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German Pages 140 Year 2007
Patrick Stiller Gründe für Desinvestitionen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Patrick Stiller
Gründe für Desinvestitionen Eine Event-History-Analyse unter besonderer Berücksichtigung des Entscheidungsverhaltens des Managements
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Rolf Bühner
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Passau, 2006
1. Auflage Juli 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0657-7
V
Geleitwort
Im Zuge der Neuausrichtung von Unternehmen gewinnen derzeit Desinvestitionen an Bedeutung. Sie sind großteils Teil von Restrukturierungsbemühungen und markieren gemeinsam mit Unternehmensübernahmen diskrete Ereignisse im Leben von Unternehmen. Obwohl Desinvestitionen und Unternehmenskäufe parallele Ereignisse darstellen, hat sich die wissenschaftliche Diskussion der vergangenen Jahrzehnte auf die Kaufentscheidung fokussiert. Desinvestitionsentscheidungen werden mehr oder minder als zwangsläufige Folge von wirtschaftlichen Notwendigkeiten gesehen und nicht als originäre und bewusste Verkaufsentscheidung. Die Arbeit von Herrn Stiller leistet einen Beitrag zur Behebung dieses Defizits in der wissenschaftlichen Erkundung von Desinvestitionsentscheidungen.
Die vorliegende Arbeit ist entsprechend der Ausrichtung der Upper Echelons-Theorie auf das oberste Management fixiert und sucht nach einer empirischen Antwort für die Gründe für Desinvestitionen, die im Managementverhalten dieser Personen begründet sind. Die Arbeit greift dabei auf ein Veränderungsmodell von Miller/Chen und Greve zurück, die als Vertreter einer verhaltensorientierten Entscheidungs- und Organisationstheorie anzusehen sind und leistet dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Forschung über organisatorischen Wandel. Der Autor schlägt als Gründe für Desinvestitionen die Motivation des Managements vor, die Akzeptanz von Desinvestitionen als Handlungsmöglichkeit für Manager sowie die strukturelle Fähigkeit des Unternehmens zur Desinvestition. Dieser Ansatz hat bislang in der Literatur zum organisatorischen Wandel eine breite Anerkennung gefunden. Die Übertragung und Anwendung dieses Ansatzes auf grundlegende Desinvestitionsentscheidungen von unternehmerischer Bedeutung ist neu. Die Arbeit sucht damit nach einem Erklärungsansatz für Desinvestitionen, die über den Stand der bisherigen Desinvestitionstheorie hinausreicht. Die vorwiegend finanztheoretisch geprägte Literatur wird damit durch einen verhaltenstheoretischen Ansatz ergänzt. Aus Sicht der Organisationstheorie ein äußerst erfreulicher Vorgang, da das Managementverhalten bislang zur Erklärung von Desinvestitionen nicht untersucht wurde.
VI
Geleitwort
Die Arbeit vermittelt auf empirischer Grundlage neue Einblicke in die Gründe von Managern, Unternehmensteile zu desinvestieren. Dies macht die Arbeit zu einer lohnenswerten Lektüre für Wissenschaftler wie Praktiker, die an Fragen der Desinvestition interessiert sind. Daher wünsche ich der Arbeit von Herrn Stiller, dass sie in der Fachwelt die Anerkennung findet, die sie verdient.
Rolf Bühner
VII
Vorwort
Entstanden ist die vorliegende Arbeit während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Rolf Bühner an der Universität Passau. Er gab mir früh die Gelegenheit, neben den Lehrverpflichtungen an den Forschungsvorhaben des Lehrstuhls teilzuhaben. Das von Fördern und Fordern geprägte gemeinsame Forschen am Lehrstuhl hat mir bei der Erstellung dieser Arbeit geholfen. Prof. Bühner hat auch den Fortgang dieser Arbeit hilfreich und konstruktiv unterstützt. Für all dies danke ich ihm.
Prof. Dr. Miklós Dobák von der Corvinius Universität in Budapest danke ich für die Zweitkorrektur dieser Arbeit.
Meine Kollegen am Lehrstuhl und an der Fakultät haben einen großen Anteil am Zustandekommen und Erfolg dieser Arbeit: Anja Tuschke für ihre stets theoretisch tiefgründigen Feedbacks sowie ihre Geschwindigkeit und Geduld beim Korrigieren meiner Arbeit, Susanne Krenn für die unzähligen methodischen Hinweise und ihr stets offenes Ohr für die Sorgen eines Doktoranden, Carina Gebhart für ihre unerbittliche Suche nach der richtigen grammatikalischen und orthographischen Form, Miriam Flickinger für ihre auch in schwierigen Zeiten stets positive und aufmunternde Art, Michael Puhle für die zahlreichen Kaffeepausen zum Durchlüften der Hirnwindungen, Bernhard Nietert und Armin Dolzer für ihr Feedback zu dieser Arbeit nach meinem Vortrag im Doktorandenkolloquium.
Meinen Eltern danke ich, da ihnen meine Ausbildung stets am Herzen lag. Sie haben mich immer gefördert und bestätigt und dabei immer auf ein ausgewogenes Verhältnis von lernen, leisten und leben geachtet. Dafür danke ich Euch!
VIII
Vorwort
Meiner Oma Else danke ich für Ihre jahrelange vielseitige Unterstützung meines Studiums und meiner Promotion. Die monatlichen Päckchen mit Mamorkuchen, die sie mir an den Lehrstuhl ins ferne Niederbayern geschickt hat, haben mir die Jahre in Passau sehr versüßt. Nicht zuletzt des Mamorkuchens wegen haben die Lehrstuhlkollegen meinen Weggang sehr bedauert.
Die Erstellung einer Dissertation gleicht in forschungstechnischer wie in emotionaler Hinsicht einer Achterbahnfahrt. Meiner Frau Isabel danke ich, dass Sie mit mir diese Zeit durchgestanden hat – sie hatte immer die nötige Geduld mit mir und hat mir in schwierigen Situationen durch Zuspruch sehr geholfen. Vielen Dank für die unzähligen Nachtschichten, in denen Du Dich durch die fachfremde Materie gearbeitet hast. Diesem Einsatz habe ich es zu verdanken, dass die Arbeit auch Dritten verständlich geworden ist und an sprachlicher Präzision gewonnen hat. Vielen Dank für alles!
Patrick Stiller
IX
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................IX Abbildungsverzeichnis ................................................................................................XI Tabellenverzeichnis ..................................................................................................XIII Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. XV Symbolverzeichnis .................................................................................................. XVII
1 Einleitung................................................................................................................. 1 2 Literatur und Untersuchungsansatz ..................................................................... 5 2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen .............................................. 5 2.2 Abgrenzung und Erläuterung des Untersuchungsansatzes.............................. 14 3 Motivation .............................................................................................................. 19 3.1 Theorie und allgemeine Hypothese................................................................... 20 3.2 Konkretisierte Hypothesen ................................................................................ 25 3.2.1 Anspruchsniveaus ....................................................................................... 25 3.2.2 Operative Performance des Geschäftsbereichs .......................................... 28 3.2.3 Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens............................................ 31 3.2.4 Verschuldung des Unternehmens ............................................................... 33 4 Akzeptanz .............................................................................................................. 37 4.1 Theorie .............................................................................................................. 37 4.2 Hypothesen ....................................................................................................... 41 4.2.1 Desinvestition als Routine ........................................................................... 41 4.2.2 Desinvestition als Folge des Umlernens...................................................... 42 5 Strukturelle Fähigkeit ........................................................................................... 45 5.1 Theorie .............................................................................................................. 45 5.2 Hypothesen ....................................................................................................... 49
X
Inhaltsverzeichnis
5.2.1 Vertikale Integration..................................................................................... 49 5.2.2 Verwandte Diversifikation ............................................................................ 51 6 Methoden ............................................................................................................... 53 6.1 Datenbasis ........................................................................................................ 53 6.1.1 Untersuchungszeitraum............................................................................... 53 6.1.2 Untersuchungsobjekte ................................................................................. 54 6.1.3 Stichprobe.................................................................................................... 55 6.1.4 Zensierte Daten ........................................................................................... 58 6.2 Variablen ........................................................................................................... 63 6.2.1 Abhängige Variable ..................................................................................... 63 6.2.2 Unabhängige Variablen ............................................................................... 64 6.3 Analyseverfahren .............................................................................................. 73 6.3.1 Hypothesentest............................................................................................ 73 6.3.2 Spline-Funktion............................................................................................ 74 7 Ergebnisse............................................................................................................. 79 7.1 Deskriptive Statistik ........................................................................................... 79 7.1.1 Operative Performance des Geschäftsbereichs .......................................... 80 7.1.2 Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens............................................ 82 7.1.3 Verschuldung des Unternehmens ............................................................... 84 7.1.4 Erfahrung, CEO-Wechsel und Diversifikationsart........................................ 86 7.1.5 Deskriptive Statistik der gepoolten Daten.................................................... 89 7.2 Ergebnisse der Event History Analyse .............................................................. 91 8 Diskussion........................................................................................................... 101 9 Zusammenfassung ............................................................................................. 111
Anhang..................................................................................................................... 113 Literaturverzeichnis.................................................................................................. 115
XI
Abbildungsverzeichnis
2.1
Wertsteigerung durch Sell-off.......................................................................... 6
2.2
Untersuchungsmodell ................................................................................... 16
3.1
Untersuchungsmodell – Motivation ............................................................... 19
3.2
Performance und Desinvestitionen – vermuteter Zusammenhang ............................................................................................ 23
3.3
Verschuldung und Desinvestitionen – vermuteter Zusammenhang ............................................................................................ 35
4.1
Untersuchungsmodell – Akzeptanz............................................................... 37
5.1
Untersuchungsmodell – strukturelle Fähigkeit .............................................. 45
5.2
Vertikal integrierte Geschäftsbereiche .......................................................... 50
5.3
Geschäftsbereiche in einem verwandt diversifizierten Unternehmen ................................................................................................ 52
6.1
Unzensierte und zensierte Daten.................................................................. 59
6.2
Datenbasis für das Vergangenheits-Anspruchsniveau ................................. 66
7.1
Anzahl Desinvestitionen................................................................................ 79
7.2
Operative Performance und Branchen-Anspruchsniveau............................. 80
7.3
Operative Performance und Konzern-Anspruchsniveau............................... 81
7.4
Operative Performance und Vergangenheits-Anspruchsniveau............................................................................................................ 82
7.5
Kapitalmarkt-Performance und Branchen-Anspruchsniveau ........................ 83
7.6
Kapitalmarkt-Performance und Vergangenheits-Anspruchs-
7.7
Verschuldung und Branchen-Anspruchsniveau ............................................ 85
7.8
Verschuldung und Vergangenheits-Anspruchsniveau .................................. 85
7.9
Desinvestitionserfahrung............................................................................... 86
7.10
CEO-Wechsel ............................................................................................... 87
niveau............................................................................................................ 84
XII
Abbildungsverzeichnis
7.11
Vertikale Integration ...................................................................................... 88
7.12
Verwandte Diversifikation.............................................................................. 88
7.13
Vergangenheits-Anspruchsniveau (operative Performance) und Spin-offs .. 95
7.14
Branchen-Anspruchsniveau (operative Performance) und
7.15
Konzern-Anspruchsniveau (operative Performance) und
Sell-offs ......................................................................................................... 97
Sell-offs ......................................................................................................... 97
XIII
Tabellenverzeichnis
6.1
Anzahl der Unternehmen in der Stichprobe .................................................. 56
6.2
Einflüsse auf die Zusammensetzung der Stichprobe.................................... 56
6.3
Anzahl der Geschäftsbereiche in der Stichprobe.......................................... 57
6.4
Vermutete Ausprägungen der Regressionskoeffizienten.............................. 76
7.1
Deskriptive Statistik und Korrelationskoeffizienten ....................................... 89
7.2
Kollinearitätsstatistik...................................................................................... 90
7.3
Event History Analyse – binomiale logistische Regression .......................... 91
7.3
Event History Analyse – binomiale logistische Regression (Ergänzung) ................................................................................................ 113
A1
Wachstum USA........................................................................................... 114
A2
Indexentwicklung S&P 500 ......................................................................... 114
XV
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AN
Anspruchsniveau
Aufl.
Auflage
BIP
Bruttoinlandsprodukt
bzw.
beziehungsweise
CEO
Chief Executive Officer
Corp.
Corporation
D.C.
District of Columbia
d.h.
das heißt
Diss.
Dissertation
Dr.
Doktor
DR
related diversification
EDGAR
Electronic Data Gathering, Analysis, and Retrieval system
erw.
erweiterte
evtl.
eventuell
f.
folgende
FASB
Financial Accounting Standards Board
F&E
Forschung und Entwicklung
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GB
Geschäftsbereich(e)
GDP
Gross Domestic Product
GICS
General Industry Classification Standard
H
Hypothese
HGB
Handelsgesetzbuch
hrsg.
herausgegeben
Inc.
Incorporated
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
LLC
Limited Liability Company
M/B
Marktwert-Buchwert-Verhältnis
XVI
Abkürzungsverzeichnis
N
Stichprobenumfang
No.
Number
Nr.
Nummer
o. Jg.
ohne Jahrgang
o. S.
ohne Seite(n)
Prof.
Professor
R&D
Research and Development
RWTH
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
S.
Seite(n)
SEC
Securities and Exchange Commission
SFAS
Statement of Financial Accounting Standards
SIC
Standard Industry Classification
sog.
sogenannte(n)
Sp.
Spalte(n)
S&P
Standard and Poor’s
St.
Sankt
Tab.
Tabelle
u.a.
und andere
überarb.
überarbeitete
UK
United Kingdom
U.S.
United States
US
United States
USA
United States of America
v.
von
Vgl.
Vergleiche
Vol.
Volume, Jahrgang
vs.
versus
z.B.
zum Beispiel
zugl.
zugleich
XVII
Symbolverzeichnis
a
Konstante in der Regressionsgleichung
bi
Koeffizient in der Regressionsgleichung für eine Interaktionsvariable
bp
Koeffizient in der Regressionsgleichung für eine Performancevariable
bu
Koeffizient in der Regressionsgleichung für eine unabhängige Variable, die keine Performance- oder Interaktionsvariable ist
c
Kontrollvariable in der Regressionsgleichung
D
Dummyvariable in der Regressionsgleichung: misst Über- oder
DR
Related-Diversification-Maß für ein Unternehmen
DRj
Related-Diversification-Maß für die j-te Gruppe verwandter Ge-
Unterschreitung eines Anspruchsniveaus
schäftsbereiche j
Index für Gruppen verwandter Geschäftsbereiche in einem Unternehmen
k
Index für Geschäftsbereiche in einem Unternehmen
M
Anzahl der Gruppen verwandter Geschäftsbereiche in einem Unternehmen
p j
p
Wert für die statistische Signifikanz (p-Wert) Umsatzanteil der j-ten Gruppe verwandter Geschäftsbereiche am Gesamtumsatz des Unternehmens
pkj
Umsatzanteil des k-ten Geschäftsbereichs am Umsatz der j-ten Gruppe verwandter Geschäftsbereiche
t
Jahr
T
Toleranz: misst die Kollinearität einer Gruppe von Variablen
W
Wahrscheinlichkeit
W0
Wert des in einem Geschäftsbereich eingesetzten Kapitals vor der Desinvestition
W1
Wert des in einem Geschäftsbereich eingesetzten Kapitals nach der Desinvestition
WVP
Verkaufspreis für Geschäftsbereich
XVIII
Symbolverzeichnis
XA
Anspruchsniveau
Xp
Unabhängige Variable in der Regressionsgleichung (Performancevariable)
Xu
Unabhängige Variable in der Regressionsgleichung, die keine Performancevariable- oder Interaktionsvariable ist
1
1 Einleitung Desinvestitionen gehören mit zu den signifikanten Veränderungen der Strategie und Struktur von Unternehmen. Zahlreiche Unternehmen unterschiedlichster Branchen haben bereits Desinvestitionen durchgeführt oder planen solche in naher Zukunft.1 Dennoch sind die Gründe für Desinvestitionen bislang wenig erforscht. Insbesondere wurde bisher kaum erklärt, warum das Management2 Desinvestitionsentscheidungen trifft. Eine Ursache hierfür ist, dass bisherige Forschungsarbeiten dem Träger der Desinvestitionsentscheidung, d.h. dem Management, meist geringe Aufmerksamkeit schenken. Die wenigen Arbeiten, die eine derartige Bezugnahme vorweisen können, verfolgen einen agencytheoretischen Untersuchungsansatz. Dazu gehören etwa die grundlegenden Studien von LANG/POULSEN/STULZ, BOOT und HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL.3 Das Verhalten des Managements wird in diesen Arbeiten ausschließlich vom Menschenbild des Opportunisten abgeleitet. Eine weitergehende verhaltensorientierte Auseinandersetzung mit den Gründen für Desinvestitionsentscheidungen von Managern erfolgt in diesen Arbeiten nicht. In der vorliegenden Arbeit werden die Gründe für Desinvestitionen untersucht, die im Managementverhalten begründet sind.
Zur ausführlicheren verhaltensorientierten Auseinandersetzung kommt in dieser Arbeit ein bisher auf die Untersuchung von Desinvestitionen noch nicht angewandtes Modell zur Anwendung. Das von MILLER/CHEN und GREVE formulierte Modell wurde zur Analyse der Gründe von einschneidenden Veränderungsmaßnahmen in Unternehmen entwickelt.4 Es berücksichtigt die Erkenntnisse der verhaltensorientierten Entscheidungs- und Organisationstheorie, der Lerntheorie sowie der Forschung über organisatorischen Wandel.5 Durch den theoretischen Rahmen des gewählten Modells ist es zum einen möglich, die Motivation des Managements, eine Desinvestition durchzuführen, näher zu untersuchen. Weiter erlaubt es auch Rückschlüsse auf die kognitiven und strukturellen Faktoren, die die Desinvestitionswahrscheinlichkeit neben der Motivation beeinflussen können. 1 2
3 4 5
Vgl. für eine Übersicht KULS (2005), S. 17. Die Begriffe „Management“ und „Manager“ bezeichnen in dieser Arbeit den Kreis der obersten Entscheidungsträger in der Unternehmens- bzw. Konzernleitung. Vgl. BOOT (1992); HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994); LANG/POULSEN/STULZ (1995). Vgl. MILLER/CHEN (1994); GREVE (1998). Vgl. MILLER/CHEN (1994), S. 3.
2
1 Einleitung
Die Untersuchung erfolgt mittels einer Event History Analyse, einer statistischen Methodik zur Analyse der Einflussfaktoren auf die Eintrittswahrscheinlichkeit von diskreten Ereignissen.6 Als Datenbasis dient eine Stichprobe, die sich aus USamerikanischen Unternehmen des STANDARD&POOR’S 100-Index zusammensetzt. In der Arbeit wurden US-amerikanische Unternehmen als Untersuchungsobjekte gewählt, da für diese die für die empirische Untersuchung erforderlichen Unternehmensdaten in besserer Qualität und für einen längeren Zeitraum vorliegen. Die Desinvestitionsaktivitäten dieser Unternehmen werden im Untersuchungszeitraum von 1997 bis 2003 beobachtet. Der Zeitraum wird durch die Verfügbarkeit der erforderlichen Daten vorgegeben.
Als Desinvestition wird in dieser Arbeit die „Abtrennung eines Geschäftsbereichs“ auf dem Wege eines Sell-off, Spin-off oder Equity Carve-out verstanden. Geschäftsbereiche sind in der vorliegenden Arbeit die im Jahresabschluss der untersuchten Unternehmen aufgeführten „reportable segments“. Der US-amerikanische Rechnungslegungsstandard zur Segmentberichterstattung SFAS 131 verdeutlicht, nach welchen inhaltlichen Kriterien die „operating segments“ eines Unternehmens voneinander abzugrenzen sind und ab welcher Größe aus einem „operating segment“ ein „reportable segment“ wird, das gesondert auszuweisen ist. Ein „operating segment“ ist nach SFAS 131.17 ein weitgehend homogener Teilbereich eines Unternehmens, dessen Aktivitäten hinsichtlich der vertriebenen Produkte bzw. Dienstleistungen, der angewandten Produktionsverfahren, der Kundengruppen, der Vertriebswege sowie der regulatorischen Rahmenbedingungen Übereinstimmungen aufweisen. Aus einem derart abgegrenzten „operating segment“ wird ein „reportable segment“, sofern es sich bei einem „operating segment“ auch um ein Profit Center mit eigenen Finanzberichtswesen handelt, und dieses derart bedeutend ist, dass das Management7 dessen Erfolg regelmäßig kontrolliert und das Ergebnis der Kontrolle zur Ressourcenallokation heranzieht.8 In der Arbeit werden nur diversifizierte Unternehmen mit mehr
6 7
8
Vgl. ALLISON (1984); YAMAGUCHI (1991). Die zuvor gewählte Eingrenzung der Begriffe „Management“ und „Manager“ ist im Einklang zu sehen mit dem Begriff „chief operating decision maker“ des SFAS 131.12. Wie dort ausgeführt wird, können damit einzelne Stellen wie die des Chief Executive Officer oder die des Chief Operating Officer oder Gruppen von Top-Managern gemeint sein, denen z.B. auch der President sowie die Executive Vice-Presidents angehören können. Analog argumentiert SHILLINGLAW. Er stellt fest, dass die Desinvestitionsentscheidung von der Unternehmensleitung getroffen wird. Vgl. SHILLINGLAW (1959), S. 269. Vgl. SFAS 131.16 in Verbindung mit SFAS 131.10-15
3
als einem „reportable segment“, d.h. mit mehr als einem Geschäftsbereich berücksichtigt, da ansonsten eine Desinvestition die Auflösung des Unternehmens bedeuten würde.9
Die angelsächsische Literatur unterscheidet die folgenden drei Formen von Desinvestitionen: Sell-offs, Spin-offs und Equity Carve-outs.10 Ein Sell-off ist der Verkauf eines Unternehmensteils an ein nicht zum Konzern11 gehörendes Unternehmen. Der Verkauf führt zu einem Zustrom an Finanzmitteln in das verkaufende Unternehmen. Ein Spin-off sieht eine Börsennotierung des zu desinvestierenden Unternehmensteils vor. Die Anteile an dieser neuen, rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Gesellschaft werden auf einer pro rata Basis an die Aktionäre der desinvestierenden Gesellschaft übertragen. Durch diese Form der Desinvestition fließen dem desinvestierenden Unternehmen keine Finanzmittel zu. Der Equity Carve-out sieht ebenfalls die Börsennotierung des zu desinvestierenden Unternehmensteils vor. Anders als bei einem Spin-off werden bei einem Equity Carve-out die Anteile an der neu geschaffenen Gesellschaft der Allgemeinheit zum Kauf angeboten. Durch den Verkauf der Aktien fließen dem desinvestierenden Unternehmen Finanzmittel zu. In der Regel erfolgt im Rahmen eines Equity Carve-out zunächst keine vollständige Veräußerung der Anteile.12
Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Kapitel 2 enthält im ersten Teil eine Darstellung der bisher vorliegenden Erklärungsansätze zu den Ursachen von Desinvestitionen. Im zweiten Teil erfolgen die kritische Auseinandersetzung mit diesen Arbeiten sowie die Einordnung und nähere Erläuterung des gewählten Untersuchungsansatzes.
Die Kapitel 3, 4 und 5 sind den theoretischen Herleitungen der Hypothesen gewidmet. Kapitel 3 enthält die Hypothesenherleitung zur Motivation des Managements,
9
10 11
12
In dieser Arbeit werden nach geographischen Kriterien abgegrenzte Teilbereiche aus Gründen der statistischen Vergleichbarkeit nicht als Geschäftsbereiche angesehen. Vgl. hier und im Folgenden SLOVIN/SUSHKA/FERRARO (1995), S. 91f.; POWERS (2001), S. 4f. Zum Konzern als Organisationsform vgl. SCHILDBACH (2001), S. 1-13. Zu den Konzernkriterien der US-amerikanischen Rechnungslegung vgl. SCHILDBACH (2001), S. 91f. SIEMENS verkaufte beispielsweise beim Equity Carve-out seines Halbleiterbereichs nur 29% seiner Anteile. Vgl. INFINEON TECHNOLOGIES AG (2000), S. 1f.
4
1 Einleitung
Desinvestitionen herbeizuführen. In Kapitel 4 werden die Hypothesen zu den kognitiven Faktoren abgeleitet, die die Akzeptanz von Desinvestitionsmaßnahmen beim Management beeinflussen. Kapitel 5 umfasst die Hypothesen zu der vom Management wahrgenommenen strukturellen Desinvestitionsfähigkeit von Unternehmen.
In Kapitel 6, dem Methodenteil der Arbeit, wird zunächst die Datenbasis der Arbeit erläutert. Im Anschluss daran wird auf die Operationalisierung der Untersuchungsvariablen eingegangen und das angewandte Analyseverfahren dargestellt.
Kapitel 7 enthält die Ergebnisse der Arbeit. Im ersten Unterkapitel werden zunächst die Ergebnisse der deskriptiven Statistik vorgestellt. Im zweiten Unterkapitel folgen dann die Ergebnisse der Hypothesenprüfung.
In Kapitel 8 werden die Ergebnisse der Arbeit diskutiert und in die bestehende Literatur zu diesem Thema eingeordnet. Ferner findet in diesem Kapitel eine Auseinandersetzung mit den Grenzen der Arbeit statt. Kapitel 9 enthält schließlich die Zusammenfassung der Arbeit.
5
2 Literatur und Untersuchungsansatz Im ersten Teil dieses Kapitels wird die Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen gewürdigt. Im zweiten Teil wird der Untersuchungsansatz dieser Arbeit erläutert und von der bisherigen Desinvestitionsforschung abgegrenzt.
2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen Die Ursache für Desinvestitionsentscheidungen wird vielfach auf schlechte finanzielle Ergebnisse des Unternehmens bzw. seiner Geschäftsbereiche zurückgeführt.13 Zahlreiche Arbeiten zeigen, dass die Performance desinvestierender Unternehmen bzw. desinvestierter Geschäftsbereiche im Jahr vor der Desinvestition signifikant hinter der Performance von Unternehmen der gleichen Branche14 bzw. hinter der eigenen Performance in Vorjahren15 zurückbleibt. Weiter wird verdeutlicht, dass die desinvestierten Geschäftsbereiche eine signifikant schlechtere Performance als die übrigen Geschäftsbereiche des gleichen Unternehmens aufweisen.16 HITE/OWERS/ROGERS stellen fest, dass aus diesen Beobachtungen noch nicht hervorgeht, aus welcher ökonomischen Logik das Management unter diesen Umständen bestrebt ist, eine Desinvestition durchzuführen.17
HITE/OWERS/ROGERS liefern mit der von ihnen für Desinvestitionen formulierten „Effizienzhypothese“18 eine finanztheoretische Erklärung für die Vorteilhaftigkeit von Desinvestitionen performanceschwacher Geschäftsbereiche.19 Nach der Effizienzhypothese ist der Sell-off eines Geschäftsbereichs vorteilhaft, wenn der dabei zu erzielende Verkaufserlös größer ist als der Wert des Geschäftsbereichs bei Verbleib im 13
14
15 16 17 18
19
Vgl. z.B. DUHAIME/GRANT (1984), S. 310-313; MONTGOMERY/THOMAS (1988), S. 94; RAVENSCRAFT/SCHERER (1991), S. 434. Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 310-313; DUHAIME/BAIRD (1987), S. 491f.; MONTGOMERY/THOMAS (1988), S. 94. Vgl. DUHAIME/BAIRD (1987), S. 492. Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 312. Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 232. In der Literatur wird dieser Hypothese “efficiency hypothesis” (STEINER (1997), S. 233.), “efficient deployment hypothesis” (LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 4.) oder “synergy hypothesis” (HITE/ OWERS/ROGERS (1987), S. 230.) genannt. Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987). Eine Effizienzhypothese für M&A-Transaktionen wurde zuvor von BRADLEY/DESAI/KIM formuliert. Vgl. BRADLEY/DESAI/KIM (1983), S. 183f.
6
2 Literatur und Untersuchungsansatz
Unternehmen.20 Dies ist dann der Fall, wenn die Vermögensgegenstände des Geschäftsbereichs aufgrund eines Abbaus von Dyssynergien bzw. aufgrund von Synergien beim Käufer rentabler eingesetzt werden können.21 Der Käufer ist dadurch in der Lage, eine bessere Performance mit den Vermögensgegenständen des Geschäftsbereichs zu erzielen, so dass daraus ein höherer Wert des Geschäftsbereichs für den Käufer resultiert.22 In dieser Situation kann das Management des verkaufenden Unternehmens über den Kaufpreis am wirtschaftlicheren Einsatz der Vermögensgegenstände im neuen Unternehmen partizipieren.23 Abbildung 2.1: Wertsteigerung durch Sell-off
Wert des im GB eingesetzten Kapitals
W1
GB
Geschäftsbereich
WVP
W0
Wert vor der Desinvestition
W1
Wert nach der Desinvestition
WVP
Verkaufspreis
W0
Abbildung 2.1 verdeutlicht die Effizienzhypothese graphisch. Die Performance des Geschäftsbereichs führt zu einer Bewertung des Geschäftsbereichs in Höhe von W0. Das Management hat einen Käufer für den Geschäftsbereich gefunden, der in der Lage ist, das dort eingesetzte Kapital wirtschaftlicher zu nutzen.24 Durch den Abbau von Dyssynergien und/oder durch die Nutzung von Synergien ist es diesem möglich, eine höhere Performance zu erzielen, die folglich zu einer höheren Bewertung W1 des im Geschäftsbereich eingesetzten Kapitals führt. Die Desinvestition kann demnach zu einem Wertzuwachs beim Käufer in Höhe der Differenz von W1 und W0
20 21
22
23 24
Vgl. hier und im Folgenden HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 231f. Vgl. für eine Definition von Synergien und Dyssynergien ACHLEITNER/WAHL (2003), S. 91-94. Dyssynergien können beispielsweise durch das Image, die Kultur, die Struktur des Unternehmens entstehen, wenn diese nicht zu einem bestimmten Geschäftsbereich des Unternehmens passen und in der Folge seine Performance beeinträchtigen. Für einen empirischen Nachweis des positiven Zusammenhangs zwischen operativer Performance und der Bewertung durch den Kapitalmarkt vgl. JOHN/OFEK (1995). Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 232. Vgl. hier und im Folgenden HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 232.
2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen
7
führen. Das Management kann in dieser Situation einen Verkaufspreis WVP für den Geschäftsbereich vereinbaren, der das verkaufende Unternehmen am erwarteten Wertzuwachs beim Käufer in Höhe der Differenz von WVP und W0 partizipieren lässt.25 Über diesen Weg kann das Management eine Bewertung des im Geschäftsbereich eingesetzten Kapitals erreichen, die einen Teil der erwarteten höheren Performance vorwegnimmt.
HITE/OWERS, SCHIPPER/SMITH, DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR und DESAI/JAIN zeigen, dass auch für Spin-offs Effizienzüberlegungen ausschlaggebend sein können.26
Die
Arbeiten
untersuchen
die
Kapitalmarktreaktion
auf
Spin-off-
Ankündigungen und stellen positive abnormale Kapitalmarktreaktionen fest.27 Diese werden mit dem Abbau von Dyssynergien erklärt, die durch das Vorhandensein von unterschiedlichen Aktivitäten innerhalb eines Unternehmens hervorgerufen werden. Dyssynergien werden durch einen Spin-off abgebaut, indem sich das desinvestierende Unternehmen sowie der desinvestierte Geschäftsbereich stärker spezialisieren können und es dem Management im desinvestierenden Unternehmen leichter fällt, das nach dem Spin-off kleinere Unternehmen effektiv zu führen.
Ein weiterer effizienzbezogener Grund für Desinvestitionen lässt sich aus der theoretischen Arbeit von STEIN ablesen.28 STEIN vermutet, dass das Management durch das gezielte Umverteilen von Finanzmitteln zwischen einzelnen Geschäftsbereichen den Wert des im Unternehmen eingesetzten Kapitals erhöhen kann.29 Finanzmittel werden von wenig erfolgversprechenden Geschäftsbereichen abgezogen und stärker erfolgversprechenden Geschäftsbereichen zugewiesen („winner picking“30). Durch die höher verzinsliche Re-Investition der Finanzmittel steigt der Wert des im Unternehmen eingesetzten Kapitals.31 Im Extremfall führt dieses Vorgehen zum Sell-off eines wenig erfolgversprechenden Geschäftsbereichs und zur anschließenden Re-
25 26
27
28 29 30 31
Vgl. hier und im Folgenden SIROWER (2001), S. 47. Vgl. hier und im Folgenden HITE/OWERS (1983), S. 413; SCHIPPER/SMITH (1983), S. 448; DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR (1997), S. 277f.; DESAI/JAIN (1999), S. 76. DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR und DESAI/JAIN zeigen den Effekt aus dem Abbau von Dyssynergien zudem anhand einer gestiegenen operativen Performance des desinvestierenden Unternehmens nach vollzogenem Spin-off. Vgl. DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR (1997), S. 277-279; DESAI/JAIN (1999), S. 91-95. Vgl. STEIN (1997). Vgl. STEIN (1997), S. 112f. STEIN (1997), S. 111. Vgl. STEIN (1997), S. 131.
8
2 Literatur und Untersuchungsansatz
Investition der durch den Verkauf eingenommen Finanzmittel in einem erfolgversprechenden Geschäftsbereich.
Die Ergebnisse von DUHAIME/GRANT, MONTGOMERY/THOMAS und LANG/ POULSEN/STULZ deuteten darauf hin, dass selbst performancestarke Geschäftsbereiche desinvestiert werden können, wenn eine schlechte Performance oder eine hohe Verschuldung des Unternehmens das Management dazu zwingt, durch den Verkauf von Geschäftsbereichen Finanzmittel zu generieren.32 LANG/POULSEN/STULZ formulieren in diesem Zusammenhang die „Finanzierungshypothese“33 zur Erklärung von Desinvestitionen, die auf der Agencytheorie mit ihrer Annahme eines sich opportunistisch verhaltenden Managements aufbaut.34 Manager sind demnach nicht primär an der Wertsteigerung des Unternehmens, sondern an der Unternehmensgröße und an der Wahrung ihres Einflusses interessiert.35 Daher haben Manager grundsätzlich wenig Interesse an einer Desinvestition von Unternehmensteilen, welche zunächst zur Verkleinerung des Unternehmens führt. Nur in Ausnahmefällen stellt aus Sichtweise des Managements die Desinvestition die günstigere Alternative zur Fortführung des Geschäftsbereichs dar. Dies wird von LANG/ POULSEN/STULZ dann angenommen, wenn das Unternehmen Finanzmittel benötigt und die Desinvestition für das Management günstiger erscheint, als die Mittelaufnahme am externen Kapitalmarkt.36
Die Arbeiten von BHIDE, BOOT und CHO/COHEN zeigen, dass eine gute Performance des Unternehmens die Desinvestitionswahrscheinlichkeit von performanceschwachen Geschäftsbereichen senken kann.37 BHIDE führt dies auf die geringere Gefahr durch feindliche Übernahmen bei performancestarken Unternehmen zurück, die den Druck zur Desinvestition von performanceschwachen Geschäftsbereichen
32
33 34 35 36
37
Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 311; MONTGOMERY/THOMAS (1988), S. 94f; LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5. LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5. Vgl. JENSEN/MECKLING (1976), S. 308; JENSEN (1986), S. 323f. Vgl. hier und im Folgenden LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5. LANG/POULSEN/STULZ stützen sich bei ihrer Argumentation auf die Arbeiten von MYERS, MYERS/MAJLUF sowie JENSEN/MECKLING (Vgl. LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5.). Die Ergebnisse dieser Arbeiten zeigen, dass Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und dem an der Kapitalaufnahme interessierten Management zu einer Absicherungspolitik der Kapitalgeber führt, die für das Management unattraktive Konditionen der Kapitalaufnahme mit sich bringen kann. Vgl. JENSEN/MECKLING (1976); MYERS/MAJLUF (1984). Vgl. BHIDE (1989), S. 45; BOOT (1992), S. 1402; CHO/COHEN (1997), S. 371.
2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen
9
lindert.38 BOOT nimmt an, dass Manager eine Desinvestition als Eingeständnis einer früheren Fehlentscheidung betrachten, die im Aufbau bzw. der Akquisition des performanceschwachen Geschäftsbereichs besteht.39 Aus diesem Grund, so die Vermutung von BOOT, sehen Manager davon ab, Problembereiche zu desinvestieren. CHO/COHEN bauen auf den Annahmen von BOOT auf und zeigen, dass erst dann eine Desinvestitionsentscheidung getroffen wird, wenn die schlechte Performance eines Geschäftsbereichs nicht länger durch die gute Performance des Unternehmens überdeckt werden kann.40
Zahlreiche Arbeiten sehen in vorangegangenen M&A-Transaktionen den Grund für die später beobachteten Desinvestitionen. Nach RAVENSCRAFT/SCHERER sind Desinvestitionen das Ergebnis vorangegangener fehlgeschlagener Diversifikationsmaßnahmen in nicht verwandte Geschäftsfelder.41 Die aus diesem Anlass über Fusionen ins Unternehmen gekommenen neuen Geschäftsbereiche weisen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf, desinvestiert zu werden. SCHERER sowie BERGH sind der Auffassung, dass enttäuschte Erwartungen bezüglich der realisierbaren finanziellen Synergien zur Einstufung einer M&A-Transaktion als Fehlschlag und schließlich zur Desinvestition führen.42 MONTGOMERY/WILSON finden dagegen keine Hinweise auf die Existenz eines engen Zusammenhangs zwischen M&A-Transaktionen auf der einen und Desinvestitionen auf der anderen Seite.43 Diese Autoren untersuchen einen Zeitraum von zwölf Jahren nach der ersten Welle von M&A-Transaktionen in den 1960er Jahren.44 Sie können für diesen Zeitraum nicht feststellen, dass zuvor integrierte Geschäftsbereiche in einem bedeutenden Maße desinvestiert werden.45 Die von MONTGOMERY/WILSON dennoch im geringen Umfang beobachteten Desinvestitionen deuten zudem darauf hin, dass mit unverwandten Geschäftsbereichen keine höhere Quote von Fehlschlägen verbunden ist als mit verwandten Geschäftsbereichen. Dieses Ergebnis führen die Autoren auf die höheren Integrationserfordernisse bei verwandten Geschäftsbereichen zurück, die die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns ebenfalls erhöhen. 38 39 40 41 42 43 44 45
Vgl. BHIDE (1989), S. 48f. Vgl. hier und im Folgenden BOOT (1992), S. 1402. Vgl. CHO/COHEN (1997), S. 371. Vgl. hier und im Folgenden RAVENSCRAFT/SCHERER (1991), S. 434. Vgl. SCHERER (1986), S. 150; BERGH (1997), S. 727. Vgl. MONTGOMERY/WILSON (1986), S. 94f. Vgl. MONTGOMERY/WILSON (1986), S. 93f. Vgl. hier und im Folgenden MONTGOMERY/WILSON (1986), S. 95f.
10
2 Literatur und Untersuchungsansatz
Eine zu weitgehende sog. „Über-Diversifikation“46 wird ebenfalls als Grund für Desinvestitionen gesehen.47 Als „Über-Diversifikation“ wird der Zustand bezeichnet, in dem die Grenzkosten größer als der Grenzertrag der Diversifikation sind.48 Die zusätzlichen Kosten einer weitergehenden Diversifikation in Form von Koordinationskosten, Informationskosten oder Kosten einer ineffizienten Kapitalallokation auf dem internen Kapitalmarkt übersteigen in dieser Situation die zusätzlichen Erträge aus der bereichsübergreifenden Nutzung von Markennamen, Know-how, Kundenloyalität oder durch Steuerersparnisse und finanzielle Co-Insurance-Effekte.49 Bei Vorliegen einer „Über-Diversifikation“ ist aus Eigentümersicht das Diversifikationsoptimum überschritten.50 Ermöglicht wird dieser Zustand zum einen durch eine schwache Corporate Governance, die es nicht vermag, einem an Unternehmensgröße interessierten opportunistischen bzw. sich selbst überschätzenden Management Einhalt zu gebieten.51 Zum anderen kann eine „Über-Diversifikation“ durch eine Neubewertung durch den Kapitalmarkt entstehen, die die unverändert gebliebene Diversifikation aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auf dem Kapitalmarkt als zu hoch erscheinen lässt. Desinvestitionen werden als Maßnahmen zur Herbeiführung des optimalen Diversifikationsgrades angesehen.52 Ausgelöst werden Desinvestitionen zum einen durch Lernprozesse des Managements.53 Dieses erkennt angesichts einer sich verschlechternden Performance, dass seine Fähigkeit, ein heterogenes Portfolio von Geschäftsbereichen führen zu können, eingeschränkt ist. Es desinvestiert in der Folge Geschäftsbereiche, um ein überschaubares Portfolio zu erhalten. Zum anderen werden Desinvestitionen bei Vorliegen einer „Über-Diversifikation“ durch eine verstärkte Disziplinierung des Managements ausgelöst. Eine Disziplinierung kann durch die Gefahr von feindlichen Übernahmen oder durch das härtere Eingreifen des Board of
Directors
erfolgen.54
BERGH/HOLBEIN
sehen
dagegen
Diversifikation“ keinen eigenständigen Grund für Desinvestitionen.
46 47
48 49
50 51
52 53 54 55
in 55
der
„Über-
Sie kritisieren
MARKIDES (1992), S. 399. Vgl. MARKIDES (1992), S. 399; MARKIDES (1995), S. 102f.; HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994), S. 1208. Vgl. MARKIDES (1992), S. 400. Vgl. für eine Übersicht über die Kosten und Erträge von Diversifikationsmaßnahmen und der dazugehörenden Literatur MARKIDES (1992), S. 399f. Vgl. MARKIDES (1992), S. 400. Vgl. hier und im Folgenden HOSKISSON/TURK (1990), S. 461; MARKIDES (1992), S. 400f.; HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994), S. 1210-1214; MARKIDES (1995), S. 102f. Vgl. MARKIDES (1992), S. 398. Vgl. hier und im Folgenden MARKIDES (1995), S. 103. Vgl. HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994), S. 1211-1219; MARKIDES (1995), S. 103f. Vgl. BERGH/HOLBEIN (1997), S. 563f.
2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen
11
die, aus ihrer Sicht, problematische Annahme, dass ein Zustand der „ÜberDiversifikation“ für Unternehmen existiert.56 BERGH/HOLBEIN kommen vielmehr zu dem Schluss, dass sich auch stark diversifizierte Unternehmen effizient organisieren und führen lassen und damit der Diversifikationsgrad allein die Desinvestitionsentscheidung nicht erklären kann.
Die Ergebnisse von BERGER/OFEK sowie von COMMENT/JARRELL deuten ebenfalls auf einen Einfluss des Diversifikationsgrades auf die Desinvestitionswahrscheinlichkeit hin.57 BERGER/OFEK vergleichen in ihrer Arbeit den Unternehmenswert von diversifizierten Unternehmen mit dem von nicht diversifizierten Unternehmen.58 Ihre Ergebnisse zeigen einen Wertabschlag von 13% bis 15% für diversifizierte Unternehmen gegenüber fokussierten Unternehmen.59 Den Wertabschlag erklären die Autoren mit einem ineffizienten Kapitaleinsatz im diversifizierten Unternehmen, der zusammenhängt mit der Investition in wenig profitable Investitionsobjekte und/oder der Umverteilung von Finanzmitteln von performancestarken zu performanceschwachen Geschäftsbereichen.60 COMMENT/JARRELL untersuchen die Auswirkung von Akquisitionen und Desinvestitionen auf den Unternehmenswert.61 Ihren Ergebnissen zufolge sind Desinvestitionen anders als Akquisitionen in der Regel mit deutlichen Wertzuwächsen verbunden. Desinvestierende Unternehmen weisen in den ersten zwölf Monaten nach einer Desinvestition eine abnormale Rendite von 13% und in den ersten beiden Jahren nach einer Desinvestition eine solche von 15% auf. Aus den Ergebnissen der beiden Arbeiten folgert STEINER, dass Manager in Desinvestitionen einen Weg sehen, um den Wert des Unternehmens zu steigern.62
HOSKISSON/JOHNSON weisen darauf hin, dass neben der Höhe auch der Art der Diversifikation, d.h. der Verwandtschaft zwischen den Geschäftsbereichen, eine entscheidende Bedeutung im Zusammenhang mit der Desinvestitionsentscheidung zukommen kann.63 Sie verdeutlichen, dass die Desinvestition eines Geschäftsbereichs
56 57 58 59
60 61 62 63
Vgl. hier und im Folgenden BERGH/HOLBEIN (1997), S. 561. Vgl. BERGER/OFEK (1995); COMMENT/JARRELL (1995). Vgl. BERGER/OFEK (1995), S. 46f. Vgl. BERGER/OFEK (1995), S. 49. Der Wertabschlag nur der Eigentümer beläuft sich auf 18% bis 22%. Vgl. BERGER/OFEK (1995), S. 55-58. Vgl. hier und im Folgenden COMMENT/JARRELL (1995), S. 78. Vgl. STEINER (1997), S. 234. Vgl. HOSKISSON/JOHNSON (1992), S. 626.
12
2 Literatur und Untersuchungsansatz
in einem verwandt diversifizierten Unternehmen Synergien gefährdet und dadurch den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens bedrohen kann. Ganz ähnlich sieht auch HARRIGAN die Bedrohung von Synergien aufgrund gemeinsam genutzter Vertriebskanäle und Einrichtungen als ein strategisches Desinvestitionshemmnis an.64
Die Erhöhung der Transparenz des Unternehmens, in dessen Folge es zur Herbeiführung einer gerechten Bewertung des Unternehmens durch den Kapitalmarkt kommt, kann der „Informationshypothese“65 zufolge ein Grund für Desinvestitionen sein.66 Die Begründungen und empirischen Ergebnisse unterscheiden sich in diesem Fall für Sell-offs und Spin-offs. HITE/OWERS/ROGERS untersuchen in ihrer Arbeit die Informationshypothese für Sell-offs.67 Diese besagt, dass erst durch Verkaufsverhandlungen für einen Geschäftsbereich dessen wahrer Wert zutage tritt. Das Auftreten eines ernsthaft interessierten Käufers ist für andere Unternehmen ein Zeichen für die Unterbewertung des betrachteten Geschäftsbereichs und erhöht damit ihr Interesse an dem Geschäftsbereich. Mit einer größeren Zahl von Interessenten steigt zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Sell-off des Geschäftsbereichs kommt. HITE/OWERS/ROGERS können mit ihren Ergebnissen die Informationshypothese für Sell-offs nicht stützen.68 KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM untersuchen die auf Spin-offs bezogene Informationshypothese.69 In Bezug auf das Verhalten der Akteure am Kapitalmarkt wird zum einen angenommen, dass diese aufgrund der komplexen Struktur eines diversifizierten Unternehmens nicht in der Lage sind, seinen wahren Wert zu erkennen.70 Zum anderen wird vermutet, dass sie den veröffentlichten Unternehmensdaten misstrauen, da diese aufgrund der vielfältigen Umverteilungsmöglichkeiten in einem diversifizierten Unternehmen die Profitabilität der einzelnen Geschäftsbereiche nicht korrekt ausweisen. Durch den Spin-off entsteht eine rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Einheit, so dass der abgetrennte Geschäftsbereich aber auch der verbleibende kleinere „Rest“ des desinvestierenden Unternehmens aufgrund ihrer einfacheren Strukturen leichter zu erfassen sind und
64 65 66
67 68 69 70
Vgl. hier und im Folgenden HARRIGAN (1981), S. 308f. KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 73. Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 231f.; KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 74f. Eine Informationshypothese für M&A-Transaktionen wurde zuvor von BRADLEY/DESAI/KIM formuliert. Vgl. BRADLEY/DESAI/KIM (1983), S. 184. Vgl. hier und im Folgenden HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 231f. Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 245. Vgl. KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 74f. Vgl. hier und im Folgenden KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 78f.
2.1 Forschung zu den Gründen von Desinvestitionen
13
ihre veröffentlichten Geschäftszahlen weniger in der Gefahr stehen, von konzerninternen Transfers beeinflusst zu sein. Die Informationshypothese geht davon aus, dass die höhere Transparenz zu einer gerechteren, d.h. höheren Bewertung des Unternehmens führt. Aus diesem Grund ist ein Spin-off, mit dem diese höhere Transparenz erzielt werden kann, für das Management attraktiv, falls es das Unternehmen für unterbewertet hält. Die Ergebnisse von KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM stützen ihre Vermutung.71
71
Vgl. KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 110.
14
2 Literatur und Untersuchungsansatz
2.2 Abgrenzung und Erläuterung des Untersuchungsansatzes Die vorliegenden Arbeiten der Desinvestitionsforschung unterscheiden sich stark darin, wie sie dem Management als dem Träger der Desinvestitionsentscheidung Rechnung tragen. Einzelne Arbeiten beschreiben mit Aussagen wie der, dass bei einer schlechten Performance die Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen steigt, lediglich den Zusammenhang zwischen der beobachteten unabhängigen Variablen und der beobachteten abhängigen Variablen.72 Das Management bleibt bei dieser Betrachtungsweise eine Black-Box. Es wird nicht erläutert, welche finanztheoretische Logik das Management dazu motiviert, mit einer Desinvestition ein gewünschtes Ergebnis herbeizuführen. Ferner bleibt unklar, warum das Management überhaupt auf die Ausprägung der unabhängigen Variablen (z.B. eine schlechte Performance) reagiert.
Andere Arbeiten stellen in ihren Begründungen ausschließlich auf die finanztheoretische Logik von Desinvestitionen ab.73 Sie verdeutlichen, wie das Management durch eine Desinvestition eine Verbesserung der finanziellen Lage des Unternehmens herbeiführen kann. Eine Begründung für das Interesse des Managements an der Herbeiführung einer derartigen Verbesserung unterbleibt auch in diesen Arbeiten.
Eine dritte Gruppe von Autoren berücksichtigt bei ihrer Erklärung von Desinvestitionen auch die Motivation des Managements und verdeutlicht damit, warum das Management unter bestimmten Umständen ein Interesse an der Herbeiführung von Desinvestitionen hat.74 Diese Arbeiten verfolgen agencytheoretische Erklärungsansätze, die die Motivation des Managements auf die Abwehr eines drohenden Positionsverlustes oder auf die Vermeidung eines eingeschränkten Handlungsspielraums bei Inaktivität zurückführen. In diesen Arbeiten wird angenommen, dass mit einer Verschlechterung der Performance die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Management durch die Anteilseigner bzw. durch die Mitglieder des Board of Directors seiner Position enthoben wird. Wie MORCK/SHLEIFER/VISHNY zeigen, ist die Gefahr für das Management dann besonders groß, wenn die Performance des Unternehmens einen 72
73
74
Vgl. DUHAIME/GRANT (1984); DUHAIME/BAIRD (1987); MONTGOMERY/THOMAS (1988); RAVENSCRAFT/SCHERER (1991). Vgl. z.B. HITE/OWERS/ROGERS (1987); BERGER/OFEK (1995); COMMENT/JARRELL (1995); KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999). Vgl. hier und im Folgenden BOOT (1992); HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994); LANG/ POULSEN/STULZ (1995); CHO/COHEN (1997).
2.2 Abgrenzung und Erläuterung des Untersuchungsansatzes
15
Referenzwert, wie etwa die Branchen-Performance, nicht erreicht.75 Folglich wird vermutet, dass mit einer sich verschlechternden Performance die Motivation des Managements steigt, den drohenden Positionsverlust abzuwenden. Daraus resultiert eine höhere Desinvestitionswahrscheinlichkeit, wenn die Desinvestition geeignet ist, die schlechte Performance zu verbessern – etwa durch den Verkauf eines problembehafteten Geschäftsbereichs.76
In dieser Arbeit wird zur Erklärung des Desinvestitionsverhaltens von Managern auf das von MILLER/CHEN formulierte und von GREVE modifizierte Modell zur Analyse der Gründe von organisatorischem Wandel zurückgegriffen. Das Modell stützt sich auf Arbeiten der verhaltensorientierten Entscheidungstheorie, der Theorie des organisatorischen Lernens sowie auf Arbeiten über den organisatorischen Wandel.77 Die Autoren verdichten die in dieser Literatur genannten Gründe für organisatorischen Wandel zu drei Faktoren:78 die Motivation, aufgrund eines schlechten PerformanceFeedbacks Veränderungen herbeizuführen, die Akzeptanz von alternativen Strategien und Strukturen vor dem Hintergrund der vorhandenen Erfahrungen und Denkmuster der Entscheidungsträger, sowie die strukturelle Fähigkeit, von der bestehenden Strategie und Struktur abzurücken. Durch die Berücksichtigung dieser drei Faktoren erlaubt die Anwendung des Modells eine verhaltens-, lern- sowie organisationstheoretisch fundierte Analyse von Desinvestitionen.
Das Modell von MILLER/CHEN und GREVE wurde für die Analyse von Maßnahmen des organisatorischen Wandels und nicht speziell zur Untersuchung von Desinvestitionen entwickelt. Als organisatorischer Wandel wird eine einschneidende, radikale Veränderung von Strategie und Struktur des Unternehmens bezeichnet, welche sich als diskretes Ereignis innerhalb relativ kurzer Zeit vollzieht.79 Der organisatorische Wandel beendet einen stetigen Entwicklungsprozess, der sich langsam vollzieht und
75 76
77
78 79
Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. Vgl. BOOT (1992); HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994); LANG/POULSEN/STULZ CHO/COHEN (1997). Vgl. MILLER/CHEN (1994), S. 2; GREVE (1998), S. 58f. Die Modifikation des Modells GREVE besteht in der Berücksichtigung der verhaltensorientierten Entscheidungstheorie Untersuchung der Motivation des Managements. Vgl. hier und im Folgenden MILLER/CHEN (1994), S. 3. Vgl. MILLER/FRIESEN (1982), S. 872; MILLER/FRIESEN (1984), S. 208f.; MAN/ROMANELLI (1985), S. 179. Vgl. für eine Arbeit, in der organisatorischer Wandel als tiger Prozess begriffen wird, BROWN/EISENHARDT (1997).
(1995); durch bei der
TUSHein ste-
16
2 Literatur und Untersuchungsansatz
zu leichten Modifikationen der bestehenden Strategie und Struktur führt.80 Die Merkmale der in dieser Arbeit untersuchten Desinvestitionen stimmen mit denen des organisatorischen Wandels überein: In dieser Arbeit werden ausschließlich Desinvestitionen von Geschäftsbereichen untersucht. Diese Form der Desinvestition stellt eine bedeutende Veränderung der Strategie dar, da sie mit dem Rückzug aus einem Produkt-Markt-Segment verbunden ist. Die in der Arbeit untersuchten diversifizierten Unternehmen sind nach Geschäftsbereichen gegliedert. Die Desinvestition eines Geschäftsbereichs verändert dementsprechend auch die Struktur eines Unternehmens in erheblichem Ausmaß. Angesichts der Bedeutung dieser Form der Desinvestition kann sie als Maßnahme des organisatorischen Wandels gesehen werden. Die Anwendung des gewählten Untersuchungsansatzes ist somit zulässig. Abbildung 2.2: Untersuchungsmodell
Desinvestition
Motivation des Managements, eine Desinvestition zu initiieren
Akzeptanz
strukturelle Fähigkeit
der Desinvestition als Handlungsmöglichkeit
des Unternehmens zur Desinvestition, ohne den Wettbewerbsvorteil zu gefährden
Das auf Basis des Modells von MILLER/CHEN und GREVE formulierte Modell dieser Arbeit ist in Abbildung 2.2 dargestellt. Mit dem Modell wird untersucht, inwieweit die Motivation des Managements, die Akzeptanz von Desinvestitionen und die strukturelle Fähigkeit des Unternehmens Desinvestitionen erklären können. Die Variablen zur Messung der Motivation stellen auf Basis von agencytheoretischen Annahmen sowie der verhaltensorientierten Entscheidungs- und Organisationstheorie auf die Motivation des Managements ab. Die Motivation, eine Desinvestition durchzuführen, entsteht dabei aufgrund eines schlechten Performance-Feedbacks. Das Management erhält ein schlechtes Performance-Feedback, wenn die Performance des Unternehmens hinter Referenzpunkten, sogenannten Anspruchsniveaus zurückbleibt. Darunter sind die Erwartungen zu verstehen, die es seitens des Managements mindestens zu erfül80
Vgl. für eine Abgrenzung des revolutionären vom evolutionären Ansatz des organisatorischen Wandels GERSICK (1991).
2.2 Abgrenzung und Erläuterung des Untersuchungsansatzes
17
len gilt, um ein negatives Performance-Feedback zu vermeiden. Die Desinvestition eines Geschäftsbereichs kann zur Vermeidung eines erneuten negativen Performance-Feedbacks beitragen, wenn diese die Performance des Unternehmens in der Folge verbessert. Das Modell berücksichtigt darüber hinaus, dass ein schlechtes Performance-Feedback die Desinvestitionsentscheidung alleine nicht erklärt.81 Die in das Modell eingeflossenen lern- und organisationstheoretischen Erkenntnisse lassen vermuten, dass die Desinvestitionsentscheidung des Managements durch seine Erfahrungen und Denkmuster sowie durch die Struktur des Unternehmens maßgeblich beeinflusst werden kann. Diesen Erkenntnissen wird im Modell durch die Variablen zur Messung der Akzeptanz und zur Messung der strukturellen Fähigkeit Rechnung getragen. Die Variablen zur Messung der Akzeptanz messen die Erfahrung mit Desinvestitionen und die Heterogenität der Denkmuster im Management. Diejenigen Variablen zur Messung der strukturellen Fähigkeit messen die vertikale Integration der Unternehmen sowie den Grad der Verwandtschaft der Geschäftsbereiche.
Das verwendete Modell stellt mit seinem verhaltensorientierten Ansatz im Gegensatz zu den bisher vorliegenden Ansätzen zur Erklärung von Desinvestitionen verstärkt auf die Entscheidung des Managements ab. Es berücksichtigt das real beobachtete Entscheidungsverhalten von Individuen inklusive der damit verbundenen kognitiven Grenzen der einzelnen Entscheidungsträger. Dadurch ist ein besseres Verständnis der Umstände möglich, die auf Seiten des Managements zu einer Desinvestitonsentscheidung führen.
Zur Auswertung der Daten wird die Event History Analyse als statistische Methode gewählt.82 Diese trägt aufgrund ihres zeitraumbezogenen Ansatzes der Unternehmensentwicklung Rechnung. Die Desinvestitionsursachen lassen sich aufgrund der zeitraumbezogenen Datenauswertung gegenüber den zeitpunktbezogenen Methoden, die in der bisherigen Literatur angewendet werden, genauer ermitteln.83 Weiter berücksichtigt das Analyseverfahren sowohl desinvestierende, als auch nicht desinvestierende Unternehmen. Folglich können systematische Unterschiede zwischen beiden Gruppen in die Ergebnisse einfließen und so ihre Aussagekraft erhöhen.
81 82 83
Vgl. hier und im Folgenden GREVE (1998), S. 58. Vgl. ALLISON (1984); YAMAGUCHI (1991). Vgl. für einen ebenfalls zeitraumbezogenen Ansatz RAVENSCRAFT/SCHERER (1987); RAVENSCRAFT/SCHERER (1991).
18
2 Literatur und Untersuchungsansatz
Die folgenden Kapitel 3, 4, und 5 behandeln nacheinander die drei Faktoren des Modells „Motivation“, „Akzeptanz“ und „strukturelle Fähigkeit“. In den einzelnen Kapiteln werden – ausgehend von der Theorie – die Hypothesen für die jeweiligen Faktoren abgeleitet.
19
3 Motivation In diesem Kapitel werden die Hypothesen zum Einfluss der Motivation des Managements auf die Desinvestitionswahrscheinlichkeit hergeleitet. (vgl. Abbildung 3.1). Abbildung 3.1: Untersuchungsmodell - Motivation
Desinvestition
Motivation des Managements, eine Desinvestition zu initiieren
Akzeptanz
strukturelle Fähigkeit
der Desinvestition als Handlungsmöglichkeit
des Unternehmens zur Desinvestition, ohne den Wettbewerbsvorteil zu gefährden
Den Ausgangspunkt für die Analyse der Motivation des Managements bilden vier agencytheoretisch geprägte Annahmen: (1)
Das Management verhält sich grundsätzlich opportunistisch, d.h. es ist stärker an Kontrolle über das Unternehmensvermögen und an der Unternehmensgröße als an wertsteigernden Desinvestitionen interessiert.84
(2)
Die Aufnahme von Finanzmitteln am Kapitalmarkt ist für Unternehmen begrenzt, da der Kapitalmarkt die Rentabilität von geplanten Investitionsprojekten nicht beurteilen kann und gleichzeitig den Angaben des an der Unternehmensgröße interessierten Managements misstraut.85
(3)
Es existiert ein Mechanismus zur effektiven Disziplinierung des Managements bei nicht zufriedenstellender Leistung.86 Die disziplinierende Wirkung geht von einem drohenden Positionsverlust bei schlechter Performance des Unternehmens aus.87
(4)
Dem Management sind die Kennzahlen, anhand derer die Performance des Unternehmens beurteilt wird, bekannt und richtet sein Verhalten an diesen Kennzahlen aus.
84 85 86 87
Vgl. LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5. Vgl. STULZ (1990), S. 4; STEIN (1997), S. 112. Vgl. BÜHNER/STILLER (2004). Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989); BOEKER (1992); DENIS/KRUSE (2000).
20
3 Motivation
Den Annahmen entsprechend besteht die Motivation des Managements, eine Desinvestition durchzuführen, dann, wenn ein Positionsverlust aufgrund schlechter Performance droht und eine Desinvestition ein Mittel zur Verbesserung der Situation darstellt. Wann die Performance eines Unternehmens als schlecht eingestuft wird und daraus beim Management eine Motivation zur Desinvestition entsteht, wird mittels der verhaltensorientierten Entscheidungs- und Organisationstheorie untersucht.
3.1 Theorie Die verhaltensorientierte Entscheidungs- und Organisationstheorie geht von Entscheidungsträgern aus, die zur Vereinfachung von komplexen Zusammenhängen ihre Situation anhand von Anspruchsniveaus beurteilen.88 Anspruchsniveaus werden von Entscheidungsträgern nach subjektivem Ermessen gebildet.89 Da sie der Vereinfachung dienen sollen, stellen sie eher grobe Schätzungen als theoretisch unangreifbare Maßstäbe dar.90 In der Literatur wird das Anspruchsniveau als „Referenzpunkt“91, „Ziel“92 oder „zufriedenstellendes“93 Niveau definiert. Eine Vereinfachung der Entscheidungssituation durch den Entscheidungsträger ist möglich, indem er durch einen Vergleich mit seinem Anspruchsniveau seine aktuelle Situation entweder als Erfolg oder Misserfolg einordnet.94 Wird das Anspruchsniveau erreicht bzw. übertroffen, so wird dies als zufriedenstellendes Ergebnis bzw. als Erfolg eingestuft, da die im Anspruchsniveau zum Ausdruck kommenden Erwartungen erreicht bzw. übertroffen werden. Wird das Anspruchsniveau hingegen nicht erreicht und damit die Erwartungen nicht erfüllt, wertet der Entscheidungsträger dies als Misserfolg bzw. als nicht zufriedenstellendes Ergebnis. Aus der Einstufung der Situation als Erfolg oder Misserfolg ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen auf die Motivation des Entscheidungsträgers. Im Misserfolgsfall ist er bestrebt, diejenigen Maßnahmen zu 88
89 90 91 92 93 94
Vgl. MARCH/SIMON (1958), S. 169; SIMON (1976), S. 272f.; KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 277-279; PAYNE/LAUGHHUNN/CRUM (1980), S. 1041. Vgl. zur Rationalität von Entscheidungsträgern grundlegend SIMON (1976), S. 61-109. Vgl. SIMON (1957), S. 253. Vgl. SIMON (1957), S. 259. KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 274. Ebenso KAMEDA/DAVIS (1990), S. 56. GRINYER/MCKIERNAN (1990), S. 131. SIMON (1955), S. 111. Vgl. hier und im Folgenden LANT/MONTGOMERY (1987), S. 515; MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1412f.; MARCH (1988), S. 7; MILLIKEN/LANT (1991), S. 130f.; LEVINTHAL/MARCH (1993), S. 96f.
3.1 Theorie
21
ergreifen, die ihn mindestens das Anspruchsniveau erreichen lassen. Im Erfolgsfall hingegen verfügt er über keine Motivation, seine Position durch Maßnahmen zu verändern, die möglicherweise sogar seinen Status-quo gefährden können.
Die Lage des Anspruchsniveaus ist individuell verschieden und hängt von der Erfahrung und dem Umfeld des Entscheidungsträgers ab.95 Die individuell unterschiedlichen Anspruchsniveaus können dazu führen, dass dasselbe Ergebnis von zwei verschiedenen Entscheidungsträgern unterschiedlich interpretiert wird.96 Da sich die Erfahrungen und das Umfeld im Laufe der Zeit verändern, ist auch das Anspruchsniveau im Zeitablauf nicht konstant, sondern passt sich fortwährend den neuen Bedingungen an.97
Die Ergebnisse zahlreiche empirischer Arbeiten deuten auf ein dementsprechendes Entscheidungsverhalten des Managements hin. SINGH zeigt, dass Manager in Unternehmen, deren Performance hinter einem zufriedenstellenden Niveau zurückbleibt, eine hohe Motivation aufweisen, risikoreiche Maßnahmen zu wählen.98 Mit der Wahl dieser Maßnahmen ist eine größere Wahrscheinlichkeit verbunden, eine Performance zu erreichen, die oberhalb des zufriedenstellenden Niveaus liegt. Die Arbeiten von FIEGENBAUM/THOMAS sowie BROMILEY deuten darauf hin, dass eine schlechte Performance relativ zu einem Anspruchsniveau die Wahrscheinlichkeit von Veränderungen der Strategie und Struktur eines Unternehmens erhöht.99 Auch ein weitreichender Umbau des Unternehmens ist nach GRINYER/McKIERNAN nur möglich, wenn die Performance deutlich hinter dem Anspruchniveau der Organisation zurückbleibt.100 Erst diese Situation schafft das Gefühl von Krise und macht die Notwendigkeit weitreichender Entscheidungen deutlich. MAO zeigt in seiner Untersuchung des Investitionsplanungsprozesses amerikanischer Unternehmen, dass Manager die Vorteilhaftigkeit verschiedener Investitionsobjekte anhand von festgelegten Zielrenditen beurteilen.101 Auch MARCH/SHAPIRA kommen in ihrer Analyse des
95
96 97 98 99 100 101
Vgl. KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 277; TVERSKY/KAHNEMAN (1986), S. 257; MARCH (1988), S. 14. Vgl. GREVE (1998), S. 60. Vgl. KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 286; MARCH (1988), S. 7f., 14; LANT (1992), S. 641. Vgl. hier und im Folgenden SINGH (1986), S. 565f. Vgl. FIEGENBAUM/THOMAS (1988), S. 97; BROMILEY (1991), S. 47, 53f. Vgl. hier und im Folgenden GRINYER/MCKIERNAN (1990), S. 136f. Vgl. MAO (1970), S. 343. In die gleiche Richtung gehen CONRATH (1973), S. 873; LIBBY/FISHBURN (1977), S. 288f.
22
3 Motivation
Managerverhaltens zu dem Ergebnis, dass Manager sich an Anspruchsniveaus orientieren.102 Sie zeigen, dass ein enger Zusammenhang besteht zwischen dem Nichterreichen von Anspruchsniveaus und der Motivation des Managements, einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Die erhöhte Motivation des Managements, Veränderungen herbeizuführen sehen MARCH/SHAPIRA in der Angst des Managements um die eigene Position begründet. Bei Unterschreitung des Anspruchsniveaus befürchtet das Management, seine Position zu verlieren und setzt folglich alles daran, dies zu verhindern, wenn nötig auch mit einschneidenden Maßnahmen.
In Anspruchsniveaus kommen die Erwartungen der Manager hinsichtlich der als zufriedenstellend angesehenen betriebswirtschaftlichen Ergebnisse zum Ausdruck.103 Das Nichterreichen der Anspruchsniveaus wird von den Managern als Misserfolg betrachtet, da sie sich in dieser Situation in einer größeren Gefahr sehen, die eigene Position zu verlieren.104 Folglich erwächst aus dem Misserfolg eine größere Motivation, durch Maßnahmen der Unternehmensführung das Anspruchsniveau zu übertreffen, um damit die eigene Position zu sichern. Desinvestitionen können Maßnahmen sein, die eine Verbesserung der Situation ermöglichen.105
Manager wählen im Misserfolgsfall verstärkt risikoreiche Maßnahmen, um das Anspruchsniveau zu erreichen. Diese Maßnahmen würde das Management im Erfolgsfall nicht wählen, da mit ihnen eine große Gefahr einhergeht, bei einem Scheitern hinter das Anspruchsniveau zurückzufallen.106 Desinvestitionen sind derart risikoreiche Maßnahmen, von denen sich das Management im Misserfolgsfall das Erreichen eines zufriedenstellenden Performanceniveaus erhofft.107
Abbildung 3.2 stellt das vermutete Entscheidungsverhalten des Managements als funktionalen Zusammenhang dar. 108
102
Vgl. hier und im Folgenden MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. Vgl. SIMON (1976), S. xxviii, 68. 104 Vgl. LANT/MONTGOMERY (1987), S. 505; MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. 105 Vgl. die in Kapitel 2 genannten positiven Auswirkungen von Desinvestitionen auf die Effizienz des eingesetzten Kapitals sowie die Möglichkeit, eine Desinvestition als Quelle von Finanzmitteln zu nutzen. Vgl. Kapitel 2.1, S. 5-5. 106 Vgl. SINGH (1986), S. 565f. 107 Vgl. SANDERS (2001), S. 479f. 108 Vgl. hier und im Folgenden KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 279; GREVE (1998), S. 62. 103
3.1 Theorie
23
Abbildung 3.2: Performance und Desinvestitionen – vermuteter Zusammenhang Misserfolgsbereich
Erfolgsbereich
Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition
AN
Performance
AN…Anspruchsniveau
Der Funktionsverlauf weist zwei Merkmale auf: Zum einen sinkt mit steigender Performance des Unternehmens die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition. Dies trifft sowohl für den Erfolgs-, als auch für den Misserfolgsbereich zu.
Zum anderen weist die Kurve zwei Abschnitte mit unterschiedlichen Steigungen auf, wobei sich der Knotenpunkt auf Höhe des Anspruchsniveaus befindet. Die Kurve verläuft im Misserfolgsbereich flacher, d.h. mit steigender Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition im Misserfolgsbereich weniger stark ab als im Erfolgsbereich.
Die flachere Steigung der Kurve im Misserfolgsbereich spiegelt die geringe Wertschätzung einer Performance unterhalb des Anspruchsniveaus durch das Management wider. Sie ist Ausdruck der im Misserfolgsbereich anhaltend großen Gefahr eines Positionsverlustes für das Management.109 Solange das Anspruchsniveau nicht erreicht wird, ist das Management Veränderungen gegenüber aufgeschlossen und wird mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Desinvestition anstoßen, die zu einer Verbesserung der Situation führen kann.110 Sobald eine Performance oberhalb des Anspruchsniveaus verzeichnet wird, sinkt die Motivation des Managements, sich für eine Desinvestition zu entscheiden, mit steigender Performance des Unternehmens deutlich ab. Je weiter die Performance das Anspruchsniveau übersteigt, desto
109 110
Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. Vgl. hier und im Folgenden MILLER/CHEN (1994), S. 4.
24
3 Motivation
geringer schätzt das Management die Gefahr eines Positionsverlustes ein. Mit steigender Performance verfügt das Management im Erfolgsbereich daher über eine immer geringere Motivation, eine Desinvestition durchzuführen, die grundsätzlich seinen eigenen Interessen zuwiderläuft.111
111
Vgl. GREVE (1998), S. 62.
3.2 Hypothesen
25
3.2 Hypothesen Für die im vorangegangenen Kapitel 3.1 vorgenommenen allgemeinen Überlegungen bezüglich des Zusammenhangs zwischen Performance, Anspruchsniveaus und der Motivation, zu desinvestieren, werden in diesem Kapitel die empirisch zu überprüfenden Hypothesen formuliert.112 Dazu werden die Anspruchsniveaus sowie die Performancemaße, an denen sich das Management orientiert, spezifiziert.
3.2.1 Anspruchsniveaus Anspruchsniveaus können auf zweierlei Weise gebildet werden.113 Das Anspruchsniveau kann sich aus einem sozialen Vergleich – d.h. dem Vergleich eigener Ergebnisse mit denjenigen einer ähnlichen Gruppe – entwickeln.114 Es kann auch aus einem historischen Vergleich hervorgehen, welcher die eigenen Ergebnisse aus Gegenwart und Vergangenheit gegenüberstellt.115
(1) Sozialer Vergleich Bei der Durchführung des sozialen Vergleichs bilden Manager ihre Referenzgruppen aus anderen Unternehmen, die ähnliche Attribute aufweisen wie das eigene.116 Von zentraler Bedeutung bei der Auswahl von Referenzunternehmen ist die Branchenübereinstimmung.117 FLIGSTEIN zeigt in seiner Arbeit, dass Unternehmen eine Geschäftsbereichorganisation mit höherer Wahrscheinlichkeit dann einführen, wenn andere Unternehmen der gleichen Branche diese Organisationsform bereits vermehrt gewählt haben.118 Da sich die Beobachtung des Managements jedoch auf eine kleine Anzahl von Unternehmen beschränkt, setzt sich die Referenzgruppe in der Regel nur aus einer Teilmenge der Branche zusammen.119 Diese Teilmenge wird aus Unternehmen ge-
112
Vgl. Kapitel 3.1, S. 5-5. Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 123; KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 286f. 114 Vgl. hier und im Folgenden FESTINGER (1954), S. 118; CYERT/MARCH (1963), S. 123. 115 Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 115. 116 Vgl. PORAC/THOMAS (1990), S. 227. 117 Vgl. HAVEMAN (1993), S. 58f.; DAVIS, G. F./GREVE (1997), S. 15. 118 Vgl. FLIGSTEIN (1985), S. 386. 119 Vgl. PORAC/THOMAS (1990), S. 228-230, 233; REGER/HUFF (1993), S. 115-117. 113
26
3 Motivation
bildet, die hinsichtlich Größe, Erfolg, Produkt, Technologie und Standort weitgehend homogen sind.120
In ihrer Arbeit über den US-amerikanischen Bankenmarktes kommt HAVEMAN zu dem Schluss, dass es die erfolgreichen Unternehmen innerhalb einer Branche waren, die den übrigen Unternehmen als Referenz bei ihrer Entscheidung dienten, in ein neues Marktsegment vorzustoßen.121 PORAC u.a. finden in ihrer Studie heraus, dass sich die Manager schottischer Unternehmen zur Herstellung von Strickwaren nicht etwa an der gesamten Textilbranche orientierten, sondern nur an einem kleinen Ausschnitt davon.122 Die Manager betrachteten nur solche Unternehmen als Wettbewerber, die in Schottland und Umgebung ansässig waren, Produkte mit ähnlichem Design herstellten, dieselbe Art des Garns verarbeiteten sowie über eine ähnliche Größe verfügten.
Das Anspruchsniveau, das hervorgeht aus der durchschnittlichen Performance einer kleinen Gruppe branchengleicher Unternehmen wird im Folgenden als BranchenAnspruchsniveau bezeichnet.
Da in dieser Arbeit ausschließlich diversifizierte Unternehmen untersucht werden, kann sich ein weiteres Anspruchsniveau aus dem sozialen Vergleich der Geschäftsbereiche eines Unternehmens untereinander entwickeln. Der Auszug aus dem Geschäftsbericht der ALLIEDSIGNAL Inc. für das Jahr 1997 verdeutlicht, dass das Management die unterschiedlichen Geschäftsbereiche eines Unternehmens miteinander vergleicht und aus dem Vergleich unter Umständen Desinvestitionsentscheidungen ableitet:
„The Company continuously assesses the relative strength of its portfolio of businesses as to strategic fit, market position and profit contribution in order to upgrade its combined portfolio and identify operating units that will most benefit from increased investment…The Company also identifies operating units that do not fit into its long-term strategic plan based on their market position, relative profitability or growth potential. These operating 120 121 122
Vgl. HAVEMAN (1993), S. 622; PORAC u.a. (1995), S. 222. Vgl. HAVEMAN (1993), S. 622. Vgl. hier und im Folgenden PORAC u.a. (1995), S. 222.
3.2 Hypothesen
27
units are considered for potential divestiture, restructuring or other repositioning action.”123
Das aus der durchschnittlichen Performance der übrigen Geschäftsbereiche des Unternehmens
gewonnene
Anspruchniveau
wird
im
Folgenden
Konzern-
Anspruchsniveau genannt.
(2) Historischer Vergleich Bei der Durchführung des historischen Vergleichs bilden Manager ihre Referenzgruppen aus Daten des eigenen Unternehmens aus der Vergangenheit.124 BOLTEN weist die Bedeutung von Anspruchsniveaus, die aus einem historischen Vergleich hervorgegangen sind, für Managemententscheidungen nach.125 BOLTON verdeutlicht, dass Unternehmen deren Erfolge hinter den Erfolgen der Vorjahre zurückbleiben wesentlich häufiger zu den frühen Adoptoren einer Innovation zählen als Unternehmen deren Erfolge über denen der Vorjahre lagen. Das Nichterreichen früherer Erfolge führt somit dazu, dass Unternehmen die Notwendigkeit von Veränderungen erkennen. Veränderungen werden dann als Mittel gesehen, um an frühere Erfolge anzuknüpfen.
Der historische Vergleich bietet durch die Bezugnahme auf die Daten des eigenen Unternehmens gegenüber dem sozialen Vergleich grundsätzlich den Vorteil der völligen Übereinstimmung bzw. Homogenität.126 Allerdings birgt die Nutzung historischer Daten die Gefahr, dass die Veränderungen des Unternehmens und die Strukturbrüche des Marktes nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Das Anspruchsniveau, das aus dem historischen Vergleich mit den Daten des eigenen Unternehmens aus der Vergangenheit hervorgeht, wird im Folgenden Vergangenheits-Anspruchsniveau genannt.
123
ALLIEDSIGNAL INC. (1998), S. 11. Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 115. Vgl. hier und im Folgenden BOLTON (1993), S. 68-70. 126 Vgl. hier und im Folgenden GREVE (1998), S. 60f. 124 125
28
3 Motivation
3.2.2 Operative Performance des Geschäftsbereichs Vom Management wird der effiziente Einsatz der bereitgestellten Ressource Kapital erwartet.127 Das Management kontrolliert daher neben der Performance des Unternehmens auch die Performance der Geschäftsbereiche und macht davon gegebenenfalls seine Desinvestitionsentscheidung abhängig.128 Die Performance der Geschäftsbereiche wird durch die Gesamtkapitalrendite der Geschäftsbereiche als einem operativen Performancemaß in dieser Arbeit berücksichtigt.129
(1) Branchen-Anspruchsniveau Der Vergleich der operativen Performance eines Geschäftsbereichs mit dem Branchen-Anspruchsniveau ermöglicht ein Urteil über die Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsbereichs.130 Das Branchen-Anspruchsniveau zeigt eine im Vergleich zu branchengleichen Unternehmen zufriedenstellende Verzinsung des eingesetzten Kapitals an.131 Eine Verfehlung des Branchen-Anspruchsniveaus wird dem Management zur Last gelegt und erhöht die Gefahr, dass das Management seiner Position enthoben wird.132 Eine hinter dem Branchen-Anspruchsniveau zurückbleibende operative Performance wird daher vom Management als Misserfolg gewertet.133 Um seine Position nicht zu gefährden, beabsichtigt das Management, mindestens das BranchenAnspruchsniveau zu erreichen.134 Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Management Maßnahmen ergreift, die zu einer Steigerung der Rendite des im Geschäftsbereich eingesetzten Kapitals führen. Zahlreiche Arbeiten zeigen, dass über Desinvestitionen ein höher rentierlicher Einsatz des im Geschäftsbereich gebundenen Kapitals möglich ist.135 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Branchen-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des Branchen-Anspruchsniveaus führt eine sich verbessernde operative Performance zu einer 127
Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 230-232. Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 302; MONTGOMERY/THOMAS/KAMATH (1984), S. 833; RAVENSCRAFT/SCHERER (1991), S. 434. 129 Für eine nähere Erläuterung vgl. Kapitel 6.2.2, S. 5. 130 Vgl. hier und im Folgenden GHOSHAL/WESTNEY (1991), S. 25. 131 Vgl. SIMON (1976), S. xxviii, 272; MARCH/SIMON (1958), S. 169. 132 Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. 133 Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. 134 Vgl. hier und im Folgenden SINGH (1986), S. 565f. 135 Vgl. HITE/OWERS (1983), S. 413; SCHIPPER/SMITH (1983), S. 448; HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 232; DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR (1997), S. 277f.; DESAI/JAIN (1999), S. 76. 128
3.2 Hypothesen
29
deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 1a: Mit steigender operativer Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen unterhalb des Branchen-Anspruchsniveaus ist schwächer als oberhalb.
(2) Konzern-Anspruchsniveau In diversifizierten Unternehmen konkurrieren die Geschäftsbereiche um knappe Ressourcen.136 Der Vergleich der operativen Performance eines Geschäftsbereichs mit dem Konzern-Anspruchsniveau erlaubt eine Aussage darüber, ob es in dem betrachteten Geschäftsbereich gelungen ist, mit der knappen Ressource Kapital eine im Vergleich zu den übrigen Geschäftsbereichen zufriedenstellende Rendite zu erzielen.137 Das Nichterreichen des Konzern-Anspruchsniveaus kann als Zeichen einer Fehlallokation des im Unternehmen eingesetzten Kapitals betrachtet werden, das das Management zu verantworten hat.138 Das Management sieht seine Position in Gefahr, sollte es diese Fehlallokation nicht beseitigen.139 Das Management wird daher mit höherer Wahrscheinlichkeit Maßnahmen ergreifen, die zu einer Rendite des eingesetzten Kapitals mindestens auf Höhe des Konzern-Anspruchsniveaus führen.140 Eine Desinvestition kann eine geeignete Maßnahme für das Management darstellen, da sie die höher rentierliche Re-Investition der durch sie eingenommenen Finanzmittel erlaubt.141 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Konzern-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des KonzernAnspruchsniveaus führt eine sich verbessernde operative Performance zu einer 136
Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 302. Vgl. SIMON (1976), S. xxviii, 272; MARCH/SIMON (1958), S. 169. Vgl. SIMON (1976), S. 68. Da die beobachtete Performance als Indikator für die zukünftige Performance genutzt wird, erwartet das Management, dass eine Umverteilung der knappen Ressource Kapital von performanceschwachen zu performancestarken Geschäftsbereichen die Rendite auf das eingesetzte Kapital im Unternehmen erhöhen kann. DUHAIME/GRANT (1984), S. 302; o.V. (2004). 139 Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. 140 Vgl. SINGH (1986), S. 565f. 141 Vgl. STEIN (1997), S. 131. 137 138
30
3 Motivation
deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 1b: Mit steigender operativer Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen unterhalb des Konzern-Anspruchsniveaus ist schwächer als oberhalb.
(3) Vergangenheits-Anspruchsniveau Vom Management wird eine positive Entwicklung der Geschäftsbereiche des Unternehmens erwartet.142 Der Vergleich zwischen der beobachteten operativen Performance und dem Vergangenheits-Anspruchsniveau erlaubt einen Rückschluss auf die Fähigkeit des Managements, die Rentabilität des betrachteten Geschäftsbereichs zu sichern und damit eine zufriedenstellende Performance zu erbringen.143 Ein Zurückbleiben hinter der durchschnittlichen operativen Performance der Vorjahre wird als Misserfolg gewertet und dem Management zur Last gelegt.144 In dieser Situation sieht das Management seine Position in Gefahr und wird mit höherer Wahrscheinlichkeit Maßnahmen wählen, mit denen eine Rendite des eingesetzten Kapitals erzielt werden kann, die mindestens dem Vergangenheits-Anspruchsniveau entspricht.145 Desinvestitionen können über die Partizipation am wirtschaftlicheren Einsatz des eingesetzten Kapitals in einem anderen Unternehmen bzw. durch die höher rentierlichere Re-Investition der eingenommenen Finanzmittel im eigenen Unternehmen zu einer positiven Entwicklung beitragen.146 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Vergangenheits-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des Vergangenheits-Anspruchsniveaus führt eine sich
142
Vgl. hier und im Folgenden BROWNING (2004), S. C1. Vgl. SIMON (1976), S. xxviii, 272; MARCH/SIMON (1958), S. 169. 144 Vgl. LANT/MONTGOMERY (1987), S. 505; MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. 145 Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. 146 Vgl. HITE/OWERS (1983), S. 413; SCHIPPER/SMITH (1983), S. 448; HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 232; DALEY/MEHROTRA/SIVAKUMAR (1997), S. 277f.; STEIN (1997), S. 131; DESAI/ JAIN (1999), S. 76. 143
3.2 Hypothesen
31
verbessernde operative Performance zu einer deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 1c: Mit steigender operativer Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen
unterhalb
des
Vergangenheits-Anspruchs-
niveaus ist schwächer als oberhalb.
3.2.3 Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens Das Management hat die Aufgabe, den Wert des im Unternehmen investierten Kapitals zu bewahren bzw. zu steigern.147 Inwieweit dies dem Management gelingt, wird anhand der Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens beurteilt.148 Darüber hinaus deuten auch zahlreiche Arbeiten der Desinvestitionsforschung auf einen Zusammenhang zwischen der Kapitalmarkt-Performance eines Unternehmens und der Desinvestitionswahrscheinlichkeit hin.149 Die Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens wird in dieser Arbeit durch das Markt-/ Buchwertverhältnis berücksichtigt.150
(1) Branchen-Anspruchsniveau Der Vergleich der Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens mit dem BranchenAnspruchsniveau zeigt, wie der Kapitalmarkt die Strategie und Struktur des eigenen Unternehmens im Vergleich zu branchengleichen Unternehmen beurteilt.151 Bleibt die Kapitalmarkt-Performance hinter dem Branchen-Anspruchsniveau zurück, bescheinigt der Kapitalmarkt dem Unternehmen eine weniger erfolgreiche Zukunft als branchengleichen Unternehmen. Die Verantwortung für die relativ schlechten Zukunftsaussichten trägt das Management, das in dieser Situation von einer erhöhten
147
Vgl. BÜHNER/TUSCHKE (1999), S. 5. Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 846f. 149 Vgl. z.B. HITE/OWERS/ROGERS (1987); BERGER/OFEK (1995); COMMENT/JARRELL (1995); KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM 1999); HAYNES/THOMPSON/WRIGHT (2000). 150 Für eine nähere Erläuterung vgl. Kapitel 6.2.2, S. 5. 151 Vgl. hier und im Folgenden MANNE (1965); MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 844; BÜHNER/STILLER (2004), Sp. 571. 148
32
3 Motivation
Gefahr für die eigene Position ausgehen muss.152 Das Management bewertet das Nichterreichen des Branchen-Anspruchsniveaus daher als Misserfolg und sucht nach Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Situation führen können.153 Eine Desinvestition kann eine Maßnahme sein, um die Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens zu verbessern.154 Der Kapitalmarkt begegnet diversifizierten Unternehmen mit Skepsis: Es wird bezweifelt, dass das Management ein heterogenes Produktportfolio effizient führen kann, es wird eine ineffiziente Kapitalallokation, die geprägt ist von Quersubventionen, unterstellt und es wird die mangelnde Transparenz kritisiert, die nur eine eingeschränkte Beobachtung der wahren Vorgänge und Ergebnisse im Unternehmen ermöglicht. Eine Desinvestition kann den mit dieser Skepsis verbundenen Wertabschlag durch die Verringerung des Diversifikationsgrades zumindest teilweise abbauen.155 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Branchen-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des BranchenAnspruchsniveaus führt eine sich verbessernde Kapitalmarkt-Performance zu einer deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 2a: Mit steigender Kapitalmarkt-Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen unterhalb des Branchen-Anspruchsniveaus ist schwächer als oberhalb.
(2) Vergangenheits-Anspruchsniveau Der
Vergleich
der
Kapitalmarkt-Performance
mit
dem
Vergangenheits-
Anspruchsniveau zeigt, ob sich die Zukunftsaussichten des Unternehmens nach Ansicht des Kapitalmarktes verbessert oder verschlechtert haben.156 Ein Unterschreiten des Vergangenheits-Anspruchsniveaus steht für eine Verschlechterung der Zu-
152
Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409; MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 844. Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. Vgl. hier und im Folgenden MARKIDES (1995), S. 103; BERGER/OFEK (1995), S. 55-58; KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 78f. 155 Vgl. COMMENT/JARRELL (1995), S. 78. 156 Vgl. hier und im Folgenden MILLIKEN/LANT (1991), S. 131. 153 154
3.2 Hypothesen
33
kunftsaussichten des Unternehmens. Das Management hat diese Entwicklung zu verantworten und sieht seine Position in Gefahr.157 Mit einer größeren Wahrscheinlichkeit wird das Management infolgedessen einen Geschäftsbereich desinvestieren, um damit den diversifikationsbedingten Wertabschlag zu verringern und eine Verbesserung der Kapitalmarkt-Performance herbeizuführen.158 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Vergangenheits-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des Vergangenheits-Anspruchsniveaus führt eine sich verbessernde Kapitalmarkt-Performance zu einer deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 2b: Mit steigender Kapitalmarkt-Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen unterhalb des Vergangenheits-Anspruchsniveaus ist schwächer als oberhalb.
3.2.4 Verschuldung des Unternehmens Mit steigender Verschuldung des Unternehmens steigt aufgrund des größeren Kapitaldienstes auch die Gefahr einer Insolvenz.159 Eine Insolvenz bedroht das Eigentum der Anteilseigner als auch die von den Fremdkapitalgebern vergebenen Kredite und geht in der Regel mit der Auswechselung des Managements einher.160 Das Management schenkt daher der Verschuldung eines Unternehmens Beachtung. Auch zahlreiche Arbeiten der Desinvestitionsforschung weisen auf einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Verschuldung und der Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen hin.161 Die Verschuldung des Unternehmens wird anhand des Branchen- bzw.
157
Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. Vgl. MILLIKEN/LANT (1991), S. 150; MARKIDES (1995), S. 103; BERGER/OFEK (1995), S. 55-58; KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 78f. 159 Vgl. JENSEN (1986), S. 324. 160 Vgl. MAIER/WIHOFZSKI (2005). 161 Vgl. z.B. DUHAIME/GRANT (1984), S. 311; HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 230; MONTGOMERY/THOMAS (1988), S. 94; OFEK (1993), S. 4-6; LANG/POULSEN/STULZ (1995), S. 5; HAYNES/THOMPSON/WRIGHT (2000), S. 16. 158
34
3 Motivation
Vergangenheits-Anspruchsniveaus beurteilt und in dieser Arbeit durch den Anspannungsgrad I berücksichtigt.162
(1) Branchen-Anspruchsniveau Zur Beurteilung der Verschuldung des Unternehmens dient das BranchenAnspruchsniveau als Referenzpunkt.163 Übersteigt die Verschuldung das BranchenAnspruchsniveau, kann die Befürchtung entstehen, dass das Unternehmen aufgrund der verbleibenden geringeren finanziellen Spielräume weniger gut in der Lage ist, auf zukünftige Herausforderungen reagieren und den erforderlich Kapitaldienst erbringen zu können.164 Das Management sieht sich dann in der Pflicht, eine Rückführung der Verschuldung zu erreichen.165 Bei einer Vernachlässigung dieser Verpflichtung befürchtet das Management, seine Position zu verlieren. Es entscheidet sich daher mit größerer Wahrscheinlichkeit für Maßnahmen, die Finanzmittel zum Schuldenabbau generieren.166 Eine Desinvestition kann durch den Verkauf bzw. den Börsengang eines Geschäftsbereichs Finanzmittel generieren und damit diesem Zweck dienen.167 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass solange das Branchen-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des Branchen-Anspruchsniveaus führt eine sich verbessernde Verschuldung zu einer deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Anders als bei der operativen Performance und der Kapitalmarkt-Performance wird bei der Verschuldung ein positiver Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen unterstellt. Dieser ist in Abbildung 3.3 dargestellt.168
162
Für eine nähere Erläuterung vgl. Kapitel 6.2.2, S. 5. Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 123; PORAC/THOMAS (1990), S. 227. 164 Vgl. STULZ (1990), S. 4; STEIN (1997), S. 112. 165 Vgl. SIMON (1976), S. 68. 166 Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409; MILLIKEN/LANT (1991), S. 150; MAIER/WIHOFZSKI (2005). 167 Vgl. MAIER/WIHOFZSKI (2005). 168 Vgl. GREVE (1998), S. 61f. 163
3.2 Hypothesen
35
Abbildung 3.3: Verschuldung und Desinvestitionen – vermuteter Zusammenhang Erfolgsbereich
Misserfolgsbereich
Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition
(1)
Branchen-AN bzw.
(2)
Vergangenheits-AN
Verschuldung
AN…Anspruchsniveau
Die Hypothese lautet:
Hypothese 3a: Mit sinkender Verschuldung des Unternehmens nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei einem Verschuldungsabbau oberhalb des BranchenAnspruchsniveaus ist schwächer als unterhalb.
(2) Vergangenheits-Anspruchsniveau Der Vergleich der Verschuldung mit dem Vergangenheits-Anspruchsniveau zeigt die Veränderung des finanziellen Spielraums des Unternehmens an.169 Ein Überschreiten des Vergangenheits-Anspruchsniveaus deutet auf einen kleineren Finanzierungsspielraum hin und wird als Misserfolg gewertet.170 Das Management befürchtet, dass ihm diese Entwicklung zur Last gelegt und ihm mit dem Entzug seiner Position gedroht wird, sollte die Entwicklung nicht rückgängig gemacht werden.171 Das Management entscheidet sich in dieser Situation eher für eine Desinvestition, da mit dieser Maßnahme die Verschuldung gesenkt werden kann.172 In dieser Arbeit wird daher
169
Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 115; BOLTON (1993), S. 68-70. Vgl. SIMON (1976), S. 272; LANT/MONTGOMERY (1987), S. 505; MAIER/WIHOFZSKI (2005). Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. 172 Vgl. MARCH/SHAPIRA (1987), S. 1409. 170 171
36
3 Motivation
vermutet, dass solange das Vergangenheits-Anspruchsniveau nicht erreicht wird, die Bereitschaft des Managements, einen Geschäftsbereich zu desinvestieren, hoch ist. Erst nach Erreichen des Vergangenheits-Anspruchsniveaus führt eine sich verbessernde Verschuldung zu einer deutlichen Verringerung der Desinvestitionsbereitschaft des Managements. Die Hypothese lautet:
Hypothese 3b: Mit sinkender Verschuldung des Unternehmens nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei einem Verschuldungsabbau oberhalb des Vergangenheits-Anspruchsniveaus ist schwächer als unterhalb.
37
4 Akzeptanz Neben der Motivation des Managements, aufgrund eines schlechten PerformanceFeedbacks
eine
Desinvestition
zu
initiieren,
wirkt
nach
dem
Modell
von
MILLER/CHEN und GREVE auch die Akzeptanz der Desinvestition als Handlungsmöglichkeit auf die Desinvestitionsentscheidung ein (vgl. Abbildung 4.1). Im Folgenden werden die Hypothesen zur Akzeptanz von Desinvestitionen auf Seiten des Managements hergeleitet. Abbildung 4.1: Untersuchungsmodell - Akzeptanz
Desinvestition
Motivation des Managements, eine Desinvestition zu initiieren
Akzeptanz
strukturelle Fähigkeit
der Desinvestition als Handlungsmöglichkeit
des Unternehmens zur Desinvestition, ohne den Wettbewerbsvorteil zu gefährden
4.1 Theorie Die Akzeptanz für Maßnahmen, die den Status-quo verändern, entsteht als Ergebnis eines Lernprozesses.173 Organisatorisches Lernen vollzieht sich durch die Interpretation von Erfahrungen.174 Diese Interpretation wird von DAFT/WEICK als der Prozess beschrieben, in dem Erfahrungen gedeutet werden.175 Die daraus resultierenden Schlussfolgerungen lassen ein Denkmuster entstehen, auf das bei der zukünftigen Verarbeitung ähnlicher Erfahrungen zurückgegriffen wird. Nach MARCH/SIMON umfasst ein Denkmuster das Wissen und die Annahmen über zukünftige Ereignisse einschließlich der damit verbundenen Eintrittswahrscheinlichkeiten, die Kenntnis über
173 174 175
Vgl. MILLER/CHEN (1994), S. 6f. Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 320. Vgl. hier und im Folgenden DAFT/WEICK (1984), S. 286.
38
4 Akzeptanz
verfügbare Alternativen und das mehr oder weniger vollständige Wissen über die mit den Alternativen verbundenen Konsequenzen.176
Die vorhandenen Denkmuster haben Einfluss darauf, welche Routinen den Entscheidungsträgern akzeptabel erscheinen.177 Der aus der Lerntheorie entstammende Begriff der „Routine“ umfasst die Strategie, Prozesse, Technologien und Konventionen eines Unternehmens.178
Die Anwendung einer bestimmten Routine lässt Entscheidungsträger erneut Erfahrungen mit dieser Routine sammeln.179 Indem diese Erfahrungen fortwährend aufs Neue interpretiert werden, erfolgt die Weiterentwicklung der angewendeten Routine.180 Auch wenn die Entscheidungsträger mit einer bestimmten Routine zunächst keine positiven Erfahrungen machen, eignen sie sich folglich Kompetenzen an, die ihnen in Zukunft eine bessere Anwendung der Routine erlauben.181 KELLY/AMBURGEY zeigen, dass durch den Weiterentwicklungsprozess eine einmal gewählte Routine eine Eigendynamik entwickeln kann.182 Sie wird Teil des Repertoires von akzeptierten Maßnahmen, auf das ein Unternehmen immer wieder bei der Lösung von Problemen zurückgreift.183 Entscheidungsträger können in eine „Kompetenz-Falle“184 geraten, wenn der Rückgriff auf bewährte, bereits akzeptierte Routinen zur Stagnation führt und damit die Weiterentwicklung des Unternehmens behindert. Dies ist dann der Fall, wenn sich angesichts der erweiterten Kompetenzen und angesichts der sich einstellenden Erfolge die Interpretation durchsetzt, dass man mit der angewendeten Routine das „Erfolgsrezept“ gefunden habe.185 Weitere mit der Routine erzielte Erfolge bestätigen das vorhandene Denkmuster in den Augen der Entscheidungsträger und erhöhen die Akzeptanz der Routine. Das vorherrschende Denkmuster gewinnt dadurch immer mehr an Gewicht. Zu einer Betriebsblindheit der Entscheidungsträger kommt es, 176
Vgl. MARCH/SIMON (1958), S. 150f. Vgl. MARCH/SIMON (1958), S. 151; HAMBRICK/MASON (1984), S. 195. Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 320. 179 Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 322. 180 Vgl. MILLER/FRIESEN (1984), S. 28. 181 Vgl. DELACROIX/SWAMINATHAN (1991), S. 639; GREVE (1998), S. 65f. 182 Vgl. KELLY/AMBURGEY (1991), S. 606. 183 Vgl. MARCH/SIMON (1958), S. 177. 184 LEVITT/MARCH (1988), S. 322. 185 Vgl. hier und im Folgenden LEVITT/MARCH (1988), S. 323f.; HUBER (1991), S. 102f. 177 178
4.1 Theorie
39
wenn sogar neue Routinen, die besser sind als die bereits angewendeten, nicht akzeptiert werden. Sollten die angewendeten Routinen nicht mehr zum Erfolg führen, ist dies für die Entscheidungsträger in dieser Situation vielfach eher ein Zeichen für die fehlerhafte Anwendung der Routinen als für deren Unangemessenheit. Von daher können selbst sub-optimale Routinen zumindest mittelfristig auch bei schlechten Ergebnissen des Unternehmens fortgeführt werden. Die Entscheidungsträger sind in dieser Situation nicht in der Lage, andere Routinen als gleichwertig oder besser zu akzeptieren, so dass die Auswahl der optimalen Routinen unterbleibt.
Zu entsprechenden Ergebnissen gelangen TRIPSAS/GAVETTI in ihrer Studie des Sofortbildkameraherstellers POLAROID Corp.186 Die Autoren sehen in den überkommenen Denkmustern des Managements die entscheidende Ursache für die unterbliebene rechtzeitige Anpassung der Strategie an neue Rahmenbedingungen und den daraus folgenden Niedergang des Unternehmens. Zwei Grundannahmen prägten das Denkmuster des Managements von POLAROID seit frühen Jahren: Der ersten Annahme zufolge war der geschäftliche Erfolg von POLAROID nur durch technologische Pionierleistungen möglich.187 Dies brachte sehr großzügige Forschungs- und Entwicklungsbudgets mit sich und führte auf der anderen Seite zu einer Vernachlässigung von Marktforschungsaktivitäten. Man ging davon aus, dass sich die innovativen Produkte einen Markt schaffen würden. Der zweiten Annahme zufolge, war das erfolgversprechendste Geschäftsmodell eines, bei dem die Fotokameras zu niedrigen Preisen abgegeben wurden, um danach mit dem Verkauf von Filmen Gewinne zu erwirtschaften.
Das Festhalten an diesen (überholten) Denkmustern auf Seiten des Managements versperrte POLAROID den frühzeitigen bzw. erfolgreichen Eintritt in das digitale Zeitalter der Fotografie und war maßgeblich für den anschließenden Niedergang verantwortlich. Für die Digitalisierung der Fotografie war POLAROID als Vorreiter auf diesem Gebiet bereits 1992 gut gerüstet.188 POLAROID verfügte bereits zu diesem Zeitpunkt über einen Kamera-Prototyp, der technologisch der Konkurrenz überlegen war. Das Management hatte zwar die Bedeutung der Digitalisierung erkannt und daher einen ei186 187 188
Vgl. hier und im Folgenden TRIPSAS/GAVETTI (2000), S. 1158. Vgl. hier und im Folgenden TRIPSAS/GAVETTI (2000), S. 1150-1152. Vgl. hier und im Folgenden TRIPSAS/GAVETTI (2000), S. 1154-1156.
40
4 Akzeptanz
genen Geschäftsbereich „Digital Imaging“ geschaffen. Die Geschäftsbereichsleitung konnte das Management von POLAROID jedoch zunächst nicht von der Vorteilhaftigkeit einer Markteinführung der Kamera überzeugen. Das Denkmuster des Managements war zu sehr geprägt von einem Geschäftsmodell, in dem Gewinne nicht mit Kameras, sondern mit Filmen erwirtschaftet wurden. Aufgrund der langen Diskussionen wurde das Produkt erst 1996 zu einem Zeitpunkt in den Markt eingeführt, als die Konkurrenz bereits mit gleichwertigen Produkten im Markt vertreten war.
Eine neue Interpretation derselben Situation kann angestoßen werden, indem neue Mitarbeiter mit anderen Denkmustern aufgenommen werden, die die bestehenden infrage stellen.189 Durch diese Konfrontation findet ein Prozess des bewussten Umlernens statt, in dem die Lernenden willentlich (vorhandenes) Wissen verwerfen.190 Das Umlernen ermöglicht das Erlernen neuen Wissens, selbst wenn dieses im Widerspruch zu den bisherigen Denkmustern steht.191 Folge des Umlernprozesses können daher innovative Entscheidungen sein, die zuvor aufgrund der alten Denkansätze nicht akzeptiert wurden.
Radikale neuartige Maßnahmen lassen sich nach TUSHMAN/ROMANELLI und FLIGSTEIN allerdings nur initiieren, wenn auf der Ebene des Managements mit den vorhandenen Denkmustern gebrochen wird.192 Einen derartigen Bruch halten sie für wahrscheinlicher, wenn es zu einem Wechsel an der Spitze des Unternehmens kommt. Ganz ähnlich vermutet OLIVER, dass ein Wechsel der Unternehmensleitung sowie eine größere Heterogenität der Mitarbeiter die Fortführung bestehender Routinen behindern.193 Sie betont, dass dazu die neue Unternehmensleitung von außen in das Unternehmen eintreten muss. Dies erklärt sie damit, dass nur neue Mitglieder der Organisation neue Erfahrungen und dadurch auch abweichende Denkmuster in das Unternehmen hineintragen, woraus folgt, dass bisher wie selbstverständlich angewendeten Routinen hinterfragt werden.
189
Vgl. hier und im Folgenden HEDBERG (1981), S. 17f. Vgl. HEDBERG (1981), S. 18. 191 Vgl. HUBER (1991), S. 105. 192 Vgl. hier und im Folgenden TUSHMAN/ROMANELLI (1985), S. 212f.; FLIGSTEIN (1991), S. 313. 193 Vgl. hier und im Folgenden OLIVER (1992), S. 575. Auch in anderen Arbeiten wird ein Zusammenhang zwischen der Herkunft des neu berufenen CEO und seiner Bereitschaft, einen organisatorischen Wandel zu initiieren, nachgewiesen. Vgl. HELMICH/BROWN (1972), S. 377; DALTON/KESNER (1983), S. 736. 190
4.2 Hypothesen
41
4.2 Hypothesen 4.2.1 Desinvestition als Routine Die von der Weiterentwicklung einer bereits angewendeten und akzeptierten Routine ausgehende Eigendynamik erhöht die Wahrscheinlichkeit für deren wiederholte Anwendung.194 Diese allgemeine Beobachtung lässt sich auch auf den Fall übertragen, in dem der Routinebegriff eine Maßnahme des organisatorischen Wandels bezeichnet.195
Zahlreiche empirische Arbeiten bestätigen diese Überlegungen. DELACROIX/SWAMINATHAN untersuchen die Gründe für organisatorischen Wandel bei Weingütern.196 Die Ergebnisse der Arbeit stützen ihre Hypothese, nach der die Wahrscheinlichkeit für die Durchführung einer bestimmten Maßnahme des organisatorischen Wandels (hier: Veränderung des Markenportfolios und des Produktsortiments sowie Zu- und Verkauf von Anbaufläche) umso höher ist, je häufiger die gleiche Maßnahme in der Vergangenheit durchgeführt wurde.197 Zu dem gleichen Ergebnis kommen in ihren Arbeiten auch AMBURGEY/KELLY/BARNETT, MILLER/CHEN sowie GREVE.198
LEVITT/MARCH nehmen an, dass Routinen auch in Vergessenheit geraten und damit an Akzeptanz verlieren können, wenn die letzte Anwendung eine längere Zeit zurückliegt.199 Diese Vermutung können DELACROIX/SWAMINATHAN sowie AMBURGEY/KELLY/BARNETT in ihren Arbeiten empirisch bestätigen.200
In dieser Arbeit wird vermutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition steigt, wenn in der näheren Vergangenheit im selben Unternehmen bereits Desinvestitionen durchgeführt worden sind, d.h. sich bereits eine akzeptierte Routine im
194
Vgl. MARCH/SIMON (1958), S. 177; KELLY/AMBURGEY (1991), S. 606. Vgl. MEZIAS/GLYNN (1993), S. 83. 196 Vgl. DELACROIX/SWAMINATHAN (1991), S. 631. 197 Vgl. DELACROIX/SWAMINATHAN (1991), S. 640, 649f. 198 Vgl. AMBURGEY/KELLY/BARNETT (1993), S. 55, 65f.; MILLER/CHEN (1994), S. 14; GREVE (1998), S. 73f. 199 Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 328. 200 Vgl. DELACROIX/SWAMINATHAN (1991), S. 640, 651; AMBURGEY/KELLY/BARNETT (1993), S. 55, 66. 195
42
4 Akzeptanz
Unternehmen entwickelt hat und diese nicht in Vergessenheit geraten ist. Die Hypothese lautet:
Hypothese 4: Die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ist größer, wenn in der näheren Vergangenheit bereits mindestens eine Desinvestition durchgeführt worden ist.
4.2.2 Desinvestition als Folge des Umlernens Die Strategie eines Unternehmens kann ebenfalls als eine Routine im lerntheoretischen Sinne gesehen werden.201 Manager, die mit einer bestimmten Strategie Erfolge erzielen, werden versucht sein, diese Strategie als ein Erfolgsrezept zu betrachten.202 Sofern sie dies tun, verringert sich ihre Akzeptanz für bessere Strategien, wodurch die Weiterentwicklung des Unternehmens behindert wird. Unter diesen Umständen wird eine Strategie erst infrage gestellt, wenn ein vormals Außenstehender die Führung des Unternehmens übernimmt und somit neue Denkansätze akzeptiert werden können.203 Indem sie die Fortführung eines Geschäftsbereichs infrage stellen, können Desinvestitionen zu derartigen neuen Denkansätzen gezählt werden.
Die Sozialisation eines neu in das Unternehmen eintretenden Managers geschieht nicht umgehend.204 Solange der Sozialisationsprozess nicht abgeschlossen ist, besteht eine größere Wahrscheinlichkeit für einen organisatorischen Wandel.205 In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass bei einer Besetzung der Stelle des Chief Executive Officer (CEO) ein Manager auch dann noch als ein von außen kommender Manager angesehen werden kann, wenn er vor seiner Berufung zum CEO erst eine relativ kurze Zeit für das betrachtete Unternehmen tätig war. Die zuvor gemachten Erfahrungen und Denkmuster sind in diesem Fall noch weitgehend unverfälscht vorhanden, d.h. noch nicht im Zuge des Sozialisierungsprozesses des Unternehmens
201
Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 320. Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 323f. Vgl. TUSHMAN/ROMANELLI (1985), S. 212f.; FLIGSTEIN (1991), S. 313; OLIVER (1992), S. 575. 204 Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 322. 205 Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 334. 202 203
4.2 Hypothesen
43
verloren gegangen. Es bedarf der Beförderung zum CEO, damit aus einem abweichenden Denkmuster weitreichende Taten folgen können.206 Daher wird hier angenommen, dass es dem Manager bei einer vorherigen kurzfristigen Beschäftigung im Unternehmen nicht möglich war, seine neuartigen Erfahrungen und abweichenden Denkmuster gegen den dann amtierenden CEO durchzusetzen.
In dieser Arbeit wird vermutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition größer ist, wenn ein Wechsel des CEO stattgefunden hat und der berufene Manager von außen in das Unternehmen gekommen ist oder vor seiner Berufung nur für eine relativ kurze Zeit im Unternehmen gearbeitet hat. Der neue CEO stellt Bestehendes stärker in Frage und erhöht dadurch die Akzeptanz für Desinvestitionen. Die Hypothese lautet:
Hypothese 5: Die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ist größer, wenn die Position des CEO mit einem Außenstehenden oder einem erst seit kurzem zum Unternehmen gehörenden Manager neu besetzt worden ist.
206
Vgl. TRIPSAS/GAVETTI (2000), S. 1155f., 1158.
45
5 Strukturelle Fähigkeit Neben der Motivation und Akzeptanz kann nach dem Modell von MILLER/CHEN und GREVE auch die vom Management wahrgenommene strukturelle Fähigkeit des Unternehmens die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition beeinflussen (vgl. Abbildung 5.1). Nach dem Untersuchungsmodell steigt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition mit der vom Management wahrgenommenen strukturellen Fähigkeit des Unternehmens, eine solche vornehmen zu können, ohne dadurch seinen Wettbewerbsvorteil zu gefährden. Abbildung 5.1: Untersuchungsmodell – strukturelle Fähigkeit
Desinvestition
Motivation des Managements, eine Desinvestition zu initiieren
Akzeptanz
strukturelle Fähigkeit
der Desinvestition als Handlungsmöglichkeit
des Unternehmens zur Desinvestition, ohne den Wettbewerbsvorteil zu gefährden
5.1 Theorie Die strukturelle Fähigkeit zur Desinvestition wird im gewählten Untersuchungsmodell aus dem Konfigurations-Ansatz abgeleitet. Der Konfigurations-Ansatz sieht in der Konfiguration eines Unternehmens die Quelle für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.207 Der Begriff der Konfiguration kennzeichnet die Gesamtheit bzw. das Zusammenspiel aller Elemente, die sich als Strategie, Struktur, Technologie, Kultur
207
Vgl. MILLER (1996), S. 509f.; PORTER (1996), S. 73.
46
5 Strukturelle Fähigkeit
sowie die Umwelt des Unternehmens beschreiben lassen.208 Die Konfiguration des Unternehmens entscheidet darüber, auf welche Art und Weise die unterschiedlichen Aktivitäten des Unternehmens ausgeführt werden.209 Ein Wettbewerbsvorteil entsteht in erster Linie durch die zielgerichtete Konfiguration aller Aktivitäten eines Unternehmens und weniger durch einzelne Strategien oder Ressourcen.210 Aktivitäten werden so koordiniert, dass Komplementaritäten geschaffen bzw. genutzt werden und dadurch eine konsistente (auch: kohärente211) Konfiguration des Unternehmens entsteht.212 Die Komplexität der damit verbundenen Entscheidungen erschwert Wettbewerbern die Imitation eines erreichten Wettbewerbsvorteils, so dass der Wettbewerbsvorteil als nachhaltig angesehen werden kann.213 Unternehmen sind nach MILLER „komplexe Gebilde“214. Dieser Deutung trägt der Konfigurations-Ansatz dadurch Rechnung, dass er Unternehmen als Systeme von Aktivitäten begreift.215 Ein System besteht aus zahlreichen unterschiedlichen Aktivitäten, die miteinander verbunden sind, so dass die Veränderung einer Aktivität die anderen Aktivitäten beeinflusst.216 Eine Aktivität ist ein Prozess des Unternehmens, der der Erstellung einer Leistung für einen Kunden oder der Erstellung einer innerbetrieblichen Leistung dient.217
MILGROM/ROBERTS weisen auf die Bedeutung von Interaktionen zwischen den Aktivitäten eines Unternehmens hin.218 Sie zeigen, dass das Ergebnis einer Aktivität das Ergebnis einer anderen Aktivität sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann.219 Verstärken sich die Aktivitäten gegenseitig, liegt eine komplementäre Bezie208
Vgl. MILLER/FRIESEN (1984), S. 4, 12; DRAZIN/VAN DE VEN (1985), S. 515f.; MEYER/TSUI/HININGS (1993), S. 1175. Davon abzugrenzen ist der Kontingenz-Ansatz, der ausschließlich auf die Beziehung des Unternehmens zu seiner Umwelt abstellt und die Anpassung der Struktur des Unternehmens an seine Umwelt in den Mittelpunkt der Untersuchung stellt. Vgl. für eine Abgrenzung MEYER/TSUI/HININGS (1993). Vgl. für den Kontingenz-Ansatz LAWRENCE/LORSCH (1967). Zum Verhältnis von Strategie und Struktur vgl. grundlegend CHANDLER (1962). 209 Vgl. PORTER/SIGGELKOW (2002), S. 1. 210 Vgl. MILLER (1996), S. 509. 211 Vgl. GREENWOOD/HININGS (1993), S. 1054. 212 Vgl. MILGROM/ROBERTS (1995), S. 202; PORTER (1996), S. 71. 213 Vgl. RIVKIN (2000), S. 841. 214 MILLER (1981), S. 2. 215 Vgl. KHANDWALLA (1973), S. 481; MILLER (1981), S. 3; MILLER/FRIESEN (1984), S. 4; DRAZIN/VAN DE VEN (1985), S. 515; MILLER (1986), S. 235-237; PORTER (1996), S. 71. 216 Vgl. NADLER/TUSHMAN (1994), S. 52. 217 Vgl. PORTER/SIGGELKOW (2002), S. 1. 218 Vgl. MILGROM/ROBERTS (1990); MILGROM/ROBERTS (1995). 219 Vgl. hier und im Folgenden MILGROM/ROBERTS (1990), S. 514.
5.1 Theorie
47
hung vor. MILGROM/ROBERTS verdeutlichen dies anhand des Einsatzes flexibler Produktionsmethoden in US-amerikanischen Unternehmen.220 Demnach besteht eine komplementäre Beziehung beispielsweise zwischen der Produktion, die kleine Losgrößen wirtschaftlich herzustellen vermag, und dem Marketing, das auf kurze Produktzyklen und ständige Produktinnovationen abzielt. Ob eine komplementäre Beziehung vorliegt und inwieweit diese ausgenutzt wird, ist abhängig von der Konfiguration der Aktivitäten. Wie im Beispiel zu sehen ist, ermöglicht erst die Kombination einer bestimmten Technologie in der Produktion mit einer bestimmten Strategie im Marketing das Entstehen bzw. die Nutzung der Komplementaritäten.
SIGGELKOW veranschaulicht den Koordinationsprozess, der zu einer konsistenten Konfiguration des Unternehmens führt, anhand der US-amerikanischen Fondsgesellschaft VANGUARD GROUP, Inc.221 Seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1974 besteht die Strategie des Unternehmens im Angebot von Finanzprodukten zu niedrigen Preisen.222 In den ersten Jahren konnte SIGGELKOW verschiedene Inkonsistenzen zwischen den Aktivitäten des Unternehmens und seiner Strategie beobachten.223 Der Fondsvertrieb erfolgte zunächst über Broker, die Provisionen verlangten, wodurch die Kosten und damit die Preise stiegen. Im Jahr 1977 wurde daher der Vertrieb auf einen kostengünstigeren direkten Vertrieb per Telefon umgestellt. Darüber hinaus trennte sich die VANGUARD GROUP bis 1997 von der Verwaltung ihrer aktiv geführten Investmentfonds, da die große Zahl der dafür benötigten Finanzanalysten ebenfalls zu hohen Kosten und Preisen geführt hatte.224 Über mehrere Jahre entwickelte sich in Folge vieler Einzelentscheidungen eine konsistente Konfiguration, die der VANGUARD GROUP heute ihren Wettbewerbsvorteil sichert.
Die Veränderung der Konfiguration einer Aktivität kann aufgrund der zahlreichen Interaktionen unbeabsichtigt zur Inkonsistenz des gesamten Systems führen.225 Die Beispiele in den Arbeiten von MILGROM/ROBERTS, MACDUFFIE und PORTER
220
Vgl. hier und im Folgenden MILGROM/ROBERTS (1990), S. 511-513, 526. Vgl. für andere Beispiele z.B. MILGROM/ROBERTS (1995); MACDUFFIE (1995). 221 Vgl. SIGGELKOW (2002), S. 129. 222 Vgl. SIGGELKOW (2002), S. 138f. 223 Vgl. hier und im Folgenden SIGGELKOW (2002), S. 149. 224 Vgl. SIGGELKOW (2002), S. 139, 146. 225 Vgl. WHITTINGTON u.a. (1999), S. 598.
48
5 Strukturelle Fähigkeit
zeigen, dass durch Veränderungen die Vorteilhaftigkeit der ganzen Konfiguration gefährdet werden kann und dadurch der Wettbewerbsvorteil des Unternehmens bedroht wird, wenn das Unternehmen nicht über die strukturellen Voraussetzungen für die Veränderungen verfügt.226
226
Vgl. MILGROM/ROBERTS (1995), S. 202; MACDUFFIE (1995), S. 217; PORTER (1996), S. 6870.
5.2 Hypothesen
49
5.2 Hypothesen Eine Desinvestition wird in dieser Arbeit als die Abtrennung eines Geschäftsbereichs verstanden. Je zahlreicher die Interaktionen zwischen dem abgetrennten Geschäftsbereich und den übrigen nicht desinvestierten Geschäftsbereichen sind, desto größer ist die Gefahr, durch diese Maßnahme einen bestehenden Wettbewerbsvorteil einzubüßen.227 Daher wird in dieser Arbeit vermutet, dass das Management die strukturelle Fähigkeit des Unternehmens zur Desinvestition als eingeschränkt betrachtet, wenn die Interaktion zwischen den Geschäftsbereichen eines Unternehmens groß ist.
In der Geschäftsbereichsorganisation mit nicht integrierten und weitgehend unverwandten Geschäftsbereichen verfügt jeder einzelne Geschäftsbereich über eine weitgehend separate Konfiguration.228 Die Desinvestition eines dieser Geschäftsbereiche wirkt sich daher aufgrund der fehlenden Geschäftsbereichsgrenzen überspannenden Interaktionen kaum auf die Aktivitäten anderer Geschäftsbereiche aus. Die Wettbewerbsvorteile der verbleibenden Geschäftsbereiche sind in dieser Form der Geschäftsbereichsorganisation nicht gefährdet. Somit ist auch die strukturelle Fähigkeit zur Desinvestition nicht eingeschränkt. Für vertikal integrierte sowie verwandt diversifizierte Unternehmen liegen diese Schlussfolgerungen angesichts der Interaktionen zwischen den Geschäftsbereichen nicht nahe.
5.2.1 Vertikale Integration Ein vertikal integriertes Unternehmen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Geschäftsbereiche des Unternehmens in einen gemeinsamen Leistungserstellungsprozess integriert sind (vgl. Abbildung 5.2).229 Der unternehmensinterne Leistungstransfer erfordert ein hohes Maß an Koordination verschiedener Aktivitäten zwischen den Geschäftsbereichen.230 Die Interaktionen zwischen den Geschäftsbereichen sind
227
Vgl. PORTER (1996), S. 73; SIGGELKOW (2001), S. 843-853; PORTER/SIGGELKOW (2002), S. 24f.; SIGGELKOW (2002), S. 149f. Vgl. MILLER/FRIESEN (1984), S. 8. 229 Vgl. BÜHNER (1993), S. 271-285. 230 Vgl. D'AVENI/ILINITCH (1992), S. 609; D'AVENI/RAVENSCRAFT (1994), S. 1170. 228
50
5 Strukturelle Fähigkeit
dementsprechend zahlreich.231 Sie bieten die Möglichkeit, Komplementaritäten zu schaffen und eine Geschäftsbereichsgrenzen überspannende, konsistente Konfiguration herzustellen, die Quelle eines Wettbewerbsvorteils ist. Abbildung 5.2: Vertikal integrierte Geschäftsbereiche
Unternehmenszentrale
GB1
GB2
GB3
Leistungserstellungsprozess GB …Geschäftsbereich …Koordinationserfordernis
Durch die Desinvestition eines Geschäftsbereichs werden Aktivitäten aus der bestehenden Konfiguration herausgelöst. Aufgrund der zahlreichen Interaktionen zwischen den Geschäftsbereichen in einem vertikal integrierten Unternehmen ist von einer Gefährdung des Wettbewerbsvorteils der verbleibenden Geschäftsbereiche auszugehen. In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass das Management von einer eingeschränkten strukturellen Fähigkeit ausgeht, einen vertikal integrierten Geschäftsbereich desinvestieren zu können, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit der verbleibenden bisher vertikal integrierten Geschäftsbereiche zu gefährden. Die Hypothese lautet:
Hypothese 6: Die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ist bei vertikal integrierten Geschäftsbereichen geringer als bei nicht vertikal integrierten Geschäftsbereichen.
231
Vgl. hier und im Folgenden SORENSON (2003), S. 448f.
5.2 Hypothesen
51
5.2.2 Verwandte Diversifikation Verwandt diversifizierte Unternehmen sind mit ihren einzelnen Geschäftsbereichen in unterschiedlichen Branchen tätig, die jedoch z.B. in technologischer, produktionstechnischer, absatzseitiger oder beschaffungsseitiger Hinsicht Übereinstimmungen aufweisen.232 Dies ermöglicht die Nutzung gemeinsamer Ressourcen, wie etwa ein gemeinsames Vertriebssystem, gemeinsame Produktionsanlagen oder gemeinsame Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen (vgl. Abbildung 5.3).233 Die gemeinsame Ressourcennutzung erfordert ein erhöhtes Maß an Koordination der Aktivitäten durch die verwandten Geschäftsbereiche. Zwischen den Geschäftsbereichen aber auch in den gemeinsam genutzten Ressourcen kommt es zu zahlreichen Interaktionen. Durch die Koordination der Aktivitäten können Komplementaritäten geschaffen werden.234 Auf diese Weise kann sich eine Konfiguration herausbilden, die für das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Nutzen zwei verwandte Geschäftsbereiche beispielsweise eine gemeinsame Forschungs- und Entwicklungseinrichtung, können durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Entwicklungen entstehen, die dem Unternehmen eine Alleinstellung im Wettbewerb einbringen. Die Mitarbeiter der verschiedenen Geschäftsbereiche sind in einer derartigen Konfiguration einander fachlich fremd genug, um vom Know-how der jeweils anderen Mitarbeiter zu profitieren und neue Kenntnisse zu erwerben. Gleichzeitig sind die Mitarbeiter der Geschäftsbereiche nicht so fachfremd, dass kein Ansatzpunkt für eine gemeinsame Entwicklung vorhanden wäre.
Eine Desinvestition verändert die bestehende Konfiguration, indem sie die Interaktionen in den gemeinsam genutzten Ressourcen beendet oder zumindest stark verändert.235 Würden die Mitarbeiter eines Geschäftsbereichs infolge einer Desinvestition aus der gemeinsam genutzten Forschungs- und Entwicklungseinrichtung abgezogen, würde dies die Interaktion der Mitarbeiter in diesem Bereich beenden. Der damit verbundene Wissensaustausch (Komplementarität) würde unmöglich und der Wettbewerbsvorteil der verbleibenden Geschäftsbereiche würde gefährdet.
232
Vgl. BÜHNER (1993), S. 34, 36. Vgl. ROBINS/WIERSEMA (1995), S. 292. Vgl. hier und im Folgenden BETTIS (1981), S. 389; RUMELT (1982), S. 364; ROBINS/WIERSEMA (1995), S. 292. 235 Vgl. hier und im Folgenden HARRIGAN (1981), S. 308f. 233 234
52
5 Strukturelle Fähigkeit
Abbildung 5.3: Geschäftsbereiche in einem verwandt diversifizierten Unternehmen
Unternehmenszentrale
GB1
GB2
F&E GB …Geschäftsbereich F&E …Forschungs- und Entwicklungsabteilung …Know-how-Transfer
In dieser Arbeit wird daher vermutet, dass das Management verwandt diversifizierter Unternehmen von einer eingeschränkten strukturellen Fähigkeit der Unternehmen ausgeht, Geschäftsbereiche desinvestieren zu können. Die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ist dadurch bei verwandt diversifizierten Unternehmen geringer. Die Hypothese lautet:
Hypothese 7: Die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ist bei Geschäftsbereichen in verwandt diversifizierten Unternehmen geringer als bei Geschäftsbereichen nicht verwandt diversifizierter Unternehmen.
53
6 Methoden 6.1 Datenbasis In dieser Arbeit werden Desinvestitionen US-amerikanischer Unternehmen im Zeitraum von 1997 bis 2003 untersucht. Die Gründe für die Wahl des zeitlichen Rahmens sowie für die Wahl US-amerikanischer Unternehmen werden im Folgenden erläutert. Im Anschluss daran wird auf die Zusammensetzung der Stichprobe sowie auf die damit verbundenen Eigenschaften der Daten eingegangen.
6.1.1 Untersuchungszeitraum Im Jahr 1997 trat ein neuer Rechnungslegungsstandard für die Segmentberichterstattung der untersuchten US-amerikanischen Unternehmen in Kraft, der die Qualität der benötigten Segmentdaten erhöht. Das Statement of Financial Accounting Standards No. 131 (SFAS 131) „Disclosure about Segments of an Enterprise and Related Information“ löste 1997 die zuvor geltende Regelung SFAS 14 „Financial Reporting for Segments of a Business Enterprise“ ab.236 Anders als bei SFAS 14 hat sich das Management bei der Aufteilung eines Unternehmens in berichtspflichtige Segmente (“reportable segments”) an der Aufteilung des Unternehmens zu orientieren, die das Management für interne Entscheidungszwecke nutzt („operating segments“).237 Dieser Ansatz des FASB wird „management approach“ genannt. Um aus den Ergebnissen der Arbeit zuverlässige Schlussfolgerungen ableiten zu können, müssen die „reportable segments“ mit den „operating segments“ weitgehend übereinstimmen. Andernfalls weicht das, was durch die vorhandenen Daten tatsächlichen geprüft wird („reportable segments“), zu sehr von dem ab, was mit den Hypothesen geprüft werden soll („operating segments“). Durch SFAS 131 ist diese Übereinstimmung weitge236
SFAS 131 ist verpflichtend für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 15.12.1997 begonnen haben. Das FINANCIAL ACCOUNTING STANDARDS BOARD (FASB) ermutigt Unternehmen zur früheren Anwendung von SFAS 131 und schreibt für die erste Anwendung von SFAS 131 vor, dass für die berichteten Segmente Vorjahreszahlen angegeben werden, sofern dies für das Unternehmen verhältnismäßig ist. Vgl. SFAS 131.40. Diese Regelung ermöglicht es, den Untersuchungszeitraum bereits mit dem Jahr 1997 beginnen zu lassen. Nur für sehr wenige Unternehmen sind keine Segmentdaten nach SFAS 131 für das Geschäftsjahr 1997 vorhanden. Sofern nur ein Segment berichtet wird, unterbleibt die Aufnahme des Unternehmens in die Stichprobe. Sofern Daten über mehrere Segmente nach SFAS 14 vorliegen, werden diese Unternehmen mit den vorhandenen Daten in die Stichprobe aufgenommen. Die dadurch möglicherweise entstehende Verzerrung der Ergebnisse wird geringer als der Informationsgewinn durch die Berücksichtigung eines zusätzlichen Jahres in der Untersuchung bewertet. 237 Vgl. hier und im Folgenden SCHILDBACH (2002), S. 292.
54
6 Methoden
hend238 gewährleistet – die „reportable segments“ entsprechen weitgehend den „operating segments“, d.h. den Geschäftsbereichen der Unternehmen.
Die Bereitstellung des Datenmaterials durch die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde U.S. SECURITIES AND EXCHANGE COMMISSION (SEC) war ein weiterer Grund für die Wahl des Untersuchungszeitraums von 1997 bis 2003.239 In der EDGAR-Datenbank der SEC sind Unternehmensdaten ab dem Geschäftsjahr 1993 hinterlegt.240 Desinvestitionen werden dennoch erst ab dem Geschäftsjahr 1997 betrachtet, da für die Berechnung von Lag-Variablen (zeitlich nachlaufende Variablen) und für die Berechnung der verschiedenen Vergangenheits-Anspruchsniveaus Daten aus weiter zurückliegenden Jahren benötigt werden. Beispielsweise basiert die Berechnung der Desinvestitionswahrscheinlichkeiten für das Jahr 1997 auf den Werten von 1997 für die abhängige Variable, auf den Werten von 1996 für die unabhängigen Variablen sowie auf den Werten von 1993 bis 1995 für die VergangenheitsAnspruchsniveaus.241
6.1.2 Untersuchungsobjekte In dieser Arbeit werden US-amerikanische Unternehmen untersucht, da die benötigten Geschäftsbereichsdaten für diese Unternehmen über einen längeren Zeitraum verfügbar sind. Seit 1976 ist in der US-amerikanischen Rechnungslegung durch SFAS 14 eine Segmentberichterstattung für Konzerne vorgesehen, die im Jahr 1997 durch SFAS 131 neu spezifiziert wurde.242 In Deutschland ist dagegen eine Segmentberichterstattung erst durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) von 1998 zum Pflichtbestandteil des Konzernab238
Aufgrund verbleibender Ermessensspielräume des Managements kann auch bei Anwendung von SFAS 131 nur von einer weitgehenden und nicht von einer vollständigen Angleichung der „reportable segments“ an die „operating segments“ ausgegangen werden. Vgl. SCHILDBACH (2002), S. 302f. 239 Der Zugriff auf die Daten der SEC erfolgte über das Internetportal der SEC (www.sec.gov) sowie aus Gründen des komfortableren Datentransfers auch über den Datenbankanbieter 10-K WIZARD TECHNOLOGY, LLC (www.10k-wizard.com). 240 Ab 1996 sind alle der SEC-Aufsicht unterliegenden Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Berichte in die EDGAR-Datenbank der SEC einzustellen. Vgl. SEC (2004), o. S. 241 Fast alle untersuchten Konzerne geben bei der erstmaligen Anwendung von SFAS 131 im Geschäftsjahr 1998, wie in SFAS 131.23 gefordert, Segmentdaten für frühere Geschäftsjahre an. Die Umstellung von SFAS 14 auf SFAS 131 ist dadurch für Daten, die das Geschäftsjahr 1996 betreffen, größtenteils nicht relevant. Die Probleme bei der Berechnung der VergangenheitsAnspruchsniveaus werden in Kapitel 6.2.2, S. 5 erörtert. 242 Vgl. RAJAN/SERVAES/ZINGALES (2000), S. 53.
6.1 Datenbasis
55
schlusses geworden.243 Segmentdaten für Geschäftsjahre vor 1999 sind daher für deutsche Konzerne nur in geringem Umfang vorhanden.
Die am 1. Januar 1997 im STANDARD & POOR’S 100-Index (S&P 100) vertretenen Unternehmen bilden die Datenbasis für die empirische Untersuchung. Der S&P 100 umfasst die 100 größten US-amerikanischen börsennotierten Unternehmen und stellt eine Teilmenge des bekannteren S&P 500 dar.244 Die im S&P 100 enthaltenen Unternehmen verfügen zusammen über 57% der Marktkapitalisierung des S&P 500 sowie über 45% der Marktkapitalisierung des gesamten US-amerikanischen Aktienmarktes.245 Bei der Aufnahme von Unternehmen in den S&P 100 sind deren Branche246, Größe, finanzielle Solidität, der Anteil der im Umlauf befindlichen Aktien sowie die Marktliquidität von Bedeutung.247
6.1.3 Stichprobe Nicht alle der 100 Unternehmen des S&P 100 sind Teil der Stichprobe. Unternehmen der Finanzbranche248 können anhand von Finanzkennzahlen nicht mit den übrigen Unternehmen der Stichprobe verglichen werden und werden daher in der weiteren Untersuchung nicht berücksichtigt.249 Dies ergibt für 1997 zunächst eine Zahl von 91 Unternehmen, die nicht der Finanzbranche zugerechnet werden. Unter den 91 Unternehmen befinden sich zahlreiche fokussierte Unternehmen, die nur einen Geschäftsbereich aufweisen. Da in dieser Arbeit nur diversifizierte Unternehmen mit mindestens zwei Geschäftsbereichen untersucht werden, werden die fokussierten Unternehmen aus der Stichprobe ausgeschlossen.250 Verschiedene Unternehmen weisen mehrere Geschäftsbereiche auf, die jedoch ausschließlich nach geographischen Kriterien abgegrenzt sind. Da in diesen Fällen die Vergleichbarkeit mit den 243
Vgl. §297 Abs. 1 Satz 2 HGB Vgl. hier und im Folgenden STANDARD & POOR'S (2004a), S. 1. Die Daten zur Marktkapitalisierung geben den Stand vom 30.09.2004 wieder. 246 STANDARD & POOR’S berücksichtigt bei der Aufnahme von Unternehmen in den S&P 100, dass die verschiedenen Branchen im Index ausgewogen repräsentiert werden. Vgl. STANDARD & POOR'S (2004b), S. 1. 247 Vgl. STANDARD & POOR'S (2004b), S. 2. 248 Division H „Finance, Insurance, and Real Estate“ der Standard Industry Classification (SIC) mit den SIC-Codes 60 bis 67. Vgl. U.S. DEPARTMENT OF LABOR - OCCUPATIONAL SAFETY & HEALTH ADMINISTRATION (2004), o. S. 249 Vgl. STEINER (1997), S. 236; RAJAN/SERVAES/ZINGALES (2000), S. 54; HAYNES/THOMPSON/WRIGHT (2000), S. 9. 250 Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 308; STEINER (1997), S. 236. 244 245
56
6 Methoden
überwiegend nach Produktmerkmalen gegliederten übrigen Unternehmen nicht gewahrt ist, werden auch diese Unternehmen nicht berücksichtigt. Tabelle 6.1 zeigt die Anzahl der jeweils zu Jahresbeginn in der Stichprobe befindlichen unterschiedlichen Unternehmen. Tabelle 6.1: Anzahl der Unternehmen in der Stichprobe Jahr
Anzahl Unternehmen
1997
60
1998
67
1999
64
2000
59
2001
55
2002
53
2003
53
Die Anzahl der Unternehmen schwankt im Untersuchungszeitraum von 1997 bis 2003, weil nach 1997 einzelne Unternehmen (aus dem S&P 100 von 1997) in die Stichprobe neu aufgenommen werden und andere Unternehmen aus der Stichprobe ausscheiden. Tabelle 6.2 zeigt, wie Umstrukturierungen, Diversifikationen und Desinvestitionen die Zusammensetzung der Stichprobe verändern können. Tabelle 6.2: Einflüsse auf die Zusammensetzung der Stichprobe Fall Struktur (t=0)
Stichprobe (t=0) Maßnahme
Struktur (t=1)
1
A
---
Umstrukturierung von A
B, C
Stichprobe (t=1) B, C
2
A
---
Diversifikation in B
A, B
A, B
3
A, B
A, B
Umstrukturierung von A und B
C
---
4
A, B
A, B
Desinvestition von B
A
---
5
A, B
A, B
Umstrukturierung von B
A, C, D
A, C, D
6
A, B
A, B
Diversifikation in C
A, B, C
A, B, C
7
A, B, C
A, B, C
Desinvestition von C
A, B
A, B
A, B, C …Geschäftsbereiche eines Unternehmens
Ein Unternehmen wird zu einem späteren Zeitpunkt (t=1) in die Stichprobe aufgenommen, wenn es infolge einer Umstrukturierung (Fall 1) oder einer Diversifikation (Fall 2) in ein neues Geschäftsfeld mindestens zwei nach Produktkriterien abgegrenzte Geschäftsbereiche aufweist, nachdem es zuvor (t=0) ein Unternehmen mit
6.1 Datenbasis
57
nur einem Geschäftsbereich war.251 Ein Unternehmen scheidet aus der Stichprobe aus, wenn es infolge einer Umstrukturierung (Fall 3) oder infolge einer Desinvestition (Fall 4) nur noch einen Geschäftsbereich aufweist. Darüber hinaus scheidet ein Unternehmen auch aus, wenn es an ein anderes Unternehmen verkauft wird, wenn es mit einem anderen Unternehmen fusioniert und dadurch seine Börsennotierung verliert oder wenn es insolvent wird.
In dieser Arbeit werden die Gründe für Desinvestitionen von Geschäftsbereichen untersucht. Daher bilden die einzelnen Geschäftsbereiche der S&P 100-Unternehmen die Untersuchungsobjekte und nicht die Unternehmen selbst. Tabelle 6.3 zeigt die Anzahl der jeweils zu Jahresbeginn in der Stichprobe befindlichen unterschiedlichen Geschäftsbereiche.
Die Anzahl der in der Stichprobe befindlichen Geschäftsbereiche schwankt, wenn die Unternehmen, zu denen die Geschäftsbereiche gehören, in die Stichprobe aufgenommen oder aus ihr ausgeschlossen werden (Fälle 1 bis 4 in Tabelle 6.2). Tabelle 6.3: Anzahl der Geschäftsbereiche in der Stichprobe Jahr
Anzahl Geschäftsbereiche
1997
206
1998
215
1999
216
2000
202
2001
192
2002
185
2003
181
Gesamt
1397
Ein Geschäftsbereich kann aber auch infolge einer Umstrukturierung (Fall 5) in die Stichprobe aufgenommen (Geschäftsbereiche C und D in Fall 5) oder aus ihr ausgeschlossen werden (Geschäftsbereich B in Fall 5). Auch die Diversifikation in ein neues Geschäftsfeld (Fall 6) führt zur Aufnahme eines neuen Geschäftsbereichs. Die
251
Der Anstieg der Zahl der in der Stichprobe befindlichen Unternehmen von 1997 auf 1998 erklärt sich in zwei Fällen durch den Übergang von SFAS 14 auf SFAS 131 und dem damit einhergehenden ausführlicheren Segmentbericht über bereits zuvor bestehende Strukturen. Die Ergebnisse können durch den damit einhergehenden verkürzten Ausweis der „duration“ leicht verzerrt werden. Vgl. Kapitel 6.1.4, S. 5.
58
6 Methoden
Desinvestition eines bisher in der Stichprobe vorhandenen Geschäftsbereichs (Fall 7) führt hingegen zu dessen Ausscheiden. Das in Fall 4 und Fall 7 skizzierte Ereignis („event“) der Desinvestition wird in dieser Arbeit im Rahmen der Event History Analyse untersucht. Wird die Anzahl der in der Stichprobe enthaltenen Geschäftsbereiche über die Jahre des Untersuchungszeitraums addiert, ergibt sich eine Zahl von 1397 Geschäftsbereichsjahren. Diese entsprechen den Datensätzen in der vorliegenden Untersuchung.
6.1.4 Zensierte Daten Die Stichprobe weist zensierte wie unzensierte Daten auf.252 Zensierte Daten liegen dann vor, wenn die Zeitdauer253 („duration“254) zwischen dem Zeitpunkt, ab dem eine Desinvestition des Geschäftsbereichs möglich ist, und dem Zeitpunkt der Desinvestition nicht bestimmt werden kann. Dazu kommt es, wenn die Information über mindestens einen der beiden Zeitpunkte fehlt. Abbildung 6.1 zeigt einige Formen von unzensierten und zensierten Daten, die in der vorliegenden Arbeit von Bedeutung sind.255
In Abbildung 6.1 ist eine Zeitachse dargestellt, auf der der Untersuchungszeitraum abgetragen ist. Daten liegen nur für den Untersuchungszeitraum vor. Die Buchstaben A bis H bezeichnen einzelne Geschäftsbereiche. Die Position der Buchstaben über der Zeitachse gibt den Zeitpunkt an, ab dem eine Desinvestition des Geschäftsbereichs möglich ist, weil zu diesem Zeitpunkt der Geschäftsbereich in einem der betrachteten S&P 100-Unternehmen geschaffen wird oder ab diesem Zeitpunkt nicht mehr der einzige Geschäftsbereich des Unternehmens ist. Die von den Buchstaben ausgehende horizontale Linie gibt die Zeitdauer an, in der eine Desinvestition möglich ist. Ein Stern am Ende der Linie steht für eine Desinvestition des betrachteten Geschäftsbereichs, ein Kreis steht für ein anderes Ereignis, das dazu führt, dass der Geschäftsbereich nicht mehr desinvestiert werden kann.
252
Vgl. zur näheren Erläuterung von zensierten Daten VERMUNT (1997), S. 117-130. In der Terminologie der Event History Analyse ist der Geschäftsbereich während dieser Zeitdauer „at risk“ - er ist während dieser Zeit dem Risiko einer Desinvestition ausgesetzt. Alle Geschäftsbereiche, die „at risk“ sind, bilden zusammen das „risk set“. Vgl. ALLISON (1984), S. 16; VERMUNT (1997), S. 84. 254 YAMAGUCHI (1991), S. 1. 255 Vgl. für eine ähnliche Abbildung YAMAGUCHI (1991), S. 4; VERMUNT (1997), S. 118. 253
6.1 Datenbasis
59
Abbildung 6.1: Unzensierte und zensierte Daten
A,…,H …Geschäftsbereiche
A
…Desinvestition B
…anderes Ereignis
C
D
E
F
G
H
01.01.1997
31.12.2003
Untersuchungszeitraum
Die Fälle A und B sind die einzigen unzensierten Fälle in Abbildung 6.1. In beiden Fällen ist sowohl der Zeitpunkt bekannt, von dem an eine Desinvestition des Geschäftsbereichs möglich ist, als auch der Zeitpunkt der Desinvestition. Die Fälle A und B unterscheiden sich lediglich hinsichtlich des ersten Zeitpunktes und folglich hinsichtlich der Zeitdauer bis zum Auftreten der Desinvestition.
Die Fälle C, D und E sind Beispiele für rechts-zensierte Fälle. In den Fällen C und D ist der Zeitpunkt, ab dem eine Desinvestition möglich ist, bekannt. Im Fall C wird die Desinvestition des Geschäftsbereichs nicht mehr beobachtet, da sie nach dem Ende des Untersuchungszeitraums stattfindet. Die Event History Analyse kann diese Art der Daten problemlos verarbeiten.256
Im Fall D scheidet der Geschäftsbereich vor dem Ende des Untersuchungszeitraums aufgrund eines Ereignisses, das nicht eine Desinvestition des betrachteten Geschäftsbereichs ist, aus der Stichprobe aus. Auch Daten, die dem Fall D
256
Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 5.
60
6 Methoden
entsprechen, können von der Event History Analyse problemlos verarbeitet werden, sofern das Ereignis, das zum Ausscheiden aus der Stichprobe führt (z.B. Fusion, Insolvenz, Umstrukturierung, Fokussierung), die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition nicht beeinflusst (Unabhängigkeitsbedingung).257
Geprüft werden muss, ob Geschäftsbereiche, die mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ein derartiges Ereignis aufweisen, das zum Ausscheiden aus der Stichprobe führt, auch eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, desinvestiert zu werden. Konkret stellt sich die Frage, ob sich eine Fusion, eine Insolvenz, eine Umstrukturierung oder eine Fokussierung des Unternehmens auf die gleichen Ursachen zurückführen lässt wie eine Desinvestition. Da theoretische Überlegungen durchaus eine gewisse Abhängigkeit zwischen den beschriebenen Ereignissen und einer Desinvestition vermuten lassen, wird statistisch überprüft, ob die Unabhängigkeitsbedingung in der vorliegenden Arbeit erfüllt ist. Wie von ALLISON empfohlen, wird dazu eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt.258 Zu diesem Zweck wird im Jahr der Zensur bei den dem Fall D entsprechenden Datensätzen ein Ereignis (Fusion, Umstrukturierung/Fokussierung oder Insolvenz) festgestellt und dann das Event History Modell auf dieser veränderten Basis geschätzt. Die Ergebnisse ähneln stark denen des Standardmodells, in dem den zensierten Fällen vom Typ D keine eigenen Ereignisse zugewiesen werden. Daher wird vermutet, dass die Unabhängigkeitsbedingung in der vorliegenden Arbeit erfüllt ist und Daten vom Typ D mit der Event History Analyse verarbeitet werden können, ohne dass dadurch bedeutende Verzerrungen entstehen.
Fall E stellt einen vollkommen rechts-zensierten Datensatz dar, der aufgrund der bestehenden Eingrenzung des Untersuchungszeitraums nicht Bestandteil der Stichprobe wird.259 Um zu vermeiden, dass die Wahl des Untersuchungszeitraums die Untersuchungsergebnisse beeinflusst, werden entsprechende Kontrollvariablen in die Untersuchung aufgenommen.260 Die Fälle F, G und H261 sind links-zensiert, da nicht beobachtet werden kann, seit wann diese Geschäftsbereiche desinvestiert werden können. Links-zensierte Daten 257
Vgl. hier und im Folgenden ALLISON (1984), S. 29; YAMAGUCHI (1991), S. 6. Vgl. ALLISON (1984), S. 29. Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 6f. 260 Vgl. Kapitel 6.2.2, S. 5. 261 Der Fall H ist zudem noch rechts-zensiert. 258 259
6.1 Datenbasis
61
stellen bei einer Event History Analyse ein deutlich größeres Problem dar als rechtszensierte Daten.262 Fall F steht für einen vollständig links-zensierten Datensatz.263 Da Desinvestitionen erst ab dem Jahr 1997 betrachtet werden, liegen keine Informationen über Geschäftsbereiche vor, die bereits vor diesem Zeitpunkt desinvestiert wurden. Dass es gleichwohl vor 1997 Desinvestitionen gegeben hat, zeigen die vorliegenden empirischen Studien über Desinvestitionen, die bis in die frühen 1980er Jahre zurückreichen,264 sowie Managementhandbücher aus den 1970er Jahren, die sich mit Desinvestitionen auseinandersetzen265. Die Nichtberücksichtigung dieser links-zensierten Daten in der Untersuchung kann daher die Ergebnisse verzerren.
Anders als Fall F gehen die Fälle G und H in die Stichprobe ein. Da der Untersuchungszeitraum erst 1997 beginnt, kann keine Aussage darüber getroffen werden, wie lange die Geschäftsbereiche des Typs G und H bereits vor 1997 schon hätten desinvestiert werden können. Diese fehlende Information führt dazu, dass der Zeitpunkt, ab dem eine Desinvestition möglich ist, in der Untersuchung mit dem Beginn des Untersuchungszeitraums gleichgesetzt wird, obwohl bei zahlreichen Geschäftsbereichen auch vor 1997 eine Desinvestition möglich gewesen wäre.266 ALLISON schlägt vor, links-zensierte Daten vom Typ G und H aus der Stichprobe zu entfernen, um dadurch eine Verzerrung der Ergebnisse zu vermeiden.267 VERMUNT stellt jedoch fest, dass dieses Vorgehen nur ratsam ist, wenn der Anteil der linkszensierten Daten in der Stichprobe gering ist, da ansonsten der mit der Entfernung der Daten einhergehende Informationsverlust die Vermeidung der Verzerrung nicht rechtfertigt.268 Da links-zensierte Daten einen großen Teil der Stichprobe ausmachen, werden diese Daten nicht entfernt. BOX-STEFFENSMEIER/JONES stellen fest, dass sich links-zensierte Daten aufgrund fehlender Informationen in vielen Untersuchungen nicht vermeiden lassen.269 Exemplarisch
262
sind
die
Arbeiten
von
RAVENSCRAFT/SCHERER
Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 7; VERMUNT (1997), S. 125. Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 7. 264 Vgl. z.B. DUHAIME/GRANT (1984); MONTGOMERY/THOMAS/KAMATH (1984). 265 Vgl. LOVEJOY (1971); BING (1978). 266 Vgl. BOX-STEFFENSMEIER/JONES (2004), S. 16f. 267 Vgl. ALLISON (1984), S. 57. 268 Vgl. VERMUNT (1997), S. 125. 269 Vgl. BOX-STEFFENSMEIER/JONES (2004), S. 190. 263
und
MA-
62
6 Methoden
TA/PORTUGAL, die ebenfalls Desinvestitionen untersuchen und auch angesichts zahlreicher links-zensierter Fälle verwandte Untersuchungsverfahren wählen.270
270
Vgl. RAVENSCRAFT/SCHERER (1991), S. 431; MATA/PORTUGAL (2000), S. 555. RAVENSCRAFT/SCHERER untersuchen Ihre Daten mit einer Überlebensanalyse, die zeitabhängig-variable Untersuchungsvariablen nicht berücksichtigen kann.
6.2 Variablen
63
6.2 Variablen 6.2.1 Abhängige Variable Desinvestition. Desinvestition ist die abhängige Variable im Untersuchungsmodell. Es ist eine binäre Variable, die den Wert 1 annimmt, sofern in einem Jahr die Desinvestition eines Geschäftsbereichs festgestellt wird und den Wert 0 aufweist, wenn der Geschäftsbereich fortgeführt wird. Eine Desinvestition wird dem Jahr zugeordnet, in dem sie angekündigt wird. Zum Auffinden der Desinvestitionsankündigungen wurden die 10-K-Forms der Unternehmen nach folgenden Stichworten durchsucht: -
„spin“
-
„sell”, „sold” und „sale”
-
„carve”
-
„discontinued“
-
„disengage” (für „to disengage” oder „disengagement“)
-
„dispos” (für „to dispose” oder „disposition”)
-
„divest“ (für „to divest“ oder „divestiture”)
-
„exit”
-
„separa” (für „to separate” oder „separation”)
-
„IPO”
Desinvestitionen wurden nicht berücksichtigt, wenn sie im direkten Zusammenhang mit dem Kauf eines anderen Unternehmens oder einer Fusion standen oder aus wettbewerbsrechtlichen Gründen erzwungen wurden.271
Spin-off. Die Variable Spin-off ist die abhängige Variable im ersten explorativen Modell, in dem auf die Desinvestitionsform Spin-off abgestellt wird.272 Es ist eine binäre Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn ein Geschäftsbereich mittels Spin-off desinvestiert wird und andernfalls den Wert 0 aufweist.
271 272
Vgl. BERGH/HOLBEIN (1997), S. 562. Neben den beobachteten reinen Spin-offs sind in der Gruppe der Spin-offs auch die beobachteten Mischformen aus Spin-offs und Equity Carve-outs sowie der beobachtete einzige reine Equity Carve-out zusammengefasst. Bei den Mischformen handelt es sich um eine Kombination aus einem anfänglichen Equity Carve-out, der zu einem Verkauf von 15% bis 30% der Anteile führt und einem anschließenden Spin-off, der eine Übertragung der restlichen Anteile an die Altaktionäre zur Folge hat. Aufgrund der festgestellten Überlagerung wurden Spin-offs, Mischformen sowie der eine reine Equity Carve-out zur Gruppe der Spin-offs zusammengefasst.
64
6 Methoden
Sell-off. Die Variable Sell-off ist die abhängige Variable im zweiten explorativen Modell, in dem nur auf die Desinvestitionsform Sell-off abgestellt wird. Es ist eine binäre Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn ein Geschäftsbereich mittels Sell-off desinvestiert wird und andernfalls den Wert 0 aufweist.
6.2.2 Unabhängige Variablen Operative Performance. Die operative Performance des Geschäftsbereichs wird durch die Gesamtkapitalrendite des Geschäftsbereichs gemessen.273 Die Gesamtkapitalrendite ist ein verbreitetes Maß zur Messung des operativen Erfolgs von Unternehmen und Geschäftsbereichen.274 LANT/MILLIKEN/BATRA weisen darauf hin, dass die Gesamtkapitalrendite ein Performancemaß ist, das von Managern zur Beurteilung der eigenen Leistung und der Leistung von konkurrierenden Unternehmen herangezogen wird.275
Die Gesamtkapitalrendite wird gemessen als das „operating income“ des Geschäftsbereichs dividiert durch die „total assets“ des Geschäftsbereichs. Sofern Daten über den „operating income“ des Geschäftsbereichs nicht angegeben werden bzw. sich nicht aus den vorhandenen Daten ermitteln lassen, wird die Gesamtkapitalrendite auf Basis der angegebenen Erfolgsgröße (zumeist ist dies der „net income“) berechnet. Die Kosten und Vermögensgegenstände der Unternehmenszentrale fließen, soweit diese nicht verursachungsgerecht auf die Geschäftsbereiche aufgeteilt werden, nicht in die Berechnung der Gesamtkapitalrendite der Geschäftsbereiche ein.276
Die Nutzung von Geschäftsbereichsdaten ist nicht unproblematisch. Durch die Notwendigkeit, einen Teil der in der Unternehmenszentrale entstandenen Kosten und Vermögensgegenstände auf die Geschäftsbereiche zu verteilen, ergeben sich Ermessensspielräume, die zu willkürlichen Entscheidungen des Managements bei der
273
Vgl. COENENBERG (2003), S. 1052. Vgl. RAVENSCRAFT/SCHERER (1991), S. 430; HOSKISSON/JOHNSON (1992), S. 629; HOSKISSON/JOHNSON/MOESEL (1994), S. 1221; BERGH/HOLBEIN (1997), S. 563; DALEY/ MEHROTRA/SIVAKUMAR (1997), S. 266. 275 Vgl. LANT/MILLIKEN/BATRA (1992), S. 595. 276 Die nicht auf die Geschäftsbereiche verteilten Kosten und Vermögensgegenstände werden in einem gesonderten Posten (zumeist „all other“ genannt) gebündelt. Vgl. SCHILDBACH (2002), S. 296. 274
6.2 Variablen
65
Allokation dieser Beträge führen können.277 Durch Leistungstransfers zwischen den Geschäftsbereichen können ebenfalls Ermessensspielräume entstehen, sofern die den Leistungstransfers zugrunde gelegten Verrechnungspreise nicht den Marktpreisen entsprechen.278 Diese Unzulänglichkeiten müssen in einer empirischen Analyse akzeptiert werden.
Branchen-Anspruchsniveau
(operative
Performance).
Das
Branchen-
Anspruchsniveau der Geschäftsbereiche berechnet sich als die durchschnittliche Gesamtkapitalrendite branchengleicher Unternehmen und Geschäftsbereiche.279 Dazu werden jedem untersuchten Geschäftsbereich fünf branchengleiche Unternehmen bzw. branchengleiche Geschäftsbereiche anderer Unternehmen zugeordnet. Die Identifikation der Referenzunternehmen erfolgt mittels der Daten von REUTERS280 sowie mittels der EDGAR-Datenbank der SEC, die eine Sortierung der Unternehmen nach Branchen, d.h. den Standard Industry Classification Codes (SICCodes281) erlaubt. Aus Gründen der Praktikabilität werden nur jeweils fünf Unternehmen bzw. Geschäftsbereiche als Referenzen ausgewählt. Dies erscheint vertretbar, da sich Unternehmen nur an einer geringen Zahl gleichartiger Unternehmen orientieren.282 Um eine möglichst große Ähnlichkeit zu gewährleisten, müssen die Referenzunternehmen bzw. –geschäftsbereiche über den gleichen vierstelligen SIC-Code verfügen wie der beobachtete Geschäftsbereich.283 Aus der Gruppe der ähnlichen Unternehmen bzw. Geschäftsbereiche werden die fünf Referenzen ausgewählt, die eine ähnliche Größe284 wie der untersuchte Geschäftsbereich aufweisen.
Konzern-Anspruchsniveau
(operative
Performance).
Das
Konzern-
Anspruchsniveau eines Geschäftsbereichs berechnet sich als die durchschnittliche Gesamtkapitalrendite der übrigen Geschäftsbereiche desselben Konzerns.
277
Vgl. SCHILDBACH (2002), S. 303. Vgl. COENENBERG (1999), S. 525. Das Branchen-Anspruchsniveau wird berechnet, indem die Werte für die Gesamtkapitalrendite der einzelnen Referenzen addiert werden und die Summe anschließend durch die Anzahl der Referenzen geteilt wird. 280 Der Zugang erfolgte über das Internetportal der YAHOO! Inc. (Vgl. YAHOO! (2004b), o. S.). 281 Für einen Überblick über die Brancheneinteilung der SIC vgl. U.S. DEPARTMENT OF LABOR OCCUPATIONAL SAFETY & HEALTH ADMINISTRATION (2004), o. S. 282 Vgl. Kapitel 3.2.1, S. 5. 283 Falls weniger als fünf Unternehmen mit dem gleichen vierstelligen SIC-Code verfügbar waren, wurde die Suche auf Unternehmen mit dem gleichen dreistelligen SIC-Code ausgeweitet und diese einbezogen. 284 Gemessen als Umsatz. 278 279
66
6 Methoden
Vergangenheits-Anspruchsniveau (operative Performance). Das Vergangenheits-Anspruchsniveau eines Geschäftsbereichs berechnet sich als gleitender Durchschnitt seiner Gesamtkapitalrendite der letzten drei Jahre vor dem Vorjahr des betrachteten Jahres.285 Abbildung 6.2 zeigt, aus welchen Jahren Daten zur Ermittlung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus herangezogen werden. Die Abbildung verdeutlicht den vermuteten Zusammenhang, dass das Management die letzten verfügbaren Performancedaten aus dem Jahr -1 mit der durchschnittlichen Performance der Vorjahre (Jahre -2 bis -4) vergleicht, um auf der Basis dieses Vergleichs eine Desinvestitionsentscheidung im Jahr 0 zu treffen. Abbildung 6.2: Datenbasis für das Vergangenheits-Anspruchsniveau
Jahr 0
Desinvestitionsentscheidung
Jahr -1
Jahr -2
Jahr -3
Jahr -4
letzte verfügbare Performancedaten des GB
löst evtl. aus
Vergangenheits-Anspruchsniveau als Durchschnitt der Performance des GB in den Jahren -2 bis -4
VERGLEICH
GB…Geschäftsbereich
Probleme bei der Berechnung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus entstehen aufgrund der Umstellung der Segmentberichterstattung auf SFAS 131 und aufgrund von Umstrukturierungen der Geschäftsbereiche im Untersuchungszeitraum. Beide Fälle führen dazu, dass für bestimmte Geschäftsbereiche die Daten zur Ermittlung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus nicht oder nur unvollständig vorliegen. Sind die Daten unvollständig, weil ein Geschäftsbereich aus einer Umstrukturierung neu hervorgegangen ist, wird das Vergangenheits-Anspruchsniveau mit den unvollständigen Daten berechnet. Fehlen aufgrund einer Umstrukturierung die Daten zur Ermittlung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus für einen Geschäftsbereich vollständig, dann werden die Daten des Geschäftsbereichs herangezogen, aus dem der betrachtete Geschäftsbereich durch die Umstrukturierung hervorgegangen ist.
285
Vgl. DUHAIME/BAIRD (1987), S. 489.
6.2 Variablen
67
Sind die Daten unvollständig, weil vor der Umstellung auf SFAS 131 nur eine gröbere Segmentberichterstattung vorhanden war, wird das unter SFAS 14 angegebene Segment, in dem der untersuchte Geschäftsbereich enthalten ist, in die Berechnung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus einbezogen.
Kapitalmarkt-Performance. Die Kapitalmarkt-Performance eines Unternehmens wird durch das Verhältnis seines Marktwerts zu seinem Buchwert gemessen.286 Das Marktwert-Buchwert-Verhältnis gilt auch als Proxy für Tobin’s Q und ist damit sehr gut zur Messung der Kapitalmarkt-Performance von diversifizierten Unternehmen geeignet.287 Das Marktwert-Buchwert-Verhältnis (M/B) wird wie folgt gemessen:288 M/B = (total assets – total stockholder equity + stock market capitalization) / total assets
Branchen-Anspruchsniveau (Kapitalmarkt-Performance). Das auf die Kapitalmarkt-Performance bezogene Branchen-Anspruchsniveau eines Unternehmens berechnet sich als das durchschnittliche Marktwert-Buchwert-Verhältnis branchengleicher Unternehmen. Dazu werden jedem untersuchten Unternehmen fünf branchengleiche Unternehmen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt entsprechend der Einordnung des Unternehmens in das Schema des Global Industry Classification Standard (GICS).289 Der GICS wurde von MORGAN STANLEY CAPITAL INTERNATIONAL und STANDARD & POOR’S als kapitalmarktrelevante Brancheneinteilung entwickelt. Die Einordnung eines diversifizierten Unternehmens in das Schema orientiert sich dabei am dominierenden Geschäftsgegenstand. Sofern mehr als fünf Unternehmen mit dem gleichen GICS-Code als Referenzunternehmen in Frage kommen, werden die fünf Unternehmen ausgewählt, deren Gesamtumsatz am wenigsten vom Gesamtumsatz des untersuchten Unternehmens abweicht. Auf diese Weise werden Unternehmen von ähnlicher Größe verglichen.
286
Vgl. KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 83; HAYNES/THOMPSON/WRIGHT (2000), S. 22. Vgl. LANG/STULZ (1994), S. 1253. 288 Vgl. KRISHNASWAMI/SUBRAMANIAM (1999), S. 83. 289 Vgl. MORGAN STANLEY CAPITAL INTERNATIONAL (2003), o. S. 287
68
6 Methoden
Vergangenheits-Anspruchsniveau (Kapitalmarkt-Performance). Das auf die Kapitalmarkt-Performance bezogene Vergangenheits-Anspruchsniveau eines Unternehmens berechnet sich als der gleitende Durchschnitt seines Marktwert-BuchwertVerhältnisses. In die Berechnung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus fließen Daten aus drei zurückliegenden Jahren ein.290 Da zur Berechnung dieser Variablen keine Segmentdaten erforderlich sind, treten in diesem Fall keine Verzerrungen durch Umstrukturierungen oder eine veränderte Rechnungslegung auf.
Verschuldung. Der Verschuldungsgrad der Unternehmen wird durch den Anspannungsgrad I, d.h. durch das Verhältnis von Fremd- zu Gesamtkapital des Unternehmens gemessen.291 Der Verschuldungsgrad ist eine verbreitete Variable zur Messung der finanziellen Zwänge, denen ein Unternehmen unterliegt.292
Branchen-Anspruchsniveau (Verschuldung). Das auf die Verschuldung bezogene Branchen-Anspruchsniveau eines Unternehmens berechnet sich als der durchschnittliche Verschuldungsgrad branchengleicher Unternehmen. Die Zuordnung der jeweils fünf Referenzunternehmen auf das untersuchte Unternehmen erfolgte, wie oben beschrieben, anhand des GICS-Schemas und der Unternehmensgröße.
Vergangenheits-Anspruchsniveau (Verschuldung). Das auf die Verschuldung bezogene Vergangenheits-Anspruchsniveau des Unternehmens berechnet sich als der gleitende Durchschnitt seines Verschuldungsgrads.293 Auch in die Berechnung des Vergangenheits-Anspruchsniveaus fließen die Daten aus drei zurückliegenden Jahren ein.294
Desinvestitionserfahrung. Die Desinvestitionserfahrung wird durch eine binäre Variable gemessen, die den Wert 1 annimmt, wenn in den letzten vier Jahren vor dem betrachteten Jahr die Desinvestition eines Geschäftsbereichs beobachtet werden konnte. Andernfalls nimmt die Variable den Wert 0 an. In den beiden explorativen Modellen der Arbeit, in denen die beiden Desinvestitionsformen Spin-off und Sell-off
290
Vgl. Abbildung 6.2, S. 5. Vgl. COENENBERG (2003), S. 955. Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 315; DUHAIME/BAIRD (1987), S. 489; BERGH/HOLBEIN (1997), S. 563; HAYNES/THOMPSON/WRIGHT (2000), S. 14. 293 Vgl. DUHAIME/GRANT (1984), S. 315. 294 Vgl. Abbildung 6.2, S. 5. 291 292
6.2 Variablen
69
getrennt untersucht werden, nimmt die Variable nur dann den Wert 1 an, wenn zuvor mit der jeweils betrachteten Desinvestitionsform Erfahrungen gemacht wurden. Der Zeitraum von vier Jahren ist durch die Verfügbarkeit der Unternehmensdaten in der EDGAR-Datenbank vorgegeben. Für das erste Jahr des Untersuchungszeitraums, das Jahr 1997, kann maximal vier Jahre (bis in das Jahr 1993) zurückgeblickt werden und in den 10-K-Reports nach Berichten über Desinvestitionen gesucht werden. Die vorangegangenen vier Jahre sind nach der gewählten Operationalisierung folglich der Zeitraum, über den die Erfahrung mit vergangenen Routinen im Unternehmen erhalten bleibt. In dieser Zeit erhöht die Erfahrung die Wahrscheinlichkeit, dass die bekannte Routine erneut angewendet wird. Liegt die letzte Anwendung der Routine länger als vier Jahre zurück, wirkt sich die damit gesammelte Erfahrung nicht mehr positiv auf die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Anwendung aus.
CEO-Wechsel. Ein CEO-Wechsel wird durch eine binäre Variable berücksichtigt, die den Wert 1 annimmt, wenn im Vorjahr der Wechsel eines CEO beobachtet wurde und der berufene CEO nicht länger als fünf Jahre im Unternehmen tätig war. Vollzog sich kein oder ein früherer Wechsel oder wurde ein Insider berufen, der bereits länger als fünf Jahre im Unternehmen tätig war, nimmt die Variable den Wert 0 an. Die genaue Festlegung des Zeitraums auf fünf Jahre wird durch die Verfügbarkeit von Unternehmensdaten bestimmt. Die Daten zur Besetzung der CEO-Position entstammen den 10K-Forms oder den DEF-14A-Forms295 der SEC. In diesen Dokumenten ist ein Hinweis enthalten, wenn Mitglieder des Board of Directors höchstens fünf Jahre im Unternehmen tätig sind.
Der Fünfjahreszeitraum ist nach der gewählten Operationalisierung dementsprechend der Zeitraum, in dem das Denkmuster, das vor dem Wechsel bei einem CEO vorhanden war, zumindest teilweise noch Bestand hat und noch nicht von einem neuen, dem Unternehmen eigenen Denkmuster verdrängt wurde.296
Vertikale Integration. Die vertikale Integration wird durch eine binäre Variable gemessen, die den Wert 1 annimmt, wenn ein Geschäftsbereich in eine vertikal integ295
296
Dies ist das Formular „definitive proxy statement“, in dem unter anderem die zu wählenden Mitglieder des Board of Directors vorgestellt werden. Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 322.
70
6 Methoden
rierte Produktionsstruktur eingebunden ist und den Wert 0 aufweist, wenn es sich nicht um einen vertikal integrierten Geschäftsbereich handelt. Zur Beurteilung, ob Geschäftsbereiche eines Unternehmens vertikal integriert sind, wurden die 10-KForms hinsichtlich der Aktivitäten der einzelnen Geschäftsbereiche analysiert. Die Beurteilung konnte nicht standardisiert werden. Das von DAVIS/DUHAIME angewandte Verfahren, das die nach SFAS 14 berichteten Segmente disaggregiert und die dadurch erhaltenen Geschäftsbereiche anhand ihrer SIC-Codes vergleicht, kann in der vorliegenden Arbeit nicht angewendet werden, da nach der Umstellung der Segmentberichterstattung auf SFAS 131 die für die Disaggregation erforderlichen Daten fehlen.297 Die Analyse von D’AVENI/ILINITCH zeigt, dass die ausschließliche Orientierung an SIC-Codes dazu führen kann, dass eine vertikale Integration zwischen Geschäftsbereichen innerhalb des verarbeitenden Gewerbes (SIC 2000 bis 3999) nicht erkannt wird.298 Die Ermittlung einer vertikalen Integration erfolgt daher, wie bei D’AVENI/ILINITCH, durch eine gewissenhafte Analyse der Beziehungen zwischen den Geschäftsbereichen. Ermessensspielräume bei der Einteilung lassen sich dennoch nicht völlig vermeiden.299 Die vorgenommene Analyse führt dazu, dass zahlreiche Geschäftsbereiche von Öl- und Gasunternehmen sowie von metall- und holzverarbeitenden Unternehmen als vertikal integriert eingestuft werden.
Verwandte Diversifikation. Der Grad der verwandten Diversifikation wird anhand des aus dem Entropie-Maß abgeleiteten DR-Maßes300 berechnet. HOSKISSON u.a. zeigen, dass das DR-Maß ein zuverlässiges Maß für die Ermittlung der Verwandtschaft von Geschäftsbereichen ist und zu besseren Ergebnissen führt als eine auf den SIC-Codes basierende Branchenzählmethode.301 Das DR-Maß wird wie folgt ermittelt:302
DR
M
¦ DR j 1
mit: DR j
297
j
pj
¦p k j
j k
ln 1/p kj
Vgl. DAVIS, R./DUHAIME (1992), S. 515-517. Vgl. hier und im Folgenden D'AVENI/ILINITCH (1992), S. 607. 299 Zahlreiche Arbeiten, in denen die vertikale Integration gemessen wird, weisen diese Form des Ermessensspielraums auf. Vgl. z.B. DAVIS, R./DUHAIME (1992), S. 515. 300 „DR“ steht für „related diversification“. Vgl. BERGH/HOLBEIN (1997), S. 562. 301 Vgl. HOSKISSON u.a. (1993), S. 230f. Vgl. für Kritik an diesem Maß ROBINS/WIERSEMA (2003). 302 Vgl. hier und im Folgenden PALEPU (1985), S. 252f. Vgl. auch JACQUEMIN/BERRY (1979), S. 361. 298
6.2 Variablen
71
Zur Berechnung des DR-Maßes werden die Geschäftsbereiche des Unternehmens in M Gruppen (j = 1, 2,…, M) eingeteilt, in denen jeweils verwandte Geschäftsbereiche zusammengefasst werden. Die Verwandtschaft wird anhand der SIC-Codes der Geschäftsbereiche festgestellt. Verwandtschaft liegt dann vor, wenn Geschäftsbereiche den gleichen zweistelligen SIC-Code aufweisen. Für jede Gruppe wird das EntropieMaß DRj gemäß der zweiten hier dargestellten Formel ermittelt; dabei bezeichnet pkj den Anteil des k-ten Geschäftsbereichs am Umsatz der j-ten Gruppe. Das DR-Maß wird gemäß der ersten Formel berechnet. Dazu werden die Produkte aus DRj und dem Anteil der j-ten Gruppe am Umsatz des Unternehmens pj über alle M Gruppen des Unternehmens summiert. HOSMER/LEMESHOW empfehlen eine univariate Überprüfung der Skalierung aller unabhängigen Variablen, um die Güte logistischer Regressionsmodelle zu erhöhen.303 Zur Überprüfung des DR-Maßes werden dazu alle Fälle gemäß der Ausprägung des DR-Maßes in Quartile eingeteilt. Es zeigt sich, dass Fälle im 25%-Quartil mit den geringsten Werten für DR eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für eine Desinvestition aufweisen als die Fälle in allen anderen Quartilen. Die drei Quartile mit den höheren Ausprägungen für DR unterscheiden sich hinsichtlich der Desinvestitionswahrscheinlichkeit nicht signifikant voneinander. Dieses Ergebnis wird zum Anlass genommen, das DR-Maß auf eine binäre Kodierung umzustellen. Das DR-Maß erhält den Wert 1, wenn ein Fall zum 25%-Quartil mit den niedrigsten Werten für DR gehört; andernfalls den Wert 2. Durch diese Umkodierung kann die Modellgüte erhöht werden.
Kontrollvariablen. Zur Berücksichtigung von zeitabhängigen Einflüssen, die nicht durch die vorhandenen unabhängigen Variablen erklärt werden, schlägt ALLISON die Aufnahme von Dummyvariablen vor.304 Aus diesem Grund werden sechs Kontrollvariablen für die Jahre 2003 bis 1998 in das Modell aufgenommen. Die Kontrollvariable für das Jahr 2003 erhält den Wert 1, wenn sich ein Datensatz (d.h. ein Geschäftsbereichsjahr in der Stichprobe) auf das Jahr 2003 bezieht. Bezieht sich der Datensatz auf ein anderes Jahr, erhält die Variable den Wert 0. Die Kodierung der anderen Kontrollvariablen erfolgt analog. Das Jahr 1997, das erste Jahr des
303 304
Vgl. HOSMER/LEMESHOW (1989), S. 96f. Vgl. ALLISON (1984), S. 19f.
72
6 Methoden
Untersuchungszeitraums, bildet das Referenzjahr für die sechs Kontrollvariablen und wird deshalb nicht durch eine eigene Kontrollvariable berücksichtigt. Zur Kontrolle, ob im gleichen Unternehmen im gleichen Jahr ein anderer Geschäftsbereich desinvestiert wird, wird die Kontrollvariable „Andere Desinvestition“ in die Untersuchung aufgenommen. Wenn im betrachteten Jahr ein Geschäftsbereich über einen Spin-off bzw. einen Sell-off desinvestiert wird, nimmt diese Kontrollvariable den Wert 1 respektive den Wert 2 an. Wird in einem Jahr keine Desinvestition eines anderen Geschäftsbereichs beobachtet, erhält die Kontrollvariable den Wert 0. Die Aufnahme dieser Kontrollgröße ist erforderlich, da ansonsten die Ergebnisse der unabhängigen Variablen, die auf Unternehmensebene ermittelt werden, verzerrt werden können. Eine Verzerrung würde sich beispielsweise dann ergeben, wenn die hohe Verschuldung eines Unternehmens zum Verkauf eines Geschäftsbereichs führt und dieser Verkauf bei den nicht desinvestierten Geschäftsbereichen des hoch verschuldeten Unternehmens nicht berücksichtigt wird. Für die einzelnen nicht desinvestierten Geschäftsbereiche sieht es in diesem Fall aus, als hätte die hohe Verschuldung des Unternehmens keinen Einfluss auf die Entscheidung für Desinvestitionen. Durch die Aufnahme der Kontrollvariable kann diese Verzerrung der Ergebnisse vermieden werden.
6.3 Analyseverfahren
73
6.3 Analyseverfahren 6.3.1 Hypothesentest Zur Prüfung der Hypothesen wird das Verfahren der Event History Analyse benutzt.305 Für den Test kommt ein diskret-zeitliches Logit-Modell mit zeitabhängigen Kovariaten zur Anwendung.306 Da die Untersuchungsintervalle in der Arbeit relativ groß sind (Jahre) und sich über einen relativ kurzen Zeitraum von sieben Jahren erstrecken, führt dies dazu, dass in den einzelnen Jahren des Untersuchungszeitraums jeweils mehrere Desinvestitionen zu beobachten sind. Für diesen Fall von verbundenen Ereignissen schlägt YAMAGUCHI das in der Arbeit verwendete diskretzeitliche Modell vor.307 Ferner können in dem Modell problemlos zeitabhängige Kovariate verarbeitet werden, da für jedes Jahr, in dem sich ein Geschäftsbereich in der Stichprobe befindet, ein gesonderter Datensatz (Geschäftsbereichsjahr) angelegt wird.308 Das diskret-zeitliche Event History Modell hat die folgende Form:309
log (W(t) / (1 – W(t))) = a + bpXp(t-1) + bi(Xp(t-1) - XA(t-1))D + buXu(t-1) + c(t)
mit:
W(t) = Wahrscheinlichkeit, dass ein in der Stichprobe befindlicher Geschäftsbereich im Jahr t desinvestiert wird
Xp(t-1), (Xp(t-1) - XA(t-1))D und Xu(t-1) = zeitabhängige Kovariate, von denen angenommen wird, dass sie die Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen beeinflussen; alle Kovariate weisen einen zeitlichen Nachlauf von einem Jahr auf, um sicherzustellen, dass die unabhängigen Variablen vom untersuchten Ereignis unbeeinflusst sind
bp, bi und bu = zu schätzende Koeffizienten
c(t) = Kontrollvariablen
a = Konstante
305
Vgl. für eine ausführliche Darstellung dieser Methodik ALLISON (1984); YAMAGUCHI (1991); VERMUNT (1997); BOX-STEFFENSMEIER/JONES (2004). 306 Vgl. ALLISON (1984), S. 14-22; YAMAGUCHI (1991), S. 15-45. 307 Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 16f. Vgl. für ähnliches Vorgehen BÜHNER/STILLER/TUSCHKE (2004), S. 720f. 308 Vgl. YAMAGUCHI (1991), S. 21-24. 309 Vgl. ALLISON (1984), S. 18; GUJARATI (2003), S. 318.
74
6 Methoden
bpXp(t-1) + bi(Xp(t-1) - XA(t-1))D = Spline-Funktion für die Hypothesen 1a bis 3b
bpXp(t-1) = erster Teil der Spline-Funktion, welcher sich auf die Performancevariablen bezieht
bi(Xp(t-1) - XA(t-1))D = zweiter Teil der Spline-Funktion, welcher sich auf die Interaktionsvariablen bezieht
XA(t-1) = Anspruchsniveaus
D = Dummyvariable. o D = 1 für Xp XA o D = 0 für Xp < XA
In der vorliegenden Arbeit werden drei Modelle mittels einer binomialen logistischen Regression berechnet. Das erste Modell untersucht zur Überprüfung der formulierten Hypothesen die Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen, ohne dabei unterschiedliche Formen von Desinvestitionen zu unterscheiden. Als abhängige Variable fungiert in diesem Modell die Variable „Desinvestition“. Das zweite Modell berechnet im Rahmen eines explorativen Vorgehens die Wahrscheinlichkeit für Spin-offs. Als abhängige Variable dient in diesem Modell die Variable „Spin-off“. Sell-offs werden in diesem ersten explorativen Modell als zensierte Fälle betrachtet.310 In einem weiteren explorativen Modell wird die Wahrscheinlichkeit für Sell-offs berechnet. Abhängige Variable ist im zweiten explorativen Modell die Variable „Sell-off“. In diesem Modell werden Spin-offs als zensierte Fälle angesehen.
6.3.2 Spline-Funktion Zur Ermittlung des Einflusses der verschiedenen Anspruchsniveaus auf die Wahrscheinlichkeit von Desinvestitionen wurde im vorangegangenen Kapitel eine SplineFunktion aufgestellt.311 Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Koeffizient der untersuchten unabhängigen Variablen (hier: operative Performance, KapitalmarktPerformance und Verschuldung) an einem vorher festgelegten Punkt – dem so genannten Knotenpunkt – seinen Wert verändern kann. Der Knotenpunkt befindet sich in der vorliegenden Arbeit stets auf der Höhe des Anspruchsniveaus. Dadurch kann
310 311
Vgl. ALLISON (1984), S. 46. Vgl. hier und im Folgenden GUJARATI (2003), S. 317-319; GREVE (1998), S. 71.
6.3 Analyseverfahren
75
die Spline-Kurve oberhalb und unterhalb des Anspruchsniveaus eine unterschiedliche Steigung aufweisen.
Die Steigung des ersten Abschnitts der Spline-Kurven bis unterhalb des Anspruchsniveaus wird durch die Koeffizienten der Performancevariablen gemessen. Für die Berechnung der Steigung des zweiten Abschnitts der Spline-Kurven oberhalb des Anspruchsniveaus wird eine Interaktionsvariable aus dem Produkt der Performance und einer Dummyvariablen berücksichtigt. Die Dummyvariable nimmt den Wert 1 an, wenn die Performance größer oder gleich dem jeweiligen Anspruchsniveau ist und erhält den Wert 0 bei einer Performance unterhalb des jeweiligen Anspruchsniveaus. Die Interaktionsvariablen messen, wie sehr sich die Steigung oberhalb des Anspruchsniveaus gegenüber der Steigung unterhalb des Anspruchsniveaus verändert. Ein signifikantes Schätzergebnis in Bezug auf den Koeffizienten einer Interaktionsvariablen deutet darauf hin, dass sich die Steigungen ober- und unterhalb des Anspruchsniveaus signifikant unterscheiden.
In den Hypothesen 1a bis 3b wird vermutet, dass eine bestimmte Form der SplineKurven vorliegt. Um dies zu überprüfen, ist es nicht ausreichend, festzustellen, dass sich die Steigungen unterhalb und oberhalb der Anspruchsniveaus signifikant unterscheiden. Vielmehr muss die genaue Steigung der Spline-Kurven in den Abschnitten unterhalb und oberhalb der Anspruchsniveaus anhand der Vorzeichen und der Beträge der Koeffizienten ermittelt werden. Nur so wird ersichtlich, in welchem Abschnitt eine Spline-Kurve steigt oder fällt bzw. in welchem Abschnitt sie steiler oder flacher verläuft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Koeffizient einer einzelnen Interaktionsvariablen nur die Änderung der Steigung einer Spline-Kurve gegenüber der Steigung unterhalb des Anspruchsniveaus angibt. Erst die Addition des Koeffizienten der entsprechenden Performancevariablen mit dem Koeffizienten der dazugehörigen Interaktionsvariablen ergibt die Steigung einer Spline-Funktion oberhalb des jeweiligen Anspruchsniveaus.
Zur Beurteilung der Testergebnisse der Hypothesen 1a bis 3b muss jeweils der Regressionskoeffizient einer Performancevariablen (operative Performance, Kapitalmarkt-Performance oder Verschuldung) zusammen mit dem Regressionskoeffizienten einer Interaktionsvariablen betrachtet werden. Die Interaktionsvariablen sind be-
76
6 Methoden
nannt nach dem Anspruchsniveau, das in die Berechnung der Interaktionsvariablen einfließt. Die in den Hypothesen 1a bis 3b vermuteten Ausprägungen der Regressionskoeffizienten sind in Tabelle 6.4 dargestellt.
Wie sich die vermuteten Ausprägungen der Koeffizienten auf die jeweiligen Hypothesen übertragen lassen, wird im Folgenden anhand der Hypothese 1a und 3a gezeigt. Tabelle 6.4: Vermutete Ausprägungen der Regressionskoeffizienten Koeffizient Hypothese 1a Operative Performance
bp < 0
Branchen-Anspruchsniveau
bi < 0
Hypothese 1b Operative Performance Konzern-Anspruchsniveau Hypothese 1c Operative Performance Vergangenheits-Anspruchsniveau Hypothese 2a Kapitalmarkt-Performance Branchen-Anspruchsniveau Hypothese 2b Kapitalmarkt-Performance Vergangenheits-Anspruchsniveau Hypothese 3a Verschuldung Branchen-Anspruchsniveau mit: Hypothese 3b Verschuldung Vergangenheits-Anspruchsniveau mit:
bp < 0 bi < 0 bp < 0 bi < 0
bp < 0 bi < 0 bp < 0 bi < 0
bp > 0 bi < 0 bp > bi bp > 0 bi < 0 bp > bi
bp …Regressionskoeffizient der Performancevariablen bi …Regressionskoeffizient der Interaktionsvariablen
Der erste Teil der Hypothese 1a lautet: Mit steigender operativer Performance nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Diese Vermutung wird gestützt, wenn bp < 0 ein signifikantes Ergebnis aufweist. Der zweite Teil der Hypothese 1a lautet: Die Abnahme der Desinvestitionswahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen unterhalb des Branchen-Anspruchsniveaus ist schwächer als oberhalb.
6.3 Analyseverfahren
77
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Abnahme der Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition oberhalb des Branchen-Anspruchsniveaus stärker sein muss. Die negative Steigung der Spline-Kurve muss oberhalb des Anspruchsniveaus steiler sein als unterhalb des Anspruchsniveaus. Da die Interaktionsvariable die Veränderung der Steigung angibt, muss folglich bi < 0 gelten. Die Steigung des Bereichs oberhalb des Anspruchsniveaus ergibt sich durch die Summe der Koeffizienten bp und bi. Der erste Teil der Hypothese 3a lautet: Mit sinkender Verschuldung des Unternehmens nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition ab. Die Hypothese unterstellt, dass anders als in den Hypothesen 1a bis 2b ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der Performancevariable und der Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition besteht. Diese Vermutung wird gestützt, wenn bp > 0 ein signifikantes Ergebnis aufweist. Gleichzeitig muss die Bedingung bp > bi erfüllt sein. Diese zweite Bedingung stellt sicher, dass die Spline-Kurve auch im Bereich oberhalb des Anspruchsniveaus noch eine positive Steigung aufweist.
Der zweite Teil der Hypothese 3a lautet: Die
Abnahme
der
Wahrscheinlichkeit
bei
einem
Verschuldungsabbau
oberhalb des Branchen-Anspruchsniveaus ist schwächer als unterhalb. Die positive Steigung der Spline-Funktion muss oberhalb des Anspruchsniveaus flacher sein. Daher muss bi < 0 gelten.
79
7 Ergebnisse In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt bevor sie im folgenden Kapitel 8 in die Literatur eingeordnet und diskutiert werden.
7.1 Deskriptive Statistik Abbildung 7.1 zeigt die Anzahl von Desinvestitionen für die einzelnen Jahre des Untersuchungszeitraums von 1997 bis 2003. Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum 72 Geschäftsbereiche desinvestiert. Dies entspricht gut 5% der in der Stichprobe enthaltenen Geschäftsbereichsjahre. Bei den 72 Desinvestitionen handelt es sich in 25 Fällen um Spin-offs (inklusive der Mischformen und des einen Equity Carveout) und in 47 Fällen um Sell-offs. Die Zahl der Desinvestitionen geht ab dem Jahr 2001 stark zurück. In den Jahren 2002 und 2003 wurden zusammen nur noch sieben Geschäftsbereiche desinvestiert. Abbildung 7.1: Anzahl Desinvestitionen
Anzahl der beobachteten Desinvestitionen im Zeitraum 1997 bis 2003 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1997
1998
1999
2000 Jahr
Desinvestitionen
Spin-off
Sell-off
2001
2002
2003
80
7 Ergebnisse
7.1.1 Operative Performance des Geschäftsbereichs Im Folgenden werden die in Abbildung 7.1 dargestellten Ergebnisse weiter aufgeschlüsselt. Abbildung 7.2 zeigt den Anteil der fortgeführten sowie der mittels Spin-off oder Sell-off desinvestierten Geschäftsbereiche, die eine bessere operative Performance aufweisen als branchengleiche Unternehmen. Von den fortgeführten Geschäftsbereichen und den Spin-offs in der Stichprobe übertreffen mehr als die Hälfte das Branchen-Anspruchsniveau. Die operative Performance des weitaus größten Teils der beobachteten Sell-offs bleibt hingegen deutlich hinter dem BranchenAnspruchsniveau zurück. Deutlich unterschiedliche Ausprägungen der einzelnen Gruppen weisen bereits auf mögliche signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen hin. Abbildung 7.2: Operative Performance und Branchen-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche mit einer operativen Performance besser als das Branchen-AN 80% 68,00%
70%
Anteil (%)
60%
55,47%
50% 40% 27,66%
30% 20% 10% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
Abbildung 7.3 stellt getrennt für die drei betrachteten Gruppen den Anteil der Geschäftsbereiche dar, deren operative Performance die der übrigen Geschäftsbereiche des Konzerns übertrifft. Die desinvestierten Geschäftsbereiche bleiben zum größten Teil hinter dem Konzern-Anspruchsniveau zurück. Von den beobachteten Spin-offs und Sell-offs weisen nur ca. ein Drittel respektive ein Viertel eine operative
7.1 Deskriptive Statistik
81
Performance auf, die über der durchschnittlichen Performance der übrigen Geschäftsbereiche desselben Konzerns liegt. Aus der Gegenüberstellung der Ergebnisse aus Abbildung 7.2 und 7.3 zeigt sich, dass die beobachteten Spin-offs mehrheitlich zwar eine durchaus wettbewerbsfähige operative Performance aufweisen, sie aber im konzerninternen Vergleich schlecht abschneiden. Abbildung 7.3: Operative Performance und Konzern-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche mit einer operativen Performance besser als das Konzern-AN 60% 50% 50%
Anteil (%)
40%
36%
30% 23% 20%
10%
0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
In Abbildung 7.4 wird der Anteil der Geschäftsbereiche wiedergegeben, die eine im Vergleich zu Vorjahren bessere operative Performance aufweisen. Das Balkendiagramm zeigt nur geringe Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen. Lediglich Sell-offs bleiben etwas hinter den anderen beiden Gruppen zurück; nur 38,3% der verkauften Geschäftsbereiche weisen eine im Vergleich zum VergangenheitsAnspruchsniveau bessere operative Performance auf.
82
7 Ergebnisse
Abbildung 7.4: Operative Performance und Vergangenheits-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche mit einer operativen Performance besser als das Vergangenheits-AN 60% 52%
50% 50%
38%
Anteil (%)
40%
30%
20%
10%
0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
7.1.2 Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens Die Abbildung 7.5 zeigt den Anteil der Geschäftsbereiche, die sich in Unternehmen mit einer über dem Branchen-Anspruchsniveau liegenden Kapitalmarkt-Performance befinden. Der größte Teil der beobachteten Geschäftsbereiche befindet sich in Unternehmen mit einer unterdurchschnittlichen Kapitalmarkt-Performance. Von den Spin-offs bzw. Sell-offs durchführenden Unternehmen weisen 80% bzw. 74% eine hinter branchengleichen Unternehmen zurückbleibende Kapitalmarkt-Performance auf.
7.1 Deskriptive Statistik
83
Abbildung 7.5: Kapitalmarkt-Performance und Branchen-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche in Unternehmen mit einer KapitalmarktPerformance besser als das Branchen-AN 50% 45%
43%
40%
Anteil (%)
35% 30%
26%
25% 20% 20% 15% 10% 5% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
Abbildung 7.6 stellt die Anteile fortgeführter und desinvestierter Geschäftsbereichen dar, die sich in Unternehmen mit einer im Vergleich zu Vorjahren besseren Kapitalmarkt-Performance befinden. Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind gering. Allein der Anteil der Spin-offs, die von Unternehmen mit einer über dem Vergangenheits-Anspruchsniveau liegenden Kapitalmarkt-Performance durchgeführt werden, bleibt hinter den anderen beiden Gruppen zurück.
84
7 Ergebnisse
Abbildung 7.6: Kapitalmarkt-Performance und Vergangenheits-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche in Unternehmen mit einer KapitalmarktPerformance besser als das Vergangenheits-AN 60%
55%
53% 50% 40% Anteil (%)
40%
30%
20%
10%
0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
7.1.3 Verschuldung des Unternehmens Der Anteil der Geschäftsbereiche, die zu Unternehmen gehören, die eine niedrigere Verschuldung als der Branchendurchschnitt aufweisen, ist in Abbildung 7.7 dargestellt. Die Mehrheit der Geschäftsbereiche weist eine überdurchschnittliche Verschuldung auf. Insbesondere desinvestierte Geschäftsbereiche gehören zu Unternehmen, die stärker als branchengleiche Unternehmen verschuldet sind.
7.1 Deskriptive Statistik
85
Abbildung 7.7: Verschuldung und Branchen-Anspruchsniveau Geschäftsbereiche in Unternehmen mit einer Verschuldung besser als das Branchen-AN 50% 45%
42%
40%
Anteil (%)
35%
32%
30%
30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
Abbildung 7.8 zeigt den Anteil der Geschäftsbereiche, die zu Unternehmen gehören, deren Verschuldung im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen hat. Wie bereits bei den vorangegangenen Vergleichen mit Vergangenheits-Anspruchsniveaus, Abbildung 7.8: Verschuldung und Vergangenheits-Anspruchsniveau
Geschäftsbereiche in Unternehmen mit einer Verschuldung besser als das Vergangenheits-AN 60% 51% 48%
50%
45%
Anteil (%)
40%
30%
20%
10%
0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
desinvestierte GB (Sell-off)
86
7 Ergebnisse
zeigen sich auch in diesem Fall keine großen Unterschiede zwischen den drei Gruppen von Geschäftsbereichen.
7.1.4 Erfahrung, CEO-Wechsel und Diversifikationsart Abbildung 7.9 stellt für die drei Gruppen den Anteil der Geschäftsbereiche dar, die zu Unternehmen gehören, welche in den letzten vier Jahren Erfahrungen mit Desinvestitionen gesammelt haben. Bei über 76% aller Spin-offs lag bereits Desinvestitionserfahrung vor – deutlich mehr als bei den fortgeführten Geschäftsbereichen und bei Sell-offs. Abbildung 7.9: Desinvestitionserfahrung Geschäftsbereiche in Unternehmen mit Desinvestitionserfahrung aus den letzten 4 Jahren 90% 76%
80% 70%
Anteil (%)
60% 50%
51%
48%
40% 30% 20% 10% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
Die nachfolgende Abbildung 7.10 zeigt den Anteil der Geschäftsbereiche, in denen die Position des CEO mit einem Außenstehenden neu besetzt wurde. Der Anteil der Geschäftsbereiche mit einem derartigen CEO-Wechsel ist für Spin-offs deutlich höher als für Sell-offs und für fortgeführte Geschäftsbereiche. Den beobachteten Spinoffs ging in 12% der Fälle eine Neubesetzung der CEO-Position mit einem Außenstehenden voraus, verglichen mit nur 6,38% der Fälle bei Sell-offs und nur 4,75% der Fälle bei fortgeführten Geschäftsbereichen.
7.1 Deskriptive Statistik
87
Abbildung 7.10: CEO-Wechsel Geschäftsbereiche in Unternehmen mit CEO-Wechsel 16% 14% 12% 12%
Anteil (%)
10% 8% 6% 6%
5%
4% 2% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
In Abbildung 7.11 ist der Anteil der Geschäftsbereiche zu sehen, die als vertikal integriert eingestuft werden. Fortgeführte Geschäftsbereiche weisen einen relativ hohen Anteil von 16,75% an vertikal integrierten Geschäftsbereichen auf. Danach folgen mit einem deutlichen Abstand Spin-offs mit einem Anteil von 8% und nochmals mit deutlichem Abstand Sell-offs mit einem Anteil von nur noch 2,13%.
88
7 Ergebnisse
Abbildung 7.11: Vertikale Integration Vertikal integrierte Geschäftsbereiche 20% 18%
17%
16%
Anteil (%)
14% 12% 10%
8%
8% 6% 4% 2% 2% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
desinvestierte GB (Sell-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
Der Anteil der Geschäftsbereiche in verwandt diversifizierten Unternehmen ist in Abbildung 7.12 zu sehen. Fortgeführte Geschäftsbereiche und Spin-offs weisen annähernd gleich hohe Anteile aus. Der Anteil für Sell-offs fällt hingegen im Vergleich hierzu knapp 20 Prozentpunkte niedriger aus. Abbildung 7.12: Verwandte Diversifikation Geschäftsbereiche in verwandt diversifizierten Unternehmen 90% 80%
76%
75%
70% 57%
Anteil (%)
60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% fortgeführte GB
desinvestierte GB (Spin-off)
Datenbasis: 1397 Geschäftsbereichsjahre
desinvestierte GB (Sell-off)
7.1 Deskriptive Statistik
89
7.1.5 Deskriptive Statistik der gepoolten Daten Tabelle 7.1 gibt die deskriptive Statistik der gepoolten Daten wieder. Der Tabelle können die Mittelwerte, Standardabweichungen und Pearson’schen Korrelationskoeffizienten der unabhängigen Variablen entnommen werden. Die Variablen zur Berücksichtigung der verschiedenen Anspruchsniveaus sind nicht aufgeführt, da es sich bei diesen Variablen um Interaktionsvariablen handelt.
Die Korrelationskoeffizienten geben einen ersten Anhaltspunkt, ob Multikollinearität vorliegt. Da die Regressionskoeffizienten relativ niedrige Werte annehmen, ist eine erkennbare Korrelation zwischen den unabhängigen Tabelle 7.1: Deskriptive Statistik und Korrelationskoeffizienten
1. Operative Performance 2. Kapitalmarkt-Performance
Mittelwert
Standardabweichung
,166
,649
1.
2.
3.
4.
5.
2,261
1,476
,121
3. Verschuldung
,603
,128
-,046
-,358
4. Desinvestitionserfahrung
,490
,500
,013
-,104
,164
5. CEO-Wechsel
,050
,217
-,003
-,069
,011
,055
6. Vertikale Integration
,161
,368
-,004
-,041
-,001
-,253
-,010
1,746
,436
,008
,032
-,011
,070
,034
8. Jahr2003
,130
,335
-,007
-,075
,075
,077
,031
9. Jahr2002
,130
,338
,025
-,014
-,017
,085
-,020
10. Jahr2001
,140
,344
,013
,090
-,015
,107
,015
11. Jahr2000
,140
,352
-,074
,049
-,007
,042
-,019
7. Verwandte Diversifikation
12. Jahr1999
,150
,361
,026
,025
-,017
-,020
-,006
13. Jahr1998
,150
,360
,008
,011
-,015
-,073
,022
14. Andere Desinvestition
,230
,601
-,053
-,116
,112
,055
,035
9.
10.
11.
12.
13.
6. 7. Verwandte Diversifikation
7.
8.
-,053
8. Jahr2003
,006
,028
9. Jahr2002
,002
,028
-,150
10. Jahr2001
-,004
,007
-,153
-,155
11. Jahr2000
-,003
,006
-,158
-,160
12. Jahr1999
-,003
,039
-,164
-,166
-,170
-,175
13. Jahr1998
,003
-,021
-,164
-,166
-,169
-,175
-,181
-,074
,000
-,087
-,076
-,021
,056
,008
14. Andere Desinvestition
-,164
Korrelationskoeffizienten mit einem Betrag von ,053 oder größer sind signifikant auf dem ,05 Niveau oder weniger.
,006
90
7 Ergebnisse
Variablen nicht gegeben.312 Da die Korrelationskoeffizienten jedoch nur paarweise Abhängigkeiten messen, kann dennoch hochgradige Multikollinearität bestehen.313 Aus diesem Grund wird zusätzlich die Toleranz der unabhängigen Variablen berechnet.314 Tabelle 7.2 zeigt die Ergebnisse dieser Berechnung. Niedrige Werte der Toleranzen drücken ernsthafte Multikollinearität aus. Werte nahe 1 deuten auf eine sehr geringe Multikollinearität hin. Wie die Ergebnisse zeigen, stellt Multikollinearität in der vorliegenden Untersuchung kein Problem dar, da die unabhängigen Variablen überwiegend Werte nahe 1 aufweisen. Lediglich die Kontrollgrößen für die einzelnen Jahre des Untersuchungszeitraums weisen erhöhte Werte auf. Ernsthafte Multikollinearität liegt allerdings erst bei kleineren Werten der Toleranz vor.315 Tabelle 7.2: Kollinearitätsstatistik Toleranz 1. Operative Performance
,977
2. Kapitalmarkt-Performance
,828
3. Verschuldung
,851
4. Desinvestitionserfahrung
,830
5. CEO-Wechsel
,986
6. Vertikale Integration
,922
7. Verwandte Diversifikation
,984
8. Jahr2003
,579
9. Jahr2002
,576
10. Jahr2001
,565
11. Jahr2000
,568
12. Jahr1999
,567
13. Jahr1998
,571
14. Andere Desinvestition
,945
Toleranz = 0…perfekte Multikollinearität Toleranz = 1…völliges Fehlen von Multikollinearität
312
„Hohe Korrelationskoeffizienten (nahe Ň1Ň) zwischen den unabhängigen Variablen bedeuten ernsthafte Multikollinearität.“ BACKHAUS u.a. (1996), S. 33. Vgl. BACKHAUS u.a. (1996), S. 33. 314 Vgl. hier und im Folgenden BACKHAUS u.a. (1996), S. 41; GUJARATI (2003), S. 353. 315 Vgl. BACKHAUS u.a. (1996), S. 41. 313
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse
91
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse Tabelle 7.3 zeigt die Ergebnisse der Event History Analyse. Tabelle 7.3: Event History Analyse – binomiale logistische Regression
Konstante Motivation Operative Performance
Desinvestition vs. Fortführung -8,820 (2,142) -,357 (,122)
****
***
Spin-off vs. Fortführung -27,311 (3,108)
****
Sell-off vs. Fortführung -7,729 (2,783)
1)
***
1,778 (1,303)
-,307 (,132)
**
Branchen-AN
-,360 (,958)
,333 (1,004)
-8,279 (4,727)
*
Konzern-AN
-,948 (1,569)
,102 (,615)
-10,047 (5,102)
**
Vergangenheits-AN
-3,921 (3,067)
-10,320 (5,828)
,013 (,196)
,240 (,238)
-,674 (,402)
Branchen-AN
-,158 (,387)
-,422 (,615)
,471 (,547)
Vergangenheits-AN
-,707 (,496)
-1,158 (,750)
,084 (,748)
,900 (1,255)
1,475 (2,187)
,166 (1,581)
Branchen-AN
1,118 (1,686)
-1,137 (3,017)
2,792 (2,136)
Vergangenheits-AN
-2,343 (3,867)
-2,378 (6,641)
-2,019 (4,710)
Kapitalmarkt-Performance
Verschuldung
Akzeptanz Desinvestitionserfahrung CEO-Wechsel Strukturelle Fähigkeit Vertikale Integration Verwandte Diversifikation
,505 (,284)
*
,652 (,469)
*
2,157 (3,377)
1,276 (,550)
**
,196 (,347)
1,348 (,678)
**
,113 (,661)
*
-1,633 (,613)
***
-,394 (,799)
-2,644 (1,034)
**
-,653 (,278)
**
-,051 (,516)
-,980 (,345)
***
77,763 ,189
****
[Kontrollvariablen] Chi-Quadrat McFadden
1)
63,661 ,112
****
39,251 ,157
**
Werte sind die unstandardisierten logistischen Regressionskoeffizienten (N=1397) Standardfehler in Klammern Kontrollvariablen im Anhang * p< ,100 ** p< ,050 *** p< ,010 **** p< ,001
In der ersten Spalte der Tabelle mit dem Titel „Desinvestition vs. Fortführung“ sind die Ergebnisse des Untersuchungsmodells eingetragen, das die Grundlage für die
92
7 Ergebnisse
Prüfung der formulierten Hypothesen bildet. In der zweiten und dritten Spalte mit den Titeln „Spin-off vs. Fortführung“ und „Sell-off vs. Fortführung“ sind die Ergebnisse der beiden explorativen Modelle abgetragen. In den beiden explorativen Modellen werden die beiden in dieser Arbeit unterschiedenen Desinvestitionsformen, Spin-offs und Sell-offs, getrennt voneinander untersucht. Durch diese Differenzierung sind Aussagen zu den vermuteten Gründen für Desinvestitionen möglich, welche dem allgemeinen, d.h. undifferenzierten Modell nicht entnommen werden können.
Die Ergebnisse der Likelihood-Ratio-Tests sind in der Tabelle als „Chi-Quadrat“ angegeben. Sie deuten daraufhin, dass alle drei Modelle eine gute bzw. sehr gute Trennkraft zur Unterscheidung von Desinvestitionen bzw. Spin-offs oder Sell-offs und fortgeführten Geschäftsbereichen aufweisen.316 Die Werte des McFadden-Maßes weisen für Desinvestitionen und Spin-offs auf eine nur mittelmäßige Güte und bezogen auf Sell-offs auf eine gute Erklärungskraft der ins Modell einbezogenen unabhängigen Variablen hin.317 Die betrachteten unabhängigen Variablen können demnach Sell-offs besser erklären als Desinvestitionen allgemein oder Spin-offs. Ein Grund kann in der größeren Heterogenität der Gruppen Desinvestition und Spin-off gesehen werden. Ein weiterer Grund könnte die Relevanz anderer als der im Modell berücksichtigten unabhängigen Variablen für Spin-offs sein. Darüber hinaus kann auch die relativ geringe Fallzahl (25 Fälle) der Gruppe der Spin-offs dazu führen, dass einzelnen Ausreißerwerte ein zu großes Gewicht auf das Ergebnis dieser Gruppe ausüben und damit die Aussagekraft des Ergebnisse beeinträchtigen. Die Kontrollvariablen (im Anhang dargestellt) weisen signifikante Ergebnisse für die Jahre 2001 bis 2003 auf.318 Der in Abbildung 7.1 zu beobachtende Rückgang der Zahl der Desinvestitionen ist somit signifikant gegenüber dem Referenzjahr 1997.319 Die geringere Zahl der Desinvestitionen wird nicht durch die unabhängigen Variablen des Modells erklärt, sondern durch jahresspezifische Faktoren. Die geringe Zahl der Desinvestitionen in den Jahren 2001 bis 2003 kann auf die ab dem Jahr 2000 zu
316
Vgl. zur Interpretation von Ergebnissen, die durch logistische Regressionen ermittelt wurden RESE (2000), S. 129-137; KRAFFT (1997), S. 629-635; HOSMER/LEMESHOW (1989), S. 38-76; URBAN (1993), S. 84f. 317 Vgl. URBAN (1993), S. 85. URBAN verdeutlicht, dass in Bezug auf das McFadden-Maß bereits Werte von nahe 0,2 als gut interpretiert werden können. 318 Vgl. Anhang, S. 5. 319 Vgl. Kapitel 7.1, S. 5.
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse
93
beobachtende Abkühlung der Konjunktur320 sowie auf den Einbruch der Börsenkurse321 zurückgeführt werden. Ab dem Jahr 2001 war es vermutlich für desinvestitionswillige Unternehmen deutlich schwerer, Käufer für Geschäftsbereiche zu finden, um Sell-offs durchführen zu können. Angesichts des schlechten Börsenklimas waren vermutlich auch Spin-offs und Equity Carve-outs in den Jahren 2001 bis 2003 wenig attraktiv für Unternehmen, da nur niedrige Ausgabekurse erzielt werden konnten und eine positive Kursentwicklung wenig wahrscheinlich war. Die Ergebnisse der Kontrollvariablen bestätigen damit ein früheres Ergebnis von HARRIGAN, das in der fehlenden Verfügbarkeit von Käufern für abzutrennende Geschäftsbereiche ein Desinvestitionshemmnis sieht.322
Die Kontrollvariablen zur Berücksichtigung anderer Desinvestitionen bzw. anderer Spin-offs oder Sell-offs (ebenfalls im Anhang dargestellt) des gleichen Unternehmens im gleichen Jahr weisen keine signifikanten Ergebnisse auf. Demnach beeinflusst die Desinvestition bzw. der Spin-off oder Sell-off eines Geschäftsbereiches die Desinvestitionswahrscheinlichkeit eines anderen Geschäftsbereiches nicht, auch wenn beide Geschäftsbereiche im jeweiligen Jahr demselben Unternehmen angehören.
In den Hypothesen 1a bis 3b wird vermutet, dass ein schlechtes PerformanceFeedback die Motivation beim Management erhöht, eine Desinvestition durchzuführen. Die Ergebnisse der Event History Analyse des Untersuchungsmodells („Desinvestition vs. Fortführung“) stützen keine dieser Hypothesen.323 Das signifikante Ergebnis der unabhängigen Variablen „operative Performance“ weist auf einen negativen Zusammenhang zwischen der operativen Performance von Geschäftsbereichen und der Desinvestitionswahrscheinlichkeit hin. Mit sich verschlechternder operativer Performance eines Geschäftsbereichs erhöht sich dementsprechend die Wahrscheinlichkeit, dass dieser desinvestiert wird. In den Hypothesen 1a bis 1c wurde vermutet, dass mit dem Branchen-, Konzern- und VergangenheitsAnspruchsniveau Referenzpunkte für das Management vorhanden sind, mit deren
320
Vgl. Tabelle A1, Anhang, S. 5. Der Wert des S&P 500-Index betrug am Jahresbeginn 2003 nur noch 62% des Wertes, der zu Beginn des Jahres 2000 gemessen wurde. Vgl. Tabelle A2, Anhang, S. 5. 322 Vgl. HARRIGAN (1981), S. 307f. 323 Zur Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Hypothesen 1a bis 3b sind stets zwei Variablen – die jeweilige Performancevariable mit der dazugehörigen Interaktionsvariablen für ein bestimmtes Anspruchsniveau – zu beachten. Vgl. Tabelle 6.4, S. 5. 321
94
7 Ergebnisse
Hilfe sie die beobachtete Performance eines Geschäftsbereichs als Erfolg oder Misserfolg einordnen können. Bei einem Misserfolg wurde vermutet, dass die Motivation, zu desinvestieren, deutlich höher ist als bei einem Erfolg. Die Bedeutung dieser Anspruchsniveaus lässt sich aus den Ergebnissen für das Untersuchungsmodell nicht erkennen.
Ein anderes Bild ergibt sich, wenn Spin-offs und Sell-offs in zwei unterschiedlichen Modellen getrennt voneinander untersucht werden. Durch die getrennte Untersuchung lassen sich vereinzelt auf explorativem Wege präzisere Aussagen zu den vermuteten Zusammenhängen ableiten.
Für die Spin-off-Entscheidung zeigt sich die Bedeutung des VergangenheitsAnspruchsniveaus am signifikanten Ergebnis der auf die operative Performance bezogenen Interaktionsvariablen. Abbildung 7.13 zeigt den Einfluss des Vergangenheits-Anspruchsniveaus auf die Wahrscheinlichkeit eines Spin-off. Die in der Abbildung dargestellte Spline-Kurve wird mit Hilfe der Schätzwerte für die Regressionskoeffizienten ermittelt.324 Die Form der Spline-Kurve wird mit dem Schätzwert für die operative Performance (p=0,185) sowie mit dem Schätzwert für die entsprechende Interaktionsvariable berechnet, die die Veränderung der Steigung am Vergangenheits-Anspruchsniveau berücksichtigt. Zur Ermittlung des Niveaus der Spline-Kurve wird der Schätzwert für die Konstante sowie die Schätzwerte der Kontrollvariablen mit ihren berechneten Mittelwerten zugrundegelegt. Darüber hinaus werden alle anderen Variablen des Modells gleich Null gesetzt. Die auf diese Weise berechnete Abbildung gibt eine relativ gesicherte325 Auskunft über die Form der Spline-Kurve und damit über den Einfluss des Vergangenheits-Anspruchsniveaus auf die Wahrscheinlichkeit eines Spin-off. Das Niveau der Spline-Kurve ist dagegen weitaus unsicherer. Unter Einbeziehung der unberücksichtigt gebliebenen unabhängigen Variablen des Modells kann sich die Wahrscheinlichkeit für einen Spin-off und damit das Niveau der Spline-Kurve verändern.
324 325
Vgl. hier und im Folgenden GREVE (1998), S. 74-76. Zu beachten ist in diesem konkreten Fall, dass der Schätzwert für die operative Performance nicht signifikant ist (p=0,185) und die auf die Gruppe der Spin-offs bezogenen Ergebnisse generell aufgrund der geringen Gruppengröße nicht repräsentativ sein können.
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse
95
Abbildung 7.13: Vergangenheits-Anspruchsniveau (operative Performance) und Spin-offs
Operative Performance und Spin-off-Wahrscheinlichkeit relativ zum Vergangenheits-Anspruchsniveau
3,50E -14 3,5E-14
W(Spin-off)
W(Spin-off)
3,00E -14 3,0E-14
2,50E -14 2,5E-14
2,00E -14 2,0E-14
1,50E -14 1,5E-14 -0,10 -0,10
-0,05 0,00 0,05 -0,05 0,00 0,05 relative operative Performance
0,10 0,10
Eine relative operative Performance vonVergangenheits-Anspruchsniveau Null entspricht Eine relative Performance von Null entspricht dem dem Vergangenheits-Anspruchsniveau.
Auf der Abszisse des Koordinatensystems ist die operative Performance in Relation zum
Vergangenheits-Anspruchsniveau
für
den
Bereich
von
-0,1 bis +0,1 dargestellt. Der Wert Null kennzeichnet das Anspruchsniveau. Der gewählte Bereich deckt Abweichungen vom Vergangenheits-Anspruchsniveau von plus/minus zehn Prozentpunkten ab. In diesem Bereich befindet sich der größte Teil der untersuchten Fälle. Auf der Ordinate ist die Wahrscheinlichkeit eines Spin-off abgetragen. In Abbildung 7.13 liegt kein durchgehend negativer Zusammenhang zwischen der Höhe der operativen Performance und der Wahrscheinlichkeit eines Spinoff vor. Im Misserfolgsbereich steigt die Wahrscheinlichkeit mit steigender operativer Performance zunächst an, um im Erfolgsbereich mit zunehmender Performance abzusinken. Die Wahrscheinlichkeit eines Spin-off ist folglich am größten, wenn die relative operative Performance Null beträgt. In diesem Fall wird eine operative Performance erzielt, die dem Vergangenheits-Anspruchsniveau entspricht. Das Vergangenheits-Anspruchsniveau
dient
damit
als
Referenzpunkt
bei
der
Spin-off-
Entscheidung. Der Referenzpunkt erfüllt allerdings nicht die Feedbackfunktion, wie sie allgemein für Desinvestitionen vermutet wurde.
Das Ergebnis des explorativen Modells für Sell-offs entspricht demjenigen der Desinvestitionen im allgemeinen Fall: Es besteht ein signifikanter negativer Zusammen-
96
7 Ergebnisse
hang zwischen der operativen Performance und der Desinvestitionswahrscheinlichkeit. Anders als im Untersuchungsmodell, in dem alle Desinvestitionsformen analysiert wurden, weisen die Interaktionsvariablen für das Branchen- und das KonzernAnspruchsniveau allerdings signifikante Ergebnisse auf. Das Ergebnis für die operative Performance zeigt, dass die Steigung unterhalb des Branchen- und des Konzern-Anspruchsniveaus negativ ist – der Koeffizient weist einen Wert von -0,307 auf. Die signifikanten Ergebnisse der Interaktionsvariablen zur Berücksichtigung des Branchen- und Konzern-Anspruchsniveaus deuten darauf hin, dass sich die Steigung der Spline-Kurve oberhalb der beiden Anspruchsniveaus signifikant von der Steigung unterhalb der Anspruchsniveaus unterscheidet. Die negativen Vorzeichen dieser Interaktionsvariablen (-8,279 bzw. -10,047) zeigen, dass die negative Steigung oberhalb dieser Anspruchsniveaus größer ist, d.h. die Spline-Kurve im Erfolgsbereich steiler abfällt. Die Steigung der Spline-Kurve im Erfolgsbereich wird anhand
der
Summe
der
Koeffizienten
der
Spline-Funktion
ermittelt
326
(-0,307 + (-8,279) = -8,586 bzw. -0,307 + (-10,047) = -10,354).
In Abbildung 7.14 ist der Zusammenhang zwischen der operativen Performance des Geschäftsbereichs, dem Branchen-Anspruchsniveau und der Wahrscheinlichkeit eines Sell-offs dargestellt. Abbildung 7.15 zeigt den gleichen Zusammenhang für das Konzern-Anspruchsniveau. Der Zusammenhang zwischen der operativen Performance und der Wahrscheinlichkeit eines Sell-off ist in beiden Abbildungen durchgängig negativ, wobei der Rückgang der Wahrscheinlichkeit bei Performancesteigerungen im Misserfolgsbereich signifikant schwächer ist. Die Spline-Kurven fallen dementsprechend auf Höhe der Anspruchsniveaus (relative operative Performance gleich Null) deutlich ab.
326
Die angegebenen Koeffizienten stellen die logit-transformierten Koeffizienten dar, auf deren Basis die Steigung der Spline-Kurve ermittelt wird. Vgl. HOSMER/LEMESHOW (1989), S. 6f.
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse
97
Abbildung 7.14: Branchen-Anspruchsniveau (operative Performance) und Sell-offs
Operative Performance und Sell-off-Wahrscheinlichkeit relativ zum Branchen-Anspruchsniveau
W(Sell-off)
W(Sell-off)
2,00E-04 2,0E-04
1,50E-04 1,5E-04
1,00E-04 1,0E-04 -0,10 -0,10
-0,05 -0,05
0,00 0,00
0,05 0,05
0,10 0,10
relative operative Performance Eine relative Performancedem von Null entspricht Eine relative Performance vonoperative Null entspricht Branchen-Anspruchsniveau dem Branchen-Anspruchsniveau.
Abbildung 7.15: Konzern-Anspruchsniveau (operative Performance) und Sell-offs
Operative Performance und Sell-off-Wahrscheinlichkeit relativ zum Konzern-Anspruchsniveau
W(Sell-off)
W(Sell-off)
2,00E-04 2,0E-04
1,60E-04 1,6E-04
1,20E-04 1,2E-04
8,00E-05 8,0E-05 -0,10 -0,10
-0,05 -0,05
0,00 0,00
0,05 0,05
0,10 0,10
relative operative Performance Eine relative operative Performance von NullKonzern-Anspruchsniveau entspricht Eine relative Performance von Null entspricht dem dem Konzern-Anspruchsniveau.
Die Ergebnisse stützen für den konkreten Fall eines Sell-off die für den allgemeinen Fall der Desinvestition formulierten Vermutungen bezüglich der Motivation des Managements. Vom Vergleich mit dem Branchen- und Konzern-Anspruchsniveau geht
98
7 Ergebnisse
ein Performance-Feedback aus, das bei Nichterreichen eines Anspruchsniveaus zu einer durchgängig hohen Motivation des Managements führt, einen Sell-off durchzuführen.
Abweichend vom allgemeinen Ergebnis für Desinvestitionen zeigen die Ergebnisse für Sell-offs einen signifikanten negativen Zusammenhang zwischen der Kapitalmarkt-Performance und der Wahrscheinlichkeit eines Sell-off. Mit einer sich verschlechternden Kapitalmarkt-Performance steigt die Wahrscheinlichkeit eines Selloff. Die insignifikanten Ergebnisse für die diesbezüglichen Interaktionsvariablen verdeutlichen, dass vom Branchen- und Vergangenheits-Anspruchsniveau kein Performance-Feedback ausgeht.
Im Einklang mit Hypothese 4 zeigt die Untersuchung, dass vorhandene Erfahrungen mit Desinvestitionen die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Desinvestition erhöhen. Eine Neubesetzung der Position des CEO mit einem von außen kommenden Manager erhöht dagegen die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition nicht signifikant. Hypothese 5 kann damit für Desinvestitionen nicht gestützt werden.
Die Ergebnisse des explorativen Modells für Spin-offs weichen zum Teil von denen des Untersuchungsmodells für Desinvestitionen ab. Anders als bei Desinvestitionen weist auch die Variable „CEO-Wechsel“ ein signifikantes Ergebnis auf. Die Neubesetzung der Position des CEO mit einem Außenstehenden beeinflusst demnach die Spin-off-Wahrscheinlichkeit. Es wird überprüft, wie bedeutend die Herkunft des neuen CEO ist. Dazu wird im bestehenden Modell die Variable CEO-Wechsel ersetzt, die neben der Neuberufung eines CEO auch die Herkunft des neuen CEO berücksichtigt. An ihrer Stelle wird eine andere Variable eingesetzt, die lediglich erfasst, ob es zu einem Wechsel auf der Position des CEO gekommen ist. Die neue Variable weist im ansonsten unveränderten Modell kein signifikantes Ergebnis auf. Dies deutet darauf hin, dass die Herkunft des CEO einen bedeutenden Beitrag zur Signifikanz des Ergebnisses der Variablen CEO-Wechsel leistet.
Das explorative Modell für Sell-offs weist abweichend vom Untersuchungsmodell für Desinvestitionen weder für die Variable „Desinvestitionswahrscheinlichkeit“ noch für
7.2 Ergebnisse der Event History Analyse
99
die Variable „CEO-Wechsel“ ein signifikantes Ergebnis auf. Diese Variablen leisten damit keinen erkennbaren Beitrag zur Erklärung von Sell-offs.
Die Variable „vertikale Integration“ zeigt einen signifikant negativen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Desinvestition. Geschäftsbereiche, die vertikal in den Produktionsprozess eines Unternehmens integriert sind, weisen demnach eine geringere Wahrscheinlichkeit auf, desinvestiert zu werden. Dieses Ergebnis stützt Hypothese 6. Hypothese 7 findet ebenfalls Unterstützung. Geschäftsbereiche, die Teil eines verwandt diversifizierten Unternehmens sind, werden mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit desinvestiert als Geschäftbereiche von Unternehmen mit nicht verwandten Geschäftsbereichen.
Abweichend vom Untersuchungsmodell für Desinvestitionen zeigt sich im explorativen Modell für Spin-offs kein Einfluss der Variablen „vertikale Integration“ und „verwandte Diversifikation“. Die Ergebnisse im explorativen Modell für Sell-offs bestätigen die für Desinvestitionen ermittelten Ergebnisse.
101
8 Diskussion In dieser Arbeit werden die Gründe für Desinvestitionen unter besonderer Berücksichtigung des Entscheidungsverhaltens des Managements untersucht. Es werden drei Modelle berechnet. Zum einen das Untersuchungsmodell, das allgemein auf Desinvestitionen abstellt und der Überprüfung der formulierten Hypothesen dient. Zum anderen zwei Modelle, die jeweils nur eine Desinvestitionsform, d.h. entweder nur Spin-offs oder nur Sell-offs betrachten. Diese beiden Modelle dienen dazu, explorativ präzisere Aussagen zu dem vermuteten Verhalten abzuleiten. Für Spin-offs steht der durch das Modell geschaffenen höheren Präzision allerdings eine eingeschränkte Aussagekraft aufgrund der geringen Fallzahl von nur 25 Spin-offs gegenüber. Die Interpretation der Ergebnisse für Spin-offs steht daher unter dem großen Vorbehalt, dass diese unter Umständen nur eingeschränkt auf die Allgemeinheit der Spin-offs übertragen werden können.
Die Ergebnisse der explorativen Modelle für Spin-offs und Sell-offs weichen sehr stark voneinander ab. Daraus wird ersichtlich, dass das Management Spin-offs und Sell-offs grundsätzlich als zwei verschiedene Maßnahmen der Unternehmensführung betrachtet, die zur Erreichung unterschiedlicher Ziele gewählt werden. Das Management entscheidet sich bewusst entweder für einen Spin-off oder einen Sell-off und nicht pauschal für eine Desinvestition. Die Zusammenfassung von Spin-offs und Selloffs zu Desinvestitionen entspricht damit nicht der Wahrnehmung des Managements. Dies ist im Einklang mit früheren Arbeiten der Desinvestitionsforschung, in denen gezeigt wurde, dass unterschiedliche Beweggründe für die Wahl der verschiedenen Desinvestitionsformen verantwortlich waren.327 Die Zusammenfassung von Spin-offs und Sell-offs zur Gruppe der Desinvestitionen führt dazu, dass sich die unterschiedlichen Gründe überlagern und dadurch zum Teil in den Ergebnissen nicht abgebildet werden. Eine Analyse der Gründe für Desinvestitionen muss daher, wie die Ergebnisse zeigen, an den einzelnen Desinvestitionsformen ansetzten, um präzise
327
Vgl. SLOVIN/SUSHKA/FERRARO (1995); NIXON/ROENFELDT/SICHERMAN (2000); POWERS (2001).
102
8 Diskussion
Aussagen ableiten zu können.328 Im Folgenden werden daher in erster Linie die Ergebnisse für Sell-offs diskutiert. Vereinzelt wird auch auf die Ergebnisse für Spin-offs Bezug genommen, die aber stets unter dem Vorbehalt der geringen Fallzahl zu sehen sind.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Sell-off-Entscheidung beeinflusst wird vom Verhältnis der operativen Performance eines Geschäftsbereichs zum Branchen- und Konzern-Anspruchsniveau. Diese Anspruchsniveaus dienen dem Management als Referenzpunkte, anhand derer er die operative Performance der Geschäftsbereiche entweder als Erfolg oder als Misserfolg einstufen kann. Das Management vereinfacht dadurch die von komplexen Zusammenhängen geprägte Umwelt des Unternehmens, indem es Anspruchsniveaus definiert, anhand derer es sich ein Urteil über die Performance der Geschäftsbereiche erlaubt.329 Die Einstufung als Misserfolg resultiert in einer anhaltend hohen Motivation des Managements, einen Sell-off durchzuführen. Angenommen wird dazu, dass die aus dem Misserfolg resultierende Motivation für einen Sell-off auf das Bestreben des Managements zurückzuführen ist, seine Position im Unternehmen mit dieser Maßnahme zu sichern. Der nur sehr geringe Rückgang der Sell-off-Wahrscheinlichkeit bei einer Verbesserung der operativen Performance im Misserfolgsbereich zeugt von der anhaltend hohen Befürchtung des Managements, die eigene Position zu verlieren, wenn die operative Performance hinter den Anspruchsniveaus zurückbleibt.330 Diese Ergebnisse sind im Einklang mit der verhaltensorientierten Entscheidungs- und Organisationstheorie, die ebenfalls von einem kontextabhängigen Entscheidungsverhalten ausgehen.331 Am Einfluss der Anspruchsniveaus auf die Motivation des Managements lässt sich erkennen, dass das Handeln des Managements weniger auf die Maximierung der operativen Performance als vielmehr auf die Erreichung eines zufriedenstellenden Niveaus gerichtet ist.332
328
Auch unter der Annahme, dass bei einer größeren Zahl von beobachteten Spin-offs die Gründe für Spin-offs gegen die Gründe von Sell-offs konvergieren – die beobachteten Spin-offs folglich nicht repräsentativ sind und eine homogene Gruppe von Desinvestitionen existiert, muss auf Basis der in dieser Arbeit vorliegenden Daten eine differenzierte Analyse vorgenommen werden. Nur durch die separate Betrachtung von Sell-offs ist in diesem Fall gewährleistet, dass die Ergebnisse frei von Einflüssen der wenig repräsentativen Spin-off-Ergebnisse sind. 329 Vgl. SIMON (1955), S. 101; SIMON (1976), S. 273. 330 Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. 331 Vgl. SIMON (1976), S. xxviii; MARCH/SIMON (1958), S. 169; KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 277-279. 332 Vgl. SIMON (1976), S. 272.
103
Im Zusammenhang mit Spin-offs kann ein kontextabhängiges Entscheidungsverhalten nicht empirisch nachgewiesen werden. Es kann jedoch vermutet werden, dass das Management die Performance von Geschäftsbereichen fortwährend anhand von Anspruchsniveaus beurteilt und daraus eine Einstufung der Situation als Erfolg oder Misserfolg ableitet.333 Der nicht zu beobachtende Zusammenhang zwischen diesem vermuteten Verhalten und Spin-offs kann darauf zurückgeführt werden, dass aus einer Einstufung der operativen Performance als Misserfolg möglicherweise nur selten eine Spin-off-Entscheidung folgt, weil sich ein Spin-off aus Sicht des Managements nicht anbietet, um die schlechte operative Performance zu verbessern.334
Die Wahrscheinlichkeit eines Sell-off steigt mit einer sich verschlechternden Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass die Kapitalmarkt-Performance des Unternehmens neben der operativen Performance der Geschäftsbereiche ein relevantes Performancemaß für das Management darstellt. Der fehlende Einfluss des diesbezüglichen Branchen-Anspruchsniveaus lässt die Interpretation zu, dass sich Manager bei der Beurteilung der KapitalmarktPerformance weniger an branchengleichen Unternehmen als vielmehr am Markt, wie er durch den S&P 100-Index abgebildet wird, orientieren. Eine KapitalmarktPerformance, die hinter der Performance des S&P 100-Index zurückbleibt, wird demnach als Misserfolg betrachtet und führt daher eher zu einem Sell-off. Anders als MORCK/SHLEIFER/VISHNY zeigt diese Arbeit nicht, dass die Branche als Referenzgröße bei der Beurteilung der Kapitalmarkt-Performance dient.335
Bei Nichterreichen der Anspruchsniveaus entscheidet sich das Management mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für Sell-offs. Nach CYERT/MARCH löst das Verfehlen von Zielen die Suche nach Maßnahmen aus, mit denen diese Ziele erreicht werden können.336 Dies deutet darauf hin, dass das Management Sell-offs als Maßnah333
Vgl. SIMON (1976), S. 272; KAHNEMAN/TVERSKY (1979), S. 277-279; MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. Die Möglichkeiten eines rentableren Kapitaleinsatzes sind bei einem Spin-off begrenzt: 1) Aufgrund des Fehlens eines neuen Eigentümers entstehen keine Synergien, an denen das verkaufende Unternehmen partizipieren könnte (Vgl. HITE/OWERS/ROGERS (1987), S. 231f.). Nur der Abbau von Dyssynergien kann zu einem rentableren Kapitaleinsatz führen. 2) Eine Umverteilung des eingesetzten Kapitals innerhalb des Unternehmens von einem performanceschwachen zu einem performancestarken Geschäftsbereich ist nur möglich, wenn ein Finanzmittelzufluss erfolgt (Vgl. STEIN (1997), S. 131.). Bei den in der Gruppe der Spin-offs enthaltenen Fällen trifft dies nur auf die Fälle zu, in denen zumindest ein teilweiser Börsengang des Geschäftsbereichs erfolgte. 335 Vgl. MORCK/SHLEIFER/VISHNY (1989), S. 842. 336 Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 121. 334
104
8 Diskussion
men begreift, mit denen es die Anspruchsniveaus erreichen und damit einen Misserfolg vermeiden kann. Die Suche nach Lösungen, die zu einer Erreichung der Ziele führen, beschränkt sich nach CYERT/MARCH zunächst auf die unmittelbare Nähe des Ortes, in dem das Problem, d.h. die Zielverfehlung festgestellt wurde.337 Dies erklärt, warum im Vergleich zur operativen Performance der Geschäftsbereiche für die Kapitalmarkt-Performance und Verschuldung des Unternehmens weniger signifikante Ergebnisse für Sell-offs festgestellt werden können. Die operative Performance wird auf Geschäftbereichsebene beobachtet. Das Verfehlen der diesbezüglichen Anspruchsniveaus führt demnach zu einer Suche nach Lösungen, die zunächst auf den Geschäftsbereich, in dem das Problem beobachtet wurde, beschränkt ist. Der Verkauf eines performanceschwachen Geschäftsbereichs, um die geschäftsbereichsbezogenen Performanceprobleme zu beseitigen, ist daher vermutlich für das Management eine relativ naheliegende Lösung. Anders als die operative Performance werden die Kapitalmarkt-Performance und Verschuldung auf Unternehmensebene beobachtet. Das Nichterreichen der Anspruchsniveaus für die Kapitalmarkt-Performance und Verschuldung wird daher vom Management vermutlich als ein unternehmensweites Problem betrachtet, das nicht einem konkreten Geschäftsbereich zugeordnet werden kann. Der Sell-off eines Geschäftsbereichs ist daher zunächst nicht die für das Management naheliegende Lösung für ein als weitreichend, weil auf Unternehmensebene beobachtetes Problem.
SIMON sowie CYERT/MARCH weisen darauf hin, dass es zu einer Anpassung der Anspruchsniveaus kommen kann, wenn die Erreichung der Anspruchsniveaus nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich erscheint.338 Das Management kann diese Anpassung durch die Reinterpretation der Performancewerte des Unternehmens versuchen.339 Gelingt dem Management bei Nichterreichen der Anspruchsniveaus eine verstärkte Anpassung der Ansprüche der Anteilseigner, reduziert es dadurch den von ihm wahrgenommenen Druck, eine Verbesserung der Performance herbeiführen zu müssen. Nach LANT/MILLIKEN/BATRA entstehen durch die Veränderung der Unternehmensumwelt im Zeitablauf Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Güte von Performancemaßen, die aus der Performance des Unternehmens in
337 338 339
Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 121f. Vgl. SIMON (1957), S. 253; CYERT/MARCH (1963), S. 121. Vgl. hier und im Folgenden GREVE (1998), S. 81.
105
der Vergangenheit abgeleitet werden.340 Die Autoren verdeutlichen, dass sich das Management diese Schwierigkeiten bei einer sich im Zeitablauf schlecht entwickelnden Performance zu Nutze macht, um die Eignung von VergangenheitsAnspruchsniveaus für die Beurteilung der aktuell beobachteten Performance herabzuwürdigen.341 Die Anteilseigner reagieren nach LANT/MILLIKEN/BATRA, indem sie ihre Beurteilung der Performance auf das aus ihrer Sicht zuverlässigere BranchenAnspruchsniveau stützen, das nicht durch Veränderungen im Zeitablauf beeinträchtigt wird.342 LANT/MILLIKEN/BATRA liefern somit eine Begründung, warum sich das Management in der vorliegenden Arbeit bei seiner Sell-off-Entscheidung nicht am Vergangenheits-Anspruchsniveau,
wohl
aber
am
Branchen-
und
Konzern-
Anspruchsniveau orientiert. Nur in Bezug auf das Branchen- und das KonzernAnspruchsniveau nimmt das Management eine Erwartungshaltung seitens der Anteilseigner wahr, die seine Entscheidungen beeinflusst. Für Spin-offs wird ein signifikantes Ergebnis für das auf die operative Performance bezogene Vergangenheits-Anspruchsniveau ermittelt. Allerdings zeigt das Ergebnis nicht, dass das von diesem Anspruchsniveau ausgehende Feedback zu einer höheren
Spin-off-Wahrscheinlichkeit
bei
Nichterreichen
des
Vergangenheits-
Anspruchsniveaus führt. Ein Spin-off wird daher vermutlich nicht zur Verbesserung der operativen Performance, sondern aufgrund anderer Erwägungen durchgeführt, die durch die unabhängigen Variablen des Modells nicht abgebildet werden.
MILLER/CHEN und GREVE zeigen, dass kognitive Prozesse auf Seiten des Managements die Akzeptanz von Verbesserungsmaßnahmen beeinflussen können.343 Die Akzeptanz für derartige Maßnahmen ist gering, wenn die Notwendigkeit von Verbesserungen trotz eines schlechten Performance-Feedbacks nicht gesehen wird oder die Geeignetheit der Maßnahmen zur Erreichen von Verbesserungen infrage gestellt wird. Die Beobachtungen von MILLER/CHEN und GREVE werden durch die Ergebnisse dieser Arbeit für Sell-offs nicht bestätigt. Es bedarf keiner Erfahrung mit Selloffs und auch keines neuen, von außen kommenden CEO damit aus dem schlechten Performance-Feedback eine Sell-off-Entscheidung resultiert. HANNAN/FREEMAN weisen darauf hin, dass Veränderungen immer auch die Gefahr des Scheiterns mit
340
Vgl. LANT/MILLIKEN/BATRA (1992), S. 587. Vgl. LANT/MILLIKEN/BATRA (1992), S. 590, Fn. 1. Vgl. LANT/MILLIKEN/BATRA (1992), S. 589. 343 Vgl. hier und im Folgenden MILLER/CHEN (1994), S. 3; GREVE (1998), S. 58. 341 342
106
8 Diskussion
sich bringen.344 Das Management erachtet die Gefahr des Nichterreichens des mit dem Sell-off verfolgten Ziels anscheinend als wenig wahrscheinlich, da es sich auch dann für Sell-offs entscheidet, wenn es nicht über Erfahrungen mit dieser Maßnahme verfügt.345 Das Management betrachtet einen Sell-off daher vermutlich als eine relativ leicht umzusetzende Maßnahme, für die es keine spezifischen Kompetenzen benötigt.
Ein neuer, von außen kommender CEO, der ein neues Denkmuster mit in das Unternehmen bringt, ist für die Entscheidung für einen Sell-off ebenfalls nicht von Bedeutung. Es bedarf demnach keines, wie von HEDBERG beschriebenen Umlernprozesses auf Seiten des Managements, um eine ausreichende Akzeptanz für einen Sell-off bzw. für den aus ihm resultierenden Zustand zu erreichen.346 Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Sell-offs vom Management als naheliegende Lösungen für Performanceprobleme eines Geschäftsbereichs gesehen werden, die nicht im Widerspruch zu den bisherigen Denkmustern des Managements stehen.347
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sowohl Erfahrungen mit Spin-offs als auch eine vorausgegangene Neubesetzung der Position des CEO mit einem Außenstehenden die Wahrscheinlichkeit für Spin-offs erhöhen. Die höheren Anforderungen an die im Zusammenhang mit Spin-offs vorhandene Erfahrung bringt die im Vergleich zu Sell-offs höhere Komplexität eines Spin-off zum Ausdruck. Ein Spin-off wird stärker im Lichte der Öffentlichkeit vollzogen, er sieht die Börsennotierung des Geschäftsbereichs vor und muss in der Regel so gestaltet werden, dass er als steuerfreie Transaktion durchgeführt werden kann.348 An einen Spin-off wagt sich das Management daher zunehmend dann, wenn aufgrund von Erfahrungen spezifische Kompetenzen im Unternehmen gesammelt worden sind und sich dadurch der Spin-off zu einer Routine entwickelt hat.349 Die Bedeutung eines neuen, von außen kommenden CEO für die Spin-off-Entscheidung weist auf die Notwendigkeit eines Umlernprozesses auf
344
Vgl. HANNAN/FREEMAN (1984), S. 151. Vgl. hier und im Folgenden LEVITT/MARCH (1988), S. 322. Vgl. HEDBERG (1981), S. 17f. 347 Vgl. HUBER (1991), S. 105. 348 Vgl. POWERS (2001), S. 25. 349 Vgl. LEVITT/MARCH (1988), S. 320. 345 346
107
Seiten des Managements hin.350 Der im Rahmen des Spin-off zu vollziehende Börsengang eines Geschäftsbereichs ist vermutlich für das Management keine naheliegende Maßnahme.351 Daher muss zunächst ein neuer CEO mit den vorhandenen Denkmustern brechen, die ein solches Vorgehen ausschließen.352 Aufgrund der Ergebnisse
kann
auch
nicht
ausgeschlossen
werden,
dass
die
Spin-off-
Wahrscheinlichkeit nach einem CEO-Wechsel steigt, weil der neue CEO Spin-offErfahrung in das Unternehmen einbringt. In diesem Fall stünde die Entwicklung einer Routine für Spin-offs und nicht ein Umlernprozess im Vordergrund.
Die Wahrscheinlichkeit, mit der aus einem negativen Performance-Feedback eine konkrete Maßnahme zur Verbesserung der Performance resultiert, hängt auch von der vom Management wahrgenommenen Fähigkeit ab, die konkrete Maßnahme innerhalb der bestehenden Unternehmensstruktur erfolgreich umsetzen zu können. Die Ergebnisse für Sell-offs lassen sich dahingehend interpretieren, dass das Management in vertikal integrierten oder verwandt diversifizierten Unternehmen die den Wettbewerbsvorteil sichernde Konfiguration durch einen Sell-off als gefährdet betrachtet.353 Das Management ist nicht bereit, das Unternehmen dieser Gefahr auszusetzen, und wird folglich unter diesen Umständen einen Sell-off unterlassen. Anders als bei Sell-offs weisen die Ergebnisse für Spin-offs nicht auf eine Relevanz der Unternehmensstruktur hin. Spin-offs führen zwar auch zur Abtrennung eines Geschäftsbereichs, aber nicht wie im Fall der Sell-offs zur anschließenden Eingliederung des abgetrennten Geschäftsbereichs in ein anderes Unternehmen. Dadurch ist es möglich, nach einem Spin-off die Leistungsbeziehungen zwischen dem desinvestierenden Unternehmen und dem desinvestierten Geschäftsbereich zunächst unverändert fortzuführen. Im vertikal integrierten Unternehmen können dadurch die Prozesse zur Leistungserstellung beibehalten werden. Im verwandt diversifizierten Unternehmen erlaubt dies weiterhin die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. Aufgrund der Möglichkeit zur unveränderten Fortführung von Leistungsbeziehungen erfordert der Spin-off keine oder nur geringe Anpassungen der Konfiguration des desinvestierenden Unternehmens. Dadurch sinkt für das Unternehmen die Gefahr, durch einen Spin-off seinen Wettbewerbsvorteil zu verlieren. Die vertikale Integration
350
Vgl. HEDBERG (1981), S. 17f. Vgl. CYERT/MARCH (1963), S. 121f. Vgl. TUSHMAN/ROMANELLI (1985), S. 212f.; FLIGSTEIN (1991), S. 313. 353 Vgl. MILLER (1996), S. 509f. 351 352
108
8 Diskussion
oder die verwandte Diversifikation eines Unternehmens hemmt daher das Management nicht, einen Spin-off durchzuführen. Die vorliegende Arbeit ist im Einklang mit HARRIGAN und HOSKISSON/JOHNSON, die in der Gefährdung des Wettbewerbsvorteils ein Desinvestitionshemmnis sehen.354 Durch die nach Desinvestitionsformen differenzierten Ergebnisse kann in dieser Arbeit ihre Aussage dahingehend präzisiert werden, als dass der von den Autoren beobachtete Zusammenhang vermutlich auf den Einfluss von Sell-offs zurückzuführen ist.
Für diese Arbeit wird ein verhaltensorientierter Ansatz zur Untersuchung von Desinvestitionen gewählt, der auf die Feedback-Funktion von Anspruchsniveaus, Erfahrungen und Denkmuster abstellt und dadurch Rückschlüsse auf das Entscheidungsverhalten des Managements ermöglicht. In Zukunft können Arbeiten an dieser Stelle ansetzen und durch die zusätzliche Berücksichtigung der demographischen Eigenschaften der einzelnen Mitglieder des Managements, wie z.B. deren Alter, Ausbildung, Werte und Ziele einen weitergehenden Erklärungsbeitrag leisten. Die Vertreter der Upper-Echelons-Theorie haben in ihren Arbeiten gezeigt, dass die Charakteristika der Mitglieder des Top-Management-Teams deren Denkmuster beeinflussen und dadurch auf die Entscheidungsfindung und die Zusammenarbeit innerhalb des Managements einwirken.355
Dieser Arbeit liegt mit der verhaltensorientierten Entscheidungstheorie ein Ansatz zugrunde, der von KAHNEMAN/TVERSKY für das individuelle Entscheidungsverhalten und nicht für das Entscheidungsverhalten in der Gruppe formuliert wurde.356 Angesicht der in der vorliegenden Arbeit ermittelten plausiblen Ergebnisse, scheint eine Übertragung auf die Entscheidung in der Gruppe des Managements problemlos möglich. Die Ergebnisse von KAMEDA/DAVIS zeigen jedoch, dass unterschiedliche Erfahrungen bzw. Erwartungen und damit Anspruchsniveaus in der Gruppe aufeinander treffen.357 Die Beurteilung der Situation und die daraus resultierenden Maßnahmen werden durch die Mehrheitsverhältnisse in der Gruppe entschieden. Zukünf-
354
Vgl. HARRIGAN (1981), S. 308f.; HOSKISSON/JOHNSON (1992), S. 626. Vgl. z.B. HAMBRICK/MASON (1984); WIERSEMA/BANTEL (1992). Vgl. KAHNEMAN/TVERSKY (1979). 357 Vgl. hier und im Folgenden KAMEDA/DAVIS (1990), S. 72f. 355 356
109
tige Arbeiten können hier ansetzen, um das Entscheidungsverhalten innerhalb des Managements bei Desinvestitionen näher zu untersuchen. MILLER/CHEN und GREVE erklären die Motivation für organisatorischen Wandel mit einem negativen Performance-Feedback, das vom Nichterreichen von Anspruchsniveaus ausgeht.358 Die gleiche Form der Motivation kann in der vorliegenden Arbeit für Sell-offs ebenfalls nachgewiesen werden. Für Spin-offs gelingt dies nicht. Demnach sind darüber hinaus entweder zusätzliche Performancemaße oder weitere Anspruchsniveaus zur Erklärung von Spin-offs von Bedeutung.
In dieser Arbeit wurde die Motivation des Managements für Desinvestitionen aus dem Nichterreichen von Anspruchsniveaus und der daraus resultierenden Gefahr eines Positionsverlustes abgeleitet. Dieser Zusammenhang konnte anhand der Ergebnisse für Sell-offs nachgewiesen werden. Die Untersuchungsobjekte dieser Arbeit sind
US-amerikanische
Unternehmen
des
S&P
100,
die
damit
der
US-
amerikanischen Corporate Governance unterliegen. Wie BÜHNER u.a. zeigen, unterscheidet sich diese jedoch von der Corporate Governance anderer Länder.359 Die Möglichkeit und der Wille der Anteilseigner und ihrer Vertreter, das Management bei einer schlechten Performance zu disziplinieren, variieren zwischen den Corporate Governance Systemen. Daher ist der beobachtete Zusammenhang, der auf der Wirksamkeit des Disziplinierungsmechanismus beruht, auf Länder mit einem schwächer ausgeprägten Corporate Governance Systems nur eingeschränkt übertragbar.
Im Beobachtungszeitraum werden Spin-offs, ein Equity Carve-out sowie Mischformen von Equity Carve-outs und Spin-offs beobachtet. Aufgrund der Überlagerung werden diese Desinvestitionsformen in der Arbeit nicht in getrennten Gruppen berücksichtigt, sondern in der Gruppe „Spin-offs“ zusammengefasst. Die innerhalb dieser Gruppe entstehende Heterogenität beeinträchtigt die Präzision der Ergebnisse für diese Gruppe. Auch nach der Zusammenfassung zählt die Gruppe nur 25 Fälle. Dadurch ist die Repräsentativität der Ergebnisse dieser explorativen Untersuchung eingeschränkt.
358 359
Vgl. MILLER/CHEN (1994), S. 4; GREVE (1998), S. 59-61. Vgl. hier und im Folgenden BÜHNER u.a. (1998).
110
8 Diskussion
Aufgrund des eingegrenzten Untersuchungszeitraums und eines Beobachtungsbeginns im Jahr 1997 wird das Verfahren der Event History Analyse auf eine Datenbasis mit links-zensierten Fällen angewendet.360 Dadurch kann es zu einer Verzerrung der Ergebnisse kommen. Diese Verzerrung kann nur vermieden werden, indem die Betrachtung der untersuchten Unternehmen mit deren Gründung beginnt. Die vorliegende Arbeit kann damit als Basis für nachfolgende Studien dienen, die die zeitraumbezogene Untersuchung von Desinvestitionen mit einer Event History Analyse aufgreifen.
Trotz der aufgezeigten Grenzen dieser Arbeit weist sie eine erhebliche praktische Relevanz auf. Die Ergebnisse der Untersuchung können Managern Hinweise darauf geben, welche Desinvestitionsformen unter welchen Bedingungen von ihren Managerkollegen als zielführend betrachtet werden. Die Ergebnisse der eingehenden Analyse des Entscheidungsverhaltens können bei Managern das Bewusstsein für das eigene Entscheidungsverhalten schärfen und gegebenenfalls zu besser reflektierten Entscheidungen führen. Ferner kann aus der Arbeit die Empfehlung abgeleitet werden, dass bei der Besetzung von Managementpositionen auf eine ausreichende Heterogenität der einzelnen Mitglieder des Managements zu achten ist. Dies verringert die Gefahr, dass notwendige komplexe Veränderungen aufgrund eines starren uniformen Denkmusters des Managements nicht vorgenommen werden. Für die Gruppe der Anteilseigner können ebenfalls wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden: Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass das Management nicht das Ziel der Maximierung des Unternehmenswertes verfolgt, sondern lediglich versucht, ein Niveau zu erreichen, von dem es ausgeht, das es die Anteilseigner zufriedenstellt. Anteilseigner könnten dies zum Anlass nehmen, um mittels eines performanceorientierten Vergütungssystems das Management zu weitergehenden Anstrengungen zu motivieren.361 Die Ergebnisse der Arbeit führen Anteilseignern auch die Bedeutung eines Corporate Governance Systems vor Augen, in dem das Management durch Sanktionsmechanismen – in diesem Fall dem möglichen Verlust der eigenen Position – zu einem wertsteigernden Verhalten veranlasst wird.
360 361
Vgl. Kapitel , S. 5. Vgl. SANDERS (2001).
111
9 Zusammenfassung In
dieser
Arbeit
wird
ein
verhaltensorientierter
Ansatz
zur
Analyse
von
Desinvestitionen gewählt. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf das Entscheidungsverhalten des Managements im Zusammenhang mit Desinvestitionen zu. Sie erklären die Motivation des Managements für Sell-offs. Eine entsprechende Erklärung für Spin-offs liefert dieser Ansatz hingegen nicht.
Die Motivation des Managements, Sell-offs durchzuführen, ist das Ergebnis eines schlechten Performance-Feedbacks und der damit vom Management empfundenen Gefahr, bei anhaltend schlechter Performance die eigene Position im Unternehmen zu verlieren. Die Performancebeurteilung erfolgt anhand der operativen Performance des Geschäftsbereichs. Als zufriedenstellend wird die operative Performance betrachtet, die dem Branchendurchschnitt oder dem Durchschnitt der übrigen Geschäftsbereiche innerhalb des Konzerns entspricht. Das Nichterreichen einer zufriedenstellenden Performance wird als Misserfolg angesehen. Das Management sieht im Sell-off eine Maßnahme, um eine zufriedenstellende Rendite auf das eingesetzte Kapital zu erreichen, damit den Misserfolg abzuwenden und die eigene Position zu sichern.
Sowohl in vertikal integrierten Unternehmen, als auch in Unternehmen mit verwandten Geschäftsbereichen stehen der Motivation des Managements, einen Sell-off durchzuführen, Vorbehalte gegenüber. Das Management befürchtet, einen Sell-off nicht ohne den – zumindest teilweisen – Verlust des Wettbewerbsvorteils durchführen zu können. Die mit dem Sell-off verbundenen Einschnitte in den Leistungserstellungsprozess im vertikal integrierten Unternehmen oder das Ende eines komplementären Leistungsaustausches bei der gemeinsamen Ressourcennutzung im verwandt diversifizierten Unternehmen wird in diesen Fällen als zu gefährlich für das desinvestierende Unternehmen erachtet. In diesen Fällen wird das Management daher eher zu einem Spin-off neigen, bei dem die Liefer- und Leistungsbeziehungen nach der Desinvestition weitgehend unverändert bleiben können.
Für Spin-offs lassen die Ergebnisse dieser Arbeit keinen Rückschluss auf die Motivation des Managements zu. Die Ergebnisse geben lediglich einen Hinweis darauf,
112
9 Zusammenfassung
dass Spin-offs als komplexe Maßnahmen begriffen werden, die nicht zum Standardrepertoire des Managements zählen. Insofern bedarf es entweder eines Anstoßes von außen über einen neuen, von außerhalb des Unternehmens kommenden CEO oder einer Erfahrung mit dieser Maßnahme, damit sich das Management für einen Spin-off entscheidet.
Manager orientieren sich bei der Beurteilung von Unternehmensdaten an Anspruchsniveaus. Diese ermöglichen ihnen eine Vereinfachung der als komplex wahrgenommenen Umwelt des Unternehmens und erlauben eine Einstufung der beobachteten Performance als Erfolg oder Misserfolg. Die Einstufung entscheidet über Aktivität oder Inaktivität der Entscheidungsträger. Der verhaltensorientierte Untersuchungsansatz zeigt auf, an welchen Performancemaßen sich das Management orientiert und welches Performanceniveau als zufriedenstellend erachtet wird. Der Ansatz ermöglicht Rückschlüsse darauf, welche Maßnahmen vom Management als zielführend beurteilt werden. Somit bietet der verhaltensorientierte Ansatz eine vielversprechende Basis für andere Arbeitsfelder der Organisations- und Strategieforschung, in denen die Gründe für Managemententscheidungen näher untersucht werden sollen.
113
Anhang Tabelle 7.3: Event History Analyse – binomiale logistische Regression 1) (Ergänzung) Desinvestition vs. Fortführung [übrige unabhängige Variablen] Kontrollvariablen Jahr2003
Spin-off vs. Fortführung
-1,955 (,675)
***
----
Jahr2002
-1,607 (,597)
***
-2,310 (1,144)
Jahr2001
-,799 (,466)
*
Jahr2000
Sell-off vs. Fortführung
-1,279 (,716)
**
-1,141 (,701)
-,559 (,687)
-1,203 (,702)
-,576 (,431)
-,762 (,696)
-,360 (,544)
Jahr1999
-,276 (,406)
-,373 (,647)
-,241 (,532)
Jahr1998
-,336 (,408)
-2,165 (1,133)
Andere Desinvestition
,095 (,323) -,127 (,773)
-,431 (,774)
Anderer Sell-off
-,462 (,777)
-,436 (,432)
63,661 ,112
****
39,251 ,157
**
*
-,325 (,466)
Anderer Spin-off
Chi-Quadrat McFadden
1)
*
*
77,763 ,189
Werte sind die unstandardisierten logistischen Regressionskoeffizienten (N=1397) Standardfehler in Klammern
****
114
Anhang
Tabelle A1: Wachstum USA US BIP-Wachstum (%)
1)
1)
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
4,50
4,20
4,50
3,70
0,80
1,90
3,00
Quelle: U.S. DEPARTMENT OF COMMERCE - BUREAU OF ECONOMIC ANALYSIS (2004), o. S.
Tabelle A2: Indexentwicklung S&P 500 S&P 500-Index
1998
1999
2000
2001
2002
2003
737,01
975,04
1228,10
1469,25
1283,27
1154,67
909,03
(Stand am Jahresende)
1)
1)
1997
Quelle: YAHOO! (2004a), o. S.
115
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