Interkulturelles Personalmanagement bei Professional Service Firms : theoretische Konzepte, empirische Befunde und Handlungsempfehlungen 9783835054264, 3835054260 [PDF]

Preliminary; Einleitung; Theoretischer Teil; Empirischer Teil; Abschließende Betrachtung; Back matter

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Interkulturelles Personalmanagement bei Professional Service Firms : theoretische Konzepte, empirische Befunde und Handlungsempfehlungen
 9783835054264, 3835054260 [PDF]

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Zitiervorschau

Wilma Klaasen-van Husen Interkulturelles Personalmanagement bei Professional Service Firms

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

Wilma Klaasen-van Husen

Interkulturelles Personalmanagement bei Professional Service Firms Theoretische Konzepte, empirische Befunde und Handlungsempfehlungen

Deutscher Universitäts-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

1. Auflage September 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Ingrid Walther Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0841-0

Vorwort Ziel dieser Arbeit ist ein Beitrag zur Klärung der Frage, welche Faktoren für die erfolgreiche Arbeit interkultureller Teams im Bereich der PSFs von Bedeutung sind und welche Möglichkeiten das Personalmanagement hat, positiv auf die interkulturelle Zusammenarbeit einzuwirken. Im Rahmen der empirischen Erhebung beantworteten 317 Personen aus 62 Nationen den Fragebogen zur interkulturellen Teamarbeit. Ich möchte mich an dieser Stelle bei jedem einzelnen von ihnen dafür bedanken, dass sie sich Zeit für meine Fragen genommen haben. Zusätzlich zum Fragebogen wurden Experteninterviews durchgeführt. In diesem Zusammenhang möchte ich mich ausdrücklich bei Prof. Dr. D. Fuchs vom Fraunhofer Institut, Richard Bell, Goutam Bose und Rüdiger Preuß bedanken. Ihre Erfahrungen sensibilisierten mich für die Komplexität und auch für die Grenzen interkultureller Teamarbeit. Ihnen ist es zu verdanken, dass es in dieser Arbeit gelang, einen starken Bezug zur Praxis herzustellen. Für die Unterstützung und die konstruktive Kritik beim Erstellen dieser Arbeit möchte ich mich bei Prof. Dr. R. Bouncken und Dipl. Psychologin Anne Köhn bedanken, deren Türen immer für mich offen standen. Ein besonderer Dank gilt meiner gesamten Familie und natürlich meinem Mann Stephan. Zusammen verstehen sie es, mir stets den Rücken zu stärken und mich bei all meinen Vorhaben zu unterstützen. Abschließend wünsche ich mir, dass die Aspekte dieser Arbeit und die gegebenen Handlungsempfehlungen die PSFs in der täglichen Arbeit unterstützen werden. Kalkar, 11. Juli 2007

Wilma Klaasen-van Husen

V

Inhaltsverzeichnis

VORWORT ...................................................................................................................... V INHALTSVERZEICHNIS ............................................................................................... VII ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...................................................................................... IX ABBILDUNGSVERZEICHNIS........................................................................................ XI TABELLENVERZEICHNIS .......................................................................................... XIII 1

EINLEITUNG ............................................................................................................ 1

1.1

Problemstellung ............................................................................................................................. 1

1.2

Zielsetzung ...................................................................................................................................... 2

1.3

Aufbau der Arbeit ........................................................................................................................... 3

2

THEORETISCHER TEIL .......................................................................................... 7

2.1 Professional Service Firms ........................................................................................................... 7 2.1.1 Professional Service Firms und Professional Service Industry ................................................... 7 2.1.2 Unternehmensorganisation ........................................................................................................ 10 2.1.3 Internationalisierung ................................................................................................................... 13 2.2 Interkulturelle Managementforschung ....................................................................................... 14 2.2.1 Kultur .......................................................................................................................................... 16 2.2.2 Kulturkonzepte ........................................................................................................................... 18 2.2.3 Kulturvergleichende Managementforschung ............................................................................. 20 2.3 Interkulturelle Teamarbeit ........................................................................................................... 28 2.3.1 Team .......................................................................................................................................... 28 2.3.2 Diversität .................................................................................................................................... 30 2.3.3 Kommunikation und Kompetenz ................................................................................................ 33 2.3.4 Effektivität ................................................................................................................................... 37 2.4 Herausforderungen für das Personalmanagement .................................................................. 40 2.4.1 Auswahl ...................................................................................................................................... 40 2.4.2 Entwicklung ................................................................................................................................ 42 2.4.3 Motivation ................................................................................................................................... 44 2.4.4 Führung ...................................................................................................................................... 47 2.5

Untersuchungshypothesen ......................................................................................................... 50

VII

3

EMPIRISCHER TEIL .............................................................................................. 55

3.1 Methodische Grundlagen der Untersuchung ............................................................................ 55 3.1.1 Aufbau und Ablauf der Untersuchung ........................................................................................ 55 3.1.2 Aufbau des Fragebogens ........................................................................................................... 56 3.1.3 Auswertungsmethoden .............................................................................................................. 58 3.2 Ergebnisse .................................................................................................................................... 59 3.2.1 Quantitative Analyse .................................................................................................................. 59 3.2.2 Qualitative Analyse .................................................................................................................... 81

4

ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNG .................................................................. 85

4.1

Evaluation der Ergebnisse .......................................................................................................... 85

4.2

Handlungsempfehlungen ............................................................................................................ 88

4.3

Fazit................................................................................................................................................ 91

ANHANGVERZEICHNIS ............................................................................................... 95 ANHANG ....................................................................................................................... 96 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................ 127

VIII

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

Aufl.

Auflage

bzw.

beziehungsweise

ed.

edition

etc.

et cetera

et al.

et alii

gem.

gemäß

GLOBE

Global Leadership and Organizational Behaviour Effectiveness Research Program

i. d. R.

in der Regel

i. e. S.

im engeren Sinne

i. S. d.

im Sinne der

inkl.

inklusive

insg.

insgesamt

Jg.

Jahrgang

k. A.

keine Angabe

Kap.

Kapitel

LSD

Least Significant Difference

µ

Mittelwert

MBO

Management-By-Objectives

N

Grundgesamtheit

No.

Number

Nr.

Nummer

PSF

Professional Service Firm

PSFs

Professional Service Firms

R

Regressionskoeffizient

R

2

Bestimmtheitsmaß

S.

Seite

Sig.

Signifikanz

Vol.

Volume IX

vs.

versus

z. B.

zum Beispiel

X

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: Zielsetzung der Arbeit .............................................................................. 3 Abbildung 1-2: Aufbau der Arbeit ..................................................................................... 5 Abbildung 2-1: Bedeutung der PSI in Europa ................................................................ 10 Abbildung 2-2: Die Organisationsstruktur der Professional Service Firms .................... 12 Abbildung 2-3: Einfluss der Kultur auf das Verhalten .................................................... 18 Abbildung 2-4: Abbildung Ebenen der Kultur ................................................................. 19 Abbildung 2-5: Synergiekonzept .................................................................................... 32 Abbildung 2-6: Interkulturelle Handlungskompetenz ..................................................... 36 Abbildung 2-7: Service Profit Chain ............................................................................... 37 Abbildung 2-8: Modell der Untersuchungshypothesen .................................................. 53 Abbildung 3-1: Kulturelle Diversität der Teams.............................................................. 66 Abbildung 3-2: Modell der Untersuchungsergebnisse ................................................... 80

XI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-1: Zentrale Fragebogenelemente .................................................................. 57 Tabelle 3-2: Unternehmenstätigkeit ............................................................................... 61 Tabelle 3-3: Altersstruktur.............................................................................................. 61 Tabelle 3-4: Umfang der Personalverantwortung .......................................................... 62 Tabelle 3-5: Interkulturelle Erfahrung ............................................................................ 62 Tabelle 3-6: Daten zum Team ....................................................................................... 62 Tabelle 3-7: Altersstruktur mono-kultureller Teams ....................................................... 63 Tabelle 3-8: Umfang der Personalverantwortung in mono-kulturellen Teams ............... 63 Tabelle 3-9: Tabelle Daten der monokulturellen Teams ................................................ 64 Tabelle 3-10: Cronbachs Alpha der Konstrukte ............................................................. 65 Tabelle 3-11: ANOVA wahrgenommene Ähnlichkeit und Zusammenarbeit .................. 67 Tabelle 3-12: LSD-Test wahrgenommene Ähnlichkeit und Zusammenarbeit ................ 68 Tabelle 3-13: ANOVA wahrgenommene Ähnlichkeit und Kommunikation ..................... 69 Tabelle 3-14: LSD-Test wahrgenommene Ähnlichkeit und Kommunikation .................. 69 Tabelle 3-15: ANOVA wahrgenommene Ähnlichkeit und Teamprozess ........................ 70 Tabelle 3-16: LSD-Test wahrgenommene Ähnlichkeit und Arbeitseinsatz .................... 70 Tabelle 3-17: Korrelation Effektivität und Kulturverständnis .......................................... 72 Tabelle 3-18: Regressionsanalyse Effektivität und Kulturverständnis ........................... 72 Tabelle 3-19: Korrelation Kulturverständnis und Zufriedenheit ...................................... 73 Tabelle 3-20: Regressionsanalyse Kulturverständnis und Zufriedenheit ....................... 73 Tabelle 3-21: Korrelation Kulturverständnis und Leistung ............................................. 74 Tabelle 3-22: Regressionsanalyse Kulturverständnis und Leistung .............................. 74 Tabelle 3-23: Signifikanzanalyse Diversität und Zusammenarbeit ................................ 75

XIII

Tabelle 3-24: Signifikanzanalyse Diversität inkl. Kontrollgruppe und Zusammenarbeit . 75 Tabelle 3-25: Signifikanzanalyse Diversität und Effektivität ........................................... 76 Tabelle 3-26: Signifikanzanalyse Diversität inkl. Kontrollgruppe und Effektivität ........... 76 Tabelle 3-27: Signifikanzanalyse Kollektivismus und Motivation ................................... 77 Tabelle 3-28: Signifikanzanalyse Universalismus und Motivation.................................. 77 Tabelle 3-29: LSD-Test Universalismus und Motivation ................................................ 78 Tabelle 3-30: Korrelation intrinsischer Motivation, Kollektivismus und Universalismus . 78 Tabelle 3-31: Regressionsanalyse intrinsischer Motivation, Kollektivismus und Universalismus ....................................................................................................... 79 Tabelle 3-32: Koeffizientenmatrix intrinsischer Motivation, Kollektivismus und Universalismus ....................................................................................................... 79

XIV

1

1.1

Einleitung

Problemstellung

Weltweit zeichnet sich die Wirtschaft derzeit durch eine rasch fortschreitende Globalisierung, Wettbewerbsintensität und Dynamik aus.1 Insbesondere die Unternehmen der Professional Service Industry (PSI) profitierten in den letzten Jahren von dieser Entwicklung. Dies zeigt sich vor allem daran, dass der internationale Dienstleistungshandel in den letzten Jahren fast doppelt so schnell gestiegen ist wie der Produkthandel.2 Professional Service Firms (PSFs), als Unternehmen zur Erstellung professioneller Dienstleistungen3, nehmen heute mehr denn je eine wichtige Stellung im Wertschöpfungsprozess unserer Wirtschaft ein. Dennoch werden die PSFs von Seiten der Betriebswirtschaftslehre bislang kaum beachtet.4 Dies mag vor allem daran liegen, dass die PSFs sich aus Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige zusammensetzen und derzeit noch nicht als eigene Branche gesehen werden. Die Globalisierung und zunehmende internationale Ausrichtung der PSFs bringt veränderte Rahmenbedingungen mit sich, die vor allem an das Management neue Anforderungen stellen. Die Leistungserstellung der PSFs erfolgt in Teams5, die sich immer öfter aus Mitarbeitern verschiedener Kulturen zusammensetzen. Diese Entwicklung wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Die Teams entwickeln in wechselseitiger Abhängigkeit und enger Interaktion untereinander und auf Grund der daraus resultierenden Notwendigkeit einer reibungslosen Zusammenarbeit hoch spezialisierte Problemlösungen für den Kunden6. Diese Zusammenarbeit ist nicht selten von kulturell be-

1

HILB 2002, S. 3 RINGSLETTER/BÜRGER/KAISER 2004, S. 9 3 Eine ausführliche Abgrenzung des Begriffs erfolgt in Kap. 2.1. 4 RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004a, S. 11 5 Team, Projektteam, Gruppe und Arbeitsgruppe werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Eine Arbeitsdefinition zum Teambegriff erfolgt in Kap. 4.1. 6 Kunde, der die Dienstleistung der PSF nachfragt. Synonym werden (je nach Branche) auch die Begriffe Klient und Mandant verwendet. 2

1

gründeten Missverständnissen geprägt, die zu mangelhaften Beratungsleistungen führen und den Erfolg der PSF schmälern.7 Denn die zentrale Schwachstelle der PSFs liegt bei Mitarbeitern, die nicht mit ihren Kollegen kooperieren wollen bzw. können.8 Die Schwierigkeiten der PSFs ergeben sich vor allem aus der gegenseitigen Abhängigkeit und engen Interaktion zwischen den Teammitgliedern und der Notwendigkeit einer reibungslosen Zusammenarbeit. Dabei nimmt die kulturelle Prägung der einzelnen Teammitglieder im

besonderen Maße Einfluss auf die Zusammenarbeit und ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen.9 Die Zunahme interkultureller Teams führt folglich zu einem steigenden Bedarf an Mitarbeitern, die interkulturell kompetent sind.10 Es bedarf daher auch eines Personalmanagements, das die kulturell bedingten Problemstellungen aufgreift und in der Lage ist, diese aktiv zu managen. Denn nur so lässt sich eine für alle Beteiligten zufriedenstellende und effektive Teamarbeit gewährleisten. Das Personalmanagement erfährt durch die Internationalisierung sowohl eine Veränderung als auch eine Erweiterung seiner Aufgaben.11 Innerhalb eines theoretischen Rahmens lässt sich darstellen, welche Instrumente das Personalmanagement einsetzen kann, um die Leistung der interkulturell zusammengesetzten Teams positiv zu beeinflussen.

1.2

Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zur Klärung der Frage zu leisten, welche Faktoren für die erfolgreiche Arbeit interkultureller Teams im Bereich der PSFs von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach den Aufgaben und Möglichkeiten des Personalmanagements. Diese Arbeit soll einen Überblick über den aktuellen Stand der Professional Service Industry (PSI), der interkulturellen Managementforschung und der interkulturellen

7

POYATOS 1988, S. 35-36; ADLER 1997, S. 69 DISTERER 1999, S. 1; LIEDTKA/HASKINS/ROSENBLUM/WEBER 1998, S. 580 TROMPENAARS 1993, S. 32 10 GAUGLER 1993, S. 302; BAUMER 2002, S. 11 11 MACHARZINA/WOLF 1999, S. 51 8 9

2

Teamarbeit geben. Darauf aufbauend sollen die sich aus dem interkulturellen Kontext der Teamarbeit in PSFs ergebenden Herausforderungen für das Personalmanagement aufgezeigt werden. Im empirischen Teil der Arbeit soll ein Bild über die aktuellen praktischen Problemfelder des interkulturellen Managements innerhalb der PSFs vermittelt werden. Ziel ist hier vor allem die Sensibilisierung für die Komplexität der zuvor behandelten theoretischen Konzepte. Ergänzend zur qualitativen Analyse sollen mit Hilfe einer quantitativen Analyse systematisch die zentralen Einflussfaktoren der interkulturellen Teamarbeit in PSFs ermittelt und dargestellt werden. Abschließend sollen Handlungsempfehlungen für die Praxis sowie Empfehlungen für die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung gegeben werden.

Interkulturelles Personalmanagement bei Professional Service Firms

Theoretischer Rahmen

Empirische Untersuchung

Handlungsempfehlungen

Abbildung 1-1: Zielsetzung der Arbeit

1.3

Aufbau der Arbeit

Die folgende Arbeit besteht aus zwei Teilbereichen. Der Theoretische Teil soll einen Überblick über den Untersuchungsgegenstand, die theoretischen Grundlagen und die Ergebnisse der Wissenschaft geben. Es werden zudem grundlegende Begriffe geklärt und die zentralen theoretischen Konzepte vorgestellt. Durch die Abgrenzung der Thematik wird eine einheitliche Grundlage für das Verständnis des darauf folgenden empirischen Teils sichergestellt.

3

Im theoretischen Teil (Kap. 2) wird zunächst auf den Begriff der Professional Service Firm (Kap. 2.1.1) eingegangen, werden deren Unternehmensorganisation (Kap. 2.1.2) und derzeitige Entwicklung (Kap. 2.1.3) dargestellt. Gerade die aktuelle Entwicklung der PSFs zeigt den Bedarf an einer stärkeren Berücksichtigung interkultureller Fragestellungen innerhalb der Unternehmen. Als Grundlage für das Verständnis solcher interkultureller Aspekte im Rahmen der Teamarbeit wird zunächst auf die Erkenntnisse der interkulturellen Managementforschung (Kap. 2.2) Bezug genommen. Es werden der Begriff „Kultur“ (Kap. 2.2.1) im Sinne dieser Arbeit abgegrenzt, die zentralen Kulturkonzepte vorgestellt (Kap. 2.2.1) und die Ergebnisse der historischen und aktuellen kulturvergleichenden Managementforschung (Kap. 2.2.3) aufgezeigt. Aufbauend auf diesem Kulturverständnis wird auf die Teamarbeit im interkulturellen Kontext eingegangen (Kap. 2.3). Hierzu bedarf es zunächst der Abgrenzung des Teambegriffs (Kap. 2.3.1). Anschließend wird die Bedeutung der Diversität im Team (Kap. 2.3.2) näher erörtert. Kommunikation und interkulturelle Kompetenz stellen zentrale Themen der interkulturellen Zusammenarbeit dar, auf die in Kap. 2.3.3 gesondert einzugehen sein wird. Abschließend werden die Bestimmungsfaktoren effektiver interkultureller Teamarbeit (Kap. 2.3.4) betrachtet. Aus den in diesen Kapiteln gewonnenen Erkenntnissen der vorangegangenen Kapitel lassen sich sodann wesentliche Herausforderungen für das Personalmanagement herleiten (Kap. 2.4). Diese Arbeit befasst sich dabei mit den zentralen Aufgaben der Auswahl (Kap. 2.4.1), Entwicklung (Kap. 2.4.2), Motivation (Kap. 2.4.3) und Führung (Kap. 2.4.4) des Personals. Aus den Anforderungen und Problemstellungen des interkulturellen Personalmanagements bei PSFs werden abschließend die im empirischen Teil untersuchten Untersuchungshypothesen (Kap. 2.5) hergeleitet. Im empirischen Teil (Kap. 3) werden die methodischen Grundlagen der Untersuchung (Kap. 3.1) und die Ergebnisse der Hypothesenprüfung (Kap. 3.2) behandelt. Eine resümierende Betrachtung der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 4. Hier werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammenfassend dargestellt (Kap. 4.1) und Handlungsempfehlungen (Kap. 4.2) sowohl für die Praxis als auch für die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung formuliert. In Kapitel 4.3 wird aus den in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen ein Fazit gezogen.

4

1 Einleitung 2 Theoretischer Teil 2.1 Professional Service Firms 2.2 Kultur 2 3 Team 2.4 Personalmanagement 2.4.1 Auswahl

2.4.2 Entwicklung

2.4.2 Motivation

2.4.3 Führung

2.5 Untersuchungshypothesen 3 Empirischer Teil 3.1 Methoden 3.2 Ergebnisse 4 Abschließende Betrachtung 4.1 Evaluation der Ergebnisse 4.2 Handlungsempfehlungen 4 3 Fazit

Abbildung 1-2: Aufbau der Arbeit

5

Theoretischer Teil

2

2.1

Professional Service Firms

Im Folgenden werden zunächst der Begriff und die Branche der PSF dargestellt (Kap. 2.1.1). Anschließend werden die typische Organisationsstruktur (Kap. 2.1.3) der PSFs erläutert und die Entwicklung der Internationalisierung (Kap. 2.1.3) in diesem Bereich dargestellt.

2.1.1 Professional Service Firms und Professional Service Industry

PSFs sind zwar in unterschiedlichen Branchen tätig, lassen sich aber auf Grund zentraler Charakteristika unter einem gemeinsamen Begriff zusammenfassen. Diese zentralen Eigenschaften lassen sich anhand der Schlüsselbegriffe a. Professional Business Service Firm, b. Professional Services und c. Brain-Driven Firm bzw. Knowledge Intensive Firm darstellen.12 Dies bedeutet: a. Unter Professional Business Service Firm versteht man ein Unternehmen, welches reine und spezifische professionelle Dienstleistungen für andere private Unternehmen oder öffentliche Institutionen erbringt.13 Es ist somit Anbieter wissensintensiver, immaterieller und produzentenorientierter Serviceangebote.14 b. Professionelle Dienstleistungen oder auch Professional Services lassen sich gegenüber anderen Unternehmensformen anhand charakteristischer Eigenschaften 12 13 14

MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 20 MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 21 MÖSSLANG 1995, S. 68; SCHERER ALT 2002, S. 306-307

7

abgrenzen. Hierbei ist die Besonderheit in der gleichzeitigen und zumeist extremen Ausprägung folgender Eigenschaften zu sehen:15 a. Die fehlende Greifbarkeit der erstellten Leistungen (intangibel). b. Starke Informationsasymmetrien zwischen Anbieter und Kunden auf Grund der Vermarktung eines Leistungsversprechens führen ex ante sowie ex post zu hohen Unsicherheiten beim Kunden. Daher ist die Geschäftsbeziehung stark vertrauensbasiert. c. Das Erstellen kundenindividueller Lösungen (customization) erschwert die Standardisierung der Leistung. Durch entsprechende Qualitäts- und Qualifikationsstandards wird versucht dem entgegenzuwirken.16 d. Die Problemlöseteams der PSFs arbeiten in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden und oft direkt in dessen Unternehmen.17 Daher ist die geographische Nähe zum Kunden von großer Bedeutung und bei standortgebundenen Dienstleistungen unabdingbar. e. Die ökonomischen Folgen der Arbeit der PSFs sind für den Kunden sehr bedeutsam. c. Als Brain-Driven Firms bzw. Knowledge Intensive Firms sind die PSFs im besonderen Maße von hochqualifizierten und spezialisierten Mitarbeitern höherer, meist akademischer Ausbildung abhängig.18 Durch die Generierung und Übertragung von explizitem, aber vor allem implizitem Wissen in Form von Fachwissen und Er-

15

Vgl. im Folgenden FLADMOE-LINDQUIST/VAN DYNE 1993, S. 55; LØWENDAHL 2000, S. 20; MÖSSLANG 1995, S. 164; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 21-23; OJASALO 1999, SCHERER/ALT 2002, S. 307-308, 317 S. 23-24; RINGSLETTER//KAISER/BÜRGER 2004a, S. 14-18; SCOTT 2001, S. 22 16 Vgl. hierzu zusätzlich BURR/STEPHAN 2006, S. 58-60 17 GILLMANN 2002, S. 10 18 LØWENDAHL/REVANG/FOSSTENLØKKEN 2001, S. 912; OJASALO 1999, S. 23

8

fahrung zum Nutzen des Kunden, entsteht erst die eigentliche Wertschöpfung.19 Die Branche der PSFs, auch Professional Service Industry (PSI) genannt, setzt sich aus einer Reihe heterogener Wirtschaftszweige zusammen. Stellvertretend lassen sich dazu folgende zentrale Teilbranchen anführen:20 a. Investmentbanken (Goldmann Sachs & Co., Deutsche Bank AG) b. Wirtschaftskanzleien (Freshfields Bruckhaus Deringer, Clifford Chance Pünder) c. Wirtschaftsprüfungsunternehmen (PwC, KPMG, Athur Andersen, Ernst & Young) d. Unternehmensberatungen (McKinsey&Company, Roland Berger Strategy Consultants) e. Personalberatungen (Kienbaum Executive Consultants, Heidrick & Struggles Consultants) f.

Kommunikationsagenturen (BBDO Group Germany, Grey Global Group Deutschland)

g. Ingenieurdienstleister (Bertrand AG, Ferchau Enginieering GmbH) Diese Aufzählung verdeutlicht vor allem, dass trotz der genannten Gemeinsamkeiten eine relativ große Heterogenität im Leistungsspektrum und den Tätigkeitsbereichen der PSFs besteht. Deren wirtschaftliche Bedeutung wird in folgender Übersicht für Europa dargestellt.

19 20

MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 20-21 Vgl. zur folgenden Aufzählung LØWENDAHL 2000, S. 20; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 23; RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004b, S. 42-58; SCOTT 2001, S. 9; AHARONI 1993, S. 18-19

9

2001

2002

2003

2004

Marktgröße in Mrd. €

47,5

46,5

47,5

48,5

Umsatzwachstum in %

11,5

-2,0

3,5

3,7

57.000

58.000

60.000

300.000

310.000

315.000

Beratungsunternehmen 60.000 Berater

300.000 21

Abbildung 2-1: Bedeutung der PSI in Europa

Im Rahmen dieser Arbeit werden unter Professional Service Firms solche Unternehmen verstanden, deren hochqualifizierte Mitarbeiter in Teams wissensintensive und somit professionelle sowie individuelle Dienstleistungen für andere Unternehmen oder Institutionen erbringen. Um zu einem einheitlichen Bild der PSFs zu gelangen, wird im kommenden Abschnitt deren typische Organisationsstruktur vorgestellt.

2.1.2 Unternehmensorganisation

Nach wie vor werden PSFs vorwiegend im Rahmen partnerschaftlich orientierter Organisationsstrukturen geführt und auch die kapitalmarktorientierten PSFs befinden sich oftmals noch im Besitz aktiver Partner.22 Das Partnerschaftsmodell geht i. d. R. mit einer flachen Hierarchie einher, erhöht die Flexibilität des Unternehmens und führt zu ausgeprägtem Wachstum (entsprechend dem Organic Growth Model).23 Für die meisten Teilbranchen lässt sich die Organisationsstruktur mit Hilfe einer so genannten Professional Pyramide darstellen, die sich in eine vertikale und eine horizontale Struktur unterteilen lässt.24

21

o.V., 2004, S. 5-8 KAISER/BÜRGER 2004, S. 395; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 44; SCOTT 2001, S. 116 23 SCOTT 2001, S. 117-118 24 Vgl. zur horizontalen und vertikalen Struktur im Folgenden KAISER/BÜRGER 2004, S. 401-404; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 38-42; RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004a, S. 18-21; SCOTT 2001, S. 30 22

10

Die vertikale Struktur unterteilt die Hierarchie der PSF in drei Ebenen.25 Auf der obersten Ebene befinden sich die Partner, die für die Kundenakquise und -pflege verantwortlich sind. Ihnen untergeordnet sind die Projektleiter, welche die laufenden Projekte koordinieren und führen. Die Juniormitarbeiter sind für die operative Tätigkeit verantwortlich und arbeiten unmittelbar an der Lösung des Kundenproblems.26 Dabei bezeichnet man das Verhältnis von Partnern, Projektleitern und Juniormitarbeitern auf Projekt- bzw. Firmenebene auch als Leverage-Verhältnis.27 Dieses Verhältnis spiegelt im Idealfall die Markt- und Kundenanforderungen exakt wider. PSFs sind projektorientiert und müssen daher die einzelnen Teams, je nach Neuartigkeit und Standardisierbarkeit des Projektauftrags, ständig neu formieren.28 Projekte stellen ganz allgemein soziale Systeme dar, die für besondere Aufgabenstellungen, zeitlich begrenzt gebildet werden. Sie sind im Wesentlichen einmalig, risikoreich und von strategischer Bedeutung.29 Grundsätzlich lassen sich drei Typen von Klientenprojekten unterscheiden.30 a. Bei den „Brain-Projekten“ mit einem relativ geringen Leverage-Verhältnis werden verhältnismäßig viele Partner eingesetzt. Diese Projektform findet sich oftmals in der Strategieberatung und zeichnet sich durch einen hohen Neuigkeitsgrad aus. b. Bei den „Grey-Hair-Projekte“ verfügt man schon über Erfahrungen im Auftragsbereich und kann bei der Durchführung vermehrt Projektleiter einsetzen. c. Bei „Procedure-Projekten“ verlagert sich das Leverage-Verhältnis stark zu Gunsten der Juniormitarbeiter. Standardisierte Verfahren ermöglichen ihnen, relativ autark an der Lösung des Kundenproblems zu arbeiten. Das Leverage-Verhältnis bestimmt somit die Kosten für ein Projekt und wirkt sich direkt auf dessen Profitabilität aus. Denn je mehr Juniormitarbeiter eingesetzt werden können, desto günstiger wird die Projektdurchführung, da bei ihnen die höchsten Margen erzielt werden können.

25

MAISTER 2003, S. 7 RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004a, S. 19; MAISTER 2003, S. 7; MAISTER 1982, S. 17 RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004a, S. 19 28 BÜRGER 2005, S. 94-95; STUMPF/DOH/CLARK 2002, S. 260 29 RATTAY 2003, S. 21-22 30 MAISTER 2003, S. 4-5 26 27

11

Die horizontale Struktur der Professional Pyramide beeinflusst die Fähigkeit der PSF, sich den Markt- und Klientenanforderungen anzupassen. Die Anforderungen an die Professionals und deren notwendige inhaltliche Spezialisierung auf den einzelnen Hierarchiestufen unterscheiden sich oftmals je nach Branche stark voneinander. So ist in den Unternehmensberatungen das Spezialistentum besonders ausgeprägt, wogegen in anderen Bereichen eher Generalisten gefragt sind. Die horizontale Strukturierung erfolgt immer anhand der inhaltlichen Anforderungen und führt langfristig über die Konfrontation mit immer neuen Projektinhalten zu einem stetig wachsenden Wissenspool. Einen zusammenfassenden Überblick über die wesentlichen Elemente und Wirkungszusammenhänge der PSF vermittelt die folgende Abbildung (Abb. 2-2).

Abbildung 2-2: Die Organisationsstruktur der Professional Service Firms31

31

Eigene Erstellung in Anlehnung an MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 39; RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2004a, S. 19

12

Welchen Einfluss die Organisationsstruktur der PSFs auf deren Internationalisierung nimmt und welche Herausforderungen sich daraus ergeben, wird im Folgenden näher erläutert.

2.1.3 Internationalisierung

Die Kunden der PSFs sahen sich besonders in der frühen Phase der Internationalisierung mit einer zunehmenden Komplexität ihrer Unternehmenstätigkeit konfrontiert. Dies führte zu einem Mangel an spezialisiertem Fachwissen im eigenen Unternehmen und zu einer verstärkten Nachfrage nach externer Beratungsleistung. Um den Erwartungen und den Anforderungen der Kunden gerecht werden zu können, sahen sich die PSFs, auf Grund des „follow-your-client“-Gebots, gezwungen, ihren nun international tätigen Kunden in deren neue Märkte zu folgen. Denn diese erwarten nach wie vor einen „seamless global service“, der schnittstellenarm, über geographische Grenzen hinweg integriert und in Bezug auf Dienstleistungs- und Qualitätsstandards gleichermaßen konsistent ist. Des Weiteren besteht der Anspruch einer Vor-OrtPräferenz der PSFs sowie der immer stärker werdende Kundenwunsch nach einem umfassenden Leistungsangebot aus einer Hand (one-stop-shopping). Ziel der PSFs ist es, ihre Kunden nicht nur nach unterschiedlichen regionalen Gesichtspunkten, sondern auch in Bezug auf bestimmte Sachgebiete möglichst umfassend beraten zu können. Somit resultieren die immer stärkeren Spezialisierungserfordernisse und die erhöhte Komplexität der Aufgaben nicht nur aus der derzeit hohen Dynamik in der Wirtschaft, sondern auch aus der Internationalisierung der PSFs selbst.32 PSFs können grundsätzlich drei Schlüsselstrategien zur Marktpositionierung verfolgen,33 die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen in einem globalen Netzwerk, die Integ-

32

Vgl. zu diesem und den zwei vorangegangenen Abschnitten DISTERER 1999, S. 2; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 27-32; RRINGSLETTER/BÜRGER 2004, S. 285-289; RRINGSLETTER/BÜRGER 2003, S. 121; RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2005, S. 7-8; SCOTT 2001, S. 16 33 SCOTT 2001, S. 35-36

13

ration oder Servicebündelung gegenüber der Service-Spezialisierung und die KlientenSektor-Spezialisierung als Gegenpol zur Produktspezialisierung. In der Praxis wenden die Firmen meist eine Mischung dieser einzelnen Strategien an.34 Gerade im internationalen Umfeld kommt es vermehrt zu Konsolidierungen der einzelnen PSFs, die in den letzten Jahren vermehrt zur Entwicklung einiger großer Netzwerke geführt haben. In ihnen sind eine große Anzahl kleiner innovativer und hoch spezialisierter Unternehmen tätig.35 Die oben beschriebene Marktentwicklung führt zu einer verstärkten globalen Integration der Aktivitäten. Diese wiederum bringt zwangsläufig einen Anstieg interkulturell zusammengesetzter Teams innerhalb der einzelnen PSFs mit sich. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit unterschiedliche kulturelle Prägungen der einzelnen Professionals die Teamarbeit beeinflussen. Um zu einem tieferen Verständnis der kulturellen Aspekte innerhalb der Teamarbeit zu gelangen, wird zunächst auf die interkulturelle Managementforschung einzugehen sein.

2.2

Interkulturelle Managementforschung

Unerwartete Konflikte und die geringe Effizienz von Auslandsaktivitäten in den frühen sechziger Jahren ließen erste Zweifel an der universellen Übertragbarkeit von Managementwissen auf andere Länder und Kulturkreise aufkommen und führten zur Entstehung der interkulturellen Managementforschung.36 In der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Unternehmen werden unterschiedliche theoretische Ansätze der interkulturellen Zusammenarbeit fokussiert. Inwieweit kulturelle Unterschiede Einfluss auf die Anwendbarkeit der daraus resultierenden

34 35 36

SCOTT 2001, S. 35 SCOTT 2001, S. 10, 15-16 ADLER 1997, S. 60; WEBER 2001, S. 32; MACHARZINA/OESTERLE 2002, S. 5

14

Managementtheorien haben, wird jedoch nach wie vor kontrovers diskutiert. Bislang werden grundsätzlich drei Denkansätze unterschieden.37 Die Vertreter des Universalismus (universal approach) propagieren die kulturunabhängige Übertragbarkeit der Managementtheorien. Die Relativisten sind Vertreter der „culture-free“-These und legen den Fokus auf Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen unter der Annahme, dass sich die Kulturen i. S. d. Konvergenzthese langfristig einander annähern. Kulturalisten als Vertreter der „culture-bound“-These, die i. S. d. Divergenztheorien von der Zunahme der Unterschiedlichkeiten zwischen den Kulturen ausgehen, sind dagegen der Meinung, dass die Managementpraktiken individuell an die Kultur angepasst werden müssen. Das Forschungsfeld des interkulturellen Managements umfasst zum einen die kulturvergleichende Managementforschung und zum anderen die interkulturelle Managementforschung i. e. S.38 Die kulturvergleichende Managementforschung formuliert und beleuchtet sämtliche Fragestellungen und Problemkreise, die im Rahmen des Umgangs zwischen Personen und Institutionen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund auftreten, und leitet daraus Managementtheorien und -techniken her.39 Das interkulturelle Management i. e. S. ist dagegen stark prozessorientiert und bezieht sich auf konkrete Interaktionen zwischen Personen unterschiedlicher Kulturen.40 Trotz der hohen praktischen Relevanz wurden interkulturelle Teams bisher nur unzureichend untersucht und es existieren entsprechend wenig systematische Arbeiten.41 Somit ist bislang weitgehend ungeklärt, unter welchen Voraussetzungen kulturell diverse Teams effektiv zusammenarbeiten.42

37

PERLITZ 1995, S. 315-316; KUTSCHKER/SCHMID 2002, S. 770-771 HASENSTAB 1998, S. 32 KELLER 1982, S. 82; KELLER 1981, S. 10; KUMAR 1988, S. 389 40 HASENSTAB 1998, S. 31 41 SMITH/NOAKES 1996, S. 748; RHINESMITH 1993, S. 178 42 SMITH/NOAKES 1996, S. 486; RHINESMITH 1993, S. 178; POSDIADLOWSKI 2002, S. 11 38 39

15

Das grundlegende Element des interkulturellen Managements ist die „Kultur“. Die Analyse der Kultur ist daher für ein Management über kulturelle Grenzen hinweg unerlässlich.43

2.2.1 Kultur

Kultur ist ein äußerst vielschichtiger Begriff und wird in den einzelnen Forschungsrichtungen entsprechend der jeweiligen Zielsetzung unterschiedlich definiert.44 Vergleicht man die unterschiedlichen Definitionen, so lassen sich zentrale Merkmale des Kulturbegriffs zusammenfassen. Kultur besteht zum einen aus einem konsistenten, erlernten Muster expliziter und impliziter Verhaltensweisen. Diese Muster des Denkens, Fühlens und Handelns werden durch charakteristische interpretationsbedürftige Symbole ausgedrückt und stellen typische Orientierungssysteme dar, die auch als „mentale Programmierung“ bezeichnet werden. Kultur ist ein soziales System und zugleich ein gruppenspezifisches Phänomen, anhand dessen sich Gesellschaften voneinander unterscheiden lassen.45 Die Kultur einer Gesellschaft ist das Resultat eines Anpassungsprozesses zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und hilft das Zusammenleben der einzelnen Gesellschaftsmitglieder durch geteilte Grundannahmen, Werte, Normen, Einstellungen und Überzeugungen zu organisieren.46 Kultur ist der Ausdruck tief verankerter Persönlichkeitscharakteristika und Wertemuster, die von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Kultur umfasst das gesamte soziale Erbe einer Gesellschaft in Form von Wissen, Glaubensvorstellungen und Traditionen. Diese formen und prägen das Verhalten und die Wahrnehmung der einzelnen Gesellschaftsmitglieder und führen zu Erwartungen

43

SCHEIN 1995, S. 10 PERLITZ 1995, S. 302; DELIKHAN 2000, S. 24 45 Vgl. hierzu KROEBER/KLUCKHOHN 1952, S. 181; HOFSTEDE 1991, S. 5; HOFSTEDE 1993, S. 18; HOFSTEDE 2001b, S. 4; HOFSTEDE 1998, S. 9; THOMAS 1996, S. 112, HANSEN 2000, S. 215; RÖSEBERG 2001, S. 34, HERBRAND 2002, S. 15; THOMAS 1993, S. 380-381; DELIKHAN 2000, S. 29 46 KUTSCHKER/SCHMIDT 2002, S. 658 44

16

über die Verhaltensweisen des Individuums einer Gesellschaft.47 Innerhalb einer Kultur basieren die Interpretationsschemata der Bedeutungsinhalte einzelner Motive, Werte und Glaubensvorstellungen auf gemeinsamen Erfahrungen einer Gruppe und deren Umgang mit signifikanten Ereignissen.48 Als Quellen der Kultur lassen sich vor allem Nationalität, Sprache, ethnische Gruppierung, Religion, Generation und gesellschaftliche Schicht identifizieren.49 Die Organisationskultur, als Ausdruck geteilter Werte und Verhaltensrichtlinien innerhalb einer Organisation,50 wird durch die soziale Kultur, in der die Organisation eingebettet ist, beeinflusst.51 Organisationskultur und die hier thematisierte soziale Kultur stehen somit in enger Beziehung zueinander, sind aber dennoch strikt voneinander zu trennen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll Kultur verstanden werden als ein gruppenspezifisches Phänomen, anhand dessen man Gesellschaften voneinander unterscheiden kann. Die geteilten Werte bilden die Grundlage der Kultur und finden ihren Ausdruck in Symbolen, die interpretationsbedürftig sind. Sie stellen das soziale Erbe einer Gesellschaft dar. Sie werden erlernt, sind relativ stabil und prägen das Verhalten und die Wahrnehmung des Einzelnen. Welchen Einfluss die Kultur auf das Verhalten des Einzelnen hat, wird nun anhand zentraler Kulturkonzepte verdeutlicht. Sie dienen der Erklärung kulturell bedingter Probleme in der Zusammenarbeit, mit denen immer mehr Unternehmen konfrontiert werden.52 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Kultur ein komplexes Phänomen darstellt und die folgenden Konzepte der Strukturierung und Visualisierung der Wechselwirkungen kultureller Einflüsse auf das Verhalten dienen sollen. Zudem enthalten Kulturkonzepte zentrale Begriffe, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit zurückzugreifen sein wird.

47

WEINERT 1998, S. 86; HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 15; KAMMEL/TEICHELMANN 1994, S. 35 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 15 HOFSTEDE 1993, S. 25; USUNIER/WALLISER 1993, S. 30 50 KOLB 1988, S. 49 51 JAVIDAN/HOUSE/DORFMANN 2004, S. 37; SIRMON/LANE 2004, S. 310 52 SCHEIN 1995, S. 10-11 48 49

17

2.2.2 Kulturkonzepte

Die Kulturkonzepte von Adler (1991), Schein (1985) und Thomas (1991) stellen zentrale Erklärungsansätze der Wirkungszusammenhänge der Kultur dar. Der Einfluss der Kultur (Culture) auf das Verhalten lässt sich gemäß Adler (1991) anhand eines Kreislaufmodells darstellen (Abb. 2-3). Individuen drücken ihre Kultur über Werte (Values) aus. Kulturelle Werte sind implizit oder explizit geteilte Ideen, über das, was gut, richtig und wünschenswert in einer Gesellschaft ist. Unsere Einstellungen (Attitudes) sind Ausdruck unserer Werte und werden durch konkrete Verhaltensdispositionen deutlich. Das Verhalten (Behavior) beschreibt jegliche Form menschlichen Handelns und bezieht sich sowohl auf Individuen als auch auf Gruppen. Es ist zu beachten, dass das menschliche Verhalten einerseits kulturell geprägt ist, andererseits aber auch die Kultur beeinflusst. Die kulturelle Prägung des Einzelnen beeinflusst somit über die Werte und Einstellungen das Verhalten des Individuums.53

Culture

Behavior

Values Attitudes

Abbildung 2-3: Einfluss der Kultur auf das Verhalten54

Es lässt sich jedoch kritisch anmerken, dass anhand dieses Kreislaufmodells nach Adler die Beziehungen zwischen den Variablen nicht deutlich werden und demzufolge nicht ersichtlich ist, ob Werte, Einstellungen und Verhalten Teile oder abhängige Variablen der Kultur darstellen.55

53 54 55

Vgl. hierzu ADLER 1997, S. 15-17; ADLER 2002, S. 15-17 ADLER 1991, S. 16; ADLER 2002, S. 17 WEBER 2001, S. 37

18

In ähnlicher Weise unterscheidet Schein (1985) drei hierarchisch aufgebaute Ebenen der Kultur.56 Die Grundannahmen (Basic Assumptions) bilden die Grundlage der Kultur. Sie sind unsichtbar und unbewusst. Auf der mittleren Ebene befinden sich die Normen und Werte (Values), die teils bewusst und teils unbewusst sind. Die daraus resultierenden Richtlinien und Verbote können implizit oder explizit erfolgen. Auf der obersten Ebene befinden sich die Artefakte und das Verhalten (Artefacts and Creations).57 Artefakte stellen verschiedenste sichtbare Aspekte menschlichen Verhaltens dar; werden von den Eingeweihten in strikter Weise befolgt und mit festen Bedeutungen versehen. Werte sind teils sichtbar, teils unsichtbar und somit interpretationsbedürftig.58

ARTEFAKTE Architektur, Bekleidungsvorschriften, Dokumente, Rituale, Mythen, Zeremonien (leicht zu beobachten, aber schwer zu entschlüsseln)

WERTE Strategien, Ziele, Philosophie (bekundete Rechtfertigungen)

sichtbar

interpretationsbedürftig

GRUNDANNAHMEN Beziehung zur Umwelt, Wesen von Realität, Zeit und Raum, Menschenbild (Ausgangspunkt für Werte und Handlungen)

unbewusst

Abbildung 2-4: Abbildung Ebenen der Kultur59

Das Modell von Schein (1985) verdeutlicht die Bedeutung der kulturellen Prägung besonders gut. Es zeigt aber gleichzeitig, wie schwierig es ist, auf kulturelle geprägte Verhaltensweisen Einfluss zu nehmen. Denn die Basisannahmen mit ihren unsichtbaren und unbewussten Elementen haben großen Einfluss auf unser Verhalten. Thomas (1991) etablierte Kulturstandards, anhand derer sich Kulturen voneinander unterscheiden lassen. Sie definieren typische Orientierungsmaßstäbe des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns und legen den Maßstab dafür fest, wie Mitglieder einer 56

SCHEIN 1985, S. 14 PODSIADLOWSKI 2004, S. 7-8; SCHOLZ 2000, S. 790-791; SCHEIN 1985, S. 14 SCHEIN 1985, S. 25; SCHEIN 1995, S. 25; FREIMUTH/KRIEG/SCHÄDLER 2005, S. 164; STÜDLEIN 1997, S. 31; SCHOLZ 2000, S. 790-791 59 Eigene Erstellung in Anlehnung an: SCHEIN 1985, S. 14; SCHOLZ 2000, S. 791; SCHEIN 1995, S. 30 57 58

19

bestimmten Kultur sich zu verhalten haben und welches Verhalten normal, typisch und akzeptabel ist.60 Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert.61 Innerhalb des eigenen kulturellen Kontexts werden Kulturstandards und ihre handlungsregulierende Funktion nicht bewusst erlebt und werden daher erst wahrgenommen, wenn man mit Verhaltensweisen konfrontiert wird, die sich von der eigenen kulturellen Orientierung unterscheiden.62 Zum Abschluss dieses Kapitels wird nun auf die kulturvergleichende Managementforschung eingegangen, die sich mit den soeben dargestellten kulturellen Einflüssen auf das Verhalten des Individuums in Organisationen befasst.

2.2.3 Kulturvergleichende Managementforschung

Kulturvergleichende Managementstudien sollen das Arbeitsverhalten in verschiedenen Kulturen erklären, beschreiben und vergleichen.63 Anhand der ermittelten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Kulturen lassen sich Kulturdimensionen zusammenfassen, mit deren Hilfe Kulturen beschrieben werden können.64 Im Folgenden werden zentrale kulturvergleichende Managementstudien und deren Ergebnisse vorgestellt. Sie bilden die theoretische Grundlage für die Ermittlung und Differenzierung der einzelnen Kulturen im Rahmen des empirischen Teils dieser Arbeit.

2.2.3.1 Geert Hofstede

Hofstede (1980) gilt als Pionier auf dem Gebiet der kulturvergleichenden Forschung. Er führte zu Beginn der 80er Jahre eine groß angelegte Studie mit Angestellten des multi-

60

THOMAS 1996, S. 112; THOMAS 1993, S. 381 THOMAS 1996, S. 112 ADLER 1997, S. 15; HOLZMÜLLER 1997, S. 60; WEINERT 2004, S. 86; THOMAS 1996, S. 113 63 ADLER 1997, S. 10; WEBER 2001, S. 40 64 POSIADLOWSKI 2004, S. 10; LAYES 2003, S. 60 61 62

20

nationalen Konzerns IBM durch. Hierzu befragte er über 116.000 Mitarbeiter nach ihren arbeitsbezogenen Wertvorstellungen. Seine Untersuchung setzt auf der schwer erfassbaren Werteebene des Kulturkonzepts von Schein (1985) an.65 Aus der Datenbasis der IBM-Studie wurden zunächst vier unabhängige und somit universelle Kulturdimensionen identifiziert.66 Die Gegenüberstellung entgegengesetzter idealtypischer Extrema bildet das Gerüst einer jeden Dimension.67 Die am meisten beachtete Dimension ist die des Individualismus versus Kollektivismus. Sie stellt den Grad dar, in dem Individuen in Gruppen integriert werden. Individualistisch sind Gesellschaften, in denen die Bindungen zwischen den Individuen locker sind. Man erwartet von jedem, dass er für sich selbst und seine unmittelbare Familie sorgt. In kollektivistischen Gesellschaften sind Personen dagegen von Geburt an in stark kohesiven Gruppen (oft Großfamilien) integriert, die sie ein Leben lang beschützen und dafür bedingungslose Loyalität fordern.68 Die Dimension wurde anhand von 14 Fragen ermittelt, die sich auf die ideale Arbeit aus Sicht der Befragten bezogen.69 Des Weiteren werden die Dimensionen Machtdistanz, Maskulinität vs. Femininität, Unsicherheitsvermeidung und die konfuzianische Dimension unterschieden. Die Machtdistanz stellt das Ausmaß dar, in dem die weniger mächtigen Mitglieder einer Gesellschaft eine ungleiche Machtverteilung erwarten bzw. akzeptieren.70 In maskulinen Gesellschaften grenzen sich die Rollen der Geschlechter klar gegeneinander ab. Bei femininen Gesellschaften hingegen überschneiden sich die Rollen der Geschlechter oder werden als gleichwertig angesehen und die Rollenflexibilität ist stärker ausgeprägt.71 Die Unsicherheitsvermeidung gibt an, inwieweit sich Mitglieder einer Kultur bedroht füh65

HOFSTEDE 1980, S. 50 HOFSTEDE 2001a, S. 29; HOFSTEDE 2001, S. 17-18 67 HOFSTEDE 2001b, S. 20 68 HOFSTEDE 2001b, S. 66-67 69 HOFSTEDE 2001b, S. 67-77 70 HOFSTEDE 1993, S. 42; HOFSTEDE 1998, S. 11; HOFSTEDE 2001b, S. 33 71 HOFSTEDE 1997, S. 113; HOFSTEDE 1998, S. 13; HOFSTEDE 2001b, S. 115 66

21

len, wenn sie mit ungewissen oder unbekannten Situationen konfrontiert werden.72 Die fünfte Dimension wurde in einer weiteren Studie ermittelt, bei der ein von chinesischen Wissenschaftlern entwickelter Fragebogen zum Einsatz kam. Ziel war es, den Einfluss der eigenen kulturgebundenen Wahrnehmung westlicher Wissenschaftler zu eliminieren. Die konfuzianische Dimension berücksichtigt die langfristige, auf die Zukunft ausgerichtete vs. kurzfristige Orientierung im Leben. Sie beinhaltet Werte, die in westlichen Kulturen zwar vorhanden sind, aber nicht als besonders wichtig angesehen werden.73 Eigenschaften der kurzfristigen Orientierung sind persönliche Standhaftigkeit, die Wahrung des „Gesichts“, der Respekt vor den Traditionen und die Erwiderung von Höflichkeiten.74 Durch die Einführung der konfuzianischen Dimension zeigte sich erstmals, dass die überwiegend amerikanisch geprägte Organisationstheorie nicht ohne weiteres auf andere Länder übertragbar ist und daher neue globale Ansätze entwickelt werden müssen.75 Hofstede (1980) konnte die Wirksamkeit von Kulturunterschieden in der Arbeitswelt aufzeigen.76 Mit Hilfe seiner beschriebenen Dimensionen können eigene und fremde kulturelle Prägungen erkannt und verstanden werden. Er führte zudem das kulturelle Distanzmaß ein, welches die Messung des kulturellen Unterschieds ermöglicht und die wahrgenommene Distanz der Werteorientierung zwischen Völkern und Kulturen beschreibt.77 Anhand der ermittelten Skalenwerte der einzelnen Dimensionen lassen sich Länder zu Kulturkreisen zusammenfassen (Clustering).78 Einen aktuelleren Ansatz gegenüber der Untersuchung von Hofstede (1980) stellt das Klassifikationsschema von Trompenaars (1993) dar.

72

HOFSTEDE 2001b, S. 156-158; HOFSTEDE 1993, S. 133; HOFSTEDE 1998, S. 13; HOFSTEDE 1997, S. 71-72 73 HOFSTEDE 1993, S. 189 74 HOFSTEDE 1993, S. 190; HOFSTEDE 1998, S. 13 75 WEINERT 1998, S. 101-102 76 BITTNER/REISCH 1994, S. 15-16 77 PODSIADLOWSKI 2004, S. 14; PODSIADLOWSKI 2002, S. 44; MALETZKE 1996, S. 33 78 KIECHL 1990, S. 120

22

2.2.3.2 Fons Trompenaars

Trompenaars (1993) geht in seiner Untersuchung der Frage nach, inwieweit kulturelle Unterschiede Einfluss auf Geschäftsprozesse, Arbeitsprozesse und die Führung haben.79 Er befragte im Rahmen seiner Studie Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre Manager und Verwaltungsangestellte aus 50 Ländern. Die Studie umfasste 15.000 Teilnehmer aus ca. 30 Unternehmen, von denen 75% Führungskräfte und 25% Büroangestellte waren.80 Als Ergebnis dieser Studie konnte er sieben parallel existente und voneinander unabhängige Dimensionen ermitteln, die charakterisieren, wie Kulturen Probleme in Bezug auf den Umgang mit anderen Individuen, mit der verfügbaren Zeit und der Umwelt handhaben.81 Auf die ersten zwei Dimensionen wird im Folgenden ausführlich eingegangen. Universalismus versus Partikularismus Innerhalb dieser Dimension geht es um die Beurteilung des Verhaltens anderer Menschen.82 Universalistische Kulturen sind regelorientiert und versuchen, Dinge und Sachverhalte zu abstrahieren.83 Die von ihnen angewendeten Regeln besitzen für die Gesellschaft allgemeine Gültigkeit. Universalistisch geprägte Menschen gehen etwa davon aus, dass alle Menschen in einem Land vor dem Gesetz gleichbehandelt werden sollen. Nur in Ausnahmefällen ist die Abweichung von einer Regel gestattet. Die innere Verpflichtung einer Person orientiert sich an allgemein gültigen Gesellschaftsnormen.84 Insbesondere

79

WEINERT 1998, S. 102 TROMPENAARS/HAMPTEN-TURNER 1998, S. 1-2; SCHMID 1996, S. 165 81 TROMPENAARS/HAMPTEN-TURNER 1998, S. 27; TROMPENAARS 1993, S. 21; WEINERT 1998, S. 102 82 TROMPENAARS 1993, S. 52 83 TROMPENAARS 1993, S. 52 84 TROMPENAARS 1993, S. 52-53 80

23

Verträgen wird hier eine große Bedeutung zugemessen. Sie begründen ursächlich das Vertrauen in eine Geschäftsbeziehung.85 In partikularistischen Kulturen werden soziale Normen dagegen weniger streng befolgt.86 Die Aufmerksamkeit richtet sich hier auf die Verpflichtung, die sich aus der menschlichen Beziehung ergibt. Zudem werden die besonderen Umstände der Situation berücksichtigt.87 Das Verhalten orientiert sich am einzelnen Menschen. Hier wird stark darin unterschieden, ob der Einzelne ein Freund bzw. ein Familienmitglied oder ein Fremder ist. Daraus ergibt sich die Pflicht, den nahe stehenden Menschen zu unterstützen und zu beschützen, unabhängig davon, was die Regel besagt.88 Universalistische und partikularistische Sichtweisen sind daher nicht immer deckungsgleich.89 Wenn sie es sind, dann begründen ihre Vertreter sie oftmals unterschiedlich. So halten Universalisten einen Vertragspartner für vertrauenswürdig, weil sie mit ihm einen umfangreichen Vertrag geschlossen haben. Partikularisten halten den Vertragspartner auf Grund ihrer persönlichen Beziehung zu ihm für vertrauenswürdig. Sie messen dem Vertrag eine weniger große Bedeutung zu. Welche Einstellung eine Person letztlich bevorzugt, hängt von ihrer kulturellen Prägung, Religion und ihrer individuellen Persönlichkeit ab.90 Es ist aber durchaus möglich, dass eine Person sowohl stark universalistisch als auch partikularistisch eingestellt ist.91 Beispiele für Nationen mit universalistischer Prägung sind Norwegen, Kanada, Irland, die Niederlande, die Schweiz und die USA. Kollektivistisch sind vor allem Venezuela, Russland, Indonesien, Bulgarien und China.92 Menschen dieser Nationen haben sich auch an der hier durchgeführten Untersuchung beteiligt.

85

TROMPENAARS 1993, S. 64 TROMPENAARS 1993, S. 21-22, 49-52 87 TROMPENAARS 1993, S. 21-22, 52-53 88 TROMPENAARS 1993, S. 52 89 TROMPENAARS 1993, S. 54 90 TROMPENAARS 1993, S. 54-55 91 TROMPENAARS 1993, S. 70 92 TROMPENAARS 1993, S. 57 86

24

In Bezug auf Arbeitszusammenhänge und das Management gilt es zu beachten, dass universalistische Kulturen rational argumentieren, um zu überzeugen. Sie bevorzugen konsequente und einheitliche Abläufe. Änderungen dürfen nicht ohne Wissen der Mitarbeiter eingeführt werden. Eine Gleichbehandlung aller ist sehr wichtig. Die strikte Trennung von Privat- und Berufsleben ist hier nicht als Unhöflichkeit aufzufassen. Partikularistische Kulturen legen dagegen Wert auf persönliche Kontakte auch außerhalb des Arbeitszusammenhangs auf privater Ebene. Für die Zusammenarbeit und ein gegenseitiges Verständnis sind hier informelle Netzwerke für ein gegenseitiges Verständnis besonders wichtig. Darauf wird auch der Grundstein für eine spätere Geschäftsbeziehung gelegt. Fairness besteht hier darin, auf alle Vorfälle individuell einzugehen.93 Individualismus versus Kollektivismus Diese Dimension gibt an, inwieweit sich Mitglieder der Gesellschaft vorrangig als Individuum oder als Teil der Gemeinschaft verstehen.94 Es wird unterschieden, inwieweit sich Menschen zuerst als Individuum oder als Mitglied einer Gruppe sehen.95 Individualisten sind auf sich selbst fokussiert und verfolgen im Gegensatz zu kollektivistisch ausgerichteten Personen in erster Linie ihre eigenen Interessen und Ziele.96 Die Grundorientierung kollektivistischer Kulturen richtet sich dagegen nach den Zielen und Vorgaben der Gemeinschaft.97 Individualismus gilt oftmals als Eigenschaft einer sich modernisierenden Gesellschaft. Kollektivistische Kulturen orientieren sich demgegenüber stärker an traditionellen Werten98 Auch hier können sowohl individualistische als auch kollektivistische Eigenschaften in einer Person vereint sein. Länder, die sich als besonders individualistisch erwiesen haben, sind Kanada, Norwegen, Spanien und die USA. Im besonderen Maße kollektivistisch sind Nepal, Kuwait, Ägypten, Frankreich und Griechenland.99 93

Vgl. zu diesem Abschnitt TROMPENAARS 1993, S. 71-72 TROMPENAARS 1993, S. 22 95 TROMPENAARS 1993, S. 21 96 TROMPENAARS 1998, S. 51-53, 73 97 TROMPENAARS 1993, S. 73 98 TROMPENAARS 1993, S. 74 99 TROMPENAARS 1993, S. 74-75 94

25

Das Management sollte in Bezug auf die Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen und im Rahmen internationaler Geschäftsbeziehungen Folgendes beachten. In individualistischen Gesellschaften gilt es, persönliche Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Entscheidungen werden daher oftmals ohne Rücksprache mit der Geschäftsleitung getroffen. Persönliche Ziele sollten sich aber auch hier, wo Individualisten in erster Linie an der Erreichung ihrer eigenen Ziele interessiert sind, mit den Organisationszielen decken. In kollektivistischen Kulturen kommt es vermehrt zu Rücksprachen mit den Vorgesetzten, so dass man Geduld für langwierige Entscheidungsprozesse aufbringen sollte. Die Begünstigung einzelner Teammitglieder muss vermieden werden. Lob und Tadel werden immer an die ganze Gruppe gerichtet und es sollten stets Ziele vermittelt werden, die für alle gelten.100 Die Dimensionen von Hofstede (1980) und Trompenaars (1993) bildeten bisher die Grundlage zahlreicher kulturvergleichender Untersuchungen. Inwieweit die klassischen Kulturdimensionen heute noch gültig sind, ob sich die Kulturen im Zeitalter der Globalisierung annähern und inwieweit Organisationen weiterhin den Faktor Kultur berücksichtigen müssen, sind Fragen, die sich anhand der Untersuchungen des aktuellsten bis heute laufenden Projekt-GLOBE beantworten lassen.

2.2.3.3 Projekt-GLOBE

Das seit 1993 laufende Projekt-GLOBE (Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness Research Programm) wurde entwickelt, um die Auswirkungen der komplexen Einflüsse der Kultur auf die Führung und die Effektivität von Organisationen zu untersuchen.101 Die Untersuchung geht insbesondere auf die Kritik an den Dimensionen von Hofstede (1980) ein und überprüft diese auf ihre Aktualität, versucht, deren Schwachstellen zu reduzieren und das Modell gegebenenfalls zu modifizieren.102

100 101 102

26

Vgl. zu diesem Abschnitt TROMPENAARS 1993, S. 93-94 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 10, 25; HOUSE/JAVIDAN/HANGES/DORFMAN 2002, S. 3 BLOM/MEIER 2002, S. 56

An diesem Projekt arbeiten 170 Wissenschaftler aus 62 Nationen, die versuchen, mit Hilfe eines auf 735 Items basierenden Fragebogens, der sowohl den aktuellen Zustand sowie den gewünschten zukünftigen Zustand erfragt, Differenzierungsmerkmale sozialer und organisationaler Kulturen aufzudecken.103 Bisher wurden ungefähr 17.000 Personen des mittleren Managements aus 62 Ländern und 951 Organisationen befragt.104 Auf Grund der bislang vorliegenden Daten wurden neun relevante Dimensionen, die als unabhängige Variablen in die Untersuchung einfließen, identifiziert.105 Es handelt sich hierbei um die Dimensionen Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung, Kollektivismus I und II, Gleichberechtigung der Geschlechter, Selbstbehauptung, Zukunftsorientierung, Leistungsorientierung und Menschlichkeit.106 Es ist zu beachten, dass die neun Dimensionen in Bezug auf das Führungsverhalten ermittelt wurden und daher direkte Vergleiche zu den Dimensionen von Hofstede (1980) und Trompenaars (1993) nur eingeschränkt möglich sind.107 Diese Einteilung zeigt, dass die grundlegende Gültigkeit der Hofstede-Dimensionen nach wie vor gegeben ist. Der Kritikpunkt der inhaltlichen Überschneidungen scheint sich durch die Erweiterung der Dimensionen zu bestätigen.108 Auf Grundlage des Modells der interkulturellen Clusterbildung von Ronen & Shenkar (1985) wurden des Weiteren Ländercluster gebildet, die die untersuchten Länder gemäß ihren managementrelevanten Eigenschaften zusammenfassen. Die kulturvergleichende Managementforschung konnte somit zeigen, dass Verhaltensunterschiede der einzelnen Organisationsmitglieder wesentlich auf deren kulturellen Hintergrund zurückzuführen sind. Sie haben Einfluss auf die Effektivität der Arbeit und müssen daher von Seiten des Managements berücksichtigt werden. Als Instrumente zur

103

HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 11-12; JAVIDAN/HOUSE/DORFMAN 2004, S. 30 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 20, 22 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 11,13; HOUSE/JAVIDAN/HANGES/DORFMAN 2002, S. 3 106 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 11-13; JAVIDAN/HOUSE/DORFMAN 2004, S. 30 107 CARR 2004, S. 25 108 SCHMID 1996, S. 261 104 105

27

Ermittlung und Erklärung kultureller Unterschiede wurden Kulturkonzepte, Kulturdimensionen, das kulturelle Distanzmaß sowie die Ländercluster entwickelt. Wendet man sich nun der interkulturellen Zusammenarbeit in den Teams der PSFs zu, so stellt sich die Frage, was geschieht, wenn Professionals unterschiedlicher kultureller Prägungen in einem Team zusammenarbeiten.

2.3

Interkulturelle Teamarbeit

PSFs wurden bisher fast ausschließlich in Bezug auf ihre Leistungserstellung untersucht. Insbesondere die Beziehung Professional und Kunde stand dabei im Vordergrund, da hier die eigentliche Wertschöpfung erfolgt, die die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens legt. Demzufolge wurde den inneren Strukturen der PSFs sowie dem Management der eigenen Firma kaum Beachtung geschenkt.109 Um zu einem einheitlichen Verständnis des Begriffs Team im interkulturellen Kontext und in Bezug auf die Arbeit in PSFs zu gelangen, wird zunächst eine entsprechende Arbeitsdefinition hergeleitet. Des Weiteren wird darauf eingegangen, welchen Einfluss die kulturelle Diversität auf die Kommunikation hat, welche Kompetenzen erforderlich sind, um Synergien aus der Unterschiedlichkeit erzielen zu können, und welchen Einfluss die Interkulturalität auf die Effektivität des Teams hat.

2.3.1 Team

Teams sind ganz allgemein eine besondere Form von Gruppen. Sie sind in erster Linie formal gebildete organisatorische Einheiten, bei denen die betriebliche Aufgabenstellung im Vordergrund steht und die Führungsperson von Seiten der Organisation bestimmt wird.110

109 110

28

MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999a, Einband OLFERT 2003, S. 256; WINTERHOFF-SPURK 2002, S. 106

Ein Team besteht aus mehr als zwei Personen, die als Einheit zusammenarbeiten und ansonsten komplementäre Kompetenzen haben.111 Die Teammitglieder besitzen sich gegenseitig ergänzende Fähigkeiten und Fertigkeiten, durch deren Zusammenwirken die Erreichung des exogen vorgegebenen Teamziels ermöglicht wird.112 Während der Zeit der Zusammenarbeit sind sie voneinander abhängig und entwickeln im Idealfall eine emotionale Bindung, die das Erreichen der gemeinsamen Ziele positiv beeinflusst.113 Die emotionale Bindung kommt durch den Zusammenhalt bzw. das „Wir-Gefühl“ des Teams zum Ausdruck und wird allgemein als Kohäsion bezeichnet.114 Das Team unterscheidet sich von der Gruppe durch den Leistungsgesichtspunkt, ist aufgabenorientiert und zeichnet sich durch qualitativ hochwertige Ergebnisse aus.115 Das Team ist effektiv, eine Gruppe lediglich kooperativ. Ein Team ist somit auch immer eine Gruppe, eine Gruppe ist aber noch lange kein Team.116 In Bezug auf die Arbeit innerhalb der PSFs stehen vor allem die self-managed Teams und Projektteams im Vordergrund. Self-managed Teams organisieren ihre Arbeit selber und übernehmen deren Planung, Durchführung und Kontrolle. Darüber hinaus sind sie selbst für die Zielerreichung verantwortlich und es ist sinnvoll, sie insbesondere bei komplexen Aufgaben einzusetzen.117 Projektteams sind Teams, die meist eine neuartige, einmalige, klar abgrenzbare, von Seiten des Managements übertragene Aufgabe zu bearbeiten haben. Die Zusammenarbeit des Projektteams ist zeitlich begrenzt und endet in der Regel nach Beendigung des Auftrags.118 Interkulturelle Teams setzen sich aus Mitgliedern unterschiedlicher Kulturen (ethnisch kulturelle Diversität) zusammen. Bei bi-kulturellen Teams stammen Mitglieder aus zwei verschiedenen Kulturen, während multi-kulturelle Teams sich aus Mitgliedern von drei oder mehr Kulturkreisen zusammensetzen.119 Internationale bzw. multinationale Teams 111

KATZENBACH/SMITH 1993, S. 45 WEINERT 1998, S. 439; WERTH 2004, S. 255-256 113 ADAIR 2004, S. 4; WEINERT 1998, S. 407; WERTH 2004, S. 255-256 114 WERTH 2004, S. 271 115 WINTERHOFF-SPURK 2002, S. 102, 106-107 116 BALDEGGER 2004, S. 9 117 BALDEGGER 2004, S. 9 118 BALDEGGER 2004, S. 12 119 ADLER 1997, S. 130 112

29

(national kulturelle Diversität) setzen sich aus Mitgliedern zusammen, die aus verschiedenen Nationen stammen.120 Im Rahmen dieser Arbeit werden unter interkulturellen Teams Gruppen verstanden, die aus mindestens drei Personen bestehen und effektiv sowie aufgabenorientiert zusammenarbeiten. Durch die unterschiedliche kulturelle bzw. nationale Herkunft der einzelnen Teammitglieder ergibt sich die Interkulturalität des Teams. Im Folgenden werden die grundlegenden Erkenntnisse zur Diversität in Teams im Allgemeinen und in Bezug auf kulturelle Diversität im Besonderen dargestellt.

2.3.2 Diversität

Unter Diversität in Organisationen versteht man die Unterschiedlichkeit einzelner Teammitglieder in Bezug auf relevante Dimensionen, die sich unterteilen lassen in:121 a. demografische Merkmale (z. B. Alter, Geschlecht, Rasse oder Nationalität) b. organisationale Merkmale (d. h. Merkmale der individuellen Expertise bzw. der Qualifikation), c. kognitive Merkmale (z. B. Wissen, Werte, Einstellungen oder Glaube). Diversität lässt sich in zwei Ebenen einteilen. Auf der ersten Ebene (First-level dimensions) befinden sich Unterschiede, die von anderen leicht zu erkennen, aber für die betroffene Person kaum oder gar nicht zu ändern sind, wie z. B. die Hautfarbe. Direkt beobachtbare Merkmale sind eher stereotypenbildend und begünstigen Ablehnung und Diskriminierung eher als die unsichtbaren Merkmale der zweiten Ebene (Secondary dimensions). Diese beinhaltet Eigenschaften, die die Person in bestimmter Weise beeinflussen kann, wie z. B. die Arbeitserfahrung oder das Kommunikationsverhalten.122

120 121 122

30

EARLEY 2005, S. 5 MARTIN 2003, S. 54 DAVIDSON/GRIFFIN 2003, S. 140-141

Unter Stereotypen versteht man hierbei subjektive, schematische Fremdbilder in Bezug auf Eigenschaften ganzer Nationen.123 Sie sind vorgeformte Bilder über soziale Gruppen oder fremde Völker, die eine stark simplifizierte und wertende Repräsentation der wahrgenommenen Wirklichkeit darstellen, die es zu überwinden gilt.124 Kulturelle Diversität in Teams bezieht sich auf Unterschiede in Ethik, Rasse und Nationalität der einzelnen Teammitglieder.125 Gerade durch die kulturelle Heterogenität in Teams erhöht sich das Konfliktpotenzial.126 Erhebliche Unterschiede in den Wertevorstellungen können die Teamarbeit behindern oder sogar in Frage stellen.127 Die Wirkung der Diversität in Teams und Organisationen lässt sich unterschiedlich begründen.128 Zum einen wird in ihr der Ursprung dysfunktionaler Störungen innerhalb der Gruppenprozesse und Organisationsabläufe gesehen (Prozessperspektive). Zum anderen wird Diversität als wertvolle Ressource gesehen, durch die sich die kognitive Vielfalt in der Organisation erhöhen lässt. Durch sie lassen sich mehr Ideen und Perspektiven generieren, Entscheidungsprozesse verbessern und Innovationen erzeugen (Ressourcenperspektive).129 Diese Auffassungen führen zum so genannten Konzept der kulturellen Synergien. Kulturelle Synergien basieren auf der Annahme, dass der beste Weg zur Zielerreichung vom kulturellen Hintergrund der Teammitglieder abhängig ist.130 Durch das Ausnutzen von Synergien erbringt das Team eine Leistung, die größer ist als die Summe der Einzelleistungen.131 Sich in kultureller Hinsicht synergetisch verhaltende Unternehmen schaffen neue Formen des Managements und der Organisation, die den einseitig kulturell orientierten Unternehmen klar überlegen sind.132 In Bezug auf das interkulturelle Team wird sowohl die Ansicht vertreten, dass Synergieeffekte auf Grund eines erweiter-

123

WAHREN 1987; S. 18; BUNDESMINISTERIUM DER VERTEIDIGUNG 1997, S. 51 REHNER 2003, S. 63-64; ADLER 2002, S. 81-83; SMITH/NOAKES 1996, S. 477 MÜHLBACHER/VALLASTER 2002, S. 77 126 DUNKEL/MEIERWERT 2002, S. 168 127 WEINERT 1998, S. 396 128 MARTIN 2003, S. 54 129 MARTIN 2003, S. 54-56; WEINERT 1998, S. 392; ILES 1995, S. 52 130 KAMMEL/TEICHELMANN 1994; S. 56-57; ADLER 1997, S. 107-108 131 WINTERHOFF-SPURK 2002, S. 102; BALDEGGER 2004, S. 13 132 ADLER 1991, S. 107-108 124 125

31

ten Horizonts erreicht werden als auch erhöhte Effektivitätsverluste durch kulturell bedingte Prozessverluste in Folge mangelnder Gruppenkohäsion und daraus resultierender Unzufriedenheit entstehen können. Eine höhere Unzufriedenheit interkultureller Gruppen konnte Goto (1997) in seiner Untersuchung belegen. Prozessverluste, die durch defizitäre Prozesse entstehen, kennzeichnen mehrkulturelle Arbeitsgruppen zumindest im Anfangsstadium. Erst im Zuge der Gruppenentwicklung und bei entsprechender Unterstützung und Förderung der Gruppenprozesse ist mit einem Ausschöpfen des Leistungspotenzials der Gruppe zu rechnen. Dieser Zusammenhang lässt sich wie folgt schematisch darstellen (Abb. 2-5).

Aktuelle Produktivität

=

Potenzielle Produktivität

+ Prozessgewinne (Synergien) í Prozessverluste

Passung zwischen den Ressourcen Motivationsverluste = Verringerung des Anstrengungsniveaus

Koordinationsverluste = Ressourcenverschwend

social loafing (unbewusst) free-rider (bewusst) sucker-Effekt (nicht der Dumme sein wollen)

Abbildung 2-5: Synergiekonzept133

Sobald die Gruppenleistung über dem Leistungspotenzial der Summe der Teammitglieder liegt, spricht man von Synergieeffekten bzw. Prozessgewinnen.134 In der Praxis wäre für Gruppen schon viel erreicht, wenn sie ihr Potenzial besser nutzen und Prozessverluste vermeiden könnten. Während kulturelle Diversität die potenzielle Produktivität eines Teams verbessern kann, erhöht sie gleichzeitig aber auch dessen Komplexität. Somit haben kulturell gemischte Gruppen zwar das Potenzial, im Vergleich zu homogenen Gruppen produktiver zu sein, sind aber auch einem größeren Risiko ausgesetzt, 133

Eigene Erstellung in Anlehnung an ADLER 1997, S. 131; ADLER 1991, S. 128; STÜDLEIN 1997, S. 148; ROSENSTIEL 2004, S. 393; BRODBECK 2004, S. 421-422; WERTH 2004, S. 275-281 134 BRODBECK 2004, S. 421

32

Produktivitätsverluste zu erleiden.135 Knouse & Dansby (1999) halten einen Diversitätsgrad von 11-30% für optimal. Cox, Lobel & McLeod (1991) konnten bei diversen Studentengruppen eine höhere Kooperation feststellen. Espinoza & Garza (1985) bestätigen dieses Ergebnis nur dann, wenn die eigene Nationalität die Mehrheit bildet. Eine Voraussetzung für den Erfolg kultureller Diversität in Teams ist das Vorhandensein interkultureller Kompetenz.136 Besonders in multikulturellen Arbeitsgruppen der PSFs nimmt die interkulturelle Interaktion einen besonders hohen Stellenwert ein.137 Im Folgenden wird daher explizit auf die interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Kompetenz als Voraussetzung erfolgreicher interkultureller Teamarbeit eingegangen.

2.3.3 Kommunikation und Kompetenz

Wenn Menschen verschiedener Kulturen einander begegnen, bezeichnen wir die Prozesse, die dabei ablaufen, als interkulturelle Kommunikation oder auch als interkulturelle Interaktion.138 Innerhalb der PSFs ist die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern von entscheidender Bedeutung und oft noch wichtiger als der Kontakt zum Kunden.139 Für die Kommunikationspartner bedeutet dies, dass sie komplexeren und spezifischeren Anforderungen in Bezug auf die Wahrnehmung und Interpretation einer Nachricht gegenüberstehen.140 Denn in interkulturellen Überschneidungssituationen versagt das eigene kulturelle Orientierungssystem häufig und das Verhalten des Gesprächspartners kann nicht mehr zuverlässig antizipiert werden. Dadurch kann es vermehrt zu Missverständnissen kommen,141 die dann zu fundamentalen Attributionsfehlern und zur Bildung von Stereotypen führen.142 135

STÜDLEIN 1997, S. 149 ILES 1995, S. 55-58 137 DISTERER, 1999 S. 1 138 MALETZKE 1996, S. 37 139 HESKETT 1988, S. 138-139 140 PODSIADLOWSKI 2004, S. 26 141 THOMAS 1996, S. 113-114; ADLER 1997, S. 25, 68-69; MALETZKE 1996, S. 34; THOMAS 1995, S. 91 142 STÜDLEIN 1997, S. 92-93; HASENSTAB 1998, S. 158; ADLER 1997, S. 71 136

33

Fundamentale Attributionsfehler liegen immer dann vor, wenn die Ursache für das Verhalten nur in der Person, nicht aber in der Situation gesucht wird, und führen im Extremfall zum Abbruch der Beziehung.143 Sie sind kulturell geprägt und stellen eine wesentliche Barriere interkultureller Kommunikation dar.144 Chatman, Polzer, Barsade & Neale (1997) konnten zeigen, dass die Interaktion in divers zusammengesetzten Teams von Studenten abnahm. Triandis, Hall & Ewenn (1965) berichten von einem intensiveren Stresserleben. Im interkulturellen Kontext unterscheidet man zum einen zwischen dem direkten und indirekten Kommunikationsstil.145 Zum anderen unterscheidet man je nach Dichte des Informationsnetzes high- und low-context-Kulturen.146 High-context-Kulturen besitzen einen hohen Anteil an gespeicherten Informationen und somit ein dichtes Informationsnetz. Hier weiß man implizit, wie etwas funktioniert, und es wird daher vermehrt indirekt und stärker nonverbal kommuniziert.147 Kulturen mit niedrigem Kontext weisen ein weniger dichtes Informationsnetz auf. Hier kommen vermehrt formelle Informationen zum Einsatz, die dementsprechend explizit und verbal übermittelt werden.148 Unterschiede im nonverbalen Kommunikationsverhalten sind somit eine weitere Quelle möglicher Missverständnisse und Kommunikationsprobleme.149 Für eine erfolgreiche Kommunikation im interkulturellen Umfeld ist es daher von entscheidenderer Bedeutung, kulturübergreifendes und kulturspezifisches Wissen über die eigenen und fremden Kulturstandards und -dimensionen zu besitzen.150 Effektive interkulturelle Kommunikation ist möglich, wenn die Beteiligten zunächst von Unterschieden ausgehen, versuchen die Dinge aus der Perspektive des anderen zu betrachten und Erklärungen für bestimmte Handlungen nur als eine Annahme unter mehreren Möglich-

143

GLASER 2003, S. 76, 87; PODSIADLOWSKI 2004, S. 35-36 STÜDLEIN 1997, S. 100; PODSIADLOWSKI 2004, S. 35-36 145 PODSIADLOWSKI 2004, S. 17 146 HALL/HALL 1990, S. 6 147 HALL/HALL 1990, S. 6 148 PODSIADLOWSKI 2004, S. 17-18; GLASER 2003, S. 83-85; HALL/HALL 1990, S. 6 149 POYATOS 1988, S. 35-36 150 PODSIADLOWSKI 2004, S. 33 144

34

keiten sehen.151 Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigen die Mitarbeiter jedoch eine entsprechende interkulturelle Handlungskompetenz. Interkulturelle Kompetenz stellt die Summe sprachlicher, sozialer und psychischer Fähigkeiten einer Person dar, die notwendig sind, um mit Angehörigen anderer Kulturkreise effektiv und angemessen interagieren zu können. Erst dann kann ein Zustand erreicht werden, der nicht durch die kulturspezifische Prägung des Einzelnen beeinflusst wird.152 Sie setzt das Bewusstsein und Verstehen der eigenen und fremden kulturellen Prägung voraus und äußert sich in Situationen, in denen Personen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund durch ihr Wissen (kognitiv), Verhalten (konaktiv) und ihre Motivation (affektiv) die gegenseitige Andersartigkeit erfassen, respektieren und produktiv nutzen.153 Dies ermöglicht eine von gegenseitigem Verständnis geprägte Kommunikation, die zu einem optimalen Interaktionsprozess führt.154 Nur wenn alle drei Fähigkeiten bei einer Person ausgebildet sind, kann diese angemessen und effektiv in einer anderen Kultur handeln. Die interkulturelle Kompetenz entsteht somit durch eine Erweiterung der sozialen Kompetenz und deren kulturelle Sensibilisierung.155 Für PSFs stellt sie eine Ressource dar, die im internationalen Wettbewerb erfolgsbestimmend sein wird.156 Die folgende Abbildung (Abb. 2-6) stellt die zentralen Elemente der interkulturellen Kompetenz gegenüber und geht auf deren Bezug untereinander ein.

151

ADLER 1997, S. 87-88 MÜLLER/GELBRICH 2001, S. 247; ROTTER 2004, S. 98; BERGMANN 1993, S. 200, THOMAS/HAGMANN 1996, S. 174; KNAPP-POPHOFF 1997, S. 198; BAUMER 2002, S. 79 153 KNAPP/KNAPP-POPHOFF 1990, S. 83; SCHINSCHKE 1995, S. 38 154 ILES 1995 S. 52; THOMAS 1993, S. 383; THOMAS 1996, S. 115 155 SIMON-HOHM 2002, S. 42-43 156 BITTNER/REISCH 1994, S. 240 SIMON-HOHM 2002, S. 42 152

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Fähigkeiten kognitive Fähigkeiten (Wissen)

Selbstvertrauen bezeichnet den Grad der Zuversicht in die eigene Fähigkeit, auch neue und/oder schwierige Aufgaben erfüllen und gesetzte Ziele erreichen zu können. „Selbst-Bewusstsein“ wird durch Selbstreflexion des eigenen kulturellen Hintergrunds und dessen Denkmuster erlangt und gilt allgemein als zentrale Voraussetzung für die adäquate Einstufung und Anwendung fremdkulturellen Wissens. Kenntnisse der Fremdkultur reduzieren kulturspezifische Differenzen. Sprachkenntnisse Kenntnisse der Werte und Normen

konaktive Fähigkeiten (Verhalten) Ambiguitätstoleranz bezeichnet die Tendenz, Widersprüchlichkeiten, Unsicherheiten oder mehrdeutige und komplexe Informationslagen wahrzunehmen, ohne dabei durch Resignation, Frustration oder Aggression handlungsunfähig zu werden. (zentrale Fähigkeit) Empathie stellt die Fähigkeit des Perspektivenwechsels während der Interaktion dar und ermöglicht, Sachverhalte aus der Sicht des Gegenübers zu bewerten. Flexibilität bezeichnet die Fähigkeit, unbekannte und vielfältige Situationen zu bewältigen sowie durch ein breites Verhaltens-repertoire Herangehensweisen entsprechend zu modifizieren. Interaktions- & Stressmanagement Da das Agieren in einem fremdkulturellen Umfeld ver-mehrt Stress auslösen kann, ist das Management von Stresssituationen von zentraler Bedeutung.

affektive Fähigkeiten (Motivation)

Kontaktfreudigkeit ist die Neigung und Fähigkeit, soziale Kontakte aktiv zu erschließen und bestehende Beziehungen aufrecht zu erhalten. Offenheit bezeichnet die Neugier auf andere Menschen und für neue Erfahrungen, gekoppelt mit der Bereitschaft, Menschen aus einer anderen Kultur kennen zu lernen und zu versuchen, deren Kultur und Weltbild zu verstehen. Interaktionsfreude Der Aufbau von Beziehungen zu Angehörigen fremder Kulturen erleichtert das Verständnis kultureller Unterschiede und fördert die soziale Interaktion. geringer Ethnozentrismus entspricht einer geringen Kulturgebundenheit der eigenen Wahrnehmung. Interesse Das Interesse an anderen Kulturen spiegelt sich vor allem durch die interkulturelle Lernbereitschaft wider.

INTERKULTURELLE KOMPETENZ ist die Fähigkeit, mit Angehörigen anderer Kulturen effektiv und angemessen zu interagieren.

Abbildung 2-6: Interkulturelle Handlungskompetenz157

157

ROSEN 2000, S. 47-48; BOLLMANN 1998, S. 6; HINZ-ROMMEL 1994, S. 58; HARBIG 1994; S. 95; AUENHEIMER 1998, S. 24; STÜDLEIN 1997, S. 197-202; JAKUBEIT/SCHATTENHOFER 1996, S. 400; MÜLLER/GELBRICH 2001, S. 247, 251-255, 266; BOLLMANN 1998, S. 6; LUCHTENBERG 1998, S. 42; MENDENHALL/ODDOU 1985, S. 39-42; HAMMER/GUDYKUNST/WISEMANN 1978, S. 389-390; HINZ-ROMMEL 1994, S. 58; LUCHTENBERG 1998, S. 42; HORSCH 1995, S. 75; TAUBERT/PIORR 2001, S. 936-938; VEDDER 2005, S. 21

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Die interkulturelle Kompetenz und die Kommunikationskompetenz stellen somit Kernkompetenzen im Umgang mit kultureller Diversität innerhalb der PSFs dar. Sobald diese Kompetenzen vorhanden sind, sind die Mitglieder des Teams in der Lage, aus ihrer Unterschiedlichkeit Synergien zu erzielen. Um das Potenzial kultureller Synergien ausschöpfen zu können, muss Diversität aktiv gemanagt werden158 Unter welchen Voraussetzungen interkulturelle Teams erfolgreich arbeiten und welche Merkmale eine effektive Teamarbeit auszeichnen, soll nun abschließend dargestellt werden.

2.3.4 Effektivität Effektivität stellt den Grad der Zielerreichung dar.159 In Teams bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Zufriedenheit der Gruppenmitglieder, die Leistung der Gruppe und deren Überlebensfähigkeit. Dimensionen des Teamerfolgs sind auf der Individualebene neben der Arbeitszufriedenheit der Erhalt bzw. die Entwicklung der individuellen Qualifikation sowie die Befriedigung individueller Bedürfnisse der Teammitglieder. Insbesondere die Zufriedenheit der Professionals ist im Bereich der PSFs von zentraler Bedeutung.160 Die Erfolgswirksamkeit der Mitarbeiterzufriedenheit und deren Einfluss auf die Kundenzufriedenheit lässt sich anhand der Service Profit Chain verdeutlichen.

Mitarbeiterzufriedenheit

Servicequalität

Kundenzufriedenheit

Kundenbindung

Gewinn ROI

Abbildung 2-7: Service Profit Chain161

158

ILES 1995, S. 45, 52, 55 GEMÜNDEN 1981, S. 166-168 HALLER 2005, S. 259, 269 161 In Anlehnung an WORATSCHEK 2005, S. 273; HALLER 2005, S. 259 159 160

37

Auf Gruppenebene sind zentrale Bestimmungsmerkmale des Teamerfolgs u. a. Innovation, Zusammenhalt, Kohäsion und Kooperationsfähigkeit.162 Der Zusammenhang zwischen Effektivität und Zufriedenheit der einzelnen Gruppenmitglieder bzw. dem guten Gruppenklima lässt sich durch gegenseitige emotionale Stimulation erklären und wirkt wie eine selbstverstärkende Spirale. Der Zusammenhang zwischen Überlebensfähigkeit der Gruppe und Zufriedenheit der Gruppenmitglieder wird im Wesentlichen von der Gruppenkohäsion bestimmt.163 Diese bezieht sich auf die Zufriedenheit der Teammitglieder und deren Wunsch, in der Gruppe zu verbleiben, und stellt ein wesentliches Kriterium für die Stabilität sowie das Teamklima dar.164 Hofner-Saphiere (1996) stellte einen positiven Zusammenhang zwischen der Produktivität, dem Umfang der Kommunikation und dem Wunsch, im Team zu verbleiben, fest. Eine hohe Kohäsion fördert die Kooperation innerhalb des Teams, ist aber für gewöhnlich in neugebildeten und kulturell diversen Teams geringer. Eine wahrgenommene Ähnlichkeit erhöht die gegenseitige Sympathie und somit die Kohäsion im Team. Die Kohäsion hat somit einen indirekten Einfluss auf die Gruppenleistung, denn Mitglieder hoch kohesiver Gruppen sind bereit, sich für die und in der Gruppe zu engagieren, Zeit und andere Ressourcen einzusetzen und eigene Interessen hinter den Gruppenerfordernissen zurückzustellen.165 Generell lässt sich sagen, dass mit steigender Gruppengröße die Gruppenkohäsion und die Zufriedenheit der Teammitglieder sinkt.166 Eine intensive Kohäsion wird in der Praxis als wünschenswert erachtet, obwohl nicht selten schwache Gruppenarbeitsergebnisse beobachtet werden können.167 Tsui, Egan & O’Reilly (1992) zeigten, dass eine geringe Kohäsion in interkulturellen Teams insbesondere bei Minderheiten zu einer erhöhten Fluktuation führte.

162

BRODBECK 2004, S. 419 PODIASLOWSKI 2002, S. 77 HUMMEL/ZANDER 2005, S. 106 165 HUMMEL/ZANDER 2005, S. 106 166 ROSENSTIEL 2004, S. 398 167 ROSENSTIEL 2004, S. 405; WEINERT, 1998, S. 407 163 164

38

Für Top Management Teams konnte Elron (1997) jedoch keinen negativen Effekt auf die Kohäsion beobachten. Dafür konnte er aber einen positiven Effekt auf die Leistung des Teams belegen. Für eine effektive Zusammenarbeit müssen gerade interkulturelle Teams ein gemeinsames Ziel- und Aufgabenverständnis entwickeln und einen Konsens über die Form der Gruppenarbeit finden.168 Vernachlässigt man jedoch die kulturelle Diversität im Team, so bleiben die Ergebnisse oft hinter den Erwartungen zurück.169 Gerade interkulturelle Teams müssen lernen, die Vorteile ihrer Diversität produktiv zu nutzen.170 Wenn die Zusammenarbeit gelingt und die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden können, dann sind multikulturelle Teams besonders gewinnbringend im Hinblick auf Kreativität, Innovation und Entscheidungsqualität.171 Dies belegen auch Studien von O’Reilly, Williams & Barsade (1997), Triandis, Hall & Ewen (1965), McLeod & Lobel (1992). Hochproduktive und weniger produktive Teams unterscheiden sich darin, wie sie ihre Diversität nutzen.172 Leider schöpfen kulturell gemischte Teams ihr Potenzial nur selten aus und sind oftmals höchst unproduktiv.173 Die Ignoranz kultureller Unterschiede kann als grober Managementfehler bezeichnet werden und verhindert, dass mögliche Vorteile und Chancen aus der Diversität genutzt werden können.174 Eine höhere Effektivität interkultureller Teams konnte von Thomas, Ravlin & Wallae (1996) belegt werden. Die Studie von Thomas (1999) ergab dagegen einen negativen Zusammenhang zwischen Diversität und Effektivität im Team. Eine Übertragbarkeit von Personalmanagementpraktiken über kulturelle Grenzen hinweg ist zunächst einmal nicht gegeben.175 Um mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft erfolgreich zusammenarbeiten zu können, benötigen Mitarbeiter und

168

NEWSTROM/DAVIS 2002, S. 232 ADLER 1997, S. 139 170 ADLER 1997, S. 141 171 PODSIADLOWSKI 2004, S. 89 172 ADLER 1991, S. 134 173 ADLER 1991, S. 134, 141 174 ADLER 1991, S. 97, 104 175 SCHERM 1999, S. 101 169

39

Führungskräfte daher interkulturelles Wissen und Offenheit gegenüber fremden Kulturen.176 Dabei stellt sich nun die Frage, welchen spezifischen Anforderungen das Personalmanagement interkulturell zusammengesetzter Teams in PSFs zu genügen hat.

2.4

Herausforderungen für das Personalmanagement

Anhand der drei zentralen Bereiche Auswahl, Führung und Motivation wird dargestellt, wie das Personalmanagement interkulturelle Teams unterstützen kann und somit die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit legt.

2.4.1 Auswahl

Die Personalauswahl und Zusammensetzung leistungsfähiger Teams auf Grundlage des gesamten Bestands an Professionals (staffing) wird innerhalb der PSFs kaum beachtet, obwohl sie von existenzieller Bedeutung ist.177 Die interkulturelle Zusammensetzung von Teams stellt dabei eine der größten Herausforderung dar.178 Entsprechend geeignete Professionals für sich zu gewinnen erweist sich als kritischer Erfolgsfaktor für den jeweiligen Auftrag und letztlich für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.179 Die Rekrutierung von Professionals erfolgt üblicherweise über das Anwerben von Absolventen.180 Grundsätzlich orientiert sich die Auswahl der Teammitglieder an der Professionalität des Bewerbers, seiner Teamfähigkeit und verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen.181 Ein weiterer Weg ist das Abwerben von Professionals mit Arbeitserfahrung von anderen Unternehmen.182 Durch die Veränderung der Managementmodelle und Führungsstrukturen von PSFs sind diese so genannten Lateral-Hires immer ge176

HUBER/LANGE 1998, S. 107 KAISER 2004, S. 180; MÜLLER-STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 123; FLADMOE-LINDQUIST/DYNE 1993, S. 66 178 PODSIADLOWSKI 2004, S. 90 179 MÜLLER/STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 91, 124 180 KAISER 2004, S. 169; RINGSLETTER/BÜRGER 2004, S. 290-191 181 ADAIR 2004, S. 37-39 182 RINGSLETTER/KAISER/BÜRGER 2005, S. 8 177

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bräuchlicher.183 Sie dienen insbesondere der Umsetzung von Diversifikations- oder Internationalisierungsstrategien sowie der Verbesserung der Service-Qualität.184 Customization185 auf internationalem Level benötigt zudem kulturspezifisches und lokales Wissen.186 Daher kann es für PSFs sinnvoll sein, einen lokalen freien Agenten in das Team zu integrieren, um Markteintrittsbarrieren zu verringern, kulturelle Differenzen zum Kunden zu vermindern und eine Vor-Ort-Präsenz zu gewährleisten.187 Bei PSFs besteht ein Trade-off zwischen dem Erfolg am Markt und dem erfolgreichen Akquirieren von hochqualifizierten Professionals.188 In Bezug auf die interkulturelle Teambesetzung werden neben den fachlichen und sozialen Fähigkeiten der Professionals weitere Schnittstellenkompetenzen gefordert.189 Sie lassen sich grob unterteilen in tätigkeitsbezogene Anforderungen (z. B. Erfahrung), Schlüsselqualifikationen (z. B. Toleranz, Selbstständigkeit und emotionale Stabilität), interkulturelle Anforderungen (z. B. Auslandserfahrung, Sprachkenntnisse und Einfühlungsvermögen in fremde Kulturen) und persönliche Anforderungen (z. B. physische und psychische Belastbarkeit).190 Gelingt es den PSFs, die erforderlichen Kompetenzen für die Zusammenarbeit in ihren interkulturellen Teams zu identifizieren und zu definieren, dann haben sie die Möglichkeit, Bewerber dementsprechend einzuschätzen und auszuselektieren.191 Faktoren der zwischenmenschlichen Anpassungsfähigkeit, die Ebenen interkultureller Kompetenz und Charakteristika, wie individuelle Wertestrukturen und die Persönlichkeit selbst, besitzen in diesem Zusammenhang einen hohen Stellenwert.192 Hierbei geht es nicht um die reine Auflistung von wenig spezifischen Eigenschaften und Fähigkeiten, sondern um sinnvolle Qualifikationsbeschreibungen, die sich eng an den jeweils spezifischen Anforderungen des interkulturellen Teams orientieren.193 Zur Aus183

KAISER 2004, S. 169; RINGSLETTER/BÜRGER 2004, S. 290 RINGSLETTER/BÜRGER 2004, S. 292 Customization bezieht sich auf die Erstellung kundenindividueller Lösungen. Vgl. hierzu auch Kap. 2.1.1. 186 FLADMOE-LINDQUIST/DYNE 1993, S. 61 187 FLADMOE-LINDQUIST/DYNE 1993, S. 65-67 188 KRIEGMEIER 2003, S. 5 189 SCHERM/SÜSS 2002, S. 851 190 BLOOM/MEIER 2002, S. 139; DOWLING/WELCH/SCHULER 1998, S. 85-91 191 STUMPF 2003, S. 255 192 WEINERT 2004 , S. 30 193 STUMPF 2003, S. 254 184 185

41

wahl geeigneter Kandidaten können interkulturelle Assesment-Centers und Tests angewendet werden, wie z. B. die Intercultural Adjustment Potential Scale, der Intercultrual Readiness Check (IRC) oder der Multicultural Personality Questionnaire (MPQ).194 Ein weiteres Selektionskriterium stellt die Auslandserfahrung der potenziellen Teammitglieder dar. Denn der beste Weg zum Erlangen kultureller Kompetenz ist die Arbeit in fremdkulturellen Strukturen und die eigenen Erfahrungen aus interkulturellen Überschneidungssituationen.195 Auslandserfahrung sollte selbstverständlich sein, wobei aber zu beachten ist, dass eine große Anzahl an Auslandsaufenthalten noch nicht unbedingt eine hohe Kompetenz im interkulturellen Umgang darstellt.196 Dennoch kann angenommen werden, dass Auslandsaufenthalte die Chancen einer erfolgreichen interkulturellen Teamarbeit erhöhen.197 Des Weiteren gilt es für international tätige Teams zu entscheiden, inwieweit die einzelnen Stellen durch Mitarbeiter des Stammlandes oder durch lokale Mitarbeiter besetzt werden sollen.198 O’Reilly & Elfenbein (2005) konnten zeigen, dass für die Passung des Teams und dessen Erfolg nicht oberflächliche demographische Merkmale, sondern die tieferliegenden Werte ausschlaggebend sind. Das Personalmanagement kann nicht nur über die Personalauswahl interkulturell kompetente Mitarbeiter für seine Projekte gewinnen, sondern auch über die Personalentwicklung die notwendigen Kompetenzen fördern.

2.4.2 Entwicklung

Die Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen, die der weiteren Qualifizierung der Mitarbeiter dienen.199 Im interkulturellen Kontext konzentriert man sich insbesondere auf die Vermittlung interkultureller Managementkompetenz durch gezielte Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen.200 Die Diskrepanz zwischen Anforderung und Kompetenz

194

ROTTER 2004, S. 106; KINAST/THOMAS 2003, S. 259 EVANS 1993, S. 37; THOMAS, 1993, S. 382 196 SCIUCHETTI 1994, S. 66 197 HUMMEL/ZANDER 2005, S. 106 198 PAWLIK 2000, S. 9 199 ROSENSTIEL 1993, S. 171 200 GAUGLER 1994, S. 304; ILES 1995, S. 50-53; BAUMER 2002, S. 14-15, 79 195

42

wird durch die Vermittlung kulturbezogenen Wissens und entsprechende Verhaltenstrainings überwunden.201 Interkulturelle Kompetenz sollte von Seiten des Personalmanagements mit Hilfe einer geeigneten Mischung aus Learning-by-doing und seminarorientierten interkulturellen Trainings entwickelt werden.202 Beim interkulturellen Lernen geht es darum, sich der eigenen kulturellen Prägung bewusst zu werden, implizites Wissen explizit zu machen und etwas über Kulturstandards und Kulturdimensionen zu erfahren. Das Verhalten anderer soll auf der Basis ihres spezifischen kulturellen Orientierungssystems wahrgenommen werden. Zudem müssen den Beteiligten Handlungsalternativen aufgezeigt werden, um das vermittelte Wissen im täglichen interkulturellen Kontakt anwenden zu können.203 Die Wirksamkeit interkultureller Trainings ist wissenschaftlich bestätigt und deren Kosten sind im Vergleich zu den Kosten, die durch die gescheiterte Zusammenarbeit entstehen, kaum nennenswert.204 Es ist aber zu berücksichtigen, dass affektive Faktoren eher schwer zu beeinflussen sind. Sie sollten daher im Auswahlverfahren stärker berücksichtigt werden. Die Aufgabe des Personalmanagements ist es, die interkulturelle Kompetenz im Unternehmen systematisch zu pflegen und zu nutzen.205 Eine Maßnahme hierzu kann sein, neben Ergebnis- und Prozesszielen auch Verhaltensziele festzuschreiben, die die interkulturelle Handlungskompetenz der Fach- und Führungskräfte betreffen. So können z. B. Vereinbarungen über die Beteiligung an kulturellen Sensibilisierungs-trainings getroffen werden.206 Zudem sollten Manager die Möglichkeit erhalten, ihre individuellen Erfahrungen einzubringen. An ihnen können die interkulturellen Anforderungsprofile überprüft und Trainingsmaßnahmen firmenindividuell angepasst werden.207

201

BERGMANN 1993, S. 200-201, STEINER 1994, S. 237; WEBER/FESTING/DOWLING/SCHULER 2001, S. 181-182; SCHERM 1999, S. 242 202 STUMPF 2003, S. 255-256; KINAST/THOMAS 2003, S. 259 203 SMITH/NOAKES 1996, S. 496; PODSIADLOWSKI 2004, S. 40; THOMAS 1993, S. 378, 382 204 KINAST/THOMAS 2003, S. 260 205 STUMPF 2003, S. 256-257 206 STUMPF 2003, S. 261-262 207 STUMPF 2003, S. 256-257

43

Eine so verstandene Personalauswahl und -entwicklung ist dann kein standardisierter Weiterbildungskatalog, sondern stellt eine stets ausreichende Anzahl an Fach- und Führungskräften sicher, die nicht nur fachlich kompetent sind, sondern auch über eine ausreichend hohe interkulturelle Handlungskompetenz verfügen.208 Wesentliche Aufgaben des Personalmanagements sind somit die Potenzialanalyse und die Entwicklung interkultureller Kompetenz. Dabei sind vor allem diejenigen Kompetenzen zu berücksichtigen, die nicht kurzfristig entwickelt werden können.209 Für PSFs stellt sich nicht nur das Problem der Personalauswahl und -entwicklung, sondern auch der fortwährenden Motivation und Förderung ihrer Mitarbeiter. Im Folgenden wird Motivation aus der Sicht des einzelnen Professionals und aus der Perspektive seiner jeweiligen kulturellen Prägung heraus betrachtet.

2.4.3 Motivation

Nur motivierte Professionals erbringen qualitativ hochwertige Leistungen, die den Kundenanforderungen gerecht werden und langfristig den Unternehmenserfolg sichern.210 Gemäß der Motivationsspirale führt dieser Erfolg wiederum zur Motivation der Professionals.211 Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die motivierende Wirkung von Anreizen in hohem Maße kulturgebunden ist.212 Dies ist insbesondere bei materiellen und immateriellen Anreizen der Fall.213 Persönliche Anreize lösen folglich motiviertes Handeln aus. Arbeitsmotivation beschreibt demzufolge einen individuellen, personenbezogenen Zustand, der den Einzelnen zu spezifischen zielgerichteten Handlungen und Verhalten veranlasst, um angestrebte Ziel-

208

STUMPF 2003, S. 265 GRAF 2004, S. 296 KAISER 2004, S. 173 211 MAISTER 1997, S. 166 212 WELGE/HOLTBRÜGGE 2003, S. 195 213 SCHERM/SÜSS 2002, S. 855 209 210

44

zustände zu erreichen.214 Sie stellt somit das Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen den persönlichen Motiven des Arbeitenden und den situativen Anreizen am Arbeitsplatz dar.215 Motivationstheorien erklären menschliches Verhalten in Bezug auf die Anregung der Aktivität, ihre Zielgerichtetheit, die Intensität der Reaktion und die Fortdauer des Arbeitsverhaltens.216 Die vorwiegend amerikanischen Theorien sind jedoch nur begrenzt oder gar nicht auf andere Kulturräume übertragbar, da dort die kulturellen Voraussetzungen zur Umsetzung fehlen.217 Die Anreize müssen im Einklang mit den Bedürfnissen der Professionals stehen. Dies ist insbesondere bei individualistisch geprägten Mitarbeitern von Bedeutung.218 Diese Bedürfnisse sind aber von persönlichen Eigenschaften und Werten und somit ebenfalls von der kulturellen Prägung abhängig. Um motivierend wirken zu können, sollten Anreize folglich weitgehend individualisiert werden.219 Maister (1997) vermutet, dass es typische Bedürfnisse von Professionals gibt. Professionals erwarten vor allem, möglichst viel zu lernen, innerhalb der Projekte weitgehend autonom arbeiten zu können und über gewisse Handlungsspielräume und Entscheidungsfreiheiten zu verfügen. Zudem sehen sie den Sinn ihrer Arbeit in einer herausfordernden Aufgabe, die von hoher Kundenbedeutung ist.220 Diese Auffassung eher intrinsich motivierter Professionals teilt Malik (2001) jedoch nicht. Für ihn sind Professionals vor allem extrinsisch motiviert.221 Einen zentralen Anreiz stellt zudem die Karriereaussicht im Unternehmen dar.222 Handelt es sich hier um eine partnerschaftlich organisierte PSF, so stellt die Aussicht auf eine Partnerschaft einen primären sowohl materiellen als auch immateriellen Anreiz dar.223 Da die Partnerschaft aber nur den besten Juniormitarbeitern offen steht, müssen sie sich in so genannten Leistungsturnieren durchsetzen. In regelmäßigen Beurteilungs-runden, in

214

WEINERT 2004, S. 142-143; KLEINBECK 1996, S. 18; STROEBE/STROEBE 1994, S. 29 KLEINBECK 1996, S. 13; WERTH 2004, S. 188-189 WEINERT 2004, S. 142; KLEINBECK 1996, S. 13; WERTH 2004, S. 188 217 ADLER 2002, S. 182; TROMPENAARS 1993, S. 91 218 TROMPENAARS 1993, S. 94 219 KAISER 2004, S. 174 220 MAISTER 1997, S. 169 221 MALIK 2001, S. 6 222 KAISER 2004, S. 174-175 223 KAISER 2004, S. 175 215 216

45

denen je nach Hierarchiestufe unterschiedliche Beteiligungskriterien angelegt werden, werden sie nach dem „Up-or-Out“ bzw. „Grow-or-Go“-Prinzip ausselektiert.224 Die Gestaltung von Anreizen für Teams stellt sich oft schwierig dar, da hier die individuellen Leistungen nicht messbar sind. Daher werden Leistungsanreize oft auf die Leistung des gesamten Teams bezogen.225 Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die Beziehung des Mitarbeiters zur Gruppe in den einzelnen Kulturen unterscheidet. So arbeiten vor allem in kollektivistischen Kulturen alle gemeinsam an einer Aufgabe, jeder trägt etwas zum Ergebnis bei, das Resultat zählt und wird entsprechend belohnt (Equity).226 Ebenso kann man oft beobachten, dass besonders erfolgreiche Mitarbeiter es vorziehen, ihre Belohnung mit den Kollegen zu teilen.227 In vielen individualistischen Kulturen wird hingegen die Belohnung entsprechend der individuellen Leistung bevorzugt (Equality).228 In Bezug auf die Motivation wäre es ideal, wenn durch das Erreichen des Gruppenziels auch die individuellen Ziele verwirklicht würden.229 Anreize sollen die Motivation fördern. So beziehen sich extrinsische Anreize auf Faktoren, die schwerpunktmäßig außerhalb der Tätigkeit liegen. Sie können sich auf das Arbeitsumfeld (Kollegen, Vorgesetzte) oder die Folgen der Tätigkeit (monetäre Anreize) richten. Intrinsische Anreize liegen im Tätigkeitsvollzug begründet und motivieren von innen her. Die Aufgabe wird aus eigenem Antrieb bzw. durch ein Interesse an der Sache selbst erfüllt. Intrinsisch motivierte Personen zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft aus.230 In Bezug auf die Dimension der Machtdistanz von Hofstede (1980) konnte festgestellt werden, dass in kollektivistischen Kulturen vor allem Fortbildungsmöglichkeiten, physische Arbeitsbedingungen und das Einbringen persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten wichtig sind,231 ebenso wie Anerkennung und die Unterstützung durch Kollegen.232 In individualistischen Kulturen sind individuelle Leistungsanreize 224

KAISER 2004, S. 176; KAISER/BÜRGER 2004, S. 400; SCHERER/ALT 2002, S. 312 BACKES-GELLNER 2001, S. 335 226 PODSIADLOWSKI 2004, S. 101 227 TROMPENAARS 1993, S. 89-91 228 PODSIADLOWSKI 2004, S. 102 229 WEINERT1998, S. 396 230 BECKES-GELLNER 2001, S. 335, 351 231 HOFSTEDE 2001b, S. 113-114; HOFSTEDE 1993, S. 100; HOFSTEDE 1998, S. 11 232 TROMPENAARS 1993, S. 90-91 225

46

wichtig. Hier werden oftmals persönliche Leistungsbewertungen oder Management-ByObjectives233 (MBO) eingesetzt.234 Die Herausforderung für das Personalmanagement ergibt sich hier aus der Komplexität der Einflussfaktoren. Um den einzelnen Mitarbeiter wirkungsvoll motivieren zu können, müssen dessen individuelle und kulturgeprägte Bedürfnisse sowie die für Professionals typischen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Auf der Teamebene unterliegt die Motivation ebenfalls kulturellen Prägungen und erschwert es, ein von allen als gerecht empfundenes Anreizsystem zu etablieren. Riordan & Shore (1997) zeigten auf, dass die kulturelle Nähe der Teammitglieder die Einstellung zur Gruppe und die Wahrnehmung der Karrieremöglichkeiten beeinflusst. Um erfolgreich im Team arbeiten zu können, bedarf es nicht nur motivierter Mitarbeiter, sondern auch fähiger Führungspersonen. Daher wird abschließend auf die Anforderungen der Führung im interkulturellen Kontext eingegangen.

2.4.4 Führung

Führung gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen, denn sobald Menschen arbeitsteilig zusammenarbeiten, stellt die Führung das Instrument zur Lösung entstehender Koordinationsprobleme dar.235 Unter Führung versteht man die Fähigkeit einer Führungsperson, ihre Geführten zielorientiert, motivierend und absichtsvoll i. S. d. Unternehmensziele anzuleiten.236 Führung ist als aktives Beziehungsmanagement zu verstehen und umfasst die Steuerung aller Kommunikations- und Handlungsprozesse zwischen Vorgesetzten und Untergebe-

233

Management-By-Objectives besteht aus Zielvorgaben des Vorgesetzten an den Mitarbeiter. Die Form des partizipativen Management-By-Objectives sieht dagegen die Beteiligung des Mitarbeiters an der Zielvorgabe vor und wird in der Praxis als Zielvereinbarung bezeichnet. Vgl. hierzu DRUMM 1992, S. 392-393. 234 TROMPENAARS 1993, S. 94 235 WUNDERER 1980, S. 5 236 HOUSE/JAVIDAN 2004, S. 15; WUNDERER 1980, S. 30

47

nen.237 Sie gibt dem Team Orientierung und sichert die Produktivität der Zusammenarbeit.238 Die Herausforderungen erfolgreicher Personalführung richten sich gleichermaßen an die Personalabteilung und an die Partner, die den einzelnen Teams vorstehen.239 Eine effiziente Führung ist gerade in PSFs ein strategischer Erfolgsfaktor, da die Mitarbeiter deren zentrale Ressource darstellen.240 Führungspersonen aus unterschiedlichen Nationen unterscheiden sich in der Art und Weise, wie sie den Mitarbeitern Respekt und Vertrauen entgegenbringen, sowie in ihren Vorstellungen über die Führung einer Organisation.241 Probleme entstehen auch aus kulturspezifischen Vorstellungen und der daraus resultierenden subjektiv empfundenen Diskrepanz zwischen den Erwartungen eines Mitarbeiters und dem Partizipationsangebot des Vorgesetzten.242 Jede Führungsperson zeichnet sich durch ihre individuelle Persönlichkeit, ihre Erfahrungen und ihr Wissen aus, das mit in die jeweilige Führungssituation einfließt.243 Hierbei hat die Herkunft einer Führungskraft signifikanten Einfluss auf den bevorzugten Führungsstil.244 Der Führungsstil einer Person, also dessen typisches, über die Zeit und in spezifischen Situationen konsistentes Führungsverhalten, hat zentralen Einfluss auf den Erfolg eines Teams.245 Die unterschiedlichen Führungsstile lassen sich allgemein anhand des Ausmaßes der Partizipation der Geführten am Entscheidungsprozess sowie an der Aufgabenorientierung unterscheiden.246 Die Effizienz eines spezifischen Führungsstils ist nicht universell, da unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Führungsstile favorisieren. Es konnte gezeigt werden, dass die kulturelle Prägung der Führungsperson deren Managementverhalten stärker beeinflusst als andere Faktoren. 247

237

WUNDERER 1980, S. 54; RATTAY 2003, S. 14 ADAIR 2004, S. 21 KAISER 2004, S. 163-164; MÜLLER/STEWENS/DROLSHAMMER/KRIEGMEIER 1999b, S. 124 240 GREWE 2004, S. 241; RATTAY 2003, S. 13; HALLER 2005, S. 259 241 ADLER 1997, S. 42; MACZYNSKI 2002, S. 198 242 STÜDLEIN 1997, S. 113-114 243 ADAIR 2004, S. 21 244 WEINERT 1998, S. 101 245 WUNDERER 2000, S. 258; RATTAY 2003, S. 48 246 RATTAY 2003, S.48 247 WEINERT 1998, S. 87; STÜDLEIN 1997, S. 113; WEINERT 2004, S. 496 238 239

48

In Bezug auf projektorientierte Unternehmen ist der Führungsstil durch Identitäts- und Überzeugungsarbeit gekennzeichnet und die Führung lässt sich mit der Koordination unternehmerisch agierender Einzelpersonen vergleichen.248 Zudem erfordert Teamarbeit grundsätzlich einen eher partizipativen Führungsstil249.250 Dieser scheint auch innerhalb der PSFs, auf Grund des Autonomiebestrebens der Professionals, sinnvoll.251 Als entscheidend für den Erfolg einer Führungskraft im multikulturellen Umfeld wird ihre Führungsstil-Flexibilität, d. h. die Fähigkeit, den Führungsstil der Situation und den kulturellen Erfordernissen anzupassen, angesehen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es Führungskräften überwiegend schwerfällt, in Bezug auf den Führungsstil flexibel zu agieren.252 Es konnte zudem gezeigt werden, dass das Ausmaß, in dem ein Vorgesetzter arbeits- bzw. mitarbeiterorientiert führt, ebenso kulturellen Einflussfaktoren unterliegt.253 Aus der Machtdistanz-Dimension kann z. B. gefolgert werden, dass Mitarbeiter aus Ländern mit geringem Machtdistanzindex ihren Vorgesetzten stets ansprechen können und es wagen, Kritik zu äußern. Solche Mitarbeiter bevorzugen daher eher einen partizipativen Führungsstil.254 In Ländern mit einem hohen Machtdistanzindex werden hingegen stark hierarchische Strukturen durchaus akzeptiert. Hier kommt es oft zu einer ausgeprägten Abhängigkeit des Mitarbeiters von seinem Vorgesetzten und dem Ausüben eines eher autoritären Führungsstils255.256 Erfolgreiche Führung zeichnet sich durch Teammitglieder aus, die zielorientiert arbeiten, Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben, flexibel auf Umweltveränderungen reagieren, sich dem Unternehmen verbunden fühlen und insbesondere in schwierigen Phasen zusammenhalten.257 Innerhalb der PSFs wird eine Führungsperson dann erfolgreich sein, wenn ihre Führungsarbeit die gewünschten ökonomischen Ergebnisse erzielt, ihre Kun248

RATTAY 2003, S. 18 Beim partizipativen Führungsstil fließt sowohl die Auffassung des Vorgesetzten als auch des Mitarbeiters in die Entscheidung ein. Vgl hierzu SCHOLZ 1989, S. 385. 250 BUNGARD/WALTER/ANTONI 2004, S. 441 251 KAISER 2004, S. 175 252 SCIUCHETTI 1994, S. 167-168 253 HOFSTEDE 1998, S. 21 254 HOFSTEDE 1997, S. 28-32, 154-155; HOFSTEDE 1991, S. 104 255 Beim autoritären Führungsstil liegen die Entscheidungs- und Kontrollkompetenzen ausschließlich beim Vorgesetzten. Vgl. hierzu DRUMM 1992, S. 381-382. 256 HOFSTEDE 1997, S. 28-32, 154-155; WEINERT 1998, S. 497 257 ADAIR 2004, S. 33-34 249

49

den, ihr Team, sie selbst und das restliche Umfeld zufrieden sind und sie somit wirksam geführt hat.258 Gute Führung bedeutet auch, die Potenziale verschiedener Sichtweisen in Bezug auf ein gemeinsames Ziel zu dirigieren und dabei der Zusammenarbeit innewohnende Spannungen zu minimieren.259 Der Führungserfolg setzt sich letztlich aus der ökonomischen Effizienz, die sich auf die Leistungswirksamkeit der Führung bezieht, und der sozialen Effizienz, die auch oft mit der Arbeitszufriedenheit gleichgesetzt wird, zusammen.260 Einfluss auf den Führungserfolg haben vor allem Vorgesetzte, die einzelnen Mitarbeiter bzw. das Team und die spezifische Führungssituation.261 Es lässt sich festhalten, dass bei der Führung interkultureller Teams der Führende auf die kulturelle Prägung eingehen, zwischen den Kulturen vermitteln und zusätzlich auf die Individualität jedes einzelnen Teammitglieds eingehen muss.262 Führung interkultureller Teams erfordert Erfahrung, Flexibilität und ein besonderes Verständnis über die Möglichkeit, die Verschiedenartigkeit der Teammitglieder als Ressource zu nutzen. Die vorgestellten Untersuchungen, Modelle und empirischen Befunde der Kultur-, Gruppen- und Diversitätsforschung dienen als Ausgangslage für die nachfolgende Untersuchung interkultureller Teams in PSFs.

2.5

Untersuchungshypothesen

Die Untersuchungshypothesen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe der Hypothesen bezieht sich auf die Teamebene (I), die zweite auf Hypothesen zum Individuum (II).

258

RATTAY 2003, S. 60 FEKETE 2003, S. 131 WUNDERER 2000, S. 266; OLFERT 2003, S. 331-332 261 OLFERT 2003, S. 326-331 262 ADAIR 2004, S. 27; WEINERT 2004, S. 496 259 260

50

I Hypothesen zum Team I.I

Hypothesen zur wahrgenommenen Ähnlichkeit

Die wahrgenommene Ähnlichkeit drückt aus, inwieweit kulturelle Differenzen in Werten und/oder im Verhalten innerhalb des Teams wahrgenommen werden. Mit Hilfe der wahrgenommenen Ähnlichkeit soll auf einer von der Nationalität losgelösten Dimension der Einfluss kulturell geprägten Verhaltens differenzierter untersucht werden. Es wird unterstellt, dass die wahrgenommene Ähnlichkeit in besonderer Weise die Zusammenarbeit beeinflusst. Die Zusammenarbeit ihrerseits setzt sich aus der Kommunikation und dem Teamprozess zusammen. Folgende Hypothesen lassen sich demnach aufstellen: I.Ia

Je höher die wahrgenommene Ähnlichkeit ist, desto besser ist die Zusammenarbeit.

I.Ib

Je höher die wahrgenommene Ähnlichkeit ist, desto besser ist die Kommunikation.

I.Ic

Je höher die wahrgenommene Ähnlichkeit ist, desto besser verläuft der Teamprozess.

I.II

Hypothesen zum Kulturverständnis

Auf der Gruppenebene wird davon ausgegangen, dass es für die Effektivität des Teams wichtig ist, die kulturelle Prägung der Teammitglieder zu erkennen und adäquat zu berücksichtigen. Dabei sollten den Teammitgliedern die Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen und die Vorteile der kulturellen Diversität bewusst werden. Die Effektivität des Teams setzt sich aus der Zufriedenheit der Teammitglieder und der Leistung des Teams zusammen.

51

Daraus lassen sich die folgenden Hypothesen ableiten: I.IIa

Je größer das Verständnis für die kulturelle Prägung der Teammitglieder ist, desto effektiver ist das Team.

I.IIb

Je größer das Verständnis für die kulturelle Prägung der Teammitglieder ist, desto zufriedener sind die Teammitglieder.

I.IIc

Je größer das Verständnis für die kulturelle Prägung der Teammitglieder ist, desto höher ist die Leistung des Teams.

I.III

Hypothesen zur Diversität im Team

Es wird davon ausgegangen, dass der Umfang der kulturellen Diversität im Team Einfluss sowohl auf die Zusammenarbeit als auch auf die Effektivität des Teams hat. Somit lassen sich folgende Hypothesen aufstellen: I.IIIa

Je diverser das Team zusammengesetzt ist, desto schlechter ist die Zusammenarbeit.

I.IIIb

Je diverser das Team zusammengesetzt ist, desto höher ist die Effektivität.

II. Hypothesen zum Individuum Es wird unterstellt, dass die kulturelle Prägung der Professionals Einfluss darauf hat, ob sie intrinsische gegenüber extrinsischen Anreizen bevorzugen. Somit lassen sich folgende Hypothesen formulieren: II.a

Inwieweit Professionals extrinsische oder intrinsische Anreize bevorzugen, hängt von ihrer kollektivistischen Prägung ab.

II.b

Inwieweit Professionals extrinsische oder intrinsische Anreize bevorzugen, hängt von ihrer universalistischen Prägung ab.

52

II.c

Kollektivistische Professionals bevorzugen intrinsische Anreize stärker als universalistisch geprägte Professionals.

Die Hypothesen und Wirkungszusammenhänge lassen sich anhand eines Modells (Abb. 2-8) veranschaulichen. Dieses wird im folgenden empirischen Teil überprüft.

I. Hypothesen zum Team I.I. Wahrgenommene Ähnlichkeit

I.II. Kulturverständnis

I.III. Diversität

Zusammenarbeit

Effektivität

Kommunikation Teamprozess

Zufriedenheit Leistung

Effektivität Zusammenarbeit

II. Hypothesen zum Individuum II. Motivation

Kollektivismus Universalismus

Abbildung 2-8: Modell der Untersuchungshypothesen

53

3

3.1

Empirischer Teil

Methodische Grundlagen der Untersuchung

Zur Einführung in den empirischen Teil der Arbeit werden der Aufbau und Ablauf der Untersuchung (Kap. 3.1.1) erklärt. Es wird anschließend auf den Aufbau des Fragebogens (Kap. 3.1.2) als zentrales Erhebungsinstrument und auf das grundlegende Vorgehen bei der statistischen und inhaltsanalytischen Auswertung eingegangen (Kap. 3.1.3).

3.1.1 Aufbau und Ablauf der Untersuchung

Bei der Entwicklung der Untersuchungsinstrumente standen Überlegungen zur quantitativen und qualitativen Sozialforschung sowie zur interkulturellen Forschung im Vordergrund. Die Kombination qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden führt zu sich wechselseitig ergänzenden Aussagen und daher zu einem besseren Verständnis des Untersuchungsgegenstandes. Auf Grund dieser Überlegungen fiel die Entscheidung auf die Kombination mehrerer Forschungsmethoden. Die eigentliche Datenerhebung erfolgte mit Hilfe eines quantitativen Fragebogens. Als Untersuchungsgrundlage dienten vor allem kleinere und mittlere Unternehmen der PSI. Für die Datenerhebung wurden Mitarbeiter dieser Unternehmen befragt, die in Teams, Projektgruppen, Arbeitsgruppen oder Abteilungen mit Menschen unterschiedlicher Nationen zusammenarbeiten. Als qualitatives Erhebungsinstrument wurden Erfahrungsberichte interkulturell besonders erfahrener Manager eingeholt. Zusätzlich wurde ein Experteninterview mit Hilfe eines offenen Interviews geführt. Dies diente der Ergänzung der qualitativen Erhebung und ermöglichte es, sich an aktuellen Fragestellungen der Praxis zu orientieren. Die Entwicklung des Fragebogens stützt sich auf die Literatur zur Effektivität von Teams, zur interkulturellen Zusammenarbeit und auf die empirischen Ergebnisse zur

55

Diversität in Gruppen. Ziel war die Entwicklung eines Fragebogens, der die für die Fragestellung relevanten Variablen misst, statistisch valide und reliable Items verwendet sowie kulturübergreifend anwendbar ist. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde in der Literatur nach bereits getesteten Fragen recherchiert. Als Fragebogenvorbilder dienten Fragebögen aus den Untersuchungen von Podsiadlowski (2002), Triandis & Gelfand (1988), Gannon (2000), MacKay (2004), Thunig, Högel,Simon & Abramm (1992), Haberstroh (2005), Högl (2005) und Gaitanidas (2005). Zudem wurden eigene Fragen zum Untersuchungsgegenstand entwickelt. Da die Datenerhebung zweisprachig erfolgte, wurde abschließend die Vor- und Rückübersetzung der Fragen vorgenommen. Dies erfolgte durch je zwei englische und deutschsprachige Muttersprachler mit entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen und durch eine Person, deren Muttersprache sowohl englisch als auch deutsch ist. Dies führte dazu, dass ein Großteil der Fragen für die Untersuchung modifiziert werden mussten, um eine kulturübergreifende Validität sicherstellen zu können. Die abschließende Expertenvalidierung erfolgte durch Prof. Dr. Ricarda Bouncken. Bevor der Fragebogen im Feld zum Einsatz kam, wurde ein Pretest durchgeführt. Hierbei beantworteten deutsche, englische und kanadische Studenten sowie berufstätige Personen den Fragebogen auf Verständlichkeit, Bearbeitungsdauer und Trennschärfe der einzelnen Fragebogenitems. Dies führte dazu, dass einige Items gestrichen werden mussten. Auf den Aufbau des Fragebogens wird nun im Einzelnen eingegangen.263

3.1.2 Aufbau des Fragebogens

Der Fragebogen zur interkulturellen Teamarbeit in PSFs stellt das eigentliche Erhebungsinstrument dar. Er konnte sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache

263

56

Der vollständige Fragebogen ist dem Anhang zu entnehmen.

online beantwortet werden. Um sicherzustellen, dass die befragten Personen dem Untersuchungsgegenstand entsprachen, wurden nur Unternehmen aus der PSI per E-Mail aufgefordert, an der Untersuchung teilzunehmen.264 Der Fragebogen umfasst Fragen zu persönlichen Merkmalen der Befragten, zum Unternehmen und zum Team. Die persönlichen Fragen beziehen sich auf Angaben zu soziodemographischen Daten, zum kulturellen Profil und zur Motivation. Die unternehmensbezogenen Fragen beschränken sich auf die Unternehmenstätigkeit und internationale Ausrichtung des Unternehmens. Der Schwerpunkt des Fragebogens liegt auf der Erhebung teambezogener Daten. Die Fragen hierzu beziehen sich auf das Kulturverständnis, die Zusammenarbeit und die Führung des Teams. Die Fragen zu den abhängigen Variablen beziehen sich auf die Effektivität des Teams. Die zentralen Elemente des Fragebogens werden in folgender Tabelle dargestellt. Konstrukt

Subkonstrukte

1. Soziodemographische Daten zum Individuum 2. Kulturelles Profil Kollektivismus, Universalismus 3. Motivation Intrinsische Anreize, Extrinsische Anreize 4. Daten zum Unternehmen 5. Daten zum Team Kulturelle Diversität 6. Kulturverständnis 7. Zusammenarbeit Kommunikation, Teamprozess (Arbeitseinsatz, Gegenseitige Unterstützung) 8. Effektivität Zufriedenheit, Leistung Tabelle 3-1: Zentrale Fragebogenelemente

264

Der Einleitungstext des Fragebogens ist dem Anhang zu entnehmen.

57

3.1.3 Auswertungsmethoden

Der Schwerpunkt der Auswertung lag auf der statistischen Analyse der quantitativen Daten (Kap.3.2.1). Die Hypothesenprüfung erfolgte über verschiedene Testverfahren. Zur Prüfung eines Zusammenhangs zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen wurde der Korrelationskoeffizient nach Pearson ermittelt. Er gibt den Grad des linearen Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen wieder.265 Die Untersuchung auf einen kausalen Zusammenhang erfolgte mittels linearer Regression. Der Regressionskoeffizient misst den marginalen Effekt der Änderung einer unabhängigen auf die abhängige Variable. Er lässt die Vorhersage einer abhängigen Variablen durch eine unabhängige Variable zu.266 Als Gütekriterium wird das Bestimmtheitsmaß R2 (R-Quadrat) angegeben, das die Güte der Anpassung an die Regressionsgrade wiedergibt.267 Zusätzlich wurde zur Prüfung der Autokorrelation ein Durbin-Watson-Test durchgeführt. Liegt keine Autokorrelation vor, so kommt es zum einen zu Verzerrungen des Regressionskoeffizienten, zum anderen lassen sich die Variablen dann nicht mehr einzeln erklären268 Der standardisierte Regressionskoeffizient (Beta-Koeffizient) gibt an, um wie viel Standardabweichung sich eine abhängige Variable erhöht oder erniedrigt, wenn sich die unabhängige Variable um eine Standardabweichung erhöht. Er wird verwendet, um die Einflussstärken unterschiedlicher Variablen in einem Modell zu vergleichen. Je höher dieser Wert ist, desto mehr trägt der entsprechende Prädiktor zur Vorhersage bei.269 Mittelwertvergleiche von Gruppen wurden anhand einer einfaktoriellen ANOVA durchgeführt. Hierbei wurde ein LSD-Test (Least Significant Difference) im Rahmen einer Post265

GELBRICH 1998, S. 30-31; PRECHT/KRAFT/BACHMAIER 1999, S. 46-48 GELBRICH 1998, S. 33-35; BACKHAUS/ERICHSON/PLINKE/WEIBER 2006, S. 55, 61 BACKHAUS/ERICHSON/PLINKE/WEIBER 2006, S. 64-66 268 BACKHAUS/ERICHSON/PLINKE/WEIBER 2006, S. 88-89 269 BACKHAUS/ERICHSON/PLINKE/WEIBER 2006, S. 62-63 266 267

58

Hoc-Analyse zum paarweisen Vergleich von Mittelwerten verwendet. Liegen Abweichungen zwischen den Mittelwerten vor, so können Post-Hoc-Spannweitentests und paarweise multiple Vergleiche benutzt werden, um die einzelnen Mittelwerte auf die einzelnen Unterschiede zu testen. Die Vergleiche werden auf Basis von nicht korrigierten Werten berechnet. Für alle statistischen Analysen wurde das Softwareprogramm SPSS 14.0 verwendet. Einzelne fehlende Werte wurden von der Untersuchung ausgeschlossen. Die qualitativen Daten wurden mit Hilfe einer Inhaltsanalyse ausgewertet. Hierbei werden die zentralen Inhalte der Berichte und Gesprächsprotokolle systematisch aufbereitet und die Inhalte in Gruppen gegliedert. In Kap. 3.2.2 wird das Ergebnis dieser Analyse dargestellt.

3.2

Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung interkultureller Teams in PSFs vorgestellt. Zunächst erfolgt die Auswertung der quantitativen Analyse. Daran anschließend werden die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung vorgestellt.

3.2.1 Quantitative Analyse

Zunächst erfolgt eine deskriptive Auswertung der Stichprobe (Kap. 3.2.1.1) und der Kontrollgruppe (Kap. 3.2.1.2). Des Weiteren wird auf die Skalenbildung und Operationalisierung der Variablen eingegangen (Kap. 3.2.1.3), an die sich die Hypothesenprüfung (Kap. 3.2.1.4) anschließt.

59

3.2.1.1 Beschreibung der Stichprobe

Im Folgenden wird auf die Zusammensetzung der Stichprobe und deren einzelne Merkmale näher eingegangen. Insgesamt wurden weltweit ca. 7000 Anfragen per E-Mail an Unternehmen bzw. Einzelpersonen verschickt. Nach Bereinigung der Datensätze kamen noch 317 Fälle für die Auswertung in Frage. Es lagen zusätzlich 32 Datensätze aus Teams vor, die nur aus einer einzigen Nationalität bestanden. Diese dienen als Kontrollgruppe und werden in Kap. 3.2.1.2 näher beschrieben. Die geringe Rücklaufquote von 4,5 %270 lässt sich vor allem dadurch erklären, dass vorab nicht festgestellt werden konnte, ob in den Unternehmen interkulturelle Teams arbeiten. An der Untersuchung beteiligten sich die verschiedensten Unternehmen der PSI (Tab. 3-2). Von den 317 befragten Personen beantworteten 136 (42,9%) den Fragebogen auf Deutsch und 181 (57,1%) auf Englisch. 248 Befragte gaben an, dass ihr Unternehmen international tätig sei (78,2%), 4 Personen machten hierzu keine Angabe. In der Regel stammten die Personen nicht aus dem gleichen Team. Bei lediglich 8 Datensätzen konnte ermittelt werden, dass jeweils 2 Personen aus dem gleichen Team stammten.271

270 271

60

Einschließlich der 32 monokulturellen Teams liegt die Rücklaufquote bei 5%. Die Ermittlung erfolgte anhand der Übereinstimmung von Unternehmenscode, Teamgröße und den vertretenen Nationen im Team.

Unternehmenstätigkeit

Häufigkeit

Prozent

Rechtsanwaltskanzleien Unternehmensberatungen(Consulting) Steuerberatungen Markt- und Meinungsforschungsinstitute Investmentbanken / Finanzdienstleister Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen Informationstechnologie (IT)-Dienstleister Ingenieurdienstleister Werbeagenturen Logistikdienstleister Personaldienstleister sonstige beratende Dienstleistungen Gesamt

60 34 32 27 24 17 16 13 11 10 10 63 317

18,9 10,7 10,1 8,5 7,6 5,4 5,0 4,1 3,5 3,2 3,2 19,9 100 %

Tabelle 3-2: Unternehmenstätigkeit

Die Teilnehmer der Untersuchung stammten aus 62 verschiedenen Nationen. Die größte Gruppe stellten die Deutschen mit 95 Teilnehmern (30%) dar. Danach folgten die USA (21 Teilnehmer, 6,6%) und Österreich (17 Teilnehmer, 5,4%). China, Großbritannien, Australien und Indien waren mit je 10 Teilnehmern (3,2%) vertreten. Ebenfalls nahmen 8 Personen an der Untersuchung teil, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen bzw. in zwei Nationen aufgewachsen sind. Das Alter der Beteiligten setzte sich wie folgt zusammen: Alter in Jahren

< 25

25-35

36-45

46-55

>55

Häufigkeit

17

121

88

53

29

k. A. 9

N=317

Prozent

5,4%

38,2%

27,8%

16,7%

9,1%

2,8%

100%

Tabelle 3-3: Altersstruktur

Der Datensatz weist somit eine ausgewogene Altersstruktur auf. Es nahmen 200 Männer (63,1%) und 109 Frauen (34,4%) an der Untersuchung teil, wobei 8 Personen (2,5%) keine Angaben zum Geschlecht machten. 214 Personen gaben an, Personalverantwortung (67,5%) zu haben. Die Personalverantwortlichen setzten sich aus 152 Männern und 55 Frauen zusammen. Der Umfang der Personalverantwortung stellt sich wie folgt dar:

61

Personen

0

1-5

5-10

10-30

30-50

>50

k.A.

Häufigkeit

85

110

43

34

12

14

19

N=317

Prozent

26,8%

34,7%

13,6%

10,7%

3,8%

4,4%

6%

100%

Tabelle 3-4: Umfang der Personalverantwortung

Der relativ geringe Umfang der Personalverantwortung korrespondiert mit der geringen Teamgröße innerhalb der PSFs. Die interkulturelle Erfahrung einer Person wurde mit Hilfe der Arbeitserfahrung in einem interkulturellem Umfeld, der Arbeitserfahrung im Ausland und der Fremdsprachenkenntnisse ermittelt und stellt sich wie folgt dar: Mittelwert

Median

Min.

Max.

N=317

Arbeitserfahrung im interk. Umfeld in Jahren

11,69

10,00

1

45

4 k.A.

Arbeitserfahrung im Ausland in Jahren

7,32

5,50

0,3

45

97272

Anzahl der Fremdsprachen

2,58

2,00

0

12

2 k.A.

Tabelle 3-5: Interkulturelle Erfahrung

Die Arbeitserfahrung in einem interkulturellen Umfeld und die Arbeitserfahrung im Ausland weisen relativ hohe Werte auf. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass 97 Personen (30,6%) angaben, über keine Auslandserfahrung zu verfügen. In Bezug auf die Teams selber wurden als zentrale Elemente die Gruppengröße, die Dauer der Zusammenarbeit und die Dauer der Teamzugehörigkeit der befragten Person erfasst. Alter des Teams in Jahren

10

Häufigkeit

67

90

25

k. A. 1

N=317

Prozent

21,1%

28,4%

7,9%

0,3%

100%

Mittelwert

Median

Min.

Max.

k. A.

Teamzugehörigkeit in Jahren

4,24

2,00

0,1

25,0

14

N=317

Größe

11,64

7,00

2

80

7

N=317

Tabelle 3-6: Daten zum Team 272

62

97 Teilnehmer (30,9%) gaben an, keine Arbeitserfahrung im Ausland zu besitzen.

Die Teams sind im Allgemeinen also recht jung. Dies war zu erwarten, da die Teams in PSFs i. d. R. projektbezogen gebildet werden und nach Abschluss des Kundenauftrags wieder aufgelöst werden.

3.2.1.2 Beschreibung der Kontrollgruppe

Die Teams der Kontrollgruppe bestehen aus Personen gleicher Nationalität und stellen somit mono-kulturelle Teams dar. Sie entsprechen nicht direkt dem Untersuchungsgegenstand. Sie dienen aber als Vergleichsgruppe zu den interkulturellen Teams. Die kulturbezogenen Fragen des Teams wurden in dieser Gruppe nicht berücksichtigt. In dieser Gruppe liegen Datensätze von 32 Personen vor, die sich gleichmäßig auf die oben beschriebenen Unternehmensarten verteilen. Der Fragebogen wurde von 15 Personen auf Deutsch und von 17 Personen auf Englisch beantwortet. Die Personen stammen aus 17 verschiedenen Nationalitäten. Das Alter der Teams setzt sich wie folgt zusammen: Alter in Jahren

< 25

25-35

36-45

46-55

>55

Häufigkeit

2

10

10

5

4

k. A. 1

N=32

Prozent

6,3%

31,3%

31,3%

15,6%

12,5%

3,1%

100%

Tabelle 3-7: Altersstruktur mono-kultureller Teams

An der Untersuchung nahmen 22 Männer (68,8%) und 9 Frauen (28,1%) teil, wobei eine Person (3,1%) keine Angaben zum Geschlecht machte. 20 Personen hatten Personalverantwortung (62,5%) im folgenden Umfang inne: Umfang in Personen

0

1-5

5-10

10-30

30-50

>50

Häufigkeit

9

14

5

0

0

2

k. A. 2

N=32

Prozent

28,1%

34,8%

15,6%

-

-

6,3%

6,3%

100%

Tabelle 3-8: Umfang der Personalverantwortung in mono-kulturellen Teams

63

Von den befragten Personen waren 17 (53,1%) in international tätigen Unternehmen beschäftigt. Die interkulturelle Erfahrung, das Alter des Teams, die Dauer der Teamzugehörigkeit und die Größe des Teams stellen sich wie folgt dar (Tab. 3-9): Mittelwert

Median

Min.

Max.

Arbeitserfahrung im interk. Umfeld in Jahren

10,52

7

0

30

N=32 2 k. A.

Arbeitserfahrung im Ausland in Jahren

8,61

5,5

1

30

23273

Anzahl der Fremdsprachen

2,09

2

0

4

0 k. A.

Alter des Teams in Jahren