Internationalismen Im B/K/S (Proseminararbeit) [PDF]

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Zitiervorschau

Proseminararbeit

Titel

Anglizismen im Bosnischen/Kroatischen/Serbischen

Verfasserin Nadine Haidenbauer

Datum:

29.01.2014

Matr. Nr.:

0513233

Studienkennzahl:

033 650 364

LV-Leitung:

Mag. Dr. Andrea Zorka Kinda

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .........................................................................................................................................3 2 Unterscheidung von Entlehnungen ...................................................................................................3 3 Sprachkontakt....................................................................................................................................4 3.1 Sprachpurismus in Kroatien.......................................................................................................5 4 Adaption von Entlehnungen .............................................................................................................6 4.1 Phonologische Adaption............................................................................................................6 4.1.1 Vokale.................................................................................................................................6 4.1.2 Konsonanten.......................................................................................................................7 4.2 Orthographische Adaption.........................................................................................................7 4.3 Morphologische Adaption – Flexion, Derivation......................................................................8 4.3.1 Substantive.........................................................................................................................8 4.3.2 Verben................................................................................................................................9 4.3.3 Adjektive..........................................................................................................................11 4.4 Semantische Adaption..............................................................................................................11 5 Zusammenfassung und Anmerkungen............................................................................................12 6 Literaturverzeichnis.........................................................................................................................13

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1 Einleitung In der vorliegenden Proseminararbeit habe ich mich mit Entlehnungen aus dem Englischen (Anglizismen) in das Bosnische, Kroatische bzw. Serbische (folgend B/K/S) und der Adaption dieser Entlehnungen in das einheimische Sprachsystem beschäftigt, wobei eine Trennung der drei Standards nur dort erfolgt, wo Unterschiede bekannt bzw. belegt waren. In den meisten Fällen ist aufgrund der Beispiele in der verwendeten Literatur und meiner eigenen Recherche davon auszugehen, dass der entlehnte Begriff, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, in allen Sprachen verwendet wird. Ich hoffe mit dieser Proseminararbeit einen kurzen Überblick über die Prozesse der Adaption von Anglizismen in das B/K/S geben zu können.

2 Unterscheidung von Entlehnungen Entlehnungen können in zwei grundlegende Typen unterteilt werden (Jovanović 2003: 14): 1) Von einer „einzigartigen Entlehnung“ (auch „denotative“ oder „referentielle“ Entlehnung) spricht man, wenn in der Nehmersprache noch kein entsprechender Begriff existiert (z.B. marketing). Manchmal handelt es sich bei diesen Lehnwörtern um kulturspezifische Begriffe. 2) Für eine „synonyme Entlehnung“ (auch „konnotative“, „expressive“ oder „stilistische“ Entlehnung) existieren in der Nehmersprache Begriffe annähernd gleicher oder ähnlicher Bedeutung; ihre Konnotation kann aber vom ursprünglichen Lehnwort abweichen. Lehnwort: ein aus einer „Gebersprache“ in eine andere Sprache („Nehmersprache“) entlehntes Wort. Die Entlehnung kann direkt, aber auch indirekt – über eine „Vermittlersprache“ – erfolgen. Fremdwörter werden manchmal insofern von Lehnwörtern unterschieden, als sie sich nicht oder nur gering an das grammatikalische System der Nehmersprache anpassen. Da eine exakte Abgrenzung oft nur schwer zu treffend ist, wird folgend der Begriff „Lehnwort“ verwendet. Lehnübersetzung bzw. Calquierung: Kompositum (zusammengesetzter Begriff), das nach einem Fremdwort gebildet wird, wobei alle verwendeten Bestandteile des entlehnten Begriffs in die Nehmersprache übersetzt werden. Wird nur einer der Bestandteil übersetzt (bzw. nicht übersetzt), spricht man von einer Lehnübertragung, manchmal auch Teillehnübersetzung. Bei der Lehnbedeutung wird die Bedeutung eines Wortes einer anderen Sprache auf ein einheimisches Wort übertragen und erhält dadurch eine zusätzliche Bedeutung, z.B. engl. (computer) mouse > Maus > miš. 3

Von einer Scheinentlehnung (auch Pseudoentlehnung) spricht man, wenn das kreierte Wort zwar „entlehnt klingt“, aber in der Gebersprache nicht oder nur in einer anderen Bedeutung existiert, z.B. dt. Handy (im britischen Englisch [BE]: mobile phone, amerikanisches Englisch [AE]: cell phone, während engl. handy = praktisch, handlich), und golman (engl. goal keeper) im B/K/S. Manchmal werden diese Wörter später sogar in die (Pseudo-)Gebersprache zurückübernommen, wofür Jovanović (2003: 16) als typisches Beispiel das weit verbreitete happy end (urspr. engl. happy ending) anführt.

3 Sprachkontakt Die Sprachen der Bosnier, Kroaten und Serben standen im Laufe ihrer bewegten Geschichten im Sprachkontakt mit vielen Sprachen, wie etwa dem Türkischen, dem Deutschen und dem Italienischen. In neuerer Zeit kommt vor allem dem Englischen als Gebersprache große Bedeutung zu, was sich auf ihr hohes Prestige, ihren Status als lingua franca der Wissenschaft, des Tourismus, des Internets u.a. sowie auf den ökonomischen und politischen Einfluss der Vereinigten Staaten zurückführen lässt. Anglizismen, genauer gesagt (Anglo-)Amerikanismen, stellen in den meisten europäischen Sprachen den größten Lehnwortschatz seit den 1960er Jahren zur Verfügung und sind dementsprechend in zahlreichen Domänen des alltäglichen Lebens zu finden: z.B. Sport (baseball > bejzbol, match > meč, tennis > tenis), Musik (jazz > džez, rock > rok, hit > hit), soziale Phänomene (mobbing > mobing, bullying > buling), Wirtschaft und Technik (management > menadžment, hardware > hardver, display > displej). Beispiele für Lehnübersetzungen bzw. -übertragungen sind z.B. data bank > banka podataka, microwave oven > BK mikrovalna pećnica, S mikrotalasna pećnica sowie cold war > hladni rat (Turk/Opašić 2008: 79). Jovanović (2003: 18) weist darauf hin, dass neue Begriffe aus dem Englischen, die nach dem 2. Weltkrieg entlehnt wurden, hauptsächlich aus dem amerikanischen Englisch der USA, stammen, was die Bezeichnung dieser Begriffe mit „Amerikanismen“ oder „Anglo-Amerikanismen“ nahelegen würde. In dieser Arbeit werde ich trotzdem den Begriff „Anglizismen“ verwenden, um generell aus der „englischen Sprache“ stammende Entlehnungen zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu erwähnen, dass viele englische Begriffe, die in andere Sprachen entlehnt wurden, ihren etymologischen Ursprung u.a. im Latein und Griechisch haben, z.B. lat. computare. Im engeren Sinn ist das Englische hier also lediglich die Vermittlersprache. Da die Entlehnungen aber bereits vollständig in das Englische integriert wurden und fixe Bestandteile seines Vokabulars sind, spricht man vom Englischen als Gebersprache, wobei die Meinungen einiger Wissenschafter hierüber auseinandergehen (siehe dazu Jovanović 2003: 20f). 4

Das Deutsche nimmt, neben seiner Funktion als Gebersprache von Germanismen bzw. Austriazismen, auch eine wichtige Funktion als Vermittlersprache englischer Ausdrücke in das B/K/S ein. Ein oft genanntes Beispiel ist K šport bzw. BS sport, wobei die Aussprache von šport als Indikator für die Vermittlung über das Deutsche gilt.

3.1 Sprachpurismus in Kroatien Während in den 1990er Jahren in vielen slawischen Ländern eine Öffnung gegenüber anderssprachigen Einflüssen auf die eigene Sprache bemerkbar ist, geht die Tendenz in Kroatien seit der Romantik, vor allem aber seit Anfang der 1990er, in Richtung linguistischen Purismus', wovon zahlreiche Sprachratgeber, Wörterbücher „überflüssiger Fremdwörter“ und eine „schwarze Liste“ des staatlichen Fernsehsenders HTV zeugen (vgl. Jovanović 2003: 59 und Mader Skender 2013: 1). Die Sorge gilt vor allem den „Serbismen“, aber auch dem starken Einfluss des Englischen, weswegen direkte Entlehnungen aus dem Englischen ein Phänomen sind, das in dieser Intensität erst seit Anfang der 1990er existiert. Anstatt der Verwendung von als fremd wahrgenommener Ausdrücke, wird bevorzugt auf das eigene Sprachsystem zurückgegriffen. Dabei werden entweder vorhandene kroatische Synonyme (čimbenik < faktor; gospodarstvo < privreda, ekonomija), Archaismen (pismohrana < arhiva; uljudba < civilizacija), Dialektismen (nazočan < prisutan) oder Neologismen (veleposlanstvo < ambasada; pristojba < taksa) verwendet (Mader Skender 2013: 1). In Sprachen mit ausgeprägten puristischen Tendenzen werden direkte Entlehnungen oft mit Lehnübersetzungen ersetzt (Turk/Opašić 2008: 82). So kann z.B. šoping centar mit trgovinsko središte übersetzt werden. Jovanović (2003: 60) weist darauf hin, dass bei diesem Prozess allerdings manche ursprüngliche mit dem Begriff verbundenen Assoziationen, wie „amerikanische Produkte, Lebensstil und [ein] höherer Lebensstandard, etc.“ verloren gehen. Wie beispielsweise anhand der Analyse von Branka Drljača Margić' (2010) von englischen Elementen und Wörtern englischen Ursprungs in der Werbung kroatisch- und serbischsprachiger Zeitschriften ersichtlich wird, werden im Kroatischen trotz sprachpuristischer Bemühungen nicht weniger englische Wörter verwendet, als im – gegenüber fremdsprachigen Einflüssen tendenziell offenen – Serbischen. Als Gründe für die Verwendung englischer Elemente in der Werbung werden z.B. die in den Konsumenten hervorgerufenen Assoziationen mit dem Englischen (modern, kultiviert, innovativ, attraktiv) angegeben. Auch ökonomische Gesichtspunkte (die relative Kürze und Prägnanz der englischen Sprache im Vergleich mit dem B/K/S) können Gründe für ihre Verwendung sein, z.B. fit vs. u dobroj fizičkoj/t(j)elesnoj kondiciji und accessories shop vs. 5

prodav(ao)nica s(a) modnim dodacima (Drljača Margić 2010: 273). Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch ein von der kroatischen Zeitschrift Jezik organisierter Wettbewerb, bei dem Leser dazu aufgerufen werden, Vorschläge für die besten neuen kroatische Wörter, die u.a. auch Anglizismen ersetzen sollen, einzusenden. Zu den von einer Jury ausgewählten Einsendungen zählen z.B. predočnik (von predočiti, statt monitor), strojevina1 oder očvrsje (von čvrst, statt hardver bzw. hardware), dočitnica, straničnik, štionik < bookmark, velezgoditnjak < džekpot bzw. jackpot, und suosnik < koaksijalni kabel. (Skelin Horvat/MuhvićDimanovski 2008: 11-13)

4 Adaption von Entlehnungen Entlehnungen können phonologisch, orthographisch, morphologisch und semantisch an das System der Nehmersprache angepasst werden. Nach der primären Adaption (eigentlicher Entlehnvorgang), kann es zur sekundären Adaption (innersprachliche Anpassung an das System der Nehmersprache) kommen.

4.1 Phonologische Adaption Die erste Anpassung englischer Entlehnungen erfolgt im Bereich der Aussprache. Existiert für ein englisches Phonem keine genau Entsprechung im B/K/S wird dieses mit dem nächstliegenden B/K/S Phonem ersetzt. 4.1.1 Vokale Im B/K/S werden die englischen Vokale von den 5 einheimischen Vokalen ersetzt: Englisch

B/K/S

/i/ und /ɪ/ teenager [tiːneɪdʒə(ɹ)], business [bɪznɪs]

/i/ tinejdžer, biznis

/æ/ und /ɛ/ match [mætʃ], celebrity [sᵻˈlɛbɹᵻti]

/e/ meč, selebriti

/a/ und /ʌ/ cup [kʌp] hardware BE [hɑːdwɛə], AE [hɑɹdwɛɚ]

/a/ oder /e/ kup hardver

/o/ und /ɔ/ show [ʃoʊ], bos [bɔs]

/o/ šou, bos

/u/ und /ʊ/ boom [bu:m], input [ɪnpʊt]

/u/ bum, input

Beispiele neben eigenen auch aus Jovanović 2003: 85 1

eigene Hervorhebung der Wörter, deren Verwendung seit ihrer Erscheinung in Jezik z.B. in Printmedien oder im Internet nachgewiesen wurde (vgl. Skelin Horvat/Muhvić-Dimanovski 2008: 12)

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Das /ɝ/ der rhotischen Varietäten des Englischen (z.B. AE) wie in flirt [flɝt] wird im B/K/S entweder mit /e/ oder /i/ umschrieben: flert bzw. flirt. Das englische Schwa /ə/, wie in corner BE [kɔːnə] bzw. AE [kɔr nər], wird gemäß der englischen Schreibung entweder mit /er/ oder /or/ substituiert: z.B. corner > korner bzw. director > direktor. Englische Diphtonge werden mit einem (fair > fer, cocktail > koktel) oder zwei Phonemen (nylon > najlon, show > šou) ersetzt. (Jovanović 2003: 83, Benson 1967: 185 und Gorup 2000: 275). 4.1.2 Konsonanten Bis auf die vier englischen Konsonanten /θ/, /∂/, /ŋ/ und /w/ gibt es für alle englischen Konsonanten Entsprechungen im B/K/S. Sie werden im B/K/S mit /t/, /d/, /ng/ und /v/ artikuliert: thriller > triller, Rutherford > Раде(р)форд, pudding > puding, website > vebsajt. (Gorup 2000: 275, Filipović 1990: 56)

4.2 Orthographische Adaption Da die B/K/S Orthographien phonematisch sind, ist die orthographische Adaption eng verknüpft mit der phonologischen, wobei Entlehnungen sowohl orthographisch angepasst (šoping) als auch unverändert (shopping) in die einheimische Sprache übernommen werden. Hierbei ist davon auszugehen, dass aufgrund der kyrillischen Schrift (und der damit begrenzten Anzahl an Graphemen) Anglizismen im Serbischen schneller orthographisch angeglichen werden, als im Bosnischen und Kroatischen. Generell werden Doppellaute in das B/K/S als einzelne Buchstaben übertragen (hippy > hipi, boom > bum). Englische Buchstaben, die im B/K/S nicht vorhanden sind, werden mit ähnlichen einheimischen ersetzt: w > v (weekend > vikend), y > j (boy > boj) oder y > i (baby boom > bebi bum), x > ks (box > boks), qu > kv (sequencer > sekvenser). Manchmal bleibt eine orthographische Adaption sozusagen aus, da Aussprache und Schreibung mit denen des Original fast ident sind (internet > internet). (Jovanović 2003: 87) Werden Wörter über eine Vermittlersprache übernommen, kann sich dies in der phonologischen bzw. orthographischen Form widerspiegeln. Die Anglizismen blef und dubl zum Beispiel basieren auf den englischen Ausdrücken bluff und double, kamen jedoch über das Deutsche in das B/K/S (deshalb nicht: *blaf bzw. *dabl). (Gorup 2000: 275)

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4.3 Morphologische Adaption – Flexion, Derivation Die Anpassung auf der morphologischen Ebene ist abhängig davon, ob es sich beim entlehnten Element um ein gebundenes oder ein ungebundenes Morphem handelt. Die Entlehnung freier Morpheme ist prinzipiell unbegrenzt; oft werden sie ohne Veränderungen in das B/K/S System übernommen. Suffixe hingegen können nicht so einfach übertragen werden. Meistens werden sie zwar als Teil des Lehnwortes übernommen (hepiend-ing, boks-er), im weiteren Verlauf der Adaption aber wieder verworfen (hepiend, boks) oder mit einem einheimischen Suffix (mit entsprechender semantischer Bedeutung) ersetzt (v.a. im Kroatischen: boks-ač2). (Gorup 2000: 277) 4.3.1 Substantive Bevor eine entlehntes Substantiv dekliniert werden kann, wird sein Genus bestimmt. Da die meisten Anglizismen auf einen Konsonanten (z.B. chip > čip) oder auf ein „stilles e“ enden (z.B. college > koledž), werden diese ins B/K/S maskulin übernommen. Auch Anglizismen, die ihre ursprüngliche Schreibung, und somit die Endung -e, behalten, werden nicht als Neutra, sonder als Maskulina übernommen, z.B. new-age. Auch den meisten auf -o oder -i endenden Entlehnungen wird das maskuline Genus zugeschrieben (z.B. bungalo, žiri). Manche Anglizismen, wie z.B. parti, können sowohl maskulin als auch feminin sein. Die – eher seltenen – Anglizismen auf -a werden im B/K/S feminin (z.B. gorila, kamera). An manche Begriffe, die im Englischen zwar auf einen Konsonanten enden, deren natürliches Geschlecht aber weiblich ist, wie in stjuardesa (stewardess), gerla oder misica (miss), wird ein {-a} bzw. {-ic-}{-a} gehängt, um das weibliche Geschlecht zu verdeutlichen. (Jovanović 2003: 106, Filipović 1990: 35) Auch einige andere Anglizismen werden als Feminina übertragen, indem ein {-a} hinzugefügt wird (z.B. jungle > džungla). Filipović (1990: 35) geht davon aus, dass dieser Prozess auf die Assoziation mit bedeutungsähnlichen einheimischen Feminina (šuma) zurückzuführen ist. Manche Feminina werden im weiteren Adaptionsvorgang durch das Anhängen von Suffixen an Maskulina gebildet: vegetarijanac → vegetarijanka, BS teniser → teniserka bzw. BK tenisač → tenisačica. Anglizismen mit dem englischen Suffix {-ation} werden durch Ersetzen mit dem kroatischen Suffix {-acija} zu Feminina (z.B. computerisation → kompjuterizacija. Durch Suffigierung mit {-iranje} bzw. {-nje}, {-anje} oder {-enje}, die vor allem das englische Suffix {ing} ersetzen (siehe Jovanović 2003: 146), werden einige Substantive (aber auch Verben) zu Neutra: blef → belfiranje. skenirati → skeniranje. 2 die Unterscheidung S bokser, bokserski, boksovati – K boksač, boksački, boksati findet sich online auf http://hr.wiktionary.org/wiki/Razlikovni_rječnik_srpskog_jezika_i_hrvatskog_jezika

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Der Großteil der englischen Entlehnungen wird nach Bestimmung seines Genus nach dem jeweiligen Muster des B/K/S Systems dekliniert. Hierzu zählen auch Lehnwörter auf -u, wie šou und intervju. Bei Lehnwörtern auf -i (z.B. žiri, hobi, parti, bikini) wird zwischen dem entlehnten Stamm und der Flexionsendung ein -j- infigiert. Singular

Plural

Nom.

šou

bikini

šouovi

bikiniji

Gen.

šoua

bikinija

šouova

bikinija

Dat.

šouu

bikiniju

šouovima

bikinijima

Akk.

šou

bikini

šouove

bikinije

Vok.3

šoue

bikiniju

šouovi

Lok.

šouu

bikiniju

šouovima

Instr.

šouom

bikinijem šouovima

bikiniji 4

bikinijima bikinijima

Wie man am Beispiel von šou sehen kann, wird auch bei einsilbigen englischen Lehnwörtern im Plural -ov- bzw. -ev- (nach Palatalen: gay > gej → Pl. gejevi) infigiert. Lautveränderungen – Assibilierung (Sibilarizacija): Im B/K/S ändern auf -k, -g und -h auslautende Substantive diese Laute vor dem -i des Nominativ Plural und dem -ima des Dativ, Lokativ und Instrumental Plural zu c, z und s. Beispiele für Anglizismen dieser Art sind alle Entlehnungen auf -ing; pudding > puding → Pl. pudinzi, Dat./Lok./Instr. pudinzima. 4.3.2 Verben Die Adaption von Lehnverben erfolgt prinzipiell durch Suffigierung mit der Infinitivendung {-ti}, wobei im Kroatischen die Endung {-irati} bevorzugt wird, während im Serbischen eine Tendenz zu {-ovati} zu bemerken ist, z.B. K boksirati, S boksovati (vgl. Gorup 2000: 279). Jovanović (2003: 167) führt auch zwei Beispiele für die Endung {-nuti} an, die abgeschlossene Handlungen bezeichnen: (pay by) cash → kešnutiPF bzw. click → kliknutiPF. Zweiteres existiert aber auch in der (imperfektiven) Form klikatiIMPF. Englische Lehnverben können entweder zwei Formen mit unterschiedlichem Verbalaspekt bilden (startatiPF bzw. startovatiIMPF) oder nur eine, biaspektuale, Form, deren Aspekt kontextuell bestimmt wird (z.B. blefirati). Mit Hilfe von Präfixen oder Infixen werden in der weiteren Folge der Adaption bei diesen Verben perfektive Formen gebildet: izblefiratiPF, odblefiratiPF, zablefiratiPF, blefnutiPF (Beispiele aus Filipović 1990: 36). In manchen Fällen ändert sich dadurch nicht nur der Aspekt, 3 für den Vokativ konnte ich (im Gegensatz zu den anderen Fällen) keine konkreten Beispiele, z.B. in Nachrichten oder Internetforen, finden. 4 bei der Internetrecherche und in Jovanović (2003: 117) auch „šouima“

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sondern auch die Bedeutung dieser Verben entsprechend der semantischen Bedeutung der Affixe (für eine detaillierte Aufschlüsselung der meistverwendeten Präfixe und ihrer Bedeutungen siehe Lazić 1976: 51ff). Nach der Bestimmung der Kategorie des Verbalaspekts werden Lehnverben wie andere einheimische Verben konjugiert. Auf Anregung der Lehrveranstaltungsleiterin Frau Mag. Dr. Kinda habe ich das Verb skenirati (bzw. seltener skenovati) untersucht. Aus Görlachs Wörterbuch europäischer Anglizismen, in denen auch Entlehnungen ins Kroatische verzeichnet sind, findet man skenirati als Derivation von skener (2001: 269), das am Ende des 20. Jahrhunderts in den kroatischen Wortschatz gelangte. Weiters findet sich auch skanirati, allerdings in der Bedeutung: „einen Scan (eines Körpers oder Körperteils) machen“ bzw. „(einen Patienten etc.) mit Hilfe eines Scanners untersuchen“. Für den Gebrauch von skenirati und seinen Ableitungen fand ich zahlreiche Beispiele sowohl in „umgangssprachlichen“ Umgebungen wie Internetforen, als auch auf „offiziellen“ (den Standardsprachen entsprechenden) Seiten, wie den Internetseiten von Microsoft (2014a für kroatisch und 2014b für serbisch) und Canon (2014, für bosnisch). Auf diesen Seiten am häufigsten zu finden ist das Verbalsubstantiv skeniranje (das Scannen), das in Görlachs Wörterbuch (2001: 269) für das Kroatische noch nicht als „der Akt oder Vorgang des Scannens5“ verzeichnet ist (im Gegensatz zu seinem russischen Äquivalent skannirovanje). Aber auch andere Formen (neben Infinitiv auch: 3. Person Sg., 2. Person Pl. und Imperativ) sowie Ableitungen (Verbalsubstantiv, Verbaladjektiv passiv) des Verbs und eine Passivkonstruktion mit „se“ treten auf: B: „obostrano skeniranje“, „u […] slučajevima kada se skenira“, „možete skenirati“ K: „dokument koji želite skenirati“, „papir[u] koji skenirate“, „Windows XP skenirat će vaš dokument“, „ponovo pokušali skenirati“, „prvo ga skenirajte“, „spremiti skeniranu sliku“ S: „može da skenira“, „kliknite na dugme Skeniraj“, „skeniraj slike“, „novo skeniranje“, „u skeniranom dokumentu“ Die Form skenovati (und dementsprechend skenujem, skenovan, skenovanje, etc.) ist tendenziell vor allem im Bosnischen und Serbischen, verbreitet, wenngleich im Rahmen dieser Proseminararbeit keine tiefergehende bzw. quantitative Analyse möglich war, und diese Beobachtung lediglich meinen persönlichen Eindruck anhand der Online-Recherche widerspiegelt. Trotz der weitaus geringeren, und fast ausschließlich den Bereich privater Unterhaltungen betreffenden, Verbreitung dieser Alternative konnte ich Beispiele aus allen drei Sprechergruppen finden (siehe im Literaturverzeichnis unter „Foreneinträge“):

5 i. Orig.: scan, n. – „the act or an instance of scanning“

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B: „stranice knjige cu uskoro skenovati“ [sic!] K: „ne skenuje po netu“ S: „umoran sam od skenovanja“, „da ih skenujem“ Ein weiteres Beispiel für skenovati im Kroatischen findet sich auf einer Hilfeseite von Asus, hier jedoch in der Bedeutung „(Computer-)Viren scannen“. 4.3.3 Adjektive Lehnadjektive aus dem Englischen sind im B/K/S eher selten, meistens werden sie in der sekundären Adaption von Lehnsubstantiven oder -verben abgeleitet, wobei sie üblicherweise Suffixe wie {-ski}, {-ov} bzw. {-an/-en/etc.} erhalten, z.B. skenerski, lordov, hendikepiran. Nachdem die Entlehnungen adjektivische Suffixe sowie geschlechtsspezifische Artikelendungen erhalten haben, werden sie ohne Weiteres dekliniert, wobei auch hier eine Lautveränderung (Palatalisierung) auftritt: rating > rejting + {-ski} → rejtinški, z.B. rejtinška agencija. (siehe auch Gorup 2000: 280 und Jovanović 2003: 178). In der primären Adaption werden englische Lehnadjektive (die in ursprünglicher wie auch in phonetischer Schreibweise vorkommen) nicht nach Genus, Numerus und Kasus dekliniert, wie z.B. kul im Titel eines Artikels über die Mode einer Schauspielerin: „Ona je prava kul cura u gradu“ (G.A.6 2013, auf tportal.hr). Interessant an diesem Artikel ist auch, dass im Titel sowie im Artikel kul verwendet wurde, während in der seiner Internetadresse die orthographisch nicht adaptierte Variante cool verwendet wurde.

4.4 Semantische Adaption Im Zuge der semantischen Adaption kann ein Ausdruck seine Bedeutung(en) behalten (z.B. collie > koli); bei einem Wort mit mehreren Bedeutungen ist es aber wahrscheinlich, dass nicht alle Bedeutungen in das B/K/S übernommen werden (Gorup 2000: 280). So wurde z.B. dealer > diler nur in der Bedeutung „Drogenhändler“, nicht aber in den Bedeutungen „Warenhändler“ oder „Börsenmakler“ in das B/K/S übernommen (siehe Wörterbuch europäischer Anglizismen, Görlach 2001: 83). Weiters kann ein bereits vollständig in das semantische System der Gebersprache übernommenes Wort andere Bedeutungen annehmen, die in der Nehmersprache noch nicht existierten. Gorup (2000: 281) führt hier beispielsweise corner > korner an, das ursprünglich nur den im Fußball ausgeführten Schuss aus der Ecke des Spielfelds bezeichnet, dessen Bedeutung im B/K/S aber auf den „Bereich hinter der Torlinie“ erweitert wurde. 6 der Name des/der Autor/in war leider nicht ausfindig zu machen

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5 Zusammenfassung und Anmerkungen Das Phänomen der Anglizismen und ihrer Adaption in das B/K/S ist sehr umfangreich und konnte in dieser Arbeit nur im Überblick dargestellt werden. Neben weiteren Details im Adaptionsvorgangs und einer genaueren Klassifizierung der Entlehnungen, könnten z.B. auch Entsprechungen und Unterschiede zwischen dem Bosnischen, Kroatischen und Serbischen näher betrachtet bzw. erarbeitet werden und näher auf einzelne Wörter eingegangen werden. Aufgrund meiner bisherigen Sprachkenntnisse, die mir das Übersetzen von B/K/S Texten nur unter großem zeitlichen Aufwand ermöglichen, konzentrierte ich mich vor allem auf englische Literatur, in der jedoch mehrfach Rudolf Filipović' Schulbücher „Anglicizmi u hrvatskom ili srpskom jeziku“ und „Anglicizmi u hrvatskom ili srpskom. Poreklo – razvoj – značenje“, sowohl  als Quellen für Beispiele als auch zur Beschreibung der sprachlichen Vorgänge, herangezogen wurden. Bezüglich des Sprachpurismus in Kroatien war ich davon ausgegangen, dass Anglizismen oder englische Ausdrücke weniger häufig in das Kroatische entlehnt bzw. sogar angeglichen würden, als in das Bosnische oder das Serbische. Im Lauf meiner Arbeit stellte ich aber fest, dass neben Lehnübersetzungen aber auch Anglizismen, vor allem natürlich in der Sprache des alltäglichen Gebrauchs, in allen Sprachen des B/K/S gleichermaßen weit verbreitet sind. Bemühungen um eigenständige kroatische Ausdrücke oder um das Verwenden vorhandener kroatischer Synonyme, sei es im Sinne der Kreativität, des Ausschöpfens der Möglichkeiten der eigenen Sprache oder der Sprachpflege halte ich durchaus für berechtigt. Wie man im Fall von Kroatisch gut beobachten kann, liegt es aber letztendlich an den Sprechern selbst, ob und in welchem Maß bzw. in welchen Domänen und Registern ein bestimmter Ausdruck zum Einsatz kommt. Die Aufgabe der Sprachwissenschafter ist meiner Ansicht nach, die Sprache (z.B. nach ihrem Gehalt an englischen Entlehnungen und ihrer Verwendung) zu analysieren, nicht aber präskriptiv auf den Sprachgebrauch einzugreifen oder diesen gar zu zensieren. Das Argument „überflüssiger Fremdwörter“ (für die es kroatische Entsprechungen gibt) halte ich, wie Jovanović (2003: 59-60) für verfehlt, da die englischen Formen der kroatischen Wörter in den meisten Fällen nicht vollständig synonym sind, sondern andere Konnotationen tragen und folglich andere Assoziationen wecken. Ich hoffe, dass ich trotz der erforderten Kürze dieser Proseminararbeit einen Einblick in dieses interessante wie umfangreiche Thema, der Aufnahme englischer Entlehnungen in das B/K/S, geben konnte.

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6 Literaturverzeichnis Benson, M. (1967): „English loanwords in Serbo-Croatian“, in: American Speech. 42:3, 178-189. Drljača Margić, B. (2010): „Engleski element u oglašavanju na hrvatskome i srpskome jeziku“. In: Tošović, B., Wonisch, A. (Hrsg.): Hrvatski pogledi na odnose između hrvatskoga, srpskoga i bosanskoga/bošnjačkoga jezika. Graz, Zagreb: Institut für Slawistik der Karl-FranzensUniversität Graz. 101-116. Filipović, R. (2009): „English words in European mouths and minds“, in: Folia Linguistica 11:3-4, 195-206. Filipović, R. (1990).  Anglicizmi u hrvatskom ili srpskom. Poreklo – razvoj ­ značenje. Zagreb: Školska knjiga.  Filipović, R. (2011): Anglicizmi u hrvatskom ili srpskom jeziku. Zagreb: JAZU – Školska knjiga. Görlach, M. (Hrsg.) (2001): A Dictionary of European Anglicisms. A Usage Dictionary of Anglicisms in Sixteen European Languages. Oxford, New York: Oxford University Press. Gorup, R.J. (2000): „Lexical Borrowings from German and English into Serbian and Croatian“, in: Journal of the North American Society for Serbian Studies. 14:2, 273-283. Jovanović, A. (2003): Integration of English loan words in German, Italian, Spanish, Croatian, and Russian. Wien: Univ. Dissertation. Kordić, S. (2004): „Die aktuelle Sprachzensur in Kroatien“. In: Symanzik, B. et al.: Sprache – Literatur – Politik. Ost- und Südosteuropa im Wandel [= Studien zur Slavistik; Bd. 10]. Hamburg: Verlag Dr. Kovač. 259-272. Lazić, M (1976): „Prefixation of borrowed verbs in Serbocroatian“, in: The Slavic and East European Journal, 20:1, 50-59. Mader Skender M.B. (2013): „Formen des Sprachpurismus in Kroatien seit 1991“. In: Bernasconi, S. und Messner, E.: Re/Visions. Kakanien revisited. (Online-Anthologie) Online: www.kakanien.ac.at/beitr/re_visions/MMaderSkender1.pdf) Skelin Horvat, A., Muhvić-Dimanovski, V. (2008): „Contests and nominations for new words. Why are they interesting and what do they show“, in: Suvremena lingvistika. 65, 1-26. Turk, M., Opašić, M. (2008): „Linguistic Borrowing and Purism in the Croatian Language“, in: Suvremena lingvistika. 65, 73-88.

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Beispiel für „kul“ / „cool“ G.A. (2003): „On je prava kul cura u gradu“, Artikel auf dem OnlineNachrichtenportal der Kroatischen Telekom. http://www.tportal.hr/lifestyle/moda/286935/Ona-je-prava-cool-cura-ugradu.html [Zugriff: 28.01.2014]

Beispiele für „skenirati“ Microsoft (2014a): Ispis, skeniranje i faksiranje pomoću računala. http://windows.microsoft.com /hr-hr/windows-xp/help/setup/print-scan-fax [Zugriff: 28.01.2014] Microsoft (2014b): Skeniranje dokumenta ili fotografije pomoću programa Windows faks i skener. http://windows.microsoft.com/sr-latnrs/windows7/scan-a-document-or-photo-with-windows-fax-and-scan [Zugriff: 28.01.2014] Canon (2014): Canon DR-C130. http://www.canon.ba/For_Work/Products/Document_Imaging_ Systems/High_Speed_Document_Scanners/DR-C130/ [Zugriff: 28.01.2014]

Foreneinträge zu „skenovati“ ASUS (ASUSTeK Computer Inc.): http://support.asus.com.tw/faq/asus-faq.aspx? type=7&no= 4AD584DD-D314-8C08-A615F652BD98D7E4&model=F3Sc&SLanguage=hr-hr [Zugriff: 28.01.2014] Bosnisch: BosniaInfoCentar, ZlatniLjiljan (Forumsbeirag vom 16.02.2013): http://bosniainfocentar.phpbb3now.com/viewtopic.php?f=30&t=3012 [Zugriff: 28.01.2014] Kroatisch: PC Ekspert Forum, Tor (Forumsbeitrag vom 03.09.2004, 17:39): http://forum.pcekspert.com/showthread.php?t=12520 [Zugriff: 28.01.2014] Serbisch: Politikin Zabavnik, Runde (Forumsbeitrag vom 03.11.2003): http://politikin-zabavnik.rs/pz/content/azbuka-fotografske-estetike?page=650 [Zugriff: 28.01.2014]

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