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German Pages 241 Year 2007
Beate M. Gleitsmann
Internes Marketing, Unternehmenskultur und marktorientiertes Verhalten
GABLER EDITIONWlSSENSCHAFT
Beate M. Gleitsmann
Internes Marketing, Unternehmenskultur und marktorientiertes Verhalten Direkte, indirekte und moderierende Effekte
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c. Richard KShler
Deutscher Universit~its-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~Jber abrufbar.
Dissertation Universitiit zu KSIn,2006
1. Auflage Januar 2007 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine SchSIler Der Deutsche Universitiits-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de ~ ~ ~ ,
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Meiner Familie
VII
Geleitwort ,,Marktorientiemng" ist durch die grundlegenden Arbeiten von Kohli/Jaworski und Narver/Slater seit Beginn der 1990er Jahre zu einem Schltisselbegriff geworden, der sich auch in der Umschreibung des Marketing als ,,marktorientierter Untemehmensftihrung" niedergeschlagen hat. Frau Dr. Gleitsmann besch~iftigt sich im vorliegenden Buch speziell mit dem Einfluss des Intemen Marketing auf kunden- und konkurrentenbezogene Verhaltensweisen der Untemehmensmitarbeiter. Dabei wird eine wichtige Bedeutung der Untemehmenskultur als Mediator angenommen. Diese Beziehungen zwischen Intemem Marketing, Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen sind bisher in ihrem Gesamtzusammenhang noch nicht empirisch untersucht worden.
Marktorientierung bedeutet unter einem Informationsaspekt (im Anschluss an Kohli/Jaworski) die systematische Gewinnung, untemehmensinteme Verbreitung und entscheidungsbezogene Nutzung von Wissen tiber Kunden, Wettbewerber und sonstige Rahmenbedingungen der Absatzm~kte. Die entsprechenden kunden- und konkurrenzorientierten Verhaltensweisen versteht Frau Dr. Gleitsmann als ein angestrebtes Implementierungsergebnis des Internen Marketing, zu dessen Instrumenten die unternehmensinteme Kommunikation, Anreize, Trainingsmaflnahmen und die Vorbildfunktion der FOhrungskdifte gez~hlt werden. Dieses Verhalten ist aber auch Ausdruck einer marktorientierten Unternehmenskultur, die entsprechende Wertvorstellungen, Handlungsnormen und Artefakte mit Symbolcharakter beinhaltet. Im Abschnitt ,,Theoretische Grundlagen" skizziert Frau Dr. Gleitsmann konzeptionelle Ans~itze, die fiir den Untersuchungszweck der Arbeit geeignet erscheinen. Sie kntipft zunachst unter Bezugnahme auf von Rosenstiel an ein integrales Verhaltensmodell an, das personale und situative Bestimmungsfaktoren des Verhaltens aufzeigt. Dabei wird die Bedeutung von Motivation und Lemen wie auch der Einfluss situativer Rahmenbedingungen deutlich. Die Verfasserin weist darauf hin, dass kein einzelnes Instrument des Intemen Marketing alle genannten Verhaltensdeterminanten beeinflussen kann, sondem dass untemehmensintere Kommunikation, Training und Anreize gemeinsam mit der Vorbildfunktion von Ftihrungskdiften integrativ zur Wirkung kommen mtissen. Sie geht dann auf ausgew~lte Theorien zum personalen und organisationalen Lemen ein und anschlie6end auf die Theorie der kognitiven Dissonanz, die sie ftir den Fall einer mangelnden Obereinstimmung zwischen gelemten untemehmenskulturellen
viii Werten bzw. Normen und dem tatsachlichen Verhalten der Mitarbeiter heranzieht. Weiterhin wird der (neo)institutionalistische Ansatz erw~mt, der zur Erklarung der Beziehungen zwischen Untemehmenskultur und Verhalten der Untemehmensmitglieder beitragen kann. Die konzisen AusRihrungen im theoretischen Teil sind im Zusammenhang mit dem anschlieBenden Kapitel zu sehen, wo sie far die Formulierung von Hypothesen aufgegriffen und teilweise vertieft werden. Der Hypothesenbildung geht die Darstellung des grunds~itzlichen Bezugsrahmens far die empirischen Untersuchungen voraus (s. Abbildung 6). Daraus ist ersichtlich, dass direkte Effekte des Intemen Marketing auf kunden- und konkurrenzorientierte Verhaltensweisen tiberprtift werden sollen, aber auch indirekte Effekte, die fiber die marktorientierte Untemehmenskultur entstehen. Die Tabelle 6 gibt eine tibersichtliche Zusammenfassung aller Hypothesen und der angenommenen positiven oder negativen Zusammenh~ge. Bevor Frau Dr. Gleitsmann zur empirischen Prtifung ihrer Hypothesen kommt, erl~iutert sie zun~ichst im Kapitel 5 die Methodik der Konzeptualisierung und Operationalisierung ihrer theoretischen Konstrukte sowie die grunds~itzliche Methodik von Strukturgleichungsmodellen. Dabei beg~ndet sie, warum sie far ihre Datenauswertungen die Kovarianzstrukturanalyse (mit dem Programm AMOS) w a l t und nicht das Verfahren PLS (Partial Least Squares). Es wird dargelegt, warum auf eine (an sich wiinschenswerte) dyadische Erhebung verzichtet werden musste. Die Autorin wertet einen Datensatz aus, der auf einer schrifllichen Befragung von Untemehmungen verschiedener Branchen mit mindestens 150 Besch~iftigten bemht. Es lagen 277 korrekt ausgef'tillte Frageb6gen vor, wobei die antwortenden Personen ganz iJberwiegend dem Top und Middle Management angeh6rten. Die Operationalisierung der in den konzeptionellen Teilen der Arbeit genannten Konstrukte gelingt mit zufrieden stellenden GtitemaBen. Bei der anschliel3enden Hypothesenprtifung werden die direkten und indirekten Effekte des Intemen Marketing getestet. Hierbei zeigt sich, dass fiber die Untemehmenskultur eine starke mittelbare Wirkung des Intemen Marketing auf die Kunden- und Konkurrenzorientierung ausgeht, w~ihrend keine signifikanten unmittelbaren Effekte erkennbar sind. Dieses Ergebnis der empirischen Studie enth~ilt eine gewisse Brisanz: Es deutet sich an, dass die in manchen Beratungsprojekten durchaus versuchte schnelle Etablierung marktorientierten Verhaltens nicht so einfach und geniigend tief greifend zum Ziel
IX ftihrt. Erst die Verankerung entsprechender Werte und Normen und somit die Formung einer marktorientierten Unternehmenskultur kSnnen ein nachhaltiges Mitarbeiterverhalten herbeifiihren, das sich gezielt an Kundenmerkmalen und Gegebenheiten des Wettbewerbs ausrichtet. Unternehmenskultur aber l~isst sich nicht von heute auf morgen verordnen, sondem entsteht in einem l~gerfristigen Prozess, zu dem das Interne Marketing wesentlich beitdigt. Frau Dr. Gleitsmann hat mit ihrer Studie Neuland betreten. Sie hat sich einer Thematik zugewandt, die konzeptionell und empirisch bisher kaum behandelte Zusammenh~inge zwischen Intemem Marketing, Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen betrifft. Sie kommt zu aufschlussreichen Ergebnissen. Ftir weitere Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet vermittelt die Arbeit eine tragf'~.hige Grundlage. Ich hoffe, dass die Buchver6ffentlichung die kOnflige Fachdiskussion anregen wird.
Prof. Dr. Dr. h.c. Richard K6hler Emeritus am Marketing Seminar der Universit~it zu K61n
x1 Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand wghrend meiner T~itigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl f'tir Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Marktforschung und Marketing an der Universit~it zu KNn. Sie wurde vonder Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakult~it der Universit~it zu K61n im Juli 2006 als Dissertationsschrift angenommen.
Meinen herzlichen Dank m6chte ich an dieser Stelle all denjenigen aussprechen, die durch ihre vielfWtige Untersttitzung zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Zun~ichst gilt mein besonderer Dank meinem Doktorvater, Prof. Dr. Dr. h.c. Richard K~3hler, der das Dissertationsprojekt erst erm6glichte und durch seine fachliche Untersttitzung wie auch die Gew~ihrung der erforderlichen Freir~iume stets gef~Srdert hat. Er war der v~iterliche Mentor, dessen Weisheit und Ruhe mir in der entscheidenden Phase stets ,,ein sicherer Hafen" waren. Weiterhin m6chte ich Prof. Dr. Karen Gedenk for die Obemahme des Koreferates und die Bereitschaft, mich fachlich und logistisch bei der Erstellung der Dissertationsschrift zu unterstiitzen, ganz herzlich danken. Sie war f't~r mich in den letzten zwei Jahren am Lehrstuhl ein Vorbild for Effizienz und strukturiertes Denken und sie hat meinen Wortschatz um den Begriff,,streichen" erweitert.
Prof. Dr. Harley Krohmer und Prof. Dr. Gertrud Schmitz, den Lehrstruhlvertretem an der Universit~it zu KSln, danke ich f'tir die vielen erhellenden Momente in lichtloser Tiefe, far zahlreiche kreative Ideen, stundenlange GespNiche, telefonischen Beistand und spontane Hilfe in der Endphase dieser Dissertation. Ihre Anregungen und dezent formulierte Kritik haben das Buch in die richtigen Bahnen gelenkt und die Entstehung erheblich mitgepr~igt.
Wesentlichen Anteil an der erfolgreichen Realisiemng der Disseration hatten meine ehemaligen Lehrstuhlkollegen. Prof. Dr. Marion Bt~ttgen und Prof. Dr. Axel Faix danke ich f'tir die stete Diskussionsbereitschaft und die kompetenten Ratschl~ige, fachliche Unterst0tzung, Inspiration, Zeit, Geduld und f'tir den gemeinsamen Kampf gegen die Irrungen und Wirrungen von AMOS, Dipl.-Kff. Zelal Ates for ihre unermtidliche Auf-
XII munterung und Untersttitzung, Dipl.-Kfm. Christian Lutzky for seine zahlreichen motivierenden Anregungen sowie f'tir fr6hliche und sonnenbeschienene Augenblicke und Mittagspausen. Dipl.-Kff. Anne Fries gilt mein Dank daffir, dass sie mich in meinen unertraglichsten Phasen t/~glich doch noch ertragen hat. Dipl.-Kff. Carola Viehoever danke ich ftir den Zuspruch, die ,,himmlischen" Momente und ftir die kritische Durchsicht des empirischen Teils in den N/achten vor ihrer wichtigsten Reise nach Rom. Auch allen anderen Kollegen am Lehrstuhl danke ich ftir Verst~dnis, Untersttitzung und die angenehme Zusammenarbeit.
Mein besonderer Dank gebtihrt meinen Eltem, Gerda und Reinhard Mokros, die den Grundstein mr meine pers6nliche und berufliche Entwicklung gelegt haben. Alles, was ich bin, bin ich durch sie. Durch ihre Liebe, St~irke und Disziplin lehrten sie mich, was es bedeutet, hart an sich zu arbeiten, um Herausforderungen gegentiber zu treten und seine gesetzten Ziele zu erreichen. Mein Bruder, Dipl.-Ing. Peter Mokros, hat mich stets ermuntert und mir insbesondere bei Problemen mit der Datenverarbeitung geholfen. Die Kraft der Familie war mir eine wichtige mentale Sttitze. An dieser Stelle m6chte ich ebenfalls meiner Tante, Dr. Klaudia Dworaczek, danken, die mir wichtige Informationen tiber psychologische Zusammenh~nge vermittelte und die mir trotz Ferne immer so nah war.
Tja, und Jan, mein Schatz- wie soil ich Dir danken? Du hast mich immer durch stundenlange Fachdiskussionen und zahlreiche Praxisbeispiele aus Deinen frtiheren Ftihrungsfunktionen, zuletzt als Direktor einer Bank, untersttitzt. Du hast mir den Rticken freigehalten, so dass ich mich voll und ganz auf die Fertigstellung der Disserationsschrift konzentrieren konnte. Die Redaktion des Manuskripts lag bei Dir in guten H~inden. Ich liebe Dich und ich danke Dir ftir Deine mentale Untersttitzung in der oft Nerven aufreibenden und durch manchen Selbstzweifel gepr~igten Endphase und daftir, dass Du mich immer daran erinnert hast, dass es ein Leben nach der Diss. gibt, welches mit Dir zu genieBen wunderbar ist. Du warst mein scharfster Kritiker und grO6ter Motivator. Dir widme ich diese Arbeit.
Beate M. Gleitsmann
XIII
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort ................................................................................................................ VII V o r w o r t ..................................................................................................................... XI Inhaltsverzeichnis ................................................................................................... XIII Tabellenverzeichnis .............................................................................................. X V I I Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... X I X Abkfirzungsverzeichnis .......................................................................................... XXI
I
Einfiihrung .........................................................................................................
I
1.1
Problemstellung ............................................................................................
1.2
Zielsetzung und Forschungsfragen der Arbeit ............................................. 4
1.3
A u f b a u der Arbeit ........................................................................................ 6
Konzeptionelle Grundlagen .............................................................................. 2.1
1
9
G r u n d l a g e n zur Marktorientierung .............................................................. 9
2.1.1
Z u m V e r s t ~ d n i s von Marktorientierung ................................................. 9
2.1.1.1
Informationsorientierte Perspektive der Marktorientierung ............. 9
2.1.1.2
Kulturelle Perspektive der Marktorientierung ................................ 12
2.1.1.2.1 G r u n d l a g e n zur U n t e m e h m e n s k u l t u r .......................................... 13 2.1.1.2.2 Zur Ver~aaderbarkeit von U n t e m e h m e n s k u l t u r ........................... 17 2.1.1.2.3 Z u m kulturellen Verst~ndnis der Marktorientierung .................. 18 2.1.1.3 2.1.2
K e r n e l e m e n t e beider Perspektiven der Marktorientierung ............. 21
I m p l e m e n t i e r u n g der Marktorientierung im U n t e m e h m e n .................... 23
2.1.2.1
Z u m B e g r i f f der I m p l e m e n t i e r u n g .................................................. 23
2.1.2.2
D i m e n s i o n e n der I m p l e m e n t i e r u n g der Marktorientierung ............ 24
2.1.2.3
Marktorientierte Verhaltensweisen als zentraler I m p l e m e n tierungsgegenstand .......................................................................... 31
XIV 2.2
Grundlagen zum Intemen Marketing ......................................................... 35
2.2.1
Zum Begriff des Intemen Marketing ..................................................... 35
2.2.2 Ziele des Intemen Marketing ................................................................. 38 2.2.3
Instrumente des Intemen Marketing ...................................................... 40
2.2.3.1
Interne Kommunikation .................................................................. 40
2.2.3.2
Anreize ............................................................................................
2.2.3.3
Internes Training ............................................................................. 44
2.2.3.4
Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte ............................................... 46
42
2.2.4 Zielgruppen des Intemen Marketing ...................................................... 47 2.2.5 2.3
Institutionalisierung des Intemen Marketing ......................................... 49
Literaturbestandsaufnahme zu den Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierten Verhaltensweisen und marktorientierter Untemehmenskultur ...................................................................................
2.3.1
50
Zum Einfluss des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen ....................................................................................
50
2.3.2 Zum Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierte Untemehmenskultur ............................................................................... 2.3.3
55
Zum Einfluss der Untemehmenskultur auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ..................................... 57
2.4
Fazit der konzeptionellen Grundlagen und Forschungsdefizite ................. 60
Theoretische Grundlagen ............................................................................... 63
3.1
Integrales Verhaltensmodell ...................................................................... 63
3.2
Lemtheorien ...............................................................................................
3.2.1
69
Integrative Lemtheorie ........................................................................... 71
3 . 2 . 2 0 r g a n i s a t i o n a l e Lemtheorie ................................................................... 74 3.3
Theorie der kognitiven Dissonanz ............................................................. 77
3.4
Institutionalistischer Ansatz ....................................................................... 79
3.5
Situativer Ansatz ........................................................................................
3.6
Theorie der begrenzten Rationalit~it ........................................................... 83
82
xv
4
5
Bezugsrahmen und Hypothesen der empirischen Untersuchung ............... 85 4.1
Bezugsrahmen der Untersuchung .............................................................. 85
4.2
Hypothesenbildung .................................................................................... 90
4.2.1
Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten ................................... 90
4.2.2
Hypothesen zu moderierenden Effekten ................................................ 98
4.2.3
Zusammenfassung: Hypothesen im 0berblick .................................... 101
Methodische Konzeption der empirisehen Untersuehung ........................ 103 5.1
Datenerhebung und Datengrundlage ........................................................ 103
5.2
Methodik der Konstruktmessung ............................................................. 106
5.2.1
Grundlagen der Konzeptualisierung und Operationalisierung von Konstrukten .......................................................................................... 106
5.2.2 Beurteilungskriterien einer reflektiven Operationalisierung ................ 110 5.2.3
Beurteilungskriterien einer formativen Operationalisierung ............... 116
5.2.4 Konsequenzen der jeweiligen Operationalisierungsformen ................. 118 5.3
Grundprinzipien der Strukturgleichungsmethodik .................................. 122
5.3.1
Schgtzung kovarianzbasierter Strukturgleichungsmodelle .................. 124
5.3.2 Modellierung mediierender und moderierender Effekte ...................... 129 5.3.3
6
Beurteilung kovarianzbasierter Strukturgleichungsmodelle ................ 132
Empirische Untersuchung der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen durch Internes Marketing. 141 6.1
Anlage der empirischen Untersuchung .................................................... 141
6.1.1
Bestimmung der Erhebungsmethode ................................................... 141
6.1.2
Grundgesamtheit und Stichprobe ......................................................... 143
6.1.3
Wahl des Sch~itzalgorithmus ................................................................ 148
6.2 6.2.1
Operationalisierung der Konstrukte ......................................................... 149 Operationalisierung des Intemen Marketing ........................................ 150
6.2.20perationalisierung der marktorientierten Untemehmenskultur ......... 158 6 . 2 . 3 0 p e r a t i o n a l i s i e r u n g kundenorientierter Verhaltensweisen .................. 163 6 . 2 . 4 0 p e r a t i o n a l i s i e r u n g wettbewerberorientierter Verhaltensweisen ........ 164
xvI 6.3 6.3.1
Empirische Oberprtifung der Untersuchungshypothesen ........................ 168 Oberprtifung der Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten ..... 169
6.3.2 Oberprtifung der Hypothesen zu moderierenden Effekten .................. 178 6.3.3 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse ................................... 183
Implikationen der Arbeit und Ansatzpunkte for weiterf'0hrende Forschung ....................................................................................................... 185 7.1
Implikationen f'tir die Wissenschaft ......................................................... 185
7.2
Implikationen ftir die Untemehmenspraxis .............................................. 189
Anhang: Fragebogen der Untersuchung ................................................................. 193 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 197
XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Definitionen von Marktorientierung in ausgew~lten Arbeiten zur informationsorientierten Perspektive ........................................................ 11 Tabelle 2: Definitionen von Marktorientierung in ausgew~lten Arbeiten zur kulturellen
Perspektive .......................................................................... 19
Tabelle 3: Literaturquellen zu unternehmensinternen Determinanten der Marktorientiemng ...................................................................................... 26 Tabelle 4: Begriffsverst~indnisse und Instrumente des Internen Marketing ............... 35 Tabelle 5" Empirische Studien zum Internen Marketing im Zusammenhang mit marktorientierten Aspekten ....................................................................... 54 Tabelle 6" Zu prtifende Hypothesen im Oberblick ................................................... 101 Tabelle 7: Kriterien zur Charakterisierung reflektiver oder formativer Messmodelle ............................................................................................ 119 Tabelle 8: Anfordemngen und Eigenschaften verschiedener iterativer Sch~itzverfahren ....................................................................................... 128 Tabelle 9: Kriterien zur Beurteilung der GiJte eines Messmodells .......................... 140 Tabelle 10: Branchenzugeh6rigkeit der Unternehmen ............................................... 145 Tabelle 11: Position der Befragten ............................................................................. 146 Tabelle 12: Funktionsbereich der Befragten .............................................................. 146 Tabelle 13: Gr613e des Untemehmens ........................................................................ 147 Tabelle 14: Indikatoren zum Konstrukt "Internes Marketing". .................................. 153 Tabelle 15: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse .................................. 154 Tabelle 16: Informationen zu den Faktoren ............................................................... 155 Tabelle 17: Chi2-Differenztest zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~it der vier Faktoren des Internen Marketing ............................................................ 156 Tabelle 18: Fornell/Larcker-Kriterium zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~it der vier Faktoren des Intemen Marketing ............................................... 156 Tabelle 19: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse der Faktoren des Intemen Marketing (Faktorladungen) ................................................... 157 Tabelle 20: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Konstrukts "Internes Marketing". .............................................................................. 157
XVIll Tabelle 21: Indikatoren zum Konstrukt "marktorientierte Untemehmenskultur". ..... 159 Tabelle 22: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zur Untemehmenskultur ................................................................................ 160 Tabelle 23: Ergebnisse der konfirmatorischen F aktorenanalyse des F aktors ,,Werte". ................................................................................................... 161 Tabelle 24: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors "Normen". ................................................................................................ 161 Tabelle 25: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Konstrukts "marktorientierte Untemehmenskultur". ................................................. 162 Tabelle 26: Indikatoren zum Konstrukt ,,kundenorientierte Verhaltensweisen". ...... 163 Tabelle 27: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zu kundenorientierten Verhaltensweisen ................................................................. 163 Tabelle 28: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,kundenorientierte" Verhaltensweisen .................................................... 164 Tabelle 29: Indikatoren zum Konstrukt ,,wettbewerberorientierte Verhaltensweisen". .................................................................................. 164 Tabelle 30: Ergebnisse der exploratorischen F aktorenanalyse zu wettbewerberorientierten Verhaltensweisen ................................................................. 165 Tabelle 31: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,wettbewerberorientierte Verhaltensweisen". ......................................... 165 Tabelle 32: Chi~-Differenztest zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~it der Faktoren ................................................................................................... 165 Tabelle 33: Fomell/Larcker-Kriterium zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~it der Faktoren ............................................................................................. 166 Tabelle 34: Modellvergleich hinsichtlich der globalen Gtitekriterien ........................ 175 Tabelle 35: Indirekte Wirkungsbeziehungen zwischen Intemem Marketing und den Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder ............................... 178 Tabelle 36: Moderierende Effekte der Umweltdynamik ............................................ 181 Tabelle 37: Ergebnisse der Hypothesenprtifung im l]berblick ................................... 183
xIx
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Elemente der Untemehmenskultur und deren Wirkungsmechanismen ........................................................................................
16
Abbildung 2:
Ziele des Internen Marketing ............................................................... 38
Abbildung 3:
Wirkung der einzelnen Untemehmenskulturelemente auf marktorientierte Verhaltensweisen ...................................................... 59
Abbildung 4:
EinflussgrN3en marktorientierter Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ...................................................................... 64
Abbildung 5:
Zusammenh~inge des Beobachtungslemens ......................................... 72
Abbildung 6:
Bezugsrahmen der Untersuchung im Oberblick .................................. 90
Abbildung 7:
MOgliche Konzeptualisierung/Operationalisierung von Konstrukten ........................................................................................
Abbildung 8:
108
Reflektives versus formatives Messmodell mit jeweils drei Indikatoren .........................................................................................
109
Abbildung 9: Beispiel f'tir ein Strukturgleichungsmodell ........................................ 125 Abbildung 10: Schematische Darstellung eines Mediator-Effekts ............................ 129 Abbildung 11: Schematische Darstellung eines Moderator-Effekts .......................... 130 Abbildung 12: Kategorisierung yon Gtitekriterien .................................................... 134 Abbildung 13: Ftinfstufige Ratingskala des Fragebogens ......................................... 142 Abbildung 14: Hypothesen im Untersuchungsmodell ............................................... 167 Abbildung 15: Strukturmodell zu direkten Effekten (Modell 1) ............................... 170 Abbildung 16: Strukturmodell zu indirekten Effekten (Modell 2) ............................ 172 Abbildung 17: Strukturmodell zu Gesamteffekten (Modell 3) .................................. 174 Abbildung 18: Wirkungsbeziehungen des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen ....................................... 176 Abbildung 19: Ergebnisse der Hypothesenprtifung bei niedriger Umweltdynamik.. 180 Abbildung 20: Ergebnisse der Hypothesenprtifung bei hoher Umweltdynamik ....... 180
XXI
Abkiirzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
ADF
asymptotically distribution-free
AGFI
Adjusted Goodness-of-Fit-Index
Allg.
Allgemeine
AMOS
Analysis of Moment Structures
Aufl.
Auflage
Bd.
Band
bspw.
beispielsweise
BWL
Betriebswirtschaftslehre
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CEO
Chief Executive Officer
CFI
Comparative-Fit-Index
C.R.
Critical Ratio
DBW
Die Betriebswirtschaft
DEV
Durchschnittlich erfasste Varianz
df
degrees of freedom
d.h.
das heiBt
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
e.g.
exempli gratia
et al.
et alii
etc.
et cetera
evtl.
eventuell
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FR
Faktorreliabilit/~t
GFI
Goodness-of- Fit-Index
ggf.
gegebenenfalls
GLS
generalized least squares
Hrsg.
Herausgeber
XXII
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engen Sinne
insb.
insbesondere
IR
Indikatorreliabilitat
i.S.
im Sinne
i.w.S.
im weitesten Sinne
Jg.
Jahrgang
Kap.
Kapitel
LISREL
Linear Structual Relations
ML
Maximum Likelihood
NACE NFI
Nomenclature C6n6rale des Activit6s Economiques dans les Communaut6s Europ~ennes Normated-Fit-Index
Nr.
Nummer
PLS
partial least squares
RMR
Root Mean Square Residual
RMSEA
root mean squared error of approximation
S.
Seite
sog.
so genannte (n)
SLS
scale-free least squares
Tab.
Tabelle
TLI
Tucker-Lewis- Index
u.a.
unter anderem
ULS
unweighted least squares
u.U.
unter Umst~den
usw.
und so weiter
v.a.
vor allem
Vgl.; vgl.
Vergleiche; vergleiche
VS.
versus
WWW
World Wide Web
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
1
Einfiihrung
1.1 Problemstellung In der Wissenschaft und Untemehmenspraxis herrscht Einigkeit dariiber, dass Unternehmen langfristig nur bestehen k6nnen, wenn sie sich konsequent an den Bedtirfnissen der Kunden orientieren und nachhaltige Wettbewerbsvorteile aufbauen. Der Marktorientierung wird deshalb eine ,,Schltisselrolle fiir die Entstehung des Unternehmenserfolges ''l zugeschrieben. Eine Vielzahl empirischer Untersuchungen belegt die Erfolgswirksamkeit der Marktorientierung. 2 Hieraus ergibt sich die unmittelbare Forderung, dass alle betrieblichen Aktivit~iten im Dienste einer umfassenden Kundenund Wettbewerberorientiemng stehen mtissen. 3 Vor diesem Hintergrund ist die konsequente Implementierung der Marktorientierung besonders relevant. 4 Viele Untemehmen haben auf die hohe Bedeutung der Marktorientierung reagiert. Hierfiir sprechen u.a. Mal3nahmen zur Steigerung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie die Einf'tihrung umfassender Informationssysteme, Durchfiihrung von Wettbewerberanalysen und Verkiirzung der Kommunikationswege im Untemehmen. Trotz dieser MaBnahmen hat die Praxis nach wie vor Schwierigkeiten, eine hohe Marktorientierung zu erreichen. 5 Als Ursache fiir eine unzureichende Marktorientierung werden h~iufig falsche Vorstellungen vom konkreten Inhalt der Marktorientierung bei den Untemehmensmitgliedem sowie Unsicherheit hinsichtlich der praktischen Ansatzpunkte zur Erreichung der Marktorientierung genannt. 6 Off sind die oben erw~ihnten Magnahmen zu punktuell angelegt und nicht in ein iibergreifendes Gesamtkonzept zur Sicherstellung yon Marktorientierung eingebunden, weil die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder nur unzureichend Berticksichtigung finden. Dabei ist die Bedeutung der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder seit langem bekannt. Felton stellte bereits 1959 fest, dass die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder die wichtigste Rolle bei untemehmerischen Ver/inderungen haben. 7
! vonder Oelsnitz (1999), S. 141. 2 Es existieren bereits mehr als 70 empirische Studien, die den Zusammenhang zwischen Marktorientierung eines Untemehmens und dessen Effolg messen. Eine systematische Obersicht liefem Becker, J. (1999), S. 36 ff.; Langerak (2003), S. 94 f. sowie Grether (2003), S. 12 ft. 3 Vgl. Fritz/yon der Oelsnitz (2001), S. 18 f. 4 In diesem Zusammenhang wird h~iufig auch vonder Marketingimplementierung gesprochen. Vgi. K6hler (2000), S. 254 ft. 5 Vgl. Day (1999a), S. 6; K6hler (2000), S. 255. 6 Vgl. Masiello (1988), S. 86; Baker/Hart (1989), S. 192. 7 Vgl. Felton (1959), S. 55 ft.
Im Bereich der Wissenschait zeugt eine wachsende Zahl von Publikationen zur Marktorientierung von ihrer groBen Bedeutung. Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Beitr~ge besch~iftigt sich mit dem Konstrukt Marktorientierung als solchem. Hierbei geht es insbesondere um die Konzeptualisierung s und Operationalisierung, 9 um Determinanten l~ sowie um Auswirkungen II der Marktorientierung. Bei diesen Arbeiten lassen sich zwei unterschiedliche Verst~dnisse von Marktorientierung ausmachen. Ein groBer Teil der Autoren beleuchtet Marktodentierung aus einer informationsorientierten Perspektive. Sie verstehen unter Marktorientierung die Gewinnung und Verbreitung von Marktinformationen innerhalb des Unternehmens sowie die Reaktion des Unternehmens auf diese Marktinformationen. 12 Dies bedeutet, dass es hier insbesondere die Informationsprozesse sind, die die Marktorientierung eines Unternehmens ausmachen. Das zweite Verst~indnis von Marktorientierung umfasst das Konstrukt der Unternehmenskultur. 13 Hierbei machen unternehmenskulturelle Werte und Normen die Marktorientierung eines Unternehmens aus. 14 Beiden Sichtweisen der Marktorientierung ist gemeinsam, dass sie jeweils eine Ausrichtung an Kunden und Wettbewerbern verlangen. 15 Im Hinblick auf die Frage, wie Marktorientierung in einem Unternehmen realisiert werden kann und welche MaBnahmen zur Erh~hung der Marktorientierung fiihren, konzentriert sich die Wissenschaft auf die konkrete Gestaltung struktureller MaBnahmen. 16 Die Betrachtung marktorientierter Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder wurde bisher stark vernachl•ssigt. Bonoma stellte bereits 1984 anhand einer Literaturanalyse fest, dass die Debatte zur Marketingimplementierung vornehmlich um Fragen der Planung, Organisation und Kontrolle kreist. Verhaltensorientierte MaBnahmen werden bei der Umsetzung der Marktorientierung nicht ausreichend betrachtet, wodurch ein erhebliches Implementierungsproblem entsteht. ~7 Es wird zu wenig die Frage thematisiert, wie Marktorientierung im Unternehmen realisiert werden kann. Raij stellt fest: ,,The marketing literature extols the virtues of a market orientation, but is almost silent when it comes to practicable insights for the implementation of such an s Vgl.z.B. Kohli/Jaworski(1990), S. 1 ft.; Narver/Slater(1990), S. 21 ff. 9 Vgl. z.B. Jaworski/Kohli (1993); Kohli/Jaworski/Kumar(1993); Narver/Slater(1990). 10 Vgl. hierzu z.B. Jaworski/Kohli(1993); Day (1994) sowie Abschnitt 2.1.2.2. ll Vgl. z.B. Jaworski/Kohli(1993), Slater/Narver(1994a). 12 Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.1.1. 13 Vgl. z.B. Narver/Slater (1990), S. 21 ft.; Lichtenthal/Wilson (1992), S. 191 ft.; Deshpand6/Farley/Webster (1993), S. 27 ft.; Kiihn (1991), S. 99 f.; Meehan (1996), S. 47 ft. 14 Siehehierzu Abschnitt 2.1.1.2. is Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.1.3. 16 Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.2.2. |7 Vgl. Bonoma (1984), S. 517 f.
orientation". ~8 Die Ausfi~hrungen machen die groBe Relevanz des Themas Marktorientierung deutlich. Insbesondere besteht ein Bedarf nach umfassenden Ans~itzen zur Steigerung der Marktorientierung von Untemehmen. Hierzu ist es jedoch zun~ichst erforderlich, Wege zur systematischen Realisierung marktorientierter Sicht- und Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu identifizieren und deren Wirkungsweisen zu verstehen. Im Bereich der Marketingforschung ist diesbezt~glich ein klares Defizit zu konstatieren. Die Verfasserin der vorliegenden Arbeit sieht in diesem Forschungsdefizit eine wesentliche Ursache fi~r die mit Marktorientierung verbundenen Realisierungsprobleme in der Untemehmenspraxis. Die Untemehmensmitglieder sind die Tr~iger der Marktorientierung. Die Wirksamkeit struktureller MaBnahmen zur Verankerung der Marktorientierung im Untemehmen ist nur m6glich, wenn die grunds~itzliche Basis des Untemehmens, das Verhalten der Untemehmensmitglieder, konsequent marktorientiert ausgerichtet wird. Ohne Akzeptanz und Verst~indnis der Untemehmensmitglieder scheitem alle Ansatzpunkte, die Marktorientierung eines Untemehmens nachhaltig zu erh6hen. ~9 Der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ist deshalb eine besonders hohe Bedeutung beizumessen. 2~ Die vorliegende Arbeit befasst sich mit diesem Themenkomplex. Hierbei sind zun~ichst Oberlegungen notwendig, wie marktorientiertes Verhalten der Untemehmensmitglieder realisiert werden kann. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang vereinzelt auf die Unternehmenskultur und auf das Konzept des Intemen Marketing verwiesen. 21 Die wichtige Rolle der Untemehmenskultur bei der Verwirklichung der Marktorientierung wurde erst in den letzten Jahren durch einige wenige empirische Untersuchungen belegt. 22 Gleichwohl sind die Einflussgr6Ben der Kulturentwicklung noch weitgehend unerforscht. Die Bedeutung des Internen Marketing f'tir die Verwirklichung der Marktorientierung ist bis heute kaum erkannt worden. 23 Theoretisch fundierte, empirische Untersuchungen zu dieser Thematik stehen noch aus. 24
18 Raij (2001), S. 1. 19 Vgl. Meffert (2000), S. 1103 f.; yon der Oelsnitz (1999), S. 43 f. 20 Vgl. hierzu z.B. Messikomer (1987); Kelley (1990); Gummesson (1991); Harris/Piercy (1999a). 2~ Vgl. Hilker (1993), S. 135 ft.; vonder Oelsnitz (1999), S. 246 ff 22 Vgl. hierzu Pflesser (1999); Krohmer (1999) und Wolf, C. (2003). 23 Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 216. 24 Vgl. Hilker (1993), S. 135 ff.; von der Oelsnitz (1999), S. 246 ft.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen durch Internes Marketing. Die Behandlung dieser komplexen Thematik erfordert die Spezifikation konkreter Forschungsfragen, die in dieser Arbeit behandelt werden sollen. Diese werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen der Arbeit Das Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit besteht in der theoretischen und empirischen Untersuchung der Frage, ob durch Internes Marketing marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder realisiert werden k~Snnen. Hierbei werden marktorientierte Verhaltensweisen, die bisher zumeist wenig konkretisiert wurden, in die zentralen Elemente Kunden- und Wettbewerberorientierung untergliedert, um damit ein besseres Verst/indnis flir die Wirkungsweise des Intemen Marketing zu erhalten. 25 Die Literaturbestandsaufnahme wird verdeutlichen, dass hierbei zwei Effekte des Intemen Marketing betrachtet werden sollten: direkte und indirekte Effekte. Die direkten Effekte beziehen sich auf die unmittelbare Wirkung des Intemen Marketing auf die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder. Dadiber hinaus wird mit den indirekten Effekten die Bedeutung der marktorientierten Untemehmenskultur fiir die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder erfasst. Insgesamt ergeben sich folgende Forschungsfragen: Die erste Forschungsfrage besch~ifligt sich mit dem Einfluss des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Hierbei ist von Interesse, ob das Interne Marketing einen direkten Einfluss auf die marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder hat. Dies wilrde bedeuten, dass eine Intensivierung des Intemen Marketing zu einer unmittelbaren Steigerung der marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder filhrt. Die zweite Forschungsfrage besch~ittigt sich mit der Frage, ob das Interne Marketing zur Realisierung einer marktorientierten Untemehmenskultur beitragen kann. Bei der Bestandsaufnahme der Literatur wird gezeigt, dass der Unternehmenskultur eine hohe Bedeutung for die Marktorientierung eines Untemehmens zugeschrieben wird. H~iufig wird sogar die Marktorientierung als ein kulturell verankertes Ph~inomen definiert. 26 25 Ausfiihrlichwird hierauf in Abschnitt 2.4 sowie4.1 eingegangen. 26 Vgl. z.B. Narver/Slater(1990), S. 21 ff. Ausfiihrlichwird auf das kulturelle Verst~ndnis der Marktorientierung in Abschnitt 2.1.1.2.3 eingegangen.
Es fehlen jedoch bisher theoretisch fundierte Hinweise, wie eine marktorientierte Untemehmenskultur im Untemehmen realisiert werden kann. Eng verbunden mit der zweiten ist die dritte Forsehungsfrage. Hierbei gilt es zu untersuchen, ob die marktorientierte Unternehmenskultur die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder beeinflusst. Die Mehrzahl der empirischen Studien besch~iftigt sich mit den Auswirkungen einer marktorientierten Untemehmenskultur auf den Erfolg eines Untemehmens. Dabei wird oft von der Annahme ausgegangen, dass die marktorientierte Unternehmenskultur indirekt tiber die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder den Erfolg des Unternehmens positiv beeinflusst. Empirische Studien, die den Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder konkret untersuchen, sind bisher jedoch kaum vorhanden. 27 L~isst sich ein Einfluss des Intemen Marketing tiber die marktorientierte Untemehmenskultur auf marktorientierte Verhaltensweisen feststellen, wirkt die marktorientierte Untemehmenskultur als mediierende Variable (Mediator) 2s zwischen Intemem Marketing und marktorientierten Verhaltensweisen. In diesem Fall liegt ein indirekter Effekt des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder vor. Die vierte Forsehungsfrage untersucht, inwieweit die Beziehungen zwischen Intemem Marketing und marktorientierten Verhaltensweisen direkt oder indirekt sind. Falls der direkte Effekt tiberwiegt, ist die marktorientierte Untemehmenskultur ~ r die Realisierung marktorientierter Verhaltensweisen weniger wichtig. L~isst sich jedoch ein tiberwiegender indirekter Effekt feststellen, spielt die marktorientierte Unternehmenskultur eine wichtige Rolle ~ r die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen. Von besonderem Interesse ist ebenfalls die Frage, unter welchen Bedingungen die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen starker oder schw~icher sind. Hierbei geht es um die Betrachtung von Einflussgr6Ben, die einen Effekt auf die St~irke des Zusammenhangs zwischen diesen drei Gr6Ben austiben. Man spricht in diesem Kontext auch von moderierenden Variablen des Zusammenhangs. Als moderierende Variable wird in der vorliegenden Untersuchung die Dynamik der Umwelt betrachtet. Die Umweltdynamik ist bisher lediglich in ihrer Eigenschaft als Moderator des Zusammenhangs zwischen 27 Die erste Arbeit hierzu liefert Pflesser (1999). 2s Vgl. hierzu ausf'tihrlichAbschnitt 5.3.2.
Marktorientierung und Untemehmenserfolg empirisch analysiert worden. 29 Der Einfluss der Umweltdynamik auf untemehmensinteme Beziehungen ist noch weitgehend unerforscht. Die fUnfte Forsehungsfrage betrifft deshalb den Einfluss der Umweltdynamik auf die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Unternehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen. Die Forschungsfragen werden noch einmal im Uberblick dargestellt: 1) Wirkt sich das Interne Marketing direkt auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder aus? 2) Wie wirkt sich das Interne Marketing auf die marktorientierte Untemehmenskultur aus? 3) Wie wirkt sich die marktorientierte Untemehmenskultur auf die marktorientierten Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder aus? 4) Welche Wirkung des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen ist starker, die direkte oder die indirekte ilber die marktorientierte Unternehmenskultur? 5) Werden die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen durch die Umweltdynamik beeinflusst? Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen ist die Arbeit in sieben Kapitel gegliedert. Der Aufbau der Arbeit wird im folgenden Abschnitt vorgestellt.
1.3
Aufbau der Arbeit
Im Anschluss an dieses einleitende Kapitel werden im zweiten Kapitel die konzeptionellen Grundlagen der Untersuchung dargestellt. Der Abschnitt 2.1 umfasst die Darstellung des Konstruktes Marktorientierung. Zur Marktorientierung existieren im Bereich der Marketingforschung so viele Arbeiten, dass deren umfassende Darstellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen wtirde. Aus diesem Grunde werden im Grundlagenteil lediglich ausgew~ihlte Arbeiten zur Marktorientierung betrachtet. Der Anspruch 29 Vgl. z.B. Jaworski/Kohli(1993), S. 53 ft.; Slater/Narver(1994b), S. 46 ff.; Krohmer(1999), S. 187 ft.
auf einen vollst~indigen Literaturtiberblick zum Konstrukt Marktorientierung, dessen Messung, Erfolgsauswirkungen und Determinanten wird hier nicht erhoben. 3~ Die Sichtung der Literatur zur Marktorientierung erfolgt vor dem Hintergrund von zwei Leitfragen: (1) Was ist unter Marktorientierung zu verstehen? (2) Wie k6nnen marktorientierte Verhaltensweisen im Untemehmen implementiert werden? Im Abschnitt 2.1.1. werden zun~ichst zwei unterschiedliche Begriffsverst~indnisse von Marktorientierung vorgestellt: die informationsorientierte und die kulturelle Perspektive. Zur Erl~iuterung der kulturellen Perspektive werden Grundlagen der Untemehmenskultur kurz dargestellt. Es folgt eine Bestandsaufnahme der Literatur zur Implementierung der Marktorientierung. Bei dieser Bestandsaufnahme werden Forschungslticken aufgezeigt. Wie zu zeigen sein wird, mangelt es an empirischen Arbeiten zu verhaltensorientierten MaBnahmen bei der Implementierung der Marktorientierung. Insbesondere wird das Interne Marketing stark vemachl~issigt. Zum Abschluss dieses Abschnitts wird die Bedeutung marktorientierter Verhaltensweisen als zentraler Implementierungsgegenstand diskutiert. Im Abschnitt 2.2 wird das der Arbeit zugrunde gelegte Verst~indnis des Intemen Marketing dargestellt. Es folgt eine Erl~iuterung der Ziele und Instrumente des Intemen Marketing. AnschlieBend wird kurz diskutiert, welche Personengruppen im Untemehmen als Adressaten des Intemen Marketing in Betracht kommen (Abschnitt 2.2.4) sowie welche Abteilungen im Untemehmen ~ r das Interne Marketing zust~indig sein sollten (Abschnitt 2.2.5). Im Abschnitt 2.3 erfolgt eine Bestandsaufnahme der Literatur, die die Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen thematisiert. Hieraus ergeben sich erste Hinweise for den Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung und die Auswahl an geeigneten Theorien zur Erkl~irung der relevanten Wirkungszusammenh~inge. Kapitel 3 widmet sich den theoretischen Grundlagen der Arbeit. Der vielschichtige Charakter marktorientierter Verhaltensweisen legt es nahe, sich nicht ausschlieBlich 30 Vgl. hierzu bspw. Obersichtsarbeiten bei Pflesser (1999) und Krohmer (1999) sowie zum Stand der deutschsprachigen Implementierungsforschunginsb. K6hler (2000).
einer einzigen Theorie zu bedienen. Eine Leitlinie bei der Auswahl der theoretischen Ansatze, die zur Erklamng der Wirkungszusammenh~ge zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur und den Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder beitragen, bildet der theoretische Pluralismus. 3~ Demnach ist es m6glich, unterschiedliche Theorien, die sich in ihrer Aussagekraft in Bezug auf die zu untersuchenden Wirkungsbeziehungen erg~zen k6nnen, heranzuziehen. 32 Zu Beginn der theoretischen Grundlagen wird ein integrales Verhaltensmodell vorgestellt, das die grunds/ttzlichen Einflussfaktoren marktorientierter Verhaltenweisen erlautert. Basierend auf diesen Ausfiihrungen erfolgt die Auswahl weiterer Theorien. In Kapitel 4 wird der Bezugsrahmen der Untersuchung konkretisiert. In einem ersten Schritt werden die einzelnen Konstrukte des Bezugsrahmens konzeptualisiert (Abschnitt 4.1). AnschlieBend werden unter Rilckgriff auf die theoretischen Grundlagen die Hypothesen zur Beantwortung der Forschungsfragen entwickelt (Abschnitt 4.2). In Kapitel 5 erfolgt die methodische Konzeption der empirischen Untersuchung. Hierbei werden Grundlagen der quantitativen Untersuchung behandelt. Im Einzelnen werden die verwendeten Methoden der Konstruktmessung (Abschnitt 5.2) und die Grundprinzipien der Strukturgleichungsmethodik erl~iutert (Abschnitt 5.3). Weiterhin werden Grundlagen der moderierenden und mediierenden Effekte in Strukturgleichungsmodellen behandelt. Das Kapitel schlieBt mit der Darstellung von Kriterien, die die Gtite eines Strukturgleichungsmodells beurteilen. Die empirische Untersuchung der zuvor entwickelten Hypothesen steht im Mittelpunkt des Kapitels 6. Zunachst werden die Datengrundlagen beschrieben. Der Abschnitt 6.2 konzentriert sich auf die Entwicklung der Messskalen fiir die bereits konzeptualisierten Konstrukte (Operationalisierung). Der Abschnitt 6.3 hat die empirische Uberpriifung der Untersuchungshypothesen zum Gegen-stand. Die zusammenfassende Bewertung der Arbeit erfolgt in Kapitel 7. Zun~ichst wird der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn durch die vorliegende Arbeit diskutiert. Hierbei werden auch Ansatzpunkte fiir zuktinftige Forschung aufgezeigt. Die Arbeit schlieBt mit Implikationen fiir die Untemehmenspraxis.
31 Vgl. Feyerabend(1965), S. 149 ft.; Schanz(1973), S. 131 ff. 32 Vgl. hierzu auch Wolf, J. (2003), S. 42 ff.
2
Konzeptionelle Grundlagen
2.1
Grundlagen zur Marktorientierung
2.1.1 Zum Verstindnis yon Marktorientierung Marktorientierung wird in der wissenschafilichen Literatur seit Beginn der 1990er Jahre thematisiert. Richtungweisend waren nach der provokativen Frage von Shapiro: ,,What the Hell is 'Market Oriented'? ''33 die Arbeiten von Kohli/Jaworski 34 und Narver/Slater 35, die den Weg ~ r zahlreiche Folgestudien bereitet haben. 36 Trotz einer Vielzahl konzeptioneller und empirischer Arbeiten 37 hat sich bis heute kein einheitliches Begriffsverst~indnis der Marktorientierung herausgebildet. 38 Allerdings lassen sich im Wesentlichen zwei in der Literatur als traditionell geltende Perspektiven voneinander abgrenzen: die informationsorientierte und die kulturelle Perspektive. Diesen beiden Perspektiven l~isst sich der GroBteil der Arbeiten zur Marktorientierung eindeutig zuordnen. In den folgenden Ausfllhrungen werden diese Perspektiven n~iher beleuchtet. AnschliefSend erfolgt die Ableitung der Kemelemente der Marktorientierung.
2.1.1.1 Informationsorientierte Perspektive der Marktorientierung Die informationsorientierte Perspektive der Marktorientierung geht auf die Arbeiten von Kohli/Jaworski 39 zurtick. Die Autoren definieren Marktorientierung als ,,the organization-wide generation of market intelligence pertaining to current and future customer needs, dissemination of the intelligence across department and organizationwide responsiveness to it. ''4~ Marktorientierung beinhaltet eine Reihe von abteilungsund funktionstibergreifenden Prozessen, deren Ziel die vollst~indige Verinnerlichung s~imtlicher Marktanforderungen ist. Bei der Definition von Kohli/Jaworski stehen
33 Shapiro(1988), S. 119. 34 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 1 ff.; Jaworski/Kohli (1993), S. 53 ff.; Kohli/Jaworski/Kumar (1993) S. 467 ff.; Jaworski/Kohli (1996), S. 119 ft. 35 Vgl. Narver/Slater (1990), S. 20 ft.; Slater/Narver (1995), S. 63 ff. 36 Vgl. bspw. Day (1994), S. 37 ft.; Narver/Slater/Tietje (1998), S. 241 ft.; Pulendran/Speed (1996), S. 53 ft.; 37 Eine 0bersicht liefern u.a.: Pflesser (1999), S. 37 ff. und Grether (2003), S. 12 ft. 38 Sehr Mufig werden Begriffe wie ,,Marketingorientierung" und ,,Marktorientierung" synonym verwendet (vgl. hierzu Payne (1988), S. 46 ft.; Sharp (1991), S. 20 ff.; Avlonitis/Gounaris (1999), S. 1003 ff.). Andere Autoren verwenden den Terminus ,,market-driven" (vgl. z.B. Day (1994), S. 37; Day (1999a), S. 6 f.; Day (1999b), S. 11 ff.; Schwartz (1990), S. 2 ff.). Des Weiteren werden Begrifle wie "marketing concept" und "market led" (vgl. z.B. Piercy (1989), S. 24 f.) teilweise synonym oder in einem ~ihnlichen Bedeutungszusammenhang verwendet. 39 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 1 ft. 40 Kohli/Jaworski (1990), S. 6.
l0 Marktinformationen im Vordergrund der Betrachtung, wobei drei Elemente unterschieden werden: Gewinnung und Verbreitung von sowie Reagibilit~it auf Marktinformationen. Die Gewinnung marktrelevanter Informationen ist als systematisches Bemtihen um die Akquisition von Marktinformationen zu begreifen. Hierbei geht es um Informationen tiber Kunden, die Wettbewerber und alle den Absatzmarkt kennzeichnenden Rahmenbedingungen. Kohli/Jaworski sprechen in diesem Zusammenhang v o n d e r Entwicklung marktrelevanten Wissens, das den Ursprung der Marktorientierung darstellt: ,,The starting point of a market orientation is market intelligence. ''41 Allerdings beschr~inkt sich der Begriff,,market intelligence" in der ersten Arbeit von Kohli/Jaworski lediglich auf kundenbezogene Informationen. Erst 1996 erweitern die Autoren ihre rein kundenbezogene Perspektive, indem sie Wettbewerbsinformationen und Informationen tiber sonstige den Absatz beeinflussende Umweltbedingungen ausd~cklich in ihre Definition der Marktorientierung aufnehmen. Hierbei wird Marktorientierung definiert als ,,the organizationwide generation of market intelligence pertaining to customers, competitors, and forces affecting them, internal dissemination of the intelligence, and reactive as well as proactive responsiveness to the intelligence. ''42 Das zweite Element der Marktorientierung stellt die gezielte Verbreitung marktrele-
vanter Informationen (,,Intelligence dissemination") dar. 43 Marktorientierung ist demnach nicht auf einzelne Funktionsbereiche im Untemehmen beschr~inkt, sondern ist grunds~itzlich als eine Art Leitprinzip aller Untemehmensbereiche zu verstehen. 44 Hierzu mtissen die marktrelevanten Informationen an die wertsch6pfenden Einheiten verteilt werden, damit alle Untemehmensmitglieder die filr sie relevanten Marktdaten kennen und in die Lage versetzt werden, sie umfassend und konsequent zu nutzen. 45 Das dritte Element der Marktorientierung stellt die Beriieksiehtigung marktrelevanter Informationen (,,Responsiveness") in allen untemehmerischen Entscheidungsprozessen dar. Es handelt sich hierbei um den konsequenten, untemehmensweiten
41 Kohli/Jaworski(1990), S. 4. 42 Jaworski/Kohli(1996), S. 131. 43 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 5 f.; Menon/Varadarajan (1992), S. 53 f.; Maltz/Kohli (1996), S. 48 f. 44 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 5. 45 Vgl. hierzu auch vonder Oelsnitz (1999), S. 149. Es kann davon ausgegangen werden, dass bereits allein der systematische und kontinuierliche Fluss von Marktinformationen fiber die unterschiedlichen Abteilungsgrenzen hinweg eine marktorientierte Denkhaltung in der Unternehmung entstehen l/isst oder f'6rdert. Vgl. hierzu Faix/Schtitz (2002), S. 32.
ll Gebrauch der Marktinformationen. 46 Dabei ist mit dem Begriff der Berticksichtigung nicht das bloBe Zulassen von Marktinformationen im Rahmen betrieblicher Entscheidungsprozesse gemeint, sondern insbesondere ein auf diesen Informationen basierendes Verhalten der Unternehmensmitglieder. 47 Das tibergeordnete Ziel dieser Verhaltensweisen besteht darin, einen aus Kundensicht im Vergleich zum Wettbewerber iiberlegenen Angebotswert zu schaffen. 48 In diesem Zusammenhang erscheint gerade die mangelhafte Umsetzung der Marktinformationen in marktorientierte Verhaltensweisen die h~iufigste Ursache fiir wenig marktnahes Unternehmensverhalten zu sein. 49
Die drei informationsbezogenen Elemente von Marktorientierung werden in sp~iteren Arbeiten zur Marktorientierung h~iufig aufgegriffen. 5~ Allen Arbeiten ist gemein, dass die Marktinformationen eine zentrale Rolle fiir die Marktorientierung spielen (vgl. Tab. 1). Autor (en)
Kohli/Jaworski (1990) Ruekert (1992)
Deng/Dart (1994)
Pulendran/Speed (1996)
Definition der Marktorientierung
"Market orientation is the organizationwide generation of market intelligence pertaining to current and future customer needs, dissemination of the intelli8ence across departments, and organizationwide responsiveness to it." (S. 6) "...we define the level of market orientation in a business unit as the degree to which the business unit (1) obtains and uses information from customers; (2) develops a strategy which will meet customer needs; and (3)the responsiveness of the organization." (S. 6 l) Marktorientierung als ,,the generation of appropriate market intelligence pertaining to current and future customer needs, and the relative abilities of competitive entities to satisfy these needs, the integration and dissemination of such intelligence across departments; and the coordinated design and execution of the organization's strategic response to market opportunities." (S. 726) "A market orientation is defined as carrying out the following activities: (1) generation of market intelligence pertaining to current and future customer needs; (2) dissemination of that intelligence through the organization; (3) the responsiveness of the organization" (S. 61)
Tabelle 1: Definitionen von Marktorientierung in ausgewiihiten Arbeiten zur informationsorientierten Perspektive
46 Vgl. hierzu auch Piercy/Harris/Lane (2002), S. 263. 47 Jaworski/Kohli unterscheiden dabei nochmals zwischen der Nutzung der Marktinformationen zur Entwicklung von Pl~inen (,,response design") und der Realisation dieser Pl~ine (,,response implementation"). Vgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 54. 48 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 6 ft. 49 Vgl. Maltz/Kohli (1996), S. 57 f.; vonder Oelsnitz (2000), S. 15. Auf diesen Aspekt wird in Abschnitt 2.1.2.3. ausf'tihrlich eingegangen. 5o Vgl. bspw. Plinke (1992), S. 830 ft.; Day (1994), S. 37 ff.; Deng/Dart (1994), S. 726 ft.; Pulendran/Speed (1996), S. 53 ft.; Atuahene-Gima (1996), S. 93 ft.; Fritz (1996), S. 62 ft.; Becket/Homburg (1999), S. 21 ff.
Einige Autoren erg~inzen die drei informationsbezogenen Elemente der Marktorientierung um weitere Elemente, wie bspw. die Profitabilit~it 51 und die funktionstibergreifende Koordination. 52 In empirischen Studien werden in Anlehnung an die Definition der Marktorientierung Indikatoren verwendet, die die Gewinnung, Verbreitung und Reaktion auf Marktinformationen betreffen. Diese Operationalisierung wird oft als die MARKOR-Skala (MARKet ORientation) bezeichnet. 53 Auf die Darstellung dieser Studien wird an dieser Stelle verzichtet. Einen ausfiahrlichen Uberblick tiber die empirischen Studien zur Messung von Marktorientierung, die Operationalisierung, die Datengrundlage sowie die angewandten Methoden und den Grad der Validierung liefert Pflesser. 54
2.1.1.2 Kulturelle Perspektive der Marktorientierung Die Vertreter der kulturellen Perspektive verstehen Marktorientierung als kulturell verankertes Ph~lnomen, d.h. Marktorientierung wird als eine spezifische Auspragung der Unternehmenskultur verstanden. Die informationsorientierte Perspektive wird hierbei wie folgt kritisiert: ,,If a market orientation were simply a set of activities completely disassociated from the underlying belief system of an organization, then whatever an organization's culture, a market orientation could easily be implanted by the organization at any time. But such is not what one observes". 55 Zum besseren Verst~indnis der kulturellen Perspektive der Marktorientierung werden zun~ichst Grundlagen zur Unternehmenskultur kurz erl~iutert. AnschlieBend erfolgt die Darstellung der kulturellen Perspektive der Marktorientierung.
51 Profitabilit~it ist jedoch eher als ein Ziel und zugleich Folge der Marktorientierung zu sehen. So argumentiert vonder Oelsnitz, dass Profitabilit~it ohne ausreichende Marktorientierung genauso schwer zu erreichen ist wie eine dauerhafte Marktorientierung mit ihren entsprechenden Aufwendungen ohne ein ausreichendes Mal3 an unternehmerischer Profitabilit~it. Vgl. hierzu von der Oelsnitz (2000b), S. 76. 55 Die funktionsiibergreifende Koordination beschreibt den abgestimmten Einsatz aller unternehmerischer Ressourcen, der zum Zwecke der Erzeugung eines herausragenden Mehrwertes f'tir den Kunden notwendig ist. Aus diesem Grund wird die interfunktionale Koordination in der Literatur eher als eine leistungswirtschaftliche Vorbedingung denn als programmatischer Kern von Marktorientierung gesehen. Vgl. vonder Oelsnitz (2000b), S. 76 53 Vgl. hierzu Kohli/Jaworski/Kumar (1993), S. 467 ft. 54 Vgl. hierzu ausfiihrlich Pflesser (1999), S. 37 ft. 55 Narver/Slater (1998), S. 235.
13 2.1.1.2.1
Grundlagen zur Unternehmenskultur
Kultur gilt als ein menschengeschaffenes, tiberindividuelles, soziales Ph~inomen, das erlernt und durch Symbole tibermittelt wird. Sie ist verhaltens-steuernd, anpassungsf~ihig und geeignet, einer Gesellschaft und einzelnen Individuen die Anpassung an ihre Umwelt zu ermOglichen: 6 Betrachtet man ein Unternehmen als ,,little society ''57, l~isst sich die Kulturdefinition auf die Untemehmensebene tibertragen. 58 Es ist eine grol~e Vielzahl verschiedener Unternehmenskulturdefinitionen zu verzeichnen. 59 Weit verbreitet und relativ umfassend ist die Definition von Schein, der die Untemehmenskultur definiert als ,,the pattern of basic assumptions that a given group has invented, discovered, or developed in learning to cope with these problems of external adaptation and internal integration, and that have worked well enough to be considered valid, and, therefore, to be taught to new members as the correct way to perceive, think, and feel in relation to those problems. ''6~ W~ihrend in Scheins Definition Grundannahmen eine grofSe Rolle spielen, heben spritere Definitionen insbesondere kulturelle Werte und Normen hervor. Deshpand6/Webster definieren Untemehmenskultur als ,,the pattern of shared values and beliefs that help individuals understand organizational functioning and thus provide them norms for behavior in the organization. ''61 Ftir Krulis-Randa ist Unternehmenskultur ..... die Gesamtheit der tradierten, wandelbaren, zeitspezifischen, jedoch tiber Symbole erfahrbaren und erlembaren Wertvorstellungen, Denkhaltungen und Normen, die das Verhalten von Mitarbeitem aller Stufen und damit das Erscheinungsbild einer Unternehmung pr~igen. ''62 Obwohl sich bis heute kein einheitliches Begriffsverstandnis durchsetzen konnte, weisen die Definitionen der Unternehmenskultur folgende Gemeinsamkeiten auf: 63
56 57 58 59 60 61 62 63
Vgl. Keller (1981), S. 114 ft. Allaire/Firsirotu (1984), S. 193. Vgl. Schwarz (1989), S. 25 f. Vgl. Gabele (1993), S. 115 ff. Schein (1984), S. 3. Deshpand6/Webster(1989), S. 4. Eine sehr ~nliche Definition liefert Dill (1986), S. 100. Krulis-Randa (1984), S. 360. Vgl. ~ihnlich Heinen/Dill (1990), S. 17. Eine ausf'tihrliche Diskussion unterschiedlicher Definitionen findet sich bei May (1997), S. 41 ff. Einen Uberblick tiber s~imtlicheDefinitionen der Unternehmenskultur liefern Pflesser (1999), S. 12 ff. und Krohmer (1999), S. 22 ff.
14 Untemehmenskultur wird von einer groBen Mehrheit der Untemehmensmitglieder getragen, so dass die Untemehmenskultur die Entscheidungen und Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder beeinflusst. Untemehmenskultur wird definiert anhand von mehreren Elementen, die auf unterschiedlichen Bewusstseinsebenen der Untemehmensmitglieder angeordnet sind. In der Literatur existieren mehrere Modelle, die die Elemente der Untemehmenskultur definieren und zueinander in Beziehung setzen. 64 Eine Vorreiterrolle hat das Mehrebenenmodell von Schein, das Grundannahmen 65, Werte und Artefakte beinhaltet. 66 Im Laufe der Zeit wurden diverse weitere Untemehmenskulturmodelle entwickelt. Diese Modelle variieren jedoch deutlich in den verwendeten Begrifflichkeiten. H~iufig werden zentrale Elemente einer Unternehmenskultur nicht trennscharf definiert. Teilweise werden unterschiedliche Elemente (z.B. Werte und Normen) synonym verwendet. In den meisten Arbeiten zur Untemehmenskultur findet sich inzwischen jedoch ein Konsens dartiber, dass die Untemehmenskultur zwei Hauptelemente, namlich die gemeinsam geteilten Werte und Normen, beinhaltet. 67 Einige Arbeiten berOcksichtigen zus~itzlich Artefakte als ein drittes Element der Untemehmenskultur. 68 W e r t e beschreiben stabile, nicht weiter hinterfragte und zumeist unterbewusste Wissensinhalte und Einstellungen tiber wtinschenswerte Verfahrensweisen und Zust~inde im Untemehmen, die v o n d e r Gemeinschafi geteilt werden und die Auswahl der zug ~ g l i c h e n Mittel und Ziele des Handelns beeinflussen. 69 Sie entwickeln sich im Rahmen eines Lemprozesses, indem historisch gewonnene Erfahrungen eines Untemehmens verinnerlicht werden. 7~
Vgl. Schein (1985), S. 14 ft.; Schein (2004), S. 25 ft.; Schwarz (1989), S. 45 ff.; Steinmann/Schrey~Sgg(2005), S. 512 ft.; Trice/Beyer (1993), S. 17 f. 65 Grundannahmen dienen den Unternehmensmitgliedern als selbstverst~indliche,jedoch unbewusste und unsichtbare Orientierungsmuster, die das Denken, Ftihlen und Verhalten steuern. Konkret beziehen sich diese Annahmen und Vorstellungen auf die Umwelt und Natur des Menschen, das menschliche Handeln und zwischenmenschliche Beziehungen sowie das Verst~ndnis von Wahrheit und Zeit. Vgl. hierzu ausfiihrlich Schein (1985), S. 14 ff.; Hofbauer (1991), S. 58 ff.; Scholz (2000), S. 790 sowie Schrey~gg (2003), S. 452 ff. 66 Vgl. Schein (1985), S. 14 ft. 67 Vgl. Staehle (1999), S. 497 ff.; Gabele (1993), S. 119 f. 6s Vgl. Deal/Kennedy (1982), S. 37 ft.; Schein (2004), S. 25 f.; Pflesser (1999), S. 87. 69 Vgl. Schein (1985), S. 15 f. 70 Vgl. Pflesser (1999), S. 60. 64
15 Aus den grundlegenden Werten werden Normen abgeleitet. Normen sind definierte, relativ dauerhatte und implizite Regeln tiber Verhaltensweisen bzw. deren Resultate, die von den Untemehmensmitgliedem akzeptiert, erwartet, kontrolliert und sanktioniert werden. 71 Normen sind konkreter als Werte. Sie lassen sich besser beeinflussen und k6nnen das Verhalten der Untemehmensmitglieder leichter steuem. 72 Artefakte haben einen starken symbolischen Charakter. Es sind alle Handlungen und
Zeichen verbaler und nonverbaler Art, die sowohl fiar Untemehmensmitglieder als auch fiir Aul3enstehende gr613tenteils sichtbar und erfahrbar sind. 73 Durch ihren symbolischen Charakter dienen sie der bewussten Vermittlung von Werten und Normen. 74 Andererseits gehen von Artefakten Impulse aus, die die untemehmerischen Werte und Normen nicht nur vermitteln, sondem zus~itzlich verst~irken k6nnen. 75 Artefakte kOnnen eine verbale (Sprache, Legenden), handlungsorientierte (Rituale, Zeremonien) oder physische (Geb~iude, Architektur) 76 Auspr~igung haben. Rituale (auch Zeremonien, Riten, Gebr~iuche) sind symbolische Handlungen, die die bedeutenden Werte und Normen best~itigen, zu ihrer Stabilisierung und zur Identifikation der Untemehmensmitglieder mit diesen Werten und Normen beitragen. 77 Verbale Artefakte sind u.a. Erz~ihlungen in Form von Geschichten, Anekdoten oder Mythen tiber untemehmensspezifische Geschehnisse, die sich in der Vergangenheit ereignet haben. 78 Sie haben einen Orientierungscharakter, indem sie traditionelle Probleml6sungswege und Verhaltensweisen verdeutlichen und dadurch untemehmensbezogene Werte und Normen verst~irken. 79
Vorhandene Werte und Normen haben einen positiven Einfluss auf die Bildung von Artefakten. Neue Artefakte bspw. in Form von symbolischen Handlungen k6nnen wiederum neue Werte und Normen hervorrufen, s~ Diese Zusammenh~inge werden in Abb. 1 dargestellt.
71 72 73 74 75 76 77
Vgl. Trommsdorff (2004), S. 202. Vgl. Schein (1985), S. 17; Pflesser (1999), S. 61. Vgl. Schwarz (1989), S. 104 ff. Vgl. Pflesser (1999), S. 62.; Schrey6gg (2003), S. 453 f. Vgl. Schwarz (1989), S. 105. Vgl. hierzu ausftihrlich Neuberger/Kompa (1987), S. 188 ff. Vgi. Wever (1989), S. 62 ff.; Neuberger/Kompa (1987), S. 151 ff.; Dill (1986), S. 85; Kobi/Wtithrich (1986), S. 170 ff. 78 Vgl. zur Bedeutung der verbaler Artefakte: Heinen/Dill (1986), S. 15 sowie Neuberger/Kompa (1987), S. 107 ff. 79 Siehe hierzu Wever (1989), S. 63 ff.; Neuberger/Kompa (1987), S. 58 ff.; Dill (1986), S. 75 ft.; Heinen/Dill (1986), S. 211. 80 Vgl. Steinle/Eggers/terHell (1994), S. 131.
Mechanismen
1
Elemente
Kennzeichen
Inhalte (Beispiele)
ARTEFAKTE
sichtbar, aber off nicht direkt verst/indlich, entziffer- und entschl0sselbar
Legenden, Rituale, Bilrogestaltung, Zeremonien, Geschichten, Kleidungsstil, Sprache
Bewusster als Werte, je nach Grad der Bewahrung diskutierbar und often
Verhaltensregeln, Richtlinien, Handlungsmaximen, Unternehmens- und
Selbstverst/indlich, unterbewusst, unsichtbar
Grundhaltungen, Oberzeugungen, Denkmuster, Normatives Wissen
1
Neue Artefakte k6nnen im Laufe der Zeit neue Normen und Werte hervorrufen
Werte und Normen rufen Artefakte hervor bzw. leiten diese ein
Akzeptierte, bew/thrte Normen diffundieren zu Werten
Werte sind grundlegend f'tlr Normen
IT NORMEN
___LI_ WERTE
Fiihrungsgrunds~itze
Abbildung 1: Elemente der Unternehmenskultur und deren Wirkungsmechanismen
Quelle: in Anlehnung an Steinle/Eggers/ter Hell (1994), S. 131.
Allerdings ist die Wirkung der Artefakte auf die Werte und Normen eher gering. Insbesondere darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich eine Unternehmenskultur prim~ir durch Artefakte pr~igen l~isst, s~ Schrey6gg weist darauf hin, dass die Bedeutung der Artefakte zunehmend tibersch~itzt wird. s 2 0 h n e Werte und Normen sind korrekte Interpretationen der Artefakte und entsprechende Rtickschltisse auf die Unternehmenskultur kaum m6glich, s3 Artefakte k6nnen ausschlieBlich durch die zugrunde liegenden Werte und Normen interpretiert werden und erhalten erst durch diese Kulturelemente ihre eigentliche Bedeutung. s4 Sie sind somit lediglich ein sichtbarer Ausdruck der zugrunde liegenden Werte und Normen und werden oft als die Oberfl~iche der Unternehmenskultur bezeichnet.
81 Schein weist darauf hin, dass Artefakte keine zentrale Stellung einnehmen dtirfen: ..... cultural assumptions will always be manifested first in what the leaders demonstrate, not in what is written down or inferred from designs and procedures." Schein (1985), S. 237. 82 Vgl. Schrey6gg (2003), S. 458. 83 Vgl. Btiser (1999), S. 56 f. 84 Vgl. Schrey6gg (2003), S. 457 f.
17 2.1.1.2.2
Zur Ver~inderbarkeit von Unternehmenskultur
In dem Diskussionsprozess zur Erkl~irung der Gestaltungsm~glichkeiten der Unternehmenskultur haben sich zwei gegensatzliche Ans~itze herauskristallisiert: 9
Symbolistischer Ansatz (Kultur als Basismetapher) 85
9 Funktionalistischer Ansatz (Kultur als Variable) 86 Der symbolistische Ansatz, der auch als interpretativ-orientierter Ansatz Eingang in die Literatur gefunden hat, sieht das Untemehmen generell als eine kulturelle Institution im Sinne einer Miniaturgesellschafi (Unternehmen ist Kultur). 87 Bei diesem Kulturverst~indnis stellt die Untemehmenskultur eine Metapher fi~r das Untemehmen dar, die lediglich interpretiert, aber nicht gezielt beeinflusst werden kann. Im Vordergrund steht das Ziel, ein besseres Verst~indnis von Untemehmen und deren Prozessen zu gewinnen. 88 Der symbolistische Ansatz betrachtet die Untemehmenskultur als eine unabh~ingige Variable, die sich jeder bewussten GestaltungsmSglichkeit entzieht. 89 Der funktionalistische Ansatz fasst die Untemehmenskultur als eine Variable auf, die erfasst und gestaltet werden kann. 9~ Das Untemehmen hat eine Kultur, die funktional genutzt werden kann und objektiv messbar ist. 91 Die Untemehmenskultur resultiert aus sozialen Lernprozessen, 92 die auf Auseinandersetzungen der Unternehmensmitglieder mit der Umwelt und Interaktionsprozessen der Untemehmensmitglieder untereinander basieren. 93 Die Untemehmensmitglieder erlernen im Rahmen dieser sozialen Interaktionen die Untemehmenskultur, indem sie bestimmte Werte und Normen verinnerlichen. Beim funktionalistischen Ansatz resultiert aus dem Konzept der ,,machbaren" Kultur die M6glichkeit der Beeinflussung der Untemehmenskultur. Die Fiahrungskr~ifte k/Snnen die Lemprozesse in einem Untemehmen gezielt steuem und die Untemehmenskultur zumindest zu einem bestimmten Grad in die gewianschte Richtung beein-
85 Zu den Hauptvertretem dieses Ansatzes zahlen z.B. Pondy/Mitroff (1979), Morgan (1980), Smircich (1983). 86 Zu den Hauptvertretern dieses Ansatzes zahlen z.B. Kobi/Wtithrich (1986), Ebers (1985), Deal/Kennedy (1982), Peters/Waterman (1982) und Ouchi ( 1981). 87 Vgl. Heinen/Dill (1986), S. 206; Dill (1986), S. 58 ft. 88 Vgl. Sackmann (1990), S. 161. 89 Vgl. Schrey/Sgg(1991), S. 201. 90 Dieser Ansatz wird oft auch als ein positivistischer Ansatz in der Literatur bezeichnet. Vgl. z.B. Sourisseaux (1984), S. 8 ff.; Schwarz (1989), S. 34. 9~ Vgl. Smircich (1983), S. 344 ft.; Ebers (1985), S. 30 f.; Heinen/Dill (1986), S. 203 f.; Neuberger/Kompa (1987), S. 23 ff.; Steinle/Eggers/terHell (1994), S. 129. 92 Eine ausfiihrliche Darstellung dieser Lemprozesse liefert Treichler (1994), S. 115 ff. 93 Siehe hierzu Treichler (1994), S. 90 ff.
18 flussen. 94 Allerdings ist diese Beeinflussbarkeit kurzfristig nicht m~)glich. Kulturgestaltung ist ein auBerordentlich schwieriger und langwieriger Lemprozess, 95 weil Werte und Normen erst handlungsleitend werden, wenn sic sich praktisch bew~flart haben und als legitim anerkannt sind. 96 In der vorliegenden Arbeit wird der funktionalistische Ansatz vertreten. Es wird davon ausgegangen, dass die MSglichkeit zur aktiven Beeinflussung der Untemehmenskultur gegeben ist. Diese Sichtweise ist konsistent mit dem Forschungszweck, die Rolle der Untemehmenskultur als Mediator bei der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen zu untersuchen.
2.1.1.2.3
Zum kulturellen Verstiindnis der Marktorientierung
Bei den Definitionen von Marktorientierung im Rahmen der kulturellen Perspektive wird Marktorientierung als ein Bestandteil der Untemehmenskultur aufgefasst. 97 Als erste fundierte Auseinandersetzung mit dem Konstrukt Marktorientierung nach kulturellem Verst~indnis ist die Arbeit von Narver/Slater einzustufen. Die Autoren definieren Marktorientierung als ,,the organizational culture (...) that most effectively and efficiently creates the necessary behaviours for the creation of superior value for buyers ''9s bzw. noch allgemeiner als "...particular form of business culture. ''99 Die Sichtweise von Narver/Slater wurde in sp~iteren Arbeiten vielfach aufgegriffen. !~176 Alle Definitionen fassen Marktorientierung als eine Form der Untemehmenskultur auf (vgl. Tab. 2) und betrachten insbesondere kundenorientierte Werte bzw. Normen als zentrale Elemente. So definieren bspw. Deshpand6/Farley/Webster die Marktorientierung als ..... set of beliefs that put the customer's interest first... ''~~ bzw. als ..... the set of cross functional processes and activities directed at creating and satisfying cus94 In diesem Fall fungieren die Ftihrungskr/ifie als ,,Kulturpromotoren". Vgl. Bromann/Piwinger (1992), S. 111 ft. 95 Vgl. Schein (1985), S. 148 ff.; Kobi/Wtithrich (1986), S. 162. 96 Vgl. Ebers (1985), S. 173. 97 Vgl. z.B. Narver/Slater (1990), S. 21 ff.; Lichtenthal/Wilson (1992), S. 191 ff.; Deshpand6/Farley/Webster (1993), S. 27 ff.; Ktihn (1991), S. 99 f.; Meehan (1996), S. 47 ft. Marktorientierung und marktorientierte Untemehmenskultur werden bei einigen Autoren sogar synonym verwandt. Vgl. Krohmer (1999), S. 37. 9s Narver/Slater (1990), S. 21. 99 Slater/Narver(1994b), S. 47. 10oVgl. z.B. Ktihn (1991), S. 97 ff.; Lichtenthal/Wilson (1992), S. 191 ft.; Slater/Narver(1994a), S. 22 ff.; Greenley (1995), S. 1 ff.; Meehan (1996), S. 47 ft.; Griffith/Grover (1998), S. 311 ff.; Pelham/Wilson (1999), S. 167 ft. 101 Deshpand6/Farley/Webster(1993), S. 27.
19 tomers through needs-assessment. ''1~ Lichtenthal/Wilson betrachten Normen als zentrale Komponenten einer marktorientierten Unternehmenskultur. 1~ Allerdings wird bei diesen Arbeiten in keiner Weise deutlich gemacht, was konkret unter marktorientierten Werten und Normen zu verstehen ist. Autor (en)
Narver/Slater (1990) Ktihn ( 1991) Lichtenthal/Wilson (1992) Slater/Narver (1994) Narver/Slater/Tietje (1998) Deshpand~/Farley/ Webster (1993)
Definition der Marktorientierung
Marktorientierung als ,,the organizational culture (...) that most effectively and efficiently creates the necessary behaviours for the creation of superior value for buyers and, thus, continuous superior performance for the business" (S. 21) "variable, situativ zu beurteilende Grundeinstellung der Mitarbeiter einer Unternehmung zu den Kunden und Kundenbedtirfnissen..." (S. 99) "Our view implicitly takes a contingency management approach where culture (a market orientation) can be developed in and by the firm" (S. 201) "A business is market-oriented when its culture is systematically and entirely committed to the continuous creation of superior customer value." (Slater/Narver (1994), S. 22) ,,the set of beliefs that puts the customer's interest first, while not excluding those of all other stakeholders such as owners, managers, and employees, in order to develop a long-term profitable enterprise" (S. 27)
Tabelle 2: Definitionen von Marktorientierung in ausgewiihlten Arbeiten zur kulturellen Perspektive
Obwohl die Arbeiten der kulturellen Perspektive Marktorientierung anhand der kulturellen Werte und Normen definieren und konzeptualisieren, erfolgt die empirische Messung des Konstrukts haupts~ichlich iaber Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder. Eine explizite BerOcksichtigung kultureller Elemente findet dagegen bei der Operationalisierung in diesen Arbeiten nicht statt. ~~ Der Fokus auf marktorientierte Verhaltensweisen kann dadurch erkl~irt werden, dass Verhaltensweisen einer Messung eher zug~inglich sind als marktorientierte Werte und Normen. 1~ Narver/Slater operationalisieren Marktorientierung als ein Konstrukt, welches sich im Wesentlichen aus den drei Komponenten Kundenorientierung, Wettbewerberorientierung und interfunktionale Koordination zusammensetzt. 1~ Eine ~ihnliche Operationalisierung findet sich bei Siguaw/Diamantopoulos 1~ und Greenley. 1~ Deng/Dart berticksichtigen bei ihrer Messung der Marktorientierung neben den drei o.g. Komponenten die Erfolgsorientie102 Deshpand6/Farley (1998), S. 214. 103 Vgl. Lichtenthal/Wilson (1992), S. 191 ft. 104 Eine vollst~indige Literaturtibersicht der empirischen Arbeiten zur Messung der Marktorientierung findet sich bei Pflesser (1999), S. 38 ff., S. 44 ff., sowie Krohmer (1999), S. 38. 105Vgl. Krohmer (1999), S. 39. 106Vgl. Narver/Slater (1990), S. 20 ft.; Slater/Narver (1994a), S. 22 ft.; Slater/Narver (1995), S. 63 ft. 107 Vgl. Siguaw/Diamantopoulos (1994), S. 150 f. 108Vgl. Greenley (1995), S. 1 ff.
20 rung eines Unternehmens. ~~ Krohmer konzeptualisiert Marktorientierung entsprechend der kulturellen Perspektive als eine Dimension der Unternehmenskultur. ll~ Die empirische Messung erfolgt jedoch anhand der MARKOR-Skala nach Kohli/Jaworski. Marktorientierung wird in Krohmers Studie als die Gewinnung, Verbreitung und Reagibilittit auf Marktinformationen operationalisiert, l~ Die erste durchgehend stringente Arbeit aus kultureller Perspektive liefert Pflesser. 112 Allerdings bleiben auch in Pflessers Arbeit Verhaltensweisen nicht vSllig unbe~cksichtigt. Der Autor definiert die marktorientierte Unternehmenskultur als ..... (1) die Gesamtheit der innerhalb eines Unternehmens geteilten, grundlegenden Werte, welche Marktorientierung fOrdern, (2) die unternehmensweit geltenden Normen fiir Marktorientierung sowie (3) die often zutage tretenden Artefakte der Marktorientierung und (4) die marktorientierten Verhaltensweisen. ''ll3 Pflesser berticksichtigt auch bei der Operationalisierung der marktorientierten Unternehmenskultur, im Gegensatz zu den bisherigen empirischen Arbeiten, in expliziter Weise die marktorientierte Ausrichtung der einzelnen Unternehmenskulturelemente. Dabei orientiert er sich in seinem Modell am Mehrebenenmodell der Unternehmenskultur von Schein, verzichtet jedoch, im Gegensatz zu Schein, auf die Berticksichtigung von Grundannahmen in seinem Modell, da sich diese mit grundstitzlichen Fragen des menschlichen Lebens befassen und von Unternehmensmitgliedern als unbewusst und unsichtbar hingenommen werden. 114 Pflessers Betrachtung der Verhaltensweisen als Element der Unternehmenskultur ist allerdings kritisch zu bewerten. In der Literatur wird Unternehmenskultur hauptsachlich tiber Werte und Normen definiert. Verhaltensweisen sind eher eine ZielgrSBe einer Unternehmenskultur und nicht ein Element.
109Vgl. Deng/Dart (1994), S. 725 ft. 110Siehe hierzu Krohmer (1999), S. 39 f. 111Vgl. Krohmer (1999), S. 161 ft. ll2 Vgl. Pflesser (1999). il 3 Pflesser (1999), S. 60. 1~4Ein weiterer Grund f'tir die Vernachltissigung von Grundannahmen ist die Tatsache, das Grundannahmen vor allem durch nationale Unterschiede geprtigt werden und somit erst im internationalen Vergleich relevant werden, z.B. bei der Ausgestaltung der Unternehmenskultur als Folge von Fusionen. Vgl. hierzu auch Wolf, C. (2003), S. 103.
21
2.1.1.3 Kernelemente beider Perspektiven der Marktorientierung Marktorientierung umfasst in beiden Perspektiven zwei Kemelemente: Kunden- und Wettbewerberorientierung.
Kundenorientierung bezieht sich im Wesentlichen auf die Intensit~it, mit der ein Untemehmen die Bedtirfnisse der anvisierten K~ufergruppe in den Mittelpunkt stellt. !!5 Kundenorientierung erfordert vom Untemehmen vor allem das Erkennen und die Befriedigung der gegenw~irtigen und zuktinfligen Wtinsche und Bedtlrfnisse der potenziellen Abnehmer der Unternehmensleistungen. ll6 Ein Unternehmen ist dementsprechend genau dann kundenorientiert, wenn es seine Aktivit~iten und Vorg~nge zu jedem Zeitpunkt explizit auf die Belange der Kunden ausrichtet, ll7 In diesem Zusammenhang wird der dynamische Charakter der Kundenorientierung deutlich. Es reicht demnach nicht aus, den Fokus der Bemtihungen lediglich auf die Erfiallung aktueller Bedtirfnisse der Kunden auszurichten. Marktorientierte Unternehmen sollten vielmehr immer auch die Aufdeckung zuktinftiger Kundenbedtirfnisse und damit verbunden auch die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren im Auge behalten, lIB So gilt es zuktinflige Kundenanforderungen an das Untemehmen zu antizipieren und bestimmte umweltbezogene Faktoren wie z.B. gesellschaftliche, gesetzliche oder technologische Variablen zu beachten, um frtihzeitig ktinftige Kundenbediarfnisse systematisch abschfitzen und adfiquate MaBnahmen einleiten zu k6nnen. 119 Primares Ziel der Kundenorientierung ist somit die Schaffung eines speziellen Kundennutzens. 12~ Eine zweite Kemkomponente beider Perspektiven der Marktorientierung ist die Wettbewerberorientierung.
TM
Wettbewerberorientierung erfordert die systematische Be-
obachtung, Analyse und Entgegnung marktrelevanter MaBnahmen der aktuellen und potenziellen Wettbewerber. ~22 Dies impliziert ...... that a seller understands the shortterm strengths and weaknesses and long-term capabilities and strategies of both the
!!5 Vgl. Narver/Slater (1990), S. 21. 116Vgl. hierzu u.a. Kohli/Jaworski (1990), S. 4; Narver/Slater (1990), S. 21 und Narver/Slated Tietje (1998), S. 242. ll7 Vgl. Narver/Slater (1990), S. 21. ~ls Vgl. zum Zusammenhang zwischen Markt- und Innovationsorientierung von der Oelsnitz (2000), S. 104ft. ll9 Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 4; Meffert (1999), S. 12 ff. 120Vgl. Bruhn (1999a), S. 7. 121Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 3 f.; Narver/Slater (1990), S. 21; Fritz (1995), S. 240. 122Zu den Wettbewerbern z~ihlen neben den aktuellen, unmittelbaren Konkurrenten auch die technologiekongruenten, potentiellen Konkurrenten und die Substitutionskonkurrenten. Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 146.
22 key current and the potential competitors. ''~23 Ein marktorientiertes Untemehmen sollte demnach die kurzfristigen St~irken und Schw~ichen sowie die langfristigen F~ihigkeiten und Strategien der derzeitigen und potenziellen Konkurrenten kennen, um in der Lage zu sein, Bedtirfnisse am Markt besser befriedigen zu k6nnen. 124 Prim~ires Ziel der Wettbewerberorientierung ist der Aufbau eines Wettbewerbsvorteils. Sowohl bei den Arbeiten der informationsorientierten Perspektive 125 als auch bei den Arbeiten der kulturellen Perspektive 126 ist off eine fehlende Differenzierung bzw. sogar die synonyme Verwendung der Begriffe Marktorientierung und Kundenorientierung zu beobachten. 127 Eine systematische Beschafiigung mit Wettbewerbem ist deshalb auch in empirischen Studien zur Marktorientierung bisher in den Hintergrund getreten. Dies wird in verschiedenen Messmodellen zur Marktorientierung deutlich, in denen immer nur ein geringer Bruchteil der Items zur Verdichtung der Wettbewerberorientierung verwendet wird. 128
Da die Wettbewerber jedoch einen wesentlichen Einfluss auf die eigene Wettbewerbssituation eines Untemehmens austiben, gilt es neben den Kunden auch die Aktionen der Konkurrenten zu berticksichtigen. Erst die gleichzeitige Orientierung an den Bedtirfnissen der Kunden und den Ressourcen, F~ihigkeiten und Verhaltensweisen der Wettbewerber er6ffnet einem Untemehmen die MOglichkeit, tiberlegene Leistungen am Markt anzubieten und Wettbewerbsvorteile zu erringen. Marktorientierung verlangt von einem Untemehmen dementsprechend nicht nur die konsequente Ausrichtung seiner Aktivit~iten anhand der Praferenzstrukturen der Kunden, sondem erfordert vielmehr die Bedtirfnisse der Kunden zugleich auch besser zufrieden zu stellen als dies durch die Wettbewerber geschieht. 129 Marktorientierung stellt damit vorrangig auf eine triadische Beziehung (Untemehmen-Kunde-Wettbewerber), 13~ d.h. eine gleichzeitige Kunden- und Konkurrentenorientierung, ab. TM
~23Narver/Slater(1990), S. 21 f. 124Vgl. Narver/Slater(1990), S. 21 f. 125Vgl. Ruekert (1992), S. 225 ft. 126Vgl. Deshpand6/Farley/Webster(1993), S. 23 ff. 127Vgl. Bruhn (1999a), S. 6; Harris/Piercy (1999b), S. 619; Narver/Slater (1998). Eine synonyme Verwendung beider Begriffe findet sich bspw. bei Shapiro (1998), S. 120; LichtenthalAVilson (1992), S. 191; Deshpand6/Farley/Webster(1993), S. 27 f.; Slater/Narver(1995), S. 63. 128Siehe hierzu bspw. Narver/Slater(1990), S. 24; Becket/Homburg(1999), S. 33 ft. 129Vgl. hierzu auch Day (1994), S. 44. ~a0Vgl. hierzu Ausfiihrungen zum sog. strategischenDreieck bei Ohmae (1982), S. 92. 131Vgl. explizit zur triadischen Ausrichtung der Marktorientierung z.B. Plinke (1992), S. 837; Narver/Slater/Tietje (1998), S. 242 und vonder Oelsnitz (2000), S. 14.
23
2.1.2 Implementierung der Marktorientierung im Unternehmen Im Zusammenhang mit der Forderung nach einer unternehmensweiten Verankerung der Marktorientierung ist der Begriff ,,Implementierung der Marktorientierung ''132 zu einem festen Bestandteil der Marketingliteratur geworden.
2.1.2.1 Zum Begriffder Implementierung Der Begriff der Implementierung ist von dem sp~it-lateinischen Wort ,,implementum" (AusgeRilltsein, Eingenommensein) abgeleitet und wird im deutschen Sprachgebrauch mit den Begriffen Einfiihrung, Durchsetzung, ErRillung, Ausfiihrung und Durchfiihrung gleichgesetzt. 133 Unter dem Begriff der Implementierung wird ,,...die Verwirklichung von L~sungen verstanden, die in konzeptioneller Form vorhanden sind und durch Umsetzen zu konkretem Handeln fi~hren.''134 Mit dem Begriff ist also eine ,,Oberfiihrung eines gedanklichen Konzepts in die praktische Realit~it" 135 gemeint. Im Rahmen der Organisationstheorie bezieht sich eine Implementierung auf das Verankem eines Implementierungsgegenstandes (z.B. neuer EDV-Systeme) in einem Unternehmen. Ziel ist die Integration in ein bestehendes System und die darauf folgende Anwendung. Bei der Implementierung der Marktorientierung wird das Konstrukt ,,Marktorientierung" als Implementierungsgegenstand betrachtet. Die Implementierung der Marktorientierung beinhaltet sowohl Umsetzungsziele, die sich auf sachorientierte Spezifizierungsvorg~inge beziehen, als auch Durchsetzungsziele, welche die F/)rderung der Akzeptanz der Beteiligten betreffen. ~36 Dabei sind alle Mal3nahmen zu ergreifen, die unternehmerische Potentiale (Strukturen, Prozesse, Methoden etc.) auf die Marktorientierung abstimmen sowie Vorbehalte und Barrieren gegeniiber der Marktorientierung abbauen. 137
Von einigen Autoren wird der Begriff der Implementierung im Kontext der Marktorientierung jedoch kritisiert, weil er durch einen tempor~iren Bezug charakterisiert ist. 13s Demnach kann eine Implementierung als erfolgreich angesehen werden, wenn nach
132In der Literatur werden h~iufig Begriffe wie ,,Marketingimplementierung" bzw. ,,Implementierung einer marktorientierten Untemehmens~hrung" synonym verwendet. 133Vgl. Kolks (1990), S. 79; vonder Oelsnitz (1999), S. 2 ff. 134Hilker (1993), S. 3. 135vonder Oelsnitz (1999), S. 41. 136Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 43; Meffert (2000), S. 1103 ff. 137Vgl. hierzu Meffert (2000), S. 1104 f., yon der Oelsnitz (1999), S. 4 ff. und S. 157 f. 138Vgl. hierzu ausf'tihrlich Harris (1999), S. 87 f.; Harris (2002), S. 605.
24 Beendigung der ImplementierungsmaBnahmen der angestrebte Anwendungsgrad des Implementierungsgegenstands erreicht ist. Folglich hat jedes Implementierungsprojekt einen nattirlichen Endpunkt, an dem das zu implementierende Objekt verwirklicht ist. 139 Marktorientierung ist aber als ein Kontinuum mit unterschiedlichen Intensit~itsgraden zu verstehen und hat keinen zeitlich begrenzten Charakter. Permanente Ver~inderungen am Markt erfordern vom Untemehmen kontinuierliche Anpassungen, so dass fortdauernde Mal3nahmen zur Realisierung der Marktorientierung im Unternehmen notwendig sind. Harris stellt fest: ..... if market orientation is a continuum then to some extent all organisations are to some degree market oriented and therefore cannot im-
plement but only develop higher levels of existing market orientation. ''~4~ Entgegen dieser Kritik ist jedoch anzumerken, dass der Implementierungsbegriff in der Managementforschung sowohl aktionsbezogen im Zusammenhang mit der Einfiihrung neuer Managementtools als auch in Verbindung mit konzeptionellen Oberlegungen auftritt. So gelangt von der Oelsnitz zu folgender Definition: ,,Implementierung meint [...] nicht [...] nur die den Managementzyklus abschliefSende Phase der exekutiven Entscheidungsrealisation (Implementierung i.e.S.), sondern bezeichnet vielmehr den Anpassungs- bzw. Ver~inderungsprozess der Organisation als Ganzes (Implementierung i.w.S.). ''141 Dieser Anpassungs- und Ver~inderungsprozess ist als ein fortw~ihrender Lern- und Umlernprozess zu verstehen, der niemals als beendet erkl~irt werden darf.142 So wird auch bei der vorliegenden Arbeit ein bewusst weites und somit fiir die Marktorientierung adaquates Verstandnis der Implementierung gew~ihlt. Begriffe wie Implementierung, Realisierung und Umsetzung der Marktorientierung werden deshalb synonym verwendet.
2.1.2.2 Dimensionen der Implementierung der Marktorientierung Im Rahmen der Implementierung der Marktorientierung ist vor allem die Fragestellung von Bedeutung, welche Aufgabendimensionen wie gestaltet werden mtissen, damit eine Implementierung erfolgreich ist. 143 In der Literatur werden in diesem Zusammenhang h~iufig die Gestaltung der Unternehmensstruktur, Unternehmenssysteme (insb. Informations-, Kontroll- und Kommunikationssysteme), Unternehmenskultur sowie die Dimension der Mitarbeiter~hrung (Internes Marketing) diskutiert. Zur grundle139Vgl. hierzu Harris (2002), S. 605. 140Harris (1999), S. 87 (Hervorhebungenim Original). 141von der Oelsnitz (1999), S. 42. 142Vgl. hierzu Hilker (1993), S. 20 sowie S. 254 ff. 143Zu Aufgabendimensionender Marketingimplementierungvgl. K/3hler(2000), S. 261 ff.
25 genden Systematisierung wird zwischen einer strukturorientierten und verhaltensorientierten Betrachtungsebene unterschieden. ~44 Alle MafSnahmen, die untemehmerische Abl~iufe, z.B. durch aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen, vorstrukturieren und in ihrer Auspr~igung zumindest kurzfristig eindeutig determiniert sind, werden der strukturorientierten Betrachtungsebene zugeordnet. ~45 Verhaltensorientierte Implementierungsans~itze k6nnen demgegenilber nicht im selben MaBe deterministisch ausgelegt sein, da das Verhalten der Untemehmensmitglieder letztendlich nicht vorprogrammiert werden kann. Zur verhaltensorientierten Betrachtungsebene z~ihlen im Wesentlichen die Untemehmenskultur und das Inteme Marketing. 146 Im Rahmen der Arbeiten, die sich mit der Konkretisierung und Beschreibung einzelner Aufgaben zur erfolgreichen Implementierung der Marktorientierung besch~ifiigen, nimmt die Ver6ffentlichung von Kohli/Jaworski eine Vorreiterrolle ein. 147 Die Autoren entwickeln einen Pool an Determinanten der Marktorientierung. Sie postulieren und best~itigen in einer sp~iteren Untersuchung empirisch drei Gruppen von Determinanten: Unternehmensstruktur, Unternehmenssysteme und das Top-Management. 14s Allerdings basiert die Entwicklung dieser Determinanten leider nicht auf einem geschlossenen theoretischen Konzept. Kohli/Jaworski begrOnden ihre Auswahl lediglich mit der unpr~izisen Aussage: ,,Our examination of the literature and the insights from the field interviews reveal three hierarchically ordered categories of antecedents to a market orientation. ''149 Dennoch werden die von Kohli/Jaworski betrachteten Determinanten in sp~iteren Arbeiten zur Implementierung der Marktorientierung sehr h~iufig aufgegriffen (vgl. hierzu Tab. 3). Es wird deutlich, dass sich die empirische Forschung vorwiegend auf die Bestimmungsfaktoren der Marktorientierung innerhalb der strukturorientierten Betrachtungsebene konzentriert.
144Vgl. Hilker (1993), S. 54. Ahnliche Systematisierungen finden sich bei Backhaus (1996), S. 21. 145In diesem Zusammenhang wird auch von den "harten" Faktoren der Implementierung gesprochen. Vgl. hierzu Hilker (1993), S. 55; Homburg/Pflesser(1999), S. 4. 146Diese Faktoren werden auch als die ,,weichen" Faktoren der Implementierung bezeichnet. Vgl. Hilker (1993), S. 55; Homburg/Pflesser(1999), S. 4. 147Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 1 ff. 14SVgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 55 ft. 149Kohli/Jaworski (1990), S. 6.
26 Dimension
Determinanten
Geringer Grad an Zentralisierung
Literaturqueilen rein konzeptionell Kohli/Jaworski (1990) Bisp (1999) Menon/Varadarajan (1992)
Geringer Grad an Formalisierung
Kohli/Jaworski (1990) Bisp (1999) Menon/Varadarajan (1992)
Geringer Grad an Abteilungs-bildung
Kohli/Jaworski (1990) Bisp (1999) Menon/Varadarajan (1992) Kohli/Jaworski (1990) Deng/Dart (1994)
Geringes Konfliktpotential zwischen Abteilungen Hohe Verbundenheit zwischen Abteilun~en Marktorientierte Informations-, Planunsss),steme Marktorientierte Vergtltungssysteme
Kohli/Jaworski (1990) Cadogan/Diamantopoulos (1995) Kohli/Jaworski (1990) Morgan/Piercy (1991)
Kohli/Jaworski (1990) Bisp (1999) Harris/Piercy (1997) Cadogan/Diamantopoulos (1995) Betonung der BeKohli/Jaworski( 1 9 9 0 ) deutung der Markto- Chaganti/Sambharya(1987) rientie-rung durch Robertson( 1 9 9 5 ) das TopManagement Risikofreudig-keit Kohli/Jaworski( 1 9 9 0 ) des T o p Chaganti/Sambharya (1987) Managements Robertson( 1 9 9 5 )
Marktorientierte ! DeshpandUWebster(1989) Untemehmenskul- i Deshpand~/Farley/Webster tur (1993) Harris (1996); Harris (1998a) Marktorientiertes Mohr-Jackson(1991) AusmaB des Inter- Harris(1999); nen Marketing Harris (2000)
empirisch Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/SchlUter (1994) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Menon/Jaworski/Kohli (1997) Pelham/Wilson (1999) Harris/Piercy (1999a); Harris (2000) Gounaris/Avlonitis (2002) Matsuno/Mentzer/Ozsomer (2002) Tay/Morgan (2002) Kirca/Javachandran/Bearden (2005) Jaworski/Kohli (1993) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Pelham/Wilson (1999) Harris/Piercy (1999a); Harris (2000) Gounaris/Avlonitis (2002) Matsuno/Mentzer/Ozsomer (2002) Tay/Morgan (2002) Kirca/Javachandran/Bearden (2005) Jaworski/Kohli (1993) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Menon/Jaworski/Kohli (1997) Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/Schltlter (1994) Maltz/Kohli (1996) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Harris/Piercy (1999a) Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/Schltlter (1994) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Harris/Piercy (1999a); Harris (2000) Ruekert (1992) Becker, J. (1999) Grether (2003) Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/Schltlter (1994) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Menon/Jaworski/Kohli (1997) Becker, J. (1999) Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/Schlilter(1994) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Avlonitis/Gounaris (1999) Gounaris/Avlonitis (2002) Jaworski/Kohli (1993) Backhaus/Schlilter(1994) Selnes/Jaworski/Kohli (1997) Menon/Jaworski/Kohli (1997) Avlonitis/Gounaris (1999) Gounaris/Avlonitis (2002) Tay/Morgan (2002) Pflesser(1999) Krohmer(1999) Wolf, C. (2003)
Tabelle 3: Literaturquellen zu unternehmensinternen Determinanten der Marktorientierung
27 Kohli/Jaworski messen der Unternehmensstruktur eine besonders hohe Bedeutung bei, da sie wesentlich dazu beitragen kann, dass Marktinformationen gewonnen und im Unternehmen schnell verbreitet werden. ~5~ In zahlreichen sp~teren Arbeiten konnte empirisch belegt werden, dass Strukturmerkmale wie ein geringerer Grad an Zentralisierung, Formalisierung und Abteilungsbildung die Marktorientierung eines Unternehmens positiv beeinflussen. Die Weitergabe von und die Reaktion auf Marktinformationen werden gef'6rdert, wenn zwischen den Abteilungen im Untemehmen eine hohe Verbundenheit und ein geringes Konfliktpotential bestehen. Im Bereich der Untemehmenssysteme kommt den Informationssystemen eine besonders hohe Bedeutung zu, weil sie die Gewinnung und Verbreitung von Marktinformationen absichern. Das Informationssystem muss schnell und unkompliziert den Unternehmensmitgliedern die filr sie relevanten kunden- und wettbewerberbezogenen Informationen zur Ver~gung stellen. TM Aber auch Analyse-, Planungs- und Kontrollsysteme haben ~ r die Marktorientierung des Untemehmens eine hohe Bedeutung. Die hier eingesetzten Methoden kanalisieren die Suche und die Auswertung von Marktinformationen. Durch ihre Anwendung werden die Unternehmensmitglieder aufgefordeft, sich mit Marktgegebenheiten zu befassen, was die marktorientierte Denkweise grunds~itzlich f'6rdert. 152 Das marktorientierte Vergtitungssystem zielt auf die Stimulation eines st~irker marktorientierten Verhaltens der Unternehmensmitglieder ab. Im Hinblick auf das Verhalten des Top-Managements stellen Jaworski/Kohli fest: ,,Specifically, a market orientation appears to be facilitated by the amount of emphasis top managers place on market orientation through continual re-minders to employees ''153 Sie belegen empirisch, dass je st~irker das Top-Management die Bedeutung der Marktorientierung im Unternehmen betont und je h6her die Risikofreudigkeit der Ftihrungskr~ifie ist, desto gr6Ber ist der Grad an erreichter Marktorientierung im Unternehmen. Es ist mittlerweile unumstritten, dass die sichtbare Untersttitzung durch das Top-Management und dessen erkennbares Engagement ~ r Kunden- und Wettbewerberorientierung fiir eine erfolgreiche Umsetzung der Marktorientierung unerlasslich ist. Das Top-Management erlangt einen zentralen Einfluss aufgrund seiner Funktion als normativer Orientierungspunkt ~ r alle Unternehmensmitglieder sowie aufgrund seiner hierarchischen Position, kraft derer es die wichtigsten Allokationsentscheidungen im Unternehmen triffi. 150Vgl. Kohli/Jaworski(1990), S. 7 f. 151Vgl. hierzu auch von der Oelsnitz (2000), S. 196 ff. 152Vgl. hierzu K6hler(2000), S. 268 ft. 153Jaworski/Kohli(1993), S. 64.
28 Die Bedeutung des Risikoverhaltens des Top-Managements l~isst sich wie folgt begrtinden: eine konsequente Marktorientierung bedingt aufgrund der hohen Dynamik der heutigen M~irkte u.a. eine hiiufige Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Neue Produkte und Dienstleistungen bringen jedoch auch ein hohes Misserfolgsrisiko mit sich. Marktorientierung erfordert, dass das Management gegentiber Ver~inderungen often ist, bereit Risiken einzugehen und eventuelle Misserfolge zu akzeptier e n . ! 54
Die Untemehmenskultur und das Interne Marketing sind in der empirischen F orschung bisher stark vemachl~issigt worden. Bedingt durch die kulturelle Perspektive der Marktorientierung wurde zwar frtihzeitig auf die Bedeutung der Untemehmenskultur fiir die Implementierung der Marktorientierung hingewiesen, ~55 empirische Untersuchungen zum Thema ,,Marktorientierte Unternehmenskultur" sind aber erst in den letzten Jahren vorgelegt worden. 156 Wie bereits dargestellt besch~it~igt sich Pflesser mit der Messung und den Erfolgsauswirkungen einer marktorientierten Untemehmenskultur. 157 Er verweist auf ihre grunds~itzlich gtinstigen Erfolgsauswirkungen, wobei verschiedene moderierende Variablen (Wettbewerbsintensit~it, Umweltdynamik, technologische Dynamik und Marktwachstum) berticksichtigt werden. 158 Krohmer betrachtet Marktorientierung als Erfolgspr~imisse f'tir die Strategiedurchsetzung eines Untemehmens. 159 In seiner empirischen Studie kommt Krohmer zu dem Ergebnis, dass eine marktorientierte Untemehmenskultur die erfolgreiche Durchsetzbarkeit von Differenzierungsstrategien f'6rdert. 16~ Wolf kommt zu dem Ergebnis, dass eine marktorientierte Untemehmenskultur zur Koordination und Integration von Ingenieuren und Marketingexperten beitr~igt und mithin in der Lage ist, Konflikte zwischen Untemehmenssystemen zu mildem. TM Trotz dieser positiven Erfolgsauswirkungen einer marktorientierten Untemehmenskultur fehlen bis heute empirische Studien, wie eine marktorientierte Untemehmenskultur
154Backhaus/Schltiter zeigen allerdings, dass der Einfluss der Risikofreudigkeit auf die Marktorientierung im Vergleich zur Betonung der Bedeutung der Marktorientierung durch das Top-Management geringer ausfallt. Siehe hierzu Backhaus/Schltiter(1994), S. 23 f. t55 Vgl. Deshpand6/Webster (1989), S. 4; Deshpand6/Farley/Webster (1993), S. 27; Hilker (1993), S. 76 f.; vonder Oelsnitz (1999), S. 278 ff. 156Vgl. hierzu Pflesser (1999), Krohmer (1999) und Wolf, C. (2003). 157Vgi. Pflesser (1999). 15s Vgl. ausf'tihrlich Pflesser (1999), S. 184 ft. 159Insofern weicht Krohmers Sichtweise vonder Betrachtung der Marktorientierung als Implementierungsgegenstand - wie dies in dieser Arbeit erfolgt- ab. 160Vgl. ausfiihrlich Krohmer (1999), S. 178 ff. 161 Vgl. hierzu Wolf, C. (2003), S. 118 ft.
29 entwickelt werden kann. 162
Unter dem Gesichtspunkt der Implementierung der Marktorientierung wird dem Internen Marketing bisher die geringste Beachtung geschenkt. Zwar weisen zahlreiche Autoren auf die Bedeutung des Intemen Marketing ftir die Implementierung der Marktorientierung hin, 163 empirische Studien zum Intemen Marketing sind hierzu bisher nicht vorhanden. Von der Oelsnitz stellt fest, dass die betr~ichtliche Bedeutung des Intemen Marketing ~ r die Marketingimplementierung bis heute kaum erkannt worden ist. 164
Neben den in Tabelle 3 genannten Arbeiten, die untemehmensinteme Determinanten der Marktorientierung betrachten, befassen sich einige wenige Arbeiten mit einer tibergreifenden Sichtweise, indem sie eine Gesamtsicht der Aufgaben zur Implementierung der Marktorientierung darstellen. Die erste umfassende, empirisch gesttitzte Analyse zur Problematik der Marketingimplementierung liefert Bonoma. ~65 Der Autor gewinnt seine Erkenntnisse zur Marketingimplementierung aus mehreren exploratorischen Feldstudien, bei denen neben Ftihrungskr~iften auch Konkurrenten, Kunden sowie weitere untemehmensexteme Experten befragt wurden. 166 Aufbauend auf diesen Ergebnissen entwickelt der Autor einen Implementierungsansatz, der auf zwei zentralen Dimensionen basiert. Zum einen sind dies die untemehmensbezogene strukturelle Dimension und zum anderen die mitarbeiterbezogene Dimension, die auf die Rir die Implementierung der Marktorientierung erforderlichen F~ihigkeiten der Untemehmensmitglieder abstellt. ~67 Bonoma stellt fest, dass die Debatte zur Marketingimplementierung vomehmlich um Fragen der Marketingplanung, -organisation und -kontrolle kreist. Aspekte des Verhaltens der Unternehmensmitglieder werden in diesem Zusammenhang stark vemachl~issigt, wodurch ein erhebliches Implementierungsproblem entsteht. ~68 162AIs Erki~irung hierfiir wird angefiihrt, dass die empirische Erfassbarkeit der Unternehmenskultur, die oft auch als ,,weicher Faktor" bezeichnet wird, sehr schwierig ist. Vgl. hierzu Homburg/Pflesser (1999), S. 3 ff.; Schrey6gg (2003), S. 455 ff. 163Vgl. hierzu bspw. Mohr-Jackson (1991), S. 455 ft.; Harris (1999), S. 85 ff.; K6hler (2000), S. 266 ff. 164Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 216. 165Vgl. Bonoma (1985). 166So entstanden innerhalb von vier Jahren 44 Fallstudien aus 30 Gesch~ftseinheiten von 25 Unternehmen verschiedener Branchen und Gr6Ben. Vgl. hierzu Bonoma/Crittenden (1988), S. 14. 167Vgl. Bonoma (1985), S. 23 ff.; Bonoma/Crittenden (1988), S. 9 ff. 168Vgl. Bonoma (1984), S. 517 f. Gleiches wurde bei der Implementierung der Kundenorientierung als einem Teilaspekt der Marktorientierung festgestellt. Homburg/Wemer konnten im Rahmen einer Studie bei 35 Unternehmen best~itigen, dass die Kundenorientierung auf der strukturorien-
30 In der deutsprachigen Forschung haben sich Hilker und von der Oelsnitz um eine tibergreifende Sichtweise der Implementierung verdient gemacht. Hilker entwickelt einen umfassenden Bezugsrahmen, der eine Gesamtsicht von Aufgaben zur Realisierung der Marktorientierung bietet. ~69Mit Hilfe dieser Systematik untersucht Hilker die spezielle Problematik der Implementierung der Marktorientierung in ostdeutschen Unternehmen. Der Autor sieht in personalen Widerst~inden sogar die Hauptursache ~ r das Scheitem der Implementierung der Marktorientierung. ~7~Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Entstehung einer marktorientierten Untemehmenskultur in ostdeutschen Untemehmen weniger problematisch ist. Demgegentiber zeigt sich die Entwicklung marktorientierter F~ihigkeiten und Verhaltensweisen der ostdeutschen Mitarbeiter als ein zentraler Problembereich der Marketingimplementierung. TM Von der Oelsnitz widmet sich der praktischen Umsetzung der Marktorientierung und betrachtet ein ganzes Btindel an Untemehmensparametem (u.a. Strukturen, Systeme, Prozesse), die ver~indert werden mtissen, damit ein Untemehmen marktorientiert wird. Die hierfilr notwendigen Ansatzpunkte werden in seiner Arbeit ausRihrlich diskutiert, wobei Aussagen zum effektiven Management des marktorientierten Untemehmenswandels abgeleitet werden. ~72Von der Oelsnitz stellt fest, dass der untemehmenskulturelle Rahmen der wichtigste (aber nicht alleinige) Kontextfaktor der Marketingimplementierung ist, der marktorientierten Gestaltungsbemtihungen unterworfen werden sollte. 173 Zusammenfassend l~isst sich feststellen, dass zwischen den einzelnen Aufgabendimensionen der Marketingimplementierung vielf~iltige Wechselbeziehungen bestehen 174 und dass ,,das Zusammenspiel untemehmenskultureller, -struktureller und die MitarbeiterRihrung betreffender Faktoren sowie ,,technokratischer" Methodeneinfltisse in einem schrittweisen Implementierungsprozess zur Verwirklichung des Marketing beitr~igt.''175
tierten Ebene zwar schon relativ zufriedenstellend umgesetzt wurde, auf der verhaltensorientierten Ebene jedoch noch erhebliche Defizite vorhanden sind. Vgl. Homburg/Werner(1998), S. 180 ft. 169Vgl. Hilker (1993), S. 273. 170Vgl. Hilker (1993), S. 55. ~71Vgl. Hilker (1993), S. 341. 172Vgl. vonder Oelsnitz (1999). 173Vgl. von der Oelsnitz (1999), S. 310. 174Vgi. Hilker (1999), S. 55 sowie S. 152 ft. 175K/Shier(2000), S. 262.
2.1.2.3 Marktorientierte Verhaltensweisen als zentraler Implementierungsgegenstand Auf die besondere Bedeutung des Verhaltens der Unternehmensmitglieder fiar unternehmerische Ver~inderungen wies Felton bereits 1959 hin. 176 Felton stellte fest, dass das Fehlverhalten der Unternehmensmitglieder das gr6fSte Hindernis bei der Entwicklung des ,,Integrated Marketing" ist. Dieses Fehlverhalten resultiert aus einem Mangel an Erfahrungen und F~ihigkeiten, aus politischen Aktivit~iten und irrationalem Prestigeverhalten der Unternehmensmitglieder und kann MafSnahmen zur Verwirklichung der Marktorientierung und damit die gesamte Unternehmensleistung stark einschr~inken. 177 Mit seiner Arbeit legt Felton die Basis f'tir einige weitere Fallstudien, die das Verhalten der Unternehmensmitglieder in Zusammenhang mit der Marktorientierung betrachten. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Orientierung eines Unternehmens in hohem MafSe vom Engagement, der Hingabe und den F~ihigkeiten des TopManagements abh~ingt. 178 Fallstudien aus der Praxis zeigen jedoch, dass das Verhalten der Ftihrungskr~ifte oft auch eine Barriere bei der Implementierung der Marktorientierung darstellt. In einer Fallstudie zur Entwicklung einer marktorientierten Unternehmenskultur bei der Firma DuPont stellt Messikomer fest, dass Ftihrungskr~ifte sich zwar oft ~ r einen h6heren Grad an Marktorientierung aussprechen, ihr eigenes Verhalten jedoch nicht entsprechend marktorientiert ausrichten: ,,The difficulty often is not so much in getting management to accept this vision but rather in overcoming inertia bred of individual corporate cultures, because creating a marketing community involves changing the fundamental way in which a company and its employees see themselves, their business environment, and the future. ''i79 Zu einem ~ihnlichen Ergebnis kommen Wong/Saunders/Doyle. Is~ Bei ihrer Studie der Marketingimplementierung in Unternehmen der britischen Fertigungsindustrie stellen die Autoren fest, dass das Top-Management folgende Aufgabe zu bew~iltigen hat: ..... the sheer difficulty in attempting to change traditional thinking and practices or the self interests of staff within their units. ''ls~
176Vgl. Felton (1959), S. 55 ft. 177Vgl. ausftihrlich Felton (1959), S. 59 ff. 17s Vgl. hierzu Ausf'tihrungen in Abschnitt 2.1.2.2 sowie Chaganti/Sambharya (1987), S. 393 ft. und Robertson (1995), S. 27 ff. 179Messikomer (1987), S. 53 f. is0 Vgl. Wong/Saunders/Doyle (1989), S. 35 ff. Is1 Wong/Saunders/Doyle(1989), S. 45.
32 In einer Fallstudie tiber Verhaltensweisen von Verk~iufern im Einzelhandel untersucht Harris verhaltensorientierte Barrieren der Marketingimplementierung. Er Rihrt in zwei britischen Einzelhandelsketten 88 einsttindige Interviews durch und identifiziert sieben Hauptbarrieren der Marktorientierung: ,,Employee apathy, instrumentality, limited power, short-termism, compartmentalisation, ignorance and weak management support. ''~s2 Harris stellt fest, dass eine geringe Motivation und geringes Engagement der Untemehmensmitglieder die Marktorientierung unmittelbar behindern. 183 Eine unzureichende Untersttitzung der Implementierung durch das Management stellt jedoch das gr613te Hindernis bei der Implementierung dar. Haufig werden die Untemehmensmitglieder tiber Ziele und konkrete praktische Ansatzpunkte bei der Umsetzung des abstrakten Begriffs Marktorientierung im Unklaren gelassen. Folgende ,~ul3erung eines Mitarbeiters verdeutlicht dies: ,,The store manager talks of a customer oriented culture but most of us don't really know what he's talking a b o u t - it's all a bit confusing! ''184 In der Praxis fi~hren solche Verst~indnisprobleme zum Scheitern aller Implementierungsbemtihungen. "The implementation of any action plan or attempt to refocus an organization requires effort on behalf of employees. ''185 Zusammenfassend l~isst sich feststellen, dass falsche Vorstellungen vom Inhalt der Marktorientierung, das Fehlen konkreter Anhaltspunkte bei der Umsetzung der Marktorientierung, unzureichende Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte sowie personelle Widerst~inde gegentiber der Implementierung fi~r eine unzureichende Marktorientierung in der Praxis verantwortlich sind. 186 Eine erfolgreiche Implementierung ist nicht nur vom Verhalten der Ftihrungskr~ifte, sondern v o n d e r Akzeptanz aller Unternehmensmitglieder abhangig. ~87 Jaworski/Kohli kommen zum Ergebnis: ,,it appears that a market orientation nurtures a bonding between employees and the organization, as well as promotes a feeling of belonging to one big organizational family dedicated to meeting and exceeding market needs". ~88 Harris/Piercy stellen fest: ,,Market orientation requires a whole organization to pull in the same direction- with every employee taking on a marketing role. ''~89 Gummesson betont: ,,Marketing-orientation only becomes alive when all members of an organization have asked themselves "How do I contrib182Harris (1998b), S. 224. Vgl. hierzu auch Kelley (1990), S. 28 183Vgl. Harris (1998b), S. 224. 184Harris (1998b), S. 226. 185Harris (1998b), S. 224. 186Vgl. Harris (1998b), S. 224; Harris (1999), S. 88 ft.; Kelley (1990), S. 25 ft.; Hilker (1993), S. 55. Einen Oberblick tiber Ursachen fiir eine unzureichende Marktorientierung liefern Masiello (1988), S. 86 f.; Baker/Hart (1989), S. 192 und von der Oelsnitz (1999), S. 136. ~87Vgl. Narver/Slater (1990), S. 22; Thurau (2002), S. 45 f.; Hilker (1993), S. 341. 188Jaworski/Kohli (1993), S. 64. 189Harris/Piercy (1999a), S. 130.
33 ute to excellence in customer relations and to revenue?", have answered the question and implemented the answer. ''19~ Gummesson schl~igt deshalb das Konzept der ,,PartTime-Marketer" vor und meint damit Unternehmensmitglieder, die die marktorientierte Denkweise aus der Marketingabteilung in alle Unternehmensebenen tragen und so die Realisierung der Marktorientierung im Unternehmen f'6rdern. 191 Bei diesen Ausfi~hrungen wird deutlich, dass konsequente Realisierung der Marktorientierung immer ein konkret verandertes Verhalten der Unternehmensmitglieder bedingt. 192 Die Bedeutung der Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder basiert darauf, dass letztendlich die Gesamtheit aller betrieblichen Aktivit~iten auf allen Unternehmensebenen von der Akzeptanz und dem Mitwirken der Unternehmensmitglieder abh~ingig ist. 193 Marktorientierung erfordert neben hochwertigen Leistungen ein HSchstmaf5 an Anpassungsf~higkeit an die sich heutzutage rasch verandernde Umwelt. FOr die Bew~iltigung dieser Herausforderung ist die ,,Ressource Mensch" das wichtigste Erfolgspotential, ~94 denn Marktorientierung erfordert von allen Unternehmensmitgliedern eine iaberdurchschnittliche, perstinliche Einsatzbereitschafi, grofSe Ver~inderungsfreudigkeit, hohe Wertsch~itzung der Kunden und die t~igliche Bereitschaft, durch perst~nliches Verhalten Vorbild zu sein und selbst einen Beitrag zur Kundenzufriedenheit zu leisten. 195 Ein Unternehmen braucht begeisterte und motivierte Unternehmensmitglieder, die aus einer eigenen unternehmerischen Verantwortung heraus handeln, sensibel auf Marktver~inderungen, insb. Kunden- und Konkurrenzverhalten, reagieren und bereit sind, diese Veranderung offen miteinander zu kommunizieren, um sich erfolgreich im Markt behaupten zu k6nnen. ~96 Diese Anforderungen verdeutlichen, dass strukturelle Regelungen und Systeme zwar einen verhaltenswirksamen Rahmen schaffen kSnnen, jedoch wirkungslos bleiben, wenn die Untemehmensmitglieder kein Verstandnis ~ r diese MafSnahmen haben und nicht die notwendige Mentalit~it und entsprechende F~ihigkeiten zur Erfilllung dieser Aufgaben mitbringen. 197 Die Realisierung der Marktorientierung setzt eine unterneh190Gummesson(1991), S. 60. Jgl Vgl. Gummesson (1991), S. 72 ft. 192Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 135. 193Vgl. Hilker (1993), S. 115 f. 194Vgl. Beyer/Fehr/Nutzinger(1995), S. 27 ff. 195Vgl. Kobi/Wtithrich (1986), S. 53. 196Vgl. Hilker (1993), S. 79. 197Vgl. Meffert (2000), S. 1104 f.; vonder Oelsnitz (1999), S. 43 f.
34 mensweite Akzeptanz aller notwendigen MaBnahmen voraus. Werden die Zielsetzungen und ImplementierungsmaBnahmen von den Untemehmensmitgliedem nicht anerkannt, scheitem sie in der Umsetzung. Harris bezeichnet die Untemehmensmitglieder in diesem Zusammenhang treffend als ,,initiators of market oriented change". 19s Da die Untemehmensmitglieder die eigentlichen Tr~iger der Marktorientierung sind, sind ihre Verhaltensweisen als der Schltissel zu ,,Mehr an Marktorientierung" zu sehen. Die Implementierungsbemtihungen sind dergestalt miteinander zu verbinden, dass ihre Korrespondenz mit den zentralen Determinanten menschlichen Verhaltens in einem Untemehmen deutlich wird, da eine ver~inderte untemehmerische Grundhaltung immer in ein ver~indertes Verhalten der Untemehmensmitglieder mtinden
m u s s . 199
Es
ist besonders wichtig, alle Untemehmensmitglieder Rir die untemehmerischen Vorhaben zu gewinnen und ihr Verhalten im Sinne der Marktorientierung auszurichten. Daraus leitet sich die Konsequenz ab, dass marktorientierte Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder einen zentralen Implementierungsgegenstand darstellen mtissen.
198Harris (1999), S. 96. 199Vgi. von Rosenstiel (1988), S. 214 f.
35
2.2
Grundlagen zum Internen Marketing
2.2.1 Zum Begriff des Internen Marketing Es existiert bisher keine einheitliche Definition des Begriffs ,,Internes Marketing". Innerhalb der konzeptionellen Beitdige lassen sich mehrere grundsiitzliche Begriffsverwendungen unterscheiden. Sie unterscheiden sich insbesondere darin, mit welcher Intensit~it die Interessen der Untemehmensmitglieder verfolgt werden und welchen Stellenwert die Mitarbeiterorientierung im Vergleich zur Absatzmarktorientierung einnimmt. Tabelle 4 zeigt einige konkrete Beispiele dieser Definitionen und die Instrumente des Internen Marketing. Begriffsverstiindnis des Internen Marketing
Autor(en) i
Berry/ Burke/ Hensel (1976)
Compton/ George/ Gr6nroos/ Karvinem (1987)
Piercy/ Morgan (1990)
Instrumente des Internen Marketing
Internes Marketing als innerbetriebliche A n w e n d u n g traditioneller Marketinginstrumente zur Erfiillung von Mitarbeiterbediirfnissen "Internal Marketing is concerned with - Interne Kommunikation making available internal products - Training und Entwicklung der F~igkeiten
(jobs) that satisfy the needs of a vital internal market (employees) while satisfying the objectives of the organization" (S. 8) Internes Marketing als Sammelbegriff fiir den Mix von Instrumenten zur Verhaltenssteuerung der Unternehmensmitglieder.
.....we suggest that those same techniques of analysis and communication which we use for the external marketplace should be adapted and used to market our plans and strategies to important targets within the company." (S.
5)
der Mitarbeiter - Anreize zur F6rderung der Mitarbeiterbindung - Interne Trainingsprogramme - Interne Kommunikation
- Personalmanagement & -entwicklung - unterstiitzende interne Systeme (,,changing the billing system") - unterstiRzende externe Systeme ("advertising campai~s") - Produktpolitik (z.B. Gestaltung der Arbeitspl~itze) - Preispolitik (z.B. Entlohnung der Mitarbeiter) - Kommunikation (z.B. Mitarbeiterinformation, interne Pr~isentationen) - Distribution (z.B. Internes Training, Seminare, Meetings)
Internes Marketing ais innerbetriebliche Absicherung einer externen Marketingstrategie ,,Internal Marketing should be viewed as - internes Training a managerial philosophy, which has - interne Kommunikation strategic and tactical implications - Personalmanagement
Gr6nroos (1985)
Stauss/ Schulze (1990)
throughout the company and its various business functions" (S. 42) Internes Marketing ist ein Konzept fiir die interne Realisierung absatzmarktbezo~ener Handlungskonzepte.
- Vorbildfunktion der Fiihrung Absatzmarktstrategisch relevante interne Instrumente aus Marketing, Unternehmensfiihrun[ und Personalwirtschaft.
Tabeile 4: Begriffsverstiindnisse und Instrumente des Internen Marketing
36 Im Zentrum des ersten Begriffsverst~indnisses steht die Obertragung des in Bezug auf externe Austauschprozesse entwickelten Marketingkonzepts auf die Unternehmensmitglieder. H/iufig werden hier zwei Aspekte unterschieden, der methodische und der normative Aspekt. 2~176 In den meisten Definitionen werden diese beiden Aspekte miteinander vereint, so dass eine absolut trennscharfe Abgrenzung nicht m6glich ist. 2~ Unter methodischem Aspekt wird das Interne Marketing als Sammelbegriff flir die
innerbetriebliehe Anwendung traditioneller Marketinginstrumente verstanden. Internes Marketing ist hier ein Konzept, in dem Mitarbeiter als interne Kunden und ArbeitspRitze als interne Produkte betrachtet werden: ,,We can think of internal marketing as viewing employees as internal customers, viewing jobs as internal products, and then endeavouring to offer internal products that satisfy the needs and wants of these internal customers while adressing the objectives of the organization. ''2~ Der absatzmarktbezogene Marketing-Mix wird auf den internen Personalmarkt ausgerichtet. 2~ Entsprechend wird im internen Marketing-Mix von interner Produktpolitik (Gestaltung des Arbeitsplatzes), Distributionspolitik (Verteilung der Arbeitspl~itze), Preispolitik (psychologische Kosten der vom Mitarbeiter verlangten Umstellung) und Kommunikationspolitik (Obermittlung von Informationen zur Steuerung von Einstellungen und Verhalten der Mitarbeiter) gesprochen. 2~ Dieses Verst~indnis des Internen Marketings ist jedoch nicht sinnvoll, da eine Anwendung der klassischen Marketinginstrumente bestenfalls im Bereich der Kommunikation angebracht ist. Alle anderen Instrumente lassen sich intern kaum sinnvoll anwenden. 2~ Der normative Aspekt stellt die Maxime der Erffillung von Mitarbeiterbediirfnis-
sen in den Vordergrund. Die Zufriedenheit der Unternehmensmitglieder wird zum fundamentalen Orientierungspunkt, indem alle unternehmerischen Entscheidungen konsequent an den Erfordernissen und Bedtirfnissen der Mitarbeiter ausgerichtet werden. 2~ Diese Forderung resultiert aus der Oberlegung, dass nur zufriedene Mitarbeiter
200Vgl. hierzu Stauss/Schulze (1990), S. 150. 201 So begrtinden bspw. Bowers/Martin/Luker ihre Auslegung des lnternen Marketing als innerbetrieblichen Einsatz der klassischen Marketinginstrumente mit ~ihnlichen lnteressen von Kunden und Mitarbeitern: ..... the behavioral goals for both consumers and contact employees are similar. Therefore external marketing activities may be transferred to the internal market of employees." Bowers/Martin/Luker (1990), S. 56. 202 Berry (1984), S. 272. 203Vgl. Stauss/Schulze (1990a), S. 150; Stauss (2000), S. 207 f. 204Vgl. Compton et al. (1987), S. 9 f.; Bowers/Martin/Luker (1990), S. 58 ft. 205Vgl. Stauss (2000), S. 207. 206Vgl. hierzu ausf'tihrlich George (1977), S. 91 ft.; Berry (1984), S. 272 ft.; Gr6nroos (1985), S. 42 ft.; Tansuhaj/Won~McCollough (1987), S. 73 ft.; Berry/Parasuraman (1991), S. 151 ft.
37 bereit sind, sich kundengerecht zu verhalten. 2~ ,,Insofern dient Internes Marketing indirekt zur Herstellung von Kundenzufriedenheit und -loyalit~it und wird damit zur Voraussetzung ~ r unternehmerischen Markterfolg. ''2~ Der unterstellte Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit findet zwar allgemein groBe Zustimmung, doch zeigen empirische Arbeiten, dass dieser Zusammenhang keineswegs so eindeutig und linear ist. 2~ Stauss weist darauf hin, dass es bei der rtickhaltlosen Befriedigung der Mitarbeiterbedtirfnisse zu Zielkonflikten kommen kann, weil die Annahme einer vollst~indigen Harmonie zwischen Kunden- und Mitarbeiterbedtirfnissen unrealistisch ist. 2~~ Die Hauptkritik an den beiden bisher genannten Aspekten dieser Definition des Internen Marketing ist: ,,First, the current definitions more-or-less miss the fact that the organizations in our economic system exist to meet customer needs by selling goods and/or services to those customers (...). Second the definitions miss the fact that the organization must focus outward to the market, not inward to the employees.,,211
Als Konsequenz hieraus folgt die vorliegende Arbeit dem zweiten Begriffsverst~indnis. Internes Marketing wird als ,,Methode zur innerbetriebliehen Im-plementierung einer im Hinbliek a u f externe Miirkte konzipierten Marketingstrategie ''2~2 deftniert. Bei dieser Definition steht nicht die Zufriedenheit der Unternehmensmitglieder, sondern das Primat der Absatzorientierung im Vordergrund. 213 Letztendlich sollen die Unternehmensmitglieder im Konfliktfall ihre eigenen Bedtirfnisse den Bedtirfnissen der Kunden unterordnen. 2~4 Hinter diesem Verst~indnis von Internem Marketing steht der Gedanke, dass die Unternehmensmitglieder sich nur dann in dem vom Unternehmen angestrebten Sinn verhalten, wenn sie die extern verfolgte Unternehmensstrategie verstehen, akzeptieren und sie aktiv unterstiatzen. 215
207 Vgl. Homburg/Daum (1997), S. 54; Schulze (1992), S. 106. 208 Stauss (2000), S. 207. 209 W~ihrend einige Untersuchungen diesen Zusammenhang empirisch best~tigen k6nnen (vgl. hierzu z.B. Stock (2003), S. 152 f.), finden andere Forscher keinen bzw. sogar einen negativen Zusammenhang heraus. Siehe hierzu z.B. von Holtz (1998), S. 259 ft. 210 Vgl. Stauss/Schulze (1990a), S. 152 f.; von der Oelsnitz (1999), S. 247 ft.; Cahill (1995), S. 45; Mudie (2003), S. 1272. 211 Cahill (1995), S. 44. 212 Stauss (2000), S. 207. 213 Vgl. Schulze (1992), S. 106; Strauss/Schulze (1990a), S. 155. 214 Vgl. hierzu vonder Oelsnitz (1999), S. 248.; George/Gr6nroos (1999), S. 48. 215 Vgl. Gr6nroos (1981), S. 237 f.; Piercy/Morgan (1990), S. 5 ff.
38 2.2.2
Ziele des Internen Marketing
Die grundlegende Zielsetzung des Intemen Marketing ist die Entwicklung und FSrderung marktorientierter (sowohl kunden- als auch wettbewerberorientierter) Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. 216 Dem Intemen Marketing kommt damit eine zentrale Bedeutung Rir die ganzheitliche Um- und Durchsetzung der Marktorientierung zu. Die Untemehmensmitglieder sollen alle fiir das Untemehmen relevanten Marktgegebenheiten erkennen, die Kunden und Wettbewerber des Untemehmens aktiv beobachten und in der Lage sein, auf bemerkte Ver~inderungen in der Untemehmensumwelt entsprechend schnell zu reagieren. 2~7 HierRir ist es notwendig, Marktorientierung als interne Denkhaltung bei den Untemehmensmitgliedem zu verankem. 2~s Marktorientierung muss in die Herzen der Untemehmensmitglieder getragen werden, 219 damit ihre ,,service awareness" hoch ist 22~und sie sich wie ,,embassadors of the firm ''22~ Rir den Markterfolg des Untemehmens verantwortlich ~hlen.
F6rderung marktorientierter Verhaltensweisen
(1) Entwicklung des Marktbewusstseins, insb. Kunden- und Konkurrentenbewusstsein, (2) Schaffung von Akzeptanz der konsequenten Verhaltensorientierung am Markt, (3) Motivation zu bedingungslosem marktorientiertem Verhalten, (4) Vermittlung von Fahigkeiten und Fertigkeiten zur schnellen Reaktion auf Marktinformationen. Abbildung 2: Ziele des Internen Marketing
216Vgl. auch vonder Oelsnitz (1999), S. 220. 217 Vgl. Aibrecht/Zemke (1987), S. 99 f.; Gr6nroos (1981), S. 237; Meyer/Oppermann (1998), S. 994; Stauss (2000), S. 210. 2is Vgl. Upah/Berry/Shostak (1983), S. 139 ff. 219Vgl. Diller (1991), S. 157. 220Compton et al. (1987), S. 10. 221 George (1986), S. 83.
39 Aus diesem Oberziel lassen sich weitere Unterziele ableiten (vgl. Abb. 2). 222 Diese Unterziele sind auf mentale Ver~inderungen bei den Unternehmensmitgliedem gerichtet und nur mittel- bis langfristig zu erreichen. Solch ein Unterziel des Intemen Marketing ist die Entwicklung des Marktbewusstseins bei allen Untemehmensmitgliedem. Dafiir miissen alle Untemehmensmitglieder iaber die Ziele des Untemehmens, die Relevanz der kunden- und wettbewerbsbezogenen Interaktionen, Bedtirfnisse der Kunden, Strategien der Konkurrenten sowie die eigene Verantwortung f't~r den Markterfolg des Untemehmens informiert werden. 223 Ein weiteres Unterziel stellt die Schaffung von Akzeptanz im Hinblick auf die Maxime der konsequenten Verhaltensorientierung am Markt dar. Des Weiteren ist die Motivation der Untemehmensmitglieder, sich marktorientiert zu verhalten, wichtig, damit marktorientiertes Verhalten auch dann an den Tag gelegt wird, wenn die pers0nlichen Bediarfnisse der einzelnen Unternehmensmitglieder dem Absatzmarkt untergeordnet werden mtissen. Hierftir ist die Erzeugung eines intemen Umfeldes, das marktorientierte Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter sttitzt, notwendig. 224 Dies ist besonders wichtig, weil bei der Marktorientierung jeder Einzelne sein Eigeninteresse zum Nutzen der Marktziele zurtickstellen soil. Jedes Untemehmensmitglied soil eine Identifikation, wenn nicht gar Hingabe an seine Aufgabe entwickeln, die es sich weit t~ber das normalerweise zu erwartende MaB hinaus fi~r seine Tatigkeit engagieren Risst. Da~ber hinaus miassen konkrete F~ihigkeiten und Fertigkeiten f't~r die zielgerichtete Bew~iltigung von Kundenkontaktsituationen sowie f'tir die schnelle Reaktion auf die Aktionen der Wettbewerber allen Untemehmensmitgliedem vermittelt werden. 225
222Vgl. Gr6nroos (1981), S. 237 f.; Richardson/Robinson (1986), S. 13 ff.; Stauss/Schulze (1990a), S. 150 f.; Stauss (1994), S. 477 ff. Einige Autoren erweitem diese Ziele durch weitere externe Ziele (hierzu z/ihlen bspw. Kundenbindung, Kundengewinnung und Kundenzufriedenheit). Vgl. hierzu Bruhn (1999b), S. 25 f. 223 Vgl. Stauss/Schulze (1990a), S. 151. 224Vgl. Stauss/Schulze (1990b), S. 6 f.; Stauss (2000), S. 210. 225 Vgl. hierzu auch Hilker (1993), S. 137 sowie vonder Oelsnitz (1999), S. 249.
40
2.2.3 Instrumente des Internen Marketing FUr die Verwirklichung der oben aufge~hrten Ziele stehen dem Intemen Marketing verschiedenartige Instrumente zur Verfiagung. 226 Die meisten Instrumente stammen aus verschiedenen Nachbardisziplinen des Marketing 227, wobei besonders deutlich die Schnittstellenposition hervortritt, die das Interne Marketing zwischen Marketing- und Personalmanagement einnimmt. 22s An dieser Stelle ist zu betonen, dass das Interne Marketing nicht mit Personalpolitik gleichgesetzt werden kann, sondem ein integratives Konzept zur Steuerung der untemehmensintemen Austauschbeziehungen darstellt, um Marktorientierung im Untemehmen realisieren zu k6nnen. 229 In der Literatur wird das Konzept des Intemen Marketing deshalb auch als ,,umbrella concept" fiir eine Vielzahl von Instrumenten bezeichnet, die zwar einzeln nicht neu sind, aber in ihrem AusmaB und in ihrer Kombination zu einem neuen Ansatz zur geplanten,
systemati-
schen und integrierten F6rderung von Marktorientierung bei den Untemehmensmitgliedem entwickelt worden sind. 23~ Im Rahmen des Intemen Marketing wird eine Vielzahl von Instrumenten und MaBnahmen vorgeschlagen, deren Darstellung hier nicht vollst~indig und umfassend erfolgen kann, da konkrete Ausgestaltung und Einsatz dieser Instrumente sowie deren Kombination den jeweiligen situativen Bedingungen angepasst sein mtissen. Dennoch k6nnen typische Instrumente identifiziert werden, die h~iufig bei der Umsetzung des Intemen Marketing angewendet werden. Hierzu z~.hlen insbesondere die interne Kommunikation, das interne Training, Anreize und die Vorbildfunktion der Ftihrungskr~it~e. Diese Instrumente werden im Folgenden in knapper Form dargestellt.
2.2.3.1 Interne Kommunikation Unter intemer Kommunikation versteht man generell die 13bermittlung von Informationen zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und
226 In der Literatur existiert in Abh~ingigkeitvonder zugrunde gelegten Begriffsdefinition eine Vielzahl untersehiedlieher Instrumente des Internen Marketing. Vgl. Berry (1984), S. 273 ff.; Stauss (2000), S. 210 ff.; Bruhn (1999b), S. 27 ft.; Schulze (1992), S. 116; Hilker (1993), S. 137 f. 227 Ihren Ursprung haben die meisten MaBnahmen in der Personallehre, der Organisationslehre sowie in der Arbeits-und Organisationspsychologie. Vgl. Meyer/Oppermann(1998), S. 996 f. 22a H~iufigwird deshalb eine Unterseheidung zwischen Instrumenten des personalorientierten Marketingmanagements und des marketingorientierten Personalmanagements vorgenommen. Vgl. z.B. Bruhn (1999b), S. 27. 229Vgl. Stauss/Sehulze (1990a), S. 155 f. 230Vgl. hierzu Hilker (1993), S. 135; George/Gr6nroos(1999), S. 47; Stauss (2000), S. 211.
41 Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder gem~iB spezifischer Zielsetzungen. TM Hierbei kOnnen zwei Begriffsauslegungen unterschieden werden. In einer breiten Begriffsauslegung umfasst die interne Kommunikation die Vemetzung aller abw~irts-, aufw~irts- und seitw~irtsgerichteten KommunikationsmaBnahmen und -prozesse im Untemehmen mit dem Ziel, eine bessere Verstandigung und Kooperation zwischen den Untemehmensmitgliedem zu erreichen. 232 In einer engen Begriffsauslegung umfasst die interne Kommunikation nicht alle innerbetrieblichen Informationsprozesse, sondem vorrangig abw~irts initiierte Kommunikations- und Informationsaktivit~iten. 233 Diese Begriffsauslegung der intemen Kommunikation wird haupts~ichlich mit dem Ziel der kommunikativen Steuerung der Untemehmensmitglieder eingesetzt 234, ist demzufolge ,,systematisch auf die Beeinflussung ausgerichtet ''235, hat starken Weisungscharakter und dient prim~ir der Erreichung untemehmerischer Ziele. 236 Diese ,,top-down-Kommunikation" er~llt im Wesentlichen zwei Funktionen. Zum einen werden die Untemehmensmitglieder mit den notwendigen Informationen tiber den Markt, die untemehmerischen Zielvorstellungen, die geplanten MaBnahmen und die Untemehmensgrunds~itze versorgt. 237 Hieraus resultiert ein gleichm~iBiger Informationsstand, der den Untemehmensmitgliedem als gemeinsame Basis ~ r die im Unternehmen zu treffenden Entscheidungen dient. Zum anderen erf'tillt diese Form der Kommunikation die Funktion der konkreten Weisung, gibt also den Untemehmensmitgliedern eine Anleitung fiJr ihr aufgaben- und t~itigkeitsbezogenes Verhalten. 238 Konkrete Ansatzpunkte fiar eine marktorientierte interne Kommunikation finden sich in der inhaltlichen Beschaffenheit der zu vermittelnden Informationen. Hierbei ist den Marktinformationen die hOchste Priorit~it beizumessen. 239 Die Untemehmensmitglieder mtissen tiber alle Entwicklungen in den relevanten Kundensegmenten sowie tiber s~imtliche Ver~indemngen im Wettbewerb und die darauf aufbauenden marktorientierten Vorhaben des Untemehmens informiert werden. So ist es im Rahmen der intemen Kommunikation m6glich, den Kenntnisstand der Untemehmensmitglieder durch kun231 Vgi. Meffert/Bruhn (2003), S. 427. 232Vgl. hierzu ausfiihrlich Bruhn (1997), S. 895; Bruhn (1998), S. 1046 f.; Preis (1999), S. 38 ff. Beispiele fiir aufw~irts gerichtete Kommunikation sind z.B. internes Vorschlagswesen, Mitarbeiterbefragungen und internes Beschwerdemanagement. 233 Die enge Auffassung der intemen Kommunikation wird auch als Mitarbeiterkommunikation bezeichnet. Vgl. hierzu Bruhn (1997), S. 73 f. Aus~hrlich mit Mitarbeiterkommunikation hat sich insb. Kl6fer (1996) besch~ifiigt. 234Vgl. Stauss/Hoffmann (1999), S. 370. 235 Stauss/Hoffmann (1999), S. 370. 236Vgl. Preis (1999), S. 38 ff. 237 Vgl. Meyer/Oppermann (1998), S. 1004; Bruhn (2002), S. 136. 238Vgl. Bruhn (2002), S. 136. 239Vgl. Thurau (2002), S. 218 f.
42 den- und wettbewerberbezogene Informationen zu verbessem, was sich positiv auf ihre Verhaltensweisen auswirkt. 24~ Werden ihnen die flir sie relevanten Kunden- und Konkurrenteninformationen regelm~iBig zug~inglich gemacht, gew~ihrleistet dies die Basis ftir ein einheitliches Verhalten der Untemehmensmitglieder. TM
2.2.3.2 Anreize Anreizsysteme k6nnen als ,,die Summe aller bewusst gestalteten Arbeitsbedingungen, die bestimmte Verhaltensweisen (durch positive Anreize, Belohnungen etc.) verst~irken, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer dagegen mindem (negative Anreize, Strafen) ''242 verstanden werden. Anreizsysteme verfolgen das Ziel, das Verhalten und wenn m6glich auch die Einstellung der Untemehmensmitglieder im Sinne des Untemehmens zu beeinflussen. Sie signalisieren den Mitarbeitem, dass das, was gemessen und belohnt wird, wichtig ist und weisen dadurch einen normativen Charakter auf. 243
Anreizsysteme setzen sich aus einer Bemessungsgrundlage, d.h. einem Bezugspunkt, woflir der Anreiz gew~ihrt wird und woran seine Wirksamkeit bemessen wird, und aus dem Anreiz an sich zusammen. TM W~ihrend als Bemessungsgrundlage h~iufig die Erreichung der Untemehmensziele sowie die Ausiibung der hier~r instrumentellen Verhaltensweisen dient, kann die Klassifizierung der Anreizarten nach materiellen und immateriellen sowie nach extrinsischen und intrinsischen Anreizarten vorgenommen werden. 245 Zu materiellen Anreizen z~ihlt insbesondere die Entgeltpolitik, die wohl h~iufigste Anwendung von Anreizsystemen. 246 Immaterielle Anreize hingegen werden sowohl durch soziale Anreize, wie Anerkennung, Lob und Riickhalt, als auch durch organisationale Anreize, wie bspw. offizielle Preisverleihungen, Dankschreiben, Auszeichnungen oder Einladungen zu Betriebsfesten, verk6rpert. 247 Ein extrinsischer An240 Allerdings werden in der Praxis die Untemehmensmitglieder nach wie vor nicht ausreichend mit Informationen tiber die Wettbewerber versorgt. George/Gr6nroos weisen darauf hin, dass die Unternehmensmitglieder ausdriicklich mehr Informationen tiber Wettbewerber verlangen. Insbesondere wollen die Untemehmensmitglieder wissen: ,,Wer sind unsere Konkurrenten? Wie stehen wir in Relation zu unseren Konkurrenten? Was geschieht in der Branche?" Vgl. hierzu George/Gr6nroos (1999), S. 60. 241 Vgl. Stauss/Schulze (1990a), S. 149 ff.; Bruhn (1999a), S. 16 ff.; Stauss (2000), S. 210 ft.; Bruhn (2002), S. 137. 242 Preis (1999), S. 49. 243 Vgl. Berry/Parasuraman(1991), S. 104; Nerdinger (2003a), S. 8. 244 Vgl. Thurau (2002), S. 210 f. 245 Vgl. dazu weiterfiihrend Schanz (1991), S. 15 ff.; Hentze/Lindert (1998), S. 1019 f. 246 Vgl. Bruhn (2002), S. 221. 247 Dabei handelt es sich um arbeitskontextuelleBelohnungen. Vgl. Stauss (2000), S. 214.
43 reiz liegt in erster Linie im T~itigkeitsbereich des Untemehmensmitglieds und in den Resultaten der Arbeit. Ein intrinsischer Anreiz hingegen resultiert aus einer Befriedigung, die die Austibung einer T~itigkeit mit sich bringt, wenn sie dem Untemehmensmitglied Freude bereitet und er voll hinter seiner Aufgabe steht. 24s Grunds~itzlich sollten Anreize auf die unterschiedlichen Bedtirfnisstrukmren der einzelnen Untemehmensmitglieder abgestimmt werden, da nicht jeder Anreiz fOr jeden Menschen den gleichen Wert hat. 249 Bei falscher oder unbedachter Anwendung k6nnen Anreizsysteme auch negative Auswirkungen haben. 25~ Anreize mtissen deshalb aufeinander abgestimmt und wohl dosiert sein, damit ihre positive Wirkung nicht durch Ungerechtigkeitsempfinden oder zu starke Konkurrenz unter den Untemehmensmitgliedem gemindert oder sogar zerst6rt wird. 251 Die marktorientierte Gestaltung von Anreizsystemen kann im Wesentlichen an der Festlegung der Bemessungsgrundlage und der Art des verwendeten Anreizes ansetzen. 252 Bei der Gestaltung eines Anreizsystems, welches die Marktorientierung untersttitzen soil, besteht jedoch ein Problem bei der Wahl der geeigneten Bemessungsgrundlage. Absatzbezogene Kriterien, welche sich tiberwiegend in quantitativen Gr6Ben, wie z.B. dem Umsatz oder der Anzahl an abgeschlossenen Kundenvertr~igen, ausdrticken, lassen sich zwar leichter messen, haben jedoch den Nachteil der Vemachl~issigung von Leistungsergebnissen, die sich erst nach der Leistungserbringung einstellen bzw. bewerten lassen (z.B. Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Erfollung von Kundenerwartungen bzw. der Beitrag zur Einnahme einer gegentiber den Wettbewerbern tiberlegenen Position). 253 Gerade diese Aspekte stehen jedoch im Zentrum der Marktorientierung. In Bezug auf die Bemessungsgrundlage erscheint es sinnvoll, den Einsatz von Anreizen anhand der Erreichung qualitativer marktorientierter Ziele zu bemessen. 254 Als Bemessungsgrundlage marktorientierter Anreizsysteme werden des248Vgl. Wiichli (1995), S. 26 ff.; Grewe (2000), S. 10 f.; Frey/Osterloh (2000), S. 24 f. Eine andere Einteilung der Anreizsystemenimmt bspw. Schanz (1991) vor, der zus~itzlichzwischen Individual-, Gruppen- und organisationsweitenAnreizen unterscheidet.Vgl. hierzu Schanz (1991), S. 13 ft. 249Die Notwendigkeit der Individualita't f'tir eine erfolgreiche Gestaltung der Anreize ergibt sich aus der Bedtirfnispyramide nach Maslow. Siehe hierzu auch Scholz (2000), S. 878 ft.; GebeWRosenstiel (2002), S. 46 f.; Bruhn (2002), S. 226. 250Vgl. hierzu Stauss (2000), S. 214; Ramaswami (1996), S. 105 ft.; Osterloh/Gerhard(1992), S. 117 ff. So konnte Kohn sogar nachweisen, dass die Unternehmensmitgliederproduktiver arbeiten, wenn sie nicht davon ausgehen, dass sie fiir ihre Leistungen besonders belohnt werden. Vgl. hierzu Kohn (1994), S. 15 ff. 251 Vgl. hierzu ausffihrlich Schanz (1991), S. 25 ff. 252Vgl. Hilker (1993), S. 139; Thurau (2002), S. 210. 253Vgl. hierzu Thurau (2002), S. 212. 254Vgl. Kohli/Jaworski(1993), S. 63; Becker/Homburg(1999), S. 26.
44 halb h~iufig Kundenzufriedenheit und kundenbezogene Rentabilit~itsgr61]en vorgeschlagen. 25S Zur Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen fordem Harris/Piercy Anreizsysteme, die an Kundenzufriedenheitsindizes gekoppelt sind. 256 Ein konkretes Beispiel t'tir den marktorientierten Einsatz von Anreizsystemen liefem Bowers/Martin/Luker: eine US-amerikanische Restaurantkette belohnt ihre Kellner, wenn sie 100 Kunden mit ihrem Namen ansprechen k6nnen. 257 Hinsichtlich der einzusetzenden Anreizart sind diverse Anreizformen m6glich. Eine mOgliche Variante besteht in der Gew~ihrung von Sonderzahlungen und Gratifikationen sowie dem Einsatz von nicht-monet~iren Anreizen, wie bspw. einer Anerkennung der marktorientierten Leistungen der Unternehmensmitglieder durch 6ffentliche Auszeichnungen, Gew~ihrung von Sonderurlaub etc. 25s Becker hat mittels Experteninterviews herausgefunden, dass Untemehmen in der Praxis zunehmend nicht-monet~ire Anreize bevorzugen. 259
2.2.3.3 Internes Training Training ist als ..... a medium for learning skills, knowledge, attitude and behaviour ''26~ geeignet, sowohl um Firmenneulinge in das Untemehmen einzufiahren 26~ als auch um langj~ihrige Untemehmensangeh6rige zu schulen und weiterzubilden. Grunds~itzlich k6nnen zahlreiche Trainingsarten unterschieden werden. 262 Sie k6nnen sich bspw. auf das Leistungsprogramm des Untemehmens, bestimmte Verkaufstechniken, Einstellungs-
und Verhaltens~inderungen sowie die Untemehmensgeschichte b z w . -
philosophie beziehen. 263 Zugleich bietet das interne Training verschiedene Hebel zur Mitarbeitersteuerung. 264 l]ber die Festlegung von Ausbildungs- bzw. Weiterbildungs-
25s Vgl. z.B. Day (1994), S. 41; Kohli/Jaworski (1993), S. 63; Becker/Homburg (1999), S. 26. Allerdings sind rein kundenbezogene Rentabilit~itsgr6~n nicht unproblematisch, da sie auf kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg abzielen und die Schaffung von langfristigen Erfolgspotenzialen, wie z.B. Kundenzufriedenheit und-loyalita't, vemachlassigen. Vgl. hierzu z.B. Nerdinger/von Rosenstiel (1999), S. 187; Jensen (2004), S. 396. 256Vgl. Harris/Piercy (1997), S. 37 f. 257 Vgl. Bowers/Martin/Luker(1990), S. 60. 2ss Vgl. Naumann/Giel (1995), S. 265 ft.; Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S. 102 ft.; Berry/Parasuraman (1991), S. 167. 259Vgl. Becker, J. (1999), S. 142. 260 Willis (2003), S. 3. 26~ Hier spricht man auch vonder Sozialisation. 262 Vgl. Wiswede (2000), S. 186 f. 263 Vgl. Stauss (2000), S. 214 sowie Stauss/Schulze (1990a), S. 151. 264 Gleichzeitig dienen attraktive Weiterbildungsangebote als Instrument der Mitarbeitermotivation. Vgl. Becker, J. (1999), S. 135 ff.
45 inhalten kann man gezielt Einfluss auf die Kompetenzen der Unternehmensmitglieder nehmen. Man unterscheidet vier Kompetenzarten: die Fach-, Methoden-, Sozial- und die psychologische Kompetenz. 265 Fachkompetenz ~uBert sich in Form von fachspezifischen Kenntnissen, wie bspw. technisches Fachwissen tiber ein Produkt. Die F~ihigkeit, dieses Fachwissen sinnvoll anzuwenden und in eine entsprechende Reaktion umzuwandeln, f~illt unter den Oberbegriff der Methodenkompetenz. Unter Sozialkompetenz wird gruppenorientiertes Verhalten, wie Teamf~ihigkeit oder Interaktionsfiihigkeit, verstanden. 266 Diese Kompetenz betrifft die Frage nach dem ,,wie" hinsichtlich des Verhaltens einzelner Untemehmensmitglieder gegentiber Kollegen und Kunden. Unter der psychologischen Kompetenz werden Motivation, Einstellungen und Einsatzwillen in Bezug auf die Unternehmensziele subsumiert. 267 Von diesen Aspekten ist es abh~ingig, ob das Unternehmensmitglied einen freundlichen, aufmerksamen und respektvollen Kontaktstil pflegt und eine hohe Servicebereitschaft zeigt oder sich eher ktihl, distanziert und herablassend gegentiber Kollegen und Kunden verh~ilt.268 Psychologische Kompetenz ist nur in Grenzen ver~inderbar und zu einem Grol3teil in der PersSnlichkeit der einzelnen Unternehmensmitglieder verankert. Trainings bieten nicht die M6glichkeit, gentigend auf die einzelnen Pers/Snlichkeiten einzugehen und sie entsprechend differenziert zu behandeln. Die Vermittlung von Kompetenzen durch TrainingsmaBnahmen ist in erster Linie darauf gerichtet, die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz der Unternehmensmitglieder zu erh/Shen und den Anforderungen des Unternehmens anzupassen. Das Training stellt ein wichtiges Instrument zur Entwicklung marktorientierten Verhaltens dar. Mohr-Jackson f'tihrt hierzu aus: ,,Because a market orientation requires continous innovative behavior, education and training may be viewed as critical for fostering a market orientation". 269 TrainingsmaBnahmen zur Erh0hung marktorientierter Verhaltensweisen lassen sich im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe umfasst alle MaBnahmen zur Verbesserung des Wissensstandes der Unternehmensmitglieder hinsichtlich der Kunden und Wettbewerber. Payne fordert, dass das Training nicht nur das entsprechende Wissen vermitteln muss, vielmehr sollen in Bezug auf die Marktorientierung die Unternehmensmitglieder tiber das Training marktorientierte F~ihigkeiten und Einstellungen erhalten und verinnerlichen. 27~ Diese 265Vgl. Bruhn (2002), S. 214 f. 266Vgl. Becker, F. (1999), S. 276. 267Vgl. Bruhn (2002), S. 214. 268Vgl. Nerdinger(2003b), S. 19. 269Mohr-Jackson(1991), S. 462. 270Vgl. Payne (1988), S. 49 ff.
46 Trainings tragen dazu bei, den konkreten zwischenmenschlichen Umgang mit den Akteuren des Marktes zu schulen, den Mitarbeitem zu mehr Selbstvertrauen fiir die Bew~iltigung der Aufgaben zu verhelfen, die Akzeptanz fiir die Gesch~iftsziele u n d strategien zu fOrdem sowie das Verantwortungsbewusstsein der Untemehmensmitglieder zu st~irken.271 Viele Autoren verweisen in diesem Zusammenhang auf TrainingsmaBnahmen, die auf ein kundenorientiertes Verhalten der Mitarbeiter abzielen und insbesondere Fahigkeiten im Umgang mit Kunden schulen. 272
2.2.3.4 Vorbildfunktion der Fiihrungskriifte Beim Intemen Marketing spielt die Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte eine besonders wichtige Rolle. 273 Charakteristisch fiir die Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifie ist das tagt~iglich bewusste, an den Zielen des Untemehmens ausgerichtete Verhalten der Vorgesetzten gegeniiber allen Untemehmensmitgliedem. 274 Ihre Bedeutung erh~ilt die Vorbildfunktion der Fiihrungskr~itte aus der Uberlegung, dass die Fiahrungskr~ifte eine der grundlegenden Verbindungen der Mitarbeiter zum Untemehmen darstellen und es ihnen somit obliegt, das Verhalten der Mitarbeiter durch ihre Vorbildfunktion zu steuera, sie in ihrer Identifikation mit den Zielen des Untemehmens zu untersti~tzen und eine langfristige Bindung der Mitarbeiter an die untemehmerischen Aufgaben zu gew/ihrleisten. 275 Die Ftihrungskr~ifie agieren quasi als perstinliche Botschafier des Untemehmens und vermitteln den Untemehmensmitgliedem durch ihren Vorbildcharakter die vom Untemehmen intendierten Verhaltensweisen. 276 Dies gelingt allerdings nur dann, wenn das vorbildliche Verhalten dauerhafi und konsistent gelebt wird und das Vorbild nicht in objektiv gleichen Situationen verschiedenartig reagiert. Nur dann wird das Vorbild von den Mitarbeitem als glaubw~rdig wahrgenommen. FUhrungskr~ifie mtissen ihre informelle Vorbildfunktion als einen selbstverst~indlichen und elementaren Bestandteil ihres Aufgabenbereichs ansehen, der vor allen Dingen dort zum Tragen kommt, wo der Einsatz formaler TrainingsmaBnahmen endet. 277 Die Bereitschafi der Ftihrungskr~ifie, sich vorbildhafi zu verhalten, ist eine absolute Grundvoraussetzung fi~r eine erfolgreiche Umsetzung des Internen Marketing.
271 Vgl. Payne (1988), S. 49 ff.; George/Gr6nroos(1999), S. 59; Schulze (1992), S. 122. 272Vgl. z.B. Harris/Piercy (1997), S. 37 f.; Becker, J. (1999), S. 137 f.; Hilker (1993), S. 138 f. sowie Thies (1998), S. 70 ft. 273 Vgl. Bruhn (2002) S. 222 f. 274Vgl. Thurau (2002), S. 201 ff. 275Vgl. von Rosenstiel (1999a), S. 11; Comelli/von Rosenstiel (2003), S. 87 f. 276Vgl. von Rosenstiel (1999a), S. 10 f. 277Vgl. George/Gr/Snroos(1999), S. 58.
47 In Bezug auf die Marktorientierung greifen alle MaBnahmen des Intemen Marketing nur dann, wenn die Ftihrungskr~ifte glaubhaft ein erkennbares Engagement flir Kunden- und Wettbewerberorientierung zeigen. Das Top-Management muss demnach selbst davon iiberzeugt sein, dass die Marktorientierung einen groBen Stellenwert besitzt und dieses Bekenntnis t~iglich vorleben. 27s Von der Oelsnitz fordert: "Das TopManagement muss sich seiner Funktion als Rollenvorbild und praktischem Verhaltensmodell jederzeit bewusst sein. ''279 In dieser Vorbildfunktion zeigt sich, ob die Erreichung einer h6heren Marktorientierung nur eine verbal bekundete Absicht oder gelebte Realit~it ist. 2s~ ,,Top Management, especially the CEO, not only requires the rest of the organization to care foremost about the customer, but also considers its own chief responsibility as one of keeping customers satisfied. The CEO demonstrates his or her commitment to the rest of the organization. ''28~
2.2.4 Zielgruppen des Internen Marketing Als Adressaten des Internen Marketing werden unterschiedliche Gruppen angesehen. Dies ist abh~ingig vonder Art des Untemehmens, seiner jeweiligen Situation und nicht zuletzt von den Unternehmensmitgliedern selbst. 282 Jedes Unternehmensmitglied hat unterschiedliche F~ihigkeiten, Erfahrungen und Bedtirfnisse und wird durch differierende kognitive Prozesse gesteuert. 283 Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Pers6nlichkeitsprofile der einzelnen Unternehmensmitglieder erscheint eine Gleichbehandlung aller Unternehmensmitglieder wenig sinnvoll ist. In der Literatur wird deshalb oft vorgeschlagen, ,,interne Segmente ''284 der Unternehmensmitglieder anhand verschiedener Kriterien, z.B. Marketingwissen, Funktionszugeh6rigkeit, hierarchische Stellung, Kundenn~ihe etc., zu bilden, um das Interne Marketing zielgruppenspezifisch auszurichten und die Unternehmensmitglieder somit bestm6glich auf die von ihnen geforderten Verhaltensweisen vorzubereiten und zu motivieren. 285 Im Optimalfall w~ire hierzu jedoch eine individuelle, auf den jeweiligen Bedarf der einzelnen Unternehmensmitglieder zugeschnittene Ausrichtung des Inter278Wgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 15; Narver/Slater/Tietje (1998), S. 244. 279von der Oelsnitz (1999), S. 137. 280 Siehe hierzu auch Nerdinger/von Rosenstiel (1999), S. 179 ff. 281 Grover (1995), S. 101 (Hervorhebung im Original). 282 Vgl. Stauss (1994), S. 477 ft. 283 Vgl. Suter (1999), S. 133 ff. 284Vgl. hierzu ausflihrlich Schulze (1999), S. 456 ft.; Ahmed/Rafiq (1999), S. 476 f. 285Vgl. hierzu u.a. Belz (1981), S. 384.; Schulze (1992), S. 119 f.; Hilker (1993), S. 116 ff.; Thurau (2002), S. 174.
48 nen Marketing notwendig. 286 Da dies in der Praxis ~iuBerst schwierig ist, erfolgt h~iufig eine stellen- oder funktionsbezogene Abgrenzung der Zielgruppen flir einzelne MaBnahmen, wie bspw. Schulungs- und Trainingsveranstaltungen. Eine eindeutige und vollst~indige Zielgruppenabgrenzung ist jedoch bis heute nicht mSglich. Diesbeztiglich untemommene Versuche konnten bislang jedenfalls nicht tiberzeugen. 287 H~iufig wird in diesem Zusammenhang argumentiert, dass insbesondere die Untemehmensmitglieder, die mit Kunden in direkten Kontakt treten und daher zusammenfassend auch als ,,Kundenkontaktpersonal" bezeichnet werden, sich marktorientiert verhalten mtissen, so dass ausschlieBlich diese Untemehmensmitglieder von MaBnahmen des Internen Marketing profitieren sollten. 28s Allerdings ist ein derartiges Vorgehen nicht im Sinne einer ganzheitlichen Implementierung der Marktorientierung. Aus Kundensicht entsteht die Untemehmensleistung erst aus dem synergetischen Zusammenwirken aller wertsch/3pfenden Untemehmenseinheiten. Das Kundenkontaktpersonal kann nur dann vollst~indig kundenorientiert agieren, wenn weitere Unternehmensmitglieder, wie z.B. Mitarbeiter der Produktionsabteilung, die fiir eine termingerechte Leistungserstellung verantwortlich sind, in das Konzept des Internen Marketing einbezogen werden. Der Adressatenkreis des Intemen Marketing darf deshalb nicht zu eng abgegrenzt werden. Die Verwirklichung der Ziele erfordert die Integration dieses Konzepts in eine langfristig angelegte, alle Unternehmensmitglieder umfassende Unternehmensphilosophie, die vom Top-Management bewusst und demonstrativ untersttitzt und vorgelebt wird. Dies bedeutet nicht, dass Inhalt und Intensit~it des Intemen Marketing auf allen Ebenen und in allen Funktionseinheiten des Untemehmens identisch sein mtissen. Vielmehr mtissen die Untemehmensmitglieder nach ihren verschiedenen Funktionen sowie ihren F~ihigkeiten und Bedtirfnissen bestmSglich auf die Umsetzung der Marktorientierung vorbereitet werden. Marktorientierung muss zum selbstverst~indlichen, unternehmensweiten Prinzip des Denkens und Handelns aller Untemehmensmitglieder werden. Das Interne Marketing muss alle Unternehmensmitglieder tiber die erforderliche Marktorientierung informieren, sie filr den Kundenbedarf und die Wettbewerbersituation sensibilisieren, die diesbeztiglichen Strategien des Untemehmens tiberzeugend darstellen und ggf. entsprechende Trainings durchl~hren.
286Vgl. Fauth (1992), S. 60; Bruhn (1999a), S. 32. Einige Autoren sprechen in diesem Zusammenhang vom ,,Postulat der Individualisierung."Vgl. Scholz(2000), S. 70 ft. 287Vgl. z.B. Zimmermann(1987), S. 270 ft. 288Vgl. auch Stauss/Schulze(1990a), S. 150 f.
49
2.2.5 Institutionalisierung des Internen Marketing Angesichts der vielf~iltigen MaBnahmen des Intemen Marketing stellt sich die Frage, welche Personen bzw. Abteilungen in den Untemehmen die Verantwortung flir das Interne Marketing iibemehmen sollen. Im Zusammenhang mit der Institutionalisierung des Intemen Marketing werden in der Literatur h~iufig drei Vorgehensweisen vorgeschlagen. 289 Eine M6glichkeit ist die Schaffung einer gesonderten Zentralabteilung ,,Intemes Marketing". Dies ist jedoch nicht sinnvoll, da in der Praxis sowohl Sachzw~nge als auch emotionale Barrieren bestehen, die die Arbeit einer solchen Abteilung stark behindem. Insbesondere durch die Schnittstellenproblematik mit der Marketingund der Personalabteilung k6nnen zahlreiche Widerst~inde aufgrund der Kompetenziaberschneidungen gegentiber einer solchen Zusatzabteilung entstehen. 29~ Als eine Alternative wird in der Literatur oft die Projektorganisation als eine geeignete Form der Institutionalisierung des Intemen Marketing vorgeschlagen. 29~ Hierbei geht es um die Formulierung von Einzelprojekten des Intemen Marketing, die dann im Rahmen von Projektorganisationen durchgeRlhrt werden. In diesem Fall erarbeiten Mitarbeiter verschiedener Abteilungen funk-tionstibergreifend und gemeinsam eine Probleml6sung, womit sichergestellt ist, dass die im Untemehmen vorhandenen Kompetenzen gebtindelt werden. Diese Auffassung ist jedoch kritisch zu betrachten. Ein grol3er Nachteil von Projektorganisationen ist ihre zeitliche Begrenzung. MaBnahmen des Intemen Marketing, insbesondere dann wenn sie die ,~nderung der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zum Ziel haben, mtissen langfristig ausgerichtet sein und erfordem die integrative Verkntipfung aller Instrumente. Der isolierte Einsatz einzelner Instrumente des Intemen Marketing im Rahmen von Projektorganisationen ist Rir eine Verhaltens~inderung unzureichend und bleibt wegen des zeitlich begrenzten Charakters wirkungslos. 292 Aus diesem Grund wird die Erweiterung der Aufgabenbereiche der Marketingabteilung hier als eine sinnvolle Form der Institutionalisierung des Intemen Marketing vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund, dass die F6rderung marktorientierter Verhaltensweisen ein zentrales Ziel des Intemen Marketing ist, erscheint es sinnvoll, dass die Marketingabteilung als grunds~itzlicher Impulsgeber 293 fungiert, damit gew~ihrleistet 289Vgl. Bruhn (1999a), S. 37 f. 290Vgl. Bruhn (1999a), S. 58. Ausf'tihrlich auf die Konfliktpotentiale zwischen der Marketing- und Personalabteilung geht Thies (1998) ein. 291Vgl. bspw. Bruhn (1999a), S. 39. 292Vgl. hierzu Handschin/Steck/Wolff(1999), S. 728. 293Vgl. K6hler (2000), S. 268.
50 wird, dass der Marketinggedanke im Vordergrund der Aktivit~ten des Intemen Marketing steht. Konsequent zum ,,Primat des Absatzmarktes" hat die Marketingabteilung in diesem Fall die Aufgabe, das marktorientierte A u s m ~ der Instrumente des Intemen Marketing festzulegen. Eine weitere UnterstUtzung sollten intern anerkannte Multiplikatoren liefem, die anderen Untemehmensbereichen angehSren und dort eine Mittlerrolle tibemehmen. 294 Diese dritte Alternative wird im Sinne einer ganzheitlichen, marktorientierten Untemehmensfohnang empfohlen. Unerlasslich fOr ein wirkungsvolles Internes Marketing ist eine konsequente
Untersttitzung durch das Top-
Management.
2.3
Literaturbestandsaufnahme zu den Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierten Verhaltensweisen und marktorientierter Unternehmenskultur
2.3.1 Zum Einfluss des Internen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen Eine Vielzahl konzeptioneller Arbeiten weist auf die Bedeutung des Intemen Marketing fOr marktorientierte Verhaltensweisen hin. 295 Einige Autoren fordem, dass dem Internen Marketing bei der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen ein vorrangiges Gewicht beizumessen ist, weil das Interne Marketing den Untemehmensmitgliedern kunden- und konkurrentengerichtete Verhaltensanforderungen vermittelt, so dass Verst~indnis und Akzeptanz entstehen. 296 Die Anzahl der empirischen Arbeiten zum Intemen Marketing ist bisher sehr tiberschaubar. Zwar existieren einige Untersuchungen zu einzelnen Instrumenten, wie z.B. Anreizsystemen und Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte, 297 doch besch~iftigen sich bislang nur sehr wenige mit dem Intemen Marketing als integrativem Konzept. Empirische Studien, die den Einfluss des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder untersuchen, sind nicht vorhanden. Es existiert lediglich eine geringe Anzahl an empirischen Studien, die mehrere Instrumente 294Vgl. K6hler (2000), S. 268. 295 Vgl. Hilker (1993), S. 135 ft.; vonder Oelsnitz (1999), S. 278 ft.; Harris (1999), S. 85 ff. 296Vgl. bspw. Harris (1999), S. 92 ft.; K6hler (2000), S. 271 sowie K6hler (2003), S. 128. 297 Im Bereich der Anreizsysteme verweisen zahlreiche Autoren auf die besondere Bedeutung der Vergtitung bei der Implementierung der Marktorientierung. Vgl. hierzu z.B. Webster (1981), S. 38; Jaworski/Kohli (1993), S. 64 f.; Zeithaml/Parasuraman/Berry(1992), S. 102 ft.; Day (1994), S. 41; Backhaus/Schltiter (1994), S. 55 f.; Hombur~emer (1997), S. 200 ff.; Homburg/Jensen (2000), S. 55 ft.
des Internen Marketing im Zusammenhang mit marktorientierten Aspekten betrachten (vgl. Tab. 5). Mohr-Jackson ~hrt im Rahmen einer Fallstudie 54 offene Interviews mit Fiihrungskr~iften diverser Untemehmen in USA. 298 Die Interviewfragen beziehen sich auf die im Untemehmen eingesetzten Trainingsmethoden und Belohnungssysteme sowie Engagement und Involvement der Untemehmensmitglieder. In Bezug auf Marktorientierung konzentriert sich Mohr-Jackson auf die Kundenorientierung, interfunktionale Koordination und Profitabilit~it eines Untemehmens. Sie stellt fest, dass Training und Belohnungssysteme einen positiven Einfluss auf die Marktorientierung der Untemehmensmitglieder haben. ,,The added focus on the internal customer is important because it highlights employee activities that translate the market orientation into practice. ''299 Allerdings ist hierbei zu kritisieren, dass bei diesen Interviews ausschlieBlich kundenorientierte Aspekte angesprochen werden und Wettbewerber v611ig auBer Acht gelassen werden. Eine weitere Fallstudie liefert Papasolomou-Doukakis. 3~176 Sie wertet Interviews aus, die bei sieben Banken in England durchgefiihrt wurden. Interviewt wurden 35 Unternehmensbereichsleiter und 21 Angestellte. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der internen Kommunikation und kundenorientierten Belohnungssystemen. In Bezug auf die Marktorientierung werden kundenorientierte Aktivit~iten der Unternehmensmitglieder betrachtet. TM Papasolomou-Doukakis kommt zu folgendem tiberraschenden Ergebnis: ,,There is a discrepancy between what banks intend to achieve and what they actually do to achieve the desired goals. ''3~ Ein h~iufiger Fehler bei der Ausgestaltung von Anreizsystemen in der Praxis sei, dass zwar Kundenorientierung von den Unternehmensmitgliedern eingefordert wird, aber dennoch reine Umsatzorientierung ilber Anreize gefOrdert wird. 3~ Insbesondere for das Verkaufspersonal entsteht dadurch die Verlockung, kurzfristig die Ums~itze so weit wie m6glich zu erh6hen, ohne dabei die Zufriedenheit der Kunden zu berticksichtigen. Instrumente des Internen Marketing versagen in der Praxis insbesondere dann, wenn die Zielgruppe lediglich aus Unternehmensmitgliedern besteht, die im direkten Kundenkontakt stehen. TM Dies ~hrt zu Frustrationen derjenigen Unternehmensmitglieder, die die MaBnahmen des Intemen 298Vgl. Mohr-Jackson(1991), S. 455 ft. 299Mohr-Jackson(1991), S. 466. 30oVgl. Papasolomou-Doukakis(2002), S. 87 ff. 301Vgl. Papasolomou-Doukakis(2002), S. 92 f. 302Papasolomou-Doukakis(2002), S. 98. 303Auf dieses Problemwurde bereits in Abschnitt2.2.3.2 hingewiesen. 304Vgl. hierzu auch Aus~hrungen in Abschnitt 2.2.4.
52 Marketing nicht erreichen, z.B. Produktspezialisten im Backoffice, was negative Konsequenzen fiar die Marktorientierung des Untemehmens hat. 3~ Eine empirische Studie, die in diesem Zusammenhang interessant ist, liefert Ruekert. Ruekert untersucht Marktorientierung aus einer strategischen Perspektive, untersucht u.a. aber auch empirisch den Einfluss von Rekrutierungs-, Trainings- und BelohnungsmaBnahmen auf die Entwicklung von marktorientierten Untemehmensstrategien. Bei der empirischen Messung werden Items, wie bpsw. ,,when we recruit people, we do a good job of recruiting people who know how to use market information" (Rekrutierung), ,,employees in this unit need training in how to better utilize market information" (Training) und ,,this company's reward system encourages employees to focus an increasing customer satisfaction" (Belohnungssysteme), formuliert. 3~ Ein zentrales Ergebnis dieser Studie ist, dass ..... the market orientation is positively related to the degree of market orientation in organizational support processes such as recruiting personnel, the provision of training, and the manner in which employees are rewarded and compensated. ''3~ Erw~ihnenswert ist auch die Arbeit von Becker, der auf die Erfolgsauswirkungen marktorientierter Untemehmensfi~hrung eingeht. 3~ In seinem Messmodell der marktorientierten Untemehmens~hrung greitt Becker auf Teilbereiche von Managementaufgaben zu~ck, n~imlich auf das Organisations-, Informations-, Planungs-, Kontrollund PersonalRihrungssystem. Das marktorientierte Personaltiihrungssystem untergliedert Becker in eine marktorientierte Personalakquisition, Aus- und Weiterbildung, Beurteilung und Bef'6rderung. 3~ Der Autor entwickelt fiar jedes dieser Systeme einen Messansatz, der Indikatoren fi~r das Ausmal3 ihrer marktorientierten Gestaltung enthalt. Ein zentrales Ergebnis dieser empirischen Arbeit ist, dass ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen der marktorientierten Untemehmensfiihrung und dem Gesch~iftserfolg besteht. 3~~Im Hinblick auf die praktische Umsetzung der marktorientierten Untemehmensf'tihrung kommt Becker zu dem Ergebnis, dass in bundesdeutschen Untemehmen bzw. Geschaftseinheiten noch erhebliche Defizite insbesondere fi~r das Personal~hrungssystem bestehen, dessen Marktorientierungsgrad deutlich un-
305Vgl. Papasolomou-Doukakis(2002), S. 98 f. 306Vgl. Ruekert (1992), S. 234. 307Ruekert (1992), S. 243. 3os Vgl. Becker, J. (1999). 309Vgl. Becker, J. (1999), S. 135 ff. 310Vgl. Becker, J. (1999), S. 202.
53 ter dem der tibrigen betrachteten Fiahrungsteilsysteme liegt. 311 Zusammenfassend l~isst sich feststellen, dass in konzeptionellen Arbeiten die Bedeutung des Intemen Marketing fiir die Marktorientierung eines Untemehmens sehr stark betont wird. Von einer systematischen Aufarbeitung des Intemen Marketing kann bisher nicht gesprochen werden. Empirische Studien, die den Einfluss des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen untersuchen, fehlen. Diese ForschungslUcke soil durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden.
311Vgl. Becker, J. (1999), S. 202.
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55
2.3.2 Zum Einfluss des Internen Marketing auf die marktorientierte Unternehmenskultur Das Interne Marketing steht mit der Entwicklung einer marktorientierten Untemehmenskultur in einer engen Beziehung. Grunds~itzlich miissen die Instrumente zur Beeinflussbarkeit der Untemehmenskultur ..... widerspruchsfrei aufeinander abgestimmt sein und sich idealerweise gegenseitig erg~nzen." 312 In der Literatur finden sich zahlreiche Hinweise da~r, dass die Vorbildfunktion der Fiihrungskrafie, marktorientierte Anreizsysteme, inteme Kommunikation und Training der Untemehmensmitglieder besonders wichtige Ansatzpunkte zur Entwicklung und F6rderung einer marktorientierten Untemehmenskultur darstellen. 313 Nach Schein besitzen v.a. die Fiihrungskrfifte einen besonderen Einfluss auf die Ausformung einer spezifischen Untemehmenskultur, weil sie aufgrund ihrer formalen Legitimation, Entscheidungen zu fallen und Weisungen zu erteilen, zentrale kulturelle Werte und Normen pr~.gen und vermitteln. 314 Die Ftihrungskr~ifie fungieren dann als ,,Kulturpromotoren", die den Untemehmensmitgliedem kunden- und wettbewerberorientierte Werte und Normen t~iglich vorleben. 315 Marktorientierte Anreize untersttitzen die Vorbildfunktion und bilden eine zus~tzliche Motivation. Marktorientierte Kriterien ~ r die Vergabe von Anreizen weisen die Untemehmensmitglieder darauf hin, dass Kunden- und Wettbewerberorientierung zu den zentralen Werten und Normen des Untemehmens geh6ren. Werden derartige Anreize mit ein und derselben Bemessungsgrundlage tiber einen Ringeren Zeitraum ausgeiabt, dann wird die Bemessungsgrundlage sich auch im Normen- und Wertesystem des Untemehmens verfestigen. 316 Diese Vorgaben werden (ihre Bew~ihrung vorausgesetzt) weitergetragen und im Verlauf der untemehmerischen Lemprozesse 317 nach einer gewissen Zeit zu kulturellen Standards. Trainings und interne Kommunikation steuem und untersttitzen diese Lemprozesse und fllhren dazu, dass sich die Leminhalte in der Untemehmenskultur niederschlagen und sie dadurch ver~indem. 31s Intemes Marketing pr~igt auf diese Weise die Untemehmenskultur, die durch Sozialisation in einem vielf~iltigen, meist indirekten Lemprozess 312Hilker (1993), S. 87 ff. 313 Vgl. Hilker (1993), S. 87 ft.; von der Oelsnitz (1999), S. 288 ff.; Stauss/Schulze (1990a), S. 152; Schulze (1992), S. 112. 314 Siehe hierzu Treichler (1994), S. 94. 315Vgl. hierzu Schein (1984a), S. 31 ff.; Bromann/Piwinger (1992), S. 111 ff.; vonder Oelsnitz (1999), S. 289 f. 316Vgl. Hentze/Lindert(1998), S. 1011; Homburg/Pflesser(1999), S. 7. 317Eine ausfiihrliche Darstellungdieser Lemprozesse liefertTreichler (1994), S. 115 ff. 318Vgl. hierzu Thompson/Luthans (1990), S. 329 ft.; Graf (2001), S. 1123; Willis (2003), S. 87 f. Scholz fasst zusammen: ..... jede Kommunikation(ist) kulturpr/igend.... " Scholz (2000), S. 823.
56 verinnerlicht wird. 319 Durch die kollektive Wahrnehmung und Interpretation der MaBnahmen des Internen Marketing erkennen die Unternehmensmitglieder marktorientierte Handlungsmuster, akzeptieren, verbreiten und stabilisieren diese. 32~ Im Laufe der Zeit gehen sie in den Erfahrungsschatz der Unternehmensmitglieder ein, werden durch Habitualisierung internalisiert und durch kulturuntersttitzende Symbole (Artefakte) weiter verst~irkt. 32~ Diese Ausfi~hrungen verdeutlichen jedoch auch, dass tief verankerte Werte und Normen nicht beliebig aufgel6st bzw. ersetzt werden kSnnen. 322 Die Beeinflussbarkeit der Unternehmenskultur ist ausschlieBlich durch langfristig angelegte MaBnahmen im Sinne einer vorsichtigen Kulturevolution mSglich. 323 Hierzu bedarf es des konstanten und langfristigen Einsatzes des Internen Marketing. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum in der Praxis schnell aufgesetzte Beratungsprojekte zur ,~mderung der Unternehmenskultur scheitern. Werden marktorientierte Werte und Normen lediglich in Form von Untemehmensgrunds~itzen, Leitbildern und Ftihrungsphilosophien festgeschrieben, verlieren sie ohne eine sichtbare Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte und entsprechende Kommunikation den Bezug zu den Unternehmensmitgliedern und bleiben lediglich Lippenbekenntnisse. 324 ,,To change culture without changing structure, systems, and people, or visions without positions, programs, and facilities, would appear to constitute an empty gesture - a change in thinking with no change in action. ''325 Erst durch das Interne Marketing kOnnen unternehmenskulturelle Werte und Normen beeinflusst werden. 326 Durch den integrativen Einsatz aller Instrumente ist das Interne Marketing mehr als die Summe der einzelnen Instrumente. Ahmed/Rafiq formulieren diese Ansicht folgendermaBen: ..... Internal Marketing not only manages the individual, but also the collective that makes up the organization . . . . This means more than just putting together individual qualities and capabilities, however important each in319Vgl. Sehein (1985), S. 148 ff.; Shapiro (1988), S. 118. 320Treichler (1994), S. 91. 321 Vgl. Treichler (1994), S. 89 ff. und Bleicher (1983), S. 135 ff. 322Vgl. vonder Oelsnitz (1999), S. 165. 323Vgl. bspw. Schein (1984), S. 40 f.; Sackmann (1990), S. 164; Schrey~gg (1991), S. 211, Ulrich (1984), S. 318. 324Zur Bedeutung und Problematik von solchen Grundsatzpapieren siehe z.B. Gabele/Kretschmer (1985), S. 13 f.; Ouchi (1981), S. 193 ff.; Garvin (1993), S. 78. 325 Mintzberg/Westley(1992), S. 41. 326Vgl. Stauss/Schulze (1990a), S. 152.
57 dividual and personal contribution may be. Internal Marketing works by bringing the individual into the collective. ''327 Hier wird der generelle Einfluss des Internen Marketing auf die Unternehmenskultur sehr deutlich. Am Beispiel des Telekommunikationskonzerns Ericsson stellt auch Gummesson fest, dass das Interne Marketing die Unternehmenskultur positiv beeinflusst. 328 Zusammenfassend kann man feststellen, dass das Interne Marketing mit der Entwicklung einer marktorientierten Unternehmenskultur in enger Beziehung steht. Es schafft ein Umfeld, in welchem marktorientierte Wert und Normen gef'6rdert werden und tr~igt auf diese Weise zur Pr~igung der marktorientierten Unternehmenskultur bei. 329 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Literatur bisher keine theoretische Erkl~irung ftir diese Wirkungszusammenh~inge liefert. Die oben dargestellten Zusammenhange basieren ausschliel31ich auf Plausibilit~itstiberlegungen. Empirische Studien, die den Einfluss des Internen Marketing auf die marktorientierte Unternehmenskultur untersuchen, sind jedoch bisher nicht vorhanden.
2.3.3
Zum Einfluss der Unternehmenskultur auf marktorientierte Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder
Unternehmenskultur ist definiert worden als ..... pattern of shared values and beliefs that help individuals unterstand organizational functioning and thus provide them norms for behavior in the organization. ''33~ Marktorientierte Verhaltensweisen setzen unternehmensweit akzeptierte Werte und Normen voraus, die den hohen Stellenwert von Kundenbeziehungen und Wettbewerbervorteilen betonen. TM Diese Uberlegung wird durch folgendes Zitat verdeutlicht: ,,If creating a market orientation were merely a matter of directing that certain desired behaviors continuously occur, we would not see such large numbers of business failing to create and maintain a market orientation. ,,332
Oft wird die Ansicht vertreten, dass marktorientierte Untemehmenskultur und marktorientierte Verhaltensweisen zueinander kompatibel sind und sich gegenseitig erg~in327Ahmed/Rafiq (2003), S. 1182. 32s Vgl. Gummesson (1987), S. 14 f. 329Vgl. Schulze (1992), S. 112. 330Deshpand6/Webster(1989), S. 4. Siehe hierzu auch Abschnitt 2.1.1.2.3. 331 Vgl. Messikomer (1987), S. 53 ff.; Hilker (1993), S. 76 f.; Deshpand6/Farley/Webster(1993), S. 27 f.; vonder Oelsnitz (1999), S. 278; K/3hler(2003), S. 129. 332Narver/Slater/Tietje (1998), S. 242 f.
58 zen. 333 Mitunter wird die Marktorientierung sogar als Synonym fiir ,,marktorientierte Unternehmenskultur" gebraucht. 334
Die Studie von Pflesser stellt die erste dar, die den Einfluss untemehmenskultureller Werte, Normen und Artefakte auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder empirisch prtift. 335 Hierbei wird die marktorientierte Untemehmenskultur als ein Mehr-Ebenen-Modell konzeptualisiert, das aus den folgenden vier Elementen besteht: marktorientierte Werte, marktorientierte Normen, Artefakte ~ r Marktorientierung und marktorientierte Verhaltensweisen. 336 Im Rahmen dieser Studie 337 wird ein Messmodell der marktorientierten Untemehmenskultur entwickelt. FOr jedes Element der Unternehmenskultur entwickelt Pflesser Indikatoren ~ r das Ausmal3 ihrer marktorientierten Auspr~igung, anhand derer die Operationalisierung der marktorientierten Kulturelemente erfolgt. 33s
Pflesser entwickelt sein Untersuchungsmodell auf der theoretischen Grundlage der sozialpsychologischen Theorie von Katz~ahn. 339 Laut dieser Theorie ist der zentrale Zweck yon Untemehmen die Generierung yon Output durch bestimmte Verhaltensmuster der Untemehmensmitglieder. Ein Kernproblem von Untemehmen ist hierbei die Reduktion yon Variabilit~it und Instabilitat der Verhaltensweisen der einzelnen Untemehmensmitglieder und die Entwicklung einheitlicher, verRisslicher Verhaltensmuster. 34~Der wichtigste Mechanismus zur Entwieklung einheitlicher Verhaltensmuster ist die Wirkung unternehmensweit geteilter Werte und Normen. Werte stellen die rechtfertigende Grundlage ~ r Normen dar, die wiederum die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder vorschreiben und sanktionieren. TM Hierbei geht die Theorie davon aus, dass Werte und Normen die Integration der Verhaltensweisen erst dann bewirken, wenn bestimmte Voraussetzungen er~llt sind. Erstens miissen Werte und Normen kla-
333 Vgl. u.a. Deng/Dart (1994), S. 725 ft.; Cadogan/Diamantopoulos (1995), S. 41 ft.; Deshpand6/Farley (1996), S. 1 ff.; Meehan (1996), S. 47 ft.; Griffiths/Grover (1998), S. 312 f.; Deshpand6/Farley (1998), S. 213 ft. 334 Vgl. Krohmer (1999), S. 37. 335 Vgl. Pflesser (1999). 336 Pflesser betrachtet hier Verhaltensweisen als ein Element der Untemehmenskultur. Vgl. Pflesser (1999), S. 62. 337 gs handelt sich hier um eine brancheniibergreifende, schriftliche Befragung yon 160 Fiihrungskr~iften strategischer Gesch~ittseinheiten in deutschen Untemehmen. Vgl. ausflihrlich zur Datengrundlage Pflesser (1999), S. 119 ff. 33s Vgl. Pflesser (1999), S. 127 ff. 339 Vgl. Katz/Kahn (1978). 340 Vgl. Katz/Kahn (1978), S. 41 ff. 341 Vgi. Katz/Kahn (1978), S. 43 ff.
59 re Hinweise auf das geforderte Verhalten geben. Zweitens mtissen die Werte und Normen v o n d e r Mehrheit der Untemehmensmitglieder akzeptiert werden. Drittens muss die Existenz dieser Werte und Normen den Untemehmensmitgliedem bekannt sein. 342 Pflesser tibertr~igt die Theorie von K a t ~ a h n auf die marktorientierte Untemehmenskultur und nutzt sie zur Generierung von Hypothesen. 343 Zus~itzlich betrachtet der Autor Artefakte, die die Werte und Normen symbolisch vermitteln. Die empirische Untersuchung der Beziehungen zwischen den Kulturelementen zeigt, dass sich grundlegende Werte der Marktorientierung positiv auf entsprechende Normen auswirken, diese wiederum einen positiven Einfluss auf Artefakte der Marktorientierung und auf marktorientierte Verhaltensweisen haben. 344
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Marktorientierung
1
I Verhaltensweisen Marktorientie e1
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I Normen for Marktorientierung 1
1 die Marktorientierung f'6rdem
Abbildung3: Wirkung der einzeinen Unternehmenskulturelemente auf marktorientierte Verhaltensweisen Quelle: in Anlehnung an Pflesser (1999), S. 68.
Zentrale Ergebnisse in Pflessers Arbeit besagen, dass marktorientierte Werte und Normen sowohl direkt als auch indirekt tiber Artefakte die marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder positiv beeinflussen. Der indirekte Effekt tiber Artefakte ist jedoch st~irker.345 Pflesser schlussfolgert, dass ..... Werte und Normen in hohem Mage symbolisch tiber Artefakte der Marktorientierung vermittelt werden. ''346 Diese Feststellung darfjedoch nicht so missverstanden werden, dass Artefak342Vgl. Katz/Kahn (1978), S. 394. 343Vgl. Pflesser (1999), S. 56 f. 344Vgl. Pflesser (1999), S. 68. 345Vgl. Pflesser (1999), S. 216 f. 346Pflesser (1999), S. 216.
60 ten eine hShere Bedeutung zukommt als Werten und Normen. Sie sind lediglich ein sichtbarer Ausdruck der zugrunde liegenden Werte und Normen und erhalten erst durch diese Kulturelemente ihre eigentliche Bedeutung. 347
2.4 Fazit der konzeptionellen Grundlagen und Forschungsdefizite In Abschnitt 2.1 wurde verdeutlicht, dass es unterschiedliche Definitionen der Marktorientierung gibt. Die informationsorientierte Perspektive geht davon aus, dass die Gewinnung, Verbreitung und Reaktion auf Markinformationen drei wichtige Elemente tier Marktorientierung sind. Vor dem Hintergrund der Bedeutung marktorientierter Verhaltensweisen aller Untemehmensmitglieder wird deutlich, dass die Gewinnung und Verbreitung von Marktinformationen nicht mehr das Hauptproblem der Implementierung darstellt. Statt der Gewinnung und Verbreitung wird die praktische Berticksichtigung von Marktinformationen zum erfolgsbestimmenden Engpass. ,,Die Akzente verschieben sich demzufolge von der Sender- zur Empfangerproblematik. ''348 Die UntemehmensR~hrung muss den Untemehrnensmitgliedem nicht nur Informatiohen bieten, sondem gleichzeitig auch zu deren praktischer Berticksichtigung anregen. Wettbewerbsvorteile liegen weniger im Gewinnen und Verbreiten als vielmehr in der konsequenten Reaktion auf Marktinformationen begrtindet. 349Von den drei Elementen der Marktorientierung (aus der Sicht der informationsorientierten Perspektive) iabt lediglich die Reagibilit~it auf Marktinformationen einen direkten Einfluss auf den Erfolg eines Untemehmens aus. Die Gewinnung und interne Verbreitung von Informationen beinhalten noch keine an den Markt gerichteten MaBnahmen, welche den Untemehmenserfolg unmittelbar beeinflussen. Erst die marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ~hren zum Markterfolg. Gelingt es nicht, die gewonnenen und intern verbreiteten marktrelevanten Informationen in marktorientiertes Verhalten der Untemehmensmitglieder umzusetzen, wird Marktorientierung ausbleiben. Oft liegt gerade in der Phase des Obergangs vom Marktwissen zum faktischen Tun die h~iufigste Ursache Rir ein wenig marktnahes Unternehmensverhalten. 35~Die blof~e Gewinnung und Verbreitung von Marktinformationen stellt eine notwendige, keinesfalls aber hinreichende Bedingung ~ r marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder dar. Vielmehr handelt es sich bei diesen zwei Komponenten der Marktorientie347Vgl. Schrey6gg(2003), S. 457 f. sowieAusf'tihrungenin Abschnitt2.1.1.2.1. 348von der Oelsnitz (1999), S. 313. 349Vgl. Menon/Varadarajan (1992), S. 53 ff.; MoormardZaltman/Deshpand6 (1992), S. 314 ft.; Maltz/Kohli (1996), S. 47 ft. 35oVgl. vonder Oelsnitz (2000a), S. 78.
61 rung eher um m6gliche Voraussetzungen, die erst dann tats~chlich einen tiberragenden Wert ~ r den Kunden schaffen, wenn sie in ein entsprechendes Verhalten der Unternehmensmitglieder tiberflihrt werden. Bei der kulturellen Perspektive wird Marktorientierung als eine Form der Untemehmenskultur betrachtet, wobei auch hier die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder eine entscheidende Rolle spielen. Deutlich wird dies insbesondere dadurch, dass die Messung der Marktorientierung bei dieser Perspektive haupts~ichlich tiber Verhaltensweisen erfolgt. TM Hierbei wird unterstellt, dass marktorientierte Untemehmenskultur zwangsl~iufig immer zu entsprechenden Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ~hrt. Allerdings basiert diese Annahme lediglich auf Plausibilit~itstiberlegungen. Eine theoretisch fundierte Begrtindung dieses Zusammenhanges erfolgt bei diesen Arbeiten nicht. Die erste Arbeit, die den Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder empirisch untersucht, ist die Arbeit von Pflesser. Allerdings geht Pflesser nicht darauf ein, wie marktorientierte Untemehmenskultur entsteht und gef'6rdert werden kann. Die Bestandsaufnahme der Literatur zur Implementierung der Marktorientierung zeigt, dass sich die empirische Forschung insbesondere auf ImplementiemngsmaBnahmen im Bereich der strukturellen Betrachtungsebene konzentriert. Im Bereich der verhaltensorientierten Ebene existieren nach wie vor deutliche Forschungsdefizite. 352 Es sind jedoch gerade die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder, die h~iufig als eine Hauptursache ~ r die fehlende Marktorientierung in der Untemehmenspraxis angesehen werden. 353 ,,Getting the marketing concept understood and accepted is still the biggest challenge faced by any organization. ''354 Die bisherige Forschung greift viel zu wenig die Frage auf, ob Implementierungsmal3nahmen die Untemehmensmitglieder zur Beachtung von Umfeldparametem auffordem und damit marktorientierte Verhaltensweisen f'6rdem. Die Marketingforschung muss zur Verbesserung dieses Zustandes beitragen, indem sie sich verst~irkt mit der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen im Untemehmen auseinandersetzt.
351Mit Ausnahme der Arbeit von Pflesser. Vgl. hierzu Kap. 2.1.1.2.3. 352Vgl. Abschnitt 2.1.2.2. 353Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.2.3. 354Webster (1981), S. 14.
62 Mit dieser Problematik beschafiigt sich deshalb die vorliegende Arbeit. In Abschnitt 2.1.1.3 wurden die Kunden- und Wettbewerberorientierung als Kemelemente der Marktorientierung dargestellt. Aus diesem Grund konzentriert sich diese Arbeit auf die Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen. Basierend auf diesen Uberlegungen sollte die Verhaltensausrichtung aller Untemehmensmitglieder sowohl an den Kunden, ihren Wilnschen und Bediirfnissen, als auch an den Wettbewerbem des Untemehmens und deren Aktivitaten erfolgen. 355 Es wird davon ausgegangen, dass die Marktorientierung eines Untemehmens um so h6her ist, je starker die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder kunden- und wettbewerberorientiert ausgepragt sind. Es ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit zu prOfen, inwieweit das Interne Marketing in der Lage ist, diese Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu beeinflussen. Des Weiteren gilt es zu eruieren, ob das Interne Marketing einen Einfluss auf die marktorientierte Untemehmenskultur hat und ob diese die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder in Richtung einer starkeren Kunden- und Wettbewerberorientierung beeinflussen kann. Ziel dieser Arbeit ist es, die Wirkungszusammenhange zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu erforschen. Wie im Rahmen der Bestandsaufnahme der Literatur tiber Marktorientierung herausgestellt wurde, verfiigen insbesondere die empirischen Arbeiten nur selten tiber ein solides theoretisches Fundament. Die Literatur liefert eine Vielzahl von Hinweisen zu Wirkungszusammenhangen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Unternehmenskultur sowie Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Allerdings basieren diese Arbeiten, mit Ausnahme der Studie von Pflesser, fast ausschlieBlich auf Plausibilitatstiberlegungen bzw. betrachten lediglich einzelne Instrumente des Internen Marketing. Ein wesentlicher Anspruch der vorliegenden Arbeit besteht darin, die vermuteten Wirkungszusammenhange theoretisch zu fundieren. 355 Vgl. z.B. Narver/Slater/Tietje (1998), S. 242; vonder Oelsnitz (1999), S. 144 und vonder Oelsnitz (2000a), S. 75. Wie bereits in Abschnitt 2.1.1.3 dargestellt, erfordert die Marktorientierung auch die Beachtung yon weiteren umweltbezogenen Faktoren, wie z.B. gesellschaftliche, gesetzliche oder technologische Variablen, um frOhzeitig ktinfiige Kundenbedtlrfnisse systematisch abschatzen und entsprechende MaBnahmen einleiten zu k6nnen. Die inhaltliche Konzeption der Marktorientierung in dieser Arbeit stellt allerdings lediglich auf die gleichzeitige BerOcksichtigung yon Kunden- und Wettbewerberorientierung ab. Weitere umweltbezogene Faktoren flieBen in diese Arbeit lediglich insofern ein, dass die langfristigen Interessen der Kunden einer Beeinflussung bzw. Pragung durch ihr Umfeld unterliegen und dementsprechend ohnehin bereits im Rahmen der Kundenorientierung Beachtung finden. Die gleiche Auffassung vertritt z.B. Fritz (1995), S. 34.
63 3
Theoretische
Grundlagen
Ein wesentliches Ziel dieser Arbeit ist es, mit Hilfe von geeigneten Theorien den Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierten Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder zu untersuchen. Bei der Auswahl geeigneter Theorien taucht das Problem auf, dass bedingt durch die Komplexit~it des Verhaltens zahlreiche Theorien 9 " n" , jedoch nicht explizit fodie Beeinflussung von Verhaltensweisen zwar ,,mlterklare
kussieren. Ihre Anzahl und Unterschiedlichkeit ist derart grofS, dass eine ausfiahrliche Darstellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen wOrde. Um die Auswahl an geeigneten Theorien einzugrenzen, ist es notwendig, zun~ichst die Bestimmungsgr6Ben menschlichen Verhaltens zu erl~iutem. Zu diesem Zweck wird ein integrales Verhaltensmodell vorgestellt, das grunds~itzliche Einflussfaktoren des Verhaltens beinhaltet und ihre Wirkungsweisen erl~iutert. Wie zu zeigen sein wird, wird das Verhalten von Untemehmensmitgliedem sowohl durch das Individuum selbst als auch durch die Situation im Untemehmen beeinflusst. Basierend auf diesem Modell erfolgt die Auswahl weiterer Theorien. Zur Erkl~irung der individuellen Einflussfaktoren auf das Verhalten wird im zweiten Kapitel dieses Abschnitts die integrative Lemtheorie vorgestellt. Der Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierte Untemehmenskultur wird mit Hilfe einer organisationalen Lemtheorie erl~iutert. Der Einfluss marktorientierter Untemehmenskultur auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder wird durch die Dissonanztheorie und den institutionalistischen Ansatz beg~ndet. Darilber hinaus werden vor dem Hintergrund des situativen Ansatzes Bedingungen betrachtet, unter denen der Zusammenhang zwischen Intemem Marketing und marktorientierten Verhaltensweisen verst~irkt oder abgeschw~icht wird (moderierende Effekte).
3.1
Integrales V e r h a l t e n s m o d e l l
Das integrale Vcrhaltensmodr
berUcksichtigt mehrere Bcstimmungsgr613cn mensch-
lichen Verhaltens, indem es davon ausgeht, dass das menschliche Verhaltcn sowohl durch die Person als auch durch die Situation bestimmt wird. 356 Zu den personalen Determinanten z~ihlen das individuelle ,,K6nnen" und das individuelle ,,Wollen". Zu den situativcn Determinantcn zfihlcn das sozialr ,,Di~rfen und Sollen" und die ,,situativr 356Das integrale Verhaltensmodell geht auf den Ansatz yon Lewin (1963) zuri~ck, dessen Feldtheorie besagt, dass sich das Verhalten immer aus dem Zusammenspiel yon Person und Situation ergibt. Vgl. hierzu ausfiihrlich Lewin (1963), S. 271 ff.
64 Erm6glichung". 357 Da dieses Modell ~ r nahezu alle Bereiche menschlichen Verhaltens Gi~ltigkeit besitzt, bietet sich ~ r die Problemstellung der vorliegenden Arbeit die Obertragung des Modells auf die Untemehmensebene und die thematische Eingrenzung der einzelnen Verhaltensdeterminanten auf den Bereich der Marktorientierung an. 358 Im Zentrum eines Modells der marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder stehen deshalb die Einflussgr613en g e m ~ Abbildung 4.
K~innen ...
von Marktorientierung
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&. Wollen von Marktorientierung
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Verhaltensweisen
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SituativesE!m6glichen von Marktorientierung t
"......
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Diirfen und Sollen von Marktorientierung
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Abbiidung4: Einflussgr6flenmarktorientierterVerhaltensweisender Unternehmensmitglieder Quelle: in Anlehnung an von Rosenstiel (1988), S. 216.
Von grundlegender Bedeutung ftir das Zustandekommen marktorientierter Verhaltensweisen ist zun~ichst das ,,K~innen" von Marktorientierung. Das ,,K6nnen" schliefSt das gesamte Leistungspotenzial eines Untemehmensmitglieds ein, welches ihm ~ r marktorientiertes Verhalten zur VerfOgung steht, und kann mit dem Begriff der marktorientierten Qualifikation gleichgesetzt werden. Es lassen sich drei grundlegende Elemente marktorientierter Qualifikation unterscheiden: die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz. 359 Die Fachkompetenz kommt vorrangig in den F~ihigkeiten und Fertig-
357Vgl. ausfiihrlich von Rosenstiel (1988), S. 215 f.; von Rosenstiel (1999b), S. 47 ff.; Schanz (2000), S. 130 ff.; von Rosenstiel (2003b), S. 78 ff. 358Eine ~ihnlicheVorgehensweise wurde zur Erkl~irungdes kundenorientierten Verhaltens herangezogen. Vgl. Behrends/Schier (2000), S. 147 ff. und Thurau (2002), S. 75 ft. 359Diese wird auch als soziale Kompetenzbezeichnet. Vgl. hierzu aus~hrlich Faix/Laier(1991).
65 keiten des Untemehmensmitglieds zum Ausdruck. 36~ Die Methodenkompetenz bef~ihigt den Einzelnen, seine individuellen F~ihigkeiten und Fertigkeiten miteinander zu verbinden, Probleme zu erkennen und zu 16sen. 361 Die soziale Kompetenz erleichtert den Umgang des Einzelnen mit anderen Untemehmensmitgliedem und wirkt positiv auf das Initiieren von Interaktionen mit Marktpartnem. 362 Im Rahmen des Intemen Marketing hat insbesondere das interne Training einen Einfluss auf die Qualifikation der Untemehmensmitglieder. Fahigkeiten und Fertigkeiten (z.B. Spezialwissen tiber ein Produkt) k6nnen durch Aus- und Weiterbildungen vermittelt werden. In Bezug auf die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen haben sich insbesondere konkrete Verhaltenstrainings als sinnvoll erwiesen. 363
Es ist zu beachten, dass es sich bei der K6nnens-Komponente lediglich um eine Leistungspotentialgr6f~e handelt. Ftir die Realisierung marktorientierter Verhaltensweisen ist eine Aktivierung dieser Leistungspotentiale erforderlich, damit die Untemehmensmitglieder bereit sind, ihre Qualifikation zielf'tihrend einzusetzen (,,Wollen" von Marktorientierung). 364 Das ,,Wollen" d~ckt sich in den Antriebskr~iften, die in einer Person liegen, aus und kann mit dem Begriff der Motivation verglichen werden. 365 Aus der Erforschung der Motivation sind zahlreiche Motivationstheorien hervorgegangen. 366 Ftir die Erkl~imng der
Wollens-Komponente von Untemehmensmitgliedem
werden in der Literatur insbesondere die so genannten Erwartungs-Valenz-Theorien empfohlen. 367 In der vorliegenden Arbeit wird deshalb die Erwartungs-Valenz-Theorie von Vroom herangezogen. 368 Auf der Basis empirischer Untersuchungen und unter der Annahme, dass menschliches Verhalten subjektiv rational abl~iuft, geht Vroom davon aus, dass sich die Motivation eines Menschen, eine bestimmte Aktivit~it durchzufllh360 Eine aus~hrliche Erl~iuterung der Begriffe ,,F~ihigkeiten" und ,,Fertigkeiten" erfolgt bei Fleishman/Bartlett (1969), S. 140 ff. 361 Vgl. Berthel/Becker (2000), S. 223 f. 362Vgl. von Rosenstiel (1988), S. 217; Schuler/Barthelme (1995), S. 77 ft.; Gebert/von Rosenstiel (2002), S. 68. 363Vgl. Schulze (1992), S. 120 f.; Mohr-Jaekson (1991), S. 462; Harris/Piercy (1997), S. 37 f.; Becker, J. (1999), S. 137 f.; Hilker (1993), S. 138 f. 364 So weisen Gebert/von Rosenstiel ausdrticklich darauf hin, dass sich durch ein gezieltes Training nicht gezielt die Motivation beeinflussen l/isst. Vgl. Gebert/von Rosenstiel (2002), S. 303 f. 36s Motive sind hypothetisehe Konstrukte, die eine Uberdauemde Verhaltensbereitschafi darstellen. Sie sind auf bestimmte Ziele gerichtet und 16sen bei Anregung die Motivation aus, welche als ein aktivierender Prozess mit richtungsgebender Tendenz umschrieben wird. Vgl. hierzu ausf'tihrlich von Rosenstiel (1975), S. 453 ft.; Nerdinger (2003a), S. 19 ff.; Fischer/Wiswede (2002), S. 95 ff. 366 Vgl. hierzu ausf'tihrlich Wolf, J. (2003), S. 188 ff. 367Neuberger untersuchte diverse Motivationstheorien hinsichtlich ihrer Vorteile und Nachteile im Hinblick auf die Erkl~rung mitarbeiterseitiger Motivation. Hierbei werden lediglich die Erwartungs-Valenz-Theorien tiberwiegend positiv beurteilt. Vgl. hierzu Neuberger (1974), S. 71 ff. 368 Vgl. ausf'tihrlich Vroom (1964).
66 ren, aus der individuellen Wertigkeit eines Ergebnisses (Valenz) und der Wahrscheinlichkeit, dass auf eine bestimmte Handlung ein bestimmtes Ergebnis folgen wird (Anstrengungs- und Konsequenzerwartung), zusammensetzt. 369 Demnach wird das ,,Wollen" von Marktorientierung durch drei zentrale Komponenten und ihr Zusammenwirken beeinflusst: die Valenz, die Anstrengungs- und die Konsequenzerwartung. Die Valenz aus Sicht eines Untemehmensmitglieds ist als subjektiv wahrgenommener Wert einer Handlungskonsequenz zu verstehen. Sie beschreibt die Attraktivitat, die der Mensch einem bestimmten Ergebnis zuschreibt, welches er durch sein Verhalten zu erreichen sucht. Die Bereitschaft zu marktorientierten Verhaltensweisen ist demnach von der subjektiven Konsequenz abh~ingig, d.h. inwieweit eine positive Konsequenz (z.B. durch Belohnung) als wertvoll und erstrebenswert angesehen wird bzw. eine negative Konsequenz (Sanktion) vermieden werden kann. Die Motivation der Untemehmensmitglieder kann dabei durch materielle (monet~ire Belohnungen, Gehaltserh6hungen, Pr~imien etc.) und immaterielle Anreize (Lob, Anerkennung, 6ffentliche Auszeichnung etc.) aktiviert werden, die die H6he der Valenz des Einzelnen beeinflussen. Den starksten Einfluss auf die Motivation der Untemehmensmitglieder, sich marktorientiert zu verhalten (,,Wollen von Marktorientierung"), haben marktorientierte Anreize. Grunds~tzlich gilt: je erstrebenswerter der Anreiz, desto h6her die Valenz fiir marktorientierte Verhaltensweisen. 37~ Die Anstrengungserwartung beschreibt die subjektiv wahrgenommene Wahrscheinlichkeit, intendiertes Verhalten auch zeigen zu k6nnen, d.h. das Untemehmensmitglied bewertet seine MSglichkeiten, sich marktorientiert verhalten zu k6nnen. Je hSher er die Wahrscheinlichkeit einsch~itzt, dass seine Anstrengungen den Anforderungen genUgen werden, desto grSBer ist auch seine Motivation sich marktorientiert zu verhalten. Die Konsequenzerwartung spiegelt die subjektive Einsch~itzung eines Untemehmensmitglieds wider, ob das von ihm geforderte Verhalten auch zu der von ihm angestrebten Belohnung Rihren wird. Je mehr er davon Uberzeugt ist, dass sein marktorientiertes Verhalten tatsachlich ausreichend belohnt wird, desto motivierter ist er, sich marktorientiert zu verhalten. 369Vgl. Vroom (1964), S. 17 ff.; Scholz (2000), S. 895 ff.; Schanz (2000), S. 118 f.; Sttihrenberg (2003), S. 114 f. 370Vgl. ausfiihrlich zu motivationalenGrundlagen von Anreizsystemenvon Rostensiel (1999b), S. 47 ff.; Hentze/Lindert(1998), S. 1010ft.
67 Das AusmaB an ,,Wollen" von Marktorientierung l~isst sich durch eine multiplikative Verkniipfung der Valenz, Anstrengungs- und Konsequenzerwartung bestimmen. Die multiplikative Verknilpfung weist auf das komplexe Zusammenwirken der drei Motivationselemente hin und schlieBt eine gegenseitige Kompensation aus. 371 Die Bereitschaft eines Unternehmensmitglieds, sich marktorientiert zu verhalten, tritt nur dann auf, wenn jede der drei Gr6Ben ungleich null ist. 372 Ist z.B. ein Untemehmensmitglied an einer durch marktorientiertes Verhalten zu erreichenden monet~iren Gratifikation nicht interessiert (Valenz = 0), so wird es nicht bereit sein, sich marktorientiert zu verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn es sich marktorientiert verhalten k6nnte (Anstrengungserwartung > 0) und die Wahrscheinlichkeit der monet~iren Gratifikation ftir marktorientiertes Verhalten groB ware (Konsequenzerwartung > 0). Ein Untemehmensmitglied, dem die monet~ire Gratifikation wichtig ist (Valenz > 0), das sich in der Situation entsprechend marktorientiert verhalten k0nnte (Anstrengungserwartung > 0), das aber nicht daran glaubt, dass sein Verhalten auch v o n d e r Untemehmensleitung tats~ichlich honoriert wird (Konsequenzerwartung = 0), wird ebenfalls nicht bereit sein, sich marktorientiert zu verhalten. Diese Beispiele verdeutlichen, dass das ,,Wollen" von Marktorientierung sehr individuell ist, weil jeder die Anreize, Anstrengungen und Konsequenzen ~iuBerst subjektiv einsch~tzt. 373 Das ,,Diirfen und Soilen" von Marktorientierung 374 stellt eine Art sozialer Erwilnschtheit von marktorientierten Verhaltensweisen dar und ~iuBert sich in Gesetzen, Normen und Regelungen, wie z.B. Ft~hrungsgrunds~itzen und Betriebsvereinbarungen. 375 Hierbei sind nicht nur die konkreten und formalen Regeln, sondem auch die subjektiv empfundene soziale Erwiinschtheit einer Verhaltensweise von Bedeutung. 376 Insofem beinhaltet die Komponente des ,,Dtirfen und Sollen" nicht nur situative, sondem auch pers6nliche Bestandteile. Die Verhaltensweisen der Fiihrungskr~ifie haben einen starken Einfluss auf diese Komponente, da sie durch ihr Verhalten den Unternehmensmitgliedern verdeutlichen, was von ihnen erwartet wird. In der Literatur wird des Weiteren h~iufig darauf verwiesen, dass die Untemehmenskultur einen starken Einfluss auf die subjektiv wahrgenommene Erwianschtheit einer Verhaltensweise hat und 371 Vgl. Wolf, J. (2003), S. 192. 372Ein Handlungsantrieb tritt nur auf, wenn jede der drei Gr6Ben ungleich Null ist. Vgl. Wolf, J. (2003), S. 192. 373Vgl. hierzu auch Thurau (2002), S. 108 ff. 374Die Formulierung ,,DUrfen und Sollen" verdeutlicht, dass ein graduellerUnterschied darin besteht, ob eine Verhaltensweisenvon der sozialen Umgebungnur erlaubt (dtirfen) oder sogar durch sozialen Druck gefordert ist (sollen). 375Vgl. hierzu Hentze/Lindert(1998), S. 1015 f. 376Vgl. von Rosenstiel (1988), S. 216 f.; Thurau (2002), S. 48.
68 somit das ,,Dtirfen und Sollen" stark beeinflusst. 377 Demnach wird ein Untemehmensmitglied nur in einer marktorientierten Untemehmenskultur darauf vertrauen, dass es sich marktorientiert verhalten darf und soil. Die
,,situative Ermiiglichung" beinhaltet alle ~iuBeren Umst~inde, die marktorientierte
Verhaltensweisen eines Untemehmensmitglieds begtinstigen k/3nnen. Hierzu z~ihlen neben grundlegenden strukturellen und materiellen Bedingungen und Ressourcen, z.B. Telefone und E-mail-Accounts ~ r Kundenkontakte, 378 insbesondere die zur Verfiigung gestellten Informationen. Untemehmensmitglieder kSnnen sich nur dann marktorientiert verhalten, wenn sie kontinuierlich tiber Kunden und tiber Wettbewerber des Untemehmens informiert werden. Aus diesem Grunde wird diese EinflussgrSBe oft auch als die Kennens-Komponente bezeichnet. 379 Im Rahmen des Intemen Marketing hat insbesondere die interne Kommunikation einen hohen Einfluss auf diese Verhaltenskomponente. Diese Ausfiihrungen verdeutlichen, dass kein Instrument des Intemen Marketing eine gleichzeitige Beeinflussung aller Verhaltensdeterminanten gew~ihrleisten kann. Allerdings beeinflussen sich die Instrumente des Intemen Marketing gegenseitig. Besitzt ein Mitarbeiter eine hohe Qualifikation, sich marktorientiert zu verhalten (KSnnen), dann wird er auch eigenst/indig um den Abbau von Btirokratie und um die Erweiterung seiner Entscheidungsbefugnisse bemtiht sein (Dtirfen und Sollen). Ist umgekehrt einem Untemehmensmitglied bewusst, dass marktorientierte Verhaltensweisen im Unternehmen gewollt und gefordert werden (Dtirfen und Sollen), dann steigen seine Anstrengungs- und Konsequenzerwartung und damit einhergehend auch die Bereitschafi, sich marktorientiert zu verhalten (Wollen). Auch zwischen dem Wollen und K/Snnen von Marktorientierung bestehen tiberwiegend positive Interdependenzen. Das KSnnen von Marktorientierung beeinflusst z.B. das AusmaB an Motivation (Wollen) positiv, weil das Wissen um die eigenen F~ihigkeiten von Marktorientierung dem Untemehmensmitglied Sicherheit und Selbstvertrauen gibt, die mit einer steigenden Motivation einhergehen. 38~ Das Wollen von Marktorientierung tr~igt wiederum dazu bei,
377Vgl. hierzu insb. Schneider/Rentsch (1987), S. 5 ft.; Bowen/Lawler (1995), S. 82 und Stewart/Mantz (1995), S. 747 ft. 37s In Bezug auf die Marktorientierung wird im Folgenden davon ausgegangen, dass derartige strukturelle und materielle Bedingungen eine Grundvoraussetzung f'tir die Marktorientierung darstellen und in jedem Unternehmen gegeben sind. 379Vgl. hierzu z.B. Hilker (1993), S. 137. 38oDiese Erkl~ung basiert auf der Erwartungs-Valenz-Theorie. Vgl. hierzu auch ausf'tihrlich Thurau (2002), S. 107 ff.
69 dass die Untemehmensmitglieder von sich aus ein Interesse daran besitzen, sich die ~ r eine Erfiillung von KundenwOnschen und Beobachtung von Wettbewerbem notwendige Fach- und Sozialkompetenz anzueignen (K6nnen), und um entsprechende Marktinformationen bemiaht sind. Im Hinblick auf die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen ist folgende Aussage von Rosenstiels von zentraler Bedeutung: ,,Wer aus verhaltenswissenschafilicher Perspektive Ver~indemngsprozesse in der Organisation zu steuem hat, sollte jeweils iiberprtifen, ob seine MaBnahmen an allen vier Einflussgr6Ben der Verhaltens~inderung koordiniert ansetzen. Wird nur einer dieser Punkte vergessen, so kann daran das gesamte Konzept in seiner Umsetzung scheitem. ''3sl Wie oben dargestellt, kann kein Instrument des Intemen Marketing eine gleichzeitige Beeinflussung aller Verhaltensdeterminanten gew~ihrleisten, so dass sich der isolierte Einsatz eines einzelnen Instrumentes des Intemen Marketing als unzureichend flir die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen erweist. Vielmehr mtissen alle vier hier betrachteten Instrumente des Intemen Markting (interne Kommunikation, internes Training, Anreize und Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifie) integrativ eingesetzt werden, damit eine Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen erfolgreich ist. Diese Feststellung ist von zentraler Bedeutung fiir die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen und wird bei der Entwicklung des Bezugsrahmens der Untersuchung sowie bei der Generierung von Hypothesen berficksichtigt. 3s2
3.2
Lerntheorien
Aus lemtheoretischer Sicht beinhaltet der Begriff des ,,Lemens" nicht nur den Erwerb und die Speicherung von Wissen, sondem auch den Erwerb und die Modifikation von Verhaltensweisen. 3s3 Aus diesem Grund sind Lemtheorien ~ r die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen von Bedeutung. Grunds~itzlich werden im Rahmen individueller Lemtheorien drei Ans~itze unterschieden: behavioristische Ans~itze, in deren Zentrum Reiz-Reaktions-Modelle stehen, 3s4 kognitive Ans~itze, die von vermit381 von Rosenstiel (1997), S. 202. 382 Siehe hierzu Kapitel 4. 3s3 Beide Aspekte beeinflussen sich gegenseitig, da A,nderungen im Wissensbereich ofimals ver~indertes Verhalten nach sich ziehen und Erfahrungen im Verhaltensbereich gespeichertes Wissen bilden. Vgl. Fischer/Wiswede (2002), S. 853. 3s4 Die behavioristischen Lerntheorien versuchen den Lernprozess unter der impliziten Verwendung der sog. ,,Black-Box-Methode" abzubilden. Sie betrachten ausschliel31ich objektivierbare ~iuBere Reize und Reaktionen. Die Verarbeitungsmodi des Organismus werden dabei g~inzlich ausgeblen-
70 telnden Prozessen zwischen dem Auttreten eines Reizes und einer Reaktion ausgehen und Verarbeitungsmodi des Organismus einbeziehen, sowie soziale Ansatze, die sich mit Lemprozessen im sozialen Kontext auseinandersetzen und sowohl behavioristische als auch kognitive Elemente beinhalten. Behavioristische und kognitive Lemtheorien konzentrieren sich ausschlieBlich auf die Lemprozesse eines Menschen ohne Berticksichtigung seines sozialen Umfelds. 3s5 Es stellt sich zunachst die Frage, welche dieser Lemtheorien ~ r das vorliegende Forschungsvorhaben besonders geeignet sind. Bei der Eingrenzung relevanter Lemtheorien sind zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen befasst sich diese Arbeit mit der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen mit Untemehmensmitgliedem als Individuen im organisationalen und somit auch sozialen Kontext. Zum anderen wurde durch das integrale Verhaltensmodell deutlich, dass marktorientierte Verhaltensweisen in einer Wechselbeziehung zwischen Person (,,K6nnen" und ,,Wollen" von Marktorientierung) und Situation (,,Dtirfen und Sollen" sowie ,,Situative Erm6glichung" von Marktorientierung) verwirklicht werden. Da der Grundgedanke der wechselseitigen Beziehung zwischen personalen und Situationsfaktoren in den sozialen Lemtheorien verwirklicht wurde, sind soziale Lemtheorien fiar die theoretische Fundierung der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen gut geeignet. Zu den sozialen Lemtheorien z~ihlt u.a. die integrative Lemtheorie. Sie ist fi~r das vorliegende Forschungsvorhaben besonders relevant, weil sie verschiedene Bausteine der wichtigsten Lemtheorien miteinander vemetzt und somit einen strukturierten Zusammenhang schaftt, der durch seine breite Perspektive ~ r umfassende, theoretische Analysen genutzt werden kann. 3s6
det. 385Aus diesem Grund werden die sozialen Lerntheorien auch als sozial-kognitive Lerntheorien bezeichnet. Vgl. Fischer/Wiswede(2002), S. 70. 386Vgl. Wiswede(1988), S. 17.
71
3.2.1 Integrative Lerntheorie Die integrative Lemtheorie setzt sich aus zwei Hauptelementen, dem elementaren und dem komplexen Lernen, zusammen. 387 Das Grundprinzip des elementaren Lernens ist, dass das Verhalten durch seine Konsequenzen gesteuert wird. Im Mittelpunkt steht hier das Verst~irkungsprinzip, demzufolge die Konsequenzen eines Verhaltens die Wahrscheinlichkeit seines ktinftigen Auftretens beeinflussen. 388 Wird eine Verhaltensweise belohnt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Zukunfi wieder auftritt. 389 Wird sie nicht belohnt bzw. sogar bestraft, dann wird sie aus dem Verhaltensrepertoire des Einzelnen gelOscht. 39~
Das zweite Hauptelement der integrativen Lemtheorie ist das komplexe Lernen, das besagt, dass Verhaltenskonsequenzen durch kognitive Prozesse vermittelt werden k6nnen. Hierbei ist der Aspekt des Beobachtungslemens 391 von groBer Relevanz. 392 Das Beobachtungslemen geht auf die von Bandura entwickelte sozial-kognitive Lemtheorie zuriJck. 393 Menschen k6nnen nicht nur aus eigenen Erfahrungen lemen, sondem sind vor allem in der Lage, durch die Beobachtung anderer zu lemen und deren Erfahrungen zu tibemehmen. 394 Sie erwerben infolge der Beobachtung eines Modells kognitive Fertigkeiten, Regeln oder Verhaltensmuster, die zuvor nicht Bestandteil ihres Verhaltensrepertoires waren. 395 Modelle sind in diesem Fall Verhaltensmuster anderer Personen oder Personengruppen. Die Zusammenh~inge zwischen Modell und Beobachter sind in Abb. 5 dargestellt.
387 Vgl. Wiswede (1988), S. 26 f. 388 Diese Wahrscheinlichkeit variiert mit verschiedenen Faktoren, wie bspw. der Frequenz des Verstokers, der Valenz, der Kontinuit~it der Verst~kung und der Zahl der im gleichen Zeitraum verftigbaren altemativen Verst~rker. Vgl. Wiswede (1988), S. 26. 3s9 Grundlegend hierf'tir ist das Effektgesetz, das das fundamentale Gesetz ebenfalls im Rahmen der instrumentellen Konditionierung ist. Vgl. hierzu Wiswede (1988), S. 19 f. 390 Vgl. hierzu ausftihrlich Wiswede (1988), S. 26. Weitere Unterprinzipien sind die Diskriminierung, Habitualisierung und Internalisierung. Vgl. hierzu ausfiihrlich Wiswede (1988), S. 27 ff. 391 In der Literatur spricht man auch vom ,,Modelllernen". Zu weiteren Typen des Modelllemens siehe Frey/Irle (2002), S. 280 ft. 392 Weitere Unterprinzipien des komplexen Lemens sind das Kontingenz-, das Kontroll-, das Konsistenz-, das Erwartungs-und das Vergleichs-Lemen. Vgl. hierzu Wiswede (1988), S. 27. 393 Vgl. Bandura (1979). 394 Vgl. Bandura (1979), S. 31 ff. 395 Vgl. Bandura (1979), S. 22.
72
I Modell
] Reaktionaufein Ereignis Verhaltensweise ~" Belohnung/Bestrafung des Modells
Beziehung
~
" t
.
Reaktion auf ein
Ereignis Beobachter ~ ............................................................................... ~, Verhaltenserwartete Belohnung/ weise des erwartete Bestrafung Beobachters
Abbildung 5: Zusammenhtingedes Beobachtungslernens Quelle: in Anlehnung an Wiswede (2000), S. 72
Durch das Modelllemen werden Verhaltensmuster eines Modells auf die eigene Person projiziert und in das eigene Verhaltensrepertoire tibemommen. 396 Dabei wird angenommen, dass zwischen der Anregung des Verhaltens durch das Modell und der eigentlichen Verhaltensausfilhrung kognitive Prozesse geschaltet sind, die zur Folge haben, dass Menschen nicht direkt alles in die Tat umsetzen, was sie lernen. 397 Der eigentliche Lemprozess vollzieht sich in der so genannten Akquisitionsphase, in der Aufmerksamkeits- und Speicherungsprozesse die Voraussetzung Rir das Modelllemen und die sp~itere Reproduktion von Verhaltensweisen bilden. 39s In der AusfUhrungsphase erfolgt die tats~ichliche Verhaltensausfiihrung, d.h. das Gelemte wird durch die kognitive Verarbeitung der Modellreize gesteuert und durch Antizipation der Verhaltensfolgen gef'Ordert oder verhindert. Die tats~ichliche Verhaltensausfiihrung h~ingt neben persSnlichen, sozialen und
/3konomischen Faktoren 399
auch sehr stark v o n d e r Bekrliftigung durch Anreize ab. Sie wird durch drei Quellen von Anreizen beeinflusst: direkte (externe), stellvertretende und selbstgesetzte Anreize. 400 Zu den direkten (extemen) Anreizen zahlen bspw. materielle Belohnungen oder
396 In diesem Zusammenhang spielen Vorbilder eine besonders wichtige Rolle. Vgl. hierzu Bandura (1979), S. 138. 397 Bandura spricht vonder verz6gerten Reproduktion eines beobachteten Verhaltens. Siehe hierzu Bandura (1979), S. 37 ft. 398 Vgl. hierzu ausfiJhrlich Bandura (1979), S. 32 f.; Bauer (1979), S. 31 f.; Wiswede (2000), S. 72. 399 FUr den Umfang und die Art des Beobachtungslernens spielen dabei sowohl Merkmale des Beobachters, z.B. seine kognitiven F~ihigkeiten oder sein Informationsstand, als auch die Eigenart des modellierten Verhaltens selbst, wie bspw. die Anziehungskraft des Modells sowie dessen exponierte Stellung, eine groBe Rolle. Vgl. hierzu ausRihrlich Bandura (1979), S. 33 f. 400 Vgl. Bandura (1986), S. 68; Bandura (1994), S. 69 ff.
73 Bestrafungen bzw. positive oder negative soziale Reaktionen. 4~ Stellvertretende Anreize beeinflussen die Ausfiihrung des Verhaltens in ~ihnlicher Weise, d.h. die beobachtende Person wird modellierte Verhaltensweisen, die belohnt wurden, denjenigen vorziehen, die eine neutrale oder negative Konsequenz for das Modell zur Folge haben. Selbstgesetzte Anreize k6nnen durch pers6nliche Standards (Selbstbewertung) ebenfalls eine Motivationsquelle darstellen, d.h. modelliertes Verhalten wird eher ausgetibt, wenn es den Verhaltensstandards der Person entspricht, als wenn es diese verletzt. 4~ Besonders hervorzuheben ist der Aspekt, dass die Akquisitionsphase, in der der eigentliche ,,Lemprozess" stattfindet, in einem Zustand der Latenz enden kann. Das Gelemte bleibt in diesem Fall gespeichert, ohne dass es durch entsprechende ausl6sende Prozesse in die Tat umgesetzt wird. Die integrative Lemtheorie geht davon aus, dass die tatsachliche Verhaltensausfiahrung immer einer Aktivierung in Form von Anreizen bedarf. Wt~nschenswerte Verhaltensweisen werden also erst durch die Verst~irkung hervorgerufen. Demzufolge wird ein Beobachter lediglich diejenigen gespeicherten Lemerfahrungen in die Tat umsetzen, von denen er sich positive Konsequenzen erwartet. 4~ Diese Aus~hrungen verdeutlichen, dass die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder prim~ir durch Wollensaspekte beeinflusst werden, d.h. die Untemehmensmitglieder mtissen dazu motiviert werden, ihr Wissen und K6nnen in konkrete marktorientierte Verhaltensweisen umzusetzen. Demnach haben Anreize eine zentrale Bedeutung bei der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen. Wie bereits beim integralen Verhaltensmodell erl~iutert, kann das Inteme Marketing den Untemehmensmitgliedem sowohl materielle als auch immaterielle Anreize bieten. Beide Anreizformen beruhen auf einem Antrieb zu marktorientiertem Verhalten durch exteme Belohnung (extrinsische Motivation). In Abschnitt 3.1 wird dargestellt, dass die Bewertung extrinsicher Anreize ~iufSerst subjektiv verl~iuft und von den jeweiligen Unternehmensmitgliedern unterschiedlich bewertet wird. Dieser Zusammenhang zwischen Anreizen und Verhaltensweisen wird im Rahmen der Hypothesenbildung von entscheidender Bedeutung sein. 4~
4ol Vgl. Frey/Irle(2002), S. 283. 402Vgl. Frey/Irle(2002), S. 283. 403Vgl. Pautzke (1989), S. 100; Wiswede(2000), S. 72. 404Vgl. hierzu Abschnitt 4.2.
74 3.2.2
Organisationale Lerntheorie
Durch die Beobachtung des sozialen Umfelds k6nnen nicht nur einzelne Individuen, sondem ganze Gruppen von Unternehmensmitgliedern lernen. Dieses sogenannte organisationale Lemen resultiert aus der Beobachtung der Individuen in einem Unternehmen. Der Obergang vom individuellen Lernen zum organisationalen Lemen ereignet sich, weil die Unternehmensmitglieder durch ihre sozialen Beziehungen im Unternehmen beeinflusst sind. Einer der bedeutendsten Ans~itze zum organisationalen Lernen stammt von Argyris und Sch6n. 4~ Organisationales Lemen besteht ~ r Argyris/Sch6n in bestimmten Ver~inderungen gemeinsamer Handlungstheorien, die sie ,,theories-of-action" nennen. Dabei unterscheiden sie zwei unterschiedliche Arten von Handlungstheorien, die offiziellen ,,espoused theories-of-action" und die eher inoffiziellen ,,theories-m-use." 9 ,,406 9
Die ,,espoused theories-of-action" beinhalten die im Unternehmen offiziell anerkannten Handlungstheorien. Ihren Ausdruck finden sie beispielsweise in unternehmerischen Leitbildem und Ftihrungsgrunds~itzen. Sie repr~isentieren die offizielle Vorgehensweise im Unternehmen und wirken als eine Art Bezugsrahmen, der die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder in eine bestimmte Richtung lenken soll. 407 Die ,,theories-in-use" umfassen hingegen die Handlungstheorien, die von den Unternehmensmitgliedern tats~ichlich verwendet werden. Sie beinhalten die im t~iglichen Arbeitsalltag praktizierten Regeln, die den Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder zugrunde liegen. 4~ Diese Handlungstheorien stehen in direktem Zusammenhang mit den individuellen Lernprozessen der einzelnen Unternehmensmitglieder. Argyris und SchOn gehen von der Annahme aus, dass Unternehmensmitglieder durch Beobachtung Erkenntnisse tiber die ,,theories-in-use" eines anderen Unternehmensmitglieds gewinnen kSnnen. Die Autoren argumentieren, dass jedes Unternehmensmitglied im Wesentlichen durch das Unternehmen gepr~igt ist, dem es angeh6rt: ,,Each member of the organization constructs his or her own representation, or image, of the theory-in-use of the whole. ''4~ Somit sind die ,,theories-in-use" bestimmend fiir die ,,espoused theories-of405Vgl. Argyris/Sch6n(1978), Argyris/Sch6n(1984), Argyris/Sch6n(1999). 4o6Vgl. Argyris/Sch6n(1978), S. 11.; Probst/Biichel(1998), S. 24 f. 4o7 Vgl. hierzu auch Probst/Btichel(1998), S. 17 ft. 4o8Vgl. Probst/Biichel(1998), S. 25. 409Argyris/Sch6n(1978), S. 16.
75 action", die in einem Untemehmen geteilte Werte, Normen und Wissensbest~inde in sich vereinen. Voraussetzung hierfiir ist, dass einige Untemehmensmitglieder gewisse Vorkommnisse im Untemehmen wahmehmen, die sie mit ihren individuellen Kognitionen und den bisher gemachten Erfahrungen vergleichen. Auf dieser Basis entscheiden sie, ob sie sich mit anderen Untemehmensmitgliedem abstimmen wollen, wenn sie eine Diskrepanz feststellen. Organisationales Lemen findet statt, wenn die Untemehmensmitglieder feststellen, dass die bisher wirksamen ,,theories-in-use" nicht zu den erwarteten Ergebnissen f'tihren, und sie sie daraufhin kritisch reflektieren sowie schlieBlich ver~indem. Argyris und Sch6n unterscheiden drei verschiedene Arten von organisationalem Lemen: ,,single-loop learning", ,,double-loop learning" und ,,deutero.leaming". 41~ Beim ,,single-loop leaming" reagieren die Untemehmensmitglieder auf Ver~inderungender intemen Gegebenheiten bzw. der extemen Umwelt, indem sie ihre Verhaltensweisen anpassen, ohne zu hinterfragen, ob diese auch bei sich ~ndemden Rahmenbedingungen noch angemessen seien. Die zentralen Merkmale der ,,theories-in-use" werden aufrechterhalten. Anderungen der Untemehmenskultur finden dabei nicht statt. Allerdings kommt es hierbei zu untemehmenskulturellen Verst~irkungseffekten. ,,Single-loop leaming" ist angebracht bei notwendigen Standardisierungen oder bei dem Gebrauch von entlastenden Routinen. Diese Lemform charakterisiert die F~ihigkeit eines Untemehmens, in einer sich/indemden Umwelt Stabilit~it zu bewahren. 4~ Das ,,double-loop learning", das von Argyris/Sch6n als Lemen in einer doppelten Schleife charakterisiert wird, stellt auf eine grundlegende Ver~inderung der gtiltigen ,,theories-in-use" ab. In diesem Fall erfordert die Korrektur von Fehlem einen organisationalen Lemzyklus, in dem die gemeinsam geteilten Werte und Normen hinterfragt und ver/~ndert werden. 412 ,,Double-loop learning" ist insbesondere dann notwendig, wenn Situationen auftreten, die durch fundamentale Unsicherheit gekennzeichnet sind und einen tiefer greifenden Wandel erfordem (z.B. in einer sehr dynamischen Umwelt, bei der Neuausrichtung eines Untemehmens auf neue M~irkte, neue Kundengruppen bzw. bei neuen Untemehmensstrategien). 413
410Vgl. Argyris/Sch6n(1978), S. 18 ft. 411Vgl. Argyris/SchSn(1999), S. 35 ft.; Probst/Btichel(1998), S. 35 f. 412Vgl. Argyris/Sch6n (1999), S. 36. a~3Vgl. Argyris/Sch6n(1978), S. 27; Probst/Btichel(1998), S. 36.
76 Beim ,,deutero-learning" reflektieren die Untemehmensmitglieder die ersten beiden Lemformen und erlangen dadurch ein Bewusstsein dafOr, durch welche Faktoren Lemprozesse behindert oder gef'Ordert werden. Die Untemehmensmitglieder lemen einzuschatzen, in welchen Situationen ,,single-loop learning" angebracht ist und in welchen Situationen ,,double-loop learning" erforderlich ist.4~4 Die organisationale Lemtheorie bildet das Fundament fOr die Erkl~rung und Entstehung einer marktorientierten Untemehmenskultur. Nach Schein bildet sich die Unternehmenskultur durch kollektive Lernprozesse. Die Untemehmensmitglieder lemen durch Beobachtung und Nachahmung die Handlungstheorien (theories-in-use), die in einem Untemehmen vorherrschen. Durch Lemen intemalisieren sie die beobachteten Verhaltensmuster. Dieser Prozess wird als ein Sozialisationsprozess bezeichnet, weil sich durch diese Intemalisierung eine grundlegende Anpassung der Untemehmensmitglieder an die spezifische Situation im Untemehmen ergibt. 415 Auf diese Art und Weise bildet sich ein Bezugsrahmen, der den Untemehmensmitgliedem Orientierung und Sicherheit gibt. Die Untemehmenskultur stellt allgemein akzeptierte Verhaltensmuster dar (,,espoused theories-of-action"), die auf historisch gewachsenen und gelemten Verhaltensweisen basieren und die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder pr~igen. FUr die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen hat die organisationale Lemtheorie eine enorm groBe Bedeutung, da sie nicht nur wie oben beschrieben einen Erkl~trungsbeitrag dafor liefert, wie eine marktorientierte Unternehmenskultur entsteht, sondem auch dafor, warum in der Praxis viele Ansatze, eine marktorientierte Unternehmenskultur zu implementieren, scheitem. Dies ist immer dann der Fall, wenn die offiziellen ,,espoused theories-of-action" vorgegeben werden und sich nicht aus den eher inoffiziellen ,,theories-in-use" entwickeln. Das sei an folgendem Beispiel erl~iutert. Um Marktorientierung in einem Untemehmen zu f'6rdem, entwerfen viele Untemehmen Leitbilder und Grundsatze, in denen Marktorientierung an oberster Stelle fixiert ist.416 H~iufig Ubemehmen sogar exteme Unternehmensberater den Auftrag zur Pr~igung der Untemehmenskultur. Hierbei werden u.a. 414Vgl. Probst/BUchel(1998), S. 37 ft. 415Vgl. Hilker (1993), S. 116. 416Der Wertekatalog der Henkel-Gruppe beginnt mit folgendem Satz: ,,Wir sind kundenorientiert" (vgl. Henkel (2006), o.S.). Das Leitbild der Siemens AG beginnt mit folgender Aussage ,,Unsere Kunden und deren Erfolg stehen im Mittelpunktall unseres Handelns" (vgl. SiemensAG (2002), S. 1).
77 marktorientierte Ftihrungsgrunds~tze offiziell formuliert, schriftlich fixiert, den Unternehmensmitgliedern in schnell aufgesetzten Beratungsprojekten, Seminaren und Meetings verkilndet und anschlieBend hiibsch eingerahmt als sogenannte ,,Werte & Normen" in den Fluren und Cafeterien des Untemehmens aufgehangt. Auf diese Weise versucht man die offiziellen ,,espoused theories-of-action" in Richtung Marktorientierung zu beeinflussen. Man geht dabei von der Annahme aus, dass die Untemehmensmitglieder die vorgegebenen Verhaltensanforderungen mit der Zeit intemalisieren und dementsprechend ihre eigenen Verhaltensweisen marktorientiert ausrichten. Nach Argyris und SchOn vergleichen die Untemehmensmitglieder aber zunachst die ,,espoused theories-of-action" mit den im Untemehmen tagtaglich gelebten Handlungstheorien (,,theories-in-use"). Verhalten sich die Ftihrungskrafte nicht konsistent marktorientiert und werden die neuen Handlungstheorien parallel nicht durch MafSnahmen des Internen Marketing, wie z.B. Trainings, Kommunikation und Anreize unterstiitzt, werden die Untemehmensmitglieder die Notwendigkeit und Bedeutung der neuen ,,espoused theories-of-action" in Frage stellen. Verlust an Glaubwiirdigkeit, Verunsicherung und Demotivation der Untemehmensmitglieder verringem in solchen Fallen die Wahrscheinlichkeit marktorientierter Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder erheblich. Nach Argyris und Sch6n haben die ,,espoused theories-of-action" nur dann Einfluss auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder, wenn sie sich aus den t~iglich beobachteten ,,theories-in-use" im Untemehmen bilden und somit beide Handlungstheorien deckungsgleich sind. Demnach k6nnen die Handlungstheorien den Unternehmensmitglieder nicht extem vorgegeben und nicht erzwungen werden. Dieser Aspekt wird bei der Generierung von Hypothesen eine wichtige Rolle spielen.
3.3
Theorie der kognitiven Dissonanz
Die Theorie der kognitiven Dissonanz 4~7 geht davon aus, dass der Mensch grundsatzlich danach strebt, Dissonanzen abzubauen. 418 Dissonanz ist ein negativer Triebzustand, der immer dann eintritt, wenn eine Person gleichzeitig zwei oder mehrere, eng miteinander verbundene Kognitionen (..... irgendeine Kenntnis, Meinung oder Oberzeugung vonder Umwelt, von sich selbst oder von dem eigenen Verhalten. ''419) besitzt,
417Diese Theorie wird auch Dissonanztheoriegenannt. 418Vgl. hierzu Festinger (1957); Festinger(1978). 419Festinger(1978), S. 17.
78 die psychologisch inkonsistent sind und einander widersprechen. 42~ Dieser Widerspruch erzeugt die Dissonanz, die auch als eine psychologische Spannung, die als unangenehm empfunden wird, umschrieben werden kann. Festinger geht davon aus, dass vier Arten von Situationen eine Dissonanz entstehen lassen k6nnen: logische Inkonsistenz (z.B. ein Individuum raucht, weiB aber, dass Rauchen gesundheitssch~idlich ist und Krebs verursacht), Inkonsistenz mit kulturellen Normen (z.B. eine Ftihrungskraft schreit ver~gert einen Auszubildenden an. In diesem Fall ist die Kenntnis des tats~ichlichen Verhaltens dissonant mit der Vorstellung tiber ein angemessenes und akzeptables Verhalten einer Ftihrungskraft gegentiber anderen Mitarbeitem), Inkonsistenz zwischen einer Kognition und einer umfassenderen, tibergeordneten Kognition (z.B. ein Individuum ist ein Anh~inger einer bestimmten politischen Partei, gibt aber bei einer Wahl seine Stimme einem Kandidaten einer anderen Partei), Inkonsistenz mit der Vergangenheitserfahrung (verst6Bt z.B. eine Person gegen wichtige Regeln und wird dafiir nicht bestraft, wird sie eine Dissonanz sptiren, wenn sie aus Erfahrung weiB, dass Regelverst6Be negative Konsequenzen nach sich ziehen). 421 Da der Eintritt von Dissonanz als negativ empfunden wird, strebt der Mensch danach, die entstandene Dissonanz zu reduzieren. Je st~irker die Dissonanz auftritt, desto gr6Ber ist der Druck zur Vermeidung bzw. Reduktion der Dissonanz. Dissonanzreduktion kann durch Addition neuer konsonanter (gleichgerichteter) Kognitionen, Subtraktion dissonanter Kognitionen (z.B. Ignorieren, Verdr~ingen, Vergessen) oder Substitution von Kognitionen (z.B. Verhaltens~inderung, Anderung einer Meinung, Denkweise etc.) erfolgen. 422
420Stehen mehrere Kognitionen in einer irrelevanten Beziehung miteinander, so k6nnen sie zusammenhangslos nebeneinander auftreten. In diesem Fall entsteht keine Dissonanz. Vgl. Festinger (1978), S. 22 ff. 421 Festinger(1978), S. 26 f. 422Vgl. Festinger (1978), S. 16 sowie S. 30 ff.
79 Obwohl der Dissonanztheorie oft unpriizise Erliiuterungen der WirkungszusammenhEnge zwischen den ,,kognitiven Elementen" und der Nichtbeachtung zusiitzlicher Charakteristika der Person, wie bpsw. F~ihigkeiten und Motivation, kritisch angelastet werden, 423 hat sie sowohl in der psychologischen Forschung als auch in der Marketingwissenschaft ein hohes MaB an Aufmerksamkeit erfahren. 424 In der vorliegenden Arbeit kann die Theorie der kognitiven Dissonanz zur Erkliimng der Auswirkungen der marktorientierten Untemehmenskultur auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder beitragen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Untemehmensmitglieder Dissonanz empfinden, wenn ihre Verhaltensweisen nicht den untemehmenskulturellen Werten und Normen entsprechen. Zum Abbau dieser Dissonanz werden die Untemehmensmitglieder ihre Verhaltensweisen der Untemehmenskultur anpassen. Entsprechen die Verhaltensweisen den untemehmenskulturellen Werten und Normen, werden die Untemehmensmitglieder diesen Zustand als positiv empfinden. In diesem Fall wirkt die marktorientierte Untemehmenskultur als ein intrinsiseher Anreiz zu marktorientierten Verhaltensweisen. 425 Diese Oberlegungen werden ausfiihrlich bei der Bildung von Hypothesen behandelt. 426
3.4
Institutionalistischer Ansatz
Der institutionalistische Ansatz 427 hat seine Wurzeln in der Soziologie und wird zunehmend auch in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre intensiv diskutiert. 42s Die Institutionalisten gehen davon aus, dass Unternehmen durch folgende Merkmale gekennzeichnet sind: (1) in Unternehmen sind nicht nur formale, sondern auch informale Strukturen bedeutsam, (2) das Verhalten der Unternehmensmitglieder ist durch zahlreiche kognitive und normative Strukturen (z.B. Regeln, Vorschriften) geregelt und (3) die formalen Strukturen k6nnen niemals vollst~indig gegen die nicht-formalen Strukturen ankommen. 429 Der Begriff der Institution ist sehr umfassend und beinhaltet alle im Unternehmen etablierten Akteure, deren Ansp~che, Beziehungen sowie die 423Vgl. hierzu z.B. Aronson (1981), S. 314 ft. 424Vgl. z.B. Weber (1978), Raff6e/Sauter/Silberer(1993), Wolf, J. (2003), S. 194 f. 425 So formuliert Evers: ,,Letztlich ist das gesamte Unternehmen, wie es der Mitarbeiter erlebt, als ganzheitliches Anreizsystemzu betrachten." Vgl. Evers (1994), S. 441. 426Vgl. hierzu Abschnitt 4.2. 427 Der Ansatz wird auch als institutionensoziologischerAnsatz bezeichnet bzw. mit dem Begriff ,,Neoinstitutionalismus" versehen. Vgl. Wolf, J. (2003), S. 389. 428Vgl. Walgenbach (2001), S. 319 ff. 429Vgl. hierzu: Meyer/Rowan (1977), S. 340 ff.; Zucker (1977), S. 726 ft.; Zucker (1987), S. 443 ff.; Granovetter (2000), S. 199 ff. sowie DiMaggio/Poweli(2000), S. 147 ft.
80 von diesen definierten Regeln, Sichtweisen, Standards, Deutungsmuster und Symbolsysteme. 43~ Bei einer engen Auslegung versteht man unter einer Institution ein Muster sozialer Beziehungen, das Ordnungs- und Regelungscharakter hat, dauerhaft ist, als legitim anerkannt ist und mit Sanktionen durchgesetzt wird. TM Somit wird unter einer Institution ein fiar eine soziale Gruppe spezifisches
Regel- und Wertesystem verstan-
den, das einen bestimmten Ordnungszustand bewirkt. Der institutionalistische Ansatz stellt die Institutionalisiemngsprozesse in den Mittelpunkt seiner Betrachtung, wobei der Grundgedanke dominiert, dass Untemehmen ihre Verhaltensweisen entsprechend den Erwartungen der Umwelt gestalten. 432 Hierbei richten die Untemehmensmitglieder ihre Verhaltensweisen an den Erwartungen aus, die auBerhalb und innerhalb des Untemehmens bestehen. Das bedeutet, dass die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder weniger durch Wollens- als vielmehr durch Sollenskalktile gepr~igt werden. 433 Man kann von einer institutionalisierten Verhaltenspr~.gung erst dann sprechen, wenn die Erwartungen und Regeln von einem gr613eren Kreis der Untemehmensmitglieder akzeptiert werden; in diesem Zusammenhang bilden sich die Erwartungsstrukturen vielfach erst tiber Prozesse der wechselseitigen Beobachtung innerhalb des Untemehmens und des sequentiellen Reagierens heraus. 434 Vereinzelt ge~iufSerte Verhaltenswtinsche bzw. einzelne Verhaltensweisen entwickeln sich im Falle einer durch mehrere Untemehmensmitglieder erlebten positiven Erfahrung zu einer Verhaltensregel, welche diese Verhaltensweise logisch und zwangsl~ufig erscheinen l~isst. Regeln haben eine enorm hohe Bedeutung fiir das Verhalten, weil sie bei den Untemehmensmitgliedem bestehende Unsicherheit reduzieren. 435 Untemehmensmitglieder greifen auf ein Repertoire an verhaltensleitenden Regeln zurtick, denen sie folgen k6nnen, ohne jedes Mal von neuem die Konsequenzen kalkulieren zu mtissen. 436 Die Orientierung an Regeln funktioniert nur deshalb, weil sich die Organisationsmitglieder weitgehend darauf verlassen k6nnen, dass andere Organisationsmitglieder ebenfalls diese Regeln beachten. Die Einhaltung von Regeln bewirkt deshalb ein hohes Mar5 an Verhaltenssi430Vgl. ausf'tihrlich Walgenbach (2001), S. 321 f.; G6hler/Kiihn (1999), S. 17 ff.; Granovetter (2000), S. 206 f.; Kaiser (1999), S. 189 ff. sowie zur Problematik des Institutionenbegriffs TUrk (1997), S. 124 ft. 431 Vgl. Pieper (1997), S. 295 f.; Rehberg 1994, S. 56 f. 432 Vgl. Walgenbach (2001), S. 320 f. 433 Vgl. Schimank (2002), S. 38 ff. 434Vgl. Schimank (2002), S. 207 ff. 435 Siehe hierzu Burr (1998), S. 313 ft. 436 Vgl. Kaiser (1999), S. 189 ff.
81 cherheit und steuert dadurch das Verhalten. 437 Erh~ilt regelkonformes Verhalten eine mindestens latente Best~itigung vonder Bezugsgruppe, verfestigen sich die dem Verhalten zugrunde liegenden Regeln. Der Betreffende macht sich diese Regeln als legitime und selbstverstandliche Erwartungshaltungen zu Eigen und verinnerlicht sie, so dass der Druck, sich regelkonform zu verhalten, nun ebenso sehr bzw. noch mehr aus ihm selbst heraus kommt als von auBen. Hat ein Untemehmensmitglied die Regeln verinnerlicht, bedarf es nicht der st~indigen Uberwachung, Ermahnung und Sanktionierung von auBen, sondem es tiberwacht sich selbst. 43s Die Intemalisierung von Regeln hat eine noch starkere Verhaltenspr~igung, da diese durch die Selbstkontrolle nahezu allgegenwartig sind und ohne Fremdmitwirkung auskommen. Die Sanktion erfolgt dann vor allem durch Selbstmissbilligung. Verst6Bt man gegen verinnerlichte Werte und Normen, verliert man an Selbstachtung, bis hin zur tiefen Unzufriedenheit tiber die eigene Fehlerhaftigkeit. 439 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass beim institutionalistischen Ansatz Regeln primiire Bezugspunkte der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder sind. Untemehmensmitglieder greifen auf ein Repertoire an verhaltensleitenden Regeln zurtick, denen sie folgen k6nnen, ohne jedes Mal die Konsequenzen neu kalkulieren zu mtissen. Es werden Parallelen zur Untemehmenskultur sehr deutlich. 44~ Institutionalisierte Regeln k6nnen mit Normen der Unternehmenskultur verglichen werden und die Intemalisierung dieser Regeln der Entstehung von untemehmenskulturellen Werten. Der institu-tionalistische Ansatz eignet sich zur Erkliirung des Einflusses der marktorientierten Untemehmenskultur auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder und wird bei der Hypothesenbildung berticksichtigt. 441
437Vgl. DiMaggio/Powell (1991), S. 1 ff.; Kaiser (1999), S. 189 ff. 43s Vgl. Schimank(2002), S. 49 ff. 439Vgl. Schimank(2002), S. 50. 440Vgl. Walgenbach(1999), S. 321. 441Vgl. Abschnitt 4.2.
82 3.5
Situativer Ansatz
Der Ausgangspunkt der Entstehung des situativen Ansatzes in den 1960er Jahren war die Feststellung, dass es h/iufig keine allgemeinen Gesetzm~il3igkeiten hinsichtlich Untemehmensstrukturen und Verhaltensweisen in Untemehmen gibt. 442 Die Kemaussage des situativen Ansatzes besteht darin, dass unterschiedliche Rahmenbedingungen (situative Faktoren) urs~ichlich Rir die Unterschiede in den Strukturen und Verhaltensweisen von Untemehmen sind. 443 Die situativen Faktoren umschreiben alle Einfltisse, die auf ein Untemehmen von innen und aul3en einwirken k6nnen. 444 Zu Beginn des situativen Ansatzes wurde lediglich der Einfluss jeweils einer einzigen situativen Gr6f3e betrachtet. In sp~iteren Arbeiten erfolgte eine simultane Berticksichtigung mehrerer situativer Faktoren. 445 Die unterstellten situativen Effekte konnten empirisch nachgewiesen werden. Ein umfassender Uberblick tiber die Ergebnisse empirischer Untersuchungen kann an dieser Stelle nicht gegeben werden. Es werden jedoch einige beispielhatte Ergebnisse kurz vorgestellt. 446 So konnte bspw. im Bereich der Technologie empirisch bestiitigt werden, dass bestimmte technologische Konstellationen (z.B. Fertigung nach dem Fliel3prinzip) einen hohen Spezialisierungsgrad und einen hohen Koordinationsbedarf haben, andere technologische Konstellationen (wie bspw. eine automatisierte Fertigung) einen niedrigen Spezialisierungsgrad erfordem. 447 In Bezug auf den Einfluss der Umwelt konnte man feststellen, dass strategische Gesch~iftsfelder in einer dynamischen Umwelt weniger Hierarchieebenen, einen geringeren Formalisierungsgrad und einen gedngeren Programmierungsgrad aufweisen als in einer weniger dynamischen Umwelt. 448 Allerdings muss erw/ihnt werden, dass der situative Ansatz lediglich darauf hinweist, dass bedingt durch die situativen Faktoren Unterschiede in untemehmensintemen Strukturen und Verhaltensweisen bestehen k6nnen, ohne diese Zusammenhange gesetzm~ig zu erkl~iren oder eine Begrtindung hier~r zu liefem. Folglich ist dieser Ansatz eher als eine konzeptionelle Leitidee denn als eigenst~indige Theorie zu sehen. 449
442Vgl. zur Entstehungsgeschichte des situativen Ansatzes Kieser (2001), S. 169 ft. 443Vgl. Kieser (2001), S. 172; Kieser/Kubicek (1992), S. 57. 444 Hierzu geh6ren bspw. die im Unternehmen eingesetzte Technologie, die Untemehmensgr61~e,die Wettbewerbsintensit~t, die Umfelddynamik etc. Vgl. hierzu Kieser (2001), S. 175. 445Vgl. z.B. Allaire/Firsirotu (1984), S. 193 ff.; Kieser/Kubicek (1992), S. 57 ff. 446 Einen guten Uberblick liefem z.B. Frese (1992), S. 111 ff. sowie Kieser/Kubicek (1992). 447Vgl. hierzu u.a. Kieser (2001), S. 180 ff. 44s Vgl. Kieser (2001), S. 179 f. 449Vgl. ausftihrlich zur Kritik des situativen Ansatzes Kieser (2001), S. 183 ft.
83 In Bezug auf das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit Rihrt der situative Ansatz zu der Uberlegung, dass die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Unternehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder durch situative Faktoren beeinflusst werden. Aufgrund der Tatsache, dass in dieser Arbeit bereits in hohem MafSe Gegebenheiten innerhalb des Unternehmens berticksichtigt werden, beschr~inkt sich die Betrachtung weiterer situativer Faktoren auf unternehmensexterne Gr6fSen. So wird die Umweltdynamik als ein mSglicher situativer Faktor betrachtet. Insofern liefert der situative Ansatz die Leitidee f'tir die fiinfie Forschungsfrage: Werden die Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierter Unternehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen durch die Umweltdynamik beeinflusst?
3.6
Theorie der begrenzten Rationalit~it
Als Hauptvertreter der Theorie der beschr~inkten Rationalit~it gilt Simon, der sich in seinem Hauptwerk ,,Administrative Behavior" mit Verhaltensweisen von Unternehmensmitgliedern besch~ifiigt.45~ Mit seinem Konzept der ,,bounded rationality" weist Simon darauf hin, dass kognitive Grenzen der menschlichen Informationsaufnahme und-verarbeitung die Untemehmensmitglieder daran hindem, objektiv rationale Entscheidungen treffen zu k/Snnen. Objektive Rationalitat wtirde bedeuten, dass die Unternehmensmitglieder alle Entscheidungsalternativen kennen, jede Alternative im Hinblick auf alle ihre Folgen bewerten und anschliefSend die Verhaltensalternative w~ihlen, die den optimalen Zielerfiillungsgrad verspricht. 45~ Aufgrund der begrenzten menschlichen Informationsaufnahme- und-verarbeitungskapazit~iten kennen die Unternehmensmitglieder niemals alle Handlungsalternativen und sind ebenfalls nicht in der Lage, deren Konsequenzen vollst~indig zu tiberblicken. 452 Um trotzdem zu Entscheidungen gelangen zu k/3nnen, greifen die Unternehmensmitglieder auf vereinfachte Methoden zurtick. Hierzu gehSren u.a. die Beherrschung des Komplexit~itsproblems durch Vereinfachung und die Anwendung ,,bew~ihrter" Verfahrens- und Entscheidungsroutinen. Um das Komplexit~itsproblem zu beherrschen, wird in der realen Entscheidungssituation h~iufig versucht, das vorgeschriebene Ablaufschema rationaler Entscheidungspro450Vgl. Simon(1976). 451Vgl. hierzu Simon(1976), S. 80 f. sowie Simon(1981), S. 116 ff. 452Vgl. Simon(1976), S. 81 ft.
84 zesse abzuktirzen. In diesem Zusammenhang werden nicht alle Altemativen und Entscheidungskonsequenzen immer wieder yon neuem systematisch sondiert und evaluiert, sondem statt dessen durch Anwendung ,,bewahrter" Verfahrens- und Entscheidungsroutinen zeitsparend bewertet. Auf diese Weise bekommen habitualisierte Verhaltensprogramme und historische Erfahrungen Einfluss auf die Verhaltensweisen der Gegenwart. 453 Es kommt zu einer Bevorzugung bekannter L6sungswege und Verhaltensweisen. In der vorliegenden Arbeit wird die Theorie der beschr~inkten Rationalit~it herangezogen, um die moderierenden Effekte der Umfelddynamik auf die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu erkl~iren. 454
453Vgl. Simon (1976), S. 84 ft.; Simon (1981), S. 127 ff. 454Vgl. Kapitel 4.2.
85
4
Bezugsrahmen und Hypothesen der empirischen Untersuchung
Im Folgenden wird der Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung dargestellt. Er verdeutlicht die zu untersuchenden Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur und marktorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder (Abschnitt 4.1). AnschliefSend werden Hypothesen bez0glich der Einfltisse zwischen den im Bezugsrahmen dargestellten Gr6Ben formuliert (Abschnitt 4.2).
4.1 Bezugsrahmender Untersuchung Grundlegend fiir den Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung ist die definitorische Abgrenzung der einzelnen Modellgr6Ben. 455 Sie basiert auf den konzeptionellen Grundlagen, die in Kapitel 2 dargestellt wurden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird eine enge definitorische Abgrenzung der marktorientierten Verhaltensweisen vorgenommen. Grundlegend hierftir sind die Kemelemente der beiden Sichtweisen der Marktorientierung. Insgesamt ist das Konstrukt der Marktorientierung auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zurtickzufi~hren, d.h. ein Untemehmen ist marktorientiert, wenn sich die Untemehmensmitglieder kunden- und wettbewerberorientiert verhalten. 456 Es werden hier ausschlieBlich Verhaltensweisen betrachtet, die an den Markt gerichtet sind. Hierzu geh6ren bspw. das Eingehen auf Kundenwiansche, konkrete Reaktionen auf Kundenwt~nsche und die Beobachtung der Wettbewerber. Informationsgewinnung und Informationsverbreitung innerhalb des Untemehmens werden in der vorliegenden Arbeit nicht betrachtet. Wie in Abschnitt 2.4 dargestellt, handelt es sich bei diesen Elementen eher um notwendige Voraussetzungen, die erst dann zu Markterfolg fiahren, wenn sie sich in konkreten marktgerichteten Verhaltensweisen niederschlagen. 457 Kundenorientierte Verhaltensweisen werden definiert als das AusmafS, in dem die Untemehmensmitglieder auf Wtinsche und Bedtirfnisse der Kunden eingehen. Entsprechend werden wettbewerberorientierte Verhaltensweisen definiert als das Ausmaf5, in dem die Untemehmensmitglieder die Wettbewerber des Untemehmens aktiv beobachten und auf ihre MafAnahmen reagieren.
455Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Grobkonzeptualisierung von Konstrukten. Vgl. hierzu ausf'tihrlichKap. 5.2.1. 4s6 Vgl. hierzu Abschnitt 2.4. 457Vgl. hierzu auch vonder Oelsnitz (1999), S. 313 sowievonder Oesnitz (2000a), S. 78.
86 Internes Marketing wird in dieser Arbeit als die planm~ige Gestaltung der innerbetrieblichen Austauschbeziehungen zu absatzmarktorientierten Zwecken verstanden. 458 Dieses Begriffsverst~dnis ist die inhaltliche Basis Rir die definitorische Abgrenzung des Intemen Marketing. Aspekte der Mitarbeiterzufriedenheit werden in dieser Arbeit nicht betrachtet. Im Vordergrund steht ausschliefSlich die Vermittlung einer absatzmarktbezogenen Denk- und Sichtweise an alle Untemehmensmitglieder. Internes Marketing wird definiert als das AusmafS, in dem interne Kommunikation, Anreize, Trainings und Verhalten der Ftihrungskrafte marktorientiert ausgepr~igt sind. Als Elemente einer marktorientierten Untemehmenskultur werden in dieser Arbeit marktorientierte Werte und Normen betrachtet. Im vorliegenden Untersuchungsdesign erfolgt keine Betrachtung marktorientierter Artefakte. Diese Entscheidung mag vor dem Hintergrund der Ergebnisse der empirischen Studie von Pflesser Uberraschen, ist jedoch im Rahmen der vorliegenden Studie notwendig und sinnvoll und wird anhand der folgenden Uberlegung begrtindet. 459 Artefakte der Marktorientierung dienen der Vermittlung marktorientierter Werte und Normen und werden deshalb oft auch als die wahmehmbare Oberfl~che einer marktorientierten Untemehmenskultur bezeichnet. Pflesser unterscheidet vier Kategorien von Artefakten der Marktorientierung (Objekte, Erz~hlungen, Sprache und Rituale) und nennt als konkrete Beispiele u.a. die Vorbildfunktion der Ftihrungskr~ifte und die regelm~ifSige Auszeichnung besonders kundenorientierter Mitarbeiter. 46~ Doch diese Mal~nahmen k6nnen ebenso als MaBnahmen des Intemen Marketing aufgefasst werden. Die regelm~il~ige Auszeichnung von kundenorientierten Mitarbeitem kann einerseits als eine symbolische Handlung (Artefakt), andererseits aber auch als nichtmonet~irer Anreiz (Internes Marketing) interpretiert werden. Daher ist eine genaue Zuordnung zu Artefakten der Marktorientierung oder Intemem Marketing nicht eindeutig m6glich. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen den jeweiligen Konstrukten ist jedoch im Rahmen der empirischen Untersuchung notwendig. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Untersuchungsdesign auf Artefakte der Marktorientierung verzichtet. Ein Verzicht ist zul~issig, da Artefakte nicht pr~igender Bestandteil der Untemehmenskultur sind, sondem vielmehr sichtbarer Ausdruck der zu Grunde liegenden Werte und
458Vgl. hierzu Abschnitt 2.2.1. 459PflesserszentralesErgebnisist, dassArtefakteder Marktorientierungder Vermittlungvon marktorientierten WertenundNormendienenund einesehrstarkeAuswirkungauf die Verhaltensweisender Untemehmensmitgliederhaben.Vgl. Pflesser(1999),S. 216 sowieAusfllhrungenin Kap.2.3.3. 460Vgl. Pflesser (1999), S. 73.
87 Normen. 461 Im Folgenden wird das Vorhandensein einer marktorientierten Untemehmenskultur definiert als das AusmaB, in dem Werte und Normen marktorientiert ausgepragt sind. Marktorientierte Werte betonen u.a. den hohen Stellenwert von Kundenbeziehungen. Beispielhaft hierflir ist die grundlegende Auffassung, dass die Erflillung der Kundenbedtirfnisse eine tiberragende Bedeutung ~ r den Untemehmenserfolg hat. Da Werte jedoch abstrakte Grundregeln sind, bedarf es im Hinblick auf spezifische Situationen und Verhaltensweisen ihrer Konkretisierung durch marktorientierte Normen. Die Funktion der marktorientierten Normen besteht in der Vorgabe sozial erwiinschter Handlungskorridore. 462 Ein konkretes Beispiel ~ r eine marktorientierte Norm ist die Erwartung, dass auf Kundenanfragen innerhalb eines Werktages reagiert wird. Die Bestandsaufnahme der Literatur in Abschnitt 2.3. liefert erste Hinweise ft~r einen Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung. Die theoretischen Grundlagen in Kapitel 3 stellen das Grundgeriast ~ r die Entwicklung des Bezugsrahmens dar. Das integrale Verhaltensmodell verdeutlicht die Komplexitat einer gezielten Steuerung der Verhaltensweisen und veranschaulicht, unter welchen Bedingungen marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zustande kommen. In Abschnitt 3.1 wurde deutlich, dass kein Instrument des Intemen Marketing alleine alle vier Determinanten menschlicher Verhaltensweisen beeinflussen kann, so dass eine aggregierte Betrachtung aller Instrumente des Intemen Marketing erforderlich ist. Auf diese Weise wird der Empfehlung des integralen Verhaltensmodells Rechnung getragen, dass die MaBnahmen zur Verhaltensbeeinflussung gleichzeitig an allen vier Einflussgr6Ben ansetzen sollen. Mit der ersten Forschungsfrage wird untersucht, ob das Inteme Marketing einen direkten Einfluss auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder hat. Dies wtirde bedeuten, dass eine Intensivierung des Intemen Marketing eine unmittelbare Ver~.ndemng der kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen bewirkt. Die integrative Lemtheorie begrtindet diesen direkten Einfluss des Internen Marketing.
46| Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.1.2.1. 462Vgl. Pflesser (1999), S. 69 ff.
88 Die zweite und dritte Forschungsfrage zielt auf den Einfluss des Intemen Marketing tiber die marktorientierte Untemehmenskultur auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen. Die Literaturbestandsaufnahme verdeutlicht, dass das Interne Marketing in einer engen Beziehung mit der Entwicklung einer marktorientierten Untemehmenskultur steht. Eine theoretische Grundlage hier~r bildet die organisationale Lemtheorie, die in Abschnitt 3.2.2 ausfiihrlich dargestellt wird. Anhand der Dissonanztheorie Risst sich eine Wirkung der marktorientierten Untemehmenskultur auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder begrtinden. Es liegt die Vermutung nahe, dass das Interne Marketing einen indirekten Effekt auf die Verhaltensweisen austibt, indem seine Wirkung durch die marktorientierte Untemehmenskultur tibertragen wird. 463 Mit der vierten Forschungsfrage wird untersucht, wie wichtig die marktorientierte Untemehmenskultur bei der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen ist. Lassen sich die direkten und die indirekten Effekte empirisch belegen, ermOglicht es ein simultaner Vergleich dieser Effekte, die Bedeutung der marktorientierten Untemehmenskultur Rir kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu ermitteln: 9 Falls der direkte Effekt des Intemen Marketing auf die marktorientierten Verhaltensweisen tiberwiegt, ist eine marktorientierte Untemehmenskultur Rir die Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen weniger wichtig. 9 Falls jedoch der indirekte Effekt tiberwiegt, spielt die marktorientierte Unternehmenskultur eine wichtige Rolle bei der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen. Bei der Analyse der Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen weist der situative Ansatz auf die Relevanz von Umweltvariablen hin. 464 Im Rahmen der filnften Forschungsfrage wird daher der moderierende Einfluss der Umweltdynamik auf die betrachteten Zusammenh~inge untersucht. Es soil geprtift werden, ob die Dynamik der Umwelt einen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, 463In diesem Fall ware die Unternehmenskulturein Mediator. Vgl. hierzu auch Abschnitt 5.3.2. 464Vgl. ausf'tihrlichAbschnitt3.6.
89 marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen hat. In der Literatur existieren unterschiedliche Definitionen der Umweltdynamik. Im Wesentlichen kann die Dynamik als )~mderung der relevanten Umweltfaktoren verstanden werden. Grunds~itzlich wird der ,~nderungsprozess durch drei Aspekte charakterisiert. Zum einen k6nnen die Anderungen der Umweltfaktoren je nach Frequenz entweder sporadisch und selten oder relativ h~iufig auftreten, zum zweiten kann der Wandel unterschiedlich stark ausfallen und zum dritten unterscheiden sich die ,;~tnderungen der Umwelt in ihrer Vorhersehbarkeit. 465 Die unterschiedlichen definitorischen Abgrenzungen der Umweltdynamik unterscheiden sich insbesondere darin, welcher Aspekt des ,~tnderungsprozesses der Umwelt betrachtet wird. 466 In der vorliegenden Arbeit wird als Definition der Umweltdynamik die Frequenz der )imderungen bedeutender Umweltfaktoren im Gesch/iftsumfeld der Untemehmen zugrunde gelegt. Es wird davon ausgegangen, dass sich relevante Umweltfaktoren bei einer hohen Dynamik sehr schnell ~indem. Eine theoretische Grundlage Rir die Rinfie Forschungsfrage liefert die Theorie der beschr~inkten Rationalit~it. Marktdynamik bezeichnet die H~iufigkeit der Anderung der Kundenwtinsche und der Aktivitaten von Wettbewerbem. Die Untemehmensmitglieder mtissen bei einer hohen Umweltdynamik wesentlich mehr Informationen aufnehmen und verarbeiten. Die Theorie der beschr~inkten Rationalit~it geht davon aus, dass die menschliche Informationsaufnahme- und-verarbeitungskapazit~iten begrenzt sind. Es ist deshalb davon auszugehen, dass bei einer hohen Umweltdynamik der indirekte Effekt des Intemen Marketing tiber die marktorientierte Untemehmenskultur st~irker ist. Auf diesen Aspekt wird bei der Hypothesenbildung aus~hrlicher eingegangen. Abbildung 6 verdeutlicht graphisch die Zusammenhange der vorgestellten Gr613en. Das Modell stellt den Bezugsrahmen der vorliegenden Untersuchung dar.
465Vgl. hierzu Krohmer(1999), S. 119. 466Vgl. z.B. Krohmer(1999), S. 119 f.; Pflesser (1999), S. 77 f.; Jaworski/Kohli (1993), S. 68.
90 moderierende Effekte:
i
Dynamik der Umwelt
/
/ Internes Marketing
/
/ 9 9 9
/
/
/
/
/
/
/
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/
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Kundenorientierte Verhaitensweisen
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Wettbewerberorientierte Verhaltensweisen
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Marktorientierte Unternehmenskultur
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indirekterEffekt Abbildung 6: Bezugsrahmen der Untersuchung im 0berblick
Die konkreten Hypothesen zu den jeweiligen Wirkungsbeziehungen werden im folgenden Abschnitt entwickelt.
4.2
Hypothesenbildung
4.2.1 Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten Im Zentrum des integralen Verhaltensmodells steht die Erkl~imng der Verhaltensweisen des Individuums. Hierbei wird verdeutlicht, dass die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder durch vier Faktoren beeinflusst werden: ,,Wollen", ,,K6nnen", ,,Sollen und Diirfen" sowie ,,situative Erm6glichung". Wie in Abschnitt 3.1 dargestellt ist das Interne Marketing grunds~itzlich dazu geeignet, die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu beeinflussen. Das marktorientierte Training der Untemehmensmitglieder hat einen positiven Einfluss auf das ,,K6nnen" von Marktorientierung. Die Versorgung der Untemehmensmitglieder mit Marktinformationen beeinflusst die ,,situative Erm6glichung" der Marktorientierung (Kennen) positiv. Das ,,Wollen" wird durch marktorientierte Anreize gef'6rdert. Das ,,Sollen und Dtirfen" kann insbesondere
91 durch die Vorbildfunktion der Fiihrung positiv beeinflusst werden. Es muss nicht jedes Untemehmensmitglied an allen MaBnahmen des Intemen Marketing partizipieren. Die integrative Lemtheorie verdeutlicht die Komplexit~it von Lemprozessen, an denen mehrere Individuen, die in einer sozialen Beziehung zueinander stehen, beteiligt sind. FUr die vorliegende Untersuchung ist hierbei von zentraler Bedeutung, dass die Untemehmensmitglieder sowohl durch eigene Erfahrungen (elementares Lemen) als auch durch Beobachtung anderer (komplexes Lemen) kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen erlemen k6nnen. Die Untemehmensmitglieder beobachten das Verhalten der Ftihrungskrafte, beobachten, in welchem Umfang Marktinformationen vermittelt und welche Verhaltensweisen bei anderen belohnt bzw. sanktioniert werden. Infolge dieser Beobachtungen erwerben die Untemehmensmitglieder Regeln und Verhaltensmuster, die die Basis ~ r ihre eigenen Verhaltensweisen bilden. Sowohl das integrale Verhaltensmodell als auch die integrative Lemtheorie gehen davon aus, dass konkrete Verhaltensweisen erst dann umgesetzt werden, wenn sie durch Anreize aktiviert werden. 467 Bezogen auf das Interne Marketing heiBt das, dass marktorientiertes Training, marktorientierte Vorbildfunktion der Fiahrungskr~fte sowie die Versorgung der Unternehmensmitglieder mit Marktinformationen immer einer Aktivierung bedtirfen, damit die Untemehmensmitglieder ihr Wissen und ihre F~ihigkeiten in konkrete Verhaltensweisen um-setzen. Eine Aktivierung wird durch marktorientierte Anreize gew~ihrleistet. Durch die gebotenen materiellen und immateriellen Anreize wird auf Seiten der Untemehmensmitglieder eine Motivation erzeugt, die letztendlich zu marktorientierten Verhaltensweisen Rihren soll. 468 Es ist jedoch auch davon auszugehen, dass nicht nur Anreize die Untemehmensmitglieder motivieren kSnnen. Das t~igliche Verhalten der Ftihrungskr/ifte spielt auch bei der Motivation der Untemehmensmitglieder eine bedeutende Rolle. Aus lemtheoretischer Sicht fungieren die Ftihrungskr~ifte als ein wichtiges Vorbild. Aufgrund ihres im Vergleich zu den ihnen unterstellen Untemehmensmitgliedern h6heren Status genieBen die Ftihrungskriifte ein grOBeres Ansehen und werden von den Untemehmensmit-
467Siehe hierzu Abschnitt 3.2.1 sowieWiswede(2000). S. 72 ft. 46s Marktorientierte Anreizsystemeverbinden die gewilnschtenVerhaltensweisen mit einer Bediirfnisbefriedigung und erzeugen dadurch das ,,Wollen von Marktorientierung". Vgl. Hentze/Lindert (1998), S. 1016;Thurau (2002), S. 118;Treichler(1994), S. 333.
92 gliedem besonders aufmerksam beobachtet. 469 Der positive Einfluss der Vorbildfunktion der Ftihrungskratie auf die Leistungen der Untemehmensmitglieder konnte empirisch bestatigt werden. 47~Verhaltensmuster der Ftihrungskratte werden immer mit den Anforderungen an das eigene Verhalten verglichen. 47~ Verhalten rich die Ftihrungskr/itte marktorientiert, dann hat das positive Auswirkungen auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Die Untemehmensmitglieder messen dann auch weiteren Mal~nahmen, wie z.B. Trainings-, Kommunikations- und AnreizmafSnahmen, eine h6here Bedeutung bei. Damit geht auch eine h6here Motivation der Untemehmensmitglieder, sich marktorientiert zu verhalten, einher. Basierend auf diesen Uberlegungen l/isst sich eine positive Wirkung des Intemen Marketing auf marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder postulieren. Wird kundenorientiertes Verhaltenstraining in einem Untemehmen durchgefiihrt, verhalten sich die Ftihrungskr~ifte vorbildlich, werden die Untemehmensmitglieder mit Informationen tiber den Kunden versorgt und existieren Anreize, die ein positives Verhalten der Untemehmensmitglieder in Bezug auf den Kunden belohnen, wirkt das Interne Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder positiv. Folgende Hypothese kann formuliert werden: HI:
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaitensweisen.
Gleiches gilt Rir die wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Werden die Untemehmensmitglieder im Rahmen der intemen Kommunikation mit Informationen tiber die Mal~nahmen und Aktionen der Wettbewerber versorgt, verhalten sich die Ftihrungskr~it~e wettbewerberorientiert und werden entsprechende Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder explizit trainiert und belohnt, hat das Interne Marketing einen positiven Einfluss auf die wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Es ist auch davon auszugehen, dass allein schon die kundenorientierte Ausgestaltung der Instrumente des Intemen Marketing implizit auch die wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder fOrdert. Kundenorientierung bedeutet, die Wtinsche und Bedtirfnisse der Kunden besser zu erRillen als die Wettbewerber des Untemehmens. Das Bewusstsein ftir die Notwendigkeit wettbewerberorientierter Verhaltensweisen wird durch Internes 469 Vgl. hierzu u.a. yon Rosenstiel (1999), S. 11; Wiswede(2000), S. 72. 47oVgl. hierzu HoffmanrdIngram(1992), S. 71 ft. sowie Rich (1997), S. 325 ft. 47~Siehe hierzu auch Bandura (1979), S. 138.
93 Marketing gest~irkt. Aus diesen Oberlegungen kann folgende Hypothese abgeleitet werden:
H2:
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Anhand der organisationalen Lemtheorie wurde verdeutlicht, dass Lemen nicht nur auf der Ebene eines einzelnen Untemehmensmitglieds stattfindet. Vielmehr finden in Untemehmen Lemprozesse staR, die tiber das individuelle Lemen hinausgehen. Nach Argyris und Sch6n sind hierfiar zwei Handlungstheorien von Bedeutung: die ,,theoriesin-use" sowie die ,,espoused theories-of-action". Die Untemehmensmitglieder gewinnen durch gegenseitige Beobachtung Erkenntnisse tiber die im Untemehmen herrschenden ,,theories-in-use".472 Das Interne Marketing verdeutlicht den Untemehmensmitgliedem die t~iglich gelebten ,,theories-in-use" in hohem MaBe. Die Untemehmensmitglieder beobachten das Verhalten der Ftihrungskdifle, reflektieren die ihnen zur Ver~gung stehenden Informationen, beobachten, welche Verhaltensweisen im Untemehmen belohnt und welche sanktioniert werden, und bilden auf dieser Basis sich selbst ein Bild tiber die im Untemehmen vorherrschenden ,,theories-in-use". Gleichzeitig hilft das Interne Marketing den Untemehmensmitgliedem zu vergleichen, ob die bisherigen Handlungstheorien erfolgreich sind oder ob eine Anpassung notwendig ist. Marktreaktionen werden den Unternehmensmitgliedem durch die interne Kommunikation vermittelt. Die Untemehmensmitglieder deuten diese Marktinformationen, indem sie sie mit den eigenen und den im Untemehmen beobachteten Verhaltensweisen vergleichen. Stellen sie fest, dass sich ihre Verhaltensweisen, die durch das Interne Marketing gefOrdert werden, positiv am Markt niederschlagen und zum Erfolg ~hren, werden diese Verhaltensweisen verinnerlicht. 473 Die Untemehmensmitglieder schlieBen daraus, dass MaBnahmen des Intemen Marketing, die derartige Verhaltensweisen fOrdem, zu positiven Konsequenzen Rihren. Auf diese Weise wird die Kunden- und Wettbewerberorientierung, die das Interne Marketing vermittelt, intemalisiert. Dies f'tihrt zur Bildung einer marktorientierten Untemehmenskultur. 474
472Vgl. Argyris/Sch6n (1978), S. 16 ff. 473Vgl. hierzu das Unterprinzip der Intemalisierung und Habitualisierung in Kap. 3.2. sowie aus~hrlich Wiswede(2000), S. 72 ff. 474Vgl. hierzu auch Treichler (1994), S. 156 ff.
94 Diese Ausflihrungen verdeutlichen, dass das Interne Marketing, das in hohem MaBe die ,,theories-in-use" priigt, zu einer entsprechend marktorientierten Untemehmenskultur (,,espoused theories-of-action") fiihrt, denn in diesem Fall sind die ,,espoused theories-of-action" deckungsgleich mit den ,,theories-in-use". Das gesamte Unternehmen lernt und es kommt zur Ver~inderung des gemeinsamen Bezugsrahmens fiir alle Unternehmensmitglieder innerhalb des Unternehmens. 475 Eine marktorientierte Unternehmenskultur wird positiv beeinflusst. Folgende Hypothese kann gebildet werden:
H3:
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf die marktorientierte Unternehmenskultur.
Der Einfluss einer marktorientierten Untemehmenskultur auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder l~tsst sich dissonanztheoretisch begriinden. Hierbei sind zwei Aspekte der Dissonanztheorie besonders wichtig. Zum einen wird in der Dissonanztheorie betont, dass Inkonsistenz mit kulturellen Werten und Normen zu Dissonanz Rihren kann. 476 Obertr~igt man diesen Gedanken auf die Untemehmensebene, so ist davon auszugehen, dass die Unternehmensmitglieder Dissonanz empfinden, wenn Marktorientierung in der Untemehmenskultur verankert ist und sie sich nicht dementsprechend verhalten. So wird bspw. ein Mitarbeiter, der sich mit der Bearbeitung einer Kundenanfrage sehr viel Zeit l~isst, diesen Zustand als unangenehm empfinden, wenn die schnelle Reaktion auf Kundenbedi~rfnisse erwartet wird und fl~r alle anderen Unternehmensmitglieder selbstverst~ndlich ist. In diesem Fall ist die Kenntnis des tats~ichlichen Verhaltens dissonant mit der Vorstellung tiber ein angemessenes, erwartetes und akzeptables Verhalten des Mitarbeiters gegentiber den Kunden. Zum anderen geht die Dissonanztheorie davon aus, dass die Individuen Mal3nahmen zur Verringerung bzw. zum Abbau der empfundenen Dissonanz ergreifen. Grunds~itzlich kann der Abbau von Dissonanz durch folgende drei M6glichkeiten erfolgen: Addition neuer konsonanter Kognitionen (z.B. der Mitarbeiter ist der Meinung, dass der Kunde die Ursache flir die Beschwerde selbst verschuldet hat und nun warten soil),
475Vgl. hierzu K6hler(2003), S. 129. 476Vgl. Aus~hrungen in Kap. 3.3.
95 Subtraktion dissonanter Kognitionen (z.B. der Mitarbeiter versucht die Kundenbeschwerde zu verdriingen oder zu vergessen), Substitution von Kognitionen (z.B. der Mitarbeiter ver~indert seine Verhaltensweisen und bearbeitet die Kundenbeschwerde schnell). Welche dieser drei M6glichkeiten (Addition, Subtraktion oder Substitution) zum Dissonanzabbau gewiihlt wird, ist abh~ingig vom )imderungswiderstand der jeweiligen Kognition. Der ,~nderungswiderstand ist umso gr6Ber, je mehr andere, wichtige Kognitionen mit der zu iindemden Kognition verbunden sind. Es ist also schwerer, zentrale, tibergeordnete Kognitionen zu veriindem, weil dadurch das erh6hte Risiko besteht, dass alle Beziehungen zu anderen Kognitionen dissonant werden. 477 Untemehmenskulturelle Werte und Normen sind sehr eng mit einer Vielzahl weiterer Kognitionen verbunden. Die Untemehmenskultur ist stiindig priisent. Sie kann deshalb als eine zentrale und tibergeordnete Kognition interpretiert werden. Daraus folgt, dass die Untemehmensmitglieder zum Abbau einer
Dissonanz die Substitution (d.h. eine
Anpassung der eigenen Verhaltensweisen an die kulturell geforderten) priiferieren werden, weil diese MOglichkeit der Dissonanzreduktion den geringsten ,4,nderungswiderstand hat. Hieraus kann geschlossen werden, dass die marktorientierte Unternehmenskultur eine positive Wirkung auf Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder hat. Diese Ausfiihrungen fiihren zu folgenden Hypothesen: H4:
Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaltensweisen.
Ist neben der Kundenorientierung auch die Wettbewerberorientierung in der Unternehmenskultur verankert, hat dies einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Hs:
Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Es soil nun anhand der theoretischen Grundlagen tiberlegt werden, welche Effekte st/irker sind. Eine direkte Steuerung der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglie477Vgl. hierzu Abschnitt 3.3.
96 der mittels Intemem Marketing ist jedoch nicht unproblematisch. Gem~if5 der integrativen Lemtheorie bedarf der Lemprozess einer individuellen Motivation, damit die gelemten Verhaltensweisen auch tats~ichlich in die Tat umgesetzt werden. 478 Motivation kann in erster Linie tiber marktorientierte Anreize erfolgen (extrinsische Motivation). Hier liegt jedoch ein Problem des Intemen Marketing. Die extrinsische Motivation der Untemehmensmitglieder setzt voraus, dass die Verhaltensweisen st~indig kontrolliert und die erbrachten Leistungen eindeutig zugerechnet werden k6nnen. Beides ist im Rahmen der Marktorientierung nicht m6glich. 479 Des Weiteren setzt die extrinsische Motivation voraus, dass die Anreize der Bed0rfnisstruktur der einzelnen Untemehmensmitglieder entsprechen. Aus motivationstheoretischer Sicht wird gefordert, dass Anreize gerecht, transparent und individuell sind. 48~ Jedes Untemehmensmitglied hat aber unterschiedliche berufliche Sozialisationsprozesse durchlaufen und unterschiedliche Erfahrungen gesammelt, besitzt einen anderen Bildungsstand, wird durch differierende kognitive Prozesse gesteuert und misst deshalb den Anreizen jeweils eine unterschiedliche Bedeutung bei. 4sl Untemehmensmitglieder, die prim~ ihre Sicherheitsbedtirfnisse befriedigen m6chten, werden monetare Anreize bevorzugen, so dass nur solche Anreize zur konkreten Verhaltensausl6sung fOhren werden. Andere Untemehmensmitglieder k6nnen ein wesentlich gr6fSeres Interesse an nicht-monet~iren Anreizen, bspw. in Form von Lob und Anerkennung, haben. Dasselbe Anreizsystem entfaltet daher nicht bei allen die gleiche Wirkung. 4s2 Die Einzigartigkeit der Pers6nlichkeiten schr~inkt eine direkte Wirkung des Intemen Marketing ein und erschwert die Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen. Hierfiir ware eine individuelle Ausrichtung der Anreize notwendig, was im Rahmen des Intemen Marketing nicht m6glich ist. 4s3 Es ist zu beflirchten, dass die extrinsische Motivation nicht ausreicht, um marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu fOrdem. Vielmehr ware hier~r eine intrinsische Motivation erforderlich. Diese Ausfiihrungen verdeutlichen das Hauptproblem der direkten Effekte des Internen Marketing auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Die direkten Effekte des Intemen Marketing sind stark von den individuellen Wahmehmungspro478 Auf die Gefahr der Latenz wurde ausf'tihrlich in Abschnitt 3.2.1 eingegangen. 479Vgl. hierzu Aus~hrungen in Abschnitt 2.2.3.2. 480Vgl. von Rosenstiel (1999), S. 51 ft.; von Rosenstiel (2003a), S. 223 ff. 481 Vgl. hierzu Suter (1999), S. 133 ft.; Lehmktihler (2001), S. 115 f.; Comelli/von Rosenstiel (2003), S. 26 f. 482Vgl. hierzu Hentze/Kammel/Lindert(1990), S. 103; Scholz (2000), S. 878 f. 483 Siehe zum Problem der SegmentierungAusf'tihrungen in Abschnitt 2.2.4.
97 zessen der einzelnen Untemehmensmitglieder abh~gig. Subjektiv unterschiedliche Interpretationen des Instrumenteneinsatzes ~hren zu unterschiedlichen Verhaltensweisen. So ktinnen kontinuierliche Belohnungen die angestrebten Motivationseffekte verfehlen, weil u.a. Gratifikationen von den Untemehmensmitgliedem nicht in jedem Fall positiv aufgenommen werden (Neid, Manipulationsverdacht etc.) oder weil zus/itzliche Anstrengungen der Untemehmensmitglieder 0t~ unbelohnt bleiben. Der institutionalistische Ansatz geht davon aus, dass nicht Anreize, sondem untemehmenskulturelle Werte und Normen prim~ire Bezugspunkte des Verhaltens der Unternehmensmitglieder sind. 484 Demnach dominieren in einem Untemehmen Verhaltensweisen, die von dem Untemehmen bzw. den wichtigsten Akteuren erwartet werden. Die soziale Erwtinschtheit kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen ~iuBert sich in der marktorientierten Untemehmenskultur. Die Verhaltenssteuerung tiber die marktorientierte Untemehmenskultur hat einen entscheidenden Vorteil gegentiber der direkten Verhaltenssteuerung des Intemen Marketing. Die Orientierung der Untemehmensmitglieder an Normen funktioniert nur deshalb, weil sie sich weitgehend darauf verlassen kSnnen, dass andere Untemehmensmitglieder ebenfalls diese Normen beachten. Die Einhaltung von Normen bewirkt ein hohes Mal3 an Verhaltenssicherheit. 4s5 Erh~ilt normenkonformes Verhalten eine mindestens latente Best~itigung vonder Bezugsgruppe, verfestigen sich diese Normen. Sie werden als legitime, selbstverst~dliche Erwartungshaltungen verinnerlicht, so dass der Druck, sich normenkonform zu verhalten, nun ebenso sehr bzw. noch mehr aus dem Inneren heraus entsteht. Diese Intemalisierung von Normen Rihrt zur Bildung von Werten, die eine noch st~irkere Verhaltenspr~igung haben, da sie durch Selbstkontrolle jedem Untemehmensmitglied stets pr~isent sind und ohne Fremdeinwirkung auskommen. Motivation erfolgt durch die Austibung des Verhaltens selbst bzw. durch die intemalisierten Standards. In diesem Fall fungiert die Untemehmenskultur als ein intrinsischer Anreiz zu kunden- und wettbewerborientierten Verhaltensweisen. Die Unternehmensmitglieder empfinden es als Belohnung, wenn ihre Verhaltensweisen konform mit den untemehmenskulturellen Werten und Normen sind. Diese Aus~hrungen ~hren zu der Oberlegung, dass die direkten Effekte des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen schw~icher sind 4s4 Vgl. hierzu Abschnitt 3.4. 4s5 Vgl. DiMaggio/Powell(1991), S. 1 ff.; Kaiser (1999), S. 189 ff.
98 als der indirekte Effekt tiber die marktorientierte Unternehmenskultur. Folgende Hypothesen k6nnen aufgestellt werden: H6:
Der direkte Effekt des Internen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen ist schwicher als der indirekte Effekt des Internen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen.
H7:
Der direkte Effekt des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen ist schwicher als der indirekte Effekt des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen
4.2.2 Hypothesen zu moderierenden Effekten
Im Hinblick auf moderierende Effekte der Umweltdynamik auf die Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierter Unternehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen ist folgende
l~erlegung von Bedeutung:
eine hohe Umweltdynamik fiihrt dazu, dass sich die Kundenbedtirfnisse und Aktionen der Wettbewerber schneller und haufiger ~indem als in einer stabilen Umwelt. Wenn sich die Kundenbedtirfnisse oder die Strategien der Wettbewerber schnell und h~iufig andem, miissen marktorientierte Untemehmen hierauf schnell reagieren. Eine hohe Umweltdynamik zwingt die Untemehmen zur intensiven Beobachtung des Marktes und zur kontinuierlichen Anpassung des Intemen Marketing an die Marktver~inderungen. In diesem Fall muss das Interne Marketing da~r sorgen, dass die Untemehmensmitglieder in der Lage sind, ihre Verhaltensweisen den neuen Marktbedingungen anzupassen. Es ist davon auszugehen, dass die st~indige Anpassung des Internen Marketing an die dynamische Umwelt die Unsicherheit der Unternehmensmitglieder vergr6Bert. Oft haben die Untemehmensmitglieder nicht mehr die M6glichkeit zu iaberprtifen, ob die Verhaltensweisen, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, der neuen Marktsituation gerecht werden und sich wieder bew~ihren. Die M6glichkeit der direkten Steuerung der kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder durch das Interne Marketing wird geringer. Diese Argumentation filhrt zu folgenden Hypothesen: Hs:
Je hOher die Marktdynamik, desto schwiicher ist der direkte Einfluss des Internen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen.
99 H9:
Je hiiher die Marktdynamik, desto schwiicher ist der direkte Einfluss des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Eine hohe Marktdynamik zwingt ein Untemehmen zu einer intensiven Beobachtung des Marktes und zur kontinuierlichen Anpassung an Marktver~nderungen. Hierauf mtissen die Untemehmensmitglieder durch das Interne Marketing vorbereitet werden. Auf diese Weise werden den Untemehmensmitgliedem die Markterfahrungen des Untemehmens vermittelt, um das langfristige Uberleben des Untemehmens am Markt zu sichem. Gem~iB der Theorie der beschrankten Rationalit~it sind die Untemehmensmitglieder jedoch nicht in der Lage, alle neuen Informationen und Verhaltensanforderungen zu tiberblicken. Vielmehr versuchen sie die zunehmende Komplexit~it und Unsicherheit zu reduzieren, indem sie entsprechende Verhaltensregeln bilden und verinnerlichen. Die Entwicklung marktorientierter Werte und Normen wird dadurch gef'6rdert. Ist ein Untemehmen eine langere Zeit einer dynamischen Marktsituation ausgesetzt, hat das Interne Marketing einen starken Einfluss auf die marktorientierte Untemehmenskultur. Die Hypothese lautet wie folgt: H~o: Je hiiher die Marktdynamik, desto stiirker ist der Einfluss des Internen Marketing auf die marktorientierte Unternehmenskultur. Marktorientierung erfordert jedoch, dass die Untemehmensmitglieder immer wieder auch die marktorientierte Untemehmenskultur hinterfragen, damit sie sich an die st~indig ~indemde Umwelt anpasst und nicht zu einem Zustand der organisationalen Tr~igheit l~hrt. 486 Es h~ingt somit auch vom Intemen Marketing ab, welche Stufen des organisationalen Lemens die Untemehmensmitglieder erreichen. 487 Eine grundlegende Voraussetzung flir ,,double-loop learning" ist ein kontinuierliches Internes Marketing. Die Untemehmensmitglieder
miissen st~indig mit Marktinformationen versorgt wer-
den und auf neue Marktsituationen durch entsprechende Trainings, Anreize und insbesondere die Verhaltensweisen des Top-Managements aufmerksam gemacht werden. Das Interne Marketing versetzt die Untemehmensmitglieder in die Lage zu t~berprtifen, ob bisherige Verhaltensweisen ausreichen (single-loop leaming) oder ob unter Umst~inden auch Ver~inderungen der untemehmenskulturellen Werte und Normen notwendig sind (double-loop leaming), um erfolgreich am Markt bestehen zu k6nnen. Durch einen kontinuierlichen Einsatz des Intemen Marketing wird die Lemorientie486Zur ProblematikstarkerUntemehmenskulturenvgl. Hilker (1993), S. 75; Simon(1990), S. 9. 487Vgl. hierzu auch K6hler(2003), S. 130 f.
100 rung ein Bestandteil der Untemehmenskultur. Die Untemehmensmitglieder lemen, in welchen Situationen welche Verhaltensweise notwendig ist (deutero-leaming). Eine durch das Interne Marketing gepr~igte Untemehmenskultur weist eine Balance zwischen Bewahrungs- und Veranderungselementen auf. Sie ist often ~ r Ver~.nderungen und beinhaltet gleichzeitig herausragende Werte des Unternehmens, die nicht jedem kurzfristigen Modetrend folgen. Das Interne Marketing sorgt da~r, dass die Entwicklungsf~ihigkeit und Ver~inderungsbereitschafi selbst Bestandteile der Untemehmenskultur sind. In diesem Fall ist eine marktorientierte Untemehmenskultur in der Lage, sich einer dynamischen Umwelt im erforderlichen Umfang anzupassen. Die marktorientierte Untemehmenskultur gibt den Untemehmensmitgliedem Handlungssicherheit und hat dadurch eine positive Wirkung auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen. Im Mittelpunkt stehen nicht die konkreten MaBnahmen des Intemen Marketing, sondem tibergeordnete, mit der untemehmerischen T~tigkeit verbundene Sinnfragen, die den Mitarbeitem Orientierung und Handlungssicherheit bieten. Der marktorientierten Untemehmenskultur wird ein hohes Potential zur Verarbeitung von Informationen zugeschrieben. Die Steuerung des Verhaltens der Untemehmensmitglieder tiber eine marktorientierte Untemehmenskultur schlagt sich beim Auftreten einer konkreten Handlungsnotwendigkeit positiv nieder. Die Mitarbeiter haben sich bereits im Vorfeld tiber die im Untemehmen verfolgten Normen und Werte verstandigt und auf die vom Untemehmen verfolgte marktorientierte Linie eingestimmt. Im Moment der Handlung kann auf individuelle, kapazit~itstiber-lastende, kognitive Prozesse verzichtet werden. Folgende Hypothesen k6nnen gebildet werden: Hll:
Je hiiher die Marktdynamik, desto stiirker ist der Einfluss der marktorientierten Unternehmenskultur auf kundenorientierte Verhaltensweisen.
HI2:
Je h6her die Marktdynamik, desto stirker ist der Einfluss der marktorientierten Unternehmenskuitur auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Lassen sich die letzten beiden Hypothesen empirisch best~itigen, so folgt daraus, dass das Interne Marketing ein fortlaufender Prozess sein muss, der sich nicht in kurzfristiger Projektarbeit ersch6pfen darf. Wird das Interne Marketing unterbrochen, so kann sich nach der Theorie des organisationalen Lemens die marktorientierte Untemehmenskultur nicht mehr fortentwickeln. In einer dynamischen Umwelt hatte das lang-
101 fristig zur Folge, dass die Untemehmensmitglieder nicht mehr angemessen auf die ,~mderungen der Umwelt reagieren k6nnen.
,~
4.2.3
Z u s a m m e n f a s s u n g : Hypothesen im Uberblick
In Abschnitt 4.2 wurden Hypothesen entwickelt, die den direkten und indirekten Einfluss des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder thematisieren (Abschnitt 4.2.1). Weitere ~ n f Hypothesen beziehen sich auf die moderierenden Effekte der Umweltdynamik (Abschnitt 4.2.2). Insgesamt wurden 12 Hypothesen entwickelt, die in Tabelle 6 im Oberblick nochmals aufgelistet werden.
Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten:
Hi: H2: H3: H4: Hs: I-I6:
H7:
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen. Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf die marktorientierte Unternehmenskultur. Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen. Der direkte Effekt des Intemen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen ist schw~icher als der indirekte Effekt des Intemen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Der direkte Effekt des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen ist schwacher als der indirekte Effekt des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Hypothesen zu moderierenden Effekten: H8:
H9: Hi0: Hll: Hi2:
Je h6her die Marktdynamik, desto schwacher ist der direkte Einfluss des Intemen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Je h6her die Marktdynamik, desto schw~icher ist der direkte Einfluss des Intemen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen. Je h6her die Marktdynamik, desto st~irker ist der Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierte Unternehmenskultur. Je h6her die Marktdynamik, desto starker ist der Einfluss der marktorientierten Unternehmenskultur auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Je h6her die Marktdynamik, desto starker ist der Einfluss der marktorientierten Unternehmenskultur auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
*) Beide Effekte sind gleich gerichtet, aber unterschiedlich stark ausgepr~igt. Tabelle 6: Zu priifende Hypothesen im Uberbliek
Untersteliter I Zusammenhang
+/++*)
+i++')
102 Diese Hypothesen sollen in der folgenden empirischen Untersuchung t~berpriaft werden. Im n~ichsten Kapitel wird die methodische Konzeption der empirischen Untersuchung dargelegt. Die empirische Untersuchung selbst und die Ergebnisse der Hypothesenp~fung werden im Kapitel 6 dargestellt.
103
5
Methodische Konzeption der empirischen Untersuchung
In diesem Kapitel werden grundlegende methodische Aspekte einer empirischen Untersuchung dargestellt. Hinsichtlich des grundlegenden Charakters einer empirischen Untersuchung werden h~iufig zwei Formen unterschieden: qualitative und quantitative Untersuchungen. Qualitative Untersuchungen werden durchgef'Ohrt, wenn ein wesentliches Verst~indnis for eine bestimmte Forschungsfrage erlangt werden soil. 488 Quantitative Untersuchungen haben die Messung bestimmter Sachverhalte bzw. die Entdeckung von Gesetzm~il~igkeiten zum Gegenstand. Sie beruhen in der Regel auf der Erhebung einer grOl~eren Fallzahl, die Rtickschltisse auf die tats~ichlichen Verh~iltnisse in der Grundgesamtheit ermOglicht. 489 In der vorliegenden Arbeit sollen Gesetzm~iffigkeiten tiber die Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen gep~fi werden. In diesem Kapitel werden deshalb die Methoden und Vorgehensweisen einer quantitativen Untersuchung dargestellt. 49~
5.1 Datenerhebungund Datengrundlage Eine grunds~itzliche Entscheidung im Rahmen jeder empirischen Untersuchung bezieht sich auf die Auswahl der am besten geeigneten Datenerhebungsmethode. Zun~ichst gilt es dartiber zu entscheiden, ob die Erhebung einseitig oder dyadisch vorgenommen werden soil. Eine Erhebung wird als dyadisch bezeichnet, wenn die Daten sowohl auf der Untemehmens- als auch auf der Kundenseite erhoben werden. Um die angenommenen Beziehungen zwischen den Variablen tiber verschiedene Datens~itze hinweg untersuchen zu kSnnen, ist eine direkte Paarung von kunden- und untemehmensseitig erhobenen Daten notwendig. Die Durchfiahrung einer dyadischen Erhebung ist im Vergleich zu einer einseitigen Erhebung mit deutlich h/Sheren Kosten und einem erheblich h/Sheren Zeitaufwand verbunden. Zentrales Problem einer dyadischen Untersuchung ist die Gewinnung von direkten Paaren, da die meisten Untemehmen die Nennung von Kundenadressen im Regelfall verweigem. Der direkte Paarvergleich verhindert deshalb in der Regel eine anonyme und eine grol3zahlige Datenerfassung. 491
488Vgl. ausfiihrlich Kepper (1996), S. 16 ft.; Mtiller (2000), S. 129 ff.; Kepper (2000), S. 161 ff. 489Vgl. Kepper (1996), S. 8 f. 490 Ein grundlegendes Verst~indnis f'firdiese Konstrukte wurde aus der Bestandsaufnahme der Literatur erlangt. Die Grobkonzeptualisierung wurde in Kapitel vier dargestellt. Ebenfalls aus der Bestandsaufnahme der Literatur sowie auf der Grundlage von Theorien konnte ein Bezugsrahmen entwickelt werden, der die Grundlage f'tirdie quantitative Untersuchung darstellt. 491 Vgl. zu Problemen der dyadischen Datenerhebung z.B. Stock (2003), S. 112 ft.
104 Im Gegensatz dazu wird bei einer
einseitigen Erhebung lediglich ,,eine Seite", meist
handelt es sich hierbei um eine Erhebung auf der Unternehmensseite, befragt. Dieses Vorgehen ist zwar kostengtinstiger, erm6glicht eine grol]zahlige Datenerfassung, birgt jedoch die Gefahr einer Verzerrung der Datengrundlage. Es muss berticksichtigt werden, dass die antwortende Person zu sozial erwtinschten Antworten neigt bzw. nach konsistentem Antwortverhalten strebt. Zur Vermeidung derartiger Effekte muss die Gestaltung des Erhebungsinstruments besonders sorgf~.ltig erfolgen. In der Literatur werden deshalb m6glichst wertneutrale Itemformulierungen und die Verwendung gedrehter Items emp-fohlen. 492 Die konkrete Erhebungsmethode kann grunds~itzlich durch Beobachtung oder durch Befragung erfolgen. 493 Eine Beobachtung setzt voraus, dass die zu untersuchenden Variablen sinnlich wahmehmbar sind. Dies hat u.a. die Vorteile, dass man nicht auf die Auskunfisbereitschaft des Probanden angewiesen ist und dass man Sachverhalte erfassen kann, die den Probanden selbst unter Umst~inden gar nicht bewusst sind. Diesen Vorteilen stehen jedoch gravierende Nachteile gegentiber. Hierzu geh6ren u.a. der erhebliche finanzielle und zeitliche Aufwand, das Problem der ,,Selektivit[it der Wahrnehmung" des Beobachters 494 sowie insbesondere die Tatsache, dass zahlreiche Sachverhalte sich nur schwer oder tiberhaupt nicht beobachten lassen (z.B. psychische Zust~inde, Einstellungen, Werte etc.). 495 Eine alternative Form ist die Befragung, die dadurch charakterisiert ist, dass die ,,Auskunftspersonen durch verbale oder andere Stimuli (schriftliche Fragen, Bildvorlagen, Produkte) zu Aussagen tiber den Erhebungsgegenstand veranlasst werden. ''496 Es gibt unterschiedliche Befragungsmethoden, von denen die schriftliche Befragung am h~iufigsten angewandt wird. 497 Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Auskunftsperson einen Fragebogen zugestellt bekommt, den sie ausgefiillt zurticksenden sollte. 498 Eine schrifiliche Befragung zeichnet sich, gegentiber alternativen Methoden wie z.B. einer telefonischen Datenerhebung bzw. pers6nlichen Interviews, insbesondere durch relativ geringe Kosten und einen relativ geringen Zeitaufwand bei der Durchfiih-
492Vgl. hierzu z.B. B6hler (2004), S. 98 ft. 493Vgl. hierzu B6hler (2004), S. 85 ft.; Schnell/Hill/Esser(2005), S. 335 ft. 494B6hler (2004), S. 105. 49s Vgl. ausf'tihrlich B6hler (2004), S 101 ft.; Kepper (2000), S. 192 ft. 496 B6hler (2004), S. 85. 497Vgl. B6hler (2004), S. 85 ft. sowie S. 91 ft. 49s Es werden zunehmend auch Befragungen in elektronisch lesbarer Form (E-Mail, CD-ROM) bzw. im Internet durchgef'tihrt. Siehe hierzu B6hler (2004), S. 92; Herrmann/Homburg (2000), S. 27 ft.
105 rung aus. Damit verbunden ist die M6glichkeit zur Erreichung einer relativ grol3en Stichprobe, die ~ r eine Datenauswertung anhand leistungsflihiger, statistischer Methoden erforderlich ist. 499 Ein wesentlicher Vorteil schriftlicher Befragungen ist die Minimierung des Interviewereinflusses: ~176 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Riicklaufquote ausgeflillter Frageb6gen bei schriftlicher Befragung am niedrigsten ist, wobei die Rticklaufquote je nach Grundgesamtheit und Themenkreis erheblich variiert. 5~ Bei sehr geringem Riicklauf sind Nachfassaktionen erforderlich, die die Zeitdauer und Kosten der Erhebung wiederum erh6hen. 5~ Der Fragebogen enthalt neben einer Reihe von Fragen zur Antwortperson bzw. zum Untemehmen (z.B. Position, Gr6fSe des Untemehmens, Branche), die bei der Auswertung h~iufig zur Klassenbildung herangezogen werden, um Zusammenh~inge zwischen diesen Variablen und dem Forschungsgegenstand aufzudecken, vor allem Fragen, die sich auf den Untersuchungsgegenstand an sich beziehen. Hierbei werden in der Regel die zu untersuchenden Konstrukte fiber einzelne Indikatoren (Items) erfasst, 5~ zu denen entsprechende Antwortkategorien vorgegeben werden (standardisierter Fragebogen). Eine Spezialform ist die Skalafrage, bei der die Kategorien intensit~itsm~iBig abgestufte Zustimmung bzw. Ablehnung repr~isentieren (z.B. ,,trifft gar nicht zu", ,,trifft bedingt zu", ,,trifft zu", trifft voll zu"). Sehr h~iufig werden graphische Skalen verwendet, die auBer der Benennung der Extremwerte auf die verbale Bezeichnung der Kategorien verzichten. Auf diese Art der Antwortvorgabe wird der Interviewereinfluss zuriickgedr~ngt, die Abwicklung der schriftlichen Befragung beschleunigt und die Auswertung der Frageb6gen einfacher. 5~ Eine weitere grunds~itzliche Entscheidung betrifft die Bestimmung der Grundgesamtheit und die Auswahl der Erhebungseinheiten. Die Grundgesamtheit bezeichnet die Menge aller potentiellen Untersuchungsobjekte fiir eine bestimmte Untersuchung bzw. Fragestellung. 5~ In der Regel ist es aus finanziellen, zeitlichen oder organisatorischen Grtinden nicht m6glich, jeden Probanden der Grundgesamtheit zu befragen, so dass eine Beschr~inkung der Untersuchung auf eine Teilmenge (Stiehprobe) vorzunehmen 499Vgl. hierzu z.B. B6hler (2004), S. 98 ff.; Homburg/Baumgartner (1995), S. 1103; Schnell/Hill/Esser (2005), S. 321 ft. s0o Vgl. hierzu ausflihrlich B6hler (2004), S. 95 ft. 501Vgl. K6hler/Uebele (1977), S. 16. 502Vgl. B6hler (2004), S. 94 ft. Die Rticklaufquote h~ingtim Wesentlichen von der Dauer der Befragung ab. Siehe hierzu B6hler (2004), S. 100 f. 503Vgl. ausflihrlich zur Methode der KonstruktmessungAbschnitt 5.2. 504Siehe hierzu ausf'tihrlichB6hler (2004), S. 98 ff. 505Vgl. Herrmann/Homburg(2000), S. 20; B6hler (2004), S. 131.
106 ist. 5~ ,,Da aus der Untersuchung Aussagen abgeleitet werden sollen, die fiir die Grundgesamtheit gelten, muss die Auswahl der Stichprobe so erfolgen, dass aus dem Ergebnis der Teilerhebung m6glichst exakt und sicher auf die Verh~iltnisse in der Gesamtmasse geschlossen werden kann. ''5~ Damit diese Bedingung bestm6glich erfiillt wird, steht dem Forscher eine Reihe unterschiedlicher Stichproben- und Auswahlverfahren zur Verfiigung. s~ H~iufig wird die geschichtete Zufallsauswahl angewandt. Sie ist sinnvoll bei heterogenen Grundgesamtheiten, in denen viele Merkmale eine auBerordentlich hohe Varianz aufweisen (z.B. Umsatze, Untemehmensgr6Ben etc.). Durch die geschichtete Zufallsauswahl werden Stichprobenvarianz und Stichprobenfehler verringert, ohne dass der Stichprobenumfang erh6ht werden muss. 5~ Zu diesem Zweck wird die Grundgesamtheit zunachst in mehrere Untergruppen (Schichten, wie z.B. Branchen, Untemehmensgr6Ben etc.) aufgeteilt. AnschlieBend wird aus jeder Gruppe mittels eines reinen Zufallsverfahrens eine Menge von Erhebungseinheiten ausgew~ihlt, denen die Oberlegung zugrunde liegt, dass jede Einheit innerhalb der Untergruppen der Grundgesamtheit eine berechenbare Chance hat, in die Stichprobe einbezogen zu werden. 51~
5.2 5.2.1
Methodik der Konstruktmessung Grundlagen der Konzeptualisierung und Operationalisierung von Konstrukten
Die im Gesamtbezugsrahmen dargestellten Gr6Ben sind grunds~itzlich als hypothetische Konstrukte 5~1 aufzufassen. Unter hypothetischen Konstrukten versteht man ,,... an abstract entity which represents the "true', nonobservable state or nature of a phenomenon. ''512 Folglich handelt es sich hierbei um nicht beobachtbare und nicht direkt messbare Gr6Ben. Um diese Konstrukte dennoch ,,empirisch greifbar" und messbar zu machen, ist es erforderlich, geeignete beobachtbare Variable zu finden, die als Indikatoren bezeichnet werden und von denen angenommen werden kann, dass sie die Aus-
so6 Vgl. hierzu B6hler (2004), S. 131 ft. 507Herrmann/Homburg(2000), S. 20. sos Vgl. hierzu ausf'tihrlich B6hler (2004), S. 135 ft. 5o9Vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieden(2004), S. 53 f.; B6hler (2004), S. 151 f. sl0 Vgl. hierzu z.B. Herrmann/Homburg(2000), S. 20; B6hler (2004), S. 139 ff. sli H~iufigwird auch yon theoretischen Konstrukten, komplexen Konstrukten oder latenten Variablen gesprochen. Vgl. Bagozzi/Phillips (1982), S. 465 f.; Bagozzi/Fomell (1982), S. 24; Backhaus/ Erichson/Plinke et al. (2006), S. 339 f. 512Bagozzi/Fomell (1982), S. 24.
107 pr~igungen des zugeh/Srigen Konstruktes hinreichend genau anzeigen. 513 In diesem Zusammenhang spricht man von der Konzeptualisierung und Operationalisierung der hypothetischen Konstrukte. 514 Konzeptualisierung bedeutet, dass man sich zun~ichst einen ersten Entwurf und eine Vorstellung (engl. ,,conception") von dem hypothetischen Konstrukt macht. Hierbei geht es in erster Linie um die Erlangung eines grundlegenden und umfassenden Verst~indnisses for die einzelnen Facetten. 515 Es handelt sich also um eine grundlegende definitorische Abgrenzung der hypothetischen Konstrukte. Innerhalb der vorliegenden Arbeit erfolgte die Konzeptualisierung der verwendeten Konstrukte ebenso wie die Modell- und Hypothesenbildung bereits im Kapitel 4. Die auf der Konzeptionalisierung aufbauende Entwicklung eines Messinstrumentes wird als Operationalisierung bezeichnet. Die Operationalisierung besteht in der Angabe einer Anweisung, wie Sachverhalte, die das Konstrukt bezeichnen, gemessen werden k6nnen. FOr die genaue Erfassung hypothetischer Konstrukte wird in der Literatur die Verwendung eines Messinstrumentes empfohlen, welches sich aus mehreren Indikatoren (Items) zusammensetzt (Multi-Item-Ansatz). 516 In Zusammenhang mit der Operationalisierung wird grunds~itzlich zwischen ein- und mehrfaktoriellen Konstrukten unterschieden. Bei einem einfaktoriellen Konstrukt entspricht das Konstrukt genau einem Faktor, so dass sich die beobachtbaren Indikatoren direkt auf der Konstruktebene verdichten lassen. Ein mehrfaktorielles Konstrukt wird durch zwei oder mehr Faktoren abgebildet. Die mehrfaktoriellen Konstrukte bestehen entweder aus einer oder mehreren Dimensionen. Wird ein Konstrukt in eine Reihe von Faktoren zerlegt und geh6rt jeder Faktor zu ein und derselben theoretischen Dimension, so spricht man von einem eindimensionalen Konstrukt. Das Konstrukt selbst ist nicht direkt mit Indikatorvariablen verbunden. Existieren mehrere theoretische Dimensionen, die sich wieder aus mehreren Faktoren zusammensetzen (d.h. sind die einzelnen Dimensionen nicht durch Indikatoren direkt beobachtbar), liegt ein mehrdimensionales Konstrukt vor. 517 Bei einem mehrdimensionalen Fall sind weder das Konstrukt noch die einzelnen Dimensionen direkt mit Indikatorvariablen verbunden. Diese erl~iuterten Zusammenh~inge werden in der Abbildung 7 verdeutlicht.
513Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6; Schnell/Hill/Esser (2005), S. 127 ff. 514Vgl. ausf'tihrlich Homburg/Giering (1996), S. 6 ff. sis Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 11 f. 516Vgll Churchill (1979), S. 66; Jacoby (1978), S. 93; Homburg (2000), S. 13; 517Vgl. Bagozzi/Fomell (1982), S. 28 ff.; Homburg/Giering (1996), S. 6.
108
E 2 ._
E
~
E
o
~
E
.m
m o
0
._o ii)
11
(1) ~
.,,~
u_
_.w a._
m
o'~ ,,--
~ m
=
:o
=
109
In Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Faktoren und Indikatoren sind zwei Falle zu unterscheiden. Grunds/itzlich kann die Spezifikation der Messmodelle anhand formativer oder reflektiver Indikatoren erfolgen. 5~s
Ixl]
Ix21 rl 2
Ix3 r23 ~ r 1 3
Reflektives Messmodeli
Abbildung 8:
Formatives Messmodell
Reflektives versus formatives Messmodell mit jeweils drei Indikatoren
Quelle: In Anlehnung an Fassott/Eggert (2005), S. 37 und S. 39.
Die Abbildung verdeutlicht, dass der fundamentale Unterschied zwischen einem reflektiven und einem formativen Messmodell in der Richtung der Kausalit~it zwischen dem Faktor und seinen Indikatoren besteht. Diese Kausalit/it wird in Abbildung 8 durch die Pfeile zwischen den Indikatorvariablen (xl, x2, x3) und dem hypothetischen Konstrukt (11) angezeigt. Bei reflektiven Messmodellen verursacht das Konstrukt die ihm zugeordneten Indikatoren, die als eine fehlerbehaftete Messung dieses Konstrukts behandelt werden (die Messfehler der Indikatoren werden in der Abbildung durch 5~, .... 5. dargestellt). Andert sich der Wert des Konstrukts, so ver~indert sich auch die Auspr~igung seiner Indikatoren x~. . . . . Xn. In einem reflektiven Modell sollten alle Indikatoren stark korreliert sein, weil sie austauschbare Messungen der latenten Variablen darstellen. 519
5~s Vgl. hierzu Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 386 ft.; Jarvis/Mackenzie/Podsakoff(2003), S. 199 ff.; Albers/Hildebrandt (2006), S. 3 ff.; Eggert/Fassott (2003), S. 2 ft.; Fassott/Eggert (2005), S. 37 ft. 519Vgl. Fassott/Eggert (2005), S. 36 f.
110
Im Gegensatz zu reflektiven Messmodellen liegt formativen Messmodellen die Annahme zugrunde, dass das Konstrukt durch die Indikatoren verursacht wird. Da die beobachtbaren Indikatoren (x~, x2, x3) inhaltlich als Ursache ~ r das hypothetische Konstrukt (11) aufgefasst werden, wird das Konstrukt als die Summe bzw. Linearkombination seiner Indikatoren definiert. 52~Die Koeffizienten (~/1..... ~'3) geben die Gewichtung der Indikatoren bei ihrer linearkombinatorischen Verrechnung zu dem hypothetischen Konstrukt (11) an. ,3mdert sich ein Indikator Xn, so ver~indert sich notwendigerweise der Wert des hypothetischen Konstrukts, die Auspr~igungen der tibrigen Indikatoren k6nnen hiervon jedoch unbeeinflusst bleiben. 52~ In einem formativen Messmodell mtissen die Indikatoren deshalb nicht stark korrelieren. Sind die Indikatoren Ursache des hypothetischen Konstrukts, geht man davon aus, dass die Indikatoren nicht alle Facetten des Konstrukts vollst~indig anzeigen k6nnen, so dass der aus den Indikatoren resultierende Konstruktwert vom wahren Konstruktwert abweicht. Diese Abweichung wird als ,,lack of validity ''522 bezeichnet. Sie wird in der Abb. 8 durch die Restvarianz dargestellt, die auf nicht im Modell liegende Grtinde zurtickzu~hren ist. 523 Der Zusammenhang zwischen Indikatoren und den zugeh6renden hypothetischen Konstrukten (reflektiv versus formativ) stellt unterschiedliche Anforderungen an die Entwicklung und Beurteilung der jeweiligen Messmodelle. Diese Anforderungen und Beurteilungskriterien werden im Folgenden kurz erl~iutert.
5.2.2 Beurteilungskriterien einer reflektiven Operationalisierung Bei einer reflektiven Operationalisierung geht man davon aus, dass es sich bei den Indikatoren um fehlerbehafiete Messungen eines Konstrukts handelt. Werden die hypothetischen Konstrukte durch mehrere Indikatoren erfasst, muss geprtifi werden, wie gut die empirisch erhobenen Indikatoren den wahren Wert des Konstruktes widerspiegeln. Ftir die Beantwortung dieser Frage mtissen die im Rahmen der reflektiven Operationalisierung entwickelten Messinstrumente die Anforderungen der Reliabilit~it (Zuverl~issigkeit) und der Validit~it (Giiltigkeit) erf'tillen. 524 Diese Anforderungen betreffen das AusmaB des Messfehlers der verwendeten Indikatoren, der sich in einen zuf~illigen und
520Vgl. Eggert/Fassott (2003), S. 2 f.; Fassott/Eggert(2005), S. 38 f. 521 Vgl. Eggert/Fassott (2005), S. 38 f. 522 Lohm611er(1989), S. 15. s23 Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann(2006), S. 34 ft. 524Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6 ft.; Schnell/Hill/Esser (2005), S. 151 ft.
111
einen systematischen Anteil aufteilen l~isst. Ein zuf~illiger Messfehler verf~ilscht die Konstruktmessung ohne eine erkennbare Systematik. Ein systematischer Messfehler tritt bei jeder Messung in gleicher H6he auf.525 Die Reliabilifiit beschreibt die Zuverl~issigkeit einer Messung und wird definiert als ,,the degree to which measures are free from error and therefore yield consistent results. ''526 Die Reliabilit~it einer Messung ist umso h6her, je weniger Zufallsfehler bei der Messung auftreten, d.h. je genauer die Merkmalsauspr~igungen durch ein Messinstrument erfasst werden. 527 Bei einer hohen Reliabilit~it kann ein wesentlicher Anteil der Varianz eines Indikators durch das zugrunde liegende Konstrukt erkl~irt werden. 528 Je bedeutender dagegen der Einfluss der Messfehlervariablen ist, desto geringer ist die Reliabilit~it des entsprechenden Indikators zu beurteilen. 529 Grunds~itzlich k6nnen drei Formen von Reliabilit~it unterschieden werden: 53~ Test-Retest-Reliabilit~it: Korrelation mit einer Vergleichsmessung desselben Messinstrumentes zu einem spateren Zeitpunkt, Parallel-Test-Reliabilitat: Korrelation mit einer Vergleichsmessung auf einem ~iquivalenten Messinstrument, Inteme-Konsistenz-Reliabilitat: Korrelation der Indikatoren eines Konstrukts untereinander. Die ersten beiden Reliabilit~itsformen werden in der Praxis kaum geprtift, da nur in wenigen Ausnahmeffillen Tests mit Wiederholungs- oder iiquivalenten Messungen m6glich sind. Sie werden insbesondere durch Lem- und Erinnerungseffekte der Probanden und Probleme bei der Findung eines vergleichbaren Messinstrumentes verhindert. 531 Aus diesem Grund erfolgt in der Praxis die Reliabilit/itsch~itzung in der Regel auf der Basis der intemen Konsistenz. Hierbei k6nnen verschiedene Konsistenz-MaBe berechnet werden, yon denen der Alpha-Koeffizient von Cronbach 532 das am h~iufigsten angewandte Kriterium zur Reliabilitfitsbeurteilung ist: 33
525Vgl. hierzu Churchill (2005), S. 291 ff. 526Peter (1979), S. 6. 527Vgl. Herrmann/Homburg(2000), S. 23. 528Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. 529Vgl. Peter (1979), S. 7. s30 Vgl. Hildebrandt (1998), S. 88. 531Vgl. hierzu ausf'tihrlich Hildebrandt (1998), S. 88 f.; Herrmann/Homburg(2000), S. 23. 532Vgl. hierzu ausfiihrlich Cronbach (1951), S. 297 ft. 533Vgl. Cortina (1993), S. 98; Peterson (1994), S. 382.
112
Cronbachs Alpha basiert auf der Llberlegung, dass mehrere Indikatoren, die der Messung eines Konstruktes dienen, hoch miteinander korreliert sein mtlssen. Der Koeffizient stellt den Mittelwert dieser Korrelationen dar und errechnet sich gem~iB folgender Formel: 534 N
O~'-
N-1
ol-'=2
~,
mit: = Cronbachs Alpha N = Anzahl der Indikatoren der latenten Variablen 0 2 = Varianz des Indikators i l 2 Varianz der Summe alle Indikatorvariablen des Faktors
O . t ---
Bei einem Wertebereich 0 _0,4) und bei einer mehrfaktoriellen Struktur auf die anderen Faktoren deutlich niedriger laden. 55s Werden diese Anforderungen erfiillt, so kann dies als erster Hinweis auf Konvergenz- und Diskriminanzvalidit~it zwischen den Faktoren gewertet werden. Zur Ermittlung der Anzahl der zu extrahierenden Faktoren wird das Kaiser-Kriterium vorgeschlagen. Das Kaiser-Kriterium besagt, dass solange zus~itzliche Faktoren extrahiert werden, wie der zugeh6rige Eigenwert 559 grOBer als eins ist. 56~ Zur lJberprtifung einfaktoriell konzeptualisierter Konstrukte kann ~ r jedes Konstukt eine separate Faktorenanalyse durchge~hrt werden, bei der sich im Rahmen der Faktorextraktion auch wirklich nur ein Faktor ergeben sollte. Zudem wird gefordert, dass dieser Faktor mindestens 50% der Varianz der einbezogenen Indikatormenge erkl~iren sollte. 56~ Cronbachs Alpha, Item-to-Total-Korrelation und exploratorische Faktorenanalyse stellen erste Kriterien zur Beurteilung der Gtite eines reflektiven Messinstruments dar. Sie werden oft als Gt~tekriterien der ersten Generation bezeichnet. Allerdings werden diese GtitemaBe oft kritisiert. Ein Kritikpunkt ist u.a. die restriktive Annahme, die der Berechnung von Cronbachs Alpha zugrunde liegt, dass alle Indikatoren die gleiche Reli-
554Vgl. hierzu ausf'tihrlich Htittner/Schwarting (2000), S. 383 ff.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 260 ff. 555Vgl. zur Vorgehensweisen z.B. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 269 ff. 5s6 Hierzu z~len bspw. die Hauptachsen- und die Hauptkomponentenanalyse. Vgl. hierzu ausfiihrlich Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 291 ft.; Htittner/Schwarting(2000), S. 394. 5s7 Hierfiir kommen u.a. das Varimax- oder das Oblimin-Verfahren zum Einsatz. Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 318 ff.; Htittner/Schwarting(2000), S. 396 f. 55s Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8; Htittner/Schwarting(2000), S. 405. 559 Vgl. zu Faktorextraktion Backhaus/Erichson/Plinke (2006), S. 295 ft. 560 Der Eigenwert eines Faktors kann als MaB f'tir den Erkl~rungsbeitragdieses Faktors zu der Varianz aller ihm zugeordneten Indikatoren verstanden werden. Vgl. Brosius (2004) S. 783 f. 561 Vgl. Homburg/Giering(1996), S. 12.
116 abilit~t aufweisen: 62 Weitere Nachteile liegen vor allem im Bereich der inferenzstatistischen Beurteilung der Indikatoren, d.h. bei der Beurteilung mittels eines statistischen Tests. 563 Aufgrund dieser Kritikpunkte wird die Anwendung zus~itzlicher Kriterien (Kriterien der zweiten Generation), die sich als wesentlich leistungsstarker erwiesen haben, empfohlen: 64 Diese Kriterien werden in Abschnitt 5.3.3 ausRihrlich dargestellt.
5.2.3 Beurteilungskriterien einer formativen Operationalisierung Im Gegensatz zu der reflektiven Operationalisierung wird bei der formativen Operationalisierung die Kausalit~it umgekehrt, d.h. hier formen die Indikatoren die latente Variable und nicht umgekehrt. In einem formativen Messmodell wird ein Konstrukt als Summe bzw. Linearkombination seiner Indikatoren definiert, die sich in mathematischer Form wie folgt darstellen l~isst:565
= YlXl +Y2X2 + . . . + Y n X n +
mit: 11= hypothetisches Konstrukt X 1. . . . .
Xn = beobachtete Indikatoren
~,~..... ~,. = Gewichtung der Indikatoren = Fehlerterm der Messung Die Gleichung verdeutlicht das Grundprinzip der formativen Operationalisierung: ,~mdert sich einer der Indikatoren, so ver~dert sich notwendigerweise auch der Wert des hypothetischen Konstrukts. Die Ubrigen Indikatoren k6nnen davon nicht betroffen sein. Aus diesem Grund mtissen formative Indikatoren nicht hochgradig korreliert sein und auch keine starke Beziehung zum zugeh6rigen Konstrukt aufweisen. Anders als bei reflektiven Messmodellen muss deshalb die formative Operationalisierung anhand anderer Kriterien beurteilt werden. Eine ex post Giitebeurteilung auf der Basis quantitativer Daten, wie sie bei reflektiven Messmodellen empfohlen wird, ist hier kaum
562Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 189. 563Vgl. z.B. Bagozzi/Phillips (1982), S. 459 ft.; Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 428; Gerbing/Anderson (1988), S. 190; Homburg/Giering (1996), S. 9. 564Vgl. z.B. Bagozzi/Phillips (1982), S. 459 ff.; Homburg/Giering (1996), S. 9. 565Vgl. Eggert/Fassott (2003), S. 2 f.; Fassott/Eggert (2005), S. 38 f.
117 m6glich. Die Gtite formativer Operationalisierung kann deshalb nur ex ante durch ein besonders sorgf~iltiges Vorgehen bei der Generierung von Indikatoren gesichert werden. 566
Zur Entwicklung und Validierung formativer Messmodelle wird in der Literatur eine vierstufige Vorgehensweise vorgeschlagen. In einem ersten Schritt muss die konzeptionelle Breite des zu operationalisierenden Konstrukts sorgf~iltig festgelegt sein. Dies ist besonders wichtig, weil das Konstrukt durch die Indikatoren determiniert wird und eine Vemachl~ssigung von Teilaspekten das gesamte Konstrukt reduzieren wiJrde. 567 Im zweiten Schritt werden die formativen Indikatoren generiert. Hierbei mtissen diese Indikatoren die konzeptionelle Breite m6glichst genau und vollst~indig abdecken, damit eine inhaltliche Ubereinstimmung zwischen der Konzeptualisierung und Operationalisierung erreicht wird. Im dritten Schritt steht die Uberprtifung der Multikollinearit~it, also der Grad der linearen Abh~ingigkeit der Indikatoren, an. Multikollinearit~it erweist sich bei formativen Indikatoren als problematisch, weil formative Messmodelle auf dem Prinzip der multiplen Regression beruhen und mit zunehmender Multikollinearit~it die Sch~itzungen der Regressionskoeffizienten unzuverl~issiger werden. 56s Die Betrachtung der Korrelationsmatrix der betroffenen Indikatoren kann einen ersten Hinweis auf Multikollinearit~it liefem, wobei Korrelationskoeffizienten nahe dem Extremwert eins auf ein hohes MaB an Multikollinearit~it hindeuten. Ein weiteres MaB zur Priafung der Multikollinearitat ist die sog. Toleranz, die Werte zwischen null und eins annehmen kann. 569 Solange die kleinste Toleranz den Wert von 0,1 nicht unterschreitet, gilt das AusmaB an Multikollinearit~it als unbedenklich. Im letzten Schritt erfolgt die Oberprt~fung der inhaltlichen bzw. nomologischen Validit~it des Messmodells. Einen Ansatz zur Beurteilung der inhaltlichen Validit~it bietet die sog. Indikatoren-Zuordnungsaufgabe. Ftir diese Aufgabe werden Befragungspersonen gebeten, die zuf~illig angeordneten Indikatoren verschiedener Konstrukte dem ihrer Meinung nach richtigen Konstrukt zuzuordnen. Als Befragungspersonen kommen fachliche Experten oder Personen aus der anvisierten Zielgruppe in Frage. 57~Zur Beurteilung der Eindeutigkeit der Zuordnungen werden zwei Indizes vorgeschlagen.
566Vgl. hierzu Krafft/G6tz~iehr-Gobbers (2005), S. 76 ft. 567Vgl. hierzu Fassott/Eggert (2005), S. 40; Kraft/G6tz/Liehr-Gobbers(2005), S. 76. 56s Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 89 ft. 569Vgl. hierzu ausf'tihrlich Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 91. 570Vgl. hierzu Fassott/Eggert (2005), S. 41; Krafft/GStz~iehr-Gobbers (2005), S. 76 f.
118 Der p~,-Index ist ein MaB ~ r die Eindeutigkeit der Zuordnung. Er gibt Auskunft Uber das AusmaB der Ubereinstimmung zwisehen der dureh den Forscher beabsichtigten und der dureh die Befragten tats~ichlich vorgenommenen Zuordnung eines Indikators. Zur Berechnung des psa-Index wird die Anzahl der ,,richtigen" Zuordnungen (Obereinstimmungen) ins Verh~iltnis zu der Anzahl der Befragungspersonen gesetzt. Der Wertebereich liegt zwischen null und eins, wobei gr6Bere Werte auf ein h6heres MaB an Ubereinstimmung hindeuten. 571 P~a
nc N
mit: nc = Anzahl der ,,riehtigen" Zuordnungen N = Anzahl der Befragungspersonen Der csv-lndex ist ein MaB ~ r die inhaltliche Relevanz der Indikatoren. Er berechnet sich aus der Differenz zwischen der Anzahl der ,,richtigen" und der am h~iufigsten genannten ,,falschen" Zuordnungen eines Indikators zu einem bestimmten Konstrukt. Diese Differenz wird ins Verh~iltnis zu der Anzahl der Befragungspersonen gesetzt. Der Wertebereich liegt zwischen minus eins und eins, wobei geringe Werte (nahe bei 1) auf eine hohe inhaltliehe Relevanz zu einem anderen als dem vorgesehenen Konstrukt hindeuten. 572 % = nr n o N mit" n~= Anzahl der ,,richtigen" Zuordnungen no = Anzahl der am haufigsten genannten ,,falschen" Zuordnung N = Anzahl der Befragungspersonen
5.2.4 Konsequenzen der jeweiligen Operationalisierungsformen In der Literatur wird h~iufig darauf verwiesen, dass die Operationalisierungsform die Wahl des geeigneten Analyseverfahrens beeinflusst, die Aussagekraft der Ergebnisse tangiert und letztendlich sogar die MOglichkeit der Ableitung von Handlungsempfehlungen beeintr~ichtigt. In der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion dominiert die Auffassung, dass die Mehrzahl empirischer Studien im Bereich der Marketingforschung fehlspezifiziert ist, 571Vgl. Fassott/Eggert(2005), S. 42. 572Vgl. hierzu u.a. Fassott/Eggert(2005), S. 42.
119
weil formative Messmodelle als reflektive Operationalisierungen behandelt wurden. 573 Die Gefahr eine Fehlspezifikation ist immer dann hoch, wenn nicht eindeutig beantwortet werden kann, ob es sich bei einer empirischen Studie um formative bzw. reflektive Messmodelle handelt. Aus diesem Grund bieten Jarvis/MacKenzie/Podsakoff einen Kriterienkatalog an, der dazu dienen soil, die Operationalisierung von latenten Variablen daraufhin zu tiberprtifen, ob sie formativer oder reflektiver Art sind. 574 Die Autoren schlagen sieben Fragen vor, deren Beantwortung auf ein reflektives oder formatives Messmodell hinweisen (vgl. Tabelle 7). 575
Frage
1. Sind die Indikatoren Erscheinungsformen oder deftnierende Eigenschafien des Konstrukts? 2. Wiirden ~,nderungen in der Auspdigung der Indikatoren eine Veranderun 6 des Konstruktes verursachen? 3. Wiirden Anderungen in der Auspr~igung der latenten Variablen eine Ver~inderung der Indikatoren verursachen? 4. Haben die Indikatoren den gleichen bzw. einen ~ihnlichen lnhalt oder beziehen sie sich auf ein gemeinsames Thema? 5. Wtirde die Elimination eines Indikators den konzeptionellen Inhalt des Konstrukts ver~indem? 6. Sind Ver~inderungen in der Auspdigung eines lndikators verbunden mit gleichgerichteten Ver~inderungen der tibrisen Indikatoren? 7. Haben die Indikatoren dieselben Ursachen und Konsequenzen? Tabeile 7:
reflektives Messmodell Erscheinungsformen
formatives Messmodell
definierende Eigenschafien
nein
ja nein
ja
nicht erforderlich
nein
m6glich
ja
nicht erforderlich
ja
nicht notwendig
Kriterien zur Charakterisierung reflektiver oder formativer Messmodelle
Quelle: Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203 (Obersetzung entnommen aus Fassott/Eggert (2005), S. 43).
Herrmann/Huber/Kressmann weisen darauf hin, dass letztendlich alle diese Kriterien sich auf die Frage nach der Kausalit~it zwischen Indikator und latenter Variable verdichten lassen. Demnach folgt aus der Richtung der Kausalit~it die Beantwortung der 576 ,,Im Kern lassen
tibrigen durch den Fragenkatalog angesprochenen Eigenschafien.
573 Vgl. hierzu insbesondere die Oberpriifung empirischer Marketingstudien bei Eggert/Fassott (2003), S. 6 ff. sowie Fassott (2006), S. 67 ff. 574 Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203. 575 Diesen Fragekatalog nutzt Fassott zu einer ex post Oberpriifung der Operationalisierung latenter Variablen in Strukturgleichungsmodellen, die in drei deutschsprachigen Zeitschrifien bis 2003 publiziert wurden. Vgl. Fassott (2006), S. 67 ff. 576 Vgl. hierzu ausf'tihrlich Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 47 ff. Siehe hierzu auch Fassott (2006), S. 71 ff.
120
sich die Kriterien auf die Frage reduzieren, ob eine Ver~inderung des Konstruktes eine Ver~inderung aller Indikatoren bewirkt (reflektiv) oder die Ver~inderung eines Indikators eine Ver~inderung der Konstruktauspr~igung evoziert (formativ). ''577 Wird die Frage nach der Kausalit~it zwischen Konstrukt und Indikatoren falsch beantwortet, so fiihrt das zu einer Fehlspezifikation des Messmodells. 57s In der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion werden die Konsequenzen einer Fehlspezifikation zum Teil recht kontrovers diskutiert. In frtiheren Arbeiten zur Spezifikation von Messmodellen wurde bisher vorwiegend ausgefilhrt, dass eine Fehlspezifikation zu einem substanziellen Bias bei den Parameterwerten fiihrt und die gefundenen Ergebnisse deshalb in Frage stellt. 579 Neueste Vergleichsrechnungen zeigen, dass derartige Verzerrungen im Falle reflektiv modellierter, eigentlich aber formativer Indikatoren wesentlich geringer ausfallen. 5s~ Das Hauptproblem einer falschen Spezifizierung wird darin gesehen, dass Indikatoren aufgrund ungerechtfertigter Anwendung der Beurteilungskriterien fiar reflektive Modelle eliminiert werden k6nnten, obwohl sie in einem formativen Messmodell sinnvoll oder sogar erforderlich sind. TM Albers und Hildebrandt demonstrieren mit Hilfe eines Beispiels, dass sich stark unterschiedliche Ergebnisse haupts~ichlich durch die Eliminierung von Indikatoren und weniger durch die Sch~itzmethode ergeben. 582 Daraus l~isst sich schliefSen, dass eine eventuelle Fehlspezifikation weniger problematisch ist, wenn kein Erfordemis zur Elimination von Indikatoren besteht. Des Weiteren wird off betont, dass eine Konstrukt-Operationalisierung letztendlich nicht falsch sein kann. Vielmehr restringiert die Einstufung formativ versus reflektiv das Untersuchungsergebnis, da man lediglich mit einem unpassenden (stark eingeschr~inkten) Modell arbeitet. 583 Eggert/Fassott stellen einen positiven Zusammenhang zwischen der korrekten Spezifikation von reflektiven Messmodellen und der Erfiillung der diesbeztiglichen Gtitekriteren fest: ein Modell, das zu Recht als reflektiv spezifiziert wurde, erfiillt die Gtitekriterien mit gr~fSerer Wahrscheinlichkeit ohne erforderli577Herrmann/Huber/Kressmann(2006), S. 47. 578Vgl. hierzu ausfiihrlich Eggert/Fassott (2003), S. 6 ff.; Fassott (2006), S. 67 ff. 579Vgl. z.B. Bollen/Lennox (1991), S. 305 ft.; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 269 ff.; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 199 ff. 5s0 Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 18 ft. 5sl Siehe hierzu Fassott/Eggers (2003), S. 1 ff.; Albers/Hildebrandt (2006), S. 1.; Fassott (2006), S. 67 ff. 5s2 Vgl. hierzu Albers/Hildebrandt (2006), S. 18 ft. sowie S. 27. 5s3 Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 14.
121
che Skalenbereinigungen als ein in Wirklichkeit formatives Modell. 584 Werden also die Giltekriterien eines reflektiven Messmodells ohne oder fast ohne Elimination von Indikatoren erfilllt, deutet dies darauf hin, dass es sich hierbei tats~chlich um eine korrekte Modellspezifikation, also um ein reflektives Messmodell, handelt. Letztendlich ist ~ r die Wahl einer reflektiven oder formativen Operationalisierung haupts~ichlich das Forschungsanliegen entscheidend, so dass es darauf ankommt, welcher Erkenntnisgewinn angestrebt wird. 5s5 Besteht das Anliegen des Anwenders darin, ein Messmodell zu entwickeln, das konkrete Ansatzpunkte zur Beeinflussung der latenten Variablen aufzeigt und die relative Bedeutung der Konstruktdimensionen untereinander absch~itzt, so ist eine formative Operationalisierung zweckm~iBig: s6 In diesem Fall k6nnen konkrete Managementempfehlungen zu Gestaltungs- und Beeinflussungsm6glichkeiten der so gemessenen latenten Variablen abgeleitet werden, wobei sichergestellt sein muss, dass m6glichst alle Facetten des Konstruktes berticksichtigt werden. 5s7 Eine reflektive Operationalisierung ist vor allem dann zu empfehlen, wenn postulierte Beziehungen zwischen einzelnen hypothetischen Konstrukten untersucht werden sollen. Reflektiv spezifizierte Modelle dienen also haupts~ichlich einem Theorie- bzw. Hypothesentest. Hierbei k6nnen Aussagen tiber die Richtung, das Vorhandensein von Beziehungen und ihre Signifikanz gemacht werden. 5ss Es sei bereits an dieser Stelle angemerkt, dass im vorliegenden Forschungsvorhaben die in Abschnitt 4.2 entwickelten Hypothesen iiberpriift werden. Es sollen keine konkreten Managementempfehlungen filr die Gestaltung des Intemen Marketing abgeleitet werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Wirkungsbeziehung zwischen den hypothetischen Konstrukten des in Abschnitt 4.1 entwickelten Bezugsrahmens zu erkl~iren, so dass eine reflektive Operationalisierung geeignet ist.
ss4 Vgl. Eggert/Fassott (2003), S. 7. sss Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 67; Albers/Hildebrandt (2006), S. 11. 5s6 Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 3 und S. 11 ff.; Fassott (2006), S. 84. 5s7 Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 3 und S. 11 ft. sss Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 29; Fassott (2006), S. 84
122
5.3 Grundprinzipiender Strukturgleichungsmethodik Strukturgleichungsmodelle dienen der Oberprtifung a priori formulierter komplexer Kausalstrukturen anhand empirischer Daten. Hierbei k~nnen Beziehungen mit mehreren beobachtbaren und nicht beobachtbaren Variablen (hypothetische Konstrukte, latente Variablen) tiberprtifi werden. 5s9 Zur Analyse der Strukturgleichungsmodelle mit latenten Variablen stehen verschiedene Verfahren zur Verfiigung. Die zurzeit hiiufig verwendeten Verfahren sind die Kovarianzstrukturanalyse 59~ (LISREL (Linear Structural Relationships) 591 und das PLS-Verfahren (Partial-least-Squares). Die Kovarianzstrukturanalyse ist ein Verfahren, das unter Berticksichtigung parametrischer Schiitz- und Testprinzipien postulierte Beziehungen zwischen hypothetischen Konstrukten zu tiberprtifen versucht. Bei reflektiven Operationalisierungen werden hierbei empirisch gemessene Varianzen und Kovarianzen zwischen Indikatorvariablen herangezogen, um Rtickschltisse auf vorhandene Abh~ingigkeitsbeziehungen zwischen den zugrunde liegenden hypothetischen Konstrukten zu ziehen. 592 Die Kovarianzstrukturanalyse ist ein hypothesenprtifendes Verfahren und dient dem Theorietest. Sie geht davon aus, dass das theoretisch fundierte Untersuchungsmodell das richtige ist und versucht dementsprechend, die vom Modell generierte Kovarianzmatrix m6glichst genau der empirisch ermittelten Kovarianzmatrix anzupassen. Auf diese Weise kann statistisch die Hypothese geprtifi werden, dass diese beiden Kovarianzmatrizen tibereinstimmen, woraus eine Ablehnung bzw. Untersttitzung des Strukturgleichungsmodells (bzw. der darin ausgedrtickten Theorie) abgeleitet wird. 593 Im Unterschied hierzu verzichtet das PLS-Verfahren auf Verteilungsannahmen. Ziel ist nicht die optimale Anpassung von Kovarianzen der Stichprobe, sondem die optimale
Prognose
der
Stichprobenwerte. 594
Die
Parameter
fiir
das
PLS-
Strukturgleichungsmodell werden so geschiitzt, dass sie die Rohdatenmatrix mSglichst optimal reproduzieren, worunter jedoch die Reproduktion der Kovarianzmatrix leidet. 589Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 11. 590Hiiufig wird in diesem Zusammenhang der Begriff ,,Kausalanalyse" verwendet. Dieser Begriff ist jedoch nicht pr~izise,da Kausalit~t im strengen wissenschaftstheoretischen Sinn hier nicht iiberprtitt wird. Die Bezeichnung ,,Kovarianzstrukturanalyse" ist treffender und wird in dieser Arbeit verwendet. 59~ In der Okonometrie wird LISREL inzwischen als Synonym fiir alle Verfahren der Kovarianzstrukturanalyse verwendet, also auch fiir das SoftwareprogrammAMOS (Analysis of Moment Structures). Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 58. 592Vgl. Ullmann (2001), S. 661 ft. 593Vgl. Fassot (2005), S. 26. 594 Einen ausf'tihrlichen Vergleich zwischen varianz- und kovarianzbasierten Verfahren bieten u.a. Schneeweif5(1990), S. 100 ff.; Scholderer/Balderjahn (2006), S. 87 ft.
123
Die PLS-Sch/~tzungen beruhen ausschlieBlich auf dem Regressionsprinzip. Annahmen tiber die Verteilung der Daten sind nicht erforderlich. Die Fallwerte der latenten Variablen werden als standardisierte Linearkombinationen ihrer beobachteten Indikatoren in einem iterativen Verfahren explizit gesch~itzt. 595 Aus diesem Grund ist das PLSVerfahren nicht zum Theorie- bzw. Hypothesentest geeignet. 596 Ein ausfiihrlicher Vergleich kovarianzbasierter (LISREL bzw. AMOS) und varianzbasierter Schatzverfahren (PLS) kann an dieser Stelle nicht gegeben werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen wUrde. Aktuelle Fachliteratur liefert eine detaillierte Gegeniiberstellung und Beurteilung beider Verfahren. 597 Zentrale Aussage ist hierbei, dass grunds~itzlich kein Verfahren dem anderen ,,t~berlegen" ist. Es kommt ausschlieBlich darauf an, was der Anwender bei gegebener Datenlage mit einem Strukturgleichungsmodell erreichen will. 598 Ziel der vorliegenden Arbeit ist die empirische Oberp~fung der Hypothesen, die in Abschnitt 4.2 generiert wurden. Dieser Zielsetzung wird das Verfahren der Kovarianzstrukturanalyse eindeutig besser gerecht. Aus diesem Grund erfolgt im n~chsten Abschnitt eine n~ihere Erl~iuterung dieses Verfahrens. Ausfiihrliche Erlauterungen zur Spezifikation, Schatzung und Beurteilung varianzbasierter Strukturgleichungsmodelle mit Hilfe von PLS bietet weiterf't~hrende Literatur. 599 Bei der Analyse kovarianzbasierter Strukturgleichungsmodelle kommt in der vorliegenden Arbeit das Programm AMOS 6~176 in der Version 5.0 in Kombination mit der Statistiksoftware SPSS 601 in der Version 12.0 zum Einsatz.
595Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 57 ff. 596Vgl. Fassot (2005), S. 26; Herrmann/Huber/Kressmann(2006), S. 37. 597Vgl. hierzu insbesondere Scholderer/Balderjahn (2006), S. 57 ff.; Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 44. 59s Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 67. 599Vgl. hierzu ausftihrlich Bliemel/Eggert/Fassot/Henseler (2005), S. 1 ff.; Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 34 ft. 600Vgl. ausftihrlich zur Datenanalyse mit AMOS: Arbuckle/Wothke (2001); Byrne (2001); Arbuckle/ Wothke (2003). 6o~Vgl. ausftihrlich zur Datenanalyse mit SPSS: Janssen/Laatz (2005); Brosius (2004);
124
5.3.1 Schitzung kovarianzbasierter Strukturgleichungsmodelle Bei der Kovarianzstrukturanalyse werden auf der Basis von Varianzen und Kovarianzen zwischen beobachteten Indikatoren Rtickschliisse auf die Beziehungen zwischen den zugrunde liegenden hypothetischen Konstrukten gezogen. 6~ Grunds~itzlich ist davon auszugehen, dass eine Messung von hypothetischen Konstrukten mit Hilfe von Indikatoren nicht frei von Messfehlem ist. Die Strukturgleichungsmethodologie erlaubt es, den Messfehleranteil der Indikatoren zu kontrollieren und gleichzeitig die Beziehungen zwischen den hypothetischen Konstrukten um den Messfehler bereinigt zu sch~itzen. Im Rahmen der Modellbildung werden zun~ichst die theoretisch hergeleiteten Hypothesen tiber die Beziehungsstrukturen in der betrachteten Variablenmenge mit Hilfe eines Pfaddiagramms grafisch abgebildet. Die aufgrund theoretischer Oberlegungen aufgestellten Beziehungen zwischen hypothetischen Konstrukten werden in einem so genannten Strukturmodell abgebildet. Dabei werden die unabh/ingigen latenten Variablen als exogene Gr0Ben und die abh~ingigen latenten Variablen als endogene Gr0Ben bezeichnet. Die Beziehungen zwischen den unabh~ingigen und abh~ingigen latenten Variablen werden in einem Messmodeli spezifiziert. Ein vollst~indiges lineares Strukturgleichungsmodell (vgl. Abb. 9) besteht somit aus drei Teilmodellen: 6~ Messmodell der latent exogenen Variablen, Messmodell der latent endogenen Variablen und Strukturmodell (,,inneres Modell") Aus der grafischen Darstellung kann die mathematische Struktur des Modells abgeleitet werden, die bei der Parametersch~itzung von Bedeutung ist (siehe Abb. 9).
602Vgl. hierzu Ullmann(2001), S. 661 ft. 603Vgl. Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 340 f.
125
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Skaleninvarianz
GLS
ULS
SLS
ADF
ja
nein
nein
nein
> 100
> 100
> 100
1,5 k (k+ 1)
ja
nein
ja
ja
nein
nein
ja
Inferenzstatistiken k - Anzahl der Indikatorvariablen Tabelle 8:
Anforderungen und Eigenschaften verschiedener iterativer Schiitzverfahren
(Quelle: Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 371)
Das am h~iufigsten verwendete Schatzverfahren fiar Strukturgleichungsmodelle ist das Maximum Likelihood Verfahren (ML), das unter der Annahme einer multivariaten Normalverteilung der Variablen asymptotisch unverzerrte, konsistente und effiziente Sch~itzer liefert. 616 In verschiedenen Simulationsstudien hat sich das Maximum Likelihood Verfahren aber auch als ~iul3erst robust gegen die Verletzung der Multinormalverteilung erwiesen, so dass es sehr h~iufig auch bei nicht multinormalverteilten Daten eingesetzt wird. 617
615 Vgl. hierzu Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 368 ff. 616 Vgl. hierzu ausfiihrlich Homburg (1989), S. 171 ff. sowie S. 179 ff. 617 Vgl. hierzu Olson/Foss/Troye et al. (2000), S. 557 ff.; Tanaka/Bentler (1984), S. 661" Bentler/Chou
129 Eine wesentliche Voraussetzung ~ r die Durchfiihrung einer Parametersch~itzung stellt die Identifikation des Messmodells dar. Die Datengrundlage muss ausreichend Informationen enthalten, damit eine eindeutige Sch~itzung der verschiedenen Modellparameter m6glich wird. 6~s Eine notwendige Bedingung ~ r die Modellidentifikation ist, dass die Anzahl der zu sch~itzenden Modellparameter h6chstens so groB sein darf wie die Anzahl der empirischen Varianzen und Kovarianzen. 619 Die Differenz aus diesen beiden Gr6Ben liefert die Anzahl der Freiheitsgrade eines Modells (df = degrees of freedom), d.h. eine notwendige Bedingung fiir die Modellidentifikation ist eine positive Anzahl von Freiheitsgraden. Ein weiterer Hinweis ~ r ein Identifikationsproblem sind sehr aufflillige, unbegrtindbare Sch~itzungen bzw. mathematisch nicht m6gliche Werte, wie bspw. negative Varianzen, die auch als heywood cases bezeichnet werden. 62~
5.3.2
Modeilierung mediierender und moderierender Effekte
Bei Strukturgleichungsmodellen k6nnen nicht nur direkte, sondem ebenfalls indirekte und moderierende Effekte betrachtet werden. Bei direkten Effekten wirken die exogenen Variablen unmittelbar und ohne weitere systematische Einfliasse auf die endogenen Variablen (vgl. Abb. 10, Pfad a). Bei einem indirekten Effekt wird die Wirkung der exogenen Variablen auf die endogenen Variablen durch eine oder mehrere Variablen vermittelt (Pfade b und c).
(
~exogene ' , , ,
a
.
~
Variable ~
Abbildung 10: Schematische Darstellung eines Mediator-Effekts (mediierende Wirkung)
(1987), S. 89; Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 296. 618Vgl. Hildebrandt (2004), S. 546; Arbuckle/Wothke(2001), S. 112 ft. 619Vgl. hierzu ausfiihrlich Bollen (1989), S. 326 ff. sowieBagozzi/Baumgartner(1994), S. 390; Homburg/Baumgartner (1995), S. 5. 620Vgl. hierzu Bollen (1989), S. 93 ft.
130 Eine Variable fungiert als Mediator, wenn Ver~inderungen der exogenen Variablen zu signifikanten Effekten auf die Mediator-Variable (Pfad b) und Ver/~nderungen der Mediator-Variable zu signifikanten Effekten auf die endogene Variable fiihren (Pfad c). 621 Die vermittelnde Variable wird als Mediator bezeichnet, da sie den Einfluss einer unabh~ingigen Variablen auf eine abhangige Variable tibertragt. Die vermittelnde Wirkung des Mediators wird oft als mediierende Wirkung bzw. mediierender Effekt bezeichnet. 622 Die St~ke des Wirkungszusammenhangs zwischen exogenen und endogenen Variablen kann durch eine oder mehrere moderierende Variablen (Moderator/en) beeinflusst werden. (vgl. Abb. 11). ,,In general terms, a moderator is a qualitative (e.g. sex, race, class) or quantitative (e.g. level of reward) variable that affects the direction and/or strength of the relation between an independent or predictor variable and a dependent or criterion variable". 623 Eine Moderatorvariable ist demnach eine Drittvariable, die die Wirkungsbeziehung zwischen einer exogenen und einer bzw. mehreren endogenen Variablen beeinflusst. 624
moderierende Variable
Abbildung 11:
Schematische Darsteilung eines Moderator-Effekts (moderierende Wirkung)
Zur Untersuchung von moderierenden Effekten kann ebenfalls die Strukturgleichungsmethodik angewendet werden, wobei es sich hierbei um eine Multigruppenanalyse handelt. Bei der Multigruppenanalyse werden Strukturgleichungsmodelle unterschiedlicher Gruppen (Teildatens~itze) simultan gesch~itzt, wobei einige bzw. alle Modellparameter Gleichheitsrestriktionen tiber die Gruppen hinweg unterliegen k6nnen. 621Vgl. hierzu Baron/Kenny(1986), S. 1176. 622Vgl. James/Brett(1984), S. 307 ft.; Baron/Kenny(1986), S. 1173 ft. 623Baron/Kenny(1986), S. 1174. 624Vgl. ausflihrlich Baron/Kenny(1986), S. 1173 ft.; Sharma/Durand/Gur-Arie(1981), S. 298 ft.
131
Dabei muss vorausgesetzt werden, dass die verwendeten Indikatoren in allen Gruppen gemessen wurden. Anhand von Giitekriterien wird die Anpassungsgtite einer Sch~tzung mit Restriktionen mit der Anpassungsgtite einer Schatzung ohne Restriktionen verglichen. 625 Der Multigruppenvergleich beruht auf dem bereits dargestellten Modell der Kovarianzstrukturanalyse. Das Modell wird jedoch um die M6glichkeit der simultanen Sch~,tzung von Strukturgleichungsmodellen in g unabhangigen Gruppen erweitert (g = 1, 2 ..... G). Die Modellspezifikation lautet nun:
Strukturmodell:
11(g) = r'(g)~ (g) + B(g)~ (g) + ~(g)
Messmodelle:
x (g) = Ax(g)~ (g) + ~(g)
und
y(g) = Ay(g)~ (g) + E(g)
Im Rahmen der Multigruppenanalyse werden zun~ichst simultan die Koeffizienten der Struktur- und Messmodelle fi~rjede einzelne der g Gruppen gesch~itzt. Es ist m6glich, die Kovarianzmatrix Z(g)der Indikatoren y(g) und x (g) durch die Parametermatrizen B (g), 1-'(g) , Ay(g), Ax(g), (I)(g) , ~I-I(g) , Oc(g) , Os (g) auszudrticken:
z(g)= Z(g) ( B (g) , 1-'(g), Ay (g) ' Ax (g) , (I) (g) ' ~I.t(g) ' O~ (g) ' O~ (g))
Statt z.B. 8 Parametermatrizen, werden also bei einer Mehrgruppenanalyse G. 8 Parametermatrizen verwendet. Bezeichnet man vereinfachend die Gesamtheit der zu sch~itzenden Parameter als Vektor u (o = (o ~ u (2),0 (3)..... o(c))) ergibt sich folgende Gleichung: X(~) = X(~)(u(~))
Die anschliel3ende Parametersch~itzung hat das Ziel einen Vektor 5 (g) so zu ermitteln, dass die vom Modell generierten Kovarianzmatrizen Z(g)= z(g)(5 (~)) eine m6glichst groBe ,~danlichkeit zu den empirisch ermittelten Kovarianzmatrizen S(g) aufweisen. Dies geschieht durch die L6sung des Minimierungsproblems: fs(U) =~,
(g) (s(g), ~'~(g)(~.)(g))) --* min,
g=l
625 Vgl. hierzu Baumgartner/Steenkamp(1998), S. 21 ff.
132 dabei gibt Ng den Stichprobenumfang der g-ten Gruppe und N den Umfang der Gesamtstichproben (N=NI+N2+...+Nc) wieder. 626 In der vorliegenden Arbeit erfolgt ein Gruppenvergleich mit lediglich zwei Gruppen. Hierbei erfolgt die simultane Untersuchung des Strukturgleichungsmodells auf Basis von zwei Teildatens~itzen, die durch einen Median-Split beziiglich der interessierenden moderierenden Variablen gebildet werden. Die Gruppe 1 ist somit durch eine hohe Auspragung beziiglich der moderierenden Variablen und die Gruppe 2 durch eine niedrige Auspragung bezUglich der moderierenden Variablen gekennzeichnet. Sind bei der unabh~ingigen Sch~itzung des interessierenden Effekts Unterschiede in beiden Gruppen vorhanden, deutet dies auf einen moderierenden Effekt hin. Ft~hrt die Sch~itzung des Effektes unter der Restriktion zu einer signifikanten Verschlechterung der Modellanpassung (gemessen durch die Differenz der z2-Werte), kann ein moderierender Effekt empirisch gesttitzt werden. Ober die Differenz der Effekte in den beiden Teildatens~itzen ist die Richtung der Moderation identifizierbar. 627
5.3.3 Beurteilung kovarianzbasierter Strukturgleichungsmodelle Die Beurteilung eines Strukturgleichungsmodells erfolgt anhand verschiedener Gtitekriterien, die off auch als Gtitekriterien der zweiten Generation bezeichnet werden. Diese Gtitekriterien basieren auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse. 62s Sie ist eine Methode zur formalen Darstellung der Messung komplexer Konstrukte durch Indikatoren und zur gleichzeitigen Gtitebeurteilung dieser Messung. 629 Der Unterschied zur exploratorischen Faktorenanalyse besteht darin, dass im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse a priori Hypothesen iiber die den Indikatoren zugrunde liegende Faktorenstruktur formuliert werden, die anschlieBend anhand empirischer Daten tiberpriafi werden. 63~
626Vgl. hierzu ausfiihrlich Baumgartner/Steenkamp(1998), S. 23 ff. 627Siehe hierzu auch Krohmer(1999), S. 155 ft.; Homburg/Giering(2001), S. 51 ff.; Stock (2003), S. 137ff. 628Die konfirmatorischeFaktorenanalysewurde maBgeblichdurch die Arbeiten von J~Sreskoggepr~igt. Vgl. J~Sreskog(1969), S. 183 ft. 629Vgl. hierzu Pflesser (1999), S. 103. 630Vgl. hierzu z.B. Homburg/Giering(1996), S. 9; Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 386 ft.
133
Die Durchfiihrung einer konfirmatorischen F aktorenanalyse erfordert eine detaillierte Spezifikation eines Messmodells, welches die Erfassung der latenten Variablen (Faktoren) durch die Indikatoren (Items) beschreibt. 631 Eine Beurteilung der Reliabilitat und Validitat dieses Messmodells ist anhand globaler und lokaler Gtitekriterien 632 m6glich (vgl. Abb. 12). Globale Giitekriterien erm6glichen eine Beurteilung, ob das Messmodell als Ganzes mit der Datenstruktur konsistent ist. Lokale Giitekriterien beziehen sich auf einzelne Teile eines Modells. Die Globalkriterien lassen sich weiter untergliedern in so genannte ,,Stand-Alone-Gtitekriterien" und ,,inkrementale Gtitekriterien". 633 Wahrend durch Stand-Alone-Giatekriterien die Anpassungsgiate eines Modells isoliert beurteilt wird, erfolgt bei inkrementalen Giitekriterien die Beurteilung des Messmodells (,,Default Model") in Relation zu zwei extremen Vergleichsmodellen, dem ,,Saturated Model" und dem ,,Independence Model". Das ,,Saturated Model" enthalt so viele Parameterschatzungen, wie gema6 der Freiheitsgrade vorgenommen werden k6nnen - es ist somit das am wenigsten restriktive Modell. 634 Bei dem ,,Independence Model" handelt es sich um ein sog. Nullmodell. Es ist das restriktivste Modell, da es nur die Varianzen der beobachteten Variablen, zwischen denen keine Beziehungen zugelassen werden, enthalt (d.h. ein besonders schlechter ,,Fit" stellt sich hier ein). 635 Die Giate des zu beurteilenden Messmodells (,,Default Model") liegt also immer zwischen dem schlechten Fit des ,,Independence Model" und dem perfekten Fit des ,,Saturated Model". 636
631 Vgl. hierzu ausf'tihrlicher Homburg/Giering (1996), S. 9 ft.; Pflesser (1999), S. 103 ff.; Krohmer (1999), S. 144 ff. 632 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Anpassungsma6en bzw. von Kriterien der Anpassungsgtite. 633 Vgl. hierzu Homburg/Baumgartner(1998), S. 351 ff.; Hu/Bentler (1995), S. 82; Hoyle (1995), S. 7. 634 Vgl. Arbuckle/Wothke (2001), S. 340 f. 635 Vgl. hierzu Arbuckle/Wothke (2001), S. 336 ff.; Tabachnick/Fidell (2001), S. 233 ff.; Byme (2001), S. 79 ff. und S. 302 ff. 636 Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 381.
134
G0tekriterien
]
Globale Gtitekriterien
Lokale GUtekriterien
9 Indikatorreliabilitat 9 Faktorreliabilit/tt 9 Durchschnittlich erfasste Varianz 9 Critical Ratio
L ..............................................................................
inkrementale Gtltekriterien
Stand-Alone-Glltekriterien
Kriterien, die I I Kriterien,die Freiheitsgrade Freiheitsgrade nicht berOcksichtigen be~cksichtigen 9 CFI z .......................................................................
Inferenzstatistische GUtekriterien
Deskriptive GUtekriterien
9 Chi2.Teststatistik 9 RMSEA ...........................................................................
9 NFI , .......................................................................
,
Kriterien, die Freiheitsgrade berOcksichtigen ...........................................................
9 Chi2/ df 9 AGFI
Kriterien, die Freiheitsgrade nicht berOcksichtigen ....................................................
9 GFI 9 RMR
9 ...............................................................
Abbildung 12: Kategorisierung von Giitekriterien
Quelle: in Anlehnung an Homburg/Baumgartner (1998), S. 352.
Abbildung 12 verdeutlicht, dass eine Vielzahl von Gtitekriterien entwickelt worden ist, die eine Untersuchung der Reliabilit~it und Validit~it des zu beurteilenden Messmodells erlauben. Die Leistungsf~ihigkeit dieser Gtitekriterien wird in der Literatur kontrovers diskutiert, so dass empfohlen wird, immer mehrere Kriterien zu Beurteilung der Reliabilit~it und Validit~it zu verwenden. 637 Im Folgenden werden diese Gtitekriterien und ihre Anspruchsniveaus kurz vorgestellt. 637 Vgl. Hu/Bentler (1995), S. 89 ff.; Hoyle/Panter (1995), S. 165 ff.; Homburg/Giering (1996), S. 9 ff. sowie Homburg/Baumgartner (1998), S. 351 ff.
135
Ein weit verbreiteter Ansatz zur Beurteilung der Gesamtmodellanpassung ist der ChiQuadrat-Wert 638 (7~2), der die Gtite der Reproduktion der empirischen Korrelationsbzw. Kovarianzmatrix durch die modelltheoetische Matrix anzeigt. 639 Allerdings wird die Anwendbarkeit der 7~2 -Teststatistik durch eine Reihe von Restriktionen beschr~inkt (z.B. starke Abh~ingigkeit der Aussagekraft vom Stichprobenumfang und GUltigkeit der Normalverteilungsannahme). Aus diesem Grund wird h~iufig vorgeschlagen, den Quotienten aus dem
~2-Wert und der Zahl der Freiheitsgrade (dt) als deskriptives
MaB der Anpassungsgtite eines Messmodells an die empirischen Daten zu verwenden. 64~Ein kleiner Wert dieses Quotienten (7~2/df) signalisiert eine gute Modellanpassung, wobei dieser Quotient m6glichst kleiner als drei sein sollte. 641 Manche Autoren akzeptieren sogar Werte bis fiJnf. 642 Der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) gilt als eines der wichtigsten Gtitekriterien im Rahmen der Analyse von Kovarianzstrukturen, da dieser Wert die fehlende Gtite (,,lack of fit") des Modells im Vergleich zu einem ,,perfekten" Modell bemisst. 643 W~ihrend Werte unter 0,05 auf eine gute Modellanpassung deuten, signalisieren Werte bis zu 0,08 eine akzeptable Modellanpassung. 644 Zwei weitere haufig verwendete Anpassungsmaf3e zur globalen Beurteilung eines Modells sind der Goodness-of-Fit-Index (GFI), der (analog zum Bestimmtheitsmal~ der Regressionsanalyse) die von einem Modell insgesamt erfasste Varianz und Kovarianz be~cksichtigt und der Adjusted Goodness-of-Fit-Index (AGFI), der (analog zum korrigierten BestimmtheitsmaB) zudem die Anzahl an Freiheitsgraden im Modell ber~cksichtigt. GFI und AGFI geben an, in welchem AusmaB die empirische VarianzKovarianzmatrix durch die im Modell postulierte Varianz-Kovarianzmatrix erkl~irt wird. 645 Beide AnpassungsmafSe k6nnen Werte zwischen null und eins annehmen. Je naher der GFI oder AGFI beim Wert eins liegt, desto perfekter ist die Modellanpassung an die Daten. FOr beide AnpassungsmaBe wird in der Literatur ein Mindestwert 638 In AMOS wird dieser Wert als CMIN-Wert bezeichnet. Vgl. Arbuckle/Wothke (2001), S. 97. 639Vgl. Hierzu Hu/Bentler (1995), S. 77 ff.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 379 ft. 640Vgl. Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 93; Homburg/Baumgartner(1998), S. 353. 641 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 13; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 379. 642 Vgl. z.B. Fritz (1995), S. 126 und S. 140; Burmann (2002), S. 292. 643 Vgl. Byme (2001), S. 84; Tabachnick/Fidell (2001), S. 699 f.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 381. 644Vgi. dazu Homburg/Baumgartner (1998), S. 354; Tabachnick/Fidell (2001), S. 700; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 382. 645Vgl. hierzu Homburg/Giering (1996), S. 10; Byrne (2001), S. 82 ff.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 380 f.
136 von 0,9 gefordert. 646 Der Root Mean Square Residual (RMR) wird als ein weiteres StandardmaB zur Beurteilung der Anpassungsgtite eines Modells verwendet. Das MaB wird als Quadratwurzel der durchschnittlichen quadrierten Abweichungen der empirischen Varianzen und Kovarianzen und ihrer Sch~tzwerte (unter der Annahme eines korrekten Modells) errechnet. 647 RMR kann Werte zwischen null und eins annehmen, wobei die Anpassungsgtite umso besser ist, je n~iher RMR an null liegt. Ftir eine positive Modellbeurteilung wird als Schwellenwert RMR kleiner als 0,08 gefordert. 648 Wie bereits erl~iutert wird bei den inkrementalen Gtitekriterien die Gtite des zu beurteilenden Messmodells im Verh~iltnis zu zwei anderen Modellen beurteilt, dem perfekten Modell (,,Saturated Model") und dem schlechtesten Modell (,,Independence Model"), bei dem alle manifesten Variablen als unkorreliert angenommen werden. Inkrementale Gtitekriterien zeigen an, ob das zu beurteilende Modell (,,Default Model") naher am Unabh~ingigkeits- oder saturierten Modell liegt. Der Normated-Fit-lndex (NFI) 649 wird ermittelt, indem die Differenz der x2-Werte des ,,Independence Model" und des ,,Default Model" dividiert wird durch das X2 des ,,Independence Model". 65~Der Wert des NFI sollte bei einem guten Modellfit gr6Ber als 0,9 sein. Der Comparative-FitIndex (CFI) berticksichtigt im Vergleich zum NFI zus~itzlich die Zahl der Freiheitsgrade und sollte ebenfalls grOBer als 0,9 sein. 651 Als ein weiteres inkrementales Gtitekriterium wird der Tucker-Lewis-Index (TLI) herangezogen. Die Gr6Be wird genauso wie der NFI berechnet, wobei der TLI die bezeichneten xE-Werte jeweils durch die zugeh6rigen Freiheitsgrade dividiert, so dass die relative Verbesserung des Modells je Freiheitsgrad zum Ausdruck kommt. Bei einem guten Modellfit sollte der TLI ebenfalls gr6Ber 0,9 sein. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden als inkrementale AnpassungsmaBe der CFI und der TLI herangezogen.
646Vgl. Byme (2001), S. 83; Homburg/Baumgartner (1998), S. 335 ff.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 381. 647 Vgl. hierzu Homburg/Baumgartner(1998), S. 355; Tabachnick/Fidell (2001); S. 702. 648Vgl. hierzu Homburg/Baumgartner(1998), S. 355 ff. 649Der NFI wird auch als Bentler-Bonett-Index bezeichnet. Vgl. hierzu Bentler/Bonett (1980), S. 588 ff. 650Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 381. 65~Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 381.
137
Ftir die Gtitebeurteilung einer Messung sind neben den zuvor dargestellten globalen Gtitekriterien auch lokale Gtitekriterien von Bedeutung. Lokale Gtitekriterien geben Auskunft da~ber, ob bzw. inwieweit einzelne Elemente eines Modells eine bestimmte Gtite aufweisen. Sie werden danach unterschieden, ob sie zur Beurteilung einzelner Indikatoren oder zur Beurteilung von Faktoren herangezogen werden. Die Beurteilung einzelner Indikatoren kann auf Basis der Indikatorreliabilitiit vorgenommen werden. Die Indikatorreliabilitat gibt ~ r einen einzelnen Indikator an, welcher Anteil seiner Varianz durch den zugeh6rigen Faktor (bzw. das zugrunde liegende Konstrukt) erkl~irt wird. Die nicht durch den Faktor erkl~irte Varianz kann auf den Messfehler zurtickge~hrt werden. 652 Die Reliabilit~it fi~r die einzelnen Indikatoren xi eines Faktors ~,j berechnet sich nach folgender Forme1653:
IR(x,)=
Z~(~jj q"0ii
mit: x~= Indikator i ;~j= gesch~itzte Faktorladung zwischen Indikator xi und Faktor ~j ~ = gesch~tzte Varianz des Faktors ~j 0, = geschatzte Varianz des zugeh6rigen Messfehlers Die Indikatorreliabilit~t kann einen Wert zwischen null und eins annehmen, wobei in der Literatur ein Mindestwert von 0,4 gefordert wird. 654 Im Rahmen einer detaillierten Beurteilung wird auch tiberprtift, ob die Ladungen der Indikatoren auf die Faktoren statistisch signifikant und von null verschieden sind. Diese l]berp~fung gibt Auskunft tiber die Konvergenzvalidit~it der Indikatoren, die einem Faktor zugeordnet werden. Auf dem 5%-Niveau ist eine Faktorladung signifikant von null verschieden, wenn der t-Wert (Quotient aus gesch~itzter Faktorladung und gesch~tztem Standardfehler des Sch~tzers) mindestens 1,645 betr~igt (einseitiger Test). 655 AMOS bietet in diesem Zusammenhang die Critical Ratio (C.R.) fi~r einen Indikator (als Quotient aus unstandardisiertem Regressionskoeffizient zwischen Faktor und In6S2Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 10; Homburg/Baumgartner (1998), S. 360; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 377 f. 653Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 360; Tabachnick/Fidell (2001), S. 715; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 377 ff. 654Allerdings werden auch vereinzelt Reliabili~'ten von 0,3 und darunter toleriert. Vgl. hierzu z.B. Homburg/Giering (1996), S. 13; Krohmer (1999), S. 164 und S. 174. 655 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 11; Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 402.
138 dikatorvariable und dem Standardfehler) als PrOfgrOBe a n . 656 Eine von null signifikante Unterscheidung ist gegeben, wenn der C.R.-Wert mindestens 1,96 betragt (einseitiger Test auf dem 5%-Signifikanzniveau). Liegen die C.R.-Werte tiber 1,96, so ist das ein Indiz da~r, dass die entsprechenden Indikatoren einen gewichtigen Beitrag zur B ildung der Modellstruktur liefem. 657 Wiihrend die Indikatorreliabilit~it ein Urteil dartiber erlaubt, wie gut einzelne Indikatoren den zugrunde liegenden Faktor messen, geben die Faktorreliabilitiit (FR) und die durehsehnittlieh erfasste Varianz (DEV) dartiber Auskunft, wie gut die Gesamtheit der Indikatoren einen Faktor misst. 65s Die Faktorreliabilit~it (FR) berechnet sich nach der Forme1659:
FR(~j) =
2
k
i=!
i=l
Ftir die Berechnung der durchschnittlich erfassten Varianz (DEV) gilt66~ k
DEV(~j)= k i=l i=l
k i=i
mit" ~j = Faktor j k = Anzahl der Indikatorvariablen des Faktors ~j Z,~j= gesch~itzte Faktorladung zwischen dem Indikator xi und dem Faktor ~j ~ = gesch~itzte Varianz des Faktors ~j 0, = gesch~itzte Varianz des zugeh6rigen Messfehlers 5~
Ftir beide Gr6Ben liegen die Werte zwischen null und eins. In der Literatur wird ~ r die Faktorreliabilit~it ein Mindestwert von 0,6 gefordert, damit von einer guten Modellgtite ausgegangen werden kann. Ftir die durchschnittlich erfasste Varianz wird ein Schwel-
656Vgl. Tabachnick/Fidell (2001), S. 673 ft.; Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 384. 657 Vgl. Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 384 f. 65s Vgl. Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 402. 659 Siehe hierzu Homburg/Giering (1996), S. 10; Homburg/Baumgartner(1998), S. 361. 660Vgl. Homburg/Giering(1996), S. 11; Homburg/Baumgartner(1998), S. 361.
139
lenwert von 0,5 vorgeschlagen. 66~ Es werden aber auch geringere Werte akzeptiert. 662 Bei mehrfaktoriellen Konstrukten wird zudem eine 13berp~fung der Diskriminanzvalidit~it empfohlen. Sie basiert auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse. Hierzu kann der Chi:-Differenztest eingesetzt werden. Der Test basiert auf dem Vergleich zweier Messmodelle, von denen bei einem Modell die Korrelation zwischen zwei Faktoren innerhalb des Messmodells auf eins fixiert wird. Aufgrund dieser Restriktion hat das zweite Messmodell zwangsl~.ufig einen h6heren Chi:-Wert. Ist die Differenz der beiden Chi:-Werte signifikant (auf dem 5%-Niveau ist dies dann der Fall, wenn die Differenz der beiden Chi~-Werte tiber 3,841 liegt), so ist vonder Diskriminanzvalidit/~t zwischen beiden Faktoren auszugehen. 663 Ein strengeres Priifl~iterium f'tir die Diskriminanzvalidit~it ist das Fomell/Larcker-Kriterium. Hierbei wird gefordert, dass die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors gr66er ist als die quadrierte Korrelation dieses Faktors mit einem anderen Faktor. 664 In Tabelle 9 sind die Anspruchsniveaus der oben beschriebenen Gtitekriterien im Uberblick dargestellt. Diese empfohlenen Anspruchsniveaus sind jedoch nicht als Falsifikationskriterien in einem strengen Sinne zu verstehen. Bagozzi/Baumgartner bemerken hierzu: ,,it is difficult to justify such guidelines without considering the context of a given measurement procedure. ''665 Die Anspruchsniveaus haben somit lediglich den Charakter von Orientierungsregeln, die sich in der empirischen Forschung gr66tenteils etabliert haben. Fiir die Beurteilung eines Modells anhand dieser Kriterien wird deshalb nicht gefordert, dass alle Giitekriterien gleichzeitig erfl~llt sein mtissen. ,,Insbesondere sollte das Unterschreiten einzelner lokaler Anpassungsma6e nicht automatisch zur Ablehnung des Modells fi]hren. ''666 Ftir die Annahme eines Strukturgleichungsmodells entscheidend sind vielmehr inhaltliche Oberlegungen sowie der durch die Gesamtheit der Gtitekriterien vermittelte Eindruck. Es sollte das Gesamtbild stimmig sein. 667
661 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 11; Homburg/Baumgartner(1998), S. 361. 662Vgl. z.B. Krohmer (1999), S. 160, S. 162 sowie S. 164. 663 Vgl. hierzu Homburg/Giering (1996), S. 11 664Vgl. Fomell/Larcker (1991), S. 46; Homburg/Giering(1996), S. 11. 665 Bagozzi/Baumgartner(1994), S. 403. 666 Homburg/Baumgartner(1994), S. 363. 667 Vgl. hierzu Homburg/Baumgartner (1994), S. 362 f.; Pflesser (1999), S. 112; Krohmer (1999), S. 11.
140 i
] Anspruchsniveau
Kriterium Globaie Giitekriterien
' i
Chi'/Anzahl der Freiheitsgrade
z2/df
___3,0
Goodness of Fit Index
GFI
>__0,9
AGFI
>__0,9
Normated-Fit-Index
NFI
>__0,9
Comparative-Fit-Index
CFI
___0,9
Tucker-Lewis-Index
TLI
___0,9
RMSEA
___0,08
RMR
___0,08
Adjusted Goodness of Fit Index
Root Mean Square Error of Approximation Root Mean Square Residual
i
Lokale GUtekriterien
Indikatorreliabilit~it
IR
>__0,4
F aktorreliabilitat
FR
___0,6
Critical Ratio
C.R.
__.1,96
Durchschnittlich erfasste Varianz
DEV
___0,5 Differenz >__3,841
Chi:-Differenztest
DEV > quadr. Korr. Fomell/Larcker-Kriterium i
(~,., ~,j) for alle i ~ j i
Tabelle 9: Kriterien zur Beurteilung der Giite eines Messmodelis
Anhand dieser Gtitekriterien werden die Strukturgleichungsmodelle der folgenden empirischen Untersuchung beurteilt.
141 6
Empirische Untersuchung der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen durch Internes Marketing
In diesem Abschnitt wird die empirische Untersuchung vorgestellt, mit der die in Abschnitt 4.2 entwickelten Hypothesen iiberpriift werden. Die Vorgehensweise erfolgt in Anlehnung an die allgemeinen Ablaufschemata zur DurchRihrung empirischer Untersuchungen im Marketing. 66s Zun~ichst wird auf die einzelnen Schritte der empirischen Untersuchung n~iher eingegangen. In Abschnitt 6.1 werden die Erhebungsmethode und die Datengrundlage dargestellt und in Abschnitt 6.2 die Operationalisierung der einzelnen Konstrukte des Bezugsrahmens. Hierbei geht es um die Entwicklung geeigneter Messinstrumente und die empirische Messung der einzelnen Konstrukte. In Abschnitt 6.3 wird die Operationalisierung beurteilt. Die empirische Oberpriifung der Hypothesen erfolgt im Abschnitt 6.4.
6.1 Anlage der empirischen Untersuchung 6.1.1 Bestimmungder Erhebungsmethode Die Auswahl der Erhebungsmethode richtet sich jeweils nach der zugrunde liegenden Problemstellung. Im vorliegenden Fall soil der Einfluss des Intemen Marketing auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder untersucht werden. Da es sich hierbei um untemehmensinterne Gr6Ben handelt, kann i~ber die meisten Konstrukte der Untersuchung ausschlieBlich die Untemehmensseite Auskunft geben, so dass einr Erhebung hier zu erfolgen hat. Einige Variablen, wie z.B. die auf den Absatzmarkt gerichteten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder, wiirden m6glicherweise besser und objektiver durch eine zus~itzliche Befragung auf der Kundenseite erhoben werden. Ein derartiges dyadisches Untersuchungsdesign erfordert eine direkte Paarung von unternehmens- und kundenseitig erhobenen Daten, was sowohl eine anonyme als auch eine groBzahlige Datenerhebung verhindert. 669 Da ein wesentliches Ziel der bier vorliegenden Arbeit in einer empirischen Oberprilfung der Hypothesen besteht, sind die Wahrung der Anonymit~it zur Sicherstellung ehrlicher Antworten durch die Zusage einer Datenauswertung ohne Bezug auf einzelne Firmen sowie die Generierung einer verh~iltnism~iBig groBen Stichprobe notwendig. Die vorgesehene Anwendung von Methoden der ersten und zweiten Generation zur OberpriJfung der Validit~it und Reliabilit~it 668Vgl. hierzu B/Shier(2004), S. 30 sowie Homburg/Giering(1996), S. 5 ff. 669Auf diese Aspekte wurde bereits in Abschnitt 5.1 ausfiihrlicheingegangen.
142
der entwickelten Konstrukte erfordert ebenfalls einen verh~iltnism~iBig groBen Stichprobenumfang. 67~ Aus diesen Grilnden wird die Datenbasis der vorliegenden empirischen Studie ausschlieBlich auf der Unternehmensseite erhoben. Als Methode der Datenerhebung wird die schrittliche Erhebung mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens gew~ihlt. Der Fragebogen wurde auf der Grundlage einer aus~hrlichen Literaturrecherche sowie auf der Basis diverser Diskussionen mit Marketingexperten 671 entworfen. Vor dem Einsatz in der Befragungsstudie wurde er in einem externen Pretest im Hinblick auf Verst~indlichkeit und Redundanzfreiheit Uberpriift. Dariiber hinaus wurden die Probanden nach ihrem Urteil bezUglich Aufbau und L~inge gefragt. Der Fragebogen wurde durchweg als logisch aufgebaut eingestuft. Auch hinsichtlich der Verst~dlichkeit der Fragen gab es keine nennenswerten Beanstandungen. Die L~inge des Fragebogens wurde von den meisten Probanden als gerade noch akzeptabel bezeichnet. 672 Im Ergebnis ffihrte der Pretest dazu, dass bei einigen Fragestellungen (gering~gige) Modifizierungen vorgenommen wurden. Als Frageform wurde ~ r die Mehrzahl der Einzelfragen zu den jeweiligen Faktoren bzw. Konstrukten eine Erhebung mittels einer ~nfstufigen Ratingskala gew~ihlt, auf der die Befragten den Grad ihrer Zustimmung zu einer Aussage angeben sollten. Zur Vermeidung uneinheitlicher begrifflicher Interpretationen durch die Auskunfispersonen wurden nur die Extrempositionen der Skala benannt. Der minimale Skalenwert 1 wurde verbal mit ,,triftt iiberhaupt nicht zu" umschrieben, der maximale Skalenwert 5 mit ,,triffi v611ig zu" (vgl. Abb. 13).
Trifft Oberhaupt nicht zu 1
Trifft vOIlig zu 5
Abbildung 13: Fiinfstufige Ratingskala des Fragebogens
670Vgl. Homburg/Baumgartner(1995), S. 1103. 671 Es handelt sich hierbei insbesondere um Mitarbeiter des Seminars f'tir Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Marktforschung und Marketing der Universit~itzu K/Sinund den damaligen Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Richard K~hler. 672 Der Fragebogen beinhaltete, neben Indikatoren zu Konstrukten, die in dieser Untersuchung betrachtet werden, auch weitere Itembatterien (z.B. zu Methodeneinsatz, Organisationsform, allgemeiner Marktausrichtung etc.). Das Hauptziel dieser Gesamtuntersuchung war die Ermittlung der Bedeutung des Marketing in deutschen Unternehmen. Vgl. hierzu K6hler/Biittgen/Faix/Mokros (2002), S. 1 ff.
143
6.1.2 Grundgesamtheit und Stichprobe Vor Beginn der Datenerhebung wurde zun~ichst die Grundgesamtheit festgelegt. Als Grundlage der Datenerhebung diente die aktuelle Hoppenstedt Datenbank, die fiber 28.500 in Deutschland ans~issige Untemehmen enthiilt. Eine engere Eingrenzung der Grundgesamtheit erfolgte anhand zweier Auswahlkriterien: BranchenzugehOrigkeit und Gr6Be des Untemehmens. Bezt~glich der Branchenzugeh6rigkeit wurde ein branchentibergreifender Ansatz gew~ihlt, um eine gr66ere Generalisierbarkeit der empirischen Erkenntnisse erzielen zu k6nnen. Hierbei sollten jedoch Untemehmen, in denen beztiglich der Marktorientierung eher untypische Bedingungskonstellationen (wie ein ~iuBerst geringer Wettbewerbsdruck) herrschen, ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund wurden Unternehmen aus allen Klassen der NACE (Nomenclature G6n6rale des Activit6s Economiques dans les Communaut6s Europ6ennes) einbezogen. Nicht berOcksichtigt wurden lediglich die Agrarbereiche des prim~iren Sektors (NACE-Klassen 01 bis 05) sowie bestimmte Teile des terti~iren Sektors bzw. der staatlichen Institutionen (NACEKlassen 75 ff.). Im Hinblick auf die GrOBe des Untemehmens sollten die einbezogenen Untemehmen tiber eine Gr66e von mindestens 150 Besch~iftigten verfilgen. Grund fi~r diese Eingrenzung war die 13berlegung, dass in wesentlich kleineren Einheiten das Interne Marketing gar nicht bzw. nicht systematisch eingesetzt wird. Die Schnittmenge der Untemehmen, die beiden Auswahlkriterien geniigten, betrug 14.066. Aus dieser Menge wurde eine Zufallsstichprobe von 2.500 gezogen. Nach der Festlegung der wesentlichen Eckpunkte der Datenerhebung bestand der n~ichste Schritt darin, geeignete Ansprechpartner in diesen Unternehmen ausfindig zu machen. Als Ansprechpartner f'tir die Datenerhebung mussten so genannte SchlUsselinformanten 673 kontaktiert werden, die qualifizierte AuskUnfle Uber die Ma6nahmen zur Implementierung
der
marktorientierten
Verhaltensweisen
in
ihrem
Untemeh-
men/strategischen Gesch~iflseinheit geben konnten. Zwar ist die alleinige Befragung von Schltisselinformanten nicht unumstritten, da ein Informanten-Bias die Ergebnisse verzerren kOnnte. Dennoch gilt solch eine Befragung als angemessen, wenn kompetente Informanten in den Untersuchungseinheiten identifiziert und erreicht werden kOn673Vgl. Kumar/Stern/Anderson(1993), S. 1633ff.
144 nen. 674 Dazu gehSren neben Personen des Top Managements insbesondere Marketingund Vertriebsleiter. Vor der Hauptuntersuchung wurden die Untemehmen schriftlich kontaktiert und um ihre Mitwirkung an der Studie gebeten. Diesem Erstkontaktbrief lag ein Antwortblatt bei, mit der Bitte diesen an die Marketing- bzw. Vertriebsleitung weiterzuleiten. Die befragten Untemehmen sollten hier ihre Bereitschaft zur Teilnahme und Namen/Anschrift der beantwortenden Person vermerken und diesen Antwortbogen zurticksenden. Um eine m6glichst hohe Beteiligung zu erreichen, wurde die Ubersendung eines Ergebnisberichts angeboten. Gleichzeitig wurde eine anonyme Auswertung der Daten ausdrticklich zugesichert. Nachdem auf diese Weise alle Ansprechpartner hinreichend identifiziert wurden, erfolgte in einem zweiten Schritt der Versand der Frageb6gen. Angesichts der hohen hierarchischen Position der Fragebogenempf~nger und der angesichts der L~inge des Fragebogens starken zeitlichen Belastung wurden zus~itzliche MafSnahmen zur Erreichung einer befriedigenden Rticklaufquote ergriffen. So lag jedem Fragebogen ein vom Lehrstuhlinhaber unterzeichnetes Anschreiben bei, in dem auf die hohe praktische Relevanz des Untersuchungsgegenstandes verwiesen und emeut eine streng vertrauliche Behandlung der Angaben zugesichert wurde. Dartiber hinaus wurde f'tir die Rt~cksendung des Fragebogens die Zusendung eines Teilnehmerberichtes zugesagt. Trotz dieser MaBnahmen waren einige Nachfassaktionen notwendig, um eine ausreichende Anzahl an Frageb6gen zurtickzuerhalten. Aus der Datenerhebung resultierte eine effektive Stichprobe von 277 korrekt ausgeRillten Fragenb/Sgen. Dies entspricht einer Riicklaufquote von 11,08%. Im Hinblick auf die L~inge des Fragebogens und die relativ hohe hierarchische Position der Befragten ist diese Rticklaufquote als zufriedensteUend anzusehen. Die BranchenzugehSrigkeit der befragten Untemehmen wird in Tabelle 10 dargestellt. Wie aus der Abbildung hervorgeht, ist die Dienstleistungsbranche mit 44,4% stark vertreten. 675 Dahinter liegen Maschinenbau (7,9%), Chemie/Pharma (5,8%) sowie Elektrotechnik, Metallerzeugnisse und Nahrungs- und Genussmittel mit jeweils 5,4%. Vor 674Vgl. Kumar/Stern/Anderson(1993), S. 1645 f. 675Folgende Kategorien sind hierbei berticksichtigt: Banken und Versicherungen (11,6%), Handel, lnstandhaltung und Reparatur von Gebrauchsgtitern (7,2%), Verkehr/Nachrichtentibermittlung (4,3%) sowie sonstige Dienstleistungen inkl. Unternehmensberatungetc. (21,3%).
143
dem Hintergrund der beabsichtigten branchent~bergreifenden Befragung ist diese Branchenverteilung positiv zu bewerten. Anteil an der Branche Stichprobe
Nahrungs- und Genussmittel
5,4%
Textil, Bekleidungund Ledergewerbe
3,6%
Verlags- und Druckgewerbe
3,6%
Chemie/Pharma
5,8%
Gummi- und Kunststoffwaren
2,9%
Metallerzeugnisse
i
5,4%
Maschinenbau
7,9%
Medizintechnik und Optik
2,5%
Baugewerbe
4,7%
Handel, Instandhaltungund Reparaturvon GebrauchsgtRem
7,2%
Verkehr/Nachrichtentibermittlung
4,3%
Banken und Versicherungen
11,6%
Andere Dienstleistungen(einschl. Untemehmensberatungetc.)
21,3%
Fahrzeugbau (einschl. Automobilzulieferer)
2,2%
Land- und Forstwirtschaft,Fischerei und Viehzucht, Rohstoffe
1,4%
Holzgewerbe (ohne M6belherstellung), Papiergewerbe
0,4%
Kokerei, Mineral61verarbeitung,Spalt und Brutstoffe
0,7%
Glas und Keramik(einschl. Ziegelei, Tonerei)
0,4%
Elektrotechnik, Elektronik,Elektrik, Feinmechanik,Computer
5,4%
Herstellung yon M6beln, Schmuck,Musikinstrumenten, Sportger~ite
2,2%
Recycling
0,7%
Sonstige
0,4%
Tabelle I0: Branchenzugeh6rigkeit der Unternehmen
Tabelle 11 gibt Aufschluss tiber die hierarchische Position der Personen, die geantwortet haben. Die t~berwiegende Mehrzahl der Befragten (75,4%) ist in verantwortungsvoller Position t~itig. Weitere 22,8% geh6ren der Stabsstelle Marketing an. Lediglich fianf Untersuchungsteilnehmer (1,8%) ordneten ihre Position unter ,,Sonstige" ein. Hieraus geht hervor, dass die Zielsetzung, solche Personen zu befragen, die aufgrund ihrer hierarchischen Stellung im Untemehmen bzw. in der Gesch~iftseinheit Kenntnis
146 tiber alle wichtigen MaBnahmen zur Implementierung der Marktorientierung haben, erreicht wurde. Position der Befragten
Anteil an der Stichprobe
Top Management
33,0%
Middle Management
42,4%
Stabsstelle (Marketing)
22,8%
Sonstige
1,8%
Tabelle 11: Position der Befragten
Wie im Untersuchungsdesign geplant, verfiigen fast alle Befragten tiber Erfahrung in Marketing und/oder Vertrieb. 86,6% der Untersuchungsteilnehmer ordneten sich dem Funktionsbereich Marketing/Vertrieb zu (vgl. Tab. 12). Folglich kann davon ausgegangen werden, dass die Befragten beziiglich der Aspekte Internes Marketing, marktorientierte Untemehmenskultur, marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder sachkundig sind. Funktionsbereich der Befragten
Anteil an der Stichprobe
Marketing/Vertrieb
86,6%
Finanzierung/Rechnungswesen
1,1%
Controlling
1,1%
Beschaffung
0,7%
Logistik
0,7%
Produktion
0,4%
Sonstige
9,4%
Tabelle 12: Funktionsbereich der Befragten
Aus den Tabellen 11 und 12 kann geschlossen werden, dass der Anforderung, Schl0sselinformanten aus h~heren Hierarchieebenen zu kontaktieren, zum tiberwiegenden Teil entsprochen werden konnte.
147 Eine weitere wichtige Information tiber die Datengrundlage bezieht sich auf die GrSBe der befragten Untemehmen bzw. Gesch~iftseinheiten (vgl. Tab. 13). Am st~irksten vertreten sind Untemehmen/Geschaftsbereiche mit bis zu 500 Untemehmensmitgliedem. Sehr selten kommen hingegen Mitarbeiterzahlen t~ber 5.000 vor (3,6%). Griifle des Unternehmens (nach Mitarbeiterzahl)
Anteil an der Stichprobe
bis 500 Unternehmensmitglieder
54,2%
501 - 1.000Unternehmensmitglieder
19,5%
1.001 5.000Unternehmensmitglieder
22,7%
mehr als 5.000 Unternehmensmitglieder
3,6%
Tabelle 13: Gr6fle des Unternehmens
Im Rahmen der Befragung wurde den Untersuchungsteilnehmem die M~3glichkeit einger~iumt, die Angaben fiir das gesamte Untemehmen oder nur ~ r ihren Gesch~iftsbereich zu machen. Letztere wurden im Rahmen der Befragung gebeten, s~imtliche Fragen aus der Sicht des jeweiligen Gesch~iftsbereichs zu beantworten. 80,3% der befragten Personen antworteten ~ r das gesamte Untemehmen, 19,7% der Antworten bezog sich auf einen Gesch~iftsbereich. Im Hinblick auf die Datenauswertung wurde zun~ichst mit Hilfe eines Mittelwert-Vergleichstests geprtift, ob sich wesentliche Unterschiede im Antwortverhalten der befragten Personen ergeben, die Rir das Gesamtuntemehmen geantwortet haben, im Vergleich zu denen, deren Antworten sich auf ihren Gesch~iftsbereich beziehen. Im vorliegenden Fall ergaben sich keine signifikanten Unterschiede im Antwortverhalten der beiden Gruppen. Somit wurden im Folgenden alle gewonnenen Daten gemeinsam ausgewertet. Ein im Zusammenhang mit der Beurteilung der Gtite der erhobenen Daten wesentlicher Aspekt bezieht sich auf die Repr~isentativitat der Stichprobe. So stellt sich insbesondere die Frage, ob durch die Nichtbeteiligung an der Untersuchung systematische Unterschiede zwischen der Stichprobe und der Grundgesamtheit entstanden sind. In Anlehnung an Armstrong/Overton kann davon ausgegangen werden, dass Untemehmen, die relativ sp~it geantwortet haben, tendenziell eine gr6Bere ,~hnlichkeit zu den Untemehmen aufweisen, die nicht geantwortet haben, als die Unternehmen, die relativ frtih geantwortet haben. 676 Zur Oberprtifung, ob entsprechende Verzerrungen nach676Vgl. Armstrong/Overton(1977), S. 397.
148 weisbar sind, wurde ein Non-Response-Bias-Test durchge~hrt. Hierbei wird ein Vergleich zwischen Untemehmen, die sofort geantwortet haben, und solchen, die den Fragebogen erst nach langerer Zeit ausgefiillt haben, vorgenommen. Zur 13berprOfung des Non-Response-Bias wurde daher die Gesamtstichprobe anhand des Eingangsdatums in drei Teile aufgeteilt. AnschliefAend wurde das erste Drittel (Friahantworter) mit dem letzten Drittel (Sp~itantworter) verglichen, indem alle Variablen mittels eines t-Tests auf Mittelwertunterschiede untersucht wurden. Es konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ermittelt werden. Das Ergebnis lasst darauf schliefAen, dass in der vorliegenden Untersuchung kein signifikanter NonResponse-Bias vorliegt.
6.1.3 Wahl des Schiitzalgorithmus Wie bereits dargestellt, erfolgt in der vorliegenden Arbeit die Kovarianzstrukturanalyse mit Hilfe der Software AMOS in der Version 5.0. Eine erste Grundsatzentscheidung betriftt die Wahl eines geeigneten Sch~itzalgorithmus zur Parameterberechnung. Das erste entscheidende Kriterium fiir die Wahl des zu verwendeten Sch~itzverfahrens stellt die geforderte Verteilung der manifesten Variablen dar. Bei der Betrachtung der einzelnen manifesten Variablen der vorliegenden Datenbasis stellt sich heraus, dass einige wenige Indikatoren keine univariate Normalverteilung aufweisen. 677 Normalverteilung ist jedoch eine Grundvoraussetzung Rir die Multinormalverteilung, 678 so dass bei der vorliegenden Datenbasis nicht von einer Multinormalverteilung ausgegangen werden kann. Bei Vorliegen nicht normalverteilter Variablen empfiehlt sich die Anwendung von ULS, SLS bzw. ADF. Die Anwendung von ULS und SLS scheiden jedoch aus, da diese Sch~itzverfahren keine Inferenzstatistiken liefem. Bei Verwendung asymptotisch verteilungsfreier Sch~itzmethoden, wie der ADF-Methode, sind zwar Inferenzstatistiken verfiigbar, jedoch liegen die erforderlichen Stichprobengr6fAen wesentlich h6her als bei den anderen Sch~itzmethoden. W~ihrend Ublicherweise zur Parametersch~itzung ein Stichprobenumfang von n >_ 100 bzw. n > 200 als ausreichend angesehen wird, ist fiir den ADF-Sch~itzalgorithmus ein Stichprobenumfang von mindestens n > 1,5 9 p (p+ 1) erforderlich, wobei p gleich der An-
677Dies ist das Ergebnis der Betrachtung der Schiefe und Kurtosis der einzelnen Indikatorvariablen. Vgl. hierzu Kline (1998), S. 82 ft. 678Vgl. Kline (1998), S. 82; Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 369 f.
149
zahl der im Modell enthaltenen manifesten Variablen ist. 679 Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Strukturgleichungsmodelle mehr als 20 manifeste Variablen beinhalten werden, so dass ein Stichprobenumfang von mindestens 630 Fallen ftir eine zuverl~issige Schiitzung erforderlich ist. 68~ Da eine solch grol3e Stichprobenfallzahl, trotz einiger Nachfassaktionen, nicht erreicht werden konnte, scheidet das ADFSch~itzverfahren ebenfalls aus. Nach sorgf~iltiger Abwiigung wird in der vorliegenden Untersuchung die MLSchlitzmethode verwendet. Der ML-Ansatz gilt als klassisches ScWitzverfahren der Kovarianzstrukturanalyse, erweist sich als iiu6erst robust gegen die Verletzung der Pdimisse der Multinormalverteilung und liefert die effizientesten Schiitzergebnisse. 68~ Aus diesem Grunde wird in den publizierten Kovarianzstrukturanalysen der intemationalen Marketingforschung in tiber 90% der Rille auf den ML-Ansatz zurtickgegriffen. 682
6.2
Operationalisierung der Konstrukte
Zur Oberprtifung der in Abschnitt 4.2 formulierten Hypothesen ist die Entwicklung reliabler und valider Messinstrumente fiir die zu untersuchenden Konstrukte notwenig. FOr die Operationalisierung wurden, soweit vorhanden, bew~ihrte Messinstrumente aus frtiheren empirischen Untersuchungen verwendet und adaptiert. In den F~illen, in denen auf bereits bew~ihrte Messskalen nicht zurtickgegriffen werden konnte, mussten neue Messinstrumente entwickelt werden. In die Entwicklung dieser Messinstrumente ist zum einen die Auswertung der Literatur eingeflossen. Zum anderen wurden Expertenmeinungen zur Identifikation und Beurteilung potenzieller Messitems herangezogen. 683
679Vgl. hierzu Ausftihrungen in Abschnitt 5.3.1 sowie Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 370 f. 6s0 Die tatsiichliche Anzahl der manifesten Variablen ergibt sich erst bei der Operationalisierung der jeweiligen Konstrukte. 6sl Vgl. hierzu u.a. Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 296; Tanaka/Bentler (1984), S. 661; Bentler/Chou (1987), S. 89; Olson/Foss/Troye et al. (2000), S. 557 ff.; Grether (2003), S. 233; Homburg/Baumgartner (1995), S. 1101 ff. 682Vgl. Homburg/Baumgartner(1995), S. 1101. 683 Da f'tir diese Aufgabe wissenschaftliches Fachwissen erforderlich ist, fanden zu diesem Zweck zahlreiche Diskussionssitzungen mit Mitarbeitern des Seminars ftir Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Marktforschung und Marketing der Universit~it zu K6ln statt.
150
6.2.1 Operationalisierung des Internen Marketing Internes Marketing wurde als eine Methode zur innerbetrieblichen Implementierung der Marktorientierung definiert. Im Zuge der Konzeptualisierung ist unter inhaltlichen Gesichtspunkten das marktorientierte AusmaB des Intemen Marketing fiir das vorliegende Forschungsvorhaben von Bedeutung. Es handelt sich somit um ein eindimensionales Konstrukt. 684 Wie in Abschnitt 4.1 dargelegt, umfasst das Interne Marketing in der vorliegenden Arbeit marktorientierte Anreize, marktorientierte interne Kommunikation, marktorientierte Trainings und marktorientiertes Verhalten der Ftihrungskr~ifte. Aufgrund der Komplexitat dieses Konstrukts wird a priori vom mehrfaktoriellen Fall ausgegangen. Ob sich diese mehrfaktorielle Struktur bestatigt, kann erst im Rahmen weiterer Datenanalysen - speziell durch den Einsatz der Faktorenanalyse - geprOft werden. Im Rahmen der Operationalisierung gilt es nun geeignete Indikatoren zu entwickeln, die das AusmaB der marktorientierten Auspr~igung des Intemen Marketing erfassen. Die Literaturbestandsaufnahme verdeutlichte, dass empirische Arbeiten zum Intemen Marketing, die der in Abschnitt 4.1 vorgenommenen definitorischen Abgrenzung gerecht werden, bisher nicht vorhanden sind. 685 Aus diesem Grund erfolgt die Entwicklung geeigneter Indikatoren zum AusmaB des Intemen Marketing aus der Auswertung der konzeptionellen Beitr~ige 686 und Erkenntnissen zahlreicher Diskussionsgespr~iche. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen einer derartigen empirischen Erhebung die zeitliche Belastung der befragten Person nicht tiberstrapaziert werden darf (Problematik eines geringen Riicklaufs), so dass eine sehr sorgf~ltig und inhaltlich begrtindete Eingrenzung der jeweiligen Items erfolgen muss. FOr eine sinnvolle Eingrenzung der Indikatoren zum marktorientierten Training, die dem Forschungsschwerpunkt der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen gerecht wird, bietet es sich an, den Fokus nicht auf fachliche Trainings, sondem auf das Training des Verhaltens der Untemehmensmitglieder zu legen. 687 Diese Einschr~inkung ist zum einen damit zu begrOnden, dass die Fachkompetenz der Mitarbei684 Es sind zwar grunds~itzlich noch weitere Auspr~igungen (bspw. Mitarbeiterzufriedenheit) m6glich. Gem~iBder zugrunde gelegten Definition werden weitere Auspragungen in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht betrachtet. 685 Siehe hierzu Kapitel 2.3. 686 Vgl. hierzu Abschnitt 2.3.1. 687 Vgl. hierzu auch Schulze (1992), S. 120 f.; Payne (1988), S. 49 ft.; Mohr-Jackson (1991), S. 462; George/Gr6nroos (1999), S. 59; Harris/Piercy (1997), S. 37 f.; Becker, J. (1999), S. 137 f.; Hilker (1993), S. 138 f. sowie Thies (1998), S. 70 ff.
151
ter schon im Rahmen der Personalauswahl durch die Einstellung fachlich kompetenter Mitarbeiter sichergestellt und somit vorausgesetzt werden kann. Zum anderen wirken sich Verhaltenstrainings auf die soziale Kompetenz aus und tragen dazu bei, die Akzeptanz der Mitarbeiter fi~r marktorientierte Verhaltensweisen zu f'6rdem und den konkreten Umgang mit den Akteuren des Marktes zu trainieren sowie die Bereitschaft zu pers6nlicher Verantwortung zu st~rken. 6ss Aus diesem Grund werden die rein aufgabenorientierten TrainingsmaBnahmen, bei denen es um die Vermittlung von Fach- und Methodenkompetenz geht, im Rahmen dieser Untersuchung nicht n~iher betrachtet. Von Interesse sind im Rahmen dieser Arbeit vielmehr Verhaltenstrainings, die auf die Vermittlung sozialer Kompetenz abzielen und zur Bew~iltigung der differenzierten Kundenkontaktsituationen erforderlich sind. 689 Das AusmaB der Marktorientierung kommt auch darin zum Tragen, ob Trainingsinhalte tiberpriift und gegebenenfalls an die aktuelle Marktsituation angepasst werden. 69~ Konkrete Anhaltspunkte ~ r die Trainingsinhalte k6nnte ein Untemehmen bpsw. durch eigene Kundenbefragungen erlangen. 691 Auf diese Weise wird den Untemehmensmitgliedem verdeutlicht, dass der Nutzen ~ r den Kunden und seine Zufriedenheit den MaBstab ~ r die TrainingsmaBnahmen bildet. Die Operationalisierung des marktorientierten Trainings erfolgt auf Basis der zwei folgenden Indikatoren: ,,Um herauszufinden, welche F~ihigkeiten bei den Mitarbeitem besonders trainiert werden miissen, flihren wir Kundenbefragungen durch" und ,,Kundenbezogenes Verhaltenstraining ist ein zentraler Bestandteil unserer Personalentwicklung". AIs Bemessungsgrundlage marktorientierter Anreizsysteme wird in der Literatur h~iufig die Kundenzufriedenheit vorgeschlagen. 692 Grunds~itzlich sind monet~ire und nichtmonet~ire Anreizsysteme zu unterscheiden. In Bezug auf marktorientierte Anreizsysteme hat die Bestandsaufnahme der Literatur verdeutlicht, dass die Marktorientierung bei der Entlohnung, bei Sonderzahlungen in Form von Gratifikationen und bei nichtmonet~iren Anreizen zu berticksichtigen ist. 693 Die Operationalisierung marktorientierter Anreizsysteme erfolgt in enger Anlehnung an eine entsprechende Operationalisie688 Vgl. Schulze (1992), S. 122. 689Vgl. Stauss (2000), S. 214. 690 Vgl. Philips (1983), S. 16. 691 Vgl. hierzu auch Berry/Parasuraman (1999), S. 79; M611eney/Grimmeisen,(1997), S. 303. 692 Vgl. z.B. Day (1994), S. 41; Kohli/Jaworski (1993), S. 63; Becker/Homburg (1999), S. 26; Harris/Piercy (1997), S. 37 f. 693 Vgl. Naumann/Giel (1995), S. 265 ft.; Zeithaml/Parasuraman/Berry (1990), S. 102 ff.; Berry/Parasuraman (1991), S. 167.
152
rung bei Becker. 694 Die Items zur Operationalisierung der marktorientierten Anreize beinhalten daher folgende konkrete Formulierungen: ,,Die Kundenzufriedenheit mit den Mitarbeitem wird bei uns explizit bei der Entlohnung beriicksichtigt", ,,Wir belohnen Mitarbeiter mit Gratifikationen, wenn sie brauchbare Hinweise auf ver~dertes Kundenverhalten liefem" sowie ,,Die Auszeichnung von besonders kundenfreundlichen Mitarbeitem erfolgt bei uns in festlichem Rahmen". In Bezug auf die interne Kommunikation hat sich eine gezielte Versorgung der Unternehmensmitglieder mit Marktinformationen als sehr wichtig erwiesen. Die Untemehmensmitglieder mt~ssen tiber die wesentlichen Marketingziele und -strategien informiert werden. Ebenso mtissen Strategien und Ma6nahmen der Konkurrenz regelm~iBig den Mitarbeitern vermittelt werden. Zur Operationalisierung wurden drei Indikatoren entwickelt. Die konkreten Items lauten: ,,FOr uns ist es selbstverst~indlich, dass alle Mitarbeiter des Unternehmens/Gesch~iftsbereichs tiber unsere wesentlichen Marketingziele und-strategien informiert werden", ,,Es ist zu aufwendig, die Mitarbeiter in allen T~itigkeitsbereichen mit marktorientierten Informationen zu versorgen ''695 und ,,Die Strategien und MaBnahmen der Konkurrenz werden den Mitarbeitern regelmaBig vermittelt". Die Vorbildfunktion der Fiihrungskr/afte erfordert, dass die Ftihrungskr~ifte sich selbst marktorientiert verhalten und auf diese Weise die geforderten Verhaltensweisen vorleben. Folgende konkrete Itemformulierung kann die Vorbildfunktion gut erfassen: ,,Die Fiihrungskr~ifte in unserem Untemehmen/Geschaflsbereich leben den Mitarbeitem die Kundenorientierung vor". Das Konstrukt Internes Marketing wird durch insgesamt 9 Indikatoren gemessen, die in Tabelle 14 zusammenfassend dargestellt werden.
694 Becker formuliert folgende Items: ,,Wir zeichnen regelm~i6igMitarbeiter aus, die durch ihr pers6nliches Engagement in iiberdurchschnittlichem Ma6e zur Erh6hung der Kundenzufriedenheit unserer Gesch/fftseinheit beitragen haben" und ,,Anregungen von Mitarbeitern, die zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit beitragen, werden systematisch erfasst und gesondert vergtitet." Vgl. Becker, J. (1999), S. 147. 695 Hierbei handelt es sich um ein gedrehtes Item.
153
Bezeichnung im Modell
Indikator
Um herauszufinden, welche F~ihigkeitenbei den Mitarbeitern besonders trainiert werden miissen, ftihren wir Kundenbefragungen durch. Kundenbezogenes Verhaltenstraining ist ein zentraler Bestandteil unserer Personalentwicklunl~. Die Kundenzufriedenheit mit den Mitarbeitem wird bei uns explizit bei der Entlohnung beriicksichti~. Wir belohnen Mitarbeiter mit Gratifikationen, wenn sie brauchbare Hinweise auf ver~inderte Kundenbedtirfnisse oder verandertes Kundenverhalten liefern. Die Auszeichnung von besonders kundenfreundlichen Mitarbeitern erfolgt bei uns in festlichem Rahmen. Die Fiihrungskdifte in unserem Untemehmen/Gesch~iftsbereichleben den Mitarbeitern die Kundenorientierun8 vor. FOr uns ist es selbstverst~indlich,dass alle Mitarbeiter des Untemehmens/Gesch~ftsbereiches tiber unsere wesentlichen Marketingziele undstrategien informiert werden. Es ist zu aufwendig, die Mitarbeiter in allen T~itigkeitsbereichenmit marktorientierten Informationen zu versorgen. *(r) Die Strategien und MaBnahmen der Konkurrenz werden den Mitarbeitern regelm~Big vermittelt. *(r): gedrehtes Item
IM 1 IM 2 IM3 IM4 IM 5 IM 6 IM 7 IM 8 IM 9 E
Tabelle 14: Indikatoren zum Konstrukt "Internes Marketing"
Anhand
der
in
Abschnitt
5.2.4
vorgestellten
P~fkriterien
von
Jar-
vis/MacKenzie/Podsakoff wird nun erg~inzend gep~ft, ob es sich hierbei um eine reflektive oder eine formative Operationalisierung handelt. In Abschnitt 5.2.4 wurde verdeutlicht, dass das zentrale Kriterium fiir die Beurteilung einer Operationalisierung die Kausalitat zwischen Konstrukt und Indikator ist. Das Konstrukt Internes Marketing wird in der vorliegenden Arbeit als eine ganzheitliche interne Untemehmensstrategie zur innerbetrieblichen Absicherung der Marktorientierung verstanden. Demnach ist das Interne Marketing urs~ichlich da~r, welche Auspr~igungen die einzelnen Indikatoren annehmen. Obwohl verschiedene Aspekte des Internen Marketing in den Items thematisiert werden, liegt der Skalenbildung die Annahme zugrunde, dass diese Aspekte Ausdrucksformen der zugrunde liegenden Philosophie des Intemen Marketing in jedem Untemehmen sind. Die Items lassen sich auch durch andere Aspekte zur innerbetrieblichen Absicherung der Marktorientierung ersetzen. Andert sich in einem Untemehmen die Auffassung tiber das Interne Marketing z.B. dergestalt, dass es als Maxime der Er~llung der Mitarbeiterbedt~rfnisse aufgefasst wird, so schl~igt sich das in entsprechenden Ver~inderungen bei s~imtlichen Indikatoren nieder. Diese Ausf'tihrungen verdeutlichen, dass es sich hierbei um ein reflektives Messmodell handelt. Die Beurteilung dieser Operationalisierung erfolgt deshalb an-
154
hand der GtRekriterien, die in Abschnitt 5.2.2 dargestellt wurden. Um Aussagen tiber die Faktorenstruktur zu erhalten, die dem Konstrukt Internes Marketing zugrunde liegt, werden die Indikatoren einer explorativen F aktorenanalyse unterzogen. Zur Priifung der diesbezUglichen Dateneignung werden zun~ichst der KMOTest (Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Sampling Adequacy) sowie der Barlett-Test auf Nicht-Sph~irizitiit vorgenommen. 696 Das KMO-MaB betriigt in diesem Fall 0,800, ChiQuadrat betr~igt 541,09, bei einer Signifikanz nach Barlett von 0,000. Die Werte zeigen eine sehr gute Eignung der Daten zur Durchfiihrung von Faktorenanalysen. Die Ergebnisse der Faktorenanalyse sind in Tabelle 15 dargestellt. Die einzelnen Indikatoren, die auf einen Faktor ausreichend hoch (>0,4) und auf den anderen Faktor deutlich niedriger laden 697 wurden in der Tabelle durch Fettdruck hervorgehoben.
Indikator
Faktor 1
2
3
4
0,848
0,001
0,040
0,065
0,796
0,155
0,108
0,236
0,751
0,167
0,135
0,056
0,058
0,808
0,079
-0,147
0,097
0,743
0,164
0,259
0,155
0,677
0,160
0,176
Kundenbefragung fiir Mitarbeitertraining (IM_I)
0,013
0,125
0,913
0,016
Kundenbezogenes Verhaltenstraining als Bestandteil der Presonalentwicklun$ (IM..2)
0,357
0,280
0,635
0,104
Ftihrungskr~ifie leben Kunenorientierung vor (IM_6)
0,223
0,140
0,063
0,927
es ist zu aufw~indig,alle Mitarbeiter mit marktorientierten Informationen zu versorgen *(r) (1MS) alle Mitarbeiter werden tiber wesentiche Marketingziele/-strategien informiert (IM7) regelm~iBigeVermittlung der Strategien und Magnahmen der Konkurrenz an die Mitarbeiter (IM9) festlicher Rahmen fiir die Auszeichnung besonders kundenfreundlicher Mitarbeiter (IMS) Gratifikationen bei Hinweisen auf ge~inderte Kundenbedtirfnisse/-verhalten (IM_4) Be~cksichtigung der Kundenzufriedenheit bei der Entlohnung (IM3)
Faktorladungennach schiefwinkligerRotation * (r): gedrehtesItem (reversed) Tabelle 15: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse
Als Ergebnis der exploratorischen Faktorenanalyse der Itembatterie wurden vier Faktoren extrahiert, die 70,47% der Varianz erklaren. Inhaltlich lassen sich diese Faktoren gut interpretieren. Der erste Faktor repr~isentiert die marktorientierte Auspr~igung der 696Vgl. hierzu Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2006), S. 276. 697Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8; Htittner/Schwarting (2000), S. 405.
155
intemen Kommunikation im Untemehmen. Der zweite Faktor bezieht sich auf marktorientierte Anreize und der dritte Faktor erfasst das marktorientierte Training im Untemehmen. Der vierte Faktor repr~isentiert die marktorientierte Vorbildfunktion der Ftihrungskdifte. Bei diesem Faktor handelt es sich um einen sog. ,,Single-ItemFaktor", d.h. dem Faktor wird lediglich ein Indikator zugeordnet. Zwecks weiterer Prtifung ist die Durchftihrung der konfirmatorischen Faktorenanalyse ftir diese vier Faktoren erforderlich. Hierbei ist zu beachten, dass eine Ermittlung der globalen GtitemaBe nur dann m6glich ist, wenn eine entsprechende Zahl an Freiheitsgraden vorliegt. Im Fall der isolierten Prtifung der Operationalisierung von Faktoren, die nur aus drei bzw. weniger Indikatoren bestehen (wie im vorliegenden Fall) verbleiben jedoch keine Freiheitsgrade, so dass nur lokale GtitemaBe zur Beurteilung des Messinstruments herangezogen werden. 69s Wird ein Faktor nur aus einem Indikator gebildet, muss zum Teil auch auf die Berechnung der lokalen GtitemaBe verzichtet werden. So ist bspw. die Berechnung von Cronbachs Alpha gar nicht m6glich, wenn nur ein Indikator vorliegt. 699 Dennoch ist die Verwendung von Faktoren, welche auf der Grundlage von zwei Indikatoren oder nur einem modelliert werden, im Rahmen der empirischen F orschung weit verbreitet. 7~176 Die Ergebnisse der konfirmatorischen Analysen werden in Tabelle 16 dargestellt.
Faktor
Kommunikation
Indikator
Korrigierte Item-to-TotalKorrelation
IM 8 IM 7 IM 9 IM 5 IM 4 IM 3 IM 1 IM"2
0,649 0,591 0,544 0,439 0,523 0,465 0,387 0,387
. m
Anreize Training
Cronbachs Alpha
0,764 0,660
IM 6
-
0,508 0,672 0,404 0,306 0,554
FaktorDEV reliabilitiit
0,76
0,52
0,68
0,43
0,60
0,44
0,350
0,558
=,=
Vorbildf.
Indikatorreliabilitiit
-
0,320 0,580 .
C.R.
7,628 4,624 9,335 8,968 4,532 8,169 11,811 11,811
-
Tabelle 16: Informationen zu den Faktoren
698 Vgl. zu dieser Problematik auch Anderson/Gerbing/Hunter (1987), S. 434 f. 699 Vgl. hierzu Peter (1997), S. 154; Beutin (2000), S. 133. 7~176 Vgl. z.B. auch Becker, J. (1999), S. 143, S. 146; Burmann (2002), S. 298 und S. 311" Beutin (2000), S. 133; Pflesser (1999), S. 139 f., S. 133, S. 135 sowie S. 140.
156
Die ausgewiesenen Werte verdeutlichen, dass fast alle Gtitemal3e akzeptabel sind. S~imtliche Werte ~ r Cronbachs Alpha erffdlen die Mindestanforderungen. TM Im Hinblick auf die Indikatorreliabilit~t erfiillen drei Indikatoren (durch Fettdruck hervorgehoben) nicht die geforderten Mindestm~e. Da die Messskalen aufgrund der hohen Anzahl an zu berticksichtigenden Variablen aber ohnehin sparsam mit Items ausgestattet sind, wird von einer Elimination abgesehen und die Messung der Faktoren in dargestellter Form angenommen. Nachdem gezeigt werden konnte, dass die Faktoren zufriedenstellend gemessen werden k6nnen, stellt sich die Frage nach der Diskriminanzvaliditat dieser Faktoren. Zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~t wird zun~ichst der Chi2-Differenztest herangezogen. Faktor
Training
Training Anreize Kommunikation Vorbildfunktion Tabelle 17:
I
40,18 55,66 72,89
Anreize
[ Kommunikation [ Vorbildfunktion
57,89 75,5
.
53,1
ChP-Differenztest zur Beurteilung der Diskriminanzvaliditiit der vier Faktoren des Internen Marketing
Wie die in Tabelle 17 aufgefilhrten Werte zeigen, liegen alle Differenzen deutlich tiber dem geforderten Schwellenwert von 3,841. Der Chi2-Differenztest deutet somit auf ein hohes MaB an Diskriminanzvaliditat zwischen den vier Faktoren des Intemen Marketing hin. Aus Tabelle 18 ist ersichtlich, dass auch das Fomell/Larcker-Kriterium fi~r alle FaktorPaare er~llt ist. Da es sich hierbei um ein wesentlich strengeres Kriterium handelt, kann dieses Ergebnis als ein klares Indiz ~ r die vorliegenden Diskriminanzvaliditat gewertet werden. Fakto r
Training
,
Training Anreize Kommunikation Vorbildfunktion Tabelle 18:
DEV 0,44 0,43 0,52 0,45
0,44 . 0,36 0,23 0,07
Anreize I Kommunikation
i
0,43 .
. 0,18 0,13
Vorbildfunktion
0,52 . -
0,45
0,19
-
-
Forneli/Larcker-Kriterium zur Beurteilung der Diskriminanzvaliditiit der vier Faktoren des Internen Marketing
70~ FOr Cronbachs Alpha wird bei weniger als drei Indikatoren ein Wert von mindestens 0,4 und bei drei Indikatoren ein Mindestwert von 0,6 akzeptiert. Vgl. hierzu Grether (2003), S. 237.
157
Es stellt sich die Frage nach der den Faktoren zugrunde liegenden Struktur. Auf Basis der qualitativen Analyse wurde das Interne Marketing als ein eindimensionales Konstrukt (Faktor zweiter Ordnung) konzeptualisiert. Diese Annahme wird im Folgenden n~iher untersucht. Es wird eine exploratorische Faktorenanalyse durchgeflahrt, deren Ausgangspunkt die vier extrahierten Faktoren sind (siehe Tab. 19). Werte dieser Faktoren werden jeweils als Mittelwerte der zugeh6rigen Indikatoren berechnet. Es wird ein Faktor zweiter Ordnung extrahiert, womit die unterstellte eindimensionale Struktur des Intemen Marketing erkannt wird. Faktor
Konstrukt (Faktor zweiter Ordnung)
Kommunikation Anreize Training Vorbildfunktion Tabelle 19:
0,722 0,726 0,714 0,647
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse der Faktoren des Internen Marketing (Faktorladungen)
Des Weiteren ist zu ilberprtifen, ob diese eindimensionale Struktur des Intemen Marketing einer konfirmatorischen P~fung standhfilt. Zu diesem Zweck wird die konfirmatorische Faktorenanalyse angewandt, wobei die vier Faktoren die Rolle von Indikatoren des tibergeordneten Konstrukts ,,Internes Marketing" ilbemehmen. Die Ergebnisse dieser Analyse sind in Tabelle 20 dargestellt. Informationen zu den einzelnen Faktoren:
Faktor Kommunikation Anreize Training Vorbildfunktion
Reliabilit~it 0,627 0,389 0,293 0,533
Informationen zum Konstrukt:
Internes Marketin8
Reliablit/it 0,750
DEV 0,440
Informationen zum Gesamtmodell:
z2-Wert (df) GFI RMR CFI Tabelle 20:
38,446 (27) 0,970 0,060 0,979
~2/ df AGFI RMSEA TLI
1,424 0,950 0,039 0,972
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Konstrukts "Internes Marketing"
158
Die Ergebnisse dieser Analyse verdeutlichen, dass die spezifizierten Anforderungen sowohl auf Faktor- als auch auf Konstruktebene er~llt sind, was auf ein hohes MaB an Konsistenz des Modells mit den Daten schlieBen l~isst.
6.2.2
Operationalisierung der marktorientierten Unternehmenskultur
Bei der marktorientierten Untemehmenskultur wird in der vorliegenden Arbeit die marktorientierte Auspragung der untemehmenskulturellen Werte und Normen betrachtet. 7~ Weitere Dimensionen, wie die Mitarbeiterorientierung, werden nicht untersucht, so dass die marktorientierte Untemehmenskultur eine eindimensionale, zweifaktorielle Struktur aufweisen mtisste. 7~ Diese Annahme wird zu einem spateren Zeitpunkt der Untersuchung tiberpriatt. Zun~ichst ist die Operationalisierung des Konstruktes ,,marktorientierte Untemehmenskultur" erforderlich. Hierbei kann auf die Operationalisierung der marktorientierten Untemehmenskultur bei Pflesser zurtickgegriffen werden. 7~ Es ist jedoch zu beachten, dass die von Pflesser vorgenommene Operationalisierung mehrdimensional erfolgt und u.a. die Dimensionen Innovationsf~ihigkeit, Qualit~it, interfunktionale Kooperation, Verantwortungsbewusstsein und Wertsch~itzung der Mitarbeiter betrachtet werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die Untemehmenskultur eindimensional konzeptualisiert, wobei der Fokus auf den Absatzmarkt gerichtet ist. Aus diesen GrOnden ktinnen Pflessers Indikatoren lediglich als eine Orientierungshilfe fiar die vorliegende Arbeit dienen. Bei der Operationalisierung von marktorientierter Untemehmenskultur ist zu berticksichtigen, dass die kollektiven, tats~ichlich gelebten Werte und Normen erfasst werden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die Untemehmenskultur auf organisationaler Ebene zu erfassen, was durch das Erfragen einer ,,uns"-Meinung erm6glicht wird. 7~ Diese Art der Itemformulierung ist in der empirischen Forschung zul~issig7~ und mittlerweile weit verbreitet. 707 FUr die vorliegende Untersuchung werden deshalb u.a. folgende Itemformulierungen genutzt: ,,Bei uns herrscht die Auffas702 Vgl. hierzu Ausfiihrungen in Abschnitt 2.3 sowie Kapitel 4.1. 703Auch Dimensionen wie bspw. Flexibilit~it, Innovativit~it und Offenheit der Unternehmens-kultur sind nicht Gegenstand der Betrachtung. 704Vgl. Pflesser(1999), S. 127 ff. 705 Siehe hierzu Pflesser (1999), S. 128 f. 706Gabele/Kirsch/Treffert zeigten empirisch, dass eine befragte Person tats~ichlich in der Lage ist, kollektive Werte zu beurteilen. Sie konnten keine signifikanten Einfltisse verschiedener PersSnlichkeitsmerkmaleauf das Antwortverhaltenfeststellen. Vgl. Gabele/Kirsch/Treffert(1977), S. 127 ft. 707Vgl. hierzu z.B. Pflesser (1999), S. 130 ff.
159
sung, dass die Erfi~llung von KundenbedUrfnissen eine Uberragende Bedeutung Rir den Unternehmenserfolg hat" bzw. ,,Wir sind uns in unserem Gesch~it~sbereich bewusst, dass wir letztlich nur erfolgreich sein k6nnen, wenn wir systematisch Konkurrenzstrategien entwickeln." Insgesamt wird die marktorientierte Untemehmenskultur t~ber neun Items gemessen, die in Tabelle 21 dargestellt werden. Indikator
Bezeichnung im Modell
Bei uns herrscht die Auffassung, dass die Erftillung von Kundenbediirfnissen eine iaberrasende Bedeutung ftir den Unternehmenserfolg hat. Wir sind uns in unserem Unternehmen/GescMftsbereich bewusst, dass wir letztlich nur erfolgreich sein k6nnen, wenn wir systematisch Konkurrenzstrategien entwickeln. In unserem Unternehmen/GescMftsbereich wird bei Produktinnovationen von vornherein auf die Verwertbarkeit am Markt geachtet. In unserem Unternehmen/Gesch~iftsbereich gilt die Richtschnur, dass die Qualit~it unserer Produkte und Leistungen stets aus Kundensicht beurteilt werden soil. Bei uns gilt die Norm, dass ein btirokratischer Umgang mit den Kunden zu vermeiden ist. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass auf Kundenanfragen sofort reagiert wird. Wir erwarten von unseren Mitarbeitem, dass auch in schwierigen Situationen (z.B. bei massiven Kundenbeschwerden) flexibel gehandelt wird. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass auf Konkurrenzaktivit~iten schnell reagiert wird. Es ist uns ein Anliegen, bei den Mitarbeitern ein Bewusstsein pers6nlicher Verantwortung ftir die Erzielung von Kundenzufriedenheit zu schaffen. Tabelle 21:
UK 1 UK 2 UK 3 UK 4 m
UK 5 UK 6 UK 7 UK 8 UK 9
Indikatoren zum Konstrukt "marktorientierte Unternehmenskultur"
Marktorientierte Untemehmenskultur kommt in den einzelnen Items zum Ausdruck. Eine Ver~inderung des Konstrukts wtirde sich in entsprechenden Ver~inderungen der Indikatorauspr~igungen niederschlagen. Die Elimination eines Indikators w~rde nicht den konzeptionellen Inhalt des Konstrukts ,,marktorientierte Unternehmenskultur" ver~indern. Die vorgenommene Operationalisierung erfi~llt somit die wesentlichen Anforderungen an ein reflektives Messmodell. Eine exploratorische Faktorenanalyse Uber alle neun Items ergibt, dass sich die zweifaktorielle Konzeptualisierung des Konstrukts ,,marktorientierte Unternehmenskultur" empirisch belegen Risst, da zwei getrennte Faktoren extrahiert werden k6nnen (vgl. Tab. 22).
160
Indikator
Faktor 1
2
Beurteilung von Produktinnovationenauf Verwertbarkeitam Markt (UK_3)
0,691
-0,073
Vermeidung von btirokratischemUmgang mit Kunden als Norm (UK_5)
0,677
0,211
0,675
0,298
0,619
0,376
Systematische Konkurrenzstrategienfiir den Erfolg (UK_2)
0,597
0,195
Bewusstein pers6nlicherVerantwortungder Mitarbeiterfiir Kundenzufriedenheit soil 8eschaffen werden (UK9)
0,555
0,435
Flexibilit~it der Mitarbeiter in schwierigen Situationen wird erwartet(UK_7)
0,177
0,843
sofortige Reaktion der Mitarbeiterauf Kundenanfragen wird erwartet (UK_6)
0,118
0,797
schnelle Reaktion der Mitarbeiterauf Konkurrenzaktivitiitenwird erwartet (UK_S)
0,233
0,623
Beurteilung der Qualita't der Produkte und Dienstleistungenstets aus Kundensicht als Richtschnur (UK4) Erfiillung der Kundenbedtirfnissehat tiberragendeBedeutung fiir den Untemehmenserfol8 (UK1)
Faktorladungennach schiefwinkligerRotation Tabelle 22:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zur Unternehmenskultur
Inhaltlich ist eine Interpretation der Ergebnisse gut mOglich. Der erste Faktor bezieht sich auf tief verankerte marktorientierte Werte. Der zweite Faktor bezieht sich auf die Normen, die konkreter als Werte sind, was durch die Formulierung ,,bei uns wird erwartet" verdeutlicht wird. Lediglich ein Indikator (UK_9) weist auf beide Faktoren eine hohe Ladung auf (>0,4), so dass dieser Indikator aus der weiteren Analyse eliminiert wird. FUr beide Faktoren wird eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgefiihrt. Tabelle 23 stellt die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse fiir den ersten Faktor ,,Werte", dem fiinf Indikatoren zugrunde liegen, dar.
161
Faktor
Indikator
Werte
UK UK UK UK UK
m m
3 5 4 1 2
Korrigierte Item-toTotalKorrelation
0,408 0,509 0,506 0,502 0,486
Cronbachs Alpha
0,721
IndikatorFaktorDEV reliabili- reliabilittit tit
0,230 0,377 0,476 0,414 0,370
0,71
0,38
7,465 6,510 6,127 7,685 _1)
Globale Giitemafle ~2-Wert (df) 1,452 (2) ~2 / df GFI 0,997 AGFI RMR 0,014 RMSEA CFI 1,000 I TLI .i) der C.R. Weft wird nicht berechnet, da diese Variable den Referenzindikator stellt. Tabelle 23:
C.R.
0,726 0,987 0,001 1,000
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,Werte"
Sowohl Cronbachs Alpha als auch die korrigierten Item-to-Total-Korrelationen erfiillen die geforderten Mindestanforderungen. Bei der Betrachtung der Ergebnisse der Giitekriterien der zweiten Generation f~llt auf, dass der erste Indikator UK 3 eine zu geringe Indikatorreliabilit~it aufweist. Die Indikatorreliabilit~iten der Indikatoren UK_5 und UK_2 liegen knapp unter den geforderten Mindestwert. Die durchschnittlich erfasste Varianz f~illt etwas zu niedrig aus. Angesichts der sehr guten Werte der globalen Giltekriterien kann die AnpassungsgOte insgesamt jedoch als zufriedenstellend bezeichnet werden. Vor dem Hintergrund inhaltlicher l~Iberlegungen werden daher alle Indikatoren dieses Konstrukts verwendet. Bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,Normen" (vgl. Tabelle 24) sind die Gtitekriterien der ersten Generation erfiillt. Lediglich zwei lokale GtRekriterien weisen zu niedrige Werte auf (siehe Fettdruck). Da die Unterschreitung jedoch gering ausf~illt, werden alle Indikatoren dieses Faktors verwendet. Die Berechnung globaler GiitemafSe ist nicht m6glich, da ein konfirmatorisches Modell bei drei Indikatoren keine Freiheitsgrade aufweist.
Faktor
Indikator
Korrigierte Item-toTotalKorrelation
Cronbachs Alpha
Normen
UK_7 UK_6 UK_8
0,594 0,509 0,496
0,668
Indikator- FaktorDEV reliabilitiit reliabilitiit
0,719 0,464 0,371
0,67
0,40
-1)der C.R. Wert wird nicht berechnet, da diese Variable den Referenzindikator stellt. Tabelle 24:
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors "Normen"
C.R.
7,223 6,481 -~)
162 Zur Beurteilung der Diskriminanzvalidit~it wird ein Chi2-Differenztest durchgefi~hrt. Die Chi2-Differenz betragt 91,7. Dieser Wert liegt deutlich Uber dem Schwellenwert von 3,841, was auf ein ausreichend hohes MaB an Diskriminanzvalidit~it hinweist. Auch das wesentlich strengere Fomell/Larcker-Kriterium Risst den gleichen Schluss zu. Die quadrierte Korrelation zwischen den beiden Faktoren betragt 0,36 und liegt damit unter den beiden durchschnittlich erfassten Varianzen. Die Oberp~fung, ob es sich hierbei um ein eindimensionales Konstrukt handelt, erfolgt analog zum Vorgehen beim Intemen Marketing. Bei der exploratorischen Faktorenanalyse weisen beide Faktoren eine hohe Ladung auf das Ubergeordnete Konstrukt ,,marktorientierte Untemehmenskultur" auf. Die konfirmatorische Analyse ist in Tabelle 25 dargestellt. Es wird deutlich, dass alle GUtemaBe sehr gute Werte aufweisen. Die Ergebnisse best~itigen die eindimensionale Konzeptualisierung der marktorientierten Untemehmenskultur. Informationen zu den einzeinen Faktoren:
Faktor Werte Normen
Reliabilita't 0,717 0,607
Informationen zum Konstrukt:
Marktorientierte Untemehmenskultur
Reliabilit~it 0,80
DEV 0,67
Informationen zum Gesamtmodelh
z2-Wert(df) GFI RMR CFI Tabelle 25:
37,71 (19) Z2/ df 0,968 AGFI 0,040 RMSEA 0,963 TLI
1,985 0,939 0,059 0,946
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Konstrukts "marktorientierte Unternehmenskultur"
163
6.2.3
O p e r a t i o n a l i s i e r u n g kundenorientierter V e r h a l t e n s w e i s e n
Kundenorientierte Verhaltensweisen ~iuBem sich insbesondere in der Art und Weise, wie die Untemehmensmitglieder auf Kundenwiinsche und -bediirfnisse eingehen. Indikatoren kundenorientierter Verhaltensweisen beinhalten bspw. folgende Formulierungen: ,,Wir gehen auf individuelle KundenwOnsche ein", ,,An ,~nderungen der Kundenbedtirfnisse passen wir uns schnell an" etc. Die konkrete Itemformulierung ist in der Tabelle 26 dargestellt. Indikator
Bezeichnung im Modell
Wir gehen auf Kundenwiinsche ein. An ,~,nderungender Kundenbedtirfnissepassen wir uns schnell an. Wir arbeiten eng mit unseren Kunden bei Produktentwicklungenund Verbesserungen der GescMftsabl~iufezusammen. Wir achten mehr auf unsere Kosten und internen Abl~iufeals auf die Erfiillung besonderer Kundenwtinsche. *(r) *(r) gedrehtes Item Tabelle 26:
KV 1 KV 2 KV 3 KV 4 w
Indikatoren zum Konstrukt ,,kundenorientierte Verhaltensweisen"
Die einzelnen Verhaltensweisen sind als Facetten des Konstruktes ,,kundenorientierte Verhaltensweisen" zu verstehen. Die Aussagen in den Items stellen dabei Beispiele solcher Verhaltensweisen dar, die grundsatzlich durch andere Beispiele ersetzbar sind. Es handelt sich somit um eine reflektive Operationalisierung. Nach dem Kaiser-Kriterium wird ein Faktor extrahiert, der 53,29% Varianzerkl~irung aufweist. Die Faktorladungen werden in Tabelle 27 dargestellt. Indikator
Faktorladung
KV 1 0,814 KV 2 0,839 KV 3 0,587 KV_4 *(r) 0,648 *(r): Item reversed(gedrehtes Item) m
Tabelle 27:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zu kundenorientierten Verhaltensweisen
Die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse werden in Tabelle 28 dargestellt. Der Faktor KV_4 weist eine sehr geringe Indikatorreliabilitat auf und wird aus diesem Grund aus der weiteren Analyse eliminiert.
164
Indikator
Faktor
Korrigierte Item-toTotalKorrelation
Cronbachs
Indikator- FaktorDEV reliabilitiit reliabilitiit
C.R.
Alpha
KVm 1 0,568 6,495 0,541 Kundenorientierte KV 2 0,611 0,69 0,43 6,777 0,662 _1) Verhaltens0,399 0,681 KV 3 0,337 weisen KV4 *(r) 0,359 0,180 Indikator eliminiert *(r): Item reversed(gedrehtesItem) .1)der C.R. Wert wird nicht berechnet, da diese Variable den Referenzindikatorstellt. Tabelle 28:
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,kundenorientierte" Verhaltensweisen
Eine Berechnung der globalen Gt~tekriterien erfolgt nicht, da ein Faktor mit drei Indikatoren keine Freiheitsgerade mehr aufweist und eine derartige Berechnung deshalb nicht mehr m6glich ist.
6.2.4
Operationalisierung wettbewerberorientierter Verhaltensweisen
Wettbewerberorientierte Untemehmen versuchen die St~irken und Schw~ichen der Wettbewerber zu identifizieren und mit den Entwicklungen ihrer Konkurrenten Schritt zu halten. Notwendig hierfi~r ist eine permanente Beobachtung der Handlungen der Konkurrenz. Wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ~iufSem sich in einer Differenzierung des Leistungsangebotes von der Konkurrenz, der st~indigen Beobachtung der Handlungen der Konkurrenten und der schnellen Reaktion auf diese. 7~ Konkrete Items wettbewerberorientierter Verhaltensweisen verdeutlicht die Tabelle 29. Indikator
Bezeichnung im Modell
Wir reagieren schnell auf Konkurrenzm~nahmen. Wir erkennen rechtzeitig,ob neue Wettbewerberin den Markt eintreten wollen. Bei allen geplanten Mal3nahmentiberlegenwir, wie unsere Konkurrenten reagieren werden. Tabelle 29:
WV_I WV2 WV3
Indikatoren zum Konstrukt ,,wettbewerberorientierte Verhaltensweisen"
Es handelt sich hierbei lediglich um Beispiele wettbewerberorientierter Verhaltensweisen, wobei die Itemaussagen grunds~itzlich austauschbar sind, da sie sich auf den gleichen inhaltlichen Sachverhalt beziehen. Die Skalenkonstruktion ist demnach reflektiv 70s Vgl. ahnliche Indikatoren bei Narver/Slater(1990), S. 53 ff.
165 ausgelegt. Nach dem Kaiser-Kriterium wird ein Faktor extrahiert, der 65,85% Varianzerkl~irung aufweist. Die Faktorladungen werden in Tabelle 30 dargestellt. Indikator
Faktorladung
WV1 WV2 WV3 Tabelle 30:
0,815 0,834 0,785 Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse zu wettbewerberorientierten Verhaltensweisen
Bei der Durchfi~hrung weiterer P~fverfahren der ersten Generation ergibt sich ein Cronbachs Alpha von 0,735, die korrigierten Item-to-Total-Korrelationen erfi~llen ebenfalls die geforderten Mindestkriterien. Da zudem auch die Werte des P~fschemas der zweiten Generation die geforderten RichtgrOfSen erfiallen (vgl. Tabelle 31), kann das Messmodell der kundenorientierten Verhaltensweisen sehr gut akzeptiert werden.
Indikator
Korrigierte Item-toTotalKorrelation
Cronbachs
1 Indikator- Faktorreliabilit~it reliabilitiit
DEV
C.R.
WettbewerWV 1 0,564 0,492 berorientierte WV_2 0,594 0,404 0,74 0,48 VerhaltensWV_3 0,531 0,735 0,577 weisen -~)der C.R. Wert wird nicht berechnet, da diese Variable den Referenzindikator steilt.
8,018 7,890 -~)
Faktor
Tabeile 31:
Alpha
Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Faktors ,,wettbewerberorientierte Verhaltensweisen"
Nachdem die Operationalisierung abgeschlossen ist, ist noch die Diskriminanzvaliditat aller Konstrukte zu tiberp~fen. Es wird zun~ichst ein Chi:-Differenztest durchgef'Ohrt. Die in Tabelle 32 angezeigten Werte liegen deutlich tiber dem geforderten Mindestwert von 3,841. Faktor I Internes Marketing 2 Marktorientierte Unternehmenskultur 3 Kundenorientierte Verhaltensweisen 4 Wettbewerberorientierte Verhaitensweisen Tabelle 32:
2
1
1
2
154,0 147,9
121,0
116,6
118,2
I
3
[
4
77,4
Chi -Differenztest zur Beurteilung der Diskriminanzvaliditiit der Faktoren
166
Das Ergebnis der Priifung auf Diskriminanzvalidit~it gem~B dem Fomell-LarckerKriterium ist in Tabelle 33 dargestellt. Das zufriedenstellende Resultat weist darauf hin, dass eine ausreichend hohe Diskriminazvalidit~it der betrachteten Konstrukte gew/ihrleistet ist. Faktor 1 3 4
Internes Marketing Marktorientierte Unternehmenskultur Kundenorientierte Verhaltensweisen Wettbewerberorientierte Verhaltensweisen
Tabelle 33:
DEV 0,44 0,67 0,43 0,48
11 [,14
0,44 0,67 . . . 0,42 0,14 0,38 0,35 0,46
0,43 . 0,16
0,48 -
Fornell/Larcker-Kriterium zur Beurteilung der Diskriminanzvalidifiit der Faktoren
Nunmehr ist es m6glich, sich der Uberpr0fung der Hypothesen zuzuwenden. Im Folgenden wird also der eigentliche Theorietest, d.h. die UberprOfung der theoretisch fundierten Beziehungen zwischen den Konstrukten, vorgenommen.
167
0 9
~
,-..,
~
,.
V
,~
o.
....
~v
/ eq
"
o,
:"
\~:
.:
+ +\
r
oo oo
+
o~
..
....
\ m
0 r~
=1
i=
r, r~
D o
g
168
6.3 Empirische t)berprUfung der Untersuchungshypothesen Die l"Iberprtifung der Untersuchungshypothesen erfolgt- wie in Abschnitt 5.3.1 ausfilhrlich erl~iutert - unter Einsatz der Kovarianzstrukturanalyse. Sie wird in der vorliegenden Arbeit mit der aktuellen Version 5.0 des Programms AMOS umgesetzt. Analog zu der bereits dargestellten Strukturgleichungsmethodik wird das Strukturmodell, das die Wirkungsbeziehungen zwischen den latenten Variablen beschreibt, mit den entsprechenden Messmodellen (exogen und endogen) kombiniert. Zur Uberprtifung der Untersuchungshypothesen muss in einem ersten Schritt festgestellt werden, ob das generierte Untersuchungsmodell identifizierbar ist und keine unlogischen und unplausiblen Ergebnisse enth~ilt, wie z.B. negative Varianzen oder Kovarianz- bzw. Korrelationsmatrizen. 7~ Diese sind ein Indiz ~ r Fehlspezifikationen bzw. ~ r nicht ausreichend identifizierte Modelle und l~hren von vomherein zu einer Ablehnung des Modells. 71~ In einem zweiten Schritt ist die Gtite eines Modells zu beurteilen. Die Anpassungsgtite der Strukturgleichungsmodelle wird anhand der globalen GtitemaBe tiberprtift, die in Abschnitt 5.3.3 vorgestellt und zum Teil bereits zur OberprOfung der Operationalisierung der Konstrukte herangezogen wurden. Wird das jeweilige Untersuchungsmodell positiv beurteilt, kann in einem dritten Schritt die Interpretation der jeweiligen Parameter erfolgen, die die Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen latenten Variablen schatzen. Wie gut die einzelnen Strukturgleichungskoeffizienten gesch~itzt wurden, lasst sich anhand der Critical Ratios (C.R.) tiberprtifen, denen ein t-Test mit der Nullhypothese zugrunde liegt, dass die gesch~tzten Parameter sich nicht signifikant von Null unterscheiden. Liegt ein C.R.-Wert absolut tiber 1,96, so kann diese Nullhypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% verworfen werden. TM Die jeweiligen Signifikanzen der Sch~itzparameter werden entsprechend ausgewiesen. Die Oberp~fung der Untersuchungshypothesen zu direkten und indirekten Effekten erfolgt in Abschnitt 6.3.1. AnschlieBend werden die Hypothesen zu den moderierenden Effekten tiberprtift (vgl. Abschnitt 6.3.2). Die jeweiligen Strukturgleichungsmodelle zeigen die Ergebnisse der Parametersch~itzung unter Einsatz der MaximumLikelihood-Sch~itzmethode. Bei der graphischen Darstellung der Strukturgleichungsmodelle werden Gr/3Ben, die nicht empirisch gemessen sind, sondem innerhalb des 709Diese werden auch als Heywood-Casesbezeichnet. Vgl. hierzu Bollen (1989), S. 93 ff. 710Vgl. Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 376 f. 711Vgl. Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 383 f.
109
Modells gesch~itzt werden (das sind hypothetische Konstrukte und Messfehlerterme), als Ovale dargestellt. Die empirisch gemessenen Indikatoren (Items) werden als Rechtecke abgebildet.
6.3.1 Uberpriifung der Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten Das zugrunde liegende Bezugsmodell zur ErkRirung des Einflusses des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen basiert nicht auf einem einzigen geschlossenen, theoretischen Ansatz. Es wurden mehrere Theorien zur ErkRirung der jeweiligen Effekte und zur Generierung entsprechender Hypothesen herangezogenen. Des Weiteren gilt es im Rahmen dieser Untersuchung zu tiberprt~fen, ob die marktorientierte Untemehmenskultur ein Mediator ist und die Wirkung des Internen Marketing auf die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder tibertr~igt. Eine Variable fungiert als Mediator, wenn: 1) graduelle Ver~inderungen der exogenen Variablen (Internes Marketing) zu signifikanten Effekten auf die mediierende Variable (marktorientierte Untemehmenskultur) ftihren, 2) Ver~inderungen der mediierenden Variablen (marktorientierte Untemehmenskultur) zu signifikanten Effekten auf die endogene Variable ftihren (kundenbzw. wettbewerberorientierte Verhaltensweisen), 3) die direkten Effekte der exogenen Variablen (Intemes Marketing) auf die endogene Variable (kunden- bzw. wettbewerberorientierte Verhaltensweisen) signifikant kleiner sind als die indirekten Effekte tiber die Mediatorvariable. 7~2 In der Literatur wird empfohlen, diese drei Bedingungen anhand separater Strukturgleichungsmodelle zu testen. 713 Aus diesem Grund werden im Folgenden Effekte des Intemen Marketing im Rahmen von drei Partialmodellen getestet. In einem ersten Modell (Modell 1) werden die direkten Effekte des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen untersucht. Dieses Modell beinhaltet die Oberprtifung der Hypothesen Hi und H2. Modell zwei (Modell 2) um712Vgl. hierzu Abschnitt 5.3.2. 713Vgl. z.B. Barort/Kenny(1986), S. 1177.
170
fasst die Untersuchung der indirekten Effekte fiber die marktorientierte Untemehmenskultur und hat die Hypothesen H3, H4 und H5 zum Gegenstand. In einem dritten Modell (Modell 3) erfolgt die simultane Bestimmung s~mtlicher Parameter unter Berticksichtigung der direkten und indirekten Effekte. Dieses Modell ermSglicht es, die Bedeutung der marktorientierten Untemehmenskultur fiJr marktorientierte Verhaltensweisen zu ermitteln. Hierbei werden die Hypothesen H6 und H7 empirisch tiberprafi. Das erste Strukturmodell, mit dem die Hypothesen zu direkten Effekten des Intemen Marketing auf kundenorientierte und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen (H~ und H2) gep~ft werden sollen, ist in Abb. 14 dargestellt.
erkl/irte Varianz: 38% Verhaltenweisen rl~
"~712
J
= 0,72****
Z2/df = 1,711 GFI
= 0,933
AGFI = 0,909
CFI = 0,941
RMSEA= 0,050
TLI = 0,930
RMR
= 0,078 ****= signifikant auf dem 0,1%-Niveau
Abbildung 15: Strukturmodell zu direkten Effekten (Modell 1)
171 Es zeigt sich, dass das Modell alle globalen Gtitekriterien erfiillt. Die Werte des GFI, des AGFI, des CFI und des TLI liegen tiber dem geforderten Grenzwert von 0,9. Sowohl der RMSEA als auch der RMR liegen unter dem geforderten Grenzwert von 0,8, so dass die Anpassungsgtite des Strukturgleichungsmodells positiv beurteilt werden kann. In diesem Modell wird ein positiver Einfluss des Intemen Marketing sowohl auf kundenorientierte als auch auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen deutlich. Wie aus den standardisierten Strukturgleichungskoeffizienten ersichtlich ist, sind beide direkten Effekte auf dem 0,1%-Niveau signifikant. Allerdings sttitzen diese Ergebnisse noch nicht die Hypothesen H1 und H2. Wie bereits in Abschnitt 5.3.2 dargestellt, zeigt dieses Ergebnis zun~ichst nur an, dass das Interne Marketing einen Einfluss auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen hat. Es kann noch keine abschliefSende Aussage dartiber getroffen werden, wie stark diese Effekte sind. Bei einer gleichzeitigen Betrachtung m~glicher indirekter Effekte tiber die marktorientierte Untemehmenskultur kann der direkte Einfluss geringer werden (in diesem Fall l~ige eine partielle Mediation vor) oder sogar den Wert Null (vollst~.ndige Mediation) annehmen. Aus diesem Grund ist zunachst zu pr0fen, ob indirekte Effekte des Intemen Marketing vorhanden sind. Das zweite Modell untersucht die indirekten Effekte des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen tiber die marktorientierte Unternehmenskultur. Das entsprechende Strukturgleichungsmodell wird in Abb. 15 dargestellt.
172
erkl/irte Varianz: 38%
f
kundenorientierte
0,80****
9
:
Hs: 1~32= 0,77****
\
Q Z2/df = 1,461 = 0,911
CFI = 0,945
RMSEA = 0,041
AGFI = 0,889
TLI = 0,937
RMR
GFI
Abbildung 16:
= 0,072 ****= signifikant auf dem 0,1%-Niveau
Strukturmodell zu indirekten Effekten (Modell 2)
Die Gtitekriterien weisen eine gute Anpassungsgtite des Modells auf. Lediglich der AGFI liegt knapp unter dem geforderten Mindestwert von 0,9. Angesichts der Komplexit~it des Modells ist dieser Wert jedoch vertretbar. Der AGFI korrigiert den stichprobenspezifischen Overfit des GFI und ,,bestraft" eine Sch~itzung komplexer Modelle mit einer relativ kleinen Stichprobe. Vor dem Hintergrund der Komplexit~it des Modells und der guten Werte aller anderen Gtitekriterien, wird das Modell akzeptiert. Alle standardisierten Pfadkoeffizienten, die St~irke und Richtung des Zusammenhangs zwischen den Untersuchungsvariablen ausdrticken, sind auf dem 0,1%-Niveau signifikant. Das Interne Marketing weist einen positiven Effekt auf die marktorientierte Unternehmenskultur auf. Marktorientierte Unternehmenskultur beeinflusst sowohl die
173
kunden- als auch die wettbewerberorientierten Verhaltensweisen positiv. Die mediierende Wirkung der marktorientierten Untemehmenskultur kann somit empirisch gesttitzt werden. Es soil im Folgenden iiberpriift werden, ob die direkten oder die indirekten Effekte starker sind. Hierzu ist ein simultaner Vergleich dieser Effekte notwendig. Zu diesem Zweck wird ein drittes Modell untersucht, das alle Wirkungsbeziehungen beinhaltet. Ein derartiger Vergleich der direkten Effekte mit den indirekten Effekten erm0glicht es, die Bedeutung der marktorientierten Untemehmenskultur zu ermitteln. Sind die direkten Effekt starker, ist die marktorientierte Untemehmenskultur ftir die Realisierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen weniger wichtig. Stellt sich jedoch heraus, dass die indirekten Effekte st~irker sind, bedeutet dies, dass die marktorientierte Untemehmenskultur eine wichtige Rolle bei der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen spielt. Das Strukturmodell wird in Abb. 16 dargestellt.
174
erkl~trte Varianz: 38% kundenorientierte Verhaltenweisen rll HI: yli = - 0,
C) H4: ~31-" 0,77****
Internes Marketing gl H2: 712= 0,14
erkl/irte Varianz: 59% wettbewerberorientierte'~~ haltenweisenU
H3:713 = 0,80****
/ erkl/irte Varianz: 64%
Hs: 1332= 0,64****
~,,,........ Un t e M a e ~ t ~
Q Z2/df = 1,464 GFI
= 0,911
AGFI = 0,888
CFI = 0,945
RMSEA= 0,041
TLI = 0,937
RMR
= 0,072 ****= signifikant auf dem 0,1%-Niveau
Abbildung 17: Strukturmodell zu Gesamteffekten (Modell 3)
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf die marktorientierte Untemehmenskultur, die sich wiederum positiv auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder auswirkt. Diese Pfadkoeffizienten sind nach wie vor auf dem 0,1%-Niveau signifikant. Besonders interessant sind die Ergebnisse der direkten Effekte des Intemen Marketing auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen. Beide Effekte haben sich nun als nicht signifikant erwiesen. Der direkte Effekt auf die kundenorientierten Verhaltensweisen ist sogar schwach negativ ausgepr~igt (-0,17). Dies bedeutet, dass das Interne Marketing, das schwerpunktm~iBig dazu dienen sollte die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglie-
I r/3
der zu beeinflussen, in dieser Hinsicht keine unmittelbare Wirkung entfaltet, stattdessen aber auf dem indirekten Weg t~ber die marktorientierte Untemehmenskultur in der gewianschten Weise wirksam wird.
Das Ergebnis l~isst eindeutig darauf schliefSen, dass die marktorientierte Untemehmenskultur ein Mediator ist, der den Einfluss des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen vollst~indig t~bertr~gt. Auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen wirkt sich das Interne Marketing ausschlieBlich indirekt tiber die marktorientierte Untemehmenskultur aus. Dieser Befund unterstreicht die enorme Bedeutung der Unternehmenskultur bei der Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen. Da sich in dieser Modellanalyse die postulierten direkten Wirkungspfade als nicht signifikant herausgestellt haben, empfiehlt sich im Sinne des Grundsatzes einer m6glichst sparsamen Modellierung (,,parsimony") 714 eine Reduktion des Modells um die nicht signifikanten Beziehungen und eine vergleichende Oberprtifung der Anpassungsgtite. 715 Eine solche Modellvereinfachung ist nach dem Prinzip der Sparsamkeit dann vorzunehmen, wenn die Erkl~irungskraft des Modells mit einer geringeren Anzahl an Wirkungsbeziehungen erreicht und dabei eine noch bessere oder zumindest gleiche Anpassungsgtite erzielt wird. Ft~r einen Modellvergleich werden die nicht signifikanten Sch~itzparameter auf null gesetzt. Dieses restringierte Modell kann dann mit dem Ausgangsmodell verglichen werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 34 dargestellt.
Sch~itzmodell
Ausgangsmodell (Modell 3) Restringiertes Modell (Modell 3, nicht signifikante Beziehungen= 0)
Z 2/df
GFI
AGFI
CFI
TLI
RMR
RMSEA
1,464
0,911
0,888
0,945
0,937
0,072
0,041
1,461
0,911
0,889
0,945
0,937
0,072
0,041
Tabelle 34: Modellvergleich hinsichtlich der globalen Giitekriterien
Es zeigt sich eine leichte Verbesserung des 7~2/df-Wertes und des AGFI-Wertes. Die tibrigen globalen Gtitekriterien weisen identische Werte auf. Somit erscheint die Mo714 Vgl. hierzu Bentler/Mooijart(1989), S. 315 ff. 715Vgl. hierzu Backhaus/Erichson/Plinkeet al. (2006), S. 385.
176 dellvereinfachung empfehlenswert, denn die Fixierung der nicht signifikanten Modellparameter verschlechtert die Anpassungsgiite nicht. Da eine Fixierung der nicht signifikanten Parameter einem Ausschluss aus dem Beziehungsgeftige gleicht, entspricht das restringierte Modell dem Modell 2, das in Abbildung 15 dargestellt ist. Es weist eine gute Anpassung im Hinblick auf die empirisch gewonnen Daten auf. S~imtliche Sch~itzparameter sind innerhalb dieses Modells auf dem 0,1%-Niveau signifikant. Damit ist es dem Modell 3 vorzuziehen. Zur abschlieBenden Interpretation der Ergebnisse wird das Strukturmodell des Modells 2 noch mal dargestellt, das die empirisch ermittelten Zusammenh~inge zwischen den Konstrukten darstellt (vgl. Abb. 17). erklarte Varianz: 38%
f
kundenorientierte
/
erk, eV a z:
,80'***
9
.
:
:
-
-
9 **** - signifikantauf dem O,l%-Niveau Abbildung 18:
Wirkungsbeziehungen des Internen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen
Im Endergebnis sind die Hypothesen H~ und H2 eindeutig zu verwerfen. Das Interne Marketing weist keinen direkten Effekt auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder auf. Das bedeutet gleichzeitig, dass
177
Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder sich nicht schnell andem lassen und dass die extrinsische Motivation nicht ausreicht, um die Untemehmensmitglieder zu kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen bewegen zu k0nnen. In Obereinstimmung mit Hypothese I-I3 wirkt das Interne Marketing stark positiv auf die marktorientierte Untemehmenskultur. Dies ist dem standardisierten Strukturgleichungskoeffizienten von 0,80 zu entnehmen. Auch der Erkllirungsgehalt dieses Modells ist als gut zu bezeichnen. Es werden 64% der Varianz der marktorientierten Untemehmenskultur durch das Interne Marketing erkllirt. Dieses Ergebnis ist eine deutliche Best~itigung dafiir, wie wichtig das Interne Marketing fiir die Etablierung einer marktorientierten Untemehmenskultur ist. Umgekehrt formuliert bedeutet dies aber auch, dass sich eine marktorientierte Untemehmenskultur im Untemehmen nicht etablieren wird, so lange das Interne Marketing nicht konsequent im Untemehmen umgesetzt wird. Die Hypothese H4 wird ebenfalls empirisch gest0tzt. Marktorientierte Untemehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf die kundenorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Der standardisierte Strukturgleichungskoeffizient weist einen Wert von 0,62 aus und ist auf dem 0,1%-Niveau signifikant. Auch Hypothese Hs ist aufgrund der empirischen Daten nicht zuriickzuweisen. Marktorientierte Untemehmenskultur hat einen starken positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Der standardisierte Pfadkoeffizient betr/agt 0,77 und ist ebenfalls hoch signifikant. Insgesamt k6nnen durch den indirekten Effekt 59% der Varianz der wettbewerberorientierten Verhaltensweisen erkl~irt werden. Kundenorientierte Verhaltensweisen k6nnen demgegeni~ber lediglich zu 38% erklart werden. 716 Ein Grund fiir den geringeren Erkl~irungsgehalt der kundenorientierten Verhaltensweisen k6nnte sein, dass fiir diese nicht nur das Interne Marketing und die marktorientierte Untemehmenskultur urs~ichlich sind. So k6nnen kundenorientierte Verhaltensweisen auch von einer Vielzahl weiterer Faktoren abh~ingen (z.B. direkte und pers6nliche Interaktionen der Untemehmensmitglieder mit 716Dieser relativ niedrige Varianzanteil von 38% ist hinsichtlich der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit zu relativieren. Hauptziel dieser Untersuchung ist die theoretische und empirische Erkliirung der Wirkungszusammenhiingezwischen Internem Marketing sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen. Es wurde nicht der Anspruch erhoben, einen umfassenden Beitrag zur Erkl~irung kundenorientierter Verhaltensweisen zu leisten. Neben den im Rahmen der vorliegenden Untersuchung analysierten Einflussfaktoren existieren viele weitere Determinanten kundenorientierter Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder.
178 den Kunden, Einfluss von Key-Account-Managem, Informationen von Kundenbeschwerdesystemen etc.), auf deren Betrachtung jedoch bewusst verzichtet wurde, um die Komplexit~it der Modellstruktur begrenzen zu k6nnen. Dagegen haben die Unternehmensmitglieder wesentlich geringere Mfiglichkeiten an wettbewerberorientierte Informationen zu gelangen. In Bezug auf die Wettbewerber sind sie sozusagen auf das Interne Marketing besonders stark angewiesen, das tiber die marktorientierte Unternehmenskultur ihre Verhaltensweisen in Richtung Wettbewerberorientierung pr~igt. Diese 0berlegungen verdeutlichen die hohe Relevanz wettbewerberorientierter Auspr~igung des Intemen Marketing. In Hypothesen H6 und H7 wurde unterstellt, dass die direkten Effekte des Intemen Marketing auf kundenorientierte (H6) und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen (H7) schw~cher sind als die indirekten Effekte. Die H0he der indirekten Effekte des Intemen Marketing lasst sich als Produkt aus den Einzeleffekten ermitteln. (vgl. Tab. 35). Wirkungsbeziehung
Internes Marketing --) marktorientierteUnternehmenskultur -> kundenorientierteVerhaltensweisen Internes Marketing ---)marktorientierteUnternehmenskultur --) wettbewerberorientierteVerhaltensweisen
Einzeleffekte
Indirekter Effekt
0,80 ~ 0,62
0,496
0,80 9 0,77
0,616
Tabelle 35: Indirekte Wirkungsbeziehungen zwischen Internem Marketing und den Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder
Da keine signifikanten direkten Effekte vorhanden sind, entsprechen die in Tabelle 3 5 ermittelten indirekten Effekte den Gesamteffekten des Intemen Marketing auf kundenorientierte (0,496) und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen (0,616) der Untemehmensmitglieder. Somit werden die Hypothesen H6 und H7 durch die empirischen Daten gesttRzt.
6.3.2
{)berprUfung der Hypothesen zu moderierenden Effekten
Der Einfluss moderierender Effekte auf die Beziehungen zwischen Intemem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen wird anhand einer Multigruppen-Kovarianzstrukturanalyse untersucht. Es folgt nun die empirische 13berprtifung der Hypothesen H8 bis H~2.
179
Wie bereits in Abschnitt 5.2.2 dargestellt, miissen fi~r die Multigruppenanalyse mehrere Schritte durchgefiihrt werden. Zun~ichst wird der Datensatz auf Basis des MedianWertes der interessierenden Moderatorvariablen (Dynamik der Umwelt) geteilt. 7~7 Es ergeben sich zwei Teildatens~itze (Gruppen). Der erste Teildatensatz ist durch eine niedrige Auspragung der moderierenden Variablen gekennzeichnet. Der zweite Teildatensatz ist durch eine hohe Auspr~igung charakterisiert. AnschlieBend wird das Strukturgleichungsmodell ftir beide Teildatens~itze getrennt gesch~itzt. Die Strukturgleichungskoeffizienten werden bei beiden Teildatens~itzen zun~ichst unabh~ingig voneinander gesch~itzt. AnschlieBend werden die Strukturgleichungskoeffizienten tiber beide Gruppen hinweg fixiert und emeut gesch~itzt.718 Diese Restriktion ~hrt zu einer Verschlechterung der Anpassungsgtite (Z 2- Wert steigt) im Vergleich zu der getrennten Sch~itzung. Ist diese Verschlechterung nicht signifikant, so ist davon auszugehen, dass keine moderierenden Effekte vorhanden sind. Ist diese Verschlechterung jedoch signifikant, so werden die getrennten Sch~itzungen bevorzugt, d.h. es kann von der Existenz moderierender Effekte ausgegangen werden. Aus der Mehrgruppenanalyse ergibt sich ftir das Modell mit unabh~ingiger Sch~itzung der Strukturgleichungskoeffizienten ein z2-Wert von 630,7. Das Modell mit gemeinsamer Sch~itzung der Strukturgleichungskoeffizienten weist einen z2-Wert von 662,7 auf. Die resultierende z2-Differenz in H6he von 32,2 ist auf dem 1%-Niveau signifikant. Daher muss die Nullhypothese, dass die Strukturgleichungskoeffizienten in den beiden Gruppen gleich sind, abgelehnt werden. Es kann vonder Existenz moderierender Effekte der Umweltdynamik auf die Beziehungen zwischen Internem Marketing, marktorientierter Untemehmenskultur sowie kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen ausgegangen werden. Die Richtung der moderierenden Effekte ergibt sich aus dem Vergleich der einzelnen Strukturgleichungskoeffizienten, welche bei der getrennten Sch~itzung in beiden Gruppen ermittelt werden. In Abbildung 18 und 19 sind die Modelle f'tir niedrige und hohe Umweltdynamik zu sehen. Aus Griinden der Obersichtlichkeit werden hier ebenfalls lediglich die Strukturmodelle dargestellt, die die Pfadkoeffizienten und die erkRirte Varianz der Konstrukte anzeigen. 717Die Dynamik der Umwelt wurde in der vorliegenden Studie durch einen Indikator erfasst: ,,Im Umfeld unseres Untemehmens/Gesch~iftsbereichsergeben sich ,4,nderungen mit einer hohen Dynamik (z.B. im Hinblick auf Wettbewerberoder auf technologische Grundlagen des Angebotsprogramms). 71s Vgl. hierzu Byrne (2001), S. 174 ft.
180
i erklarteVarianz: 32% i
I
~
.
....
/
i erklarteVarianz: 68% i .......................................
,76
*** s:"n:~'--, t'an',s9aufdem l%-Niveau
" erklarteVarianz: 57% i ..". . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..
**** signifikant aufdem 0,1%-Niveau Abbildung 19:
Ergebnisse der Hypothesenpriifung bei niedriger Umweltdynamik
..' erklarte Varianz: 39%
~ (
_ [nt.~.~s
"~
'
62"""
/
Marketin~j/
/
x \
,84 ....
/
i"~'kia:~'v'~i'~zi"4"9o)~'"i
/
~..............................................
erklarte Varianz: 70% **** signifikant aufdem O,l%-Niveau
Abbildung 20:
Ergebnisse der Hypothesenpriifung bei hoher Umweltdynamik
181
Die Hypothesen Hs und H9 werden nicht gesttRzt, da keine signifikanten direkten Effekte des Intemen Marketing auf die kunden- bzw. wettbewerberorientierten Verhaltensweisen vorhanden sind. Aus dem Vorzeichen der Differenz der getrennt geschatzten Strukturgleichungskoeffizienten ergeben sich die Richtungen der moderierenden Effekte. Es k6nnen positiv und negativ moderierende Effekte beobachtet werden (vgl. hierzu Tab. 36).
Wirkungsbeziehung
Internes Marketing --) marktorientierte Unternehmenskultur
Moderator 1) niedrig hoch
yn = 0,76 (C.R. = 4,870)
yh = 0,84 (C.R. = 6,515)
AZ2Wert
Moderierender Effekt~)
33,40
+***
Hypothesen 3)
Hlo
marktorientierte yn = 0,56 yh = 0,62 Untemehmenskultur --) 33,03 +*** H~ (C.R. = (C.R. = kundenorientierte 4,564) 2,494) Verhaltensweisen marktorientierte yn = 0,82 yh = 0,70 Unternehmenskultur --) 49,50 -**** H12 n.g. (C.R. = (C.R. = wettbewerberorientierte 6,216) 4,559) Verhaltensweisen 1) Ynund Yhdie standardisierten Werte der Strukturgleichungskoeffizienten bei der getrennten Modellsch~itzung auf Basis der jeweiligen Teildatens~itze (siehe Abbildungen 18 und 19). Es gilt: Yh> Yn: positive Moderation (+) und Yh< Yn : negative Moderation (-). 2) *** : Die resultierende Z2- Differenz ist aufdem l%-Niveau signifikant. **** : Die resultierende Z2- Differenz ist auf dem 0,1%-Niveau signifikant. 3) ~/= Hypothese wird gesttitzt; n.g. = Hypothese wird nicht gesttitzt Tabelle 36: Moderierende Effekte der Umweitdynamik
Der in der Hypothese Hi0 unterstellte positiv moderierende Effekt der Umweltdynamik auf den Zusammenhang zwischen Intemem Marketing und marktorientierter Untemehmenskultur wird durch die empirischen Ergebnisse gesttitzt. Der Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierte Untemehmenskultur ist umso st~.rker, je h6her die Umweltdynamik ist. In Hypothese H~ wurde ein positiv moderierender Effekt der Umweltdynamik auf die Beziehung zwischen der marktorientierten Untemehmenskultur und den kundenorientierten Verhaltensweisen unterstellt. Bei einer hohen Umweltdynamik ~indem sich sowohl die Kundenbedtirfnisse als auch die Aktionen der Wettbewerber schnell und h~iufig. Das f't~hrt zu Verunsicherung der Unternehmensmitglieder, die zur Reduktion die-
182 ser Unsicherheit ihre Verhaltensweisen zunehmend an der Untemehmenskultur ausrichten. Die empirischen Ergebnisse belegen diese Argumentation. Der Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf kundenorientierte Verhaltensweisen ist umso st~irker, je hSher die Umweltdynamik ist. Durch gemeinsam geteilte Werte und Normen stellt die Unternehmenskultur den Untemehmensmitgliedem ein Orientierungsmuster zur Verfilgung und schaftt damit einen Basiskonsens tiber die grundlegende Interpretation der relevanten Umweltver~inderungen. 719 Diese Orientierungsfunktion ist gleichzeitig ,,eine Art "Auffangnetz" filr nicht formal Geregeltes. ''72~ Der Riickgriff auf eine gemeinsame kulturelle Basis erleichtert den Untemehmensmitgliedern die Anpassung ihrer Verhaltensweisen an die Umweltdynamik und mindert die Unsicherheit. Im Gegensatz zu Hypothese Htt wird die Hypothese HI2 nicht gesttitzt. Es wurde ein positiver Effekt der Umweltdynamik auf die Beziehungen zwischen marktorientierter Untemehmenskultur und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen unterstellt. Die empirische Untersuchung zeigt allerdings einen signifikant negativen moderierenden Effekt. Je hOher die Umweltdynamik ist, desto geringer ist der Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf die wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Eine Begriindung fiir die unterschiedlich starken Effekte liegt m6glicherweise darin, dass die Untemehmensmitglieder die sich ~indemden Bediirfnisse der Kunden eher einsch~itzen k6nnen als die sich schnell ~indemden Marktreaktionen der Wettbewerber (iiber die in einer dynamischen Umwelt auch schwieriger an Informationen zu kommen ist). Eine hohe Umweltdynamik bedeutet aber auch, dass die Kunden stark umk~mpft werden. Es muss viel Kraft und Zeit aufgewandt werden, um sich ihren sich schnell ~indemden Bedtirfnissen und Wtinschen anzupassen, so dass nur wenig Raum fiir wettbewerberorientierte Verhaltensweisen bleibt.
719Vgl. hierzu auch Dill (1986), S. 148; Ulrich (1984), S. 313. 720Keller (1990), S. 217.
1~i3
6.3.3 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse Die gewonnenen Ergebnisse der empirischen Studie sind in Tabelle 37 zusammengefasst.
Hypothesen zu direkten und indirekten Effekten:
Hi: H2:
H3:
H4: Hs:
H6:
H7:
Unterstellter Zusammenhang
Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen. Internes Marketing hat einen positiven Einfluss auf marktorientierte Unternehmenskultur. Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen. Der direkte Effekt des Intemen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen ist schwiicher als der indirekte Effekt des Intemen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Der direkte Effekt des Intemen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen ist schwiicher als der indirekte Effekt des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
Empirisch ermittelter Ergebnis Zusammenhang n.s.
n.g.
n.s.
n.g.
+
Hypothesen zu moderierenden Effekten:
H8:
H9:
Hi0:
Hi1:
H12:
Je h6her die Marktdynamik, desto schwiicher ist der direkte Einfluss des Internen Marketing auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Je h6her die Marktdynamik, desto schw~icher ist der direkte Einfluss des Internen Marketing auf wettbewerberorientierte Verhaltenswe isen. Je h6her die Marktdynamik, desto stiirker ist der Einfluss des Intemen Marketing auf marktorientierte Untemehmenskultur. Je h6her die Marktdynamik, desto stiirker ist der Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf kundenorientierte Verhaltensweisen. Je h6her die Marktdynamik, desto stiirker ist der Einfluss der marktorientierten Untemehmenskultur auf wettbewerberorientierte Verhaltensweisen.
n.s. = nicht signifikant n.g. = nicht gesttltzt
Tabeile 37: Ergebnisse der Hypothesenpriifung im {)berblick
n.s.
n.g.
n.s.
n.g.
n.g.
184
Eine direkte Beeinflussung der kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen kann in dieser Untersuchung nicht bestatigt werden. Offensichtlich 18sen MaBnahmen des Intemen Marketing bei den Untemehmensmitgliedem Vergleichsprozesse aus, deren Ergebnisse nicht dem vorherrschenden Gerechtigkeitsempfinden der Beteiligten 721 entsprechen, da das Interne Marketing nicht alle Untemehmensmitglieder gleichzeitig erfassen kann. 722 Untemehmensmitglieder sind grunds~tzlich dazu geneigt, untemehmensinteme MaBnahmen interpersonell zu vergleichen und im Hinblick auf die wahrgenommene Fairness zu beurteilen. H~ufig gehen die einzelnen Individuen davon aus, dass Rir eine gerechte Behandlung die Gesamtheit aller Untemehmensmitglieder gleich behandelt werden
m u s s . 723
Die subjektive Bewertung und Interpreta-
tion der MaBnahmen des Intemen Marketing ~hrt zu unterschiedlichen Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Dieses Ergebnis verdeutlicht gleichzeitig, dass eine schnelle Beeinflussung der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ausgeschlossen ist. Einzelne MaBnahmen des Intemen Marketing, die durchgefiihrt werden, um ,,mal eben schnell" die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder an die Marktbedingungen anzupassen, sind viel zu punktuell und ~hren nicht zum gewOnschten Erfolg. Vielmehr ist die Steuerung der Verhaltensweisen mittels Intemem Marketing ein langwieriger Prozess. Eine Verhaltensbeeinflussung ist erst durch die Bildung und kontinuierliche Pflege einer marktorientierten Untemehmenskultur mSglich. Die marktorientierte Untemehmenskultur vermittelt den Untemehmensmitgliedem die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensanforderungen auf informellem Wege. Dadurch dient sie als Ftihrungssubstitut, schafft Orientierung und Motivation. 724 Da sie immer das Ergebnis vorheriger Lemprozesse ist, gibt sie den Untemehmensmitgliedem allgemein anerkannte Muster fiir die Selektion und Interpretation von Ereignissen vor und strukturiert durch vorgegebene Handlungsprogramme die Verhaltensweisen im Untemehmen. Auf diese Weise normiert die Unternehmenskultur zu einem gewissen Grad, was gehasst und geliebt wird, was ertragen und zurtickgewiesen wird, pr~igt die Vorliebe fiir marktorientierte Handlungsoptionen und beeinflusst
721Vgl. zu Gerechtigkeitskonzepten im Untemehmen Wottawa/Gluminski(1995), S. 28 ff. und Bettencourt/Brown (1997), S. 42 f. 722Hieraufwurde bereits in Abschnitt 2.2.4 eingegangen. 723Vgl. Noll (1996), S. 146. 724Unternehmenskultur wird deshalb auch als ein Medium der sog. ,,entpersonalisierten FUhrung" bezeichnet. Vgl. von der Oelsnitz (2000a), S. 110.
183
marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. 725 Hierdurch wird der Koordinationsbedarf an formalen Regelungen und administrativen Anweisungen des Intemen Marketing verringert. 726 Aufgrund der gemeinsamen marktorientierten Werte und Normen entwickelt sich ein ,,Wir-Bewusstsein", das dazu beitragt, dass die Interessen einzelner Untemehmensmitglieder hinter das Wohl des ganzen Unternehmens zuriicktreten. Diese Integrationsfunktion tr~igt zum Abbau der Divergenzen zwischen Individual- und Untemehmenszielen bei. 727
Implikationen der Arbeit und Ansatzpunkte fiir weiterfiihrende Forschung 7.1 Implikationen fur die Wissenschaft Im konzeptionellen Grundlagenteil wurde verdeutlicht, dass der Begriff Marktorientierung ~iuBerst unterschiedlich verwendet wird. Hierbei fallen zwei Defizite der Marketingforschung besonders ins Gewicht. Zum einen konnte bis heute keine Einigkeit Uber eine Definition des Terminus ,,Marktorientierung" hergestellt werden. 728 Der Ausdruck wird yon Wissenschaftler zu Wissenschaftler unterschiedlich definiert mit der Konsequenz, dass unterschiedliche Konzeptualisierungen und Operationalisierungen729 in der empirischen Forschung zu unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Ergebnissen fiahren. Zum anderen besteht gerade deshalb nach wie vor, insbesondere in der Praxis, Unsicherheit dartiber, was konkret unter Marktorientierung zu verstehen ist. Vor dem Hintergrund, dass begriffliche Unsicherheiten und Unkenntnis der konkreten Inhalte der Marktorientierung in der Praxis pers6nliche Widerstande und Ressentiments gegen die Implementierung der Marktorientierung f'6rdem730, m u s s die Wissenschaft sich um eine klare und einheitliche Begriffsverwendung bemtihen. In den konzeptionellen Grundlagen wurde dargestellt, dass Kunden- und Wettbewerberorientierung zwei Kemelemente diverser Begriffsverst~indnisse der Marktorientierung sind. Des Weiteren wurde herausgearbeitet, dass die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder als ein zentraler Implementierungsgegenstand betrachtet werden 725Vgl. Bleicher (1991), S. 783; vonder Oelsnitz (2000a), S. 110 f. 726 Vgl. Ulrich (1984), S. 313; Dill/Htigler(1997), S. 147 ft. 727Vgl. Keller 1990), S. 221. 728 Siehe hierzu Ausf'tihrungenin Abschnitt 2.1.1. 729Eine ausfiihrliche Definition der Begriffe Konzeptualisierung und Operationalisierung erfolgte in Kap. 5.2.1. 730Vgl. hierzu Aus~hrungen in Abschnitt 2.1.2.3.
183
marktorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. 725 Hierdurch wird der Koordinationsbedarf an formalen Regelungen und administrativen Anweisungen des Intemen Marketing verringert. 726 Aufgrund der gemeinsamen marktorientierten Werte und Normen entwickelt sich ein ,,Wir-Bewusstsein", das dazu beitragt, dass die Interessen einzelner Untemehmensmitglieder hinter das Wohl des ganzen Unternehmens zuriicktreten. Diese Integrationsfunktion tr~igt zum Abbau der Divergenzen zwischen Individual- und Untemehmenszielen bei. 727
Implikationen der Arbeit und Ansatzpunkte fiir weiterfiihrende Forschung 7.1 Implikationen fur die Wissenschaft Im konzeptionellen Grundlagenteil wurde verdeutlicht, dass der Begriff Marktorientierung ~iuBerst unterschiedlich verwendet wird. Hierbei fallen zwei Defizite der Marketingforschung besonders ins Gewicht. Zum einen konnte bis heute keine Einigkeit Uber eine Definition des Terminus ,,Marktorientierung" hergestellt werden. 728 Der Ausdruck wird yon Wissenschaftler zu Wissenschaftler unterschiedlich definiert mit der Konsequenz, dass unterschiedliche Konzeptualisierungen und Operationalisierungen729 in der empirischen Forschung zu unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Ergebnissen fiahren. Zum anderen besteht gerade deshalb nach wie vor, insbesondere in der Praxis, Unsicherheit dartiber, was konkret unter Marktorientierung zu verstehen ist. Vor dem Hintergrund, dass begriffliche Unsicherheiten und Unkenntnis der konkreten Inhalte der Marktorientierung in der Praxis pers6nliche Widerstande und Ressentiments gegen die Implementierung der Marktorientierung f'6rdem730, m u s s die Wissenschaft sich um eine klare und einheitliche Begriffsverwendung bemtihen. In den konzeptionellen Grundlagen wurde dargestellt, dass Kunden- und Wettbewerberorientierung zwei Kemelemente diverser Begriffsverst~indnisse der Marktorientierung sind. Des Weiteren wurde herausgearbeitet, dass die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder als ein zentraler Implementierungsgegenstand betrachtet werden 725Vgl. Bleicher (1991), S. 783; vonder Oelsnitz (2000a), S. 110 f. 726 Vgl. Ulrich (1984), S. 313; Dill/Htigler(1997), S. 147 ft. 727Vgl. Keller 1990), S. 221. 728 Siehe hierzu Ausf'tihrungenin Abschnitt 2.1.1. 729Eine ausfiihrliche Definition der Begriffe Konzeptualisierung und Operationalisierung erfolgte in Kap. 5.2.1. 730Vgl. hierzu Aus~hrungen in Abschnitt 2.1.2.3.
186 mtissen. H~iufig werden gerade die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder als eine Hauptursache ~ r eine fehlende Marktorientierung von Untemehmen gesehen. Die Marktorientierung eines Untemehmens ist nur dann sichergestellt, wenn es gelingt, die Untemehmensmitglieder zum bedingungslosen Eingehen auf die Kundenbedtirfnisse und-wtinsche sowie zur konsequenten Beobachtung und Reaktion auf Wettbewerbermal3nahmen zu bewegen. Insofem ist es erstaunlich, dass trotz der Bedeutung marktorientierter Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder eine theoretische und empirische Auseinandersetzung mit marktorientierten Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder bislang nur unzureichend und h~iufig lediglich pauschalisierend stattgefunden hat. Die bisherige Forschung greitt viel zu wenig die Frage auf, ob Implementierungsmal3nahmen die Untemehmensmitglieder zur Beachtung von Umfeldparametem auffordern und damit marktorientierte Verhaltensweisen f'6rdem. Die Marketingforschung muss sich deshalb verst~irkt mit der Implementierung marktorientierter Verhaltensweisen im Untemehmen besch~ittigen. Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit die Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen durch Internes Marketing betrachtet. Es wurde ein theoretisch fundiertes Bezugsmodell entwickelt, das direkte und indirekte Effekte des Intemen Marketing auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen beinhaltet. Zur Generierung von konkreten Untersuchungshypothesen wurden verschiedene theoretische Ans~itze herangezogen. Der konzeptionelle Hauptbeitrag der vorliegenden Arbeit war die theoretische Analyse der direkten und indirekten Wirkungsbeziehungen des Intemen Marketing auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder. Erstmals wurde der Einfluss des Intemen Marketing auf die marktorientierte Unternehmenskultur sowie auf kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder empirisch untersucht. Auf der Grundlage einer branchentibergreifenden Erhebung wurde die Wirkungsweise des Intemen Marketing auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen anhand von drei Strukturgleichungsmodellen tiberprtitt. Eine Beschr~inkung der Analyse auf das Modell 1 wtirde allerdings zu dem falschen Ergebnis fiihren, dass es einen direkten Einfluss des Internen Marketing gibt, da die mediierende Wirkung der marktorientierten Untemehmenskultur nicht erkannt worden ware. Erst die weitergehenden Analysen (Modelle 2 und 3) verdeutlichen die tats~ichliche Wirkungsweise des Intemen Marketing. Der tiberra-
1~/
schende Erkenntnisgewinn dieser Arbeit liegt darin, dass kein direkter Einfluss des Intemen Marketing auf kunden- bzw. wettbewerberorientierte Verhaltensweisen ermittelt werden konnte. Aus der Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Intemem Marketing und der Entwicklung einer marktorientierten Untemehmenskultur kann als Ergebnis festgehalten werden, dass das Interne Marketing einen starken positiven Einfluss auf die marktorientierte Untemehmenskultur hat, die wiederum positiv auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder wirkt. Insofem liefert das Interne Marketing seinen Hauptbeitrag zur Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen auf indirektem Wege tiber die marktorientierte Untemehmenskultur. SchlieBlich ergibt sich aus der vorliegenden Arbeit ein methodischer Ansatzpunkt fiar die weitere Forschung. Es zeigte sich in der empirischen Untersuchung die Sinnhafligkeit einer Betrachtung unterschiedlicher Effekte im Rahmen mehrerer Strukturgleichungsmodelle. Durch die Wahl eines derartigen Vorgehens konnten wichtige Erkenntnisse tiber die mediierende Wirkung der marktorientierten Untemehmenskultur gewonnen werden. Gleichzeitig wurden die komplexen Zusammenh~inge zwischen untemehmensintemen Variablen und Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder verdeutlicht. Zuktinftige Forschungsarbeiten im Bereich der Marketingimplementierung sollten die Frage aufgreifen, welche untemehmensintemen ImplementierungsmaBnahmen eine marktorientierte Denkweise der Untemehmensmitglieder fOrdem und entsprechende Verhaltensauswirkungen erzielen. Hier besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf. Es fehlen bis heute empirische Studien, die die Auswirkungen von Untemehmensstruktur, -systemen und eingesetzten Methoden auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder untersuchen. 731 Die vorliegende Arbeit verdeutlicht, wie wichtig eine theoretische Analyse im Vorfeld einer empirischen Untersuchung ist, damit bei der Analyse m/Sglicher Wirkungsbeziehungen entsprechende Moderatoren identifiziert und in die empirische Studie einbezogen werden k/3nnen. Die Aussagekraft der vorliegenden Ergebnisse ist aber auch durch Restriktionen gekennzeichnet, welche Ansatzpunkte fiar zuktinftige Forschungsvorhaben bieten. Eine dieser Restriktionen ergibt sich aus der bewussten aggregierten Betrachtung des Inter731K~hlerliefert erste empirischeAnhaltspunktedaf'tir,dass die Organisationsformein marktorientiertes Planungsverhaltenbeeinflusst. Vgl. KShler(1984), S. 591.
188
nen Marketing. Ein zukilnftiges Forschungsvorhaben k6nnte darin bestehen, die Wirkungsweisen einzelner Instrumente des Intemen Marketing, wie etwa Anreizsysteme, Trainingsmethoden, interne Kommunikation etc. differenziert herauszuarbeiten. In diesem Zusammenhang sollte nicht nur untersucht werden, ob ein entsprechender Einzeleinfluss auf die marktorientierte Untemehmenskultur und tiber diese auf die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder wirkt, sondem auch, wie die einzelnen Instrumente des Intemen Marketing auszugestalten sind, damit eine marktorientierte Untemehmenskultur entwickelt werden kann. Hierzu sind formative Operationalisierungen der einzelnen Instrumente des Intemen Marketing notwendig. Weitere Ansatzpunkte fiir zukilnftige Forschung bestehen in der Untersuchung der Auswirkungen kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen auf den Erfolg eines Untemehmens. So sollte empirisch iiberprtift werden, ob sich diese Verhaltensweisen auf die Kundenzufriedenheit und auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens auswirken. Hierbei w~re eine dyadische Untersuchung sinnvoll. In der bisherigen Forschung wird die Zufriedenheit der Untemehmensmitglieder als eine wichtige EinflussgrSBe der Kundenzufriedenheit gesehen. 732 Dabei wird oft von der Annahme ausgegangen, dass die Mitarbeiterzufriedenheit indirekt tiber kundenorientierte Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder die Kundenzufriedenheit positiv beeinflusst. 733
Zahlreiche Publikationen konzentrieren sich deshalb auf die systematische
Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit. TM Marktorientierte (d.h. kunden- und wettbewerberorientierte) Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder wurden in diesem Zusammenhang bisher nicht empirisch untersucht. Besonders interessant ist hierbei die Frage, ob wettbewerberorientierte Verhaltensweisen die Kundenzufriedenheit positiv beeinflussen. Eine wichtige Restriktion dieser Untersuchung ist, dass die Beantwortung der FragebOgen durch die Marketingverantwortlichen erfolgte. MSglicherweise wiarden die Ergebnisse anders ausfallen, wenn Ftihrungskr~ifte und Mitarbeiter eines Untemehmens dyadisch befragt worden w~iren. Eine derartige dyadische Untersuchung k6nnte eventuell vorhandene Wahrnehmungsdifferenzen in Bezug auf das AusmaB der Marktorientierung in einem Untemehmen verdeutlichen. So ist es durchaus m6glich, dass die 732Vgl. u.a. Bruhn (1995), Bruhn (1998b), T6pfer (1995), T6pfer (1998), Stock (2000), Homburg/Stock (2001). 733Vgl. hierzu z.B. Heskett/Jones/Lovemanet al. (1994); Heskett/Sasser/Schlesinger(1997). 734Dies manifestiert sich bspw. in Titeln wie ,,Want Customer Satisfaction? Satisfy Your Employees First", Weaver(1995), S. 112.
189 Ftihrungskr/afte ihre Verhaltensweisen als vorbildhaft ansehen, die Wahmehmung der Mitarbeiter jedoch ein anderes Bild ergeben k6nnte. SchlieBlich h~ingt eine weitere Restriktion der vorliegenden Arbeit mit der verwendeten Datengrundlage zusammen. Sie basiert ausschlieBlich auf deutschen Untemehmen bzw. Gesch~iftseinheiten. Hintergrund dieser Beschr~inkung war die Notwendigkeit, die Komplexit~t und den Aufwand der Datenerhebung zu begrenzen. Ein intemationaler Datensatz, insbesondere unter Beriicksichtigung von unterschiedlichen Untemehmenskulturen in verschiedenen L~indem, k6nnte weitere Aufschltisse geben.
7.2
Implikationen ffir die Unternehmenspraxis
Neben den Erkenntnissen f'tir die Wissenschaft ergeben sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit auch Implikationen ~ r die Untemehmenspraxis. An erster Stelle sind hierbei die Bedeutung marktorientierter Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder und die extrem hohe Relevanz einer marktorientierten Unternehmenskultur zu nennen. Zun~ichst soil die Arbeit ein besseres Verstandnis dafiir geben, was unter Marktorientierung konkret zu verstehen ist. Hierbei sind nicht nur eine bestimmte Untemehmensphilosophie oder Untemehmensgrundsatze gemeint. Vielmehr spiegelt sich die Marktorientierung eines Untemehmens insbesondere in kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder wider. Die einzelnen Individuen im Untemehmen kOnnen mit ihrem Verhalten die Marktorientierung im Untemehmen f'Ordem, aber auch aktiv verhindem. Ftir Untemehmen ist es daher von groBem Interesse, Hintergrtinde und Einflussgr6Ben der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder zu kennen und zu verstehen. Zu den wichtigen Aufgaben der Untemehmensflihrung geh6rt es, daf'tir zu sorgen, dass die Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder konsequent kunden- und wettbewerberorientiert ausgerichtet sind. Dabei ergibt sich die Frage, wie diese Verhaltensweisen gezielt geF6rdert werden k6nnen. Zur Beantwortung dieser Frage liefert die vorliegende Arbeit einen ersten Anhaltspunkt. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen, dass das Interne Marketing keine wesentlichen direkten Auswirkungen auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen hat. Damit ist eine schnelle Beeinflussung und Steuerung der Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder ausgeschlossen oder nur oberfl~ich-
190 lich mOglich. Kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen kann man nicht verordnen oder gar befehlen. Sie lassen sich auch nicht gezielt antrainieren oder durch bestimmte Anreize erzwingen. Vielmehr muss man zunachst Rahmenbedingungen schaffen, die aktivieren, inspirieren und die Untemehmensmitglieder zu kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen motivieren. Im Wesentlichen geh~rt hierzu die Entwicklung und F/Srderung einer marktorientierten Untemehmenskultur. Ohne Verankerung der Marktorientierung in der Unternehmenskultur sind kunden- und wettbewerberorientierte Verhaltensweisen nicht umsetzbar. Die Entwicklung und Implementierung einer marktorientierten Unternehmenskultur kann gezielt durch das Interne Marketing erfolgen. Hierzu bedarf es der marktorientierten Ausrichtung aller Instrumente des Internen Marketing. Erst die indirekte Wirkung des Internen Marketing tiber eine marktorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf die Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder. Das bedeutet, dass die Steuerung der Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder ein schwieriger und langwieriger Prozess ist. Es bedarf hierzu eines kontinuierlichen, ganzheitlichen Einsatzes des Intemen Marketing. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass eine zeitlich befristete Projektorganisation t~r das Interne Marketing fiir die Entwicklung einer marktorientierten Unternehmenskultur unzureichend ist. Aufgrund der hohen Relevanz des Intemen Marketing fi~r die Entwicklung einer marktorientierten Unternehmenskultur wird deutlich, dass das Interne Marketing eine kontinuierliche Aufgabe ist, die vom Top-Management (evtl. Marketing-Vorstand) unmittelbar wahrgenommen werden muss. Nur dann kann gew~ihrleistet werden, dass marktorientierte Inhalte verwirklicht werden und sich dadurch eine marktorientierte Unternehmenskultur entwickelt. Die Ergebnisse dieser empirischen Studie liefem auch Ansatzpunkte fi~r eine im Rahmen des Internen Marketing notwendige interne Segmentierung der Unternehmensmitglieder. Die Entwicklung einer marktorientierten Unternehmenskultur durch Internes Marketing kann durch die Auswahl geeigneter Unternehmensmitglieder beschleunigt werden. Ftir die Realisierung marktorientierter Verhaltensweisen eignen sich im Rahmen des Internen Marketing insbesondere Unternehmensmitglieder, die einen starken Einfluss auf die Untemehmenskultur haben (Kulturpromotoren).
191
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Wirkungsbeziehungen des Intemen Marketing auf die kunden- und wettbewerberorientierten Verhaltensweisen der Untemehmensmitglieder durch die Umweltdynamik moderiert werden, d.h. dass gerade auch bei einer hohen Umweltdynamik die marktorientierte Untemehmenskultur eine sehr wichtige Rolle fiir die Implementierung kunden- und wettbewerberorientierter Verhaltensweisen hat. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung k~3nnen als klare Empfehlung flir eine bewusste Entwicklung von Untemehmenskultur aufgefasst werden. Ftihrungskr~ifte mtissen die Bedeutung der Marktorientierung in der Untemehmenskultur begreifen und den Willen haben, dies in ihrem Untemehmen umzusetzen. Das Interne Marketing bietet eine sehr gute Mtiglichkeit, marktorientierte Unternehmenskultur zu entwickeln und zu pflegen.
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Mdinner zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Manner die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. " Antoine de Saint Exup6ry
193
Anhang: Fragebogen der Untersuchung Ailgemeine Fragen zum Unternehmen und zum Untersuchungsteilnehmer
Welche Rechtsformweist Ihr Unternehmenauf?.
2.
KG
O
AG (nicht b/Srsennotiert)
GmbH
0
AG (b/Srsennotiert)
OHG
0
Sonstige:
0 0 0
WelcherBranche geh/SrtIhr Unternehmen schwerpunktmiiBigan? Nahrungs- und Genussmittel
O
Medizintechnik und Optik
O
Textil und Bekleidung
O
Baugewerbe
O
Verlags- und Druckgewerbe
0
Handel
O
Chemie/Pharma
O
Verkehr/Nachrichtentibermittlung O
Gummi- und Kunststoffwaren
O
Banken und Versicherungen
O
Metallerzeugnisse
C)
Andere Dienstleistungen
O
Maschinenbau
O
Sonstige:
C)
Welcher Ebene ist Ihre Position im Unternehmen zuzuordnen? Top Management
O
Stabsstelle
Middle Management
O
Sonstige:
O O
Welchem Funktionsbereich geh6ren Sie an? Produktion
O
Finanzierung/Rechnungswesen
0
Beschaffung
O
Controlling
O
Marketing/Vertrieb
O
Sonstige:
O
Logistik
O
Geben Sie bitte an, ob Sie im Folgenden f'tir Ihr Untemehmen insgesamt oder ftir einen bestimmten Geschiiftsbereich(im Sinne von Produktsparte/Division) antworten. [ ~ Wean Sie die zweite M@gliehkeit ankreuzen, sollen bitte im Weiterea nile Fragen aus der speziellen Sicht lhres GeschMtsbereichs beantwortet werden] Gesamtunternehmen
O
Geschiiftsbereich
O
194
Wie hoch war der Jahresumsatz Ihres Untemehmens/Geschiftsbereichs im letzten Gesch~iftsjahr? unter 50 Mio. DM
C)
1 Mrd. bis unter 5 Mrd. DM
C)
50 Mio. bis unter 100 Mio. DM
C)
5 Mrd. bis unter 10 Mrd. DM
C)
100 Mio. bis unter 500 Mio. DM
C)
10 Mrd. bis unter 20 Mrd. DM
C)
500 Mio. bis unter 1 Mrd. DM
C)
20 Mrd. DM und mehr
C)
10. Wie viele Mitarbeiter hat lhr Untemehmen/Geschaftsbereich? unter 50
C)
1.000 bis unter 5.000
C)
50 bis unter 150
C)
5.000 bis unter 10.000
C)
150 bis unter 500
C)
10.000 bis unter 20.000
C)
500 bis unter 1.000
C)
20.000 und mehr
C)
Trim Uberhaupt nicht zu 11. Im Umfeld unseres Untemehmens/GescMftsbereichs ergeben sich Anderungen mit einer hohen Dynamik (z.B. im Hinblick auf Wettbe-werber oder auf technologische Grundlagen des Angebotsprogramms).
1
Trim vOllig zu
5
Mitarbeiterfiihrung Triffl tlberhaupt nicht zu
3.
4.
Trim v011ig zu
Um herauszufinden, welche F~ihigkeiten bei den Mitarbeitern besonders trainiert werden mtissen, Ftihren wir Kundenbefragungen durch.
O-