Innovatives Dienstleistungsmarketing in Theorie und Praxis [1. Aufl]
 9783835006478, 3835006479 [PDF]

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Zitiervorschau

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GABLER EDITION WlSSENSCHAFT Focus Dienstleistungsmarketing Herausgegeben yon Universit~tsprofessor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Ruhr-Universit~t Bochum, Universitw Dr. Sabine Fliel~, FernUniversit~it in Hagen, Universit~tsprofessor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universit~it Berlin, Universit~tsprofessor Dr. Anton Meyer, Ludwig-Maximilians-Universit~it M~inchen, Universit~itsprofessor Dr. Hans MiJhlbacher, Leopold-Franzens-Universit~t Innsbruck, Universit~itsprofessor Dr. Bernd Stauss, Katholische Universit~t Eichst~itt-lngolstadt und Universit~tsprofessor Dr. Herbert Woratschek, Universit~t Bayreuth (schriftf~ihrend)

Der Wandel vonder Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ist de facto I~ngst vollzogen, er stellt jedoch mehr denn je eine Herausforderung fur Theorie und Praxis, speziell im Marketing, dar. Die Schriftenreihe will ein Forum bieten f[ir wissenschaftliche Beitr~ige zu dem bedeutenden und immer wichtiger werdenden Bereich des Dienstleistungsmarketing. In ihr werden aktuelle Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung in diesem Bereich des Marketing pr~isentiert und zur Diskussion gestellt.

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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet {iber abrufbar.

1. Auflage Dezember 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine SchSIler Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch(}tzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere ~r Vervielffiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden d~irften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf s~iurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0647-8

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Vorwort

Der Dienstleistungsbereich stellt seit geraumer Zeit den wichtigsten Wirtschaftssektor in Deutschland und anderen entwickelten Volkswirtschaften dar. Um den daraus resultierenden Konsequenzen ftir das Marketing gerecht zu werden, treffen sich seit 1991 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem regelm~iBig stattfindende ,,Workshop Dienstleistungsmarketing", um eigene Forschungsergebnisse vorzustellen und neue Entwicklungen und Perspektiven zu diskutieren. Das vorliegende Buch pr~isentiert die Beitr~ige des 11. Workshops, der im Juni 2005 vom Marketing-Department der Freien Universit/~t Berlin veranstaltet wurde. Das breite Spektrum der behandelten Themen zeugt von dem hohen Grad der Ausdifferenzierung, den das Dienstleistungsmarketing mittlerweile in Forschung und Praxis erreicht hat. Dabei tr~igt die Auseinandersetzung mit verschiedenen theoretischen Ans~itzen zur wissenschaftlich fundierten Vertiefung und Weiterentwicklung des Dienstleistungsmarketings bei. So werden in den hierzu vorliegenden Beitr~igen unter anderem zentrale Konstrukte dargestellt und M6glichkeiten ihrer Messung aufgezeigt. Daneben werden in diesem Band aber auch grundlegende Aspekte des Kaufverhaltens bei Dienstleistungen sowie der praktischen Anwendung des Dienstleistungsmarketings diskutiert. Ich danke allen Autorinnen und Autoren fiir ihre konstruktive Mitwirkung bei der Erstellung der Manuskripte. Mein herzlicher Dank gilt zudem Frau Dipl.Kffr. Astrid L~iseke fiir ihr groBes Engagement bei der Organisation der Veranstaltung sowie Frau Dipl.-Kffr. Eva Wendt fiir Ihre tatkr~iftige Untersttitzung bei der Herausgabe des vorliegenden Tagungsbands. Prof. Dr. Michael Kleinaltenkamp

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort Autorenverzeichnis

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I. Theoretische Zug~inge zum Dienstleistungsmarketing Jdrg Freiling/Martin Gersch (Was) kann der kompetenzbasierte Ansatz zu einer theoretischen Bezugsbasis fiir das Dienstleistungsmanagement beitragen? Markus Rosier~Roland Kantsperger Konzeption und Bedeutung des Konstrukts Beziehungsintelligenz im Dienstleistungsmarketing

33

Matthias H.J. Gouthier Effekte des Stolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt

57

Markus Wiibben/Florian von Wangenheim Parameter Estimation in the Pareto/NBD Model

79

II. Kaufverhalten bei Dienstleistungen Jens Hogreve/Ole Wittko Die Wirkungen von Zertifikaten auf das Kaufverhalten bei DienstleistungsAngeboten 103 Nina Specht/Sina Fichtel Anstrengungen und F~ihigkeiten des Kundenkontaktmitarbeiters im Service Encounter als zentrale Determinanten der Kundenzufriedenheit: Eine empirische Analyse aus Kundensicht 121 Gertrud Schmitz/Anja Picard Individuelle Zahlungsbereitschaften mr Dienstleistungen: Konzeptionelle Grundlagen und Einflussgr613en

153

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III. Instrumentelle und branchenbezogene Anwendungen Martin Reckenfelderbiiumer/Seon-Su Kim Hochschulmarketing 2010- Aktuelle Herausforderungen und Marketing181 ans~itze flir deutsche Hochschulen Julia Veflhoff/Michael Welling Besonderheiten bei Produktion und Absatz von Unterhaltungsdienstleistungen- einige Oberlegungen aufBasis der 6konomischen Superstar-Theory

217

Claudia Klausegger/Thomas Salzberger Messung der Zufriedenheit mit dem touristischen ErlebnisEine empirische Analyse am Beispiel des St~idtetourismus Wien

243

Herbert Woratschek/Manuel Becher Controlling-Konzept fiir DestinationsmanagementorganisationenWelche Implikationen ergeben sich aus dem wertsch6pfungsorientierten Dienstleistungsmarketing?

267

Guido Schafmeister Dienstleistungsexport- Grunds/itzliche Oberlegungen zur Auslandsvermarktung nationaler Sportserien

291

Stefan Roth/ Herbert Woratschek Preisbildung und Preisdifferenzierung far Absatzleismngen und Leistungsbtindel

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Theoretische Zug~nge zum Dienstleistungsmarketing

(Was) Kann der kompetenzbasierte theoretischen

Ansatz zu einer

Bezugsbasis fiir das Dienstleistungsmanagement

beitragen?

JOrg Freiling /Martin Gersch

Problemstellung .............................................................................. 4 Wissenschaftstheoretische

Grundsatzfragen

............................... 5

Ans~itze zur Theoriefundierung des Dienstleistungsmarketings und Dienstleistungsmanagements ... 9

4.1 4.2

Der Competence-based View als Bezugsrahmen fiir die Dienstleistungsforschung: MOglichkeiten und Grenzen ........... 11 Grundlagen und Dienstleistungsbezug ........................................... 11 Kritische Reflexion des Competence-based View ......................... 15

5.1 5.2

Ein Zugang zur Dienstleistungsforschung auf Basis der kompetenzbasierten Theorie der U n t e r n e h m u n g ...................... 16 Grundlagen der ,,Competence-based Theory of the Firm". ............ 16 CbTF-basierte Dienstleistungsforschung ....................................... 18 Fazit ............................................................................................... 24

Literaturverzeichnis .................................................................................... 26

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J6rg Freiling/Martin Gersch

ProblemsteUung

Die theoretische Durchdringung des Marketings und der Produktion von Dienstleistungen hat auf unterschiedliche Weise stattgefunden. Unter den bislang bevorzugten Ans/~tzen ragen solche der 6konomischen bzw. sozio6konomischen (z.B. FlieB 2002; Weiber/Billen 2005; Corsten/G6ssinger 2005; Steven/Behrens 2005; Corsten et al. 2005) und solche der verhaltensorientierten Theorie (z.B. Nerdinger 2005) heraus. Eine Universaltheorie als Bezugsrahmen Nr das Dienstleistungsmanagement bzw. -marketing ist noch nicht entstanden, auch wenn durch die Anwendung einzelner Theorien zum Teil beachtlicher Erkenntnisfortschritt erreicht werden konnte. Insbesondere ist ein fiir die Dienstleistungsforschung als zentral erachtetes Konstrukt, die so genannte Integrativit/~t (z.B.: Engelhardt 1966; Meyer 1991; Engelhardt et al. 1993; Freiling/Reckenfelderb~iumer 1996), bislang prim/~r auf deskriptivem Wege und weitgehend losgel6st vonder Einbettung in den Marktprozess erschlossen worden. Insofern kann im Dienstleistungsbereich ein weiterhin bestehender Fundierungsbedarf diagnostiziert werden. Es wird im vorliegenden Beitrag versucht, das Potenzial ressourcen- und kompetenzbasierter Ans/~tze (ausgehend vom Competence-based View im Sinne von Sanchez et al. 1996; Teece et al. 1997; Freiling 2001; Freiling 2004a; Gersch et al. 2005) zur Bearbeitung damit verbundener Fragen zu iiberprtifen und zu nutzen. Der Ansatz st6Bt in der zeitgenOssischen Managementforschung auf gr6Btes Interesse und hat nach Meinung vieler Forscher zumindest in diesem Bereich Dominanzcharakter erlangt (z.B. Bresser et al. 2000). In der Dienstleistungsforschung ist der Ansatz bislang nur schwach rezipiert worden (z.B.: FlieB 2002; Jacob 2003), so dass eine grundlegende Bestandaufnahme noch aussteht. Vor diesem Hintergrund sind im Einzelnen folgende Fragen eingehender zu untersuchen: 1. Was muss ein Theorierahmen far das Dienstleistungsmarketing und das Dienstleistungsmanagement- idealiter- leisten k6nnen? Welches sind die wichtigsten inhaltlichen Aspekte aus Sicht der Dienstleistungsforschung, die es zu erforschen gilt, und wie lassen sie sich in einen geschlossenen Gesamtrahmen tiberfahren? 2. Warum ist es erforderlich, nach Theorien Ausschau zu halten, die bislang in der Dienstleistungsforschung nicht zu den bevorzugten Ans/~tzen zu z/~hlen sind? Welche Aspekte sind durch die bisher verwendeten Ans/~tze in der Dienstleistungsforschung nicht (hinreichend) berticksichtigt worden? 3. Was kann eine kompetenzbasierte Theorie im Sinne des Competence-based View beitragen, um die offenen Probleme behandeln zu k6nnen? 4. Welche Probleme gehen damit einher, den Competence-based View auf das Dienstleistungsmanagement anzuwenden?

Theoretischer Beitragdes kompetenzbasiertenAnsatzeszum Dienstleistungsmanagement?

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5.

Wie k6nnte ein modifizierter Ansatz kompetenzbasierter Forschung zu einer L6sung bestehender Probleme beitragen? Die forschungsleitende Frage stellt somit einen Fragenkomplex dar, der stufenweise zu bearbeiten ist. Dabei sind in einem ersten Schritt wissenschaftstheoretische Grundsatzfragen im Kontext der Dienstleistungsforschung zu kl~iren (Kapitel 2). Daran anschlieBend und darauf aufbauend sind die theoretischen Zug~inge zur Fundierung von Dienstleismngsmarketing und Dienstleistungsmanagement unter Be~cksichtigung des im Mittelpunkt dieses Beitrags stehenden Theorieansatzes aufzuzeigen (Kapitel 3). Die Darstellung schlieBt eine Bewertung ansatzspezifischer St~irken und Schwgchen ein. Daran anknt~pfend gilt es, das spezifische Profil des kompetenzbasierten Ansatzes fOr das Dienstleistungsmanagement aufzuarbeiten, was Gegenstand von Kapitel 4 ist. Diese Aufarbeitung soll in gleicher Weise St~irken und Schw~ichen aufdecken, wie dies auch in Kapitel 3 mit Blick auf die anderen zur Rede stehenden Ans~itze erfolgt ist. Auf Basis der identifizierten Defizite wird sodann in Kapitel 5 der Versuch unternommen, neben der Obertragung kompetenztheoretischen Gedankenguts auf die Dienstleistungsforschung einen konkreten Vorschlag zur Weiterentwicklung zur Diskussion zu stellen. Hierbei wird der Ansatz der kompetenzbasierten Theorie der Unternehmung nach Gersch et al. (2005) bzw. Freiling et al. (2006) genutzt.

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Wissenschaftstheoretische Grundsatzfragen

Eine wichtige wissenschaftstheoretische Weichenstellung besteht in der Festlegung von Erfahrungs- und Erkennmisobjekt der dienstleistungsbezogenen Forschung (zu den Begriffen vgl. u.a. Schanz 1988; Zelewski 1999). Beim Erfahrungsobjekt, der Dienstleistung, tritt die alte und bislang weitgehend unl6sbare Definitionsproblematik von Dienstleistungen auf. Trotz viel versprechender Versuche, eine scharfe Trennung von Dienst- und Sachleistungen vorzunehmen (z.B. Mengen 1993), ist bis heute kein restlos t~berzeugender Vorschlag vorgelegt worden (Engelhardt et al. 1995; Haase 2005). Daher ist der yon Engelhardt et al. (1993) vorgelegte Stand zur terminologischen Problematik bis heute aktuell. Insofern ist es unter sprachlichen Gesichtspunkten sinnvoller, nicht von einer geltenden Dienstleistungsdefinition zu sprechen, sondern von einer Charakterisierung anhand ausgew~ihlter, der Natur von Dienstleistungen entsprechender Merkmale. Unter den charakteristischen Merkmalen ragt die Integrativitgt hervor (Engelhardt et al. 1993; Kleinaltenkamp 2005). Die Immaterialit~it auf der Ergebnisebene hat eher abgeleiteten, in der Sache nachrangigen Charakter (Woratschek 1996, daneben auch Freiling~aul 1997) und spiegelt sich in verschiedenen Formen resultierender Unsicherheiten wieder. Insofern erscheint es zweckm~iBig, unter das Erfahrungsobjekt der Dienstleistung alle Leistungen zu fassen, die Leistungsversprechen auf Basis Oberwiegend integrativer Leis-

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tungserstellung und spezifischen Unsicherheiten im Marktprozess darstellen. Die Unsicherheiten beziehen sich speziell auf eine fehlende vollst~indige Beurteilbarkeit des Leistungsergebnisses. Somit bestehen Dienstleistungen vorwiegend aus Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften auf der Ebene des Leistungsergebnisses (exemplarisch: Kaas 1991; Schade/Schott 1993; Reckenfelderb~iumer 2002; Weiber/Billen 2005) Neben der inhaltlichen Bestimmung des Erfahrungsobjekts ist eine daran ankntipfende Frage zu beantworten: Was muss ein Theorierahmen ftir die Dienstleistungsforschung idealiter leisten k6nnen? Welches sind die wichtigsten inhaltlichen Aspekte von Dienstleistungen, die es zu erforschen gilt, und wie lassen sie sich in einen geschlossenen Gesamtrahmen tiberftihren? Anhand von Abbildung 2 wird dieser Fragenkomplex bearbeitet.

A bbildung 1." Dienstleistungsrelevante WertschO'pfungsspezifika und Handlungsebenen

Dienstleistungen lassen sich durch wertsch6pfungsbezogene und dispositive Aspekte n~iher erschliel3en: Unter Wertsch6pfungsgesichtspunkten ist zwischen der Potenzial-, der Prozess- und der Ergebnisebene oder alternativ der Bereitstellungsleistung, dem Leistungserstellungsprozess und dem Leistungsergebnis zu differenzieren (Engelhardt 1966; Meyer 1991; Engelhardt et al. 1993). Ein geeigneter theoretischer Bezugsrahmen ftir die Dienstleistungsforschung muss in der Lage sein, diese Dimensionen zu erfassen. Zus~itzlich k6nnte erwogen

Theoretischer Beitrag des kompetenzbasiertenAnsatzeszum Dienstleistungsmanagement?

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werden, auch die Nutzendimension separat zu erfassen. Diese gmnds~itzlich m6gliche Vorgehensweise (siehe etwa Mengen 1993) wird hier aber aus Vereinfachungsg~nden bewusst nicht verfolgt, weil sich der Nutzen des Nachfragers aus den drei Wertsch6pfungsdimensionen ergibt und daher bereits implizit mit erfasst ist. Unter dispositiven Gesichtspunkten werden in hierarchischer Weise Handlungsebenen far das Marketing und Management unterschieden (Gersch 1995b; Freiling/Reckenfelderb~iumer 1996; daneben auch FlieB 2002, S. 243ff.): Die oberen beiden Bezugsebenen sind der Gesamtmarkt und das darin eingebettete Marktsegment. Auf diesen Bezugsebenen steht der Dienstleistungsanbieter einer Mehrzahl yon Nachfragern gegentiber, far die er seine Potenziale konfiguriert. Nachgelagert ist zungchst die Geschgftsbeziehungsebene, welche die grundlegende Zusammenarbeit zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager fokussiert. Hier ist es bereits m6glich, dass im Vorgriff auf sp~itere Transaktionen Anbieter und Nachfrager ihre Potenziale aneinander anpassen, was in der diesbezt~glichen Integrativit~itsdiskussion Niederschlag findet (Engelhardt/Freiling 1995). Der Beziehungsebene nachgelagert ist die der Einzeltransaktion, bei der die Erstellung und Ubergabe eines konkreten Leistungsbt~ndels im Mittelpunkt steht. Entsprechend sind auf der Ebene der Einzeltransaktion alle drei Ebenen des Wertsch6pfungssystems zu betrachten: (1) Die Bereitstellungsleistung betont die Potenziale, die far die Transaktion tiblicherweise in der Dienstleistungsforschung als gegeben betrachtet werden. In Verbindung mit den anderen Ebenen wird aber bereits deutlich, dass diese Betrachtung vereinfacht und verkfirzt ist. Die Bereitstellungsleistung befindet sich vielmehr permanent im Fluss. (2) Die Leistungserstellungsprozesse stellen auf die wichtige Frage: ,,Integrativit~it versus Autonomie" ab (Meyer 1991; Engelhardt et al. 1993), die ebenfalls prim~ir auf der Transaktionsebene thematisiert worden ist. Integrativit~it ist aber auch auf der Gesch~iftsbeziehungsebene relevant, wie gezeigt wurde. (3) Das Leistungsergebnis stellt sich als ein Btindel mehrerer Einzelleistungen dar (Engelhardt et al. 1995), die nachfragerseitig zu Potenzialver~inderungen fahren (Freiling/ReckenfelderNiumer 1996). Der theoretische Bezugsrahmen sollte es auf Basis dieser l]berlegungen gmnds~itzlich zulassen, die Handlungsebenen in genannter Weise zu erfassen. Wie Abbildung 2 ebenfalls erkennen lgsst, treten auf jeder Handlungsebene spezifische Chancen und Risiken far den Anbieter auf. Ein geeigneter theoretischer Bezugsrahmen sollte in der Lage sein, die zum Teil betrgchtlichen Verhaltensunsicherheiten von Dienstleistungen zu erfassen, die u.a. in Verbindung mit opportunistischem Verhalten auftreten. Neben die Unsicherheit und die damit verbundenen Bedrohungspotenziale treten aber auch die transaktionsbezogenen und-tibergreifenden Chancen, die in vielen betriebswirtschaftlich relevanten Theorieansgtzen nicht hinreichend berticksichtigt worden sind. Vor allem mangelt es an einer strategischen Perspektive. Durch die Verkn~ipfung mit den

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Handlungsebenen im oben beschriebenen Sinn ergibt sich fiir die Dienstleistungsforschung die M6glichkeit, die bisher vorherrschende Fokussierung auf die Transaktionsebene zu relativieren und zu einer ausgewogeneren Betrachtung strategischer und operativer Aspekte beizutragen. Was sind daneben spezifische Griinde f'tir die Berficksichtigung der transaktionstibergreifenden Ebenen? Auf der Gesch~iftsbeziehungsebene wird u.a. fiber die Zusammenarbeitsform entschieden. Man kann mit Diller (1994) eine sachliche von einer menschlichemotionalen, einer Organisations- und einer Machtebene unterscheiden, um herauszustellen, dass weit fiber die Leistung hinaus Festlegungen zwischen den Partnern zu treffen sind, die z.T. formellen, z.T. informellen Charakter haben. Diesbeztigliche Festlegungen k 6 n n e n - fiber integrative Prozesse- eine kundenspezifische Bereitstellungsleistung bewirken, die sp~itere Transaktionen erleichtert, vorbereitet, aber auch kanalisiert. Insofern werden wichtige bilaterale Potenzialver~inderungen nicht nur auf der Transaktions-, sondern auch auf der Gesch~ftsbeziehungsebene vorgenommen. Die Vorbereitungen k6nnen struktureller und prozessualer Art sein und programmierte Handlungsfolgen zu einem sp~iteren Zeitpunkt beinhalten. Auf der Markt- und Segmentebene werden die autonomen Prozesse der Leistungserstellung ausfiihrlich thematisiert: W~ihrend auf den unteren beiden Ebenen Integrativit~it zwischen den Partnern zu beobachten ist, werden Dienstleistungen auf der Markt- und Segmentebene kundenunspezifisch vorbereitet, was sich in der Bereitstellungsleistung manifestiert. Um Aussagen dartiber treffen zu k6nnen, wie gut ein Dienstleistungsanbieter auf sp~itere Transaktionen vorbereitet ist, sind die auf dieser Ebene stattfindenden autonomen Vorbereitungsprozesse in die Betrachtung aufzunehmen. Die Systematik der Handlungsebenen dient nicht nur einer ebenenspezifischen Analyse. Vielmehr ist das transaktionsbezogene Handlungsverm6gen davon abh~ingig, wie ebenenfibergreifend disponiert wird (Freiling 2000). Vorbereitende Handlungen auf Markt-, Segment- und Gesch~iftsbeziehungsebene werden auf der Transaktionsebene genutzt. Prozesse und damit verbundene Erfahrungen auf der Transaktionsebene sind fiir Anpassungen auf den anderen Ebenen im Sinne eines Wissenstransfers zur Erh6hung der Marktn~ihe erforderlich. Ein wirkungsvolles Dienstleistungsmanagement h~ingt demnach von der Abstimmung der Handlungsebenen aufeinander unter strategischer Ftihrung ab und erfordert eine dynamisierte Sichtweise. Auf dieser Basis ist nun zu hinterfragen, wie weit zur Diskussion stehende Theorieans~tze geeignet sind, der Dienstleistungsforschung eine ,,angemessene" Theoriebasis (Albert 1991, S. 13ff.; Chmielewicz 1994, S. 8ff.; Gersch 2006; Schanz 1988, S. 32ff.) zu verleihen. Dabei wird die Betrachtung auf diejenigen Ans~itze begrenzt, auf welche die Dienstleistungsforschung in der jiingeren Vergangenheit verst~irkt rekurriert hat. Daneben sollen augenblicklich zur Dis-

Theoretischer Beitrag des kompetenzbasiertenAnsatzes zum Dienstleistungsmanagement?

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kussion stehende Theorieans~itze mit erkennbarer Relevanz far die Dienstleistungsforschung mit in das Blickfeld geraten.

Ans~itze zur Theoriefundierung des Dienstleistungsmarketings und Dienstleistungsmanagements Zur Strukturierung von theoretischen Str6mungen, die zur Theoriefundierung relevant sind, werden in der Literatur unterschiedliche Vorschlgge unterbreitet. So unterteilt FlieB (2002, S. 59ff.) etwa Ansgtze in (1) Markttheorien, (2) Untemehmenstheorien und (3) Managementtheorien. Die Unterteilung lenkt den Blick auf die ontologischen Bezugsebenen und l~isst so Analyseschwerpunkte erkennen. So sinnvoll diese Vorgehensweise auch allgemein sein mag, so wenig hilft sie im vorliegenden Kontext weiter, weil sich Markttheorien auch als Unternehmens- und z. T. sogar als Managementtheorien eignen k6nnen et vice versa. Die ,,Kunst" liegt gerade darin, Ans~itze zu finden, die das Geschehen auf Mgrkten und in Institutionen erkl~iren. Betrachtet man die Unterscheidung yon FlieB (2002) bezfiglich ihrer Zuordnungen, so wird auch deutlich, dass Unternehmenstheorien erkennbaren Bezug zu Managementtheorien aufweisen und zum Teil auch in beiden Rubriken zu fahren sind. Weiterhin bringt die Identifikation yon Managementtheorien ein funktionsbezogenes Unterscheidungsmerkmal in die Betrachtung ein, das auf einer anderen Ebene ansetzt als die nach ontologischen Bezugspunkten differenzierten Markt- und Unternehmenstheorien. Beziiglich der Zuordnung nennt FlieB (2002) im Einzelnen: 9 die Neoklassik und die Marktprozesstheorie im Bereich der Markttheorien, 9 den faktorbezogenen Ansatz Gutenbergs, die Neue Institutionen6konomik und die evolutorischen Ans~itze im Bereich der Unternehmenstheorien und 9 rationalistische, neo-institutionalistische, evolutorische und ressourcenbasierte Ans~itze im weiteren Kontext der Managementtheorien. Ausgegrenzt in der Betrachtung ist die Verhaltenswissenschaft, was zulgssig ist, solange eine Eingrenzung auf 6konomische Erkl~irungs- und Gestaltungsziele erfolgt. Geht man im Erkl~irungsanspruch etwas weiter, gndert sich das Bild. Grundsgtzlich erscheint es sinnvoll, auch die M6glichkeiten und Grenzen der Verhaltenstheorie far die Dienstleistungsforschung im Blickfeld zu behalten. Bei einer Gegentiberstellung mit den Charakteristika von Dienstleistungen stellt sich heraus, dass nicht alle Ans~itze in gleicher Weise als geeignet betrachtet werden k6nnen. Ohne weitere Kommentierung sind die Neoklassik und der faktorbezogene Ansatz Gutenbergs aus der Betrachtung mangels Relevanz zur Erfassung yon Realphgnomenen des Dienstleistungsbereichs im Sinne der Kennzeichnung gem~iB Abschnitt 2 auszuschlieBen.

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Auf der anderen Seite k6nnten weitere Ans~itze hinzugef~gt werden. Hier kommen vor allem die Lehre von den Untemehmerfunktionen (Reckenfelderb~iumer 2002) und die Strukturationstheorie (Giddens 1984, Duschek 2002) in Betracht. Ihr dienstleistungsbezogenes Potenzial ist aber bislang weniger scharf umrissen worden, deren Eignung noch nicht hinreichend evident. Die weiterhin zur Diskussion stehenden Ans~itze lassen fiir die Dienstleistungsforschung in unterschiedlicher Weise Eignung erkennen. Die wohl am weitesten ausformulierte Theoriezweige fiir den Dienstleistungsbereich sind die Informations6konomie und die Neue Institutionen6konomik (Kaas 1991; Gtimbel/Woratschek 1995; Woratschek 2001; Weiber/Billen 2005). Beide Theorien haben zu einem fundierten Verst~indnis dienstleistungsbezogener Besonderheiten von Austauschprozessen beigetragen, die sich vor allem auf die auftretenden Probleme unvollst~ndiger und ungleich verteilter Information beziehen. Ungeachtet der untibersehbaren Erkenntnisfortschritte haben die beiden Forschungszweige Fragen offen gelassen, die folgende Aspekte betreffen: 9 Beriicksichtigung transaktionsbezogener Chancen (Opportunit~itenlticke), 9 Anbindung an die Strategiediskussion (strategische Liicke), 9 Erfassung zeitlicher Verbundeffekte von Entscheidungen der marktlichen Akteure (evolutorische Lticke). Die Marktprozesstheorie l~isst sich ebenfalls als Bezugsbasis der Dienstleistungsforschung nutzen (Ehret 2000; FlieB 2002). Sie bietet die Gelegenheit, marktliche Chancen weitaus besser erfassen zu k6nnen, st6Bt aber an deutliche Grenzen, wenn es darum geht, Wertsch6pfungsprozesse zu analysieren. Dies tiberrascht in Anbetracht der Einordnung in den Bereich der Markttheorien nicht. Dann ist es nicht unberechtigt, der Marktprozesstheorie eine Realisierungslticke vorzuwerfen (Ehret 2000; Schneider 2001; Gersch et al. 2005), die sich vor allem auf die unzureichende Ausleuchtung von Marktzufuhrprozessen bezieht. Daneben besteht auch eine strategische Lticke, da die einzelwirtschaftlichen Implikationen nur sehr grobschnittartig ausfallen. Beztiglich der Evolutionstheorie liegen bislang nur sehr wenige Beziige zur Dienstleistungsforschung vor (u.a. FlieB 2002). W~ihrend die Marktprozesstheorie bereits Entwicklungen fiber die Zeit z.B. bez~glich der Akkumulation marktrelevanten Wissens erfasst, erm6glicht die Evolutionstheorie eine eingehende zeitpfadbezogene Betrachtung, die weit fiber den Horizont einzelner Dienstleistungstransaktionen hinaus reicht. Die Evolution wird dabei fiber das Zusammenspiel der Mechanismen: (blinde) Variation, Selektion und Retention erkl~irt, was sich grunds~itzlich auch auf Dienstleistungstransaktionen tibertragen lassen k6nnte. Allerdings stellt sich dabei das grunds~itzliche Problem des Transfers von Erkenntnissen aus einem Wissenschaftsbereich in eine andere Disziplin, was zumindest der Entwicklung geeigneter Obemahmekriterien bedarf (Elschen 1982), um wissenschaftstheoretisch sauber arbeiten zu k6nnen. Diese Aufgabe

Theoretischer Beitragdes kompetenzbasiertenAnsatzes zum Dienstleistungsmanagement?

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ist alles andere als trivial und bislang zumindest far evolutionstheoretische Arbeiten noch nicht befriedigend gel6st. Insofern droht in diesem Zweig zumindest die ,,Eklektizismusfalle". Ein weiteres Problem stellt die enorme Vielfalt von evolutionstheoretischen Ansgtzen dar, die - sehr grob - in einen darwinistischen und einen schumpeterianischen Zweig unterteilt werden k6nnen (Kappelhoff2004). Alle drei Theoriezweige verftigen somit fiber Schw~ichen und Probleme. Theoriezweigtibergreifend ist festzustellen, dass vor allem eine strategische Perspektive fehlt. Die proaktive Schaffung marktlicher Opportunit~iten sowie die Schritte zur Nutzung vorhandener Chancen bedtirfen einer konsequenteren Erfassung far die Dienstleistungsforschung - unter Zugrundelegung einer zeitlichen Perspektive, die transaktionstibergreifende Entwicklungen erfasst, um somit besser nachvollziehen zu k6nnen, wie sich transaktionsrelevante Gr6Ben (z.B. Reputation, Wissen) entwickelt haben und genutzt bzw. ver~indert werden k6nnen. Aufgrund dessen erscheint es sinnvoll und notwendig, nach Theorien Ausschau zu halten, die an den genannten Problemen ansetzen. Der kompetenzbasierte Ansatz k6nnte eine Bezugsbasis im Sinne dieser Anforderungen darstellen, was nachfolgend zu prtifen ist.

Der Competence-based View als Bezugsrahmen fiir die Dienstleistungsforschung: MSglichkeiten und Grenzen

4.1

Grundlagen und Dienstleistungsbezug

Der kompetenzbasierte Ansatz (Hamel/Prahalad 1995; Sanchez et al. 1996; Teece et al. 1997; Freiling 2001; Freiling 2004a; Freiling 2004b) ist Teil der ressourcenorientierten Forschung (Barney 1986; Dierickx/Cool 1989; Barney 1991; Grant 1991; Mahoney/Pandian 1992). Das Theoriegebgude ist - wie dies in Abbildung 3 deutlich w i r d - vielf~iltig und weit verzweigt (Gersch et al. 2005). Der kompetenzbasierte Ansatz kann als Weiterentwicklung des Resource-based View betrachtet werden, der sich jedoch in wichtigen Punkten von seinem Ausgangspunkt differenziert (Freiling 2004b). Zum Grundverst~indnis unerl~isslich ist, dass er das Bindeglied zwischen unternehmungsbezogenen Potenzialen und marktlichen Anforderungen darstellt und sich diesbeztiglich.nicht zuletzt aufgrund von interorganisationalen Abstimmungsprozessen zwischen Anbieter- und Nachfragerseite- in besonderer Weise far die Dienstleistungsforschung zu eignen scheint.

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Abbildung 2: Systematisierung ressourcenorientierter Forschung (Quelle: Gersch et al. 2005, S. 8)

Ebenso wie die ressourcenorientierte Forschung insgesamt, so stellt auch der Competence-based View i.w.S, kein homogenes Gebilde dar, sondern setzt sich aus unterschiedlichen Teilans~itzen gem~il3 Abbildung 3 zusammen, wie dies von Sanchez (2001) und Gersch et al. (2005) eingehender beschrieben wird. Grunds~itzlich und unabh~ingig von seinen einzelnen Auspr~igungsformen erscheint der kompetenzbasierte Ansatz in der Lage, eine zweckm~il3ige Ann~iherung an das Erfahrungsobjekt der Dienstleistungen zu erm6glichen. Dies ist auf eine im Grundsatz realit~itsnahe Pr~imissenwahl sowie eine darauf aufbauende Grundausrichtung zurtickzuftihren. Zu den wichtigsten Annahmen des Ansatzes z~ihlen (Freiling 2004a): 9 unvollst~indige Informationen unter den Wirtschaftssubjekten, 9 Unsicherheit im wirtschaftlichen Handeln sowie 9 Ungleichverteilung von Wissen, Wollen und K6nnen. Die Eignung der grundlegenden Sichtweise im vorliegenden Kontext kann exemplarisch am so genannten ,,Open System View" von Sanchez und Heene (1996) verdeutlicht werden, der innerhalb des ,,Competence-based Strategic Management" ausformuliert wurde. Es handelt sich hierbei um die Unterneh-

Theoretischer Beitrag des kompetenzbasiertenAnsatzes zum Dienstleistungsmanagement?

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mungs-Modellierung anhand von Systemelementen aus einer kompetenzorientierten Perspektive. Die direkt wertsch6pfungsbezogenen Systemelemente (intangible und tangible Faktoren, Prozesse und Leistungsergebnisse) werden durch die so genannte ,,Strategic Logic" und die Management-Prozesse, die zueinander in rekursiver Beziehung stehen, gesteuert.

Abbildung 3: Der ,, Open System View" (Quelle: Sanchez/Heene 1996, S. 41)

Durch Aktivierung der Systemelemente im Kontext der Marktanforderungen erfolgt eine Ausrichtung auf die Einzeltransaktionsebene im oben beschriebenen Sinn. Dabei bietet der Open System View die M6glichkeit, die Integration sowohl kunden- als auch lieferantenseitiger Faktoren zu erfassen und zu erkl~iren. Der Open System View erkl~irt die Notwendigkeit integrativer Leistungserstellung anhand von absoluten oder relativen Faktorengp~issen: Ein bestimmtes Leistungsergebnis, welches aus Kundensicht zur Befriedigung der BedOrfnisse erforderlich ist, kann nicht ohne so genannte ,,firm-addressable resources" (besser: assets, weil der Ressourcenstatus gem~iB Freiling 2001, S. 20ff., an die Heterogenit~it der Faktoren gebunden ist) erstellt werden. Es ergibt sich die Notwendigkeit, interne mit externen Faktoren zu kombinieren. Mit externen Faktoren sind im Falle der Dienstleistungserstellung insbesondere kundenspezifische Faktoren zu verstehen, die fiber die von Kleinaltenkamp und Haase (1999, S. 168) genannten Eigenschaften verftigen:

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Sie werden dem Anbieter vom Nachfrager ffir einen konkreten Leistungserstellungsprozess zur Verfagung gestellt. 9 Sie unterliegen nicht der autonomen Disposition des Anbieters. 9 Sie werden mit internen Faktoren des Anbieters kombiniert. 9 Sie werden in den Leistungserstellungsprozess integriert, wobei analog zu oben zu erweitem ist: Sie k6nnen auch transaktionst~bergreifend in die integrativen Prozesse zur Anpassung der Bereitstellungsleistung integriert werden. Darfiber hinaus erm6glicht der Open System View die Berficksichtigung der Integration anderer Faktoren, die weder vom Kunden, noch vom Dienstleistungsanbieter, sondern von dessen Kooperationspartner (v.a. Lieferanten) zur Verfagung gestellt werden und t'ahrt sie ebenfalls auf absolute oder relative Faktorengp~isse zurack. Somit kann im Rahmen des kompetenzbasierten Ansatzes der Dreidimensionalitgt des Wertsch6pfungssystems von Dienstleistungen entsprochen werden. Dass auch die Handlungsebenen im Marketing bergcksichtigt werden k6nnen, lgsst sich ebenfalls Abbildung 4 bereits entnehmen: Die Aktivierung des Wertsch6pfungssystems ffihrt zun~chst zur Ausrichtung auf die Einzeltransaktion. Auf Basis der Einzeltransaktion erhglt der Anbieter eine Rfickkoppelung vom Markt, die auf der linken Seite der Abbildung erkennbar ist und zu Anpassungen auf den einzelnen Systemebenen fiihrt. Diese Anpassungen k6nnen transaktionsbezogen sein, sich aber auch auf den Kunden generell beziehen, wenn er z.B. ausgehend yon der Transaktion dalqiber hinausgehende Leistungsanforderungen ~ugert. Uber Spill-over-Effekte zu anderen Kunden im selben Marktsegment oder auch im Gesamtmarkt lassen sich ferner die anderen Handlungsebenen im Marketing und Management erfassen. Die Abstimmung mit aktuellen und zuktinftigen Marktanforderungen generell und insbesondere mit den Anforderungen akmeller und potenzieller Kunden sowie die damit verbundene Aktivierung des eigenen oder auch fremder Wertsch6pfungssysteme (Kunden- und Lieferantenintegration) ist dabei abhgngig von einer zentralen Gr6ge, die im Open System View nicht explizit visualisiert ist, sondern hinter den Systemelementen steht: die Kompetenzen. Kompetenzen sind zu verstehen als: 9 wiederholbare, 9 auf der Nutzung von Wissen beruhende, 9 durch Regeln geleitete und 9 daher nicht zufgllige Handlungspotenziale einer Organisation, 9 die zielgerichtete Prozesse sowohl im Rahmen der Disposition zuk~nftiger Leistungsbereitschaften als auch konkreter Marktzufuhr- und Marktprozesse erm6glichen (Gersch et al. 2005, S. 48; daneben Freiling 2004b, S. 4; Ortmann 2004, S. 11).

Theoretischer Beitragdes kompetenzbasiertenAnsatzes zum Dienstleistungsmanagement?

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Sie sind fiir die Dienstleistungsforschung und das Dienstleistungsmanagement erforderlich, um (1) das handlungsebenentibergreifende Zusammenspiel von Prozessen erfassen zu k6nnen, (2) dadurch die Bereitstellungsleistung bezogen auf die Anforderungen einer Transaktion zielgerichtet aktivieren zu k6nnen, (3) die Leistungserstellungsprozesse unter Einbeziehung von Faktoren der anderen Marktseite und im Sinne der Zufriedenstellung des Kunden zu organisieren, (4) das durch die Teilnahme an diesbeziiglichen Marktprozessen hinzugewonnene Wissen zur Anpassung des WertschOpfungssystems zu verankern und (5) neue Impulse zur visionsgesttitzten Weiterentwicklung des Leistungsspektrums generieren und umsetzen zu k6nnen. So viel versprechend die Grundausrichtung des kompetenzbasierten Ansatzes auch sein mag, so geht der Ansatz doch mit einigen grundlegenden Problemen einher, die thematisiert und ausger~iumt werden mtissen, bevor der Ansatz fiir die Dienstleistungsforschung tiefer erschlossen wird.

4.2

Kritische Reflexion des Competence-based View

Aufbauend auf grundlegenden Bedenken gegeniiber kompetenzbasierter Forschung, die im Rahmen frtiherer Beitr~ige sowohl im internationalen (Porter 1991; Priem/Butler 2001) als auch im nationalen Bereich ge~iuBert worden sind, stOBt der Competence-based View vor allem in den nachfolgend genannten Bereichen an Grenzen: 1. Es ist bis in die Gegenwart noch nicht gelungen, eine mit Blick auf die Grundausrichtung des Ansatzes und seine Erkl~irungsziele konsistente Terminologie zu etablieren (Ortmann 2004). Vielmehr herrscht eine kaum noch zu tiberschauende begriffiiche Vielfalt begriffiicher Vorstellungen vor allem, aber nicht nur zum Ressourcen- und Kompetenzverst~indnis, was einen Zugang zum Ansatz bereits in einem fr0hen Stadium wissenschaftlichen Arbeitens deutlich erschwert. 2. Beziiglich des Explanandums ressourcen- und kompetenzorientierter Forschung herrscht keine Einigkeit, so dass auch auf dieser Stufe die Beitr~ge in unterschiedliche Richtungen tendieren. 3. Die Argumentationsweise des Ansatzes wird mit einleuchtenden Argumenten als zirkul~ir beschrieben (Porter 1991; Priem/Butler 2001). Ortmann (2004, S. 10) spitzt die Argumentation wie folgt zu: ,,Der Kompetenteste hat Erfolg. Und woran erkennt man, dass es der Kompetenteste ist? Nun daran, dass er Erfolg hatte." 4. Damit verbunden ist das Problem, die Realit~it im Wesentlichen nur retrospektiv erkl~iren zu k6nnen. Anhand vorliegender Ergebnisse betrieblicher T~itigkeit l~isst sich leicht eine passende kompetenzbasierte Erkl~irung finden. In die andere Richtung gedacht, mangelt es dem Ansatz aber an Prognosekraft (u.a. Mildenberger 1998; Freiling 2001).

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5.

Es fehlt dem Ansatz nicht nur an Aussagen zu einer fachspezifischen Verortung, sondern auch an einer eindeutigen Festlegung beztiglich der Zurechnung von Handlungen zu Individuen bzw. Organisationen. Mit Blick auf den erstgenannten Punkt ist festzustellen, dass zum Teil Ans~itze aus unterschiedlichsten Wissenschaftsbereichen (z.B. Verhaltenswissenschaft, Biologie, Sozio-Biologie) auf 6konomische Fragen und Annahmegerfiste projiziert werden, ohne die Frage der Inkommensurabilit~it gep~ft zu haben. Damit setzen sich viele Arbeiten dem Vorwurf eklektizistischen Arbeitens aus, zumal Obernahmekriterien von Erkenntnissen aus einem Wissenschaftsbereich in einen anderen weder diskutiert, geschweige denn geprtift worden sind (Gersch et al. 2005, S. 11 ff.). Vor dem Hintergrund der genannten Kritikpunkte wird die Auffassung vertreten, dass ein Ansatz mit derartigen Problemen im wissenschaftstheoretischen Bereich keine tragf~ihige Basis fiir die Dienstleistungsforschung repr6sentieren kann. Dann aber stellt sich die Frage, wie die ansonsten geeignete Grundanlage kompetenzbasierten Denkens fi~r die Dienstleistungsforschung urbar gemacht werden kann. Hiermit befasst sich das nachfolgende Kapitel.

Ein Zugang zur Dienstleistungsforschung auf Basis der kompetenzbasierten Theorie der Unternehmung

5.1

Grundlagen der ,, Competence-based Theory of the Firm"

Basierend auf einigen Vorarbeiten (Freiling 2004a; Freiling 2004b; Gersch et al. 2005) wird hier der Versuch unternommen, eine tragf~ihigere wissenschaftstheoretische Basis ftir den Kompetenzansatz zu schaffen. Dies erfordert dreierlei: 1. Es hat eine wissenschaftstheoretische Rekonstruktion des Ansatzes zu erfolgen, ohne die eine Losl6sung von den ,,Geburtsfehlern" des Competence-based View nicht mehr m6glich erscheint. 2. Es muss eine eindeutige paradigmatische Verortung des Ansatzes erfolgen, wobei erstens eine Zuordnung zu den 6konomisch-theoretischen Ans~itzen und hier speziell zur Marktprozesstheorie vorgeschlagen wird. 3. Es ist zu hinterfragen, ob die Erkl~irungsziele des Competence-based View in Anbetracht aufgetretener Unzul~inglichkeiten zweckm~Big gew~ihlt waren. Es wird die Auffassung vertreten, dass die kompetenzbasierte Forschung bisher der Verlockung erlag die Nachhaltigkeit von Wettbewerbsvorteilen als eine zentrale Frage des Strategischen Managements neuartig beantworten zu k6nnen. Dabei geriet die viel grundlegendere Frage aus dem Blickfeld, wie aus Sicht des Ansatzes die Existenz und die Entwick-

TheoretischerBeitrag des kompetenzbasiertenAnsatzes zum Dienstleistungsmanagement?

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lung von Unternehmungen erkl~irt werden kann, was mal3geblich zur Tautologiekrise des Ansatzes beigetragen hat. Eine wissenschaftstheoretische Rekonstruktion des Ansatzes verlangt die Offenlegung grunds/~tzlicher Annahmen und Sichtweisen. Das Konzept des ,,harten Kerns" zur Bestimmung von Forschungsprogrammen im Sinne von Lakatos (1974) bietet hierzu unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten eine tragf~ihige Basis (vgl. zu anderen Zug~ingen Gersch et al. 2005, S. 29ff.). Es setzt sich zusammen aus den das Paradigma bestimmenden Annahmen im harten Kern selbst, den Hilfsannahmen, Hypothesen und Restriktionen im ,,Schutzgtirtel", der den harten Kern umgibt und schlief31ich aus der Positiv- und Negativheuristik im Sinne von Ge- und Verboten wissenschaftlichen Arbeitens. Der harte Kern der Competence-based Theory of the Firm (CbTF) setzt sich aus sechs Elementen zusammen (Gersch et al. 2005, S. 17ff.): 1. Ausgangspunkt ist der methodologische Individualismus, der das Handeln in Organisationen immer auf einzelne Personen zurtick~hrt. Eine Unternehmung als Gesamtheit kann daher z.B. nicht handeln oder "eigene Interessen" verfolgen. 2. Die Akteure handeln unter so genannter radikaler Unsicherheit. Sie verffigen tiber Wissen, allerdings ist ihr Wissen unvollst~indig. Es gibt Wissen, welches sie bewusst nicht nachfragen, aber auch Wissen, welches ihnen noch gar nicht zur Kenntnis gelangt ist bzw. noch gar nicht zur Kenntnis gelangen konnte, weil es noch gar nicht existiert. Radikale Unsicherheit kann das Treffen optimaler Entscheidungen verunm6glichen. 3. Die Sichtweise des Ansatzes folgt dem Subjektivismus, der Betrachter und zu betrachtende Realit~t immer als Einheit sieht und die Existenz einer ,,objektiven Realit~it" verneint. In Verbindung mit 2. fOhrt der Subjektivismus zu einer Ungleichverteilung von Wissen, Wollen und K6nnen unter den Wirtschaftssubj ekten. 4. Die vorhandenen Unterschiede zwischen den Wirtschaftssubjekten sind nicht starr, sondern permanent in Ver~inderung. Dies ffihrt zu der Annahme, dass die Zeit und die damit verbundenen Entwicklungsprozesse zu einem bedeutungsvollen F aktor werden, weil die Vergangenheit die Gegenwart beeinflusst und beide wiederum die Zukunft. Was passiert ist, kanalisiert das, was noch passieren kann, was im Kontext der Pfadbezogenheit von Entwicklungen erfasst wird: Ein Dienstleister, der sich mit seinen Potenzialen umfangreich auf den Kunden ausrichtet, hat seinen Handlungsspielraum verengt, hat aber ggf. gute Voraussetzungen, den Kunden zufrieden zu stellen. Eine perfekte Reversibilit~t vorheriger Entscheidungen ohne Anpassungsprobleme existiert jedenfalls nicht. 5. Das Menschenbild ist pro-aktiv und entspricht dem ,,homo agens" von Mises (1949). In diesem Sinne sucht der Mensch auch unter widrigen Rahmenbedingungen seine Situation zu verbessern, indem er auf den Ziel-

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Mittel-Alternativen-Rahmen aktiv Einfluss zu nehmen versucht. Hierzu ist er wachsam beztiglich sich bietender Gelegenheiten, findig beztiglich der Identifikation derartiger Oppormnit~iten und ktihn mit Blick auf die Ausnutzung sich bietender Chancen im Marktprozess. 6. Diese Sichtweise geht wiederum konform mit einer gemggigt voluntaristischen Sichtweise hinsichtlich des Verh~iltnisses zwischen Unternehmung und Umwelt. Handlungsrestriktionen liegen zwar vor, aber Handlungsspielr~iume zur aktiven Gestaltung bestehen. Die Akteure mtissen also nicht versuchen, sich in mOglichst perfekter Anpassung an die Rahmenbedingungen gegenseitig zu tiberbieten. Vielmehr sind die Entwicklungen ergebnisoffen und somit indeterminiert (non-konsummatorischer Ansatz). Auf Basis dieser Ausfiahrungen kann nun eine tiber Kapitel 4 hinausgehende Sichtweise dienstleistungsbezogener Konsequenzen entwickelt werden.

5.2

Cb TF-basierte Dienstleistungsforschung

Es erscheint sinnvoll, die kompetenzbasierte Theorie der Unternehmung sukzessiv auf die Handlungsebenen des Marketings und Managements anzuwenden und dabei deren dienstleistungsbezogenes Erklgmngspotenzial herauszuarbeiten. Den Ausfahmngen ist voranzustellen, dass der oben bereits erwghnte Open System View zum Zwecke eines Gmndverstgndnisses der Wertsch6pfung im Kontext von Mgrkten und Umfeldern auch aus CbTF-Sicht herangezogen werden kann, so dass sich eine abermalige Darstellung an dieser Stelle erfibrigt. Auch das in Abschnitt 4.1 genannte Kompetenzverstgndnis ist bereits der CbTF entnommen worden und somit auf die Erklgrungsziele des Ansatzes abgestimmt. Als erste Handlungsebene ist auf die Einzeltransaktion abzustellen. Mit Blick auf Abbildung 5 ist festzustellen, dass die CbTF far die Dienstleistungsforschung einige interessante Perspektiven er6ffnen kann. In diesem Zusammenhang ist vor allem auf folgende Punkte zu verweisen.

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Abbildung 4: Argumentationslogik der CbTF (Quelle: Gersch et al. 2005, S. 44)

1. Die CbTF erm6glicht eine integrierte Betrachtung aller dienstleistungsrelevanten Dimensionen der Transaktionsebene. 2. Sie verweist auf ein zentrales verbindendes Element der Steuerung einzelner WertschOpfungsebenen: die Kompetenzen. Kompetenzen dienen der Konfiguration der Bereitstellungsleistung, indem erstens homogene Inputs durch Kombination und/oder Veredelung ,,heterogenisiert" und damit oftmals auch kunden(gruppen)bezogen spezifiziert werden. Durch die Heterogenisierung werden im Falle marktlicher Verwendbarkeit aus Inputgtitern Ressourcen im Sinne des Ressourcen- und Kompetenzansatzes. Dartiber hinaus dienen Kompetenzen der Aktivierung verfiigbarer Potenziale (Ressourcen und Inputs) zum Zwecke der Leistungserstellung. In Dienstleistungsprozessen tritt dabei der Sonderfall auf, dass die Transaktion vor der finalen Transformation, die wiederum durch Kompetenzen erm~glicht wird, stattfindet. Auf dieser Basis wird die zu tibergebende Leistung unter Einbeziehung kundenseitiger Faktoren erstellt. 3. Kompetenzen werden somit transaktionsbezogen zu einem Mittler zwischen unternehmungsbezogenen MOglichkeiten und marktlichen Anforderungen. Dies erfordert t~ber die Erfassung kundenbezogener Rt~ckkoppelungen jeglicher Art, die bereits fiir die Handlungsebene der Gesch~iftsbeziehung von

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Belang sind, sowie die transaktionsbezogene Integration kundenseitiger Faktoren. Ebenfalls bereits f~r die Gesch~ftsbeziehungs- und die Marktsowie Segmentebene relevant ist die in Abbildung 5 beschriebene visionsgeleitete Gestaltung des WertschOpfungssystems, um Marktpotenziale generieren zu kOnnen. Kompetenzen sind jedoch nicht nur im Bereich der Wertsch6pfungsprozesse i.e.S, relevant, sondern auch auf fibergreifender Ebene zu dessen Weiterentwicklung, was unter anderem die Schaffung neuer Kompetenzen beinhaltet. Zu dieser Aufgabe werden die ebenfalls in der Abbildung 5 aufgeffihrten Meta-Kompetenzen ben/~tigt.

Zur Betrachtung der bereits mehrfach angesprochenen Gesch~flsbeziehungsebene bietet es sich an, erneut auf den Open System View abzuheben, hierbei a b e r - wie in Abbildung 6 - die Wertsch6pfungssysteme von Dienstleistungsanbieter und Dienstleistungsnachfrager aufgrund der Integrativit~t nebeneinander zu stellen.

Abbildung 5: Der Open System View aus Sicht von Gesch6fisparmern

Auf diese Weise ist es m6glich, einen Oberblick fiber die vielf~ltigen Abstimmungspotenziale zwischen den Marktpartnern zu erhalten. Sie beziehen sich

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gem~iB Abbildung 6 auf sechs Systemebenen. Unstimmigkeiten zwischen den Partnern lassen sich systematisieren, was z.B. fiir die Betrachtung von Unzufriedenheit des Kunden zu komplement~iren Erkenntnissen zur SERVQUALForschung beitragen kann. Dabei setzt die Betrachtung auf der Transaktionsebene auf und richtet den Blick auch auf transaktionsObergreifende Abstimmungsprozesse zwischen Partnern in Gesch~iftsbeziehungen. Der Open System View hat den Vorteil, dispositionsrelevante Steuerungsgr6Ben zus~itzlich zu den Wertsch6pfungsdimensionen (Potenziale, Prozesse, Ergebnisse) in die Betrachtung zu integrieren. Vorbehaltlich empirischer Untermauerung steht zu vermuten, dass sich bestimmte Integrations- und Interaktionsprobleme auf die GrOBen ,,Strategic Logic" und Management-Prozesse zurtickf~hren lassen, die in der Auffassung des Open System View im Obrigen durch ein besonders groBes Tr~igheitspotenzial im Hinblick auf ihre zielgerichtete Ver~nder- und Gestaltbarkeit im Zeitablauf gekennzeichnet sind. Durch eine gesch~iftsbeziehungsorientierte und zeitraumbezogene Betrachtung ergeben sich Prozesse, die eine Variation der Partnerspezifit~it vorhandener Potenziale und Prozesse, die beide ebenfalls nicht als konstante Gr6Ben zu betrachten sind, beinhalten (k6nnen). Durch das Zusammenspiel der einzelnen Handlungsebenen im Marketing l~isst sich nachvollziehen, warum es (De)Spezifizierungsprozesse gibt: Die Schaffung erstmaliger/idiosynkratischer Dienstleistungsl6sungen beinhaltet durch die Konzentration auf den Einzelkunden (Gesch~iftsbeziehungs- und Transaktionsebene) Spezifizierungsnotwendigkeiten, was mit so genannten ,,Flexibilit~itsfallen" (Gersch 2006) einhergehen k a n n - aber nicht muss. Je starker von einer einmaligen kundenspezifischen L6sung abstrahiert und die gefundene L6sung auf andere Markttransaktionen, Marktteilnehmer bzw. M~irkte iibertragen wird, um so eher finden Despezifizierungsprozesse statt, die sich z.B. auf die Segment- oder die Marktebene beziehen. Integraler Bestandteil ist ein Transfer yon Wissen im ebenentibergreifenden Kontext. Effektivit~it und Effizienz der Anpassungsprozesse auf den einzelnen Systemebenen geben Aufschluss dartiber, inwieweit es Anbietern im Wettbewerb gelingt, sich gegeniiber Konkurrenten abzusetzen. Insofern k6nnen die Adaptionen nicht als ,,EinbahnstraBe" in Richtung auf den Transaktionsbzw. Gesch~iftsbeziehungserfolg verstanden werden. Als wichtige Stellschrauben des Erfolgs yon Gesch~iftsbeziehungen im Dienstleistungsbereich gelten aus kompetenzbasierter Sicht vor allem: 9 die Absorptionskapazit~it der Gesch~iftspartner, die sich in der ursprtinglichen Auffassung von Cohen und Levinthal (1990) darauf bezieht, wie umfangreich ein Betrieb in der Lage ist, externes Wissen zu identifizieren, zu integrieren und zielfiihrend zu nutzen- eine Eingrenzung auf kundenseitige Faktoren bei einer Ausweitung auf alle diesbezOglichen Faktorkategorien b6te sich im Dienstleistungskontext zu Operationalisierungszwecken an,

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die Bildung von Routinen (allgemein: Pentland/Rueter 1994). Routinen sind generell als einget~bte und zielgerichtete Verhaltensmuster zu verstehen, die Mitarbeitern auch t~ber bekannte Situationen hinaus Orientierung verleihen und deren Handlungspotenzial st~rken. Wenn in der Dienstleistungsforschung das Blueprinting thematisiert wird (Shostack 1987; Kleinaltenkamp 2000), so kann eine diesbezfigliche Argumentation noch vertiefender ge~hrt werden, wenn nicht nur die formalen Prozessstrukturen, sondern auch die oft taziten Verhaltensmuster in die Analyse Eingang finden, die mit Routinen verbunden sind. Weiterhin lenken die bilateralen Abstimmungsprobleme und -bedarfe das Interesse von der Einzeltransaktions- auf die Gesch~ftsbeziehungsebene, auf der die Probleme durch Adaptionen einer grundlegenderen L0sung zugeffihrt werden k~nnen. Dies setzt Akkumulationseffekte im intra- und interorganisationalen Bereich voraus, die sich auch und zu wesentlichen Teilen in Routinen niederschlagen. Sie werden im kompetenzbasierten Kontext thematisiert und erkl~ren, warum sich zeitpfadbezogene Ph~nomene im Sinne der o.g. Antezedenzbedingungen einstellen k~nnen. Abschliel3end wird die Frage untersucht, was die CbTF mit Blick auf die Markt- und Segmentebene bietet. In diesem Zusammenhang ist unter Rfickgriff auf die pro-aktive Ausrichtung und gem~13igt voluntaristische Sichtweise des Ansatzes festzustellen, dass Unternehmer mit ihren Aktivit~ten Treiber von Innovationen und permanenten Wandlungsprozessen sind. Gerade die ,,VorMarktphasen" stehen aber nicht im t~blichen Fokus der Betrachtung. Hier dominiert in der Sichtweise von Hamel und Prahalad (1995) zumeist die Thematisierung des ,,Wettbewerbs um Marktanteile" auf etablierten M~rkten unter mehr oder minder stabilen Rahmenbedingungen (s. Abbildung 7, dritte Phase). In Anlehnung an das Wettbewerbsmodell von Hamel und Prahalad (1995) lassen sich aber vereinfachend zwei vorgelagerte Phasen identifizieren, die auch ffir das Dienstleistungsmanagement und Dienstleistungsmarketing von grol3er Relevanz erscheinen und in Abbildung 7 aufgearbeitet werden.

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Abbildung 6: Das dreiphasige Wettbewerbsmodell gemdfl Hamel/Prahalad (1995, S. 86)

Die erste Phase des Wettbewerbs ist die des ,,Wettbewerbs um intellektuelle Ftihrerschaft". Sie erfordert von den Unternehmungen einen Vorausblick auf die Zukunft von M~irkten durch die Antizipation von Treibern der Ver~inderungen (z.B. ge~inderte Nachfrageanforderungen, neue technologische M6glichkeiten auf Gesch~iftssystem-, Prozess- und/oder Produktebene). Dieser Vorausblick ist gepaart mit der Absch~itzung des eigenen Einflusses durch geplante Aktivit~iten auf die Ausgestaltung dieser Zukunftsm~irkte, um eine Vorstellung von den Machbarkeiten zu erhalten. Auf dieser Basis erfolgt die vision~ire Entwicklung wichtiger Eckpunkte von Erfolg versprechender Konzepten fiir zukt~nftige M~irkte. Die Eckpunkte werden von den Autoren mit dem Begriff der ,,strategischen Architektur" versehen. Im Wesentlichen geh6ren hierzu erste Festlegungen beztiglich: 9 der adressierenden ver~inderten bzw. neuen Kundenbedtirfnisse im S inne von (dienstleistungsbezogenen) Bedarfskomplexen der Zukunft, 9 neuer bzw. ver~inderter Dienstleistungskonzepte, 9 der Realisierung dieser Leistungsangebote in neuen oder zumindest modifizierten Gesch~iftssystemarchitekturen (Timmers 1998; Wirtz 2001; Gersch 2004), die Tr~iger der zuktinftig notwendig erscheinenden Leistungsbereitschaft werden,

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der Ableitung eines Soll-Profils notwendig erscheinender Ressourcen und Kompetenzen zur Realisierung der ,,idealen Gesch~iftssystemarchitektur". Die zweite Phase betrifft den ,,Wettbewerb um das Management der Transformationsschritte". Sie zielt auf den Aufbau entsprechender Wertsch0pfungssysteme, die zur Umsetzung der ,,strategischen Architektur" erforderlich sind. Dies erfordert: 1. die Realisierung der geplanten Gesch~iftssysteme durch differenzierte Strategien zur Schliel3ung erkannter Ressourcen- und Kompetenzlticken (z.B. durch Zukauf, Eigenentwicklung und/oder Kooperationen) (Gersch 2003), 2. die zielgerichtete Beeinflussung des Transformationsprozesses (z.B. durch mehr oder minder verdeckte Forcierung relevanter Standards (u.a. auf Produkt- und Prozessebene), durch Testm~irkte zur Uberprtifung des eigenen Ansatzes (Harper 1995) oder durch Lead-User-Konzepte (von Hippel 1986), 3. das Abdr~ingen der erkannten Wettbewerber um die M~irkte der Zukunft auf teurere, riskantere, schwierigere bzw. l~ingere Transformationspfade. Durch Vorbereitungen auf konkrete Markttransaktionen im ,,Wettbewerb um Marktanteile" (dritte Phase) besteht dann die M0glichkeit, durch die Festlegungen in den vorangegangenen Phasen und den gezielten Aufbau von Ressourcen und Kompetenzen erfolgreich zu sein und eigene Leistungsstandards durchzusetzen bzw. eigene Markenkonzepte zu etablieren. Es sei betont, dass dies im Kontext radikaler Unsicherheit lediglich eine M6glichkeit ist und dass die Gefahr besteht, Planungsirrttimern zu unterliegen. Sie k6nnen dazu fiihren, dass Unternehmungen in Flexibilit~itsfallen tappen und damit- zumindest kurzfristig - nicht (mehr) tiber die notwendigen Handlungsr~iume, determiniert durch aktuell und zuktinftig verffigbare Leistungsbereitschaft, verffigen, um den jeweils relevanten Marktanforderungen zu gentigen und um sich ,,tiberraschend" ergebende Marktchancen aktiv nutzen zu k6nnen. Hierbei handelt es sich um eine Gefahr, die sich durch ein evolutorisch interpretiertes Flexibilit~itsmanagement zumindest reduzieren l~isst (Gersch 2006). Jederzeit- und typischerweise parallel zur Orientierung an etablierten Marktaktivit~iten- k6nnen und werden auch die skizzierten ersten beiden Phasen des Wettbewerbsmodells ftir Dienstleistungsanbieter bei der kontinuierlichen (Re-)Konfiguration aktueller und zuktinftig als notwendig antizipierter Leistungsbereitschaft relevant sein (O'Driscoll et al. 2001). 6

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die CbTF einen Bezugsrahmen liefert, die sich auf das dienstleistungsbezogene Wertsch0pfungssystem direkt beziehen l~isst und zudem alle relevanten Handlungsebenen des Managements und Marketings zu erfassen im Stande ist. Insofern bietet sie eine M6glichkeit, sich

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Dienstleistungstransaktionen auf unterschiedliche Wiese theoriefundiert zu n~ihem: Sie hilft, Transformations- und Transaktionsfragen im Kontext von Dienstleistungstauschprozessen einzeln und prim~ir operativ zu durchleuchten. Weiterhin ist sie geeignet, weit fiber die Einzeltransaktion hinaus zu blicken, was sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht zu verstehen ist. Der letztgenannte Aspekt fiihrt zur interessanten und noch ausbauf'~ihigen Betrachtung organisationaler Entwicklungspfade als prinzipiell unendliche, unumkehrbare und idiosynkratische Abfolge von Ereignissen und Entscheidungen (mit jeweils wieder pr~idispositiven Elementen und Auswirkungen). Die CbTF-Betrachung hat iJberdies erkennen lassen, dass bislang prim~ir auf deskriptivem Wege erfasste Aspekte von Dienstleistungen auch analytisch tiefer durchdrungen werden k6nnen. Dabei ist zu betonen, dass die CbTF bei weitem nicht nur Bekanntes erkl~irt, sondern in ihren Erkl~irungspotenzialen an manchen Stellen neue Akzente fiJr die Dienstleistungsforschung zu setzen im Stande ist. Besonders zu betonen ist, dass sie im Gegensatz zu anderen Theorieans~itzen eine klare und konkrete strategische Perspektive for das Management anbietet, die fiJr die Dienstleistungspraxis von Interesse sein diJrfte. Vor allem die Betonung von Mtiglichkeiten und Notwendigkeiten pro-aktiven Handelns zur Generierung und Nutzung sich bietender unternehmerischer Chancen zeichnet den Ansatz alas. Nicht zu iibersehen ist indes, dass die CbTF trotz ihrer grunds~itzlichen Eignung mr die Dienstleistungsforschung bei weitem noch nicht so weit entwickelt ist, dass sie auf groBer Breite zu konkreten Gestaltungsempfehlungen beitr~igt. Auch k6nnen bestimmte Grundprobleme des Ansatzes zumindest jetzt noch nicht als gel6st angesehen werden. Hierzu geh6rt die noch geringe Prognosevalidit~it des Ansatzes. Zum Teil sind die Probleme mit dem noch jungen Entwicklungsstand des Ansatzes und noch weitgehend fehlenden Anwendungen im Bereich der Dienstleistungsforschung zu erkl~iren. Manche grundlegenden Probleme scheinen- typisch ftir evolutorisch-komplexe Forschungskonzepte (Hayek 1972) - theorieimmanent und werden sich vielleicht auch mit zunehmender ErschlieBung des Ansatzes nicht abschlieBend 16sen lassen. Ein Grund, den Ansatz nicht ausgiebiger zu erschlieBen, ist das aber nicht.

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Konzeption und Bedeutung des Konstrukts Beziehungsintelligenz

im Dienstleistungsmarketing

Markus Rosier / Roland Kantsperger

Relevanz des Themas ................................................................... 34 Entwicklung eines theoretischen Konzepts von Beziehungsintelligenz ................................................................... 34 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.4

Eine erste Ann~ihemng an den Begriff,,Beziehungsintelligenz" ... Definition und Konzept yon Beziehungsintelligenz ....................... Beziehungsintelligenz als reaktive und proaktive Anpassungs fdhigkeit ......................................................................................... Beziehungsintelligenz als Form organisationaler Intelligenz ......... Der 6konomische Charakter yon Beziehungsintelligenz ............... Theoretische Konzeptualisierung yon Beziehungsintelligenz ........ Abgrenzungen zum Konstrukt der Marktorientiemng ...................

34 35 36 36 37 38 41

Entwicklung eines Instruments zur Messung von Beziehungsintelligenz ................................................................... 42 3.1 3.2 3.3

Grundlagen der Konstrukt-Operationalisierung ............................. 42 Datenerhebung und Datengrundlage .............................................. 43 Empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung als Ergebnis .......................................................................................... 44

Bezugsrahmen zur Untersuchung von Beziehungsintelligenz und Forschungshypothesen ......................................................... 49 Zusammenfassung und Ausblick ................................................ 51 Literaturverzeichnis .................................................................................... 52

34

1

Markus Rosier / RolandKantsperger

Relevanz des Themas

In den meisten Bereichen und Branchen wird bereits seit geraumer Zeit eine umfassende Beziehungsorientierung gefordert. Dies gilt im Besonderen auch f'tir das Dienstleistungsmarketing als traditioneller Schrittmacher des Beziehungsmarketing. Im Idealfall, so weit die Theorie, ffihrt eine umfassende, integrative und individuelle Berticksichtigung der Kundenbedtirfnisse zu einer langfristigen und werthaltigen Aussch6pfung von Kundenbeziehungen (Gummesson, 1987; Kantsperger, 2004). Diese sollten sich im Sinne von ,,learning relationships" entwickeln und im Zeitablauf fortw~ihrend intensiver und intelligenter werden (Peppers/Rogers, 1997). Die Realit~it spricht in vielen Branchen allerdings eine andere Sprache. Selbst langj~ihrige und treue Kunden mtissen sich h~iufig mit einer stereotypen Standardbehandlung zufrieden geben. Die bisherige Kundenhistorie wird oft vernachl~issigt, von einer systematischen Auswertung und Verkntipfung von Kundeninformationen kann keine Rede sein. Dementsprechend ver~irgern viele wohlgemeinte Aktivit~iten des Beziehungsmarketing die Kunden mehr als sie ihnen nutzen (Fournier/Dobscha/Mick, 1998). Von einem individuellen Zugehen auf den Kunden und einer umfassenden Beriicksichtigung seiner Bedtirfnisse ist dann wenig zu sptiren. Hieran ankntipfend stellt sich die Frage, ob es vielen Unternehmen bei der Gestaltung von Kundenbeziehungen nicht an der n6tigen Intelligenz mangelt, die wir im Folgenden als ,,Beziehungsintelligenz" behandeln wollen. 2

EntwicMung eines theoretischen Konzepts von Beziehungsintelligenz

Wir werden im Folgenden zun~ichst einen ersten, eher heuristischen Zugang zum Konzept der Beziehungsintelligenz im Kontext des Dienstleistungsmarketing entwickeln. Hieran ankntipfend entwickeln wir unsere Definition und Konzeption der Beziehungsintelligenz, die durch verschiedene Zug~inge aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen fundiert wird. 2.1

Eine erste Anndherung an den Begriff ,,Beziehungsintelligenz'"

Gerade im Dienstleistungsmarketing zeigt bereits ein erster, eher intuitiver Zugang die Bedeutung der Beziehungsintelligenz im Sinne eines umfassenden und individuellen Eingehens auf den Kunden. Dienstleistungen als immaterielle Leistungsversprechen zeichnen sich aufgrund der Integration des externen Faktors und der Gleichzeitigkeit von Leistungsproduktion und Leistungsinanspruchnahme durch eine h~iufig hohe Qualit~itsunsicherheit aus. Hierfiir zeichnen neben inter- und intraindividuellen Schwankungen auf Anbieterseite auch mal3geblich Unterschiede der Potentialqualit~it des Nachfragers verantwortlich,

Konzeption und Bedeutung des KonstruktsBeziehungsintelligenz im Dienstleistungsmarketing 35 die sich jeweils auf die Tech- und Touch-Komponente der Dienstleistung beziehen k6nnen (Meyer/Mattmtiller, 1987; Gr6nroos, 1982). Dementsprechend sehen sich viele Dienstleister mit der Problematik konfrontiert, dass sich nicht nur viele Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Kenntnisse, F~ihigkeiten oder Pers6nlichkeit unterscheiden, sondem dass auch Kunden beztiglich ihrer Integrationspotentiale in Form von (Vor-)Kenntnissen, Kooperationsbereitschaft oder Motivation variieren k6nnen. Dementsprechend steht der Anbieter vor der komplexen Aufgabe, seine Potentialfaktoren hinsichtlich der individuellen Bedtirfnisse und Eigenschaften des Kunden geeignet abzustimmen und im Leistungserstellungsprozess entsprechend zu synchronisieren, um so letztlich die vom Kunden gewtinschte Ergebnisqualit/it zu erreichen (Meyer/Mattmtiller, 1987). Neben der vielfach belegten Bedeutung von Kompetenz, Flexibilit/it und Einffihlungsverm6gen der Mitarbeiter (vgl. z.B. Parasuraman/Zeithaml/Berry, 1985, 1988) spielt gerade auch bei pers6nlich erbrachten Dienstleistungen der Faktor Technologie eine immer gr6Bere Rolle. Die modeme IuK-Technologie fungiert hier h/iufig als ,,Enabler", um mit neueren Mitteln des Beziehungsmarketing, beispielsweise in Form von Datenbanken oder Expertensystemen, die Erstellung einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung zu untersttitzen (Hettich/Hippner/Wilde, 2001). Auch hier gilt entsprechend, dass diese Instrumente in der Lage sein mtissen, die individuelle Bediirfnissituation des Kunden vor dem Hintergrund bereits zurtickliegender Leistungsepisoden zu beriicksichtigen und zudem eine Verkntipfung mit der iibergeordneten Kundenstrategie aufweisen sollten.

2.2

Definition und Konzept von Beziehungsintelligenz

Im Folgenden wird zun/ichst unsere Definition von Beziehungsintelligenz vorgestellt, um dann im Anschluss deren wesentlichen Elemente und somit die Eckpfeiler des Konzepts der Beziehungsintelligenz zu erl~iutem. Zugrunde gelegt werden soll folgende Definition: Beziehungsintelligenz bezeichnet die F/ihigkeit eines Untemehmens und seiner Mitarbeiter - insbesondere der Marketing-, Vertriebs- und Servicebereiche-, Unternehmens-KundenBeziehungen durch effiziente und effektive Prozesse der reaktiven und proaktiven Anpassung derart zu gestalten, dass das Ziel einer hohen Beziehungsqualit/it mr den Kunden mit dem Ziel der Werthaltigkeit der Kundenbeziehung f'tirdas Untemehmenin einem ausgewogenenVerh~iltnis steht. Es lassen sich drei Aspekte festhalten, die konstituierend ffir den Begriff der Beziehungsintelligenz sein sollen. Zum einen wird Beziehungsintelligenz als reaktive und proaktive Anpassungsf'~ihigkeit angesehen (Merkmal 1). Zweitens handelt es sich bei dem hier entwickelten Konzept um eine organisationale F~ihigkeit und damit um eine Form organisationaler Intelligenz (Merkmal 2).

36

Markus Rosier/ RolandKantsperger

Diese ist insbesondere in den Marketing-, Vertriebs- und Servicebereichen eines Unternehmens angesiedelt. Drittens besitzt Beziehungsintelligenz eine 6konomische Komponente, die sich in einem parallelen Erreichen von Effektivit/~tsund Effizienzzielen/~ul3ert (Merkmal 3). Die drei zentralen Merkmale der vorgestellten Definition werden im Folgenden charakterisiert und durch Erkenntnisse aus der Intelligenz- und Organisationsforschung sowie durch Arbeiten zum Beziehungsmarketing fundiert. 2.2.1

Beziehungsintelligenz als reaktive und proaktive Anpassungsf~ihigkeit

Beziehungsintelligenz wird in dieser Definition als Anpassungsf~ihigkeit innerhalb von Unternehmens-Kunden-Beziehungen verstanden. Diese Auffassung geht auf Ergebnisse in der psychologischen Intelligenzforschung zurtick. Obwohl unter Intelligenzforschern bisher kein einheitliches Verst/~ndnis des Intelligenzbegriffs entwickelt werden konnte, z/~hlt die Sichtweise von Intelligenz als Anpassungsf~ihigkeit zu den g/~ngigen und allgemein akzeptierten Begriffskonzepten. Sie ist eng mit Autoren wie Stern (1928) und Piaget (1974) verbunden. Stem, bei dem die reaktive Anpassungsf~ihigkeit im Vordergrund steht, definiert Intelligenz als ,,die allgemeine F/~higkeit eines Individuums, sein Denken bewusst auf neue Forderungen einzustellen; sie ist allgemeine geistige Anpassungsffihigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens" (Stem, 1928, S. 2). Piaget dagegen versteht Anpassungsf~ihigkeit sowohl reaktiv als auch proaktiv: "Wenn wir die Intelligenz als eine Form der Anpassung auffassen...dann muss man die Anpassung als ein Gleichgewicht zwischen den Wirkungen des Organismus auf die Umwelt und den Wirkungen der Umwelt auf den Organismus definieren" (Piaget, 1974, S. 10). Intelligenz beinhaltet in Form der Wirkungen eines Organismus auf die Umwelt demnach auch proaktives Denken und Handeln. Die beidseitige Anpassung (reaktiv und proaktiv) stellt auch im Rahmen von Unternehmens-Kunden-Beziehungen eine essentielle F~higkeit dar. Reaktive Anpassungsf~higkeit kann beispielsweise bei einem Beschwerdeanruf in einem Call Center von Bedeutung sein. Proaktive Anpassungsf~ihigkeit ist ffir die Entwicklung von Kundenbeziehungen besonders wichtig und kann z.B. darin bestehen, Kunden mit bestimmtem Profil aktiv Cross-Selling-Angebote zu unterbreiten. Im Kontext von Kundenbeziehungen erscheint die Auffassung von Intelligenz als Anpassungsf~ihigkeit somit als sehr fruchtbar. 2.2.2

Beziehungsintelligenz als Form organisationaler Intelligenz

Das zweite konstitutive Merkmal der hier vorgeschlagenen Definition von Beziehungsintelligenz beinhaltet, dass es sich um eine organisationale F/~higkeit handelt. So wird, vor allem im Rahmen der Organisationstheorie, der Begriff der organisationalen Intelligenz bereits seit einiger Zeit intensiv diskutiert (vgl.

Konzeption und Bedeutungdes KonstruktsBeziehungsintelligenzim Dienstleistungsmarketing 37 z.B. Wilensky, 1976; Quinn, 1992; March, 1999; Matsuda, 1992; MtillerMerbach, 1995; Mendelson/Ziegler, 1999). Ahnlich wie bei Begriffen wie ,,organisationales Lernen", ,,organisationales Ged~ichtnis" etc. (siehe Abschnitt 2.3) soll Intelligenz in Bezug auf Organisationen jedoch im tibertragenen Sinne verstanden werden: Organisationale Intelligenz bildet sich vor dem Hintergrund eines kollektiven Orientierungsrahmens, geht jedoch immer auf die Intelligenz einzelner Individuen zurtick. Die Intelligenz einer Organisationseinheit entsteht dabei durch die Interaktion zwischen Mitarbeitern und wird durch das Zusammenspiel von Faktoren wie Organisationskultur, Organisationsstruktur oder Technologien (z.B. CRM-Systeme) beeinflusst. Im Gegensatz zur menschlichen Intelligenz, welche in hohem MaBe angeboren ist, soll bei der ,,Intelligenz" von Unternehmen angenommen werden, dass diese aufgebaut und durch entsprechende MaBnahmen gesteigert werden kann. Beziehungsintelligenz soll als eine spezifische Art organisationaler Intelligenz angesehen werden, die sich schwerpunktm~iBig in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Service verorten l~isst. Hierbei sollen zwei Ebenen von Beziehungsintelligenz BerOcksichtigung finden. Zum einen eine zwischenmenschliche Ebene, auf der sich Beziehungsintelligenz im konkreten Verhalten der Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt ~iuBert. Zum anderen soll eine eher strategische Ebene unterschieden werden, auf der gewissermaBen ,,im Hintergrund" ftir das Beziehungsmarketing relevante Analysen durchgeftihrt werden sowie Konzepte und Strategien zur Gestaltung der Kundenbeziehungen geplant werden. Die Ebenen sind nicht unabh~ngig voneinander, sondern vermutlich in hohem MaBe interdependent. So sollten Vorgaben der strategischen Ebene (z.B. die Priorisierung bestimmter Kundengruppen) idealerweise von den Mitarbeitern im Kundenkontakt beherzigt und umgesetzt werden. Andererseits sollten im direkten Kundenkontakt gesammelte Erfahrungen und erworbene Informationen an die strategisch-analytische Ebene weitergegeben werden, damit die aktuelle Ausrichtung des Beziehungsmarketing tiberprtift und gegebenenfalls modifiziert werden kann. In der Unternehmenspraxis, so war auch die Erfahrung aus diversen Expertengespr~ichen (siehe Abschnitt 3.2), ist meist davon auszugehen, dass die strategisch-analytische Ebene haupts~ichlich im Bereich Marketing angesiedelt ist, w~ihrend die zwischenmenschliche Ebene durch Bereiche wie Vertrieb und Service repr~sentiert wird. 2.2.3

Der 6konomische Charakter von Beziehungsintelligenz

Das Konzept von Beziehungsintelligenz beinhaltet als drittes zentrales Merkmal einen 6konomischen Aspekt. Dieser wird im Rahmen der Intelligenzforschung beispielsweise bei Klix betont, der Intelligenz folgendermaBen charakterisiert: ,,Intelligenz bildet sich in Handlungen aus. Und das Denken auch. Dennoch ist es nicht dasselbe. Das Wort ,Denken' beschreibt einen Vorgang, Intelligenz

38

Markus Rosier / Roland Kantsperger

seine Qualit/~t" (Klix, 1983, S. 279). Dabei betont er, dass eine intelligente und somit qualitativ hochwertige Probleml6sung (Effektivit~it) meist auch die mit einem geringeren kognitiven Aufwand (Effizienz) gefundene darstellt. Oder anders ausgedrtickt: Wenn mehrere LOsungswege zum gleichen Ziel, n~imlich der Probleml6sung fohren (Effektivit/~t), so ist derjenige Weg als der intelligentere zu bezeichnen, der ktirzer und weniger kompliziert ist (Effizienz). Als Beispiel lassen sich bahnbrechende mathematische Beweise oder Erfindungen anftihren, die oft nicht nur durch die ProblemlOsung an sich, sondern auch durch einen eleganten und einfachen LOsungsweg hervorstechen. Intelligenz drtickt somit auch die F~ihigkeit aus, die h~iufig zwischen Effektivit~it und Effizienz bestehenden Zielkonflikte aufzul6sen bzw. in einen sinnvollen Einklang zu bringen. Diese Eigenschaft findet auf der Ebene der organisationalen Intelligenz auch Niederschlag in einer Definition von March (1999, S. 1): ,,An intelligent organization is one that adopts procedures that consistently do well (in the organization's own terms) in the face of constraints imposed by such things as scarce resources and competition". Eine intelligente Organisation zeichnet sich demgem~iB dadurch aus, dass sie effektiv in Bezug auf ihre Zielerreichung ist und gleichzeitig ihre beschr/~nkten Ressourcen effizient einsetzt. Ubertragen auf den Untersuchungsgegenstand der Beziehungsintelligenz soil dieser Aspekt so aufgefasst werden, dass ein Unternehmen mit hoher Beziehungsintelligenz in der Lage ist, Zielsetzungen for den Kunden und Zielsetzungen fOr das Unternehmen parallel zu erreichen bzw. sinnvoll auszubalancieren. Als zentrale Zielsetzungen des Beziehungsmarketing sollen die Beziehungsqualit~it ~ r den Kunden und die Profitabilit~it der Kundenbeziehungen fOr das Unternehmen angenommen werden. W/~hrend sich die Erreichung von Beziehungsqualit/~t als Effektivit/~tsziel darstellt, ist anzunehmen, dass die Profitabilit~it von Kundenbeziehungen neben einem effektiven Beziehungsmarketing auch durch eine effiziente Beziehungsgestaltung erreicht bzw. gesteigert werden kann. Die angenommenen Auswirkungen der Beziehungsintelligenz werden in differenzierter Weise in Abschnitt 4 dargestellt. Als zentrale Dimensionen der Beziehungsqualit/~t werden neben der Zufriedenheit h~iufig Konstrukte wie Vertrauen und Commitment genannt (vgl. z.B. HennigThurau/Hansen, 2000, S. 8). 2.3

Theoretische Konzeptualisierung von Beziehungsintelligenz

Im Folgenden soil das bisherige, grundlegende Konzept von Beziehungsintelligenz verfeinert und konkretisiert werden. Hierbei sollen drei wesentliche Arten von Beziehungsintelligenz unterschieden werden, durch die eine Anpassung innerhalb von Unternehmens-Kunden-Beziehungen erfolgen kann. Diese drei Arten von Anpassungsprozessen sollen unter Rtickgriff auf Konzepte entwickelt werden, die eng mit dem Intelligenzbegriff in Verbindung stehen. Hierzu z~ihlen

Konzeptionund Bedeutungdes KonstruktsBeziehungsintelligenzim Dienstleistungsmarketing 39 Begriffe wie Wissen and Gedgchtnis, Lernen und Denken bzw. Probleml6sen. Diese Begriffe werden nicht nur im Kontext von Individuen behandelt, sondem im Rahmen der Organisationstheorie auch auf Organisationen t~bertragen. So ist von ,,organizational knowledge" und ,,organizational memory" (vgl. z.B. Walsh/ Ungson, 1991), ,,organizational learning" (vgl. z.B. Argyris/Sch6n, 1978; Shrivastava, 1983) oder ,,organizational thinking" die Rede (vgl. z.B. Sims/Gioia, 1986). Im Einklang mit der Verankerung von Beziehungsintelligenz als Fghigkeit von Organisationen sollen die genannten Begriffe in den weiteren Ausfahrungen im organisationalen Kontext verstanden werden. Die drei im Folgenden unterschiedenen Anpassungsprozesse bilden zugleich den Ansatzpunkt far eine theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts Beziehungsintelligenz, unter der in Anlehnung an Homburg und Giering (1996) die Ableitung einer Dimensionen- und Faktorenstruktur eines Konstrukts verstanden werden soll. Die erste Art der Anpassung und damit die erste Konstruktdimension besteht in der Nutzung kundenbezogenen Wissens. Diese Anpassungsform kann sowohl reaktiv als auch proaktiv sein und ist niitzlich, wenn es um gleichartige, bereits bekannte Beziehungssituationen geht. Sie erm/Sglicht beispielsweise ein routiniertes Handeln im Fall einer Beschwerdesituation (reaktive Anpassung) oder aber das Unterbreiten von Cross-Selling-Angeboten bei Kunden mit bestimmten Profilen (proaktive Anpassung). Bei dieser Art der Anpassung geht es somit um die Nutzung und Aussch6pfung von Wissen fiber Kunden und den Umgang mit Kunden. Die zweite Art der Anpassung und damit die zweite Konstruktdimension stellt die Anpassung durch Lernen von Kunden dar. Sie kann innerhalb einer Interaktion mit Kunden oder fiber mehre Interaktionen hinweg erfolgen. Da die mit Lernen verbundene Anpassung ein Feedback voraussetzt, ist sie von ihrer Ausrichtung her reaktiv. So kann sich beispielsweise ein Unternehmen durch Lernen mit der Zeit immer besser an die Bedtirfnisse bestimmter Kundengruppen anpassen. Die dritte Form der Anpassung und gleichzeitig die dritte Dimension des Konstrukts Beziehungsintelligenz besteht in der Anpassung durch Antizipation und die Generierung neuer Probleml6sungen zur Gestaltung der Kundenbeziehungen. Sie erm/Sglicht eine Anpassung in ungewohnten und neuen Beziehungssituationen in der Gegenwart und erh6ht die Anpassungsf'~ihigkeit far Beziehungssituationen, die in der Zukunft entstehen k6nnen. Beispielhaft sei die stetige Entwicklung neuer Instrumente zur Kundenbindung genannt, um auf ver~inderte und anspruchsvollere Bedtirfnisse der Stammkunden in der Zukunft vorbereitet zu sein. Neben dieser eher reaktiv verstandenen Anpassungsf~ihigkeit umfasst diese Dimension auch die Beziehungsinnovation mit dem Ziel einer proaktiven Entwicklung der Kundenbeziehungen. Die drei Dimensionen sind inhaltlich voneinander abgrenzbar. Ftir diese Abgrenzung soll eine Parallele zur psychologischen Intelligenzforschung und

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Markus Rosier/ RolandKantsperger

insbesondere zur Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz von Cattell gezogen werden. W~ihrend die fluide Intelligenz (gf) die F~ihigkeit des abstrakten, freien Denkens ausdrtickt, ist die kristallisierte Intelligenz (gc) das Ergebnis vorhergehender Lernprozesse (Cattell, 1963). Am Rande sei erw~ihnt, dass Cattell auch eine Kritik an herk6mmlichen Intelligenztests tibt, die seiner Auffassung nach zu viel gc und zu wenig gf messen. Bezogen auf das Konstrukt der Beziehungsintelligenz steht gf in enger Verbindung zur Dimension drei, w/ahrend die ersten beiden Dimensionen eher gc zuzuordnen sind. Die drei Dimensionen sollen zudem als Intelligenzarten mit unterschiedlicher Wertigkeit betrachtet werden. In Analogie zur sog. Stufenleiter der Intelligenz von Meumann (1908) im Rahmen der psychologischen Intelligenzforschung soil ftir die drei Dimensionen eine zunehmende Wertigkeit angenommen werden. W~ihrend die Nutzung von Wissen (Dimension eins) in der hier vorgeschlagenen Konzeptualisierung von Beziehungsintelligenz die niedrigste Stufe darstellt, wird die Antizipation und Generierung neuer Probleml6sungen (Dimension drei) als h6chste Form von Beziehungsintelligenz angenommen. Auf der Ebene der Dimensionen wurden anschliel3end verschiedene Facetten unterschieden, um die Dimensionen inhaltlich m6glichst umfassend abzudecken. Diese bilden auch die Basis ftir die Formulierung von Items (siehe Abschnitt 3.1). Die Facetten stellen gleichzeitig potentielle Faktoren dar. Allerdings sollen sie nicht als solche postuliert werden. Vielmehr sollen die drei hergeleiteten Dimensionen als ftir das Konstrukt Beziehungsintelligenz grundlegend angesehen werden und die konkrete Ausgestaltung der Faktorenstruktur der empirischen Analyse tiberlassen werden. Die theoriegeleitete Konzeptualisierung sowie potentielle Faktoren sind in Abbildung 1 dargestellt.

Konzeption

und Bedeutung

des Konstrukts Beziehungsintelligenz

im Dienstleistungsmarketing

41

=

E

,

=

-

9 Aussch6pfung von Wissen fiber Kunden

9 Erwerb neuen Wissens tiber Kunden

9 Emotionale Intelligenz im Umgang mit Kunden

9 Wissensteilung in Marketing, Vertrieb und Service

~. 9 Abrufbarkeit von Wissen tiber Kunden

9 Interpretation von Kundeninformationen

i 9 Antizipation und Generierung : neuer L6sungen Rir die " Gestaltung der i Kundenbeziehungen ', i 9 Qualit/it der Antizipation und ~ Probleml6sungen ', , ~

Abbildung 1: Theoriegeleitete Konzeptualisierung von Beziehungsintelligenz

Die Ausarbeitung der Facetten bzw. der potent~ Faktoren beruhte weitgehend auf eigenen 121berlegungen. Be~ der Lerndimension erfolgte sie in enger Anlehnung an Huber (1991), wobei das Konstrukt ,,organizational memory" in der ersten Dimension von Beziehungsintelligenz Berticksichtigung findet. 2.4

Abgrenzungen zum Konstrukt der Marktorientierung

Die Einfahrung eines neuen Konstrukts ~ nur dann zu rechtfertigen, wenn seine Bedeutungsinhalte nicht bereits durch andere Konstrukte abgedeckt werden. Daher ~ eine Abgrenzung zu verwandten Konzepten notwendig. Vor allem soll hier eine klare Abgrenzung zur Marktorientierung vorgenommen werden, zu der zun~ichst eine Ahnlichkeit vermutet werden kann. Der Unterschied dieser be~ Konzepte soll an drei wesentlichen Punkten verdeutlicht werden. Zum einen handelt es sich be~ der Beziehungsintelligenz um ein Konstrukt, welches eindeutig dem Bereich des Beziehungsmarketing zugeordnet werden kann. W~ihrend Marktorientierung (vgl. hierzu z.B. Narver/Slater, 1990; Kohli/Jaworski/Kumar, 1993) oft eine generelle Orientierung an Marktsegmenten und Zielgruppen zum Ausdruck bringt, beinhaltet Beziehungsintelligenz in letzter Konsequenz eine Betrachtung auf Einzelkundenbasis. Im Gegensatz zur Marktorientierung ~ der Einsatz von Beziehungsintelligenz auf nicht-anonyme M~irkte beschr~inkt, in denen sie eine individualisierte, wertorientierte Ausgestaltung yon Kundenbeziehungen beinhaltet. Zweitens beinhaltet die Konzeption von Beziehungsintelligenz das Zusammenwirken reaktiver und proaktiver Anpassungsprozesse. Auch wenn in jtingerer Zeit Konzepte wie ,,proactive market

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orientation" (Narver/Slater/MacLachlan, 2004) und ,,market driving" (Hills/Sarin, 2003) diskutiert werden, so ist Marktorientierung in ihrer ursprtinglichen Konzeptualisierung eher reaktiver Natur. Mit der proaktiven Komponente von Beziehungsintelligenz ist ein dritter Unterschied verbunden, n~imlich die Verbindung zur Profitabilit~it. W~ihrend das proaktive Management profitabler Kundenbeziehungen dem Konzept der Beziehungsintelligenz quasi inh~irent ist, wird Profitabilit~it bezogen auf Marktorientierung eher als Konsequenz (Kohli/Jaworski, 1990, S. 3) oder separater Aspekt (Narver/Slater, 1990, S. 22) angesehen. EntwicMung eines Instruments zur Messung von Beziehungsintelligenz

In diesem Abschnitt wird, ausgehend von der theoriegeleiteten Konzeptualisierung des Konstrukts Beziehungsintelligenz, ein Instrument zu dessen Messung entwickelt. Dabei werden die Vorgehensweise bei der Itemgenerierung, die zugrunde liegende Empirie sowie die Methodik und die Ergebnisse der empirischen Konzeptualisierung und Operationalisierung von Beziehungsintelligenz dargestellt.

3.1

Grundlagen der Konstrukt-Operationalisierung

Ansatzpunkt ftir die Itemgenerierung und damit die Operationalisierung von Beziehungsintelligenz waren die drei Dimensionen und ihre Untergliederung in potentielle Faktoren. Grunds~itzlich ist anzumerken, dass hinsichtlich der Entwicklung eines Itempools kaum auf vorformulierte Items zurtickgegriffen werden konnte. Der tiberwiegende Teil der Items zur Messung von Beziehungsintelligenz war neu zu entwickeln. Teilweise konnten vorhandene Items herangezogen werden, die dann auf den Kontext des Beziehungsmarketings angepasst wurden. Nicht zuletzt liegt dieser Umstand auch in dem Defizit a n empirischen Untersuchungen zur Thematik der organisationalen Intelligenz. Eine Ausnahme hiervon stellt die umfangreiche Studie von Mendelson und Ziegler dar, welche einen wissenschaftlichen Hintergrund besitzt und in dem Buch ,,Survival of the Smartest" zusammengefasst ist (Mendelson/Ziegler, 1999; Mendelson, 2000). Sie befasst sich jedoch mit der Messung des IQ von Unternehmen bzw. Gesch~iftseinheiten an sich und ist nicht spezifisch fljr den Bereich (Beziehungs-)Marketing. Dennoch liel3en sich dieser Untersuchung wertvolle Ideen und Impulse ftir die Messung von Beziehungsintelligenz entnehmen. Ftir die Entwicklung von Indikatoren wurden konzeptionelle und empirische Arbeiten aus den Gebieten der psychologischen Intelligenzforschung, der Organisationstheorie sowie des (Beziehungs-)Marketing zugrunde gelegt. Die im

Konzeption und Bedeutungdes KonstruktsBeziehungsintelligenzim Dienstleistungsmarketing 43 Folgenden genannten Quellen waren grundlegend ffir die Operationalisierung von Beziehungsintelligenz, stellen jedoch nur einen Auszug der insgesamt hierfar verwendeten Literatur dar. Far die Operationalisierung von Dimension eins wurden Arbeiten zur Nutzung von Wissen und zur emotionalen Intelligenz herangezogen (u.a. Menon/Varadarajan, 1992; Ballantyne, 2004; Sivula/van den Bosch/Elfring, 2001; Goleman, 2001; Dulewicz/Higgs/Slaski, 2003; Parasuraman/Zeithaml/Berry, 1988), die Modellierung von Dimension zwei basiert auf Arbeiten zum organisationalen Lernen (u.a. Huber, 1991; Templeton / Lewis/Snyder, 2002; Sinkula, 1994; Selnes/Sallis, 2003; Kohli/Jaworski/Kumar, 1993; Mendelson, 2000) und die Messung der dritten Dimension liegt Literatur zur Antizipation, zum Probleml/Ssen und zur Innovation zugrunde (u.a. Kandampully/Duddy, 1999; Hurley/Hult, 1998; Roy/Sivakumar/Wilkinson, 2004; Cyert/March, 1963; March, 1999). Bei der Formulierung jedes Items wurde darauf geachtet, dass hierin Aspekte der Effektivit~it oder Effizienz enthalten waren. Auf diese Weise soll der in dem Konzept von Beziehungsintelligenz betonte 6konomische Charakter von Beziehungsintelligenz Be~cksichtigung finden (siehe Abschnitt 2.2.3). Eine Anpassung bzw. ein Anpassungsprozel3 soll demnach nur dann als intelligent gelten, wenn dieser auf Effektivit~it und/oder Effizienz ausgerichtet ist und einen Beitrag zur Erreichung der postulierten Ziele von Beziehungsqualitgt ffir den Kunden und Profitabilitgt der Kundenbeziehungen fiir das Unternehmen leistet.

3.2

Datenerhebungund Datengrundlage

Vor der eigentlichen Haupterhebung wurden Expertengesprgche und ein Pretest durchgefahrt. Die Expertengesprgche wurden mit Wissenschaftlern und Praktikern aus den Bereichen (organisationale) Intelligenzforschung und Marketing bzw. Beziehungsmarketing gefiihrt. Zielsetzung dieser Gespr~iche war eine Validierung des grundlegenden Konzepts sowie der theoretischen Konzeptualisierung (Dimensionen und potentielle Faktoren) von Beziehungsintelligenz und eine Sicherstellung der Inhaltsvalidit~it der entwickelten Messitems. Zudem wurden die Itemformulierungen auf wichtige Eigenschaften wie z.B. Verstgndlichkeit und Einfachheit t~berp~ft (Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 2004, S. 102ff.; Bt~hner, 2004, S. 64ff.). Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen wurden Items umformuliert, ggnzlich gestrichen oder neu hinzugefagt. In einem anschliel3enden Pretest des entwickelten Fragebogens bei 46 Unternehmen unterschiedlicher Branchen (die stgrkste Branche bildeten Finanzdienstleister) konnten bereits erste Erkenntnisse fiber eine m6gliche empirische Faktorenstruktur der drei Dimensionen gewonnen werden. Auf Basis der exploratorischen Faktorenanalyse und erg~inzt durch inhaltliche Oberlegungen wurde in diesem Zuge eine Itembereinigung vorgenommen. Hierbei wurde aufgrund

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Markus Rosier/ RolandKantsperger

der geringen Fallzahl eher qualitativ und weniger nach streng statistischen Kennwerten fiir eine Itemelimination vorgegangen. Die Befragten hatten am Ende des Fragebogens zudem die MSglichkeit, Kommentare zur Verst~indlichkeit der Fragen und zum Fragebogen an sich zu machen, die entsprechend berticksichtigt wurden. Insgesamt wurden von den 48 Items zur Messung von Beziehungsintelligenz im Pretest 12 eliminiert, so dass 36 in die Haupterhebung eingingen. FOr die im Business-to-Consumer Bereich angelegte Untersuchung von Beziehungsintelligenz wurden ffir die Hauptstudie die Versandhandels- und Finanzdienstleistungsbranche als geeignet erachtet. In beiden Branchen spielt Beziehungsmarketing eine wichtige Rolle und bietet erhebliche Potentiale. Die im Sommer 2005 durchgeffihrte Erhebung erfolgte mittels eines standardisierten, schriftlichen Fragebogens, dem eine fiinfstufige Likertskala mit den Auspr~igungen ,,trifft voll zu" bis ,,trifft tiberhaupt nicht zu" zugrunde liegt. Dieser wurde an insgesamt 620 Unternehmen, die sich in etwa gleich auf die beiden Branchen verteilten, gesendet. Die angeschriebenen Ansprechpartner wurden vorab telefonisch qualifiziert. Die Erfahrung aus Experteninterviews und Pretest zeigte dabei, dass das gesamte Spektrum des Beziehungsintelligenz-Konstrukts am besten durch die Gesch~iftsfiihrung, die Marketingleitung oder Ftihrungskr~ifte aus den Bereichen Marketing bzw. speziell Bestandskundenmanagement beurteilt werden konnte. Die Analyse der zuriick erhaltenen Frageb6gen zeigt, dass diese Befragungszielgruppe gr6Btenteils erreicht wurde. Inbegriffen einer Nachfassaktion konnte ein Rticklauf von insgesamt 156 Frageb6gen (79 Versandh~indler, 77 Finanzdienstleister) erzielt werden, von denen 151 ffir die Auswertung brauchbar waren. Die endgtiltig erzielte Rticklaufquote von 24,4% kann als vergleichsweise gut bezeichnet werden.

3.3

Empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung als Ergebnis

Beziehungsintelligenz wurde auf Basis der bisherigen Erkenntnisse als mehrdimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt angenommen (siehe Abbildung 1). Fiir die folgende Analysestufe der empirischen Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstrukts soll methodisch dem h~iufig gefolgten Leitfaden von Homburg und Giering (1996) gefolgt werden. Dieser kombiniert Ans~tze und Gtitekriterien der ersten Generation (exploratorische Faktorenanalyse, Cronbach's Alpha und Item-to-Total-Korrelation) mit solchen, die auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse aufbauen und als Kriterien der zweiten Generation bezeichnet werden (vgl. hierzu Churchill, 1979; Gerbing / Anderson, 1988). Im Fall einer nicht postulierten Faktorenstruktur - wie hier beim Konstrukt der Beziehungsintelligenz - erfolgt gem~iB dem vorgeschlagenen Leitfaden zun~ichst die Untersuchung der Faktorenstruktur auf der Ebene der Dimensionen, bevor in einem weiteren Schritt das Gesamtkonstrukt betrachtet wird. Im Rahmen

Konzeptionund Bedeutungdes KonstruktsBeziehungsintelligenzim Dienstleistungsmarketing 45 dieses Prozesses wurden Indikatoren, die die in der einschl/igigen Literatur geforderten Schwellenwerte (vgl. z.B. Homburg/Giering, 1996; Bagozzi/Yi, 1988; Baumgartner/Homburg, 1996) nicht erfallen, eliminiert. S/imtliche Auswertungen erfolgten dabei mit den Softwarepaketen SPSS 12 und AMOS 5. Insgesamt wurden im Laufe des zuvor skizzierten Prozesses 15 Items eliminiert, so dass die endgtiltige Skala zur Messung von Beziehungsintelligenz 21 Items umfasst. Dabei kristallisierten sich mr Dimension 1 drei Faktoren heraus, die inhaltlich mit den potentiellen Faktoren aus Abbildung 1 t~bereinstimmen. Sie werden entsprechend ,,Aussch6pfung von Wissen tiber Kunden", ,,Emotionale Intelligenz im Umgang mit Kunden" und ,,Abrufbarkeit von Wissen fiber Kunden" genannt. Dimension 2 unterteilt sich statt drei in zwei Faktoren, die interpretiert werden k6nnen als ,,Lemen durch Analyse kundenbezogener Informationen" und ,,Wissensteilung in Marketing, Vertrieb und Service". Die dritte Dimension besteht nicht aus zwei, sondem lediglich aus einem Faktor. Die Dimension entspricht damit diesem Faktor, welcher ,,Antizipation und Beziehungsinnovation" genannt wird. Tabelle 1 gibt einen Oberblick tiber die sechs Faktoren des Konstrukts und ausgew/ihlte Gt~tekriterien. Die Faktoren wurden hier separat betrachtet und weisen alle eine zufrieden stellende Messung auf.

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Markus Rosier / Roland Kantsperger

Tabelle 1." Ausgew~ihlte Giitekriterien der sechs Faktoren von Beziehungsintelligenz Name des Faktors

Anzahll Cronbach's FaktorItems Alpha reliabilit~it (%) DEV (%)a

F 1: Aussch6pfung von Wissen tiber Kunden

4

0,830

83,3

55,7

F2: Emotionale Intelligenz im Umgang mit Kunden

4

0,847

84,7

58,2

F3: Abrufbarkeit von Wissen tiber Kunden

2

0,871

b

b

F4: Lernen durch Analyse kundenbezogener Informationeni

3

0,816

81,6

59,7

F5: Wissensteilung in Marketing, Vertrieb und Service

3

0,773

79,6

57,9

F6: Antizipation und Beziehungsinnovation

5

0,848

84,6

52,5

Durchschnittlicherfasste Varianz b Wert kannaufgrundnegativerFreiheitsgradenicht berechnet werden a

Eine erneute exploratorische Faktorenanalyse auf der Ebene der Dimensionen ergab eine gute Replizierung der jeweiligen Faktoren, was als ein erstes Anzeichen fiir die Diskriminanzvalidit~it der Faktoren gewertet werden kann. Auch die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse auf Dimensionsebene wiesen auf eine akzeptable Modellierung der Dimensionen hin. Die Diskriminanzvalidit~it der den Dimensionen zugeordneten Faktoren wurde zudem durch Anwendung des zZ-Differenztests sowie des Fornell/Larcker-Kriteriums (Fornell / Larcker, 1981) best~itigt. Auf der Ebene des Gesamtkonstrukts wurde die Diskriminanzvalidit~it der sechs Faktoren auf Basis des xZ-Differenztests best~itigt. Das Fornell/Larcker-Kriterium fiihrte mit Ausnahme der Kombination der Faktoren vier und sechs zum gleichen Ergebnis. Bei dieser Faktorkombination war die quadrierte Korrelation von 0,656 h6her als die jeweiligen durchschnittlich erfassten Varianzen der Faktoren von 0,594 bzw. 0,531. Das Gesamtmodell zur Messung von Beziehungsintelligenz (3 Dimensionen, 6 Faktoren) weist einen zufrieden stellenden globalen Fit auf (zZ/df = 1,380; GFI = 0,866; AGFI = 0,829; CFI = 0,953; RMSEA = 0,050; SRMR = 0,070) und ist in Abbildung 2 mit zus~itzlichen Messinformationen dargestellt. Schliel31ich verbleibt noch die n~ihere Untersuchung der Dimensionalit~it des Konstrukts (vgl. zum Vorgehen Homburg, 2000, S. 120ff.), bei der auf Basis theoretischer Oberlegungen bisher eine Dreiteilung angenommen wurde. Hierzu wurden die F aktoren durch die Mittelwerte der ihnen zugeordneten Items ausgedrtickt, alternativ k6nnen Faktorwerte zugrunde gelegt werden. Mit den jetzt als Indikatoren aufgefassten Faktoren wurde eine exploratorische Faktorenanalyse durchgeffihrt, die Aufschluss tiber die Anzahl der Dimensionen und der ihnen zugeordneten F aktoren gab.

eo

t~

t,~

Anpassung durch Antizipation und Beziehungsirmovation

Anpassung durch Lemen yon Kunden

Faktorb

Quadrierte Korrelationen b In dem berechneten Modell wurde nur der Faktor verwendet

a

O,8P

0,85"

Anpassung durch Nutzung und Aussch6pfung kundenbezogenen Wissens

~

r

Wissensteilung in Marketing, Vertrieb und Service

0,77

BM = Beziehungsmarketing d KB = Kundenbeziehungen

/

/

~

0,29

Beziehungsi. . . . a t i o n J

~

~

,~

]0,53

Kundenbezog. . . . Wi. . . . kann schnell abgerufen werden

Verha.!ten sich auch in schwierigen Situationen kompetent ..... K6nnen sich schnelt in Bedfirfnissimation hineinversetzen

"~

[0,74

] 0,49

[ 0,50 Sucher}.st~dig nach M6glichkeiten zur Intensivierung der KBd 10,55 .... Suchen st~indignach M6glichkeiten zur besseren Steuerung d. KB'~0,46

Entwickeln kontinuierlich innovative L6sungen flir KBd

Entwickeln frfihzeitigneue Angebote zur Intensivierung der KBd [ 0,65

Beschaftigen uns mit zukfinftigen Entwicklungen des BMr

Wissen fiber Kunden wird auch mit anderen Abteilungen geteilt [ 0,49 .. Kundenwissen verschiedener Mitarbeiter wird zusammenge~hrt ] 0,45

Wi. . . . fiber Kunden wird im Marketing/Vertrieb/Service geteilt

] 0,64

Kundeninformationen werden systematisch analysiert

ArQuadrierte multiple Korrelationen (durch die Dimension erkl~irteVarianz)

~--~~

,~

[ 0,59

] 0,55

Kundenbezogene Leistungsmessungen finden regelm~iBigstatt

, , ~ Ursachenanalyse bei Abweichungen in Kundenbeziehungen

] 0,70

10,85

10,52

10,60

........ Kundenkontaktmitarbeiter verhalten sich kompetent ] 0,68 ... Kundenkontaktmitarbeiter orientieren sich an Kundenbedfirfnissen10,54

Obertragung erfolgreicher Aktivit~ten des Beziehungsmarket!ng

'~-----------~ Kundenbezogenes Wissenjed.... it volist~kndigund aktuell

0,26

0,14

10,75

] 0,44

] 0,52

Proaktive Ausgestaltung von Kundenbeziehungen

Orient.ierungan Werthaltigkeit der Kunden/Kundengruppen

~

Lernen durch Analyse~N~ kundenbezogener ~ Informationen /

Abrufbarkeit von Wissen fiber Kunden

,r,

Emotionale Intelligenz im Umgang mit Kunden

Aussch6pfung von Wissen fiber Kunden

Nutzung von Wissen fiber Kunden ~r Individualisierung

0,81

4,

Indikatorreliabilit~t

7~

=

0~

~..,. r/l

r~

N

O~

0~ r/l ~..,.

N

O = r~

r~

=

o= = =

o N

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Markus Rosier / Roland Kantsperger

Hierbei wurde zun~ichst nur ein Faktor extrahiert, was eine Auffassung von Beziehungsintelligenz als eindimensionales, sechsfaktorielles Konstrukt nahe legt. Dagegen sprechen jedoch die globalen Fit-Werte eines solchen Modells, die gegentiber dem vorherigen leicht schlechter ausfallen (zZ/df = 1,393; GFI = 0,862; AGFI = 0,826; CFI = 0,951; RMSEA = 0,051; SRMR = 0,072). Das Ausgangsmodell soll daher weiter favorisiert werden. Werden Faktorwerte zugrunde gelegt bzw. bei Nutzung von Itemmittelwerten bei der exploratorischen Faktorenanalyse die Extraktion von zwei Faktoren vorgegeben, so erh/alt man zwei Dimensionen. Die erste Dimension umfasst die Faktoren 1, 4 und 6, die zweite Dimension die Faktoren 2, 3 und 5. Die der ersten Dimension zugeordneten Faktoren umfassen eher konzeptionelle und strategische F~ihigkeiten der Beziehungsintelligenz ,,im Hintergrund". Die Dimension soll daher als strategische Beziehungsintelligenz interpretiert werden. Die zweite Dimension beinhaltet dagegen Faktoren, die eher F~ihigkeiten der Beziehungsintelligenz im direkten Kundenkontakt ausdrticken. Sie kann somit als zwischenmenschliche Beziehungsintelligenz interpretiert werden. W~ihrend erstere F~ihigkeiten vermutlich vor allem im Marketing angesiedelt sind, beziehen sich letztere insbesondere auf die Bereiche Vertrieb und Service. Die FitWerte dieses Modelles sind etwas besser als bei einer dreidimensionalen Modellierung (zZ/df = 1,321; GFI = 0,873; AGFI = 0,839; CFI = 0,960; RMSEA = 0,046; SRMR - 0,063). Das dreidimensionale Ausgangsmodell wird dadurch nicht in Frage gestellt, vielmehr tr~igt das zweidimensionale Modell zu einem zus~itzlichen Erkenntnisgewinn bei. Es liefert eine empirische Best~itigung der zwei Ebenen von Beziehungsintelligenz, die bisher nur theoretisch postuliert wurden (siehe Abschnitt 2.2.2), aber in der Konzeptualisierung des Konstrukts nicht explizit berticksichtigt wurden. Die sechs Faktoren lassen sich inhaltlich recht eindeutig den theoretischen Dimensionen und empirisch den empirischen Dimensionen zuordnen. Durch die Kombination der theoretischen und empirischen Dimensionen entsteht eine verfeinerte Sichtweise auf das Konstrukt der Beziehungsintelligenz, die in Abbildung 3 in Matrixform zusammengefasst ist. Eine Erkenntnis weiterer (hier nicht dargestellter) Analysen ist, dass die ermittelten Faktoren des Konstrukts auch bei einer separaten Betrachtung der beiden Branchensamples wieder erkannt werden. Hierbei wurden jedoch nur die Verfahren bzw. Gtitekriterien der ersten Generation herangezogen, da fOr die Anwendung der konfirmatorischen Faktorenanalyse die Einzelstichproben (75 Versandh/andler, 76 Finanzdienstleister) als zu niedrig angesehen wurden. Auf Basis der m6glichen und angemessenen Analyseverfahren ist davon auszugehen, dass das entwickelte Messinstrument von Beziehungsintelligenz branchentibergreifend Gtiltigkeit besitzt.

Konzeption und Bedeutung des Konstrukts Beziehungsintelligenz im Dienstleistungsmarketing 49

Theoretische Dimensionen

AnpassungdurchNutzung undAusschSpfung kundenbezogenenWissens r

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Anpassungdurch Antizipationund Beziehungsinnovation

Anpassungdurch LemenvonKunden .

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Abbildung 3." Einordnung der Faktoren in die theoretischen und empirischen Dimensionen

Bezugsrahmen zur Untersuchung von Beziehungsintelligenz und Forschungshypothesen

Wghrend in diesem Beitrag zun~ichst die Entwicklung eines validen und reliablen Messinstruments von Beziehungsintelligenz im Vordergrund stand, so hat eine isolierte Betrachtung dieses Konstrukts nur einen eingeschr~inkten Nutzen. Sein Erklgrungsgehalt und damit auch dessen Bedeutung f'tir die Forschung und Praxis des Beziehungsmarketing hgngen vor allem von den mit ihm verbundenen Erfolgswirkungen ab. Wenn sich die im Folgenden postulierten Auswirkungen best~itigen, so ist in einem weiteren Schritt die Analyse von Determinanten sinnvoll, die zu hoher Beziehungsintelligenz fahren (siehe Abbildung 4). Diese potentiellen Determinanten stellen dann Ankntipfungspunkte far ein erfolgreiches Management von Beziehungsintelligenz dar. Aufgrund der Spezifika von Beziehungsintelligenz, die in Abschnitt 2 er6rtert wurden, wird angenommen, dass von ihr ein positiver Einfluss auf die Beziehungsqualit~it ausgeht. Diese soll hier durch die Konstrukte Kundenzufriedenheit und Vertrauen konzeptualisiert werden (Hla; Hlb).

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Markus Rosier / Roland Kantsperger

Weiter wird von diesen Konstrukten eine positive Wirkung auf die Kundenbindung erwartet (H2, H3) (Garbarino/Johnson, 1999; Sirdeshmukh/Singh/Sabol, 2002) und zudem ein positiver Effekt von Kundenzufriedenheit auf Vertrauen angenommen (H4) (Hennig-Thurau/Klee, 1997). Determinanten .

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FokalesKonstrukt .

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Auswirkungen .

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Abbildung 4: Bezugsrahmen zur Untersuchung von Beziehungsintelligenz

Neben dem resultierenden positiven Einfluss auf die Profitabilit~it der Kundenbeziehungen (Hs), der gewissermai3en das Resultat eines effektiven Beziehungsmarketing ist, wird zus~itzlich ein direkter Effekt von Beziehungsintelligenz auf die Profitabilit~t der Kundenbeziehungen angenommen (H6). Dieser wird prim/~r als Wirkung eines effizienten Beziehungsmarketing angesehen (siehe hierzu auch Abschnitt 2). Da die dieser Untersuchung zugrunde liegende Erhebung als Unternehmensbefragung angelegt ist, werden die im Normalfall durch Kundenaussagen zu messenden Konstrukte Zufriedenheit, Vertrauen und Kundenbindung durch Manager beurteilt. Ahnlich geht beispielsweise auch Fritz (1992) vor.

Konzeptionund Bedeutungdes KonstruktsBeziehungsintelligenzim Dienstleistungsmarketing 51

5

Zusammenfassung und Ausblick

Ausgangspunkt dieses Beitrags ist die Beobachtung, dass das Thema Beziehungsmarketing in vielen Unternehmen nicht mit der erforderlichen Sensibilit/at und einem entsprechenden Umsetzungsgeschick angegangen wird. Viele mit diesem Konzept verbundene Potentiale bleiben so ungenutzt, und die Bilanz der Beziehungsmarketingaktivit~iten f~illt im Vergleich zu den erhofften Resultaten nicht selten emtichternd aus. Vor diesem Hintergrund wird angenommen, dass Beziehungsintelligenz ein fruchtbarer Erkl~irungsansatz ftir das erfolgreiche Management von Kundenbeziehungen sein kOnnte. Der Begriff der Intelligenz und die mit ihm verbundenen Eigenschaften wurden bisher nur sehr liackenhaft und lediglich in ersten Ansgtzen im Kontext des Beziehungsmarketing diskutiert. Im Vordergrund der Ausfahrungen steht somit zun~ichst der Entwurf eines umfassenden Konzepts von Beziehungsintelligenz sowie die Entwicklung eines validen und reliablen Instruments zur dessen Messung. Dazu werden Erkenntnisse aus der psychologischen Intelligenzforschung, der Organisationstheorie sowie des Beziehungsmarketing herangezogen. Beziehungsintelligenz offenbart sich auf Basis einer Befragung von 151 Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche und der Versandhandelsbranche als facettenreiches, sechsfaktorielles Konstrukt, welches fiber 21 Items gemessen wird. Die sechs Faktoren lassen sich drei theoretischen und zwei empirisch nachgewiesenen Dimensionen zuordnen, so dass eine sehr differenzierte Sichtweise auf dieses neue Konstrukt entsteht. Neben einer strategischen Komponente beinhaltet Beziehungsintelligenz demnach eine zwischenmenschliche Komponente, die die besondere Bedeutung dieses Konzepts gerade auch far das Dienstleistungsmarketing unterstreicht. Aufgrund der eingeschrgnkten Aussagekraft einer isolierten Betrachtung von Beziehungsintelligenz wird ein Bezugsrahmen far eine weiterfahrende Untersuchung von Beziehungsintelligenz aufgespannt. Dieser beinhaltet Hypothesen fiber die Auswirkungen dieses Konstrukts auf den Beziehungsmarketingerfolg. Kann die Erfolgsrelevanz yon Beziehungsintelligenz empirisch belegt werden, so rechtfertigt diese eine n~ihere Analyse potentieller Determinanten, die diese F~ihigkeit positiv beeinflussen. Hiervon wgren auch interessante Implikationen far das Management von Beziehungsintelligenz in der Praxis zu erwarten. Das Konstrukt der Beziehungsintelligenz wgre dann auch ein sinnvoller Ausgangspunkt far ein Benchmarking der Beziehungsmarketingaktivitgten von Unternehmen und Branchen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den ,,Benchmarks" k6nnte dann einen weiteren Beitrag far ein optimiertes Management der Fghigkeit der Beziehungsintelligenz leisten.

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MarkusRosier/ RolandKantsperger

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Effekte

des Stolzes

von Mitarbeitern

im Kundenkontakt

Matthias H.J. Gouthier

E i n l e i t u n g ...................................................................................... 58 T h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e n z u m Stolz v o n M i t a r b e i t e r n im K u n d e n k o n t a k t ............................................................................. 60 2.1

D a s K o n s t r u k t des S t o l z e s i m A r b e i t s k o n t e x t ................................ 60

2.2

B e s o n d e r h e i t e n des S t o l z e s v o n M i t a r b e i t e r n i m K u n d e n k o n t a k t . . 62

Stolz als T r e i b e r positiver E i n s t e l l u n g e n u n d p o s i t i v e n V e r h a l t e n s der M i t a r b e i t e r im K u n d e n k o n t a k t ........................ 64 3.1

P o s i t i v e E i n s t e l l u n g e n ....................... ............................................. 64

3.1.1

M i t a r b e i t e r z u f r i e d e n h e i t ................................................................. 64

3.1.2

L e r n b e r e i t s c h a f t .............................................................................. 65

3.1.3 3.1.4

C o m m i t m e n t ................................................................................... 65 S e l b s t w i r k s a m k e i t .......................................................................... 66

3.2

P o s i t i v e V e r h a l t e n s w e i s e n .............................................................. 66

3.2,1

O r g a n i z a t i o n a l C i t i z e n s h i p B e h a v i o r O C B .................................... 66

3.2.2

G e r i n g e r e F e h l z e i t e n u n d F l u k t u a t i o n ............................................ 67 Qualit~it der S e r v i c e l e i s t u n g e n ........................................................ 67

3.3 3.4

K u n d e n z u f r i e d e n h e i t u n d K u n d e n b i n d u n g ....... ........................ . ..... 68

N e g a t i v e E f f e k t e des Stolzes v o n K u n d e n k o n t a k t m i t a r b e i t e r n 68 Ans~itze zur F O r d e r u n g des Stolzes v o n K u n d e n k o n t a k t m i t a r b e i t e r n ....................................................... 69 Z u s a m m e n f a s s u n g u n d A u s b l i c k ................................................ 72 L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s ............................................... . .................................... 73

58

Matthias H.J. Gouthier

"There are only two things that should mean anything, in my opinion, to people who want to get into business and serve the public. The first is work for applause, and the second is pride o f accomplishment"

Ray A. Kroc, Founder and senior chairman of the board of McDonald's Corporation 1

Einleitung

Das Bild, das sich Kunden von einem Unternehmen machen, wird sehr stark gepr~igt von den Mitarbeitern im Kundenkontakt. Diese beeinflussen mit ihrem Auftreten und Verhalten die Qualit~itswahrnehmung der Kunden (Schmitz 2004). Dementsprechend wichtig ist es ftir Unternehmen, im Sinne der Service Profit Chain (Heskett et al. 1994) die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung tiber die Gestaltung der Mitarbeiterbeziehungen zu verbessern. So gilt es einerseits die dienstleistungsrelevanten Einstellungen, andererseits das kunden- und serviceorientierte Verhalten der Mitarbeiter im Kundenkontakt ad~iquat zu formen. Eine der im Dienstleistungskontext am h~iufigsten diskutierten und untersuchten Einstellungen stellt hierbei die Mitarbeiterzufriedenheit dar. Unternehmen erheben regelm~il3ig die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und tiberlegen, wie sie diese verbessern k6nnen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass von einem positiven Wirkzusammenhang von Mitarbeiterzufriedenheit auf das Mitarbeiterverhalten, sodann auf die Kundenzufriedenheit und letztlich die Kundenbindung ausgegangen werden kann (siehe z.B. Stock 2001).~ Um zudem mit den wachsenden Ansp~chen der Kunden Schritt halten zu k6nnen und sich gegentiber dem Wettbewerb zu profilieren, gentigt es nicht mehr, einen einmal erreichten Qualit/itsstandard zu halten. Die Devise von Unternehmen lautet entsprechend, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anzustreben, womit dem Gedanken der Service Excellence Rechnung getragen wird. Damit einhergeht, dass letztlich jeder Mitarbeiter danach streben sollte, seine eigene Leistung permanent zu verbessern und die eigenen Standards zu tibertreffen. Mitarbeiter im Kundenkontakt sollten bereit sein, ,,to go the extra-mile". Dazu bedarf es der Motivation der Mitarbeiter, die eigene Leistung kontinuierlich verbessern zu wollen, und damit zum einen der Bereitschaft zum Lernen, zum anderen eines entsprechenden Commitments. Hierbei lassen sich mehrere relevante Commitment-Arten unterscheiden, wie z.B. das Commitment gegentiber der Organisation (Organizational Commitment; siehe z.B. Williams/Anderson 1991), das Commitment zum Service (Commitment to Customer Service; Peccei/Rosenthal Der empirisch belegte Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterzufriedenheit und Verhaltensgr613en, wie z.B. der EmployeeProductivity, f~illtjedoch zumeist eher schwach aus (siehe z.B. Hodson 1998, S. 307). In der Arbeits- und Organisationspsychologie geht die Diskussion sogar so weit, dass grunds~itzlichdie Sinnhafligkeit des Konstrukts der Arbeitszufriedenheit in Frage gestellt wird (Temme/Tr~inkle1996).

Effekte des Stolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt

59

1997) und das Commitment zur Dienstleistungsqualit~it (Commitment to Service Quality; siehe z.B. Schwepker/Hartline 2005). Des Weiteren spielen Selbstachtung, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit gerade bei Mitarbeitern mit (intensivem) Kundenkontakt eine wichtige Rolle, da diese Faktoren das Burnout-Risiko verringern, das Wohlbefinden steigern und damit die Gesundheit der Mitarbeiter im Kundenkontakt verbessern (Nilsson et al. 2005; Thomas et al. 1999). Beim Verhalten ist insbesondere die Mitarbeiterbindung im Dienstleistungsbereich von Relevanz. So weist schon Reichheld (1993) darauf hin, dass loyale Mitarbeiter einen zentralen Erfolgsfaktor ~ r treue Kunden darstellen. Daneben wird in der Literatur auf die Wichtigkeit des Organizational Citizenship Behavior (OCB) im Dienstleistungskontext hingewiesen, da hierdurch positive Effekte auf die wahrgenommene Qualit~it der Dienstleistungen erzielt werden k6nnen (Schmitz 2004, S. 16). Dienstleistungsqualit~it und damit Kundenzufriedenheit sowie Kundenbindung h~ingen somit von der Qualit~it der Arbeit des Kundenkontaktpersonals ab. Eine ffir die Erstellung qualitativ hochwertiger Arbeit und deren best/andige Verbesserung wichtige Determinante im Personalbereich wurde indes bislang sowohl von Seiten der Praxis als auch der Wissenschaft stark vemachl~issigt: der Stolz von Mitarbeitern im Kundenkontakt. 2 Die Relevanz von Stolz im Arbeitskontext kommt in folgender Aussage von Frese (1990, S. 287) sehr deutlich zum Ausdruck: ,,Wie man Qualit~it der Arbeit oder Leistung ohne Bezug auf Stolz ... betrachten kann, ist eigentlich unverst~indlich." Erst langsam entdecken Wissenschaft, Wirtschaft und Politik 3 die Relevanz von Stolz im Arbeitskontext. Dies ist insofern etwas verwunderlich, da neuere Studien belegen, dass Stolz eine der am haufigsten und am intensivsten empfundenen Emotionen von Mitarbeitern im Kundenkontakt ist (Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 387f.; siehe auch Grandey/Tam/Brauburger 2002, S. 49). Insgesamt fehlt es aber zurzeit noch sowohl an einer grundlegenden Auseinandersetzung mit dem Konstrukt des Stolzes im Arbeitskontext als auch gerade einer Betrachtung von Stolz im Dienstleistungskontext (Hodson 1998, S. 318). Daher soil dieser Artikel einen Beitrag dazu leisten, das Konstrukt des Stolzes speziell bei Mitarbeitern im Kundenkontakt zu erhellen.

Bislang lag der Schwerpunkt der meisten Untersuchungen auf dem Konstrukt der Mitarbeiterbzw. Arbeitszufriedenheitund sehr viel weniger auf dem Stolzkonstrukt (Hodson 1998, S. 307). So weist z.B. das im April 2006 ver6ffentlichte F6rderprogramm,,Innovationen mit Dienstleistungen" des Bundesministeriums for Bildung und Forschung BMBF explizit auf die Relevanz des Produzentenstolzes ftir Dienstleisterhin.

60

Matthias H.J. Gouthier Theoretische G r u n d l a g e n zum Stolz von Mitarbeitern im Kundenkontakt

2.1

Das Konstrukt des Stolzes im Arbeitskontext

Das Konstrukt des Stolzes ist bis heute nicht einheitlich definiert (Gouthier 2006, S. 95). Dennoch lassen sich einige grundlegende Kernelemente in der Literatur identifizieren, auf die im Folgenden n~iher eingegangen werden soll. Stolz wird in der Literatur zumeist als positive Emotion definiert. Diese beruht auf einem leistungsbezogenen Ereignis (Hodson 1998, S. 313; Lewis 1993, S. 570), das als Erfolg bewertet wird. Ausgangspunkt des Empfindens von Stolz ist ein kognitiver Vergleich einer selbst erbrachten Leistung mit den Erwartungen eines Mitarbeiters an selbige. Erfiillt oder tibertrifft die eigene Leistung die Erwartungen, dann wird die Leistung als Erfolg wahrgenommen. Wichtig ist dabei, dass der Mitarbeiter das positive Handlungsergebnis auf internale Ursachenfaktoren wie z.B. eigene F~ihigkeiten oder Anstrengungen zurtickfiihrt (Attributionstheorie; siehe z.B. Weiner 1985; 1986). Dieser wahrgenommene Erfolg stimuliert sodann das Empfinden von Stolz als positive Emotion und geht mit einem positiven Gefiihl des eigenen Wertes (Selbstwertgefiihl) einher (Ktipers/Weibler 2005). Der Grad des wahrgenommenen Erfolgs und letztlich die St~irke des Empfindens von Stolz h~ingen nun von zwei Vergleichsgr613en ab: dem Vergleich mit relevanten Leistung der eigenen Person in der Vergangenheit (getreu dem Motto: ,,Ich kann das jetzt viel besser als frtiher"; Frese 1990, S. 291) und dem Vergleich mit der Leistung anderer Bezugspersonen. 4 So gehen die SozialPsychologie und die Soziologie davon aus, dass ein besonders starkes Geffihl von Stolz empfunden wird, wenn die eigene Leistung die Leistung(en) von relevanten Bezugspersonen tibertrifft (Thomas et al. 1999; Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 387). Beispielsweise weisen Webster et al. (2003, S. 211) darauf hin, dass: ,,prideful feelings are stimulated mostly by the consequences of comparing favorably with others. People feel pride when they do better than others". Folglich wird Stolz im Arbeitskontext als eine soziale Arbeitsemotion interpretiert, die mit einem Ge~hl der Outperformance einhergeht (Webster et al. 2003, S. 212). Ist ein Mitarbeiter mit einer anderen Person bzw. einem O b j e k t - wie dem Arbeitsteam, der eigenen Organisationseinheit oder dem arbeitgebenden Untern e h m e n - derart eng verbunden, dass diese(s) einen Teil der Selbst-Definition bildet, dann kann der Mitarbeiter auch Stolz ~ r die Leistung der relevanten Bezugspersonen bzw.-objekte empfinden (Lea/Webley 1997, S. 326f.). Stolz 4

Strittigist indes in der Literatur, ob - zumindestbei Erwachsenen - ein solcher Vergleich immer (zumindest implizit)angestelltwird.

Effekte des Stolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt

61

auf das eigene Team, die Organisationseinheit und die Organisation an sich entstehen unter der Pr~imisse eines wahrgenommenen Erfolgs des Teams, der Organisationseinheit bzw. der Organisation aufgrund eines Bedtirfnisses, zu einer bestimmten Gruppe bzw. Organisation zu geh6ren und ist ebenso davon abh~ingig, dass ein Mitarbeiter seinen Pers6nlichkeitswert in dem AusmaB deftniert, wie er Anerkennung von der Gruppe bzw. Organisation oder deren Mitgliedern erh~ilt (Baumeister/Leary 1995). In diesem Falle ist der Mitarbeiter stolz auf die Leistung von relevanten Bezugspersonen/-gruppen oder der eigenen Organisation als Ergebnis der Identifikation (Frese 1990, S. 291). Bei Stolz handelt es sich um eine vergleichsweise starke und subjektiv wichtige positive Arbeitsemotion, die aber im Allgemeinen nur von kurzer zeitlicher Dauer ist (Brehm 2001, S. 208; Frese 1990, S. 286 und 292; Grandey/Tam/Brauburger 2002, S. 32). Ober die Zeit verfestigen sich jedoch die empfundenen Stolzemotionen zu einer entsprechenden Einstellung 5. So postuliert z.B. Frese (1990, S. 292): ,,Zum Zweiten beinhaltet jedes Ereignis in der Arbeit, das einen stolz gemacht hat, auch die M6glichkeit, Stolz auf die Arbeit insgesamt zu generalisieren." Dies beruht darauf, dass die dem Stolzempfinden zugrunde liegende Bewertung einen dynamischen Prozess darstellt, der tiber die Dauer einer Mitarbeiterbeziehung fortw~ihrend a n h ~ i l t (Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 387). Dementsprechend entwickelt ein Kundenkontaktmitarbeiter einen relativ stabil ausgepr~igten Stolz auf die eigene T~itigkeit, auf das Team, auf die Organisationseinheit und auf die Organisation. 6 So begrtindet sich der Organisationsstolz der Mitarbeiter auf den vergangenen Erfolgen der Organisation und den hierdurch zum Ausdruck gebrachten St~irken eines Unternehmens im Sinne einer erfolgreichen Unternehmenshistorie (Bruch/B6hm 2006, S. 172). Dass Mitarbeiter im Kundenkontakt durchaus zwischen den genannten vier Stolzauspr~igungen differenzieren k6nnen, hat sich bei einer explorativ angelegten Studie von Gouthier/Walter (2006) gezeigt. Stolz kann nun zudem sowohl als Vorlaufgr6Be (ex ante-Gr6Be) als auch als Ergebnisgr6Be (ex post-Gr6Be) betrachtet werden (siehe z.B. Katzenbach 2003a, S. 2f.). Beim Verst~indnis von Stolz als ex ante-Gr6Be fungiert die Aussicht auf das Empfinden von Stolz als Motivator fiir den Mitarbeiter, eine spezifische leistungsthematische Handlung vorzunehmen (Atkinson 1964; Schtitzwohl 1991). Der Mitarbeiter strebt somit nach dem Empfinden von Stolz, der folglich als nicht-monet~ire Anreizgr6Be agiert. Stolz ist daneben gleichermaBen eine ex post-Gr6Be, die auf einem wahrgenommenen Erfolg der eigenen Arbeitsleistung, der Leistung des Teams, der 5 6

Dabeikann ,,man unter Einstellungen relativ stabile, aus der Erfahrung kommende wertende Haltungen einem Objekt gegentiber" (Von Rosenstie12001, S. 32) verstehen. Dieses einstellungsorientierte Verst~indnis von Stolz ist jedoch nicht zu verwechseln mit der Auffassung von Stolz als Charaktereigenschaft(siehe Frese 1990, S. 293).

62

Matthias H.J. Gouthier

Leistung der Organisationseinheit und/oder der Leistung der eigenen Organisation beruht. Somit l~isst sich abschliel3end folgende positive Wirkungskette formulieren: Ausgehend v o n d e r Aussicht auf das Empfinden von Stolz als Motivationsfaktor kommt es zu einem gestiegenen Engagement und einer besseren Arbeitsleistung. Diese ffihrt ihrerseits wiederum zu einem gesteigerten Stolzempfinden (siehe/ihnlich Katzenbach 2003a, S. 17). 2.2

Besonderheiten des Stolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt

Klassischerweise wird beim Thema des Stolzes im Arbeitskontext ein ,,Facharbeiterstolz" bzw. ,,Produzentenstolz" assoziiert, d.h. es wird yon dem Stolz eines Arbeiters bzw. Facharbeiters ausgegangen. Diese traditionell handwerklich und industriell gepr~igte Auffassung yon Stolz begrtindet sich in den folgenden vier Merkmalen (Gouthier 2006, S. 97f.): 1. Schaffung eines sinnlich wahmehmbaren, erfahrbaren, sichtbaren, (be)greifbaren und damit materiellen Endproduktes; 2. Qualit/~tsstreben im Sinne des Dranges nach Erzeugung eines Qualit~itsprodukts durch entsprechende Qualit/itsarbeit; 7 3. gemeinsames Klassenbewusstsein und 4. Protest gegen die allt/igliche Nichtanerkennung in Untemehmen. In Bezug auf diese vier Merkmale lassen sich Ahnlichkeiten, aber auch gewichtige Unterschiede zum Stolz von Dienstleistem bzw. Mitarbeitem im Kundenkontakt feststellen. Als eine zentrale Gemeinsamkeit kann insbesondere das Qualit/~tsstreben der Mitarbeiter im Kundenkontakt genannt werden. Solch ein Qualit/itsstreben stellt im Dienstleistungsbereich gleichermaBen eine wichtige Stolzquelle dar (siehe /ihnlich Holtgrewe 2003, S. 72). Auch die Ausbildung von Stolz als selbstbewusste Form des Protests gegen Abwertungen im Unternehmen ist insbesondere bei intemen Dienstleistungseinheiten von produzierenden Untemehmen anzutreffen. So erfahren die intemen Dienstleister h/iufig nicht die gleiche Wertsch/itzung wie die technologischen Produktionseinheiten. Als Reaktion bilden die intemen Dienstleistungseinheiten oftmals einen eigenen Stolz heraus (Gouthier/Walter 2006). Neben den genannten Gemeinsamkeiten existieren aber auch gravierende Unterschiede. Im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungsarbeit wandelt sich aufgrund der Besonderheiten von Dienstleistungen die Basis fiir das Empfinden von Stolz. Nicht mehr ein materielles Endprodukt, sondem eine immaterielle Leistung, die zudem h/~ufig in direkter Interaktion mit dem Kunden erbracht wird, bestimmt die Arbeit yon Dienstleistungsbesch~iftigten. Somit liegen Frese (1990, S. 287) betont: ,,In qualitativen Interviews mit Arbeitem ist man immer wieder davon beeindruckt, wie stolz sie auf ihre Arbeit und ihr Produkt sind; wie sie h/iufig ihrer Begeisterung f'tirhohe Qualit/~tsarbeitAusdruckverleihen und darunter leiden, wenn sie unter konstantem Zeitdruck oder mit schlechtemMaterial versehen, Schundproduzieren mtissen."

Effekte des Stolzes von Mitarbeitemim Kundenkontakt

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auch vergnderte Anforderungen an die Mitarbeiter vor. Weniger die kOrperliche Arbeit als Wissensarbeit, Interaktionsarbeit und Gef~hlsarbeit prggen die Tgtigkeit von Mitarbeitern im Dienstleistungsbereich, insbesondere derjenigen mit Kundenkontakt. Mit der Modifikation der Anforderungen an die Dienstleistungsarbeit geht auch eine Vergnderung der Erwartungen an die Arbeitsleistung eng einher. Geht man davon aus, dass viele Dienstleistungen im Kern aus Handlungen bestehen, die von Mitarbeitern zur LOsung der Probleme der Kunden verrichtet werden, so spielt die Erfallung der Kundenerwartungen eine zentrale Rolle. Das Besondere beim Stolz von Kundenkontaktmitarbeitem ist damit die Abhgngigkeit vom Beurteilungsprozess und -ergebnis des Kunden. Ob eine Tgtigkeit als erfolgreich zu bezeichnen ist, hgngt ngmlich nicht nur vom Mitarbeiter, sondern in ganz entscheidendem Mage vom Kunden - ausgedrtickt in Gr6gen wie dem wahrgenommenen Kundennutzen und der Kundenzufriedenheit- ab. Damit treten zur Beurteilung der Mitarbeiter-Performance neben die objektiven Messkriterien zunehmend auch subjektive Kenngr6gen. Die Schwierigkeit der Messung und Evaluation einer immateriellen Leistung im Vergleich zu einem materiellen Sachgut stellt ~blglich eine Herausforderung im Kontext der Schaffung eines Stolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt dar. Immaterialitgt, Intangibilitgt oder auch Nichtgreifbarkeit von Dienstleistungen erschwert die Hervorbringung von Stolz, da Qualitgts- und WertmaBstgbe teilweise diffus und in einigen Bereichen in besonderer Weise von genderspezifischen Auf- und Abwertungen betroffen sind (Gabriel et al. 2005; Jochmann-D611 2005). Des Weiteren wird die Herausbildung von Stolz bei Kundenkontaktmitarbeitern immer dann gehemmt, wenn Erwartungsdifferenzen bzw. -konflikte auftreten (Vom Holtz 1998). So zeichnet sich interaktive Dienstleistungsarbeit letztlich durch die Erwartungen des Mitarbeiters selbst, der Kunden und der Organisation aus (siehe auch Jacobsen/Voswinkel 2003, S. 11). Damit kann das Untemehmen Erwartungen an den einzelnen Mitarbeiter im Kundenkontakt formulieren, die kontrgr zu den Kundenerwartungen sind (Shamir 1989). So wt~nscht sich z.B. ein Kunde eine umfassende und auf ihn zugeschnittene Probleml6sung, w~ihrend das Unternehmen an einer effizienten Auftragsabwicklung, sich niederschlagend in entsprechenden Produktivitgtskennziffem, interessiert ist. Die Arbeit im Kundenkontakt enthglt daher sowohl spezifische Chancen, positive Emotionen des Stolzes zu generieren, aber auch das Risiko, negative Arbeitsemotionen wie Frustration und Arger bei den Mitarbeitern im Kundenkontakt hervorzurufen.

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Matthias H.J. Gouthier Stolz als Treiber positiver Einstellungen und positiven Verhaltens der Mitarbeiter im Kundenkontakt

Aus Perspektive eines Untemehmens interessiert insbesondere, inwiefem Stolz durch eine Ver~nderung bzw. F6rderung der individuellen Einstellungen und Verhaltensweisen des Kundenkontaktpersonals die unternehmerischen Arbeits-, Ver~nderungs- und Innovationsprozesse unterstfitzt. Dementsprechend wird in den folgenden Kapiteln n~her auf die verschiedenen positiven Wirkeffekte des Empfindens von Stolz auf die Einstellung und das Verhalten der Mitarbeiter im Kundenkontakt eingegangen. Da Mitarbeiter Stolz auf die besondere Leistung entwickeln, geht es bei den zu erzielenden positiven Effekten auch primer um die besondere Leistung, um die Erreichung besonderer Ziele und weniger um die F6rderung einer Normalleistung (siehe ~ihnlich Byrne 2003; Hodson 1998, S. 308; Wegge 2001, S. 496f.).

3.1

Positive Einstellungen

3.1.1

Mitarbeiterzufriedenheit

Mitarbeiter- bzw. Arbeitszufriedenheit 8 wird in der einschl~igigen Literatur zumeist als Einstellungskonstrukt definiert, das auf einem Soll-Ist-Abgleich ,,zwischen dem erwarteten Arbeitsumfeld (Soll) und dem tats~ichlich wahrgenommenen Arbeitsumfeld (Ist) [ira Original kursiv gedruckt]" (Stock 2001, S. 16) des einzelnen Mitarbeiters beruht. Dabei wird in der neueren Literatur zur Mitarbeiterzufriedenheit zum Ersten eine Differenzierung nach Formen der Mitarbeiterzufriedenheit basierend auf dem ZOricher bzw. Bruggemann-Modell gefordert (siehe z.B. Fischer/Fischer 2005). Zum Zweiten wird far einen verst~irkten Einbezug von Emotionen wie Stolz pl~idiert, um den Erkl~irungsgehalt der Mitarbeiterzufriedenheit zu erh6hen (Temme/Tr~inkle 1996). Der genaue Zusammenhang von Stolz und Mitarbeiterzufriedenheit ist jedoch bis heute noch nicht ann~ihemd gekl~irt bzw. die exakte Abgrenzung steht noch aus (Fischer/Fischer 2005, S. 17; Temme/Tr~inkle 1996, S. 292). Dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Stolz und Mitarbeiterzufriedenheit besteht, ist indes unbestritten. Fraglich ist jedoch, wie dieser Wirkzusammenhang ausgepr~igt ist. So zeigt eine Studie von Arnett/Laverie/McLane (2002), dass sich Mitarbeiterzufriedenheit positiv auf das Empfinden von Organisationsstolz auswirkt. Allerdings weisen Arnett/Laverie/McLane (2002, S. 90) selbst darauf hin, dass es gleichermagen vorstellbar ist, dass sich Stolz positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirkt. Beispielsweise konnte das Sarasota 8

Im Folgendenwird der Begriffder Mitarbeiterzufriedenheitverwendet.

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Memorial Hospital durch die F6rderung des Mitarbeiterstolzes die Mitarbeiterzufriedenheit spiirbar steigern (Halls 2004, S. 7). Schlussendlich ist demzufolge auch eine wechselseitige Beeinflussung der beiden Gr613en denkbar. 3.1.2

Lernbereitschaft

Stolz kann wie beschrieben eine positive Emotion, aber auch eine positiv gepr~igte Einstellung sein. Im Falle, dass Stolz als positive Emotion auftritt, kommt es zu anderen Reaktionen als dies bei negativen Emotionen der Fall ist. W/ahrend negative Emotionen wie Furcht und Angst unmittelbare Aktionen, z.B. Angriff oder Flucht, hervorrufen, 9 fohren positive Emotionen wie Stolz zu langfristigeren Verhaltenswirkungen wie einer erh6hten kognitiven Flexibilit~it und einer Stimulation der Kreativit~it (Fredrickson 2001). Nach der von Fredrickson (2001, S. 219) vorgeschlagenen ,,Broaden-andBuilt Theory" erweitert Stolz in der Eigenschaft als positive Emotion das so genannte Gedanken-Handlungs-Repertoire. Bei dem Erleben positiver Emotionen wird - im Gegensatz zu den negativen Emotionen - die Anzahl bewerteter Alternativen erweitert. Die in einem solchen Moment resultierende Denkweise zeichnet sich durch einen ungew6hnlich flexiblen, kreativen, integrierenden und effizienten Charakter aus. Sie bewirkt die Offenheit der Person for die Aufnahme neuer Informationen (Fredrickson 2001, S. 221). Diese positiven Wirkungen zeichnen sich grunds~itzlich durch einen Langzeitcharakter aus und ~hren mitunter nicht zu unmittelbaren Anpassungseffekten, sondern zum dauerhaften Aufbau pers6nlich ntitzlicher Ressourcen. Diese k(~nnen z.B. intellektueller Art sein und ~iul3ern sich darin, dass das Erleben positiver Emotionen Lernvorg~inge und die Beherrschung von Fachkenntnissen for den Mitarbeiter erleichtert (Fredrickson 1998, S. 311; siehe auch Kiipers/Weibler 2005). 3.1.3

Commitment

Bei Commitment handelt es sich um ein ,,mehrdimensionales theoretisches Konstrukt, mit dessen Hilfe die Bindung einer Partei (Person oder Organisation) an ein bestimmtes Bezugsobjekt (Sache, Person oder Organisation) abgebildet werden kann" (S611ner 2001, S. 222). Angewandt auf den Bereich des Stolzes von Kundenkontaktmitarbeitern lassen sich entsprechend auch verschiedene Commitment-Effekte diskutieren. Ist der Kundenkontaktmitarbeiter stolz auf seine T~itigkeit, kann dies zu einem Commitment to Customer Service (PecNegative Emotionen reduzieren das als relevant erachtete Repertoire an ReaktionsmOglichkeiten betr~ichtlich. Dieser Mechanismus hat einen evolutionspsychologischen Hintergrund: So ist genetisch veranlagt, dass eine Person angesichts einer lebensbedrohlichen Situation nur diejenigen Emotionen erlebt, die die potenziell lebensrettenden Handlungsoptionen forcieren, wie z.B. Furcht, die beim Individuum den Fluchtinstinkt aktiviert (Fredrickson/Branigan 200 l, S. 128).

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cei/Rosenthal 1997) bzw. Commitment to Service Quality (siehe z.B. Schwepker/Hartline 2005) ffihren. Dies bedeutet, dass sich der Mitarbeiter verpflichtet ffihlt, den Kunden einen besonders guten Service bieten zu wollen (Arnett/Laverie/McLane 2002). Ist der Mitarbeiter besonders stolz auf sein Team, seine Organisationseinheit oder sein Unternehmen, ffihrt dies zu einem entsprechenden Commitment gegentiber dem Team, der Organisationseinheit oder dem Unternehmen (Katzenbach/Santamaria 1999; Reichheld 1993, S. 111). Gerade ein Organizational Commitment untersttitzt durch ein st~irkeres Engagement der Mitarbeiter die Erreichung der Unternehmensziele (Meyer/Allen 1997; van Dick 2001). Ein hohes Commitment ist also gleichbedeutend mit einem starken Verbundenheitsgefiihl des Mitarbeiters zur Organisation selbst oder zu einem ihrer Teile, wie Arbeitsgruppen oder Abteilungen. So ffihren Bruch/Btihm (2006, S. 173) aus: ,,Ist der gemeinsame Stolz stark ausgepr~igt, so ffihlen sich die Mitarbeiter nachhaltig mit ihrer Firma oder Organisationseinheit verbunden. Sie sind stolz, ein Teil des Unternehmens zu sein und ihren Beitrag zu leisten. Ist der organisationale Stolz hingegen nur schwach oder nicht vorhanden, so fehlt eines der wichtigstenverbindenden Elemente der Organisation. Die Mitarbeiter begreifen sich eher als Individuen, weniger als Teil eines gr6BerenGanzen. Sie distanzieren sich vonder Gemeinschaft bzw. es ist ihnen mitunter sogar peinlich, zu einem Unternehmen zu geh~ren." 3.1.4

Selbstwirksamkeit

Stolz vermag neben den bisher genannten Wirkungen auch positive Effekte auf Pers6nlichkeitsmerkmale wie Selbstachtung, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit hervorrufen (Bagozzi/Gopinath/Nyer 1999; Brehm 2001, S. 208; Fredrickson 2001; Frese 1990, S. 292; Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 390; Webster et al. 2003, S. 211). Kundenkontaktmitarbeiter mit einer h6heren Selbstwirksamkeit k6nnen mit Stresssituationen besser umgehen und diese auch besser bew~iltigen. Insgesamt betrachtet wird damit das psychische Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter im Kundenkontakt gef6rdert (siehe generell hierzu Frese 1990, S. 287; Nilsson et al. 2005; Thomas et al. 1999). Entsprechend kann es bei fehlendem Stolz zu einem geringen Selbstwertgefiihl einhergehend mit Minderwertigkeitsgefiihlen und psychischen Befindensst6rungen kommen (Brehm 2001, S. 208). 3.2

3.2.1

Positive Verhaltensweisen

Organizational Citizenship Behavior OCB

Organizational Citizenship Behavior OCB wird zumeist als das Verhalten deftniert, das tiber die Stellenbeschreibung hinausgeht und entsprechend formal

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nicht gefordert wird (so genanntes ,,extra-role-behavior"). l~ Damit angesprochen ist somit das besondere Verhalten, das Kundenkontaktmitarbeiter an den Tag legen. Da Stolz nun auf einem besonderen Verhalten bzw. auf einer Outperformance beruht, ist ein direkter Bezug zwischen diesen Konstrukten ersichtlich. Solch ein Zusammenhang findet sich entsprechend auch in der einschlggigen Literatur. So hat eine Studie im Bereich des pers6nlichen Verkaufs gezeigt, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Empfinden von Stolz und OCB besteht: Mit zunehmendem Stolz steige auch die Hilfsbereitschaft, die HOflichkeit und das Verbesserungs- und Ideenpotenzial der Mitarbeiter (Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 390f.). Voraussetzung hier~r ist, dass ,,das Unternehmen als Ideen produzierender Mechanismus ernst genommen wird" (Thesing 2004), was wiederum den Stolz der Kundenkontaktmitarbeiter fSrdern kann. Als Begrtindung hier~r liefern Verbeke/Belschak/Bagozzi (2004, S. 391) folgende zwei Argumente: Zum Ersten f6rdert Stolz als positive Emotion generell ein altruistisches Verhalten basierend auf der Broaden-and-Built Theory. Zum Zweiten wiarden sich stolze Mitarbeiter, um sich nicht den Unmut der Kollegen zuzuziehen, verst~irkt in einem extra-role-behavior engagieren. Dies stellt sozusagen einen kompensatorischen Prozess dar. Diese Kausalit~it best~itigt eine ethnographisch angelegte Studie von Hodson (1998). Demnach w~ire der Zusammenhang zwischen Stolz und OCB sogar st~irker ausgepr~igt als der zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und OCB. 3.2.2

Geringere Fehlzeiten und Fluktuation

Neben der Job Performance interessieren als weitere Verhaltensgr613en im organisatorischen Kontext iablicherweise die Fehlzeiten und Fluktuationsrate. Diese beiden GrSl3en werden determiniert von dem Commitment des Kundenkontaktpersonals (siehe auch Abschnitt 3.1.3) und der damit einhergehenden Mitarbeiterbindung, die ihrerseits vom Stolz der Mitarbeiter abh/angen. Demzufolge kann es bei einem h6heren Stolzempfinden zu geringeren Fehlzeiten (Frese 1990, S. 287) und einer niedrigeren Fluktuationsrate kommen. Dieser Wirkeffekt wird z.B. vom Sarasota Memorial Hospital berichtet: So h~itte das Sarasota Memorial Hospital durch die F6rderung des Mitarbeiterstolzes die Fluktuation erheblich senken kSnnen (Halls 2004, S. 7).

3.3

Qualit~it der Serviceleistungen

Wie gezeigt, f6rdert Stolz die Erbringung von Qualit~itsarbeit und damit die Erstellung von qualitativ hochwertigen Dienstleistungen (Brehm 2001, S. 208; Frese 1990, S. 287). In diesem Kontext geht es aber nicht nur um wissensinten10 Ztl einer kritischen Auseinandersetzungsiehe z.B. Schmitz(2004, S. 19-21).

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sive Dienstleistungen, sondem insbesondere auch um so genannte ,,einfache" Dienstleistungen, wie Geb/~udereinigung. Gerade bei diesen einfachen Dienstleistungen, bei denen eine Motivation tiber monet/~re Anreize nicht oder nur in geringem MaBe m6glich ist, spielt Stolz eine wichtige Rolle, um dennoch die erforderliche Leistungsqualit/~t gew/~hrleisten zu k6nnen (Will 1996). Auch bei diesen ,,einfachen" Dienstleistungen sind die Mitarbeiter letztlich gefordert, eine produktive und qualitativ einwandfreie Leistung zu erbringen.

3.4

Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

Die positiven Wirkeffekte auf das Engagement und die Arbeitsleistung des Kundenkontaktpersonals k6nnen sich ihrerseits wiederum auf die Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auswirken. So berichtet z.B. das Spartanburg Regional Healthcare System (SRHS), dass sie durch deren so genanntes PRIDE- (,,Professional Recognition in the Development of Nursing Excellence"-) Programm Patientenzufriedenheitswerte erzielten, die s/~mtliche Vergangenheitswerte tibertroffen h/~tten (Robitaille/Whelchel 2005). Auch die amerikanische Hotelkette ,,Red Lion Hotels & Inns" berichtet, dass sie durch den Stolz der Mitarbeiter im Kundenkontakt die Kundenzufriedenheit erh6hen konnten (o.V. 1993).

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Negative Effekte des Stolzes von Kundenkontaktmitarbeitern

Stolz ~hrt jedoch nicht immer nur zu positiven Effekten, sondem kann auch gleichermaBen mit negativen Effekten einhergehen. Da das Empfinden von Stolz als Arbeitsemotion generell auf beruflichen Erfolgserlebnissen beruht, kann z.B. Neid unter den Kollegen entstehen (Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 386). Ein tiberzogener Organisationsstolz kann daneben zu einer gewissen Tr/~gheit und Lethargie im Untemehmen ftihren. GleichermaBen kann es zu einem Ubertreiben der St/irken fiihren. Bruch/B6hm (2006, S. 178f.) nennen in diesem Kontext das Beispiel der Nobelmarke Bang&Olufsen B&O. Hier fiihrte der starke Stolz auf die untemehmensintemen Werte der Technologie- und Designorientierung dazu, dass man am Markt vorbeiproduzierte. So wurde das erste ,,quadrophone" Musiksystem der Welt (,,Beosystem 6000") entwickelt (100 Millionen D/~nische Kronen Entwicklungskosten), aber nie auf den Markt gebracht, da es keine quadrophonen Schallplatten gab. Wichtig ist zudem, dass eine Ausgewogenheit der verschiedenen Stolzkomponenten existiert. Problematisch kann ein ausgepr~igter Stolz sein, wenn er sich auf eine Organisationseinheit oder Berufsgruppe beschr/~nkt. Falls der Stolz auf die eigene Berufsgruppe st/~rker ausgepr/igt ist als der Stolz auf das Untemehmen, verlieren die Zielsetzungen und Anforderungen des Untemehmens an

Effekte des Stolzesvon Mitarbeiternim Kundenkontakt

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Bedeutung (Bruch/B6hm 2006, S. 175f.). Mitarbeiter verfolgen in diesem Falle zunehmend Partikularinteressen und handeln nicht im Sinne des Gesamtunternehmens (Bmch/B6hm 2006, S. 176). Des Weiteren ist auf die negativen Effekte hinzuweisen, die aufgrund eines tiberzogenen Stolzes als negativ zu wertendes Pers6nlichkeitsmerkmal aufkommen (Tangney 2002, S. 203). Diese Unterscheidung von positivem versus negativem Stolz (siehe zu dieser Unterscheidung auch Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 387) l~isst sich anhand folgender Erlgutemngen und Einsch~itzungen verdeutlichen: Beim positiven Stolz ist der Mitarbeiter stolz auf seine vollbrachte Leistung gem~i6 der Einsch~itzung: ,,Meine Leistung ist toll." Beim negativen Stolz (Hybris) schreibt der Mitarbeiter seine Erfolge nicht seiner jeweiligen Leistung zu, sondern vielmehr dem ,,global self'' (Lewis 2000, S. 630), also der eigenen Person als solcher. Dies kommt in der Haltung ,,Ich bin toll!" zum Ausdruck. Somit geht Hybris mit Hochmut, Eitelkeit, Selbstgef~illigkeit und Einbildung einher (Brehm 2001, S. 208; Lea/Webley 1997, S. 328). Hybris, als ein Eigenschafts- bzw. Pers6nlichkeitsmerkmal (,,trait"; Frese 1990, S. 289), wird als ein Geftihl der Superiorit~it tiber einen l~ingeren Zeitraum empfunden. Das Problem an diesem- h~iufig mit Arroganz gleichgesetzten- Pers/Snlichkeitsmerkmal ist nicht nur in dessen gesellschaftlicher Ablehnung zu sehen (siehe fiir viele Lewis 2000, S. 629f.; Tangney 1999, S. 559), sondern kommt in den hiermit verbundenen negativen Auswirkungen zum Tragen. So vermag Hybris bei Mitarbeitern z.B. zu einem egoistischen Verhalten ftihren. Dieses Verhalten kann sich wiederum in einem gesunkenen sozialen Kapital und in einer letztlich schlechteren Arbeitsleistung niederschlagen (Verbeke/Belschak/Bagozzi 2004, S. 386). Ans~itze

zur F@rderung

des Stolzes

von Kundenkontaktmitarbeitern

Auf der unternehmerischen Ebene ist zun~ichst ein Bewusstsein beim Management zu schaffen, dass die Besch~iftigung mit dem Aspekt des Dienstleisterstolzes eine lohnende unternehmerische Investition darstellt. M/Schte ein Unternehmen den Stolz seiner Mitarbeiter im Kundenkontakt systematisch f6rdern, so muss es als Erstes wissen, worauf die Mitarbeiter tiberhaupt stolz, wie sehr diese stolz und was stolzhemmende Faktoren sind. Daher bietet sich die Durchfiihrung einer explorativ angelegten Studie an, um ein Geftihl ftir den Status quo und die relevanten Stolzaspekte zu erhalten (siehe auch Gouthier/Walter 2006). Diese kann aber nur der erste Schritt zu einer systematischen und kontinuierli, chen Messung des Stolzes sein. Eine derartige Erhebung l~isst sich allerdings zumeist vergleichsweise einfach realisieren, da die ohnehin bei den meisten

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Unternehmen bereits vorhandene Mitarbeiterbefragung lediglich um den Aspekt des Stolzes erweitert werden muss. Eine wichtige Voraussetzung zur Schaffung von Leistungsstolz setzt ferner an einer besseren Beurteilung des Erfolgs der Dienstleistungsarbeit an. Als ein Manko sind in diesem Kontext die unterentwickelten Bewertungsans~itze far Dienstleistungst~tigkeiten zu bezeichnen. So gilt es far den Dienstleistungsbereich, spezifische Qualit~itsmal3st~ibe und Produktivit~itsmaSe zu entwickeln, einzusetzen und aufeinander abzustimmen. Damit einhergehend ist auch fiir eine Klarheit der Rollen und Funktionen des Mitarbeiters zu sorgen (Katzenbach 2003b, S. 36). Der Mitarbeiter sollte wissen, worauf es bei seiner Arbeit ankommt. Wenn dieser die erfolgskritischen Gr/513en kennt, kann er auch gezielt darauf hinarbeiten, was eine Voraussetzung far die Erreichung einer erfolgreichen Leistung und damit die Voraussetzung far die Schaffung von Stolz bildet (siehe ~ihnlich Gunter/Furnham 1996, S. 201). Dementsprechend ist es von Vorteil, wenn den Mitarbeitern im Kundenkontakt klare Leistungsziele gesetzt werden (o.V. 2002). Dabei zeigt sich in der Praxis, dass Excellence-Ziele gesetzt werden sollten, die den Mitarbeiter fordern, aber in deren Realisierung nicht tiberfordem (Gunter/Furnham 1996, S. 201; Robitaille/Whelchel 2005; Will 1996). Dieser Appell l~sst sich anhand der Attributionstheorie folgendermaf3en erkl~iren: W~ihrend Erfolge bei einer Aufgabe mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit bevorzugt mit dem externalen Ursachenfaktor Aufgabenleichtigkeit begrtindet und Erfolge bei einer Aufgabe mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit auf den externalen Ursachenfaktor Zufall zurtickgefiihrt werden, erkl~irt man das Handlungsergebnis bei Aufgaben im mittleren Erfolgserwartungsbereich am ehesten mit den internalen Ursachenfaktoren Anstrengung und Kompetenz. Entsprechend ist bei diesen Aufgaben der Stolz am st~irksten ausgepr~igt (Schtitzwohl 1991). Insgesamt rticken damit Aspekte wie Professionalisierung der Dienstleistungsarbeit, Information des Mitarbeiters fiber sein Arbeitsumfeld und tiber Arbeitsinhalte sowie spezifische Schulungen zur Interaktionskompetenz in den Fokus der Aufmerksamkeit (Arnett/Laverie/McLane 2002; Gunter/Furnham 1996, S. 201; Katzenbach 2003a; o.V. 2002; Will 1996). Dies sei an einem Beispiel kurz dargestellt: Um das Mitarbeiterverhalten zu ver~ndern, hat das Sarasota Memorial Hospital vier ,,Standards of Behavior" entwickelt. Einer der vier Standards lautet: ,,Practice professionalism and excellence with a teamcentered approach" (Halls 2004, S. 6f.). Stolz wird auch dann st~irker empfunden, wenn die eigene Leistung besser abschneidet als die des relevanten Vergleichspartners (siehe auch Kapitel 2.1). Folglich kann der Stolz gleichermal3en dadurch gef6rdert werden, dass die Leistungen innerhalb des Unternehmens transparent gemacht werden. Dann i s t zumindest innerhalb des Unternehmens - ein Vergleich m6glich, der Stolz f6rdert und die Kundenkontaktmitarbeiter anspornt. Dies war z.B. einer der zentra-

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len Ans~itze des Sarasota Memorial Hospital, um sich Ende der 1990er Jahre far den Wettbewerb fit zu machen (Halls 2004, S. 6). Um den Stolz des Kundenkontaktpersonals zu verbessem, k6nnte dartiber hinaus die Schaffung einer Anerkennungskultur im Untemehmen angestrebt werden. Zun~ichst ist hierbei an die Implementierung eines servicebezogenen Anerkennungssystems zu denken. Dabei gilt es gleichermal3en materielle wie nicht-materielle Anerkennungen zu integrieren. Zur materiellen Anerkennung lassen sich sowohl finanzielle Anerkennungen, z.B. basierend auf der Erreichung von Excellence-Zielen (Robitaille/Whelchel 2005) wie Kundenzufriedenheitsgr613en, rechnen als auch nicht-finanzielle Anerkennungen wie Seminarbesuche. Daneben sind nicht-materielle Anerkennungen, wie z.B. Auszeichnungen und Anerkennung in Mitarbeiterzeitschriften, zu implementieren. Erfolge sollten sichtbar gemacht, gefeiert und der Beitrag der Mitarbeiter hervorgehoben werden (Bruch/B6hm 2006, S. 182f.). Ein entsprechendes Anwendungsbeispiel findet sich auch wieder beim Sarasota Memorial Hospital. So wurde im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung ermittelt, dass zwar die Mitarbeiter des Krankenhauses den Eindruck hatten, dass ihre Meinungen und Mitwirkung zur Verbesserung der Services gefragt waren, ihre Leistungen aber nicht anerkannt wurden. Daher wurde ein Personalanerkennungsprogramm mit dem Motto ,,Taking Pride in Service Excellence" ins Leben gerufen. Patienten und Mitarbeiter k6nnen so genannte ,,Stargrams" an Mitarbeiter vergeben, ,,who go the extra mile to satisfy a customer" (Halls 2004, S. 7). Diese Stargrams k6nnen wiederum in ,,Take Pride"-Punkte umgewechselt werden, die man dann einl6sen kann. So erhalten die Mitarbeiter beispielsweise hierfar Arbeitskleidung wie Kittel, Tassen etc., die mit dem ,,Take Pride"-Logo versehen sind. Neben der individuellen Anerkennung werden gleichermagen die Teams bei Erreichung der Ziele belohnt. So erhalten Teams mit besonders guten Patientenzufriedenheitswerten eine Auszeichnung, Essensgutscheine, Dankbriefe u.a. (Halls 2004, S.7). Solch ein organisationsweites Anerkennungssystem ist zwar wichtig, generell l~isst sich jedoch konstatieren, dass die individuelle Anerkennung durch die jeweilige Ftihrungskraft und auch durch die Kunden von den Mitarbeitern als wichtiger eingestuft werden (Gouthier/Walter 2006; Grandey/Tam/Brauburger 2002, u.a.S. 31). Gerade der durch die Fiahrungskr~ifte entgegengebrachte Respekt, den Mitarbeiter wahrnehmen, spielt fiar diese eine wichtige Rolle (siehe auch Byrne 2003). Daneben ist ein Managementsystem zur Stimulierung und internen Nutzung von Kundenlob zu etablieren. So ist zungchst einmal den Kunden tiberhaupt die M6glichkeit zu geben, ihre besondere Zufriedenheit bzw. Begeisterung m6glichst einfach gegentiber dem Unternehmen zu artikulieren. Ein Instrument, was von Unternehmen schon vergleichsweise h~iufig eingesetzt wird, sind InternetFeedback-Formulare. Hier haben Kunden die M6glichkeit, mit Informationen,

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Anregungen, Beschwerden und eben auch Lob an das Unternehmen heranzutreten. Eine systematische Stimulierung des Kundenlobs findet bislang in der Praxis zumeist nicht statt. Die n~ichst gr6Bere Herausforderung ist sodann in der Bearbeitung, Reaktion, Auswertung und insbesondere intemen Weiterleitung an die relevanten Bezugspersonen, wie z.B. an den adressierten Mitarbeiter, dessen Ftihrungskraft und die Personalabteilung, und der entsprechenden internen Anerkennung zu sehen. Hier schlummert noch ein immenses Verbesserungspotenzial. SchlieBlich bieten sich insbesondere nach grundlegenden Ver~inderungen wie einem Strategiewechsel oder einer Neuausrichtung spezielle TeambuildingMagnahmen an, um den Stolz der Mitarbeiter im Kundenkontakt zu st~irken. So ist auf die Schaffung eines ,,Wir-Geffihls" und damit einer einheitlichen Identit~it nach innen (Bruch/B6hm 2006, S. 171) und eines Wiedererkennungseffekts nach auBen durch ein einheitliches Corporate Design (z.B. Logo, Slogan, Kleidung) zu achten. Zudem k6nnen mittels Kommunikationspolitik die organisationalen Besonderheiten eines Untemehmens hervorgehoben werden, auf die die Mitarbeiter besonders stolz sind. So kann z.B. ein Scheckkarten groBer, so genannter ,,Pride-Reminder" entwickelt werden, der die Mitarbeiter an die unternehmensspezifischen Stolzquellen erinnert (Gouthier/Walter 2006). 6

Zusammenfassung und Ausblick

Wie in dem vorliegenden Beitrag gezeigt wurde, entfaltet das Empfinden von Stolz bei den Kundenkontaktmitarbeitem eine Vielzahl von positiven Effekten, wenngleich auch negative Effekte eintreten k6nnen. Nichtsdestotrotz ist es ftir Unternehmen fiberlegenswert, Stolz als neue Zielgr6Be in das Zielsystem des Personalmanagements zu integrieren und MaBnahmen zu deren F6rderung zu implementieren. Aber auch aus wissenschaftlicher S icht scheint es lohnenswert, sich noch n~iher mit dem Konstrukt des Stolzes auseinander zu setzen. So l~isst sich z.B. die Hypothese aufstellen, dass das Konstrukt des Stolzes ein verl~isslicherer Indikator ftir Outperformance bezogene Einstellungen, wie z.B. Commitment to Customer Service, und Verhaltensweisen, wie z.B. OCB, darstellt als das Konstrukt der Mitarbeiterzufriedenheit. Hierauf deutet auch die ethnographische Studie von Hodson (1998) hin. Demnach bestehe ein gleich starker bzw. evtl. ein noch stgrkerer Zusammenhang zwischen Stolz und dem OCB als dieser bei der Beziehung zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und OCB feststellbar ist. Hier sind allerdings weitere Forschungsbemtihungen zu fordem.

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Parameter Estimation in the Pareto/NBD Model

Markus Wiibben, University of Dortmund Florian v. Wangenheim, University of Dortmund

I n t r o d u c t i o n .................................................................................... 80 2 2.1 2.2

T h e P a r e t o / N B D M o d e l .................................................................. 81 M o d e l A s s u m p t i o n s and Properties ................................................ 81 P a r a m e t e r E s t i m a t i o n in the N B D / P a r e t o M o d e l ........................... 83

3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

E s t i m a t i o n M e t h o d s for the N B D / P a r e t o M o d e l ............................ M a x i m u m L i k e l i h o o d E s t i m a t i o n in the N B D / P a r e t o M o d e l ......... T w o - S t e p E s t i m a t i o n in the N B D / P a r e t o M o d e l ........... . ................ I n t r o d u c t i o n to the T w o - S t e p E s t i m a t i o n M e t h o d o l o g y ................. P r o b l e m s o f the T w o - S t e p E s t i m a t i o n M e t h o d o l o g y ..................... A n E n h a n c e m e n t to the T w o - S t e p E s t i m a t i o n M e t h o d o l o g y .........

84 84 86 86 88 93

C o n c l u s i o n ...................................................................................... 96 R e f e r e n c e s ..................................................................................................... 98

80

1

Markus Wtibben/Florian von Wangenheim

Introduction

Consider the case of a buyer-seller relationship in which neither the length nor the usage or monetary volume is contractually fixed, i.e. aviation services, hotels, retail outlets. In this non-contractual setting (Reinartz/Kumar 2000), it is especially challenging to forecast if a customer will repurchase at a company and if so how many transactions a customer will conduct with the supplier in the future. A customer may have moved to another city, may have been disenchanted with the purchased product and may have switched the provider or may for any other reason not need the supplier's service anymore. The complexity of the problem stems from the fact that a company is generally not notified when a customer stops purchasing from it. Knowing whether and if so, how intensively a customer continues to purchase from the supplier is fundamental information for successful and reliable computation of e.g. CLV and customer equity. It may as well act as information for reactivation of lost customers and more importantly for preventing imminent customer dropouts. The Pareto/NBD model (Schmittlein/Morrison/Colombo 1987) is considered the state-of-the-art stochastic model for customer base analysis in noncontractual settings. The model is attractive for the fact that it yields (among other) a repurchase probability as well as a transaction forecast for each individual in the customer base. Its application has been recommended on a largescale (Balasubramanian/Gupta/Kamakura/Wedel 1998, Kamakura/Mela 2004, Jain/Singh 2002, Rust/Chung 2005) but only few researchers followed up on Schmittlein, Morrison and Colombo's seminal work in terms of a successful implementation, application and extension of the model. Prominent exceptions are the work of Reinartz and Kumar (Reinartz/Kumar 2000, 2003) and Kraffi (Krafft 2002). This circumstance may be ascribed to the computational and implementational complexity of the Pareto/NBD model. On the one hand side does the implementation of the model bear many pitfalls, i.e. division-by-zero problems due to rounding errors or general overflows due to very large powers. In fact, the implementational and computational complexity of the Pareto/NBD model led Fader, Hardie and Lee to develop the BG/NBD model (Fader/Hardie/Lee 2005a). 1 On the other hand side does the literature lack a consensus about which of the proposed parameter estimation methods to use in order to generate the model parameters. For example, Reinartz and Kumar (Reinartz/Kumar 2000) and Krafft (Krafft 2002) use a method-of-moments apThe BG/NBD model emerges through a slight modification of the Pareto/NBD assumptions which makes it much easier to implement and compute. Unfortunately, the BG/NBD lacks some of the desirable features of the Pareto/NBD model. Therefore, we restrain to presenting the Pareto/NBD model.

Parameter Estimationin the Pareto/NBDModel

81

proach. In Reinartz/Kumar (2003), Reinartz and Kumar use a Maximum Likelihood approach to estimate the model parameters. There, Reinartz and Kumar report that "a key finding from the parameter estimation is that the method-ofmoments and MLE yield similar results" (Reinartz/Kumar, 2003, p. 84). In contrast, Fader, Hardie and Lee find that the method-of-moments approach "does not have the desirable statistical properties commonly associated with MLE" (Fader/Hardie/Lee 2005a, p. 276). The goal of this work is to give an in-depth analysis of the available parameter estimation methods in the Pareto/NBD model including their advantages and disadvantages. Building on this, we give recommendations which methods to use and which to refrain from. First, in section 2, the Pareto/NBD model and its possible estimation methodologies are introduced. Then, in section 3, two promising estimation methods, namely the Maximum Likelihood and the TwoEstimation methodology, are extensively analyzed resulting in a usage recommendation. Finally, in section 4, we wrap up our analysis with a conclusion on the results of this work.

2

The Pareto/NBD Model

2.1

Model Assumptions and Properties

The Pareto/NBD model builds upon the assumption that purchases follow

Ehrenberg's NBD model (Ehrenberg 1988) while dropout events follow a Pareto distribution of the second kind. More precisely, the Pareto/NBD model assumptions are: Individual Customer

Poisson Purchases: While active, each customer makes purchases according to a Poisson process with purchase-rate )~. .

Exponential Lifetime: Each customer remains active for a lifetime which has an exponentially distributed duration with dropout-rate ~t.

82

Markus Wt~bben/Florianvon Wangenheim

Heterogeneity Across Customers

Individuals' Purchase-Rates Distributed Gamma: The purchasing rate for the different customers is distributed gamma across the population of customers. .

Individuals' Dropout-rates Distributed Gamma." The customers' dropout-rates ~t are distributed gamma across the population of customers.

.

Rates 2 And l~ Are Independent: The purchasing rates ~ and the dropout-rates ~t are distributed independently of each other.

The model solely operates on customers' past purchase behavior. More precisely, the model operates on each customer's purchase pattern (X=x,t,T), where the customer made X=x purchases in time window (0,T] with her last transaction conducted at time t. Among other, the Pareto/NBD model yields the following information:

P[Active[X--x,t,T], the probability that a random customer with purchase pattern (X=x,t,T) (whose individual purchase-rate and dropout-rate may be unknown) is active at some point of time T. (Equation (11),(12),(13) in Schmittlein, Morrison, and Colombo (1987))

E[X*IX=x,t,T,T*], the expected number of transactions X* of a random customer with purchase pattern (X=x,t,T) (and unknown individual purchase-rate and dropout-rate) in a time-frame (T,T+T*]. (Equation (22) in Schmittlein, Morrison, and Colombo (1987)) Two more equations will be of interest in this paper. Let (r,a) be the shape and scale parameters of the purchase-rate gamma distribution, (s,fl) be the shape and scale parameters of the dropout-rate gamma distribution and let T be the length of an arbitrary time window, then the expected number of purchases X for a random customer in time window (0, T] is:

E[X]r,a,s,b,T]=a~_l)

1- f l + T

(1)

The variance in the number of transactions X for a period of length T is:

Parameter Estimationin the Pareto/NBDModel

83

Var[X l r, c~,s,13,T] = E [ X l r, a , s , b , T ] - ( E [ X l r, a,s,b,T]) 2

(2) + ot2(s-1) Z2

s-2

s-2

13+T

13+T

Parameter Estimation in the NBD/Pareto Model

The Pareto/NBD model needs to be calibrated on the customer base it is applied to. Schmittlein, Morrison and Colombo (Schmittlein/Morrison/Colombo 1987) proposed various estimation methods for the Pareto/NBD model. These include Maximum Likelihood Estimation (MLE), fitting observed moments and estimation using management judgments. Nevertheless, Schmittlein, Morrison and Colombo did not apply any of the proposed methods but used estimates from earlier work of Schmittlein and Morrison (Schmittlein/Morrison, 1981). Not until the work of Schmittlein and Peterson (Schmittlein/Peterson 1994) has the problem of parameter estimation within the Pareto/NBD model been readdressed. They proposed an alternative to the Maximum Likelihood and threestep-method-of-moment approach called Two-Step Estimation. They did so because they identified the MLE to be computational unfeasible (it involves multiple evaluations of Gaussian Hypergeometric function) and expected unreliable results from the three-step-method-of-moments approach: "That approach relies on the ratio of values for equation [...] for time periods of different length. [...] and in our experience these ratios for different (7"1,7"2) values are too unstable to provide reliable parameter estimates" (Schmittlein/Peterson 1994, p. 48). Even though the Two-Step methodology lacks some of the statistical properties which, for example, Maximum Likelihood estimators have, they figured that the trade-offbetween performance-gain and loss of parametric quality is feasible. Since then, the two competing estimation approaches in the literature are the Two-Step methodology and the Maximum Likelihood Estimation. For example, Reinartz and Kumar (Reinartz/Kumar 2003) and Fader, Hardie and Lee (Fader/Hardie/Lee 2005a) employed Maximum Likelihood Estimation and comment on the implementational and computational burden of the approach. This implementational and computational burden might be the reason why in other (prior) studies (Reinartz/Kumar 2000, Krafft 2002) the Two-Step Estimation methodology was the method of choice for estimating the Pareto/NBD model parameters. The next section gives an in-depth analysis of both approaches and identifies their advantages and disadvantages. It will be shown that the Maximum Likeli-

84

Markus Wtibben/Florian von Wangenheim

hood Estimation is the only reliable and valid estimation methodology in the Pareto/NBD model.

3 3.1

Estimation Methods for the NBD/Pareto Model M a x i m u m Likelihood Estimation in the N B D / P a r e t o M o d e l

Given a random sample of customers of size M, where element i represents customer i with Xi=xi purchases in a period (0, TJ with last transaction time ti, then the four model parameters (r,a,s,fl) can be chosen to maximize the likelihood of seeing the observed data {Xi=xi, ti, Tili=l ..... M}. This likelihood is:

/4r, a, ~, j3)= 1-I P i=1

=

x~,t~,r,.lr,a,~,j3

(3)

The probabilities on the right are given by the sum of equation (4) and (5).

(4)

(5)

Equation (4) can be simplified to A = t x-1

(1,r

.[3s

r ( F "4rX )

(6)

(~ + T) r+s (o[3 + T ) s r ( r ) r ( x )

while equation (5) can be rewritten as B--V1-V2

(7)

I'0

~

-~

t.~

+

+

~++

~

I

~_+

~,]

+

""1

I1

"nn

II

i,,~0

>

+

+

~

+

+

+

9'~

+

..-I-

-t-

+

+

m

+

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+

+ ,...,

~

+

-I-

'"I

_'n

~

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-I-

m

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II

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".,1

A

~

+

+

+

+

+

t,o

J

+

+

~

+

~,

II

~

-

,'.*

+

~

+

+

+

+

+

+

~

~

~

+

+

"N

9

-.7-

II

+

i

%

V

O

A

v

o

O0

o

n~

o

rn

86

Markus Wabben/Florianvon Wangenheim

where 2Fl(a,b;c,z) represents the Gaussian Hypergeometric Function (Abramowitz 1972). Equation (14) shows the Pareto/NBD Log Likelihood function.

log L (r, ot, s, fl) = (14) i=1

log ix_ 1 ( S + T i ) r+s (fl+Ti) s r ( < ) r ( ~ / )

V1 and I12 depend on whether afl or a=fl as shown above. See Schmittlein/Morrison/Colombo (1987) for a detailed derivation of the above formulas. Schmittlein, Morrison and Colombo remark that a functional form of the Maximum Likelihood Estimator cannot be found and thus numerical optimization has to be deployed. The problem with numerical optimization of the likelihood function is that the evaluation of the Gaussian Hypergeometric function is computationally demanding. Lozier and Olver (Lozier/Olver 1995) remark that various algorithms have problems optimizing this function. Fortunately, recent advances in available computation power and scientific computing environments now make Maximum Likelihood Estimation computationally feasible. In fact, there now exists a MATLAB | implementation of the Pareto/NBD model freely available for public in Fader/Hardie/Lee (2005b). There also is a Mathematica | implementation available upon request from the authors of this work.

3.2

Two-Step Estimation in the NBD/Pareto Model

3.2.1

Introduction to the Two-Step Estimation Methodology

The Two-Step Estimation methodology as proposed by Schmittlein and Peterson (Schmittlein/Peterson 1994) is in fact a two-step method of moments approach. The first step tries to extract as much information as possible out of the first moment since lower-order moments usually have better sampling properties. More precisely, parameter values are chosen to best fit the observed number of purchases in a period of time T by equation (1). Doing so, a prediction for the number of purchases and an observed number of purchases for each T in {1,2 ..... TM} is gained. The parameter estimates are sensible to the choice of TM and the sample size. Schmittlein and Peterson suggest to use at least 12 months

87

Parameter Estimation in the Pareto/NBD Model

of reorders and 1,600 sample customers and then as much additional space/time as computationally feasible. By minimizing the sum of the squared discrepancies of expected number of purchases and observed number of purchases over T an estimate for three out of four model parameters is obtained, since equation (1) depends only on (r/a,s, fl). The fourth parameter is estimated in the second step by fitting a second moment, the variance in purchases given by equation (2). The observed variance and the predicted variance for each T in {1,2..... TM} is equated and thus, a separate ~r is obtained for each T. These estimates are averaged over TM to obtain &. Since r/ot is computed in the first step, ? can easily be derived. A customer can of course only be included in the estimation procedure if she has been in the customer base for at least TM months. The estimation procedure can be summarized as:

Step 1: Choose TM. For all customers making an initial purchase at least TM months ago, choose (r/a,s, fl) to minimize 2

(15) T=I

where Xr (XM) is the average number of transactions across the sample of customers in the time interval (0,7].

Step 2: Using step 1 estimates r/~"~ ,s ~, choose &, to equate Var[X]r,a,s, fl] with Var[Xr (T~)] for T in {1,2..... TM}, where Var[Xv (T~)] is the variance in the number of purchases per customer in the time interval (0,7] across the same individuals as in step 1.

Vat [XI

(,M)]

(16)

Average the fir estimates to obtain c~ (and hence ? ):

a

(17) TM T=I

88

Markus Wiabben/Florianvon Wangenheim

?=&.r/a 3.2.2

(18)

Problems of the Two-Step Estimation Methodology

In this section, it will be shown that the Two-Step Estimation methodology in its initial version does not work reliably in all cases. In fact, a counter-example will be constructed which will disclose the problem. Then, in section 3.2.3 a slightly modified version of the Two-Step Estimation methodology as used by Kraffi (Krafft 2002) that works reliably will be introduced. Assume, a company had 16 customers. 15 of these are homogeneous in the sense that these customers buy at a constant purchase-rate of 2 purchases a month for a continuous time frame of 30 months. The 16th customer is different. She purchases absolutely irregularly. Table 1 shows this customer base.

Table 1." Quasi-homogeneous Customer Database CI

C2

C3

C4

C5

C6

C7

T1

2

2

2

2

2

2

2

T2

4

4

4

4

4

4

4

T3

6

6

6

6

6

6

6

T4

8

8

8

8

8

8

8

...

7'5

10

10

10

10

10

10

10

T6

12

12

12

12

12

12

T7

14

14

14

14

14

T8

16

16

16

16

T9

18

18

18

TlO

20

20

Tll

22

22

T12

24

24

.

.

.

.

.

.

.

.

.

...

C15

C16

2

1

4

1

6

1

8

1

...

10

1

12

...

12

1

14

14

...

14

1

16

16

16

...

16

1

18

18

18

18

...

18

5

20

20

20

20

20

...

20

10

22

22

22

22

22

...

22

10

24

24

24

24

24

...

24

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

. . . . . ... . . . . .

.

.

.

.

.

.

.

10 .

.

.

T29

58

58

58

58

58

58

58

...

58

45

T3o

60

60

60

60

60

60

60

...

60

50

When the Two-Step Estimation algorithm is run on this data, the first step performs well, giving the following estimates: r / a = 1.94705 = 1.0699515552204817-10 -9 /~ = 1.88497

P a r a m e t e r E s t i m a t i o n in t h e P a r e t o / N B D

89

Model

Since r~ c~ represents the mean purchase-rate across all customers, 1.94705 appears to be an excellent result for the synthetic customer base with 15 out of 16 customers buying at a constant rate of 2 purchases per month for a continuous time frame of 30 months. The mean dropout-rate, which is computed as / ~ , is 5.676217271454088.10 -l~ This means that a random customer is expected to keep purchasing at the company for 1.7617366499147909.109 months which is approximately 1.46 million years. In other words - the customer is ultimately loyal and will not leave the firm until she is dead. The model may very well assume ultimate loyalty for a random customer due to the constant purchase-rate of almost all but one customer. The second step is failing for the example though. As the observed variance in purchases is tried to be equated with the predicted variance, negative &r estimates are computed, that sum up to a negative value. This in turn results in a negative averaged & estimate. Table 2 shows the computed &T values and the corresponding variances Vv. Table 2." & estimates and the corresponding variances &1-6q0 V~-V~0

Cql -&20

v,, - V20 ^

-1.033 0.0625

-2.337 0.5625

-4.095 1.5625

-6.592 3.0625

-10.41 5.0625

-17.01 7.5625

-31.10 10.562

-82.31 14.062

-22.65 10.562

-14.72 6.25

-18.97 9

-25.22 12.25

-29.25 14.06

-33.89 16

-39.3! 18.06

-45.71 20.25

-53.40 22.56

-62.78 25

-74.52 27.56

-89.61 30.25

-109.7 33.06

-249.7 39.06

-41.98 20.25

-46.40 22.56

-57.63 27.56

-64.60 30.25

-47.30 22.56

-39.63 16

-35.67 10.56

-33.59 6.25

^

ct21 - ~ ~ 1 - ~0

1

3o

The averaged sum of the ~ estimates listed above is - ~ . ~

oti=-46.3783

.

This is

i=1

clearly an invalid & estimate as & needs to be positive. The problem becomes evident when looking at the predicted variance in transactions given by equation (19). Since r/c~=1.94705 ~

r=ot 91.94705, r is replaced by a . 1.94705. g and

estimates are also applied to the formula, resulting in:

90

Markus Wtibben/Florianvon Wangenheim

Var[X l a" 1.94705,a,1.0699515552204817.109,1.88497,T] = 2

-3.67013+

(1/

1.94705

-13.4699

1- 05~0~.~12 a

2

/

(1/

0.530512. T

0.265256

-0.942485 +

(19)

k

1188- +r

1.88497 + T

-7.34026

l

' ) 1.88497 + T

(1 + 1.94705a)

1.88497 + T

Now, consider the limits of the variance in the number of transactions as c~ ~ 0 shown in equation (20) and as a --~ oo shown in equation (21). lim Var[X [ a . 1.94705, a , 1.06995155 52204817.10

-9 ,

1.88497, T] =

ot---~0

(6.91809 + 3.8941T(1.88497 + T) ~176176

(20)

- 1.94705(1.88497 + T) 1"9999999989300485)"

lim Var[X I a . 1.94705, a , 1.0699515552204817.10

-9 ,

1.88497, T] =

~---~oc~

-3.67013 + 16.2389(1.88497 + T) 0"9999999989300484 +7.58201. T(1.88497 + T ) 0"9999999989300484

(21)

-3.791(1.88497 + T) 199999999786~176 -3.791(1.88497 + T) 1"99999999893~176 Equation (20) shows that the limit of variance in the number of transactions as c~ ~ 0 is a directed infinity and equation (21) shows that as a ~ oo there exists a certain limit in dependence of T. This fact will be used to show that the basic Two-Step Estimation methodology does not work reliably.

91

Parameter Estimation in the Pareto/NBD Model

Two make the limits more tangible, consider the case where T=I.

Var[X I a . 1.94705, a, 1.0699515552204817-10 -1.84395+

-9 ,

1.88497,1] --

1.94705" (1 + 1.94705-a)

(22)

a

Note, that now equation (22) depends only on a. The plot of this equation, given by Figure 1, shows that there exists a positive infinity as a ~ 0 and a certain threshold as a - ~ oo beneath which the expected variance in the number of transactions will not go no matter how large a becomes.

Figure 1: Variance in dependence of a for T=I with r/a=l.94705, s=1.0699.10 -9 and fl=l.88497

More precisely, lim Var[XI or. 1.94705,ot, 1.0699515552204817.10-9,1.88497,1]=oo

(23)

ot---~0

and lim Var[X or-1.94705,ot,1.0699515552204817.10-9,1.88497,1] = Ot---~oo

1.94705

(24)

92

Markus Wtibben/Florianvon Wangenheim

In this case, where T=I, the expected variance in the number of transactions will never go below 1.94705, no matter how a is set. It happens to be that this positive limit for the expected variance in the number of transactions as a ~ oo does not only exist for T= 1 but also for other 7's as Figure 2 shows. Figure 2: Limit o f the expected variance in transactions as c~ -~ ~ in dependence o f time T

Going back to the initial problem of trying to estimate the model parameters for our quasi-homogeneous customer base, it can now be seen, why there exist negative a estimates in Table 2. Looking at the observed variance in the number of transactions at time T = 1, the value 0.0625 is clearly below the limit of 1.94705. Now, only a negative a can equate the expected variance in the number of transactions and the observed variance in the number of transactions. In case T = 1 and V1 = 0.0625, this value is a = -1.03316. Each entry in Table 2 that contains a negative a estimate suffers from the same problem that the value for T=I suffers f r o m - only a negative estimate can equate the expected variance in the number of transactions and the observed variance in the number of transactions. As it happened in this example, there may be negative a estimates for many of the Vi that make the sum (and the average) over the a estimates negative resulting in an invalid negative a parameter estimate. But problems may arise more subtly than this obviously invalid 0t estimate. Imagine the case where a mixture of positive and negative a estimates for the observed V/

Parameter Estimation in the Pareto/NBDModel

93

were generated that sum up and average to a positive value. Since the negative alpha estimates may heavily influence the value of the sum and the average of all estimates, the averaged a estimate is expected to be highly biased. In order to avoid these problems, a modified version of the Two-Step methodology is introduced in the next section.

3.2.3

An Enhancement to the Two-Step Estimation Methodology

3.2.3.1

Enhanced Two-Step Estimation

The following modification to the Two-Step estimation methodology as used by

Kraffi (Krafft 2002) is simple but effective. The possible problems outlined in the previous section where caused by the fact that an ai value was searched for that equates the observed variance in the number of transaction V~with the expected variance in the number of transactions Var[Nr, a,s, fl, Ti]. Now, instead of trying to equate the expected variance in the number of transaction with the observed variance, it is searched for an a value that minimizes the squared discrepancies between the expected and observed variances. This approach equals step 1 where exactly this was conducted on the expected number of transactions and the observed number of transactions More precisely, for all customers making an initial purchase at least TM months ago, choose ct under the constraint a> 0 to minimize

~f' (Var[X [Gt. ~ ,

ct,~,~,T]- Var[Xr(XM)]) 2

(25)

T=I

where Var[Xr(X M)] is the observed variance in the number of transactions at time T. Applying this version of the Two-Step methodology to the synthetic customer base from the previous section results in a reasonable r and a estimate which are shown in Table 3.

94

Markus Wtibben/Florian von Wangenheim

Table 3: Results of the modified Two-Step Estimation methodology r = a = s= fl =

14.470405655705143 7.431964895534599 1.0699515552204817.10 -9 1.8849728684652518 Mean Purchase-RaW (r/a) = 1.94705 Mean Dropou>raW (s/fl) = 5.676217271454088.10 -l~

The according density functions (pdf and cdf) of the purchase-rate g a m m a distribution are shown in Figure 3 and Figure 4.

Figure 3: PDF result curve of the Two-Step Estimation methodology

The result shows that the modified version could be proposed as an altemative to the initial version. From now on this modified version o f the Two-Step Estimation method will be called Enhanced Two-Step Estimation while the original version will be called Two-Step Estimation or Traditional-Two-Step Estimation.

Parameter Estimationin the Pareto/NBDModel

95

Figure 4: CDF result curve of the Two-Step Estimation methodology

3.2.3.2

Bounded and Unbounded Enhanced Two-Step Estimation

Kraffi not only introduced what in this work is called Enhanced Two-Step Estimation. He also introduced another modification of the Two-Step Estimation. He imposed bounds on the parameter space such as for example an upper bound on the mean purchase-rate r/a in order ease the estimation process. From now on this version of the Enhanced Two-Step Estimation will be called Bounded Enhanced Two-Step Estimation, the unbounded version will be called Unbounded Enhanced Two-Step Estimation. The following shows that setting bounds is necessary to gain valid parameter estimates from the Enhanced TwoStep estimation. Reconsider equation (1). Let z=r/a, then equation (1) takes on the following form:

E [ Y l z, s,b,T] = z (s -1)

/3 + T

(26)

96

Markus Wtibben/Florianvon Wangenheim

Equation (26) can be split into two factors: 1.

z (mean purchase-rate r/a)

Now consider the limit of the second factor as 13approaches 0:

lim 0 I1 / /sll=0 ~-~o(s - 1)

[3 + T

(27)

The limit of this factor as fl approaches 0 is in fact 0 giving the optimization algorithm the chance to choose a very high mean purchase-rate z since it can balance the high z value with a low value of ft. This property of the optimization decouples z from its original semantic as being the mean purchase-rate. In fact, the authors have experienced exactly this phenomenon on some datasets when applying the Enhanced Two-Step Estimation without bounds. Applying bounds will prevent this phenomenon but it introduces another problem: The algorithm reduces to management judgment when using bounds since not only the data decides on the parameters but the user of the system does so as well. This way, the generated parameters are likely invalid. We therefore recommend refraining from the Two-Step Estimation. Neither the Two-Step methodology in its original form nor the Enhanced Two-Step version should be used for parameter estimation. Instead Maximum Likelihood Estimation should be used for reliable and valid parameter estimation in the Pareto/NBD model. 4

Conclusion

The Pareto/NBD is an attractive model for customer base analysis in noncontractual settings. Since its publication in 1987, it has generated much interest for its desirable model properties. Nevertheless, few researchers have published about successful implementation and estimation of the model. In this work, light was shed on the open question which estimation method to use for proper generation of model parameters. The Two-Step Estimation procedure previously used by some researchers, i.e.

Reinartz/Kumar (2000) and Krafft (2002), was identified to be unsuitable for reliable parameter estimation. Only the Maximum Likelihood Estimation procedure evolved as a reliable parameter estimation procedure.

Parameter Estimation in the Pareto/NBDModel

97

Fortunately, the computational complexity of the Maximum Likelihood Estimation can be overcome by modem scientific computing environments like MATLAB | or Mathematica | and standard computing power available today. In addition, researchers made implementations of the Maximum Likelihood Estimation and the model's core formulas freely available to public enabling fellow researchers to deploy the Pareto/NBD model. For research, the next pending step is to conduct validation studies on the Pareto/NBD model in order to show its applicability and validity for the practitioner. The Pareto/NBD can be deployed for addressing many managerially important questions in customer relationship management, i.e. computation of CLV, customer equity and determination of future best customers as well as for determining which customers should be target of reactivation efforts. Nevertheless, the superiority of the Pareto/NBD model as opposed to simple management judgments is yet to be shown. Only if clear superiority of the Pareto/NBD model is shown, managers will be convinced and bear the burden of its complex implementation and usage.

98

MarkusWtibben/Florianvon Wangenheim

References

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References

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II.

Kaufverhalten bei Dienstleistungen

Die Wirkungen

von Zertifikaten auf das Kaufverhalten

bei

Dienstleistungsangeboten

Jens Hogreve / Ole Wittko

(

Besonderheiten des Kaufverhaltens bei Dienstleistungen .................. 104 Giitesiegel und Zertifikate: Grundlagen .............................................. 105 2.1 2.2

D e f i n i t i o n u n d A b g r e n z u n g .......................................................... 105 S t a n d d e r F o r s c h u n g ..................................................................... 107

Modell der Wirkung von Dienstleistungszertifikaten ........................ 111 3.1 3.2 3.3

Z e r t i f i k a t e als I n s t r u m e n t e z u r R e d u k t i o n v o n Qualit~itsu n s i c h e r h e i t .................................................................................. 111 D e r E i n f l u s s eines D i e n s t l e i s t u n g s z e r t i f i k a t e s a u f das V e r t r a u e n v o n K o n s u m e n t e n ......................................................................... 114 G e s a m t m o d e l l d e r W i r k u n g e n v o n Z e r t i f i k a t e n .................... , ....... 115

Zusammenfassung und Implikationen ............................................... 115 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 117

104

1

Jens Hogreve/OleWittko

Besonderheiten des Kaufverhaltens bei Dienstleistungen

Gtite- oder Qualit~itszeichen for Produkte sind bereits seit vielen Jahren bekannt und bew~ihrt. Siegel, wie das CMA-Gtitezeichen fOr landwirtschaftliche Erzeugnisse mit einer hohen Qualit~t oder ein Testurteil der Stiftung Warentest, dienen Konsumenten als Orientierungshilfen, die sie bei ihrer Kaufentscheidung untersttitzen. Beschaffenheit, Leistungsumfang und Qualit~it des Produktes sind for den Konsumenten auf diese Weise leichter zu bestimmen. Auch im Dienstleistungsbereich finden sich mittlerweile mehr und mehr Anbieter, welche die Qualit~it ihres Angebotes, bestimmte Leistungseigenschaften oder die Zuverl~issigkeit ihrer Dienstleistung dutch einen unabh~ingigen Dritten tiberpr0fen und besiegeln lassen. So kommuniziert beispielsweise die Commerzbank die Objektivit~it ihres Fondsauswahlprozesses tiber ein neues TOV-Gtitesiegel Ode 2005). Die SEB Bank hingegen wirbt mit einem TOV-Siegel beztiglich der Zufriedenheit ihrer Kunden (Hanser 2005). Ein Grund fOr das verst~irkte Auftreten von Gtitezeichen bei Dienstleistungsangeboten ist darin zu sehen, dass Konsumenten bei ihrer Wahl eines Dienstleismngsanbieters Informationen ben6tigen, die sie oftmals pers6nlich nicht erhalten k6nnen. In der Regel verf0gen Konsumenten n~imlich nicht tiber alle erforderlichen Informationen, um die Qualit~it eines Angebotes vor dem Kauf bestimmen zu k6nnen (San Martin/Camarero 2005). Man spricht auch davon, dass eine Informationsasymmetrie, meist zu Gunsten des Anbieters, besteht und der Nachfrager somit ein Problem bei der Beurteilung tier wahren Qualit~it besitzt (Akerlof 1970; Fischer et al. 1993). Hieraus entsteht beim Nachfrager Qualit~itsunsicherheit (Spremann 1990). Aufgrund der besonderen Eigenschaften von Dienstleistungen ist die Qualit~itsunsicherheit hier besonders hoch. Dienstleistungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zum Zeitpunkt des Kaufes Leistungsversprechen darstellen und somit for den Konsumenten vor dem Kauf nicht erfahrbar sind (Schade/Schott 1993). Ein Grund hierftir liegt in der Notwendigkeit der Integration extemer Faktoren (Engelhardt et al. 1993). Bei der Integration eines externen Faktors wird im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses ein bestehendes Leistungspotenzial des Dienstleistungsanbieters an diesem konkretisiert. Dies fohrt zu einem Leistungsergebnis und somit zu der angebotenen Dienstleismng. Die Qualit~itsunsicherheit beim Angebot yon Dienstleistungen ist ungleich h6her als beim Angebot yon materiellen und damit tiberpr0fbaren Produkten (Ekelund Jr. et al. 1995). Der Grund hierfor liegt in ihrer Nicht-Existenz zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung. Daher werden Dienstleistungen auch der Gruppe der Erfahrungs- oder Vertrauensgtiter zugeordnet (Weiber/Adler 1995).

Die Wirkungenvon Zertifikatenauf das Kaufverhaltenbei Dienstleistungsangeboten

105

Diese Situation fOhrt dazu, dass Konsumenten vor ihrer Auswahlentscheidung Informationen und damit die Untersttitzung von Seiten des Dienstleistungsanbieters ben6tigen. Der Anbieter kann ~ r diese Untersttitzung auf unterschiedliche Institutionen im Sinne der Neuen Institutionen6konomik zurtickgreifen. Unter einer Institution kann dabei ,,ein System formgebundener (formaler) und formungebundener (informeller) Regeln einschliel31ich der Vorkehrungen zu deren Durchsetzung" (Richter/Furubotn 1999, S. 7) verstanden werden, welches soziale Interaktionen wie beispielsweise Austauschbeziehungen zwischen wirtschaftlichen Akteuren steuem und formen kann (Jacob 2002, S. 39-69). Ein Zertifikat stellt eine solche Institution dar, die Qualit~itsunsicherheit von Konsumenten vor dem Konsum einer Dienstleistung abbauen kann. Ziel dieses Beitrages ist es, ein Modell der Wirkung von Zertifikaten auf das Konsumentenverhalten zu konzeptionalisieren, welches die Basis for weitergehende empirische Forschung bilden kann. Hierzu wird zun~ichst der Begriff des Gtitezeichens eingeordnet und abgegrenzt. Es schliel3t sich ein Literaturtiberblick tiber die wichtigsten Studien zur Wirkung von Zertifikaten bei Leistungsangeboten an. Basierend auf bisherigen Forschungserkenntnissen und den Inhalten der Neuen Institutionen6konomik wird dann in Abschnitt 3 ein Wirkungsmodell von Dienstleistungszertifikaten abgeleitet. Der Aufsatz schliel3t mit einer Zusammenfassung und Implikationen fOr Forschung und Praxis.

2

2.1

Giitesiegel und Zertifikate: Grundlagen

Definition und A bgrenzung

Zum Abbau asymmetrischer Informationsverteilung k6nnen verschiedene Kommunikationsinstrumente eingesetzt werden, die eine (positive) Information tiber das Leistungsangebot vermitteln. Neben klassischen Kommunikationsinstrumenten, wie beispielsweise einer Marke oder der Werbung, kann der Anbieter auch auf Gtitezeichen zuriickgreifen. Gtitezeichen sind Bildzeichen, die eine Aussage tiber die Gesamt- oder Teilqualit~it einer Leistung oder eines Anbieters treffen (Mellerowicz 1969, S. 202; Sattler 1991, S. 9). Charakteristisches Merkmal von Gtitezeichen ist dabei die Komprimierung der Qualit~itsaussage in Symbolen oder Wortzeichen. Aus Sicht des Konsumenten k6nnen diese Zeichen als einzelne Informationseinheiten verstanden werden, die im Rahmen der Informationssuche eine effiziente Aufnahme und Verarbeitung der Qualit~itsaussage erm6glichen (Dean/Biswas 2001, S. 44; Gierl/Winkler 2000, S. 197). GtRezeichen unterscheiden sich hierbei von anderen Kommunikationsm6glichkeiten des Anbieters dadurch, dass die Qualit~itsaussage durch eine dritte (unabhangige) Partei getroffen wird (Mellerowicz 1969, S. 202; Sattler 1991, S. 9f.).

106

Jens Hogreve/Ole Wittko

Als Absender der Qualit~itsaussage tritt also gerade nicht der Anbieter, sondern vielmehr die dritte Partei auf. In Abhgngigkeit vom Inhalt der getroffenen Qualitgtsaussage lassen sich unterschiedliche Auspdigungen von Gtitezeichen unterscheiden (vgl. Abbildung 1): Bei Testurteilen wird ein Angebot einer Oberprtifung unterzogen und anschlieBend einer von mehreren Gtiteklassen zugeordnet. Die entsprechenden Gtitezeichen bestgtigen die Zugeh6rigkeit zu dieser G~iteklasse und werden beispielsweise von der Stiftung Warentest herausgegeben.

GLitezeichen .

Testurteil Best~itigung der Zugeh6rigkeit zu einer bestimmten G~iteklasse

.

.

.

Qualit~itswettbewerb Bewertung unterschiedlicher Anbieter in Form einer Rangfolge

Zertifikat Best~itigung des Vorhandenseins einer Mindestqualit~it

Abbildung 1" Formen von Giitezeichen

Bei der zweiten Art der Gtitezeichen, den Qualitiitswettbewerben, werden die zu betrachtenden Anbieter bzw. deren Angebote durch die dritte Partei gemgg einzelner Leistungskriterien in eine Rangfolge gebracht. Die Qualit~itsaussage wird hier ausschlieglich in relativer Form, d.h. im Verh~iltnis zu den Mitbewerbern, getroffen. Auf Unternehmensebene wird diese Art beispielsweise bei Qualitgtswettbewerben wie dem Malcom Baldridge National Quality Award (vgl. Stauss/Scheuing 1994) oder dem European Quality Award (vgl. Ellis 1994) angewendet. AufProduktebene finden sich diese Gtitezeichen unter anderem bei ,,Testsieger"-Auszeichnungen von Fachzeitschriften. Bei der letzten Gruppe von Gtitezeichen werden spezifische Qualitgtsanforderungen an das Leistungsangebot angelegt. Die Qualit~itsaussage dieser so genannten Zertifikate bezieht sich dabei auf das Vorliegen einer Mindestqualit~it (Belson 2002, S. 340; Sattler 1991, S. 9). Fiir Zertifikate lassen sich analytisch drei Aussagedimensionen unterscheiden (Laric/Sarel 1981, S. 136): Im Rahmen der faktischen Dimension wird das Vorhandensein einer Eigenschaft best~itigt,

Die Wirkungenvon Zertifikatenauf das Kaufverhaltenbei Dienstleistungsangeboten

107

bei der bewertenden Dimension wird eine wertende Aussage getroffen (Haas 1998, S. 81) und auf der garantierenden Dimension tibernimmt der Herausgeber des Zertifikats in einem gewissen Umfang die Verantwortung for die Richtigkeit der Bewertung und damit die (begrenzte) Gew~ihr fiir sein Versprechen (Beier 1979, S. 1) bzw. fiir die Gt~te des Angebotes (Mellerowicz 1969, S. 202). Eng verbunden mit dem Begriff des Zertifikates ist der der Zertifizierung. W~ihrend ersterer fiir das konkrete Bild- oder Wortzeichen steht, versteht man unter der Zertifizierung den Prozess der Oberprtifung der Qualit~it durch eine dritte unabh~ingige Partei (den Zertifizierer). Entscheidend fiir das Verst~indnis eines Zertifikates ist dartiber hinaus das zu Grunde liegende Betrachtungsobjekt: Es ist zwischen Produkt- und Systemzertifikaten zu unterscheiden. Bei einem Systemzertifikat bezieht sich die Prtifung durch den Zertifizierer auf das Qualit~itsmanagementsystem des Unternehmens. Es belegt, dass die Prozesse sowie die Dokumentation der Qualit~itssicherung den zu Grunde liegenden Normen (z.B. DIN EN ISO 9000ff.) entsprechen (Bretzke 2000). Das Systemzertifikat bezieht sich daher prim~ir auf das Managementsystem der Qualit~itssicherung und liefert keine produktbezogenen Informationen, sondern ,,bescheinigt einem Unternehmen [nur] die Existenz eines beschriebenen, nicht eines optimalen Qualit~itssicherungssystems" (Weisenfeld-Schenk 1997, S. 33). Ein Produktzertifikat hingegen trifft prim~ir Aussagen fiber das Bezugsobjekt ,,Produkt", d.h. fiber dessen minimal erreichte Qualit~it. Obwohl Systemzertifikate auch verst~irkt auf Business-to-Consumer-M~irkten Verbreitung finden, werden sie immer noch bevorzugt im Business-to-Business Bereich eingesetzt (Haas 1998, S. 81). Produktzertifikate stellen daher die relevantere Zertifikatsform fiir die hier angestrebte Betrachtung des Einflusses auf das Verhalten von Konsumenten von Dienstleistungen dar. In diesem Sinne werden Systemzertifikate z.T. auch nicht zu den Giitezeichen gerechnet, sondern als separate Sonderform betrachtet (Haas 1998). Ftir die weiteren Betrachtungen soll abschlieBend die folgende Definition des Zertifikatsbegriffs zu Grunde gelegt werden:

Ein Zertifikat ist die Oberpriifung und Bestdtigung des Vorhandenseins einer Mindestqualitdt von Merkmalen einer Dienstleistung durch eine unabhdngige dritte Partei. 2.2

Stand der Forschung

In der Literatur finden sich einige Untersuchungen, welche die Wirkungen von Gtitezeichen empirisch analysieren (vgl. Tabelle 1). Diese Untersuchungen zeigen, dass Gtitezeichen einen Einfluss auf die Leistungsbeurteilung und das Konsumentenverhalten entfalten k6nnen. Hierbei bewirken sie zum einen eine

108

Jens Hogreve/OleWittko

h6here Qualit~tswahrnehmung des Angebotes (Dean/Biswas 2001; Gierl/Winkler 2000; Haas 1998). Zum anderen zeigen die Studien aber auch eine Beeinflussung des Kaufverhaltens. So konnten beispielsweise Laric und Sarel (1981) feststellen, dass Konsumenten Zertifikate bei der Kaufentscheidung berficksichtigen. Beispielsweise k6nnen Gt~tezeichen bei der Kaufentscheidung einen eigenen Nutzen haben und den Konsumenten zum Kauf bewegen (Sattler 1991). Die Wirkung von Gfitezeichen wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Bedeutend mr die Wirkung eines Gfitezeichens ist zudem dessen Wechselwirkung mit anderen Informationsquellen wie beispielsweise einer Marke. Die Wirkung eines Zertifikates wird dabei durch eine starke Marke gemindert (Dean/Biswas 2001; Sattler 1991). Nicht eindeutig sind hingegen die Ergebnisse bezfiglich der Bedeutung der Glaubwfirdigkeit des Herausgebers eines Gt~tezeichens. W~hrend Gierl und Winkler (2000) zeigen konnten, dass nur glaubwt~rdige Quellen einen positiven Effekt auf die Qualit~tswahrnehmung von Konsumenten haben, konnte in der Untersuchung von Dean und Biswas (2001) kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Verwendung eines Gt~tezeichens und der Qualit~tswahrnehmung nachgewiesen werden. AbschlieBend wird auch die Gr6Be des Zertifikates als wichtig f~r die Wirkung eines Zertifikates erachtet (Sattler 1991).

wendung/Zurschaustellung einer Zertifizierung. Durch eine Zertifizierung kann eine adverse Selektion verhindert werden. Dutch eine Zertifizierung treten die Eigenschaflen eines Anbieters in den

n = 304 Mittelwertvergleiche; n = 3376

(Autoreparatur)

Gierl/Winkler (2000)

Dean/Biswas (2001)

Wimmer/Chezum (2003)

Zertifizierung durch einen unabh~ingigen Vermittler

nl = 229 n2 = 237

(Weiterbildung)

Mittelwertvergleiche, Varianzanalyse; n = 112

Die Verwendung eines G0tezeichens fiihrt (nur) zu einem h6heren Informationswert der Werbeanzeige. (Autoversicherung)

MANOVA;

(Computer, Autoversicherungen)

Giitezeichen

Qualit/~tswahmehmung und einem h6heren Informationswert der Werbeanzeige. (Computer)

Faktorenanalyse,

Qualit~itswettbewerbs

Wiederholter Kontakt mit einem Giitezeichen einer weniger glaubw0rdigen Quelle fiihrt nicht zu einem h6heren Informationswert.

Auswirkungen auf die (Qualit/~ts-)Einstellung zu dem betreffenden Produkt.

zu einem h6heren Informationswert. Ein hoher Informationswert hat positive

Wiederholter Kontakt mit einem Gtitezeichen aus glaubwtirdiger Quelle f'tihrt

auf die Qualit/itswahmehmung h6her als bei Marken mit einer hohen Bewertung. (Computer)

Produkten mit einer niedrigen Markenbewertung ist der Gtitezeicheneffekt

Die Markenbewertung des Angebotes moderiert den G0tezeicheneffekt. Bei

(Computer/Autoversicherung)

hang der Verwendung eines Gtitezeichens und der Qualit/itswahrnehmung.

Die Glaubw0rdigkeit hat keinen moderierenden Effekt auf den Zusammen-

Die Verwendung eines Gtitezeichens in einer Anzeige fiihrt zu einer h6heren

Konfirmatorische

Gtitezeichen auf Basis eines

(Tierhandel)

i Hintergrund Durch eine Zertifizierung kann ein h6herer Preis erzielt werden.

Die H6he der Kosten einer Zertifizierung beeinflusst das AusmaB der Ver-

Strukturgleichungsanalyse;

Zertifizierung

Mishra (2006)

Ergebnisse

Charakteristika der empirischen Analyse

Untersuchungsobj ekt (Branche)

Untersuchung

j~

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N

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Systemzertifikate (B-to-C Dienstleistungen)

G0te-/Herkunftszeichen

Haas (1998)

Sattler (1991)

tes steigt dabei mit dem wahrgenommenen Aussagegehalt des Zertifikates. Ein Teil der Konsumenten schreibt dem Zertifikat Aussageinhalte zu, die

wertvergleiche; nl =411

Dienstleistungen)

dass Konsumenten den Informationsgehalt der Zertifikate nicht ausreichend pr0fen.

objektiv nicht vorhanden bzw. nicht korrekt sind. Es gibt daher die Tendenz,

wertung des Produkts und die Kaufentscheidung. Die Nutzung des Zertifika-

Chi-Quadrat-Test, Mittel-

(G0ter und

n2 = 545

Konsumenten nehmen Zertifikate bei der Informationssuche wahr bzw. suchen aktiv nach diesen. Zertifikate haben zudem einen Einfluss auf die Be-

Kreuztabellierung,

Zertifikate

G0tezeichen haben fiir verschiedene Kundengruppen ein unterschiedliches Gewicht.

Wenn ein kleineres G0tezeichen verwendet wird, dann verringert sich das Bedeutungsgewicht des G0tezeichens.

kennen, einen positiven Bedeutungswert. Bei Kenntnis der spezifischen Aussageinhalte sind die Bedeutungswerte des G0tezeichens jedoch h6her.

Das Gtitezeichen hat auch, wenn die Konsumenten den Aussageinhalt nicht

Die Nutzengewichte eines Gtitezeichens sind umso geringer, je bedeutender das Markenzeichen der Produktart ist.

Die Verwendung eines Giitezeichens kann den Marktanteil des Produktes erh6hen.

Das Gtitezeichen hat einen eigenst~indigen Nutzen.

Konsumenten, die wissen, dass ein Unternehmen ein Systemzertifikat besitzt, haben eine h6here Qualit~itswahrnehmung als Konsumenten, die nichts von der Zertifizierung des Qualit~itsmanagementsystems wissen.

Ergebnisse

(1981)

n2 = 124 n3 = 137

Conjoint Analyse; nl = 132

n = 1873

wertvergleiche;

Korrelationsanalysen, Chi-Quadrat-Test, Mittel-

Charakteristika der empirischen Analyse

Laric/Sarel

(Lebensmittel)

Untersuchungsobj ekt (Branehe)

Untersuchung

O

e-.

t~

9