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Zitiervorschau

Skriptum für die SchülerInnen der 5. Klasse des RG & ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95 – 99, 1070 Wien (Stand: Schuljahr 2010/2011) nur für den internen Gebrauch bestimmt!

Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Inhaltsverzeichnis

1. Einteilung der Musikinstrumente 2. Chordophone - allgemein 3. Klaviere (Clavichord, Cembalo, Hammerklavier, moderner Flügel) 4. Zupfinstrumente (Laute, Gitarre, Harfe) 5. Streichinstrumente (Gamben, Violinen) 6. Berühmte Geigenbauer 7. Aerophone – allgemein 8. Orgel 9. Holzblasinstrumente Flöten (Blockflöte, Querflöte) 10. Holzblasinstrumente mit doppeltem Rohrblatt (Oboe, Fagott) 11. Holzblasinstrumente mit einfachem Rohrblatt (Klarinette, Saxophon) 12. Blechblasinstrumente (Trompete, Posaune, Horn, Tuba)

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1. Einteilung der Musikinstrumente 1.

Zur Entstehung der Musikinstrumente:

Unsere Musikinstrumente haben eine jahrtausendlange Geschichte. Alle Instrumente - mit Ausnahme der im 20. Jahrhundert entstandenen elektronischen – lassen sich auf Urtypen in prähistorischer Zeit zurückverfolgen: Rasseln, Schraper und Schwirrholz, Musikbogen und –stab, Weidenpfeife und Knochenflöte, Schnecken- und Muscheltrompete, Tierhorn, ausgehöhlte Baustämme usw. Die ersten Musikinstrumente sind wahrscheinlich aus dem Wunsch entstanden, die menschliche Stimme bzw. Laute und Geräusche aus der Natur nachzuahmen.

Aus: Deyries u.a.: Die Geschichte der Musik in Comics. Thienemann, Stuttgart 1982

Musikinstrumente hatten ursprünglich keine musikalische, sondern kultische Bedeutung, sie dienten dazu, Empfindungen der menschlichen Seele auszudrücken, die Stimme zu „maskieren“, unkenntlich und damit übermenschlich zu machen, Geister und Götter zu beschwören oder zu bannen. Reste davon finden sich noch heute im Brauchtum (Winteraustreiben Fastnacht usw.). Erst viel später in den Hochkulturen Ägyptens und Mesopotamiens wurde aus dem kultischen Aufgabenbereich ein rein künstlerischer und die Musikinstrumente treten auch in den Dienst ästhetischen Ausdrucks. 2.

Ordnung der Musikinstrumente:

Eine Ordnung ist nach mehreren Gesichtspunkten möglich: Material, Verwendungszweck, Herkunftsland, Spielweise, Entstehungszeit usw. In der Orchesterpraxis spricht man meist von Streichinstrumenten, Blasinstrumenten und Schlaginstrumenten. Diese Einteilung ist viel zu grob und schließt zahlreiche Musikinstrumente, besonders auch solche anderer Kulturkreise, aus. Heute ist daher im wissenschaftlichen Bereich eine Einteilung nach der Art der Klangerzeugung üblich, also nach der Frage „Wie entsteht ein Ton auf dem jeweiligen Instrument“ (nach: Curt Sachs und Erich Hornbostel „Handbuch der Musikinstrumente“, 1913). Erst in zweiter Linie wird nach Material oder Spielweise unterschieden. Wir unterscheiden 5 Gruppen von Musikinstrumenten: Selbstklinger (Idiophone): nach griech.: idios = eigen, Schlaginstrumente ohne Fell, Rasseln usw. Idiophone sind Instrumente, die Töne oder Geräusche durch Eigenschwingung hervorbringen und nicht durch eine schwingende Membran, eine Saite oder eine Luftsäule. Sie bestehen aus harten Materialien wie Holz, Ton, Stein, Metall oder Glas um direkte Schallabstrahlung zu ermöglichen. In der Praxis gehören diese Instrumente zur Gruppe des Schlagzeugs. Man unterscheidet Instrumente mit bestimmter Tonhöhe und solche mit unbestimmter Tonhöhe. Beispiele: • • • • • • • • • • • Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Fellklinger (Membranophone): nach griech.: membrana = Haut, Trommeln und Pauken. Sie benutzen zur Tonerzeugung eine gespannte Membran aus Pergament, Fell oder Kunststoff, die durch Schlagen, Reiben oder auch durch einen Luftstrom (!) in Schwingung gebracht werden können. Beispiele: • • • • • Saitenklinger (Chordophone): nach griech. chordae = Saite, Instrumente mit schwingenden Saiten. Die Saite besteht aus Pflanzenfasern, Haar, Seide, Tiersehnen oder –därmen, Metalldraht oder Kunststoffen. Die Saiten schwingen durch Zupfen, Schlagen, Streichen oder Mitschwingen. Klangstärke und –farbe eines Saiteninstruments hängen vor allem vom Resonanzkörper ab, in dem die Luft zum Schwingen gebracht wird. Man unterscheidet einfache und zusammengesetzte Chordophone. Beispiele: • • • • • Luftklinger (Aerophone): nach griech. aer = Luft, Blasinstrumente, Orgeln, Harmonikas usw. Die im Instrument befindliche Luftsäule wird durch Anblasen in Schwingungen versetzt. Nach dem Baumaterial und Tonerzeugung unterscheidet man Holzblasinstrumente (Flöten und Rohrblattinstrumente: Oboe, Klarinette, Saxophon, Fagott), Blechblasinstrumente (Trompete, Posaune, Tuba, Horn) und Harmonikainstrumente (Akkordeon, Harmonium). Eine Sonderform sind die Orgeln (Kirchenorgel, Positiv, Portativ, Regal), bei denen die Luft nicht durch den Atem des Spielers in Schwingung versetzt wird, sondern durch mechanische Luftversorgung. Beispiele: • • • • • • • „Stromklinger“ (Elektrophone, später hinzugekommen): Instrumente mit synthetischer Klangerzeugung, -verstärkung und Lautsprechern. Sie bilden zwei Gruppen: herkömmliche mechanische Instrumente, die wie z.B. wie die Elektrogitarre elektrisch verstärkt werden und daher keinen Resonanzkörper mehr brauchen, sowie neukonstruierte Instrumente, meist mit Tastatur (Orgeln). Aufgabe: Ordne folgende Instrumente den richtigen Gruppen zu: Akkordeon, Alphorn, Äolsharfe, Balalaika, Becken, Brummtopf, Celesta, Claves, Darabukka, Didjeridoo, Drehleier, E-Gitarre, Einhandflöte, Englischhorn, Fortepiano, Glasharmonika, Glockenspiel, Hackbrett, Heckelphon, Kastagnetten, Klavichord, Krummhorn, Laute, Leierkasten, Marimbaphon, Maultrommel, Musikbogen, Nadelgeige, Okarina, Olifant, Piston, Portativ, Ratsche, Sackpfeife, Schalmei, Schwirrholz, Singende Säge, Spinett, Synthesizer, Tamburin, Theorbe, Trogtrommel, Trumscheit, Ukelele, Viola da gamba, Waschbrett, Zimbal, Zugposaune.

3. Mögliche Spielweisen: Instrumente/ Spielweisen Idiophone Membranophone Chordophone Aerophone Elektrophone

gestrichen

gezupft

geblasen

geschlagen

mit Tasten gespielt

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2. Chordophone - allgemein 1. Körperformen:

Es gibt bei den Chordophonen 5 typische Instrumentenformen. Das Klassifikationskriterium dabei ist das Verhältnis der Saiten zum Körper, der die Saiten trägt bzw. zum Resonanzkörper, der die Schwingung verstärkt. Der Musikbogen (a), das älteste Saiteninstrument, hat eine oder mehrere Saiten, die an beide Enden eines gekrümmten Stocks geheftet sind. Die Saiten der Lyra (b) verlaufen vom Korpus zu einem von zwei Jocharmen gehaltenen Querbalken. Die Saiten einer Harfe (c) spannen sich in einem spitzen Winkel vom Korpus zum Hals (Dreiecksform). Die Lauten (d) haben Saiten, die über einen Steg verlaufen. Die Saiten von Zithern (e) werden durch Stege hochgehalten und laufen über die gesamte Länge des Instruments.

2. Tonerzeugung:

Die gebräuchlichste Methode für das Spiel ist das Zupfen mit den Fingern (a) oder einem Plektron (b), sowie das Streichen mit einem Bogen (c). Einige Zithern (z.B. das „Hackbrett“) werden mit Schlegeln oder Hämmern gespielt (d), während die Saiten einer Äolsharfe (e) durch den Wind zum Klingen gebracht werden.

3. Tonhöhenveränderung:

Die Tonhöhe hängt von der Länge, der Spannung und der Dicke der Saite ab. Eine kurze Saite ergibt einen höheren Ton als eine lange (a), eine stark gespannte Saite erzeugt einen höheren Ton als eine weniger straffe (b) und eine dünne Saite klingt höher als eine dicke (c).

Beim Spielen wird ein höherer Ton wird erreicht, indem man die Länge der Saite verkürzt. Zu diesem Zweck wird gewöhnlich „gegriffen“, indem man die Saite gegen Hals oder Körper des Instruments presst (a). Manchmal zeigen Bünde“ die genaue Stelle an, an der eine Saite gegriffen werden muss (b). Manche Instrumente (z.B. Zithern) haben bewegliche Stege, die verschoben werden können (c).

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3. Klaviere

Der Name Klavier kommt vom lateinischen Wort clavis = Schlüssel, Taste. Bis in das 18. Jahrhundert wurden alle Tasteninstrumente (engl.: keyboard instruments), also auch die Orgel (!), als „Clavier“ bezeichnet. J. S. Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ ist für ein Cembalo komponiert worden! Urform der Klaviere sind die Zithern, bei denen viele Saiten über einen Resonanzkörper gespannt werden. Eine weitere Zwischenstufe zum Klavier ist das Hackbrett, bei dem die Saiten mit Hämmerchen per Hand zum Klingen gebracht werden. Entwickungsgeschichtlich der letzte Schritt ist dann das Hinzufügen einer Mechanik, durch die eine Tastatur mit den Saiten verbunden wird. Der Begriff „Tasteninstrumente“ ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Musikinstrumente mit einer Klaviatur.

Clavichord 1.

Geschichte:

Das Clavichord ist das älteste Tasteninstrument mit Saiten. Es war sehr einfach zu stimmen und leicht zu transportieren und ist deshalb seit dem 15. Jahrhundert rund dreieinhalb Jahrhunderte als Hausmusikinstrument für weltliche Musik sehr verbreitet. J.S. Bach schrieb für dieses Instrument seine zwei- und dreistimmigen Inventionen. 2.

Bauweise:

Die über den kastenförmigen Resonanzkörper des Clavichords gespannten Saiten (c) werden beim Niederdrücken der Tasten (a) durch kleine Metallplättchen (b) von unten angeschlagen. Das Metallplättchen („Tangente“), das die Saite teilt, bleibt mit der Saite in Berührung, bis man die Taste wieder loslässt. Ein Teil der Saite schwingt, während der andere mit einem Tuch abgedämpft wird. Die Saiten sind aus Messing oder Stahl und meist für jeden Ton doppelt gespannt („zweichörig“) und verlaufen parallel zur Klaviatur. Der Tonumfang beträgt nur rund 4 Oktaven.

Clavichord

3.

Tangentenmechanik eines Clavichords

Spielweisen:

Durch die direkte Verbindung Finger-Taste-Tangente-Saite lässt sich der Ton klanglich beeinflussen (man kann z.B. eine Art Vibrato oder „Bebung“ erreichen). 4.

Besonderheiten:

Es gibt zwei Arten von Clavichorden: a) das „gebundene“ Clavichord: Beim gebundenen Clavichord wird eine Saite für die Tangenten mehrerer Tasten (bis zu fünf!) benutzt, wodurch nahe beieinander liegende Töne nicht zugleich gespielt werden können. b) das „bundfreie“ Clavichord: Beim bundfreien Clavichord gehören zu jeder Tangente auch eine Saite.

Gebundenes Clavichord (a): mehrere Tangenten auf einer Saite

Bundfreies Clavichord (b): für jede Tangente eine Saite

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Cembalo 1.

Geschichte:

Das Cembalo (engl. harpsichord) war in der Barockzeit das wichtigste Tasteninstrument. Es spielte als Begleitinstrument („Continuo“) in der Kammermusik und Orchestermusik eine ebenso große Rolle wie auch als Soloinstrument. Die erste Schule für Cembalobau entstand in Italien im 16.Jahrhundert. Neben Italien war Flandern im 16. und 17.Jahrhundert das zweite europäische Zentrum des Cembalobaues.

Einmanualiges französisches Cembalo (Pascal Taskin), 1769

2.

Zweimanualiges englisches Cembalo (Jakob Kirkman), 1755

Bauweise:

Das Cembalo hat einen flügelförmigen Resonanzkörper, die Saiten stehen senkrecht zur Klaviatur (wie beim modernen Flügel). Es hat eine Zupfmechanik, d.h. die Saiten werden nicht angeschlagen, sondern angezupft bzw. mit Federkielen angerissen. Daher stammt auch der manchmal gebräuchliche Name „Kielflügel“. Die Tonerzeugung erfolgt durch Anzupfen von dünnen Messing-, Bronze- oder Stahlsaiten, die über einen Resonanzboden mit Stegen gespannt sind.

Die Tasten der Klaviatur wirken als Hebel. Ein kleiner Feder-, Leder- oder Kunststoffkiel sitzt in einer Docke (italienisch toccare: zupfen) auf dem hinteren Ende der Taste. Wird die Taste am vorderen Ende betätigt, so steigt das hintere Ende, hebt dadurch die Docke, und der Kiel reißt die Saite an.

Der Kiel ist eine bewegliche Zunge, der die Saite nur beim Aufsteigen zupft, während er beim Absteigen in seine Ausgangslage zurück gleitet, ohne die Saite anzureißen.

3. Spielweisen: Die Lautstärke beim Cembalo kann durch das Spielen nicht beeinflusst werden. Deshalb baute man Instrumente mit mehreren Registern und Manualen wie bei der Orgel. Die einzelnen Klangregister können nacheinander, aber auch gleichzeitig gespielt werden („Koppelung“). Besonders beliebt war der sog. „Lautenzug“: Der Kiel zupft bei diesem Register die Saite nur mit der Spitze an und erzeugt einen dünnen und zarten Ton ähnlich dem einer Laute. Das Cembalo hat einen Tonumfang von etwa viereinhalb bis fünf Oktaven. 4. Besonderheiten:

Die „kurze Oktave“: ist ein Tastatursystem, bei dem einzelne Tasten zwei verschiedene Töne erzeugen können. Es wurde bei einigen Cembalos für weniger gebrauchte Basstöne verwendet

5. Verwandte: Clavizitherium: Das Clavizitherium ist ein senkrecht stehendes Cembalo. Spinett: Ein kleines Kielinstrument mit drei- bis fünfeckigem Resonanzkörper, besonders in Deutschland und Italien beliebt. Die Saiten liegen parallel zur Klaviatur. Virginal: Rechteckige Bauweise, wurde in England und den Niederlanden gebaut, Saiten parallel zur Klaviatur. Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Hammerklavier 1.

Geschichte:

Das Hammerklavier ist der unmittelbare Vorgänger des heutigen modernen Klaviers. Diese um 1700 von Bartolomeo Cristofori in Florenz entwickelte Technik ermöglichte erstmals durch unterschiedlichen Tastendruck eine stufenlose Differenzierung der Lautstärke. Er nannte deshalb sein Instrument „Gravecembalo col piano e forte“. Wegen der damals neuen Möglichkeit, sowohl „forte“ als auch „piano“ zu spielen, erhielt das Instrument den Namen „Fortepiano“ oder „Pianoforte“. Das neue Instrument wäre vielleicht unbeachtet geblieben, wenn nicht der Schriftsteller Scipione Maffei daran Interesse gefunden hätte: Sein Artikel, den er nach einem Besuch in Cristoforis Werkstätte schrieb, wurde später ins Deutsche übersetzt und regte wahrscheinlich Gottfried Silbermann in Deutschland dazu an, mit dem Bau von Klavieren zu beginnen. Außerhalb des deutschsprachigen Raums wird das Klavier mit „Piano“, der abgekürzten Form dieses Namens, bezeichnet.

Hammerklavier von Bartolomeo Cristofori, Florenz 1720

Hammerklavier von Johann Andreas Stein, 1770-1780

2. Bauweise: Die frühen Hammerklavier hatten noch die Flügelform eines Cembalos. Beim Hammerklavier werden die Saiten mit belederten Hämmerchen angeschlagen, was im Gegensatz zum Cembalo das Spiel mit unterschiedlichen Lautstärken möglich macht. Das Hammerklavier hat einen Tonumfang von ca. siebeneinhalb Oktaven.

Hammermechanik: Wenn kein Auslösungsmechanismus eingebaut ist (a), schlägt der Hammer auf die Saite, sobald die Taste niedergedrückt wird, und bleibt mit ihr in Berührung, bis die Taste freigegeben wird. Mit der Auslösung (b) fällt der Hammer unmittelbar darauf zurück, auch wenn der Spieler die Taste niedergedrückt hält.

3. Besonderheiten:

Das Hammerklavier von Ludwig van Beethoven. Für dieses Instrument komponierte Beethoven seine „HammerklavierSonate“ in B-Dur, Op. 106. Der Name stammt von der Widmung des Werkes an Erzherzog Rudolf: „Große Sonate für das HammerKlavier“. Das Werk wurde lange Zeit für unausführbar auf einem damaligen Klavier gehalten.

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Der moderne Flügel 1.

Geschichte:

Hinter der Entwicklung des Klaviers von seinen Anfängen des Clavichords bis zu den heutigen Konzertflügeln oder sogar den mit Computertechnologie ausgestatteten Instrumenten steht der Wunsch, ein technisch perfektes Instrument zu schaffen, das an Tonumfang, Ausdrucksfähigkeit und dynamischer Differenzierung allen Ansprüchen als Begleit-, Solo- Kammermusik- und Konzertinstrument zu genügen. Zu dieser Entwicklung haben unzählige Klavierbauer und Pianisten beigetragen: • •

Bartolomeo Cristofori: 1655 – 1731, Florenz, Erfindung der Hammermechanik. Gottfried Silbermann: 1683 – 1753, Freiberg/Sachsen, entwickelt die Hammermechanik weiter und montiert die Hämmer auf einer eigenen Hammerleiste. Johann Andreas Stein: 1728 – 1792, Augsburg, Schüler von Silbermann; er, seine Tochter Nanette und sein Schwiegersohn Johann Andreas Streicher in Wien, setzen die Hämmer direkt auf die hinteren Tastenenden und erfinden damit die sogenannte „Wiener Mechanik“ (Prellmechanik). Johannes Zumpe: Schüler von Gottfried Silbermann, wandert nach England aus und legt zusammen mit John Broadwood den Grundstein zur heute verwendetet Repetitionsmechanik (die in ihrem ausgereiften Form „Englische Mechanik“ genannt wird). Sebastian Erard: 1752 – 1831, Paris, erfindet die Repetitionsmechanik, die das schnelle Wiederholen des selben Tones ermöglicht. Alpheus Babcock: Boston, lässt 1925 den ersten Gusseisenrahmen für den Saitenbezug patentieren. Robert Wornum: London, erfindet 1826 die Pianino-Mechanik und eröffnet damit einen neuen Zweig im Klavierbau.

• • • • •

2.

Bauweise:

Die Bauweise der heutigen Klaviere, die aus sechs Grundbausteinen bestehen, sei im folgenden am Beispiel eines Flügels näher erläutert:

1.

Der Rahmen besteht in der Regel aus Gusseisen. Am hinteren Teil befinden sich die Anhangstifte, in die die Saiten eingehängt werden. Von dort laufen die Saiten zu den in den Stimmstock eingepassten Stimmwirbeln im Vorderteil. Durch Drehen dieser Stimmwirbel wird die Saitenspannung reguliert und der Flügel gestimmt.

2.

Der Resonanzboden wird aus einer Reihe längsfaseriger Fichtenholzspäne gefertigt. Beim Flügel beträgt die Dicke im Bereich der Basssaiten etwa acht Millimeter, im Bereich der hohen Tonlagen etwa zehn Millimeter. Beim Piano ist die Dicke etwas geringer.

3.

Die Saiten bestehen aus speziellem Saitenstahldraht. Sie sind in den tiefen Lagen länger und zusätzlich mit Kupferdraht umsponnen. In den hohen Lagen findet sich ein dreichöriger Bezug, d.h., es gehören zu jedem Ton drei Saiten.

4.

Die Mechanik (siehe Arbeitsweise der Mechanik weiter unten) besteht aus der Tastatur und den übrigen mechanischen Teilen. Bei der Tastatur (Klaviatur) sind die Tasten, die den Grundtönen entsprechen, aus Elfenbein oder Kunststoff hergestellt. Als Material für die Tasten, die den chromatischen Tönen entsprechen, wird Ebenholz oder ebenfalls Kunststoff verwendet.

5.

Über die Pedale kann der Klang des Klaviers geändert werden. Das rechte Pedal (das „laute" Pedal) hebt beim Flügel alle Dämpfer gleichzeitig auf. Die angeschlagenen Saiten schwingen dann weiter, auch wenn die Tasten losgelassen werden. Das linke Pedal (das „leise" Pedal) rückt beim Piano die Hämmer näher an die Saiten heran, so dass die Schlagdistanz um die Hälfte verringert wird. Beim Flügel werden alle Hämmer ein wenig ver-

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schoben, so dass von den chörigen Saiten eine weniger berührt wird. Heute seltener anzutreffen ist das dritte Pedal, mit dem die Dämpfer selektiv angehoben werden können. 3.

Je nach Form des Gehäuses werden Klaviere in Flügel und Pianos unterschieden. Für den Hausgebrauch wurde der Flügel fast vollständig vom Piano verdrängt, das weit weniger Platz einnimmt. Flügel werden in verschiedenen Größen gefertigt, vom Konzertflügel mit 2,69Meter Länge bis zum Kleinflügel mit weniger als 1,45 Meter Länge.

Dämpfer Saite Repetierschenkel

Hammer

Stosszunge Repetitionsfeder Hebeglied

Taste

Funktionsweise einer modernen Repetitionsmechanik (“Englische Mechanik”)

4.

Besonderheiten:

Mechanische Klaviere: Sie konnten das Spiel berühmter Pianisten in Form von Löchern auf Papierrollen festhalten und auf pneumatischem Wege wiedergeben. Für eine Schallplattenaufnahme dirigierte 1976 Michael Tilson Thomas die Orchesterbegleitung der „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin. Den Solopart dieser Aufnahme hatte der Komponist (gest. 1937) schon 1925 auf Klavierrolle eingespielt. Die Karikatur zeigt auf dem Plattencover den Komponisten als Geist. Auf einem Computerflügel können eingespielte Stücke nachträglich bearbeitet und korrigiert werden. Ein Pianist kann sein Spiel kritisch abhören und dadurch gezielt üben. Er kann sogar mit sich selbst „vierhändig“ spielen. 5.

Verwandte:

Tafelklavier: Kleines, tragbares Klavier, Nachbildung eines Spinetts oder Clavichords. Pyramiden- und Giraffenklavier: Benannt nach ihrer Form, mit aufrecht stehendem Resonanzraum um Platz zu sparen. Links: • Schimmel-Klaviere: http://www.schimmel-piano.com/home.html • Bösendorfer-Klaviere: http://www.boesendorfer.com • Piano-World: http://www.pianoworld.com/

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4. Zupfinstrumente Zupfinstrumente sind Saiteninstrumente, bei denen Saiten durch Zupfen mit den Fingern, den Fingernägeln oder einem Plektron zum Schwingen gebracht werden. Bei vielen Zupfinstrumenten wird die Tonhöhe durch Verkürzen der Saite erreicht. Oft gibt es hierfür ein Griffbrett, wie es von der Gitarre, der Laute oder dem Banjo her bekannt ist. Anders ist dies bei den antiken Instrumenten Lyra und Kithara und der Harfe. Sie verfügen über eine größere Anzahl von Saiten um verschiedene Töne hervorbringen zu können. Zupfinstrumente finden sich in allen Volkskulturen der Welt. Alle Zupfinstrumente haben sich aus dem Musikbogen (Leiern und Harfen) bzw. dem Musikstab (Psalterium, Hackbrett, Scheitholt, Zithern) entwickelt.

Musikbogen und Musikstab

Kykladischer Harfenspieler, ca. 700 v. Chr.

Die Kithara, das Instrument des Gottes Apollo

Die Laute 1.

Geschichte und Bauweise:

Die Laute kam ursprünglich aus dem arabischen Kulturraum. Es war ein mit einem Plektrum gespieltes, vierchöriges Instrument. Weiter entwickelt wurde die Laute im 13. und 14. Jahrhundert in Spanien aus dem ’ud, der heute ein bundloses, mit dem Plektum gespieltes Instrument mit vier bis sieben Chören ist. Im engeren Sinn ist dies die Bezeichnung für ein Zupfinstrument mit einem aus dünnen Spänen zusammengesetzten, birnenförmigen Resonanzkörper, einem kurzen Hals und einem meist vom Hals abgeknickten Wirbelkasten mit seitenständigen Wirbeln. Das Griffbrett ist mit Bünden versehen. Von den Stimmwirbeln (die sich im Wirbelkasten befinden) laufen sechs Saitenpaare (Doppelchöre) bis zu einem am Körper angeleimten Steg. Sie hatte zunächst vier Saiten und kam um 1500 zu ihrer klassischen Form. In der Renaissance wurde die Laute üblicherweise auf A-a, dd1, g-g1, h-h, e1-e1, a1 gestimmt, wobei von den fünf Doppelchören die drei unteren in Oktaven und die beiden höheren im Einklang gestimmt waren, während die höchstklingende Saite oft einzeln war. In der Decke befindet sich ein rundes Schall-Loch, das oft mit einer kunstvoll geschnitzten Rosette verziert ist. Um 1600 wurden an der Laute zusätzlich vier freie Basssaiten angebracht. Diese Saiten wurden nicht mit den Fingern gegriffen, sie waren in absteigender Folge (F-E-D-C) gestimmt. Auch größere Lauten mit immer mehr Basssaiten wurden gebaut, zu diesen zählen die Theorbe, die Chitarrone und die Erzlaute. Um 1640 verbreitet sich die von Denis Gaultier eingeführte Stimmung A-a, d-d1, f-f1, a-a, d1-d1, f1-f1. Ihre größte Blütezeit hatte die Laute im 16. und 17. Jahrhundert. Die wichtigsten Komponisten von Lautenmusik waren u.a. Denis Gaultier in Frankreich und John Dowland und Thomas Morley in England.

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2.

Spielweisen:

Musik für Laute wurde nicht in Form von Noten, sondern in einer sogenannten Tabulatur notiert. Unter einer Tabulatur versteht man die im 14. Jahrhundert entstandene Griffschrift, die Buchstaben und Zahlen auf Linien, die für die Saiten des Instruments stehen, verwendet (Übungsbeispiel siehe nächste Seite!). In ihrer Hochblüte im 16. und 17. Jahrhundert wurden Lauteninstrumente für Solostücke (Tanzmusik), als Begleitinstrument zum Lied und als Generalbassinstrument verwendet. 3.

Besonderheiten:

Die Theorbe und Chitarrone sind Lauten mit zusätzlichen, frei schwingenden Basssaiten. Sie weisen kunstvoll geschnitzte Schalllochverzierungen auf, die „Rosetten“. Alte Musikinstrumente besitzen oft eine handwerkliche Note, sie wollen nicht nur das Ohr, sondern auch das Auge erfreuen.

Theorbe, 1524, Michael Gartner

4.

Erzlaute, 1665 Martinus Harz

Chitarrone nach Magnus Tieffenbrucker, Vorder- und Rückansicht

Verwandte:

Verwandte des ’ud und der Laute sind die rumänische Cobza, die Mandoline, und die mittelalterliche Mandola. Diese haben eine entfernte Ähnlichkeit mit den kurzhalsigen Lauten, die in den arabischen Ländern um etwa 700 v. Chr. aufkamen. Zu den Lauteninstrumenten, die sich auch nach Osten ausbreiteten, gehören u.a. die chinesische Pipa und die japanische Biwa. Bereits um 2000 v. Chr. waren in Mesopotamien Lauten mit flachen Körpern und langen Hälsen bekannt. Zur Lautenfamilie gehören auch die griechische Bouzouki und die japanische Shamisen.

Chinesische Pipa

Mandoline

Griechische Bouzouki

3-saitige japanische Shamisen

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Lautentabulatur

Anleitung zur Übertragung: Die 6 Linien stellen die Saiten der Laute dar. Die unterste Linie entspricht der tiefsten Saite. Die Saiten sind in diesem Beispiel auf A/d/g/h/e1/a1 gestimmt. Die Buchstaben bezeichnen die Bünde, wobei a = leere Saite, b = erster Bund usw. Die Hälse mit den Fähnchen weisen auf die Notenlänge hin. Ein Hals mit einem Fähnchen entspricht einer Halben Note, mit zwei Fähnchen einer Viertelnote und mit drei Fähnchen einer Achtelnote.

Französische Lautentabulatur: John Dowland (1563 – 1626): „The Sick Tune“

Der „Lautenkragen“:

a

b

c

d

e

f

a1 e1 h g d A The Sick Tune John Dowland (1563 - 1626)

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Gitarre 1.

Geschichte:

Vorläufer der Gitarre sind die altgriechische Kithara und die Vihuela. Der Ursprung des Instruments liegt wahrscheinlich in den arabischen Ländern. Ab 1600 tauchen in Italien, Frankreich, Portugal, Spanien und im späteren Deutschland die ersten Gitarren auf. Es sind relativ kleine und schmal gebaute Instrumente. Auffällig ist die meist außerordentliche Verzierung und eine noch uneinheitliche Besaitung mit Doppelsaiten. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden für fünfsaitige Gitarren von vielen Komponisten wichtige Werke geschrieben. Dabei entwickelte sich auch eine Spieltechnik und Interpretation, die an das Instrument immer höhere Anforderungen stellte. Ab dem 18. Jh. hatte sich die Bauart der Gitarre mit sechs Saiten etabliert. Ihre Dimensionen und besonderen Merkmale sind im wesentlichen bis heute unverändert. Die heute übliche Form und Größe erhielt die Konzertgitarre um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch den spanischen Gitarrenbauer Antonio de Torres Jurado (1817 - 1892). 2.

Bauweise:

Die Gitarre hat einen flachen, achtförmigen Korpus (Decke aus Fichtenholz, Zargen aus Ahorn) mit einem runden Schalloch und einem Hals mit Bünden, über den sechs Saiten laufen. Die Saiten sind am Ende des Halses an Wirbelschrauben befestigt, am anderen Ende am Saitenhalter (Querriegel), der auf den Klangkörper aufgeleimt ist. Die drei oberen Saiten bestehen in der Regel aus Darm oder Nylon, die unteren aus Metall.

3.

Spielweisen:

Der Spieler drückt mit den Fingern der linken Hand die Saiten auf bestimmte Bünde (chromatisch im Halbtonabstand), um die gewünschten Tonhöhen zu erzeugen, mit den Fingern der rechten Hand zupft er die Saiten. Bei manchen Gitarren mit Metallsaiten werden die Saiten mit einem kleinen, flachen Plektrum angerissen. 4.

Besonderheiten:

Für das Akkordspiel mit der Gitarre (Liedbegleitung) hat sich ebenfalls eine Art Tabulatur bewährt. Hier stehen die Saiten senkrecht, links die tiefste, rechts die höchste. Die Saiten sind auf E – A – d – g – h – e1 gestimmt. Die Kreise () stehen für eine leere Saite, die schwarzen Punkte () für Griffpunkte. Nicht gespielte Saiten werden mit X markiert.

Beispiel 1

Beispiel 2

Welche Tonart?

Welche Tonart?

Welche Tonart?

Dm

Am

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E

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5. Verwandte:

Vihuela

Banjo

Balalaika

Western-Gitarre

Eine Spezialform der Gitarre ist die E- (Elektro-) Gitarre. Auch hier gibt es unzählige Variationen, beginnend bei der akustischen Gitarre mit Tonabnehmer bis hin zur solid body-Gitarre, der Lead-Gitarre und dem E-Bass. Allen gleich ist die Möglichkeit, die Schwingung der Saite mit Hilfe eines Tonabnehmers abzutasten und mit einem Verstärker zu verstärken. Durch die Umwandlung der Schwingung in eine elektrische Spannung ist nun den Möglichkeiten der elektronischen Klangveränderungen keine Grenze mehr gesetzt. 1. Mechaniken: An ihnen werden die Saiten eingefädelt und aufgedreht. Durch das Drehen der Mechanik wird die Spannung der Saite verändert und somit auch ihre Tonhöhe. 2. Der Hals: Das Gitarren-Griffbrett wird durch die Bundstäbchen in zahlreiche Bünde unterteilt. Gegriffen werden die Saiten zwischen den Bundstäbchen. In jedem Bund wird ein anderer Ton erzeugt. Je nach Modell kann das Griffbrett aus 15 - 24 Bünden bestehen. 3. Vibratorhebel 4. Tonabnehmer/Pickups: Sie wandeln die mechanischen Schwingungen der Saiten in elektrische Spannungen um. Diese werden dann von Verstärkern bzw. Lautsprechern wieder in kräftigere mechanische Schwingungen zurück gewandelt/verstärkt. 5. Korpus: Der Korpus einer E-Gitarre besteht entweder aus einem massiven Stück Holz oder aus zusammengeleimten Holzschichten. Die üblichen Holzarten sind: Mahagoni, Ahorn, Erle und Esche. 6. Potis 7. Vibratorsysteme: Ein Vibratorsystem ist eine mechanische Einrichtung an der EGitarre zur Tonhöhenveränderung während des Spielens. 8. Gurthalter

Kleines Lexikon der Klangeffekte: Compressor: verbessert das Sustainverhalten (Sustain ist, wenn eine Saite nach dem Anschlagen lange klingt, bzw. der Ton stehen bleibt). Extrem lang stehende Verzerrsounds. Verzerrer-Effekte: • Overdrive: Klingt wie eine übersteuerte Amp-Endstufe, manche können sogar das Verhalten von Röhrenverstärkern gut nachmachen. • Fuzz: Populär in den 60er, Anfang 70er Jahren. Ähnlich Overdrive, klingt aber synthetischer und deshalb für manche Stilrichtungen beliebt. • Distortion: klingt wie eine überdrehte Amp-Vorstufe. Sehr beliebt bei Metal-Gitarristen. Modulations-Effekte: • Chorus: erfunden von Roland/Boss. Sehr beliebter Effekt, der ein ganz leicht verstimmtes Signal dem Original beimischt. Macht Clean- und Zerrsounds sehr fett und lebendig. • Flanger: Vorläufer des Chorus. Synthetischer, unnatürlicher und extremer und deshalb sehr beliebt. • Phaser: Vorläufer des Flangers. Noch synthetischer und steriler, typisch Anfang 70er. • WahWah: beliebter Effekt aus den 60er Jahren (Hendrix etc.) Über ein Fußpedal wird ein Resonanzfilter verstimmt. Klingt, wie der Name sagt. • Pitch Shifter: dem Signal der Gitarre wird ein stark verstimmtes Signal zugemischt... meist Quinte oder Oktave. • Tremolo: periodische Lautstärkeschwankung... der einzige Effekt, den die Gitarristen vor 1965 hatten. • Vibrato: periodische Tonhöhenschwankung. Selten verwendet, weil die meisten Gitarristen das mit den Fingern machen. • Noise-Gate: wenn man viele Effekte gleichzeitig verwendet, steigt der Rauschpegel. Das Noisegate schaltet Gerausche in den Spielpausen stumm. • Echo, Delay: das Gitarrensignal wird zeitversetzt wiederholt • Hall, Reverb: früher machte man das mit Metall-Federn, was so schäbig klingt, dass es für manche Sounds unverzichtbar gut ist. Moderne Hallgeräte können sehr natürlich klingen. Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Harfe

1.

Geschichte:

Bogenharfen, die ältesten Vertreter der Familie, waren bei den Sumerern und in Ägypten zwischen 3000 und 2000 vor unserer Zeitrechnung bekannt. Sie sind noch in Asien (Myanmar), in Teilen von Afrika, in einigen Gebieten Sibiriens und in entlegenen Teilen von Afghanistan in Gebrauch. Winkelharfen entstanden etwas später. Sie wurden in der mittelalterlichen Musik Arabiens und Persiens eingesetzt und in Persien noch bis ins 19. Jahrhundert gespielt. Rahmenharfen, die fast völlig dem europäischen Kulturkreis zugerechnet werden können, kamen im 9. Jahrhundert auf und entwickelten sich in zwei Variationen in Irland und Schottland sowie auf dem europäischen Kontinent. Mit der Erfindung der Darmsaiten um etwa 1500 entwickelte sich eine größere Form mit einer geraden Vorderstange, die mehr Spannung aufnehmen konnte als die leichte, gebogene. Diese gotische Harfe ist der Vorläufer der volkstümlichen Harfen in Lateinamerika und der heutigen irischen Harfen und auch der Orchesterharfen. Harfe und Harfenspieler genossen im Mittelalter hohes soziales Prestige, und das Instrument hatte entsprechende symbolische Bedeutung; beispielsweise wurde die Harfe in das irische Wappen aufgenommen. Seit dem Mittelalter ist die Harfe das Attribut Orpheus’ und König Davids.

Oben: Ägyptische Darstellung einer Bogenharfe aus Theben Mitte: Babylonisches Relief mit Winkelharfe Rechts: Dieser Nachbau einer gotischen Rahmenharfe befindet sich auf der Wartburg und soll angeblich aus dem Besitz Oswalds von Wolkenstein (geboren etwa 1377, gestorben1445) stammen.

2.

Bauweise:

Harfen wurden in drei Grundformen hergestellt: als Bogenharfe, bei der Hals und Schallkörper einen Bogen beschreiben, als Winkelharfe, bei der Hals und Schallkörper mindestens im rechten Winkel zueinander stehen, und als Rahmenharfe, bei der ein drittes Element, die Vorder- oder Baronstange, Hals und Schallkörper verbindet, wodurch ein Dreieck entsteht, das die Saitenspannung besser auffangen kann. Die heutige Doppelpedalharfe wurde 1811 von Sébastien Érard entwickelt und besitzt mit 46 oder 48 Saiten einen Tonumfang von fast sieben Oktaven (1C–gis4). Die Basssaiten bestehen aus ummanteltem Draht und die hohen Saiten aus Darm, Nylon oder Perlon. Alle c-Saiten sind rot, alle f-Saiten blau gekennzeichnet. Die Harfen, die wir heute kennen sind diatonische Instrumente. Das heißt, in der Oktave finden wir 7 verschiedene Töne auf 7 verschiedenen Saiten, in C-Dur gestimmt also C-D-E-F-G-A-H (= die weißen Tasten des Klaviers). Um nun Halbtöne spielen zu können (die schwarzen Tasten auf dem Klavier) muss die Saitenlänge verändert werden. Bei den Hakenharfen sind alle oder einige Saiten mit Haken ausgestattet. Legt man die Haken um, wird die Saite verkürzt und der Ton um einen Halbton erhöht. Damit kann man in 7 Tonarten (und den parallelen Molltonarten) spielen. Das Problem dabei: benötige ich während des Stückes andere Halbtöne, muss ich die Haken umstellen - die Hände brauche ich aber zum Spielen, so dass dieses Umstellen der Haken beim Spiel nur beschränkt möglich ist.

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3.

Spielweisen:

Um Noten spielen zu können, die nicht im Bereich des siebentönigen Grundtonumfangs der Harfe liegen, verfügt diese über ein System von sieben Doppelpedalen, wobei jedes Pedal eine Saite pro Oktave beeinflusst. Die Harfe ist auf Ces-Dur gestimmt. Wenn ein Pedal in die erste Einstellung gedrückt wird, erhöht sich die Stimmung aller beeinflussten Saiten um einen Halbton, von Ces-Dur auf C-Dur. Wenn das Pedal in die zweite Stellung einrastet, erhöht sich die Saitenstimmung um einen Ganzton, von Ces-Dur auf Cis-Dur. Dieses Problem lösen die Pedalharfen durch einen Pedalmechanismus: die Saiten werden durch eine Drehscheibenmechanik verkürzt, der mit Pedalen bedient wird: die 7 Pedale bedienen dabei jeweils einen Ton der Tonleiter. Tritt man auf das C-Pedal, werden alle C-Saiten verkürzt, aus dem C wird dabei ein Cis. Die Pedale der Einfachpedalharfen kennen dabei nur eine Stellung (Seite verkürzen = Ton erhöhen), während die Pedale der Doppelpedalharfen 2 Stellungen besitzen (Seite verkürzen = Ton erhöhen und Seite verlängern = Ton erniedrigen). Auf der C-Saite einer Doppelpedalharfe können wir also - je nach Pedalstellung des C-Pedals- die Töne C, Cis und Ces spielen.

Moderne chromatische Doppelpedalharfe (Rahmenharfe)

Bestandteile einer Konzertharfe

Drehscheibenmechanik (oben) und Pedalstellungen (unten)

Pedalstufen bei der Doppelpedalharfe: Die Verwendung des doppelten Pedalmechanismus ermöglicht die Vereinheitlichung der Tonpositionen: Grundstellung: sieben , erste Pedalstufe: sieben , zweite Pedalstufe: sieben .

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4.

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Verwendung:

Die Verwendungsarten der Harfe reichen von Ensemblespiel und Gesangsbegleitung über das Generalbass- und Soloinstrument bis zum heutigen Orchester- und Konzertinstrument. Bedeutende Harfenwerke schrieben u.a. Händel, Mozart, Hindemith, Henze und Berio. Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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5. Streichinstrumente Die Streichinstrumente erklingen durch das Streichen eines Bogens. Sie haben sich aus ursprünglich gezupften Lauteninstrumenten entwickelt. Streichinstrumente benötigen eine höhere Saitenspannung als gezupfte Instrumente. Deswegen sind die Saiten über einen Steg geführt. Damit eine einzelne Saite gestrichen werden kann, sind Griffbrett und Steg meistens gewölbt. Eine Ausnahme bildet die Drehleier, bei der die Saiten durch ein Streichrad erregt werden. Bei allen Streichinstrumenten ändert sich die Tonhöhe durch Verkürzen der Saiten auf dem Griffbrett.

Drehleier, umgangssprachlich auch Leierkasten, eine mechanische Geige, bei der der Spieler die Tonhöhe verändert, indem er die Tasten eines Griffbrettes drückt. Die Saiten werden dabei von einem Scheibenrad (statt eines Bogens) am Boden des Instruments gestrichen. Das Scheibenrad wird mit einer Kurbel gedreht. Eine Drehleier hat gewöhnlich zwei Melodiesaiten, die unter der Tastatur verlaufen, und vier Bordunsaiten, die neben ihr verlaufen.

Beispiele für Streichinstrumente sind die Violine, die Bratsche, das Violoncello, der Kontrabass, das mittelalterliche Rebec, die Fiedel, die Viola da Gamba oder die Viola d`amore. Diese verfügt zusätzlich noch über Resonanzsaiten, die beim Spielen der gegriffenen Saiten mitklingen. Der Streichbogen ist meist mit Rosshaar bespannt. Die Haare werden mit Kolophonium, einem besonderen Harz, bestrichen, damit die Saiten besser greifen. Diskant- und Alt-Rebec nach der Vorlage von M.Praetorius in Syntagma Musicum II. Das Rebec ist ein Streichinstrument, dessen birnenförmiger Korpus samt Hals und Kopf aus einem einzigen Stück Holz gefertigt ist. Es wurde im Mittelalter und in der Renaissance in verschiedener Gestalt meist dreisaitig gebaut und neben der "Gross Geigen" (Fidel) auch als "clein Geigen" bezeichnet. Im Unterschied zur Fidel ist das Rebec in Quinten gestimmt. Die Fidel wird wohl das mit Abstand beliebteste Instrument des Mittelalters gewesen sein. Sieht man doch auf Abbildungen die Fidel in den Händen von Vaganten, Spielleuten und Engeln gleichermaßen. Daraus kann man leicht entnehmen, das die Fidel zu dörflichen Festen und Reigen, wie auch am Hofe der Fürsten und Könige gern gespielt wurde. Sicher wird sich die Spielweise am Hofe und auf dem Anger unterschieden haben aber ihre Beliebtheit hat sich im Wandel der Zeiten nicht geändert. Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Gamben oder Violen - Familie

Die Violen sind eine Familie von Streichinstrumenten, die zwischen 1500 und 1750 sehr beliebt waren und im 20. Jahrhundert eine Wiederbelebung erfuhren. Viole ist die französische und auch eingedeutschte Bezeichnung für die Viola da gamba. Im Französischen werden die violes (Instrumente der Violen- oder Gambenfamilie) von den violons (Violinfamilie) unterschieden. Der Musiker stützt die Viola da gamba senkrecht auf die Knie. Der Bogen wird untergriffig gehalten und ist im Gegensatz zum konkaven Bogen der Violine leicht konvex. Die Viola da gamba wird in drei Grundgrößen gefertigt (Diskant, Tenor und Bass). Sie hat hohe Zargen, abfallende Schultern, einen zum Hals hin stark abgeschrägten Boden, einen Steg ähnlich dem der Violine, C-förmige Schall-Löcher und Bünde aus Darm, die zum klaren, durchdringenden Klang des Instruments beitragen. Weniger gebräuchlich war die Kontrabassgambe, die eine Oktave tiefer steht und ein Vorläufer des modernen Kontrabasses ist. Im 16. und 17. Jahrhundert waren Gambenensembles in kammermusikalischen Kompositionen sehr beliebt. In England war die LyraGambe – ein kleiner Bass für Solomusik – gebräuchlich. Mit der zunehmenden Bedeutung des Orchesters im 18. Jahrhundert verdrängte die Geige die Diskant- und Tenorgamben. Die Bassgambe allerdings wurde weiter benutzt. Einer der herausragendsten Virtuosen auf diesem Instrument war der Franzose Marin Marais (vgl. „Die siebte Saite“).

Familie der Violinen Die Violine (italienisch violino; französisch violon; englisch violin; deutsch umgangssprachlich Geige) ist das Sopraninstrument (Diskantinstrument) der Violinfamilie (Viola da braccio), zu der auch die Viola (Bratsche), das Violoncello (Cello) und der Kontrabass gehören. Die Violine hat vier Saiten, die im Quintabstand auf die Noten g–d1–a1–e2 (von unten nach oben) gestimmt sind:

Bei frühen Violinen bestanden die Saiten aus reinem Darm. Heute sind sie aus Darm, Aluminium, Silber, Stahl oder metallumsponnenem Kunststoff. 1.

Geschichte:

Die Geige entstand im frühen 16. Jahrhundert in Italien und scheint von zwei mittelalterlichen Instrumenten, die mit dem Bogen gespielt werden, abzustammen: der Fiedel, die auch Vielle oder Fiddle genannt wird, und dem Rebec. Darüber hinaus ist die Lira da braccio der Renaissance (ein geigenartiges Instrument mit Bordunsaiten außerhalb des Griffbrettes) ein direkter Vorläufer. Die Viole ist mit der Violine verwandt, ohne eine direkte Vorläuferin zu sein. Im Vergleich zu den heutigen Instrumenten hatten die frühen Violinen einen kürzeren, dickeren Hals, dessen Neigung zur Decke hin geringer war, sowie ein kürzeres Griffbrett, einen flacheren Steg und ausschließlich Saiten, die aus Darm bestanden. Auch die frühen Bogen unterscheiden sich von den heutigen. Diese Veränderungen stammen alle aus dem 18. und 19. Jahrhundert und sind Folgen des Versuchs, die Violine noch besser und stärker klingen zu Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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lassen. Trotz dieser Versuche hat sich die grundsätzliche Konstruktion der Violine seit dem 17. Jahrhundert kaum geändert. Die Geige galt anfangs als Instrument von niederem gesellschaftlichen Rang. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hob sich ihr Ansehen aufgrund der Verwendung in Opern wie Orfeo (1607) von Claudio Monteverdi und durch das Musikensemble des französischen Königs Louis XIII., den 24 violins du roi (24 Geigen des Königs, 1626 gegründet). Dieser Aufschwung im Ansehen setzte sich im Barock durch die Werke vieler geachteter Komponisten, die zugleich Virtuosen auf diesem Instrument waren, fort, wie Arcangelo Corelli, Antonio Vivaldi und Giuseppe Tartini in Italien und Heinrich Biber, Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach in Deutschland. Die Violine wurde zur führenden Stimme der damaligen Instrumentalformen (dem Solokonzert, dem Concerto grosso, der Sonate, der Triosonate und der Suite) und in der Oper. Bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts war die Violine das gebräuchlichste Soloinstrument der europäischen Musik. Violinen bildeten auch die führenden Stimmen im Orchester, dem wichtigsten Instrumentalensemble im Barock und in der Klassik. Im modernen Orchester spielen über die Hälfte der Musiker Instrumente aus der Geigenfamilie. Das vorherrschende Kammermusikensemble, das Streichquartett, besteht aus zwei Violinen, einer Bratsche und einem Cello. Von der frühen Barockzeit bis heute hat fast jeder Komponist Violinmusik verfasst. Die bekanntesten Konzerte für dieses Instrument schrieben Corelli, Vivaldi, Bach, Mozart, Beethoven, Brahms, Bruch, Mendelssohn, Tschaikowsky und im 20. Jahrhundert Sibelius, Bartók, Strawinsky, Berg, Hindemith, Prokofjew, Schostakowitsch, Penderecki, Schnittke, Scelsi, Xenakis und Berio.

Violine

Viola/Bratsche

Violoncello

Kontrabass

Die Viola oder Bratsche (französisch alto) ist das Altinstrument der Violinfamilie, mit vier in Quinten gestimmten Saiten auf c-g-d1-a1. Die Viola ist zwei bis sieben Zentimeter länger als die Geige, eine Quinte tiefer gestimmt und variiert in der Größe mehr als Geige und Cello. Die meisten Violen haben in den unteren Tonlagen einen samtartigen, weichen Klang, in den mittleren und oberen einen vollen Klang. Die frühesten erhaltenen Exemplare sind zwei relativ große Violen des italienischen Geigenbauers Gasparo da Salò aus dem 16. Jahrhundert. In einer größeren Partitur ist die Viola zum ersten Mal in der Oper Orfeo (1607) von Claudio Monteverdi verzeichnet. Die Geschichte der Viola als Soloinstrument beginnt um 1740 mit Georg Philipp Telemann. Danach hatte die Viola ihre große Blütezeit. Zwischen 1740 und 1840 entstanden circa 140 Violakonzerte. Konzertierend wird die Viola auch in Mozarts Sinfonia concertante Es-dur KV 364 verwendet. In der Frühklassik emanzipierte sich die Viola daneben auch in der Kammermusik. Im 19. und 20. Jahrhundert hat das Interesse an der Viola als Soloinstrument wieder etwas abgenommen. Die Symphonie für Viola und Orchester Harold en Italie (1834) von Hector Berlioz gilt als das wichtigste Solowerk im 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert schrieben u. a. Hindemith, Milhaud, Bartók und Schostakowitsch bedeutende Konzertmusik mit Viola. Der wichtigste Teil des Violarepertoires im 19. und 20. Jahrhundert ist freilich trotzdem die Kammermusik, vor allem das Streichquartett. Cello, Violoncello, großes, tief gestimmtes Musikinstrument der Violinfamilie, das der Spieler zwischen den Knien hält. Das Cello hat vier Saiten und erreicht einen Tonumfang von über vier Oktaven. Die frühesten, bis heute erhalten gebliebenen Celli sind zwei Exemplare des italienischen Geigenbauers Andrea Amati aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war das Cello in erster Linie ein Nebeninstrument, es bildete Basslinien und gab der Musik Fülle. Johann Sebastian Bach komponierte um 1720 sechs Suiten für Cello ohne Begleitung. Im 18. Jahrhundert schrieben Antonio Vivaldi und Luigi Boccherini Cellokonzerte. Mozart komponierte interessanterweise kein Solokonzert für dieses Instrument. Zu den im 19. Jahrhundert entstandenen Werken für das Cello gehören Konzerte von Johannes Brahms und dem tschechischen Komponisten Antonín Dvorák. Im 20. Jahrhundert stellten Komponisten wie Sergej Prokofjew und Dmitrij Schostakowitsch die Eignung des Cellos als Soloinstrument unter Beweis. Kontrabass, tiefstes und größtes Streichinstrument. Der Kontrabass ist etwa 1,8 Meter hoch und hat normalerweise vier Saiten, die im Quartabstand gestimmt sind (1E-1A-D-G). Diese Töne werden im Bassschlüssel (manchmal auch Tenor- oder Violinschlüssel) notiert, eine Oktave höher als klingend. Manchmal ist eine fünfte Saite vorhanden, die auf 1C oder 1H gestimmt ist. Bei einigen Instrumenten ist ein Mechanismus vorhanden, mit dem die E-Saite bis zum 1C nach unten gestimmt werden kann. Im 18. und 19. Jahrhundert waren auch dreisaitige Kontrabässe in der osteuropäischen Volksmusik in Gebrauch. Der Kontrabass wird mit einem Stachel auf den Boden gestellt und im Stehen Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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(oder auf einem Sitzhocker) gespielt. Der Bogen wird entweder mit Untergriff oder mit Obergriff (französische Haltung) geführt. Der Kontrabass ist von Beginn an Bestandteil im Orchester. Für den Kontrabass wurden zahlreiche solistische Werke geschrieben, u. a. von Karl Ditters von Dittersdorf, Carl Stamitz, Domenico Dragonetti und Sergej Kussewizkij. 2. Bauweise: Die Bestandteile der Violine (gilt analog auch für die anderen Mitglieder der Familie)

Die Hauptbestandteile der Violine sind die Decke, die gewöhnlich aus gut abgelagertem Fichtenholz besteht, der Boden aus Ahornholz sowie die Zargen, der Hals, das (bundlose) Griffbrett (Ebenholz), der Wirbelkasten, die Schnecke, der Steg (Hartholz), der Saitenhalter und die F-Löcher (Schall-Löcher, vgl. Abbildung). Die Decke, der Boden und die Zargen bilden den hohlen Resonanzkörper. Im Resonanzkörper befindet sich der Stimmstock, der auch Seele genannt wird. Dies ist ein dünnes Holzstäbchen, das rechts unter dem Diskantfuß zwischen Boden und Decke gestellt wird. Der Bassbalken befindet sich ebenfalls im Inneren des Korpus. Dies ist ein langer Holzstab, der unterhalb der tiefsten Saite leicht schräg an die Decke angeklebt ist. Der Stimmstock und der Bassbalken dienen der Übertragung des Klanges im Korpus und dienen zusätzlich zur Stabilisierung. Die Saiten verlaufen vom Saitenhalter (am unteren Ende) über den Steg und das Griffbrett bis zum Wirbelkasten, wo sie an verstellbaren Stimmwirbeln befestigt sind. Verschiedene Tonhöhen werden erzielt, indem der Spieler die Finger seiner linken Hand auf die Saite legt und diese gegen das Griffbrett drückt.

3.

Bogen/Techniken/Stricharten:

Der Bogen ist bespannter Stab, mit dem die Geige und andere Saiteninstrumente gestrichen werden. Der Name „Bogen“ rührt daher, dass er in seiner einfachsten Form dem gebogenen Jagdinstrument glich. In einigen Erdteilen, vor allem in China, werden Geigen immer noch mit einem konvexen Bogen gestrichen. Frühe Bogen hatten eine über die Gesamtlänge gespannte, einfache Schnur, deren Spannung durch loseres oder festeres Anknüpfen eingestellt wurde. In Europa jedoch, wo der Rundbogen bis ins 18. Jahrhundert in Gebrauch war, wurde lange Zeit mit verschiedenen Bogenformen experimentiert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der von François Tourte entworfene Bogen üblich, der bis heute in Gebrauch ist. Er hat einen sich dem Ende zu verjüngenden Stab mit einer Schraube im Frosch. Die moderne Version besteht aus einer dünnen, konkav gekrümmten Holzstange, zwischen deren Enden (Spitze und Frosch) circa 150 bis 250 Rosshaare gespannt sind. Das Haar kann mittels des Frosches an einer Seite gespannt werden, um die zum Spielen nötige Spannung zu erreichen. Das Haar ist mit Kolophonium (Geigenharz) bestrichen, so dass es durch die beim Streichen der Saiten entstehende Reibung diese zum Schwingen bringt. Der so entstehende Ton kann durch eine Anzahl von Bogentechniken erheblich verändert werden. Folgende Techniken erlauben dem Spieler besondere Ausdrucksmöglichkeiten: Pizzicato (Zupfen der Saiten), Tremolo (schnelles Hin- und Herbewegen des Bogens auf einer Saite), sul ponticello (das Spielen ganz nah am Steg, wodurch der Klang dünn und gläsern wird), col legno (Spielen mit dem hölzernen Bogenrücken), Flageolett (leichtes Aufsetzen der Finger auf den Naturtönen der Tonleiter, wodurch Obertöne erzeugt werden und ein hoher, flötenähnlicher Klang entsteht), Glissando (gleichmäßiges Gleiten der Finger der linken Hand auf der Saite) und Vibrato (schnelle Aufwärts- oder Abwärtsbewegung der Finger, die Tonhöhenschwankungen erzeugt). Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Die Stricharten werden (je nach Art, Druck und Geschwindigkeit der Bogenführung) unterschieden in legato, staccato, portato, détaché, martellato und spiccato.

Pernambukholz

Das Hobeln der Bogenstange

Die Bestandteile des Frosches

4.

Das Bogenhaar

Aussägen der Bogenspitze

Aufspannen der Behaarung

Besonderheiten:

Streicherwitze!? (Warum immer auf die armen Bratschisten?) • Der Weihnachtsmann, der Osterhase, der Klapperstorch, ein schneller Bratscher und ein langsamer Bratscher haben zusammen hervorragend gespeist. Ein kleines wunderschönes Stück Braten ist übriggeblieben. Plötzlich geht das Licht aus und sofort versucht jeder, das Stück Fleisch zu erwischen.- Wer hat es bekommen? Ganz einfach: Einen Weihnachtsmann gibt es nicht. Einen Osterhasen gibt es nicht. Den Klapperstorch gibt es nicht. Einen schnellen Bratscher gibt es nicht........ • Wie heißt Geigenkasten auf Spanisch? Fidel Castro. • Wie verhindert man, dass einem die Geige gestohlen wird? Man legt sie in einen Bratschenkasten. • In einer Oper haben die zweiten Geigen über eine längere Passage Tremolo zu spielen. Auf einmal beugt sich einer zu seinem Nachbarn und fragt: "Wo sind wir?" "Weiß ich auch nicht, aber in 10 Minuten ist die Oper aus!" 5.

Verwandte:

Die Taschengeige (frz. Pochette) ist eine sehr kleine, im 16. Jh. Aus der Rebec entwickelte Violine. Sie war 200 Jahre populär, besonders bei Tanzmeistern, die das kleine Instrument in der Tasche tragen konnten („Tanzmeistergeige“)

Eine Lira da braccio aus dem 16. Jh. Die Art ihrer Wölbung entspricht den Formen des weiblichen Körpers - ein Hinweis auf die Nähe von Liebe und Musik. Besonders kunstvoll sind die cförmigen Schallöcher.

Die Viola d´Amore oder „Liebesviola“ entstand im 17. Jh. Als höher klingende Form der Viola bastarda. Sie hatte 6 Melodiesaiten und 6 Bordunsaiten. Der milde, lieblich süße Klang des Instrument verlieh ihm den Namen. Die Viola d´Amore erlebt in unserer Zeit wieder eine Renaissance.

Das Baryton, (Viola di bordone) eine vom 17. bis 19. Jh. gebräuchliche Gambe in Baritonlage. Es ist mit 6-7 Spiel- und 7-24 Resonanzsaiten, die an der Rückseite des Halses auch mit dem linken Daumen gezupft werden konnten, ausgestattet.

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6. Berühmte Geigenbauer

Der künstlerische Geigenbau nimmt in Italien (Cremona) seinen Ausgang. Berühmt sind noch heute die italienischen Hersteller aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die durch ihre handwerkliche und künstlerische Perfektion wegweisend waren für die heute gespielten Streichinstrumente: die Familien Amati, Stradivari und Guarneri.

Cremona/ Italien um 1710

Konstruktionsskizze von Antonio Stradivari

Familie AMATI Andrea Amati (1525-1611) ist bekannt als der Gründer der großen Cremoneser Geigenbauschule. Bevor er sich ganz dem Bau von Geigen zuwandte, baut Andrea Amati Gamben und Rebecs. Die von ihm erhaltenen Instrumente sind nicht sehr zahlreich: Angeblich baute er 24 Violinen, 6 Bratschen und 8 Celli für König Charles IX von Frankreich, die am Hofe von Versailles gespielt worden sind. Nur ganz wenige Instrumente haben bis heute überlebt. Ihm zugeschrieben Instrumente nach 1584 stammen wahrscheinlich von seinen Söhnen Antonio und Hieronymus. Nicolo Amati (1596-1684), der Sohn von Hieronymus und Enkel von Andrea, ist das berühmteste Mitglied der Familie. Seine Instrumente werden besonders wegen ihres schönen, tragenden aber nicht sehr kräftigen Klang bewundert. Von Nicolo Amati sind Violinen, Bratschen und Cellis sowie einige dreisaitige Bässe und eine Taschengeige (Pochette) erhalten. Familie GUARNERI Guarneri (lateinische Form Guarnerius), italienische Geigenbauerfamilie, deren Mitglied Giuseppe Antonio Guarneri, genannt Giuseppe del Gesù, als der bedeutendste Geigenbauer neben Antonio Stradivari gilt. Die wichtigsten Mitglieder dieser Familie, die aus Cremona stammte, waren: Andrea Guarneri (1626-1698) erlernte die Kunst des Geigenbaus in der Cremoneser Werkstatt von Niccolò Amati. Nur wenige seiner Instrumente sind noch erhalten. Seine zwei Söhne wurden ebenfalls berühmte Geigenbauer: Pietro Giovanni Guarneri (1655-1720), der sich in Mantua niederließ und Peter von Mantua genannt wird, und Giuseppe Giovanni Battista Guarneri (1666 bis ca. 1739). Sowohl Pietro als auch Giuseppe nahmen an der von Amati beeinflussten Geigenbauweise ihres Vaters einige technische Veränderungen vor. Letzterer hatte wiederum zwei Söhne: Pietro Guarneri (1695-1762), genannt Peter von Venedig, der ab 1725 in Venedig wirkte und Prinzipien der venezianischen Geigenbauschule in seine Arbeit integrierte, und Giuseppe Antonio Guarneri (1698-1744). Er erhielt seinen Beinamen Giuseppe del Gesù von der Inschrift IHS (Iesum Habemus Socium), die er stets hinter seinen Namen auf seine Schilder schrieb. Seine Geigen sind wegen ihres vollen Klanges berühmt und wurden von Geigern wie dem italienischen Virtuosen Niccolò Paganini hoch geschätzt. Giuseppe del Gesù baute circa 200 Geigen, von denen heute noch rund 70 Exemplare existieren.

Familie STRADIVARI Antonio Stradivari (1644-1737): ist auch heute noch der berühmteste Geigenbauer aller Zeiten. Er optimierte die von Gasparo da Salo entworfene und von der Amati-Familie in den Abmessungen festgelegte Form der Geige Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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klanglich in der Voraussicht, aufgrund wachsender Konzertsäle zunehmend einen tragfähigeren Klang zu entwickeln. Zu seinen Lebzeiten galten zunächst die Violinen von Nicolo Amati und besonders von Jacob Stainer als die besten. Sie waren klanglich zwar ausgewogen, doch fehlte Ihnen die Tragfähigkeit, d.h. die Fähigkeit, in großen Hallen noch bis in die letzten Winkel deutlich hörbar zu sein. Daher sind diese auch heute noch für Kammermusik erste Wahl. Ihm gelang es in der Reifeperiode, die Klangschönheit der Amatis und Stainers in perfekter Weise mit der nun zunehmend nachgefragten Tragfähigkeit zu verbinden. Die Qualität dieser Kombination soll bis heute unerreicht sein, obwohl es auch heute nachweislich Instrumente von hervorragenden Geigenbauern gibt, die einem Vergleich mit einer Stradivari standhalten. Die Preise für eine echte Stradivari gehen in die Millionen Euro, und so ist es kaum verwunderlich, dass es unter dem Namen Antonio Stradivari seit Beginn des 19. Jh. bis heute die meisten gefälschten Instrumente gibt. Nur zwei seiner Kinder arbeiteten als Geigenbauer in seiner Werkstatt, nämlich Francesco und Omobono. Es gibt nicht viele Instrumente der Söhne, die als solche ausgewiesen sind. Die Vermutung liegt nahe, dass diese zu Lebzeiten ihres Vaters mit niederen Arbeiten, wie Schneckenschnitzen und anderen Vorarbeiten vorlieb nehmen mussten. Zudem war Antonio zur Zeit seiner Reife ein reicher und angesehener Mann, so dass die Werkstatt nur gewinnen konnte, wenn er und nicht jemand anders die tonkritischen Feinarbeiten erledigte, bzw. eben seinen Namen in die Instrumente klebte. Francesco und Omobono starben einige Jahre nach dem Tod ihres Vaters. Leider war dies das Ende der Werkstatt Stradivari. Und damit nicht genug: Um 1750 endete die Blütezeit der Cremoneser Hochqualitätsproduktion von Geigen. Kurze Zeit später wusste eigentlich niemand mehr, warum die Instrumente von vor 1750 so gut klingen. So ist es bis heute Usus, Spitzenvirtuosen Instrumente von Stradivari oder Guarneri del Gesu auf Lebenszeit zu leihen. Viele schreiben die hervorragenden Klangqualitäten dieser Instrumente einem verloren gegangenen Geheimnis der Lackierung zu. Dieses Argument ist nicht ganz zu entkräften: Während des 19. Jh. und auch heute noch gibt es erbitterte Debatten über den wahren Cremoneser Geigenlack. Die Auseinandersetzungen haben zahllose Bücher und Fachzeitschriften gefüllt. Dabei gab es immer wieder Kuriositäten, die zum Schmunzeln anregen. Offensichtlich hat es viele Besessene gegeben, die bis zum Wahnsinn wie auf der Suche nach dem "heiligen Gral" das Geheimnis um den wahren Geigenlack lüften wollten. Andere versuchten, arithmetische Proportionen in den Konstruktionen Stradivaris wieder zu entdecken. Wieder andere führten den besonderen Klang auf eine diffizile tonliche Abstimmung von Decke und Boden, Luftraum usw. zurück und schrieben Bücher über ihre Erfahrungen. Es gab Autoren, die den Klang auf das lange Wässern des verwendeten Holzes in Flüssen zurückführten. Wieder andere meinten, es handele sich bei der verwendeten Holzsorte um eine ausgestorbene Pflanzenspezies.

Die Kreutzer-Stradivari

Der Mythos der Zaubergeige: Was rechtfertigt die enormen Preise? Eins ist sicher: Um sie richtig zum Klingen zu bringen, muss man sehr gut Geige spielen können. Einem Anfänger nutzt die "Strad" nichts. "Sie ist der Meister, den nichts zufrieden stellt als fehlerloses Können". Doch jeder gute Geiger schwört: Die Stradivari kling einfach schöner als alle anderen Instrumente. Warum? Antworten gibt es viele, keine ist bewiesen: In der Gegend um Cremona habe Stradivari so gut abgelagertes Holz bekommen, wie es das heute nicht mehr gibt. Das Holz soll nur bei Vollmond geschlagen worden sein. Der Geigenbauer habe seine Instrumente in Pferde-Urin gebadet. Manche behaupten sogar, die Geigen wären mit Blut getränkt worden. Wissenschaftler die Instrumente geröntgt und das Holz chemisch analysiert - ohne Ergebnis. Immerhin entdeckten Forscher eine geheimnisvolle Ascheschicht zwischen Holz und Lack. Sicher ist nur: Stradivari perfektionierte die Form der Geige so, wie sie heute überall gebaut wird. Doch das Geheimnis des genialen Tons nahm er mit ins Grab. Und so werden seine Geigen immer wertvoller und wertvoller werden. Schon jetzt haben Investoren sie als rentable Geldanlagen entdeckt. So hat die Österreichische Nationalbank mit sechs "Strads" die größte Kollektion in Europa zusammengetragen. Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Jakob Stainer Stainer (Steiner), Jakob, * 1617 Absam in Tirol, † Okt. oder Nov. 1683 ebd., Geigenbauer. Vermutlich Schüler der Geigenbaumeister in Cremona; ab 1658 Hofgeigenmacher, ab 1656 Werkstätte in Absam (ohne Gehilfen und Schüler). Begründer der mitteleuropäischen Geigenbaukunst; verband die italienische Handwerkstechnik mit dem deutschen Geigenmodell. Seine Geigen zeichnen sich durch besondere Klangschönheit aus und sind den besten italienischen Meistergeigen ebenbürtig (er wird oft mit Amati verglichen). Stainer litt ab 1675 an einer Geisteskrankheit, seine letzte Geige ist mit 1682 datiert. Der Geigenbauer Marcus Stainer (* 1633 Hallein, † 27. 11. 1693 Laufen), oft als Bruder von Jakob S. bezeichnet, war nicht mit diesem verwandt. Matthias Klotz /Mittenwald - Deutschland Der „Lehrer-Schüler-Stammbaum: Andrea Amati (~1505 - ~1580) |______________________ | | Girolamo Amati Antonio Amati (1561 - 1630) (~1540 - ?) | Nicolo Amati (1596 - 1684) |_____________________________________________ | | | Girolamo II. Amati Andrea Guarneri Antonio Stradivari (1649 - 1740) (1626 - 1698) (~1644 - 1737) ______________________| |______________________ | | | | Pietro Guarneri Giuseppe Guarneri Francesco Stradivari Omobono Stradivari (1655 - 1720) filius Andreae (1671 - 1743) (1679 - 1742) Werkstatt in Mantua (1666 - ~1739) ______________________| | | Pietro II. Guarneri Bartholomeo Giuseppe (1695 - 1762) Guarneri "del Gesu" Werkstatt in Venedig (1698 - 1744)

Links: • http://www.spielleut.de (Mittelalterliche Instrumente) • http://www.violine-online.de/ (alles rund ums Thema „Violine“) • http://www.khm.at/static/page3.html (Kunsthistorisches Museum/Instrumentensammlung) • http://www.stradivari.de/ (Stradivari-Homepage) • http://de.wikipedia.org/wiki/Geigenbauer (Geigenbauer) • http://www.gerbeth.at/ (Entstehung eines Bogens) • http://members.aon.at/pmadl/viola.htm (Bratschisten-Witze!)

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7. Aerophone - allgemein 1. Tonerzeugung:

Bei allen Aerophonen wird der Ton durch vibrierende Luft erzeugt. Bei Instrumenten mit einem Blasloch (a) oder einem Pfeifenmundstück (b) vibriert die Luft, indem sie gegen eine scharfe Kante geblasen wird. Luftvibrationen in einem Rohr können durch ein einfaches (c), doppeltes (d) oder frei schwebendes (e) Rohrblatt bewirkt werden. Bei Kesselmundstücken (f) kommt die Luft durch die Schwingung der Lippen des Bläsers zustande. Bei Instrumenten mit unbegrenzter Luftvibration (g), z.B. dem Schwirrholz, gibt es keine eingeschlossenen Luftsäule, die Luft vibriert rund um das Instrument beim Schwingen durch die Luft..

2. Körperformen:

Die meisten Aerophone haben röhren- oder gefäßförmige Körper, in die die vibrierende Luft während des Spiels eingeschlossen ist. Die Form des Körpers bestimmt den Klangcharakter des erzeugten Tons. Mögliche Körperformen sind das zylindrische Rohr (a) wie bei der Klarinette, das sich konisch verengende Rohr (b) wie bei der Blockflöte oder das sich konisch erweiternde Rohr (c) wie bei der Oboe. Seltener sind Aerophone mit Gefäßkörpern wie z.B. die Okarina (d).

3. Tonhöhenveränderung:

Die Tonhöhe ist abhängig von der Länge und dem Durchmesser des Rohres eines Blasinstruments. Je länger das Rohr und je größer der Durchmesser, umso tiefer der erklingende Ton. Die Tonhöhe kann aber auch durch den Luftdruck beeinflusst werden. Stärkerer Luftdruck erhöht den Ton und kann zum „Überblasen“ (=Umspringen auf den nächst höheren Ton der Obertonreihe) führen. Einem Aerophon können durch Verkürzen oder Verlängern des Rohrs andere, vom Grundton verschiedene Tonhöhen mit ihren entsprechenden Obertönen abgewonnen werden. Ein Rohr wird mittels Grifflöchern verkürzt. Das Öffnen der Löcher am unteren Ende des Rohrs verkürzt die Länge des Rohrs bis zu dem Punkt, an dem die Luft zuerst entweichen kann (a). Ein längeres Rohr erhält man mittels eines „Zuges“ (b) oder durch Verwendung von Zusatzstücken, um die Luft über eine zusätzliche Rohrlänge umzuleiten (c). Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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8. Orgel 1.

Geschichte:

Im Bereich der weltlichen Musik ist die Orgel schon im 3. Jahrhundert vor Christus im Einsatz und wird "Hydraulos" genannt, da der Winddruck mit Wasser (griechisch: hydor) geregelt wird. Später wird der Blasbalg die Druckregelung übernehmen. Im frühchristlichen Gottesdienst ist Orgelmusik noch völlig unbekannt. Die römische Märtyrerin Cäcilia (+ um 230?), heute als Patronin der Kirchenmusik verehrt und oft mit Orgel dargestellt, war also bestimmt keine christliche Organistin. Sie verdankt ihre Beziehung zur Musik einem Satz in Ihrer Legende, wo von ihrer Hochzeit die Rede ist: "Cantibus organis Caecilia virgo in corde suo soli Deo cantabat ..." "während die Instrumente (der heidnischen Hochzeitsmusik!) erklangen, sang Cäcilia in ihrem Herzen nur für Gott ..." Der Anfang aller Orgeln liegt in der Panflöte, jedem bekannt als Verbindung kleiner, verschieden langer, abgestimmter Pfeifen, die mit dem Mund angeblasen Töne erzeugen. Im 2. Jh. vor Christi Geburt entwickelte der Mechaniker Ktesibios aus Alexandrien die sog. Wasserorgel („Hydraulis“), ein orgelähnliches Instrument, dessen Winddruck durch Wasser reguliert wird (vgl. Gasometer). Bei den Römern diente die Orgel als Zirkusinstrument und wurde daher von den Christen zu nächst abgelehnt. 757 n. Chr. schenkte Kaiser Konstantin IV. dem karolingischen König Pippin dem Kurzen die erste Orgel für den weltlichen Gebrauch im Abendland. Ab dem 12. Jahrhundert finden Orgeln dann eine allmähliche Verbreitung im kirchlichen Bereich. In der Renaissancezeit war sie auch als Hausinstrument sehr beliebt. In der Romantik schließlich eroberte die Orgel Oper und Konzertsaal. Sie wurde zur „Königin der Instrumente“, dem größten aller Musikinstrumente mit dem größten Tonumfang und der größten Zahl an unterschiedlichen Klangfarben. Rechts: Teil der Hydraulis von Pompeji, Wasserorgel um 250 v.Chr. Links: Mechanismus der Hydraulis. Der Pigneus (a) war ein nach unten geöffneter, in einem halb mit Wasser gefüllten Behälter stehender Trichter (b). Sein oberstes Ende führte zur Arcula (c), dem Windkasten. Luft aus Handpumpen strömte in den Pigneus und von dort in die Arcula, wodurch das Wasser im Pigneus in den Behälter zurück gedrängt wurde. Sobald das Pumpen eingestellt wurde, setzte der Luftdruck im Pigneus aus, und das Wasser floss zurück. Das erhöhte den Luftdruck in der Arcula und bewirkte eine stetige Luftzufuhr zu den Pfeifen.

2.

Bauweise:

Das Prinzip, nach dem alle Orgeln arbeiten, ist denkbar einfach. Um Töne zu erzeugen, wird Luft in Pfeifen geblasen. Die Klänge dieser Pfeifen können sehr unterschiedlich sein, z.B. laut, leise, hoch, tief, schrill oder dumpf, je nach Beschaffenheit der einzelnen Pfeife. Die Luft, der Orgelbauer spricht von „Wind“, wird durch Bälge in die Pfeifen geblasen. Diese Bälge werden heutzutage mittels eines Elektromotors, der wie ein großer Ventilator arbeitet, mit Wind gefüllt. Damit nicht alle Pfeifen gleichzeitig erklingen, ist der Zugang des Windes zu den Pfeifen durch ein großes Ventil gesperrt. Das Ventil ist direkt mit einer Taste der Klaviatur verbunden. Drückt der Spieler eine Taste herunter, wird das Ventil geöffnet und die Pfeife erklingt.

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Aufbau/Funktion einer Orgel Die Orgel besteht also aus folgenden Hauptteilen: a) Das Pfeifenwerk: Das Pfeifenwerk einer Orgel gliedert sich in einzelne Register. Da jede Pfeife nur einen einzigen Ton (festgelegt durch Tonhöhe, Klangfarbe und Lautstärke) erzeugen kann, wird für jeden anderen Ton eine neue Pfeife benötigt. Eine Manualklaviatur hat in der Regel 56 Tasten von C bis g'''. Es werden demnach 56 Pfeifen verschiedener Tonhöhen benötigt. Diese Pfeifenreihe, von der größten bis zur kleinsten, soll aber hinsichtlich der Klangfarbe und der Lautstärke einheitlich sein. Solch eine Pfeifenreihe wird Register genannt. Viele Register haben ihren Namen von einem Blasinstrument, dem sie im Klang ähneln. Andere sind nach der Bauart benannt: Gedeckt (die Pfeifen sind oben mit einem Deckel verschlossen), Spitzflöte (nach oben konisch zulaufend). Pfeifen werden aus verschiedenen Arten von Holz oder Metall hergestellt. Die Länge der Pfeife (und damit die Länge der in ihr schwingenden Luftsäule) bestimmt die Tonhöhe. Der Klang hängt von ganz verschiedenen Faktoren ab. Die Pfeifenform und ihr Durchmesser (Mensur) sind von großer Bedeutung. Bei Metallpfeifen spielt die Legierung jedoch eine ganz untergeordnete Rolle. Hierbei handelt es sich überwiegend um Zinn-Blei-Mischungen. Alle Register können den zwei großen Familien der Labial- und der Zungenpfeifen zugeordnet werden: Entscheidend ist die Art, wie der Ton erzeugt wird. Bei den Labialpfeifen wird die Luftsäule innerhalb des Pfeifenkörpers in Schwingung versetzt (zu vergleichen mit einer Blockflöte). Bei den Zungenpfeifen wird durch Anblasen eine Metallzunge zum Schwingen gebracht, deren Ton durch den aufgesetzten Becher verstärkt und moduliert wird (zu vergleichen mit einer Klarinette oder einem Saxophon). Den Registernamen werden Zahlen zugefügt z.B. 16, 8, 4, 2. Diese Zahlen geben die Länge der tiefsten Pfeife des Registers in Fuß an. Dabei bezeichnet 8' die Normallage, d.h. mit einem 8'-Register (die tiefste Pfeife ist etwa 240 cm hoch) kann man in derselben Tonhöhe spielen wie mit einem Klavier. Da eine Pfeife von halber Länge eine Oktave höher, eine von doppelter Länge eine Oktave tiefer klingt, spielt man mit einem 16'-Register Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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auf den gleichen Tasten eine Oktav tiefer, mit einem 4'-Register eine Oktave höher als notiert bzw. als Normallage.

Pfeifentypen

Labialpfeifen („Lippenpfeifen“) sind offen (a) oder gedackt (b) und funktionieren wie Längsflöten (z.B. die Blockflöte). Die gedackte Pfeife klingt eine Oktave tiefer als die offene gleicher Länge. Die Zungenpfeife (c) hat eine in einem Rahmen schwingende Zunge.

Pfeifenwerk

b) Windladen (Unterbau des Pfeifenwerks, in dem sämtliche Ventile untergebracht sind) Die Windladen bilden das technische Herzstück jeder Orgel. Alle Pfeifen stehen direkt oben darauf oder sind durch Schläuche mit ihnen verbunden. Sie beeinflussen auch die Tonan- und Tonabsprache (Einschwingvorgang) und entscheiden über die Betriebszuverlässigkeit der Orgel. Nach der Art ihrer Funktionsweise erhält das Instrument seinen Namen wie Schleifladen-, Springladen-, Kegelladen-, Taschenladenorgel usw.. Außer den schon erwähnten Spielventilen, die verhindern, dass alle Töne gleichzeitig erklingen, enthält die Windlade Absperrungen für ganze Pfeifenreihen (Register). So wird es möglich, bestimmte Register auszuwählen und zu kombinieren. Entspricht der äußere dem inneren Aufbau der Orgel, hat jedes "Werk" eine eigene Windlade. Als Werk bezeichnet man die Zusammenstellung verschiedener Register, die von einem Manual aus spielbar sind. Jedes Werk bildet mit eigenen Pfeifen, Windladen, Gehäuse und Klaviatur eine Orgel für sich.

Windlade mit Ventilen

Blasebalg

c) Traktur: (lat. trahere = ziehen; die Verbindung Taste - Ventil) Zur Traktur gehören zwei Bereiche: die Registertraktur und die Spieltraktur. Die Registertraktur ist die Verbindung von der Absperrvorrichtung einer Pfeifenreihe in der Windlade zum Registerzug des Spieltisches. Die Spieltraktur ist die Verbindung vom Spielventil zur Taste. Diese Verbindungen können auf mechanischem, elektrischem, oder pneumatischem Wege hergestellt werden, wobei nur die mechanische Spieltraktur dem Spieler die Möglichkeit zur Beeinflussung der Tongebung gestattet. Aus künstlerischen Gesichtspunkten ist dies eine wesentliche Voraussetzung zum Musizieren.

Ausschnitt einer Orgeltraktur

Spieltisch mit Registerzügen

d) Spieltisch: Hier können sich mehrere Klaviaturen befinden. Je nach Größe der Orgel sind es bis zu fünf Klaviaturen, die mit den Händen zu spielen sind und Manual (lat. manus = Hand) heißen. Eine weitere Klaviatur, das Pedal (lat. pes = Fuß), wird mit den Füßen gespielt. Der Spieltisch vereint die Manuale und die Pedalklaviatur. Hier sind die Registerzüge und Koppeln angebracht. Die Koppeln ermöglichen das Spiel mehrerer Werke von Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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einer Klaviatur aus. Besitzt die Orgel ein "Schwellwerk", befindet sich am Spieltisch ein Schwelltritt. Dieser gestattet das Öffnen und Schließen von Jalousien, die an der Vorderseite des Schwellwerks angebracht sind und bewirkt ein stufenloses, An- und Abschwellen des Klanges vom ff zum pp und umgekehrt.

3.

Spielweisen:

Disposition: Der Begriff bezeichnet die Art und Anordnungen der den Manualen und Pedalen zugeordneten Register sowie die verschiedenen Registerkombinationen. Die Tabelle gibt ein Beispiel für eine zweimanualige Orgel mit einem Pedal: 1. Manual Prinzipal 8' Coppel 8' Viola da Gamba 8' Piffaro 2fach 8' Octav 4' Flöte 4' Quinte 2 2/3' Super-Octave 2' Hörnle 2fach Mixtur 1' 5fach Cymbel 1/2' 3fach Kornett 5fach Trompete 8'

4.

2. Manual Coppel 8' Salicional 8' Principal 4' Rohrflöte 4' Dulcian 4' Quint 2 2/3' Octav 2' Flageolet 2' Mixtur 1' 3fach Vox humana 8' Tremulant

Pedal Offenbass 16' Subbass 16' Prästant 8' Gambbass 8' Quintbass 5 1/3' Octav 4' Kornettbass 2 2/3' Super-Octav 2' Posaune 16' Trompete 8'

Verwandte:

Portativ: (lat. portare = tragen) Das Portativ ist eine kleine, tragbare Frühform der Orgel (bis ca. 1500), die meist nur ein oder zwei Pfeifenreihen hat. Positiv: (lat. positum = hingestellt) Das Positiv ist ein etwas größeres Instrument, das mehrer Register hat und vorwiegend in kleineren Räumen als Begleitinstrument, aber auch solistisch verwendet wird. Regal: Das Regal ist eine kleine tragbare Orgel mit ausschließlich Zungenpfeifen, die einen schnarrenden und nasalen Klang bewirken.

Orgelportativ

Barockes Orgelpositiv (1777)

Regal (1600)

Weitere: Mundorgeln, Mundharmonikas, Konzertina, Akkordeon, Harmonikainstrumente Links: • http://de.wikipedia.org/wiki/Orgel (Orgellexikon) • http://members.aol.com/ReinerJank/home-lai.htm#erklaer („Die Orgel erklärt“)

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9. Holzblasinstrumente/Flöten Blockflöte 1.

Geschichte:

Die Blockflöte (engl. recorder) ist im frühen Mittelalter entstanden. Ihr Name rührt daher, dass die Luft beim Blasen über einen Block auf eine Schneidekante gelenkt wird. Dort teilt sich die Luftsäule, es entstehen Schwingungen, ein Ton erklingt. Im 16. Jahrhundert war sie geradezu ein modisches Instrument. Wohlhabende Familien besaßen ganze Sammlungen von Blockflöten verschiedener Größe. Um 1700 veränderte Jacques Hotteterre, der Enkelsohn des Erfinders von Oboe und Fagott, die einfache Blockflöte von Grund auf. Von da an waren Tonhöhe und Stimmung einander angeglichen und auf einmal nahmen auch große Komponisten sich ihrer an. Es wurden Sonaten eigens für Blockflöten komponiert. Händel schrieb für sie, und in Bachs "Brandenburgischem Konzert Nr. 4" hört man ihre schnellen Läufe. Über hundert Jahre lang war die Blockflöte sehr beliebt, besonders nachdem Hotteterre sie verbessert hatte. Dann wurde sie plötzlich durch die klangreichere Querflöte in den Schatten gestellt. Eine Zeitlang gab es beide Flötentypen nebeneinander, dann führte die Blockflöte 150 Jahre lang ein Leben im Verborgenen. 1906 erwarb der Franzose Arnold Dolmetsch eine Blockflöte aus dem 18. Jahrhundert, die ihn so interessierte, dass er etwa 10 Jahre später die ersten modernen Blockflöten nach ihrem Vorbild bauen ließ. 2.

Bauweise:

Eine Blockflöte wird aus harten Hölzern wie z.B. Ahorn, Birnbaum, Zwetschke, Buchsbaum, Palisander oder Ebenholz auf einer Drehbank hergestellt. Sie besteht aus 3 Teilen, die ineinander gesteckt werden: dem Fußstück, dem Mittelstück mit den meisten Grifflöchern, sowie dem Kopfstück mit dem Windkanal und dem Labium, der Holzkante, an der der Luftstrom geteilt und die Luftsäule im konischen Rohr zum Schwingen gebracht wird.

Bestandteile der Blockflöte

Man unterscheidet je nach Bauweise mittelalterliche, Renaissance-, Barock- und moderne Flöten. Die Blockflöten sind eine Familie und werden in verschiedenen Größen gebaut: • • • • • • •

Garklein-Flöte, Grundton c3, Länge ca. 16 cm Sopranino (siehe Abbildung ganz links), Grundton f2 , Länge 24 cm Sopranflöte, Grundton c2 , Länge 31 cm Altflöte, Grundton f1 , Länge 47 cm Tenorflöte, Grundton c1 , Länge 64 cm Bassflöte, Grundton f, Länge 94 cm Großbass, Grundton c, Länge ca. 128 cm

Die Notenschrift stellt die Instrumente jeweils um eine Oktave tiefer dar, als sie tatsächlich klingen. Historische Instrumente sind oft auf a1 = 415 Hz gestimmt.

3.

Spielweisen:

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Der Spieler bläst durch ein pfeifenartiges Mundstück, in dem ein Holzblock mit scharfer Kante sitzt. Gegen diese Kante wird der Atem gepresst und bringt so die Luftsäule im Instrument zum Vibrieren. Schwierig ist es, den Luftstrom genau zu bemessen; bläst man etwas zu wenig, bleibt der Ton aus, das Instrument spricht nicht an; ein bisschen zu viel Atem - und der Ton fiept und springt eine Oktave höher (=“Überblasen“). Die Blockflöte hat eine konische Bohrung und 8 Löcher. Die unterschiedlichen Tonhöhen werden durch das Abdecken der Grifflöcher erzeugt (siehe auch „Griffweisen“). Blockflöten werden oft in Ensembles (z.B. im Quartett, bestehend aus Sopran, Alt, Tenor und Bass) gespielt.

4.

Besonderheiten:

Man unterscheidet die (moderne) „deutsche“ von der historischen „barocken“ Griffweise.

5.

Verwandte:

Okarina: Schon im präkolumbianischen Lateinamerika kannte man Tongefässflöten, die vor allem für kultische Zwecke verwendet wurden. Eine etwas modernere Form der Gefäßflöte aus Ton oder Porzellan in Rüben- oder Muschelform mit Schnabelmundstück stammt aus Italien.

Ungewöhnlich, aber doch naheliegend ist es, einen Röhren- Schilfflöte: Aus einem Stück Schilfrohr knochen als Ausgangskörper für eine Flöte zu nutzen. So geschnittene Flöte aus Indien. wurden schon seit tausenden von Jahren Knochenflöten gebaut, die sich sogar bis heute erhalten haben. Wie bei den Knochenflöten eignen sich auch Rinderhörner zur Flötenfertigung. Durch das geschlossene Horn ergeben sich hier Gefäßflöten mit einer gedeckten Klangfarbe, die weicher und tiefer ist wie bei Röhrenflöten. Die Hornflöten sind chromatisch gestimmt, ähnlich wie die Blockflöte zu greifen und haben den Tonumfang einer None.

Links: • http://www.blockfloetenbau.de (sehr ausführliche Seite zumThema „Blockflöte“ • http://de.wikipedia.org/wiki/Blockflöte (zur Geschichte der Blockflöten)

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Querflöte 1.

Geschichte: Die Querflöte war in China bereits um 900 v. Chr. bekannt und gelangte um 1100 n. Chr. nach Europa, wo sie zunächst als Militärflöte im deutschsprachigen Raum verwendet wurde, daher die alte Bezeichnung „Deutsche Flöte“. In der Kammermusik des 16. und 17. Jahrhunderts wurden Instrumente aus den Familien der Sopran- bis Bassflöten gespielt. Diese Flöten waren aus einem Stück gefertigt, hatten eine zylindrische Bohrung und sechs Grifflöcher. Die Querflöte wurde um 1600 durch die französische Familie Hotteterre, die sich auf die Herstellung von Holzblasinstrumenten spezialisiert hatten, umgestaltet. Diese Instrumentenbauer entwickelten eine Flöte, die sich aus drei Teilen zusammensetzte. Um 1700 verdrängte diese Querflöte die Blockflöte als typische Orchesterflöte. Im Lauf der Zeit wurden immer mehr Klappen hinzugefügt, um die Intonation bestimmter Töne zu verbessern. Um 1800 war die Querflöte mit vier Klappen üblich, im 19. Jahrhundert wurden Querflöten mit acht Klappen entwickelt.

Die zylindrisch gebohrte Renaissanceflöte wurde zwischen Anfang des 16. Jahrhunderts bis etwa 1680 sowohl als Ensembleinstrument als auch solistisch eingesetzt. Die gebräuchlichste Größe hierbei war die Tenorlage in D, auf der ein geübter Spieler ohne weiteres einen Tonumfang von drei Oktaven spielen kann.

Jacques Hotteterre le Romain (1680-1760), Solist in der königlichen Kapelle Ludwig des XIV um 1700. Man vermutet, dass er der erste Querflötist an der Pariser Oper war (ca. 1697). Er schrieb 1707 „Les principles de la flûte traversière“. Er unterrichtete zahlreiche Adelige, so dass die Querflöte in Frankreich hoffähig wurde

Im Jahr 1832 schuf der deutsche Flötenbauer Theobald Boehm eine Querflöte mit verbesserter konischer Bohrung, die er sich 1847 patentieren ließ, und die auch im 20. Jahrhundert noch die am weitesten verbreitete Querflöte ist. Die zylindrische Boehm-Flöte besteht aus Metall oder Holz und hat mindestens 13 Tonlöcher. Sie hat einen Tonumfang von drei Oktaven, vom eingestrichenen C aufwärts.

2.

Bauweise: Die Flöte ist ein röhrenförmiges Musikinstrument, bei dem eine zylindrische Luftsäule in Schwingung gebracht wird, indem der Atem des Flötisten gegen die scharfe Kante des Mundloches gerichtet wird. Die ältesten Flöten hatten ein kreisrundes Blasloch (a). Später fand man heraus, dass ein ovales Loch (b) einen stärker vibrierenden Klang hervorbringt. Die moderne Flöte hat einen Lippenansatz (c), um den Luftstrom besser steuern zu können.

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Zusätzliche Löcher in der Flötenwandung können geöffnet oder geschlossen werden, um andere Tonhöhen zu erzeugen. Bei quer oder horizontal gehaltenen Flöten, z.B. der Flöte des westlichen Orchesters oder der chinesischen Di, ist das Mundloch oder Mundstück in die Seitenwandung der Röhre geschnitten. Bei längs gehaltenen Flöten, z.B. der arabischen Ney, befindet sich das Mundloch am oberen Ende der Röhre (siehe Verwandte). Ein durchdachtes System aus Klappen ermöglicht auch das Greifen komplizierter Töne, sowie sonst unspielbarer Trillergriffe. Die moderne Flöte besteht aus zwei Teilen, einem Kopf mit dem Anblaseloch und einem Fußstück mit der Klappenmechanik. Die beiden Teile werden ineinander gesteckt und ermöglichen das genaue Stimmen des Grundtons durch das Verlängern oder Verkürzen der Gesamtlänge.

Die Piccoloflöte klingt eine Oktave höher als die große Flöte. Im Orchester wird sie nur einfach besetzt. Der hohe Ton ist jedoch auch dann ständig gut hörbar und wird nicht überdeckt. Das Piccolo eignet sich vorzüglich für technisch bewegte Stellen, Läufe und Verzierungen.

3.

Spielweisen:

Flatterzunge: Sehr schnelle Artikulation des Klanges bei Blasinstrumenten mit der Zunge (tremoloartig)

4.

Verwandte:

Die Di ist ein seitliche geblasene Bambusflöte aus China. Die Besonderheit ist eine Membran zwischen dem Anblaseloch und den Grifflöchern, die während des Spielens schwingt einen sehr nasalen Ton erzeugt. Die Di wird traditionell auch in chinesischen Orchestern und in der „Peking-Oper“ gespielt.

Die Ney ist eines der Hauptinstrumente der traditionellen persischen Musik. Es ist möglicherweise das älteste bekannte gestimmte Instrument. Die aus Schilfrohr hergestellte Flöte hat mit fünf Grifflöchern auf der Vorderseite und ein Daumenloch einen Tonumfang von rund zweieinhalb Oktaven.

Die Nasenflöte ist ein traditionelles Instrument, das auf vielen Die Sakuhachi ist eine japanische Bambusflöte. Der Ton wird ähnlich Inseln im Pazifischen Ozean bekannt ist. Sie wird mit einem Nasen- wie bei einer Panflöte durch das direkte Anblasen einer Kante erzeugt. loch angeblasen, während das andere verschlossen wird. Die Men- Die Bindungen dienen dazu, dass das Bambusrohr nicht reißt. schen glauben, dass die Luft aus der Nase eine besondere magische Kraft besitzt.

Links: • http://www.flutepage.de/ (Guter Überblick über das Instrument, Geschichte, berühmte Flötisten usw.) • http://www.flutehistory.com (englischsprachige Seite mit toller Zeitliste zur Entwicklung der Flöte und vielen Abbildungen)

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10. Holzblasinstrumente mit doppeltem Rohrblatt Oboe

1.

Geschichte:

Die Oboe (französisch hautbois: „hohes“ oder „lautes Holz“) ist ein in Frankreich entstandenes Holzblasinstrument, bestehend aus einem schnabelförmig zugeschnittenen Doppelrohrblatt als Mundstück, dreiteiliger Hartholzröhre mit enger konischer Bohrung und einem komplizierten Griffloch- und Klappenmechanismus mit bis zu 23 Klappen. Durch den Atem des Bläsers werden die Rohrblätter in Schwingung versetzt, wodurch ein obertonreicher, durchdringender Klang entsteht. Der Tonumfang der modernen Oboe beträgt zweieinhalb Oktaven. Ein antiker Vorläufer der Oboe ist der antike griechische Aulos. Die Oboe wurde im 17. Jahrhundert im Umkreis von Jean Hotteterre und Michel Philidor aus dem damals verbreiteten Diskantpommer entwickelt, einer Abart der mittelalterlichen Schalmei. Weitere historische Verwandte sind die Krummhörner und die Sackpfeifen (Dudelsack).

Der Aulos, bzw. Doppelaulos, ist ein Blasinstrument mit Doppelrohrblatt-Mundstücken. Im griechischen, römischen, ägyptischen und orientalischen Kulturkreis war das Instrument weit verbreitet und ist über einen Zeitraum von etwa 3000 Jahren belegt

Das Krummhorn ist ein Holzblasinstrument mit gebogener zylindrischer Röhre, die in einen kleinen Schallbecher mündet, und Doppelrohrblatt, welches sich in der Windkapsel befindet. Es hat 8 kleine Grifflöcher inklusive Loch für den linken Daumen. Die Intonation ist die größte Schwierigkeit beim Krummhornspiel.

Schalmei oder Pommer (zu griechisch kálamos: Halm; französisch chalumeau; englisch shawn), mittelalterliches, aus Arabien stammendes Blasinstrument mit doppeltem Rohrblatt, Vorläufer der Oboe. Die Schalmei besteht aus Hartholz und hat ein konisches Rohr mit sechs bis sieben Grifflöchern. Die ersten Schalmeien traten im Europa des 13. Jahrhunderts auf. Im 15. Jahrhundert gab es sie bereits in allen Größen vom Großbass (Bomhart) bis zur Sopranino. Die Sopraninoschalmei hatte eine Länge von etwa 50 Zentimetern, während die größte Schalmei etwa drei Meter lang war und in der Armbeuge des Musikers gehalten werden musste. Die Schalmei wurde ursprünglich als Freiluftinstrument in Ensembles mit Trommeln und Trompeten gespielt. Dudelsack, Blasinstrument, das in vielen verschiedenen regionalen Formen vorkommt. Er besteht aus einer oder mehreren Rohrblattpfeifen, deren Ton durch ein einfaches oder doppeltes Rohrblatt erzeugt wird. Die Luftzufuhr erfolgt durch einen durch den Spieler aufgeblasenen Sack, der entweder durch ein Rohr oder durch einen Blasebalg gefüllt wird. Die einfachsten Dudelsäcke haben eine Rohrblattpfeife mit nur einem seitlich eingeschnittenen Blatt. Oft sind zwei parallele Pfeifen vorhanden, von denen eine die Melodiepfeife, die andere die begleitende Bordunpfeife ist. Der Dudelsack war schon in vorchristlicher Zeit in Europa und Westasien allgemein bekannt, oft als Hirteninstrument.

Ab 1700 setzte es sich in den Orchestern in ganz Europa durch, nachdem es von Frankreich aus zunächst nach England gelangt war. Frühe Modelle hatten in der Regel sieben Grifflöcher und zwei Klappen, es waren jedoch auch Formen mit vier Klappen in Gebrauch. Um 1800 wurde die Zahl der Klappen bis auf 15 oder mehr erhöht. In Deutschland und Österreich wurde das so genannte deutsche Klappensystem von J. Sellner (1832) mit weicherer Bohrung und weicherem Klang verwendet, gegenüber dem sich jedoch die kleineren, im Ton etwas schärferen Instrumente des französischen Systems, entwickelt ab 1840 von G. Thiébert, durchsetzen konnten, die eine sehr enge Bohrung haben.

Barockoboe

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35

2.

Bauweise:

3.

Spielweisen: Das Prinzip der Tonerzeugung schon uralt: Ein Schilfrohr wird so geschnitten und gebunden, das ein schmaler ovaler Spalt entsteht, durch den die Luft gepresst und zum vibrieren gebracht wird. Das Rohr ist bei allen Doppelrohrblattinstrumenten ein wesentlicher Faktor für den Klang und die Intonation. Arundo donax (Pfahlrohr, Riesenschilf, Gramineae) ist der biologische Name des Ausgangsmaterials. Das Holz stammt aus der Umgebung von Marseille (Südfrankreich). Nach der Ernte und vor der Verarbeitung muss das Holz mindestens 3-4 Jahre trocknen.

4.

Besonderheiten:

Französische und Wiener Oboe So wie beim Wiener Horn ist der uns allen vertraute Klang der "Wiener Oboe" fast nur mehr in Wiener Orchestern zu hören - sonst werden überall andere Instrumente gespielt, insbesondere vom Typ der "Französischen Oboe". Diese Instrumente sind etwas länger als die Wiener Oboe und sehen nicht nur anders aus, sie klingen auch anders. Vergleicht man den Klang Wiener und Französischer Oboen, so wird zunächst das Vibrato auffallen, das bei der Wiener Oboe sparsam und bei allen anderen fast durchgehend verwendet wird. Fragt man Oboisten nach dem Unterschied zwischen den verschiedenen Instrumententypen, so wird meist gleich die Tatsache erwähnt, dass das Überblasverhalten bei einigen (hohen) Tönen verschieden ist. 5.

Verwandte:

Das Englischhorn (französisch: Cor anglais, italienisch: Corno inglese) ist eine Quint tiefer gestimmt als die Oboe und entstand wahrscheinlich aus der von Johann Sebastian Bach verwendeten Oboe da caccia (italienisch: Jagdoboe). Es hat einen birnenförmigen Schallbecher („Liebesfuß“) und ist im Klang dunkler und elegischer als die Oboe. Die Oboe d’amore (italienisch: Liebesoboe) wurde um 1720 entwickelt und ebenfalls bereits von Bach in seinen Kompositionen benutzt. Sie klingt eine Terz tiefer als die Oboe. Das Heckelphon ist eine 1904 von W. Heckel konstruierte Baritonoboe, eine Oktave unter der Oboe, mit kugelförmigem Liebesfuß. Englischhorn

Oboe d´Amore

Heckelphon

Links: • http://iwk.mdw.ac.at/ (ausführliche Beschreibung des Unterschieds von Wiener und Französischen Oboen) • http://www.englischhorn.de/ (deutsche Englischhorn-Homepage) Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Fagott

1.

Geschichte:

Das Fagott (französisch Basson, englisch Bassoon) vertritt in der Reihe der Doppelrohrblattinstrumente das Bassregister. Es hat wie die Oboe Vorfahren, die heutzutage fast nur noch von historischem Interesse sind. So gab es unter anderem einen 3 m langen Großbasspommer, der die Basslage übernahm. Unmittelbarer Vorläufer des Fagotts ist der sogenannte Dulzian (dulcis = süß), der auch in verschiedenen Größen hergestellt wurde und bereits eine Doppelbohrung besaß. Bereits im 16. Jahrhundert kam man auf die Idee, das lange, unhandliche Instrument zu biegen. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wird das Fagott im Orchester gespielt. Nach und nach wurde das Klappensystem verbessert. Im 19. Jahr hundert bekam das Fagott seine heutige Gestalt, insbesondere dank der Entwicklungen des Kölner Instrumentenbauer Carl Almenräder (1786-1843). In Frankreich wurde parallel dazu von Louis Auguste Buffet, der schon für die Entwicklung der Oboe maßgebend war, ein anderes Fagottmodell geschaffen. Bedeutendster Komponist ist Antonio Vivaldi (1678-1741), der erstaunliche 38 Solokonzerte schrieb. Ebenfalls bekannte Fagottkonzerte stammen von K. Stamitz (1745-1801), F. A. Pfeiffer (1754-1787), W. A. Mozart (1756-1791) oder C. M. von Weber (17861826), um nur ein paar Beispiele zu nennen.

2. Bauweise: Das Fagott hat seinen Namen aufgrund seiner Bauweise. Es besteht im wesentlichen aus zwei durch ein gekrümmtes Metallrohr verbundene hölzerne Rohre. Diese gebündelten Rohre werden italienisch "fagotto" (=Bündel) genannt. Das etwa 2,5 Meter lange Holzrohr (Ahorn) kann in verschieden lange, nebeneinander liegende Einzelstücke zerlegt werden, die durch den so genannten Stiefel, ein U-förmig gebohrtes Unterstück, verbunden sind: den relativ kurzen, nach unten führenden Flügel, die längere, aufwärts zeigende Bassröhre und schließlich das Schall- oder Kopfstück. Das leicht ausgestellte Schallstück wird in die Bassröhre gesteckt, diese wiederum – wie der Flügel, der ein Sförmiges Metallanblasröhrchen trägt – in den Stiefel. Das Fagott hat mehrere offene Grifflöcher (fünf nach dem heute verbreiteten deutschen, sechs nach dem französischen System) und einen komplizierten Klappenmechanismus (24 Klappen nach dem deutschen, 22 nach dem französischen System).

3.

Spielweisen:

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37

Die ursprüngliche Aufgabe des Fagotts war die Begleitung des Chores. Später (und heute noch) wurde es stark in der Kammermusik verwendet. Sehr schnell nahm das Fagott Einzug in Militärkapellen und Orchester. Heute haben mittlere Orchester drei, größere vier Fagotte, wobei das Kontrafagott in beiden Fällen selbstverständlich ist. Die Abbildungen zeigen die Griffbilder für einige Töne:

4.

Besonderheiten: Ein Mädchen fragt seine Mutter: "Wo kommt beim Fagott denn der Ton raus?" "Ich hoffe, oben." Dirigent zum Fagottisten: "Spielen Sie mal forte!" bööööööööööööt. "Spielen Sie mal piano!" ffffbööööööööööööt. Fagottist (selbstkritisch!): "Nun blas ich schon 40 Jahre Fagott, aber... 's klingt irgendwie immer noch, als mach ich's nicht mit'm Mund..." Kontrafagottisten sind fanatische Musiker. An einer Stelle hat ein Kontrafagottist tatsächlich mal einen Ton zu spielen. Er meldet sich deshalb und fragt den Dirigenten, wie der Ton klingen sollte. Er spielt einen Ton vor: "ooooooorb" oder so "oooooorrb"? "Eigentlich egal", sagt der Dirigent, "aber ziehen Sie bitte danach die Spülung!"

5.

Verwandte:

Als Besonderheit existiert auch das sogenannte Kontrafagott (französisch Contrebasson, englisch Double Bassoon), das mit beinahe sechs Metern die doppelte Rohrlänge hat und 1 Oktave tiefer klingt als das normale Instrument und seinen Tonumfang noch weiter nach unten ausdehnen kann. Es ist das größte und tiefste Rohrblattinstrument im Orchester. Trotz seiner sehr tiefen Lage ist der Klang des Kontrafagotts reich und angenehm. Seit dem 19. Jahrhundert hat es seinen festen Platz in der großen Orchesterbesetzung. Seinen leicht klagenden Ton setzte besonders Beethoven in seinen Symphonien und in der düsteren Kerkerszene seiner Oper Fidelio eindrucksvoll in Szene.

Links: • http://www.fagott.de (ausführliche Seite rund um das Fagott) • http://www.br-online.de/kultur/toene/fagott.html (verschiedene Abbildungen)

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11. Holzblasinstrumente mit einfachem Rohrblatt Klarinette 1.

Geschichte: Die Klarinette wurde um 1696 vom Nürnberger Instrumentenbauer Johann Christoph Denner aus dem Chalumeau weiterentwickelt. Das Wort "Chalumeau" kommt von lateinisch calamus bzw. von griechisch calamos, was beides „Schilfrohr“ bedeutet. Das Chalumeau war ein zylindrisch gebohrtes, ungefähr 20cm langes und ursprünglich klappenloses Volksinstrument, das der heutigen Blockflöte ähnelt. Es hatte 8 Löcher und konnte nicht überblasen werden. Damit konnte man die Töne f - g1 erzeugen. Das Chalumeau wurde für Volksmusik im Mittelalter benutzt und hat seinen Ursprung im Orient. Um etwa 1840 hatten sich zwei komplexe Klappensysteme herausgebildet. Das eine dieser Systeme ist das System Boehms, das in den meisten Ländern angewendet wird und 1844 vom französischen Instrumentenbauer Auguste Buffet patentiert wurde, der die Flötenentwicklungen seines deutschen Kollegen Theobald Boehm auf Klarinetten anwandte. Das zweite, auf einer engeren Bohrung basierende, dunkler klingende System wurde um 1860 vom belgischen Instrumentenbauer Eugène Albert entwickelt. Die Klarinette gehörte seit Mitte des 18. Jahrhunderts zur Standardbesetzung des Orchesters. Seitdem wurden viele bedeutende Solo- und Kammermusikwerke für und mit Klarinette geschrieben, u. a. von Wolfgang Amadeus Mozart, Louis Spohr, Carl Maria von Weber, Paul Hindemith und Aaron Copland. Auch im Jazz ist die Klarinette ein bevorzugtes Instrument.

2.

Bauweise:

Das gebräuchlichste Mitglied der Klarinettenfamilie ist die auf B gestimmte Sopranklarinette (Umfang d-b3); Sopranklarinetten gibt es auch in A- und C-Stimmung. Sie besteht aus dem Mundstück, dem so genannten „Fässchen“ oder der „Birne", dem Ober- und Unterstück und dem trichterförmigen Schallstück. Außerdem gibt es die Altklarinette in Es, das Bassetthorn, die Bassklarinette (Umfang C/D-f2) und die Kontrabassklarinette (Umfang F1-b1). Das Bassetthorn war ein Vorläufer der Altklarinette im ausgehenden 18. Jahrhundert.

3.

Spielweisen:

Die Klarinette wird mit einem einfachen Rohrblatt angeblasen, kann jedoch nicht wie die übrigen Holzblasinstrumente in die Oktave überblasen, sondern "springt" noch eine Quinte höher: Ein Klarinette überbläst also in die Duodezime! Man muss also für Grundton und Oktave verschiedene Griffe verwenden, weshalb die Griffe der Klarinette schwerer zu erlernen sind als z.B. bei der Flöte.

Form eines Klarinettenblattes (aus: Arundo Donax)

Schematische Darstellung eines Mundstücks

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4.

Besonderheiten:

„Transponierende Instrumente“: Die Tradition der transponierenden Notation kann Komponisten und Musikern einiges Kopfzerbrechen bereiten: Transponierende Instrumente »stehen« immer in einer bestimmten Tonart (Grundstimmung), z. B. »Klarinette in B«. Diese Grundstimmung wird stets als C-Dur notiert. Für alle Klarinetten wird die Musik eine große Sekunde über dem Klang notiert, so bezeichnet also der Ausdruck B-Klarinette die Notation, nicht die tatsächlich klingende Grundnote des Instruments. Spielt der Klarinettist also (für ihn notiert) c1, klingt b. Für den Komponisten bedeutet das in diesem Fall, dass er einen Ganzton höher als den gewollte Klang notieren muss.

Merke: • Die Klangnotation gibt den real klingenden Klang wider. Beispiel: Klavierauszug. • Die Griffnotation gibt das wieder, was der Spieler liest. Beispiel: Partitur, Einzelstimme. • Bei in C notierten Instrumenten sind Klangnotation und Griffnotation identisch. Übungen für transponierende Instrumente: Instrument Englischhorn in F

Grundton „in F“ bedeutet, dass das Instrument auf den Grundton F gestimmt ist. Beginnend mit dem tiefsten Ton spielt man also ein F-Dur Tonleiter. In den Noten ist der Grundton aber immer als C notiert! Man greift also ein C und es klingt ein F! „in A“ bedeutet:

Klarinette oder Bassklarinette in A Horn in Es „in Es“ bedeutet: Trompete in D

5.

„in D“ bedeutet:

Notation Welchen Ton muss man greifen, damit auch wirklich ein C klingt?

Welchen Griff muss man greifen, damit ein D klingt? Welchen Griff muss man greifen, damit ein As klingt? Welchen Griff muss man greifen, damit ein G klingt?

Verwandte:

Das Bassetthorn ist eine Altklarinette in F oder Es und entstand Ende des 18. Jhds. Bis Mitte des 19. Jhds. Hatte es eine gebogene oder geknickte Form mit einem Kasten („Buch“) vor dem Schalltrichter, in dem die Röhre dreifach gewunden war. Heute wird das Bassetthorn wie ein Bassklarinette gebaut.

Die Bassklarinette ist das zweitlängste Mitglied der Klarinettenfamilie (die Kontrabassklarinette ist noch länger!) und klingt eine Oktave tiefer als die normale Orchesterklarinette. Der Klang ist eher luftig und hohl. Das Instrument wird oft von Jazz-Saxophonisten als zweites Instrument gespielt.

Links: • http://www.die-klarinetten.de (mit Abbildungen von allen Klarinettenformen!) • http://www.br-online.de/kultur/toene/klarinette.html (Bauteile einer Klarinette) Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Saxophon 1.

Geschichte:

Die Saxophone sind Blasinstrumente aus Metall mit einfachem Rohrblatt (Klarinettenmundstück) und weiter, stark konischer Mensur, entwickelt von dem belgischen Instrumentenbauer Adolphe Sax um 1840. Das Saxophon wurde im Jahr 1844 erstmals im Symphonieorchester eingesetzt. Einige Werke sind speziell für dieses Instrument komponiert worden, z.B. von den französischen Komponisten Hector Berlioz und Georges Bizet. Der deutsche Komponist Richard Strauss setzte in seiner Symphonia Domestica (1903) ein Saxophonquartett ein. Weitere bedeutende Sololiteratur für das Saxophon sind z.B. die Rhapsodie für Saxophon und Orchester (1903) von Claude Debussy und die Phantasie für Saxophon und Orchester (1948) von Heitor Villa-Lobos. Trotz dieser Bemühungen konnte sich das Saxophon im Symphonie- und Opernorchester allerdings nicht durchsetzen. Bei Militärkapellen nehmen Saxophone in der Regel den Platz der Klarinetten ein. In den USA war das Saxophon eng mit der Entwicklung des Jazz verbunden und errang größte Bekanntheit als Soloinstrument. Berühmte Jazz-Saxophonisten sind Sidney Bechet (Sopran), Charlie Parker (Alt), Lester Young, John Coltrane, Coleman Hawkins (Tenor) und Gerry Mulligan.

Aus: Zeitschrift für Musik vom 22. Juli 1842: Artikel von Hector Berlioz, die „Geburtsurkunde des Saxophons“

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Die Saxophon-Familie

2.

Bauweise:

Das konische Rohr des Saxophons hat 20 Tonlöcher, die durch Klappen abgedeckt sind. Diese Klappen können durch einen Hebelmechanismus gruppenweise mit den ersten drei Fingern jeder Hand geöffnet werden. Zwei Zusatzlöcher, die so genannten Überblaselöcher, erlauben es, Töne zu erzeugen, die eine Oktave über oder unter der Normallage erklingen. Das Klappensystem ähnelt dem der Oboe. Heute wird das Saxophon in acht Größen gebaut, vom Sopranino bis zum Subkontrabass. Die am häufigsten verwendeten Saxophone sind das Sopran-, das Alt-, das Tenor- und das Baritonsaxophon. All diese Versionen haben einen Tonumfang von zweieinhalb Oktaven. Die meisten Saxophone haben ein nach oben aufgebogenes Schallstück und ähneln dadurch der Bassklarinette. Das Sopransaxophon ist dagegen gerade gebaut wie die A- oder die B-Klarinette. Das Saxophon hat einen warmen, samtartigen, in hohen Lagen durchdringenden und in tiefen Lagen etwas schnarrenden, manchmal sogar blechigen und metallischen Klang.

3.

Besonderheiten:

Auch Saxophone sind transponierende Instrumente. Das bedeutet, wenn ein Saxophonist/in z.B. ein a liest und greift, erklingt ein anderer Ton als a. Dies hat den Vorteil, dass man viele Griffe, die Saxophone mit der Sopran-Blockflöte, Querflöte, Oboen, Klarinetten (2. Register) gemeinsam haben, mit denselben Notennamen verbindet. Es hat aber den Nachteil, das man beim Zusammenspiel mit anderen Instrumenten nicht ohne weiteres dieselbe Note verwenden kann. In diesem Fall brauchen Saxophonisten/innen besondere Noten: der Altsaxophonist eine Es-Stimme und die Tenorsaxophonisten/innen eine B-Stimme. Links: • http://www.saxwelt.de (Saxophon-Seite mit kleinem Lexikon) • http://de.wikipedia.org/wiki/Saxophon (mit weiteren Links!)

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12. Blechblasinstrumente Trompete 1.

Geschichte:

„Trummet ist ein herrlich Instrument, wenn ein guter Meister, der es wol und künstlich zwingen und regieren kan, darüber kömpt und ist gleich zu verwundern, dass auff diesem Instrument ohne Züge in der Höhe fast alle Tonos nacheinander auch etliche Semitonia haben, und man allerley Melodeyen zu wege bringen kan.“ (Michael Praetorius, 1619)

Trompetenartige Instrumente (ursprünglich aus Holz, vgl. das Alphorn!) begleiten die Menschheit schon lange. In der Antike spielen sie eine wichtige Rolle als Kriegs- und Tempelinstrumente. Durch die Kreuzzüge gelangten Trompeten nach Europa, wo man spätestens seit dem 13. Jahrhundert die Tromba oder Busine, eine Trompete mit gestrecktem Rohr, blies. Um es vor dem Verbiegen zu schützen, wurde das Rohr seit dem 14. Jahrhundert zu einem flachen S gebogen, seit dem 15. Jahrhundert gibt es die moderne Bügelform. Noch war es aber nicht möglich, auf diesen (ventillosen) Instrumenten Melodien zu spielen. Durch Veränderung der Lippenspannung konnte der Grundton des Instrumentes zwar überblasen und Obertöne erzeugt werden, aber es standen nur (Natur-)Töne im Abstand von Quinten, Quarten oder Dreiklängen zur Verfügung. Eine vollständige Tonleiter konnte nur in hohen Tonlagen geblasen werden. So entwickelte sich aus der Not heraus die hohe Kunst des Clarinoblasens.

Lure: Trompete der nordischen Bronzezeit. Bisher sind 61 originale Luren als Bodenfunde in Südskandinavien und im Ostseeraum in der Zeit von 1300 bis 600 v. Chr., gefunden worden.

Zink: Gewöhnlich aus Horn oder Holz bestehendes Grifflochhorn in unterschiedlichen Bauformen mit einem kleinen geschnitzten Mundstück, welches einem Trompetenmundstück ähnlich ist.

Barocktrompete oder Naturtrompete: lange Trompete ohne Ventile in unterschiedlichen Stimmungen. Der Vorgänger unserer modernen Instrumente.

Alphorn: Ursprünglich diente das Alphorn lediglich als Signalhorn. Doch die ständigen Verbesserungen im Alphornbau führten dazu, dass es heute als vollwertiges Blasmusikinstrument eingesetzt wird.

Ende des 18. Jahrhunderts wurden dann Stopf und Klappen- und Zugtrompeten eingeführt, doch der Durchbruch kam erst später: Um 1815 wurden endlich die erste Ventile entwickelt, die es ermöglichten, eine chromatische Tonleiter auch in tiefen Lagen zu blasen. 1820 gab es die ersten Trompeten mit Ventilen. Erfinder dieser Kastenventile waren der Hornist Heinrich Stölzel und Friedrich Blühmel in Berlin. Die heute gebräuchlichen Ventile wurde jedoch erst später entwickelt: 1832 baute Joseph Riedl in Wien das erste Dreh- oder Zylinderventil und 1839 verfeinerte Francois Périnet in Paris die alten Pumpventile entscheidend.

moderne (Jazz-) Trompete in B

2.

Piccolo- oder Bachtrompete

Bauweise:

Trompeten gibt es in verschiedenen Stimmungen und Größen. Standardinstrument ist die Trompete in B, die es in zwei Bauformen gibt: Die Konzerttrompete mit Zylinderventilen und die "moderne" Jazz-Trompete mit Pump(Perinet-)Ventilen. Die Trompete hat eine zylindrische Röhre und drei Ventile zur Rohrverlängerung (Tonvertiefung), um außer den Naturtönen alle chromatischen Zwischentöne spielbar zu machen. Bei geschlossenem, d.h. niedergedrücktem Ventil wird die Luft gezwungen, einen längeren Weg zu nehmen. Damit wird das Rohr länger und der Grundton tiefer! Meist sind drei Ventile in verschiedenen Größen in Gebrauch, die auch kombiniert werden können Auf diese Weise ist es möglich, vom 2. Oberton an alle Lücken der Obertonreihe auszufüllen. Von den verschiedenen Ventiltypen sind heute nur noch zwei gebräuchlich: das Dreh- und das Pumpventil. Die Funktion ist bei beiden Typen gleich. Durch Niederdrücken des Ventilhebels, der eine Drehbewegung des Ventils auslöst, oder durch Niederdrücken des Ventilkolbens beim Pumpventil wird ein zusätzlicher Rohrbogen ins Instrument eingeschaltet.

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Ventilmechanismus der Trompete: Wenn das Ventil in Ruhestellung ist (oben), streicht die Luft direkt durch die Hauptröhre. Wenn es niedergedrückt wird (unten), verlängert sich die Luftsäule, weil die Luft durch ein zusätzliches Rohrstück umgeleitet wird.

Auswirkungen der Ventile:

+

1. Ventil vertieft um einen Ganzton

1

2. Ventil vertieft um einen Halbton

2

3. Ventil vertieft um eine kleine Terz

3

3.

1

2

3

- kl. Terz

- Quart

Spielweisen:

Die Schwingungen werden durch die Lippen des Bläsers erzeugt und mittels eines Kesselmundstückes in das Instrument geleitet. Das Mundstück dient gleichzeitig zur Begrenzung des schwingenden Teils der Lippen und trägt maßgeblich zur Bildung der Klangfarbe bei, da die Kesselform das Entstehen bestimmter Nebenschwingungen (Obertöne) begünstigt oder verhindert.

Trompetenmundstück

4.

Querschnitt:

Verwandte:

Kornett: Blechblasinstrument, das Mitte des 19.Jahrhunderts durch Anbringung von Ventilen an das kleine, gewundene Posthorn entwickelt wurde. Bis Ende des 19.Jahrhunderts war es ein beliebtes Orchesterinstrument.

Das Flügelhorn gehört der Familie der Bügelhörner an. Das klanglich dem Kornett verwandte Blechblasinstrument, das um 1825 in Österreich aufkam, kommt überwiegend bei Militär- und Volksmusik sowie beim Jazz zum Einsatz.

Aida-Trompete: Eine Sonderform entstand mit der Aida-Trompete, die Verdi für die Bühnenmusik seiner Oper vorschrieb, die aber von anderen Komponisten nicht wieder verwendet wurde.

Links: • http://www.mgwalchwil.ch/magazin/2001_03/trompete.htm (ausführliche Geschichte der Trompete) • http://www.alphornmusik.ch (alles zum Thema „Alphorn“) Ein Trompeter übt jeden Tag 8 Stunden. Sein Kumpel sagt: " Wie schaffst du das bloß? Ich könnte das nicht." – „Man muss eben wissen, was man will“, antwortet der Trompeter. " Was willst du denn?“ fragt der Kumpel. -" Die Wohnung nebenan.“ Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Posaune 1.

Geschichte:

In der Bibel heißt es dass man Gott mit Posaunen loben soll. Als Moses auf dem Sinai die Gesetzestafeln empfängt erklingt der immer stärker werdende Ton einer Posaune als Zeichen der Gegenwart Gottes. Posaunen wurden von Wächtern auch als Warninstrumente eingesetzt und brachten den Heroldsruf bei der Thronbesteigung des Königs hervor. Die Mauern von Jericho sollten mit dem Schall von sieben Posaunen zum Einsturz gebracht werden. Die Posaune entstand um 1450 in Burgund. Sie ist wie die Trompete und das Horn ein Blechblasinstrument. Ein Vorläufer der Posaune aus dem 14. Jh. wird von Michael Praetorius (15711621) als Trommer (Abb. 10) bezeichnet. Schon 1468 sollen am burgundischen Hof Posaunen gebaut worden sein. Vom Nürnberger Posaunenmacher Jörg Neuschel wird von einem Instrument von 1557 berichtet. Bis zur Erfindung der Ventile im 18. Jh. war die Posaune das einzige chromatisch spielbare Blechblasinstrument. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Tenorposaune am gebräuchlichsten. Anders aber als zum Beispiel bei der Trompete oder beim Horn werden die Zwischentöne nicht mit Hilfe von Ventilen erzeugt, sondern durch den so genannten Zug, mit dessen Hilfe ein Teil der Schallröhre heraus- bzw. hinein geschoben werden kann. So lassen sich die Töne rein und in beliebiger Reihenfolge spielen. Auch das Schleifen zwischen zwei Tönen ist möglich (glissando). Dieses Instrument hat dem Posaunenchor seinen Namen gegeben. So ist es eigentlich üblich, dass Posaunenchöre in der kirchlichen Musik reine Blechbläserensembles sind, wobei diesem Instrument eine besondere Bedeutung gegeben wird.

2.

Bauweise/Spielweisen:

Die Posaunen sind Trompeten in tiefer Lage. Die Posaune hat ebenfalls ein Kesselmundstück und ein enges, überwiegend zylindrisches Rohr. Durch die U-förmige Zugvorrichtung lässt sich die Schallröhre in 7 Positionen (0-6) verkürzen oder verlängern, wodurch der Grundton jeweils um einen Halbton niedriger wird. Besonders schöne gleitende Übergänge (Glissandi) sind dadurch möglich. Die tiefen Töne sprechen nur im p an („Pedaltöne“).

Von den vier Stimmlagen Alt (in Es, Tonumfang A-es2), Tenor (in B, Tonumfang E-b1) und Bass (in F, Tonumfang H1-f1) und der Kontrabass (in E, Es, C und B, Tonumfang E1-d1) und ist in erster Linie die Tenorposaune gebräuchlich. Die Posaune wird klingend notiert. Links: • www.posaune.at (österr. Posaunen-Seite) Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Horn 1.

Geschichte:

Die ältesten Blasinstrumente sind Schneckenhörner, die vermutlich aus Assyrien kommen. Altmexikanische Priester brauchten ein Schneckenhorn, das sie Tecciztli oder Quiquiztli nannten, zum Beschwören von Regengöttern. Häufig wurden Blashörner aus dem ausgehöhlten Gehörn oder ausgebohrten Stosszähnen von Tieren gemacht. Der Kalif Harun al Raschid soll Karl dem Grossen ein Elfenbeinhorn geschenkt haben. Es ist ein mit Schnitzereien reich verzierter, kunstvoll ausgehöhlter Stosszahn eines Elefanten, einer der Olifante, wie sie etwa seit dem 10. Jahrhundert als besondere Kostbarkeiten von Byzanz nach Europa gelangten. Zu den Vorläufern der modernen Hörner gehören auch das römische Cornu und der jüdische Schofar.

Römisches Cornu

Jüdischer Schofar

Naturhorn (Jagdhorn)

Im 15. und 16. Jahrhundert verwendeten Nachtwächter, Feuerwärter, Türmer, Jäger, Hirten, Bäcker, Metzger und Postillione für ihre Signale noch mehr oder weniger große, einfache Rinderhörner. Um 1500 haben findige Köpfe eine Technik entwickelt, Rohre aus flach gewalztem, etwa zu 75% kupferhaltigen Messingblechen zusammenzulöten, um sie dann aneinanderzufügen und beim Instrumentenbau zu verwenden. Das Naturhorn (Jagdhorn), das Anfang des 18.Jahrhunderts im Orchester eingeführt wurde, erzeugte nur rund zwölf Töne der natürlichen Obertonreihe. Mit der Erfindung der Technik des Stopfens im Jahre 1750 wurden die Hörner leistungsfähiger. Beim Stopfen schiebt der Spieler die Hand in die Stürze des Hornes, um die Tonhöhe um einen Halbton zu ändern. Trotz dieses Fortschritts waren immer noch zusätzliche Rohrlängen erforderlich, die so genannten Bögen oder Krummbügel, um in verschiedenen Tonlagen spielen zu können. Auf diese Weise konnte zum Beispiel ein G-Horn in ein Horn in Ges, F, E, Es, D oder auch C verwandelt werden. Das machte das Instrument jedoch auch sehr unhandlich. Die Erfindung der Ventile im Jahre 1818 durch den Hornisten Heinrich Stölzel revolutionierte das Horn, denn jetzt konnte der Spieler die Rohrlänge (und damit den Ton) allein durch die Bewegung eines Fingers verändern. Zunächst wurden nur zwei Ventile verwendet, die man mit den Fingern problemlos niederdrücken konnte und die durch Federn von selbst in die Ausgangsposition zurück versetzt wurden. Das erste Ventil erniedrigt dabei den natürlichen Grundton um einen ganzen, das zweite um einen halben Ton. Der Instrumentenmacher Sattler in Leipzig fügte noch ein drittes Ventil hinzu, das den Ton um anderthalb Töne vertiefte. Er verlegte auch die ursprünglich mit zwei Fingern der rechten Hand bediente Maschine auf die andere Seite. Nun war die rechte Hand wieder frei und konnte im Schallbecher wieder kleinere oder auch größere Stimmungsfehler korrigieren. 2.

Bauweise:

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Horn ist der Oberbegriff für alle Blasinstrumente, die eine konische Öffnung oder ein konisches Mundstück haben und früher aus dem Horn oder Stoßzahn eines Tieres gebaut wurden. Der Ton eines Horns wird wie bei einer Trompete durch die Vibration der Lippen des Spielers an einem Mundstück erzeugt. Das moderne Horn in F hat drei Ventile und kreisförmige enge Windungen, die sich am Ende zu einem breiten Schallstück öffnen sowie ein trichterförmiges Mundstück, das für den weichen, warmen Klang des Hornes verantwortlich ist. Das Doppelhorn (siehe Abbildung vorige Seite!) in F und B, das um 1900 eingeführt wurde, verdrängt das F-Horn zunehmend. Es hat ein zusätzliches Ventil, um den B-Stimmbogen umzuschalten, und bietet einige technische Vorzüge. Im modernen Symphonieorchester sind in der Regel vier Hörner vertreten.

3.

Spielweisen:

Ein in F gestimmtes Horn mit drei Ventilen kann eine vollständige chromatische Skala über drei Oktaven erzeugen, vom B unterhalb des Bassschlüssels (eine Quinte höher notiert, weil das Hornist ein transponierendes Instrument ist!) an aufwärts. Heute benutzt der Hornist die Technik des Stopfens, um Intonation und Klangfarbe zu verändern.

Stopftechnik: Der Bläser unterstützt den Hornton, indem er die rechte Hand in die Stürze steckt (a). Mit Lageveränderungen der Hand (b) verändert er den Klang und korrigiert die Intonation. Die Hand kann auch als Dämpfer wirken, die Tonhöhe verändern und Klangfarbeneffekte erzeugen.

4.

Verschiedene Mundstücke (von links nach rechts): Waldhorn (Trichtermundstück!), Flügelhorn, Trompete, Althorn, Tenorhorn, Posaune, Bariton, BTuba

Besonderheiten:

Das Wiener Horn in F, besitzt Pumpventile zur besseren Verbindungsmöglichkeit von Tönen. Es hat ein weicheren und wärmeren Klang, ist aber auch schwieriger zu spielen und besonders „Kicks“-anfällig. Es wird fast nur mehr in österreichischen Orchestern gespielt. Das Deutsches Horn oder Doppelhorn, das im angelsächsischen Raum unter der Bezeichnung frenchhorn geläufig ist, hat ein zusätzliches Umschaltventil zwischen F/B-Stimmung und besitzt Drehventile. Es ist heute das gebräuchlichste Orchesterhorn.

5.

Verwandte:

Akustik&Instrumentenkunde, RG&ORG für Studierende der Musik, Neustiftgasse 95-99, 1070 Wien, © Dr. Christian Winkler

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Wiener Horn

Posthorn („Fürst-Pleßhorn“)

Wagnertuba

Links: • http://www.wienerhorn.com/ (zahlreiche Abbildungen von Hörnern) • http://de.wikipedia.org/wiki/Horn_(Instrument) (Abbildungen, Geschichte, weitere Links)

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Tuba 1.

Geschichte:

Das Wort "Tuba" hat seine Wurzeln im lateinischen "tubus" (= Rohr) und bezeichnete im alten Rom ein Blasinstrument in Form einer lang gestreckten Metallröhre (aus Eisen oder Bronze) mit kleiner Stürze und knöchernem Mundstück. Um 1590 wurde der Serpent (“Schlangenhorn”) entwickelt, der bis zum 19. Jahrhundert als Bass geblasen wurde. Er war ein rund 180 bis 240 cm langes Blasinstrument aus Holz, mit Leder überzogen und in Schlangenform gebaut, um das Greifen der Tonlöcher zu ermöglichen. Eine Weiterentwicklung des Serpents war die Ophikleide (ein "Klappenhorn" mit bis zu 12 Klappen), die der französische Instrumentenbauer Jean "Halary" Asté in Paris 1821 patentieren ließ. Auf Anregung und unter Mitarbeit des königlich preußischen Gardemusikdirektors Wilhelm Wieprecht (1802-1872) und durch den Instrumentenmacher Carl Wilhelm Moritz, beide aus Berlin, wurde 1835 der erste brauchbare, mit Wieprecht’s neuen “Berliner Pumpventilen” ausgestattete Blechbass gebaut und patentiert - die Basstuba in F! Andere Instrumentenmacher begannen nun ebenfalls, Tuben zu produzieren. Wieprechts Instrument war zunächst mit anscheinend ungenügenden Pumpventilen versehen, so dass sich die deutschen und östlichen Instrumentenmacher bald für die 1832 von Josef Riedl in Wien erfundenen Drehventile entschieden.

2.

Serpent (oben) Ophikleide (links)

Bauweise: Die Tuba hat eine weite Mensur und 3-5 Ventile. Das Instrument wird in Spielhaltung mit der Stürze nach oben gehalten. Das Rohr, auf dem ein kesselförmiges Mundstück sitzt, ist mehrfach in leicht ovalen Windungen gebogen und hat zuerst einen konischen, dann einen zylindrischen und schließlich wieder einen konischen Verlauf, bis es in der Stürze ausläuft. Die etwa 3,6 bis 5,4 Meter lange Röhre der Tuba verläuft überwiegend konisch, die Mensur differiert regional stark: In Frankreich und England bevorzugt man Modelle mit engerer Bohrung, im deutschsprachigen Raum und in Osteuropa Tuben mit besonders weiter Bohrung und orgelartig vollem Klangvolumen. Die Tuba hat einen Tonumfang von mehr als drei Oktaven. Sie wird meistens als Basstuba in Es oder F (1Des bis f1) oder als Kontrabasstuba in B oder C (2A bis c1) gebaut. Die B-Kontrabasstuba wird manchmal auch als „Doppeltuba“ bezeichnet. Das Euphonium ist eine Bariton-Tuba

5.

Verwandte:

Sousaphon, ein nach seinem Erfinder, dem amerikanischen Komponisten John Philip Sousa, benanntes Blechblasinstrument mit drei Ventilen, eine Basstuba mit kreisförmig gewundenem Rohr und breit ausladendem, nach vorn gerichtetem Schalltrichter. Das Sousaphon wird von seinem Spieler um den Oberkörper getragen und hauptsächlich in Marschmusikkapellen verwendet. Es wurde erstmals in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts gebaut; seine Stimmung ist meist Es oder B. Vierventilige Instrumente können noch tiefere Lagen spielen. Wie für Tuba muss die Musik für Sousaphon transponiert werden. Seit den sechziger Jahren des 20.Jahrhunderts werden Sousaphone auch aus Kunststoff mit einem Schalltrichter aus Fiberglas hergestellt.

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