peers. Internet has a peer-to-peer architecture in the sense that every participant may initiate communication to anybody connected to this network. The World Wide Web and its technology allow everybody to publish and retrieve information from the Internet. The interest in peer-to-peer architectures has recently surged with services that facilitate transactions on a peer-basis on the Internet. Currently, the predominant transaction on peer-to-peer architectures is the sharing of files (e.g., gnutella), and of storage or processing capacity (cf. seti@home). Uni-directional, interactive and multilateral communication channels induce new architectures for the distribution of information. Characteristic of unidirectional communication channel is a client-server architecture with a powerful server that manages information, its f low, coupled with weak clients. In the interactive communication channel, the position of the clients is strengthened relative to the position of the server. The community model of computing induces a way of transaction and computation where all participants interact on an equal basis with respect to communication and computation. Information and communication technology provides novel means to gather, process, distribute, and communicate information and content. Depending on their abilities for information processing and communication, this technology allows the consumers to become peers in the creation, sharing, and management of common content. In business, such a communication design is often referred to as a “community”. However, what is a community all about?
3.2
Communities and the role of content
The term “virtual community” has established itself for communities in which electronic media facilitates communication, in particular, for communities where interaction takes place on the Internet. (cf. e.g. (Rheingold, 1993). Online community is a synonym for “virtual community” (cf. e.g., (Schubert, 1999)). Over time, various aspects of virtual or online communities have been discussed in literature: social, political, and economic aspects. As this discussion has taken place, the perception of virtual communities has changed from a social phenomenon to a valid business model (cf. (Hummel and Lechner, 2000)).
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The Community Model of Content
The creation of economic value in this business model results from the content and knowledge, the participants bring into the community (Timmers, 1998). The members of a community may contribute to the creation of economic value with various kinds of contributions: information, product reviews, recommendations, pieces of music, files to be shared. The community contributes pieces of content similar to the contents produced by the media industry. Virtual communities, however, provide the social and economic environment that meets human needs and the content that these communities produce can hardly be separated from this context. Virtual can be viewed through a sociological, economic, or technological prism. The first sociological definitions came from Taylor and Licklider who saw the community potential of electronic networks in 1968. They described their vision of a virtual community as “...in most fields they will consist of geographically separated members, sometimes grouped in small clusters and sometimes working individually. They will be communities not of common location but of common interest...” (Licklider and Taylor, 1968). Probably the definition of Howard Rheingold (Rheingold, 1993) is the best known. He defines virtual communities as purely related to the Internet. From his point of view, virtual communities are “...social aggregations that emerge from the Net when enough people carry on those public discussions long enough, with sufficient human feeling, to form webs of personal relationships in cyberspace” (Rheingold, 1993). Later, he also emphasizes the importance of the connection between real and virtual communities. Due to his experience with the virtual community “The well” (well.com), he sees communities as “....a group of people who may or may not meet one another face-to-face, and who exchange words and ideas through the mediation of computer bulletin boards and networks” (Rheingold, 1994). Godwin and Jones construct their argument in a similar manner. Godwin is of the opinion “...but in cyberspace, increasingly, the dream is not just “owning a house” – it’s living in the right neighbourhood (Godwin, 1994)”. Jones even speaks of “virtual settlement (Jones, 1997)”. Figallo later stesses the meaning of common values writing “...according to that definition, members of a community feel a part of it. They form relationships and bonds of trust with other members and with you, the community host. Those relationships lead to exchanges and interactions that bring value to members” (Figallo, 1998). From the view of computer-mediated-communication, the most important elements of a virtual community are shared resources, common values, and reciprocal behaviour. Whittaker et al. write in their definition “... members have a shared goal, interest, need, ... engage in repeated, active participation, ... have access to shared resources, ... reciprocity of information, ... shared context of social conventions ...”(Whittaker et al. 1997). Preece extends this view to include the necessity of common rules “... an online community consists of: People, who want to interact socially ... , a shared purpose ... that provides a reason for the community, policies ... that guide people’s interactions (and) computer systems, to support and mediate social interaction ...” (Preece, 2000).
169
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
Hagel and Armstrong were the first who broke with the view of virtual communities as sociological phenomenon (Hagel III and Armstrong, 1997). They see in virtual communities a business model, which uses the possibilities of communication on the Internet to create electronic marketplaces and to increase customer loyalty. Referring to Rheingold they define virtual communities “... but virtual communities are more than just a sociological phenomenon. What starts off as a group drawn together by common interests ends up as group with a critical mass of purchasing power, partly thanks to the fact that communities allow members to exchange information on such things as a product’s price and quality” (Hagel III and Armstrong, 1997). Virtual communities are socio-economic business models. Regarding their economic functions, commercially-oriented virtual communities can contain all economic functions that are part of other Internet-intermediates. Beyond the function of intermediary, virtual communities also allow interaction between all participants – consumers, manufacturers, and third parties (e.g. associations). All of them benefit from a higher transparency with respect to the market and products and from a tremendous increase in the amount of available knowledge. The social function of a virtual community above all offers its members a familiar home. The sustainable acceptance of the community through its members and, linked to this, the surveillance of the community, are very much related to the ability of the community to fulfill this function. Second, it sometimes contains political functions. The influence of well-organized virtual communities on the development of politics and society can already be seen. The influence and its potential is based on the bundling and organization of single interests.
Figure 2: Communities, their platforms and content
Communities as business model
Games
Interest
Business to Business
Business to Consumer
Consumer to Consumer
fantasy-games artificial environments
forums to share common interest, i. e. to to share information and to discuss
platforms to share common knowledge and increase efficiency
platforms to buy goods in a trustworthy environment
platforms to exchange and trade goods between individuals
Communication
Transaction
Today, the business model of virtual communities is well differentiated. Fig. 2 provides an overview of the kinds of commercially relevant communities and their content. We distinguish game communities, communities of interest, business-to-business commu-
170
The Community Model of Content
nities, business consumer communities, and consumer to consumer communities. The purpose of gaming communities is to play in interactive and artificial environments with other members. Communities of interest are forums for meeting people and interacting with them about a common interest. In Business-to-Business communities, people of the same profession meet each other, interact on business-related issues, and carry out transactions regarding their business. Business-to-Consumer communities create a trustworthy environment where consumers are more willing to buy from the shop(s). Finally, in Consumer to Consumer communities, individuals exchange and trade goods amongst each other without a commercial intermediary. In all of these kinds of communities (depicted in Fig. 2), content plays a role. In gaming communities, participants create content by way of “real” goods, as they explore resources, deal with each other, or build their houses. In communities of interest, the participants use the forum to exchange thoughts or news. They contribute their own content and react to content brought in by others. In all transaction-oriented communities (business-tobusiness, business-to-consumer, and consumer-to-consumer) we find two kinds of content. The first one is information, such as news or files, which are shared or exchanged between all participants. In this way, content has the economic characteristics of an information good. The second kind of content are recommendations, reviews, ratings of buyers and sellers, and participants of chats. They help to create a social and economic environment that facilitates transactions through the building of trust and reducing complexity and transaction costs. Communities create extra value through combining both kinds of content. Content has, therefore, different meanings in these business models. It can be managed by all different participants of the community as well as by the technology itself (cf. for the services (Stanoevska-Slabeva and Schmid, 2000)). All participants can create or exchange content within the community. Additionally, technology plays an increasingly important role in the creation of content, for example the recommendation services of many online shops. The medium observes the transactions of participants, detects the social structure in terms of profiles and interests, and communicates the respective recommendations regarding which goods to buy. The exchange of information on books relevant for a particular customer segment is done fully automatically. Most likely, such communication does not meet the need for social relationships and this interaction may not foster trust. Similar to consumer contributed reviews, the recommendation provides information about relevant and good books – based on the assumption that good books eventually are bought by more consumers. Thus, concerning the creation of content, a distinction can be made. On the one hand, there are communities where most of the information results from the interaction of the participants. On the other hand, there are communities where most of the information created results from the ability of the technology to observe, evaluate, and communicate the behavior of the participants. Most likely, the relevance of communities in which interaction is done by means of the medium will increase with the number of customers online and the accompanying decrease in computer proficiency. Such a 171
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
computer generated interaction has also the advantage that all community members contribute and share the same information (cf. Sect. 4.2). Note that active contributions are typically done by a limited number of participants. Moreover, these computer intermediated communities have the potential for communities that differ from their offline counterparts – they have the potential to establish new structures such as a profile and interest structures of communities. As shown above, content in communities can be created and managed by all participants and this has social, political, and economic implications. In the following section, we focus on consumer-to-consumer communities based on peer-to-peer technology. We illustrate with the example of the music industry what different kinds of the virtual community model have occurred and how they changed the value chain of this industry. These changes have resulted in new possibilities of managing the most important content of this industry – music files. It is accompanied by a shift of power from the traditional media industry to third party services and consumers.
4
Case – Content Management in the Music Sector
Over the past few years, a variety of new models for content management in the music industry have been implemented on the Internet. MP3.com, Napster.com, and gnutella are examples for services for on line content management. In this section, we discuss their architectures for the creation of economic value through content management and explore the trend toward a community model for content management. We consider, in Sect. 4.1, the infrastructure and the business model for content management. We first consider the system architecture (Sect. 4.1.1) and then discuss the value chain with actors, roles, and the interaction on these architectures (Sect. 4.1.2). The first part of the case study examines the interaction infrastructure of the models for community management and the processes and interaction in content management. Then, we discuss the impact of content management on the social systems and on the individual participating in the social system (Sect. 4.2).
4.1
Four models of content management
The four models and their system architectures are: (1) The traditional business models of the music industry (2) mp3.com as a client-server architecture (3) napster.com as 172
The Community Model of Content
a combination of client-server and peer-to-peer architecture and (4) peer-to-peer architecture.
4.1.1
System architectures
The system architecture with components and the type of interaction channels distinguish the technology of content management. These four architectures are depicted in Fig. 3. We observe that a client-server with bi-directional communication channels accompanies the classic architecture of the traditional music industry with unidirectional communication channels. The consumers and artists communicate with the service – the server MP3.com holds most of the data. MP3.com is an example of implementation of this architecture. Napster.com exemplifies a combined client-server with peer-to-peer architecture. Further on, there are pure peer-to-peer architectures. Gnutella is one example of an implementation of such a peer-to-peer architecture.
Figure 3: System architectures for content management in the music industry Hierachy Asymmetry
Traditional C A
MP3
C M
A
A C
A
C
C M
C
C control
Napster A
C C
C
gnutella
M C
C C
A
A
C
C A
Selforganization Symmetry
C
time A: Artist
M: Music Industry
C: Consumer
Interaction
The hierarchical model, where the music industry had a strong position is being challenged by novel architectures that follow the community paradigm, i.e., with self-
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Johannes Hummel & Ulrike Lechner
organization and symmetric positions of all actors involved in the creation and consumption of contents. These architectures reflect the actors and their infrastructure involved in content management. They allow the actors to manage content in various ways throughout the whole value chain. Subsequently, we analyze the value chain and the processes of content management in more detail and again compare the various models.
4.1.2
Value Chain and Communication Design
In terms of value creation, we distinguish seven steps in the value chain and a respective communication model. There are also seven steps in the traditional uni-directional value chain of the music industry. The artist is responsible for the creative part, the idea. The contents are established. Artists and music industry work together. Then, the product is packaged, marketed, copied, and distributed. The music industry controls these stages in the creation of economic value. The role of the consumer consists of purchasing the product. This value chain is depicted as the classical value chain of the music industry in Fig. 4 below. The novel services for content management – MP3, Napster and gnutella – implement these steps in the value chain in a different ways. Each service is briefly introduced. Then, its value chain, as depicted in Fig. 4, is analyzed. MP3.com considers itself an online repository of the users’ music files to facilitate access to that music from everywhere on the Internet (source: www.mp3.com). Users are allowed to upload pieces of music up to a certain extend and rent further storage capacity if necessary – or identify themselves in the so-called beamer services as owners of a carrier (CD) for some piece of music. Each user has an account that allows access the pieces of music online. Access to music is granted via Internet technology and general browsers of all kind. MP3 gives unknown artists the opportunity to release a CD online and offers to produce, ship, and offer CDs on demand. The artist sets the price and receives up to 50% of the revenues. MP3 offers a matching or recommendation service that points out artists and music to match an individual’s profile. In addition, MP3 offers various services of community interaction, since the architecture is client-server based. The client has files, registry and, because of the community services of recommendations and interaction, all information about the consumers and the artists. In terms of the value chain, the consumers, service, and artists contribute mp3 files. The service of MP3.com contributes the storage space for content and some means to structure and organize access to content, for example search engines and directories. The consumers is also doing some kind of marketing through reviews and a recommendation service for peer groups (but of course the main parts are still done by the
174
The Community Model of Content
music industry). MP3.com structures and organizes those contributions. They play an essential role for the distribution part of the value chain. MP3.com again just organizes this. Thus, MP3 implements three steps in the value chain in a different way: the production of contents, the marketing, and the distribution. In all three cases, the consumers assume some role for production for content – Mp3.com provides the means for structuring and organizing and allows for some interrelationship between community and contents. However, only the step of marketing follows a community architecture. Only at this step of the value chain do the community members interact following a community model. The implementation of the other “novel” implementation follows patterns that are more similar to the original model of the value chain.
Figure 4: Value chains in the music industry Hierachy Asymmetry
Artist
Idea
Cont Cont
Music Industry
Prod
Mark
Mult
Dist Buy
Consumer Artist
Cont Cont
Consumer
Cont
Prod
Cont
Prod
Consumer
Cont
Idea
Mark
Mult
Mark
Cont
Artist
Idea
Prod
Napster
Artist
Self-organization Symmetry
Idea
Mp3
Dist Dist
Mark
Mult
Dist
Mark
Mult
Dist
Cont
Prod
Gnutella
Cont
Prod
Mult
Dist
Consumer
Cont
Prod
Mult
Dist
Step in the value chain Contribution
Organisation and Contribution
Buy
Buy
Buy
Organisation
Napster.com considers itself “the world leading file sharing community” (source napster.com). The server Napster.com offers a directory of lists of files to be shared and software to participate in the community. Each Napster client offers mp3 files in a dedicated folder on the hard-disk to be shared with the community and allows registration of those files in the central directory. To search a file, the Napster client accesses the server and its directory of files at napster.com. Swapping of files takes place following a peer-to-peer architecture. Napster.com offers interaction services and a recommendation service. 175
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
Napster.com has all the information necessary for community management. Every member of the community contributes content, storage facilities for files, and digitized profiles. The Napster clients are, in turn, servers for the swapping of files. In terms of the value chain depicted in Fig. 4 the service itself is involved in the marketing, copying, and distribution of the titles. The decision of a consumer to download (buy) a mp3 file influences the marketing implemented in a recommendation service. This dependency is represented as backwards arrows in Fig. 4. Note that consumers themselves provide the resources for multiplication and distribution and trigger multiplication and distribution. This is also depicted as backwards arrows. When compared to the traditional model, Napster implements four steps of the value chain in a novel way: production of contents, marketing, distribution, and copying. More steps of the value chain follow a community model – it is the community which contributes as peers to marketing, multiplication, distribution, and contents and each step follows a community architecture. Moreover, Napster has features such as buddy lists and allows for blocking of certain users – such that the social aspects of a community and the content management within this community are more interrelated. Thus, the architecture of the value chain of Napster is more peer-to-peer and the social function of community spills over to content management. Gnutella is a file-sharing application without any central structure. It is widely used to swap any kind of file. Gnutella clients form a self-organizing net of peers. To join the net, a client has to know at least one single gnutella client. Searching for files and swapping of files are exercised in a peer-to-peer architecture. A gnutella client is client and server for files. It offers all files in a dedicated directory to be shared on the net; and each client-server swaps files, searches for files, and requests files. There is no central service. Gnutella clients do not offer any community building services, as e.g., communication or recommendation services, i.e. there is no marketing step in gnutella’s value chain. The value chain of gnutella shows that – apart from marketing – all steps in the value chain of the music industry have been taken over by the consumers. They contribute the content, replication and distribution (by their decisions to upload and download music). The service just facilitates all these interactions by the consumers. Let us briefly mention the revenues for the artists to illustrate how they can profit from these new implementations. The business models are quite different from the traditional one of the music industry. In the business model of the music industry, the artist receives approx. 10-15% of the revenues. At mp3 the artist receives up to 50% of the revenues of the CD being sold. This ratio is even more attractive when mp3 files are sold. At riffage.com the artist receives up to 85% of the revenues. (cf. (Haertsch, 2000)). Let us briefly discuss the business models. The position of MP3 seems to be perfect. The server has to be accessed to get files. Community building can rely on data that are known from the individual. However, since community organizing seems to be the
176
The Community Model of Content
main source for revenues, the architecture of Napster appears to be much more efficient. The system architecture ensures that Napster receives all relevant information about the user and their preferences (at least when files are swapped). Community services encourage interaction via Napster (e.g., on the chat). However, gnutella ensures that files can be swapped without having a single point where all information is gathered. Neither the software nor information of the community can generate revenues – the protocols make gnutella a self-organizing system (similar to Usenet). Therefore, there is hardly any ground left for generating revenues. In terms of contents – both the mp3 files and the information about transactions and pieces of music are relevant for content management. In the development of the value chains, we see that various steps are implemented in a peer-to-peer architecture and that the pure content management of the traditional music industry becomes interrelated with the community and its function. The content in the community systems such as Napster or gnutella is inseparable from the community: it is the community that contributes contents, marketing, duplication, and distribution – the server only facilitates and structures the interaction. It is not the pure contents that distinguishes the services – it is the social environment and its organization and the way the environment that is linked with the contents. The developments in this sector are technology driven, but the consumer has an important role: clear incentives motivate consumers to adopt these novel technologies and services. Since content and community, and content management, and community management are becoming increasingly inseparable one may ask how a community evolves using such a service and how individual strategy and community welfare relate to one another. This is discussed in the following section.
4.2
Member and community management
As shown above, all these communities rely on a variety of communication technologies that enables various ways of interaction. Common to all these technologies is the fact that they are network technologies. Therefore, one can expect that these business models are driven by network effects which are due to system feedback and are described in network economics. Positive feedback describes the effect that the strong get stronger and the weak get weaker. Conversely, negative feed-back describes the relationship where the strong get weaker and the weak get stronger (Shapiro and Varian, 1999). When the value of a good or service to one user depends on how many other users there are economists say that this product exhibits network externalities or network effects (Shapiro and Varian, 1999). Network effects are often the result of positive feedback effects.
177
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
As information and communications technology is changing from a technology for information processing to an interactive communication technology, these network effects play a more and more important role. Hagel and Armstrong refer to positive network effects as a major driver for the development of communities (Hagel III and Armstrong, 1997). At first glance, all the four models described above seem to be the same with regards to network effects. The more users such a service has, the more contents it will have, and thus, the more attractive it becomes. A more detailed view on the different technologies and on particular aspects shows however that some of these technologies do also have negative feedbacks. Subsequently, we discuss the relation between a single user’s contribution to the network and the effect that this has for its benefit from the network. One would expect that the architectures that resemble communication networks most closely, i.e. the architectures closer to peer-to-peer architectures, are more likely to exhibit positive feedback effects. We argue that in fact these architectures display negative feedback. In this section, we explore the network effects and consumer benefits for the stages of the value chain of Sect. 4.1.2 contents, marketing, replication/ distribution. Let us consider content and the correlation between the files a user contributes and the benefit a user has from contributing. At MP3.com, the consumer has neutral feedback, while at Napster.com and Gnutella, positive feedback develops through an increase of the number of contributed files. As the number of available pieces of music increases at Napster.com and gnutella, the user benefits from replicating and distributing the content he contributes – all contents a user contributes are stored and available online such that the single user benefits from the storage capacity and the reliability of the network of other users. There is some benefit that exceeds the mere increase of available files by increasing the number of files contributed – although this benefit might be relatively small. At MP3.com the user has exactly those files at his disposal that she stores online – the increase in contribution equals the benefit. We consider this to be neutral feedback. Concerning marketing, the most important features are recommendation services that gather information, establish profiles, and compare systems of profiles. Those services improve with the number of transactions a single user performs and the number of transactions of the whole community. This indicates a positive feedback at MP3.com and Napster.com. Other relevant features are reviews. Moreover, Napster provides means for the users to manage the interactions relations within the community. Napster.com allows a user to govern who may download files from her computer. Many users are willing to share files only with those who also contribute them and the service allows the user to distinguish between those who contribute from those who are sharing-only members of the community. Again, the more information and files a user contributes the better the services become. Both MP3.com and Napster experience positive feedback – the more information and files a user contributes – the better the service works for the individual. In gnutella there is no such benefit, since there is no marketing.
178
The Community Model of Content
In replication and distribution, the feedback is either neutral or negative. Napster and gnutella users do not only share files but also storage capacity and bandwidth. The one who contributes files shares his bandwidth with the users that download files from his computer. The consequence is a negative feedback for the individual user. The more popular files an individual offers, the ones downloading the files consume the more of his bandwidth. Thus, at Napster and gnutella there is negative feedback at this step of the value chain. Empirical studies demonstrate asymmetry in contribution and misleading self-reporting of speed of connection to the Internet so one is not selected as the server for a download (Adar and Huberman, 2000). At MP3, all users share the connection to the server, but not their typically rather slow “last mile”. At MP3.com, the contributions of an individual do not affect replication and distribution – we regard there to be neutral feedback.
Figure 5: Feedback Content
Marketing
Multiplication Distribution
MP3.com
Napster.com
gnutella
Positive Feedback
Neutral Feedback
Negative Feedback
To sum up this analysis, network effects seem to affect all three services for exchange of files, but in fact they do not. Moreover it is contribution of content that makes the least difference between the various services – the users have little positive or neutral feedback there. We assume that users of the services weigh the benefit that they have from using the service as a (distributed) storage device much lower than the negative feedback from distribution and replication. The disadvantage of sharing bandwidth with other users is clear for the one who contributes files. Thus, negative feedback in replication and distribution applying at Napster and gnutella outweighs the positive or neutral feedback of contribution. At gnutella there is nothing that outweighs this feedback effects. The more content one offers and the more users there are in the network, then the more bandwidth gets consumed (cf. (Adar and Huberman 2000)) The growth rate at Napster is high – a clear indicator for positive feedback and network effects. This again is then most likely due to the stage “marketing” and the positive feedback of Napster (and MP3.com) in this stage of the value chain. Moreover, Napster provides means for the management of the negative feedback effect in replica179
Johannes Hummel & Ulrike Lechner
tion/distribution – a user can block certain users (typically the ones who do not contribute themselves) from downloading from her computer. Thus, marketing with reviews and the recommendation services display positive feedback – blocking users helps to manage the negative feedbacks. Marketing and this management of the relationships establish the connection between the contents and the social environment. It is the social environment and the relationship between contents and social environment that differentiates the three services and their feedback effects. The goal must be to design the marketing or community management services so powerful that the positive feedback spills over to the other stages of the value chain. This case illustrates that the management of the content does not differentiate in different services for content management. It is the linkage between "pure" content and user-contributed content, as well as the linkage between content and the social environment that differentiates the services. This analysis illustrates that content management and management of the community are inseparably inter-twined. The technological architecture influences the social structure of the community. The analysis also shows that content, i.e., pieces of music alone do not make up the value of a network. The pure content is embedded in the social structure of the community with profiles, recommendations, reviews, and personal relationships. It is this social structure and the management of the community that distinguishes the services – not the mp3.files.
5
Communities as tool for consumer control
The new characteristics of content in the Internet have at least two consequences for the economics of the value chain. First, the management of content is becoming increasingly important for the creation of value. Second, the new business models allow various new and different ways of managing this content which undermine the power of the traditional players in the markets. Communities and peer-to-peer architectures lead to more equality in terms of contribution and power and between the different actors along the value chain. As the example of the music industry shows, there is a rapid development of various business models in this field, which provide more influence over the management of content to the consumers. The fact that content is digital allows more people to contribute. The fact that content needs to be linked allows for different kinds of contents to be joined and new organizational forms of the content. The fact that it is interactive allows for new ways of interaction among all actors in the value creation. Most important, however, is that content becomes inseparable from the social, political, and organizational environment. The community applies its structure to the content, e.g., in reviews, recommendations or personal interactions and content 180
The Community Model of Content
management influences the social, economic, and organizational structure of any community. Particular to the novel systems is that the community with authors and actors and in particular the consumers that structure and organize the transactions assumes more power in those systems. These developments are driven by technology and the consumers. None of these community models are older than 18 months or two years, but they have already become very popular. However, the novel architectures support much more than just “communication and information” – they are the basis for transaction and organize the community to assume a number of functions the media industry or intermediaries used to occupy. The socioeconomic business model “community” has novel relevance in various application fields. The music sector and in particular the alliance of Napster and Bertelsmann and all the legal approaches to stop the developments illustrate that novel, originally technology-driven designs may change a value chain and a whole industrial sector. However the question is still open, how far the consumer control will really reach in the future. As this paper is written, Napster is turning to a closed commercial community, managed by one of the major media companies – Bertelsmann. From now on, user can still use the peer-to-peer technology. But they now have to pay for this and there are just certain files allowed to be shared. So it looks like, control came back to the industry – Or will it migrate along with the users to other services?
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182
Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner (2004)
Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität – Grenzen vorhandener Ansätze und Vorschlag eines Synthesemodells Thexis, Fachzeitschrift für Marketing der Universität St. Gallen, 21 (3), 2004, S. 2-8
Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
1
Zusammenfassung
Durch die wachsenden Marketingkosten wird der Druck auf Unternehmen, die Produktivität ihrer Marketingausgaben zu messen, immer grösser. Hinzu kommt, dass die hohe Komplexität der Wirkungszusammenhänge eine valide Messung der Marketingproduktivität erschwert. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über vorhandene Theorien und Modelle der Marketingproduktivität und hebt die Beschränkungen der Modelle in der Wertmessung von Einflussgrössen des Kaufverhaltens hervor. Auf diesen Überlegungen aufbauend, stellen die Autoren ein Synthesemodell vor, das finanzielle Wertgrössen für Einflussfaktoren liefert und den geschaffenen Mehrwert von Marketingmassnahmen beziffert.
2
Einleitung
Seit den 1950er-Jahren sind die Kosten für Marketing permanent gestiegen. Im Gegensatz dazu verringerte sich im selben Zeitraum der Anteil der Kosten für Produktion, Forschung und Entwicklung an den Gesamtkosten stetig (Sheth/Sisodia 1995, S. 10). Vor diesem Hintergrund wachsender Marketingkosten gewinnen die Messung der Marketingproduktivität und die Allokation des Marketingbudgets an Bedeutung. Vorliegende Modelle zur Messung der Marketingproduktivität weisen jedoch Beschränkungen auf, was den finanziellen Wert wichtiger Wahrnehmungsgrössen wie zum Beispiel Bekanntheit und Sympathie betrifft. Die heutige Marketingpraxis ist mit Veränderungen der Marktbedingungen konfrontiert, die eben diese verhaltenswissenschaftlichen Einflussgrössen zu einem immer kritischeren Faktor für den Markterfolg machen. In der Folge nehmen Massnahmen des Marketing, die eine Investition in diese Wahrnehmungswerte darstellen, in Anzahl und Umfang zu. Die Profitabilität dieser kommunikativen Marketingmassnahmen, im Sinn ihres finanziellen Wertbeitrags im Verhältnis zu ihren Kosten, bleibt dabei in weiten Teilen intransparent. Dieser Umstand führt zu einer ineffizienten Unschärfe, was die günstigste Grösse und die optimale Allokation des Marketingbudgets angeht. Insbesondere für kommunikative Marketingmassnahmen, die auf Wahrnehmungsgrössen wie Sympathie und Bekanntheit zielen, kann man den relativen Wertbeitrag nicht in finanziellen Grössen angeben. In einer Aufmerksamkeitsökonomie kann die momentane Situation rasch zu Fehlentscheidungen führen: Unternehmen investieren zu wenig, weil sie die Bedeutung der Marktwahrnehmung unterschätzen, oder sie investieren zu viel, da sich der
184
Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
erzielbare Wertbeitrag nicht exakt beziffern lässt. Hinzu kommt die Möglichkeit, an den falschen Stellen zu investieren – keine unrealistische Gefahr, wenn man bedenkt, dass die Aufmerksamkeit für Werbe- und Markenbotschaften seit Jahren sinkt. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über vorhandene Theorien und Modelle zur Messung der Marketingproduktivität und es werden die charakteristischen Vorund Nachteile von aggregierten Marktreaktionsmodellen und disaggregierten Konsumentenverhaltensmodellen herausgearbeitet. Auf diesen Überlegungen aufbauend, wird ein Synthesemodell vorgestellt, das die Herangehensweisen beider Modelltypen kombiniert, um finanzielle Wertgrössen für Einflussfaktoren wie Sympathie und Bekanntheit zu liefern und den geschaffenen Mehrwert von Marketingmassnahmen zu beziffern.
3
Theorien und Modelle zur Marketingproduktivität
Forscher und Praktiker befassen sich schon seit mehr als fünf Jahrzehnten mit der Problematik, Marketingproduktivität messbar zu machen. Der Begriff Marketingproduktivität wird dabei meist sehr offen definiert als das Verhältnis von Marketinginput zu Marketingoutput (Sevin 1965). Als Einstieg in die Thematik folgt ein kurzer Überblick über die Forschungsrichtungen im Bereich der Marketingproduktivität entlang deren chronologischer Entwicklung. Die anschliessend vorgestellte Gliederung von Modellen der Marketingproduktivität soll als Grundgerüst für die Darstellung der nachfolgenden Theorien und Modelle dienen.
3.1
Überblick über Forschungsrichtungen der Marketingproduktivität
In seiner Darstellung der chronologischen Entwicklung der Marketingproduktivitätsforschung unterscheidet Daum (2001, S. 10) zwischen der ökonomischen Forschungsrichtung und dem Forschungsbereich des Marketingcontrollings. Der ökonomische Forschungskomplex gliedert sich weiter in eine makroökonomische und eine mikroökonomische Forschungsrichtung. Ökonomische Forschung: Frühe Beiträge zur Marketingproduktivität basieren vorwiegend auf dem «makroökonomischen Ansatz». Marketing bezieht sich dabei vor allem auf die Distributionsfunktion. Die Produktivität berechnet sich ausschliesslich auf
185
Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
Basis finanzieller Mengengrössen. Datensätze, die den Modellen zugrunde lagen, sind Statistiken der öffentlichen Verwaltung. Vor diesem Hintergrund hatten diese Messungen wenig Bezug zur unternehmerischen Realität und bieten kaum eine Grundlage für unternehmerische Entscheidungen (Daum 2001, S. 10). «Mikroökonomische Ansätze» umfassen finanzielle, nichtfinanzielle und empirische Modelle. Ursache für die Entwicklung von «finanziellen Modellen» in den 1960erJahren waren stark gestiegene Marketingkosten. Die entsprechenden Verfahren berücksichtigen hauptsächlich marketingrelevante Kosten und setzen diesen Erträge gegenüber. In den 1980er-Jahren versuchte man mit dem Einbezug nichtfinanzieller Variablen der zu starken Fixierung auf Umsatz und Kosten entgegenzutreten. Bei nichtfinanziellen Modellen werden zusätzlich weitere Formen des Marketinginputs und des Marketingoutputs einbezogen. Zentral sind dabei die Faktoren Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. «Empirische Modelle» messen die Marketingproduktivität auf Basis umfassender empirischer Erhebungen und mittels statistischer Verfahren. Marketingcontrolling: Während die ökonomische Sichtweise der Marketingproduktivität von der angelsächsischen Literatur geprägt ist, wird Marketingcontrolling vorwiegend in deutschsprachigen Publikationen diskutiert. Im Gegensatz zur ökonomischen Sicht mit einer hauptsächlichen Fokussierung auf Einzelaspekte wird in der Marketingcontrolling- Literatur die Messung der Marketingproduktivität mit einem ganzheitlichen Ansatz angegangen. Im Zentrum der Forschung des Marketingcontrollings steht die Entwicklung von Kennzahlensystemen zur Messung einer Vielzahl von Aspekten der Marketingproduktivität.
3.2
Gliederung von Marketingwirkungsmodellen
In der Literatur wird grundsätzlich zwischen aggregierten Marktreaktionsmodellen und disaggregierten Konsumentenverhaltensmodellen unterschieden (Morgan et al. 2002; Vakratsas/ Ambler 1999) (Abbildung 1). Aggregierte Marktreaktionsmodelle messen ausschliesslich die Wirkungszusammenhänge der Kosten bestimmter Marketingmassnahmen mit monetären Outputgrössen. Disaggregierte Konsumentenverhaltensmodelle ziehen weitere Stufen zwischen Marketinginputgrössen und monetären Outputgrössen mit ein.
186
Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
4
Aggregierte Marktreaktionsmodelle
Marktreaktionsmodelle bilden die Zusammenhänge zwischen aggregierten Inputgrössen des Marketing und zusammengefassten monetären Outputgrössen des Kaufverhaltens ab. Marktreaktionsmodelle sind überwiegend stufenfreie mathematische Messmodelle. Die Zusammenhänge berechnen sich vorwiegend mittels ökonometrischer Modelle und regressionsanalytischer Verfahren. Marktreaktionsmodelle lassen sich auf Basis der verwendeten Datengrundlage weiter in Messmodelle mit «aggregierten Daten» und in solche mit «individuellen Daten» klassifizieren (Vakratsas/Ambler 1999, S. 28). Herkömmliche ökonometrische Messmodelle der Marketingproduktivität messen Wirkungszusammenhänge mit aggregierten Daten und ermöglichen Aussagen auf einer höheren Ebene über Wirkungszusammenhänge über die Zeit. Scannerdaten oder Single-Source-Daten gestatten mit dem Einsatz elaborierter ökonometrischer Berechnungen die Messung von Wirkungszusammenhängen auf der Ebene individueller Haushalte. Die Messung der Produktivität von Marketingmassnahmen auf Basis aggregierter Daten erklärt vorwiegend die Effekte der Inputvariablen (Marketingkosten, Werbung, Preis, Promotion, Tausenderkosten) auf die Outputvariablen (Abverkaufszahlen, Marktanteil, Cash Flow, Shareholdervalue). Erfolgt die Produktivitätsberechnung auf Basis von individuellen Daten, werden Wirkungen von personen- oder zielgruppenbezogenen Kosten (Werbeausgaben pro Konsument, Promotionskosten pro Konsument, Bruttoreichweiten per Haushalt etc.) auf individuelles Kaufverhalten (individuelle Käufe, Loyalität etc.) analysiert.
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Disaggregierte Konsumentenverhaltensmodelle
Disaggregierte Konsumentenverhaltensmodelle bilden den Effekt von spezifischen Marketingmassnahmen auf verschiedene Stufen individueller menschlicher Reaktionen auf kognitiver, emotionaler und konativer Ebene ab (Vakratsas/Ambler, 1999) (siehe Abbildung 1). Bei Konsumentenverhaltensmodellen wird unterschieden zwischen hierarchischen Effektmodellen, integrierten Modellen und nicht-hierarchischen Modellen. Hierarchische Effektmodelle postulieren eine klar vorgegebene Sequenz der Abfolge von kognitiven, emotionalen und konativen Reaktionen. Das bekannteste hierarchische Effektmodell ist das AIDA-Modell (Attention-Interest-Desire-Action). Empirisch konn-
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Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
te eine hierarchische Sequenz in dieser Form jedoch nicht nachgewiesen werden. Integrierte Modelle oder nichthierarchische Modelle erklären individuelles Verhalten besser (Esch 1999; Kroeber-Riel/Weinberg 2003). Bei beiden Formen ist die Abfolge von verschiedenen Reaktionsausprägungen nicht strikt vorgegeben und wird in Abhängigkeit des Modells durch weitere Kontextfaktoren bestimmt. Inputfaktoren der Konsumentenverhaltensmodelle können einerseits ebenfalls Marketingkosten umfassen. Zusätzlich ist es mit diesen Modellen möglich, die Wirkung qualitativer Aspekte, wie Art oder Qualität der Werbung etc., abzubilden. Die Messungen umfassen die Stärke und Art des Zusammenhangs der genannten Inputfaktoren mit Outputfaktoren wie Aufmerksamkeit, Erinnerung, Attraktivität, Einstellung, Kaufabsicht und Kaufverhalten. Erhoben werden diese Daten häufig mittels Konsumentenbefragungen.
Abbildung 1: Marktreaktionsmodelle und Konsumentenverhaltensmodelle
AGGREGIERT
Art der Modelle
Market response
INPUT (Stimulus)
KOSTEN
Organismus
Output (Response)
keine vermittelnden Stufen
GEWINN/ MARKTANTEIL etc.
KOGNITION
Hierarchische Modelle
INPUT
Output (Kaufverhalten)
AUFMERKSAMKEIT EMOTION
DISAGGREGIERT
KOGNITION
Integrative Modelle
INPUT
AUFMERKSAMKEIT
EMOTION
Hierarchie frei
EMOTION
KOGNITION
INPUT
AUFMERKSAMKEIT
188
Output (Kaufverhalten)
ERFAHRUNG
ERFAHRUNG
Output (Kaufverhalten)
Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
6
Beurteilung der Modelle zur Marketingproduktivität
Beide vorgestellten Modellformen haben spezifische Eigenschaften. Nachfolgend sollen die Vor- und Nachteile der beiden Formen einander gegenübergestellt werden (vgl. auch Tabelle 1). Beurteilung der Messung der Marketingproduktivität mittels Marktreaktionsmodellen: Durch die Messung der Marketingproduktivität mit klar quantifizierbaren monetären In- und Outputgrössen wird das Messresultat zum einen objektiv überprüfbar. Zum anderen sind monetäre Messergebnisse eindeutig vergleichbar mit anderen Produktivitätsmessungen. Somit lassen sich Messergebnisse leichter interpretieren, und die Wirkung von Marketingmassnahmen lässt sich einfacher kommunizieren. Diesen Vorteilen steht die Tatsache gegenüber, dass verhaltenswissenschaftliche Grössen bei Marktreaktionsmodellen nicht oder unzureichend berücksichtigt werden (Sheth/Sisodia 2002). Die Wirkungszusammenhänge zentraler Variablen des Verhaltens wie Verständlichkeit und Attraktivität der Werbung, emotionale Reaktion, Erfahrungen und Einstellungen mit Verkaufszahlen, Markenwahl, Wiederkaufsverhalten oder Cash Flow können mit diesen Modellen nicht erklärt werden. Beurteilung der Messung der Marketingproduktivität mittels Konsumentenverhaltensmodellen: Wirkungsmessungen auf Basis disaggregierter Konsumentenverhaltensmodelle geben im Gegenzug dazu differenziert Aufschluss über die Wirkung bestimmter Marketingmassnahmen auf verhaltenswissenschaftliche Einflussgrössen. Wirkungen spezifischer quantitativer und qualitativer Faktoren auf kognitive, emotionale und teilweise auch konative Outputgrössen können dadurch gemessen werden. In der Marktforschungspraxis können jedoch häufig die relevanten Zusammenhänge zwischen Wahrnehmungsgrössen wie Aufmerksamkeit und Sympathie sowie tatsächlichem Kaufverhalten aus Praktikabilitätsgründen nicht gemessen werden. Unter anderem aufgrund von Zeitunterschieden zwischen den unmittelbaren emotionalen und kognitiven Wirkungen der Marketingmassnahmen und dem tatsächlichen Kaufverhalten ist es schwierig, dieses zu erheben.
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Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
Tabelle 1: Beurteilung der Marketingproduktivitätsmodelle Beurteilung Modell
Vorteile
Nachteile (Einschränkungen)
Aggregierte Marktreaktionsmodelle
- Liefern finanzielle Wertgrössen für die Veränderung der Output-variable Kaufverhalten
- Keine Messung verhaltenswissenschaftlicher Einflussgrössen wie Aufmerksamkeit und Sympathie
Disaggregierte Konsumentenverhaltensmodelle
- Präzise Messung verhaltenswissenschaft-licher Einflussgrössen wie Aufmerksamkeit und Sympathie
- Keine Ermittlung finanzieller Wertgrössen - Meist kein Bezug zu tatsächlichen Kaufverhalten gemessen
7
Wahrnehmungswerte – wachsende Bedeutung als knappe Ressourcen und Vermögenswert
Aufmerksamkeit und der emotionale Vorrat an Sympathie im Markt sind begrenzte Ressourcen. Diese Einflussgrössen des Kaufverhaltens können zwar ständig neu verteilt, akkumuliert und sogar weitergegeben werden, aber ihr individueller und gesellschaftlicher Vorrat ist zumindest mittelfristig als begrenzt anzusehen. Durch die gegenwärtigen Merkmale der Marktkommunikation wird die Erzeugung von Aufmerksamkeit und Sympathie für Produkte immer aufwändiger, das heisst, die diesbezügliche Kommunikation mit Zielgruppen gestaltet sich zunehmend kleinteiliger, anspruchsvoller und damit teurer. Die Gründe für diese Entwicklung sind unter den Stichworten Aufmerksamkeitsökonomie und Verlagerung des Wettbewerbs von der Produkt- auf die Kommunikationsebene (Davenport/Beck 2001; Gabaix et al. 2003) beschrieben: Die Menge an Produkten und Marketingbotschaften innerhalb eines Markts nimmt zu. Dieser Umstand erklärt das Phänomen einer zunehmenden Anzahl von Marketingbotschaften, die um Aufmerksamkeit konkurrieren und Sympathie herstellen möchten. Blickt man nicht ausschliesslich auf die Marktkommunikation, sondern bezieht die Entwicklungen gesamtgesellschaftlicher Kommunikation mit ein, dann konkurriert
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Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
die eine Marketingbotschaft nicht nur mit einer anderen, sondern sie ringen mit allen anderen Kommunikationsinhalten um das Zeitbudget des Rezipienten. Neben den Marketingbotschaften nehmen auch Nachrichten, Unterhaltungsinhalte und vermittelte interpersonale Kommunikationsinhalte weiter zu. Das Gleiche gilt für Medien- und Kommunikationskanäle, deren Anzahl ebenfalls weiter anwächst. Hinzu kommt, dass der Wettbewerb um Aufmerksamkeit nicht nur quantitativ hinsichtlich der Quellen und Botschaften zunimmt, sondern zudem auf einem immer professionelleren Niveau ausgetragen wird.
8
Wahrnehmungswerte als Schwäche vorliegender Modelle der Marketingproduktivität
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist die bereits erzielte Bekanntheit und Sympathie eines Produkts im Markt immer mehr wert und die Fähigkeit, diese Einflussgrössen herzustellen, wird immer bedeutsamer. Wahrnehmungswerte sind Vermögenswerte. Der wachsende Anteil von Markenwerten an Unternehmenswerten ist ein Indikator dieses Zusammenhangs. Es ist offensichtlich, dass Einflussgrössen wie Aufmerksamkeit und Sympathie eine Conditio sine qua non für jeglichen Entscheidungsprozess darstellen. Vereinfacht ausgedrückt: Ein Produkt, das niemand kennt, kann keiner kaufen. Investitionen in diese Vermögenswerte sind mit grosser Unsicherheit belastet. Der Mehrwert, der von Marketingmassnahmen durch eine Veränderung der Wahrnehmungswerte generiert wird, ist nicht kalkulierbar: Weder der Gegenwert von Wahrnehmungswerten wie Aufmerksamkeit oder Sympathie kann vor einer Marketingmassnahme mit bisherigen Ansätzen klar dargestellt werden, noch ist der durch die Massnahme geschaffene Mehrwert finanziell quantifizierbar. Kosten und Nutzen von alternativen Marketingmassnahmen sind dadurch nicht vergleichbar und der Return on Investment (ROI) bleibt verborgen. Wie in Abschnitt 3 aufgezeigt, liefern aggregierte Ansätze der Marketingproduktivität finanzielle Grössen für die Veränderung der Outputvariable Kaufverhalten. Diese Modelle messen jedoch keine verhaltenswissenschaftlichen Einflussgrössen. Solche Konstrukte wie Aufmerksamkeit und Sympathie werden dagegen präzise durch disaggregierte Ansätze in ihrer Veränderung durch eine kommunikative Marketingmassnahme beschrieben. Diese disaggregierten Modelle liefern jedoch keine finanziellen Kennziffern, die nötig wären, um die Effektivität und die Effizienz einer Marketingmassnahme zu beurteilen. 191
Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
Durch eine geeignete Kombination beider Ansätze lassen sich unseres Erachtens Fragen nach dem finanziellen Wert von Wahrnehmungsgrössen beantworten. Darauf aufbauend sind dann deskriptive und explizierende Aussagen über den Wertbeitrag von kommunikativen Marketingmassnahmen möglich.
9
Ein aggregiertes/disaggregiertes Synthesemodell für die Untersuchung und das Management von Wahrnehmungswerten
Daher liegt eine Synthese beider Ansätze nach folgendem Zuschnitt nahe: Ausgangspunkt bildet ein Modell, das die unterschiedlichen Wahrnehmungsstufen entlang des Kaufprozesses abbildet – vom potenziellen Konsumenten, der das Produkt nicht kennt, bis zum loyalen Kunden, der sich fest für das Produkt entschieden hat (vgl. z. B. Caspar/Metzler 2002; Vakratsas/Ambler 1999). Der damit verbundene Wahrnehmungswert lässt sich in vier Schritten ermitteln (vgl. Abbildung 2): Zunächst erhebt man, zum Beispiel mithilfe einer Befragung, wie sich die Menschen im Markt auf verschiedene Wahrnehmungsstufen verteilen. Hier kann man je nach Marktbesonderheiten und forschungsökonomischen Überlegungen beliebig stark differenzieren. Die Menge an Wahrnehmungsstufen ist ebenso variabel wie die Zahl erhobener Wahrnehmungsdimensionen. In einem zweiten Schritt werden die Wahrscheinlichkeiten errechnet, mit der potenzielle Käufer, die sich auf einer bestimmten Wahrnehmungsstufe, beschrieben durch ein bestimmtes Wahrnehmungsprofil, befinden, zu tatsächlichen Kunden werden und solche bleiben. Die Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit einer Wahrnehmungsstufe, zu einer Kundenbeziehung zu führen, hat die Vorteile, dass alle sonstigen intraund extrapersonalen (sowie auch sozialen) Einflussfaktoren des Kaufverhaltens einfliessen können, ohne deren Gestalt und Wirkungsrichtung zuvor theoretisch beschreiben zu müssen. Die Wahrscheinlichkeiten der Wahrnehmungsprofile ergeben sich ausschliesslich empirisch und machen keine Vorgaben über hierarchische Zusammenhänge notwendig. Entsprechend den Vorüberlegungen impliziert das Modell nur, dass die mess- und beschreibbaren Wahrnehmungsstufen einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit haben, dass ein bestimmtes Verhalten auftritt. Wie gross dieser Einfluss ist und wie er
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Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
gerichtet ist, kann den Daten entnommen werden, womit auch marktliche, zeitliche und regionale Besonderheiten empirisch einfliessen. Im nächsten Schritt wird für jede Kundengruppe – vom Einmalkäufer bis zum loyalen Kunden – ein durchschnittlicher Kundenwert berechnet. Mit dem Kundenwert und der zuvor berechneten Wahrscheinlichkeit sowie der von der vorgenommenen Segmentierung abhängigen Grösse der Zielgruppe im Markt ist dann ein finanzieller Wert für jede Wahrnehmungsstufe ermittelbar.
Abbildung 2: Synthesemodell
Wahrnehmungswerte am Markt
Wert der Kundenbeziehung
Wahrnehmung am Markt
Kundenbeziehung
Sympathie Aufmerksamkeit
Kaufverhalten
Durchschnittlicher Kundenwert nach Kundengruppen (V)
Grösse der Zielgruppe im Markt (N)
Erwartungswerte nach Kundengruppen und Wahrnehmungsstufen (p2V)
…
Wahrscheinlichkeit für jede Wahrnehmungsgrösse, dass eine Kundenbeziehung entsteht (p)
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Andreas Herrmann, Andreas Brandenberg, Boris Lyczek & Dorothea Schaffner
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Erkenntnisbeiträge und Anwendungsfälle eines Synthesemodells
Der Ansatz bietet eine Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten, gestützt auf die gleiche Methode und Datenbasis. Das Modell erlaubt Aussagen über den finanziellen Wert von vermittelnden verhaltenswissenschaftlichen Einflussgrössen wie Aufmerksamkeit und Sympathie, denen man Einfluss auf, aber nicht Determinierung des Kaufverhaltens unterstellt. Dabei wird die Wertgrösse über die Wahrscheinlichkeit vom tatsächlichen Kundenwert abgeleitet. Der Ansatz kann dadurch auf kritisierte Vorgehensweisen, zum Beispiel aus dem Bereich der Markenwertmessung, verzichten. Es werden keine Goodwill- Grössen oder Experteneinschätzungen herangezogen und keine mit Hilfsgrössen wie Marktanteil multiplizierten Wertgrössen genutzt (Esch 2000, S. 1020). Auch weit entwickelte Evaluationen von Kommunikationsmassnahmen, die deren Wirkung auf verhaltenswissenschaftliche Einflussgrössen berücksichtigen, lassen bisher eine befriedigende finanzielle Quantifizierung von Ergebnissen vermissen. Das vorgeschlagene Synthesemodell erlaubt es, die durch eine kommunikative Massnahme erzeugten Kosten zu den Veränderungen der Wahrnehmungswerte in Beziehung zu setzen. Dadurch ist eine Bewertung von Kommunikationsmassnahmen unter dem Aspekt der finanziellen Rendite möglich (ROI). Wahrnehmungsprofile erhalten so nicht nur einen kalkulierten Wert, sondern Investitionen in Wahrnehmungswerte können auch relativ zu anderen hinsichtlich ihres Wertbeitrags beurteilt werden. Durch die Möglichkeit, mit dem Syntheseansatz Effektivität und Effizienz von Marketingmassnahmen in finanziellen Grössen zu untersuchen, ergeben sich wertvolle Anhaltspunkte für eine wirkungsvolle Gestaltung solcher Massnahmen und speziell von Kommunikationsstrategien. Bisweilen weisen Produkte einen beachtlichen Bekanntheitsgrad auf, können diesen Vorteil aber nicht in effektive Erträge ummünzen. Andere Erzeugnisse sind im Markt möglicherweise weniger bekannt, können aber auf eine überaus loyale Kundengruppe zählen. Ein Vergleich der Wahrnehmungsprofile unterschiedlicher Produkte erlaubt eine Schätzung des Ertragspotenzials, das durch zielgerichteten Einsatz von Marketingmassnahmen realisierbar ist. Dadurch lassen sich Fragen wie «Welche zusätzlichen Erträge lassen sich realisieren, wenn der Aufmerksamkeitswert für ein Produkt steigt?» direkt beantworten. Mit dieser Information sind fundiertere Entscheidungen über kommunikative Massnahmen möglich als bisher. Verglichen werden kann der potenzielle Wertbeitrag kommunikativer Massnahmen untereinander und im Vergleich mit anderen, nicht kommunikativen Massnahmen. Das Management erhält dadurch Hinweise, auf welchen Stufen des Wahrnehmungsprozesses mit gezielten
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Wahrnehmungswerte als Herausforderung für die Messung der Marketingproduktivität
Kommunikationsmassnahmen die grösste Wirkung erzielt werden kann. Die Analyse lässt sich beliebig nach Zielgruppen, Kommunikationskanälen und weiteren Aspekten differenzieren. Als Ergänzung ergibt die Summe der Wahrnehmungswerte eine gute Schätzung des Markenwerts, und Längsschnittuntersuchungen zur Veränderung der Wahrnehmungswerte im Zeitverlauf bilden eine interessante Ausgangsbetrachtung für die Prognose der zukünftigen Ertragsentwicklung.
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg (2005)
Towards Guidelines for Design of Mobile Services In: Information Systems in a Rapidly Changing Economy. In: Proceedings of the 13th European Conference on Information Systems (ECIS), Regensburg 26-5-2005
Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
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Abstract
The paper aims to provide a contribution to the development of generic guidelines for the design of mobile data services. Using the exploratory research tool focus groups amongst other methods it examines the mobile alert service “MediAlert” and takes into account both user as well as business requirements. Its presenting first results of a longitudal research project involving a series of field trials of various mobile applications.
2
Introduction
After several delays broadband mobile Internet is slowly but surely becoming a reality. More and more operators are launching 3G services in many European countries (see UMTS Forum). At the same time the number of mobile users is increasing and there is a growing substitution of fixed net communication with mobile communication. These developments rise again expectations in new mobile applications. Offering mobile data services is expected to be a profitable business in the years to come. According to a report by the Yankee Group the market for mobile content will grow to over $41 billion in 2007 in Western Europe. Around $15.5 billion will be created with services which do not belong in the peer-to-peer messaging area. (Yankee Group, 2003). The difficulty is that nobody knows how future mobile data “killer” services will look like. The reason for that is the fact that it is often not possible to simply ask the consumers what they want, especially with respect to something that does not yet exist (Duboff and Spaeth, 2000). As a result mobile services are thrown on the market in a “Trial and Error” manner. Even though such trials provide valuable feedback about the user requirements, there is no systematic collection of experiences into generic guidelines for the design of mobile data services (see for example Reichold et al. 2004). Another approach to assess user requirements for mobile services is by way of extensive field trials of innovative applications, which simulate real life usage situations as authentic as possible. Examples of such trials are those conducted by Kaasinen for location-based services and guides (Kaasinen 2003; Kaasinen 2004), the trials conducted by Aalto et al. (2004) related to push based location-aware mobile advertising systems, the trials of video streaming applications described by Brodt and Heitmann (2004), to name a few. Even though such filed trials provide valuable results in particular for the specific applications under evaluation, they have several limitations with
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
respect to the scalability of the results towards generic guidelines for mobile application. The evaluation concentrates in many cases on a specific aspect of mobile application as for example usability. As a result even available generic guidelines are focused on a specific aspect as for instance the usability guidelines proposed by (Gong and Tarasewich, 2004), (Tarasweich 2003) or remain on a general level as provided by (Jarvenpaar et al. 2003). Another constraint of the studies is the lack of consideration for aspects that are related to business models for mobile application, i.e. factors related to commercial success of mobile application. For example an application might be considered as easy to use and nicely designed, but users would not be willing to pay for it. As a consequence, there are in general no systematic overall guidelines how to design mobile data services and what other critical factors then user requirements affect the commercial success of such application. This paper provides a contribution to the development of generic guidelines by presenting first results of a longitudal research project involving a series of field trials of various mobile applications. Based on a field trial of the mobile alert service “MediAlert”, a first version of guidelines for the design of mobile application is provided, which considers both user and business requirements. The results presented here will be validated, tested and improved with subsequent field trials of other mobile application as video streaming, mobile services for special events and others. The content of the paper is structured as follows: Section two contains a short description of the evaluated application “MediAlert”. In section three the evaluation approach is described and section four contains a summary of evaluation results. Section five concludes the paper with a first version of guidelines for the design of mobile services.
3
The “MediAlert” Service
The “MediAlert” service was developed within an international project funded by the European Commission (Kasper et al., 2003). The “MediAlert” service collects information about newly published books from available online information sources as for example publishers” web pages and provides information on newly published books in form of customized summaries via a variety of access devices. Users can access the service using a WAP enabled mobile phone, PDA, the world wide web (emulating the WAP as well as the PDA interface), or E-Mail. In order to use the service the user needs to register through an online registration portal. In the registration process which is done via a web interface all users need to define three profiles:
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
User Profile – Containing their name, address, telephone number, etc. Access Profile – Defining their way of accessing the system. Available options are PDA, E-Mail, WAP or Web.
Service Profile – Defining the book topics the users are interested in. The user can chose from different book categories such as e.g. “Film”, “Music”, “Cooking”, etc. In addition to that users can set keywords to further filter the information (e.g. books on film that contain the word “horror”). In the service profile users also state how often they want to receive alerts (via E-Mail or SMS) that inform them about newly published books that match their profile. Optionally the user can chose a target language in which the relevant information is translated. The profile information provided by the user is applied by the service for an automatical personalized search for information on new published books available in various online information sources. Thereby the information is processed through three steps (see fig. 1) (for more details see (Kasper et al. 2003)):
Acquisition Transformation Distribution In the acquisition step information is automatically acquired from sources such as databases, the Web, as well as other specified sources. A mobile agent is used to visit relevant data sources, check for new documents in right languages, recognize the structure of the document, classify the documents, and bring them back, if they turn out to be relevant.
Figure 1: Architecture of the “MediAlert” service
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
In the transformation step relevant documents are transformed so that they match the output criteria. Dimensions of the transformation process are: summarization, classification, and translation. The original information is first automatically summarized into summaries with different length, suitable for specific output devices. Examples of “MediAlert” summaries are given in fig. 2.
Figure 2: Examples of “MediAlert” Summaries Full summary: Cokie Roberts's number one New York Times bestseller, We Are Our Mothers' Daughters, examined the nature of women's roles throughout history and led USA Today to praise her as a “custodian of time-honored values.” Her second bestseller, From This Day Forward, written with her husband, Steve Roberts, described American marriages throughout history, including the romance of John and Abigail Adams. Now Roberts returns with Founding Mothers, an intimate and illuminating look at the fervently patriotic and passionate women whose tireless pursuits on behalf of their families – and their country – proved just as crucial to the forging of a new nation as the rebellion that established it. Short summary: Cokie Roberts's number one New York Times bestseller, We Are Our Mothers' Daughters, examined the nature of women's roles throughout history and led USA Today to praise her as a “custodian of time-honored values.” Now Roberts returns with Founding Mothers, an intimate and illuminating look at the fervently patriotic and passionate women whose tireless pursuits on behalf of their families – and their country –proved just as crucial to the forging of a new nation as the rebellion that established it.
Apart from summaries of the content, “MediAlert” also extracts additional relevant information about the book. An example of such information is given in fig. 3.
Figure 3: Examples of “MediAlert” meta data for each relevant document Founding Mothers The Women Who Raised Our Nation Author: Cokie Roberts Language: English Edition (1 of 1): Publisher: William Morrow Year: 2004 ISBN: 0060090251 Format: Hardcover
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
After the documents are summarized they are classified into the different book categories (an example is provided in fig. 4 below):
Figure 4: Browsing the MediAlert Archive (WAP)
Finally, the available information can also be translated into a target language chosen by the user. The system supports English, German and Italian. The transformation layer applies the necessary steps and makes the documents ready for delivery. In the distribution step the content is rendered and sent to the service subscribers, in due time, and in due format accordingly to the specified end devices. Target devices are: PC (using email), PDA and mobiles (using SMS and WAP). When using SMS or Email as distribution channels the information is pushed to the users. This way the user instantly receives all new information acquired by the “MediAlert” system. When using WAP however (on a mobile phone or a PDA) a pull service is implemented. Via the registration portal users can configure a notification email / SMS, which will alert them when new information has arrived. Thus, only short alert messages about newly found information are sent. If a user wants more information she/he can download it from the server using a PDA or Smart Phone. This way users only download what is of interest to them and don't have their inboxes and device memories cluttered with large messages. “MediAlert” reduces the needed memory space on the mobile device further by storing previously found information in an archive for 30 days. A screenshot of the archive is given in figure 5 below:
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
Figure 5: Screenshot of a personal "MediAlert" archive on a PDA
The archive keeps track of what each user has already read. This support saves the user from having to tediously search for new information. In summary “MediAlert” is a service that offers instant and easy access to up to date information via mobile devices or email. Since all users have individual profiles which they can customize via the web based registration portal, only information relevant to each one is being transmitted. There is no need to search several individual sources, as one site collects all information for the user. This is especially convenient when using mobile devices with limited screen size, bandwidth, computing power and input facilities. Once the profile is set up the user doesn't have to manually search, type or filter anything. All the desired information is collected and categorized in one place which can be reached within a few clicks. Another important factor for the user is that she/he has the choice between push and pull services. Even though irrelevant information has been filtered out beforehand users don't want to have their inboxes cluttered up with messages. By choosing a pull service, all the user gets delivered automatically are alerts about new information that has been collected by the acquisition layer. How often these alerts are sent is up to the user's preferences. This way the user accesses the “MediAlert” services when she/he wants to.
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
4
Research Design of the “MediAlert” Evaluation
4.1
General Overview of the Research Design
The “MediAlert” service was tested in a field trial. The application was available for test users during three weeks. The main goal of the evaluation was to get feedback with respect to both user requirements upon the application and related to feasible business models. Given this goal the evaluation was designed in such a manner as to provide feedback to main components of business models. Thereby one of the most cited definition for business models proposed by Timmers (1998) was used as structuring foundation for the evaluation. According to Timmers, a business model is “… an architecture for the products, services and information flows, including a description of various business actors and their roles, a description of the potential benefits for the various business actor, and a description of the sources of revenues." (Timmers 1998). Given this, the evaluation was structured along the following main components of a business model (see Fig. 6): value chain and business systems for mobile application, product and its features and customers. In addition the main flows of financial resources and services were considered.
Figure 6: Components of Business Models Environment •legal aspects •ethical aspects •competition Products/Services •Features
Business System •Supplier •Business partner •Advertiser
Financial Flow Flow of Goods and Services
Customer •Target groups •Communities
Technical platform •processes •E-Services •Communication options •Relataionship technology
Based on the above general definition for business models, questions that were addressed during the evaluation were:
Who are the potential users and what are the user requirements upon mobile services as “MediAlert”? 204
Towards Guidelines for Design of Mobile Services
Is there a market for services like “MediAlert”? How should a business model for services as “MediAlert” be designed with respect to payment models, value chain and similar in order to assure commercial success?
What other services would be of interest based on the software system providing the “MediAlert” service? Due to the multitude of questions a set of three methods was required: qualitative research based on focus groups, quantitative research based on structured online surveys and expert interviews. The three research methods had an overlapping part related to assessment of user requirements and some specific parts related to different business model components. The expert interviews were designed to provide insights into the necessary business system for mobile application and to derive from it main financial and service flows. In addition, they provided insights into possible income models. The structured online survey was addressing mainly features of the “MediAlert” service and was answered by users, who used the service in a real life setting within three weeks. The focus groups were used to assess user requirements upon the “MediAlert” service and to analyze the attitude and experiences of users with mobile application in general. Interviews were conducted with three experts in the area of mobile business and 30 persons filled in an online questionnaire after having tested the system for a period of 3 weeks. The information collected from these two inquiries focused heavily and specifically on the “MediAlert” service. The results from the third study with focus groups have a much larger focus. As this paper aims to drawing conclusions that are generalizable for different types of mobile services and focuses more on the mobile user than on a specific application, it solely examines the knowledge gained trough the focus groups sessions.
4.2
General Overview of the Focus Group Method
As an exploratory research tool, focus groups are often used to gain insights and ideas. In a focus group session a small number of participants talk about a topic of interest. The discussion is guided by a moderator who attempts to follow a rough outline of issues that need to be considered. At the same time, comments made by each person are included in the group's discussion. (Churchil and Iacobucci, 2002) Focus Groups have proven their productivity for the following purposes (Churchil and Iacobucci 2002):
To generate hypotheses that can be further tested quantitatively
205
Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
To generate information helpful in structuring consumer questionnaires To provide overall background information on a product To secure impressions on new product concepts The participants of the groups are relatively homogenous to minimize differences in perceptions, experiences and verbal skills. To nevertheless gain a wide spectrum of insights, multiple group sessions are held (Churchil and Iacobucci 2002) One of the main advantages of focus groups is that they allow for serendipity. During the focus group discussion, ideas can drop “out of the blue”. Further, an idea of an individual can trigger responses from other participants and thereby develop further. Compared to being interviewed alone, many participants feel more secure in a group. Ideas they expose don't have to be defended or elaborated by them. As a consequence responses are often more spontaneous and less conventional (Churchil and Iacobucci 2002) Group interaction is therefore explicitly wanted. It generates data and insights that would otherwise be difficult to get to (Flick 2002). Focus groups do however also have weaknesses. It must be considered that the discussion and also its results are heavily influenced by the moderator and his or her provided direction (Churchil and Iacobucci 2002). The extent of influence of the moderator depends on the degree of structure of the focus group. Approaches to focus groups sessions can be more or less structured. The more structured the focus group is, the higher the potential for the moderator to influence the results (Gubrium and Holstein 2002).
4.3
Specific Design of the Focus Groups for the “MediaAlert” Evaluation
Participants: The participants in the focus groups were selected based on two criteria: their potential interest for the “MediAlert” service and their previous experiences with mobile services and mobile end devices. They all have considerable computing knowledge as well as experiences with new media products. The reason for this selection was to shorten the time needed to explain the underlying service and to increase the chance of having a fruitful brain storming session. The participants of the focus group sessions were:
8 PhD Students (3 female, 5 male, 25-30 years old) 4 students at the bachelor and master level (4 male, 20-25 years old) 2 former students (2 male, 26 and 29 years)
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
The participants were divided into three groups depending on their previous experience with mobile application and different end devices. One group consisted of typical first movers, i.e. experienced users of mobile services with mobile phones. The second group consisted of users of PDAs and a third group consisted of users with little or no experience with mobile services or PDAs. Structure of the focus group questions: The focus groups were loosely structured, based on the guidelines suggested by Krueger, R.A. (1998). The moderator tried to ask all questions but did not interrupt the discussion if it took another direction. The structure of the focus groups questions was as follows:
Opening Questions – Participants got acquainted through welcoming and introductory questions.
Testing The System – The participants were given the chance to test the system on real hardware for about 10 minutes.
Introductory Questions – The discussion started with open ended questions about how the participants understand the phenomenon under investigation. The questions asked for an overview. For example: When you hear the words “mobile information service”, what comes to mind?
Transition Questions – were used to move smoothly and seamlessly into the key questions and to help participants to envision the topic in a broader scope. These questions had more depth than introductory questions. For instance: How did immediate information change your life?
Key Questions – are related to areas of central concern in the study. The “MediAlert” evaluation was guided by the following questions: o
What kind of mobile information services do you use at the moment? Why do you use them? What distinguishes them from other services?
o
What distinguishes “MediAlert” from other information services?
o
What kind of mobile information services are you missing today? And do you think “MediAlert” could offer such services? If not, what would have to be changed? What would be an ideal service?
o
Do you have suggestions on what else could be done with the “MediAlert” technology?
o
Suppose there was a “MediAlert” service like the one you saw today. What content would you be interested in? Would you be willing to pay for such a service?
Ending Questions – enable participants to reflect on previous comments. For example: Is there something we should have talked about, but didn’t?
207
Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
Evaluation Procedure: There were 3 conducted focus group sessions, taking into account the participants' individual familiarity with mobile technologies. In the first session all users had experience with WAP mobile phones, in the second one they were experienced PDA users. Neither Participant of the third group had any experience with WAP nor with PDAs.
5
Evaluation Results
The focus group research provided the insights with respect to customers of mobile services in general and the specific mobile service “MediAlert” in particular. The results are described in the following subsections.
5.1
Evaluation Results with Respect to Customers of Mobile Services
The discussion at the beginning of the focus group around the more generic questions provided insights into how users experience mobile services and the impact of the mobile phones: The usage of mobile phones has a strong social impact. The mobile phone and mobile services have become an important part of social relationship and other aspects of the organization of somebody's private as well as professional life and social contacts and networks. Mobile technology has made everything faster and more dynamic. The fact that mobile devices provide access to immediate information seems to have an influence on all participants' lives. On the one side there is an agreement that it is nice to have access to information (e.g. information on free flats). This saves time but since everybody now has this information everything seems to speed up. More and more options are opened up (e.g. contact with people from around the world) but this also means that fewer things are being organized in advance and people are expected to react spontaneously and flexibly. In summary, the usage of mobile phones results in a new mobile lifestyle. The following quote of one of the focus group participants illustrates the changes in lifestyle: Quote (change of lifestyle through mobile communication): “My lifestyle has changed in that I and my friends are getting lazier. We organize less. We have our mobile phones and know we can reach each other anyway. One is more flexible in the way that one has faster access to information that may change
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
priorities. Maybe one had specific plans for a night out when friends call and say that there's something going on in another place, so one goes there instead. Or one has planned to go home and gets a call that there is some action somewhere. My feeling is that people need to be more spontaneous nowadays. People expect that and I think this has changed my life.”1 Another important result of the focus groups is the reveal of the differences of user experiences. As the participants of each group had different levels of experience with mobile devices and services, an inter group comparison shows some additional information. (Group 1 = WAP, Group 2 = PDA, Group3 = no experience) The differences start in the groups' definitions of what “mobile information services” are. Group 1 stressed that a mobile information service has to focus on the added value, provided by mobile access. They compared the “MediAlert” service with previous experiences with other services as for example TopPreise.ch, the schedule of the Swiss railway system SBB.ch or simply access to email accounts. Based on their previous experience group 1 was able to forecast and formulate the user requirements months or maybe even years before other users can (Springer et. al. 2004). Group 2 on the other hand can imagine any information service to be used mobile. For them, it is only important that they have information whenever and wherever they want it. Group 3 had no clear vision of what defines a “mobile information service”. Since group 1 was the only group which had actual experience with mobile services (none of the PDA users had ever used a PDA to access the internet) there were considerable differences in what was expected from a mobile information service. These findings related to the differences of users reveal both that there is a clear distinction among first movers and the masses of mobile phone users, and the fact that the increasing number of mobile phone users does not automatically mean an increase in mobile service users as well. It will take time to convert mobile voice users, to mobile data users and the realistic market potential for mobile services can not be deducted automatically from the number of mobile phone users. It will depend on factors as innovativeness of the user, his attitude to data services in general, the end devices he is using, and similar.
1
"Mein Lebensstil hat sich insofern verändert, als dass ich merke, dass ich und Kollegen von mir einfach fauler werden. Wir organisieren weniger, wir gehen darauf los. Wir haben unsere Handies, wir erreichen uns sowieso. (…) Man wird einfach flexibler zu einem Teil, weil man schneller zu Informationen gelangt, die dann plötzlich die Prioritäten umstellen. (…) Man hat vielleicht irgendwo im Ausgang was geplant und dann plötzlich meinen Kollegen da ist was los und dann geht man dorthin oder man hat geplant jetzt nach hause zu gehen, da kriegt man nen Anruf: "Dort läuft noch was", dann geht man dort hin. (…) Ich hab das Gefühl, man muss immer spontaner werden. Die Leute erwarten das und ich denke insofern hat das mein Leben auch verändert."
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
5.2
Evaluation Results with Respect to the Service “MediAlert”
The focus groups provided feedback to specific features of the service in particular, to the service in general, as well as to some aspects related to financial models. The following features of the service were discussed in more detail: Registration: It was not obvious to the testers why they had to register online for a service they wanted to use on a mobile device. It was also very tedious for them to enter so much information. Participants from all three focus groups would have preferred a simpler and shorter registration process. Other information services they had tested in the past e. g. only needed an e-mail address. Quote (Registration): “Google Alert – I think that's pretty ingenious (…) It uses some kind of profile as well. But it's as simple as ingenious. Without a username one just enters the combination of terms one is interested in, enter an e-mail address and that's it. Very simple. If it would have said that there is a registration process that expands over three pages the inhibition threshold would be bigger. (…) Something similar could be done by "MediAlert"."2 Participants from all three groups were worried about privacy issues. Many did not like to give as much information as they had to register to the “MediAlert” service. Some even said that this point alone would have prevented them from registering to the service if they had not done it for testing purposes. Quote (Registration process): "Well, I have to admit I always feel a little uncomfortable if I have to give away so much information about myself. (…) I'm a little skeptic about that.3 Summaries: The summaries that were created automatically by the service were considered to be of good quality and very useful. Classification: The participants of all groups liked the automatic classification and structuring of the content into different categories. The classification provided support for immediate orientation within the available information and enabled a fast navigation and choice of the most important information.
2
3
210
"Google Alert - den find ich irgendwo ziemlich genial (…) Das ist auch eine Art Profil. Dort ist's aber sehr simpel, wie genial gelöst, ohne gross den Benutzernamen anzugeben, gibt man einfach die Suchkombination der Wörter ein, gibt die Emailadresse an und fertig. Sehr simpel. Wenn jetzt zum Beispiel bei Google gestanden wäre, ja, registrieren über drei Seiten, dann ist auch die Hemmschwelle relativ grösser. (…) Ähnlich könnte man das auch hier lösen." "Also ich muss auch sagen, ich find's immer so ein bisschen unangenehm, wenn ich zuviel von mir preisgebe (…) ich stehe dem Ganzen auch ein bisschen skeptisch gegenüber."
Towards Guidelines for Design of Mobile Services
Archive: All participants liked the idea of a personal archive in general. However, one of the main points that all groups agreed on was that there should be more control over the content in the archive. The number of entries presented was too big and the automatical deletion of all content after 30 days was not considered to be user friendly. Users also missed familiar features such as functions that made visible which entries they had already read. With additional functionalities the system could be turned into a personal information system which could conveniently be accessed wherever and whenever needed (e.g. in the bookstore). Quality of content: Focus group participants of all three groups missed some sort of indication on the quality of the information they received. Not only was it unclear where the book summaries came from, the summaries also delivered no information on the quality of the book. Some sort of rating (e.g. with stars or reviews from other users) would have been welcomed. Financial Aspects: None of the participants was willing to pay for a service like “MediAlert”. They all thought that a service like this should be paid by advertisements or sponsored by the content provider. Alternatively the provider could receive a share of what the user pays for the data traffic the service created. The user however should not be aware that she/he pays for the service. There are just too many good, free services available that deliver the same kind of information. Given the choice among various subscription models, users would prefer a model that allows payment only for used services and supports spontaneous usage. Therefore, they disliked longitude subscription models as a flat fee subscription per year.
Comments to the “MediAlert” service in general: When asked about the “MediAlert” service all groups agreed that there is no real advantage of having access to book information on a mobile device in the form offered. In their eyes this information is neither “time critical”, which would be an important factor for them, nor supports spontaneity and flexibility. Free web services such as Amazon.com sufficiently satisfy all participants' needs for information on new books. Another problem for many was the fact that there was no source supply on where the information is coming from. They all agreed that there wasn't enough information on the books. Some would have liked a picture of the cover, some links to further information or even direct access to the book. Participants from all three groups liked the fact that “MediAlert” allows for access to the same information via a variety of devices and channels. This way none of the users would have to change personal habits. Despite of some interesting features as the archive, the automatic summaries, the classification of content as well as the possibility to search various information sources by just one application, the current version of the “MediAlert” service could not fulfill the
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Katarina Stanoevska-Slabeva & Roman Högg
needs of the users. It was too complicated and did not offer much additional value to what other, free information services offer already. Test users however see potential in using “MediAlert” as some sort of “Personal Information Tool” that works as a mobile search engine as well as a personal archive. At the moment there are no mobile search engines available that work in a way that is satisfying for the end users. What is needed is something that needs very few clicks and that offers few, but high quality results. The results would have to be linked to other services (e.g. giving the user the option to buy the book directly). The participants from all three groups had at least some ideas on how to improve the “MediAlert” service. However, the WAP experienced participants from group one, who where the only group with experience with mobile services apart from “MediaAlert”, stated their visions much clearer. While the other two groups gave rather vague desires for future services, group one formulated specific features they wanted to see. All three groups shared the opinion that the “MediAlert” services should be combined with some kind of location based features. The content should be something which is time critical or specifically designed for travelling people (e.g. Issue Management, Financial News, or anything that has to do with leisure or public transport).
6
Towards Guidelines for the Design of Mobile Services
The field trial of the application and in particular the focus groups research provided first results that can be generalized towards guidelines for the design of mobile services. The results of the focus groups provided insights about the mobile customer, mobile products and financial aspects. Out of the results, the first general conclusion can be drawn as follows: Mobile Customers: Extensive use of mobile phones and accessibility of information results is a new mobile lifestyle that has to be kept in mind when designing mobile data services (see also Jarvenpaa 2003 and May 2001). Paul May (2001) describes the possibilities that mobile (data) communication enables as “a strange kind of liberty”. At the example of a fictive character called “Ted” who “inhabits mobile commerce” May describes that “He is free, yet tracked; mobile, yet contained. He lives in a world that is built of a myriad decision points and whose dimensions are time, location and mission” (May, 2001). Mobile applications have to support and help the user in making spontaneous and dynamic decisions. Features that oppose or even hinder the mobile lifestyle will not be accepted.
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Towards Guidelines for Design of Mobile Services
In the process of designing and, in particular, marketing mobile services, a clear distinction should be made between early adopters and the masses of mobile phone users. Early adopters are willing to try any new product immediately. They can also be involved in product design and testing. Another scenario would be to consider them to be a user group with which the producer continuously exchanges information for their mutual benefit (Boutellier and Völker, 1997). They also can be a starting point for viral marketing and mouth-to-mouth propaganda. Thus, early adopters need to be involved in a different way than late adopters. For the remaining part of users, time for adoption needs to be calculated and special marketing activities need to be applied. Mobile Products and Services: Mobile services need to provide added value within a mobile lifestyle and in mobile situations. Therefore, questions that need to be answered for each service are:
In which form does an existing product offer mobile added value. In case of “MediAlert” the scenario of having the information available when needed in form of a personal notebook was considered more adding value than the conventional type of alert.
How can the user find the service? A natural form for mobile users to use a service is in a spontaneous manner without planning and registering in advance. Therefore an easy to find access option will be critical.
When there is already an existing application online, which part of the buying process can be extended to the mobile phone? Financial Aspects: With respects to financial aspects, several approaches were discussed:
Subscription for a certain period of time Pay per use Pay per message Free, financed by advertising Free, but the service provider participates in the revenues for the transmission. Subscription models based on a flat fee are preferred compared to the per use models. Subscription models that require specific registration processes that can not be handled ad hoc with the mobile device will have much more difficulties to be accepted than those that support a spontaneous way of use. In addition, subscriptions models that offer different time periods to chose might enhance the chance successful of a model. For example, in a period when a user wants to move and is looking for a flat, he might be interested for a flat fee subscription of a “Free-Flat” alert service only for few months or even few weeks. In summary, mobile services need innovative approaches related to financial aspects of the business model.
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7
Summary and Outlook
The aim of this paper was to contribute the development of guidelines for the design of mobile services that consider user and business requirements. In order to achieve the goals, a longitudal study of field trials was set up and this paper contains a summary of the results of the first field trial. The evaluation was based on a combination of three methods: focus groups, online survey and expert interviews. The paper summarizes the results of the focus groups and aggregates them to first general guidelines for the design of mobile application. The combination of evaluation methods has proven to be very helpful for assessing an innovative application from different perspectives. Focus groups have furthermore shown to be a highly productive method to evaluate a mobile service prototype. Further research is needed to verify and enhance the findings presented in this paper. In the future, a series of field trials is planned with different applications.
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214
Towards Guidelines for Design of Mobile Services
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III Kommunikationsmanagement
Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
Markus Will & Ulrike Geissler (2000)
Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation? Thexis, Fachzeitschrift für Marketing der Universität St.Gallen, 17 (3), S. 21-25
Markus Will & Ulrike Geissler
1
Abstract
Internettechnologien verändern die Unternehmenskommunikation im Hinblick auf die Konstellation der Kommunikationspartner sowie auf die Organisation und Inhalte der Kommunikation. Am Ziel der Unternehmenskommunikation, die Unternehmensstrategie zu kommunizieren und in eine Unternehmensmarke zu überführen, ändert sich allerdings nichts.
2
Neue Herausforderungen für die Unternehmenskommunikation
An das strategische Management von Unternehmungen werden heute deutlich gestiegene Kommunikationsanforderungen gestellt. Gründe hierfür sind die Fragmentierung von Kommunikationsmärkten (bspw. in der Finanzkommunikation), die Globalisierung von Unternehmungen und Themen sowie die Digitalisierung der Kommunikationskanäle. In einem solchen Umfeld wird es zunehmend schwieriger, den verschiedenen internen und externen Anspruchsgruppen ein übergreifendes und integriertes Bild der Unternehmung zu vermitteln (vgl. Will/Probst/Schmidt 1999). Dieser Herausforderung, einen einheitlichen kommunikativen Auftritt nach innen und aussen zu leisten und dabei eine Unternehmensmarke aufzubauen, hat sich das Unternehmensmarketing (Corporate Branding, Corporate Marketing) verschrieben. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob und inwieweit neue Informationsund Kommunikationstechnologien, namentlich Internettechnologien, die Unternehmenskommunikation verändern und damit das Marketing von Unternehmen beeinflussen. Zur Beantwortung dieser Frage wird nach der einführenden Definition grundlegender Begriffe der Paradigmenwechsel bei der Betrachtung von Anspruchsgruppen in digitalen Medien erläutert. Darauf aufbauend sind bereits heute beobachtbare Auswirkungen des Internets auf die Ziele, Organisation und Inhalte der Unternehmenskommunikation zu thematisieren.
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Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
3
Kommunikationsmanagement, Unternehmenskommunikation und Unternehmensmarketing
Unternehmenskommunikation ist die operative Umsetzung einer Managementfunktion, die wir als strategisches Kommunikationsmanagement bezeichnen. Kommunikationsmanagement meint die ganzheitliche Gestaltung, Entwicklung und Lenkung der Kommunikation einer Unternehmung mit allen relevanten externen wie internen Anspruchsgruppen. Dies sind v.a. Journalisten, Analysten, Lobbyisten sowie Aktionäre, Kunden, Lieferanten, Politiker, allgemeine Öffentlichkeit und Mitarbeiter. Die Aufgabenfelder der operativen Unternehmenskommunikation reichen von Public/Media Relations, Investor Relations, Government Relations über Corporate Advertising, Corporate Sponsoring, Corporate Design hin zu Employee Communications. Der Prozess der kommunikativen Vermittlung von Unternehmenszielen und -aufgaben mit der Absicht, eine Unternehmensmarke aufzubauen und zu erhalten, ist Gegenstand des Unternehmensmarketings (vgl. zu den Begriffen Will 2000). Im weiteren Verlauf betrachten wir im Wesentlichen die operative Ebene des Kommunikationsmanagements.
4
Vom Zielgruppen- zum CommunityParadigma
Klassische Modelle des sozialen Informationsaustauschs, wie beispielsweise diejenigen von Lasswell, Shannon & Weaver, Osgood oder Schulz von Thun, bilden die symmetrische oder asymmetrische Kommunikation zwischen Sender und Empfänger ab. Strukturelle Komponenten sind Sender, Mitteilung, Trägerkanal, Empfänger sowie Kommunikationswirkungen. Je nach Ansatz werden zudem Störquellen oder auch Enund Dekodierungsinstanzen berücksichtigt. Diese Modelle weisen in der Regel folgende, für die spätere Diskussion wesentliche Merkmale auf: analytische Reduktion auf zwei menschliche Kommunikationspartner; Linearität des Kommunikationsprozesses, teilweise begleitet von Rückkopplungsschleifen oder Reziprozität der Rollen; keine Thematisierung personaler Eigenschaften und der Konstitutionsprinzipien der Kommunikationspartner. Die oben genannten Strukturkomponenten sind Ausgangspunkt einiger traditioneller Wesensmerkmale der Unternehmenskommunikation. Sie setzen zum einen an den Journalisten in Rundfunk- und Printmedien an, indem sie ihnen eine zentrale Rolle im
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Markus Will & Ulrike Geissler
Kommunikationsprozess zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen zugestehen. Wesentlich dabei ist die Funktion der Journalisten als sogenannte Gatekeeper (vgl. White 1950) und Multiplikatoren. Einem Trichter gleich publizieren sie eingehende Meldungen nur selektiv; damit gelangt massenmedial nur das an die Öffentlichkeit, was Journalisten zugänglich machen möchten. Gleichzeitig betreiben Journalisten Agenda Setting (vgl. McCombs/Shaw 1972): Mittels formal auffälliger Berichterstattung setzen sie öffentliche Themen und deren Relevanzstruktur. Dies ist u.a. begleitet von inhaltlicher Konsonanz und Kumulation der Berichterstattung (vgl. Noelle-Neumann 1996). Aus diesen und anderen Gründen inszenieren oder aktualisieren Firmen bewusst Ereignisse (z.B. Pressekonferenzen) mit dem Ziel, Objekt der Berichterstattung zu werden und / oder diese inhaltlich zu beeinflussen (vgl. Kepplinger 1989). Abbildung 1 zeigt den klassischen Kommunikationsprozess, den die Unternehmenskommunikation zu gestalten hat. Dabei ist entscheidend, dass die Zielgruppen eben nicht nur direkt (bspw. über Werbung), sondern auch indirekt angesprochen werden. Das erklärt die besondere Rolle der Journalisten.
Abbildung 1: Klassische Struktur der Kommunikationsbeziehung in der Unternehmenskommunikation (Quelle: Will 2000)
222
Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
Diese strukturellen Kennzeichen der Unternehmenskommunikation müssen mit dem Einzug von Internettechnologien überdacht und gegebenenfalls revidiert werden, was im Folgenden zu zeigen ist. Kommunikation über Internetkanäle setzt die Existenz digitaler Medien voraus. Diese bestehen erstens aus digitalen Kanälen, die den Austausch tangibler und intangibler Objekte (Güter, Informationen) zwischen Menschen und/oder Maschinen ermöglichen. Medien müssen zweitens über einen gemeinsamen logischen Raum (Syntax und Semantik) sowie drittens über eine Aufbau- und Ablauforganisation verfügen, die koordiniertes Handeln ermöglicht (vgl. Schmids Medienmodell (Schmid 1999)). Da je spezifische Tauschobjekte je spezifische Märkte konstituieren, entsteht um ein Unternehmen herum ein Netz miteinander verbundener Tauschpartner bzw. elektronischer Märkte (vgl. Abb. 2).
Abbildung 2: Medien konstituieren Tauschbeziehungen (Quelle: In Anlehnung an Lechner/Schmid 1999: 3)
Aufgrund der hinlänglich bekannten Eigenschaften von Online-Kommunikation (Orts- und Zeitlosigkeit, fast unbegrenztes Nutzerpotential etc.) verwischen nun mit der Entstehung elektronischer Märkte die klassischen funktionalen Differenzierungskriterien zur Identifikation von Ziel- und Zwischenzielgruppen und deren Bedürfnissen. Stattdessen erfolgt eine Vergemeinschaftung interner und externer Anspruchspersonen über gemeinsame Interessen zu sogenannten Communities. Diese Interessengemeinschaften konstituieren sich über Medien, um Güter oder Informationen zu tauschen. Sie müssen nicht kommerziell ausgerichtet oder institutionell an ein bestimmtes Unternehmen gebunden sein. Da die Rollen und damit die Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen zunehmend konvergieren (z.B. in der Art, dass Kunden gleichzeitig Aktionäre und Mitarbeiter sein können), ist die klassische
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Markus Will & Ulrike Geissler
Trennung in Kunden, Mitarbeiter etc. nicht mehr so ohne weiteres möglich. OnlineCommunities sind für Unternehmen insbesondere wegen der Möglichkeit interessant, Wettbewerbsvorteile zu erlangen, z.B. indem sie als Plattformen für zielgruppenspezifische Werbung und Kommunikation oder als Multiplikatoren in der Markenkommunikation dienen; Community-Mitglieder können zudem wichtige Informationen bereitstellen, beispielsweise über ihre Mitglieder (Kundeninformationen etc.) und über Unternehmen (für Imageanalysen, Frühwarnung etc.). Diese Merkmale der Internetkommunikation machen die strukturellen Defizite traditioneller Sender-Empfänger-Modelle für die Unternehmenskommunikation über Internetdienste deutlich:
Unternehmenskommunikation erfolgt hier nicht nur durch Menschen, sondern wird zunehmend über Softwareagenten, z.B. elektronische Stellvertreter (Avatare) praktiziert;
es handelt sich nicht um einen linearen bilateralen Informationsaustausch, sondern um vielfältige und netzartig miteinander verwobene, interaktive und multimediale Kommunikationsbeziehungen, die der Existenz von Medien bedürfen;
unabhängig vom Trägerkanal sind neuartige Bedürfnisse nach Individualisierung von Information und Beziehungspflege und damit nach Personalisierung der Kommunikation zu beachten;
die entstehenden Interessengemeinschaften müssen über gemeinsame Syntax und Semantik verfügen (Schmid 1999); die Entstehung solcher logischer Räume kann nicht wie herkömmlich mittels eines methodologischen Individualismus abgebildet werden;
die zunehmenden Informationsüberschüsse im Internet führen bei konstant bleibenden kognitiven Kapazitäten zu einer Verlagerung von der Quantitäts- hin zur Qualitätsprämisse: Information und Kommunikation sollten massgeschneidert und zielgruppengerecht aufbereitet sein, um Aufmerksamkeit zu erregen und damit wahrgenommen zu werden (vgl. Porak/Geissler/Einwiller 2000);
die Anspruchsgruppen konstituieren sich zunehmend über gemeinsame Interessen anstatt über die jeweilige Rolle im Produktionsprozess (Kapitaleigner, Mitarbeiter, Kunden etc.) oder Kommunikationsprozess (Gatekeeper, Multiplikator). Eine isolierte Ansprache klassischer Zielgruppen wird damit fragwürdig und gleichzeitig schwieriger. Wir schlagen deshalb eine systematische Überprüfung der strukturellen Grundlagen der Unternehmenskommunikation vor. Dies gründet in den technischen Rahmenbedingungen von Online-Kommunikation und betrifft u.a. Stellenwert und Funktion der Kommunikationspartner im Tauschprozess sowie die Organisation von Kommunikationsaktivitäten.
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Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
5
Ziele der Unternehmenskommunikation
Vorab sollten die Ziele der Unternehmenskommunikation feststehen. Das Hauptziel ist es, die Unternehmungsstrategie allen Anspruchsgruppen gegenüber so zu kommunizieren, dass sie sich in deren Köpfen als Unternehmensmarke einprägt (vgl. Abb. 1). Die Unternehmenskommunikation leistet dabei zweierlei: Zum einen, den individuellen Assoziationen der verschiedenen Anspruchsgruppen gerecht zu werden, zum anderen, deren spezifische Kommunikationsbedürfnisse aufeinander abzustimmen. Letzteres ist vor allem eine Frage der Glaubwürdigkeit der gesamten Unternehmenskommunikation. Insofern kann und sollte die Unternehmenskommunikation auch auf den Planungsprozess einwirken, u.a. durch die Einspeisung von FeedbackInformationen (beispielsweise aus Mitarbeiterbefragungen). Damit sind alle Kommunikationsaktivitäten einer Unternehmung der Unternehmensmarkenbildung verpflichtet. Im Verhältnis der Unternehmenskommunikation zur Produkt-/Kundenkommunikation bedeutet das, dass diejenigen Inhalte der Produktkommunikation, die das Unternehmen als Ganzes betreffen, a) mit der Unternehmenskommunikation abgestimmt (z.B. Pressetexte und Werbetexte für Imagekampagnen) und b) im Rahmen der Unternehmenskommunikation berücksichtigt werden müssen (vgl. die strategische Dimension der A-Klasse im damaligen Daimler Benz Konzern). Man kann folglich ein Zwischenfazit ziehen: Mit dem Einzug von Internettechnologien bleiben zwar die Ziele der Unternehmenskommunikation unverändert, aufgrund des beschriebenen Paradigmenwechsels ändern sich deren Aufgabenfelder allerdings deutlich. Dies spiegelt sich in der Kommunikationsorganisation (Kap. 5) sowie in den Kommunikationsinhalten (vgl. Kap. 6) wider.
6
Organisation der Unternehmenskommunikation
Kommunikationspartner Die bisher zentrale Stellung der Journalisten und Analysten als Gatekeeper und Multiplikatoren im Informationsfluss zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen relativiert sich. Zum einen entstehen mit Informationsdienstleistern (wie huginonline.ch) neue Filter, die Informationen sammeln, analysieren und weiterleiten. Zum anderen bekommen Journalisten und Analysten zunehmend „Konkurrenz“ aus den Reihen derer, die bisher überwiegend durch sie angesprochen wurden. Denn nun
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Markus Will & Ulrike Geissler
können auch Einzelne oder organisierte Teile der Bevölkerung zu relativ geringen Kosten und unter Umgehung räumlicher und zeitlicher Distanzen Öffentlichkeit herstellen. Besonders brisant ist die Möglichkeit für Interessengruppen, via Internet politischwirtschaftlichen Druck auf Unternehmen auszuüben und damit Einfluss auf die Konstruktion von Firmenimages zu nehmen. Internetdienste schaffen Plattformen der öffentlichen Auseinandersetzung, die es Gegengruppen erlauben, sich rasch, weltweit und publicitywirksam zu organisieren, wie das Audi-TT-Sonderforum auf ecircle.de, die massiven Protestaktionen in WWW und Newsnet im Vorfeld des WTOGipfels/Seattle oder die Boykottaufrufe unter boykott.de zeigen. Mit ciao.com und dooyoo.de entstehen speziell für Verbraucher neue Foren zur Information und Meinungsbildung. Diese Entwicklungen zeigen, dass die zunehmende Nutzung des Internets den Unternehmen folgenschwere Debatten aufdrängen kann, vor denen auch die Finanzkommunikation nicht mehr gefeit ist (vgl. Schuster 1999). Für das erfolgreiche Management solcher Issues wirkt erschwerend, dass mit der zunehmenden Vermengung klassischer Ziel- und Zwischenzielgruppen in Online-Communities die Quellen von Unternehmensnachrichten oft nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind, was einen proaktiven Umgang mit ihnen behindert. Prozessmanagement Neben den veränderten Akteurskonstellationen spiegelt sich der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien für die betriebliche Wertschöpfung auch in den Kommunikationsprozessen wider. Die Potentiale reichen von der Kommunikationsplanung über die Umsetzung bis hin zur Kommunikationskontrolle. Dies ist im Folgenden exemplarisch zu erläutern.
Informationsgewinnung im Rahmen der Kommunikationsplanung. Eine bedürfnisorientierte Kommunikation erfordert möglichst viele Informationen über die Kommunikationspartner. Die hierzu notwendige Sammlung, Analyse und Interpretation der Daten erfolgt mittels Data Warehouses und Data Mining und bezieht in ihren Gegenständen und Erhebungsinstrumenten sowohl traditionelle Massenmedien als auch Internetdienste ein. Das Data Mining dient erstens dazu, Profile von Organisationen und Gruppen zu modellieren und damit u.a. die Kommunikation zu personalisieren. Zweitens ermöglicht es, zukünftige Aktionen und Reaktionen der Ziel- und Zwischenzielgruppen optimal abzuschätzen, z.B. im Rahmen der Krisenprävention.
Kommunikationsmassnahmen. Internettechnologien erlauben eine weitgehende Automatisierung der Kommunikationsbeziehungen. Dies kommt dem steigenden Bedürfnisses nach Individualisierung nach – zu nennen ist beispielsweise der zunehmende Wunsch von Kleinaktionären nach direkter Kommunikation mit Investor Relations Abteilungen. Um hier Effizienzverluste zu vermeiden, bietet sich der Einsatz von E-Mail-Verwaltungssystemen oder die Unterstützung von Call Centern durch Avatare an. Weiterhin erlauben Profiling und Automatisierung eine Konzentration auf wesentliche Bezugsgruppen, die Quantifizierung von Kommu226
Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
nikationsprozessen, -inhalten und -ergebnissen, damit verbesserte Erfolgskontrollen und Lerneffekte sowie Personaleinsparungen. So wird bei langfristig sinkenden Kosten eine schnellere, flexiblere sowie quantitativ und qualitativ hochwertigere Kommunikation in und mit Communities möglich.
Frühwarnung im Rahmen der Kommunikationskontrolle. Für die PR-Praxis von besonderer Bedeutung ist die frühzeitige Identifikation kritischer Issues, d.h. kontroverser Themen der öffentlichen Diskussion, die die Legitimität des Unternehmens in Frage stellen (könnten). Die Frühwarnung bezweckt, bei der Erkennung eines Issues ausreichend Reaktionszeit für die Entwicklung und Implementierung geeigneter Massnahmen zu haben, um eine negative Beeinflussung der relevanten Anspruchsgruppen zu verhindern und damit mögliche Schäden (Umsatz-, Imageetc.) vom Unternehmen abzuwenden. Neben den traditionellen Instrumenten Medien-Monitoring und direkte Kommunikation, beispielsweise im Rahmen der Imageforschung und Werbewirkungsforschung (Unternehmenswerbung), erfolgt die Issue-Frühwarnung im Internet über Inhaltsanalysen sowie qualitative, kommunikationsfördernde Massnahmen zur Bildung von Kommunikationsräumen auf digitalen Kanälen. Voraussetzung hierfür ist der Einsatz von Softwareagenten, insbesondere Web Robots (vgl. Geissler, in Druck).
7
Inhalte der Unternehmenskommunikation
Die Konstitution virtueller Communities über gemeinsame Interessen – auch unabhängig von Rolle und Status – führt zusammen mit einer Fragmentierung der Kommunikationsmärkte zu erweiterten und gleichzeitig spezialisierteren Aufgabenfeldern. Allerdings werden diese Aufgabenfelder schliesslich durch eine alles umfassende Web-Site wieder gebündelt; so erfolgen beispielsweise Produkt- und Finanzkommunikation über denselben Kanal, sie werden in räumlicher Nähe dargeboten. In der Konsequenz muss die Unternehmenskommunikation die Kommunikationsinhalte per se zwar nicht ändern, allerdings haben sich die Aufbereitung und Zusammenstellung der Inhalte an die modifizierten Rahmenbedingungen anzupassen; offensichtliche Schnittstellen wie diejenige zwischen Produkt- und Unternehmenskommunikation sind zu thematisieren. Dies sei am Beispiel der Finanzkommunikation erläutert. Zwar bleibt sie die Kommunikation des monetären Abbilds der Unternehmensstrategie: Zahlen, Daten, Fakten. Auch die sog. Soft Factors der Finanzkommunikation, wie beispielsweise die Beziehungspflege zu Analysten und institutionellen Investoren, bleiben vorerst gleich. Allerdings erwecken Internettechnologien den Wunsch der Kleinaktionäre, persönlich 227
Markus Will & Ulrike Geissler
betreut zu werden. Damit erweitert sich nicht nur das Aufgabenfeld der Investor Relations, sondern auch die Aufbereitung der Finanzinformationen. Sie müssen auch für Laien verständlich und interessant sein. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Finanzkommunikation kulturelle Unterschiede der Anteilseigner (Ortslosigkeit der Internetkommunikation) sowie die Vermengung verschiedenster CommunityMitglieder wie Mitarbeiter, Kunden oder Journalisten als Nachfrager von Finanzinformationen berücksichtigen muss.
8
Konsequenzen für die Unternehmenskommunikation
Neue Internettechnologien modifizieren die Rahmenbedingungen der Unternehmenskommunikation. Während dabei die Kommunikationsziele und -inhalte konstant bleiben, verändern sich die Kommunikationsstrukturen. Es entstehen neue Kommunikationspartner; Inhalte müssen teilweise anders aufbereitet und zusammengestellt werden; Online-Communities und zunehmend fragmentierte Kommunikationsmärkte führen zu einer Erweiterung der Aufgabenfelder. Auch erfordert und ermöglicht die Automatisierung der Kommunikationsprozesse steigende Aktualität, Schnelligkeit und Individualisierung der Kommunikation. Dies bedeutet nicht zuletzt, dass die Unternehmenskommunikation zur Bewältigung ihrer Aufgaben in Planung, Umsetzung und Kontrolle verstärkt klassische Managementinstrumente einsetzen und über sich wandelnde Qualifikationsanforderungen nachdenken sollte. Die Antwort auf die Eingangsfrage ist damit beantwortet: Das Internet verändert die Unternehmenskommunikation. Eine völlig andere Frage ist, ob die Bedeutung traditioneller Trägermedien für die Unternehmenskommunikation abnimmt. Dies ist jedoch eine Frage an die Medienökonomie und nicht für die Unternehmenskommunikation. Letztere wird sich an diejenigen Plattformen halten, die ihr die höheren Kontaktwahrscheinlichkeiten bieten.
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Verändert das Internet die Unternehmenskommunikation?
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Towards an integrated approach to corporate branding
Sabine Einwiller & Markus Will (2002)
Towards an integrated approach to corporate branding – findings from an empirical study Corporate Communications: An International Journal, 7 (2), pp. 100-109
Sabine Einwiller & Markus Will
1
Abstract
Based on the findings of an empirical study among communication executives in eleven multinational companies we propose an increasingly integrated approach to corporate branding. Key aspects which support our claim are the growing importance of the financial community, the augmenting skills shortage driving competition for current and future employees, and the enhanced transparency of corporate activities being greatly supported by the particular characteristics of the Internet. In order to achieve greater integration and eventually a favourable reputation we propose an organisational model combining centralisation and team organisation which particularly aims to support integration across the various functions responsible for stakeholder relations. Extracts from this research were presented at the 6th International Conference on Corporate and Marketing Communications, Queen’s University, Belfast 23-24 April, 2001. The authors want to thank the interview partners for giving us precious insights in their work, our industry partners for their financial support, and Kalle Becker, Victor Porak, and Anna-Lisa Wolters for their help in conducting this research.
2
Introduction
Creating a coherent perception of a company in the minds of its various stakeholders is a major challenge faced by many companies. Particularly in large multinational corporations speaking with one voice is a challenging task. Especially when grown through extensive merger and acquisition activities, large companies often comprise multiple subsidiaries and subsequently multiple brands and cultures. Orchestrating the signals these diverse corporate subsets send out to their stakeholders is often impeded by various aspects such as historic turf wars between divisions, cultural and language differences, deficient management structures and unclear responsibilities, or simply by spatial separation. Furthermore, incoherence in messages and difficulties in co-ordination are often fostered by communication representatives’ narrow focus on their particular stakeholder groups. For example, investor relations representatives only have a small community of investors in mind. Those responsible for a certain product brand focus on their particular customer base and the internal communicators primarily see their recipients, the employees. Such thinking in a box and acting in narrow realms of stakeholder groups often leads to the communication of messages
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Towards an integrated approach to corporate branding
that might be suitable for each individual stakeholder group, yet all in all the picture drawn of the company as a whole is blurred or even contradictory. We purport that a stronger integration of the different internal units responsible for stakeholder relations is needed in order to foster more coherency in messaging and to eventually generate a coherent corporate brand image and favourable corporate reputation. The management process of creating and maintaining a coherent corporate brand image in the minds of each individual stakeholder which is the basis for a favourable overall corporate reputation shall be labelled corporate branding. After defining the relevant theoretical concepts that underlie our research, we present the results of an empirical study in the scope of which we revealed various developments and dimensions that point to the necessity for an integrated approach to corporate branding. Based on the findings and insights we developed a model for organising the functions responsible for stakeholder relations in order to foster more integration, better co-ordination and eventually the creation of a more favourable reputation.
3
Definition of concepts
Corporate branding has been defined by van Riel (2001) as “a systematically planned and implemented process of creating and maintaining a favourable reputation of the company with its constituent elements, by sending signals to stakeholders using the corporate brand” (p. 12). The corporate reputation in turn is seen as the net perception of a company’s ability to meet the expectations of all its stakeholders (Fombrun, 1996). Underlying this net perception are the individual images the company’s various stakeholders have stored in their minds about the organisation. Those image aspects about a company represent “the sum of beliefs, attitudes, and impressions that a person or group has of an object” (Barich and Kotler, 1991, p. 95). We want to emphasise that the object of interest is the company as a whole. For stock corporations this means that the favourable reputation relates to the brand name under which the stock is listed at the stock exchanges. Applied to the example of DaimlerChrysler corporate branding means strengthening the brand DaimlerChrysler and not primarily its subsidiary or product brands like Mercedes-Benz, Chrysler, or Jeep. We do not completely follow van Riel’s (2001) conceptualisation that the vehicle for sending out signals is the corporate brand. Product and subsidiary brands can also be of great significance for the process of corporate branding when being brought into some connection with the corporation as a whole. Therefore, every signal sent out by the company or its constituent elements that influences stakeholder images and the corporate reputation within this systematically planned and implemented process
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Sabine Einwiller & Markus Will
shall be considered corporate branding. Signals sent to the stakeholders are conveyed by behaviour, communication, and symbolism (Birkigt and Stadler, 1998; Maathuis, 1999). Apart from that, there are influences deriving from external sources that can generally not be planned and managed by the company. Corporate branding shall consequently be defined here – closely following the definition presented by van Riel (2001) – as a systematically planned and implemented process of creating and maintaining favourable images and consequently a favourable reputation of the company as a whole by sending signals to all stakeholders by managing behaviour, communication, and symbolism. Within most corporations corporate branding is incumbent upon the corporate communication function of which symbolism or corporate design is part. Nevertheless, communicators can only communicate successfully if corporate behaviour allows for it and if the dimensions that have been unveiled as the pillars of reputation – products and services, financial performance, workplace environment, vision and leadership, social responsibility, and emotional appeal (Fombrun et al., 2000) – permit to convey positive messages. However, in our research on corporate branding we focus on the function most strongly involved in shaping corporate images and reputation, that is corporate communication.
4
Methodology
Our research aimed to gain thorough insight into the challenges and significance of corporate branding, as defined above, as well as approaches to its management within multinational corporations. To be able to uncover and explore aspects and mechanisms of corporate branding we chose a case study approach (see Yin, 1984). For our case study we combined desk research on the topic with semi-structured face-to-face interviews with 23 communication executives at eleven multinational companies. Interviews were conducted between July and September 2000. Companies we invited to participate were identified and selected on the following criteria: (1) be among market leaders within their respective industry, (2) have global reach, (3) feature a diversified or multi-brand structure, (4) rank high in reputation surveys (Global Fortune 500, manager magazin, TIME), and have European headquarters (France, Germany, Switzerland). All companies were publicly owned having their stock listed at major stock exchanges, except one that is in the process of planning its listing. As interview partners (all headquarter representatives) we could win the head of corporate communication (5) or their deputy (3), head of corporate marketing or business communication (3), head online communication (3), and other persons working within the corporate communication (8) or corporate marketing (4) function.
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Towards an integrated approach to corporate branding
5
Significance of Corporate Branding
There was mutual correspondence regarding the actual and future importance of the topic of corporate branding: All of our interviewees stated that the topic was regarded as highly important for their company and that importance had increased over the past three to four years and the rise in importance is expected to continue in the future. Apart from some particular developments that are specific for the situation of an individual company or industry (e.g. deregulation), the developments underlying the rising importance of corporate branding can be grouped in five categories to be discussed in the following. 1.
Growing importance of capital markets: A strong corporate brand and favourable reputation is regarded as a prerequisite to succeed in the global financial marketplace: “A strong corporate brand image has positive effects on the stock price. With the corporate brand the financial community associates future expectations” (interview quote). Institutional investors and financial analysts are seen as most important within the financial community; the latter take a particular position because of their strong influence on the media. For those professional groups the so called “soft factors” are said to be of growing importance, above all the CEO, clear communication of the corporate strategy, and the company’s emotional appeal (see also Gregory, 1997). Corporate reputation is furthermore seen as a decisive factor for retail investors to buy the stock. This investor group is perceived as highly interesting because “there are forty million people in Europe who have 100 000 to 1 million Euros in liquid assets. This is a huge and unsatisfied market” (interview quote).
2.
“War for talent”: A dramatic picture of actual and future human resource shortage has been drawn by McKinsey and Co. (Chambers et al., 1998; Axelrod et al., 2001). In two US-surveys researchers found that “companies are about to be engaged in a war for senior executive talent” (Chambers et al., 1998, p.46). This development is also perceived in Europe: “An important driver for our corporate branding initiative is the war for talent. In 10-15 years we will have an extreme shortage of personnel in all areas. We will then at least be able to say that we have identified the problem in time” (interview quote). A company’s reputation plays a crucial role when it comes to winning talent. What job aspirants are looking for most is a “great company” that has at its core an appealing culture and inspiring values. One third of the companies in our survey spontaneously stated that winning highly qualified employees is an important factor driving corporate branding efforts.
3.
Need to create synergy between brands: Corporate values become increasingly important as consumers become more critical: “People are more and better
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Sabine Einwiller & Markus Will
educated, more demanding and more interested in the companies behind the products. They want to know, is the company trustworthy, does it act correctly etc.” (interview quote). Corporate values like integrity, financial solidity, social and environmental responsibility are therefore important signals also for consumers. Apart from strengthening product brands through corporate values there is a strong tendency to strengthen the corporate brand by creating associations with its product brands. This trend is due to the fact that a company’s products and services is an important dimension influencing corporate reputation (see Fombrun et al., 2000). Yet this is purported to frequently cause resentment in marketing managers who fear their product brands may become diluted or weakened. 4.
Co-ordination & identity problems in multinational corporations: Common values and a common idea, represented by the corporate brand that “holds the amorphous structure of our corporation together“ (interview quote), can contribute to escape the frequently reported co-ordination trap (see also Wiedmann and Jugel, 1987). Nevertheless, companies report to proceed cautiously when it comes to integrating acquired companies under the corporate umbrella: “We want to demonstrate that we are not dictators ... we want to turn the persons concerned into involved partners” (interview quote on rebranding issue). A serious obstacle concerning the successful communication of a common idea is the excessive complexity and multitude of corporate messages: “Our goal is to reduce the complexity of communication by reducing our key topics, what we want to bring across and stand for, to the essentials. Only then can the company’s representatives around the world support our messages” (interview quote). Intranet based electronic platforms, like DaimlerChrysler’s “Global News Bureau” (see Walther, 1998), can greatly support the exchange and co-ordination of information and communication internally.
5.
Growing demand for transparency: The tendency towards greater transparency is due to increased obligations concerning corporate governance and financial disclosure (e.g., OECD Principles of Corporate Governance; KonTraG in Germany; SEC regulations and “fair disclosure” laws in the U.S.). Apart from enhanced pressure for transparency from financial markets, public and media interest in companies has grown. Evidence for this is the significant increase in the frequency of business news which has been happening over recent years. The demand for transparency is largely supported and stimulated by the possibilities of the new media. The Internet and its services provide a platform that makes it possible for companies to lend insight to an infinite amount of information (see also below). The audiences demand that companies make use of this possibility.
Although commitment for corporate branding especially from top management was stated to be high throughout all companies it appeared strongest in the media and
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Towards an integrated approach to corporate branding
telecommunication companies. Deregulation and developments in information and telecommunication technologies, as well as fierce competition in the market are certainly responsible for this in addition to the drivers just mentioned. Apart from the top management’s commitment it is particularly the commitment from middle management which is seen as an inevitable prerequisite for successful corporate branding: “Commitment also from middle management is needed to penetrate the corporate brand spirit throughout the company” (interview quote). Clearest commitment to corporate branding – namely incorporating a measure in the corporate reporting system (the Balanced Scorecard) – is demonstrated by only one of the eleven companies. However, this does not imply any consequences, for example for managers’ bonus plans, if reputation goals are not met.
6
Importance of stakeholder groups
Although companies have to be aware of the needs of all stakeholders, some stakeholders are considered more important than others. Their ranking differs from company to company and time to time depending on current demands, pressures and goals. Yet there was nearly mutual agreement that the financial community is the most important stakeholder group for the corporation and thus for corporate branding efforts. When asked to rank the various corporate stakeholders according to their importance (assigning equal importance was permitted), only two companies ranked the financial community second. Second priority in importance was assigned to an almost equal extent to customers, current and future employees as well as journalists. Not surprisingly, the importance of customers for corporate branding has shown to be greatly dependent on the brand strategy (see Aaker and Joachimsthaler, 1999). In the case of a “branded house” strategy but also in the case of the corporate brand serving as an endorser, the corporate brand’s importance for the customers was claimed to be higher than when the company pursued a “house of brands” strategy. The general public and governments ranked third. Public interest groups were ranked second last before competitors and just after the company’s industry partners. Changes in importance over time have been expressed: “When you think back ten years, public interest groups and governments were certainly highly important especially against the background of the environmental issues heavily discussed at that time. Then, those groups were of even greater existential importance than financial analysts” (interview quote).
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Sabine Einwiller & Markus Will
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Communication in a networked world
The Internet is increasingly becoming part of the basic business model for many companies and it is rapidly becoming an integral part of the traditional economy (The Internet Economy Indicators, 2001). It has in particular sparked a shift in how people communicate with each other and in how companies can communicate with their stakeholders. Thus, the impact of the Internet on communication has been remarkable, especially that of the services e-mail and World Wide Web (WWW). Our interview partners perceive the Internet as a great challenge bearing a number of possibilities and advantages but also many risks that are still difficult to manage. It is above all the Internet’s interactive nature, the increased speed of communication, its ubiquity and its transparency that are responsible for those challenges.
238
1.
Interactivity: The Internet’s network characteristic greatly facilitates the exchange and spread of information. Thus, the dimensions one-to-one and many-to-many are greatly facilitated through the new technologies (Hurme, 2001). However, these new possibilities for dialogue and interactivity are also viewed with some scepticism. Some interviewees mentioned a greatly increased number of requests via e-mail, the processing of which is an enormous challenge. Bi-directional online communication is still perceived as something that will happen, but not yet: “In the future we will have to communicate faster and bi-directionally” (interview quote). The Internet greatly facilitates the diffusion of knowledge among stakeholders with various interests in the company – be it products, shares, or employment. Most of this interaction is out of a company’s control. Monitoring discussions on the Internet is a topic for some; yet companies feel rather ill prepared: “We do watch what is going-on on the Internet. Yet, I have the impression that we are not prepared enough for discussions on the Internet because we haven’t got the right tools. We are still too much focused on classical media” (interview quote).
2.
Speed: Most frequently mentioned as one of the greatest challenges is the greatly enhanced speed of communication and dissemination of information. This has the obvious advantage that “breaking news can now be communicated a lot faster” (interview quote). Also positively mentioned was the fact that the flow of information can to a certain extent be accelerated through averting many inquiries for general information which can now be gathered through the company’s web site. Nevertheless, “the increasing speed of information production as well as the growing demand for information is the greatest challenge at the moment. The problem lies in ensuring information quality, that is the internal validation of content” (interview quote). A survey by IMT Strategies (2000) revealed similar results in that more than sixty percent of the respondents stated that increased speed had a negative impact on
Towards an integrated approach to corporate branding
public relations. Apart from communicating low quality information, interviewees mentioned the danger of hoaxes that can now spread in a matter of seconds. 3.
Ubiquity: The ubiquitous nature of the Internet allows companies to communicate their operations world-wide to a much larger audience. The web presence of a company can be accessed anytime and anywhere by everybody who has Internet access. This requires harmonisation of communication in order to avoid contradictions. In the positive case, this leads to more internal coordination concerning mode and content of communication: “Now, we are a lot more forced to harmonise our communication. What has not worked for decades is suddenly possible now” (interview quote). It furthermore demands clear assignment of responsibilities: “Everybody can now communicate with a world audience without having a clue. This can cause severe legal consequences. You have to assign clear competencies, who can release what and when” (interview quote). A special aspect is the world-wide access to Internet brokerage which leads to an increasing and increasingly global base of private shareholders. In pre-WWW times private shareholders received their information through banks and buy-side analysts. Today they also potentially have the possibility to communicate directly with the companies they hold shares in. Most companies have not yet installed sufficient possibilities for online communication with their private shareholders.
4.
Transparency: The possibility for every stakeholder to access almost any information directed at other stakeholder groups – for example customers or activists accessing investor information – has lead to much greater transparency than ever before. Today, a customer interested in buying Siemens products from the Siemens online mall can at the same time check the development of the company’s stock price, look at the recent press releases, and find out about job openings. The consequences of these new possibilities are evident: Any contradiction in what is being communicated to different stakeholder groups can be unveiled without a person having to undertake great efforts. Apart from information conveyed by the company itself, transparency is furthermore enhanced by a plethora of other Internet sources like independent sites for corporate information (e.g. www.hoovers.com), consumer communities (e.g. www.gomez.com), anti-corporate sites (e.g. www.mcspotlight.org or www.chasebanksucks.com), discussions in newsgroups and many more.
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Necessity for integration
Against this background of current developments and challenges being faced by large companies, we consider the necessity for an integrated management approach to corporate branding. We deduce this conclusion from the following reasoning: Stakeholder groups like above all the financial community and future as well as current employees have gained at least equal importance for large companies as its customers. Particularly for the financial community and for employees, the corporate brand image is a significant driver for appreciation yet it is also influenced by a company’s product brands which play an important role for a company’s reputation (Fombrun et al., 2000). On the other hand the corporate brand image can also be a decisive influencing factor for a company’s customers. The encouragement for creating communication synergies between the brands becomes obvious. Furthermore, it is the development towards greater transparency which drives the necessity for more integration. Stakeholders gain more insight into a company’s actions and a more differentiated image of a company in general. This increases the danger of their detecting possible inconsistencies and contradictions which can inhibit the formation of a coherent corporate brand image and favourable reputation. The factors that drive greater integration we have unveiled in our research must be seen in addition to those discussed in the marketing literature, which are above all the growing number of communication instruments, communicators, and brands, the fragmentation of media, and an information overload on the part of the recipients (e.g. Bruhn, 2000). Nevertheless, our findings broaden the scope of integration incitements as they demand integration across all functions concerned with stakeholder relations. Therefore, we propose a stronger integration between the various functions concerned with stakeholder relations.
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Integrated corporate brand management
From the management perspective integrated corporate brand management takes place on four levels (e.g. Staehle, 1990): planning, organising, guiding, and controlling. In the following we want to concentrate on the organisational set-up of communication functions. Organisation exerts a great influence on how well co-ordination can work and it can be perceived as one important prerequisite for good planning and guiding and therefore holds an important role within management.
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Towards an integrated approach to corporate branding
In our interviews, we also addressed the topic of how functions responsible for relating with stakeholders are organised within the companies. We mainly concentrated on the organisation of corporate communication functions. Models of organising differed greatly between companies, ranging from corporate communication headquarter units with large staffs of around 150 employees where almost any working area of communication was integrated to models where work was divided among as little as 3 to 10 people. Figure 1 displays the degree of integration of functions of communication within one department.
Figure 1: Integration of communication functions (empirical results)
Media Relations Employee Communication Intranet Steering/Coaching Function Internet (Corporate Web) Corporate Design Media/Communic. Monitoring Corp. Advertising/Marketing Product Press Event-PR Issue Management Government Relations Sponsoring Investor Relations (Retail Inv.) Product Advertising Legal Brand Issues 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Number of companies integrating function in one department
10
11
Our findings match those of surveys conducted by the Ashridge Strategic Management Centre (ASMC) on the size and structure of corporate headquarter staffs (of which corporate communication is only one part). A major finding of the ASMC study was that the size of corporate headquarters varied from about 10 to well over 1000 for companies with 10.000 employees in total. These differences are said to reflect different views about the right role and responsibilities of headquarters (Goold et al., 2001). In our research, we could also observe that the size of the headquarter communication department was largely dependent on the corporate philosophy of centralisation versus autonomy of business units. Furthermore, views diverged concerning the integration and similarity of marketing and corporate communication functions, ranging 241
Sabine Einwiller & Markus Will
from “Communication is communication, whether it is marketing or for example financial communication. The principles of communication apply for a product in the same way as for a deal or for the annual results” (interview quote) to “Marketing and corporate communication are related yet have very different tasks to fulfil ... Therefore, we clearly separate these fields” (interview quote). The ASMC surveys have shown that large headquarters staffs are not generally rated more effective than small ones (Goold et al., 2001). It is rather the skills of the staffs and the value-added from their activities that matter more. Nevertheless, in communication where one major goal should be the coherence of messages conveyed, a stronger integration of the various functions involved seems more likely to actually lead to this desired result than scattering functions throughout the organisation. As has been stated by one of our interview partners: “You can decentralise everything but not communication” (interview quote). One aspect that often accompanies wide distribution of functions across units within companies is that there is no one person or function that has sole responsibility for corporate reputation. In a survey among 32 Fortune 100 companies the reputation management firm Weber Shandwick revealed that none of those companies had a single executive solely responsible for the overall reputation function. Instead, efforts to shape reputation with the key constituencies were scattered to as many as nine different departments (cited in Barnett et al., 2000). A previous study by our centre revealed similar results concerning the degree of integration (Will et al., 1999).
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Proposed model for organisation: Combined centralisation and team organisation
For corporate branding to achieve desired outcomes we purport that an integration in organisation is most promising. This does not necessarily imply that all functions must be integrated in one single department. Depending on the corporate culture and philosophy this could be counterproductive, particularly if the corporate culture is one of entrepreneurship and autonomy. We propose a combination of centralisation and team organisation to work best in order to achieve good co-ordination and desired results (see figure 2). In this model, the functions that are most central to corporate communication should be centralised in one department. These functions are: 1) internal communication, 2) the relations with non-customer stakeholders, that is the media, investors, the general public, and governments, as well as 3) central functions of market communication, like corporate design, corporate advertising, corporate events, and corporate sponsoring. Online communication because of its relevance for all functions 242
Towards an integrated approach to corporate branding
should hold a cross-functional position. The department for corporate communication should be attached to the board of directors and report directly to the CEO. In fact, a direct line of reporting of corporate communication to the CEO exists in all eleven companies we interviewed.
Figure 2: Combined centralisation and team organisation model of communication Boards of Directors Corporate Communication
Corporate Brand Manager
Online Communication
Relationship Management
Internal Communication
Gen. Public Rel.
Marketing Media Rel.
Finance Personnel
Market Communication
Investor Rel.
Sponsoring GovernMent Rel.
Advertising
Fairs/ Events
Employee Com.
Cross-Functional Teams
Most uncommon might be our suggestion for integrating investor relations in the corporate communication department or – at least – establishing strongest links in the form of permanent cross-functional teams. This claim is based on the fact that investor relations needs to strongly communicate strategic orientation, future prospects, the vision and management’s capabilities apart from bottom-line facts and figures (Will and Wolters, 2001). To date, investor relations is in most companies traditionally part of the finance department. In two of the companies we interviewed, relations with retail investors were part of corporate communication. In addition to those functions integrated in one corporate communication department, we suggest to install permanent as well as temporary teams that foster integration and co-ordination particularly between corporate communication and the other units or departments that maintain stakeholder relations and exert influence on the corporate brand image (on team organisation see for example Katzenbach and Smith, 1993 or Mintzberg, 1979). Cross-functional teams that work together on a permanent basis should be established in any case between corporate communication and marketing,
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Sabine Einwiller & Markus Will
finance, and personnel. Particularly the integration with product branding bears greatest challenges, because marketing traditionally claims superiority when it comes to the issue of branding. Nevertheless, corporate branding needs to integrate all of a company’s stakeholder relations which can best take place on the corporate level. Advantages of cross-functional teams are improved communication and co-ordination, motivation, and better internal understanding to counteract “departmentalism”, and enhanced support of and identification with results. Possible disadvantages of crossfunctional teams are unclear responsibilities and decision making power. To counteract these disadvantages and to emphasise the significance of corporate branding for the company, a special function should be installed. This function should be responsible for guiding the teams, and overlook all activities that exert an influence on the corporate reputation, in short “watch over the company’s intangible assets” (Fombrun, 1996, p. 197). This function could be incumbent upon the head of corporate communication, yet in order to avoid conflicts of interest, the “corporate brand manager”, or ‘chief reputation officer’ as Fombrun calls this position, should most optimally hold an independent position and report directly to the CEO. In order to steer corporate branding activities world-wide and co-ordinate messages and performance also with representatives around the world, central corporate communication should have a steering or coaching function. As our survey revealed, nearly all of the companies we interviewed reported that headquarter communication was coach or “steersman” for world-wide communication activities. Headquarters develops guidelines and frameworks for communication, yet ensuring that everybody follows those guidelines was reported to often be difficult. Referring thereto, “commitment also from middle management is needed in order to disperse the corporate brand spirit throughout the company. The problem is that our corporate philosophy is much too liberal; there are no sanctions if somebody rather likes to follow his own rules” (interview quote). Internal education on the advantages and methods of corporate branding is an effective way to move forward. Some of the companies in our survey actually offer internal courses on communication for non-communicators.
11
Concluding remarks
Creating coherent corporate images in the minds of all corporate stakeholders is of vital importance against the background of current developments and challenges reported by the communication executives from the multinational corporations we interviewed. The narrow focus often applied when attending to the diverse stakeholder groups is not appropriate for meeting the challenges described above. One important step to arrive at more integration between the diverse functions responsible
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Towards an integrated approach to corporate branding
for stakeholder relations is applying an appropriate organisational model. Although every company needs to consider its organisational set-up of communication functions with regard to its culture, philosophy and history, a stronger integration through the installation of permanent as well as temporary teams is most promising for arriving at the ultimate goal, a favourable overall reputation. Furthermore, we support the integration of the most crucial functions of corporate communication in one department rather than scattering them around the organisation as well as installing a superordinate function of corporate brand manager. Organisation is certainly only one aspect for meeting the challenges. Most important within the scope of corporate brand management is furthermore planning. A decisive definition of corporate values, for example in the form of a corporate brand identity system (see Aaker and Joachimsthaler, 1999), which communication executives can use as a guideline, needs to be set up. Or, as van Riel (1995) proposes, representatives from various communication functions should jointly develop so called “common starting points”, which can be considered as central values functioning as the basis for undertaking any kinds of communication envisaged by an organisation. Another management field that demands further research is the measurement of the results of the corporate branding process. To be able to install incentive mechanisms for managers to add value to the corporate brand their contributions need to be measured. Only then can bonus plans be made dependent on their contribution to the corporate brand. Our research presented here could only cover a small aspect of this wide field of corporate branding and reputation management. It aimed to generate a better understanding of the current demands and challenges communicators within multinational corporations are facing today and in the near future as well as generating some ideas for better corporate brand management. Nevertheless, much research lies ahead in this important and complex field.
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Corporate Branding and Issues Management
Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff (2007)
Corporate Branding and Issues Management – Integrating Two Concepts to Enhance Corporate Reputation Working paper, MCM Institute, University of St.Gallen, 2007
Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
1
Abstract
Issues management can help to meet important challenges which companies face by managing their corporate brand. Firstly, issues management helps to identify issues that are of particular relevance to corporate stakeholders in order to strengthen the corporate brand identity. Secondly, it can enhance integrated communication by supporting internal coordination processes. Those contributions of issues management to corporate branding are important to strengthen the corporate reputation. We present findings from a qualitative study on the issues management practice of eleven multinationals. The results show that the importance of issues management for proactive corporate brand and reputation building is acknowledged. However, only few firms have actually implemented adequate processes and structures to support corporate branding with the help of issues management. Suggestions for potential improvement are discussed.
2
Introduction
In an environment where the focus on corporate behaviour has increased, largely triggered by transgressions of firms such as Tyco, Enron or Worldcom, and where the competition for the attention of those the company aims to reach via communication is fierce, systematically planned and implemented corporate communication processes ought to be considered a crucial necessity. In fact, it has been argued that the role of corporate communication and corporate branding has become more important than ever (Schultz and Kitchen, 2004; van Riel, 1997). Corporate branding has been defined as “a systematically planned and implemented process of creating and maintaining a favourable reputation of the company with its constituent elements, by sending signals to stakeholders using the corporate brand” (van Riel, 2001: 13). It requires that the company takes a holistic approach to brand management and that all of its members behave in accordance with the desired brand identity (Harris and DeChernatony, 2001). Branding of the company as a whole, corporate branding, is therefore not the duty of marketing alone. It is rather a holistic concept that involves marketing, corporate communication as well as strategic management (Tomczak et al., 2001). It has been argued that the corporate reputation, which corporate branding aims to create and maintain, potentially leads to competitive advantage (Barney, 1991; Hall, 1993) and that it will even become the biggest factor in consumer choice (Eales, 1990;
250
Corporate Branding and Issues Management
Melewar and Saunders, 2000). Corporate reputation can be perceived as a representative evaluation of a corporate brand’s identity by the firm’s stakeholders (DeChernatony and Harris, 2000). Stakeholders are individuals or groups who contribute to the firm’s wealth-creating capacity and activities and who are its potential beneficiaries and/or risk bearers (Post et al., 2002). Depending on the type of organization those often include customers and consumers, shareholders, employees, business partners and a host of other groups. It is important that a firm considers all corporate stakeholders in its strategy and communication, and not just selected ones like customers or shareholders (e.g., Schultz and Kitchen, 2004). We consider two aspects particularly important for effective corporate branding and reputation building with regard to a firm’s stakeholders: Firstly, the messages a firm chooses to send in connection with the corporate brand have to be of relevance and interest for their stakeholders. It has been shown in an advertising context that the relevance of the message for its recipients is particularly important for communication effectiveness (Li et al., 2002). In order to create relevant messages, the firm has to gain input from the stakeholders in terms of which information is needed and of interest and therefore has to be communicated. Schultz and Kitchen (2004) criticise the old paradigm of corporate communication where the “organization ‘talked’ and stakeholders were supposed to ‘listen’” (p. 360) and postulate a paradigm where the firm engages in a dialogue and listens to the needs of its stakeholders. As research by Grunig et al. (2002) has shown, a two-sided approach to communication management is most effective. Secondly, the messages send using the corporate brand ought to be communicated in a coherent and non-contradictory manner. Van Riel (2003) finds fault with communication that is occasionally fragmented or even contradictory, and pleads for better orchestration of communication for the sake of a strong reputation. In the same vein, others have argued that internal coordination and integration are indispensable to prevent disorientation and to strengthen coherent perceptions in stakeholders’ memories (e.g., Caywood, 1997; Esch, 1999). However, research has shown that corporate communication is often marked by a lack of internal coordination (Schultz and Kitchen, 2004). The purpose of this paper is to show how a well implemented corporate issues management can support corporate branding by helping to meet those challenges which are enhancing internal coordination, message coherency and message relevance. The founding father of issues management, Howard Chase, defined the concept as “the capacity to understand, mobilize, coordinate, and direct all strategic policy planning functions, and all public affairs/public relations skills, toward achievement of one objective: meaningful participation in creation of public policy that affects personal and institutional destiny” (Chase, 1977: 25). The definition points out two main components of issues management: By coordinating and directing strategic planning and public affairs/public relations, issues management aims to integrate and orchestrate
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
internal structures. We call this the structure component of issues management. The process component entails the participation in the creation of public policy which includes the identification and treatment of issues that are of relevance for the firm and its stakeholders, thereby establishing or maintaining a favourable corporate reputation. The process of issues management furthermore includes the continuous monitoring and analysis of stakeholder topics and opinions which can potentially exert an influence on the firm’s reputation (Heath 1997). After outlining the theoretical concepts of corporate branding and issues management, we present a detailed discussion of the process and structure of issues management and the role it can take to support corporate branding. In this connexion, we present the results of an empirical study in the scope of which we analysed the implementation process and structure of issues management in eleven multinational companies with headquarters in Europe. The focus of our analyses presented here is on how issues management can support corporate branding and establish or maintain a favourable reputation. Finally, we present suggestions on what could be improved in this matter.
3
Enhancing corporate branding trough issues management
3.1
Corporate branding
Corporate branding refers to the systematically planned and implemented process of creating and maintaining a favourable reputation of the company (van Riel, 2001). The reputation can be perceived as a representative evaluation of a corporate brand identity by the firm’s stakeholders (DeChernatony and Harris, 2000). DeChernatony and Harris’ model of brand identity combines five interacting and mutually reinforcing components all closely interacting with corporate reputation: 1) the brand’s vision, that is its core purpose and envisioned future, and the brand’s culture, comprising its artefacts, values, assumptions and guiding behaviour; 2) the brand’s positioning, that is a set of functionally distinct capabilities derived from the corporate brand’s core values; 3) the brand’s personality, which basically comprises its emotional values; 4) relationships, which evolve through stakeholders’ interactions with the brand; and 5) the brand identity’s presentation to the stakeholders conveyed in a consistent manner through behaviour, communication, and symbolism. Narrowing gaps between the evaluation of the brand identity by the firm’s stakeholders and the corporate brand identity as codified by the company is an essential
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Corporate Branding and Issues Management
task for establishing a favourable and strong corporate reputation (DeChernatony and Harris, 2000). Such gaps may lead to disorientation and to a loss of trust in the firm (Bentele, 1994). Adequate internal structures and coordination mechanisms between those who are involved in the corporate branding process are important in preventing fragmented or even contradictory messages (van Riel, 2003). However, corporate communication is often marked by a lack of internal coordination. It has been shown that the greatest barrier to successfully implement corporate communication programs is the lack of established internal communication processes and structures (Schultz and Kitchen, 2004). In order to prevent gaps between the corporate reputation and the corporate brand identity, messages must furthermore be rooted in the corporate brand’s vision and culture, that is, they must be congruent with and supportive of the firm’s ethos, aims and values. On top of that, messages need to be of relevance and interest for the stakeholders. If not, they will be less meaningful and fail to establish relationships between firm and stakeholders. Therefore, familiarity with stakeholders’ perception, interests and values is vital to corporate branding (Balmer, 1995). When defining a corporate brand’s positioning it is essential to consider and integrate those stakeholder aspects. The corporate brand’s positioning and the core messages derived hereof ought to be based on stakeholder expectations, values and feelings, and the key strategic issues that have been identified. We propose that issues management, whose role it is to scan the environment, gather relevant information on issues, then interpret, select and manage them as part of the organisation’s strategic decision making processes, can support both internal coordination and integration as well as identification of stakeholder expectations, values, feelings and key issues. However, the systematic use of issues management in corporate branding has not yet been clearly identified.
4
Issues management
Issues management aims to affect corporate performance by enhancing the company’s responsiveness to environmental change (Wartick and Rude, 1986). Success in issues management requires “the careful linkage of issues, priorities to corporate objectives and the development of action plans to make the firm more competitive” (Littlejohn, 1986: 121). Thus, issues management is not only a function of corporate communication but also of strategic planning. Concerning the definition of an issue, (Wartick and Mahon 1994) propose that an issue is worth considering — and therefore a strategic issue — if it creates significant, identifiable present or future impact on a firm. Although it has been proposed that issues are also to be seen as opportunities that can
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
strengthen a firm’s reputation (Heath, 1997; Wartick and Heugens, 2003) the focus has traditionally been on those issues that bear a potential threat for the corporation or address problematic situations (e.g., Regester and Larkin, 1997; Coombs, 2002). From this perspective, issue arise when social actors disagree over the causes and consequences of events that precipitate structural failure of the negotiated order (Lamertz et al., 2003). This implies that companies use issues management to prevent potential crises and monitor the environment for potential threats (Seeger et al., 2001). This perspective limits issues management to an early warning tool in order to prevent crises (Heath, 2002). We stress that such issues that are of relevance for stakeholders and the organization, and that bear an opportunity instead of – or even in addition to – a threat, bear strong potential to strengthen corporate reputation, especially when communicated proactively in the corporate branding process. By means of proactive issues management an organization can meet and anticipate its key stakeholders’ expectations. It benefits by exposing its reputation for the judgement of its stakeholders, thereby facing less criticism and public policy constraints (Heath, 1997). According to Heath, issues management can help the organization to look for new standards of excellence to use to set sails as well as monitor for and respond to claims warranted and unwarranted that address the organization’s brand equity” (Heath 2002). For example, the car manufacturer BMW detected the “clean energy” issue at an early stage which lead to research and development initiatives for hydrogen powered cars. The issue and enactment on the issue was consecutively used to actively position the company as a “clean energy” car manufacturer (Armbrecht and Hollweg, 2002). As mentioned above, we can differentiate between the process and the structure of issues management. The process denotes the various phases of activity to be performed when detecting and managing issues, starting from scanning over interpretation and finally strategy development. The structure on the other hand refers to the organisational frame including the roles and interrelationships of the people involved in the process as well as formal tools applied to support issues management. We will now turn to a detailed discussion of the issues management process and structure. In this connexion we present the results of an empirical study conducted among eleven multinational companies with headquarters in Europe.
4.1
The process of issues management
The process of issues management involves at least three core phases (Heath, 1997; Wartick and Heugens, 2003): scanning, interpretation and strategy development (see Fig. 1). During this process, issues relevant for the firm and its stakeholders are identified and introduced into the strategy. The role issues management can play to support corporate branding appears in each of the three phases.
254
Corporate Branding and Issues Management
Figure 1: Issues management process and structure Process: Scanning 1. 2. 3.
Interpretation
Strategy development
Structure:
1a. 1b. ... ...
E v a l u a t i o n
Organisational frame
The first phase, scanning, has been regarded a central part of issues management from its very beginning (e.g., Ansoff, 1980). It encompasses the data collection and mapping of the external and internal corporate environment for topics which could become an issue for the corporation. During this phase, a wide variety of topics are gathered that might potentially have an impact on the organization and its reputation. It has been shown that frequent scanning and scanning across a variety of sources and areas renders best results (Daft et al., 1988). This task requires openness to any kind of development that might be of relevance to the stakeholders and the firm in the near or far future. People responsible for scanning need to act as so called ‘boundary spanners’ (White and Dozier, 1992) who bring information about external stakeholders and news developments to the organization’s management, and vice versa. The focus of the scanning process is traditionally on topics that might become critical issues and threaten the firm’s reputation (cf. Heath, 1997). However, apart from the early detection of critical issues attention needs to be paid to such topics that are or might become of relevance and interest to the firm’s stakeholders in a positive sense. Early recognition of such opportunity issues helps to proactively communicate and occupy relevant issues in order to strengthen the brand’s unique positioning as the example of the car company BMW above showed. Dutton and Jackson (1987) argue that the labelling of an issue as either a threat or an opportunity also influences key decision makers’ subsequent information processing and motivation concerning the issue. The second phase deals with the organizational interpretation of the topics collected in phase one. Among the plethora of topics, those that bear a particular opportunity and/or threat to the firm and its reputation are identified as issues. Those found to be unimportant are put on hold and monitored or definitely dismissed. Dutton and Duncan (1987) call the process of deriving strategically important issues from the large
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
number of topics ‘strategic issues diagnosis’ (SID). This selection process serves to identify and prioritize issues based on mechanisms and criteria, because no firm can manage all issues at the same time (Moore, 1979). The existence and suitability of criteria for issue identification have significant impact on decision making in this phase (Dutton et al., 1983). Dutton differentiates between active and automatic SID (Dutton and Ashford, 1993). Active SID involves an intentional, cognisant and broad selection process to sort relevant from irrelevant information and to search beyond the information that is readily available. Automatic SID on the other hand uses pre-defined issue categories. Whereas the former process is more flexible, the latter process has the advantage that it leads to a diagnosis and response strategy faster and that it can be more standardized across the corporation. Automatic SID helps to more easily identify issues that concur with predefined aspects of the brand identity, provided that those are part of the issues categories. Thus, with respect to corporate branding and reputation building, automatic SID promises better results if the category system contains the relevant brand identity elements. However, the pre-defined category system should allow for flexibility and the identification of new issues. Finally, a strategy has to be developed as to how to deal with the selected and prioritised issues (Renfro, 1993). A strategy for addressing issues is to be elaborated ideally on the basis of a collective decision-making process. For strategy development, it is important to have a clearly defined position and to speak with one voice in order to create a coherent reputation, since the “[…] relationships between corporations and their stakeholders vary from issue to issue and from time to time” (Post et al., 2002: 2324). Finally, the success of the strategy, the positioning and the process as such has to be evaluated. An evaluation should be an integral part of all three phases in order to learn from the actions undertaken. The documentation of results and feedback loops can help improve the process in the future.
4.2
The structure of issues management
The structure of issues management refers to the roles and interrelationships of the people involved and the formal tools applied. It can be understood as the organisational frame for the process. A well set-up and implemented structure is essential for internal coordination and the integration of communication. We can differentiate structural aspects on the individual, the team and the management board level. On the individual level, it is important that people are in place that have the professional expertise and/or personality to fulfil this task (Thomas et al., 1997) as well as the experience with this form of information gathering and handling (Dutton and Ashford, 1993). For example, those responsible for issues scanning should be ‘boundary spanners’ or well networked individuals who are likely to encounter topics that might potentially turn into issues. Precise knowledge about the elements of the corporate
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Corporate Branding and Issues Management
brand identity and the company-wide strategy is important when selecting, identifying and prioritizing issues that might affect the company’s reputation in a positive or negative way. Structural considerations on the team level concern the interaction and degree of coordination between individuals involved in the issues management process. It is on this level, where corporate branding and communication can particularly profit from the level of coordination between the team members. The sophistication of coordination and integration depends on the people involved, their designated roles in the process and the degree and rules of interaction among them. At this level, coordination can be supported by specially designed IT (information technology)-systems. These systems, that provide support throughout all phases of issues management, are especially helpful to facilitate the creation of common understanding on an issue and to speak with one voice when communicating about it internally and externally. Finally, the management board ideally integrates the proposals from the team level into their decision-making about the overall corporate strategy and identity. These decisions exert an impact on the corporate reputation which reflects the perception of the corporate brand identity.
5
The issues management process and structure and how it can support corporate branding
5.1
Empirical study – methodology
The empirical study aimed to analyse good-practice of issues management processes and structures in multinational companies. The company selection process comprised the following three stages: Firstly, the top 150 international for-profit companies with headquarters in Western Europe were drawn from the Fortune 500 Europe 2001 database. Secondly, selection depended on the sophistication of issues management practices, which was assessed via telephone interviewing. Organizations had to meet at least half of ten criteria1 which were derived from the results of a preliminary study, 1 Those criteria were: 1) issues management is on the agenda of the board of directors, 2) a de-
fined process for strategic issues management has been established, 3) the issues management process has been documented, 4) articles or case studies about the issues management system or process have been published, 5) the responsibilities for issues management have been assigned, 6) the person responsible for issues management has a strong network in the organization, 7) the issues management process is aligned with processes of the headquarter and divi-
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
and to agree to participate in the study. This resulted in a sample of eleven companies from different business sectors: Automotive (1), Banking (2), Chemical (2), Consumer Goods (2), Media (1), Oil (1), Pharmacy (2). Confidentiality was assured. Therefore, data are reported in an anonymous format. Presented here are the findings concerning whether and how those companies used the issues management process for the identification of issues, both critical and opportunity issues, in order to strengthen their corporate brand identity and reputation. We further analysed the structure of issues management in the companies by examining the routines of cooperation and collaboration between the people involved in the issues management team structure. Because of the special role the structural level of the team plays for the support of corporate branding, the empirical analyses concentrate hereon. Light was also shed on the IT-systems supporting the issues management process. We chose a qualitative research approach to gather the data. Since the processes and structures implemented differ between companies, a standardized questionnaire would not have been suitable. Semi-structured face-to-face interviews of 90 minutes length on average were conducted with three to five key representatives involved in the process of issues management within each corporation. In total, 50 interviews were recorded, transcribed, coded and analysed by means of qualitative content analysis.
5.2
The process of issues management – findings
5.2.1
Negative versus balanced approach in issue selection
We can differentiate between those companies that focused solely on risk and threat (negative approach) and those who also considered potential opportunities when selecting issues (balanced approach). The study showed that all of the companies in the sample paid close attention to the amount of negative impact an issue might have on the company’s reputation during the scanning and interpretation phases. “When we think an issue might have an impact, it could be bad for the reputation, we put it into the [IT-]system.” (Company E) Only three of the eleven companies that participated in the study took a balanced approach when selecting issues. They claimed to also take the opportunities into consideration that an issue might have for the corporate brand identity and the corporate reputation. sions, 8) the firm ensures internal conveying of issues, 9) the information acquired contributes to and is perceived as part of strategic business planning, 10) the issues management process is supported by means of a technological tool.
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Corporate Branding and Issues Management
"The most important criterion is whether we can successfully protect the brand and enhance the brand. We then check how the way the issue was handled impacted on the brand. [...] We do an assessment […] in terms of potential damage and potential opportunity.” (Company H) “We monitor the effect an issue has on our corporate image and reputation, either in a positive or negative way. This is also our primary criterion whether an issue might become important or not.” (Company L) However, many interviewees attested that issues management and issue communication bear great potential for the development and positioning of the corporate brand. Putting greater emphasis on the realisation of opportunities and proactive communication of issues that strengthen the brand identity was considered one of the goals to achieve in the near future. “In the future, we will try to protect the corporate brand which was built up with a large amount of money with the help of issues management. If the position towards an issue is not well coordinated within all our subsidiaries and varies from one to another, it will have a strong negative impact on our corporate brand, as issue X [name of issue] has shown us.” (Company C)
5.2.2
Criteria-based versus intuitive approach to issue selection
When analysing the level of applying pre-defined criteria for selecting issues we can differentiate between companies who follow a ‘criteria-based’ approach and those who rely on ‘intuition’. Results show that intuitive issue selection was often based on urgency, pressure and power of stakeholders. Managers were comfortable to rely on their intuition, personal expertise and knowledge of the industry. Five companies did not have any pre-defined criteria at all to scan or interpret issues. Their issues management process was weakly structured, and issues were selected mainly based on expertise or haunch. “We do not have any criteria or guidelines to select issues. Our top manager decides whether something will become an issue or not. He does this based on his intuition. […] Of course, he does not always succeed, as some important issues might be ignored or even covered up.” (Company B) The lack of criteria fostered a short-term orientation when considering issues. Longer term strategic opportunities of issues management for brand and reputation management were not considered due to the short term focus on acute risk prevention. Another six firms admitted to have some criteria; however those were not always applied in a cognisant and systematic way. Most of the criteria applied in these com-
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
panies refer to general aspects which should have been analysed during issue interpretation phase anyway, like potential impact on the company’s revenue, potential for controversial media coverage or amount and pressure by Non-GovernmentalOrganisations. “We once defined ten questions which we more or less apply to our upcoming issues, but in a more intuitive way, i.e. in discussions when talking about the issue.” (Company D) Within those six companies, we identified only one company that had defined explicit criteria for selecting issues and that applied those systematically. One of these criteria addressed the potential impact the issue might have on the corporate brand. Yet, also in this positive case example, the list of criteria did not reflect any specific elements of the corporate brand identity. “We have a public policy database which includes all criteria on which an issue has to be evaluated before putting it into the[IT-] system as an issue. […] We take for example into consideration the impact on our financial results, impact on our license to grow and innovate, impact on our reputation.” (Company E) The issues management system of the six companies that relied at least somewhat on criteria was more structured than that of the companies relying only on intuition. Here, roles and workflows were more clearly specified and defined, as will be discussed in the next section on the issues management structures. Summing up, we can deduce an issue selection system which combines the two dimensions described above: a) negative versus balanced approach and b) criteria-based versus intuitive approach (see Fig. 2).
Figure 2: Dimensions of issue selection Criteria-based 5 companies • Criteria-based, well organised process of issues selection • Issues regarded as relevant if impact on reputation is negative
1 company • Sophisticated issues and brand management with organised process of issues selection • Relevance of issue depending on opportunity and threat to reputation
Balanced focus
Negative focus 4 companies • Selection based on expertise and haunch • Issues regarded as relevant if impact on reputation is negative
1 company • Selection based on intuition • Considering opportunity and threat • Brand relevant issues important but not systematically exploited
Intuition
260
Corporate Branding and Issues Management
5.2.3
The process of issues management – management suggestions
The selection of issues with a balanced focus on positive as well as negative impact on the corporate reputation using a well-defined system of criteria promises the best results with regard to strengthening the corporate brand identity. For this purpose, elements of the corporate brand positioning can serve as a filter criterion in the first phase of scanning as well as in the second phase of interpretation. It is evident that those involved in scanning and interpretation need to have complete knowledge and understanding of the dimensions of the corporate brand identity in order to make good selection decisions. For example, if a company aims to position itself as innovative and environmentally friendly, topics that comprise aspects of these dimensions — either in a controversial or non-controversial way — and that are of interest for stakeholders are potentially auspicious issues. Proactively communicating such issues and associating them with the corporate brand can draw attention and interest of stakeholders and thereby strengthen the corporate brand identity. However, when an issue is controversially discussed the potential dangers and opportunities of have to be thoroughly evaluated before using the issue for corporate branding. Apart from selecting issues that reflect the corporate brand identity, issues management can be applied to identify new dimensions that are of interest for the stakeholders and which therefore should become part of the corporate brand identity. There should also be a check-up whether the corporate brand identity is still aligned with stakeholder interests and values.
5.2.4
The structure of issues management – findings
We found that the different approaches with respect to the structure of issues management can be depicted along two dimensions according to the predominant culture of communication and hierarchy structures in the organisation. The first dimension refers to how strongly coordination and integration processes depend on social networks (‘social-network-based’) or on information technology (‘technology-based’). The second dimension relates to whether the process to scan, interpret and develop the strategy is managed by a task force (‘team-focused’) or by one or few individuals (‘individual-focused’) (see Fig. 3).
261
Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
Figure 3: Typology of implemented issues management structure
Team-focused TECH-COMMUNITY Identification: through many practitioners as part of their daily business Selection: through team or task force by pre-defined selection criteria Strategy Development: interpersonal in discussion rounds / computer mediated when in a task-force
NET-COMMUNITY Identification: through many networkers with explicit roles Selection: through team or task force in many discussion cycles Strategy Development: interpersonal among networkers who know each other personally and meet regularly
Technology-based
Social Network-based
TECHIE Identification: through few nominated issues managers serving as “ITsupporters” Selection: hierarchically, tech. driven Strategy Development: computer mediated, by top management circle
NETWORKER Identification: through few nominated issues managers serving as “boundary spanners” Selection: hierarchically, intuitively Strategy Development: mainly interpersonal with issues managers
Individual-focused
Among organizations that have implemented an IT-tool to support the issues management process, two main organisational types can be differentiated: tech-community and techie: Tech-Community: Technology based – team-focused Of the eleven companies, six fall into this category of the Tech-Community. They can be characterised by the intensive use of an (often Intranet-based) IT-tool. A large circle of users scans and enters topics within their specialized field of expertise in the course of their daily business routines. For this task they are provided with some kind of predefined selection criteria. The Tech-Community can generate a large amount of data. In the interpretation phase, the data are reduced by means of those selection criteria or guidelines and processes that help to handle the great variety of information input. The interpretation of whether a topic is relevant for the organization and thus an issue is undertaken by a designated issues-related team or task-force. The IT-tool serves as a communication platform, information tool and data-base to support communication and those responsible for communication. "We have an IT-system, and every scanner can get into this system, any day, from anywhere in the world [...]. It is mainly a knowledge management tool, because we use it as the central archive for critical current information about issues that have been identified as potentially important. [...] It's also important to have a common
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Corporate Branding and Issues Management
understanding of what the issues are. It helps us with our consistency in messaging and just generally how we develop strategy." (Company E) “The criteria to evaluate whether the issue is serious enough to make the cut are stored in the system so that everybody has direct access." (Company E) Techie: Technology-based – individual-focused In the two companies that fall into the category Techie, a small group of individuals belonging to top management use the IT-system. Only a few issues managers have active access to the database. They serve primarily as “IT-supporters” whose responsibility is to provide data input. Concerning the interpretation of issues, individuals are driven by categories and suggestions of the technology tool that help to objectify their decisions. However, ultimately they rely on their intuition and management experience. Unlike the Tech-Community, the Techie does not produce a large variety of information through scanning and monitoring. Nor are more defined criteria or processes employed in the interpretation phase, because management assumes they are not necessary. They primarily trust their own intuition. Decisions are usually made hierarchically by the ‘dominant coalition’ (Cyert and March, 1963) and experts are consulted only randomly. Due to the lack of integration in the decision-making processes, the issues manager’s role is closely tied to IT-support. "The IT-system consists of lists, defined contact persons and telephone numbers. That's it." (Company G) "Only a small circle of persons has access to our intranet-based IT-tool. The issue experts have access to some of the papers. There has to be an issues manager who takes care of the tool." (F) Among companies who do not primarily rely on technology to manage issues and who purport a social-network philosophy, two types can be differentiated depending on whether their work is team-focused or individual-focused, the network community and the networker: Network-Community: Social-network based – team-focused A circle of ‘networkers’ with explicit issue-related roles such as issues manager or issues owner perform data collection, scanning and interpretation. They are organized in teams with members from different hierarchical levels, and actively participate in decision-making processes. The Network-Community, which was represented by only one of the eleven companies, ensures a high variety of information input, but the interpretation and decision-making are often time-consuming due to the many meetings and discussions necessary to reduce uncertainty in the information.
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Sabine Einwiller & Diana Ingenhoff
"We have a team of people around the world whose sole function it is to scan. So, information comes from a variety of sources. [...] It’s quite a lengthy process. We started talking, preparing, drafting a position, looking at different aspects and then we circulate the draft many times for a number of months in order to make sure that everything was fine tuned and agreed.[...] It's a back and forth between managers and directors. [...]" (Company H) Networker: Social-network based – individual-focused In the two companies that can be categorized as Networkers the ‘dominant coalition’ is supported by a few issues managers who serve as ‘boundary spanners’. Those individuals frequently interact with the organisation’s environment and gather, select and relay information from the environment to decision makers in the ‘dominant coalition’. They gather and provide the relevant information as part of their daily business, but usually do not participate actively in the decision-making processes. Concerning interpretation and selection, the individual relies on his or her intuition. Compared to other types, the decision-making process is relatively fast because not many alternatives are taken into consideration. "Decisions are made by our boss, based on his intuition. […] Our boss decides whether there is a topic which is of relevance to be discussed further." (Company B) Summing up, we identified a trend towards IT-supported issues management processes, involving a larger amount of people with the daily task of identifying issues as “scanners” or “boundary spanners” to easily and early detect issues.
5.2.5
The structure of issues management – management suggestions
Issues management promises the best results when it features a combination of technology- and social-network-based philosophies and relies upon a team-focused working style. This setting allows for integration through departments, divisions and country borders enabled by a focused flow of information and strong personal relationships based on exchange and interactive sense-making. This structure best supports coordination between those responsible for corporate branding, issues management and strategic planning. However, the structure does not guarantee enhanced corporate branding through issues management. Instead, those responsible for scanning and interpreting need to have the insight and competence to identify issues that can help to strengthen the brand identity and those that might pose a threat to the company’s reputation. Early identification of issues within brand presentation that are of increasing significance to stakeholders can be a vital edge over competitors. In this respect, according high status to the task of decision-makers is vital as well, especially given their influence on strategic decisions concerning the company’s positioning. To be
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Corporate Branding and Issues Management
most successful at this task the team of strategic decision-makers should be of diverse composition, including managers from various functions, particularly strategic management, corporate communication and branding. It became evident during the study that an IT-system can greatly support the process of issues scanning and particularly information distribution. However, the system has to be easy to use and accessible to everybody involved. Used as a platform for information exchange and guidelines for scanning and initial interpretation, an IT-system supports coordination and speed of information flow. It is important to note that this does not substitute team-meetings when it comes to the phase of deciding which issues are to be selected for strategic purposes, which to support the corporate branding process, and which to ‘merely’ defend the reputation.
6
Discussion and conclusion
Although practitioners consider issues management important when it comes to preventing reputational damage, they often neglect its application to support corporate branding and to actively strengthen reputation. A possible explanation for this neglect might well be the fact that issues management and corporate branding are located in different departments; that is, in communications and/or strategic management on the one side, and marketing on the other side. But even if both are part of the same department — in general that of corporate communication — different viewpoints and goals frequently hinder collaboration. Whereas issues management is often geared toward preventing damage, corporate branding aims to establish and maintain a positive perception. The linkage is generally not made. However, given the rapprochement of the disciplines that can be observed over the past few years — particularly with the rise of corporate branding as one of today’s popular cross-section concepts of marketing, corporate communication and strategic management (Tomczak et al., 2001) — the integration of branding with issues and strategic management has become a viable possibility. The statements of some of the managers we interviewed are promising and point in this direction. We propose that issues management becomes a stronger function in coordination and message integration between departments as well as in stakeholder-oriented and brand-driven identification of relevant issues and messages. Theoretical perspectives and insights offered from the study conducted show that the more the issues management process is rooted in a communication culture that combines a team-centred social network approach supported by a company-wide IT-system, the more efficient the integration of communication over business units, divisions and country borders can be. Furthermore, the more balanced the selection criteria for issue scanning and
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identification, and the better defined and aligned they are with the corporate brand identity, the more helpful the procedure is for the process of corporate branding, and ultimately, for maintaining corporate reputation. The consideration of issues with potentially positive and negative impacts on the corporation is of greater benefit when it comes to strengthening the corporate reputation. Furthermore, issues management can help to identify whether the definition of the corporate brand identity is still relevant for the company’s stakeholders. Organizations that take stakeholder views into close account when assessing the relevance of positioning techniques, and draw on the dimensions of their corporate brand identity to identify and analyse upcoming issues, are more capable of raising and sustaining stakeholder interest, meeting their expectations and building relationships. In this way, expectational gaps can be eliminated, or at least minimized. Although the findings are based on the analysis of multinational companies, the suggestions are applicable also to small and medium sized companies. However, the challenges addressed by issues management, like improved coordination and response to societal demands, are especially pronounced in large corporations. Issues management can be far more than a function of response to environmental changes forced upon a company. Rather, it can help to proactively develop a corporation under ever-shifting conditions, as well as to develop and execute corporate strategy and positioning in accordance with stakeholder expectations. Our analyses are to be seen as a first step towards a greater integration of issues management and corporate branding. An appropriate next step for this task might be to validate our findings and suggestions by means of a quantitative design. Furthermore, research on how issues could be strategically used to create suspension and draw attention to the corporate brand would be a fruitful area to explore, assuming that increased suspension concerning an issue can result in a more favourable corporate reputation if it is successfully managed.
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The Concept of Information Overload A Review of Literature from Organization Science, Accounting, Marketing, MIS, and Related Disciplines The Information Society: An International Journal, 20(5), 2004, pp. 1-20
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
1
Abstract
Based on literature from the domains of organization science, marketing, accounting, and management information systems, this review article examines the theoretical basis of the information overload discourse and presents an overview of the main definitions, situations, causes, effects, and countermeasures. It analyses the contributions from the last thirty years to consolidate the existing research in a conceptual framework, to identify future research directions, and to highlight implications for management.
In this article, we present a literature review on the topic of information overload in management-related academic publications. The main elements of our review approach are literature synopsis, analysis and discussion (Webster & Watson, 2002). These three elements serve, in our view, the three main purposes of a literature review, namely to provide an overview of a discourse domain (e.g., compiling the main terms, elements, constructs, approaches and authors), to analyze and compare the various contributions (as well as their impact), and to highlight current research deficits and future research directions. These three objectives should be met with regard to the topic of information overload, as a clear overview, an analysis of the major contributions, and an identification of future research needs are still missing for this domain. The literature review should also help readers (researchers and managers alike) to recognize information overload symptoms, causes and possible countermeasures in their own work environment, as the flood of potentially relevant information has become a ubiquitous research and business problem, from reading relevant articles or reports, to screening e-mails or browsing the Internet. While this is not the first review article on the topic of information overload (see Edmunds & Morris, 2000), it is the first one to analyze the problem of information overload with a clear focus on interdisciplinary insights. Unlike most other literature reviews on the topic, we will review literature from various management disciplines, such as organization science, accounting, marketing, or MIS, as well as influential contributions from closely related areas, such as economics, law, psychology, or library and information sciences. Other review articles on the subject follow a discipline-based approach. Malhotra, Jain and Lagakos (1982) and more recently Owen (1992) focus on the field of consumer research (see also Malhotra et al., 1982; Meyer, 1998), Schick, Gorden, and Haka (1990) examine relevant accounting literature, and Edmunds and Morris as well as Grise or Nelson concentrate on the field of management information systems (MIS) (Edmunds & Morris, 2000; Grise, 2000; Nelson, 2001). Our review of contributions in the area of information overload is interdisciplinary because it aims at compiling a comprehensive list of diverse overload situations, causes, symptoms, and effects. It aims at identifying similarities and differences among the various management perspectives. We hope that by doing so, we can identify synergies between the differ-
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The Concept of Information Overload
ent streams of information overload research and highlight future research areas. Another benefit of an interdisciplinary literature review is that it can provide a more (cross-) validated and general collection of possible symptoms, causes, and countermeasures and thus lead to a more complete understanding of the phenomenon. A second difference of our review in relation to prior contributions is the way that the literature is summarized and analyzed, as we present the results of our review in a highly compressed and often visual format. By providing various diagrammatic overviews of the reviewed literature, patterns in the development of the field can become visible. The major benefit of this visual approach is a more concise representation of the discourse domain which allows for easier comparisons and hopefully also leads to a reduction of information overload for our readers. Two diagrams will be used in addition to several synthetic tables. They are introduced as generic research instruments that can be used for any type of academic literature review. They are the publications and key references time line and the domain Venn diagram. The diagrams will be used to achieve the aforementioned goals. First however, we provide a brief description of information overload as an object of management-related research in order to delineate the context of this literature review.
2
The Concept of Information Overload
In ordinary language, the term ‘information overload’ is often used to convey the simple notion of receiving too much information. Within the research community this every day use of the term has led to various constructs, synonyms and related terms as for example cognitive overload (Vollmann, 1991), sensory overload (Libowski, 1975), communication overload (Meier, 1963), knowledge overload (Hunt & Newman, 1997), or information fatigue syndrome (Wurman, 2001). These constructs have been applied to a variety of situations, ranging from auditing (Simnet, 1996), strategizing (Sparrow, 1999), business consulting (Hansen & Haas, 2001) management meetings (Grise, 1999) to supermarket-shopping (Jacoby, Speller, & Berning, 1974; Friedmann, 1977), to name but a few overload contexts (for an extended list of the contexts in which information overload has been discussed in management-related academic literature see Table 1).
273
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Table 1: Information overload situations
274
Context/Overload Situation
Reference
Managerial decisions in general
Ackoff, 1967; Iselin, 1993
Screening medical information
Bawden, 2001
E-Mail
Bawden, 2001; Speier et al., 1999; Denning, 1982
Searching on the Internet
Berghel, 1997
Bankruptcy prediction process
Casey, 1980; Iselin, 1993
Financial distress analysis
Chewing & Harring, 1990
Production management
Chervany & Dickson, 1974
Supermarkets (choice of product)
Friedmann, 1977; Jacoby et al., 1974
Disclosure law, contract complexity, legal disclaimers
Grether, Schwartz, & Wilde, 1986
Telephone company services
Griffeth et al., 1988
Electronic meetings
Grise, 1999
Idea organization
Grise, 1999
Construction project management
Haksever & Fisher, 1996
Management Consulting
Hansen & Haas, 2001
Innovation choice
Herbig & Kramer, 1994
Evaluating the variety of product functions
Herbig & Kramer, 1994
Bulletin Board Systems
Hiltz & Turoff, 1985
Physician’s decision making
Hunt & Newman, 1997
Financial decision making
Iselin, 1988; Revsine, 1970
Brand choice (consumer decision making)
Jacoby et al., 1974, 1987; Malhotra, 1982; Owen, 1992; Scammon, 1977; Wilkie, 1974
Library management
Meier, 1963
Analysis activities (strategic portfolio –, environmental –, new product analysis, service decisions)
Meyer, 1998
Price setting
Meyer, 1998
Advertising media selection
Meyer, 1998
Strategic (marketing) management
Meyer, 1998; Sparrow, 1999
The Concept of Information Overload
Living in a city
Milgram, 1970
Aviation
O'Reilly, 1980
Welfare assistance (decisions about type and amount)
O'Reilly, 1980
Meetings
Schick et al., 1990
Telephone conversations
Schick et al., 1990
The use of Groupware applications
Schultze & Vandenbosch 1998
Face to face discussions
Sparrow, 1999
Strategy development
Sparrow, 1999
Capital budgeting process
Swain & Haka, 2000
Investment analysis
Tuttle & Burton, 1999
Research on information overload relevant for the realm of management has mainly been undertaken in the areas of accounting (e.g., Schick et al., 1990) management information systems (MIS) (initially highlighted by Ackoff, 1967), organization science (e.g., Galbraith, 1974; Tushman & Nadler, 1978), and marketing or more specifically consumer research (Jacoby, 1984; Keller & Staelin; 1987, Malhotra, 1984). The main focus of these disciplines is the question of how the performance (in terms of adequate decision making) of an individual varies with the amount of information he or she is exposed to. Researchers across various disciplines have found that the performance (i.e., the quality of decisions or reasoning in general) of an individual correlates positively with the amount of information he or she receives – up to a certain point. If further information is provided beyond this point, the performance of the individual will rapidly decline (Chewning & Harrell, 1990). The information provided beyond this point will no longer be integrated into the decision making process and information overload will be the result (O’Reilly, 1980). The burden of a heavy information load will confuse the individual, affect his ability to set priorities, or makes prior information harder to recall (Schick et al., 1990). Figure 1 provides a schematic version of this discovery. It is generally referred to as the inverted u curve, following the initial work of Schroder, Driver and Streufert (Schroder et al., 1967).
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Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Organization
Figure 1: Information overload as the inverted u-curve
Information Overload
Information Load
This inverted u-curve (see fig. 1) represents the first important, nevertheless controversially discussed (see Malhotra et al., 1982, Russo, 1974 or McKinnon and Bruns 1992), but finally confirmed definition of information overload. For an overview of the main definitions of this phenomenon, see Table 2.
Tab. 2: Definitions of information overload and their components Definitions
Components/Dimensions
References
The decision maker is considered to have experienced information overload at the point where the amount of information actually integrated into the decision begins to decline. Beyond this point, the individual’s decisions reflect a lesser utilization of the available information.
inverted u-curve: relationship between amount of information provided and amount of information integrated by decision maker information utilization
Chewning & Harrell (1990)
Information overload occurs when the volume of the information supply exceeds the limited human information processing capacity. Dysfunctional effects such as stress or confusion are the result.
volume of information supply (information items versus – chunks) information processing capacity dysfunctional consequences
276
Cook (1993) Griffeth et al. (1988) Schroder et al. (1967) Swain & Haka (2000)
Jacoby (1974) Malhotra (1982) Meyer (1998)
The Concept of Information Overload
Information processing capac- Galbraith (1974) Information overload occurs when the information process- ity Information processing Tushman & Nadler (1978) ing requirements (information requirements needed to complete a task) exceed the information processing capacity (the quantity of information one can integrate into the decision making process). Information overload occurs when the information processing demands on time to perform interactions and internal calculations exceed the supply or capacity of time available for such processing.
Time demands of information processing; Available time versus invested time
Schick, Gordon & Haka (1990)
Number of interactions (with subordinates, colleagues, superiors) Internal calculations (i.e., thinking time) Keller & Staelin (1987)
Information overload has occurred when the informationprocessing requirements exceed the informationprocessing capacity. Not only the amount of information (quantitative aspect) that has to be integrated is crucial but also the characteristics (qualitative aspect) of information.
Information-processing require-ments
Information overload occurs when the decision maker estimates to have to handle more information than he/she can efficiently use.
Subjective component: opinion, job- & communicationsatisfaction
Abdel-Khalik (1973)
situational factors and personal factors
O'Reilly (1980)
Subjective cause component: energy
Wurman (1990), Wurman (2001), Shenk (1997)
Amount of reading matter ingested exceeds amount of energy available for digestion, the surplus accumulates and is converted by stress and overstimulation into the unhealthy state known as information overload anxiety.
Information processingcapacity Quantitative and qualitative dimensions of information (multidimensional approach)
Schneider (1987) Owen (1992) Iselin (1993)
Iselin (1993)
Haksever & Fisher (1996)
Symptom: stress, oversimulation Subjective effect: information overload anxiety
Authors in the field of marketing define information overload by comparing the volume of information supply (e.g. the number of available brands) with the information processing capacity of an individual. Information overload occurs when the supply exceeds the capacity. Dysfunctional consequences (such as stress or anxiety) and a
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Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
diminished decision quality are the result. A similar way of conceiving the information overload phenomenon consists of comparing the individual’s information processing capacity (the quantity of information one can integrate into the decision making process within a specific time period) with the information processing requirements (i.e., the amount of information one has to integrate in order to complete a task). This is the ‘classic’ definition of information overload that is based on the information processing view of the organization suggested by Galbraith (1974) and expanded by Tushman and Nadler (1978). Following their reasoning, information overload can be defined with the following formula: “information processing requirements > information processing capacities”. The terms ‘requirements’ and ‘capacities’ in the above definition can be measured in terms of the available time. The requirements refer to a given amount of information that has to be processed within a certain time period. If the capacity of an individual only allows a smaller amount of information to be processed in the available time slot, then information overload is the consequence. Tushman and Nadler define information processing in this context as the “gathering, interpreting, and synthesis of information in the context of organizational decision making” (Tushman & Nadler, 1978: 614). Many variations of this definition exist. Schick et al. (1990) also stress the time factor as the most important issue regarding the information overload problem. In other studies, however, it is not only the amount of information and the available processing time (i.e., the quantitative dimension), but also the characteristics of information (i.e., the qualitative dimension) (Iselin, 1993; Keller & Staelin, 1987; Owen, 1992; Schneider, 1987) that are seen as major overload elements. Keller and Staelin refer to the overall quality or ‘usefulness of the available (...) information’ (1987: 202) while Schneider distinguishes various information attributes, such as the level of novelty, ambiguity, uncertainty, intensity or complexity (Schneider, 1987). These information characteristics or quality attributes can either contribute to overload or reduce it. Next to these definitions which try to conceptualize and measure the phenomenon of overload objectively, there are also approaches that conceive overload on the basis of subjective experience. Authors who have followed this approach are O’Reilly (1980), Haksever and Fisher (1996) or Lesca and Lesca (1995). In this ‘subjective’ view of overload, the feelings of stress, confusion, pressure, anxiety or low motivation are the crucial factors that signal the occurrence of information overload. Research that follows this subjective view of the overload phenomenon typically employees interviews or survey methods (such as Haksever & Fisher, 1996). All information overload studies commissioned by major organizations follow this approach (see Table 6). This brief overview of the most frequently used definitions and their background has delineated the intellectual territory which is examined in this literature review. Having outlined the background, scope and focus of our discussion, we can now provide a conceptual framework which synthesizes and structures the empirical and conceptual contributions in this area.
278
The Concept of Information Overload
3
A Framework for Information Overload Research Kommunikation
In order to provide a more complete (and less fragmented) picture of the research conducted on information overload, the following framework visualizes the most important topic clusters of the information overload discourse and their relationships. These topic clusters are the main causes of information overload, the symptoms or effects as well as suitable countermeasures which help to avoid the dysfunctional effects of a heavy information load.
Figure 2: Information Overload Framework
pers. inf.
task
org.
lead to
Symptoms
IT call for
Causes
influence
Countermeasures
Context
The framework depicted in figure 2 does not represent a logic of linear causes and effects, but rather a system of circular, interdependent relationships. The framework thus stresses the fact that any countermeasure that is aimed at a specific overload cause can have significant effects on other causes. Although this fact is frequently acknowledged in current overload literature (e.g., Bawden, 2001), it has scarcely been explored empirically (e.g., Evaristo, 1993). Specifically, empirical research has so far not examined the effect of certain (new) information technology applications on the quality of information (see Wang et al., 1998), on the motivation of the individual, and on task parameters. As contextual factors (such as industry characteristics, the firm’s development stage or the staff structure etc.) are of crucial importance for the occur-
279
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
rence of overload, research methods should be applied that can capture many of these contextual factors and thus highlight interdependencies. Research approaches that provide such a ‘deep context’ are missing, as most literature on the topic is either experimental, survey-based or purely conceptual. The framework depicted in figure 2 also highlights the fact that there cannot be a definitive solution against information overload. In order to address the issue, there must be a continuous cycle of improvement and refinement. We discuss the main elements (the causes, symptoms and countermeasures) of the framework and the relevant literature in the subsequent sections.
4
Causes of Information Overload
The main causes of information overload are the result of a number of developments that are mutually interdependent and relate to various levels or scales. On a societal scale, these developments are mainly the accelerated production of information through institutions such as science, the media, or the globalized business community which operates on ever faster innovation cycles (see Castells, 1996), and the more efficient distribution of that information through information and communication technology. These and other societal factors (see Klapp, 1986) are usually not discussed extensively in information overload literature dealing with organizational or business-related issues. Literature from the domains of organization science, marketing, accounting, or MIS focuses on the organizational or (inter-)personal level. As far as the corporate context is concerned, the main reasons for information overload can be related to five issues, as shown in Figure 2. These inductively generated categories of major overload causes are the information itself (its quantity, frequency or intensity, and quality or general characteristics), the person receiving, processing or communicating information, the tasks or processes which need to be completed by a person, team or organization, the organizational design (i.e., the formal and informal work structures), and the information technology that is used (and how it is used) in a company. Usually, information overload emerges not because of one of these factors, but because of a mix of all five causes. All five causes influence the two fundamental variables of information overload which are (according to the above definition by Galbraith, 1974 and Tushman & Nadler, 1978), the information processing capacity (IPC) – which is for example influenced by personal characteristics – and the information processing requirements (IPR) – which are often determined by the nature of the task or process. We will discuss these five causes and their influence on IPC and IPR briefly in the next paragraphs.
280
The Concept of Information Overload
An important factor influencing the occurrence of information overload is the organizational design of a company (Galbraith, 1974; Tushman & Nadler, 1978). Changes in the organizational design, for instance due to disintermediation or centralization (Schneider, 1987) or because of a move to interdisciplinary teams (Bawden, 2001), can lead to greater IPRs because they create the need for more intensive communication and coordination. On the other hand, a better coordination through standards, common procedures, rules or dedicated coordination centers (Galbraith, 1974) can reduce the IPR and positively influence the IPC (Galbraith, 1974; Schick et al., 1990; Tushman & Nadler, 1978; for other organizational design elements that influence information overload see Schneider, 1987). Next to the organizational design, another important overload cause is the nature of information itself. Schneider (1987) stresses the fact that it is not only the amount of information that determines information overload, but also the specific characteristics of information (see also Sparrow, 1998). Such characteristics are the level of uncertainty associated with information as well as the level of ambiguity, novelty, complexity or intensity (Schneider, 1987). Simpson & Prusak (1995) argue that modifying the quality of information can have great effects on the likelihood of information overload. Improving the quality (e.g., conciseness, consistency, comprehensibility etc.) of information can improve the information processing capacity of the individual, as he or she is able to use high-quality information quicker and better than ill-structured, unclear information. The person and his or her attitude, qualification or experience is another important element to determine at which point information overload may occur. While earlier studies simply state that a person’s capacity to process information is limited (Jacoby, 1974; Galbraith, 1974; Malhotra, 1982; Simon, 1979; Tushman & Nadler, 1978), more recent studies include specific limitation factors such as personal skills (Owen, 1992), the level of experience (Swain & Haka, 2000), or the motivation of a person (Muller, 1984). Personal traits thus directly affect the IPC. Another influential cause are the tasks and processes which need to be completed with the help of information. The less a process is based on reoccurring routines (Tushman & Nadler, 1975) and the more complex it is in terms of the configuration of its steps (Bawden, 2001; Grise, 2000), the higher the information load and the greater the time pressure on the individual (Schick et al., 1990). The combination of these two factors that increase the IPR can lead to information overload. Information overload is especially likely if the process is frequently interrupted and the concentration of the individual suffers as a consequence (Speier, et al. 1999). Information overload is also more likely if managers face an ever greater number of parallel projects or tasks that they have to manage (i.e., quality management projects, Intranet initiatives, knowledge management issues, customer focus programs, etc., see Wurman, 2001). In this way, complex tasks or processes directly increase the IPR. This fact is aggravated by a reduced IPC as a result of frequent context-switching or distraction.
281
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Finally, information technology and its use or misuse are a major reason why information overload has become a critical issue in the 1980s and 1990s within many organizations. The development and deployment of new information and communication technologies, such as the Internet, intranets and extranets, but especially e-mail are universally seen as one major source of information overload (Bawden, 2001). There are, however, also arguments in favor of e-mail. They stress advantages like the fact that e-mail is an asynchronous form of communication and is less likely to interrupt the normal work flow (Edmunds & Morris, 2000). Closely related to the problem of email overload is the discussion of pull- versus push-technologies and whether they have a positive or negative impact on an individual’s IPC and IPR. To push selected pieces of information to specific groups reduces on the one hand their information retrieval time, but increases on the other the amount of potentially useless information that a person has to deal with (Edmunds & Morris, 2000). In addition, it causes more frequent interruptions (Speier et al., 1999). Information technology can thus potentially increase the individual’s IPC while at the same time increasing the IPR. A complete list of the specific overload causes that are mentioned in the relevant literature can be found in Table 3. It is structured according to the five categories discussed previously.
Table 3: Causes of information overload
Personal Factors
Causes of Information Overload
Reference
Limitations in the individual human information processing capacity
Herbig & Kramer, 1994
Decision scope and resulting documentation needs
Kock, 2001, Eppler, 1998
Motivation, attitude, satisfaction
Muller, 1984
Personal traits (experience, skills, ideology, age)
Owen, 1992; Muller, 1984; Schneider, 1987; Swain & Haka, 2000
Owen, 1992; O'Reilly, Personal situation (time of the day, noise, temperature, amount 1980 of sleep) Senders screen outgoing information insufficiently Information Characteristics Number of items of information rises
282
Van Zandt, 2001
Bawden, 2001; Herbig & Kramer, 1994; Jacoby, 1974, 1977,1984; Malhotra, 1982
The Concept of Information Overload
Uncertainty of information (info needed versus info available)
Schneider, 1987; Tushman & Nadler, 1978
diversity of information and number of alternatives increase
Bawden, 2001; Iselin, 1988; Schroder et al., 1967
Ambiguity of information
Schneider, 1987; Sparrow, 1999
Novelty of information
Schneider, 1987
Complexity of information
Schneider, 1987
Intensity of information
Schneider, 1987
Dimensions of information increase
Schroder et al., 1967
Information quality, value, halflife
Sparrow, 1998, 1999
Over abundance of irrelevant information
Ackoff, 1967
Task & Process Parameters Tasks are less routine
Tushman & Nadler, 1975
complexity of tasks
Bawden, 2001; Grise, 1999
More complex task interdependence
Tushman & Nadler, 1975
Time pressure
Schick et al., 1990
Task interruptions for complex tasks
Speier et al., 1999
Too many, too detailed standards Schick et al., 1990 in accounting
Organizational Design
Simultaneous input of information into the process
Grise & Gallupe, 2000
Interdisciplinary work
Bawden, 2001
Collaborative work
Wilson, 1996
Centralization (bottle necks) or disintermediation (information searching is done by end-users rather than by information professionals)
Schneider, 1987
Accumulation of information to demonstrate power
Edmunds & Morris, 2000
Group heterogeneity
Grise & Gallupe, 1999
283
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Information Technology
New information and communication technologies
Bawden, 2001; Speier et al., 1999
Push systems
Bawden, 2001
E-mails
Bawden, 2001
Intranet, extranet, Internet
Bawden, 2001
Rise in number of television channels
Edmunds & Morris, 2000
Various distribution channels for the same content
Edmunds & Morris, 2000
Innovations evolve rapidly – shortened lifecycle
Herbig & Kramer, 1994
Having discussed the major causes of information overload and their impact on IPC and IPR, we can now look at their effects.
5
Symptoms of Information Overload
Information overload can be perceived through a variety of symptoms that affect the person who deals with information as well as his or her work performance. One of the first researchers to examine the effects of overload was the American psychologist Stanley Milgram (1970) who analyzed signal overload for people living in large cities. In his study, he identifies six common reactions to the constant exposure to a heavy information load, which are the allocation of less time to each input, the disregard of low-priority inputs, the re-drawing of boundaries in certain social transactions to shift the burden of overload to the other party in the exchange, the reduction of inputs by filtering devices, the refusal of communication reception (via unlisted telephone numbers, unfriendly facial expressions, etc.) and finally the creation of specialized institutions to absorb inputs that would otherwise swamp the individual (see also Weick, 1970, 1995). In the organizational context, frequently described symptoms of information overload on the individual level are a general lack of perspective (Schick et al., 1990), cognitive strain and stress (Malhotra, 1982; Schick et al., 1990), a greater tolerance of error (Sparrow, 1999) , lower job satisfaction (Jacoby, 1984) or the inability to use information to make a decision (Bawden 2001) – the so called paralysis by analysis. Many other symptoms can be observed, they are listed in Table 4.
284
The Concept of Information Overload
Table 4: Symptoms or effects of information overload Symptoms
Reference
Inefficient work
Bawden, 2001
Ignore information and be highly selective (omission)
Bawden, 2001; Edmunds & Morris, 2000; Herbig & Kramer, 1994; Sparrow, 1999
Potential paralysis & delay of decisions
Bawden, 2001; Schick, 1990
Loss of control over information
Bawden, 2001; Wurman, 1990
Limited search directions
Cook, 1993
Move from compensatory search patterns to non-compensatory search patterns
Cook, 1993
Overlapping and inconsistent information categories
Eppler, 1998
Difficulties to reach target groups (sender perspective)
Herbig & Kramer, 1994
Identification of relevant information becomes increasingly difficult
Jacoby, 1973
Satisfaction negatively affected
Jacoby, 1984
Higher time requirements
Jacoby, 1984
Stress, confusion & cognitive strain
Malhotra, 1982; Schick, 1990
Decision accuracy/quality lowered
Malhotra, 1982; Jacoby, 1984, Hwang & Lin, 1999
False sense of security due to uncertainty reduction
Meyer, 1998; Jacoby, 1984; O'Reilly, 1980
Relying on peripheral cues such as packaging Owen, 1992 material of a product, furnishing of shop etc. Demotivation
Reuters, 1996
superficial analysis
Schick et al., 1990
Lack of perspective
Schick et al., 1990
Relationship between details and overall perspective is weakened
Schneider, 1987
Loss of differentiation
Schneider, 1987
Sense of loss of control leads to a breakdown in communication
Schneider, 1987
Inability to select relevant information
Schneider, 1987
Decision effectiveness lowered
Schroder et al., 1967
285
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Lack of critical evaluation (become too credulous)
Shenk, 1997
Greater tolerance of error
Sparrow, 1999
Too little time to learn from information
Sparrow, 1999
Abstraction and necessity to give meaning lead to misinterpretation
Sparrow, 1999; Walsh, 1995
Search strategies through information sets become less systematic (this is less true for more experienced searchers)
Swain & Haka, 2000
The biggest research issue regarding the effects or symptoms of information overload concerns the question whether and how information overload affects decision accuracy, decision time, and performance in general. While research results have often been contradictory, especially among the groundbreaking studies within the field of marketing (the inconsistencies were due in part to methodological problems, see Jacoby et al., 1974; Malhotra et al., 1982; Muller, 1984), there is a wide consensus in academia today that a heavy information load can indeed affect the performance of an individual negatively (whether measured in terms of accuracy or speed). When information supply exceeds the information processing capacity, a person has difficulties in identifying the relevant information (Jacoby, 1973), he or she becomes highly selective and ignores a large amount of information (Bawden, 2001; Herbig & Kramer, 1994; Sparrow, 1999), she has difficulties in identifying the relationship between details and the overall perspective (Schneider, 1987), or needs more time to reach a decision (Jacoby, 1984) and finally does not reach a decision of adequate accuracy (Malhotra, 1982). Because of these many potential negative effects, it is essential to devise effective countermeasures. These activities should address not only the symptoms of information overload, but also its causes. In the next section we provide an overview of such mechanisms.
6
Countermeasures against Information Overload
Literature on information overload does not only discuss major causes and effects, but also proposes possible effective countermeasures to address the issues related to information overload. These countermeasures range from general suggestions concerning attitude to very specific software tools that help to process information. A list of the countermeasures mentioned in the reviewed literature can be found in Table 5. It is based on the same categories that were used to structure the causes, so that the two (causes and countermeasures) can be directly related to one another (keeping in mind possible side-effects).
286
The Concept of Information Overload
Table 5: Countermeasures against information overload
Personal Factors
Information Characteristics
Countermeasures
Reference
Improve personal time management skills and techniques
Bawden, 2001
Training programs to augment information literacy: information processing skills such as file handling, using e-mail, classification of documents etc.
Bawden, 2001; Schick et al., 1990; Koniger & Janowitz, 1995
Improve personal information management
Edmunds &Morris, 2000
Systematic priority setting
Schick et al., 1990
Improve the screening skills for information
Van Zandt, 2001
Raise general quality of information (i.e. its usefulness, conciseness)
Keller & Staelin, 1987
Focus on creating value-added information
Simpson & Prusak, 1995
Promulgation of rules for information & communication design (ex. e-mail etiquette)
Bawden, 2001
Intelligent interfaces
Bawden, 2001
Visualization, the use of graphs
Meyer, 1998 Chan, 2001
Compression and aggregation of information
Ackoff, 1967 Scammon, 1977 Iselin, 1988
Structure and aggregate information
Grise & Gallupe, 1999; Koniger & Janowitz, 1995
Organize text with hypertext structures Nelson, 2001 or gophers Formalization of language
Galbraith, 1974
Brand names for information
Berghel, 1997
Form must follow function must follow Herbig & Kramer, 1994 usability Simplify functionalities and design of products
Herbig & Kramer, 1994
Customization of retrieved information Berghel, 1997
287
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
Task & Process Parameters
Standardize operating procedures
Bawden, 2001; Schneider, 1987, Schick et al., 1990
Define decision models developed for Ackoff, 1967; Chewning & Harrel, 1990 specific decision processes (e.g. decision rules) Install an exception-reporting system
Ackoff, 1967
Install process enablers for cognitive support
Grise & Gallupe, 1999
Allow more time for task performance Schick et al., 1990 Adequate selection of media for the task
Schick et al., 1990
Use simpler information processing strategies
Schick et al., 1990
Collaboration with information special- Edmunds & Morris, 2000 ists within the teams Regulate the rate of information flow
Grise & Gallupe, 1999
Bring decisions to where information Galbraith, 1974 exists when this information is qualitative and ambiguous Search procedures and -strategy
Organizational Design
288
Ackoff, 1967; Bawden, 2001 Meyer, 1998; Olsen et al., 1998; Revsine, 1970
Coordination through inter-linked units Tushman & Nadler, 1978
Coordination by goal setting, hierarchy, and rules depending on frequency of exceptions (uncertainty)
Galbraith, 1974
Augment info processing capacity through changes in org. design
Galbraith, 1974; Schick et al., 1990; Tushman & Nadler, 1978
Creation of self-contained tasks (reduced division of labor, authority structures based on output categories) => autonomous groups
Galbraith, 1974
Reduce divergence among people (e.g., with regard to expectations) trough socialization (e.g., frequent face-to-face interactions).
Schneider, 1987
Creation of lateral relationships (integrate roles, create liaisons between roles, teamwork etc.)
Galbraith, 1974
The Concept of Information Overload
Information Technology Application
Install appropriate measures of performance
Ackoff, 1967
Hire additional employees
Schick et al., 1990
Create slack resources
Galbraith, 1974
Intelligent information management (prioritization)
Bawden, 2001; Meyer, 1998; Schick et al., 1990
Prefer push- to pull-technologies
Edmunds & Morris, 2000; Friedmann , 1977; Herbig & Kramer, 1994
Facilitator support through (e-) tools
Grise, 2000
Cook, 1993 Decision Support Systems should reduce a large set of Alternatives to a manageable size Use natural language processing systems (search with artificial intelligence)
Nelson, 2001
Information quality filters
Ackoff, 1967; Bawden, 2001; Edmunds & Morris, 2000; Grise, 2000
Intelligent data selectors (intelligent agents)
Edmunds & Morris, 2000
Regarding information itself, the essential mechanisms to fight information overload are to assure that it is of high value, that it is delivered in the most convenient way and format (Simpson & Prusak, 1995), that it is visualized, compressed and aggregated (Ackoff, 1967; Meyer, 1998; ), and to use signals and testimonials to minimize the risks associated with information (Herbig & Kramer, 1994). On the personal level, it is important to provide training programs to augment the information literacy of information consumers (Bawden, 2001; Koniger & Janowitz, 1995; Schick et al, 1990) and to give employees the right tools so that they can improve their time management (Bawden, 2001) and their personal information management (Edmunds & Morris, 2000). As far as improvements for the organizational design are concerned, various authors take on conflicting positions. While earlier contributions stress the importance of self contained tasks and lateral relationships (Galbraith, 1974), more recent studies see this focus on collaborative and interdisciplinary work as a cause rather than as a countermeasure of information overload (Bawden, 2001; Wilson, 1996). If the cause of information overload relates to process problems, several authors suggest to standardize operating procedures (Bawden, 2001; Schick et al., 1990; Schneider, 1987), to collaborate with information specialists within the process teams (Edmunds & Morris, 2000), or to use facilitators or collaborative tools (such as virtual team rooms) as ‘process 289
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
enablers’ for cognitive support (Grise, 2000). Finally, at the level of information technology, several authors advocate the use of intelligent information management systems to foster an easier prioritization of information (Bawden, 2001; Meyer, 1998; Schick et al., 1990) or to provide quality filters (Ackoff, 1967; Edmunds & Morris, 2000; Grise, 2000). Examples of such intelligent systems are Decision Support Systems (DSS) that reduce a large set of options to a manageable size (Cook, 1993). In concluding this brief survey, one can conclude that many authors list a multitude of possible countermeasures, but that they do not provide specific suggestions on how to combine organizational, technological, personal or information- and task-based improvement actions. Clearly, a systematic methodology (comparable to other standardized problem solving approaches) to prevent or reduce information overload is still missing. Such a methodology should combine insights from various disciplines to provide effective countermeasures that can be adapted to various contexts. The overview provided so far should enable us to conduct further analyses that can yield fruitful suggestions for future information overload research. In order to generate further suggestions on the future of information overload research, we will go beyond the mere description of the field and analyze its inherent discourse patterns. This will enable us to see other development needs and neglected areas.
6.1
Literature Evaluation and Future Research Directions
In order to gain a deeper understanding of the phenomenon of information overload, we will employ two review visualization tools: the publication & citation time line for the analysis of the impact of relevant authors in various management domains and the nature of their contribution, and the discipline Venn diagram for the analysis of interdisciplinary research on the topic.
7
The Publication Time Line: Overload Research Patterns by Discipline
The next type of diagram does not focus on particular constructs, but on the authors and their impact. The time line is a good visualization tool if the historic or process perspective of a discourse is analyzed. It is used to illustrate the impact of the most important authors and their contributions in the field of information overload. We have drawn a time line diagram for each one of the four areas in which information
290
The Concept of Information Overload
overload research has been primarily conducted in the last thirty years, namely accounting, marketing, organizational behavior, and management information systems (MIS). This makes it possible to show schools of thought or controversial discussions and the level of transfer between conceptual and empirical research. To determine the ‘relevant’ authors and contributions, we limit our review to double blind peer reviewed academic journals and to articles that contain information overload either in the title or in the abstract. In addition, we have reviewed the most prominent books on the topic. As far as the drawn lines between articles are concerned, our main criteria were whether an author was cited repeatedly and as a significant contribution and whether that article dealt primarily with the topic of information overload. A limitation of this approach is that the time line does not strive for comprehensiveness but rather for insight. It omits the seminal contributions by Miller (1956), Simon (1971) or Ackoff (1976) and focuses on recent developments. Below, we look at each domain time line in detail and provide suggestions for future research.
7.1
Marketing
The topic of information overload within marketing, or more specifically within consumer research, has become crucial since the number of consumer brands has exploded in the early seventies. Only a few studies have been done on a conceptual level and almost all the overload research in marketing is of empirical nature. For the theoretical base, the marketing researchers rely on the findings of psychologists and cognitive scientists, in particular on Miller’s study on our limited capacity of information processing (Miller, 1956). Moreover, the empirical research is, with the only exception of Muller (1984), exclusively based on experiments and neglects surveys or case studies. Characteristic for the field of marketing is the tangled structure of the references. This is due to the intensive discourse that has taken place around the first study of Jacoby et al. whose methodology has been contested especially by Wilkie (1974), Scammon (1977) and Malhotra (1984). Jacoby and Malhotra emerge to be the gurus within the field. The major activity of research has taken place from the mid 70ies to the mid 80ies and its main theme is whether the number of brands and their attributes (information load) influence product choice of consumers. Generally, the research in the field of marketing focuses on the impact of information overload on decision quality, decision time, and on the actual number of information items that can be processed in a typical purchase situation.
291
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
7.2
Accounting
The timeline of the contributions from the field of accounting (Figure 3) presents a similar picture as the one of marketing, in so far as the conducted research is almost exclusively empirical.
empirical
Figure 3: Time line of the publications and citations of information overload studies in the area of marketing
Wilkie Scammon
Muller
Keller & Staelin Meyer & Johnson
Jacoby
Jacoby et al.
conceptual
Malhotra et ali
1970
Friedmann
Meyer
Owen Herbig & Kramer
1980
1990
2000
Again, the theoretical basis is borrowed from psychologists and cognitive scientists as Schroder et al. (1967), Miller (1956) and Simon & Newell (1971). Apart from these fundamental insights from psychology, the research is not cross-disciplinary at all. The one exception is the study of Schick et al. (1990), a literature review, which includes also important insights of organization scientists such as Galbraith (1974) or Tushman & Nadler (1978). Still similar to the picture of marketing, the empirical research in the field of accounting is based on experimental situations and not on on-site research in the management field. Additionally, Figure 3 shows that Casey, Iselin, and AbdelKhalik are the authors with the highest impact on the studies of information overload in the field of accounting. As a tendency, the researchers who conduct empirical research often refer to the findings of conceptual studies but this transfer from conceptual findings to empirical ones does not work in the opposite direction The main theme of the studies in the area of accounting is the impact of the level of information load on decision quality or accuracy for example regarding budgeting or predictions of bankruptcy.
292
The Concept of Information Overload
7.3
Organization Science
What is striking in the area of organization science is that almost all the contributions on information overload are conceptual articles. The only empirical research is by O’Reilly (1980) and by Griffeth, Carson & Marin (1988). These two studies work with a subjective definition of information overload and focus on the satisfaction of the person loaded with information. The measurement tools are thus questionnaires and not experiments.
Figure 4: Time Line of the publications and citations of information overload studies in the area of accounting Iselin
conceptual
empirical
Abdelkhalik
Schroder Revsine Simon/Newell et al.
Snowball Casey
Tushman/ Libby/Lewis Nadler
Chewing/Harrell
Simnet
Swain/Haka
Schick et al.
Galbraith
1970
1980
1990
2000
In general, Figure 4 depicts a rather loosely connected structure of citations, in which Galbraith and Tushman & Nadler gained a major impact within the research community. The main reason for this looseness of the structure is that the authors referred to organizational scientists who made important contributions for general organizational issues but not specifically for the field of information overload and are therefore not visible in the diagram. The most intense research activity has taken place in the nineties. Possible reasons for this fact are the rapid propagation of information technologies as the Internet (e-mail) and the trend towards collaborative work and flat hierarchies which have turned information load into a major problem for managers especially when confronted with complex tasks and environments (Meyer, 1998). The main interest of the research in this field is to show whether and how the information processing capacity of an individual can be expanded through changes in the organizational design and how this design influences the information processing require-
293
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
ments. Again, what has been said for the other research areas is also true for organization science, namely that the research in this domain is not highly interdisciplinary.
7.4
Management Information Systems
Surprisingly, the area of MIS has not been the discipline which has dealt with information overload in the most extensive manner. The major publication activity lies in the nineties (except for Ackoff, 1967, Denning, 1982 and Hiltz and Turoff, 1985). In spite of this fact, the researchers in this field do not seem to profit enough from already existing findings of information overload studies outside of their field.
Fig. 5: Time line of the publications and citations of information overload studies in the area of organization science empirical
O‘Reilly
Griffeth et al.
Simpson/ Prusak Berghell Hanka/Fuka
conceptual
Rudd/Rudd Tushman/ Nadler
Wurman Edmunds/Morris Sparrow Bawden Walsh
Schneider
Galbraith
1970
1980
1990
2000
In general, the research is concentrated on conceptual studies and there is an obvious missing link between conceptual and empirical studies; the two do not refer to each other. Researchers are mainly interested in finding technical solutions for the information overload problem. Their contributions are thus interesting with regard to (technology-based) countermeasures against information overload. From the analysis of the time lines several major conclusions can be drawn. It has been shown that the transfer between empirical and conceptual studies is generally unsatisfying and should be intensified in future research. This is especially true as most empirical research that is not experiment-based has been conducted by institutions outside the overload research community. Fig. 5 summarizes the main management surveys on information overload from the last decade as well as their main findings.
294
The Concept of Information Overload
These reports are usually not cited within the general accounting, organization, marketing or MIS information overload literature.
Fig. 6: Time line of the publications and citations of information overload studies in the area of MIS
empirical
Iselin Payne
Speier et al.
Cook
Grise & Gallupe
conceptual
Koniger & Janowitz Denning
Shenk
Wurman
Nelson
Hiltz & Schick et al. Turoff Berghel 1970
1980
1990
Edmunds & Morris Bawden et al.
2000
Most of the empirical research that has been conducted within the aforementioned disciplines is done in experimental settings and does hence not rely on authentic management contexts. This issue relates to our prior point that future research should move closer to the original overload context of managers. Interestingly, some research areas focus more on empirical studies and lack conceptual research, which is true for accounting and marketing, while the areas of organization science and MIS are more interested in conceptual approaches. But all the four areas, except to some extent the area of accounting, do not achieve a consistent transfer from empirical to conceptual research and vice versa. This, however, is a crucial prerequisite for cumulative research. Another prerequisite for cumulative research is the transfer of research findings between closely related disciplines. This important issue is further explored in the next section.
295
Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
8
The Status of Interdisciplinary Information Overload Research
The final diagram of this literature analysis examines the interdisciplinary status of information overload research. The Venn diagram depicted in Figure 7 shows which authors study the problem of overload from which perspective and whether other perspectives are included their work.
Figure 7: Cross-referencing among major information overload studies Organisation Galbraith, 1974 Griffeth, 1988
Schneider, 1987 Sparrow, 1999 Speier et al., 1999
Schick et al., 1990 Grise, Adel-Khalik, 1973 1999
Edmunds & Morris, 2000
Tushman & Nadler, 1978 Meyer, 1998
Casey, 1980
Jacoby, 1984
Chewing & Harrell, 1990
Accounting
Herbig & Kramer, 1994
Owen, 1992 Wilkie, 1974
Iselin, 1988, 1993
Keller & Stealin, 1984
Marketing
Scammon, 1977 Malhotra, 1984 Revsine, 1970
Meyer & Johnson, 1984 Müller, 1984
Simnet, 1996 Showball, 1980 Swain & Haka, 2000
Ackoff, 1967 Meglio & Cook, 1993 Kleiner, 1990 Grise, 1999 Simpson & Prusak, 1995 Nelson, 2001 Koniger, 1995
Management Information Systems (MIS)
In general, only a few authors integrate various management perspectives to study the problem of overload. In fact, no intersections between the area of accounting with the one of marketing or the one of MIS exist to our knowledge, neither between marketing and MIS. Most of the intersections (in terms of citing and using relevant work from other domains) are visible within the area of organization science. Some authors of the other three fields integrate findings from the organizational context. The diagram doesn’t show the entire scope of interdisciplinary research, because it does not show whether authors integrate perspectives of other research disciplines, such as cognitive
296
The Concept of Information Overload
science or psychology. The diagram merely visualizes the (weak) links among the four chosen management fields. In this respect, it can be stated that future research should be more oriented on approaches that use the insights of already existing findings of information overload obtained though different contexts (Akin, 1997, p. 9). This is especially true as some research areas of information overload (such as marketing) have been conducted much earlier than others (such as MIS). In the final two sections of this article we summarize the findings and highlight their implications for researchers and managers.
9
Implications
From the literature analysis on information overload, future research directions have emerged. In the first part of the article, the presentation of the information overload framework has shown that the analysis of the problem of information overload should no longer be studied using models of linear cause and effect, but should rather be represented with cyclical structures and a focus on interdependencies. This is important since the complexity of the phenomenon is mainly given by the interconnectedness of its various variables. Secondly, the analysis of the time lines showed that there is a need for overload research beyond disciplinary boundaries: The research area of MIS should be further developed in the future, especially with regard to new media such as intranets and with regard to various job profiles (such as auditors, marketing professionals, or project managers) and the transfer between conceptual and empirical studies must be intensified in order to assure cumulative research progress. Moreover, the time lines and the discipline Venn diagram have shown that interdisciplinary approaches have not yet been fully exploited. This holds true both for empirical and for conceptual contributions. As far as empirical research is concerned, it is often too detached from the specific overload contexts. Thus, we advocate more context-rich, qualitative research methods (such as case studies or ethnographies) in addition to the already used experiments and surveys. Our approach, however, has been implicitly based on the ‘disease’ metaphor of information overload, representing the phenomenon as something that shares the characteristics of an illness that must be fought. Effective methodologies to prevent information overload may need to approach the problem in more diverse ways, seeing it not only as a possible individual disorder, but as a systemic, emergent pattern of certain behaviors, expectations and structures. This alternative, constructivist view of overload could eventually lead to a methodology that outlines specific steps to avoid information overload in organizations. As mentioned earlier, such a systematic meth-
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Martin J. Eppler & Jeanne Mengis
odology does not yet exist. Suggestions for management can nevertheless be deduced from the current findings. They are outlined below in the final section of the article. This literature review can provide some guidance for managers who are facing the problem of information overload in their workplace. First of all, simple recipes to fight information overload seem handy but usually do not embrace the complexity of the problem. One should therefore keep in mind that a specific countermeasure (such as introducing e-mail standards, installing filtering devices, offering training courses, or setting up personalized information portals) does not just act at a single variable of information overload, but has repercussions on many other variables. Because of this, it is better to opt for solutions that take into account the various causes of information overload. In this paper, we identified five major causes of overload: the person dealing with information overload (be it as a sender or as a receiver of information), the information technology (if and how it is used), the organizational design (the co-ordination mechanisms), the processes and tasks that need to be completed, and finally the characteristics of information itself (ambiguity, uncertainty, complexity, intensity). Ideally, all of these variables should be addressed if an organization is determined to reduce the problem of overload. New IT-applications, for example, should be accompanied by adequate process changes, organizational adaptations, and training. Countermeasures should consequently not focus on the symptoms of overload (e.g., too many e-mails, too much reading material), but on the root causes, such as unclear or ambiguous information (regarding information itself), unstructured data repositories (regarding IT), unclear responsibilities (regarding the organization), or ineffective personal management techniques (regarding the person). Another key implication for management besides focusing on the root causes is thinking of information overload not just in terms of quantity, but also in terms of quality. Thus, managers should not only be interested in reducing the number of exchanged messages, but more importantly in assuring certain quality standards for information that is communicated or documented. This could be one of the most effective ways to close the gap between (perceived) information requirements and information processing capacity. In this context, the stream of research focusing on information quality (see Simpson & Prusak, 1995, Wang et al. 1998) could be and should be connected with the information overload discourse to match a crucial success factor with a key impediment for effective business communication.
298
The Concept of Information Overload
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305
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva (2007)
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation In: Grosse-Lege, D.; Bauer H. H.; Röster, J. (Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+. München: Vahlen 2007, S. 235-250
Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
1
Zusammenfassung
Weblogs haben sich in den vergangenen Jahren zu einem wertvollen und wichtigen Instrument innerhalb der Unternehmenskommunikation entwickelt. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen und zahllose Praktiker setzen sich mit Weblogs auseinander und haben dabei einen verwirrenden und schwer übersichtlichen Rahmen an Begrifflichkeiten und Bezeichnungen geschaffen. Der Beitrag trägt Typologien verschiedener Forschungsrichtungen zusammen und integriert diese anschliessend in ein mehrdimensionales Modell, das relevante Perspektiven in der Auseinandersetzung und Anwendung von Blogs thematisiert. Zusammengefasst sind die Ergebnisse im St. Galler Blog-Würfel.
2
Problemstellung
Weblogs sind „Onlinepublikationen, die sich durch kurze, umgekehrt chronologisch angeordnete Einträge sowie eine Dialogorientierung auszeichnen und besonders expressive, authentische Ausdrucksformen ermöglichen“ (Zerfass, Boelter 2005, S.20). Neben dieser vor allem im deutschsprachigen Raum gebräuchlichen Definition finden sich im angloamerikanischen Raum noch folgende Definitionen: „A Web page where a Web logger ‘logs’ all the other Web pages she finds interesting” (Blood 2004, S.53) sowie „To blog is to continually post one's own ideas, opinions, Internet links (including those for other blogs), and so on about things on one's own website, which is called a web log” (Smudde 2005, S.34). Gemein ist all diesen Definitionen, dass es sich bei Weblogs um Onlinepublikationen handelt, die in regelmässiger Weise aktualisierte und personalisierte Inhalte eines Autors enthalten. Weblogs entwickeln sich zunehmend zu einem wichtigen Instrument der Unternehmenskommunikation. Unternehmenskommunikation im Sinne dieser Arbeit wird als Modus zur Interaktion mit der Umwelt des Unternehmens verstanden und ist somit ein wichtiger Teil der Wertschöpfung des Unternehmens und Aufgabe der Unternehmensführung (Schmid, Lyczek 2006, S.129). Unternehmenskommunikation bedient über verschiedene Kanäle interne wie externe Bezugsgruppen, auch Stakeholder genannt, die durch ihr Verhalten einen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben. Blogs, die im Kontext der Unternehmenskommunikation zum Einsatz kommen, werden als Corporate Blogs bezeichnet. Die Erforschung der Anwendung und Auswirkungen von Corporate Blogs in der Unternehmenskommunikation wurde in unter-
308
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
schiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen aufgegriffen. Als Resultat sind mittlerweile eine Vielzahl von Begriffen und Formaten rund um das Phänomen Weblogs entstanden, zu denen es bisher nur wenige Systematisierungsversuche gegeben hat (Lee, Hwang, Lee 2006, S.319). Im Folgenden sollen einige Beispiele die Vielfalt an Bezeichnungen rund um das Phänomen Blogging im Kontext der Unternehmenskommunikation dokumentieren: Knowledge-Blogs, Flogs, Vlogs, Flash-Blogs, CEO-Blogs, Mitarbeiterblogs, Produktblogs, Podcasts, Themenblogs, Krisenblogs, Moblogs, PR-Blogs, Serviceblogs, Blams, Voterblogs, CR-Blogs, Executiveblogs, Vodcasts, Projektblogs, Kollaborationsblogs, Podcasts, Splogs. So vielfältig und ungeklärt wie die Begrifflichkeiten sind auch die die Einsatzmöglichkeiten von Weblogs im Bereich der Unternehmenskommunikation. Für Unternehmen stellt sich die Frage: Welche Arten von Weblogs gibt es und wie lassen sich diese ordnen sowie anwenden? Ziel des Beitrages ist es, bestehende Systematisierungsversuche zusammenzuführen und in einem multidimensionalen Modell einen Ansatz zur Systematisierung von Corporate Weblogs zu liefern. Zugleich lassen sich aus diesem Modell Hinweise für den konkreten Einsatz von Corporate Blogs zur Erreichung verschiedenster Kommunikationsziele ableiten.
3
Allgemeine Typologien von Blogs
In der Literatur verfügbare Typologien von Blogs können aus Sicht der Unternehmenskommunikation in zwei Kategorien unterteilt werden: Allgemeine Klassifikationen, welche Blogs unabhängig von der Anwendung in der Unternehmenskommunikation klassifizieren und spezifische Klassifikationen in der Unternehmenskommunikation.
3.1
Typologie nach Lankshear und Knobel
Einen ersten Versuch, eine Taxonomie von Blogs zu erstellen, haben Lankshear und Knobel (2003) unternommen. Dabei unterteilen sie Weblogs, gemäss der in ihnen vorwiegend dargestellten Inhalte, auf einer ersten Ebene in: 1.
Kommentierte Links
2.
Journale
3.
Hybride (kommentierte Links und Journale)
4.
Metablogs. 309
Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
Unter der ersten Kategorie sind solche Weblogs zu verstehen, die im Sinne von Tim Berners-Lee erster Website am CERN vorwiegend andere Seiten referenzieren (Schmidt 2006, S.13) und als Filter fungieren. Journale stellen im Sinne dieser Taxonomie Tagebücher dar, welche regelmässig aktualisierter Beiträge mit starkem persönlichen Bezug beinhalten. Auf der zweiten Ebene werden diese Journale dann in persönliche und kommerzielle Weblogs unterschieden. Hybride sind Blogs im Kontinuum zwischen kommentierten Links und den Journalen. Metablogs, also Weblogs über Weblogs, ergänzen die Kategorisierung (Lankshear, Knobel 2003). Der Ansatz, zwei Enden eines Kontinuums zu definieren, beinhaltet die Gefahr, dass die mangelnde Trennschärfe in der Abgrenzung zur hybriden Kategorie in der Praxis dazu führen kann, sämtliche Weblogs als hybrid einzustufen, da sich sowohl reine Linksammlungen als auch linkfreie Journale kaum finden lassen. Unklar bleibt auch, warum zusätzlich Metablogs auf der ersten Ebene mit unterschieden werden, da diese sich auch in jeder der drei anderen wieder finden. Diese Klassifikation bietet wenige Ansatzpunkte zur Unterstützung der Entscheidungsfindung im Rahmen der Unternehmenskommunikation.
3.2
Formatbasierte Typologien
Einen Ansatz zur Unterscheidung auf der Ebene des Formates wählt das MIT Advertising Lab (Adverlab 2004). Die Besonderheiten und technischen Zwänge des Aktualisierungskanales werden in dieser Typologie als massgebliche Eigenschaften eines Blogs verstanden. Es werden folgende Blogs unterschieden (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Formate von Blogs Typ
Format/Aktualisierungskanal
Weblog
Webbasiertes Journal
Photoblog
Photos die im Internet regelmässig und mit einer Logstruktur versehen, publiziert werden
Moblog
Ähnlich einem Photoblog, jedoch stammen die Bilder von einem Mobiltelefon mit Kamerafunktion
Audioblog
Primär Audioinhalte / ursprünglich Aktualisierung von einem Telefon aus
Videoblog
Streaming-Videos sind eingebunden in das Weblog
Tabelle 1 zeigt sowohl die unterschiedlichen Typen als auch die Formate von Blogs. An dieser Stelle wird der Begriff Blog nicht, wie sonst üblich, als Abkürzung von Weblog
310
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
verstanden, sondern als Oberbegriff personalisierter und regelmässig aktualisierter Dienste interpretiert. Eine frühe Form von formatspezifischen Blogs sind Photoblogs. Diese beinhalten anstatt Text Photos, welche chronologisch kommentiert und aktualisiert werden. Eine weitere Form von Photoblogs sind Moblogs. Diese beinhalten hauptsächlich Photos, die mit Kameras von Mobiltelefonen erstellt und durch solche Endgeräte aktualisiert werden. Moblogs haben eine Reihe von Spielarten und Plattformen entwickelt, von denen der Dienst Twitter nur die neueste Entwicklung darstellt. Das Prinzip von Twitter im Vergleich zum Moblog ist hierbei aber genau umgekehrt, sodass die Nachrichten in einem definierten Empfängerkreis auf Mobiltelefone gesendet werden, statt dass ein Webinhalt mobil aktualisiert wird. Momentan gibt es noch wenige Corporate Moblogs (Green 2007, S.40), doch sind von der virtuellen Schnipseljagd zu Werbezwecken bis hin zu Ad-hoc Nachrichten vielfältige Dienste denkbar. Auch im Bereich der Kunden-, Mitarbeiter-, Service und Krisenkommunikation werden vor allem durch die Ortsunabhängigkeit und Unmittelbarkeit der Aktualisierung vielfältige Möglichkeiten gesehen (Döring 2006, S. 202ff.). Audio- und Videoblogs beinhalten Audio- und Videoinhalte. Das klassische Verständnis eines Audioblogs, im Sinne eines über Telefon aktualisierten Blogs, ist aktuell nur schwer aufrecht zu erhalten. Audio- und Videoblogs haben sich durch die steigende Popularität von Pod- und Vodcasts erheblich weiter entwickelt. Im Bereich der PR finden abonnierbare Ton- und Videodienste immer mehr Anwendung, sind doch 87% aller Internetnutzer mit dem Begriff Podcast vertraut (Guiniven 2005, S.6). An der Schnittstelle zwischen klassischer TV-Werbung mit Testimonials und viralem Marketing im Netz bieten Vodcasts neue Möglichkeit der Markenführung im Netz. Als Beispiel soll hier die jüngste Kampagne des Autoherstellers Volkswagen dienen, welcher die Erfolge von Hape Kerkeling alias Horts Schlämmer bei der Führerscheinprüfung per Video dokumentiert und den Zuschauern damit eine wiederkehrende Motivation zum Besuch der Werbeseite gibt (Hebben 2007, S.14, siehe auch: www.schlaemmer blog.tv).
4
Blogs in der Unternehmenskommunikation
Nach der Darstellung allgemeiner Typologien von Weblogs werden im Folgenden Klassifikationen von Blogs in der Unternehmenskommunikation diskutiert. Dabei erfolgt zunächst eine detaillierte Betrachtung der eindimensionalen Ansätze und im Anschluss wird die Systematik von Zerfass zu Weblogs in der Unternehmenskommunikation diskutiert. 311
Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
4.1
Sender- und empfängerbasierte Typologien
Bei Dearstyne (2005, S.40) findet sich eine erste intuitive, inhaltsbasierte Einteilung von Weblogs in persönliche Blogs, News Blogs, Business- und Marketing Blogs, Themen Blogs und Knowledge Blogs. Aufbauend auf dieser Typologie untersuchen Lee, Hwang und Lee (2006, S.319ff.) die Corporate Blogging Strategien der Fortune 500 Unternehmen in den USA. Auf der Grundlage der inhaltlichen Dimensionen Dearstynes identifizieren sie fünf Grundstrategien der Kommunikation über Blogs (siehe Tabelle 2), die auch über die involvierten Personen, Gruppen und Abteilungen unterschieden werden können.
Tabelle 2: Strategien von Blogs in der Unternehmenskommunikation nach Lee, Hwang, Lee
Bottum-Up Ein Bottom-Up Ansatz in der Nutzung von Weblogs in der Unternehmenskommunikation bedeutet das Erwachsen einer eigenständigen, demokratischen Blog-Kultur unter Einbeziehung einer Vielzahl von Mitarbeitern. Zu sehen ist dies in Ansätzen bei Sun Microsystems oder dem deutschen Frosta Blog. Dabei kommen auch erhebliche Herausforderungen auf das Unternehmen zu, da Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten sich nahezu auf die Selbstregulation der Mitarbeiter beschränken. Richtlinien des Unternehmens für Mitarbeiterblogs sind in diesem Ansatz besonders wichtig, da sie die Rahmenbedingungen für beide Seite verbindlich regeln.
Top-Down Bei den Top-Down Ansätzen I bis III handelt es sich um Kommunikationsstrategien, die einen klaren Fokus auf die gezielte Kommunikation mit den Stakeholdern des Unternehmens haben. Unterschieden werden die Strategien durch die hierarchische Position und Anzahl der Blogautoren. Anders als bei einem Bottom-Up Ansatz besitzt
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Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
das Unternehmen grössere Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten, da hier der Kommunikationsimpuls vom Unternehmen ausgeht. Die letzte Kategorie sind auf reine Werbzwecke ausgerichtete Weblogs. Da Authentizität eines der Schlüsselmerkmale von Weblogs ist (Zerfass, Boelter 2005, S.20), muss bei der Nutzung einer solchen strategischen Option darauf geachtet werden, dass der Charakter eines Weblogs erhalten bleibt. Die Unterscheidung von internen und externen Adressaten von Blogs ist eine weitere Möglichkeit zur Analyse der Einsatzfelder von Blogs in der Unternehmenskommunikation. Interne Blogs übernehmen dabei beispielsweise Funktionen im Bereich des Wissensmanagements, der Vernetzung und Koordination sowie der Entwicklung einer Unternehmenskultur. Externe Blogs können beispielsweise auf die Bereiche Markenführung, Absatz und Beziehungsbildung mit Stakeholdern ausgerichtet sein (Wacka 2004). Hierbei erzeugen die Blogs auch Beziehungen zu anderen Akteuren der Blogossphäre, die nicht Teil des Unternehmens sind und dadurch zu wichtigen Stakeholdern werden. Ebenso können externe Blog-Autoren mit ihren Beiträgen Einfluss auf die Handlungsspielräume des Unternehmens nehmen.
Tabelle 3: Mögliche Leser- und Autorenbeziehungen von Blogs im Kontext des Unternehmens Autor – unternehmensintern Leser – unternehmensextern
Corporate Social Responsibilty- Blog Sales Blog Kampagnen-Blog
Autor – unternehmensextern / ohne Kontrolle durch Unternehmen Blogs von Fans oder Unternehmensgegnern Third Party Campaigns
Themenblog. Leser – unternehmensintern
Knowledge-Blogs
Mitarbeiterblogs
Collaboration Blogs
Gewerkschaftsblogs
Projekt-Blogs Mitarbeiterblogs
Die wechselseitige Beziehung zwischen Lesern und Autoren in- und ausserhalb der Unternehmung sind in Tabelle 3 dargestellt. Dabei bilden sich durch Blogs komplexe Gebilde der Vernetzung zwischen dem Unternehmen und seinen Stakeholdern. Vor dem Hintergrund eines konsistenten Bildes des Unternehmens im Sinne einer integrierten Kommunikationsstrategie (Bruhn 2006, S.492) ergeben sich hierbei vielfältige Herausforderungen.
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Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
Die in Tabelle 3 beschriebenen Blogs sollen allenfalls mögliche Anwendungen und Konfliktsituationen skizzieren und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dabei wird deutlich, dass ein Grossteil der Beziehungen zwischen Rezipient und Blogger ausserhalb der Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten des Unternehmens liegen, mit erheblichen Herausforderungen für das Issuemanagement und gegebenenfalls die Krisenkommunikation. Wie wichtig vor allem nicht nur das Monitoring, sondern auch die adäquate und konsistente Reaktion auf Enthüllungen in der Blogossphäre sind, zeigt das Beispiel eines amerikanischen Einzelhandelsunternehmen. Recherchen eines Bloggers deckten auf, dass das Unternehmen T-Shirts mit NSSymbolik verkauft. Die Reaktion der betroffenen Firma erfolgte prompt und wurde in verschiedenen Blogs veröffentlicht: sie entschuldigte sich und versprach die betreffenden Artikel nicht mehr zu verkaufen. Dass die besagten Textilien dennoch weiterhin zu kaufen waren, führte anschliessend zu tagelanger Negativ-Berichterstattung in der Presse (Associated Press 2006-10-14).
4.2
Fiktionale und Nonfiktionale Blogs
Blogs gelten gemeinhin als ausdrucksstarke und authentische Kommunikationsmedien. Das macht die Unterscheidung zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Weblogs wenig zielführend. Dennoch gibt es eine Reihe von Entwicklungen und Anwendungen, die diese Unterscheidung auch im Bereich der Blogossphäre für nötig erscheinen lassen. Splogs oder Blams, beides Verbindungen aus den Wörtern Spam und Blog, zielen darauf ab, Nutzer zu bestimmten Webseiten zu lenken, indem die Inhalte der Blogs für Suchmaschinen optimiert werden. Die Werbeinhalte ähneln dabei denen aus Spam-Emails bekannten Angeboten von Ratenkrediten über Pharmazeutika bis zu pornografischen Inhalten (Salvetti, Nicolov 2006, S. 138). Mit Hilfe von Algorithmen, die die Inhalte von Splogs nach auffälligen URLs oder Wortmustern durchsuchen, sind Splogs momentan recht effektiv zu filtern (Kolari, Java, Finin 2006), dennoch bleibt eine ähnliche Entwicklung wie im Email-Bereich mit einer ausgeprägten Spam-Kultur nicht ausgeschlossen. Wesentlich subtiler als auf puren Traffic abzielende Splogs sind Flogs (Kurzform für Fake-blog), die ihre Leser mit erfundenen Inhalten konfrontieren um Aufmerksamkeit zu generieren. Flogs sind oft Teil von Astro-Turf-Kampagnen, in denen fiktionale Personen (sog. Meat Puppets) zur Erzeugung viraler Effekte genutzt werden (Ahrens 2006, DO1). Der Begriff Astro Turf (zu Deutsch: Kunstrasen) spielt dabei auf sogenannte Grassroot-Kampagnen an, die das Ziel haben, gesellschaftliche oder politische Änderungen von der Basis oder eben der Wurzel herbeizuführen. Die Website iDont.com zielte auf schlechte Kommentare für einen bekannten MP-3 Player ab, erst durch Nachforschungen wurde deutlich, dass die Seite von einem Konkurrenzunternehmen, statt von einem enttäuschten Nutzer gestartet wurde (ebd., S. DO1).
314
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
4.3
Klassifikation von Blogs gemäss Zerfass
Eine der umfassendsten Klassifikationen von Weblogs aus Sicht der Unternehmenskommunikation schlägt Zerfass (2005, S.127) vor. Zerfass (2005) ordnet die unterschiedlichen Arten von Weblogs den spezifischen Zielen der Unternehmenskommunikation zu. Ein Unternehmen kann seine Kommunikationsziele auf verschiedenen Wegen erreichen: durch Argumentation, Persuasion und Information. Argumentation zielt auf das Anregen gemeinsamer Prozesse zur Lösung von Problemen ab, Persuasion verfolgt die Verwirklichung einseitig fixierter Ziele, wohingegen Information auf Formen gemeinsamer Verständigung hinabzielt, wobei konkrete Ziele eher unbewusst bleiben (Zerfass 2004, S.188). Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation sind das Unternehmen selbst, die Marktöffentlichkeit und das politisch-soziokulturelle Umfeld (ebd., S. 289). Für Corporate Blogs lässt sich somit die in Abb.1 folgende Schematisierung ableiten, die einen Grossteil der bereits thematisierten Einsatzmöglichkeiten von Blogs aufzeigt.
Abbildung 3: Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation (Quelle: Zerfass 2005, S. 127) Information Sharing Knowledge
Internal Communication
Market Communication
Building Reputation
Knowledge Blogs
Service Blogs
Argumentation
Persuasion Defining Issues
Campaigning Blogs
Issues Blogs
Supporting Contracts
Establishing Relationships
Resolving Conflicts
Collaboration/ Project Blogs
Product/Brand Blogs
Customer Relationship Blogs
Crisis Blogs
Public Relations © A. Zerfass 2006
Classification of corporate blogs
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Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
4.4
Zusammenfassende Beurteilung von bestehenden Klassifikationen von Weblogs
Der vorangehende Überblick bestehender Klassifikationen von Weblogs zeigt, dass unterschiedliche Aspekte Einfluss auf die Anwendbarkeit von Weblogs für spezifische Aufgaben in der Unternehmenskommunikation haben. Zusammengefasst sind diese: das spezifische Format der Inhalte und der Aktualisierungskanal des Weblogs, die Autoren und Adressaten eines Weblogs, die Kommunikationsstrategie, die dadurch möglich wird, sowie die Ziele der Kommunikation. Die Klassifikation von Zerfass (2005) stellt die umfassendste und aus der Sicht der Unternehmenskommunikation spezifischste Klassifikation dar. Diese Klassifikation basiert auf drei Dimensionen: Ziel der Kommunikation, Ausrichtung der Kommunikation und Inhalte des Weblogs. Weitere Aspekte, die eine entscheidende Rolle bei der Frage der Auswahl von spezifischen Weblogs für konkrete Kommunikationsaufgaben spielen, werden nicht berücksichtigt. Mögliche Autoren von Blogs und deren Beziehung zur Unternehmung, Querschnittsaufgaben der Unternehmenskommunikation wie Media Relations, Issue Management, Krisenkommunikation und Change Kommunikation finden vorwiegend als Inhalt von Blogs eine Berücksichtigung, sind in diesem zwei-dimensionalen Schema aber keine eigenständige Facette. Die anderen vorgestellten Autoren beschränken sich auf komplett eindimensionale Konzepte zur Typisierung von Blogs. Damit werden zwar relevante Perspektiven aufgezeigt, jedoch wird kein vollständiger Rahmen zur Analyse von Weblogs oder Reflektion möglicher Einsatzmöglichkeiten in der Praxis gegeben. Im Folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, die bisher vorgestellten Perspektiven in ein multidimensionales Schema zu integrieren. Dabei handelt es sich primär um die Idee, eine Facettenklassifikation zu erstellen, bei der die Summe der Teilklassifikationen eine Gesamtklassifikation ergibt (Gaus 2003, S.129f.).
5
Der St. Galler Blogwürfel
Der St. Galler Blog-Würfel integriert die verschiedenen Perspektiven der Analyse von Weblogs. Aufbauend auf den einzelnen Facetten der Klassifikation werden Anwendungsbeispiele der praktischen Umsetzung der aufgezeigten Dimensionen gegeben.
316
Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
5.1
Querschnittsaufgaben, Ziele, Prozesse
Die Vorderseite des Blog-Würfels ist in Abbildung 2 dargestellt. Ziel der Darstellung ist es nicht, möglichst viele Arten von Blogs in das Schema zu integrieren, sondern relevante Dimensionen in der Auseinanderaussetzung mit dem Phänomen Blogging darzustellen. Rein blogspezifische Dimensionen sind im folgenden Kapitel in Abbildung 3 zu finden. Ein erster Ansatzpunkt zur Auswahl von geeigneten Dimensionen zur Systematisierung von Corporate Weblogs ergibt sich aus den Querschnittsaufgaben und übergeordneten Konzepten der Unternehmenskommunikation. Querschnittsaufgaben, also Aufgaben, die Relevanz für alle Bereiche der Unternehmenskommunikation haben, sind: Media Relation, Issue Management, Change Communication und Krisenkommunikation. Konzepte, die die Arbeit in weiten Teilen der Unternehmenskommunikation massgeblich beeinflussen, sind die Anforderungen der Corporate Governance sowie Corporate Citizenship und Herausforderungen der integrierten Kommunikation. Eine ausführliche Betrachtung hierzu findet sich bei Schmid/Lyczek (2006). Aus diesen Aufgaben und Konzepten leiten sich wiederum die verschiedenen Wege zur Erreichung der Kommunikationsziele des Unternehmens ab. Die unterschiedlichen Zeithorizonte der Ziele werden wiederum durch die Prozessdimension des Modells verdeutlicht.
Abbildung 4: Ziele, Aufgaben und Prozesse von Corporate Blogs
Zi el e
Information Persuasion Argumentation
Integrierte Kommunikation
Change Communication
Corporate Citizenship
Issue Managements
Corporate Governance
Querschnittsaufgaben
Media Relations
Prozess
arm er Pe ent tz n sa An
r re pö m satz ne) e T An ag p am (K
Krisenkommunikation
Übergeordnete Konzepte
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Querschnittsaufgaben der Unternehmenskommunikation Mögliche Querschnittsaufgaben der Unternehmenskommunikation sind Media Relations, Issue Management, Change Communication und Krisenkommunikation. Dabei umfasst Media Relations die direkte externe Kommunikation der Unternehmung mit der Zwischenzielgruppe Medien (Meckel, Will 2006, S. 290). CEO-Blogs stellen dabei eine Möglichkeit dar, Journalisten eine Informationsquelle aus der Perspektive der Unternehmensführung zu bieten. Issue Management zielt auf die Lokalisierung, Analyse sowie Priorisierung interner und externer Sachverhalte mit Gefahr für Handlungsspielraum und Reputation der Unternehmung ab sowie auf Massnahmen zur Beeinflussung dieser Sachverhalte (Ingenhoff, Röttger 2006, S. 322). So wies der CEO von Apple, Steve Jobs, im Februar 2007 in einem Blogeintrag (siehe: www.apple.com/hotnews/thoughtsonmusic) auf die Gefahren von Digital-RightsManagement für sein Unternehmen hin und flankierte hiermit seine Verhandlungen mit EMI über die Abschaffung des Kopierschutzes für Musiktitel (Patalong 2007). Krisenkommunikation wird als gezielte Unterrichtung von Adressaten verstanden, nachdem eine Krise eingetreten ist (Töpfer 2006, S.365). Blogger sind bei Krisen oft die ersten, die Informationen liefern, wie die Berichterstattung zum 11. September gezeigt hat (Gillmor 2006, S.18). Unternehmen sollten beachten, dass eine Blog-Strategie im Krisenfall nur dann glaubwürdig wirkt, wenn sie bereits über eine entsprechende Blog-Kultur verfügt. Zudem erfordert Krisenkommunikation auch ein Monitoring externer Blogbeiträge. Change Communication verfolgt das Ziel, Veränderungsprozesse der Unternehmung kommunikativ zu begleiten und Veränderungsprozesse bei relevanten Stakeholder-Gruppen durchzusetzen (Mast 2006, S.403). Unternehmen können beispielsweise interne Veränderungsprozesse durch die Tagebücher betroffener Mitarbeiter begleiten und somit das Problembewusstsein und die Akzeptanz innerhalb von Wandlungsprozessen des Unternehmens stärken.
Übergeordnete Konzepte der Unternehmenskommunikation Übergeordnete Konzepte der Unternehmenskommunikation sind Corporate Governance, Corporate Citizenship und integrierte Kommunikation mit jeweils gesonderten Anforderungen an die Weblogs der Unternehmung. Im Bereich der Corporate Governance können Blogs einen Beitrag leisten, Entscheidungen des Managements auf authentische und transparente Weise zu erklären. Im Bereich des Corporate Citizenship können Blogs entweder Kampagnen mit sozialem Hintergrund begleiten oder, wie das Corporate Social Responsibility Blog „Open for Discussion“ von McDonalds (csr.blogs.mcdonalds.com), die Aktivitäten des Unternehmens in diesem Bereich dokumentieren. Integrierte Kommunikation verlangt die konsistente Kommunikation über verschiedene Kanäle, sodass Blogs in diesem Zusammenhang eine besondere Herausforderung an das Kommunikationsmanagement darstellen. Insbesondere bloggende Mitarbeiter sollten aktiv in die Arbeit der Unternehmenskommunikation
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Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
einbezogen werden, um eine widersprüchliche Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu vermeiden.
Ziele Aufbauend auf der Systematisierung der Ziele von PR von Zerfass (siehe Kapitel 3.3), lassen sich diese Dimensionen auch in der Auseinandersetzung mit Blogs in der Unternehmenskommunikation verwenden. Persuasive Kommunikation dient der Interessendurchsetzung unter Ausnutzung emotionaler Bindungen und bestehender Präferenzen des Rezipienten (Zerfass, Boelter 2005, S. 72). Zur Umsetzung persuasiver Ziele bietet sich beispielsweise ein Blog mit starker thematischer Ausrichtung und langfristigen Ansatz an. Unter Argumentativer Kommunikation ist das Starten gemeinsamer Klärungsprozesse zu verstehen (ebd., S. 72). Der amerikanische Telekommunikationsanbieter Verizon betreibt beispielsweise ein Weblog mit Fokus auf politische Entwicklungen im Telekommunikationssektor (siehe: www. policyblog.verizon.com). Eine informative Kommunikation verfolgt weniger das Ziel konkreter Einflussnahme, sondern stellt die Bedeutungsvermittlung in den Vordergrund (ebd., S.72). So betreibt die Schweizer Swisscom ein Blog, um über die eigenen Aktivitäten im Bereich des Umweltschutzes zu informieren (siehe: swisscomnature.blueblog.ch).
Prozesse Prinzipiell haben Blogs aufgrund ihrer tagebuchähnlichen Struktur einen langfristigen Charakter und sind folglich auch für die Gestaltung längerfristiger Beziehungen zwischen Unternehmung und Stakeholdern geeignet. Auf der anderen Seite sind Blogs einfach zu bedienen sowie zu aktualisieren, wodurch sie sich auch für die Dokumentation zeitlich begrenzter Ereignisse, wie Projekte und Kampagnen oder auch als schneller Kanal zur Krisenreaktion eignen. Unternehmen sollten sich daher bei der Entscheidung für Blog(s) auch über die zeitliche Dimension im Klaren sein, dies umso mehr, da es momentan die ersten Corporate Blogs gibt, die den langfristigen Ansprüchen nicht genügen und selten aktualisiert werden oder, wie im Fall eines deutschen Befestigungsmittelherstellers, sogar aufgegeben werden müssen (siehe Fixingblog.com).
5.2
Autor, Leser, Format
Die Rückseite des Blog-Würfels thematisiert in erster Linie blogspezifische Dimensionen. Abbildung 3 verdeutlicht zum einen die zuvor erwähnten Interdependenzen zwischen Autoren und Leser sowie deren Rollen innerhalb und ausserhalb der Unternehmung. Legt man eine der simpelsten aller Kommunikationstheorien, die Containermetapher (Vergleiche hierzu: Schmidt 1994, S.51), zu Grunde, so kommt den
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Eigenschaften des Formates eine besondere Bedeutung hinzu. Schliesslich sind die Austauschprozesse zwischen Autor und Rezipient in erheblichen Masse von den Möglichkeiten und Zwängen des Formates, die bereits in Kapitel 2.1 behandelt worden sind, abhängig.
Abbildung 5: Autoren, Leser und Formate von Blogs (Quelle: eigene Darstellung)
en or ut A
Stakeholder Mitarbeiter Abteilung CEO rn te in
Leser
Weblog
Photoblog
Moblog
Audioblog, Podcast
rn te ex
Videoblog (vlog), Vodcast
Format
Autoren Die unterschiedlichen Autoren eines Blogs sind von vielfältiger Relevanz in der Auseinandersetzung mit Corporate Blogs. Dabei gilt es zu beachten, dass mit zunehmender Zahl der Autoren und an den Randstellen der Unternehmung die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Kommunikationsmanagements sinken. Dabei stellt sich für viele Unternehmen nicht die Frage, ob die eigenen Mitarbeiter als Blogger aktiv sind, sondern welches der passende Rahmen zur eventuellen Integration dieser ist. Im Bereich von CEO-Blogs müssen dagegen die zeitliche Mehrbelastung und Zwänge aus gesetzlichen Vorschriften zur Publizität gründlich gegen die bereits vorgestellten Vorteile eines Blogs abgewogen werden.
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Einsatzmöglichkeiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation
Leser Auch die Adressaten von über Weblogs vermittelten Kommunikationsbotschaften sind von grosser Bedeutung für die Gestaltung des Blogs. Insbesondere die Unterscheidung zwischen in- und externer Leserschaft des Unternehmens ist wichtig. Leser innerhalb des Unternehmens verfügen oft über spezifisches Wissen und Kenntnisse der Unternehmenskultur, die Aussenstehende nicht haben.
Format Aus den in Kapitel 2.2 beschriebenen Formaten von Weblogs ergeben sich eine Reihe unterschiedlicher Anwendungsmöglichkeiten. So ist ein Podcast prinzipiell eher zu Informationszwecken als zur Herausbildung einer kommunikativen und auf Gegenseitigkeit ausgelegten Beziehung geeignet. Deutlich wird dies wenn man vergleicht man die über 500 Kommentare auf die Beiträge des Schweizer Bundesrates Moritz Leuenberger in dessen Weblog (siehe: moritzleuenberger.blueblog.ch) mit dem die fehlenden Kommentarmöglichkeiten für den Podcast der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (siehe: www.bundeskanzelerin.de) vergleicht. Die an anderer Stelle beschriebene Einteilung in fiktionale und nicht fiktionale Blogs wird an dieser Stelle nicht aufrechterhalten, stellen doch Blogs Medien dar, die ihre Wirkung vor allem aus der Authentizität herleiten, sodass von Versuchen gezielter Manipulation sowie Desinformation abzuraten ist. Der heuristische Wert des St. Galler Blog-Würfels besteht vor allem im Aufzeigen relevanter Dimensionen für die Planung, Analyse und Gestaltung von Corporate Blogs. Dies bedeutet, dass erhebliche Interdependenzen zwischen den beschriebenen Dimensionen Aufgaben, Prozesse, Ziele, Autoren, Leser und dem gewählten Format bestehen und das Erreichen der Zielsetzung in grossem Masse vom erfolgreichen Zusammenspiel aller Faktoren abhängt.
6
Zusammenfassung
Blogs im Kontext der Unternehmung besitzen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die eine Analyse in den unterschiedlichsten Disziplinen von den Kommunikationsund Medienwissenschaften über die Informatik bis hin zur Managementforschung erfahren haben. Dabei wird deutlich, dass ein einheitlicher Theorierahmen für die ganzheitliche Betrachtung von Weblogs bisher fehlt. Durch die Zusammenführung verschiedenster Betrachtungsweisen und die Integration der Dimensionen Aufgaben, Ziele, Prozesse, Leser, Autoren und Formate in ein mehrdimensionales Modell zur
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Matthes Fleck, Lars Kirchhoff, Miriam Meckel & Katarina Stanoevska-Slabeva
Beschreibung der Anwendungen von Blogs in der Unternehmenskommunikation versucht diese Arbeit, zur Erstellung eines integrativen Rahmens beizutragen.
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Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel (2007)
Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld Projektbericht (Auszug), MCM Institute, Universität St.Gallen, 2007
Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel
1
Abstract
Die intensive und zielgerichtete Kommunikation mit den Kapitalmärkten ist für Unternehmen heute unverzichtbar, beeinflusst sie doch neben dem Aktienkurs und damit dem Wert auch die strategischen Handlungsoptionen eines Unternehmens. Häufig wird dabei jedoch vernachlässigt, dass sich professionelle Kapitalmarkteilnehmer nicht nur anhand der reinen Finanzkennzahlen ein Urteil zu den Zukunftsaussichten, Potentialen und Risiken einer Gesellschaft bilden. Eine professionelle Unternehmenskommunikation muss daher auf einer Kenntnis der Perspektiven und Ansprüche ihrer Zielgruppen aufbauen. Auch qualitative, nicht-finanzielle Faktoren entfalten einen massgeblichen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Unternehmens am Kapitalmarkt. Nicht zuletzt auf Basis solcher nicht-finanzieller Faktoren erarbeitet sich ein Unternehmen eine Reputation unter den Kapitalmarktteilnehmern. Auch die Vermittlung des sozialen und ökologischen Engagements eines Unternehmens an den Kapitalmarkt – eine Voraussetzung der Akzeptanz durch die Unternehmenseigner – sollte sich an den Perspektiven der Zielgruppen orientieren. Ein Unternehmen muss deutlich machen können, dass all seine Tätigkeiten einen strategischen Erfolgsbeitrag leisten. Professionelle Investor Relations müssen also in der Lage sein, differenziert auf die Wünsche und Wahrnehmungen ihrer Zielgruppen eingehen zu können. Neben Analysten spielen hier vor allem auch Finanz- und Wirtschaftsjournalisten, sowie zunehmend auch so genannte aktive Investoren eine Rolle. Das Institut für Medien und Kommunikationsmanagement hat unter diesen Gesichtspunkten in den vergangenen Jahren eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um der professionellen Kapitalmarktkommunikation eine zuverlässige, wissenschaftlich fundierte Grundlage bieten zu können.
2
Einleitung
Der Aktienkurs eines Unternehmens spiegelt die Wertschätzung des Kapitalmarktes für das Unternehmen wider. In den Aktienkurs fliessen die Wahrnehmungen, Meinungen, Empfehlungen und Entscheidungen der Kapitalmarktteilnehmer ein. Die Kapitalmarktteilnehmer beeinflussen damit direkt die Ressourcenbasis eines Unternehmens. Sie setzten so auch die Grenzen für die strategischen Spielräume der Unternehmensführung. Es kann daher nicht verwundern, dass börsennotierte Firmen und ihr Management viel Zeit und beträchtliche Mittel für die Beziehungspflege zu Analysten, Investoren und Finanzjournalisten aufwenden. Der Begriff der „Beziehungspflege“ verdeutlicht dabei den Charakter einer zeitgemässen Kapitalmarktkommunikation. Investor Relations ist längst nicht mehr nur die periodische Veröffentlichung
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Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
einiger Kennzahlen des finanziellen Rechnungswesens. Investor Relations haben heute die Aufgabe, die Beziehungen des Unternehmens zu den Anspruchsgruppen des Kapitalmarktes zu gestalten und zu pflegen. Eine solche Beziehungspflege ist natürlich nicht in der Lage, den Aktienkurs eines Unternehmens unmittelbar zu steuern. Der tatsächliche Marktwert eines Unternehmens entzieht sich der direkten Kontrolle der Unternehmensführung. Selbst über Monate oder gar Jahre hinweg kann sich der Aktienkurs einer Firma unterhalb jenes Wertes bewegen, der aufgrund finanzieller Erfolgsdaten als fair betrachtet werden würde. Auch lässt sich beobachten, dass regelmässig verschiedene Firmen, die im selben Industriesektor tätig sind und vergleichbare finanzielle Basisdaten aufweisen, gravierend unterschiedliche Bewertungen durch die Kapitalmärkte erfahren. Doch gerade hier wird die Bedeutung einer professionellen Kapitalmarktkommunikation deutlich. Wenn der Aktienkurs eines Unternehmens von den vermeintlich rationalen Ergebnissen mathematischer Bewertungsmodelle abweichen kann, dann ergibt sich für die Investor Relations ein Spielraum für einen effektiven strategischen Erfolgsbeitrag – dann kann die Kommunikationspolitik dazu beitragen, dem Unternehmen auch an den Kapitalmärkten einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten. Der Schlüssel zu diesem Erfolgsbeitrag liegt in der oben beschriebenen Beobachtung: Der Aktienkurs des Unternehmens basiert auf den Wahrnehmungen der Kapitalmarktteilnehmer. Durch die Pflege der Beziehungen zu dieser Zielgruppe kann die Kapitalmarktkommunikation also einen positiven Einfluss entfalten – vorausgesetzt, die Wahrnehmungen der Zielgruppe werden ausreichend verstanden.
3
Qualitative Faktoren in der Finanzkommunikation
Kapitalmarktteilnehmer teilen eine gemeinsame Zielsetzung: Die Bewertung von Unternehmen als potentiell werthaltigen Anlageobjekten. Insbesondere die professionellen Kapitalmarktteilnehmer, wie Analysten und institutionelle Investoren, basieren ihre Anlageentscheidungen dabei auf einigen etablierten quantitativen Modellen der Unternehmensbewertung. Eine etwas naive Sicht auf die Bewertungspraxis an den Kapitalmärkten stellt dabei den Aktienkurs als einen objektiven Wert dar, der durch gewisse Methoden zuverlässig berechnet werden kann. Die Erfahrung ebenso wie theoretische Erkenntnisse widerlegen jedoch eine solche Sichtweise. An informationseffizienten Kapitalmärkten spiegelt der Aktienkurs eines Unternehmens vielmehr die Erwartungen über die zukünftige Entwicklung seines Geschäfts wider. An den Börsen wird bekanntlich die Zukunft gehandelt. Die Zukunft – auch die eines Unternehmens – ist jedoch ungewiss. Die Bilanzen und Gewinn- und Verlust327
Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel
rechnungen eines Unternehmens eröffnen dabei lediglich eine vergangenheitsorientierte Perspektive auf die Unternehmensentwicklung. Die Bewertung eines Unternehmens beruht also in erster Linie auf Prognosen. Die Qualität einer Prognose hängt wiederum von der Qualität und Quantität der durch ein Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen ab. Je weniger Informationen über ein Unternehmen den Kapitalmärkten bereitstehen, desto unsicherer werden die Prognosen. Hier eröffnet sich also ein Spielraum für die Kapitalmarktkommunikation. Die Erfahrung an den Kapitalmärkten lehrt, dass der mittels mathematischer Modelle errechnete Wert eines Unternehmens selbst auf lange Sicht nicht mit dem realen, an den Wertpapiermärkten gehandelten Wert übereinstimmen muss. Prognosen des Unternehmenswertes und der zukünftigen Erfolge eines Unternehmens sind von zahlreichen Sachverhalten abhängig, die nicht ausschliesslich aus den Zahlen der Unternehmensbilanz ersichtlich sind. Die Herausforderung der Aktienanalyse beschreibt Malkiel (1996, S. 127) daher recht markant: „Basically, the securities analyst must be a prophet without the benefit of divine inspiration.“ Studien des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement konnten zeigen: Qualitative Unternehmensfaktoren reduzieren das Schätzrisiko einer Erfolgsprognose. Sie bieten den Kapitalmarktteilnehmern über den Informationsgehalt der Finanzbuchhaltung hinausgehende Daten zum Zustand, den Ressourcen und Potentialen eines Unternehmens. Regelmässig nehmen sie gar die Rolle eines „leading indicators“ ein – die Entwicklung der weichen Faktoren nimmt also jene der finanzwirtschaftlichen Kennzahlen vorweg. Qualitative Faktoren spielen damit eine massgebliche Rolle in der Unternehmenswahrnehmung am Kapitalmarkt. Dabei fliessen qualitative Faktoren in der Regel unsystematisch, basierend auf der persönlichen Einschätzung des bewertenden Kapitalmarktteilnehmers in die Kalkulationen des Unternehmenswerts ein. Es kann kein Zweifel bestehen, dass die subjektive Wahrnehmung des Unternehmens durch die Kapitalmarktteilnehmer seine Bewertung über eine rein mathematische Verarbeitung unternehmerischer Finanzkennzahlen hinaus beeinflusst. Ein erfolgreich kommunizierendes Unternehmen muss nun jene zentralen qualitativen Faktoren kennen, welche die Wahrnehmung eines Unternehmens durch seine Zielgruppen am Kapitalmarkt beeinflussen. Diese müssen in der Kapitalmarktkommunikation eine entsprechende Stellung einnehmen. Auch die akademische Diskussion zu Konzepten wie dem „Value Based Management“ „Intangible Assets“ oder „Intellectural Capital“ zeigt, dass die Berücksichtigung nichtfinanzieller Faktoren die Voraussetzung einer adäquaten Prognose der Unternehmensentwicklung darstellt. Jahresabschlüsse sind demnach immer weniger in der Lage, den wahren Wert von Unternehmen abzubilden (Lev, 2001). Die unzureichende Aussagekraft von Finanzdaten kann dabei auch auf makroökonomische Entwicklungen, etwa die zunehmende Bedeutung des Faktors „Wissen“ in modernen Volkswirtschaften zurückgeführt werden (vgl. Kiernan, 2005). Es kann somit in einem ersten Schritt festgehalten werden: Die Berücksichtigung qualitativer Faktoren in der Aktienbewertung führt zu einem adäquateren Unterneh-
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Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
mensbild und erhöht die Prognosequalität der Kapitalmarktteilnehmer. Angesichts der Ungewissheit der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens erleichtert sie die Herausforderung der Unternehmensbewertung und reduziert das Schätzrisiko. Eine umfassende Berücksichtigung solcher weichen Faktoren setzt jedoch voraus, dass diese Informationen für Kapitalmarktteilnehmer tatsächlich verfügbar sind. Relevante qualitative Informationen sind jedoch oft nur sehr schwer zu beschaffen und finden etwa in der Unternehmensberichterstattung unzureichende Berücksichtigung. Verschiedene Institutionen wie etwa das „American Institute of Certified Public Accountants“ oder die sechs weltweit grössten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (unter anderem Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers, KPMG und Deloitte) mahnen daher eine zunehmende Berücksichtigung nichtfinanzieller Faktoren in der Unternehmenskommunikation, insbesondere der Kapitalmarktkommunikation an: „Without adequate information, users of business reporting cannot judge properly the opportunities and risks of investment opportunities” (AICPA 1994, Chapter 1). Durch die Berücksichtigung relevanter qualitativer Faktoren kommt die Kapitalmarktkommunikation den Informationsbedürfnissen ihrer Zielgruppen nach – sie verbessert so die Beziehung des Unternehmens zu den Kapitalmarktteilnehmern.
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Reputationsaufbau am Kapitalmarkt
Qualitative Unternehmensfaktoren dienen an den Kapitalmärkten nicht alleine der Erhöhung der Informationstransparenz – sie entfalten auch auf einem zweiten, eher indirekten Wege Wirkungen auf die Unternehmenswahrnehmung, indem sie zum Reputationsaufbau beitragen. Es besteht wenig Zweifel, dass kollektive psychologische und emotionale Urteile eine bedeutsame Wirkung auf Kapitalmärkte und damit auch auf die Bewertung von Unternehmen entfalten. Die Unternehmensreputation ist ein mögliches Konzept für die Beschreibung von solchen kollektiven Urteilen. Reputation kann etwa als die Summe der Images eines Unternehmens in den Köpfen seiner Stakeholder definiert werden. Studien belegen, dass eine vorteilhafte Reputation ein Unternehmen dabei unterstützen, ein so genanntes „investment of choice“ zu werden, also die Fähigkeit eines Unternehmens verbessert, Kapital zu günstigen Konditionen aufzunehmen (Fombrun, 2002; Larkin, 2003). Eine gute Reputation signalisiert dem Finanzmarkt, dass der Unternehmenswert in Zukunft zumindest erhalten, wenn nicht gesteigert wird. Im Kontrast dazu resultiert eine schlechte Reputation in der Regel aus der wiederholten Mitteilung enttäuschender und überraschender Geschäftsergebnissen, mangelhafter Strategieumsetzung oder schlechter Governance. Die Etablierung einer negativen Unternehmensreputation zieht, wie gerade auch Beispiele der jüngsten Vergangenheit zeigen, regelmässig eine erhöhte Intervention der Anteilseigner in
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Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel
die Geschäftsbelange und Strategie eines Unternehmens nach sich (Shareholder Activism). Eine positive Unternehmensreputation schafft hingegen Vertrauen und Respekt gegenüber einem Unternehmen und seiner Geschäftsleitung. Vertrauen in ein Unternehmen impliziert dabei auch Vertrauen in dessen Kommunikationsbotschaften und Unternehmensergebnisse (Guidance). Angesichts der Ungewissheit zukünftiger Unternehmensentwicklungen und der Existenz unvermeidlicher Informationsasymmetrien tendieren Kapitalmarktteilnehmer dazu, ihr Informationsverhalten der Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens anzupassen. Die begrenzten Zeitbudgets gerade professioneller Kapitalmarktteilnehmer begrenzen auch den Umfang einer möglichen Informationssuche. Die Finanzgemeinde ist daher eher bereit, den Ankündigungen solch eines Unternehmens Glauben zu schenken, welches sich eine positive Reputation erarbeitet hat – Investoren und Analysten verlassen sich eher auf die Guidance eines solchen Unternehmens. Vertrauen und Respekt gegenüber einem Unternehmen führt jedoch zum Zweiten auch dazu, dass Kapitalmarktteilnehmer sich loyaler zu dem Unternehmen verhalten und auch etwa in Krisenzeiten dazu tendieren, in einem Unternehmen investiert zu bleiben. Offensichtlich setzt sich eine Reputation auf Kapitalmärkten sowohl aus finanziellen als auch nicht-finanziellen Faktoren zusammen. Die Qualität des Managements, die Kommunikationspolitik, die Unternehmensstrategie und die Produkte eines Unternehmens tragen etwa alle zur Finanzmarktreputation eines Unternehmens bei. Ein zentraler Bestandteil des Reputationsmanagements an Kapitalmärkten ist die Kommunikationsarbeit eines Unternehmens. Indem Unternehmen und ihre Kommunikationsfunktionen Kapitalmarktteilnehmern Informationen zu ihrer vergangenen und geplanten zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung sowie ihrem derzeitigen Zustand, ihren Ressourcen und Potentialen zur Verfügung stellen, beteiligen sie sich an den Informations- und Interpretationsprozessen der Kapitalmarktteilnehmer. Unternehmenskommunikation liefert elementare Informationen als „Input“ für die auf das Unternehmen bezogenen „Sense-making“-Bemühungen der Investoren, Analysten, Journalisten und weiteren Kapitalmarktteilnehmer (vgl. Kuperman 2003; Weick, 1995). Sie spielt damit eine entscheidende Rolle bei der Meinungsbildung über Unternehmen auf den Kapitalmärkten. Die Kommunikation von relevanten qualitativen Unternehmensaspekten beeinflusst die Wahrnehmung eines Unternehmens an Kapitalmärkten somit zusammenfassend einerseits durch eine Erhöhung der Transparenz und eine Reduktion von Informationsasymmetrien sowie andererseits durch eine Vertiefung des Vertrauens der Anleger in ein Unternehmen. Die Qualität der Kapitalmarktkommunikation stellt gar selbst einen qualitativen Faktor dar, welcher in die Entwicklung einer Kapitalmarktkommunikation einfliesst. Die hohe Bedeutung der Unternehmenskommunikation in den Kapitalmarktbeziehungen des Unternehmens ist eine der zentralen Erkenntnisse der in den letzten Jahren am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement durchgeführten For-
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Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
schungsprojekte. Eine transparente und umfassende Offenlegung des Geschäftsverlaufs ist dabei nur ein Element der Kommunikationsqualität. Der Kapitalmarkt erwartet ebenso kompetente wie erfahrene Mitarbeiter in den Investor Relations Abteilungen. Auch das Management spielt eine zentrale Rolle in der Aussendarstellung und Vermittlung des Unternehmens. Es trägt zu der Schaffung einer hohen Transparenz und Informationsdichte bei. Bei der Beurteilung der Fähigkeiten und der Zuverlässigkeit eines Managements legt der Kapitalmarkt grossen Wert auf den direkten Zugang und persönlichen Eindruck von den handelnden Personen. Eine angesehene Investor Relations-Abteilung kann hier jedoch den Vorstand massgeblich von Präsentationsaufgaben entlasten. Auch das vieldiskutierte Element der Corporate Governance verdeutlicht das Zusammenspiel von Information und Vertrauen am Kapitalmarkt. Die Finanzgemeinde erwartet eine hohe Transparenz in der Darstellung interner Abläufe, ist jedoch bei einem positiven Erfolgsausweis auch bereit, sich auf die Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens und seiner Leitung zu verlassen.
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Nachhaltigkeit als Element der Kapitalmarktkommunikation
Bei den Untersuchungen zur Bedeutung qualitativer Faktoren in der Kapitalmarktkommunikation am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement konnte festgestellt werden, dass professionelle Kapitalmarktteilnehmer ein Interesse an den Unternehmensbeziehungen auch zu anderen Anspruchsgruppen aufweisen. Analysten und Investoren erkennen zunehmend, dass die Beziehungen des Unternehmens zu seinen Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Wettbewerbern sowie den staatlichen Institutionen unmittelbar dessen geschäftliche Erfolgsaussichten beeinflussen. Eben diese Stakeholder-Beziehungen werden in der Theorie wie der Praxis jedoch unter dem Schlagwort der „Nachhaltigkeit“ diskutiert. Es kann daher nicht verwundern, dass in den letzten Jahren die Erhältlichkeit öffentlich zugänglicher Informationen zu der Nachhaltigkeits-Politik eines Unternehmens enorm an Bedeutung gewonnen hat. Der Bewusstseinswandel in der Gesellschaft, welcher ein zunehmendes kritisches Bewusstsein der sozialen und ökologischen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit mit sich brachte, tat ein Übriges zur Herausbildung einer professionellen Nachhaltigkeitskommunikation in Unternehmen. Die Weltwirtschaft und mit ihr auch die Unternehmen stehen zunehmend vor komplexen Herausforderungen, wie steigenden Energiepreisen, Ressourcenknappheit, sozialen Asymmetrien und dynamischen kritischen Gegenöffentlichkeiten. Gerade in Hinblick auf den Kapitalmarkt fällt vielen Unternehmen jedoch die Vermittlung von Corporate Social ResponsibilityAktivitäten schwer. In den Beziehungen des Unternehmens zu den Investoren, Analysten und Finanzmedien steht zweifellos der strategische, und insbesondere finanzielle 331
Christian Fieseler, Christian Hoffmann & Miriam Meckel
Erfolg des Unternehmens im Vordergrund. Wird das Thema der Nachhaltigkeit daher alleine als ein Kostenfaktor positioniert, muss es zu Spannungen zwischen den Ansprüchen der Kapitalmarktteilnehmer und jenen anderer Stakeholder kommen. Dieser scheinbare Widerspruch ist jedoch lösbar. Erneut ist es hier die Aufgabe der Investor Relations, ein Verständnis für die Perspektive seiner Zielgruppe, der Kapitalmarktteilnehmer, zu gewinnen. Erst auf Basis eines solchen Verständnisses kann die Vermittlung eines angemessenen Corporate Social Responsibility-Engagements gelingen. Es scheint dabei nicht zielführend, den Blick auf das – ohne Zweifel an Bedeutung gewinnende – Segment der sozial und ökologisch nachhaltigen Anlageprodukte zu verengen. Der Stellenwert, also auch das Anlagevolumen, ethisch verantwortungsvoller Investments ist trotz des jüngsten Wachstums im Verhältnis zum Umfang des gesamten Kapitalmarktes noch zu gering, als dass sich eine fokussierte Kommunikation alleine für diese Anspruchsgruppe lohnen würde. Vielmehr muss die Bereitstellung von Informationen zur Nachhaltigkeit der Unternehmensaktivitäten an der breiten Zielgruppe der klassischen Kapitalmarktteilnehmer orientieren. Wie Studien des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement feststellen konnten, spielt auch in diesem Segment das unternehmerische gesellschaftliche Engagement durchaus eine Rolle für die Einschätzung des Unternehmens, seiner Potentiale und seines Werts. Insbesondere der Aspekt einer langfristigen, nachhaltigen und die Chancen und Risiken sozialer oder ökologischer Entwicklungen berücksichtigende Strategieformulierung wird von den Analysten, Investoren und Finanzmedien in Augenschein genommen. Jedes Engagement eines Unternehmens steht dabei unter dem Vorbehalt einer „Good Governance“, das heisst einer Verbindung von sozialem und ökologischem Engagement auf der einen Seite mit einem langfristigen Mehrwert im Sinne der Unternehmenseigentümer auf der anderen Seite. Im Rahmen der kommunikativen Vermittlung der sozialen und ökologischen Aktivitäten eines Unternehmens gegenüber dem Kapitalmarkt muss daher sehr viel pointierter als in der bisherigen, weitgehend zielgruppenindifferenten Nachhaltigkeits-Kommunikation ein Zusammenhang zu den Interessen der Aktionäre hergestellt werden. Unternehmen, die sich in gesellschaftlichen oder ökologischen Belangen engagieren, müssen also auch in der Lage sein, ihren Aktionären darzulegen, wie ein solches Engagement ihren Interessen dient. Die Vermittlung unternehmerischer Nachhaltigkeit ist somit zweifellos eine bedeutende Aufgabe der Kapitalmarktkommunikation. Soll sie jedoch einen strategischen Erfolgsbeitrag leisten, muss sie sich als Element der Beziehungspflege zum Kapitalmarkt an den Perspektiven der Zielgruppen orientieren.
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Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
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Aktive Investoren als Kommunikationszielgruppe
Die Kenntnis der Wünsche und Ansprüche – insbesondere professioneller – Kapitalmarktteilnehmer hat in der jüngsten Vergangenheit zweifellos an Bedeutung gewonnen. Hintergrund dieser Feststellung ist die zunehmende Professionalisierung wie auch Mobilisierung der Kapitalmarktteilnehmer – ein Phänomen, dass auch unter dem Schlagwort „Shareholder Ativism“ diskutiert wird. Aktive Investoren (Shareholder Activists) – seien es Private Equity und Hedge Funds oder ethisch motivierte Investoren – konfrontieren die Geschäftsführungen von Unternehmen immer häufiger und nachdrücklicher mit ihren Wünschen und Plänen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die Ankündigung einer Übernahme durch aktive Investoren ihren Weg in die Presse findet und eine Unternehmensleitung entsprechend ihre Strategie vor der Öffentlichkeit und ihren Investoren verteidigen muss. Neben dem Management und der Belegschaft solcher Unternehmen sind regelmässig auch Kunden, Lieferanten und die öffentlichen Institutionen durch die Aktivitäten der populistisch zuweilen als „Heuschrecken“ bezeichneten Investoren betroffen. Tatsächlich hinterlassen aktive Investoren inzwischen einen spürbaren Eindruck in der internationalen Wirtschaftslandschaft und stellen neue Anforderungen an das Management und sein Handeln, insbesondere aber auch seine (Kapitalmarkt-) Kommunikation. In der öffentlichen Diskussion prallen dabei regelmässig sehr unterschiedliche Sichtweisen der Tätigkeiten aktiver Investoren aufeinander. Einerseits sind die Proteste gegen die Begleiterscheinungen vieler Transaktionen, wie etwa Entlassungen und Restrukturierungen, kurzfristiges Renditedenken und überhöhte Kreditbelastungen oft beherrschender Inhalt der Medienberichterstattung. Auf der anderen Seite loben Experten die ökonomischen Effizienzgewinne durch entschiedene Restrukturierungen, feiern gelungene Beispiele der Unternehmenssanierung und verteidigen die Freiheit und Mobilität des Kapitals. Politiker ebenso wie die Manager betroffener Unternehmen schwanken regelmässig zwischen Unterstützung und entschiedener, ja bisweilen populistischer Ablehnung der aktiven Investoren. Angesichts so unterschiedlicher Perspektiven und einer hohen Emotionalität der Debatte rückt das Aufgabenfeld des Kommunikationsmanagements verstärkt in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Forschungsarbeit des =mcminstitute hat hier in den letzten Jahren versucht, die Wahrnehmungslücken und unterschiedlichen Verständigungsebenen der Beteiligten gezielt zu überbrücken, um eine sachliche Auseinandersetzung und den strategischen Umgang mit abweichenden Ansprüchen zu ermöglichen. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Differenzen zwischen den Beteiligten meist nicht unüberbrückbar sind. Die Kapitalmarktkommunikation hat hier insbesondere die Aufgabe, die Wünsche und Perspektiven der Marktteilnehmer in das Unternehmen und an seine Führung zu vermitteln. Erst wenn ein gewisses Mass an Unzufrie-
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denheit überschritten wurde, werden Investoren in der Regel aktiv. Prävention ist hier also ein bedeutendes Element professioneller Investor Relations. Werden die Ansichten der Kapitalmarktteilnehmer hingegen systematisch in die strategischen Entscheidungen des Unternehmens eingebunden, so kann sich durchaus eine Synergie ergeben. Kapitalmarktteilnehmer bieten der Unternehmensführung ein kompetentes Feedback und hilfreiche Perspektiven, während der dialogische Umgang das Vertrauen und auch die Treue auf Seiten der Kapitalmarktteilnehmer stärkt. Professionelle Kapitalmarktkommunikation kann also auch dazu beitragen, das Unternehmen „wetterfest“ und krisenresistenter zu positionieren.
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Die Rolle des Kapitalmarktjournalismus
Eine bedeutende Zielgruppe der Kapitalmarktkommunikation sollte bei all dem nicht vergessen werden: die Wirtschafts- und Finanzjournalisten. Das Beispiel der aktiven Investoren verdeutlicht, wie diese Anspruchsgruppe dazu beiträgt, Stimmungen am Kapitalmarkt zu erzeugen, zu lenken – und natürlich vor allem auch relevante Informationen zu vermitteln. Im Verhältnis des Unternehmens zu seinen Investoren stellen Journalisten eine elementare „Zwischenzielgruppe“ dar, sie nehmen also in den Kommunikationsbeziehungen eine vermittelnde Position ein. Das =mcminstitute hat dabei in den vergangenen Jahren insbesondere untersucht, wie Journalisten dabei mit anderen Intermediären, also vor allem Analysten, interagieren. Der Kapitalmarktjournalismus weist dabei durchaus gewisse Gemeinsamkeiten mit den Arbeitsbedingungen und Perspektiven der Analysten auf. Beide Gruppen befassen sich mit der professionellen Beobachtung und Analyse von Unternehmen und der Vermittlung der eigenen Erkenntnisse an weitere Zielgruppen, insbesondere auch Investoren. Es kann daher nicht verwundern, dass die Perspektiven dieser Berufsgruppen zahlreiche Überschneidungen aufweisen. Zugleich ergibt sich zwischen ihnen jedoch auch eine klare Arbeitsteilung – beide Gruppen bilden so etwas wie Kernkompetenzen aus. Hier schliesst sich wiederum auch der Kreis zur Thematik der qualitativen Unternehmensfaktoren. Es konnte nämlich festgestellt werden, dass insbesondere Journalisten ihre Analysen relativ stark auf diese Faktoren konzentrieren. Die Logik des Medienmarktes verlangt von Journalisten die Erstellung verkäuflicher Berichte, diese müssen also das Interesse der potentiellen Medienkonsumenten wecken. Meist sind es dabei weiche Faktoren, die einen Nachrichtenwert beinhalten – Journalisten konzentrieren sich daher regelmässig auch das Personal eines Unternehmens, seine Führung, die internen Unternehmensbeziehungen sowie die Beziehung zu relevanten externen Stakeholdern. Auch das Thema der sozialen und ökologischen Verantwortung gewinnt hier zunehmend an Bedeutung. Den höchsten Nachrichtenwert bieten dabei erfahrungsgemäss Fehlentwicklungen, Skandale und Krisen. Dieser 334
Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
Umstand ist, es der Journalisten als Anspruchsgruppe aus Unternehmensperspektive oft unangenehm erscheinen lässt. Eine professionelle Beziehungspflege beruht jedoch auch hier auf der Kenntnis der jeweiligen Perspektiven und hat das Potential, Vertrauen und Reputation aufzubauen. Die Kommunikation mit Wirtschafts- und Finanzjournalisten ist vor allem auch deshalb eine bedeutende Aufgabe der Investor Relations, weil diese sich mit weiteren Zielgruppen des Kapitalmarkts, also insbesondere Analysten und professionellen Investoren, austauschen. Es findet also eine Informationsdiffusion unter den Zielgruppen statt. Insbesondere unter Agenda-Setting-Gesichtspunkten ist dabei die Rolle der Kapitalmarktjournalisten nicht zu unterschätzen.
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Zusammenfassung
Wir konnten sehen, dass die Teilnehmer des Kapitalmarktes zu den bedeutendsten Zielgruppen eines Unternehmens gehören. Von entsprechend hoher Bedeutung ist auch die Kommunikation mit ihnen. Kapitalmarktkommunikation hat die professionelle und gezielte Gestaltung und Pflege der Unternehmensbeziehungen zum Kapitalmarkt zur Aufgabe. Eine solche kann jedoch nur gelingen – und damit einen strategischen Erfolgsbeitrag leisten – wenn die Perspektiven der Zielgruppen Berücksichtigung finden. Ein Verständnis der Wahrnehmungsprozesse der Kapitalmarktteilnehmer, ihrer Bemühungen, Wissen über Unternehmen zu sammeln, muss daher die Grundlage unternehmerischer Kommunikationsarbeit sein. Angesichts der Komplexität des heutigen Kapitalmarktgeschehens, auch der internen Differenzierung der Kapitalmarktzielgruppen und ihrer Interessen, stellt dies keine unbedeutende Herausforderung dar. Das Umfeld der Investor Relations-Arbeit hat sich in Europa in den vergangenen Jahren enorm verändert – es wurde spürbar komplexer, dynamischer und vor allem auch professioneller. Aus einer betriebswirtschaftlichen Forschungsperspektive ergibt sich damit eine schier unübersehbare Vielzahl faszinierender und lohnenswerter Untersuchungsgegenstände. Wir sind davon überzeugt, dass die Forschungsarbeit des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement hier einige zentrale Entwicklungen aufgreifen und ihr Verständnis vertiefen konnte. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Unternehmenskommunikation direkt und indirekt die Bewertung eines Unternehmens am Kapitalmarkt beeinflusst – und damit seine Ressourcenbasis und strategischen Handlungsoptionen. Kapitalmarktkommunikation kann damit einen strategischen Erfolgsbeitrag zur Unternehmensentwicklung leisten. Es konnten auch Fortschritte erzielt werden bei einer systematischen Erkundung der Perspektiven zentraler Anspruchsgruppen am Kapitalmarkt. Insbesondere wurden Kommunikationsinhalte differenziert, welche in der Interaktion mit diesen Gruppen tatsächlich eine Wirkung entfalten. Eine Berücksichtigung qualitativer Faktoren kommt hier etwa 335
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zweifellos den Informationsbedürfnissen der Kapitalmarktteilnehmern entgegen, und erhöht damit die Qualität der Investor Relations. Finanzielle wie nichtfinanzielle Faktoren tragen zu der Entwicklung einer Unternehmensreputation am Kapitalmarkt bei. Auch die Thematik der Nachhaltigkeit muss sich dabei in den Kapitalmarktbeziehungen eines Unternehmens niederschlagen. Nicht zuletzt setzt die Kenntnis der Ansprüche und Perspektiven der Kommunikationszielgruppen auch eine Differenzierung derselben voraus. Kapitalmarktjournalisten stellen hier einen ebenso lohnenswerten Interaktionspartner der Investor Relations dar wie aktive Investoren. Wir sind der Überzeugung, dass die hier vorgestellten Themenfelder Eingang in die Investor Relations-Bemühungen der Unternehmen finden sollten, damit die Informationsbedürfnisse der Kapitalmarktteilnehmer tatsächlich befriedigt werden können und damit die Kapitalmarktkommunikation weiter professionalisiert auf den Erfolgs des Gesamtunternehmens ausgerichtet werden kann. Das Management eines Unternehmens ist also keineswegs hilflos den Launen des Kapitalmarktes ausgesetzt. Wie ein Unternehmen und seine Aktien bewertet werden, lässt sich in aller Regel rational erklären und auf Eigenschaften oder Handlungen des Unternehmens zurückführen. Der wesentliche Teil der Beziehungsarbeit muss dabei in der Kommunikationsabteilung stattfinden. Sie muss durch solide Arbeit und gute Drähte zum Management die Köpfe und Herzen der Kapitalmarktteilnehmer gewinnen. Und nicht nur die: Wenn sich gute Kommunikationsarbeit auf die Kapitalmarktwahrnehmung auswirkt, dann wirkt sie eben auch auf die Entwicklung der Aktienkurse. Und damit gewinnt man als Kommunikationsprofi auch die Köpfe und Herzen des Managements.
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Herausforderungen der Kapitalmarktkommunikation in einem dynamischen Umfeld
Literaturverzeichnis American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) (1994). Improving Business Reporting – A Customer Focus: A Comprehensive Report of the Special Committee on Financial Reporting. New York. Fombrun, C. J. (2002). Corporate reputations as economic assets. In M. Hitt et al. (Eds.), Handbook of strategic management. New York: Blackwell. Kiernan, M. (2005). Corporate Social Responsibility – the investor's perspective. In: J. Hancock, Investing in Corporate Social Responsibility. London: Kogan Page. Kuperman, J. C. (2003). Using cognitive schema theory in the development of public relations strategy: Exploring the case of firms and financial analysts following acquisition announcements. Journal of Public Relations Research, 15. Labhart, P. A. (1999). Value Reporting – Informationsbedürfnisse des Kapitalmarktes und Wertsteigerung durch Reporting. Zürich: Versus. Larkin, J. (2003). Strategic reputation risk management. New York: Palgrave MacMillan. Lev, B. (2001). Intangibles: Management, measurement and reporting. Washington, D.C.: Brookings Institution. Malkiel, B. G. (1996). A Random Walk Down Wallstreet (6. Auflage). New York. Weick, K. E. (1995). Sensemaking in organizations. Thousand Oaks, CA: Sage. Zuckerman, E. W. (1999). The categorical imperative: Securities analysts and the illegitimacy discount. The American Journal of Sociology, 104, 1398-1438.
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Beat F. Schmid & Miriam Meckel (2006)
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft Forschungsbericht, MCM Institute, Universität St. Gallen, 2006
Beat F. Schmid & Miriam Meckel
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Zusammenfassung
Der folgende Beitrag ist der Positionierung des Managements der Kommunikation gewidmet, mit Fokus auf Unternehmen. Wir zeigen, dass Kommunikation nicht nur als Funktionsbereich des Unternehmens professionell gemanagt, sondern als integraler Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses eines Unternehmens aufgefasst werden muss. Das Unternehmen und seine Produkte haben nämlich, wie alle kulturellen Leistungen, eine symbolische Seite, die ihre Wertschätzung und damit auch ihren ökonomischen Wert mitbestimmt. Dieses „soziale Kapital“ des Unternehmens wird kommunikativ erzeugt. In einer globalisierten und medialisierten Gesellschaft verschieben sich die Gewichte von der physischen Seite der Güter, die als Output automatisierter Prozesse immer billiger werden, zur symbolischen: Nach den physischen Gütern werden in unserer Gesellschaft nun zunehmend auch symbolische zu in industrialisierten Prozessen erzeugten Produkten. Wir nennen sie deshalb Symbolgesellschaft1 und werden diese Wortwahl begründen, indem wir den Prozess der symbolbasierten Wertschöpfung am Symbolbegriff festmachen. Auf diesem Hintergrund wird dann die Aufgabe des Kommunikationsmanagements umrissen – für Unternehmen, aber analog übertragbar auf andere Organisationsformen.
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Einleitung
Seit einigen Jahren erkennen auch Unternehmensmanager, wie wichtig Kommunikation für die Positionierung des Unternehmens, für den Unternehmenserfolg, für eine konstante und vertrauensgeleitete Beziehung zu Kunden und anderen Stakeholdern ist. Allerdings war Kommunikation als Managementfunktion lange nicht gleichgewichtiger Bestandteil von BWL-Curricula, wie etwa das Finanz- oder Leistungsmanagement. Dies ändert sich derzeit: Kommunikationsmanagement wird zu einem integralen Bestandteil des Managements von Organisationen, zu einer seiner Kernaufgaben. Und das Kommunikationsmanagement wächst in die Kerncurricula der Kommunikationswissenschaft ebenso wie der Betriebswirtschaftslehre hinein. Was ist der Grund dafür, dass der bisherige primäre Fokus der BWL auf der Systemgestaltung (auch im „klassischen“ Verständnis der Organisationskommunikation) nun
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Dank gebührt Boris Lyczek für seine Gedanken zu „Europas Weg in die Symbolgesellschaft“, die diesen Aufsatz in seiner Entstehung mit inspiriert haben.
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
durch eine zunehmende Professionalisierung bei den kommunikativen und sinnstiftenden Leistungen eingeholt wird? Das Umfeld der Organisation hat sich verändert. In der Mediengesellschaft erfahren wir das Unternehmen und seine Produkte nicht primär physisch, sondern „nur“ medienvermittelt, symbolisch, als Bilder, Texte, Zeichen. Natürlich kauft der Kunde weiterhin einen Gegenstand, der einem speziellen Gebrauch dient. Er kauft mit diesem Gegenstand aber auch die Chance auf Erfüllung seiner medial erzeugten Erwartung (Realisation eines Produktversprechens), die Chance auf ein Lebensgefühl, das Instrument einer Selbstinszenierung. Diese sozialen Anteile der erworbenen Produkte und Haltungen, die uns in Relation zur Gemeinschaft definieren, sind in einer Gesellschaft, die dem Individuum immer weniger tradierte Identitätsmerkmale verleiht, von wachsender Bedeutung. Natürlich kann der Kunde ein Unternehmen direkt erfahren, aber das ist ein zunehmend seltener Fall. In der Regel zählt nicht primär das, was in direkter Erfahrung über eine Organisation gelernt werden kann, sondern das, was der Partner des Unternehmens über es aus den Medien erfährt. Das so entstehende Bild lenkt sein Handeln in seinen Interaktionen mit dem Unternehmen und seinen Produkten, aber auch Handlungen, die das Unternehmen indirekt betreffen, wie z. B. die Entscheidung für oder gegen eine politische Partei (mit entsprechendem wirtschaftspolitischem Programm) bei Wahlen. Die kommunikativ vermittelten, individuellen und sozial konstruierten Bilder sind deshalb für Organisationen als Ressource zu begreifen, als wichtige Mittel, die zur Zielerreichung benötig werden. Ressourcen, die einkommensrelevant sind, haben in ökonomischem Verständnis den Charakter von Kapital.2 Die Bilder, die ein Unternehmen von sich selbst in der Öffentlichkeit und bei einzelnen Stakeholdern „erschafft“, an dessen Konstruktionsprozessen auf Seiten der Unternehmenspartner es mitwirkt, bezeichnen wir deshalb als Bestandteil des sozialen Kapitals3 eines Unternehmens, das zur unternehmerischen Wertschöpfung nicht nur beiträgt, sondern diese erst ermöglicht. Die Bilder der Menschen von Organisationen und ihren Leistungen entstehen zwar in weiten Bereichen selbstorganisiert. Sie sind aber auch und zunehmend das Ergebnis von Prozessen, die von Menschen geplant und gemacht sind. Diese in produktiver Weise zu beeinflussen ist Ziel des Kommunikationsmanagements einer Organisation. Das bedeutet Management der Kommunikation in all ihren Stufen: zuerst ihrer Inhal2
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Der Kapitalbegriff wurde in der Vergangenheit stark erweitert und oft unscharf verwendet. Zu nennen sind insbesondere Bourdieu (1980) und Coleman (1990). Man spricht z.B. von Humankapital, intellektuellem Kapital etc. Wir verwenden hier den Begriff des Kapitals als einkommensrelevanter Ressource. Der Begriff soziales Kapital wird in der Literatur unscharf oder uneinheitlich definiert. Wir verwenden ihn hier in einer später genauer definierten Ausprägung, als symbolisches Kapital.
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te, dann der Prozesse ihrer Vermittlung. Unter das Management der Symbolproduktion fallen die Kreation von Marken, Slogans, Texten, aber auch von Leitfiguren und des Designs von Dingen mit symbolischer Funktion. Ihre Qualitäten und Präsentationsformen in der Kommunikation als Vermittlung dieser Symbole beeinflussen die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der Botschaften und die bei den Zielgruppen entstehenden Bilder (Images) der Organisation. Das Ergebnis dieser Konstruktionsprozesse beeinflusst dann das Handeln dieser Zielgruppen, das eigentliche Ziel des Managements der Kommunikation. Die Produktion der Symbole des Unternehmens ist nicht alleinige Domäne der Designer, Texter, Künstler und Medienfachleute. Sie ist als Glied in seiner wertschöpfenden Tätigkeit zu begreifen und muss somit in das Management des Wertschöpfngsprozesses eingebunden werden – und zwar über das schon heute in den Managementprozess eingebundene Marketing hinausgehend. Wertschöpfung findet somit in zwei Welten statt – in der Welt der Systeme (in Büros und Fabrikhallen) und in den Köpfen der Anspruchsgruppen des Unternehmens. Die erste Welt ist Domäne der Fachspezialisten und Organisatoren, die zweite die der Kommunikations- und Medienmanager. Eine Besonderheit der Symbolgesellschaft nämlich liegt darin, dass „in grossem Stil Berührbares gekauft und für Unberührbares bezahlt wird“ (Mohr 2005). Im politischen System, das Entscheide auf den politischen Ebenen und in den damit verbundenen institutionellen Strukturen hervorbringt, wie Verkehrswesen, Umweltmanagement, Schulwesen etc., ist die Bedeutung der Kommunikation schon tiefer in das politische Management integriert. Lösungsentwürfe sind im politischen Diskurs durchzusetzen, d.h. kommunikativ so zu vermitteln, dass Akzeptanz resultiert. Deshalb sind Politiker selbst zunehmend Medienfiguren, symbolische Persönlichkeiten geworden, deren Imagewert und Bedeutungsaufladung gemanagt werden muss (Meckel 2003). Das Pendant zur Kommunikation im Politiksystem (und durchaus auch Teil davon) sind im Wirtschaftssystem die Public Relations (PR). Sie sind aber meist nicht so gut in das Unternehmensmanagement eingebaut wie das Marketing, die in der Managementlehre und -praxis am besten integrierte kommunikative Disziplin. Die Wirtschaft wirkt in verschiedenen Märkten – Produktmärkten, Absatz- und Beschaffungsmärkten, Finanzmärkten, Human Ressource-Märkten, Informationsmärkten etc. Das primäre Feld der Bewährung für das Unternehmen sind aber die Absatzmärkte. Deshalb ist das Marketing auch schon einige Jahrzehnte professionell etabliert. Die Wichtigkeit der Human Ressources ist seit langem erkannt und hat zu einem professionellen Management dieser Ressource geführt – auch der kommunikativen Handlungen. Die Organisationskommunikation reflektiert das. Die Märkte werden ergänzt durch die verschiedenen Öffentlichkeiten, die politische Arena, die Foren der NGOs und weitere nicht marktmässig verfasste Institutionen. Diese muss die Unternehmenskommunikation alle gemäss ihrer Relevanz, die sie für das Unternehmen haben, bedienen, denn
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
ohne das Mitwirken der Anspruchsgruppen sind die Unternehmensziele nicht nachhaltig erreichbar. Die Integration der an diese Zielgruppen gerichteten Botschaften in ein ganzheitliches Kommunikationsmanagement ist in der Unternehmenspraxis und in der Lehre heute als Baustelle zu betrachten. Vieles steht, anderes ist in einer sich entwickelnden, unfertigen, aber erkennbaren Gestalt verfügbar. Zum Gesamtbild eines integralen Kommunikationsmanagements gibt es zwar eine Reihe von Entwürfen. Sie reichen aber unterschiedlich weit und sind untereinander unverträglich, nicht zuletzt deshalb, weil oft der Anspruch einer Teildisziplin auf Vor- oder Alleinherrschaft besteht.4 Hier soll ein Zugang zu den Aufgaben des Kommunikationsmanagements entwickelt werden, das seinen Ausgang in den veränderten Rahmenbedingungen für Unternehmen findet, die auf gesellschaftliche und technologische Entwicklungen zurückzuführen sind. Es scheint dabei eine Gesellschaftsform auf, die wir als Medien- oder Informationsgesellschaft, oft auch als Wissensgesellschaft bezeichnen. In dieser Gesellschaftsform ist die Produktion und Vermittlung von Symbolen wesentlicher Teil des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Produktionsprozesses und trägt zunehmend zur Wertschöpfung des Unternehmens bei. Weniger auf die Mittel (Medien, Information) und mehr auf die Effekte blickend, bezeichnen wir die neue Gesellschaftsform deshalb als Symbolgesellschaft und werden diese Wortwahl begründen. In der Einleitung haben wir einige Veränderung in den Rahmenbedingungen für Unternehmen genannt, die dazu führen, dass die Kommunikation einen zentralen Platz in der unternehmerischen Wertschöpfung erhält. Die folgenden Ausführungen gliedern sich in zwei Teile. Zuerst arbeiten wir den Begriff der Symbolgesellschaft heraus als einer Gesellschaft, in der eine industrialisierte Symbolproduktion und -dissmination stattfindet. Basierend auf Erkenntnissen der Zeichentheorie und Soziologie zu Wesen und Bedeutung von Symbolen folgt eine Analyse der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Symbolproduktion und -vermittlung. Diese Gesellschaft wird dann mit ihren Hauptcharakteristika und ihren Prozessen der Symbolproduktion als Symbolgesellschaft näher beleuchtet. Sie soll den Hintergrund für die Positionierung und die Aufgabe des Kommunikationsmanagements abgeben.
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Zu nennen sind hier die von der PR bzw. vom Marketing her gedachten Integrationsansätze, aber teilweise auch die der Organisationskommunikation.
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Beat F. Schmid & Miriam Meckel
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Die Symbolgesellschaft
Der Begriff der Symbolgesellschaft bezeichnet zunächst in vager Weise geographisch die Region und zeitlich die Periode, in der symbolische Wertschöpfung als wichtig erkannt und als Gebiet anerkannt ist, in dem eine fortschrittliche Volkswirtschaft über beste Fähigkeiten verfügen muss. Der Begriff ist unscharf. Aber er kann mit einer klaren Semantik versehen werden, die eng mit Kommunikation, speziell mit wirtschaftlicher Kommunikation, verbunden ist. Alle Gesellschaften sind Symbolgesellschaften, insofern sie sich über Institutionen und Symbolsysteme definieren. Das ist offenbar nicht gemeint: Die Symbolgesellschaft wäre dann ein weisser Schimmel. Im 21. Jahrhundert haben Gesellschaften vielmehr ein anderes Verhältnis zu Symbolen erlangt: Sie werden zunehmend zu symbolischen Gütern, die es zu produzieren und bewirtschaften (managen) gilt und die ökonomische Werte darstellen. Die Marke Deutschland (und ihr Wertzuwachs durch die FussballWM 2006), Unternehmensmarken wie UBS oder BMW, Produktmarken wie iPod oder Coca Cola stellen Werte dar, die man erzeugen und bewirtschaften kann und muss. Alle Gesellschaften haben Symbole, aber die Symbolgesellschaft behandelt sie als ökonomische Werte und bewirtschaftet Symbole industriell.
3.1
Was ist ein Symbol?
Im globalen Wirtschafts- und Politiksystem werden mit Symbolen Zeichen – Marken – für Unternehmen und seine Produkte und Services gesetzt, im globalen Markt aber auch für Macht und Wirtschaftskraft. Vermutlich gibt es auf der Welt kaum einen Ort, an dem die Windows von Microsoft nicht als Symbol für den Softwarekonzern und seine Programme erkannt werden. Der Mercedesstern steht international als Symbol für eine der hochwertigen und hochpreisigen Automarken. Internationale Friedensbemühungen werden in den meisten Ländern der Welt mit der blau grundierten in zwei Ähren eingefassten Weltkarte der Vereinten Nationen assoziiert. Die Demokratiebewegung der Partei „Unsere Ukraine“ von Viktor Juschtschenko hat 2004 als „Die Orange Revolution“ in der internationalen Medienberichterstattung Eingang gefunden. Die orange Farbe wurde zum visuellen Symbol des zivilen Ungehorsams und der Opposition. Die Unternehmensmarke des US-Energieriesen Enron, der 2002 in der Folge eines riesigen Bilanzfälschungsskandals unterging, steht als Symbol für Missbrauch und mangelnde Kontrolle der Finanzmärkte (und resultierte in ein ausserordentlich strenges Regulierungswerk, den amerikanischen Sarbanes-Oxley-Act). Die AlQuaida von Osama Bin Laden griff am 11. September 2001 mit dem World Trade Center in New York ein Symbol des US-Kapitalismus an. Die Folterbilder aus dem
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
irakischen Gefangenenlager Abu Ghraib sind zu Symbolen für einen Kampf gegen den Terrorismus auf Kosten von Demokratie und Menschenrechten geworden.
Abbildung 1: Symbole der Gegenwartsgesellschaft
Diese Beispiele zeigen: Symbole bestimmen unsere Lebens- und Wahrnehmungswelten. Dahinter steht ein globalisiertes Wirtschaftssystem, dessen Verfasstheit und Auswüchse kritikwürdig sind (Klein, 2001). Uns geht es hier nicht um die Reflexion dieses Systems, sondern um die Konstruktion ihrer Repräsentationen – Symbole, die (meist) global verstanden werden und ökonomische oder politische Werte von Unternehmen und Institutionen bestimmen. Symbole gehören sowohl zu Wort- wie Bildersprachen. Die Wahrnehmung verarbeitet sie nicht nur rational, sondern auch emotional. Im Zusammenhang des Symbols mit Handelsmarken stellt (Leitherer 2001, 57-58) fest: „Ohne Kenntnis der Wirkungsweise von Symbolen ist die Marken-„Technik“ letzten Endes nicht zu verstehen.“ Die meisten in Abb. 1 gezeigten Symbole sind Artefakte, wie auch die Schriftzeichen, eine weitere Kategorie von Symbolen. Aber auch Menschen können symbolischen Charakter haben und eine Rolle spielen, die ihren persönlichen Kreis übersteigt: Sie werden für die Anderen zu Figuren der Geschichte, der Kultur, des Sports, sie bekommen die Bedeutung von Helden, Heiligen, „Celebrities“. Oder Tiere werden zu Symbolen, wie der Panda-Bär oder Wale und Robbenbabies; ebenso Berge, Städte, Flüsse. Mehr noch: Die ganze soziale Wirklichkeit ist symbolisch, betonen Philosophen wie Peirce oder Cassierer (Cassirer 2001) und Soziologen der interpretativen Schule5. Diese fassen die Welt als „sozial konstruiert“ auf. Damit meinen sie, dass alle Dinge 5
Dazu gehören insbesondere Georg H. Mead, Herbert Blumer, Alfred Schütz und Berger und Luckmann, die den Begriff der sozial konstruierten Welt populär gemacht haben. Vgl. (Berger/Luckmann 1966).
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eine symbolische Seite haben und dass diese in einem sozialen, diskursiven Prozess erzeugt wird. Demnach werden nicht nur Markensymbole und die Symbolsysteme der Wissenschaften vom Menschen kommunikativ erzeugt, sondern Symbole überhaupt. Niemand wird aber den Unterschied der Konstruktionsprozesse bei einem Firmenlogo einerseits und dem offensichtlich autonomen Entstehen eines Symbols wie New York, in dem sich ein Komplex von Bedeutungen und Anliegen verdichtet, verkennen. Das eine ist Resultat eines geplanten Produktionsprozesses, das andere Ergebnis eines historischen Prozesses der Bedeutungsaufladung. Wir kommen darauf ausführlicher zurück. Wir beschäftigen uns mit der Symbolproduktion jedoch nicht aus soziologischer Sicht, unser Erkenntnisinteresse ist das des Kommunikationsmanagements. Wir fragen: Wie lässt sich unsere Gesellschaft, in der Symbole zunehmend professionell konstruiert und als Güter gemanagt werden, aus Sicht des produktiven Handelns auffassen? Welche Bedeutung haben Symbole als Produkte in ihr, inwiefern machen sie die Gesellschaft zu einer Symbolgesellschaft? Wir werden argumentieren, dass wir im symbolischen Bereich in einem ähnlichen Wandel stehen, wie wir ihn historisch bei den physischen Gütern nachzeichnen können: Die Jäger- und Sammlergesellschaft nahm durch zunehmendes Eingreifen in die natürliche Güterproduktion den Weg über die Agrar- zur Industriegesellschaft, in welcher Dinge unserer Lebenswelt zunehmend und schliesslich dominant zu Outputs industriell organisierter Prozesse wurden. Analoges – so wollen wir zeigen – findet nun auf der Ebene der Symbole statt. Um das zu begründen, ist eine Verständigung über den Symbolbegriff nötig. Wenn es sich so verhält, dass nicht nur eigens als Zeichen geschaffene Objekte wie das Windows-Logo Symbole sind, sondern alle Artefakte eine symbolische Seite besitzen, wenn weiter diese symbolische Seite zunehmend an Wert gewinnt und jenen der blossen Funktion, die auch von einem No-name-Produkt erbracht wird, oft deutlich übersteigt, – man denke beispielsweise an Markenuhren und namenlose Billiguhren –, dann wird Symbolkonstruktion auch zu einem wirtschaftlichen Thema. Um den Stellenwert des Symbolischen zu erkennen, greifen wir auf Positionen der Semiotik und Soziologie, namentlich der interpretativen Theorien, zurück, gemäss welcher Objekte im gesellschaftlichen Raum eine symbolische Existenz haben, die Resultat eines „Konstruktionsprozesses“ ist. Dieser und die Struktur des Symbols sollen soweit geklärt werden, wie es als Grundlage für das Management der Kommunikation erforderlich ist: Die werthaltige Seite der Symbole muss in den Blick genommen werden, die in ihrer innern Repräsentation (im Interpretanten) wurzelt, und ihre gemeinschaftsbildende Wirkung, in welcher ihr sozialer Wert gründet. Objekte – eine Uhr beispielsweise – haben eine doppelte Existenz. Die Identität der Objekte wurzelt zunächst in der physischen Materie als dem principium individuationis, dem, was sie zu diesem ganz bestimmten Ding hier und jetzt, im physikalischen
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Raum, macht.6 Die Identität der Objekte und Subjekte im gesellschaftlichen Raum dagegen, ihre Typ-Identität, die ihre Bedeutung erfasst, ist ein soziales und kulturelles Konstrukt, das dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt. Es basiert auf gemeinschaftlichem Wissen und Verhalten. Dieses gemeinschaftliche Wissen, das die Bedeutung von Dingen festlegt, wird in Prozessen der Kommunikation entwickelt. Wird dieses Wissen nicht fortdauernd kommunikativ aktualisiert, stirbt es. Wir können uns die Genese von Bedeutung und ihren Wandel am Beispiel der Atomenergie vor Augen halten: Nach dem zweiten Weltkrieg rief man das Atomzeitalter aus. Wir befanden uns mit der Zähmung der Kernkräfte in einem neuen Zeitalter. Dieses wurde – trotz Hiroshima und Nagasaki – insgesamt positiv gedeutet, wenn auch nicht von allen: Die damalige Friedensbewegung fand die Atomtechnologie, die Atomtests und das Wettrüsten mit Atomwaffen verwerflich. Ihre Haltung hat sich nach ihrer Verbindung mit der in den 70er Jahren stark werdenden Umweltbewegung inzwischen in den meisten Industriestaaten durchgesetzt. Die symbolische Bedeutung der Atomenergie hatte sich gewandelt. Das physikalische Wissen zu ihr bleibt dabei unverändert. Eine Gemeinschaft kann allerdings die Bedeutung der Dinge nicht beliebig „konstruieren“. Diese zeigen ein objektives, eigenständiges Verhalten, ihre Deutung muss letztlich mit diesem kompatibel sein, mindestens für jene, die mit diesen Dingen auch direkt interagieren. Deshalb wurde in der antiken Philosophie die Bedeutung der Dinge in der Substanz der Dinge verortet: Sie war ein ihnen unabhängig vom Menschen eigener Wesenzug. Seit Kant gibt aber der erkennende Geist Form und Bedeutung der Dinge in Gestalt der Verstandesbegriffe vor. In der Folge wurden die Sprache, dann die Symbole, Ort der Bedeutungskonstitution. Der Philosoph Nelson Goodmann formuliert diesen Wechsel in der modernen Philosophie, „die damit begann, dass Kant die Struktur der Welt durch die Struktur des Geistes ersetzte, in deren Fortführung C.I. Lewis die Struktur der Begriffe an die Stelle der Struktur des Geistes treten liess, und die nun schliesslich dahin gekommen ist, die Struktur der Begriffe durch die Struktur der verschiedenen Symbolsysteme der Wissenschaften, der Philosophie, der Künste, der Wahrnehmung und der alltäglichen Rede zu ersetzten. Die Bewegung verläuft von der einen und einzigen Wahrheit und einer fertig vorgefundenen Welt zum Erzeugungsprozess einer Vielfalt von richtigen und sogar konfligierenden Versionen oder Welten.“ (Goodman 1990, S. 10) Zu diesen Symbolsystemen gehören auch die Systeme der Markenprodukte. Diese sind nicht Teil der vorgefundenen Natur. Sie sind Artefakte, Produkte der sie entwerfenden und produzierenden Designer und Institutionen. Die interpretative Soziologie hat seit Berger und Luckmann den gesellschaftlichen Prozess der Symbolbildung mit dem Begriff der „gesellschaftlichen Konstruktion der Realität“ verbunden. (Berger/Luckmann 1966) Symbole erschliessen sich nur dem, der über das zugehörige Wissen verfügt. Im 19. Jahrhundert wären Coca Cola oder BMW 6
Dies ist die Position der abendländischen Philosophie seit Aristoteles: Der Typ oder die Form eines Dings, ausgedrückt im Gattungsbegriff, ist allgemein, kommt Vielem zu. Die Individualität erhält ein konkretes Ding nicht von der Form, sondern von der Materie.
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nicht die Symbole gewesen, die sie heute sind. Es gilt zu beachten, dass nicht nur statische Objekte, sondern auch Handlungen einen symbolischen Charakter haben, – nicht nur Riten wie Taufe oder Eheschliessung, sondern auch das Grüssen oder Brotschneiden. Sie sind nur auf dem Hintergrund institutioneller Regelungen „richtig“ interpretierbar.7 Auch das zu ihrer Interpretation notwendige Wissen muss vermittelt sein, soll Verstehen möglich sein. Die Bedeutung von Symbolen ist letztlich durch Handlungen konstituiert, durch den Umgang mit ihnen bzw. den durch sie bezeichneten Dingen. Der Konstruktionsprozess der sozialen symbolischen Wirklichkeiten ist wesentlich kommunikativ. Kommunikation ist selbst symbolbasiert. Wie sollen wir aber die in der Kommunikation ausgetauschten Symbole, die mit dem Begriff der Information gemeint sind, und die Dinge selbst, über die wir kommunizieren, gleichermassen als Symbole begreifen? Handelt es sich um unterschiedliche Symbolbegriffe? Wir müssen das klären, wenn wir verstehen wollen, wie Kommunikation die werthaltige symbolische Seite der Dinge miterschafft und um dieses Verständnis in das Management der Kommunikation einfliessen lassen zu können: Wir machen die Wertschöpfung durch Kommunikation an der symbolischen Seite der Dinge – ihren Interpretanten – fest. Mit Symbolen beschäftigt sich die Semiotik. Der Begriff des Symbols wird dort in unterschiedlichen Schulen nach unterschiedlichen Aspekten untersucht. Eine Einigkeit, wie der Symbolbegriff allgemeingültig zu definieren sei, ist nicht erreicht.8 Es ist nicht Ziel dieses Abschnitts, die eine oder andere Position zu resümieren. Wir benötigen hier nur gewisse Aspekte des Symbolbegriffs: den des Interpretanten als subjektiver Deutung des Symbols und seine Referenz oder gemeinschaftliche und Gemeinschaft bildende, intersubjektive Bedeutung. In beiden wurzelt der Wert der symbolischer Dinge, die nun Objekt von ökonomischen Produktionsprozessen sind. Symbole sind zunächst das, was zwischen Kommunikationspartnern ausgetauscht wird, womit also kommuniziert wird. Sie sind Zeichenobjekte, physisch realisiert in den sie transportierenden Trägermedien. Als Zeichenobjekte weisen sie allerdings über sich hinaus – nach der alten Definition von Zeichen als „aliquid pro aliquo“9, als etwas, das für etwas anderes steht: Sie tragen Bedeutung, haben einen Inhalt10, der so in 7 8
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Dies hat der Soziologe Goffmann eindrücklich gezeigt. (Goffman 2000) Z.B. (Nöth 2000), S. 178: „In seiner weitesten Definition ist der Begriff des Symbols ein Synonym dessen, was in der Semiotik 'Zeichen' heisst, wobei 'Zeichen' manchmal sogar als eine Unterklasse der Symbole in diesem weiten Sinn definiert sind. Im engeren Sinn ist ein Symbol jedoch eine Unterklasse der Zeichen. Dabei gibt es drei Hauptarten der Definition des Symbols in diesem engeren Sinn: das Symbol als konventionelles Zeichen, als eine Art von ikonischem (bildhaften) Zeichen, als ein mit besonderen Konnotationen behaftetes Zeichen. Als bildhaftes und als konnotatives Zeichen wird das Symbol vor allem in den Kulturwissenschaften definiert. Hier geht es u.a. um verbale, grafische oder piktografische Symbole wie Logos, Signete oder Markenzeichen, oder auch Flaggen, Wappen oder Embleme.“ Diese allgemeine Definition des Zeichens aus der Zeit der mittelalterlichen Scholastik stammt von Augustinus: aliquid stat pro aliquo. (Nöth 2000, S. 9). Nach Bernard Bolzano (1781-1844) ist ein Zeichen ein Gegenstand, „durch dessen Vorstellung wir eine andere in einem denkenden Wesen mit ihr verknüpfte Vorstellung erneuert wissen
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
sie hineincodiert wurde, dass der Empfänger ihn wieder decodieren kann. Dies erfasst die semiotische Triade:
Als Zeichenobjekt haben Symbole eine lesbare, syntaktische Struktur. Sie müssen erkennbar, d.h. wieder erkennbar sein: Sie müssen bekannt sein oder sie sind aus einem endlichen Grundvorrat von bekannten, einfachen Symbolen (Symbolalphabet) gemäss bestimmten Regeln aufgebaut. Diese Regeln bilden die Grammatik der symbolischen Sprache. Symbole sind somit formal Sätze oder Texte in dieser Zeichensprache – sei es eine Wortsprache, eine ikonographische Bildsprache, eine kartographische Sprache oder das Zeichensystem der Verkehrsregelung. Diese Zeichensprache muss dem Rezipienten bekannt sein.
Das physische Zeichenobjekt nennt F. de Saussure „signifiant“, das Bezeichnende; während Ch. S. Peirce es Repräsentamen nennt.11
Auf dieser Ebene sind Zeichen Daten oder Content und können einem Bestandesmanagement (z. B. in Bibliotheken oder Informationssystemen) unterworfen werden.
Der Zweck der Symbole ist ihre Bedeutung. Saussure nennt sie das „signifié“. Die Bedeutung ist zunächst eine subjektive: Der Empfänger nimmt das Zeichen wahr und bildet ein Abbild in seiner Wahrnehmung. Er interpretiert das Symbol, indem er dieses wahrgenommene Zeichen zunächst im zugehörigen, ihm bekannten Symbolsystem deutet.12 Der Philosoph Charles S. Peirce nennt das innere Bild des Zeichens Interpretant des Symbols.13 Diesen Begriff verwenden wir im Folgenden. Dieses innere Zeichen weckt im Empfänger, wenn er die inhaltliche Bedeutung des Zeichens kennt, ein Bild (Gedanke, Vorstellung) des durch das Zeichen bezeichne-
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wollen“, und: „Die objektive Vorstellung, deren entsprechende subjektive durch die Vorstellung des Zeichens angeregt werden soll, heisst die bezeichnete Vorstellung, auch die Bedeutung des Zeichens“ (Bolzano in: Wissenschaftslehre, Band 3. Aalen: Scientia 1970 (1837), § 285, S. 67). Der amerikanische Philosoph Charles Sanders Peirce (1839-1914) gilt als Vater der Semiotik. Der Schweizer Sprachforscher Ferdinand de Saussure (1857-1913) begründete die moderne strukturelle Linguistik. Als solches ist es Element eines Zeichensystems, das Saussure mit dem Begriff der „langue“benennt. Der dänische Linguist Louis Hjelmslev (1899-1966) weitet es zu einem umfassenderen Zeichensystem, in welchem das wahrgenommene Zeichen seinen Platz hat. Diese mit ihm verbundenen Zeichen erzeugen ihrerseits Gedanken – Konnotation des Zeichens genannt. Dieser Mechanismus ist etwa in (Barthes 1964) am Beispiel einer Werbung analysiert (vgl. Cobley 1997) S. 48-49. Diese Erweiterung der ‚langue’ zu kulturellen Strukturen ist ein Wesenzug des französischen Strukturalismus. “A sign… is something which stands to somebody for something in some respect or capacity. It addresses somebody, that is, creates in the mind of that person an equivalent sign, or perhaps a more developed sign. That sign which it creates I call the interpretant of the first sign. The sign stands for something, its object.” (Peirce, C.P.), S. 228
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ten Objektes.14 Dieses ist seine – zunächst subjektive – Bedeutung, der Inhalt des Symbols.15
Der objektive Inhalt des Symbols muss einen intersubjektiven Sachverhalt referenzieren, soll Kommunikation ein gemeinsames Verständnis ermöglichen. Dieser wird Referenz des Zeichens genannt. Das Zeichen „Baum“ beispielsweise weckt im Hörer zunächst den Gedanken eines Baumes, der notwendigerweise subjektiv gefärbt ist. Intendiert ist jedoch etwas Objektives, nämlich der intersubjektiv definierte Gattungsbegriff der Klasse der Bäume. Dieser Zusammenhang zwischen Zeichen, interpretierendem Gedanken (Interpretant) und gemeinter gemeinsamer Sache wird als semiotische Triade bezeichnet (Abb. 2).
Abbildung 2: Semiotische Triade (Bezeichnungen nach Peirce, Saussure, Ogden/Richards, Nöth)
2. Interpretant Auch: Idea, Vorstellung, Signifié, das Bedeutete, Signification, Interpretation, interpreter.
1. Repräsentamen Auch: Bezeichnung, Signifiant, Zeichen, Symbol, Sign, das Mittel.
3. Referenz Auch: Bedeutung Referent, das Bezeichnete, the denoted object.
Damit weist das Symbol als Zeichen, vermittelt durch den geweckten Gedanken und die durch ihn geleiteten Handlungen des Empfängeragenten, auf die gemeinte Sache. Um eine geteilte Bedeutung von Zeichen sicherzustellen, ist gemeinsame Sprache und gemeinsames Wissen Voraussetzung: Das semiotische Dreieck muss für Sender und Empfänger gleichermassen wirksam sein, d.h. das Symbol samt seiner Referenz muss zum gemeinsamen Wissen der Kommunikationspartner geworden sein. 14
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Die wechselseitige Beziehung zwischen dem zeichenhaften Interpretanten und dem durch ihn hervorgerufenen Bild im psychisch-kognitiven System des Interpreten ist ein zentrales Thema des französischen Post-Strukturalismus, namentlich von Jacques Lacan und Jacques Derrida. Im Marketing wird dafür der Begriff des ‚Image’ verwendet.
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Wie kann das geschehen, wenn die jeweiligen Interpretanten des Symbols zunächst subjektiv sind? Die Bedeutungskonstitution erfolgt durch Kommunikation. Diese verlangt nicht nur die Fähigkeit zur Interpretation der Symbole, sondern auch die zu seiner Reproduktion, um Gedanken und Wahrnehmungen äussern zu können. Das Aushandeln der Bedeutung kann dann in kommunikativer (symbolischer) Interaktion erfolgen, letztlich über unser Verhalten, über die Art und Weise, wie wir mit den Zeichen umgehen und auf sie reagieren.16 Man mache sich beispielsweise die Bedeutung von Verkehrszeichen oder Banknoten klar. Unser Umgang mit diesen symbolischen Objekten definiert ihre Bedeutung. Das Erlernen dieses bedeutungskonstituierenden Umgangs geschieht in einem Prozess, der ontogenetisch von jedem Menschen nachvollzogen werden muss. Auf der Ebene der Gemeinschaft sind viele dieser Prozesse der Bedeutungsgenese nicht abgeschlossen. Was ist ein Terrorist? Was ist Web 2.0? Viele Prozesse der Semiose, d.h. der Genese von Bedeutung, bleiben auf gemeinschaftlicher Ebene offen: Die vielen individuellen Interpretanten zum gegebenen Zeichen (Wort, Bild etc.) kommen nicht zur Deckung. In der Werbung ist dieses Faktum nicht nur akzeptiert, sondern oft erwünscht, um unterschiedliche Erwartungen verschiedener Zielgruppen gleichzeitig ansprechen zu können. Zudem muss die Referenz nicht in einer geteilten sprachlichen Definition bestehen. Sie kann auch die Wertschätzung meinen, die der bezeichneten Sache entgegengebracht wird. Der Begriff der Reputation wurzelt hier (Schmid, Lyczek 2006, 86 f.). Abb. 3 stellt den Zusammenschluss der zwei Symbolprozesse in der Kommunikation – Aufnahme und Interpretation eines Zeichens und die Äusserung eines Zeichens zur Beschreibung einer Sache – in ihrem Zusammenwirken dar. Die Referenz des Zeichens, das gemeinsame Objekt, das durch die wechselseitige beschreibende und interpretierende Verwendung des Zeichens in der Kommunikation entsteht, erzeugt die gemeinsame soziale Welt, d.h. die gemeinsame Bedeutung der Dinge und gemeinsame Werte. „Organon“, das Werkzeug dafür, ist die Sprache als System von Symbolen (Bühler 1934). Sie eröffnet uns eine Parallelwelt zur physisch-psychischen Welt, die geistige Welt, die wegen ihrer Genese wesentlich gesellschaftlich ist. Sie verlangt und ermöglicht gleichzeitig die Fähigkeit, die Perspektive des Andern einzunehmen, um zu verstehen (Mead 1978, Tomasello 2002).
16
Die Verwurzelung von Bedeutung im Gebrauch der Zeichen ist Kernaussage der Philosophien von Charles S. Peirce ebenso wie jener von Ludwig Wittgenstein. Ebenso sind die Semantiktheorien der Informatik ‚operativ’: Die mit einem Objekt erlaubten Operationen legen seine Bedeutung fest. Mead als Vater des Symbolischen Interaktionismus nennt Zeichen, die wechselseitig gleich verstanden werden, signifikante Symbole – vgl. (Mead 1978), S. 188 f. In der Sprache der Institionenökonomik kann man formulieren: Gemeinsame Bedeutung verlangt die Bildung von Institutionen, die von einer Gemeinschaft befolgt wer den. Vgl. etwa (Searle 1995).
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Abbildung 3: Konstitution gemeinsamer Objekte durch Zeichenprozesse
Interpretation
Interprentant
Beschriebung
Repräsentamen (Zeichen)
Interprentant
Referenz (Bedeutung)
Die Semiotik hat die gemeinschaftsbildenden Wirkungen der Symbole lange zu wenig thematisiert. Soziologie und Sozialpsychologie dagegen haben die gesellschaftliche Bedeutung der Symbole herausgearbeitet. Die Wissenssoziologie und die interpretative Soziologie zeigen uns (Berger, Luckmann 1966): Symbole lenken unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Sie bilden so Gemeinschaften. Zugehörigkeit zu Gemeinschaft ist ein Bedürfnis des Menschen, sie ist ihm ein Wert. Hier wurzelt der ökonomische Wert symbolischer Güter. Nicht nur Stammesgemeinschaften und Religionen sind um einen Symbolschatz organisiert, auch der Strassenverkehr mit den Verkehrszeichen, die Geldwirtschaft, der Kunstbetrieb oder die Warenwelten eines Kaufhauses sind symbolisch strukturierte soziale Realitäten (Searle 1995). Die beschleunigte kulturelle Evolution ist eine Evolution der Symbolsysteme. Und diese sind zunehmend Ergebnis von Managementprozessen, d.h. Prozessen der organisierten Semiose.
3.2
Veränderung gesellschaftlicher Ordnungen
Wir haben einleitend von einer veränderten Gesellschaft, der Symbolgesellschaft, gesprochen. Wir wollen in diesem Abschnitt zwei Ursachenkomplexe für diese Veränderungen nennen: Die veränderten Prozesse der Semiose und die mediengetriebene Globalisierung. Wir beschreiben zuerst auf der Produktionsseite die zunehmend geplanten Prozesse der Symbolbildung und dann die Veränderungen auf der Nachfrageseite. Im gesellschaftlichen System der Gemeinschaften gibt es starke selbstorganisierende Kräfte – auch bei der Symbolproduktion. Die seit Darwins „The Origin of Species“ (1859) immer besser verstandene Dynamik biologischer Systeme wird durch die auch 352
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
bei nicht-biologischen Systemen wirksame „Darwin-Maschine“ (Plotkin 1994) verursacht, welche bei komplexen Systemen eine Evolution der Strukturen in Gang zu setzen vermag: Aufgrund des Mechanismus Reproduktion – Variation – Selektion entstehen die neuen Arten. In solchen evolutionären Systemen ist das Gesetz ihres Verhaltens in ihnen selbst, bei biologischen Systemen in den Genen, verankert. Diese werden durch systemeigene Mechanismen reproduziert, wobei kleine Veränderungen, d.h. Variationen, auftreten. Die Replika zeigen folglich ein leicht verändertes Verhalten. Die Umgebung selektiert aus der Population der Varianten bestimmte Phänotypen, denen sie einen höheren Reproduktionserfolg zubilligt. Dieser Prozess ist blind und wesentlich nicht-deterministisch, kreativ und autonom. Auch in ökonomischen und kulturellen Systemen sind solche evolutionären Mechanismen wirksam. In der Wirtschaft werden Produkte, Technologien und institutionelle Designs imitiert (reproduziert) und dabei variiert. Die Umwelt der Konsumentenmärkte selektiert dann die überlegenen. Diese „Darwin-Maschine“ kreiert neue Produktarten, neue Technologien, Institutionen und Organisationen. Der Biologe Richard Dawkins übertrug diese evolutionären Mechanismen nicht nur auf ökonomische, sondern auch auf kulturelle Phänomene, bei welchen er das Konzept des Gens durch jenes des Mems, einer sich reproduzierenden Idee, ersetzte (Dawkins 1976). Der bei ihrer Reproduktion wirksame Darwin-Mechanismus arbeitet – auch hier – autonom und blind (Dawkins 1987). Die Meme des Mediensystems beispielsweise sind die „News“, die evolutionäre Prozesse der Welterzeugung treiben. Generell wirken die produzierten und disseminierten Symboltexte als Meme, wo sie von Rezipienten aufgenommen werden. Dieser Typ von Entwicklungsdynamik ist in allen komplexen sozio-technischen Systemen wirksam, sie ist eine Eigenschaft dieser Systeme selbst und wirkt als selbstorganisierende Kraft, autopoetisch. Neben diesen sozusagen „von unten“ wirksamen verändernden und kreativen Kräften der autonomen evolutionären Entwicklung von Produkt-, Handlungs- und Institutionsdesigns, von Symbolen aller Art, gibt es aber auch „von oben“ wirksame Kräfte, nämlich unser bewusst gestaltendes Tun, das planvolle Handeln des Engineering und Managements von Systemen. Die Pläne des Bauern, Handwerkers, Architekten, Ingenieurs, Organisators sind rationale Konstruktionen, deren Umsetzung ihrem Objekt eine Gestalt verleihen, die gewollt und als solche erkennbar ist. Die sie definierende Form ist als Text einer Entwurfssprache ausdrückbar, z. B. in Gestalt von Plänen, – andernfalls wäre sie nicht mitteilbar, nicht lehr- und lernbar, aber auch nicht als Schöpfung erkennbar. Dies ist der rationale, von uns kontrollierbare Teil des kulturellen und zivilisatorischen Schöpfungsprozesses. Partituren, Rezeptbücher aller Art, aber auch die Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungstexte unserer Gesellschaften beweisen es ebenso wie die Internetprotokolle. Die Form eines erdachten Designs muss, um Realität zu werden, in einer geeigneten Materie implementiert werden. Die Begriffe Form und Materie verwendet Aristoteles, um gewordene Dinge zu verstehen. Die Materie, die der schaffende Mensch zur Reali-
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sation seiner Formidee verwendet, kann toter Stoff sein, wie beim Handwerker, sie kann wie beim Bauern aus lebenden Organismen bestehen, oder sie kann, wie im Falle einer Organisation, Menschen und Maschinen formen. In jedem Falle bringt die zu formende Materie ihre eigene Gesetzlichkeit mit sich. Sie muss einerseits fähig sein, die Form aufzunehmen. Sie wird aber darin nicht ohne Rest aufgehen und ihr Eigenleben weiterführen. Man hat es also immer auch mit der Eigengesetzlichkeit des Materials zu tun. Die Anfänge der kulturellen Evolution in der Agrar- und Handwerksgesellschaft, die Paradigmata der aristotelischen Materie-Form-Dialektik, sind längst durch Industrialisierung und Medialisierung abgelöst. Heute bewirtschaften wir im globalen Massstab Bedürfnisse der menschlichen Psyche, die inzwischen die elementaren physischen Bedürfnisse nach Nahrung und Schutz vor Kälte etc. übertreffen, wie ein Blick auf den Warenkorb eines Bürgers lehrt. Auch scheinbar der Befriedigung elementarer Bedürfnisse dienende Produkte sind mit symbolischen Komponenten wie Mode und Marken durchwirkt. Wir finden in diesem Korb auch Dinge wie Freizeitgestaltung, Spenden an karitative Organisationen, Kosmetik etc. Sie sind sozial vermittelt und dienen als Attribute der Person, d.h. der Identitätsstiftung in medial vermittelten Massenmärkten. In der alten Gesellschaft war die Produktion der physischen Güter teuer, die Ressourcen knapp. Deshalb hat die Betriebswirtschaft sich dieser Seite zuerst zugewandt, ebenso die Volkswirtschaft den Gütermärkten. Die zunehmende Automatisierung und die optimierte Faktorallokation und Skaleneffekte in globalen Märkten haben physischen Produkte und zunehmend auch Dienstleistungen zu austauschbaren Commodities gemacht. Die Differenzierung findet auf der symbolischen Ebene statt. Wie in der zeitgenössischen Kunst der Name des Künstlers, der Orte seiner Präsentation und der Besitzer die wertdefinierenden Grössen sind, ist der Wert der Produkte durch das Ansehen des Produzenten, die Marke, seine Käufer und seine Inszenierung definiert. Diese kommunikativen und medialen Komponenten sind zunehmend erfolgsentscheidend geworden. Sie besser zu beherrschen als der Konkurrent sichert das Überleben in der Darwin-Welt der Märkte. Um das zu leisten, reicht es nicht, Information zu produzieren, die den Auftraggebern und den beauftragen Agenturen gefällt, es reicht auch nicht eine reichliche Medienpräsenz. Es bedarf einer Reflexion auf das ganze semiotische Dreieck, allem voran des Blicks auf den Interpretanten der geschaffenen Symbole, d.h. auf das, was im Empfänger ankommt und wirksam wird, das innere Symbol. Er wird dann im günstigen Falle zu Gunsten des Senders handeln und den Interpretanten replizieren, wie es Peirce beschreibt17, und wird so zum kommunikativen Helfer des Senders.18
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Peirce hat die semiotische Triade rekursiv ausgelegt. Er hält fest, dass der Interpretant selbst ein Zeichen ist, welcher weitere Semiosen auslöst. Damit entwirft er einen infiniten Reproduktionsprozess: „Ein Repräsentamen ist das erste Korrelatum einer triadischen Relation, wobei das zweite Korrelatum ihr Objekt genannt und das mögliche Dritte Korrelatum ihr Interpretant, so dass durch die triadische Relation der mögliche Interpretant
Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Die neuen Symbolwelten sind deshalb angebotseitig zunehmend rational geplante Formen, die dann von der lebendigen Materie der Gemeinschaften aufgenommen und autonom weiterentwickelt werden. Trotz dieser selbstorganisierenden Komponente bleibt die Notwendigkeit des rationalen Gestaltens – wie beim Bauern, der es auch mit autonomer biologischer Materie zu tun hat. Sein Formwille und sein Geschick in einer sensiblen Umsetzung entscheiden über sein Überleben. Ganz analog verhält es sich mit dem Unternehmen in den medialisierten und globalisierten Märkten und den Gemeinschaften hinter diesen. Deren Bedürfnisse mit geeigneten Symbolen zu artikulieren und zu kultivieren schafft die Grundlage für Absatz und unternehmerisches Handeln. Und dies gelingt zunehmend nur noch in professionell strukturierten Wertschöpfungsketten: Die Symbolproduktion wird industrialisiert. Die neuen Angebote antworten auf eine veränderte Nachfragesituation. Die alten ClanGesellschaften verfügen über reiche Symbolsysteme und ein System von vorgegebenen Plätzen (Waltz 1993), die ein Individuum einnehmen kann. Diese definieren seine Rolle und Identität: Es weiss, wer es ist und die andern wissen es. Die moderne Gesellschaft mischt die Clans. In der babylonischen Sprachverwirrung werden ihre Symbole für die andern unlesbar, neue müssen geschaffen werden – im 19. Jh. z. B. Nationalstaaten, im 20. Jh. Marken. Kein Wunder, war Amerika Führungsmacht in der modernen Symbolproduktion: Der Melting Pot musste zunächst auf die allen am ehesten geläufigen Symboliken der Kinder- und Jugendwelt zurückgreifen (z. B. Disney-Welt) und neue schaffen, wie Archetypen der Hollywood-Filme. Sie gehören zur neuen Universalsprache. Diese Entwicklung wird durch die Globalisierung und den Einbezug der asiatischen und weiterer Kulturräume mit wachsender Wirtschaftskraft verschärft. Das gemeinsame Wissen und Verhalten ist in einer globalen Gesellschaft die eigentlich knappe Ressource: Der gemeinsame Symbolvorrat im globalen Markt ist ein knappes Gut. Er muss laufend neu geschaffen werden und ist deshalb zum erheblichen Teil artifiziell, besteht aus Symbolen wie Marken, Songs, fiktionalen Figuren (Donald Duck, Harry Potter) und realen (Chaplin, Madonna, Beckham, aber auch Bush und Bin Laden). Die Erzeugung und Bewirtschaftung der neuen Symbole als der primären Güter der Symbolgesellschaft braucht Geld und Menschen, die sich in diesem Geschäft auskennen, professionelle Prozesse der kommunikativen Konstruktion und Vermittlung von Symbolen: Kommunikationsmanagement. Die symbolische Welt hat in der gesellschaftlichen Sphäre immer schon den Primat gehabt, da nur gekauft, getragen, gezeigt werden kann, was man erkennt und was
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als das Erste Korrelatum derselben triadischen Relation zu demselben Objekt und für einen mögli chen Interpretanten bestimmt ist.“ – Kein Interpretant interpretiert ein Zeichen hinsichtlich seiner Referenz definitiv; vielmehr enthüllt sich jede Deutung selbst wieder als ein Deutbares, an das ein Netz weiterer Zeichen und Auslegungen anschliesst, die sich „alle auf dasselbe Objekt“ beziehen. (Peirce 1983), S. 123 und 46 Das Marketing hat für diesen Darwin-Prozess den Begriff des viralen Marketing erfunden.
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auch der andere kennt, wenn es sich um Produkte mit einer sozialen Funktion handelt, z. B. die des Identitätsausdrucks. Der gewachsene Symbolvorrat ist aber im globalen Medienmarkt nicht brauchbar. Deshalb greift man auf global Vorhandenes wie Markensymbole zurück und muss neue schaffen, in einem Wettbewerbsmarkt, der professionell industrialisierte Symbolproduktionssysteme selektiert.
3.3
Symbolgesellschaft
In „The Coming of Post-Industrial Society“ beschreibt der Soziologe Daniel Bell (1973) den Transformationsprozess zur Gesellschaft mit Blick auf die Information als zentralen „Umwandlungsprozess“ der nachindustriellen Gesellschaft (Bell 1973). Er unterscheidet dabei zwischen der vorindustriellen, der industriellen und der nachindustriellen Gesellschaft. Beim Terminus „Informationsgesellschaft“ geht es ihm primär um die ökonomische Einordnung der Information in eine Gesellschaftskonzeption, deren Produktivität nicht mehr aus Landwirtschaft und Handwerk oder Industriearbeit resultiert, sondern aus Informationen. Die Informationsgesellschaft ist damit in erster Linie eine Informationsökonomie mit einer zugehörigen Informationsindustrie (Porat, 1977). Ihre Interpretation speist sich aus den veränderten Produktionsverhältnissen und Produktivkräften (Informationen) in einer Gesellschaft und ist damit klar ökonomisch ausgerichtet. Für diesen Typ der modernen oder postmodernen Gesellschaft werden symbolische Güter in Gestalt von Information über globale technisierte Medieninfrastrukturen disseminiert, um bei Empfängergruppen Wissen und Werte zu erzeugen. Je nach Fokus auf ein Glied in dieser Kette wird der Begriff der Informations-, Medien- oder auch Wissensgesellschaft verwendet (Meckel, 1999). In all diesen Fällen ist die differenzierende Grösse zu jeder andern Gesellschaft nicht das Vorkommen von Information, Medien oder Wissen – diese sind notwendiges Element einer jeden Gesellschaft –, sondern ihre neue technologische und wirtschaftliche Gestalt: das seit dem Ende des 19. Jh. rasch wachsende Mediensystem, eine zunehmend den Marktkräften ausgesetzte globale Medienindustrie, und die als Wirtschaftsprozess ausgestaltete Produktion der symbolischen Inhalte. Diese als Information im Sinne von Content zu begreifen erfasst einen Aspekt der triadischen Symbolwelt. Mit dem Begriff der Symbolgesellschaft soll der Fokus auf die gesamte triadische Wertschöpfungskette und besonders auf das wirkende Element gelegt werden: Die gesellschaftliche und ökonomische Wirkung der produzierten und vermittelten Symbole kommt erst in den Blick, wenn man die replikative Macht der Symbole („DarwinMaschine“) und ihre gesellschaftsorganisiernde Kraft erkennt. Die Symbole werden zu den Werttreibern des Unternehmens in einer (globalen) Symbolökonomie mit einer hinterlegten Symbolindustrie, wenn sie zu gemeinsamem und wirkenden Wissen von Gemeinschaften werden, d.h. zu sozialem Kapital. Die neue Qualität dieser Gesellschaftsform rechtfertigt eine eigene Begrifflichkeit.
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Abbildung 4: Aspekte der Symbolgesellschaft
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SYMBOL
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Als Gesellschaftsbegriff bringt die Symbolgesellschaft folglich für das Kommunikationsmanagement andere Entwicklungskonturen in den Blick als die (zu Recht) eingeführten Termini Mediengesellschaft (Imhof, Blum, Bonfadelli & Jarren, 2004; Rössler & Krotz, 2005) und Informationsgesellschaft (Castells, 2001; Steinbicker, 2001). Die gesteigerte Bedeutung symbolischer Produktanteile und Unternehmenswerte, welche beide nur kommunikativ erzeugt werden können, die veränderten Problemlagen und ihre Bearbeitung durch eine symbolische Wertschöpfung stehen im Mittelpunkt der Betrachtung, wenn wir von Symbolgesellschaft sprechen. Der Begriff der Symbolgesellschaft bezeichnet die neuen symbolischen Lebenswelten in einer veränderten Bedürfnislandschaft und die genannten Veränderung ihrer wirtschaftlichen Produktionsstrukturen in hochentwickelten Gesellschaften. Wir erleben die Herausbildung eines gesellschaftlichen Primats der immateriellen, symbolischen Wertschöpfung: Für immer mehr Gütermärkte gilt, dass immaterielle, symbolische Produktanteile stärker über den Marktanteil entscheiden als das technisch-materiell häufig austauschbare Grundprodukt. Eine vergleichbare Entwicklung lässt sich auf Organisationsebene konstatieren: Der Goodwill, der im Zuge von Übernahmen für symbolische Unternehmenswerte bezahlt wird, übersteigt häufig deutlich den Wert des tangiblen Kapitals. Diese Entwicklung erscheint rational und nachhaltig, denn die symbolische Bedeutung eines Unternehmens wird für den Erfolg bei potentiellen Mitarbeitern, Investoren, Journalisten und politischen Bezugsgruppen immer wichtiger19. Entsprechend wachsen zugleich jene Berufsgruppen deutlich, die, wie Marke-
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In diesem Zusammenhang versteht sich, dass die symbolische Bedeutung, also das Vorstellungsbild (Interpretant) einer Organisation bei ihren Bezugsgruppen, sich aus Kommunikation und Handeln der Organisation ergibt. Wir unterstellen also nicht, dass
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tingspezialisten und Public Relations-Experten, hauptsächlich mit der Analyse und Assemblage von Symbolkomplexen beschäftigt sind (Röttger, 2000; Wienand, 2003; Röttger, Hoffmann & Jarren, 2003). Die Aufwertung dieser symbolischen Wertschöpfung lässt sich an einer ganzen Reihe weiterer Indikatoren aufzeigen; so schlägt sie sich gleichfalls in veränderten Konsumgewohnheiten („Erlebnisorientierung“) wie in entsprechenden Unternehmensaktivitäten und -ausgaben nieder („Corporate Citizenship“, „Corporate Social Responsibility“). Wir bewahren den Begriff der Symbolgesellschaft vom Pleonasmus einer Symbole verwendenden Gesellschaft, indem wir beschreiben, wie in ihr die Prozesse der Symbolproduktion und die kommunikativen Prozesse zum Bestandteil des industrialisierten ökonomischen Produktionsprozesses geworden sind. Dabei haben sich drei Interpretationsdimensionen herauskristallisiert, durch die eine Symbolgesellschaft gekennzeichnet wird.
Der Begriff der Symbolgesellschaft stellt eine Weiterentwicklung bisheriger Gesellschaftsbegriffe dar und schliesst diese gedanklich ein. Der Begriff des Symbols umfasst sowohl die Zeichenseite der Information wie auch das mit dem Interpretanten des Symbols verbundene Wissen. Weil das Wissen der Zielgruppe, d.h. das Ensemble der Interpretanten, für das kommunizierende Unternehmen das interessierende (intangible, soziale) Kapital darstellt, aber das kommunikative Handeln sich wesentlich mit Information und Medien abgeben muss, soll mit dem Begriff der Symbolgesellschaft nicht nur die diese umfassende Breite, sondern insbesondere der Fokus auf den wirkenden Teil der Symbole ausgedrückt werden.
Wir wollen also als Symbolgesellschaft eine Gesellschaft bezeichnen, bei der die Prozesse der Produktion und des Austausches von Symbolen industrialisiert ablaufen. Das bedeutet nicht nur grosse Volumina, Skaleneffekte und dergleichen mit der industrialisierten Produktion zusammenhängenden Elemente, sondern primär Wettbewerb und Markt und den damit verbunden Selektionsdruck. In einem solchen Umfeld entstehen mannigfache Symbolproduktionssysteme wie Medienindustrie, Marketing und PR, aber auch Institutionen wie Spiele, die um Sport (Olympiade, Fussballweltmeisterschaften, Formel-1 etc.) oder andere Wettbewerbe organisiert sind, bis hin zu den Computerspielen im Cyberspace.
Diese Symbolproduktionsprozesse sind technikgestützt. Die Gesellschaft des beginnenden 21. Jahrhunderts ist geprägt durch die zunehmende Präsenz und Wirksamkeit der digitalen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Das Internet kann stellvertretend für diese neue Informationsinfrastruktur stehen, obwohl weitere Netze zu nennen wären. Durch diese IKT-Infrastruktur integrieren die Informationssysteme der Organisationen, zeitigen globale elektronische
Organisationsimages einer aussschliesslich kommunikativen Konstruktion unterliegen können oder entsprechend steuerbar wären.
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Marktplätze (wie elektronischen Wertapierbörsen und eBay), globale virtuelle Produktionsräume, Unterhaltungswelten wie bei Computerspielen und Kommunikationsräume für Gemeinschaften aller Art. Wir erleben gegenwärtig die immer engere Integration dieser interaktiven Plattformen in das traditionelle Mediensystem. Ziel und Mass dieser Symbolproduktionsprozesse ist das Erzielen von Wirkung bei den Empfängergemeinschaften. Dort, in der Welt der Empfänger, wird letztlich Nutzen generiert. Er ist die Grundlage für die Wertschöpfung beim Sender, in unserem Falle dem Unternehmen. Nachrichten, Medienauftritte, Marken und andere Symboltypen lenken oder beeinflussen das Verhalten von Stakeholder-Gruppen. Sie müssen folglich und können auch in bestimmtem Umfang gemanagt werden. Organisationen sind sich dieser Zusammenhänge seit längerem bewusst. Die Organisationskommunikation untersucht die Verbindung zwischen Organisationshandeln und der Kommunikation nach innen. Das Marketing kommuniziert gegenüber dem Kunden. PR versucht, die Öffentlichkeit geeignet zu informieren. Krisenkommunikation, Change Communication, Issue Management sind weitere Manifestationen dieses Kommunikationsmanagements.
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Kommunikationsmanagement
Für Unternehmen ist es existentiell, dass die Stakeholder ihnen gegenüber ein günstiges Verhalten an den Tag legen, ihnen Vertrauen entgegenbringen, ihre Leistungen und Produkte in Anspruch nehmen. Die dazu notwendigen Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen werden wesentlich durch die kommunikationsbasierte Symbolproduktion des Unternehmens geformt. Folglich ist das Ensemble der Interpretanten seiner Unternehmens- und Produktsymbole eine Ressource, die sein Überleben beeinflussen, insbesondere sein Einkommen, aber auch Handlungsspielräume und Risiken. Das Ensemble der Interpretanten dieser Symbole in den Köpfen seiner Anspruchsgruppen ist für das Unternehmen somit Kapital – eine Form sozialen Kapitals. Beispiele sind positiv besetzte Marken wie Coca Cola oder Rolex; Beispiele für problematische Konnotationen sind die umstrittene Biotechnologie, Tropenhölzer oder Pelze von Wildtieren. Wenn die Produkt- und Unternehmensbilder der Anspruchsgruppen des Unternehmens zentral für dieses soziales Kapital (auch: Stakeholder-Kapital (Schmid, Lyczek 2006)) sind, so erhebt sich die Frage nach dem Management dieses intangiblen Kapitals, spätestens dann, wenn es die Grössenordnung der klassischen Kapitalformen erlangt, wie bei vielen Markenprodukten und Firmennamen. Wir haben gezeigt, dass es heutzutage stärker als durch direkte Erfahrung durch symbolische Interaktion, d.h. kommunikativ gebildet bzw. beeinflusst wird: Es entsteht durch Interpretanten der
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das Unternehmen und seine Produkte repräsentierenden Symbole. Kommunikationsmanagement hat das Mandat, dieses Kapital zu pflegen, ist also letztlich Management sozialen Kapitals. Wir wollen nun auf Elemente eines so aufgefassten Kommunikationsmanagements eingehen. Eine systematische Behandlung des Themas kann hier nicht geleistet werden. Wir beschränken uns auf die Behandlung von Unternehmen. Die Ausführungen lassen sich sinngemäss auf seine Produkte übertragen. Wir nennen die zu erfüllenden Aufgaben und gehen nicht ein auf das Wie und deren heutige Institutionalisierungen im Unternehmen. Solche Fragen der Operationalisierung eines in unserem Sinne verstandenen Kommunikationsmanagements müssen separat beantwortet werden. Auch wenn das Bild des Unternehmens kommunikativ vermittelt wird, ist die Basis für die Interpretation des Unternehmens zuletzt immer sein effektives Verhalten. Das gilt für die symbolische Interpretation von beliebigen Dingen, wie wir bereits betont haben. Wir haben darauf hingewiesen, dass auch Handlungen symbolischen Charakter haben. Sie sind für die Bedeutungserzeugung die letztlich primären Grössen. Deshalb muss ein günstiges Unternehmensbild beim unternehmerischen Handeln ansetzen. Kurzum: blosses Schönreden kann nicht nachhaltig sein. Und: eine negativ aufgeladene Symbolik lässt sich nur schwer wieder korrigieren. Die Firma ENRON beispielsweise hat durch ihre Bilanzfälschungen nicht nur das Unternehmen selbst und Tausende von Mitarbeitern geschädigt sondern auch ihre Wirtschaftprüfungsgesellschaft Arthur Anderson in den Abgrund gerissen. Der entstandene materielle Schaden ist zweifellos immens. Der immaterielle Schaden ist schwerer zu beziffern, aber vielleicht noch grösser: erhebliche Unsicherheiten an den Finanzmärkten, der Vertrauensverlust in die Pension Funds, die Zusatzkosten, die durch die strengeren Anforderungen an Rechnungslegung und Bilanzierung durch den Sarbanes-Oxley-Act für an der NYSE kotierte Unternehmen entstehen. Es geht also zuerst um die Steuerung unternehmerischen Handelns als Definition von Unternehmensmanagement. Auch Kommunikationsmanagement muss deshalb beim unternehmerischen Handeln selbst beginnen. Umgekehrt: Dieses darf nicht nur unter den Aspekten der klassischen betrieblichen Funktionen (Produktion, Finanzen etc.) betrachtet werden, es muss auch mit Blick auf seine Stakeholder-Wirkung, d.h. seine kommunikativ-symbolische Bedeutung gesteuert werden. Oder: Der Fokus auf die klassischen Kapitalformen ist um jenen auf das soziale Kapital zu erweitern. Was heisst das nun? Der Management-Prozess beginnt mit einem Selbst-Bild des Unternehmens, mit einer Vision, einem Leitbild. Das muss als ganzheitliches Bild Symbolcharakter haben und die eigene Positionierung zunächst nach innen kommunizieren. Dieses Selbst-Bild antwortet auf die Frage: Wer sind wir? Es geht also um die Identität der „Corporate Persona“. Diese Identität verlangt wie alle Identität mit personalem Charakter die Internalisierung der externen Blicke der Stakeholder (Mead 1978). Das Unternehmen muss sich auch fragen: Wer sind wir für unsere Anspruchsgruppen? Wer oder was
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
wollen wir für sie sein – für die Kunden, Mitarbeiter, Eigentümer und Finanzmärkte, den Staat und die verschiedenen Öffentlichkeiten? Diese Bilder werden unterschiedlich sein, wie ein Markenprodukt verschiedene Zielgruppen unterschiedlich anspricht. Sie müssen aber letztlich konsistent sein, also unterschiedliche Perspektiven auf eine glaubwürdige Persönlichkeit vereinen (Corporate Identity). Das Corporate Design soll ihr sinnlichen Ausdruck verleihen, ein Gesicht geben, die ganzheitlich gefasste Corporate Governance ihre handlungsleitenden Prinzipien nennen (Bleicher spricht in diesem Zusammenhang von Unternehmensverfassung (Bleicher 2004)). Die Reflexion auf die Blicke der Andern muss dann den ganzen Managementzyklus begleiten – die Strategieentwicklung, ihre Operationalisierung und Implementation in den verschiedenen Unternehmensbereichen, sowie das Controlling. Das Kommunikationsmanagement muss in diesem ganzen Managementkreis Stellvertreter und Anwalt der abwesenden Stakeholder sein. Das kann es nur, wenn es diese zum einen kennt und zum andern in den Managementprozess einbezogen ist. Kommunikationsmanagement ist deshalb integraler und notwendiger Bestandteil des Unternehmensmanagements, nicht eine gelegentlich zu Hilfe gerufene Unterstützungsfunktion. Das Unternehmen als sich in bestimmter Weise verhaltendes physisches System wird von seinen Stakeholdern in ihren jeweiligen Lebenswelten symbolisch gedeutet. Ihr symbolisches Bild (der Interpretant des Symbols Unternehmen in Abb. 2) entsteht durch die gedeuteten Auftritte des Akteurs Unternehmen auf den verschiedensten Bühnen, auf denen er seinen Partnern direkt oder medial vermittelt begegnet. Die symbolische Deutung ist, wie oben dargestellt, „sozial konstruiert“, kommunikativ erzeugt. Diese die Deutung konstituierende und fortlaufend verändernde Kommunikation geschieht sowohl in Diskursen, in die das Unternehmen nicht selbst aktiv einbezogen ist, wie auch in solchen, in denen es aktiver Diskursteilnehmer ist. Es kommuniziert dann durch seine visuelle und sonstige ästhetische Gestalt, die es sich gibt – in Gebäuden, Mitarbeiterauftritten, Logos etc. Und es kommuniziert über das, was es „sagt“, über die Informationen und Symboliken, die es über sich „broad cast“ über die traditionellen Medien (Geschäftsberichte, Medienmitteilungen etc.) und „narrow cast“oder „peer to peer“ (Corporate Blogs etc.) verbreitet. Es ist das industrialisierte Mediensystem in Verbindung mit der Globalisierung der Märkte, das der Kommunikation nun einen Stellenwert gibt, der sie nicht mehr als Zusatz und Unterstützungsprozess zu behandeln gestattet, sondern sie zwingt, sich als entscheidend wichtigen Teil des Wertschöpfungsprozess selbst aufzufassen. Die Produktion der das intangible Kapital erzeugenden oder beeinflussenden Symbole und ihre Kommunikation müssen in einem industriellen Umfeld als industrielle Prozesse gemanagt werden. Zwar gibt es nach wie vor regionale Märkte, die kommunikativ und oft auch produktiv immer noch so funktionieren, wie früher. Dazu gehören lokale Dienstleistungen und Handwerk. Aber wichtige Märkte sind global geworden. Hier treten Anbieter Kunden gegenüber, die sie nicht kennen. Die Vermittlung von Bildern folgt hier andern Gesetzen und muss transkulturell gelingen. Diese Bilder müssen zuerst vermittelt werden, bevor Produkte verkauft werden können, global und in 361
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immer kürzerer Zeit. Hier, in dieser globalen Kommunikationswirtschaft, gelten die neuen Gesetze. Nur über Kommunikation sind diese Ziele zu erreichen. Neben der Bedienung der traditionellen Medien und dem Management der betriebseigenen, immer wichtiger werdenden digitalen Medien geht es um die Schaffung geeigneter Botschaften, d.h. von Symbolen. Der kommunizierende Akteur produziert diese Symbole mit Blick auf die Empfänger, seine Zielgruppen. Er intendiert geeignete Bilder, Empfindungen und Gedanken. Bewirtschaftet werden somit letztlich Bezirke des individuellen und kollektiven Bewusstseins der Zielgruppen, mittels Zeichen und Sprache, um die gewünschten Reaktionen (Kauf-, Spende-, Stimmverhalten, Kreditvergabe, etc.) zu erzielen. Wertschöpfung in Wettbewerbsmärkten beginnt für Unternehmen in den Köpfen der Stakeholder, mit der Bildung des sozialen Kapitals, das die Zielgruppen in ihren Bilden und ihrem Wissen zum Unternehmen und seinen Produkten für dieses darstellen. Dieses Kapital muss es durch Kommunikation beeinflussen – in Ergänzung zum unternehmerischen Handeln: Das Unternehmen muss handeln und sprechen zugleich, als ganzheitlicher Akteur, gleichsam Körper und Geist. Deshalb muss das Kommunikationsmanagement mit dem herkömmlichen Leistungsmanagement zu einer Einheit verschmolzen werden. Da sich der Fokus der wertschöpfenden Tätigkeiten unserer Wirtschaft in der Symbolgesellschaft mehr und mehr in den kommunikativen Bereich der medial vermittelten sozialen Konstruktion symbolischer Wirklichkeiten und Güter verlagert – oder volkswirtschaftlich: weil der Anteil symbolischer Werte am Bruttosozialprodukt der fortgeschrittenen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften stetig steigt – ist es für hoch entwickelte Gesellschaften von entscheidender Bedeutung, im Bereich des Kommunikationsmanagements und in der Produktion von intangiblen Gütern über Exzellenz zu verfügen. Die kommunikative Herstellung dieser symbolischen Güter erfolgt zwar zum Teil selbstorganisiert, zu einem entscheidenden Teil aber gelenkt durch Managementfunktionen wie Unternehmenskommunikation und Marketing. Die Herstellung und Sicherung der intangiblen Komponenten der Unternehmens- und Produktwerte wie Vertrauen oder Reputation kann nicht in Billiglohngebiete verschoben werden. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Sphäre der medienvermittelten Kommunikation und mit den durch sie geschaffenen Gütern verlangt nach einem integralen Ansatz, der sich mit den kommunikativ erzeugten Wirklichkeiten, d.h. mit den symbolischen Bedeutungen und Werten der Unternehmung und ihrer Produkte und Dienstleistungen befasst. Dieser Ansatz muss auch die Funktions- und Organisationsdimensionen der gesellschaftlichen Institutionen miteinbeziehen, die für den Umgang mit unseren kommunikativ erzeugten Wirklichkeiten in Wirtschaft und Gesellschaft verantwortlich zeichnen. Sie muss deskriptiv und normativ, theoretisch und praktisch ausgerichtet sein.
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
Berücksichtigen wir die vielen differenzierten Anspruchsgruppen, die ein Unternehmen kommunikative bedienen muss, so wird deutlich, dass ein integrales Kommunikationsmanagement eine komplexe Aufgabe ist. Komplex vor allem dort, wo es um die Schaffung von einschlägigen Voraussetzungen im Unternehmen geht (strategische und konzeptionelle Anlage des Kommunikationsmanagement) und wo es um die Prozesse der Erschaffung und Übermittlung der richtigen Botschaften und Komponenten geht, die zum Bild des Unternehmens und seiner Produkte beitragen sollen (operative Dimension des Kommunikationsmanagement). Die Resultate des Kommunikationsmanagements hingegen dürfen nicht zu komplex ausfallen, sondern müssen in der Lage sein, die Assoziation der gewünschten Bedeutungswelten bei den jeweiligen Zielgruppen zu ermöglichen. Komplexe Konstruktionen, wie Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Lifestyle, soziale Gruppenzugehörigkeit, Ease of use etc. können nicht in jeder Kommunikationssituation zwischen Unternehmen und Unternehmenspartner neu von Grund auf konstituiert werden. Daher bedarf es der Symbole, die diese komplexen Assoziationen bündeln. Aus alledem erwächst die zunehmende Aufwertung der Steuerung von Kommunikation in der Symbolgesellschaft. Um die hierin liegenden Chancen für Innovation und Wertschöpfung zu verwandeln, muss (auch durch universitäre Ausbildung) die Expertise des Kommunikationsmanagements weiter entwickelt werden. Ziel muss es dabei insbesondere sein,
Kommunikation als Wertschöpfungsprozess zu verstehen statt als der klassischen Wertschöpfung nachgelagerter Unterstützungsprozess;
die Steuerung und Gestaltung von Kommunikation als Management eines integralen Wertschöpfungsprozesses zu verstehen;
Organisationskommunikation entsprechend aus Steuerungssicht zu modellieren und an Universitäten zu lehren (als interdisziplinäres Feld, das im Bereich Allgemeines Management/BWL ebenso gelehrt werden muss wie in der Kommunikationswissenschaft). Diese Schritte sind notwendige Voraussetzungen für ein Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft. Darunter verstehen wir in betriebswirtschaftlicher Optik die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung einer Unternehmung über die strategisch ausgerichtete, konzeptionell gestützte und operativ abgestimmte Bewirtschaftung von Symbolproduktionen als Beitrag zum Management der Kommunikationsprozesse zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt (Stakeholder) mit dem Ziel des Aufbaus sozialen Kapitals als Wertbeitrag zur Unternehmung.
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5
Zusammenfassung
Wir haben uns die Frage nach dem Management der Kommunikation aus der Sicht einer Organisation vom Typ Unternehmen gestellt. Wir haben gezeigt, dass die Kommunikation mindestens bei global agierenden bzw. in globalen Märkten präsenten Unternehmen nicht mehr als eine bloss unterstützende Funktion betrachtet werden kann, sondern als integraler Teil seiner wertschöpfenden Tätigkeit gesehen werden muss. Das verlangt nicht nur die Etablierung eines professionellen Kommunikationsmanagements, sondern eine Integration in das Unternehmensmanagement selbst, nicht als Unterstützungsprozess, sondern – wegen seiner wertschöpfenden Funktion – als Kernprozess. Der wertschöpfende Effekt wurzelt in den kommunikativ erzeugten StakeholderBildern zum Unternehmen und seinen Produkten, die das Stakeholder-Handeln lenken und so für das Unternehmen einkommenswirksam werden. Sie müssen deshalb als Kapital aufgefasst werden. Darin wurzelt unsere Auffassung von Kommunikationsmanagement als Management sozialen Kapitals. Die gewachsene Bedeutung des Kommunikationsmanagement beruht auf dem wachsenden Gewicht dieser intangiblen Kapitalformen, die immer häufiger die klassischen Kapitalformen wertmässig übertreffen. Als Grund haben wir die Globalisierung der Märkte und Medien genannt, sowie der damit einhergehende Verlust gemeinschaftlicher Symbolsysteme. Um die Natur der intangiblen Werte und den Mechanismus ihrer Bildung genauer zu benennen, mussten wir das Wesen der Symbole und ihrer Genese soweit beleuchten, wie für das Verständnis der Ausführungen zum Kommunikationsmanagement nötig: Das soziale Kapital besteht aus Aspekten dieser Symbole (in der Sprache von Peirce: ihren Interpretanten) und der sozialen Bedeutungskonstruktion, die in kommunikativen Prozessen erfolgt. Diese sind gleichzeitig gemeinschaftsbildend und produzieren so die sozialen Wertkomponenten der Symbole. Die Prozesse dieser Symbol- und Bedeutungsbildung haben sich grundlegend geändert: Wir konstatieren auf dieser Ebene seit dem letzten Jahrhundert eine eigentliche Industrialisierung, die der Industrialisierung der Warenproduktion seit dem 18. Jh. folgt. Das rechtfertigt die Bezeichnung dieser neuen Industrialisierung als Symbolgesellschaft und als Wurzel für die Veränderung der Funktion und Stellung des Kommunikationsmanagements.
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
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Kommunikationsmanagement in der Symbolgesellschaft
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IV Medien für die Kommunikation
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack (1999)
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium In J. Prasad (Ed.): Proceedings of The 1999 ACM SIGCPR Conference 'Managing Organizational Knowledge for Strategic Advantage: The Key Role of Information Technology and Personnel', 1999, pp. 222-230
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
1
A Knowledge Perspective on Business Processes
1.1
Introduction
This paper combines three major streams of recent business research and shows how they can complement each other. Specifically, it examines which possibilities exist to improve knowledge intensive processes through new media. Thus, the paper combines arguments from the knowledge management discussion (Davenport/Prusak 1998) with the approach of Business Process Reengineering (Hammer/Champy 1993) and Media Theory (Schmid et al. 1999). The paper answers the following question: “How can the management of knowledge in business processes be organized and supported?”. The paper argues that knowledge about, within and from processes can be managed in a knowledge medium and illustrates this finding through a case study from the financial industry. Furthermore, the paper demonstrates that the quality of information is a crucial element for such a knowledge medium. A knowledge medium can be defined as a technical and organizational platform of a community for the purpose of knowledge exchange between its agents (Schmid et al. 1999). The paper is divided into four sections: in the first section, we explain what it means to analyze business processes from a knowledge perspective and we classify processes in regard to their knowledge intensity and process complexity. Then, we describe our approach to improve knowledge intensive processes with the help of a knowledge medium. We illustrate this approach through the case study “Deutsche Bank” in the third section. Finally, in the fourth section, we summarize some consequences for a process methodology supported by a knowledge medium.
1.2
Processes and Knowledge: Basic Definitions
Processes describe ordered activities. Certain roles are assigned to each of these activities. Employees or machines (i.e., algorithms) are assigned to these roles. The role concept is independent of specific persons or machines. Therefore, roles can be assigned to several people or machines. Michael Hammer defines a process as a group of familiar tasks, which eventually lead to a value for the customer (Hammer 1996). He stresses the value added for the customer and describes change as a “permanent constant” among the reasons that “the customer takes the command” (Hammer/Champy 1993). Davenport sees the definition of process rather from the perspective of structured task splitting. He defines process 372
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
as “a specific ordering of work activities across time and place, with a beginning, an end, clearly identified inputs and outputs: a structure for action.” (Davenport 1993). We would like to examine processes from a knowledge perspective. For that purpose, we have to take a closer look at knowledge as a company resource. Eck proposes a generic view of knowledge. He views it as the “salvation from not knowing, which assumes questions, doubts, pressure, necessity, and demand for knowledge, curiosity” and so forth (Eck 1997). Hence, Eck emphasizes motives or the motivation for knowing. A different perspective is taken by Steinmüller who defines knowledge as networks of information, assembled for certain purposes with specific context-related conditions (Steinmüller 1993). He sees coherent information as a basis for the solution of contextrelated problems. A different definition of knowledge is proposed by Albrecht. He sees knowledge as the result of processed information by consciousness and defines it as “understood information”. (Albrecht 1993). Albrecht goes one step further than Steinmüller and underlines the necessity of understanding information before speaking of knowledge. But both definitions are not talking about the entities which are using knowledge for a specific context, aim or problem. Probst, Raub and Romhardt add the entity aspect by using individuals as entities. They define knowledge as a strategic resource and understand it as the skills and capabilities which individuals use for problem solving (Probst/Raub/Romhardt 1997). Individuals as entities are not sufficient for the aforementioned new media where artificial agents or groups of individuals play a vital role. Therefore, we introduce the term of agents for our knowledge definition. Agents can be humans, communities or information processing machines (Lechner et. al. 1998). They process information related to activities and use it effectively for potential future process decisions. According to Schmid and Lechner, the agent is one of five components (channels, roles, syntax, semantic space, protocols) defining the model of media (Schmid/Lechner 1999). Agents are able to store and produce information and to react corresponding to their prior knowledge. They interact with other agents according to an agreed-upon protocol. Furthermore, they are assigned to one or various roles with different rights and duties. Consequently, we define knowledge as information embedded in a context which is effective in an agent with possible influence for future decisions. By using our knowledge definition for processes, we come to the following conclusions:
the context of knowledge is the purpose of a process (i.e. the marketability of a new product in the product development process)
the embedded information is produced within the activities of the process and it is necessary to use it consistently within the process (e.g. test results, expert experience)
the possible influence for future decisions is given if the context-related information is actionable for the agent (also for different contexts), i.e. if the agent applies the
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Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
context-related information (e.g. if expert experience for succeeding products is taken into consideration) From these conclusions we deduce a working definition of process knowledge: Process knowledge is knowledge about, in and derived from a process. It can be communicated as context-dependent information which can become effective in an agent for future process decisions.
1.3
Attributes for Knowledge Intensive and Complex Processes
The analysis of processes from a knowledge perspective only makes sense, if processrelated potentials of knowledge exist, that is to say if it is really knowledge that makes a difference (e.g. in research-, product development-, planning- and law processes). Administrative processes like order fulfilment, delivery and inventory control are dominated by fairly structured and standardized information flows. Therefore, we need attributes to assist the decision, whether a process is knowledge intensive or not, that is to say whether it makes sense to consider a process from a knowledge perspective or not. In our point of view, there are seven attributes for describing knowledge intensity: contingency, decision scope, agent innovation, knowledge half-life (how fast it is outdated), agent impact, and learning time (see Table 1). Based on the these attributes, we define knowledge intensive processes as business processes that have a high need for innovation of the single agent who affects the results of a process directly. Knowledge intensive processes have a lower knowledge half-life than others and confront the agent with numerous options for action (option variety). In general, knowledge intensive processes require a long learning time before they can be mastered. We determine the knowledge intensity of a process according to the characteristics of the defined attributes in Table 1. The attributes can be applied to each activity and to the entire process by evaluating its characteristics. Our recommendation is to evaluate each activity of the process first and then the entire process. Thus, knowledge problems, such as lack of experience, knowledge disavowal, information overload, or missing documentation, can be recognized faster and more specifically (bottom-up approach). We suggest to represent the results by evaluation methods like scoring or rating (Schneeweis 1991).
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Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
Table 1: Attributes of knowledge intensive processes Attribute
Description
Knowledge Intensity
contingency
The agents activities are contingent because of numerous eventualities (i.e. dependent of environmental influence).
strong
The agent activities are defined and outlined (i.e. by process policies) and do not change greatly through environmental factors.
weak
The agent has several possibilities, how process-related decisions can be made.
strong
The agent has hardly any variety in his activities.
weak
The agent has to solve process problems with creativity and innovation.
strong
The processes do not require creativity and innovation.
weak
decision scope
agent innovation
half-life
agent impact
learning time
The agent’s knowledge is quickly strong obsolete, the process-related knowledge has to be updated often. The agent’s knowledge is relevant for a longer time if it is once established.
weak
The agent has major influence on the outcome of a process.
strong
The agent has minor influence on the final results of a process.
weak
The agent needs a long time period to acquire the necessary skills for his tasks.
strong
The needed skills for the agents activities can be acquired fast.
weak
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Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
Besides the knowledge intensity, we define additional attributes to describe process complexity (Table 2). The use of process complexity attributes is necessary to classify processes clearly. Furthermore, interventions are only applied successfully if we focus on complex and knowledge intensive processes. If processes have a different profile than complex and knowledge intensive, the usage of existing methods such as classical Business Process Redesign is more appropriate. In the following section, we propose a possible classification of processes according to the aforementioned attributes.
Table 2: Attributes of complex processes Attribute
Description
Process Complexity
process steps
The more steps that make up a process, the more complex its management.
high
Few process steps simplify the management of a business process.
low
If many agents are involved in a given process, coordination mechanisms need to be more complex.
high
If few agents are involved in a process, interaction schemes remain fairly simple.
low
Many interdependencies between agents and between process steps raise complexity.
high
Agents and process steps are almost independent with nearly no interdependencies.
low
The process is very dynamic because of various orders of events which have to be adjusted.
high
The process is organized in the same way at iteration.
low
involved agents
interdependency
process dynamic
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Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
1.4
Classifying Business Processes
The defined attributes of Table 1 and Table 2 enable us to examine, to evaluate and finally to classify processes by their knowledge intensity and process complexity. The classification, as stated above, can facilitate the decision process of whether an enterprise knowledge medium can be used to improve a process or not. Basically, we distinguish four process classes, as Figure 1 shows: 1.
Low process complexity combined by weaker knowledge intensity (class 1)
2.
High process complexity by weaker knowledge intensity (class 2)
3.
High process complexity by higher knowledge intensity (class 3)
4.
Low process complexity by higher knowledge intensity (class 4)
Regarding the process methods, class 1 is uninteresting. Because neither knowledge intensity nor process complexity is represented sufficiently. Processes of class 2 can be optimized by conventional Business Process Redesign methods. The optimization of processes with lower process complexity and stronger knowledge intensity in class 4 can be handled by applying the approach of improving knowledge work of Davenport (Davenport et al. 1996; Davenport et al. 1998) by such measures as liberating knowledge workers from administrative work. Processes which are interesting to optimize through an enterprise knowledge medium are located in class 3.
product innovation product development
order configuration
information management marketing r&d
new product sign-off planning
process complexity
auditing workout/recovery
editing
new business development capital projects
de cf
complaint handling leasing lending
yield analysis customer service customer communication
order fulfillment advertising
system development law strategic decision-making
low
workout/recovery marketing new business development capital projects new product sign-off complaint handling order configuration editing product development product innovation lending leasing yield analysis system development law r&d strategic decision-making customer communication customer service information management advertising planning auditing order fulfillment ...
high
Figure 1: Classification of business processes in regard to process complexity and knowl edge intensity
weak
knowledge intensity
strong
377
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
Before we are able to use an enterprise knowledge medium for processes with stronger knowledge intensity and higher process complexity, we have to classify processes regarding the requirements of the defined four process classes. The left side of Figure 1 shows the set of processes that we examined. On the right side, processes are assigned to their corresponding category. The classification is based on the evaluation of processes by the defined attributes of Table 1 and Table 2. Processes such as product innovation, product development, planning, research & development, auditing and workout/recovery are particularly interesting. In this section, we defined appropriate attributes for classifying knowledge intensity and process complexity. Furthermore, we underlined the necessity of a new process method to improve these processes. In the following section, we will explain how the knowledge perspective can be applied to business processes.
2
Managing Process Knowledge in an Enterprise Knowledge Medium
As we have seen, knowledge-intensive processes rely heavily on the experiences and know-how of the people involved. From this evident conclusion, we can derive two main questions: 1.
Which knowledge is crucial for the success of such a process (its quality and timing) and should therefore be observed more closely?
2.
How can that crucial knowledge be managed and systematically exploited?
The first question can be answered as follows: critical process knowledge consists of three types of intellectual assets, they are: the know-how regarding the management of business processes or knowledge about the process, knowledge regarding the contents of a process or knowledge that is generated during or within a business process, insights gained from a completed process or knowledge derived from a process. These three types of knowledge need to be analyzed more closely. In doing so, we will answer the second fundamental question raised above, since each of the three types of knowledge needs to be represented differently in an enterprise knowledge medium. Figure 2 represents this basic conceptual framework graphically.
378
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
Figure 2: The conceptual framework for the management of process knowledge knowledge about the process Enterprise Knowledge Medium
information quality standards
Enterprise Knowledge Medium
Review EKM knowledge lessons from the learned process
knowledge within the process
In the following three sections these tree types of relevant process knowledge will be described as well as their codification in an enterprise knowledge medium.
2.1
Knowledge about the process: Process management know-how
The first type of process knowledge can be found in explicit forms in such documents as quality manuals, process design handbooks or in workflow applications. These formats typically visualize all important process steps and their sequence and inherent logic. In implicit form, this type of knowledge lies in the heads of process owners or other people that are involved in the process. It relates to the experience they have in managing a business process, that is to say in coordinating activities, people and time during a process. These people typically know where critical process steps lie, where to contact which person, and how to detect process deviations. This type of knowledge can be rendered explicit by integrating it into the process chart, i.e., by adding key people to the visualized process steps, or mark time-critical process steps in different colors. Another way of eliciting this type of process knowledge consists in including time indications regarding the expected duration of a process steps. In summary, this type of process knowledge – knowledge about the process – should answer the following questions:
379
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
How is the process organized? What are the main steps, problems, responsibilities and deliverables?
Which are the main and which are the sub-tasks and how are they coordinated? Which resources (time, expertise, staffing, money) are necessary for the process? How are they allocated?
How is the quality of the process assured? Since this type of knowledge is often asymmetrical (not all people involved in a process have equal access to it) its integration in a knowledge medium is essential. This is especially true in times of high staff turnover. There, an enterprise knowledge medium can assure continuity and distribute knowledge about the process independently of individual expertise. In addition the codification of knowledge about the process in an enterprise knowledge medium can facilitate the reorganization of business processes. If the process steps are codified with a process modeller in a knowledge medium, then the rearrangement of those steps can more easily be performed. The changes made will also be more transparent since the knowledge medium serves not only as a process modelling tools but as a means of communication as well. This type of knowledge is mostly heuristic or procedural knowledge. It assures the effective coordination of people over time. Because of its dynamic character, it is, however, difficult to grasp and comprehend. Visualization offers a valuable aid in developing procedural notions. This, then, is another central advantage of process modelling tools which are integrated into an enterprise knowledge medium: they facilitate learning about a process.
2.2
Knowledge within the process: coordinating tasks and knowledge
The knowledge that is generated in the course of a process represents the second type of crucial knowledge which has to be captured in an enterprise knowledge medium. Examples of this type of knowledge are performed tests, written analyses, meetings outcomes, or reached agreements. The following types of questions are answered by it:
What is happening during various stages of the process? Who has done what and what are the outcomes? What is going on right now in the process? What are deviations and critical situations at the present state? The enterprise knowledge medium offers various formats for the integration of this type of knowledge into a common base. It structures the masses of generated informa380
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
tion in a way that is easily retrievable by various groups of people. By providing consistent ways of codifying knowledge, the enterprise knowledge medium facilitates the interpretation and use of the stored knowledge by the various users. What’s more, the medium can assure that crucial information is automatically forwarded to the relevant people during the process.
2.3
Knowledge derived from the process: using lessons learned for continuous improvement
At the end of every completed process, knowledge has been created through the experience which was gathered over the course of its completion. By introducing feedback loops into the process, continuous improvements can be achieved. By documenting lessons learned, insights from the process can not only benefit the people who were directly involved, but also successors in the process that can anticipate common mistakes or critical phases. An enterprise knowledge medium can systematically gather these lessons learned in the form of process descriptions (“best practices”) or key success factors. The following table shortly outlines seven main types of lessons learned which should be retained after every completion of a complex and knowledge-intensive process (see Table 3). The main questions by this type of knowledge are:
If we were to do the process all over, what would we tackle differently? Are there successful (or best) practices to be deduced from the project, that is to say can we transfer the methodology to other domains?
Are there critical success factors to be isolated? How can we further improve the process? Who was able to gain what kind of experience? How can we assure the quality of the lessons learned documented? One possibility of answering the last question lies in establishing a review board that checks the documented lessons learned for their consistency and their value for other processes. The review board can be a central mechanism to assure the information quality of such a documentation. But in order to evaluate the quality of information, a review board has to rely upon generally accepted criteria of what constitutes information quality. In the next session, we will look at one possible set of such criteria.
381
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
Table 3: Lessons learned types and their entry in an Enterprise Knowledge Medium Lessons Learned Types
Retention in an Enterprise Knowledge Medium
Committed mistakes (and how they can be prevented in the future)
Automatically triggered alerts in the process workflow
Process improvements (Standard Operating Procedures, Best Practices)
Visualized process flows or entries in a Best Practice database
Experiences with tool use (when are they to be used and how)
As testimonials or in the tool manual as an additional chapter
Typical budgeting values (how much of Sample budgeting plans, i.e. spreadsheets a resource is needed for a step) time, money etc.
2.4
Critical success factors, drivers and barriers to success
Information that can be consulted at the beginning of every process step
Critical points, tight spots in terms of the available time
Color coded areas in the process chart
Frequently asked questions (FAQs)
An edited document that is logically structured and continuously updated
Information Quality for Knowledge Media
How can the three types of knowledge discussed in the previous sections be integrated in a coherent way into an enterprise knowledge medium? We have seen that this question relies on the quality of information which is being documented. Information quality can be viewed as a central notion that unifies various approaches to ensuring that the content of an enterprise knowledge medium is really informative and thus adds value to its users. Information quality can be defined as information that is fit for use, or information that meets the expectations of its users. Information quality can also be defined as the characteristic of information to become actionable or part of one’s personal knowledge. These broad definitions needs to be specified by concrete attributes in order to be applied in the review process. The following table provides such a set of specific attributes (see Table 4). 382
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
Table 4: Attributes of information quality Attributes
Check questions
Ergonomic
Is the document browseable. Does it distinguish central and peripheral information? Is its structure transparent and logical?
Dense
Is the information to the point? Can parts be omitted? Is there a pointer to further detail information?
Media adequate
Which type of media can best represent the knowledge? How can ambiguity be avoided and media richness be used?
Comprehensible
Can the reader understand the context of the text? Is the language clear? Are the diagrams labelled?
Action-/Decision-oriented
Does the reader know what to do with the information? Is its relevancy explained or self-evident?
The quality of information can be fostered through the following seven mechanisms:
Institutions, such as review boards, editors, or document controllers. These institutions can be defined as roles in the process specifications.
IT Tools, such as templates or work flow elements that steer the user in the way he represents knowledge in an enterprise knowledge medium.
Heuristics, such as check lists or simple ways of proceeding that advice users on how to structure their information.
Standards, which define minimal criteria that information has to meet (such as the attributes in the above table).
A clearly communicated vision of what information quality means within a company and why it is important (Reuters Inc. has formulated such a vision in four main compact sentences).
Training formats, like seminars or workshops that foster the skills that provide information quality (such as technical writing, logical argumentation, “netiquette” etc.) These measures should assure that information which is documented in an enterprise knowledge medium is fit for use in various contexts. The following case study will illustrate how the three types of knowledge interact in real life and how they can be
383
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
integrated in an enterprise knowledge medium that provides users with high-quality information.
3
The Case Deutsche Bank
The following case study is based on a project of the competence centre Enterprise Knowledge Medium at the University of St. Gallen with various industry partners. With one of these partners, the financial services group Deutsche Bank, the planning process was analyzed and supported with an enterprise knowledge medium. This pilot project can be used to highlight the potential, but also the limitations of such a medium.
3.1
Planning as a complex and knowledgeintensive Process
Based on the previously defined attributes, the planning process can be categorized as a complex and knowledge intensive activity. Strategic and operational planning depend to a great extent on the know-how and experience of the individual planer (who also requires a long learning time to master the planning process). The planer has a strong impact on the final process results (since his estimations form the basis of the calculations) and he faces many options in generating planning figures. All attributes of knowledge intensive processes thus apply, as do the complexity attributes defined in Table 1.2, since the planning process involves various corporate units, various regions, and numerous planning steps which are highly interdependent. Strategic and operational planning vary, however, in terms of their standardization. Because strategic planning cannot (as of now) be consistently modelled (at least not in an enterprise knowledge medium) the current case will focus on operational (financial) planning.
3.2
Redesign of the Operational Planning Process at Deutsche Bank
Besides improving the traditional problem areas inherent in corporate planning processes, such as inflexible process designs, time lags, or inconsistent planning models,
384
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
the following questions were critical in improving the quality of the planning process at Deutsche Bank:
How can decentralized knowledge be integrated, so that a greater part of the corporate knowledge base can be used for the planning process?
How can the planning process be made more flexible in order to adapt quicker to a changing environment?
How can planning mistakes lead to vital knowledge for future planning processes (lessons learned)? To answer these fundamental questions, a prototype has been developed. In this prototype, the planning process has been reorganized to take full advantage of the possibilities of an enterprise knowledge medium as a technological and organizational platform for the exchange of information of a community (the group of financial planners in this case). In the first stage of the new process, basic planning information (such as economic indicators, goals, measures, etc.) is communicated across various organizational levels (from the group level, to regional centres, to individual banks). The communicated information then has to be completed or specified on every level according to the local knowledge that is available on that level. Crucial additional information (such as local economic indicators) are added to the common knowledge base in this early stage of the planning process. The goal of this stage is to encourage every organizational unit on the various levels to actively provide planning information and thus make inconsistencies apparent as early as possible. Following this general computer mediated “communication phase” is a phase that aims at reaching a planning consensus. Once this consensus has been reached through bilateral interactions among the various company levels, a sequential plan is laid out. A control loop concludes this activity and verifies the generated planning values. At this point, the following questions need to be answered:
What type of information is still missing? Where is the quality of the provided information insufficient? Why have some results not been accomplished? These questions can be answered by systematically providing the involved staff with knowledge within the process, knowledge about the process, and insights generated from earlier process iterations, as the next section will illustrate.
385
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
3.3
Knowledge Types in the Planning Process
In this section, we examine the planning process by using the three defined knowledge types (knowledge about, within and knowledge generated from a completed process). The knowledge about the planning process has been modelled in the enterprise knowledge medium with the help of a visual modelling tools (UBIS Bonapart). The process with its activities, needed information objects, assigned persons and time restrictions is outlined in the knowledge medium. The employee is able to access the stored information by a regulated access system. Therefore, a greater transparency regarding the organizational knowledge can be reached. The access system is combined with a workflow management system. Through that, it is possible to control the process status, identifying critical process steps and initiating required actions such as obtaining additional information. Also, the process adjustments can be included through the modelling component, i.e. a modified workflow is configured automatically (Schwan et al. 1999). The knowledge within the planning process is given by conventional quantitative data, i.e. absolute measures such as profit and expenses as well as relative measures such as profitability’s or cost-income-ratio. But what becomes more and more important is to provide planners with qualitative knowledge (the rationale behind the figures). There, we distinguish between facts, which are independent of the corporation’s planning process (e.g. evaluation about markets, competitor or customer groups) and opinions such as personal working assumption, specific comments, intuitive actions. The knowledge in the planning process becomes assigned to the appropriate process step by the process modelling. Based on the assignment, the information is available by the Workflow-Management-System and fulfils the demand for having the right knowledge at the right time at the right place with the required quality (Augustin 1990). The knowledge from the planning process is one of the most important results of the planning period. In previous times, the planning process was not adapted to the dynamic environmental conditions, i.e. systematic errors in the process were not identified and not cleaned sweep. Then, the following control process has to utilize the knowledge produced by the process and identify lessons learned. Both aspects give an answer to the question: “How can we improve processes?”. To attain the mentioned improvements, the redesign of the planning processes has to identify the additional information needed and the necessary feedback loops between the process steps. A further answer was given to the question “how is it possible to improve other processes with the knowledge gathered?”. Exemplary, we mention the transformation of the redesigned planning process of the business unit “private customers” (best practice giver) to the business unit “business customers” (best practice receiver). However, this transformation depends on the different conditions of each process. These condi-
386
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
tions lead to a further question: “which processes (process type, business unit) also have potential for the identified additional information needed (e.g. market studies)?” This section has shown that a knowledge intensive process such as planning can be improved considerably through a knowledge medium. It has also shown that the application of our methodology can reveal significant weak spots and problems of a process, such as knowledge derived from the process that was not retained or re-used properly in the Case of Deutsche Bank. In the following section, we summarize our findings.
4
Summary: Enterprise Knowledge Medium – from Prototype to Methodology
In the present paper, we have shown that processes can be fruitfully analyzed from a knowledge perspective. Specifically, we have shown that complex, knowledgeintensive processes can be distinguished from others through a series of attributes and inherent problems. We have argued that knowledge about, within and from the process has to be systematically represented in a collaborative enterprise knowledge medium. In doing so, we have seen that each type of knowledge can be codified differently: knowledge about the process can be modelled and visualized via modelling tools, thus rendering the process flow and its organization transparent to all involved employees through a workflow system; knowledge within the process has to be structured according to information quality standards – such as the ones outlined above – and distributed according to the roles of the various people involved in a process; knowledge derived from a process can be codified in the form of lessons learned. In this paper, various lessons learned formats have been specified. The benefits of an enterprise knowledge medium as an integrated platform for these knowledge types have briefly been illustrated with a case study. Future research should focus on developing a methodology of how such an enterprise knowledge medium can be implemented for various complex and knowledge-intensive processes. First tentative steps of such a methodology have been outlined in this paper. The first step of such a methodology consists of clustering processes through a rating mechanism based on the attributes of knowledge intensity and process complexity. The second step consists of identifying crucial knowledge in, about and gained from the process. A third step consists of finding adequate means of representing these three knowledge types. A fourth step would include measures that assure that the knowledge is distributed to the relevant people or rather that contacts between relevant
387
Martin J. Eppler, Patrick Seifried & Axel Röpnack
knowledge carriers are established. A fifth and final step would consist of keeping the improvement cycle going through a linkage between the three knowledge types. Knowledge gained from the process should modify the knowledge about the process and how knowledge is codified in the process. Thus, the enterprise knowledge medium can become a catalyst for continuous improvement. Future research has to be undertaken to further validate the five steps outlined above. It has to examine various real life cases of optimizing knowledge intensive processes and deduce the relevant key success factors, as well as common problems that are encountered in “reengineering” knowledge work with the help of an enterprise knowledge medium. We thank the participants of the sixth “Research Colloquium on Knowledge Management” at the Fraunhofer Institute in Berlin for their valuable comments.
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388
Improving Knowledge Intensive Processes through an Enterprise Knowledge Medium
Lechner, U.; Schmid, B.; Schubert, P.; Zimmermann, H.-D.: Die Bedeutung von Business Communities für das Management der neuen Geschäftsmedien, In: M. Englien, K. Bender (Eds), Gemeinschaften in Neuen Medien (GeNeMe98), pp 203-219, J. Eul Verlag 1998. Probst, G.; Raub, S.; Romhard, K.: Wissen Managen, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1997 Schmid, B. F.: Wissensmedien. Konzept und Schritte zu ihrer Realisierung, in Schmid, Beat (Hrsg.), Knowledge Media, Gabler Verlag, 1999, in print Schmid, B.; Lechner, U.: Wissensmedien – Eine Einführung, in Schmid, Beat (Hrsg.), Knowledge Media, Gabler Verlag, 1999 Schneeweiss, C.: Planung 1 – Systemanalytische und entscheidungstheoretische Grundlagen, Springer-Verlag, Berlin u.a., 1991 Schwan, T. /Schindler, M./Röpnack, A./Heil, M.: “Das EKM bei der Deutschen Bank, in: Schmid, B. (Hrsg.): Knowledge Media, Gabler Verlag, 1999, in print Steinmüller, W.: Informationstechnologie und Gesellschaft, Einführung in die angewandte Informatik, Darmstadt, 1993
389
Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
Hans-Dieter Zimmermann (2002)
Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte In: Schögel, M.; Tomczak, T.; Belz, Chr. (Hrsg.): Roadm@p to E-Business - Wie Unternehmen das Internet erfolgreich nutzen. St. Gallen: Thexis 2002, S. 480-500
Hans-Dieter Zimmermann
1
Zusammenfassung
Unzweifelhaft verändern die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien die Strukturen und Abläufe der Wertschöpfung in der entstehenden digitalen Ökonomie. Das Verständnis dieser Entwicklungen ist wesentlich für die Entwicklung neuartiger Geschäftsmodelle für elektronische Märkte. Es werden deswegen zunächst die Charakteristika der digitalen Ökonomie zusammenfassend präsentiert. Als ein ganzheitlicher Ansatz zur Gestaltung von elektronischen Märkten im Kontext der digitalen Ökonomie wird das Business Media-Framework vorgestellt. Dieser Ansatz betrachtet elektronische Märkte aus einer übergeordneten Perspektive.
2
Merkmale der Wertschöpfung in der Digital Economy
«A fundamental shift in the economics of information is under way – a shift that is less about any specific new technology than about the fact that a new behaviour is reaching critical mass» (Evans/Wurster 1997). Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft hin zu einer digitalen Ökonomie ist in vollem Gange und weitgehend unbestritten. In der digitalen Ökonomie basiert die Leistungserstellung wesentlich auf der Digitalisierung von Informationen und der zugehörigen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen. Das Verständnis dieser Entwicklungen ist eine entscheidende Voraussetzung für die Gestaltung neuartiger Konzepte für ökonomische Transaktionen in einer entstehenden digitalen Ökonomie. Die zu stellende Frage lautet daher: In welcher Form wird die ökonomische Leistungserstellung in Zukunft organisiert, das heisst, wie werden Strukturen und Organisationsformen der Unternehmen und Branchen zukünftig gestaltet, wie wird der Prozess der Wertschöpfung an sich organisiert? Im Folgenden soll zusammenfassend aufgezeigt werden, welche substanziellen Veränderungen der ökonomischen Leistungserstellung heute bereits beobachtbar sind und als Basis der Entwicklung neuartiger Geschäftsmodelle verstanden werden müssen. Dazu werden Merkmale der Wertschöpfung im Kontext der Digital Economy, so wie sie sich heute erkennen lassen, zusammenfassend skizziert (vgl. Zimmermann 2000).
392
Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
2.1
Strukturen
Die Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnik erlauben prinzipiell die Reduzierung von Stufen in einem Wertschöpfungsprozess, zum Beispiel die Ausschaltung von Gross- oder Einzelhandel (vgl. Benjamin/Wigand 1995), die Umgehung traditioneller Börsen, zum Beispiel durch den direkten Aktienhandel über das Internet, oder die Umgehung von traditionellen Banken durch die Möglichkeit des Direktzugriffs auf Hersteller, Grosshändler oder Broker beziehungsweise Börsen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Disintermediation. Neben der Eliminierung von Intermediären entstehen parallel dazu neue Intermediäre, man spricht dann von einer Reintermediation. Diese haben aus der Perspektive der Transaktionskosten vor allem dann eine ökonomische Berechtigung, wenn durch ihre Existenz die Transaktionskosten wie zum Beispiel die Suchkosten im Vergleich mit dem Direktkontakt reduziert werden können (vgl. Sarkar et al. 1995). Neue Intermediäre lassen sich unter anderem in die Kategorien Aggregatoren (Optimierung von Auswahl, Preis etc.), Integratoren (Value Chain / Prozessintegration), Marktveranstalter, Community Manager und Value Added Service Provider einordnen. In engem Zusammenhang mit der Dis- und Reintermediation ist die Entstehung netzwerkartiger Strukturen zu sehen, die zum Beispiel von Selz als Wertschöpfungsnetze beziehungsweise «Value Webs» bezeichnet werden (vgl. Selz 1999): Traditionelle, oft hoch integrierte Wertschöpfungsketten werden zunehmend «disintegriert». Teile der traditionellen Wertschöpfungskette werden entweder völlig umgangen, zum Beispiel durch den Direktzugriff auf einen Hersteller, oder werden über Strukturen mit stärkerer marktlicher Koordination bezogen und in den Wertschöpfungsprozess integriert. Tapscott et al. Bezeichnen diese neu entstehenden Strukturen als «Business Webs» (Tapscott et al. 2000), Bovet und Martha bezeichnen das Phänomen als «Value Net» (Bovet /Martha 2000). Als Folge der Disintegration traditioneller Wertschöpfungsketten findet tendenziell eine Modularisierung der Wirtschaft statt (vgl. Hagel /Singer 1999; Baldwin/ Clark 1997): Es entstehen zunehmend kleinere Organisationseinheiten, die sich auf die Erbringung weniger (Kern-)Kompetenzen in einem Wertschöpfungsnetz konzentrieren und damit eine klar definierte Rolle im Wertschöpfungsprozess übernehmen. Durch die Reduktion der Transaktionskosten im Sinn der Koordinationskosten aufgrund der neuen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen sind marktliche Koordinationsmechanismen vielfältiger einsetzbar. Ein Beispiel ist die Nutzung unterschiedlicher Auktionstypen in den verschiedensten Anwendungsbereichen.
393
Hans-Dieter Zimmermann
2.2
Wertschöpfungsprozesse
Neuartige Prozesse der Wertschöpfung werden zunehmend von Kunden initiiert, die ihre individuellen Bedürfnisse formulieren, wodurch ein Wertschöpfungsprozess angestossen wird. Beispiele sind neben dem Dienstleistungssektor (z. B. Finanzdienstleistungen, Tourismus) die Musikindustrie (individuelle Zusammenstellung einer Musik-CD) oder Hardware-Hersteller wie Dell, die nach dem «Build-to-Order»Prinzip organisiert sind. Im Gegensatz zu traditionellen Wertschöpfungsprozessen wird hier kein Produkt für ein definiertes Kundensegment entwickelt und produziert, sondern aufgrund eines individuellen Bedürfnisses des Wertschöpfungsprozesses definiert und angestossen. Der Kunde wird also in den Design- und Produktionsprozess integriert. Schmid weist in seinem Buch «Was ist neu an der digitalen Ökonomie?» (vgl. Schmid 2000b) insbesondere auf die zunehmende Bedeutung des Kommunikationsmanagements im Zusammenhang mit dem Produktdesign hin. Aufgrund dieser Umkehrung des Wertschöpfungsprozesses kommt dem Management der Kundenbeziehung im Kontext elektronischer Märkte eine besondere Bedeutung zu.
2.3
Produkte
Insbesondere bei informationsintensiven Produkten ist eine Disintegration von Inhalt, Kontext und Infrastruktur zu beobachten (vgl. Rayport/Sviokla 1994). Aktuelle Beispiele sind das so genannte «Depackaging» in der Musikindustrie, die getrennte Verwertung von Nachrichten und Anzeigen im Bereich des Electronic Publishing oder die Entwicklung von so genannten «elektronischen Büchern» (E-Books). Elektronisch verfügbare Inhalte (Content) sind im Prinzip, unabhängig von einem bestimmten Kontext (z. B. dem Layout einer Zeitung oder Anordnung von Musikstücken) und einer definierten Infrastruktur (z. B. Zeitungen und CDs mit ihren jeweils definierten Distributionskanälen), beliebig kombinierbar und mit weiteren Inhalten bündelbar. Dadurch rückt das Management der Inhalte als Basis der Geschäftstätigkeit in den Mittelpunkt des Interesses klassischer Medienanbieter; traditionelle Kompetenzen wie zum Beispiel das Herstellen und der effiziente Vertrieb von CDs oder das Herstellen von Printprodukten rücken allmählich in den Hintergrund. Auf der Basis der Dekomposition insbesondere bei informationsintensiven Produkten, entstehen neuartige Produkte durch die flexible Konfiguration der verfügbaren Elemente. Typische Beispiele sind der Direktbezug von Nachrichten oder Finanzinformationen, deren fast beliebige (individualisierte und personalisierte) Kombination mit beliebigen, auch multimedialen, Inhalten oder die Möglichkeit des Erwerbs beliebiger Einzelstücke einer Musik-CD.
394
Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
2.4
Infrastrukturen
Neue Internet-Zugangsinfrastrukturen ermöglichen völlig neue Anwendungen. Nach der zunehmend allgemeinen Verfügbarkeit des stationären Zugangs zum Internet steht momentan der mobile Zugang im Mittelpunkt der Diskussion. Unter dem Stichwort «Mobile E-Commerce» werden neue Gestaltungsoptionen der Wertschöpfung unter Berücksichtigung des Faktors Mobilität entwickelt. Die Realisierung von neuartigen Wertschöpfungsstrukturen und -prozessen erfordert neuartige, elektronische Plattformen für die Kommunikation und den Informationsaustausch, die heute insbesondere auf der Basis des Internets entstehen; Beispiele sind elektronische Marktplätze, die gegenwärtig im Business-to-Business-Bereich entstehen. Die Leistungserstellung auf der Basis neuer Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen erfordert neue Typen von Marktdiensten im Sinn einer DiensteInfrastruktur. Beispiele sind vertrauensbildende Zahlungsverkehrs- oder Logistikdienste.
3
Das Business Media Framework: ein Ansatz zur Gestaltung von elektronischen Märkten
Im Folgenden wird das Business Media Framework als ganzheitlicher Ansatz zur Gestaltung von elektronischen Märkten im Kontext der digitalen Ökonomie vorgestellt. Dieser Ansatz betrachtet elektronische Märkte aus einer übergeordneten und nicht aus einer unternehmenszentrierten Perspektive.
3.1
Das Medienkonzept
In Anbetracht der skizzierten Herausforderungen im Kontext der zukünftigen Gestaltung der wirtschaftlichen Leistungserstellung werden Gestaltungskonzepte notwendig, die vor dem genannten Hintergrund die Analyse und das (Re-)Design von elektronischen Märkten ermöglichen. Traditionelle Ansätze zur Neugestaltung der Leistungserstellung wie zum Beispiel das Business Process Reengineering (BPR) sind ganz offensichtlich nicht ausreichend, um dieses Ziel zu erreichen.
395
Hans-Dieter Zimmermann
Im Folgenden wird das Business-Media-Konzept vorgestellt, das im Sinn eines Frameworks das Management von elektronischen Märkten im genannten Kontext unterstützt. Das Business Media Framework stellt dabei einen generischen Rahmen dar, der in einem konkreten Kontext entsprechend detailliert und fokussiert werden muss. Grundlage des Business Media Framework bildet das Konzept des Mediums, wie es von Schmid entwickelt wurde, und basiert dementsprechend auf dem Medienreferenzmodell (MRM) (vgl. Schmid 2000a und Schmid 1999). Elektronische Märkte werden als Medium verstanden, das den teilnehmenden Agenten ortsunabhängig den marktlichen Tausch ermöglicht und sie in allen Transaktionsphasen mit den von ihnen benötigten Funktionen und erforderlichen Diensten unterstützt (vgl. Schmid 1999, S. 32). Agenten werden verstanden als Individuen, Organisationen (z.B. Unternehmen) oder Software-Agenten. Der Begriff des Mediums wird hier «im Sinn einer den Austausch ermöglichenden Plattform» (Schmid 1999, S. 33) verstanden. Ein Medium besteht demnach aus einem so genannten Kanalsystem, das den eigentlichen Transport von Informationsobjekten über Raum und Zeit ermöglicht, einer Logik, das heisst einer Sprache (Syntax) mit gemeinsamer Semantik, sowie einer Organisation, das heisst einerseits einer Aufbauorganisation, insbesondere der Definition von Rechten und Pflichten der beteiligten Agenten, das heisst der Rollen jedes Agenten, und andererseits der Ablauforganisation, insbesondere der Definition von Abläufen mittels Protokollen und Prozessen (vgl. Schmid 1999, S. 33). Elektronische Medien werden mit Mitteln der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) realisiert. Zentral ist im Zusammenhang mit dem Medienkonzept der Begriff der Community (Gemeinschaft). Medien dienen einer definierten Community als Austauschplattform, die konkrete Ausgestaltung des Mediums ist determiniert durch die jeweilige Community und ihre Absichten und Ziele. Gemeinschaften beschreiben den Zusammenschluss von unabhängigen und verteilten Agenten, die eine gemeinsame Sprache und Welt sowie Werte und Interessen teilen. Über ein Medium sind die Agenten gemäss ihrer eingenommen Rollen verbunden, das heisst, sie kommunizieren. Die Mitglieder der Gemeinschaft können sowohl gleiche als auch komplementäre Interessen haben (vgl. Lechner et al. 1999). In Business Communities ist das Generieren von ökonomischen Werten das verbindende Element. Je nachdem, welche konkrete Community oder Teil-Community betrachtet wird, ist die ökonomische Motivation mehr oder weniger stark ausgeprägt. Rein ökonomisch motivierte Communities betrachten keine weiteren Bedürfnisse ihrer Mitglieder. In ökonomisch-sozial motivierten Communities spielt zwar die ökonomische Motivation eine wichtige Rolle, andere soziale Bedürfnisse der Mitglieder werden aber ebenfalls berücksichtigt. Solche sozialen Bedürfnisse sind nach Hagel und Armstrong «Interest», «Relationship» und «Fantasy» (Hagel /Armstrong 1997, 18 ff.). Das Business Media Framework (vgl. unter anderen Hoffmann et al. 1999; Schmid 1999; Schmid 2000a) verbindet ein Ebenen- mit einem Phasenmodell. Die Phasen und Ebenen beziehungsweise Sichten werden im Folgenden erläutert.
396
Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
3.2
Die Phasen des Ordnungsrahmens
Die Phasen symbolisieren die verschiedenen logischen Schritte, die zur Abwicklung einer ökonomischen Transaktion notwendig sind (vgl. Abbildung 1). In der Wissensphase (Knowledge) tauschen die Agenten Informationen aus. Dabei verändert sich das Wissen der Agenten. Bei Markttransaktionen geht es beispielsweise um Informationen zur Identifizierung von potenziellen Anbietern und/oder Kunden, Marktinformationen, Produktspezifikationen, Preisen und Konditionen oder rechtlichen Fragen. In der Willensbildungsphase (Intention) bilden die Agenten konkrete Tauschabsichten (Kauf- bzw. Verkaufsabsichten) und äussern diese. Ergebnis sind Gebote in Form von bestimmten Angeboten beziehungsweise Nachfragen. Ihre Verbindlichkeit wird in den einzelnen Geschäftsmedien geregelt. In der Verhandlungsphase (Agreement) findet die Verhandlung statt, die im Erfolgsfall mit einem Vertrag endet. Es werden die detaillierten Austauschbeziehungen zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft verhandelt, formalisiert und als Kontrakt externalisiert. In der Abwicklungsphase (Settlement) werden die vereinbarten Leistungen entsprechend den Kontrakten erbracht. Es wird der Transport vorgenommen und bezahlt. In dieser Phase wirken die waren- und finanzlogistischen Transaktionen mit ihren unterschiedlichen Prozessen und Dienstleistern.
Abbildung 1: Das Business Media Framework
Knowledge
Business Community V iew
Infrastructure V iew
Agreement
Settlement
Business Model / Business Community (e.g., Roles, Protocols, Rules, Logical Space)
Implementation V iew
Transaction V iew
Intention
Business Process
Information
Offers/ Demand
Contracting
Logistics/ Payment
Trust Building Services
Information and Communication Infrastructure
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Hans-Dieter Zimmermann
3.3
Die Sichten des Ordnungsrahmens
Im Folgenden werden die Sichten (Views) des Business Media Framework zunächst im Überblick erläutert. Anschliessend werden die Business Community View und die Transaction View näher betrachtet. Die Gemeinschaftssicht (Business Community View) definiert auf dieser normativen Ebene die generellen Ziele des Geschäftsmediums, das heisst die Normen und Spielregeln sowie die Eckpfeiler des Geschäftsmodells, die darauf ausgelegt sind, die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Mediums zu ermöglichen. Abgeleitet aus den normativen Missionen werden aus einer strategischen Perspektive im Rahmen der Gemeinschaftssicht die grundlegenden (Organisations-) Strukturen sowie die strategischen Programme des betreffenden Geschäftsmediums definiert. Die Implementierungssicht (Implementation View) führt die in der Gemeinschaftssicht festgelegten Anforderungen ein. Die Rollenbeschreibungen werden konkretisiert und mithilfe von Diensten der Transaktionssicht implementiert. Die Protokolle werden zu Prozessen konkretisiert. In der Transaktionssicht (Transaction View) werden Dienste bereitgestellt, die die Realisierung der Geschäftsprozesse erlauben, die zur Implementation der Geschäftssicht benötigt werden. Diese Dienste können nach Transaktionsphasen untergliedert werden und sind somit spezifisch für die einzelnen Phasen. Sie erhalten zudem in elektronischen Märkten eine generische Gestalt (vgl. Schmid 1999). Diese Dienste werden auch als Marktdienste bezeichnet und stellen die notwendige Infrastruktur zur Realisierung von Geschäftsmedien wie beispielsweise elektronischen Märkten dar. In der Infrastruktursicht (Infrastructure View) werden die Kommunikations- und Transportinfrastrukturen definiert, zum Beispiel das Internet mit den zugehörigen Netzwerkdiensten. Diese Infrastrukturen sind notwendig, um die darüber liegende Schicht der Marktdienste zu realisieren. Bei der Analyse beziehungsweise der Gestaltung eines Business-Mediums ist das Business Media Framework folgendermassen zu interpretieren: Auf der Business Community View wird die Community, für die das Medium gestaltet wird, und das entsprechende Geschäftsmodell des Mediums definiert. Die Transaction- und die Infrastructure View bilden zusammen das Kanalsystem und definieren die verfügbaren Dienste- beziehungsweise Informations- und KommunikationstechnologieInfrastruktur, mit deren Hilfe das Medium realisiert wird. In der Implementation View wird nun das gewählte Design der Community auf der Basis der verfügbaren Infrastruktur realisiert, das heisst implementiert.
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Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
3.4
Die Business-Community-View
In der Geschäfts- beziehungsweise Gemeinschaftssicht wird die durch gemeinsame, in der Regel wirtschaftliche, Interessen motivierte Community und ihre jeweiligen TeilCommunities und das zugehörige Geschäftsmodell definiert. Ein typisches Beispiel ist die Community der verschiedenen an der Erstellung eines ökonomischen Werts, das heisst eines Produkts oder einer Dienstleistung, beteiligten Instanzen. Es wird die Organisation des Mediums mit Rollen (Anforderungen an Agenten, Rechte/ Pflichten von Agenten) und Protokollen (erlaubte oder gebotene Abläufe) festgelegt. Beispiel für ein solches Protokoll ist die Beschreibung der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager bei einer Auktion. Abbildung 2 zeigt beispielsweise verschiedene Communities im Kontext der Logistik. Hier wird unterschieden zwischen einer primären, einer sekundären und einer unterstützenden Community (vgl. Hoffmann 2001, S. 191). Die Business Community View definiert auf der normativen Ebene das grundsätzliche Geschäftsmodell des Mediums.
Abbildung 2: Communities im Kontext der Logistik (Hoffmann 2001, S. 191)
Primary Community
Mediator Customer of a logistics Service
Supplier of transport Service
Transport Planer
Secondary Community
Transport Manager Qualitiy Control
Platform Provider
Transport Optimizer
Carrier
Insurance Customs Service
Payment Service Contracting Service
Trusted Third Part Rating Service
Support Community
Registry Departments
Auf dieser abstrakten Ebene werden im Wesentlichen sechs Building Blocks definiert (vgl. Alt /Zimmermann 2001): Neben der bereits erläuterten Organisation der relevanten Community (Structure) ist dies die Definition der grundsätzlichen Mission des Mediums, der grundsätzlichen Definition der Protokolle, zum Beispiel die Definition der einzusetzenden Koordinationsmechanismen und Überlegungen zur Rolle des
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Kunden im Rahmen des Wertschöpfungsprozesses. Darüber hinaus sollen auch prinzipielle Erwägungen über die Geldflüsse berücksichtigt werden. Dies alles muss vor dem Hintergrund von legalen und technologischen Optionen, aber auch entsprechenden Restriktionen bedacht werden. Insbesondere die Überlegungen zu den Eckpfeilern des Geschäftsmodells eines Business-Mediums wie zum Beispiel eines elektronischen Marktes sind wesentlich für seine nachhaltige Entwicklung. Nicht konsequent durchdachte Geschäftsmodelle können ansonsten möglicherweise zum Scheitern des elektronischen Marktes führen.
3.5
Transaction Services View
Die als Dienste-Infrastruktur zu verstehenden Marktdienste auf der Transaction View werden im Nachfolgenden charakterisiert. Zunächst werden Dienste zur Vertrauensbildung erläutert, die in allen Phasen einer Transaktion anwendbar sind. Anschliessend werden die phasenspezifischen Dienste vorgestellt. Alle angesprochenen Dienste können selbstverständlich über Sekundärmärkte zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass ein Markt beispielsweise für Logistikdienstleistungen ebenfalls mithilfe des Business Media Framework als elektronischer Markt beschrieben werden kann (vgl. dazu Hoffmann 2001).
3.5.1
Vertrauensbildende Dienste
In allen ökonomischen Austauschprozessen ist das Problem der Unsicherheit grundsätzlich inhärent. Begründet ist dies in der Komplexität und Dynamik der Umweltzustände sowie den kognitiven Grenzen des Individuums, zukünftige Ereignisse nicht abschliessend zu erklären und somit auch nicht mit Sicherheit im Voraus bestimmen zu können (vgl. Einwiller 2002). In elektronischen Märkten führen bestimmte Rahmenbedingungen dazu, dass diese wahrgenommenen Unsicherheiten im Vergleich zu Austauschbeziehungen in traditionellen Märkten verstärkt auftreten. Die Beteiligten eines Austauschprozesses nehmen in Entscheidungssituationen diese Unsicherheit als Risiko wahr. Vertrauen hat die Funktion beziehungsweise Eigenschaft, das empfundene Risiko zu reduzieren. Durch entsprechende vertrauensbildende Massnahmen kann Vertrauen bei den Beteiligten einer Transaktion erzeugt werden. Während wir in traditionellen Märkten über die Zeit entsprechende Mechanismen der Vertrauensbildung entwickelt haben, erfordern elektronische Märkte neue Formen von vertrauensbildenden Mechanismen, bieten aber auch die Chance, neuartige Mechanismen zu realisieren. Im Verständnis der Marktdienste-Infrastruktur, wie sie bereits skizziert wurde, stehen (zukünftig) Dienste zur Verfügung, die von den Agenten einer Community gemäss ihres Geschäftsmodells genutzt werden können. Empirische Un-
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Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
tersuchungen zeigen, dass mangelndes Vertrauen einer der wesentlichen Gründe für die mangelnde Akzeptanz von E-Commerce-Anwendungen darstellt (vgl. z.B. CommerceNet 2000). Für die weitere Diskussion des Problemfelds «Vertrauen in elektronischen Märkten» sei auf die Literatur von Einwiller et al. (2000), McKnight/Chervany (2000), Aschmoneit/Lenz (2001), Urban et al. (2000) verwiesen. Im Folgenden werden vertrauensbildende Mechanismen, die als Dienste in elektronischen Märkten mittels der Informations- und Kommunikationstechnologie realisiert werden können, aufgezeigt. Eine kritische Diskussion der jeweiligen Mechanismen kann hier allerdings nicht erfolgen. Mechanismen, die nicht explizit durch diese Mittel realisiert werden und dementsprechend nicht als Dienst verfügbar sind, werden hier nicht thematisiert. Ein Beispiel für einen solchen Mechanismus ist das Branding (vgl. Einwiller et al. 2000). Vertrauensbildende Dienste können wie folgt kategorisiert werden: Dienste zur Verschlüsselung, Zertifikate und digitale Signaturen, Informations-/Rating-Dienste, Vertrauenssiegel, Treuhanddienste, Community-Dienste, Alternative Dispute Resolution.
Dienste zur Verschlüsselung Das Ziel der Verschlüsselung von Daten, die über Netzwerke wie dem Internet übertragen werden, ist die Herstellung der Vertraulichkeit. Dazu werden Verschlüsselungsalgorithmen angewendet und in Form von Diensten bereitgestellt. Bekannte Verschlüsselungsalgorithmen sind zum Beispiel DES, RSA oder IDEA. Implementiert und damit nutzbar für den Anwender sind solche Algorithmen zum Beispiel in Anwendungen wie
S-HTTP (Secure Hypertext Transfer Protocol): Es erlaubt den sicheren Austausch von Dokumenten über das World Wide Web.
SSL (Secure Sockets Layer): Ist ein anwendungsunabhängiges Protokoll zur Sicherung von Internet-Verbindungen. SSL wird beispielsweise für die Übertragung von sensiblen Informationen wie Kreditkartennummern eingesetzt.
S/MIME (Secure Multipurpose Internet Mail Extensions): Es erlaubt die Verschlüsselung und Signierung von E-Mails, die mittels des Internet-Mail-Protokolls MIME versendet werden.
Eine ausführliche Darstellung der entsprechenden Mechanismen ist unter der URL http://www.garykessler.net/library/ crypto.html im Internet zu finden.
Zertifikate und digitale Signaturen Mithilfe elektronischer Zertifikate lassen sich Anforderungen wie die Identifikation, Authentifizierung und Autorisierung von Individuen, Organisationen und Maschinen,
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also von am Austauschprozess beteiligten Agenten, realisieren sowie die Integrität von ausgetauschten Informationen sicherstellen. Damit können unter anderem die rechtliche Verbindlichkeit, die Nichtbestreitbarkeit (Non-Repudiation) von Willensäusserungen sowie die Dokumentation des Zeitpunkts einer bestimmten Aktion erzielt werden (vgl. Bitzer /Brisch 1999). Zentral für die Realisierung dieser Ziele ist die Verfügbarkeit von entsprechenden elektronischen Zertifikaten, die mit Ausweispapieren in der realen Welt verglichen werden können (z.B. Pass, Führerschein, Unternehmensausweis). Notwendige Voraussetzung dafür bilden die Zertifizierungsinfrastrukturen, die neben technischen vor allem auch organisatorische und rechtliche Fragen lösen müssen. Solche Infrastrukturen werden heute von so genannten Trustcenters betrieben, beispielsweise T-TeleSec, Trustcenter.de oder Signtrust in Deutschland, Verisign in den USA oder die von einem Bankenkonsortium betriebene, grenzüberschreitende Infrastruktur Identrus. Die schweizerische Zertifizierungsinfrastruktur wurde in den vergangenen Jahren von der Firma Swisskey aufgebaut, die allerdings Mitte 2001 ihren Betrieb eingestellt hat. Die rechtlichen Aspekte zur Nutzung der Zertifikate insbesondere als zentrale Basis der digitalen Signatur wird in entsprechenden Gesetzen geregelt, zum Beispiel in Deutschland durch das Gesetz zur digitalen Signatur, das im August 1997 in Kraft trat. In der Schweiz ist ein entsprechendes Gesetz in Vorbereitung.
Informations-/Rating-Dienste Informationsdienste sind auch ausserhalb elektronischer Märkte Mittel zur Vertrauensbildung. Die neuen Mittel der Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglichen heute einen orts- und vor allem zeitunabhängigen und damit Ad-hocZugriff auf gespeicherte Informationen. Typische Informationen dieser Art sind Markt-, Unternehmens- oder Personeninformationen sowie Daten über die Bonität eines potenziellen Geschäftspartners. Typische Dienstanbieter in diesem Umfeld sind zum Beispiel professionelle und international tätige Organisationen wie Reuters oder Dun & Bradsreet, nationale Dienste wie Teledata in der Schweiz, auf Bonitätsinformationen spezialisierte Firmen wie Creditreform, Schufa oder IQA oder auch öffentliche Stellen wie das Handelsregister. Rating-Dienste gehen einen Schritt weiter und vergleichen und bewerten Unternehmen, einzelne Nutzer oder Produkte anhand eines definierten Kriterienkatalogs und stellen diese Vergleiche zur Verfügung. Beispiele für Dienste dieser Art sind hier internationale Firmen wie Standard&Poor oder Moody, aber auch Neugründungen wie die Rating Factory in der Schweiz, die Unternehmensbewertungen durchführt oder auch Bewertungen von individuellen Nutzern zum Beispiel bei eBay oder CommunityPlattformen wie Ciao.de. Andere Dienste vergleichen wiederum Produkte wie zum Beispiel Comparis.ch.
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Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
Vertrauenssiegel Vertrauenssiegel zertifizieren definierte Standards in den unterschiedlichsten Bereichen. Solche Siegel sind auch aus traditionellen Märkten bekannt. In elektronischen Märkten entstehen gegenwärtig eine Vielzahl solcher Siegel, die Vertrauen bei potenziellen Transaktionspartnern generieren sollen. Anwendungsbeispiele sind die Zertifizierung
der technischen Eigenschaften, zum Beispiel durch ein Siegel des TÜV (www.tuvsecure-it.com),
des Schutzes der Privatsphäre (Privacy), zum Beispiel durch Trust·e oder BBBOnLine Privacy Seal,
der Einhaltung rechtlicher Belange, zum Beispiel durch ecomtrust, einer europäischen Initiative mit Ursprung in der Schweiz,
einer Geld-zurück-Garantie, zum Beispiel durch Trusted Shops, der allgemeinen Zuverlässigkeit, zum Beispiel durch BBBOnLine Reliability Program oder SGSOnsite.
Treuhanddienste Treuhanddienste, die sich auf Dienstleistungen in elektronischen Märkten spezialisiert haben, erlauben die Durchführung einer Zug-um-Zug-Abwicklung von einer Transaktion zwischen unbekannten Transaktionspartnern durch die Einschaltung eines Treuhänders als Intermediär. Beispiele sind hier Diensteanbieter wie Pago oder take-trust.
Community-Dienste Speziell für konsumentenorientierte Communities existieren heute Plattformen, die das Ziel haben, Informationen, Erfahrungen und Bewertungen über Produkte, Dienstleistungen und Organisationen auszutauschen. Dabei werden die einzelnen Bewertungen aggregiert und wieder verfügbar gemacht. Um ein Vertrauensverhältnis zwischen den Nutzern aufzubauen, bieten diese Plattformen Möglichkeiten an, Identitäten zu bewerten und somit ein Netz des Vertrauens (Web of Trust) aufzubauen. Beispiele solcher Plattformen sind ciao.de, dooyoo.de oder epinion.com. Durch Anreizmechanismen werden die Nutzer dazu bewegt, aktiv Bewertungen und Kommentare abzugeben (vgl. Wasmuth/Kalkowski 2000).
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Alternative Dispute Resolution Ebenfalls vertrauensfördernd sind Dienste, die sich auf eine aussergerichtliche Konfliktlösung besonders in elektronischen Märkten spezialisieren. Diese Entwicklung steckt allerdings noch in den Anfängen. Es werden im Wesentlichen Mittel der Informations- und Kommunikationstechnik eingesetzt, um schnell und vor allem kostengünstig Konflikte, die im Rahmen von Transaktionen entstanden sind, zu lösen. Beispiele für Anbieter solcher Dienste sind International Court of Arbitration der internationalen Handelskammer (ICC), ClicknSettle.com, diverse so genannte Cybercourts, zum Beispiel www.cybercourt.org, Square Trade, BBBonline und e-comtrust. Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich die Entwicklung der vertrauensbildenden Dienste noch sehr am Anfang befindet. Gerade in diesem sensiblen Bereich des Vertrauens ist die Verfügbarkeit entsprechender Dienste eine Voraussetzung, um Vertrauen zu schaffen. Die Akzeptanz durch die beteiligten Agenten ist jedoch ein zeitintensiver Prozess.
3.5.2
Die Wissens- und Absichtsphase
In der Wissensphase einer Markttransaktion geht es insbesondere um den Austausch von Informationen. Dazu stehen verschiedene Marktdienste zur Verfügung, die eingesetzt werden können. Das sind beispielsweise Informations- und Rating-Dienste sowie Community-Plattformen; diese Dienste wurden bereits im Zusammenhang mit den vertrauensbildenden Diensten kurz beschrieben. Darüber hinaus stellen die verschiedenen Formen von elektronischen Produktkatalogen (EPK) entsprechende Dienste dar. Kernelement eines Katalogs ist die Darstellung von Produkten und Dienstleistungen. Internet-basierte EPK (IEPK) sind online verfügbar und nutzen die Eigenschaften des Internets, das heisst, das Leistungsspektrum der IEPK geht weit über das der traditionellen Kataloge hinaus. «IEPK sind interaktive und multimediale Schnittstellen zwischen Anbieter und Nachfrager im Internet, welche das Management von Produktinformationen sowie die Präsentation, Klassifikation und Suche von Produkten unterstützen und Schnittstellen zu anderen Marktdiensten ... haben» (Stanoevska 2000, S. 527). Individuelle Katalogsysteme sind entweder attributbasiert, das heisst nach einer definierten Systematik von Schlagwörtern durchsuchbar, oder konstruierend, das heisst, Konfiguratoren unterstützen die Produktkonfiguration gemäss den Kundenvorgaben. Dienste, die entsprechende Katalogsysteme anbieten, sind bereits vielfach auf elektronischen Märkten vorhanden. Integrierende und vermittelnde elektronische Produktkataloge stellen eine neue Form von Katalogen dar und werden von Intermediären als Marktdienst angeboten. Dieser Typus von IEPK erlaubt Anwendungen, die mit den Stichwörtern One Stop Shopping, Comparative Shopping oder Product Bundling beschrieben werden können (vgl. Stanoevska 2000; Stanoevska et al. 1997).
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Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
IEPK sind insbesondere auch Dienste, die die Äusserung von Absichten der Anbieter und Nachfrager im Rahmen der Absichtsphase einer Transaktion ermöglichen. So kann ein Nachfrager mithilfe der Warenkorbfunktion eines IEPK seine Absicht äussern, ein bestimmtes Produkt kaufen zu wollen.
3.5.3
Die Vereinbarungsphase
Während für die Wissens- und Absichtsphase schon eine Reihe von Marktdiensten existieren, stehen für die Unterstützung des Kontrahierens (Contracting) kaum Dienste zur Verfügung. Ziel dieser Phase ist es, einen rechtsgültigen Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer zu erzeugen. Dienste in dieser Phase müssen demnach den Prozess des Contracting, das eigentliche Verhandeln, einschliesslich der Preisfindung sowie die rechtsverbindliche Unterzeichnung des Vertrags unterstützen. Zentrales Element ist hierbei der elektronische Kontrakt als Gegenstand und Ziel des Contracting. Das Konzept des elektronischen Vertrags ermöglicht die durchgängige Abwicklung von Transaktionen unter Beteiligung unterschiedlicher und unabhängig voneinander agierender Agenten. Der elektronische Vertrag ist weit mehr als ein Abbild eines traditionellen Vertrags, er kann als aktives Informationsobjekt betrachtet werden. Abbildung 3 zeigt die Architektur eines solchen aktiven, elektronischen Vertragsobjekts. Die Informationsschicht enthält die Vertragsdaten analog eines traditionellen Vertrags, das heisst insbesondere die Vertragsparteien, den Vertragsgegenstand, die Art und Weise, wie die vertraglichen Pflichten ausgeführt werden, und juristisch relevante Informationen sowie digitale Signaturen. In der Logikschicht werden die Prozesse der Vertragsverhandlung und -abwicklung abgebildet und gesteuert. Sie bildet damit die Grundlage für das Monitoring und die Prozesssteuerung der Contracting-Prozesse. Die Kommunikationsschicht enthält alle Protokolle für die Kommunikation mit den Marktdiensten der vor- und nachgelagerten Phasen der Transaktion. Beispiele sind entsprechende Schnittstellen zu elektronischen Produktkatalogen oder Zahlungs- und Logistiksystemen.
405
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Abbildung 3: Die Architektur eines elektronischen Vertrags (Quelle: Schopp/Stanoevska
2000, S. 760)
Contracting Container
Who
What
Monitoring Controller
W orkflow Controller
How
Security Controller
APIs for Market Services
Legal
V ersion Controller
Information
Logic
Communication
Dienste zur Unterstützung der Vertragsverhandlung haben die Aufgabe, die potenziellen Vertragspartner bei der Aushandlung des Vertrags mit entsprechenden Mitteln zu unterstützen. Archer et al. schlagen dazu Web-basierte Negotiation-Support- Systeme vor, die entweder lösungsorientierte Unterstützungsdienste oder prozessorientierte Verhandlungsdienste bereitstellen (vgl. Archer et al. 1998). Lee schlägt die Definition von standardisierten Trade Procedures vor, die den Verhandlungsprozess entsprechend unterstützen sollen (vgl. Lee 1998). Diese standardisierten Trade Procedures sind unter der Bezeichnung Open EDI bekannt und sollen international genormt werden. Keiner dieser Dienste ist allerdings bisher flächendeckend verfügbar. Einzig die Preisaushandlung mittels Auktionen ist heute durch Dienste, die elektronische Auktionen anbieten und unterstützen, gut abgesichert (vgl. z. B. Klein 1997).
3.5.4
Die Abwicklungsphase
In der Abwicklungsphase müssen Dienste verfügbar sein, die die Abwicklung einer Transaktion unterstützen. Der elektronische Kontrakt kann als Spezifikation dienen; er enthält alle notwendigen Informationen, die für die Abwicklung notwendig werden. Dienste in dieser Phase unterstützen die Finanz- und Warenlogistik. Im Bereich der elektronischen Zahlungssysteme stehen heute zwar vielfältige Systemvorschläge zur Verfügung, allerdings hat sich bisher kein System am Markt durchset-
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Ein Gestaltungskonzept für elektronische Märkte
zen können. Einen Überblick über die Problematik und aktuelle Entwicklungen in diesem Kontext geben Böhle et al. (2000) und Böhle (2001). Logistikdienste stehen heute für elektronische Märkte vereinzelt zur Verfügung. Eine Vision für logistische Dienstleistungen auf elektronischen Märkten stellt das Konzept der computerintegrierten Logistik (Computer Integrated Logistics, CIL) dar. Das Konzept sieht vor, ein solches CIL-Medium zu entwickeln, das entsprechende Dienste für elektronische Märkte bereitstellt. Dieses und weitere Konzepte sind ausführlich erläutert in Hoffmann (2001) und sollen hier nicht weiter vertieft werden.
4
Schlussbetrachtung
Das vorgestellte Business Media-Framework basiert auf dem Medienkonzept und stellt einen ganzheitlichen Ansatz dar, mit dessen Hilfe elektronische Märkte im Kontext der digitalen Ökonomie analysiert und gestaltet werden können. Zentral sind die Identifikation und Definition der jeweiligen Gemeinschaft der Agenten, der Business Community und ihres grundsätzlichen Geschäftsmodells, für die das BusinessMedium gestaltet werden soll. Zur Implementation des Geschäftsmodells muss eine Infrastruktur von Marktdiensten zur Verfügung stehen. Die jeweiligen Dienste unterscheiden sich in den einzelnen Phasen einer Transaktion und sind aus diesem Grund phasenspezifisch. Vertrauensbildende Dienste werden allerdings in allen Phasen benötigt. Teile dieser Infrastruktur existieren heute zwar, es bestehen jedoch heute noch zahlreiche Inkompatibilitäten zwischen den Diensten und Lücken in dieser Infrastruktur. Das Business Media Framework und seine Teilkomponenten wurden und werden in Zukunft im Kompetenzzentrum elektronische Märkte CCEM am MCM Institute der Universität St. Gallen in Kooperation mit den Partnerunternehmen entwickelt. In zahlreichen Projekten wurden die Konzepte detailliert und auch in der Praxis validiert. Ein Beispiel ist die Anwendung des Business Media Framework im Rahmen der Entwicklung von Zukunftsperspektiven für einen Logistik Service Provider (vgl. Hoffmann 2001).
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Einführung
Dieser Beitrag basiert auf dem Abschlussbericht zum NetAcademy-Projekt zuhanden der Stiftungen im Jahre 2003 (Schmid-Isler/Mierzejewska 2003) und auf früheren Berichten zum Projekt. Er muss angesichts der sehr raschen Entwicklung des Internets in diesem Gebiet als Dokument aus der Zeit vor einigen Jahren gelesen werden. Nicht berücksichtigt ist die Weiterbearbeitung des Themas der Wissensmedien in Kompetenzzetrum Intelligent Media, insbesondere die Weiterentwicklung der NetAcademy in den Institutsprojekten Alexandria (www. alexandria.unisg.ch) und Scientific Commons (scientificcommons.org).
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Die Idee
Das Projekt NetAcademy ordnet sich ein in eine lange Geschichte der Informationssammlung und -weitergabe. Der Name nimmt Bezug auf die im 4. vorchristlichen Jahrhundert in Platons Hain Akademos entstandene Institution. Seine Akademie und ihre Mission wurden über die Jahrhunderte immer neu variiert: Es ging darum, eine Systematik des Wissens und Medien zu seiner Vermittlung zu schaffen. Bibliotheken wie im antiken Alexandria, das Konzept der Enzyklopädie, die Bibliothekswissenschaften gehören dazu. Diese Vision begleiten auch Ansätze wie die im 18. Jh. von Leibniz formulierte „theoria cum praxi“ und jener der „mathesis universalis“ als Logik-basierte Methode zur Repräsentation von Wissen (Peckhaus 1997) (Schmid 1999). In der anhebenden Computergesellschaft des 20. Jahrhunderts haben Visionäre wie Vannevar Bush in den 1940ern („As we may think“) oder Ted Nelson in den 1960ern (Hypertextprojekt Xanadu) die Potenziale des digitalen Mediums für die alten Visionen erkannt und das World Wide Web und seine Auswirkungen auf das Wissensmanagement antizipiert. Die 1997 gegründete NetAcademy will sich in dieser Genealogie positionieren, als weiteren Baustein auf dem geschichtlichen Weg des Informationsund Wissensmanagements (Schmid 1997a und b; Lincke et al 1998; Lechner et al 1999). Auf diesem Weg treffen wir nun auch Jimmy Wales mit seinem 2001 gegründeten Online-Lexikon Wikipedia. Internet-Plattformen sind neue globale Infrastrukturen, die wir mit anderen Infrastrukturen wie Verkehrs- oder Energiesystemen vergleichen können. Sie sind aber auch neue universelle Medien und können als Massenmedien verstanden werden. Hier setzen unsere Fragen an: Was ist die adäquate Sichtweise für die neuen interakti-
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Die NetAcademy
ven Medien? Wie ist sie in die Gestaltung der Plattformen und Prozesse zu übersetzen (Schmid/Stanoevska 2000)? Wegleitend ist die Einsicht, dass die neuen Medien letztlich weniger als technische denn als soziale Herausforderung begriffen werden müssen (Schmid 1998b). Das Projekt NetAcademy hat hier seit 1997 bereits wertvolle theoretische Erkenntnisse wie praktische Erfahrungen erbracht (NetAcademy Reports 1997-2003).
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Fragen an die Praxis
Die NetAcademy ist ein Wissensmedium im Verständnis des Begriffs am =mcminstitute: Ein Medium ist ein Treffpunkt – eine Agora oder Plattform, im soziologischen Verständnis der Raum für soziale Interaktion. In einem Wissensmedium wird durch eine Gemeinschaft von Agenten ein Wissensbereich thematisiert. Die Agenten nutzen dieses Wissen, tauschen es aus und räsonnieren darüber. Wissensmedien modellieren wir mit dem Medienmodell von Schmid (Schmid 1997c) (Schmid 1998a) (Schmid, Lechner 2000)/(Schmid 2002). Ein Wissensmedium – und folglich auch die NetAcademy – besteht demnach aus den drei Komponenten, welche jedes Medium konstituieren, nämlich aus:
einem logischen Raum. Die Inhalte müssen gemäss einer bestimmten Logik geformt sein und gemäss dieser manipulierbar sein. Diese Logik muss der die Wissensbasis nutzenden Wissensgemeinschaft bekannt sein.
einem organisationalen Raum. Die Agenten (Menschen, Maschinen oder Organisationen) interagieren mit den Inhalten und untereinander in bestimmten Rollen, d.h. mit bestimmten Rechten und Pflichten. Sie unterwerfen dabei ihr Handeln bestimmten Prozessen. Auch dieses Wissen und Verhalten muss der Gemeinschaft bekannt sein.
einem physischen Raum oder der sogenannten Kanalkomponente. Das Medium bedarf ja einer physischen Realisierung als Informationssystem. Die Plattform der NetAcademy will die wichtigsten Bedürfnisse von akademischen Wissensgemeinschaften abdecken. Sie muss demnach Publikationsplattform für Inhalte, d.h. für Wissensbeiträge sein. Diese durchlaufen verschieden Formen der Qualitätskontrolle. Die damit verbundenen Rollen, Prozesse und Attribute müssen somit abgebildet werden können. Die NetAcademy unterstützt z.B. die Rollen und Prozesse, die bei der redaktionellen Arbeit unserer auf der Plattform gehosteten und editierten Journals (das International Journal on Electronic Markets und das International Journal on Media Management) vorkommen. Die Bedürfnisse der verschieden Wissens-
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Salome Schmid-Isler
gemeinschaften, welche die Plattform zum Austausch in ihrem Gebiet nutzen wollen, können aber auch andere sein. Die NetAcademy soll es jeder Gemeinschaft erlauben, sich in ihr eine eigenständige Organisationsform zu geben. Als ein ehrgeiziges und die NetAcademy von anderen Plattformen differenzierendes Ziel entwickeln wir Pläne zur Implementation ihres logischen Raumes. Es beginnt damit, dass jede Wissensgemeinschaft ein Glossar ihrer Begriffe samt ihren Definitionen anlegt. Dieses Glossar wird dann nach und nach den Charakter eines Handbuches oder einer Enzyklopädie für das jeweilige Wissensgebiet annehmen. Um nicht nur ein Sammelsurium von Begriffen zu erhalten, soll möglichst viel Semantik zu den Beiträgen in der Datenbasis hinzugefügt werden können. Um dies sicherzustellen, sollten u.a. die Suchfunktionen mächtiger gemacht werden können. Hier sollen die jahrelangen Arbeiten des Instituts im Gebiete der Wissensrepräsentation und ihrer Programmierung in Plattformen (z.B. im Kompetenzzentrum Enterprise Kowledge Media) in die NetAcademy einfliessen. In der Übertragung dieser Vorgaben in das Design der NetAcademy als Plattform zum Austausch und zur Diskussion von Forschungsbeiträgen entsteht zunächst die in Abb. 1 skizzierte Struktur:
Abbildung 1: Das Wissensmedium NetAcademy und seine Komponenten
Agenten Input des
- Einreichungen
Input von NA-Partnern
=mcminstitute
Wissensbasis Wissensbasis
Redaktion:
Logik: - Vokabular
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Prozesse
- Rollen
- Theorie
- Protokolle
- Queries
- Rating
Die NetAcademy
Die Wissensbasis der NetAcademy ist ihre Bibliothekskomponente. In ihr sind Fakten und prozedurales Wissen, Diskussionsbeiträge, Forschungsberichte und andere für das fragliche Gebiet relevante Informationen abgelegt. Die Wissensbasis enthält die Forschungsergebnisse zur jeweiligen Disziplin einer Forschungsgemeinschaft, d.h. einer Instanz einer NA-Community, sowohl bezüglich der Theorie wie auch bezüglich konkreter Anwendungsbereiche. Diese Wissensbasis ist rekursiv aufgebaut und besteht aus einer Menge von Subwissensbasen, etwa bereits existierender Wissensbasen oder jene anderer kooperierender NetAcademies. Die Inhalte der Wissensbasis sind auch Basis für das genannte elektronischen Handbuch der Disziplin. Die Agenten der NetAcademy tragen sich in der Regel als Mitglieder einer Community ein und sind dadurch verpflichtet, die ihrer dortigen Rolle zugehörigen Rechte und Pflichten einzuhalten. Die Agenten sind in ihren verschiedenen Rollen bei der Sammlung, Organisation und Kontrolle der Inhalte aktiv, wozu sie den in der jeweiligen NetAcademy geltenden semantischen und redaktionellen Prinzipien folgen. Die Aktivitäten (Prozesse) der Agenten beziehen sich vor allem auf die redaktionelle Verarbeitung des vielfältigen Inputs in die Datenbank. Alle Prozesse sollen nach festgelegten Protokollen erfolgen, z.B. beim Abliefern eines Beitrages oder bei der Strukturierung einer Diskussion. Zu dieser Verarbeitung der Wissensbausteine in der NetAcademy gehören:
Query-Mechanismen, die in ihrer einfachen Form den Abruf von Informationen gestatten. In einer anspruchsvolleren Form können sie auch Fragen beantworten, die erst durch logische Herleitung beantwortbar sind;
Update-Mechanismen, welche die Integration von neuen Daten gestatten. Dies ist im Falle der konsistenten Erweiterung relativ einfach. Im Falle inkonsistenter Erweiterungen braucht es jedoch anspruchsvollere Verfahren (default reasoning);
Abduktions-Mechanismen, die zur Unterstützung der Hypothesenbildung dienen. Diese liefern einen Beitrag für die Definition zielführender Forschungsfragen. Es ist seit Beginn des NetAcademy-Projektes ein erklärtes Ziel, diese Prozesse in einem Lernprozess mehr und mehr so zu gestalten, dass eine Zielgerichtetheit auf die Vervollständigung des Wissens in jeder Forschungsdomäne resultiert. Eine gemeinschaftliche Logik lenkt die Aktivitäten der Agenten, die in einem gemeinsamen Themenbereich eine gemeinsame Sicht („View“) auf das erörterte Wissen haben. Solche Sichten manifestieren sich über die von den Agenten verwendete Sprache (Begriffe, Vokabular) und die als gültig erachteten Beweisverfahren und Axiome. Der semantische Bezug der Sprache sind konkrete Welten (falls es sich nicht um rein theoretische Inhalte handelt). Da auf ein und derselben konkreten Welt mehrere Sichten bestehen, die Wissen über sie erzeugen, müssen die Sprachen zu solchem Wissen jeweils explizite referenziert werden können. Hier sind noch weitere Schritte einer geeigneten Programmierung notwendig.
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Salome Schmid-Isler
Der wachsende Verbund verschiedener NetAcademy-Forschungsgemeinschaften soll nicht nur technisch auf rekursive Weise verbindbar sein, wie oben bezüglich der Bibliothekskomponente bereits erwähnt. Ihre Verbindung soll auch auf semantischer Ebene erfolgen. Einerseits geschieht dies dadurch, dass verschiedene NetAcademies denselben Gegenstandsbereich haben, eventuell unter verschiedenen „Views“. Andererseits soll längerfristig ein semantisches Mapping der Vokabulare implementiert werden, wozu die am Lehrstuhl entwickelte Quantor-Technologie vorgesehen ist (Geyer et al 1996)(Stanoevska et al 1997)(Grütter 1998). Dergestalt sollen die logischen Räume der NetAcademies untereinander verbunden werden. Dieses Desiderat konnte zur Zeit der Berichterstattung allerdings noch nicht erfüllt werden.
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Corporate Design
Die Vision des sich im Internet allmählich bildenden Wissensraumes, der aus unzähligen Zellen von Communities besteht, die mit ihrer je eigenen Organisationslogik interagieren und sich nach und nach zu einem immer tiefer vernetzten Ganzen verbinden, sollte auch im Logo der Netacademy bildlich ausgedrückt werden. Als Leitbild für das Corporate Design der NetAcademy wurden deshalb die – in den 1990er Jahren im Zusammenhang mit den neuen Medien aktuellen – „gepixelten“ Strukturen ausgewählt. Sie zeigen sich im NetAcademy Logo (Abb. 2), in der sogenannten Mindmap auf der Homepage (Abb. 3), im Cover der beiden auf der NetAcademy publizierten Journals des Institutes, des Journals of Electronic Markets und des International Journal on Media Management (Abb. 4), sowie im CD/CI der in der NetAcademy Press publizierten Bücher. Diese Pixelstrukturen verbildlichen den intendierten Zusammenschluss verschiedener Wissensbereiche auf der NetAcademy.
Abbildung 2: Das Logo der NetAcademy
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Die NetAcademy
Abbildung 3: Die Mindmap auf der Homepage der NetAcademy
Abbildung 4: Cover-Design des International Journal on Media Management
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Salome Schmid-Isler
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Module der NetAcademy
Im März 1997 ging die in englischer Sprache geführte NetAcademy (NA) in einer ersten Version online. Sie war erst eine teilweise Realisierung der Pläne. Die Domain-URL www.netacademy.org führt zum sogenannten „Universe“, welche mit den folgenden Sub-NetAcademies mit je eigenem Domainnamen startete:
der Instanz Geschäftsmedien: www.businessmedia.org der Instanz des Online Journals: www.electronicmarkets.org der Instanz Wissensmanagement: www.knowledgemedia.org der Instanz Medienmanagement: www.mediamanagement.org 1999 kommen dazu:
die Instanz des neuen Journals on Mediamanagement: www.mediajournal.org die Instanz Kommunikationsmanagement: www.communicationsmgt.org 2000 eröffnet die NA einen eigenen Verlag mit Print on demand Service:
Instanz NetAcademypress: www.netacademypress.org 2002 werden zwei neue Forschungsbereiche in die NetAcademy eingefügt:
die Instanz Produktdesign: www.e-media-design.org die Instanz Intelligente Medien: www.intelligentmedia.org Die NetAcademy muss strukturierte Information (wie Publikationen, Diskussionstexte usw.) sowie unstrukturierte Information (Meta-Information, etwa Stichworteingabe für Suchfunktionen) verarbeiten und auch kombinieren können. 1997 basiert die Plattform auf der Technologie Oracle / SQL (zur Verarbeitung strukturierter Information) und Lotus Notes / Domino Groupware (zur Verarbeitung unstrukturierter Information). Mit dieser Techniklösung arbeiteten wir 1997-2001. (Schubert/Selz 1998) Da aber die Notes Software eine proprietäre Lösung ist, stellt sie sich als grundlegendes Hindernis dar, wenn wir, was bald geschieht, das NetAcademy Konzept an Forschungspartner exportieren wollen. Denn die 1997 gewählte Technologie (Lotus Domino Software, release 4.5, 1997) setzt voraus, dass unsere Partner ebenfalls Notes-basiert arbeiten. Das ist in den wenigsten Fällen so, und der nicht von Erfolg begleitete weitere Werdegang von Notes lässt uns nach anderen Lösungen Ausschau halten. (Notes Release 5.0 wurde von IBM im Jahr 2000 nicht wesentlich weiterentwickelt, die Entwicklung schien zu Ende.) Neues Ziel ist nun, auf eine Open Source Plattform hinzuarbeiten.
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Die NetAcademy
Zwei neue Zielsetzungen sind im Jahr 2001 ins Auge gefasst worden: Die Architektur der NetAcacemy als föderiertes, aus Modulen aufbaubares System zu gestalten und die Plattform mit Open Source Software zu programmieren. Nach umfangreichen Arbeiten wird die Plattform im Sommer 2002 mit einem kompletten Redesign, als NA Version 2, neu aufgesetzt (unter Wolfgang Maass und Florian Stahl). Das lange pendente Desiderat ist endlich erreicht: Eine von der Lotus Notes Technologie unabhängige NetAcademy, die aus vorgefertigten Templates remote und einfach konfigurierbar ist. Der vollständig modulare Aufbau der Software ermöglicht nun die individuelle Anpassung und Erweiterung der Software an spezielle Bedürfnisse. Die Bedienung erfolgt nun vollständig browserbasiert. Die in einzelnen NAInstanzen remote und laufend neu hinzukommenden Inhalte werden binnen max. 24 Stunden im gesamten NA Universe abrufbar. Und: Das Ziel, eine Open Source Plattform zu betreiben, ist in greifbare Nähe gerückt durch den Einsatz offener Technologien wie PHP4, SML, Java und offener Standards zum Datenaustausch (ODI). – Der letzte Schritt, den mit der Informationobjects AG entwickelte Quellcode der NetAcademy der Open Source Community zu öffnen, ist allerdings noch nicht gemacht worden. Das Redesign der NetAcademy vom August 2002 benützt für das Web Front End PHP4, HTML und CSS 2.0 und verwendet XML / XHTML für das Content Management und den Austausch von Metadaten zwischen verschiedenen NA Instanzen. Die Plattform basiert auf der relationalen Datenbanksoftware MySQL für die Datenspeicherung (Metadaten) und verwendet einen Exchange-Server, basierend auf Java Technologie. Es fallen keine Lizenzkosten an, die Administration erfolgt vollständig browserbasiert und der modulare Aufbau sorgt für einen hohen Sicherheitsstandard. Die NetAcademy ist mit Partnern rund um die Welt kompatibel geworden und steht deren unterschiedlichen Ansprüchen an ein Wissensmedium offen. Der modulare Aufbau der NetAcademy ermöglicht ein föderiertes System: Das Starter-Modul NetAcademy Universe dient als Exchange Server, welcher die Inhalte aller NetAcademy Instanzen zusammenführt. Über diesen Austausch-Server werden dedizierte Inhalte der einzelnen NA-Instanzen auch allen anderen Instanzen zur Verfügung gestellt. Damit lassen sich Abfragen jeweils innerhalb einer NA-Instanz oder über das gesamte NA Universe durchführen. Während in der Version 1 der NetAcademy die Suche nach Dokumenten nur in der aktuell besuchten NA-InstanzBibliothek möglich war, stellen jetzt in jedem NA-Modul – nebst der Stichwortsuche innerhalb der NetAcademy und im NetAcademy Universe – folgende weitere Suchfilter offen:
View the newest publications in this NetAcademy View the most popular publications in this NetAcademy View the most popular publications in the NetAcademy Universe
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Salome Schmid-Isler
View the most downloaded publications in this NetAcademy View the most downloaded publications in the NetAcademy Universe View the most popular authors in the NetAcademy Universe Number of publications of this NetAcademy Number of publications of the NetAcademy Universe Number of publications viewed at this NetAcademy since August 1, 2002 Number of publications downloaded at this NetAcademy since August 1, 2002. Die einzelnen NetAcademy-Instanzen betreiben ihr Content Management individuell verteilt, je auf einer eigenen lokalen Datenbank. Das Ganze bildet einen Zusammenschluss einzelner Teile, die auch fraktal verstanden werden können, indem eine einzelne NA-Instanz eine Gruppe untergeordneter Spezialgebiete – Sub-NA-Instanzen – hevorbringen kann, die später zu eigenständigen NA-Instanzen heranwachsen können, siehe Abb. 5.
Abbildung 5: Die förderierte Architektur der NetAcademy
Agenten
1-n
NetAcademy Universe Exchange Server Agenten
NA Instanz A Lokale DB
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Agenten
NA Instanz B Lokale DB
Agenten
NA Instanz C Lokale DB
Die NetAcademy
Jede NA Instanz kann jetzt von Grund auf, individuell und autonom, von irgend einer akademisch interessierten Gemeinschaft, aus einzelnen Diensten und Modulen zusammengesetzt werden. Die Auswahl und Aktivierung der Module erfordert keine technischen Kenntnisse und kann mit wenigen Mausklicks innerhalb weniger Minuten getätigt und auch geändert werden. Die Module sind strukturell gleich, können aber durch eine individuell wählbare Farbgebung auf einfache Weise in ein Corporate Design für ein bestimmtes Wissenschaftsgebiet eingepasst werden. Die bisherigen Grundmodule der NetAcademy Version 1, die nun neu modelliert worden sind, sind das klassische Modul, welches zugleich als Starter-Modul dient. Es enthält die Basisdienste für die Beziehung zwischen Experte, Publikation und Glossar (das „semantische Dreieck“) sowie die Dienste: 1.
News
2.
Konferenz-Kalender
3.
Workshop-Kalender
4.
Publikations-Datenbank
5.
Glossar-Datenbank
6.
Experten-Datenbank
7.
Voting (kleine Multiple Choice)
8.
Scientific online survey (online Umfrage)
9.
Link Directory
10. Discussion Forum 11. Content Management 12. Newsletter (Messaging) Das zweite neu modellierte Modul ist das Journal-Modul, welches die Publikationsprozesse für akademische online Journals organisiert. Es organisiert unsere zwei online Journals electronicmarkets.org und mediajournal.org. Ein die Projektarbeit sehr erleichterndes neues Tool der NetAcademy ist das in der Version 2 hinzugekommene Content-Management-Modul, welches verteiltes Projektmanagement ermöglicht und beträchtliche Teile der früheren ProjektmanagementProzesse übernimmt. Es wurde entwickelt aus dem sogenannten „Project Office“, welches die Migration der NetAcademy Version 1 zur Version 2 managte. Dieses Modul verarbeitet alle Fehler-Meldungen (Change Requests) bequem, d.h. direkt über den Browser, strukturiert die Anregungen für die künftige Entwicklung einer weiteren Version, erstellt eine kontinuierliche Projektübersicht (Daten-Archivierung und Planung, usw.) und avisiert automatisch sämtliche in das Projektmanagement involvierten Personen. Noch in Entwicklung für die NetAcademy Plattform befinden sich zudem ein Konferenzmodul sowie ein E-Learning-Modul. Letzteres ist für unsere MKM-Lehre an der 421
Salome Schmid-Isler
Universität bzw. für das e-Learning an unserem MBA in bisher separaten Versionen entwickelt worden und befindet sich gegenwärtig in der Transition von der Lotus Notes-Version zur neuen NetAcademy 2.0-Version (Abb. 6).
Abbildung 6: Das künftige Modul-Angebot der NetAcademy
NetAcademy Instanz
Klassisches Modul
6
JournalModul
Projekt-Mgt. Modul
KonferenzModul
eLearningModul
Alleinstellungsmerkmale der NetAcademy
Während viele der an unserem Institut erarbeiteten Dienste inzwischen zu verbreiteten Commodities auch anderer Internetportalen gehören – Stichworte sind hier online Bibliotheken mit freiem Download, Expertenverzeichnisse, Suchmaschinen über föderierte Systeme, News Ticker – so unterscheidet sich die NetAcademy im Anspruch, Informationen nicht nur anzusammeln und kostenlos zum Download anzubieten, sondern diese Informationen auch in einer Qualität sicherzustellen, welche die jeweiligen Communities als nötig erachten und sicherstellen, gemäss unserem von Anfang an formulierten RRR-Standard (Retrieval, Rating, Reliability-Standard, siehe (SchmidIsler, Selz, Wittig 1998)), welcher online Bibliotheksdesiderate nennt:
Retrieval: Texte sollen nicht nur in der Metainformation (Autor, Titel, bibliografische Angaben) vorliegen, sondern im Volltext auffindbar sein und – kostenlos – zum Download zur Verfügung gestellt werden.
Rating: Die Texte sollen mit einer Art Zertifikat verbunden sein, welche Auskunft über die Qualität der Autorschaft und des vorliegenden Dokumentes gibt.
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Die NetAcademy
Reliability: Gerade im sich laufend wandelnden Hypertext wird es wichtig, dass man sich auf die Unversehrtheit des offerierten Dokumentes verlassen kann (Zitierbarkeitsgarantie). Inhalte sollen sich nicht (ohne Möglichkeit des sauberen Trackings der Versionen) laufend verändern oder auftauchen und dann wieder verschwinden. Ein wesentliches Desiderat der NA und all ihrer Instanzen ist es auch, ihre Bestandteile längerfristig auf eine wissenschaftliche Zielsetzung hin zu ordnen und diese „in Richtung auf ein tendenziell widerspruchfreies elektronisches akademisches Handbuch zu entwickeln“, wie es in den Gründungsschriften heisst (Schmid 1997a, b). Hierzu sind am Lehrstuhl von Beat Schmid im Rahmen der bereits erwähnten Erforschung von Wissensmedien und der Quantor-Technologie Grundlagen erarbeitet worden. Diese Technologie ist in verschiedenen Projekten des Lehrstuhls erfolgreich implementiert worden, ihre Einbindung in die NetAcademy steht jedoch noch aus (Schmid, Lincke 1998)(Geyer et al 1996)(Grütter 1998). Als ersten Schritt in diese Richtung ist beim Redesign der NetAcademy-Plattform im Sommer 2002 ein „semantisches Dreieck“ strukturiert worden, welches – kontrolliert von den Editoren der jeweiligen NetAcademy-Instanz – garantieren soll, dass die Dreiecksbeziehung zwischen Autor, Publikation und Forschungsthema in seinem sinnstiftenden Zusammenhang verbleibt, auch als online Publikation und als Resultat einer externen Internet-Suche. Das semantische Dreieck entsteht dadurch, dass keine Publikation bzw. kein Experte bzw. keine Begriffsdefinition isoliert ins System eingespeist werden kann, sondern dass alle drei in ihrem korrekten Zusammenhang erfasst werden und in dieser semantischen Einheit jederzeit verfügbar bleiben (vgl. Abb. 7 ):
Abbildung 7: Das durch Editorenprozesse kontrollierte „semantische Dreieck“ zwischen Autor, Publikation und Wissensbereich Wer ist Experte dieses bestimmten Wissensgebietes? DB Experts
Welches sind die wegleitenden Publikationen in diesem Wissensgebiet? DB Publications
Welches sind die wegleitenden Begriffe in diesem Gebiet und wer hat sie definiert? DB Glossary
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Salome Schmid-Isler
Dieses „semantische Dreieck“ ist eine unvollkommene Form des Kerns dessen, was uns mit dem finalisierten, tendenziell widerspruchsfreien elektronischen Handbuch für die Wissensbereiche der NetAcademy vorschwebt. Die Personen-Datenbank kennt drei Hauptgruppen:
„Autoren“ werden als solche nur erfasst, wenn sie mindestens eine Publikation auf einer NetAcademy veröffentlichen. Während beim JMM nur von Autoren gesprochen wird, klassiert die NA Autoren auch als Experten.
Als „Experts“ gelten Autoren, welche auf der NetAcademy mindestens ein akademisches Forschungspapier veröffentlicht haben. Derselbe Autor kann in mehreren NA Instanzen aktiv sein. Experten sind im Modul „Experts“ der jeweiligen NA Instanz erfasst. Im zusätzlichen Modul „expert directory“ werden aus allen Experten des NetAcadcemy Universe diejenigen ausgewählt, welche für die gegebene NA Instanz von grundlegender Bedeutung sind. Dies sind normalerweise nur wenige, die als Chief Editor wirken.
„Participants“ sind alle Nutzer, welche das NetAcademy Universe nicht nur besuchen, sondern auch Artikel herunterladen wollen. Durch das Redesign der NetAcademy-Plattform ist es nun erforderlich, sich zwecks Herunterladen einer Volltext-Publikation auf der betreffenden NetAcademy-Instanz zu registrieren. Dies ist mit der Eingabe des Namens und der E-Mail Adresse getan, binnen wenigen Sekunden wird das Passwort in die Mailbox gesandt, der Download ist ab sofort möglich. Die Registrations-Daten werden nur als interne Information, zur Verbesserung der Kundendienste, benutzt und werden vertraulich behandelt. Das Glossar oder Vokabular ist ein alphabetisch geordneter Thesaurus, der nach und nach anwächst. Jede Definition wird automatisch mit ihrem Autor und Publikationen dieses Autors verbunden (welche diese Definition illustrieren). Jede NA-Instanz führt ihr eigenes Glossary, ein Lexikon mit Definitionen aus dem zugehörigen Forschungsgebiet, welches gleichzeitig als Verschlagwortungsinstrument dient. Das Glossar kann als Suchmaschine benützt werden, wobei die Suche innerhalb einer Instanz der NA, wie auch über alle NA-Instanzen durchgeführt werden kann. Alternativ lässt sich auch eine Auflistung aller im NA Universe definierten Begriffe anklicken. In etwa jährlichen Abständen halten wir den State of the Art der Handbuchentwicklung in der NetAcademy fest, indem wir die vorhandenen Inhalte der Glossare in einem sogenannten „NetAcademy Chronicle“ herausgeben. Die Reihe der „Chronicles“ dokumentiert den Wissenszuwachs und die Spezialisierung in den einzelnen Forschungsbereichen und ist von der NetAcademy herunterladbar (NetAcademy Chronicles). Die Publikationsdatenbanken der NetAcademy verlangen zwingend das Einstellen eines VollTextes (eine Titelangaben ohne Downloadmöglichkeit möchten wir vermei-
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Die NetAcademy
den). Dieser Text wird mit folgenden Charakteristiken gefiltert (und dadurch in die semantische Suche eingesetzt, bei der sich Suchkriterien kombinieren lassen): 1. Titel 2. Bibliografische Daten (Publiziert in: …) 3. Keywords: Diese werden nur ausgegeben, wenn sie im Glossar vorkommen. Wird das Keyword vom Autoren anders verstanden als bisher im Glossar definiert, muss ein entsprechender neuer Eintrag erstellt werden. Dieser wird dann direkt verbunden mit dem Autoren und mit der verschlagworteten Publikation. 4. Parent document (Zuordnung) 5. Text Type (z.B. working paper) 6. Language (z.B. German) 7. Quality (vom double blind review in Stufen absteigend zu internally reviewed und no review) 8. Authors: Die Namen können nicht frei eingegeben werden, sondern sollen der Autoren- oder Experten- oder Participants-Datenbank einer NetAcademy entnommen werden. Ist der Name nicht vorhanden, muss er mit entsprechender Qualifizierung erfasst werden. Die Autorennamen sind jeweils anklickbar, man kommt von einer Publikation direkt auf die Homepage bzw. auf weitere Publikationen oder (NetAcadmey-)Aktivitäten der gewählten Person. 9. Abstract: Auch wenn der eingehängte Text nicht in englischer Sprache verfasst ist, versuchen wir, immer ein englischsprachiges Abstract zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, die Keyworts als mit dem Glossar verbundene Links bereits im Abstract zur Verfügung zu stellen. Sind Keywords in einen Text eingebettet, ergibt sich der Sinn ihrer Verwendung eher (als wenn er nur in der KeywordZeile steht). 10. Citation: Automatisch generierte Zitiertweise für ein Copy-Paste, inklusive Link der Download-URL sowie inklusive, in eckigen Klammern, das Datum, an dem die Ansicht auf das Dokument letztmals angeklickt wurde. 11. Full text download (“Click here to download”; PDF) 12. Statistics: Hierzu gibt es zwei Zähler: oben die „Views“, z.B. 504, darunter die „Downloads“, z.B. 165. Damit wird nicht nur die Popularität (downloads) einer Publikakation ersichtlich, sondern auch die Attraktivität des Themas in Verbindung mit der Metainformation über sie (Verhältnis „Ansehen“ zu „Herunterladen“). Diese in Richtung auf die Erarbeitung eines kohärenten Handbuches orientierte online Bibliothek offeriert im Jahr 2003 einen Bestand von über 1000 kontrolliert eingespeis-
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ten Forschungsdokumenten, die im Volltext heruntergeladen werden können. Dabei sind die gewichtigen Publikationen der beiden online Journals Journal of Electronic Markets and Business Media (electronicmarkets.org) und International Journal on Media Mangement (mediajournal.org) nicht mitgezählt, da ihre Verfügbarkeit inzwischen über ihre Verlage geregelt worden ist.
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Fazit
Was unterscheidet die NetAcademy strukturell von anderen Portalen auf dem Internet (World Wide Web)? Sie hat zunächst den Anspruch, zu den ersten Portalen zu gehören, welches sich dem Thema der online Enzyklopädie gewidmet hat. Gewichtiger ist, dass die NetAcademy dem Ziel zustrebt, eine semantisch sich organisierende Bibliothek mit vielen Zusatzdiensten sein zu wollen. Dadurch setzt sich die NetAcademy von Diensten ab, welche sich damit begnügen, eine grösstmögliche Link-Menge zu Informationen zu einem Stichwort nur zu sammeln. Als ebenso wichtig erachten wir die explizite und flexible Modellierung der organisationalen Strukturen. Nur so lassen sich die unterschiedlichen Bedürfnisse einfangen und Qualitätsstandards garantieren. Die NetAcademy hat eine Reihe von Auszeichnungen und Unterstützung in Form von Kooperationsprojekten erhalten, sie sind im Schlussbericht für die Stiftungen aufgelistet (Schmid-Isler, Mierzejewska 2003). Bis Ende 2002, dem Abschluss der Projektförderung durch die Stiftungen, sind 50 Publikationen über das Projekt NetAcademy verfasst worden. Sie können auf der NetAcademy eingesehen werden.
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Die NetAcademy
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428
Die NetAcademy
Schmid-Isler, Salome (1997): NetAcademy Project Reports: 1997 (Phase 1), Das Projekt NetAcademy on Mediamanagement, Schlussbericht der Phase 1, in: Schlussbericht des Projektes NetAcademy zuhanden der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, =mcmInstitute, Universität St. Gallen.,http://www.mediamanagement.org/modules/pub/view.php/mediamanagement-85 Schmid-Isler, Salome (1998): NetAcademy Project Reports: 1998 (Phase 2), Das Projekt NetAcademy on Mediamanagement, Schlussbericht der Phase 2, in: Schlussbericht des Projektes NetAcademy zuhanden der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, =mcmInstitute, Universität St. Gallen, http://www.mediamanagement.org/modules/pub/view.php/mediamnagemen t-86 Schmid-Isler, Salome; Selz, Dorian; Wittig, Doerte: Retrieval, Rating and Reliability – How to establish RRR Standards on the Internet? In, 1998.- First European Conference on Information Quality and Knowledge.- St. Gallen, Switzerland Schmid-Isler, Salome, Mierzejewska, Bozena I. (2002): NetAcademy Project Reports: 2002 (Phase 6), The NetAcademy on Media Management, Annual Report, Phase 6 (Schlussbericht Phase 6), in: mcm institute internal report, April 1, 2002,http://www.mediamanagement.org/modules/pub/view.php/mediamana gement-120 Schmid-Isler, Salome, Mierzejewska, Bozena I. (2003): Die NetAcademy on Media Management und das JMM – The International Journal on Media Management. Schlussbericht Phase 7 (2002) und Abschlussbericht (1997-2002): Mai 2003 Schmid-Isler, Salome; Mierzejewska, Bozena I. (2003): NetAcademy Project Reports: 2003 (Phase 7), Die NetAcademy on Media Management und das JMM – The International Journal on Media Management. Schlussbericht Phase 7 (2002) und Abschlussbericht (1997-2002): Mai 2003, http://www.mediamanagement. org/modules/pub/view.php/ mediamanagement-175 Schmid-Isler, Salome; Wittig Christ, Doerte (1999): NetAcademy Project Reports: 1999 (Phase 3), Das Projekt NetAcademy on Mediamanagement, Schlussbericht der Phase 3, in:Schlussbericht des Projektes NetAcademy zuhanden der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, =mcmInstitute, Universität St. Gallen, http://www.mediamanagement.org/modules/pub/view. php/media management-87
429
Salome Schmid-Isler
Schmid-Isler, Salome; Wittig Christ, Doerte (2000): NetAcademy Project Reports: 2000 (Phase 4), Das Projekt NetAcademy on Mediamanagement, Schlussbericht der Phase 4, in:Schlussbericht des Projektes NetAcademy zuhanden der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, =mcmInstitute, Universität St. Gallen, http://www.mediamanagement.org/modules/pub/view.php/media management-88 Schmid-Isler, Salome; Wittig Christ, Doerte (2001): NetAcademy Project Reports: 2001(Phase 5), Das Projekt NetAcademy on Mediamanagement, Schlussbericht der Phase 5, in:Schlussbericht des Projektes NetAcademy zuhanden der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, =mcmInstitute, Universität St. Gallen, http://www.mediamanagement.org/ modules/pub/view. php/mediamanagement-89 Schubert, Petra, Selz, Dorian (1998): Organizational Design of an IT-based Knowledge System: The NetAcademy Concept, in: Proceedings of the 31st HICSS Conference, Hawaii. Stanoevska-Slabeva, Katarina; Handschuh, Siegfried; Lincke, David-Michael: Die Rekonstrukton von relationalen Datenbanken mit dem Q-Kalkül, aufgezeigt an einem Beispiel aus dem Tourismus. Arbeitsbericht Business Media No. 55. KTI-Projekt EPICA, IWI-HSG 1997.
430
Rolf Grütter (2006)
Software-Agenten im Semantic Web Informatik-Spektrum, Heidelberg, Band 29, Heft 1, S. 3-13 © Mit freundlicher Genehmigung von Springer Science and Business Media
Rolf Grütter
1
Zum Forschungsbereich
Das Semantic Web erweitert das World Wide Web dadurch, dass die Informationen mit Beschreibungen angereichert werden. Diese Beschreibungen sind in einer Sprache mit einer formalen Semantik verfasst und ermöglichen es besonders dafür ausgelegten Software-Agenten, die Informationen zu „verstehen“. Dieses Verständnis soll die Zusammenarbeit der Benutzer mit den Software-Agenten bei der Lösung von Problemen verbessern. Software-Agenten haben Wissen, sind zu gewissen Folgerungen (oder Inferenzen) befähigt und kommunizieren in einer gemeinsamen Agentenkommunikationssprache. Diese gemeinsame Sprache (oder dieses Portfolio von Sprachen) ist Gegenstand der laufenden Forschung. In ihrem Verständnis von Software-Agenten orientieren sich die Entwickler des Semantic Web an der Konzeption der Agentenkommunikationssprache ACL von DARPA. Dabei werden Agenten aufgrund ihrer Fähigkeit definiert, korrekt in ACL zu kommunizieren. ACL besteht aus drei Teilen: 1.
einem in einer Ontologie definierten Vokabular,
2.
einer inneren Sprache für den deklarativen Nachrichteninhalt, und
3.
einer äusseren Sprache für prozedurale Anweisungen.
Von den drei Teilen sind im Semantic Web die Ontologien am weitesten entwickelt. Eine Ontologie wird dabei als formale Beschreibung eines sprachlich erschlossenen Gegenstandsbereiches verstanden. Sie besteht aus einem Klassifizierungssystem (oder einer Taxonomie) und Axiomen, welche die Interpretation und den korrekten Gebrauch der Klassenbegriffe regeln. In Verbindung mit der Beschreibungslogik wird als Ontologie eine zur Beschreibung der Welt eingeführte Terminologie bezeichnet. Als instanzierte Ontologie gilt eine Ontologie mit einer Beschreibung der Welt, das heisst mit einer Wissensbasis. Zur Anlage von Ontologien im Semantic Web ist mit OWL eine standardisierte Beschreibungssprache verfügbar. Als innere Sprache eignet sich eine ausdrucksstarke Sprache wie webgängiges KIF. OWL-QL ist ein Vorschlag für eine äussere Sprache, die für den Gebrauch mit OWL spezifiziert wurde und den Frage-Antwort-Dialog sowie Schlussfolgerungen in einer Beschreibungslogik unterstützt. RuleML und die im Rahmen von REWERSE entwickelten Sprachen werden das Angebot an Schlussfolgerungen und Interaktionen, die von den Software-Agenten des Semantic Web unterstützt werden, vielfältiger gestalten als OWL und OWL-QL.
432
Software-Agenten im Semantic Web
2
Software-Agenten im Semantic Web
2.1
Einführung
Software-Agenten sind die Benutzerschnittstelle zum Semantic Web. Sie sind als virtuelle Handlungsreisende zu verstehen, welche das Semantic Web bevölkern und für ihre menschlichen Benutzer Aufträge ausführen. Dazu müssen sie mit anderen Software-Agenten kommunizieren und deren Dienste ansprechen, das heisst, mit ihnen interagieren können. Das bedeutet aber nicht, dass die menschlichen Nutzer des Semantic Web nicht mehr aktiv in die Prozesse eingebunden sind. Hendler weist darauf hin, dass Software-Agenten, statt die Bedürfnisse ihrer Benutzer unmittelbar zu stillen, verschiedene Wege zum anvisierten Ziel ausfindig machen, es dann aber dem Benutzer überlassen, welche Wahl er treffen will (Hendler 2001). Software-Agenten erledigen im Semantic Web vor allem Hilfsarbeiten, wie das erwähnte Bereitstellen einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Dies steht im Einklang mit der Konzeption der heutigen Suchmaschinen des World Wide Web (WWW). Insofern stellt das Semantic Web – zumindest für den Benutzer – keinen Paradigmenwechsel dar, sondern eine organische Weiterentwicklung und Verbesserung. Trotz der zentralen Bedeutung von Software-Agenten unterhält das World Wide Web Consortium (W3C) keine separate Aktivität in diesem Bereich. Dies mag auf den ersten Blick erstaunen. Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass sich die Entwickler des Semantic Web an Vorarbeiten an Software-Agenten orientieren und das W3C mit den für das Semantic Web spezifischen Empfehlungen (Recommendations) gleichsam Bedingungen für Software-Agenten formuliert. Darüber hinaus werden in mehreren Veröffentlichungen Bemerkungen über Agenten gemacht. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über diese Bemerkungen und zum sich darin ausdrückenden Begriff des Agenten. Dann folgt eine Beschreibung der Software-Agenten des Semantic Web anhand der gebräuchlichen Agententheorien, -architekturen und -sprachen. Schliesslich werden Beispiele für Anwendungen von Software-Agenten gegeben.
2.2
Zum Begriff des Agenten
Der Begriff des Agenten wird weit gefasst und schliesst alle im Semantic Web Handelnden – Rechner (-programme) und Menschen – gleichermassen ein: „The Semantic Web is a collection of computers and people exchanging information. Collectively, we can call them agents.“ (Hawke 2001; Basics, Abschn. 1). Die Rechnerprogramme umfassen die Software-Agenten des WWW – Browser, Multimedia-Abspielgeräte, Such-
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Rolf Grütter
maschinen, Proxy-Server und Server (Jacobs, Walsh 2004) – und die spezifischen Software-Agenten des Semantic Web. Letztere spielen eine besondere Rolle: “The real power of the Semantic Web will be realized when people create many programs that collect Web content from diverse sources, process the information and exchange the results with other programs. The effectiveness of such software agents will increase exponentially as more machine-readable Web content and automated services (including other agents) become avail able. The Semantic Web promotes this synergy: even agents that were not expressly designed to work together can transfer data among themselves when the data come with semantics.” (Berners-Lee et al. 2001, Agents, Abschn. 1). Im selben Artikel unterscheiden Berners-Lee, Hendler und Lassila – anhand der gespielten Rollen – zwischen Benutzeragenten (Consumer Agents) und Dienstagenten (Producer Agents) (Berners-Lee et al. 2001. Das im Englischen verwendete Wort „Konsument“ bezieht sich dabei auf den menschlichen Benutzer, der – zum Beispiel – angefragte Informationen „verwertet“, das Wort „Produzent“ auf den Dienstleister, der die Informationen erzeugt und anbietet. An anderer Stelle benutzt Berners-Lee den Begriff Semantic Web Agents, um jene Software-Agenten einzugrenzen, die auf der Grundlage der Technologien des Semantic Web zu gewissen Folgerungen oder Inferenzen befähigt sind (Berners-Lee, 2004). Diese Sichtweise, welche die Software-Agenten des Semantic Web als Benutzer und Dienstleister versteht, widerspiegelt einen aktuellen Trend auf dem Gebiet der agentengestützten Verarbeitung, nämlich hin zur Entwicklung von Web Services (AgentLink 2004). Auch zum Inhalt des Agentenbegriffes macht das W3C nur wenige Angaben. Im oben zitierten Abschnitt sind Software-Agenten in der Lage, Informationen aus verschiedenartigen Quellen zu sammeln, zu verarbeiten und die Ergebnisse mit anderen Agenten auszutauschen. Hawke verdeutlicht, dass Agenten Wissen haben und Handlungen ausführen, wobei er einen Zusammenhang zwischen Wissen und Handlungen unterstellt: „Agent’s actions are assumed to be based entirely on their knowledge …“ (Hawke 2001, Basics, Abschn. 1). Die Handlungssteuerung erfolgt damit ausschliesslich mit dem Wissen, das ein Agent erwirbt oder erschliesst. Dazu gehört auch das Wissen über die Bedürfnisse und Fähigkeiten von anderen Agenten sowie Fragen als wohldefinierte Wissenslücken und Ziele als Wissen über erwünschte zukünftige Zustände der Welt. Fragen sind eine besondere, als Information Gathering Goals bezeichnete Art von Zielen, und ihre Erreichung verändert – im Gegensatz zur Erreichung der als Achievement Goals bezeichneten Ziele – nur den Zustand der Welt des Agenten, nicht aber den allgemeinen Zustand der Welt (Peer 2005).
434
Software-Agenten im Semantic Web
2.3
Software-Agenten
2.3.1
Eine prototypische Agentenkommunikationssprache
Die Konzeption des Semantic Web, dass Agenten durch den Austausch von semantisch beschriebenen Daten zur Zusammenarbeit befähigt werden, hat ein Vorbild in der im Rahmen von DARPA KSE entwickelten Agent Communication Language (ACL): Anders als die Nachrichten in objektorientierten Programmen ist die Semantik dieser Sprache von den „Objekten“ – den Agenten – unabhängig. Agenten werden aufgrund ihrer Fähigkeit definiert, korrekt in einer Sprache wie ACL zu kommunizieren: „The criterion for agenthood is a behavioral one. An entity is a software agent if and only if it communicates correctly in an agent communication language such as ACL” (Genesereth, Ketchpel 1994, S. 50). Das heisst, dass ein Software-Agent in der Lage sein muss, Nachrichten in ACL zu lesen und zu schreiben, aber auch, dass er sich an die von den Inhalten dieser Nachrichten vorausgesetzten Verhaltensregeln halten muss. Die zu einer Nachricht gehörigen Verhaltensregeln leiten sich daneben auch aus allgemeinen Verhaltensprinzipien für Agenten her (Genesereth, Ketchpel 1994). Solche Verhaltensprinzipien sind zum Beispiel Aufrichtigkeit (Veracity), Autonomie (Autonomy) und Verpflichtung (Commitment). Aufrichtigkeit meint, dass ein Agent die Wahrheit erzählen muss bzw. dass er nur solche Verpflichtungen eingeht, von denen er glaubt, sie erfüllen zu können (Shoham 1993). Autonomie meint, dass ein Agent den anderen zur Leistung eines Dienstes nicht zwingen darf, es sei denn, der andere Agent habe seine Bereitschaft, Dienstanfragen anzunehmen, zuvor angezeigt. Verpflichtung meint, dass ein Agent einen Dienst auf Anfrage hin leisten muss, wenn er seine Bereitschaft dazu angezeigt hat. Zusätzlich sollen die Überzeugungen eines Agenten in sich konsistent sein müssen (Shoham 1993), was auch für die Wissensbasen der SoftwareAgenten des Semantic Web zutrifft (s. Semantik der möglichen Welten im Abschnitt Beschreibung der Software-Agenten), nicht aber für das Semantic Web als Ganzes! ACL besteht – wie in Abbildung 1 gezeigt – aus drei Teilen: Einem Vokabular, einer inneren Sprache, Knowledge Interchange Format (KIF), und einer äusseren Sprache, Knowledge Query and Manipulation Language (KQML). Eine Nachricht in ACL ist ein Ausdruck in KQML, dessen „Argumente“ mit Wörtern aus dem Vokabular gebildete Ausdrücke oder Sätze in KIF sind (Genesereth, Ketchpel 1994).
435
Rolf Grütter
Abbildung 1: Agent Communication Language (ACL) Kommunikationsschicht Nachrichtenschicht
Äussere Sprache (KQML)
Innere Sprache (KIF)
Ontologie (Vokabular)
Das für den Austausch von Nachrichten in einem spezifischen Anwendungskontext verwendete Vokabular entstammt einer für die Beschreibung des Kontextes geeigneten Ontologie mit den formalen Definitionen der Termini. KIF ist eine kompakte Version von Prädikatenlogik erster Stufe mit verschiedenen Erweiterungen, welche seine Ausdruckskraft erhöhen (Genesereth 1998). KQML bietet für die Ausdrücke in KIF eine zusätzliche Schicht, in welcher durch das Einbinden von Informationen über den Sender, den Empfänger, die Zeit usw. der Nachrichtenkontext berücksichtigt wird. Die mit KQML zusätzlich angebotene Schicht wird weiter in eine Kommunikationsschicht und eine Nachrichtenschicht unterteilt (Finin et al. 1992) (Finin et al. 1994a) (Finin et al. 1994b). Die Kommunikationsschicht kodiert einen Satz von Eigenschaften, welche die grundlegenden Parameter der Kommunikation beschreiben, wie die Identiät des Senders und Empfängers. Die Nachrichtenschicht bestimmt die Art der Interaktion. Mit einem performativen Verb (Performative) – zum Beispiel ask-one im Falle einer an genau einen anderen Agenten gerichteten Frage – wird der illokutive Sprechakt und damit zugleich das Interaktionsprotokoll festgelegt. Der illokutive Akt bezeichnet jenen Aspekt der mit einer Äusserung vollzogenen Sprachhandlung, mit welchem im Hörer eine bestimmte, als perlokutiver Akt bezeichnete, Wirkung erzielt werden soll (Searle 1969). Zum Beispiel will der Sprecher mit Fragen (illokutiver Akt) den Hörer zum Antworten bewegen (perlokutiver Akt). Weitere – optionale – Eigenschaften beschreiben zum Beispiel die Sprache des Nachrichteninhalts (d.h. die innere Sprache) und die vorausgesetzte Ontologie. Die drei Schichten von ACL lassen sich – wie in Abbildung 2 gezeigt – den aus der allgemeinen Sprachtheorie stammenden drei Ebenen der Kommunikation zuordnen. So entspricht die innere Sprache (z.B. KIF) der syntaktischen Ebene, die Ontologie, welcher die von der inneren Sprache verwendeten Wörter entstammen, der semantischen Ebene und die äussere Sprache (z.B. KQML) mit den performativen Verben der pragmatischen Ebene. 436
Software-Agenten im Semantic Web
Abbildung 2: Ebenen der Kommunkation und ACL
Pragmatik (Wirkung einer Nachricht)
Semantik (Bedeutung der Zeichen)
Syntaktik (Übertragung von Zeichen)
Äussere Sprache (KQML) Ontologie (Vokabular)
Innere Sprache (KIF)
Die Ebene der Syntaktik befasst sich dabei mit der korrekten Übertragung der Zeichen und mit ihrer formalen Beziehung zueinander (Reichwald 1999). Auf der Ebene der Semantik stehen die Bedeutung der Zeichen und die Inhalte der Nachrichten im Vordergrund. Die Ebene der Pragmatik befasst sich schliesslich mit der Wirkung, die der Sender mit seiner Nachricht beim Empfänger erzielen möchte.
2.3.2
Eine Agentenkommunikationssprache für das Semantic Web
Im Zuge des Ausbaus des WWW wurden sowohl für KIF als auch für KQML auf das WWW portierbare, als webized bezeichnete Sprachversionen vorgeschlagen, welche mögliche Ausgangspunkte für eine Agentenkommunikationssprache im Semantic Web darstellen. Von einer solchen Sprachversion wird im Wesentlichen verlangt, dass die Namen, Kürzel und Bezeichner durch URIs ersetzt werden (Berners-Lee 1998). Um eine leichte Einbindung in die vorhandenen Technologien des WWW und des Semantic Web zu gewährleisten, ist im Weiteren eine konkrete Syntax in XML oder in einer XML-Anwendung wie RDF-Syntax erforderlich. Als Beispiel sei die Reformulierung von KIF als RDF Schema erwähnt (Connolly 2000). Eine strikte Trennung des deklarativen Inhalts vom prozeduralen performativen Verb, welche ACL und insbesondere KQML auszeichnet, wird auch bei der in Entwicklung befindlichen und für das Semantic Web vorgesehenen Rule Markup Language (RuleML) angestrebt (Boley 2005). Die mit RuleML ergriffene Initiative wird im Rahmen des von der EU unterstützten Network of Excellence REWERSE (Reasoning on the Web with Rules and Semantics) weiterverfolgt und mit Blick auf die Verbindung mit anderen Sprachen zur Unterstützung von Schlussfolgerungen (Reasoning Languages) erweitert (REWERSE 2005). Einer ähnlichen Konzeption wie RuleML folgt OWL-QL – eine prototypisch ausgelegte, deduktive Abfragesprache für das Semantic Web.
437
Rolf Grütter
OWL Query Language (OWL-QL) ist eine für die Weiterentwicklung zum Standard vorgeschlagene Sprache und ein Protokoll für Frage-Antwort-Dialoge zwischen Software-Agenten, die von in OWL repräsentiertem Wissen Gebrauch machen (Fikes 2003). OWL-QL legt die semantischen Beziehungen zwischen einer Frage, der Antwort auf diese Frage und der zum Erzeugen der Antwort verwendeten Wissensbasis (oder Wissensbasen) genau fest. Anders als die gängigen Abfragesprachen von Datenbanken unterstützt OWL-QL Dialoge, bei denen der antwortende Agent eine Antwort mit den Methoden der automatisierten Beweisführung (Reasoning) herleitet ebenso, wie Dialoge bei denen das zur Beantwortung der Frage verwendete Wissen in mehreren Wissensbasen im Semantic Web liegt und diese Wissensbasen durch den fragenden Agenten nicht angegeben werden (im Gegensatz zu SQL geht OWL-QL von der Voraussetzung aus, dass nicht triviale Folgerungen vom antwortenden Agenten vollzogen werden und nicht vom fragenden). Obwohl OWL-QL für den Gebrauch mit OWL spezifiziert wurde, ist die Sprache so angelegt, dass sie leicht an andere deklarative Wissensrepräsentationssprachen wie KIF, RDF und DAML+OIL angepasst werden kann. OWL-QL ist für das Semantic Web ausgelegt: Die Fragen und Antworten in XML-Syntax werden zur Übermittlung mit einer Umhüllung durch das Simple Object Access Protocol (SOAP) versehen (McCool 2002), und ein Teil der pragmatischen Aspekte der Kommunikation wird auf den Ebenen von HTTP und der Protokolle des Internet geregelt.
2.3.3
Architektur eines Mehragentensystems
Genesereth und Ketchpel schlagen vor, die Agenten als föderiertes System zu organisieren (Genesereth, Ketchpel 1994). In einem föderierten System kommunizieren die Agenten – wie in Abbildung 3 gezeigt – nicht direkt miteinander, sondern unter Vermittlung von als Moderatoren (Facilitators) bezeichneten Systemprogrammen. Der Vorteil dieser Architektur gegenüber der direkten Kommunikation ist, dass weniger Nachrichten ausgetauscht werden müssen und die Komplexität der Implementierung der Agenten geringer ist, weil ein Agent nur mit dem lokalen Moderator und nicht mit anderen Agenten verhandeln muss.
438
Software-Agenten im Semantic Web
Abbildung 3 Architektur eines Mehragentensystems (adaptiert nach (Stanoevska 2002))
Agent
Agent
Agent
Moderator (ACL)
Agent
Moderator (ACL)
Moderator (ACL) Agent
Agent
Agent
In einem föderierten System benutzen die Agenten ACL, um ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten zu dokumentieren, aber auch um mit Hilfe von Nachrichten Informationen anzufragen und zu liefern (Genesereth, Ketchpel 1994). Die Moderatoren benutzen die von den Agenten zur Verfügung gestellten Dokumentationen, um die Nachrichten an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Bei Bedarf können die Moderatoren die Nachrichten von einem Vokabular ins andere übersetzen, indem sie die Definitionen aus den verwendeten Ontologien abrufen. Eine Unterstützung kann zum einen dadurch geleistet werden, dass der Nachrichtenfluss über die Moderatoren geleitet wird. Zum andern stellen die Moderatoren besondere Verbindungen zwischen einzelnen Agenten her und treten dann in den Hintergrund. Auch wenn die von Genesereth und Ketchpel (a.a.O.) vorgeschlagene zweistufige Architektur wegen der grossen Zahl der angeschlossenen Systeme nicht direkt auf das Semantic Web übertragbar ist, sind es die zugrundeliegenden Konzepte. So werden auch im Semantic Web spezialisierte Agenten Auskunft darüber geben, welche anderen Agenten eine gegebene Anfrage bearbeiten können. Ebenso werden spezialisierte Agenten von einem gegebenen Vokabular in ein anderes übersetzen. Das erste Konzept findet im WWW in Form der Verzeichnisdienste eine breite Anwendung. Um diese Verzeichnisdienste für das Semantic Web nutzbar zu machen, müssen die Kategorisierungsschemata und Verzeichniseinträge in maschinenlesbarer Form zur Verfügung gestellt werden. Diese Anforderung wird zum Beispiel vom im Rahmen des Projektes Open Directory Project erstellten Verzeichnis erfüllt (OPD 19982005). Allerdings basieren die dort verwendeten Verzeichnisauszüge in RDF (sog. RDF Dumps) auf einer nicht-standardisierten frühen Arbeitsversion und müssen vor einer Weiterverarbeitung bereinigt werden. Dazu können Skripten von der Homepage des Projektes Digital Libraries Project, Database Group, Stanford University kostenlos heruntergeladen werden. Das zweite Konzept wird im WWW im Wesentlichen vom menschlichen Benutzer realisiert, der die gefundenen Informationen selber in seine Sprache übersetzen oder 439
Rolf Grütter
eine ihm fremde Sprache (z.B. ein Fachjargon) zuerst erlernen muss. Dabei stehen ihm zum Teil elektronische Wörterbücher und Fachglossare unterstützend zur Verfügung. Zur Entwicklung der für die Automatisierung dieser Aufgaben im Semantic Web nötigen Ontologien bietet das W3C mit OWL (Web Ontology Language) eine standardisierte Beschreibungssprache an (McGuness, van Harmelen 2004).
2.4
Bedingungen für Software-Agenten
Wie erwähnt, formuliert das W3C mit den für das Semantic Web spezifischen Empfehlungen stillschweigend Bedingungen für Software-Agenten. Eine erste Bedingung leitet sich aus der grundlegenden Spezifikation des WWW (und des Semantic Web) ab: Ein Software-Agent muss eine globale Identität besitzen und mit einem Uniform Resource Identifier (URI) bezeichnet werden. Hält ein Agent diese Bedingung nicht ein, so ist er an die geschlossene Welt eines – möglicherweise verteilten – Systems gebunden und nicht in die offene Welt des Semantic Web portierbar. Eine weitere Bedingung leitet sich aus der Tatsache ab, dass alle Technologien des Semantic Web auf Extensible Markup Language (XML) basierende (Austausch-) Syntaxen zur Verfügung stellen: Ein Software-Agent muss XML lesen und schreiben (bzw. „sprechen“) können. Die Beschreibung von Informationsquellen mit Resource Description Framework (RDF) unterstellt, dass das Wissen eines Software-Agenten (über diese Informationsquellen) als eine Menge von Property Statements strukturiert ist, das heisst als binäre Relationen oder Tripel der allgemeinen Form (Prädikat Subjekt Objekt). Obwohl eine solche Strukturierung nicht zwingend ist, wird dadurch die Konzeption eines Kommunikationsprotokolls für Software-Agenten wesentlich vereinfacht (Hawke 2001). Kennzeichnend für einen Software-Agenten des Semantic Web ist, dass er Beschreibungen in RDF oder OWL auf eine Logik erster Ordnung abbilden kann. Eine solche Abbildung ermöglicht es ihm, die Wahrheitswerte (wahr oder falsch) von Ausdrücken zu ermitteln, die nach bestimmten Regeln von Aussagen mit bekannten Wahrheitswerten abgeleitet sind und so die Ausdrücke zu „verstehen“. Diese Eigenschaft ist unter anderem für die Verifizierung von Beweisen nötig, welche zusammen mit digitalen Unterschriften die Grundlage für das „Web of Trust“ – die (vorläufig) letzte Ausbaustufe des Semantic Web – bilden. Die Definition und Instanzierung von Ontologien in OWL – namentlich in OWL Lite und OWL DL – legt die erwähnte Logik erster Ordnung auf die diesen Sprachen zugrundeliegenden Beschreibungslogiken fest (Horrocks et al. 2003)(Patel-Schneider et al. 2004). Die Technologien des Semantic Web gründen auf Konzepten aus dem als Wissensrepräsentation und Inferenz bezeichneten Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz. Diese
440
Software-Agenten im Semantic Web
Grundlage erklärt, in welchem Sinne die Software-Agenten des Semantic Web lernfähig sind. Versteht man Lernen als den Erwerb von (zusätzlichem) Wissen auf der Grundlage von gegebenen konzeptuellen Strukturen, dann sind die Software-Agenten des Semantic Web uneingeschränkt lernfähig. Versteht man dagegen Lernen als das (Weiter-) Entwickeln dieser Strukturen, dann lernen die Software-Agenten des Semantic Web ausschliesslich in Verbindung mit der Evolution von Ontologien (Koivunen, Miller 2001). Bei der Erschliessung von neuem Wissen werden ähnliche Konzepte oft gleichzeitig von mehreren Forschungsgruppen definiert oder von einer einzelnen Gruppe zu verschiedenen Zeitpunkten. Im ungünstigsten Fall wird so ein und dasselbe Konzept – unter dem selben oder einem anderen Namen – in mehreren Ontologien mit unterschiedlicher räumlicher oder zeitlicher Gültigkeit beschrieben. Ein Beispiel ist der Begriff des Agenten, der sich mit der Entwicklung des Fachgebietes der Künstlichen Intelligenz gewandelt hat (AgentLink 2004). Um Informationen, die diese Beschreibungen benutzen, miteinander kombinieren zu können, müssen diese zueinander in Beziehung gesetzt werden (Koivunen, Miller 2001). Mit dem ausdrücklichen Festlegen der geltenden Beziehungen vollziehen die Software-Agenten des Semantic Web die mit der Evolution verbundenen Lernschritte. Die Evolution von Ontologien steht im scharfen Kontrast zum induktiven Lernen, das heisst zum Lernen anhand von Beispielen, welches das Lernen mit neuronalen Netzen auszeichnet.
2.5
Beschreibung der Software-Agenten
Die Software-Agenten des Semantic Web lassen sich anhand der gebräuchlichen Agententheorien, -architekturen und -sprachen beschreiben. Die Auswahl der für die Beschreibung verwendeten Agententheorien, -architekturen und -sprachen erfolgt anhand der Übersicht von Wooldridge und Jennings (Wooldridge, Jennings 1995). Derselben Arbeit sind die Erklärungen für die drei Grundbegriffe entnommen.
Agententheorien versuchen, Agenten begrifflich zu fassen, die Eigenschaften von Agenten zu verstehen, festzulegen und formal darzustellen. Aus Sicht des Software-Entwicklungsprozesses sind Agententheorien im Wesentlichen Spezifikationen.
Agentenarchitekturen versuchen die in den Agententheorien beschriebenen Eigenschaften bei der Gestaltung von Rechnersystemen umzusetzen. Sie befassen sich mit den dafür geeigneten Strukturen der Hard- und Software sowie mit der Abgrenzung von Komponenten. Aus Sicht des Software-Entwicklungsprozesses sind Agentenarchitekturen Modelle von Agenten. Sie geben den Schritt von der Spezifikation zur Implementierung wieder. 441
Rolf Grütter
Agentensprachen (abzugrenzen von den oben behandelten Agentenkommunikationssprachen!) sind Programmiersprachen, welche die verschiedenen in den Theorien vorgeschlagenen Prinzipien ausdrücken. Sie befassen sich mit dem Vorgehen bei der Programmierung von Agenten, mit der Ermittlung der dazu nötigen Primitiven und mit der effektiven Kompilierung und Ausführung von Agentenprogrammen. Aus Sicht des Software-Entwicklungsprozesses stellen Agentensprachen die Entwicklungs- und Testumgebungen für Agenten zur Verfügung. Die Beziehungen zwischen Agenten, Agententheorien, -architekturen und -sprachen werden in der Abbildung 4 verdeutlicht.
Abbildung 4 Beziehungen zwischen Agenten, Agententheorien, -architekturen und –sprachen Agenten
beschreiben Eigenschaften von
sind Umgebungen für
drücken Prinzipien aus von Agententheorien
Agentensprachen
Sind Modelle von erfüllen Vorgaben von
implementieren Komponenten von
Agentenarchitekturen
2.5.1
Agententheorien
Die theoretischen Grundlagen für die Software-Agenten des Semantic Web liefern die Beschreibung von Agenten als rational und vorsätzlich handelnde Systeme, die Semantik der möglichen Welten und die Sprechakttheorie. Rational handelnde Agenten (Rational Agents) handeln insofern „vernünftig“, als ihre Handlungen vollständig im ihnen verfügbaren Wissen und dem mit den Methoden der (klassischen) Logik daraus ableitbaren Wissen gründen. Eng verwandt mit dem Begriff des rational handelnden Agenten ist die Beschreibung von Agenten als vorsätzlich handelnde Systeme (Intentional Systems). Dabei wird den Agenten eine Anzahl von (inneren) Einstellungen oder Haltungen (Attitudes) – wie zum Beispiel Wissen – zugeschrieben, die ihr Verhalten erklären.
442
Software-Agenten im Semantic Web
Dass die Software-Agenten des Semantic Web Wissen haben und Handlungen ausführen ist unbestritten. Hawke macht zudem deutlich, dass die Handlungssteuerung mit dem Wissen erfolgt, das die Agenten erwerben oder erschliessen (Hawke, 2001). Weil die Erschliessung von neuem Wissen im Semantic Web bisher ausschliesslich mit den Methoden der klassischen Logik erfolgt (sowohl die Beschreibungslogik als auch die Hornlogik sind Teilmengen der Prädikatenlogik erster Stufe (Grosof et al. 2003)), sind die Software-Agenten des Semantic Web im oben definierten Sinne rational handelnde Agenten. Abgesehen vom Wissen machen die Entwickler des Semantic Web keine Angaben zu den Haltungen von Software-Agenten. Es ist aber anzunehmen, dass zumindest die von Genesereth und Ketchpel erwähnten Haltungen – nämlich Aufrichtigkeit, Autonomie und Verpflichtung – vorausgesetzt werden (Genesereth, Ketchpel 1994). Im zunehmend für die wirtschaftliche Leistungserstellung genutzten Semantic Web ist auch der Warenkorb als Bestand an digitalen oder digital repräsentierten Gütern und Geld eine wichtige Voraussetzung (Schmid 1999)(Schmid 2000). Nach der Semantik der möglichen Welten (Possible Worlds Semantics) können die Überzeugungen eines Agenten als eine Menge von möglichen Welten aufgefasst werden. Jede dieser Welten stellt einen möglichen Sachverhalt für das (begrenzte) Wissen eines Agenten dar. Hintikka prägte den Begriff der epistemischen Alternativen, um die möglichen Welten zu beschreiben (Hintikka 1962). Etwas, das in allen epistemischen Alternativen eines Agenten wahr ist, wird als seine Überzeugung bezeichnet. Epistemische Logiken, mit denen Modelle wie das der möglichen Welten formal beschrieben werden, werden normalerweise als normale Modallogiken mit der von Kripke entwickelten Semantik formuliert (Kripke 1963). Eine normale Modallogik ist im wesentlichen klassische Aussagenlogik, die um die zwei Operatoren N (= notwendigerweise) und M (= möglicherweise) erweitert worden ist. Die Semantik der modalen Junktoren N und M wird durch die Einführung einer Zugänglichkeitsrelation (Accessibility Relation) in die für die Sprache verwendeten Modelle festgelegt. Diese Relation definiert, welche Welten als von jeder anderen Welt aus erreichbar betrachtet werden. Die Formel NF ist dann wahr, wenn F in jeder von der aktuellen Welt aus erreichbaren Welt wahr ist. MF ist dann wahr, wenn F mindestens in einer von der aktuellen Welt aus erreichbaren Welt wahr ist. Bei der Verwendung dieser Logik als epistemische Logik wird NF als „es ist bekannt, dass F“ gelesen. Die Welten im Modell werden als epistemische Alternativen gedeutet, und die Zugänglichkeitsrelation definiert, welches die Alternativen für eine gegebene Welt sind. Zwei grundlegende Eigenschaften der normalen Modallogik begründen bei der epistemischen Logik das Problem der logischen Allwissenheit (Logical Omniscience): Sie besagen, dass ein Agent alle gültigen Formeln und alle logischen Konsequenzen seiner Überzeugungen kennt. Zur Beschreibung des Wissens eines Agenten mit be-
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Rolf Grütter
schränkten Ressourcen scheint das Modell der möglichen Welten deshalb ungeeigent zu sein. Eine Lösung des Problems der logischen Allwissenheit besteht darin, die Menge der möglichen Welten auf die Menge der Welten mit einer konkreten Interpretation zu beschränken. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Semantic Web mit den Ontologien: Eine von einem Agenten benutzte Ontologie ist eine Abstraktion (oder Theorie) der möglichen Welten des Agenten, der aktuelle Zustand seiner Wissensbasis die aktuelle Welt, und die Menge der von diesem Zustand aus erreichbaren Zustände ist die Menge der möglichen Welten des Agenten. Im Falle einer in OWL definierten Ontologie sind diese Welten in Form eines formalen Modelles semantisch präzise beschrieben (Patel-Schneider et al. 2004). NF bedeutet dann Konsistenz der aktuellen Wissensbasis des Agenten in Bezug auf die verwendete Ontologie: Es gibt eine Interpretation, die gleichzeitig ein Modell der aktuellen Wissensbasis (der aktuellen Welt) und der verwendeten Ontologie (als Abstraktion der möglichen Welten) ist. Umgekehrt gibt es für jede mögliche Wissensbasis, die in Bezug auf die verwendete Ontologie konsistent ist, eine konkrete Interpretation. Zur Prüfung auf Konsistenz mit einer in OWL definierten Ontologie können Algorithmen verwendet werden, das heisst, die Prüfung ist automatisierbar Horrocks et al. 2003). Die von John L. Austin und John R. Searle begründete Sprechakttheorie wurde bereits im Abschnitt Eine prototypische Agentenkommunikationssprache erwähnt. Für eine ausführliche Diskussion sei auf Searle verwiesen (Searle 1969).
2.5.2
Agentenarchitektur
Die Architektur der Software-Agenten des Semantic Web folgt dem klassischen Ansatz der deliberativen Architektur. Dabei werden Agenten als eine besondere Art von wissensbasierten Systemen konstruiert. Wooldridge und Jennings definieren einen Agenten mit einer deliberativen Architektur als einen Agenten mit einem explizit repräsentierten, symbolischen Modell der Welt, welcher seine Entscheidungen (z.B. welche Handlungen auszuführen sind) mit Hilfe von logischen Schlussfolgerungen auf der Grundlage der Verarbeitung von Symbolen trifft (Wooldridge, Jennings 1995). Im Semantic Web werden symbolische Modelle der Welt als (instanzierte) Ontologien repräsentiert. Weil diese standardmässig in OWL definiert werden, sind die Schlussfolgerungen zunächst auf jene beschränkt, die in den zugrundeliegenden Beschreibungslogiken zulässig sind. Mit Description Logic Programs (DLP) und Semantic Web Rule Language (SWRL) wird aber eine Verbindung dieser Beschreibungslogiken mit Hornlogik gesucht (de Brujin et al. 2004; Grosof et al 2003; Horrocks et al. 2003). Dadurch soll das Repertoire der von den Software-Agenten des Semantic Web unterstützten Folgerungen reichhaltiger gestaltet werden. Hornlogik liegt auch den ebenfalls für
444
Software-Agenten im Semantic Web
das Semantic Web vorgesehenen Sprachen RuleML und RuleML Rules Lite, welche mit RDF und OWL DL kompatibel ist, zugrunde (Boley, Tabet 2003 und 2005).
2.5.3
Agentensprache
Ein Vorteil des Ansatzes von DARPA KSE ist, dass Agenten aufgrund ihrer Fähigkeit definiert werden, korrekt in einer Sprache wie ACL zu kommunizieren, womit die Schnittstelle eines Agenten von seiner Implementierung entkoppelt wird (Genesereth, Ketchpel 1994). Falls die Entwickler des Semantic Web mit demselben Ansatz arbeiten, können die Software-Agenten des Semantic Web in einer beliebigen Programmiersprache (bzw. im Sinne der oben eingeführten Begrifflichkeit Agentensprache) implementiert werden, solange sie die Kommunikation in der gemeinsamen Sprache unterstützen. Der Agent des Knowledge Systems Laboratory der Stanford University, welcher Fragen in OWL-QL beantwort, ist zum Beispiel in der Programmiersprache Java implementiert (Frank et al. 2004). Die dem Semantic Web zugrundeliegenden Agententheorien, -architekturen und -sprachen und ihre Umsetzung im Semantic Web sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Theorien, Architektur und Sprache der Software-Agenten des Semantic Web Beschreibung
Semantic Web
Agenten als rational und vorsätzlich handelnde Systeme
Agenten handeln aufgrund des erworbenen und mit klassischer Logik erschlossenen Wissens
Semantik der möglichen Welten
Ontologien als Abstraktionen der möglichen Welten
Sprechakttheorie
RuleML
Agentenarchitektur
Deliberative Architektur
Agenten als (besondere) wissensbasierte Systeme
Agentensprache
Programmiersprache einer konkreten Implementierung
Entkoppelung der Schnittstelle (Kommunikation) von der Implementierung
Agententheorie
2.6
Anwendungen von Software-Agenten
Vom W3C werden Jema, Zakim und der Wein-Agent der Stanford University als Anwendungen von Software-Agenten des Semantic Web nachgewiesen. Listen mit auch ausserhalb vom W3C entwickelten Anwendungen finden sich unter den Webangebo-
445
Rolf Grütter
ten des EU-Projektes Semantic Web Advanced Development for Europe (SWAD-Europe) und des Programmes DARPA Agent Markup Language (DAML) (DAML 2003)(SWAD 2001). Jema, der Jena Meeting Assistant, ist eine RDF-Anwendung, welche die Abläufe in den Arbeitsgruppen des W3C unterstützt (SWAD 2001). Jena ist eine als Open Source verfügbare Umgebung zur Entwicklung von Anwendungen für das Semantic Web in Java (JENA). Mit Hilfe von Punkte- und Aufgabenlisten unterstützt Jema das Anlegen und Nachführen von Tagesordnungspunkten und das Verfolgen des Arbeitsfortschritts. Jema bindet E-Mail-Listen und Internet Relay Chat (IRC) ein und kann während einer wöchentlichen Telefonkonferenz herangezogen werden, um bei der Terminplanung mitzuhelfen. Der IRC-Telefonkonferenz-Agent Zakim unterstützt Konferenzen in einem zum Telefon parallelen IRC-Kanal zur Echtzeit (Kotok, Swick 2001). Im konkreten Fall liest er die Tagesordnung aus einer RDF/XML-Datei. Anders als Jema kann Zakim über eine Brücke zum Telefon Informationen einbinden, die sonst nur dem Betreiber zur Verfügung stehen. Auf diese Weise gibt er bei Bedarf darüber Auskunft, wer alles anwesend ist, meldet es, wenn neue Teilnehmer dazustossen oder ausscheiden, reiht Wortmeldungen ein, ruft die Teilnehmer auf, wenn die Reihe an ihnen ist, und führt die Tagesordnung. Das Protokoll wird im IRC-Kanal geführt und unrichtige Einträge sofort berichtigt. Zur Veröffentlichung des Protokolls wird im IRC-Kanal ein zweiter Agent aufgerufen. Zakim kann mehrere Konferenzen gleichzeitig unterstützen. Er hat eine WWW-Schnittstelle, die den jeweiligen Zustand der Brücke auf dynamisch erzeugten Seiten anzeigt. Der Wein-Agent der Stanford University, Knowledge System Laboratory (KSL), trittt als Weinführer auf. Unter gegebenen Randbedingungen, wie zum Beispiel das servierte Essen, empfiehlt er Weine, findet Informationen zu einem bestimmten Wein oder einer bestimmten Weinklasse, sucht nach passendem Zubehör zu einem Wein, wie zum Beispiel eine besondere Art von Gläsern. Der Wein-Agent verbindet über eine Schnittstelle eine Problemlösungskomponente (Reasoner) mit einer in OWL definierten Ontologie (Frank et al. 2004). Der Arbeitsgang des Agenten kann in drei Schritten beschrieben werden: in der Ontologie nachschlagen, Suchanfragen bearbeiten und Ergebnisse ausgeben. Der Wein-Agent verwendet OWL-QL als äussere Sprache im Sinne der im Abschnitt Software-Agenten eingeführten Agentenkommunikationssprache und hat eine WWW-Schnittstelle, an welcher der Benutzer in KIF Suchanfragen stellen kann.
446
Software-Agenten im Semantic Web
Abkürzungsverzeichnis ACL
Agent Communication Language
DAML
DARPA Agent Markup Language
DARPA
Defense Advanced Research Projects Agency
DL
Description Logics
DLP
Description Logic Programs
EU
European Union
HTTP
Hypertext Transfer Protocol
IRC
Internet Relay Chat
KIF
Knowledge Interchange Format
KQML
Knowledge Query and Manipulation Language
KSE
Knowledge Sharing Effort
OIL
Ontology Inference Layer/Ontology Interchange Language (vormals)
OWL
Web Ontology Language
OWL-QL
OWL Query Language
RDF
Resource Description Framework
REWERSE Reasoning on the Web with Rules and Semantics RuleML
Rule Markup Language
SOAP
Simple Object Access Protocol
SQL
Structured Query Language
SWAD
Semantic Web Advanced Development
SWRL
Semantic Web Rule Language
URI
Uniform Resource Identifier
W3C
World Wide Web Consortium
WWW
World Wide Web
XML
Extensible Markup Language
447
Rolf Grütter
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Software-Agenten im Semantic Web
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Beat F. Schmid (2002)
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Beat F. Schmid
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Einleitung
Der Mensch arbeitsteiliger Gesellschaften befindet sich in einem Netz von Tauschhandlungen, Transaktionen von Gütern, die er begehrt oder die er loswerden will. Diese Transaktionen finden in Interaktionsräumen statt, welche die Begegnung der Akteure gestatten und welche eine physische, logische und gesellschaftlichorganisatorische Struktur tragen. Solche Interaktionsräume nennen wir Medien. Die etymologische Wurzel dieses Wortes (die Mitte) bedeutet den ursprünglichen Ort des Tausches: den Dorfplatz, der zum Marktplatz wird. Die Geschichte der Wirtschaft ist deshalb aufs Engste verwoben mit der Geschichte der Medien. Das Schriftmedium beispielsweise hat seine wohl wichtigste Wurzel in den bronzezeitlichen Handelsstrukturen, deren Buchführung in der Form tönerner Zählmarken zur Keilschrift Mesopotamiens geführt hat1. Das Kommunikationsmedium der Schrift ermöglichte die Entwicklung der Stadtkulturen. Oder ein Beispiel aus unserer Zeit: Die wirtschaftliche Entwicklung, die im Zeitraum von ca. 1850 bis 1950 unsere heutige Industrie- und Dienstleistungskultur hervorgebracht hat, ist ohne die modernen Medien Post und Telefon, ohne Fotografie und Film, Radio und Fernsehen nicht denkbar. Die transformierende Wirkung dieser Medien auf die Gesellschaft kann heute noch in Entwicklungsländern beobachtet werden. Sie schaffen neue Bühnen und Plattformen für die Präsentation der Produkte und für den Tausch, für die Entdeckung und Entwicklung einer Fülle neuer Geschäftssituationen, deren gewinnbringende Nutzung den Fortschritt der Wirtschaft ausmacht: Warenhäuser und Versandhandel, Messen und Massenprodukte, Marken und Marketing, usw. So betrachtet besteht das wirtschaftliche System aus einem komplexen Geflecht von medialen Räumen, die als Orte der Kommunikation und des Tausches dienen. Es sind Interaktionsräume, deren Bühnen aus dem Stoff der Medien im technologischen Sinne (Printmedien, Telefon, Foto und Film, Radio und TV, etc.) gebaut und einer dauernden technologischen Entwicklung unterworfen sind. Das Netz der Marktplätze evolviert immer rascher. Die Transaktionsmaschine wird dabei immer mächtiger, vermag, längst global geworden, Informationen und Produkte im Nu zu vernetzen und zu verteilen.
1
452
In vielen vorgeschichtlichen Siedlungen Vorderasiens finden sich nur wenige Zentimeter grosse Tongegenstände mit geometrischen Einritzungen und Löchern. Es handelt sich dabei um erste Zeugnisse einer Buchführung, wobei die Tonmarken die genauen Angaben zum Handelsgut (z.B. Schafe), ihre Anzahl, die Ablieferungsverpflichtung und den für die Lieferung Verantwortlichen (Name des Hirten) enthalten. Vgl. [Kuckenburg 1996]
Inszenierung von Produkten im E-Business
Diese rasende Maschine ist jedoch an die Ko-Evolution des kulturellen Systems gebunden: Auf ihren Bühnen treffen sich Menschen die sich verstehen, in Rollen, die sie kennen und übernehmen müssen, soll Kommunikation und Interaktion gelingen. Von der Soziologie und Sozialpsychologie lernen wir, dass der Mensch in sozialen Situationen notwendig in Rollen auftritt, in Szenen, die gemeinsames Wissen bedingen [Goffman 1983, Goffman 1971], deren Regeln befolgt und deren Normen und Kultur gemeinsam sein müssen. Die Bühnen als Medien der Interaktion bestehen somit aus drei Komponenten (vgl. Abbildung 1):
einer physischen Plattform, d.h. einem Kanalsystem, das den physischen Austausch von Information und Gütern erlaubt,
einem logischen Raum, welcher ein gemeinsames Verständnis ermöglicht, einem sozial-organisationalen Raum, welcher den Akteuren Rollen zuweist und ihre Handlungen reguliert.
Abbildung 1: Medienmodell Logischer Raum
Inhalte
Sprache Grammatik Semantik Logik
Kanäle
Agenten
Physische Plattform Infrastruktur Informationsträger
Sozial-organisationaler Raum Community / Organisation Rollen Regeln Prozesse
So verstandene Medien müssen in zwei Welten oder Materien gebaut werden:
Ihre physisch-technische Seite, das Kanalsystem, ist Produkt des technischwirtschaftlichen Systems, u.a. der Medienindustrie, und wird mit physischer Materie (bzw. mit physisch wahrnehmbaren Phänomenen, wie z.B. elektromagnetische Felder) realisiert.
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Beat F. Schmid
Ihre kulturelle und sprachliche Seite ist in den Köpfen und Herzen von Menschen einzuformen. Die Geschehnisse in Medien lassen sich mit einem Theater vergleichen. Die Bühnenbauer bauen die Bühne mit geeigneten Materialien und Beleuchtungsmitteln. Die Regie formt die Spieler zu Rollen und Abläufen. Die Funktion des Regisseurs folgt in Geschäftsmedien wie Märkten allerdings meist nicht dem zentralistisch-hierarchischen Paradigma, sondern ist auf viele Köpfe verteilt und enthält mehr oder weniger selbstorganisierende Elemente. Trotzdem ist die Metapher des Theaters für das Verständnis und vor allem für das Design von Medien überaus nützlich. Im Folgenden soll jedoch nicht das Design von Geschäftsmedien besprochen werden, sondern es soll das in ihnen präsentierte und getauschte Produkt und seine Gestaltung näher beleuchtet werden. Dabei interessieren wir uns primär für das neue digitale Medium. Deshalb gehen wir zunächst auf dieses ein.
2
E-Business – Geschäft im digitalen Medium
Die Schlüsselinnovation des 20. Jahrhunderts ist der Computer, geboren aus der Mathematisierung der Logik und der Rationalisierung der arbeitsteiligen Produktion (durch Frederick Taylor, Henry Ford, u.a.) [Schmid 1997]. Dieses digitale Medium ist universell in einem doppelten Sinne: Es gestattet die Darstellung aller Informationstypen (Text, Bild, Ton) und die Simulation der bisherigen Medienformate. Darüber hinaus ist es aber auch Agent und erlaubt die Simulation jeglichen beschreibbaren Verhaltens, namentlich von lehr- und lernbaren Arbeitsabläufen, wie das Ausführen von Berechnungen (Computer) oder Bewegungsabläufen (Roboter). Es verbindet gleichzeitig diese beiden Informationstypen, die digitalisierten Daten mit den digitalisierten Verarbeitungsprozessen, in Gestalt von Programmen und eröffnet so einen Raum zur medialen Darstellung von Gedanken und Wirklichkeiten in einer Weise, die von der Realität tendenziell nicht mehr unterscheidbar ist, d.h. es schafft virtuelle Realitäten. Virtuelle Geschäftshäuser, Marktplätze, Städte und Welten werden heute im Handel bzw. im Spielen Realität. Das oben erwähnte Gewebe der Interaktionsräume kann sich in eine neue Dimension hinein entfalten, mit künstlichen Bühnen von bisher nicht möglicher Funktionalität. Wir stehen in den allerersten Anfängen dieser Entwicklung, die meist noch durch die Brille der alten Welt betrachtet und daher in ihrem Wesen und Potential verkannt wird. Wie bereits gesagt, wollen wir uns jedoch nicht diesen neuen, im digitalen Medium realisierten, Bühnen zuwenden, sondern den in ihnen ausgetauschten Produkten.
454
Inszenierung von Produkten im E-Business
Produkte sind Güter, die planmässig hergestellt werden können. Unter Gut verstehen wir etwas, das ein Bedürfnis befriedigt oder seiner Zufriedenstellung näher bringt. Es hat seinen Massstab daher an diesem Bedürfnis und muss vom bedürftigen Kunden unter dem Aspekt der Bedürfnisbefriedigung gelesen werden können. Das Element des Planes stellt andererseits Wissen dar, über das der Produzent verfügen muss. Der Plan stellt die Reproduzierbarkeit des Produktes sicher. Er ist es auch, der es im Prinzip ermöglicht, die Herstellung des Produktes an das Medium Computer zu delegieren. Das Produkt ist Intermediär, d.h. ein Vermittler oder Kanal zwischen Produzent und Kunden, das, was im arbeitsteiligen Verhältnis zur Übermittlung der Dienste des Produzenten an den Kunden dient. Abbildung 2 stellt diese Mittlerfunktion des Produktes dar.
Abbildung 2: Produkt als Mittler im arbeitsteiligen Verhältnis
Anbieter
Kunde
Produkt
Produkt I
Produkt II
ƒ Produkt I = Produkt in Produktionsoptik ƒ Produkt II = Produkt in der Kundensicht
Das Produkt hat somit zwei Seiten:
Zum Einen ist es etwas durch den Hersteller hergestelltes, wir nennen dies das Produkt I. Es ist Output eines Produktionsprozesses, dessen Eigner der Produzent ist. Er besitzt das Wissen das zu diesem Prozess gehört, den Zugang zu den Produktionsmitteln die diesen Prozess zu realisieren gestatten (Produktionsmaschinerie), sowie den Zugang zu den für die Herstellung des Produktes benötigten Ressourcen.
Zum Anderen ist das Produkt Funktion und Zeichen in der Welt des Kunden: Funktion, die seine Bedürfnisse befriedigt und Zeichen, das für ihn und andere lesbar, verstehbar ist, was eine Voraussetzung für den Gebrauch des Produktes darstellt. Diese Seite des Produktes, seine Präsenz in der Welt des Kunden, in seiner Wahrnehmung, nennen wir Produkt II. Dem Produkt liegt somit ein rationaler Entwurf, ein Produktdesign zugrunde, das drei Designkomponenten integriert:
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Beat F. Schmid
Das ingenieurmässige Design, welches den Bauplan des Produktes liefert, d.h. jene Information, die zur Herstellung des Produktes benötigt wird. Bei einem Haus sind dies die Konstruktionspläne, Angaben zur Materialisierung, usw.
Das betriebswirtschaftliche Design, welches die ökonomischen (organisatorischen, finanziellen, etc.) Elemente beschreibt. Beim Produkt Haus sind dies Offerte, Kostenrechnungen, Ablaufpläne, Verträge, usw.
Das ästhetische Design, das die Kundenperspektive des Produktes gestaltet. Ästhetisch steht hier im ursprünglichen griechischen Sinne für die gesamte Breite der Wahrnehmung, d.h. es betrifft nicht nur die optische Wahrnehmung des Produktes, sondern alle wahrnehmbaren Dimensionen der Produktgestaltung. Beim Haus ist dies nicht nur seine allgemein plastische Gestalt als architektonisches Objekt, sondern auch seine ergonomische Funktion (Wohnlichkeit, Qualität der Abläufe), sowie seine attributive Funktion, die es gegenüber seinem Besitzer hat (als Familiensitz, als Zeichen seines Wohlstandes, Geschmacks, usw.) – kurz: Seine Erscheinung in der privaten und sozialen Welt des Kunden. Damit ein Produkt „funktioniert“, muss das ihm zugrundeliegende Design somit auf doppelte Weise implementiert werden (vgl. Abbildung 3):
Implementation I. Auf der einen Seite soll das Produkt so definiert werden, dass sein Design der Produktionsmaschinerie zugeführt wird, d.h. in die Produktion implementiert werden kann. Aufbau- und Ablauforganisation für seine Herstellung sind zu gestalten, Prozesse so zu planen, dass die Kundenbedürfnisse über den ganzen Lifecycle des Produktes hinweg optimal erfüllt werden können. Die Umsetzung dieses Designs ist die Aufgabe die der Produzent zu bewältigen hat.
Implementation II. Auf der anderen Seite ist das Produkt so zu gestalten, dass es von den potentiellen Kunden wahrgenommen wird, d.h. in ihr Bewusstsein (in die Köpfe) hinein implementiert werden kann. Das zur Lesbarkeit und zum Verstehen des Produktes und seiner Anwendung kundenseitig notwendige Wissen muss vorhanden sein oder geschaffen werden. Die Umsetzung dieses Designs in Wahrnehmung und Wissen ist eine Aufgabe, die der Kunde selbst, ein Intermediär, andere Nutzer des Produktes, der Produzent oder weitere Akteure zu leisten haben.
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Inszenierung von Produkten im E-Business
Abbildung 3. Implementation I und Implementation II eines Produktdesigns
Die angesprochenen zwei Seiten eines Produktes werden sofort deutlich, wenn man sich ein Beispiel vor Augen führt, wie es in Abbildung 4 dargestellt wird. Hinter dem Automobil und der Tankstelle stehen nicht nur komplexe Wertschöpfungssysteme mit ihrem hochspezialisierten Wissen. Dieses Bild wäre um 1900 nicht lesbar gewesen – vom heute allgemeinen Wissen zu Verkehrsregeln, Mobilität, Automarken, etc. ganz zu schweigen.
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Beat F. Schmid
Abbildung 4: Produkt im Wissensraum
Was sind nun die Wirkungen, die das digitale Medium auf die Prozesse der Wahrnehmung des Produktes ausübt? Diese Wirkungen betreffen zum Einen das Produkt selbst, d.h. seine Gestalt und Erscheinungen, und zum Anderen die Art und Weise, wie Produktdesigns implementiert werden. Wir wollen im Folgenden nur die Wirkungen auf die Gestalt des Produktes und seine Vermittlung (Implementation II) betrachten. (Die transformierende Wirkung auf die Produktion und die Wertschöpfungssysteme werden hier nicht verfolgt [Schmid 1997]). Unter einem digitalem Produkt verstehen wir die Repräsentation eines Produktes im digitalen Medium. Es kann sich dabei um ein physisches Produkt handeln, wie ein Buch (bei amazon.com), ein Automobil (bei smart.com), ein Haus. Oder um ein Informationsprodukt, das vollständig im digitalen Medium realisiert werden kann, ohne materiellen Rest, z.B. ein Musikstück als mp3-File (bei napster.com), ein Computerspiel oder ein Software-Paket. Digitale Produkte sind somit eingebunden in den gigantischen Hypertext des World Wide Web, global, betrachtbar unter den verschiedensten Sichten und in unterschiedlichsten Kontexten. Die systematische Einbettung der heutigen Industrieprodukte in das digitale Medium hat in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre begonnen. Meist geschieht dies allerdings noch in einer Weise, die das digitale Medium als Ersatz für das Printmedium nimmt, d.h. als computerbasierten Hypertext-Katalog zum Produkt. Das Konzept des digitalen Produktes wird inzwischen jedoch immer mehr als etwas radikal Neues verstanden. Aus der Sicht des Ingenieurs ist es das logische System aller 458
Inszenierung von Produkten im E-Business
digitalen Produktdaten, die von all seinen Stakeholdern produziert oder benutzt werden – Konstruktionspläne, Kalkulationen, Prozessdaten für Herstellung und Vertrieb, virtuelle Darstellungen, etc. Damit wird dieses Datensystem zum Zentrum von dem aus die Darstellung des Produktes dem Kunden gegenüber ebenso gesteuert wird wie die Produktion des Produktes und der es begleitenden Dienstleistungen. Dessen Einbettung in Konfiguratoren oder Designplattformen erlaubt seine Gestaltung und Umgestaltung vor und während seiner Nutzung. Das so entstehende Informationssystem zum Produkt ist Basis zur Erzeugung mächtiger elektronischer Repräsentanten des Produktes, die seinen Nutzern und Dienstleistern in immer neuen Zugangsmedien als ortslose Begleiter zur Verfügung stehen. D.h. das Kernprodukt ist von einer Schar von virtuellen Stellvertretern des Produktes umgeben – quasi einem ganzen Hofstaat, der es vertritt, der als autorisierte Stellvertreter und Gesandte seine Dienste und Forderungen vermitteln kann. Diese Transformation lässt sich an der Vision des digitalen Hauses (digital home) verdeutlichen. Dem eigenen Zuhause und den in ihm versammelten Gerätschaften und Dienstleistern (Waschmaschine, Kochherd, Kühlschrank, etc.) ist eine digitale Repräsentation – ein digitales Produkt – zugeordnet, welches im Informationsäther platziert wird. Dieses Informationsobjekt ist ein Abbild des Hauses bezüglich seiner von aussen steuerbaren Prozesse und kann von den Bewohnern und von autorisierten externen Lieferanten jederzeit kontaktiert werden, um Statusabfragen durchzuführen oder Eingriffe im Haus vorzunehmen (vgl. Abbildung 5). Der Zeichencharakter des Produktes war schon immer Grundlage für seine Abbildbarkeit in den verschiedensten Medien, wie Kataloge, Strassenplakate, TV-Werbung, TShirt-Aufdrucken, usw. Aber diese Produkt-Repräsentanten waren „tote“ Kopien. Die digitalen Produkt-Repräsentanten hingegen sind lebendige Ikonen des Produktes selbst, deren Erscheinungsform den Wünschen des Kunden angepasst werden kann. Das digitale Haus auf dem Bildschirm oder einem anderen Access Medium (Schnittstelle auf dem Handy oder im Auto) erlaubt es, das Licht im Wohnzimmer des realen Hauses zu löschen, dessen Heizung höher zu stellen, den Status der Vorräte im Kühlschrank abzufragen und gegebenenfalls entsprechende Service-Aufträge an Lieferanten zu erteilen. Dieser „Hof“ von interaktiven Repräsentanten, der das Produkt umgibt, diese Heerschar seiner Statthalter und Botschafter die in den verschiedensten Medien der Wirtschaft und der Kunden aktiv werden, die Vielfalt all dieser Interaktionsräume in denen das Produkt seinen Stakeholdern in den unterschiedlichsten Kontexten als dialogfähiger, prozessierbarer Agent begegnet, verleihen dem Produkt ein unerhörtes neues Potential.
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Beat F. Schmid
Abbildung 5: Das digitale Heim Sicherheit: «Alarm eingeschaltet, ganzes Gebäude.»
TV: «Video Aufnahme programmiert. Heute, CNN, 17.15-17.45 Uhr. Ändern?» Backofen: «Braten programmiert. Heute, beendet um 19 Uhr. Ändern?» Kühlschrank: «Wenig Milch. Nachbestellen bei Le Shop?» Waschmaschine: «Programm beendet.»
Heizungsraum: «Störfunktion. Service kontaktieren?»
Garage: «Autoservice fällig am 20.2. Option: Montag 21.2. um 8 Uhr Dorf-Garage. Bestätigen?»
Die Gesichter des digitalen Produktes besitzen eine magische Qualität, sie werden zu einem vielfältigen digitalen Gebilde, verwoben mit Kontexten aller Art. Das digitale Produkt erscheint als System verbundener Avatare deren Design und Organisation neue Anforderungen stellen. Der Raum möglicher Leistungsprofile des digitalen Produktes und der Kosmos seiner Aspekte explodiert förmlich. Dementsprechend wird das Design digitaler Produkte immer anspruchsvoller, da von vornherein die verschiedensten Ansprüche und Blickwinkel zu berücksichtigen sind. Die Standardisierung der zugehörigen neuen Produktionssysteme – die Designtechniken der Implementation I – ist allerdings erst nach Ablauf weiterer Jahre zu erwarten. Ist sie einmal erfolgt, wird die Zeitspanne die es braucht um vom Plan eines Produktes zu seiner Realisation zu gelangen immer weiter schrumpfen. Wir können jedoch schon jetzt feststellen, dass die Vision rasch näher rückt, wo die virtuelle Realität eines Designs auf Knopfdruck semiautomatisch zur realen Wirklichkeit wird. Diese Entwicklung steigert die Bedeutsamkeit der „weichen Faktoren“ – der Kommunikation, d.h. die Einpflanzung der Produktidee und des ihr zugehörigen Wirkungsgeflechts in die Köpfe und Emotionen der Menschen. Während die Implementation I dank dem rasanten Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologien 460
Inszenierung von Produkten im E-Business
immer kürzere Realisierungszeiten erreicht, bleibt die Implementation II im gewohnten Tempo denn die Bildung von Wissen bei der Kundschaft kann nicht an SiliciumSubstrate delegiert werden. Basis des Wissensaufbaus bleibt weiterhin das neuronale Substrat unseres kognitiven Apparates, das sich in den letzten 100'000 Jahren nicht verändert hat, weshalb seine „Programmierung“ immer noch gleich lange dauert wie dazumal. So wächst mit jedem Fortschritt auf der Seite der Programmierung für Produktionssysteme die relative Bedeutung der Programmierung für das kognitive System – tendenziell in die Richtung von 100%. Aus dieser Entwicklung folgt, dass der Prozess des Produktdesigns in Zukunft wesentlich stärker auf die Implementation II, d.h. auf die Kommunikation des Produktes fokussieren muss und – vor allem beim digitalen Produkt – das Produkt selbst als Text, als Kommunikationsmedium und als Botschafter seiner selbst und der mit ihm verbundenen Werte ins Zentrum der Gestaltung rücken muss. Vor diesem Hintergrund wollen wir einige Überlegungen zu einem Designprozess anstellen der den Herausforderungen des E-Business besser Rechnung trägt. Analysiert man nämlich die dot.com-Pleiten der ersten Welle des E-Business am Ende des 20. Jahrhunderts etwas genauer, so zeigt sich, dass die Businesspläne dieser Firmen bezüglich der Implementation I in aller Regel in Ordnung waren: Die notwendige Produktionsmaschinerie wurde oft genug in der vorgesehenen Zeit zu den vorgesehenen Kosten realisiert, mit Abweichungen wie sie auch in anderen Geschäften üblich sind. Problematisch jedoch war die Entwicklung der Kundenmärkte, d.h. die Implementation II: Dort herrschten spekulative Verkaufserwartungen, unterlegt mit einem unspezifischen, oft sehr grossen Marketingbudget, vor. Das Design der Produkte wurde meist viel zu wenig unter dem Aspekt der Kommunizierbarkeit vorgenommen, d.h. zu sehr als Produkt I und zu wenig als Produkt II und kaum auf das Kommunikationsmanagement abgestimmt. Die erfolgreiche Kommunikation einer Produktidee verlangt jedoch die Entwicklung eines Produktdesigns, das a) einerseits zu einem Produkt führt, das in seiner Funktion als Zeichen für den Benutzer lesbar ist und die richtige Botschaft vermittelt, und das b) andererseits ein auf dieses Produktdesign abgestimmtes Kommunikationskonzept entwickelt, sodass die zwei Kommunikationsströme – die Botschaft des Produktes selbst sowie die Kommunikation über das Produkt (Marketing) – in der Wahrnehmung des Kunden ein kohärentes und sich verstärkendes Bild erzeugen (vgl. nochmals Abbildung 3). Wir fokussieren im Folgenden auf das Produkt II und betrachten dort nur die Forderungen an das Produktdesign (Punkt a). Das Kommunikationsdesign (Punkt b), welches im Prinzip parallel dazu zu entwickeln ist, bleibt hier unberücksichtigt. (Wobei zu bemerken ist dass das universelle digitale Medium die Grenze zwischen der Erschei-
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nung des Produktes selbst (a) und der es begleitenden Produkt-Kommunikation (b) tendenziell aufheben wird. [Schmid 2001])
3
Design digitaler Produkte
Digitale Produkte sind einerseits selbst Medien, Vermittler von Botschaften und Leistungen. Andererseits sind sie in Medien eingebettete Agenten, genauer: Eine Schar von Agenten, die auf verschiedenen Bühnen auftreten und ihre Rolle spielen. Wie oben ausgeführt bestehen Medien – und damit auch das Produkt – aus den drei Komponenten:
der physischen Komponente (Kanal), d.h. das physische Produkt bzw. das Interface (des PC, des Mobiltelefons, etc.);
der logischen Raum, d.h. die Sprache des Produktes und der logische Kontext in dem es auftritt;
der sozial-organisationale Raum, d.h. die Funktion und Rolle die es für die anderen Interaktionspartner spielt. Beim Design digitaler Produkte dominiert heute noch die von den bildenden Künsten (Buch, Plakat, Film) geprägte Darstellungsweise. Da das digitale Produkt jedoch ein interaktiver Agent ist, wird seine gestalterische Beherrschung wohl bei der Erfahrung seitens der darstellenden Künste (der performativen bzw. Bühnenkünste) Belehrung suchen müssen. Um die Inszenierung des Produktes zu erläutern, benützen wir daher die Metapher des Theaters.
Der direkte Bezug zu den dramatischen Künsten ist gegeben weil ja auch das digitale Produkt eine Rolle (oder Rollen) in verschiedenen Situationen auf verschiedenen Bühnen spielt.
Der Kontext des Theaters drängt sich aber auch aus einer psychosozialen Perspektive auf [Goffman 1983], weil das digitale Produkt zum lebendigen Agenten mutiert welcher mit anderen Agenten (Menschen, anderen Informationsobjekten, Maschinen) aktiv werden kann und damit die Strukturierung sozialer Interaktionen erhält. Man könnte die Gestaltung des „Hofstaates“ des digitalen Produktes auch als organisatorisches Problem betrachten und damit die Betriebswirtschaftslehre dazu ziehen. Aber die kognitive – ästhetische – Wirksamkeit des Produktdesigns ist in der Metapher des Theaters besser aufgehoben.
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Inszenierung von Produkten im E-Business
Die folgenden Überlegungen zur Theater Metapher als Designhilfe enthalten kein fertiges Rezept zur Gestaltung digitaler Produkte. Sie stellen vielmehr ein allgemeines Vorgehen zur Diskussion das auf prinzipiellen Überlegungen basiert, deren Hintergrund hier in dichter Form dargelegt wird. Zu diesen Grundlagen gehören
das erwähnte Verständnis von Medien als Interaktionsräumen mit ihren drei Komponenten,
die doppelte Wurzel der Theatermetapher in der Soziologie der Interaktion und in den performativen Künsten,
die Erfahrungen aus der dot.com-Pleite, d.h. die Mängel der bisherigen Designprozesse im digitalen Geschäft. Die Gestaltung des digitalen Produktes und seiner Kommunikation verlangt mehr als die heute immer noch verbreitet geübte Delegation an Web- und Kommunikations-Agenturen. Sie erfordert vielmehr ihre Einbindung in die Geschäftsstrategie, ja sie muss ihren eigentlichen Kern bilden. Die Unternehmensidentität und der Identitätskern der Produkte sind nicht von ihrem Design zu trennen, den Gestalten, in denen das Unternehmen und seine Produkte den Kunden und anderen Stakeholdern des Unternehmens begegnen. Die Unternehmensleitung ist aber immer noch primär von den Erfordernissen und Prozessen der Implementation I geprägt, weit weniger von jenen der Implementation II obwohl letztere erfolgsentscheidend wirkt, wie wir ausgeführt haben. Beim Design digitaler Produkte geht es um die Identifikation des Geflechtes der Bühnen und Szenen in denen das Produkt auftritt, um die Identifikation seiner Rollen in den jeweiligen Situationen und die Grundsätze für die Inszenierung derselben sowie ihrer Interaktionen mit den Mitspielern und Requisiten; es geht um die Wahl der Sprache des Produktes und des Stils sowie um die Eckwerte für ihre Inszenierung auf unterschiedlichen Bühnen (in unterschiedlichen Kanälen). Diese Design-Aufgabe gliedern wir in zwei Hauptphasen: 1.
Die Konzeptphase, welche die Rollen des Produktes in verschiedenen Situationen und die Grundsätze seiner Interaktionen mit dem Kunden (und Anderen), sowie seine Sprache(n), in der (in denen) es spricht erarbeitet. In der Konzeptphase geht es um die Gestaltung der sozialen Komponente (Aufbau- und Ablauforganisation) sowie der logischen Komponente des Mediums. Wir nennen diese Phase das Organisation-, Interaktions- und logische Design (O.I.L.Design). Das Ergebnis dieser Phase resultiert in den Spezifikationen, dem Pflichtenheft, für die folgende Phase:
2.
Die Implementationsphase, welche das Konzept, d.h. das Pflichtenheft umsetzt: In ihr werden die Kanäle gestaltet, die Interfaces (Screens, usw.) in denen das Produkt erscheint, sowie das Produkt selbst im Sinne des Industrial Design. Wir nennen diese Phase daher auch Kanaldesign.
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Während die Konzeptphase eine unternehmensstrategische Aufgabe darstellt, kann die Implementationsphase an entsprechende Spezialisten (Designer der Informationsträgersysteme) delegiert werden.
3.1
Konzeptphase
Die Konzeptphase liefert die Spezifikationen für eine Inszenierung. Es geht hier
in betriebswirtschaftlicher Sprache: um die Gestaltung der Aufbau- sowie der Ablauforganisation,
in der Theatersprache: um die Geschichte (story) mit dem sie beherrschenden Motiv (der controlling idea2) und den Eckwerten für ihre Inszenierung. Natürlich wird sich das digitale Produkt in verschiedenen „Theatern“ wieder finden. Es gibt verschiedene Szenerien in denen die Rolle des Produktes unterschiedlich ist. Wer führt Regie? Viele Situationen sind unter unserer Kontrolle, wir führen Regie. Dies ist die Sichtweise des Produzenten und trifft z.B. zu für den Abschluss des Kaufvertrages in einem E-Shop. In anderen Situationen führen wir zwar nicht selber Regie, kennen aber Protokoll und Ablauf, z.B. die Spielregeln in einer Online-Auktion. Wieder andere Situationen sind uns aufgezwungen, sind teilweise unvorhersehbar, z.B. Auseinandersetzungen mit Interessensgruppen (Öffentlichkeit, NGOs.). Man erinnere sich der Ereignisse um die Ölplattform Brent Spa, wo Shell in eine unvorhergesehene Rolle geriet oder man denke an den missglückten Elchtest beim A-Modell von Mercedes, wo das Produkt eine nicht antizipierte Rolle in der Öffentlichkeit spielen musste. Solche Situationstypen – das Spiel des Produktes auf fremden Bühnen – fordern das strategische Management adäquate Gestaltungsweisen vorzubereiten. Wir haben hier nicht den Raum die erforderlichen Differenzierungen vorzunehmen, sondern müssen uns mit allgemeinen Hinweisen begnügen. Wir gliedern die Konzeptphase in drei Teilaufgaben:
das Organisationsdesign (O-Design), das der aufbauorganisatorischen Gestaltung entspricht,
das Interaktionsdesign (I-Design), das der ablauforganisatorischen Gestaltung entspricht und
das logische Design (L-Design), die Welt der Zeichen und der Sprache. 2
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Vgl. z.B. [Field 1998]. “Drama is conflict. Without conflict you have no action; without action you have no character; without character you have no story, and without story you have no screenplay”, S. 167
Inszenierung von Produkten im E-Business
3.1.1
O-Design
Zuerst sind die Situationen zu identifizieren in denen das Produkt dem Kunden begegnet. Bei einem Produkt wie z.B. dem Lautsprecher sind solche Situationen etwa die Begegnung mit dem Produkt in der Akquisitionsphase (auf einer HiFi-Messe, im Fachgeschäft), die Situation seiner Nutzung, also beim Musikhören zuhause oder die Situation der Nicht-Nutzung, wenn das Produkt ungebraucht im Wohnzimmer steht wo es sich z.B. als Möbel tarnt (und nicht, wie das digitale Pendant weggeklickt werden kann) oder in der Situation des Ausfalls, wenn das Gerät defekt (und die Aufmerksamkeit des Kunden akut) ist. Diese Situationen, die wie beim Theater in Akte und ihre Szenen gegliedert werden können, bilden mit ihren dazwischenliegenden Übergängen die Landschaft in die das Produkt eingebettet ist, in der es agiert. Alle die Situationen in welchen man dem Produkt begegnen kann, sollten im O-Design möglichst vollständig kartografisiert werden bevor weitere Design-Schritte unternommen werden. Nehmen wir wieder das Beispiel des Lautsprechers, so können wir dessen Weg von der Produktidee über die Umsetzung der Geschäftplanung mit den Stationen der Herstellung, des Versandes zum Intermediär, der Situationen der Informationsbeschaffung über das Produkt, der Laufverhandlungen, der Installation zuhause, der Inbetriebnahme, der Anpassung (update usw.), der Reparatur, der Entsorgung verfolgen. Einige dieser Situationen haben mehrere Ausgangs-Optionen; bei anderen Situationen ist ein Weg zurück nicht mehr möglich, usw. Es ist hilfreich, diese Landschaft der Situationen in einem Situations-TransitionsDiagramm zu erfassen. Dieses beschreibt neben den einzelnen Situationen auch die möglichen Übergänge zwischen ihnen. Abbildung 6 zeigt ein solches Diagramm schematisch: Ausgehend von einer Situation S-1 sind eine Reihe von Übergängen in entsprechende andere Situationen S-2, S-4, etc. möglich.
Abbildung 6: Ein Situations-Transitions-Diagramm S-2
S-4
S-5
S-1 S-3 S-6
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Das Situations-Transitions-Diagramm gibt die Topografie der Landschaft wieder in der das Produkt agiert. Die Granularität dieser Landkarte ist natürlich nicht fix gegeben – gegebene Situationen können feiner untergliedert, und umgekehrt, mehrere Situationen können zu einer einzigen aggregiert werden. Der Grad der Auflösung kann im Verlaufe des Designprozesses sukzessive soweit erhöht werden wie es die Ausarbeitung verlangt. Es mag scheinen, dass die Komplexität dieser Situationslandkarte allzu gross werden könnte. Dem wirkt jedoch entgegen, dass der Kunde sich in dieser skizzierten Landschaft orientieren können muss. Sie muss ihm vertraut vorkommen, sei es von Anbeginn oder nach kurzem Aufenthalt in ihr. Andernfalls wird er sie verlassen: Der Kunde wird das Produkt in seiner Situation nur soweit verstehen können, wie ihm die Landschaft seiner Szenen vertraut ist. Es ist daher zu prüfen, ob der geplante „ProduktWeg“ dem Kunden hinreichend bekannt (und auch sympathisch) ist. Im Theater bedient man sich des Konzeptes des Genres um das gemeinsame Wissen zu referenzieren, vor dessen Hintergrund sich der geplante Plot abspielen soll. In jeder Situation finden sich neben dem Produkt weitere Akteure, namentlich der Kunde. Als nächstes sind deshalb alle in der Situation vorhandenen oder benötigen Akteure zu bestimmen und ihre Rollen zu klären – vorrangig natürlich diejenige des Produktes. Der Kunde muss sich in der gegebenen Situation gegenüber dem Produkt und den Mitspielern in jeder Situation orientieren können, muss wissen, was seine Rolle ist und was diejenigen des Produktes und der anderen Spiele sind. Die Theaterwelt hat im Verlauf ihrer Geschichte die für ein bestimmtes Genre benötigten Charaktere herausgebildet und dem Publikum zur Kenntnis gebracht: Die für eine Inszenierung der Commedia dell’Arte, für einen Western oder für einen Krimi notwendigen Rollen sind (bzw. waren) bekannt: Der Held, der Schurke, der Weise, das Liebespaar... Finden wir zwei oder drei dieser Charaktere in einer Situation vereinigt vor, so erahnen wir bereits worum es geht. Die Inszenierung eines Produktes muss ebenso berücksichtigen, dass Situationen beim Betrachter oder Kunden ein bestimmtes Wissen voraussetzen. (Wenn für einen Produktauftritt derartiges gemeinsames Wissen neu aufzubauen ist dauert dies lange und ist daher aufwendig – für das Unternehmen wie für den Kunden.) Es empfiehlt sich, die Präsenz und Rollen aller am Produkt beteiligten Stakeholders für jede Situation zu klären, so wie wir dies aus dem Theater kennen, wo für jeden Akt angekündigt ist welche Spieler auftreten werden. Das O-Design gestaltet demnach die Landschaft der Begegnungssituationen mit dem Produkt und definiert für jede dieser Situationen die in ihr auftretenden Agenten und ihre Rollen sowie ihren Typus (ihr Genre). Es tut dies in einer Weise die garantiert, dass der Kunde versteht was der Horizont des entworfenen Plots und was sein Ort in dieser Szenerie ist. Idealerweise wird das Ganze des zu inszenierenden Stückes vom Kunden verstanden. Oft ist dies aber nicht nötig oder möglich. Dann ist zumindest die Kenntnis eines hinreichend grossen Teiles dieser Landschaft vonnöten. In jedem Falle muss dem Kunden
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Inszenierung von Produkten im E-Business
der Ort verständlich sein an dem er sich in der Interaktion mit dem digitalen Produkt befindet, sodass seine Navigation zur nächsten Interaktionssituation gezielt erfolgen kann. Was für Hotelketten, Flughäfen, Golfplätze und andere Produkte gilt – Situationen in denen sich der Kunde weltweit zurechtfindet – gilt auch für das digitale Produkt und die Gestaltung der Landschaft, in die es eingebettet wird: Sie ist nach Prinzipien zu gestalten die sachgerecht sind und die rasche Orientierung gestatten. Das ODesign liefert diese Architektur mit ihren Elementen und Räumen, die Aufbauorganisation mit ihren Funktionen, welche die verschiedenen Stationen des Produktes gestaltet in denen es dem Kunden begegnet.
3.1.2
I-Design
Als Nächstes sind die mit der Inszenierung eines Produktes verbundenen Abläufe und Interaktionen zu gestalten. Hier sind die Beobachtungen von E. Goffman und anderen Soziologen und Sozialpsychologen [Goffman 1971, Goffman 1983, Forgas 1999, Berger, Luckmann 1969, Mead 1998] wegleitend3: Interaktion gelingt nur auf dem Hintergrund gemeinsamen Wissens zur Situation, den Rollen und dem erwarteten Verhalten. J. Forgas schreibt: „Unsere Interaktionen nehmen fast immer einen vorhersagbaren Verlauf, so, als hätten sich die Beteiligten auf ein bestimmtes Drehbuch geeinigt“4. Das I-Design schreibt dieses Drehbuch für jede Situation oder Szene. Weil der Kunde nicht blosser Betrachter sondern selber Akteur in einer Rolle ist, sind diese Grundsätze besonders wichtig. Gerät damit nun nicht die Komplexität des Designs vollends ausser Kontrolle? Glücklicherweise nicht, denn diese wird durch folgende Erkenntnis begrenzt: Gemeinsames Wissen zu situativen Interaktionsabläufen – zu „Plots“ im Theater, „Episoden“ in der Soziologie – ist ein knappes Gut. Die Sozialpsychologie spricht von nur einigen wenigen Dutzend Interaktionsroutinen welche eine Gemeinschaft in ihrem gemeinsamen Repertoire hat5. Unterschiedliche Situationen werden auf ihren Typus reduziert und als solcher wahrgenommen. Mit diesem begrenzten Baumaterial sind O- und I-Design zu gestalten. Das jeweilige Situations- und Rollenwissen ist natürlich abhängig von der Gemeinschaft in welcher sich der Kunde befindet. Fachge3
4
5
„Goffmans Theorie baut auf dem Gedanken auf, dass man dem, was Menschen in ihren Alltagsinteraktionen zu erreichen suchen, mit dem Begriff des Rollenspiels im Allgemeinen und der Metapher des Theaters im besonderen am nächsten kommt“, so Forgas, a.a.O. S. 163 „Alltagsinteraktionen (...) finden im Rahmen wohl etablierter, geregelter Interaktionsroutinen oder ‚sozialer Episoden’ statt. Auch dieser Terminus ist der Theatersprache entlehnt. Genausogut könnten wir von ‚Szenen’ sprechen. In beiden Fällen ist impliziert, dass unsere Interaktionen fast immer einen vorhersagbaren Verlauf nehmen, so, als hätten sich die Beteiligten auf ein bestimmtes ‚Drehbuch’ geeinigt.“ [Forgas 1999] S. 176 „Untersuchungen haben ergeben, dass die meisten Menschen ihre täglichen Interaktionsroutinen zu 15 bis 30 solcher stets wiederkehrenden Episoden zusammenfassen können. Zu wissen, was jede Episode von einem verlangt, ist die Grundlage erfolgreicher Interaktion und Eindruckssteuerung (...) man muss auch wissen, welches Verhalten in welcher Episode am Platze ist.“ [Forgas 1999] S. 176
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meinschaften können über Wissen verfügen das anderen Gruppen fremd ist. In der Scientific Community weiss man, was bei einem „Call for Papers“ oder einem „double blind peer review“ vor sich geht. Dieses Wissen mag anderen Gemeinschaften fehlen. In jedem Falle gilt es aber mit einem sehr beschränkten Repertoire von „SzenenTemplates“ auszukommen, um Interaktion erfolgreich zu gestalten. O- und I-Design gestalten also die sozial-organisationale Komponente des Mediums. Sie liefern die Organisationslogik die auf gemeinsamem Wissen aufbaut. Zudem ist Dramaturgie gefragt: Die Organisationslogik soll so gestaltet sein, dass sie den Akteur Kunde fesselt. Und „Utilitas“, Nützlichkeit: Sie soll seine Bedürfnisse optimal befriedigen [Schmid-Isler 2002]. Das O- und I-Design ist zunächst unabhängig vom Medium ihres Ausdruckes, sowohl vom sprachlichen Ausdruck wie vom gewählten Kanal (PCBildschirm oder sonstige Bühnen). Diesem wenden wir uns nun zu, zuerst dem sprachlichen Ausdruck.
3.1.3
L-Design
Die Organisationslogik verlangt einen sprachlichen Ausdruck der in den gemeinsamen logischen Raum, den wir mit dem Kunden teilen, eingebettet werden muss. Es gilt, für die benötigten Situationen und Rollen, speziell auch für die des Produktes, passende Bilder, Worte usw. zu finden. Die gleiche Organisationslogik kann nicht nur in englischer, chinesischer oder deutscher Sprache ausgedrückt werden. Die Variationsbreite ist grösser: Wir können eine kindliche Ausdrucksform oder eine Fachsprache wählen, eine poetische oder formale, eine narrative oder abstrakte usw., um die organisatorische Landschaft und die in ihnen stattfindenden Abläufe zu beschreiben. Das verwendete Vokabular an symbolischen und gestischen Elementen muss jedoch dem Kunden bekannt sein oder ihm bekannt gemacht werden. Letzteres ist, wie bereits erwähnt, sehr aufwendig, verlangt viel vom Kunden und sollte daher äusserst sparsam eingesetzt werden. Um verständlich zu machen, worum es in einer Situation geht, sind Metaphern oft hilfreich. In der Regel werden bekannte Symbole oder Gegenstände einer Rolle oder Situation attributiert, um deren Intention zu verdeutlichen6. Mit Attributen (z.B. Piktogrammen wie dem Einkaufswagen beim digitalen Einkaufen im Internet) werden etwa Absichten des Verkaufes verdeutlicht; mit Marken wird der Schöpfer des Produkts kommuniziert. Die Lesbarkeit der gesamten Inszenierung gelingt nur vor dem Hintergrund eines konsequent gestalteten und verwendeten Zeichenvokabulars, das zum Ausdruck der aufbauorganisatorischen Logik (d.h. der Situationen und Rollen) und der intendierten
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In der bildenden Kunst entsteht Bedeutung durch Attribute, sie sprechen die Sprache, welche von der Ikonografie untersucht wird.
Inszenierung von Produkten im E-Business
Abläufe Verwendung findet – wie es auch zur Beschreibung des Produktes und seiner Welt benötigt wird. Die Wahl dieser Sprache ist sorgfältig zu wählen, denn Sprache ist ein gemeinschaftliches Gut. Private Elemente des Designers oder des Produzenten sind daher mit äusserster Vorsicht zu gebrauchen, ihre Verwendung ist rechenschaftspflichtig. Das verwendete Vokabular ist somit zunächst aus dem gemeinsamen Wortschatz, den der Anbieter mit dem Kunden teilt, auszuwählen. Hauptsächliches Gestaltungselement ist die Auswahl von Geeignetem und das Weglassen von nicht Geeignetem. Dieser Prozess ist aufs Engste verknüpft mit der Corporate Identity, der Produktidentität, dem Markenkern. Hier werden wesentlichste Elemente der Firmenstrategie tangiert. Der Aufbau dieser Identität ist i.d.R. nicht zu schaffen ohne das gemeinsame Vokabular um eine eigene „Mikrosprache“ zu erweitern, namentlich die Marke, das Firmenlogo, eine spezielle Produktgestalt, d.h. um individuelle Elemente des Corporate Designs und des Produktdesigns. Der Aufbau dieser Eigensprache und ihre Vermittlung ist notwendig und kostspielig, muss daher sorgfältig gewählt und über lange Zeit durchgehalten werden, soll der intendierte Effekt zu einem bezahlbarem Preis erreicht werden. Neben dem Vokabular – ausdrücklich verstanden in einem weiteren Sinne, inklusive der nicht-symbolischen Elemente – ist weiter ein Stil zu wählen, dessen sich der Ausdruck bedienen soll. Er stiftet ein weiteres Element der Identität, bildet Assoziationen und trägt zur Akzentuierung der Botschaft bei. Dies gilt nicht nur für die Produkte der Kunst- und Kulturwelt, sondern für jedes Werk. Er schafft Wiedererkennbarkeit und gleichzeitig Standesidentität der angesprochenen Community: Vornehm, kindlich, jugendlich, sportlich, intellektuell, ethnisch, etc. Wir vertiefen den Aspekt nicht weiter. Diese Designaufgabe ist das Handwerk von Spezialisten, von Design- und Kommunikationsagenturen. Die Kontrolle des logischen Designs ist notwendig, da sie wesentliche Entscheide für die Inszenierung des Produktes treffen. Die Art, wie Mitglieder einer Gemeinschaft miteinander umgehen (ihr Kommunikations-Protokoll) entscheidet oft ebenso sehr darüber, ob ein Kunde auf eine Situation eingehen will oder nicht, wie das in dieser Gemeinschaft behandelte Thema. Es ist kein Zufall, dass dem Kommunikationsmanagement (unter anderer Bezeichnung) seit altersher sehr grosse Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Alte und auch neuere Königreiche, Kirchen- und Adelsdynastien wie Firmen, Verbände und politische Gremien haben die Gestaltung ihrer Präsenz und die Wahl der sie symbolisierenden Insignien und Strukturen nicht wegdelegiert, sondern einer strengen Disziplin unterworfen. Dasselbe wird das leitende Management einer Firma tun, welche digitale Produkte im globalen Markt zu einer erfolgreichen Präsenz führen will: Die Wahl der sie repräsentierenden Sprache und Symbole ist interne Angelegenheit. Damit sind die wesentlichen Elemente des Pflichtenheftes genannt, das in der Konzeptphase, der Umsetzung einer Produktidee in ein Produktdesign, erarbeitet werden muss. Es besteht also aus dem Organisations- und Interaktionsdesign (O- und I-
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Design) sowie dem logischen Design (L-Design). Wir bezeichnen diese drei Elemente als O.I.L.-Design. Es enthält die konzeptionelle Umsetzung der Produktidee, abgestimmt auf die Geschäftsstrategie. Es enthält zugleich die kreative Idee der Inszenierung des Produktes, ist Materialisierung der Geschäftsidee und Kunsthandwerk in Einem. Diese Aufgabe verlangt somit das Fachwissen verschiedener Disziplinen, speziell auch von Design- und Kommunikationsfachleuten. Das Management des Produzenten kann sie aber, wie gesagt, keinesfalls vollständig wegdelegieren. Im Reich der digitalen Produkte schwindet die Distanz zwischen Hersteller und Kunde, er tritt diesem wieder direkt gegenüber, etwa im Kundendienst oder bei der Konfiguration des Produktes. Das Management kann sich auf dem lärmigen globalen Marktplatz einen unscharfen Identitätskern von Firma und Produkt nicht leisten, sowenig wie ein Produkt, das der Kunde nicht versteht oder das ihn in gewissen Situationen frustriert. Ein sorgfältig erarbeitetes und nachhaltig entwickeltes O.I.L.-Design ist daher im E-Business unabdingbar.
3.2
Implementationsphase
Das gemäss dem oben skizzierten Vorgehen erarbeitete Pflichtenheft kann und muss nun umgesetzt werden. Eine Web-Applikation ist zu entwickeln, ev. eine Applikation für den M-Commerce, d.h. für das Mobiltelefon, etc. Es gilt, die digitalen „Texte“ zu gestalten bzw. das Drama zu inszenieren, welches das „Skript“ vorsieht. Dafür können Web-Agenturen beigezogen werden. Sie gestalten die Kanäle und bringen in diese ihre spezifische Expertise, ihre Designkultur ein. Dabei sollten sie sich jedoch streng im Geiste des O.I.L.-Pflichtenheftes bewegen. Nur so wird ein kohärenter Auftritt der Firma und ihrer Produkte erreicht. Und nur so wird es möglich, den Auftritt des Produktes im digitalen Medium auf das übrige Kommunikationsmanagement abzustimmen. Das Resultat muss die gesteckten Ziele erreichen, d.h. so sein, dass der Kunde nie die Orientierung verliert, dass er stets weiss wo er sich in der Situationslandschaft befindet, was seine Rolle und die der Anderen ist, was ihre Absichten und Aufgaben sind, was seine eigene Position ist und welche Optionen ihm offen stehen. Neben der Antwort auf die „Was“-Fragen des Kunden sollte der digitale Text wie ein Film so gestaltet sein, dass er eine hinreichende Spannung erzeugt, d.h. auf die „Warum“-Fragen des Kunden (Warum bin ich hier? Warum opfere ich meine Zeit? Warum mache ich weiter?) eine Antwort liefert. Das Erfüllen dieses Punktes ist eine Herausforderung die eine gehörige Portion künstlerischen Könnens verlangt. Schliesslich muss das digitale Produkt eine hohe Ergonomie besitzen und die „Wie“Fragen des Kunden jederzeit auf befriedigende Weise beantworten. Die Umsetzung des Designkonzeptes in ein Kanaldesign, d.h. in einen digitalen Text, der ein Optimum
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Inszenierung von Produkten im E-Business
im Dreieck von Orientierung, Spannung und Ergonomie leistet, ist die Herausforderung an die mit der Aufführung (Performance) des Drehbuches Beauftragten.
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Ausblick
Wir haben über die neue Gestalt des Produktes im digitalen Medium gesprochen und über die Herausforderungen die es an seine Gestaltung stellt. Da es Agent ist, aber anders als herkömmliche Maschinen, die sich an einem Ort befinden, vielgestaltig und an unterschiedlichen Orten gleichzeitig auftreten kann, verlangt seine Gestaltung die Organisation der Heerschar seiner Repräsentanten. Da es an Plätzen auftritt wo seine Konkurrenten auch schon sind, will es (bzw. sein Repräsentant) so attributiert werden, dass es Aufmerksamkeit und Interesse erntet. Mehr noch: Es soll Vertrautheit und Bindung erzeugen. Diese Anliegen sind nicht neu, sie gelten vielmehr seit langem als Grundaufgaben des Marketing [Rogers 1995]. Neu ist aber die mediale Umsetzung dieser Anliegen: Die kaleidoskopartige Brechung des digitalen Produktes in tausend Welten, seine Interaktivität im digitalen Medium, das in naher Zukunft die Eigenschaften von Papier und Fernsehen, von Hypertext und Film vereint, verlangt eine Inszenierung des Produkts, welches das organisatorische Handwerk des Verkaufs und des Kundendienstes mit dem dramatischen Geschick der Theater- oder Filmkünste verbindet. Wir haben ein Vorgehen vorgeschlagen, das den Designprozess des Produktes in eine Konzeptphase und eine Implementationsphase unterteilt. In der Konzeptphase wird die organisatorische Strukturierung der Bühnen vorgenommen, auf denen sich Kommunikation und Produkt begegnen, dort wird sein „Hofstaat“ strukturiert, sein Vokabular und die Stilfrage identifiziert. Wir haben nicht angesprochen, wie die bestimmenden Eckdaten für diese Konzeptphase aus der Unternehmensstrategie fliessen und wie die Sprache des Produktes auf das allgemeine Kommunikationsmanagement abzustimmen sind, d.h. auf die Kommunikationsstrategie und ihre Umsetzung. In dieser werden die übrigen Situationen identifiziert in denen das Unternehmen und seine Produkte eine Präsenz haben, wie in PR oder konventionellem Marketing. Im digitalen Medium verschwimmen die Grenzen zwischen der Referenzierung des Produkt- und Firmennamens wie in den herkömmlichen Bild- und Textmedien und der Begegnung mit dem Produkt selbst als Funktion. Wir haben auch nicht angesprochen, wie das Produktdesign mit der Kommunikation abzustimmen ist hinsichtlich seiner Wirkung auf andere Stakeholder als die Kundschaft, z.B. bezüglich Stakeholder wie Öffentlichkeit, Mitarbeitern, Finanzmärkten etc.
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Stichwort wäre hier Corporate Governance. Die Lösungen die hier gefragt sind verlangen einerseits eine neue Sicht auf das digitale Medium welche nicht durch die Brille der alten Medien getrübt ist, andererseits eine neue Sicht auf die Unternehmensfunktion der Kommunikation. Das digitale Medium ist universell im Sinne der Universalität der Turing-Maschine7. Die daraus resultierenden neuen Möglichkeiten sind unerforscht, die neuen Designaufgaben werden einen langen Lernprozess erfordern, zu dem hier vor dem Hintergrund der festgestellten Mängel im bisherigen E-Business einige Überlegungen angestellt wurden. [Schmid 2001]
Literaturverzeichnis Berger, P. L. & Luckmann, T. (1969): The Social Construction of Reality, Doubleday, New York 1966, deutsch: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, Frankfurt a.M.: Fischer 1969 Field, S. (1998): The Screenwriter’s Problem Solver. How to recognize, identify, and define screenwriting problems. New York: Doubleday Dell Publishing Group Inc., 1998 Forgas, J. P. (1999): Soziale Interaktion und Kommunikation. Eine Einfüh-rung in die Sozialpsychologie. Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union, 1999 Goffman, E. (1971): Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt a/Main: Suhrkamp 1971. Goffman, E. (1983): Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München, Piper 1983. Kuckenburg, M. (1996): ...und sprachen das erste Wort. Eine Kulturgeschichte der menschlichen Verständigung. Düsseldorf, Econ 1996
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Der englische Mathematiker Alan M. Turing (und gleichzeitig andere wie der Amerikaner Emil L. Post) hat in den 1930er Jahren das heute nach ihm benannte Konzept der TuringMaschine entwickelt. Turing analysierte 1937 in seiner Arbeit „On computable numbers, with an application to the decision problem“ die Tätigkeit eines menschlichen Rechners und entwickelte das Konzept des programmierbaren maschinellen Rechners im heutigen Sinne. Er zeigte darüber hinaus, dass es eine universelle (Turing-)Maschine gibt, die jede andere simulieren kann. Dieses Konzept der universellen Turing-Maschine liegt dem modernen Computer zu Grunde.
Inszenierung von Produkten im E-Business
Mead, G. H. (1998): Geist, Identität und Gesellschaft. Frankfurt a/Main: Suhrkamp 1998 Rogers, E. M. (1995): The Diffusion of Innovation. New York: Free Press 1995 Schmid, B. (1997): IKT als Träger einer neuen Industriellen Revolution, in: Komplexität und Agilität. Festschrift zum 60. Geburtstag von Professor Walter Eversheim. G. Schuh, H.P. Wiendahl (Editors). Springer 1997 [pp. 103.117] Schmid, B. (2001): Creating Knowledge in E-Business. Vortrag MCM-Forum, Oktober 2001. Version 1.0: Working Report 2001-04. St. Gallen: MCM-HSG, 2001 Schmid-Isler, S. (2002): Ästhetik im Design digitaler Produkte. In: S. Spoun, W. Wunderlich (Hrsg.): Medienkultur im digitalen Wandel; Prozesse, Potenziale, Perspektiven. Bern, Haupt, 2002 (S. 267-304)
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Ausblick
Kommunikation im Dreiklang von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft
Miriam Meckel
Kommunikation im Dreiklang von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft Zur Entwicklung von Profil und Strategie des =mcminstitute (2007)
Miriam Meckel
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Die Potentiale des Medien- und Kommunikationsmanagements
Kommunikation ist eine anerkannte Führungs- und Gestaltungsfunktion in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Über Kommunikation etablieren, lenken und entwickeln Unternehmen, Organisationen, Parteien und andere gesellschaftliche Akteure ihre öffentliche Wahrnehmung und Reputation. Professionelle Kommunikation ist nicht nur Aufgabe modernen Managements, sondern Teil einer wertorientierten Unternehmensführung in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie unterliegt dem Wandel durch neue Technologien und muss sich den normativen Anforderungen des sozialen Umfelds stellen, um Verantwortung und Vertrauen zu ermöglichen. Organisationen brauchen die Gesellschaft. Die Gesellschaft braucht Kommunikation. Und die Kommunikation braucht Medien. Wie sehr diese Erkenntnis bereits in der Unternehmenspraxis angelangt ist, zeigt ein Forschungsprojekt des Institutes in Kooperation mit dem Europäischen Kommunikationsverband (European Association of Communication Directors). Im Rahmen einer Befragung von mehr als 1'000 Kommunikationsverantwortlichen in Europa betrachteten mehr als 70 Prozent der Befragten Kommunikation als erfolgskritischen Faktor im persönlichen Führungsverhalten, aber auch im Management von Unternehmen und der Eröffnung von Innovationspotentialen. Die meisten Befragten erwarten grundlegende und weit reichende Veränderungen für das Management der Kommunikation durch die neuen Kommunikationsformen und -medien (Web 2.0, Social Networking), Themenfelder an denen wir am =mcminstitute seit Anbeginn gearbeitet haben und die wir weiter entwickeln. Bereits in der Aufbau- und Konsolidierungsphase hat sich das Institut international einen guten Ruf erworben, indem es die Forschungs- und Anwendungsfelder Wirtschaftskommunikation, technologische Medienentwicklung sowie ihre kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen konsequent in einem thematischen Dreiklang bearbeitet. Damit ist es immer wieder gelungen, 'wissenschaftliches Agendasetting' zu betreiben. Das Institut hat bei Lehr- und Forschungsthemen ebenso wie in der Praxis des Medien- und Kommunikationsmanagements regelmässig neue Akzente setzen können, die auch für andere Institute und Ausbildungsgänge 'stilbildend' gewesen sind. Für die Zukunft wird es entscheidend sein, dass es uns am =mcminstitute weiterhin gelingt, künftige wissenschaftliche Kernthemen und Kernkompetenzen frühzeitig zu erkennen und sie im eigenen Lehr- und Forschungsprogramm angemessen umzu-
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setzen. Ein solcher Identifikationsprozess (ich will ihn als „wissenschaftliches Trendscouting“ bezeichnen) ist in Zeiten der Globalisierung der Wissenschaft und des zunehmenden internationalen Wettbewerbs zwischen Spitzenuniversitäten zwingend notwendig. Er bedarf einer besonderes Fokussierung und des Muts, neue Wege zu gehen. Es wird daher darauf ankommen, dass alle „MCMler“ aktiv an diesem Prozess mitwirken. Nicht zuletzt müssen neue Themen interdisziplinär aufgegriffen werden. Was sich im Feld der Medien und Kommunikation heute tut, lässt sich nicht mehr ausschliesslich aus singulär betriebswirtschaftlicher, sozial- und politikwissenschaftlicher oder medienwissenschaftlicher Perspektive betrachten und erklären. Nur wer den Blick über den Tellerrand der eigenen Disziplin hinaus richtet, ist in der Lage, die richtigen Bewertungen vorzunehmen und Innovationspotentiale für Wissenschaft und Praxis zu erkennen.
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Künftige Themenschwerpunkte im Medien- und Kommunikationsmanagement
Die wissenschaftliche Arbeit am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement war seit seiner Gründung vornehmlich durch die Bearbeitung und Vernetzung der Themenkomplexe „Medienwirtschaft“, „Medienmanagement“, „Digitale Medien“ gekennzeichnet. In der Unternehmenskommunikation wurde mit der Gründung des „Centre for Corporate Communication“ kurz nach Start des Instituts wichtige Grundlagenarbeit geleistet. Seit 2005 hat das Institut mit dem Antritt meiner Professor für Corporate Communications einen weiteren Themenschwerpunkt hinzugewonnen und ergänzt unser Forschungsportfolio seitdem um das immer wichtiger werdende Themenfeld 'Kommunikationsmanagement' und 'Unternehmenskommunikation'. Darunter verstehen wir die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines Unternehmens über strategisch ausgerichtete, konzeptionell gestützte und operativ abgestimmte Kommunikationsprozesse innerhalb des Unternehmens sowie zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt (Stakeholder) mit dem Ziel des Aufbaus kommunikativen Kapitals als Wertbeitrag zur Unternehmung. Dieses Themenfeld wird für die Zukunft an Bedeutung gewinnen, berücksichtigt man folgende Entwicklungen:
Wirtschaftskommunikation allgemein: Unternehmen erkennen längst klar, welche Bedeutung Kommunikation für ihre unternehmerische Performanz hat und wie wichtig es ist, Kommunikationsprozesse im Unternehmen sowie zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt
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professionell zu steuern und zu gestalten. Dies ist nicht zuletzt daran erkennbar, dass die Kommunikationsfunktion als Managementfunktion inzwischen bei immer mehr Unternehmen unmittelbar beim CEO als eigener, integrierter Bereich angesiedelt wird (wie z.B. die Berufung eines Chief Communication Officers in grossen Unternehmen zeigt, der alle Kommunikationsbereiche, oft auch das Marketing, verantwortet). Wenn Kommunikationsaspekte nun auch zunehmend Eingang in die Strategiefindung und -entwicklung von Unternehmen finden, dann zeugt das von der Relevanz der Kommunikation für die Positionierung und Performanz von Unternehmen.
Kapitalmarktkommunikation: Eines der wichtigsten Wachstumsfelder ist die Kommunikation an und mit Kapitalmärkten, die zu einem wesentlichen Teil über Unternehmensbewertungen und Erfolge, z.B. in M&A-Prozessen entscheidet. Die Wahrnehmung von Unternehmen am Kapitalmarkt (über hard facts und soft factors), die Bewertungsmöglichkeiten dieser Faktoren und die Methoden und Instrumente eines Kommunikationscontrolling, das kommunikative Engagement aktivisitischer Investoren und die Diskussion von kapitalmarktrelevanten Unternehmenseinschätzungen in Weblogs (IR 2.0) fordern Unternehmensengagement und -kommunikation am Kapitalmarkt heraus und verändern die Anforderungen an professionellen Umgang mit den einzelnen Akteuren. In zugespitzten Worten: „Performance plus perception equals share price“.
Corporate Governance and Communication: Unternehmen stehen längst in der Pflicht, nicht nur aus gesetzlichen Vorgaben heraus ihr Handeln öffentlich zu legitimieren. Sie werden auch von den Stakeholdern immer stärker in die Pflicht genommen, ihre strategischen Ziele und deren Umsetzung nachvollziehbar zu erklären und dabei soweit wie möglich dem Gebot der notwendigen Publizität nachzukommen (total disclosure). Damit bezieht sich Corporate Governance keinesfalls alleine auf die Darstellung und Berichtspflicht des Unternehmens am Kapitalmarkt, sondern erweitert gute Führung und Kontrolle mit Blickrichtung auf alle Anspruchsgruppen zu einem gesamtunternehmensbezogenen Konzept. Die damit verbundenen Kommunikationsanforderungen und deren professionelle Umsetzung sind noch rudimentär entwickelt. In diesem Feld muss das =mcminstitute gemeinsam mit Forschern aus Rechts- und Politikwissenschaft sowie Accounting und Controlling Lösungsmodelle entwickeln und deren Praxisimplementation unterstützen.
Medienwandel: Die stetige Weiterentwicklung und Konvergenz der Informations- und Kommunikationstechnologien verändert unsere Kommunikation in der Gesellschaft, insbesondere auch in der Wirtschaft. Neue Kommunikationsplattformen im Internet sowie mobile und ubiquitäre Medien verändern die Anforderungen an professionelles Kommunikationsmanagement grundlegend: In Zeiten der Peer-Production
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und des „Social Web“ (die zunehmende Bedeutung nutzergenerierter Inhalte) koordinieren Communities die Herstellung informations- und kommunikationsbasierter Güter in einem selbstorganisierenden und emergenten Prozess – unabhängig von Hierarchien und institutionellen Anbindungen. Für Medienunternehmen bedeutet das: Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten verändern sich, neue Lösungen müssen entwickelt werden für die Anforderungen der Märkte und Kunden. Das ist eine ideale Voraussetzungen für das =mcminstitute, wissenschaftlichen Pioniergeist und Anwendungsorientierung durch interdisziplinäre Arbeit der drei Lehrstühle zu verbinden.
Internationale/Interkulturelle Kommunikation: In einer globalisierten Wirtschaft wachsen die Anforderungen an die kommunikativ-kulturellen Kompetenzen von Unternehmenslenkern. Die tägliche Agenda wird längst nicht nur über nationale Medien weitervermittelt, sondern auch über das globale Internet gesetzt und durch globale Medienakteure ergänzt (z.B. globale Nachrichtenkanäle à la CNN, Al Jazeera, BBC World). Auch darauf müssen Organisation heute adäquat reagieren können. Die Positionierung von Unternehmen im zunehmend vernetzten Weltmarkt, die Kenntnisse kultureller Kommunikationskodizes (von der unternehmerischen Aktivität allgemein bis zur konkreten Verhandlungsstrategie), das Networking auf der Bühne internationaler Organisationen bis hin zur Positionierung einzelner Staaten (z.B. Finanzplatz Schweiz) basiert auf dem Wissen über Kommunikationsnormen und -kulturen.
Innovationen im Medien- und Kommunikationsmanagement: Technische Innovationen sowie die Konvergenz der Informations- und Kommunikationstechnologien generieren soziale und ökonomische Innovationen durch neue Formen der Informationsverarbeitung, neue Kommunikationsplattformen und prozesse, veränderte Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten und neue Geschäftsmodelle. Damit verändern sich auch die strategische Ausrichtung des Kommunikationsmanagement und seine operativen Prozesse. Das Internet spielt eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung dieser Innovationen. Im Netz konkurrieren Informations- und Kommunikationsangebote der Unternehmen mit denen sich selbst koordinierender Communities (Peer-Production). Damit steht das Management der Unternehmensreputation als wichtigem sozialem Kapital der Unternehmung vor völlig neuen Herausforderungen. Das Unternehmen muss innovative Ansätze des Kommunikationsmanagements ausbilden und implementieren, um Risiken abschätzen und Chancen nutzen zu können. Unternehmen brauchen dazu fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu den neuen Netzwerken (Social Networking, Social Bookmarking), den Kommunikationsprozessen in diesen Netzwerken, den neuen Medien und den Effekten dieser neuen Medientechnologien und Kommunikationsformen auf die Herstellung von Reputation. Anhand von Netzwerkanalysen und systematischer Erforschung von Informationsdiffusionsprozessen im Web lassen sich Meinungsführer und Communityschnittstellen identifizieren, um so wiederum Kommununikationsstrategien für die Unternehmenskommunikation und das Marketing daraus abzuleiten. 481
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Diese ausgewählten skizzierten Thementrends werden am =mcminstitute in zwei Forschunsgclustern bearbeitet: Abbildung 1: Das Cluster 'Corporate Communications' am =mcminstitute
Abbildung 2: Das Cluster 'Digital Media and Communication Research' =mcminstitute
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Das =mcminstitute in Gegenwart und Zukunft
Kommunikation wird für die Wirtschaft und ihre Beziehungen zu anderen Gesellschaftssystemen bzw. zu ihren Anspruchsgruppen weiter erheblich an Bedeutung gewinnen. Für die kommenden Jahre gilt: Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung kann ein immenses Potenzial neuer Erkenntnisse und Anwendungsmöglichkeiten erschliessen. Dafür muss das Medien- und Kommunikationsmanagement als Querschnittsfunktion und -thema interdisziplinär in Lehre, Forschung und Praxisberatung des =mcminstitute eingebettet werden. Die Aufstellung des =mcminstitute bietet dafür auch künftig hervorragende Voraussetzungen, weil das Institut ein umfassendes und integratives Konzept des Kommunikationsmanagements seiner Positionierung und Profilierung zugrunde gelegt hat. Als eine der wenigen Forschungseinrichtungen in der nationalen und internationalen Universitätslandschaft befasst sich das =mcminstitute sich mit organisationaler Kommunikation aus Management-Perspektive. Schwerpunkte unserer Forschung, Lehre und Anwendung sind die Wertschöpfung durch Kommunikation, im Kontext der Medien und des Medienwandels. Dabei wollen wir auch in Zukunft dieses Gebiet als integralen Teil der Managementlehre in Lehre und Forschung vertreten und zu etablieren helfen und eine Schrittmacherfunktion darin übernehmen, Kommunikationsmanagement seine ihm gebührende strategische Rolle zukommen zu lassen. Hierzu studieren wir auch die Medien als Mittel der Kommunikation. Durch eine neue Qualitätsstufe der Digitalisierung findet bei ihnen derzeit eine radikale Transformation statt. Deshalb bearbeiten wir auch speziell die digitalen Medien und die mit ihnen verbundenen Industrien und Produkte als Mittel und Co-Akteure der Kommunikation, sowie ihre gesellschaftlichen und kulturellen Kontexte und Wirkungen. Dies ist eine spannende, aber auch anspruchsvolle Agenda. Deshalb arbeiten wir mit vielen anderen Instituten und Forschungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum und international zusammen. Darüber hinaus existieren zahlreiche Kooperationen innerhalb der Universität St. Gallen, die für die künftige Entwicklung des Medienund Kommunikationsmanagements in Lehre, Forschung und Praxis fruchtbar werden können: z.B. in der Finanzkommunikation (Finance), in der Corporate Governance (Law & Economics), in der Berücksichtigung nicht-materieller Unternehmenswerte (Accounting), in der internen Kommunikation der Unternehmung (Institut für Führung und Personalmanagement) sowie in der internationalen/interkulturellen Kommunikation von Staaten und Organisationen (International Affairs). In der Erkenntnis, dass Medien- und Kommunikationsmanagement in ihrer Bedeutung wachsen und damit auch eine steigende Nachfrage nach Forschung, Lehrangeboten in Aus- und Weiterbildung und der praxisnahen Umsetzung und Beratung zeiti-
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gen werde, blicken wir freudig und hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Arbeit am Institut wird spannend bleiben und an Facetten gewinnen. Sie bietet gute Berufs- und Entwicklungschancen für Nachwuchswissenschaftler ebenso wie Senior Researchers am =mcminstitute und für jeden Praxispartner, der erkennt, dass Medien und Kommunikation wesentlich mit entscheiden über Wahrnehmung und Erfolg von Unternehmen und Organisationen – am Markt, bei den Stakeholdern und besonders natürlich bei ihren Kunden. Oder anders gesagt: „It's the communication, stupid!“
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