Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1: Gleichstromnetzwerke und ihre Anwendungen [4., neu bearb. Aufl.] 354069076X, 9783540690764, 9783540690788 [PDF]

Diese 3bändige Einführung in die Elektrotechnik und Elektronik wendet sich speziell an Studierende in Bachelor- und Mast

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German Pages 439 Year 2010

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Table of contents :
Front Matter....Pages I-XIII
Grundbegriffe....Pages 1-52
Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente....Pages 53-234
Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen....Pages 235-368
Netzwerktheoreme....Pages 369-392
Back Matter....Pages 393-428

Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1: Gleichstromnetzwerke und ihre Anwendungen [4., neu bearb. Aufl.]
 354069076X, 9783540690764, 9783540690788 [PDF]

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Zitiervorschau

Springer-Lehrbuch

Steffen Paul · Reinhold Paul

Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1 Gleichstromnetzwerke und ihre Anwendungen

4., neu bearbeitete Auflage

123

Prof. Dr.-Ing. Steffen Paul Universität Bremen Institut für theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik Otto-Hahn-Allee 1 D-28359 Bremen [email protected] Prof. em. Dr.-Ing. habil. Reinhold Paul Technische Universität Hamburg-Harburg Institut für Nanoelektronik Eißendorfer Str. 38 D-21073 Hamburg

ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-540-69076-4 e-ISBN 978-3-540-69078-8 DOI 10.1007/978-3-540-69078-8 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.de)

Vorwort zur Neuauflage Nichts kennzeichnet den Umfang, in dem die Elektrotechnik heute Wirtschaft, Technik und u offentlich-gesellschaftliche Leben beherrscht, bes¨berhaupt das ¨ ser als ein pl¨otzlicher Stromausfall: alles ruht. Deshalb ist dieses Gebiet stark interdisziplin¨ar ausgerichtet, stellt es doch einerseits mit der Energietechnik die Grundlage f¨ ur großtechnischen Energietransport und Energiewandlung dar, andererseits hat es in der Informations- und Kommunikationstechnik mit Stichworten wie Rundfunk-/Fernsehen, Computer, Internet und Satellitentechnik Anwendungsbereiche weltweiten Ausmaßes. Nur folgerichtig haben die Grundlagen dieses Gebietes in ingenieurtechnischen Studienrichtungen Elektrotechnik, Informationstechnik, Mikroelektronik, Automatisierungstechnik und nat¨ urlich Energie- und Antriebstechnik, aber auch Mechatronik und Maschinenbau an Fachhochschulen und Universit¨aten seit langem einen festen Platz. Das vorliegende dreib¨ andige Lehrwerk Grundlagen der Elektrotechnik und ” Elektronik“ vermittelt dazu notwendiges Grundwissen nach modernen methodisch-didaktischen Gesichtspunkten basierend auf langj¨ahrigen Ausbildungserfahrungen der Autoren. Motivation Gegen¨ uber vorherigen Ausgaben dieses Lehrbuches erfolgte eine

weitgehende Neubearbeitung aus mehreren Gr¨ unden: Die eingef¨ uhrten Bachelor- und Master-Abschl¨ usse als Angebot statt des Diplom-Studiengangs dr¨ angen zur Neubewertung und st¨arker modularisierten Form des Lehrstoffes. Deshalb muss die Themenfolge der Vorlesung nicht unbedingt mit der Stofffolge eines Lehrbuches u ¨ bereinstimmen. Es gibt Stoffverschiebungen: Fortschritte der Mikroelektronik, der Solartechnik, die wachsende Bedeutung elektromagnetischer Felder durch die Thematik der elektromagnetischen Vertr¨ aglichkeit, die wachsende Sensorik und Mikrosystemtechnik u. a. finden sich nicht nur im Ausbildungsangebot der Oberstufe, sondern verschieben auch relevante Grundaspekte ins Grundstudium. Halbleiterbauelemente (Solarzellen, Dioden, Transistoren, Operationsverst¨arker u. a.) bestimmen heute die Schaltungstechnik. Das erfordert von der Grundausbildung eine st¨ arkere Beachtung nichtlinearer Probleme, vor allem aber gesteuerter Quellen und ihren Einbezug in Netzwerke. Dazu ist ein einfaches Verst¨ andnis ihrer Funktionsprinzipien und Eigenschaften im Stromkreis w¨ unschenswert. Die wachsende Bedeutung der Mechatronik verlangt eine st¨arkere Ber¨ ucksichtigung der elektromechanischen Wechselwirkung (Stichworte Aktorik/

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Vorwort zur Neuauflage

Sensorik), der Erweiterung des Netzwerkes zum physikalischen Netzwerk und den damit verbundenen Analogien. Der PC ist heute in den Ausbildungseinrichtungen breit verf¨ ugbar. Das er¨offnet die M¨ oglichkeit der Softwarenutzung bei der Probleml¨osung: Programme wie SPICE/PSPICE (u. a.) f¨ ur die Schaltungssimulation oder MATLAB/SIMULINK, Mathematika/MAPLE u. a. f¨ ur die mathematische Unterst¨ utzung sind sehr n¨ utzliche Hilfsmittel. Durchweg stehen begrenzte, f¨ ur die Grundausbildung ausreichende Versionen kostenlos im Internet zur Verf¨ ugung, auch gibt es preisg¨ unstige Studentenversionen. Doch dieses sei vermerkt: Man erlernt Grundkenntnisse der Elektrotechnik nicht durch Besch¨aftigung mit solchen Hilfsmitteln, sondern zun¨achst durch permanente Nutzung von Papier, Stift und eigenes Nachdenken! Erst dann bieten diese Werkzeuge eine sinnvolle Erg¨anzung. Manche Normen und Begriffe, ja sogar die Rechtschreibung haben sich teilweise ver¨ andert. Der erste Band umfasst einfache (Gleich-) Stromkreise sowie Netzwerke, ihre Analyseverfahren und Anwendungen, der zweite Band die Gesetzm¨aßigkeiten des elektrischen und magnetischen Feldes, die Verbindung zu den Netzwerkelementen und schließlich die Energiewandlung sowie Energie und Kraftwirkung in elektromagnetischen Feldern einschließlich verallgemeinerter physikalischer Netzwerke und Analogievorstellungen. Der dritte Band enth¨ alt dynamische Netzwerke und zeitver¨anderliche Vorg¨ ange (Wechsel-, Drehstromtechnik), Transformationen und Schaltvorg¨ange. Begriffen wird in allen B¨ anden die Grundausbildung nicht als etwas Abgeschlossenes, Selbst¨ andiges, sondern als das, was sie ist: das Fundament nachfolgender Lehrgebiete. Inhalt und Stoffgestaltung Zu den stoffbezogenen Problemen einer elektro-

technischen Grundvorlesung treten erfahrungsgem¨aß noch die Schwierigkeiten der Anwendung mathematischer Methoden auf technisch-naturwissenschaftliche Problemstellungen, wie sie beispielsweise das Verst¨andnis der elementaren Vektoralgebra zum Umgang mit Feldgr¨oßen erfordert, st¨ unde die Feldvorstellung am Beginn der Ausbildung. Dagegen sind Stichworte wie Strom, Spannung, Widerstand als Schulwissen, durch die Berufsausbildung oder eigenes Interesse meist schon bekannt. Diesem Aspekt tr¨agt der erste Band Rechnung. Ein einf¨ uhrender Abschnitt fasst diese Grundbegriffe zusammen und wendet sie im Kapitel Gleichstromnetzwerke“ auf einfache Strom” kreise an.

Vorwort zur Neuauflage

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Dem Einsatz von Halbleiterbauelementen in der Schaltungstechnik tragen Schwerpunkte wie nichtlinearer Grundstromkreis, Zweitore und gesteuerte Quellen mit besonderer Beachtung der netzwerktechnischen Modellierung des Transistors und Verst¨ arkers (Operationsverst¨ arker) Rechnung. Das Kapitel Netzwerkanalyse“ behandelt die Standardverfahren und eine ” vertiefte Zusammenstellung der matrixorientierten Darstellung (letztlich als Grundlage aller rechnergest¨ utzten Methoden). Weil sie zunehmend wichtiger werden, f¨ uhrt eine knappe Vertiefung in Simulationsmethoden“ und ihre An” wendung ein. Hier spielen haupts¨ achlich lineare Gleichungssysteme eine Rolle und deshalb findet die meist parallel verlaufende Mathematikausbildung ein sehr praktisches Anwendungsfeld. Das vierte Kapitel stellt n¨ utzliche Netzwerktheoreme zusammen, deren Anwendung die Netzwerkberechnung stark vereinfacht. Ein knapper Anhang enth¨ alt u ¨bergreifende Themen: physikalische Gr¨oßen und Gleichungen, Einheiten und Dimensionen. Hat der Lernende an dieser Stelle den ersten Schwerpunkt der Grundausbildung erarbeitet, so konzentriert sich der zweite Schwerpunkt auf die Wirkungen ruhender und bewegter Ladungen im Raumpunkt beschrieben durch das elektromagnetische Feld mit seinen Bestandteilen Str¨omungsfeld, elektrostatisches und magnetisches Feld. An dieser Stelle d¨ urfte seitens der Mathematikausbildung die Vektorrechnung (erg¨ anzt durch Linien- und H¨ ullenintegrale) verf¨ ugbar sein. ¨ Der Ubergang vom Stromkreis zur Feldbetrachtung im Band 2 gelingt am anschaulichsten mit dem Str¨ omungsfeld“. Ausgehend von Strom und Span” nung wird zun¨achst der feldm¨ aßige Ursache-Wirkungs-Zusammenhang durch Feldgr¨oßen im Raumpunkt hergeleitet mit dem Str¨omungsfeld als Mittler. Am Ende steht die feldm¨ aßige Begr¨ undung des Netzwerkelementes ohmscher Widerstand. Vertraut mit dieser Vorgehensweise wird anschließend das Elektrostatische ” Feld“ mit seinen relevanten Feldgr¨ oßen und Ph¨anomenen erl¨autert. Am ¨ Schluss f¨ uhrt der Ubergang auf die Globalgr¨oßen Spannung und Ladung zum Netzwerk- und Schaltelement Kondensator. Besonderer Wert liegt auf den technischen Aspekten der Felder und ihren Anwendungen, etwa der Einf¨ uhrung des MOSFET als Beispiel eines feldgesteuerten, nichtlinearen Str¨o¨ mungsfeldes. Ein Uberblick der Stromleitungsvorg¨ange in Festk¨orpern, Fl¨ ussigkeiten und Gasen schließt den Abschnitt ab, lenken doch heute Brennstoffzellen den Blick st¨ arker auf dieses Teilgebiet.

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Vorwort zur Neuauflage

Die gleiche Vorgehensweise nutzt das Kapitel Magnetisches Feld“ mit den ” zugeh¨origen Feldgr¨ oßen und Ph¨ anomenen. Das fundamentale Induktionsgesetz und seine Anwendungen wird unter verschiedenen Gesichtspunkten behandelt, wichtige Netzwerkfolgerungen sind die Einf¨ uhrung der Selbst- und Gegeninduktivit¨ at. Den Schluss bilden die Maxwellschen Gleichungen in Integralform, wie sie f¨ ur viele praktische Problemstellungen ausreichen. Ihre Differenzialform wird lediglich als Ausblick erw¨ ahnt, denn sie ist Inhalt des Lehrgebietes Theoretische Elektrotechnik. Wird auf diese Vertiefung verzichtet – was manche Studieng¨ange bevorzugen – so gen¨ ugen einige einfache Beispiele zum breiteren Verst¨andnis der Differenzialform. Das elektromagnetische Feld ist Tr¨ ager der elektromagnetischen Energie. Energie und Kraftwirkungen bilden deshalb den letzten Schwerpunkt. Hier haben Wechselwirkungen zu anderen Energieformen, besonders zur Mechanik, große Bedeutung mit Einrichtungen wie Motoren, Generatoren, Elektromagneten, heute verstanden als Teilgebiet der Aktoren. F¨ ur die Energiewandlungsvorg¨ange elektrisch – nichtelektrisch wird ihre Modellierung zunehmend wichtiger und durch Analogievorstellungen lassen sich Netzwerkverfahren auf nichtelektrische Vorg¨ ange u ¨ ber den Begriff physikalische Netzwerke u ¨bertragen. Die Stoffzuordnung der ersten beiden B¨ ande hat sich nicht nur p¨adagogisch langj¨ahrig bew¨ahrt, sondern sie zeigt auch den Unterschied zur Elektrizit¨atslehre der Physik: beginnt diese mit der ruhenden Ladung und Elektrostatik gefolgt von den Ph¨ anomen der bewegten Ladung usw., so stehen in der Elektrotechnikausbildung mehr Zweck und Mittel im Focus: die Energie- und Informations¨ ubertragung mit Netzwerken. Erst allm¨ahlich wird das Verst¨andnis zum elektromagnetischen Feld und seiner Nutzung aufgebaut. Didaktik Die Lehrveranstaltung Grundgebiete der Elektrotechnik“ bringt

” den ersten Kontakt der Studierenden zum sp¨ateren Berufsfeld. Das verlangt neben der motivierenden inhaltlichen Darlegung nicht nur einen st¨andigen Bezug zu praktischen Beispielen, er stellt auch eine didaktische Herausforderung dar. Methodisch ist der Stoff so angelegt, dass er selbst¨andig erarbeitet werden kann und vom Lernenden einen st¨ andigen Dialog mit dem Lehrbuch verlangt. Damit eignen sich die B¨ ucher auch zum autodidaktischen Lernen unterst¨ utzt durch mehrere Aspekte: Formulierung der Lernziele f¨ ur jeden Stoffschwerpunkt, knappe Erkl¨arung wichtiger Begriffe als Merks¨ atze, strukturierte L¨osungsmethoden zur An-

Vorwort zur Neuauflage

ix

wendung bestimmter Verfahren, Zusammenfassungen/Tutorials zu jedem Stoffschwerpunkt, Pr¨ ufungs- und Kontrollfragen, optische Hervorhebung wichtiger Begriffe und Fakten, sie sind gleichzeitig St¨ utzstellen zur Pr¨ ufungsvorbereitung, Stoffgebiete mit erh¨ ohtem Schwierigkeitsgrad oder speziellen Problem, die zun¨achst zur¨ ucktreten k¨ onnen, werden mit einem Stern (*) ausgewiesen, wichtige Themen werden mit einem ansteigenden, zweistufigen Anforderungsniveau behandelt. So l¨ asst sich der Vertiefungsgrad selbst w¨ahlen. Dabei verhelfen manche R¨ uckverweise zum allm¨ahlichen Aufbau eines ¨ Ubersichtswissens, Anleitung zum Einbezug relevanter Computerprogramme, zahlreiche Beispiele und praktische Hinweise festigen den Lehrstoff, gut gestaltete Bilder, sie wurden durchweg neu bearbeitet, Hinweise auf Aufgaben, die mit L¨ osung in zwei Arbeitsb¨ uchern bereit¨ stehen. Eine begleitende Webseite h¨ alt weitere Ubungsbeispiele bereit (www.item.uni-bremen.de/PaulGrundlagenlehrbuch). Studienmethodik Die Erlernung elektrotechnischer Grundlagen gelingt oh-

ne intensives Selbststudium kaum. Dazu geh¨oren neben der Beherrschung der wichtigsten Definitionen und Gesetze, L¨ osungsmethoden und physikali¨ schen Sachverhalte die permanente eigenst¨ andige L¨osung von Ubungsaufgaben. Dann wird schnell deutlich, was verstanden wurde und was nicht. Die Fragen zur Selbstkontrolle sollten unbedingt beantwortet werden, um ein Gef¨ uhl f¨ ur das Stoffverst¨andnis zu erhalten. Leserkreis Das Lehrwerk wendet sich an:

Studierende der Fachrichtungen Elektrotechnik, Informationstechnik, Informatik, aber auch Maschinenbau, Physik und Wirtschaftsingenieurwesen an Universit¨ aten und Fachhochschulen, an den im Berufsleben stehenden Ingenieur und Techniker als Nachschlagewerk bei auftretenden Problemen u ¨ ber Grundzusammenh¨ange, die er einmal geh¨ort hat, an Abiturienten und Sch¨ uler in oberen Klassen, die sich w¨ahrend der Schulzeit oder im Wehr- und Ersatzdienst auf ein Studium vorbereiten wollen. Dank Die Motivation zu diesem Buch entsprang der Erkenntnis, dass die

Grundlagen eines Fachgebietes nie abgeschlossen sind, sondern in Abst¨anden neu durchdacht und formuliert werden m¨ ussen. Das best¨atigte sich auch in zahlreichen Diskussionen mit Fachkollegen, wodurch das Vorhaben sehr

x

Vorwort zur Neuauflage

gef¨ordert wurde. Der Dank gilt aber gleichfalls den Lesern vorhergehender Auflagen, die manch gute Ratschl¨ age zur Verbesserung u ¨ bermittelten. In der Bearbeitungsphase des Manuskriptes hat Herr Dr.-Ing. sc. techn. H.-G. Schulz mit einer Reihe von Vorschl¨ agen aus seiner langj¨ahrigen T¨atigkeit als Lehrender des Fachgebietes Theoretische Elektrotechnik (TU Dresden) beigetragen. Ihm gilt unser ganz pers¨ onlicher und herzlicher Dank. Dem Springer-Verlag, insbesondere Frau E. Hestermann-Beyerle, danken wir f¨ ur die gute Zusammenarbeit, die sorgf¨ altige Drucklegung des Buches sowie daf¨ ur, dass W¨ unschen weitgehend entsprochen worden ist. Der Firma le-tex, insbesondere Frau N. Kroke und Frau P. M¨ows danken wir f¨ ur die Unterst¨ utzung bei der Erstellung des druckreifen Manuskripts. ¨ Uber die Jahre gingen von vielen Fachkollegen und Lesern zahlreiche Hinweise und Anregungen ein, ein Fundus f¨ ur die Neubearbeitung. Unzul¨anglichkeiten bleiben nat¨ urlich nicht aus und wir sind f¨ ur Anregungen, Fehler und Verbesserungshinweise jederzeit dankbar ([email protected], [email protected]). Ein Grundlagenbuch Elektrotechnik mit einem Anspruch f¨ ur einen weiten Nutzerkreis ist immer eine Herausforderung: es soll einerseits den Leser in seiner Studienwahl bekr¨ aftigen, ein breites Fundament f¨ ur das weitere Studium legen eingebettet in die Lernfortschritte, die er in Mathematik und Physik erzielt und ihn schließlich auf die Vielfalt der Elektrotechnik neugierig machen. Die Autoren hoffen, dass das Buch diesem Anspruch gerecht wird. Bremen, Fr¨ uhjahr 2010

Steffen Paul

Buchholz, Fr¨ uhjahr 2010

Reinhold Paul

Inhaltsverzeichnis Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundaufgaben der Elektrotechnik ........................... Teilchen- und Feldmodell....................................... Elektrische Ladung ............................................. Eigenschaften der elektrischen Ladung ...................... Erhaltungssatz der Ladung..................................... Elektrische Feldst¨arke .......................................... Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨arke................... Strombegriff ...................................................... Elektrische Stromst¨arke ........................................ Erstes Kirchhoffsches Gesetz, Knotensatz................... Zusammenhang Strom-Ladung................................ Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial ............... Elektrische Spannung .......................................... Zweites Kirchhoffsches Gesetz, Maschensatz ............... Spannung, Potenzial und elektrische Feldst¨arke ........... Elektrische Energie, elektrische Leistung .................... Energie ............................................................. Elektrische Energie .............................................. Elektrische Leistung, Wirkungsgrad ..........................

1 3 6 10 10 15 16 20 20 23 27 30 32 32 39 41 43 43 44 47

Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modelle elektrischer Stromkreise.............................. 2.1 2.2 Unabh¨angige Spannungs- und Stromquellen................ 2.2.1 Ideale Spannungs- und Stromquellen ........................ 2.2.2 Reale Spannungs- und Stromquellen ......................... 2.3 Widerstand, resistiver Zweipol ................................ 2.3.1 Lineare resistive Zweipole ...................................... 2.3.2 Zusammenschaltungen linearer resistiver Zweipole ........ 2.3.3 Nichtlineare resistive Zweipole ................................ 2.3.4 Temperaturverhalten resistiver Zweipole .................... 2.3.5 Allgemeine resistive Zweipole.................................. angige resistive Zweipole........................... 2.3.5.1 Zeitunabh¨ 2.3.5.2 Zeitvariante resistive Zweipole ................................ 2.3.6 Widerstand als Bauelement ................................... 2.4 Der Grundstromkreis ............................................ 2.4.1 Der lineare Grundstromkreis ................................... 2.4.2 Leistungsumsatz im Grundstromkreis ........................ 2.4.3 Einfache verzweigte Stromkreise ..............................

53 57 60 62 65 74 74 80 87 90 95 95 97 99 102 102 106 111

1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3 2

xii

Inhaltsverzeichnis

117 123 126

2.7.8

Zweipoltheorie .................................................... ¨ Uberlagerungssatz ............................................... Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis* ................... Zusammenschaltung nichtlinearer und linearer Schaltelemente, Ersatzkennlinie ............... Kennlinienapproximationen..................................... Arbeitspunkteinstellung ......................................... Leistungsumsatz im nichtlinearen Grundstromkreis ....... Kleinsignalverhalten ............................................. Zweitore ........................................................... Zweitorbegriff ..................................................... Strom-Spannungs-Beziehungen linearer Zweitore.......... Zweitorarten ...................................................... Zweitorersatzschaltungen, gesteuerte Quellen ............. Elementarzweitore ............................................... Zweitorzusammenschaltungen ................................. Zweitor in der Schaltung, Betriebsverhalten ................ Zweitor mit unabh¨angigen Quellen ........................... ¨ Uberlagerungssatz und Zweipoltheorie in Netzwerken mit gesteuerten Quellen ........................................ Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung* ......... Allgemeine gesteuerte Quellen ................................ Nichtlineares Zweitor ............................................ Bipolartransistormodell ........................................ Kleinsignalverhalten nichtlinearer Zweitore ................ Kleinsignalverhalten des Bipolartransistors, Verst¨arkungsprinzip.............................................. Allgemeines lineares Verst¨arkermodell ....................... Operational-Transkonduktanz-Verst¨arker, Operationsverst¨arker ............................................ Grundschaltungen mit Operationsverst¨arkern .............

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4

Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen . . . . Netzwerkbeschreibung .......................................... Netzwerkgleichungen ............................................ Zweigstromanalyse............................................... Maschenstromanalyse ........................................... Maschenstr¨ome................................................... Maschenwiderstandsmatrix..................................... Erweitere Maschenstromanalyse* ............................. Maschenstromanalyse in Matrixform .........................

235 237 238 247 250 251 256 263 268

2.4.4 2.4.5 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.6.5 2.6.6 2.6.7 2.6.8 2.6.9 2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.7.5 2.7.6 2.7.7

127 131 133 134 138 142 143 147 157 159 172 175 179 186 187 190 192 193 194 200 204 211 214 223

Inhaltsverzeichnis

xiii

3.2.5 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 3.3.8 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5

Maschenstromanalyse in nichtlinearen Netzwerken........ Knotenspannungsanalyse ....................................... Knotenspannungen, Knotenleitwertmatrix .................. Erweiterte Knotenspannungsanalyse* ........................ Modifizierte Knotenspannungsanalyse* ...................... Knotenspannungsanalyse in Matrixform .................... Unbestimmte Knotenleitwertgleichungen.................... Knotenspannungsanalyse und Zweipolparameter* ......... Netzwerkanalyse mit Operationsverst¨arkern ............... Knotenspannungsanalyse von nichtlinearen Netzwerken* Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung* ...................... Netzwerke, Graph und Inzidenzmatrizen .................... Schleifenanalyse .................................................. Schnittmengenanalyse .......................................... Zusammenh¨ange, Vergleiche................................... Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse ..................... Numerische Auswertung ........................................ Schaltungssimulation ............................................ Mehrpolige Netzwerke* ......................................... Str¨ome und Spannungen an Mehrpolen ..................... Zusammenschaltung von Mehrpolen ......................... Mehrtore .......................................................... Torgruppierung .................................................. Klemmenmanipulationen .......................................

269 270 271 282 291 292 293 296 298 303 304 305 314 316 322 326 327 332 341 341 345 355 359 363

4 4.1 4.2 4.3 4.4

369 371 372 374

4.5 4.6 4.7

Netzwerktheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Ahnlichkeitssatz .................................................. Versetzungs- und Teilungssatz idealer Quellen ............. Reziprozit¨ats-Theorem, Umkehrsatz.......................... Ver¨anderung von Zweipolen durch gesteuerte Quellen, Miller-Theorem ................................................... ¨ Aquivalente Netzwerke* ........................................ Duale Netzwerke*................................................ Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem*

A A.1 A.2 A.3 A.4

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Gr¨oßen und Gleichungen ...................... Physikalische Gr¨oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln . Verzeichnis der wichtigsten Symbole......................... Literaturverzeichnis ..............................................

393 395 404 417 421

376 381 383 387

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

Kapitel 1 Grundbegriffe

1

1

1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3

Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundaufgaben der Elektrotechnik ........................... Teilchen- und Feldmodell....................................... Elektrische Ladung ............................................. Eigenschaften der elektrischen Ladung ...................... Erhaltungssatz der Ladung..................................... Elektrische Feldst¨arke .......................................... Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨arke................... Strombegriff ...................................................... Elektrische Stromst¨arke ........................................ Erstes Kirchhoffsches Gesetz, Knotensatz................... Zusammenhang Strom-Ladung................................ Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial ............... Elektrische Spannung .......................................... Zweites Kirchhoffsches Gesetz, Maschensatz ............... Spannung, Potenzial und elektrische Feldst¨arke ........... Elektrische Energie, elektrische Leistung .................... Energie ............................................................. Elektrische Energie .............................................. Elektrische Leistung, Wirkungsgrad ..........................

3 3 6 10 10 15 16 20 20 23 27 30 32 32 39 41 43 43 44 47

1 Grundbegriffe Lernziel Nach Durcharbeit dieses Kapitels sollten beherrscht werden die Teilchen- und Felddarstellung als einander erg¨ anzende Beschreibungsformen elektrischer Vorg¨ ange, die Ladung und ihre Eigenschaften, der Strombegriff, seine Kennzeichen und Beziehung zur Ladung, die Begriffe Feldst¨ arke, Potenzial und Spannung, Quellenspannung, Spannungsabfall und Bezugspfeile, die Kirchhoffschen Gesetze, die Begriffe Erzeuger- und Verbraucher, aktiver und passiver Zweipol, Arbeit, Energie und Leistung im Stromkreis.

1.1 Grundaufgaben der Elektrotechnik Seit alters her besch¨ aftigt den Menschen die Nachrichten¨ ubermittlung sowie ¨ die Umformung und Ubertragung von Energie u ¨ ber große Entfernungen. Vielf¨altige Methoden wurden ersonnen: Signal¨ ubertragung durch Feuer, Rauch, optische Telegrafen, Signalh¨ orner, also optisch und akustisch. M¨ uhlen- und Windrad, sp¨ater die Dampfmaschine waren die wichtigsten Energieumformer. Signale und Energie konnten nur u ¨ ber kurze Entfernungen mit erheblichen ¨ Ubertragungszeiten u ¨bermittelt werden. Erst die Entdeckung und Anwendung der Elektrizit¨at brachte Verbesserung. Sie erm¨oglichte die Signal¨ ubertragung u ¨ ber gr¨oßte Entfernungen (heute bis ¨ zu den Planeten) mit Lichtgeschwindigkeit. Auch die Ubertragung großer Energiemengen vom Umformort – dem Kohle-, Kern-, Wasser- oder Windkraftwerk – zum Verbraucher wurde erst durch die Elektrizit¨at m¨oglich. Heute bestimmt die Elektrotechnik das Leben des Menschen in hohem Maße: Beispielsweise sind je Haushalt etwa 10–20 Elektromotoren im Einsatz und im PC arbeiten viele hundert Millionen (!) Transistoren, ohne dass sich der Nutzer dar¨ uber Gedanken machen muss. Vielf¨altig sind die Kontakte zur Elektrizit¨ at u ¨ ber den Arbeitsprozess, das Nachrichten- und Verkehrswesen. Stichworte wie Rundfunk und Fernsehen, Internet, MP3-Player, PC, globale Satellitennavigation, Digitaluhr, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, mikroprozessorgesteuerte Maschinensysteme, Fahrzeuge, N¨ahmaschinen, elektronische Musikinstrumente und Roboter veranschaulichen, dass zu den traditionellen Aufgaben der Informationstechnik durch die Mikroelektronik neuartige Gebiete hinzutraten.

S. Paul, R. Paul, Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1 DOI 10.1007/978-3-540-69078-8, © Springer 2010

1.1

4

1. Grundbegriffe

Diese Beispiele zeigen die Hauptaufgaben der Elektrotechnik und Elektronik: 1.

2.

3.

¨ Umformung und Ubertragung großer Energiemengen vom Kraftwerk zum Energieverbraucher. Dort wird elektrische Energie z. B. in mechanische (Motoren), W¨ arme (Heizung), chemische (Elektrolyse), sichtbare Strahlung (Beleuchtung) u. a. m. umgeformt. In der Energie- und Antriebstechnik spielt die Leistungselektronik beim Steuern, Umformen und Schalten großer Energiemengen mit Halbleiterbauelementen eine wichtige Rolle. ¨ Gewinnung, Ubertragung und Verarbeitung von Informationen, also Signalen und Nachrichten durch Str¨ ome bzw. Spannungen (drahtgebunden) und Wellen (drahtlos) von einer Quelle (Sensor, Rundfunk-, Fernsehsender, Mobiltelefon) zu einem Empf¨ anger (Rundfunk-, Fernsehempf¨anger, Mobiltelefon). Bauelementetechnik und Mikroelektronik. Energie- und Informationstechnik ben¨ otigen Ger¨ ate mit hoher Arbeitsgeschwindigkeit, Zuverl¨assigkeit, kleinem Volumen und geringer Masse. Diese Forderungen k¨onnen nur moderne miniaturisierte Bauelemente wie Widerst¨ande, Schalter, Kondensatoren, Transistoren, integrierte Schaltungen u. a. m. erf¨ ullen. Damit ist die Mikroelektronik das dritte Teilgebiet der Elektrotechnik und Elektronik. Gerade sie l¨ oste mit der Erfindung des Transistors und der integrierten Schaltung fundamentale Umw¨alzungen aus. Erfunden wurden neue Bauelemente mit neuen Qualit¨aten. Bestand eine Schaltung im R¨ohrenzeitalter aus einzelnen Bauelementen, so wird sie heute mit Millionen kleinster Bauelemente in einem Halbleiterpl¨attchen von einigen zehn Quadratmillimetern Fl¨ ache mit einem Schlage integriert“. ”

Diese Bemerkungen zeigen, dass die Fortschritte der Elektrotechnik haupts¨ achlich durch Zusammenwirken mit zwei Grenzgebieten erfolgten: zur Mathematik hin durch die Computertechnik und Informationstechnik, zur Physik durch Nutzung von Halbleitermaterialien und optischer Prinzipien. Deshalb ist die Aneignung mathematischer und physikalischer Kenntnisse ebenso wichtig wie die Einarbeitung in die Elektrotechnik selbst. Vorschau Grundlage der elektrischen Erscheinungen (Kap. 1) ist die ruhende und unter Krafteinfluss bewegte elektrische Ladung. Aus ihrer Kraftwirkung auf andere Ladungen wird zun¨ achst die elektrische Feldst¨arke und daraus der Spannungsbegriff, u undet. ¨ ber die bewegte Ladung der Strombegriff begr¨ Beiden Gr¨oßen unterliegen Erhaltungss¨ atzen (f¨ ur Ladung und Energie). Sie

1.1

Grundaufgaben der Elektrotechnik

5

bilden – bekannter als Kirchhoffsche Gleichungen – die Grundlage zur Berechnung elektrischer Stromkreise. Das sind Zusammenschaltungen der Grundelemente Quellen (Spannung, Strom) und Widerst¨ande so, dass Str¨ome fließen k¨ onnen, zun¨achst beschr¨ ankt auf Gleichstr¨ ome (Kap. 2.1–2.3). Quelle und Verbraucher wirken als Grundstromkreis (Kap. 2.4) zusammen, er kann auch nichtlineare Elemente enthalten (Kap. 2.5). Viele Anwendungsbeispiele lassen sich auf ihn zur¨ uckf¨ uhren. Oft liegt zwischen Quelle und Verbraucher noch ein Zwischennetzwerk – bekannter als Vierpol- oder Zweitornetzwerk (Kap. 2.6). Seine wichtigsten Beschreibungsformen bereiten ein allgemeineres Netzwerkverst¨andnis vor. Eine besonders wichtige Zweitorgruppe sind gesteuerte Quellen. Sie bilden die netzwerktechnische Grundlage der Verst¨ arkerbauelemente. Das Folgekapitel (Kap. 2.7) schafft ein erstes Verst¨ andnis des Bipolartransistors und Operationsverst¨arkers, in deren Modellen gesteuerte Quellen umfangreiche Anwendung finden. Mit diesem Wissen lassen sich bereits zahlreiche Problemstellungen l¨osen, gleichzeitig sind sie die Grundlage zur Analyse elektrischer Netzwerke (Kap. 3). Ihr Merkmal ist die systematische Anwendung der Kirchhoffschen Gleichungen: Maschenstrom- und Knotenspannungsanalyse bilden dabei die Standardverfahren. Erweiterungen erlauben ihren Einsatz auch auf F¨alle, die zun¨achst ausgeschlossen sind. Der notwendige Computereinsatz bei großen Netzwerken erfordert die matrixbasierte Netzwerkbeschreibung (Kap. 3.4). Computerbasierte L¨osungsverfahren (Kap. 3.5) nutzen sie. Aus praktischer Sicht kann es zweckm¨ aßig sein, die Knotenzahl mehrpoliger Netzwerke zu manipulieren (Kap. 3.6), um die Analyse zu vereinfachen. Das Problem tritt beim Einf¨ ugen von Operationsverst¨arkern in gr¨oßere Schaltungen auf. Auch Netzwerktheoreme (Kap. 4) vereinfachen oft die L¨osungsverfahren, wenn sich auch ihre volle Wirksamkeit erst in Wechselstromnetzwerken zeigt. Die Netzwerkverfahren beschr¨ anken sich zun¨ achst auf Gleichstromnetzwerke (mit geringen mathematischen Anforderungen wie Algebra und Matrixrechnung). Sie bilden das wichtigste Fundament der Grundausbildung, das sich sp¨ ater durch Einbezug weiterer Netzwerkelemente wie Kondensator und Spule m¨ uhelos auf zeitver¨ anderliche Netzwerkerregungen, etwa Wechselspannungen, u ¨bertragen l¨asst. Das elektrische und magnetische Feld und u ¨ berhaupt der Feldbegriff ist eines der wichtigsten Anliegen der Elektrizit¨ atslehre und Gegenstand des Folgebandes 2. Dazu geh¨oren Ursachen, Wirkungen und Gesetzm¨aßigkeiten der Felder und ihre Beschreibung im Raumpunkt durch Feldgr¨oßen, f¨ ur ein Raumgebiet

6

1. Grundbegriffe

¨ aber durch Integral- oder Globalgr¨oßen wie etwa Strom und Spannung. Uber sie definieren wir die Grundbauelemente Widerstand, Kondensator, Spule und Transformator, Spannungs- und Stromquelle. Die Haupteigenschaft des elektromagnetischen Feldes ist seine F¨ahigkeit zur Speicherung von Energie und deren Transport. Deshalb z¨ahlen der Energiebegriff und die Energieumformung etwa in Licht, W¨arme, chemische und mechanische Energie ebenso zum Kern der Elektrotechnik wie die elektromagnetischen Felder und Stromkreise. Der Energiebegriff ist allen Gebieten gemeinsam. Gerade die Energieumformung elektrischer in nichtelektrische Energie und umgekehrt bildet die Grundlage vielf¨altiger Anwendungen der Elektrotechnik. Historische Entwicklung Historisch entstand die Lehre von den elektrischen und magnetischen Erscheinungen durch eine große Zahl entdeckter Einzelph¨anomene, wie Reibungselektrizit¨ at, Magnetismus (Dauermagnet), Blitz als elektrische Entladung u. a. m. Die Erzeugung elektrischer Str¨ome auf galvanischem Wege f¨ uhrte zur Erkenntnis, dass zwischen elektrischen und magnetischen Vorg¨ angen enge Wechselwirkungen bestehen (Faraday: Induktion, Oersted: Magnetfeld des Stromes). Maxwell formulierte aus diesen Einzelerscheinungen durch geniale Intuition die Grundgesetze des elektromagnetischen Feldes. Tabelle 1.1 stellt einige Marksteine zusammen. Das Erkennen dieser Naturgesetze aus Einzelerscheinungen und Experimenten wurde durch zwei Modellvorstellungen erleichtert, das Teilchen- und das Feldmodell. Was versteht man u ¨ berhaupt unter einem Modell?

Ein Modell ist ein gedankliches Hilfsmittel zur einfachen und verst¨andlichen Beschreibung eines komplizierten Vorganges oder Zusammenhanges unter bestimmten Annahmen bzw. Vereinfachungen. Modelle lassen Gesetzm¨ aßigkeiten erkennen und durch mathematische Gleichungen formulieren. Das Modell ist g¨ ultig“, wenn seine Schlussfolgerun” gen durch das Experiment best¨ atigt werden. Da Annahmen den G¨ ultigkeitsbereich eines Modells begrenzen, muss es oft erweitert werden. So entstehen Modellfamilien. Besonders ausgepr¨ agt ist diese Modellphilosophie beispielsweise bei Halbleiterbauelementen.

1.2

1.2 Teilchen- und Feldmodell Das Teilchenmodell erkl¨ art die diskrete Struktur der Stoffe. Danach bestehen Gase, Fl¨ ussigkeiten und Festk¨ orper aus Teilchen (Molek¨ ulen, Atomen), letzte-

1.2

Teilchen- und Feldmodell

7

Tabelle 1.1. Historische Entwicklung bis zur Erfindung der integrierten Schaltung

Zeitraum

Entdeckung, Erfindung

Altertum

Entdeckung magnetischer Effekte und der statischen Elektrizit¨ at an geriebenem Bernstein Magnetischer Kompass zur Navigation benutzt C.-F. du Fay entdeckt die entgegengesetzten elektrischen Ladungen Leydener Flasche (Kondensator) durch G. v. Kleist, P. v. Musschenbroek entdeckt B. Franklin entdeckt den Blitzableiter Ch. A. de Coulomb formuliert die Kraftwirkung zwischen Ladungen A. Volta erfindet die Batterie und entdeckt den elektrischen Strom H. C. Oersted entdeckt das Magnetfeld des Stromes J. B. Biote, F. Savart entdecken das Biot-Savartsche Gesetz G. S. Ohm formuliert das Ohmsche Gesetz M. Faraday entdeckt das Induktionsgesetz C. F. Gauß formuliert das Gaußsche Gesetz J. C. Maxwell beschreibt elektromagnetische Wellen durch von ihm formulierte Gleichungen H. Hertz weist elektromagnetische Wellen experimentell nach N. Tesla, Erfindung des Wechselstromes L. D. Forest erfindet die Elektronenr¨ ohre (Triode) E. Armstrong erfindet den R¨ uckkopplungsempf¨ anger ¨ E. Armstrong, W. Schottky erfinden den Uberlagerungsempf¨ anger J. Lilienfeld, Patentanmeldung eines sperrschicht¨ ahnlichen FETTransistors, 1934 erste Realisierung durch O. Heil W. Schottky, B. Davidow, Theorie des Metall-Halbleiterkontaktes Verwendung von Ge- und Si-Dioden in Radarger¨ aten (Siemens, Telefunken) E. Spenke (Siemens), Patentanmeldung f¨ ur eine Transistorstruktur H. Matar´e, H. Welker, Erfindung des Transistrons im Auftrag d. franz. Post J. Bardeen, W. Brattain, W. Shockley, Transistorerfindung N. Kapany, Erfindung der Glasfaserleitung J. Kilby, R. Noyce, Erfindung und Umsetzung integrierter Schaltungen

ab 1000 1733 1745 1752 1785 1800 1820 1820 1827 1831 1835 1864 1887 1888 1906 1914 1919 1926 1938 1942 1945 1945–47 1947 1955 1958

re aus Elektronen, Protonen und Neutronen. Spezifisch f¨ ur elektrische Erscheinungen ist die Ladung eines Teilchens. Dabei wird seine stoffliche Substanz und Ladung eines Teilchens in einem Punkt konzentriert gedacht: Punktmasse, Punktladung. Makroskopische K¨ orper enthalten sehr viele Teilchen, man erfasst sie deshalb durch den Begriff Teilchenkollektiv. Metalle besitzen rd. 1023 Elektronen pro

8

1. Grundbegriffe

cm3 .1 Dadurch lassen sich seine elektrischen Eigenschaften durch Stoff- oder Materialkonstanten ausdr¨ ucken, etwa die elektrische Leitf¨ahigkeit. Das Verhalten des Einzelelektrons in diesem Kollektiv erfordert dann eine mikrophysikalische Betrachtung der Elektrizit¨ atsleitung. Feldmodell Eine Kraft¨ ubertragung zwischen zwei K¨orpern erfordert keinen

unmittelbaren Kontakt zwischen ihnen. Das wissen wir aus dem Gravitationsgesetz oder der Kraftwirkung des Erdmagnetfeldes auf eine Kompassnadel. Man vermutet deshalb eine Fernwirkung zwischen den K¨orpern. Dann m¨ usste sich eine Ver¨ anderung eines K¨ orpers sofort auf den anderen auswirken. Dies widerspricht der Tatsache, dass die Lichtgeschwindigkeit die h¨ochste Geschwindigkeit ist. Diese Schwierigkeiten umging Faraday mit der Annahme, dass durch die Anwesenheit eines K¨ orpers der ihn umgebende Raum selbst zum Tr¨ager physikalischer Eigenschaften wird. Dieser besondere Raumzustand, gekennzeichnet durch Kraftwirkung auf andere K¨orper (Masse, Ladung, Magnetpole), wird als Feld bezeichnet. Das Feldmodell beschreibt die Kraftwirkung auf einen K¨orper als Folge eines anderen K¨orpers (Ursache) in einem Raumpunkt durch die Einf¨ uhrung des Feldbegriffes (Tab. 1.2) und zugeordneter Feldgr¨oßen. Teilchen- und Feldmodell stehen in Wechselwirkung. Nach Tabelle 1.2 erzeugen ruhende und bewegte Ladungen das elektromagnetische Feld, sind also seine Ursache, andererseits u ¨ ben elektromagnetische Felder Kraftwirkungen auf ruhende und bewegte Ladungen aus. Im Feldmodell tragen Feldlinien (Kraftlinien) zur Veranschaulichung bei. Gegenstand der Feldbetrachtungen sind ruhende und bewegte Ladungen, ihre wechselseitigen Kraftwirkungen sowie die dadurch erzeugten elektrischen und magnetischen Felder und ihre Wechselwirkungen. Aus praktischer Sicht interessiert oft nicht das elektromagnetische Feld in einzelnen Raumpunkten, sondern nur sein Globalverhalten im Raumbereich. Daf¨ ur werden aus den Feldgr¨ oßen durch ¨ortliche Integration u ¨ber Linien- und Flussintegrale (s. Bd. 2) integrale Gr¨oßen eingef¨ uhrt. Zu ihnen geh¨oren Strom und Spannung. Dann erfordert auch ihr Ursache-Wirkungs-Zusammenhang neue Begriffe wie Widerstand, Kapazit¨at oder Induktivit¨at. Die globale Feld1

Vergleich: Ein Sack Weizen mit einer Masse von 50 kg enth¨ alt etwa 3 · 106 Weizenk¨ orner. Im Metall vom Volumen eines Kubikzentimeters befinden sich rd. 1016 mal so viele Elektronen.

1.2

Teilchen- und Feldmodell

9

Tabelle 1.2. Teilchen- und Feldmodell

Beschreibung elektromagnetischer Erscheinungen durch

Teilchenmodell

6 ?

Globalgr¨ oßen

Feldmodell

6

?

Erzeugung von Feldern durch Ladungen, Kraftwirkung auf Ladungen

6

LinienFl¨ achenintegrale

?

?

Kennzeichnende Gr¨ oße: Ladung ruhend, bewegt Darstellung: Punktladung, Ladungsmenge

Kennzeichnende Gr¨ oßen: Fluss-, Differenzgr¨ oßen Verkn¨ upfung u ¨ ber Schaltelement Arten und Eigenschaften: elektrische und magnetische Kreise Kirchhoffsche S¨ atze

? Kennzeichnende Gr¨ oßen: Feldgr¨ oßen (Ursache, Wirkung) materialabh¨ angige Verkn¨ upfung Darstellung: Feldlinie Feldarten: elektrisches Feld, (ruhende Ladung, Quellenfeld) magnetisches Feld (bewegte Ladung, Wirbelfeld) Verkn¨ upfung beider

?

Feldanalyse

?

Netzwerkanalyse

beschreibung macht die Angabe der Strom-Spannungs-Zusammenh¨ange der Bauelemente Widerstand, Kondensator und Spule u ¨berhaupt erst m¨oglich. Auf diese Weise k¨ onnen ausgedehnte Felderscheinungen (unter bestimmten Voraussetzungen) auf die Zusammenschaltungen von Bauelementen zu Schaltungen oder Netzwerken zur¨ uckgef¨ uhrt und einfach analysiert werden. Das ist das wichtigste Ergebnis des Feldmodells.

10

1. Grundbegriffe

Auf der anderen Seite sind Begriffe wie Spannung, Strom und Widerstand aus dem t¨aglichen Leben, der Schul- oder Berufsausbildung wohlbekannt. Dann liegt es nahe, sie zu vertiefen und zur praktischen L¨osung von Gleichstromschaltungen und u ¨berhaupt Netzwerken zu nutzen. So wird ein wichtiges Teilgebiet der Elektrotechnik systematisch erarbeitet. Umso leichter f¨allt dann die Behandlung elektromagnetischer Felder im Band 2.

1.3

1.3 Elektrische Ladung 1.3.1 Eigenschaften der elektrischen Ladung Ladungsarten Alle elektrischen Erscheinungen beruhen auf der Existenz elek-

trischer Ladungen. Deshalb wird sie als eigenst¨andige vierte Grundgr¨oße (neben L¨ange, Masse, und Zeit) f¨ ur die Elektrotechnik festgelegt (s. Anhang A.1). Man schließt durch Beobachtung von Kraftwirkungen auf ihre Existenz. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele Stoffe durch Reiben in einen besonderen Zustand versetzen lassen. Dann stoßen sie Gegenst¨ande aus gleichem Material ab, ziehen andere an oder stoßen sie ab oder es erfolgt u ¨ berhaupt keine Wirkung. Der Alltag bietet zahlreiche Beispiele: Aneinanderhaften von Papierbogen, Anziehen von Papierschnitzeln, Str¨auben der Haare bei bestimmten K¨ammen u. a. m. Der Effekt war schon in der Antike mit geriebenem Bernstein2 bekannt, der Vogelfedern anzog. Das griechische Wort electron (Bernstein) lieferte den Begriff elektrisch“ f¨ ur solche Erscheinungen. ” Diese Kraftwirkungen k¨ onnen nicht auf mechanische Gesetze zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Ihre Erkl¨ arung gelingt erst durch Einf¨ uhrung der elektrischen Ladung Q als neuer physikalischer Gr¨ oße. Da es abstoßende und anziehende Kr¨ afte gibt, nimmt man positive (Q > 0) und negative Ladungen (Q < 0) an. Willk¨ urlich wurde die beim Reiben eines Glasstabes feststellbare Ladung als positiv und f¨ ur den Hartgummistab als uberschuss mit negativ angesehen.3 Verallgemeinert wird dann ein Elektronen¨ 2 3

Georg Christoph Lichtenberg (1744–1799), deutscher Physiker und Schriftsteller. Die Vereinbarung, nach der Elektronen negative Ladung tragen, geht auf B. Franklin zur¨ uck. Er definierte willk¨ urlich, dass Ladungen auf Glas, das vorher mit einem Seidentuch gerieben wurde, positiv sein sollen. Danach muss das etwa 100 Jahre sp¨ ater entdeckte Elektron negative Ladung besitzen. Aus heutiger Sicht w¨ are es zur Beseitigung des Vorzeichens besser gewesen, den Elektronen positive Ladungen zuzuordnen. Da heute mit den L¨ ochern (in Halbleitern) auch positive Ladungstr¨ ager bekannt sind, werden wir die Gesetze jeweils f¨ ur positive Elementarladungen definieren.

1.3

Elektrische Ladung

11

negativem, ein Elektronendefizit mit positivem Vorzeichen gekennzeichnet. Wir wissen aus Erfahrung: Ladungen verschiedenen Vorzeichens ziehen einander an, gleichen Vorzeichens stoßen einander ab. Die Kraftwirkungen werden Coulomb-Kr¨ afte genannt und durch das Coulombsche Gesetz4 beschrieben (s. Kap. 1.3.3). Was Ladung eigentlich bedeutet, wissen wir bis heute nicht genau, denn die Einf¨ uhrung des Begriffs elektrische Ladung“ beschreibt nur die F¨ahigkeit, ” andere Ladungen anzuziehen (oder abzustoßen), nicht die Ladung selbst. Sie wird lediglich durch ihre Wirkung und die Tatsache nachgewiesen, dass sie am Aufbau der Materie entscheidend beteiligt ist. Nach dem Bohrschen Atommodell besteht jedes Atom aus dem Kern (= Anzahl von Protonen und Neutronen) und der Elektronenh¨ ulle. Dabei ist das Elektron Tr¨ager negativer elektrischer Ladung, der Elementarladung oder des elektrischen Elementarquantums. Protonen tragen eine gleich große positive Elementarladung. Im Atom wird die positive Kernladung durch eine gleich große Zahl von H¨ ullelektronen neu” tralisiert“. Ursache der gegenseitigen Anziehung der Elektronen und Protonen sind die Coulomb-Kr¨ afte. Sie halten durch die Zentripetalkraft im Atom die Elektronen auf Bahnen um den Atomkern. Energiezufuhr kann Elektronen aus der H¨ ulle herausl¨osen. Dabei verbleibt ¨ netto eine positive Uberschussladung, ein positives Ion. Seine Ladung entspricht der Zahl entfernter Elektronen. Diese k¨ onnen dann als freie“ Elektro” nen z. B. Kraftwirkungen aus¨ uben oder Kr¨ aften unterworfen werden. Besitzt ein Ion im Vergleich zum vorher neutralen Atom zu viel Elektronen (negative ¨ ¨ Uberschussladung), so heißt es Anion. Ein Ion mit positiver Uberschussladung ¨ heißt Kation. Je nachdem, ob 1, 2 oder 3 Elementarladungen im Uberschuss sind, sprechen wir von 1-, 2- oder 3-wertigen Ionen. Die (Netto)ladung eines K¨ orpers entsteht durch Trennung in gleich große positive und negative Ladungsmengen. Die Summe der getrennten Ladungen entspricht dem Ausgangszustand. Deshalb gilt f¨ ur die Ladung ein Erhaltungssatz. Die elektrische Ladung eines K¨ orpers wird nicht erzeugt, sondern durch Trennung positiver und negativer Ladungen, d. h. Abtrennung einer oder mehrerer Elementarladungen von vorher neutralen Atomen, verursacht! 4

Charles Augustin de Coulomb, franz¨ osischer Physiker 1736–1806.

12

1. Grundbegriffe

Quantitatives, Einheit Die Ladung Q hat die Einheit Coulomb (s. Anhang A.1):

[Q] = 1 Coulomb = 1 C = 1 As. Sie ist keine Grundeinheit des SI, vielmehr wird die Ladungseinheit aus messtechnischen Gr¨ unden auf die gesetzliche Grundeinheit der Stromst¨ arke (das Ampere = 1 A) und die Zeit zur¨ uckgef¨ uhrt (Kap. 1.4.2). Dann stellt ein Coulomb die Ladungsmenge dar, die ein Strom der St¨arke 1 A innerhalb einer Sekunde durch einen Leiterquerschnitt f¨ uhrt. Neben der Ladung Q gibt es die Ladung q von Ladungstr¨agern, denn elektrische Ladung ist eine Eigenschaft von Elementarteilchen. Alle Ladungen lassen sich auf die Elementarladung e = 1, 6021892 · 10−19 As zur¨ uckf¨ uhren. Damit folgt5 : q− = −e ≈ −1, 602 · 10−19 As, Elektron (negative Elementarladung)

q+ = +e ≈ 1, 602 · 10−19 As, Defektelektron, Loch (positive Elementarladung).

Deswegen treten Ladungen nur gequantelt auf und die Ladung eines beliebigen K¨orpers unterliegt stets der Bedingung Q = ±N e,

N ≥ 0, ganz, e Elementarladung.

(1.3.1)

Ladungen sind stets ein Vielfaches der Elementarladung. Die Quantelung der Ladung war zur Zeit Maxwells noch unbekannt. Weil bei technischen Problemstellungen ohnehin nur extrem viele Ladungstr¨ ager mitwirken, wird die Einzelladung u ¨berdeckt und die Maxwellsche Theorie basiert auf kontinuierlichen Ladungsverteilungen.

F¨ ur die Feldbeschreibung ist die Einf¨ uhrung der Punktladung zweckm¨aßig: Punktladung: Ladung eines Tr¨ agers mit der Linearabmessung null“. Je” de makroskopische Ladungsverteilung l¨ asst sich aus Punktladungen zusammensetzen. Zusammengefasst sind die wichtigsten Merkmale der Ladung die unterschiedlichen Ladungsarten, ihre Quantelung und die G¨ ultigkeit eines Ladungserhaltungssatzes. W¨ahrend sich die Quantelung nur in bestimmten F¨allen bemerkbar macht (z. B. als Rauschen in elektronischen Schaltungen), haben positive und negative Ladungstr¨ ager und der Erhaltungssatz grundlegende Bedeutung. Gr¨ oßenvorstellung Die Elektronenladung veranschaulicht folgendes Beispiel: W¨ urde ein Elektron je Sekunde durch einen Leitungsquerschnitt fließen, so entspr¨ ache das einem Strom I = 1, 6 · 10−19 A. Empfindliche Strommesser weisen 5

Der Index − bei der Elektronen- bzw. + bei der L¨ ocherladung wird beigef¨ ugt, wenn auf das Vorzeichen besonders hingewiesen werden soll.

1.3

Elektrische Ladung

13

heute Str¨ ome von etwa 10−14 A nach. Das entspricht etwa 100 000 Elektronen/Sekunde. Eine Ladungsmenge Q = 1 As enth¨ alt insgesamt n = |Q/q| = 1 As/1, 6 · 10−19 As ≈ 6, 3 · 1018 Elektronen. Ein dynamischer Speicher (DRAM) eines PC’s speichert Ladungen in Kondensatorzellen (ein Speicher enth¨ alt einige GBit solcher Zellen). Setzt man als Kapazit¨ at einer Zelle C = 10−15 As/ V = 1 fF und liegt eine Spannung von U = 1 V an, so betr¨ agt die Ladung Q = C · U zur Speicherung der Informationsmenge 1 Bit etwa 10−15 fF · 1 V = 10−15 As. Diese Ladung wird von n = Q/q = 10−15 As/1, 6 · 10−19 As ≈ 6000 Elektronen getragen! In der Nanoelektronik sind an Bauelementefunktionen noch deutlich weniger Elektronen beteiligt, beim sog. Ein-Elektron-Transistor nur ein Elektron!

Die Ladungstr¨agerdichten unterscheiden sich in typischen Materialien. Metalle enthalten Elektronen wegen der schwachen Atombindung in großer Zahl, also hoher Konzentration n ≈ 1022 Elektronen/cm3. Gleichzeitig gibt es entsprechend viele positive Atomr¨ umpfe: Metalle sind elektrisch neutral. Die Elektronendichte liegt bei ca. 1022 cm−3 und sorgt f¨ ur gute Leitungseigenschaften. In Halbleitern (wie z. B. Silizium) entstehen freie Elektronen oder Defektelektronen beim Ersatz von Atomen des Grundgitters durch Fremdatome, die sog. St¨orstellen. Halbleiter sind elektrisch stets neutral und besitzen eine Ladungstr¨agerdichte n ≈ (1010 . . . 1021) cm−3 abh¨ angig von Anzahl und Art zugesetzter St¨orstellen. Nichtleiter, auch Isolatoren oder Dielektrika genannt, haben (im Idealfall) keine frei beweglichen Ladungstr¨ ager. Der ideale Nichtleiter ist das Vakuum. In der Praxis werden Stoffe mit einer Elektronenkonzentration n < 108 cm−3 noch als Nichtleiter angesehen. Auf die wichtigste Eigenschaft der Ladung, den umgebenden Raum mit einem elektrischen Feld zu erf¨ ullen, kommen wir im Kap. 1.3.3 zur¨ uck. Ladungstr¨ agerdichte, Ladungsverteilungen F¨ ur den Ladungstransport eignet sich die (volumenbezogene) Ladungstr¨agerdichte n besser als die absolute Tr¨agerzahl. Das ist die Zahl ΔN einer Ladungstr¨ agersorte in einem Volumenelement ΔV bezogen auf dieses Volumenelement6 :

dN 1 ΔN resp. n = , [n] = . ΔV →0 ΔV dV cm3

n = lim

6

(1.3.2)

Der Grenz¨ ubergang zum differenziell kleinen Volumenelement empfiehlt sich bei ortsver¨ anderlicher Tr¨ agerverteilung.

14

1. Grundbegriffe

Zur Beschreibung einer Ladungsverteilung bezieht man die Ladung auf ein Volumen, eine Fl¨ ache oder eine Linie: Raumladung: Ladungsverteilung in einem Volumen, etwa die Raumladungswolke in einer Gasentladung oder in der Sperrschicht einer Halbleiterdiode, Fl¨achenladung auf der Oberfl¨ ache einer leitenden Elektrode, Linienladung auf einem Draht mit vernachl¨assigbarem Durchmesser, Punktladung etwa f¨ ur das Elektron. Merkmal der Raumladung ist die Raumladungsdichte  (Abb. 1.3.1). Es gilt  Raumladungsdichte, Q= (r) dV. (1.3.3) Definitionsgleichung Volumen V

mit7 (r) = lim

ΔV →0

dQ As ΔQ = , [] = 1 3 . ΔV dV m

Raumladungsdichte im Raumpunkt r

Dabei ist ΔQ die Ladung im Volumenelement ΔV . Bei ortsunabh¨angiger Raumladungsdichte gilt: Ladung gleich Raumladung mal Volumen. Die Raumladungsdichte spielt in elektronischen Bauelementen, ionisierten Gasen und Elektrolyten eine Rolle. Die u ¨brigen Ladungsverteilungen werden in Band 2 behandelt. Ist die Ladungsverteilung eines Raumes, einer Fl¨ ache, Linie oder in einem oder an verschiedenen Punkten bekannt, so ergibt sich die Gesamtladung durch Integration bzw. Summation u ¨ ber den jeweiligen Bereich: Die Gesamtladung ist die Integralgr¨ oße“ der Ladungsverteilung. ” Q = å Qν

-

dQ=ρ(r)dV

Raumladungsdichte ρ(r)

Q=∫ρ(r)dV

+

+ dV

+

+

- +

- + -

-

Volumen V mit Einzelladungen

a 7

ersetzt durch Ladungskontinuum

b

Abb. 1.3.1. Ladungsverteilung. (a) Einzelladungen im Volumen. (b) Raumladung. Im Volumen V wird die kontinuierliche Ladungsverteilung durch die Raumladungsdichte beschrieben

Man beachte den Unterschied zwischen Raumladungsdichte  und spezifischem Widerstand  (s. Kap. 2.3).

1.3

Elektrische Ladung

15

Merkmale der Ladung

Ladung sitzt als masseloses Fluidum immer auf Materie, Ladungen k¨onnen nur gequantelt auftreten, doch spielt die Quantelung bei makroskopischen K¨ orpern mit großer Elektronenzahl keine Rolle, Ladungen u ¨ ben auf andere Ladungen u ¨ ber beliebige Entfernungen und durch alle Materialien hindurch eine Kraft aus, die auf den K¨orper wirkt, der die Ladung tr¨ agt, jeder materielle K¨ orper hat (im Regelfall) gleich viele positive wie negative Ladungen, in einem Leiter ist beliebig viel verschiebbare Ladung vorhanden, in Isolatoren werden Ladungen hingegen elastisch“ festgehalten, ” das Modell der Punktladung ist die auf einen Raumpunkt komprimierte Ladung (analoger Begriff in der Mechanik die Punktmasse), die sich f¨ ur die mathematische Beschreibung gut eignet. Auf drei weitere Merkmale verweisen wir im Vorgriff: f¨ ur die von Ladungen ausge¨ ubte Kraftwirkung wird im Kap. 1.3.3 der Begriff elektrisches Feld E eingef¨ uhrt, Ladungen sind Quellen und Senken des elektrischen Feldes, es gilt f¨ ur die Ladung ein Erhaltungssatz. 1.3.2 Erhaltungssatz der Ladung Die Physik basiert u. a. auf verschiedenen Erhaltungss¨atzen f¨ ur abgeschlossene Systeme: Erhaltung der Gesamtenergie, des Gesamtimpulses, der Gesamtmasse u. a. m. Sie werden als Naturgesetze durch das Experiment immer wieder best¨atigt, konnten aber nie absolut bewiesen werden. Zu diesen S¨atzen geh¨ort der Satz von der Ladungserhaltung: Die Gesamtladung Q (= algebraische Summe der in einem abgeschlossenen Volumen enthaltenen Ladungen) ist stets konstant (Naturgesetz). Ladungserhaltungssatz, abgeschlossenes System (H¨ ullfl¨ache undurchl¨assig)   d Qi   i Qi  = const bzw. gleichwertig =0 (1.3.4) abgeschl. dt i

Volumen

Kontinuit¨ ulle durchl¨assig)  atsgleichung, nichtabgeschlossenes System (H¨ d i Qi = 0. dt

16

1. Grundbegriffe

Der Satz beruht auf der Unver¨ anderbarkeit der Elementarladung und der Tatsache, dass sich die Wirkungen zweier entgegengesetzt gleicher Ladungen kompensieren. Ladungsverteilungen sind in der Gesamtladung Q sinngem¨aß zu ber¨ ucksichtigen. Umgekehrt folgt dann aus Gl. (1.3.4): Eine Ladung Q im Volumen V kann sich nicht durch Erzeugung oder Vernichtung, sondern nur durch Zu- oder Abfluss von Ladungen durch eine gedachte oder vorhandene H¨ ullfl¨ ache ¨ andern. Die Ladungserhaltung ist die Grundlage der Bilanz- oder Kontinuit¨atsgleichung (1.4.5), die in einer speziellen Form als Kirchhoffscher Knotensatz auftritt. 1.3.3 Elektrische Feldst¨ arke Coulombsches Gesetz Ladungen erzeugen Kraftfelder und u ¨ ben so Kr¨afte aufeinander aus. Die Kraftwirkung zwischen zwei ruhenden Punktladungen wird durch das Coulombsche Gesetz beschrieben

F =

1 kg m 1 Q1 Q2 r Ws , [F ] = 1N = . =1 4πε r2 r s2 m

Coulombsches (1.3.5) Gesetz

Es gilt streng genommen nur f¨ ur Punktladungen, aber auch f¨ ur geladene K¨ orper, wenn die Linearabmessungen kleinen gegen¨ uber dem Abstand sind.

Der Einheitsvektor r/r zeigt in Richtung des Ortsvektors r und hat den Betrag 1. Abh¨angig vom Vorzeichen von Q1 Q2 kann F positiv, negativ oder null sein (Abb. 1.3.2). Dem Bild ist zu entnehmen die Kraft wirkt l¨ angs der Verbindungslinie zwischen den Punktladungen, Ladungen gleicher Polarit¨ at (Q1 Q2 > 0) stoßen einander ab, solche entgegengesetzter Polarit¨ at (Q1 Q2 < 0) ziehen sich an (Abb. a, b): im ersten Fall wirkt F in der Orientierung r, sonst entgegen, die von Q1 auf Q2 ausge¨ ubte Kraft ist betragsm¨aßig gleich der Kraft, die die Ladung Q2 auf Q1 aus¨ ubt. Die Permittivit¨ at ε in Gl. (1.3.5) As (1.3.6) Vm setzt sich aus ε0 , der elektrischen Feldkonstante (absolute Permittivit¨ at des Vakuums, Naturkonstante) und der relativen Permittivit¨ at oder Permittivit¨ atszahl εr zusammen. Sie kennzeichnet den Einfluss der Materie auf das elektrische Feld. Im Vakuum gilt εr = 1, f¨ ur u autern die Permittivit¨ at ¨ brige Materialien εr > 1. Wir erl¨ im Band 2 eingehender. ε = εr ε0

mit ε0 = 8, 854 · 10−12

1.3

Elektrische Ladung

17

Elektrische Feldst¨ arke Die Kraftwirkung zwischen den Ladungen ist nach Gl.

(1.3.5) die Aussage des Teilchenmodells. Danach verursacht die Ladung Q1 an der Ladung Q2 eine Kraft F 2 (und umgekehrt) u ¨ ber beliebige Entfernung. Damit wird der Ursache (elektrische Ladung Q1 ) eine entfernt auftretende Wirkung (Kraft auf Ladung Q2 ) ohne Vermittlung des zwischenliegenden Raumes zugeschrieben! Wir erkl¨aren jetzt den Sachverhalt durch das Feldmodell. Danach muss jeder Feldgr¨oße, die eine Wirkung beschreibt (hier die Kraft F 2 auf die zweite Ladung) eine andere, im gleichen Raumpunkt zur gleichen Zeit auftretende Feldgr¨oße, also eine Ursache zugeordnet werden. Im Beispiel wirkt auf die Ladung Q2 im Raumpunkt 2 die Kraft F 2    Q1 r 12 F 2 = Q2 . (1.3.7) 2 4πε0 r12 r12

 als Raumzustand betrachtet

Deshalb ist der zusammengefasste Anteil eine Eigenschaft des Raumes am Ort angig von Q2 . Das Feldmodell f¨ uhrt diese Wirkung von Q2 selbst, aber unabh¨ auf eine Feldgr¨oße zur¨ uck, die am Ort von Q2 herrscht (Abb. 1.3.2c). Sie muss unabh¨angig vom Objekt (→ Q2 ) sein, auf das sie wirkt (die Kraft h¨angt von Betrag und Vorzeichen von Q2 ab, kann also nicht Zustandsgr¨oße des Raumes sein)! Der Quotient   r 12 F2 Q1 = E2 = 2 Q2 4πε0 r12 r12 erf¨ ullt diese Eigenschaft. Wir interpretieren ihn als die dem Raumpunkt eigene Feldgr¨oße, die elektrische Feldst¨arke E. Sie charakterisiert die Kraftwirkung F 2 auf die Ladung Q2 (als qualitatives Verst¨andnis der Feldst¨arke am Ort der Ladung): er

Q2 Q1 +

F1

a

r

º

r12 r21 F2

F1

Wirkung F2 F2

+

+

Q2

Q2 +

F2

º

Q2 +

F2=Q2E

Feldstärke E bes. phys. Raumzustand Feld ausgedrückt durch

-

b

Q1

c

Abb. 1.3.2. Kraftwirkung zwischen zwei Punktladungen. (a) Kraftwirkung zwischen zwei

ur Q1 Q2 < 0. (c) Kraftwirkung auf die Ladung Q2 Ladungen, Q1 Q2 > 0. (b) dto. f¨ erkl¨ art durch den besonderen physikalischen Raumzustand Elektrisches Feld“ mit der ” Feldst¨ arke E

18

1. Grundbegriffe

Elektrische Feldst¨ arke =

Kraft auf Ladung . Ladung

Wie die Kraft F ist auch die Feldst¨ arke E eine vektorielle physikalische Gr¨oße und wir kommen zu folgender Definition: Wirkt auf eine am Ort P befindliche ruhende Punktladung Q die Kraft F , so herrscht am gleichen Ort die elektrische Feldst¨arke E. Diese Definitionsgleichung gilt, unabh¨ angig von der Feldursache, f¨ ur das gesamte elektromagnetische Feld. E=

F . Q

Elektrische Feldst¨ arke, Definitionsgleichung (1.3.8)

Die Richtung der Feldst¨ arke E stimmt bei positiver Ladung mit der Richtung der Kraft u ¨ berein, bei negativer Ladung wirken sie einander entgegen (Abb.1.3.2b). Die prinzipielle Bedeutung der Definition liegt in der Beschreibung der Wechselbeziehung zwischen Feldgr¨ oße und Kraftwirkung am gleichen Ort. Damit ordnet das elektrische Feld jedem Raumpunkt eine lokale Eigenschaft zu. Ist E dort bekannt, so steht fest, was dort mit jeder Ladung geschehen w¨ urde unabh¨ angig davon, ob vorhanden oder nicht.

Die Definition Gl. (1.3.8) sagt nichts u ¨ ber die Erzeugung der Feldst¨arke. Deshalb kann sie auf zwei Arten interpretiert werden: 1.

2.

Man stellt das elektrische Feld an einem Ort durch die Kraftwirkung auf eine dort befindliche oder hingebrachte Ladung fest: dann wirkt die Ladung als Feldindikator“ und heißt Probeladung. Zwangsl¨aufig verschiebt ” die Feldst¨arke bewegliche Ladungen (etwa im Leiter) durch ihre Kraftwirkung: Feldst¨arke als Antriebsursache der Tr¨agerbewegung. Ladungen erzeugen in ihrer Umgebung ein Kraftfeld (Abb. 1.3.2a) und damit ein elektrisches Feld. Deshalb sind Ladungen immer Anfang (Quelle) und Ende (Senke) von Feldst¨arkelinien.

Abb. 1.3.3 zeigt Beispiele zur Feldst¨ arke: Ladungen zwischen einer Gewitterwolke und der Erde erzeugen ein elektrisches Feld in der Atmosph¨are, ebenso Ladungen auf zwei isoliert angebrachten Metallplatten. Wirkt in einem Leiter eine Feldst¨ arke E (z. B. durch Anlegen einer Batteriespannung), so setzt die Feldst¨arke Ladungstr¨ ager in Bewegung. Auch auf den Batteriepolen (+, −) sitzen Ladungen, zwischen denen sich ein elektrisches Feld ausdehnt (Abb. 1.3.3b, c).

1.3

Elektrische Ladung

19

Einheit, Gr¨ oßenordnung Die Einheit der elektrischen Feldst¨ arke lautet



V V As F N kg m kg m2 = 1 =1 [E] = =1 =1 mit 1 = 1 V. 3 3 Q As m As As As Dabei ist 1 V eine abgeleitete Einheit. Untereinheiten sind V/cm, kV/cm und MV/cm. Gr¨ oßenvorstellung E E E E E E E

Atmosph¨ are (klares Wetter) Oberfl¨ ache einer Rundfunkempfangsantenne Oberfl¨ ache einer Hochspannungsleitung Kondensator stromdurchflossener Leiter Sperrschicht in Halbleiterbauelementen Durchschlagfestigkeit der Luft

≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈

(100 . . . 200) V/ m (1 . . . 103 ) μV/ m 106 V/ m 6 (10 . . . 107 ) V/ m 0, 1 V/ m (104 . . . 106 ) V/ cm 30 kV/ cm

Eine Feldst¨ arke E = 106 V/ m u ¨ bt auf eine positive Elementarladung q = 1, 6 · −19 As die Kraft F = qE = 1, 6 · 10−19 As · 106 V/ m = 1, 6 · 10−13 Ws m−1 ≈ 10 agt. 1, 6 · 1011 p aus, da 1 Ws/m ≈ 0,1 kp = 100 p betr¨

Homogenes Feld Dieser Sonderfall entsteht bei Belegung zweier unendlich großer paralleler, voneinander isolierter Metallplatten mit fl¨ achenhaft verteilten Ladungen Q+ , Q− (Abb. 1.3.3a). Dann herrscht u ¨ berall zwischen den Platten die gleiche Feldst¨ arke E (Gr¨ oße, Richtung). Anwendungen Kraftwirkungen zwischen elektrischen Ladungen treten vielf¨altig auf und werden umfangreich genutzt. Beispiele sind: das elektrostatische Aufspannen von Papier auf Plottern, die Herstellung eines Ladungsbildes bei Xerografie- und Laserdruckverfahren, Wolke

+ +

+

+Q + + +

++ +

Spannung U =1,5 V

Leiter +Q + + +

U =1,5V Strom I

E

-

Erde

a

-Q

Leiter

+v

-

-

+ -

-Q elektr. Feld E ~F

b

-

Bewegung durch Kraftwirkung ~ Feldstärke E

elektr. Feld E(r)

c

Abb. 1.3.3. Beispiele zum elektrischen Feld. (a) Ausbildung eines elektrischen Feldes zwi-

schen Ladungen (Gewitterwolke, geladene isolierte Metallplatten). Bei parallelen Metallplatten entsteht ein homogenes elektrisches Feld. (b) Eine Spannung am Leiter verursacht ein elektrisches Feld mit Kraftwirkung auf Ladungstr¨ ager: Ladungstr¨ agerbewegung, Stromtransport. Die Bewegungsrichtung h¨ angt vom Vorzeichen der Ladung ab. (c) Elektrisches Feld zwischen den Polen einer Batterie

20

1. Grundbegriffe

die Kraftwirkung zwischen beweglichen, geladenen Elektroden (Kondensatormikrofon, elektrostatisches Voltmeter), das Prinzip mancher Tintenstrahldrucker, die Ablenkung eines Elektronenstrahls (Prinzip der Bild- oder Oszillografenr¨ ohre) u. v. a. m. Wegen der Bedeutung dieser Kraftwirkungen vertiefen wir sie sp¨ ater im Band 2.

Zusammenfassung Das elektrische Feld ist an eine Ursache (z. B. ruhende Ladung) gebunden und tritt im Raum als Wirkung auf. Umgekehrt kann ein (von anderen ruhenden Ladungen erzeugtes) elektrisches Feld Kr¨afte auf Ladungstr¨ager aus¨ uben und sie bewegen. Deshalb unterteilen wir Felderscheinungen zweckm¨ aßig in das elektrostatische Feld gebunden an ruhende Ladungen und das Str¨omungsfeld verkn¨ upft mit Ladungsbewegungen. Wir vertiefen den Feldst¨arkebegriff im Band 2.

1.4

1.4 Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke 1.4.1 Strombegriff Der Begriff elektrischer Strom“ kn¨ upft an Str¨omungsbegriffe des t¨aglichen ” Lebens: Verkehrsstrom, Geldstrom, Fl¨ ussigkeitsstrom u. a. So wird etwa die St¨arke eines Luftstromes in einem Abluftrohr durch die Menge der durchstr¨omenden Luft pro Zeiteinheit beschrieben, z. B. 1 m3 /min. Auch ein Verkehrsstrom ist nichts anderes als die Anzahl der Verkehrsteilnehmer pro Zeiteinheit durch die Messstelle, etwa an einer Straße. Eine Str¨omung ist ein Transportvorgang, bei dem Teilchen durch Kraftwirkung (als Antriebsursache) eine gerichtete Bewegung ausf¨ uhren. Beispielsweise stellt man sich unter Begriffen wie Wasserstr¨ omung (= Menge des dahinstr¨ omenden Wassers), Luftstrom (= Menge der dahinstr¨ omenden Luft) sofort etwas vor. In beiden F¨ allen handelt es sich um Massenstr¨ ome (Str¨ ome bewegter Masse). Zur Entstehung einer Str¨ omung ist eine Antriebsursache f¨ ur die Teilchen erforderlich. Das ist z. B. beim Fl¨ ussigkeits- oder Gasstrom ein Druckgef¨ alle oder beim W¨ armestrom ein Temperaturgef¨ alle. Auch f¨ ur den elektrischen Strom gibt es ein solches Gef¨ alle, das Potenzialgef¨ alle als Antriebsursache.

Eine Str¨omung entsteht durch ein Gef¨alle (= r¨aumliche Abnahme) einer physikalischen Gr¨oße als Kraftursache. Sie ist stets so gerichtet, dass ein Ausgleich erfolgt. Dann bestimmt das Gef¨ alle die Transportrichtung. Ohne Gef¨alle erfolgt keine Str¨omung.

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

21

So verringert sich der Druckunterschied zwischen zwei u ¨ber ein Rohr verbundenen Wasserbeh¨ altern durch den ausgleichenden Wasserstrom. Er h¨ ort auf, wenn keine antreibende Kraft mehr vorhanden, der Druckunterschied ausgeglichen ist. Massenaustausch zwischen den beiden Reservoiren und Str¨ omung sind miteinander verbunden.

Gilt f¨ ur eine physikalische Gr¨ oße ein Erhaltungssatz im abgeschlossenen Sys¨ tem, so verlangt ihre zeitliche Anderung zwangsl¨aufig einen Austausch (= Str¨omungsvorgang) mit einem zweiten System. Str¨omungsvorgang und Erhaltungssatz einer physikalischen Gr¨ oße stehen in direkter Beziehung (Tab. 1.3). Wir zeigen dies zun¨ achst an der Erhaltung der Masse und betrachten ein allseitig abgeschlossen gedachtes Volumen (Abb. 1.4.1a), etwa einen Eimer gef¨ ullt mit Wasser der Masse m. Str¨ omt durch eine gedachte H¨ ullfl¨ache (= Oberfl¨ache des Volumens) an beliebiger Stelle ein Massenfluss Imzu (Wasserstrom = Massenstrom) zu und an anderer Stelle Imab ab, so gilt: Zeitliche Zunahme der Masse + Abfluss − Zufluss = 0 oder dm + Imab − Imzu = 0. 

dt

Kontinuit¨atsgleichung (1.4.1) des Massenflusses

Nettomassenfluss

Diese Bilanz heißt Kontinuit¨atsgleichung (der Masse). Sie folgt aus ihrem Erhaltungssatz. Dabei wurde der Massenabfluss als positiv angesetzt. Fließt

Tabelle 1.3. Erhaltungss¨ atze f¨ ur Ladung und Energie und ihre Folgerungen

Naturgesetz: Erhaltungss¨atze der Ladung Q und Energie W (abgeschl. System) 

- Darstellung: Q bzw. W = const

St¨ orung durch ¨außere Ursache, z. B. Kraft auf Teilchen

? ¨ Zeitliche Anderung der Erhaltungsgr¨ oße, Str¨ omung (Fluss als Ausgleich) ? Ladungsstr¨omung, el. Strom

? Energiestr¨omung, Energiestrom

? ? darstellbar mit den Gr¨ oßen des Teilchen- und Feldmodells

22

1. Grundbegriffe

Massenzustrom Imzu

Hüllfläche

Änderung dm/dt

Izu

Hüllfläche Q=const

a

dQ =0 dt

Q≠const

I2 Iab

Masse m

Massenabstrom Imab

Hülle (Knoten)

I1

æ dQ

ö = 0÷ ç è dt ø

b

dQ dt

c

=I

I5 zu

-I

ab

I4

I3

I1+I2-I3-I4-I5=0

d

Abb. 1.4.1. Zur Kontinuit¨ atsgleichung. (a) Kontinuit¨ at des Massenflusses. (b) Bilanzgleichung der Ladung Q im Volumen, Ladungserhaltung. (c) Ladungs¨ anderung durch die Differenz von Zu- und Abstrom. (d) Bilanzgleichung (Ladungserhaltung), Knotensatz

nur Wasser ab (Imzu = 0), so sinkt die Wassermasse zeitlich: Imab = − dm dt . ¨ Das negative Vorzeichen bedeutet Abnahme! Andert sich die Masse nicht (dm/dt = 0, d. h. m = const, Erhaltungssatz), dann folgt daraus Imab − Imzu = 0.

Stromkontinuit¨at (1.4.2)

Stimmen Zu- und Abfluss u ¨ berein, so bleibt die Wassermasse erhalten. Sie kann sich im abgeschlossenen Volumen weder vergr¨oßern noch verkleinern, ohne dass durch die zugeh¨ orige H¨ ullfl¨ ache ein entsprechender Massenfluss auftritt (Satz von der Erhaltung der Masse) oder verallgemeinert: ¨ Die zeitliche Anderung einer Erhaltungsgr¨ oße verursacht stets einen Fluss dieser Gr¨oße durch eine (gedachte) H¨ ullfl¨ ache: Kontinuit¨atssatz der Erhaltungsgr¨oße. Diese Ergebnisse wenden wir auf die Ladung und Energie an (Tab. 1.3), denn beide unterliegen Erhaltungss¨ atzen (Gl. (1.3.4)). F¨ ur die Ladung erwarten wir einen Ladungstr¨agerstrom = elektrischen Strom I = Strom dahinfließender Ladungstr¨ager (Abb. 1.4.1b). Er heißt auch Konvektionsstrom.8 Zur Energie geh¨ort ebenso ein Energiefluss oder Energiestrom = Strom dahinfließender Energiemenge (s. Bd. 2).

8

Mit den Begriffen Strom, Str¨ omung“ verbindet sich meist die Vorstellung von ” bewegten Stoffen, z. B. Masseteilchen oder Ladungstr¨ agern. Besser w¨ are die Benutzung des Begriffes Fluss“ von Ladungstr¨ agern, weil wir sp¨ ater auch von ” Verschiebungs- und Magnetfluss sprechen. Flussgr¨ oßen werden stets u ¨ ber das Flussintegral des zugeh¨ origen Vektors gebildet (s. Bd. 2). Bei einem Fluss muss keinesfalls etwas Stoffliches fließen“, wie der Verschiebungs- und Magnetfluss zeigen wird. Die ” Beibehaltung des Strombegriffes ber¨ ucksichtigt die praktische Gepflogenheit.

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

23

1.4.2 Elektrische Stromst¨ arke F¨ ur die Elektrotechnik hat der Strombegriff fundamentale Bedeutung. Der elektrische Strom (Konvektionsstrom) ist eine gerichtete Bewegung von Ladungstr¨agern als Folge einer Antriebsursache. Intensit¨ at der elektrischen Str¨ omung: Stromst¨ arke Unter der Stromst¨ arke (=

Intensit¨at der elektrischen Str¨ omung) versteht man den Quotienten der Ladungsmenge ΔQ, die w¨ ahrend einer Zeitspanne Δt durch einen gedachten Querschnitt (Messebene, Leiterquerschnitt A, Abb. 1.4.2a) str¨omt, dividiert . Im Grenzfall Δt → 0 wird daraus durch diese Zeitspanne: I = ΔQ Δt I(t) = lim

Δt→0

ΔQ dQ = . Δt dt

Elektrische Stromst¨arke, (1.4.3) Definitionsgleichung

Dabei ist ΔQ die zur Durchstr¨ omdauer Δt geh¨ orende Ladungsmenge. Anschaulich beschreibt der Begriff Stromst¨ arke, ob in einer Zeitspanne Δt eine große oder kleine Ladungsmenge durch einen Querschnitt transportiert wird. Der Durchtrittsquerschnitt selbst tritt in der Definitionsgleichung (1.4.3) nicht auf.

Strom I

ΔQ Betrachtungsfläche

Gleichstrom

i(t)

i(t)

Mischstrom

ΔQ Strom I

Zeitpunkt t

Wechselstrom

t

Impulsstrom

Zeitpunkt t+Δt

c

a

t dQ 0

IA

I < 0, z.B. I =-2A Querschnitt A

+

-

Stromantrieb

+ +

IC

Querschnitt B

Strom I > 0, z.B. I =+2A

b

IB

d

Querschnitt C

Abb. 1.4.2. Strombegriff. (a) Definition der Stromst¨ arke I. Strom gekennzeichnet durch ei-

ne Ladungsmenge ΔQ, die w¨ ahrend der Zeitspanne Δt durch eine (gedachte oder materielle) Fl¨ ache fließt. (b) Z¨ ahlrichtung des Stromes und Bewegungsrichtung der Ladungstr¨ ager. (c) Stromarten. (d) Stromkontinuit¨ at. Im Leiterkreis fließt u ¨berall der gleiche Strom I unabh¨ angig vom Leiterquerschnitt

24

1. Grundbegriffe

Einheit, Dimension Die Stromst¨ arke wurde im Internationalen Einheitensys-

tem (SI) als (einzige) Grunddimension der Elektrotechnik festgelegt. Als Einheit gilt nach der Definitionsgleichung (1.4.3)9 : [I] =

As [Q] =1 = 1 A. [t] s

Die Einheit des Stromes heißt 1 Amp`ere (Symbol A). Sie wird u ¨ ber die magnetische Kraftwirkung zweier paralleler stromdurchflossener Dr¨ahte mit definiertem Abstand bestimmt (s. Bd. 2). Mit der Dimension der Stromst¨ arke l¨ asst sich die Einheit der Ladung u ¨ber die Definitionsgleichung (1.4.3) begr¨ unden: dim (Ladung) = dim (Stromst¨ arke · Zeit), Einheit 1 C = 1 As. Gr¨ oßenvorstellung Folgende Stromst¨arken sind typisch: Strom bei Blitzschlag Fahrstrom ICE (15 000 PS) Straßenbahn Autoanlasser Kochplatte, Tauchsieder Gl¨ uhlampe Strahlstrom Fernsehr¨ ohre Stromempfindlichkeit Mensch Armbanduhr empfindlicher Strommesser Steuerstrom Feldeffekttransistor Biometrische Signale

≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ < ≈

(10 . . . 100) kA 1000 A (100 . . . 200) A (20 . . . 100) A einige A 0,1 A (1 . . . 10) μA (10−4 . . . 10−3 ) A 1 μA 1 pA 1 pA 1 fA . . . 1 pA

Stromrichtung Weil der Strom eine gerichtete Bewegung positiver und negativer Ladungstr¨ager darstellt, ist eine Richtungsangabe (Z¨ahlpfeil) erforderlich (Abb. 1.4.2b).

Ein Strom hat positive Richtung, wenn sich positive Ladungstr¨ager auf einen (vorhandenen oder gedachten ) Querschnitt zu bewegen. Diese Festlegung heißt auch technische Stromrichtung“. ” Die Richtung wird durch einen Z¨ ahlpfeil neben oder im Leiter markiert. 9

Obwohl wir die Ladung als nicht weiter definierte vierte Grundgr¨ oße verwenden und die Stromst¨ arke aus ihr durch die Definitionsgleichung (1.4.3) abgeleitet haben, besteht keine Notwendigkeit, die Ladung auch als Grunddimension zu benutzen. Beide Einheiten lassen sich durch die zugeh¨ orige Definitionsgleichung u uhren. F¨ ur die ¨ berf¨ Wahl der Ladung als Grundgr¨ oße sprechen didaktisch-methodische Aspekte, weil das Teilchenmodell sehr anschaulich ist. Die Wahl des Stromes als Grunddimension erfolgt nach praktischen Gesichtspunkten.

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

25

Der Ladungsfluss durch die Fl¨ ache erfordert n¨ amlich die Festlegung einer positiven Z¨ ahlrichtung, der Strom I selbst ist aber ein Skalar. Die Durchflussrichtung der Ladungstr¨ ager ergibt sich aus dem Z¨ ahlpfeil und dem Vorzeichen des Zahlenwertes des Stromes (Abb. 1.4.2b). F¨ ur I > 0 stimmen Durchflussrichtung positiver Tr¨ ager und die Richtung des Z¨ ahlpfeiles u ¨ berein, negative Ladungen bewegen sich entgegen der Z¨ ahlrichtung. Bei positivem (negativem) Wert der Stromst¨ arke fließt der Strom in (entgegen der) Richtung des Z¨ ahlpfeiles.

Sind n¨ahere Flussverh¨ altnisse unbekannt, so wird die Stromrichtung willk¨ urlich festgelegt und im Ergebnis der Analyse gepr¨ uft, ob die angesetzte Stromrichtung stimmt (positiver Zahlenwert) oder nicht (negativer Zahlenwert). Weil die positive Stromrichtung f¨ ur positive Ladungen stets mit ihrer Bewegungsrichtung u ¨ bereinstimmt und sich negative Ladungen (Elektronen) in entgegengesetzter Richtung bewegen (Abb. 1.4.2b), ist es gleichg¨ ultig, ob sich in einem Halbleiter positive Ladungen mit der Geschwindigkeit v oder negative mit −v bewegen. Der physikalische Richtungssinn des Stromes stimmt in beiden F¨allen u ur die Gruppe metallischer Leiter folgt dann:10 ¨ berein. F¨ In metallischen Leitern bewegen sich Elektronen dem positiven Richtungssinn des Stromes entgegen. Man versteht den Begriff Stromrichtung“ daher besser als Durchtrittssinn ” der Ladung durch eine Querschnittsfl¨ache. Das wird deutlich, wenn wir sp¨ater die zum Strom geh¨ orige Feldgr¨ oße Stromdichte J betrachten (Anhang A.2 und Bd. 2). Stets ist jedoch zu beachten: Der Strom ist kein Vektor, sondern eine vorzeichenbehaftete skalare Gr¨ oße, eine Flussgr¨oße (Bd. 2). Stromarten, Zeitabh¨ angigkeit Nach der Zeitabh¨ angigkeit des Stromes i(t)

werden unterschieden: zeitkonstanter Strom oder Gleichstrom. Dann fließt je Zeitspanne Δt stets die gleiche Ladungsmenge (St¨ arke und Richtung gleichbleibend) I=

10

Q dQ = const = dt t

Gleichstrom (1.4.4a)

Hier zeigt sich die Unzweckm¨ aßigkeit der Vereinbarung (Kap. 1.3), dem Elektron negative Ladung zuzuordnen. Die entgegengesetzten Richtungen der Elektronenbewegung und des physikalischen Richtungssinnes des Stromes waren Anlass zu Unterschieden wie physikalische“ und technische“ Stromrichtung u. a. m. Wir ver” ” wenden sie nicht.

26

1. Grundbegriffe

zeitver¨anderlicher Strom, dann fließt je Zeitspanne Δt eine ver¨anderliche Ladungsmenge I(t) = i(t) =

dQ(t) . dt

zeitver¨anderlicher Strom (1.4.4b)

Zeitver¨anderliche Gr¨ oßen tragen sp¨ ater kleine Symbole. Technisch wichtige zeitver¨ anderliche Str¨ ome zeigt Abb. 1.4.2c (DIN 5488): Wechselstrom, dessen Zeitwert i(t) periodisch wechselt mit verschwindendem linearen Mittelwert |i(t)|. Der Sinusstrom bildet die Grundlage der Wechselstromtechnik. ¨ Mischstrom als Uberlagerung von Gleich- und Wechselstrom, oft auch als welliger Gleichstrom bezeichnet, weil er beim Gleichrichten eines Wechselstroms entsteht. Impulsstrom als Stromst¨ oße kurzer Dauer, die periodisch oder nichtperiodisch auftreten.

Wirkungen des Stroms Der Mensch nimmt eine Ladungstr¨ agerstr¨omung nur indirekt u ¨ ber Stromwirkungen wahr. Sie gelten als Stromkennzeichen:

1.

Magnetische Wirkung. Jeder Strom wird von einem Magnetfeld umgeben. Es a¨ußert sich durch Kraftwirkung auf ferromagnetische Stoffe oder stromdurchflossene Leiter, ist das wichtigste Kennzeichen eines Stromes und dient zur Definition eines verallgemeinerten Strombegriffes. Ausgenutzt wird die Magnetfeldwirkung zur Erzeugung von Kr¨ aften, Drehmomenten und mechanischer Energie (z. B. Motoren, Messinstrumente, Magnete, elektroakustische Ger¨ ate).

2.

Thermische Wirkung. Jeder stromdurchflossene Stoff erw¨armt sich. Darauf beruhen Elektrow¨ armeger¨ ate, die Gl¨ uhemission in Elektronenr¨ohren, die dielektrische Erw¨ armung (Mikrowelle), das elektrische Schweißen u. a. Die thermische Wirkung ist unerw¨ unscht, wenn sie die Betriebssicherheit elektrischer Ger¨ ate und Bauelemente (Motor, PC, Halbleiterbauelemente) beeintr¨ achtigt.

3.

4.

Chemische Wirkung. In bestimmten Fl¨ ussigkeiten erfolgt durch Ladungstr¨ager (Ionen) ein Stofftransport, der den Stoff chemisch ver¨andert, z. B. auch ein Leitermaterial zersetzen kann. Das wird bei der Elektrolyse, der elektrolytischen Abscheidung, zur Speicherung chemischer Energie im Akkumulator, in Brennstoffzellen u. a. m. ausgenutzt. Elektromagnetische Strahlung. Durch Stromfluss kann in Gasen (Leuchtstoffr¨ohre, Blitz u. a.) und Festk¨ orpern (z. B. Lichtemitterdioden, Laserdiode) eine Licht- oder Strahlungsemission entstehen. Ursache ist die Anregung gebundener Elektronen auf ein h¨oheres Energieniveau durch

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

27

Energiezufuhr und R¨ uckkehr auf das Ausgangsniveau mit Emission eines Lichtquants. W¨ ahrend die vorherigen Wirkungen bei jeder Stromst¨arke auftreten, erfordert die optische Wirkung oft einen bestimmten Schwellstrom. Gerade die optischen Wirkungen haben mit der Optoelektronik/Photonik ein v¨ ollig neues Feld der Elektrotechnik er¨ offnet. So werden LEDs immer mehr zum Ersatz der Gl¨ uhlampe eingesetzt, Laser bestimmen viele Technikbereiche und mit der Erfindung der Glasfaserleitungen gelang die weltweite optische Nachrichten¨ ubertragung.

5.

In tierischen und menschlichen K¨ orpern erfolgen bei Stromdurchgang physiologische Wirkungen. Sie ¨ außern sich, je nach Stromintensit¨at, in Muskel- und Nervenreaktionen und k¨ onnen zu gr¨oßeren organischen St¨orungen oder gar zum Tod f¨ uhren.

Gew¨ ohnlich treten die Stromwirkungen verkoppelt auf. Ein typisches Beispiel ist die Gl¨ uhlampe, die neben der Strahlung (Umsetzwirkungsgrad etwa 2%!) noch betr¨ achtliche W¨ arme entwickelt.

Beispiel 1.4.1 Mittlere Elektronengeschwindigkeit Wir sch¨atzen die mittlere Geschwindigkeit v¯ ab, mit der sich Elektronen beim Strom I = 3 A durch einen metallischen Leiter (Ladungstr¨ agerdichte n = 8, 6 · 1022 cm−3 , Querschnitt A = 1 mm2 ) bewegen. Aus der Definitionsgleichung (1.4.3) und Abb. 1.4.2a muss die Ladung ΔQ ermittelt werden, die w¨ ahrend der Zeitspanne Δt einseitig zu- und am Leiterende wieder abgef¨ uhrt wird. Dabei legen die Elektronen die Wegstrecke Δs = vΔt zur¨ uck und bewegen das Volumen ΔV = AΔs = AvΔt, also die Ladung ΔQ = nqΔV = nqAvΔt = −enAvΔt. Daraus folgt I = ΔQ/Δt = qnAv = −enAv und v=

I 1 −3 A ≈ ≈ −0, 22 mm/ s. Aqn 1 mm2 1, 6 · 10−19 As · 8, 6 · 1022 cm−3

Die Elektronen bewegen sich entgegen der positiven Z¨ ahlrichtung des Stromes.

1.4.3 Erstes Kirchhoffsches Gesetz, Knotensatz Haupteigenschaft des Stromes: Kontinuit¨ at Nach dem Satz von der Erhaltung

der Ladung Gl. (1.3.4) kann sich, wie bei der Erhaltung der Masse (Gl. (1.4.1) und Tabelle 1.3) erl¨ autert, die Gesamtladung in einem Volumen (abgeschlossenes System) nur ¨ andern, wenn Ladungstr¨agerzu- oder -abfluss durch eine (materielle oder gedachte) H¨ ullfl¨ ache um das Volumen erfolgt. Deshalb erwarten wir aus der Ladungserhaltung Gl. (1.3.4) eine Kontinuit¨atsgleichung des Ladungsflusses = Stromflusses, wie sie durch Gl. (1.4.1) f¨ ur den Massenfluss gegeben ist:

28

1. Grundbegriffe

dQ dt 

=

  dQ  dQ  − = dt zu dt ab

Ladungs¨ anderung pro Zeitspanne

I| − I|  zu ab

.

zufließender-abfließender Konvektionsstrom

(1.4.5)

Bilanz-, Kontinuit¨atsgleichung Die Ladung in einem geschlossenen Volumen ¨andert sich nicht durch Generation und Rekombination, sondern nur Zu- und Abfluss. ¨ Die zeitliche Anderung der Gesamtladung Q im Volumen V ist gleich der durch seine Oberfl¨ ache je Zeitspanne zu- und/oder abfließenden Ladungsmenge, also dem Ladungszu- und -abfluss (Abb. 1.4.1c). Wird die Kontinuit¨atsgleichung auf einen beliebig geformten, vom Strom I durchflossenen Leiterkreis angewendet, so l¨ asst sich an jeder Stelle ein Volumen mit der Ladung Q konstruieren und die Kontinuit¨ atsgleichung aufstellen. Bei Erhaltung der Ladung Q (Q = const → dQ/dt = 0) folgt aus Gl. (1.4.5) an jeder Stelle (A, B, C, Abb. 1.4.2d) Iab = Izu = IA = IB = IC .

Stromkontinuit¨at bei (1.4.6) konstanter Ladung

Der Strom ist eine in sich geschlossene Erscheinung. Er besitzt in jedem Querschnitt die gleiche St¨ arke und hat daher keine Quellen oder Senken. Das ist der Inhalt der Stromkontinuit¨ at: Strom als Band“ ohne Anfang ” und Ende. Deshalb heißt eine geschlossene Leiteranordnung auch Leiteroder Stromkreis. Stromkontinuit¨ at bedeutet zwangsl¨ aufig, dass Ladungstr¨ ager einen Bewegungsantrieb erfahren, also durch eine Antriebsquelle“ hindurchfließen m¨ ussen. Sie werden ” dort weder erzeugt noch verbraucht, sondern nur durch Energiezufuhr in Bewegung versetzt. Da hierzu Energie aufgewendet werden muss, ist die Antriebsquelle zugleich Umformorgan nichtelektrischer in elektrische Energie (s. Bd. 2).

Als Folge der Ladungserhaltung (dQ/dt = 0) verschwindet die Summe der zu- und abfließenden Konvektionsstr¨ ome auch dann, wenn mehrere Str¨ome durch die H¨ ullfl¨ ache fließen (Zufluss positives Vorzeichen): m n  d  Qν = Iμ = 0. dt ν=1 μ=1

1. Kirchhoffsches Gesetz, Knotensatz (1.4.7)

Die algebraische Summe aller durch eine (gedachte) H¨ ullfl¨ache bzw. eine geschlossene Schnittlinie in einem Netzwerk fließenden Str¨ome verschwindet (bei Ladungserhalt) zu jedem Zeitpunkt: Schnittgesetz oder erweiterter Knotensatz.

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

29

Dabei f¨ uhren Str¨ome, die in die H¨ ulle fließen ein positives (Richtungspfeil hinweisend), herausfließende ein negatives Vorzeichen (Abb. 1.4.1c). Deshalb gilt gleichwertig beim Schrumpfen der H¨ ullfl¨ ache (Schnittlinie) zu einem Knoten (Abb. 1.4.3) Summe der zum Knoten hinfließenden Str¨ ome ist gleich Summe der abfließenden Str¨ome. Werden dagegen die Richtungspfeile am Knoten einheitlich angesetzt (alle hin- oder wegweisend), so besagt der Knotensatz: In einem Stromknoten verschwindet die Summe aller vorzeichenbehafteten Str¨ome (mit einheitlicher Richtungsorientierung). Im technischen Sprachgebrauch, besonders in der Netzwerkanalyse, wird die H¨ ullfl¨ache als Knoten (Verbindungsstelle von Leitungen, L¨otverbindung mehrerer Leitungen) bezeichnet und der Knotenbegriff auf eine Verbindungsstelle mit Stromverzweigung beschr¨ ankt. Davon abweichend bezeichnen Netzwerkanalyseprogramme (Kap. 3.5) jede Verbindung, auch die Durchverbindung von zwei reihengeschalteten Netzwerkelementen als Knoten. In einer solchen Verbindung erfolgt keine Stromverzweigung. Bei Anwendung dieser Vereinbarung in der Netzwerkanalyse entstehen unn¨ otig viele Gleichungen. Der Knotensatz ist ein Fundamentalgesetz zur Analyse elektrischer Netzwerke mit Konsequenzen f¨ ur Bauelemente und Schaltungen: f¨ ur ein Bauelement mit zwei Anschl¨ ussen, ein Zweipol oder Eintor, gilt IA = IB (Strom als kontinuierliches Band, Abb. 1.4.3b),

I1 I2

I1 I3

I4

åI = åI ν

Zu

Ab

μ

Hüllknoten, Schnittlinie

Zweipol

I2

I1 I1=I2

I2

Knoten I1

I2

b IB

I3

I4

åI a

ν

R2 R1

IC

Uq IE

=0

IE=IB+IC

c

R7

R4 R3 I3

R5

R6

I1+I2+I3=0

d

Abb. 1.4.3. Knotensatz. (a) Knotensatz (im engeren Sinn) f¨ ur Z¨ ahlpfeile in gleicher oder unterschiedlicher Richtung. (b) Schnittgesetz, (erweiterter) Knotensatz f¨ ur eine Schnittlinie am Zweipol. (c) Schnittgesetz am Bipolartransistor. (d) Schnittgesetz f¨ ur einen Schaltungsteil. Er kann weitere Knoten enthalten

30

1. Grundbegriffe

am Mehrpol (Transistor, Schaltkreis, Netzwerk) mit n Klemmen m¨ ussen nur n−1 Str¨ ome bekannt sein, um den restlichen Strom zu bestimmen (Abb. 1.4.3c), der Knotensatz gilt f¨ ur alle Str¨ ome einer Schaltung, die durch einen beliebig gelegten (geschlossenen) Schnitt (H¨ ullfl¨ ache, erweiterter Knotenbegriff) fließen (Abb. 1.4.3d). Deshalb kann auch eine H¨ ullfl¨ ache als Knoten angesehen werden, die mehrere zusammengeschaltete Bauelemente oder Schaltungsteile enth¨ alt (bisweilen als Superknoten bezeichnet). Das ist der tiefere Inhalt des Knotensatzes. der Knotensatz gilt streng genommen nur f¨ ur zeitunabh¨ angige Str¨ ome (Gleichstr¨ ome); f¨ ur zeitver¨ anderliche Str¨ ome ¨ andert sich die H¨ ullenladung, was z. B. durch zus¨ atzliche kapazitive Str¨ ome modelliert werden kann (vgl. Bd. 2).

1.4.4 Zusammenhang Strom-Ladung Ladungsmenge, Zusammenhang Strom-Ladung War der Strom als zeitliche

Ladungs¨anderung definiert (Gl. (1.4.3)), so ergibt sich die Ladungsmenge oder Ladungskurve durch Umkehrung der Differenzial- zur Integralbeziehung11 zwischen den Zeitpunkten t und t0 t Q(t)  Gesamtladung

=

Q(t0 )  Anfangsladung

+ t0



I(t ) dt

.

(1.4.8)



vom Strom I(t) transportierte Ladung

Die Ladung Q(t0 ) zu Beginn des Stromflusses heißt Anfangsladung. Sie muss bekannt sein. Die vom Strom zwischen zwei Zeitpunkten gef¨ uhrte Nettoladung (= Differenz zwischen Ladung und Anfangsladung) ist gleich seinem Zeitintegral, grafisch also der Strom-Zeit-Fl¨ ache (Abb. 1.4.4). Ein Strom von kurzer Zeitdauer heißt Stromstoß. Dann interessiert nur das Zeitintegral der Stromst¨ arke als Ladung, die w¨ahrend des Stromstoßes durch den Leiter fließt. Mathematisch wird der Stromstoß im Idealfall unendlich kurzer Dauer durch die sog. Impulsfunktion (Diracstoß) beschrieben (s. Bd. 2). Diskussion Der Strom ergibt sich aus einem gegebenem Ladungsverlauf Q(t) durch Differenzieren nach der Zeit. Abb. 1.4.4a enth¨ alt typische Verl¨ aufe. Aus der Kurventangente im Zeitpunkt t folgt der Stromwert im gleichen Zeitpunkt (z. B. f¨ ur Punkt A). Im Zeitbereich t < 0 fließt keine Ladung (Q = const. = 0), d. h. I = 0. 11

Man repetiere den Unterschied zwischen unbestimmtem und bestimmtem Integral: Kurven mit gleichem Anstieg auf unterschiedlichem H¨ ohenniveau“ haben ” die gleiche Ableitung, aber Kurven gleicher Steigung k¨ onnen auf unterschiedlichem H¨ ohenniveau liegen. Sie erfordern eine Aussage zum Ausgangswert.

1.4

Bewegte Ladung, elektrische Stromst¨ arke

Q(t) A

dQ =0 dt dQ 0

ò

t0

0 t0

dt t1

b

t2 t

t

t0 Q(t0) WB nimmt die potenzielle Energie der Ladungstr¨ager in Bewegungsrichtung ab und die dabei frei werdende Energie wird in andere Formen (W¨arme, Licht . . .) gewandelt. Deshalb bezieht sich die Spannungsdefinition Gl. (1.5.2a) auf den Spannungsabfall. Aus Gl. (1.5.1b) gilt daf¨ ur gleichwertig B E · ds.

UAB =

Spannungsabfall von A nach B (1.5.2b)

A

Der Spannungsabfall oder umgangssprachlich die Spannung zwischen zwei Punkten ist gleich dem Weg- oder Linienintegral der Feldst¨arke zwischen diesen Punkten. Das Ergebnis Gl. (1.5.2b) kann gleichfalls als Definition der Spannung durch Bezug auf die Feldst¨ arke verstanden werden.12 Die Spannung ist als integrale oder globale Gr¨oße des elektrisches Feldes eine Fundamentalgr¨ oße f¨ ur die Stromkreisberechnung (s. Bd. 2). Weil die Ladung in den Punkten A, B eine bestimmte potenzielle Energie WA , WB hat, kann den Punkten auch ein elektrostatisches Potenzial oder kurz Potenzial ϕA , ϕB zugeschrieben werden (Abb. 1.5.1c) ϕA =

WA , Q

ϕB =

WB . Q

Definition der Potenziale ϕA , ϕB (1.5.3)

Potenzial: Quotient von potenzieller Energie W und zugeordneter Punktladung Q im Ladungsfeld. Man merke: das Potenzial ist die einem Raumpunkt zugeordnete (skalare) Feldgr¨oße des elektrischen Feldes, 12

F¨ ur ein konservatives Kraftfeld, wie f¨ ur ruhende Ladungen zutreffend, sind die beiden Schreibweisen in Gl. (1.5.2) gleichwertig. Trifft diese Bedingung nicht zu, so wird Gl. (1.5.2b) als Spannungsdefinition vereinbart. Die R¨ uckf¨ uhrung der Spannung auf eine Potenzialdifferenz versagt beim Induktionsgesetz, aber auch in stromdurchflossenen Halbleiterbauelementen durch Einf¨ uhrung der sog. Quasifermipotenziale.

1.5

Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial

35

die Spannung UAB beschreibt als Globalgr¨ oße die Potenzialdifferenz zwischen zwei Feldpunkten. Ganz analoge Vorg¨ ange gelten im Gravitationsfeld der Erde (Abb. 1.5.1a): wird eine Masse m (z. B. ein Stein) gehoben“, so muss Arbeit (gegen das Schwerefeld) ” geleistet werden, die potenzielle Energie der Masse erh¨ oht sich. F¨ allt der Stein von A nach B, so nimmt seine potenzielle Energie ab, gleichzeitig erf¨ ahrt er eine kinetische Energie. So wie die potenzielle Energie des Ladungstr¨ agers der Ladung proportional ist, ist die des Steines seiner Masse m proportional. Hinweis: Die Zusammenh¨ ange zwischen Potenzial, Spannung und der elektrischen Feldst¨ arke E werden in Band 2 vertieft.

Einheit Die Definitionsgleichung ergibt als Einheit der Spannung U

[U ] =

[W ] Joule Nm kg m2 Ws VA =1 =1 =1 =1 = 1 V. (1.5.4) 3 =1 [Q] As Coulomb As A As

Zwischen zwei Punkten A, B liegt eine Spannung von 1 V, wenn eine Ladung von 1 C eine Energie¨ anderung von 1 J = 1 Ws = 1 Nm bei Bewegung von A nach B erf¨ahrt. Mit Untereinheiten wird bei technischen Problemstellungen ein Bereich von nV bis MV u oßenordnungen! ¨ berdeckt, also von 15 Gr¨

Gr¨ oßenvorstellung13 Empfangsspannung am Rundfunkempf¨ anger kleinster Wert elektronischer Messger¨ ate Spannung zwischen Hand und Herz Spannung an Halbleiterbauelementen Spannung einer Trockenbatterie Brennstoffzelle, Solarzelle Autobatterie Lichtnetz Bahnnetz Hochspannungsleitung Blitz

μV . . . mV nV mV 0,5 . . . 100 V 1,5 V 1,2 V, 0,6 V 6 . . . 24 V 110, 230 V 3 . . . 25 kV 10 . . . 750 kV 10–100 MV.

Z¨ ahlpfeil, Richtungssinn Die Spannung hat einen physikalischen Richtungs-

sinn. Er folgt gleichwertig nach Gl. (1.5.2) aus dem Linienintegral der elektrischen Feldst¨arke E in Richtung des Weges von A nach B, oder ¨ aus der Bewegungsrichtung positiver Ladungstr¨ager bei Ubergang von h¨oherer zu niedrigerer potenzieller Energie. 13

Spannung u ahrlich. ¨ber 42 V ist lebensgef¨

36

1. Grundbegriffe

Die Spannung UAB l¨ angs des Weges A nach B wird positiv angesetzt, wenn die potenzielle Energie (oder das Potenzial) in A h¨oher ist als in B (DIN 5489), (s. Gl. (1.5.2a)). Die Richtungsangabe erfolgt entweder durch zwei Indizes (UAB ) oder einen Richtungs- bzw. Z¨ ahlpfeil. Er zeigt bei positiver Richtung von + nach −, also UAB positiv, wenn WA > WB . Im Doppelindex A, B (UAB ) ist A der Betrachtungs- und B der Bezugspunkt. Aus Gl. (1.5.2b) folgt B

A E · ds = −

A

E · ds



UAB = −UBA ,

(1.5.5)

B

dass die Spannung UBA von Punkt B nach A l¨angs des gleichen Weges negativ gleich UAB sein muss. Diese Relation gilt grunds¨ atzlich f¨ ur die Anwendung des Spannungsbegriffs in Netzwerken. Dort wird durch den Z¨ ahlpfeil eine Orientierung eingef¨ uhrt. Er kann willk¨ urlich gew¨ahlt werden und definiert die positive Z¨ahlrichtung der Spannung. Der Spannungsz¨ ahlpfeil gibt deshalb, wie der Stromz¨ ahlpfeil, in der realen Schaltung auch an, in welcher Orientierung ein Messger¨ at eingef¨ ugt werden muss, damit es richtig anzeigt.

Zeitverlauf Verbreitete Spannungsarten sind, analog zum Strom (Abb. 1.4.2), die Gleich-, Wechsel-, Sinus-, Impulsspannung usw. Spannungsarten Die Spannung tritt als Spannungsabfall und Quellenspan-

nung auf: Spannungsabfall. Das ist die bei Stromfluss u ¨ber einem Leiter abfallende Spannung U (oft auch als Verbraucherspannung bezeichnet) ΔWab = UAB . Q

Spannungsabfall (1.5.6a)

Die Spannungsrichtung weist vereinbarungsgem¨aß vom Anschluss mit h¨oherer potenzieller Energie zum Anschluss mit geringerer Energie, also von A nach B: bewegte (positive) Ladungstr¨ ager geben potenzielle Energie ab durch Wandlung in eine andere Energieform (z. B. Erw¨armung des Leiters Gewinn an kinetischer Energie bei Bewegung um Vakuum). Das ist die Verbraucherfunktion, bei der Strom- und Spannungsrichtungen nat¨ urlicherweise u ¨ bereinstimmen. Abb. 1.5.2a zeigt die Richtungszuordnung am Schaltzeichen. Bauelemente mit dieser Eigenschaft werden auch als passive Elemente bezeichnet.

1.5

Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial A I

(+) A I

(+)

a

R UAB

B

(-)

Uq

I=0

B

Eq

(-)

Stromantriebsrichtung

I=0 A

A

(+)

(+)

Ei Eq

b

U=EqB

d

Uq

Uq (-)

(+) (-)

c

37

(∑U=∑Eq)

Uq=U

(-)

Uq=U

U=UqB

(∑Uν=0)

Abb. 1.5.2. Spannungsz¨ ahlpfeile, Schaltzeichen. (a) Schaltzeichen f¨ ur Spannungsabfall, Verbraucherpfeilrichtung. (b) Schaltzeichen f¨ ur Spannungsquelle mit Spannungsabfall Uq : physikalischer Richtungssinn von + nach − in Richtung der Abnahme potenzieller Energie positiver Tr¨ ager. Mit aufgef¨ uhrt ist das Schaltzeichen f¨ ur die Spannungsquelle mit der EMK Eq . (c) Verbreitetes Schaltzeichen einer Gleichspannungsquelle. (d) Bestimmung der Spannung einer Spannungsquelle mit Spannungsmesser zur Definition der Quellengr¨ oße

Elektromotorische Kraft, Quellenspannung als Spannung von Spannungsquellen = Antriebsquelle der Ladungstr¨ agerbewegung, mithin des elektrischen Stromes ΔWzu = Eq . Q

Elektromotorische Kraft (EMK, Urspannung) (1.5.6b)

Die potenzielle Energie der (positiven) Ladungstr¨ ager wird beim Durchlauf durch die Quelle erh¨ oht, man spricht von einem Erzeuger (Generator) oder schlechthin einer Quelle. Das erfordert eine Bewegung positiver Tr¨ ager von −“ nach +“ (ne” ” ager durch den Vergativer von +“ nach −“), also entgegen der Kraft F , die Tr¨ ” ” braucherzweipol treibt. Jede Energieumformung nichtelektrisch → elektrisch bewirkt im Erzeugerzweipol eine (innere) Feldst¨ arke E i , die Ladungen trennt, also positive Tr¨ ager nach +“ und Elektronen nach −“ verschiebt und damit einen ” ” ¨ Uberschuss positiver Tr¨ ager (unten negativ) schafft. Dadurch entsteht eine ¨ außere“ ” Feldst¨ arke E. Diese innere Kraft E i ist der eigentliche Grund der Spannung einer Spannungsquelle, die auch bei I = 0 vorliegt (Beispiel Taschenlampenbatterie), kann je nach Energieumsatzart unterschiedliche Ursache haben (elektrochemisch, Strahlung, mechanisch).

Zur Unterscheidung vom Spannungsabfall U spricht man von der elektromotorischen Kraft (EMK) Eq oder besser der Quellenspannung Uq einer Spannungsquelle.14 Sie h¨ angt wegen der Energiewandlungsfunktion nicht vom Strom ab (im Gegensatz zum Spannungsabfall U am stromdurchflossenen 14

Der Begriff elektromotorische Kraft bzw. Urspannung war in der ¨ alteren Literatur u andlich, weil keine Kraft ¨ ber Jahrzehnte u ¨ blich (die Bezeichnung selbst ist missverst¨ vorliegt, sondern eine Spannung). Zur Vermeidung von Verwechselungen mit der elektrischen Feldst¨ arke E wird der Index q (Quelle) angef¨ ugt. Wenn heute auch auf die EMK bei der Netzwerkanalyse zugunsten der Quellenspannung Uq verzichtet

38

1. Grundbegriffe

Verbraucher!). Elemente mit solchen Eigenschaften heißen sprachlich meist auch Erzeuger, aktive Bauelemente, Spannungs- oder Stromquellen bzw. Generatoren. Die elektrische Spannung entsteht im Erzeugerzweipol durch Ladungstrennung und -verschiebung und ihre Aufrechterhaltung. Im Gefolge bildet sich ein ¨außeres“ elektrisches Feld, das beim Anschluss eines Leiters ” zwischen den Polen zum Stromfluss f¨ uhrt. Energetisch ist die Spannungsquelle ein Umformort anderer Energieformen (mechanische, chemische, W¨ arme oder Licht) in elektrische Energie.

Beispiel 1.5.1 Spannungsquellen Sie sind in unterschiedlicher Form zu finden: Lichteinfall auf die Solarzelle erzeugt Ladungstr¨ agerpaare und trennt sie (Umwandlung Strahlungs- in elektrische Energie), im Akkumulator erfolgt eine Ladungstrennung durch chemische Reaktionen (Wandlung chemisch-elektrisch), eine Leiterbewegung im Magnetfeld trennt Ladungstr¨ ager durch die LorentzKraft (Wandlung mechanisch-elektrisch) u. a. m. So wird die Spannung durch verschiedene physikalische Ursachen erzeugt.

Abb. 1.5.2d zeigt das Schaltsymbol der Spannungsquelle sowohl f¨ ur die EMKals auch Uq -Form mit unterschiedlichem Richtungssinn. Uq hat einen entgegengesetzten Richtungssinn zum antreibenden Strom (Energiezufuhr). Die Konsequenz sind zwei unterschiedliche Formen des sog. Maschensatzes. Wir verwenden in diesem Lehrbuch die Quellenspannung Uq . Nur beim Induktionsgesetz (Bd. 2) schließen wir die EMK-Form mit ein aus R¨ ucksicht auf die historische Entwicklung. Nach den einschl¨ agigen Vorschriften ist der Begriff elektromotorische Kraft nicht mehr zu verwenden. Diese Entscheidung wird auch dadurch gest¨ utzt, dass die EMK selbst nicht messbar ist, sondern nur der ihr zugeordnete Spannungsabfall. Ein an die Spannungsquelle angeschlossener Spannungsmesser misst die EMK stets als Spannungsabfall (!) (Abb. 1.5.2d). Dann liegt es nahe, der Spannungsquelle diesen Messwert U = Uq selbst als Merkmal zuzuordnen und auf die EMK zu verzichten. Der Vorteil ist ein problemloser Umgang mit dem Maschensatz.

Zusammenwirken Spannungsquelle – Verbraucher: ein (positiver) Ladungstr¨ager nimmt beim Durchlauf durch die Spannungsquelle potenzielle Energie

wird, kommt sie doch bei der Analyse magnetischer Kreise und der Formulierung des Induktionsgesetzes (s. Bd. 2) h¨ aufig noch zur Anwendung.

1.5

Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial

39

auf und gibt sie bei Bewegung durch den Verbraucher wieder ab, hat also nach einem Umlauf die gleiche Ausgangsenergie. Spannungsmessung Spannungsmesser messen den Spannungsabfall und liegen parallel zur Messstrecke (s. Abb. 1.5.2d). Aus der Vielzahl eingesetzter Verfahren sind zu nennen

Spannungsmesser basierend auf dem Stromfluss (sog. stromverbrauchende Spannungsmesser), im Grunde handelt es sich um empfindliche Strommesser: Drehspul- und Dreheiseninstrumente, digitale Spannungsmesser (mit extrem hohen Eingangswiderst¨anden von 1 . . . 1000 MΩ), Spannungsmesser basierend auf mechanischer Kraftwirkung als elektrostatische Voltmeter. 1.5.2 Zweites Kirchhoffsches Gesetz, Maschensatz Zwischen ruhenden Ladungen breitet sich ein Kraftfeld F = QE mit einer potenziellen Energie aus. Ein solches Feld heißt konservativ (erhaltend) und wird gleichwertig beschrieben durch die potenzielle Energie und damit die F¨ ahigkeit, bei Verschiebung einer Ladung Arbeit zu leisten, verschwindende Arbeit l¨angs eines (beliebigen) geschlossenen Weges. Dann muss die auf dem Weg l (Abb. 1.5.3a) von A nach B aufgenommene Energie gleich der auf dem Weg 2 von B nach A abgegebenen sein, wenn das Feld ohne ¨außere Energiezufuhr erhalten bleiben soll: B ΔWel = Q A,Weg1

A E · ds + Q B,Weg2

 E · ds = Q

E · ds = 0.

(1.5.7)

bel. Weg

Weil sich die Ladung nach einem Umlauf wieder am Ausgangspunkt befindet, hat sich ihre Energie nicht ver¨ andert und die w¨ ahrend des Umlaufs geleistete Arbeit muss verschwinden oder Im Feldst¨arkefeld ruhender Ladungen verschwindet das Umlaufintegral der Kraftwirkung l¨angs eines beliebigen Weges immer. Ein Feld mit dieser Eigenschaft heißt Potenzial- oder elektrostatisches Feld. Ein geschlossener Weg wird mathematisch durch ein Ring- oder Umlaufintegral (angedeutet durch das Integralzeichen mit Ring, Bd. 2) beschrieben.

40

1. Grundbegriffe

UCD

ds

Weg 1

UBC

B E

C φC

B UAB

D φD

ds

φB

A

Umlaufweg φA

A

UDA

Weg 2

Ñò Eds = åU

Umlaufrichtung

a

E

ν

ν

=0

b

Abb. 1.5.3. Begr¨ undung des Maschensatzes. (a) Potenzielle Energie, konservatives Kraftfeld. Veranschaulichung des Linienintegrals. (Verschwindendes Umlaufintegral). (b) Maschensatz im Feldst¨ arkefeld

Jetzt werden l¨angs eines geschlossenen Weges verschiedene Punkte A, B, C, D (Abb. 1.5.3b) herausgegriffen und zwischen benachbarten Punkten jeweils die Spannungsdefinition u ¨ ber die Potenziale ϕA . . . ϕD angewendet. Ein solcher Umlauf zwischen diskreten Punkten heißt Masche: ⎧B ⎫  C D A ⎨ ⎬ Q E · ds = Q E · ds + E · ds + E · ds + E · ds = 0 ⎩ ⎭ A

B

C

D

oder mit den Spannungsabf¨allen   E · ds = E · ds = UAB + UBC + UCD + UDA = 0.

(1.5.8)

Umlauf

Das Ergebnis ist der Kirchhoffsche Maschensatz15 n 

Uν = 0.

2. Kirchhoffsches Gesetz, Maschensatz (1.5.9)

ν=1

Die algebraische Summe aller Spannungen (zwischen Knotenpaaren) in einer beliebigen Masche verschwindet zu jedem Zeitpunkt (willk¨ urliche, aber einheitliche Umlaufrichtung). Dabei werden Spannungen in Umlaufrichtung als positiv, entgegengesetzt gerichtete negativ angesetzt (oder umgekehrt). In der Schreibweise Gl. (1.5.9) 15

G. R. Kirchhoff, deutscher Physiker 1824–1887. Professor f¨ ur Physik (Breslau 1850, Heidelberg 1854, Berlin 1874). Die beiden nach ihm benannten S¨ atze entwickelte er w¨ ahrend eines Seminars als zwanzigj¨ ahriger Student in K¨ onigsberg.

1.5

Elektrische Spannung, elektrisches Potenzial

41

treten nur Spannungsabf¨ alle auf (gekennzeichnet durch die Verbraucherz¨ahlpfeilrichtung), deshalb sind Spannungsquellen als Spannungsabfall Uq anzusetzen. Maschen- und Knotensatz, auch als Kirchhoffsche Gesetze bezeichnet, bilden die Grundlage der Berechnung elektrischer Netzwerke. Basierte der Knotensatz auf der Erhaltung der Ladung (Gl. (1.4.7)), so beruht der Maschensatz auf dem Satz von der Erhaltung der Energie.

1.5.3 Spannung, Potenzial und elektrische Feldst¨ arke Die Begriffe Spannung und Potenzial h¨ angen mit der elektrische Feldst¨arke ¨ zusammen. Wir verschaffen uns einen ersten Uberblick am homogenen elektrischen Feld, verschieben aber die eingehendere Behandlung auf das elektrische Feld in Band 2. Ein homogenes elektrisches Feld entsteht zwischen zwei parallelen Metallplatten gleicher Gr¨oße (Abstand d) bei Anlegen einer Spannung UAB (Abb. 1.5.4). Zwischen den Platten befinde sich Luft oder ein homogenes Leitermaterial. Die anliegende Spannung verursacht im Zwischenraum ein nach rechts gerichtetes elektrisches Feld mit konstanter Richtung und konstantem Betrag. Auf eine Ladung Q im Feld wirkt dann u ¨berall die gleiche Kraft, beim Leiter w¨ urden sich die Ladungstr¨ ager mit gleicher Geschwindigkeit (der sog. Drift-

A

B

E=Exex

-

+ + +

+Q

d x

x1 E=const.

0 Ex(x)

-Q

φ(x) φA UAB

UAx

-

UxB

+

φB 0

(xA)

ò

x1

xA

a

x1

E x dx

ò

xB

x1

d x (xB)

Ex dx

0

(xA)

x1

d x (xB)

b

Abb. 1.5.4. Homogenes elektrisches Feld. (a) Feldverlauf. (b) Zuordnung von Potenzialverlauf und Spannungsabfall

42

1. Grundbegriffe

geschwindigkeit) bewegen. Zwischen der anliegenden Spannung UAB und der konstanten Feldst¨ arke E = Ex ex (Wegelement ds = ex dx) gilt B

d E·ds = Ex

UAB = A

ex · ex dx = Ed.

(1.5.10)

0

Daraus folgt als Feldst¨ arke (Betrag) eines homogenen Feldes E=

UAB . d

(1.5.11)

Im homogenen Feld bestimmt die u ¨ ber der Strecke d abfallende Spannung U den Betrag der Feldst¨ arke E. Zwischen den Platten gilt f¨ ur den Spannungsabfall zwischen Punkt x und B (Spannung UxB ) ZxB UxB = ϕ(x) − ϕ(xB ) = Ex ex · ex dx = Ex (xB − x)

(1.5.12a)

x

f¨ ur den Spannungsabfall zwischen Punkt A und x Zx UAx = ϕ(xA ) − ϕ(x) = Ex ex · e x dx = Ex (x − xA ).

(1.5.12b)

xA

Der Potenzialverlauf lautet (Gl. (1.5.12a)) ϕ(x) = ϕ(xB ) + Ex (xB − x) ∼ −xEx .

In Richtung der Feldst¨ arke E entsteht ein Potenzialgef¨alle oder gleichwertig: die Feldst¨arke ist in Richtung des Spannungsabfalls orientiert. Das Poten¨ zialgef¨alle ¨andert sich nicht bei Anderung des Bezugspotenzials ϕ(xB ). Zur Darstellungsvereinfachung wird ϕ(xB ) = 0 gesetzt und xA = 0 gew¨ ahlt, dann gilt „ « x UAB ϕ(x) = Ex (xB − x) = . (1.5.13) (xB − x) = UAB 1 − xB xB Die potentielle Energie einer Ladung Q am Ort x betr¨ agt Wpot = Qϕ(x). Sie ist ochsten und nimmt nach rechts ab. Ein positiver Ladungstr¨ ager am Punkt xA am h¨ bewegt sich in Kraftrichtung, er w¨ urde die schiefe Ebene“ hinunterrollen und da” bei seine potentielle Energie verkleinern, ein negativer Tr¨ ager bewegt sich ebenfalls in Kraftrichtung, steigt also (wie eine Luftblase in Fl¨ ussigkeit) die schiefe Potenzialebene hinauf“ und die schiefe Ebene der potenziellen Energie W hinunter. Die ” Integrale in Gl. (1.5.12) sind den im Bild dargestellten Fl¨ achen proportional. Dieses Beispiel ist orientierend f¨ ur homogene Feld- und Str¨ omungsvorg¨ ange, wie sie in den folgenden Abschnitten in homogenen Leitern, im Plattenkondensator u. a. auftreten. Inhomogene Felder verlangen jedoch eine tiefere Behandlung (Bd. 2).

1.6

Elektrische Energie, elektrische Leistung

43

1.6 Elektrische Energie, elektrische Leistung 1.6.1 Energie Was ist Energie? In Physik und Technik hat der Energiebegriff fundamentale

Bedeutung. Er basiert auf einem weitgehenden Abstraktionsvorgang: gerade durch die Energie lassen sich alle Naturvorg¨ ange einheitlich qualitativ und quantitativ erfassen. Obwohl im Einzelnen bewegte Teilchen, Felder, Wellen vorliegen, kann aus allen Erscheinungen eine skalare Gr¨oße W (engl. work, Arbeit), die Energie (Arbeit), mit folgenden Eigenschaften gefunden werden: 1.

Die Gesamtmenge der einzelnen Energien eines abgeschlossenen Systems bleibt konstant (Erhaltungssatz, s. Tabelle 1.3)16  Wν = const. Satz von der Erhaltung der Energie In physikalischen Vorg¨ angen wird deshalb keine Energie vernichtet, sondern nur verschiedene Energiearten ineinander umgewandelt.

2.

3.

Die Energie ist durch den momentanen Zustand eines physikalischen Systems bestimmt. Die Energiedifferenz zwischen zwei Zust¨anden muss dem System als Arbeit zugeleitet werden. Energie tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf. Alle Naturvorg¨ange sind Umwandlungen einer Energieform in eine andere. Alle Erscheinungsformen lassen sich in mechanische Arbeit umwandeln.

Energie ist eine Zustandsgr¨ oße. Sie kennzeichnet das in einem materiellen System (Feld, Strahlung, K¨orper) enthaltene Arbeitsverm¨ogen und ¨außert sich in verschiedenen Erscheinungsformen: W¨ arme, Strahlung, mechanische und chemische, elektrische und magnetische Energie. Durch die vielf¨altigen Erscheinungsformen stellt der Energiebegriff wohl eine der genialsten Formulierungen dar, die das Gemeinsame aller Naturerscheinungen beschreibt. Energie spielt heute in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Beispielsweise h¨ angt die Entwicklung einer Volkswirtschaft grundlegend von der Energieversorgung ab. Weltweit wachsen die Anstrengungen, das Aufkommen an Prim¨ arenergie“ zu erh¨ ohen, ” die Energiewandler weiterzuentwickeln und neue Wandlungsmethoden nutzbar zu machen, 16

Julius Robert v. Mayer, 1814–1878 Postulat, Hermann v. Helmholtz 1847 Formulierung und Folgerungen.

1.6

44

1. Grundbegriffe

die Effizienz der elektrische Energie¨ ubertragung zu steigern und die Speichermethoden zu verbessern.

Elektrische Energie F¨ ur die Elektrotechnik ist die elektromagnetische Energie

grundlegend. Sie hat gegen¨ uber anderen Energieformen einige Vorz¨ uge: direkte Umsetzbarkeit in und aus andere(n) Energieformen mit z. T. hohem Umwandlungswirkungsgrad. Beispiele: Windkraft, Wasserkraft, Brennstoffzellen, Solarenergie, u. a. zur Erzeugung elektrischer Energie, Wandlung in mechanische Energie (Motor), bequemer Transport u oßte Entfernungen durch Leitungen oder ¨ber gr¨ drahtlosem Wege, Umweltfreundlichkeit (keine Verbrennungs- und Nebenprodukte), einfache Speicherbarkeit, bequeme Steuer- und Regelbarkeit, sofortige Einsatzbereitschaft. In der Grundausbildung hat der Energiebegriff zwei Aspekte: 1. 2.

fundierte Kenntnis des Zusammenspiels zwischen Quelle und Verbraucher ¨ mit zwischengeschalteten Ubertragungsgliedern (Netzwerke), einf¨ uhrende Kenntnis typischer Wandlungsverfahren zwischen nichtelektrischer und elektrische Energie und umgekehrt.

1.6.2 Elektrische Energie Unter elektrischer Energie verstehen wir jene Energieform, die durch elektrische Ph¨anomene (Strom, Spannung, elektromagnetische Felder) von einer Energieumsatzstelle (Erzeuger, nichtelektrisch-elektrisch) zu einer anderen (Verbraucher, elektrisch-nichtelektrisch) transportiert wird. Zun¨achst denkt man dabei an die mit Ladungen verkn¨ upfte Energie. So basiert die Spannung (Gl. (1.5.6)) auf der elektrischen Energie, die bei einer tats¨achlichen oder gedachten Ladungsbewegung umgesetzt wird. Fließt durch einen Zweipol die Ladung dQ(t) und f¨ allt an ihm die Spannung u(t) ab, so wird die Energie dW (t) = u(t)dQ(t) = u(t)i(t)dt umgesetzt, w¨ahrend der Zeitspanne Δt also Δt ΔW = u(t )i(t )dt .

[ΔW ] = 1W · s = 1 Joule

(1.6.1)

0

Meist w¨ahlt man ΔW → W und Δt → t und f¨ ur Gleichgr¨oßen ΔW = U IΔt. Zur elektrischen Energie tragen Spannung, Strom und Zeit gleichberechtigt bei.

1.6

Elektrische Energie, elektrische Leistung

45

Einheit, Gr¨ oßenvorstellungen F¨ ur die Energie sind außer der Einheit 1 Joule

noch SI-fremde Einheiten im Gebrauch: 1 Kilowattstunde = 1 kWh = 3,6·106 Ws = 3,6 MJ, 1 Megawattstunde = 1 MWh, 1 eV = 1,602·10−19J (Elektronenvolt). Bemerkung: Energie und Leistung verbinden die elektrischen mit den nichtelektrischen SI-Einheiten. Das erlaubt einfache Umrechnungen zwischen zugeordneten Problemstellungen. Dennoch bevorzugen manche Technikgebiete bestimmte Maßeinheiten: Elektrotechnik Ws, Elektrophysik eV, W¨ armetechnik J, Mechanik Nm (s. Anhang A.1).

Gr¨ oßenvorstellung Energie, typische Betriebszeit Raumheizger¨ at Rundfunkger¨ at Straßenbahn Haushalt Taschenrechner, Transistorradio Kraftwerk Transport der Elementarladung durch einen Spannungsabfall 1 V Elektronenblitz

(1 . . . 2) kWh 0,1 kWh 100 kWh (10 . . . 300) kWh 0,01 Wh 100 MWh 0,4410−25 kWh

1 Std. 2 . . . 3 Std. 10 Std. 1 Monat 1 Std. Jahre 1 Std.

10 Ws

1/5000 s

Zum Vergleich: Die Energie 1 kWh = 36, 72 · 106 kp cm = 367 kp km entspricht einer Arbeit, die beim Heben von 30 kp auf eine H¨ ohe von 12,2 km verrichtet w¨ urde. Bei einer angenommenen Hubgeschwindigkeit von 1 m/s m¨ usste diese T¨ atigkeit 3,4 Stunden lang ausgef¨ uhrt werden, um beim Tarif von 20 ct/kWh insgesamt 20 ct zu verdienen! Um 1 Liter Wasser zum Kochen zu bringen (also um ca. 80o zu erw¨ armen) sind etwa 80 kcal erforderlich d. h. rd. 1/10 kWh. Die sog. Stand-by-Schaltung eines elektronischen Ger¨ ates verbraucht etwa eine Leistung von 5 W, w¨ ahrend eines Jahres entsteht so ein Energieverbrauch W = 5 W · 365·24 h = 43,8 kWh. Bei einem Energiepreis von 20 ct/kWh laufen j¨ ahrliche Kosten von etwa 8,8 e auf.

Energiedurchsatz, Zusammenwirken von Erzeuger- und Verbraucherzweipol

Die einer Spannungsquelle von außen zugef¨ uhrte Energie Wzu = QUq mit Quellenspannung Uq

Wzu = QEq

(1.6.2)

mit EMK Eq

wird nach Gl. (1.5.6) durch die Quellenspannung Uq oder die EMK Eq ausgedr¨ uckt, die an den Verbraucher abgef¨ uhrte Energie stets durch Wab = QU . 1.

Bei Anwendung der Quellenspannung Uq lautet der Energiesatz f¨ ur die Zusammenschaltung Erzeuger-Verbraucher l  i=1

Wabi = W1 + W2 + . . . + Wl = 0.

(1.6.3)

46

1. Grundbegriffe

Die Summe aller vorzeichenbehafteten Energien verschwindet (abgegebene Energie positiv, zugef¨ uhrte negativ). Dem entspricht der Maschensatz Gl. (1.5.9) mit verschwindender Summe aller Spannungen. Dann gilt f¨ ur die Spannungsquellen das Erzeuger-, f¨ ur Verbraucher das Verbraucherpfeilsystem. Bei Anwendung der EMK hingegen muss die dem Stromkreis zugef¨ uhrte Energie Wzu gleich der abgegebenen Wab sein n m     Wzui = Wabi , Eqi = Uμ . (1.6.4)

2.

i=1

i=1

i(EPS)

μ(VPS)

Daraus folgt der Maschensatz rechts umgesetzt auf die EMK-Form. In einer Masche ist die Summe aller EMK gleich der Summe aller Spannungsabf¨alle bei gleichem Umlaufsinn. Beispiel 1.6.1 Maschensatz Wir formulieren den Maschensatz f¨ ur den Stromkreis nach Abb. 1.6.1 mit drei Maschen zum Vergleich in der Form Gl. (1.5.9) mit Spannungsabf¨ allen und der EMK-Form Gl. (1.6.4): M 1 : U1 + U2 + U3 − Uq1 = 0 M 2 : U4 + U5 − U2 − Uq2 = 0 M 3 : −U3 − U5 + U6 + Uq3 = 0

Eq1 = U1 + U2 + U3 Eq2 = U4 + U5 − U2 −Eq3 = −U3 − U5 + U6

W¨ ahrend die linke Seite problemlos hinzuschreiben ist, erfordert die rechte Seite mit der EMK mehr Aufmerksamkeit.

Die Bindung der elektrischen Energie an Strom und Spannung ist zwar die verbreitetste Form, sie schließt aber die Energieausbreitung u ¨ ber elektromagnetische Wellen nicht ein. Deshalb tritt sp¨ ater eine universelle Gr¨ oße, die Energiestromdichte an diese Stelle mit z. T. u ¨ berraschenden Ergebnissen.

U1

U4

M1

U2

Uq2 U3

M3

U6

U4

M1

M2

Uq1

a

U1

U2

M2

Eq1

U5

Eq2 U3

Uq3

b

M3

U6

U5 Eq3

Abb. 1.6.1. Anwendung des Maschensatzes f¨ ur Spannungsquellen in Quellenspannungs-

und EMK-Form

1.6

Elektrische Energie, elektrische Leistung

47

1.6.3 Elektrische Leistung, Wirkungsgrad Leistung Der Energiebegriff enth¨ alt keine Zeit. Im technisch-wirtschaftlichen

Bereich wird aber angestrebt, eine bestimmte Arbeit pro Zeit zu verrichten, also etwas zu leisten“. Dies f¨ uhrt direkt zum Leistungsbegriff (auch verstan” den als Energiedurchsatz pro Zeit) oder die pro Zeiteinheit geleistete Arbeit17 ΔWel dWel = , Δt dt 1 J kg · m2 = 1 W. = [P ] = 1s s2 P

= lim

Δt→0

Definition der Leistung (1.6.5)

¨ Die Leistung ist stets gleich der Anderung der Energie Wel pro Zeiteinheit. F¨ ur den Zweipol folgt damit (Abb. 1.6.2) P = U · I,

Verbrauch“ ( Erzeugung“) ” ” (1.6.6) elektrischer Leistung

P > 0 (< 0).

Zur Leistung tragen Strom und Spannung gleichberechtigt bei: Die gleiche Leistung wird entweder mit großer Spannung und kleinem Strom oder großem Strom und kleiner Spannung erzeugt. So ben¨ otigt eine Autolampe von 70 W Leistung bei der Spannung U = 12 V den Strom I = 5, 83 A, eine Gl¨ uhlampe 60 W bei U = 230 V den Strom I = 0, 26 A.

I - + Wzu

(+)

-

Wel

U (-)

a

R

-R B

U-Uq=0 Verbraucher (passiver Zweipol)

AI

UU

U Uq

ideale Leitung

IA

Wab E

+ Erzeuger (aktiver Zweipol)

P, W

IA

+

Ei

P, W

B

U+I(-R)=0

Erzeugerpfeilsystem (EPS)

B

U=IR

Verbraucherpfeilsystem (VPS)

b

Abb. 1.6.2. Energiewandlung im Stromkreis. (a) Der elektrische Stromkreis als Mittler

zwischen zwei nichtelektrischen Energieformen. (b) Pfeilsysteme abgeleitet aus der unterschiedlichen Rolle der Energiewandlung. Statt der Erzeugerdarstellung kann auch der Begriff negativer Widerstand (Synonym f¨ ur Energielieferung) eingef¨ uhrt werden

17

Leistung hat die Einheit VA = W nach J. Watt, 1736–1819.

48

1. Grundbegriffe

Einheit Das Watt ist die SI-Einheit der Leistung einer Anordnung, die pro

Sekunde die Arbeit 1 J verrichtet. Daneben sind noch Untereinheiten im Gebrauch 106 W 103 W 10−3 W

= = =

1 MW, auch Gigawatt, 1 kW 1 mW . . . 10−9 W = 1 nW

Kraftwerksbereich t¨ agliches Leben Informationstechnik

H¨ aufig benutzt (wenn auch nicht zugelassen) wird noch 1 Pferdest¨ arke (1 PS) = 735,49 W bzw. 1 kW = 1,36 PS.

Gr¨ oßenordnungen Speicherzelle DRAM Empfangsleistung Antenne Armbanduhr Transistorradio Pentium IV (Prozessor)

1nW < 1 μW 1 μW einige W 80 W

Gl¨ uhlampe PC B¨ ugeleisen Rundfunksender Kraftwerk

40 . . . 100 W 100 . . . 300 W 500 W 100 kW MW

Der Mensch entwickelt im Ruhezustand etwa eine Verlustleistung von 50 W, bei angestrengter Arbeit (Bergsteigen) etwa 100 W und sportlicher H¨ ochstleistung kurzzeitig 500 . . . 1000 W.

Generator-, Verbraucherenergie, Leistung Am Zweipol sind die Bezugspfeile

f¨ ur Strom und Spannung unabh¨ angig voneinander w¨ahlbar, sie stehen aber in Relation zum Leistungsumsatz Gl. (1.6.6). Ein Zweipol wirkt als Generator (Verbraucher) bei Abgabe (Aufnahme) elektrischer Energie. Deshalb gibt es zwei Bezugspfeilzuordnungen (Abb. 1.6.2): 1.

2.

Verbraucherpfeilsystem (VPS): Gleicher Bezugssinn f¨ ur Strom und Spannung, Leistung P = U I positiv. Der in die positive Klemme (bei positiver Spannung) einfließende Strom wird positiv gew¨ahlt. Es gilt f¨ ur den ohmschen Widerstand U = IR, weil diese Zuordnung dem Verhalten des Widerstandes im Str¨ omungsfeld entspricht. Der Zweipol wandelt elektrische Energie in W¨ arme um: Verbraucher oder passiver Zweipol. Erzeugerpfeilsystem (EPS): Bezugssinn f¨ ur Strom und Spannung sind am Zweipol einander entgegengerichtet. Der bei positiver Spannung U aus der positiven Klemme herausfließende Strom wird positiv gew¨ahlt. Jetzt lautet das Ohmsche Gesetz: −U = IR und die negative Leistung −IU = I 2 R ist gleich einer vom Zweipol aufgenommenen elektrischen Leistung. Umgekehrt bedeutet positives Produkt U I eine Abgabe elektrischer Zweipolleistung: Erzeuger oder aktiver Zweipol.

Zusammengefasst: Leistung P = U I wird vom Zweipol abgegeben (aufgenommen), wenn sie im Erzeugerpfeilsystem positiv (negativ) ist,

1.6

Elektrische Energie, elektrische Leistung

49

aufgenommen (abgegeben), wenn sie im Verbraucherpfeilsystem positiv (negativ) ist.

Negativer (ohmscher) Widerstand Bringt man das negative Vorzeichen nach rechts IU = I 2 (−R),

(1.6.7)

so l¨ asst sich die Haupteigenschaft Leistungsabgabe“ einer Energiequelle formal ” durch den Begriff negativer (ohmscher) Widerstand (−R) beschreiben. F¨ ur verschiedene Probleme, etwa die elektrische Schwingungserzeugung und Stabilit¨ at eines Stromkreises, ist diese Betrachtungsweise sehr zweckm¨ aßig, aber auch die Energietechnik kennt das Ph¨ anomen bei Lichtbogen und Gasentladung seit Jahrzehnten (s. Kap. 2.5).

Tabelle 1.4 enth¨alt die Leistungszuordnungen und Z¨ahlpfeilsysteme. Tabelle 1.4. Richtungspfeilsysteme und Leistungsumsatz am Zweipol

Z¨ ahlpfeilsysteme Erzeuger (EPS)

i

u

Erzeugte Leistung

Verbrauchte Leistung

p = ui > 0

p = −ui

(Verbraucher p < 0)

(Verbraucher p > 0)

p = −ui

p = ui > 0

(Erzeuger p > 0)

(Erzeuger p < 0)

Kennlinienzuordnung

i

p Verbraucher (VPS)

i u p

E

R

V Iq

E

E

Uq u V

i

E

i

Uq

u

i

V

R V

Beispiele

u

u

R

Damit ein Verbraucher stets als solcher arbeitet (ebenso wie der Erzeuger), m¨ ussen ¨ Strom und Spannung die Polarit¨ at gleichzeitig wechseln. Andert nur eine Gr¨ oße (U , I) die Richtung, so geht der Betriebszustand vom Erzeuger zum Verbraucher resp. umgekehrt u ¨ ber. Das tritt bei Energiespeicherelementen (Kondensator, Spule) auf, die w¨ ahrend einer bestimmten Zeit Energie aufnehmen, im Feld speichern und sp¨ ater wieder in die angeschlossene Schaltung zur¨ uckgeben. Energie- und Leistungsgesichtspunkte haben f¨ ur einzelne Teilbereiche der Elektrotechnik durchaus verschiedene Gewichtung. So strebt die Energietechnik an, die bereitstehende elektrische Energie mit hohem Wirkungsgrad zum Verbraucher zu transportieren. Jeder Verlust (Erw¨ armung der Leitungen) ist unerw¨ unscht; am Ende berechnet man dem Nutzer einen Preis f¨ ur die gelieferte elektrische Energie.

50

1. Grundbegriffe

In der Informationstechnik dient Energie lediglich zum Transport elektrischer Si¨ gnale (Informations¨ ubertragung). Zur Ubertragung eines Bit (als kleinste Informationseinheit) ist – je nach Ansatz – eine Mindestenergie von Wmin = kT · ln 2 = achlich bestimmt durch das Verm¨ ogen UT q·ln2 = 28, 8·10−22 Ws erforderlich, haupts¨ der Elementarladung q = 1, 6 · 10−19 As, eine Spannungsstufe von UT = 26 mV zu u ¨ berwinden. Weil die mit einer Nachricht u ¨ bermittelte Energie extrem klein ist, erzeugen Ger¨ ate und Einrichtungen der Informationstechnik (Handy, Fernsehempf¨ anger, PC . . .) in der Regel nur Verlustw¨ arme und der Wirkungsgrad spielt keine Rolle. Deshalb stehen anfallende Kosten in direkter Beziehung zum Ger¨ at u. a., nicht aber zur u ¨ bertragenen Nachricht (aus energetischer Sicht).

Leistungssatz Energie und Leistung h¨ angen nach Gl. (1.6.5) zusammen. Es

folgt dann aus dem Energieerhaltungssatz (eines abgeschlossenen Systems) der Leistungssatz f¨ ur Netzwerke         Welν  = const → Pelν  = 0.   (1.6.8) ν ν EPS

VPS

Leistungsbilanzgleichung Die Summe der einer Schaltung netto zugef¨ uhrten Leistungen (Quellenleistungen negatives Vorzeichen) verschwindet oder gleichwertig: Die Summe der Quellenleistungen ist stets gleich der Summe der Verbraucherleistungen. Dieser Satz erlaubt die Kontrolle einer Schaltungsanalyse. Manche Schaltungssimulatoren wie SPICE/PSPICE f¨ uhren diese Pr¨ ufung automatisch durch.

Energie- und Leistungsmessung Die Messung der elektrischen Energie erfolgt mit Elektrizit¨ats- oder Wattstundenz¨ ahlern. Sie messen direkt die elektrische Energie nach Gl. (1.6.1) mit einem Drehsystem, dessen Drehgeschwindigkeit dα/dt dem Produkt u(t)i(t) proportional ist. Dann gilt

t2 dα = k(α2 − α1 ).

W =k t1

Die Energie ist dem Drehwinkel proportional und dr¨ uckt sich durch die Umlaufzahl aus, die ein Z¨ ahlwerk anzeigt. Wattstundenz¨ahler haben einen Strom- und Spannungspfad, beide sind vor den zu messenden Verbraucher geschaltet. Die Leistungsmessung erfordert ein Messger¨ at, das Strom und Spannung gleichzeitig erfasst und beide Gr¨ oßen multipliziert (die getrennte Messung und nachtr¨agliche Berechnung scheidet aus praktischen Gr¨ unden vor allem bei zeitver¨anderlichen Gr¨ oßen aus). Die Multiplikation erfolgt

1.6

P

Elektrische Energie, elektrische Leistung Spannungspfad Strompfad

Pqab

Erzeuger

Verbraucher

a

PLverl

Pqverl Pqzu

I U

Pvzu

51

Pvverl

Abb. 1.6.3. (a) Leistungsmessung, Gleichstromkreis. (b) Leistungsumsatz im Stromkreis

Pvab

Verbraucher

b analog durch das sog. elektrodynamische Messwerk (Abb. 1.6.3a). numerisch. Dabei werden beide Messgr¨ oßen mit AD-Umsetzern digitalisiert und durch ein Rechenwerk multipliziert.

Da nur die dem Verbraucher zugef¨ uhrte Leistung messbar ist, muss die Erzeugerleistung indirekt u ¨ ber die gesamte abgegebene Leistung ermittelt werden. Wirkungsgrad Bei jeder Energieumwandlung geht im Energiewandler ein Teil

der Energie als Verlustenergie bzw. Verlustleistung PV irreversibel verloren. Man versteht deshalb als Wirkungsgrad η das Verh¨altnis der Arbeit, die bei einer Energieumwandlung geleistet wird zur aufgenommenen Arbeit Wirkungsgrad =

Nutzarbeit Ausgangsleistung = Gesamtarbeit Eingangsleistung

oder η=

Paus Pein − Pverlust Pverlust = =1− . Pein Pein Pein

(1.6.9)

Der Wirkungsgrad ist dimensionslos, oft wird er in Prozent angegeben (Abb. 1.6.3b). Hat beispielsweise ein Grundstromkreis aus Erzeuger- und Verbraucherzweipol sowie verlustbehaftete Zwischenleitungen die im Bild zugeordneten Wirkungsgrade, so ergibt sich der Gesamtwirkungsgrad als Produkt der Einzelwirkungsgrade ηges =

PVab = ηQ · ηL · ηV . PVzu

Der Gesamtwirkungsgrad einer Anordnung ist stets gleich dem Produkt der Teilwirkungsgrade aller in Kette wirkenden Systemteile. Er u ¨ berschreitet nie den Wirkungsgrad eines einzelnen Systemteils.

52

1. Grundbegriffe

Selbstkontrolle Kapitel 1

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

Was beinhalten die Teilchen- und Feldmodelle? Wie lautet der Ladungserhaltungssatz? Warum kann man einen geladenen isolierten K¨orper durch Ber¨ uhrung mit den Fingern entladen? Was erfolgt mit den Ladungen? Ein positiv geladener Glasstab zieht einen leichten Gegenstand an. Muss man daraus schließen, dass er negativ geladen ist? Welche Merkmale hat die Ladung? Wie lautet die Definition der Stromst¨ arke? Wie kann man aus einem gegebenen Stromverlauf i(t) den Ladungsverlauf Q(t) gewinnen? Beispiele angeben. Erl¨autern Sie die Stromrichtung im Zusammenhang mit der Bewegungsrichtung positiver und negativer Ladungstr¨ager? Gibt es Materialien mit positiven Ladungstr¨ agern? Was versteht man unter der Kontinuit¨ atsgleichung des Ladungsflusses? Welche Wirkungen hat der Strom? Wie lautet die Definition der Feldst¨ arke, des Potenzials und der Spannung? Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Welche Kraft u arke auf eine positive Ladung aus? ¨bt die Feldst¨ Was ist ein homogenes elektrisches Feld (Merkmale, Beschreibung)? Erl¨autern Sie die Verl¨ aufe der Feldst¨ arke, des Potenzials und der Spannung. Was besagt der Begriff Maschensatz, was ist der physikalische Hintergrund? Jemand gibt die Spannung einer Batterie mit 12 Nm/As an. Hat er recht (Erkl¨arung)? Wie lautet die Kontinuit¨ atsbedingung des station¨aren Str¨omungsfeldes?

Kapitel 2 Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

2

Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modelle elektrischer Stromkreise.............................. 2.1 2.2 Unabh¨angige Spannungs- und Stromquellen................ 2.2.1 Ideale Spannungs- und Stromquellen ........................ 2.2.2 Reale Spannungs- und Stromquellen ......................... 2.3 Widerstand, resistiver Zweipol ................................ 2.3.1 Lineare resistive Zweipole ...................................... 2.3.2 Zusammenschaltungen linearer resistiver Zweipole ........ 2.3.3 Nichtlineare resistive Zweipole ................................ 2.3.4 Temperaturverhalten resistiver Zweipole .................... 2.3.5 Allgemeine resistive Zweipole.................................. angige resistive Zweipole........................... 2.3.5.1 Zeitunabh¨ 2.3.5.2 Zeitvariante resistive Zweipole ................................ 2.3.6 Widerstand als Bauelement ................................... 2.4 Der Grundstromkreis ............................................ 2.4.1 Der lineare Grundstromkreis ................................... 2.4.2 Leistungsumsatz im Grundstromkreis ........................ 2.4.3 Einfache verzweigte Stromkreise .............................. 2.4.4 Zweipoltheorie .................................................... ¨ 2.4.5 Uberlagerungssatz ............................................... 2.5 Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis* ................... 2.5.1 Zusammenschaltung nichtlinearer und linearer Schaltelemente, Ersatzkennlinie ............... 2.5.2 Kennlinienapproximationen..................................... 2.5.3 Arbeitspunkteinstellung ......................................... 2.5.4 Leistungsumsatz im nichtlinearen Grundstromkreis ....... 2.5.5 Kleinsignalverhalten ............................................. 2.6 Zweitore ........................................................... 2.6.1 Zweitorbegriff ..................................................... 2.6.2 Strom-Spannungs-Beziehungen linearer Zweitore.......... 2.6.3 Zweitorarten ...................................................... 2.6.4 Zweitorersatzschaltungen, gesteuerte Quellen ............. 2.6.5 Elementarzweitore ............................................... 2.6.6 Zweitorzusammenschaltungen ................................. 2.6.7 Zweitor in der Schaltung, Betriebsverhalten ................ angigen Quellen ........................... 2.6.8 Zweitor mit unabh¨ ¨ und Zweipoltheorie in Netzwerken 2.6.9 Uberlagerungssatz mit gesteuerten Quellen ........................................ 2

2

57 57 60 62 65 74 74 80 87 90 95 95 97 99 102 102 106 111 117 123 126 127 131 133 134 138 142 143 147 157 159 172 175 179 186 187

2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.7.5 2.7.6 2.7.7 2.7.8

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung* ......... Allgemeine gesteuerte Quellen ................................ Nichtlineares Zweitor ............................................ Bipolartransistormodell ........................................ Kleinsignalverhalten nichtlinearer Zweitore ................ Kleinsignalverhalten des Bipolartransistors, Verst¨arkungsprinzip.............................................. Allgemeines lineares Verst¨arkermodell ....................... Operational-Transkonduktanz-Verst¨arker, Operationsverst¨arker ............................................ Grundschaltungen mit Operationsverst¨arkern .............

190 192 193 194 200 204 211 214 223

2

2 Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente Lernziel Nach Durcharbeit dieses Kapitels sollte der Leser kennen die Begriffe Strom, Quellenspannung und Stromkreis, das ohmsche Gesetz und die Definition des ohmschen Widerstandes, den Zweipolbegriff, die Kirchhoffschen Gesetze und ihre Anwendung auf einfache Stromkreise, den Grundstromkreis und seine Merkmale, das Prinzip der Strom- und Spannungsmessung, die Zweipoltheorie und ihre Anwendung auf einfache Stromkreise, den Grundstromkreis mit nichtlinearen Elementen, den Umgang mit gesteuerten Quellen, das Grundverst¨ andnis von Dioden, Transistoren und Operationsverst¨ arkern und ihre Anwendung als Netzwerkelement.

2.1 Modelle elektrischer Stromkreise Wir wenden die bisherigen Grundbegriffe auf ein Beispiel an: elektromagnetische Strahlung in Form von Sonnenlicht soll elektrisch den Keller eines Geb¨audes beleuchten: durch eine Lumineszenzdiode, eine gr¨oßere LED oder eine Minileuchtstoffr¨ ohre. Bei Abschalten muss die LED noch eine Weile nachleuchten. ¨ Diese (primitive) Systemaufgabe (Energiewandlung, elektrische Ubertragung, R¨ uckwandlung in nichtelektrische Energie) wird mit Bauelementen realisiert: Solarzellen, Verbindungsdr¨ ahte, ein Schalter, die Beleuchtungselemente und ein Kondensator zur Energiespeicherung. Die Zweipolelemente bilden einen Stromkreis nach Abb. 2.1.1. Bei Schließen des Schalters S verstreicht eine Zeit, bis der Kondensator auf die Spannung der Solarzelle geladen ist, gleichzeitig beginnt die LED zu leuchten. Nach dem Abschalten verlischt die Diode allm¨ahlich. Fehlt der Kondensator, so leuchtet die LED unmittelbar und verlischt sofort mit dem Abschalten. Da LEDs f¨ ur das gesamte sichtbare Spektrum verf¨ ugbar sind, kann damit z. B. ein bestimmter Spektralteil des Tageslichts zur Raumbeleuchtung gew¨ ahlt werden, etwa Gelb. Grundlagen einer Analyse dieses Netzwerkes sind wirklichkeitsnahe Bauelementemodelle ersetzt durch Netzwerkelemente, Analyseverfahren, die die Kirchhoffschen Gleichungen sowie die Klemmenbeziehungen der Netzwerkelemente nutzen. S. Paul, R. Paul, Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1 DOI 10.1007/978-3-540-69078-8, © Springer 2010

2.1

58

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Systemaufgabe - Energieumformung und -übertragung Bauelemente - Solarzelle B - Widerstand R - Leuchtdiode D - Spule L - Kondensator C - Schalter S - Verbindungen

a

Schaltplan

+ S -B

D

C

Verbindung

b

Netzwerk

+ -B c

L

R

R

L

C

RD

Masche Knoten

Abb. 2.1.1. Systemaufgabe gel¨ ost durch eine Schaltung

Je nach Komplexit¨ at erfolgt die Netzwerkanalyse entweder von Hand, dem Taschenrechner oder dem PC unter Nutzung von Programmen wie MATLAB, Multisim (Electronics Workbench), PSPICE/SPICE u. a. Der Vergleich der Ergebnisse mit der Messung gibt Aufschluss u ute der Netzwerkmo¨ber die G¨ delle. Ihre Schaltungsformen werden als Ersatzschaltungen“ bezeichnet. So ” besteht die Ersatzschaltung der Solarzelle aus einer Stromquelle mit zugeschalteter (nichtlinearer) Diode, die LED wird als Diode mit einer optischen Quelle f¨ ur die erzeugte Strahlung modelliert. Zur Funktion muss die Schaltung bemessen werden: eine LED hat eine Betriebsspannung von 2 V beim Strom von 10 mA (eine große LED der Leistung P = 3 W erfordert I = 1, 5 A). Eine Solarzelle liefert die Spannung 0, 6 . . . 0, 7 V, deswegen sind drei in Reihenschaltung erforderlich. Bei einem Solarumsetzungswirkungsgrad von 20% setzt die Zelle die Solarleistung von etwa 1 kW/m2 in eine elektrische ache A > 1 cm2 Leistung von 200 W/ m2 = 20 mW/ cm2 um. Eine Solarzelle der Fl¨ reicht zur Versorgung der kleinen LED. Die leistungsst¨ arkere LED erfordert entweder eine Erh¨ ohung der Zellenfl¨ ache oder einen Stromverst¨ arker mit der Stromarker im verst¨ arkung Ia /Ie = 1, 5 A/10 mA = 150, was immer ein solcher Verst¨ Moment auch sein m¨ oge. Soll als Leuchtmittel eine Minileuchtstoffr¨ ohre (Leistung ca. 1 W, Betriebsspannung 230 V) dienen, dann m¨ usste ein Spannungsverst¨ arker mit der Spannungsverst¨ arkung Ua /Ue = 230 V/2 V = 115 zwischengeschaltet werden. Die Anordnung Abb. 2.1.1 hat mehrere Merkmale: sie erf¨ ullt die gestellte Systemaufgabe, besteht aus Bauelementen, die zu einer Schaltung mit Stromknoten und Maschen zusammengef¨ ugt sind und l¨ asst sich verk¨ urzt durch einen Schaltplan darstellen, wenn jedem Bauelement ein Schaltzeichen zugeordnet wird (Abb. 2.1.1b).

Das Gesamtverhalten erkennen wir durch Modellierung. Dabei wird jedem Bauelement ein Modell- oder Netzwerkelement zugeordnet (Abb. 2.1.1c). Es

2.1

Modelle elektrischer Stromkreise

59

erfasst sein typisches Verhalten frei von Sekund¨areffekten“ (z. B. Verluste ” durch Widerst¨ande). So geht die Schaltung in eine Zusammenschaltung von Netzwerkelementen, kurz ein elektrisches Netzwerk u ¨ ber. Ein Netzwerk ist eine modellhafte (mathematische) Abbildung einer Schaltung. Seine Str¨ome und Spannungen werden durch die Klemmenbeziehungen der Netzwerkelemente und ihre Zusammenschaltung, die Topologie oder Netzwerkstruktur bestimmt. Dabei gelten die Kirchhoffschen Gleichungen zu jedem Zeitpunkt. Die Berechnung der Str¨ ome und Spannungen heißt Netzwerkanalyse. Technisch verbinden Leitungen die einzelnen Bauelemente als Verbindungsdr¨ahte, als Leitungen auf einer Leiterplatte oder in einer integrierten Schaltung. Im Netzwerk-/Schaltplan werden Leitungsverbindungen als ideal (widerstandslos) angesehen. Zwischen Schaltung und Netzwerk besteht ein grunds¨atzlicher Unterschied: in der Schaltung sind Str¨ ome und Spannungen messbar, im zugeh¨origen Netzwerk k¨ onnen sie nur berechnet werden. Deshalb hat die Netzwerkanalyse fundamentale Bedeutung zur Bemessung einer Schaltung. Die Modellierung der Netzwerkelemente bestimmt dabei den Analyseaufwand. F¨ urs erste k¨ onnte die Diode D in Abb. 2.1.1b durch einen Widerstand R ersetzt werden, ein sicher ungenaues Modell. Deshalb ist zwischen Modellierungsgenauigkeit und Analyseaufwand abzuw¨ agen. Hier spielen die Netzwerkanalyseprogramme ihre St¨ arken aus: bei Programmen reicht die Eingabe der Schaltungsstruktur und die Wahl der Netzwerkmodelle zur anschließenden automatischen Netzwerkanalyse. Dieser Vorgang wird als Schaltungssimulation bezeichnet, heute Standardverfahren der Netzwerkanalyse.

Das Beispiel spricht bereits die Themenkreise an, die vor einer Netzwerkanalyse stehen und den Inhalt dieses Kapitels bilden Strom- oder Spannungsquellen (Kap. 2.2) als Modelle aktiver Zweipole, das Modell des resistiven Zweipols (Kap. 2.3), die Zusammenschaltung von aktivem und passivem Zweipol zum Grundstromkreis (Kap. 2.4), auch als nichtlinearer Grundstromkreis (Kap. 2.5), einfache Mehrpole“ mit Ein- und Ausgangsklemmen zwischen Quelle ” und Verbraucher (Kap. 2.6). Typische Bauelemente sind Doppelleitungen, Transformatoren, aber auch Verst¨ arkerelemente. Aus Sicht des Netzwerkes bilden sie gesteuerte Quellen, praktisch werden sie durch Transistoren und damit aufgebaute Schaltungseinheiten (z. B. Operationsverst¨arker u. a.) realisiert. Die Kapitel 2.2–2.4 sind unverzichtbare Grundlagen f¨ ur Netzwerke, die Kapitel 2.6 und 2.7 k¨onnen zun¨ achst zur¨ uckgestellt werden. Obwohl nichtlineares

60

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Verhalten durch Halbleiterbauelemente schon bei sehr einfachen Beispielen auftritt, entf¨allt es zumeist im Rahmen der Grundausbildung. Wir beschreiten diesen Weg nicht, sondern betrachten den Themenkreis in Kap. 2.5. Kapitel 2 beschr¨ ankt sich auf Gleichstromkreise. Da Kondensatoren (ebenso wie Spulen und der Transformator) erst bei zeitver¨anderlichen Vorg¨angen wirksam werden, behandeln wir diese Bauelemente sp¨ater zusammen mit dem elektrischen und magnetischen Feld (s. Bd. 2), denn ihr Merkmal ist Energiespeicherung.

2.2

2.2 Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen ¨ Ubersicht. Zweipolbegriff Ein zwischen zwei Knoten (als Klemmenpaar) lie-

gendes Netzwerk ist bez¨ uglich dieses Klemmenpaares ein Zweipol. Er kann aus einem oder mehreren Netzwerkelementen bestehen, wie sie bereits benutzt wurden: Einzelwiderstand, Zusammenschaltung von Widerst¨anden, Stromoder Spannungsquellen. Zweipole lassen sich bez¨ uglich des Energieumsatzes (Kap. 1.6.3) unterteilen in aktive Zweipole, die elektrische Energie abgeben (und deshalb wenigstens eine Quelle enthalten) und passive Zweipole, die elektrische Energie aufnehmen und in anderer Form (meist W¨arme) abgeben. Besser spricht man von einem Energiewandler, weil außer W¨ arme auch eine andere Energieform (z. B. mechanische Energie beim Motor) bereitgestellt werden kann. Der verbreitetste passive Zweipol ist der ohmsche Widerstand oder resistive Zweipol. Weil die Z¨ahlrichtungen von Strom und Spannungen am Zweipol unabh¨angig voneinander gew¨ ahlt werden k¨ onnen, aber in Beziehung zum Leistungsumsatz stehen, wird der Begriff aktiver-passiver Zweipol gleichwertig durch das Verbraucher-Erzeuger-Z¨ahlpfeilsystem beschrieben (s. Kap. 1.6.2). Seine Wirkung im Netzwerk dr¨ uckt sich als Klemmen- oder U, I-Verhalten aus. Vorerst betrachten wir Quellen als Grundtyp aktiver Zweipole und den ohmschen Widerstand als den passiven Zweipol. Quelle Ursache der Str¨ ome in Netzwerken sind unabh¨angige Quellen als

Umformorte nichtelektrischer in elektrische Energie (Tab. 2.1), z. B. Generatoren, Batterien, Thermoelemente, Solar- und Brennstoffzellen, oder Orte, an denen elektrische Energie einer Form in eine andere gewandelt wird (Beispiele: Gleichspannung durch Gleichrichtung der Netzspannung).

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

61

Tabelle 2.1. Beispiele zur direkten Erzeugung elektrischer Energie

Ausgangsenergie

Beispiele

Effekt

Mechanisch

Elektrischer Generator, van der Graff-Generator, Piezogenerator, Dehnungsschwinger Prim¨ ar-, Sekund¨ arelement, Brennstoffzelle Solarzelle, Fotozelle, Fotodiode Thermoelement, MHD-Generator Transistoroszillator (Umformung Gleichin Wechselleistung)

Induktionsgesetz, Reibungselektrizit¨ at, Piezoelektr. Effekt

Chemisch Strahlung W¨ arme Elektrisch

Elektrochemische Reaktion an Elektroden Fotoeffekt Seebeckeffekt, Induktion in Plasmen Wandlung elektrischer Energie in elektromagnetische Feldenergie

Typische Beispiele des U, I-Verhaltens von unabh¨angigen Quellen zeigt Abb. 2.2.1. Es gibt sie mit linearem Klemmenverhalten abh¨ angig von Strom bzw. Spannung, die linearen Spannungs- oder Stromquellen, nichtlinearem Verhalten: nichtlineare Spannungs- oder Stromquellen, begrenzter Linearit¨ at. Die Spannung (bzw. der Strom) ist in einem großen Bereich lastunabh¨ angig und erst von einem bestimmten Grenzwert an setzt starker Abfall ein. So verhalten sich Solarzellen und elektronische ” Netzger¨ate“ mit Strombegrenzung.

U

ideale Spannungsquelle, Ri=0

U UB =Uq

Uq Ui(I) Ri Uq

U

Stromquelle linear

Ii(U)

linear Ri= const.

Iq

nichtlinear 0

a

I

Spannungsquelle

I

Gi

Gi= const.

U

nichtlinear 0

IB=Iq I

ideale Stromquelle, Gi=0

Iq I

b

Abb. 2.2.1. U ,I-Kennlinien idealer und nichtidealer Quellen. (a) Spannungsquelle (ideale,

nichtlineare und lineare Form). (b) Stromquelle (ideale, nichtlineare und lineare Form)

62

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Eine Quelle hat zwei ausgezeichnete Betriebsf¨alle: den Leerlauf (open circuit) ohne Stromentnahme (I = 0). Dabei wird an den Klemmen die Leerlaufspannung (open circuit voltage) Ul gemessen, auch als Quellenspannung Uq bezeichnet, den Kurzschluss (short circuit) mit idealer Leiterverbindung der beiden Klemmen (U = 0). Dann fließt der Kurzschlussstrom (short-circuit current) Ik , auch als Quellenstrom Iq benannt. Ob ein Kurzschluss technisch durchf¨ uhrbar ist, h¨ angt vom aktiven Zweipol ab. So vertr¨ agt eine Solarzelle durchaus einen zeitlich begrenzten Kurzschlussbetrieb, ei¨ ne (kleine) Batterie erw¨ armt sich durch Uberlastung, doch bei einer Autobatterie besteht Explosionsgefahr. Im Kraftwerk schließlich h¨ atte ein Kurzschlussversuch katastrophale Folgen. Deshalb eignet sich der Kurzschlussstrom zwar als Modellgr¨ oße, bestimmt werden muss er in der realen Welt anders als durch Kurzschluss.

2.2.1 Ideale Spannungs- und Stromquellen Die Grundelemente zur Modellierung technischer Spannungs- und Stromquellen sind (unabh¨ angige) ideale Spannungs- und Stromquellen.1 2 Ideale Spannungsquelle

Ein Zweipol mit belastungsunabh¨ angiger Klemmenspannung Uq (t) heißt ideale Spannungsquelle (ideal voltage source). Sie ist ein Netzwerkelement zur Modellierung realer elektrischer Spannungsquellen. Gleichwertige Begriffe sind ideale Spannungsquelle, Urspannungsquelle, eingepr¨ agte oder starre, vom Strom I unabh¨ angige Spannung.

Eine zeitlich konstante Spannung liefert die ideale Gleichspannungsquelle. Abb. 2.2.2 zeigt das Strom-Spannungsverhalten der Quellen und typische Schaltzeichen. Die Strom- und Spannungsz¨ ahlpfeile werden zweckm¨aßig nach dem Erzeugerpfeilsystem (EPS) orientiert. Dann arbeitet die Spannungsquelle entweder im 1. oder 3. Quadranten der I,U -Kennlinie, letztere bei Richtungsumkehr von U und I, wie sie bei Wechselspannungen auftritt. Im 2. oder 4. Quadranten wirkt die Quelle als passiver Zweipol. Dieser Fall tritt z. B. beim Aufladen einer Batterie auf (Gegenschalten einer Spannungsquelle).3

1 2

Gesteuerte Quellen (Kap. 2.6) sind das Gegenst¨ uck zu unabh¨ angigen Quellen.

Der Hinweis auf Unabh¨ angigkeit unterbleibt k¨ unftig, daf¨ ur wird die Abh¨ angigkeit durch den Begriff gesteuerte Quelle“ hervorgehoben. ” 3 Ideale Spannungs- (und z. T. Stromquellen) dienen als Verbraucher auch zur abschnittsweisen Beschreibung des Verhaltens technischer Bauelemente durch Knickkennlinien, wie beispielsweise bei der Diode und Z-Diode.

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

U

ideale Spannungsquelle

I Uq ideale Stromquelle

Erzeuger

Verbraucher

I

0

Iq

Iq U

I

b4

b3

b2

Iq Erzeuger

uq(t) Uq

Uq

b1

i(t)

I

+

+ -

U

Uq

63

iq(t) u(t)

U

Verbraucher

c1

a

c2

c3

Abb. 2.2.2. Ideale Quellen. (a) Strom-Spannungskennlinie, Erzeuger- und Verbraucherpfeilrichtung (der dritte Quadrant gilt f¨ ur Vorzeichenwechsel von u und i). (b1) Schaltzeichen der Spannungsquelle nach DIN EN 60617-2:1997. (b2) Schaltzeichen bevorzugt f¨ ur Gleichspannungsquellen (mit oder ohne Polarit¨ atsangabe). (b3) Weitere, weniger benutzte Schaltzeichen. (b4) Schaltzeichen f¨ ur zeitver¨ anderliche Spannung. (c1) Schaltzeichen der Stromquelle entspr. (b1). (c2) Schaltzeichen bevorzugt f¨ ur Gleichstromquellen und zeitver¨ anderliche Quellen (c3)

Im Schaltzeichen deutet die durchgehende Linie symbolisch auf den Innenwiderstand null. Fr¨ uher benutzte Schaltzeichen (z. B. f¨ ur Batterie mit Polarit¨ atsangabe) sollten nicht mehr verwendet werden, sind aber aus Anschauungsgr¨ unden noch verbreitet. Oft werden auch Hinweise auf die Strom-/ Spannungssart, wie in Abb. 2.2.2 dargestellt, am Quellensymbol vermerkt.

F¨ ur den Umgang mit idealen Spannungsquellen ist zu beachten: 1.

2.

Die ideale Spannungsquelle darf nie u ¨ ber eine ¨außere widerstandslose Leiterverbindung kurzgeschlossen werden, weil es keinen Punkt auf der I, U -Kennlinie mit U = 0 gibt. Eine ideale Spannungsquelle mit der Quellenspannung Uq = 0 wirkt wie ein Kurzschluss ihrer Klemmen.

¨ Dieser Zustand wird bei Anwendung des Uberlagerungssatzes und der Zweipoltheorie ben¨ otigt und als Kurzschluss“ der Spannungsquelle bezeichnet.4 ”

Der Vorteil der Ersatzschaltung Abb. 2.2.2 ist, dass bei bekannter Quellenspannung Uq auf Einzelheiten innerer Vorg¨ ange (physikalisches Prinzip) verzichtet werden kann. Ideale Stromquelle Das Gegenst¨ uck zur idealen Spannungsquelle ist die ideale

Stromquelle (ideal current source). 4

Man sollte korrekter von Nullsetzen“ sprechen mit Uq = 0 oder dem Ersatz der ” Spannungsquelle durch Kurzschluss.

64

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Ein Zweipol mit belastungsunabh¨ angigem Klemmenstrom, dem Quellenoße eines anderen Netzwerkzweiges strom Iq (t) (der nicht von der Gr¨ abh¨angt) heißt unabh¨ angige ideale oder kurz ideale Stromquelle. Gleichwertige Begriffe sind Einstr¨ omung“, eingepr¨ agter oder starrer Strom, auch ” Quellenstrom oder Urstromquelle.

Bei zeitlich konstantem Strom liegt eine ideale Gleichstromquelle Iq vor. Im Erzeugerpfeilsystem hat sie eine Kennlinie im 1. resp. 3. Quadranten, im 2. und 4. wirkt sie als Leistungsverbraucher. Abb. 2.2.2c zeigt u ¨ bliche Schaltzeichen. Der Bezugspfeil von Iq (wie der von Uq ) geh¨ort zum Quellensymbol. Der Querstrich deutet einen unendlich hohen Innenwiderstand an. Abweichend von der Norm sind weitere Quellensymbole u ahere Kennzeichnung z. B. f¨ ur Wechselstrom ¨ blich, auch solche, die eine n¨ tragen. So, wie die ideale Spannungsquelle nie im Kurzschluss betrieben werden darf, ist Leerlauf der idealen Stromquelle nie zul¨assig. Deshalb kann sie streng genommen nie im Leerlauf dargestellt werden (Widerspruch zum Strom als ununterbrochenem Band, Verletzung des Knotensatzes). Erfordert ein Netzwerkanalyseverfahren dennoch die zeitweilige Nullsetzung des Wertes Iq , so wirkt der Ersatzzweipol als Leerlaufstrecke (Leitungsunterbrechung). Zusammenschaltung idealer Quellen Ideale Spannungsquellen d¨ urfen

reihengeschaltet und durch eine ideale Ersatzspannungsquelle Uq =

n 

Uqν

ν=1

Reihenschaltung (2.2.1) idealer Spannungsquellen

ersetzt werden (Abb. 2.2.3a, b), nur bei gleichen Quellenspannungen (Richtung, Wert) parallel geschaltet werden. Ideale Stromquellen d¨ urfen parallel geschaltet werden mit der Ersatzquelle Iq nach dem Knotensatz (Abb. 2.2.3c, d) Iq =

n  ν=1

Iqν ,

Parallelschaltung (2.2.2) idealer Stromquellen

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

65

Iq1

Uq

Iq

Uq1

Uq2

Uq3

a

Iq2

Uq

Uq=Uq1-Uq2+Uq3

Iq

b

Iq

Iq=Iq1+Iq2

Uq

c

d

Abb. 2.2.3. Zusammenschaltung idealer Quellen. (a) Reihenschaltung idealer Spannungs-

quellen. (b) Parallelschaltung nur gleicher idealer Spannungsquellen zul¨ assig. (c) Parallelschaltung idealer Stromquellen. (d) Reihenschaltung nur gleicher idealer Stromquellen zul¨ assig

nur bei gleichen Quellenstr¨ omen (Richtung, Wert) reihengeschaltet werden. F¨ ur Quellen mit Innenwiderstand gelten diese Beschr¨ankungen nicht. 2.2.2 Reale Spannungs- und Stromquellen Technische Spannungs- und Stromquellen Ideale Quellen kennt die reale Welt nicht. Trotzdem eignen sie sich gut zur Modellierung realer oder technischer Spannungs- und Stromquellen mit inneren Verlusten, die durch einen linearen/nichtlinearen Innenwiderstand darstellbar sind. Dadurch wird die Quellengr¨oße lastabh¨angig. Beispielsweise haben Konstantspannungsger¨ ate, die dem Namen nach ideale Spannungsquellen vermuten lassen, zwar eine einstellbare Konstantspannung, doch sinkt sie bei Strombelastung, je nach Ger¨ ateg¨ ute, um einige % ab.

Reale Quellen werden modelliert als Spannungsquellen mit stromabh¨ angigen inneren Spannungsabfall Ui (I) durch den linearen/nichtlinearen Innenwiderstand Ri (Abb. 2.2.1a), Stromquellen mit (spannungsabh¨ angigem) inneren Stromverlust“ Ii (U ) ” durch den linearen oder nichtlinearen Innenleitwert Gi (Abb. 2.2.1b). H¨aufig kann der Innenwiderstand Ri als konstant angesehen werden. Dann ist der innere Spannungsabfall Ui (I) = IRi stromproportional und der Verluststrom Ii (U ) = Gi U spannungsproportional. So entstehen

66

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

1.

die lineare Spannungsquelle mit der Klemmenspannung U = Uq − IRi .

Strom-Spannungsbeziehung, EPS (2.2.3)

Abb. 2.2.4 zeigt die U, I-Kennlinie. Die Klemmenspannung f¨allt linear mit dem Strom zwischen Uq und dem Kurzschluss U = 0 ab. Dabei fließt als Klemmenstrom der Kurzschlussstrom I(U = 0) I|U=0 = Ik =

Uq . Ri

Kurzschlussstrom (2.2.4)

Die reale Spannungsquelle entspricht der idealen Spannungsquelle um so besser, je kleiner ihr Innenwiderstand Ri ist. Im Grenzfall Ri = 0 geht sie in die ideale u ¨ ber. idealer aktiver Zweipol: Spannungsquelle Uq (Ri = 0)

Stromquelle Iq (Gi = 0)

realer aktiver Zweipol: Spannungsquelle Ui=IRi

I

Stromquelle I

A

Gleichwertigkeit:

Ri Uq

U

A

Ii=UGi Iq

U

Gi

B

B

Kenngrößen: Quellenspannung Uq, Quellenstrom Iq, Innenwiderstand Ri = 1/Gi

ideale Spannungsquelle

U

U

Uq

U1

P1

U2

IRi lineare Spannungsquelle U =Uq-IRi

lineare Stromquelle I =Iq-UGi

Uq

UGi

ideale Stromquelle

P2

I1

a

I2

Iq

Iq

I

I

b

Abb. 2.2.4. Lineare Spannungs- und Stromquellen mit konstantem Innenwiderstand und

ihre Ersatzschaltungen. (a) Lineare Spannungsquelle. (b) Lineare Stromquelle, beide Formen sind gleichwertig ineinander u uhrbar ¨berf¨

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

67

Die Ersatzschaltung lineare Spannungsquelle“ mit Quellenspannung ” Uq und Innenwiderstand Ri beschreibt das Verhalten des linearen aktiven Zweipols bez¨ uglich seines Verhaltens an den Klemmen AB eindeutig und unabh¨angig von inneren physikalischen Vorg¨angen.

2.

Abb. 2.2.4 best¨ atigt das Erzeugerpfeilsystem als nat¨ urliche Strom-Spannungszuordnung an den Klemmen AB aus der Stromflussrichtung, die sich im Verbraucherwiderstand fortsetzt. die lineare Stromquelle mit dem Klemmenstrom I = Iq − Ii (U ) = Iq − Gi U.

Strom-Spannungsbeziehung aktiver Zweipol, EPS

(2.2.5)

Die I, U -Kennlinie beginnt beim Quellenstrom Iq f¨ ur U = 0, der Strom sinkt mit wachsender Klemmenspannung. Im Leerlauf (I = 0) fließt der gesamte Quellenstrom durch den Innenleitwert Gi und erzeugt die Leerlaufspannung U |I=0 = Ul =

Iq . Gi

Leerlaufspannung (2.2.6)

Die reale Stromquelle entspricht der idealen Stromquelle um so besser, je kleiner ihr Innenleitwert Gi ist. Im Grenzfall Gi = 0 geht sie in die ideale Quelle u ¨ ber. Die Ersatzschaltung lineare Stromquelle“ mit Quellenstrom Iq und In” nenleitwert Gi beschreibt das Verhalten des linearen Zweipols bez¨ uglich seines Verhaltens an den Klemmen AB eindeutig. Kennliniengleichungen Die Kennliniengleichung U (I) der Spannungsquelle ist eine fallende Gerade (y = mx + n), die die U -Achse bei der Quellenoder Leerlaufspannung Ul , = Uq schneidet und mit der Steigung tan β = U/I = −Ri f¨allt (Abb. 2.2.4a). Sie kreuzt die I-Achse (U = 0) beim Kurzschlussstrom I(U = 0) = Ik = Iq . Die Stromquelle hat die gleiche Gerade (durch Umstellen von Gl. (2.2.3) und Division durch Ri ersichtlich). Kennt man zwei Punkte P1 (U1 , I1 ) und P2 (U2 , I2 ) der Kennliniengleichung (Abb. 2.2.4a), so kann damit der Innenwiderstand der Quelle bestimmt werden: Ri = −(U2 − U1 )/(I2 − I1 ).

Weiter gilt: deaktivierte Quellen (Spannungsquelle mit Uq = 0 bzw. Stromquelle mit Iq = 0) verhalten sich wie ein ohmscher Widerstand Ri (bzw. Gi ). Als Schlussfolgerung lassen sich ideale Quellen durch Zuschalten eines Innenwiderstandes jederzeit in reale Quellen verwandeln. Zur wirklichkeitsnahen Modellierung werden daher

68

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

niederohmige Quellen besser als Spannungsquellenersatzschaltung und hochohmige Quellen als Stromquellenersatzschaltung dargestellt. Deshalb heißt die erste Gruppe auch Konstantspannungsquelle (Abb. 2.2.1), die letzte Konstantstromquelle. Sie liefern ann¨ahernd konstante Spannung bzw. konstanten Strom u ullen Spannungs¨ber einen bestimmten Bereich. Erf¨ quellen wie Batterien, Solarzellen u. a. diese Forderungen einigermaßen, so erreichen aktive Zweipole auf Basis elektronischer Schaltungen, bekannt als elektronisch stabilisierte Netzger¨ate, diese Forderungen fast perfekt. Gleichwertigkeit von Quellen Die Kennlinien der Spannungsquelle mit Innen-

widerstand und Stromquelle mit Innenleitwert sind proportional zueinander. ¨ Gleichheit (Aquivalenz) liegt vor, wenn beide Ersatzschaltungen bei gleichem Lastelement gleiche Strom-Spannungswerte ergeben. Weil beide Kennlinien durch Leerlaufspannung und Kurzschlussstrom bestimmt sind, erfordert die Gleichheit Iq (2.2.7) Ul |Spannungsquelle = Uq = Ul |Stromquelle = Gi und Uq Ik |Spannungsquelle = = Ik |Stromquelle = Iq . Ri Beide Quellen sind zueinander ¨ aquivalent, wenn gilt (Abb. 2.2.4) Uq =

Iq , Gi

Iq =

Uq , Ri

Ri =

1 . Gi

¨ (2.2.8) Aquivalenzbedingung

Eine lineare Spannungsquelle mit Innenwiderstand ist u uhrbar in eine ¨ berf¨ lineare Stromquelle mit Innenleitwert und umgekehrt. Zweipole mit gleichem Klemmenverhalten (Spannung, Strom) heißen gleichwertig oder ¨aquivalent. Sie k¨ onnen dabei im Netzwerkaufbau (Zahl der Quellen, Art, Schaltung, Grundbauelemente) sehr unterschiedlich sein. uckgehende Satz Dieser auf Helmholtz5 , Mayer, Th´evenin und Norton6 zur¨ erlaubt betr¨achtliche Vereinfachungen in der Netzwerkanalyse. Zusammengefasst: Jeder aktive (lineare) Zweipol wird gleichwertig durch eine Spannungs- oder Stromquellenersatzschaltung beschrieben. Von seinen 5

Hermann von Helmholtz, deutscher Physiker und Physiologe, 1821–1894 (Professor f¨ ur Physiologie in K¨ onigsberg, Bonn, Heidelberg, 1870 f¨ ur Physik in Berlin).

6

Der Satz wurde unabh¨ angig von Helmholtz und Mayer und im englischen Schrifttum von Th´evenin und Norton angegeben, s. Kap. 2.4.4.

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

69

Kenngr¨oßen Quellenspannung Uq , Quellenstrom Iq und Innenwiderstand Ri m¨ ussen zwei bekannt sein, die dritte folgt aus

Ri =

Uq Ul ULeerlauf = = . Iq Ik IKurzschluss

Beispiel 2.2.1 Aktiver Zweipol, Gleichwertigkeit F¨ ur die Schaltung in Abb. 2.2.5a wird die Gleichwertigkeit des aktiven Zweipols untersucht. Ausgang ist die Gleichwertigkeit der Spannungs- und Stromquelle Abb. 2.2.4. Wir ermitteln Leerlaufspannung Ul , Kurzschlussstrom Ik und Innenwiderstand Ri . F¨ ur die Leerlaufspannung Ul ergibt sich wegen I = 0 (kein Spannungsabfall an R3 ) aus dem Maschensatz Uq = Iq (R1 +R2 ) und dem Spannungsabfall Ul = Iq R2 durch Eliminieren des Stromes R2 Uq 5 Ω · 10 V = 5 V. Ul = = R1 + R2 (5 + 5) Ω Der Kurzschlussstrom ist der Strom I durch die Klemmen AB f¨ ur U = 0. Er berechnet sich als Teil des Stromes Iq durch die Quelle entsprechend der Stromverzweigung am Knoten K. Dort gilt R3 Ik = R2 (Iq − Ik ) mit dem Quellenstrom Iq = Uq /(R1 + R2  R3 ). Daraus folgt Ik =

R2 Iq Uq R 2 5 Ω · 10 V = = = 0, 4 A. R2 + R3 R1 (R2 + R3 ) + R2 R3 5 Ω(5 + 10) Ω + 10 · 5 Ω2

Der Innenwiderstand wird bei Ersatz der Quellenspannung Uq durch Kurzschluss von den Klemmen AB aus in die Schaltungen hineingesehen“: Ri = R3 + R1 ||R2 = ”

Abb. 2.2.5. Gleichwertigkeit der linearen Spannungs- und Stromquellenersatzschaltungen.

(a) Ersatzgr¨ oßenbestimmung. (b) Beispielanordnung mit Kennlinie

70

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

(10 + 2, 5) Ω = 12, 5 Ω. Er folgt auch aus Ri = Ul /Ik = 5 V/0, 4 A = 12, 5 Ω. In der Abbildung sind die Ersatzschaltungen und ihre Kennlinien eingetragen. Diskussion Wir diskutieren, ob es nicht trotz der Gleichwertigkeit der Strom- und Spannungsquellenersatzschaltung Anschauungsgr¨ unde gibt, die eine oder andere Form zu bevorzugen. Dazu m¨ ogen drei Beispiele dienen: 1.

2.

Eine Batterie wird wegen ihres kleinen Innenwiderstandes und der physikalischen Eigenschaft, eine Spannung zu liefern“ besser durch die Spannungsquel” lenersatzschaltung beschrieben. Eine Steckdose (Gleichstromnetz) besitze eine Leerlaufspannung Uq = 230 V. Es soll beim Laststrom I = 10 A (d. h. einem Lastwiderstand Ra = 23 Ω) eine Spannungs¨ anderung von 1% der Steckdosenspannung U “ auftreten (U = ” 0, 99Uq ). Damit ergibt sich der Innenwiderstand des Netzes aus U = 0, 99Uq = Uq − IRi zu: Uq − 0, 99Uq 0, 01Uq = = 0, 23 Ω. I I Auch hier ist die Spannungsquellenersatzschaltung wegen des geringen Innenwiderstandes und der Eigenschaft, eine Spannung zu liefern“, zweckm¨ aßig. Bei ” Modellierung durch eine Stromquellenersatzschaltung m¨ usste sie einen Kurzschlussstrom Ik = Iq = Uq /Ri = 230 V/0, 23 Ω = 1000 A (!) besitzen, wobei der Innenleitwert Gi = 1/Ri = 1/0, 23 Ω = 4, 35 S der Quelle parallel liegt. Das ist unanschaulich. Außerdem w¨ urde sich bei jeder Innenwiderstands¨ anderung des Netzes (z. B. Zuschaltung weiterer Verbraucher) Ri und damit Ik stark ¨ andern. Ein Transistor verst¨ arke eine Wechselspannung. Wir stellen seinen Ausgang sp¨ ater als Zweipol (Wechselspannungsquelle) dar. Solche Anordnungen haben Kurzschlussstr¨ ome von einigen mA bei relativ großen Innenwiderst¨ anden Ri (Gr¨ oßenordnung 50 kΩ). In der Spannungsquellenersatzschaltung geh¨ ort dazu oßenorddie Leerlaufspannung Uq = Iq Ri = 10 mA·50 kΩ = 500 V (!). Diese Gr¨ nung ist f¨ ur die Transistortechnik un¨ ublich, außerdem kann sie wegen der geringen Betriebsspannung von einigen Volt (2 . . . 10) technisch so nicht auftreten. Deshalb werden hier vorwiegend Stromquellenersatzschaltungen benutzt. Ri =

3.

Beispiel 2.2.2 Gleichwertigkeit von linearen aktiven Zweipolen Abb. 2.2.6 zeigt gleichwertige Schaltungen. Obwohl sie gleiche Zweipolkenngr¨ oßen besitzen, weicht ihr Aufbau voneinander ab. Teilweise kommt es zum Leistungsverbrauch, ohne dass Leistung an den Verbraucher abgegeben wird! W¨ ahrend die Spannungsquellenersatzschaltung keine Leistung verbraucht (Leerlauf!), setzt die Stromquellenersatzschaltung best¨ andig Leistung zur Erzeugung der Leerlaufspannung“ um. Das Bei” spiel veranschaulicht die Modellhaftigkeit von Ersatzschaltungen sehr gut. In Abb. 2.2.1 wurde dargestellt, dass eine Spannungsquelle von einem bestimmten Strom an eine Strombegrenzung“ IB und eine Stromquelle von einer bestimmten ” Spannung an eine Spannungsbegrenzung“ UB haben kann: es liegen begrenzt g¨ ultige ” Kennlinien vor. Im einfachsten Fall wird der Verlauf durch Geraden angen¨ ahert. Man sieht sofort den Unterschied: W¨ ahrend die ideale Quelle eine beliebige Leistung bereitstellt (eine ihrer beiden Gr¨ oßen kann immer u ¨ ber alle Grenzen wachsen), wird jetzt die verf¨ ugbare Leistung begrenzt auf Pel = Uq IB . Genau dieses Merk-

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

Ersatzspannungsquelle

Doppelquelle

Spannungsteiler

Ersatzstromquelle

20Ω

10Ω Ul= 3V

71

20Ω 3V

I k= 0,3A

20Ω 3V

3V

6V

2V

4V

P = 0,9W

P = 0,9W

P=0

20Ω

10Ω 3V

P = 0,1W

Leerlaufbetrieb 20Ω

10Ω 3V

Ik

Ik Ik

10Ω

Ik 6V

= 0,3A

P = 1,8W

P=0

P = 0,9W

20Ω

Ik

20Ω

20Ω

4V

2V

Ik

P = 1W

Kurzschlussbetrieb Abb. 2.2.6. Elektrisch gleichwertige Schaltungen eines linearen aktiven Zweipols (Ul = 3 V,

Ik = 0, 3 A, Ri = 10 Ω) mit Angabe der intern umgesetzten Verlustleistung P

mal haben Konstantspannungs- und Konstantstromquellen. Meist kann bei handels¨ ublichen Konstantspannungsquellen eine Strombegrenzung eingestellt werden. Vom I, U -Verhalten her gesehen liegt ein nichtlinearer aktiver Zweipol vor. Diese Knickkennlinie l¨ asst sich durch geeignete nichtlineare Schaltelemente gut ann¨ ahern.

Zusammenschaltung von Quellen Oft ben¨ otigt man Spannungen oder Str¨ome,

die eine Quelle u ¨ berfordern. Beispiele sind die Reihenschaltung von Batterien zur Spannungserh¨ ohung oder ihre Parallelschaltung zur Erh¨ohung des verf¨ ugbaren Stromes. Andererseits zeigen gleichwertige Quellen mit verschiedenem Aufbau, dass die Zusammenschaltung innere Str¨ome und Verlustleistungen verursachen kann, die nur die Quellen belasten. Unkritisch sind auch bei technischen Quellen die Reihenschaltung von Spannungsquellen und die Parallelschaltung von Stromquellen. Problematischer ist die Parallelschaltung von Spannungsquellen und die Reihenschaltung von Stromquellen bei unterschiedlichen Einzelquellen. Im ersten Fall wird eine h¨ohere Stromverf¨ ugbarkeit angestrebt, im letzteren gr¨oßere Gesamtspannung. Wir betrachten zun¨ achst Spannungsquellen. So ergibt ihre Reihenschaltung (Abb. 2.2.7a) gem¨ aß Maschensatz Uqers =

n  ν=1

Uqν ,

Rers =

n 

Rν .

(2.2.9)

ν=1

Die Spannungsvorzeichen sind nach dem gew¨ ahlten Umlaufsinn anzusetzen.

72

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Uq1

Uqn

R1

A

A Rn B

R1 Uqers

Uq1

Rers

a

Rers

Rn Uqn

Uqers

B

b A

Iqn

Iq1 Iq1

R1

Rn Iqn

Iqers

R1

Rers

Rn B

A

B

c

Iqers

Rers

d

Abb. 2.2.7. Zusammenschaltung linearer Spannungs- und Stromquellen. (a) Reihenschaltung und (b) Parallelschaltung von Spannungsquellen und gleichwertige Ersatzspannungsquelle. (c) Parallelschaltung und (d) Reihenschaltung von Stromquellen und gleichwertige Ersatzstromquelle

Zur Parallelschaltung von Spannungsquellen (Abb. 2.2.7b) werden zun¨achst die Quellenspannung zu null gesetzt und der Ersatzwiderstand von den Klemmen AB her berechnet. Alle Widerst¨ ande liegen einander parallel und der reziproke Ersatzwiderstand lautet (Verfahren s. Kap. 2.3.2):  1  1 = = Gers = Gν . Rers ν=1 Rν ν=1 n

n

(2.2.10)

Die Ersatzspannung Uqers wird u ¨ber den resultierenden Kurzschlussstrom Ikers = Iqers ermittelt. Weil jede Quelle einzeln mit ihrem Kurzschlussstrom Ikν = Uqν Gν beitr¨ agt, ergibt die Summation aller Einzelkurzschlussstr¨ome n  Uqν Giν . Die Ersatzleerlaufspannung nach dem Knotensatz Iqers = IABk = ν=1

entsteht dadurch, dass jeder Kurzschlussstrom am zugeh¨origen Innenleitwert einen Spannungsabfall erzeugt und die Summe aller Spannungsabf¨alle die gesuchte Leerlaufspannung bildet n Uqν n Ikν ν=1 ν=1 Uqers = Iqers Rers = n = n R1iν . (2.2.11) G iν ν=1 ν=1 Riν n parallel geschaltete Spannungsquellen mit den Einzelgr¨oßen Uqν (ν = 1 . . . n) und Riν ergeben eine Ersatzspannungsquelle mit Uqers und dem Innenwiderstand Rers nach Gl. (2.2.11).

2.2

Unabh¨ angige Spannungs- und Stromquellen

73

Bei gleichen Spannungsquellen bleibt die Gesamtquellenspannung erhalten und der Kurzschlussstrom vergr¨ oßert sich auf das n-fache der Einzelquelle. In allen anderen F¨ allen entstehen innere (unerw¨ unschte) Ausgleichsstr¨ome. Mit den Dualit¨atsregeln (s. Kap. 4.6) l¨ asst sich das Ergebnis f¨ ur die Reihenschaltung technischer Stromquellen u ¨ bernehmen (s. Abb. 2.2.7c, d): n n Uqν ν=1 Riν Iqν  Iqers = Uqers Gers = ν=1 = n n R iν ν=1 ν=1 Riν n n   1 1 = = Rers = Riν . Gers G iν ν=1 ν=1 Das Verhalten erlaubt generelle Schl¨ usse: Bei unterschiedlichen Einzelquellen (Spannung, Innenwiderstand, Strom) kommt es zu best¨ andigem Leistungsumsatz in den Quellen unabh¨angig davon, ob von außen Leistung entnommen wird, Ein Teil der Quellen kann als Verbraucher wirken und die von anderen Quellen gelieferte Energie aufnehmen (Beispiel: Laden einer Batterie), Nur bei identischen Quellen geben alle die gleiche Leistung an den Verbraucher ab. Die Zusammenfassung von parallel- oder reihengeschalteten Quellen eignet sich umgekehrt zum Verschieben“ von Quellen aus einem Netzwerkzweig in benachbarte ” Zweige u ¨ ber Knoten hinweg oder zum Teilen“ von Stromquellen u ¨ ber weitere Kno” ten. Dieses Problem wird in Kap. 4.2 behandelt.

Beispiel 2.2.3 Parallelschaltung zweier Autobatterien Zwei Batterien (Uq1 = 12, 2 V, ande konstant angenommen) Ri1 = 10 mΩ, Uq2 = 12 V, Ri2 = 30 mΩ, Innenwiderst¨ sind parallel geschaltet. Welcher Strom fließt bei Leerlauf, welcher bei einem ¨ außeren Laststrom IL = 20 A? Die L¨ osung kann grunds¨ atzlich mit Gl. (2.2.11) erfolgen, in diesem Fall bietet sich aber die Direktberechnung an (Skizze der Schaltung !). Bei leerlaufenden Klemmen AB der Parallelschaltung fließt im Stromkreis der parallel geschalteten Batterien der Strom I = (Uq1 − Uq2 )/(Ri1 + Ri2 ) = 0, 2 V/40 mΩ = 5 A (ohne nach außen Energie abzugeben!). Die Leerlaufspannung betr¨ agt UAB = Uq2 +IRi2 = 12 V+5 A·30 mΩ = 12, 15 V. Beim Laststrom IL = 20 A stellt sich u ¨ ber der Last die Spannung UL = UAB − IL (Ri1  Ri2 ) = 12, 15 V − 20 A · 7, 5 mΩ = 12, 00 V ein. Der Laststrom IL = I1 + I2 setzt sich aus den beiden Str¨ omen I1 , I2 durch die Batterien zusammen. Es gilt dann UL = UAB − IL (Ri1  Ri2 ) = Uq2 − I2 Ri2 (Schaltskizze!). Daraus folgt −I2 = (Uq2 − UAB + IL (Ri1  Ri2 )) = (12 V − 12, 15 V + 20 A· 7, 5 mΩ) = 0 A. Deshalb fließt

74

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

nach dem Knotensatz der Strom I1 = IL − I2 = (20 + 0) A = 20 A durch Batterie 1, d. h. Batterie 2 arbeitet im Leerlauf (I2 = 0)! Die gleiche Problematik betrifft die Parallelschaltung zweier 1,5 V Trockenelemente (sog. R 20-Zellen mit Uq ≈ 1, 5 V und Ri ≈ 1 Ω, wie sie in transportablen Ger¨ aten eingesetzt werden). Unterscheiden sich beide Spannung um 10%, so fließt best¨ andig ein Kreisstrom von 75 mA (!). Ein Element gilt als entladen, wenn seine Leerlaufspannung auf 0, 9 V gefallen ist. Bei einer Normalentladung“ durch einen ” Verbraucherwiderstand R = 10 Ω ist die Entladegrenze nach rd. 36 h erreicht. Pro Element ist damit etwa die Ladung Q = 36 h · 1, 5 V/10 Ω = 5, 4 Ah gespeichert, in beiden also die doppelte Menge. Durch den Kreisstrom I = 75 mA w¨ aren beide Batterien nach rd. 5, 4 Ah/75 mA = 72 h entladen, ohne Energie an einen ¨ außeren Verbraucher abzugeben! Die Beispiele zeigen, dass die Parallelschaltung schon bei kleinen Batterieunterschieden zu betr¨ achtlichem Stromfluss f¨ uhrt. Man sollte sie deshalb grunds¨ atzlich vermeiden. Deutlich wird außerdem, dass Ersatzschaltungen nur das Klemmenverhalten modellieren, denn in der resultierenden Spannungsquellenersatzschaltung tritt der Entladevorgang nicht auf.

2.3

2.3 Widerstand, resistiver Zweipol Der ohmsche Widerstand“ d¨ urfte wohl einer der bekanntesten Begriffe der ” Elektrotechnik sein: Materialien haben einen Widerstand“ (ideale Leiter gibt es nicht). ” Ohmsche Widerst¨ ande sind das wichtigste Bauelement der Elektrotechnik. Ihr Wertebereich umfasst etwa 10−3 . . . 1012 Ω. Auch ungewollt treten Widerst¨ ande etwa in Verbindungsleitungen, Starkstromleitungen, Elektroger¨ aten auf und verursachen W¨armeverluste. Physikalisch beruht der Widerstandsbegriff auf der Leitf¨ahigkeit von Stoffen aller Art. 2.3.1 Lineare resistive Zweipole Widerstandsbegriff Fließt Strom durch einen linienhaften Leiter mit u ¨ berall

gleichem Querschnitt (als Folge einer anliegenden Feldst¨arke), so bewegen sich die Ladungstr¨ ager auf parallelen Bahnen, den Str¨omungslinien und man spricht von einem homogenen Str¨omungsfeld. Diesem Stromfluss setzt jeder Leiter einen elektrischen Widerstand“ entgegen und deshalb besteht ” zwischen der Antriebsursache der Bewegung, dem elektrischen Feld, und der Str¨omung bzw. dem Strom I als Wirkung ein Zusammenhang u ¨ ber die Leitf¨ahigkeit. Zwischen zwei Querschnitten AA und AB (mit zugeordneten

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

75

Potenzialfl¨achen) ϕA und ϕB f¨ allt dann die Spannung UAB ab und es gilt f¨ ur 7 die Eigenschaft Widerstand“ dieser Leiterstrecke ” [U ] V UAB Widerstand R , [R] = = 1 = 1 Ω. (2.3.1) RAB = Definitionsgleichung I [I] A Der Quotient aus dem Spannungsabfall UAB zwischen zwei Potenzialfl¨achen A (ϕA = const) und B (ϕB = const) und dem Strom I durch die zuomungsfeldes heißt Widerstand RAB geh¨origen Querschnitte A1 , A2 eines Str¨ (Abb. 2.3.1a) des Volumens, in dem sich das Str¨omungsfeld ausbildet. Der Widerstandsbegriff ersetzt ein volumenhaftes Str¨omungsfeld durch eine Beziehung zwischen dem Strom durch seinen Querschnitt und der Spannung zwischen den beiden begrenzenden Potenzialfl¨achen. So treten Einzelheiten des Str¨omungsfeldes zur¨ uck und Gl. (2.3.1) wird in der Schreibweise RAB =

UAB = const I

Ohmsches Gesetz (2.3.2)

als ohmsches Gesetz8 bezeichnet. Dann ist der Widerstand unabh¨angig von Strom und Spannung ein linearer Widerstand. Diese Bedingung erf¨ ullen viele Materialien, wie Metalle bei konstanter Temperatur, homogene Halbleitergebiete, z. T. auch Fl¨ ussigkeiten bei konstanter Temperatur.

φA

Leiter U

UAB l

Leerlauf R→∞

φB

A A1

I

A I R

UAB

R

Querschnitt A

B

Berandung

a

leitende Fläche A2

I

B

Kurzschluss, R=0

b

c

Abb. 2.3.1. Widerstandsdefinition, linearer Widerstand (resistiver Zweipol). (a) Einf¨ uh-

rung des Widerstandsbegriffes f¨ ur ein leitendes r¨ aumliches Gebilde (Str¨ omungsfeld) mit zwei leitenden Potenzialfl¨ achen. (b) Gleichwertige Beschreibung durch einen passiven Zweipol mit der Eigenschaft Widerstand, Verbraucherz¨ ahlpfeilrichtung. (c) U ,I-Kennlinie

7

Dieser Widerstand wird gel¨ aufig ohmscher Widerstand genannt, weil der Widerstandsbegriff in der Wechselstromtechnik noch erweitert wird.

8

Georg Simon Ohm, deutscher Physiker 1799–1854, Professor Polytechnikum N¨ urnberg, ab 1852 Universit¨ at M¨ unchen. Gesetz im Jahre 1826 formuliert.

76

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Das ohmsche Gesetz definiert das Netzwerkelement Widerstand durch seine U, I-Proportionalit¨ at. Anschaulich beschreibt der Begriff den Widerstand“, den ein Leiter der Bewegung ” freier Ladungstr¨ ager bei Stromfluss entgegensetzt. Dazu ist Energieaufwand (UAB ) erforderlich. Die eingespeiste Energie wird in W¨ arme umgesetzt.

Ein Zweipol ist resistiv, wenn er keine Strom- und Spannungsquellen enth¨alt, sein U, I-Verhalten nicht durch die Speicherung elektrischer und magnetischer Feldenergie beeinflusst wird und die Kennlinie durch den Nullpunkt geht. Ein resistiver Zweipol heißt linearer oder ohmscher Widerstand, wenn er das ohmsche Gesetz erf¨ ullt, sonst nichtlinearer Widerstand (Kap. 2.5). Physikalisch ist der resistive Zweipol stets Umsatzort zugef¨ uhrter elektrischer Energie in W¨ arme (irreversibel): Widerstand wirkt als Verbraucher elektrischer Energie. Deshalb wird er als passives Bauelement bezeichnet. Bei Verbraucherz¨ ahlpfeilrichtung gilt f¨ ur die umgesetzte elektrische (Verlust)leistung P P = U I = I 2R =

U2 > 0. R

(2.3.3)

Der Begriff Widerstand“ wird (leider) im doppelten Sinn verwendet: ” 1. Er kennzeichnet das Bauelement Widerstand“ als Objekt (engl. resistor). Ein” zelne Objekte (Widerst¨ ande) unterscheiden sich nach der Bau- und Konstruktionsform (s. Kap. 2.3.6), z. B. Massewiderstand. Das Bauelement Widerstand wird in elektrischen Netzwerken und Schaltpl¨ anen durch ein Schaltsymbol gekennzeichnet (Abb. 2.3.2). Im Gegensatz zu extern einstellbaren Widerst¨ anden tritt die Widerstands¨ anderung bei den inh¨ arent ver¨ anderbaren Elementen durch Vorg¨ ange im Widerstand selbst auf. 2. Er bezieht sich auf die Eigenschaft des Objektes (engl. resistance), beschreibt also sein Strom-Spannungs-Verhalten. Die Eigenschaft Widerstand“ h¨ angt u. a. ” vom Material (Leitf¨ ahigkeit κ) und der Geometrie ab und kann durch eine Bemessungsgleichung, einen Strom-Spannungs-Zusammenhang oder ein Schaltzeichen ausgedr¨ uckt werden.

Kennlinie Der lineare Widerstand hat nach Gl. (2.3.2) eine U, I-Kennlinie

durch den Nullpunkt (Abb. 2.3.1c). Grenzf¨ alle sind Kurzschluss R = 0 (U = 0) als Kennzeichen eines idealen Leiters und Leerlauf R → ∞ f¨ ur eine Leiterunterbrechung oder den idealen Isolator. Das Verbraucherpfeilsystem bietet sich zwar beim Widerstand an, ist aber nicht zwingend. Im Erzeugerpfeilsystem w¨ urde seine Kennlinie lauten U = −IR, dem

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

stetig veränderbar

Festwert

77

Rges

abgleichbar

B

A R1

R inhärent veränderbar

inhärent veränderbar, nichtlinear

spannungsabhängiger Widerstand

A

R1~l

U1 U

a

l R2~(L-l) B

Uges

b

Abb. 2.3.2. Schaltzeichen von Widerst¨ anden nach DIN EN 60617-4. (a) Schaltzeichen

f¨ ur feste und ver¨ anderbare Widerst¨ ande: ver¨ anderbar (z. B. durch Drehknopf), einstellbar (mit Schraubenzieher), stellbar (Potentiometer) und parameterabh¨ angig (z. B. Temperatur, Magnetfeld). (b) Ersatzschaltung eines stellbaren Widerstandes

entspr¨ ache nach Kap. 1.6.3 eine Energieabgabe an das System (formaler Begriff: negativer Widerstand).

Widerstand des homogenen Str¨ omungsfeldes. Bemessungsgleichung Ein wich-

tiger Sonderfall ist der linienhafte Leiter (L¨ ange l, konstanter Querschnitt A Abb. 2.3.3a) mit homogenen Str¨ omungslinien. Daf¨ ur kann eine Bemessungsgleichung R = f (Geometrie, Materialeigenschaften) entwickelt werden9 : R=

l l = . A κA

Widerstandsbemessungsgleichung (2.3.4) eines linienhaften Leiters

Der Widerstand R eines linienhaften Leiters ist proportional seiner L¨ange l, dem spezifischen Widerstand  und umgekehrt proportional dem Querschnitt A. Der spezifische Widerstand  mm2 m S 1 , [] = 1 Ω oder 1 Ω cm, [κ] = 1 S oder 1 κ m mm2 cm bzw. die spezifische Leitf¨ ahigkeit κ (als Reziprokwert des spezifischen Widerstandes, oft nur Leitf¨ ahigkeit genannt) ist materialbestimmt (Tab. 2.2). Metalle haben eine sehr hohe spezifische Leitf¨ahigkeit (Silber und Gold am h¨ochsten, aus Preisgr¨ unden nur als Kontaktwerkstoff und zur Oberfl¨achenveredelung verwendet). Standardwerkstoffe der Elektrotechnik sind Kupferund Aluminiumleiter. =

9

Genauere Begr¨ undung in Bd. 2.

78

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

R ≈RSl/b

B

A

b

R = ρ•l/A d

Querschnitt A

Länge l spez. Widerstand ρ

Leiter

a

Substrat

b

Abb. 2.3.3. Linienhafter Leiter. (a) Homogenes Str¨ omungsfeld (homogene Str¨ omungslinien, homogene Leitf¨ ahigkeit). (b) Sonderform eines linienhaften Leiters (m¨ aanderf¨ ormig angeordnet) als Schichtwiderstand auf einem isolierenden Substrat Tabelle 2.2. Spezifischer Widerstand, Leitf¨ ahigkeit und Temperaturkoeffizient wichtiger Leitermaterialien

Werkstoff

Spezifischer Widerstand  ρ  Ω·

Aluminium Chromnickel Eisen Gold Konstantan Kupfer Messing Silber Tantal Cermet (Cr/SiO) Grafit

mm2 m

0,0282 1,1 0,12 0,0222 0,5 0,0178 0,08 0,0165 0,13 100 . . . 108 40

Leitf¨ ahigkeit κ   m S · mm 2 35,5 0,91 8,33 45 2 56 12 60,5 7,7 100 . . . 10−8 0,025

TK 

α20 −3

10

 /K

4,1 0,1 4,5 . . . 5,5 3,9 -0,002 3.93 1,8 3,9 4 -10 . . . 1 -0,3

TK 

10

β20 −6

/K2



1,3 ≈ 0 6 3 ≈ 0 0,6 ≈ 0 0,7 0,15

Einheit, Gr¨ oßenordnung Die Einheit des Widerstandes wurde mit dem Namen Ohm (Symbol Ω) belegt. H¨ aufig benutzte Vors¨atze sind 1 mΩ = 1Milliohm = −3 10 Ω, 1 kΩ = 1Kiloohm = 103 Ω, 1 MΩ = 1Megaohm = 106 Ω. Gr¨ oßenvorstellungen Cu-Draht l = 1 m, d = 0, 15 mm, Al-Draht l = 1 km, d = 1 cm (d = 1 mm) Cu-Leiterbahn l = 1 cm, b = 25 μm, d = 1 μm, menschlicher K¨ orper Bauelement Widerstand typischer Isolationswiderstand

R ≈ 1Ω R ≈ 0, 36 Ω (36 Ω) R ≈ 7, 14 Ω R ≈ (0, 3 . . . 3) kΩ R ≈ 0, 1 Ω . . . 50 MΩ R ≈ (108 . . . 1012 ) Ω

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

79

W¨ ahrend die Gr¨ oßenordnung von Widerst¨ anden der Elektrotechnik im unteren Bereich (wegen der im Mittel gr¨ oßeren Str¨ ome) liegt, haben elektronische Schaltungen meist Widerst¨ ande ab einigen 10 Ω bis in den MΩ Bereich. Die Einheit 1 Ω wurde lange Zeit u ¨ ber einen bestimmten Leiter (Material, Abmessungen) als Widerstandsnormal definiert. Durch den von K. von Klitzing10 (1980) entdeckten Quanten-Hall-Effekt kann sie heute u ¨ ber Naturkonstanten definiert werden: h/q 2 = 25812, 8 Ω (Plancksches Wirkungsquantum h = 4, 13610−19 eV · s, q Elementarladung).

Materialeinfluss Der spezifische Widerstand von Festk¨orpern umfasst etwa 25 Zehnerpotenzen. Man kann grob drei Gruppen erkennen: Leiterwerkstoffe (Metalle, spezifischer Widerstand ≈ (10−8 . . . 10−4 ) Ω cm), Halbleiterwerkstoffe zwischen (10−2 . . . 108 )Ω cm. Halbleiter und Leiter unterscheiden sich bei tiefen Temperaturen grundlegend: Metalle leiten bei tiefen Temperaturen sehr gut, Halbleiter tendieren zum Nichtleiter. Isolatoren ab 1010 Ω cm. In der Elektrotechnik dienen Leiter als Kontakt- und Widerstandswerkstoffe (Metalle, Metalllegierungen, Halbleiter (besonders Grafit)). Manche Werkstoffe zeigen bei Unterschreiten einer kritischen Sprungtemperatur“ einen abrupten Abfall des ” spezifischen Widerstandes fast auf null: ein Effekt, der als Supraleitung bezeichnet 11 wird . Sie verschwindet oberhalb der Sprungtemperatur und bei hohem Magnetfeld. Weil jeder stromdurchflossene Leiter ein inneres Magnetfeld f¨ uhrt, hat jeder Supraleiter eine kritische Stromdichte, die nicht u ¨ berschritten werden darf. Die Sprungtemperaturen metallischer Supraleiter betragen bis zu 10 K. 1986 wurden keramische Hochtemperatur-Supraleiter (HTS, high temperature superconductors) erfunden mit Sprungtemperaturen bis zu 90 K, so dass fl¨ ussiger Stickstoff zur K¨ uhlung ausreicht. Die Anwendungserwartungen an Supraleiter sind hoch: Einsatz in der Energietechnik, als Energiespeicher, Magnete f¨ ur extreme Magnetfelder, Anwendung in der Kernspinresonanz (Kernspintomografen) u. a. m.

Leitwert Der Reziprokwert des Widerstandes R heißt Leitwert

1 , UAB RAB A 1 [I] = 1 = 1S = 1 . = [U ] V Ω

GAB = [G]

I

=

Leitwert, (2.3.5) Definitionsgleichung

10

K. von Klitzing, deutscher Physiker. 1943-. Nobelpreis 1985.

11

H. K. Onnes, holl¨ andischer Physiker 1853–1926, Nobelpreis 1913.

80

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Er tr¨agt den eigenen Namen Siemens12 13 , (Symbol S). H¨aufig benutzte Untereinheiten sind 1 mS = 1Millisiemens = 10−3 S, 1 μS = 1Mikrosiemens = ur die Netzwerkanalyse Vorteile durch vereinfach10−6 S. Der Leitwert bietet f¨ te Schreibweise von Beziehungen. Das beruht auf der Dualit¨at (s. Kap. 4.6) von Netzwerkbegriffen: die Rolle von Spannung und Strom beim Widerstand vertauscht sich mit der Rolle von Strom und Spannung beim Leitwert. Der Vorteil zeigt sich bereits bei der Parallelschaltung mehrerer Widerst¨ande.

Beispiel 2.3.1 Fl¨ achenwiderstand Der Fl¨ achen- oder Schichtwiderstand ist ein zweckm¨ aßiger Widerstandsbegriff f¨ ur fl¨ achenhafte Widerstandsschichten konstanter Dicke d, wie sie in Halbleiterschaltkreisen typisch auftreten. Nach Abb. 2.3.3b gilt l (d) · l (d) = RS mit RS = Schichtwiderstand RS (2.3.6) d·b b d f¨ ur eine Leiterbahn der L¨ ange l, Breite b und Dicke d. Weil in d¨ unnen Schichten (Schichtdicke einige μm) der spezifische Widerstand (d) von der Schichtdicke d abh¨ angt und seine Berechnung schwierig, die Messung von RS aber sehr leicht m¨ oglich ist, hat der Schichtwiderstand Vorteile. Er ist dann gleich dem Widerstand eines Quadrates b = l der Breite b und L¨ ange l. Sein Wert wird oft in Ω/Fl¨ ache angegeben trotz der Einheit Ohm! Typische Werte von RS betragen f¨ ur Halbleiterschichten 10 . . . 500 Ω. R=

Mit dem Fl¨ achenwiderstand kann der Widerstand einer Widerstandsbahn leicht gekennzeichnet werden. Aus Platzgr¨ unden sind integrierte Widerst¨ ande“ m¨ aander” f¨ ormig ausgef¨ uhrt (Abb. 2.3.3b). Die Gr¨ oße eines Widerstandes h¨ angt so nicht allein vom Fl¨ achenwiderstand ab, sondern auch seiner Geometrie – dem l/b Verh¨ altnis. Daher beruht die Schaltungsbemessung in integrierten Schaltungen u. a. auf einer Geometrieeinstellung von Widerstandsbahnen.

2.3.2 Zusammenschaltungen linearer resistiver Zweipole Der Widerstandsbegriff Gl. (2.3.1) gilt allgemein. Deshalb lassen sich zusammengeschaltete Einzelwiderst¨ ande immer als Ersatzwiderstand zusammenfassen. Beispiele sind die Reihen- und Parallelschaltung (Abb. 2.3.4). Merkmal der Reihenschaltung ist der gemeinsame Strom durch alle Elemente und der Parallelschaltung die gemeinsame Spannung an allen Elementen. Bei nichtlinearen Einzelelementen muss die Gesamtgr¨oße (Spannung 12

Werner von Siemens, deutscher Techniker, Unternehmer und Erfinder 1816–1892, F¨ orderer der Physiklisch-Technischen Reichsanstalt, Entwurf des Deutschen Patentgesetzes 1876.

13

Im englischen Sprachraum mho (Ohm r¨ uckw¨ arts). Dann bedeutet 1 mS = 1 mmho.

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

81

oder Strom) mit den jeweiligen Kennlinienzusammenh¨angen bestimmt werden, was grafisch immer gelingt, analytisch hingegen meist nicht. F¨ ur lineare Widerst¨ande gelten dagegen allgemeine Regeln: sie wurden bereits stillschweigend in Abb. 2.2.7 benutzt. Reihenschaltung Bei der Reihenschaltung mehrerer Widerst¨ ande addieren

sich die Spannungsabf¨ alle nach dem Maschensatz (Abb. 2.3.4a) n 

UAB =

Uν = I

ν=1

n 

Rν = IRers wegen I1 = I2 = I3 = . . . = Iν = I

ν=1

mit Rers =

n 

Reihenschaltung von (2.3.7a) n Widerst¨anden

Rν .

ν=1

Im unverzweigten Stromkreis (Reihenschaltung) besteht der Gesamtwiderstand Rges aus der Summe der Teilwiderst¨ ande. Typische Anwendungen der Reihenschaltung sind Spannungsteiler und Potentiometer (Abb. 2.3.2b). Parallelschaltung Bei Parallelschaltung einzelner Widerst¨ ande (Abb. 2.3.4b)

addieren sich ihre Teilstr¨ ome nach dem Knotensatz n n n    UAB I= Iν = = Gν UAB = UAB Gers Rν ν=1 ν=1 ν=1 mit dem Ersatzleitwert Gers =

n  ν=1

 1 1 bzw. = . Rers ν=1 Rν n



Parallelschaltung von (2.3.7b) n linearen Leitwerten

Abb. 2.3.4. Reihen- und Parallelschaltung linearer resistiver Zweipole. (a) Reihenschaltung. (b) Parallelschaltung

82

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Im verzweigten Stromkreis (Parallelschaltung) besteht der Gesamtleitwert (zwischen zwei Knoten) aus der Summe der Teilleitwerte. Hinweis: 1.

Die Parallelschaltung ergibt eine umst¨ andlichere Aussage in der Widerstandsdarstellung: Der reziproke Gesamtwiderstand ist gleich der Summe aller reziproken Teilwiderst¨ ande (eine entsprechende Aussage gilt f¨ ur die Reihenschaltung, wenn Teilleitwerte verwendet werden, niemand k¨ ame auf diese Idee). uhrt auf Die Parallelschaltung zweier Widerst¨ ande R1 , R2 f¨ Gers =

1 1 1 R1 + R2 = + = , Rers R1 R2 R1 R2

oder als Kehrwert Rers =

R1 R2 = R1  R 2 . R1 + R2

Bei abgek¨ urzter Schreibweise achte man sorgf¨ altig auf die Anwendung von Klammern (Abb. 2.3.5b, c) RAB = R3 + (R1  R2 ) = R3 + R1  R2 , RAB = (R3 + R2 )  R1 . Das erste Resultat gilt f¨ ur die Abbildung. Drei parallel geschaltete Widerst¨ ande R1 , R2 , R3 ergeben den Gesamtwiderstand R3 (R1 + R2 ) + R1 R2 1 1 1 + + = bzw. Gers = G1 + G2 + G3 = R1 R2 R3 R1 R2 R3 R1 R2 R3 Rers = R1 R2 + R1 R3 + R2 R3 = (R1  R2 )  R3 = R1  (R2  R3 ) = R2  (R1  R3 ). Der Widerstand wird mit wachsender Zahl paralleler Widerst¨ ande un¨ ubersichtlicher. Bei Parallelschaltung zweier unterschiedlicher Widerst¨ ande R1 , R2 (z. B. R1  aherung 1/(1 + ε) ≈ 1 − ε (ε  1) n¨ utzlich R2 ), ist die N¨ „ «˛ R1 R2 R2 R2 ˛˛ = ≈ R . Rers = 1 − 2 2 R1 + R2 R1 ˛R1 R2 1+ R R

2.

1

A R3 Uges

R2

A R5 R1

B RAB= R3+(R2//R1)

a

c‘

U1 RAB‘= R5+Rc‘b‘ B

a‘ R4

b‘

Rc‘b‘= R4//Ra‘b‘

b

R3

R2 R1

b‘

A R1 Uges 2 U‘

R3 1 R2 R4

U4

B

Ra‘b‘= R1+(R2//R3)

c

Abb. 2.3.5. Beispiel einer Widerstandszusammenschaltung. (a) – (c) Ausgangsschaltung

mit schrittweiser Vereinfachung durch Zusammenfassung von Widerstandsgruppen

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

83

F¨ ur R2 /R1 = 0, 1 gilt Rers ≈ 0, 9R2 und so liegt Rers um rd. 10% unter R2 . Bei gemischter Reihen- und Parallelschaltung sind die Regeln der Reihen- und Parallelschaltung der Reihe nach anzuwenden, also Widerst¨ ande schrittweise zusammenfassen und Schaltung ggf. neu zeichnen, bei abgek¨ urzter Schreibweise sorgf¨ altig auf Klammern achten. Abb. 2.3.5b zeigt ein Beispiel. Beginnend mit dem Widerstand am entferntesten von der Schnittstelle, werden Widerst¨ ande schrittweise zu Gruppen bis hin zur Schnittstelle AB zusammengefasst und berechnet.

Spannungs-, Stromteilerregel Der Widerstandszusammenschaltung entnimmt

man zwei wichtige Regeln (Abb. 2.3.4, 2.3.6a): 1. Spannungsteilerregel Im unverzweigten Stromkreis gilt

 Teilspannung  Gesamtspannung unverzweigter Kreis Uν Rν = . Uges Rges

Teilwiderstand oder Gesamtwiderstand

=

(2.3.8)

Spannungsteilerregel

Bei der Reihenschaltung linearer Widerst¨ ande (Spannungsteiler) verhalten sich die Teilspannungen zur Gesamtspannung wie die Teilwiderst¨ande zum Gesamtwiderstand. Die Regel kann mehrfach angewendet werden, wichtig ist nur jeweils der unverzweigte Stromkreis. Man beachte 1.

Die Spannungsteilerregel gilt nicht nach Gl. (2.3.8), wenn der Strom in den Teilwiderst¨ anden einer Masche verschieden, also verzweigt ist. Dann muss man an der Verzweigungsstelle den Gesamtstrom (= unverzweigter Strom) beachten,

I

I R1 Uq R2

a

U1

R1

U2 Uq R2

Zweitor

I (1-α)R

U1 U2 Uq

b

αR RL

U2

U1

I

I2

I1 R1 R2

U2

I1 I2 G1 G2

RL

c

U

Iq

Uq

d

Abb. 2.3.6. Spannungs- und Stromteilerregel. (a) Spannungsteiler mit festem und einstell-

barem Teilerverh¨ altnis. (b) Einstellbarer belasteter Spannungsteiler. (c) Interpretation des Spannungsteilers als Zweitor. (d) Stromteiler mit festem Teilerverh¨ altnis

84

2.

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

somit die Parallelschaltung durch einen Ersatzwiderstand ersetzen. Beispielsweise galt f¨ ur Abb. 2.3.5a: U1 R1  R2 R1 R2 = = . Uges R3 + R1 ||R2 (R1 + R2 )R3 + R1 R3 Bei Stromverzweigungen kann es vorteilhaft sein, zwischen den Verzweigungsaltnis U4 /Uges klemmen eine Hilfsspannung (U  ) anzusetzen. Das Teilerverh¨ (Abb. 2.3.5c) wird u ¨ ber die Spannungsteilerregel wegen der Stromverzweigung nicht direkt berechnet, sondern mit der Hilfsspannung U  : U4: R4 U R M1: = , M2: =  U R3 + R4 Uges R1 + R  mit R = R2  (R3 + R4 ), RAB = R1 + R . Die Gesamtl¨ osung lautet U4 U  R4 R U4 =  · = · . Uges U Uges R3 + R4 R1 + R

Als typisches Beispiel zur Spannungsteilerregel gilt das Potentiometer (Abb. 2.3.6b). Sein Widerstand ist (bei homogenem Leiterquerschnitt) proportional der Drahtl¨ ange (R ∼ l). Deshalb wirkt es als Spannungsteiler mit den beiden Widerst¨ anden R1 = αR und R2 = (1 − α)R (α Drehwinkel oder Wegstrecke). Die Spannungsteilerregel ergibt (Abb. 2.3.6b) αR Ua l = =α∼ . Ue αR + (1 − α)R L

(2.3.9a)

Die Ausgangsspannung steigt proportional zum Drehwinkel. Bei ausgangsseitig angeschlossenem Lastwiderstand RL wird die Charakteristik nichtlinear. W¨ ahlt man als Abzweigverh¨ altnis α = R2 /(R1 + R2 ) und als Lastagt das Spannungsteilerverh¨ altnis faktor p = (R1 + R2 )/RL , so betr¨

α U2 . = Uq 1 + (1 − α)αp

(2.3.9b)

Linearit¨at bleibt f¨ ur αp  1 etwa erhalten: der Lastwiderstand RL muss gr¨oßer als der Teilergesamtwiderstand sein. Ein Spannungsteiler kann aus funktioneller Sicht auch als Schaltung mit zwei zusammenwirkenden Klemmenpaaren oder als Zweitor (Abb. 2.3.6c) aufgefasst werden: es gibt das eingangsseitige Klemmenpaar mit den Gr¨ oßen I1 , U1 und das ausgangsseitige mit U2 , I2 . Bei Leerlauf am Ausgang gilt I2 = 0. Ein Zweitor verbindet eine Quelle am Eingangsklemmenpaar mit einem Verbraucher am Ausgangsklemmen¨ paar. Solche Ubertragungselemente werden in Kap. 2.6 vertieft.

2. Stromteilerregel Im verzweigten Stromkreis gilt (Abb. 2.3.6d, 2.3.6b)

 Teilstrom  Teilleitwert oder = Gesamtstrom gleiche Spannung Gesamtleitwert Iν

Gν = . Iges Gges

Stromteilerregel

(2.3.10)

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

85

Verzweigt ein Stromkreis zwischen zwei Knoten (mit gleicher Spannung an allen Leitwerten), so verhalten sich die Teilstr¨ome zum Gesamtstrom wie die zugeh¨origen Teilleitwerte zum Gesamtleitwert. Auch die Stromteilerregel kann mehrfach angewendet werden, Voraussetzung ist nur die jeweils u ¨ber den Elementen erforderliche gleiche Spannung. Oft gibt man die Stromteilerregel in abgewandelter Form an, z. B. f¨ ur die Parallelschaltung zweier Widerst¨ ande R1 und R2 : Der Teilstrom I2 verh¨ alt sich zum Gesamtstrom Iges wie der Widerstand des nicht vom Teilstrom (I2 ) durchflossenen Zweiges (R1 ) zum Ringwiderstand (R1 + R2 ) der Masche, in der die Stromteilung auftritt « „ I2 1/R2 R1 G2 . (2.3.11) = = = Iges 1/R1 + 1/R2 R1 + R2 G1 + G2 Im Vergleich dazu ist die Leitwertform (in Klammern) einfacher, denn die Widerstandsform f¨ uhrt bei komplizierteren Schaltungen leicht zu Fehlern.

Spannungs- und Stromteilerregel sowie die Reihen- und Parallelschaltung von Widerst¨anden vereinfachen nicht nur Schaltungsstrukturen. Sie werden oft angewendet f¨ ur: Erzeugung von Teilspannungen und Teilstr¨omen, Messbereichserweiterung von Messinstrumenten, Widerstandsabgleich u. a. m. Stern-Dreieck-Umwandlung Beim Ersatz komplizierter Schaltungen kann es

vorkommen, dass sich die Regeln der Parallel- und Reihenschaltung erst nach einer Stern-Dreieck-Umformung (oder umgekehrt) anwenden lassen14 (Abb. 2.3.7). Solche Umwandlungen beruhen auf der Gleichwertigkeit der Schaltungen: Zwei Schaltungen sind dann gleichwertig (k¨onnen ineinander u uhrt werden), wenn die U, I-Relationen zwischen jeder Klemmenkombi¨ berf¨ 2

G23

3

2

0 G20 G30 G12

R23

R12

G13

3

R13

R23

2

a

2 R20 0 R30 3

0 R20 R30 R12

R10

R13 R10

G10 1

3

1

b

1

1

c

1

1

d

Abb. 2.3.7. Stern-Dreieck-Umwandlungen. (a) Stern-Dreieck-Umwandlung. (b) Gleichwer-

tige π-Ersatzschaltung. (c) Dreieck-Stern-Umwandlung. (d) Gleichwertige T-Ersatzschaltung 14

Die Anordnungen werden wegen ihres Aussehens nach Umzeichnung auch als T- oder π-Schaltung bezeichnet.

86

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

nation der einen Schaltung mit der entsprechenden Kombination der anderen Schaltung u ¨bereinstimmen, hier also jeweils zwischen den Klemmen 1–2–3. Ein Stern ist eine Anordnung von drei Widerst¨anden zusammengeschaltet in einem Mittelpunktsknoten, ein Dreieck eine Masche aus drei Widerst¨anden. Zur Umwandlung dienen folgende Transformationsbeziehungen (Abb. 2.3.7): Stern → Dreieck- Umwandlung (mit

G12 =

G10 G20 G10 G30  , G13 =  , G G

Dreieck → Stern-Umwandlung (mit

R10 =



R12 R13  , R



R12 R23 R20 =  , R

G = G10 + G20 + G30 )

G23 =

G20 G30  . G

(2.3.12a)

R = R12 + R13 + R23 ) R30 =

R13 R23  . R

(2.3.12b)

Der symmetrische Aufbau der Stern- und Dreieckschaltung ergibt die Beziehungen durch zyklische Vertauschung der Indizes: Stern → Dreieck: Produkt der Sternleitwerte zwischen den Knoten GDreieck = Summe aller Sternleitwerte Dreieck → Stern: Produkt der Dreieckwiderst¨ ande am betreffenden Knoten . RStern = Summe aller Dreieckwiderst¨ ande Die Ergebnisse entstehen, wenn man z. B. in der Sternschaltung jeweils die Widerst¨ ande zwischen den Knoten 1–2, 2–3 und 3–1 berechnet und durch die Elemente der Dreieckschaltung ausdr¨ uckt. Werden je zwei dieser Gleichungen addiert und die restliche subtrahiert, so folgen die Widerst¨ ande der Sternschaltung. Zur Berechnung der Dreieckelemente aus den Sternelementen vollzieht man die gleichen Schritte mit den Leitwertdarstellungen. Stern- und Dreieckschaltung sind gleichwertig und dual (s. Kap. 4.6). Das folgt aus der gleichartigen Struktur, wenn die Leitwerte der Dreieckschaltung durch die Widerst¨ ande der Sternschaltung und umgekehrt die Leitwerte der Sternschaltung durch die Widerst¨ ande der Dreieckschaltung ersetzt werden. Die Stern-DreieckTransformation ist ein Sonderfall der allgemeineren Stern-n-Eck-Transformation: jeder n-strahlige Stern l¨ asst sich in ein gleichwertiges n-Eck wandeln (dabei gilt Gl. (2.3.12a) sinngem¨ aß f¨ ur jeden Knoten). Umgekehrt ist die Transformation eines n-Ecks in einen n-Stern nur im Fall n = 3 m¨ oglich.

Die Stern-Dreieck-Transformation hat zahlreiche Anwendungen, sie reichen von der klassischen Drehstromtechnik bis zu Schaltungsstrukturen, die so u angig werden: die Br¨ uckenschaltung mit Innenwiderstand ¨ berhaupt erst zug¨ der Quelle, die u uckte T-Schaltung, ferner die Knotenunterdr¨ uckung ¨ berbr¨ (Kap. 3.6). Abb. 2.3.8 zeigt die schrittweise Vereinfachung einer Schaltung mit dieser Transformation.

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

87

A

A

3,33Ω

20Ω

10Ω



30Ω C

0

D

B

B

25,7Ω

60Ω

45Ω

50Ω

40Ω

50Ω

3,33Ω

3,33Ω

10Ω

C

D

40Ω

A

A

B

B

Abb. 2.3.8. Anwendungsbeispiel zur Stern-Dreieck-Umwandlung: Schrittweise Berechnung

des Ersatzwiderstandes RAB

2.3.3 Nichtlineare resistive Zweipole Viele Zweipolbauelemente mit der Eigenschaft Widerstand“ besitzen ei” ne nichtlineare Strom-Spannungs-Relation. Dann gilt das ohmsche Gesetz Gl. (2.3.1) nicht, weil der Quotient U/I = f (U ) selbst z. B. vom Strom abh¨angt und keine Konstante mehr ist. Das geht aus Abb. 2.3.9 hervor. Im Punkt A ist der Quotient UA /IA kleiner als im Punkt B (UB /IB ). In Stromkreisen mit nichtlinearen Bauelementen gelten wohl die Kirchhoff¨ schen Gleichungen, nicht aber der Uberlagerungssatz (Kap. 2.4.5). Statt des ohmschen Gesetzes ist im Zweig mit dem nichtlinearen Bauelement die Strom-Spannungs-Relation anzuwenden. Enth¨alt ein Netzwerk wenigstens ein nichtlineares Netzwerkelement, so heißt es nichtlineares Netzwerk. Die Vielfalt nichtlinearer resistiver Zweipole l¨asst sich nach dem Kennlinientyp unterteilen in solche (Abb. 2.3.9 b, c) mit eindeutiger I(U )- und U (I)-Relation. Beispiele: Halbleiterdiode, Varistor, Gl¨ uhl¨ampchen, Solarzelle . . .,

U UB

U

I

nichtlineare B Kennlinie U(I)

U~I UA

A IA IB

a

I(U)

Dynatron, spannungsgesteuert Lichtbogen, stromgesteuert

Uq= const

α

U(I)

U -IS

I

b

U

Iq=const

I

c

Abb. 2.3.9. Nichtlineare resistive Zweipole. (a) Passive Zweipole mit linearer und nichtli-

nearer U ,I-Kennlinie. (b) Kennlinien einer Halbleiterdiode und eines symmetrischen nichtlinearen Bauelementes (spannungsabh¨ angiger Widerstand). (c) Nichtlineare resistive Zweipole mit bereichsweise fallender Kennlinien vom spannungs- und stromgesteuerten Typ

88

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

bei denen I(U ) eindeutig, aber U (I) mehrdeutig ist: man spricht auch vom spannungsgesteuerten Zweipol (Beispiel: Tunneldiode, λ-Diode, Kaltleiter bei Eigenerw¨ armung, Kennlinie vom N- oder (besser) DynatronTyp 15,16 ). Bei Aufnahme der Kennlinie mit einer idealen Spannungsquelle ist jeder Arbeitspunkt einstellbar, mit einer Stromquelle u. U. nicht. mit eindeutigem U (I)-, aber mehrdeutigem I(U )-Verhalten, also stromgesteuertem Zweipol (Beispiel: Glimmlampe, Bogenentladung, Thyristor, Heißleiter bei Eigenerw¨ armung, Kennlinie vom S- oder (besser) Lichtbogen-Typ). Hier ist jeder Arbeitspunkt durch eine ideale Stromquelle einstellbar. Auf Einzelheiten gehen wir im Kap. 2.5.5 ein. Als typisches Merkmal der S- und N-Typ-Kennlinien treten bereichsweise fallende Kennlinienabschnitte auf. Bei nichtlinearer Strom-Spannungs-Relation werden oft die Begriffe Gleichstromwiderstand als Steigung der Verbindungsgeraden zwischen Nullpunkt und Arbeitspunkt verwendet sowie differenzieller Widerstand f¨ ur die Steigung der Kennlinie U = f (I) im Arbeitspunkt. Aus der Vielfalt nichtlinearer Zweipole greifen wir einige heraus: Spannungsabh¨ angiger Widerstand oder Varistor (VDR, voltage dependent resistor): Massewiderstand aus gesintertem Si-Karbid, der durch r¨ aumlich verteilte Sperrschichteffekte eine Kennlinie der Form U = cI β (2.3.13) hat (Abb. 2.3.9b). c und β gibt der Hersteller an: c beschreibt die Spannung zum Erreichen eines Stromes von 1A, der Exponent β (Stromindex) liegt bei 0, 1 . . . 0, 3. Varistoren haben eine symmetrische Kennlinie I(U ) = −I(−U ). ¨ Sie sch¨ utzen gegen Uberspannungen und liegen der gef¨ ahrdeten Zweipolstrecke parallel. Auch ein Metallwiderstand, dessen Widerstandswert durch die eigene Verlustleistung und den Temperaturkoeffizient steigt, hat einen im Prinzip ¨ ahnlichen Kennlinienverlauf. Das u ohnlich als lineares Schalt¨ berrascht, denn er wird gew¨ element mit einem Temperaturkoeffizienten (TK) beschrieben, dessen Widerstandswert sich durch ¨ außere Temperaturerh¨ ohung ¨ andert. Erst die R¨ uckkopplung u uhrt zur Kennliniennichtlinearit¨ at. ¨ ber die eigene Verlustleistung f¨

15

Die Bezeichnung N- oder S-Typ ist nicht eindeutig, denn sie h¨ angt von der Darstellungsart (I(U ) oder U (I)) ab. Spannungs- bzw. stromgesteuert sind hingegen eindeutig.

16

Das Dynatron ist eine spezielle Schirmgitterr¨ ohre mit bereichsweise fallendem I(U )Verlauf. Es stammt von A. Hull (1933), zum gleichen Zeitpunkt hat H. Fr¨ uhauf die fallenden Kennlinienbereiche intensiv untersucht. Heute lassen sich Zweipole mit fallenden Kennlinienbereichen durch Halbleiterbauelemente und -schaltungen einfach realisieren.

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

89

Halbleiterdiode mit einer Kennlinie „ « U I = IS exp −1 . (2.3.14) UT attigungsstrom (Gr¨ oßenordnung 1 nA . . . 1 mA), UT = kT /q = 26 mV (bei IS S¨ Zimmertemperatur, k Boltzmann-Konstante17 ). Die Diodenkennlinie ist stark unsymmetrisch (Abb. 2.3.9b) mit einem Durchlassbereich ( kleiner Klemmenwiderstand“) f¨ ur positive Spannung und dem Sperrbereich ” (bei negativer Spannung). Hier fließt nur ein sehr kleiner S¨ attigungsstrom IS . Halbleiterdioden sind wegen ihres Masseneinsatzes (und als Grundlage f¨ ur die Transistorkennlinien) das Beispiel der Nichtlinearit¨ at. So ergibt die Antiparallelschaltung von zwei gleichen Dioden eine symmetrische Kennlinie « „ U I = IS sinh UT (mit qualitativ ¨ ahnlichem Verlauf zur Varistorkennlinie). Die Kennlinie einer Z-Diode unterscheidet sich von der Halbleiterdiode nur durch eine Begrenzungsspannung im Sperrbereich, die Durchbruchspannung von einigen Volt bis zu einigen 10 V. Eine Gl¨ uhlampe (Abb. 2.3.10a) ist ein ausgesprochener Kaltleiter, der Widerstand w¨ achst mit steigender Spannung. Eine Glimmlampe (Abb. 2.3.10b) z¨ undet bei einer bestimmten Spannung (meist oberhalb von 70 V), darunter fließt kein Strom. Nach der Z¨ undung bricht die Spannung sofort zusammen, um bei gr¨ oßeren Str¨ omen wieder anzusteigen. Dazwischen gibt es einen r¨ uckl¨ aufigen Bereich I(U ). Die drei m¨ oglichen Stromwerte bei Anlegen einer Spannung lassen die Frage nach dem sich einstellenden Strom offen, er h¨ angt von der Messschaltung (Innenwiderstand der Spannungsquelle) ab. Sie muss so ausgelegt sein, dass es immer nur einen Arbeitspunkt gibt! Bei Aufnahme der Kennlinie mit variabler Spannungsquelle springt der Strom im Moment des Z¨ undens auf einen großen Wert: die Lampe leuchtet. Bei weiterer

I/A 0,2

I/mA U

50

U

25

0,1

100

a

I

I/mA

I

200 U/ V

U

2

50

b

4

I

100 U/ V

200

400 U/ mV

c

Abb. 2.3.10. Beispiele nichtlinearer resistiver Zweipole. (a) Gl¨ uhlampe. (b) Glimmlampe. (c) Tunneldiode 17

Ludwig Boltzmann, ¨ osterreichischer Physiker 1844–1906. Professor f¨ ur Physik in Graz, M¨ unchen und Wien.

90

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Steigerung von U leuchtet sie heller. Der Strom im Punkt P ist aufgrund der Niederohmigkeit der Plasmastrecke nach der Z¨ undung meist so hoch, dass eine Sicherung im Stromkreis anspricht. Wird die Kennlinie hingegen mit variabler Stromquelle aufgenommen, so ist jeder Kennlinienpunkt, auch im fallenden Bereich, einstellbar. Unabh¨ angig von den Einzelbereichen der Kennlinie gilt, dass in jedem Gebiet vom Zweipol Leistung aufgenommen wird. Er verh¨ alt sich passiv. Die Situation ¨ andert sich allerdings bei Betrachtung des Kleinsignalverhaltens in einem Arbeitspunkt (s. Kap. 2.5.5). Auch Heiß- und Kaltleiter (s. Kap. 2.3.6) haben eine stark nichtlineare U ,IKennlinie. Die Tunneldiode (Abb. 2.3.10c) hat ebenfalls einen fallenden Bereich in der ¨ Darstellung I(U ). Es handelt sich um einen hoch dotierten pn-Ubergang. Der ¨ fallende Bereich entsteht durch Uberlagerung eines quantenmechanisch zu erkl¨ arenden Tunnelstromes zum normalen Verhalten der pn-Diode. Weil Tunneldioden, trotz der Genialit¨ at des Konzeptes, auch heute noch ein Schattendasein f¨ uhren, gab es Versuche, bereichsweise fallende Kennlinienteile aus normalen Kennlinien und r¨ uckgekoppelten gesteuerten Quellen aufzubauen. Die Elektronik hat daf¨ ur zahlreiche Beispiele: so etwa f¨ ur spannungsgesteuerte Kennlinien mit der λ-Diode und stromgesteuerte Kennlinien durch zwei verkoppelte Komplement¨ artransistoren u. a. m. Unabh¨ angig vom physikalischen Mechanismus, der einen fallenden Kennlinienbereich verursacht, gibt es eine Gemeinsamkeit: die Erzeugung eines negativen differenziellen Leitwertes bzw. Widerstandes. Er ist Ursache einer Instabilit¨ at, die zusammen mit einem Resonanzkreis zur Schwingungserzeugung dienen kann.

Fallende Kennlinienbereiche sind Grundlage des Oszillatorprinzips zur Erzeugung von Spannungen, insbesondere Sinusspannungen in der Elektronik. Die Elektrotechnik nutzt daf¨ ur das Induktionsprinzip.

2.3.4 Temperaturverhalten resistiver Zweipole Temperaturkoeffizient Der Stromleitungsmechanismus h¨ angt meist von der

Temperatur ab (Abb. 2.3.11a): bei Metallen steigt der Widerstand mit der Temperatur, weil die Atome intensivere Gitterschwingungen ausf¨ uhren und sich dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes mit hindurchfließenden Elektronen erh¨oht, bei Halbleitern w¨ achst die Ladungstr¨ agerzahl im Bereich der Eigenleitung mit der Temperatur durch Aufbrechen von Gitterbindungen, wodurch der Widerstand sinkt. In allen F¨allen ¨andert sich der Widerstand R um den Wert ΔR(T ) gegen¨ uber einem Ausgangswert R(T0 ) bei einer Bezugstemperatur T0 (meist Zimmer-

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

ρ(T)

Δρ = ρ(T0+ΔT)

ρ(T0)

R(T)

dρ dT

91

ΔT

Kaltleiter TK > 0

ρ(T)

TK=0

T0

Normalleiter

Δρ ΔT

Supraleiter

Heissleiter TK < 0

T

T0 T0+ΔT T

Tc T

c

b

a

Abb. 2.3.11. Temperatureinfluss auf den Widerstand. (a) Temperaturabh¨ angigkeit des

spezifischen Widerstandes, Definition des Temperaturkoeffizienten. (b) Temperaturabh¨ angigkeit des Widerstandes von Heiss- und Kaltleitern. (c) Verlauf des spezifischen Widerstandes bei tiefen Temperaturen

¨ temperatur 20o C). Diese Anderung wird auf den spezifischen Widerstand (T ) zur¨ uckgef¨ uhrt und mit dem Temperaturkoeffizienten oder -beiwert (TK) α erfasst. N¨aherungsweise gilt durch Taylorentwicklung des spezifischen Widerstandes um T0 :   d(T )  1 d2 (T )  (T ) = (T0 ) + (T − T ) + (T − T0 )2 + . . . . 0 dT  2 dT 2  T0

T0

F¨ ur geringe Temperatur¨ anderungen (bis etwa 100 K) reicht die Ber¨ ucksichtigung des linearen Terms (mit ΔT = T − T0 )  d(T )  (T ) ≈ (T0 ) + (T − T0 ) = (T0 ) (1 + αT0 ΔT ) (2.3.15) dT T0  d(T )  mit αT0 = (T1 0 ) dT  . T0

¨ Der Temperaturkoeffizient α ist die relative Anderung des spezifischen Widerstandes pro Grad Temperatur¨ anderung. Er wird in 1/K (1/Kelvin)18 oder in %/K angegeben, oft auch in ppm [part per million (= 10−6), 1 ppm = 10−6 ]. Im Temperaturverhalten gibt es positive Temperaturkoeffizienten wie bei Kaltleitern (die im kalten Zustand besser leiten) und Heißleitern mit negativem TK (deren Widerstand mit steigender Temperatur sinkt (Abb. 2.3.11b)). Bei gr¨ oßeren Temperaturschwankungen reicht der lineare Temperatureinfluss nach Gl. (2.3.15) nicht. Dann wird der quadratische Term ber¨ ucksichtigt ` ´ 2 (2.3.16) (T ) = T0 1 + αT0 ΔT + βT0 (ΔT ) . Hier ist βT0 der quadratische Temperaturkoeffizient (Einheit K−2 ). 18

Hinweis: Die Temperaturdifferenz im Nenner hat in der Kelvin- und Celsius Temperaturskala den gleichen Wert. Deshalb kann der TK sowohl in der Einheit K−1 wie auch o C−1 angegeben werden.

92

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Meist gen¨ ugt f¨ ur den Temperaturgang eines Widerstandes R(T ) der Ansatz R(T ) = R(T0 ) (1 + αT0 ΔT ) mit ˛ „ «˛ 1 dR ˛˛ d(T ) ˛˛ 1 1 ΔR αT0 = . = ≈ (T0 ) dT ˛T0 R dT ˛T0 R ΔT

(2.3.17)

Richtwerte f¨ ur den Temperaturkoeffizienten α sind: Metalle Cu, Au, Ag: α ≈ 0,4%/K, Al α ≈ 0,6%/K, temperaturkonstante Leiter (Konstantan, Nickelin, Manganin): α ≈ 0, Halbleiter und einige Elektrolyte: α ≈ -1%/K, z. T. noch gr¨ oßer. Bei starkem Temperatureinfluss reicht die lineare N¨ aherung Gl. (2.3.17) nicht aus. Dann folgt besser wegen α(T )dT = dR/R durch beiderseitige Integration ZT

ZR

dR = ln R

α(T )dT = T0

R(T0 )



R(T ) R(T0 )

«

und anschließendes Exponieren (exp(ln y) = y) ZT R(T ) = R(T0 ) exp

α(T )dT = R(T0 ) exp (α(T − T0 ))|α=const .

(2.3.18)

T0

F¨ ur kleine Temperatur¨ anderungen (T − T0 ) und/oder Temperaturbeiwerte ergibt die Reihenentwicklung exp y ≈ 1−y+y 2 /2 f¨ ur |y|  1 den linearen Temperaturgang nach Gl. (2.3.17).

Allgemeine Temperaturabh¨ angigkeit Da der Widerstandsbegriff an das linea-

re Netzwerkelement gekn¨ upft ist, aber viele nichtlineare resistive Zweipole ebenfalls von der Temperatur abh¨ angen (wie beispielsweise Halbleiterbauelemente), geht man besser von einer Kennlinie U (I, T ) bzw. I(U, T ) mit Temperatureinfluss aus und bezieht den entsprechenden TK auf die Spannung oder den Strom (s. Abb. 2.3.12a). So geh¨ort z. B. zur Kennlinie U (I, T ) die totale Spannungs¨ anderung ∂U ∂U (2.3.19) ΔI + ΔT = r|T ΔI + DU ΔT . ∂I ∂T Sie ergibt sich im Arbeitspunkt (I, T = const) nach Maßgabe des Kleinsignalwiderstandes r und Temperaturdurchgriffs ΔT  ∂U dU  DU = . Temperaturkoeffizient der Spannung (2.3.20) = ∂T dT I=const ΔU =

Er betr¨agt beispielsweise f¨ ur die Halbleiterdiode im Flusszustand etwa DU ≈ −2 mV/K. Die Ersatzschaltung Abb. 2.3.12b interpretiert Gl. (2.3.19) als Reihenschaltung des Kleinsignalwiderstandes und einer temperaturgesteuer-

2.3

Widerstand, resistiver Zweipol

93

U(I)

R(I)

U(I0+ΔI, T0+ΔT)

DUΔT

U(I0,T0)

r|TΔI

ΔI

ΔI

r|T

DUΔT

α>0 α=0

ΔU

α 0 Leistungsaufnahme, das Erzeugerpfeilsystem (EPS) f¨ ur die Quelle P = U1 I1 > 0 Leistungsabgabe. Der Strom fließt in Umlaufrichtung. Die Strom-Spannungsbeziehungen an den Klemmen AB folgen aus den Kirchhoffschen Gesetzen und den Zweigbeziehungen beider Zweipole, die L¨osung heißt Arbeitspunkt A I1 = I2 = I

U1 = U2 = U = UAB .

Arbeitspunkt

Er wird bestimmt bei linearen Zweipolen analytisch (Gl (2.4.1)) oder grafisch als Schnittpunkt der Kennlinien des aktiven und passiven Zweipols, bei nichtlinearen Zweipolen grafisch oder numerisch, durch Computerprogramme wie z. B. Multisim (EWB), SPICE, PSPICE u. a. als Ergebnis einer DC (direct current) Analyse.

Der lineare Grundstromkreis (Abb. 2.4.1b) mit Zweipolen in Spannungs- oder Stromquellendarstellung f¨ uhrt u ¨ ber die Maschengleichungen M1 : M2 :

0 = U + IRi − Uq aktiver Zweipol passiver Zweipol 0 = IRa − U

104

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

bzw. f¨ ur die Stromquellendarstellung als Knotengleichung I = Iq − U Gi auf I =

Uq Uq = , Ri + Ra Rges

U = IRa = Uq

U =

Iq Iq = , Gi + Ga Gges

Ga . I = U Ga = Iq Gi + Ga

Ra , Ri + Ra

(2.4.1)

Die Strom-Spannungsbeziehung des linearen Grundstromkreises ist zugleich der Arbeitspunkt. Zweckm¨aßig wird das Ergebnis in normierten Gr¨oßen dargestellt: I Iq

=

Ri Ri +Ra

=

1 1+Ra /Ri

=

Ga Gi +Ga

=

1 1+Gi /Ga

Stromteilerregel

U Uq

=

Ra Ri +Ra

=

Ra /Ri 1+Ra /Ri

=

Gi Gi +Ga

=

1 1+Ga /Gi

Spannungsteilerregel.

(2.4.2)

Diese Darstellung hat mehrere Vorteile: unabh¨ angig von den Einheiten der darzustellenden Gr¨ oßen, unabh¨ angig von speziellen Bemessungen der Elemente.

Im Ergebnis sind die Spannungs- und Stromteilerregeln Gln. (2.3.8), (2.3.10) zu erkennen. Der Einfluss des Lastwiderstandes Ra wird sofort deutlich: mit sinkendem Lastwiderstand Ra steigt der Strom I. Er schwankt zwischen dem Maximalwert I = Imax = Ik = Iq bei Kurzschluss (Ra = 0) und dem Minimalwert I = 0 bei Leerlauf (Ra → ∞). Die Spannung U ist proportional dem Lastwiderstand: sie verschwindet im Kurzschlussfall und erreicht den h¨ ochsten Wert U = Ul = Uq im Leerlauf. Dann stimmen Leerlauf- und Quellenspannung u ¨ berein (so wurden die Ersatzgr¨oßen des aktiven Zweipols bestimmt): Strom und Spannung ¨ andern sich u ¨ ber dem Lastwiderstand Ra gegenl¨aufig! Das Produkt von Strom und Spannung, die Leistung, durchl¨auft deshalb ein Maximum (Abb. 2.4.1c). Bei der (Leistungs-) Anpassung Ra < Ri Unteranpassung → (2.4.3) Ra = Ri ¨ Uberanpassung Ra > Ri sinken Strom und Spannung auf die H¨ alfte ihrer Kurzschluss- bzw. Leerlaufwerte: I|Ra =Ri =

Iq Ik = , 2 2

U |Ra =Ri =

Uq Ul = . 2 2

Anpassung (2.4.4)

Praktisch sind der Kurzschluss (Ra = 0) wegen stets vorhandener Zuleitungswiaufiger Isolationsm¨ angel derst¨ ande der Dr¨ ahte sowie der Leerlauf (Ra → ∞) wegen h¨ nur bedingt realisierbar. Dann gilt: praktischer Kurzschluss Ra  Ri und damit (Gl. (2.4.2))

2.4

Der Grundstromkreis

105

˛ 1 Ra ˛˛ I = ≈ 1− Ik 1 + Ra /Ri Ri ˛Ra Ri

(2.4.5a)

und praktischer Leerlauf Ra  Ri ˛ Ra /Ri Ri ˛˛ U = ≈ 1− . Ul 1 + Ra /Ri Ra ˛Ra Ri

(2.4.5b)

Die relativen Fehler des Kurzschlussstromes bzw. der Leerlaufspannung betragen I − Ik ΔIk Ra Gi = ≈− =− , Ik Ik Ri Ga

U − Ul ΔUl Ri Ga = ≈− =− . Ul Ul Ra Gi

(2.4.5c)

Darf bei der Kurzschlussstrombestimmung ein Fehler von 10% auftreten, so muss Ra ≤ 0, 1Ri gelten, soll die Leerlaufspannung mit 5% Fehler bestimmt werden, so ist Ra ≥ Ri /0, 05 = 20Ri erforderlich.

Beispiel 2.4.1 Spannungsmesser Ein Spannungsmesser (Ra = 10 kΩ) soll die Leerlaufspannung einer Spannungsquelle (Uq = 10 V, Ri = 2 kΩ) ermitteln. Welche Spannung zeigt das Instrument? Nach Gl. (2.4.2) gilt U = Ul = Uq Ra /(Ri + Ra ) = 10 V · 10 kΩ/12 kΩ = 8, 33 V. urde die Spannung H¨ atte der Spannungsmesser einen Widerstand Ra = 100 kΩ, so w¨ U = 10 V · 10 kΩ/102 kΩ = 9, 8 V angezeigt. Nach Gl. (2.4.5) betr¨ agt der relative Fehler ΔU/Uq ≈ −2 kΩ/100 kΩ ≈ −2%. Nur f¨ ur Ra → ∞ zeigt der Spannungsmesser die richtige Spannung an. Veranschaulicht wird das Verhalten des Grundstromkreises durch die Kennlinien beider Zweipole. Ihr Schnittpunkt ist der Arbeitspunkt A. Man u ¨ bersieht sofort den Einfluss von Ver¨ anderungen (Abb. 2.4.2): die Aufteilung der Spannungen (Spannungsersatzschaltung) bzw. Str¨ ome (Stromersatzschaltung) auf Verbraucher und Quelle; U

U

Uq-Änderung

Ri wächst

U=IRa

Uq

Uq

AP Ri

UA

Ra wächst

Iq-Änderung

Ra=0

IRa 0

a

Iq

I

0

I

b

Abb. 2.4.2. Einfluss von Quellen- und Widerstands¨ anderungen auf den linearen Grundstromkreis. (a) Veranschaulichung von Quellenspannungs-/oder -strom¨ anderungen. (b) Auswirkung von Widerstands¨ anderungen (Innen-, Außenwiderstand) auf den Arbeitspunkt

106

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

A I Ri Uq

U

I‘

Ra Uq2

Laden → I (Uq> Uq2) Entladen ← I‘ (Uq2> Uq)

B Ladegerät (aktiver Zweipol)

Akkumulator (passiver Zweipol mit Gegenspannung)

Abb. 2.4.3. Grundstromkreis. Zusammenwirken von aktivem und passivem Zweipol bei

Gegenspannung im passiven Zweipol

¨ Ra -Anderung: bei Leerlauf und Kurzschluss f¨ allt die Kennlinie des passiven Zweipols entweder mit der U - oder I-Achse zusammen; bei Anpassung bilden die Kennlinien beider Zweipole ein gleichschenkliges Dreieck; ¨ Ri -Anderung: bei konstantem Uq oder Iq dreht sich die Kennlinie des aktiven Zweipols um den betreffenden Punkt; ¨ Uq - bzw. Iq -Anderung (Ri = const): Parallelverschiebung der Kennlinie des aktiven Zweipols.

Liegt dem passiven Zweipol noch eine Spannungsquelle Uq2 in Reihe, so wird er ebenfalls aktiv als Zweipol mit Gegenspannung“ (Beispiel: Akkumulator ” U −U . Er veram Ladeger¨at, Abb. 2.4.3). Der Strom betr¨agt jetzt I = Rqi +Rq2 a ur Uq2 > Uq treibt Uq2 schwindet f¨ ur Uq = Uq2 : Spannungskompensation. F¨ den Strom in entgegengesetzter Richtung an: Vertauschung der Rolle von Generator und Verbraucher. Kompensation spielt in der Elektrotechnik eine wichtige Rolle: Spannungskompensation: Aufhebung der Quellenspannung eines aktiven Zweipols durch eine Gegenspannung“. ” Stromkompensation: Aufhebung des Quellenstromes eines aktiven Zweipoles durch einen Gegenstrom“. ” 2.4.2 Leistungsumsatz im Grundstromkreis Die Energie¨ ubertragung im Grundstromkreis kann unter zwei Gesichtspunkten erfolgen: Von der Erzeugerenergie WA soll ein m¨ oglichst großer Teil WB zum Verbraucher gelangen, also der Wirkungsgrad hoch sein: Grundaufgabe der Energietechnik. Die dem Verbraucher zugef¨ uhrte Energie soll einem hohen Absolutbetrag zustreben (ohne R¨ ucksicht auf das Verh¨ altnis WB /WA ): Grundaufgabe der Informationstechnik.

2.4

Der Grundstromkreis

107

Grundlage ist der Leistungsumsatz. Die von der Spannungsquelle gelieferte Energie wird im Innen- und Außenwiderstand umgesetzt. Aus der Maschengleichung folgt durch Multiplikation mit dem Strom I Uq I = I 2 Ri + I 2 Ra .

Pi

Pq

(2.4.6)

Pa

die Verbraucherleistung Pa = I 2 Ra = U 2 /Ra , die insgesamt in den Kreis eingebrachte, d. h. erzeugte“ elektrische Leis” tung Pq = Uq I = I 2 (Ri + Ra ), die Verlustleistung Pi = I 2 Ri im Quelleninnenwiderstand. Der Energieerhaltungssatz erfordert Pq = Pi + Pa . F¨ ur den Leistungsumsatz interessieren der Wirkungsgrad (Gl. (1.6.9)) η=

IU Ra 1 Pa = = = Pq IUq Ri + Ra 1 + Ri /Ra

(2.4.7)

als Verh¨altnis der im Verbraucher umgesetzten Leitung zur insgesamt aufgewendeten, also verf¨ ugbaren Leistung und die im Verbraucher absolut umgesetzte Leistung bei konstanter Quellenspannung Uq bzw. konstantem Quellenstrom Iq Pa = I 2 Ra =

Ra

2 2 Uq .

(Ri + Ra )

Unter Bezug auf die angebotene Quellenleistung PQ = Iq Uq 21 IU I 1 Pa 1 = =η = PQ Iq Uq Iq 1 + Ri /Ra 1 + Ra /Ri

(2.4.8)

hat die Verbraucherleistung Pa (Ra ) u ¨ber Ra /Ri ein Maximum bei Ra = Ri

Leistungsanpassung (2.4.9)

im Arbeitspunkt U = Uq /2, I = Iq /2 mit dem Wirkungsgrad η = 1/2. Dabei wird  Uq2 Iq2 Ri Verbraucherleistung U 2  (2.4.10) Pa |max = = =  b. Leistungsanpassung Ra Ra =Ri 4Ri 4 als verf¨ ugbare Leistung an den Verbraucher abgegeben. 21

Das ist zun¨ achst ein hypothetischer Wert, denn beim idealen Generator kann entweder der Strom oder die Spannung u alt ¨ ber alle Grenzen wachsen. Physikalisch erh¨ die angebotene Quellenleistung ihre Bedeutung erst f¨ ur den nichtlinearen aktiven Zweipol (s. Kap. 2.5.4).

108

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Bei Anpassung Ra = Ri betr¨ agt der Wirkungsgrad im linearen Grundstromkreis 50% und dem Verbraucher wird die maximale Leistung (1/4 der uhrt. angebotenen Quellenleistung, Leistungsfl¨ ache Uq Iq ) zugef¨ Das trifft nur auf den linearen Grundstromkreis zu, im nichtlinearen Fall gelten Korrekturen (s. Kap. 2.5.4). ur zwei Generatorauslegungen (Ri = Wir untersuchen die Nutzleistung Pa f¨ const, Abb. 2.4.4): a) Quelle mit konstant angebotener Leistung Pq = const, dann ist der Wirkungsgrad nach Gl. (2.4.7) maßgebend. b) Quelle mit konstant erzeugter Quellenspannung Uq bzw. Quellenstrom Iq . Jetzt erh¨alt der Lastwiderstand Ra die Leistung nach Gl. (2.4.8). Mehr als die verf¨ ugbare Leistung Pmax kann der Generator an den Verbraucher nie abgeben. Sie umfasst also nur 1/4 (!) der angebotenen Generatorleistung (angebotene Quellenleistung). Das Leistungsmaximum verl¨auft in Umgebung von Ri = Ra relativ flach. Deswegen entsteht bei der Fehlanpassung von 1:2 (also Ra = Ri /2 oder Ra = 2Ri ) nur ein Leistungsverlust von 12%. 1. Energie¨ ubertragung mit hohem Wirkungsgrad η → 1. Hoher Wirkungsgrad η = Pa /Pq → max erfordert nach Gl. (2.4.7) praktischen Leerlauf Ra  Ri des Verbrauangig. Gleichzeitig chers. Nur dann ist die Klemmenspannung U ≈ Uq lastunabh¨ ¨ sinkt die Generatorverlustleistung. Da die Ubertragung großer Energiemengen teuer ist (Anlage-, Energietr¨ agerkosten u. a.) arbeitet eine Anlage mit h¨ ochstem Wirkungsgrad (bei Pq = const) am wirtschaftlichsten. Das gilt f¨ ur die Energietechnik generell. Nur dieser Forderung verdanken wir, dass die Spannung des Versorgungsnetzes [→ Netzwerk aus Spannungsquelle und Innenwiderstand (Leitungsnetz)], weitgehend unabh¨ angig von der Einzelbelastung bleibt. Der Verbraucherwiderstand

P

Pq= const

P Pq

U q = c × 1 + Ra / Ri Pi

Uq= const

Pq = U q2 / Ri

Uq Pamax Pq/4

Pi

Pa 0

a

Pa Ra/Ri

0

1

Ra/Ri

b

Abb. 2.4.4. Leistungsverh¨ altnisse im Grundstromkreis. (a) Bei konstant erzeugter Generatorleistung. (b) Bei konstanter Quellenspannung

2.4

Der Grundstromkreis

109

Ra soll nach Gl. (2.4.7) f¨ ur eine bestimmte Verbraucherleistung Pa m¨ oglichst hoch oglichst hohe Spannung Uq . sein. Das erfordert wegen Pa = Uq /Ra eine m¨ Nur Hochspannungsnetze u ¨ bertragen große Leistungen u ¨ ber große Entfernung mit gutem Wirkungsgrad.

Beispiel 2.4.2 Wirkungsgrad Eine Leistung Pa = 1 MW werde von einem Generator mit Uq = 100 kV bzw. mit Uq = 10 kV zum Verbraucher u ¨ bertragen (Verbraucher f¨ ur entsprechende Spannung ausgelegt, Leitungswiderstand zwischen Generator und agt 10 kΩ Verbraucher Ri = 100 Ω). Der Verbraucherwiderstand Ra = Uq2 /Pa betr¨ (bei Uq = 100 kV) bzw. Ra = 100 Ω bei Uq = 10 kV. Daraus folgen die Wirkungsgrade Uq = 100 kV → Ra = 10 kΩ → η = Uq = 10 kV → Ra = 100 Ω → η =

1 1+100/104 1 = 50 1+1

≈ 99, 01 % %.

Die Hochspannungs¨ ubertragung erfordert entsprechende Generatoren und Verbraucher. Das ist f¨ ur Spannungen oberhalb einiger kV (genauer 27 kV) technisch nicht m¨ oglich bzw. sinnvoll (Isolationskosten, Gef¨ ahrdung des Menschen). Deshalb werden in Wechselspannungsnetzen zwischen Generator und Leitung sowie Leitung und Verbraucher Transformatoren eingef¨ ugt (Abb. 2.4.5). Sie transformieren die Generatorspannung Uq auf die Leitungsspannung UL  Uq und diese am Verbraucherort wieder auf die Verbraucherspannung UV  UL . 2. Erzielung hoher Absolutleistung am Verbraucher. Nach Abb. 2.4.4 hat die Absolutleistung Pa f¨ ur Uq = const bei Anpassung Ra = Ri (Gl. (2.4.3)) ein Maximum gegeben durch Gl. (2.4.10). Weil den Empf¨ anger in der Informationstechnik meist nur ¨ kleine Leistungen erreichen (und nur die Ubertragung von Information interessiert, nicht Energie), ist Zielstellung eine m¨ oglichst hohe Absolutleistung am Empfangsort. Auch die Kostenfrage stellt sich anders: Das Kraftwerk erh¨ alt nur die Energie verg¨ utet, die der Verbraucher tats¨ achlich als Leistung Pa entnimmt. Dagegen muss ein Fernsprechteilnehmer z. B. an der Sendestelle (am Handy als Informationserzeuger) noch zahlen und nicht etwa der Teilnehmer am Empfangs-Handy! Die Geb¨ uhr

IL 107 Ω besitzen. Das Kompensationsverfahren umgeht diese Problematik. Heute werden elektronische Spannungsnormale (Netzanschlussger¨ ate, deren Ausgangsspannung konstant gehalten wird) verwendet. Vorteil: h¨ ohere Belastbarkeit (I bis 100 mA, gleiche Toleranz ±10%). Das Prinzip ist auch f¨ ur Stromkompensationsschaltungen anwendbar.

2.4.4 Zweipoltheorie Ersatzquellens¨ atze Der Grundstromkreis vereinfacht die Analyse gr¨ oßerer li-

nearer Netzwerke, wenn nur das Verhalten zwischen zwei Knoten interessiert: man betrachtet diesen Zweig als passiven Zweipol und ersetzt das restliche Netzwerk mit allen Quellen durch einen aktiven Zweipol (Abb. 2.4.9).24 25 26 24

¨ Von Helmholtz 1853 begr¨ undet und mit dem Uberlagerungssatz bewiesen.

25

Die Angabe von L. Ch. Th´evenin (franz. Ingenieur, 1857–1926) stammt aus dem Jahre 1883, (Prinzip wiederentdeckt), seitdem in der englischen Literatur als Th´evenin-Theorem bezeichnet.

26

E. L. Norton, amerikanischer Ingenieur 1898–1983. Die Anordnung ist in einem Bericht von 1926 erw¨ ahnt (sonst nicht ver¨ offentlicht). Seit 1936 wird die Anordnung

118

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente Abb. 2.4.9. Ersatzquellens¨ atze. Ersatz eines beliebigen linearen Netzwerkes durch aktive Zweipole in Spannungs- oder Stromquellersatzschaltung. Bestimmung der Ersatzkenngr¨ oßen: Leerlaufspannung Ul = Uq , Kurzschlussstrom Ik = Iq , Innenwiderstand RiAB = Ul /Ik oder direkt aus dem Netzwerk des aktiven Zweipols

Beliebiges Netzwerk mit Elementen Uq, Iq, R...

I

U B

A

Leerlauf Uq= Ul I A Ri Uq

U

Kurzschluss Iq=Ik I A Zweipoläquivalenz

B Théveninscher Satz

Iq

Gi

U

Ik

B Mayer-Theorem

Unabh¨angig vom inneren Aufbau l¨ asst sich ein lineares Netzwerk mit beliebigen Quellen zwischen zwei Anschlusspunkten stets ersetzen durch einen aktiven Zweipol mit gleichwertigem Klemmenverhalten, entweder als lineare Ersatzspannungsquelle mit Quellenspannung Uq = Ul und Ersatzinnenwiderstand Ri (diese Ersatzform wird als Th´eveninscher Satz bezeichnet) oder als lineare Ersatzstromquelle mit Ersatzquellenstrom Iq = Ik und Ersatzinnenleitwert Gi (diese Ersatzschaltung ist das Mayer- oder NortonTheorem). Das so gewonnene Ersatznetzwerk ist dem origin¨aren Netzwerk gleichwertig (¨aquivalent), wenn es das gleiche U, I-Verhalten an den Klemmen besitzt. So reduziert sich der Zweig mit den gesuchten Gr¨oßen (Strom, Spannung) zum passiven Zweipol zwischen den Klemmen AB, der Schaltungsrest“ (mit allen ” unabh¨angigen Quellen) zum aktiven Ersatzzweipol. Leerlaufspannung Ul , Kurzschlussstrom Ik und (oder) Innenwiderstand Ri bilden die Ersatzgr¨ oßen des aktiven Ersatzzweipols zwischen den Klemmen AB. Davon sind zwei unabh¨ angig voneinander (und zu ermitteln), die dritte wird daraus berechnet. Das ist der Inhalt der Ersatzquellens¨atze. Beide S¨atze beschreiben das gegebene Netzwerk bez¨ uglich der Klemmen AB f¨ ur jeden Betriebsfall (Leerlauf bis Kurzschluss) vollst¨andig. Sie erlauben aber keine Aussagen ¨ uber den inneren Aufbau und somit auch nicht ¨ uber die Leistungsverh¨altnisse (Verluste!) in den einzelnen Zweigen. im englischen Schrifttum als Norton-Ersatzschaltung gef¨ uhrt. Mayer gab die Ersatzschaltung 1926 erstmalig an.

2.4

Der Grundstromkreis

119

Zweipoltheorie27

Die Anwendung der Ersatzquellens¨ atze und des Ersatzwiderstandes auf lineare Netzwerke, das Zusammenwirken zwischen aktivem und passivem Zweipol sowie die Bestimmung der Zweipolersatzgr¨oßen bilden zusammen die Zweipoltheorie. Sie ist ein leistungsf¨ ahiges Analyseverfahren zur Ermittlung der Gr¨ oßen (nur!) eines Netzwerkzweiges, Vereinfachung gr¨ oßerer Netzwerke, Untersuchung von Leistungs- und Anpassungsproblemen. Bei Erweiterung des Verfahrens kann der passive Zweipol selbst ein gr¨oßerer Netzwerkteil sein, der durch einen (klemmen-) gleichwertigen Ersatzaußen” widerstand“ Ra substituiert wird. So lassen sich in einem Folgeschritt auch mehrere seiner Zweiggr¨ oßen ermitteln. Zur Reduktion eines gr¨ oßeren Netzwerkes auf einen Ersatzwiderstand Ra verhelfen die Gesetze der Reihen-/ Parallelschaltung, Stern-Dreieck-Umformung oder gleichwertige andere Verfahren. Hinweis: beim Ersatz gr¨ oßerer Netzwerkteile bestimmt man ihre Ersatzgr¨ oßen zweckm¨ aßig mit der Knotenspannungsanalyse (Kap. 3.3), ¨ bei mehreren Quellen im aktiven Zweipol kann der Uberlagerungssatz (Kap. 2.4.5) hilfreich sein, die Zweipoltheorie l¨ asst sich auf Netzwerke mit gesteuerten Quellen erweitern (Kap. 2.6). Dann werden die Ersatzgr¨ oßen mit dem Probestrom-, Probespannungsverfahren bestimmt. bei nichtlinearen Netzwerken ist die Zweipoltheorie f¨ ur den linearen Netzwerkanteil zul¨ assig (s. Kap. 2.5). Die Zweipoltheorie eignet sich nicht zur Bestimmung aller Zweiggr¨ oßen eines Netzwerkes. Daf¨ ur m¨ ussen entweder die vollst¨ andigen Kirchhoffschen Gleichungen gel¨ ost oder Maschenstrom- und Knotenspannungsanalyse herangezogen werden.

Abb. 2.4.10 erl¨autert die Anwendung der Zweipoltheorie. Gesucht sei der Strom durch R4 . Wir f¨ uhren an seinen Anschlussstellen die Klemmen AB ein und legen damit den passiven Zweipol R4 = Ra als (Ersatz-) Außenwiderstand des Grundstromkreises fest. Die restliche Schaltung mit den Quellen ist der aktive Zweipol. Zweckm¨ aßig wird sie so umgezeichnet, dass die Zuordnung aktiver-passiver Zweipol deutlich hervortritt. 27

Nicht zu verwechseln mit der Zweitortheorie (Kap. 2.6).

120

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Umordnung

Netzwerk

R1 Uq1

R3 R2

I

Grundstromkreis A

A

A

R5 R4 R6

Uq2

R1 Uq1

R4

B aktiver Zweipol

I

Ri R4

UAB

Ul

Uq2

B passiver Zweipol

I

R R2 3 R5+R6

B

passiver Zweipol

Abb. 2.4.10. Zweipoltheorie. Aufteilung eines Netzwerkes in aktiven und passiven Zweipol. Bestimmung der Ersatzkenngr¨ oßen und R¨ uckf¨ uhrung auf den Grundstromkreis

Jeder lineare aktive Zweipol hat eine Leerlaufspannung Ul = UAB |I=0 , einen Kurzschlussstrom Ik = IAB |UAB =0 = Ul /Ri herr¨ uhrend vom zugeordneten (noch unbekannten) Quellenstrom Iq , einen Ersatzinnenwiderstand Ri zwischen AB gemessen oder berechnet. Mit den Strom-Spannungs-Gleichungen UAB = Ul |AB − IRi bzw. I = Ik |AB − UAB Gi des aktiven Zweipols stellt sich beim Anschalten des passiven Zweipols UAB = Ra I der gesuchte Strom I bzw. die gesuchte Spannung ein (s. Gl. (2.4.1a)): Ra Ga Grundgleichungen Ul , I = Ik (2.4.19) Ri + R a Gi + Ga U = Ra I, Ul = Ri Ik , U = UAB I = IAB . der Zweipoltheorie U =

Dabei sind Ul , Ik und Ri Ersatzgr¨oßen Ul ≡ Uqers , Ik ≡ Iqers , Ri ≡ Riers , was der Index ers“ unterstreicht (wir verzichten k¨ unftig darauf). ” Kenngr¨ oßenbestimmung Die Kenngr¨ oßen des linearen aktiven Zweipols wer-

den bestimmt: 1.

Experimentell durch Messung aus dem Leerlaufversuch (I = 0): Spannungsmessung mit unendlich hohem Spannungsmesserwiderstand (Ra → ∞, d. h. I = 0) ergibt die Leerlauf- oder Quellenspannung Ul = Uq , Kurzschlussversuch (UAB = 0): Strommessung mit Strommesserwiderstand Ra = 0, (d. h. U = 0) ergibt den Kurzschluss- oder Quellenstrom Ik = Iq ,

2.4

Der Grundstromkreis

121

Belastungsversuch (UAB = 0, I = 0): Messung der Spannungen U1 , U2 und Str¨ome I1 , I2 bei Belastung mit zwei verschiedenen Widerst¨anden oßen mit Gl. (2.2.3) resp. (2.2.5). Ra1 , Ra2 und Berechnung der Kenngr¨ 2.

Rechnerisch durch die Leerlaufspannung Ul = Uq (bei I = 0), den Kurzschlussstrom Ik = Iq (bei U = 0), den Innenwiderstand Ri , indem s¨ amtliche (unabh¨angige28 ) Stromund Spannungsquellen außer Betrieb gesetzt werden (Stromquellen entfernen, Spannungsquellen durch Kurzschluss ersetzen). Der errechnete Widerstand zwischen den Zweipolklemmen AB ist der Innenwiderstand Ri .

Ein weiteres, n¨ utzliches Verfahren ist die Probestrommethode: Man legt an die Schaltung mit außer Kraft gesetzten unabh¨angigen Quellen eine Probestromquelle Ipr und berechnet die Spannung UAB . Der Innenwiderstand ur Netzwerke betr¨agt Ri = UAB /Ipr . Das Verfahren eignet sich besonders f¨ mit gesteuerten Quellen. Bei der experimentellen Bestimmung von Ik wird stillschweigend angenommen, dass der aktive Zweipol die Kurzschlussbelastung vertr¨ agt. Besonders kleine Innenwiderst¨ ande verursachen sehr große Kurzschlussstr¨ ome, die ihn u. U. zerst¨ oren. Zum Erlernen der Grundgesetze wird der Kurzschluss gedanklich ohne Einschr¨ ankung eingesetzt.

Zusammengefasst ergibt sich als L¨ osungsmethodik Zweipoltheorie

1. 2.

3.

4.

Auftrennen des Netzwerkes am Ort der gesuchten Gr¨oße in aktiven und passiven Ersatzzweipol. Bestimmung der Zweipolkennwerte des passiven (Ra ) und aktiven Zweipols (U1 , Ik , Ri ). Entscheidung zwischen Strom- und Spannungsquellenersatzschaltung. Bestimmung der gesuchten Gr¨ oße (UAB , IAB ) mit den Zweipolkennwerten Pkt. 2 bei Zusammenschaltung von passivem und aktivem Zweipol (Modell des Grundstromkreises). Berechnung der gesuchten Netzwerkgr¨ oßen aus der L¨osung Pkt. 3.

Beispiel 2.4.7 Kenngr¨ oßen des aktiven Zweipols Wir ermitteln die Zweipolkenngr¨ oßen f¨ ur folgende Schaltungen (Abb. 2.4.11) 28

Abh¨ angige oder gesteuerte Quellen (Kap. 2.6.4) werden anders ber¨ ucksichtigt.

122

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Schaltung a Die Leerlaufspannung folgt aus der Spannungsteilerregel UAB |I=0 = Ul = Uq

R2 , R1 + R2

der Innenwiderstand Ri ergibt sich bei Kurzschluss von Uq zu Ri = R1  R2 und der Kurzschlussstrom folgt direkt aus der Schaltung Ik = Uq /R1 = Ul /Ri (Rechenkontrolle). Schaltung b Die Leerlaufspannung setzt sich aus Ul (nur von Iq1 stammend) und Uq2 zusammen (Richtung Uq2 beachten!): Ul = Ul + Uq2 = Iq1 R1 + Uq2 . Der Innenwiderstand betr¨ agt (Abtrennen von Iq1 , Kurzschluss Uq2 ) Ri = R1 + R2 . Der ¨ Kurzschlussstrom wird zweckm¨ aßig mit dem Uberlagerungssatz ermittelt u ¨ ber Ik1 (herr¨ uhrend von Iq1 ) und Iq2 (herr¨ uhrend von Uq2 ): Ik1 = Iq1

G2 R1 = Iq1 G1 + G2 R1 + R2

(Stromteilerregel),

Ik2 =

Uq2 . G1 + G2

Der Gesamtstrom folgt damit zu Ik = Ik1 + Ik2 =

Iq1 R1 + Uq2 . R1 + R2

Schaltung c F¨ ur die Berechnung der Leerlaufspannung berechnet am besten zuuhrend von den Spannungen Uq1 , Uq2 : n¨ achst die Kurzschlussstr¨ ome Ik1 , Ik2 herr¨ Ik1 = Uq1 /R1 , Ik2 = Uq2 /R2 und daraus die Leerlaufspannung Ul : P Ikges Ik1 + Ik2 Uq1 G1 + Uq2 G2 Ik = P = = . Ul = Giges G1 + G2 + G3 G1 + G2 + G3 Gi R1

U= Ul

Uq R2

B

Uq2 B A

R1

Ik

Uq R2

R2

Iq1

Iq1

R1 U‘l

Iq1 R2

Uq1

Ul

Uq2

Iq1

B

c

Uq2

Ul

A R2

Ri

R1

A

B

R3

A

R2

B A

B

a

R1

R2

~

Ri

Uq R2

A

Uq2=0

~

R1

A

A Ik1 +

R1 B

Ik

R1 Uq2

R2

B A

R1

Ik2 B

b

Abb. 2.4.11. Beispiele zur Zweipoltheorie. (a) Einfache Schaltung mit Schritten zur Kenn-

wertbestimmung. (b) Schaltung mit Strom- und Spannungsquelle. (c) Parallelschaltung von zwei linearen Spannungsquellen am Lastwiderstand R3 , Bestimmung der Ersatzgr¨ oßen

2.4

Der Grundstromkreis

123

Gleichwertig kann die Leerlaufspannung auch durch Anwendung der Spannungsteilerregel f¨ ur jede Spannungsquelle gewonnen werden: Ul = Uq1

R3  R 2 R3  R1 Uq1 G1 + Uq2 G2 + Uq2 ≡ . R1 + R3  R2 R2 + R3  R1 G1 + G2 + G3

Das Ergebnis l¨ asst sich identisch umformen. Der Innenwiderstand besteht aus der Parallelschaltung der drei Leitwerte Ri =

1 1 = = R1  R2  R3 . Gi G1 + G2 + G3

Beispiel 2.4.8 Ersatzinnenwiderstand Zur Bestimmung des Ersatzinnenwiderstandes des gegebenen aktiven Zweipols Abb. 2.4.12a werden die Spannungsquellen durch Kurzschluss ersetzt und die Stromquellen aufgetrennt. Dadurch gehen die Widerst¨ ande R1 , R3 nicht in das Ergebnis ein. F¨ ur die u ¨ brige Schaltung Abb. 2.4.12b beginnt die Berechnung in Richtung auf die Klemmen zu. Die Analyse endet mit Ri bzw. Gi 1 1 G = G2 + G4 = + . R2 R4 Der Widerstand R = 1/G besteht aus der Reihenschaltung von R5 und 1/G : R = R5 + 1/G = 1/G . G liegt parallel zu Leitwert G6 und ergibt schließlich Gi = G6 + G = G6 +

1 1 . = G6 + R5 + 1/G R5 + 1/(G2 + G4 )

Zahlenbeispiel: Mit den Werten R2 = 10 Ω, R4 = 30 Ω , R5 = 20 Ω, R6 = 40 Ω ergibt sich: G = 0, 133 S, R = 7, 5 Ω, R = 20 Ω + 7, 5 Ω = 27, 52 Ω, G = 1/R = 36, 4 mS, Gi = 1/(40 Ω) + 36, 4 mS = 61, 4 mS.

¨ 2.4.5 Uberlagerungssatz In einem linearen physikalischen System, auf das mehrere Ursachen ein¨ wirken, entsteht die Gesamtwirkung durch Summation (Uberlagerung) der Teilwirkungen als Folge der Teilursachen (Helmholtz 1853).

Uq2 Iq1

R1

R3 R2

Iq2 R5 R4 Uq3

G‘ A

A R2

R6 B

a

R5

R4

G‘‘

b

R6 Gi B

Abb. 2.4.12. Bestimmung des Innenwiderstandes am aktiven Zweipol. (a) Schaltung (aufgetrennte Stromquellen). (b) Ersatzanordnung zur Bestimmung des Innenwiderstandes

124

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Eine Teilwirkung wird bestimmt durch Nullsetzen aller Teilursachen außer der gerade betrachteten. Daraus folgt weiter: ¨ Ein physikalisches System ist linear, wenn der Uberlagerungssatz zutrifft und umgekehrt. ¨ Der Uberlagerungssatz gilt universell. Er bestimmt lineare Zusammenh¨ange in vielen Teilgebieten der Physik. In Netzwerken mit mehreren Quellen (aufgefasst als Teilursachen) denkt man sich dann die Str¨ome bzw. Spannungen in ¨ den einzelnen Netzwerkzweigen entstanden als Uberlagerung von Teilwirkungen, die sich zur betreffenden Gesamtgr¨ oße addieren. Dieser Ansatz vereinfacht die Netzwerkanalyse merklich, denn zur Berechnung der Teilwirkungen reichen oft Zweipolbetrachtungen: In einem linearen Netzwerk mit mehreren unabh¨angigen Quellen (Spannung, Strom) kann jede Zweiggr¨ oße (Strom, Spannung) als vorzeichenbehaftete Summe der Teilzweiggr¨ oßen berechnet werden, die jeweils von einer unabh¨angigen Quelle (bei Nullsetzung der restlichen) herr¨ uhren: ¨ Uberlagerungs-, Superpositionsprinzip. Nullsetzen einer nicht ben¨ otigten Spannung heißt, ihren Quellenwert auf null zu setzen, (nicht den Innenwiderstand bzw. Innenleitwert!). Bei Stromquellen gilt entsprechendes: man setzt den Quellenstrom auf null, ihr Innenleitwert bleibt in der Schaltung.

¨ L¨ osungsmethodik Uberlagerungssatz

1.

2. 3.

Setze alle unabh¨ angigen Quellen Qn (außer der ersten) außer Betrieb (ideale Spannungsquellen durch Kurzschluss ersetzen, ideale Stromquellen auftrennen, Leerlauf) und berechne die gesuchte Zweiggr¨oße, z. B. uhrend von Q1 (mit einer zweckm¨aßigen Meden Zweigstrom Iν1 herr¨ thode). Verfahre so der Reihe nach mit allen anderen Quellen: berechne also die gesuchte Zweiggr¨ oße Iν2 , herr¨ uhrend von Q2 usw. Addiere die Teilwirkung Iν1 . . . Iνn vorzeichenbehaftet zur Gesamtwirkung Iνges .

Hinweis: ¨ gesteuerte Quellen (s. Kap. 2.6) werden bei Anwendung des Uberlagerungssatzes nicht außer Betrieb gesetzt, sie beeinflussen daher die Teilergebnisse; ¨ vor Anwendung des Uberlagerungssatzes Schaltung vereinfachen; bei Analyse eines Netzwerkes mit mehreren unabh¨ angigen Quellen mittels der Kirchhoffschen Gleichungen (oder darauf aufbauender Verfahren) treten in der ¨ L¨ osung die einzelnen Quellenanteile additiv auf. Das ist Ergebnis des Uberlagerungssatzes.

2.4

Der Grundstromkreis

125

¨ Der Aufwand bei Anwendung des Ubertragungssatzes sinkt, wenn Quellengruppen zusammengefasst werden, z. B. alle Strom- und Spannungsquellen. Andererseits kann zur Berechnung der Einzelwirkungen die Zweipoltheorie dienen. ¨ Der Uberlagerungssatz versagt bei nichtlinearen Ursache-Wirkungs-Zusammenh¨angen, also nichtlinearen Netzwerken oder f¨ ur Leistungen auch in linearen (!) Netzwerken. So soll ein gesuchter Zweigstrom durch einen Widerstand R aus zwei Anteilen be2 stehen: Iges = I1` + I2 . Dann betr¨ ´ agt die Leistung im Widerstand P = RI = 2 2 2 ¨ osung). Nach dem Uberlagerungssatz R (I1 + I2 ) = R I1 + 2I1 I2 + I2 (richtige L¨ ¨ w¨ urde folgen: nur Strom I1 :→ Pl = `RI12 , nur Strom I2 : → P2 = RI22 . Die Uberla´ gerung ergibt: Pges = P1 + P2 = R I12 + I22 = R(I1 + I2 )2 (falsch!). Dabei ist es gleichg¨ ultig, ob das Netzwerkelement in seinem aktiven oder passiven Teil liegt. Ber¨ ucksichtigt man beispielsweise eine Widerstands¨ anderung durch Eigenerw¨ ar¨ mung, so wird er nichtlinear und es darf der Uberlagerungssatz nicht angewendet werden. Ob der Effekt im Einzelfall relevant ist, muss fallspezifisch entschieden werden (s. Beispiel 2.3.2).

¨ Beispiel 2.4.9 Uberlagerungssatz Im Netzwerk Abb. 2.4.13 soll die Spannung U3 ¨ (in der angenommenen Richtung) durch Uberlagerung bestimmt werden. Nach der L¨ osungsmethodik sind folgende Schritte durchzuf¨ uhren:

1.

Kurzschluss aller Spannungsquellen außer Uq1 (hier also Uq2 = 0). Damit verbleibt Schaltung b). Nach der Spannungsteilerregel ergibt sich der Spannungsuhrend von Uq1 : abfall U3 herr¨ R2  R3 R2 R3  U3 = Uq1 = Uq1 . R 1 + R2  R 3 R1 (R2 + R3 ) + R2 R3

A R1

R2

R3

Uq1 B

a

A

U3

R1 Uq1

Uq2

U3=U3‘-U3‘‘

A

R3

R2

R1

+

U3'

U3'‘

R2 Uq2

B Uq1= 0, Kurzschluss

B Uq2= 0, Kurzschluss

b

R3

c

¨ Abb. 2.4.13. Bestimmung der Ersatzgr¨ oßen eines aktiven Zweipols mit dem Uberlagerungssatz. (a) Ausgangsschaltung. (b) Verh¨ altnisse, wenn nur Quelle Uq1 wirkt, (b) dto. bei Wirkung nur der Quelle Uq2

126

2.

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Kurzschluss aller Spannungsquellen außer Uq2 (Abb. c). Wegen der Richtung von Uq2 entsteht der Spannungsabfall U3 in der eingetragenen Weise positiv. Die Spannungsteilerregel f¨ uhrt auf U3 = Uq2

3.

R1  R3 . R2 + R1  R3

¨ uhrten Richtung auszugehen, Die Uberlagerung hat von der f¨ ur U3 positiv eingef¨ deshalb ist die Differenz zu bilden Uq1 R2 R3 Uq2 R1 R3 U3 = U3 − U3 = − R1 (R2 + R3 ) + R2 R3 R2 (R1 + R3 ) + R1 R3 R3 (Uq1 R2 − Uq2 R1 ) = . R2 (R1 + R3 ) + R1 R3

Bei L¨ osung des Problems mit den Kirchhoffschen S¨ atzen steigt der Aufwand.

2.5

2.5 Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis* Einf¨ uhrung Zahlreiche Bauelemente, wie etwa Gl¨ uhl¨ampchen, Heiß-, Kaltlei-

ter, Dioden, Transistoren, Batterien, Solarzellen, elektronische Netzger¨ate, Spulen mit Eisenkern oder nichtlineare Kapazit¨aten rechtfertigen die Erweiterung des Grundstromkreises zum nichtlinearen Grundstromkreis. Uneingeschr¨ankt gelten auch f¨ ur den nichtlinearen Grundstromkreis die Kirchhoffschen S¨ atze, denn sie basieren auf physikalischen Grundaxiomen. Wenigstens eine Zweigbeziehung ist dabei nichtlinear. Dann entsteht stets ein nichtlineares Gleichungssystem f¨ ur die unabh¨angigen Str¨ome und Spannungen. Eine explizite L¨ osung nach den Unbekannten ist allgemein nicht m¨ oglich. Im Grundstromkreis k¨ onnen entweder der passive oder der aktive Zweipol oder beide nichtlinear sein. Beispielsweise ist jede Transistorgrundschaltung mit einem Transistor als Lastelement, die sog. Transistorlastschaltung, einerseits ein nichtlinearer Grundstromkreis, andererseits eine in der Elektronik massenhaft eingesetzte Schaltung (n¨ ahere Einzelheiten s. Kap. 2.7.5). Selbst eine Solarzelle mit angeschlossenem Lastelement ist ein verbreiteter nichtlinearer Grundstromkreis.

Enth¨alt das Netzwerk nur ein nichtlineares Schaltelement, so l¨asst sich der Teil außerhalb dieses Elementes stets durch einen aktiven (linearen) Zweipol ersetzen und so das Problem auf den Grundstromkreis mit einem nichtlinearen passiven Zweipol zur¨ uckf¨ uhren. Die Analyse des nichtlinearen Grundstromkreises umfasst zwei Schritte: 1.

Schaltungsaufbereitung, d. h. Wahl der Bauelemente-/ Netzwerkmodelle und ihrer Klemmenbeschreibung (analytisch, grafisch, st¨ uckweise lineare Approximation),

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

127

Trennung in linearen und nichtlinearen Teil (wenn m¨oglich), Ersatz des linearen Teils durch eine Zweipolersatzschaltung. 2.

Netzwerkanalyse, z. B. analytisch (was nur selten gelingen d¨ urfte), grafisch (anschaulich, erlaubt einen qualitativen Einblick), numerisch durch entsprechende L¨ osungsverfahren oder besser durch Schaltungssimulation. Solche Programme (wie z. B. Multisim/EWB, PSPICE) enthalten Modelle aller g¨ angigen nichtlinearen Bauelemente, verf¨ ugen u osung nichtlinearer Gleichungen und ¨ ber Methoden zur L¨ geben die Ergebnisse komfortabel aus.

Die Netzwerkanalyse schließt neben der Arbeitspunktbestimmung gew¨ohnlich ¨ eine Kleinsignalanalyse ein mit dem Ziel, Aussagen zum Ubertragungsver¨ halten bei kleinen Anderungen der Signalspannung zu erhalten. F¨ urs erste betrachten wir den Grundstromkreis aus linearem aktiven und nichtlinearem passiven Zweipol mit dem Ziel, eine Ersatzkennlinie zu konstruieren. 2.5.1 Zusammenschaltung nichtlinearer und linearer Schaltelemente, Ersatzkennlinie Beim Zusammenschalten eines nichtlinearen und eines linearen Elementes gelten entsprechend der Knoten- und Maschens¨atze Addition der Teilspannungen bei Reihenschaltung f¨ ur gegebenen Strom, Addition der Str¨ ome f¨ ur eine gegebene Spannung. Im Ergebnis entsteht eine Ersatzkennlinie. So bei einer   sind beispielsweise UD Halbleiterdiode mit der Kennlinie I(UD ) = IS exp UT − 1 nach Gl. (2.3.14) bei Reihenschaltung eines Widerstandes R die Teilspannungen U1 + UD = U f¨ ur jeden Stromwert zu addieren (Abb. 2.5.1a). Das Ergebnis I(U ) ist die Ersatzkennlinie.   I U = U1 + UD = IR + UT ln + 1 = U (I). (2.5.1a) IS Die Umkehrfunktion existiert nicht. Der Zusatzwiderstand R verflacht“ (li” nearisiert) den Verlauf, man spricht auch von Scherung der Diodenkennlinie. Bei einer Parallelschaltung liegt an beiden Elementen die gleiche Spannung ome I1 , I2 f¨ ur jede Spannung U zu U = UD und deshalb sind die Teilstr¨ addieren   U U = I(U ). (2.5.1b) −1 + I = I1 + I2 = IS exp UT R

128

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Auch hier schw¨acht der ohmsche Leitwert 1/R die Nichtlinearit¨at ab. Eine Ersatzkennlinie l¨ asst sich auch f¨ ur einen nichtlinearen aktiven Zweipol konstruieren, beispielsweise durch Zusammenschalten einer idealen Quelle mit einem nichtlinearen Element. Zu seinem Aufbau ist vorab die Darstellung einer Nichtlinearit¨ at, hier stellvertretend wieder eine Halbleiterdiode, in verschiedenen I, U -Zuordnungen zweckm¨aßig (Abb. 2.5.1b). Dabei wird zwischen Diodengr¨ oßen ID , UD , gebunden an das Schaltzeichen und den Klemmengr¨oßen I, U unterschieden. Im VPS folgt mit Kennlinie (1) nach Gl. (2.5.1a) die u ¨ bliche Form. Bei Umpolung der Diode und Darstellung wieder im VPS (I = −ID , U = −UD ) entsteht Kennlinie (2) durch Spiegelung der Kennlinie (1) sowohl an der I- als auch U -Achse. Wird dagegen Kennlinie (1) im EPS dargestellt (I = −ID , U = UD ), so erh¨alt man Kennlinie (3) als Spiegelung der Kennlinie (1) an der U -Achse. Je nach Zuordnung der Klemmengr¨oßen zu den vereinbarten I, U -Richtungen entstehen ganz unterschiedliche Kennlinien! Mit diesen Vorbetrachtungen l¨ asst sich durch Reihenschaltung einer idealen Spannungsquelle Uq leicht eine Spannungsquelle mit nichtlinearem Innenwi” derstand“ modellieren (Abb. 2.5.2). Die Reihenschaltung von Diode (VPS) und Spannungsquelle Uq (Abb. 2.5.2a) verschiebt die Diodenkennlinie um Uq nach rechts. Das ist der Verlauf Abb. 2.5.2b in Erzeugerpfeilrichtung. Zu Abb. a) geh¨ort mit U = UD + Uq die Ersatzkennlinie   U − Uq I = ID = IS exp −1 . (2.5.2) UT

I

U1

UD

I

UD, ID

UD, ID I

I

ID U I 1 2 U1

UD U1+UD

U

U UD, ID I

U U

3

a

b

Abb. 2.5.1. Kennlinien einer Halbleiterdiode als Beispiel eines nichtlinearen passiven Zwei-

pols. (a) Reihenschaltung Diode und Widerstand, Ersatzkennlinie durch Spannungsaddition. (b) Kennliniendarstellungen mit verschiedenen Strom-Spannungs-Z¨ ahlpfeilsystemen (1), (2) VPS, (3) EPS

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis* Iq

I

UD

UD

I

I ID

ID

UD

Uq

I

U

U

Uq

I

0 -I S

c

I

EPS, I = -ID

IS 0

U

Uq

b UD

I

Uq I

UD

Iq

ID

Ik

Uq

U

U

Uq

Iq

a

UD ID

VPS, I = ID

0 -IS

129

ID U

U‘= - U= Uq- UD

Uq

Iq I

EPS, U = -U‘, I = ID,

IS

U‘

0

EPS, I = -ID

Ri=const

Ul

U

d

Abb. 2.5.2. Nichtlinearer aktiver Zweipol. (a) Reihen-/Parallelschaltung von flussgepolter Diode mit Spannungs- oder Stromquelle, Darstellung im VPS. (b) Reihenschaltung von Spannungsquelle mit sperrgepolter Diode. (c) Reihenschaltung von Spannungsquelle und flussgepolter Diode, EPS. (d) Parallelschaltung von Stromquelle und flussgepolter Diode, EPS

Ein Flussstrom I > 0 fließt nur, wenn die anliegende Spannung U gr¨oßer als die Quellenspannung Uq ist: Zweipol mit Gegenspannung“. Bei umge” polter Stromrichtung an der Diode (Anordnung arbeitet als aktiver Zweipol, ¨ Ubergang zur EPS an der Diode) entsteht die Ersatzkennlinie: Spannungs” quelle mit Leerlaufspannung Ul = Uq “, nichtlinearem Innenwiderstand und kleinem Kurzschlussstrom Ik = IS . Das ist anschaulich verst¨andlich, es liegt die Reihenschaltung von Spannungsquelle und gesperrter Diode vor: die Spannung Uq sperrt“ die Diode bei Kurzschluss des aktiven Zweipols und es kann ” maximal der S¨attigungsstrom IS fließen. Die Ersatzkennlinie folgt aus der Diodengleichung (2.3.14) sowie I = −ID und dem Maschensatz U = UD + Uq zu     UD U − Uq − 1 = IS 1 − exp . I = −ID = −IS exp UT UT Das ist die Kennlinie von Abb. 2.5.2a, gespiegelt an der U -Achse. Wird das EPS beibehalten, die Diode aber umgepolt (Abb. 2.5.2c), so entsteht wieder die Ersatzkennlinie einer Spannungsquelle mit nichtlinearem ”

130

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Innenwiderstand“, aber hohem Kurzschlussstrom Ik . Bei Kurzschluss des aktiven Zweipols liegt die Spannungsquelle Uq voll u ¨ber der flussgepolten Diode. Die Ersatzkennlinie lautet mit I = ID und UD = Uq − U   −U Uq − U I = IS exp − 1 ≈ Ik exp , UT UT   U U da Ik = IS exp UTq − 1 ≈ IS exp UTq . Das ist Kennlinie a), gespiegelt um die I-Achse am Punkt Uq . Sie beginnt im Flussbereich mit dem Kurzschlussstrom Ik und geht bei Uq durch null. Wird schließlich der Diode (in EPS, Kennlinie (3)) in Abb. 2.5.2b eine Stromquelle Iq parallel geschaltet (Abb. 2.5.2d), so ergibt sich mit UD = U , ID = −I1 die Ersatzkennlinie   U I = Iq +I1 = Iq −IS exp − 1 mit Ik = I|U=0 = Iq −IS ≈ Iq .(2.5.3) UT Schaltet man in Abb. 2.5.2a der Diode eine Stromquelle Iq parallel (mit ¨ I = ID − Iq ), so verschiebt sich die Kennlinie (bei Uq = 0) nach −Iq . Ubergang zum EPS bedeutet Umkehr des Gesamtstromes, also Spiegelung an der U -Achse und so erkl¨ art sich die Kennlinie Abb. 2.5.2d. Das Ergebnis stellt Kennlinie und Modell einer Solarzelle bzw. Fotodiode dar. Die Stromquelle Iq ist der einfallenden Strahlung proportional, sie entspricht praktisch dem Kurzschlussstrom Ik der Ersatzquelle. Die Solarzelle wird durch einen nichtlinearen aktiven Zweipol mit dem Kurzschlussstrom Ik und einer Leerlaufspannung Ul modelliert. F¨ ur diesen nichtlinearen aktiven Zweipol gilt nicht Ul = Ik Ri , denn die Nichtlinearit¨ at erlaubt keine Definition des Innenwiderstandes Ri !

Die Ersatzkennlinie einer idealen Spannungs- bzw. Stromquelle zusammengeschaltet mit einer Halbleiterdiode repr¨ asentiert drei typische, nichtlineare aktive Zweipole: den Stromquellentyp mit Stroms¨ attigungscharakter u ¨ ber einen gr¨oßeren Spannungsbereich (Abb. 2.5.2b), dazu m¨ usste allerdings der als Quellenstrom Iq fungierende Diodens¨ attigungsstrom einstellbar“ sein. Dieser ” Quellentyp wird auch als Konstantstromquelle bezeichnet (s. Abb. 2.2.1): Eine Konstantstromquelle ist ein aktiver Zweipol, dessen Klemmenstrom in bestimmten Grenzen konstant ist. Sie arbeitet in diesen Grenzen wie eine ideale Stromquelle (Abb. 2.2.1b).

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

131

den niederohmigen Spannungsquellentyp mit geringerem Innenwiderstand im Vergleich zur linearen Zweipolquelle (Abb. 2.5.2c), er legt die Grundlage f¨ ur die Konstantspannungsquelle: Eine Konstantspannungsquelle ist ein aktiver Zweipol, dessen Klemmenspannung in bestimmten Grenzen konstant bleibt. Sie arbeitet in diesen Grenzen wie eine ideale Spannungsquelle (Abb. 2.2.1a). den Stromquellentyp ohne Hilfsspannung mit eingepr¨agtem Quellenstrom und relativ kleiner Leerlaufspannung Uq , gegeben durch die Diodenflussspannung (0,7 V) (Abb. 2.5.2d). W¨ ahrend die letzte Form eine nat¨ urliche Ersatzschaltung der Solarzelle und des Fotoelementes ist, hat die erstgenannte Stromquelle grunds¨ atzliche Bedeutung f¨ ur die Transistorschaltungstechnik (s. Kap. 2.7.5).

2.5.2 Kennlinienapproximationen Oft vereinfacht sich die Schaltungsanalyse, wenn eine nichtlineare Kennlinie durch eine einfachere Form approximiert und ggf. durch eine Ersatzschaltung nachgebildet wird. Approximationsfunktionen sind Potenzkennlinien, die tanh-Kennlinie f¨ ur eine S¨ attigungsfunktion, st¨ uckweise lineare Ann¨aherungen oder das Schaltermodell. Am Beispiel der Halbleiterdiode wird das Verfahren gezeigt (Abb. 2.5.3). Ausgang ist die Diodenkennlinie I = f (U ) Gl. (2.3.14) als nichtlineare algebraische Gleichung mit richtungsabh¨angigem Stromfluss. Ein idealer Gleichrichter h¨ atte allerdings folgende Eigenschaften U = 0 I = 0

I≥0 . U ≤0

f¨ ur f¨ ur

U

UF

I

Idealer Gleichrichter (2.5.4)

I

U I

I RF

I I

UF

idealer Gleichrichter

RF

RF 0

a

UF U

0

b

UF U

-IS

UF IRF U

c

Abb. 2.5.3. Kennlinienn¨ aherungen der Halbleiterdiode. (a) Ideale Gleichrichtung, Schalter-

modell (Knickkennlinie). (b) Erg¨ anzung einer Versetzungsspannung UF . (c) Knickkennlinie aherung der tats¨ achlichen Kennlinie (Fluss- und Sperrbemit Zusatzwiderstand RF als N¨ reich unterschiedliche Maßst¨ abe)

132

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Sie bilden das Schaltermodell mit einer Umschaltvorschrift Gl. (2.3.26). Die Abbildung zeigt das entsprechende Schaltsymbol. Der ideale Gleichrichter hat im Flussfall keinen Spannungsabfall und f¨ uhrt im Sperrfall keinen Strom. Im n¨achsten Schritt wird das Modell durch eine Flussspannung UF (Richtwert 0,7 V) in Reihe zur idealen Diode erg¨ anzt (Kennlinienverschiebung nach rechts). Um schließlich einen endlichen Widerstand RF im Flusszustand zu modellieren (Bahnwiderst¨ ande, aber auch zur Ann¨ aherung an die reale Diodenkennlinie), wird der Flusswiderstand RF in Reihe zur ideale Diode geschaltet (Abb. 2.5.3b). So entsteht eine st¨ uckweise gen¨ aherte Kennlinie. Stromfluss erfolgt erst, wenn die anliegende Spannung gr¨ oßer als die Flussspannung ist. Die eingef¨ uhrte ideale Spannungsquelle hat die Bedeutung eines hypothetischen Netzwerkelementes (sie wirkt hier als Leistungsverbraucher!) und speist keine Energie in den Kreis (sonst m¨ usste die Spannung bei leerlaufender Diode messbar sein).

Experimentell werden die Hilfsspannung UF und der Flusswiderstand RF aus der realen Diodenkennlinie bestimmt: Anlegen einer Tangente an die Kennlinie bei merklichem Flussstrom und Bestimmung von RF und UF als Achsenabschnitt (Abb. 2.5.3c). Auf die Modellierung des S¨attigungsstromes verzichtet dieses einfache Modell. Es dient z. B. zur Modellierung einer ZDiode, deren Sperrstrom bei einer bestimmten Spannung, der Z-Spannung, steil ansteigt. Als Ersatzschaltung werden zwei Knickdiodenmodelle parallel geschaltet: eines f¨ ur die Flussrichtung, ein zweites (antiparallel) f¨ ur die Sperrrichtung. Das Diodenmodell eignet sich gut zur Modellierung einer Konstantspannungsquelle. Eine Stromeinpr¨ agung in eine flussgepolte Diode stellt etwa die Fluss¨ sich die Eingangsspanspannung UF ≈ 0, 7 V ein (Abb. 2.5.4a, b). Andert

I

I

R1 Uq

UZ

RF

RF

UF

UZ

UF ΔUA

a

IZ

UA ΔI

b

UA

Uq

ΔUq

U

UZ

UF U IZ

c

Abb. 2.5.4. Spannungsstabilisierung durch eine Diode. (a) Stabilisierung einer Spannung

durch flussgepolte Diode, Ersatzschaltung mit abschnittsweise linearem Diodenmodell. (b) Kennlinie zur Anordnung (a). (c) Stabilisierung mit Z-Diode bei Ersatz der Diode in Abb. (a) durch eine Z-Diode

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

133

nung Uq um ΔUq , so schwankt die Ausgangsspannung um ΔUA rd rd ΔUA = ΔUq ≈ ΔUq . (2.5.5) rd + R1 R1 Sie sinkt mit abnehmendem differenziellen Widerstand der Kennlinie: die Schaltung wirkt spannungsstabilisierend. Das gleiche Prinzip nutzt die ZDiode (Abb. 2.5.4c). Sie hat nicht nur eine h¨ ohere Ausgangsspannung (die ZSpannung), sondern erlaubt wegen des deutlich kleineren Widerstandes auch eine bessere Stabilisierung. 2.5.3 Arbeitspunkteinstellung Beim Zusammenschalten des nichtlinearen aktiven Zweipols mit einem nichtlinearen passiven Zweipol m¨ ussen die Strom-Spannungsbeziehungen an der Schnittstelle u ¨bereinstimmen. Das Ergebnis ist der Arbeitspunkt AP: UA , IA . Wir beschr¨anken uns hier wegen der Anschaulichkeit auf eine grafische L¨osung. Es gilt die L¨ osungsstrategie Grafische Arbeitspunktbestimmung“ ”

Eintragen der Kennlinien der aktiven und passive Zweipole in ein gemeinsames Diagramm (mit linearen I, U -Maßst¨ aben, Erkennen der Leerlaufspannung und des Kurzschlussstromes aus den Achsenabschnitten U  = Uq (I = 0), Ik = Iq (U = 0)). Aufsuchen des Schnittpunktes beider Kennlinien: Arbeitspunkt. Sind mehrere m¨oglich, so ist eine Stabilit¨ ats¨ uberlegung erforderlich.

Beispiel 2.5.1 Arbeitspunkt Wir schalten einen passiven Zweipol mit der Diodenkennlinie Gl. (2.3.14) an einen linearen aktiven Zweipol (Abb. 2.5.5a). Der Maschensatz ergibt: Uq = IRi + U = IRi + UT ln(I/IS + 1) f¨ ur den unbekannten Strom ur die unbekannte Spannung U . I oder U = Uq − IRi = Uq − Ri IS (exp U/UT − 1) f¨ Die Gleichungen sind nicht explizit nach U bzw. I aufl¨ osbar, also analytisch nicht zu behandeln. Zur grafischen L¨ osung (Abb. 2.5.5b) wird folgendermaßen verfahren: Aufzeichnen der U, I-Kennlinien der aktiven und passiven Zweipole, der Schnittpunkt beider Kurven ist der Arbeitspunkt. F¨ ur die Zahlenwerte Uq = 1 V, IS = 1 nA, Ri = 100 Ω, agt er (zeichnerische Genauigkeit) I ≈ 6 mA, U ≈ 0, 4 V. UT = 25 mV betr¨

Die Kirchhoffschen Gleichungen f¨ uhren bei nichtlinearen Netzwerken immer auf ein nichtlineares Gleichungssystem. In Sonderf¨ allen (abh¨ angig von der Nichtlinearit¨ at) gelingt eine analytische L¨ osung, z. B. bei Potenzkennlinien der Form I = kU Z . Beispielsweise liefert die Reihenschaltung der Spannungsquelle Uq mit dem Wider-

134

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente U=f(I) A I Ui(I) Uq

U B

passiver aktiver nichtlinearer Zweipol

U-Quelle Ui(I)

U Uq

Ri

I=f (U)

AP

I=g(U) Iq

Ri

Im

0

A A‘

B B‘

Ra=Uq/Ik

b

a

AP‘

g(I)

U=f(I)

U

B

I-Quelle

I Iq

-1

AI

Ra

Gaopt=Iq/Ul

Iq=Ik I

0

Um Uq=Ul U

c

Abb. 2.5.5.

Grundstromkreis mit nichtlinearen aktiven und passiven Zweipolen. (a) Spannungs- und Stromquellendarstellung. (b) Graphische Arbeitspunktermittlung. (c) Leistungsabgabe an den passiven Zweipol bei nichtlinearer Quelle mit Rechteck- bzw. angen¨ aherter stetiger Kennlinie

stand R und dem nichtlinearen Netzwerkelement I = kU 2 die Maschengleichung Uq = U + RkU 2 , die sich analytisch l¨ osen l¨ asst.

Auf numerische L¨ osungsverfahren verzichten wir, da hierf¨ ur heute Simulationsprogramme eingesetzt werden und derartige L¨osungen nur noch in Sonderf¨allen anfallen (Kap. 3.5). 2.5.4 Leistungsumsatz im nichtlinearen Grundstromkreis Auch der nichtlineare Grundstromstromkreis hat die gleiche Energieproblematik des entsprechenden linearen Stromkreises (s. Kap. 2.4.2), der Unterschied besteht aber darin, dass der aktive Zweipol nur u ugt und ¨ ber eine begrenzte Leistung verf¨ der Begriff Widerstand nicht existiert, sondern durch die jeweilige nichtlineare U, I-Relation ersetzt werden muss. Daher macht auch die Anpassbedingung Ri = Ra keinen Sinn. Als Vorbereitung betrachten wir einen st¨ uckweise linearen aktiven Zweipol, der bis zur Quellenspannung den konstanten Quellenstrom Iq liefert und bei U = Uq abrupt auf null f¨ allt (Abb. 2.5.5b, c). Seine angebotene Leistung Pq = Uq Iq (Gl. (2.4.8)) macht Sinn: es ist die Leistungsfl¨ache, die er tats¨achlich bereitstellt. Bei Belastung mit einem variablen Lastleitwert ur Ga = I/U wird die Verbraucherleistung Pa = IU = U 2 Ga umgesetzt. F¨ großen Leitwert stellt sich konstanter Strom bei variabler Spannung ein, bei

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

135

kleinem Lastleitwert bleibt die Spannung konstant und der Strom f¨allt. Die im Verbraucher umgesetzte Leistung hat dann im Punkt Iq , Uq ihr Maximum Gaopt =

Iq . Uq

maximale Leistungsabgabe (2.5.6) an den Verbraucher

Es gibt einen Arbeitspunkt Iq , Uq , bei dem an den Verbraucher die maximale Leistung (gleich der angebotenen Leistung des aktiven Zweipols) abgegeben wird: Pmax = Im Um = Iq Uq . (Arbeitspunkt maximaler Leistung [MPP, Maximum Power Point]). Dann erreicht der Leistungswirkungsgrad oder der F¨ ullfaktor FF den Wert 1: FF =

Pa Im Um = ≤ 1. Pverv Iq Uq

(2.5.7)

Im n¨achsten Schritt w¨ ahlen wir einen aktiven Zweipol mit stetiger, nichtlinearer Kennlinie, die sich der Rechteckkennlinie anschmiegt (Abb. 2.5.5c). Das entspricht einer Quelle mit nichtlinearem Innenleitwert und den Ersatzgr¨oßen ur die Konstantstromquelle, beispielsweise eine Iq , Uq . Diese Form ist typisch f¨ Solarzelle. Jetzt gibt es den Arbeitspunkt A’ mit maximaler Leistungsabgabe (gr¨oßte Leistungsfl¨ ache Im Um ) an den Verbraucher. Diese Leistung ist gr¨oßer als im linearen Grundstromkreises bei Anpassung (Arbeitspunkt B, ullfaktor 1/4 s. Kap. 2.4.2), aber kleiner als Iq Uq Im = Iq /2, Um = Uq /2, F¨ (F¨ ullfaktor 1). Der Grundstromkreis mit nichtlinearem aktiven Zweipol vom Solarzellentyp hat im Gleichstromverhalten einen h¨ oheren F¨ ullfaktor als der lineare Grundstromkreis. Vertiefung Wir suchen die an einen Verbraucher maximal abgebbare Leistung einer Solarzelle nach Abb. 2.5.6 mit der Kennlinie Gl. (2.5.3). Dabei stammt die Einstr¨omung Iq von der Solarstrahlung, die parallel liegende Diode simuliert den nichtlinearen Innenleitwert. Das Lastelement Ga ist linear. Bahnwiderst¨ande der Solarzelle werden vernachl¨ assigt, auch soll der S¨attigungsstrom omung Iq sein. Ihre Leerlaufspannung Ul liegt IS deutlich kleiner als die Einstr¨ durch die Bedingung (Gl. (2.5.3)) I(Ul ) = 0 fest (Gr¨oßenordnung 0, 7 . . . 0, 9 V bei Si-Solarzellen, andere Ausf¨ uhrungen geringf¨ ugig h¨oher).

Der Lastleitwert erh¨ alt die Leistung P = U · I      U U Ul −1 = U · IS exp − exp P = U · Iq − IS exp . (2.5.8) UT UT UT Der Verlauf steigt zun¨ achst proportional zu U , um schließlich durch den Diodenterm wieder abzufallen, sobald sich die Klemmenspannung U der Leerahert. laufspannung Ul n¨

136

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Die maximal abgegebene Leistung Pm = Um · Im folgt aus der Bedingung dP alt mit Gl. (2.5.8) f¨ ur U ≡ Um dU = 0. Man erh¨   Um Iq Um +1− 1+ =0 (2.5.9a) exp IS UT UT bzw.

  Um Ul Um − 1+ = 0. exp exp UT UT UT

(2.5.9b)

Die erste Beziehung ergibt den Zusammenhang von Um und Iq , die zweite den von Um und Ul . Aus der ersten Beziehung muss die Spannung Um numerisch berechnet werden. Durch R¨ uckeinsetzen in die Kennliniengleichung ergibt sich der zum Maximum geh¨ orige Strom Im :   Um Iq Im = +1 · . (2.5.10) IS IS Um + UT Im letzten Schritt wird die im Maximum umgesetzte Leistung Pm mit Gl. (2.5.9) bestimmt 2 Um Pm = Um · Im = (Iq + IS ) · Um + UT  UT  ≈ (Iq + IS ) · Um 1 − Um Um UT

(2.5.11)

ausgedr¨ uckt durch die Rechteckfl¨ ache Im ·Um im I, U -Diagramm. Dazu geh¨ort der optimale Lastleitwert Ga |opt =

Im (Iq + IS ) · Um Iq = . ≈ Um Um · (Um + UT ) Um

I, P Solarzelle, I(U) ID(U)=g(U) Iq A Im A

I dg

A‘

dU

Gaopt=Iq/Ul

I U

Iq B

dP

Ga

P 0

b

dU

=0

Gaopt

m

Um

m

A‘

I(U)

ID(U)

a

(2.5.12)

Ul U

c

U

Abb. 2.5.6. Zur Leistungsabgabe bei nichtlinearer Quelle. (a) Nichtlinearer Grundsstrom-

kreis. Ersatzschaltung einer Solarzelle aus eingepr¨ agtem Quellenstrom und Diode zur Darstellung des nichtlinearen Innenleitwertes. (b) Kennlinie des aktiven und passiven Zweipols und Verlauf der abgegebenen Leistung. (c) Ersatzschaltung im Arbeitspunkt f¨ ur kleine ¨ Strom-Spannungs-Anderungen bei maximal abgegebener Leistung

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

137

Mit der Bezugsleistung Pq = Iq Ul (mit Uq = Ul ) lautet schließlich der Leistungswirkungsgrad bzw. F¨ ullfaktor   2 Um Pm Um Im IS 1   · η = = = 1+ · Pq Ul Iq Iq Um + UT U + U ln 1 + Um m T UT Um .  (2.5.13) ≈ m Um + UT ln 1 + U UT F¨ ur Um /UT = 20 betr¨ agt er beispielsweise 82%, f¨ ur Um /UT = 40 → 94%! Die Solarzelle gibt als Konstantstromquelle“ zufolge ihrer rechteck¨ahn” lichen Kennlinie eine wesentlich h¨ ohere Gleichleistung an das Lastelement ab als ein linearer aktiver Zweipol! Im letzten Schritt suchen wir eine Beziehung zwischen dem optimalen Lastleitwert Gaopt und einem Innenleitwert der Solarzelle. Im Maximum a¨ndert sich die an den Verbraucher abgegebene Leistung nicht mit der Spannung   = 0 war der Ansatz zur Berechnung des Arbeitsund die Bedingung dP dU m   punktes Um , Im . Gleichzeitig muss dort auch dP dI m = 0 gelten, denn nach Abb. 2.5.6b a¨ndert sich im Leistungsmaximum der Strom ebenfalls nicht. Wegen Pm = Im Um (Im ) folgt daraus allgemein   dP (I · U (I))  dU   = U (I)|m + Im dI  = U (I)|m + Im rd |m = 0. (2.5.14) dI m m Im letzten Term ist rd der differenzielle Widerstand des nichtlinearen aktiven Zweipols im Maximum. Bei optimaler Leistungsabgabe stimmen der optimale Lastwiderstand mit dem differenziellen Innenwiderstand des aktiven Zweipols u ¨berein   Um  dU  Ra |m = = = rd |m,Quelle . (2.5.15) Im Last dI m F¨ ur die Leitwertdarstellung gilt das entsprechende, den Leitwert gd = 1/rd bestimmen wir aus der Kennliniengleichung  d(−I)  IS Um Im gd = = exp = = Gaopt . (2.5.16) dU  UT UT Um m

Maximale Leistungsabgabe an den Verbraucher bedeutet bei nichtlinearer Quelle, dass der Abschlussleitwert des linearen Zweipols mit dem Kleinsignalleitwert des nichtlinearen aktiven Zweipols im Punkt maximaler Leistungsabgabe u ¨ bereinstimmt. Es gelten aber nicht die vom linearen Fall her bekannten Bedingungen, wonach bei Anpassung Strom und Spannung auf je die halben Kurzschluss- oder Leerlaufwerte fallen.

138

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Allgemeiner nichtlinearer aktiver und passiver Zweipol Wir untersuchen noch

den Fall, dass sowohl der aktive Zweipol nichtlinear ist mit der Kennlinie I = Iq − g(U ) als auch der Lastzweipol mit der Kennlinie I(U ) = f (U ). Der Verbraucher erh¨alt die Leistung P = U I = U (Iq − g(U )). Sie erreicht ihr Maximum f¨ ur die Bedingung    dP  dg =0 = (I − g(U )) | − U q m dU  dU

m

I

oder zusammengefasst   I  dg  = = Gaopt . dU  U m

(2.5.17)

m

In der Last wird maximale Leistung umgesetzt, wenn ihr Ersatzleitwert Gaopt = Im /Um im Arbeitspunkt Im , Um gleich dem Kleinsignalleitwert der Stromquelle in diesem Punkt ist unabh¨ angig von der Nichtlinearit¨at der Ausgangslast. Damit h¨angt die Anpassbedingung von der Nichtlinearit¨at der Quelle ab und die Bedingung Gi = Ga des linearen Grundstromkreises geht jetzt u ¨ ber in eine Bedingung zwischen Kleinsignalinnenleitwert der Quelle und dem Se” kantenleitwert“ Im /Um der Last im Arbeitspunkt. Abh¨angig von der Nichtlinearit¨ at kann der Leistungswirkungsgrad gr¨oßer oder kleiner als beim linearen Grundstromkreis sein. Beispiel 2.5.2 Leistungswirkungsgrad Wir betrachten den Leistungswirkungsgrad f¨ ur eine Stromquelle mit unterschiedlicher Nichtlinearit¨ at bei linearer Last. 1.

2.

F¨ ur eine Nichtlinearit¨ at g(U ) = aU 3 (a > 0) folgt als Lastleistung bei Anpasur den Lastleitwert Gaopt = sung: Pa = Im Um und damit nach Gl. (2.5.17) f¨ dg = 3aU 2 . Die zugeh¨ orige Verlustleistung in der Quelle betr¨ agt Pi = dU 4 Um g(Um ) = aUm und man erh¨ alt f¨ ur den Leistungswirkungsgrad. 4 3aUm 3 Pa = = . η= 4 4 Pa + Pi 3aUm + aUm 4 at Er wird unabh¨ angig vom Quellenstrom Iq und nur durch die Nichtlinearit¨ der Quelle bestimmt (er w¨ urde bei linearer Quelle 50% betragen). √ f¨ ur eine Nichtlinearit¨ at g(U ) = a U (a > 0, U > 0) ergibt sich auf die gleiche Weise 3/2 aUm 1 η= = . 3/2 3/2 3 aUm + 2aUm

2.5.5 Kleinsignalverhalten Nichtlineare Bauelemente sind oft Bestandteil eines Netzwerkes. Der Regelfall ist dabei die Aussteuerung mit einem zeitabh¨angigen Signal um einen

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

139

Arbeitspunkt. Dann erzeugt die Netzwerkerregung x(t) = XA + Δx(t) eine entsprechende Wirkung Y (t) = YA + Δy(t) an einem Ausgangs- oder Last¨ element. Der Zusammenhang y(x) ≈ Y (X) ist die Ubertragungskennlinie des Netzwerkes. ¨ Die Kleinsignalanalyse linearisiert das Verhalten der Ubertragungskennlinie Y (X) im Arbeitspunkt A f¨ ur kleine Aussteuerungen Δx, Δy. Wir haben dieses Prinzip schon bei Einf¨ uhrung der differenziellen Schaltelemente kennengelernt. So ist beispielsweise in der Schaltung Abb. 2.3.13 mit Dioden als nichtlinearem passivem Zweipol die Diodenspannung UD die Ausgangsgr¨oße y bei gegebener Quellenspannung Uq (t) = x(t). Die Kleinsignalanalyse von UD (t) zerf¨ allt dann in zwei Aufgaben: Arbeitspunktbestimmung, d. h. L¨ osung der nichtlinearen Gleichung   UD − 1 → IA , U A , Uq = UD + RIS exp UT Kleinsignalanalyse: Bestimmung ΔUD = f (ΔUq ). Sie erfordert den differenziellen Leitwert des nichtlinearen Netzwerkelementes im Arbeitspunkt. Ansonsten liegt ein lineares Netzwerkproblem vor, m. a. W. wird die Kleinsignalanalyse dem Arbeitspunkt ¨ uberlagert und kann unabh¨angig von der Arbeitspunkt-Bestimmung erfolgen. Bei Ersatz der Kennlinie durch die Tangente in A (Abb. 2.3.13b) wird vorausgesetzt, dass die zeitlichen Spannungs¨ anderungen langsam erfolgen. Trifft dies nicht zu, so m¨ ussen Energiespeicherelemente (Induktivit¨ aten, Kapazit¨ aten) beachtet werden. Kleinsignalsteuerung ist besonders f¨ ur elektronische Schaltungen mit ihren nichtlinearen Bauelementen (Transistoren, Thyristoren, Dioden) von Bedeutung. Deshalb wird bei den relevanten Netzwerkelementen stets auf sie verwiesen. Eine Vertiefung erf¨ ahrt die Kleinsignalbetrachtung bei mehrpoligen Bauelementen (s. Kap. 2.7.4).

Negativer Kleinsignalwiderstand Manche nichtlinearen Zweipole haben bereichsweise fallende Kennlinien (Abb. 2.5.7): dann sinkt die Spannung U um ΔU , wenn der Strom I um ΔI steigt und der Quotient wird negativ:

r=

dU ΔU ↓ → < 0. ΔI ↑ dI

negativer (differenzieller) (2.5.18) Widerstand

Das gilt im Punkt A des fallenden Bereiches zwischen P und Q. Bei Verbraucherz¨ahlpfeilrichtung am passiven Zweipol bedeutet ein negativer differenziel¨ ler Widerstand Leistungsabgabe in den Stromkreis f¨ ur die Anderungsgr¨ oßen, das Produkt UA IA > 0 bleibt aber positiv! Ein negativer Widerstand f¨ uhrt einem Stromkreis Energie zu, wirkt also wie ein aktiver Zweipol.

140

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Diese Leistung entstammt der Gleichstromversorgung des Bauelementes. Weil sie durch Spannungsquelle und Innenwiderstand begrenzt ist, kann u ¨ ber den negativen Widerstand nie mehr Leistung in den Kreis gespeist werden als die Quelle abzugeben vermag.

Es gibt zwei Formen fallender Kennlinien 1.

den stromgesteuerten Typ (Lichtbogenkennlinie) mit horizontaler Tangente im U (I)-Verlauf in den Umkehrpunkten P , Q (Abb. 2.5.7a) und verschwindendem differenziellen Widerstand dU/dI. den spannungsgesteuerten Typ (Dynatronkennlinie) mit vertikaler Tangente in den Umkehrpunkten P , Q (Abb. 2.5.7b), also unendlich hohem differenziellen Widerstand dU/dI resp. verschwindendem differenziellen Leitwert g = dI/dU .

2.

Bei stromgesteuerter Kennlinie geh¨ oren zu jedem Stromwert nur eine Spannung, aber zu bestimmten Spannungen drei verschiedene Stromwerte, von denen der mittlere stets instabil ist. Zur Kennlinienaufnahme muss daher ein Strom eingepr¨ agt und die Spannung gemessen werden. Dann ist jeder Punkt erfassbar und man spricht vom stromstabilen negativen Widerstand. Umgekehrt hat eine spannungsgesteuerte Kennlinie zu jedem Spannungswert einen definierten Strom, dagegen f¨ ur einen gegebenen Strom bis zu drei Spannungswerten. Zur Kennlinienaufnahme wird daher eine variable Spannung angelegt und der

AI

A I U

U(I) Lichtbogenkennlinie, Messschaltung

Iq

U

Uq

I(U) Dynatronkennlinie, Messschaltung

(R i= 0) B

(Gi = 0) B

I

U

dU dI

Uq

B

=0

dU

P

dI

dI

0 Iq (Gi = 0)

=0

0 Uq (R i= 0) U

b

Abb. 2.5.7. Kennlinien mit fallenden Bereichen. (a) Stromgesteuert (Lichtbogentyp). (b)

Spannungsgesteuert (Dynatrontyp). In beiden F¨ allen k¨ onnen bei endlichem Quellenwiderstand Sprungerscheinungen auftreten

2.5

Nichtlinearer resistiver Grundstromkreis*

141

Strom gemessen; man spricht vom spannungsstabilen negativen Widerstand (besser Leitwert).

Zur Einstellung eines stabilen Arbeitspunktes A im fallenden Bereich darf die Quellenkennlinie das nichtlineare Lastelement nur in einem Punkt schneiden. Liegt beispielsweise an einer Lichtbogenkennlinie eine Spannungsquelle mit geringem Innenwiderstand (Kennlinientyp BB ), so springt der Strom bei Spannungserh¨ohung vom Punkt P nach P und beim Absenken von Q nach Q : es gibt Stromsprungstellen (und einen Hystereseverlauf). Ein stabiler AP im fallenden Bereich erfordert deshalb    dU  stromgesteuerte   . (2.5.19a) Riq >   dI Kennlinie max

F¨ ur die Dynatronkennlinie gilt die entsprechende Bedingung    dU  spannungsgesteuerte  Riq <  . dI min Kennlinie

(2.5.19b)

Erzeugung und Anwendung negativer Widerst¨ande. Fallende Kennlinienbereiche entstehen in Zweipolelementen generell durch R¨ uckkopplung: eine Ursache erzeugt eine Wirkung, die die Ursache wieder unterst¨ utzt. Solche R¨ uckkopplungsmechanismen k¨ onnen physikalisch im Wirkprinzip eines Bauelementes begr¨ undet sein. Beispiele: Kennlinien des Thyristors, der Tunneldiode, der Glimmlampe u. a. m.; schaltungstechnisch durch gesteuerte Quellen (und damit Verst¨arkerbauelemente) realisiert werden. Ein Beispiel erl¨autern wir im Kap. 2.7.7 beim Operationsverst¨arker. Vertiefung Wir vertiefen den Begriff des negativen Widerstandes Rn Rn = −

(−U ) U U = = . I I (−I)

Er kann interpretiert werden durch eine vertauschte Spannungs- oder Stromrichtung (Abb. 2.5.8a, b), was zwei Typen negativer Widerst¨ ande bedingt. Im ersten Fall (eingepr¨ agter Strom) erfolgt eine Spannungsrichtungsumkehr, im zweiten bei Spannungssteuerung eine Stromrichtungsumkehr. Das entspricht dem Kennlinienverhalten Abb. 2.5.7. Zur Untersuchung der Leistungsbilanz schalten wir den negativen Widerstand Rn = −R im Grundstromkreis in Reihe zu Ri und Ra und untersuchen die Leistung am Lastwiderstand Ra (Abb. 2.5.8c): P =U ·I =

Ra Uq2 Ra Uq2 1 = . 2 (Ri + Ra − R) (Ri + Ra ) (1 − R/(Ri + Ra ))2 | {z } neg.Widerstand

142

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Iq

a

U

Ri

A I

A I

U

-R

Uq

-R

Rn= -R A I U

Ra

Uq B

b

B

c

B

Abb. 2.5.8. Zur physikalischen Begr¨ undung des negativen Widerstandes. (a) Umkehr der Spannungsrichtung. (b) Umkehr der Stromrichtung. (c) Leistungsbilanz im Grundstromkreis bei eingef¨ ugtem negativen Widerstand

Der erste Faktor ist die im Lastwiderstand Ra umgesetzte Leistung des Grundstromkreises. Sie wird als Folge des negativen Widerstandes durch den zweiten Term (>1!) vergr¨ oßert, und zwar um so mehr, je st¨ arker der negative Widerstand den positiven Gesamtwiderstand Ri + Ra des Kreises kompensiert! Die zus¨ atzliche Leistung gelangt durch den negativen Widerstand selbst in den Kreis, denn an der Spannungsquelle hat sich nichts ver¨ andert. Diese Energielieferung ist endlich, da negative Widerst¨ ande nur in begrenztem Kennlinienbereich wirken. Die Energie entstammt der Stromversorgung des Kreises, denn der negative ¨ Widerstand tritt nur f¨ ur Anderungen (ΔU , ΔI) von U und I auf und die damit verbundenen Leistungsverh¨ altnisse erscheinen in der Gesamtbilanz der Quelle.

Anwendung finden negative Widerst¨ ande z. B. zur Kompensation von (positiven) resistiven Zweipolen, bei der Verlustkompensation im Schwingkreis (→ idealer Schwingkreis) und in Filtern. Auch das Oszillatorprinzip zur Erzeugung von Schwingungen nutzt den negativen Widerstand.

2.6

2.6 Zweitore Einf¨ uhrung Oft ist im Grundstromkreis zwischen Quelle und Verbraucher ein

weiteres Netzwerk mit zwei funktionell zusammenwirkenden Klemmenpaaren, ein Zweitor oder Vierpol zwischengeschaltet. Es kann, je nach Aufgabenstellung, ganz unterschiedlichen Inhalt“ haben (Abb. 2.6.1a): Leitungs” verbindung, Filterschaltung, D¨ ampfungsglied, gesteuerte Quelle (Verst¨arker) u.a.m. Selbst bekannte Schaltungen sind anders betrachtet Zweitornetzwerke: die Wheatsone-Br¨ ucke mit der Diagonalspannung als Ausgang und der Versorgungsspannung als Eingang, der Spannungs- (Abb. 2.6.1b) oder Stromteiler (Abb. 2.6.1c). Dabei wird das Lastelement einbezogen. Zweitore haben vor allem als Netzwerkgrundstruktur prinzipielle Bedeutung: gesteuerte Quellen bilden nat¨ urliche Zweitore,

2.6

Zweitore

143

Zweitor Quelle 1 I1

I2 2

Uq

Energiefluss Ri

U1

1

1' I‘1

a

2

U2

RL

R, L, C, M, gesteuerte Quellen

Uq

Eingangstor

I2

I1

Last

Zweitor

b

R1 R2

RL

Zweitor I1

I‘2 2' Ausgangstor

U2

Iq

G1

I2 G2

U2

c

¨ ¨ Abb. 2.6.1. Elektrisches Ubertragungssystem aus Quelle, Ubertragungszweitor und an¨ geschlossener Last. (a) Grundanordnung; das Ubertragungssystem ist zwischen aktivem und passivem Zweipol geschaltet. (b) Spannungsteiler als einfaches Zweitor aufgefasst. (c) Stromteiler aufgefasst als belastetes Zweitor

manche Bauelemente (Transformator, Verst¨arker, u. a.) sind vier- oder dreipolig, gr¨oßere Zweitore lassen sich aus Elementarzweitoren“ aufbauen, ” mehrere zusammengef¨ ugte Zweitore bilden ein neues Zweitor.

2.6.1 Zweitorbegriff Zweitore erweitern das Zusammenspiel zwischen Quelle und Verbraucher und damit den Grundstromkreis durch ein Zwischenglied. Ein Zweitornetzwerk ist eine geschlossen gedachte Einheit (Teilnetzwerk), das nur u angig ist. Ihre Eigenschaften liegen ¨ ber Ein- und Ausgangstore zug¨ durch die U, I-Relationen der Tore fest und werden z. B. durch Rechnung oder Messung bestimmt. Wir stellen hier Grundlagen der Zweitore zusammen, soweit sie zur Einf¨ uhrung gesteuerter Quellen in Netzwerke erforderlich sind. Weil Zweitore allerdings eine gr¨oßere Rolle spielen als hier zusammengefasst, werden sie im Kap. 3.6 Mehrpole“ vertieft und zu speziellen Wechselstromproblemen im ” Bd. 3 erg¨anzt. ¨ Uber Jahrzehnte wurden Netzwerke mit vier Klemmen als Vierpole oder 29 30 ¨ Ubertragungsvierpole bezeichnet und bestimmte Beschreibungs- und Betrachtungsweisen entwickelt, zusammengefasst als Vierpoltheorie“. ” 29

Vierpol nach DIN 4899, DIN 1344.

30

Der Vierpolgedanke wird erstmalig von H. Hausrath (1907) verwendet, die Bezeichnung Vierpol stammt von F. Breisig (1921).

144

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Ein Vierpol ist ein Netzwerk mit zwei Eingangs- und zwei Ausgangsklemmen ¨ zur Ubertragung von Energie und/oder Signalen. Als vierpoliges Netzwerk bezeichnet man dagegen ein allgemeines Netzwerk mit vier Klemmen. Von den vier Spannungen zwischen seinen Knoten und den vier Klemmenstr¨ omen sind nach dem Maschen- und Knotensatz nur je drei voneinander unabh¨ angig. Eingebettet in ein gr¨oßeres Netzwerk gilt f¨ ur die Klemmenstr¨ ome (Abb. 2.6.2a) I1 + I2 + I3 + I4 = 0. Ob ein vierpoliges Netzwerk zum Zweitor wird, h¨ angt von seiner Beschaltung ab: Fließt bei zwei zusammengeh¨ origen Klemmen (einem Klemmenpaar) ein Strom I in eine Klemme und der gleiche Strom aus der anderen wieder heraus, so heißt dieses Klemmenpaar ein Tor und es folgen als Torbedingung z. B. f¨ ur Tor 1 I1 + I3 = 0 → I3 = −I1 , I2 + I4 = 0 → I4 = −I2 .

(2.6.1)

Zwangsl¨aufig erf¨ ullt auch das zweite Klemmenpaar diese Bedingung. Nur mit der Torbedingung f¨ ur jedes Klemmenpaar wird ein vierpoliges Netzwerk zum Zweitor. So trifft die Strombedingung auf das Netzwerk Abb. 2.6.2a wegen I1 = I3 und I2 = I4 nicht zu, aber auf Schaltung 2.6.2b. Die Torbedingung wird automatisch erf¨ ullt, wenn eine vierpolige Schaltung an jedem Klemmenpaar mit einem Zweipol beschaltet ist. Dann tritt der Strom I1 an Klemme 1 ein und bei 1 aus, gleichermaßen der ugt eine Stromangabe Strom I2 bei 2 aus und bei 2 wieder ein, m. a. W. gen¨ zufolge der Vorbedingung: Zweitore f¨ uhren stets zwei unabh¨ angige Str¨ome I1 , I2 am Eingangs- und Ausgangstor (abgesehen von stromgesteuerten Stromquellen). Einige echte Zweitore (Transformator, Optokoppler) erf¨ ullen die Torbedingung automatisch, andere erzwungene Zweitore“ erst durch den Anschluss eines Quellen” bzw. Verbraucherzweipols.

I5 I2 2

1 I1 vierpoliges Netzwerk

U13

U24 I4 4

3 I3

1 I1 Zweitor

U1 1' I‘1

U2 I‘2 2'

Torbedingungen: I1= I‘1= -I3, I2= I‘2= -I4

I6

a

I2 2

b

Abb. 2.6.2. Vierpoliges Netzwerk und Zweitor. (a) Allgemeines vierpoliges Netzwerk. (b) ¨ Ubergang zum Zweitor durch Erf¨ ullung der Torbedingungen

2.6

Zweitore

145

Generell liegt am Tor 1, dem Eingang (input), ein aktiver Zweipol (Erregerquelle), am Tor 2, dem Ausgang (output), ein Verbraucherzweipol. Damit besorgt das Zweitor den Energiefluss von der Quelle zum Verbraucher und man unterscheidet eine Vorw¨ artsrichtung 1 → 2 von der R¨ uckw¨artsrichtung 2 → 1. Ein Zweitor kann in ein Netzwerk eingebettet sein. Erf¨ ullt es die Torbedingungen, so gelten sie auch im Netzwerk. Dieses Problem wird in Kap. 3.6 behandelt. Von der Struktur her gibt es zwei prinzipielle Zweitorformen: erdunsymmetrischer und symmetrischer Aufbau. Erdunsymmetrische Schaltungen besitzen eine Kurzschlussverbindung zwischen zwei Polen beider Tore, als Masse bezeichnet (eine Br¨ uckenschaltung w¨ urde so funktionsunf¨ ahig!). Die innere Struktur des Zweitores bestimmt, ob seine Tore einseitig an Masse liegen bzw. liegen k¨ onnen. Solche Zweitore sind eigentlich Dreipole und werden deshalb als unechte Vierpole“ bezeichnet ” (Abb. 2.6.3a). Sie stellen die Masse der Zweitore: Netzwerkmodelle von Transistoren, vielen Verst¨ arkern und passiver Zweitore. Ein Zweitor, das z. B. eine Br¨ uckenschaltung modelliert, ist erdsymmetrisch“: zwi” schen den zugeordneten Klemmen treten gleiche Spannungen auf und in die Schaltung l¨ asst sich eine Symmetrielinie in L¨ angsrichtung eintragen. Abb. 2.6.3b zeigt ein allgemeines symmetrisches Zweitor. Quellen und Verbraucherzweipol liegen gegen¨ uber einem Massepunkt potenzialm¨ aßig hoch“. Solche Schaltungen sind i. a. ” unempfindlich gegen¨ uber Spannungen von den Klemmen nach Masse. Im prakti¨ schen Betrieb wirken dann als Ubertragungsgr¨ oßen Differenzsignale und die Spannungen nach Masse werden als st¨ orend angesehen. Deshalb haben Differenzsigna¨ le f¨ ur die Ubertragungstechnik erhebliche Bedeutung, wie der Differenzverst¨ arker (s. Kap. 2.7.7) zeigt. ¨ Ein erdsymmetrisches Zweitor l¨ asst sich durch zwischengeschaltete Ubertrager ¨ (Abb. 2.6.3c) stets in eine erdunsymmetrische Ubertragungsanordnung einbetten.

Zweitoreinteilung Zweitore k¨ onnen eingeteilt werden in linear zeitunabh¨angige, zeitabh¨angige sowie nichtlineare Zweitore. Wir beschr¨anken uns hier U1 R R

R R R

Uq

Masseleitung

a

R

R R

R

R R R

R

Uq

U1

Ra

Übertrager

Symmetrielinie

b

erdsymm. Netzwerk

c

Abb. 2.6.3. Zweitorsymmetrie. (a) Erdunsymmetrischer Aufbau (durchgehende Masselei-

¨ tung). (b) Erdsymmetrischer Aufbau. (c) Ubergang vom symmetrischen Zweitor zum un¨ symmetrischen (und umgekehrt) durch zwischengeschaltete Ubertrager

146

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

zun¨achst auf lineare zeitunabh¨ angige Zweitore und beziehen sp¨ater nichtlineare Anordnungen ein. Nach dem energetischen Verhalten gibt es aktive Zweitore mit wenigstens einer unabh¨angigen Quelle. An den Klemmen treten (analog zum aktiven Zweipol) Kurzschlussstr¨ ome und Leerlaufspannungen auf (s. Kap. 2.6.8). Dazu z¨ ahlen auch gesteuerte Quellen sowie Zweitore, die sie enthalten. Technisch wichtige aktive Zweitore sind die Modelle der Verst¨arkerelemente im Kleinsignalbetrieb: Transistoren, alle Verst¨arkerarten. Eigentlich ist der Sachverhalt umgekehrt: gesteuerte Quellen wurden eingef¨ uhrt, um bestimmte Bauelemente (anfangs Elektronenr¨ ohren) zu modellieren.

Aktive Zweitore entnehmen die Energie f¨ ur die Nettoleistungsabgabe nicht dem Eingangssignal, sondern Hilfsquellen zur Stromversorgung (etwa eines Transistors). Zweitore mit unabh¨ angigen Quellen erhalten die elektrische Energie durch Wandlung aus nichtelektrischer. Passive Zweitore bestehen aus den Grundelementen R, C, L. Sie k¨onnen auch gesteuerte Quellen enthalten, wenn bestimmte Bedingungen zutreffen (Beispiel: Modellierung gekoppelter Spulen durch gesteuerte Quellen). Fehlende gesteuerte Quellen sind kein Merkmal eines passiven Zweitores, vielmehr muss bei Passivit¨ at die netto aufgenommene sog. Wirkleistung (ein Begriff der Wechselstromtechnik, s. Bd. 3) stets positiv sein. Strom-Spannungs-Beziehungen Unabh¨ angig vom inneren Aufbau wird das

Zweitor als Funktionsblock symbolisiert und durch zwei Torstr¨ome und spannungen beschrieben, beispielsweise der Form I1 = f1 (U1 , U2 ), I2 = g1 (U1 , U2 ), oder U1 = f2 (I1 , I2 ), U2 = g2 (I1 , I2 ),

I, U -Beziehungen des (2.6.2) allgemeinen Zweitors

(oder beliebig austauschbaren Beziehungen zwischen abh¨angigen und unabh¨angigen Variablen)31 . Ein (zeitunabh¨ angiges) Zweitor wird durch zwei Zweitorfunktionen f¨ ur die Torgr¨oßen I1 , I2 , U1 , U2 z. B. nach Gl. (2.6.2) vollst¨andig beschrieben und durch Ersatzschaltungen veranschaulicht. Beim Bezugssinn der Str¨ ome sind, wie am Zweipol, zwei Darstellungen u ¨ blich (und auch zweckm¨ aßig)

31

Neben der Zweitordarstellung durch Str¨ ome und Spannungen gibt es noch die f¨ ur die Hochfrequenztechnik entwickelte Form mit Leistungswellen (s. Bd. 3).

2.6

Zweitore I1 U1

Uq

a

Zweitor

147 I2 U2

R

Uq

b

I1

I2

U1

U2

Erzeugerausgang

(-I2)

I1 R

U1

Uq

c

A

U2

R

Kettenmatrix

Abb. 2.6.4. Spannungs- und Stromrichtungen am Zweitor. (a) Symmetrisches Pfeilsystem,

beiderseits VPS. (b) Unsymmetrisches Pfeilsystem, Kettenpfeilsystem (VPS am Zweitoreingang, EPS am Zweitorausgang). (c) Gemischte Form f¨ ur die Kettenmatrixbeschreibung

Verbraucher-Z¨ahlpfeilsystem f¨ ur jedes Tor, auch symmetrisches Pfeilsystem oder mathematische Vorzeichenrichtung genannt (DIN 40148, Abb. 2.6.4a). Sie eignet sich f¨ ur Grundsatzbetrachtungen, wie eine Stabilit¨ atsanalyse. Dort st¨ ort das Mitschleppen negativer Vorzeichen, die z. T. beim Kettenpfeilsystem auftreten.

das Kettenpfeilsystem oder eingangsseitiges Verbraucher-, ausgangsseitiges Erzeugerpfeilsystem, auch technisches oder unsymmetrisches Pfeilsystem genannt. Hier fließt der Strom I1 in das Zweitor, der Strom I2 heraus (Abb. 2.6.4b). Das ist die physikalisch nat¨ urliche Richtungsfestlegung. Beispielsweise treibt die Quellenspannung einen Strom positiv in den Zweitoreingang und ausgangsseitig fließt er in den Verbraucher. Von den Klemmen 2–2’ her gesehen wirkt die Anordnung als aktiver Zweipol. Wir verwenden das Kettenpfeilsystem nur gelegentlich, z. B. beim Transformator. Weil es aber bei der Kaskadenschaltung von Zweitoren zweckm¨aßig ist (und physikalisch auftritt), gibt es noch das gemischte Pfeilsystem mit Kettenpfeilrichtung nur f¨ ur die Kettenmatrix (→ A-Matrix, s. u.), aber symmetrischer Pfeilrichtung f¨ ur die u ¨ brigen Zweitorbeschreibungen (Abb. 2.6.4c). Dieses Pfeilsystem kombiniert die Vorz¨ uge beider Darstellungen und entspricht DIN 4899, 40148 und 1344, es erfordert aber Aufmerksamkeit beim Wechsel der Beschreibungsarten in die Kettenmatrixform. Wir sind daher bei Zweitorbetrachtungen gehalten, den Umgang mit beiden Vorzeichenfestlegungen des Ausgangsstromes I2 zu kennen und auf das benutzte Vorzeichensystem zu achten. Optisch wird darauf am besten durch Eintragung des Z¨ ahlpfeiles I2 am Zweitorausgang hingewiesen.

2.6.2 Strom-Spannungs-Beziehungen linearer Zweitore Der lineare Zweipol oder das Eintor wurde durch das ohmsche Gesetz beschrieben: eine Ursache (Spannung, Strom) erzwingt eine Wirkung (Strom,

148

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Spannung). Beim Zweitor gibt es stets zwei Ursachen, z. B. die Str¨ome I1 , I2 in Gl. (2.6.2). Dann sind die Spannungen U1 , U2 die Wirkungen und es gilt entsprechend der allgemeinen I, U -Relation f¨ ur ein lineares Zweitor Zweitorgleichung in Widerstandsform U1 = Z11 I1 + Z12 I2 . (2.6.3) Definitionsgleichung U2 = Z21 I1 + Z22 I2 Die Koeffizienten heißen Widerstands- oder Z-Parameter, sie h¨angen nur von den Netzwerkeigenschaften des Zweitors ab. Der erste Parameterindex ist durch den Index der abh¨ angigen Gr¨ oße links bestimmt, der zweite durch den Index der unabh¨ angigen Gr¨ oße rechts. So verbindet der Parameter Z11 Strom und Spannung am Eingang unter der Nebenbedingung I2 = 0, also Leerlauf am Ausgang. Entsprechend verkn¨ upft der Parameter Z21 die Ausgangsspannung U2 mit dem Eingangsstrom I1 wieder bei Leerlauf I2 = 0, also Ursache (Strom I1 ) am Eingang und Wirkung U2 am Ausgang.

Das Gleichungssystem (2.6.3) kann mit dem Spaltenvektor I der unabh¨angigen Str¨ome, dem Spaltenvektor U der abh¨angigen Spannungen und der Widerstandsmatrix Z auch als Matrixgleichung geschrieben werden32       U1 Z11 Z12 I1 = · bzw. abgek¨ urzt U = Z · I. (2.6.4) U2 Z21 Z22 I2 Die Bedeutung der Widerstandsparameter folgt aus ihrer Definition (Abb. 2.6.5a). Dazu wird jeweils eine der unabh¨angigen Variablen I1 oder I2 gleich null gesetzt (dem entspricht schaltungstechnisch Leerlauf I = 0) und der restliche Quotient von Spannung und Strom gebildet. So ergeben sich die Definitionen I1 Iq

U1

Z11 =

a

I2

I1 (Z)

U1 I1

U2 Leerlauf (I2= 0)

Z 21 = I2 = 0

Uq

U1

U2 I1

Y11 = I2 = 0

Kurzschluss (U2= 0)

(Y)

I1 U1

Y21 = U2 = 0

I2 U1

U2 = 0

b

Abb. 2.6.5. Bestimmung der Z- und Y -Parameter. (a) Ausgangsseitiger Leerlauf, Bestimmung von Z11 und Z21 . (b) Ausgangsseitiger Kurzschluss, Bestimmung von Y11 und Y21

32

Die Anwendung der Matrizenrechnung auf Zweitore geht auf F. Strecker und R. Feldtkeller (1929) zur¨ uck.

2.6

Zweitore

149

bei Betriebszustand I2 = 0, ausgangsseitiger Leerlauf 33   Z11 = UI11  Eingangsleerlaufwiderstand, I2 =0  Z21 = UI12  Leerlauf¨ ubertragungswiderstand vorw¨arts

(2.6.5a)

I2 =0

und f¨ ur den Betriebszustand I1 = 0, eingangsseitiger Leerlauf   Z22 = UI22  Ausgangsleerlaufwiderstand, I1 =0 (2.6.5b)  Z12 = UI21  Leerlauf¨ ubertragungswiderstand r¨ uckw¨arts. I1 =0

Wurde im ersten Fall ein Probestrom“ I1 auf der Eingangsseite eingespeist, um ” die Spannung U1 unter der Bedingung I2 = 0 zu messen, so liegt im zweiten Fall der Probestrom I2 ausgangsseitig an und die Spannungen U1 , U2 werden gemessen. Die Angabe vorw¨ arts“ bzw. r¨ uckw¨ arts“ bezieht sich auf den Energiefluss von ” ” Zweitorseite 1 nach 2 resp. umgekehrt.

Die Zweitorparameter zerfallen in (gilt nicht f¨ ur Kettenmatrix): ¨ Zweipolgr¨oßen (Leitwerte-, Widerst¨ ande) bei Ubereinstimmung beider Indizes. Physikalisch entspricht das der Widerstandsbestimmung eines Klemmenpaares bei spezifischem Abschluss (Leerlauf, Kurzschluss) der anderen Seite. ¨ Ubertragungs-, Transfergr¨oßen. Sie verkn¨ upfen die Strom- oder Spannungsgr¨oße einer Zweitorseite mit Strom oder Spannung auf der anderen unter Nebenbedingungen. So gilt beispielsweise nach Abb. 2.6.5 Ausgangsleerlaufspannung = Z21 · Eingangsstrom.

(2.6.6)

Transfergr¨oßen werden schaltungstechnisch durch gesteuerte Quellen realisiert, in bestimmten F¨ allen auch durch passive Netzwerkelemente. Beispiel 2.6.1 Br¨ uckenschaltung F¨ ur die Wheatsone-Br¨ ucke (Abb. 2.6.6a) lassen agt sich die Z-Parameter leicht ermitteln; der Eingangsleerlaufwiderstand Z11 betr¨ I1

I1 R2

U1

R1 U 2

I2

R1 R2

R1

R2 U1 R 2

I2

I1 U2 U1

R3 R1

I2

I1 R1

R2 U2 U1

R2 I2 R3

U2

R1

a

b

c

Abb. 2.6.6. Beispiele einfacher passiver Zweitore. (a) Br¨ uckenschaltung dargestellt als sym-

metrisches X-Zweitor. (b) π-Ersatzschaltung. (c) T -Ersatzschaltung 33

Gelesen U1 dividiert durch I1 bei I2 = 0 als Nebenbedingung.

150

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Z11 =

˛ U1 ˛˛ R1 + R2 = Z22 , = (R1 + R2 )  (R2 + R1 ) = I1 ˛I2 =0 2

¨ der Ubertragungswiderstand vorw¨ arts ergibt sich zu ˛ ˛ U2 ˛˛ U1 ˛˛ 1 R2 − R1 = Z12 = = (I1 R2 − I1 R1 ) = Z21 = . I1 ˛I2 =0 I2 ˛I1 =0 2I1 2 W¨ ahrend sich das erste Ergebnis direkt von der Torseite 1 aus in die Schaltung ” hineinsehen“ l¨ asst, folgt das zweite aus der Tatsache, dass jeder Br¨ uckenzweig vom halben Eingangsstrom I1 durchflossen wird und sich die Ausgangsspannung aus uckenabgleich der Differenz der Spannungsabf¨ alle u ¨ber R2 und R1 ergibt. Bei Br¨ ¨ R2 = R1 verschwindet die Ubertragungseigenschaft (U2 = 0, Z21 = 0: das Zweitor ist entkoppelt).

Weitere Zweitordarstellungen Bei gegebenen Str¨ omen und gesuchten Spannungen ist die Widerstandsform zur Zweitorbeschreibung zweckm¨aßig. Umgekehrt w¨are die zu Gl. (2.6.4) duale Leitwertform g¨ unstiger. Diese (und weitere) Zuordnungen entstehen durch systematischen Variablentausch: ins  = 6 M¨ o glichkeiten und somit 6 Gleichungssysteme gesamt gibt es 42 = (4·3) (1·2) zur gleichwertigen Zweitorbeschreibung. Tabelle 2.5 fast sie zusammen. In der Praxis wichtig sind die Widerstands-, Leitwert- und Kettenform, die restlichen (Hybridformen und Kettenform r¨ uckw¨ arts) haben geringere Bedeutung. Obwohl es keine bevorzugte Darstellung gibt, k¨onnen manche Formen f¨ ur bestimmte Zweitore nicht definiert sein. Je nach Anwendungsfall ist die eine oder andere Zweitorbeschreibung zweckm¨ aßiger. So wird beispielsweise die Widerstandsform bei der Schaltungsanalyse im HochTabelle 2.5. Zweitorbeschreibungsformen

Form/ Matrix

Gleichungen

Matrixform

Widerstandsform Widerstandsmatrix Z

U1 = Z11 I1 + Z12 I2 U2 = Z21 I1 + Z22 I2

U =Z·I

Leitwertform Leitwertmatrix Y

I1 = Y11 U1 + Y12 U2 I2 = Y21 U1 + Y22 U2

I = Y ·U

Hybridform 1 U1 = H11 I1 + H12 U2 Reihenparallelmatrix H I2 = H21 I1 + H22 U2 Hybridform 2 Parallelreihenmatrix C

I1 = C11 U1 + C12 I2 U2 = C21 U1 + C22 I2

Kettenform Kettenmatrix A

U1 = A11 U2 + A12 (−I2 ) I1 = A21 U2 + A22 (−I2 )

Kettenform invers Kettenmatrix B

U2 = B11 U1 + B12 (−I1 ) I2 = B21 U1 + B22 (−I1 )

   

U1 I2 I1 U2 U1 I1 U2 I2



 =H·



 =C·



 =A·



 =B·

I1 U2 U1 I2

 

U2 −I2 U1 −I1

 

2.6

Zweitore

151

frequenzbereich kaum verwendet, denn ihre Parameterbestimmung verlangt Leerlauf (durch unvermeidliche parasit¨ are Kapazit¨ aten bei hohen Frequenzen nicht zu verwirklichen). Hier bietet die Leitwertform Vorteile, deren Parameter alle unter Kurzschlussbedingungen bestimmt werden. Passive Zweitore nutzen oft die Widerstandsform (Transformator), weil damit die sehr einfache T-Ersatzschaltung (Abb. 2.6.6b) verbunden ist.

Die oft verwendete Leitwertform Zweitorgleichungen Leitwertform (2.6.7a) (Definitionsgleichung)

I1 = Y11 U1 + Y12 U2 I2 = Y21 U1 + Y22 U2

lautet in Matrixschreibweise       I1 Y11 Y12 U1 = · bzw. I = Y · U . I2 Y21 Y22 U2

(2.6.7b)

Tabelle 2.6 enth¨alt diese Parameter und ihre Umrechnungen f¨ ur das symmetrische Pfeilsystem (bzw. gemischte Pfeilsystem der Kettenmatrix). Tabelle 2.6. Parameterumrechnungen f¨ ur die Zweitormatrizen Z, Y , H, und A

Z Y

Z   Z11 Z12 Z21 Z22   Z22 det Z −Z21 det Z

 H

det Z Z22 −Z21 Z22

Z A

11

Z21 1 Z21

−Z12 det Z Z11 det Z Z12 Z22 1 Z22

det Z Z21 Z22 Z21







Y Y22 det Y −Y21 det Y

−Y12 det Y Y11 det Y



  Y11 Y12 Y21 Y22   −Y 

1 Y11 Y21 Y11

−Y22 Y21 − det Y Y21

 

−1 Y21 −Y11 Y21



det H H22 −H21 H22 1 H11 H21 H11

H12 H22 1 H22 −H12 H11 det H H11

 



− det H H21 −H22 H21

−H11 H21 −1 H21

A 



A 11

A21 1 A21 A22 A12 −1 A12

A

  H11 H12 H21 H22

12

Y11 det Y Y11

H

12

A22 −1 A22

det A A21 A22 A21



− det A A12 A11 A12 det A A22 A21 A22





  A11 A12 A21 A22

¨ Ublich sind verschiedene gleichberechtigte Bezeichnungen arts Y11 : Kurzschlusseingangsleitwert, Kurzschlussleitwert vorw¨ ubertragungsleitwert vorw¨ arts, Vorw¨ artssteilheit Y21 : Kurzschluss¨ (Transistor, R¨ ohre), Transadmittanz Y12 : Kurzschluss¨ ubertragungsleitwert r¨ uckw¨ arts, R¨ uckw¨ artssteilheit Y22 : Kurzschlussausgangsleitwert.

Die Definition der Leitwertparameter ergibt sich sinngem¨aß aus den dualen Bedingungen zu den Z-Parametern Gl. (2.6.5), in Abb. 2.6.5b wurde ihre Bestimmung am Zweitor erl¨ autert.

152

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

So, wie beim Zweipol Widerstand und Leitwert reziprok zueinander sind (R = 1/G), gilt dies auch f¨ ur die Widerstands- und Leitwertmatrizen und ihre Koeffizienten. Durch Aufl¨ osung der Widerstandsdarstellung nach den Str¨omen I1 , I2 ergibt sich abgek¨ urzt f¨ ur die Matrixkoeffizienten (Matrixinversion, falls die Matrix invertierbar ist)   1 Z22 −Z12 −1 (2.6.8) Y =Z = det Z −Z21 Z11 mit det Z = Z11 Z22 − Z12 Z21 (dabei sei an das symmetrische Pfeilsystem erinnert). Deshalb k¨ onnen die Leitwertparameter auch aus den Widerstandsparametern berechnet werden. Die Leitwertbeschreibung passiver Zweitore l¨asst sich stets durch eine πErsatzschaltung (s. Abb. 2.6.6b) als Netzwerk interpretieren. Das ist die duale ¨ Form zur T-Ersatzschaltung. Die wechselseitige Uberf¨ uhrung beider Ersatzschaltungen gelingt u ¨ber eine Stern-Dreieck-Umwandlung (Kap. 2.3.2). Die Leitwertform ist zweckm¨ aßig, wenn am Zweitor eine Stromquelle anliegt und der Verbraucherzweipol als Parallelschaltung mehrerer Leitwerte auftritt. Daraus resultiert ihre Verbreitung in der Schaltungstechnik. Der Begriff Vorw¨ artssteilheit“ ” entstammt diesem Bereich. Hinzu kommt, dass man den zur Parameterbestimmung n¨ otigen Kurzschluss bei hohen Frequenzen leicht durch Parallelschaltung einer großen Kapazit¨ at herstellen kann.

Beispiel 2.6.2 Leitwertparameter F¨ ur das in Abb. 2.6.6d gegebene Zweitor sind die Leitwertparameter gesucht. ˛ ˛ folgt bei ausgangsseitigem Kurzschluss f¨ ur Y11 : Aus der Definition Y11 = UI11 ˛ U2 =0

eine angelegte Spannung U1 der Strom I1 = U1 (G1 + G3 ), also Y11 = G1 + G3 .

Y21 : Die Eingangsspannung U1 erzeugt den Strom I2 = U1 /R3 bei ausgangsseitigem Kurzschluss (U2 = 0). Weil der Ausgangsstrom ˛ I2 am Zweitor aber symmetrisch ˛ definiert ist (I2 = −I2 ), folgt daraus Y21 = UI21 ˛ = −G3 . U2 =0

¨ wie f¨ ur Y21 : (angelegte Spannung U2 , Kurzschluss Y12 : es gilt die gleiche Uberlegung am Eingang U1 = 0). Man hat I1 = −I1 (bei U1 = 0) = U2 G3 , also Y12 = −G3 . Der Kurzschluss macht R1 wirkungslos. ur die Ausgangsseite Y22 : f¨ ˛ gilt bei eingangsseitigem Kurzschluss (U1 = 0) mit I2 = ˛ U2 (G2 + G3 ): Y22 = UI22 ˛ = G2 + G3 . U1 =0

Geringere Bedeutung haben die beiden Hybridformen, die Reihenparallelmatrix mit der H-Matrix (Form 1) (Tab. 2.5) und die Parallelreihenmatrix (Form 2).

2.6

Zweitore

153

Die erste Form stammt aus der Anfangszeit der Transistortechnik. Erw¨ ahnenswert ist h¨ ochstes, dass in ihr die Stromverst¨ arkung als gesteuerte Quelle auftritt, die beim Bipolartransistor eine Rolle spielt.

Die Kettenform vorw¨arts (und ebenso r¨ uckw¨arts) ist die origin¨are Zweitorbeschreibung f¨ ur die Hintereinander- oder Kettenschaltung von Zweitoren, wie sie bei der Leitungs¨ ubertragungstechnik auftritt. Sie beschreibt die Gr¨oßen eines Tores als Funktion der anderen Torgr¨ oßen. Eine weitere Eigenschaft ¨ ist, dass in ihr nur Ubersetzungs-/Transfergr¨ oßen vorkommen, die durch gesteuerte Quellen interpretiert werden k¨ onnen. Weil dabei ausgangsseitig immer das Erzeugerpfeilsystem vorliegen muss, wird der Ausgangsstrom als −I2 (und in der umgekehrten Kettenmatrix entsprechend der Eingangsstrom −I1 ) eingef¨ uhrt. Dann fließt der Strom −I2 tats¨achlich in den Lastwiderstand, f¨ ur den das Verbraucherpfeilsystem gilt (s. Abb. 2.6.4c). Die Kettenform ist zweckm¨ aßig, wenn Zweitore in Kette geschaltet werden. Sie stellt die klassische Zweitorbeschreibung dar, daher stammt auch die Kettenpfeilrichtung.

Umwandlungen der Zweitorparameter Ein Zweitor wird durch eine der sechs

Zweitordarstellungen (Tab. 2.5) gleichwertig beschrieben. Deshalb gen¨ ugt ein ¨ von eivollst¨andiger Parametersatz zu seiner Darstellung.34 Der Ubergang ner Zweitorform in eine andere heißt Parametertransformation. Sie entsteht durch Umformung eines gegebenen Gleichungspaares so, dass die Zuordnung der abh¨angigen und unabh¨ angigen Variablen der gew¨ unschten Gleichungsform entspricht. Gl. (2.6.8) zeigt als Beispiel die Zuordnung zwischen Leitwert- und Widerstandsparametern. Tabelle 2.6 enth¨alt die Umrechnungsbeziehungen. F¨ ur ein Zweitor m¨ ussen nicht alle Beschreibungsformen existieren, dann sind einige nicht definiert (Beispiele: ideale gesteuerte Quellen, idealer Transformator, ideale Leitungsdurchverbindung, Elementarzweitore mit nur einem Zweipolelement). Eine Matrixdarstellung existiert dann nicht, wenn die Ursachengr¨ oßen voneinander abh¨ angen. Gilt dies in der Leitwertform f¨ ur die Spannungen U1 , U2 , etwa wegen durchgehender L¨ angsverbindungen, so existiert die Y -Matrix nicht. H¨ angen beide Str¨ ome voneinander ab, wie bei einem L¨ angswiderstand, so gibt es keine Z-Matrix. Im Kap. 2.6.5 werden wir Beispiele kennenlernen.

Beispiel 2.6.3 Umwandlung Leitwert- → Widerstandsparameter Die Leitwertparameter des Beispiels 2.6.2 (Schaltung Abb. 2.6.6b) sollen in die Widerstandsform gewandelt werden. 34

Allgemein m¨ ussen unabh¨ angige Parameter durch andere unabh¨ angige ausgedr¨ uckt werden. Sie k¨ onnen verschiedenen Zweitordarstellungen und/oder Grundschaltungen angeh¨ oren.

154

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Mit der Umwandlung nach Tabelle 2.6 folgt „ „ « « 1 1 Y22 −Y12 G2 + G3 −G2 Z= = −Y21 Y11 −G2 G1 + G2 det Y N mit N = G1 G2 + G3 (G1 + G2 ). Die Z-Parameter lassen sich auch direkt berechnen (man f¨ uhre dies durch). Analog zu Beispiel 2.6.2 k¨ onnen die Z-Parameter f¨ ur die sog. T-Schaltung Abb. 2.6.6c ermittelt werden (direkte Berechnung oder Dreieck-Stern-Umwandlung aus Abb. 2.6.6b oder u osungen sind sp¨ ater in Tabel¨ ber die duale Schaltung); die L¨ le 2.11 mit verzeichnet.

Physikalische Bedeutung der Parameter Die vielf¨ altigen Parameterbezeich-

nungen in Tabelle 2.5 verlangen eine Systematik. Generell sind Zweitorparameter definiert durch  Wirkung m  Pmn = . (2.6.9) Ursache n zweite Ursache verschwindet Die Nebenbedingung betrifft entweder einen Torstrom oder eine Torspannung. Dann muss der entsprechende Torabschluss Leerlauf oder Kurzschluss sein. Bei Leerlauf/ Kurzschluss verschwindet stets einer der beiden Terme auf der rechten Seite der Zweitorgleichung und die Bedeutung des verbliebenen Parameters ist direkt zu erkennen. Als Zweitorparameter treten Zweipol- oder Transfergr¨oßen auf: Die Zweipolparameter (m = n) lauten Um /Im bzw. Im /Um und heißen Widerstand bzw. Leitwert bei Kurzschluss oder Leerlauf. Die Nebenbedingung wird erw¨ ahnt. Bei den Transfergr¨oßen35 werden unterschieden ¨ der Ubertragungswiderstand vorw¨ arts/r¨ uckw¨arts U2 /I1 bzw. U1 /I2 (bei Kurzschluss oder Leerlauf), auch Transimpedanz, Kernwiderstand, ¨ der Ubertragungsleitwert vorw¨ arts/r¨ uckw¨arts I2 /U1 bzw. I1 /U2 (bei Kurzschluss oder Leerlauf), Vorw¨ artssteilheit, bzw. R¨ uckw¨artssteilheit, die Leerlaufspannungsverst¨arkung U2 /U1 (= Au ) auch Spannungs¨ ubersetzung, Spannungsverst¨ arkung, die Kurzschlussstromverst¨arkung I2 /I1 (= Ai ), auch Strom¨ ubersetzung.

35

Mit Zusatz reziprok oder r¨ uckw¨ arts f¨ ur Betriebsrichtung 2 → 1 resp. vorw¨ arts f¨ ur Betriebsrichtung 1 → 2.

2.6

Zweitore

155

Transfergr¨oßen treten bei gesteuerten Quellen auf (Kap. 2.6.4). Die Bestimmung der Zweitorparameter erfolgt durch Anwendung der Definition und Berechnung (z. B. Bestimmung von Ersatzwiderst¨ anden, Anlegen von Probequellen), bei gegebener Schaltung durch Aufstellen der Netzwerkgleichungen und Koeffizientenvergleich der L¨ osung mit den Zweitorgleichungen, durch Messung mit der Parameterdefinition als Messvorschrift, durch Umrechnung aus einem anderen Parametersatz.

L¨ osungsmethodik Zweitorparameter

Die Parameter eines Zweitors werden zweckm¨aßig in folgender Weise bestimmt: 1. gew¨ unschtes Zweitorgleichungssystem ausw¨ahlen, aus Zweitorart (passiv, aktiv, l¨angssymmetrisch u. a.) auf die notwendigen Parameter (2 . . . 4) schließen, 2. Probequelle (Strom, Spannung) entsprechend der Koeffizientenart auf einer Zweitorseite anlegen, Berechnung der zugeh¨origen Ein- und Ausgangsgr¨oßen (letztere unter der geforderten Nebenbedingung), 3. Vorgang f¨ ur die andere Zweitorseite wiederholen, 4. Auf die Richtung zwischen eingepr¨ agten Quellenstr¨omen und festgelegten Stromrichtungen achten. 5. Einfache Kontroll¨ uberlegungen durchf¨ uhren.

Beispiel 2.6.4 Bestimmung der Z -Parameter Folgende Schritte m¨ ussen durchgef¨ uhrt werden: 1) Berechnung von Z11 und Z21 : Anlegen eines Stromes I1 (oder Spannung U1 ) bei Leerlauf am Ausgang (I2 = 0), Berechnung von U1 (oder I1 ) und U2 und daraus Z11 , Z21 gem¨ aß Definition; 2) Berechnung von Z22 und Z12 : Anlegen eines Stromes I2 (oder Spannung U2 ) bei Leerlauf am Eingang (I1 = 0), Berechnung von U2 (bzw. I2 ) und U1 und Berechnung von Z22 , Z12 nach Definition. Einige Schritte wurden in Abb. 2.6.5a erl¨ autert, f¨ ur die Beispielzweitore Abb. 2.6.6 k¨ onnen damit die Z-Parameter direkt bestimmt werden.

Beispiel 2.6.5 Zweipolersatzgr¨ oßen eines Zweitores F¨ ur eine Abzweigschaltung nach Abb. 2.6.6b (mit gegebenen Leitwertparametern und eingangsseitiger Stromoßen Leerlaufspannung U2l , Kurzschlussstrom quelle Iq ) sind die Zweipolersatzgr¨

156

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

I2k und Innenleitwert Gi am Zweitorausgang allgemein und speziell f¨ ur Iq = 1 A, Y11 = 20 mS, Y21 = Y12 = −10 mS, Y22 = 10 mS gesucht. Der Ausgangskurzschlussstrom I2k = −I2 (Richtung am Zweitor definiert, Richtung I2k durch Grundstromkreis festgelegt) folgt aus Gl. (2.6.7a) f¨ ur U2 = 0 durch Eliminieren von U1 zu −I2k Y21 Y21 1 I2 = = → I2k = − Iq = Iq . I1 Iq Y11 Y11 A22 Er ist durch die Strom¨ ubersetzung A22 bestimmt. Der Innenwiderstand (bei Leerlauf eingangsseitig) folgt aus Gl. (2.6.7a) f¨ ur I1 = 0 « „ detY U2 −Y21 Y12 I2 = Y21 U1 + Y22 U2 = + Y22 U2 = U2 = , Y11 Y11 Z22 da 0 = Y11 U1 + Y12 U2 . Der Innenwiderstand U2 /I2 = Z22 ist gleich dem ausgangsseitigen Leerlaufwiderstand Z22 . Die ausgangsseitige Leerlaufspannung U2l (bei I2 = 0) ergibt sich aus « „ detY U2 −Y11 Y22 + Y12 U2 = − U2 = , Iq = Y11 U1 + Y12 U2 = Y21 Y21 Z21 da 0 = Y21 U1 + Y22 U2 . Damit gilt zusammengefasst U2l = Z21 Iq , I2k = I2k Gi = 1/Z22 = U = A221Z21 . 2l

Iq , A22

Zahlenm¨ aßig folgt Z21 = 100Ω, A22 = 2, Z22 = 200 Ω. Im Beispiel lassen sich die Ersatzgr¨ oßen durch die Zweipoltheorie zwar rascher ¨ gewinnen, aber bei umfangreicherem Ubertragungsnetzwerk ist der Weg u ¨ ber die Zweitorbeschreibung transparenter.

Beispiel 2.6.6 Spannungs- und Stromteilerregel in Zweitordarstellung Liegt am Eingang eines Zweitors eine Spannung U1 = Uq , so stellt sich ausgangsseitig (bei Leerlauf I2 = 0) die Spannung (nach Gl. (2.6.7)) ˛ U2 ˛˛ Y21 Z21 1 =− = = Spannungs¨ ubersetzung U1 ˛I2 =0 Y22 Z11 A11 ein. Es h¨ angt von den Zweitorkoeffizienten ab, ob dieses Verh¨ altnis kleiner 1 (wie bei normaler Spannungsteilung, Gl. (2.3.8)) oder gr¨ oßer 1 ist, wenn z. B. Y21 eine gesteuerte Quelle darstellt. F¨ ur die Schaltung Abb. 2.6.6b entsteht eine Spannungsteilung R2 /(R1 + R2 ). agt der AusgangskurzschlussLiegt eingangsseitig eine Stromquelle I1 = Iq , so betr¨ strom des Zweitors (bei U2 = 0) nach Gl. (2.6.7) ˛ I2 ˛˛ Y21 Z21 −1 = =− = Strom¨ ubersetzung. I1 ˛U2 =0 Y11 Z22 A22 F¨ ur die Schaltung Abb. 2.6.6c wird daraus die Stromteilerformel −G2 /(G2 + G3 ). Mit gesteuerten Quellen kann die Strom¨ ubersetzung auf Werte gr¨ oßer 1 anwachsen.

2.6

Zweitore

157

In diese Ergebnisse lassen sich problemlos Ausgangbelastungen mit einbeziehen (s. Kap. 2.6.7) Das negative Vorzeichen in der Strom¨ ubersetzung ergibt sich aus der symmetrischen Stromfestlegung, es fehlt in der Stromteilerregel Gl. (2.3.10). Die Beispiele zeigen, dass die Spannungs- und Stromteilerregel Sonderf¨ alle von Zweitorbetrachtungen sind, die auch gesteuerte Quellen zul¨ asst.

2.6.3 Zweitorarten Die Zweitorparameter erlauben die Einteilung der Zweitore durch Parameterbedingungen (Tab. 2.7). Mehrere k¨ onnen gleichzeitig zutreffen. Ihre Kenntnis bestimmt die Anzahl der notwendigen Zweitorparameter und die zugeh¨orige Ersatzschaltung. Ben¨ otigt das allgemeine Zweitor alle vier Parameter, so sinkt ihre Zahl bis auf zwei f¨ ur spezielle Zweitore (und gar einen f¨ ur manche Elementarzweipole). Wichtige Merkmale sind Umkehrbarkeit und Symmetrie. Umkehrbarkeit

Ein Zweitor heißt umkehrbar, ¨ ubertragungssymmetrisch oder reziprok, wenn es unabh¨angig von der Einspeisungsseite bei gleicher Ursache die gleiche ¨ Wirkung zeigt und so richtungsunabh¨ angiges Ubertragungsverhalten hat. Das ist der Inhalt des Reziprozit¨atstheorems oder der Umkehrbarkeitsbedingung (Kap. 4.3). Deshalb gelten   U2  U1  Umkehrbarkeits= bzw. Z12 = Z21 . (2.6.10)   bedingung I2 I1 =0 I1 I2 =0 Verursacht ein Eingangsstrom I1 (Ursache) am Zweitorausgang die Leerlaufspannung U2 und umgekehrt der gleiche Strom I2 (Ursache) am Ausgang die gleiche Leerlaufspannung am Zweitoreingang (U1 ≡ U2 ), so ist das Zweitor umkehrbar. Sinngem¨aße Erkl¨ arungen gelten f¨ ur andere Zweitordarstellungen. ¨ Beim Ubergang von der Widerstandsform zu anderen Zweitorgleichungen folgt dann (symmetrisches Richtungssystem) die Umkehrbarkeitsbedingung Y21 = Y12 , Z21 = Z12 , H12 = −H21 , det A = 1

(2.6.11a)

Hinweis: in der (nicht benutzten) Kettenpfeilrichtung lautet die Umkehrbarkeitsbedingung     = −Y12 , Z21 = −Z12 , H12 = H21 , det A = −1 Y21

(2.6.11b)

dabei wurden die Parameter zur Unterscheidung mit einem Strich versehen.

158

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Ein umkehrbares Zweitor hat drei (unabh¨ angige) Zweitorparameter, der vierte liegt durch die Umkehrbarkeitsbedingung fest. Zweitore aus linearen zeitunabh¨ angigen Netzwerkelementen (R, L, C) sind stets umkehrbar, wenn nur Y12 = 0 (gleichwertig Z12 , H12 , det A = 1) gilt und so eine Verbindung zwischen Ein- und Ausgang besteht. Umkehrbare Zweitore lassen sich stets durch eine quellenfreie T- oder πErsatzschaltung modellieren (s. Tab. 2.11). Zweitore, die die Umkehrbarkeitsbedingung nicht erf¨ ullen, heißen nicht umkehrbar, nicht reziprok oder ubertragungsunsymmetrisch, auch aktive Zweitore. Dazu geh¨oren z. B. sol¨ che mit einer gesteuerten Quelle. Tabelle 2.7. Grundeigenschaften ausgew¨ ahlter Zweitore

Zweitor

Zahl und Bedingung unabh¨ angiger Zweitorparameter

Beispiele

Umkehrbar, unsymmetrisch

3: Z12 = Z21 , Y12 = Y21 , H12 = −H21 , det A = 1

unsymm. Zweitor aus Grundelementen R, C, L, (M )

Widerstandssymmetrisch, nicht umkehrbar

3: Z11 = Z22 , Y11 = Y22 , det H = 1, A11 = A22

gesteuerte Quelle, gleiche Ein- und Ausgangswiderst¨ande

Widerstandssymmetrisch umkehrbar

2: beide vorigen Bedingungen gleichzeitig

symm. Zweitor aus Grundelementen R, C, L, (M )

R¨ uckwirkungsfrei, nicht umkehrbar

3: Z12 = Y12 = 0 H12 = det A = 0

gesteuerte Quelle, Verst¨arker ohne R¨ uckwirkung

Richtungssymmetrisches Zweitor Ein Zweitor wird richtungssymmetrisch genannt, wenn sein Eingangswiderstand bei beliebigem Abschluss auf Seite 2 mit dem Ausgangswiderstand bei beliebigem Abschluss auf Seite 1 u ¨ bereinstimmt (Tab. 2.7). Der Beweis erfolgt durch Widerstandsberechnung, die Bedingungen lautet

Z11 = Z22 , Y11 = Y22 , A11 = A22 , det H = 1.

Widerstandssymmetrie (2.6.12)

2.6

Zweitore

159

Ein richtungssymmetrisches Zweitor hat drei unabh¨angige Parameter. Gilt zus¨atzlich Umkehrbarkeit, so liegt ein l¨angssymmetrisches Zweitor vor mit zwei Zweitorparametern. Hier h¨ angen die Betriebseigenschaften nicht von der Betriebsrichtung ab: sie sind umkehrbar, u ¨ bertragungs- und widerstandssymmetrisch. R¨ uckwirkungsfreies Zweitor Ein nicht umkehrbares Zweitor wird im Grenzfall

uckwirkungsfrei Y12 = 0 r¨ Y12 = 0, Z12 = 0, H12 = 0 det A = 0. R¨ uckwirkungsfreiheit (2.6.13) Beim r¨ uckwirkungsfreien Zweitor ist die U, I-Relation des Eingangstores unabh¨angig vom Ausgangstorverhalten. Dann verschwindet in der Zweitorgleichung I1 = Y11 U1 + Y12 U2 der letzte Term und man spricht von einem unilateralen Zweitor. Es u ¨ bertr¨agt in R¨ uckw¨artsrichtung kein Signal: der Eingang ist vom Ausgang entkoppelt. Ein r¨ uckwirkungsfreies Zweitor hat drei unabh¨angige Parameter (Ein-, Ausgangswiderst¨ande, eine Steuergr¨ oße). Es ist die grundlegende Zweitorform eines Verst¨arkers.

2.6.4 Zweitorersatzschaltungen, gesteuerte Quellen Einf¨ uhrung Zweitorersatzschaltungen dienen der Nachbildung des Klemmen-

verhaltens durch ein einfacheres Netzwerk. Ein Vergleich zum Zweipol bietet sich an: auch dort beschrieb der Ersatzzweipol das Klemmenverhalten eines Netzwerkes zwischen zwei Klemmen gleichwertig. Zweitorersatzschaltungen stellen das gleiche Torverhalten durch ein einfacheres Netzwerk dar, gestatten eine physikalische Modellierung in Grenzen (Beispiel: Transistorersatzschaltungen), erm¨oglichen einfache Umrechnungen in andere Grundschaltungen. Formale Zweitorersatzschaltungen haben entweder keine, eine oder zwei gesteuerte Quellen (abh¨ angig vom Zweitor). Sie leiten sich direkt aus den Zweitorgleichungen ab. Gesteuerte Quellen f¨ uhren wir zun¨achst nur ein, vertiefen sie aber wegen ihrer grunds¨ atzlichen Bedeutung im Kap. 2.7. Gesteuerte Quellen Der Begriff gesteuerte Quelle“ beschreibt die Nachbil-

” dung eines physikalischen Effektes an einem bestimmten Ort, der von einer Ursache an einem anderen Ort abh¨ angt:

160

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Eine gesteuerte Quelle ist eine ideale Quelle, deren Intensit¨at (und Richtung) von einer Schaltungsvariablen (Strom, Spannung) eines anderen Zweiges – der Steuergr¨ oße – abh¨ angt, letztere aber nicht r¨ uckwirkend beeinflusst (h¨ochstens indirekt u ¨ ber eine umgebende Schaltung). Sie heißt deshalb auch abh¨angige Quelle und verschwindet bei fehlender Steuergr¨oße im Gegensatz zur unabh¨angigen idealen Quelle. Gegen¨ uber der unabh¨angigen idealen Quelle ist die gesteuerte Quelle ein Zweitor mit einer Steuer- und einer Quellenseite. Es gibt damit vier Quellenarten (Abb. 2.6.7): spannungs- oder stromgesteuerte Spannungs- oder Stromquellen. Ihre Schaltsymbole entsprechen den Quellen (erg¨anzt um den Steuerzweig), im amerikanischen Schrifttum und der neuen Vorschrift DIN EN 60375 erhalten sie oft Schaltzeichen, die sich von denen unabh¨angiger Quellen unterscheiden. gesteuerte Stromquelle

gesteuerte Spannungsquelle Uq

IA

Ust

Ist

Ust 0

IA

Iq= AiIst

Steuergröße: Spannung

UA

b IA

Ist

Uq

IA

Ist Ust

UA

Uq= RmIst

0

Iq

Iq= GmUst

Steuergröße: Strom

1

c Uq

Uq(I) I

I U

UA

2

Uq= f(I) I

0

Steuergröße: Spannung

d 2

Ust

UA

IA

1

a +

I

Uq=f(Icd)

I 1'

e1

0

Steuergröße: Strom

a

U

Ist

UA Uq= AuUst

c

Iq

IA

e2

2'

1'

e3

2'

d

b

e4

Abb. 2.6.7. Gesteuerte ideale Quellen. (a) . . . (d) Steuerkennlinien linearer idealer Quel-

len mit zugeordnetem Ausgangskennlinienfeld. (e) Schaltzeichen gesteuerter Quellen mit Angabe der jeweiligen Steuergr¨ oße: (e1) Kurzform der spannungs- bzw. stromgesteuerten Spannungsquelle, dto. f¨ ur die Stromquelle. (e2) Darstellung einer stromgesteuerten idealen Spannungsquelle als Zweitor. (e3) Gleichwertige Form zu (e2). (e4) Schaltzeichen zu (e2) nach DIN EN 60375

2.6

Zweitore

161

Gesteuerte Quellen haben folgende Merkmale es sind ideale Quellen, Nichtumkehrbarkeit (R¨ uckwirkungsfreiheit): die Steuergr¨oße beeinflusst direkt die Quellengr¨ oße, aber diese nicht die Steuergr¨oße, leistungslose Steuerung: sie erfordert nur eine Steuergr¨oße (Spannung oder Strom) und arbeitet deshalb leistungslos. Dem entspricht ein unendlich großer oder verschwindender Widerstand des Steuerzweiges, Steuer- und Quellenzweig haben a priori keine galvanische Verbindung. Sie ergibt sich erst durch die Modellierung eines bestimmten Bauelementes (z. B. beim Transistor). Auf eine weitere Besonderheit verweisen wir schon jetzt: In Netzwerken d¨ urfen gesteuerte Quellen bei Anwendung bestimmter Analyseverfahren (Zweipoltheorie, ¨ Ersatzgr¨ oßenbestimmung, Uberlagerungssatz u. a.) nie zeitweilig außer Betrieb gesetzt werden (wie unabh¨ angige Quellen), sie verbleiben vielmehr stets im Netzwerk.

Gesteuerte Quellen sind das Netzwerkmodell f¨ ur die unidirektionale, nichtgalvanische Verkn¨ upfung zweier Stromkreise. Sie erlauben so die Modellierung von Bauelementen mit Verst¨ arkereffekt bzw. nichtgalvanischer Verkopplung zweier Stromkreise. Die Modellierung einer R¨ uckwirkung erfordert deshalb weitere Netzwerkelemente, beispielsweise eine zweite, r¨ uckw¨arts arbeitende gesteuerte Quelle. So, wie jedes Netzwerkelement ein typisches Verhalten aufweist, hat auch eine gesteuerte Quelle nach dem Linearit¨ ats- und Zeitverhalten vier Verhaltensmuster. Es gibt deshalb linear-zeitabh¨ angige (zeitunabh¨ angige) und nichtlinear-zeitabh¨ angige (zeitunabh¨ angige) Quellen. Wir beschr¨ anken uns zun¨ achst auf linearer zeitunabh¨ angige Quellen (Erg¨ anzung s. Kap. 2.7).

Abb. 2.6.7 fasst die vier linear zeitunabh¨ angigen Quellentypen zusammen. Bei der spannungsgesteuerten Spannungsquelle h¨ angt die Quellenspannung Uq Uq = Au Ust |−∞ |UB /AuD |. Die Eingangsspannung ist im Linearbereich so klein, dass die Eingangsklemmen als praktisch kurzgeschlossen betrachtet werden k¨onnen (sog. virtueller Kurzschluss). Das erleichtert die Schaltungsanalyse erheblich (s. u.). ¨ Im Idealfall sollte die Ubertragungskennlinie durch den Koordinatenursprung verlaufen, also ohne Eingangsspannung keine Ausgangsspannung auftreten. Durch innere Unsymmetrie (und Temperatureinfluss) entsteht oft eine Kennlinienverschiebung, die durch eine Offsetspannung UOS (Gr¨ oßenordnung unter 1 mV) modelliert wird. Damit umgekehrt die Ausgangsspannung UA auf null geht, muss die Offsetspannung U = UOS angelegt werden. Eventuelle Eingangsstr¨ ome IN , IP (Gr¨ oßenassigt. Reale Operationsverst¨ arker haben ordnung 10−12 A) werden meist vernachl¨ eine endliche Gleichtaktverst¨ arkung AGG . Dann wird die Ausgangsspannung nach Gl. (2.7.26) ermittelt.

Der Operationsverst¨ arker verst¨ arkt eine Differenzspannung mit sehr hoher Differenzverst¨arkung AuD ( 1), eine Gleichtaktspannung (UP = UN = UGl ) praktisch nicht (AGG  1). Er verh¨ alt sich f¨ ur Differenzspannungen wie eine spannungsgesteuerte Spannungsquelle (mit niedrigem Innenwiderstand ra ). Sein Gesamtverhalten wird wegen der extrem hohen Verst¨arkung haupts¨achlich durch die umgebende Schaltung bestimmt. Bei Bedarf k¨ onnen auf der Eingangsseite noch Eingangswiderst¨ ande rd , rgl f¨ ur die Differenz- und Gleichtaktsignale modelliert werden. Sie sind sehr groß und treten selten in Erscheinung (Abb. 2.7.13c).

Tabelle 2.14 enth¨ alt einige Merkmale realer Operationsverst¨arker, sie kommen den Idealforderungen recht nahe. Die obere Grenzfrequenz der Verst¨arkung AuD spielt erst in Wechselstromnetzwerken eine Rolle.

Tabelle 2.14. Parameter des idealen und realen Operationsverst¨ arkers

Differenzverst¨arkung AuD Gleichtaktunterdr¨ uckung G Differenzeingangswiderstand Gleichtakteingangswiderstand Ausgangswiderstand obere Grenzfrequenz

Ideal

Real

∞ ∞ ∞ ∞ 0 ∞

103 . . . 106 40 . . . 100 dB 104 . . . 106 Ω 104 . . . 106 Ω 10 . . . 100 Ω kHz-Bereich

222

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Aufbau Der Operationsverst¨arker besteht meist aus drei funktionellen Einheiten (Abb. 2.7.14a): dem Differenzverst¨ arker am Eingang (maßgebend f¨ ur die Unterdr¨ uckung des Gleichtaktsignals bei gleichzeitig hoher Differenzverst¨ arkung). Die nachgeschaltete Stufe verst¨ arkt haupts¨ achlich das Differenzsignal. Bis zu ihrem Ausgang A wirkt die Gesamtanordnung als differenzspannungsgesteuerte Stromquelle, ist also vom Typ des OTA und damit hochohmig. Die nachgeschaltete dritte Stufe mit Spannungsfolgerfunktion sorgt f¨ ur den kleinen Innenwiderstand, den der Verst¨ arker als spannungsgesteuerte Spannungsquelle haben soll. Praktisch wird sie als Gegentaktkollektorschaltung ausgef¨ uhrt mit dem Ergebnis einer spiegelsymme¨ trischen Ubertragungskennlinie. Dazu muss die Vorstufe das Gegentaktsteuersignal bereitstellen. Abb. 2.7.14a zeigt ein einfaches Modell. Am Ausgang der zweiten Stufe steht die Spannung U2 = Gm r0 UD , wenn die Steilheit Gm alle Verst¨ arkung bis zu diesem Knoten erfasst. Die Wandlung in die Spannung U2 erfolgt am Innenwiderstand ro von Stufe 2, also aus Gr¨ unden hoher Verst¨ arkung an einem hochohmigen Knoten“. ” Der anschließende Spannungsfolger beh¨ alt diese Spannung etwa bei, er reduziert aber den Innenwiderstand (Werte einige 10 Ω).

Idealer Verst¨ arker F¨ ur das Verst¨ andnis von Operationsverst¨arkerschaltungen ist ein idealer Operationsverst¨arker“ mit folgenden Eigenschaften hilfreich: ” IP = 0, IN = 0, UP − UN = UD = 0 virtueller Kurzschluss D| (2.7.31) (UD = 0) S¨ attigungs¨aste UA = US¨att |U UD UD = 0, −US¨att < UA < US¨att Sprung¨ ubergang.

¨ Er hat eine sprungf¨ormige Ubertragungskennlinie (Abb. 2.7.13b), wie sie zu Schalteranwendungen dient. F¨ ur Verst¨ arkeranwendungen geh¨ort dazu die Ersatzschaltung mit virtuellem Kurzschluss am Eingang (gestrichelte Verbindung) und einer Ausgangsspannung, die durch das umgebende Netzwerk festliegt. Je nach Vorzeichen der Eingangsspannung springt der Ausgang entweder auf die positive oder negative Versorgungsspannung. Im Grenzfall des Operationsverstärker Folger

OTA P DV

V

Folger

P

A‘ UD

N

ro

UA

N

A‘ ra

UA

AuUA≈UA

GmUD

OTA

a

A

A

UA=GmroUD

b

Abb. 2.7.14. Struktureller Aufbau des Operationsverst¨ arkers. (a) Grundstruktur aus Ope-

rationstranskonduktanzverst¨ arker (OTA) und nachgeschaltetem Spannungsfolger. (b) Zugeh¨ orige idealisierte Kleinsignalersatzschaltung

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

223

virtuellen Kurzschlusses mit AuD → ∞ und UD → 0 nimmt die Ausgangsspannung einen Wert unabh¨ angig vom Eingang an, den nur das ¨außere Netzwerk bestimmt! Der ideale Operationsverst¨ arker hat ferner unendlich hohen Eingangswiderstand und sein Ausgangswiderstand verschwindet, wie aus Abb. 2.7.13b ersichtlich. Zur schaltungstechnischen Einbindung des idealen Operationsverst¨arkers stellt man zun¨achst die Netzwerkgleichungen mit dem Modell der spannungsgesteuerten Spannungsquelle (endliche Spannungsverst¨arkung AuD ) auf und f¨ uhrt anschließend den Grenz¨ ubergang AuD → ∞ (UN → UP ) durch (entweder nach Aufstellung der Gleichungen oder in der L¨osung). 2.7.8 Grundschaltungen mit Operationsverst¨ arkern Der Operationsverst¨ arker arbeitet wegen seiner hohen Verst¨arkung durchweg mit R¨ uckkopplung durch Verbindung des Ausganges A direkt (oder u ¨ ber ein Netzwerk) mit den Eing¨ angen P als Mitkopplung (positive R¨ uckkopplung, verst¨arkungserh¨ohend); N als Gegenkopplung (negative R¨ uckkopplung, verst¨arkungssenkend). Abb. 2.7.15 zeigt die beiden typischen Grundschaltungen mit Gegenkopplung: den Umkehr- oder invertierenden Verst¨ arker (Steuergr¨oße am N-Eingang); den Elektrometer- oder nichtinvertierenden Verst¨arker (Steuergr¨oße am P-Eingang, Gegenkopplungsnetzwerk am N-Eingang) mit dem Sonderfall Spannungsfolger. Weitere Grundschaltungen sind beispielsweise Differenzverst¨ arker, Schmitt-Trigger und Zeitglieder.

Wir analysieren zun¨ achst den Einfluss des idealen Verst¨arkers, das Kennlinienverhalten und schließlich die Wirkung des realen Operationsverst¨arkers. 1. Umkehrverst¨ arker (Gegenkopplung, Abb. 2.7.15a). Bei idealem Operationsverst¨arker gilt (wegen der unendlich hohen Verst¨arkung) eingangsseitig virtueller Kurzschluss UN → 0. Deshalb fließt der von der Eingangsspannung Uq verursachte Strom I1 durch R1 und anschließend durch R2 (und nicht zum Massepunkt ab trotz UN → 0!). Dann muss gelten (Abb. 2.7.15a1) I1 =

Uq − UN UN − UA = I2 = . R1 R2

(2.7.32)

224

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Invertierender Verstärker R1 U N R2

Nicht invertierender Verstärker + UD

UA

UD

Uq

-

Uq

+

UN R2

R1

a

K1 R2

R1

N Uq UD

b

K2

UD

UA

K1 R2

P rd N

ra

rd

Uq

UA

K2 ra UA

R1

P AuDUD

Re

a1

AuDUD

Re

Ra

UA

UA

OP

UAmax

OP

UAmax Uq

UD-

UD+

UD

UD

Arbeitsgerade

Arbeitsgerade

UAmin

UAmin

b2

a2 UA UA(Uq)

R1

Uq

UDUD+

R2

Ra

b1

UA

UAmax

UD-

Sättigung

UD+ UAmin Linearbereich

R2

dU q

dU q

­

UAmax UA(Uq)

dU A

dU A

Uq

Sättigung

R1

UDSättigung

UD+

­

Uq

UAmin Sättigung

Linearbereich

b3

a3

Abb. 2.7.15. Gegengekoppelte Operationsverst¨ arker. (a) Invertierender oder Umkehrverst¨ arker. (a1) Kleinsignalersatzschaltung. (a2) Verst¨ arkerkennlinie und Arbeitsgerade. ¨ (a3) Ubertragungskennlinie, Gesamtverst¨ arkung UA = f (Uq ). (b) Nichtinvertierender oder Elektrometerverst¨ arker. (b1) Kleinsignalersatzschaltung. (b2) Verst¨ arkerkennlinie und Ar¨ beitsgerade. (b3) Ubertragungskennlinie, Gesamtverst¨ arkung UA = f (Uq )

Bei virtuellem Kurzschluss UN → 0 wird daraus R2 UA =− . Uq R1

Umkehrverst¨arker (2.7.33) (idealer Op)

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

225

Mit UN → 0 geht der Knoten N auf Potenzial null, ohne dass ein Strom von N nach Masse fließt (IN = 0). Deshalb stellt sich die Ausgangsspannung UA stets so ein, dass der Eingang UN die virtuelle Kurzschlussbedingung erf¨ ullt, also auf Masse“ liegt. ” Die Spannungsverst¨ arkung des Umkehrverst¨ arkers (Name aus Vorzeichenumkehr) h¨angt nur vom Widerstandsverh¨ altnis ab. F¨ ur R1 = R2 erscheint die Eingangsspannung invertiert am Ausgang. Gleichwertige Bezeichnungen sind invertierender Verst¨ arker oder Inverter. Im Prinzip arbeitet die Schaltung als I → U Wandler: die Eingangsspannung Uq wird durch R1 in den Eingangsstrom I1 = Uq /R1 umgesetzt und die anschließende I → U Wandlerschaltung verst¨ arkt ihn auf UA = −I1 R2 .

Zwei Eigenschaften sind bemerkenswert: ausgangsseitig wirkt die Anordnung als ideale (gesteuerte) Spannungsquelle, deshalb verschwindet der Ausgangswiderstand (Ra → 0), der virtuelle Kurzschluss erzwingt den Eingangswiderstand Re = R1 . Kennlinieninterpretation Die Funktion des Umkehrverst¨arkers mit endlicher Verst¨arkung des OPs wird durch zwei Kennlinien bestimmt: die Verst¨arkerkennlinie UA = AuD UD mit UD = UP − UN ; die R¨ uckf¨ uhrungskennlinie UA = −(R1 +R2 )/R1 ·UD −(R2 /Ri )Uq , auch als Arbeitsgerade bezeichnet. Sie folgt aus der Knotenbilanz Gl. (2.7.32) am Knoten N mit UN = −UD . Der Arbeitspunkt ist der Schnittpunkt beider ¨ Kennlinien (Abb. 2.7.15a2). Damit liegt auch die Ubertragungskennlinie UA = f (Uq ) fest (Abb. 2.7.15a3):

 −(R2 /R1 ) R2  UA = ≈−  . Uq 1 + (1 + R2 /R1 )/AuD R1 AuD →∞

(2.7.34)

Gegen¨ uber dem idealen Operationsverst¨ arker mit unendlich hoher Verst¨arkung ist endliche Verst¨arkung AuD durch die Verst¨arkerkennlinie angesetzt, deshalb gibt es keinen virtuellen Kurzschluss mehr (die Eingangsspannung ahert UN ≈ −UA /AuD ], aber nicht null wie oben). UN ist zwar klein [angen¨ F¨ ur sehr große Verst¨ arkung AuD (→ ∞) folgt Gl. (2.7.33). ¨ allt wegen des Vorzeichens ab. Die Die Ubertragungskennlinie UA = f (Uq ) f¨ Proportionalit¨at UA ∼ −Uq gilt im linearen Bereich Uq− ≈ −UAmax /x und Uq+ ≈ −UAmin/x (mit x = R2 /R1 ); außerhalb davon liegt der Verst¨arker in ¨ der Ubersteuerung (S¨ attigung).

226

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Kleinsignalmodell Im Kleinsignalmodell (Abb. 2.7.15a1) wird der Ausgangswiderstand ra = 1/ga des Verst¨ arkers ber¨ ucksichtigt. Dann gilt f¨ ur die Knoten K1, K2: K1 : G1 (UN − Uq ) + G2 (UN − UA ) = 0 K2 : G2 (UA − UN ) + ga (UA − AuD UD ) = 0

(2.7.35)

mit UD = UP − UN ≡ −UN . Durch Eliminieren der Eingangsspannung UN und Zusammenfassen folgt schließlich R2 (1 − ra G2 /AuD ) UA =− . Uq R1 1 + 1+(1+ra G2 )R2 /R1

Umkehrverst¨arker, (2.7.36) realer Op

AuD

Zwei Schlussfolgerungen sind interessant: ¨ beim Ubergang zum idealen Verst¨ arker AuD → ∞ erh¨alt man Gl. (2.7.33) unabh¨angig vom Ausgangswiderstand ra , f¨ ur ra → 0 folgt Gl. (2.7.34) bei endlicher Verst¨arkung AuD . Im letzten Schritt berechnen wir noch die Ein- und Ausgangswiderst¨ ande. Der agt (von der Spannungsquelle her gesehen) mit I1 = Eingangswiderstand Re betr¨ (Uq − UN )/R1 : Re =

Uq R1 = , I1 1 − UN /Uq

(2.7.37)

G1 (1+G2 ra ) dabei wurde UN /Uq aus Gl. (2.7.35) bemit UUNq = (G1 +G2 )(1+G 2 ra )+G2 (AuD −ra G2 ) rechnet. F¨ ur AuD 1 gilt

Re ≈ R1 +

ra + R1 + R2 . AuD

(2.7.38)

Die Korrektur gegen¨ uber dem Wert R1 des idealen Verst¨ arkers ist gering. Den Ausgangswiderstand Ra = U2l /I2k ermitteln wir mit der Zweipoltheorie: die Leerlaufspannung ist durch Gl. (2.7.36) bekannt. Der Kurzschlussstrom (UA = 0) folgt direkt aus der Schaltung zu I2k =

(1 − R2 ga AuD )Uq R1 + R2

und damit der Ausgangswiderstand U2l UA (R1 + R2 )ra = = I2k „ I2k R (1 + r 2 a G2 ) + R1 (1 + AuD ) « ra R2 ≈ 1+ AuD R1

Ra =

oder als Leitwert Ga =

1 1 + R1 + R2 ra

„ 1+

AuD 1 + R2 /R1

« .

(2.7.39)

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

227

Das ist die Parallelschaltung des Gegenkopplungszweiges 1/(R1 + R2 ) mit einem transformierten Leitwert des Verst¨ arkers. F¨ ur AuD → ∞ verschwindet der Ausgangswiderstand Ra , wie erw¨ ahnt.

2. Elektrometerverst¨ arker, nichtinvertierender Verst¨ arker 50 (Abb. 2.7.15b, b1) Die Eingangsspannung Uq (liegt jetzt am Eingang UP und dem UN -Eingang) wird u ¨ ber das Netzwerk R1 , R2 ein Teil der Ausgangsspannung UA zugef¨ uhrt. So herrscht Gegenkopplung. Bei idealem Operationsverst¨arker f¨ uhrt der Abgriffspunkt am Spannungsteiler R1 , R2 wegen des virtuellen Kurzschlusses UP = UN die Spannung Uq (so folgt der invertierende Eingang praktisch der Eingangsspannung Uq ). Deshalb betr¨agt die Spannungsverst¨ arkung R1 + R2 R2 UA = =1+ . Uq R1 R1

Elektrometerverst¨arker (2.7.40) (idealer OP)

Die Spannungsverst¨ arkung des nichtinvertierenden Verst¨arkers h¨angt (bei idealem Operationsverst¨ arker) nur vom Widerstandsverh¨altnis des Gegenkopplungszweiges ab. Stets hat die Ausgangsspannung das Vorzeichen der Eingangsspannung. Bemerkenswert sind die nichtinvertierende Verst¨arkung, ferner: ausgangsseitig ihre Wirkung als ideale (gesteuerte) Spannungsquelle. Deshalb verschwindet ihr Widerstand (Ra → 0), durch den virtuellen Kurzschluss ist Eingangswiderstand Re = Rst gleich dem Widerstand der Steuerstrecke, hier also unendlich groß (leistungslose Steuerung). Kennlinieninterpretation Ausgangspunkte sind die Verst¨arkerkennlinie UA = AuD UD und R¨ uckf¨ uhrungskennlinie UA = −(1+R2 /R1 )UD +(1+R2 /R1 )Uq . Sie folgt aus UN = −UD +Uq und UN = UA R1 /(R1 +R2 ) (Abb. 2.7.15b2). Der Schnittpunkt beider Kennlinien ist der Arbeitspunkt. Wird UD eliminiert, so verbleibt (Abb. 2.7.15b3)  UA 1 + R2 /R1 UA  R2 = mit =1+ . (2.7.41)  Uq 1 + (1 + R2 /R1 )/AuD Uq AuD →∞ R1 ¨ Die Ubertragungskennlinie UA = f (Uq ) des Elektrometerverst¨arkers unterscheidet sich vom Umkehrverst¨ arker u. a. durch das Vorzeichen der Steigung

50

Der Begriff Elektrometerverst¨ arker stammt vom hochohmigen Eingang.

228

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

dUA /dUq (differenzielle Spannungsverst¨arkung). Beim idealen Operationsangt sie nur vom Gegenkopplungsnetzwerk ab! verst¨arker (AuD → ∞) h¨ Der Sonderfall R1 → ∞ (oder besser R2 → 0, Direktverbindung) heißt Spanarkung ≤ 1) nungsfolger mit UA ≤ Uq (Spannungsverst¨  1 UA  Spannungsfolger UA = ≤ 1 mit = 1. (2.7.42) (idealer OP) Uq 1 + 1/AuD Uq AuD →∞ Kleinsignalmodell Auch hier wird im Kleinsignalmodell Abb. 2.7.15b1 der arkers ber¨ ucksichtigt ebenso wie ein Ausgangswiderstand ra = 1/ga des Verst¨ Eingangsleitwert gd (zwischen UP und UN ) zum einfacheren Aufstellen der Knotengleichungen K1 und K2: K1: (G1 + G2 + gd ) U1 − G2 U2 = gd Uq K2: (−G2 + AuD ga ) U1 + (ga + G2 ) U2 = ga AuD Uq . Dabei gilt UD = Uq − U1 . Mit U2 = UA folgt durch Eliminierung von U1 als Spannungsverst¨ arkung (f¨ ur gd = 0) UA 1 + R2 /R1 = . Uq 1 + (1 + (R2 + ra ) /R1 ) /AuD

(2.7.43)

Das Ergebnis unterscheidet sich von Gl. (2.7.41) nur durch den ver¨anderten Widerstand im Nenner (R2 → R2 + ra ). Der Eingangswiderstand bleibt unendlich hoch. Der Ausgangswiderstand wird wieder mit der Zweipoltheorie bestimmt aus der eben berechneten Ausgangsleerlaufspannung und dem Kurzschlussstrom I2k = AuD U1 /ra . Die Rechnung f¨ uhrt auf das Ergebnis Gl. (2.7.39) wie beim invertierenden Verst¨arker. Besonders stark sinkt der Ausgangswiderstand beim Spannungsfolger: dann geht Gl. (2.7.39) f¨ ur R1 → ∞ u ¨ ber in Ra =

U2l UA ra ra = = . ≈ I2k I2k (1 + AuD ) AuD

(2.7.44)

Der geringe Innenwiderstand begr¨ undet, zusammen mit dem extrem hohen Eingangswiderstand (ideal → ∞), die Anwendung als Trennverst¨arker zur Entkopplung von Schaltungsteilen. Im Idealfall geht der Ausgangswiderstand gegen null, weil ausgangsseitig eine ideale gesteuerte Spannungsquelle liegt. 3. Schmitt-Trigger, nichtinvertierend OP-Schaltungen mit (starker) Mitkopplung werden oft als Schmitt-Trigger bezeichnet (Abb. 2.7.16). Im Unterschied zum gegengekoppelten Verst¨ arker ist das R¨ uckkopplungsnetzwerk jetzt zwischen Ausgang und dem P-Eingang geschaltet.

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

Nicht invertierender Schmitt- Trigger R1 R2 E A

Invertierender Schmitt- Trigger E

-

A

UD

+ Uq

229

UD

UA

+

Uq

UA

R3

R4

b

a Uq

UA UAmax

P3

Uq

UA P2

UAmax

P1

instabil

instabil

UD

UD P4

P1

UAmin

P3

b1

UA

P3

UAmax

UA

P2

P4 R2 R1

UAmin

Uamax

P1 R4

­

R3

UD

fallende Kennlinie

P4

UAmin

P2

Arbeitsgeraden

Arbeitsgeraden

a1

P4

P1

a2

UD

fallende Kennlinie

P2

UAmin

­

P3

b2

Abb. 2.7.16. Mitgekoppelte Operationsverst¨ arker (Schmitt-Trigger). (a) Nichtinvertieren-

der Schmitt-Trigger durch Mitkopplung. (a1) OP-Kennlinie und Arbeitsgerade, stabile und instabile Arbeitspunkte. (a2) Gesamtverst¨ arkung, Entstehung der Schalthysterese. (b) Invertierender Schmitt-Trigger durch Mitkopplung eines nicht invertierenden OP’s. (b1) OP-Kennlinie und Arbeitsgerade, stabile und instabile Arbeitspunkte. (b2) Gesamtverst¨ arkung, Schalthysterese. In Abb. (a2), (b2) wurde der auftretende fallende Kennlinienbereich angedeutet

Der Arbeitspunkt liegt durch die Verst¨ arkerkennlinie UA = f (Uq ) und die Arbeitsgerade des Netzwerkes fest. Sie folgt aus der Knotenbilanz in P: −G1 Uq + (G1 + G2 )UP − UA G2 = 0. Mit UD = UP wird daraus UA =

R1 + R2 R2 UD − Uq R1 R1

(2.7.45)

als Gleichung der Arbeitsgeraden UA = f (Uq , UD ) (Abb. 2.7.16a1). Jetzt gibt es u. U. Arbeitsbereiche mit drei Schnittpunkten, von denen der mittlere achst instabil ist. W¨ achst Uq von kleinen Spannungen ausgehend, so stellt sich zun¨

230

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

ein Schnittpunkt im negativen S¨ attigungsbereich ein. Schließlich springt UA von P1 nach P2 . L¨ auft dagegen Uq nach kleinen Werten, dann springt UA letztlich von P3 nach P4 . Deshalb hat der Zusammenhang UA = f (Uq ) Hystereseverhalten (wobei die Kennlinie von P1 nach P3 als fallender Bereich durchgezeichnet werden kann, Abb. 2.7.16a2). Durch Mitkopplung entsteht ein fallender Kennlinienbereich als Ursache der Kennlinienhysterese. 4. Schmitt-Trigger, invertierend In diesem Fall liegt die Eingangsspannung Uq am N-Eingang, das mitkoppelnde Netzwerk aber am P-Eingang (Abb. 2.7.16b1). Die Kennlinie des Mitkopplungsnetzwerkes lautet UA = (1 + R4 /R3 )UD + (1 + R4 /R3 )Uq .

(2.7.46)

ur bestimmte Zusammen mit der Verst¨ arkungskennlinie UA = f (UD ) gibt es dann f¨ Parameterwerte Uq wieder Bereiche mit drei Schnittpunkten, von denen der innere instabil ist. Steigt Uq , so springt die Spannung UA bei P1 auf −UA , umgekehrt erfolgt bei abnehmender Spannung Uq ein Sprung bei P2 um +UA . Auch hier stellt sich Hysterese mit eingeschlossener fallender Kennlinie ein (Abb. 2.7.16b2). Wir erkennen zusammenfassend: bei Gegenkopplung ist die Steigung der Arbeitskennlinie UA = f (UD ) immer negativ, bei Mitkopplung immer positiv; bei sehr hoher Verst¨ arkung (virtueller Kurzschluss) bestimmt nur das Netz¨ werk das Ubertragungsverhalten, durch Mitkopplung lassen sich fallende Kennlinienbereiche erzeugen, die allerdings in einer Hysterese verborgen sein k¨ onnen. Die folgenden Anwendungsf¨ alle nutzen die Zusammenschaltung eines Operationsverst¨ arkers mit einem Energiespeicherelement, dem Kondensator. Jetzt treten zeitver¨ anderliche Spannungen auf. Wir behandeln sie hier vorbereitend zur Unterstreichung des Netzwerkeinflusses, im Bd. 3 folgt die ausf¨ uhrlichere Diskussion aus der Sicht dynamischer Netzwerke. 5. Differenzierschaltung Wird im Gegenkopplungsnetzwerk einer der beiden Widerst¨ ande durch ein Energiespeicherelement ersetzt, so arbeitet die Verst¨ arkerschaltung als sog. Zeitglied und kann zum Differenzieren oder Integrieren einer Spannung dienen. Beim Differenzierglied (Abb. 2.7.17a) wird der Widerstand R1 (Abb. 2.7.15a) durch einen Kondensator mit der Strom-Spannungs-Relation iC = C(duC /dt) ersetzt. Dann folgt statt Gl. (2.7.33) f¨ ur den idealen Operationsverst¨ arker (mit R2 = R) C und virtuellem Kurzschluss am N-Eingang iC = iR → C du = − uRA oder dt uA (t) = −RC

duq . dt

Differenziererschaltung (2.7.47)

Beim Differenzierglied ist die Ausgangsspannung das (negative) Differenzial der Eingangsspannung.

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

Integrator

Differenzierer i1

uq

C uN

uD

R

i2

-

231

i1

uA

R

uq

+

uC C uD

Rücksetzen

i2 uA

+

a

b

Abb. 2.7.17. Analoge Differenziation und Integration mit Operationsverst¨ arker. (a) Diffe-

renzierschaltung. (b) Integratorschaltung

6. Integrierschaltung, Integrator Bei Ersatz des Widerstandes R2 in Abb. 2.7.15a durch einen Kondensator l¨ adt der Eingangsstrom i1 = uq /R den Kondensator um. Da die Ausgangsspannung wegen des virtuellen Kurzschlusses der Kondensatorspannung entspricht, wird sie zum Integral u ¨ ber die Eingangsspannung (Abb. 2.7.17b) 1 uA = − RC

Zt

uq (t )dt + UA (t0 ).

Integratorschaltung (2.7.48)

t0

Der letzte Term ist der sog. Anfangszustand: n¨ amlich die Spannung, auf die der Kondensator beim Beginn des Anlegens der Spannung aufgeladen war. Damit ein definierter Anfangszustand entsteht (z. B. UA (t0 ) = 0), wird er durch Entladen r¨ uckgesetzt“: man schließt ihn einfach kurz. ” Beim Integrator ist die Ausgangsspannung das (negative) Integral der Eingangsspannung. Integratoren sind sehr verbreitet (z. B. Gewinnung einer Dreieckspannung aus einer Rechteckspannung, Aufbau von Filterschaltungen, Realisierung von elektronischen Induktivit¨ aten u. a.).

232

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

Selbstkontrolle Kapitel 2.1 . . . 2.4

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

17. 18. 19.

20.

21.

Was bedeutet der Begriff Grundstromkreis, welche Elemente enth¨alt er? Erl¨autern Sie die Begriffe Strom-Spannungs-Beziehung und Kennlinie. Erl¨autern Sie die Begriffe: ideale bzw. reale Strom- und Spannungsquelle (Kennlinie, Ersatzschaltungen). Erl¨autern Sie den Grundstromkreis (Strom-Spannungs-Beziehung, Kennlinie, Einfluß eines ver¨ anderbaren Außenwiderstandes, Anpassung). Erl¨autern Sie folgende Begriffe Strom-Spannungs-Beziehung und Kennlinie des aktiven/passiven Zweipols. Was versteht man unter dem Begriff Arbeitspunkt? Welche Kenngr¨ oßen hat ein aktiver Zweipol und wie k¨onnen sie ermittelt werden? Welche Ersatzschaltung des aktiven/passiven Zweipols gibt es (Skizze, Gleichungen), was bedeutet Erzeuger- und Verbraucherpfeilsystem. Wie lassen sich resistive Zweipole nach dem Strom-Spannungs-Verhalten unterteilen? Nennen Sie Beispiele f¨ ur nichtlineare Widerst¨ande. Was versteht man unter einem negativen Widerstand? Wie ist der Temperaturkoeffizient des Widerstandes definiert? Wie a¨ndert sich der Widerstand von Heiß- und Kaltleitern mit steigender Temperatur? Was versteht man unter Supraleitung? Wie lauten die Ersatzwiderst¨ ande (Leitwerte) f¨ ur die Reihen- bzw. Parallelschaltung von n Widerst¨ anden? Richtiges ankreuzen: Bei der Parallelschaltung von Widerst¨anden ist der Gesamtwiderstand kleiner als der kleinste, gr¨oßer als der gr¨oßte Widerstand? Ist der Gesamtleitwert der Reihenschaltung kleiner als der kleinste bzw. gr¨oßer als der gr¨ oßte Leitwert? Wie lauten die Spannungs- und Stromteilerregeln? (Beispiel angeben) Unter welchen Voraussetzungen gelten sie? Ein Strom-(Spannungs-)-messer (Widerstand Rm ) soll im Messbereich um einen Faktor 10 erweitert werden. Was ist jeweils zu tun (Erl¨auterung) ? Im Grundstromkreis soll der Strom bzw. die Spannung am Außenwiderstand mit einem Instrument (Widerstand Rm ) gemessen werden. Wie muss der Instrumentenwiderstand jeweils gew¨ahlt werden, welcher Fehler entsteht? Was muss gelten, wenn der Messfehler kleiner als 1% sein soll? Was versteht man unter der Zweipoltheorie, wie kann sie angewendet werden. Gilt sie auch bei nichtlinearen Netzwerkelementen?

2.7

Gesteuerte Bauelemente und ihre Modellierung*

233

22. Erl¨autern Sie das Prinzip einer Br¨ uckenschaltung. 23. Erl¨autern Sie den Leistungsumsatz im linearen Grundstromkreis, was bedeutet Anpassung? 24. Was versteht man unter einer Kompensationsschaltung? (Beispiel angeben) Kapitel 2.5

1. 2. 3. 4. 5.

Nennen Sie nichtlineare aktive Zweipole, wie gehen sie aus linearen aktiven Zweipolen hervor? Welche Elemente kann ein nichtlinearer Grundstromkreis enthalten, gilt die Anpassbedingung Ri = Ra ? Wie wird der Arbeitspunkt eines nichtlinearen Grundstromkreises bestimmt? Wie verh¨alt sich der Kreis bei Kleinsignalbetrieb (was besagt Kleinsignalsteuerung, wo tritt sie auf)? Man veranschauliche an einer Diodenkennlinie den Begriff differenzieller ” Widerstand“! Wie groß ist er im Nullpunkt?

Kapitel 2.6

1. 2.

Welche Gleichungssysteme beschreiben ein lineares Zweitor (Beispiele)? Wie lauten die Zweitorgleichungen in Leitwert- und Widerstandsform? Welche Bedeutung haben die Parameter, wie k¨onnen sie bestimmt werden? Welchen Einfluß hat die Richtung des Ausgangsstromes? ¨ 3. Nennen Sie drei Ubertragungsgr¨ oßen von Zweitoren (Erl¨auterung). 4. Wie entstehen aus den Leitwertparametern die Widerstandsparameter? 5. Erl¨autern Sie die Begriffe Kleinsignalparameter“ und Kleinsignalaus” ” steuerung“ eines Zweitores. 6. Was bedeutet der Begriff gesteuerte Quelle“, welche Formen (mit Er” satzschaltungen) gibt es? 7. Was ist bei der Zweipoltheorie bei gesteuerten Quellen im Grundstromkreis zu beachten? 8. Skizzieren Sie Ersatzschaltungen des allgemeinen Zweitors in Leitwertund Widerstandsdarstellung. 9. Welche Bedingungen erf¨ ullt ein Zweitor bei Widerstandssymmetrie Umkehrbarkeit, und R¨ uckwirkungsfreiheit? 10. Welche Arten der Zweitorzusammenschaltung gibt es, was ist zu beachten? ¨ 11. Was versteht man unter Eingangswiderstand, Ubertragungsund Stromu autern Sie die Begriffe mit den ¨ bertragungsfaktor eines Zweitors? Erl¨ Widerstands- und Leitwertformen der Zweitorgleichungen.

234

2. Einfache resistive Stromkreise und Netzwerkelemente

12. Geben Sie typische Elementarzweitore mit zugeh¨origen Zweitorparametern an. W¨ahlen Sie die T- oder π-Schaltung als Ausgang. Kapitel 2.7

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

14. 15. 16.

Erl¨autern Sie die Entstehung einer nichtlinearen Diodenkennlinie, warum ist sie richtungsabh¨ angig? Erl¨autern sie das Funktionsprinzip eines Bipolartransistors, welche Aufgabe hat der Basisraum? Unter welcher Arbeitspunktbedingung verst¨arkt ein Bipolartransistor? Erl¨autern Sie das Verst¨ arkungsprinzip. Wie kann der Bipolartransistor auf einfache Weise modelliert werden? Wie entsteht die Ausgangskennlinie, was dr¨ uckt sie aus? Welche Grundschaltungen hat ein Bipolartransistor, wie unterscheiden sie sich? Erl¨autern Sie die Zweitordarstellung des Bipolartransistors (Emitterschaltung, Gr¨ oßenordnung der Elemente). Welche Netzwerkelemente muss ein Verst¨arkermodell wenigstens haben, wie lautet die Zweitordarstellung? Erl¨autern Sie das Prinzip des Differenzverst¨arkers. Was ist ein OTA (Funktionsprinzip, Ersatzschaltung)? Was ist ein Operationsverst¨ arker, wie unterschiedet er sich vom OTA? (Ersatzschaltung, typische Parameter). Welche Eigenschaften hat ein Operationsverst¨arker und in welchen typischen Schaltungen wird er verwendet? Was versteht man unter virtuellem Kurzschluss, wie unterscheidet er sich vom gew¨ohnlichen Kurzschluss? Welche Folgen hat er f¨ ur die Netzwerkanalyse? Welche Ersatzschaltung hat ein realer Verst¨arker, wie kann daraus ein idealer Verst¨ arker entwickelt werden? Zeigen Sie den Unterschied zwischen einem Umkehr- und einem Elektrometerverst¨arker mit endlicher Differenzverst¨arkung. Wie arbeitet eine Integratorschaltung?

Kapitel 3 Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

3

3

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 3.3.8 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5

Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen . . . . Netzwerkbeschreibung .......................................... Netzwerkgleichungen ............................................ Zweigstromanalyse............................................... Maschenstromanalyse ........................................... Maschenstr¨ome................................................... Maschenwiderstandsmatrix..................................... Erweitere Maschenstromanalyse* ............................. Maschenstromanalyse in Matrixform ......................... Maschenstromanalyse in nichtlinearen Netzwerken........ Knotenspannungsanalyse ....................................... Knotenspannungen, Knotenleitwertmatrix .................. Erweiterte Knotenspannungsanalyse* ........................ Modifizierte Knotenspannungsanalyse* ...................... Knotenspannungsanalyse in Matrixform .................... Unbestimmte Knotenleitwertgleichungen.................... Knotenspannungsanalyse und Zweipolparameter* ......... Netzwerkanalyse mit Operationsverst¨arkern ............... Knotenspannungsanalyse von nichtlinearen Netzwerken* Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung* ...................... Netzwerke, Graph und Inzidenzmatrizen .................... Schleifenanalyse .................................................. Schnittmengenanalyse .......................................... Zusammenh¨ange, Vergleiche................................... Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse ..................... Numerische Auswertung ........................................ Schaltungssimulation ............................................ Mehrpolige Netzwerke* ......................................... Str¨ome und Spannungen an Mehrpolen ..................... Zusammenschaltung von Mehrpolen ......................... Mehrtore .......................................................... Torgruppierung .................................................. Klemmenmanipulationen .......................................

237 237 238 247 250 251 256 263 268 269 270 271 282 291 292 293 296 298 303 304 305 314 316 322 326 327 332 341 341 345 355 359 363

3 Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen Lernziel Nach Durcharbeit dieses Kapitels sollten beherrscht werden die Kirchhoffschen Gesetze und das Aufstellen der vollst¨ andigen Gleichungen eines resistiven Netzwerkes, die Maschenstromanalyse, Maschenwiderstandsmatrix, Erweiterungen, die Knotenspannungsanalyse, Knotenleitwertmatrix, Erweiterungen, topologische Grundlagen von Netzwerken, die Begriffe Graph, Baumkomplement, vollst¨ andiger Baum, Verst¨ andnis topologischer Matrizen, Grundlagen der rechnergest¨ utzten Analyse von Netzwerken, die Matrixdarstellungen der Netzwerkgrundgleichungen, Schleifen- und Schnittmengenanalyse, Einbezug von Operationsverst¨ arkern in die Netzwerkanalyse, Mehrpolnetzwerke, Aufbau, Umgang, Einsatz zur Netzwerkanalyse. Umwandlungsmethoden von Mehrpolen, Polmanipulationen.

3.1 Netzwerkbeschreibung ¨ Die bisher betrachteten Netzwerke hatten nur wenige Knoten und Ubersicht

Zweige. Moderne Schaltungen sind nat¨ urlich komplexer: sie umfassen viele Bauelemente (bis zu mehreren 100 Millionen) und diese u ¨berdecken das gesamte Spektrum, außer Widerst¨ anden und Quellen auch Kondensatoren, Spulen, Dioden u. a. m. Dabei ist eine Schaltung (circuit) die widerstandslose Verbindung von Bauelementen u ¨ber (Anschluss-) Knoten (terminal nodes) so, dass Uml¨aufe (loops) entstehen und Str¨ ome fließen k¨onnen. Eine Schaltung wird zum Netzwerk beim Austausch ihrer Bauelemente durch zugeh¨orige Modelle – die Netzwerkelemente (NWE). Ein elektrisches Netzwerk ist ein mathematisches Modell aus Netzwerkelementen (mit definiertem U, I-Verhalten), die in bestimmter Weise, der Topologie, u ¨ ber Knoten zu Maschen verbunden sind. Ein Netzwerk enth¨ alt gew¨ ohnlich Quellen- und Verbraucherelemente verbunden durch Verbindungsleitungen und Schalter zur zeitweiligen Unterbrechung des Stromflusses. Die reale Schaltung findet sich in dem Maße wieder, wie es gelingt, die Bauelemente durch Netzwerkelemente mehr oder weniger gut zu modellieren“. ”

S. Paul, R. Paul, Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1 DOI 10.1007/978-3-540-69078-8, © Springer 2010

3.1

238

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Analyseaufgabe eines Netzwerkes besteht darin, einige oder alle Zweigstr¨ome und -spannungen numerisch oder symbolisch auf Grundlage der Kirchhoffschen Gleichungen, der U, I-Beziehungen der Netzwerkelemente und ggf. von Anfangswerten zu finden. Dabei soll sich die symbolische Handanalyse auf nur wenige Gleichungen beschr¨ anken und f¨ ur die rechnergest¨ utzte Analyse (numerisch, z. T. symbolisch) ein formalisierter Ablauf erkennbar sein. Zahlreiche Computerprogramme (MATLAB, MATHCAD, SPICE etc.) u aufe. ¨ bernehmen solche Abl¨

Eine Analyse umfasst grunds¨ atzlich folgende Schritte (Tabelle 3.1): 1.

2. 3.

4.

Gewinnung des Netzwerkes: Ersatz der Bauelemente durch Netzwerkelemente, Analysevorbereitungen: Benennung und Bemessung der Elemente, Ersatz von Schaltungsteilen, Knoten-/Maschenbezeichnung, Z¨ahlpfeile. Hilfreich kann eine Normierung der Netzwerkgr¨oßen sein. Wahl des L¨osungsverfahrens abh¨ angig von Problemstellung, Schaltungsumfang, Nichtlinearit¨ aten und Hilfsmitteln (Hand-, Computerl¨osung). Durchf¨ uhrung der Analyse durch Anwendung der Kirchhoffschen Gesetze, Netzwerkelementbeziehungen und L¨ osung des Gleichungssystems, Nutzung vereinfachter Verfahren. Diskussion der L¨osung durch zweckm¨ aßige Vereinfachungen, ggf. R¨ uckeinsetzen u. a. m.

3.1.1 Netzwerkgleichungen Grundlage der Analyse eines Netzwerkes mit z Zweigen, k Knoten und m unabh¨angigen Maschen, gegebenen Quellen und den U, I-Zweigbeziehungen der Netzwerkelemente (NWE) sind die Kirchhoffschen Gesetze f¨ ur Momentanwerte der Str¨ ome und Spannungen  Knotensatz iν (t) = 0 Geschlossene Oberfl¨ ache Maschensatz uν (t) = 0 (3.1.1) Geschlossene Knotenfolge

Zweigbeziehungen uν = f (iν ). Der Knotensatz wurde dabei gegen¨ uber Gl. (1.4.5) auf ein geschlossenes Volumen erweitert: die algebraische Summe der Str¨ ome durch die H¨ ullfl¨ ache muss zu jedem Zeitpunkt verschwinden. Der Maschensatz wurde gegen¨ uber Gl. (1.5.9) auf die vorzeichenbehaftete Summe von Zweigspannungen l¨ angs eines Umlaufs (geschlossene Folge von Knoten) zu jedem Zeitpunkt erweitert.

3.1

Netzwerkbeschreibung

239

F¨ ur die z unbekannten Zweigstr¨ome und Zweigspannungen, also 2z Gr¨oßen, stehen als vollst¨andiges Kirchhoffsches Gleichungssystem bereit p=k−1 unabh¨ angige Knotengleichungen m = z − (k − 1) unabh¨ angige Maschengleichungen z u, i-Beziehungen der Zweigelemente.

(3.1.2)

Der L¨osungsaufwand sinkt beim reduzierten Kirchhoffschen Gleichungssystem auf die halbe Zahl der zu l¨ osenden Gleichungen (z), wenn entweder alle Str¨ome in den Knotengleichungen (Zweigspannungsanalyse) oder alle Spannungen in den Maschengleichungen (Zweigstromanalyse) durch die Zweigbeziehungen ersetzt werden. Diese Verfahrensweise gilt unabh¨ angig von der Netzwerkerregung f¨ ur lineare und nichtlineare, zeitabh¨ angige und zeitunabh¨ angige Netzwerkelemente. Tabelle 3.1. Netzwerkanalyseverfahren

Netzwerk  z Zweige, k Knoten

?

Kirchhoffsche Gleichungen

? Zweigstromanalyse z unabh. Zweige, z Gleichungen (k − 1) unabh. Knoten (z − k + 1) unabh. Maschen L¨ osung nichtlinear linear

?

Vereinfachungen

s ? Grundstromkreis (Sonderfall)

?

Zweipoltheorie

? Zweitortheorie

lineare NWE nichtlineare NWE Theoreme: ¨ Uberlagerung Quellenwandlung (-versetzung, -teilung) Umkehrbarkeit Miller-Theorem NW-Umwandlung (Stern-Dreieck, Reihe-/Parallel) Zusammenfassung v. Netzwerkteilen

 ? Maschenstromanalyse (z − k + 1) Gleichungen Knotenspannungsanalyse (k − 1) Gleichungen

? weitere Verfahren: modifizierte Knotenspannungsanalyse Schleifen-, Schnittmengenanalyse Sparse-Tableau-Analyse

240

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die z linear unabh¨ angigen Gleichungen unterteilen sich in (k − 1) linear unabh¨angige Knoten- und m linear unabh¨ angige Maschengleichungen. Linear unabh¨angig heißt dabei, dass eine Gleichung nicht durch die Linearkombination aus anderen Gleichungen herleitbar ist. Tabelle 3.1 stellt die typischen Netzwerkanalyseverfahren zusammen. Abh¨ angig von der Erregung gelten grunds¨ atzliche Aussagen u ¨ ber das zu erwartende Gleichungssystem: 1. 2.

3.

4.

5.

In Gleichstromnetzwerken spielen energiespeichernde Netzwerkelemente (Kondensator, Spule) keine Rolle und lineare NWE f¨ uhren zu linearen Gleichungen. Netzwerke mit zeitver¨ anderlicher Erregung (d/dt = 0) und Energiespeicherelementen ergeben immer sog. Integro-Differenzialgleichungen. Sie enthalten Integrale und Differenziale der Ver¨ anderlichen. Bei linearen (zeitunabh¨ angigen) NWE sind das gew¨ ohnliche Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten (s. Bd. 3). Bei station¨ arer Sinuserregung und linearen NWE spricht man von Wechselstromschaltungen. Dann gibt es f¨ ur Punkt 2. vereinfachte L¨ osungsverfahren, die sog. komplexe Rechnung und es m¨ ussen nur algebraische Gleichungen gel¨ ost werden (s. Bd. 3). Nichtlineare Netzwerkelemente (z. B. Dioden, Transistoren, Spule mit Eisenkern) f¨ uhren auf nichtlineare Gleichungssysteme. Sie k¨ onnen nur im Zeitbereich gel¨ ost werden, durchweg mit Computerhilfe. Impulsf¨ ormig erregte Netzwerke, besser bekannt als Schaltverhalten, sind ein besonderes Anwendungsfeld (Digitaltechnik, digitale Signalverarbeitung). Dort werden die Netzwerkgleichung entweder direkt oder mit Hilfe von Transformationen (Fourier-, Laplace-) gel¨ ost (s. Bd. 3).

Entscheidend f¨ ur die Anwendung der Kirchhoffschen Gesetze ist die Gewinnung der notwendigen (und ausreichenden) Gleichungen f¨ ur die gesuchten Gr¨oßen. Oft besteht die Gefahr, Gleichungen f¨ ur abh¨angige Gr¨oßen mit aufzustellen. Sichere Kriterien f¨ ur die erforderliche Gleichungszahl entnehmen wir der Netzwerkstruktur oder Topologie. Zur Senkung des L¨osungsaufwandes dienen auch Hilfsvariablen, n¨ amlich der Schleifen-, Maschen- oder Umlaufstrom, der (durch seine Definition) die Knotengleichung automatisch erf¨ ullt. So entf¨allt ihre L¨osung und es sind nur noch die m Umlaufstr¨ ome (→ Maschengleichungen) zu berechnen. Das Verfahren heißt Maschenstromanalyse, ihre umfassendere Form Schleifenanalyse. das Knotenpotenzial oder die Knotenspannung. Seine Definition erf¨ ullt jede Maschengleichung automatisch und so sind nur noch (k − 1) Knotenspannungen zu ermitteln. Das ist die Knoten- oder Knotenspannungsanalyse bzw. Schnittmengenanalyse in verallgemeinerter Form.

3.1

Netzwerkbeschreibung

241

Beide Verfahren erlauben die systematische und automatisierte Aufstellung der Gleichungen. So eignen sie sich zur rechnergest¨ utzten Netzwerkanalyse. Gr¨oßere Netzwerke werden ausschließlich mit der Matrizenrechnung analysiert; sie ist auch die Grundlage f¨ ur Simulationsprogramme. Im Kap. 3.5 vertiefen wir diese Probleme. Wenn Maschenstrom- und Knotenspannungsverfahren auch weniger Aufwand erfordern, so bestimmen sie doch alle (nicht nur die gesuchten!) Zweiggr¨ oßen. Sucht man nur eine Zweiggr¨ oße, so bietet sich die Zweipoltheorie (ggf. in Verbindung mit ¨ dem Uberlagerungssatz) als aufwands¨ armstes Verfahren an. Auch die R¨ uckf¨ uhrung eines gr¨ oßeren Netzwerkes auf ein Zweitor kann eine hilfreiche Alternative sein.

Begriffe Wir stellen einige Netzwerkbegriffe voran:

Knoten: Punkt (Klemme, node), in dem zwei oder mehrere Netzwerkelemente widerstandslos miteinander verbunden sind. Praktisch spricht man nur bei Stromverzweigung von einem Knoten. Gleichwertige graphentheoretische Bezeichnung: Ecke (vertex). Mehrere widerstandslos verbundene Knoten bilden nur einen Knoten. Zweig: Verbindung zweier Knoten durch ein zweipoliges Netzwerkelement. Gleichwertige graphentheoretische Bezeichnung: Kante (edge). Jedem Zweig entspricht ein Knotenpaar: es ist mit ihm inzident. Verallgemeinert kann ein Zweig auch mehrere (beliebige), vom gleichen Strom durchflossene Netzwerkelemente umfassen. Schleife: kontinuierliche Folge von Zweigen, die in einem Knoten beginnt und dort wieder endet und keinen Knoten mehr als einmal durchl¨auft. Gleichwertig: Umlauf, geschlossener Weg (loop). Masche: Schleife eines ebenen Graphen, in dessen Innern sich kein anderer Zweig befindet oder gleichwertig: spezielle Schleife, die keine anderen Schleifen (mesh) einschließt1 . Graph: Abstrakte Beschreibung der Netzwerkstruktur (Zahl der Knoten, Lage und Zahl der Zweige) durch Knoten und Linien statt der Zweige. Im Kap. 3.4 vertiefen wir diese Begriffe.

Unabh¨ angige Knoten und Maschen Die Eigenschaften eines Netzwerkes wer-

den von den Netzwerkelementen und der Netzwerkstruktur oder -topologie bestimmt. Das ist die Art ihrer Zusammenschaltung. Sie wird auch als Ger¨ ust“ ” 1

Im deutschen Sprachgebrauch wird h¨ aufig nicht zwischen Schleife und Masche unterschieden. Deshalb versteht man unter einer Masche auch einen u ¨ ber mehrere Zweige gelegten geschlossenen Umlauf.

242

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

bezeichnet und zeichnerisch durch den Streckenkomplex (graph) ausgedr¨ uckt. Die Beschreibung kann gleichwertig durch eine topologische Matrix erfolgen. Der Graph erfasst die Netzwerkzweige unabh¨ angig vom physikalischen Inhalt (Netzwerkelemente). Jeder Netzwerkzweig wird durch eine Strecke oder Kante dargestellt. Mehrere Strecken sind in Punkten, den Knoten oder Ecken miteinander verbunden. Der Netzwerkgraph beschreibt die Verbindung der Netzwerkelemente durch Abstraktion der Netzwerkgeometrie. Jedem Knoten im Graphen entspricht ein Knoten im Netzwerk und jeder Verbindungslinie ein Zweig zwischen zwei Knoten. Er ist Grundlage der Zahl unabh¨ angiger Knoten- und Maschengleichungen und kann durch topologische Matrizen (sog. Inzidenzmatrizen) mathematisch beschrieben werden. Dabei werden Zweipolelemente durch einen und Zweitorelemente durch zwei Zweige ersetzt, ideale Spannungsquellen durch einen Zweig ersetzt, ideale Stromquellen im Graphen ein Leerlauf ersetzt (Aufschneiden)2 . Haben die Zweige noch den Bezugssinn positiver Zweigstr¨ome und Zweigspannungen (bestimmt durch das jeweilige Netzwerkelement), so entsteht der gerichtete Graph (directed graph, digraph) oder orientierte Streckenkomplex. Weil ideale Spannungs- bzw. Stromquellen durch einen kurzgeschlossenen bzw. leerlaufenden Zweig dem inneren Widerstand entsprechend ersetzt werden, verschiebt man sie zweckm¨ aßig durch Quellenverschiebung oder -teilung in Zweige mit endlichen Widerst¨ anden.

Abb. 3.1.1a zeigt ein Netzwerk mit z = 6 Zweigen und k = 4 Knoten und dem zugeordneten gerichteten Graphen (Zweigstr¨ ome) in Abb. b. Die reale Stromquelle Iq , R6 erscheint als ein Zweig bestimmt durch den Widerstand R6 . W¨ahrend k−1 unabh¨angige Knoten dem Netzwerk direkt entnommen werden, ist die Bestimmung der m = z−(k−1) unabh¨angigen Maschen schwieriger. Es gibt daf¨ ur mehrere Verfahren: den vollst¨andigen Baum, die Auftrennmethode und das Fenstermaschenverfahren. Vollst¨ andiger Baum, Baum- und Verbindungszweige Ein Netzwerkgraph ent-

h¨alt stets Maschen (sonst kein Stromfluss). Ihre Zahl l¨asst sich durch schritt-

2

Das widerspricht der Vorstellung vom Strom als ununterbrochenem Band.

3.1

Netzwerkbeschreibung

K1

I2

I5

R5

R2

K2

I1

I3

K3

5

R4

K2

K1

I6

I4 R1

R3

243

R6

6

4

1

K3

3

2 Iq

Uq1

K4 K4

b

a Baumkomplement

Verbindungszweig

5 K1

M3 K2 M1

2

K3 K1

M1

M2

vollständiger Baum K4

c

M3 K2 M2

M3 K2

K3 K1

K4

K4

d

K3

M2

M1

6

e

Abb. 3.1.1. Netzwerk mit zugeh¨ origem Graph. (a) Netzwerk. (b) Gerichteter Graph. (c)

Vollst¨ andiger Baum und Baumkomplement. (d) Linienf¨ ormiger Baum zwischen den Knoten K1 und K3. (e) Sternbaum; Knoten K4 ist Bezugsknoten

weise Entfernung von Zweigen verkleinern. So entsteht schließlich ein Streckenkomplex, der vollst¨andige Baum, mit folgenden Eigenschaften: 1. 2. 3.

alle Knoten sind direkt oder indirekt miteinander verbunden, wird ein weiterer Zweig entfernt, so geht Merkmal 1. verloren, es treten keine Uml¨ aufe auf.

Ausgehend von einem beliebigen Knoten wird dann jeder andere Knoten nur u ¨ ber einen Weg auf dem vollst¨andigen Baum erreicht. Ein Netzwerk hat i. a. mehrere vollst¨andige B¨ aume. Zwangsl¨ aufig folgt: Ein vollst¨andiger Baum (tree) ist ein Teilgraph, der keine Uml¨aufe besitzt und alle Knoten des Ausgangsgraphen miteinander verbindet. In einem Netzwerk mit k Knoten hat der vollst¨ andige Baum insgesamt k − 1 Zweige. Es gibt damit zwei Arten von Zweigen: die k − 1 Zweige des vollst¨ andigen Baumes, auch Baumzweige oder Baum¨aste genannt (in Abb. 3.1.1c dick gezeichnet), die u ¨brigen m = z − (k − 1) Verbindungs- oder Maschenzweige, die nicht zum vollst¨andigen Baum geh¨ oren (in Abb. 3.1.1c gestrichelt eingetragen). Sie bilden das Baumkomplement oder den Komplement¨arbaum (sog. Kobaum).

244

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Das Baumkomplement bildet als Gesamtheit aller Verbindungszweige das System unabh¨angiger Zweige. Jeder Verbindungszweig geh¨ort genau zu einer Schleife (Masche), die nur aus diesem Verbindungszweig und Zweigen des vollst¨andigen Baumes besteht. Eine solche Schleife heißt Fundamentalschleife (unabh¨angige Masche). Davon gibt es m = z − (k − 1). Besondere vollst¨ andige B¨ aume sind die mit linienf¨ormiger Struktur (Abb. 3.1.1d) und der Sternbaum (Abb. 3.1.1e) mit einem Bezugsknoten (datum node), in dem alle Baumzweige enden. Auffinden des vollst¨ andigen Baumes Ein Netzwerk mit k Knoten und z Zwei-

 z  Zweigkombinationen. Zum Auffinden der Zweige, die gen erlaubt k−1 einen vollst¨andigen Baum bilden, werden alle Zweigkombinationen systematisch variiert. Dazu erhalten die Zweige Nummern, z. B. 1, 2, 3 usw. F¨ ur das Netzwerk Abb. 3.1.1a mit z = 6 Zweigen und k = 4 Knoten gibt es insgesamt  6 3 = 20 Zweigkombinationen. Werden davon die Kombinationen abgezogen, die Maschen, und damit keine vollst¨ andigen B¨aume bilden, so verbleiben 16 unterschiedliche vollst¨ andige B¨ aume entsprechend 16 Gleichungssystemen f¨ ur jeweils m = z − (k − 1) = 3 unabh¨ angige Variable aus den Str¨omen I1 . . . I6 . Allgemein hat ein Netzwerk mehrere vollst¨ andige B¨aume. Praktisch beginnt man den Baum an einem Knoten, verbindet u ¨ ber einen Zweig zum Nachbarknoten usw. solange, bis alle k Knoten verkn¨ upft sind. Der vollst¨andige Baum umfasst k − 1 Zweige. Die restlichen m Zweige sind die Verbindungszweige. Wird jeder Verbindungszweig u ¨ ber den vollst¨andigen Baum zu einer Masche/Schleife erg¨ anzt, so entsteht eine unabh¨angige Masche/Schleife. Abb. 3.1.1c zeigt einen vollst¨ andigen Baum (k − 1 = 3 Zweige) und das Baumkomplement mit drei Verbindungszweigen. Es lassen sich drei unabh¨angige Maschen M1 . . . M3 finden. Auch f¨ ur den linienf¨ormigen Baum (Abb. 3.1.1d) gibt es drei unabh¨ angige Maschen M1 . . . M3, ebenso f¨ ur den Sternbaum (Abb. 3.1.1e) mit gemeinsamen Bezugsknoten K4 (grunds¨atzlich kann jeder der vier Knoten als Bezugsknoten eines Sternbaumes gew¨ahlt werden). Der zweckm¨ aßigste vollst¨ andige Baum bestimmt den L¨osungsaufwand (s. u.). ¨ Auftrennmethode Das Verfahren beruht auf der Uberlegung, dass eine Masche dann unabh¨ angig ist, wenn sie wenigstens einen Zweig enth¨alt, der in vorherigen Maschen nicht enthalten war. Man w¨ahlt einen Maschenumlauf und kennzeichnet den Zweig, der nicht Teil einer neuen Masche sein darf (zweckm¨ aßig auftrennen),

3.1

Netzwerkbeschreibung

245

wiederholt den Vorgang solange, bis kein Umlauf mehr m¨oglich ist. Abb. 3.1.1d zeigt ein Beispiel: man beginnt mit Masche M2, trennt Zweig 6 auf, setzt mit Masche M3 fort, trennt Zweig 5 auf, formuliert Masche M1 und trennt Zweig 2 auf. Weitere Uml¨ aufe k¨ onnen nicht gebildet werden. Fenstermaschenmethode Der vollst¨ andige Baum wird so aufgestellt, dass

fensterartig nebeneinander liegende Maschen entstehen (Abb. 3.1.2b). Sie f¨ uhren zum Fundamentalsystem unabh¨angiger Maschen. Voraussetzung ist ¨ allerdings ein ebener“ Graph (ohne Uberkreuzungen). Das so erhaltene Glei” chungssystem muss nicht unbedingt das g¨ unstigste f¨ ur die Aufgabenstellung sein. Planares Netzwerk Ein planares Netzwerk hat einen ebenen Graphen. Er l¨asst sich ¨ in einer Ebene ohne Uberkreuzungen zeichnen. Nur wenn es (ev. durch Umzeich¨ nen) nicht gelingt, alle Uberkreuzungen zu beseitigen, liegt ein nichtplanarer Graph vor. F¨ ur vollst¨ andige N -Ecke (jeder der N Knoten durch Zweige mit jedem anderen Knoten verbunden) gilt: N -Ecke mit N ≤ 4 sind planar, mit N ≥ 5 nichtplanar. Bei planaren Netzwerken k¨ onnen statt der Schleifen ausreichend viele Maschen gefunden werden. Wird in jeder unabh¨ angigen Masche ein Maschenstrom eingef¨ uhrt, so entf¨ allt die Baumsuche. Bei ebenen Netzwerken kann es vorkommen, dass es vollst¨ andige Systeme unabh¨ angiger Maschen gibt, die kein Maschenfundamentalsystem bilden. Abb. 3.1.2a zeigt einen Graph mit f¨ unf Fenstermaschen Sie bilden ein vollst¨ andiges System unabh¨ angiger Maschen: es gibt aber keinen vollst¨ andigen Baum, zu dem dieses Maschensystem als Fundamentalsystem passt. So m¨ ussten beispielsweise f¨ ur Masche M5 drei der Zweige 1 . . . 4 zum vollst¨ andigen Baum geh¨ oren. Dann kann aber eine der ¨ außeren Maschen nicht Fundamentalmasche sein. Deshalb gibt es keinen vollst¨ andigen Baum, zu dem dieses Maschensystem als Fundamentalsystem geh¨ ort. Dann gilt der Satz Im ebenen Graphen bilden die (inneren) Fenstermaschen ein vollst¨ andiges System unabh¨ angiger Maschen.

M1

K1

K2

M1

K4

K3

K2 M2

M3

M4

I1 M4

I4

M5

I2

M2

K1

b

I3

a

K4

M3

K3

M1

c

K3

K2 M2

K4 M3

M4

K1

Abb. 3.1.2. Spezielle Graphen. (a) System unabh¨ angiger Maschen, das sich der Baumsuche widersetzt. (b) Vollst¨ andiger Baum einer viermaschigen Kettenschaltung. (c) Vollst¨ andiger linienf¨ ormiger Baum einer viermaschigen Kettenschaltung

246

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Abb. 3.1.2b zeigt einen Graph mit nur unabh¨ angigen Maschen M1 . . . M4 (das kann der Graph einer Kettenschaltung sein). Nur benachbarte Maschen sind verkoppelt. F¨ ur die gleiche Schaltung kann aber auch ein System unabh¨ angiger Schleifen M1 . . . M4 gew¨ ahlt werden (Abb. 3.1.2c). Jetzt sind in den Baumzweigen der Masche M1 alle unabh¨ angigen Schleifenstr¨ ome u ¨ berlagert, was zu einem Gleichungssystem mit mehr von null verschiedenen Koeffizienten f¨ uhrt. Dagegen u ¨ berlagern sich in jedem Baumzweig des Graphen Abb. 3.1.2b nur zwei Maschenstr¨ ome, wodurch der Aufwand sinkt. In der Maschenanordnung Abb. 3.1.2b ist Knoten K1 zugleich Bezugsknoten. Deshalb reduziert ein sternf¨ ormiger vollst¨ andiger Baum meist den L¨ osungsaufwand. Grunds¨ atzlich kann ein vollst¨ andiger Baum beliebig ausgew¨ ahlt werden, doch sollte man beachten: Baum so legen, dass einfache Uml¨ aufe entstehen, Stromquellen in Verbindungszweige legen, Spannungsquellen in Baumzweigen anordnen (sie treten im Gleichungssystem allerdings nur einmal auf, wenn sie in Verbindungszweigen liegen), sind nicht alle Str¨ ome gesucht, so sollte ein Baum gew¨ ahlt werden, in dem gesuchte Str¨ ome in Verbindungszweigen fließen (direkte L¨ osung nach den Unbekannten), spannungsgesteuerte Quellen sollten nur durch Baumzweigspannungen gesteuert werden, stromgesteuerte Quellen sollten durch Str¨ ome in Verbindungszweigen gesteuert werden.

Analyseverfahren Die folgenden Analyseverfahren nutzen die Erkenntnisse dieses Abschnittes: Aufsuchen linear unabh¨ angiger Variabler mit dem vollst¨andigen Baum, die jeweils nur in einem Zweig des Graphen auftreten. Das sind

in den z − (k − 1) Verbindungszweigen die Verbindungszweigstr¨ome, in den k − 1 Baumzweigen die Baumzweig- oder Astspannungen, die k − 1 Knotenspannungen, die den Baumzweigspannungen zugeordnet werden k¨onnen. Dann gilt: die m Verbindungszweigstr¨ ome, fortgesetzt je als Schleifen- bzw. Maschenstrom, der jeweils in einer der m Fundamentalschleifen oder Fundamentalmaschen fließt oder die k−1 Baumzweig- resp. Knotenspannungen bilden je ein vollst¨andiges, d. h. linear unabh¨ angiges System von Strom- bzw. Spannungsvariablen. Deshalb sind die Verbindungszweigstr¨ ome die Grundlage des Schleifen- bzw. Maschenstromverfahrens und die Baumzweig- bzw. Knotenspannungen die

3.1

Netzwerkbeschreibung

247

Basis der Schnittmengen- oder Knotenspannungsanalyse. Beide Ans¨atze beruhen auf Transformationen der Unbekannten. Wir betrachten zun¨ achst die Maschenstrom- und Knotenspannungsverfahren, die ohne Baumsuche3 auskommen und verallgemeinern anschließend zur Schleifen- und Schnittmengenanalyse. 3.1.2 Zweigstromanalyse Allgemeiner Netzwerkzweig In einem Netzwerk mit unabh¨ angigen Quellen und Widerst¨anden (gesteuerte Quellen und gekoppelte Spulen zun¨achst ausgeschlossen) besteht der allgemeine Zweig zwischen den Knoten i und j aus der Reihenschaltung von Widerstand R und Spannungsquelle Uq , zus¨atzlich kann eine Stromquelle Iq parallel liegen (Abb. 3.1.3a). L¨angs des Zweiges f¨allt die Zweigspannung Uz ab und es fließt der Zweigstrom Iz in einen Zweigknoten hinein und zum anderen wieder heraus. Die festgelegten Richtungen der Quellengr¨oßen erfordern gegen¨ uber dem Grundstromkreis (s. Kap. 2.4) z. T. Vorzeichenkorrekturen in den Analysegleichungen.

Uz = Rz (Iz + Iqz ) − Uqz Iz = Gz (Uz + Uqz ) − Iqz

mit Rz = 1/Gz .

Netzwerkzweig (3.1.3)

Bei verschwindenden Quellengr¨ oßen wird der Netzwerkzweig zum Zweigwiderstand Rz 4 . Gew¨ohnlich besteht folgende Aufgabe: In einer Schaltung mit gegebenen Strom- und Spannungsquellen, z Zweigen und k Knoten sind bestimmte Uz

Uz Iz

Iz Rz

Rz,,Gz

Uqz

Iqz

Iqz

a

Uqz

b

Abb. 3.1.3. Allgemeiner Netzwerkzweig. (a) Verbraucherz¨ ahlpfeilsystem. (b) Erzeugerz¨ ahl-

pfeilsystem

3

Weil ihnen Fenstermaschen bzw. ein Sternbaum als spezielle Graphen zugrunde liegen.

4

Der Index z weist auf die Zweiggr¨ oße hin, er entf¨ allt, wenn der Unterschied zwischen Zweiggr¨ oßen und anderen Gr¨ oßen, wie Maschenstrom und Knotenspannung, nicht besonders hervorgehoben werden soll.

248

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Zweigstr¨ome oder -spannungen gesucht. Wir l¨osen sie mit den Kirchhoffschen Gleichungen. Die Analyse beginnt mit der Festlegung unabh¨angiger Gr¨oßen. Die k − 1 unabh¨angigen Knotengleichungen werden direkt ausgew¨ahlt. Die m = z − k + 1 unabh¨angigen Maschengleichungen finden wir am schnellsten, wenn man eine Masche, f¨ ur die die Maschengleichung aufgestellt wurde, an beliebiger Stelle auftrennt (entfernen des Zweiges, Kreuz im Zweig) und f¨ ur die n¨achste Masche einen weiteren Umlauf (also ohne Trennstelle) sucht, solange, bis keine geschlossenen Uml¨ aufe mehr m¨ oglich sind. L¨ osungsmethodik Zweigstromanalyse F¨ ur die systematische Anwendung der

Zweigstromanalyse empfiehlt sich: 1.

2.

3. 4. 5.

Fortlaufende Nummerierung der Zweige und Netzwerkelemente, Festlegung der Richtung der Zweigstr¨ ome und Eliminierung der Zweigspannungen u ¨ ber die U, I-Beziehung der Netzwerkelemente. Auswahl der k − 1 Knoten und m = z − (k − 1) unabh¨angigen Maschen. Kennzeichnung der Knoten (K1, . . . ,K(k − 1)) und unabh¨angigen Maschen (M1, . . . ,Mm) durch Ringpfeil in gew¨ahlter Umlaufrichtung (zweckm¨aßig Uhrzeigersinn). Aufstellung der unabh¨ angigen Knoten- und Maschengleichungen mit Einschluss der U, I-Beziehungen der Netzwerkelemente. L¨osung des Gleichungssystems nach den z Unbekannten. ¨ Uberpr¨ ufen der Ergebnisse durch zweckm¨ aßige Vereinfachungen, Sonderf¨alle, Diskussion und R¨ uckeinsetzen.

Wir beschr¨anken uns auf die Punkte 1–4. Zur Senkung des L¨ osungsaufwandes 1. 2.

3.

Netzwerk so zusammenfassen, dass m¨ oglichst wenige Variable auftreten (reihenoder parallelgeschaltete Elemente zusammenfassen). Vereinfachung quellenloser Netzwerkteile durch unabh¨ angige Recheng¨ ange. So entsteht ein Netzwerk mit weniger Maschen und Knoten. Methoden: Reihenund Parallelschaltung von Elementen, Stern-Dreieck-Umwandlung, Quellenver¨ schiebung, Anwendung des Uberlagerungssatzes. Oft vereinfacht sich das Netzwerk durch Umwandlung von Strom- in Spannungsquellen (und umgekehrt) und Zusammenfassen.

F¨ ur bis zu 4 Unbekannten ist die direkte L¨osung der Gleichungen noch m¨oglich, dar¨ uber empfiehlt sich die Anwendung der Matrizenrechnung mit rechnergest¨ utzter L¨ osung oder der Einsatz von Simulationsprogrammen.

3.1

Netzwerkbeschreibung

249

Beispiel 3.1.1 Reduzierte Kirchhoffsche Gleichungen Es ist die Schaltung in Abb. 3.1.4 zu analysieren. Erforderlich sind mit z = 3 Zweigen und k = 2 Knoten insgesamt eine Knoten- und zwei unabh¨ angige Maschengleichungen zur Berechnung der Str¨ ome I1 . . . I3 . Die Spannungsabf¨ alle in den Maschengleichungen werden u ¨ ber die Elementbeziehungen durch die Str¨ ome ausgedr¨ uckt: K1 : I1 + I2 − I3 = 0 (1) } ff M 1 : R1 I1 + R3 I3 = Uq1 (2) M 2 : −R2 I2 − R3 I3 = Uq2 (3)

k − 1 = 1 Gleichung z − (k − 1) = 2 Gleichungen.

(Strom in Gl. (1) hinfließend +, wegfließend −). Zur L¨ osung des Stromes I3 werden die Str¨ ome I1 und I2 eliminiert: I3 =

Uq1 G1 − Uq2 G2 . 1 + R3 (G1 + G2 )

Diskussion F¨ ur R3 → 0 darf I1 und I2 nur noch von der Spannungsquelle in der ur R3 → ∞ muss betreffenden Masche abh¨ angen: I1 = Uq1 /R1 , Iq2 = Uq2 /R2 , f¨ I1 = −I2 = (Uq1 − Uq2 )/(R1 + R2 ) gelten, da eine einfache Masche vorliegt.

Systematische Zweigstromanalyse, Matrixdarstellung Spaltenweises Ordnen

der Kirchhoffschen Gleichungen nach den Zweigstr¨omen I1 . . . I3 ergibt folgendes Schema: Gleichung I1 I2 I3 Quellenspannung Knoten +1 +1 −1 0 R3 Uq1 Masche 1 R1 0 Masche 2 0 −R2 −R3 Uq2 ⎛ ⎞ ⎛ ⎛ ⎞ ⎞ I1 0 +1 +1 −1 ⎝ R1 0 R3 ⎠ · ⎝ I2 ⎠ = ⎝ Uq1 ⎠ . 0 −R2 −R3 I3 Uq2    Koeffizientenmatrix

Spaltenmatrix d. Str¨ ome

(3.1.4)

Spaltenmatrix d. Quellen

Die links stehende Koeffizientenmatrix ist quadratisch, da stets so viele Gleichungen (∼ Zeilen) wie Unbekannte (Spalten, Str¨ ome) auftreten. Die Koeffizienten sind entweder ±1 (herr¨ uhrend von den Knotengleichungen) oder Widerst¨ ande (herr¨ uhrend von den Maschengleichungen). Nicht vorhandene Terme erhalten den Eintrag 0. Die einzelnen Zeilen bilden genau die einzelnen Gleichungen ab. I1 I1R1 Uq1

R1 M1

I2

K1 I3 R3

I3R3

R2

I2R2

M2

Uq2 K2

Abb. 3.1.4. Beispiel zur Zweigstromanalyse

250

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Spaltenvektoren enthalten die Str¨ ome und Quellenspannungen. Die Multiplikation der Matrizen ergibt das Ausgangsgleichungssystem. Der Vorteil der Schreibweise Gl. (3.1.4) besteht u. a. darin, dass die Matrix der Schaltung entnommen werden kann. F¨ ur ein lineares Netzwerk gilt: 1.

2.

3.

In Knotengleichungen stehen als Matrixelemente entweder +1, (−1) oder null, je nachdem, ob der betreffende Strom zum Knoten hin -(weg)- fließt oder nicht vorhanden ist (0). Die Maschengleichungen enthalten als Matrixelemente in der jeweiligen Zeile den Widerstand, der von dem zur Spalte geh¨ origen Strom durchflossen wird [Vorzeichen +(−), wenn Maschenumlaufrichtung und Stromrichtung u ¨ bereinstimmen (nicht u atze haben den Eintrag null. ¨ bereinstimmen)]. Leere Pl¨ In der Spaltenmatrix der Quellengr¨ oßen stehen die Quellenspannungen (positiv, wenn Maschenumlauf und Quellenrichtungssinn entgegengesetzt orientiert und umgekehrt) bzw. die Quellenstr¨ ome (negativ, wenn zum Knoten hin gerichtet und umgekehrt).

Die Matrixdarstellung Gl. (3.1.4) repr¨ asentiert ein lineares Gleichungssystem. Es kann, abh¨ angig von der Netzwerkgr¨oße, von wenigen Unbekannten bis zu einigen Tausend f¨ ur große Netzwerke reichen. Dann sind numerische Auswertungen erforderlich. Das Zweigstrom-/bzw. Zweigspannungsverfahren ist uneingeschr¨ankt anwendbar, auch f¨ ur nichtlineare Netzwerke.

3.2

3.2 Maschenstromanalyse Einf¨ uhrung Der Analyseaufwand beim Zweigstromverfahren sinkt durch Ein-

f¨ uhrung von Hilfsvariablen, die entweder die Knoten- oder die Maschengleichung automatisch (durch ihre Definition) erf¨ ullen. Dann entf¨allt die Aufstellung dieser Gleichungen. Hilfsvariable sind beim Maschenstromverfahren die Maschenstr¨ome und beim Knotenspannungsverfahren die Knotenspannungen (Kap. 3.3). Das Maschenstromverfahren benutzt f¨ ur die Maschenstr¨ome die Fundamentalmaschen und/oder Fenstermaschen, das Knotenspannungsverfahren die Baumzweige eines Sternbaumes. Deshalb kommen beide ohne Baumsuche aus. Zur Erh¨ ohung der Anwendungsflexibilit¨ at werden beim Maschenstromverfahren h¨ aufig auch Schleifen einbezogen (es mutiert damit in Strenge zum Schleifenverfahren, das eine Baumfestlegung erfordert). Wir behalten in diesem Abschnitt die Bezeichnung Maschenstromverfahren“ bei, ber¨ ucksichtigen aber schon das Aufstellen ” von Schleifengleichungen. Erst bei der matrixorientierten Darstellung (Kap. 3.4.1) trennen wir zwischen Schleifen- und Schnittmengengleichungen und diskutieren

3.2

Maschenstromanalyse

251

dann die Vereinfachungen, die zum Maschenstrom- und Knotenspannungsverfahren f¨ uhren.

Beide Methoden haben bestimmte Voraussetzungen. So erlauben Schleifenstr¨ ome keine Stromquellen und Baumzweigspannungen keine Spannungsquellen. Diese Bedingungen stammen von der Unvertr¨aglichkeit mit den eingef¨ uhrten Unbekannten. Sie werden sp¨ ater entsch¨arft (Supermaschen-, Superknotenkonzept). 3.2.1 Maschenstr¨ ome Ein Netzwerk mit z Zweigen und k − 1 Knoten hat m unabh¨angige Maschen. Bei der Maschenstrom- oder kurz Maschenanalyse (mesh analysis) wird in jeder unabh¨angigen Masche ein Maschenstrom Im (Symbolindex m, Masche) als Unbekannte eingef¨ uhrt. Er fließt als Umlaufstrom nur in einer unabh¨angigen Masche. Seine Richtung wird frei gew¨ahlt und durch einen Ringpfeil ausgedr¨ uckt. Abb. 3.2.1a zeigt den Unterschied zwischen Zweig- und Maschenstrom (am Beispiels des Netzwerkes Abb. 3.1.1). Zweigstr¨ ome sind physikalisch existent, also messbar. Dagegen ist der Maschen-/Schleifenstrom der Strom im Verbindungszweig der betreffenden unabh¨ angigen Masche /Schleife und kann nur dort gemessen werden, sonst nicht (deswegen Rechengr¨ oße“). ” Umgekehrt lassen sich die Zweigstr¨ ome (Str¨ome in den Zweigen des vollst¨andigen Baumes) durch die algebraische Summe der zugeh¨origen Maschen-/ Schleifenstr¨ ome ausdr¨ ucken). Zweigströme (Messgrössen)

I5

K1 M1

I2 K2

K3

Im1

Im2 I4

I1

a

Im3 I M3 3

Im3

K2

K2 K3

K3 K1

K1

Im2

Im1

Im2 Im1

M2

I6 K4

K4 Maschenströme Im I1=Im1 I2=Im1-Im3 I4=Im1-Im2

K4

Im3

b

c

Abb. 3.2.1. Zum Maschenstrombegriff. (a) Definition des Maschenstromes. (b) Netzwerk-

graph mit Fenstermaschen. (c) Anderer vollst¨ andiger Baum, es treten auch Schleifenstr¨ ome auf

252

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Zum Netzwerk der Abb. 3.2.1a wurde in Abb. 3.2.1b ein Sternbaum angegeben (Bezugsknoten K4). Abb. 3.2.1c zeigt einen anderen Graphen des gleichen Netzwerkes. Jetzt tritt ein Schleifenstrom auf, dessen Festlegung einen Baum erfordern w¨ urde (hier nicht wegen Einfachheit). Ein Oberbegriff f¨ ur beide Str¨ome ist der Umlaufstrom“. ” Im Netzwerk mit z Zweigen und k Knoten bilden die m = z −k+1 Maschen/Schleifenstr¨ome ein vollst¨ andiges System unabh¨angiger Zweigstr¨ome. Sie erf¨ ullen die k − 1 Knotengleichungen automatisch. Weil f¨ ur die Maschenstr¨ ome5 nur noch Maschengleichungen aufzustellen sind, wird schon eine Voraussetzung des Verfahrens sichtbar: die U, I-Relationen der Zweige m¨ ussen nach den Spannungen aufl¨osbar sein. Deshalb d¨ urfen im Netzwerk nur unabh¨ angige oder stromgesteuerte Spannungsquellen auftreten, keine Stromquellen (unabh¨ angige und gesteuerte). Ideale Stromquellen sind beim Grundverfahren deshalb nicht zul¨ assig, weil die Spannung u ome ausgedr¨ uckt werden kann. Ande¨ber der Quelle nicht durch Str¨ rerseits w¨ urde eine ideale Stromquelle als Verbindungszweig aber automatisch den zugeh¨ origen Maschenstrom festlegen, m. a. W. muss diese Maschengleichung nicht aufgestellt werden. Diesen Ansatz nutzt sp¨ ater die Erweiterung auf Stromquellen (s. Kap. 3.2.3).

Damit ergibt sich f¨ ur ein lineares Netzwerk mit nur unabh¨angigen Spannungsquellen die L¨ osungsmethodik Maschenstromanalyse

1. 2. 3.

4. 5.

Ermittlung der Zahl unabh¨ angiger Maschen m (z. B. nach der Methode des vollst¨andigen Baumes oder anderer Verfahren). Einf¨ uhrung eines Maschenstromes in jeder unabh¨angigen Masche mit beliebiger Umlaufrichtung. Aufstellen der Maschengleichung (ΣU = 0) f¨ ur jede unabh¨angige Masche (in Umlaufrichtung des Maschenstromes). Spannungsabf¨alle u ¨ber den Netzwerkelementen durch Maschenstr¨ome ausdr¨ ucken. Darstellung der gesuchten Zweigstr¨ ome durch ihre Maschenstr¨ome. Aufl¨osung des Gleichungssystems 3. nach den Maschenstr¨omen, die gem¨aß 4. erforderlich sind.

Schritt 4 und 5 reduzieren sich auf einen Maschenstrom, wenn der betreffende Zweig als unabh¨ angiger Zweig gew¨ ahlt wird: dann ist der gesuchte Zweigstrom zugleich Maschenstrom. 5

Wir sprechen k¨ unftig nur noch von Maschenstr¨ omen, aus dem Kontext ergibt sich, ob ein Maschen- oder Schleifenstrom vorliegt.

3.2

Maschenstromanalyse

253

Hinweis: Zu 1. Nach der Anschauung oder der Methode des vollst¨ andigen Baumes (Aufzeichnen des Streckenkomplexes, Nummerierung der Zweige, Eintragen des Bezugssinnes der Zweigstr¨ ome und Spannungsquellen mit Richtung) oder der Fenstermaschenmethode B¨ aume so aufstellen, dass die gesuchten Str¨ ome in den Zweigen des Komplement¨ arbaumes auftreten (Rechenvereinfachung). Spannungsquellen in Verbindungszweigen kommen nur einmal (d. h. in einer Gleichung) vor. Zu 3. Zweckm¨ aßig schematische Anordnung der m Maschengleichungen (Zeilen) und m Maschenstr¨ ome (Spalten): in der Hauptdiagonalen des Gleichungssystems stehen die Umlaufwiderst¨ ande, als Nebendiagonalelemente die Koppelwiderst¨ ande (s. u.); das Gleichungssystem ist symmetrisch, wenn nur die Grundelemente R, C, L (und gekoppelte Spulen) vorkommen. Zweckm¨ aßig schreibt man zuerst den Spannungsabfall durch den Maschenstrom der betreffenden Masche und dann, geordnet nach den Maschenstr¨ omen der Nachbarmaschen, die dadurch erzeugten Spannungsabf¨ alle (Vorzeichen s. Abb. 3.2.2); bei Fenstermaschen und gleichen Umlaufrichtungen aller Maschenstr¨ ome haben alle Nebendiagonalglieder negative Vorzeichen.

Beispiel 3.2.1 Maschenstromanalyse F¨ ur die Schaltung Abb. 3.2.2 (k = 2 Knoten (K1, K2), z = 3 Zweige und damit m = z − (k − 1) = 3 − 1 = 2 unabh¨ angige Maschen) wird der Zweigstrom I3 nach dem Maschenstromverfahren bestimmt. Die drei Zweigstr¨ ome I1 . . . I3 als Unbekannte erfordern nach der Zweigstromanalyse (Kap. 3.1.2) die L¨ osung von drei Gleichungen. Es fallen folgende Schritte an: 1.

2.

Zeichnung der Schaltung als Streckenkomplex (Abb. 3.2.2b), Ermittlung des vollst¨ andigen Baumes (Abb. c). Er enth¨ alt wegen k = 2 nur einen Zweig. Das Baumkomplement gibt mit dem vollst¨ andigen Baum gerade den Streckenkomplex. Die m = 2 unabh¨ angigen (Verbindungs-) Zweige schließen die beiden unabh¨ angigen Maschen M1, M2. In diesen Maschen werden die Maschenstr¨ ome Im1 und Im2 mit willk¨ urlich angesetzter Orientierung eingef¨ uhrt. I1

K1

R1 Uq M1

R2

K1 vollständiger Baum

K1

I2

I3 M2

R3

I2 I1

I3 K2

K2

a

b

Im2

Im1

K2 unabhängige Zweige

c

Abb. 3.2.2. Beispiel zur Maschenstromanalyse. (a) Netzwerk. (b) Gerichteter Graph. (c)

Zugeh¨ origer vollst¨ andiger Baum

254

3.

4.

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Maschengleichungen lauten: M1: (R1 + R2 )Im1 − R2 Im2 = Uq ,

(3.2.1a)

M2: −R2 Im1 + (R2 + R3 )Im2 = 0. (3.2.1b) Der erste Term in (3.2.1a) ist der Gesamtspannungsabfall in Masche M1 durch Im1 , der zweite der Spannungsabfall in M1 durch Im2 durch R2 (negatives Vorzeichen, da Im2 durch R2 entgegen der Richtung von Im1 fließt. Rechts steht die Quellenspannung. In Gl. (3.2.1b) ist der erste Term der Spannungsabfall an R2 durch Im1 , der zweite der Gesamtspannungsabfall des Maschenstromes Im2 in der Masche. Die rechte Seite verschwindet wegen fehlender Quellenspannung in M2. Es ist wichtig, die Maschengleichung sofort in der Form (3.2.1a) und (3.2.1b) zu schreiben, um die Symmetrie zu erkennen (Senkung von Fehlerquellen!). Man beachte, dass alle Terme positiv sind, die vom Maschenstrom der eigenen Masche erzeugt werden. Aus Gl. (3.2.1a) erkennt man: R11 = R1 + R2 , R22 = R2 + R3 , R12 = R21 = −R2 im Hinblick auf eine Matrixschreibweise Gl. (3.2.7). Der gesuchte Zweigstrom I3 entspricht dem Maschenstrom Im2 . Daher wird Gl. ost: (3.2.1) nach Im2 aufgel¨ ˛ ˛ ˛ R1 + R 2 U q ˛ ˛ ˛ ˛ −R2 0 ˛ R2 Uq ˛ = Im2 = ˛ . (3.2.2) ˛ R1 + R2 (R1 + R2 ) (R2 + R3 ) − R22 −R2 ˛˛ ˛ ˛ −R2 R2 + R3 ˛ Der Zweigstrom I2 = Im1 − Im2 erfordert beide Maschenstr¨ ome. Deshalb ist ein vollst¨ andiger Baum g¨ unstiger, der den von I2 durchflossenen Zweig als unabh¨ angigen Zweig enth¨ alt: I2 wird zugleich Maschenstrom.

Beispiel 3.2.2 Maschenstromanalyse F¨ ur die Br¨ uckenschaltung in Abb. 3.2.3a (z = 6, k = 4) sind alle Zweigstr¨ ome nach der Maschenstromanalyse zu bestimmen. Abb. b zeigt den gerichteten Graph. Die Zahl der Maschenstr¨ ome folgt aus den unabh¨ angigen Zweigen als Baumkomplement. Das Netzwerk ist eben, die drei unabh¨ angigen Maschen M1 . . . M3 sind rasch festgelegt. Jeder unabh¨ angige Zweig erh¨ alt einen Maschenstrom Im zugeordnet (Abb. c). Er fließt in der zugeh¨ origen Masche. Von den 6 Zweigstr¨ omen I1 . . . I6 stimmen drei (I2 , I3 , I4 ) unmittelbar (u. U. bis auf Vorzeichen) mit den Maschenstr¨ omen Im1 , Im2 , Im3 u ¨ berein. Die restome ausgedr¨ uckt: I1 = Im1 − Im3 , lichen Str¨ ome I1 , I5 , I6 werden durch Maschenstr¨ I5 = −Im3 − Im2 , I6 = −Im2 − Im1 . Damit erf¨ ullen die m = z − (k − 1) = 6 − 3 Maschenstr¨ ome die Knotens¨ atze der Knoten K1 . . . K4 automatisch. (Man bilde versuchsweise die Bilanz f¨ ur K3, es treten nur Maschenstr¨ ome auf). Der n¨ achste Schritt formuliert den Maschensatz f¨ ur jede unabh¨ angige Masche mit den Maschenstr¨ omen. Von einem Knoten ausgehend wird die Masche dabei in Richtung des Maschenstromes umfahren. Dann sind Spannungsabf¨ alle an den Netzwerkelementen positiv. Der gleiche Zweig kann von mehreren Maschenstr¨ omen durchlaufen sein (z. B. Zweig mit I6 in Abb. c). Der Gesamtstrom in diesem Zweig ist die vorzeichenbehaftete Summe der beteiligten Maschenstr¨ ome.

3.2

Maschenstromanalyse

255

Zur Schaltung mit den eingetragenen unabh¨ angigen Maschen geh¨ oren drei Maschengleichungen: M1 : R1 Im1 + R2 (Im1 − Im3 ) + R3 (Im1 + Im2 ) = 0 M2 : R4 Im2 + R5 (Im2 + Im3 ) + R3 (Im1 + Im2 ) = 0 M3 : R6 Im3 + R5 (Im2 + Im3 ) + R2 (Im3 − Im1 ) = Uq .

(3.2.3)

Geordnet nach den Maschenstr¨ omen auf der linken Seite folgt Im1 (R1 + R2 + R3 )Im1 + (−) R3 Im1 − (+) R2 Im1

+ (−)

+ +

Im2 R3 Im2 (R3 + R4 + R5 )Im2 R5 Im2

Im3 R2 Im3 = 0 + R5 Im3 = 0 + (R2 + R5 + R6 )Im3 = Uq .

− (+)

(3.2.4) ost. Die Zweigstr¨ ome Mit Aufl¨ osung nach Im1 , Im2 , Im3 ist die Aufgabe prinzipiell gel¨ ergeben sich aus den Maschenstr¨ omen u ¨ ber lineare Gleichungen. Wird die Richtung des Maschenstroms Im1 vertauscht (also der Uhrzeigersinn gew¨ ahlt), so gelten die ome unteren Vorzeichen. Dann fließt z. B. durch R3 die Differenz der Maschenstr¨ ur Gl. (3.2.3) bietet sich Matrixschreibweise Gl. (3.2.7) an. Im1 und Im2 . F¨

Modifikation Wird die Spannungsquelle Uq (¨ uber R6 ) in eine Stromquelle umgewandelt, so bleibt die Rolle des Maschenstromes Im3 erhalten. In Gl. (3.2.4) ist statt Uq jetzt Iq R6 zu schreiben. Im Grenzfall R6 → ∞, oder besser G6 = ¨ zur idealen Stromquelle) geht die Maschengleichung M3 u 1/R6 → 0 (Ubergang ¨ ber in Im3 = Iq : jetzt ist der Maschenstrom Im3 vorgegeben (und das Gleichungssystem schrumpft auf M1, M2 f¨ ur Im1 und Im2 ! Wir erkennen: eine ideale Stromquelle als Verbindungszweig senkt die Zahl der Unbekannten um eine und sie bringt keinen Verbindungszweig zwischen zwei Knoten.

G¨ ultigkeitsbereich Die Maschenstromanalyse gilt wie die Kirchhoffschen Gesetze allgemein, also f¨ ur lineare und nichtlineare zeitunabh¨angige und zeitabh¨angige Netzwerke. K1 I4 R1

I6 M1

K2 I1

K3

Im1

K4

6 5

1

3

im1

Im2

R5 im3

Im3

R6

R6

a

b

im2

C2

K3

Uq

R4 R3

2

4 K4 K2 I5

M2 R5

M3

L1

R4

R3

R2

I3

K1

I2

c

uq

d

Abb. 3.2.3. Beispiel Maschenstromanalyse. (a) Netzwerk mit eingetragenen Zweigstr¨ omen

und Maschen. (b) Gerichteter Graph. c) Vollst¨ andiger Baum (Sternbaum) mit eingetragenen Maschenstr¨ omen. (d) Netzwerk mit allgemeinen Netzwerkelementen (Darstellung im Zeitbereich)

256

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Voraussetzung f¨ ur den Einbezug nichtlinearer Netzwerkelemente ist, dass ihre U, IRelation in der Form U (I) dargestellt werden kann (s. Kap. 3.2.5). F¨ ur das Netzwerk Abb. 3.2.3d mit Energiespeichern (ohne Anfangsenergie) und den Maschenstr¨ omen im1 , im2 , im3 lautet z. B. die Maschengleichung M1 im Zeitbereich: « „ Z Z dim1 1 1 + R3 im2 − (3.2.5) im1 dt + R3 im1 + L1 im3 dt = 0 C2 dt C2 (andere Maschen analog). Im Zeitbereich entstehen dann Integro-Differenzialgleichungen (sie enthalten Differenziale und Integrale).

3.2.2 Maschenwiderstandsmatrix Maschenwiderstandsmatrix Bei großen Netzwerken empfiehlt sich die Ver-

wendung von Matrizen. Wir beschr¨ anken uns damit auf lineare Gleichstromnetzwerke. Ausgang ist das System der m Maschengleichungen mit folgender Schreibweise Maschenstr¨ ome → M1 : R11 Im1 + R12 Im2 + . . . + R1m Imm Nummer ↓ M2 : R21 Im1 + R22 Im2 + . . . + R2m Imm der .. .. Masche . . Mm : Rm1 Im1 + Rm2 Im2 + . . . + Rmm Imm

= = .. . =

Uq1 Uq2 .. . Uqm .

(3.2.6)

Die Maschenstr¨ome sind in einer Zeile so geordnet, dass die zugeh¨orige Spaltennummer mit der Zeilennummer dieses Maschenstromes u ¨bereinstimmt. So entsteht immer eine quadratische Matrix (gleiche Spalten- und Zeilenzahl). Der einzelne Maschenstrom fließt durch den Umlaufwiderstand“ der betref” fenden Masche (R11 , R22 , . . .). Er steht in der Hauptdiagonale“ der Glei” chungsanordnung. Die restlichen Pl¨ atze nehmen die Koppelwiderst¨ande“ ” ein, z. B. R12 zwischen Masche 1 und 2 usw. F¨ ur die Koeffizienten Rij gelten einfache Bildungsregeln: 1. 2.

ande in Masche i (immer posiRii ist stets gleich der Summe der Zweigwiderst¨ tiv), daher der Name Umlauf- oder Ringwiderstand “. ” Rij ist der den Maschen i und j gemeinsame Widerstand = Koppelwiderstand, der sie miteinander verkoppelt (Name!). Er wird von den Maschenstr¨ omen Imi und Imj durchflossen. Ein Koppelwiderstand Rij erh¨ alt negatives Vorzeichen, wenn die Maschenstr¨ ome der verkoppelten Maschen in entgegengesetzten ur lineare NetzwerRichtungen fließen. Dabei gilt die Bedingung Rij = Rji f¨ ke aus nur passiven Netzwerkelementen (Rechenkontrolle beim Aufstellen der Maschengleichungen (3.2.6)). So hat beispielsweise der Koppelwiderstand R13 in Gl. (3.2.4) einen negativen Wert (−R2 ), weil die Maschenstr¨ ome Im1 , Im3 entgegengerichtet durch R2 fließen, w¨ ahrend R12 = R3 durch gleichgerichtete Maschenstr¨ ome positiv anf¨ allt.

3.2

Maschenstromanalyse

257

Das Gleichungssystem (3.2.6) der Maschenstr¨ ome lautet in Matrixform6 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ R11 R12 · · · R1m Im1 Uq1 ⎜ R21 R22 · · · R2m ⎟ ⎜ Im2 ⎟ ⎜ Uq2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ (3.2.7a) ⎜ . .. . . .. ⎟ · ⎜ .. ⎟ = ⎜ .. ⎟ ⎝ .. ⎠ ⎠ ⎝ ⎝ . . . . . ⎠ Rm1 Rm2 · · · Rmm Imm Uqm oder abgek¨ urzt R 

·

Im 

Maschenwider- Vektor der standsmatrix Maschenstr¨ ome

=

U qm  Vektor der Maschenquellenspannungen

.

Maschenstromgleichung, Matrixform

(3.2.7b)

Jede Matrixzeile beschreibt die Schaltungsstruktur einer Masche. Die Matrix der Koeffizienten heißt Maschenwiderstandsmatrix, ihre Koeffizienten sind die Ringwiderst¨ ande Rii bzw. die Koppelwiderst¨ande Rij = Rji . Uqj ist die Summe der unabh¨ angigen Quellenspannungen in der Masche i (gegen die Richtung des Maschenstromes positiv gez¨ahlt (Erzeugerpfeilrichtung)). Stimmt der Richtungssinn der Quellenspannung mit dem Maschenumlaufsinn u ¨berein (Verbraucherrichtung), so ist Uqj negativ anzusetzen. Die Maschenwiderstandsmatrix wird direkt dem Netzwerk entnommen: 1. 2. 3. 4.

5.

angigen Maschen ein (Umlauf beF¨ uhre Maschenstr¨ ome Im1 . . . Imm in unabh¨ liebig). Stelle ein Schema f¨ ur die m Maschenstr¨ ome (Spalten) und m Maschen (Zeilen) auf. Trage die Ringwiderst¨ ande Rii der zu den Zeilen geh¨ origen Maschen in den Hauptdiagonalelementen ein. atzen ein (Rij posiF¨ uge die Koppelwiderst¨ ande Rij auf den Nebendiagonalpl¨ tiv (negativ), wenn beide Maschenstr¨ ome Imi , Imj den Widerstand in gleicher (entgegengesetzter) Richtung durchfließen. Beachte die Symmetrie der Matrix (Rij = Rji ).

Im n¨achsten Schritt wird Gl. (3.2.7) nach den gesuchten Maschenstr¨omen aufgel¨ost und anschließend u ¨ ber die Knotengleichungen die Zweigstr¨ome ermittelt. Das lineare Gleichungssystem Gl. (3.2.7) hat die L¨osung I m = R−1 U qm .

6

L¨ osung der Maschenstr¨ome (3.2.8a)

Dieses ohmsche Gesetz in Matrixform wurde bereits von Maxwell formuliert.

258

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Aufl¨ osung der Maschengleichungen Die L¨osung des Maschengleichungssystems (3.2.8a) kann manuell oder rechnergest¨ utzt, symbolisch oder numerisch erfolgen. Im ersten Fall bietet sich die Cramersche Regel an (praktisch beschr¨ ankt auf 4 × 4Matrizen), im letzteren Fall unterst¨ utzt durch Rechnerprogramme (Taschenrechner, MATHCAD, MATLAB). Zur Vermeidung von Fehlern bei der numerischen Auswertung sollte eine Kontrolle u ¨ ber die Leistungsbilanz erfolgen. Danach muss die u uhrte Leistung gleich der Leistung sein, die in allen Zweig¨ber alle Quellen zugef¨ widerst¨ anden umgesetzt wird. Wir vertiefen diesen Aspekt im Zusammenhang mit dem Tellegen-Theorem (Kap. 4.7). Nach der Cramerschen Regel folgt f¨ ur den Maschenstrom Imi aus Gl. (3.2.8a): X Δji Uqj Δ1i Uq1 Δ2i Uq2 Δmi Uqm det Ri = + + ··· + = det R Δ Δ Δ Δ j=1 m

Imi =

(3.2.8b)

f¨ ur jedes i = 1 . . . m. Die Determinante der Maschenwiderstandsmatrix lautet ˛ ˛ ˛ R11 · · · R1m ˛ ˛ ˛ ˛ . .. ˛ , .. det R = Δ = ˛ .. ˛ . . ˛ ˛ ˛ Rm1 · · · Rmm ˛ ˛ ˛ ˛ R11 . . . R1(i−1) Uq1 R1(i+1) . . . R1m ˛ ˛ ˛ ˛ .. .. .. ˛ det Ri = ˛ ... . . . ˛˛ ˛ ˛ Rm1 . . . R Uqm R . . . Rmm ˛ m(i−1)

m(i+1)

ferner ist det R i die Determinante der Matrix R mit Ersatz der Spalte i durch den Quellenspannungsvektor U q . Die Unterdeterminante oder Adjunkte Δji zum Platz ji ist die Determinante der um die Zeile j und Spalte i reduzierten Matrix R multipliziert mit (−1)i+j . Die Determinante der Widerstandsmatrix h¨ angt nur von der Netzwerktopologie ab. Sie enth¨ alt bei Netzwerken ohne gesteuerte Quellen keine negativen Terme.

F¨ ur gr¨oßere Netzwerke bietet sich die direkte numerische Auswertung der Gl. (3.2.7b) mit Nutzung der Matrixinversion an (s. Gl. (3.4.13)), f¨ ur die es effiziente Implementierungen gibt. Interessiert jedoch nur der Einfluss bestimmter Bauelementeeigenschaften in einem (oder wenig zusammengefassten) Zweig, etwa f¨ ur Optimierungsuntersuchungen, so stellt die Anwendung der Zweipoltheorie eine Alternative dar (s. Kap. 3.3.6): das Restnetzwerk wird als aktiver Zweipol numerisch ausgewertet und der gew¨ unschte Zweig analytisch ber¨ ucksichtigt. Vertiefung Zweigstr¨ ome, Zweigspannungen Nach Gl. (3.2.8) setzt sich der Maschenstrom als Summe der Wirkungen der einzelnen Quellenspannun¨ ¨ gen nach Maßgabe eines Ubertragungsfaktors“ Δji /Δ zusammen: Uberlage” rungsprinzip. Aus den Maschenstr¨ omen Imi folgen die Zweigstr¨ome durch Linearkombination (Addition, Subtraktion). Auch daf¨ ur bietet sich die Matrixdarstellung an. Wir stellen ein Schema mit den Maschenstr¨omen als Spal-

3.2

Maschenstromanalyse

259

ten und den Zweigstr¨ omen als Zeilen auf. Ausgang ist der einzelne Zweig. Wird er von einem Maschenstrom durchflossen, so ist der zugeh¨orige Platz mit +1 (gleiche Stromrichtungen) bzw. −1 (entgegengesetzt) versehen. Alle u age: Das Schema lautet in allge¨brigen Pl¨atze der Zeile erhalten Nulleintr¨ meiner Schreibweise Im1 . . . Imm I1 c11 . . . c1m .. .. .. , . . . Iz cz1 . . . czm

Im1 Im2 Im3 1 0 −1 −1 1 0 0 1 −1 . 0 1 0 0 0 1 1 0 0

I1 I2 I3 I4 I5 I6

z. B.

(3.2.9)

Die Koeffizienten cij bestimmen sich nach der angegebenen Regel. Als Beispiel betrachten das Netzwerk Abb. 3.2.4a mit den dort eingef¨ uhrten sechs Zweig- und drei Maschenstr¨ omen (Abb. c). Jeder Zweigstrom wird durch die beitragenden Maschenstr¨ ome ausgedr¨ uckt, z. B. I1 = Im1 − Im3 usw. So folgt das rechte Schema Gl. (3.2.9). In Matrixform geh¨ort dazu I = C · I m.

Beziehung Zweig-Maschenstrom (3.2.10)

Dabei bedeuten C die Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix7, I den Vektor der Zweigstr¨ome und I m den Vektor der Maschenstr¨ome. Die Spalten von C geben an, zu welchen Zweigstr¨ omen ein Maschenstrom beitr¨agt und die Zeilen, welche Maschenstr¨ ome einen Zweigstrom bilden. Zweig- und Maschenstr¨ ome h¨ angen u ¨ ber die Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix C zusammen. U5 R5

I5

K1

R1

I1 I6

U6

U1

R6

Uq3 R3

K2 I2

K1

U4

4

R4

K3 K1

I1 K2 I3

3 6

1

I6 K4

b

I2

M1

Im3 Im1 Im2

M2

M2

M1

I4

K4

K4

c

M3

K3

Im2

Im1

K4

a

M3

Im3

K2 2

Uq2

Uq1

I5 5

K3

I4

U3

R2

U2

I3

d

Abb. 3.2.4. Beispiel Maschenstromanalyse. (a) Netzwerk. (b) Gerichteter Graph des Netz-

werkes. (c) Gew¨ ahlter vollst¨ andiger Baum, Festlegung der Maschenstr¨ ome (Fenstermaschenwahl). (d) Anderer vollst¨ andiger Baum mit anderen Maschen-/Schleifenstr¨ omen

7

incidere (lat.) verbinden.

260

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

In den einzelnen Maschen gilt der Maschensatz f¨ ur die Zweigspannungen. Dabei besteht der allgemeine Zweig nach Abb. 3.1.3 aus der Reihenschaltung eines Widerstandes R mit einer Spannungsquelle Uq . Ein Zweig zwischen den Knoten i und j hat dann die Zweigbeziehung Uij = Rij Iij − Uqij (bei Verbraucherrichtung (s. Gl. (3.1.3)). Die Maschengleichungen f¨ ur die Zweigspannungen U1 . . . U6 in Abb. 3.2.4a lauten somit (in Umlaufrichtung des jeweiligen Maschenstromes) M 1 : U 1 − U2 + U6 = 0 M 2 : U 2 + U3 + U4 = 0 M 3 : −U1 − U3 + U5 = 0 oder ⎛

⎞ ⎛U ⎞ 1 1 −1 0 0 0 1 .. ⎟ = M U = 0. ⎝ 0 1 1 1 0 0 ⎠·⎜ ⎝ . ⎠ z −1 0 −1 0 1 0 U6

Dabei sind Spannungsquellen in die Zweigspannungen eingeschlossen: U2 = I2 R2 − Uq2 , U5 = I5 R5 + Uq3 , U6 = I6 R6 − Uq1 . Die eingef¨ uhrte MaschenZweig-Inzidenzmatrix M (Index-Zuordnung (mi,j Masche (Zeile) i, Zweig (Spalte) j)) Zweige 1 2 3 4 ⎛ M1 1 −1 0 0 Maschen M2 ⎝ 0 1 1 1 M3 −1 0 −1 0

5 0 0 1

6 ⎞ 1 0⎠ =M 0

besteht aus m Zeilen und z Spalten. Man erkennt weiter, dass in der Spalte der Matrix, die den Verbindungszweigen zugeordnet ist (Spalten 4 . . . 6), immer nur ein Element von null verschieden ist w¨ahrend in den Spalten, die zu Baumzweigen geh¨ oren (Spalten 1 . . . 3), wenigstens zwei Elemente von null verschieden sind. Ein Vergleich der Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M mit der oben eingef¨ uhrten Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix C ergibt8 M U = C T U = 0.

Maschensatz (3.2.11)

Dies ist der Maschensatz in der Form ΣU = 0 f¨ ur jede Masche ausgedr¨ uckt f¨ ur den Vektor U der Zweigspannungen (vorausgesetzt, dass er in der gleichen Weise geordnet ist wie der Vektor der Zweigstr¨ome I). Ferner folgt M = C T 8

Die transponierte Matrix C T geht aus C durch Vertauschen von Zeilen und Spalten hervor. Dabei werden die Elemente cij mit cji der Matrix C vertauscht. So entsteht z. B. aus einer 6 × 3 Matrix eine 3 × 6 Matrix.

3.2

Maschenstromanalyse

261

bzw. C = M T : die Maschen-Zweig Inzidenzmatrix ist die Transponierte der Zweig-Maschen Inzidenzmatrix! Wir k¨ onnen deshalb auf die weitere Benutzung der Maschen-Inzidenzmatrix C zugunsten von M verzichten9 . Die Zweigspannungen sind u ¨ ber die Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M miteinander verkn¨ upft. Sie gibt an, welche Zweige des Graphen mit welchen Maschen inzident sind. Die Zeilen entsprechen den Maschen, die Zweige den Spalten. Letztere kennzeichnen, zu welchen Maschen die betreffende Zweigspannung beitr¨agt und die Zeilen, welche Zweige zu einer Masche geh¨oren. Die L¨osung der Zweigstr¨ ome lautet schließlich mit Gl. (3.2.10), (3.2.8a) I = CR−1 U q = M T R−1 U q .

Zweigstr¨ ome-Spannungsquellen, (3.2.12) Maschenstromverfahren

Dabei wurde Uqm = Uq gesetzt. Das Schema Gl. (3.2.10) enth¨ alt in den Zweigstr¨ omen auch die m Maschenstr¨ ome mit (im Schema rechts z. B. I4 = Im2 , I5 = Im3 , I6 = Im1 ). Deshalb kann der Zweigstromvektor prinzipiell auch auf einen Vektor reduziert werden, der nur die Str¨ ome in den Baumzweigen (in Abb. 3.2.4a I1 , I2 , I3 ) umfasst. Dadurch verkleinert ¨ sich die Matrix C resp. M . Im Kap. 3.4 erfolgen dazu weitere Uberlegungen. Durch Umordnung der Zeilen der Matrix C in eine Einheitsmatrix E und einen Rest wird die Verkn¨ upfung zwischen Baumzweig- und Maschenstr¨ omen deutlicher.

Alternativform Genauer betrachtet wurde in Gl. (3.2.9) die Zuordnung der Zweigund Maschenstr¨ ome auf Zeilen und Spalten vertauscht, was zur Maschen-ZweigInzidenzmatrix M f¨ uhrte I1 · · · Iz I1m b11 . . . b1z .. .. .. . . . Imm bm1 . . . bmz

I1 I2 I3 I4 I5 I6 Im1 1 −1 0 0 0 1 . Im2 0 1 1 1 0 0 Im3 −1 0 −1 0 1 0

In den Spalten dieser Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix, die Verbindungszweigen zugeordnet sind (I4 , I5 , I6 ), steht jeweils nur ein von null verschiedenes Element, w¨ ahrend in den restlichen Baumzweigen mindestens zwei von null verschiedene Elemente auftreten. Die Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M ist eine spezielle Form der allgemeineren Schleifen-Zweig-Inzidenzmatrix B. Sie wird sp¨ ater ausschließlich verwendet. Es hat sich eingeb¨ urgert, die Zweige als Spalten anzusetzen und die Zeilen als Maschen (wie hier) oder in einer anderen Form auch als Knoten. In den folgenden Ausf¨ uhrungen kann deshalb C = M T bzw. M = C T ausgetauscht werden.

9

Die Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M wird k¨ unftig kurz als Maschen-Matrix bezeichnet.

262

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Beispiel 3.2.3 Unabh¨ angige Maschen Wir vertiefen die Analyse der Schaltung Abb. 3.2.4a mit k = 4 Knoten (K1, . . ., K4), z = 6 Zweigen und m = 6 − 3 = 3 unabh¨ angigen Maschen, entweder durch Zeichnen eines vollst¨ andigen Baumes oder direkt aus der Schaltung (gelegentlich als ¨ außere Fenstermaschen“ bezeichnet, ” Abb. 3.2.4c). Hier sind die Zweige 1. . .3 Baumzweige und Zweige 4. . .6 Verbindungszweige. Der Zweigstrom durch R2 wird aus Im1 , Im2 gebildet. Die L¨ osungsmethodik erfordert folgende Schritte: 1. 2. 3.

4.

5.

Der vollst¨ andige Baum ergibt m = 3 unabh¨ angige Zweige als Baumkomplement. Es werden drei unabh¨ angige Maschenstr¨ ome Im1 . . . Im3 in den Maschen M1 . . . M3 mit je einem unabh¨ angigen Zweig (= Verbindungszweig) eingef¨ uhrt. Man erh¨ a lt die Maschengleichungen in Matrixform 0 1 0 1 0 1 −R2 −R1 R1 + R2 + R6 Im1 Uq1 − Uq2 @ A · @Im2 A = @ A. −R2 R2 + R3 + R4 −R3 Uq2 −R1 −R3 R1 + R3 + R5 Im3 −Uq3 (3.2.13) Dieses Gleichungssystem folgt auch sofort aus dem Netzwerk. Sichtbar ist die Symmetrie der Matrix: Rij = Rji . Die Hauptdiagonalglieder sind die Maschenwiderst¨ ande Rii . Beispielsweise ergibt ein Umlauf in M2 die Widerstandssumme R2 +R3 +R4 , in M3 die Summe R1 +R3 +R5 usw. Das Nebendiagonalglied R12 wird aus dem Spannungsabfall gebildet, der in Masche 1 (in Umlaufrichtung von Im1 ) durch den Maschenstrom Im2 aus Masche 2 entsteht. Er ist nach der Vorzeichenfestlegung negativ, also −R2 Im2 , d. h., R12 = −R2 . In Masche M1 entsteht noch ein Spannungsabfall herr¨ uhrend von Im3 an R1 (letztes Glied der ersten Zeile). Mit der ersten Zeile ist auch die erste Spalte bestimmt. So kann die Koeffizientenmatrix direkt aus der Schaltung abgelesen werden und das Aufstellen der Maschengleichungen entf¨ allt. Durch die unabh¨ angigen Maschen und gleiche Umlaufrichtungen der Maschenstr¨ ome hat das Schema noch eine Besonderheit: alle Nebendiagonalglieder haben negative Vorzeichen (das ist bei unterschiedlichen Umlaufrichtungen und/ oder allgemeinem Baum nicht der Fall!). Der gesuchte Zweigstrom durch R2 erfordert die Beziehungen zwischen Zweigund Maschenstr¨ omen (Gl. (3.2.10)). Es gibt 6 Zweigstr¨ ome I1 . . . I6 , davon 3 Maschenstr¨ ome. Der Schaltung oder auch der Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix Gl. (3.2.9) entnimmt man I1 = Im1 − Im3 , I2 = Im2 − Im1 , I3 = Im2 − Im3 , . I4 = Im2 , I5 = Im3 I6 = Im1 Die Knotenregel wird durch die Maschenstr¨ ome von selbst erf¨ ullt z. B. gilt f¨ ur Knoten K2: I1 + I2 − I3 = (Im1 − Im3 ) + (Im2 − Im1 ) − (Im2 − Im3 ) = 0. Im letzten Schritt l¨ osen wir das Gleichungssystem (3.2.13) nach Im2 und Im1 auf und berechnen den Zweigstrom I2 = Im2 − Im1 . Einfache Beziehungen ergeben sich f¨ ur Zweigstr¨ ome, die auch Maschenstr¨ ome sind (hier I4 , I5 , I6 ). Damit der Zweigstrom I2 zugleich Maschenstrom wird, m¨ usste ein anderer vollst¨ andiger Baum gew¨ ahlt werden, wie beispielsweise in Abb. 3.2.4d. Dann entf¨ allt allerdings der Vorteil der ¨ außeren Fenstermaschen.

3.2

Maschenstromanalyse

263

3.2.3 Erweitere Maschenstromanalyse* Allgemeine Erweiterungen Wir entsch¨ arfen jetzt die f¨ ur das Grundverfahren getroffenen Voraussetzungen und lassen unabh¨angige Stromquellen, gesteuerte Quellen und gekoppelte Spulen zu.

Unabh¨angige Stromquellen k¨ onnen unterschiedlich einbezogen werden: Durch Strom-Spannungsquellen-Transformation. Sie setzt einen Quelleninnenwiderstand voraus. Er ist ggf. hinzuzuf¨ ugen und in der L¨osung wieder zu entfernen. Durch Quellenteilung und -versetzung (¨ uber Widerstandszweige und anschließende Wandlung in Spannungsquellen). Durch Einf¨ uhrung des Quellenstromes als Maschenstrom im betreffenden Zweig: Supermaschenanalyse. Einf¨ uhrung eines kleinen Hilfsleitwertes parallel zur Stromquelle (und Wandlung in eine Spannungsquelle), der das Ergebnis praktisch nicht beeinflusst. Dieses Verfahren nutzen numerische L¨osungen. Gesteuerte Quellen Spannungsquellen werden als maschenstromgesteuert formuliert und bei Aufstellung des Gleichungssystems vorerst als unabh¨angig angesetzt (und bei den unabh¨ angigen Spannungen rechts ber¨ ucksichtigt). Im n¨achsten Schritt bringt man sie nach links zum entsprechenden Maschenstrom. Dadurch geht die Matrixsymmetrie verloren. Stromquellen werden in gesteuerte Spannungsquellen u uhrt oder, falls ¨ berf¨ nicht m¨oglich, wie unabh¨ angige Stromquellen behandelt (s. o.). Gekoppelte Spulen ber¨ ucksichtigt man durch ihre Ersatzschaltung mit gesteuerten Spannungsquellen (Bd. 2). Jede Spulenseite wird als Zweig des Netzwerkes betrachtet und die Gegeninduktivit¨ at als maschenstromgesteuerte Spannungsquelle modelliert. Zusammengefasst ist in der L¨ osungsmethodik Maschenstromanalyse der Punkt 3 f¨ ur Netzwerke mit unabh¨ angigen Stromquellen, gesteuerten Quellen und gekoppelten Spulen durch folgende Schritte zu erg¨anzen: Transformiere unabh¨ angige Stromquellen in unabh¨ angige Spannungsquellen (evtl. unter Benutzung von Netzwerkelementen). Gesteuerte Spannungsquellen betrachte man zun¨ achst als unabh¨ angige Quellen und dr¨ ucke anschließend ihre Steuergr¨ oße durch Maschenstr¨ ome aus.

264

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Gesteuerte Stromquellen betrachte man zun¨ achst als unabh¨ angige Quellen, transformiere sie in Spannungsquellen und dr¨ ucke ihre Steuergr¨ oße anschließend durch Maschenstr¨ ome aus. Gekoppelte Spulen werden durch ihre Ersatzschaltung mit stromgesteuerter Spannungsquelle erfasst.

Stromquellen als Maschenstr¨ ome, Supermaschenverfahren Bei Stromquellen

kann es vorteilhaft sein, Quellenstr¨ome selbst als (bekannte) Maschenstr¨ome zu verwenden. Diese Methode ist in einer speziellen Variante als Supermaschenverfahren (superloop analysis) bekannt. Dazu wird ein vollst¨andiger Baum so gew¨ahlt, dass (unabh¨ angige und gesteuerte) Stromquellen nur in Verbindungszweigen liegen. Dann bildet jede eine unabh¨angige Fundamentalschleife, deren Schleifenstrom (ev. vorzeichenbehaftet) gleich dem jeweiligen Quellenstrom ist. Hat das Netzwerk n Stromquellen und gibt es insgesamt m = z − (k − 1) Fundamentalschleifen, so sind nur noch m − n unabh¨angige Schleifenstr¨ome zu bestimmen! Damit entf¨ allt die Aufstellung der n Maschengleichungen u ¨ ber Stromquellen, weil ihre Maschenstr¨ome bekannt sind. Mit steigender Zahl an Stromquellen sinkt bei diesem Ansatz der L¨osungsaufwand. Das Verfahren ist in dieser Form unabh¨ angig von der Lage der Stromquellen anwendbar, f¨ ur spezielle Stromquellenanordnungen heißt es Supermaschenverfahren. L¨ osungsmethodik Maschenstromanalyse mit Stromquellen

1.

2. 3.

4.

Man entferne alle (idealen) Stromquellen (abh¨angige und gesteuerte) aus dem Netzwerk, bilde den vollst¨ andigen Baum und damit m − n unabh¨angige Schleifen. Zuordnung eines Maschenstromes zu jeder unabh¨angigen Schleife. Man setze die Stromquellen der Reihe nach wieder ein und f¨ uhre u ¨ber jede einen Maschenstrom, der (vorzeichenbehaftet) gleich dem Quellenstrom ist. Bei spannungsgesteuerten Quellen m¨ ussen die Steuergr¨oßen durch Maschenstr¨ ome ausgedr¨ uckt werden. F¨ ur jede Schleife, die keine Stromquelle enth¨alt, wird die Maschengleichung aufgestellt. So entstehen m − n unabh¨angige Gleichungen.

Beim Supermaschenkonzept wird das Verfahren modifiziert. In Netzwerken treten drei Maschenarten auf: Maschen ohne Stromquellen, die wesentlichen oder Hauptmaschen, Maschen mit einer Stromquelle am Schaltungsrand“ (sog. ¨außere oder ” nicht wesentliche Maschen), Supermaschen.

3.2

Maschenstromanalyse

265

Eine Supermasche ist eine gr¨ oßere Masche gebildet aus zwei Maschen mit gemeinsamer idealer Stromquelle. Am einfachsten erkennt man die Maschengruppen durch Auftrennen aller Stromquellen und Ersatz der Spannungsquellen durch Kurzschl¨ usse. Zur Analyse werden wie bisher Maschenstr¨ ome in allen Hauptmaschen eingef¨ uhrt, die Stromquellen u außere Maschen als (bekannte) Maschenstr¨ome ¨ber ¨ u uhrt, ¨ber das Netzwerk gef¨ in jeder Supermasche zwei Maschenstr¨ ome u ¨ ber eine gemeinsame (bekannte) Stromquelle eingef¨ uhrt. Die Supermasche wird so durch einen Spannungsumlauf l¨angs der Masche und eine Zwangsbedingung (Knotensatz) zwischen den beiden (eingef¨ uhrten) Maschenstr¨ omen und dem Quellenstrom beschrieben, m. a. W. nur durch einen (unbekannten) Maschenstrom. Diese Stromquellenzwangsbedingung eliminiert einen der beiden Maschenstr¨ome. So erkl¨art sich (ebenso wie f¨ ur Stromquellen in ¨außeren Maschen), dass jede Stromquelle die Zahl der zu bestimmenden Maschenstr¨ome um eins reduziert. Ein anderer Ansatz ist die Beschreibung einer Supermasche durch eine einzuf¨ uhrende Hilfsspannung UH u ¨ ber der Stromquelle (s. u.). L¨ osungsmethodik Supermaschenverfahren

1. 2.

3.

4.

Entferne alle unabh¨ angigen und gesteuerten Stromquellen und bereite das Netzwerk zur Maschenstromanalyse vor. F¨ uge der Reihe nach die Stromquellen in den a¨ußeren Maschen ein und lege jeweils einen Maschenstrom durch jede Stromquelle (der damit bekannt ist). F¨ uhre in jeder Supermasche zwei Maschenstr¨ome u ¨ ber die gemeinsame Stromquelle ein und verbinde beide Maschenstr¨ome mit dem Quellenstrom u ¨ ber den Knotensatz (Zwangsbedingung). (Bei gesteuerten Quellen muss die Steuergr¨ oße durch Maschenstr¨ome ausgedr¨ uckt werden). Eliminiere so einen der beiden Maschenstr¨ome. Stelle die m − n Maschengleichungen f¨ ur die unabh¨angigen Maschen nach 1. und die Supermaschen nach 3. auf und l¨ose nach den m − n unbekannten Maschenstr¨ omen.

Die Maschengleichung f¨ ur eine Supermasche kann man auch dadurch gewinnen, dass u uhrt und anschlie¨ ber der gemeinsamen Stromquelle eine Hilfsspannung UH eingef¨ ßend zwei Maschengleichungen f¨ ur jeden der beiden Maschenstr¨ ome mit Einbezug der Hilfsspannung aufgestellt werden. Anschließend eliminiert man die Hilfsspan-

266

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

nung aus beiden Gleichungen. Das ergibt den Maschenumlauf der Supermasche. Da beide Maschenstr¨ ome u angen, ¨ber den Knotensatz mit der Stromquelle zusammenh¨ entsteht die Supermaschengleichung automatisch.

Beispiel 3.2.4 Stromquelle, Supermasche Abb. 3.2.5a zeigt ein Netzwerk mit Stromquelle. Eingetragen sind zwei Maschen (Maschenstr¨ ome Im1 , Im2 ), von denen Im2 durch die Stromquelle Iq festliegt. Die Schaltung hat z = 3 Zweige, k = 3 Knoten10 und damit reicht mit m = 1 eine Maschengleichung zur Bestimmung des Maschenstromes Im1 . Es gelten ff Uq − R1 Iq M1: R1 (Im1 − Im2 ) + R2 Im1 − Uq = 0 → Im1 = , ZB: Im2 = −Iq R1 + R2 also neben der Maschengleichung f¨ ur Masche M1 noch die Zwangsbedingung f¨ ur Maosung ist sofort m¨ oglich. Die Stromschenstrom Im2 durch die Stromquelle. Die Aufl¨ quelle h¨ atte auch u onnen. ¨ ber R2 in eine Spannungsquelle umgerechnet werden k¨ In Schaltung Abb. 3.2.5b liegt die Stromquelle im Innern eines Netzwerkes. Es gibt zwei Maschen (Maschenstr¨ ome Im1 , Im2 ) und eine Zwangsbedingung durch die ater Stromquelle. Wir bringen u ¨ ber der Stromquelle die Hilfsspannung UH an (sp¨ eliminiert) und formulieren zun¨ achst die Maschengleichungen M1: R1 Im1 + UH − Uq = 0 M2: −UH + (R2 + R3 )Im2 = 0 . ZB: Iq = Im2 − Im1

(3.2.14)

Zur Verf¨ ugung stehen drei Gleichungen f¨ ur beide Maschenstr¨ ome und die Hilfsspannung. Bei Addition beider Maschengleichungen M1, M2 hebt sich UH heraus: R1 Im1 + (R2 + R3 )Im2 = Uq .

(3.2.15)

Zusammen mit der Zwangsbedingung l¨ asst sich ein Maschenstrom eliminieren. Die L¨ osung lautet z. B. f¨ ur Im1 : Im1 =

K3

R2

Uq − Iq (R2 + R3 ) . (R1 + R2 + R3 ) R1

K1

R2

K

M3

Im3 Im2

Im1 Uq1

a

Iq

R1 M2

M1 K2

Im1 Uq

M1

Im2 UH Iq

R3

M2

b

Abb. 3.2.5. Beispiel zur Supermasche. (a) Netzwerk mit Stromquelle. (b) Bildung einer Supermasche

10

Hier wurde der Verbindungsknoten K3 ber¨ ucksichtigt, daher entstehen drei Zweige. Die Stromquelle tritt im Graph nicht auf.

3.2

Maschenstromanalyse

267

Sie entsteht auch direkt durch Maschenbildung u ¨ ber Uq , R1 . . . R3 als Superma¨ sche, das ist Gl. (3.2.15). Uber die Quellenzwangsbedingung wird anschließend ein Maschenstrom eliminiert.

Beispiel 3.2.5 Stromquellen im Maschenstromverfahren Die Schaltung außeren Masche und die StromAbb. 3.2.6a enth¨ alt die Stromquelle Iq2 in einer ¨ andige Baum (Abb. quelle Iq3 als Teil zweier Maschen (Supermasche). Der vollst¨ b) mit k = 4, z = 6 → m = 3 verlangt drei unabh¨ angige Maschen. Wegen der beiden Stromquellen (n = 2) muss eine Maschengleichung zur vollst¨ andigen Schaltungsbeschreibung ausreichen. Wir untersuchen die Schaltung zun¨ achst mit dem ¨ Uberlagerungskonzept und entfernen beide Stromquellen. Dann bleibt die Haupt masche M1’ (s. Abb. b, c) mit dem Maschenstrom Im1 :  (R1 + R2 + R3 + R4 ) = Uq1 . M1’: Im1

¨ Uberlagerung der Stromquellenmaschenstr¨ ome Im2 = Iq2 und Im3 = −Iq3 bringt die Zus¨ atze −Im2 (R1 + R3 )

und

Im3 (R3 + R4 )

 . So gen¨ ugt die Maschengleichung M1 zu Bestimmung in Umlaufrichtung von Im1  von Im1 :

M1’: R2 Im1 + R4 (Im1 + Im3 ) + R3 (Im1 + Im3 − Im2 ) + R1 (Im1 − Im2 ) − Uq1 = 0

R2

Uq1 I‘m1

M1 K1

K2

R1 Iq2

K3

R3

M2

Iq3

K4

a

(2)

(1)

Im3

(4)

b

R2

(3)

Im2

R4

M3

Im1

R2

Uq1

Uq1 I‘m1

M1' UH R1 R3

M1' I‘m1

Iq3

R1 R4 Iq2

R3

Im2=Iq2

Im3

R4 SM

K4

c

d

Abb. 3.2.6. Maschenstromverfahren und Stromquellen. (a) Netzwerk. (b) Gew¨ ahlter voll-

st¨ andiger Baum. (c) Entfernung der Stromquellen. (d) Bildung einer Supermasche

268

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

 oder geordnet mit Im1 = Im1

(R1 + R2 + R3 + R4 )Im1 = Uq1 + (R1 + R3 )Im2 − (R3 + R4 )Im3 = Uq1 + (R1 + R3 )Iq2 + (R3 + R4 )Iq3 .

(3.2.16)

Links steht als Beifaktor der Ringwiderstand, den der Maschenstrom Im1 vorfindet. Die rechten stromabh¨ angigen Terme sind Quellenspannungen, die die Stromquellen jeweils an den betreffenden Widerst¨ anden erzeugen. Die rechte Seite dr¨ uckt gleichzeitig die Quellen¨ uberlagerung aus. Beispielsweise kann die Quelle Iq2 (Iq3 analog) u ande R1 , R3 in ¨ber den Knoten 2 (5) geteilt und die Stromquelle u ¨ ber die Widerst¨ Spannungsquellen verwandelt werden. Das sind genau die Terme rechts. Alternativ l¨ asst sich die Stromquelle Iq3 auch als Bestandteil einer Supermasche (Abb. 3.2.6d) auffassen bestehend aus den Maschen M1 (Maschenstrom Im1 ) und ome bestimmt die StromM3 (→ Im3 ). Die Zwangsbedingung beider Maschenstr¨ quelle Iq3 z. B.: Iq3 = Im1 − Im3 .

(3.2.17)

Die Gleichung der Supermasche (SM) lautet (nachdem vorher noch die Stromquelle ucksichtigt wurde) Iq2 im Maschenstrom Im2 ber¨ SM: Im1 (R1 + R2 ) + Im3 (R3 + R4 ) − Im2 (R1 + R2 ) = Uq1 .

(3.2.18)

Wird Im3 durch die Zwangsbedingung Gl. (3.2.17) eliminiert und Im2 durch Iq2 ersetzt, so ergibt sich die L¨ osung Gl. (3.2.16). Die aus M1 und M3 bestehende Supermasche M1’ und die Knotenzwangsbedingung Gl. (3.2.17) bilden so ein hinreichendes Gleichungssystem f¨ ur den Maschenstrom Im1 . Gleichwertig ordnen wir jetzt der Stromquelle in der Supermasche eine Hilfsspannung UH (Abb. 3.2.6d) zu. Es ergibt sich (nach Hinzunahme von Iq2 ) M1: R2 Im1 − UH + R1 (Im1 − Im2 ) − Uq1 = 0 M3: UH + R4 Im3 + R3 (Im3 − Im2 ) = 0 z. B.: Im1 − Im3 = Iq3 .

(3.2.19)

Durch Addition von M1, M3 zur Supermasche M1’ (3.2.18) f¨ allt die Hilfsspannung heraus. Einsetzen der Quellenzwangsbedingung und der Quellenstr¨ ome ergibt schließlich die L¨ osung Gl. (3.2.16).

3.2.4 Maschenstromanalyse in Matrixform Die Maschenstromanalyse erfolgte bisher sowohl in Einzelschritten als auch in Matrixdarstellung. Wir fassen sie jetzt in allgemeiner Matrixschreibweise zusammen mit der in Gl. (3.2.11) eingef¨ uhrten Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M . Ausgang sind die Zuordnungen von Zweigspannungen und Zweigstr¨omen in den einzelnen Zweigen herr¨ uhrend vom Zweig ij: Uij = Rij Iij − Uqij (s. Gl. (3.1.3) und Abb. 3.1.3) U z = Rz I z − U qz .

allgemeiner Netzwerkzweig (3.2.20)

3.2

Maschenstromanalyse

269

Dabei wurde zur Hervorhebung der Zweiggr¨ oßen der Index z angef¨ ugt. Rz ist die Diagonalmatrix der Zweigwiderst¨ande (nur Diagonalelemente). Die Verkn¨ upfung von Zweig- und Maschenstr¨omen wird in der MaschenZweig-Inzidenzmatrix M (eine m × z-Matrix) ausgedr¨ uckt (s. Gl. (3.2.10)) I z = M TI m ,

Beziehung Zweig-Maschenstrom (3.2.21)

dazu tritt der Maschensatz Gl. (3.2.11) f¨ ur die Zweigspannungen (das sind insgesamt m Gleichungen) M U z = U m = 0.

Maschensatz (3.2.22)

Zusammengefasst f¨ uhren diese drei Gleichungen auf die Matrixformulierung des Maschensatzes ausgedr¨ uckt durch Maschenstr¨ome M U z = M Rz M T I m − M U qz = RI m − U qm = 0   R

U qm

oder RI m = U qm .

Maschenstromanalyse (3.2.23)

Die Maschenwiderstandsmatrix R ≡ Rm ergibt sich aus der Diagonalmatrix Rz der Zweigwiderst¨ ande. Sie ist eine m × m-Matrix vom Rang m. Die rechts alt jeweils die Summe der Quelstehende Maschenquellenspannung U qm enth¨ lenspannungen in einer Masche. Im letzten Schritt werden aus der L¨osung Gl. (3.2.23) die nach Gl. (3.2.21) gesuchten Zweigstr¨ome bestimmt. Die Formulierung Gl. (3.2.23) RI m − U qm = 0 entspricht der L¨ osung Gl. (3.2.7b). Der Unterschied im Vorzeichen von U qz ergibt sich, weil im allgemeinen Maschenzweig Gl. (3.1.3) die Verbraucherrichtung f¨ ur den Strom verwendet wurde. Wir zeigen sp¨ ater dazu zwei computergest¨ utzt gel¨ oste einfache Beispiele 3.5.2 und 3.5.3 (Kap. 3.5.1).

Zusammengefasst kann das Gleichungssystem der Maschenstromanalyse direkt aus der Schaltung mit der Maschen-Inzidenzmatrix aufgestellt werden. Das ist rechnergest¨ utzt m¨ oglich und damit automatisierbar.

3.2.5 Maschenstromanalyse in nichtlinearen Netzwerken In nichtlinearen Netzwerkelementen h¨ angt der Spannungsabfall nichtlinear vom Maschenstrom durch das betreffende Element ab. Grunds¨atzlich bleibt deshalb die L¨osungsmethodik zum Aufstellen der Gleichungen erhalten, nur werden die nichtlinearen Elemente zun¨ achst als gesteuerte Quellen betrachtet (treten rechts auf). Erst dann stellt man sie nach links um. Dabei entsteht

270

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen Abb. 3.2.7. Nichtlineares Netzwerkelement im

K1

R1

Uq1

Maschenstromverfahren

R2

UD Im1

Im2

M1

M2

Uq2

zwangsl¨aufig eine nichtlineare Gleichung, die mit entsprechenden Verfahren (z. B. Newtonverfahren) zu l¨ osen ist.

Beispiel 3.2.6 Maschenstromanalyse, Diode Die Schaltung Abb. 3.2.7 mit einer flussgepolten Halbleiterdiode (UD ≈ UT ln(I/IS )) f¨ uhrt mit der Maschenstromanalyse auf zwei Maschenstr¨ ome Im1 , Im2 : M1: R1 Im1 = Uq1 − UD (Im1 , Im2 ), M2: R2 Im2 = −Uq2 + UD (Im1 , Im2 ). Die nichtlineare Diodenspannung kommt im n¨ achsten Schritt auf die linke Seite: “ ” m2 = Uq1 , M1: R1 Im1 + UT ln Im1I−I “ ” S Im1 −Im2 M2: −UT ln + R2 Im2 = −Uq2 . IS Das sind die Maschenstromgleichungen. Die L¨ osung muss numerisch erfolgen.

3.3

3.3 Knotenspannungsanalyse Einf¨ uhrung Beim Knotenspannungsverfahren11 wird die Hilfsvariable Kno-

” tenspannung“ so eingef¨ uhrt, dass jede Maschengleichung automatisch erf¨ ullt ist und daher alle wegfallen. Das Verfahren umfasst dann die Aufstellung der Knotengleichungen f¨ ur die Zweigstr¨ome, ihren Ersatz durch die Zweigbeziehungen I = f (U ) der Netzwerkelemente ausgedr¨ uckt durch Knotenspannungen (statt der Zweigspannung) und die L¨osung der Gleichungen nach den Knotenspannungen.

So m¨ ussen f¨ ur ein Netzwerk mit z Zweigen und k Knoten nur die k − 1 Knotengleichungen aufgestellt und nach den Knotenspannungen aufgel¨ost werden. Im Vergleich zum Maschenstromverfahren sind augenf¨allig: 11

Die Knotenspannungsanalyse geht auf Maxwell (1873) zur¨ uck.

3.3

Knotenspannungsanalyse

271

Wegfall der Baumsuche, auch spielt die Zahl unabh¨angiger Maschen m = z − (k − 1) und damit die Anzahl der Zweige keine Rolle, weil die Knotenspannungen unabh¨ angige Variablen sind, d¨ urfen Spannungsquellen nicht auftreten, denn eine ideale Spannungsquelle zwischen zwei Knoten macht den Strom durch die Quelle unbestimmt. Das Standardverfahren erlaubt deshalb nur ideale Stromquellen. Es l¨asst sich allerdings f¨ ur Spannungsquellen, gesteuerte Quellen und gekoppelte Spulen erweitern (s. Kap. 3.3.2). 3.3.1 Knotenspannungen, Knotenleitwertmatrix Nach dem Maschensatz ist die Zweigspannung Uij zwischen den Knoten i, j die Differenz der zugeh¨ origen Knotenspannungen12 (Abb. 3.3.1a): Uij = Uki0 − Ukj0 .

uckt Zweigspannung Uij ausgedr¨ (3.3.1) durch Knotenspannungen

Man definiert als Knotenspannung Uk0 > 0 die Spannung eines Knotens K gegen einen (willk¨ urlichen) Bezugspunkt 0 (Symbolindex k: Nummer des Knotens). Jeder der k−1 Knoten erh¨ alt so eine unabh¨angige Knotenspannung Uk0 als Unbekannte. Sie bilden ein vollst¨ andiges System der unabh¨angigen Spannungsvariablen (s. Tab. 3.1), so wie beim Maschenstromverfahren die m Maschenstr¨ome ein vollst¨ andiges System der unabh¨angiger Stromvariablen waren. Bezugsknoten Der Bezugs- oder Referenzknoten B ist im Prinzip frei w¨ ahl-

bar. Er sollte Knoten des Netzwerkes sein, muss es aber nicht. Ein Knoten außerhalb des Netzwerkes erfordert dann k Knotenspannungen (Abb. 3.3.1a). Hat der Bezugsknoten das (elektrische) Potenzial ϕB , so nimmt Knoten K das Potenzial ϕk an und es gilt (Abb. 3.3.1b) ϕk = ϕB + UkB ,

Knotenpotenzial ϕk (3.3.2)

deswegen wird das Verfahren auch als Knotenpotenzialverfahren bezeichnet13 .

12

Der Index 0 entf¨ allt k¨ unftig.

13

Begriff nicht vorteilhaft, weil das Potenzial eines Knotens immer gegen einen Bezug angegeben werden muss. Gerade das dr¨ uckt aber die Knotenspannung aus.

272

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen Zweigspannungen

U41 K1

Iq G8

U12 G1 G2 U1B

K5 Knotenspannungen

a

K2

G7 U32 G3 U3B

K3

U43

K4

Superknoten

I3 G3 φE

G1 I2

φC G5 G6 G4 U4B

K3

I1

U5B

BK Bezugsknoten

φD

G2

G5

φA KnotenIq potenziale φB

K1

G4

K2

BK

K4

K5

Bezugspotential φB

b

c

Abb. 3.3.1. Einf¨ uhrung der Knotenspannung. (a) Netzwerk mit Zweig- und Knotenspan-

nungen. Bei einem Bezugspunkt außerhalb des Netzwerkes sind Zweig- und Knotenspannungen getrennt, sonst k¨ onnen bestimmte Zweispannungen auch Knotenspannungen sein. (b) Teil eines Netzwerkes mit Knotenpotenzialen. (c) Vollst¨ andiger Baum, Auftreten eines Superknotens

Die aus den Knotenspannungen errechenbaren Zweigspannungen erf¨ ullen den Maur Abb. 3.3.1 schensatz (unabh¨ angig von der Wahl von ϕB ) stets, beispielsweise gilt f¨ die Maschengleichung 0 = U12 − U32 − U43 + U41 = (U1B − U2B ) − (U3B − U2B ) − (U4B − U3B ) + (U4B − U1B ). Auch das paarweise Auftreten der Knotenspannungen mit unterschiedlichen Vorzeichen erf¨ ullt den Maschensatz.

Aus praktischen Gr¨ unden w¨ ahlt man den k-ten Knoten als Netzwerkknoten und besetzt ihn mit dem Potenzial ϕB = 0. Nur dann gibt es k − 1 unabh¨angige Knotenspannungen. Die Knotenspannungen Uk0 sind (gegen¨ uber dem Bezugspunkt) stets messbar (was bei Maschenstr¨omen nur in Verbindungszweigen m¨oglich war). Vorteilhaft ist ein Bezugsknoten mit m¨ oglichst vielen Zweigen. Das gilt f¨ ur Masseknoten in elektronischen Schaltungen durchweg. Dann wird der zugeh¨orige Graph zum Sterngraphen (s. z.B. Abb 3.2.1b). Er umfasst alle k − 1 Baumzweige, umgekehrt wird von ihm aus jeder Knoten direkt u ¨ ber einen Baumzweig erreicht. Die Knotenspannungen sind (durch Wahl eines Sternknotens) identisch mit einem ausgew¨ahlten Satz von Baumzweigspannungen. Die Baumzweigspannungen sind ausgew¨ ahlt, weil eine Baumzweigspannung im allgemeinen keine Knotenspannung sein muss (s. Kap. 3.4). Umgekehrt impliziert die Einf¨ uhrung der Knotenspannungen mit gemeinsamen Referenzknoten automatisch die Wahl eines Sternbaumes und die Suche unabh¨angiger Baumzweige entf¨allt.

3.3

Knotenspannungsanalyse

273

Beim Knotenspannungsverfahren ist f¨ ur jeden der k − 1 Knoten der Knotensatz mit den Knotenspannungen aufzustellen, z. B. f¨ ur Knoten K1 in Abb. 3.3.1a: G1 (Uk1 − Uk2 ) + G7 (Uk1 − Uk4 ) = (G1 + G7 )Uk1 − G1 Uk2 − G7 Uk4 = Iq . Dabei sind Str¨ome, die vom Knoten wegfließen, positiv angesetzt. Eine solche Festlegung muss f¨ ur alle k − 1 Knoten des Netzwerkes gelten. Abb. 3.3.1a zeigt ein Netzwerk mit zentralem Referenzknoten K5, von dem aus alle Knoten u ¨ ber einen Baumzweig erreichbar sind. Es gibt z = 8 Zweige und k−1 = 4 unabh¨angige Knoten (also beim Maschenstromverfahren m = z − (k − 1) = 4 unabh¨angige Maschengleichungen). Eine Erh¨ ohung der Zweigzahl (durch weitere Parallelschaltung von Leitwerten) w¨ urde die Zweigzahl erh¨ohen, die Knotenzahl aber nicht. Das unterstreicht den Vorteil des Knotenspannungsverfahrens bei Netzwerken mit vielen Zweigen, aber wenig Knoten. Der Knotensatz kann gleichwertig auch mit Knotenpotenzialen formuliert werden, beispielsweise f¨ ur einen Netzwerkknoten mit dem Potenzial ϕ (Abb. 3.3.1b) G1 (ϕA − ϕC ) + G2 (ϕA − ϕD ) + G3 (ϕA − ϕE ) = Iq . Beim Einsetzen des jeweiligen Potenzials hebt sich das Bezugspotenzial heraus und statt dessen treten die Knotenspannungen auf. Deshalb werden Knotengleichungen durchweg mit Knotenspannungen formuliert. Hinweis: Es gibt allerdings F¨ alle, in denen nicht alle Knoten von einem Bezugsknoten aus direkt erreichbar sind. Abb. 3.3.1c zeigt ein Beispiel (z = 9, k = 6). Vom Referenzknoten 0 aus sind alle bis auf Knoten 3 direkt erreichbar. Zum Knoten K3 gelangt man vom Bezugsknoten aus nur u ¨ ber K2. Das Problem wird unterschiedlich gel¨ ost: man definiert einen Superknoten“ (der Knoten 3 einschließt), daf¨ ur kann ” die Knotenspannung U20 aufgestellt werden oder man w¨ ahlt einen anderen Referenzknoten. In F¨ allen, bei denen kein Knoten auffindbar ist mit direktem Zugang zu Iq

Iq2

Iq1

R4

K2

K1

G1

G2 G Uk1 3

K1

Uk2

K2

iq2(t) R5

K1

4 2

K3 K1

R2 R1

K2

R3

1

5

G2 C uk1

K3

3

L uk2

iq1(t)

K3

a

K2

K3

b

c

Abb. 3.3.2. Beispiele zur Knotenspannungsanalyse. (a) Netzwerk. (b) Stromgespeiste

Br¨ uckenschaltung mit zugeh¨ origem Graph. (c) Netzwerk nach Abb. a mit Energiespeicherelementen

274

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

allen, wird das Knotenspannungsverfahren erweitert zum Schnittmengenverfahren (s. Kap. 3.4). Der Ansatz mit einem Superknoten basiert darauf.

Die Anwendung der Knotenspannungsanalyse auf ein Netzwerk mit nur unabh¨angigen Stromquellen erfolgt am besten nach der L¨ osungsmethodik Knotenspannungsanalyse

1. 2. 3.

4. 5.

Wahl eines Bezugsknotens im Netzwerk (nach Zweignummerierung und Festlegung der Zweigstromrichtungen). F¨ ur jeden Knoten i wird die Knotenspannung Ui0 nach dem Bezugsknoten eingef¨ uhrt (Richtung nach 0 positiv). Aufstellung der k − 1 Knotengleichungen f¨ ur die Zweigstr¨ome. Zum Knoten hinfließende Str¨ ome erhalten negatives, wegfließende positives Vorzeichen. Die Zweigstr¨ ome sind u ¨ ber die I, U -Beziehung (Leitwertdarstellung) des zugeh¨ origen Netzwerkelementes durch die Knotenspannungen auszudr¨ ucken. Darstellung der gesuchten Zweigspannungen durch Knotenspannungen. L¨osung des Gleichungssystems Punkt 3 nach den Knotenspannungen, die gem¨aß Punkt 4 erforderlich sind.

Hinweis: Zu 1. Er kann Knoten des Netzwerkes sein (bevorzugen) oder außerhalb liegen (fiktiver Knoten). Wird nur ein Zweigstrom gesucht, so sollte ein Knoten dieses Zweiges Bezugspunkt sein. Zu 3. Jeder Knoten wird nach unabh¨ angigen Quellenstr¨ omen rechts und restlichen Zweigstr¨ omen links geordnet und anschließend nach den Knotenspannungen: Schematische Anordnung der k − 1 (bzw. k) Knotengleichungen (Zeilen) und k − 1 (k) Knotenspannungen (Spalten). Unabh¨ angige Stromquellen sollten beim Knotenspannungsverfahren immer in Baumzweigen liegen. Dann treten sie nur in der Knotengleichung auf, die zu diesem Baumzweig geh¨ ort. Zu 5. Der Schritt reduziert sich auf die Berechnung einer Knotenspannung, wenn der Bezugsknoten zum Zweig der gesuchten Zweigspannung geh¨ ort.

Beispiel 3.3.1 Knotenspannungsverfahren In der Schaltung Abb. 3.3.2a (z = 3, k = 3) w¨ ahlen wir einen Bezugsknoten (K3) f¨ ur die Knotenspannungen Uk1 , Uk2 , dr¨ ucken alle Zweigstr¨ ome durch diese Knotenspannungen aus und stellen die Knotengleichungen f¨ ur die Knoten K1, K2 auf. Die Zweigstr¨ ome werden durch die betreffenden Zweigleitwerte und die Zweigspannungen formuliert. Es gilt (abfließende Str¨ ome positiv, zufließende negativ) K1: −Iq1 − Iq2 + I2 + I1 = 0

K2: +Iq2 − I2 + I3 = 0

3.3

Knotenspannungsanalyse

275

und weiter: I1 = G1 U13 = G1 Uk1 , I2 = G2 U12 = G2 (Uk1 − Uk2 ), I3 = G3 U23 = G3 Uk2 . Das ergibt die Knotengleichungen K1: (G1 + G2 )Uk1 −G2 Uk2 = Iq1 + Iq2 , K2: −G2 Uk1 +(G2 + G3 )Uk2 = −Iq2 .

(3.3.3)

Durch Aufl¨ osen nach Uk1 , Uk2 ist die Aufgabe gel¨ ost, die Zweigspannungen U13 , U23 , urde der Bezugspunkt im U12 folgen u ¨ ber U13 = Uk1 , U21 = Uk2 −Uk1 , U23 = Uk2 . W¨ Raum und nicht auf Knoten 3 liegen, so w¨ aren drei Knotenspannungen Uk1 . . . Uk3 mit drei Knotengleichungen erforderlich: −G2 Uk2 −G1 Uk3 = Iq1 + Iq2 , K1: (G1 + G2 )Uk1 −G3 Uk3 = −Iq2 , K2: −G2 Uk1 +(G2 + G3 )Uk2 K3: −G1 Uk1 −G3 Uk2 +(G1 + G3 )Uk3 = −Iq1 .

(3.3.4)

F¨ ur Uk3 = 0 ergibt sich Gl. (3.3.3), weil die Gleichung des Bezugsknotens K3 gestrichen werden kann (s. u.). Darin liegt der Vorteil des Bezugsknotens auf dem Netzwerk. Andererseits entsteht durch Kombination der Knotengleichungen K1 und K2 die Gleichung K3 f¨ ur Iq1 . Der Netzwerkbezugsknoten erspart (¨ ubereinstimmend mit dem Knotensatz) das Aufstellen einer Knotengleichung.

Beispiel 3.3.2 Br¨ uckenschaltung Wir wenden die L¨ osungsmethodik auf die stromgespeiste Wheatstonesche Br¨ ucke Abb. 3.3.2b an. Gesucht ist der Strom osungsmethodik an: 1. und 2. Da durch G2 . Folgende Schritte fallen nach der L¨ origen Knoten der Zweigstrom I2 (Abb. b) gesucht ist, wird einer der beiden zugeh¨ als Bezugspunkt gew¨ ahlt. Die angesetzten Zweigstromrichtungen sind im Streckenkomplex verzeichnet, auf ihn kann aber grunds¨ atzlich verzichtet werden. Es gibt k − 1 = 3 unabh¨ angige Knotenspannungen Uk1 , Uk2 , Uk3 . 3. Die Knotengleichungen lauten K1: I1 − I4 + Iq = 0 → 0 = G1 Uk1 − G4 (Uk2 − Uk1 ) +Iq {z } | U21

K2: I2 + I4 + I5 = 0 → 0 = G2 Uk2 + G4 (Uk2 − Uk1 ) −G5 (Uk3 − Uk2 ) {z } {z } | | U21

K3: I3 + I5 − Iq = 0 → 0 = G3 Uk3 + G5 (Uk3 − Uk2 ) −Iq . | {z }

U32

U32

Geordnet nach Knotenspannungen folgt −G4 Uk2 +0 = −Iq K1: (G1 + G4 )Uk1 K2: −G4 Uk1 +(G2 + G4 + G5 )Uk2 −G5 Uk3 = 0 K3: 0 −G5 Uk2 +(G3 + G5 )Uk3 = Iq . Deutlich werden die Symmetrie der Gleichungen, die Knotenleitwerte als Diagonalelemente sowie die Minuszeichen vor allen Koppelelementen. 4. Der Zweigstrom I2 h¨ angt mit der zugeh¨ origen Zweigspannung = Knotenspannung Uk2 u ¨ ber I2 = G2 Uk2 zusammen. 5. Auf die L¨ osung des Gleichungssystems nach Uk2 verzichten wir.

276

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Hinweis: Das Netzwerk wurde spannungsgespeist im Beispiel 3.2.2 mit der Maschenstromanalyse bearbeitet.

G¨ ultigkeitsbereich Die Knotenspannungsanalyse gilt f¨ ur lineare und nichtli-

neare zeitunabh¨ angige und zeitabh¨ angige Netzwerke. Knotenspannungen haben die Bedeutung von Rechengr¨ oßen, wenn der Bezugsknoten nicht Knoten eines Netzwerkes ist. Ersetzt man beispielsweise die Schaltung nach Abb. 3.3.2a durch die Schaltung Abb. 3.3.2c mit beliebigem Erregerzeitverlauf iq1 (t), iq2 (t), so folgen bei energielosen Speicherelementen f¨ ur die Knotenspannungen uk1 , uk2 die Knotengleichungen K1: Guk1 + C dudtk1 −Guk2 +Guk2 + K2: −Guk1

1 L

R

= iq1 (t) + iq2 (t) uk2 dt = −iq2 (t).

(3.3.5)

Dieses System ergibt als L¨ osung die Knotenspannungen uk1 , uk2 . Man u ¨ berzeugt sich, dass es formal der folgenden Gl. (3.3.6) entspricht, nur treten Differenziale und Integrale der Unbekannten auf. Im Bd. 3 lernen wir Verfahren zur L¨ osung derartiger Probleme kennen.

Matrixform Die Knotenspannungsanalyse f¨ uhrt bei einem Netzwerk mit un-

abh¨angigen Stromquellen allgemein auf p = k − 1 Knotengleichungen: Knotenspannungen → Knoten- K1: G11 Uk1 + G12 Uk2 + . . . + G1p Ukp = nummer K2: G21 Uk1 + G22 Uk2 + . . . + G2p Ukp = .. .. ↓ . .

Iq1 Iq2

Kp: Gp1 Uk1 + Gp2 Uk2 + . . . + Gpp Ukp = 

Iqp 

Zweigstr¨ ome

. (3.3.6)

Quellenstr¨ ome

Die Matrix der Koeffizienten heißt Knotenleitwertmatrix, ihre Koeffizienten Gii Knotenleitwerte und die Gij = Gji die Koppelleitwerte (zwischen den Knotenpunkten i und j). Iqi ist die Summe der Quellenstr¨ome im Knoten i (positiv, wenn zum Knoten hin gerichtet) und Uki die Knotenspannung des Knotens i. F¨ ur die Koeffizienten gibt es einfache Bildungsregeln (s. u.). Das vereinfacht die Knotenspannungsanalyse erheblich. Im n¨achsten Schritt wird Gl. (3.3.6) nach den Knotenspannungen aufgel¨ost und aus dem Ergebnis die Zweigspannungen Gl. (3.3.1) berechnet. Das Gleichungssystem (3.3.6) lautet gleichwertig in Matrixform ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ G11 G12 . . . G1p Uk1 Iq1 ⎜ G21 G22 . . . G2p ⎟ ⎜ Uk2 ⎟ ⎜ Iq2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . .. . . . ⎟·⎜ . ⎟=⎜ . ⎟ ⎝ .. . .. ⎠ ⎝ .. ⎠ ⎝ .. ⎠ . Gp1 Gp2 . . . Gpp

Ukp

Iqp

(3.3.7a)

3.3

Knotenspannungsanalyse

277

oder abgek¨ urzt G · 

Uk 

Knoten- Vektor der leitwert- Knotenmatrix spannungen

=

Iq 

.

Knotenspannungsgleichungen, (3.3.7b) Matrixform

Vektor der Stromquellen

Jede Zeile der Matrix beschreibt die Schaltungsstruktur, also die Umgebung des betreffenden Knotens. F¨ ur die Koeffizienten gelten einfache Bildungsregeln: 1. 2.

3. 4.

5.

Hauptdiagonalelement = Knotenleitwert Gii . Das ist die (stets positive) Summe aller am Knoten i angeschlossenen Leitwerte; Matrixelemente außerhalb der Hauptdiagonalen sind die (negativen) Koppelleitwerte zwischen dem Knoten i (Zeile) und benachbarten Knoten j (Spalte). So ist Gij stets gleich der negativen Summe aller zwischen den Knoten i und j liegenden Leitwerte. F¨ ur ein Netzwerk nur mit den Elementen R, C, L gilt Gij = Gji : die Knotenleitwertmatrix ist symmetrisch;14 Fehlende Verbindungen erhalten Eintrag 0 am Knoten der Knotenspannung; Die Zeilensumme [Spaltensumme] gibt den Leitwert zwischen dem betrachteten Knoten (Zeilennummer [Spaltennummer]) und Bezugsknoten. Sie verschwindet, wenn zwischen Knoten und Bezug kein Leitwert“ liegt (Rechen” und Kontrollm¨ oglichkeit). Die Eigenschaften nach Pkt. 2 (Symmetrie zur Hauptdiagonalen, alle Koppelleitwerte negativ) setzen einen Sternbaum voraus, erfordern zum Bezugsknoten hin positiv definierte Knotenspannung und keine gesteuerten Stromquellen.

Durch diese Eigenschaften kann die Matrix direkt aus der Schaltung zusammen mit dem Vektor der Einstr¨ omungen gewonnen werden, ein großer Vorteil des Knotenspannungsverfahrens. Praktische Ablauffolge: 1. 2. 3.

4.

Stelle ein Schema f¨ ur die p = (k−1)-Knotenspannungen (Spalten) und p Knoten (Zeilen) nach Einf¨ uhrung der Knotenspannungen auf. F¨ uge die Knotenleitwerte (= Summe der Leitwerte am Knotenpunkt, stets positiv) als Hauptdiagonalelemente in die zum Knoten geh¨ orige Zeile ein. Trage in die Nebendiagonalelementen die negativen Koppelleitwerte zwischen den Knotenpunkten und Nachbarknoten (z. B. 2. Zeile Knoten 2, 3. Spalte Knoten 3) ein. Beachte die Symmetrie der Matrix. Im Vektor der unabh¨ angigen Quellenstr¨ ome steht der Quellenstrom des jeweiligen Knotens (Zeilennummer, Zufluss positiv, Abfluss negativ).

Die Symmetrie der Matrix entf¨ allt bei Anwesenheit gesteuerter Quellen. 14

Das negative Vorzeichen tritt auf, wenn die Knotenspannungen zum Bezugspunkt 0 hin positiv eingef¨ uhrt ist (was der Konvention entspricht).

278

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Gl. (3.3.7) ist ein lineares Gleichungssystem mit der L¨osung U k = G−1 · I q .

L¨ osung Knotenspannungen (3.3.8)

Aufl¨ osung der Knotengleichungen Die Aufl¨osung nach einer Knotenspannung Uki gelingt nach dem gleichen Formalismus wie bei der Maschenstromanalyse (Gl. (3.2.8)). Kap. 3.5.1 zeigt im einfachen Beispiel 3.5.1 eine computergest¨ utzte L¨ osung der Knotengleichungen. Hier bereitet auch der Einbau realer Spannungsquellen (durch Umrechnung in Stromquellen) kein Problem.

Vertiefung. Zweigspannungen, Zweigstr¨ ome* Die Zweigspannungen Uij erge-

ben sich aus den Knotenspannungen Uk u ¨ ber ein lineares Gleichungssystem geschrieben als Matrixgleichung U = AT U k .

Beziehung Zweig-Knotenspannungen (3.3.9)

U ist der Spaltenvektor der Zweigspannungen, U k der Spaltenvektor der Knotenspannungen und AT die Zweig-Knoten Inzidenzmatrix (der sog. Schnitte  T durch die Baumzweige)15 . Die Transponierte von AT , n¨amlich ( AT = A ist die Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix A. Die Knoten-Zweig Inzidenzmatrix A gibt an, welche Zweige eines Graphen mit welchen Knoten inzident sind. Man bestimmt sie, indem die Knotenspannungen den Zeilen und die Zweigspannungen Spalten zugeordnet werden Uk1 Uk2 .. . Ukp

U1 U 2 a11 a12 ⎜ a21 a22 ⎜ ⎜ . .. ⎝ .. . ap1 ap2 ⎛

··· ··· ··· .. . ···

Uz a1z a2p .. . apz

⎞ ⎟ =A ⎟ ⎟ ⎠

U1 U2 .. . Uz

Uk1 a11 ⎜ a12 ⎜ ⎜ . ⎝ .. a1z ⎛

Uk2 · · · Ukp ⎞ a21 · · · ap1 T a22 · · · ap2 ⎟ ⎟ =A , .. . . .. ⎟ . . ⎠ . a2z · · · apz (3.3.10)

Index-Zuordnung: aij : Knoten (Zeile) i, Zweig (Spalte) j. In der Inzidenzmatrix A treten als Matrixelemente aij nur die Werte +1, −1 oder 0 auf abh¨angig davon, ob beim betreffenden Maschenumlauf die Knotenspannung enthalten ist oder nicht; die Richtung von Zweig- und Knotenspannung bestimmt das Vorzeichen. Rechts in Gl. (3.3.10) stehen die Maschengleichungen und damit die Zweigspannungen ausgedr¨ uckt durch die Knotenspannungen, links die Knotenspannungen ausgedr¨ uckt durch die Zweigspannungen. 15

Die Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix A wird im Kap. 3.4 eingehender erl¨ autert, ebenso der Schnittbegriff.

3.3

Knotenspannungsanalyse

279

Abschließend lauten die Zweigspannungen berechnet nach der Knotenspannungsanalyse mit Gl. (3.3.8) Beziehung Zweigspannungen-Stromquellen, (3.3.11) Knotenspannungsverfahren

U = AT G−1 I q .

Hinweis: Da die Zweig-Knotenspannungsmatrix AT auch jene Zweigspannungen enth¨ alt, die zugleich Knotenspannungen sind, kann sie – analog zur Maschen-Zweig Inzidenzmatrix C (Gl (3.2.10)) – auf die Elemente nur f¨ ur die (unbekannte) Verbindungszweigmatrix (also die Verbindungszweigspannungen) reduziert werden.

Die Zweig-Knoten-Inzidenzmatrix AT wird verst¨andlicher, wenn wir die Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix A (Gl. (3.3.10)) betrachten. Statt der Zweigspanonnen auch die (gleichgerichteten) Zweigstr¨ome I1 . . . Iz nungen U1 . . . Uz k¨ f¨ ur jeden Knoten betrachtet werden: nach dem Knotensatz verschwindet ihre vorzeichenbehaftete Summe f¨ ur jeden der k−1 Knoten. In Matrixschreibweise lautet dieser Sachverhalt: A · I = 0.

Knotensatz (3.3.12)

Damit hat die Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix ihre eigentliche Bedeutung: sie beschreibt die Koeffizienten der (Zweig-) Str¨ome im Knotensatz. Diesen fundamentalen Aspekt vertiefen wir in Kap. 3.4.1

Beispiel 3.3.3 Beziehung Knoten-, Zweigspannungen, Knotenleitwertmatrix Wir veranschaulichen die bisherigen Ergebnisse am Netzwerk Abb. 3.3.3 mit z = 6 Zweigen und k = 4 Knoten. Knoten 4 sei Bezugsknoten. Die Knotenspannungen Uk1 . . . Uk3 stehen zu den Zweigspannungen U1 . . . U6 u ¨ ber den Maschensatz in Beziehung: U1 = Uk1 , U2 = Uk2 , U3 = Uk3 , U4 = Uk1 − Uk2 , U5 = −Uk2 + Uk3 , U6 = Uk1 − Uk3 .

U6

I6 I4

K1

I1 Iq1

G1

U4

G6 K2

G4 I 2 Uk1 G2

U5 G5 Uk2

I5

K3

I3 G3

Uk3

Iq3 Abb. 3.3.3. Beispiel zur Knotenspannungs-

K4

analyse

280

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Dieses Gleichungssystem lautet (geordnet) in Matrixform nach Gl. (3.3.9) 0 1 1 0 0 B0 1 0C 0 1 B C Uk1 B0 0 1C C @ A = ATU k . U =B B 1 −1 0 C · Uk2 B C Uk3 @ 0 −1 1 A 1 0 −1 Der Spaltenvektor U der Zweigspannungen ist mit dem Spaltenvektor U k der Knoupft. Ihre Matrixtenspannungen u ¨ ber die Zweig-Knoten-Inzidenzmatrix AT verkn¨ age +1, −1 oder 0 abh¨ angig davon, ob die Richtung elemente aij haben die Eintr¨ der Zweigspannung beim zugeh¨ origen Maschenumlauf mit der Knotenspannung u ¨bereinstimmt (+1), nicht u ¨ bereinstimmt (−1) oder sie u ¨ berhaupt nicht auftritt (0). Die Zweigspannungen und somit auch die Knotenspannungen sind Folge der Stromquellen. Deshalb ben¨ otigen wir im n¨ achsten Schritt den Knotensatz f¨ ur jeden Knoten zur Bestimmung der Knotenspannung als Funktion der Quellenstr¨ ome. Dabei treten die zugeh¨ origen Zweigstr¨ ome auf. Sie werden durch den Zweigleitwert und die Zweigspannung ausgedr¨ uckt und diese nach Gl. (3.3.1) als Differenz der Knotenspannungen geschrieben. Der Knotensatz lautet f¨ ur die Schaltung Abb. 3.3.3 (abfließende Str¨ ome positiv, zufließende negativ) jeweils f¨ ur Knoten K1 . . . K3 zun¨ achst ohne Quellenstr¨ ome 1 0 I1 9 0 1 B I2 C C B K1: I1 + I4 + I6 = 0 = 1 0 0 1 0 1 B I3 C C K2: I2 − I4 − I5 = 0 → @ 0 1 0 −1 −1 0 A · B B I4 C = A · I = 0. ; C B K3: I3 + I5 − I6 = 0 0 0 1 0 1 −1 @ I5 A I6 (3.3.13) Das ist der Inhalt von Gl. (3.3.12). In Matrixschreibweise erf¨ ullen die Zweigstr¨ ome u ¨ber die Knoten-Zweig Inzidenzmatrix A den Knotensatz! Die Knotengleichungen ergeben sich aus dem Netzwerk auch direkt K1: G1 U1 + G4 U4 + G6 U6 = G1 Uk1 + G4 (Uk1 − Uk2 ) + G6 (Uk1 − Uk3 ) = Iq1 K2: G2 U2 − G5 U − G6 U6 = G2 Uk2 − G4 (Uk1 − Uk2 ) − G5 (Uk3 − Uk2 ) = 0 K3: G3 U3 + G5 U5 − G6 U6 = G3 Uk3 + G5 (Uk3 − Uk2 ) − G6 (Uk1 − Uk3 ) = −Iq3 (3.3.14) oder geordnet in Matrixschreibweise nach Gl. (3.3.7) 1 0 1 0 1 0 Uk1 Iq1 −G4 −G6 G1 + G4 + G6 A · @ Uk2 A = @ 0 A . @ −G4 G2 + G4 + G5 −G5 −G6 −G5 G3 + G5 + G6 Uk3 −Iq3 (3.3.15)

3.3

Knotenspannungsanalyse

281

Diese Matrixform l¨ asst sich unmittelbar aus der Schaltung ablesen: so sind am Knoten K1 die Leitwerte G1 , G4 und G6 angeschlossen, sie bilden den Knotenleitwert, der Koppelleitwert zwischen den Knoten 1 und 2 ist −G4 , zwischen Knoten 1 und 3 −G6 usw. Zum Knoten K1 str¨ omt Iq1 hin (positiver Eintrag rechts) usw. Dieses Gleichungssystem kann nach den Knotenspannungen aufgel¨ ost werden, die Zweigspannungen folgen u ¨ ber Gl. (3.3.9).

Hinweis: 1.

2. 3.

4.

5.

6. 7.

Die Bildungsregeln des Gleichungssystems (3.3.7) entsprechen denen der Maschenstromanalyse. Nebendiagonalelemente sind hier aber stets negativ! Deshalb kann der Koppelleitwert direkt aus dem Netzwerk abgelesen werden. Die Knotenspannungsanalyse ist vorteilhaft bei stromgespeisten Netzwerken. Das begr¨ undet ihre große Verbreitung in der Elektronik. In der Knotenspannungsanalyse fehlt die explizite Festlegung des vollst¨ andigen Baumes, weil ein (immer w¨ ahlbarer) Sternbaum zugrunde liegt. Es kann jedoch auch ein beliebiger Baum aufgestellt und ein anderer (wegzulassender) Knoten zum Bezug gew¨ ahlt werden. Dann geht die Gleichungssymmetrie verloren. Ein Sternbaum bringt so viele Vorteile, dass man dieses Verfahren schlechthin als Knotenspannungsanalyse bezeichnet. Wird im allgemeinen Fall die Bevorzugung eines Bezugsknotens aufgegeben und nur noch mit Knotenpaaren gerechnet, so heißt das Verfahren Schnittmengenanalyse. Sie ist das eigentliche Analogon zur Schleifenanalyse (s. Kap. 3.4.2). Da viele nichtlineare Zweipolbeziehungen in der Form I(U ) vorliegen (Dioden-, Transistorkennlinien), lassen sie sich in der Knotenspannungsanalyse leicht ber¨ ucksichtigen. Spannungsquellen (gesteuert, ungesteuert, z. B. Operationsverst¨ arker) werden durch Erweiterung einbezogen. Wegen der Vorz¨ uge bildet die Knotenspannungsanalyse (in modifizierter Form) die Grundlage rechnergest¨ utzter Analyse- und Simulationsverfahren (z. B. SPICE/PSPICE).

Vergleich Maschenstrom-Knotenspannungsanalyse Bei der Maschenstromanalyse mussten m Gleichungen gel¨ ost werden, bei der Knotenspannungsanalyse hingegen k − 1. F¨ ur eine gegebene Zweigzahl z w¨ ahlt man das Verfahren mit der geringeren Zahl von Unbekannten, also die Knotenspannungsanalyse f¨ ur (k − 1) < m = z − (k − 1) bzw. z (k − 1) < . (3.3.16) 2 Die Knotenspannungsanalyse empfiehlt sich bei kleiner Knoten-, aber hoher Zweigzahl sowie nichtlinearen Netzwerkelementen mit einer Strom-Spannungs-Beziehung

282

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

I(U ). Ein weiterer Vorteil liegt in der verfahrensbedingten Wahl des Sternbaumes. Das Maschenstromverfahren erfordert dagegen eine Baumsuche, wenn nicht von vornherein unabh¨ angige Maschen oder Fenstermaschen gew¨ ahlt werden k¨ onnen. Es dient, trotz dieses Mehraufwandes, h¨ aufig zur Modellierung magnetischer Kopplungen.

3.3.2 Erweiterte Knotenspannungsanalyse* Allgemeine Erweiterungen Wir entsch¨ arfen die bisherige Beschr¨ankung auf

Stromquellen und lassen unabh¨ angige und gesteuerte Spannungsquellen sowie gekoppelte Spulen zu. Unabh¨angige Spannungsquellen zwischen zwei Knoten k¨onnen unterschiedlich ber¨ ucksichtigt werden: Durch Wandlung in eine Stromquelle u ¨ ber einen Quelleninnenwiderstand. Er muss ggf. erg¨ anzt und aus der L¨ osung wieder entfernt werden. Durch Quellenverschiebung (¨ uber Knoten) und anschließende Wandlung in Stromquellen. Durch Einf¨ uhrung der Quellenspannung als Knotenspannung. Dann ist die Knotenspannung nicht mehr unbekannt, sondern die (bekannte) Quellenspannung: Superknotenverfahren. Einf¨ uhrung eines kleinen Hilfswiderstandes in Reihe zur Spannungsquelle und anschließende Wandlung in eine Stromquelle. Er sollte so klein sein, dass er das Ergebnis praktisch nicht beeinflusst (Verfahren bei numerischen L¨osungen u ¨blich). Gesteuerte Quellen Gesteuerte Stromquellen werden in knotenspannungsgesteuerte Stromquellen umgeformt. Man sieht sie bei Aufstellung des Gleichungssystems zun¨achst als unabh¨ angig an und beachtet sie auf der rechten Seite. Im n¨achsten Schritt kommen sie nach links zu den entsprechenden Knotenspannungen: man verliert die Symmetrie der Knotenleitwertmatrix. Gesteuerte Spannungsquellen werden entweder in gesteuerte Stromquellen u uhrt oder, falls nicht m¨ oglich, wie unabh¨angige Spannungsquellen ¨ berf¨ behandelt. Gekoppelte Spulen werden durch ihre (ungew¨ohnliche) Ersatzschaltung mit zwei spannungsgesteuerten Stromquellen beschrieben (s. Bd. 2) und nach vorstehendem Schema erfasst.

3.3

Knotenspannungsanalyse

283

Insgesamt erfordern diese F¨ alle eine Erg¨ anzung des L¨ osungsablaufes der Knotenspannungsanalyse zu Punkt 3 f¨ ur Netzwerke mit unabh¨ angigen Spannungsquellen, gesteuerten Quellen und gekoppelten Spulen: Transformiere unabh¨ angige Spannungsquellen in unabh¨ angige Stromquellen – falls notwendig unter Benutzung von Netzwerkelementen oder Hilfsgr¨ oßen. Betrachte gesteuerte Stromquellen beim Aufstellen der Knotengleichungen zun¨ achst als unabh¨ angige Quellen und dr¨ ucke ihre Steuergr¨ oßen anschließend durch Knotenspannungen aus. Gekoppelte Spulen werden auf ihre Ersatzschaltung mit zwei spannungsgesteuerten Stromquellen zur¨ uckgef¨ uhrt.

Beispiel 3.3.4 Quellentransformation Im Zweig eines Netzwerkes Abb. 3.3.4a liegt eine ideale Spannungsquelle. Sie wird zur Durchf¨ uhrung der Knotenspannungsanalyse in eine Stromquelle mit Hilfswiderstand R transformiert: man erg¨ anzt einen Hilfswiderstand, vollzieht die Quellenwandlung und anschließend die Standardanalyse. Im Endergebnis muss der Hilfswiderstand gegen null gehen, um die richtige L¨ osung zu erhalten. Nach der Zweipoltheorie belastet das Netzwerk die so modifizierte Spannungsquelle mit einem Ersatzwiderstand Ra (einfach zu ermitteln). Ein ort die L¨ osung kaum, solange er (sehr) klein gegen den ErsatzHilfswiderstand R st¨ widerstand Ra bleibt (z. B. R ≈ (10−2 . . . 10−3 )Ra ). Dann kann er in der L¨ osung verbleiben und muss nicht entfernt werden (bei symbolischer L¨ osung zus¨ atzlicher Aufwand, bei numerischer L¨ osung ohnehin nicht m¨ oglich). Einen anderen Weg bieten die Versetzungss¨ atze (Kap. 4.2). Wir verschieben die uhren also in den Zweigen 4 und 5 die SpanSpannungsquelle u ¨ ber den Knoten i , f¨ nungsquelle Uq ein (Abb. 3.3.4b, c). Der Maschensatz in Masche M1 wird dadurch nicht ver¨ andert, auch nicht in den restlichen Maschen. Anschließend werden die Zweige 4 und 5 in Stromquellen transformiert und das Knotenspannungsverfahren durchgef¨ uhrt.

1 R4

R4 R5 Hilfswiderstand

R1 i R2

a

Uq

Uq

R1

i‘ i

R3

R2

b

1

Uq/R4

R5

Uq

i‘ R‘

2

M1

R4

R1 i,i‘

Knoten i i‘

2 R5

R3

R2

R3 Uq/R5

c

Abb. 3.3.4. Spannungsquellentransformation bei der Knotenspannungsanalyse. (a) Ein-

f¨ ugen eines vernachl¨ assigbaren Hilfswiderstandes. (b) Quellenverschiebung und anschließende (c) Wandlung in Stromquellen

284

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Beispiel 3.3.5 Gesteuerte Stromquelle Eine spannungsgesteuerte Stromquelle hat die Steuergleichung Iji = SUmn = S(Um − Un ) (Abb. 3.3.5a). Dann stehen in den Zeilen i bzw. j des Stromquellenvektors keine festen Werte Iq bzw. −Iq (wie bei ungesteuerter Quelle), sondern S(Um0 − Un0 ) resp. −S(Um0 − Un0 ). Beim Transfer dieser Anteile nach links tritt in Zeile i zum Leitwert Gim noch der Beitrag −S und zu Gin der Beitrag +S, in Zeile j zum Leitwert Gjm noch der Beitrag S und zu Gjn der Beitrag −S. Entsprechend verf¨ ahrt man bei der stromgesteuerten Stromquelle Iji = Ai Imn = achst Ai Gmn (Um0 −Un0 ). Der Steuerstrom Umn zwischen den Knoten m, n wird zun¨ uckt durch den zugeh¨ origen Zweigleitwert Gmn und die Knotenspannungen ausgedr¨ und die Beitr¨ age in den Zeilen i und j ber¨ ucksichtigt, also in Zeile i die Elemente Gim und −Ai Gmn sowie Gin um Ai Gmn erg¨ anzt (und analog wie oben mit der Zeile j verfahren). Gesteuerte Spannungsquellen betrachten wir in Kap. 3.6.2.

Beispiel 3.3.6 Stromgesteuerte Stromquelle F¨ ur die Schaltung Abb. 3.3.5b mit stromgesteuerter Stromquelle stellen wir (zur Veranschaulichung) zun¨ achst die beiden Knotengleichungen K1, K2 auf: K1: Ai ISt + G1 Uk1 + G2 (Uk1 − Uk2 ) = 0, K2: G2 (Uk2 − Uk1 ) + ISt − Iq = 0. Daraus folgt mit dem Steuerstrom ISt = G3 Uk2 in Matrixform „ « „ « „ « G1 + G2 − (G2 − Ai G3 ) Uk1 0 · = . G2 + G3 Uk2 Iq −G2 Weil ein Knoten des Steuerstromes zugleich Bezugsknoten ist, tritt die gesteuerte Quelle nur in der erste Zeile auf.

Beispiel 3.3.7 Gesteuerte Quelle F¨ ur die Schaltung Abb. 3.3.5c mit spannungsgesteuerter Stromquelle entnehmen wir die Matrix der Schaltung. Die gesteuerte Iq1 m

i

m

K1

i

G2 ISt Imn Iij=SUmn n

a

j

Iij=AiImn n

AiISt

G1

Uk1G3

K2

K1

K2

Uk2

Iq

Uk1

USt

G2

G3

G1 Uk2

G4 SUSt

K3

Uk3

Iq2

j

b

c

Abb. 3.3.5. Gesteuerte Stromquelle in der Knotenspannungsanalyse. (a) Spannungs- und stromgesteuerte Stromquelle. (b) Netzwerk mit stromgesteuerter Stromquelle. (c) Netzwerk mit spannungsgesteuerter Stromquelle

3.3

Knotenspannungsanalyse

285

Quelle wirkt nur am Knoten 2, deshalb gibt es Steuerbeitr¨ age nur in Zeile 2. Die Steuerspannung zwischen den Knoten 2 und 3 verursacht in Zeile 2 bei den Steuerspannungen Uk2 und Uk3 Beitr¨ age. So wird die Matrix unsymmetrisch. Die u ¨ brigen Koeffizienten f¨ ugen wir aus der Schaltung ein 1 0 1 1 0 0 −G2 0 Iq1 Uk1 (G1 + G2 ) @ −G2 (G2 + G3 + S) − (S + G3 ) A · @ Uk2 A = @ −Iq1 A . (G3 + G4 ) Uk3 Iq2 0 −G2

Spannungsquellen als Knotenspannungen, Superknotenverfahren Ideale Spannungsquellen k¨onnen auch in die Knotenspannungsanalyse als Superknotenverfahren (super node analysis) einbezogen werden. Die Idee besteht darin, die ideale Spannungsquelle mit einem Superknoten“ zu umschließen und ” ihm nur ein unbekanntes Knotenpotenzial als Referenzgr¨oße zuzuweisen. Das Potenzial des zweiten Knotens ergibt sich aus der Spannungsquelle und dem Referenzpotenzial. Das Verfahren eignet sich unter bestimmten Bedingungen auch f¨ ur mehrere Spannungsquellen. Bei der Schleifen-/Maschenstromanalyse wurde die ideale Stromquelle in einen Verbindungszweig des vollst¨ andigen Baumes gelegt. Damit bildete sie einen bekannten Schleifenstrom und senkte die Zahl zu l¨ osender Schleifengleichungen um eine, bei n Stromquellen also von m auf m − n. Die Spannungsquellen lagen dort in den k − 1 Zweigen des vollst¨ andigen Baumes. F¨ ur das gleiche Netzwerk (mit gleichem Baum) k¨ onnen bei gegebenen Stromquellen (aber ohne Spannungsquellen) zur Analyse auch die entsprechenden Baumzweigspannungen als Unbekannte dienen (duale Betrachtung, das ist der Inhalt der Schnittmengenanalyse s. Kap. 3.4.2). Legt man nun eine ideale Spannungsquelle in einen Baumzweig, so ist die zugeh¨ orige Baumzweigspannung bekannt: n Spannungsquellen senken dann die Zahl zu bestimmender Baumzweigspannungen auf (k − 1) − n. Das ist das duale Ergebnis der Maschenstromanalyse.

Obwohl die Knotenspannungsanalyse einen Sternbaum nutzt, lassen sich ideale Spannungsquellen einbeziehen mit der Methode des Superknotens oder dem Verfahren eines Hilfsstromes“ durch die Spannungsquelle (Grundlage ” der modifizierten Knotenspannungsanalyse: MNA, modified nodal analysis). Das erste Verfahren eignet sich f¨ ur die Handanalyse, die letzte f¨ ur rechnergest¨ utzte Ans¨atze. Eine Spannungsquelle kann im Netzwerk liegen: einseitig am Bezugsknoten. Dann erzwingt sie die Knotenspannung des (anderen) Anschlussknotens und es entf¨allt die Formulierung dieser Knotengleichung wegen bekannter Knotenspannung. schwebend“ zwischen zwei Knoten. Das ist eine Zwangsbedingung f¨ ur ” beide Knotenspannungen (etwa zwischen den Knoten i und j) Uq = Uki − Ukj . (3.3.17)

286

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Dadurch h¨angt die zweite Knotenspannung von der ersten ab und die Knotenspannungen der Knoten i und j gehen effektiv in eine u ¨ber. Umgibt man die Spannungsquelle mit einer Gaußschen H¨ ullfl¨ache, eben einem Superknoten, so bleibt der Knotensatz erhalten. Gleichzeitig eliminiert der Superknoten eine Knotengleichung und statt der k−1 Knotengleichungen sind nur noch k−1−n zu l¨ osen, wenn es n Superknoten (n Spannungsquellen) gibt. Ideale Spannungsquellen senken den L¨osungsaufwand der Knotenspannungsanalyse. Superknoten: Gaußsche H¨ ullfl¨ ache, die zwei, durch eine ideale Spannungsquelle (unabh¨angig, gesteuert) verbundene Netzwerkknoten umschließt. Mehrere Superknoten mit gemeinsamen Knoten k¨onnen zu einem gr¨oßeren Superknoten zusammengefasst werden: ein Superknoten darf mehrere Spannungsquellen enthalten. Oft werden Superknoten nur auf schwebende Spannungsquellen beschr¨ ankt, da ideale Spannungsquellen mit einseitigen Bezugspunkt ohnehin keine Knotengleichung liefern. Ein zweiter L¨ osungsansatz ist die Einf¨ uhrung eines (unbekannten) Hilfsstromes IH durch die ideale Spannungsquelle. Wird das Knotenspannungssystem damit aufgestellt (wobei jeweils eine der mit der Spannungsquelle verkn¨ upften Knotenspannungen als abh¨ angige Variable auftritt und der unbekannte Strom als unabh¨ angige Variable zu betrachten ist), so entsteht das u ¨ bliche Knotenspannungsgleichungssystem, nur mit dem Unterschied, dass Str¨ ome und Spannungen ungeordnet und z. T. bekannt oder unbekannt sind. Deshalb versagt zun¨ achst die Standardl¨ osung nach den Knotenspannungen. Erst durch Umordnen lassen sich u ussige Kno¨ berfl¨ tenspannungen u ome auf ¨ber die Zwangsbedingung Gl. (3.3.17) und unbekannte Str¨ der Erregerseite beseitigen. Damit ist die ideale Spannungsquelle wieder Inhalt eines Superknotens.

Das Superknotenprinzip l¨ asst sich anschaulich erkl¨aren. Ausgang ist ein Netzwerk (Abb. 3.3.6a) mit zwei verschmolzenen Knoten. Die Knotenspannung Uk betr¨agt Uk = (Iq1 + Iq2 )/(G1 + G2 ), es gibt nur eine (unabh¨angige) Knotengleichung. Eine eingef¨ ugte ideale Spannungsquelle zwischen beiden Knoten Superknoten

Hilfsstrom IH

K1

K1

Uq

K1

K2

K2

Uq G1 Iq1

a

G1

Uk1 G2 Iq2

Iq1

b

Uk1 G2

Uk2

G1 Iq2

K2

IH Uk1 G2

Iq1

Uk2

Iq2

c

Abb. 3.3.6. Superknoten. (a) Ausgangsnetzwerk. (b) Ideale Spannungsquelle im Superkno-

ten. (c) Ber¨ ucksichtigung der Spannungsquelle durch einen Hilfsstrom IH

3.3

Knotenspannungsanalyse

287

(Abb. 3.3.6b) wird als Inhalt eines Superknotens betrachtet. F¨ ur ihn gilt die Superknotengleichung und eine Spannungsbedingung f¨ ur beide Knotenspannungen Uk1 und Uk2 : SK: G1 Uk1 + G2 Uk2 = Iq1 + Iq2 ,

ZB : Uq = Uk2 − Uk1 .

Beide Gleichungen liefern beispielsweise als gesuchte Knotenspannung Uk2 Uk2 =

Iq1 + Iq2 G1 Uq + . G1 + G2 G1 + G2

¨ Der letzte Term kann auch als Uberlagerung des von der Spannungsquelle ausgehenden Stromes durch R2 verstanden werden. Als weitere Analysevariante betrachten wir die Einf¨ uhrung eines Hilfsstromes IH durch die Spannungsquelle (bei Wegfall des Superknotens, Abb. 3.3.6c). Damit lauten die Knotengleichungen K2: G2 Uk2 − IH = Iq2 .

K1: G1 Uk1 + IH = Iq1 ,

Zus¨atzlich gilt die Zwangsbedingung f¨ ur beide Knotenspannungen. Durch Addition der beiden Knotengleichungen hebt sich der Hilfsstrom heraus und es entsteht die Gleichung SK des Superknotens mit der schon angegebenen L¨osung.

Beispiel 3.3.8 Superknotenkonzept, Hilfsstrom Abb. 3.3.7a zeigt eine Schaltung mit idealer Spannungsquelle, die Inhalt des Superknotens S ist. Er hat zwei Merkmale: die Knotenspannung Uk3 liegt durch Uk1 und Uq fest: Uk3 − Uk1 = Uq , Sk2

K2 K3 IH

K1

Iq

I1

G2 I 2

G1

Uk1 G3

G4 K2

I3

G3 K1

I2 G 2 Uk2

a

G4

K2

UqG4

G4

SK1

b

I1

Uq K2

G5 K3

K1

I4

G2 UK1

G1 Uq1

K1

Uq2 I5 K4

SK

G1 Uk2

Uq K3

K1

G3 G4 Uk3

Uq G5

G1

Uq3 SK3

c

d

Abb. 3.3.7. Beispiele zum Superknotenkonzept. (a) Netzwerk mit schwimmender“ Span-

” nungsquelle. (b) Netzwerk mit drei Superknoten. (c) Netzwerk (Br¨ uckenschaltung) mit einem Superknoten. (d) Durch Quellenverschiebung entsteht ein Netzwerk, in dem die Spannungs- in Stromquellen gewandelt werden k¨ onnen. Vereinfachung durch Knotenkurzschluss K1, K3 m¨ oglich

288

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

durch die Spannungsquelle Uq fließt der Hilfsstrom IH aus Knoten 1 heraus und in Knoten 3 hinein. Deshalb muss er im Gleichungssystem paarweise mit entgegengesetztem Vorzeichen vorkommen. Durch die erste Aussage k¨ onnen zwei Spalten der Matrixgleichung zusammengefasst werden, w¨ ahrend die zweite die Zeilenzahl durch additive Zusammenfassung senkt. Wir stellen zun¨ achst die Gleichung der Schaltung auf und ber¨ ucksichtigen die Spannungsquelle Uq durch ihren Hilfsstrom IH als unabh¨ angige Stromquelle 1 0 1 0 1 0 Uk1 Iq1 − IH −G2 0 K1: (G1 + G2 ) A. (G2 + G3 + G4 ) −G4 A · @ Uk2 A = @ 0 −G2 K2: @ 0 −G4 (G4 ) Uk3 IH K3: (3.3.18) In der ersten und dritten Zeile tritt der Hilfsstrom IH auf. Addiert man die dritte Zeile zur ersten und streicht dann die dritte (Vereinigung der Knoten K1 und K3), so bleibt 1 0 « „ « „ Uk1 Iq1 G4 (G1 + G2 ) − (G2 + G4 ) A @ · Uk2 = . −G2 (G2 + G3 + G4 ) −G4 0 Uk3 Da die Gleichung 3 Spalten und 2 Zeilen enth¨ alt, wird die u ussige Spalte durch ¨ berfl¨ Eliminieren der Knotenspannung Uk3 u ¨ ber die Zwangsbedingung der Spannungsquelle beseitigt: Uk3 = Uk1 + Uq : « „ « „ « „ Uk1 Iq1 − G4 Uq K1: G1 + G2 + G4 − (G2 + G4 ) · = . (3.3.19) Uk2 +G4 Uq − (G2 + G4 ) G2 + G3 + G4 K2: Jetzt k¨ onnen die Knotenspannungen Uk1 , Uk2 gel¨ ost werden. Statt der drei Knotenspannungen (K1 . . . K3) reduziert die Spannungsquelle die Zahl der Unbekannten auf zwei! Zu diesem Gleichungssystem gelangen wir auch direkt mit dem Superknotenkonzept. Die Schaltung hat den Superknoten S/K1 und Knoten 2 (→ Uk1 , Uk2 ), also gibt es zwei Gleichungen S/K1 : G1 Uk1 + G2 (Uk1 − Uk2 ) + G4 (Uk3 − Uk2 ) = Iq1 → S/K1: (G1 + G2 + G5 ) Uk1 − (G2 + G4 )Uk2 = Iq1 − G4 Uq K2: − (G2 + G4 )) Uk1 + (G2 + G3 + G4 )Uk2 = G4 Uq .

(3.3.20)

Wir erhalten sie wie folgt: F¨ ur den Superknoten wird die Knotengleichung (mit Uk1 . . . Uk3 ) aufgestellt und Uk3 = Uq + Uk1 ersetzt. Das ist gleichwertig mit getrennter Aufstellung der Knotengleichungen f¨ ur K1 und K3 und Addition. in der Knotengleichung f¨ ur K2 wird Uk3 durch Uq + Uk1 ersetzt. Das erlaubt folgende Erkl¨ arung: Von S/K1 ausgehend gibt es zun¨ achst den Knotenleitwert G1 + G2 + G4 (Superknoten als Einheit betrachtet); der Koppelleitwert von S nach K2 ist −(G2 + G4 );

3.3

Knotenspannungsanalyse

289

S/K1 hat die (¨ außere) Einstr¨ omung Iq1 , weg fließt der Strom IH = Uq G4 bedingt durch die Spannungsquelle; f¨ ur Knoten K2 gelten die u ¨blichen Beziehungen, es tritt aber der Zustrom IH = Uq G4 auf. Das folgt sofort durch Wandlung der Spannungsquelle (mit G4 ) in eine gleichwertige Stromquelle; der Hilfsstrom IH ist der Kurzschlussstrom Uq G4 , den die Quelle Uq liefert. Da er im Gleichungssystem explizit nicht mehr auftritt, kann er von Anfang an unber¨ ucksichtigt bleiben. Durch Quellenverschiebung u asst sich statt des Superknotens auch ¨ ber Knoten K3 l¨ eine gleichwertige Stromquellenersatzschaltung gewinnen.

Beispiel 3.3.9 Spannungsquelle am Bezugsknoten Im letzten Beispiel wurde eine schwimmende“ Spannungsquelle betrachtet. Sinngem¨ aß ist zu verfahren, wenn ” Spannungsquellen einseitig am Bezugsknoten liegen. Beim Aufstellen der Matrixgleichung in der u ¨ blichen Form fehlt eine Zeile, die zur Eliminierung des unbekannten Stromes IH durch die ideale Spannungsquelle erforderlich w¨ are. Da f¨ ur den Bezugsknoten keine Strombilanz geschrieben wird, tritt IH nur einmal auf. ¨ Abhilfe schafft der Ubergang zur unbestimmten Knotenmatrix (s. Kap. 3.3.5). Dort wird ein Bezugsknoten außerhalb des Netzwerkes angenommen und deshalb auch ¨ f¨ ur den Bezugsknoten eine Stromsummenzeile aufgestellt. Der Ubergang zur normalen Matrix mit dem Bezugsknoten k erfolgt durch Streichen der k-ten Zeile und Spalte. Entscheidend ist aber, dass vorher der unbekannte Strom IH und eine abh¨ angige Knotenspannung eliminiert werden k¨ onnen.

Beispiel 3.3.10 Superknoten Die Schaltung Abb. 3.3.7b besitzt k − 1 = 4 unabh¨ angige Knoten mit Uk1 . . . Uk4 . Es gibt n = 3 Superknoten (S1 . . . S3). Damit ist grunds¨ atzlich nur eine Gleichung (k − 1 − n = 1) zu l¨ osen! Wir umschließen die Spannungsquellen durch Superknoten S1 . . . S3. F¨ ur jeden gilt der Knotensatz (z. B. S2: I3 + I5 + I2 + I1 + I4 = 0, weil der Strom eines angig von Uq2 durch die Spannungsquelle fließt). Quellenknotens, etwa I3 +I5 , unabh¨ F¨ ur die Superknoten S1, S3 (einseitig am Bezugsknoten) ist die Quellenspannung zugleich Knotenspannung: Uk1 = Uq1 , Uk3 = Uq3 (bekannt). Es sind Masseknoten“, ” deren Strombilanz linear abh¨ angig ist (z. B. tritt Strom I3 , I2 des Knotens 1 von S1 zum Bezugsknoten 5 aus). Deshalb erfordern die Masseknoten keine Aufstellung einer Knotengleichung. F¨ ur Knoten S2 (mit der Referenzknotenspannung Uk4 ) gilt: Uk2 = Uq2 + Uk4 . Insgesamt lauten die Zwangsbedingungen f¨ ur die Knotenspannungen der Superknoten Uk1 = Uq1 ,

Uk2 = Uq2 + Uk4 ,

Uk3 = Uq3 .

Wir stellen jetzt Knoten-/ Superknotengleichungen (S2) f¨ ur Knoten 4 auf: S2/K4: G1 Uk4 + G2 (Uk4 − Uk1 ) + G4 (Uk4 − Uk3 )+ G5 (Uk2 − Uk3 ) + G3 (Uk2 − Uk1 ) = 0.

290

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die ersten drei Terme sind die aus S2 am Knoten K4 herausfließenden Str¨ ome. Die gleiche Stromsumme muss (vorzeichenbehaftet!) wieder aus S2 am Knoten K2 hin” einfließen“, das sind die Terme 4 und 5. Die Gesamtstrombilanz des Superknotens S2 verschwindet (Knotensatz). Im n¨ achsten Schritt eliminieren wir Uk1 , Uk3 , Uk2 durch die Quellengr¨ oßen und die unbekannte Knotenspannung Uk4 und erhalten Uk4 (G1 + G2 + G3 + G4 + G5 ) + Uq2 (G3 + G5 ) −Uq1 (G2 + G3 ) − Uq3 (G4 + G5 ) = 0. Mit der Aufl¨ osung nach Uk4 ist die Aufgabe gel¨ ost.

Beispiel 3.3.11 Superknoten F¨ ur die Br¨ uckenschaltung Abb. 3.3.7c mit idealer Spannungsquelle (im Superknoten S) wird die Knotenspannung Uk2 (Bezugsknoten K4) gesucht. Aufzustellen sind mit k − 1 = 3 und n = 1 insgesamt 2 Knotengleichungen. Wir w¨ ahlen daf¨ ur die Knoten 2 und 3 mit den Unbekannten Uk2 , Uk3 . Die Knotenspanangt von Uk3 ab. Die Knotengleichungen lauten: nung Uk1 = Uq + Uk3 h¨ K2: G4 Uk2 + G3 (Uk2 − Uk3 ) + G2 (Uk2 − Uk1 ) = 0 S/K3: G5 Uk3 + G3 (Uk3 − Uk2 ) + G1 Uk1 + G2 (Uk1 − Uk2 ) = 0. osbar. Es f¨ uhrt f¨ ur (G2 G5 = G1 G3 ) auf Das System ist problemlos nach Uk2 , Uk3 l¨ uckenschaltung !). verschwindende Knotenspannung Uk2 (Br¨ Wir interpretieren noch den Quelleneinfluss in beiden Knotengleichungen. Wird die Spannungsquelle Uq u ¨ ber den Knoten 1 versetzt“ (Abb. 3.3.7d) und anschlie” ßend in Stromquellen gewandelt, so verschmelzen zun¨ achst die Knoten 1 und 3 (Kurzschlussbr¨ ucke!) und die Stromquellen Uq G2 und Uq G1 treten direkt in beiden Knotengleichungen auf.

Insgesamt ergibt sich die L¨ osungsmethodik Knotenanalyse mit Superknoten

1. 2.

3.

Bereite das Netzwerk zur Knotenanalyse vor: stelle die k − 1 Knoten fest, w¨ahle einen Bezugsknoten und die k − 1 Knotenspannungen. Umschließe jede Spannungsquelle (unabh¨angige und gesteuerte) mit einer H¨ ulle (Superknotenbildung) und lege f¨ ur jeden Superknoten eine Referenzknotenspannung fest. Die Gesamtzahl der Superknoten sei n. Stelle die Zwangsbedingungen f¨ ur die u ¨ brigen Knotenspannungen der Superknoten in Bezug zur jeweiligen Referenzknotenspannung dar. Enth¨alt ein Superknoten den Bezugsknoten (= Supermasseknoten), so ist seine Referenzknotenspannung gleich der Bezugsknotenspannung (identisch null).

3.3

4.

5.

Knotenspannungsanalyse

291

Stelle die k − 1 − n Knotengleichungen f¨ ur die Knotenspannungen auf und l¨ose das Gleichungssystem. Knotengleichungen f¨ ur Superknoten, die den Bezugsknoten einschließen, entfallen, da ihre Knotenspannung durch die Spannungsquelle be¨ kannt ist. Ubrig bleiben so nur Superknotengleichungen f¨ ur schweben” de Superknoten“ und die normalen Netzwerkknoten. Das Verfahren ist sinngem¨ aß auf gesteuerte Spannungsquellen anwendbar, bei stromgesteuerten Spannungsquellen wird der Steuerstrom durch Knotenspannungen und Zweigbeziehungen ausgedr¨ uckt.

3.3.3 Modifizierte Knotenspannungsanalyse* Die Erweiterung der Knotenspannungsanalyse um zus¨ atzliche Gleichungen durch Netzwerkelemente, die beim Standard-Verfahren nicht zugelassen sind, heißt modifizierte Knotenspannungsanalyse (Modified nodal analysis, MNA). Sie verwendet als Unbekannte außer den Knotenspannungen noch Hilfsstr¨ ome durch diese Elemente: Str¨ ome durch ideale Spannungsquellen, Steuerstr¨ ome f¨ ur stromgesteuerte Quellen, beliebige Zweigstr¨ ome, die explizit ermittelt werden sollen z. B. f¨ ur stromgesteuerte nichtlineare Netzwerkelemente oder in Kurzschlusszweigen (als Ausgangsgr¨ oße). Zur Durchf¨ uhrung des Verfahrens werden 1.

2. 3.

in jedem fraglichen Element ein Hilfsstrom IH (zeitweilig) eingef¨ uhrt und f¨ ur dieses Netzwerk mit nur den Elementen Leitwert G, Stromquellen und gesteuerten Stromquellen die Standardanalyse formuliert, f¨ ur jedes Element mit Hilfsstrom eine zus¨ atzliche Gleichung entsprechend dem Originalnetzwerk geschrieben, und die Schritte 1 und 2 in Form einer Matrixgleichung vom Typ [Koeffizientenmatrix][Vektor der Unbekannten U k , I H ]= [Vektor der bekannten Quellen I q , U q ] zusammengefasst oder ausformuliert „ « „ « „ « Y B Uk Iq Standardanalyse · = . (3.3.21) Hilfszweiggleichungen C D IH Uq

Dabei sind U k der Spaltenvektor der Knotenspannungen, I H der Vektor der unbekannten Hilfsstr¨ ome und U q , I q die Vektoren der Quellen. Die Untermatrix Y ist die Standardknotenleitwertmatrix durch die Zweige mit den ”uneigentlichen“ Elementen. Die B . . . D Matrizen ergeben sich aus der Lage und dem Typ der nicht zugelassenen Elemente. Diese Darstellung erweitert die Knotenspannungsmatrix u ¨ ber den Hilfsstrom I H um je eine zus¨ atzliche Spalte und Zeile f¨ ur jedes Netzwerkelement, das nicht in die Standardanalyse passt (bei manchen gesteuerten Elementen z. B. der stromgesteuerten Spannungsquelle und Transformatoren k¨ onnen es auch zwei Spalten und Zeilen sein).

292

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

So folgt f¨ ur die Schaltung Abb. 3.3.7a des Beispiels 3.3.8 (Superknotenkonzept) mit dem Ausgangsgleichungssystem Gl. (3.3.18) durch Umordnen 1 0 0 1 0 1 Uk1 G1 + G2 Iq −G2 0 1 StandardB C B B C G2 + G3 + G4 −G4 0 C B Uk2 C B 0 C gleichung B −G2 C. · = @ G4 −1 A @ Uk3 A @ 0 A 0 −G4 Hilfszweig −1 0 1 0 IH Uq Die L¨ osung liefert Uk1 . . . Uk3 , IH . Der Hilfsstrom wurde beim Superknotenverfahren eliminiert. Soll beispielsweise ein Zweigstrom bestimmt werden, so f¨ ugt man einfach diesem Zweig reihengeschaltet einen Zweig mit einer idealen Spannungsquelle vom Wert null“ hinzu. Dann tritt der Strom in der Kurzschlussverbindung als Unbekannte ” auf, die Spannung auf der rechten Seite der Gleichung verschwindet. Wie beim Standardverfahren lassen sich durch die nichtkonformen Netzwerkelemente Belegungs- oder Ausf¨ ullmuster der Matrix, die sog. stamps, entwickeln, die schließlich ein direktes Ablesen der modifizierten Knotenmatrix (jetzt von gemischter Form) aus der Schaltung erlauben. Das Verfahren eignet sich besonders f¨ ur die rechnergest¨ utzte Netzwerkanalyse. Es entstehen zwar gr¨ oßere (meist schwach besetzte) Matrixgleichungen als beim Superknotenverfahren, doch sind sie mit speziellen Verfahren effizient l¨ osbar. Viele Schaltungssimulationsprogramme (darunter SPICE und PSPICE) basieren auf diesem Verfahren.

3.3.4 Knotenspannungsanalyse in Matrixform Wir fassen die Knotenspannungsanalyse in Matrixform zusammen: Ausgang sind die Zuordnungen von Zweigstr¨ omen und Zweigspannungen zwischen den einzelnen Knoten herr¨ uhrend f¨ ur einen Zweig ij: Iij = Gij Uij − Iqij nach Gl. (3.1.3) und Abb. 3.1.3: I z = Gz U z − I qz .

allgemeiner Netzwerkzweig (3.3.22)

Zum Hervorheben der Zweiggr¨ oßen wurde der Index z angef¨ ugt. Gz ist die Diagonalmatrix der Zweigleitwerte, deren Elemente außerhalb der Diagonale alle verschwinden. Die Verkn¨ upfung von Zweig- und Knotenspannungen erfolgt durch die ZweigKnoten-Inzidenzmatrix AT . Das ist eine z × (k − 1)-Matrix mit z Zeilen und k − 1 Spalten (Gl. (3.3.9)). U z = AT U k .

Beziehung Zweig-Knotenspannung (3.3.23)

Dazu tritt der Knotensatz Gl. (3.3.12) f¨ ur die Zweigstr¨ome (das sind insgesamt k − 1 Gleichungen) AI z = I k = 0.

Knotensatz (3.3.24)

3.3

Knotenspannungsanalyse

293

Die Knoten-Zweig Inzidenzmatrix A hat k − 1 Zeilen und z Spalten. Zusammengefasst ergeben die drei Gleichungen AI z = AGz AT U k − AI qz = Gk U k − I qk = 0   G

I qk

oder GU k = I qk .

Knotenspannungsanalyse (3.3.25)

Die Knotenleitwertmatrix G = Gk ist die Diagonalmatrix der Zweigleitwerte (quadratisch, also eine (k − 1) × (k − 1)-Matrix). Der rechts stehende Knotenquellenstromvektor I qk umfasst jeweils die Summe der Quellenstr¨ome eines Knotens. Mit Gl. (3.3.25) ergibt sich die L¨osung zu Gl. (3.2.8). Im letzten Schritt werden damit die gesuchten Zweigspannungen u ¨ber Gl. (3.3.23) bestimmt. Auf diese Weise l¨ asst sich das Knotenspannungssystem mit der Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix A, die der Schaltung direkt entnommen wird, aufstellen. Das kann rechnergest¨ utzt erfolgen. 3.3.5 Unbestimmte Knotenleitwertgleichungen Um das Knotenspannungsverfahren auf einen fiktiven Bezugsknoten außerhalb des Netzwerkes zu erweitern, m¨ ussen f¨ ur die jetzt k Knoten insgesamt k Knotengleichungen und ebenso viele Knotenspannungen existieren. Da nur k − 1 Gleichungen unabh¨angig sein k¨onnen, wird das Gleichungssystem unbestimmt und lautet (in Matrixschreibweise) ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ U10 Iq1 G11 G12 · · · G1k ⎜ G21 G22 · · · G1k ⎟ ⎜ U20 ⎟ ⎜ Iq2 ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ (3.3.26) ⎜ .. .. . . .. ⎟ · ⎜ .. ⎟ = ⎜ .. ⎟ . ⎠ ⎠ ⎝ ⎝ ⎝ . . . . . . ⎠ Gk1 · · · · · · Gkk

Uk0

Iqk

Das Ergebnis ⎛ ⎞     unbestimmte Quellenstrom⎝ Knotenleit- ⎠ · Vektor der = vektor Knotenspannungen wertmatrix entspricht dem Ansatz Gl. (3.3.6) um einen Knoten erweitert. Unbestimmte Knotenleitwertmatrix: Leitwertmatrix der Dimension k × k, die k Klemmenstr¨ ome mit k Klemmenspannungen verbindet und NullZeilen-Summen und Null-Spaltensummen enth¨alt. Die Knotenspannungen sind auf einen Knoten außerhalb des Netzwerkes bezogen.

294

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Methode, einen ¨ außeren Knoten einzubeziehen, wird auch als R¨ andern einer ” Matrix“ bezeichnet. Die unbestimmte Knotenmatrix hat folgende Merkmale: Die urspr¨ unglich (k − 1) bestimmten Gleichungen gehen in k unbestimmte Leitwertgleichungen u ¨ ber (weil die neu hinzukommende Gleichung linear von den anderen abh¨ angt). Durch die Erweiterung der (k − 1) × (k − 1)- zur k × k-Matrix verschwinden jeweils ihre Spalten- und Zeilensummen und die Komponentensumme des Quellenvektors. Die Determinante der unbestimmten Matrix verschwindet, deshalb gibt es keine Widerstandsmatrix. Wird der Bezugsknoten zu einem Netzwerkknoten gemacht, so ist die zu diesem Knoten zugeh¨ orige Gleichung (Zeile und Spalte) zu streichen und das Gleichungssystem wird bestimmt.

Zur Anwendung der unbestimmten Knotenleitwertmatrix (Kap. 3.6.5) sind drei Regeln wichtig: 1.

2.

3.

Zuf¨ ugen eines isolierten Knotens. Eine k × k-Knotenleitwertmatrix geht durch Einbezug eines isolierten Knotens in eine (k + 1) × (k + 1)-Matrix u ugt ¨ ber, wenn je eine Spalte und Zeile mit nur Nulleintr¨agen hinzugef¨ werden. Zusammenschalten zweier k-Knoten-Netzwerke. Werden zwei Netzwerke Na und Nb mit gleicher Knotenzahl k (mit den Knotenleitwertmatrizen Ga und Gb ) so zusammengeschaltet, das korrespondierende Knoten zusammenfallen, so entsteht die neue unbestimmte Knotenmatrix Gs = Ga + Gb . Knotenreduktion. Die Knotenzahl eines Netzwerkes sinkt entweder durch Knotenzusammenschaltung oder Knotenunterdr¨ uckung. So reduziert sich ein Zweitor (mit gemeinsamer Masseverbindung) durch Zusammenschaltung des Ein- und Ausgangsknotens auf einen Zweipol. Ein Zweipol entsteht aber auch am Eingangstor, wenn das Ausgangstor leerl¨auft (also der Ausgangsknoten unterdr¨ uckt wird). Beide Ergebnisse unterscheiden sich. Wir vertiefen diese Aspekte im Kap. 3.6.5.

Die besonderen Eigenschaften verhelfen unbestimmten Gleichungssystemen zu vielf¨ altigen Anwendungen: Rechenkontrolle beim Aufstellen der Gleichungen, Einsatz bei der rechnergest¨ utzten Analyse gr¨ oßerer Netzwerke (Kontrollzwecke, Netzwerkumformung, additiver Aufbau gr¨ oßerer Schaltungen aus Einzelkomponenten), Schaltungsanalyse mit idealen Operationsverst¨ arkern und u ¨ berhaupt gesteuerten Quellen (s. Kap. 3.6), Gewinnung unterschiedlicher Knotengleichungssysteme mit verschiedenen Bezugsknoten.

3.3

Knotenspannungsanalyse

295

So kann man beispielsweise ein Drei- und ein Vier-Klemmen Netzwerk zusammenschalten, indem beide durch Erg¨ anzung von Null-Elementen auf F¨ unf-Klemmen Netzwerke erweitert werden. Anschließend erfolgt die gew¨ unschte Knotenunterdr¨ uckung. Eine andere Anwendung ist die sog. Drehung“ von Netzwerken, etwa zur Berech” nung der Leitwertparameter des Transistors in verschiedenen Grundschaltungen. Ist ein Netzwerk mit drei Klemmen (Basis, Emitter, Kollektor) gegeben und sind die Parameter der unbestimmten Knotenmatrix bekannt, so k¨ onnen die Parameter anderer Grundschaltungen durch die der gegebenen Schaltung ausgedr¨ uckt werden. Dazu macht man in der unbestimmten Knotenleitwertmatrix eine Klemme zum gew¨ unschten Bezugsknoten und streicht die zugeh¨ orige Zeile und Spalte. Die verbleibende bestimmte Knotenleitwertmatrix ist die der neuen Grundschaltung. Ein weiterer Weg zur Gewinnung einer gedrehten“ Dreipolgrundschaltung ist die ” Transformation seiner Str¨ ome und Spannungen: man stellt f¨ ur den Dreipol (mit gegebenem Zweitor/Dreipolverhalten) den Knoten- und Maschensatz auf und eliminiert die Gr¨ oßen (Bezugsstrom und L¨ angsspannung), die in der neuen Grundschaltung nicht auftreten sollen. Das verbleibende Dreipolverhalten ist das der gesuchten neuen Grundschaltung. Anwendungsbeispiele daf¨ ur waren die Kennliniengleichungen des Bipolartransistors in den drei Grundschaltungen oder die Kleinsignalparameter nach Abb. 2.7.6.

Beispiel 3.3.12 Transistorgrundschaltungen Gegeben sind die Zweitorparameter des Transistors in Basisschaltung (Leitwertmatrix y b mit Elementen y11b . . . y22b (Abb. 3.3.8). Gesucht sind die Leitwertparameter der Emitterschaltung. Zun¨ achst erzeugt man aus der Leitwertmatrix der Basisschaltung durch R¨ andern“ eine un” bestimmte Form, macht also die 2 × 2- zur 3 × 3-Matrix (die Summe jeder Zeile bzw. Spalte muss verschwinden) E C B 1 y11b y12b −(y11b + y12b ) A. y22b −(y21b + y22b ) y21b = @ −(y11b + y21b ) −(y12b + y22b ) (y11b + y12b + y21b + y22b ) 0

y∞

(3.3.27a) Soll der Emitter neuer Bezugsknoten werden, gilt U10 = 0 und der zugeh¨ orige Strom I1 darf in der neuen Gleichung nicht auftreten: Streichung der ersten Zeile

I2 2

1 I1

U2

U1 E

3 U3

a

C

E

C

B

I2 2

3 I3 U3

B

1 I3

b

U2 Abb. 3.3.8. Unbestimmte Knoten-

leitwertgleichungen. Klemmenvertauschung am Dreipol (Bipolartransistor). (a) Ausgangsdreipol, Emitterschaltung. (b) Gedrehter Dreipol, Basisschaltung

296

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

und Spalte. Die so verbleibende 2 × 2-Matrix wird noch umgeordnet, damit der Basisknoten am Schaltungseingang liegt: „ ye =

B C « (y11b + y12b + y21b + y22b ) −(y12b + y22b ) . y22b −(y21b + y22b )

(3.3.27b)

Die Parameter der Kollektorschaltung ergeben sich durch Streichen der zweiten Zeile und Spalte und Umordnung, denn f¨ ur diese Schaltung ist der Basisknoten der Eingang (1) und der Emitter der Ausgang (2). Aus Gl. (3.3.27) lassen sich die Leitwertparameter der drei Grundschaltungen systematisch gewinnen, die Ergebnisse gelten auch f¨ ur Feldeffekttransistoren mit anderen Klemmenbezeichnungen wie S (Source), G (Gate) und D (Drain). Die Methode eignet sich ebenfalls zur Darstellung gesteuerter Quellen in verschiedenen Konfigurationen, wobei automatisch (durch die symmetrische Stromrichtungswahl) die richtigen Vorzeichen der Quellenparameter anfallen.

3.3.6 Knotenspannungsanalyse und Zweipolparameter* Bei Anwendung der Zweipoltheorie auf große Netzwerke (besonders mit gesteuerten Quellen) wird die Bestimmung der Ersatzgr¨oßen nach Kap. 2.4.4 rasch aufwendig. Hier kann der Einsatz der Knotenspannungsanalyse Vorteile bringen. Zur Bestimmung der Ersatzgr¨ oßen Leerlaufspannung Ul , Kurzschlussstrom Ik und Innenwiderstand Ri (nur zwei sind erforderlich) des Ersatzzweipols (Abb. 3.3.9a) wird 1. 2. 3.

das Netzwerk f¨ ur die Knotenspannungsanalyse vorbereitet (dabei sollen an den Zweipolklemmen die Knoten 1, 0 liegen). den Zweipolklemmen ein Probestrom IP aufgepr¨agt. Unabh¨angige und abh¨angige Quellen im Netzwerk bleiben in Betrieb! das Knotengleichungssystem aufgestellt und nach der Klemmenspannung U10 aufgel¨ost. RF

aktives Netzwerk

R1

1 U10

Uq Ud

IP

ra

G1

G1Uq

AuUd 0

0

a

re +

U20 K2 GF K1 U10

1

-

b

ge

Ud SUd

1

ga IP 0

c

Abb. 3.3.9. Zweipolparameterbestimmung mit der Knotenspannungsanalyse. (a) Probe-

strom am Netzwerk aufgefasst als Ersatzzweipol. Durch Auswertung der Klemmenspannung mit und ohne Probestrom ergeben sich die Zweipolersatzgr¨ oßen. (b) Beispielschaltung und zugeh¨ orige Ersatzschaltung. (c) Umwandlung der spannungsgesteuerten Spannungsquelle in eine spannungsgesteuerte Stromquelle

3.3

Knotenspannungsanalyse

297

Die L¨osung hat als lineares Netzwerk folgende Form U10 = a + bIP ≡ Ul + Ri IP .

(3.3.28)

Der Koeffizient a enth¨ alt die inneren Quellen, bildet also die Leerlaufspannung. Der Faktor b stellt den Innenwiderstand dar (f¨ ur den Zweipol wurde die Verbraucherpfeilrichtung gew¨ ahlt, daher +Ri ). Gibt es das Knotenleitwertsystem (mit p = k − 1 unabh¨angigen Knoten) entsprechend Gl. (3.3.8) mit dem Quellenstromvektor rechts, so setzt man statt des Koeffizienten Iq1 jetzt an Iq1 + IP mit der L¨osung Δ11 IP detG1 + ≡ Ul + Ri IP . (3.3.29) detG detG Die Koeffizienten werden nach den Regeln der Knotenspannungsanalyse ermittelt. U10 =

Beispiel 3.3.13 Zweipolparameter Gegeben ist eine Schaltung mit Operationsverst¨ arker (Ersatzschaltung Abb. 3.3.9b). Gesucht sind die Zweipolgr¨ oßen an den Klemmen 1,0. Wir bereiten die Schaltung f¨ ur die Knotenanalyse vor, wandeln unabh¨ angige und gesteuerte Spannungsquellen in Stromquellen und erhalten als Gleichungssystem f¨ ur die Knotenspannungen U10 , U20 : „ « „ « „ « K1: GF + ga U10 SUd + IP −GF · = . K2: −GF G1 + ge + GF U20 G1 Uq Rechts steht außer dem Probestrom IP noch die gesteuerte Stromquelle und in der zweiten Zeile die unabh¨ angige Quelle der Schaltung. Wir bringen die gesteuerte Quelle auf die linke Seite, beachten die Steuerbedingung Ud = −U20 und erhalten „ « „ « „ « K1: GF + ga U10 IP −GF + S · = . K2: U20 G1 Uq −GF G1 + ge + GF Die Aufl¨ osung nach der Klemmenspannung U10 ergibt U10 =

(GF − S)G1 Uq + (G1 + ge + GF )IP . (GF + ga )(G1 + ge + GF ) − GF (GF − S)

Der Koeffizient von IP ist Ri und der zu Uq proportionale Term die Leerlaufspannung Ul . Im Sonderfall S = 0 (Wegfall der gesteuerten Quelle) k¨ onnen Leerlaufspannung (doppelte Spannungsteilerregel) und Innenwiderstand problemlos u ¨ ber die Schaltung kontrolliert werden. Auf diese Weise werden die Zweipolparameter mit der Knotenspannungsanalyse relativ einfach bestimmt, zumal die Knotenleitwertmatrix der Schaltung direkt zu entnehmen ist. Das Verfahren l¨ asst sich auf Zweitore erweitern, nur m¨ ussen dann zwei Probestr¨ ome angelegt und die u ¨ ber den Quellen abfallenden Spannungen berechnet werden. Die Methode kann z. B. dazu dienen, ein gr¨ oßeres Netzwerk auf ein Zweitor zu reduzieren (s. Kap. 3.6.3).

Besonders einfach lassen sich Zweipolgr¨ oßen linearer (und nichtlinearer) Netzwerke, letztere im Kleinsignalfall, mit dem Schaltungssimulationsprogramm

298

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

SPICE ohne Aufstellung der Knotenspannungsmatrix bestimmen, wie die Beispiele 3.5.5 und 3.5.6 (Kap. 3.5.2) zeigen.

3.3.7 Netzwerkanalyse mit Operationsverst¨ arkern Einf¨ uhrung Operationsverst¨ arker arbeiten meist eingebettet“ in einer Schal-

” tung. Die Standardanalyse ersetzt den Verst¨ arker durch ein Netzwerkmodell. Im Regelfall reicht eine gesteuerte Quelle mit zus¨atzlichen Netzwerkelementen (Eingangs-, Ausgangswiderst¨ ande, Differenz-, Gleichtaktverhalten u. a.). Drei typische F¨ alle treten auf: 1.

2.

die gesteuerte Quelle hat einen Innenwiderstand/-leitwert und kann in alle vier Grundformen (Kap. 2.7.6) gewandelt werden. Zur Analyse eignen sich alle bisherigen Verfahren, besonders die Knotenspannungsanalyse (gemeinsamer Bezugspunkt mit vielen Zweigen). Gesucht ist eine Systematik zur Einbettung eines (oder mehrerer) Verst¨arkers in ein Netzwerk. ideale Quelle, endlicher Steuerparameter (Innenwiderstand null bzw. unendlich, aber endliche Steilheit, Spannungsverst¨arkung). Auch hier eignen sich alle Analyseverfahren mit Erweiterungen: so f¨ ur die Knotenspannungsanalyse der Einbezug idealer gesteuerter Spannungsquellen (oder bei der Maschenstromanalyse von gesteuerten Stromquellen). Alternativ bietet sich an, eine Quellenform zu w¨ ahlen, f¨ ur die sich die Standardanalyse eignet (z. B. spannungsgesteuerte Stromquelle mit Innenwiderstand ra beim Knotenspannungsverfahren) und im Ergebnis eine Quellenumwandlung ubergang ra → ∞ durchzuf¨ uhren (Weg zur Rechendurch Au = Sra mit Grenz¨ kontrolle).

3.

ideale Quelle, unendlicher Steuerparameter. Jetzt tritt bei Spannungssteuerung ein virtueller Kurzschluss am Steuereingang auf und durch die spannungsgesteuerte Spannungsquelle stellt sich ein Strom (nur vom Netzwerk abh¨ angig) so ein, dass der virtuelle Kurzschluss gilt. Nach Gl. (2.7.23) f¨ uhrt jede gesteuerte Quelle im Grenz¨ ubergang zum gleichen idealen Verst¨ arker. Deshalb kann ein Netzwerk mit idealem Operationsverst¨arker auch so analysiert werden, dass man von der idealen spannungsgesteuerten Stromquelle (Steilheits) ausgeht und nach Aufstellung der Gleichungen den Grenz¨ ubergang S → ∞ vollzieht.

In den F¨ allen 2 und 3 stellt sich die Ausgangsspannung des Operationsverst¨ arkers (ideale Spannungsquelle) im Netzwerk als Funktion der anderen Netzwerkspannungen ein. Deshalb erfordert der Ausgang keine Knotengleichung und von den k − 1 Knotengleichungen werden nur k − 2 formuliert. Weil es aber k − 1 Knotenspannungen gibt, dient als fehlende Gleichung entweder

3.3

Knotenspannungsanalyse

299

die Steuergleichung, z. B. U1 = U2 + Ua /Au (von Ua = Au (U1 − U2 ) beim Operationsverst¨ arker mit endlicher Verst¨ arkung Au (Fall 2)) oder der virtuelle Kurzschluss U1 → U2 (Au → ∞) (Fall 3). In beiden F¨ allen wird eine Knotenspannung eliminiert!

Deshalb erfordert ein Operationsverst¨ arker im Netzwerk zwei Analyseschritte: Einf¨ uhrung aller Knotenspannungen mit Aufstellungen aller Knotengleichungen (außer f¨ ur Verst¨ arkerausgang), Aufstellung der Steuergleichung oder virtueller Kurzschluss am Eingang zur Eliminierung einer Knotenspannung. Knotenspannungsanalyse und Operationsverst¨ arkern Wir konzentrieren uns

auf die F¨alle 2 und 3 und reduzieren den Verst¨arker auf eine differenzspannungsgesteuerte Spannungsquelle (Stromquelle unproblematisch). Sie wird mit ra = 1/y2k = 0, rd = rgl → ∞ und AD = Au > 0 modelliert (s. Tab. 2.13). Wir entwickeln zun¨ achst eine L¨ osungsstrategie f¨ ur einfache OPSchaltungen und erg¨ anzen sie sp¨ ater durch ein leistungsf¨ahigeres Verfahren (s. Kap. 3.6.2), f¨ ur das sich der Aufwand bei einfachen Schaltungen nicht lohnt. Ausgang ist das Knotenspannungskonzept nach Kap. 3.3.2 mit Spannungsquelle einseitig am Bezugsknoten und die schwimmende Quelle“. Beide F¨alle ” lassen sich mit dem Superknotenkonzept analysieren. Dann folgt die L¨ osungsmethodik Knotenspannungsanalyse mit n Operationsverst¨ arkern

1. 2.

3.

4.

5.

Vorbereitung des Netzwerkes f¨ ur die Knotenspannungsanalyse. Jeder Operationsverst¨ arker erh¨ alt ein Netzwerkmodell mit verschwindenden Ausgangswiderst¨ anden. (Bei endlichen Ausgangswiderst¨anden rechnet man die Spannungsquellen in spannungsgesteuerte Stromquellen um und f¨ uhrt die Standardknotenanalyse durch.) Aufgestellt werden die Knotengleichungen nur f¨ ur jene Knoten, die nicht mit Spannungsquellen verbunden sind. Es gibt k−1−n Knotengleichungen. Jeder der n Operationsverst¨ arker wird mit seiner Steuergleichung als (differenz-) spannungsgesteuerte Spannungsquelle UA = AD (UP − UN ) eingef¨ uhrt und die Klemmenspannungen UA , UP , UN durch Knotenspannungen ausgedr¨ uckt. L¨osung des Gleichungssystems f¨ ur die k − 1 − n Knotenspannungen.

300

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Bei virtuellem Kurzschluss (AD → ∞) wird die Differenz UP − UN (ausgedr¨ uckt durch Knotenspannungen) f¨ ur jeden Verst¨arkereingang gleich null gesetzt. Dann stellt sich die zugeh¨ orige Ausgangsspannung durch die Schaltung ein.

6.

Beispiel 3.3.14 Elektrometerverst¨ arker Im Elektrometerverst¨ arker nach Abb. 3.3.10a mit einem Kleinsignalmodell nach Abb. 2.7.15b1 gibt es nur einen relevanten Knoten K1, weil die u ¨ brigen Knoten K2 (Ausgangsspannung), K3 und K4 direkt an Spannungsquellen liegen. Aus der Schaltung folgen (bei verschwindendem Eingangsleitwert gd ) die Knotengleichung Knoten K1 (G1 + G2 )U1 − G2 UA = 0,

(3.3.30a)

die Ausgangsspannung des Operationsverst¨ arkers (Steuergleichung): UA = AuD (UP − UN ) = AuD (Uq − U1 ).

(3.3.30b)

Daraus wird als Knotenspannungsmatrix geschrieben „ « „ « „ « G1 + G2 −G2 U1 0 · = . 1 1 UA Uq AuD

(3.3.30c)

arkung UA (Uq ) (¨ ubereinDurch Eliminieren von U1 ergibt sich die Spannungsverst¨ stimmend mit Gl. (2.7.41)): UA 1 = . Uq G2 /(G1 + G2 ) + 1/AuD

(3.3.31)

F¨ ur AuD → ∞ geht in Gl. (3.3.30b) U1 → Uq und die Verst¨ arkerbeziehung ent” artet“, d. h. UA kann jeden beliebigen (endlichen) Wert annehmen, auch den nach Gl. (3.3.30a). W¨ are von Anfang an mit virtuellem Kurzschluss gerechnet worden, so h¨ atte die Aufstellung nur der Knotengleichung (3.3.30a) und die Bedingung U1 = Uq gen¨ ugt! K1

K4 P

Uq

UD rd

K2

K1 N

R2 R1

ra K3 UA

Uq1

UD

+ -

K3 ∞

K4 K2

AuDUD Uq2

R2

+ -



K5

K2

K1

R1 UA R1 UD Uq

N

R2 rd

ra UA

P AuDUD

R3 K6

R4

a

b

c

Abb. 3.3.10. Knotenspannungsanalyse und Operationsverst¨ arker. (a) Kleinsignalmodell des Elektrometerverst¨ arkers. (b) Modell eines Differenzverst¨ arkers. (c) Kleinsignalmodell des Umkehrverst¨ arkers

3.3

Knotenspannungsanalyse

301

Beispiel 3.3.15 Differenzverst¨ arker Gegeben ist die Schaltung Abb. 3.3.10b mit zwei idealen Operationsverst¨ arkern und 6 Knoten außer dem Referenzknoten. Knoten K1 und K2 liegen an idealen Spannungsquellen, die Knoten K3 und K5 an Ausg¨ angen der Verst¨ arker. So entfallen vier Knotengleichungen. Dann sind nur noch die Knotengleichungen f¨ ur K4 und K6 aufzustellen: K4: (G1 + G2 )U4 − G1 U3 − G2 U5 = 0 K6: (G3 + G4 )U6 − G3 U5 = 0. Den vier Unbekannten stehen zwei Gleichungen gegen¨ uber. Die Knotenspannungen U1 und U2 liegen durch die Quellenspannungen fest: U1 = Uq1 , U2 = Uq2 . Die virtuellen Kurzschlussbedingungen beider Verst¨ arker erzwingen (UP = UN ) → U4 = U1 = Uq1 , U6 = U2 = Uq2 . Damit ergibt sich G1 U3 + G2 U5 = (G1 + G2 )Uq1 . G3 U5 = (G3 + G4 )Uq2 Durch Eliminieren von U5 folgt schließlich die Ausgangsspannung 1 (1 + R3 /R4 ) Uq2 UA = U3 = (1 + R1 /R2 ) Uq1 − R R2 = (1 + R1 /R2 ) (Uq1 − Uq2 )|R1 =R4 ,R2 =R3 .

(3.3.32)

Die Schaltung arbeitet dann als Differenzverst¨ arker mit hochohmigem Eingang.

Beispiel 3.3.16 Standardumkehrverst¨ arker Wir betrachten einen Umkehrverst¨ arker mit einem Netzwerkmodell (Abb. 3.3.10c), das eine endliche Verst¨ arkung sowie einalt. Grundlage ist die von Abb. 2.7.15a1 und ausgangsseitige Widerst¨ ande rd , ra enth¨ u ¨ bernommene Ersatzschaltung. Die Knotengleichungen K1 und K2 lauten K1: G1 (UD + Uq ) + G2 (UD + UA ) + UD /rd = 0 K2: G2 (UA + UD ) + (UA − AuD UD )/ra = 0. Durch Eliminieren der Eingangsspannung UD folgt die Spannungsverst¨ arkung „ „ « «−1 UA ra + R2 1 1 G1 + G2 + + G2 = − Uq R1 AuD R2 − ra rd ˛ „ «−1 ˛ 1 1 ˛ ≈ − (G1 + G2 ) + G2 . ˛ ˛ R1 AuD ra R2 rd

¨ Uber die Gleichwertigkeit AuD UD = Sra UD wird die Spannungsquelle in eine Stromquelle umgewandelt. Bei vernachl¨ assigten Widerst¨ anden ra , rd entsteht die angegebene N¨ aherung (s. auch Gl. (2.7.34)).

Beispiel 3.3.17 Schaltung mit zwei Operationsverst¨ arkern Es gelten f¨ ur die Schaltung Abb. 3.3.11a mit zwei Operationsverst¨ arkern und k = 6 Knoten insgesamt 5 Knotenspannungen, von denen Knotengleichungen f¨ ur die Knotenspannungen

302

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

K3 . . . K5 (bei idealem Verst¨ arker) nicht formuliert werden m¨ ussen. Die Netzwerkbeziehungen lauten K1: (G1 + G3 + G4 ) U1 − G1 U4 − G3 U5 = G4 Uq . K2: (G2 + G5 ) U2 − G2 U4 − G5 Ua = 0

(3.3.33a)

F¨ ur die Knoten K3 (Uq ) und K4, K5 sind die Spannungen bekannt. Die Verst¨ arker werden beschrieben durch OP1: U4 = AuD1 (UP − UN ) = −AuD1 U1 . OP2: U5 = AuD2 (UP − UN ) = −AuD2 U2

(3.3.33b)

Damit stehen vier Gleichungen f¨ ur die Spannungen U1 , U2 , U4 , U5 bereit und das System ist l¨ osbar (wir verzichten, weil es um den prinzipiellen Umgang mit gesteuerten Quellen geht). F¨ ur AuD1 → ∞, AuD2 → ∞ gehen U1 und U2 gegen null, aber nicht U4 und U5 : dann verbleibt aus Gl. (3.3.33a) in Matrixform „ « « „ « „ −G1 −G3 U4 G4 Uq . (3.3.33c) · = −G2 −G5 U5 0 W¨ aren von Anfang an ideale Operationsverst¨ arker verwendet worden, so h¨ atte lediglich die Aufstellung der Knotengleichungen (3.3.33a), (3.3.33b) gen¨ ugt. Das ist aber Gl. (3.3.33c).

Beispiel 3.3.18 Schaltung mit zwei Operationsverst¨ arkern Die Schaltung in Abb. 3.3.11b hat 5 unabh¨ angige Knoten und zwei Operationsverst¨ arker, f¨ ur die AuD → ∞ (virtueller Kurzschluss) gelten soll. Dadurch werden U1 = U3 und U3 = U5 , d. h. U1 = U3 = U5 erzwungen. Wir schreiben die Knotengleichungen nicht f¨ ur die OP-Ausg¨ ange (Knoten K2 und K4), wohl aber f¨ ur K1, K3, K5. In der Rechnung treten die Knotenspannungen U1 (= U3 = U5 ) sowie U2 und U4 auf. Die Gleichungen der Knoten K1, K3, K5 lauten:

K1

+



U1 G5

K5

UA

Iq

K3

K2

G6

U2

U4 G8 K5

G7

U5

K4

+

a

K1

-∞

Uq

G5 K4 G2 K2 ∞ + G1

K3 G4

+

G3

-∞

K1 : G5 U1 − G5 U2 = Iq K3 : (G6 + G7 )U3 − G6 U2 − G7 U4 = 0 K5 : (G8 + G9 )U5 − G8 U4 = 0

G9

b

Abb. 3.3.11. Schaltungen mit zwei Operationsverst¨ arkern und Knotenspannungsanalyse. (a) Beispielschaltung. (b) Andere Beispielschaltung

3.3

Knotenspannungsanalyse

303

oder mit U1 = U3 = U5 in Matrixform 0 1 0 1 0 1 G5 U1 Iq −G5 0 @ G6 + G7 −G6 −G7 A · @ U2 A = @ 0 A . G8 + G9 0 −G8 U4 0

(3.3.34)

Gl. (3.3.34) kann f¨ ur die drei Knotenspannungen U1 , U2 , U4 gel¨ ost und damit die ¨ Ubertragungsfunktion, z. B. U5 = U1 = f (Iq ) bestimmt werden. Das Beispiel zeigt die N¨ utzlichkeit des virtuellen Kurzschlusskonzeptes bei gr¨ oßeren urde zwei weitere GleiSchaltungen. Der Ansatz mit endlicher Verst¨ arkung AuD w¨ chungen bedingen mit f¨ unf Knotenspannungen. Wie in den vorhergehenden Beispielen m¨ ussen selbstverst¨ andlich die Knotengleichungen der virtuell kurzgeschlossenen Knoten (z. B. K1 und K3) aufgestellt werden, obwohl U1 = U3 gilt: gerade dies ist der Inhalt des virtuellen Kurzschlussbegriffes.

3.3.8 Knotenspannungsanalyse von nichtlinearen Netzwerken* Nichtlineare Netzwerke enthalten nichtlineare I, U -Beziehungen in den Knotengleichungen. Letztere verlangen Kennlinien der Form I = f (U ), wie sie viele Bauelemente haben (Diode, Transistoren). Dann bleibt die L¨osungsmethodik der Knotenspannungsanalyse erhalten, nur sind statt der Matrixgleichungen Systeme nichtlinearer Gleichungen zu l¨osen. Am nichtlinearen NWE sollte nur eine Knotenspannung liegen.

Beispiel 3.3.19 Nichtlineare Schaltung Das Netzwerk Abb. 3.3.12 hat die Knotengleichungen (Bezugsknoten 3) K1: G1 Uk1 = Iq1 − ID (Uk1 , Uk2 ) K2: G2 Uk2 = Iq2 + ID (Uk1 , Uk2 )

mit ID = IS exp



Uk1 −Uk2 UT

” −1 .

Umstellen der Diodengleichung nach links f¨ uhrt auf zwei nichtlineare Gleichungen, deren Knotenspannungen u upft sind. ¨ ber das nichtlineare Element verkn¨ Das Gleichungssystem vereinfacht sich durch Wahl eines neuen Bezugsknotens (bei   , Uk3 2) mit den Knotenspannungen Uk1 ” “ U   K1: G1 Uk1 + IS exp Uk1 − 1 − G1 Uk3 = Iq1 T .   K2: −G1 Uk1 + (G2 + G3 )Uk3 = −Iq1 − Iq2

K1

Uk1 Iq1

UD

G1

K2

ID G2

K1

K2

ID Uk2

G1

G2

U‘k3

Iq1

Iq2 K3

a

U‘k1

K3

b

Iq2

Abb. 3.3.12. Nichtlineares Netzwerk, Knotenspannungsanalyse, Wahl des Bezugspunktes. (a) Knoten K3 ist Bezugspunkt. (b) Knoten K2 ist Bezugspunkt

304

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

 Bei L¨ osung nach Uk3 k¨ onnen die Knoten- und Zweigspannungen bestimmt werden. Das erfordert ein nichtlineares L¨ osungsverfahren und die Vorgabe numerischer Werte. F¨ ur derartige Probleme sind komfortable Computerprogramme verf¨ ugbar wie z. B. PSPICE und SPICE.

3.4

3.4 Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung* Einf¨ uhrung Ziel dieses Abschnittes sind systematische Methoden zur Aufstel-

lung der Analysegleichungen f¨ ur gr¨ oßere Netzwerke abh¨angig von der Verbindungsstruktur und den Netzwerkelementen, die anschließend symbolisch oder numerisch und damit automatisierbar ausgewertet werden k¨onnen. Ihre Grundlage ist die Graphentheorie mit der Matrizenrechnung als Hilfsmittel. Ausgang sind die Kirchhoffschen Gleichungen, die U, I-Beziehungen der Netzwerkelemente und die topologischen Bedingungen (Verbindungsstruktur) f¨ ur die Zusammenschaltung der NWE. Das Problem zerf¨allt so in ein Verbindungsnetzwerk, den Verbindungsmehrpol mit widerstandslosen Leiterverbindungen, und das Einf¨ ugen von Netzwerkelementen zwischen Knoten, oder allgemeiner das Einf¨ ugen von Zweipolzweigen (Abb. 3.4.1). Gesucht sind die mathematische Beschreibung des Verbindungs- oder Inzidenznetzwerkes, die allgemeine Zweigbeziehung (hier zun¨achst nur unabh¨angige Quellen und Widerst¨ ande) und das Zusammenwirken dieser Schritte zu einem Analyseverfahren. Ans¨ atze zur Beschreibung des Verbindungsnetzwerkes bieten die Maschen-Zweig- und Knoten-Zweig-Inzidenzmatrizen M , A (Gl. (3.2.11), (3.3.10)). Die geometrische Darstellung der topologischen Beziehungen erfolgt durch den Netzwerkgraph mit Knoten und Zweigen als Elementen. Er gew¨ahrleistet die Gewinnung der maximalen Zahl linear unabh¨angiger Schleifen- oder Kno-

Verbindungsmehrpol

Menge der Zweipolzweige

Matrix A, B, D, M

Allgemeiner Zweipolzweig

Uz

Iz Rz

Uqz Iqz

Abb. 3.4.1. Netzwerkgleichungen und Topologie

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

305

tengleichungen. Mit Einbezug des allgemeinen Netzwerkzweiges in das Netzwerkger¨ ust f¨ uhren die Kirchhoffschen Gleichungen schließlich zur Schleifenund Schnittmengenanalyse mit der Maschenstrom- und Knotenspannungs¨ analyse als Sonderf¨ allen. Tabelle 3.2 gibt eine erste Ubersicht. Tabelle 3.2. Netzwerkanalyse

Kirchhoffsche Gleichungen

Netzwerktopologie

?

Zweigstrom-/ -spannungsanalyse

?



Schleifenanalyse

6

dual

?

? - Schnittmengenanalyse 6

Grundlage: Zerlegung des Graphen in Baum und Glieder

?

Maschenstromanalyse

6

?

Knotenspannungsanalyse

6

Zerlegung des Graphen entf¨ allt

3.4.1 Netzwerke, Graph und Inzidenzmatrizen Zur Beschreibung der Netzwerktopologie ist die Art der Netzwerkelemente in den Netzwerkzweigen nebens¨ achlich. Es kommt vielmehr darauf an, zwischen welchen Knoten die Zweige liegen. Dabei wird ein Zweig einfach durch eine Linie zwischen zwei Knoten dargestellt (mehrere parallele Zweige k¨onnen zusammengefasst sein). So entsteht aus dem Netzwerk ein Graph als abstrakte Beschreibung der Netzwerkstruktur: Ersatz aller Netzwerkelemente durch Linien (Zweige) und aller Verzweigungen durch Punkte (Knoten). Mit gerichteten Zweigen (Richtung durch eingetragene Pfeile verdeutlicht) entsteht der gerichtete Graph. Die Zweigrichtung liegt durch die am Netzwerkelement gew¨ ahlte Strom-Spannungsrichtung fest, vereinbart ist die Verbraucherrichtung. Im gerichteten Graphen haben die Zweige Anfangs- und Endpunkte. Außer durch die Pfeilrichtung wird die Richtung auch durch die Knotenfolge (Anfangs-, Endknoten) in runden Klammern ausgedr¨ uckt. Ein Graph h¨angt zusammen, wenn jeder beliebige Knoten von einem anderen aus u ¨ber eine Reihe anschließender Zweige erreicht wird. Nichtzusam-

306

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

menh¨angende Graphen treten z. B. bei induktiver Kopplung auf. Ein Sonderfall ist der ebene Graph, der sich immer in einer Ebene aufzeichnen l¨asst. Ein gerichteter Graph l¨ asst sich durch eine (vollst¨andige) Verbindungs- oder Knoten-Zweig-Verbindungsmatrix (Inzidenzmatrix) Aa (Gl. (3.3.10)) der Dimension (k × z) mit k Zeilen (Knotenzahl) und z Spalten (Zweige) beschreiben. Die Inzidenzmatrix beinhaltet, welche Zweige des Graphen mit welchen Knoten inzident (verbunden) sind. W¨ ahlt man statt der Zweige die Zweigstr¨ome, so beschreiben die Koeffizienten der Inzidenzmatrix Aa die Koeffizienten der Zweigstr¨ome im Knotensatz (s. Gl. (3.3.12), dort mit A auf die k − 1 unabh¨angigen Knotengleichungen beschr¨ ankt). Es gibt noch weitere Inzidenzmatrizen: zwischen Maschen und Zweigen B (Gl. (3.2.11)), Schleifen und Zweigen M und den sog. Schnittmengen D.

Zur Aufstellung der Inzidenzmatrix wird zun¨achst ein Netzwerkgraph entwickelt, seine Knoten (1 . . . k) und Zweige (1 . . . z) nummeriert und jedem Zweig die Richtung zugeordnet. Die Elemente aij (i = 1, . . . k, j = 1 . . . z) liegen durch folgende Definition fest ⎧ uhrt ⎨ 1 wenn Zweig (Strom) j vom Knoten i wegf¨ aij = −1 wenn Zweig (Strom) j zum Knoten i hinf¨ uhrt ⎩ 0 wenn Zweig (Strom) j mit Knoten i nicht verbunden ist. Jede Zeile enth¨ alt die Zeilenelemente (mit ±1 belegt), deren Zweige den betreffenden Knoten nutzen. Jede Spalte kann nur ein Element mit +1 und eines mit −1 enthalten (jeder Zweig beginnt an einem Knoten und endet an einem anderen). Abb. 3.4.2a zeigt eine Schaltung und den zugeh¨ origen gerichteten Graphen (Abb. b). Die Zweige werden von 1 . . . z, die Knoten von 1 . . . k nummeriert. Die vollst¨ andige Knoten-Zweig Inzidenzmatrix ergibt sich daf¨ ur zu

Aa

Zweige 0 1 2 3 4 5 6 7 1 0 0 1 0 −1 0 1 B 0 −1 −1 1 0 0 0 C B C B 0 0 0 −1 0 −1 −1 C = B C @ −1 1 0 0 0 1 0 A 1 0 0 0 1 0 0

1 2 3 4 5

9 > > > > = > > > > ;

Knoten.

uhrt, So erh¨ alt der Koeffizient a13 den Eintrag +1, weil Zweig 3 vom Knoten 1 wegf¨ Zweig 2 hingegen den Eintrag −1, weil er zum Knoten 2 hinf¨ uhrt.

Die Information u ¨ ber die Netzwerkstruktur a ¨ndert sich nicht, wenn in der Inzidenzmatrix eine Zeile gestrichen, also zu k − 1 Zeilen u ¨bergegangen wird. Diese reduzierte Inzidenzmatrix A (schlechthin als Inzidenzmatrix bezeich-

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

307

net) entsteht z. B. durch Streichen der Zeile 4 (Knoten 4 tritt nicht mehr auf) oder eines anderen Knotens. Der gestrichene Knoten ist der Bezugsknoten. Die Knoten-Zweig-Verbindungsmatrix A ist die einfachste Beschreibung des Netzwerkgraphen. Sie steht in direkter Beziehung zum Kirchhoffschen Knotensatz (Gl. (3.3.12)) und weiteren Inzidenzmatrizen. F¨ ur die Schaltung Abb. 3.4.2a lauten die Knotengleichungen f¨ ur die Knoten K1: I3 − I5 + I7 = 0 und K2: −I2 − I3 + I4 = 0 bzw. + 0I2 + a12 I2 + (−1)I2 + a22 I2

K1: 0I1 a11 I1 K2: 0I1 a21 I1

+ (+1)I3 + a13 I3 + (−1)I3 + a23 I3

+ 0I4 + a14 I4 + (+1)I4 + a24 I4

+ (−1)I5 + a15 I5 + 0I5 + a25 I5

+ 0I6 + a16 I6 + 0I6 + a26 I6

+ (+1)I7 + a17 I7 + 0I7 + a27 I7

= = = =

0 0 . 0 0

Schleife, Masche Eine Schleife oder Umlauf (loop) ist ein zusammenh¨ angen-

der Teil eines Graphen, bei dem jeder Knoten genau zwei Zweige verbindet. So bilden in Abb. 3.4.2b die Mengen der Zweige {4,6,2}, {5,3,2,1} oder {7,6,1,5} jeweils Schleifen. Die Masche ist eine Schleife eines ebenen Graphen ohne innere Zweige (in einer Masche gibt es keine weitere Masche). In der Abbildung sind die Mengen der Zweige {3,2,1,5} oder {4,6,2} Maschen, aber nicht {3,4,6,1,5}, weil die Maschen {4,6,2} und {2,1,5,3} in einer Schleife liegen. Mit der Schleifenfestlegung lautet die zweite Kirchhoffsche Gleichung: Die vorzeichenbehaftete Summe aller Zweigspannungen l¨angs einer Schleife verschwindet zu jedem Zeitpunkt. Die u ankt aus dieser Sicht zu ¨ bliche Bezeichnung Maschenregel, Maschensatz schr¨ stark ein, tats¨ achlich gilt diese Regel f¨ ur einen Umlauf.

Auch f¨ ur Verkn¨ upfung von Schleifen (Maschen) mit den sie bildenden Zweigen gibt es eine beschreibende Matrix, die Schleifen/Maschen-Zweig Inzidenzmatrix B bzw. M . Die Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M diente zur Schnittmenge

A

I7 I3 K2

K1

a

K3

K1

U5 5 1

I1 K5

U3

I6

I2

I5

I4

Uq

K4

K5

b

3 M1 U1

7 K3

2 4 6 M2 K4

C

7

K2

U2

K2

K1

3 5 K5 1

c

K3

4 2 6

D

K4

B Hüllfläche

Abb. 3.4.2. Beispielnetzwerk und zugeh¨ orige Topographie. (a) Netzwerk. (b) Zugeh¨ origer

gerichteter Graph mit zwei eingetragenen Maschen/Schleifen. (c) Zum Schnittmengenbegriff

308

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Formulierung des Maschensatzes (Gl. (3.2.11)), wir werden sie sp¨ater (Gl. (3.4.5ff)). vertiefen. Die Schaltung Abb. 3.4.2b hat z. B. die Uml¨aufe M1 und M2: M1: U3 − U2 − U1 + U5 = 0, M2: −U1 − U6 + U4 + U3 + U5 = 0. Im ersten Fall liegt eine Masche vor, im zweiten eine Schleife, die die Maschenmatrix nicht erfasst. Deshalb erfolgt sp¨ ater eine Erweiterung zur SchleifenInzidenzmatrix B. Schnittmenge (cut-set, auch Schnitte, Trennmenge oder treffender H¨ ullknoten). Das ist die Menge von Zweigen eines Graphen, die von einer H¨ ullfl¨ache oder zweidimensional einer geschlossenen Schnittlinie (außerhalb eines Knotens verlaufend) einmal geschnitten wird und deren Entfernung den Graph in zwei einzelne, aber zusammenh¨ angende Teilgraphen teilt. Schnittlinien werden abgek¨ urzt mit S (und laufender Nummer) gekennzeichnet. Das Beispielnetzwerk Abb. 3.4.2c mit gegebenen Zweigstr¨ omen verdeutlicht den Begriff. Ausgang sind die Knotengleichungen f¨ ur die Knoten K2 . . . K4: K2: −I2 − I3 + I4 = 0, K3: −I4 − I6 − I7 = 0, K4: −I1 + I2 + I6 = 0. ome, die Die Addition der Gleichungen ergibt −I1 −I3 −I7 = 0. Das sind aber die Str¨ durch eine um das Netzwerk mit den Knoten 1 . . . 3 gedachte H¨ ullfl¨ ache zufließen (unabh¨ angig davon, was im Innern der H¨ ulle geschieht). Die Menge der Zweige (hier 1, 3, 7), die durch diese H¨ ulle geschnitten wird, ist die Schnitt- oder Trennmenge. (Meist wird nur eine Schnittlinie A . . . B zur Veranschaulichung der Trennmenge angegeben). Entfernt man alle drei geschnittenen Zweige“, dann zerf¨ allt der Graph ” in zwei separate Teile. Wird ein Zweig wieder ersetzt, so entsteht ein verbundener Graph. Die Schnittmenge formuliert das Kirchhoffsche Gesetz f¨ ur eine H¨ ullfl¨ ache oder einen H¨ ullknoten: Das ist nichts anderes als eine erweiterte Knotenregel, nach der die Summe aller durch die H¨ ulle hindurchtretenden Str¨ ome (vorzeichenbehaftet in Bezug auf die H¨ ulle) verschwinden muss. Sie wird mitunter als zweite Form des Kirchhoffschen Knotensatzes bezeichnet. Bei der Definition der Knotenregel Gl. (1.4.7) wurde schon darauf hingewiesen.

Der Knotensatz f¨ ur den Einzelknoten ist dann als Knotenschnittmenge zu verstehen (in Abb. 3.4.2c durch den Schnitt CD f¨ ur Knoten K3 angedeutet). Praktisch gewinnt man eine Trennmenge durch Umschließen eines Netzwerkteiles mit einem H¨ ullknoten. Die Menge aller Zweige, die diese H¨ ulle durchschneidet, bildet sie. Ihr wird eine Orientierung zugeordnet, etwa vom Innern ¨ zum Außeren positiv weisend. Damit lautet der Knotensatz allgemeiner:

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

309

Die vorzeichenbehaftete Summe der Zweigstr¨ome einer Schnittmenge verschwindet zu jedem Zeitpunkt. Ein Netzwerkgraph hat k − 1 unabh¨ angige Schnitte. Sie bilden eine Schnittbasis. Baum Ein Baum ist ein zusammenh¨ angender Teilgraph, der s¨amtliche Knoten

eines Graphen enth¨ alt ohne Schleifen zu bilden. Alle nicht zum Baum (tree) geh¨orenden Zweige bilden den Cobaum. Ein Baum besteht aus Baumzweigen, ein Cobaum aus Verbindungszweigen oder Sehnen (links). Zu einem Graph gibt es meist mehrere B¨ aume (insgesamt det(AAT )). Der Baumbegriff f¨ uhrt zur Definition besonderer Schleifen- und Schnittmengen, der Fundamentalschleifen und Fundamentalschnittmengen. Sie bestimmen die Zahl notwendiger und hinreichender Gleichungen zur L¨osung der Kirchhoffschen Gleichungen. Fundamentalschleife (fundamental loop) Jede Schleife, die nur einen Verbindungszweig, aber beliebig viele Baumzweige enth¨alt, heißt Fundamentalschleife. Sie ist die Grundlage der Schleifenanalyse. Ihre Richtung stimmt mit der Richtung des Verbindungszweiges u ¨berein. Zu jedem Graph geh¨oren k − 1 Baumzweige und m Verbindungszweige, es gibt also m = z − (k − 1) Fundamentalschleifen. Fundamentalschnittmenge (fundamental cut set) Eine Schnittmenge, die nur einen Baumzweig, sonst nur Verbindungszweige enth¨alt, heißt Fundamentalschnittmenge. Sie ist die Grundlage der Schnittmengenanalyse. Ein Graph mit gew¨ahltem Baum hat k − 1 Fundamentalschnittmengen. Unabh¨ angige Str¨ ome und Spannungen In Netzwerken gibt es mehrere S¨ atze

voneinander unabh¨ angiger Gr¨ oßen, die gleichberechtigt zur Analyse dienen k¨onnen. Das sind k − 1 Baumzweigspannungen, m Verbindungszweigstr¨ome (als Maschenstr¨ome die Grundlage des Maschenstromverfahrens) und k − 1 Knotenspannungen als spezielle Baumzweigspannungen (Grundlage der Knotenspannungsanalyse). Unabh¨angige Variable der Schleifen- bzw. Schnittmengenanalyse sind die m Verbindungszweigstr¨ome bzw. die k − 1 Baumzweigspannungen. Die (sehr praktischen!) Knotenspannungen werden nach Gl. (3.3.1) aus den Baumzweigspannungen gewonnen. Die Analyse bestimmt dann zun¨achst die unabh¨angigen Variablen und daraus die gesuchten Zweiggr¨oßen.

310

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Inzidenzmatrizen In jedem Netzwerk fließen Zweigstr¨ ome I und liegen Zweig-

spannungen U an, ihre Gesamtheit wird im Zweigstromvektor I = (I1 . . . Iz )T T und Zweigspannungsvektor U = (U1 . . . Uz ) ausgedr¨ uckt. Wir betrachten zun¨achst die Kirchhoffschen Gleichungen in Matrixdarstellung mit Inzidenzmatrizen. Knotensatz Das Netzwerk mit z Zweigen und (allen) k Knoten hat die Kno-

tengleichungen (Gl. (3.3.12)) Aa I = 0

Knotensatz, Matrixform (3.4.1)

mit der vollst¨andigen Knoten-Inzidenzmatrix mit p + 1 = k Zeilen ⎞ ⎞ ⎛ ⎛ a11 a12 . . . a1z a11 a12 . . . a1z ⎜ a21 a22 . . . a2z ⎟ ⎜ a21 a22 . . . a2z ⎟ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ Aa = ⎜ . , A = (3.4.2a) ⎟ ⎜ . . . .. . . . ⎟. .. . . . .. ⎠ ⎝ .. ⎝ .. . .. ⎠ . ak1 ak2 . . . akz ap1 ap2 . . . apz Es entsprechen die Knoten den Zeilen und die Zweige den Spalten der Matrix. Da jeder Zweig zwei Knotenpunkte verbindet, enth¨alt jede Spalte einen Eintrag +1 und −1 (die Summe einer Spalte muss stets null sein). Damit sind die Zeilen der Inzidenzmatrix Aa linear abh¨ angig, m. a. W. kann eine beliebige Zeile gestrichen werden. So entsteht die reduzierte Inzidenzmatrix A, sie wird als Inzidenzmatrix (Dimension (k − 1) × z) bezeichnet. Die gestrichene Zeile ist der Bezugsknoten“. ” Gl. (3.4.1) f¨ uhrt durch Ausmultiplizieren zum System unabh¨angiger Knotengleichungen; f¨ ur Abb. 3.4.2a wurde das veranschaulicht. Der Knotensatz Gl. (3.4.1) gilt unabh¨ angig von der Wahl eines Baumes. Ein festgelegter Baum erlaubt aber weitere Aussagen, weil es dann Baum- und Verbindungszweige gibt

Baumzweige

K1

K2 7

3

5

4 2 6

K5 1

a

K4

Baumzweige

K3

K2 7

K1

3

5

2

K3

4 6

K5 1

b

K4

Abb. 3.4.3. B¨ aume zum Netzwerk Abb. 3.4.2. (a) Gew¨ ahlter Baum. (b) Linienbaum

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

311



⎞ a11 . . . a1z ⎜ ⎟ A = ⎝ ... . . . ... ⎠ ap1 . . . apz

1 ⎛ a11 = ⎜a ⎜ 21 ⎜ . ⎝ .. =



Baumzweige

 2 ... k − 1 a12 . . . a1p a22 a2p .. .

ap1 . .. . . . Ab Av .

app

Verbindungszweige

k

  a1k   a2k   ..  .   a pk

 ... z ⎫ ⎞ . . . a1z 1⎪ ⎪ ⎪ ⎬ . . . a2z ⎟ ⎟ 2 ⎟ .. . Knoten . ⎠ .. ⎪ ⎪ ⎪ ⎭ . . . apz p

(3.4.2b)

Dann hat die Knoten-Inzidenzmatrix eine Teilmatrix Ab der Baumzweige (Index b f¨ ur Baum, Index v f¨ ur Verbindungszweig) und Verbindungszweige Av . Dabei ist Ab quadratisch (p × p) und Av eine p × m Matrix (Zahl der Verbindungszweige stets gleich der Zahl der Zweige minus der Zahl (k − 1) unabh¨angiger Knoten). F¨ ur Beispiel Abb. 3.4.2b wurden in Abb. 3.4.3 zwei B¨aume gew¨ahlt: im ersten Fall (Abb. a) sind die Zweige (1) . . . (4) Baumzweige, der Rest Verbindungszweige, Abb. b sind (1), (2), (4), (7) Baumzweige. In Gl. (3.4.2) enth¨ alt jede Spalte die Knoten eines Zweiges: deshalb lassen sich die Zweigspannungen auch durch Knotenspannungen U k ausdr¨ ucken U = AT · U k

Zusammenhang Zweig-Knotenspannungen (3.4.3)

(s. Gl. (3.3.10)). Darin ist AT die transponierte Knoten-Inzidenzmatrix A, also eine z × p-Matrix. Offen bleibt noch die Formulierung des Knotensatzes mit Schnittmengen (s. u.). Maschensatz Der Maschensatz (3.2.11)

MU = 0

Maschensatz, Marixform

wird durch die Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix M erfasst. Sie gibt Auskunft u ¨ber die Zweige in den einzelnen Maschen. In einer Zeile stehen alle zur betreffenden Masche geh¨ orenden Zweige, in ihren Spalten die Maschen, zu denen der jeweilige Zweig geh¨ ort. Die Matrixelemente sind definiert durch ⎧ ⎨ 1 Zweig j in Masche i mit gleicher Orientierung, mij = −1 Zweig j in Masche i mit entgegengesetzter Orientierung, ⎩ 0 Zweig j nicht Masche i.

312

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

In Abb. 3.4.2b wurden zwei Uml¨ aufe M1 (Masche) und M2 (Schleife) gebildet. Der zweite erfordert eine Erweiterung der Maschenmatrix zur (vollst¨andigen) Schleifen-Zweig-Inzidenzmatrix B a . Mit ihr lautet der Maschensatz B a U = 0.

Maschensatz (3.4.4)

Er schließt alle m¨oglichen Maschen ein: die Zahl der Zeilen ist gleich der Zahl der Schleifen und die Zahl der Spalten gleich der Zahl der Zweige. Diese Schleifen sind nicht unabh¨ angig voneinander, so k¨onnen in Abb. 3.4.2b insgesamt 7 Uml¨ aufe gebildet werden aus den Zweigen {2,3,7,6}, {5,7,6,1}, {5,7,4,2,1}, {5,3,2,1}, {3,4,7}, {4,6,2} und {5,3,4,6,1}. Von ihnen sind nur m = z − (k − 1) = 3 linear unabh¨ angig, sie bilden die Fundamentalschleifen. Fundamentalschleifenmatrix Die richtige Anwendung des Maschensatzes erfordert die Anzahl voneinander unabh¨angiger Maschen, das sind genau m = z − (k − 1), symbolisiert durch die Verbindungszweige im vollst¨andigen Baum. Erst die Baumwahl erlaubt die Festlegung der Fundamentalschleifen!

Das System der Maschenzweige der m unabh¨angigen Maschengleichungen wird durch die Schleifen-Zweig-Inzidenzmatrix (auch Schleifeninzidenz- oder Fundamentalschleifenmatrix), kurz die Schleifenmatrix B gekennzeichnet16 ⎛ ⎞ b11 . . . b1z ⎜ ⎟ B = ⎝ ... . . . ... ⎠ bm1 . . . bmz

⎛ =

⎜ ⎜ ⎜ ⎝

1 b11 b21 .. . bm1

Baumzweige

Verbindungszweige

 2 ... k − 1 k  b12 . . . b1p  b1k b2p  b2k ..  .. .  . . . . . . . bmp  bmk

 ... z ⎞ . . . b1z b2z ⎟ ⎟ .. ⎟ . ⎠

1 2 .. .

. . . bmz

m

⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬

.

Fundamental⎪ schleifen

⎪ ⎪ ⎭

(3.4.5) Die Schleifenmatrix B ist eine m × z Matrix gegeben durch die Schleifenuml¨aufe in jeder der m Fundamentalschleifen. Jede Zeile repr¨asentiert eine Fundamentalschleife, jede Spalte einen Zweig. Abb. 3.4.4 zeigt drei unterschiedliche Fundamentalschleifen zu Abb. 3.4.2. Es gibt 5 Knoten, 7 Zweige und 3 Fundamentalschleifen. Die Baumzweige wer16

Man unterscheidet zwischen der vollst¨ andigen Schleifenmatrix B a , die alle Schleifen des Graphen einschließt und der Fundamentalschleifenmatrix B = B f , die nur die m Fundamentalschleifen umfasst. Wir beschr¨ anken uns darauf.

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

313

den stets vor Verbindungszweigen nummeriert. Dann geh¨ort zu Abb. 3.4.4a folgende Schleifeninzidenzmatrix Baumzweige

1 ⎛ −1 B= ⎝ 0 0

 2 3 4  −1 1 0  −1 0 −1  0 −1 −1 

Verbindungszweige

 5 6 7 ⎞ 1 0 0 0 1 0⎠ 0 0 1

⎫ 1⎬ 2 Fundamentalschleifen. ⎭ 3 (3.4.6)

In Abb. 3.4.4b, c wurden weitere Fundamentalschleifen angegeben. Nach jeweiliger Festlegung des Baumes ist die B-Matrix direkt ablesbar. Die Schleifenmatrix B l¨asst sich durch Aufteilung der Zweige in (k − 1) Baum- und m Verbindungszweige in zwei Teilmatrizen B b und B v gruppieren   Bv Bb   m Fundamentalschleifen B =  ≡

p Baumzweige m Verbindungszweige

Bb 



E 

Baumzweige Verbindungszweige

m. (3.4.7)

Dabei stimmt die Orientierung der Fundamentalschleifen mit der der Verbindungszweige u ur die Matrixkoef¨ berein. E bezeichnet die Einheitsmatrix. F¨ fizienten gilt ⎧ ⎨ 1 Zweig j in Fundamentalschleife i, beide Richtungen gleich bij = −1 dito, aber beide Richtungen verschieden ⎩ 0 Zweig j nicht zur Schleife i geh¨orig. Der Maschensatz formuliert als System der m unabh¨angigen Schleifengleichungen lautet dann mit dem Zweigspannungsvektor U und der (Fundamental-) Schleifen-Inzidenzmatrix B BU = 0.

Maschensatz, Matrixform (3.4.8) 7

7 K2

K1 3 5

K5

2

M1 1

M3

M3 K3

M2

K1

4

5 3

K4

a

K2

2 M2

M1

6 K5

b

1

4 K2 M1 K3 4

K4

K1

6

5 7

M2

M3 2

K5 1

K3

3 6

K4

c

Abb. 3.4.4. Fundamentalschleifen. (a) Fundamentalmaschen. (b), (c) Weitere Fundamen-

talschleifen/-maschen

314

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Zweigspannungen lassen sich weiter unterteilen in Baum- und Verbindungszweigspannungen, gleiches gilt f¨ ur die Spannungsvektoren: U besteht aus dem Vektor U b der (k − 1) Baumzweigspannungen und dem Vektor U v  T der m Verbindungszweigspannungen: U = U b U v . Dann ergibt sich u ¨ber den Maschensatz mit Gl. (3.4.7)     Ub B · U = Bb E · = BbU b + U v = 0 Uv ein Zusammenhang zwischen den Verbindungs- und Baumzweigspannungen U v = −B b U b .

Beziehung Verbindungs-Baumzweigspannung (3.4.9)

Die bisherigen Formulierungen der Kirchhoffschen Gleichungen ber¨ ucksichtigen nur die Netzwerktopologie. Dabei ist (stillschweigend) vorausgesetzt, dass jeder Knoten mit wenigstens einem anderen Knoten verbunden ist. Im konkreten Netzwerk gibt es unterschiedliche Verbindungen durch Netzwerkelemente, teilweise fehlen sie: deshalb m¨ ussen noch die U, I-Beziehungen der NWE einbezogen werden. Ergebnis sind die Schleifen- und Schnittmengenanalyse. 3.4.2 Schleifenanalyse Umfassender als Maschenstrom- und Knotenspannungsanalyse sind Schleifenund Schnittmengenanalyse. Sie basieren auf Fundamentalschleifen bzw. Fundamentalschnitten und erfordern deswegen einen Baum. Unabh¨angige Netzwerkvariable sind die Schleifenstr¨ome (erf¨ ullen die Knotengleichungen der Schleifenanalyse) bzw. die Baumzweigspannungen (erf¨ ullen die Schleifengleichungen der Schnittmengenanalyse). Entsprechen die Schleifenstr¨ome verallgemeinerten Maschenstr¨ omen, so muss die Beziehung zwischen Baumzweigund Knotenspannungen noch begr¨ undet werden. Die Grundlage der Schleifenanalyse sind die Schleifenstr¨ome als unabh¨angige Variable in Fundamentalschleifen beschrieben durch die Fundamentalschleifenmatrix B Gl. (3.4.6). Sie werden nach Wahl eines Baumes ermittelt und in der Matrix B zusammengefasst. Weil die Umlaufrichtung einer Fundamentalschleife mit der des Verbindungszweiges u ¨bereinstimmt, k¨onnen ihre Koeffizienten direkt u ur die weitere Analyse ¨ ber Gl. (3.4.7) bestimmt werden. F¨ ist die Orthogonalit¨ at der Knoten- und Fundamentalschleifen-Inzidenzmatrix von grundlegender Bedeutung (s. u.). Grundgleichungen Die Schleifenstromanalyse basiert auf drei Ans¨atzen: 1. dem Maschensatz Gl. (3.4.8) f¨ ur jede Fundamentalmasche B, 2. dem allgemeinen Netzwerkzweig (Abb. 3.1.3) mit der Zweigspannung Uj = Rjz Ij − Uqj + Rjz Iqj j = 0, 1, 2 . . . z

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

315

oder als Matrixgleichung (s. Gl. (3.2.20)) U = Rz I − U q + Rz I q 3.

allgemeiner Netzwerkzweig (3.4.10)

dem Zusammenhang zwischen Zweigstrom I und Schleifenstrom I m u ¨ ber die transponierte Fundamentalschleifenmatrix B T (s. u.) I = CI m = B T I m . Zusammenhang Zweig-, Schleifenstrom (3.4.11)

Einsetzen des Netzwerkzweiges (3.4.10) in den Maschensatz Gl. (3.4.8) ergibt BU = BRz I − BU q + BRz I q = 0 und bei Ersatz des Zweigstromvektors durch den Schleifenstromvektor Gl. (3.4.11) BRz RT I m = BU q − BRz I q = U qm 

(3.4.12a)

R

oder RI m = U qm .

Grundgleichung Schleifenstromanalyse (3.4.12b)

In der Schleifenstromanalyse treten die Schleifenwiderstandsmatrix R = BRz B T , der Quellenspannungsumlaufvektor U qm (Summe der Quellenspannungen in der Schleife, positiv, wenn in Umlaufrichtung orientiert) und der gesuchte Schleifenstromvektor I m auf mit I m = R−1 U qm .

Schleifenstromanalyse, L¨osung (3.4.13)

Aus der L¨osung k¨onnen Zweigstromvektor Gl. (3.4.11) und mit Gln. (3.4.10), (3.4.11) die Zweigspannungen bestimmt werden. Diskussion 1.

2.

In der L¨ osung Gl. (3.4.13) enth¨ alt der Quellenspannungsumlaufvektor nicht nur die Spannungsquellen (einer Schleife), sondern auch Stromquellen, die u ¨ ber den Zweigwiderstand zu den Spannungen beitragen. Die Matrix R z ist die Zweigwiderstandsmatrix (nur Diagonalelemente), die Matrix R die Schleifenwiderstandsmatrix aus Haupt- und Nebendiagonalelementen (Bedeutung wie bei der Maschenstromanalyse, nur treten hier die jeweiligen Schleifen auf).

Orthogonalit¨ at Aus der Beziehung zwischen Zweig- und Schleifenstrom Gl. T (3.4.11) und dem Knotensatz Gl. (3.4.1) folgt AI = AB  I m = 0. Das gilt

nur, wenn A und B orthogonal zueinander sind: AB T = 0

resp.

BAT = 0.

0

(3.4.14)

316

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Knoten-Inzidenzmatrix A und die Fundamentalschleifen-Inzidenzmatrix B sind stets orthogonal zueinander. 3.4.3 Schnittmengenanalyse Im Kap. 3.4.1 wurde die Schnittmenge aus dem erweiterten Knotenbegriff erkl¨art: umh¨ ullt man einen Netzwerkteil, der einen oder mehrere Knoten enth¨alt durch eine H¨ ullfl¨ ache, so muss die vorzeichenbehaftete Summe aller Str¨ome durch die H¨ ullfl¨ ache verschwinden. In der Ebene hinterl¨asst die H¨ ullfl¨ache eine Spur, auch verstanden als Trennlinie eines Schnittes. Deshalb verschwindet die Summe der Str¨ ome einer Trennmenge. Dies ist eine verallgemeinerte Knotenpunktregel. So, wie der Knotensatz f¨ ur einen gegebenen Netzwerkgraphen k − 1 voneinander unabh¨ angige Gleichungen f¨ ur die Str¨ome liefert, f¨ uhrt der erweiterte Knotensatz beim gleichen Graphen auf k − 1 unabh¨angige Schnitte. Sie bilden eine Schnittbasis. Abb. 3.4.5a, b zeigt einen Netzwerkgraphen mit 4 Knoten und allen Schnitten einschließlich der Orientierung. Grundlage sind die Kirchhoffschen Gleichungen, z. B. f¨ ur die ersten drei Schnitte =0 S1: I1 + I2 + + I3 + I5 = 0 S2: −I2 S3: − I4 + I5 = 0. Der vollst¨andige Gleichungssatz lautet in Matrixschreibweise ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ S1 1 1 0 0 0 I1 0 ⎟ ⎜I ⎟ ⎜0⎟ S2 ⎜ 0 −1 1 0 1 ⎜ ⎟ ⎜ 2⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ S3 ⎜ 0 0 0 −1 −1 ⎟ ⎜ I3 ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎟ ⎜ ⎟·⎜ ⎟ =⎜ ⎟ S4 ⎜ −1 0 −1 1 0 ⎟ ⎜ I4 ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ S5 ⎝ 1 0 1 0 1 ⎠ ⎝ I5 ⎠ ⎝ 0 ⎠ I6 S6 0 1 −1 1 0 0 S1 K2

K1

K1

K3

I5

I2

I1 I1

I4

I3

K2

I5

K4

S4

I4 S5

S1 K2

K1

2

S6 1

I3

K4

a

S2 I2

K3

K4

3 4

S2 5 K3 S3

S3

b

c

Abb. 3.4.5. Schnittmengen im elektrischen Netzwerk. (a) Netzwerk. (b) Gerichteter Graph

zu Abb. a. (c) Schnittmengen bei gew¨ ahltem Linienbaum

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

317

oder kompakt formuliert17 D a I = 0.

(3.4.15)

F¨ ur die Schnittmenge und die mit ihr verbundenen Zweige gibt es eine vollst¨andige Schnittmengen-Zweig-Verbindungsmatrix oder kurz Schnitt- oder Trennmengenmatrix D a . Ihre Elemente werden durch folgende Definition bestimmt ⎧ 1 Zweig j in Fundamentalschnittmenge i, ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ gleicher Richtungssinn ⎨ dij = −1 Zweig j nicht in Fundamentalschnittmenge i, (3.4.16) ⎪ ⎪ ⎪ verschiedener Richtungssinn ⎪ ⎩ 0 Zweig j nicht zur Fundamentalschnittmenge geh¨orig. Jede Zeile von Da ist mit einem Schnitt des Graphen assoziiert, jede Spalte mit einem Zweig. Im Abb. 3.4.5b geh¨ ort Zweig z3 zu den Schnitten 2,4,5,6 (nicht verschwindende Elemente in Zeilen 2,4,5,6 in Spalte 3). Das Element in Zeile 5 betr¨agt +1, weil die Orientierung von Schnitt 5 mit der von Zweig 3u agt das Element in Zeile 6 −1, da Schnitt 6 ¨ bereinstimmt (dagegen betr¨ entgegen zu Zweig 3 orientiert ist). F¨ ur Abb. 3.4.5b wurden oben 6 Gleichungen f¨ ur 5 Unbekannte gefunden: sie sind daher linear abh¨ angig. Man stellt weiter fest, dass Da Zeilen der (vollst¨andigen) Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix Aa und/oder Zeilen enth¨alt, die durch Linearkombination der Zeilen von Aa entstehen. So umfasst die Schnittgleichung S6 die Knoten 2 und 3 (Zeilen 2 und 3), die Schnittgleichung S5 die Zeilen 3 und 4 (Knoten 3 und 4). Linear unabh¨angig sind im gegebenen Netzwerk nur k − 1 Gleichungen (hier drei) entsprechend dem Knotensatz. Daf¨ ur l¨asst sich die (reduzierte) Schnittmengen-Zweig-Inzidenzmatrix D vereinbaren (forthin immer als Schnittmengen-Inzidenzmatrix D verstanden). Beispielsweise bilden die ersten drei Zeilen (Gleichungen) als Teilmatrix von D a ⎛ ⎞ 1 1 0 0 0 D = ⎝ 0 −1 1 0 1 ⎠ 0 0 0 −1 −1 einen Satz (n¨amlich k − 1 = 3) unabh¨ angiger Schnittmengen in Abb. 3.4.5c. Die systematische Suche einer Schnittmengenbasis f¨ uhrt zur Vereinbarung der Fundamentalschnittmenge:

17

Diese Matrix wird oft auch mit Qa bezeichnet.

318

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Eine Fundamentalschnittmenge schneidet nur einen Baumzweig, sonst nur Verbindungszweige. Ihre Richtung ist die des Baumzweiges. Ein Graph mit zugeordnetem Baum hat k − 1 Fundamentalschnittmengen. Damit stimmt die Zahl der Fundamentalschnittmengen mit der Anzahl der Baumzweige u orige Fundamentalschnittmengen¨ berein und es gibt eine zugeh¨ Inzidenzmatrix D mit p = k−1 Zeilen und z Spalten entsprechend der Anzahl der Zweige. Dabei werden, den bisherigen Vereinbarungen gem¨aß, zuerst die Baum-, dann die Verbindungszweige aufgef¨ uhrt. So lassen sich die Elemente von D auch ohne Aufstellung der Kirchhoffschen Gleichungen nach folgender Regel gewinnen (wobei die Richtung der Fundamentalschnittmenge mit der Richtung der zugeh¨ origen Baumzweige u ¨bereinstimmen muss): In jeder Zeile der Matrix stehen die Zweige ausgedr¨ uckt durch den Koeffizienten dij , die in einer Schnittmenge (also am betreffenden erweiterten Knoten) enthalten sind. Dann lautet die erste Kirchhoffsche Gleichung (Knotensatz) formuliert als Schnittgesetz Knotensatz in Matrixform, (3.4.17) Schnittgesetz

DI = 0.

Die Schnittmengen-Zweig-Inzidenzmatrix verkn¨ upft die Schnittmengen mit den sie bildenden Zweigen, also jeden H¨ ullknoten mit seinen auftreffenden Zweigen (erweiterte Form des Knotensatzes). Daher sind Beziehungen zwischen der Schnittmengenmatrix D und der KnotenInzidenzmatrix A zu erwarten, s. u.

Die zur Fundamentalschnittbasis geh¨ orende Schnittmengen-Inzidenzmatrix lautet ⎞ ⎛ d11 . . . d1z ⎟ ⎜ D = ⎝ ... . . . ... ⎠ dp1 . . . dpz Baumzweige

⎛ = ⎜ ⎜ ⎜ ⎝

1 d11 d21 .. .

 2 ... k − 1 d12 . . . d1p d2p .. .

dp1 . . . . . .

dpp

Verbindungszweige

k

  d1k   d2k   ..  .   d pk

 ... z ⎫ ⎞ . . . d1z 1⎪ ⎪ ⎪ ⎬ . . . d2z ⎟ ⎟ 2 Fundamental. ⎟ .. . schnitte ⎪ . ⎠ .. ⎪ ⎪ ⎭ p . . . dpz (3.4.18)

Weil jede Fundamentalschnittmenge genau einen Baumzweig enth¨alt, kann die Matrix D in zwei Untermatrizen D b und D v entsprechend der Baum-

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

319

und Verbindungszweige unterteilt werden  D= E | Dv









}p



Fundamentalschnittmengen.

(3.4.19)

m Baumzweige

p Verbindungszweige

D hat den Rang p = k − 1, weil eine der beiden Untermatrizen die Einheitsmatrix ist. Deshalb bilden die Stromgleichungen der Fundamentalschnittmengen ein System linear unabh¨ angiger Gleichungen, m. a. W. beschreibt die Fundamentalschnittmengenmatrix D (mit ihren k − 1 Stromgleichungen) das Netzwerk vollst¨andig. Die Schnittmengenanalyse basiert auf der Definition von Fundamentalschnittmengen im Netzwerkgraph, sie ist zur Schleifenanalyse dual. In Abb. 3.4.5c wurde ein Baum aus den Zweigen 2,3,4 gew¨ahlt. Es gibt entsprechend der drei Baumzweige drei Fundamentalschnittmengen z ⎛ 2 S1: 1 ⎝ D = S2: 0 S3: 0

z3 0 1 0

z4 0 0 1

z1 1 1 0

z5 ⎞ 0 . 1 ⎠ 1

Gewinnung der Fundamentalschnitte: 1. 2.

3.

Wahl eines Baumes, Nummerierung der Baumzweige von 1 . . . (k − 1) und der Verbindungszweige von k . . . z. Erzeugung eines Schnittes durch jeden Baumzweig (jeder Baumzweig wird von einem H¨ ullknoten geschnitten, der auch vorhergehende H¨ ullknoten einschließen kann). Nummerierung der Schnitte nach den zugeh¨ origen Baumzweigen, Festlegung der Richtung nach der des erzeugenden Baumzweiges.

Abb. 3.4.6 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Graph und Schnittmenge f¨ ur das Netzwerk nach Abb. 3.4.2a. Zu den Graphen Abb. a und b geh¨ oren die Fundamentalschnittmatrizen 0 z1 1 S1: 0 S2: B B D= S3: @ 0 0 S4:

z2 0 1 0 0

z3 0 0 1 0

z4 z 5 z 6 0 1 0 0 1 1 0 −1 0 1 0 1

0 z1 1 S1: S2: B B 0 D= S3: @ 0 0 S4:

z2 0 1 0 0

z3 0 0 1 0

z4 z 5 z 6 z 7 1 0 1 0 1 0 1 −1 0 C C . 0 −1 0 −1 A 1 0 1 1

z7 0 0 1 1

1 C C A

Ausgang ist der Graph nach Abb. 3.4.2b. Es gibt entsprechend der 5 Knoten vier Fundamentalschnitte. Schnittrichtung und Baumzweigrichtung stimmen jeweils

320

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

S4

S3 3

K1

7 K2 4 2

5 K5

1

K4

K3

S3 K2

K1

S2

2

3

S4 5

K1

S2

4

7

K3 6

S4 K5

K5 1

3 K2 2

K3 6

5 6

4

S1

7

1

S3

K4

S2

K4

S1

S1

b

a

c

Abb. 3.4.6. (a), (b), (c) Wahl verschiedener Schnittmengen zu Abb. 3.4.4

u ¨berein. Schnitt S2 schließt Schnitt S1 in Abb. a ein. In Abb. 3.4.6b bedingt ein anderer Graph eine neue Nummerierung der Baumzweige. In Abb. c schließt ein Schnitt jeweils den vorhergehenden mit ein.

Transformation Zweig-Baumzweigspannung Waren bei der Schleifenanalyse

Schleifenstr¨ome I m die Netzwerkvariablen, so treten bei der Schnittmengenanalyse die (dazu dualen) Baumzweigspannungen U b als unabh¨angige Netzwerkvariable auf. Sie stehen mit den Zweigspannungen U in Beziehung: Zweigspannungen sind Linearkombinationen von Baumzweigspannungen. Es gilt allgemein U = DTU b .

Zusammenhang Zweig-Baumzweigspannungen (3.4.20)

Zweig- und Bauzweigspannungen h¨ angen u ¨ ber die transponierte Fundamentalschnittmengenmatrix zusammen. Das ist die analoge Beziehung zu Gl. (3.4.11) zwischen Zweig- und Schleifenstr¨omen bei der Schleifenanalyse. Grundgleichungen Die Schnittmengenanalyse beruht auf drei Ans¨atzen 1. 2.

dem erweiterten Knotensatz/Schnittmengengesetz Gl. (3.4.17), dem allgemeinen Netzwerkzweig (Abb. 3.1.3) mit dem Zweigstrom Ij = Gjz Uj − Iqj + Gjz Uqj j = 1, 2, . . . z oder verallgemeinert f¨ ur alle Zweigstr¨ ome in Matrixform I = Gz U − I q + Gz U q .

3.

allgemeiner Netzwerkzweig (3.4.21)

Dabei ist Gz eine Diagonalmatrix. Jeder der auftretenden Vektoren hat z Komponenten. dem Zusammenhang zwischen Zweigspannung U und Baumzweigspannung U b nach Gl. (3.4.20) u ¨ ber die transponierte FundamentalschnittInzidenzmatrix.

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

321

Einsetzen der Netzwerkgleichung (3.4.21) in Gl. (3.4.17) ergibt DI = DGz U − DI q + DGz U q = 0 und schließlich bei Ersatz der Zweigspannungsvektors U durch den Baumzweigspannungsvektor U b nach Gl. (3.4.20) DGz D T U b = DI q − DGz U q = I qs 

(3.4.22)

G

oder zusammengefasst mit den Abk¨ urzungen GU b = I qs .

Grundgleichung Schnittmengenanalyse (3.4.23)

Der Stromquellenvektor I qs ist der (¨aquivalente) Schnittmengenquellenstrom. In der zur Schleifenanalyse dualen Schnittmengenanalyse treten auf: die Schnittmengenleitwertmatrix G, der Quellenstromschnittmengenvektor I qs und die gesuchten Baumzweigspannung U b . Die L¨osung lautet U b = G−1 I qs .

Schnittmengenanalyse, L¨osung (3.4.24)

Aus den Baumzweigspannungen k¨ onnen alle u ¨ brigen Gr¨oßen U , I analog zum Vorgehen bei der Schleifenanalyse berechnet werden. Die Schnittmengenleitwertmatrix ist quadratisch (Rang k − 1). Sie kann, wie die Schleifenwiderstandsmatrix, direkt aus dem Netzwerk aufgestellt werden: die Diagonalelemente sind die Summe der zu jeder Fundamentalschnittmenge geh¨ orenden Leitwerte der Zweige (stets positiv), die u ¨ brigen Elemente der (symmetrischen) Matrix enthalten die Leitwerte, die zu den Fundamentalschnittmengen geh¨ oren, die der jeweiligen Zeile und Spalte gemeinsam sind. Sie liegen immer in Verbindungszweigen. Unterscheiden sich zwei Zeilen einer Spalte durch von null verschiedene Eintr¨ age, so gibt es einen gemeinsamen Leitwert der zugeh¨ origen Fundamentalschnittmenge (bei gleichen Vorzeichen der Eintr¨ age hat der Leitwert positives Vorzeichen, bei Ungleichheit der Vorzeichen negatives Vorzeichen).

Orthogonalit¨ at Waren die Knoten-Inzidenzmatrix A und die (transponierte) Fundamentalschleifen-Inzidenzmatrix B orthogonal zueinander (s. Gl. (3.4.14)) begr¨ undet durch den Knotensatz, so gilt dies auch f¨ ur die Schnittmengen-Inzidenzmatrix D und die (transponierte) Fundamentalschleifen-Inzidenzmatrix B

AB T = 0 ,

BAT = 0

resp.

DB T = 0 ,

BDT = 0.

(3.4.25)

322

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Deshalb hat jede Masche mit jeder Schnittmenge eine gerade Zahl von Zweigen gemeinsam: bei der einen Zweigh¨alfte stimmen Maschen- und Schnittmengen-Orientierung u ¨ berein, bei der anderen sind sie entgegengerichtet.

3.4.4 Zusammenh¨ ange, Vergleiche Die Dualit¨at der Schnittmengen- und Schleifenanalyse dr¨ uckt sich z. B. aus durch die Zuordnungen Schleifenanalyse

Trennmengenanalyse

Fundamentalschleife Fundamentalschleifenmatrix B Verbindungszweig Verbindungszweigstrom I v

Fundamentaltrennmenge Fundamentaltrennmengenmatrix D Baumzweig Baumzweigspannung U b .

Zusammenh¨ ange der Inzidenzmatrizen Jede Inzidenzmatrix beschreibt die

Topologie des Netzwerkgraphen gleichwertig. Deshalb lassen sich alle (B, D) auf die Knoten-Inzidenzmatrix A zur¨ uckf¨ uhren. Dazu erfolgt eine Unterteilung nach Baum- und Verbindungszweigen entsprechend Gl. (3.4.2):   A = Ab Av (3.4.26) (Ab quadratische p × p Matrix, Av p × m Matrix). Diese Unterteilung ergibt: Zusammenhang B, A Maschensatz Gl. (3.4.8) und Orthogonalit¨atsbedingung Gl. (3.4.25) f¨ uhren auf  T   Bb T A · B = 0 → Ab Av · = Ab B T b + Av = 0 E oder −1 BT b = −Ab Av ; B =



 Bb E .

Beziehung Maschen- ↔ KnotenInzidenzmatrix

(3.4.27)

Zwischen Maschen- und Knoten-Inzidenzmatrix besteht ein direkter Zusammenhang (Berechnung der inversen Matrix von Ab aufwendig). Beziehung D, A Die Beziehung zwischen den Trennmengen- und KnotenInzidenzmatrizen hat große praktische Bedeutung. Ausgang ist die Orthogonalit¨atsbedingung Gl. (3.4.25) und die Aufteilung der Trennmengen-Funda-

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

323

mentalmatrix Gl. (3.4.18), wobei der Baumanteil wegen der p Trennmengen eine Einheitsmatrix ist. Zusammen mit Gl. (3.4.7) ergibt sich     BT T b =0 (3.4.28) DB = 0 → E Dv E f¨ ur den transponierten Baumanteil der Schleifen-Inzidenzmatrix −1 BT b = −D v = −Ab Av

und nach Einsetzen in Gl. (3.4.18) endg¨ ultig   −1   D = E Ab Av   Schnittmengen- ↔ (3.4.29) = A−1 Ab A v b Knoten-Inzidenzmatrix −1 = Ab A. Schnittmengen- und Schleifen-Inzidenzmatrix k¨onnen aus der KnotenInzidenzmatrix berechnet werden. Mit Gln. (3.4.7) und (3.4.29) besteht ein Zusammenhang zwischen Schnittmengen- und Schleifen-Inzidenzmatrix durch die Orthogonalit¨atsbedingung Gl. (3.4.25): D=



   , B = −DT E −B T v E . b

Beziehung Schleifen(3.4.30) SchnittmengenInzidenzmatrix

Transformationsbeziehungen Die bisherigen Ergebnisse f¨ uhren auf Transformationsbeziehungen zwischen den Baumzweigspannungen, Verbindungsstr¨omen, Knotenspannungen und den Zweigspannungen und -str¨omen:       Ub Ub E U = = = U b = DT U b U DT DT v Ub   v   T  v  Ib Bb −Dv I v −Dv Iv = I v = BT I = = = b I v. Iv Iv E E (3.4.31a)

Das sind beim Schnittmengenverfahren alle Zweigspannungen aus den (k − 1) Baumzweigspannungen und beim Schleifenverfahren alle Zweigstr¨ome aus den m = z − (k − 1) Str¨ omen in den Verbindungszweigen oder den Schleifenoder Umlaufstr¨omen. Die Baumzweigspannungen lassen sich immer durch Knotenspannungen (bei gew¨ ahltem Bezugsknoten) ausdr¨ ucken. Die Beziehung zwischen Zweig- und den (k − 1) Knotenspannungen U k lautet U = AT U k .

(3.4.31b)

324

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Kirchhoffschen Gleichungen lauten dann zusammengefasst in Matrixform Knotenbeschreibung

Knotensatz Maschensatz

AI = 0 U = AT U q

Trennmengenbeschreibung

DI = 0 U = DT U b

Schleifenbeschreibung

I = BT I v BU = 0.

Die Inzidenzmatrizen des Netzwerkes sind gegeben durch18       A = Ab Av , B = B b E , D = E Dv .

(3.4.32)

(3.4.33)

Zwischen den Zweiggr¨ oßen und Baumzweigspannung bzw. Schleifenstr¨omen gilt Gl. (3.4.31). Verfahrensvergleich Die Betrachtungen zeigen den engen Zusammenhang zwischen der dualen Schleifen- und Schnittmengenanalyse. Beide erfordern einen Baum, (zugeh¨orige Inzidenzmatrizen ineinander u uhrbar) und zur L¨osung ¨ berf¨ die Matrixinversion. Aufwands¨ armer ist die

Schleifenanalyse, wenn mehr Baum- als Verbindungszweige auftreten, Schnittmengenanalyse, wenn der gew¨ ahlte Baum m¨oglichst wenig Knoten bzw. Schnittmengen und m¨ oglichst viele Verbindungszweige (Maschen) hat. Vorteilhaft ist, dass alle relevanten Matrizen aus der Knoten-Inzidenzmatrix und der Widerstand/Leitwertdiagonalmatrix ermittelt werden k¨onnen. Bereitet die Handberechnung schnell Probleme (hier bringen die Widerstands- und Leitwertmatrizen Erleichterung, da sie direkt der Schaltung entnommen werden k¨onnen), so gibt es f¨ ur ihre numerische Berechnung vielf¨altige Verfahren. Deshalb liegt ihre St¨ arke vor allem in der numerischen Auswertung. Schleifen-, Maschenstromverfahren Gelingt es, im Netzwerk statt eines Bau-

mes mit Fundamentalschleifen Fenstermaschen zu w¨ahlen, so geht die Schleifenmatrix in die Maschenmatrix u ¨ber und die Baumsuche entf¨allt. Abb. 3.4.7 zeigt einen Graphen (k = 6, z = 10, m = 5). Nach Baumwahl und damit der Baum- und Verbindungszweige (Baumzweige 2,3,5,9,10, Verbindungszweige 1,4,6,7,8) wird die Fundamentalschleifenmatrix Gl. (3.4.6) aufgestellt M1: M2: B = M3: M4: M5:

2 3 5 9 10 1 −1 0 0 0 ⎜ −1 0 −1 0 0 ⎜ ⎜ 0 0 −1 1 −1 ⎜ ⎝ 0 −1 −1 1 −1 0 0 0 −1 1 ⎛

1 1 0 0 0 0

4 0 1 0 0 0

6 0 0 1 0 0

7 0 0 0 1 0

8 ⎞ 0 0⎟ ⎟, 0⎟ ⎟ 0⎠ 1

3.4

Netzwerkanalyse in Matrixdarstellung*

325

1 2 3 4 5 6 −1 −1 1 0 0 0 ⎜ 0 1 0 −1 1 0 ⎜ ⎜ 0 0 −1 0 0 −1 ⎜ ⎝ 0 0 0 0 −1 1 0 0 0 0 0 0 ⎛

M1: M2: M = M3: M4: M5:

7 8 0 0 0 0 1 0 0 1 0 −1

9 10 ⎞ 0 0 0 0⎟ ⎟ 0 0⎟ ⎟. 0 0⎠ 1 −1

In der oberen Matrix enth¨ alt jede Zeile die Zweige der betreffenden Schleife nach Abb. 3.4.7a. Dabei stimmt die Richtung der Fundamentalschleife mit der Orientierung der sie definierenden Verbindungszweige u ¨ berein, also M3 mit Zweig 6. Die Matrix besteht aus Anteilen f¨ ur die Baum- und Verbindungszweige. In der unteren Matrix werden 5 Maschen gem¨aß Abb. b definiert, sie f¨ uhren zur Maschenmatrix. In den Spalten stehen alle Maschen, zu denen der betreffende Zweig geh¨ ort. Auff¨ allig ist die schwache Matrixbesetzung (geringer Auswerteaufwand). Schleifen- und Maschenanalyse gehen ineinander u ¨ber, wenn alle Schleifen zu Maschen werden. Das Beispiel zeigt aber auch, dass ein Fenstermaschensystem, wie rechts, in ein Schleifensystem (und umgekehrt) gewandelt werden kann. Das verdeutlicht Abb. 3.4.7c. Alle inneren Zweige einer Fenstermasche k¨ onnen keine Baumzweige sein (Verletzung der Baumregel). Deshalb gibt es keinen Baum. Die eingef¨ uhrten Fenstermaschen M1 . . . M4 liefern ein vollst¨ andiges System von Maschenstr¨ omen. Die Anordnung kann aber durch Aufteilung eines Knotens und Verbindung beider H¨ alften u uhrt ¨ ber einen widerstandslosen Verbindungszweig in einen Baum u ¨ berf¨ werden. Dann sind Schleifen definierbar. Der widerstandslose Zweig tr¨ agt nicht zur Widerstandsmatrix bei. Auf diese Weise kann eine Maschenanalyse immer als spezielle Schleifenanalyse verstanden werden mit der Besonderheit, dass Fenstermaschen einen unabh¨ angigen Satz von Maschenstr¨ omen gew¨ ahrleisten. 4

4

1

M2 5

2 M1 3

M3 M4

6

8

9

2 1

10

3

6

M2 M5

M3

M3

M2

M1

M1

M4

M4

10

7

7

a

M3

9

5 8 M4

M1

M5

Knotenteilung

M2

b

c

d

Abb. 3.4.7. Netzwerk mit Schleifen- und Fenstermaschen. (a) Graph mit Fundamental-

¨ schleifen. (b) Fenstermaschenanordnung. (c) Fenstermaschenanordnung. (d) Uberf¨ uhrung eines Graphen durch Knotenaufteilung in Schleifen

18

Dabei ist vorausgesetzt, dass die Zeilen von U und I und die Spalten von A, B und D in der gleichen Zweigfolge angeordnet sind.

326

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Schnittmengen- und Knotenspannungsanalyse Die f¨ ur die Schnittmengenana-

¨ lyse erforderliche Baumsuche entf¨ allt beim Ubergang zur Knotenspannungsanalyse, außerdem treten statt der Baumzweigspannungen als unabh¨angige ¨ Variable die Knotenspannungen auf. Wir zeigen diesen Ubergang ausgehend vom allgemeinen Netzwerkzweig Gl. (3.4.21). Nach Multiplikation mit D von links und Beachtung des Knotensatzes Gl. (3.4.17) wird nach U umgestellt. Ersatz des Terms U = DT U b = AT U k (Gl. (3.4.3), (3.4.20)) sowie D durch Gl. (3.4.29) liefert als Zwischenergebnis T DGz D T U b = DGz AT U k = A−1 zA U k b AG   G

G

= Ab −1 A (I q − Gz U q )

oder zusammengefasst AGz AT U k = A (I q − Gz U q ) .  G

Knotenspannungs(3.4.34) verfahren

Das ist die allgemeine Grundgleichung der Knotenspannungsanalyse (s. Gl. (3.3.7)). Dabei werden Spannungsquellen u ¨ber ihre Zweigleitwerte in Stromquellen u uhrt: die Knotenspannungsanalyse ist eine spezielle Schnittmen¨berf¨ genanalyse.

3.5

3.5 Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse Wenn auch die Netzwerkanalyse neben elektromagnetischen Feldern den Kern der Elektrotechnikausbildung darstellt, so wird dieses Anliegen heute vielf¨altig durch computergest¨ utzte Verfahren begleitet. Sie beziehen sich auf numerische Auswertung symbolischer L¨ osungen mit grafischer Ergebnisaufbereitung, die symbolische L¨ osung von Netzwerkgleichungen, die Schaltungssimulation beginnend von der Schaltungseingabe u ¨ ber eine Netzliste bis hin zur Eingabe als Schaltungsaufbau mit Messger¨aten und Anzeigeeinrichtungen. Ein Problem rechnergest¨ utzter Analysen ist die Pr¨ ufung ihrer Ergebnisse: ein Rechner liefert immer etwas, die Frage bleibt nur, ob es die Probleml¨osung ist. Hier sind elektrotechnische und z. T. auch mathematische Kenntnisse erforderlich gepaart mit wachsender Erfahrung. Das symbolische Rechnen st¨oßt schnell an Grenzen und erfordert oft Eingreifen, deshalb werden die

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

327

meisten elektrotechnischen Probleme numerisch gel¨ost. Eine sichere Kontrolle einer numerischen Netzwerkanalyse bietet der Tellegensche Leistungssatz (Kap. 4.7). Danach muss die Summe der im Netzwerk erzeugten Leistungen gleich der Summe der verbrauchten sein. Diese Kontrolle vollziehen Schaltungssimulatoren durchweg automatisch. 3.5.1 Numerische Auswertung Die anfallenden numerischen Aufgaben zerfallen in drei Kategorien: numerische Auswertung allgemeiner L¨ osungen. Hier reicht eine Genauigkeit im Prozent- und Promille-Bereich aus und vieles ist rascher mit dem Taschenrechner erledigt als mit aufwendigen Computerprogrammen. L¨osung großer linearer Gleichungssysteme, wie sie f¨ ur lineare Netzwerke anfallen, das schließt die Inversion von Matrizen ein. die L¨osung nichtlinearer Probleme, die bereits bei einfachen nichtlinearen Stromkreisen auftreten. Eingesetzt werden daf¨ ur Computerprogramme wie beispielsweise MATLAB, MATHEMATICA oder MAPLE. Ein eleganter Ausweg ist die Schaltungssimulation (s. Kap. 3.5.2), die den Nutzer von diesen Problemen befreit. Wir benutzen MATLAB. Es ist nicht nur weit verbreitet, sondern durch spezifische Programmzus¨ atze (sog. Toolboxes) das Programm f¨ ur weitere Gebiete der Elektrotechnik: Signalverarbeitung, Nachrichtentechnik, Transformationen, regelungstechnische, elektromechanische Probleme. Mit der Symbolics Toolbox hat der MATLAB-Anwender Zugriff auf den Kern des Computeralgebraprogramms MAPLE mit symbolischen Rechenm¨oglichkeiten. Zun¨achst verwenden wir MATLAB zur L¨ osung linearer Netzwerkgleichungen. Ausgang ist die Matrixgleichung Ax = B mit der Netzwerkmatrix A, dem Erregungsvektor B und dem Vektor x der gesuchten Unbekannten. Vorausgesetzt wird A quadratisch und det A = 0, was Gleichstromnetzwerke durchweg erf¨ ullen.19 Die Matrixeingabe lautet beispielsweise f¨ ur das Gleichungssystem 10 = x + 3y 8 = 5x − 2y in der MATLAB-Form A 19

=[1 3;5 -2]; B =[10;8];. Die L¨osung erfolgt

Wir geben hier nur einige Hinweise zum ersten Umgang mit dem Programm, in jedem Falle sollte man sich mit dem Handbuch oder einem MATLAB-unterst¨ utzten Mathematikbuch einarbeiten.

328

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

numerisch in der Standardform >>X=A\B oder alternativ >>X=inv(A)*B;. die Befehle >>X=sym(A)\sym(B) oder >>X=linsolve(A,B) ermitteln die symbolische L¨ osung des Gleichungssystems. Symbolisches Gleichungssystem Bei der symbolischen Analyse kommen Varia-

blennamen zur Anwendung, die dem Programm vorher unter dem Codewort syms mitgeteilt werden.  F¨ ur die symbolische osung des Gleichungssystems   L¨  a1 a2 b1 mit den Matrizen A = ,B = erfolgt die Eingabe von A a3 a4 b2 und B in der Form syms a1 a2 a3 a4 b1 b2; A=[a1 a2; a3 a4]; B=[b1;b2];. Die L¨osung wird mit >>sym(A) \ sym(B) oder >>linsolve(A,B) eingeleitet (der letzte Befehl stammt aus dem MAPLE-Vorrat in MATLAB). Bereits bei einer dreireihigen Matrix erfordert eine symbolische L¨osung schon merkliche Rechenzeit. Die Anweisungen werden in MATLAB entweder direkt ins Command Window eingeben und gestartet oder als Befehlsfolge in Form eines Programms, eine sog. m-Datei. Das ist eine ASCII-Datei mit einem Namen (nach u ¨ blichen Regeln festgelegt), die darunter in einem Verzeichnis gespeichert wird (Erweiterung .m) und vom Command Window durch den Dateiname (z. B. kno1.m) aufrufbar ist.

Beispiel 3.5.1 Knotenspannungsanalyse Zum Netzwerk Abb. 3.5.1a geh¨ort das Knotenspannungssystem „ «„ « „ « −G3 G1 + G3 U1 Iq1 = , −G3 G2 + G3 U2 −Iq2 «„ « „ « „ U1 G4 Uq1 −G3 G1 + G3 + G4 = . −G3 G2 + G3 + G5 U2 −G5 Uq2

R5

K1

G3

R1

K1

K2

Im3

Uk1 G2

Iq1

R3 K3

K2 R2 I m2

R6 I m1 G1

Uq1

Uq3

K6

Uk2

K4

K5

Iq2

Uq1

K1 I1

R4

I2

R2

Im3

R3 I3

K2 R1 Im1

Uq2

Im2

K3 R4

Uq2

K3

a

b

c

Abb. 3.5.1. Elektrische Netzwerke. (a) Beispiel zur Knotenspannungsanalyse mit MATLAB. (b) Beispiel zur Maschenstromanalyse mit MATLAB. (c) Beispiel zur Maschenstromanalyse mit symbolischen Variablen

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

329

Unten wurden beide Stromquellen durch reale Spannungsquellen modelliert. Die MATLAB-L¨ osung setzt mit der Form GU = I ein. Die Matrixeingabe erfolgt nach dem prompt-Zeichen >>. Zur Separierung der Zeilen dienen Semikolons, der Spalten Kommas. Klammern [ ] kennzeichnen Vektoren oder Matrizen. Als Beispiel gelten die Zahlenwerte R1 = 1 kΩ, R2 = 2 kΩ, R3 = 3 kΩ (entsprechende Leitwerte jeweils vor Eingabe bilden) und Iq1 = 1 mA, Iq2 = 4 mA. Nach Eingabe der Matrix G und des Vektors I wird die L¨ osung durch Eingabe von >>U=inv(G)*I gestartet und das Ergebnis als Vektor angezeigt. >> G=[0.001333,-0.000333;-0.000333,0.000833] G = 0.0013 -0.0003 -0.0003 0.0008 >>I=[0.001;-0.004] I = 0.0010 -0.0040 >>V=inv(G)*I V = -0.4992 -5.0015 (Dimensionen entfallen, deshalb vorher benutzte Einheiten festlegen z. B. R/ kΩ und entsprechend I/ mA). Jede Zahlenwert¨ anderung verlangt die Prozedur erneut. Deshalb wurde im Programm kno1.m die Eingabe (gleichzeitige Eingabe aller Widerstands- und Stromquellenwerte) und die Leitwertbildung (Koeffizient f¨ ur Koeffizient) verbessert. Auch die Zweigstr¨ ome werden aus den zugeh¨ origen Knotenspannungen ermittelt. Das Programm kno1.m wird mit >>kno1 im Kommandofenster aufgerufen und es erscheint die Eingabeaufforderung f¨ ur die Widerst¨ ande, die mit >>R=[1,2,3]; und >>I=[1,-4]; (letzteres nachfolgend f¨ ur Str¨ ome) f¨ ur die Zahlenwerte beantwortet wird. Der n¨ achste Schritt berechnet die Leitwertmatrix und zun¨ achst die Leitwerte aus den Widerst¨ anden mit der Anweisung >>G=1./R;. Die Eingabe der Matrix erfolgt durch >>GG=[G(1) + G(3), -G(3); -G(3), (G(2) + G(3))]; (GG wurde zur besseren Unterscheidung verwendet). Der Vektor der Stromquellen lautet >>I=[I(1),I(2)];. Die Eingabe >>U=GG\I ermittelt den Vektor der Knotenspannungen (und gibt ihn aus, fehlendes Semikolon). Danach berechnet man die Zweigstr¨ ome Iz (1) . . . Iz (3): >>IZ(1)=G(1)*U(1); >>IZ(2)=G(2)*U(2); >>IZ(3)=G(3)*(U(1)-U(2)); Die Knotenspannungen lauten U = −0.5000 und −5.000 (die Werte oben sind auf Rundungsfehler bei Eingabe der Reziprokwerte verursacht). F¨ ur praktische Belange fallen diese Unterschiede kaum ins Gewicht.

330

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Tabelle 3.3. MATLAB-Programm kno1.m

R=input(’input R-Werte:[R1,R2,R3]’); I=input(’input Quellenstr¨ ome:[I]’); G=1./R; GG=[(G(1)+G(3)),-G(3);-G(3),(G(2)+G(3))]; I=[I(1);I(2)]; U=GG\I IZ(1)=G(1)*U(1) IZ(2)=G(2)*U(2) IZ(3)=G(3)*(U(1)-U(2))

Das Programm kann auf ein gr¨ oßeres Netzwerk erweitert werden. Um Fehler aus¨ zuschließen, sollte eine numerische Uberpr¨ ufung bei kleiner Matrix (2 × 2 wie hier) mit einer Handrechnung (z. B. f¨ ur gleiche Widerst¨ ande und Stromquellen) erfolgen. ur einen Auch die Eingabe extremer Werte (z. B. R = 10−10 . . . 10+12 kann hilfreich f¨ Test sein. Im n¨ achsten Schritt werden die idealen Stromquellen durch reale Spannungsquellen (mit den Leitwerten G4 , G5 ) ersetzt. Das u ¨bernimmt das Programm kno2.m. Tabelle 3.4. MATLAB-Programm kno2.m

R=input(’input R-Werte:[R1,R2,R3,R4,R5]’); UQ=input(’input Quellenspannungen:[UQ]’); G=1./R; GG=[(G(1)+G(3)+G(4)),-G(3);-G(3),(G(2)+G(3)+G(5))]; I=[G(4)*UQ(1);G(5)*UQ(2)]; U=GG \ I IZ(1)=G(1)*U(1); IZ(2)=G(2)*U(2); IZ(3)=G(3)*(U(1)-U(2)); IZ(4)=G(4)*(UQ(1)-U(1)); IZ(5)=G(5)*(UQ(2)-U(2)); Der Unterschied besteht (neben ver¨ anderten Hauptdiagonalelementen in der Leitwertmatrix) im ge¨ anderten Quellenstromvektor I (jetzt aus den Quellenspannungen aß gibt es insgesamt 5 Zweigstr¨ ome. mit den Leitwerten G4 , G5 ermittelt), sinngem¨ Ein Vergleich zum Programm von oben ist aufschlussreich: f¨ ur die Zahlenwerte Iq1 = 1 mA, Iq2 = 5 mA (Richtung beachten) und R1 = 10 kΩ, R2 = 5 kΩ, R3 = 5 kΩ ergibt sich U (1) = −7, 5 V, U (2) = −16, 25 V sowie als Stromvektor I z = [−0.75, −3.25, 1.75]T mA. Mit realen Stromquellen und identischen Leitwerten G1 . . . G3 werden die Kurzschlussstr¨ ome der Quellen Iq1 , Iq2 konstant gehalten, z. B. Iq1 = Uq1 /R4 , dito Iq2 . W¨ ahlt man beispielsweise Uq1 = 1000 V, R4 = 1 MΩ und Uq2 = −2500 V, R5 = 500 kΩ, so stellen sich die Werte U (1) = −7, 38 V, U (2) = −16, 11 V,

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

331

I z = [−0, 738, −3, 22, 1.74] mA ein. Die Unterschiede sind gering, sie stammen von den ver¨ anderten Knotenleitwerten. Eine bessere N¨ aherung w¨ urde sich bei noch gr¨ oßeren Widerst¨ anden R4 , R5 und Spannungsquellen ergeben.

Beispiel 3.5.2 Maschenstromanalyse Das Netzwerk Abb. 3.5.1b wird mit der Maschenstromanalyse berechnet. Die Matrix lautet 10 1 0 1 0 Im1 Uq1 − Uq2 R1 + R2 + R6 −R2 −R1 A@ Im2 A = @ A. @ −R2 R2 + R3 + R4 −R3 Uq2 −R1 −R3 R1 + R3 + R5 Im3 −Uq3 Die L¨ osung des Gleichungssystems in MATLAB beginnt mit der Festlegung der Widerst¨ ande und Spannungsquellen (hier gew¨ ahlt R1 = R3 = R5 = 1 kΩ, R2 = R4 = R6 = 2 kΩ und Uq1 = 1 V, Uq2 = 3 V, Uq3 = 3 V). Nach Programmaufruf >>masch1 erfolgt die Widerstandseingabe; >>R=[1,2,1,2,1,2]; und anschließend die Spannungseingabe >>UQ=[1,3,5]; Im n¨ achsten Schritt wird der Spannungsvektor (rechte Erregerseite) erzeugt, dort sind die Spannungsrichtungen (Vorzeichen) ber¨ ucksichtigt. Tabelle 3.5. MATLAB-Programm masch1.m

R=input(’input R-Werte:[R1,R2,R3,R4,R5,R6]’); UQ=input(’input Quellenspannungen:[UQ]’); U=[UQ(1)-UQ(2);UQ(2);-UQ(3)]; RR=[(R(1)+R(2)+R(6)),-R(2),-R(1);-R(2),(R(2)+R(3)+R(4)),-R(3); -R(1),-R(3),(R(1)+R(3)+R(5))]; I=RR\U U1=UQ(1)+R(6)*I(1) U12=UQ(3)+R(5)*I(3) U3=R(4)*I(2) U2=UQ(2)+R(2)*(I(1)-I(2)) Anschließend bildet das Programm aus den Eingabewerten die Widerstandsmatrix >>RR=[(R(1)+R(2)+R(6)), -R(2), -R(1); -R(2),...]; l¨ ost das Gleichungssystem und gibt die Zweigstr¨ ome >>I=RR\U aus (fehlendes Semikolon ;). Abschließend werden die Knotenspannungen berechnet (und angezeigt): >>U1=UQ(1)+R(6)*I(1), U12=UQ(3)+R(5)*I(3) bis zu >>U2=UQ(2)+R(2)*(I(1)-I(2)). >> masch1 input R-Werte:[R1,R2,R3,R4,R5,R6][1,2,1,2,1,2]; input Quellenspannungen:[UQ][1,3,5]; I = -0.8571 U1 = -0.7143 U13 = 3 U3 = -0.2857 U2 = 1.5714

-0.1429

-2.0000

332

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Zum Test empfiehlt sich eine Handanalyse. Sie sollte auch die Vorzeichen der Str¨ ome (durch schrittweises Nullsetzen von Spannungsquellen) einschließen.

Beispiel 3.5.3 Maschenstrom 2, symbolische Variable F¨ ur das gleiche Netzwerk Abb. 3.5.1c werden die Maschenstromgleichungen aufgestellt unter der Maßgabe, dass nur die Widerst¨ ande R zahlenm¨ aßig eingegeben werden, dagegen die Spannungsquellen symbolisch erhalten bleiben. Ergebnis ist die Datei masch2.m. Die MATLAB- Eingabe beginnt mit der Widerstandseingabe und anschließender Aufbereitung der Widerstandsmatrix. Dann erfolgt der Wechsel zu symbolischen Variablen: >>syms UQ1,UQ2. Im n¨ achsten Schritt wird der Spannungsvektor U entsprechend der Schaltung aufgestellt und anschließend die Maschenstr¨ ome berechnet. Tabelle 3.6. MATLAB Programm masch2.m

R=input(’input R-Werte:[R1,R2,R3,R4]’); RR=[(R(1)+R(2)),0,-R(2);0,(R(3)+R(4)),-R(3); -R(2),-R(3),(R(2)+R(3))]; syms UQ1 UQ2 %symbolische Variable U=[-UQ2;UQ2;-UQ1]; I=RR\U %Maschenstr¨ ome Das Ergebnis f¨ ur beispielsweise R1 = R3 = 1 kΩ, R2 = R4 = 2 kΩ ist nachfolgend angegeben. Zur weiteren Rechnung k¨ onnen dann Zahlenwerte angesetzt werden. Die Methode er¨ ubrigt bei gr¨ oßeren Netzwerken die aufwendige Berechnung des Netzwerkes, sie eignet sich auch zur Pr¨ ufung, wann einzelne Maschenstr¨ ome verschwinden.

input R-Werte:[R1,R2,R3,R4][1,2,1,2]; I = -1/2*UQ2-1/2*UQ1 1/4*UQ2-1/4*UQ1 -1/4*UQ2-3/4*UQ1.

3.5.2 Schaltungssimulation Die bisherige Rechnerunterst¨ utzung beschr¨ ankte sich auf die Auswertung linearer Gleichungssysteme. Die Effizienz einer Analyse steigt, wenn ein Programm auch das Gleichungssystem aufstellt. Die Grundlage daf¨ ur ist die Erfassung der Schaltungsstruktur durch die Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix A. Zusammen mit den Netzwerkelementen wurden damit die verschiedenen Analysegleichungen begr¨ undet. Aus solchen Ans¨atzen entstanden in den 60er und 70er Jahren zahlreiche Schaltungsanalyseprogramme, aus denen sich

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

333

SPICE20 quasi als Standard herausbildete. Wenn sich auch die Programme haupts¨achlich in Eingabe, Auswertung, grafischer Oberfl¨ache und dem Modellumfang unterscheiden, so ist ihre Grundidee doch sehr ¨ahnlich. SPICE erlaubt nicht nur die automatische Generation des Verbindungsnetzwerkes u ¨ber die Eingabe der Netzwerkknoten, sondern erfasst durch viele Modelle (lineare und nichtlineare) die meisten Bauelemente abgelegt in einer Programmbibliothek. Damit beschr¨ ankt sich die Arbeit des Nutzers auf die Schaltungseingabe. Sie kann unterschiedlich erfolgen Man u ¨bergibt die Netzwerkknoten und anliegenden Netzwerkelemente als Netzwerkliste oder kurz Netzliste. Heute haben Schaltungssimulatoren einen Schaltplaneditor“ als grafische ” Oberfl¨ache, mit der die Schaltung wie auf einem Zeichenblatt entworfen wird. F¨ ur Bauelemente gibt es Schaltzeichen, Verbindungswerkzeuge und Zuweisungen der Parameter und Modelle, außerdem sind virtuelle Messund Anzeigeger¨ ate (Spannungs-, Strommesser, Oszillograf, . . .) verf¨ ugbar. Nach der Schaltungseingabe wird zu Beginn der Simulation eine Netzliste erzeugt, die alle Informationen u ¨ber das Netzwerk enth¨alt. Deshalb verarbeiten Simulatoren mit Schaltplaneditor auch eingegebene Netzlisten. Wir bevorzugen die Netzliste aus unterschiedlichen Gr¨ unden: N¨ahe zum Netzwerk, dessen Gesetzm¨ aßigkeiten erlernt werden sollen, Netzlisten werden von allen Schaltungssimulatoren abgearbeitet, die Eingabe kleiner Netzwerke ist rasch durchgef¨ uhrt. Erst f¨ ur gr¨ oßere Schaltungen, den Einbezug unterschiedlicher Bauelemente mit unterschiedlichen Modellen und vor allem f¨ ur zeitver¨ anderliche Vorg¨ ange (Bd. 3) nutzen wir st¨ arker die komfortable Schaltplaneingabe und Oszillograf, Ortskurvenschreiber u. a. virtuelle Messger¨ ate als Anzeigeeinrichtungen. Bei der Verarbeitung werden f¨ ur zeitkontinuierliche Vorg¨ ange, bekannter als analoge Schaltungssimulation, drei typische Simulationsarten unterschieden: Gleichstrom(DC), Wechselstrom- (AC) und Transienten-Analyse (TRAN). Der erste Fall analysiert das Gleichstromverhalten. Eine AC-Analyse wird bei sinusf¨ ormigen Quellen in der Wechselstromtechnik erforderlich. Die Transienten-Analyse kommt bei nichtsinusf¨ ormigen Quellen, Schalt- und Impulsvorg¨ angen zur Anwendung. 20

Das Programm SPICE (Simulation Program with Integrated Circuit Emphasis) wurde 1973 von D. O. Pederson und L. W. Nagel (University of California Berkeley) ver¨ offentlicht. Es ist heute in vielen Varianten und Weiterentwicklungen verf¨ ugbar. Einige davon (Aim-SPICE, WinSPICE, TOPSPICE, LTspice . . .) sind z. T. im Internet frei verf¨ ugbar, von kommerziellen Versionen (wie PSPICE, MULTISIM/EWB, Mircosim, . . .) gibt es g¨ unstige Studentenangebote.

334

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Netzliste enth¨ alt alle Netzwerkelemente (gekennzeichnet durch einen Elementnamen), die zugeh¨ origen Knoten und eine Spezifikation des Elementes. Alle Knoten m¨ ussen einen Gleichstromweg zum Bezugsknoten haben (intern vorgesehen), außerdem d¨ urfen keine Maschen mit Gleichstromwiderstand null auftreten (man erkennt hier die Knotenspannungsanalyse). Wichtige Elementnamen sind C D E F G H I

Kapazit¨ at Diode spannungsgesteuerte Spannungsquelle stromgesteuerte Stromquelle spannungsgesteuerte Stromquelle stromgesteuerte Spannungsquelle unabh¨ angige Stromquelle

K L M Q R V

gekoppelte Induktivit¨ aten Induktivit¨ at MOSFET Bipolartransistor Widerstand unabh¨ angige Spannungsquelle

¨ Jede Netzliste hat vier Bestandteile: eine Uberschrift (oft mit vorangestelltem * als Kommentarzeichen), die Elementanweisungen (Beginn der Netzliste), einen Teil f¨ ur Steueranweisungen und einen Schlussteil mit Ausgabeanweisungen: *knot1 I1 1 0 -1E-3 I2 2 0 4E-3 R1 1 0 1E3 R2 2 0 2E3 R3 1 2 3E3 Variables in circuit Values v(1) -0.5 V v(2) -5 V So enth¨alt die zu Abb. 3.5.1a geh¨ orende Netzliste kno1.cir die beiden Stromquellen I1 . . . I2 (Richtung positiv vom Knoten nach Bezug) sowie drei Widerst¨ande R1 . . . R3 . Die Steueranweisungen sind der Arbeitspunkt oder die Gleichstroml¨ osung (entweder durch Anweisung .OP oder sie erfolgt automatisch); die Anweisung .TF (s. u.) erzeugt die Kleinsignal¨ ubertragungsfunktion sowie die Ein- und Ausgangswiderst¨ ande, also eine Zweipolersatzschaltung der Anordnung; die Anweisung .DC variiert eine Quelle zwischen zwei Grenzen, sie wird z. B. zur Kennlinienaufnahme ben¨ otigt.

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

335

Zur Ausgabe dienen die Anweisungen .PRINT (tabellarische Ergebnisausgabe) und eine in PSPICE u ¨ bliche .PROBE Anweisung. Sie bereitet eine Datei zur grafischen Auswertung auf. Abgespeichert wird die Datei unter einem Namen mit der Endung .CIR, z. B. kno1.CIR. Zum Verst¨ andnis sollten weiter bedacht werden: Elementwertangaben k¨ onnen lauten 3, 3., 3.0, 3E+3, 3.0E+3, 3.E3, Einheitsangaben werden bei einigen SPICE-Versionen vernachl¨ assigt. Es sind dann gleichwertig: 20E-3, 20.0E-3, 20M, 20MV, 20MOHM, M bedeutet Milli, nicht Mega. 1 MΩ w¨ are zu schreiben 1MEG oder 1MEGOHM. Bei den Ausgabegr¨ oßen bedeuten V(2) Spannung am Knoten 2 mit Bezug auf Masse V(4,2) Spannung zwischen Knoten 4 und 2 (manche Versionen erlauben diese Angabe nicht), V(R1) Spannung u ¨ ber Element R1, VCB(Q2) Kollektor-Basisspannung des Transistors Q2, I(VS) Strom gerichtet in die Gleichspannungsquelle VS I(D1) Strom in Diode D1 (manche Versionen erlauben das nicht). Ein sicherer Weg zur Strommessung ist die Einf¨ ugung einer Spannungsquelle mit Wert 0 (z. B. VX = 0) zur Anzeige des Stromes durch die Quelle. Die Anweisung VX 5 4 DC 0V misst den Gleichstrom durch ein Element zwischen den Knoten 5, 4.

Nach Aufruf des Programms, hier unter Benutzung von AIM-SPICE und PSPICE, wird die Netzliste erstellt und abgespeichert. Zum Ablauf wird sie importiert, die Simulation (DC Operation Point) durchgef¨ uhrt und das Ergebnis angezeigt und ausgewertet.

Beispiel 3.5.4 Maschenstrom Zum Netzwerk Abb. 3.5.1b geh¨ort die Schaltungsdatei masch1.cir. *masch1 V1 4 0 1 V2 5 0 3 V3 6 3 5 R1 1 2 1E3 R2 2 5 2E3 R3 2 3 1E3 R4 3 0 2E3 R5 1 6 1E3 R6 1 4 2E3

336

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

**** BIAS SOLUTION NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE ... (1) 2.7143 (2) 1.5714 (3) -.2857 (4) 1.0000 (5) 3.0000 (6) 4.7143 VOLTAGE SOURCE CURRENTS NAME CURRENT V1 8.571E-04 V2 -7.143E-04 V3 -2.000E-03 Die Simulation liefert die angegeben Knotenspannungen und Str¨ ome durch die Spannungsquellen. Zur Stromrichtung ist die f¨ ur SPICE vereinbarte Verbraucherrichtung zu beachten: Strom fließt in Richtung des Spannungsabfalls positiv durch die Spannungsquelle, in Stromquellen positiv vom ersten Knoten zum zweiten.

Beispiel 3.5.5 Gesteuerte Quelle, Kleinsignalverhalten mit TF-Anweisung Die Anweisung .TF (Small-Signal Transfer Function) ermittelt die Kleinsignal¨ ubertragungsfunktion (DC-Kleinsignalverhalten) sowie die Ein- und Ausgangs-Kleinsignalwiderst¨ ande einer Schaltung. Sie lautet .TF X1 X2. Dabei ist X1 die Ausgangsvariable (gesteuerte Gr¨ oße) und X2 die Eingangsvariable (steuernde Gr¨ oße), das k¨ onnen Spannungen und/oder Str¨ ome sein. Die so berechnete Zweipolersatzschaltung wird automatisch (d. h. ohne weitere Ausgabeanweisung) ausgedruckt. Anweisungsbeispiele sind: .TF V(3,4) VIN Ausgangsspannung V(3,4), VIN Eingangspannung; .TF V(20), IIN Ausgangsspannung V(20), IIN Eingangsstrom; .TF I(VX) IIN Strom durch VX am Ausgang, IIN Strom am Eingang. F¨ ur das Netzwerk Abb. 3.5.2a ermittelt der .TF Befehl die Spannungsverst¨ arkung, sowie Ein- und Ausgangswiderst¨ ande re , ra . Die Schaltung verwendet eine stromgesteuerte Stromquelle (F-Quelle), der Steuerstrom durch den Eingangswiderstand RST wird u ¨ ber die Spannungsquelle VX (Wert 0) gewonnen. Er tritt bei der Steuergr¨ oße als Steuerparameter auf. VE 1 0 DC 1V R1 1 2 1K R2 2 0 10K RST 2 6 2.5K RE 3 0 200 F1 4 3 VX 50 RO 4 3 100K RL 4 5 1K VX 6 3 DC 0V VY 5 0 DC 0V .TF V(4) VE .END

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

337 IQ

K1

R1 K2

1kΩ UE=1V R2

re

Rst

F1=50IB

K1

IB

2,5kΩ VX=0V K3

10kΩ

K4 RO

RL 1kΩ K5 ra

100kΩ 200Ω

RE

re

R1 K2

10Ω UE=1V R3 40Ω

R2

R5

20Ω K3 50Ω UA=V(2,4) ra

20Ω

K4 VX=0V K5 R4

VY=0V

a

b H1=3IX

K1

R1

K2

IE 10Ω F1=2IE re

UE=1V

G1=5UE

K5

R2 100Ω

IX

K3

R4 50Ω

VX=0V

UA=V(2,5) ra

R3 100Ω

K4

IQ

E1=2UE

c Abb. 3.5.2. Analyse elektrischer Netzwerke mit SPICE/PSPICE. (a) Spannungsverst¨ arkung im Netzwerk mit stromgesteuerter Stromquelle. (b) Bestimmung der Zweipolersatzschaltung; Leerlaufspannung UA = Ul = V (2, 4) und Innenwiderstand (hier ra ). (c) Bestimmung der Knotenspannungen und Zweipolersatzschaltung eines Netzwerkes mit allen vier Typen gesteuerter Quellen

**** SMALL SIGNAL BIAS SOLUTION NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE NODE.. ( 1) 1.0000 ( 2) .8478 ( 3) .6794 ( 4) -3.3294 ( 5) 0.0000 ( 6) .6794 VOLTAGE SOURCE CURRENTS VE -1.522E-04 VX 6.739E-05 VY -3.329E-03 **** SMALL-SIGNAL CHARACTERISTICS V(4)/VE = -3.329E+00; Au = -3,32 INPUT RESISTANCE AT VE = 6.572E+03, re= 6.57 kOhm OUTPUT RESISTANCE AT V(4) = 9.974E+02, ra = 0.997 kOhm

Beispiel 3.5.6 Zweipolersatzschaltung F¨ ur das Netzwerk Abb. 3.5.2b ist die Zweipolersatzschaltung zwischen den Klemmen A,B (Knoten 2,4) u ¨ ber die .TF-Anweisung zu ermitteln. VE 1 0 DC 10 IQ 4 3 1A

338

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

R1 1 2 10 R2 2 3 20 R3 2 0 40 R4 5 0 20 R5 4 3 50 VX 4 5 DC 0V .TF V(2,4) VE .END **** SMALL SIGNAL BIAS SOLUTION NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE... ( 1) 10.0000 ( 2) 11.4290 ( 3) 20.0000 ( 4) -8.5714 ( 5) -8.5714 VOLTAGE SOURCE CURRENTS NAME CURRENT VE 1.429E-01 VX -4.286E-01 **** SMALL-SIGNAL CHARACTERISTICS V(2,4)/VE = 5.714E-01 = U(1)=0,57 V INPUT RESISTANCE AT VE = 3.769E+01, re= 37,7 Ohm OUTPUT RESISTANCE AT V(2,4) = 2.000E+01, ra = 20 Ohm Die von SPICE ausgegebene Leerlaufspannung V(2,4)= Ul sowie der Ersatzwideronnen aus der Schaltung leicht nachgerechnet werden. stand ri = ra k¨

Beispiel 3.5.7 Gesteuerte Quellen Das Netzwerk Abb. 3.5.2c enth¨alt alle vier Typen gesteuerter Quellen. VE 1 0 DC 100 IQ 0 3 DC 1A R1 1 2 10 R2 2 5 100 R3 3 0 100 R4 3 4 50 VX 5 3 DC 0V E1 4 0 1 0 2 F1 0 2 VE 2 G1 4 3 1 0 5 H1 1 3 VX 5 .TF V(2,5) VE .END **** SMALL SIGNAL BIAS SOLUTION quelle 3.cir NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE ( 1) 100.0000 ( 2)-8731.50 ( 3) 564.81 ( 4) 200.00 ( 5) 564.8100 VOLTAGE SOURCE CURRENTS NAME CURRENT VE -4.881E+02

3.5

Computerunterst¨ utzte Netzwerkanalyse

339

VX -9.296E+01 **** SMALL-SIGNAL CHARACTERISTICS V(2,5)/VE = -9.278E+01 INPUT RESISTANCE AT VE = 2.053E-01 OUTPUT RESISTANCE AT V(2,5) = 7.407E+00 Die spannungsgesteuerten Quellen werden von der Steuerspannung V(1,0) gesteuert, die stromgesteuerten von den Str¨ omen durch die Spannungsquellen VE und VX. ¨ Die Ubertragungsfunktion ist hier ein Spannungsverh¨ altnis. Die Klemmen A, B der Zweipolersatzschaltung entsprechen den Klemmen 2,5.

Beispiel 3.5.8 Diodenschaltung In einer Schaltung mit nichtlinearem Bauelement, z. B. der Diodenschaltung Abb. 3.5.3a, sind Arbeitspunktbestimmung und Kleinsignalverhalten die wichtigsten Analysen. Die Arbeitspunktbestimmung erfolgt in PSPICE entweder eigenst¨ andig durch eine .OP Anweisung oder (automatisch) vor Beginn einer weiteren Analyse. Hier wird zun¨ achst nur der Arbeitspunkt (Datei diod1a.cir) bestimmt und in der .OUT Datei ausgegeben. An der Diode f¨ allt etwa die Spannung V(4) ≈ 0.75 V ab. Damit fließt durch R1 der Strom (V (1) − V (2))/R1 = (5 − 0, 75)/100 Ω = 42, 5 mA, also auch praktisch durch die Diode (Stromanteil durch R2 vernachl¨ assigbar). *diod1a V1 1 0 DC 5 R1 1 2 100 R2 2 0 1K D1 2 0 Diod .Model Diod D .end NODE VOLTAGE NODE VOLTAGE ( 1) 5.0000 ( 2) .7516 VOLTAGE SOURCE CURRENTS NAME CURRENT 1 -4.248E-02 TOTAL POWER DISSIPATION 2.12E-01 WATTS

K1

R1

K2

re

K1

D1 Uq1=1V

R1

K2

ra

ΔI

10Ω

rd

R2

R2

200 I/mA

ΔU2 100

b

2 U2/V

ID

ΔUq1

1kΩ

1 V(2)

0

a

V1

0,8

1,6

2,4 Uq/V

c

Abb. 3.5.3. Diodenschaltung. (a) Schaltung zur Bestimmung des Arbeitspunktes. (b)

Kleinsignalersatzschaltung. (c) Abh¨ angigkeit des Knotenspannungen und des Diodenstromes von der Eingangsspannung

340

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Das Kleinsignalverhalten wird mit einer .TF-Anweisung untersucht, die zugeh¨ orige Kleinsignalersatzschaltung zeigt Abb. 3.5.3b (Datei diod1b.cir) **** SMALL-SIGNAL CHARACTERISTICS V(2)/V1 = 6.156E-03 INPUT RESISTANCE AT V1 = 1.006E+02 OUTPUT RESISTANCE AT V(2) = 6.156E-01 Der Quotient V(2)/V1 stellt das Spannungsteilerverh¨ altnis der Spannungen V(2) = ΔV2 ΔU2 und V1 = ΔU1 dar, es gilt (Abb. 3.5.3b) nach der Ersatzschaltung ΔV ≡ 1 V (2) rd −3 = = 6, 156 · 10 . Daraus folgt der Kleinsignalwiderstand r = 6, 188 Ω. d V1 rd +R2 Der Eingangswiderstand ist die Reihenschaltung von R1 und rd (R2 vernachl¨ assigt): ΔV1 = R1 + rd = 100, 6 Ω. Mit R1 = 100 Ω liegt man bereits an der GenauigkeitsΔI1 grenze der Einstellungen. betr¨ agt nach der Kleinsignaler”−1 “ Der Ausgangswiderstand 1 1 1 2 satzschaltung ΔV = + + = 0, 6156 Ω. Daraus errechnet sich der ΔI2 R1 R2 rd Diodenkleinsignalwiderstand rd zu 0, 6197Ω. Das Beispiel zeigt, dass durchaus numerische Probleme auftreten k¨ onnen.

DC Anweisung Diese Anweisung dient beispielsweise zur Kennlinienaufnahme. Sie variiert den Wert einer Erregerquelle in vorgegebenen Grenzen mit definierter Schrittweite und wird als .DC QUELLENNAME START STOP SCHRITT in die Netzliste aufgenommen.

*diod1c.CIR V1 1 0 DC 5 R1 1 2 100 R2 2 0 1K D1 2 0 Diod .Model Diod D .DC V1 0 5 20M .PRINT DC V(2), V(1), V(1,2) .PROBE .end In der Netzliste diod1c.cir wird die Ausgangsspannung V(2) der Schaltung Abb. 3.5.3a als Funktion der Eingangsspannung V1 erzeugt. Die Anweisung lautet .DC V1 0 5 20. Dabei variiert die Eingangsspannung zwischen 0 . . . 5 V in Schritten von 20 mV. Das Ergebnis, die Ausgangsspannung V(2), steht neben der .DAT-Datei auch in einer Ausgabedatei .OUT, die mit PROBE als Kennlinie angezeigt werden kann. Aufgetragen sind neben dem Verlauf V1 (linearer Anstieg) die Spannung V(2): sobald die Diode gen¨ ugend niederohmig geworden ist (ab etwa 0,7 V) verh¨alt sie sich wie ein konstanter Widerstand und die Spannung steigt langsamer an. Die Spannungsdifferenz

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

341

V1-V(2) ist dem Strom durch R1 proportional, das ist praktisch die Kennlinie des Diodenstromes.

3.6 Mehrpolige Netzwerke* Im Kap. 2.6 wurden Zweitor-Netzwerke entwickelt. Sie versagen jedoch bei nicht eingehaltenen Torbedingungen. So kann z. B. in jede der vier Klemmen eines (resistiven) Vierpolnetzwerkes ein Strom aus einer Quelle eingepr¨agt werden. Die Strom-Spannungsverh¨ altnisse in einem Punkt P im Netzwerk sind dann nur mit der Maschenstrom- oder Knotenspannungsanalyse berechenbar, aber nicht u ¨ ber die Zweitortheorie. Mehrpolnetzwerke treten als Problemstellung und auch Bauelemente auf: so ist die Energieverteilung aus mehreren unterschiedlichen Quellen u ¨ ber ein vermaschtes Netzwerk zum Verbraucher eine entsprechende Aufgabenstellung; auch ¨ eine in Teilpunkten angezapfte Leitung oder Leitungssysteme zur Ubertragung von Drehstrom sind Mehrpolprobleme. ¨ typische Mehrpolbauelemente sind Ubertrager mit mehreren Wicklungen (auch Differenzial¨ ubertrager), Multiplizierer oder Operationsverst¨ arker mit symmetrischem Ausgang, aber auch Schaltkreise mit mehreren Anschlussklemmen u. a. m.

Das Verst¨andnis mehrpoliger Netzwerke ist wichtig: zur Entwicklung angepasster Analyseverfahren, zu ihrer Modellierung und Parameterbestimmung, ¨ f¨ ur Manipulationsverfahren zur Anderung der Klemmenzahl durch Klemmenunterdr¨ uckung oder Klemmenerg¨ anzung sowie f¨ ur Verfahren, die Mehrpolnetzwerke auf eine Zwei- oder Mehrtorbeschrei¨ bung reduzieren, wenn das Ubertragungsverhalten von einer Quelle zu Verbrauchern interessiert. Zu unterscheiden ist stets zwischen Mehrpol- und Mehrtornetzwerk (Abb. 3.6.1). Im letzten Fall erf¨ ullen Klemmenpaare stets die Torbedingung ¨ (Beispiel: Ubertrager mit mehreren eigenst¨ andigen, nicht verketteten Wicklungen oder ein Optokoppler mit zwei unabh¨ angigen Ausg¨angen). 3.6.1 Str¨ ome und Spannungen an Mehrpolen Ein Mehrpol ist ein Netzwerk mit mehreren Anschlusspolen oder -klemmen. Nach den Kirschhoffschen Gleichungen gilt f¨ ur ihn:

3.6

342

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

I1

I1 I2

1

I1

U1

I2

2 U1

1

2

I2

U2 n-Pol

U2

n-Tor

Abb. 3.6.1. Mehrpolnetzwerke. (a) n-Pol mit Klemmenspannungen und -str¨ omen, ein Netzwerkknoten ist Bezugsknoten. (b) Mehrtor mit Torspannungen und -str¨ omen

In n

a

Un

In

n

b

Jeder n-Pol (n ≥ 2) wird durch (n − 1) Klemmenspannungen zwischen benachbarten Anschl¨ ussen und (n − 1) Klemmenstr¨ome charakterisiert. Bei Kombination aller M¨ oglichkeiten der Spannungszuordnung (zwischen den Klemmen) gibt es insgesamt n(n − 1) Spannungen und mit Vorzeichenbeachtung Uab = −Uba noch n(n − 1)/2. Das sind beim Dreipol (n = 3, Klemmen 1, 2, 3) die drei Spannungen U12 , U23 , U31 und beim Vierpol (n = 4, Klemmen 1 . . . 4) die sechs Spannungen U12 , U13 , U14 , U23 , U24 und U34 . Maschen- bzw. Knotensatz schr¨ anken auf die unabh¨ angige Anzahl ein.

Aus praktischen Gr¨ unden bezieht man alle Spannungen auf einen Nullknoten (Abb. 3.6.1a). Dann lassen sich (bei stabilem Netzwerk) alle Klemmenspannungen als Funktion der Klemmenstr¨ome (stromgesteuerte Darstellung) angeben, alle Klemmenstr¨ ome als Funktion der Klemmenspannungen darstellen (spannungsgesteuerte Darstellung), eine Mischform w¨ ahlen mit einem Teil vorgegebener Spannungen und dem Rest als Str¨ome. Wir beschr¨ anken uns auf die ersten beiden. Vom Dreipol (Zweitor) her sind die Verh¨ altnisse gel¨ aufig: dem ersten Fall entspricht die Widerstandsdarstellung, dem zweiten die Leitwertdarstellung und dem dritten die Hybridform.

Durch Erweiterung der Widerstandsbeschreibung des Dreipols gilt f¨ ur einen Mehrpol mit n Klemmen die U, I-Relation in Widerstandsform aus p = n − 1 Gleichungen: R11 I1 + R12 I2 R21 I1 + R22 I1 .. .. . . Rp1 I1 + Rp2 I1

. . . + R1p Ip = U1 . . . + R2p Ip = U2 .. .. . .. . . . . . . + Rpp Ip = Up

(3.6.1)

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

343

Die Str¨ome treten an den Anschlussstellen (+ -Klemme) in das Netzwerk und die Spannung ist von dieser Klemme zum Bezugsknoten orientiert. Damit gilt an der Klemme die Verbraucherzuordnung von Strom und Spannung. Mit Klemme n als Bezugspunkt gibt es p = n − 1 unabh¨angige Str¨ome (der Strom In folgt nach dem Knotensatz als Summe der u ¨brigen Str¨ome). Die Matrixdarstellung zu Gl. (3.6.1) lautet ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ R11 R12 . . . R1p I1 U1 ⎜ R21 R22 . . . R2p ⎟ ⎜ I2 ⎟ ⎜ U2 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜ . .. ⎟ · ⎜ .. ⎟ = ⎜ .. .. . . ⎝ .. . . ⎠ ⎝ . ⎠ ⎝ . . Rp1 Rp2 . . . Rpp Ip Up

⎞ ⎟ ⎟ ⎟ → RI = U . ⎠

(3.6.2)

Die Eigenschaften des n-Pols sind durch die (n − 1) × (n − 1) Koeffizienten Rij der Widerstandsmatrix vollst¨ andig bestimmt. Sie unterteilen sich wie beim Zweitor (Dreipol) in Leerlaufwiderst¨ande und ¨ Ubertragungsgr¨ oßen. Die jeweilige Bestimmung liegt durch die Definition fest. So wird der Eingangsleerlaufwiderstand R11 gemessen durch Einpr¨agen eines Probestromes I1 in Klemme 1 und Messung der Spannung U1 unter der Voraussetzung, dass alle restlichen Str¨ ome verschwinden, d. h. die ¨ ubrigen Klemmen leerlaufen (Abb. 3.6.2a):  U1  . (3.6.3a) R11 = I1 Ii = 0 außer I1 ¨ Entsprechend wird f¨ ur die Ubertragungswiderst¨ ande verfahren, z. B. R13 und R31 (Abb. 3.6.2b)   U1  U3  , R31 = . (3.6.3b) R13 = I3 alle Ii = 0 außer I3 I1 alle Ii = 0 außer I1 2 I1

I1 I2 U1

1 2 n-Pol

I2 I3 U1

G12

I2 1

Uq

U1

2 3 n-Pol

Iq

n

b

n

n

c

G23 G13

G20

U2

Iq2 3

1 G10

U1

Iq

a

1 2 3 n-Pol

I1

Iq1

G30 Iq3

U3

d

Abb. 3.6.2. Parameterbestimmung am Mehrpolnetzwerk. (a) Bestimmung des Eingangs-

¨ R13 . (c) Beleerlaufwiderstandes R11 . (b) Bestimmung des Ubertragungswiderstandes stimmung des Eingangskurzschlussleitwertes G11 . (d) Beispielschaltung, Bestimmung der Leitwertparameter

344

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die Anzahl der unabh¨ angigen Widerstandskoeffizienten h¨angt vom Netzwerk ab: f¨ ur reziproke Netzwerke gilt Rab = Rba , weitere Vereinfachungen entstehen z. B. bei f¨ ur Widerstandssymmetrie u. ¨ a. Die Widerstandsmatrix Gl. (3.6.2) gilt f¨ ur die Klemmenfestlegung und den Bezugsknoten nach Abb. 3.6.2a; ver¨ anderte Zuordnungen f¨ uhren zu einer anderen Widerstandsmatrix. Formell hat sie den gleichen Aufbau wie die Maschenwiderstandsmatrix Gl. (3.2.6). Doch besteht ein prinzipieller Unterschied. Dort fließen Maschenstr¨ ome entsprechend der Anzahl unabh¨ angiger Maschen und die Maschenquellenspannung auf der rechten Seite ist entweder vorhanden oder nicht. In das Netzwerk wird von außen nicht eingegriffen. Die Widerstandsmatrix wird hingegen von der zug¨ angigen Klemmenzahl bestimmt.

Leitwertbeschreibung Das U, I-Verhalten kann gleichwertig auch in der dualen

Leitwertform erfolgen. Sie hat sogar gr¨ oßere Bedeutung. Statt der Schreibweise als Gleichungssystem u ¨ bernehmen wir die Matrixdarstellung (mit p = n − 1): ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ G11 G12 . . . G1p U1 I1 ⎜ G21 G22 . . . G2p ⎟ ⎜ U2 ⎟ ⎜ I2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ (3.6.4) ⎜ . .. . . .. ⎟ · ⎜ .. ⎟ = ⎜ .. ⎟ → GU = I. ⎝ .. ⎠ ⎝ . . . . ⎠ ⎝ . ⎠ Gp1 Gp2 . . . Gpp Up Ip Jetzt treten die Kurzschlussleitwerte G11 , G22 , . . . Gpp auf, z. B.  I1  . G11 = U1 Ui = 0 außer U1

(3.6.5a)

Der Kurzschlussleitwert Gii der Klemme i (nach dem Referenzknoten) ist der Leitwert gemessen an dieser Klemme bei Kurzschluss aller u ¨ brigen Klemmen. Dazu wird dem Eingang 1 ein Probestrom I1 eingepr¨agt und die Spannung U1 bei Kurzschluss aller restlichen Klemmen gemessen (Abb. 3.6.2c). Die ¨ u ¨ brigen Parameter sind die Ubertragungsleitwerte   I1  I3  G13 = , G31 = .(3.6.5b) U3 alle Ui = 0 außer U3 U1 alle Ui = 0 außer U1 Man legt dazu z. B. die Spannung U3 an und misst den Kurzschlussstrom I1 bei Kurzschluss aller restlichen Klemmen. Die Elemente der Leitwertmatrix werden der Definition entsprechend aus Kurzschlussmessungen bestimmt, aus der Widerstandsmatrix R direkt ermittelt (falls ihre Koeffizientendeterminante nicht verschwindet) gem¨ aß G = R−1 ,

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

345

nach der bei der Knotenspannungsanalyse diskutierten Strukturregel aus der Schaltung abgelesen (dabei ist die symmetrische Stromrichtung vorteilhaft).

Beispiel 3.6.1 Dreipol F¨ ur die Schaltung Abb. 3.6.2d ergibt sich die Leitwertmatrix durch Aufstellen des Knotensatzes f¨ ur jeden Knoten, etwa f¨ ur Knoten 1: I1 = Iq1 = G10 U1 + G12 (U1 − U2 ) + G13 (U1 − U3 )

usw.

Erstreckt auf die restlichen Knoten folgt (nach Ordnen) die Leitwertmatrix 0 1 −G12 −G13 G10 + G12 + G13 A. −G21 G20 + G21 + G23 −G23 G=@ (3.6.6) −G31 −G32 G30 + G31 + G32 Die Leitwertmatrix eines erdunsymmetrischen Zweipolnetzes mit n Knoten ist quadratisch von der Dimension ((n − 1) × (n − 1)). In der Hauptdiagonalen steht die Summe aller am Knoten angeschlossenen Leitwerte, als Nebendiagonalelemente (mit negativem Vorzeichen) die Koppelleitwerte zwischen den beiden zugeh¨ origen Knoten. Ferner liegt Symmetrie zur Hauptdiagonalen vor (solange das Netzwerk keine gesteuerten Quellen enth¨ alt). Dieses Ergebnis kennen wir von der Knoten¨ analyse. Die Ubereinstimmung ist nicht zuf¨ allig: Die Str¨ ome des Stromvektors sind die Klemmenstr¨ ome zu den Stromknoten, wie sie auch f¨ ur die Knotenspannungsanalyse vereinbart wurden.

3.6.2 Zusammenschaltung von Mehrpolen Mehrpole lassen sich durch Verbinden entsprechender Knoten nach den gleichen Regeln wie f¨ ur Zweitore zusammenschalten (Kap. 2.6.6). Dabei d¨ urfen in entstehenden Erdschleifen keine Ausgleichsstr¨ome fließen. Diese Bedingung trifft z. B. nicht zu, wenn Mehrtor (1) erdunsymmetrisch, Mehrtor (2) aber erdsymmetrisch ist. Dann werden beim Zusammenschalten Klemmen am Mehrtor (2) kurzgeschlossen, m. a.W ¨ andert sich seine Matrix: Beispiel: Parallelschaltung einer T- und einer X- (Br¨ ucken-) Ersatzschaltung.

Unkritisch ist die Parallelschaltung zweier erdunsymmetrischer Mehrpole (1) und (2) gleicher Klemmenzahl n (Abb. 3.6.3a). Haben die Netzwerke die Leitwertmatrizen G(a) und G(b) , so folgt analog zur Parallelschaltung von Zweitoren   (3.6.7) I = I (a) + I (b) = G(a) + G(b) U = GU . Bei der Parallelschaltung zweier Mehrpole gleicher Polzahl n ergibt sich die neue Knotenleitwertmatrix aus der Summe der einzelnen Knotenleitwertmatrizen. Eine Parallelschaltung kann mehr als zwei Mehrpole umfassen.

346

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

U1

U2

I1

I1a

I2

I2a

I3

I3a

I1b

1

I2b

2

I3b

1 2

G(a)

G(b)

K1

U3

G1

K3

G2

K2

G4 In

Ina

n

Inb

n K4

a

b

Abb. 3.6.3. Parallelschaltung von Mehrpolen. (a) Zusammenschaltung zweier n-Mehrpole. (b) Zusammenschaltung einfacher Netzwerkelemente zu einer gr¨ oßeren Anordnung durch Parallelschaltung von Mehrpolen

Stimmen die Klemmenzahlen der Einzelmehrpole nicht u ¨ berein, so wird die Schaltung mit der kleineren Polzahl durch fiktive leerlaufende Klemmen (Null-Eintr¨ age in der Leitwertmatrix) solange erg¨ anzt, bis gleiche Klemmenzahlen vorliegen.

Beispiel 3.6.2 Schaltungsaufbau Eine Schaltung (Abb. 3.6.3b) mit 4 Klemmen und drei Netzwerkelementen hat die (unbestimmte) Leitwertmatrix 1 0 0 −G1 0 G1 B 0 −G2 0 C G2 C B @ −G1 −G2 G1 + G2 + G4 −G4 A = 0 0 −G4 G4 0 1(c) 1(a) 0 1(b) 0 G1 0 −G1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 B 0 0 0 0C B 0 G2 −G2 0 C B0 0 0 0 C B C C C B B @ −G1 0 G1 0 A + @ 0 −G2 G2 0 A + @ 0 0 G4 −G4 A . 0 0 −G4 G4 0 0 0 0 0 0 0 0 Sie kann in drei Einzelmatrizen mit je nur einem Netzwerkelement zerlegt werden. Umgekehrt l¨ asst sich jedes gr¨ oßere Zweipolnetzwerk durch Parallelschaltung entsprechender Teilnetzwerke aufbauen. Das Einf¨ ugen eines Zweipolelementes zwischen den Knoten i und j erfolgt durch Addition von Gii und Gjj in die Hauptdiagonalelemente, Einf¨ ugen von −Gij und −Gji in die Nebendiagonalelemente. Ganz analog verf¨ ahrt man bei der Reihenschaltung zweier n-Mehrpolnetzwerke. Hier ergibt sich dual zur Parallelschaltung: Die Reihenschaltung von zwei n-Mehrpolen f¨ uhrt zu einer neuen Widerstandsmatrix aus der Summe der einzelnen Widerstandsmatrizen. Erdunsymmetrische Mehrpole erf¨ ullen die Voraussetzungen f¨ ur die Zusammenschaltung wie bei der Parallelschaltung, allerdings lassen sich h¨ ochstens zwei in Reihe schalten. Das hat geringe Bedeutung.

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

347

Einbezug von Zweitorelementen Durch Parallelschaltung von Teilnetzwerken

k¨onnen auch Zweitorelemente, wie gesteuerte Quellen, einbezogen werden. Wir w¨ahlen die spannungsgesteuerten Strom- und Spannungsquellen wegen ihrer Bedeutung f¨ ur Operationsverst¨ arker. In einem ersten Schritt wird die gesteuerte Quelle aus dem Netzwerk (Abb. 3.6.4a) zwischen den Klemmen a . . . d separiert und f¨ ur das Netzwerk ein externer Referenzpunkt gew¨ahlt. Ohne gesteuerte Quelle hat es die Leitwertgleichung ⎞ ⎛ ⎞ ⎞ ⎛ ⎛ I1 U1 . . G1a . . G1d . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ . ⎜ . . . . . . ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ a ⎜ ⎜ . Gaa . . Gad . ⎟ ⎜ Ua ⎟ ⎜ Ia ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ b ⎜ . Gba . . . . ⎟ ⎜ Ub ⎟ ⎜ Ib ⎟ (3.6.8) ⎟ = ⎜ ⎟. ⎟·⎜ ⎜ c ⎜ . Gca . . . . ⎟ ⎜ Uc ⎟ ⎜ Ic ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ d ⎜ ⎜ . Gda . . Gdd . ⎟ ⎜ Ud ⎟ ⎜ Id ⎟ ⎠ ⎝ ⎝ . ⎠ ⎝ . ⎠ . . . . . . . Un In . . Gna . . . . Die gesteuerte Quelle erh¨ alt eine Knotenmatrix mit Nulleintr¨agen außer an Stellen, an denen sie Eintr¨ age verursacht. Diese Matrix wird der Netzwerkmatrix zugeschaltet, also zu Gl. (3.6.8) addiert. Eine spannungsgesteuerte Stromquelle (Abb. 3.6.4b) mit den Klemmen a . . . d und den Knotenspannungen Ua0 , . . . Ud0 zum Bezugspunkt 0, verschwindendem Eingangsstrom I1 = 0 und dem Ausgangsstrom I2 = Gm U1 = Y21 U1 (in Zweitordarstellung) f¨ uhrt zu folgenden Knotenbeitr¨agen: Knoten a: +I1 = 0, Knoten b: −I1 = 0, Knoten c: +I2 = Gm U1 = Gm (Ua0 − Ub0 ), (weil I2 den

1 a n-Pol

b c d n

I1 separierte gesteuerte Quelle

Ia Uab

Ib

GmUR3

Ic

a

Id

Ud

AuUab

I2 GmUd

b

In Un

Ub0

Bezugspunkt

a

c

K1

G4 G1 G3

d Ud0

K2

K3

G5 UR3

G2

Iq

0

b

c

Abb. 3.6.4. Einf¨ ugen einer gesteuerter Quelle in einen Mehrpol. (a) Trennung des Netzwerkes in gesteuerte Quelle und Restnetzwerk. (b) Ersatzschaltung einer idealen spannungsgesteuerten Spannungsquelle. (c) Beispielnetzwerk mit spannungsgesteuerter Stromquelle

348

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Knoten verl¨asst) und schließlich Knoten d: −I2 = −Gm (Ua0 − Ub0 ), weil der Strom I2 in den Knoten tritt. Damit bleiben als Eintr¨age . . a b c d . .

⎛ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝

. . . . . . . . .

a b . . . . 0 0 0 0 Gm −Gm −Gm Gm . . Gna .

c . . . . . . . .

d . . . . . . . .

. . . . . . . . .

⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠



U1 ⎜ . ⎜ ⎜U ⎜ a ⎜ ⎜U ·⎜ b ⎜ Uc ⎜ ⎜ Ud ⎜ ⎝ . Un





I1 ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ ⎟ ⎜I ⎟ ⎜ a ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ Ib ⎟=⎜ ⎟ ⎜ Ic ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ Id ⎟ ⎜ ⎠ ⎝ . In

⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟. ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠ (3.6.9)

Wird einer der Knoten a . . . d zum Bezugsknoten, so verschwinden die zugeh¨origen Eintr¨ age (Zeile, Spalte). H¨ atte die Steuerstrecke zwischen den Knoten a, b noch einen endlichen Leitwert (nicht null wie hier), so w¨ urde er an den entsprechenden Positionen als Haupt- bzw. Nebendiagonalelement auftreten. F¨ ur die Beispielschaltung Abb. 3.6.4c mit den Knoten K1 . . . K3 kann die Knotenleitwertmatrix sofort nachvollzogen werden: 1 0 K1: G1 + G4 −G4 + Gm 0 G3 + G4 + G5 −G5 A = G. K2: @ −G4 0 −G5 − Gm G2 + G5 K3: Die gesteuerte Quelle liegt zwischen Knoten K1 (= c) und K3 (= d), die Steuerspannung zwischen Knoten K2 (= a) und Bezug (b = 0). Deshalb tritt ihr Beitrag nur an den Matrixpositionen 12 und 32 (mit −Gm ) auf. Da Knoten b mit dem Bezugsknoten zusammenf¨ allt, gibt es nur zwei Matrixeintr¨ age.

Spannungsgesteuerte Spannungsquelle Wir nutzen die ideale spannungsge-

steuerte Spannungsquelle als Modell des Operationsverst¨arkers von Abb. 3.3.10. Eingangsstr¨ome werden vernachl¨ assigt, die Ausgangsspannung Ua = Au Ud ist die mit Au ≡ AuD verst¨ arkte Eingangsdifferenzspannung Ud . Durch die Spannungsquelle fließt der Hilfsstrom IH (Abb. 3.6.5a). Zun¨achst wird die Netzwerkgleichung aufgestellt und anschließend der Verst¨arker eingef¨ ugt. Dabei unterscheidet man zwischen endlicher Verst¨arkung arkung oder virtuellem Kurzschluss. Au und unendlich hoher Verst¨ 1.

Im ersten Fall erfolgt der Einbau der gesteuerten Spannungsquelle nach dem Superknotenkonzept. Es verlangt einen Hilfsstrom durch die Quelle (empfehlenswert) und anschließendes Zusammenfassen der beiden ausgangsseitigen Knotengleichungen (so entsteht eine Zwangsbedingung f¨ ur die ausgangsseitigen Knotenspannungen und nur eine muss ermittelt werden),

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

349

G4

a Uab b

IH

G1 G3 c G2

AuUab d

Uq2 G5

a

b

G4

SK

K2

K1 U1 + U2 ∞ -

IH IH

SK G1

K3

U3 Ua

U4 K4

K1 U1 + U2 ∞ -

G2 Uq

K2

G6 G7

G5

G7

IH K3 U3

Ua

K4 U4=0

c

Abb. 3.6.5. Einf¨ ugen eines Operationsverst¨ arkers in ein Netzwerk. (a) Modell des idealisier-

ten Operationsverst¨ arkers mit endlicher Spannungsverst¨ arkung. (b) Operationsverst¨ arker mit symmetrischem Ausgang im Netzwerk. (c) Operationsverst¨ arker mit unsymmetrischem Ausgang im Netzwerk

oder das Superknotenkonzept beim Aufstellen der Superknotengleichung, den Zusammenhang zwischen den Verst¨ arkeraus- und -eingangsspannungen u ¨ ber die Steuergleichung. 2.

Der zweite Fall (Verst¨ arker mit unendlich hoher Verst¨ arkung Au → ∞) geht entweder aus dem ersten durch Grenz¨ ubergang hervor oder durch Manipulation der Leitwertmatrix, der u ur Netzwerke mit mehreren Operations¨ bliche Weg f¨ verst¨ arkern.

Wir erl¨autern die Einzelschritte am Beispiel der spannungsgesteuerten Spannungsquelle (endliche Verst¨ arkung Au ) mit symmetrischem Ausgang (Abb. 3.6.5b). Die ideale Spannungsquelle wird zun¨achst u ¨ ber ihren Hilfsstrom IH zwischen Knoten K4 und K3 zum Aufstellen der Knotengleichungen angesetzt und sp¨ ater eliminiert. Die Schaltung hat 4 Knoten (Bezugsknoten anfangs festlegt). Die Eingangsspannung Uq ist gegeben. Die Knotengleichungen (mit Hilfsstrom IH ) lauten:

0 10 K1: G1 + G2 + G3 0 −G3 0 B 0 −G7 C K2:B 0 G5 + G6 + G7 B CB @ @ A K3: −G3 0 G3 + G4 0 K4: 0 G7 0 −G7

1 0 G1 U q U1 B G5 Uq U2 C C=B U3 A @ G4 Uq + IH U4 −IH

1

C C. A

(3.6.10)

W¨are IH bekannt, so k¨ onnten alle Knotenspannungen ermittelt werden. Mit der Zwangsbedingung Ua = U3 −U4 (beim Superknotenkonzept ein konkreter Spannungswert) wird der Hilfsstrom ersetzt und so eliminiert: man zieht beide Knotenbilanzen K3 und K4 zusammen (beide Zeilen addieren zur Zeile K3+4 und Zeile K4 streichen, rechts hebt sich IH heraus). Dann (und mit U4 = U3 − Ua ) sind die Knotenspannungen U1 . . . U3 darstellbar. Im n¨achsten Schritt wird die aus der Zwangsbedingung resultierende (noch arkergleichung Ua = Au (U1 − U2 ) unbekannte!) Spannung Ua u ¨ber die Verst¨

350

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

auf die Knotenspannungen U1 , U2 zur¨ uckgef¨ uhrt (entweder durch die Substitution U3 = U4 + Au (U1 − U2 ) und Eliminierung von U3 ) oder besser durch U2 = U1 − A−1 u (U3 − U4 ). In diesem Fall stellt sich mit Au → ∞ automatisch U1 = U2 , d. h. virtueller Kurzschluss ein. Wir ersetzen die Spannung allt Spalte 2 (U2 ) und es verbleiben U2 = U1 + A−1 u (U4 − U3 ). Dadurch entf¨ (G1 + G2 + G3 )U1 − G3 U3 = G1 Uq −1 (G5 + 7 )U1 − Au (G5 +G6 + G7 )U3  G6 + G−1 − G7 − Au (G5 + G6 + G7 ) U4 = G5 Uq K3+4: −(G3 + G7 )U1 + (G3 + G4 + G7 A−1 u )U3 +G7 (1 − A−1 u )U4 = G4 Uq .

K1: K2:

(3.6.11)

Damit sind die Knotenspannungen U1 , U3 und U4 bestimmt (und durch Eliminieren von U1 ) auch die Ausgangsspannung Ua = U3 − U4 als Differenz der Knotenspannungen, die anf¨ angliche Aufgabenstellung. ¨ Der Ubergang zum idealen Operationsverst¨arker mit Au → ∞ (und virtuellem Kurzschluss U1 = U2 ) kann auf zwei Wegen erfolgen: durch den Grenz¨ ubergang A−1 osung mit endlicher Verst¨aru → 0 in der L¨ kung (falls sie – wie hier – bereitsteht) mit dem Ergebnis ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎛ ⎞ K1: (G1 + G2 + G3 ) −G3 U1 G1 Uq 0 0 −G7 ⎠ ⎝ U3 ⎠ = ⎝ G5 Uq ⎠ K2: ⎝ (G5 + G6 + G7 ) K3+4: −(G3 + G7 ) G3 + G4 G7 U4 G4 Uq (3.6.12) (leicht nachpr¨ ufbar, hier zeigt sich der Vorteil, die Eingangsspannung als Funktion der Ausgangsknotenspannungen zu ersetzen, nicht umgekehrt). durch Beachtung der idealen Verst¨ arkerbedingung virtueller Kurschluss“ ” und des Superknotens am Ausgang mit Manipulation der ohne Verst¨arker aufgestellten Netzwerkgleichungen. Bei idealem Operationsverst¨ arker gilt eingangsseitig virtueller Kurzschluss, ausgangsseitig liegt die gesteuerte Spannungsquelle in einem Superknoten. Eingangsseitig heißt virtueller Kurzschluss U1 = U2 , die Spalten U1 und U2 in der Ausgangsmatrix Gl. (3.6.10) zu addieren und eine zu streichen (z. B. die zweite, U2 ). So geht die Matrix Gl. (3.6.10) u ¨ ber in 0 1 0 1 0 1 K1: (G1 + G2 + G3 ) −G3 U1 G1 Uq 0 K2: @ (G5 + G6 + G7 ) 0 −G7 A · @ U3 A = @ G5 Uq A . (3.6.13) K3+4: −(G3 + G7 ) G3 + G4 G7 U4 G4 Uq Es treten nur noch die Spannung U1 , U3 , U4 auf. Der n¨ achste Schritt betrifft die Ausgangsknoten K3 und K4. Die zusammengefassten Knoten K3 und K4 oben sind nichts anderes als der Superknoten, von dem aus die Knotengleichungen nach den Knoten K1, K2 (mit U2 , U1 ) zu bilden sind. Man kann also

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

351

beide Knotengleichungen K3, K4 getrennt aufstellen (dabei ist der Hilfsstrom utzlich), sie anschließend addieren (d. h. zwei Matrixzeilen addieren) und IH n¨ eine streichen (g¨ angiger Weg) oder die eine Knotengleichung K3+4 des Superknotens aufstellen. Liegt er zudem einseitig an Masse, so entf¨ allt diese Knotengleichung und Knotenspannung. Wird z. B. Knoten K3 nach Masse gelegt, so ist Zeile K3+4 zu streichen und ebenso die zu U3 geh¨ orende zweite Spalte. Gelangt zus¨ atzlich Knoten K1 an Masse, so ist die Spalte mit U1 und die Zeile K1 zu streichen. Dann verbleibt aus Zeile 2 (K2) nur noch −G7 U4 = G5 Uq oder U4 = −(G5 /G7 )Uq . Das ist die Ausgangsspannung des invertierenden idealen Operationsverst¨ arkers.

L¨ osungsmethodik Einbezug Operationsverst¨ arker Soll ein Operationsverst¨ arker in das separierte Netzwerk (Abb. 3.6.4a) mit der Leitwertgleichung Gl. (3.6.8) z. B. zwischen den Klemmen a . . . d mit Ucd = Uc − Ud = Au Uab = uhren: Au (Ua − Ub ) einbezogen werden, so sind folgende Schritte durchzuf¨

1. 2.

3.

4. 5. 6.

Aufstellung der unbestimmten Knotenspannungsmatrix des Netzwerkes (ohne Operationsverst¨ arker). Aufl¨osung der Verst¨ arkergleichung nach einer zu eliminierenden Spannung, z. B. Uc durch Uc = Au (Ua − Ub ) + Ud (zweckm¨aßig die Steuerspannung Ua oder Ub , weil dann der ev. Grenz¨ ubergang einfacher wird Ua = Ub + A−1 u (Uc − Ud )). Einsetzen der zu eliminierenden Spannung z. B. Uc , d. h. Spalte c mit Au multipliziert und zu Spalte a addiert, ebenso Spalte c mit −Au multipliziert und zu Spalte b addiert sowie Spalte c zu Spalte d addiert. Anschließend ist Spalte c zu streichen. Zusammenfassen der Knotengleichungen Kc und Kd (beide addieren und eine (Zeile Kc)) streichen). So hebt sich der Hilfsstrom heraus. Wird ein Knoten (z. B. d zum Referenzknoten (Ud = 0), so Spalte d streichen und ebenso Knotengleichung Kd (Zeile) streichen. Aufl¨osung des Gleichungssystems nach den gesuchten Knotenspannungen.

Damit geht Gl. (3.6.8) ⎛ . . . G1a + Au G1c ⎜ .. ⎜ ... . ⎜ ⎜ a ⎜ . . . Gaa + Au Gac ⎜ b ⎜ . . . Gba + Au Gbc ⎜ .. ⎜ ⎝ ... . . . . Gna + Au Gnc

u ¨ber in eine Form

⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ G1b − Au G1c G1c + G1d . . . U1 I1 ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜.⎟ .. .. ⎜ . ⎟ ⎜.⎟ . . ... ⎟ ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜.⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ Gab − Au Gac Gac + Gad . . . ⎟ ⎜ Ua ⎟ ⎜ Ia ⎟ ⎟ · ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟. Gbb − Au Gbc Gbc + Gbd . . . ⎟ ⎜ Ub ⎟ ⎜ Ib ⎟ ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜.⎟ .. .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ . . . . . ⎠ ⎝ .. ⎠ ⎝ .. ⎠ Un In Gnb − Au Gnc Gnc + Gnd . . . (3.6.14)

352

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Bei mehreren Operationsverst¨ arkern ist das Verfahren f¨ ur jeden Verst¨arker zu wiederholen. Deshalb empfiehlt sich zun¨achst eine Analyse mit Operationsverst¨arkern unendlich hoher Verst¨arkung. Idealer Operationsverst¨ arker Bei unendlich grosser Verst¨ arkung wird jeder

Operationsverst¨arker eingangsseitig durch virtuellen Kurzschluss und ausgangsseitig durch einen Superknoten repr¨ asentiert. Diese Bedingungen dienen zur Manipulation der unbestimmten Knotenspannungsmatrix, n¨amlich Zusammenfassen der korrespondierenden Spalten (virtueller Kurzschluss) und Superknotenbedingung (korrespondierende Zeilen) am Verst¨arkerort: 1.

2.

3.

Einhaltung des virtuellen Kurzschlusses mit identischen Spannungen Ua = Ub (ohne dass eine zus¨ atzliche Einstr¨omung in die Knoten erfolgt) durch Zusammenfassen der Spalten a und b (Addition von Spalte b zu Spalte a und Streichung von Spalte b, ebenso der b-te Eintrag im Spannungsvektor). Aufstellung der Superknotengleichung Kc+d f¨ ur den Verst¨arkerausgang (1 Zeile) oder gleichwertig der Knotengleichungen Kc, Kd, ihre Addition und Streichung einer Knotengleichung, z. B. Kd und ebenso der d-te Eintrag im Stromvektor rechts. Wird ein Knoten Referenzknoten, so sind die zugeh¨orige Spalte der Knotenspannung und die zugeh¨ orige Knotengleichung zu streichen.

Das verleibende Gleichungssystem ist das Netzwerk mit idealem Operationsverst¨arker. Es empfiehlt sich, zun¨ achst die Superknotengleichungen aufzustellen und dann den virtuellen Kurzschluss einzuarbeiten. Das Verfahren kann mehrere Verst¨arker einschließen. Diese Methode ist weitgehend identisch mit der Darstellung des idealen Operationsverst¨ arkers durch ein sog. Nullator-Norator-Paar.

Beispiel 3.6.3 Operationsverst¨ arkerschaltung Ins Netzwerk Abb. 3.6.5c soll ein idealer Operationsverst¨ arker einbezogen werden. Von den vier Knoten ist K4 sp¨ ater Referenz. Es gilt die Knotenleitwertmatrix (ohne Verst¨ arker) 1 0 1 0 10 Iq K1: G1 + G2 + G3 0 −G3 − (G1 + G2 ) U1 C B U2 C B 0 C −G4 −G5 K2: B 0 G4 + G5 C B C B C ·B A @ U3 A = @ 0 A . −G3 −G4 G3 + G4 0 K3: @ − (G1 + G2 ) −Iq K4: −G5 0 (G1 + G2 + G5 ) U4 (3.6.15) Die einspeisende Spannungsquelle wurde in eine Stromquelle gewandelt.

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

353

Der n¨ achste Schritt schließt den idealen Operationsverst¨ arker ein. Der virtuelle Kurzschluss ergibt identische Knotenspannungen U1 , U2 : Zusammenfassen der Spalten 1 und 2 durch Addition von Spalte 2 zu 1 und anschließende Streichung Spalte 2 (neue Spannungsvariable U1+2 ). 0 0 1 1 1 0 −G3 − (G1 + G2 ) K1: G1 + G2 + G3 Iq U 1+2 B C C G4 + G5 K2: B −G4 −G5 0 B C @ U3 A = B C @ +IH A . A K3: @ −(G3 + G4 ) G3 + G4 0 U4 0 G1 + G2 + G5 −Iq − IH K4: − (G1 + G2 + G5 ) (3.6.16) Jetzt ist die Zeilenzahl um eine gr¨ oßer als die Zahl unabh¨ angiger Klemmenspannungen. Daf¨ ur kommt der Hilfsstrom IH des Superknotens zwischen Knoten 3 und 4 hinzu. Er stellt sich so ein, dass virtueller Kurzschluss gilt. Zusammenfassen der Zeilen 3 und 4 eliminiert ihn (Zeile 3 zu 4 addieren und Zeile 3 streichen, Zwischenergebnis wurde nicht notiert). Die Beziehung K3+4 ist die Superknotengleichung, sie h¨ atte auch sofort aus der Schaltung geschrieben werden k¨ onnen. Anschließend wird Knoten K4 zum Bezugsknoten: das bedeutet Uk4 = 0 oder Streichen der Spalte 4 und ebenso der (neuen) Zeile K3+4. Dann bleibt als Knotenspannungssystem « « „ « „ „ U1+2 Iq K1: (G1 + G2 + G3 ) −G3 . (3.6.17) · = (G4 + G5 ) −G4 U3 0 K2: Gesucht ist die Ausgangsspannung (U3 , Knotenspannung Uk3 ). Dazu wird die Spanosung lautet nung U1 eliminiert und schließlich Iq = Uq G1 substituiert. Die L¨ U3 = Ua =

(G4 + G5 )G1 Uq . (G1 + G2 )G4 − G3 G5

(3.6.18)

Im Ergebnis f¨ allt auf: die Knotengleichung K3 muss nicht formuliert werden. Durch den Massebezug der gesteuerten Spannungsquelle des Operationsverst¨ arkers am Ausgang tritt die Knotenspannung Uk3 (als Spannung einer idealen Quelle nach Masse) auf, f¨ ur die das Superknotenkonzept gilt. bei Operationsverst¨ arkerausgang nach Masse vereinfacht sich die Formulierung. Deshalb h¨ atten die Knotengleichungen von Beginn an nur f¨ ur Knoten 1 und 2 aufgestellt werden m¨ ussen (jetzt mit unsymmetrischem Verst¨ arkerausgang). Bei endlicher Verst¨ arkung Ua = Au (U1 − U2 ) werden (mit geerdetem Bezugsknoten 4) nur die Knotengleichungen K1, K2 formuliert (K3 nicht, ideale Spannungsquelle) und zus¨ atzlich die Verst¨ arkerbeziehung: K1: G1 (U1 − Uq ) + G2 U1 + G3 (U1 − U3 ) = 0 K2: G5 U2 + G4 (U2 − U3 ) = 0 U3 = Au (U1 − U2 ).

(3.6.19)

osen. Im Grenzfall Au → ∞ folgt Gl. Das System l¨ asst sich nach U3 = f (Uq ) aufl¨ (3.6.18).

354

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Spannungsgesteuerte Stromquelle Wir ersetzen den Operationsverst¨ arker durch eine spannungesteuerte ideale Stromquelle Ia = S(U1 − U2 ). Jetzt muss die Knotengleichung K3 formuliert werden (zus¨ atzlich wurde ein Innenleitwert ga der Stromquelle hinzugenommen) K1: G1 (U1 − Uq ) + G2 U1 + G3 (U1 − U3 ) = 0 K2: G5 U2 + G4 (U2 − U3 ) = 0 K3: −G3 U1 − G4 U2 + (G3 + G4 + ga )U3 = S(U1 − U2 ). Dieses Gleichungssystem l¨ asst sich ohne Schwierigkeiten l¨ osen. Es enth¨ alt ¨ den Ubergang zur spannungsgesteuerten Quelle (Quellenwandlung, es gilt Au = Sra , ra = 1/ga mit dem Ausgangswiderstand ra der gesteuerten Quelle). Die ideale Spannungsquelle entsteht mit ga → ∞. ¨ auch den Ubergang zum idealen Operationsverst¨ arker. Nach Gl. (2.7.23) gilt f¨ ur jeden Steuerparameter im Grenzfall unendlich hoher Werte der gleiche ideale Verst¨ arker. K3 „ Die Knotengleichung „ « « lautet (nach Division mit S): G3 G2 U3 −U1 1 + (G3 + G4 + ga ) = 0. + U2 1 − + S S S F¨ ur S → ∞ folgt daraus U1 ≡ U2 : virtueller Kurzschluss. Die Knotengleichungen K1 und K2 bleiben unver¨ andert und f¨ uhren zur L¨ osung Gl. (3.6.19).

Beispiel 3.6.4 Schaltung mit drei Operationsverst¨ arkern Abb. 3.6.6 zeigt ein Netzwerk mit drei, ausgangsseitig unsymmetrischen idealen Operationsverst¨ arkern. Gesucht ist die Ausgangsspannung U6 als Funktion der Eingangsspannung Uq . Zun¨ achst k¨ onnte die unbestimmte Knotenspannungsmatrix des Netzwerkes ohne Operationsverst¨ arker aufgestellt werden. Da alle Ausg¨ ange unsymmetrisch sind, d. h. einseitig an Masse liegen, entfallen die zugeh¨ origen (Super-) Knotengleichun¨ gen der Knoten K4 . . . K6. Sie wurden aber (aus Ubungsgr¨ unden) notiert. F¨ ur die weitere Rechnung sind nur die Knotengleichungen K1 . . . K3 relevant. Durch virtuellen Kurzschluss verschwinden die Knotenspannungen U1 . . . U3 . Wir schreiben die entsprechenden Knotengleichungen auf, setzen aber f¨ ur die Knotenspannungen U1 . . . U3 einen Nullwert an (durchgestrichenes Symbol). Dann verbleiben K1: K2: K3: SK4: SK5: SK6:

/ 1− G1 U4 − G3 U6 (G1 + G3 + G4 ) U (G2 + G7 ) U / 2− G2 U4 − G7 U5 (G5 + G6 ) U / 3− G5 U5 − G6 U6 −G1 U1 − G2 U2 + (G1 + G2 )U4 −G7 U2 − G5 U3 + (G5 + G7 )U5 −G3 U1 − G6 U3 + (G3 + G6 )U6

= G4 Uq = 0 = 0 . = 0 = 0 = 0

(3.6.20)

Die Superknotengleichungen werden zu null gesetzt. Dann verbleiben als restliche Gleichungen f¨ ur die Knotenspannungen U4 . . . U6 : 0 10 1 0 1 −G1 0 −G3 U4 G4 Uq @ −G2 −G7 0 A @ U5 A = @ 0 A . (3.6.21) 0 −G5 −G6 0 U6

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

355

Abb. 3.6.6. Beispielschaltung mit drei idealen Operationsverst¨ arkern

Diese Matrixgleichung kann nach den Knotenspannungen U4 . . . U6 aufgel¨ ost und die gesuchte Abh¨ angigkeit U6 = f (Uq ) gewonnen werden.

3.6.3 Mehrtore Einf¨ uhrung Ein Mehrpol mit n Klemmen beschreibt ein allgemeines Netzwerk,

dessen Klemmenbeziehungen durch die Kirchhoffschen Gleichungen festliegen. Praktisch werden Klemmen durch ¨außere Zweipolelemente (Last, Quelle) belastet, also eine Torbedingung erzwungen. Dann fließt durch das Klemmenpaar der gleiche Strom: in eine Klemme hinein und aus der anderen heraus. ¨ In solchen F¨allen ist der Ubergang vom Mehrpol zum Mehrtor zweckm¨aßig. ¨ Auch f¨ ur Ubertragungssaufgaben (Energie, Signal) interessieren nur die Netzwerkeigenschaften zwischen einem Eingangsklemmenpaar und einem (oder mehreren) Ausgangsklemmenpaaren, aber nicht die Spannungen an nicht abgeschlossenen Klemmen. Ein Mehrtor ist ein Netzwerk mit mehr als zwei Toren. Jedes Tor hat ein zugeordnetes Klemmenpaar (2 Pole). Das n-Tor-Netzwerk ist identisch mit einem 2n Pol-Netzwerk und es erf¨ ullt die Torbedingung. Wird der Mehrpol nur durch seine Klemmen gekennzeichnet, so erfordert das Mehrtor eine Definition der positiven und negativen Klemmen und eine Ordnung. n-Tor Netzwerke werden unterteilt in (Abb. 3.6.1) 2n-Pol Netzwerke mit getrennten negativen Bezugsklemmen, also zug¨anglichen, isolierten Toren. Alle positiven Klemmen sind getrennt und folglich ist die Klemmenzahl gerade: 2n-Pol, Beispiel: Transformator mit mehreren getrennten Wicklungen. Merkmal der Mehrtornetzwerke ist die Erf¨ ullung der Torbedingung: der in den positiven Pol eines Tores zufließende Strom tritt am negativen Pol heraus (in Abb. 3.6.1b) durch einen beigef¨ ugten

356

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Zweipol stilisiert). Die Tore k¨ onnen gegenseitig isoliert oder an einer Klemme (meist der negativen ) vollst¨ andig oder teilweise verbunden sein. n+1 Pol-Netzwerke mit gemeinsamer (negativer) Bezugsklemme, der Masse. Jetzt liegt ein erdunsymmetrisches“ Mehrtor vor und das n-Tor geht ” in einen n + 1 Pol u ¨ ber. Sonderf¨ alle sind f¨ ur n = 2 der (2+1) Pol = Dreipol und der 2 × 2 Pol als echter Vierpol (z. B. Transformator mit zwei Wicklungen). Ein Dreipol kann durch die außere Beschaltung als Zweitor wirken. ¨

Die Mehrtortheorie untersucht die Beziehungen zwischen den Str¨omen und Spannungen an den einzelnen Toren oder Klemmenpaaren, dagegen i. a. nicht die Spannungen zwischen den Klemmen verschiedener Tore. Sie erweitert die Zweitortheorie bez¨ uglich der Torzahl und der Toraufgabe: jedes Tor kann Ein- oder Ausgang oder beides zugleich sein. Unterschiedliche Zahlen von Ein- und Ausgangstoren f¨ uhren zur Torunsymmetrie. Vor allem der letzte Punkt resultiert aus der Tatsache, dass viele Einrichtungen der Informationstechnik komplexe Bausteine mit großer Torzahl sind, wobei die Toraufgabe von vornherein nicht feststeht.

Strom-Spannungsbeziehungen Generell wird ein lineares n-Tor durch n linear

unabh¨angige U, I-Gleichungen f¨ ur die 2n Klemmengr¨oßen (Str¨ome, Spannungen) beschrieben21 . Das sind beim Vierpol“ mit n = 2 Toren die Zweitor” gleichungen. Grunds¨ atzlich ist dieser Zusammenhang in Matrixform darstellbar. Da sich das zugeh¨ orige  Gleichungssystem in n beliebige Gr¨oßen aufl¨osen l¨asst, gibt es insgesamt 2n n verschiedene Darstellungsformen (beim Zweitor mit n = 2 insgesamt 6). Davon haben f¨ ur große Torzahlen haupts¨achlich die Leitwert-, weniger die Ketten- und Widerstandsform Bedeutung (die restlichen betrachten wir hier nicht). F¨ ur die Stromrichtungen wird das symmetrische Pfeilsystem gew¨ ahlt (Ausnahme Kettenform, gemischt-symmetrisch). L¨asst man auch f¨ ur Mehrtore die (linearen) Grundelemente R, L, C und gesteuerte Quellen zu, so gilt z. B. f¨ ur die Leitwertform das Gleichungssystem G11 U1 + G12 U2 + . . . + G1n Un = I1 G21 U1 + G22 U1 + . . . + G2n Un = I2 Mehrtorgleichung .. . Gn1 U1 + Gn2 U1 + . . . + Gnn Un = In

21

(3.6.22)

Dabei interessieren nur die Klemmenspannungen und -str¨ ome, i. a. nicht die zwischen den Toren auftretenden L¨ angsspannungen.

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

357

oder in Matrixform (dual zur Widerstandsform) GU = I. Von den n2 -Elementen der n-Tor-Matrix sind beim passiven Mehrpol insgesamt nur n(n + 1)/2 Elemente unabh¨ angig voneinander, beim 2-Tor (Vierpol) mit n = 2 insgesamt drei, beim 3-Tor → 6. Tats¨ achlich kann jede passive 2-Torschaltung (Dreipol) durch eine Dreieck- oder Sternschaltung mit 3 Elementen und eine 3Torschaltungen (Vierpol) mit 4, nur u ¨ ber Netzwerkelemente verbundene Klemmen als Viereck mit zwei Diagonalelementen durch 6 Widerst¨ ande realisiert werden.

Beispiel 3.6.5 Dreitorschaltung Abb. 3.6.7 zeigt eine Dreitoranordnung als Funktionsblock (Abb. a) und interpretiert durch Netzwerkelemente (Abb. b). Mit n = 3 gibt es insgesamt n2 = 9 Leitwertkoeffizienten. Bei Umkehrbarkeit gilt Gab = Gba und die Matrix wird spiegelbildlich zur Hauptdiagonalen. Dann sinkt die Zahl unabh¨ angiger Koeffizienten auf 6. In der Dreitorschaltung Abb. a ist jeweils eine Torklemme zun¨ achst noch frei verf¨ ugbar, deshalb k¨ onnen alle zum gemeinsamen Nullpunkt verkn¨ upft werden. Dann treten in einer Ersatzschaltung z. B. des passiven Dreitores Knotenleitwerte und Koppelleitwerte auf (Abb. c). Dabei sinkt die Zahl der zug¨ anglichen Klemmen von 2n (hier 6) auf 2n − (n − 1) = n + 1, also vier: aus der 3-Tor-Schaltung wird ein 4-Klemmen-Netzwerk genau so, wie ein 2-Tor-Element in ein 3-Klemmen-Netzwerk u ¨ bergehen kann.

¨ Betriebsverhalten Beim Betrieb eines Mehrtores interessiert i. a. das Ubertragungsverhalten von Quellen an wenigen Toren zu einem oder mehreren Verbrauchern an anderen Toren. Dabei tritt oft folgendes Problem auf: das Netzwerk ist als erdunsymmetrischer Mehrpol (mit 2n Klemmen) bekannt, gesucht sind die Matrixkoeffizienten bei Betrieb als n-Tor. So wird beispielsweise ein vierpoliges Netzwerk (mit einem Masseknoten) durch neun MaU2

G13

I2 I1

1

2

2'

3

U1

1'

a

3'

I3

I1 1 U3 U1 G11

G12U2 G13U3

K1

G12 K2 G23 K3 G1=G11-G13-G12 G1

G2

G3

G2=G22-G21-G23 G3=G33-G31-G32

1'

b

c

Abb. 3.6.7. Mehrtornetzwerk. (a) Dreitor. (b) Ersatzschaltung eines Tores, die u ¨brigen

Tore haben sinngem¨ aße Ersatzschaltungen. (c) Ersatzschaltung eines reziproken (unsymmetrischen) Dreitornetzwerkes

358

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

trixelemente bestimmt, zum Betrieb als Zweitor reichen dagegen schon vier Elemente aus.

Beispiel 3.6.6 Zuordnung unsymmetrischer Mehrpol – Zweitor Ein (erdunsymmetrisches) Vierpolnetzwerk Abb. 3.6.8 (Klemme A Bezugspol) mit bekannter Widerstandsmatrix R a 0 1 1 0 1 0 U1 I1 R11 R12 R13 @ U2 A = @ R21 R22 R23 A @ I2 A → U a = Ra I a (3.6.23) U3 a R31 R32 R33 a I3 a soll als Zweitor (Abb. b) in Widerstandsform beschrieben werden: „ « „ « „ « U1 R11 R12 I1 = · → U = RI. U2 R21 R22 I2

(3.6.24)

Zwischen den Mehrpolklemmengr¨ oßen und der Zweitorform gelten die Torbedingungen Tor T1: U1 = U1a , I1 = I1a , −I1 = I4a ; Tor T2: U2 = U2a −U3a , I2 = I2a , −I2 = I3a . Gesucht sind die Zweitorparameter. Nach Einsetzen der Torbedingungen in Gl. (3.6.23) und Ordnung der Ausgangsgleichungen in Zweitordarstellung Gl. (3.6.24) ergibt sich U1 = R11a I1 + (R12a − R13a )I2 U2 = (R21a − R31a )I1 + (R22a + R33a − R23a − R32a )I2 also



R=

R11a R12a − R13a R21a − R31a R22a + R33a − R23a − R32a

« .

Der Unterschied wird aus der konkreten Schaltung sichtbar 1 0 « „ R1 0 0 R1 0 . Ra = @ 0 R2 0 A , R = 0 R2 + R3 0 0 R3 a

1 I1a

I1

T1

2 I2a

I2

3 I3a

U1a U2a

U3a I4a

R3

R2

U2

R1

R2 U1

R3

T2

R2

R1 T1 R1

I4

R3

T2

4

4

a

I3

b

c

Abb. 3.6.8. Mehrpolnetzwerk im Zweitorbetrieb. (a) Erdgebundener Mehrpol. (b) Wahl

zweier Tore und damit Zuordnung der Strom-Spannungsbeziehungen. (c) Umgezeichnetes Netzwerk in Zweitordarstellung

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

359

¨ Das in Abb. 3.6.8c entwickelte Zweitor hat keine Ubertragungseigenschaften, weil die Koeffizienten R12 , R21 verschwinden. Es diente lediglich als einfaches Netzwerk zur Erl¨auterung des Wandlungsverfahrens. Das allgemeine 2n-Pol-Netzwerk wird zweckm¨aßig durch eine Knotenspannungsmatrix beschrieben, deren Koeffizienten aus den Mehrpolparametern ¨ zu bilden sind. Außere Quellen k¨ onnen einbezogen werden. Interessiert am Mehrpol-/Mehrtornetzwerk das Verhalten nur zwischen zwei Toren (nicht benutzte Tore k¨onnen mit allgemeinen Zweipolen belastet sein), so ist das Netzwerk durch ein Zweitor ersetzbar. Bei Mehrtornetzwerken interessieren folgende Fragestellungen: ¨ wie gewinnt man die Ubertragungseigenschaften zwischen ausgew¨ahlten Toren, z. B. am Eingang und Ausgang aus der allgemeinen Mehrpolbeschreibung? Der Extremfall ist die Reduktion auf eine Zweitorschaltung. wie erfolgt die Reduktion des Mehrpols auf eine kleinere Schaltung, durch Unterdr¨ uckung oder Verbindung von Schaltungsknoten? wie wird eine neue Bezugselektrode eines erdunsymmetrischen Mehrpols gew¨ahlt? Alle F¨alle erfordern entweder eine Torgruppierung/-umgruppierung oder eine Klemmenmanipulation. Sie kann die Analyse von Mehrpolnetzwerken deutlich vereinfachen. 3.6.4 Torgruppierung ¨ Zur Uberf¨ uhrung eines Mehrpolnetzwerkes in eine Zweitorform werden die beiden ins Auge gefassten Pole und ein Bezugsknoten herausgezogen (Abb. 3.6.9a), diesen Polen die Ziffern 0,1,2 zugeordnet und an beide Tore Probestromquellen“ Iq1 und Iq2 (symmetrische Zweitororientierung) ange” schlossen. Wir unterscheiden deshalb zwischen den Knotenspannungen der Knotenleitwertmatrix, den zugeh¨ origen Klemmenstr¨omen (I1 , I2 ) und den Klemmenspannungen des Ersatzzweitores: U1 = U1K , U2 = U2K .22 Die restlichen Knotenspannungen interessieren nicht und die restlichen Str¨ome (außer I1 , I2 ) werden zu null gesetzt: Leerlauf“ dieser Netzwerkklemmen (ebenso ” k¨ onnte Kurzschluss oder eine andere Belastung verf¨ ugt werden, s. u.).

22

Das hochgestellte K bezieht sich auf das Knotenspannungsverfahren, das hier zugrunde liegt.

360

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen Leerlauf, Ii=0

I1

1 U1

Kurzschluß, Ui=0

In-1

I3

I2

I2

I2

I1

2 GK

U2

Iq1

I2

2

1

U1 Iq2

In-1

I3 RK

U2 Uq2

Uq1

a

b

Abb. 3.6.9. Reduktion eines Mehrpolnetzwerkes auf ein Zweitornetzwerk. (a) Anwendung

des Knotenspannungsverfahrens. (b) Anwendung des Maschenstromverfahrens

Ein n-Mehrpol (mit n−1 unabh¨ angigen Klemmen) hat die Strom-Spannungsrelationen ⎛ ⎞⎛ K ⎞ ⎛ ⎞ G11 G12 . . . G1(n−1) U1 Iq1 ⎜ G21 ⎜ K ⎟ G22 . . . G2(n−1) ⎟ Iq2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ U2 ⎟ ⎜ ⎟ (3.6.25a) ⎜ ⎜ . ⎟=⎜ ⎟ . .. .. . ⎝ . . . 0 ⎠ ⎝ ⎠⎝ . ⎠ . . . . K 0 G(n−1)1 G(n−1)2 . . . G(n−1)(n−1) Un−1 GK U K = I K

(3.6.25b)

mit verschwindenden Str¨ omen I3 . . . In−1 außer Iq1 und Iq2 im Stromvektor. In dieser Schreibweise ist GK die Knotenleitwertmatrix, U K der Spaltenvektor der Knotenspannungen (Bezugspotenzial 0) und I K der Spaltenvektor ¨ der Klemmenstr¨ ome. Die Zwangsbedingungen zum Ubergang auf das Zweitor lauten U1 = U1K , U2 = U2K , I1 = Iq1 ,

I2 = Iq2 .

(3.6.26)

Wir l¨osen Gl. (3.6.25) mit der Bedingung Gl. (3.6.26) nach den Spannungen U1 und U2 auf (Cramersche Regel) und erhalten zusammengefasst als Ergebnis die Zweitorwiderstandsmatrix R       1 U1 det11 GK − det21 GK I1 = · = R · I. (3.6.27) U2 det22 GK I2 det GK − det12 GK Hierein ist det GK die Determinante von GK , und det GK ij die Adjunkte zum Ort (i, j). Die Adjunkte (mit dem Vorzeichen (−1)i+j , hier bereits ber¨ ucksichtigt) ergibt sich als Determinante der Untermatrix von GK , die durch Streichen der i-ten Zeile und j-ten Spalte in der Ausgangsmatrix entsteht. Das Ersatzzweitor des Mehrpolnetzwerkes wir durch eine Zweitorwiderstandsmatrix R nach Gl. (3.6.27) ausgedr¨ uckt, zu der alle Elemente der Knotenleitwertmatrix beitragen.

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

361

Als Ergebnis entsteht die Widerstandsform, obwohl von der Knotenleitwertmatrix des Mehrpols ausgegangen wurde. Die gesuchte Leitwertform als L¨osung erfordert eine (aufwendige) Matrixinversion (f¨ ur gr¨oßere Netzwerke nur numerisch m¨oglich). Schon ein 4-Knoten Netzwerk (+ Bezugsknoten) erfordert die Determinantenbildung von 3×3-Matrizen, praktisch die Grenze einer Handrechnung. F¨ ur die 2 × 2-Widerstandsmatrix nach Gl. (3.6.27) kann die invertierte L¨osung, also die neue Zweitorleitwertmatrix G = R−1 allgemein angegeben werden23   det GK det22 GK det21 GK G= . det11 GK det22 GK − det12 GK det21 GK det12 GK det11 GK (3.6.28) Eine Alternative zur direkten Berechnung von G ist, die Maschenwiderstandsmaahlen (Abb. 3.6.9b). Legt man an trix RM des Mehrpolnetzwerkes als Ausgang zu w¨ die Eing¨ ange 0, 1, 2 die Probespannungen Uq1 , Uq2 und setzt die restlichen Spannungen U3 . . . Un−1 gleich null (das bedeutet Klemmenkurzschluss, oben Leerlauf!), so entsteht ein zu Gl. (3.6.25) analoges Gleichungssystem RM I M = U M .

(3.6.29)

Mit den entsprechend angepassten Zwangsbedingungen (analog zu Gl. (3.6.26)) ergibt sich dann ein der Gl. (3.6.27) entsprechendes Ergebnis f¨ ur die Zweitorleitwertmatrix G (in Gl. (3.6.27) muss GK gegen RM ausgetauscht werden, ebenso R gegen G und wechselseitig Str¨ ome gegen Spannungen). Auch wenn sich jetzt die Zweitorleitwertmatrix direkt ergibt, so bleibt die aufwendige Determinantenauswertung.

Beispiel 3.6.7 Abzweigschaltung Die Leitwertmatrix GK der Abzweigschaltung Abb. 3.6.10 kann der Schaltung direkt entnommen werden 1 0 G1 + G2 0 −G2 K A. 0 G4 + G 5 −G4 G =@ −G2 −G4 G2 + G3 + G4

K1

G2 G1

K3

G4 G3

K2

G5 Abb. 3.6.10. Knotenunterdr¨ uckung an einem Netzwerk

23

Nach dem Determinantensatz gilt det11 GK det22 GK − det12 GK det21 GK = det12,12 GK det GK .

362

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Die f¨ ur Gl. (3.6.28) erforderlichen Unterdeterminanten zur Matrix G lauten det11 GK = G2 (G4 + G5 ) + G3 G4 + (G3 + G4 )G5 , det12 GK = det21 GK = −G2 G4 det22 GK = G1 (G2 + G3 ) + G2 G3 + (G1 + G2 )G4 , det G K = G2 +G13 +G4 . det G K det G K −det G K det G K 11

22

12

21

Damit ist die Leitwertmatrix G nach Gl. (3.6.28) bestimmt. Die Unterdeterminanten sind leicht nachzuvollziehen: det11 GK : Streichen der ersten Zeile und Spalte und Ausrechnung der Unterdeterminante → ((G4 + G5 )(G2 + G3 + G4 ) − G24 , det12 GK : Streichung der 1.Zeile und 2. Spalte: −G2 G4 usw. det12,12 GK ist die Unterdeterminante, die durch Streichen der 1. und 2. Zeile und 1. und 2. Spalte entsteht. Die Richtigkeit l¨ asst sich durch Direktberechnung des Eingangskurzschlussleitwertes Y˜11 ufen. oder des Transferleitwertes Y˜21 u ¨berpr¨ Die Reduktion des Mehrpols auf ein Zweitor erfolgte durch Unterdr¨ uckung aller nichtbenutzten Klemmen (Nullsetzen der Klemmenstr¨ ome/Leerlauf), was den Aufwand der Determinantenberechnung verursacht. Zwei Auswege bieten sich an: man unterdr¨ uckt nur einen Klemmenstrom, berechnet eine neue Knotenleitwertmatrix und wiederholt das Verfahren schrittweise solange, bis nur noch die Knoten der gesuchten neuen Zweitordarstellung u ¨ brig bleiben. in allgemeinerer Form werden diese Teilschritte durch Bildung von zwei Torgruppen zusammengefasst: die zug¨ anglichen (des beabsichtigten neuen Zweitores) und die unzug¨ anglichen, deren Verhalten im Zweitor nicht auftreten soll. Das Verfahren heißt Schaltungsreduktion durch Torgruppierung.

Beispiel 3.6.8 Torgruppierung An einem Zweitor (Knotenleitwertmatrix GK ) sei ¨ das Verfahren erl¨ autert. Zur Uberf¨ uhrung in einen Zweipol mit den Klemmengr¨ oßen U1 , I1 muss der Klemmenstrom I2 unzug¨ anglich sein: Knoten 2 wird so zum unter” dr¨ uckten“ Knoten und sein Strom darf nicht auftreten. Weil in eine unzug¨ angliche Klemme 2 kein Strom eingespeist werden kann, gilt I2 = 0 und damit lauten die urspr¨ unglichen Zweitorgleichungen K K K I1K = GK 11 U1 + G12 U2 , K K K I2K = I2 = 0 = GK 21 U1 + G22 U2

K K → U2K = −GK 21 U1 /G22 .

K uhrt auf I1K = GK Ersetzen von U2 im verbleibenden Strom des Knotens 1 f¨ 11 U1 + K K K K G12 U2 f¨ ur die gesuchte neue Zweipolform (I1 = I1 , U1 = U1 ) « „ K GK 12 G21 · U1 , − I1 = G11 U1 = GK 11 GK 22

also auf den Eingangsleerlaufleitwert G11 = 1/R11 . Damit wird das Zweitor am Knoten 1 durch einen Zweipol (mit dem Eingangsleerlaufleitwert I1 /U1 bei I2 = 0) ersetzt bedingt durch Unterdr¨ uckung des Ausgangsknotens. Die zweite M¨ oglichkeit ¨ der Uberf¨ uhrung eines Zweitors in einen Zweipol ist die Verbindung der Knoten 1 und 2.

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

363

3.6.5 Klemmenmanipulationen Zum Betrieb eines Mehrtornetzwerkes zwischen zwei Toren (Quelle und Lastelement) muss es schrittweise in ein Zweitor u uhrt werden. Das ist gleich¨ berf¨ bedeutend mit einer Reduktion der Klemmenzahl auf jene, deren U, I-Verhalten interessiert. Wir legen ein Netzwerk mit m Klemmen (nicht Toren!, Abb. 3.6.11a) zugrunde und beschreiben es durch eine Knotenleitwertform sinngem¨aß vom Typ Gl. (3.3.26). Der Bezugspunkt der Knotenspannungen sei zun¨achst kein Netzwerkknoten, damit ist die Matrix unbestimmt. Folgende Klemmenmanipulationen sind u ¨ blich: Klemmenerdung Bei Wahl einer Klemme als Bezugspunkt ist die entsprechen-

de Zeile und Spalte in der Leitwertmatrix Gl. (3.3.26) zu streichen. Dann sind alle Knotenspannungen auf diesen Knoten bezogen. Klemmenverbindung Ein erdunsymmetrischer Mehrpol mit n Klemmen, also

n − 1 unabh¨angigen Klemmen hat eine Knotenleitwertmatrix G der Dimension (n − 1) × (n − 1). Werden zwei Klemmen (widerstandslos) verbunden, so stimmen ihre Knotenspannungen u ¨ berein und der Gesamtstrom in die Ersatzklemme“ ist die Summe beider Klemmenstr¨ome. Wir verbinden die ” Klemmen i und j (Abb. 3.6.11b). Die Spannungsgleichheit verlangt die Addition der Leitwertelemente der Spalte j zu denen der Spalte i (dann Spalte j streichen). Anschließend wird f¨ ur die neue Stromsumme die Zeile j zu Zeile i addiert und Zeile i gestrichen i+j j i+j j i j       → i ij → i + j ij Gi+j G Gii + Gij G Gii Gij Gji + Gjj G G j Gji Gjj jj ji+ G jj G jj j  mit Gi+j = Gii +Gij +Gji +Gjj . Die neue Matrix hat so eine Zeile und Spalte weniger und anstelle des alten Koeffizienten Gii tritt ein umfangreicherer auf. Ebenso gibt es Beitr¨ age zu den u ¨ brigen Koeffizienten. i j



I1

m

1 i

U10

j

Im

I1

1 i

Um0 U10

ΣI

m-1 j m

0

a

Klemme k unterdrückt

Klemmenverbindung

m-Pol-Netzwerk

b

Ii+Ij

Ui=Uj

Im-1 Um-1 U10

I1

1 i

m-1 k m

Im-1 Um-1

Ik=0 Uk

Abb. 3.6.11. Klemmenmanipulationen am Mehrpolnetzwerk. (a) Allgemeine Anordnung.

(b) Knotenverbindung durch Kurzschluss der Klemmen i und j. (c) Unterdr¨ uckung des Knotens k

364

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Beispiel 3.6.9 Dreipol An einem Dreipol mit drei unabh¨angigen Klemmen 1, 2, 3 und dem Strom-Spannungssystem 0 U1 1 G11 2 @ G21 3 G31

U2 G12 G22 G32

U3 1 0 1 0 1 U1 I1 G13 G23 A · @ U2 A = @ I2 A G33 U3 I3

werden die Knoten 2 und 3 zum neuen Knoten p verbunden. Das bedingt gleiche Knotenspannungen Uk2 = Uk3 = Up und die Stromsumme Ip = I2 + I3 . Die Spannungsgleichheit f¨ uhrt zun¨ achst auf 1 : G11 U1 + (G12 + G13 )Up = I1 2 : G21 U1 + (G22 + G23 )Up = I2 3 : G31 U1 + (G32 + G33 )Up = I3 . Werden die Str¨ ome I2 und I3 , also die letzten beiden Gleichungen zum neuen Strom Ip addiert, so verbleibt 1 : G11 U1 + (G12 + G13 )Up = I1 p : (G21 + G31 )U1 + (G22 + G23 + G32 + G33 )Up = I2 + I3 = Ip . Damit lautet das Ergebnis der Klemmenverbindung 2 und 3 in Matrixschreibweise 1 p



U1 Up « „ « „ « U1 I1 G11 G12 + G13 · = . G21 + G31 G22 + G23 + G32 + G33 Up Ip

Die Verbindung zweier Klemmen f¨ uhrt zur Addition der entsprechenden Zeilen und Spalten und Streichung einer der beiden Zeilen und Spalten. So reduziert sich beispielsweise ein Zweitor zum Eintor (Zweipol) bei Verbindung der Klemmen 1, 2, also des Ein- und Ausgangs mit dem Ersatzleitwert G1ers : G1ers = G11 + G12 + G21 + G22 . Eine so verbundene spannungsgesteuerte Stromquelle kann dann, abh¨ angig vom Vorzeichen, zum negativen Widerstand werden. Darauf wurde schon im Beispiel 2.6.16 im Zusammenhang mit gesteuerten Quellen verwiesen.

Klemmeneinbezug (als interner Knoten) Soll eine Klemme eines Netzwerkes einbezogen“ werden, also verschwinden, so fließt u ¨ ber sie nach außen ” kein Strom (I = 0) und die zugeh¨ orige Knotenspannung darf in der Knotenleitwertmatrix nicht mehr auftreten. Deshalb muss die Knotenspannung aus allen restlichen Gleichungen eliminiert werden. Wird beispielsweise an einem Zweitor die Ausgangsklemme 2 unterdr¨ uckt, so be¨ bleibt deutet das ausgangsseitig Leerlauf (I2 = 0) und Eliminierung von U2 . Ubrig schließlich ein Eintor (Zweipol zwischen Klemmenpaar 1.

Soll an einem Mehrpol der Knoten k verschwinden (Abb. 3.6.11c), so ist in Zeile k der Strom Ik = 0 zu setzen, dann aus dieser Zeile die Knotenspannung Uk zu berechnen, in Spalte k zu eliminieren und anschließend Zeile und Spalte

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

365

k in der Knotenleitwertmatrix zu streichen. Im Ergebnis tritt anstelle des Matrixelementes Gij das neue Element Gik Gkj (3.6.30) Gkk in Zeile i und Spalte j auf, m. a. W. muss zum origin¨aren Eintrag Gij noch jeweils −Gik Gkj /Gkk addiert werden. Dabei ist Gkk das Element der Zeile und Spalte k, Gik das Element der Spalte k und Zeile i, Gkj das Element der Zeile k und Spalte j. Damit bei dieser Unterdr¨ uckung in der Matrix keine Indizes zu ¨andern sind, sollte der zu eliminierende Knoten in der Knotenleitwertmatrix als letzter Knoten stehen. Gij |neu = Gij −

Bei Unterdr¨ uckung eines Knotens verschwindet dessen Strom in der Knotenleitwertmatrix (Streichen der zugeh¨ origen Zeile), seine Knotenspannung wird eliminiert (Streichen der zugeh¨ origen Spalte) und alle u ¨ brigen Elemente erhalten einen Zusatz solcher Gr¨ oße, dass die Leerlaufbedingung am unterdr¨ uckten Knoten aufrecht erhalten bleibt. Bei schrittweiser Wiederholung lassen sich mehrere Knoten eliminieren.

Beispiel 3.6.10 Knotenunterdr¨ uckung In einem Mehrpol mit vier Klemmen (davon einer als Masseknoten nach Abb. 3.6.11c, m = 4) soll der letzte Knoten m − 1 = 3 eliminiert werden. Es gibt deshalb die Klemmengr¨ oßen U1 . . . U3 und I1 . . . I3 mit I3 = 0. Ausgang ist das Knotengleichungssystem 0 U1 G11 1 2 @ G21 3 G31

U2 G12 G22 G32

U3 1 0 1 0 1 G13 U1 I1 G23 A · @ U2 A = @ I2 A . U 3  I3 G33

Zun¨ achst muss der Strom des zu eliminierenden Knotens verschwinden 1 I3 = 0 = G31 U1 + G32 U2 + G33 U3 → −U3 = (G31 U1 + G32 U2 ) . G33 Anschließend wird die zugeh¨ orige Knotenspannung U3 in allen restlichen Gleichungen eliminiert (also in der gesamten Spalte). Das Ergebnis lautet G13 G31 G13 G32 I1 = G11 U1 + G12 U2 − U1 − U2 G33 « « G33„ „ G13 G31 G13 G32 U1 + G12 − U2 = G11 − G33 G33 G23 G31 G23 G32 I2 = G21 U1 + G22 U2 − U1 − U2 G33 « « G33„ „ G23 G31 G23 G32 U1 + G22 − U2 . = G21 − G33 G33 Jeder Matrixkoeffizient wird nach Gl. (3.6.30) durch einen neuen Koeffizienten ersetzt.

366

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Beispiel 3.6.11 Knotenunterdr¨ uckung F¨ ur die Abzweigschaltung Abb. 3.6.10 soll die Knotenleitwertmatrix durch Unterdr¨ uckung des Knotens 3 in eine Zweitorform u uhrt werden. ¨berf¨ Die Knotenleitwertmatrix wird aus der Schaltung abgelesen bzw. vom Beispiel 3.6.7 u uckende Knoten 3 steht in der letzten Zeile/Spalte: ¨bernommen. Der zu unterdr¨ 0 10 1 0 1 1 0 0 −G2 G1 + G2 G11 G12 G13 U1 I1 @ G21 G22 G23 A @ U2 A = @ I2 A → @ A. 0 G4 + G5 −G4 G31 G32 G33 U3 I3 −G2 −G4 G2 + G3 + G4 (3.6.31) F¨ ur sein Verschwinden (Mutation zum inneren Knoten) muss I3 = 0 gelten. Daf¨ ur osen nach der Spannung folgt aus der dritten Zeile G33 U3 = −(G31 U1 +G32 U2 ). Aufl¨ U3 und Einsetzen in die Gleichungen der Str¨ ome I1 , I2 f¨ uhrt auf ! „ « „ « G13 G31 G13 G32 G12 − G33 G11 − G33 I1 U1 = → GU = I · G31 G23 G32 U I G21 − G23 G − 2 2 22 G G 33

33

mit der neuen Zweitorleitwertmatrix „ « « „ ´ ` −1 G2 G1 + G2 0 G = + P · G2 G4 , G4 0 G4 + G5 1 0 G2 X − G2PG4 G1 + G2 − P2 A, = G2 + G3 + G4 . = @ 2 G G2 G − P4 G4 + G5 − P4 Das sind aber die Einzelterme, die nach der Bildungsregel der Knotenunterdr¨ uckung Gl. (3.6.30) anfallen. Die Multiplikation der Spalten- und Zeilenvektoren gibt vier Matrixkoeffizienten, die zu den entsprechenden Gliedern der neuen Matrix erg¨ anzt werden. (Eine Kontrolle k¨ onnte z. B. durch Direktberechnung der Zweitorkoeffizienten aus der Schaltung, etwa f¨ ur G11 erfolgen).

Verallgemeinerte Knotenunterdr¨ uckung Das Verfahren zur Unterdr¨ uckung eines Knotens l¨ asst sich auf mehrere Knoten erweitern, wenn die m = n − 1 Klemmen eines erdunsymmetrischen Mehrpols unterteilt werden in z zug¨ angliche Knoten und den unzug¨ anglichen Rest (Index u). Die Gesamtzahl betr¨ agt z + u = m = n − 1. Bekannt sei die Knotenleitwertmatrix 0 1 0 1 0 1 I1 G11 G12 . . . G1i G1j . . . G1m U1 B I2 C B G21 G22 . . . G2i G2j . . . G2m C B U2 C B C B C B C B . C B . B C .. .. .. C .. .. .. B .. C B .. C B ... C . . . . . . B C B C B C B C B C B C (3.6.32) B Ii C = B Gi1 Gi2 . . . Gii Gij . . . Gim C · B Ui C . B C B C B C B Ij C B Gj1 Gj2 . . . Gji Gjj . . . Gjm C B Uj C B C B C B C .. .. .. .. C B .. C B .. C B .. .. .. @ . A @ . @ A . . . . . . . A Im Gm1 Gm2 . . . Gmm Gmj . . . Gmm Um Im Mehrpol sollen die Klemmen j = i + 1 . . . m unterdr¨ uckt werden, was eine entsprechende Unterteilung der Knotenleitwertmatrix zur Folge hat. Die zu unterdr¨ uckenden Str¨ ome m¨ ussen je verschwinden: Ij . . . Im = 0. Dabei entsteht an jedem

3.6

Mehrpolige Netzwerke*

367

Knoten eine entsprechende Knotenspannung und die so berechneten Knotenspannungen Uj . . . Um werden in den restlichen Gleichungen eliminiert. In Matrixform lautet die Gl. (3.6.32) (mit entsprechenden Untermatrizen) „ « „ « „ « Iz G11 G12 Uz I= = · → I z = G11 |neu U z . (3.6.33) Iu G21 G22 Uu Die gesuchte neue Knotenleitwertmatrix der klemmenunterdr¨ uckten Schaltung ergibt sich aus der Bedingung I u = 0 = G21 U z + G22 U u → U u = −G22 −1 G21 U z

(3.6.34)

und durch Eliminieren der unzug¨ anglichen Spannungen Uu schließlich zu ` ´ I z = G11neu U z = G11 − G12 G22 −1 G21 U z . (3.6.35a) Die Untermatrizen lauten 1 0 G11 . . . G1i C B G11 = @ ... . . . ... A , Gi1 . . . Gii

1 G1j . . . G1m B .. C = @ ... . . . . A Gij . . . Gim 0

G12

(3.6.35b)

usw. Damit ist das Problem gel¨ ost. Die Schwierigkeit besteht eher in der Auswertung: es werden Multiplikation und Inversion von Matrizen erforderlich, die schon bei kleinen Netzwerken nur numerisch durchf¨ uhrbar sind. F¨ ur das Beispiel 3.6.10 eines Dreipols (m = 3), dessen Klemme 3 unterdr¨ uckt werden soll, lauten die Teilmatrizen « « „ „ ´ ` G11 G12 G13 G11 = , G12 = , G21 = G31 G32 , G22 = G33 . G21 G22 G23 Die L¨ osung erfordert die Bildung von „ „ « « ´ ` G13 G31 G13 G32 G13 G12 G21 = · G31 G32 = G23 G23 G31 G23 G32 und G −1 22 =

1 . G33

G11 |neu =

Daraus ergibt sich als neue Matrix (s. o.) ! G31 G32 G11 − G13 G12 − G13 G33 G33 . G31 G32 G21 − G23 G22 − G23 G33 G33

Netzwerkmanipulationen dienen der Netzwerkvereinfachung (Torunterdr¨ uckung an Drei- und Viertornetzwerken, Stern-Dreieckumwandlung, Zusammenschaltung von Zweitoren mit externen Elementen, Drehstromnetze). Weil sie bei voll besetzter Matrix rasch aufwendig werden, beschr¨anken sich die Verfahren bei Handauswertung auf kleine Netzwerke. F¨ ur die numerische Bearbeitung gr¨oßerer Netzwerke gibt es effiziente Verfahren, sodass diese Vereinfachungen durchaus Anwendung finden.

368

3. Netzwerkanalyseverfahren, resistive Schaltungen

Selbstkontrolle Kapitel 3

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

12. 13. 14. 15. 16.

17. 18. 19. 20.

Welche Gleichungen sind zur Analyse eines Netzwerkes erforderlich? Wie kann der Aufwand bei der L¨ osung der Netzwerkgleichungen gesenkt werden? Erl¨autern Sie die Maschenstromanalyse (Ansatz, Vorteile, Aufstellung der Gleichungen, Gewinnung der Netzwerkmatrix). Wie k¨onnen die m linear unabh¨ angigen Maschengleichungen eines Netzes gefunden werden? Was ist der Unterschied zwischen Maschen- und Zweigstrom, wie kann ein Maschenstrom gemessen werden? Welcher Unterschied besteht zwischen der Schleifen- und Maschenanalyse? Erl¨autern Sie die Knotenspannungsanalyse (Methodik, Ansatz, Vorteile, Aufstellung der Gleichungen, Gewinnung der Netzwerkmatrix). Wann muss zur Gewinnung der Netzwerkgleichungen ein Baum des Netzwerkes entworfen werden? Was bedeuten die Begriffe Koppelwiderstand und Koppelleitwert? Welcher Unterschied besteht zwischen Knoten- und Zweigspannung? K¨onnen Maschenstrom und Knotenspannungsanalyse auf folgende Netzwerke angewendet werden: mit nichtlinearen Elementen, mit Energiespeichern? Wie k¨onnen ideale Spannungsquellen in die Knotenspannungsanalyse einbezogen werden? Erkl¨aren Sie die Begriffe Superknoten, Supermasche. Sind Knotenspannungs- und Schnittmengenanalyse identisch? Erl¨autern sie die Anwendung des Knotenspannungsverfahrens zur Bestimmung der Ersatzzweipolparameter eines Netzwerkes. Ist es richtig, dass jede ideale Stromquelle beim Maschenstromverfahren und jede ideale Spannungsquelle beim Knotenspannungsverfahren jeweils das Gleichungssystem um eine Gleichung reduziert? Wie kann die Knotenspannungsanalyse in Netzwerken mit gesteuerten Quellen eingesetzt werden? Wie viele unabh¨ angige U, I-Beziehungen kennzeichnen einen n-Pol? Erl¨autern Sie die Begriffen Knoten-Zweig- und Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix. Wie kann die Zahl der Pole eines Mehrpols um einen Pol reduziert werden (Beispiele Vierpol, Dreipol)?

Kapitel 4 Netzwerktheoreme

4

4

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

Netzwerktheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Ahnlichkeitssatz .................................................. Versetzungs- und Teilungssatz idealer Quellen ............. Reziprozit¨ats-Theorem, Umkehrsatz.......................... Ver¨anderung von Zweipolen durch gesteuerte Quellen, Miller-Theorem ................................................... ¨ Aquivalente Netzwerke* ........................................ Duale Netzwerke*................................................ Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem*

371 371 372 374 376 381 383 387

4 Netzwerktheoreme Ziel Nach Durcharbeit dieses Kapitels sollten beherrscht werden: Kenntnis der wichtigsten Netzwerktheoreme, S¨ atze zur Quellenversetzung und -teilung, selbstgesteuerte Quellen, Reziprozit¨ atsbegriff und seine Anwendung, Verst¨ andnis ¨ aquivalenter und dualer Netzwerke, Leistungsbegriff in Netzwerken, Tellegen-Theorem.

Einf¨ uhrung Bei großen Netzwerken steigt der Analyseaufwand rasch. Durch

Hilfss¨atze oder Netzwerktheoreme k¨ onnen oft Vereinfachungen erzielt werden, ¨ wie Uberlagerungssatz, Zweipoltheorie oder Stern-Dreieck-Umwandlung zeigten. Alle sind Netzwerktheoreme, sie wurden aber aus Zweckm¨aßigkeitsgr¨ unden vorgezogen. In diesem Kapitel werden weitere Theoreme erl¨autert. Wenn dabei mitunter auf Wechselstrombeziehungen vorgegriffen werden muss, so sollten diese Teile zun¨ achst u ¨berlesen werden und die Durcharbeit sp¨ater erfolgen.

4.1

¨ 4.1 Ahnlichkeitssatz Enth¨alt ein lineares Netzwerk nur eine unabh¨angige Quelle, so k¨onnen alle Zweigstr¨ome außer u ¨ ber die bisherigen Analyseverfahren auch durch schrittweises R¨ uckrechnen, also rekursive Berechnung (mit den Knoten- und Maschens¨atzen) aus einer bekannten oder angenommenen L¨osung gewonnen werden: Vorgabe des gesuchten Zweigstromes Ia und schrittweise Bestimmung aller u ome und -spannungen in Richtung auf die Quelle und ¨brigen Zweigstr¨ zuletzt der Quellenspannung Uqa (oder des Quellenstromes Iqa ), die (der) erforderlich w¨are, um den angenommenen Strom Ia zu verursachen. In linearen Netzwerken steht ein gesuchter Zweigstrom Ir zur tats¨achlich wirkenden Quellengr¨ oße Uqr , Iqr im gleichen Verh¨altnis wie der gleiche angenommene Strom Ia zur zugeh¨ origen berechneten Quelle Uqa , Iqa Uqr Ir = . Ia Uqa

¨ Ahnlichkeitssatz (4.1.1)

¨ Der Ahnlichkeitssatz ist eine logische Konsequenz linearer Netzwerke. Er l¨asst ¨ sich bei mehreren Quellen zusammen mit dem Uberlagerungssatz einsetzen:

S. Paul, R. Paul, Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik 1 DOI 10.1007/978-3-540-69078-8, © Springer 2010

372

4. Netzwerktheoreme

I1

R1 Uq U2

I3 R3

I5

R2

R4

U4

¨ Abb. 4.1.1. Ahnlichkeitssatz

R5 R6

¨ Man berechnet zun¨ achst jede einzelne Wirkung mit dem Ahnlichkeitssatz und u ¨berlagert anschließend alle Ergebnisse. ¨ Der Ahnlichkeitssatz eignet sich vor allem zur Kontrolle numerischer Ergebnisse und ist bei Abzweigschaltungen einfach durchf¨ uhrbar.

¨ Beispiel 4.1.1 Ahnlichkeitssatz Im Netzwerk Abb. 4.1.1 sei der Strom I5 gesucht. Abgesehen davon, dass sich diese Aufgabe hier direkt leicht l¨ osen l¨ asst, benutzen ¨ wir den Ahnlichkeitssatz und nehmen Ia = I5 = 1 A als L¨ osung an. Dann betr¨ agt der Spannungsabfall U4 = I5 (R5 + R6 ) = 40 V und der Strom I3 = U4 /R4 + I5 = 2, 33 A. Damit wird U2 = I3 R3 + U4 = 23, 3 V + 40 V = 63, 3 V. Schließlich folgt I1 = U2 /R2 +I3 = 2, 11 A+2, 33 A = 4, 44 A. Das ergibt Uqa = I1 R1 +U2 = 107, 7 V. ¨ Nach dem Ahnlichkeitssatz (4.4.1) gilt I5 = Ir = Uqr (Ia /Uqa ) = 0, 093 A.

4.2

4.2 Versetzungs- und Teilungssatz idealer Quellen Gelingt in Netzwerken eine Verschiebung idealer Quellen in Bereiche mit einem Widerstand, so wird die Wandlung Spannungs- ↔ Stromquelle m¨oglich und die Analyse vereinfacht sich u. U. Solange dabei die Kirchhoffschen Gesetze eingehalten werden, ¨andert sich am Gesamtzustand des Netzwerkes nichts. Darauf basieren der Versetzungssatz idealer Spannungsquellen und der Teilungssatz idealer Stromquellen. Versetzungssatz idealer Spannungsquellen Wir betrachten die Schaltung in Abb. 4.2.1a und fragen nach den Auswirkungen bei Verschiebung der idealen Spannungsquelle Uq u ¨ber den Knoten K1 hinweg z. B. in Reihe zu R2 : In Masche M1 gilt der Maschensatz unver¨andert und die Verschiebung hat keine Auswirkung. In Masche M2 w¨ urde aber eine Quellenspannung auftreten, die vor der Verschiebung nicht vorhanden war. Diesen Fehler korrigiert die ur den Einf¨ ugung der gleichen Spannungsquelle Uq in Reihe zu R3 . Dann gilt f¨ Umlauf in M2 wieder richtig −Uq + I3 R3 − I2 R2 + Uq = 0. In einer Masche k¨onnen damit an jeder Stelle ideale Spannungsquellen so eingef¨ uhrt werden, dass sich die Gesamtspannung nicht ¨ andert. Daraus folgt der Versetzungssatz idealer Spannungsquellen:

4.2

Versetzungs- und Teilungssatz idealer Quellen

373

K1

R1

R3

R2

M1

M2

Uq

K1

R1 M1

a

Uq R2

i

2 j n

R3

M2

Uq

1

Uq



Uq

j‘ 1

I=0

i 2 Uq n

j I=0

Uq

Uq

1 j‘

Uq 2

i=j Uq

j‘

n

b

Abb. 4.2.1. Versetzungssatz idealer Spannungsquellen. (a) Verschiebung einer Spannungs-

quelle im Netzwerk u ¨ber einen Knoten. (b) Allgemeine Verschiebung einer Spannungsquelle u ¨ber einen Knoten in mehrere angeschlossene Zweige

Beim Verschieben einer idealen Spannungsquelle u ¨ ber einen Knoten ist in allen benachbarten Zweigen die gleiche Spannung (in gleicher Richtung) anzubringen. Das Gesamtverhalten des Netzwerkes bleibt unver¨andert. Abb. 4.2.1b zeigt eine zwischen den Knoten i und j liegende ideale Spannungsquelle. Um sie u achst n gleiche ¨ ber den Knoten j zu verschieben, schalten wir zun¨ Spannungsquellen parallel (f¨ ur gleiche ideale Spannungsquellen erlaubt) und trennen die Verbindungen am Knoten j auf. Sie sind stromlos, da auf gleichem Potenzial liegend. Der alten Knoten j wird so zum neuen Knoten j  und j verschmilzt mit Knoten i: die Quelle ist in die angeschlossenen Zweige verschoben und tritt in jedem Zweig auf. Durch die Verschiebung der Quelle in Zweige mit Widerst¨ anden ist eine Wandlung in Stromquellen m¨ oglich.

Teilungssatz idealer Stromquellen Dieser Satz ist das Analogon zum Ver-

schiebungssatz von Spannungsquellen. Wird einem Knoten ein zus¨atzlicher uhrt (Iab = Izu ), so ¨andert sich Strom Izu zu und gleichzeitig wieder weggef¨ die Knotenbilanz nicht (Abb. 4.2.2a). Beachtet man zus¨atzlich die Stromkontinuit¨at (s. Gl. (1.4.6)), die den Ersatz einer Stromquelle Iq durch eine Reihenschaltung mehrerer, gleich großer und gleich gerichteter Stromquellen erlaubt (Abb. 4.2.2b) (Iq1 = Iq2 = Iq ), so ergibt sich der Teilungssatz idealer Stromquellen: Eine ideale Stromquelle l¨ asst sich verlagern durch Unterteilung in eine Reihenschaltung mehrerer gleichgroßer, gleichgerichteter idealer Stromquellen, deren Verbindungsknoten mit beliebigen Knoten eines Netzwerkes verkn¨ upft werden. Das Gesamtverhalten des Netzwerkes bleibt unver¨andert. Dies zeigt Abb. 4.2.2c am Knoten K. Die Verbindung zwischen der unterteilten Stromquelle und dem weiteren Netzwerkknoten ist stromlos. Deshalb ¨ andert sich das Netzwerkverhalten nicht. Die so verschobenen“ Stromquellen k¨ onnen mit den ”

374

4. Netzwerktheoreme

I=0

Iq

Izu Iab

K

K R2 Iq

R1

Iq R3

R3

R1



R1

R3

Iq

Iq

b

a

I=0

N Iq

c

K

R2



Iq

N

Iq

K ≡

N Iq Iq

Abb. 4.2.2. Teilungssatz idealer Stromquellen. (a) Netzwerk mit Stromquelle. (b) Teilung

einer idealen Stromquelle im Netzwerk u ¨ber einen Knoten K. (c) Verallgemeinerung der Quellenteilung im Netzwerk

jetzt parallel liegenden Zweigwiderst¨ anden in Spannungsquellen u uhrt werden. ¨ berf¨ Die Stromquellenteilung ist auch u oglich, wie im Bild dar¨ ber mehrere Knoten m¨ gestellt.

Die Teilungs- und Verschiebungss¨ atze sind wichtige Hilfsmittel f¨ ur die Netzwerkanalyse, die auch auf gesteuerte Quellen unter der Voraussetzung einer unver¨anderten Steuergr¨ oße anwendbar sind.

4.3

4.3 Reziprozit¨ ats-Theorem, Umkehrsatz Reziprozit¨at (Umkehr-, Austauschbarkeit) ist eine verbreitete Eigenschaft physikalischer Systeme. Man versteht darunter als Axiom: Werden in einem physikalischen System Ursache und Wirkung vertauscht, so zeigt ein reziprokes System bei gleicher Ursache die gleiche Wirkung (Reziprozit¨atstheorem). Wir betrachten ein lineares, quellenfreies Netzwerk aus passiven Elementen. Ursache und Wirkung sind Str¨ ome und/oder Spannungen in zwei herausgegriffenen Zweigen (Abb. 4.3.1). Ein Netzwerk ist reziprok (umkehrbar), wenn eine Spannung U1 (Ursache) im (beliebigen) Zweig 1 im Zweig 2 den Kurzschlussstrom I2k (Wirkung) und umgekehrt die Spannung U2 im Zweig 2 (Ursache) im Zweig 1 den Kurzschlussstrom I1k verursacht und sich die Kurzschlussstr¨ome umgekehrt wie die Spannungen verhalten:

4.3

Reziprozit¨ ats-Theorem, Umkehrsatz

N

N 1

375

2

I2k

I1k 1

Abb. 4.3.1.

2 Uq2

Uq1

Uq2 Uq1 = , I2k I1k

analog

U2l U1l = . Iq1 Iq2

Reziprozit¨ atstheorem am Beispiel eins Netzwerkes mit Spannungsquelle als Ursache und dem Strom als Wirkung

Reziprozit¨atsbedingung (4.3.1)

Weil auch eine Stromquelle Ursachengr¨ oße im Zweig 1 und im Zweig 2 eine Leerlaufspannung die gesuchte Wirkung sein k¨ onnen, enth¨alt Gl. (4.3.1) noch die analoge Formulierung f¨ ur die Stromquellenerregung (Abb. 4.3.1). Verallgemeinert: eine Quelle (Ursache) in einem Zweig m eines reziproken Netzwerkes hat in einem anderen Zweig n die gleiche Wirkung wie die gleiche Quelle im Zweig n auf den Zweig m (Austauschprinzip f¨ ur Spannungs- oder Stromquellen). Die Reziprozit¨ atsbedingung (4.3.1) f¨ ur ein Netzwerk mit zwei herausgegriffenen Zweigen entspricht der Auffassung vom Zweitor: deshalb gilt die Reziprozit¨ atsbedingung auch f¨ ur bestimmte Zweitorkoeffizienten (s. Gl. (2.6.11)ff).

Der Reziprozit¨atsbegriff l¨ asst sich auf Netzwerke mit n Klemmenpaaren (Toren) erweitern: n  

(1) (2)

(2) (1)

Uk Ik − Uk Ik



Reziprozit¨atsbedingung, n-Tor (4.3.2)

= 0.

k=1 (1)

(1)

(2)

(2)

In dieser Formulierung sind Uk , Ik und Uk , Ik zwei beliebige verschiedene S¨atze von Klemmenspannungen und -str¨ omen, die die Kirchhoffschen Gleichungen erf¨ ullen. Hier tritt die Beziehung zwischen Umkehrbarkeit und dem Tellegenschen Satz (s. Kap. 4.7) zutage. Die Reziprozit¨ at vereinfacht die Netzwerkanalyse erheblich, beispielsweise bei der Bestimmung von Netzwerkeigenschaften (einfachere Bestimmung der Knotenleitwert- und Maschenwiderstandsmatrix, weniger zu bestimmende Koeffizienten, u. a.). Die Reziprozit¨ at kann auch zum Austausch von Quellen und Zweigen verwendet werden, wenn sich dadurch die Netzwerkberechnung vereinfacht. Hinweis: 1. 2.

Das Reziprozit¨ atstheorem trifft auch auf zeitver¨ anderliche Str¨ ome und Spannungen zu. Reziprozit¨ at gilt nur f¨ ur Netzwerke ohne gesteuerte Quellen. Netzwerke mit gesteuerten Quellen k¨ onnen bei spezieller Parameterwahl reziprok sein.

376

3.

Reziproke Netzwerke haben symmetrische Maschenwiderstands- bzw. Knotenleitwertmatrizen. Bei Zweitoren gilt: Ein aktives Zweitor ist nichtreziprok. Beispiel: Mikrofonverst¨ arker, der das gesprochene Wort im Lautsprecher h¨ orbar macht. W¨ are es reziprok, so w¨ urde das Besprechen des Lautsprechers im Mikrofon h¨ orbar sein. Ein aktives Zweitor kann reziprok sein: Beispiel der sog. Zweidraht- (= Zweirichtungs-) Verst¨ arker im Fernsprecher, der in jeder Richtung verst¨ arkt. Es gibt Netzwerke, die zugleich passiv und nichtreziprok sind, wie etwa der Gyrator (s. Bd. 3).

4.

5.

4.4

4. Netzwerktheoreme

Weil Reziprozit¨ at ein allgemeines physikalisches Prinzip ist, gilt sie auch f¨ ur ¨ Feldprobleme (z. B. gekoppelte Spulen), Ubertragungsstrecken, Antennen u. a.

4.4 Ver¨ anderung von Zweipolen durch gesteuerte Quellen, Miller-Theorem Die Zusammenschaltung von Zweipolelementen mit gesteuerten Quellen kann zur signifikanten Ver¨ anderung der urspr¨ unglichen Zweipolfunktion f¨ uhren, besonders bei R¨ uckkopplung. Dabei beeinflusst die Wirkungsgr¨oße, etwa Spannung oder Strom am Quellenausgang, u ¨ ber ein Netzwerk die Steuergr¨oße. Im Extremfall wird die Steuergr¨ oße an der gesteuerten Quelle selbst abgegriffen. Im Beispiel 2.6.16 (und Abb. 2.6.20) wurden diese Schaltungsm¨oglichkeiten bereits erw¨ahnt. Abb. 4.4.1 zeigt r¨ uckgekoppelte Ersatzzweipole. In Abb. a liegt eine spannungsgesteuerte Spannungsquelle in Reihe zum Widerstand R, Steuergr¨ oße ist der Spannungsabfall am Widerstand. Legt man an den Zweipol Abb. 4.4.1a einen Probestrom an, so stellt sich die Klemmenspannung Ue ein. Damit ergibt sich ein Ersatzandert das Vorzeichen widerstand Re = R(1 + Au ) (Umkehr der Steuerspannung ¨

R

Ue

A Ie

A I

A I USt

R

Ue

USt

A Ie ISt

U

G

A uUe

AuUSt

ISt AiISt

U G

B

B

B

B

Re=Ue/I =R(1+Au)

Re=Ue/I =R/(1-Au)

Ge=Ie/U =G(1+Ai)

Ge=Ie/U =G/(1-Ai)

c

d

a

b

AiIe

Abb. 4.4.1. Selbstgesteuerte Quellen. (a) Reihenschaltung von spannungsgesteuerter Spannungsquelle und Widerstand, Steuerspannung dem Klemmenstrom proportional. (b) Wie (a), jedoch Steuerspannung gleich der Eingangsspannung. (c) Parallelschaltung von stromgesteuerter Stromquelle und Leitwert G, Steuerstrom der Eingangsspannung proportional. (d) Wie (c), jedoch Steuerstrom gleich dem Eingangsstrom

4.4

Ver¨ anderung von Zweipolen durch gesteuerte Quellen, Miller-Theorem

377

von Au ). Wirkt als Steuerspannung die Gesamtspannung (Abb. 4.4.1b), so sinkt der Ersatzwiderstand bzw. betr¨ agt der Ersatzleitwert Ge = R−1 (1 − Au ). Abb. c zeigt die Parallelschaltung eines Leitwertes G und einer stromgesteuerten Stromquelle, der Steuerstrom kann entweder durch den Leitwert fließen (Ge = G(1 + Ai )) oder als Eingangsstrom auftreten: Re = G−1 (1 − Ai ). Die Ergebnisse sind dual zu denen der Abb. a.

Die Reihenschaltung eines Widerstandes R mit einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle und Abgriff der Steuerspannung u ¨ ber dem Widerstand oder der Gesamtanordnung vergr¨ oßert oder verkleinert den Zweipolersatzwiderstand. Das duale Verhalten zeigt ein Leitwert G mit parallel geschalteter stromgesteuerter Stromquelle. Ersatz gesteuerter Quellen Oft ist es zweckm¨ aßig, gesteuerte Quellen selbst

zu substituieren. Dabei wird die Steuergr¨ oße zur Zweiggr¨oße der gesteuerten Quelle. So kann die spannungsgesteuerte Stromquelle I = Gm U durch den Zweipol Gm ersetzt werden, wenn die Steuergr¨oße gleichzeitig an der Stromquelle anliegt: R¨ uckf¨ uhrung der Ausgangsgr¨ oße als Steuerspannung. Dieses Prinzip wurde bereits in Abb. 2.6.20 erl¨ autert. Eine gesteuerte Quelle geht durch Selbststeuerung (Steuerspannung liegt an der spannungsgesteuerten Stromquelle Gm U bzw. Steuerstrom fließt durch die stromgesteuerte Spannungsquelle Rm I) in einen Zweipolleitwert Gm bzw. Widerstand Rm u ¨ ber. Diese Verfahren eignen sich zur Realisierung elektronisch steuerbarer Widerst¨ ande, auch negativer.

Zwei verbreitete Quellenanordnungen sind die nach Abb. 4.4.2. Vom Ausgang eines Netzwerkes mit ausgangsseitig spannungsgesteuerter Spannungs- oder Stromquelle wird ein der Ausgangsspannung proportionaler Strom (¨ uber einen Leituckgekoppelt und zum Eingangsstrom adwert Gp ) an den Eingang r¨ diert. Als Folge ¨ andert sich der Eingangsleitwert (es liegt die ParallelR¨ uckkopplung vor). mit einer ausgangsseitigen stromgesteuerten Spannungs- oder Stromquelle wird eine dem Ausgangsstrom proportionale Spannung (als Spannungsabuckgekoppelt und fall u ¨ber einen Reihenwiderstand Rr ) an den Eingang r¨ zur Eingangsspannung addiert. Im Gefolge ¨andert sich der Eingangswiderstand (es handelt sich um eine Reihen-R¨ uckkopplung). Der erste Fall spielte bereits bei Elektronenr¨ ohren eine Rolle: eine R¨ uckkopplung u at Cga (Gr¨ oßenordnung wenige pF) erzeugt eingangs¨ ber die Gitter-Anodenkapazit¨ arkung Au seitig eine Ersatzkapazit¨ at C  ≈ Cga |Au |, etwa um die Spannungsverst¨

378

4. Netzwerktheoreme

(≈ 102 . . . 103 ) vergr¨ oßert. Der Effekt wurde erstmalig von Miller beschrieben1 . Auch der zweite Effekt, dual zum ersten, wurde zun¨ achst bei Elektronenr¨ ohren zu Beginn der 50er Jahre beobachtet und zur Rauschabsenkung als Katodeninduktivit¨ at eingesetzt. Heute ist er in Bipolartransistorschaltungen verbreitet. Vom praktischen Standpunkt interessiert die Auswirkung der R¨ uckkopplung auf die Ein- und Ausgangswiderst¨ ande eines Verst¨ arkers. Zur Probleml¨ osung bieten sich an (neben Knotenspannungs- und Maschenstromanalyse) eine Berechnung u ¨ ber Zweitorzusammenschaltungen (Parallel- bzw. Reihenschaltung von Zweitoren), Ersatz der r¨ uckgef¨ uhrten Gr¨ oße durch eine gesteuerte Quelle sowie Quellenteilung- bzw. -versetzung, oder die direkte Berechnung wie hier, indem die zus¨ atzliche Belastung der Klemmen 1 und 2 auf zwei Ersatzleitwerte zwischen den Klemmen 1, 2 und Masse zur¨ uckgef¨ uhrt wird.

In der Schaltung Abb. 4.4.2a verursachen die Knotenspannungen U1 , U2 am Knoten 1 den Zusatzstrom I1 und am Knoten 2 den Strom I2 = −I1 I1 = Gp (U1 − U2 ) = Gp (1 − Au )U1, I2 = −Gp (U1 − U2 ) = Gp 1 −

U1

a

1 K1

Au

2

I1 U1

Ai

2

Rr

I2

U‘

1

I‘1

U2

U2

0

I2 K2

0

1

(4.4.1)

U2

Gp

I‘1 I1

1 Au

Gp1

I1

U‘2 1

2

0

U‘1

U1

Au

Ai 0

2

I2

U2

I‘1 Gp2

I1 Rr1 U1

1

Ai 0

2

Rr2 I2 U2

b Abb. 4.4.2. Miller-Theorem. (a) Gleichwertige Transformation eines Widerstandes R zwi-

schen den Knoten 1 und 2 eines Netzwerkes mit der Spannungs¨ ubersetzung Au = U2 /U1 . (b) Gleichwertige Transformation eines Widerstandes R im gemeinsamen Verbindungszweig zwischen Aus- und Eingangskreis eines Netzwerkes mit der Strom¨ ubersetzung Ai = I2 /I1 1

J. M. Miller, Effekt 1920 ver¨ offentlicht. Der Effekt ist in deutschen Lehrb¨ uchern (Barkhausen, Rothe-Kleen) u ohren in den 30er Jahren ausf¨ uhrlich ¨ber Elektronenr¨ beschrieben und erkl¨ art.

4.4

Ver¨ anderung von Zweipolen durch gesteuerte Quellen, Miller-Theorem

379

mit dem Spannungsverh¨altnis Au = U2 /U1 . Im n¨achsten Schritt interpretieren wir diese Zusatzstr¨ ome als Klemmenleitwerte parallel zum Ein- und Ausgang:    I1 I2 1 Gp1 = = Gp (1 − Au ) und Gp2 = = Gp 1 − . (4.4.2) U1 U2 Au Miller-Theorem ¨ Damit ist der Uberbr¨ uckungswiderstand Rp durch die ein- und ausgangsseitigen Ersatzwiderst¨ ande Rp1 , Rp2 ersetzt, ohne die Schaltung zu ¨andern. Dieses Ergebnis formuliert das Theorem von Miller: Ein zwischen Ein- und Ausgangsknoten 1, 2 eines (erdunsymmetrischen) Zweitores liegender Widerstand R kann durch zwei, von der Spannungsverangige ein- und ausgangsseitige Ersatzwiderst¨anst¨arkung Au = U2 /U1 abh¨ de ersetzt werden. Die Ersatzwiderst¨ ande Rp1 , Rp2 ¨ andern die Ein- und Ausgangswiderst¨ande. Zwei F¨alle treten auf: beim Millereffekt ist die Ausgangsspannung durch die hohe Spannungsverst¨arkung gr¨ oßer als die Eingangsspannung und gegenphasig (Au hat negatives Vorzeichen). Dann gilt |Rp1 |  |Rp2 | und der Eingangswiderstand sinkt dem Betrag nach. beim Bootstrapeffekt2 sind Ein- und Ausgangsspannung von der gleichen Gr¨oßenordnung und gleichphasig (Spannungsverst¨arkung Au ≈ 1, positiv). Dann steigt der Widerstand Rp1 stark an. Im ersten Fall kann ein reeller Widerstand Rp (bei Au > 1) sogar zu negativem Widerstand an den Eingangsklemmen f¨ uhren, f¨ ur Au < 1 analog am Ausgang (Methode zur Erzeugung negativer Widerst¨ande). Wirkt anstelle des Widerstandes ein Kondensator (z. B. C = 10 pF), so entsteht eingangseitig die Kapazit¨at C1 = C(1−Au ), bei Au = −103 von immerhin C1 = 104 pF! Der Millereffekt verursacht eine unerw¨ unschte Kapazit¨atsvervielfachung! Ein analoges Theorem ergibt sich bei Zuschalten eines Widerstandes Rr in die Verbindungsleitung eines Zweitores, also in Reihe zu ihm (Abb. 4.4.2b). Bei Analyse mit der Zweitortheorie m¨ ussen die Z-Matrizen des Verst¨ arkers und des Reihenwiderstandes addiert und das Ergebnis ausgewertet werden. Zu erwarten sind, entsprechend der Dualit¨ at, L¨ angswiderst¨ ande in den Zuleitungen des Ersatzzweitores. Wir analysieren die Schaltung durch Spannungsquellenversetzung: zun¨ achst wird der Spannungsabfall am Widerstand Rr als Spannungsquelle Rr (I1 + I2 ) aufgefasst, die der Strom I1 + I2 verursacht (H¨ ullknotensatz mit dem Zweitor als Inhalt). Sie 2

¨ Sinngem¨ aße Ubersetzung: Hochziehen der eigenen Stiefelschlaufe“. ”

380

4. Netzwerktheoreme

wird u ullknoten in die Ein- und Ausgangsleitungen verschoben. Dort ¨ ber den H¨ treten die Spannungen U1 und U2 auf U1 = Rr (I1 + I2 ) = Rr (1 + Ai )I1 U2 = Rr (I1 + I2 ) = Rr (1 +

1 )I2 Ai

(4.4.3)

.

arkung der Schaltung. Im letzten Schritt Der Quotient Ai = I2 /I1 ist die Stromverst¨ werden die gesteuerten Spannungsquellen U1 und U2 in die L¨ angswiderst¨ ande Rr1 und Rr2 gewandelt: Rr1 =

U1 = Rr (1 + Ai ) und I1

Rr2 =

U2 1 = Rr (1 + ). I2 Ai Duales Miller-Theorem

(4.4.4)

Das (duale) Miller-Theorem3 besagt: Ein Widerstand Rr im gemeinsamen Massezweig eines Zweitores kann durch zwei, von der Stromverst¨ arkung Ai = I2 /I1 bestimmte Einzelwiderst¨ ande Rr1 , Rr2 in Reihe zu den Ein- und Ausgangstoren ersetzt werden. Vor allem in Wechselstromnetzwerken lassen sich abh¨ angig vom Charakter des Zuohnliche Effekte realisieren satzwiderstandes und der Stromverst¨ arkung Ai ungew¨ (s. Bd. 3). Hinweis: Bisher wurde der Einfluss weiterer Verst¨ arkerelemente, etwa des Ausgangswiderstandes, vernachl¨ assigt, um den wesentlichen Effekt im Auge zu behalten. In diesem Fall muss die Spannungsverst¨ arkung Au (resp. Stromverst¨ arkung Ai ) durch ubersetzung vi ) nach Gl. (2.6.29a, ff) erdie Spannungs¨ ubersetzung vu (bzw. Strom¨ setzt werden. Die praktischen Auswirkungen sind meist gering.

Zusammengefasst beinhaltet das Miller-Theorem f¨ ur ein Zweitor einen multiplikativen Eingangsleitwert Ge = G(1 − Au ) ≈ −GAu , mit der Spannungsverst¨ arkung Au = U2 /U1 bei Parallel-R¨ uckkopplung. einen multiplizierten Eingangswiderstand Re = R(1 + Ai ) ≈ RAi mit der Stromverst¨arkung Ai = I2 /I1 bei Reihenr¨ uckkopplung. Das Miller-Theorem findet entweder gezielte Anwendung (beispielsweise zur Erzeugung von Sinusschwingungen in der Elektronik, Oszillatorprinzip) oder es beschreibt einen St¨ oreffekt, wie die Vergr¨ oßerung der Eingangskapazit¨ at. Der Miller-Effekt spielt wegen der Kollektor- bzw. Drainkapazit¨ at von Bipolar-/Feldeffekttransistoren auch heute noch eine Rolle, er kann durch Neutralisation (R¨ uckf¨ uhrung der im Vorzeichen vertauschten Ausgangsspannung u ¨ ber einen Widerstand auf den Eingang) beseitigt werden. Operationsverst¨ arker haben keinen Millereffekt.

3

Begriff nicht u ¨ blich; wir verwenden ihn, weil es sich um die duale Schaltung handelt.

¨ Aquivalente Netzwerke*

4.5

381

4.5

¨ 4.5 Aquivalente Netzwerke* Schon die Stern-Dreieck-Transformation zeigte, dass zwei Netzwerke zwischen zwei (oder mehr) Klemmen v¨ ollig gleiches U, I-Verhalten haben k¨onnen trotz unterschiedlichem Aufbaues. Auch die Strom-Spannungsquellen-Ersatzschaltungen des aktiven Zweipols sind gleichwertige Netzwerke. Zwei n-Pol-Elemente heißen zueinander unbedingt ¨aquivalent (gleichwertig), wenn ihre Strom-Spannungs-Beziehungen an den Klemmen unabh¨angig vom inneren Aufbau f¨ ur jeden Zeitpunkt oder jede Frequenz identisch sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den bedingt ¨ aquivalenten Schaltungen, die (in der Wechselstromtechnik) nur bei einer bestimmten Frequenz gleichwertig sind und unbedingt ¨ aquivalenten Schaltungen mit gleichem Verhalten unabh¨ angig von der Frequenz. So ist die Umrechnung der Reihen- in eine Parallelschaltungen (und umgekehrt) mit allgemeinen Bauelementen R, L, C nur f¨ ur eine Frequenz gleichwertig (s. Bd. 3). Unbedingte Gleichwertigkeit schließt ein, dass bei ¨ aquivalenten Zweipolen im Wechselstromverhalten der komplexe Widerstand Z A (ω) = Z B (ω) und damit auch die Ortskurven u ¨ bereinstimmen.

Es gibt viele ¨aquivalente Netzwerke, wir greifen ¨aquivalente Zweipole heraus (Abb. 4.5.1a). F¨ ur einen Zweipol mit Reihen- und Parallelzweig l¨asst sich der Reihenwiderstand in die Parallelschaltung einrechnen (wenn einer der Parallelwiderst¨ande vom gleichen Typ ist und die angegebenen Bemessungsbedingungen eingehalten werden): Za =

aZ 21 + (a + 1)Z 1 Z 2 aZ 1 + Z 2

(4.5.1a)

Zb =

bZ 21 + Z 1 Z 2 . (b + 1)Z 1 + Z 2

(4.5.1b)

Wir haben mit den Symbolen Z 1 , Z 2 auf komplexe Widerst¨ ande vorgegriffen (s. Bd. 3), a und b sind reelle Konstanten. Die Beziehungen gelten auch f¨ ur ohmsche Widerst¨ ande, dann wird einfach Z 1 → R1 ersetzt (Z 2 analog). A Za aZ1

A

Z1

æ 1+ a ö ç ÷ Z1 è a ø

B

Zb

Z1 bZ1

2

Z2

æ 1+ a ö ç ÷ Z2 è a ø

(1 + a )Z1

a

A

Z2

B

B

b

A bZ1 1+ b

b2 Z1 1+ b

b2 Z 2 (1 + b) 2

B

¨ Abb. 4.5.1. Aquivalente Zweipole mit drei Elementen. (a) Wandlung einer Reihen-Parallel- in eine Parallel-Reihenschaltung. (b) Wandlung einer ParallelReihen- in eine ReihenParallelschaltung

382

4. Netzwerktheoreme

Umgekehrt kann aus einer Parallelschaltung ein Widerstand als Reihenwiderstand herausgezogen werden (Abb. 4.5.1a). Als Nachweis der Gleichwertigkeit bilden wir vom Widerstand Z a Gl. (4.5.1a) zun¨achst den Leitwert mit Ka = (1 + 1/a) Y Y Y 21 + aY 1 Y 2 Y1 1  1 2  + = = Za aY 2 + (1 + a)Y 1 1 + a K2 Y 2 + Y a Ka 1 1 Y1 + = . 1 + a Ka Z 1 + Ka2 Z 2 Die Abspaltung des ersten Leitwertes ist m¨ oglich, weil der Grad des Z¨ahlers oßer als der Nenner ist. Der zweite Term ist die im Term 1/Z a um eins gr¨ Reihenschaltung zweier Widerst¨ ande, die dem ersten Leitwert parallel liegt. Damit ist die Gleichwertigkeiten der beiden Schaltung Abb. 4.5.1a best¨atigt. ¨ Die Schaltungen Abb. 4.5.1b sind ebenfalls ¨ aquivalent. Die Uberf¨ uhrung in die neue Form gelingt, wenn vom Ersatzwiderstand Z b Gl. (4.5.1b) zun¨achst ein Reihenwiderstand abgespalten wird (m¨ oglich, weil der Z¨ahlergrad hinsichtlich Z 1 um eins gr¨oßer als der Nennergrad ist): Zb =

bZ 1 + 1+b

1 1 Z2

2

1 Z1

(1 + b) +

(1 + b)

.

Auch diese Zerlegung ist, genau wie oben, eine Polynomdivision. Abb. 4.5.2 zeigt zwei Beispiele zur Gleichwertigkeit: in Abb. a wurden die beiden ¨aquivalenten Schaltungen zu Abb. 4.5.1a f¨ ur a = 0, 2 angegeben und in Abb. b, im Vorgriff auf die Bauelemente Kondensator und Spule, entsprechen¨ de Schaltungen mit diesen Bauelementen skizziert. Durch Aquivalenz weisen diese Schaltungen auch gleiches Zeitverhalten f¨ ur Str¨ome und Spannungen auf. Eine wichtige Konsequenz gleichwertiger Schaltungen ist, dass sie verschiedene Topologie und Bauelementewerte haben k¨ onnen und so Spielr¨ aume bei der Realisierung entstehen.

A

A

L=1H

R1 100Ω 600Ω 20Ω aR1

a

Z2

B

R2 400Ω

120Ω

6H 1,2H

0,2H

10Ω

360Ω

1 μF

27,7nF

14,4kΩ

B

b

Abb. 4.5.2. Beispiele gleichwertiger Schaltungen

4.6

Duale Netzwerke*

383

¨ Abgesehen von der Vielfalt ¨ aquivalenter Schaltungen fasst man den Aquivalenzbegriff in der Elektrotechnik jedoch oft weiter. So werden die bereits betrachteten Zweitor-T- und π-Ersatzschaltungen oft als zueinander ¨ aquivalent angesehen, obwohl sie es nur unter bestimmten Bedingungen sind. Auch spricht man von aquivalenten Schaltungen und Bauelementen immer dann, wenn sie in ihren we¨ ¨ sentlichen Eigenschaften u von Transisto¨ bereinstimmen (Beispiel: Aquivalenzliste ren und integrierten Schaltungen u. a. m.).

4.6

4.6 Duale Netzwerke* Dualit¨ atsprinzip Oft lassen sich verschiedene physikalische Sachverhalte mit

dem gleichen mathematischen Formalismus beschreiben: dann bewirkt eine Vertauschung der Begriffsbeziehungen, dass die Sachverhalte des Systems A durch Vertauschung auf das System B u ¨ bertragbar sind und damit eine Transformationsregel gilt. Beispiele sind die mathematische Beschreibung eines elektrischen LC-Kreises und eines mechanischen Feder-Masse-Systems, das Verhalten des spannungsgespeisten Reihenschwingkreises und des stromgespeisten Parallelschwingkreis oder die Spannungs- und Stromquellenersatzschaltungen des aktiven Zweipols. Zweipole sind zueinander dual, wenn ihre I, U -Beziehung bei wechselseitiger Vertauschung von Strom und Spannung erhalten bleibt. Damit ergibt sich duale Zweipol B zu Zweipol A durch Vertauschen: i ↔ u,

iq ↔ uq,

R ↔ G,

C ↔ L.

Beispielsweise geh¨ ort zum ohmschen Widerstand R mit U = R · I durch Vertauschung (U → I, I → U , R → G) die duale Beziehung I = G · U . Deshalb sind R und G duale Zweipolelemente. Gleichermaßen folgt f¨ ur die Spule aus u = Ldi/dt durch Vertauschung (u → i, i → u, L → C) die Relation i = Cdu/dt: Spule und Kondensator sind duale Schaltelemente.

Duale Netzwerke Zwei zueinander duale Netzwerke liegen vor, wenn f¨ ur Netz-

werk A das Kirchhoffsche Gleichungssystem und die Elementbeziehungen   diμ duμ uν = 0, iμ = 0, uμ = Rμ iμ , uμ = Lμ , iμ = Cμ (4.6.1a) dt dt μ ν μ gegeben sind und es ein (duales) Netzwerk B (gestrichene Gr¨oßen) gibt, f¨ ur das zutrifft   duμ diμ , uμ = Lμ . (4.6.1b) iμ = 0, uν = 0, iμ = Gμ uμ , iμ = Cμ dt dt μ ν

384

4. Netzwerktheoreme

Dualit¨at erfordert somit die Dualit¨atsbedingung u = Z0 i,

i = u/Z0 .

(4.6.2)

Die Dualit¨atskonstante Z0 (Einheit 1 Ω) ist frei w¨ahlbar. Damit gelten als Dualit¨atsbedingung zwischen den Netzwerken A und B G = ZR2 , C  = ZL2 , L = C · Z02 , 0 0 . u iq = Zq0 , uq = iq Z0

Dualit¨atsbeziehungen (4.6.3)

Aus der Tatsache, dass die Knoten- und Maschengleichungen (4.6.1) miteinander vertauscht sind, ergeben sich f¨ ur zwei zueinander duale Netzwerke die Dualit¨atsbedingungen: jeder Zweipol im Netzwerk A ist durch den dualen im Netzwerk B ersetzt, es gibt eine Dualit¨ atskonstante Z0 , einer Masche (Knoten) im Netzwerk A entspricht ein Knoten (Masche) im Netzwerk B (oder einer Reihen- die Parallelschaltung von Zweipolelementen und umgekehrt). Der letzte Punkt folgt direkt aus der Dualit¨ at von Knoten- und Maschensatz: die Reihenschaltung (Maschensatz) von Zweipolen geht in die Parallelschaltung (Knotensatz) dualer Zweipole u ¨ ber. Deshalb geh¨ort zum Netzwerk A mit k − 1 unabh¨angigen Knoten und m = z − (k − 1) unabh¨angigen Maschen das duale Netzwerk mit k − 1 unabh¨ angigen Maschen und m unabh¨angigen Knoten. Dualit¨ at verlangt also, dass zur Reihenschaltung von Widerst¨ anden in einem Netzwerk die Parallelschaltung im dualen Netzwerk geh¨ ort (und umgekehrt), Kondensatoren in einem Netzwerk den Spulen im anderen entsprechen (und umgekehrt), sich Strom- und Spannungsquellen wechselseitig vertauschen, eine spannungsgesteuerte Quelle geht in die duale stromgesteuerte u ¨ bergeht und umgekehrt, Baumzweige in einem Netzwerk in Verbindungszweige im anderen u ¨ bergehen und umgekehrt. Typische Beispiele dualer Schaltung sind der Reihen- und Parallelschwingkreis, die Stern-Dreieckschaltung, der Grundstromkreis in Spannungs- und Stromquellendarstellung, die T- und π-Ersatzschaltungen u. a. m. Nicht zu jedem Netzwerk muss ein duales existieren! Tab. 4.1 stellt die wichtigsten dualen Gr¨ oßen und Begriffe gegen¨ uber.

4.6

Duale Netzwerke*

385

Tabelle 4.1. Transformationsregeln f¨ ur duale Netzwerke

Netzwerk 1



Netzwerk 2

Beziehung

Spannung Spannungsquelle Widerstand Induktivit¨at Spulenfluss Reihenschaltung Leerlauf Masche ¨ Außere Masche

⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔

Strom Stromquelle Leitwert Kapazit¨ at Ladung Parallelschaltung Kurzschluss Knoten Nullknoten

u 1 = Z0 i 2 uq1 = Z0 iq2 R1 = Z02 G2 L1 = Z02 C2 Ψ1 = Z0 Q2

Hinweis: Maschen- und Knotenanalyse sind nicht dual zueinander. Erst nach Einf¨ uhrung fiktiver Zweige k¨ onnen sie als spezielle Formen der Schleifen- und Schnittmengenanalyse aufgefasst werden, dann werden sie zueinander dual. Schleifen- und Schnittmengenanalyse hingegen sind dual zueinander, darauf wurde schon im Kap. 3.4 hingewiesen.

Beispiel 4.6.1 Duale Schaltungen In Abb. 4.6.1 wurden zwei duale Schaltungen A und B dargestellt. Es gelten folgende Beziehungen Netzwerk A uq = u1 + u2 = u3 i1 = i2 + i3 u1 = R1 i2 u2 = L2 di2 /dt i3 = C3 du3 /dt

Netzwerk B iq = i1 + i2 = i3 u1 = u2 + u3 i1 = G1 u2 i2 = C2 du2 /dt u3 = L3 di3 /dt

mit iq =

uq , Z0

G1 =

R1 , Z02

C2 =

L2 , Z02

L3 = C3 Z02 .

Deutlich ist der Wechsel Parallel-Reihenschaltung zu erkennen. Bei Vorgabe des Dualit¨ atswiderstandes liegt das duale Netzwerk auch zahlenm¨ aßig fest.

i1 R1 uq

L2

i2

i3

i‘3

u1

u2

C3

i‘2

i‘1 u‘1

G‘1

C‘2

u3 i‘q

L‘3

u‘3 Abb. 4.6.1. Duale Schaltungen

386

4. Netzwerktheoreme

Zu einem Netzwerk findet man das duale Netzwerk nach der L¨ osungsmethodik Duale Netzwerke

1.

Zeichne den Graphen des Netzwerkes A. Trage in jede von Zweigen gebildete Masche einen Knoten ein und ebenso einen Knoten außerhalb des Netzwerkgraphen (zweckm¨ aßig als Kurzschlussring). Kennzeichne jeden Knoten (Buchstabe, Ziffer) als Knoten des dualen Netzwerkes. Verbinde die eingetragenen Knoten untereinander so, dass jeder Zweig (NWE) des gegebenen Netzwerkes durch genau eine Knotenverbindungslinie (Zweig) des dualen Netzwerkes geschnitten wird. Ordne jeden so gewonnenen Zweig des dualen Netzwerkes das (duale) Netzwerkelement zu, das im Ausgangsnetzwerk geschnitten wird.

2.

3.

Das Verfahren beschr¨ ankt sich auf planare Netzwerke und schließt magnetische Kopplungen aus. Abb. 4.6.2 zeigt ein Beispiel. So schneidet die Linie von Knoten 1 und 2 das Element R1 , deshalb hat die duale Schaltungen zwischen 1, 2 den Leitwert G1 = R1 /Z02 , at L2 = C2 Z02 usw. analog zwischen 2 und 3 statt des Kondensators C2 die Induktivit¨ ahlt, so entspr¨ ache den Elementen R1 = 5 Ω → G1 = 5 S, Wird z. B. Z0 = 1 Ω gew¨ C2 = 5 μF → L2 = 5 μH usw. Die Dualit¨ at zweier Netzwerke l¨ asst sich vorteilhaft nutzen ¨ zur Ubertragung der Ergebnisse einer Netzwerkberechnung auf ein duales Netzwerk (Analysereduktion): Einsparung an Arbeit, R2 R3

C1 R1

uq1

L1

5

L2

C2

a

b R‘1 2

1

C‘1 i‘q1

1

uq2

L‘1

2

3

4

6

C‘2 4

3 L‘2

5

R‘3

R‘2

i‘q2 6

c Abb. 4.6.2. Duales Netzwerk. (a) Ausgangsnetzwerk. (b) Gewinnung des Graphen zum

dualen Netzwerk. (c) Ausgef¨ uhrtes duales Netzwerk mit eingesetzten dualen Netzwerkelementen

4.7

Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem*

387

zur Vereinfachung von Netzwerkaufgaben, in der Schaltungstechnik (z. B. Filtertechnik) zum Ersatz von Schaltungen mit Induktivit¨ aten durch solche mit Kapazit¨ aten.

4.7 Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem* Erhaltung der elektrischen Leistung In einem Netzwerk mit verschiedenar-

tigen Netzwerkelementen treten unterschiedliche Energiefl¨ usse zwischen den Elementen auf, stets muss aber die Summe der erzeugten elektrischen Leistungen gleich der Summe der verbrauchten Leistungen sein. Bei Wahl eines einheitlichen Z¨ahlpfeilsystems (Verbraucherrichtung) mit verbrauchten Leistungen positiv (erzeugte negativ) lautet der Energiesatz f¨ ur ein Netzwerk mit z Zweigen, k Knoten und den (zeitabh¨ angigen) Zweigspannung uμ (t) und Zweigstr¨omen iμ (t) z  μ=1

pμ (t) =

z  μ=1

uμ (t)iμ (t) = 0.

Energieerhaltung, (4.7.1) Tellegensches Theorem

In einem Netzwerk muss die Summe der von allen Zweigen aufgenommenen Leistungen zu jedem Zeitpunkt verschwinden. Diese Aussage heißt Tellegenscher oder Leistungs-Satz4 . Weil die Zweige Quellen einschließen, muss die Summe der in den passiven Netzwerkelementen verbrauchten angige Quellen P Leistung P gleich der sein, die unabh¨ P insgesamt liefern. Dann gilt P P Uq I, Q + R = 0 mit den Quellenleistungen − P ur alle Spannungs- und Stromquellen sowie die verbrauchten Leistun− P Iq U f¨ oße falsch gen RI 2 in den Zweigen. Wird bei einer Netzwerkanalyse eine Zweiggr¨ berechnet, so stimmt die Leistungsbilanz nicht. Das Tellegensche Theorem dient deshalb verbreitet zur Kontrolle von Netzwerkanalysen.

Der Tellegensche Satz gilt nicht nur f¨ ur jeden Zeitpunkt, sondern auch v¨ollig unabh¨angig von den Netzwerkelementen und damit ebenso f¨ ur nichtlineare Elemente (f¨ ur die Elemente in den Zweigen wurden keine Voraussetzungen getroffen!). Die einzige Voraussetzung f¨ ur Gl. (4.7.1) ist die G¨ ultigkeit des Knotensatzes f¨ ur jeden Knoten und des Maschensatzes f¨ ur jede Masche, m. a. W. ist die Energieerhaltung (4.7.1) eine direkte Folge der Kirchhoff-

4

B. D. Tellegen (1900–1990) holl¨ andischer Ingenieur. Das Theorem wurde 1953 angegeben.

4.7

388

4. Netzwerktheoreme

schen Gleichungen!5 Dann sind die beiden Kirchhoffsche Gleichungen und die Energieerhaltung Aussagen, von denen jeweils zwei die G¨ ultigkeit der dritten begr¨ unden! So folgt aus dem Maschensatz und Energiesatz der Knotensatz usw. Der Nachweis des Leistungs-Satzes gelingt z. B. dadurch, dass man die Zweigspannungen durch Knotenspannungen ausdr¨ uckt und f¨ ur jeden Knoten die Knotenbilanz betrachtet.

Die wesentlichsten Aussagen des Tellegen-Theorems sind: zwei Netzwerke (1) und (2) mit gleichem Netzwerkgraph (und gleicher Zweignummerierung) haben (bei v¨ ollig unterschiedlichen Zweigfunktionen!) mit z 

(1) u(1) μ (t) · iμ (t) =

μ=1

z 

(2) u(2) μ (t) · iμ (t) = 0

(4.7.2)

μ=1

die gleiche Leistungsbilanz. die erweiterte Form f¨ ur zwei Netzwerke (mit gleichem Graph) lautet z  μ=1

(2) u(1) μ (t) · iμ (t) =

z 

(1) u(2) μ (t) · iμ (t) = 0.

(4.7.3)

μ=1

Die Summe der Produkte der Zweigspannungen des einen Netzwerkes mit den korrespondierenden Zweigstr¨ omen des anderen (und umgekehrt) verschwindet, auch wenn ein Netzwerk nichtlinear ist! W¨ahrend Gl. (4.7.2) noch auf der Energieerhaltung basiert, erlaubt Gl. (4.7.3) keine direkte Interpretation mit dem Energiesatz, denn die Produkte sind nicht mehr Zweigleistungen eines Netzwerkes. Wir nennen diese Produkte (mit der Dimension einer Leistung) die Austauschleistung, eine Rechengr¨oße, die physikalisch nicht interpretiert werden kann.

Beispiel 4.7.1 Tellegenscher Satz F¨ ur die beiden Netzwerke nach Abb. 4.7.1a, b ¨ ergeben sich die einzelnen Zweiggr¨ oßen (Berechnung linke Schaltung mit Uberlagerungssatz, R1 = 30 Ω, R2 = 70 Ω, Uq = 10 V, Iq = 1 A; R1 = R2 = 20 Ω, R3 = 40 Ω, Uq = 20 V)

5

Der physikalische Sachverhalt ist umgekehrt: den Kirchhoffschen Gleichungen liegen Erhaltungss¨ atze zugrunde.

4.7

Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem*

U3 I‘3

I3 I4

I2

I1 U1

Uq R2

R1

I‘1 U4

I‘2 R‘2

R‘1 U‘2

U‘1

U‘3 R‘3 Uq

Iq

a

389

I‘4 U‘4

b

Abb. 4.7.1. Anwendung des Tellegenschen Satzes auf zwei Netzwerke. (a) Ausgangsnetz-

werk. (b) Netzwerk mit gleichem Graphen, es erf¨ ullt das Tellegen-Theorem

Iν / A Uν / V P/W Iν / A Uν / V P  /W I · U  /W 0, 6 18 0, 6 · 18 0, 2 4 0, 2 · 4 0, 6 · 4 −1, 0 18 −1, 0 · 18 0, 2 4 0, 2 · 4 −1 · 4 0, 4 −10 −0, 4 · 10 −0, 4 −16 0, 4 · 16 −0, 4 · 16 0, 4 28 0, 4 · 28 −0, 4 20 −0, 4 · 20 0, 4 · 20 Durch Aufsummieren der einzelnen Leistungsanteile der Zweige best¨ atigt sich die Leistungsbilanz f¨ ur beide Schaltungen trotz unterschiedlicher Auslegung (Ger¨ ust aber gleich), die rechte Spalte best¨ atigt auch die Austauschbilanz f¨ ur das Produkt ome der linken Schaltung mit den Zweigspannungen der rechten Schalder Zweigstr¨ tung.

Matrixformulierung F¨ ur die Matrixschreibweise des Theorems wird der Kno-

tensatz AI = 0 (Gl. (3.4.1)), der Maschensatz BU = 0 (Gl. (3.4.8)), die Beziehungen zwischen Zweig- und Knotenspannung U = AT U k (Gl. (3.4.3)) und die zwischen Zweig - und Schleifenstrom I = B T I m (Gl. (3.4.11)) genutzt. Dann betragen die Zweigleistungen 0 = U T I = AU k T I = U k T 

AI 0

0 = U T I = U T B T I m = U k T (AB)T I m  

0

oder gleichwertig als Tellegenscher Satz geschrieben (vgl. Gl. (4.7.1)) U T I = I T U = 0.

(4.7.4)

Ein beliebiger Vektor der Zweigspannungen, der den Maschensatz im Netzwerk erf¨ ullt und ein beliebiger Vektor der Zweigstr¨ome, der den Knotensatz erf¨ ullt, sind zueinander orthogonal. Dabei m¨ ussen die Str¨ ome nicht denen entsprechen, die sich als Folge der Zweigspannungen einstellen(!). Folglich gilt Gl. (4.7.4) auch f¨ ur Strom- bzw. Spannungsvektoren, die zu zwei verschiedenen Netzwerken N1 und N2 (aber gleicher Topologie) geh¨ oren. Deshalb gilt der Tellegensche Satz in Matrix-

390

4. Netzwerktheoreme

form erweitert entsprechend Gl. (4.7.2) T

T

T

T

U (1) I (2) = U (2) I (1) = I (1) U (2) = I (2) U (1) = 0.

(4.7.5) T

Ein beliebiger (transponierter) Vektor von Zweigspannungen U (1) , die den Maschensatz erf¨ ullen und ein beliebiger Vektor von Zweigstr¨omen I (2) , die den Knotensatz in einem anderen Netzwerk (aber mit gleicher Topologie) erf¨ ullen, sind zueinander orthogonal. Beim Ausmultiplizieren der entsteht dann genau die Summe nach Matrizen T Gl. (4.7.3). Ist hingegen U T , I T die L¨ osung der Netzwerkgleichung, so geht der Tellegensche Satz (4.7.5) in den Energiesatz Gl. (4.7.4) u ¨ ber. Umkehrsatz Der Tellegensche Satz in Gl. (4.7.5) erlaubt eine Umformulierung des Umkehrsatzes Gl. (4.3.1). Wir betrachten dazu ein (quellenfreies) Netzwerk N und speziell die Strom-Spannungsverh¨ altnis an den Toren 1, 2 (Abb. 4.7.2). Dann besagt die Leistungsbilanz X Uzν Iν , U I +U I = | 1 1 {z 2 2} ν Klemmenleistung | {z } Zweigleistungen

dass die u ¨ ber die Tore 1,2 ausgetauschte Leistung im Netzwerk verbraucht wird. Im n¨ achsten Schritt erf¨ ahrt das Netzwerk zwei unterschiedliche Zust¨ ande (1), (2) (1) (z. B. unterschiedliche Wertebemessung), die entsprechende Klemmengr¨ oßen I1 , (2) I1 usw. zur Folge haben. Wir kombinieren jetzt nach dem Tellegenschen-Satz die Spannungen des Zustandes (1) mit den Str¨ omen des Zustandes (2) und anschließend die Spannungen des Zustandes (2) mit den Str¨ ome des Zustandes (1). Das Ergebnis lautet X (1) (2) X (2) (1) (1) (2) (1) (2) (2) (1) (2) (1) Uzν Iν , U1 I1 + U2 I2 = Uzν Iν . U1 I1 + U2 I2 = | {z } | {z } ν ν Klemmenleistung Klemmenleistung | {z } | {z } Zweigleistungen

Zweigleistungen

(1) Uzν

(1) Rν I ν ,

F¨ ur die Zweige (Zweigwiderst¨ ande Rν ) gilt: = stimmen die Zweigleistungen ¨ uberein und es verbleibt I1

U1 Netz- U2 werk

a

I1a

I2

U1a

Uqa

b

I1b

I2a R1

R3 R2

U2a

(2) Uzν

Ra

U1b

Rb

(2)

= Rν Iν , m. a. W.

I2b R3 R1 R2

U2b

Iqb

c

Abb. 4.7.2. Tellegen-Theorem und Umkehrbarkeit eines Netzwerkes. (a) Netzwerk mit

zwei zug¨ anglichen Zweigen. (b) Ausgangsbetriebszustand eines Netzwerkes mit Gleichspannungsanregung, Ra = 10 Ω. (c) Umgekehrter Betrieb des Netzwerkes bei Stromanregung, Rb = 40 Ω

4.7

Leistung in elektrischen Netzwerken, Tellegen-Theorem*

(1) (2)

U1 I1

(1) (2)

+ U2 I2

(2) (1)

= U1 I1

(2) (1)

+ U2 I2

391

Reziprozit¨ atstheorem (4.7.6)

als Umkehrsatz. Er h¨ atte sich auch aus Gl. (4.7.5) ergeben, weil die Spannungs- und Stromvektoren beim Zweitornetzwerk nur zwei Elemente haben: ! ” I (2) “ (1) (1) (1) (2) (1) (2) (1) T (2) 1 = U1 I1 + U2 I2 = 0. I = U1 , U2 U (2) I2 F¨ ur den zweiten Term von Gl.(4.7.5) erh¨ alt man die rechte Seite der Gl. (4.7.6). Gegen¨ uber dem Umkehrsatz Gl. (4.3.1) gilt diese Tellegensche Form f¨ ur einen beliebigen Betriebszustand. Das l¨ asst sich mit Abb. 4.7.2 zeigen: dort wird ein Netzwerk einmal mit Spannungsquelle und Lastwiderstand betrieben, in umgekehrter Betriebsrichtung mit Stromquelle und einem anderen Lastwiderstand. F¨ ur konkrete Schaltungen k¨ onnen die Klemmenwerte berechnet und die Pr¨ ufung durchgef¨ uhrt werden. Im Beispiel wurden gew¨ ahlt: R1 = R2 = 10 Ω, R3 = 5 Ω, Uq1 = 1 V, Iq2 = 1 A. (1) (1) (1) Damit berechnen sich I1 = 0, 2 A, U2 = 0, 5 V, I2 = −0, 05 A und weiter (2) (2) (2) −2 U2 = 5, 65 V, U1 = 3, 47 V, I1 = 8, 6910 A. Es l¨ asst sich best¨ atigen U1(1) I1(2)

(1) (2)

+ U2 I 2 −2

1 · 8, 69 · 10

+

0, 5 · 1

(2) (1)

= U1 I 1

(2) (1)

U2 I 2

+

= 3, 47 · 0, 2 − 5, 65 · 0, 05.

Sonderf¨ alle gestatten Aussagen, die f¨ ur umkehrbare Zweitore schon genannt wurden. So ergibt (1)

(2)

wechselseitige Spannungsanregung U1 = U2 bei jeweils Kurzschluss auf der anderen Seite gleiche Kurzschlussstr¨ ome (dem entspricht die Bedingung Y21 = Y12 ) und (1) (2) wechselseitige Stromanregung I1 = I2 bei jeweils Leerlauf auf der anderen Seite gleiche Leerlaufspannungen (dem entspricht die Bedingung Z21 = Z12 ). Das Tellegensche Theorem ist, wie die Reziprozit¨ atsbedingung, ein sehr leistungsf¨ ahiges Resultat besonders zur numerischen Auswertung (und Kontrolle) von Netzwerkanalysen. So gibt das Schaltungssimulationsprogramm SPICE bei jeder Arbeitspunktbestimmung die gesamte, in allen Widerst¨ anden verbrauchte Leistung automatisch mit aus.

392

4. Netzwerktheoreme

Selbstkontrolle Kapitel 4

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Nennen Sie einige Netzwerktheoreme und ihre Anwendung. Erl¨autern Sie die Begriffe duales“ und a¨quivalentes“ Netzwerk. ” ” Welche Vorteile bringen duale Netzwerke? Erl¨autern Sie das Reziprozit¨ atstheorem. Wie k¨onnen gesteuerte Quellen Zweipolelemente beeinflussen? Was beinhalten die Teilungs- und Versetzungss¨atze? Erl¨autern sie den Tellegenschen Satz (Grundlagen, wozu dient er). Wie lauten der Energieerhaltungssatz, Leistung und Energie in linearen und nichtlinearen resistiven Netzwerken?

Anhang A Anhang

A

A

A A.1 A.2 A.3 A.4

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Gr¨oßen und Gleichungen ...................... Physikalische Gr¨oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln . Verzeichnis der wichtigsten Symbole......................... Literaturverzeichnis ..............................................

395 395 404 417 421

A Anhang A.1 Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen Physikalische Gr¨ oße Physikalische Vorg¨ ange werden durch mathematische

Objekte (Zahlen, Vektoren, Funktionen . . .) und Beziehungen zwischen ihnen mittels physikalischer Gr¨ oßen beschrieben: Eine physikalische Gr¨ oße erfasst Merkmale eines physikalischen Objektes (Eigenschaft, Vorgang, Zustand der Natur und der Medien, in denen sich physikalische Prozesse abspielen), die qualitativ gekennzeichnet und quantitativ bestimmt, also gemessen werden k¨ onnen. Jede physikalische Gr¨ oße hat symbolhaft ein Formelzeichen (DIN 1313, DIN 1301-1, DIN 1304-1). Da physikalische Gr¨ oßen keine Zahlen sind, erfordern Rechenoperationen einige Hinweise: es lassen sich nur Gr¨ oßen gleicher Gr¨ oßenart addieren/subtrahieren, die Multiplikation-/Division von Gr¨ oßen gleicher und verschiedener Gr¨ oßenart ist zul¨ assig. Potenzieren und Radizieren, Differenzieren und Integrieren sind zul¨ assig, in den Argumenten transzendenter Funktionen oder Exponenten sind nur Zahlen zul¨ assig, also entweder Gr¨ oßen mit reinem Zahlencharakter oder Produkte physikalischer Gr¨ oßen mit Zahlencharakter. Beispielsweise ist cos t (t Symbol der Gr¨ oße Zeit) nicht zul¨ assig, jedoch cos ωt (ω Winkelgeschwindigkeit mit der Dimension 1/Zeit (s. u.)).

Schreibweise Formelzeichen bestehen aus einem Grundzeichen (lateinischer

oder griechischer Buchstabe) und einem hoch- oder tiefgestellten Nebenzeichen. Grundzeichen werden immer in Kursivschrift angegeben (DIN 1338), Nebenzeichen dagegen nicht. Die Schreibweise von Vektoren (Tensoren) und Matrizen liegen nach DIN1303, DIN 547 fest. Vektoren werden (im Buch) durch Fettdruck dargestellt, in handschriftlicher Darstellung durch einen Pfeil u ¨ ber dem Symbol. Die Kombination Fettdruck und Pfeil ist manchmal in Bildern u ¨ blich, wenn Fettdruck nicht deutlich hervortritt. In zeitabh¨angigen physikalischen Gr¨ oßen wird die Zeitabh¨angigkeit zur Hervorhebung oft explizit ausgedr¨ uckt, z. B. f¨ ur die Spannung u(t). F¨ ur Strom und Spannung gilt zudem die Feststellung, dass zeitunabh¨angige Gr¨oßen mit großem Buchstaben, zeitabh¨ angige generell mit kleinem Buchstaben darge-

A.1

396

A. Anhang

stellt werden (bei Weglassen der expliziten Angabe). Oft muss aus dem Zusammenhang auf die Zeitabh¨ angigkeit geschlossen werden. Arten physikalischer Gr¨ oßen Es gibt drei Arten von physikalischen Gr¨ oßen:

1.

Grund- oder Basisgr¨oßen. Das sind naturgegebene, nicht weiter zur¨ uckf¨ uhrbare Gr¨ oßen. Ihre Wahl erfolgt nach praktischen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit einem Maß- und Einheitensystem. F¨ ur Physik und Technik wurden sieben Grundgr¨ oßen festgelegt. Ihnen sind Grundeinheiten zugeordnet definiert entweder durch Normale (Prototypen) oder Messvorschriften. In vielen Wissensgebieten reichen drei bis vier Grundgr¨oßen (Tab. A.1) aus, z. B. in der Mechanik die L¨ange l, Masse m und Zeit t. Die W¨ armelehre ben¨ otigt zus¨ atzlich die Temperatur als Grundgr¨oße. Die Grundgr¨ oßen der Elektrotechnik sind L¨ange s, Zeit t, Masse m, und elektrische Ladung Q.

2. 3.

Als Grundeinheit wurde allerdings die der Stromst¨arke vereinbart. Die elektrische Ladung tritt als neue Grundgr¨oße gegen¨ uber der Mechanik auf. Sie wird nicht durch andere Gr¨ oßen erkl¨art, sondern dient selbst zur Erkl¨arung anderer Erscheinungen (z. B. Strom, Feldst¨arke). Definitionsgr¨oßen (abgeleitete Gr¨ oßenarten) entstehen durch Zusammenfassung mehrerer physikalischer Gr¨ oßen u ¨ ber eine Definitionsgleichung. Naturkonstanten mit einem festen Wert.

Dimensionen, Einheiten Jede physikalische Gr¨ oße hat einen qualitativen und

quantitativen Inhalt. Die Qualit¨at dr¨ uckt sich in der Dimension aus. Damit umfasst dieser Begriff mehr als etwa nur die Abmessung eines Gegenstandes. Wir kennzeichnen L¨ ange, Fl¨ ache und Raum durch Angaben einer oder mehrerer L¨angen und nennen die L¨ ange eindimensional, Fl¨ache zweidimensional usw. Deshalb gilt f¨ ur den Bereich von Physik und Technik: Die Dimension kennzeichnet die Qualit¨ at einer physikalischen Gr¨oße. Sie ist das aus Grundgr¨ oßenarten gebildete Potenzprodukt dieser Gr¨oße. Beispielsweise ist die Qualit¨ at Zeit“ unabh¨ angig von ihrem Wert und der Angabe ” in einer bestimmten Einheit. In Kurzform gilt f¨ ur die Dimension der Gr¨ oße y: dim (y) = dim(physikalische Gr¨ oße), also f¨ ur v=

ds dt

dim (Geschwindigkeit) =

dim(L¨ ange) , dim(Zeit)

wenn L¨ ange und Zeit als Grundgr¨ oßen gew¨ ahlt werden.

A.1

Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen

397

Tabelle A.1. Basis-, SI-Einheiten

Basisgr¨oße

Formelzeichen

Grundeinheit

Einheitenzeichen

L¨ ange Masse Zeit Elektr. Stromst¨arke Absolute Temperatur Lichtst¨arke Stoffmenge

l m t I T Iv n

Meter Kilogramm Sekunde Amp`ere Kelvin Candela Mol

m kg s A K cd mol

Bei der Dimensionsbildung werden in physikalischen Gleichungen eventuell vorhandene Zahlenfaktoren, Infinitesimalzeichen (d, ∫ ) sowie Vektoreigenschaften weggelassen. Gr¨ oßen von gleicher Dimension k¨ onnen daher von unterschiedlicher Art sein, z. B. Arbeit und Drehmoment.

Einheit

Die Quantit¨at einer physikalischen Gr¨ oße wird immer als Produkt von Zahlenwert und Einheit (bei skalaren Gr¨ oßen) dargestellt. Physikalische Gr¨ oße = Zahlenwert · Einheit. Nur beide zusammen kennzeichnen die physikalische Gr¨oße. Bei Bedarf werden f¨ ur die physikalische Gr¨ oße G Zahlwert (in geschweiften Klammern {G}) und Einheit (in eckigen Klammern [G]) getrennt angegeben G = {G} [G] .

Physikalische Gr¨oße G (A.1.1)

So muss es heißen: [Ladung] = Coulomb mit 1 C = 1 As, [s] = m Einheit der L¨ange s ist das Meter. Beispielsweise hat die physikalische Gr¨ oße Zeit t = 3 s als Qualit¨ at die Dimension der Zeit, ihre Quantit¨ at 3 ist die dreifache Zeiteinheit. Eine Spannung U = 230 V hat den Zahlenwert {U } = 230 und die Einheit [U ] = 1 V. Obwohl die physikalische Gr¨ oße als Produkt von Zahlenwert und Einheit betrachtet wird, steht zwischen beiden kein Multiplikations-, sondern ein Leerzeichen.

Die Quantit¨at einer Gr¨ oße kann in beliebig vielen Einheiten angegeben werden, es gibt aber nur eine der physikalischen Gr¨ oße entsprechende Dimension (im gleichen Dimensionssystem). So l¨ asst sich der Wert der physikalischen Gr¨ oße L¨ange“ in Kilometern, Metern, Zentimetern usw. angeben, ihre Di” mension ist aber stets die L¨ ange“. ”

398

A. Anhang

Die Einheiten werden, wie die physikalischen Gr¨oßen, in Grund- und abgeleitete Einheiten unterteilt. Bestimmte Grundeinheiten liegen durch internationale Vereinbarungen auf der Basis von Messmethoden fest. Letztere k¨onnen sich im Verlaufe der Zeit verbessern und erfordern dann neue gesetzliche Festlegungen. So definierte man die Grundeinheit Meter“ f¨ ur die Grundgr¨ oße L¨ ange“ durch ” ” das in Paris aufbewahrte Urmeter. Heute wird sie durch die Wellenl¨ ange des zum Leuchten angeregten Gases Krypton bei einer bestimmten Spektrallinie vereinbart. Auch die urspr¨ ungliche Festlegung der Grundeinheit Amp`ere“ f¨ ur die elektrische ” Stromst¨ arke durch Silberausscheidung aus einem Silbernitrat wurde sp¨ ater durch Bezug auf die Kraftwirkung des Stromes ersetzt.

F¨ ur Physik und Technik liegen sieben unabh¨ angige Grundeinheiten durch das international vereinbarte System der SI-Einheiten (SI = Syst`eme International d’Unit´es) fest (Tab. A.1). Die ersten vier Basisgr¨ oßen gen¨ ugen zur Beschreibung mechanischer und elektromagnetischer Vorg¨ ange: Die Grundeinheiten Meter, Kilogramm, Sekunde und Amp`ere bilden das MKSA-System (Abk¨ urzung f¨ ur Meter, Kilogramm, Sekunde, Amp`ere). Es wird als Teilsystem des SI in der Elektrotechnik ausschließlich verwendet. Die Wahl der Grundeinheiten h¨ angt von messtechnischen Gesichtspunkten ab. Es m¨ ussen nicht die Einheiten der gew¨ ahlten Basisgr¨oßen sein. So wurde f¨ ur die Elektrotechnik die Ladung Q als Grundgr¨oße, aber als Grundeinheit die Einheit der Stromst¨arke I festgelegt. Als erg¨anzende Einheiten kommen hinzu: der Radiant (rad) f¨ ur den ebenen Winkel φ der Steradiant (sr) f¨ ur den r¨ aumlichen Winkel Ω. Nach internationaler Empfehlung werden auch systemfremde Einheiten in speziellen Gebieten verwendet, wie etwa das Elektronenvolt 1 eV = 1, 60210−19J als kinetische Energie, die ein Elektron beim Durchlauf der Spannung 1V im Vakuum erf¨ahrt, die atomare Masseneinheit 1u (angegeben in kg), die 1/12 der Masse des Kohlenstoffisotops 12 C entspricht: 1 u = 1, 661 · 10−27kg. Mit der relativen Atommasse Ar (z. B. Cu 63,5) ergibt sich dann die Atommasse zu mA = Ar · u, f¨ ur Cu also mA =1,055·10−25 kg. Weitere SI-fremde Einheiten sind kWh, km/h, Ah, min−1 usw., eine Reihe davon ist gesetzlich zugelassen (z. B. Minute, Stunde, Tag, Liter, Tonne, Bar . . .). Nicht mehr zugelassen sind einige fr¨ uher verwendete Einheiten wie PS, cal, at, kp, Torr

A.1

Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen

399

u. a., sie werden aber trotzdem noch verwendet. Ein Beispiel f¨ ur die Langlebigkeit ist das Pfund (1 pfd = 500 g) als Gewichtsmaß, das seit u ¨ ber 150 Jahren gesetzlich nicht mehr erlaubt, aber dennoch benutzt wird.

Ein Vorteil der SI-Einheiten liegt in ihrer wechselseitigen Verkn¨ upfung durch den Zahlenfaktor 1 (sog. koh¨arente Einheiten), sodass nichtganzzahlige Umrechnungsfaktoren entfallen. Beispielsweise gilt: 1 Ws = 1 Nm = 1 kg m2 s−2 = 1 J (im Vergleich: 1 Ws = 0,239 cal = 10,2 kpcm oder 1 PS= 736 W). Abgeleitete Einheiten folgen aus Basiseinheiten u ¨ ber Definitionsgleichungen. Sie tragen aus Zweckm¨ aßigkeitsgr¨ unden h¨ aufig Namen herausragender Naturforscher (z. B. 1 kg m/s2 = 1 Newton = 1 N). Tab. A.2 stellt zeigt elektrische Gr¨ oßen. Grunds¨atzlich k¨onnen die f¨ ur die Elektrotechnik abgeleiteten Einheiten durch MKSA-Einheiten ausgedr¨ uckt werden, es ist aber g¨ angige Praxis, elektrische Einheiten zu verwenden (aufbauend auf den Einheiten Meter (m), Sekunde (s), Volt (V) und Amp`ere (A)). Augenf¨allig unhandlich sind MKSA-Einheiten in der technischen Anwendung:   1 W = 1 kg m2 / s3 = 1 V · A und f¨ ur die Spannung 1 V = 1 kg m2 / A s3 . Auch die Darstellung der Einheit der Masse durch 1 kg = 1 Vm−2 s3 A ist nicht u ¨ berzeugender.

Tabelle A.2. Ausgew¨ ahlte physikalische Gr¨ oßen der Elektrotechnik und deren Einheiten

Physikalische Gr¨oße, Formelzeichen

Name, SI-Einheit, Kurzzeichen

Definition Umrechnungen

Kraft F Energie W Leistung P Spannung U Ladung Q el. Widerstand R el. Leitwert G Kapazit¨at C el. Feldst¨arke E el. Flussdichte D mag. Fluss Φ mag. Flussdichte B mag. Feldst¨arke H Induktivit¨at L

Newton N Joule J Watt W Volt V Coulomb C Ohm Ω Siemens S Farad F – – Weber Wb Tesla T – Henry H

1 N = 1 kg m/s2 1 J = 1 Nm= 1 VAs 1 W = 1 Nm/s= 1 VA 1 V = 1 W/A 1 C = 1 As 1 Ω = 1 V/A 1 S = 1 A/V 1 F = 1 C/V= 1 As/V 1 V/m =1 W/(Am) 1 C/m2 = 1 As/V 1 Wb = 1 Vs 1 T = 1 Wb/m2 = 1 Vs/m2 1 A/m 1 H = 1 Wb/A = 1 Vs/A

400

A. Anhang

Vors¨ atze Abh¨ angig von der Anwendung sind die vereinbarten Einheiten oft

deutlich zu klein oder groß. Deshalb wurden Vors¨atze zur Bezeichnung dezimaler Teile und Vielfacher von Einheiten geschaffen und gesetzlich eingef¨ uhrt (Tab. A.3). Sie stehen vor dem Einheitennamen bzw. dem Kurzzeichen der Gr¨oße. Vors¨ atze zur Kennzeichnung positiver Exponenten tragen große, f¨ ur negative Exponenten kleine Buchstaben. Eine Ausnahme bildet das Kilo (z. B. kg, km). F¨ ur die Elektrotechnik sind 3, 6, 9-er Zehnerpotenzen zu bevorzugen. Vorfaktoren wie 102 (Hekto), 101 (Deka), 10−1 (Dezi) und 10−2 (Zenti) sind im t¨ aglichen Leben verbreitet, die L¨angeneinheit Zentimeter sogar durchweg. Ein Vorsatzzeichen steht ohne Zwischenraum vor dem Einheitenzeichen. Hinweis: Beim Umgang mit Einheiten beachte man: 1. 2.

3.

4.

5.

Die gleichzeitige Verwendung mehrerer Vors¨ atze ist unzul¨ assig: Richtig: 1 nm = 10−9 m, 1 μs = 10−6 s, falsch 10−9 m = 1 m · μm, 10−6 s = 1 m · ms. Einheit, Vorsatz (und Vorsatzkurzzeichen) gelten als ein Symbol. Es`kann ohne ´3 Klammerschreibweise zur Potenz erhoben werden: Richtig: 1 km3 = 103 m = ` ´ 109 m3 , falsch 1 km3 = 103 m3 = k m3 . Einheitenkurzzeichen erhalten keine Indizes, diese stehen beim zugeh¨ origen Formelzeichen: Richtig: Ueff = 100 V, UAB = 10 V, falsch: U = 100 Veff , U = 10 VAB . Verboten sind Kombinationen von Einheitenkurzzeichen und ausgeschriebenem Vorsatz: Richtig: μA (Mikroamp`ere), kΩ (Kiloohm), falsch: Mikro A, k Ohm, Kilo Ω. In Tabellenk¨ opfen oder an Koordinatenachsen eignen sich beispielsweise folgenI de Schreibweisen von Zahlenwerten: AI ; 1·A ; I/A oder I in A. Nicht zul¨ assig ist I [A], denn Einheiten d¨ urfen nicht in Klammern verwendet werden.

Weitere Gr¨ oßenarten H¨aufig treten noch folgende Gr¨oßenarten auf: Gr¨ oßenquotient als Quotient zweier physikalischer Gr¨ oßen und gesprochen: Z¨ ahlergr¨ oße durch Nennergr¨ oße“. Un¨ ublich sind je“ und pro“. ” ” ” Tabelle A.3. Einheitenvors¨ atze

Potenz 18

10 1015 1012 109 106 103

Name Exa Peta Tera Giga Meg Kilo

Symbol E P T G M k

Potenz

Name

Symbol

−3

Milli Mikro Nano Piko Femto Atto

m μ n p f a

10 10−6 10−9 10−12 10−15 10−18

A.1

Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen

401

Verh¨ altnisgr¨ oße als Gr¨ oßenquotient zweier Gr¨ oßen gleicher Art und Dimension, z. B. Wirkungsgrad, Dielektrizit¨ atszahl, Verst¨ arkungsfaktor. Spezielle Verh¨ altnisgr¨ oßen sind: 1% = 10−2 (%-Prozent), 1ppm = 10−6 (ppm – parts per million, Millionstel) 1ppb = 10−9 (ppb – parts per Billion, Milliardstel). Funktionen von Gr¨ oßen. Oft treten physikalische Gr¨ oßen in Funktionen auf: Transzendente Funktionen sind nur f¨ ur Zahlen definiert. Deshalb d¨ urfen in ihren Argumenten nur Gr¨ oßen der Dimension 1 auftreten. Beispiel u(t) = U sin (ωt) , dim (ωt) = 1; i(t) = I exp (−t/T ) , dim (t/T ) = 1. Logarithmische Gr¨ oßenverh¨ altnisse werden verwendet, wenn die Gr¨ oßenverh¨ altnisse mehrere Zehnerpotenzen u ¨ berstreichen.

Physikalische Gleichung Verschiedene physikalische Gr¨ oßen sind durch Gesetze verkn¨ upft. Ihre mathematische Form heißt physikalische Gleichung:

Die physikalische Gleichung ist eine funktionelle Verkn¨ upfung zwischen physikalischen Gr¨oßen. Physikalische Gleichungen treten als Grundgleichungen (f¨ ur Naturgesetze) und Definitionsgleichungen auf. Naturgesetze sind stets reproduzierbare Verkopplungen artfremder physikalischer Gr¨ oßen. Nur sie enthalten echte, von der Natur offenbarte physikalische Erkenntnisse. Im Ergebnis von Beobachtungen entstehen dabei Proportionalbeziehungen. So u ¨ ben beispielsweise zwei Massen m1 , m2 im Abstand l eine Kraft F aufeinander aus: F ∼ m1 m2 /l2 . Dieser Proportionalzusammenhang geht erst durch Einf¨ uhrung einer Proportionalkonstanten k gem¨aß m1 m 2 F =k 2 l in eine mathematische Gleichung u ¨ ber. Der Faktor k muss folglich dimensionsbehaftet sein und eine unver¨anderliche physikalische Gr¨oße, eine Naturkonstante, darstellen. Die Erfahrung zeigt, dass es in der Natur nur endlich viele Grundgesetze gibt. F¨ ur die Elektrotechnik geh¨ oren die Maxwellschen Gleichungen dazu. Die Zahl praktisch benutzter physikalischer Gr¨oßen ist erheblich gr¨oßer, als sie aus den Grundgleichungen hervorgeht, denn durch Definitionsgleichungen k¨ onnen st¨andig neue Gr¨ oßen vereinbart werden. Definitionsgleichungen f¨ uhren (willk¨ urlich) neu vereinbarte physikalische Gr¨oßen auf mehrere einfach messbare und bekannte Gr¨oßen mittels einer eindeutigen Anweisung, der Definition, zur¨ uck.

402

A. Anhang

So ist v = ds eine Definitionsgleichung. Sie fasst die physikalischen Gr¨oßen dt Weg“ und Zeit“ durch die Vorschrift differenziere nach“ zur neuen physi” ” ” kalischen Gr¨oße Geschwindigkeit“ zusammen. ” Arten physikalischer Gleichungen Physikalische Gleichungen k¨ onnen entweder

als Gr¨oßen- oder zugeschnittene Gr¨oßengleichungen aufgestellt werden. Gr¨ oßengleichung In einer Gr¨ oßengleichung besteht jede Gr¨oße aus dem Pro-

dukt von Zahlenwert und Einheit. Deshalb m¨ ussen beide Seiten der Gleichung nach Zahlenwert und Einheit u bereinstimmen. Das gibt eine Rechen¨ hilfe durch Dimensionskontrolle, auf die nie verzichtet werden sollte1 . Man ermittelt den resultierenden Zahlenwert und die Einheit zweckm¨aßig durch getrennte Zahlenwert- und Einheiten-Rechnung. So kann die Gr¨oßengleichung v=

150 m m 10−3 km km s = = 15 = 15 = 54 t 10 s s 1 h/3600 h

statt in der Maßeinheit m/s auch in der Einheit km/h angegeben werden, wenn man die Einheitengleichungen 1 m = 10−3 km und 1 s = 1 h/3600 beachtet. Gr¨oßengleichungen bieten folgende Vorteile: Benutzung beliebiger Einheiten m¨ oglich, g¨ ultig unabh¨ angig vom Dimensionssystem, Dimensionskontrolle erh¨ oht die L¨ osungssicherheit. Da in Gr¨oßengleichungen stets die Produkte von Zahlenwert und Einheit ausgewertet werden m¨ ussen, entsteht bei h¨ aufiger Wiederholung, etwa bei Auswertung von Messreihen mit unver¨ anderlichen Einheiten, ein u ussiger ¨ berfl¨ Rechenaufwand. Er wird durch zugeschnittene Gr¨oßengleichungen (Zahlenwertgleichungen) vermieden. Zugeschnittene Gr¨ oßengleichung Eine Gr¨ oßengleichung kann direkt auf gew¨ unschte Einheiten zugeschnitten werden: man erweitert dazu jede Gr¨oße mit der gew¨ unschten Einheit    Gr¨ oße Gr¨oße = f · gew Einheit (A.1.2) gew. Einheit

und ordnet dabei die im Nenner einer jeden Gr¨oße stehende Einheit dieser Gr¨oße zu (zweckm¨ aßig durch Schr¨ agstrich). Anschließend werden alle im 1

Gerade die Zahlenwertrechnung durch Computer-Programme verleitet zur Vernachl¨ assigung der Dimensionskontrolle.

A.1

Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen

403

Z¨ ahler stehenden Einheiten zu einem Einheitenprodukt zusammengefasst. Es kann beliebig umgeformt werden und als Faktor hinter der Gleichung oder als Divisor unter der Ergebnisgr¨ oße auftreten. Deshalb ist es unzweckm¨ aßig, f¨ ur eine Gr¨ oße das gleiche Symbol wie f¨ ur seine Einheit zu w¨ ahlen, wie etwa die in der englischsprachlichen Literatur u ¨ bliche Wahl Voltage (V ) f¨ ur die Spannung und Volt (V) f¨ ur seine Einheit. Ein Ausdruck V = 10 V (soll bedeuten Spannung betr¨ agt 10 V“) w¨ urde bei (gedankenloser) K¨ urzung mit ” V auf 1 = 10 f¨ uhren!

Beispiel A.1.1 Zugeschnittene Gr¨ oßengleichung Gegeben sei U = IR. Daraus soll eine zugeschnittene Gr¨ oßengleichung abgeleitet werden, in der die Spannung U gemessen in kV, der Strom I gemessen in μA und der Widerstand R gemessen in MΩ auftreten. U I R U =I·R= · kV = μA MΩ kV μA MΩ oder2 U μA · MΩ I R 10−6 A · 106 V = · = kV kV μA MΩ 103 V · A « „ R R I I · · = 10−3 = 10−3 μA MΩ μA MΩ



I R · μA MΩ

«

bzw. als physikalische Gr¨ oße U = 10−3 I/ μA · R/ MΩ · |{z} kV . {z } | Einheit Zahl Die zu den Gr¨ oßen geh¨ orenden Einheiten m¨ ussen in einer Legende angegeben werden.

Besonders zweckm¨ aßig f¨ ur zugeschnittene Gleichungen ist die Wahl selbstkonsis” tenter Einheiten“, die einen Zahlenfaktor 1 ergeben: mV V V = = = 1. kΩ · mA Ω · mA MΩ · μA Bei Angabe des Stromes in μA und des Widerstandes in MΩ ergibt sich die Spannung in V. Ganz entsprechend gilt beispielsweise f¨ ur die Ladungsbeziehung Q = C·U Q C pC μC nC =1= = = = . C·U F·V nF · mV μF · V μF · mV

2

Gelesen U gemessen in Kilovolt“ oder U in Kilovolt“, obwohl es sich um die ” ” Division der Gr¨ oße durch eine Einheit handelt.

404

A. Anhang

Durch Weglassen der Einheiten in den Gleichungen entsteht die (fr¨ uher oft benutzte) Zahlenwertgleichung. Sie verwendet f¨ ur die einzelnen Gr¨ oßen nur eine festgelegte Einheit. Beispielsweise geh¨ ort zur Gr¨ oßengleichung die untere Zahlenwertgleichung: s Gr¨ oßengleichung: v = t 50 {s} = 3, 6 · = 36, 6. Zahlenwertgleichung: {v} = 3, 6 · {t} 5 Wird ein Weg s = 50 m in der Zeit t = 5 s zur¨ uckgelegt, so betr¨ ` ´ ` agt die ´Geschwindigkeit v = s/t = 50 m/5 s = 10 m/ s = 36 km/ h, da 1 m/ s = 1· 10−3 km / 3600−1 h = 3, 6 km/ h. Diese Zahlenwertgleichung verlangt die Vereinbarung v in km/h, s in m und t in s. Die Schreibweise mit geschweiften Klammern ist korrekt, wenn auch nicht verbreitet. Da Rechnerprogramme (von solchen mit symbolischer Auswertung abgesehen) keine Einheiten verarbeiten, hat sich f¨ ur Zahlenwertgleichungen die Benutzung der Grundeinheiten (z. B. U in V, I in A, R in Ω) eingeb¨ urgert. Zahlenwertgleichungen f¨ uhren leicht zu schwer kontrollierbaren Fehlern, sie erfordern deshalb große Vorsicht.

¨ Verwendung normierter Gr¨ oßen Oft ist der Ubergang zu normierten Gr¨oßen vorteilhaft (dimensionslose allgemeine Darstellung, vorteilhaftere Zahlenrechnung, Senkung des Rechenaufwandes). Normierte Gr¨oßen sind Zahlenwerte, die durch Division der jeweiligen physikalischen Gr¨oße durch eine (vereinbarte) physikalische Normierungsgr¨oße entstehen. Beispiel A.1.2 Normierung Sind v0 , s0 , t0 Normierungsgr¨oßen (etwa 5 m/s, 3 m und 10 s), so ergeben die normierten Gr¨ oßen vn = v/v0 , sn = s/s0 und tn = t/t0 vn =

v s sn · s0 1 3m sn 3 sn = = · = · = . v0 t · v0 tn · t0 v0 10 s · 5 ms−1 tn 50 tn

F¨ ur die (zweckm¨ aßigere) Normierungsgeschwindigkeit v0 = s0 /t0 = 0, 3 m/ s wird der Zahlenfaktor rechts zu 1.

A.2

A.2 Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichenund Richtungsregeln Außer Zahlenwert und Einheiten erfordern zahlreiche physikalische Gr¨oßen noch eine Richtungsangabe: sie haben einen Richtungssinn. Das gilt außer f¨ ur vektorielle physikalische Gr¨ oßen auch f¨ ur einige (elektrotechnische) skalare physikalische Gr¨ oßen durch Beachtung von Vorzeichen. Vektorielle physikalische Gr¨ oßen Physikalische Gr¨ oßen mit bestimmter Richtung im Raum heißen Vektoren oder vektorielle physikalische Gr¨oßen. Sie sind

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

405

stets einem Raumpunkt zugeordnet und erfordern zur eindeutigen Kennzeichnung die Angabe des Betrages und der Richtung. Sie werden durch Symbole (oder u ¨bergesetzten Pfeil) bezeichnet und im Raum durch gerichtete Strecken (Pfeile) dargestellt. Der Betrag eines Vektors ist das Produkt von Maßzahl und Einheit. Er dr¨ uckt sich z. B. in der L¨ ange des Pfeiles aus, geschrieben entweder mit Betragsstrichen oder kursiv |v| = v. Die Richtung eines Vektors wird durch seinen Einheitsvektor e (dimensionslos, Betrag 1) gekennzeichnet v = |v| ev = v · ev = {v} [v] · ev .

(A.2.1a)

In einem Koordinatensystem, z. B. dem x, y, z-System, gilt v = v x + v y + vz = vx ex + vy ey + vz ez = vx i + vy j + vz k.

(A.2.1b)

Die Einheitsvektoren ex , ey , ez sind zueinander orthogonal (Abb. A.2.1a) und bilden in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem (Rechtsschraubenregel): Die Drehbewegung einer Schraube (auf k¨ urzestem Weg) von ex nach ey bewirkt eine Bewegung in ez -Richtung (Abb. A.2.1b). Die Komponenten des Vektors lauten in kartesischen Koordinaten (Abb. A.2.1c): vx = |v| cos ∠ (v, ex ) , vy = |v| cos ∠ (v, ey ) , vz = |v| cos ∠ (v, ez ) (A.2.1c) mit dem Betrag v aus den Komponenten  v = vx2 + vy2 + vz2 .

z r

Feldvektor v P v(r)

z

x

z Daumen

y P

z

dr

vz Q

ez

r r+dr x

a

0

ez

φ-Ebene

Zeigefinger

Ortsvektor 0

P(ρ,φ,z)

Mittelfinger

vx

y

x

b

z-Ebene

z



r

eφ ρ-Zylinder

P(x,y,z) v

ex ey

y

φ=0 vy

y

x=ρcosφ

x

φ

ρ

y

y=ρsinφ

x

v=vx+vy+vz

c

Abb. A.2.1. Vektordarstellung. (a) Orts- und Feldvektor. (b) Vektor v im kartesischen Koordinatensystem und Rechte-Hand-Regel. (c) Ortsvektor im zylindrischen Koordinatensystem

406

A. Anhang

Die Richtung eines Vektors liegt durch seine Definition fest. Er erh¨alt positives Vorzeichen, wenn diese Richtung mit der geometrischen Orientierung einer festgelegten Linie u ¨bereinstimmt. Ein spezieller Vektor ist der Ortsvektor (hier im kartesischen Koordinatensystem) r = xex + yey + zez mit r = |r| = x2 + y 2 + z 2 . Er zeigt vom Koordinatenursprung zu einem Raumpunkt P und hat die L¨ange r (Abb. A.2.1a). In elektromagnetischen Feldern treten Linien-, Fl¨achen- und Volumenintegrale auf, die zwangsl¨ aufig differenzielle L¨ angen-, Fl¨achen- und Volumenelemente einschließen. Sie entstehen durch Verschiebung der Koordinaten eines Punktes um unendlich kleine Betr¨ age. So unterscheiden sich zwei benachbarte Punkte P (x, y, z) und Q(x + dx, y + dy, z + dz) (Abb. A.2.1a) um den differenziellen L¨angen- oder Ortsvektor dr  dr = ex dx + ey dy + ez dz mit dr = |dr| = (dx)2 + (dy)2 + (dz)2 in Richtung der zugeordneten Koordinaten. Er heißt auch vektorielles Wegelement oder Linienelement der L¨ ange dr. Aus Zweckm¨aßigkeitsgr¨ unden werden außer dem kartesischen Koordinatensystem noch weitere verwendet, insbesondere zylindrische und sph¨arische oder Kugel-Koordinaten zylindrische Koordinaten (ρ, ϕ, z) mit ρ = x2 + y 2 , sph¨arische Koordinaten (r, ϑ, ϕ) mit r = x2 + y 2 + z 2 . Beispielsweise lauten der Vektor v und der Ortsvektor r in Zylinderkoordinaten v = vρ eρ + vϕ eϕ + vz ez und r = eρ ρ + eϕ ρϕ + ez z, dr = eρ dρ + eϕ ρdϕ + ez dz. Dabei z¨ahlt der Winkel ϕ (beginnend auf der positiven x-Achse) mit ϕ = 0 entgegen dem Uhrzeigersinn positiv (Abb. A.2.1c). Analog verl¨auft die Darstellung in sph¨ arischen Koordinaten. Die Vektoren verschiedener Koordinatensysteme lassen sich ineinander umrechnen. Typische Vektoren der Elektrotechnik sind die elektromagnetischen Feldgr¨oßen: elektrische und magnetische Feldst¨ arke E bzw. H (beides Feldst¨arkevektoren) sowie Stromdichte J , Verschiebungsdichte D und die magnetische Induktion B als Flussdichtevektoren. F¨ ur das Rechnen mit vektoriellen Gr¨ oßen gelten die Regeln der Vektorrechnung, insbesondere die Skalar- und Vektorprodukte sowie die sog. Feldintegrale f¨ ur Feldgr¨oßen.

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

407

Skalarprodukt Zwei Vektoren u und v haben das Skalar- oder Punktprodukt

u · v = |u| |v| cos(u, v) = (ux ex + uy ey + uz ez ) · (vx ex + vy ey + vz ez ) = ux vx + uy vy + uz vz (explizit gekennzeichnet durch einen Punkt) mit einem Skalar als Ergebnis. Dabei ist |v| cos (u, v) die Projektion von v auf u bzw. |u| cos (u, v) die Projektion von u auf v (Abb. A.2.2a). Es wird maximal, wenn beide Vektoren parallel verlaufen. Das Punktprodukt zweier Einheitsvektoren mit sich selbst hat den Wert 1, sonst null. Vektorprodukt Das Vektor- oder Kreuzprodukt der Vektoren u und v

u×v =w

mit |w| = |u × v| = |u| |v| sin(u, v)

(explizit gekennzeichnet durch ein Kreuz) ergibt einen Vektor w senkrecht auf der durch die Vektoren u, v gebildeten Ebene von u, v und w (Rechtsdreibein mit dem Betrag |w |). |u × v| ist gleich der von u und v aufgespannten Fl¨ ache, als Winkel zwischen u und v gilt der spitze Winkel. Das Kreuzprodukt zweier Vektoren wird maximal, wenn beide senkrecht aufeinander stehen und es verschwindet, wenn beide parallel verlaufen. Im letzteren Fall entsteht ein Nullvektor, dessen s¨amtliche Komponenten verschwinden. In Komponentenschreibweise lautet das Kreuzprodukt in kartesischen Koordinaten



ex ey ez



w = |u × v| =

ux uy uz

v v v

x y z = (uy vz − uz vy )ex + (uz vx − ux vz )ey + (ux vy − uy vx )ez . Daraus resultieren als Sonderf¨ alle u × u = 0 und u × v = −v × u (Kreuzprodukt nicht kommutativ). Durch zyklische Vertauschung der Indizes folgt aus der ersten Komponente die zweite und daraus die dritte. F¨ ur die Ein-

w

w = u × v sin(u, v )

v

v

α

v cos(u, v ) u a

v sin(u, v )

ex

-ez

-ex

ex

-ey ez

u

b

ez

ey

ey

c

Abb. A.2.2. Veranschaulichung von Produktbildungen. (a) Punktprodukt. (b) Kreuzpro-

dukt. (c) Umlauffolge der Einheitsvektoren zur Kreuzproduktbildung

408

A. Anhang

heitsvektoren (Abb. A.2.2c) gilt zwangsl¨ aufig: ex × ey = ez , ey × ez = ex , ez × ex = ey . Skalare physikalische Gr¨ oßen physikalischer Richtungssinn Physikalische Gr¨ oßen ohne Richtung im Raum heißen skalare physikalische Gr¨oßen oder Skalare. Sie sind durch Angabe eines Zahlenwertes und der Einheit vollst¨andig bestimmt. Beispiele: Arbeit W , Masse m, Leistung P , Temperatur T u. a. Manche skalare Gr¨ oßen bed¨ urfen zus¨ atzlich eines Vorzeichens, wie z. B. die Ladung. Positiv“ und negativ“ dr¨ ucken wohl unterschiedliche Qualit¨aten ” ” aus, doch besteht kein Zusammenhang zu einer Richtungsaussage.

Einige skalare Gr¨ oßen der Elektrotechnik, wie Strom, Spannung, magnetischer Fluss und magnetische Spannung, k¨ onnen je nach der gegenseitigen Lage der Vektoren, aus denen sie durch skalare Produkte gebildet werden, positiv oder negativ sein. Wir erfassen diese (stets notwendige) Vorzeichenvoraussage durch den Begriff physikalischer Richtungssinn und seinen Vergleich mit einem Bezugssinn, Bezugs- oder Z¨ahlpfeil (DIN 5489, s. u.). Feldintegrale Bei der Berechnung elektromagnetischer Felder treten typische Linien-, Fl¨achen- und Volumenintegrale auf. Weil sie jeweils nur Produkte aus Integrand und einem Differenzial aufsummieren, bestimmt die Natur des Produktes, ob es sich um ein Skalar- und Vektorintegral handelt. Stets ist dabei die Kenntnis differenzieller L¨angen-, Fl¨achen- und Volumenelemente im jeweiligen Koordinatensystem erforderlich.

Zu den Skalarintegralen (mit einem Skalar als Produkt) z¨ahlen u · dr, (Linien-I.) u · dA (Fl¨ achen-I.), u · dV (Volumen-I.), C

A

V

dagegen lauten die entsprechenden Vektorintegrale udr (Linien-I.) u × dA (Fl¨ achen-I.), (u × v) dV (Volumen-I.). C

A

V

Typische Beispiele solcher Integrale sind etwa Spannung und Strom dargestellt aus den zugeh¨ origen Feldgr¨ oßen

B E · ds =

C

E · ds = UAB ,

A

E · ds,

C

J · dA = I A

u. a. Wir beschr¨ anken uns hier auf generelle Erl¨auterungen, die Auswertung solcher Integrale muss in zweckm¨ aßigen Koordinatensystemen erfolgen.

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

409

Linienintegral Die gew¨ ohnliche Integration zwischen den Punkten A und B

bedeutet Berechnung des Skalarintegrals a) L = ds a), L = ds b), L

L

mit der tats¨achlichen L¨ ange L als Ergebnis (Abb. A.2.3a). Das Vektorintegral b) hingegen beinhaltet vektorielles Aufsummieren aller Elemente ds zwischen Beginn und Ende des Integrationsweges und ergibt den gerichteten Abstand L zwischen A und B (Abb. A.2.3b). Von einem Linienintegral spricht man auch, wenn eine Funktion f (x) zwischen zwei Grenzen x = A und B bestimmt werden soll (Abb. A.2.3c) n

FAB = lim

Δx→0 n→∞ i=1

B fi · Δxi =

f (x)dx. A

Dabei ist fi der Wert f (x) beim Segment Δxi . Diese Festlegung des Linienintegrals l¨asst sich auf eine Kurve C im dreidimensionalen Raum ausdehnen, in dem ein Skalarfeld f herrscht (Abb. A.2.3c). Die L¨angenelemente sind jetzt Vektoren. Das Linienintegral lautet ausgedr¨ uckt als Grenzwert der Summe n

f AB = lim

Δs→0 n→∞ i=1

B fi · Δsi =

f · ds. A

Dabei ist fi eine Skalarfunktion innerhalb des L¨angenelementes Δsi und das Integral ein Vektor. skalare B Verschiebung ds Weg L Weg L

a

C

f(x) fi

A

b

B

A Δxi

A

vektorielle Verschiebung Δs Δs2 Δs1 Δsi L

Feldlinie

B

Δsi

C

Δsn A

Wegvektor L

ri 0

c

x B

ri+Δsi

Δs1

Δs2

A

αi

B

WAB = ò F ×ds

P

Δsn Δsi

Weg

Feld F

B

Fi

ds A

Weg

Wegelement B Fcosα

Ficosαi ΔWi=Fi•Δsi

Feldlinien

A

d

α

e

Abb. A.2.3. Linienintegral. (a) Integration des Skalars ds u ¨ber den Weg L. (b) Integration

des Vektors ds u ¨ber den Weg L. (c) Linienintegral einer stetigen Funktion und differenzielles Wegelement auf einem Pfad C im dreidimensionalen Raum. (d) Veranschaulichung des Linienintegrals Arbeit WAB im Kraftfeld, Bestimmung der Komponente eines Vektors l¨ angs eines Weges. (e) Linienintegral Arbeit W in einem Kraftfeld F , angegeben ist das Skalarprodukt F · ds in einem Punkt P auf dem Weg

410

A. Anhang

Ein Linienintegral kann auch f¨ ur ein Vektorfeld F mit einem Wegelement ds l¨ angs einer Linie A . . . B im Raum definiert werden. Es ist ein Skalar. Wird beispielsweise ein K¨ orper im Punkt A (Abb. A.2.3d) durch die Kraft F l¨angs des Wegst¨ uckes Δs nach Punkt B verschoben, dann leistet sie an ihm die Arbeit ΔW = F · Δs cos (F , Δs) = F · Δs.

(A.2.2)

Das gilt, solange sich die Kraft F l¨ angs des zur¨ uckgelegten Weges Δs nicht andert. Dann verlaufen alle Kraftlinien parallel und die Kraft hat u ¨ ¨ berall die gleiche St¨arke: homogenes Kraftfeld mit skalarem Produkt der beiden Vektoren F und Δs. ¨ Andert sich dagegen die Kraft r¨ aumlich (Abb. A.2.3d), so zerlegen wir den Gesamtweg von A nach B in n kleine, gerade St¨ ucke der L¨ange Δs und definieren die Vektoren Δsi . L¨ angs eines solchen Weges ¨andert sich die Kraft onnen wieder Gl. (A.2.2) verwenden: es wird die F i praktisch nicht und wir k¨ Projektion der Kraft F auf die Richtung des Wegelementes Δsi gebildet oder nur die tangential zum Wegelement wirkende Komponente ber¨ ucksichtigt. Dann ist die Gesamtarbeit WAB die Summe der Teilarbeiten ΔWi l¨angs der einzelnen Wegst¨ ucke: WAB =

n

ΔWi =

i=1

n

F i · Δsi .

(A.2.3)

i=1

Das Ergebnis verbessert sich mit zunehmender Wegunterteilung, also steigender Zahl n der Wegelemente. Im Grenzfall n → ∞, d. h. Δsi → 0 geht die Summe in das Integral u ¨ber und aus Δs wird das vektorielle Wegelement ds (Abb. A.2.3e): WAB = lim

n

Δs→0 n→∞ i=1 B

B F i · Δsi = B

F t · ds =

= A

F · ds A

F · ds cos ∠ (F , ds)

(A.2.4) Linienintegral.

A

Das Linienintegral WAB ist der Integral der Tangentialkomponente eines Vektors F l¨angs eines Weges s zwischen den Punkten A und B. Die Arbeit WAB kann durch jede der drei Formen bestimmt werden. Ihr physikalischer Richtungssinn stimmt mit der Wegrichtung von der unteren Grenze A l¨angs einer Linie zur oberen B u ¨berein, wenn das Skalarprodukt von F und ds positiv ist, also ∠ (F , ds) < π/2 gilt. So liegt der Weg fest. Beispielsweise ist die Spannung U u ¨ ber das Linienintegral der elektrischen

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

411

Feldst¨arke E definiert, deshalb hat sie als Skalargr¨oße einen physikalischen Richtungssinn. Das Linienintegral u ¨ber einen geschlossenen Weg heißt Ring- oder Umlaufintegral gekennzeichnet durch einen Kreis am Integralzeichen: F · ds. Dieses Kurvenintegral wird auch als Zirkulation des Vektorfeldes F l¨angs des geschlossenen Weges C bezeichnet. Das Linienintegral h¨angt i. a. vom Anfangsund Endpunkt des Integrationsweges und dem eingeschlagenen Weg ab. Es wird aber wegunabh¨angig, falls es l¨angs einer geschlossenen Kurve verschwindet. Ein solches Feld ist wirbelfrei (gleichwertig mit der Aussage, dass keine in sich geschlossenen Feldlinien existieren, das gilt beispielsweise f¨ ur das elektrostatische Feld). Ein wirbelfreies Vektorfeld heißt gleichwertig konservativ oder Potenzialfeld mit folgenden weiteren Eigenschaften: das Linienintegral l¨ angs einer Kurve C zwischen zwei Punkten ist wegunabh¨angig, der Feldvektor F kann stets als Gradient einer Potenzialfunktion ϕ dargestellt werden, das Skalarfeld F · ds ist das vollst¨ andige Differenzial einer Potenzialfunktion ϕ: dϕ = F · ds, jedes homogene Feld ist wirbelfrei, denn es gilt wegen F = const F · ds ≡ F · geschl.Weg

ds = 0. geschl.Weg

Vektorielles Linienintegral Neben dem skalaren gibt es noch das vektorielle

Linienintegral L = lim

n

Δs→0 n→∞ i=1

B F i × Δsi =

F × ds. vektorielles Linienintegral A

Es tritt z. B. bei der Berechnung des magnetischen Feldes eines linienhaften elektrischen Stromes im Raum auf. Fl¨ achenintegral Zur Berechnung des Fl¨ achenintegrals eines Skalar- oder Vektorfeldes wird eine gegebene Fl¨ ache in (unendlich) viele Teilfl¨achen ΔAi zerlegt (wobei jede einen Fl¨ achenvektor hat) und u ¨ber die Gesamtfl¨ache summiert (integriert). F¨ ur ein Skalarfeld f ergibt sich dann das Fl¨achenintegral n

fi · ΔAi = f · dA Fl¨ achenintegral. A = lim ΔA→0 n→∞ i=1

A

412

A. Anhang

Es handelt sich um einen Vektor, fi ist der Wert der Skalarfunktion u ¨ ber das vektorielle Fl¨achenelement ΔAi (Abb. A.2.4a). Skalares Fl¨ achenintegral, Flussintegral Ganz entsprechend kann ein skalares Fl¨achenintegral als Punktprodukt eines Vektorfeldes v (z. B. der Geschwindigkeit) mit jedem Fl¨ achenelement ΔAi (und Summation) gebildet werden (Abb. A.2.4a) n n

ΔΨi = lim v i · ΔAi = v · dA ≡ v · dA. (A.2.5) Ψ= ΔA→0 n→∞

i=1

i

Fl¨ ache A

A

Es heißt gleichwertig auch Fluss eines Vektors, hier der Geschwindigkeit v. Gleichwertige Schreibweisen lauten Ψ= v ·dA = vn ·dA = v ·dA cos ∠ (v, dA) . Flussintegral (A.2.6) Fl¨ ache A

A

A

Das Flussintegral ist das Integral der Normalkomponente des Vektors v ¨ uber eine Fl¨ache A, es heißt auch Fluss Ψ des Vektors v durch eine offene oder geschlossene Fl¨ache A. Der differenzielle Fl¨achenvektor steht dabei senkrecht auf dem zugeordneten Fl¨achenelement. Der Vektor v, der den Fluss bildet, ist die Flussdichte. Sie dr¨ uckt ersatzweise den Feldvektor einer Str¨ omungsgr¨ oße“ aus, im elektromagnetischen Feld ” also J , B, D, nicht aber eine Feldst¨ arkegr¨ oße wie E oder H. Gleichwertige Bezeichnungen zum Flussintegral eines Vektorfeldes F sind Fluss“ des Vek” tors F durch die Fl¨ ache A oder Fl¨achenintegral des Vektorfeldes F u ¨ ber eine orientierte Fl¨ache A.

v-Linien ΔAi

v

Flussröhre ΔΨ=v•ΔA=vΔA Fluss ΔΨ‘=vΔA‘ v ΔA

α ΔA

Fläche A

a

v

ΔA‘

dA

vr(r)

v3

v2

vr(r)

ψ

ψ

dA A1 dA

Gesamtfluss Ψ

b

Flussröhre ΔΨ

A2 A3

c

Abb. A.2.4. Fluss eines Vektorfeldes. (a) Oberfl¨ ache mit differenziellem Oberfl¨ achenelement. und Fluss eines Vektors v durch eine gekr¨ ummte Fl¨ ache A. (b) Flussbegriff im homogenen Feld mit dem Teilfluss ΔΨ = v · A durch eine Fl¨ ache ΔA. Er h¨ angt von der senkrecht zu v vorhandenen Fl¨ ache ΔA ab. (c) Flussbegriff in einem Radialk¨ orper bei radialer Geschwindigkeitsverteilung und unterschiedlichen Querschnitten. Stets herrscht der gleiche Fluss

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

413

Was bedeutet der Flussbegriff? Gegeben ist eine Wasserstr¨omung, die mit homogener Geschwindigkeit v dahinfließt. Die gesamte Str¨omung stellt einen Fluss dar. Wir w¨ ahlen daraus einen Ausschnitt (Abb. A.2.4b), eine sog. Flussr¨ohre mit dem Teilfluss ΔΨ durch die zugeh¨orige Teilfl¨ache ΔA (senkrecht zu v stehend. Durch diese Flussr¨ ohre str¨omt w¨ahrend der Zeit dt die ur eine Fl¨ache Fl¨ ussigkeitsmenge ΔΨdt mit ΔΨ = |v| ΔA = |v| ΔA cos α. F¨ ΔA (mit dem Normalenvektor n, ΔA = nΔA), die um den Winkel α gegen agt dann der Teilfluss ΔA’ geneigt ist (mit ΔA = ΔA cos α) betr¨ ΔΨ = v · ΔA = |v| · |ΔA| cos ∠ (v, ΔA) .

(A.2.7a)

Der gesamte Fluss Ψ durch die Fl¨ ache ergibt sich durch Summation aller Teilfl¨ usse, im homogenen Str¨ omungsfeld also

Ψ= ΔΨ = v · A. (A.2.7b) Bei inhomogenem Geschwindigkeitsfeld v zerlegen wir die Gesamtfl¨ache in n Teilfl¨achen mit den Fl¨ achenvektoren ΔAi (i = 1 . . . n). Jede Teilfl¨ache f¨ uhrt den Teilfluss ΔΨi gebildet mit der dort herrschenden Geschwindigkeit v i . Der Gesamtfluss aller Fl¨ achen entsteht durch Summation u ¨ber alle Flussr¨ohren ΔΨi = v i · ΔAi des Vektors v: Ψ=

n

i=1

ΔΨi =

n

v i · ΔAi .

(A.2.8)

i=1

Das f¨ uhrt f¨ ur n → ∞ mit der unendlich kleinen Teilfl¨ache dAi durch Integration zur Flussdefinition Gl. (A.2.5). Die Richtung von dA zeigt bei geschlossener Fl¨ache stets in Normalrichtung nach außen. Bei offener Fl¨ ache steht dA auf der Seite der Fl¨ache, aus der ein angenommener Bezugspfeil herauszeigt: bei geschlossener Fl¨ache (z.B einer Kugel) zeigt dann dA nach außen, bei offener Fl¨ache wird die Randkurve der Fl¨ache so durchlaufen, dass mit der Fl¨ achennormalen eine Rechtsschraube entsteht. Weil Fl¨achenelement dA und Flussdichtevektor v je eine Richtung haben, sich das aber im Skalarprodukt nicht ausdr¨ uckt, muss ein physikalischer Richtungssinn des Flusses Ψ vereinbart werden: man setzt ihn u ¨bereinstimmend mit der (mittleren) Richtung des Vektors v an, wenn v mit der Fl¨achennormalen des Fl¨achenelementes dA einen spitzen Winkel ∠ (v, dA) < π/2 (positives Skalarprodukt beider Gr¨ oßen, s. o.) bildet. (Stumpfer Winkel ∠ (v, dA) > π/2 ergibt negatives Skalarprodukt und die Z¨ ahlpfeilrichtung kehrt sich um). Sonderf¨alle zum Flussbegriff sind gleiche Richtung der Vektoren v und dA: Ψ =

 A

v · dA

414

A. Anhang

bei homogenem Feld (v u ¨ ber den Querschnitt konstant) Ψ = v



dA =

A

v · A. Dann ist der Fluss das Produkt von Flussdichte (Betrag des Vektors v) und durchsetzter Fl¨ ache A. Geht die Fl¨ache A in eine geschlossene Oberfl¨ache eines Volumens u ¨ ber – eine sog. H¨ ullfl¨ache – so wird Gl. (A.2.6) zum Oberfl¨achen- oder H¨ ullintegral (Kreis im Integralzeichen) H =  v · dA = v · dA. (A.2.9) A

Ober߬ ache A

Sein Wert H h¨angt vom Problem ab: umschließt z. B. die H¨ ulle eine Ladung Q, dann ist der H¨ ullenfluss Q = Ψ das H¨ ullintegral u ¨ber die Verschiebungsflussdichte D (entspricht hier v), im Str¨ omungsfeld entspricht v der Stromdichte J , dem Fluss der Strom und das H¨ ullintegral verschwindet (Grundlage des Knotensatzes). Im Sprachgebrauch verbindet man mit dem Begriff Fluss“ immer etwas Flie” ßendes, Dahinstr¨ omendes. Das gilt z. B. f¨ ur die Stromst¨arke (dahinfließende Ladungstr¨ager), aber nicht beim Verschiebungs- und magnetischen Fluss. Begr¨ undung: der Fluss eines Vektors ist eine mathematische Festlegung nach Gl. (A.2.6). Der Flussbegriff entstammt der Str¨ omungslehre. Dort ist das Vektorfeld das Geschwindigkeitsfeld einer str¨ omenden Fl¨ ussigkeit. In der Elektrotechnik tritt der Begriff mehrfach auf: Zugeordnet sind der magnetische Fluss Φ der Induktionsdichte B, der elektrische Fluss Ψ der elektrischen Erregung D, der Leitungsstrom I der Stromdichte J und die induzierte Spannung (beim Induktionsgesetz) der zeitlichen Fluss¨ anderung. Beispiel: Wir betrachten eine trichterf¨ ormige Anordnung mit gew¨ olbter Austrittsoberfl¨ ache (Trichter einer Gießkanne, Abb. A.2.4c), durch den eine inkompressible Fl¨ ussigkeit (Wasser) fließt. Jeder Rohrquerschnitt f¨ uhrt das gleiche Fl¨ ussigkeitsvolumen je Zeiteinheit, also den Fluss ZZ Volumen Fluss Ψ = = v · dA. Zeitspanne

A

Links – am Querschnitt A1 – tritt das Wasser ein, dort wirkt (durch Reibung an der Rohrwand) eine ortsabh¨ angige Geschwindigkeit (Betrag abh¨ angig vom Radius), die v-Linien sind aber parallel gerichtet. Im Trichter (Querschnitt A2 ) ¨ andert sich die Geschwindigkeit nach Richtung und Betrag, jetzt abh¨ angig vom Radius und der L¨ angskoordinate im Trichter. An der gew¨ olbten Oberfl¨ ache A3 stim-

A.2

Physikalische Gr¨ oßen, Vorzeichen- und Richtungsregeln

415

men (aus Symmetriegr¨ unden) Geschwindigkeitsrichtung und Normalenrichtung der Fl¨ achenelemente u ¨ berein. Der gesamte, dort austretende Fluss ist aber gleich dem links eintretenden. Eingetragen ist im Bild auch eine Flussr¨ ohre.

Zusammengefasst: Der physikalische Richtungssinn tritt bei einigen skalaren physikalischen Gr¨ oßen (Strom, Spannung, magnetische Spannung, magnetischer Fluss u. a. m.) auf. Er entsteht durch die gegenseitige Lage der beiden Vektoren, aus denen die Gr¨ oßen durch Integration von Linien- oder Fl¨ achenintegralen hervorgehen. Neben dem physikalischen Richtungssinn wird in Netzwerken ein Bezugssinn oder besser die (frei w¨ ahlbare) Z¨ahlpfeilrichtung festgelegt wie bei Strom und Spannung, aber auch im magnetischen Kreis (magnetischer Spannungsabfall und Fluss). Der Zusammenhang zwischen Z¨ ahlpfeil und dem tats¨achlichen physikalischen Richtungssinn gibt das Vorzeichen der skalaren Gr¨oße: positives Vorzeichen bedeutet u ¨ bereinstimmenden physikalischen Richtungssinn und Z¨ahlpfeil, negatives Vorzeichen, dass sie einander entgegenwirken. Die Kennzeichnungen der Z¨ ahlrichtungen wurden beim Strom- und Spannungsbegriff erl¨autert. Vektorielles Fl¨ achenintegral Neben dem skalaren Fl¨ achenintegral gibt es auch ein vektorielles n

F i × ΔAi = F × dA. vektorielles Fl¨achenintegral B = lim ΔA→0 n→∞ i=1

A

Es spielt eine Rolle bei Anwendung elektromagnetischer Wirbelfelder, u ¨bersteigt aber den Rahmen eines Grundlagenlehrbuches. Volumenintegral Zur Definition wird ein gegebenes Volumen in n kleine Volumenelemente ΔV mit ΔV → 0 f¨ ur n → ∞ unterteilt. Beim skalaren Volumenintegral multipliziert man jedes Volumenelement mit dem Skalarfeld f und summiert u ¨ ber alle Volumenelemente: n

P = lim fi · ΔVi = f · dV . ΔV →0 n→∞

i

V

F¨ ur ein Vektorfeld F l¨ asst sich sinngem¨ aß ein zugeh¨origes Volumenintegral definieren. Eine Anwendungen des skalaren Volumenintegrals ist z. B. die Berechnung der Energie aus der sog. Energiedichte. Grenzfl¨ achenbedingungen Grenzen zwei unterschiedliche Materialgebiete (di-

elektrische, magnetische oder ohmsche Leitf¨ ahigkeiten) fl¨achenhaft aneinander, so ¨andern sich an der Grenzfl¨ ache teilweise die Feldgr¨oßen (Abb. A.2.5):

416

A. Anhang

n Medium 1 X1 Feldlinie

Xn1

Y1

Xt1=Xt2

Yt1

Yn1=Yn2

Xn2

E=H=B=D=0

t

Feldlinie

X2

Medium1 idealer Leiter (ρ=0)

Medium 1 Yt2

t

Medium 2

Bt2

Et2=0

Bn2=0

Y2

Medium 2 Flussdichtevektoren Y

Feldstärkevektoren X

En2

Medium2

ε1>ε2

ε1>ε2

a

n

b

c

Abb. A.2.5. Merkmale von Feldst¨ arke- und Flussdichtevektoren an einer Grenzfl¨ ache

(Medium 1 mit gr¨ oßerem Leitungsverm¨ ogen“). (a) Die Tangentialkomponenten der ” Feldst¨ arkevektoren sind stetig. (b) Die Normalkomponente des Flussdichtevektors ist stetig. (c) Grenzfl¨ achenbedingungen am idealen Leiter: die Tangentialkomponente der elektrischen Feldst¨ arke E und die Normalkomponente der magnetischen Flussdichte B (bzw. Stromdichte J) verschwinden

Feldst¨arkevektoren haben stets gleiche Tangentialkomponenten (vgl. Abb. A.2.5a) und Flussdichtevektoren gleiche Normalkomponenten (Abb. A.2.5b), vorausgesetzt, dass die Grenzfl¨ ache keine Ladungs- oder Fl¨achenstromdichte f¨ uhrt. Diese Ergebnisse lassen sich formal mit dem Linenintegral u ¨ber einen geschlossenen Weg an der Grenzfl¨ ache und das sog Gaußsche Gesetz f¨ ur das jeweilige Feld begr¨ unden (s. Bd. 2). Aus diesen Grenzfl¨ achenbedingungen ergeben sich mit den sog. Materialgleichungen zwischen den jeweiligen Feldst¨ arke- und Flussdichtevektoren die Bedingungen f¨ ur die u brigen Vektorkomponenten. Deshalb werden Feldli¨ nien an der Grenzfl¨ache stets gebrochen. Im Sonderfall des idealen Leiters (Abb. A.2.5c) verschwindet die Tangentialkomponente der Feldst¨arke- und die Normalkomponente der Flussdichtevektoren. Dann ist seine Oberfl¨ache immer eine Potenzialfl¨ ache und der Strom fließt an ihr entlang.

A.3

Verzeichnis der wichtigsten Symbole

A.3 Verzeichnis der wichtigsten Symbole Symbol

Bezeichnung

A

1) Knoten-Zweig-Indzidenzmatrix 2) Kettenmatrix Fl¨ache, Querschnitt Stromverst¨ arkung relative Atommasse symmetrische Differenzverst¨ arkung Stromverst¨ arkung Basisschaltung Spannungsverst¨ arkung Differenzverst¨ arkung Beschleunigung 1) Schleifenmatrix 2) magnetische Flussdichte Stromverst¨ arkung (Emitterschaltung) Remanenzinduktion Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix Kapazit¨ at W¨armekapazit¨ at 1) spezifische W¨ arme ¨ 2) elektrochemisches Aquivalent differenzielle Kapazit¨ at Verschiebungsdichte Diffusionskoeffizient Elektronen, L¨ ocher Temperaturkoeffizient d. Spannung Durchmesser, Plattenabstand, Dicke 1) Einheitsmatrix 2) elektrische Feldst¨ arke elektromotorische Kraft, Urspannung Einheitsvektor Elementarladung Kraft Faraday-Konstante Frequenz Knotenleitwertmatrix 1) Leitwert 2) Gleichtaktverst¨ arkung 1) magnetischer Leitwert 2) Steilheit, Transferleitwert differenzieller Leitwert, R¨ uckkopplungsgrad,

A Ai Ar ADD AN Au AuD a B BN Br C C Cth c cd D Dn,p DU d E Eq e e F F f G G Gm g

417

A.3

418

A. Anhang

Symbol

Bezeichnung

gm H

Steilheit 1) magnetische Feldst¨ arke 2) Reihenparallelmatrix Koerzitivfeldst¨ arke Spaltenvektor (Strom) Stromst¨ arke Kurzschlussstrom Maschenstrom Quellenstrom Energiestrom Verschiebungsstrom zeitver¨ anderlicher Strom 1) Stromdichte 2) magnetische Polarisation Konvektionsstromdichte Verschiebungsstromdichte Energiestromdichte, Poynting-Vektor Transistorkonstante 1) Knotenzahl 2) Boltzmann-Konstante 3) Kopplungsfaktor Induktivit¨ at innere Induktivit¨ at Gegeninduktivit¨ at Leiter i, k Streuinduktivit¨ at L¨ange differenzielle Induktivit¨ at 1) Drehmoment 2) Maschen-Zweig-Inzidenzmatrix Gegeninduktivit¨ at Zahl unabh. Maschengleichungen St¨orstellendichte (Akzeptor, Donator) 1) Z¨ahlindex 2) Betrag des Normalenvektors 3) Drehzahl, Tr¨ agerdichte Eigenleitungsdichte Leistung dielektrische Polarisation Verlustleistung W¨armestrom

Hc I I Ik Im Iq IW iv i J JK JV JW K k

L Li Lik Ls l ld M M m NA,D n

ni P P PV PW

A.3

Verzeichnis der wichtigsten Symbole

Symbol

Bezeichnung

p

1) Momentanleistung 2) Zahl unabh. Knotengleichungen Leistungsdichte Verlustleistungsdichte Ladung (allgemein), Elektrizit¨ atsmenge, gespeicherte W¨ armemenge positive Elementarladung Maschenwiderstandsmatrix ohmscher Widerstand Außenwiderstand Innenwiderstand 1) Transferwiderstand, -impedanz 2) magnetischer Widerstand W¨armewiderstand differenzieller Widerstand Transferleitwert, Steilheit Strecke 1) Periodendauer 2) Temperatur Temperaturkoeffizient Zeit Halbwertzeit Spaltenvektor (Spannung) Spannung Diffusionsspannung Hallspannung Knotenspannung Leerlaufspannung Quellenspannung Temperaturspannung Spannung, zeitabh¨ angig ¨ Ubersetzungsverh¨ altnis Volumen magnetische Spannung Geschwindigkeit Arbeit, Energie elektrische Energie Bandbreite (Energie) Hysteresearbeit magnetische Energie

p pv Q q R R Ra Ri Rm Rth r S s T TK t tH U U UD UH Uk Ul Uq UT u u ¨ V Vm v W Wel WG WH Wm

419

420

A. Anhang

Symbol

Bezeichnung

w

1) Energiedichte 2) Windungszahl magnetische Energiedichte 1) Zweigzahl 2) Wertigkeit eines Ions 1) linearer Temperaturkoeffizient 2) Winkel W¨arme¨ ubergangszahl quadratischer Temperaturkoeffizient Differenz Luftspaltl¨ ange Permittivit¨ at elektrische Feldkonstante relative Permittivit¨ at Wirkungsgrad Durchflutung elektrische Leitf¨ ahigkeit W¨armeleitf¨ ahigkeit Linienladungsdichte 1) Beweglichkeit 2) Permeabilit¨ at 3) Steuerfaktor magnetische Feldkonstante relative Permeabilit¨ at 1) L¨ ange, Radius 2) spezifischer Widerstand 3) Raumladungsdichte 1) Fl¨ achenladungsdichte 2) Streuung Zeitkonstante Relaxationszeitkonstante magnetischer Fluss 1) elektrisches Potenzial 2) Nullphasenwinkel Suszeptibilit¨ at 1) elektrischer Fluss 2) magnetischer verketteter Fluss 1) Winkelgeschwindigkeit 2) Kreisfrequenz

wm z α αk β Δ δ ε ε0 εr η θ κ κW λ μ

μ0 μr 

σ τ τR Φ ϕ χ Ψ ω

A.4

Literaturverzeichnis

421

A.4 Literaturverzeichnis 1. 2.

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Albach, M.: Grundlagen der Elektrotechnik 1. M¨ unchen: Pearson Studium 2005. Bosse, G.: Grundlagen der Elektrotechnik. Bd. 1: Elektrostatisches Feld und Gleichstrom. 2. Aufl.; Bd. II: Magnetisches Feld und Induktion. 3. Aufl.; Bd. III Wechselstromlehre, Vierpol- und Leitungstheorie, 2. Aufl.; Bd. IV: Drehstrom, Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzen. Mannheim: Bibliogr. Institut. 1973-1989. Frohne, H., L¨ ocherer, K. H., M¨ uller, H.: Moeller Grundlagen der Elektrotechnik, 20. Aufl. Stuttgart: Teubner 2005. Frohne, H.: Elektrische und magnetische Felder, Stuttgart: Teubner 1994. F¨ uhrer, A., Heidemann, K., Nerreter, W.: Grundgebiete der Elektrotechnik 1 und 2, 8. Aufl. M¨ unchen: Hanser Verlag 2006. Haase, H., Garbe, H.: Elektrotechnik Berlin: Springer Verlag 1998. Hofmann, H.: Das elektromagnetische Feld, 3. Aufl. Wien: Springer 1986. K¨ upfm¨ uller, K., Mathis, W., Reibiger, A.: Theoretische Elektrotechnik, 17. Aufl. Berlin: Springer 2006. Paul, R.: Elektrotechnik 1, 3. Aufl. Berlin: Springer Verlag 1993. Paul, R., Paul, S.: Arbeitsbuch 1,2, Berlin: Springer Verlag 1994. Phillipow, E.: Grundlagen der Elektrotechnik, 10. Aufl. Berlin: Verlag Technik 2000. Pregla, R.: Grundlagen der Elektrotechnik, 7. Aufl. Heidelberg: H¨ uthig 2004. Seidel, H. U., Wagner, E.: Allgemeine Elektrotechnik Bd. 1 und Bd. 2, 3. Aufl. M¨ unchen: Hanser Verlag 2006. Wolff, I.: Grundlagen der Elektrotechnik Bd. 1 und 2, Aachen: Verlagsbuchhandlung Dr. Wolff GmbH 2003. v. Weiß, A.: Die elektromagnetischen Felder. Braunschweig: Vieweg 1983.

A.4

Index Abgleichbedingung, 115 Abzweigschaltung, 361 ¨ Ahnlichkeitssatz, 371 Amp`ere, 24 Anfangsladung, 31 Anpassung, 110, 184 Arbeit, 32, 39 Arbeitspunkt, 88, 103 Arbeitspunkteinstellung, 133 Auftrennmethode, 244 Ausgangskennlinienfeld, 193 Ausgangskurzschlussleitwert, 181 Ausgangsleerlaufleitwert, 181 Ausgangsleerlaufwiderstand, 149 Ausgangsleitwert, 180, 181 Basiseinheit, 399 Basisgr¨ oße, 396 Basisschaltung, 206 Bauelement, 4, 58 passives, 76 Bauelementemodell, 57 Baum, 309 vollst¨ andiger, 243 Baumzweige, 243 Baumzweigspannung, 314 Belastungsversuch, 121 Bemessungsgleichung, 77 Betriebssteilheit, 183 Betriebsverhalten, 357 Bewegung gerichtete, 20 Bezugsknoten, 271 Bezugspfeilsystem, 48 Bezugssinn, 146 Bipolartransistor, 191, 194 Br¨ uckenabgleich, 114 Br¨ uckenschaltung, 275 Coulomb, 12 Coulombsches Gesetz, 11, 16 Defektelektron, 13

Definitionsgleichung, 396 Definitionsgr¨ oße, 396 Differenzierschaltung, 230 Differenzsignal, 214 Differenzspannung, 216 Differenzverst¨ arker, 214, 301 Differenzverst¨ arkung, 217 Diffusionswiderstand, 206 Drahtwiderstand, 99 Dreipol, 145 Dualit¨ atskonstante, 384 Durchlassbereich, 89 Dynatron, 88 Ebers-Moll-Beziehungen, 196 Eingangskennlinienfeld, 193 Eingangsleerlaufwiderstand, 149 Eingangsleitwert, 180 Einheit abgeleitete, 399 Einheitensystem internationales, 398 Einheitsvektor, 405 Eintor, 147 Elektrometerverst¨ arker, 223, 227, 300 Elektromotorische Kraft, 37 Elektron, 7 Elektronenkonzentration, 13 Elektronenvolt, 398 Elementarladung, 12 Elementarzweitore, 172 Emitterfolger, 207 Emitterschaltung, 197 EMK, 37 Energie, 43 elektrische, 44 potenzielle, 32 Energie¨ ubertragung, 44, 106 Energieerhaltung, 43 Energiefluss, 145 Energieformen, 38, 44 Energiestrom, 22 Energiestromdichte, 46

424

Index

Energietechnik, 49 Grundaufgabe, 106 Energietransport, 102 Energieumformung, 37 Erhaltungssatz, 11, 15 Ersatzinnenwiderstand, 118, 188 Ersatzschaltung, 58 Ersatzspannungsquelle, 72 Ersatzzweipol, 159 Erzeugerpfeilsystem, 48 Fehlanpassung, 108 Feld elektrisches, 15 elektromagnetisches, 8 homogenes, 19 Feldbegriff, 8 Feldeffekttransistor, 211 Feldmodell, 8 Feldst¨ arke elektrische, 16–18, 406 magnetische, 406 Fenstermaschenmethode, 245 Fenstermaschenverfahren, 242 Festk¨ orper, 7 Fl¨ achenintegral, 412 Fl¨ achenladung, 14 Fl¨ achenwiderstand, 80 Fluss, 408 Flussdichte, 412 Flussintegral, 412 F¨ ullfaktor, 135 Fundamentalschleife, 309 Fundamentalschleifenmatrix, 312 Fundamentalschnittmenge, 309 Gegenkopplung, 223 Gleichrichter idealer, 131 Gleichspannungsquelle, 62 Gleichstrom, 25 Gleichstromgenerator, 190 Gleichtaktaussteuerung, 217 Gleichtaktsignal, 215 Gleichtaktunterdr¨ uckung, 218

Gleichtaktverst¨ arkung, 217 Gleichung physikalische, 401 Gleichungssystem symbolisches, 328 Glimmlampe, 89 Globalgr¨ oße, 6 Gl¨ uhlampe, 89 Gradient, 411 Graph, 241 gerichteter, 242 Grenzfl¨ achenbedingung, 415 Gr¨ oße physikalische, 397 Gr¨ oßengleichung, 402 zugeschnittene, 402 Grundgr¨ oße, 396 Grundstromkreis, 102 Leistungsumsatz, 106 linearer, 102 nichtlinearer, 126 Halbbr¨ ucke, 116 Halbleiter, 13 Halbleiterdiode, 89 Heißleiter, 90 Helmholtz, 68 H¨ ullfl¨ ache, 28 Gaußsche, 286 IEC Normenreihe, 99 Induktion, 90 Informationstechnik, 50 Grundaufgabe, 106 Innenleitwert, 67, 68 Innenwiderstand, 118 Integralgr¨ oße, 6 Integrierschaltung, 231 Inzidenzmatrix, 306 Isolator, 13 Joule, 45 Kaltleiter, 90, 101 Kennlinie

Index

fallende, 87 Kennliniengleichung, 67, 198 Kettenmatrix, 150 Kettenpfeilsystem, 147 Kettenschaltung, 178 Kirchhoffsches Gesetz, 27, 28, 39 Kleinsignalaussteuerung, 96, 190 Kleinsignalparameter, 203 Kleinsignalverhalten, 138 Kleinsignalwiderstand, 96 Klemmenerdung, 363 Klemmenmanipulation, 359 Klemmenspannung, 67 Klemmenstrom, 67 Knoten, 241 Knoten-Zweig-Inzidenzmatrix, 278, 306 Knotengleichung unabh¨ angige, 239 Knotenleitwert, 276 Knotenleitwertmatrix, 271, 276, 293 Knotenquellenstromvektor, 293 Knotensatz, 27, 28, 238, 279, 310 Knotenspannung, 271 Knotenspannungsanalyse, 270, 274 Knotenunterdr¨ uckung, 365 Kohleschichtwiderstand, 99 Kollektorschaltung, 207, 296 Kompensation, 116 Konstantspannungsquelle, 132 Konstantstromquelle, 130 Kontinuit¨ atsgleichung, 15, 21 Konvektionsstrom, 22 Koppelleitwert, 276 Koppelwiderstand, 256 Kraftwirkung, 8 Kurzschluss, 62 praktischer, 104 Kurzschlussstrom, 62, 66, 118 Kurzschlussstrom¨ ubersetzung, 182 Kurzschlussstromverst¨ arkung, 154, 212 Kurzschlussversuch, 120 Ladung, 15 bewegte, 8 elektrische, 10, 11

425

Ladungserhaltung, 15 Ladungstr¨ agerdichte, 13 Ladungstrennung, 38 Ladungsverteilung, 14 Lastwiderstand, 122 optimaler, 137 Leerlauf, 62 praktischer, 105 Leerlauf¨ ubertragungswiderstand, 149 Leerlaufspannung, 62, 67, 118 Leerlaufspannungsverst¨ arkung, 154, 212 Leerlaufversuch, 120 Leistung angebotene, 107 elektrische, 47 maximale, 135 verf¨ ugbare, 107 Leistungsanpassung, 107 Leistungsbilanzgleichung, 50 Leistungselektronik, 4 Leistungsmessung, 50 Leistungssatz, 50 Leistungsumsatz, 106, 134 Leistungsverst¨ arkung, 183 Leistungswirkungsgrad, 137 Leiter linienhafter, 77 metallischer, 25 Leitf¨ ahigkeit, 74 Leitwert, 79 differenzieller, 96 Zusammenschaltung, 81 Leitwertmatrix, 150 Linienintegral, 409 Linienladung, 14 Loch, 12 Masche, 241, 307 Maschengleichung unabh¨ angige, 239 Maschensatz, 39, 40, 238, 260, 311 Maschenstromanalyse, 250, 269 Maschenwiderstandsmatrix, 256 Masse, 214, 272 Mayer, 68

426

Index

Mayer-Theorem, 117 Mehrtor, 355 Messbereichserweiterung, 111 Metall, 13 Metallglasurschichtwiderstand, 100 Metallschichtwiderstand, 100 Mikroelektronik, 4 Miller-Theorem, 376 Mitkopplung, 223 Naturkonstante, 396 Nennwiderstand, 99 Netzliste, 333 Netzwerk aquivalentes, 381 ¨ duales, 383 mehrpoliges, 341 planares, 245 Netzwerkelement, 58 Nichtleiter, 13 Norator, 213 Norton, 68 Norton-Theorem, 117 NTC-Widerstand, 100 Nullator, 213 Ohm, 75 ohmsches Gesetz, 75 Operational transconductance amplifier, 214 Operationsverst¨ arker, 211, 219, 351 idealer, 221 Ortsvektor, 406 OTA, 214 Parallelreihenmatrix, 150 Parallelschaltung, 81, 177 Permittivit¨ at, 16 Permittivit¨ atszahl, 16 Potentiometer, 84 Potenzial, 34 elektrisches, 32 Potenzialdifferenz, 35 Potenzialgef¨ alle, 20 Probeladung, 18

Proton, 7 PTC-Widerstand, 101 Punktladung, 12, 14 Quelle gesteuerte, 159 Quellen ¨ Aquivalenzbedingung, 68 Teilungssatz, 372 Versetzungssatz, 372 Zusammenschaltung, 64 Quellenleistung, 107 Quellenspannung, 37, 62 Quellenstrom, 62 Quellenteilung, 263 Quellenversetzung, 263 Raumladung, 14 Raumladungsdichte, 14 Rechtssystem, 405 Reihenparallelmatrix, 150 Reihenschaltung, 81, 176 Reziprozit¨ ats-Theorem, 374 Reziprozit¨ atsbedingung, 375 Richtungssinn, 35 Ringwiderstand, 256 R¨ uckkopplung, 141, 223 R¨ uckwirkungsleitwert, 205 Schaltelement, 127 Schaltungssimulation, 59, 333 Schichtwiderstand, 80, 99 Schleife, 241, 307 Schleifen-Zweig-Inzidenzmatrix, 261 Schleifenanalyse, 314 Schleifenstrom, 314 Schmitt-Trigger, 228 Schnittmenge, 308 Schnittmengenanalyse, 316, 317 Schnittmengenverfahren, 274 Siemens, 80 Skalarprodukt, 407 Spannung, 32, 33 Spannungs¨ ubersetzung, 181 Spannungsabfall, 34

Index

Spannungsfolger, 223, 228 Spannungskompensation, 106 Spannungsmessbereichserweiterung, 112 Spannungsquelle ideale, 62 spannungsgesteuerte, 161 stromgesteuerte, 162 Spannungsteiler einstellbarer, 83 Spannungsteilerregel, 83, 175 Spannungsteilerschaltung, 117 Spannungsverst¨ arker, 214 Spannungsverst¨ arkung, 154 Sperrbereich, 89 Steilheit, 183, 205 Steilheitsverst¨ arker, 214, 219 Stern-Dreieck-Umwandlung, 85 Sterngraph, 272 Steuerung leistungslose, 161 Str¨ omungsfeld, 20, 74 Strahlung elektromagnetische, 26 Strom, 20 zeitver¨ anderlicher, 26 Strom¨ ubersetzung, 182 Stromdichte, 25 Stromkontinuit¨ at, 22 Strommessbereichserweiterung, 111 Strommesser, 31 Stromquelle ideale, 62 spannungsgesteuerte, 162 stromgesteuerte, 162 Teilungssatz, 372 Stromrichtung, 24 technische, 24 Stromspiegel, 209 Stromst¨ arke, 20 Stromstoß, 30 Stromteilerregel, 84 Stromverst¨ arkung, 182 Superknoten, 285

427

Superknotenverfahren, 282, 285 Supermaschenverfahren, 264 Superpositionsprinzip, 124 Supraleitung, 79 T-Schaltung, 173 Teilchenmodell, 8 Tellegen-Theorem, 387 Temperaturkoeffizient, 78, 90 Th´evenin, 68 Torbedingung, 144, 176, 355 Transadmittanz, 183 Transferkennlinie, 194 Transferkennlinienfeld, 193 Transimpedanz, 154, 182, 212 Transimpedanzverst¨ arker, 214 Transkonduktanzverst¨ arker, 214 Tunneldiode, 88, 90 ¨ Uberlagerungssatz, 123, 187 ¨ Ubertragungsadmittanz, 183 ¨ Ubertragungsgr¨ oßen, 181 ¨ Ubertragungsimpedanz, 182 ¨ Ubertragungskennlinie, 139 ¨ Ubertragungsleitwert, 154 ¨ Ubertragungswiderstand, 150, 154 Umkehrsatz, 374 Umkehrverst¨ arker, 223 Umlaufintegral, 411 Urspannung, 37 Varistor, 88 Vektorfeld wirbelfreies, 411 Vektorprodukt, 407 Verbindungszweige, 243 Verbraucherleistung, 107 Verbraucherpfeilsystem, 48 Verbraucherzweipol, 144 Verlustleistung, 107 Verst¨ arker, 192 invertierender, 223 nichtinvertierender, 223, 227 Vierpol, 143 Viertelbr¨ ucke, 116

428

Index

Vollbr¨ ucke, 116 Volt, 35 Volumenintegral, 415 Vors¨ atze, 400 W¨ armekapazit¨ at, 101 W¨ armeleitwert, 101 W¨ armewiderstand, 101 Wellenwiderstand, 184 Wheatsone-Br¨ ucke, 142, 149 Widerstand Bemessungsgleichung, 77 Definition, 75 differenzieller, 88, 96 linearer, 75 negativer, 49 nichtlinearer, 100 ohmscher, 74 Schaltzeichen, 77 spezifischer, 78 temperaturabh¨ angiger, 94 thermischer, 94 Zusammenschaltung, 81 Widerstandsmatrix, 150 Wirkungsgrad, 47, 51, 107 Z¨ ahlpfeil, 35

Zahlenwertgleichung, 402 Zweig, 241 Zweig-Maschen-Inzidenzmatrix, 259 Zweigbeziehungen, 238 Zweigstromanalyse, 247 Zweipol, 60 aktiver, 60 nichtlinearer, 87 passiver, 60 resistiver, 60, 95 spannungsgesteuerter, 88 stromgesteuerter, 88 zeitvarianter resisitver, 97 Zweipoltheorie, 117 Zweitor, 144 aquivalentes, 381 ¨ aktives, 146 erdunsymmetrisches, 145 Kleinsignaldarstellung, 202 nichtlineares, 200 passives, 146 r¨ uckwirkungsfreies, 159 reziprokes, 157 symmetrisches, 145, 157 umkehrbares, 157 Zweitorersatzschaltungen, 166 Zweitorwiderstandsmatrix, 360