Going Public in Deutschland: Eine empirische Analyse von Börsengängen auf Grundlage der Behavioral Finance [2007 ed.] 3835006355, 9783835006355 [PDF]


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Going Public in Deutschland: Eine empirische Analyse von Börsengängen auf Grundlage der Behavioral Finance [2007 ed.]
 3835006355, 9783835006355 [PDF]

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Zitiervorschau

Marco Rummer

Going Public in Deutschland

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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~iber abrufbar.

Dissertation Universit~it Bamberg, 2006 u.d.T.: Rummer, Marco: Going Public in Deutschland Eine empirische Analyse zum Einfluss der Investorenstimmung auf den Emissionsprozess am Beispiel der Marktsegmente der Frankfurter WertpapierbSrse

1. Auflage Dezember 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universit~its-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine SchSIler Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel31ich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch(Jtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere f(Jr Vervielffiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w~iren und daher von jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf s~iurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0635-5

Geleitwort

V.

Geleitwort Das Neu-Emissionsgeschehen (Initial Public Offerings, IPOs) am deutschen Aktienmarkt vor, w~ihrend und nach dem Aktien-Hype (dot-corn-Boom), also zwischen 1997 und 2001, ist bislang erstaunlich wenig untersucht worden. Zwar gibt es einzelne Studien, diese analysieren aber traditionell eher die aus dem Verhgltnis von Emittent und Underwritem (Konsortialbanken) resultierenden Aspekte oder sie rekurrieren auf deutlich frfiher liegende Zeitabschnitte. Interessanterweise fehlt dagegen eine Analyse, die sich zus~itzlich intensiv mit der Nachfrageseite einerseits und der Wirkung des Verhaltens der Underwriter im Handel am Sekund~irmarkt andererseits besch~iftigt. Hierzu geh6rt insbesondere auch, die Festsetzung der Breite der Preisspanne, die Dauer der Zeichnungsfrist und die Wahl des Marktsegmentes als Qualitgts- und Risikosignale sowie die Nutzung der Zuteilung zusgtzlicher Aktien (sog. Greenshoe) nach der Erstnotierung im Prim~irmarkt bzw. die Kurspflege einzubeziehen und dabei auch die M6glichkeit von IPO-Zyklen zu be~cksichtigen. Es mangelt an einem eher ganzheitlichen Untersuchungsansatz, der sowohl traditionelle Variable der IPO-Literatur, wie z.B. das Alter oder die Gr613e eines Untemehmens, beachtet, als auch die Faktoren des Handels im Sekundgrmarkt, insbes, die Bedeutung des Investor Sentiment, und die Wechselwirkung von Marktbewermng (Underpricing) und Emissionst~itigkeit (Zyklen?) berficksichtigt. Neue bzw. erstmalige Erkenntnisse in diesem mr Wissenschaft und Praxis gleichermal3en wesentlichen Bereich wfirden fiber den deutschen Markt hinaus Bedeutung haben: Mehr als nur ein Anlass mr eine Forschungsarbeit im Range einer Dissertation. Ausgehend von ersten Untersuchungen in der ersten H~ilfte der 1970er Jahre besch~iftigt sich eine st~indig wachsende Zahl von Studien mit dem Ph~inomen eines regelm~il3igen und starken Anstiegs der (ersten) Notierung am Sekund~.rmarkt im Vergleich zum Angebots- oder Emissionspreis im Prim~irmarkt fiir Erstemissionen (Initial Public Offerings, IPOs; vgl. die frfihen Analysen von Stoll/Curley (1970), Logue

VI

Geleitwort

(1973), Reilly (1973), Ibbotson (1975)). Aus der Perspektive des Emittenten wird diese Differenz als Underpricing bezeichnet, da der Eindruck entsteht, mit der Erstemission h~itte ein gr613erer Betrag erzielt werden k6nnen. Inzwischen wurde das Underpricing ftir zahlreiche L~inder und Wirtschaftsregionen festgestellt und viele verschiedene Erkl~irungsans~itze er6rtert (fiir einen umfassenden l]berblick vgl. z.B. Ritter (1998 und 2003), Brounen/Eichholtz (2002)). Die empirischen Beobachtungen unter anderem zum Aktien-Hype bzw. zum dot-comBoom im ausgehenden letzten Jahrtausend, insbesondere die zeitlichen Muster in der Erstemissionsaktivit~it und dem Underpricing, sowie die kaum ausreichende alleinige Erkl~irungskraft ~ilterer, traditioneller Erkl~irungsans~itze zum IPO-Underpricing (Agency-Problematik; Ex-ante-Uncertainty) regen dazu an, eine Zweiteilung der determinierenden Variablen zu tiberlegen. Auf der einen Seite spielt der in der Forschung bereits recht intensiv berticksichtigte Komplex der asymmetrischen Information zwischen Emittent (Prinzipal) und Underwritern (Konsortialbanken; Agenten) einschliel3lich der Bewertungsprobleme und der Fixierung des Emissionspreises eine Rolle wie er sich auch in den jtingsten IPOs am deutschen Markt gezeigt hat. Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Gruppe von Determinanten, die als Gemeinsamkeit einen deutlichen Bezug zum Handelsgeschehen am Sekund~irmarkt, zur Allokation der emittierten Stticke und zur Nachfragestimmung potentieller Investoren aufweisen (u.a. das Phanomen von Marktzyklen oder Hot Markets). Aus einer Analyse des Standes der Literatur l~isst sich ableiten, dass eine Berticksichtigung

beider

Erkl~irungskomponenten,

also

der

Auswirkung

des

Emittent-

Underwriter-Verh~iltnisses (Signale zur Qualit~it und Riskanz des IPOs) einerseits und des Investor Sentiment andererseits, in einer Studie sinnvoll erscheint, um die jeweilige Relevanz der Erkl~irungsvariablen in einem Ansatz zu prtifen. Eine solche Vorgehensweise liegt gegenw~irtig nicht vor, auch nicht fiir die jtingste IPO-Periode am deutschen Markt. Vielmehr dominieren Einzelansatze oder eher traditionelle Analysen (deutscher Markt; vgl. z.B. Kiss/Stehle (2002)) oder nur Studien ftir frtihere Zeitraume (vgl. z.B. Erhardt/Stehle (1999), Wasserfallen/Wittleder (1994), Ljungqvist (1997)). Ausgehend von dieser Problemlage erscheint es erforderlich, in der gebotenen Ktirze einen Gesamttiberblick fiber wesentliche verwandte Untersuchungen zu geben, bevor auf die konkrete Zielstellung und Schwerpunktsetzung der Dissertation von Herrn Rummer Bezug genommen wird. Der bereits einschl~igig informierte Leser

Geleitwort

VII

m6ge die nachfolgenden ca. drei Seiten tiberspringen. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht die Zusammenh~inge grafisch. 1

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Quelle: Rummer/Oehler 2005 (Presentation at: "EFA Eastern Finance Association 41~ Annual Meeting 2005" (NorfolkA/A), "67. Tagung des Verbandes der Hochschullehrer for Betriebswirtschaff 2005" (Kiel), ,,European Financial Management Annual Meeting 2005" (Mailand), "35~h Financial Management Association FMA International Annual Meeting 2005" (Chicago/IL).

Ritter und Welch (2002) fassen die zentralen Aspekte der traditionellen Vorgehensweise zur Untersuchung und Erkl~imng des Underpricing wie folgt zusammen: "... the solution to the underpricing puzzle has to lie in focusing on the setting of the offer price, where the normal interplay of supply and demand is suppressed by the underwriter." Die so genannte Ex-ante-Uncertainty oder Ungewissheit aus asymmetrischer Information resultiert- unter Annahme harmonischer Beziehungen zwischen Emittent und Underwritern- aus der Tatsache, dass beide besser informiert sind als die Investoren. Es resultieren die bekannten Probleme der adversen Selektion bzw. der Informationssignale: Emittenten hoher Qualit~it k6nnen es sich eher erlauben, einen niedrigeren Emissionspreis zu erzielen, d.h., auf einen Teil des potentiellen Zahlungsstroms zu verzichten, weil sie auf die zukfinftige Emissionst~itigkeit und ein entsprechendes Analysten-Coverage vertrauen k6nnen (Welch (1989), Chemmanur (1993)). Dies gilt allerdings nur fiir das IPO-Projekt, fiir die Nachfrage gilt die umgekehrte Asymmetrie, die u.a. ein Platzierungsproblem fiir Emittent/Underwriter bedingt. Wird von der eher realistischen Annahme unterschiedlich informierter Akteure ausgegangen, so ist die Winners-curse-Problematik (vgl. Rock (1986), Koh/Walter (1989)) oder das Problem einer (negativen) Informationskaskade zu befiirchten (vgl. Welch (1992), Amihud/Hauser/Kirsh (2003)). Zu den eher traditionellen Erkl~imngsans~itzen des Underpricing k6nnen auch l~lberlegungen gerechnet werden, die die Informationsgenerierung w~ihrend des Bookbuilding

VIII

Geleitwort

zum Gegenstand haben, d.h., insbesondere die Aufdeckung von Information w~ihrend der Road show (vgl. Benveniste/Spindt (1989), Benveniste/Wilhelm (1990), Spatt/Srivastava (1991)) oder der Orderabgabe (Hanley (1993), Lee/Taylor/Walter (1999), Cornelli/Goldreich (2001, 2002)). Ritter/Welch (2002) weisen aber zu Recht nach, dass solche Uberlegungen genauso wenig das Ausmal3 des Underrpicing erkl~iren kOnnen wie etwa weitere Ans~itze zur Berticksichtigung von Going-public-Kosten und ~ihnliches mehr. Mit der zweiten Gruppe von Determinanten, die eher Nachfrage- oder Investorenorientierung aufweisen und sich ausdrticklich auch mit dem Marktgeschehen am Sekund~irmarkt auseinandersetzen, besch~iftigt sich zumeist die neuere Forschung zu IPOs in dem Bewusstsein einer Bounded rationality und unter dem Eindruck, dass die H~iufigkeit, die Regelm~il3igkeit und das Ausmal3 des Underpricing mit den eher traditionellen Ans~itzen kaum erkl~irt werden kann. Die Untersuchung von Krigman/Shaw/Womack (1999) zeigt eine positive Korrelation zwischen dem Ausmal3 des Underpricing einerseits und dem Handelsgeschehen am Sekundarmarkt andererseits. Das Handelsvolumen ist um so h6her, je gr613er das Underpricing ausf~illt (vgl. auch Ellis/Michaely/O'Hara (2000), Boehmer/Fishe (2001)). Loughran und Ritter (2002) heben die Annahme der Harmonie zwischen Emittent und Underwritern auf und untersuchen unter Rtickgriff auf die Prospect theory von Kahneman und Tversky das Ph~inomen, dass Emittenten im Wege des Underpricing auf einen Teil des potentiellen Zahlungsstroms verzichten. Sie leiten u.a. ab, dass allein die Tatsache, dass grunds~itzlich ein h6herer Finanzierungsbeitrag als erwartet aus einem IPO erzielt werden kann, die Sensitivitat des Emittenten hinsichtlich einer weiteren Steigerung desselben reduziert (vgl. zu einem solchen konflikt~iren Verh~iltnis auch

Biais/Faugeron (2002),

Loughran/Ritter (2002),

Klein/Zoeller (2003)). Andererseits zeigen weitere Studien, dass Underwriter selbst auch in einem boomenden Markt nur einer teilweisen Anpassung des Angebotspreises nach oben zustimmen (Partial adjustment), u.a. wohl deswegen, weil sie unterschiedliche Auffassungen zwischen rationalen und eher stimmungsgeleiteten bzw. beschr~inkt rationalen Investoren erwarten (vgl. Bradley/Jordan (2002), Lowry/Schwert (2002), Ljungqvist/Nanda/Singh (2003)).

Geleitwort

IX

~ Ein schon relativ frtih begonnener Forschungszweig, der mit dem vergangenen IPO-Boom verst~rkt beachtet worden ist, widmet sich der zyklischen Komponente im IPO-Geschehen in Verbindung mit Investorenklima und Investorenstimmung. So dokumentiert Ritter (1984, 1991 und 1998), dass das Underpricing zyklisch besonders in Perioden hoher IPO-Aktivit~it hoch ausf~illt (Hot-issue markets), ein Zusammenhang, den auch schon Ibbotson/Jaffe (1975) erw~ihnen. Solche Ergebnisse gibt es inzwischen mr verschiedene L~inder. Die Erkl~irung wird u.a. darin gesehen, dass tiberoptimistische Investoren und Analysten riskanteren Unternehmen mit ihrer Stimmung signalisieren, das ,,Window of Opportunity" zu ergreifen und zu emittieren (vgl. auch Brailsford et al. (2000), Ljungqvist/Nanda / Singh (2003)). Diese Ergebnisse passen zu solchen von Loughran/Ritter/Rydqvist (1994), dass Emittenten bzw. Underwriter das Timing von IPOs bewusst in Phasen euphorischer Investorenstimmung w/ihlen (vgl. auch Lee/Shleifer/Thaler (1991)). 9 Die Studie von Helwege/Liang (2002) erg~inzt diese Befunde dahingehend, dass weniger technologische Innovationen als vor allem prim~ir ein ausgepr~igter Optimismus der Investoren Hot markets treibt (vgl. auch Lerner (1994), Loughran/Ritter (1995)). Dariiber hinaus existiert ein Zusammenhang zum Ph~inomen des Positive-Feedback-Trading in der Form, dass insgesamt die H6he der Erstnotierungen von IPOs h6her ausfallen, wenn solche vorhergehender Emissionen steigen

oder

auch

der

Gesamtmarkt

steigt

(vgl.

Rajan/Servaes

(2002),

Lowry/Schwert (2002)). 9 Ein weiterer Ansatz besch~iftigt sich mit der Frage des Einflusses der Underwriter nicht nur im Prim~irmarkt (Preisermittlung; Zuteilung), sondern direkt im Sekund~irmarkt. In der Regel ver~gen die Underwriter fiber das Recht, weitere Stticke zu emittieren, wenn sie die (Nachfrage-) Notwendigkeit sehen, die so genannte Greenshoe-Option (genannt nach dem Unternehmen, bei dem dies zum ersten Mal genutzt worden ist). Auf der anderen Seite tibernehmen die Underwriter die Verpflichtung oder sie handeln im Eigeninteresse (Reputation), wenn sie kurssttitzende MaBnahmen betreiben. In beiden F~illen wird das AusmaB des Underpricing beeinflusst (vgl. Ellis/Michaely/O'Hara (2002), Aggarwal (2000)). Auch in diesem Kontext ist die Reputation der Underwriter eine weitere Determinante. Entgegen einer ersten Vermutung und auch frfiheren Untersuchungen for die 1980er Jahre (vgl. Beatty/Ritter (1986), Carter/Manaster (1990), Carter/Dark/Singh (1998)), dass eine h6here Reputation der Underwriter zu einem geringeren Underpricing f'tihrt,

X

Geleitwort zeigen stattdessen neuere Studien, dass im Hot market des ausgehenden letzten Jahrtausends eine positive Korrelation zwischen der Reputation und dem AusmaB des Underpricing zu beobachten ist (vgl. Benveniste et al. (2003), Loughran/Ritter (2003); mr die 1990er Jahre: Beatty/Welch (1996)).

Aus einer Analyse des Standes der Literatur 1/~sst sich ableiten, dass eine Beriicksichtigung beider Erkl~rungskomponenten, also der Auswirkung des Emittent-Underwriter-Verh/~lmisses (Signale zur Qualit/~t und Riskanz des IPOs) einerseits und des Investor Sentiment andererseits, in einer Studie sinnvoll erscheint, um die jeweilige Relevanz der Erkl/irungsvariablen in einem Ansatz zu prfifen. Eine solche Vorgehensweise liegt gegenw/~rtig nicht vor, auch nicht fiir die jtingste IPO-Periode am deutschen Markt. Vielmehr dominieren Einzelans~tze oder eher traditionelle Analysen (deutscher Markt; vgl. z. B. Kiss/Stehle (2002)) oder nut Studien ffir frtihere Zeitr/~ume (vgl. z. B. Erhardt/Stehle (1999), Wasserfallen/Wittleder (1994), Ljungqvist (1997);

vgl.

auch

Aggarwal/Leal

(1998),

L6ffler

(2000),

Sapusek

Stehle/Erhardt/Przyborowsky (2000), Hunger (2003), Burghof/Hunger Ausgehend

von

dieser

Grundproblematik

ergeben

sich

die

(2000), (2004)).

folgenden

forschungsleitenden Fragen und Zielstellungen. 9 Im Anschluss an den Aufbau eines ad/~quaten Datenbestandes ist die Durchfiihrung einer umfassenden deskriptiven Analyse zu den relevanten Determinantengruppen notwendig: Relevanz der Branche und des Untemehmensalters einerseits und der Bookbuilding-Aktivit/~t und der Segmentwahl andererseits im Zusammenhang mit der Signalisierung von Qualit/it und Riskanz als Ausdruck der Asymmetrie zwischen Emittent/Underwritem auf der einen und den Investoren auf der anderen Seite. 9 Erg/inzung dieser lAberlegungen um eine detailliertere Analyse des Preisanpassungsprozesses im Prim/irmarkt (Partial adjustment) und sein Zusammenhang zum Handelsgeschehen im Sekund/~rmarkt. 9 Untersuchung der Marktzyklik der IPO-Aktivit~it, insbesondere Untersuchung der potentiellen Lead-lag-Beziehung zwischen (dem AusmaB des) Underpricing und der Anzahl der Erstemissionen (Lowry/Schwert (2002)). 9 Fortfiihmng solcher Analysen mit dem Fokus auf den Zusammenhang zwischen dem Underpricing und der Gr6Be bzw. dem Volumen der IPOs.

Geleitwort

XI

Erggnzung um L6sungsans~itze zum Saisonalitgten-Puzzle (,,Januar-Effekt") im deutschen Markt. 9 Einfluss der Underwriter auf den Sekund~irmarkt in Gestalt der Aust~bung der Greenshoe-Option und der Kurspflege (Price support; Ruud (1993)) und die Rt~ckkoppelung zum Nachfrageverhalten bzw. zum Investor Sentiment. 9 Erg~inzung um eine differenzierte Analyse zur Frage der Effektivit~it solcher Underwriter-Aktivit~iten und zur Problematik, inwieweit die Investoren (,,der Markt") frtihzeitig nicht lohnende IPOs erkennen und ,,abstrafen" (Aggarwal (2000)). Zusammenfassung aller relevanten Variablen beider Determinantengruppen (Exante Uncertainty und Investor Sentiment) in gemeinsamen Analysen, um die jeweilige relative Bedeutung mr das Underpricing abzusch~itzen. Dariiber hinaus ist zu betonen, dass die Erkenntnisse aus einem so umfassend angelegten Projekt zur IPO-Aktivit~it am deutschen Markt b6rsen- und wirtschaftspolitische Implikationen birgt. Ausgehend von der grundlegenden Beobachtung einer ausgesprochen tr~igen IPO-Aktivit~it in Deutschland nach dem Aktien-Hype im Vergleich zu anderen Industrienationen k6nnte z. B. aufgrund der Sentiment-Indikatoren abzuleiten sein, inwiefem eine nachhaltige und gleichzeitig weniger volatile Stimmung der Investoren ffir die so dringend fiir die Finanzierung wirtschaftlicher Aktivitgten notwendigen B6rseng~inge erreicht werden kann. Aufbauend auf diesen Oberlegungen der Forschung des Gutachters fokussiert die Arbeit von Herrn Rummer auf vier mit dem Gutachter abgesprochene zentrale Fragestellungen, die zu Beginn der Arbeit in Kapitel 1.1 dargelegt und motiviert sowie in Kapitel 1.2 ausfahrlich begrtindet werden: (1) Untersuchung zur Existenz eines Hot-issue-Marktes sowie des Underpricings und der Emissionst~itigkeit im Zeitablauf. (2) Untersuchung der Existenz von Unterst~itzungsMiufen und deren Einfluss auf die H6he des Underpricings. (3) Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses unter besonderer Berficksichtigung der Stimmungsinvestoren. (4) Untersuchung

des

Underpricing-Ph~inomens

im

Hinblick

auf

kl~imngspotential von Ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren.

das

Er-

XII

Geleitwort

Die Gesamtzielsetzung der Arbeit wird fiber deren Titel hinaus von Herrn Rummer wie folgt heraus gestellt: ,,Ziel dieser Arbeit i s t - aufbauend auf den bisherigen vor allem US-amerikanischen Studien- eine erstmalige 6konometrische Analyse der sich diametral gegentiberstehenden Erkl~imngsans~itze auf Basis von ex-ante-Unsicherheit und auf Basis von Stimmungsinvestoren zu liefern." Nach Absprache mit dem Gutachter wird dabei bewusst nicht versucht, ein ,,Weltmodell" der Eigenfinanzierung von Unternehmen oder der Funktion und des Funktionierens von Aktienm~irkten zu bauen, sondern sehr viel realistischer angestrebt, 9 eine

.....

Analyse

der

zur

Erkl~irung

des

Underpricing-Ph~inomens

vorgeschlagenen, sich diametral gegentiberstehenden Erkl~irungsans~itze ... fiir den deutschen Kapitalmarkt ..." durchzufiihren und 9 zus~itzlich

den

.....

Einfluss

der

Stimmungsinvestoren

zum

einen

auf

Emissionst~itigkeit und Underpricing im Zeitablauf und zum anderen auf den Preisbildungsprozess n~iher ..." zu beleuchten sowie 9

,

.... eine Analyse des Einflusses preisstabilisierender MaBnahmen auf die Emissi-

onsrendite ..." vorzunehmen. Die vorliegende Arbeit ist damit grunds~itzlich im Forschungsgebiet der empirischen Unternehmensfinanzierung und der empirischen Finanzmarktforschung angesiedelt. Sie legt ihren Schwerpunkt auf die eher ganzheitliche Perspektive der Zusammenffihrung verschiedener Erkl~irungsans~itze sowie den diesbeziiglich eher stiefmiitterlich untersuchten deutschen Markt bzw. die hier einzig relevante Frankfurter Wertpapierb6rse. Der vorliegenden Arbeit gelingt es nach ausfiihrlicher und sorgf~iltig eingebrachter Grundlegung einen herausragenden Beitrag zum Going Public nicht nur in Deutschland und damit einen wesentlichen Beitrag zur betriebswirtschaftlich, insbesondere finanzwirtschaftlich ausgerichteten Forschung zu Finanzm~irkten und zur einzelwirtschaftlichen Finanzierungstheorie zu leisten.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler

Vorwort

XIII

Vorwort Es ist vollbracht! Mit groBem Stolz und auch teilweise ungl~iubigem Zweifeln blicke ich zur0ck auf die nunmehr finalisierte Druckversion meiner Doktorarbeit sowie auf meine Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Andreas Oehler. Es gibt viele Menschen, denen ich in diesem Zusammenhang ~ r die letzten Jahre danken m6chte. Als erstes m6chte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Andreas Oehler, da~r danken, dass er sowohl das Thema der Arbeit als auch das empirische Untersuchungsdesign mit groBem Interesse aufgenommen und w~ihrend des Bearbeitungsprozesses fortw~ihrend und uneingeschr~inkt untersttitzt hat. Insbesondere danke ich Herrn Prof. Dr. Andreas Oehler sehr ~ r die mir er6ffnete M6glichkeit, meine wissenschaftlichen F~ihigkeiten unter Beweis stellen zu k6nnen, sowie daftir, dass er mir den Besuch zahlreicher internationaler Tagungen erm6glichte. Herrn Prof. Dr. Wolfang Becker danke ich fiJr die Obernahme und zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Prof. Dr. Peter Trenk-Hinterberger bin ich ftir die Obernahme des Vorsitzes der Promotionskommission sowie seine Bereitschaft, als Drittprtifer zu fungieren, sehr dankbar. Mein aufrichtiger Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Peter N. Smith, der w~ihrend der empirischen Umsetzung meiner Ideen jederzeit als ~iuBerst engagierter Diskussionspartner zur Verftigung stand und auf dessen enzyklop~idiegleiches Wissen tiber angewandte Okonometrie ich in diesem Zusammenhang des Ofteren zur0ckgreifen konnte. Wertvolle Hilfe und Untersttitzung habe ich in den verschiedenen Stadien der Arbeit von meinen Freunden und Kollegen am Lehrstuhl erhalten. Insbesondere danke ich meinen Mitstreitern Dipl.-Kfm. Dirk Schiefer, Dipl.-Kfm. Oliver Schwindler sowie Dipl.-Kfm. Stefan Wendt dafiJr, dass sie mich in der Endphase der Promotion von l~istigen und zeitraubenden Lehrstuhlarbeiten freigehalten haben und zur kameradschaftliche Atmosph~ire am Lehrstuhl beitrugen. Dariiber hinaus haben sie die einzelnen Abschnitte meiner Doktorarbeit Korrektur gelesen und sowohl durch ihre Hinweise als auch durch zahlreiche Diskussionen zur Abrundung der Arbeit beigetragen. Meinen frtiheren und nunmehr berufst~itigen Kollegen Dr. Dirk Dreyer, Dr. Joachim Fox, Dr. Jutta Schmidt, Dr. Frank Spellmann und Dipl.-Kfm. Martin Strobel danke ich ftir die sch6ne und interessante Zeit in Bamberg.

XIV

Vorwort

Von den zahlreichen wissenschaftlichen Hilfskr/~ften m6chte ich vor allem nachfolgend erw/~hnte aufgrund ihres signifikanten Beitrages herausstellen. Dipl-Kfm. Philipp Federspieler, M.Sc. (Essex) war neben zahlreichen Gespr/~chen auch aufgrund seiner fundierten PC-Kenntnisse, von denen ich noch immer zehre, eine umfassende und sehr wichtige Hilfe in der Anfangs- und Datensammlungsphase meiner Doktorarbeit. Mit Dipl.-Kfm. Stefan Gtinther, M.Sc. (Essex) verfasste ich einen Fachbeitrag zum Thema Hot-Issue-Market. In diesem Zusammenhang bin ich ihm for viele Anmerkungen, Hinweise und Gespr~che sehr dankbar. Dipl.-Kfm. Nils Nawrot m6chte ich for die Zusammenarbeit an verschiedenen IPO-Forschungsprojekten sowie for interessante und stimulierende Diskussionen sehr danken. Meinen unermtidlichen Korrekturleserinnen Dipl.-Germ. Meike V6gele und Dipl.Kffr. D6rte Raasch m6chte ich for ihre schier unersch6pfliche Ausdauer von ganzem Herzen danken. Sie haben durch ihr Wissen und ihre F/~higkeiten doch so manchen Fehler zielsicher aufgesptirt und hierdurch zum Feinschliff der Arbeit beigetragen. Aber auch meinem privaten Umfeld, das ein gleichwohl elementares als auch unentbehrliches Gegengewicht zur wissenschaftlichen Arbeit darstellte, bin ich tiberaus dankbar. Sowohl das regelm/~Bige ,,Gekicke" als auch die gemeinsamen Feiern und Gespr/~che waren immer ein tiberaus willkommener und gleichfalls notwendiger Ausgleich zur Promotion. Hierdurch konnte ich so manches dissertationsbedingte Motivationsloch mtihelos 0berwinden. Durch euch wurde die Zeit in Bamberg zu einem groBen und bleibenden Erlebnis. Hierfor danke ich euch sehr! Meiner Freundin D6rte Raasch bin ich for ihre Liebe und Gedult, welche vor allem in der Endphase stark strapaziert wurden, aufrichtig dankbar. Ihre fortw/~hrende Ermunterung und Untersttitzung gaben mir Kraft, als diese n6tig war. Mein gr6Bter Dank gebtihrt jedoch meiner Familie, die mir w/~hrend meiner schulischen und universit~iren Ausbildung stets uneingeschr/~nkt zur Seite stand, mich f'6rderte und ermutigte und somit diese Arbeit erst erm6glichte. Ihr ist diese Arbeit mit groBem Stolz und von ganzem Herzen gewidmet.

Marco Rummer

Inhaltsverzeichnis

XV

Inhaltsverzeichnis

Abktirzungsverzeichnis ............................................................................................... XIII Symbolverzeichnis ......................................................................................................X V I Abbildungsverzeichnis .............................................................................................X V I I I Tabellenverzeichnis ....................................................................................................X I X

E i n l e i t u n g ........................................................................................................ 1 1.1 Problemstellung ................................................................................................... 1 1.2 Gang der Untersuchung ....................................................................................... 6

T h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e n ............................................................................ 10 2.1 Grundlegende B e g r i f f s b e s t i m m u n g e n ............................................................... 10 2.1.1

Going Public .............................................................................................. 10

2.1.2

Underpricing .............................................................................................. 11

2.2 Finanzmarkttheoretische Grundlagen ................................................................ 12 2.2.1

Vorfiberlegungen und inhaltliche A b g r e n z u n g e n ...................................... 12

2.2.2

Neoklassische Kapitalmarkttheorie ........................................................... 14

2.2.3

Noise Trading ............................................................................................ 24

2.2.4

Neuere Finanzierungstheorie ..................................................................... 27

2.2.4.1

Neue Institutionen6konomik ................................................................ 27

2.2.4.2

Marktmikrostrukturtheorie ................................................................... 30

2.2.4.3

Behavioral Finance .............................................................................. 32

2.2.5

Analyse und Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................ 36

2.3 Prozess des B6rsengangs ................................................................................... 37 2.4 Entscheidung tiber den B6rsengang ................................................................... 41 2.4.1

Vortiberlegungen und inhaltliche A b g r e n z u n g e n ...................................... 41

2.4.2

Motive ffir die D u r c h ~ h r u n g eines B6rsengangs ..................................... 43

2.4.2.1

Finanzielle Motive ............................................................................... 43

2.4.2.2

Strategische Motive ............................................................................. 48

2.4.3

Motive Rir den Ausschluss eines B6rsengangs ......................................... 51

2.4.4

Analyse und Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................ 54

2.5 B e s t i m m u n g der B6rsenreife ............................................................................. 56 2.5.1

Vortiberlegungen und inhaltliche A b g r e n z u n g e n ...................................... 56

2.5.2

Quantitative Kriterien ................................................................................ 59

2.5.3

Qualitative Kriterien .................................................................................. 63

XVI

Inhaltsverzeichnis 2.5.4

Analyse und Zusammenfassung ................................................................ 67

2.6 Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland ........................................... 69 2.6.1

V o ~ b e r l e g u n g e n und inhaltliche Abgrenzungen ...................................... 69

2.6.2

Differenzierung zwischen Primer- und Sekund~rmarkt ............................ 72

2.6.3

Differenzierung zwischen vertikaler und horizontaler Marktsegmentierung .................................................................................. 73

2.6.4

Marktsegmentierung der F W B vor 2003 ................................................... 77

2.6.4.1

Vertikale Segmentierung der F W B ...................................................... 77

2.6.4.2

Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten ................................. 79

2.6.5

Neusegmentierung der F W B ab 2003 ....................................................... 81

2.6.5.1

Vertikale Segmentierung der F W B ...................................................... 81

2.6.5.2

Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten ................................. 83

2.6.6

Analyse und Zusammenfassung ................................................................ 85

2.7 Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs ................................... 88 2.7.1

Vortiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen ...................................... 88

2.7.2

Discounted-Cash-Flow-Methode .............................................................. 90

2.7.2.1

Konzeption ........................................................................................... 90

2.7.2.2

Entity-Verfahren .................................................................................. 95

2.7.2.3

Equity-Verfahren ................................................................................. 97

2.7.3

Multiplikatorverfahren .............................................................................. 98

2.7.3.1

Konzeption ........................................................................................... 98

2.7.3.2

Kurs-Gewinn-Verh~iltnis .................................................................... 101

2.7.3.3

DVFA/SG-Ergebnis ........................................................................... 102

2.7.4

Analyse und Zusammenfassung .............................................................. 104

2.8 Preisfestsetzungsverfahren ............................................................................... 106 2.8.1

V o ~ b e r l e g u n g e n und inhaltliche Abgrenzungen .................................... 106

2.8.2

Festpreisverfahren ................................................................................... 106

2.8.3

Auktionsverfahren ................................................................................... 108

2.8.4

Bookbuildingverfahren ............................................................................ 109

2.8.5

Analyse und Zusammenfassung .............................................................. 112

3 Erkl~irungsans~itze fiir ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit BSrseng~ingen ....................................................................................... 115 3.1 Vortiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen ............................................ 115 3.2 Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung ...................... 118 3.2.1

Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Emissionsbank ........... 118

118 3.2.1.2 Empirische Evidenz ........................................................................... 119 3.2.1.1

Theorie ...............................................................................................

Inhaltsverzeichnis 3.2.2

XVII

Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Investoren ................ 121

3.2.2.1

Theorie ...............................................................................................

121

3.2.2.2

Empirische Evidenz ...........................................................................

124

3.2.3

Informationsasymmetrien zwischen Investoren ...................................... 126

3.2.3.1

Adverse Selektion ..............................................................................

126

3.2.3.1.1 Theorie ......................................................................................... 3.2.3.1.2 Empirische Evidenz .....................................................................

126 129

3.2.3.2

Informationsgenerierung ....................................................................

132

3.2.3.2.1 Theorie ......................................................................................... 3.2.3.2.2 Empirische Evidenz .....................................................................

132 135

3.3 Ans~itze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen .......................... 137 3.3.1

Prospekthaftung .......................................................................................

137

3.3.1.1

Theorie ...............................................................................................

3.3.1.2

Empirische Evidenz ...........................................................................

139

Kurspflegemal3nahmen ............................................................................

140

3.3.2

137

3.3.2.1

Theorie ...............................................................................................

140

3.3.2.2

Empirische Evidenz ...........................................................................

141

3.4 Ans~itze basierend auf der Behavioral Finance ................................................ 144 3.4.1

144

Theorie ...............................................................................................

144

3.4.1.2

Empirische Evidenz ...........................................................................

145

3.4.2

4

Herdenverhalten ......................................................................................

3.4.1.1

Stimmungsinvestoren ..............................................................................

146

3.4.2.1

Theorie ...............................................................................................

146

3.4.2.2

Empirische Evidenz ...........................................................................

148

3.5 Analyse und Zusammenfassung ......................................................................

151

E m p i r i s c h e Analyse von B0rsengiingen an der F W B ............................. 152 4.1 Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen ............ 152 4.1.1

Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes ...................................... 152

4.1.1.1

Sachliche Abgrenzung .......................................................................

4.1.1.2

Zeitliche Abgrenzung .........................................................................

153

4.1.1.3

Umfang des Datensatzes ....................................................................

154

4.1.2

152

Berechnung der Variablen und Datenerhebung ...................................... 155

4.1.2.1

Underpricing ......................................................................................

155

4.1.2.2

Erkl~irende Variablen .........................................................................

156

4.1.3

Deskriptive Analyse der Variablen ......................................................... 159

4.1.3.1

Underpricing ......................................................................................

159

4.1.3.2

Erkl~irende Variablen .........................................................................

167

XVIII

Inhaltsverzeichnis

4.1.4

Wahl des Marktsegments ........................................................................

170

4.2 Untersuchung der Emissionst~itigkeit Und des Underpricings im Zeitablauf.. 173 4.2.1

Entwicklung und Formulierung der Hypothesen .................................... 173

4.2.2

Identifikation von hot-issue- und cold-issue-Mgrkten ............................ 177

4.2.3

Zyklen der Emissionst~itigkeit und des Underpricings ............................ 179

4.2.4

Autokorrelation von Emissionst~itigkeit und Underpricing .................... 184

4.2.5

Zeitreihenanalyse von Emissionst~itigkeit und Underpricing sowie deren Einflussfaktoren .............................................................................

4.2.5.1

Interaktion zwischen Emissionst~itigkeit und Underpricing im Zeitablauf ...........................................................................................

187 187

4.2.5.2 Einfluss der Stimmung der Investoren ............................................... 190 4.2.5.3 Einfluss des US-amerikanischen IPO-Marktes .................................. 192 4.3 Untersuchung von Untersttitzungsk~iufen ........................................................ 194 4.3.1

Entwicklung und Formulierung der Hypothese ...................................... 194

4.3.2

Existenz von Untersttitzungsk~iufen ........................................................ 195

4.3.3

Einfluss von Unterstiitzungsk~iufen auf die Regressionsanalyse ............ 202

4.4 Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses ...................................... 204 4.4.1

Entwicklung und Formulierung der Hypothesen .................................... 204

4.4.2

Analyse der Zeichnungsfrist und der Preisspanne .................................. 205

4.4.3

Analyse der Preisanpassung .................................................................... 211

4.5 Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens .................................................. 215 4.5.1

Entwicklung und Formulierung der Hypothesen .................................... 215

4.5.2

Einfluss der Industriegruppen ................................................................. 217

4.5.3

Einfluss der Aktienmarktsegmente ......................................................... 221

4.5.4

Einfluss der Konsortialbanken ................................................................ 222

4.5.5

Einfluss von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren ............... 226

S c h l u s s b e t r a c h t u n g ....................................................................................

242

5.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse ......................................... 242 5.2 Implikationen ffir die wissenschaftliche Forschung ........................................ 249

Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 251

Abkfirzungsverzeichnis

XIX

Abkiirzungsverzeichnis abh.

abh~ngig

AG

Aktiengesellschaft

AH

Amtlicher Handel

AM

Amtlicher Markt

APT

Arbitrage Pricing Theory

B6rsG

B6rsengesetz

B6rsO

B6rsenordnung

B6rsZulV

B6rsenzulassungsverordnung

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

CAPM

Capital Asset Pricing Model

CDAX

Composite-Index

DAI

Deutsche Aktieninstitut

DAX

Deutscher Aktienindex

DCF

Discounted Cash Flow

DUK

durchschnittliche Kapitalkosten

DVFA

Deutsche Vereinigung ffir Finanzanalyse und Analgeberatung

EBITDA

Earnings before Interests, Taxes Depreciation and Amortization

EK

Eigenkapital

EMH:

Effizienzmarkthypothese

EV

Enterprise Value

F&E

Forschung und Entwicklung

f.

folgende

FCF

Free Cash Flow

ff.

fortfolgende

FK

Fremdkapital

FN

Ful3note

FV

Freiverkehr

FWB

Frankfurter Wertpapierb6rse

XX

Abk~irzungsverzeichnis

GK

Gesamtkapital

GM

Geregelter Markt

GmbH

Gesellschaft mit beschr~inkter Haftung

i. d. R.

in der Regel

i. S. v.

im Sinne von

i. V. m.

in Verbindung mit

IPO

Initial Public Offering

KCV

Kurs-Cash-Flow-Verh~iltnis

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

KGV

Kurs-Gewinn-Verhaltnis

M&A

Merger and Acquisition

Max.

Maximal

Mind.

Mindestens

Mio.

Millionen

N

Anzahl der untersuchten Datens~itze

NASADQ

National Association of Securities Dealers Automated Quotation

NASD

National Association of Securities Dealers

NIO

Neue Institutionen6konomik

Nr.

Nummer

NYSE

New York Stock Exchange

OLS

Ordinary least squares

P/E-Ratio

Price-Earnings-Ratio

PR

Public Relation

ProspektG

Prospektgesetzt

RWNM

Regelwerk Neuer Markt

S.

Seite

SG

Smalenbach-Gesellschaft

SMAX

Smallcaps Exchange

sog.

so genannte

SPT

State Preference Theory

Abkt~rzungsverzeichnis Stdabw.

Standardabweichung

Stdf.

Standardfehler

TCF

Total Cash Flow

u.a.

unter anderem

U.S.

United States

UW

Unternehmenswert

VerkprospG

Verkaufsprospektgesetz

vgl.

vergleiche

WACC

Weighted Average Cost of Capital

WpHG

Wertpapier Handelsgesetz

www

World Wide Web

XETRA

Exchange Electronic Trading

z.B.

zum Beispiel

Zul.

Zulassung

ZulV

Zulassungsverordnung

XXI

Symbolverzeichnis

XXIII

Symbolverzeichnis w

Paragraph

%

Prozent Aktienkurs zum Zeitpunkt t

at

normalverteilte Zufallsvariable zum Zeitpunkt t

EU

Expected Utility (erwarteter Nutzen)

X

Handlungsaltemativen Ergebnisse der Handlungsaltemative X

Pi

Eintrittswahrscheinlichkeit FOr xi

Pt

Preis des Wertpapiers zum Zeitpunkt t

ct

normalverteilte Zufallsvariabel zum Zeitpunkt t Informationsstand der Marktakteure Erwartungswert Rendite des Wertpapiers i

ri

risikoloser Zins

l"m

Rendite des Marktportfolios

~c

systematischer Risikofaktor

s

Ertragssteuersatz auf Untemehmensebene

k WACC

gewichteter Kapitalkostensatz

rEK

Renditeforderung der Eigenkapitalgeber

rFK

Renditeforderung der Fremdkapitalgeber

FK

Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals

EK

Marktwert des Eigenkapitals

GK

Marktwert des Gesamtkapitals; F K + E K

Ft FCF

Free-Cash-Flow in Periode t

C F f cF

Free-Cash-Flow nach dem Planungshorizont T

T

Planungshorizont

G E t EK

Cash Flow an die Eigentfimer in Periode t

C F EK

Cash Flow an die Eigent0mer nach dem Planungshorizont T

xxIv

Symbolverzeichnis

rEK

Eigenkapitalkosten

IR

logarithmierte Emissionsrendite

HR t

Buy-and-Hold-Return Schlusskurs des Wertpapiers w~ihrend der ersten Handelstages

eo~e~

Emissionspreis

ett

Kurs des Wertpapiers zum Zeitpunkt t Signifikant auf dem 10 % Niveau Signifikant auf dem 5 % Niveau Signifikant auf dem 1% Niveau Regressionskoeffizient

N

Anzahl der untersuchten Variablen

R2

Bestimmtheitsmal3

~'i

Residuum

Yi

Endogene Variable

y

k x 1 Vektor der endogenen Variablen y k x k Matrizen mit den zu sch~itzenden Koeffizienten

Abbildungsverzeichnis

XXV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Gang der Untersuchung ......................................................................... 7

Abbildung 2:

Hierarchie der Effizienzbegriffe .......................................................... 17

Abbildung 3:

Zeitlicher Ablauf eines B6rsengangs ................................................... 37

Abbildung 4:

Motive far und gegen einen B6rsengang ............................................. 42

Abbildung 5:

Kriterien zur Beruteilung der B6rsenreife ........................................... 59

Abbildung 6:

Entscheidung far einen B6rsenplatz beziehungsweise ein Aktienmarktsegment im Rahmen des B6rsengangs ............................ 70

Abbildung 7:

Horizontale und vertikale Segmentierung des deutschen Aktienmarktes ...................................................................................... 75

Abbildung 8:

Neusegmentierung der FWB ............................................................... 82

Abbildung 9:

Systematisierung der DCF-Verfahren ................................................. 94

Abbildung 10: Phasen des Bookbuildingverfahrens .................................................. 110 Abbildung 11: Systematisierung der Erkl~imngsans~itze far die zu untersuchenden Phgnomene im Rahmen von B6rsenggngen ............

117

Abbildung 12: Identifikation von hot-issue und cold-issue-Mgrkten ........................ 178 Abbildung 13: Emissionstgtigkeit und Emissionsrendite im Zeitablauf. ................... 179 Abbildung 14: H~iufigkeitsverteilung der Emissionsrendite (HR1) ............................ 196 Abbildung 15: Aktienkursentwicklung potenzieU kursunterstfitzter B6rsenggnge ... 200 Abbildung 16: Zensierte Verteilung ........................................................................... 203

Tabellenverzeichnis

XXVII

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten der Marktsegmente der FWB vor dem 1. Januar 2003 .............................................................. 81 Tabelle 2:

Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten der Marktsegmente der FWB nach dem 1. Januar 2003 ........................................................... 85

Tabelle 3: Verschiedene Proxys far die ex-ante Unsicherheit beztiglich des erzielbaren Untemehmenswertes ............................................................. 131 Tabelle 4:

Bezeichnung der erkl~irenden Variablen ................................................. 157

Tabelle 5: Verwendete Datenquellen zur Generierung der Variablen ..................... 159 Tabelle 6:

Deskriptive Analyse der Emissionsrendite im Zeitablauf ....................... 163

Tabelle 7: Deskriptive Analyse der Emissionsrendite far die New Economy ......... 164 Tabelle 8: Deskriptive Analyse der Emissionsrendite far den Neuen Markt ........... 166 Tabelle 9: Deskriptive Analyse der erkl~irenden Variablen ..................................... 169 Tabelle 10: Wahl des Aktienmarktsegments .............................................................. 172 Tabelle 11: Zeittrends und zyklische Schwannkungen in Emissionst~itigkeit und Emissionsrendite ......................................................................................

182

Tabelle 12: Autokorrelationskoeffizienten far Emissionst~itigkeit und Emissionsrendite ......................................................................................

186

Tabelle 13: Interaktion zwischen Emissionst~itigkeit und Underpricing im Zeitablauf .................................................................................................

189

Tabelle 14: Einfluss der Investorenstimmung auf die Emissionsrendite und die Emissionst~itigkeit ....................................................................................

191

Tabelle 15: Einfluss des US-amerikanischen IPO-Marktes auf die Emissionsrendite und die Emissionst~itigkeit .......................................... 193 Tabelle 16: Existenz von Untersttitzungsk~iufen im Zeitablauf ................................. 197 Tabelle 17: Erwartete Vorzeichen far die Erkl~imng von Zeichnungsfrist und Preisspanne .......................................................................................

206

Tabelle 18: Einfluss der Investorenstimmung auf die Zeichnungsfrist ...................... 208 Tabelle 19: Einfluss der Investorenstimmung auf die Preisspanne ............................ 210 Tabelle 20: Erwartete Vorzeichen far die Variablen zur Erkl~mng der Preisanpassung ........................................................................................

212

Tabelle 21: Einfluss der Investorenstimmung auf die Preisanpassung ...................... 213

XXVIII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 22: Einfluss der Industriegruppen auf die Emissionsrendite ......................... 219 Tabelle 23: Einfluss der Aktienmarktsegmente auf die Emissionsrendite ................. 222 Tabelle 24: Einfluss der Konsortialbanken auf die Emissionsrendite ........................ 225 Tabelle 25: Erwartete Vorzeichen ftir die Variablen zur Erkl~imng des Underpricing-Ph~inomens ........................................................................ 230 Tabelle 26: Einfluss von ex-ante-Unsicherheit und investor sentiment auf die Emissionsrendite ...................................................................................... 235 Tabelle 27: Tests auf Robustheit der Ergebnisse zur Messung des Einflusses von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren auf die Emissionsrendite - erster Teil ................................................................. 239 Tabelle 28: Tests auf Robustheit der Ergebnisse zur Messung des Einflusses von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren auf die Emissionsrendite- zweiter Teil .............................................................. 240

Problemstellung

1

Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertriimmern als ein Atom. Albert Einstein

1 Einleitung 1.1 Problemstellung Die

Analyse

von

B6rseng~ingen besch/~ftigt die theoretische

und

empirische

Kapitalmarktforschung mit immer wechselnden Schwerpunkten seit mehr als drei Jahrzehnten. ~ Theoretische und empirische Ans/~tze sind hierbei wechselseitig miteinander verbunden. So beeinflussen einerseits die theoretischen Modelle die Selektion und Interpretation der Variablen in empirischen Untersuchungen und andererseits die empirischen Ergebnisse die Modellspezifikationen der theoretischen Ans/itze. Vor allem der zurtickliegende IPO- (Initial Public Offering) und B6rsenboom stellt die Wissenschaft vor zahlreiche Erkl/~mngsprobleme, von denen bis heute nur wenige abschliel3end gel6st werden konnten. Eines der zentralen Elemente eines B6rsengangs ist die Festsetzung eines ad/~quaten Emissionspreises. Empirische Untersuchungen zeigen, dass dieser von den Emittenten geforderte Preis Dr die zu platzierenden Aktien im Durchschnitt deutlich unter dem Sekund/~rmarktkurs liegt. Diese Unterbewertung wird in der finanzwirtschaftlichen Literatur als Underpricing bezeichnet und konnte sowohl Dr nahezu alle Aktienm/~rkte weltweit als auch Dr unterschiedliche Zeitr/~ume nachgewiesen werden. 2 Bis heute ist jedoch die Wissenschaft nicht in der Lage abschliel3end zu erkl/~ren, warum Emittenten ihre Aktien im Durchschnitt verbilligt und nicht zum h6chstm6glichen 3 Preis den Investoren anbieten, weshalb in der Literatur auch von einem Underpricing-Ph/~nomen gesprochen wird.

1 Die ersten Untersuchungen gehen unter anderem auf Ibbotson, R. G. (1975) S. 235 ff.; Logue, D. E. (1973) S. 91 ff.; Reilly, F. K. (1973) S. 83 ff.; Stoll, H. R./Curley, A. J. (1970) S. 309 ff. 2 Vgl. Rehkugler, H./Schenek, A. (2001) S. 282; Wittleder, C. (1989) S. 1" Uhlir, H. (1989) S. 3; Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 47. Ein ausffihrlicher Literatur0berblick erfolgt in Subkapitel 4.1.3.1. 3 Der bestm6gliche Preis aus Sicht der Emittenten w/~re bei Obereinstimmung des Emissionspreises mit dem Sekund/~rmarktpreiserreicht.

2

Einleitung

Die weit tiberwiegende Anzahl der bisher in der Literatur vorgeschlagenen Erkl~irungsans~itze ftir das Underpricing-Ph~inomen geht von asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den verschiedenen am B6rsengang beteiligten Gruppen aus. Aufgrund

der hierdurch

entstehenden

ex-ante-Unsicherheit tiber den

wahren

Unternehmenswert ist auf den maximal erzielbaren Emissionspreis ein Nachlass zu gew~ihren. Die Emittenten weichen nach diesen Erkl~irungsansiitzen somit bewusst vom maximal erzielbaren Emissionserl6s ab. In der angloamerikanischen Literatur, welche die IPO-Forschung initiierte und darauf aufbauende internationale Studien mal3geblich beeinflusst, spricht man in diesem Zusammenhang vom a m o u n t o f m o n e y left on the table, welcher fiir den hier zu analysierenden Untersuchungszeitraum 17,8

Milliarden Euro betr~igt. ~ Den Investoren wurde w~ihrend der Jahre 1997 bis 2002 somit ein Nachlass von insgesamt 17,8 Milliarden Euro und im Durchschnitt pro B6rsengang von 43 Millionen Euro gew~ihrt.

Die hohen Werte dieses Zeitraums lassen erste Zweifel beztiglich der Eignung der traditionellen

Erkl~irungsansatze

far

das

Underpricing-Ph~inomen

aufkommen.

Insbesondere stellt sich die Frage, warum das Underpricing w~ihrend Perioden mit tiberaus optimistischen Investoren am h6chsten ist, und warum Emittenten nicht in der Lage sind, die Unterbewertung im Zeitablauf, augrund eines anzunehmenden Lerneffektes, zu reduzieren. Aufgrund der tiber viele Jahre bestehenden Kontinuit~it der Existenz positiver Emissionsrenditen 2 kommen RITTER/WELCH (2002) in ihrem Literaturtiberblick zu dem Schluss, dass die Ans~itze auf der Grundlage asymmetrisch verteilter Informationen die hohen Emissionsrenditen, vor allem w~ihrend des B6rsenbooms, nicht abschlief3end erkl~iren k6nnen. Daher schlagen sie Ans~itze auf der Grundlage tiberaus optimistischer Investoren zur L6sung des Underpricing-Ph~inomens vor. 3 In ~ihnlicher Weise propagiert LJUNGQVIST (2004) in seinem Uberblicksartikel

1 Money left on the table wird in diesem Falle als Differenz zwischen nominalem und tatsiichlichem

Emissionsvolumen ermittelt. Das nominale Emissionsvolumen errechnet sich als Produkt aus Anzahl der emittierten Aktien und Emissionspreis. Das tats~ichliche Emissionsvolumen errechnet sich hingegen als Produkt aus der Anzahl der emittierten Aktien und dem Schlusskurs des ersten B6rsentages. 2 Auf eine Unterscheidung zwischen Emissionsrenditeund Underpricing wird in Subkapitel 2.1 n~iher eingegangen. a Vgl. Ritter, J. R./Welch, I. (2002) S. 1822.

Problemstellung

3

die Behavioral Finance als vielversprechendstes Forschungsfeld zur L6sung des Underpricing-Ph~inomens. 1

Zwar existieren bereits vereinzelt Ans~itze unter Beachtung von Marktunvollkommenheiten und beschr~inkt rationalem 2 Verhalten der Investoren, doch fehlte bis zur Arbeit von LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) eine fundierte modelltheoretische Grundlage, weswegen diese Theorien in der Literatur auch als Ad-hoc-Erkl~irungsans~itze 3 bezeichnet

wurden.

LJUNGQVISTfNANDA/SINGH (2004)

k6nnen

sowohl

das

Underpricing-Ph~inomen als auch die Existenz von h o t - i s s u e - M ~ r k t e n 4 durch die Pr~isenz von Stimmungsinvestoren 5, die sie s e n t i m e n t i n v e s t o r s tauften, erkl~iren. 6 Jene Investorengruppe kennzeichnet ein beschr~inkt rationales und ~ibersteigertes Interesse an B6rseng~ingen aufgrund tiberdurchschnittlich optimistischer Einsch~itzungen der Wachstumsaussichten. 7 Die

zweite

Gruppe

von

Marktakteuren,

die rationalen

Investoren, sind nach diesem Ansatz bereit, einen Preis fiber ihrem pers6nlichen, fundamental gerechtfertigten Preis zu zahlen, da sie davon ausgehen, die Aktien jederzeit mit Gewinn an die Stimmungsinvestoren verkaufen zu k6nnen. 8

Ziel dieser Arbeit i s t - aufbauend auf den bisherigen vor allem US-amerikanischen Studien-

eine erstmalige 6konometrische Analyse der sich diametral gegenOber-

stehenden Erkl~irungsans~itze auf Basis yon ex-ante-Unsicherheit und auf Basis von Stimmungsinvestoren zu liefern. Zwar existieren Studien zum Einfluss der ex-ante-

i Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 66. Ftir eine grundlegende l]berblick fiber das Forschungsfeld Behavioral Finance siehe Oehler, A. (2000a) S. 978 ff.; Oehler, A. (2000b) S. 718 ff. 2 Rationalit~it wird allgemein als Verhalten gem~if3 der Regeln der Erwartungsnutzentheorie verstanden. Vgl. hierzu Oehler, A. (1995) S. 13 ff.; Oehler, A. (2000a) S. 978. Siehe auch Subkapitel 2.2 3 Vgl. Rehkugler, H./Schenek, A. (2001) S. 285; Ritter, J. R. (2003a) S. 253 ff. 4 Eine ausf'tihrliche Begriffsdefinition erfolgt in Subkapitel 4.2. 5 Stimmungsinvestoren und investor sentiment werden im Verlauf der Arbeit synonym verwendet. 6 Ft~r weitere Arbeiten zum Zusammenhang zwischen investor sentiment und B6rseng~ingen siehe Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005); Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a); Dorn, D. (2003); Cook, D. O./Jarrell, S. L./Kieschnick, R. (2004). FOr grunds~tzliche Aufs~itze zum Yhema investor sentiment siehe Baker, M./Jeremy C. Stein, (2004) S. 271 ff.; Brown, G. W./Cliff, M. T. (2004) S. 1 ff.; Dimson, E./Marsh, P./Staunton, M. (2004) S. 15 ff.; Barberis, N./Shleifer, A./Vishny Robert, (1998) S. 307 ft. 7 Vgl. Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005) S. 1 ff. 8 Vgl. Ljungqvist, A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004) S. 1 ft.

4

Einleitung

Unsicherheit

und

auch

vereinzelte

Studien

zum

Erkl/~rungsgehalt

der

Stimmungsinvestoren, doch wurden beide Ans/itze bisher nicht vergleichend einander gegent~ber gestellt, um hierdurch eine umfassende Analyse zu gew/~hrleisten. Zus/itzlich wird der Einfluss der Stimmungsinvestoren zum einen auf Emissionst/~tigkeit

und

Underpricing

Preisbildungsprozess

im

Zeitablauf

erstmals untersucht.

und

zum

anderen

auf

den

FOr die Querschnittsregressionen zur

Erkl~irung des Underpricing-Ph~inomens ist zus/~tzlich der Einfluss preisstabilisierender Mal3nahmen auf die Emissionsrendite zu analysieren. Die verschiedenen Schwerpunkte

des empirisch

ausgerichteten

Hauptteils

lassen sich wie

folgt

komprimiert darstellen, wobei die jeweiligen Zielstellungen im Anschluss daran ausfiihrlich begrfindet werden:

1. Untersuchung

zur

Existenz

eines

hot-issue-Marktes

sowie

des

Underpricings und der Emissionst/itigkeit im Zeitablauf. 2. Untersuchung der Existenz von Untersttitzungsk/~ufen und deren Einfluss auf die H6he des Underpricings. 3. Untersuchung

des

Emissionspreisfindungsprozesses

unter

besonderer

Beriicksichtigung der Stimmungsinvestoren. 4. Untersuchung

des

Underpricing-Ph/~nomens

im

Hinblick

auf

das

Erkl/~rungspotenzial von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren.

Schwerpunkt 1" Untersuchung zur Existenz eines hot-issue-Marktes sowie des Underpricings und der Emissionst~itigkeit im Zeitablauf. Ein bisher ftir Deutschland nur mdiment/~r untersuchtes Ph~inomen stellt der so genannte hot-issue-Markt dar, welcher sich nach der Definition yon RITTER (1984) durch ~iberdurchschnittliche Emissionsrenditen und einen damit einhergehenden Anstieg der Emissionst~itigkeit kennzeichnen 1/~sst.1 Zwischen 1983 und 1996 gab es in Deutschland im Schnitt 16 Neuemissionen pro Jahr. 2 In den Jahren 1999 und 2000 wurden j/~hrlich fiber 150 Untemehmen am Aktienmarkt platziert. STEHLE/EHRHARDT (1999) ermittelten ftir den Zeitraum 1960 bis 1995 eine Emissionsrendite von 15,8 Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff. Siehe auch Ibbotson, R. G./Ritter, J. R./Sindelar, J. L. (1988) S. 37ff. 2 Vgl. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 203.

Problemstellung

5

Prozent. ~ Im Gegensatz dazu betr~.gt die Emissionsrendite far den gesamten Untersuchungszeitraum dieser Studie (1997 bis 2002) im Mittel 44,1 Prozent. 2 Aufgrund dieser vergleichsweise hohen Werte, soll zum ersten Mal far den deutschen Kapitalmarkt die Fluktuation der Emissionsrendite und der Emissionstgtigkeit mittels verschiedener Vektor-Autoregressions-Modelle (VAR-Modelle) untersucht werden. Ziel ist es hierbei, eine Aussage zum Verlauf vorher genannter Variablen sowie deren Einflussfaktoren treffen zu k6nnen, da diese Erkenntnisse far die Analyse des Underpricing-Phgnomens von besonderer Wichtigkeit sind. Die Existenz eines hotissue-Marktes wfirde ein erstes empirisches Indiz far den hohen Optimismus der

Investoren w~ihrend dieser Phase liefern.

Schwerpunkt 2: Untersuchung der Existenz von Unterstiitzungsk~iufen und deren Einfluss auf die HShe des Underpricings. RUUD (1993) untersuchte als erste die Existenz kurssttitzender Mal3nahmen far den US-amerikanischen Aktienmarkt und analysiert hierbei deren Einfluss auf die Emissionsrendite. 3 Im Verlauf ihrer Untersuchung

zeigt sie, dass

es durch

preisstabilisierende Mal3nahmen seitens der Emissionsbanken zu einer Zensierung der Verteilung der Emissionsrenditen kommt. Somit ergibt sich das Problem, dass im Rahmen einer Querschnittsregression zur Analyse des Underpricing-Ph~inomens bei der Vorlage einer zensierten Verteilung die Methode der kleinsten Quadrate nur noch eingeschr~inkt als Sch~itzmethode angewendet werden kann. Ziel dieses Schwerpunktes ist es daher, zu untersuchen, ob w~ihrend des hier vorliegenden Untersuchungszeitraums die Emissionsbanken kursstabilisierend eingreifen und somit die Verteilung der Emissionsrenditen nachhaltig beeinflusst wird. Sollte dies der Fall sein, sind neben OLS- auch Tobit-Modelle zu sch~itzen.

Schwerpunkt

3:

Untersuchung

des Emissionspreisfindungsprozesses

unter

besonderer Beriicksichtigung der Stimmungsinvestoren. JAKOB (1998) argumentiert im Rahmen seiner Untersuchung, dass die Wahl eines geeigneten Modells zur Emissionspreisfestsetzung, das far jede Emission und jedes Emissionsumfeld 1

den jeweils

angemessenen

Preis

ermittelt,

eine wesentliche

Vgl. Ehrhardt, O./Stehle, R. (1999) S. 1400.

2 Die maximale Emissionsrendite dieser Studie betr~igt 444,4 Prozent Nr die Biodata Information Technology AG, welche im Februar 2000 ihre Erstemission vollzog. 3 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 135 ff.

6

Einleitung

Determinante des B6rsengangs darstellt. Als prim~irer Vorteile des Bookbuildingverfahrens, welches seit 1997 fast ausschlieBlich zur Bestimmung des Emissionspreises eingesetzt wird, im Vergleich zum zuvor genutzten Festpreisverfahren, k6nnen die Steigerung der Nachfrage durch MarketingmaBnahmen sowie die frtihzeitige Ermittlung von Preisindikatoren angesehen werden. ~ Jedoch existiert bis heute keine empirische Untersuchung zum Einfluss der im Verlauf der Pre-Marketing-Periode ermittelten Nachfrage und somit der Stimmung der Investoren auf den Bookbuildingprozess. Daher soll untersucht werden, ob die Stimmung der Investoren einen Einfluss auf das Setzen von Preisspanne und Zeichnungsfrist austibt. Dartiber hinaus soll zum ersten Mal fOr den deutschen Markt die Festsetzung des Emissionspreises in Relation zur Preisspanne unter Berticksichtigung verschiedener Einflussfaktoren untersucht werden.

Schwerpunkt 4: Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens im Hinblick auf das Erkl~irungspotenzial von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren. Als vierter Forschungsschwerpunkt soil unter Verwendung der bis dahin ermittelten empirischen und theoretischen Ergebnisse zum ersten Mal in einer vergleichenden Analyse untersucht werden, ob das w~ihrend des Untersuchungszeitraumes dokumentierte fiberdurchschnittlich hohe Underpricing durch ex-ante-Unsicherheit und somit durch einen absichtlich gew~ihrten Preisnachlass erkl~irt werden kann oder ob Stimmungsinvestoren aufgrund ihrer starken Nachfrage eine tiberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite generieren.

1.2

Gangder Untersuchung

In Anbetracht der aufgezeigten Zielsetzungen und Schwerpunkte wurde der in Abbildung 1 dargestellte Gang der Untersuchung gew~ihlt:

1 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 3.

Gang der Untersuchung

7

Abbildung 1: Gang der Untersuchung In Kapitel 2 soil zun~ichst als Grundpfeiler einer fundierten 6konomischen Analyse der grundlegende theoretische Bezugsrahmen dargestellt werden. Ausgangspunkt ist die Neoklassische Kapitalmarkttheorie, da erst die Kenntnis der dort getroffenen Annahmen eine Kritik sowohl der theoretischen Modelle als auch der empirischen Beobachtungen erm6glicht. Darauf aufbauend werden neben den Noise-TraderModellen die Ans~.tze der Neueren Finanzierungstheorie dargestellt, welche die Grundlage Dr die in Kapitel 3 zu erl~iutemden Erkl~imngsans~itzen darstellen. In Subkapitel 2.3 erfolgt die Darstellung des Ablaufs eines IPOs. Dies dient als Basis ftir die anschliegende selektive Er6rtemng der notwendigen theoretischen Grundlagen und institutionellen Rahmenbedingungen deines B6rsengangs. Da die Anzahl der Neuemissionen w~ihrend des Untersuchungszeitraums im Vergleich zu vergangenen Perioden tiberproportional hoch ist, sind die Grtinde Dr und gegen die Entscheidung zur DurchNhrung eines B6rsengangs darzustellen und zu analysieren (Subkapitel 2.4). In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach der grunds~itzlichen B6rsenreife und

8

Einleitung

somit den Voraussetzungen mr die Platzierung neuer Aktien von besonderer Bedeutung (Subkapitel 2.5). Hieran anschlieBend werden in Subkapitel 2.6 die Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten sowie der deutsche Emissions- und Zirkulationsmarkt grunds~tzlich vorgestellt und er6rtert. Ft~r die Festsetzung eines ad~quaten Emissionspreises ist eine Bewertung des Unternehmens unumg~nglich. Somit werden in Subkapitel 2.7 die Grundlagen mr die Bewertung eines B6rsengangs selektiv dargestellt. Abgerundet wird das Grundlagenkapitel durch die Darstellung der verschiedenen Preisfestsetzungsmethoden sowie deren jeweiliger Vor- und Nachteile (Subkapitel 2.8). Kapitel 3 gibt einen Oberblick fiber den Stand der theoretischen und empirischen IPOForschung. Die Er6rterung der traditionellen Erkl~rungsans~tze, die asymmetrische verteilte Informationen zwischen den am B6rsengang beteiligten Gruppen unterstellen, nimmt aufgrund ihrer groBen Verbreitung einen besonderen Raum ein. Hiervon abgegrenzt werden die institutionellen Rahmenbedingungen sowie die Ans~tze der Behavioral Finance dargestellt. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage mr die jeweils zu Beginn der einzelnen Abschnitte des Hauptteils zu formulierenden Hypothesen. Als Grundlage ffir die verschiedenen Fragestellungen beginnt der empirische Hauptteil mit einer kurzen Beschreibung des gew~hlten Untersuchungsdesigns sowie der Zusammenstellung des Datensatzes. Daran anschlieBend erfolgt die deskriptive Analyse der verwendeten exogenen und endogenen Variablen unter Beachtung der bisherigen Ergebnisse nationaler und internationaler Studien (Subkapitel 4.1). Subkapitel 4.2 widmet sich der Analyse des hot-issue-Marktes

sowie der

Emissionst~tigkeit und Emissionsrendite im Zeitablauf. Neben unterschiedlichen Einflussfaktoren wie den Konjukturerwartungen, der Entwicklung des Aktienmarktes, der Anzahl der IPOs und der durchschnittlichen Emissionsrenditen werden auch spill-

over-Effekte, ausgehend vom amerikanischen Kapitalmarkt, in die RegressionsModelle einbezogen. Vorbereitend hierzu werden sowohl die Emissionsrendite als auch die Emissionst~tigkeit auf m6gliche Trends, saisonale Schwankungen und Autokorrelation untersucht.

Gang der Untersuchung

9

Kursstabilisierende MaBnahmen werden in Subkapitel 4.3 ngher analysiert, wobei die Studie von RUUD (1993) im Mittelpunkt der Auswertungen steht. Ebenso wird untersucht, ob die MaBnahmen der Emissionsbanken einen Einfluss auf die Emissionsrendite aufweisen. Die lSlberprtifung des Einflusses der Stimmungsinvestoren auf den Prozess der Emissionspreisfindung erfolgt in Subkapitel 4.4. Die in diesem Abschnitt gewonnenen Informationen sind zwar in sich selbst aussagekr~iftig, doch f'~illt ihnen zus~itzlich far die Analyse des Underpricing-Ph~inomens eine besondere Bedeutung zu, da die L~inge der Zeichnungsfrist und die Breite der Preisspanne hierbei als zentrale Variablen angesehen werden. Aufbauend auf den bisherigen empirischen Resultaten der Subkapitel 4.2 bis 4.4 erfolgt in Subkapitel 4.5 die Analyse des Underpricing-Phgnomens. In einer Vorstufe hierzu sind der Einfluss der New Economy ~, des Marktsegments Neuer Markt sowie der Reputation der Konsortialbanken einer fundierten 6konometrischen Analyse zu unterziehen. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Einfluss der ex-ante-Unsicherheit und der Stimmungsinvestoren werden mittels verschiedener Tests auf Robustheit nochmals ~berprfift. In Kapitel 5 werden die verschiedenen empirischen Ergebnisse zusammengefasst und einer kritischen Analyse hinsichtlich der in der Problemstellung formulierten Ziele unterworfen.

1 Ftireine Definitionder New Economysiehe Subkapitel4.5.2.

10

Theoretische Grundlagen

2 Theoretische Grundlagen 2.1 GrundlegendeBegriffsbestimmungen 2.1.1 GoingPublic Als Going Public werden im Rahmen dieser Arbeit die erstmalige Platzierung von Aktien eines Unternehmens beim Anlegerpublikum und die anschlief3ende B6rsennotierung verstanden. 1 Die Termini Going Public, B6rseneinfiihrung, Erstnotiz, IPO, B6rsengang,

Neuemission

oder

Aktienerstemission

werden

hierbei

synonym

verwendet. 2

Eine erstmalige B6rsennotierung liegt nur vor, wenn in der Vergangenheit weder die emittierte Aktiengattung noch eine andere Aktiengattung des Unternehmens an einem nationalen oder internationalen Aktienmarktsegment notiert war und somit keine Kursnotierungen fiber Wertpapiere des Unternehmens existieren. 3 Werden beispielsweise Vorzugsaktien in den B6rsenhandel aufgenommen oder ein weiteres Aktienpaket platziert, so wird nach obiger Definition nicht von einem Going Public gesprochen. 4

Hiervon ebenfalls zu differenzieren sind Privatplatzierungen, bei denen die Aktien nicht

einem breiten

Anlegepublikum

angeboten

werden,

sondern

nur

einem

bestimmten, ausgew~ihlten Personenkreis zug~inglich sind, wodurch eine breite Streuung der Wertpapiere zumindest anf~inglich verhindert wird. 5

Ffihrt der Emittent die Aktienplatzierung unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung durch, so spricht man von einer Selbstemission. 6 Bei der Fremdemission l Vgl. Oettingen, M. v. (1995) S. 897; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 994; Carls, A. (1996) S. 6; Roelofsen, N. K. (2002) S. 10; Mettler, A. (1990) S. 19; Ehrhardt, O. (1997) S. 3; Breuer, R. E. (1993) S. 532. 2

Vgl. Boemle, M. (1998) S. 335; Zbinden, D. (2003) S. 4; Carls, A. (1996) S. 6; Jakob, E. (1998) S. 7; Uhlir, H. (1989) S. 7.

3 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 7. 4 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 4. 5 Vgl. R0dl, B./Zinser, T. (2000) S. 302; Breuer, R. E. (1993) S. 546 f.; Titzrath, A. (1995) S. 141. 6 Vgl. Breuer, R. E. (1993) S. 530; Bitz, M. (2005) S. 148 f. Da es ftir den Emittenten bei einer Selbstemission aufgrund der hohen Kosten nur schwer m6glich ist, ein breit gestreutes Anlegerpublikum anzusprechen, sollte nach ZBINDEN(2003) vielmehr von einer Privatplatzierung gesprochen werden. Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 232.

Grundlegende Begriffsbestimmungen

11

werden in der Regel mehrere Konsortialbanken mit der Emission beauftragt, wobei beztiglich des Platzierungsrisikos zwei AusgestaltungsmOglichkeiten existieren. Bei einer

best-effort-Emission besteht

von Seiten der Underwriter 1 keine Garantie ftir die

erfolgreiche Platzierung der Aktien. Bei

einerfirm-commitment-Emission

~ibemehmen

hingegen die beteiligten Konsortialbanken die zu emittierenden Wertpapiere und somit das Platzierungsrisiko. 2

2.1.2 Underpricing FOr die

oben beschriebene positive Differenz

zwischen

Emissionspreis

und

Sekund~irmarktkurs 3 k6nnen zwei gegens~itzliche Ursachen ausgemacht werden: 4

9

Die Emissionspreise wurde

aufgrund von ex-ante-Unsicherheit bewusst

niedriger als die zu diesem Zeitpunkt erwarteten Ersttagskurse angesetzt. 9

Die Stimmungsinvestoren t~bersch~itzen am ersten Handelstag den Wert der angebotenen Aktien

(investor sentiment).

Auf der Grundlage der ex-ante-Unsicherheit wird, wie bereits erw~ihnt, davon ausgegangen, dass der Emissionspreis absichtlich unter dem wahren Wert des B6rsengangs festgesetzt wird. 5 Somit bezeichnet diese Differenz aus S icht des Emittenten eine Unterbewertung der Aktie, wodurch in der Literatur grunds~itzlich von einem Underpricing gesprochen wird. Dagegen wird bei Ans~itzen unter Beachtung der Stimmungsinvestoren davon ausgegangen, dass der Emissionspreis von Emittent und Konsortialbanken nicht bewusst zu niedrig angesetzt ist und die erw~ihnte Differenz durch erh6hte Nachfrage der Investoren generiert wird. Dies soll im Rahmen der Arbeit unter Emissionsrendite

Im Verlauf dieser Arbeit werden die Begriffe Emissionsbank, Konsortialbank und Underwriter synonym gebraucht. 2 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 205; Wahrenburg, M. (2001) S. 625. 3 FOr eine ausftihrliche Analyse, ob der Er6ffnungs- oder Schlusskurs verwendet werden soll, siehe Subkapitel 4.1.2.1. Siehe auch Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 51; Aussenegg, W. (1997) S. 416; Uhlir, H. (1989) S. 7. 4 Vgl. Rehkugler, H./Schenek, A. (2001) S. 283; Dimson, E./Marsh, P./Staunton, M. (2004); Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005). 5 Vgl. Uhlir, H. (1989) S. 2.; Sprink, J. (1996) S. 202.

Iz

Theoretische Grundlagen

verstanden werden, da die Investoren hiervon profitieren, die Emittenten jedoch ihre Aktien zu billig angeboten haben. 1

Somit bezeichnen beide Begriffe zwar die positive Differenz zwischen Emissionspreis und Sekund~irmarktpreis, doch unterscheiden sie sich aus der Sichtweise der Emittenten beziehungsweise Investoren. Zur gmnds~itzlichen und wertungsfreien Bezeichnung der Differenz zwischen Emissionspreis und Sekund~irpreis werden jedoch die Begriffe Underpricing und Emissionsrendite synonym verwendet.

2.2 Finanzmarkttheoretische Grundlagen 2.2.1 Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen Zur Erkl~irung der verschiedenen Ph~inomene im Rahmen von B6rseng~ingen wurde in den letzten Jahren eine nahezu untiberschaubare Anzahl theoretischer und empirischer Ans~itze vorgeschlagen. 2 Fiir deren Analyse und Systematisierung sowie zur Formulierung der Hypothesen ist es hierbei unumg~inglich, zumindest jene finanzmarkttheoretischen Grundlagen kurz darzulegen, die einen Beitrag zur Erstellung eines L6sungsvorschlages bieten k6nnen, ohne diese hierbei vollst/~ndig und umfassend erkl~iren zu wollen. Auf weiterfiihrende Literatur wird deswegen an der jeweils erforderlichen Stelle hingewiesen.

Zuerst erfolgt die Darstellung der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie, um zu zeigen, dass innerhalb dieses Theoriegeb/~udes systematisch positive Emissionsrenditen nicht existieren kOnnen. Die Neoklassik 3 versucht, wie auch Teile der im weiteren Verlauf dargestellte Neuere Finanzierungstheorie, in ihrer Grundausrichtung die Bedingungen an Finanztitelm~irkten zu analysieren und zu prognostizieren, um hierdurch die Interaktion von Risiko und Rendite einer fundierten wissenschaftlichen Untersuchung

1

Vgl. Wittleder, C. (1989) S. 3 f.

2 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden nachfolgende Ph~inomeneuntersucht: 1) die Existenz eines hot-issue-Markt und dessen Einfluss auf die Anzahl der B6rseng~inge sowie die H6he des Underpricings im Zeitablauf. 2) die Existenz von Untersttitzungsk/iufenund deren Einfluss auf die Kursentwicklung im Sekund/irmarkt. 3) das partial-adjustment-Ph~nomen im Rahmen des Preisfestsetzungsprozessesbei Anwendung des Bookbuildingverfahrens.4) das tiber den Zeitablauf durchschnittlich positive Underpricing. FOr die Erkl~imngsans~itzesiehe Kapitel 3, und fiir die empirische Untersuchung siehe Kapitel 4. 3 Neoklassische Kapitalmarkttheorie und Neoklassik werden im Verlauf der Arbeit synonym verwendet.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

13

unterziehen zu k6nnen. 1 Die theoretischen Grundlagen hierfiir bilden zum einen die restriktive Annahme eines rational handelnden Individuums und zum anderen die daraus abgeleitete Existenz eines effizienten und somit reibungslos funktionierenden Kapitalmarktes. 2 Die auf diesen Annahmen aufbauenden, gleichgewichtsorientierten Bewertungsmodelle far Finanzierungstitel, welche in Preisbildungsmodelle 3 im engeren und weiteren Sinne unterteilt werden k6nnen, bestimmen die empirische Kapitalmarktforschung seit den Nnfziger Jahren.4 Zur ersten Gruppe zfihlen neben der Effizienzmarkthypothese (EMH) auch die Random-Walk-Hypothese sowie das FairGame-Modell. 5 Zu den Preisbildungsmodellen im weiteren Sinne z~ihlt das CapitalAsset-P_ricing-Modell (CAPM), welches von SHARPE (1964), LINTNER (1965) und MOSSN (1966), aufbauend auf der Portfoliotheorie von MARKOWITZ (1952 und 1959) 6, den Arbitrage~iberlegungen7 von MIDIGLIANI/MILLER (1958 und 1959) und dem Separationstheorem 8 von TOBIN (1958) unabhgngig voneinander entwickelt wurde. 9 Darfiber hinaus werden in der Literatur noch die Arbitrage-Pricing-Theory i Vgl. Ng, S./Perron, P. (1995) S. 12. 2 Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 979; Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 388. 3 Preisbildungsmodelle beschreiben die Preisveranderung zwischen zwei Zeitpunkten. Vgl. Hacker, M. (2003) S. 7. 4 Vgl. Kasperzak, R. (1997) S. 23. 5 Vgl. Oehler, A. (2005a) S. 7 ff.; Ftir eine ausfiihrliche Darstellung der Random-Walk-Hypothese sowie des Fair-Game-Modells siehe Sapusek, A. (1998) S. 20 ff. 6

Vgl. Markowitz, H. M. (1952) S. 77 ff.; Markowitz, H. M. (1959) und Markowitz, H. M. (1999) S. 5 ff. Das g-cy-Prinzip, welches riskante Altemativen durch Erwartungswert und Varianz darstellt, bildet die Grundlage f'tir die von Markowitz entwickelte Portfoliotheorie. Dieser Ansatz 16st das Entscheidungsproblem mehrerer riskanter Altemativen bei Maximierung des Erwartungswertes und zeigt, wie rational handelnde Anleger ihr Portfolio strukturieren mt~ssen, um eine optimale Kombination aus erwarteter Rendite (errechnet als Erwartungswert) und Risiko (errechnet als Varianz) zu realisieren. Siehe hierzu auch Oehler, A. (1995) S. 19 f.

7 Durch Arbitragegeschafle ist der Investor in der Lage mittels einer Folge von Entscheidungen sein Verm6gen zu vermehren, ohne dabei ein Risiko eingehen oder sein Verm6gen einsetzen zu mtissen. Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 981. 8 Nach der Tobin-Separation ist die Struktur des riskanten Wertpapierportfolios im Gleichgewicht far alle Marktteilnehmer gleich. Der einzige Unterschied besteht in der Aufteilung des Gesamtverm6gens in die sichere Anlage und das risikobehaftete Portfolio. 9 Vgl. Lintner, J. (1965) S. 13 ff.; Mossin, J. (1966) S. 768 ff.; Sharpe, W. (1964) S. 425 ff. Ft~r eine ausftihrliche Darstellungen siehe Elton, E. J./Gruber, M. J. (2003) S. 292 ff.; Franke, G./Hax, H. (1999) S. 342 ff.; Weber, M. (1990) S. 69 ff.; Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 55 f. Nach diesem gleichgewichtsorientierten Kapitalmarktmodell halt jeder Anleger eine Mischung aus risikoloser Anlage und risikobehaftetem Marktportfolio, welches der Marktkapitalisierung aller am Markt befindlichen Aktien entspricht. Der Anteil der riskanten Anlagealtemative am Gesamtverm6gen entspricht dabei der persOnlichen Risikopraferenz des Anlegers und somit dem Grad seiner Risikoaversion. Vgl. Oehler, A. (1995); Oehler, A. (1998b) S. 230 ff.; Unser, M. (1999) S. 112; Wenger, E. (1991) S. 86.

14

Theoretische Grundlagen

(APT) 1 sowie die State-Preference-Theory (SPT) unter gleichgewichtsorientierte Kapitalmarktmodelle subsumiert. Aufgrund der restriktiven Modellannahmen und selektiver Sichtweise stiel3 die Neoklassische

Kapitalmarkttheorie,

beim

Versuch,

empirisch

beobachtbare

Zusammenh~nge zu erkl~ren, wie beispielsweise die Existenz von Finanzintermedi~ren 2 oder die M6glichkeit, mittels Handelsstrategien statistisch signifikante Uberrenditen zu erzielen 3, schnell an ihre Grenzen. Parallel hierzu entstand ein Bfindel unterschiedlicher theoretischer Ans~tze, die heute fiblicherweise unter dem Begriff der Neueren Finanzierungstheorie zusammengefasst werden. Innerhalb dieser Forschungsrichtung wird in einem Teil dieser Ans~tze und bezogen auf Finanzm~rkte in bewusster Gegenposition zur Analyse gleichgewichtstheoretischer Gesamtmarktzusammenh~nge das Verhalten einzelner Gruppen von Marktakteuren in den Vordergrund der Untersuchung gestellt. Gedanklicher Ausgangspunkt der Ans~tze der neueren Finanzierungstheorie ist eine Welt mit Wirtschaftssubjekten, die weniger perfekt funktionieren als in der neo-klassischen Finanzierungstheorie und damit institutioneller Regelungen bedfirfen. 4 Hierbei fungiert die einzelwirtschaftlich ausgerichtete NI(3 als Basis der umfassenden Forschungsrichtungen Behavioral Finance und Marktmikrostrukturtheorie. 5 Diese Forschungsrichtungen bilden den erforderlichen theoretischen Bezugsrahmen ~ r

die in Kapitel 4 dargestellten

empirischen Analysen.

2.2.2 Neoklassische Kapitalmarkttheorie Obwohl die Neoklassische Kapitalmarkttheorie- wie noch zu zeigen sein w i r d - nur eingeschr~nkt das Underpricing-Ph~nomen erkl~ren kann soll sie dennoch kurz dargestellt werden, da erst durch die Kenntnis der dort getroffenen Annahmen eine Kritik sowohl der theoretischen Modelle als auch der empirischen Beobachtungen erm6glicht wird. 1 Vgl. Ross, S. A. (1976). Ffir eine ausffihrliche Darstellung siehe Unser, M. (1999) S. 122 ff.; Schneider, S. (2000); Elton, E. J./Gruber, M. J. (2003); Weber, M. (1990) S. 78 ff. 2 Siehehierzu ausffihrlich Oehler, A. (2006) S. 267 ff. 3 Vgl. Oehler, A. (1995) S. 43 ff., Oehler, A. (2000b) S. 719. 4 Vgl. Oehler, A. (2002) S. 846 5 Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 980; Heilmann, K./L~ger, V./Oehler, A. (2000) S. 361 ff.; Oehler (2002) S. 847.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

15

Wie bereits dargestellt, ist einer der zentralen Grundpfeiler der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie das Rationalit~itskonzept, nach dem jedes Individuum versucht, seinen

Nutzen

durch

bewusste

Handlungen

zu

maximieren. 1 Im

Falle

einer

Entscheidung unter Risiko 2 stehen jedoch die Ergebnisse der Handlungsalternativen nicht mit Sicherheit fest und sind somit nicht ex-ante bestimmbar. 3 Dieser auch als Bemoulli-Prinzip bekannte Ansatz resultiert aus den Beobachtungen, dass der Satz von BAYES 4 nicht uneingeschr~inkt far die Analyse von Glt~cksspielen geeignet ist. U m den Erwartungsnutzen zu maximieren ist nach dieser Theorie tar jeden Ergebniswert, anhand einer Zielfunktion der korrespondierende

Risikonutzen

zu ermitteln und

anschlieBend jene Alternative mit dem h6chsten Erwartungswert und somit Nutzen zu w~ihlen. 5 Diese Entscheidungsregel l~isst sich wie folgt formal darstellen:6

Max EU(X)='~-'PiU(Xi) i=t

mit:

EU

= erwarteter Nutzen

X

- Handlungsalternative

x;

= Ergebnisse der Handlungsalternative X

u(xi)

= Risikonutzenfunktion von x~

pi

= Eintrittswahrscheinlichkeit Far x

1 Vgl. Schneider, D. (1987) S. 63 ff. 2 In Abh~ingigkeit der Existenz objektiver Wahrscheinlichkeiten k6nnen Unsicherheitssituationen in Risikosituationen und Ambiguit~it unterschieden werden. Eine Risikosituation liegt dann vor, wenn auf Basis von Hgufigkeiten, stochastischen Prozessen oder Oberzeugungen gebildete objektiven Wahrscheinlichkeiten ft~r das Eintreten der grunds~itzlich bekannten Umweltzust~inde vorliegen. Im Falle einer Ungewissheitssituation liegen dagegen nur subjektive und somit nicht objektiv nachvollziehbare Wahrscheinlichkeiten vor. Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 10 f. 3 Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 7. 4

Der Satz von BAYES beschreibt das Rechnen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten. Nach diesem Satz berechnet sich die Wahrscheinlichkeit Far ein Ereignis A unter der Bedingung, dass das Ereignis B eintritt, wie folgt:

P(A B)= P(B P(B) A)xP(A) . Wobei P(A B) die Wahrscheinlichkeit Far

ein Ereignis A unter der Bedingung, dass B eintritt beschreibt. P(A) beschreibt die Wahrscheinlichkeit far den Eintritt eines Ereignisses A und P(B) die Wahrscheinlichkeit Far den Eintritt eines Ereignisses B. P(BIA) reprgsentiert die Wahrscheinlichkeit far ein Ereignis Bunter der Bedingung, dass A eintritt. 5 Vgl. Bitz, M.(1981)S. 153 ff. 6 Vgl. Oehler, A. (1995) S. 14.

16

Theoretische Grundlagen

Adaptiert auf die Thematik der B6rseneinfahrung bedeutet dies, dass der Emittent nicht mit Sicherheit sagen kann, wie sich unterschiedliche Emissionspreise auf die Nachfrage und die Kursentwicklung am Sekundgrmarkt auswirkt.

VON NEUMANN/MORGENSTERN (1974) 1 gelang es als Erste, far diese Entscheidungsregel ein plausibles 2 Axiomensystem 3 aufzustellen, welches bis heute die Grundpfeiler der normativen 4 Entscheidungstheorie darstellt. 5 Um dies zu erm6glichen, findet unter anderem die Vorstellung des ,,homo oeconomicus" Anwendung, welche unterstellt, dass die vollkommen rational 6 handelnden Individuen alle zur Verfagung stehenden Informationen unverzerrt und unverzfiglich, unter Berficksichtigung entscheidungstheoretischer Prinzipien beziehungsweise Regeln verarbeiten. Hierdurch l~isst sich ihr Nutzen gemgl3 ihrer individuellen Zielfunktion durch die Wahl der Alternative mit dem gr613ten Nutzenbeitrag maximieren. 7 Innerhalb dieses Ansatzes wird allerdings nicht unterstellt, dass sich jeder Marktakteur rational im Sinne der Erwartungsnutzentheorie verhglt, sondem dass eventuell auftretende beschr~inkte Rationalit~iten, aufgrund des Ausnutzens von Arbitragegeschgften 8, auf Marktebene ausgeglichen werden. Somit spiegeln die am Kapitalmarkt gehandelten Preise die Erwartungen der Marktteilnehmer gem~if3 des aktuellen Informationsstandes wider. 9

1 Vgl. Neumann, J. v./Morgenstem, O. (1947). 2 Um Aussagen aus dem Bernoulli-Prinzip ableiten zu k6nnen und ein geschlossenes Entscheidungskonzept zu entwickeln muss ein Axiomenkatalog als Basis aufgestellt werden. Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 8; Bitz, M. (2000). 3 Vgl. Oehler, A. (1995) S. 15 ff.; Herstein, I. N./Milnor, J. (1953) S. 293; Bitz, M. (1981) S. 181 ft.; Weber, M. (1990) S. 24 ff.; Bamberg, G./Coenenberg, A. G. (2000) S. 101 ff.; Eisenfiihr, F./Weber, M. (2002) S. 204 ff.; Laux, H. (1998) S. 107 ff.; Riess, M. (1996) S. 30. 4 Man bezeichnet jene Ansgtze als normative, die letztlich auf die Ableitung einer Norm des Entscheidungsverhaltens ausgerichtet sind. Vgl. Bitz, M. (1981) S. 5. Die deskriptive Entscheidungstheorie versucht demgegentiber, Ziele und Motive tatsgchlich getroffener Entscheidungen zu untersuchen und zu isolieren. Vgl. Oehler, A. (1995) S. 13; Oehler, A. (2002) S. 845; Bitz, M. (1981) S. 6. 5 Vgl. hierzu ausfiihrlich Oehler, A. (1995) S. 13 ff.; Schmidt, J. (2004) S 9 ff.; Oehler, A. (1992) S. 97 ff.; Unser, M. (1999) S. 15ff.; Weber, M. (1990) S. 23 ff. 6 Rationalit~it wird allgemein als Verhalten gemgB der Regeln der Erwartungsnutzentheorie verstanden. Vgl. hierzu Oehler, A. (1995) S. 13 ff.; Goldberg, J./Nitzsch, R. v. (2000) S. 38 ff.; Unser, M. (1999) S. 10; Barberis, N./Thaler, R. (2003) S. 1051 ff. 7 Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 7 ff.; Unser, M. (1999) S. 10. 8 Vgl. Aignesberger, C./Sch~ick, K. (2004) S. 453. Siehe hierzu ausftihrlich Shleifer, A./Vishny, R. W. (1997) S. 35 ff. 9 Vgl. Oehler, A. (1995) S. 24.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

17

Bevor nun auf die _Effizienzmarkthypothese (EMH) ~, welche die Verbreitung und Verarbeitung bewertungsrelevanter Informationen beschreibt, als zweiten wichtigen und zentralen Grundsatz der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie eingegangen werden kann, sind zun~ichst die unterschiedlichen, in der Literatur im Zusammenhang mit Kapitalm~irkten und Wertpapierb6rsen diskutierten Effizienzbegriffe gegeneinander abzugrenzen. 2 Die Hierarchie der Begriffe Allokationseffizienz, Bewertungseffizienz, Informationseffizienz und operative Effizienz kann analog BIENERT (1996) wie folgt dargestellt werden:

Abbildung 2: Hierarchie der Effizienzbegriffe 3

Die Verbindung zwischen den einzelnen Effizienzbegriffen ist derart, dass das jeweils vorangestellte Kriterium als notwendige aber nicht hinreichende Bedingung er~llt sein muss, damit die jeweilige Effizienzstufe erreicht werden kann. Als elementarstes Kriterium wird die operative Effizienz angesehen, die den friktionslosen Markt 4 als

1 Die EMH wird auch zu den Preisbildungsmodellen im engeren Sinn, welche allgemein Kursverl~iufe, jedoch keine Einzelergebnisse erkl~iren, gez~ihlt. Weitere Modelle dieser Theorierichtung sind die Random-Walk-Hypothese und das Fair-Game-Modell, wobei die beiden letztgenannten eine theoretische Grundlagen f'tir die EMH darstellen. Vgl. Oehler, A. (2005a) S. 7 f.; Kasperzak, R. (1997) S. 31 ff.; Sapusek, A. (1998) S. 20 ff. Das Fair-Game-Modell wird in der Literatur auch als Martingale-Modell bezeichnet. Ftir eine kurze Darstellung siehe H~icker, M. (2003) S. 11 ff. 2 Vgl. H~icker, M. (2003) S. 10. 3

Vgl. Bienert, H. (1996) S. 32; Oehler, A. (2005a) S. 5 ff.

4 In einem friktionslosen Markt entsprechen sich Kauf- und Verkaufswtinsche und somit entspricht die Oderlage genau den tats~ichlichen Transaktionswi~nschen aller am Markt aktiven Akteure. Dies wird durch das Fehlen von Transaktionskosten, Steuern und institutionellen Beschr~inkungen erreicht. Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 49; Schmidt, J. (2004) S. 16; Bienert, H. (1996) S. 28 ff.; Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 57 ff.

18

Theoretische Grundlagen

Idealfall

betrachtet.

Somit

ist das

Vorliegen

der

operativen

Effizienz

eine

grundlegende Voraussetzung mr die Existenz eines informationseffizienten Kapitalmarktes. Die Informationseffizienz beschreibt nach TOBrN (1984) den Zusammenhang zwischen Marktpreisen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und dem allgemein ver~gbaren Informationsstand. 1 Die Bewertungseffizienz besagt, dass der gehandelte Aktienkurs m6glichst dem Fundamentalwert des Wertpapiers und somit dem Barwert der zukfinftigen Zahlungen entspricht. 2 Allokationseffizienz ist wiederum erreicht, wenn die richtige Menge Kapital in der bestm6glichen Weise investiert wird, wobei das Pareto-Kriterium als Maf3stab zur Beurteilung dieser Kriterien dient. 3

Im Rahmen der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie erfolgt eine Fokussierung auf den Begriff Informationseffizienz. Insofern wird die operative Effizienz, jedoch nicht Bewertungs- und Allokationseffizienz unterstellt. Ein Aktienmarkt wird nach FAMA (1970 und 1991) als informationseffizient betrachtet, wenn verschiedene rational handelnde und somit nutzenmaximierende Akteure im Wettbewerb stehen und versuchen, zukfinftige Aktienkurse vorherzusagen. Alle gegenw~rtig vert~gbaren Informationen mr s~mtliche Akteure sind hierbei frei verffigbar und spiegeln sich korrekt im Marktpreis wider. 4 Der Preis eines Wertpapiers am Sekund~rmarkt, im vorliegenden Fall des B6rsenneulings, entspricht somit den ver~gbaren Informationen und seinem wahren und rational gerechtfertigten Wert. 5 Ausgehend von diesem Konzept ist es folglich nicht m6glich mittels Handelsaktivit~ten auf Basis des jeweiligen und nachfolgend n~her zu spezifizierenden Informationsstandes unter Berficksichtigung von Transaktionskosten systematisch Uberrenditen 6 zu erzielen, da neue Informationen unverzfiglich im Marktpreis berficksichtig werden. 7 Je nachdem welcher Informationsstand bei der Preisbildung berficksichtigt wird, lassen sich nach

1 Vgl. Tobin, J. (1984) S. 1 ff. 2 Vgl. Merton, R. C. (1987) S. 93. 3 Vgl. Bienert, H. (1996) S. 15. 4 Vgl. Oehler, A. (1994) S. 839 f.; Fama, E. F. (1965) S. 56; Fama, E. F. (1970) S. 383; Fama, E. F. (1991) S. 1575 ff.; Muth, J. F. (1961) S. 316. 5 Eine wesentliche Annahme ist hierbei, dass die Informationen kostenlos zur Verffigung stehen. Vgl. H~cker, M. (2003) S. 11. 6 Als Uberrendite wird eine positive Rendite nach Abzug etwaiger Kosten verstanden. 7

Vgl. Tobin, J. (1984) S. 1 ft.; Jensen, M. (1978) S. 96 ff.; D6hrmann, A. (1990) S. 26 f.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

19

den Aufs~tzen von FAMA (1970 und 1991) drei Stufen der Informationseffizienz unterscheiden, wobei die jeweils h6here Effizienzstufe die niedrigere umfasst: 1

9 Schwache Informationseffizienz (Tests of return predictability): Alle Informationen fiber vergangene Kursentwicklungen sind im aktuellen Marktpreis enthalten. Hierdurch sind zukfinftige Kursverl~.ufe nicht durch Vergangenheitswerte vorhersagbar und Uberrenditen mittels technischer Aktienanalyse 2 nicht erzielbar. 3

9 Halbstrenge Informationseffizienz (Event studies): Alle 6ffentlich und somit allgemein verffigbaren Informationen sind in den aktuellen Marktpreisen enthalten. Hierdurch lassen sich mittels der Fundamentalanalyse 4 keine Uberrenditen erzielen.

9 Strenge Informationseffizienz (Tests for private information): Alle v e r ~ g baren Informationen, einschlieBlich nicht 6ffentlicher, also privater Informationen, sind in den aktuellen Marktpreisen enthalten. Somit k6nnen auch mittels Insiderwissen keine lJberrenditen erzielt werden.

Aus obiger Aufeilung wird unmittelbar ersichtlich, dass das Vorliegen der schwachen Informationseffizienz eine notwendige Bedingung mr die Existenz der halbstrengen Informationseffizienz darstellt, und dass diese Form wiederum eine Voraussetzung mr die strenge Form der Informationseffizienz ist. Eine Informationsmenge ist dann richtig in den Marktpreisen abgebildet, wenn die gehandelten Preise denen entsprechen,

Vgl. Oehler, A. (1995) S. 277 f.; Oehler, A. (2005a) S. 5 ff.; Fama, E. F. (1970) S. 383 ff. FAMA (1991) erweitert und erg~nzt selbst seine urspr~ngliche Einteilung aus dam Jahre 1970. Siehe hierzu Fama, E. F. (1991) S. 1575 ff. 2 Die technische Aktienanalyse versucht, mittels historischer Kursverl~ufe zukt~nftige Aktienkursentwicklungen zu prognostizieren. Vgl. Welcker, J. (1991) S. 6 ff. 3 Vgl. Steiner, M./Bruns, C. (2000) S. 40 ff. 4 Die Fundamentalanalyse versucht, mittels gesamtwirtschaftlicher und unternehmensindividueller Informationen den inneren Wert einer Aktie zu bestimmen. Siehe hierzu ausffihrlich Loistl, O. (1992) S. 125 ff.; Heidorn, Y./Weier, S. (2001) S. 2 ff.

20

Theoretische Grundlagen

die sich an einem vollkommenen 1 und vollst~indigen 2 Kapitalmarkt mit perfektem Wissenstand tiber die Information bilden wtirden. Somit verhalten sich die Kurse, als ob die jeweilige Informationsmenge den Marktteilnehmern bekannt w~ire. 3 Die Obereinstimmung der Erwartungen des Marktes mit der wahren Wahrscheinlichkeit aufgrund identischer Informationsmengen l~isst sich wie folgt formal abbilden: 4

m. (P,l,:_,)- s(e,l*,_,)- o mit

fm

= FunktionzuktinftigerPreise bei zugrunde liegendenMarktbewegungen

f

= FunktionzuktinftigerPreise

O~.~ = Informationsmengezum Zeitpunkt t- 1 bei zugrundeliegendenMarktbewegungen O,.m = Informationsmengezum Zeitpunkt t- 1 P, = Preis des Wertpapierszum Zeitpunkt t

Bezogen auf den Fall der Emissionsrendite bedeutet dies, dass der Kursanstieg zwischen Prim~ir- und Sekund~irmarkt im Rahmen des B6rsengangs, unter der Annahme der Informationseffizienz beider Teilm~irkte, nur durch ein Auseinanderfallen der individuellen Erwartungen der Marktteilnehmer erkl~irt werden kann.

Es bestehen verschiedene M6glichkeiten um Kursver~inderungen im Zeitablauf zu prognostizieren, wobei als wohl bekannteste Theorie die Random-Walk-Hypothese zu nennen ist, welche gleichzeitig einen zentralen Grundpfeiler der EMH darstellt. Hiernach unterliegen die beobachtbaren Kursver~inderungen einem stochastischen Zufallsprozess, dessen Auspr~igungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nicht mitei-

i In einem vollkommenen Kapitalmarkt bestehen keinerlei Liquidit/itsrestriktionen. Es herrscht ein einheitlicher Zinssatz, und der Markt ist friktionslos. Der am Markt gehandelte Preis ist ftir alle Akteure identisch und kann von keinem der Akteure beeinflusst werden. Dartiber hinaus sind die zuktinftigen Cash Flows der Wertpapiere und die Marktwerte der Unternehmen mr alle Akteure bekannt. Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 49; Unser, M. (1999) S. 111; Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 57 ff. 2 In einem vollst~indigen Kapitalmarkt k6nnen beliebige Anteile beliebig vieler Zahlungsstr6me gehandelt werden. Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 49, Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 57ff. 3 Vgl. Fama, E. F. (1970) S. 387; Bienert, H. (1996) S. 25 f.; Dimson, E./Mussavian, M. (1998) S. 91; Franke, G./Hax, H. (1999) S. 389 ff. 4 Vgl. Bienert, H. (1996) S. 25.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

21

nander korrelieren und einen Mittelwert von null besitzen. ~ Formal l~isst sich dies wie folgt darstellen:

P,- P,_, =E, mit: P, c,

= Preis des Wertpapiers zum Zeitpunkt t = normalverteilteZufallsvariablezum Zeitpunkt t

Unter der Annahme, dass die beobachtbaren Kurse zuf~illig um das fundamental gerechtfertigte Niveau schwanken, k6nnen diese Bewegungen den Preis der Wertpapiere nicht systematisch vom gerechtfertigten Niveau fernhalten. 2 Aufgrund dieser Formulierung stimmt dieser Ansatz mit der oben formulierten schwachen Form der Informationseffizienz fiberein, da auch hier zuktinftige Entwicklungen nicht von vergangenen Daten beeinflusst werden k6nnen. Insbesondere durch die Annahme zuf~illig schwankender Kurse mit einem Mittelwert von null kann somit auch hier die Existenz konstant positiver Emissionsrenditen im Rahmen von B6rseng~ingen nicht erkl~iren.

Ob nun Finanzm~irkte tats~ichlich im Sinne der EMH als effizient anzusehen sind, und welche Form der drei Stufen empirisch nachgewiesen werden kann, wird seit Jahren intensiv diskutiert, ohne dass bisher ein einvernehmlicher Konsens in greifbarer N~ihe ist. Nachfolgend soll eine kurze Zusammenfassung bisheriger Studien zur l]berprtifung der Informationseffizienz nach FAMA (1970 und 1991) dargelegt werden, ohne die einzelnen Arbeiten detailliert nachzuvollziehen. 3

Die strenge Form der Informationseffizienz wird von FAMA (1991) selbst, aufgrund des

beobachtbaren

Vorliegens

positiver

Informations-

und

Transaktionskosten,

Vgl. Oehler, A. (2005a) S. 7; Malkiel, B. G. (1999) S. 24; Franke, G./Hax, H. (1999) S. 393 f.; Shiller, R. J. (2003) S. 85. Weitere M6glichkeiten sind so genannte Martingale-Prozesse, bei denen der Erwartungswert einer Beobachtung gleich der vorherigen Beobachtung ist. Hierzu z~ihlt auch der Wiener-Prozess ohne Drift. Ein symmetrischer Random-Walk, bei dem die Wahrscheinlichkeit fiir eine Aufw/irtsbewegung ebenso wie f'tir eine Abw~irtsbewegung 0,5 betr~igt, ist ein Martingale. 2 Vgl. Franke, G./Hax, H. (1999) S. 393 f. 3 FiJr einen Uberblick sieh Fama, E. F. (1991) S. 1575 ff.; Fama, E. F. (1998) S. 283 ff.; Hamann, T. (1993) S. 23 ff.; Sun, M. (1994) S. 114 ff.; Dimson, E./Mussavian, M. (1998) S. 98 ff.; Dimson, E./Mussavian, M. (2000) S. 959 ff.; Malkiel, B. G. (2003); Beechey, M./Gruen, D./Vickery, J. (2000) S. 1 ff.; Malkiel, B. G. (2005) S. 1 ff. FOr eine Studie zum deutschen Kapitalmarkt siehe Breitung, J./Wulff, C. (2001) S. 419 ff.; Sapusek, A. (1998) S. 197 ff.

22

Theoretische Grundlagen

angezweifelt. ~ Wtirde diese Form der Informationseffizienz vorliegen, so w~ire es selbst mit Spezialwissen und Insider-Informationen nicht m6glich, Uberrenditen zu generieren. Dagegen zeigen zahlreiche Studien, dass mit einer frtihzeitigen Identifizierung neuer Informationen Gewinne erzielt werden k6nnen und somit Handelsaktivit~iten auf Basis dieser Vorgehensweise rentabel sind. 2 Als weitere schwerwiegende Kritik kann das von GROSSMAN/STIGLITZ (1976) formulierte Informationsparadoxon angefiihrt werden. Hier wird gezeigt, dass es sich ftir den einzelnen Marktakteur nicht lohnt, aufgrund seiner privaten Informationen am Aktienmarkt aktiv zu werden, da die am Markt gehandelten Kurse bereits alle Informationen perfekt verarbeitet haben und somit dem fundamental gerechtfertigten Wert des Wertpapiers entsprechen. Daher ist die perfekte Aggregation aller verftigbaren Informationen anzuzweifeln, da hierdurch bedingt die ftir das Erreichen der Informationseffizienz erforderlichen Handelsaktivit~iten unterbleiben. 3 Die meisten Tests zur l]berpriifung der halbstrengen Informationseffizienz basieren auf dem Nachweis von Oberrenditen, die entweder markt- oder risikobereinigt werden. Bei der Berechnung risikoadjustierter l]berrenditen wird hierbei beispielsweise auf das Marktmodell oder das CAPM zurtickgegriffen. 4 Hierdurch entsteht das Problem, dass zun~ichst ein passendes Modell zur Renditeberechnung ausgew~ihlt werden muss, wodurch neben der Hypothese eines informationseffizienten Kapitalmarktes auch gleichzeitig die Hypothese zur Richtigkeit des zugrundeliegenden Preisbildungsmodells untersucht wird. 5 Dies erschwert die Beurteilung der bisher in der Literatur vorgestellten Studien nachhaltig. Eine m6gliche Nichtbest~itigung der Untersuchungshypothese kann somit auf ineffiziente Kapitalm~irkte oder auf die Auswahl des falschen Bewertungsmodells zurtickzuftihren sein. Insofern ist eine statistisch fundierte Falsifizierung der halbstrengen Form der Kapitalmarkteffizienz nicht ohne

i ,,Since there are surely positive information and trading costs, the extreme version of the market efficiency hypothesis is surely false". Fama, E. F. (1991) S. 1575. Vgl. Dimson, E./Mussavian, M. (1998) S. 95 f.; Meulbroek, L. K. (1992) S. 1661 ff.; Gregory, A./Matatko, J./Tonks, I. (1997) S. 309 ff. 3 Vgl. Grossman, S. J./Stiglitz, J. E. (1976) S. 250; Shleifer, A./summers, L. H. (1990) S. 26; Heyl, D. C. v. (1995) S. 90 ff.

2

4 Vgl. Sapusek, A. (1998) S. 202. 5 Dies wird auch als das Problem der verbundenen Hypothesen bezeichnet. Ftir empirisch Tests zum CAPM siehe Fama, E. F./French, K. R. (2004); Roll, R. (1977); Reinganum, M. R. (1981a); Black, F./Jensen, M. C./Scholes, M. (1972); Blume, M./Friend, I. (1973).

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

23

weiteres m6glich. 1 Darfiber hinaus ist es auch schwer vorstellbar, dass alle Marktteilnehmer einem identischen Bewertungsmodell folgen. 2 Ffir das Vorliegen der halbstrengen Informationseffizienz spricht allerdings, dass Ereignisse, wie Dividendenund Gewinnankfindigungen, Kapitalerh6hungen oder far die Investoren unvorhersehbare Ereignisse in der Regel eine signifikante Kursbewegung ausl6sen. Folglich ~ h r e n neue 6ffentlich v e r ~ g b a r e Informationen zu einer Preisanpassung.

Aufgrund der partiellen Prognosef~higkeit von Aktienkursen mittels unternehmensbezogener Kennzahlen 3 und einfacher, auf zurfickliegenden 4 Kursverl~ufen aufbauender Handelsstrategien 5 wird die schwache Form der Informationseffizienz allgemein abgelehnt, wobei h i e r ~ r in der Literatur sehr weit divergierende Erkl~mngsversuche existieren. 6 Erw~hnenswert ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Arbeit von BASU (1977), der als einer der ersten die Prognoseeigenschaft des Kurs-GewinnVerh~ltnisses (KGV) 7 ffir Aktienkursverl~ufe nachwies. 8

Neben den oben charakterisierten empirischen Schwierigkeiten bei der Uberprfifung der Informationseffizienz und den in der Literatur gut dokumentierten Kapitalmarktanomalien, wie Size-Effekt 9, mean reversion ~~ oder das Underpricing-Ph~nomen, wird Vgl. Oehler, A. (2005a) S. 14; Fama, E. F. (1998) S. 291 f. 2 Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 17 f. 3 Als Beispiele seien hier Kurs-Gewinn-Verh~ltnis, Kurs-Cash-flow-Verh~ltnis und MarktwertBuchwert-Verh~ltnis erw~hnt. 4 Die Tatsache, dass zurfickliegende Kurse eine gewissen Erkl~mngskraft far zukfinftige Kursverl~ufe besitzen, wird als Autokorrelation bezeichnet. Diese empirische Beobachtung widerspricht grundlegend der Random-Walk-Hypothese, da im Rahmen dieser Theorie die Annahme unkorrelierter Kursbewegungen unterstellt wird. 5 Grunds~tzlich lassen sich antizyklische und prozyklische Handelsstrategien unterscheiden. Ffir eine umfassende Ubersicht siehe Oehler, A. (2002) S. 851 ff. 6 Vgl. Oehler, A. (1994) S. 840; Oehler, A. (1995) S. 279 f.; Chopra, N./Lakonishok, J./Ritter, J. R. (1992) S. 235 ff; Jegadeesh, N./Yitman, S. (1993) S. 153 ff.; Dimson, E./Mussavian, M. (1998) S. 91 ff. Ffir einen aktuellen ISberblick siehe Schwert, G. W. (2003) S. 940 ff. 7 Das KGV berechnet sich als Quotient aus Aktienkurs und Gewinn je Aktie. 8 Vgl. Basu, S. (1977) S. 663 ff. 9 Kleine Unternehmen erzielen eine h~here Rendite als durch die Kapitalmarktmodelle prognostiziert. Vgl. Oehler, A. (2005a) S. 45; Banz, R. W. (1981) S. 3 ff.; Fama, E. F./French, K. R. (1992) S. 246 ff. Ffir aus~hrliche Studien zum deutschen Kapitalmarkt siehe Sattler, R. R. (1994); Stehle, R. (1997) S. 237 ff. 10 Hierunter werden das Vorliegen von serieller Korrelation der Aktienkurse sowie die Tendenz der Aktienkurse, zum Mittelwert zurfickzukehren, verstanden. Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 981; Fama, E. F. (1998) S. 283 ff.

24

Theoretische Grundlagen

die Existenz eines allzeit effizienten Kapitalmarktes schon seit l~ingerem in Frage gestellt. 1 In zahlreichen Studien wurde zudem ein systematisches Abweichen vom Konzept des rational und somit gem~il3 Bernoulli-Axiomatik agierenden Marktakteurs dokumentiert. 2 Aufgrund dieser Ergebnisse kann dem Paradigma der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie nur eine geringe Erkl/arungskraft fiJr das reale Marktgeschehen beigemessen werden. 3

2.2.3 Noise Trading In Noise4-Trader-Modellen wird die Annahme des homogenen Verhaltens aller Marktakteure aufgehoben und durch die Annahme der Homogenitat innerhalb einer Gruppe von Marktakteuren ersetzt. 5 Ferner wird nur noch ftir eine Gruppe von Marktakteuren ein rationales Verhalten im Sinne der Bemoulli-Axiomatik unterstellt. Die davon zu differenzierende Gruppe der Noise Trader hingegen handelt nur noch begrenzt rational, wodurch ihre Erwartung beztiglich des Marktpreises vom fundamentalen Wert des Wertpapiers aus Sicht der Neoklassik abweicht.

Die verschiedenen Formen des Noise Tradings lassen sich anhand unterschiedlicher Handelsmotive unterscheiden. Neben dem Motiv, mittels privater Informationen Gewinne zu erzielen, lassen sich 6konomisch-rationale und psychologische Handelsmotive unterscheiden. 6

Okonomisch-rationale Handelsmotive sind hierbei nicht rational im Sinne der oben dargestellten Neoklassischen Kapitalmarkttheorie sondern als aus individueller Sicht

Vgl. Oehler, A. (2002) S. 851 f. Ftir einen 13berblick siehe Rol3bach, P. (2001) S. 7 ff.; Schmidt, J. (2004) S. 30 ff.; Dimson, E./Mussavian, M. (2000) S. 963 ff.; Dimson, E./Marsh, P. (1999) S. 53 ff. 2 Vgl. Oehler, A. et al. (2003); Oehler, A. (1995). 3

Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 978 ff.; Oehler, A. (2000b) S. 718 ff.; Oehler, A. (1995) S. 21 ff.; Oehler, A. (2002) S. 845 ff.

4 Es existiert in der Literatur keine einheitliche Definition von Noise. Allgemein wird der Handel auf Basis bewertungsirrelevanter Informationen als Noise Trading bezeichnet. BLACK(1986): ,,Noise trading is trading on noise as if it where information" Black, F. (1986) S. 531. 5 Vgl. Unser, M. (1999) S. 130. Ftir einen Uberblick zu Noise-Trader-Modellen siehe Heyl, D. C. v. (1995); Morgan, K. (1997) S. 351 ff.; De Long, J. B. et al. (1991) S. 1 ff.; Campbell, J. Y./Kyle, A. S. (1993) S. 1 ff.; De Long, J. B. et al. (1990) S. 703 ff. 6 Vgl. Oehler, A. (2005b) S. 21 ff.; Heyl, D. C. v. (1995) S. 50.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

25

nachvollziehbares, vemtinftiges Handeln zu unterscheiden. ~ Anleger, welche im Sinne dieser Modellgruppe als 6konomisch-rational charakterisiert werden k6nnen, lassen sich in Nice Trader und Liquidity Trader differenzieren: 2

9

Nice

Trader:

Diese Marktakteure gehen davon aus, dass sie aufgrund

pers6nlicher Prognosef'~ihigkeiten tiber ein besseres Wahrscheinlichkeitsurteil verftigen als die anderen Investoren. Hierdurch werden vorhandene Informationen und Marktpreise als aus ihrer Sicht unzutreffend interpretiert. Dies ftihrt zu Kauf- und/oder Verkaufsauftr~igen von Seiten der Nice Trader. 9

Liquidity

T r a d e r : Marktakteure, die aufgrund von Liquidit~itsbediirfnissen

Transaktionen durchfiihren, werden als Liquidity Trader bezeichnet. 3

Den

hierzu

gegens~itzlichen

Handelsmotiven

und

nachfolgend

liegt ein auf das Verhalten

dargestellten

psychologischen

der Marktteilnehmer gerichtetes

Entscheidungskalktil zugrunde. Die verschiedenen Ans~itze lassen sich nach dem Kriterium der Marktpsychologie sowie Strategie segmentieren: 4

9

Marktpsychologie:

Hier wird unterstellt, dass Wertpapiertransaktionen

durch positive wie negative Emotionen und Stimmungen beeinflusst werden. 5 9

S t r a t e g i e : Marktakteure versuchen, das Verhalten der beschr~inkt rationalen

Noise Trader zum Beispiel durch Kaufempfehlungen 6 zu beeinflussen und dadurch Handelsgewinne zu erzielen.

~ Somit umfassen diese Motive auch nicht die differences in tastes als Ausl6ser von Handelsaktivit~iten. Somit ziehen Informationsunterschiede kein Handeln nach such und eine Verwechslung mit der Verhaltensannahme der strengen Rationalitat ist auszuschliel3en. Vgl. Oehler, A. (2005b) S. 22. 2 Vgl. Heyl, D. C. v. (1995) S. 55. 3 Als Beispiel und m6gliches Motiv kann der Konsumwunsch der Investoren angefiihrt werden. 4 Vgl. Oehler, A. (2005b) S. 25; Heyl, D. C. v. (1995) S. 52. Fiir eine alternative Einteilung anhand von Handelsmotiven siehe Unser, M. (1999) S. 130 ff. 5 Vgl. Shiller, R. J. (1984) S. 457 ff. 6 Insbesondere im Rahmen der noch zu untersuchenden Kurspflegemal3nahmen (Subkapitel 4.3)nehmen Kaufempfehlungen eine wichtige Rolle ein, da hierdurch Emissionsbanken versuchen, den Kurs des Wertpapiers bewusst zu beeinflussen.

26

Theoretische Grundlagen

Vor allem das Kriterium der Marktpsychologie kann als zentral fiir die Modelle auf Grundlage von Stimmungsinvestoren und somit fiir den empirischen Hauptteil in Kapitel 4 bezeichnet werden.

Durch die Existenz von Noise Tradem wird der Informationsgehalt des Markpreises beeintr~ichtigt: Er entspricht somit nicht mehr dem Gleichgewichtspreis im Sinne der Neoklassik, sondern nur noch dem Preis, zu dem der Markt ger~iumt wird. ~ Aufgrund der Begrenzung des Informationsgehaltes von Wertpapierkursen 16st der NoiseTrader-Ansatz auf der einen Seite das Informationsparadoxon. Auf der anderen Seite ist im Falle gleichgerichteter2 und somit systematischer Handelsaktivit~iten der Noise Trader eine zus~itzliche Risikokomponente in Form einer Pr~imie im Marktpreis zu berticksichtigen. 3

Die

aufgefiihrten beschr~inkt rationalen Handelsmotive werden

auch

in

der

nachfolgend dargestellten Behavioral Finance, welche zur Neueren Finanzierungstheorie z~ihlt, zur Analyse von Kapitalmarktanomalien herangezogen und n~iher untersucht. Hierdurch sind beide Forschungsrichtungen stark miteinander verzahnt und verbunden. 4 Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht allerdings darin, dass in den oben charakterisierten Modellen zumindest ftir eine Gruppe von Marktakteuren die Annahmen des homo oeconomicus unterstellt wird. Die Behavioral Finance trennt sich stattdessen vollkommen v o n d e r Vorstellung des rational handelnden Individuums und fokussiert hierbei auf die Individualebene der einzelnen Entscheider. Bevor jedoch diese Forschungsrichtung dargestellt werden kann, sind die Marktmikrostrukturtheorie und die Neue Institutionen6konomik darzustellen, da diese Ans~itze eine der Grundlagen fiir die verhaltenswissenschaftliche orientierte Finanzmarktforschung darstellen. 5

Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 57. 2 Dieses Verhalten wird auch als Herdenverhalten bezeichnet und in Subkapitel 4.3.1 als wichtiger Erkl~irungsansatz f~r das Underpricing-Ph~inomenaus~hrlich er6rtert. 3 Vgl. Ritter, J. R./Welch, I. (2002) S. 534; Barberis, N./Thaler, R. (2003) S. 1058. 4 Ktilpmann (2002) bezeichnet Noise Trader und Behavioral Finance Modelle einheitlich als Behavioral Models. Vgl. Ktilpmann, M. (2002) S. 14 f. 5 Vgl. Oehler, A. (2002) S. 848; Oehler, A. (2005c) S. 12.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

27

2.2.4 Neuere Finanzierungstheorie 2.2.4.1 Neue Institutionendkonomik Die Neue Institutionen'_6konomik (NIO) l~isst sich in vier grundlegende Bereiche untergliedern' Property-Rights-Ansatz, Informations6konomie, Transaktionskostentheorie und Prinzipal-Agenten-Ansatz. 1 Allen Forschungsrichtungen ist gemein, dass Transaktionssituationen in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt werden, bei denen die institutionelle Ausgestaltung der jeweiligen Transaktionsbedingungen nicht dem Dogma des perfekt funktionierenden Marktes entspricht, da aufgrund von Informationsproblemen oder anfallenden Transaktionskosten eine optimale Marktkoordination verhindert wird. 2 Dartiber hinaus wird das Handeln der einzelnen Akteure sowohl durch individuelle Nutzenmaximierung als auch durch begrenzte Rationalit~it 3 gepr~igt. 4 Trotz dieser grunds~itzlichen Ubereinstimmung repr~isentiert die NIO jedoch kein einheitliches Theoriegeb~iude, auch wenn sich die unterschiedlichen Bereiche teilweise aberschneiden, und ist inzwischen dennoch integraler Bestandteil der modemen Finanzierungstheorie. 5

Der Aufsatz von COASE (1960) wird als Grundlage mr die verschiedenen Richtungen der NIO angesehen, da er darauf hinweist, dass der Gegenstand von Transaktionen am Markt im S inne einer wissenschaftlichen Analyse zu grob beschrieben wird, wenn man ihn mit physischen Gfitern wie Bananen oder Autos gleichsetzt. 6

Nach dem Property-Rights-Ansatz, welcher auch als Theorie der Eigentumsrechte bezeichnet wird, werden an Stelle tats~chlicher Gfiter verschiedene Rechte an diesen Gfitern gehandelt. Insbesondere wird untersucht, wie sich rechtliche und institutionelle

1 Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 199 ff.; Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 396 f.; Oehler, A./Voit, M. (1999) S. 968 ff.; Heilmann, K. R. (2002) S. 57. 2 Vgl. Schmidt, R. H./Yerberger, E. (1997) S. 399. 3 Das Vorliegen asymmetrisch verteilter Informationen wird als ein Fall begrenzter Rationalit~t interpretiert. 4 Vgl. Heilmann, K. R. (2002) S. 57. RICHTER/FURUBOTN (1999) nennen als wichtige Voraussetzungen den methodologischen Individualismus und individuelle Rationalit~t. Vgl. Richter, R./Furubotn, E. G. (1999) S. 3 f. 5 Vgl. Oehler, A./Voit, M. (1999) S. 968 ff.; Picot, A./Dietl, H./Franck, E. (1997) S. 54 f. 6 Vgl. Coase, R. H. (1960). Siehe hierzu auch Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 397; Martiensen, J. (2000) S. 219 ff.; G6bel, E. (2002) S. 66 ff.; Steiner, M. (1998) S. 103 f.

28

Theoretische Grundlagen

Regelungen auf das Verhalten der Wirtschaftssubjekte auswirken. ~ Eigentum ist hierbei als Summe von Ver~gungsrechten zu verstehen, die durch Handelsaktivit/~ten auf einem Markt t~bertragen werden k6nnen.

Die Informations6konomik untersucht die Auswirkungen der Informationsverteilung auf die Bildung von Marktgleichgewichten. Hierbei werden unterschiedliche Informationsst/~nde in Bezug auf bewertungsrelevante Eigenschaften der gehandelten Objekte sowie bei der ordnungsgem/~Ben Vertragsabwicklung untersucht. 2 Die Arbeiten von AKERLOV (1970) zur Adverse Selektion 3, von SPENCE (1973) zum Signaling 4 sowie yon ROTHSCHILD/STIGLITZ (1976) zum

Screening 5 gelten hierftir als wichtige

Grundlagen. 6 Die Informations6konomik kann als einer der Grundbausteine der Transaktionskostenproblematik

angesehen werden,

da erst durch

asymmetrisch

verteilte Informationen Anstrengungen zu deren lJberwindung untemommen werden mtissen. 7

Die Transaktionskostentheorie basiert auf den Arbeiten von COASE (1937) sowie WILLIAMSON (1975) und analysiert, ausgehend von vielf~iltigen Austauschbeziehungen zwischen den einzelnen Akteuren eines Wirtschaftssystems, einzelne Transaktionen als zentralen Untersuchungsgegenstand. 8 Als Transaktion wird hierbei der Austausch von Verfagungsrechten verstanden, und nicht der zugrunde liegende

Vgl. Perridon, L./Steiner, M. (1999) S. 513. 2 Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 979. 3 AKERLOV(1970) zeigt anhand des Beispiels eines Gebrauchtmarktes ~r Automobile, dass in einem Markt, in dem der Verk/~ufer fiber einen Informationsvorteil in Bezug auf das zu handelnde Produkt ver~gt, nur noch schlechte Waren einen K/~ufer finden. Dies wird damit begrfindet, dass K/~ufer aufgrund unsicherer Informationen tiber den wahren Wert des Produktes nur bereit sind, einen durchschnittlichen Preis zu zahlen, und dass dementsprechend die Verk/~ufer nicht mehr bereit sind, hochwertige Produkte aufgrund des erzielbaren Verkaufspreises anzubieten. 4 Durch glaubhafte Signale tiber den wahren Wert kann der im Gegensatz zum Prinzipal (Auftraggeber) besser informierte Agent (Auftragnehmer)die Informationsasymmetrie abbauen. 5 Durch kostenverursachende Instrumente versucht der im Gegensatz zum Agenten schlechter informierte Prinzipal die Informationsasymmetrie abzubauen. 6

7

Vgl. Ackerlof, G. A. (1970) S. 488 ff.; Spence, M. E. (1973) S. 355 ff.; Rothschild, M./Stiglitz, J. E. (1976) S. 629 ff. Siehe hierzu auch Roth, S. (2001) S. 37 ff.; Macho-Stadler, I./Perez-Castrillo, J. D. (2001); Stiglitz, J. (2000) S. 1441 ff. Vgl. Terberger, E. (1994) S. 125 ff.; Schmidt, R. H./Terberger, E. (1997) S. 393.

8 Vgl. Coase, R. H. (1937) S. 386 ff.; Williamson, O. E. (1975). Siehe hierzu auch Erlei, M. (1998); Picot, A./Dietl, H./Franck, E. (1997) S. 66 f.; Richter, R./Furubotn, E. G. (1999) S. 47 ff.; Martiensen, J. (2000) Seite 271 ff.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

29

Austausch von Gtitem und Leistungen. Die Zielsetzung liegt in einem Kostenvergleich alternativer institutioneller Ausgestaltungen obigen Austauschprozesses, um einen m6glichst effizienten Einsatz knapper Ressourcen zu erreichen. 1

Bei den Prinzipal-Agenten-Ans~itzen, die auch als Agency-Theorie bezeichnet werden, wird die Delegation von Ver~gungsrechten im Rahmen von Auftragsbeziehungen untersucht. Sie gehen zurtick auf die Arbeiten von JENSON/MECKLING (1976) und FAMA/JENSEN (1983a und 1983b). 2 Ein wichtiges Merkmal besteht hierbei darin, dass der Prinzipal (Auftraggeber) den Agenten (Auftragnehmer) beauftragt, in seinem Interesse bestimmte vorher definierte Leistungen zu erbringen. Das nutzenmaximierende Handeln des einen Vertragspartners wirkt sich, aufgrund der getroffenen Annahmen, auch auf das des anderen Vertragspartners aus. Durch asymmetrisch verteilte Informationen kommt es hierdurch zum Ph~inomen des Moral Hazard 3 und der Adverse Selection 4. Im Forschungsgebiet der Agency-Theorie wird hierauf aufbauend untersucht, wie durch eine geeignete institutionelle Ausgestaltung von Kontrollund Anreizsystemen das Verhalten eines besser informierten Vertragspartners so gesteuert werden kann, dass dieser veranlasst wird, sich in einer die Interessen des schlechter informierten Partners m6glichst wenig sch~idigenden Weise zu verhalten. 5

Vgl. Heilmann, K. R. (2002) S. 59 und die dort zitierte Literatur. 2

Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976) S. 305 ff.; Fama, E. F. M. J. (1983) S. 327 ft.; Fama, E./Jensen, M. C. (1983) S. 301 ff. Siehe hierzu auch Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 197 ff.; Oehler, A./Voit, M. (1999) S. 968 ff.; Laffont, J./Martimort, D. (2002); Bitz, M. (1988) S. 1 ff., Hax, H. (1998) S. 202 ff.; Eisenhardt, K. (1989) S. 57 ff.

3 Das Ph~inomen des Moral Hazards wird auch als Hidden Action bezeichnet und beschreibt Situationen, in denen der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht beobachten kann. Vgl. Oehler, A./Unser, M. (2002) S. 203; Rock, K. (1986) S. 188. 4 Das Ph~inomen der Adverse Selection wird auch als Hidden Information bezeichnet und beschreibt Situationen, in denen der Prinzipal die Handlungen des Agenten zwar beobachten jedoch nicht beurteilen kann. Ein Beispiel hierfiir w~iren Situationen, in denen Aktion~ire einer Aktiengesellschaft nicht beobachten und aufgrund ihrer geringeren Informationsbasis auch nicht beurteilen k6nnen, ob die besser informierten Untemehmensmanager ihren Informationsvorteil far ihre Entscheidungsfindung heranziehen und dabei im besten Interesse der Aktion~ire handeln. Vgl. Arrow, K. J. (1985) S. 39 f. 5 Vgl. Schmidt, R. H./Yerberger, E. (1997), S. 397 f.

30

Theoretische Grundlagen

2.2.4.2 Marktmikrostrukturtheorie

Die Marktmikrostrukturtheorie untersucht schwerpunktmgBig die far zul~issige und durchftihrbare Transaktionen an Finanzm~irkten erforderlichen rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen. 1 Um dem Problem der Isolierung von Ursacheund Wirkungsbeziehung zu begegnen, wird hier, ebenso wie in der Behavioral Finance, vermehrt auf die Nutzung von Finanzmarktexperimenten zurtickgegriffen. 2

Beztiglich der bewertungsrelevanten Eigenschaften der gehandelten Objekte verfagen die Vertragspartner tiber unterschiedliche Informationsst~inde.3 Der Preis eines Wertpapiers kann hierbei durch nachfolgende Gestaltungsparameter von Wertpapierb6rsen beeinflusst werden: 4

9

Handelspldtze:

Hier wird unterschieden, ob der Handel zentral oder

dezentral beziehungsweise real oder virtuell stattfindet. 9

Handelsobjekte: Eine m6gliche Differenzierung k6nnte nach Eigen- und

Fremdfinanzierungstiteln sowie nach W~ihmngen und derivativen Instrumenten erfolgen. 9

Bestimmungen oNr die Zulassung zum Wertpapierhandel: Bei Eigenfinan-

zierungstiteln wie Aktien werden hierunter die Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten der verschiedenen Marktsegmente verstanden. 9

Handelsregeln:

Hierunter werden die unterschiedlichen Marktformen,

Preisfeststellungsverfahren, Markttransparenz und Handelsverfahren subsumiert. 5

Als grundlegende Preisfeststellungsverfahren kann hinsichtlich der Marktform neben dem Market-Maker-Prinzip noch das Auktionsprinzip unterschieden werden. 1 Beim

i Vgl. Oehler, A. (2002) S. 847. 2 Vgl. Oehler, A. et al. (2003); Oehler, A. (2000a) S. 980. 3 Vgl. Oehler, A. (2005c) S. 13. 4 Vgl. hierzu und im Folgenden Unser, M./Oehler, A. (1997) S. 367; Heilmann, K. R. (2002) S. 18 ff. 5 Handelsverfahren werden nach dem Grad der Automation in klassische, manuell arbeitende Pr~isenzb6rsen und vollautomatische Computerb6rsen unterschieden. Vgl. Heilmann, K. R. (2002) S. 26 f. Die weiteren Begriffiichkeitenwerden nachfolgend im Text erl~iutert.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

31

ersten Kursermittlungsverfahren gibt es einen H~ndler oder eine Gruppe von H~ndlern, die w~.hrend der Handelszeit bereit sind, sowohl zu kaufen als auch zu verkaufen und einen eigenen Bestand aufzubauen. Der Market-Maker ist verpflichtet, jederzeit einen Geld- und Briefkurs zu stellen, auch wenn zum Transaktionszeitpunkt keine entsprechende Gegenposition vorliegt. 2 Der Handel erfolgt kontinuierlich, und der Anleger kann ausschliel31ich zu den jeweiligen Geld- und Briefkursen verkaufen beziehungsweise kaufen. 3 Beim Auktionsprinzip findet der Handel hingegen zwischen den einzelnen Anlegern statt, falls sich ein Kauf- beziehungsweise Verkaufspreis finden l~sst. Der Anleger ist hierdurch darauf angewiesen, einen entsprechenden Handelspartner zu finden. 4

Bei den verwendeten Preisfeststellungsverfahren lassen sich fortlaufender Handel und periodischer Handel unterscheiden. 5 Die erstgenannte Handelsform findet zu Einzelkursen statt und setzt somit voraus, dass nur dann ein Abschluss durchge~hrt werden kann, wenn sich K~ufer und Verk~ufer einigen. Beim diskontinuierlichen Handelsmechanismus, der Gesamtkursermittlung, findet eine Preisermittlung nur periodisch und somit zu diskreten Zeitpunkten statt. 6

Ffir das Verst~ndnis

der nachfolgend

noch

zu erl~uternden Einzelheiten des

B6rsengangs ist weiterhin das Konzept der Markttransparenz, welches sich in Orderbuchtransparenz sowie Kurs- und Umsatztransparenz untergliedern l~sst, von besonderer Bedeutung. 7 Unter diesem Konzept wird in der Literatur verstanden, o b Vgl. Oehler, A./Heilmann, K./L~ger, V. (2001) S. 1 ft.; Oesterhelweg, O. (1998) S. 61 ff. Pagano, M./R6ell, A. (1992) S. 613 ff.; Schmidt, H. (1977). 2 FOr eine Untersuchung zu den Auswirkungen des Market-Maker-Prinzips Transaktionskosten siehe Biais, B./Glosten, L./Spatt, C. S. (2002) S. 5 f.

auf

die

3 Vgl. Theissen, E. (1998a) S. 8 f. 4 Vgl. Heilmann, K./L~ger, V./Oehler, A. (2000) S. 362. 5 Vgl. Oehler, A./Unser, M. (1998) S. 1 ff.; Stoll, H. R. (1992) S. 76; Madhavan, A. (2000) S. 234 ff.; Easley, D./O'Hara, M. (1995) S. 357 ff.; [=239 - Hirth 2000 Zur Theorie der Mark...=] S. 23 ff. Ffir eine Untersuchung zu den Unterschieden zwischen periodischem und kontinuierlichem Handel siehe Madhavan, A. (2000) S. 226 ff. 6 Vgl. hierzu ausfft:hrlich Oesterhelweg, O. (1998) S. 67; Theissen, E. (1998a) S. 13; Hirth, H. (2000) S. 20 ff.; Biais, B./Glosten, L./Spatt, C. S. (2002) S. 27 ff. 7 Insbesondere beim Bookbuildingverfahren ist die Transparenz des Orderbuches ein wichtiges Analysekriterium. Die gesammelten Informationen sind nicht 6ffentlich verffigbar. Hierdurch erhalten nur Emittent und Emissionsbanken einen Uberblick aber die aktuelle Nachfragesituation.

32

Theoretische Grundlagen

und, falls ja, wie weit - die einzelnen Marktteilnehmer den Handelsprozess und die dabei generierten Informationen beobachten k6nnen. 1 Die Kurs- und Umsatztransparenz umfasst die Informationen zu den Transaktionsdaten nach Abschluss eines Handelsgeschgfts. Die Transparenz des Orderbuches, in dem sgmtliche Auftr~ige der Anleger erfasst werden, erm6glicht es den Investoren, Informationen tiber die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation zu attrahieren. 2

2.2.4.3 Behavioral Finance Der Forschungszweig der Behavioral Finance untersucht den Entscheidungsprozess des einzelnen Marktakteurs und integriert hierbei psychologische Aspekte far ein besseres Verstgndnis des tatsgchlichen Verhaltens von Marktteilnehmern. Er steht nach OENLER (2002) in enger Verbindung zur Marktmikrostrukturtheorie. 3 Insbesondere die tatsgchliche Informationsaufnahme und-verarbeitung sowie die Erwartungsbildung und die daraus resultierende Entscheidungsfindung sind Gegenstand dieses relativ jungen Forschungszweiges. 4

Ein wesentliches Kemkonzept der Behavioral Finance ist die der Bounded Rationality, welche in ihren Ursprangen auf SIMON (1955) zurfickgeht. 5 Nach diesem Konzept wird die Entscheidungsfindung zwar grunds~itzlich von einer rational motivierten Verhaltensweise geleitet, es existieren jedoch verschiedene Situationen, in denen Entscheidungen unter maBgeblichen Restriktionen gefgllt werden. 6 Es k6nnen hierbei die nachfolgenden Ursachen unterschieden werden, die zu suboptimalen oder fehlerhaften Entscheidungen fahren und somit zu einem beschrgnkt rationalen Verhalten gemgB der normativen Entscheidungstheorie: 7

1 Vgl. Oehler, A./Unser, M. (1998) S. 3; O'Hara, M. (1995) S. 252. 2 Vgl. Oesterhelweg, O. (1998) S. 72; Hirth, H. (2000) S. 20. 3 Vgl. Oehler, A. (2002) S. 848; Oehler, A. (2005c) S. 12. Ffir einen aktuellen Uberblick zum Forschungsgebiet Behavioral Finance siehe Oehler, A. (2002) S. 843 ff.; Barberis, N./Thaler, R. (2003) S. 1051 ff. 4 Vgl. Oehler, A. (2002) S. 848; Oehler, A. (2005c) S. 13; Rapp, H. (1997) S. 82. 5 Vgl. Simon, H. A. (1955) S. 99 ff. 6 Vgl. Bitz, M./Oehler, A. (1993) S. 250. 7 Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 980; [=185 - RoBbach 2001 Behavioral Finance -...=] S. 11 f.; Rapp, H. (1997) S. 82.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen 9

33

Eingeschrdnkter Informationsstand: Aufgrund von Marktunvollkommen-

heiten wie Transaktionskosten oder Informationsasymmetrien verNgen die Marktakteure fiber einen inferioren Informationsstand. 9

Limitierte

kognitive Fdhigkeiten:

Die oftmals hohe Komplexit~.t der

Entscheidungssituation bei Marktprozessen kann von den Marktakteuren nur unvollst~indig durchdrungen werden. 9

Limitierung im motivationalen und emotionalen Bereich: Durch Zeitdruck

oder Verlustangst kann psychischer Stress, welcher die Entscheidungsfindung negativ beeinflusst, hervorgerufen werden.

Aufgrund der beobachtbaren beschr~inkten kognitiven F~ihigkeiten, die THALER (1994) dazu bewogen, das menschliche Gehim als einen sehr langsamen Prozessor mit sehr kleinem und unzuverlgssigem Speichersystem zu charakterisieren, bedienen sich Individuen Heuristiken 1, um Entscheidungsprobleme zu 16sen.2 Der Einsatz dieser Faustregeln fahrt allerdings zu einer Verkleinerung des Alternativenraums und erm6glicht somit zwar auf der einen Seite eine Reduzierung des Komplexitgtsgrades, auf der anderen Seite liefern diese Regeln jedoch auch unpr~izise und verzerrte Ergebnisse. 3 Diese Verzerrungen treten bei Entscheidungsfindungsprozessen systematisch auf und werden als Biases bezeichnet. 4

Die Behavioral Finance geht davon aus, dass die auf Individualebene dokumentierten Heuristiken und Biases nicht durch die Heterogenit~it der einzelnen Akteure auf Marktebene neutralisiert werden. 5 Gleichzeitig wirkt auch der Markt selbst auf den Entscheidungsprozess eines jeden Individuums ein und kann Heuristiken und Biases

Als Heuristik (abgeleitet von griechisch heurisko, zu deutsch ich finde) werden kognitives Eilverfahren oder Faustregeln zur Probleml6sung bezeichnet. 2 Vgl. Thaler, R. H. (1994) S. 3. 3 Vgl. Stock, D. (2002) S. 176 f. 4 Eine Ubersicht zu den wesentlichen Abweichungen menschlichen Verhaltens vonder BernouilliAxiomatik, welche teilweise aufeinander aufbauen und sich gegenseitig bedingen und somit nicht als disjunkt angesehen werden k6nnen, findet sich bei OEHLER(1995). Siehe hierzu ausffihrlich Oehler, A. (1995) S. 23 ff. 5 Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 69.

34

Theoretische Grundlagen

dabei verst~rken. 1 Somit ist das Verhalten einzelner Entscheider mit den daraus entstehenden Konsequenzen mr die Marktebene inhaltlich zu verknt~pfen. 2

Die Existenz von beschr~nkten Rationalit~ten auf der Marktebene wird durch Einschr~nkungen

und

Limitierungen

bei

Arbitragegesch~ften

erkl~rt,

wodurch

beschr~nkt rationale Anleger nicht aus dem Markt gedr~ngt werden. 3 Arbitragegesch~fte basieren auf dem Ansatz einer risikolosen Gewinnm6glichkeit. Um den Arbitragegewinn zu realisieren, wird das fundamentale Risiko einer Aktie durch entsprechenden Kauf oder Verkauf einer vergleichbaren Aktie eliminiert. Derartige Substitute sind allerdings nur sehr schwer zu finden und nicht mr jede Aktie verffigbar, wodurch diese Arbitragegesch~fte ein nicht unerhebliches Risiko bergen. Ein weiterer Kritikpunkt grfindet auf der Annahme, dass sich die Arbitragesituation im Zeitablauf weiter entgegen den Erwartungen des Arbitrageurs entwickeln kann. 4 Darfiber hinaus k6nnen Transaktionskosten, wie beispielsweise Kommissionsgebt~hren, Geld-BriefSpanne oder Leerverkaufsgebfihren, die Gewinnm6glichkeiten und somit die Rentabilit~t erheblich beintr~chtigen. 5

Unter den in der Literatur diskutierten Untersuchungsgegenst~nden 6 der Behavioral Finance ist insbesondere das Herdenverhalten ffir die im Hauptteil folgende Untersuchung ausgew~hlter Ph~nomene im Zusammenhang mit B6rseng~ngen hervorzuheben. 7 Reeller oder imagin~rer sozialer Druck beeinflusst bei diesem Konzept das Verhalten der Marktakteure und mhrt zu gleichgerichteten Entscheidungen. 8 Es

Vgl. Oehler, A. (1995) S. 43; Oehler, A. (2002) S. 850. 2 Vgl. Oehler (2002) S. 850. Ffir eine inhaltliche Verknfipfung zwischen Markt- und Individualebene siehe auch Barberis, N./Thaler, R. (2003) S. 1051 ff. 3 Vgl. Shleifer, A. (2002); Shleifer, A./Vishny, R. W. (1997) S. 35 ff. 4 Dieses Risiko wird auch als Noise-Trader-Risiko bezeichnet. Vgl. De Long, J. B. et al. (1990) S. 703 ff. 5 Vgl. Barberis, N./Thaler, R. (2003) S. 1057. 6 Ffir eine 15bersicht zum aktuellen Forschungsstand der Behavioral Finance siehe Oehler, A. (2002) S. 850 ff. 7 Ft~reine Untersuchung des Herdenverhaltens im Zusammenhang mit B6rseng~ngen siehe Welch, I. (1992) S. 695 ff. 8 Vgl. Schmidt, J. (2004) S. 29.

Finanzmarkttheoretische Grundlagen

35

existieren verschiedene Erkl~rungsans~itze, wobei das Kaskadenmodell und das Epidemiemodell zur Erkl~rung von Emissionsrenditen besonders geeignet erscheinen. Beim erstgenannten Ansatz wird den Informationen, welche aus dem beobachteten Verhalten anderer Marktteilnehmer gewonnen werden, ein h6heres Gewicht bei der Entscheidungsfindung beigemessen als den eigenen privaten Informationen. Der zweite Erkl~mngsansatz beruht auf der Vorstellung, dass die Aufmerksamkeit mr eine Aktie vornehmlich durch das Interesse anderer Marktteilnehmer an diesem Wertpapier beeinflusst wird. Somit lassen sich Marktakteure in ihrer eigenen Entscheidungsfindung beeinflussen, wodurch dieser Ansatz als nahezu identisch mit den marktpsychologischen Handelsmotiven in den Noise-Trader-Modellen bezeichnet werden kann. 1

Die bedeutendsten Unterschiede zur Neoklassischen Kapitalmarkttheorie lassen sich nach OEHLER (2000) wie folgt kurz charakterisieren und zusammenfassen: 2

9

Rationalitdt:

Es wird nicht mehr angenommen, dass Investoren streng

rational im Sinne der Bernoulli-Axiomik handeln. Vielmehr wird ein Individuum mit heterogener, unvollst~ndiger und begrenzter Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazit~it unterstellt (Bounded Rationality). 9

Informationsverteilung:

Das Paradigma der symmetrischen und somit voll-

kommenen Informationsverteilung wird zugunsten asymmetrisch verteilter Informationen aufgegeben. 9

Marktebene:

Beschr~nkte Rationalit~t kann auf Marktebene auftreten, da

sich das individuellen Verhalten einzelner Marktteilnehmer, abweichend vom Konzept des informationseffizienten Kapitalmarktes, nicht mehr zwangsl~ufig ausgleicht. 9

Arbitragem6glichkeiten:

Es wird angenommen, dass Arbitragem6glich-

keiten risikobehaftet sind und somit zum Ausgleich von beschr~nkt rational handelnden Akteuren nur noch eingeschr~inkt zur Ver~gung stehen.

1 Vgl. Oehler, A. (1998a) S. 453 f.; Lakonishok, J./Shleifer, A./Vishny, R.' W. (1992); Welch, I. (1992) S. 369 ff. 2 Vgl. Oehler, A. (2000a) S. 981. Ffir eine alternative Aufteilung siehe Rapp, H. (2000) S. 92.

36

Theoretische Grundlagen

2.2.5 Analyse und Zusammenfassung In einem informationseffizienten Kapitalmarkt im Sinne der Neoklassik ist es nicht m6glich, fiber einen 1/~ngeren Zeitraum signifikant positive Emissionsrenditen zu erzielen, da die Marktpreise den jeweiligen Informationsstand perfekt widerspiegeln und darfiber hinaus Fehlbewertungen sofort durch Arbitragegesch/~fle eliminiert werden. Daher eignet sich die Neoklassische Kapitalmarkttheorie nicht zur Analyse der verschiedenen Ph/~nomene im Rahmen von B6rseng~ingen. Die neuere Finanzierungstheorie unterscheidet sich vonder Neoklassischen Kapitalmarkttheorie in zwei wesentlichen Punkten. Zum einen werden die Auswirkungen asymmetrisch verteilter Informationen untersucht, zum anderen wird angenommen, dass der einzelne Marktakteur nicht rational im Sinne der Bemoulli-Axiomatik handelt und sich die nachgewiesenen Biases und Heuristiken nicht auf der Marktebene ausgleichen. Als Beispiele hierfiir kann die New-Economy-Blase der sp/~ten 90er-Jahre angeftihrt werden.

Aufgrund des komplexen und umfangreichen IPO-Prozesses und der Schwierigkeiten bei der Bewertung von B6rsenaspiranten erscheinen vor allem Ans~tze auf der Grundlage asymmetrisch verteilter Informationen zwischen dem am Going Public beteiligten Gruppen vielversprechend zur Erkl/~rung der IPO-Ph/~nomene. Vor allem dfirften nur Emittent/Emissionsbaken den fairen Wert des Untemehmens kennen, Investoren hingegen, beispielsweise aufgrund der kurzen Untemehmenshistorie, die Qualit/it des IPOs nur unzureichend einzusch/itzen wissen. Basierend auf dem zurfickliegenden K/~uferverhalten w~hrend des B6rsenbooms schienen darfiber hinaus jene Ans/~tze sehr vielversprechend, die das Herdenverhalten, die Marktpsychologie sowie limitierte kognitive F/ihigkeiten der Investoren explizit zur Erkl/irung der IPO-Ph/~nomene beriicksichtigen. Vor allem jene Ans/~tze, die davon ausgehen, dass sich Investoren in ihrer Anlageentscheidungen von Marktstimmungen und anderen Investoren beeinflussen lassen, erscheinen ffir den weiteren Verlauf der Arbeit sehr vielversprechend.

Prozess des B~rsengangs

2.3

37

Prozess des BOrsengangs

Wie vieles andere im Zusammenhang mit der Erstemission von Aktien, so erweist sich auch der Ablauf eines B6rsenganges aufgrund zahlreicher unternehmensspezifischer Faktoren als sehr individuell. Dieser Prozess wird insbesondere durch das gew~hlte Emissionsverfahren ~ stark beeinflusst, wobei sich jedoch die in Abbildung 3 dargestellten Grundelemente herausarbeiten lassen.

Abbildung 3" Zeitlicher Ablauf eines B6rsengangs 2 Nachfolgende Aus~hrungen sollen einen grundlegenden Oberblick fiber den Prozess eines B6rsengangs vermitteln und dienen hierdurch als Grundlage f~r die weiteren Ausffihrungen. 3

Die erste Phase im zeitlichen Ablauf eines B6rsengangs umfasst vor allem das Abw~gen der verschiedenen Motive mr oder wider einen B6rsengang. 4 Die daraus resultierende Entscheidung ist das Ergebnis eines komplexen Prozesses, bei dem die verschiedenen, oft nicht quantifizierbaren Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden, um darauf aufbauend eine nutzenmaximierende Entscheidung ffir den Emittenten zu treffen. Nach der grunds~tzlichen Festlegung der Anteilseigner auf ein Going Public stellt die Wahl der Emissionsbegleiter den n~chsten Schritt auf dem Weg zur b6rsennotierten Aktiengesellschaft dar. Unter diesen Begleitern werden neben den Emissionsbanken unter anderem auch Emissionsberater, Anwaltskanzleien, SteuerSiehe hierzu insbesondere Subkapitel 2.8. 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an die in diesem Subkapitel zitierte Literatur. FOr eine Darstellung eines typischen B6rsengangs an einer US-amerikanischen B6rse siehe Ellis, K./Michaely, R./O'Hara, M. (1999) S. 1 ff. 3 Bezt~glichweiterf't~hrenderDetailfragenwird stattdessenauf die angeffihrteLiteraturverwiesen. 4 Vgl. Jeschke, D. (1998a) S. 493 f. FOr eine kurze Darstellung der Motive f~r und gegen einen B6rsengang siehe Subkapitel 2.4.

38

Theoretische Grundlagen

berater, Wirtschaftsprfifer und PR-Spezialisten subsumiert. 1 Die Auswahl des Konsortialftihrers 2 erfolgt seit Mitte der 80er Jahre im Rahmen eines so genannten Beauty Contests, bei dem sich mehrere Banken um das Mandat bewerben und ihre jeweiligen Emissionskonzepte vorstellen. 3

Die Vorbereitungsphase l~isst sich grunds~itzlich in die Abschnitte Beratung, PreMarketing,

Marketing

sowie

Preisfestsetzung

und

Zuteilung

unterteilen.

Die

Beratungsphase umfasst unter anderem die Erstellung eines schliissigen Emissionskonzeptes, wobei die Ermittlung der B6rsenreife als zentraler Punkt angesehen wird. 4 Die B6rsenreife beinhaltet neben qualitativen Kriterien, wie das Vorliegen eines t~berzeugenden GeschS.ftskonzepts und der Implementierung leistungsf~ihiger interner Steuerungskriterien, auch quantitative Kriterien, wie das Alter des Unternehmens oder dessen Gr6Be. 5 D a ~ b e r hinaus umfasst die Beratungsphase auch die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft _auf Aktien (KGaA) sowie damit verbundene notwendige organisatorische Umgestaltungen der Untemehmensstruktur. 6 Die Wahl des B6rsenplatzes und des Marktsegmentes

l Vgl. LOhr, A. (2000) S. 89 ff.; Zbinden, D. (2003) S. 29 f.; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 309; Ellis, K./Michaely, R./O'Hara, M. (1999) S. 2.; Perlitz, M./Peske, T./Heckert, I. (1998) S. 11 ff. Ftir eine ausftihrliche Darstellung des IPO-Teams sowie deren Aufteilung in internes und externes IPO-Team siehe Schmid, B./Janssen, U. (2001) S. 83 ff. 2 Auf dem deutschen Kapitalmarkt werden seit langem B6rsenein~hrungen beinahe ausschlieBlich mit der Hilfe eines Begebungskonsortiums durchgeftihrt. Hierbei schlieBen sich mehrere, weiterhin rechtlich selbst~indige Kreditinstitute zur Risikoreduktion zu einem Emissionskonsortium zusammen, wobei die mit der Emissionsdurch~hrung beauftragte Bank oder Banken die Konsortialftihrung tibemehmen. Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 22. 3 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 10. Schmid, B./Janssen, U. (2001) S. 91; Lubig, D. (2003) S. 19 f. 4 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 205.; Beike, R./K6ttner, A./Schltitz, J. (2000) S. 15 ff. Ftir eine kritische Diskussion der B6rsenf'~ihigkeitvon Unternehmen und der bisher in der Literatur er6rterten Kriterien siehe Subkapitel 2.5. 5 Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 48 ff.; Theissen, E. (2002a) S. 205. 6

Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 28; Roelofsen, N. K. (2002) S. 43 ff., R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 317; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 87 f.; Wahrenburg, M. (2001) S. 624; Perlitz, M./Peske, T./Heckert, I. (1998) S. 12 ff.; Claussen, C. P. (1996) S. 4; Ktiffer, K. (1989) S. 48 ff., Bl~ittchen, W. (2000) S. 11 f.; Grupp, A. (1995) S. 13. Der Rechtsformwechsel eines Unternehmens ist seit dem 01.01.1995 umfassend im Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Neben der AG und der KGaA existieren noch die in der Praxis wenig genutzten Formen AG & Co. KGaA sowie GmbH & Co. KGaA. Sie unterschieden sich haupts~ichlich nach ihrer Haftungsgrundlage. FOr eine ausftihrliche Behandlung siehe Korts, S./Korts, P. (2001) S. 55 ff.; Binz, M./Sorg, M. H. (1996) S. 21 ff. Ftir eine Beschreibung des Zeitplans einer Umwandlung siehe Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 59 ff. BLATTCHEN(2001) bezeichnet die Umwandlung des Untemehmens in eine Kapitalgesellschaft, aufgrund der Unterschiede hinsichtlich Bilanzierung, Publizit~it und Mitbestimmung, als eine gr6Bere Htirde als den eigentlichen B6rsengang. Vgl. Bl~ittchen, W. (2001) S. 430.

Prozess des B6rsengangs

39

sowie die Bewertung des Unternehmens mittels der Due Diligence 1 stellen weitere Schritte dieses Abschnittes im Prozess des IPOs dar. Die hierbei generierten Informationen fiber das Untemehmen dienen als Grundlage far die Erstellung des B6rsenprospektes und des Zulassungsantrages. 2

In der Pre-Marketing-Phase wird das U n t e r n e h m e n - unter anderem im Rahmen von R o a d s h o w s - institutionellen und ausgewfihlten privaten Investoren vorgestellt. 3 Ziel dieser Informationsveranstaltungen ist neben einer positiven Unternehmensdarstellung auch eine erste Abschfitzung der zu erwartenden Nachfrage. Diese Informationen werden anschlief3end zur Bestimmung von Zeichnungsfrist und Preisspanne herangezogen. 4 Ein wesentlicher Grundstein Dr den Erfolg eines B6rsengangs ist das Vorliegen einer aussagekr~ftigen und differenzierten Equity Story. Hierbei handelt es sich um das zentrale, einzigartige Kaufargument far die Aktie des Unternehmens, welches vor allem w~hrend der Boomphase das entscheidende Kaufkriterium ffir interessierte Investoren darstellt. 5

In der Marketingphase, dem dritten Abschnitt der Vorbereitungsphase, erfolgt der eigentliche Verkauf der Aktien. Sie beginnt in der Regel mit einer Pressekonferenz, in der das Unternehmen der allgemeinen Offentlichkeit vorgestellt wird. Je nach

Der Begriff Due Diligence entstand bereits Mitte der dreif3iger Jahre in den USA. Er bedeutet fibersetzt ,,gebotene Sorgfalt" und leitet sich aus den US-amerikanischen Gesetzen zum Anlegerschutz ab. Hierunter versteht man die umfassende betriebswirtschaftliche Pr~fung eines Unternehmens durch spezialisierte, vor allem aber unabh~ngige Wirtschaftsprfifer. Damit sich Anleger von einem Unternehmen nicht t~uschen lassen, haben die Prfifer zum einen die Aufgabe, Zukunftsaussichten des Unternehmens aufzuzeigen und zum anderen Risiken und Chancen zu erkennen und zu bewerten. Das hierdurch ermittelte Prfifungsergebnis ist Bestandteil des Emissionsprospekts. Vgl. Beike, R./K6ttner, A./Schlfitz, J. (2000) S. 18. 2 Vgl. R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 327; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 88.; Zbinden, D. (2003) S. 30. 3 F~r eine aus~hrliche Darstellung verschiedener Marketingstrategien sowie deren Bestandteile siehe Schmid, B./Janssen, U. (2001) S. 103 ff. 4 Vgl. Jenkinson, Y./Morrison, A. D./Wilhelm, W. J. (2005); Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 2 ff.; Theissen, E. (2002a) S. 205. 5 Die Equity Story soll Antwort auf die zentrale Frage geben, warum ein Investor die Aktie kaufen soll. Sie dient somit der zielgerichteten Information des potenziellen Investors fiber die Untemehmensaktivit~ten, die Stfirken und Schw~chen sowie Chancen und Risiken des B6rsenkandidaten und seine Positionierung im Wettbewerb. Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 398; Beike, R./K6ttner, A./Schlfitz, J. (2000) S. 15. Das Vorliegen einer origin~ren Equity Story kann auch als wichtiges Kriterium bei der Beurteilung der B6rsenf'~higkeit angesehen werden. Siehe hierzu Subkapitel 2.5.

40

Theoretische Grundlagen

Preisfestsetzungsverfahren erfolgt hierbei auch die Bekanntgabe der endgtiltigen Preisspanne und Zeichnungsfrist. 1

Nach

Ablauf

der

Zeichnungsfrist

erfolgen

im

letzten

Abschnitt

der

Vorbereitungsphase, der Preisfestsetzungs- und Zuteilungsphase, die Ermittlung des endgtiltigen 2 Emissionspreises sowie die Allokation der Aktien. 3 W~ihrend des B6rsenbooms

waren

Aktienemissionen

aufgrund

hoher

Nachfrage

regelm~il3ig

iiberzeichnet, wodurch die angebotenen Wertpapiere im Regelfall nicht ausreichten, um die Nachfrage zu befriedigen. 4 In einem solchen Fall ist die Zuteilung an Investoren beispielsweise mit einer Mengenrationierung (Repartierung) verbunden. 5

Die abschliel3ende B6rsenphase umfasst den Handel der neu emittierten Wertpapiere am Sekund~irmarkt. Im Falle eines fiir den Emittenten ungtinstigen Kursverlaufes kann der KonsortialRihrer durch Kurspflegeaktivit~iten sti~tzend eingreifen. 6 Diese Phase ist insbesondere wichtig ftir die Einhaltung kommunizierter Kursziele und zur Aufrechterhaltung der Glaubwtirdigkeit bei den Anlegern. Als beliebtes Kursstabilisierungsinstrument hat sich hierftir in den vergangenen Jahren die Greenshoe-Option erwiesen. 7

Die Vorbereitungszeit ~ r IPOs betr~igt in der Regel bis zu zwei Jahre, wobei sich auch hier keine

allgemeingtiltige Aussage

treffen

l~isst.8 Die

gesellschaftsrechtliche

Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 398. 2 Im Rahmen des Festpreisverfahrens steht der finale Emissionspreis bereits vor Beginn der Zeichnungsfrist fest. 3 Ftir eine Darstellung der verschiedenen Preisfestsetzungsverfahren sowie deren Ausgestaltungen siehe Subkapitel 2.8. 4 Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 398; Theissen, E. (2002a) S. 205. Eine Darstellung der Unterschiede der Preisbildungsverfahren erfolgt in Subkapitel 2.8. 5 Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 629. 6 Vgl. Hasselmann, H. (1997) S. 126. 7

Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 400; Lubig, D. (2003) S. 24 f. Der Emittent gew~ihrt dem Konsortial~hrer ftir eine Frist von 30 Tagen eine Call Option zum Emissionspreis auf zus~itzliche zehn bis 15 Prozent des Emissionsvolumens. Der Konsortial~hrer baut hierdurch eine ShortPosition auf, die u. a. durch Aktienk~iufe am Sekund~irmarkt glattgestellt werden kann. Durch die zus~itzliche Nachfrage kommt es im theoretischen Fall zu einem Kursanstieg. Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 400.

s Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 311 f.; Kfiffer, K. (1989) S. 46 f.; Ehrhardt, O. (1997) S. 14; Schmid, B./Janssen, U. (2001) S. 81; Carls, A. (1996) S. 67. Jeschke, D. (1998a) S. 493. LOHR (2000) geht davon aus, dass zwischen Entscheidung und der Notierungsaufnahme sechs bis zw61f Monate vergehen. Vgl. L6hr, A. (2000) S. 16.

Entscheidung fiber den B6rsengang

41

Ausgangslage des Untemehmens und der Entwicklungsgrad der vorhandenen betriebswirtschaftlichen Instrumente ~ stellen die entscheidenden Zeitfaktoren dar. 2 Wie im Verlauf der Arbeit noch mehrfach gezeigt wird, beeinflusst auch die aktuelle Marktsituation die Entscheidung fiber den Zeitpunkt der Durchfahrung des B6rsengangs und insofern auch die Zeitplanung. So erfolgt in der Regel erst drei Monate vor der B6rseneinfahrung die Festlegung der Emissionsdetails. Hierunter fallen neben dem endgt~ltigen Emissionszeitpunkt auch die Erstellung des Verkaufsprospektes und die Beantragung der B6rsenzulassung. 3

Nachfolgend werden nun aufbauend auf obige grundlegende Darstellung der einzelnen Schritte im Rahmen eines B6rsengangs die far die abschlieBende Analyse und Interpretation notwendigen Grundlagen eines IPOs gelegt.

2.4

Entscheidung fiber den BSrsengang

2.4.1 Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen Bei der Entscheidung tiber den B6rsengang handelt es sich um das Resultat eines komplexen Entscheidungsprozesses, der auf den jeweiligen Gegebenheiten des Untemehmens und den Interessenlagen der Gesellschafter beruht. 4 Die verschiedenen Grfinde far oder gegen ein IPO sind dabei oft von individueller Natur und werden in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert. 5 In den meisten FNlen erfolgt diese jedoch undifferenziert, da oftmals Motive, Verwendungsm6glichkeiten des Emissionserl6ses, Vorteile und allgemeine Untemehmensziele miteinander vermischt und als Synonyme verwendet werden. 6 Im nachfolgenden Abschnitt werden die wichtigsten in der Literatur diskutierten Beweggrfinde ffir einen B6rsengang systematisiert und sowohl nach finanziellen als Hierunter wird zum Beispiel der Entwicklungsstand intemer Kontrollmechanismen oder des Rechnungswesen verstanden. 2 Vgl. Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 84. 3 Vgl. Kfiffer, K. (1989) S. 47. 4 Vgl. Carls, A. (1996) S. 11. 5 Siehehierzu ausffihrlich R6ell, A. (1996) S. 1071; Jakob, E. (1998); Chemmanur,T. J./Fulghieri, P. (1999) S. 249 ff.; Wetzel, A. (2003) S. 1 ff.; Hoffmann-Burchardi, U. (2001) S. 353 ff.; Pagano, M./Panetta, F./Zingales, L. (1998) S. 27 ff. 6 Vgl. Schmidt-Reintjes,Y. (2003) S. 19 ff.

42

Theoretische Grundlagen

auch strategischen Zielen unterteilt dargestellt, um daran anschlieBend m6gliche Nachteile einer Aktienerstemission kurz zu er6rtem. 1 Abbildung 4 gibt einen 0berblick tiber die in der Literatur diskutieren Motive.

Die Behandlung der Motive sowie der damit einhergehenden Nachteile, welche unter anderem auch auf Befragungen von Emittenten beruhen, sind insbesondere ftir die Diskussion zur H6he der Emissionsrendite von besonderem Belang, da einige der nachfolgend darzustellenden Erkenntnisse im Widerspruch zu den bisher vorgestellten Erkl~irungsans~itzen ftir die IPO-Ph~inomene stehen.

Entscheidung fiber den B/irsengang

Motive mr die Durchftihrung eines IPOs

Motive fiir den Ausschluss eines IPOs Publizit~itspflicht I

Finanzielle Motive

Strategische Motive

Finanzierung des Wachstums

Windows of opportunity

St~irkung der Eigenkapitalbasis

Nachfolgeregelung

Akquisitions- und Beteiligungsw~ihrung

Attraktivit~it des Arbeitsplatzes

Spin-Offs bzw. Carve-Outs

Bekanntheitsgrad

Einflussverlust der Altaktion~ire Kosten fiir den B6rsengang

Exit der VCGesellschaft Fungibilisierung der Aktien

Abbildung 4: Motive fiir und gegen einen B6rsengang 2

1 Ftir eine ausf0hrliche Darstellung der Motive ftir ein B6rsengang sowie jener Grtinde, die gegen die Publikums/fffnung sprechen, siehe R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 89 ff.; Jakob, E. (1998) S. 22.; Carls, A. (1996) S. 11 ff.; Grupp, A. (1995) S. 29 ff.; D0hrmann, A. (1990) S. 17 ff.; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1260 ff.; Perlitz, M./Peske, T./Heckert, I. (1998) S. 7 ff.; Pagano, M./Panetta, F./Zingales, L. (1998) S. 27 ff; R0ell, A. (1996) S. 1071 ff.; Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 17 ff.; Bl~ittchen, W. (2001) S. 430 ff.; Stangenberg-Haverkamp, F. (1996) S. 69 ff. 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an die nachfolgend zitierte Literatur.

Entscheidung tiber den B6rsengang

43

2.4.2 Motive f~r die Durchfiihrung eines B6rsengangs 2.4.2.1 Finanzielle Motive Das DEUTSCHE A__.KTIENINSTITUT(DAI) ermittelt in wiederkehrenden und aufeinander aufbauenden Befragungen der Emittenten regelm/il3ig die Grtinde far das vollzogene Going Public. l Hierbei zeigt sich, dass die Finanzierung des Unternehmenswaehstums von durchschnittlich tiber 86 Prozent der befragten Unternehmen als dominierender Beweggrund far die Erstemission von Aktien angeftihrt wird. 2 Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass alle Emittenten, die den Neuen Markt 1998 als Marktsegment ftir ihren B6rsengang w~ihlten, tibereinstimmend dieses Motiv angaben. 3 Hierzu best~itigend kann BAUMANN (1998) in zeigen, dass 76 Prozent der von ihm befragten Unternehmen die Finanzierung des Unternehmenswachstums als wichtiges oder sehr wichtiges Motiv hervorheben. 4 Bei dynamischen Mittelstandsunternehmen, der Zielgruppe des Neuen Marktes, steht vor allem die Finanzierung risikobehafteter Investitionen, vornehmlich aus dem Bereich F&E, zur Realisierung des geplanten Wachstums im Vordergrund. Banken als Fremdkapitalgeber sind aber in der Regel nicht daran interessiert, diese, wachsenden finanzwirtschaftlichen Risiken zu tragen. Bei Inanspruchnahme dieser Finanzierungsquelle ist es somit durchaus vorstellbar, dass Banken ihren Einfluss auf die Unternehmensfahrung zur Verringerung des Gesch~iftsrisikos geltend machen und hierdurch weitere Expansionen zumindest verlangsamen. 5 Die Aufnahme zusgtzlichen Kapitals mittels eines B6rsengangs bedeutet hingegen ein in diesem Punkt vermindertes unmittelbares Mitspracherecht der Investoren. 6 Darfiber hinaus wird durch die Erstemission von Aktien der Kapitalmarkt als langfristige Finanzierungsquelle erschlossen und somit beispiels-

Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 1 ft.; Schieber, D./M~iller, M. (1999) S. 1 ff.; Leven, F. (2001) S. 1 ff. 2 Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 34. Ft~r eine alternative Befragung der Emittenten siehe Mettler, A. (1990), LEK Consulting GmbH (2000); Fritsch, U. (1978); Baumann, A. (1998) S. 409 ff.; Achleimer, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 34 ft. 3 Vgl. Schieber, D./MOller, M. (1999) S. 11. Wichtig zur Bewertung obiger Prozentzahl ist hierbei, dass bei den vom DAI durchgeffihrten Befragungen Mehrfachnennungen mOglich waren, und dass der schriftliche Befragungsbogen 1998 von 91 Firmen beantwortet wurde. 4 Vgl. Baumann, A. (1998) S. 189. 5 Vgl. Oettingen, M. v. (1992) S. 56. 6 Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 17.

44

Theoretische Grundlagen

weise die Ausgabe von Untemehmensanleihen, Genussscheinen Wandelanleihen oder eine erneute Emission von Aktien m6glich. ~

Als weiteres Hauptmotiv und ureigenstes Ziel eines B6rsengangs wird bevorzugt die

St~irkung der Eigenkapitalbasis angefiihrt. 2 Dies ist insbesondere ffir junge Wachstumsuntemehmen yon besonderer Bedeutung, da diese regelm~iBig und in hohem MaBe fremdfinanziert sind und somit nur tiber geringes haftendes Eigenkapital verffigen. Auf den ersten Blick scheint dieses Motiv deutliche lAberschneidungen mit dem vorangegangenen Wachstumsmotiv aufzuweisen, da eine gute Eigenkapitalbasis zur Finanzierung weiteren Wachstums eine Grundvoraussetzung ist. 3 Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass Effekte aus einer Verbesserung der Eigenkapitalbasis durchaus differenzierter Natur sind. 4 Durch den B6rsengang wird den Untemehmen unbefristet Eigenkapital zur Verffigung gestellt, wodurch sich Bonit~it und Rating des Untemehmens verbessem und daher der vom Kapitalmarkt geforderte Risikoaufschlag abnimmt. 5 Eine gute Eigenkapitalbasis und hierdurch bedingt eine hohe Eigenkapitalquote 6 hat folglich aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine besondere Bedeutung zur Sicherstellung der finanziellen Flexibilit~it, welche durch die Einffihrung yon Basel II in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen dtirfte. 7 In diesem Zusammenhang kann es

Vgl. Leitinger, R. et al. (2000) S. 293; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 995; ROdl, B./Zinser, T. (2000) S. 90 ff.; Carls, A. (1996) S. 13; Koch, U. (1991) S. 13 ff.; Ktiffer, K. (1989) S. 39; Jeschke, D. (1998b) S. 464; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 995; Wahrenburg, M. (2001) S. 624. Ftir eine weitergehende Analyse der M6glichkeiten zur Mittelbeschaffung nach dem BOrsengang siehe Trobitz, H. H./Schwan, O. (1996) S. 88 ff.; Zahn, H. (2001) S. 29 ff. 2 Vgl. Stoughton, N. M./Wong, K. P./Zechner, J. (2001) S. 375 ff.; Christians, U. (2001) S. 254. Titzrath, A. (1995) S. 136. Jeschke, D. (1998b) S. 462. POHLI]CKE/WEIGEL(2005) zeigen, dass vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen die Eigenkapitalquote eine markante Schwachstelle darstellt. Eine Alternative zum B6rsengang w~ire der Einsatz von Mezzanine-Kapital. Vgl. Pohlticke, A.AVeigel, K. (2005) S. 4. 3 Vgl. Koch, W./Wegmann, J. (1998) S. 17 ff. 4 Vgl. Schmidt-Reintjes, T. (2003) S. 20; Leven, F. (2001) S. 4. 5 Vgl. Ferres, P. (2001) S. 19 f.; Jakob, E. (1998) S. 22 f.; Ehrhardt, O. (1997) S. 8; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 995; Grupp, A. (1995) S. 37 f.; Zbinden, D. (2003) S. 17. FOr den Zusammenhang zwischen Rating und B6rseng~ingensiehe Kretzer, A. S. (2001) S. 309 ff. 6 Unter Eigenkapitalquote versteht man das Verh~iltnis von Eigenkapital zu Gesamtkapital. Eine ErhOhung der erstgenannten Komponente fiihrt folglich zu einem Anstieg der Eigenkapitelquote. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote deutscher Untemehmen ist in der Regel nicht so niedrig, wie in manchen l~indertibergreifenden Studien allgemein behauptet wird, was vor allem auf unterschiedliche Erhebungsmethoden zurtickzuf'tihren ist. Siehe hierzu zum Beispiel Jakob, E. (1998) S. 22; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 90. 7 Vgl. Oehler, A. (2005d) S. 154 ff.

Entscheidung fiber den B6rsengang

45

mr ein Unternehmen, vor allem aus Wachstumsbranchen wie der New Economy ~, interessant sein, mit den durch den B6rsengang erworbenen Finanzmitteln, sofern m6glich, bestehende Verbindlichkeiten zurfickzuffihren. 2 Dieses Vorgehen kann auch dann sinnvoll erscheinen, wenn das Unternehmen in n~chster Zeit keinen weiteren kapitalintensiven Wachstumsschritt plant, aber durch vergangenes kreditfinanziertes Wachstum eine im Vergleich mit anderen Unternehmen zu niedrige Eigenkapitalquote aufweist. 3

Durch den B6rsengang steht neben den neuen Barmitteln eine wichtige Akquisitionsund Beteiligungsw~ihrung in Form von Unternehmensanteilen zur Verfiigung, welche die M6glichkeiten mr ein weiteres Wachstum mittels Untemehmenstibemahmen und -fusionen er6ffnet. 4 Seit Anfang der 90er-Jahre und mit Beginn des B6rsenbooms hat die Bedeutung dieser Wachstumsstrategie tiberproportional stark zugenommen. 5 So hat sich das weltweite M&A-Transaktionsvolumen zwischen 1992 und 2000 auf fiber 2 Billionen US-Dollar nahezu versechsfacht. 6 Mittlerweile werden hiervon circa 80 Prozent durch einen Aktientausch abgewickelt. 7 Dies ist insbesondere darauf zurtick zu fahren, dass gr613ere Transaktionen zu hohe Anforderungen an die Liquidit~it des Unternehmens

stellen und

somit nicht mehr

mittels

Barabfindungen

an

die

Altaktion~ire abgewickelt werden k6nnen. 8 Dartiber hinaus hat diese Art der Untemehmensfinanzierung mr das tibemehmende Untemehmen den Vorteil, dass sich die Eigenkapitalquote nicht verschlechtert, wie dies bei einer Kreditfinanzierung der Fall w~ire.9 1 Die Definition der New-Economy-Unternehmen ist in der finanzwirtschaftlichen Literatur nicht einheitlich. Im Rahmen dieser Studie werden hierunter die Firmen der Software-, Internet-, Biotechnologie-, Telekommunikations- und Technologiebranche subsumiert werden. FOr eine Ubersicht der verschiedenen Definitionen und deren Auswirkungen auf IPO-Studien siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a). F~r die Bedeutung der New Economy ft~r den wirtschaftlichen Fortschritt siehe Oehler, A./H~cker, M. (2000) S. 11 ff. 2 Vgl. Schmidt-Reintjes, T. (2003) S. 21; Gerig, G. (2003) S. 103. 3 Vgl. Leven, F. (2001) S. 4. 4 Vgl. Achleitner, A. (2000) S. 241; Kfiffer, K. (1989) S. 39; Lubig, D. (2003) S. 11; Carls, A. (1996) S. 13. 5 Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 34; Schmidt-Reintjes, T. (2003) S 21 f. 6 Vgl. KMPG (2004). Nach dem B6rsenboom ebbte die M&A-Aktivit~t deutlich ab und belebte sich erst wieder im Jahre 2004, einhergehend mit einem Anstieg des Aktienmarktes. 7

Vgl. Lubig, D. (2003) S. 11; Jakob, E. (1998) S. 32.

8 Vgl. Schmidt-Reintjes, T. (2003) S. 22. 9 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 31 f.

46

Theoretische Grundlagen

Die Ausgliederung von Unternehmensteilen und deren B6rsengang (Spin-Offs beziehungsweise Carve-Outs) 1, hat in Deutschland seit dem Aufkommen der Shareholder-Value-Orientierung 2 mr die Konzernfinanzierung an Bedeutung gewonnen. 3 Findet bei einer B6rsenein~hrung nur eine Umplatzierung bestehender Eigenkapitalanteile statt (Carve-Out), so erfolgt das Going Public ausschlieBlich zur Finanzierung der abgebenden Konzemgesellschaft. Werden zus~itzlich neue Aktien aus einer Kapitalerh6hung emittiert (Spin-Off), wie unter anderem beim IPO der Infineon AG oder T-Online AG, erfolgt auch auf Seiten des B6rsenkandidaten, durch die Generierung eines positiven Cash Flows ein positiver Finanzierungseffekt. 4 Als Folge solcher Transaktionen ist regelm~iBig eine Wertaufhellung der Konzernobergesellschaft feststellbar, wodurch der Marktwert ihrer Einzelunternehmen transparent wird und die Konzentration auf die Kernkompetenzen im Vordergrund steht. Dies ~ h r t grunds~itzlich zu einem Wegfall des Konglomerat-Abschlags und zu h6heren Bewertungen bei der abgebenden Konzernobergesellschaft. 5 Dartiber hinaus erlaubt die Ausgliederung dem Konzernmanagement, jeweils durch diejenige Gesellschaft Mittel aufzunehmen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation einen aktuellen Kapitalbedarf aufweist. 6

Venture-Capital-Gesellschaften und andere Beteilungsgesellschaften versuchen, die Finanzierungslticken kleiner, noch nicht b6rsennotierter Unternehmen, die ein weiteres Wachstum nicht mehr durch zus~itzliches Fremdkapital finanzieren k6nnen, zu

1 Bei einem Spin-Off werden die Aktien der ausgegliederten und somit neu geschaffenen Gesellschaft an die Aktion~ire der Obergesellschaft ausgegeben. Beim Carve-Out hingegen wird ein neuer Aktion~irskreis erschlossen. Vgl. Jakob, E. (1998) S. 35. Ftir einen weiter~hrenden Vergleich von Spin-Offs und Carve-Outs siehe Michaely, R./Shaw, W. H. (1995). FOr eine grundlegende Einftihrung in das Going Public von Tochtergesellschaften siehe Hasselmann, H. (1997). Ftir CarveOuts w~ihrenddes BOrsenbooms siehe Lamont, O. A./Thaler, R. H. (2003) S. 227 ff. 2 FOr eine kurze Ein~hrung zum Shareholder-Value-Konzept aus finanzierungstheoretischer Sicht siehe Ktirsten, W. (2000) und mr eine Darstellung im Zusammenhang mit der Investor-RelationsArbeit siehe Achleitner, A./Bassen, A. (2001a). FOr eine grunds~itzliche Darstellung siehe Jansche, R. (2002); Aglietta, M./Reb6rioux, A. (2005); Bonin, G. v. (2004). 3 Vgl. Cusatis, P. J./Miles, J. A./Wooldridge, R. J. (1993) S. 293 ff.; Leven, F. (2001) S. 5; Schieber, D./Mtiller, M. (1999) S. 11; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 95. 4 Vgl. Schmidt-Reintjes, T. (2003) S. 21.; Jakob, E. (1998) S. 35; Stangenberg-Haverkamp, F. (1996) S. 75 f. 5 Vgl. Ferres, P. (2001) S. 26. Die Darstellung der verschiedenen Unternehmensbewertungsmethoden im Rahmen von B6rseng~ingen erfolgt in Subkapitel 2.7. 6 Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 95.

Entscheidung t~ber den B6rsengang

47

schliegen. ~ Ffir Venture-Capital-Gesellschaften ist die Trennung von einer Beteiligung mittels eines B6rsengangs, das so genannte Exit, in der Regel die bevorzugte Handlungsalternative. 2 CHRISTIANS (2001) erw~ihnt sogar, dass die Exit-Chance am Neuen Markt die Wahrscheinlichkeit, eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft als Partner in einer frfihen Finanziemngsphase zu finden, um ein Vielfaches erh6he. 3

Bei Familienunternehmen ist h~iufig festzustellen, dass nahezu das gesamte Verm6gen oder zumindest der fiberwiegende

Teil des Verm6gens

der Inhaberfamilie

im

U n t e m e h m e n gebunden ist. 4 Die durch den B6rsengang erfolgte F u n g i b i l i s i e r u n g der Aktien erm6glicht es den Alteigentfimem, sich vom Unternehmen zu 16sen, ohne dass dies die Liquidit~it der Gesellschaft beeinflusst. 5 BOSE (1996) ermittelt in seiner Untersuchung, dass nur 28 Prozent der befragten U n t e m e h m e n dieses Motiv als wichtigen Grund angeben. 6 Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass das DAI in seinen sukzessiven Befragungen ein derartiges Motiv nicht explizit als Antwortalternative einbezieht. 7 Da Altaktion~ire im Rahmen eines B6rsengangs einen Teil ihres Aktienbestandes verkaufen, wird ihr Verm6genszuwachs durch die Anzahl der emittierten beziehungsweise zurfickbehaltenen Aktien bestimmt. GI21NTHER/RUMMER (2005) ermitteln in einer Untersuchung fiber den Zeitraum 1997 bis 2001 einen durchschnittlich zurfickbehaltenen Anteil der Altaktiongre von circa 70 Prozent. 8

1 Vgl. Leven, F. (2001) S. 5; Jakob, E. (1998) S. 40. FOr eine ausf't~hrliche Darstellung der Beteiligungs- und Venture-Capital-Finanzierung siehe Leitinger, R. et al. (2000). 2 Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 18.; Bell, G. (1999) S. 372 ff. Entgegengesetzt zur allgemeinen Meinung vertreten ACHLEITNER/BASSEN/FUNKE(2001) in ihrer Arbeit die Auffassung, dass der Ausstieg von Venture-Capital-Gesellschaften nur eine untergeordnete Rolle mr die IPO-Entscheidung darstellt. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 35. 3 Vgl. Christians, U. (2001) S. 254. 4 Vgl. Jeschke, D. (1998b) S. 466. 5 Allerdings ist hierbei eine sich an den B6rsengang anschliel3ende Sperrfrist, die so genannte Lockup-Periode zu beachten, welche sich Ober einen Zeitraum von sechs Monaten erstreckt und ein ,,Kassemachen" der Altaktion~re aufgrund ihres Informationsvorsprunges auf Kosten der neuen Aktion~re verhindern soil. Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 97; Koch, U. (1991) S. 16; Grupp, A. (1995) S. 43 f.; Stangenberg-Haverkamp, F. (1996) S. 75; Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 21 f.; Gerig, G. (2003) S. 97. 6 Vgl. B6sl, K. (1996a) S. 190. 7 Vgl. Schieber, D./M011er, M. (1999) S. 43. 8 Vgl. Gt~nther, S./Rummer, M. (2005) S. 225. Das Regelwerk des Neuen Marktes sah vor, dass mindestens 50 Prozent der zu platzierenden Aktien aus einer KapitalerhOhung stammen mt~ssen. Gerig, G. (2003) S. 102.

48

Theoretische Grundlagen

Dieser Wert liegt weit unter dem Ergebnis von DOHRMANN (1990), der far die 80erJahre einen zurtickbehaltenen Aktienanteil von 90 Prozent ermittelt. ~

2.4.2.2 Strategische Motive LOUGHRAN/RITTER (1995) zeigen in ihrer Studie far den amerikanischen Aktienmarkt, dass Untemehmen das so genannte window of opportunity, welches durch eine positive Stimmung der Investoren einhergehend mit einer vorteilhaften und hohen Bewertung der bereits notierten Untemehmen gekennzeichnet ist, far ihren B6rsengang nutzen. 2 Die Begrandung far ein Going Public liegt somit weniger im Unternehmen selbst beziehungsweise in einem konkreten Kapitalbedarf, sondem vielmehr im exogenen Marktumfeld begrfindet. 3 Aus dieser Perspektive stellt die Aussicht auf einen

hohen

Emissionserl6s

mit

den

entsprechenden

Auswirkungen

auf

die

Verm6genslage der Emittenten den origin~iren Beweggrund far das IPO dar. 4 Die Phasen fiberdurchschnittlicher Emissionsrenditen werden auch als hot-issue-Phasen bezeichnet und sind zeitlich begrenzt. 5 Eine Beispiel hierfar ist der B6rsenboom Ende der Neunziger

Jahre,

welcher

durch

eine

systematische

Oberschgtzungen

der

Wachstumsaussichten der B6rsenkandidaten durch die Marktakteure und damit einhergehend durch eine tibertriebene Bewertung charakterisiert werden kann. 6

1 Vgl. D6hrmann, A. (1990) S. 400; Das Minimum bei den zurtickbehaltenen Aktien far die Jahre 1997 bis 1999 betrug in der Untersuchung von GI2rNTHER/RUMMER(2005) null Prozent und stieg erst nach dem Platzen der B6rsenblase an. Insofern kann das so genannte ,,Kassemachen" w/~hrend der Boomphase indirekt nachgewiesen werden. Vgl. Gtinther, S./Rummer, M. (2005) S. 225. 2 Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (1995) S. 23 ff. 3 Vgl. Perlitz, M./Peske, T./Heckert, I. (1998) S. 24 f.; Grupp, A. (1995) S. 38 f.; Koch, U. (1991) S. 44; Perlitz, M./Peske, T./Heckert, I. (1998) S. 24. Da Emittenten bei rationalem Verhalten versuchen, den VerkaufserlOs zu maximieren, besteht far die Investoren die Gefahr, get/~uscht zu werden. Vgl. Gerig, G. (2003) S. 67; Hartmann-Wendels, T. (1991) S. 358 f. 4 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 32 f. Die Feststellung, dass die B6rsenlage sich momentan als gtinstig erweist, sollte kein Argument far die Durchfahrung eines IPO darstellten. Ebenso kann es sich als ungtinstig herausstellen, einen B6rsengang aufgrund eines negativen B6rsenumfelds zu verschieben, um zu einem nachgelagerten Zeitpunkt einen h6heren Emissionspreis zu erzielen, da hierdurch eventuell ben6tigtes Finanzierungspotenzial leichtfertig ungenutzt bleibt. Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 26. 5 Vgl. Ritter, J. R. (1984) sowie Subkapitel 4.2 far eine ausfahrliche empirische Analyse des deutschen IPO-Marktes. 6 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 723 ff.

Entscheidung fiber den B6rsengang

49

Eine Befragung mittelst~indischer U n t e m e h m e n ergab, dass lediglich 37 Prozent eine

Nachfolgeregelung far ihren Betrieb getroffen hatten. 1 Nach einer Sch~itzung der Initiative nexxt des Bundesministeriums far Wirtschaft und Arbeit stehen 2005 rund 71.000 kleine und mittlere Unternehmen vor dem Problem der Unternehmensnachfolge. Davon werden circa 6.000 U n t e m e h m e n aufgrund eines nicht vorhanden Nachfolgers stillgelegt. 2 Insofem erscheint es wenig verwunderlich, dass die Nachfolgeregelung ein oft genanntes Motiv far einen B6rsengang darstellt, da hierdurch der Fortbestand des Unternehmens durch ein extemes Management gesichert werden kann. 3

Attraktivitiitssteigerung des Arbeitsplatzes far aktuelle und zukiinftige Arbeitnehmer. So wird zum einen die Rekrutierung Mit dem IPO eng verbunden ist auch eine

neuer Mitarbeiter durch eine h6here Identifikation mit einem bekannten Unternehmen erleichtert, zum anderen die Entlohnung mittels optionsbasierter Aktienprogramme erm6glicht. 4 Derartige Unternehmensbeteiligungen bezwecken neben einer gr6f3eren Leistungsbereitschaft insbesondere auch eine st~irkere Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. 5 Dies ist unter anderem darauf zudick zu ftihren, dass Mitarbeiter zu Miteigenttimem des Unternehmens werden, die tiber Dividendenzahlungen und m6glichen

Kurssteigerungen

direkt am

Erfolg beteiligt sind. 6 Bei High-Tech-

Vgl. Guner + Jahr AG & Co. (1999) S. 85. 2 Vgl. Bundesministerium far Wirtschaft und Arbeit (2005) S. 4. Zu diesen Zahlen muss kritisch angemerkt werden, dass ein Grol3teil der genannten Firmen die Zulassungskriterien der FWB nicht erfallt und somit far ein Going Public nicht in Frage k~ime. Nichtsdestotrotz erlaubt die erw~ihnte Zahl eine grunds~itzliche Einsch~itzung. BAUMANN (1998) erw~ihnte 1998, dass wghrend der n~ichsten fanf Jahre 300.000 Unternehmen ihre Untemehmensnachfolge regeln mtissen. Vgl. Baumann, A. (1998) S. 412. Eine ausfahrliche Analyse der Zulassungsvoraussetzungen erfolgt in Subkapitel 2.6 und die der B6rsenreife in 2.5. 3 Vgl. Leven, F. (2001) S. 5; Ferres, P. (2001) S. 22; Grupp, A. (1995) S. 39; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 996; Kfiffer, K. (1989) S. 40; Lubig, D. (2003) S. 13; Baumann, A. (1998) S. 190. 4 Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 91; L6hr, A. (2000) S. 23 f.; Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 22; Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 996; Jeschke, D. (1998b) S. 465; Schauerte, W. A. (1999) S. 8. Ffir eine kurze und kritische Darstellung der Mitarbeiterbeteiligungsmodelle siehe Ktirsten, W. (2001 a); Ktirsten, W. (2001 b). Far eine ausfahrliche Darstellung von Aktienoptionsprogrammen im Rahmen von B6rseng~ingen siehe Jakob, E. (1998) S. 26 ff. oder Schmid, B./Janssen, U. (2001) S. 120 ff. 5 Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 19; Jakob, E. (1998) S. 26. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Mitarbeiter zudem als langfristig orientierte Investoren zu charakterisieren sind. 6 Vgl. Oettingen, M. v. (1992) S. 59. In der Literatur ist allerdings die Frage teilweise umstritten, ob Mitarbeiterbeteiligungsmodelle messbar effizienzsteigernd wirken. Gmnds~itzlich ist aber festzuhalten, dass erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligungsprogramme zu festen Bestandteilen der Mitarbeiterentlohung wurden. Vgl. Jakob, E. (1998) S. 27.

50

Theoretische Grundlagen

Untemehmen hat sich vor allem in den letzten Jahren zudem gezeigt, dass Spitzenkr/ffte nur noch mittels Aktienoptionsprogrammen zu gewinnen und zu halten sind. ~ So setzten bereits im Juni 1999 mehr als die H~ilfte der b6rsennotierten Untemehmen am Neuen Markt derartige Beteiligungsmodelle als zus~itzliche Entlohnung for Ftihmngskr/ffte ein. 2 Best~itigend hierzu zeigen SCHIEBER/MOLLER (1999) in ihrer Untersuchung, dass 95 Prozent der am Neuen Markt notierten Untemehmen nach dem B6rsengang leichter Fahrungskr~ifte rekrutieren konnten. 3

Die

vergangenen

Jahre

haben

gezeigt,

dass

durch

den

B6rsengang

sowohl

B e k a n n t h e i t s g r a d als auch Image des emittierenden Untemehmens beeinflusst werden k6nnen. 4 Dies ist vor allem darauf zurtickzufohren, dass IPOs noch immer von der Offentlichkeit stark beachtet werden und dartiber hinaus die Wirtschaftspresse als Meinungsmultiplikator der thematischen Behandlung von Neuemissionen viel Platz einr/~umt. Untemehmen k6nnen diesen Effekt durch unternehmensbezogene, positive WerbemaBnahmen und aktive Informationspolitik im Vorfeld einer B6rseneinfohmng verst~irken5 Als Nebeneffekt dieser Vorgehensweise ist zudem eine positive Wirkung auf den erzielbaren Emissionspreis festzustellen. 6 Der erfolgreiche B6rsengang der Deutschen Telekom AG, die mittels umfangreicher WerbemaBnahmen im Vorfeld des B6rsengangs ihren Bekanntheitsgrad und ihr Image positiv beeinflusste, kann hierfor als Beispiel angefohrt werden. LUBIG (2003) betont, dass durch die positiven Rtickkoppelungseffekte zwischen Emissions- und Absatzmarkt der Absatz nachhaltig Vgl. Ferres, P. (2001) S. 25; Baumann, A. (1998) S. 193. 2

Vgl. Lubig, D. (2003) S. 12 f.; Blgttchen, W./Jasper, T. (1999) S. 19 f.

3 Vgl. Schieber, D./Mtiller, M. (1999) S. 13. ACHLEITNER/BASSEN/FUNKE(2001)enmehmen ihren Befragungsergebnissen, dass 77 Prozent der Emittenten das Motiv Mitarbeitergewinnung mr einen BOrsengang als bedeutend ansehen. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 35. 4 Vgl. Stangenberg-Haverkamp, F. (1996) S. 74; Jeschke, D. (1998b) S. 465. Der Bekanntheitsgrad b6rsennotierter Unternehmen ist im Grundsatz besser als der von nicht-b6rsennotierten Gesellschaften, auch in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Vgl. Koch, U. (1991) S. 15. B6rsenaspiranten am Neuen Markt unterlagen keinerlei Einschrgnkungen hinsichtlich ihrer Werbeaktivit/~ten im Rahmen des IPOs. Auf diese Weise wird es sowohl guten als auch schlechten Unternehmen gleichermagen erm6glicht, bei den Kapitalmarktteilnehmern mr eine m6glichst hohe Bewertung zu werben. Vgl. Gerig, G. (2003) S. 94. Bei freiwillig ver6ffentlichten Informationen besteht aber gmnds/~tzlich - noch stgrker als bei Pflichtver6ffentlichungen - das Problem der Glaubwtirdigkeit, so dass diese als Signal ungeeignet erscheinen. Merkt, H. (2001) S. 224 ff. 5 Vgl. Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 22; Ktiffer, K. (1989) S. 43 f.; Oettingen, M. v. (1992) S. 67 f.; Ferres, P. (2001) S. 23 f. Die Wirkungsrichtung des Effekts, das heiBt positiv oder negativ, h~ingt von der Berichterstattung ab. Als WerbemaBnahmen im Vorfeld des IPOs sind vor allem Roadshows, Analystentreffen und Werbekampagnen hervorzuheben. 6 Grupp, A. (1995) S. 32.

Entscheidung t~ber den B6rsengang

51

gesteigert wird. 1 Nach erfolgtem B6rsengang kann eine gezielte und medienwirksame Investor- und Public-Relations-Arbeit verst~irkt zu Gunsten des Unternehmens genutzt werden, um Erfolge an externe Interessensgruppen zu vermitteln. 2 SCHIEBERfMOLLER (1999) zeigen, dass die B6rsenneulinge eine negative Kursentwicklung im Sekundgrmarkt weniger auf die Untemehmensentwicklung als auf eine schlechte Informationsbasis der Investoren zurfickfahren und deswegen die externe Kommunikation verst~rken. 3

2.4.3 Motive f~r den Ausschluss eines Bdrsengangs Die M6glichkeit, durch den B6rsengang einen positiven Imageeffekt zu erzielen, ist far manche Untemehmen eher zweitrangig, da vor allem im Mittelstand eine ausgepr~igte Scheu gegent~ber der gesetzlich vorgeschriebenen Publizit~tspflieht 4 zu verzeichnen ist. 5 Die Anforderungen an den Umfang und den Inhalt der zum B6rsengang zu ver6ffentlichenden Informationen differieren in den altemativen Marktsegmenten und ergeben sich aus dem B6rsengesetz, der B6rsenzulassungsverordnung sowie den B6rsenordnungen. 6 Darfiber hinaus wfinschen die Offentlichkeit und

insbesondere die Aktion~ire detaillierte Informationen t~ber die Lage der

Gesellschaft, weswegen die erwartete Informationspolitik t~ber die gesetzlichen Bestimmungen hinausgeht. Die Offenlegung und Berichterstattung macht auch vor Phasen, in denen das Untemehmen unter Umstgnden selbst definierte Ziele nicht 1 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 12. SCHIEBER/MOLLER(1999) zeigen mit ihrer Untersuchung, dass Untemehmen, die ein Listing am Neuen Markt vollzogen, tats~ichlich Vorteile auf den Produkt- und Faktormgrkten erzielten. Vgl. Schieber, D./Mt~ller, M. (1999) S. 14. 2 Vgl. Schmidt-Reintjes, T. (2003) S. 25; Achleimer, A./Bassen, A. (2001b) S. 4 f. FUr eine einfahrende Darstellung unterschiedlicher Aspekte der Investor-Relations-Arbeit siehe Achleitner, A./Bassen, A. (2001c). Ft~r die M6glichkeiten zur Kursbeeinflussung mittels gezielter InvestorRelations-Arbeit siehe Kirchhoff, K. R. (2001) S. 503 ff. 3 Schieber, D./Mt~ller, M. (1999) S. 23. 4 Publizit~t kann als allgemein zug~ngliche Bekanntmachung von Signalen, Nachrichten und Informationen angesehen werden. Die Untemehmenspublizit~it kann darfiber hinaus in Untemehmenspublizit~t im engeren Sinne und Untemehmenspublizitgt im weiteren Sinne unterschieden werden. Die Untemehmenspublizit~it im engeren Sinne umfasst alle Selbstdarstellungen des Unternehmens nach auBen. Die Untemehmenspublizitgt im weitern Sinne. umfasst dahingegen die Informationen eines Untemehmens zur Beurteilung seiner wirtschaftlichen Lage und Tfitigkeit. Vgl. Pellens, B. (2001) S. 1742. 5 Vgl. Kramer, K. (2000) S. 171; Bl~ittchen, W. (2001) S. 432; Koch, U. (1991) S. 17 ff.; Jeschke, D. (1998b) S. 467; Baumann, A. (1998) S. 195. Ffir einen Oberblick tiber die gesetzlichen Vorschriften auf dem Weg zur b6rsennotierten Akteingesellschaft siehe Korts, S./Korts, P. (2001). 6 Vgl. Carls, A. (1996) S. 36; Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 43; Blgttchen, W. (2001) S. 432.

52

Theoretische Grundlagen

erreicht oder eine negative Entwicklung durchl~iuft, nicht halt, und Informationen mfissen, wie im Falle positiver Nachrichten, aktiv kommuniziert werden. 1 Erfolgt eine Begrenzung auf die gesetzlich geforderten Angaben, so lassen sich die erw~ihnten Imageeffekte aus dem B6rsengang nur schwerlich erzielen. 2

Die vergr613erte Eigenkapitalbasis und die damit einhergehende Ver~iul3emng von Anteilseigentum an ein aul3enstehendes und weitestgehend anonymes Publikum sowie die

Unkontrollierbarkeit

der

Wertpapierstr6me

und

der

damit

verbundene

Einflussverlust der Altaktion~ire bergen die Gefahr eines unerwtinschten Fremdeinflusses. Dieser kann unter Umst~inden in einer Untemehmenstibernahme mtinden. 3 Bei Personengesellschaften und Gesellschaften mit beschr~inkter Haftung lassen sich der Familieneinfluss und die Abschirmung gegentiber Dritten durch die Gestaltung des Gesellschaftervertrages beeinflussen. 4 Im Allgemeinen streben die bisherigen Inhaber allerdings auch nach dem B6rsengang und dem hierdurch erforderlichen Wechsel der Rechtsform einen dominierenden Einfluss auf das b6rsennotierte Unternehmen an. Dies l~isst sich zum einen durch die bereits erw~ihnte KGaA gew~ihrleisten, da hier den Kommanditisten auf der Hauptversammlung kein den AG-Aktion~iren vergleichbares Stimmrecht gew/ahrt wird. Zum anderen stellt die M6glichkeit

zur Ausgabe

stimmrechtsloser Vorzugsaktien, welche jedoch maximal 50 Prozent des Kapitals einer AG repr~isentieren dtirfen, einen Weg dar, den Einfluss zuktinftiger Teilhaber zu begrenzen. 5 Nachteilig wirkt sich bei letztgenannter M6glichkeit allerdings aus, dass bei dieser Aktiengattung eine Vorzugsdividende an die Investoren zu zahlen ist und

1 Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 36f.; L6hr, A. (2000) S. 25 f.; Zbinden, D. (2003) S. 20. Zu den Haftungsrisiken in Bezug auf falsche, unvollst~indige oder fehlende Informationen siehe Wolff, K. (1994); Wahrenburg, M. (2001) S. 626. 2

Vgl. Oettingen, M. v. (1992) S. 25 ff.; Roelofsen, N. K. (2002) S. 37; Jakob, E. (1998) S. 45.

3 Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 20; Ehlers, H./Jurcher, M. (1999) S. 23 ft.; Gerig, G. (2003) S. 188; Jeschke, D. (1998b) S. 469; Bl~ittchen, W. (2001) S. 431. KRAMER(2000) weist darauf hin, dass feindliche Untemehmenstibemahmen in Deutschland aufgrund der gesetzlich verankerten Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und kultureller Barrieren kaum zu beobachten sind. Vgl. Kramer, K. (2000) S. 172 f. 4 Vgl. Jeschke, D. (1998b) S. 469 f. 5 Vgl. L6hr, A. (2000) S. 17 f. und 50 ff. Jeschke, D. (1998b) S. 470 f. Ftir eine weitergehende Analyse zu den M6glichkeiten der Altaktion~ire, ihre Interessen und ihren Einfluss auch nach dem B6rsengang zu wahren, siehe H6chstetter, W. (2001) S. 39 ff.; Claussen, C. P. (1996) S. 5; L6hr, A. (2000) S. 25 ff.; Ktiffer, K. (1989) S. 40; Schenck, K. v. (2000) S. 120 f. Bei B6rseng~ingen am Neuen Markt diJrfen ausschliel31ich stimmberechtigte Stammaktien zum Handel zugelassen werden, lediglich bei nachfolgenden Kapitalerh6hungen dtirfen auch stimmrechtslose Vorzugsaktien emittiert werden. Gerig, G. (2003) S. 104.

Entscheidung fiber den B6rsengang

53

die Aktion/~re somit in den Genuss eines Vorabgewinnanteils kommen. ~ Der maximale Einfluss extemer Aktion/~re oder Aktion/~rsgruppen wird auch durch die Anzahl der emittierten Aktien indirekt bestimmt. Die meisten Beschltisse auf der Hauptversammlung k6nnen mit einfacher Mehrheit (das heil3t 50 Prozent plus eine Stimme) beschlossen werden. 2 Die qualifizierende Mehrheit wird ab einem Stimmrechtsanteil von 75 Prozent erreicht. Eine Zulassungsvoraussetzung des Amtlichen Handels sieht allerdings die Emission von mindestens 25 Prozent der Aktien vor, wodurch per se ein Einfluss zukt~nftiger Aktion/~re erm6glicht wird. 3

Die einzelnen Kostenbl6cke fftir einen B6rsengang werden in der Regel als Prozentsatz des Emissionsvolumens gemessen. 4 CHEN/RITTER (2000) ermitteln fiir den USamerikanischen Kapitalmarkt G e s a m t k o s t e n ffir den B S r s e n g a n g in H6he von sieben Prozent des Emissionsvolumens. 5 In verschiedenen Studien werden die Gesamtkosten ftir den deutschen Markt auf fiinf bis acht Prozent beziffert. 6 Als wichtigster Kostenblock fallen die einmaligen Kosten des IPOs ins Gewicht. Diese umfassen in der Regel die Umwandlungskosten, Publizit/itskosten, B6rsenzulassungsgebiihren, Werbekosten und Provisionen der Konsortialbanken. 7 Auch nach dem Going Public bleiben die Vgl. Ferres, P. (2001) S. 22; Roelofsen, N. K. (2002) S. 37. 2 Hierbei handelt es sich um die an der Hauptversammlung anwesenden Stimmrechte. 3 LOHR(2000) ~hrt an, dass im Durchschnitt auch ein Anteilsbesitz der Altaktion~ire von 40 Prozent noch eine Hauptversammlungsmehrheit bedeutet. Dies ist damit zu begr0nden, dass nur die an der Hauptversammlung anwesenden Investoren abstimmen k6nnen. Das Stimmrecht kann jedoch tibertragen werden. Vgl. L6hr, A. (2000) S. 25. 4 Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 634. Die Kosten werden allgemein auch als Spread bezeichnet und unterscheiden sich nach der Art der begebenen Wertpapiere. 5 Vgl. Chen, H./Ritter, J. R. (2000) S. 1105 f. In Abh~ingigkeit der begebenen Wertpapiere ermitteln GANDE/PURI/SAUNDERs (1999) Gebt~hren zwischen 5,78 Prozent und 7,89 Prozent. Vgl. Gande, A./Puri, M./Saunders, A. (1999) S. 165 ff. 6 Vgl. R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 99 f. Die Emissionskosten betrugen ~r die EM.TV & Merchandising AG bei einem Emissionsvolumen von 17 Millionen DM 10,8 Prozent und bei Singulus vier Prozent bei einem Emissionsvolumen von 384 Millionen DM. Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 100. WAHRENBURG (1999) beziffert die Gesamtvergtitung ftir B6rseng/inge in Deutschland auf durchschnittlich fiinf Prozent. Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 634. BL,~TTCHEN (2001) beziffert die einmaligen Kosten f'tir einen B6rsengang auf circa sechs bis neun Prozent des Emissionsvolumens. Vgl. B1/ittchen, W. (2001) S. 428 ff. W/~hrend der 80er-Jahre wurden die Emissionskosten auf ~nf bis sechs Prozent des Emissionsvolumens gesch~itzt. Vgl. Bergheim, A. U./Yraub, W. (1993) S. 1266. KOCH/JENSEN/STEINHOFF(1991) beziffem die Kosten ebenfalls fiir die Zeit vor dem B6rsenboom auf drei bis sieben Prozent des Emissionsvolumens. Vgl. Koch, U. (1991) S. 25. CLAUSSEN (1996) beziffert die Kosten ~r einen B6rsengang auf sechs bis acht Prozent des Emissionsbetrages. Vgl. Claussen, C. P. (1996) S. 5. 7 FOr eine ausfiihrliche Darstellung der verschiedenen Kostenbl6cke siehe R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 99 ff.; Lubig, D. (2003) S. 14 ff.; Christians, U. (2001) S. 255.

54

Theoretische Grundlagen

Kosten ~ r die periodische Publizit~it nicht unerheblich. Hierunter fallen Kosten ftir die jahrliche Erstellung und Priifung der Jahresabschliisse sowie die Kosten fiir die j~ihrlich abzuhaltende Hauptversammlung und die Erstellung von Zwischen- und Quartalsberichten. 1 Die Quartalsberichterstattung

hat nach dem Regelwerk der

Deutschen B6rse AG bereits acht Wochen nach dem Quartalsende zu erfolgen. Insofern

ist eine entsprechende

Umstrukturierung

des

internen und

externen

Rechnungswesens erforderlich, was nicht selten mit erheblichen Kosten verbunden ist. Zu den laufenden Kosten z~ihlen auch die Aufwendungen ftir die Designated Sponsors. 2 WIESELHUBER/BOSEL (1995) entnehmen ihrer Befragung, dass lediglich 12,9 Prozent der befragten Unternehmen die Einfiihrungs- und Folgekosten als Grund gegen einen B6rsengang an~hren. 3 Als weiterer Kostenblock werden in der Literatur regelm~il3ig Opportunit~itskosten in Form von Underpricing, welches ftir die Jahre 1997 bis 2002 durchschnittlich 44,1 Prozent betr~igt. Durch das Auseinanderfallen von Emissionspreis und Sekund~irmarktpreis kommt es zu einer Verm6gensverlagerung zwischen den alten und neuen Eigentiimem, da das Reinverm6gen der Gesellschaft nicht im Verh~iltnis der eingebrachten Verm6genswerte aufgeteilt wird. 4 Erw~ihnenswert sind in diesem Zusammenhang dar~ber hinaus die Kosten ftir die Gew~ihrung von Greenshoe-OptionenS.

2.4.4 Analyse und Zusammenfassung Die obige Darstellung der Vor- und Nachteile eines B6rsengangs zeigt deutlich, dass sich beide Gruppen nur ungentigend ~ r eine Kosten-Nutzen-Analyse quantifizieren

Vgl. Lubig, D. (2003) S. 16; Zbinden, D. (2003) S. 24; Roelofsen, N. K. (2002) S. 40. 2 Designated Sponsors iJbemehmen die Funktion der Market Maker, welche mr die betreuten Emissionen laufend verbindliche Geld- und Briefkurse stellen und somit mr zusatzliche Liquidit~it sorgen. Market Making wird teilweise als freiwilliger Zusatzservice geleistet. An verschiedenen B6rsensegmenten ist eine Emission auch mit einer expliziten Verpflichtung zum Market Making verbunden. Vgl. Theissen, E. (1998b) S. 623 ff.; Wahrenburg, M. (2001) S. 631. 3 Wieselhuber, N./B6sl, K. (1995) S. 54. Ftir eine Analyse zu den Konflikten zwischen den Alteigentiimem in Bezug auf den B6rseneintritt siehe Grupp, A. (1995) S .73 ff. 4 Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 413 f; Daniel, K. (2002) S. 445 ff.; Lubig, D. (2003) S. 17; Loughran, T./Ritter, J. R. (2004) S. 5 ff. 5 Bei dieser Art der Call-Option erwirbt der Konsortialfiihrer das Recht, die im B6rsenprospekt spezifizierte Anzahl an ,,zus~itzlichen" Aktien (beispielsweise 15 Prozent) zum Emissionspreis zu erwerben. Damit soil eine unerwartet hohe Nachfrage befriedigt beziehungsweise die Kursentwicklung stabilisiert werden. Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 631. Eine aus~hrliche Beschreibung der Greenshoe Option erfolgt in Subkapitel 2.8.4 und eine empirische Untersuchung zu preisstabilisierenden Mal3nahmendurch die Emissionsbank in Subkapitel 4.3.

Entscheidung fiber den B6rsengang

55

lassen. Somit kann in der Regel keine grunds~itzliche Empfehlung far oder gegen ein IPO ausgesprochen werden. ~ Beispielsweise birgt die mit einer Erstemission verbundene freiwillige und gesetzlich vorgeschriebene Publizit~itspflicht die Chance, das Image des Unternehmens positiv zu beeinflussen. Gleichzeitig schreckt aber gerade diese Verpflichtung zu kontinuierlicher und lfickenloser Publizit~it zahlreiche Unternehmen vom B6rsengang ab. So zeigen WIESELHUBER/BOSEL (1995) in ihrer Befragung hierfar best~itigend, dass die Publizit~itsvorschriften fiber 54 Prozent der befragten Unternehmen vom B6rsengang abhalten. 2 Insofern ist es verwunderlich, dass, wie noch zu zeigen ist, viele Unternehmen den Neuen Markt als Aktienmarktsegment w~ihlten, obschon far diesen die h6chsten Publizit~itsanforderungen galten. 3

Die

Entscheidung

far

oder

gegen

einen

B6rsengang

muss

somit

unter

Beriicksichtigung der jeweils individuellen Zielvorstellungen getroffen werden. 4 WIESELHUBER/BOSEL (1995) zeigen in diesem Zusammenhang weiterhin, dass bei 9,1 Prozent der befragten Unternehmen keine Einigung im Gesellschafterkreis fiber einen m6glichen B6rsengang getroffen werden kann. 5

Wie dargestellt, repr~isentiert die H6he des Underpricings, unter Beachtung der traditionellen Theorien zur Erkl~irung des Underpricing-Ph~inomens, einen wesentlichen

Kostenblock,

da

hierdurch

auf

einen

Teil

des

maximal

mOglichen

Emissionserl6ses verzichtet wurde. 6 Dies steht im Widerspruch zu den Ergebnissen von SCHIEBEPUMOLLER(1999), die in ihrer Befragung feststellten, dass 91 Prozent der Unternehmen ihre an den B6rsengang gestellten Erwartungen als erfallt ansahen, und dass die H6he des Emissionskurses bei 73 Prozent der Befragten vollkommen oder fiberwiegend den Erwartungen entsprach. Weniger zufrieden mit dem erzielten FOr eine empirische Untersuchung zum Entscheidungsprozess ftir oder gegen einen B6rsengang sowie einer Gewichtung derjeweiligen Vor- und Nachteile siehe Baumann, A. (1998) S. 192 ff. 2 Vgl. Wieselhuber, N./B6sl, K. (1995) S. 44. Bei den Untersuchungen des Deutschen Aktieninstituts wurden ,,Folgepflichten" nur von durchschnittlich 18 Prozent der befragten Unternehmen als Grund mr die Entscheidung gegen einen BOrsengang angeftihrt. Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 35 f. 3 Eine aus~hrliche Darstellung der Wahl des Aktiemarktsegmentes erfolgt in Subkapitel 4.1.4 4 Vgl. Kramer, K. (2000) S. 174. 5 Wieselhuber, N./BOsl, K. (1995) S. 54. F~r eine Analyse zu den Konflikten zwischen den Alteigentiimern in Bezug auf den BOrseneintritt siehe Grupp, A. (1995) S .73 ff. 6 Nach den Theorien auf der Grundlage der Stimmungsinvestoren zur Erkl~irung des UnderpricingPh~inomens wird der Emissionspreis hingegen als nicht zu niedrig angesehen. Hierdurch repr~isentiert die Emissionsrendite keinen Kostenbock. Siehe hierzu ausfahrlich Subkapitel 2.1, 3.4.2 und 4.5.5.

56

Theoretische Grundlagen

Emissionspreis waren nur jene Unternehmen, die nicht den Neuen Markt als Marktsegment w~ihlten. Interessanterweise fiel fOr die erstgenannte Gruppe das Underpricing deutlich niedriger aus und somit, analog der g~ingigen Theorie, auch die erforderliche Risikopr~imie sowie die H6he der Opportunit~itskosten geringer ist. Im weiteren Verlauf der Arbeit, insbesondere in der empirischen Analyse, wird dieses Missverh~iltnis von Theorie und empirischen Beobachtungen n~iher beleuchtet und untersucht. Unter den er6rterten strategischen Motiven ist fOr den weiteren Verlauf insbesondere das so genannte window of opportunity von Bedeutung, da hier die positive Stimmung der Investoren fOr den B6rsengang genutzt wird, um m6glichst hohen Emissionserl6s zu erzielen.

2.5

Bestimmung der B0rsenreife

2.5.1 Voriiberlegungenund inhaltliche Abgrenzungen Im vorangegangenen Abschnitt wurden die G ~ n d e for und gegen einen B6rsengang zielgerichtet dargestellt. Nach der grunds~itzlichen Entscheidung fOr einen B6rsengang ist im n~ichsten Schritt der Vorbereitungsphase die B6rsenreife des Unternehmens, deren Vorliegen als prim~ire Voraussetzung fOr ein IPO angesehen wird, zu beurteilen. Bei der Kapitalmarktf~ihigkeit 1 handelt es sich um eine Kombination verschiedener Kriterien, welche aufgrund neuer Erkenntnisse aus der B6rseneinfOhrungspraxis st~indigen Ver~indemngen und Anpassungen im Zeitablauf unterliegen. 2 Grunds~itzlich fallen hierunter die F~ihigkeit und die Bereitschaft des Unternehmens, s~imtliche gesetzliche, wirtschaftliche und organisatorische Anforderungen, die mit einer Neuemission verbunden sind, zu erfOllen. 3 Die

objektiven

gesetzlichen

Anforderungen

sind

grunds~itzlich

von

jedem

B6rsenkandidaten zu erfollen und umfassen die zu erbringende Publizit~it sowie

1 Kapitalmarktf~ihigkeit, Emissionsf~ihigkeit und B6rsenreife werden im weiteren Verlauf synonym gebraucht. 2 Vgl. Bl~ittchen, W. (2001) S. 437; Schlick, R. (1997) S. 89; Baumann, A. (1998) S. 410 ff.; R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 123 ff.; Kramer, K. (2000) S.160. 3 Vgl. Bl~ittchen, W./Jasper, T. (1999) S. 22.

Bestimmung der B6rsenreife

57

weitere segmentspezifische Vorschriften. ~ Falls der B6rsenaspirant nicht bereits als AG oder KGaA firmiert ist zus~itzlich die Rechtsform entsprechend anzupassen. 2 Mit Ausnahme der Vorschriften ffir die B6rsenzulassung gibt es keine Gesetze oder Verordnungen, die die Kriterien der B6rsenreife eines Unternehmens definieren. 3 Diese Voraussetzungen stellen somit eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung zur Er~llung der B6rsenreife dar und werden regelm~iBig auch als Minimalanforderungen an den B6rsenaspiranten interpretiert. Nach BOSCHGEN (2001) kann eine AG formell als b6rsenreif bezeichnet werden, wenn sie den Voraussetzungen zur Zulassung von Wertpapieren zum BOrsenhandel gen(igt. 4 KRAMER (2000) versteht unter B6rsenreife hingegen nicht die rechtlich fixierten, allgemeingtiltigen Vorgaben an b6rsenwillige Unternehmen, sondern vielmehr jene Anforderung, die vom Kapitalmarkt und somit von den Investoren beziehungsweise von den Emissionsbanken an potentielle Emittenten gestellt werden. 5 Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vorschriften besteht bei den subjektiven wirtschaftlichen und organisatorischen Kriterien eine groBe Bandbreite ffir deren Erftillung. Hierdurch sind diese Kriterien immer auf den Einzelfall abzustellen. 6

Wird in einer ersten Analyse das Unternehmen als nicht b6rsenreif eingestuft, so bedeutet dies jedoch nicht, dass nicht zu einem sp~iteren Zeitpunkt eine erfolgreiches Going Public vollzogen werden kann. Da durch die anf'~ingliche Beurteilung lediglich die Eckpunkte eines Kontinuums abgesteckt werden, besteht die Aufgabe der Emittenten sowie des Beratungsteams nun vielmehr darin, die entsprechenden M~ingel

Die rechtliche B6rsenreife, basierend auf Vorgaben durch Gesetze oder der BOrse, wird auch als technische B6rsenreife bezeichnet. Vgl. L6hr, A. (2000) S. 47. Eine Darstellung der einzelnen Anforderungen je Marktsegment erfolgt in Subkapitel 2.6. 2 Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 48 ff.; BRittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 82; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 27; Bl~ittchen, W. (2000) S. 8 f. FOr eine Darstellung der je nach Marktsegment geltenden Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten siehe Subkapitel 2.6. Ftir eine ausffihrliche Darstellung der rechtlichen B6rsenreife siehe Carls, A. (1996) S. 96 ff. 3 Vgl. Baumann, A. (1998) S. 410 f. 4 Vgl. Btischgen, H. E. (2001) S. 229. 5 Vgl. Kramer, K. (2000) S. 160. 6 Vgl. Bl~ittchen, W. (2000) S. 10 f.; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 28; Kramer, K. (2000) S. 160; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 124. Jeschke, D. (1998b) S. 478 ff. TITZRATH(1995) spricht sogar davon, dass Unternehmen nur durch den Erfolg in ihrer jeweiligen Branche die B6rsenreife erlangt haben. Vgl. Titzrath, A. (1995) S. 146.

58

Theoretische Grundlagen

durch Vorbereitungsmal3nahmen zu beheben und somit die B6rsenreife und ein darauf aufbauendes Going Public sicher zu stellen. 1

In der finanzwirtschaftlichen Literatur werden verschiedene Kategorisierungsmerkmale mr die bisher dargestellten Kriterien zur Beurteilung der Kapitalmarktf~higkeit diskutiert. Bei der Suche nach einer m6glichst trennscharfen Differenzierung stellt sich heraus, dass die h~ufig herangezogene Unterteilung in subjektive und objektive beziehungsweise in wirtschaftliche und organisatorische Kriterien einige Oberschneidungen und Unschgrfen aufweist. Hierdurch bedingt werden nachfolgend die unterschiedlichen Aspekte der B6rsenf~higkeit, analog SCHMIDT (2001), getrennt nach quantitative und qualitative Faktoren unterschieden, um eine m6glichst trennscharfen Darstellung zu gew~ihrleisten. 2 Abbildung 5 gibt einen Oberblick fiber die verwendeten Kriterien. 3

1 Vgl. Carls, A. (1996) S. 98; Jakob, E. (1998) S. 55; BOsl, K. (2001a) S. 76. Ffir eine Analyse zur Feststellung der B6rsenreife mittels Due Dilligence siehe R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 143 ff. BL~,TTCHEN(2000) bemerkt, dass seit der Schaffung des Neuen Marktes for die B6rsenreife keine unumst6131ichen Kriterien existieren. Vgl. B1/ittchen, W. (2000) S. 8. Ffir eine allgemeine Beschreibung der Due Dilligence im Prozess des Going Public siehe Roelofsen, N. K. (2002) S. 53 ff; Bl/~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 128 ff. 2 Wie erw/ihnt lassen sich die unterschiedlichen Kriterien Altemativ nach subjektiven und objektiven Voraussetzungen differenzieren. Objektive Kriterien beschreiben die rechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen B6rsensegmente, w~hrend subjektive Kriterien zus/itzliche Anforderungen der Konsortialbanken oder Marktteilnehmer an das Untemehmen darstellen. Ffir diese Aufteilung siehe R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 123 ff.; Roelofsen, N. K. (2002) S. 48 ff.; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 27 ff. Des Weiteren kann auch eine Einteilung in wirtschaftliche und organisatorische Kriterien erfolgen. Die erste Gruppe beinhaltet Kriterien zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsf'~ihigkeit des Untemehmens und dessen Nachhaltigkeit. Die zweite Gruppe umfasst Kriterien zur Beurteilung der Organisationsstruktur. Beide Gruppen beinhalten jedoch qualitative Kriterien, wodurch eine fiberschneidungsfreie Darstellung nicht gegeben ist, so dass diese Darstellungsform nicht geeignet erscheint. Ftir diese Aufteilung siehe B6sl, K. (2001a) S. 73 ff.; Bl/ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 82 ff. 3 Vgl. Schmidt, R. (2001) S. 178. Bezfiglich weiter~hrender Detailfragen wird auf die jeweils angeffihrte Literatur verwiesen.

Bestimmung der B6rsenreife

59

Kriterien zur Beurteilung der BOrsenreife

Qualitative Kriterien

Quantitative Kriterien

--•

Mindestalter

-•

Branche

-~

Emissionsvolumen

-~

Equity Story

-~

Umsatz

-~

Publizitgt

-~

Umsatzwachstum

-~

Organisation

-~

Ertragskraft

-~

Controlling

--~

Management

--~ Ausscht~ttungsfahigkeit

Abbildung 5" Kriterien zur Beurteilung der B6rsenreife 1

2.5.2 Quantitative Kriterien Wghrend der vergangenen Jahre hat sich herausgestellt, dass ein Unternehmen vor dem B6rsengang mindestens drei bis fanf Jahre als wirtschaftliche Einheit bestanden haben sollte, wobei die Unternehmensform 2 nicht ausschlaggebend ist. Innerhalb dieses Zeitraum kann der B6rsenaspirant seine Ertragskraft und somit die grunds~itzliche Kapitalmarktf~ihigkeit unter Beweis zu stellen. 3 Die Forderung nach einem Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmidt (2001). Siehe hierzu Schmidt, R. (2001) S. 178 sowie die nachfolgend zitierte Literatur. Aus der grogen Anzahl an finanzwirtschaftlichen Kennzahlen werden im Verlauf dieses Abschnitts ,,nur" Umsatz, Umsatzwachstum und Ertragskraft dargestellt. Weitere finanzwirtschaftliche Kriterien zur Beurteilung der B6rsenreife sind beispielsweise Eigenkapitalquote, Kapitalstruktur, Verm6gensstruktur, Liquidit~itslage, Kurs-Umsatz-Verh~iltnis. Fiir eine ausfahrliche Beschreibung hierzu siehe Carls, A. (1996) S. 108 ff; Schlick, R. (1997) S. 94 ff.; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 130 f. 2 Die Umwandlung in eine AG beziehungsweise KAaA kann erst nach der grundsgtzlichen Entscheidung ftir einen B6rsengang und somit erst einige Monate vor dem B6rsengang im Rahmen der Beratungsphase erfolgen. 3 Vgl. Cutik, U. (1988) S. 18; Schalek, E. (1988) S. 115; Carls, A. (1996) S. 107; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 31; Roelofsen, N. K. (2002) S. 51; Jeschke, D. (1998b) S. 479; Schlick, R. (1997) S. 98; Kramer, K. (2000) S. 160; Koch, U. (1991) S. 42. Yitzrath, A. (1995) S. 139.

60

Theoretische Grundlagen

Mindestalter resultiert aus der Beobachtung, dass wiihrend der Anfangsjahre nach der Firmengrtindung eine hohe Quote an Unternehmensinsolvenzen festzustellen ist. 1 Einschr~inkend muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass ein hohes Unternehmensalter nicht zwangsl~iufig auch als Garant fiir einen erfolgreichen B6rsengang und eine anschlieBende Kapitalmarktnotierung gelten muss. Auch bei einem traditionsreichen Unternehmen kann aufgrund eingefahrener Strukturen bereits ein Teil der Innovationskraft verloren gegangen sein. 2 AbschlieBend bleibt festzuhalten, dass in jtingster Zeit das Alter der Gesellschaft nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. 3 Ein weiteres Kriterium zur Bestimmung der B6rsenreife stellt das Emissionsvolumen, als Maf3stab fiir die Gr6f3e des B6rsengangs, dar. Ebenso wie das oben er6rterte Mindestalter kommt auch dieses Kriterium bei den gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsvoraussetzungen zur Anwendung. Ein Konsens hinsichtlich eines einheitlichen, kritischen Wertes l~isst sich auch hier in der Literatur nicht finden. Es scheint jedoch dahingehend Einigkeit zu herrschen, dass ein Emissionsvolumen yon 15

Millionen Euro nicht unterschritten werden sollte. 4 Ein zu geringes Platzierungsvolumen birgt das Risiko einer mangelnden Liquidit~it im Sekund~irmarkt und damit verbunden eine h6here Kursvolatilit~it. 5 Ging man Anfang der 90er-Jahre noch davon aus, dass eine ausreichende Liquidit~it am Sekund~irmarkt ab circa 20.000 Aktien im Freefloat gegeben ist, so haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass dies erst ab

Vgl. Carls, A. (1996) S. 107; Schlick, R. (1997) S. 98. 2 Vgl. Schlick, R. (1997) S. 98. 3 Vgl. L6hr, A. (2000) S. 49; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 123. 4 Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 51; Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 207. BERGHEIM/TRAUB(1996) und JAKOB(1998) sprechen von einer Gr6Benordnung von mindestens nominal circa 5 Millionen Euro. Vgl. Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 64; Jakob, E. (1998) S. 53. BUSSMANN(2001) empfiehlt ein Emissionsvolumen von mehr als 50 Millionen Euro fiir einen erfolgreichen B6rsengang. Vgl. Bussmann, M. (2001) S. 90 ff. Nach Meinung von HOPT(1985) reicht bei einer Privatplatzierung bereits ein nominelles Emissionsvolumen von circa 500.000 Euro. Vgl. Hopt, K. (1985) S. 104 ff. Bei einer Privatplatzierung werden die Aktien nicht einem breiten Publikum, sondern einem kleinen ausgew~ihlten Kreis meist institutioneller Investoren angeboten. Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 302; Breuer, R. E. (1993) S. 546 f.; Yitzrath, A. (1995) S. 141. 5 Vgl. BOsl, K. (2001a) S. 76; Baumann, A. (1998) S. 412; Koch, U. (1991) S. 43; Jeschke, D. (1998b) S. 479; Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 64. FOr eine empirische Analyse zur Liquidit~it siehe Heilmann, K./L~ger, V./Oehler, A. (2000) S. 361 ft.

Bestimmung der B6rsenreife

61

400.000 bis 500.000 Aktien der Fall ist. 1 Wichtiger als das absolute Volumen ist jedoch der relative Anteil, der den Investoren zur Zeichnung angeboten wird. Es s o l l t e n - auch aus Anlegerschutziiberlegungen- mindestens 25 Prozent des Grundkapitals unter Beracksichtigung einer Kapitalerh6hung platziert werden, da hierdurch den Aktion~iren in Vergleich zu den Alteigentfimem eine qualifizierte Mehrheit einger~iumt wird. 2

Der erzielte Umsatz, welcher ebenfalls als Mal3 zur Bestimmung der Untemehmensgr6f3e eingesetzt wird, dient als weiteres Kriterium zu Beurteilung der Kapitalmarktf'~ihigkeit. Vor allem w~ihrend der 80er- und frtihen 90er-Jahre wurde diesem Kriterium eine besondere Bedeutung beigemessen. Vor dem B6rsenboom lag der Richtwert zwischen 25 und 35 Millionen Euro, stieg jedoch Ende der 90er-Jahre auf circa 50 Millionen Euro an. 3 Eine feste Umsatzgrenze ist angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit von Handels- und Produktionsums~itzen nur eingeschr~inkt zu empfehlen. 4 WETZEL (2003) zeigt in seiner Befragung zu B6rseng~ingen der Jahre 1999 bis 2001, dass jeweils fiber 60 Prozent der damaligen B6rseneinfahrungen ein Umsatzvolumen von 24 bis 49 Millionen Euro aufweisen. Ausgehend von dieser Analyse l~isst sich schlussfolgem, dass die Umsatzgr613e in einem freundlichen Kapitalmarktumfeld keinen Hinderungsgrund far einen B6rsengang darstellt. 5 In den letzten Jahren erfolgte somit, insbesondere bei B6rseng~ingen am Neuen Markt, vermehrt eine Abkehr vom absoluten

Kriterium

der

Umsatzgr613e

hin

zu

einer

Fokussierung

auf

die

1 Vgl. Mettler, A. (1990) S. 53; L6hr, A. (2000) S. 55. Als Freefloat werden die Aktien im Streubesitz bezeichnet. Ftir eine Untersuchung zu verschiedenen Einflussfaktoren der Liquidit~it siehe Freihube, T./Krahnen, J. P./Theissen, E. (2002) S. 255 ff.; Theissen, E. (2003) S. 1 ff. 2

Vgl. Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 33; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1263; Titzrath, A. (1995) S. 140; Berheim, A. U./Yraub, W. (1996) S. 64. Far eine Analyse des Anlegerschutzes in Verbindung mit den Zulassungsvoraussetzungen siehe Hopt, K. (1985) S. 109 f.; Schmidt, H. (1988). BUSSMANN (2001) spricht dagegen von einer minimalen, beziehungsweise keiner Anteilsabgabe durch die Altgesellschafter als Voraussetzung for einen erfolgreichen B6rsengang. Vgl. Bussmann, M. (2001) 90 ff.

3 Vgl. Bl~ittchen, W. (2000) S. 10; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1262 f.; Koch, U. (1991) S. 42; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 29 f.; Schlick, R. (1997) S. 89; Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 66; Kramer, K. (2000) S. 160; R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 125 ff. Baumann, A. (1998) S. 412; Jakob, E. (1998) S. 53; Jeschke, D. (1998b) S. 479; L6hr, A. (2000) S. 45. SCHRODER/STEIGER(1996) sprechen sogar von mindestens 150 Millionen Euro Mindestumsatz als Voraussetzung ftir die Kapitalmarktf'ahigkeit. Vgl. Schr6der, M./Steiger, M. (1996) S. 118. 4 Vgl. Jeschke, D. (1998b) S. 479. 5 Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 37. Zu einem ~ihnlichen Ergebnis kommt auch KRAMER(2000). Vgl. Kramer, K. (2000) S. 161.

62

Theoretische Grundlagen

zukunftsorientierte Messgr6Be Umsatzwachstum. 1 In der Literatur wird in der Regel ein tiberproportionales Umsatzwachstums im Vergleich zum Branchendurchschnitt vorausgesetzt. 2

In Anlehnung hieran wird die E r t r a g s k r a f l des B6rsenkandidaten als Kriterium zur Beurteilung der Emissionsf~ihigkeit herangezogen. 3 Die in der Literatur postulierte Umsatzrendite 4, welche als eine g/~ngige Kennzahl zur Messung der finanziellen Situation angesehen wird, schwanken zwischen drei und sechs Prozent vor Steuem. 5 Bei Verwendung dieser Relation i s t - /~hnlich wie auch beim bereits dargestellten Umsatzwachstum- insbesondere auf branchenspezifischen Besonderheiten zu achten. 6 Dariiber hinaus unterliegen die Prognosen yon Erfolgskennzahlen naturgem/~B einer grol3en Unsicherheit hinsichtlich ihrer Korrektheit. Daher wird in der Regel eine positive Entwicklung der Umsatzrentabilit~it mindestens w~ihrend der letzten drei Jahre vor dem B6rsengang erwartet. 7

Eng verbunden mit der zukt~nftigen Ertragskraft und wirtschafllichen Entwicklung des Unternehmens ist dessen Ausschfittungsfiihigkeit. s Eine wesentliche Voraussetzung ffir die Zahlung einer Dividende, welche einen Teil der j~hrlichen Verzinsung des eingesetzten Kapitals der Investoren darstellt, ist die M6glichkeit des Unternehmens, einen positiven Cash Flow zu erwirtschaften. 9 Der in Zukunft zu erwartende Jahres1 Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 82; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 129; Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 206. 2

Vgl. B6sl, K. (2001a) S. 74; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 30; Bergheim, A. U./Yraub, W. (1993) S. 1262; Bussmann, M. (2001) S. 90.

3 Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 123; Roelofsen, N. K. (2002) S. 51. 4 Die Umsatzrendite vor Steuern l~isst sich wie folgt berechnen: (Jahrestiberschuss + Steuern vom Einkommen, Ertrag und VermOgen)/Umsatz. Je hOher die Umsatzrendite, umso st~irker ist die Marktstellung des Unternehmens, und, umso leichter k6nnen eventuelle Kostenerh6hungen oder Preissenkungen verkraftet werden. Vgl. Btischgen, H. E. (2001) S. 1491. 5 Vgl. Carls, A. (1996) S. 110; B6sl, K. (1996b) S. 189; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 130; Jeschke, D. (1998b) S. 479; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 28; SchrOder, M./Steiger, M. (1996) S.118; Bl~ittchen, W. (2000) S. 10. 6

Vgl. B6sl, K. (2001a) S. 74; Btischgen, H. E. (2001) S. 1491; Carls, A. (1996) S. 108; BOsl, K. (1996a) S. 380.

7 Vgl. Carls, A. (1996) S. 110; Schlick, R. (1997) S. 91. 8 Vgl. Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 67; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 131. 9 Vgl. Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 32; B6sl, K. (2001a) S. 74; B1/~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 83; Zbinden, D. (2003) S. 27; Baumann, A. (1998) S. 410; B6sl, K. (1996a) S. 380; Jakob, E. (1998) S. 54.

Bestimmung der B6rsenreife

63

fiberschuss, beziehungsweise die daraus resultierende Ausschfittung, sollte mindestens dem Branchendurchschnitt entsprechen, jedoch 1,5 Prozent des Emissionspreises nicht unterschreiten und im Durchschnitt drei bis ~ n f Prozent fiber dem Marktdurchschnitt liegen. 1

Da die Wahrscheinlichkeit eines zukfinftigen Unternehmenserfolgs nicht ausschlief3lich mittels quantitativer Kriterien bestimmbar ist und diese Zahlen mal3geblich durch unterschiedliche Umweltbedingungen sowie die Anpassungsf~higkeit des Unternehmens beeinflusst werden, erfolgt nun die Darstellung ausgew~hlter qualitativer Kriterien.

2.5.3 Qualitative Kriterien Insbesondere die Ertrags- und Cash-Flow-Potenziale eines Unternehmens werden von der Wettbewerbsposition im Markt und fiberzeugenden Zukunftsperspektiven beeinflusst. 2 Viele der oben er6rterten quantitativen Faktoren k6nnen somit nur erffillt werden, sofern das Unternehmen einer Branche mit guten Wachstumsaussichten angeh6rt. 3 Dies

bedeutet

nicht

zwangsl~ufig,

dass

mr

den

B6rsengang

nur

Unternehmen geeignet sind, die in M~rkten mit hoher Attraktivit~t t~tig sind, vielmehr kommt es auf das Verh~ltnis von Marktattraktivit~t und Wettbewerbsposition des Unternehmens an. 4 Eine M6glichkeit zur Beurteilung dieses Kriteriums besteht in der Analyse der Produktpalette und deren Diversifikation sowie der korrespondierenden Stellung im Produktlebenszyklus.

Basierend auf dieser Bewertung erfolgt der

Vergleich mit Wettbewerbern der Branche im In- und Ausland. 5 Eine weitere M6glichkeit, welche von DREYE~OEHLER (2001) im Rahmen von Dienstleistungsunternehmen diskutiert werden, besteht in einer Analyse anhand der Wertkette nach

Vgl. Schlick, R. (1997) S. 91; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 132; Jeschke, D. (1998b) S. 479. 2 Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 132; Bergheim, A. U./Yraub, W. (1993) S. 1262; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 32; Kramer, K. (2000) S. 161. 3 Vgl. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 206; Bl~ttchen, W./Jasper, T. (1999) S. 22; B6sl, K. (1996b) S. 198; Titzrath, A. (1995) S. 146 f. 4 Vgl. Spannagl, J. (2001) S. 213; Carls, A. (1996) S. 115 ff. 5 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 54 f.; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 132; Schlick, R. (1997) S. 101.

64

Theoretische Grundlagen

Porter. 1 Dartiber hinaus spielen auch Bekanntheitsgrad und Image des Untemehmens eine entscheidende Rolle. 2

Die Equity Story nimmt im Rahmen eines B6rsengangs eine zunehmend wichtigere Rolle ein, denn ihr Zweck ist es, die Investoren tiber die Untemehmensaktivit~iten, die relevanten M~irkte und die Stellung der Gesellschaft im Wettbewerb zu unterrichten. 3 Gmnds~itzlich versteht man hierunter die Gesamtheit der durch das Untemehmen nach aul3en kommunizierten Argumente, die begrtinden, warum ein Investment in die Aktien der Gesellschaft far private wie institutionelle Anleger vorteilhafl sein kann. 4 Im Vordergrund stehen dabei nicht mehr der vergangene Umsatz und Ertrag, sondem eine stichhaltige und glaubwardige Untemehmensstrategie far die kommenden Jahre mit entsprechenden Zuwachsraten. 5 Die Branchenzugeh6rigkeit sowie die Wettbewerbsposition des Unternehmens bilden far diese Zwecke elementare Grundlagen. 6

KOCH/WEGMANN (2000) argumentieren, dass die Publizit~it eines der gr613ten Hemmnisse auf dem Weg zur B6rse darstellt. 7 Die Bereitschaft zur Information der Investoren und damit zur Kommunikation mit der Financial Community ist folglich ein weiteres, wichtiges Kriterium zum Erreichen der Kapitalmarktf~ihigkeit. 8 Insbesondere eine umfassende und regelm~iBige Information der Aktion~ire tiber die Entwicklung des Unternehmens, speziell tiber die Umsatz- und Ertragslage sowie fiber besondere Risiken und geplante Investitionen, ist hierbei hervorzuheben. 9 Ftir eine derartige Offnung des Unternehmens ist oftmals ein Umdenken des Managements und

l Vgl. Dreyer, D./Oehler, A. (2001). 2

Vgl. B6sl, K. (2001a) S. 76; Schlick, R. (1997) S. 102.

3 Vgl. Trobitz, H. H./Wilhelm, S. (1996) S. 168; Flach, U. E./Wilhelm, S. (1997) S. 105 f.; Christians, U. (2001) S. 266. 4 Vgl. L6hr, A. (2000) S. 104. Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 1000. Ftir eine Analyse zum Aufbau und Inhalt der Equity Story beim B6rsengang siehe Bussmann, M. (2001) S. 91 ft. Die erw~ihnten besonderen Eigenschaften des Untemehmens werden auch h~iufig als unique selling points bezeichnet. Vgl. Trobitz, H. H./Wilhelm, S. (1996) S. 168. 5 Vgl. Kramer, K. (2000) S. 160 ff.; Zbinden, D. (2003) S. 27. 6 Vgl. Flach, U. E./Schwarz, M. (2001) S. 1000. 7 Vgl. Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 33. 8 Vgl. Zbinden, D. (2003) S. 27 f.; Roelofsen, N. K. (2002) S. 50; Koch, U. (1991) S. 44; Jakob, E. (1998) S. 54; Kramer, K. (2000) S. 179. 9 Vgl. Jeschke, D. (1998a) S. 480; Baumann, A. (1998) S. 410; Christians, U. (2001) S. 266.

Bestimmung der B6rsenreife

65

der Altaktiongre dahingegen erforderlich, dass die neuen Aktiongre als Partner akzeptiert werden mfissen. ~

Die Struktur und O r g a n i s a t i o n des Unternehmens muss transparent und tibersichtlich sein, um den Investoren einen Einblick in die Aufbau- und Ablauforganisation sowie die BeteiligungsverhNtnisse zu erm6glichen. 2 Eine undurchsichtige und intransparente Unternehmens-

und Beteiligungsstruktur verschafft dem Management und den

Altgesellschaftern einen grol3en Spielraum Nr ManipulationsmOglichkeiten. 3 Insbesondere ist eine Trennung von Unternehmens und Gesellschaftersph~ire von elementarer Wichtigkeit. 4 Daraus

folgt, dass wirtschaftliche

Verflechtungen

mit den

Altgesellschaftern, beispielsweise eine direkte oder stille Beteiligung an einer gesch~iftstragenden Tochtergesellschaft, auf ein Minimum reduziert werden mfissen. 5

Als ein weiteres elementares Kriterium auf dem Weg zur B6rsenreife k6nnen die Effektivitgt und Planungssicherheit des Controllings 6 bezeichnet werden, welches seine F~ihigkeiten wiederum fiber mehrere Jahre unter Beweis gestellt haben sollte. 7 Erst durch die Gewinnung zeitnaher, umfassender und genauer Informationen ist das Management in der Lage, negativen Markttrends zu begegnen und Chancen am Markt zu nutzen, s Um diese Funktion zu gew~ihrleisten, sind insbesondere eine ad~iquate organisatorische Einordnung sowie eine geeignete Mitarbeiterbesetzung des Control-

1 Vgl. Baumann, A. (1998) S. 412; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1263; Carls, A. (1996) S. 104. Das Kriterium der Publizitgt ist far die Analyse der B6rsenreife trotz bestehender gesetzlicher Verpflichtungen elementar, da die gesetzlichen Regelungen nur das absolut unerlgssliche Minimum darstellen. Durch eine Begrenzung hierauf kann das Vertrauen der Investoren nicht gewonnen werden. 2 Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 135; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1262; Carls, A. (1996) S. 116; Blgttchen, W./Jasper, Y. (1999) S. 22; Koch, U. (1991) S. 43. 3 Vgl. Schlick, R. (1997) S. 104. 4 Vgl. Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 34. 5 Vgl. Jeschke, D. (1998b) S. 479. 6 Unter Controlling wird nach Becker (1999) eine integrierte Aufgabe der Unternehmensfahrung verstanden, die im Dienste der Optimierung von Effektivitgt und Effizienz das initialisierende Anstof3en sowie das wertsch6pfungsorientierte Ausrichten des Handelns von Betrieben sicherzustellen hat. Diese origingre Funktion des Controlling wird auch als Lokomotionsfunktion bezeichnet. Vgl. Becker, W. (1999) S. 4. 7

Vgl. Lubos, G. (2001) S. 169 f.; Jakob, E. (1998) S. 54; Blgttchen, W./Jasper, Y. (1999) S. 22.

s Vgl. Titzrath, A. (1995) S. 149; Kramer, K. (2000) S. 161. Ft~r eine ausfahrliche Darstellung von Informationssystemen in Rahmen des Controllings siehe Becker, W./Fuchs, R. (2004) S. 7 ff.

66

Theoretische Grundlagen

lings als Grundvoraussetzung unabdingbar. 1 Die Oberprfifung der unterschiedlichen Dokumentationen und Planungsgr6Ben kann unter anderem mittels eines Plausibilit~tsgutachtens, welches in der Regel eine Abweichungsanalyse der Ist-/Plangr6Ben der Vergangenheit beinhaltet, von einem unabh~ngigen Wirtschaftpr~fer erfolgen. 2

Obwohl zeitweise exogene Einflussfaktoren positive Entwicklungen innerhalb eines Unternehmens fiberlagern k6nnen, wird der Unternehmenserfolg wesentlich durch die strategischen Entscheidungen und Leistungen des Managements bestimmt. 3 Der GroBteil der oben analysierten Aspekte rekurriert somit auf das M a n a g e m e n t und die damit verbundene Unternehmensmhrung, denn dieses steht ffir die Erffillung der Faktoren und Kriterien. 4 BUSSMANN (2001) stellt in seiner Expertenbefragung im Herbst 1999 fest, dass ein nachweislich qualifiziertes Management, neben dem Vorliegen einer attraktiven Equity Story, als wichtigstes Kriterium mr einen erfolgreichen B6rsengang genannt wurde. 5 Die Befragung identifizierte gleichzeitig als gr6Bte Schwachstellen der B6rsenkandidaten eine unzureichende Managementqualifikation sowie mangelnde Managementkapazit~t. Diese Untersuchung best~tigt die Wichtigkeit der Unabh~ngigkeit des Unternehmens von einer einzelnen Person. 6 Gerade in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld mit relativ kurzen Produktlebenszyklen- einem Charakteristikum mr die Mehrzahl der B6rsenaspiranten w~hrend der letzten J a h r e ist ein flexibles Management erforderlich, das Marktver~nderungen frfihzeitig erkennt, deren Richtung und Zeitdruck zutreffend bestimmt, geeignete MaBnahmen daraus ableitet und diese anschlieBend zeitnah umsetzt. 7 Durch diese Abh~ngigkeit ergeben i Vgl. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 208; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1262. 2 Vgl. B~sl, K. (2001a) S. 76. 3 Vgl. Baumann, A. (1998) S. 412; Schlick, R. (1997) S. 102; Carls, A. (1996) S. 101 ff; Bl~ttchen, W./Jasper, T. (1999) S. 22; Titzrath, A. (1995) S. 147. Ffir eine Analyse der Bewertung von Humankapitel im Rahmen der Bewertung von Dienstleistungsunternehmen siehe Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 27 ff. 4 Vgl. Emmrich, V. (1996) S. 125 ff.; Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 208. 5 Vgl. Bussmann, M. (2001) S. 91 f. BUSSMANN(2001) ffihrte im Herbst 1999 eine Befragung von 55 Kreditinstituten zu den Anforderungen t~r einen erfolgreichen B6rsengang durch. Die Rficklaufquote betrug knapp 50 Prozent. Vgl. Bussmann, M. (2001) S. 88. 6 Vgl. Jeschke, D. (1998b) S. 479; Schlick, R. (1997) S. 102. Koch, U. (1991) S. 43; Carls, A. (1996) S. 103; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1262. Ffir eine Befragung von Unternehmen nach ihrem BOrsengang mit ~hnlichen Ergebnissen siehe Achleitner, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 35ff. 7

Vgl. Gulumjan, R./Mayer, M. (2001) S. 178; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 32; Spannagl, J. (2001) S. 213; Titzrath, A. (1995) S. 148. Ffir eine Analyse der strategischen Untemehmensf~hrung im Zusammenhang mit B6rseng~ngen siehe Emmrich, V. (2001) S. 223 ff.

Bestimmung der B6rsenreife

67

sich, wie DP,EYE~/OEHLER (2001) bemerken, insbesondere Risiken durch den Ausfall (Fluktuation) bestimmter, wichtiger Mitarbeiter. Dieses Risiko eines (Teil-) Verlustes vorhandenen Wissens kann jedoch durch Vernetzung von Informationstr~gem und die Nutzung von Datenbanken reduziert werden. 1 Als Beurteilungskriterien Dr ein qualifiziertes Management, die beispielsweise mittels eines Management-Audit analysiert werden k6nnen, lassen sich grunds~tzlich Kontinuit~t der Unternehmensffihmng, Erfahrung, Integrit~t, Fachwissen, Anpassungsbereitschaft und Transparenz des Handelns klassifizieren. 2

2.5.4 Analyse und Zusammenfassung Bei M~,ngeln bezfiglich der rechtlichen B6rsenreife besteht kein Beurteilungsspielraum. Ffir die darfiber hinaus diskutierten Kriterien existieren, weder in der Literatur noch in der Bankpraxis, allgemeingfiltige Richtwerte. 3 Insofem obliegt die Beurteilung der B6rsenf'~higkeit den Konsortialbanken und externen Beratern, die hierbei regelm~gig durch das Branchen- und Wettbewerbsumfeld beeinflusst werden. 4 TIZRATH (1995) spricht sogar davon, dass zahlreiche Spezialwerte nur durch den Erfolg in ihrem jeweiligen Marktsegment die B6rsenreife erlangt haben. 5 Somit t~hren wechselnde Einsch~tzungen und Anforderungen der Anleger dazu, dass differierende Anforderungen an b6rseninteressierte Unternehmen gestellt werden. 6

Vor der Boomphase waren unter anderem eine Mindestexistenz von drei bis ~ n f Jahren, ein Jahresumsatz von mindestens 100 Millionen DM sowie eine nachhaltige Ertragskraft mit ausschfittungsf~higen Gewinnen in der Vergangenheit und mit positiven Gewinnerwartungen far die Zukunft notwendige Bedingungen far einen

1 Vgl. Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 27. 2 Vgl. R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 133; Wolf, J. (1996) S. 185 ff.; Gulumjan, R./Mayer, M. (2001) S.178 ff.; Baumann, A. (1998) S. 412; B6sl, K. (2001a) S. 74; 0,Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 208 f.; Koch, W./Wegmann, J. (2000) S. 32; Roelofsen, N. K. (2002) S. 50; Jakob, E. (1998) S. 53; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 83. 3 Vgl. Car|s, A. (1996)S. 97: Bergheim, A. U./Traub, W. (1993)S. 1261. 4 Vgl. Schlick, R. (1997) S. 105 ft. Jakob, E. (1998) S. 53. So werden insbesondere in Haussephasen weniger strenge Anforderungen an den Emittenten und die Er~llung der B6rsenreife gestellt, als in Baissephasen. 5 Vgl. Yitzrath, A. (1995) S. 146. 6

Vgl. LOhr, A. (2000) S. 45 ff.; Roelofsen, N. K. (2002) S. 52; Schlick, R. (1997) S. 105 ff.; Car|s, A. (1996) S. 177 ff.

68

Theoretische Grundlagen

B6rsengang. Daraus wird deutlich, dass zu diesem Zeitpunkt die B6rsenreife der IPOKandidaten vor allem nach vergangenheitsorientierten, finanziellen Gesichtspunkten beurteilt wurde. ~ W~ihrend des B6rsenbooms setzten sich hingegen zukunftorientierte Anforderungen wie ausreichendes Wachstum oder positive, prognostizierte Umsatzund Ertragsentwicklungen als Bewertungskriterien zur Bestimmung der B6rsenreife durch. 2 Dartiber hinaus ist festzustellen, dass seit Mitte der 90er-Jahre eine origin~ire Equity Story an Bedeutung gewinnt, die Unternehmensgr613e jedoch nur noch eine sekund~ire Rolle spielt. 3

Eine rigide Festlegung bestimmter Untergrenzen far quantitativ messbare Gr613en erscheint auch nicht zweckmgBig, da die Beurteilung eines Untemehmens vor dem gesamten Hintergrund erfolgen muss. 4 So k6nnen einzelne negative Kriterien durch relevante positive Eigenschaften kompensiert werden. 5 Denkbar ist zum Beispiel, dass der Umsatz unter dem Branchendurchschnitt liegt, die Ertragskraft jedoch weit t~berdurchschnittlich ausfgllt. Insofem wt~rde eine starre Vorgabe von zu erfallenden Mindestwerten eine Kapitalaufnahme zahlreicher Untemehmen und somit deren Wachstum in unzweckmgBiger Weise behindern. Darfiber hinaus k6nnen Erfolge der Vergangenheit nicht automatisch als Garant far eine positive Entwicklung in der Zukunft angesehen werden. Somit ist den qualitativen Voraussetzungen zur Erfallung der B6rsenreife und hierbei insbesondere dem Management eine exponierte Stellung beizumessen. 6

Aufgrund der zahlreichen Firmeninsolvenzen nach dem abrupten Zusammenbruch des Neuen Marktes und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes der Investoren in B6rsenggnge stellt sich die Frage, ob die B6rsenreife mit den nachfolgend zu

1

Vgl. Baumann, A. (1998) S. 410; Titzrath, A. (1995) S. 139 f.; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 123; Bergheim, A. U./Traub, W. (1993) S. 1261; Kramer, K. (2000) S. 160 f.; Jeschke, D. (1998a) S. 479.

2 Vgl. Trobitz, H. H./Wilhelm, S. (1996) S. 168; B6sl, K. (2001a) S. 73; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 123; L6hr, A. (2000) S. 14; Baumann, A. (1998) S. 410 f.; Blgttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 83; Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 68; Jakob, E. (1998) S. 54; Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 206; Spannagl, J. (2001) S. 211. 3 Vgl. Kramer, K. (2000) S.161; Baumann, A. (1998) S. 412. 4 Vgl. B6sl, K. (2001a) S. 73; Carls, A. (1996) S. 97. Ft~r eine Analyse von Dienstleistungsuntemehmenanhand der Wertkette nach Porter siehe Dreyer, D./Oehler, A. (2001). 5 Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 52. 6 Vgl. Spannagl, J. (1996) S. 113.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

69

analysierenden Zulassungsvoraussetzungen u n d - f o l g e p f l i c h t e n zweifelsfrei festgestellt werden kann.

2.6

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

2.6.1 Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen Nach der grunds/atzlichen Entscheidung ftir ein IPO muss vom Emittenten im Rahmen der Analyse der B6rsenreife die wichtige Entscheidung fiir einen B6rsenplatz beziehungsweise ein Marktsegment passend zum U n t e m e h m e n gef~illt werden. Hier stehen zum einen verschiedene B6rsenpl/itze im In- und Ausland, wie FWB 1, NYSE 2 oder

N A S D A Q 3, und

zum

anderen

verschiedene

horizontale

und

vertikale

i Die Frankfurter Wertpapierb6rse (FWB) ist der bedeutendste B6rsenplatz in Deutschland. Theissen, E. (2004) S. 139 ff. Das oberste Organ der FWB ist, sowie an jeder anderen deutschen B6rse, der B6rsenrat, der die grunds/itzlichen Entscheidungen, wie den Erlass der B6rsen- oder Gebtihrenordnung, trifft. Die laufende Leitungsfunktion der B6rse nimmt die B6rsengesch/iftsfiihmng in eigener Verantwortung war, deren Mitglieder auf hOchstens fiinf Jahre bestellt werden. Weitere wichtige BOrsenorgane im Rahmen von B6rseng~ingen sind Zulassungsstelle und Zulassungsausschuss, die tiber die Zulassung yon Wertpapieren zum Amtlichen und Geregelten Markt entscheiden. Ftir eine ausftihrliche Darstellung der einzelnen B6rsenorgane siehe Ktimpel, S. (2004) sowie das B6rsengesetz, insbesondere w 3, w 3c und w37 B6rsG. Ftir eine kurze Darstellung siehe Zacharias, E. (2001) S.177 ft.' Knips, S. (2000) S. 353 ff. 2 Die New York _Stock_Exchange (NYSE) z~ihlt neben der National Association of_Securities Dealers Automated Quotation (NASDAQ) zu den gr6Bten und wichtigsten B6rsen weltweit. Ftir eine Darstellung ausl~indischer B6rsen und B6rsenpl/itze siehe Johannig, L. (2001) S. 403 ff.; Toepfer, T. (1999) S. 21 ff. 3 Die NASDAQ ist der wohl bekannteste B6rsenplatz ftir Innovations- und Wachstumsuntemehmen und gewann vor allem w/ahrend des B6rsenbooms an Bedeutung. Die NASDAQ ist ein elektronisches Kursinformations- und Handelssystem, das von der National Association of Securities Dealers (NASD) betrieben wird. Vgl. Biischgen, H. E. (2001) S. 1041 f.

70

Theoretische Grundlagen

Marktsegmente innerhalb Deutschlands zur A u s w a h l (siehe auch Abbildung 6). 1

Entscheidung for einen BOrsenplatz bzw. ein Marktsegment

Deutschland

International

Vertikales Marktsegment

Unterschiedliche B6rsenpl~itze

Horizontales Marktsegment

Vereinzelt unterschiedliche Marktsegmente

Abbildung 6: Entscheidung for einen B6rsenplatz beziehungsweise ein Aktienmarktsegment im Rahmen des B6rsengangs 2

10ehler, (2006) zeigt, dass Finanzm~irkte bzw. die Wertpapierb6rsen als Finanzintermedi~ire charakterisiert werden k6nnen, die in Interessenkonflikt oder -harmonie mit anderen am Wertpapierhandel beteiligen Finanzintermedi~ire wie Banken und Brokem existieren. Vgl. Oehler, A. (2006) S. 78. Siehe hierzu auch Oehler, A. (2000c); Oehler, A. (2000d). FOr den Begriff,,B6rse" existiert bis zum heutigen Zeitpunkt keine Legaldefinition. Jedoch haben sich Rechtsprechung und Schrifttum auf einen institutionellen B6rsenbegriff geeinigt. Hierunter wird eine regelm~il3ig am gleichen Ort stattfindende Veranstaltung mr Kaufleute verstanden, auf der vorwiegend Grol3handelsgesch~ifte nach genau fixierten Regeln tiber dort zugelassene Gegenst~inde abgeschlossen werden k6nnen. Wesentliches Kriterium des B6rsenbegriffs ist somit der Ort, an dem die Handelsteilnehmer pers6nlich oder durch ihre Mitarbeiter (B6rsenhfindler) physisch pr~isent sind, um ihre for die B6rsengeschafte erforderliche Willenserkl~imng abgeben zu kOnnen. Vgl. Oehler, A. (2000c) S. 351 ff.; Oehler, A. (2000d) S. 21 ff.; Bitz, M./Schmidt, H. (1999) S. 1 ff.; Bl~ittchen, W. (2001) S. 429; Schltiter, U. (2000) S. 204; Wastl, U. (1999) S. 625; Schanz, K. (2000) S. 334; KOmpel, S. (2004) S. 2223 ff.; Schmidt, H./Prigge, S. (2001) S. 392. Bei elektronischen Computerb6rsen, wie XETRA (Exchange Electronic Trading) oder NASDAQ, erfolgt der Handel von verschiedenen Lokalit~iten aus. Daher sind sie nicht mit dem klassischen institutionellen B6rsenbegriff vereinbar. Eine abschliel3ende L6sung ist weder in der Rechtssprechung noch in der Literatur zu finden. Im Rahmen dieser Arbeit werden Computerb6rsen jedoch aus Vereinfachungsg~nden als B6rsen behandelt und diese somit nicht weiter unterschieden. Oehler, A. (2001) S. 889 f.' Rosen, R. von. (2001) S. 357 ff.; Theissen, E. (2004) S. 145. 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an die nachfolgend dargestellte Literatur. Ftir eine Darstellung der europfiischen Wachstumsb6rsen siehe Goergen, M. et al. (2003); Giudici, G./Roosenboom, P. (2004) S. 25 ff.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

71

Aus der Sicht der Emittenten ist neben den anfallenden Kosten 1 vor allem die Liquidit~it 2 des B6rsenplatzes beziehungsweise des Marktsegmentes das mal3gebliche Entscheidungskriterium. 3 Eine B6rse beziehungsweise ein Marktsegment ist folglich umso attraktiver, je geringer die Transaktionskosten sind und je h6her damit einhergehend die Marktliquidit~it ausf~illt. 4 Dartiber hinaus k6nnen neben der Branche und dem Bekanntheitsgrad des Unternehmens auch Gr613e und Image 5 der B6rse beziehungsweise des Marktsegments sowie die jeweiligen Publizit~itsanfordemngen und die bereits bestehenden Listings von Konkurrenten als weitere Ermessenskriterien herangezogen werden. 6

Innerhalb Deutschlands existieren zwischen den einzelnen B6rsenpl~itzen speziell in Rechtsfragen hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten nur

1 Neben den einmaligen und laufenden Kosten far die Aktiennotierung fallen hierunter insbesondere die Transaktionskosten. Diese lassen sich unterteilen in direkte Transaktionskosten, in Form von Bankgebtihren oder Makler-Courtage, und in indirekte Transaktionskosten, die dadurch entstehen, dass sich durch die Auftragserteilung der Preis des Wertpapiers in eine fiir den Auftraggeber ungtinstige Richtung bewegt. Vgl. Yheissen, E. (2002a) S. 209; Corwin, S. A./Harris, J. H. (1999). 2 Ein Aktienmarkt gilt als liquide, wenn Wertpapiere auch in grOl3erer Zahl kurzfristig und ohne Einfluss auf den Preis gehandelt werden k6nnen. Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 209. Siehe auch Kempf, A. (1998) S. 299 ff.; Schmidt. H./Iversen, P. (1991) S. 209 ft. FOr eine Darstellung des Zeitund Kostenaspekts der Liquidit~it siehe Theissen, E. (1998a) S. 56 ff. Ftir einen kurzen Oberblick siehe auch Subkapitel 2.2.4.2. 3 Vgl. Perlitz, M./Peske, Y./Heckert, I. (1998) S. 36 f.; Corwin, S. A./Harris, J. H. (1999); Zbinden, D. (2003) S. 30; Yh'eissen, E. (2002a) S. 209; POllinger, B. M. (1996) S. 207; Jakob, E. (1998) S. 65; L6hr, A. (2000) S. 113; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 103. 4 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 209, Corwin, S. A./Harris, J. H. (1999). 5 Nach BLATTCHEN/JACQUILLAT(1999) ist bei der Wahl des BOrsenplatzes beziehungsweise Marktsegmentes auch darauf zu achten, dass das Image der B6rse das des Unternehmens unterstiitzt. Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 105. 6

Vgl. Last, M. (2001) S. 338; Jeschke, D. (1998b) S. 489; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 107. Weitere Grtinde ftir die B6rsenplatzentscheidung institutioneller Investoren finden sich in der Untersuchung von SCHIERECK (1996). Untersuchte Kriterien sind unter anderem Transaktionskosten, Liquidit~it, Markteffizienz, Markttransparenz und Insiderschutz. Vgl. Schiereck, D. (1996) S. 1057 ff. Neben den er6rterten Kriterien suchen sich die Emittenten den Markt mit den far ihre Transaktionsmotive gtinstigsten (regulatorischen) Rahmenbedingungen aus. Diese Vorgehensweise wird dadurch verst~irkt, dass technisch der Zugang zu den unterschiedlichen B6rsen sowie Marktsegmenten kein Problem darstellt. Hierdurch stehen die einzelnen Handelspl~itze untereinander in einem starken WettbewerbsverhNtnis um Emittenten, Marktkapitalisierung und Handelsums~itze. Vgl. Oehler, A. (2006) S. 267 ff.; Oehler, A. (2000c) S. 351 ff.; Heilmann, K. R. (2002); Johannig, L. (2001) S. 402. FOUCAULT/PARLOUR(2004) zeigen in ihrem theoretischen Modell, dass gewinnmaximierende B6rsen, die in Konkurrenz zueinander stehen, verschiedene Ausgestaltungsformen in Bezug auf Zulassungsvoraussetzungen, Handelssysteme und Gebtihren w~ihlen. Vgl. Foucault, T./Parlour, C. A. (2004) S. 329 ff.

72

Theoretische Grundlagen

marginale Unterschiede. 1 Dies ist insbesondere auf die im B6rsengesetz geregelte einheitliche und allgemeingtiltige Segmentierung der deutschen Aktienm/arkte in die 6ffentlich-rechtlich geregelten Teilbereiche Amtlicher Handel und Geregelter Markt sowie in den privatrechtlich organisierten Freiverkehr zurtickzuftihren. An der FWB bestanden dadiber hinaus die privatrechtlich organisierten Segmente Neuer Markt und SMAX (Smallcaps Exchanges). Seit 1. Januar 2003 unterteilen sich die Segmente der FWB in den Prime Standard und General Standard. Diese Marktsegmente wurden durch die EinFtihrung des 4. Finanzmarktf6rderungsgesetzes erm6glicht. 2

Bevor nun die Segmentierung der FWB unter besonderer Berticksichtigung der Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten n~iher beschrieben werden kann, folgt zun~ichst eine Abgrenzung der Begriffe Prim~ir- und Sekundarmarkt sowie eine umfassende Erl/auterung zu den Begriffen der vertikalen und horizontalen Marktsegmentierung.

2.6.2 Differenzierung zwischen Prim~'r- und Sekundiirmarkt Das B6rsengesetz untergliedert den B6rsenhandel in verschiedene Handelssegmente und unterscheidet formal zwischen dem Prim~irmarkt, welcher die Zulassung von Wertpapieren zum B6rsenhandel umfasst, und dem Sekund/armarkt, welcher den anschliel3enden Handel der Wertpapiere nach dem erstmaligen Verkauf beinhaltet. 3 Der Prim~irmarkt regelt somit die Interaktion zwischen dem Unternehmen als Verk~iufer und den Investoren als K~iufer der zu emittierenden Aktien. 4 Beim Sekund/armarkt handelt es sich in zeitlicher Hinsicht demnach um einen dem Prim~irmarkt nachgeordneten Markt, auf dem zwischen verschiedenen Anlegern

1 Zu den Unterschieden in Bezug auf die Zulassungvoraussetzungen und -folgepflichten siehe die Subkapitel 2.6. 2 Ftir eine ausNhrliche Analyse auch zu den Anderungen durch das 4. Finanzmarktf6rderungsgesetz siehe Ktimpel, S. (2004) S. 2224 ff. 3 Vgl. Oehler, A. (2000d) S. 21; Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 3; Btischgen, H. E. (2001) S. 1195. Hopt, K. J. (2001) S. 120. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ftir den deutschen Prim/armarkt haben ihre Wurzeln im B6rsengesetz, welches am 1. Januar 1897 in Kraft getreten und gleichermal3en ftir die Struktur des Sekund~irmarktes verantwortlich ist. Ftir eine ausf'tihrliche Analyse der kapitalmarktrechtlichen Ausrichtung des B6rsenrechts durch die verschiedenen Novellierungen des B6rsengesetzes siehe Ktimpel, S. (2004) S. 2216 ff. 4

Vgl. Btischgen, H. E. (2001) S. 1195; Toepfer, T. (1999) S. 8 ff.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

73

Markttransaktionen durchgefahrt werden, da diese zum Zweck der Portfolioumschichtung Wertpapiere kaufen oder verkaufen. 1

An der Schnittstelle zwischen Prim~ir- und Sekundgrmarkt liegt auch das in Kapitel 4 noch n~iher zu analysierende Underpricing-Phgnomen. Wie bereits erwghnt, handelt es sich hierbei um die unterschiedliche Bewertung derselben Finanztitel auf dem Prim~irund Sekund~irmarkt. In der Regel liegen hierbei die Prim~irmarktpreise, und somit die Emissionspreise, unterhalb der sich unmittelbar einstellenden Sekundarmarktpreise. 2 Allerdings kann aufgrund fehlender Informationen nicht abschliel3end geklgrt werden, ob entweder der Emissionspreis aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen zu niedrig angesetzt wird oder das Niveau des Sekundgrmarktpreises im Sinne rationaler Erwartungsnutzenmaximierung zu hoch liegt. Wie noch zu zeigen sein wird, spricht die empirische Evidenz jedoch far die Tatsache, dass der Sekundgrmarktpreis aufgrund hoher Nachfrage, insbesondere w~ihrend der Aktienboomphase, fiber dem rational gerechtfertigten Niveau liegt.

2.6.3 Differenzierung zwischen vertikaler und horizontaler Marktsegmentierung Im Gegensatz zu den zentralistischen Strukmren vieler anderer Staaten ist die deutsche B6rsenlandschaft traditionell durch eine Zersplitterung in Regionalb6rsen geprggt. 3 Unter horizontaler Segmentierung versteht man eben diese Aufgliederung des deutschen Aktienmarktes in die unterschiedlichen Regionalb6rsen, wodurch ein gleichzeitiger Handel von Wertpapieren an verschiedenen B6rsenplgtzen erm6glicht wird. 4 Bis 1934 gab es 21 Wertpapierb6rsen in Deutschland, von denen gegenwgrtig nur noch acht B6rsen in Hamburg, Bremen 5, Hannover, Berlin, Dt~sseldorf, Frankfurt,

1 Vgl. Oehler, A. (2000d) S. 21; Toepfer, T. (1999) S. 9 ff.; BiJschgen, H. E. (1997) S. 99; Bt~schgen, H. E. (2001) S. 1315. 2 Vgl. Neus, W./Hirth, H. (2001) S. 1309 ft. 3 Ftir eine Darstellung des europaischen B6rsenwettbewerbs siehe Oehler, A. (2000c) S. 351 f.; Oehler, A. (2000d) S. 8 ft. 4 Vgl. Bitz, M./Schmidt, H. (1999) S. 26; Hunger, A. (2001) S. 51; Schmidt, H. (1988) S. 45. FOr eine Analyse des B6rsenwettbewerbs siehe ausffihrlich Oehler, A. (2000c) S. 354 ft. Ftir eine Analyse m6glicher Wettbewerbsstrategien siehe Oehler, A. (2000d) S. 50 ft. 5 Die B6rsen Berlin und Bremen schlossen sich 2003 zur B6rse Berlin-Bremen zusammen. Da aber auch weiterhin an beiden Orten ein B~rsenhandel stattfindet, werden sie hier getrennt aufgez~ihlt. Zum 4. Juli 2005 abemahm die SWX Swiss Exchange die Bremer Wertpapierb6rse.

74

Theoretische Grundlagen

Stuttgart und Mtinchen existieren. 1 Wie OEHLER (2000) zeigt, wird die dominierende Rolle, die die Berliner B6rse vor dem Zweiten Weltkrieg innehatte, heute v o n d e r Frankfurter Wertpapierb6rse eingenommen. 2 Die elektronische Handelsplattform XETRA wird ebenfalls als B6rse bezeichnet. 3 Eine Schliel3ung der kleineren deutschen

Regionalb6rsen wird

seit l~ingerem diskutiert,

da den gestiegenen

Uberwachungsaufgaben rtickl~iufige Einnahmen gegentiberstehen. 4 So liel3 beispielsweise die BASF AG als erster DAX-Wert ihre Wertpapiere nur noch an der Frankfurter Wertpapierb6rse und nicht mehr an den anderen Regionalb6rsen notieren. 5

Im Gegensatz zur horizontalen Segmentierung des Aktienmarktes in unterschiedliche B6rsenpl~itze kann das Wertpapier bei der vertikalen Segmentierung jeweils nur einem Segment zugeordnet werden. 6 Die vertikalen Marktsegmente werden in Deutschland durch das B6rsengesetz (B6rsG), welches erstmals am 1. Januar 1897 in Kraft trat, abschliel3end geregelt. Mit der Anderung des B6rsG durch das B6rsenzulassungsgesetz 1987 wurden neben dem Amtlichen Handel die Marktsegmente Geregelter Markt und Freiverkehr als vertikale Segmente eingeftihrt. Die insgesamt relativ homogenen Segmente verleihen den an ihnen gehandelten Wertpapieren aufgrund der unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten graduell abgestufte Gtitesiegel, die den Marktteilnehmern eine realistische Einsch~itzung beztiglich Mindestqualit~it und-liquidit~it der gehandelten Titel erlauben. 7

1 Bereits vor einigen Jahrhunderten wurden an den damaligen Finanzzentren B6rsen gegriindet. So entstanden bereits 1479 die Augsburger B6rse und 1535 die B6rse in Frankfurt. Die Berliner B6rse wurde 1685 ins Leben gerufen. Vgl. Hunger, A. (2001) S. 52. 2 Vgl. Oehler, A. (2000d) S. 49. Siehe hierzu auch Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 12; Rosen, R. v. (2001) S. 357; Zacharias, E. (2001) S. 175 ft.; Theissen, E. (2004) S. 145; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 36. 3 Vgl. Theissen, E. (2004) S. 145. Siehe hierzu auch Oehler, A. (2001) S. 889 f. 4 Ftir eine kurze Diskussion zu den m6glichen Strategien der Regionalb6rsen, wie Kooperationen und Spezialisierung, im Zeitalter der Globalisierung und des Computerhandels siehe Peterhoff, W. P. (1997) S. 44 ff. Ftir eine Darstellung der Wettbewerbsfaktoren siehe Oehler, A. (2000c) S. 354; Oehler, A. (2000d) S. 60. 5 Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 176 f.; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 46 f. 6

Vgl. Oehler, A. (2000d) S. 42; Bitz, M./Schmidt, H. (1999) S. 25 f.; Hunger, A. (2001) S. 51.

7 Vgl. R6dl, B./Zinser, Y. (2000) S. 46; Schlick, R. (1997) S. 59. Ftir eine ausftihrliche Analyse des Anlegerschutzes siehe Oehler, A. (2004).

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

75

Unterscheidung nach Marktsegmenten 9 Am B6rsenplatz verfi~gbares Marktsegment Neuer Markt SMAX Amtlicher Handel Geregelter Markt Freiverkehr I Frankfurt

[

[

Stuttgart Mt~nchen

l ...

~ Unterscheidung " nach B6rsenpl~tzen

Abbildung 7: Horizontale und vertikale Segmentierung des deutschen Aktienmarktes 1

Die vertikale und horizontale Segmentierung des deutschen Aktienmarktes vor den Anderungen durch das 4. Finanzmarktf6rdemngsgesetz l~sst sich mittels Abbildung 7 zusammenfassend darstellen. Hierbei wird deutlich, dass die gesetzlich festgelegte vertikale Marktsegmentierung in Amtlicher Handel, Geregelter Markt und Freiverkehr an jedem B6rsenplatz vorzufinden waren, und dass nur in Frankfurt zwei weitere, privatrechlicht organisierte Segmente zur Auswahl standen. 2

Die bisher dargestellte Marktsegmentierung im Sinne des B6rsengesetzes ist jedoch nicht mit einer Marktsegmentierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu verwechseln. Hierunter wird die Aufteilung eines Gesamtmarktes beztiglich ihrer Marktreaktion in intern homogene und untereinander heterogene Untergruppen (Marktsegmente) sowie Eigene Darstellung. Die horizontale und vertikale Segmentierung des Aktienmarktes bezieht sich auf die Zeit vor den Anderungen durch das 4. Finanzmarktf6rderungsgesetze, da jene Segmente in der in Kapitel 4 durchgefiihrten empirischen Untersuchung im Mittelpunkt stehen. Nach der aktuellen Gesetzeslage wtirden in Frankfurt die Segmente Prime Standard und General Standard zur Auswahl stehen und an den Regionalb6rsen die Segmente Amtlicher Markt und Geregelter Markt. Die aktuelle Segmentierung bezogen auf die Frankfurter WertpapierbOrse wird in Subkapitel 2.6.5 kurz dargestellt. FOr eine Darstellung des Inter-B6rsenwettbewerb in Abh~ngigkeit der Marktsegmentierung siehe Oehler, A. (2005) S. 83; Oehler, A. (2000c) S. 354. 2 Eine kurze Darstellung von Neuer Markt und SMAX erfolgt in Abschnitt 2.6.4 in diesem Subkapitel. In diesem Zusammenhang muss noch erw~hnt werden, dass auch der aul3erb6rsliche Telefonhandel existiert, der aber in Bezug auf Emissionen keine Rolle spielt. Vgl. R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 47; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 37.

76

Theoretische Grundlagen

die Bearbeitung eines oder mehrerer dieser Marktsegmente verstanden. 1 Mit dieser generellen Methodik wird das Ziel verfolgt, Produkte und Dienstleistungen far die Bedt~rfnisse spezieller Zielgruppen anzubieten und zu entwickeln. 2 Bezogen auf die Marktsegmentierung k6nnte somit jeder Handel, der sich durch Besonderheiten bezt~glich seiner Durchfahrung, der gehandelten Wertpapiere oder der jeweiligen Marktteilnehmer abgrenzen 1/~sst, als ein eigenstgndiges Marktsegment betrachtet werden. 3

Ftir die Segmentierung der Aktienm/irkte im Sinne des B6rsengesetzes werden in der Literatur verschiedene Grtinde angegeben. So spielt historisch betrachtet das jeweilige Handelsverfahren4 eine grol3e Rolle, welches sich nach dem gehandelten Umsatzvolumen richtet. 5 In jtingster Zeit hingegen, auch aufgrund zahlreicher technischer Innovationen 6, spielen

vor

allem

die

Kundenwtinsche

der

Investoren

eine

entscheidende Rolle. Dies ist darauf zu~ckzufahren, dass die modeme B6rse als Finanzdienstleistungsuntemehmen agiert und somit ihren Service marktgerecht differenzieren muss. 7 Als weiterer wichtiger Grund kann der Schutz der Investoren durch die Wahl der entsprechenden und geeigneten Zulassungsvoraussetzungen angefahrt werden. Um dies zu erreichen, sollten nach SCHMIDT (1988) die Anforderungen far die B6rsenzulassung im B6rsensegment besonders streng sein. Da~ber hinaus sollten jedoch in den darunter liegenden Segmenten entsprechende Erleichterungen gelten. Bei dieser Vorgehensweise ist davon auszugehen, dass sich mehr Emittenten far die B6rse gewinnen lassen. 8 Die nachfolgend zu erl/~utemden Zulassungsvoraussetzungen der einzelnen Marktsegmente zielen auf den Schutz der Anleger im Prim~irmarkt ab. Das inh~rente Ziel der

Vgl. Bauer, E. (1977) S. 59 ff.; B6hler, H. (1997). 2 Vgl. Koch, J. (2004) S. 200; Becker, J. (1998) S. 246 ff. 3 Vgl. Claussen, C. P. (2000) S. 460; Baums, T. (1997) S. 110. 4 Ftir eine kurze Darstellung siehe Subkapitel 2.2.4.2 sowie zur B6rsenkursbildung im Besonderen Oehler, A. et al. (2003) S. 503 ff.; Oehler, A./Heilmann, K./L/~ger,V. (2001); Theissen, E. (2004) S. 139 ff.; Schmidt, H./Prigge, S. (2001) S. 395; Theissen, E. (1998a) S. 7 ff. 5 Far eine ausflihrliche Darstellung der Segmentierung anhand des Umsatzvolumens siehe Bitz, M./Schmidt, H. (1999) S. 26 f. 6 Ft~reine ausfahrliche Beschreibung zu den Entwicklungen der Handelsverfahren siehe Theissen, E. (2004) S. 146 ff. 7

Vgl. hierzu und im folgenden Bitz, M./Schmidt, H. (1999) S. 26.

8 Vgl. Schmidt, H. (1988) S. 41 f.; Oehler, A. (2004); Oehler, A. (2000d) S. 16 ff.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

77

Zulassungsfolgepflichten ist darauf aufbauend die St~rkung des Anlegerschutzes am Sekund~rmarkt.

2.6. 4 Marktsegmentierung der FWB vor 2003 2.6. 4.1 Vertikale Segmentierung der FWB Bis

2003

lieBen

sich

grunds~tzlich

drei

durch

das

B6rsengesetz

geregelte

Marktsegmente unterscheiden: der Amtliche Handel, der Geregelte Markt und der Freiverkehr. An der FWB existierten darfiber hinaus noch die privatrechtlich organisierten Marktsegmente Neuer Markt und SMAX, welche als Qualit~tssegmente konzipiert waren und somit strengere Auflagen bez~glich Transparenz und Publizit~t aufwiesen. 1

Ft~r die empirische Analyse in Kapitel 4 ist insbesondere der Neue Markt von besonderer Bedeutung, der daher kurz dargestellt werden soll. 2 Dieses Marktsegment wurde in Anlehnung an die NASDAQ geschaffen, um innovativen Wachstums- und Technologieunternehmen der New Economy in Deutschland eine entsprechende Handelsplattform zu bieten. 3 Der Neue Markt wurde wegen der fehlenden gesetzlichen Erm~chtigungsgrundlage im B6rsengesetz als privatrechtlich organisiertes Marktsegment errichtet und basierte in erster Linie auf dem Regelwerk Neuer Markt, das durch seine privatrechtliche Natur schnelle und formlose Anderungen erlaubte. 4

Voraussetzung mr den Handel im Segment Neuer Markt war zun~chst die Zulassung der Aktien zum Geregelten Markt, was bedeutet, dass die Zulassungsbedingungen dieses Marktsegmentes erffillt werden mussten. 5 Mit dem Antrag auf Zulassung zum Neuen Markt verzichtete der Emittent anschliel3end auf die Notierung im Geregelten Vgl. Harrer, H. (2001) S. 53; Beminghaus, J. (2001) S.45; Deutsches Aktieninstitut e.V. (2001) S. 17. 2 Ft~r eine ausffihrliche Darstellung siehe Burghof, H./Hunger, A. (2004) S. 299 ff.; Francioni, R. (2001) 1579 ff.; Theissen, E. (1998b); Hunger, A. (2001) S. 68 ff.; Hunger, A. (2003) S. 1 ff.; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 51 ff. 3 Unter innovativen Wachstums- und Technologieunternehmen werden t~blicherweise Gesellschaften aus den Bereichen Internet, Telkommunikation oder Biotechnologie subsumiert. Wesentliches Kriterium f~r die Zuordnung ist dabei das t~berdurchschnittliche Wachstumspotenzial des Unternehmens. Vgl. Beike, R./KOttner, A./Schlt~tz, J. (2000) S. 7 f.; Kramer, K. (2000) S. 224 f. 4 Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 197 ff. 5 Vgl. Schmidt, R. (2001) S. 176.

78

Theoretische Grundlagen

Mark und musste gleichzeitig weitere Zulassungsbedingungen des Marktsegmentes Neuer Markt erfallen. 1 Im Falle des Neuen Marktes musste neben der Zulassungsstelle, die fiber die Zulassung zum Geregelten Markt zu entscheiden hatte, auch der Vorstand der Deutschen BOrse AG die Aufnahme in den Neuen Markt befarworten. Kriterien

far

einen

positiven

Beschluss

waren

hierbei

unter

anderem

die

voraussichtliche Einhaltung des Regelwerkes des Neuen Marktes, die Erwartung eines b6rsenm~iBigen Marktes sowie eine m6glichst geringe Gef~ihrdung von Anlegerschutzinteressen. 2 Angesichts der zahlreichen Firmeninsolvenzen stellt sich hierbei die Frage, ob entweder der Vorstand der Deutschen B6rse AG aufgrund des Wettbewerbsdrucks fallweise eine eher nachl~issige Prfifung durchfahrte oder die B6rsenaspiranten nur unzureichend und schwer zu beurteilen waren. Die Deutsche B6rse AG konnte durch dieses zweistufige Verfahren zur Zulassung der Aktien zum Neuen Markt erreichen, dass die Notierung am Neuen Markt einerseits der staatlichen Aufsicht unterlag und andererseits der Neue Markt im Sinne des Gesetzes fiber Kapitalanlagen den Status eines organisierten B6rsensegmentes erlangte. Letzteres war far institutionelle Investoren, wie beispielsweise Investmentfonds, von grof3er Bedeutung, da sie hierdurch ihr m6gliches Anlageuniversum erweiterten. 3 Das am 26. April 1999 von der Deutschen B6rse AG eingefahrte Segment SMAX wurde

als

Qualit~itssegment ebenfalls

far

kleinere

Untemehmen

konzipiert.

Mittelst~indische Untemehmen, die sich freiwillig erh6hten Transparenz- und Publizitgtsrichtlinien gemgB intemationalen Standards unterwarfen und auf eine Notierung am Neuen Markt verzichteten, fanden im SMAX eine geeignete Handelsplattform. Die Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten waren strenger als am Amtlichen Handel, jedoch weniger restriktiv als am Neuen Markt. 4 Die Teilnahme an diesem vertikalen Segment grandet wiederum auf einem privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Emittenten und der Deutschen B6rse AG sowie auf einer zuvor durchgefahrten Notierung far den Geregelten Markt oder den Amtlichen Handel. 5 Vgl. Claussen, C. P. (2000) S. 466; Harrer, H. (2001) S. 53; Bl~ittchen,W. (2001) S. 434. Ft~reine ausfiJhrliche Diskussion zu den Besonderheiten der Zulassung zum Neuen Markt und der damit verbundenen Einordnung in die bestehenden Marktsegmentesiehe Claussen, C. P. (2000) S. 466 ff.; Temporale, R./Ismann, B. (1999) S. 263 ff; R6mer, H./Mtiller, H. (2000) S. 1673 ff. 2 Vgl. Berninghaus, J. (2001) S. 44. 3 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 32; Francioni, R. (2001) S. 1580. 4 Vgl. Theissen, E. (2004) S. 144. 5 Vgl. Harrer, H. (2001) S. 58 ff.; Btischgen, H. E. (2001) S. 1336.

Emissions- und Zirkulationsmarktin Deutschland

79

2.6. 4.2 Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten Die Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten im engen juristischen Sinne hgngen wesentlich von dem Marktsegment ab, far das die Zulassung der Wertpapiere beantragt wird. Die gesetzlichen Grundlagen sind hierbei das B6rsengesetz, die B6rsenzulassungsverordnung, die B6rsenordnung und die Verkaufsprospektverordnung in der jeweils gfiltigen Fassung. 1 Die

unterschiedlichen

rechtlichen

Zulassungsvoraussetzungen

zu

den

einzelnen

Marktsegmenten stellen Mindestanforderungen an den B6rsenaspiranten dar und entsprechen hierbei der juristischen B6rsenreife. Die Zulassungsfolgepflichten hingegen sind v o m Unternehmen w~ihrend der Notierung im Sekund~.rmarkt einzuhalten. Beiden Kriteriengruppen ist gemein, dass sie Investoren vor nicht b6rsenreifen und somit zu riskanten Unternehmen schfitzen sollen. 2

Die Zulassungsvoraussetzungen u n d - f o l g e p f l i c h t e n far die Segmente an der F W B sowie weitere zentrale Charakteristika und Bestandteile des Zulassungsverfahrens sind in nachfolgender Tabelle 1 aus Grfinden der Ubersichtlichkeit kurz zusammengefasst: Amtlicher H a n d e l (AH)

Geregelter Markt (GM)

Freiverkehr

(FV)

Neuer Markt (NM)

SMAX

Charakteristika - organisierter Markt

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG

Nein Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG

- Rechtsgrundlage

w167 36-49 B6rsG, B6rsZulV, VerkprospG

w167 71-77 B6rsG, B6rsO, ProspektG

- Gebiihren

Gebfihrenordnung

Halbe Gebfihren des AH

1

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG, da Zulassung zum AH oder GM

w78 B6rsG und RWNM, B6rsG, B6rsO, die jew. VerkprospG Freiverkehrsrichtlinien

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG, da Zulassung zum AH oder GM Privatrechtlich, zus. Verpflichtungen zum GM oder AH

25 % Gebfih-ren 7.500 t~ des AH, 7.500 t~ Notierungsgebfihr p.a. Notierungsgeb0hr p.a.

Vgl. Blgttchen, W. (2001) S. 433 f.; Harrer, H. (2001) S. 52. Die for die Marktstruktur vor dem 01.01.2003 relevanten Gesetze sind das BOrsengesetz und die BOrsenzulassungsverordnung vom 09.09.1998.

2 Vgl. Oehler, A. (2004).

80

Theoretische Grundlagen

Zulassungsverfahren - Zulassungsantrag

- Zulassungsdokument

Emittent und Kreditinstitut

Emittent und i Zum B/3rsenKreditinstitut handel zugelassene Unternehmen

Emit-tent und Kreditinstitut

Siehe AH/GM

Zulassungsprospekt

Unternehmens- Expos6 bericht

Verkaufsprospekt, Unternehmensbericht

Siehe AH/GM i

l

Zulassungsvoraussetzungen Jahre

- Mindestalter

3

- Emissions-

Erw. Kurswert > 1,25 Mio. C

Nennwert > 250.000

Mind. 1,5 Mio. E

Siehe AH/GM

- Aktiengattung

Stamm- oder Vorzugsaktien

Stamm- oder Stamm- oder Vorzugsaktien Vorzugsaktien

I.d.R. nur Stammaktien

Stamm- oder Vorzugsaktien

- Streubesitz

Mind. 25 %

.

Mind. 20 % (empfohlen 25%), ab 100 Mio. ~ mind. 10%.

Mind. 20 % (empfohlen 25%)

volumen

Soil 3 Jahre

- Eigenkapital

.

.

Siehe AH/GM

Erw. Kurswert > Siehe AH/GM 5 Mio. E; Nennwert > 250.000 ~, i mind. 50 % aus KapitalerhOhung

.

- Lock-up-Periode

6 Monate

6 Monate

- Designated

Mind. 2, nur in XETRA

Mind. 1, nur in XETRA

Sponsor

Zulassungsfolgepflichten - Zwischenberichterstattung - Ver6ffentlichung

Halbjahresberichte

Halbjahresberichte

Quartalsberichte

Quartalsberichte

Obligatorisch

Obligatorisch

Obligatorisch nach IAS oder US-GAAP

Obligatorisch, ab 2002 nach IAS oder USGAAP

Obligatorisch

Obligatorisch

Obligatorisch

Obligatorisch

Bei 5 , 1 0 , 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Bei 5,10, 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Jahresabschluss

-

Ad-hocPublizit~it

- Beteiligungsschwelle

Nicht obligatorisch

Bei 5,10, 25, 50 Bei 5,10, 25, Bei 25 % der u. 75 % der 50 u. 75 % der Anteile oder Stimmrechte Stimmrechte 50 % der Stimmrechte

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

- Weitere Vorschriften

81

1 AnalystenVeranstaltung p.a.

1 AnalystenVeranstaltung p.a.

Offenlegung des Anteilsbesitzes von Organmitgliedern

Offenl. des Anteilsbesitzes von Organmitgliedern

Untemehmenskalender Tabelle 1: Zulassungsvoraussetzungen und-folgepflichten der Marktsegmente der FWB vor dem 1. Januar 20031

2.6.5 Neusegmentierung der FWB ab 2003 2.6.5.1 Vertikale Segmentierung der FWB Das Platzen der B6rsenblase beendete gleichzeitig auch den IPO-Boom, w~ihrend dessen die Anzahl an Neuemissionen eine mr Deutschland bisher unbekannte H6he erreichte und der Neue Markt zur emsthaften Konkurrenz der N A S D A Q aufstieg. 2 Insbesondere das Vertrauen der Investoren in den Neuen Markt schien durch die zahlreichen Firmeninsolvenzen und Skandale tief erschtittert.

Seit der Reform des B6rsengesetzes durch das 4. Finanzmarktf6rdemngsgesetz stehen mr die BOrsen mehr SpieMiume bei der Gestaltung und Anpassung der gesetzlich verankerten, vertikalen Marktsegmentierung zur V e r ~ g u n g . Die Deutsche B6rse AG nutzte diese )kndemngen der Segmente Amtlicher Markt 3 und Geregelter Markt, um die Segmente Prime Standard und General Standard zu etablieren. 4 Nach Aussagen von VOLKER POTTHOFF, Mitglied des Vorstandes der Deutschen B6rse AG, wurde die Neusegmentierung der Frankfurter Wertpapierb6rse vollzogen, um das Vertrauen der Investoren zurtickzugewinnen. 5

1 Eigene Darstellung in Anlehnung an R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 50 ff.; Harrer, H. (2001) S. 52 ff.; R6mer, H./Mtiller, H. (2000) S. 1674 ff.; Korts, S./Korts, P. (2001) S. 166 ff.; Bl~ittchen, W. (2001) S. 434 ff.; Schanz, K. (2000) S. 337 ff.; Yheissen, E. (2002a) S. 207; Zacharias, E. (2001) S. 189 ff.; Zielke, W./Kronner, M. (2003) S. 44 ff.; Hunger, A. (2001) S. 57 ff.; Burghof, H./Hunger, A. (2004) S. 325 ff.; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 48 ff. 2 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) Seite 3 f. 3 Mit der Ein~hrung des 4. Finanzmarktf~rdemngsgesetzes wurde der Amtliche Handel in Amtlicher Markt umbenannt. 4 Vgl. Theissen, E. (2004) S. 143 ft. 5 Zitiert nach Lubig, D. (2003) S. 41.

82

Theoretische Grundlagen

Die Neusegmentierung der FWB und die Verankerung des Prime Standards und General Standards in die gesetzlich vorgegebenen Segmente Amtlicher Markt und Geregelter Markt lassen sich wie folgt graphisch darstellen: Amtlicher Handel (w167 30 ff. B6rsG)

Geregelter Markt (w167 49 ff. B6rsG)

General Standard

General Standard

Teilbereich mit weiteren Zulassungsfolgepflichten

Teilbereich mit weiteren Zulassungsfolgepflichten

Prime Standard

Prime Standard

Abbildung 8: Neusegmentierung der FWB ~

Die Neugestaltung der Marktsegmente wurde am 1. Januar 2003 mit der ~mdemng der B6rsenordnung der FWB wirksam. Hierdurch wurde der Prime Standard als ein Teilbereich

mit

erweiterten

Publizit~itsanforderungen,

~ihnlich den

bisherigen

privatrechtlichen Regelungen des Neuen Marktes, verankert. Im Zuge der Reform werden auch die Zulassungsvoraussetzungen des Geregelten Marktes an die des Amtlichen Marktes angeglichen sowie beschlossen, die Segmente Neuer Markt und SMAX zum 31. Dezember 2003 zu schlief3en. 2 Der Freiverkehr unterliegt auch nach den Anderungen durch das 4. Finanzmarktf'6rderungsgesetz keiner staatlichen l]berwachung und wird auch weiterhin an den jeweiligen B6rsenpl~itzen abgewickelt. Hier werden dort vor allem Aktien gehandelt, die zu den beiden anderen Segmenten nicht zugelassen werden k6nnen. 3

Die erfolgte Einbettung der Publizit~itsvorschriften in das 6ffentliche Recht der B6rsenordnung soll zudem die Durchsetzbarkeit und Rechtssicherheit bezfiglich der Folgepflichten und m6glicher Sanktionsmal3nahmen erh6hen. Beim Neuen Markt hatten sich die privatrechtlichen Vertr~ige, trotz des Vorteils der schnellen Anpassung, als Hindemisse in Bezug auf die Durchsetzbarkeit von Regelungen und Sanktionen herausgestellt. 1 EigeneDarstellung in Anlehnung an die nachfolgen zitierte Literatur. 2 Entgegen der Planung wurden sowohl Neuer Markt als auch SMAX schon am 05.06.2003 geschlossen. 3

Vgl. Berheim, A. U./Traub, W. (1996) S. 63; Last, M. (2001) S. 338; Schlitt, M. (2003) S. 57 ff.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

83

Durch die Neusegmentierung ergeben sich fi~r die bereits gelisteten Unternehmen keine gravierenden Anderungen. Diejenigen Unternehmen, die lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfi~llen, werden sich im General Standard wiederfinden und alle Unternehmen, die beispielsweise im SMAX oder Neuer Markt bereits die im Vergleich zum ,,alten" Amtlichen Handel erh6hten Publizit~itsanforderungen erffillt haben, im Prime Standard. 1 Die gr613ten Auswirkungen ergeben sich durch die ebenfalls reformierte Indexarchitektur, die ktinftig verstfirkt zwischen klassischen Branchen und Technologiebranchen unterscheidet. 2

2.6.5.2 Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten Die Regelungen des General Standard entsprechen weitgehend den Regelungen des Amtlichen Marktes und des Geregelten Marktes, wobei die Zulassungsvoraussetzungen (w 69 B6rsO) und die Zulassungsfolgepflichten (w 71 B6rsO) bis aufwenige Ausnahmeregelungen einheitlich auf das Niveau des Amtlichen Marktes angehoben wurden. Nach w 60 Abs. 1 B6rsO ist die Zulassung zum General Standard zugleich die Voraussetzung fi~r die Zulassung zum Prime Standard, welcher sich von ersterem durch erweiterte Zulassungsfolgepflichten unterscheidet (w 75 Abs. 1 B6rsO). Obwohl die empirische Analyse auf die Segmentierung vor dem 01. Januar 2003 rekurriert, sollen nachfolgend, zur grundlegenden Information, die Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten fiir den Prime Standard und General Standard der FWB tabellarisch dargestellt werden: General Standard

Prime Standard

General Standard

Prime Standard

(AM)

(AM)

(GM)

(GM)

Charakteristika - organisierter Markt

- Rechtsgrundlage

- Gebiihren

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG da Zulassung zum AM oder GM w167 30-48 B6rsG, w167 56-59 BOrsO, BOrsZulV, VerkprospG Gebtihrenordnung

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG da Zulassung WpHG da Zulassung zum AM oder zum AM oder GM GM 49-56 B6rsG, w167 30-48 B6rsG, w167w167 w167 68-75, B6rsO, 60-67B6rsO, BOrsZulV, B6rsZulV, VerkprospG VerkprospG Gebtihrenordnung Gebt~hrenordnung

Ja, i.S.v. w2 Abs. 5 WpHG da Zulassung zum AM oder GM w167 49-56 B6rsG, w167 B6rsO, B6rsZulV, VerkprospG Gebtihrenordnung.

Vgl. Zielke, W./Kronner, M. (2003) S. 48 f. 2 Ftir eine tibersichtliche Darstellung der neuen Indexwelt an der FWB siehe Theissen, E. (2004) S. 144 f.

84

Theoretische G r u n d l a g e n

Zulassung-verfahren - Zulassungsa n t r a g a)

- Zulassungs-

Emittent und Kreditinstitut

Emittent und Kreditinstitut

Zum B/3rsenhandel Emittent und zugelassene Unterneh- Kreditinstitut men

Zulassungsprospekt

Zulassungsprospekt

Unternehmensbericht

Unternehmensbericht

dokument

Zulassungsvoraussetzungen - Mindestalter

3 Jahre

Soil 3 Jahre

- Emissionsvolumen

Erwarteter Kurswert > 1,25 Mio. E oder mind. 100.000 StiJck.

Erwarteter Kurswert > 1,25 Mio. E oder mind. 100.000 Sttick.

- Aktiengattung

Stamm- oder Vorzugsaktien

Stamm- oder Vorzugsaktien

- Streubesitz

Mind. 25 %

- Eigenkapital

- Lock-up

Period

Zulassung zum General Standard

- Weitere Vorschriften

Zulassung zum General Standard

Zulassungsfolgepflichten - Designated S p o n s o r b)

Bei geringer Liqui- Bei geringer Liquidit~it mind. 1 Desig- dit~it mind. 1 Designated Sponsor, nur nated Sponsor, nur in XETRA in XETRA

Bei geringer Liquidit~it mind. 1 Designated Sponsor, nur in XETRA

Bei geringer Liquidit~it mind. 1 Designated Sponsor, nur in XETRA

- Zwischenbe-

Halbj ahresberichte

Quartalsberichte

Halbj ahresberichte

Quartalsberichte

Obligatorisch

Obligatorisch nach IFRS oder USGAAP

Obligatorisch

Obligatorisch nach IFRS oder USGAAP

Obligatorisch

Obligatorisch (auch in Englisch)

Obligatorisch

Obligatorisch (auch in Englisch)

Bei 5, 10, 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Bei 5, 10, 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Bei 5,10, 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Bei 5, 10, 25, 50 und 75 % der Stimmrechte

Obligatorisch

Obligatorisch

Obligatorisch

Obligatorisch

richterstattung - Ver/fffentlichung Jahresabschluss

-

Ad-hocPublizit~it

- Beteilugungsschwelle

- Directors Dealing

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

- Weitere Vorschriften

85

Untemehmenskalender (auch in Englisch)

Untemehmenskalender (auch in Englisch)

1 AnalystenVeranstaltung p.a.

1 AnalystenVeranstaltung p.a.

a~ Anstelle eines Kreditinstitutes kann die Zulassung auch mit einem, Finanzdienstleistungsinstitut oder einem nach w 53 Abs. 1 Satz 1 oder w 53b Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes fiber das Kreditwesen t/~tigen Untemehmen beantragt werden. Vgl. w30 Abs. 2 B6rsG; w167 56 und 68 B6rsO. b) Die Liquidit/~t einer Aktie wird anhand des Xetra Liquidity Measures (XLM) und des durchschnittlichen, t/~glichen Orderbuchumsatzes gemessen. Eine Aktie gilt als liquide, wenn entweder Xetra Liquidity Measure < 100 bp (1 Basispunkt - 0,01%) oder durchschnittlicher Orderbuchumsatz > 2,5 Mio. Euro. Wird eines der beiden Kriterien nicht erffillt, bedarf es mindestens eines Designated Sponsors f'tir die Aufnahme in den fortlaufenden Handel. Vgl. Deutsche B6rse AG (2005) S. 10 f. Tabelle 2:

Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten der Marktsegmente der FWB nach dem 1. Januar 2003 ~

Auffallend ist, dass sich die Zulassungsvoraussetzungen zwischen dem General Standard im Amtlichen Markt und dem General Standard im Geregelten Markt unterscheiden, wohingegen ffir die Zulassungsfolgepflichten eine einheitliche Regelung getroffen wurde. So greift beim General Standard auf Grundlage des Amtlichen Marktes die Vorschrift eines Streubesitzes von mindestens 25 Prozent, welche jedoch bei der Zulassung fiber den Geregelten Markt nicht zu erffdllen ist.

2.6.6 Analyse und Zusammenfassung In den zur0ckliegenden Jahren entschied sich die Mehrzahl der Emittenten innerhalb Deutschlands ffir ein Listing an der FWB. Dies liegt unter anderem daran, dass dieser B6rsenplatz

die h6chste

Liquidit/it sowie eine positive

Signalwirkung

fiir die

zukfinftige Unternehmensentwicklung aufweist. 2

Grunds/~tzlich kann davon ausgegangen werden, dass der B6rsenaspirant in der Regel die Zulassungsbedingungen ffir alle Segmente der F W B erfiillt. U n t e m e h m e n mit einem hohen

Standing und

Emissionsvolumen werden jedoch

regelm/iBig das

Aktienmarktsegment mit den strengsten Kriterien bevorzugen. Die Segmente mit den Vgl. w167 56-82 B6rsO; w167 30-56 B6rsG; Zielke, W./Kronner, M. (2003) S. 46 f.; Schlitt, M. (2003) S. 57 ff.; Theissen, E. (2004) S. 144 f.; Deutsche B6rse AG (2005) S. 7 f. 2 Eine Analyse der Anzahl der B6rseng/~nge pro Akteinsegment erfolgt in Subkapitel 4.1.3.1 sowie Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 12 ff.; Toepfer, T. (1999) S. 72 ff.

86

Theoretische Grundlagen

niedrigeren Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten werden, mit der Option eines sp~teren Wechsels, auch des Ofteren als Einstiegssegmente genutzt. 1 Die unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten der Marktsegmente k6nnen somit Signalcharakter in dem Sinne besitzen, dass gute Unternehmen einen Anreiz erhalten ein Aktienmarktsegment mit hohen Zulassungsvoraussetzungen zu w/~hlen, da sie die erh6hte Transparenz nicht scheuen. Schlechte Unternehmen hingegen haben diesen Anreiz nicht,

da die Zulassungsvoraussetzungen und

-folgepflichten in ihrer ,,idealen" Ausgestaltung die Qualit/~t der B6rsenaspiranten often legen.

MACEY/O'HARA (2002) unterziehen Zulassungsvoraussetzungen und -gebtihren einer grunds~itzlichen 6konomischen

Analyse

und

stellen

fest,

dass

diese

in

der

Vergangenheit Teil eines komplexen Vertrages zwischen der Wertpapierb6rse und den dort gelisteten Unternehmen waren. Die Autoren analysieren dartiber hinaus die traditionellen Aufgaben 2 einer Wertpapierb6rse, um die Frage zu beantworten, ob langfristig weiterhin eine Existenzgrundlage fi~r Gebtihren und Zulassungsvoraussetzungen existiert. Hierbei kommen sie zu dem Schluss, dass Zulassungsgebtihren aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs und der Verbreitung des elektronischen B6rsenhandels

vom

Markt

verdr~ingt werden.

Die

Zulassungsvoraussetzungen

sch/~tzen die Autoren auch fiir die Zukunft als wirksame Instrumente zur Erh6hung des Anlegerschutzes ein. 3 HOPT (2001) bezeichnet die kapitalmarktrechtliche Publizit~t als zentralen Mechanismus des modernen Anlegerschutzes und Kapitalmarktrechts. In diesem Zusammenhang tibernimmt der Prim~irmarkt die Aufgabe der erstmaligen, umfassenden Information der Investoren tiber Wertpapier und Gesellschaft. 4 Durch

1 Vgl. POllinger, B. M. (1996) S. 206 ft.; Jakob, E. (1998) S. 65; L6hr, A. (2000) S. 114 f.; B1/~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 104. So wechselte beispielsweise Bertrand vom Geregelten Markt (Erstnotiz 1996) in den Neuen Markt im Jahr 1997, MLP wechselte vom Geregelten Markt (Erstnotiz 1988) in den Amtlichen Handel im Jahre 1996. 2 Zu den Aufgaben einer WertpapierbOrse z~ihlen MACEY/O'HARA (2002) die Bereitstellung standardisierter, gesetzlicher Regelungen beztiglich der Corporate Governance, die Obemahme von Clearing Services sowie das Monitoring der Handelsaktivit~itenzur Gew~ihrleistungder Fairness im Aktienhandel. Dariiber hinaus tibemimmt die B6rse traditionell eine Art Zertifizierungsfunktionund stellt ein ausreichendes MaB an Liquidit~it ftir die Marktteilnehmer zur Verf~gung. Vgl. Macey, J. R./O'Hara, M. (2002) S. 300 ff. 3 Vgl. Macey, J. R./O'Hara, M. (2002) S. 297 ff. 4 Vgl. Hopt, K. J. (2001) S. 120 ff.

Emissions- und Zirkulationsmarkt in Deutschland

87

Publizit~itsvorschriften und eine umfangreiche Transparenz lassen sich sowohl Risiken als auch Chancen einer Investition besser bewerten und beurteilen. ~

Aufgrund historischer Beobachtung ist es allerdings mehr als fraglich, ob die Zulassungsvoraussetzungen eine wirkliche Selektion der Unternehmen zum Schutz der Investoren erm6glichen. CHRISTIANS (2001) stellt in diesem Zusammenhang fest, dass viele Unternehmen, die w~ihrend des B6rsenbooms eine Erstemission am Neuen Markt vollzogen, die B6rsenreife noch nicht erffillt hatten. 2 SCHMIDT (2001) konstatiert in seiner Analyse von B6rseng~ingen am Neuen Markt, dass die Emittentenqualit~it in dessen Frtihphase statistisch signifikant besser war als in den Jahren 1998 und 1999. 3 Diese Gegebenheit dtirfte dazu beigetragen haben, das Image des Aktienmarkt segmentes Neuer Markt nachhaltig zu beeinflussen sowie das Vertrauen sowohl der Emittenten als auch der Investoren grunds~itzlich zu ersch~ittern. 4

Die Neugestaltung der Zulassungsvoraussetzungen hatte zum Ziel, das verlorene Vertrauen der Investoren und Emittenten durch verbesserte und wirkungsvollere Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten zurtickzugewinnen. Bei genauerer Betrachtung

der Neusegmentierung

f~illt allerdings

auf,

dass

die ehemaligen

Regelungen des Neuen Marktes Rir den Prime Standard weitestgehend tibernommen wurden, obwohl jenes Segment eine tiberproportional hohe Anzahl an Firmeninsolvenzen und Skandalen aufwies. Gleichzeitig wurden einige Zulassungsvoraussetzungen des Neuen Marktes, die sich in der Praxis bew~ihrt haben weder beim Prime noch General Standard implementiert. So existiert beispielsweise keine Vorgabe, dass die zu platzierenden Aktien ganz oder teilweise aus einer Kapitalerh6hung stammen mtissen. Dartiber hinaus existiert auch keine Lock-up-Verpflichtung oder Beschr~in-

i Vgl. Francioni, R. (1997) S. 94. 2 Vgl. Christians, U. (2001) S. 251. 3 Vgl. Schmidt, R. (2001) S. 179 ff. SCHMIDT(2001) untersuchte j~ihrlich 30 Emissionsprospekte tiber den Zeitraum 1997 bis 1999. Untersuchungsgegenstand waren unter anderem Unternehmensgr/313e,Umsatzerl6se oder Mittelzufluss aus dem operativen Bereich. und falls ja, wie stark der Zusammenbruch des Neuen Marktes durch vereinzelten Betrug durch das Management sowie durch beschr~inkt rationales Handeln der Investoren beeinflusst wurde, Risst sich nicht abschliel3end kRiren. Es kann jedoch festgestellt werden, dass durch geeignete Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten das Management und der Alteigenttimer im Sinne des Anlegerschutzes kontrolliert werden kOnnen. In diesem Zusammenhang hat sich die Lock-upVerpflichtung als sehr effektiv erwiesen.

4 Ob,

88

Theoretische Grundlagen

kung der zugelassenen Aktiengattung auf Stammaktien. 1 Ebenfalls wurde vers~iumt zus~tzliche Zulassungsfolgepflichten wie Anti-Takeover-Regelungen, Insiderhandelsverbote oder erweiterte Offenlegungspflichten einzuftihren. 2

2.7

Unternehmensbewertung im Rahmen des Biirsengangs

2. 7.1 Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen Die Bewertung von Untemehmen geh6rt zu den schwierigsten, gleichzeitig aber auch zu den wichtigsten Aufgaben im Rahmen eines B6rsengangs. 3 Insbesondere die Bewertung

von

Dienstleistungsuntemehmen

der

New

Economy

fiihrte,

wie

DREYER/OEHLER (2001) anmerken, vor allem w/~hrend des B6rsenbooms zu Fehlbewertungen. 4 Durch die Ermittlung des Untemehmenswertes mittels verschiedener Bewertungsverfahren wird die Grundlage fiir die Bestimmung des Emissionspreises beziehungsweise der Emissionspreisspanne, welche zentrale Variablen der in Kapitel 4 folgenden empirischen Analyse darstellen, gelegt. 5

Die an einem Going Public beteiligten Parteien verfOgen tiber heterogene Zielvorstellungen in Bezug auf den individuell optimalen Emissionspreis, da die jeweiligen Gruppen ihre origin/~ren finanziellen Interessen verfolgen. Der Emittent wird einen m6glichst hohen Emissionspreis anstreben, um den Emissionserl6s und somit den steuerfreien Mittelzufluss zu maximieren. Der Erl6s, der einem Untemehmen

1 Vgl. Schlitt, M. (2003) S. 61. Ft~reine ausfiihrliche Diskussion der Zulassungsvoraussetzungen aus dem Blickwinkel der Corporate Governance siehe Gerig, G. (2003) S. 86 ff. 2 Ftir eine ausfiihrliche Diskussion der m6glichen Erweiterungen der Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten siehe Gerig, G. (2003) S. 207 ff. 3 Vgl. LOhr, A. (2000) S. 142. FOr eine grunds/itzliche Darstellung der Untemehmensbewertung im Rahmen eines IPO siehe Dreyer, D./Oehler A. (2001) S. 3 ff.; Kaden, J. (2005a) S. 74. Ftir eine Darstellung der Besonderheiten der Untemehmensbewertung bei Banken siehe Kammerlander, H. (2005) S. 165 ff. FOr die Besonderheiten bei Versicherungsunternehmen siehe Weinberger, G. (2005) S. 175 ff. FOr die Bewertung von Industrieuntemehmen siehe Schinagl, M. (2005a) S. 194 ff. Fiir die Besonderheiten bei Handelsunternehmen siehe Schinagl, M. (2005b) S. 199 ff. Eine Analyse ftir Dienstleistungsuntemehmen findet sich in Mylius, C. (2005) S. 204 ff.; Dreyer, D. (2004); Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 22. FOr die Besonderheiten bei Klein- und Wachstumsuntemehmen siehe Dvorak, M. (2005a) S. 209 ff. 4 Vgl. Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 3. Als m6gliche Grtinde ffir die Fehlbewertung, insbesondere von Dienstleistungsunternehmen, nennen die Autoren die Vemachlassigung wichtiger Werttreiber. Vgl. Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 3 ff. 5 Ftir eine Darstellung der altemativen Bewertung anhand der Wertkette nach Porter siehe Dreyer, D./Oehler, A. (2001).

Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

89

beziehungsweise den Altgesellschaftem durch einen B6rsengang zufliel3t, wird sowohl durch den Emissionspreis als auch die Anzahl der emittierten Aktien bestimmt. 1

Die Investoren hingegen werden einen m6glichst geringen Preis far die neuen Aktien pr~iferieren, da sie an einer entsprechenden Rendite ihres Investments interessiert sind. Auch

die Konsortialbanken

dtirften an einem nicht zu hohen

Emissionspreis

interessiert sein, da dieser elementar dazu beitr~igt, das Platzierungsrisiko zu senken.

Zur Ermittlung des Unternehmenswertes 2 lassen sich gmnds~itzlich Einzelbewertungs-, Gesamtbewertungs- sowie Mischverfahren unterscheiden. 3 Die Gruppe der Einzelbewertungsverfahren kntipft an Best~inde von Verm6gensgegenst~inden und Schulden eines Unternehmens am Bewertungsstichtag an und unterstellt dabei, dass sich der Unternehmenswert als Summe seiner Teile ergibt, wodurch Verbundeffekte vernachl~issigt werden. 4 Gesamtbewertungsverfahren, zu denen die Methoden basierend auf Ertragswert, Discounted-Cash-Flow (DCF) sowie Multiplikatoren geh6ren, betrachten das Unternehmen dagegen im Ganzen. 5 Die Mischverfahren verbinden Einzel- und

1

Weitere Einflussgr6gen sind die mit dem B6rsengang verbundenen Kosten. Siehe hierzu Subkapitel 2.4.3.

2 Der Untemehmenswert wird als der monetgr bewertbare Nutzen, den das Bewertungssubjekt zuktinftig aus dem zu bewertenden Objekt erzielen kann, definiert. Insofem h~ingt der Wert des Objektes von der persOnlichen Nutzenfunktion des jeweiligen Bewertungssubjektes ab. Nach MOXTER (1983) sind Unternehmenswerte potenzielle Preise, jedoch nicht tats~ichlich realisierte Preise. Der B6rsenkurs stellt den realisierten, aktuellen Marktpreis dar, der unter anderem auch vom Verhandlungsgeschick der beteiligten Parteien abh~ingt. Der Preis als Gegenleistung des K~iufers far den Erwerb eines Objektes stellt somit eine transaktionsbezogene, der Wert hingegen eine entscheidungsorientierte Gr613e dar. Marktpreise sind demnach objektiv, Marktwerte hingegen subjektiv. Vgl. IDW (2000) S. 826 f.; Moxter, A. (1983) S. 8; Hinz, H./Behringer, S. (2000) S. 21, Hachmeister, D. (2000) S. 37 ff.; Peem611er, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 199; Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1573; Dreyer, D. (2004) S. 24 f. 3 Vgl. Ballwieser, W. (2001) S. 2082 f.; Bauer, U. et al. (1999) S. 5. Dvorak, M. (2005b) S. 82. Far eine Gegentiberstellung g~ingiger Untemehmensbewertungsverfahren siehe Dvorak, M. (2005b) S. 77ff. 4 Vgl. Dreyer, D. (2004) S. 40; Dreyer, D./Oehler, A. (2001). Die Einzelbewermngsverfahren werden auch als Substanzwertverfahren bezeichnet. Der Substanzwert entspricht generell dem Betrag, der zum Bewertungszeitpunkt aufgewendet werden muss, um ein Untemehmen derselben technischen Leistungsf~ihigkeit zu rekonstruieren. Vgl. Hayn, M. (2000) S. 74 f.; Ballwieser, W. (1993) S. 169. 5 Vgl. Coenenberg, A./Schultze, W. (2002) S. 601; Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 51.

90

Theoretische Grundlagen

Gesamtbewertungsverfahren. 1 Alle drei Verfahren lassen sich theoretisch ineinander Oberleiten, jedoch diirften nur im Idealfall identische Ergebnisse erzielt werden. 2

In der Praxis haben sich mr die Bewertung von B6rseng~ingen das DCF- und das Multiplikatorverfahren, hierbei insbesondere das Kurs-Gewinn-Verh~ilmis (KGV), durchgesetzt. 3 Somit beschr/~nken sich die nachfolgenden Ausfiihrungen auf das DCFsowie auf das KGV-Verfahren auf der Basis des D V F A / S G Ergebnisses (Deutsche Vereinigung ftir Finanzanalyse und Anlageberatung/_Schmalenbachgesellschaft) und legen hierbei weitere Grundlagen for die abschlieSende empirsiche Analyse.

2. 7.2 2.7.2.1

Discounted-Cash-Flow-Methode Konzeption

Das DCF-Verfahren ist insbesondere in der Lage, das Wachstumspotenzial der B6rsenaspiranten zu erfassen, da die zuktinftig zu erwartenden (freien) Cash Flows zur Bewertung des Untemehmens herangezogen werden. 4 Ein weiterer Grund fiir die zunehmende

1

Beliebtheit

dieses

Verfahrens

ist die

in Deutschland

wachsende

Ftir eine ausfiihrliche Darstellung der unterschiedlichen Varianten und Ausgestaltungsformen der Mischverfahren siehe Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 84 ff." Hayn, M. (2000) S. 80 f.; Helbling, C. (1998) S. 120 ft.

2 Vgl. Kaden, J. (2005b) S. 108 ft.' Dvorak, M. (2005b) S. 99 f. Beim Ertragswertverfahren wird, ebenso wie beim DCF-Verfahren, der jeweilige Periodentiberschuss zur Unternehmenswertbestimmung herangezogen. Hierdurch entsprechen sich beide Verfahren bereits in ihrer Grundausrichtung. Zum Nachweis der theoretischen Obereinstimmung von Multiplikator- und DCFVerfahren muss gezeigt werden, dass beide Verfahren den Unternehmenswert (UW) in identischer Art und Weise ermitteln. Somit muss gelten D C F-Verf a h ren = U W = Multiplikatorverfahren. Unter Verwendung der im weiteren Verlauf dieses Abschnittes zu erl~iuternden Berechnungsmethodik l~isst sich obige Forme wie folgt erweitern, wobei beim DCF-Verfahren der Fall einer ewigen Rente unterstellt wird. Multiplikatorverfahren = Gewinn * K G V = U W = Gewinn * (1/i) = D C F Verfahren. Das KGV l~isst sich wiederum mit nachfolgender Formel bestimmen: K G V = (1/i). Hierdurch stimmen beide Verfahren im Falle einer ewigen Rente tiberein. 3 Eine Analyse der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein von circa 200 B0rseng~ingen am Neuen Markt zwischen 1997 bis 2001 zeigt, dass neben dem DCF-Verfahren das KGV-Verfahren basierend auf dem DVFA/SG-Ergebnis vornehmlich zur Ermittlung des Unternehmenswertes eingesetzt wird. Vgl. Dresdner Kleinwort Wasserstein (2001) S. 50. Die Studie von STRAUCH/LOTKE-UHLENBROCK(2002) untersucht 363 Researchberichte tiber den Zeitraum 1997 bis 2001 und kommt auch hier zu dem Ergebnis, dass neben der DCF-Methode das KGV-Verfahren am h/~ufigsten zur Ermittlung des Unternehmenswertes eingesetzt wird. 4 Ftir eine kurze Darstellung der Entwicklungsgeschichte des DCF-Verfahrens siehe Dvorak, M. (2005b) S. 86.

Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

91

Shareholder-Value-Orientierung. ~ FOr die Anwendung dieses Verfahrens ist allerdings -

im Vergleich zum Multiplikatorverfahren- eine mehrjghrige Ergebnis-, Bilanz- und Investitionsplanung zur Cash-Flow-Ermittlung erforderlich.

Um dem Problem der zukunftsbezogenen Untemehmensbewertung zu begegnen, wird der Wert des Untemehmens in zwei Komponenten aufgespaltet: Er ergibt sich hierdurch zum einen aus dem Wert far eine detaillierte Prognoseperiode, zum Beispiel zehn Jahre, und zum anderen aus dem Residualwert far den Zeitraum nach dem Planungshorizont, der mittels mehr oder weniger pauschaler Annahmen fiber die weitere Entwicklung des Cash Flows errechnet wird. 2 Anstatt der Annahme tiber die weitere Entwicklung des Cash Flows kann auch die Ver~iul3emng des Unternehmens unterstellt werden, wodurch der Residualwert dem VerguBemngswert des Unternehmens entspricht. 3 Hierauf aufbauend l~isst sich die Bestimmung des Untemehmenswertes wie folgt in vereinfachter Form darstellen:

U n t e r n e h m e n s w e r t = Wert der Prognoseperiode + Residualwert

Zentrale Bezugsgr613e dieses Ansatzes ist der (freie) Cash Flow 4 des Untemehmens, der mit Hilfe der Kapitalkosten zu einem Untemehmenswert verdichtet wird. 5 Vereinfacht ermittelt sich der (freie) Cash Flow - ohne Einbezug der E i g e n t t i m e r durch die Aus- und Einzahlungen zwischen Untemehmen und Dritten. Die Finanzierungswirkungen der Abschreibungen und der Ver~indemng langfristiger Rtickstellungen 1 Durch Anwendung des DCF-Verfahrens wird die Shareholder-Value-Analyse, welche vorwiegend der strategischen Untemehmensfahrung dient, operationalisiert. Vgl. KuBmaul, H. (1999) S. 336; Schanz, K. (2002) S. 214; Dittmer, T. (1999) S. 63; Becker, D. (1999) S. 43 ff. 2 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 79. Die am h~iufigsten getroffene Annahme far die Ermittlung des Residualwertes ist die auf Basis einer ewigen Rente. Hierdurch ermittelt sich der Residualwert wie folgt: Residualwert = Cash Flow/Zinssatz. Der unterstellte Cash Flow kann entweder als konstant angenommen werden oder aber mit einer vorgegebenen Rate wachsen. Im letztgenannten Fall ist die Wachstumsrate vom Zinssatz abzuziehen. Vgl. Giinther, T. (1997) S. 155; Schanz, K. (2002) S. 217. 3 Vgl. Copeland, T. E./Koller, T./Murrin, J. (2002) S. 176; Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 68. 4 Der Cash Flow l~isst sich in drei Teilbereiche untergliedern: Zahlungen aus operativen T~itigkeiten, Zahlungen aus Investitionst~itigkeitenund Zahlungen aus Finanziemngstgtigkeiten. Vgl. Loderer, C. et al. (2002) S. 594. 5 Vgl. Dreyer, D. (2004) S. 159; Kul3maul, H. (1996) S. 396. Die Bewertung eines Unternehmens g~ndet auf der Kapitalwertmethode als dynamisches Verfahren des Investitonsrechnung und somit auf der Abzinsung der ktinftigen finanzwirtschaftlichen Uberschtisse. Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 278.

92

Theoretische Grundlagen

sind damit ebenso Bestandteil der Bewertung wie der Finanzbedarf ftir Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen im Anlage- und Umlaufverm~gen. 1 Somit gibt der (freie) Cash Flow den aus den laufenden erfolgswirksamen, gesch~iftlichen Aktivit~iten resultierenden finanziellen Oberschuss an und kennzeichnet die Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens fiJr Investitionen, Schuldentilgung, Dividendenzahlungen und mr die Tilgung des Finanzmittelbestandes. 2

Der Eigenkapitalgeber erwartete m r seine Investition in der Regel eine Verzinsung, die sich

alternativ

auch

am

Kapitalmarkt

erzielen

l~isst und

im

Rahmen

der

Unternehmensbewertung in der Regel mittels C A P M 3 errechnet wird. 4 Bei diesem Modell wird im Marktgleichgewicht ein linearer Zusammenhang zwischen dem Risiko 5 eines Wertpapiers und seiner Rendite wie folgt angenommen:

=,, +

mit: E(r~) = erwartete, risikoangepasste Rendite des Wertpapiers i rI = risikoloser Zinssatz E ( r ) = erwartete Rendite des Marktportfolios M tic

= Betafaktor; berechnet als Cov(r~,r,,) Var(rm)

1 Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 278. Diese Vorgehensweise wird auch als indirekte Methode zur CashFlow-Ermittlung bezeichnet. Zu unterscheiden ist hiervon die direkte Methode der Cash-FlowErmittlung, welche auf der Shareholder-Value-Analyse nach Rappaport grtindet. Vgl. Kul3maul, H. (1999) S. 338. Ftir die Darstellung eines Berechnungsschemas zur indirekten Vorgehensweise siehe Kul3maul, H. (1999) S. 338. 2 Vgl. Colbe, W. B. v. et al. (2000) S. 129. Durch diese Definition unterscheidet sich der (freie) Cash Flow aufgrund seines auf die untemehmensbezogene Innenfinanzierungskraft gerichteten Verst~indnisses von der Definition im Rahmen der Bilanzanalyse. 3 Ftir eine ausfiihrliche Darstellung des CAPMs sowie der hierbei zugrunde liegenden Annahmen und Probleme bei dessen empirischer Anwendung siehe Sharpe, W. (1964) S. 425 ff.; Cuthbertson, K. (2000) S. 22 ff.; Copeland, T. E./Weston, J. F. (1992) S. 193 ff.; Franke, G./Hax, H. (1999) S. 343. 4

Vgl. Drukarczyk, J. (2003) S. 363 ff.; Seppelfricke, P. (2003) S. 23. Altemativ besteht auch die M6glichkeit, die erforderlichen Eigenkapitalkosten mittels APT zu ermitteln.

s Der im CAPM unterstellte Zusammenhang zwischen Rendite eines Wertpapiers und seinem Risiko bezieht sich nur auf das so genannten systematische Risiko, das im Gegensatz zum unsystematischen, welches auch als wertpapierspezifisches Risiko bezeichnet wird, nicht mittels Diversifikation verringert werden kann. Vgl. Bieg, H. (1999) S. 304. Vor allem das Zins~inderungsrisiko, das Inflationsrisiko sowie das Vorhersagerisiko lassen sich als Risikofaktoren berticksichtigen, die insbesondere den Aktienmarkt bewegen. Vgl. Bl~ittchen, W. (2002) S. 275.

Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

93

Bereits seit Anfang der 80er-Jahre wird in der Literatur jedoch diskutiert, ob neben dem Betafaktor noch andere Parameter zur Beurteilung der Kursentwicklung von Aktien eine Rolle spielen. 1 Ftir die Bewertung von Wachstumsunternehmen sollte insbesondere die Untemehmensgr6ge als zus~itzlicher Risikofaktor herangezogen werden. 2 Die CAPM-Gleichung l~isst sich zum Zweck der Unternehmensbewertung zum so genannten Marktmodell vereinfachen. 3 Hierdurch lassen sich, zum Beispiel mittels der Methode der kleinsten Quadrate, die ben6tigten Parameter wie folgt ermitteln:

r-fl0+fl, r~+~ mit: r~ /3o /31 r~.i

= Rendite des Wertpapiers = Regressionskonstante = Regressionskoeffizient = Marktrendite

e,

= Residuum

Die Ermittlung des Betafaktors, welcher in obiger Regression durch den Regressionskoeffizienten repr~isentiert wird, ist als kritischer Faktor zu bezeichnen, da zu dessen Ermittlung auf historische Daten zurtickgegriffen werden muss, die daraus gewonnenen Ergebnisse jedoch auf die Zukunft bezogen werden. Zus~itzlich sind ffir B6rseng~inge keine historischen Kursdaten zur Sch~itzung der Parameter vorhanden. Deshalb wird in der Praxis das durchschnittliche Beta einer Branche zur Berechnung herangezogen. 4 Dartiber hinaus ist das CAPM als einperiodiges Kapitalmarktmodell konzipiert und unterliegt hierbei den Annahmen der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie. 5

Abbildung 10 systematisiert tiberblicksartig die existierenden DCF-Verfahren, die sich hinsichtlich der zu diskontierenden Cash Flows, des verwendeten Diskontierungssatzes und der Beracksichtigung der Kapitalstruktur unterscheiden lassen. Die hervorgehobenen Ansatze werden in den sich anschliel3enden Subkapiteln erl~iutert.

1 Vgl. Fama, E. F./French, K. R. (1992) S. 246 ff.; Fama, E. F./French, K. R. (1996a) S. 55 ff.; Fama, E. F./French, K. R. (1996b) S. 1947 ff. 2 Vgl. Dvorak, M. (2005a) S. 209 f. 3 FOr eine ausfahrliche Darstellung des Marktmodells siehe D6hrmann, A. (1990) S. 37 ff. 4 Vgl. Ballwieser, W. (2001) S. 2089. 5 Die Annahmen der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie sind in Subkapitel 2.2.2 dargestellt.

94

Theoretische Grundlagen

DCF-Verfahren

Equity-Verfahren

Entity-Verfahren

WACCAnsatz

DUKAnsatz

APVAnsatz

Abbildung 9: Systematisierung der DCF-Verfahren ~ Zwar existiert kein einheitliches DCF-Verfahren, jedoch k6nnen die verschiedenen Ans~itze grunds/atzlich in Entitiy- und Equity-Verfahren unterteilt werden. 2 Je nach Art der Berficksichtigung des Tax Shield 3 lassen sich bei den Entity-Verfahren WACC-

(weighted average cost of capital) und DUK-Ansatz (durchschnittliche Kapitalkosten) unterscheiden,

wobei

Erstgenannter

zur

h~iufigsten Ausgestaltung

z~ihlt. 4 Der

Adjusted-Present-Value-Ansatz, welcher in der Literatur teilweise als eigenst/~ndiger Ansatz dargestellt wird, ist nach DRUKARCZYK (2003) ebenfalls dem Entity-Verfahren zuzuordnen. 5 Allen Ans/~tzen ist gemein, dass sie die Bestimmung des Marktwertes des Eigenkapitals zum Ziel haben. 6

1 Eigene Darstellung in Anlehnung an Drukarczyk, J. (2003) S. 200. Die Hervorgehobenen Verfahren werden nachfolgend dargestellt 2 Vgl. S.285; Drukarczyk, J. (2003) S. 200. 3 Unter dem Tax Shield wird die Steuerersparnis der Fremdfinanzierung verstanden, die durch die Abzugsf~ihigkeit der Zinszahlungen von der Steuerbemessungsgrundlage entsteht. Vgl. Hachmeister, D. (1996) S. 358. 4

Ftir eine Darstellung des DUK-Ansatzes siehe Mandl, G./Rabel, K. (1997) S. 364 ff. BALLWIESER (2005) ~hrt nur den WACC und APV als Bruttoans~itze des DCF-Verfahrens an. Es erfolgt somit keine Differenzierung zwischen WACC und DUK. Vgl. Ballwieser, W. (2005) S. 365.

5 Vgl. Ballwieser, W. (2005) S. 365; Roelofsen, N. K. (2002) S. 112; Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 64. Far eine ausfahrliche Darstellung des Adjusted-Present-Value-Ansatz siehe Dreyer, D. (2004) S. 174 ff.; KufSmaul, H. (1999) S. 341 ff. 6 Vgl. Steiner, M./Wallmeier, M. (1999) S. 1 ff.

Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

95

2.7.2.2 Entity- Verfahren Beim Entity-Ansatz, welcher auch als Bruttoansatz beziehungsweise Flow-to-EntitiyMethode bezeichnet wird, erfolgt in einem ersten Schritt die Berechnung des Gesamtunternehmenswertes, von dem in einem zweiten Schritt der Marktwert des Fremdkapitals subtrahiert wird. 1 Das hierdurch ermittelte Ergebnis stellt den gesuchten Marktwert des Eigenkapitals und

somit den Unternehmenswert im Sinne des

Shareholder-Value-Ansatzes dar.

Im Rahmen des WACC-Ansatzes erfolgt die Ermittlung des Marktwertes des Gesamtkapitals, indem die periodenspezifischen Free-Cash-Flows (FCF) diskontiert werden. Die FCF entsprechen den Einzahlungstiberschtissen aus dem operativen Bereich unter der Annahme vollst~indiger Eigenfinanzierung und lassen sich analog folgenden Schemas ermitteln: 2

+

+/+/-/+ +/-/+ _

_

-/+ _

--

Gewinn vor Steuern Unternehmenssteuern Jahresergebnis Zinsen und ~ihnlicheAufwendungen Abschreibungen/Zuschreibungen Zufiihrung/Inanspruchnahme von Rtickstellungen Zunahme/AbnahmeaktivischerRechnungsabgrenzungsposten Zunahme/AbnahmepassivischerRechnungsabgrenzungsposten Zunahme/Abnahmedes Bestands liquiderMittel Investitionen in immaterielleVerm6gensgegenst~inde Investitionen in das Sachanlageverm6gen Investitionen in das Finanzanlageverm6gen Zunahme/Abnahmedes Working Capitals Operativer Einzahlungstiberschuss= Total Cash Flow3 Tax Shield Free Cash Flow = Flow to Entity

Vgl. Ballwieser, W. (1998) S. 91; Ktiting, K./Eidel, U. (1999) S. 831. Ftir eine Darstellung der Besonderheiten von Industrieunternehmen siehe Schinagl, M. (2005c) S. 199 ff. 2 Vgl. Baetge, J./Niemeyer, K./Kfimmel, J. (2005) S. 283; Mandl, G./Rabel, K. (1997) S. 313; R6dl, B./Zinser, T. (2000) S. 286. Ftir eine alternativ aufgeteilte Berechungstabelle siehe Dvorak, M. (2005b) S. 90. 3 Der Total Cash Flow findet bei der DUK-Methode Anwendung siehe Kul3maul, H. (1999) S. 341.

96

Theoretische Grundlagen

Da die ermittelten FCFs gleichzeitig zur Bedienung der Eigen- und Fremdkapitalgeber des Untemehmens zur Verfiigung stehen, werden sie mit einem Mischzinssatz in Form des gewogenen Kapitalkostensatzes, dem W A C C , diskontiert. 1 Aus Vereinfachungsgrtinden wird hierzu in der Regel eine Zielkapitalstruktur 2 vorgegeben. Die Durchschnittskosten von Eigen- und Fremdkapital ergeben sich wie folgt: 3

FK EK kWACC=rFK(1--S)--~+reK--~; wobei reK =rf +(r~-rf )]3 mit:

kwAcc gewichteter Kapitalkostensatz =

= Renditeforderung der Fremdkapitalgeber = Renditeforderung der Eigenkapitalgeber = risikoloser Zins

rex rl s

FK GK EK

= Ertragssteuersatz auf Untemehmensebene = Betafaktor = Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals = Marktwert des Gesamtkapitals; FK + EK = Marktwert des Eigenkapitals

Unter der Annahme einer Detailplanungsphase von T und einem konstanten Cash Flow nach T ergibt sich unter Verwendung der oben dargestellten durchschnittlichen Kapitalkosten ftir die Ermittlung des Unternehmenswertes nachfolgende Gleichung:4

UW = EK = GK - FK =

I

CFtFCF

2(1+ t'

CFFCF

(1+

]

/

1 Vgl. Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 65 f. 2 Unter Kapitalstruktur wird grundsgtzlich das Verhgltnis zwischen Fremd- und Eigenkapital in Bezug auf das Gesamtkapital des Unternehmens verstanden. Die Bestimmung der Zielkapita|struktur fuf3t auf einer m0glichst genauen Schgtzung der gegenwgrtigen marktwertbezogenen Kapitalstruktur des Untemehmens. Da der zu bewertende B6rsenaspirant noch nicht an der B6rse notiert ist, sind bereits notierte Vergleichsgesellschaften mit ghnlichen betrieblichen Strukturen zur Bestimmung der marktwertbezogenen Kapitalstruktur heranzziehen. Vgl. Blgttchen, W. (2002) S. 276. Zur Berficksichtigung der Kapitalstruktur im Rahmen der DCF-Verfahren siehe Mandl, G./Rabel, K. (1997) S. 71; Baetge, J./Niemeyer, K./Kt~mmel, J. (2005) S. 299 ff. 3 Vgl. Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 65. 4 Vgl. KuBmaul, H. (1999) S. 340; Drukarczyk, J. (2003) S. 230.

Untemehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

97

mit:

UW EK

= Unternehmenswert = Marktwert des Eigenkapitals

GK

= Marktwert des Gesamtkapitals

FK

= Marktwert des Fremdkapitals

CFtFCF: Free Cash Flow in Periode t C FF c F -

Free Cash Flow nach dem Planungshorizont T

k wAcc

:

gewichteter Kapitalkostensatz

T

= Planungshorizont

Der Marktwert des Fremdkapitals 1/~sst sich aktuell t~ber den Kapitalmarkt ermitteln. Die Bestimmung des Marktwertes des Eigenkapitals setzt voraus, dass der Shareholder Value bekannt ist. Der Bewerter muss demzufolge den Marktwert des Eigenkapitals kennen, um den WACC-Ansatz d u r c h ~ h r e n zu k6nnen. Dieses Dilemma ist auch als Zirkularit/~tsproblem bekannt und 1/~sst sich entweder durch Iteration oder durch die Vorgabe einer Zielkapitalstruktur 16sen. 1

2.7.2.3 Equity- Verfahren Beim Equity-Verfahren, welches auch als Netto-Ansatz oder Flow-to-Equity-Methode bezeichnet wird, werden die an die Eigenkapitalgeber ausschtittbaren (freien) Cash Flows

nach

Fremdkapitalzinsen

und

Unternehmenssteuer

direkt

ermittelt

und

anschlief~end diskontiert. 2 Der ausschtittbare (freie) Cash Flow 1/~sst sich unter Verwendung obigen Rechenschemas wie folgt ermitteln: 3

=

Operativer Einzahlungstiberschuss= Total Cash Flow Zinsen und/~hnlicheAufwendungen Fremdkapitalaufnahme Fremdkapitaltilgungen Cash Flow an die Eigentiimer = Flow to Equity

Vgl. Kul3maul, H. (1999) S. 341; Ballwieser, W. (1998) S. 85; Schwetzler, B./Drijtschuk, N. (1999) S. 295 ff. 2 Vgl. Heurung, R. (1998) S. 207; Kul3maul, H. (1999) S. 343; Dreyer, D. (2004) S. 170; Bender, J./Lorson, P. (1997) S. 2. 3 Vgl. Baetge, J./Niemeyer, K./Ktimmel, J. (2005) S. 286; Dreyer, D. (2004) S. 170; Mandl, G./Rabel, K. (1997) S. 368. FOr eine alternative Darstellung siehe Kr611, R. (2000) S. 278. Inwiefern allerdings die aufgef't~hrten Mittel durch die Fremdkaptitalaufnahme sowie Fremdkapitaltilgungen an die Eigentt~mer ausscht~ttbar sind, ist zweifelsohne diskussionsffihig.

98

Theoretische Grundlagen

Die somit errechneten Cash Flows entsprechen den Einzahlungstiberschtissen, die allein den Eigenkapitalgebern zur Verftigung stehen. Aufgrund dessen sind die Flows to Equity nur mit der geforderten Eigenkapitalrendite des verschuldeten Unternehmens zu diskontieren, welche wiederum zum Beispiel auf Grundlage des CAPM ermittelt werden. 1 Unter der Annahme einer Detailplanungsphase ftir den Zeitraum T und eines sich daran anschlieBenden konstanten Cash Flows ergibt sich mr die Ermittlung des Unternehmenswertes nachfolgende Gleichung: 2

UW= EK= ~ ~ CFtEK), + t=l ( I + rEK

CFEK rEK (1 + rEK)T

mit: rEK

EK

= Eigenkaptialkosten = Marktwert des Eigenkapitals

CFtEK = Cash Flows an die Eigenkapitalgeber in Periode t

CFff T

= Cash Flows an die Eigenkapitalgeber nach dem Planungshorizont T = Planungshorizont

2.7.3 Multiplikatorverfahren 2.7. 3.1 Konzeption Das Multiplikatorverfahren, welches auch als statisches Verfahren bezeichnet wird, ermittelt den Wert eines B6rsenkandidaten durch einen Vergleich mit bereits gehandelten Unternehmen. 3 ,,Eine Bewertung ohne Vergleichsobjekt bedeutet, dass das Bewertungsobjekt seinen WertmaBstab in sich selbst trtige, dass es einen absoluten, also nicht aus gegebenen Preisen anderer Objekte abgeleiteten Wert h/atte. ''4 Indem mr vergleichbare und bereits am Markt notierte Unternehmen der Multiplikator empirisch anhand der gehandelten Marktpreise abgeleitet wird, berticksichtigt das Multiplikatorverfahren bei der Emissionspreisfindung das relevante B6rsenumfeld und

Vgl. Mandl, G./Rabel, K. (2005) S. 69; Kr611,R. (2000) S. 278. 2 Vgl. KuBmaul, H. (1999) S. 343; Schanz, K. (2002) S. 221. 3 Ftir ein aus~hrliches Beispiel zur Unternehmensbewertung im Rahmen eines B6rsengangs mittels Multiplikatormethode siehe Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1577 ff. 4 Moxter, A. (1983) S. 123.

Untemehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

99

somit die im Markt ver~gbaren Informationen. 1 Kann nun angenommen werden, dass die an den M~irkten zustande gekommenen Preise faire Werte repr~isentieren, so liegt es nahe, diese zur Bewertung von anderen Wertpapieren heranzuziehen. 2 Durch diese Vorgehensweise

k6nnen

die

Einsch~itzungen

der

Marktteilnehmer

hinsichtlich

Profitabilit~it, Wachstum und Risiko des zu bewertenden Unternehmens verarbeitet werden. Um hierdurch zu einem objektiv nachvollziehbaren Unternehmenswert zu kommen, muss allerdings unterstellt werden, dass die am Kapitalmarkt realisierten Multiplikatoren auf das zu bewertende Untemehmen tibertragbar sind. 3 Grunds~itzlich wird der Marktpreis vergleichbarer Untemehmen oder der Durchschnittswert einer Branche tiber eine Bezugsgr6Be, beispielsweise dem KGV, in Relation zu dem zu bewertenden Unternehmen gesetzt. Formal l~isst sich dies wie folgt ausdrticken: 4

Unternehmenswert =

Marktpreis Vergleichsuntern. Bezugsgr6fle Vergleichsuntern.

* Bezugsgr6fle Bewertungsobjekt

Das Auffinden eines v611ig identischen Unternehmens als Vergleichsobjekt wird in der Realit~it allerdings nicht umsetzbar sein, da jedes Unternehmen streng genommen ein Unikat darstellt. 5 Vielmehr kann es nur zielNhrend sein, ~ihnliche Vergleichsunternehmen zu finden, die Unterschiede zum Bewertungsobjekt zu identifizieren und eventuell vorhandene Differenzen anschliegend zu berticksichtigen. Durch diese Vorgehensweise soll ein Ergebniskorridor mr den zu bestimmenden Unternehmenswert geschaffen werden. 6 Wichtige Differenzierungsmerkmale, die bei der Zusammenstellung der Vergleichsunternehmen, der so genannten Peer-Group, zu berticksichtigen 1 Zur Bestimmung des Multiplikators k6nnen entweder Werte vergleichbarer Unternehmen (comparable company analysis) oder vergleichbarer Transaktionen (comparable transaction analysis) herangezogen werden. Bei letztgenannter Methode werden bei der Bewertung von B6rsenkandidaten die Emissionspreise vergleichbarer Unternehmen in Relation zu einer Bezugsgr6ge gesetzt. Bei der comparable company analysis h~ingt der Preis einer Unternehmenstransaktion vonder individuellen Verhandlungssituation ab und enth~iltsomit oftmals eine strategische Pramie. Vgl. L6hnert, P./B6ckmann, U. (2002) S. 412; Dvorak, M. (2005b) S. 103. 2 Vgl. Dvorak, M. (2005b) S. 102. 3 Vgl. Btischgen, H. E. (2001) S. 1574; B6sl, K. (2001b) S. 221. 4 Vgl. Peem611er,V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 197; Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1576; Barthel, C. W. (1996) S. 157; Beike, R./K6ttner, A./Schliitz, J. (2000) S. 47 f. Far eine ausf'tihrliche Darstellung des Prozesses einer sachgerechten Multiplikatoranwendung siehe Peem611er, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 203. 5 Ftir eine Darstellung der Vorgehensweise zur Auswahl der entsprechenden Vergleichsuntemehmen siehe Dvorak, M. (2005b) S. 106; Lang, F. (2005) S. 161 f. 6 Vgl. Peem611er,V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002); B0schgen, H. E. (2001) S. 1574 f.

100

Theoretische Grundlagen

sind, w~iren unter anderem der Bekanntheitsgrad der Unternehmen, Besonderheiten im Gesch~iftsmodell, Innovationskraft, Ausschfittungsverhalten, Wachstumsdynamik bei Umsatz und Gewinn sowie die Markt- und Wettbewerbsposition. 1 Darfiber hinaus sollten auch die Referenzuntemehmen fiber ein ausreichendes Handelsvolumen am Sekund~irmarkt verfagen, so dass der Aktienkurs als Ergebnis von Angebot und Nachfrage eine grunds~tzliche Aussagekraft ~ r die Bewertung der B6rsenneulinge besitzt. 2 Jene Merkmale spielen auch bei der Bestimmung der B6rsenreife eines Untemehmens eine entscheidende Rolle. 3

JAKOB (1998)

schlggt darfiber hinaus vor, die KGVs

der in der jt~ngeren

Vergangenheit an die BOrse gegangenen Untemehmen in die Bewertung zu integrieren, da die Bewertung eines B6rsenaspiranten mit bereits seit mehreren Jahren b6rsennotierten Untemehmen nicht zwingend ein allein verfolgenswerter Ansatz zur Bestimmung des Untemehmenswertes von IPO-Kandidaten sein kann. 4 Vor allem die mangelnde Vergleichbarkeit des Risikoaufschlags dt~rfte hierbei entscheidend sein. 5 Im Rahmen von B6rseng~ingen hat sich das KGV, welches auch als _Price-EarningsRatio (P/E-Ratio) bezeichnet wird, als wichtigster Multiplikator herausgebildet, weshalb es nachfolgend erl~iutert werden soll. 6 Als alternative Kriterien sind die PriceEarnings-to-Growth-Ratio, des Kurs-Cash-Flow-Verh~iltnis, die EV/EBITDA-Ratio oder der Umsatzmultiplikator zu nennen. 7

Vgl. Kramer, K. (2000) S. 250; B6sl, K. (2001b) S. 221; L6hr, A. (2000) S. 152 f.; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 135. 2 Vgl. L6hnert, P./B6ckmann, U. (2002) S. 67. 3 Zur Bestimmung der B6rsenreife eines Unternehmens und der hierbei verwendeten quantitativen und qualitativen Kriterien siehe Subkapitel 2.5. 4 Vgl. Jakob, E. (1998) S. 75. 5 Vgl. Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 134. 6 Um der statischen Betrachtung eine dynamische Komponente hinzuzuf'tigen und hierdurch Untemehmen mit unterschiedlichen Wachstumsprofilen vergleichbarer zu machen, kann die PriceEarnings-to-Growth-Ratio verwendet werden. Vgl. Peem611er, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 207; L6hr, A. (2000) S. 156; Barthel, C. W. (1996) S. 157 ff.; Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1575 ff.; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 131 ff. 7 Zur Beschreibung dieser Kennzahlen siehe ausfahrlich Peem611er, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 206 ft.; Killat, G. (2000) S. 220 ff.; Beike, R./K6ttner, A./Schl0tz, J. (2000) S. 53 ff.; Barthel, C. W. (1996) S. 157 ff.; Strauch, J./Lt~tke-Uhlenbrock, C. (2002) S.368 ff.; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 139 ff.; L6hr, A. (2000) S. 156 ff.

Unternehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

101

2.7.3.2 Kurs-Gewinn- Verhdltnis Die

am

h~iufigsten

verwendete

Kennzahl

im

Rahmen

der

Bewertung

von

B6rseng~ingen stellt das KGV eines Unternehmens dar, das sich als Quotient aus B6rsenkurs und Gewinn ~je Aktie errechnet. 2

KGV =

BOrsenkurs

=

Gewinn j e Aktie

Das

KGV

quantifiziert

das

Verh~ltnis

Marktkapitalisierung Unternehmens gewinn

des

Kurses

einer Aktie

zu

dem

im

Untersuchungsjahr erzielten beziehungsweise erwarteten Gewinn und gibt somit an, mit welchem Faktor der Gewinn eines Unternehmens an der B6rse bewertet wird. 3 Ein KGV von 10 bedeutet in diesem Zusammenhang, dass innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren, ceteris paribus, die Investition zurfickgezahlt werden kann. 4 Die KGVs von Unternehmen

k6nnen

im

Rahmen

eines

gegebenen Zinsumfeldes

zwischen

8

(Unternehmen mit geringen Wachstumschancen) und 50 (Wachstumsuntemehmen) oder mehr schwanken. 5 Die H6he des KGVs wird sowohl durch die gesamtwirtschaftliche Situation als auch durch die generelle B6rsenstimmung beeinflusst. Durch Differenzen zwischen Bewertungsobjekt und Vergleichsunternehmen ist das ermittelte Ergebnis um branchen- und unternehmensindividuelle Faktoren zu korrigieren. 6

1 Zur Problematik der Verwendung von Gewinnen anstelle von Ausschtittungen siehe IDW (1998) S. 23 ff. 2 Es kann mittels einfacher Arithmetik gezeigt werden, dass sich die KGV-Methode aus der klassischen Regel der Ertragsbewertung, unter den Annahmen konstanter Gewinnentwicklung und gegebenem Ausschtittungsverhalten, ableiten l~isst. Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 132. 3 Vgl. Wegmann, J. (1996) S. 154. 4 Diese Rechnung geht vonder Annahme aus, dass der Gewinn in den kommenden Jahren keinen Fluktuationen unterliegt und dabei vollst~ndig als Dividende ausgeschtittet wird. Die Investition bezieht sich auf den Kaufpreis des Wertpapiers. 5 Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 133. BEIKE/KOTTNER/SCHLOTZ(2000)zeigen, dass das KGV von Siebel System am 15.09.2000, und somit nach dem Platzen der B6rsenblase, 330 betrug und Sun Microsystems zum gleichen Zeitpunkt mit einem KGV von beinahe 104 bewertet wurde. Vgl. Beike, R./K6ttner, A./Schltitz, J. (2000) S. 52. Ft~r eine Obersicht tiber verschiedene Jahre und ftir verschiedene Branchen siehe Klein, H./Kramling, M./Andreas, C. (2000) S. 235. 6 Durch die Fokussierung auf den Gewinn kann dieses Verfahren bei Verlustunternehmen nicht angewendet werden. Da die Zulassungsvoraussetzungen keine Vorschrift beztiglich eines zu erwirtschaftenden Gewinnes beinhalten, k6nnen auch Unternehmen den Schritt an die B6rse wagen, die zum Emissionszeitpunkt einen Verlust ausweisen.

102

Theoretische Grundlagen

Ein wesentlicher Punkt bei der Ermittlung des KGVs ist der Zeitraum, der bei der Gewinnermittlung zugrunde gelegt wird. Grunds~itzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei einem B6rsengang ab Mai eines Jahres die jeweiligen Kennzahlen des Folgejahres relevant sind, um die Zukunftsorientierung der Bewertung zu unterstreichen. 1

Zur Berechnung des Emissionskurses beziehungsweise der Emissionspreisspanne wird das KGV mit dem aktuellen oder gesch~itzten Gewinn je Aktie multipliziert: 2

Emissionspreis = K G V * Gewinn j e Aktie

Im Rahmen des KGVs ist insbesondere die Ermittlung der Gewinngr6Be als zentraler Baustein anzusehen. Sowohl Theoretiker als auch Praktiker fordem, dass diejenige Gewinngr6Be herangezogen wird, die um auBergew6hnliche und aperiodische Beitr~ige bereinigt ist. 3

2.7.3.3 D VFA/SG-Ergebnis

Eine erste M6glichkeit zur Ermittlung der ben6tigten Gewinnkennzahl besteht in der Verwendung des handelsrechtlichen Jahrestiberschusses. Da die bilanziellen Gestaltungsspielr~iume in der deutschen Rechnungslegung groBzfigig bemessen sind, ermittelt der handelsrechtliche Jahrest~berschuss zwar ein Bild der Ertragslage der jeweiligen Unternehmen, erfiillt jedoch nicht die Anforderungen, die zur Information von Marktteilnehmern hinsichtlich der Vergleichbarkeit gestellt werden. 4

Vgl. Jakob, E. (1998) S. 71. 2 Ftir eine Studie zur Analyse der Eignung von KGV als Parameter der Emissionspreisfindung siehe Kim, M./Ritter Jay R., (1999). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass aufgrund der groBen Heterogenit~it der KGVs innerhalb einer Branche deren Aussagekraft von sehr limitiertem Wert ist. 3 Vgl. Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1575. 4 Vgl. BRittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 136. Auch bei Verwendung des Multiplikators KursCash-Flow-Verh~iltnis, welcher im Gegensatz zum KGV auf die Cash-Flow-Entwicklung abstellt, hat die DVFA/SG eine Empfehlung zur Ermittlung des Cash Flow nach DVFA/SG herausgegeben. Vgl. Colbe, W. B. v. et al. (2000) S. 133.

Untemehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

103

Die Deutsche Vereinigung ffir Finanzanalyse und Anlageberatung entwickelte bereits 19881

zusammen

mit

dem

Arbeitskreis

Externe

Unternehmensrechnung

der

Schmalenbach-Gesellschaft das so genannte DVFA/SG-Ergebnis, welches den Jahresabschluss um Sondereinflfisse, wie auf3erordentliche, ungew6hnliche oder dispositionsbedingte Aufwendungen und Ertr~ge, bereinigt. 2 Dieses Ergebnis soll auf m6glichst vergleichbarer Basis

9

den Ergebnistrend eines Untemehmens im Zeitablauf aufzeigen,

9

eine zuverl~ssige Ausgangsposition mr die Absch~tzung der zukfinftigen Ergebnisentwicklung darstellen und

9

Vergleiche des wirtschaftlichen Erfolges zwischen verschiedenen Unternehmen erm6glichen. 3

Ffir die Emissionspreisfindung sind zus~tzlich die nachfolgenden Empfehlungen der DVFA/SG von besonderer Bedeutung:

9

Die Kosten 4 der B6rsenein~hrung einer Kapitalgesellschaft mindem nicht das Planergebnis, sondem werden als aul3erordentlicher Aufwand neutralisiert.

9

Ffir den Mittelzufluss aus der Emission wird eine fiktive Verzinsung angenommen, wodurch das Planergebnis entsprechend erh6ht wird. 5

1 Ft~r eine Beschreibung der historischen Entwicklung der Berechnung des DVFA/SG-Ergebnisses siehe Geiger, K. M. (2001) S. 380 f.; Zacharias, E. (2001) S. 262 ff. 2 Vgl. Serfling, K./Pape, U./Kressin, T. (1999) S. 292. Das DVFA/SG-Ergebnis wird in Obereinstimmung mit der internationalen Praxis als Gr613enach Steuern ermittelt. Bei den Steuern sind hierbei sowohl tats~chliche als auch latente Steuern zu bel~cksichtigen. Vgl. Geiger, K. M. (2001) S. 387 ff. FOr eine ausffihrliche Darstellung der zu bereinigenden SondereinflOsse siehe Colbe, W. B. v. et al. (1991) S. 13 ff.; Zacharias, E. (2001) S. 265 ff. 3 Vgl. Colbe, W. B. v. et al. (1991) S. 5. a Hierzu z~hlen auch die Kosten f~r die Umwandlung des Unternehmens in eine Kapitalgesellschafl. Vgl. Jakob, E. (1998) S. 71. FOr eine ausffihrliche Darstellung der nicht zu berficksichtigenden Kosten eines B6rsengangs siehe Zacharias, E. (2001) S. 273 ff. 5 Vgl. B6sl, K. (2001b) S. 222.

104

Theoretische Grundlagen

2. 7.4 Analyse und Zusammenfassung Der mit der Multiplikatorenmethode ermittelte Untemehmenswert reagiert sehr sensibel auf die gew~ihlten Vergleichsunternehmen sowie die gew~ihlte Multiplikatormethode und die Wertfindung ist wesentlich auf eine kurzfristige Ergebnisentwicklung abgestellt. 1. Dartiber hinaus fOhrt eine ineffiziente Bewertung der am Markt gehandelten Unternehmen dazu, dass auch das zu emittierende Untemehmen nicht effizient bewertet sein kann und somit, nach DREYER/OEHLER (2001), keine effiziente Ressourcenallokation erfolgen kann. 2 Hierdurch sind die in dieser Arbeit noch n/~her zu untersuchende Stimmung der Investoren sowie deren Rationalit~it ein entscheidendes Kriterium ftir die Bestimmung des Emissionspreises und fiir die Erkl~irung der Emissionsrendite. 3 Die DCF-Methode stellt die im analytischen Sinne beste Bewertungsmethode dar. 4 Da es nicht auf Vergleichsuntemehmen zurtickgreift, weist dieses Verfahren eine geringe Abh~ingigkeit von den Kursschwankungen am Aktienmarkt auf. Dartiber hinaus liefert es eine gute Abbildung des Wachstums des zu emittierenden Unternehmens fiir einen relativ langen Zeitraum. Als nicht unerheblicher Schwachpunkt kann allerdings angeftihrt werden, dass die Bewertungsergebnisse eine hohe Sensibilit~it beztiglich der zu Grunde gelegten Annahmen tiber die Kapitalkosten, Wachstumsraten, Margenentwicklung und Investitionen aufweisen. Deshalb ist eine detaillierte Sensitivit~itsanalyse erforderlich. 5 Aufgrund der jeweils getroffenen Annahmen und der zahlreichen Voraussetzungen haben s~imtliche Bewertungsverfahren ihre individuellen St~irken und Schw~ichen. Daher ist es ~iuBerst problematisch, sich auf ein einzelnes Verfahren, insbesondere bei der Bewertung eines noch nicht notierten Untemehmens, zu verlassen. Vielmehr sollten verschiedene Verfahren parallel zum Einsatz kommen, um eine umfassende

Vgl. Buchner, R./Englert, J. (1994) S. 1576; B1/~ttchen,W./Jacquillat, B. (1999) S. 147.. 2 Vgl. Dreyer, D./Oehler, A. (2001) S. 3. Fiir eine ausffihrliche Darstellung der Vor- und Nachteile von Marktbewertungsverfahrensiehe Dvorak, M. (2005b) S. 104. 3 Die unterschiedlichen Formen der Informationseffizienz sowie deren Ermittlung und die dabei auftretenden theoretischenund empirischen Schwierigkeitenwerden in Subkapitel 2.2.2 dargestellt. 4 Es kann jedoch gezeigt werden, dass das DCF-Verfahren in den Multiplikatoransatz tiberftihrt werden kann, siehe hierzu PeemOller,V. H./Meister,J. M./Beckmann, C. (2002) S. 202 ff. 5 Vgl. B6sl, K. (2001b) S. 227.

Untemehmensbewertung im Rahmen des B6rsengangs

105

Wertanalyse zu garantieren. 1 STRAUCH/LI21TKE-UHLENBROCK (2002) attestieren in ihrer Untersuchung von 363 B6rseng/~ngen und der jeweiligen Researchberichte, dass im Durchschnitt 2,5 Bewertungsverfahren je B6rsengang zur Bestimmung des Emissionspreises beziehungsweise der Preisspanne angewendet werden. Die Untersuchung zeigt weiterhin, dass in den meisten F/~llen eine Bewertung anhand der DCF-Methode kombiniert mit einer Bewertung auf Multiplikatorbasis far den Untersuchungszeitraum 1997 bis 2001 erfolgte. 2 Der Emissionsprospekt ist das zentrale Dokument zur Informationsgewinnung far private Investoren, da die Researchberichte der Konsortialbanken nur an institutionelle sowie ausgew~ihlte private Investoren verteilt werden. Gerade vor dem Hintergrund der 2002 in Kraft getretenen Going-Public-Grunds~itze der Deutschen B6rse AG erh/~lt dieses Thema spezielles Gewicht, da analog zu diesen Grunds~itzen emissionsbegleitende Researchberichte nur Informationen enthalten diirfen, die auch dem Emissionsprospekt zugrunde liegen. Aufgrund der Verwendung historischer Bilanz- und GuV-Daten k6nnen private Investoren durch das Emissionsprospekt nur Anhaltspunkte far die Sch~itzung der zur Untemehmensbewertung notwendigen Informationen erhalten. Die Anwendung des Multiplikatorverfahren basierend auf den Inhalten des Emissionsprospektes scheint dabei noch am ehesten praktikabel zu sein, da die Anzahl der zu prognostizierenden GrOf3en bei dieser Methode im Vergleich zum DCFVerfahren geringer ist und die Emissionsprospekte aufgrund ihrer Darstellung der Markt- und Wettbewerbssituation grundlegende Informationen liefern. Die im Rahmen eines B6rsengangs eingesetzten Unternehmensbewertungsverfahren dienen w/~hrend des Preisfindungsprozesses nur zur Bestimmung einer entsprechenden Richtgr613e. Von besonderem Interesse ist insbesondere das nachfolgend erl/~uterte Bookbuildingverfahren, da hier eine Preisspanne festgelegt wird, innerhalb derer der endgtiltige Emissionskurs liegen wird. 3

Vgl. Cheridito, Y./Hadewicz, T. (2001) S. 321 f.; Peem611er, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 197; L6hr, A. (2000) S. 152. 2 Vgl. Strauch, J./Lt~tke-Uhlenbrock, C. (2002) S. 371. 3 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 3; Jenkinson, T./Morrison, A. D./Wilhelm, W. J. (2005) S. 1 ff.; Peem6ller, V. H./Meister, J. M./Beckmann, C. (2002) S. 198.

106

Theoretische Grundlagen

2.8 Preisfestsetzungsverfahren 2.8.1 Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen Basierend auf den dargestellten Bewertungsverfahren im Rahmen von B6rseng~ingen soll nun gezeigt werden, wie sich mittels verschiedener Preisfestsetzungsverfahren der Emissionspreis bestimmen l~isst und die zu emittierenden Aktien anschlieBend platziert werden. Die zur Fixierung des Ausgabepreises und zur Platzierung der Wertpapiere existierenden Verfahren lassen sich grunds~itzlich in Festpreis-, Bookbuilding- und Auktionsverfahren

differenzieren.

Diese

Verfahren

unterscheiden

sich

sowohl

hinsichtlich der M6glichkeit, die am Markt vorherrschende Nachfrage beztiglich des B6rsengangs zu berticksichtigen, als auch hinsichtlich der M6glichkeiten, ffir den Emittenten beziehungsweise die Konsortialbanken, bei der Zuteilung der Aktien aufgrund eigener Zielvorstellungen bevorzugend einzugreifen.

Da

w~ihrend

des

untersuchten

Zeitraums

das

Bookbuildingverfahren

zum

dominierenden Verfahren der Preisfestsetzung und Zuteilung aufgestiegen ist, soll es den inhaltlichen Schwerpunkt der nachfolgenden Ausffihrungen bilden. 1 Darfiber hinaus ist die Ausgestaltung des Bookbuildingverfahrens fiir die Analyse des Preisfestsetzungsprozesses

in Subkapitel

4.4

sowie

die Begrtindung

einzelner

Variablen 2 in Subkapitel 4.5 von besonderer Bedeutung.

2.8.2 Festpreisverfahren Bis 1995 wurde ausschlieBlich das Festpreisverfahren im Rahmen von Aktienemissionen verwendet. 3 Die Emissionsbanken 4 erwerben hierbei in der Regel s~imtliche zu platzierenden Aktien zu einem festen Preis, um die Wertpapiere anschlieBend dem Publikum zum Kauf anzubieten. 5 DarOber hinaus tibertr~igt der 1 Bis 1995 dominierte das Festpreisverfahren die Preisfestsetzungsverfahren im Rahmen von BOrseng/ingen. 2 Die Variablen bbd und bbw beziehen sich auf die L~inge der Zeichnungsfrist beziehungsweise Breite der Emissionspreisspanne und sind ffir die Analyse des Underpricing-Ph/inomens von besonderer Bedeutung. Die ausffihrlich Erl~iuterungund Analyse folgt in Subkapitel 4.5.5. 3 Vgl. Terstege, U. (2002) S. 234; Weiler, L. (2000) S. 269. 4 Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 280. Vor allem in den letzten Jahren haben sich bei einem B6rsengang mehrere Emissionsbanken zur Reduzierung des Platzierungsrisikos zu einem Bankenkonsortium zusammengeschlossen. 5 Vgl. Schanz, K. (2002) S. 302.

Preisfestsetzungsverfahren

107

Emittent s~imtliche Aufgaben im Rahmen der Aktienemission an die an der Preisfestsetzung beteiligten Emissionsbanken. Die Verpflichtung zur Abnahme aller Aktien zum Festpreis und somit die Ubemahme des Platzierungsrisikos wird als Garantiefunktion, und die Ubemahme aller Aufgaben als Verkaufsfunktion bezeichnet. 1

Wghrend des Festpreisverfahrens werden sowohl der Emissionspreis als auch das Emissionsvolumen anhand verschiedener Untemehmensbewertungsverfahren berechnet und zwischen Emittent und Emissionsbank unmittelbar vor Ver6ffentlichung des Emissionsprospektes fest vereinbart. 2 Der Emissionspreis wird somit bereits mehrere Tage vor der Erstnotiz am Sekund~irmarkt fixiert und kann anschliel3end nicht mehr an sich gndemde Marktbedingungen w~ihrend der Marketing-Phase angepasst werden. Aus Sicht des Emittenten bietet das Festpreisverfahren somit den Vorteil, dass der Emissionserl6s, insbesondere in einem volatilen beziehungsweise negativen Marktumfeld, bereits frfihzeitig bekannt ist und durch die Garantiefunktion als sicher eingestuft werden kann. Jedoch kann ein sich verschlechtemdes BOrsenumfeld eine Erh6hung des Platzierungsrisikos- aufgrund sich ~indemder Preisvorstellung von Seiten der Investoren- nach sich ziehen. Die Emissionsbanken dt~rften vor allem zur Reduzierung dieses Risikos einen m6glichst niedrigen Emissionspreis anstreben. 3 Aufgrund

des

Wagnisses,

nicht

den

fairen

und

erzielbaren

Emissionspreis

festzusetzen, sowie der fehlenden Anpassungsf~ihigkeit des Emissionspreises und -volumens wghrend des letzten Abschnitts der Vorbereitungsphase ist beim Festpreisverfahren eine Maximierung des Emissionserl6ses Nr die Emittenten beziehungsweise Altaktiongre kaum m6glich. 4 Auch birgt eine nicht marktgerechte Preisfestsetzung Nr die Konsortialbanken das Risiko, die Neuemission nicht vollst~indig platzieren zu k6nnen und somit ihre Best~inde nach Beendigung des B6rsengangs am Sekund~irmarkt verkaufen zu mt~ssen. Dies wird die Kurse aufgrund des erh6hten Angebotes, ceteris paribus, negativ beeinflussen. 5 1 Vgl. Neus, W. (1995) S. 135. 2 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 20; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 173. 3 Vgl. Trobitz, H. H./Wilhelm, S. (1996) S. 173; Lang, M. (1993) S. 92. 4 Vgl. Achleitner, A. (2000) S. 564; Schlick, R. (1997) S. 179. 5 Vgl. Schanz, K. (2002) S. 302; Ehrhardt, O. (1997) S. 26.

108

Theoretische Grundlagen

2.8.3 Auktionsverfahren Vor dem Hintergrund der tiberproportional hohen Zeichnungsgewinne w~ihrend der IPO-Boomphase wurden auch in Deutschland alternative Preisfestsetzungsverfahren diskutiert, die zu einer Optimierung des Emissionserl6ses Rihren sollten. 1 Insbesondere die frtihzeitige Fixierung eines Emissionspreises im Rahmen des Festpreisverfahrens sowie die Bestimmung einer Preisspanne, im Rahmen des nachfolgend zu erl~iuternden Bookbuildingverfahrens, innerhalb derer der Emissionspreis liegen muss, haben sich vor allem w~ihrend euphorischer B6rsenphasen als fiJr den Emittenten nachteilig erwiesen.

Bei einem Tender- oder Auktionsverfahren 2, die vor allem in Taiwan, Israel sowie Frankreich im Rahmen von B6rseng~ingen ihre Anwendung finden, wird der Emissionskurs nicht vor Beginn der Zeichnungsfrist fixiert. 3 Nach der Festlegung eines Mindestbetrags nennen Investoren den Konsortialbanken im Rahmen einer Auktion Volumen- und Preisvorstellungen. Hierdurch unterscheidet sich dieses Verfahren deutlich vom Festpreisverfahren, bei dem der Investor nur die gewtinschte Kaufmenge nennen muss. Die Preisfestsetzung erfolgt allein aufgrund der Gebote der Anleger und zwar so, dass zum Emissionspreis die Wertpapiere gerade vollst~indig platziert werden k6nnen. 4

1 Vgl. Oehler, A. (2000e) S. 6; Schanz, K. (2002) S. 307. 2 Tender- oder Auktionsverfahren werden in der Literatur synonym gebraucht. Nach MCA~EE/MCMILLAN (1987) handelt es sich hierbei um ein Verfahren mit einem expliziten System von Regeln, das die Zuteilung und Preisfestsetzung ~r Gtiter anhand der abgegebenen Gebote der Marktteilnehmer bestimmt. Vgl. McAfee, R. P./McMillan, J. (1987) S. 699 ff. 3 Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 629. In Grol3britannien oder Japan wurden in der Vergangenheit B/Srseng~inge regelm~il3ig mittels Auktionsverfahren an den Markt gebracht. Allerdings wurde in Grol3britannien das Auktionsverfahren, obwohl diese Methodik der Preisfestsetzung bis heute existiert, seit 1986 nicht mehr im Rahmen von Erstemissionen angewendet. Vgl. Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 20. In Japan finden ebenfalls nur wenige Emissionen per Auktion statt. Vgl. Kerins, F. J./Kutsuna, K./Smith, R. L. (2003) S. 1 ff. Ft~r eine Untersuchung zu israelischen B6rseng~ingen siehe Kandel, S./Sarig, O./Wohl, A. (1999) S. 227 ff. In Frankreich kommen grunds~itzlich vier unterschiedliche Platzierungsverfahren zur Anwendung, das offre ~tprix minimum, das offre ~ prix ferm6, die cotation directe und das pr6placement-Verfahren. Jedoch hat auch hier durch die Einfi~hrung des Bookbuildingverfahrens das Auktionsverfahren an Bedeutung verloren. Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 179 ft.; Sherman, A. (2005) S. 1 ff.; Derrien, F. (2005) S. 487 ff. 4 Vgl. Oehler, A. (2000e) S. 6; Yheissen, E. (2002a) S. 208; Cocca, T. D. (2000) S. 2 ff.; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 178 ff.

Preisfestsetzungsverfahren

109

Ft~r die anschlieBende Zuteilung der Wertpapiere gibt es im Rahmen von B6rsengangen unterschiedliche Methoden, wobei grunds~itzlich zwischen Amerikanischen und Holl~indischen Verfahren unterschieden werden kann. ~ Bei der erstgenannten Alternative werden die Papiere, ausgehend vom h6chsten Gebot, solange zum jeweils genannten Kurs zugeteilt, bis das festgelegte Emissionsvolumen verteilt ist. Hierdurch hat jeder berficksichtigte Bieter seinen individuellen Angebotspreis zu zahlen. Das Holl~indische Verfahren 2 unterscheidet sich hiervon, indem ein Einheitskurs festgelegt wird und Gebote, die tiber diesem Kurs liegen, voll zugeteilt werden. Mittels dieses Vorgehens werden alle Bieter mit dem gleichen Emissionspreis bedient. 3

DEGEORGE/DERRIEN/WOMACK (2004) zeigen in ihrer empirischen Studie, dass das Auktionsverfahren sowohl weniger Kosten far den Emittenten verursacht als auch die H6he des Underpricings verringert werden kann. 4 Trotz dieser Vorteile konnte sich dieses Verfahren gegent~ber nach nachfolgend dargestellten Bookbuildingverfahren nicht durchsetzen. SHERMAN (2005) kann in diesem Zusammenhang nachweisen, dass das Auktionsverfahren in fast allen Lgndem vom Bookbuildingverfahren verdrgngt wurde, welches fast ausschlieBlich im Rahmen von B6rseng~ingen zur Anwendung kommt. 5

2.8.4 Bookbuildingverfahren Im Unterschied zum bereits dargestellten Festpreisverfahren schlieBt das Bookbuildingverfahren, welches in Deutschland 1995 zum ersten Mal im Rahmen einer Aktienerstemission zur Anwendung kam eine Erhebung der Nachfragestruktur ein und

1 Grunds~itzlich steht neben den hier vorgestellten Verfahren, welche bei B6rseng~ingen ihre Anwendung finden, noch das englische Verfahren, zur Verfligung, welches wie die holl~indische Auktion zu den so genannten offenen Auktionen z~ihlt. Bei diesem Verfahren wird der Preis sukzessive erh6ht, bis nur noch ein Bieter ~ibrig bleibt. Vgl. McAfee, R. P./McMillan, J. (1987). Dariiber hinaus lassen sich Erstpreis- und Zweitpreisauktionen, welche zu den verdeckten Auktionen z~ihlen, unterscheiden. Vgl. Moldovanu, B. (1996) S. 1 ff. 2 gom Holl~indischen Verfahren abzugrenzen ist die Holl~indische Auktion. Hierbei handelt es sich um ein offenes Auktionsverfahren Dr ein einzelnes Gut. Beim holl~indischen Verfahren werden hingegen mehrere Gfiter zum Einheitspreis verkauft. Oehler, A. (2000e) S. 6 f. 3 Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 629; L6hr, A. (2000) S. 128; Weiler, L. (2001) S. 160. 4 Vgl. Degeorge, F./Derrien, F./Womack, K. L. (2004) S.1. 5 Vgl. Sherman, A. (2005) S. 2 ff.

110

Theoretische Grundlagen

beriicksichtigt somit das Kaufinteresse der Investoren direkt im Preisfindungsprozess. 1 Insofern besteht in diesem Punkt eine gewisse Ubereinstimmung zum Auktionsverfahren.

Der Ablauf des Bookbuildingprozesses l~sst sich in die in Abbildung 11 dargestellten Phasen untergliedern und entspricht somit grunds~itzlich den bereits in Subkapitel 2.3 er6rterten Abschnitten.

Pre-Marketing

Marketing

Preisfestsetzung und Zuteilung

Abbildung 10: Phasen des Bookbuildingverfahrens 2

Vor Beginn der Zeichnungsfrist sprechen die Konsortialbanken im Rahmen der PreMarketing-Phase ausgew~ihlte institutionelle und private Investoren an, um von diesen ihre Kaufbereitschaft in Form rechtlich unverbindlicher, indikativer Preis-MengenRelationen zu erfahren. 3 Um dies zu erm6glichen, werden Researchberichte, mit detaillierten Informationen zur Bewertung des B6rsenkandidaten an jene Investorengruppe verteilt. 4 Anhand der gesammelten Informationen tiber die zu erwartende Nachfragefunktion fixieren das Unternehmen und Emissionsbanken gemeinsam Preisspanne, Zeichnungsfrist und maximale Verkaufsmenge. 5

Nach der Bekanntgabe dieser Eckpunkte beginnt die eigentliche Marketing-Phase 6, die im Rahmen dieses Preissetzungsverfahrens auch als Bookbuildingphase bezeichnet

1 Vgl. Trobitz, H. H./Wilhelm, S. (1996) S. 173. Beim B6rsengang der SGL Carbon AG 1995 wurde das Bookbuildingverfahren zum ersten Mal in Deutschland angewendet. Vgl. LOhr, A. (2000) S. 126; Weiler, L. (2000) S. 270; Rohleder, M. (2001) S. 397. 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an Weiler, L. (2000) S. 271; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 175. Die Marketing-Phase wird auch vereinzelt als order-taking-Phase bezeichnet. Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 397; Lubig, D. (2003) S. 23. 3 Vgl. Terstege, U. (2002) S. 241; SchOnbom, G./Tschugg, M. (2002) S. 23; Schanz, K. (2002) S. 304. 4 Vgl. Zacharias, E. (2001) S. 284; Weiler, L. (2000) S. 272; Bl~ttchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 174. 5 Vgl. Jenkinson, T./Morrison, A. D./Wilhelm, W. J. (2005); Weiler, L. (2001) S. 159. Die Bekanntgabe von Preisspanne und Zeichnungsffist erfolgt im Rahmen einer Pressekonferenz. Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 176. 6 Die Marketing-Phase wird in der Literatur vereinzelt auch als Verkaufsphase bezeichnet.

Preisfestsetzungsverfahren

111

wird. 1 Die w~ihrend der Zeichnungsfrist abgegebenen Kaufauftr~ige werden i m - vom Konsortialftihrer betreuten - elektronischen Orderbuch 2 gesammelt. Dessen permanente Aktualisierung vermittelt dem Bankenkonsortium voile Transparenz zum einen im Hinblick auf die Nachfrage beztiglich des bevorstehenden BOrsengangs und zum anderen im Hinblick auf die Preissensitivit~it der Investoren. 3 Bei institutionellen Investoren sind neben persOnlichen Daten, wie Name, Nationalit~it und Branche, auch Angaben zu Preislimit, Ordervolumen und geplanter Haltedauer anzugeben. Die Zeichnungsnachfrage privater Anleger wird w~ihrend des Bookbuildingverfahrens aus Datenschutzgrtinden nicht namentlich, sondem ausschliel31ich en bloc erfasst. 4

Aufbauend auf diesen umfangreichen Informationen zu den erteilten Kaufauflr~igen k6nnen in der abschliel3enden Preisfestsetzungs- und Zuteilungsphase der endgtiltige Emissionspreis, welcher in der Regel innerhalb der Preisspanne liegt, sowie das entsprechende Emissionsvolumen festgelegt werden. Typischerweise wird der Preis so gew~ihlt, dass die Aktienplatzierung zu diesem Preis tiberzeichnet ist und somit die Nachfrage gr613er als das Angebot ausfNlt. 5 Dieses Vorgehen sichert in der Regel eine positive Entwicklung des Aktienkurses am Sekund~irmarkt w~ihrend der ersten Handelstage.

Durch die im Orderbuch gesammelten Informationen tiber die Investoren besteht dartiber hinaus die M6glichkeit einer qualitativen Steuerung der Aktienzuteilung. Emittenten dtirften vor allem an Anlegern mit einer langfristigen Haltedauer interessiert sein, die somit nicht nur an der Erzielung eines kurzfristigen Zeichnungsgewinnes interessiert

sind. 6 B6rsengangs

wird

das

zu

platzierende

Emissionsvolumen

1 W~ihrenddieses Zeitabschnitts erfolgt auch eine Intensivierung der Investor-Relations-Mal3nahmen. Vor allem mittels Road Shows und Einzelgespr~ichen soil ein erweiterter Investorenkreis angesprochen werden, um hierdurch unter anderem auch das Platzierungsrisiko zu senken. Vgl. Weiler, L. (2000) S. 272 f.; Rohleder, M. (2001) S. 398; 2 Ftir eine empirische Untersuchung des Informationsgehaltes des Orderbuchs siehe Cornelli, F./Goldreich, D. (2003) S. 1415 ff. 3 Vgl. Weiler, L. (2001) S. 159; Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 174. 4

Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 398; Zacharias, E. (2001) S. 286; Schanz, K. (2002) S. 305; Wahrenburg, M. (2001) S. 630; L6hr, A. (2000) S. 127; Jakob, E. (1998) S. 189 ff.

5 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 207; Weiler, L. (2000) S. 272; Lubig, D. (2003) S. 22 ff.; Schanz, K. (2002) S. 304 ff. 6 Vgl. Weiler, L. (2001) S. 159. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass institutionelle Investoren einen l~ingerfristigen Anlagehorizont aufweisen und somit bei der Zuteilung bevorzugt werden. Vgl. Ljungqvist, A. P./Wilhelm, W. J. (2002) S. 167 ff. Ftir eine empirische Untersuchung

112

Theoretische Grundlagen

beispielsweise um 15 Prozent erh6ht indem sich der Konsortialftihrer die korrespondierenden Aktien vom Emittenten fiber einen Zeitraum von durchschnittlich 30 Tagen leiht. Zur Absicherung der hieraus fiir die Emissionsbanken entstehenden ShortPosition wird eine Overallotment-Option zwischen Emittent und Konsortialbanken vereinbart. Mittels dieser Kaufoption erhalten die Emissionsbanken das Recht innerhalb einer Frist von fiblicherweise ebenfalls 30 Tagen Aktien im Umfang der geliehenen und zus/~tzlich emittierten Stfickzahl zu denselben Konditionen zu fibemehmen und zu platzieren. Im Falle eines Kursanstiegs k6nnen durch das Ausfiben der Option weitere Aktien zur Befriedigung exzessiver Nachfrage emittiert werden. Wird die Option nicht ausgefibt, so muss der Konsortialffihrer die Aktien am Sekund/~rmarkt erwerben und unterstfitzt hierdurch den Kurs des B6rsenneulings. ~

2.8.5 Analyse und Zusammenfassung Insbesondere seit der Ein~hrung des Neuen Marktes wurde in Deutschland das Festpreisverfahren zunehmend vom Bookbuildingverfahren verdr/~ngt. Dies dfirfte vor allem darauf z u r f i c ~ f t i h r e n sein, dass zum einen bei dieser Platzierungsmethode durch die Vorgabe einer Preisspanne und des abgestuften Preisfindungsprozesses wesentlich flexibler auf die Nachfrageseite reagiert werden kann, und dass Emittenten und Konsortialbanken zum anderen durch das geschlossene Orderbuch fiber die individuelle Zuteilung der Aktien entscheiden k6nnen, wodurch zum einen aus Sich der Emittenten strategische Interessen und Pr/~ferenzen hinsichtlich der Investorenstruktur berficksichtigt werden k6nnen und zum anderen die Emissionsbanken in der Lage versetzt werden,

ihren bevorzugten Kunden eine erh6hte Zuteilung zu

gew/~hren. 2 Das wohl bekannteste Beispiel fiir eine bevorzugte Zuteilung im Sinne der Emittenten stellt die so genannte ,,Family & Friends"-Tranche dar. Hierbei werden ffir Mitglieder der Familien der Altaktion/ire, Mitarbeiter und Gesch/~ftsfreunde bis zu zehn Prozent des Gesamtemissionsvolumens reserviert. 3

des Bookbuildingverfahren insbesondere auf die erfolgte Zuteilung siehe Jenkinson, J./Jones, H. (2004) S. 2309 ff.; Comelli, F./Goldreich, D. (2001) S. 2337 ff.; Cornelli, F./Goldreich, D. (2003) S. 1415 ff. 1 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 11. MeiBner, J. (2005) S. 30; Franzke, S. A./Schlag, C. (2003) S. 1 f. Ftir eine empirische Analyse zum Kurseinfluss von Unterst~tzungsk/~ufen siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004) S. 1 ff. 2 Vgl. Degeorge, F./Derrien, F./Womack, K. L. (2004) S. 3. 3 Vgl. L6hr, A. (2000) S. 127.

Preisfestsetzungsverfahren

113

Das Bookbuildingverfahren bietet zudem die M6glichkeit zur Maximierung des Emissionserl6ses bei gleichzeitiger Senkung des Platzierungsrisikos ftir Emittent und Konsortium. Dartiber hinaus erm6glicht dieses Verfahren insbesondere in Verbindung mit der Greenshoe-Option ein h6heres MaB an Flexibilit~it in der Generierung eines Nachfragetiberhangs, welcher Nr eine stabile Aktienkursentwicklung am Sekund~irmarkt erforderlich ist. 1 Insbesondere die Analyse der Greenshoe-Option sowie die Analyse des Bookbuildingverfahrens hinsichtlich seiner F~ihigkeit, auf die Nachfrage der Investoren zu reagieren, werden in der weiteren empirischen Analyse von zentraler Bedeutung sein. l~lbersehen werden darf allerdings nicht, dass der Emittent beim Bookbuildingverfahren im Vergleich zum Festpreisverfahren aktiv in die Marketingmal3nahmen eingebunden wird und somit zu einem gewissen Grad selbst far den Erfolg und die H6he des Emissionserl6ses mitverantwortlich ist. 2 Dartiber hinaus bietet dieses Verfahren den Nachteil, dass der Emissionserl6s bis zum Schluss nicht genau bekannt ist und das untere Ende der Preisspanne - bei der tiblichen Ubernahme des Platzierungsrisikos durch die Emissionsbanken- nur einen Mindesterl6s darstellt. 3

Eindeutiger Vorteil der unterschiedlichen Auktionsverfahren ist die im Vergleich zum Bookbuilding- und Festpreisverfahren st~irkere Berticksichtigung der Nachfrage, so dass tendenziell ein h6herer Emissionspreis erzielt werden kann und sich somit das Underpricing reduzieren l~isst.4 Hierdurch erh6ht sich auch der den Emittenten bzw. Altaktion~iren zuflieBende Emissionserl6s. 5 Das Auktionsverfahren erscheint somit aufgrund des exakten Ausgleichs von Angebot und Nachfrage vorteilhaft. 6 Jedoch rekurriert dieses Verfahren ausschliel31ich auf eine Maximierung des Emissionserl6ses, und es ist im Gegensatz zum Bookbuildingverfahren nicht m6glich, die Qualit~it der

Vgl. Schanz, K. (2002) S. 307; Blattchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 174. 2 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 26. 3 Vgl. Schanz, K. (2002) S. 307; Benveniste, L. M./Busaba, W. Y. (1997) 383 ff. 4 Derrien, F./ Womack, K. L. (2003) S. 31 ff. Grunds~itzlich kann der Emittent nicht mit einem Festpreis kalkulieren, sondern er tr~igt das Risiko, dass die Auktion nur zu einem niedrigeren Preis untergebracht werden kann. Vgl. Oehler, A. (2000e) S. 6. 5 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 27. Fiir eine Untersuchung zum Einfluss des Auktions- und Bookbuildingverfahrens auf das Underpricing-Ph~inomen siehe Derrien, F./Womack, K. L. (2003) S. 31 ff.; Derrien, F. (2005) S. 487 ff; Kandel, S./Sarig, O./Wohl, A. (1999) S. 227 ff. 6 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 208.

114

Theoretische Grundlagen

Investoren zu berticksichtigen und somit bestimmten Investorengruppen eine bevorzugte Zuteilung zu gew~ihren. 1 Negativ kann dartiber hinaus angemerkt werden, dass bei dieser eindimensionalen Fokussierung auf den Emissionserl6s die Anleger ihre Zeichnungsgewinn-Phantasien verlieren, welche sich in der Vergangenheit als Triebfeder far einen langfristig erfolgreichen B6rsengang im Sinne der Entwicklung der Sekund~irmarktpreise herausgesteUt hat. Bisher konnte sich das Auktionsverfahren in Deutchland nicht als state of the art etablieren. 2 W~ihrend des vorliegenden Untersuchungszeitraums wurde dieses Verfahren nur bei der Trius AG im M~irz 2000 angewendet. 3

In ihrer empirischen Analyse dokumentieren DEGEORGE/DERRIEN/WOMACK (2004) als wesentlichen Grund far die Dominanz des Bookbuildingverfahrens die, im Vergleich zum Auktionsverfahren, erh6hte Anzahl positiver Analystenberichte und -meldungen. 4 Dieses Ergebnis wird indirekt von CLIFF/DENIS (2004)

sowie

KRIGMAN/SHAW/WOMACK (2001) best~itigt.5 WAHRENBURG (2001)

fahrt

an,

dass

aufgrund

von

Fortschritten

in

der

Kommunikationstechnik far die Zukunft zu erwarten ist, dass vermehrt Aktienemissionen fiber das Intemet direkt im Rahmen von Auktionsverfahren an Intermedi/~re und Investoren verguBert werden. 6

Letztendlich k a n n - aufgrund der sehr individuellen Natur des B6rsengangs und der unterschiedlichen Vor- und Nachteile des jeweiligen Preisfestsetzungsverfahrens keine allgemeingtiltige Aussage zugunsten einer Methodik getroffen werden. Jedoch hat sich eine Dominanz des Bookbuildingverfahrens w~ihrend der Hausse-Phase und des Festpreisverfahrens w~ihrend der Baisse-Phase herausgebildet.

1 FOr eine empirische Studie zur Effizienz der Preisfestsetzung mittels Auktionsverfahren siehe Derrien, F./Womack, K. L. (2003) S. 31 ff. 2

Vgl. L6hr, A. (2000) S. 129.

3 Ftirdie Problematikder Ermittlung eines Marktgleichgewichtspreisessiehe Oehler, A. (2000e) S. 7. 4 Vgl. Degeorge,F./Derrien, F./Womack,K. L. (2004) S. 2 f. 5 Vgl. Cliff, M. T./Dennis, D. J. (2004) S. 2871 ff.; Krigman, L./Shaw, W./Womack, K. L. (2001) S. 245 ff. 6 Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 629.

Vorfiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen

115

3 Erkl~irungsans~itzefiir ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit BSrseng~ingen 3.1

Voriiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen

Wie bereits dargestellt, sind die unterschiedlichen Ph~inomene im Rahmen von B6rseng~ingen eng miteinander verbunden. 1 So werden in der Literatur die Existenz eines hot-issue-Marktes oder von UnterstOtzungsk~iufen sowie das partial-adjustmentPh~inomen zwar auch als eigenst~indige Untersuchungsgegenst~inde analysiert, ihre prim~ire Fokussierung besteht jedoch in der Analyse des Underpricing-Ph~inomens. 2 Aufgrund dieser engen thematischen Verzahnung und der gmnds~itzlichen Ausrichtung auf die Erkl~irung der durchschnittlich positiven Emissionsrendite werden die bisher in der Literatur diskutierten Erkl~imngsans~itze nicht separat sondern als Gesamtheit nachfolgend dargestellt und analysiert. Die dabei erzielten Ergebnisse repr~isentieren die Gmndlage FOr den Aufbau der in den nachfolgenden Kapiteln durchgef0hrten empirischen Analyse sowie FOr die Begrtindung der unterschiedlichen Hypothesen.

Das Underpricing-Ph~inomen, welches das systematische Auseinanderfallen von Emissions- und B6rsenpreis und somit der Kurse am Prim~ir- und Sekund~irmarkt beschreibt, wird bereits seit Mitte der 70er-Jahre untersucht. 3 Die Konstanz dieses Unterschieds kann mittels der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie, wie bereits in Subkapitel 2.2 dargestellt, nicht erkl~irt werden, da es den Investoren innerhalb dieser Modellwelt nicht m6glich ist, konstante Uberrenditen zu erzielen. Es k6nnen zwar sowohl negative 4 als auch positive Emissionsrenditen entstehen, im Mittel gleichen sie sich jedoch aus, wodurch sich Emissionspreis und erster B6rsenkurs im Durchschnitt entsprechen. 5 Im Rahmen von B6rseng~ingen l~isst sich jedoch empirisch beobachten,

Vgl. Ibbotson, R. G./Sindelar, J. L./Ritter, J. R. (1994) S. 66. 2 Der hot-issue-Markt wird in Subkapitel 4.2, die Unterstt~tzungsk~iufein Subkapitel 4.3, das partialadjustment-Ph~nomen in Subkapitel 4.4 und das Underpricing-Ph~inomen in Subkapitel 4.5 untersucht. 3 Ftir friihe Studien zum Underpricing-Ph~inomen siehe Logue, D. E. (1973) S. 91 ff.; Reilly, F. K. (1973) S. 83 ff.; Ibbotson, R. G. (1975) S. 235 ff.; McDonald, J. G./Fisher, A. K. (1972) S. 97 ff.; Reilley, F. K./Hatfield, K. (1967) S. 73 ff. 4 Unter einer negativen Emissionsrendite beziehungsweise Overpricing versteht man B6rseng~inge, die w~ihrenddes ersten Handelstages unter dem Emissionspreis notieren. 5 Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 47.

116

Erkl~irungsansgtzeffir ausgewghlte Phgnomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

dass der Preis am Primgrmarkt im Durchschnitt systematisch niedriger ausfgllt als am Sekund~irmarkt und somit ein positiver Renditeunterschied vorliegt. 1 Aus Sicht des Investors beschreibt diese Differenz eine Emissionsrendite, die er mit einem finanziellen Engagement erzielen kann, und aus Sicht des Emittenten ein Underpricing, da der Emissionspreis nicht dem eventuell m6glichen Optimum entspricht. 2 Eine der zentralen Annahmen mr die Existenz eines Gleichgewichtspreises ist das Vorliegen eines fiir alle am Markt agierenden Akteure identischen Informationsstands hinsichtlich der Wertpapiere. Bezogen auf die wesentlichen Akteure beim Going Public bedeutet dies, dass Emissionsbanken und Emittenten nicht besser informiert sind als die Gruppe der Investoren. 3 Aufgrund der komplexen Unternehmensbewertung von B6rsenaspiranten, der oftmals rudiment~iren Publizitgt mittels Emissionsprospekten sowie Informationsveranstaltungen vor und wghrend des B6rsengangs ist dies jedoch anzuzweifeln. Aufgrund der oben kurz dargestellten Schwierigkeiten fokussieren vor allem neuere Untersuchungen auf Ansgtze der Neueren Finanzierungstheorie und hierbei insbesondere auf asymmetrisch verteilte Informationen innerhalb der NIO sowie aufbeschrgnkt rationales Verhalten einzelner Investoren innerhalb der Behavioral Finance. 4 ERHARDT (1997) unterteilt die unterschiedlichen Erklgrungsans~itze in Ans~itze auf der Grundlage informationseffizienter Kapitalmgrkte einerseits und in Ans~itze auf der Grundlage von Marktineffizienzen in Teilmgrkten andererseits. 5 In der Literatur wird hierzu

kritisch

angemerkt,

dass

bei

Vorliegen

eines

informationseffizienten

Kapitalmarktes ein systematisches Underpricing, wie bereits gezeigt, nicht existieren kann. 6 KASERER/KEMPF (1995) unterscheiden hingegen zwischen gleichgewichtsgeleiteten Ansgtzen und Ad-hoc-Erkl~irungshypothesen. 7 Diese Einteilung fahrt zu einer undifferenzierten Darstellung der letztgenannten Gruppe, da sie sich in die

1

Vgl. Uhlir, H. (1989) S. 4.

2 Hierzu ausfiihrlich siehe Subkapitel 2.1. 3 Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 2. 4 Eine aus~hrliche Darstellung der finanzmarkttheoretischen Grundlagen erfolgt in Subkapitel 2.2. 5 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 111. 6 Vgl. Hunger, A. (2001) S. 93. 7 Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 47.

Vorfiberlegungen und inhaltliche Abgrenzungen

117

Ans~itze basierend auf der Behavioral Finance sowie institutionellen Rahmenbedingungen segmentieren l~isst. Daher ist auch diese Systematisierung fiir die vorliegende Studie abzulehnen. Aufgrund der Kritik an den bisherigen Systematisierungsversuchen werden die unterschiedlichen und tiberaus zahlreichen Erkl~irungsans~itze, in Anlehnung an LJUNGQVIST (2004),

differenziert nach

asymmetrischer

Informationsverteilung,

institutionellen Rahmenbedingungen und Behavioral Finance dargestellt (siehe Abbildung 11). 1 Da die nachfolgenden Modelle die Grundlage ftir die in Kapitel 4 abzuprtifenden Hypothesen bilden und dartiber hinaus den Aufbau der eigenen empirischen Untersuchung mal3geblich beeinflussen, werden neben den theoretischen Grundlagen auch ausgew~ihlte empirische Untersuchungen dargestellt und analysiert.

Erkl~irungsans~itze

Asymmetrische Informationsverteilung

Zwischen Emittent und Emissionsbank

ZwischenInvestor und Emittent bzw. Emissionsbank

Institutionelle Rahmenbedingungen Prospekthaftung Zwischen Investoren

Kurspflege- I mal3nahmen

Behavioral Finance Herdenverhalten Investor Sentiment

Adverse Selektion Informationsgenerierung Abbildung 11" Systematisierung der Erkl~irungsans~itze ftir die zu untersuchenden Ph~inomene im Rahmen von B6rsengangen2

Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 2. FOr eine alternative Segmentiemngsm6glichkeitsiehe Wilkens, M./Gral3hoff, A. (1999) S. 26 ff. 2 Eigene Darstellung in Anlehnung an LJUNGQVIST (2004); Oehler, A./Rummer, M./Smith P. N. (2005a) S. 6 ff. sowie die nachfolgend zitierte Literatur. Siehe hierzu Ljungqvist, A. P. (2004).

118

Erkl/~rungsans/~tze~r ausgew/~hlte Ph/~nomene im Zusammenhang mit B6rseng/~ngen

3.2 Ans~itzebasierend auf asymmetrischer Informationsverteilung 3.2.1 Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Emissionsbank 3.2.1.1 Theorie Innerhalb dieser Gruppe von Erkl/~rungsans/~tzen wird somit auf der Grundlage asymmetrisch verteilter Informationen ein Informationsvorteil der Emissionsbanken gegentiber den Emittenten unterstellt. Dieser Wissensvorsprung beruht auf der Annahme, dass die Emissionsbanken als einzige in der Lage sind, die Nachfrage der Investoren und somit auch den beim B6rsengang erzielbaren Marktwert des Untemehmens korrekt einzusch/~tzen. Um den superioren Informationsstand der Emissionsbanken zu nutzen, akzeptieren die Emittenten ein Underpricing, welches als Kompensation ftir die Bereitstellung der superioren Informationen verstanden wird. 1 Grunds/~tzlich berticksichtigen diese Modelle somit die zwischen Emittenten (Prinzipal) und Emissionsbanken (Agent) entstehenden Agency-Probleme und erkl/~ren das empirisch beobachtbare Underpricing im Rahmen eines Screening-Modells. 2 Im Modell von BARON (1982), welches zu den bekanntesten Theorien dieser Forschungsrichtung geh6rt, delegiert der Emittent (Prinzipal) den Prozess der Emissionspreisfindung- mit steigender Unsicherheit tiber den zu erzielenden Marktwert des Untemehmens- an die Emissionsbanken (Agenten) aufgrund ihres superioren Informationstandes. Der Prinzipal kann die Bemtihungen des Agenten, einen ffir ihn optimalen Emissionspreis festzusetzen, sowie die Qualit/~t seiner Informationen jedoch nicht absch/~tzen. Insofem liegt es im Interesse des Emittenten, den Emissionsvertrag so zu gestalten, dass die Erl6se ein Optimum erreichen. Die Emissionsbanken haben hingegen den Anreiz, einen m6glichst niedrigen Emissionspreis anzusetzen und somit bewusst von dem mr den Emittenten erzielbaren Maximum abzuweichen, da hierdurch sowohl die anfallenden Marketingkosten als auch das

1 Vgl. Wilkens, M./GraBhoff,A. (1999) S. 30. 2 Vgl. Baron, D. P./Holmstr6m, B. (1980) S. 1115 ff.; Baron, D. P. (1982) S. 955 ff.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

119

Platzierungsrisikoreduziert werden k6nnen. ~ Folglich erh6ht sich mit zunehmender Unsicherheit, aber auch mit einem verminderten Wettbewerbsdruck das bewusst vorgenommene Underpricing. 2

BIAIS/BOSSAERTS/ROCHET (2002) erweitern das Modell von BARON (1982) indem sie annehmen, dass institutionelle Investoren fiber Informationen bezfiglich der zu erwartenden Nachfrage verfiigen, die far die Preisfindung yon besonderer Bedeutung sind. Ffir die Emissionsbanken ist es somit yon Vorteil, diese Informationen zu extrahieren und sich darfiber hinaus mit den institutionellen Investoren zum Nachteil des Emittenten zu verbfinden. Underpricing entsteht innerhalb des Modells yon BIAIS/BOSSAERTS/ROCHET (2002)als Bonifikation f/Jr die Uberlassung der privaten Informationen durch die institutionellen Investoren. 3 Aufgrund dieser Ausgestaltung besteht eine enge Verzahnung mit den noch zu erl~iuternden Erkl~irungsans~itzen basierend auf der Informationsgenerierungshypothese.

3.2.1.2 Empirische Evidenz Als empirisch testbare Implikationen der oben dargestellten Erkl~irungsans~itze l~isst sich nach EHRHARDT (1997) zum einen ein positiver Zusammenhang zwischen der H6he des Underpricings und dem Risiko der Wertpapiere und zum anderen eine negative Beziehung zwischen der H6he des Underpricings und der Wettbewerbsposition der Emissionsbanken ableiten. 4 Zus~itzlich sollten Selbstemissionen ein geringeres UP als Fremdemissionen aufweisen. 5

MUSCARELLA/VETSUYPENS (1989) untersuchen Eigenemissionen von Investmentbanken am US-amerikanischen Kapitalmarkt und stellen hierbei fest, dass sich trotz 1 Eine aktuelle Untersuchung hierzu wird von LOUGHRAN/RITTER (2002) durchgeftihrt. Sie argumentieren, dass neben der Reduktion der Marketingkosten durch die H6he des Underpricing vor allem eine indirekte Kostenkompensation der Emissionsbanken erfolgt. Dies wird damit begrtindet, dass die Konsortialbanken die durch den niedrigeren Emissionspreis ausgel6ste Reduktion der Emissionsgebtihren mittels zus~itzlicher Auftr~ige mit den am jeweiligen B6rsengang beteiligten Investoren mehr als kompensieren k6nnen. Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 424 f. 2 Vgl. Baron, D. P. (1982) S. 955 ff. Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 165 f., Rehkugler, H./Schenek, A. (2001) S. 288.Diese Vorgehensweise entspricht der These von BEATTY/RITTER(1986), die besagt, dass mit zunehmender ex-ante-Unsicherheit das Underpricing zunimmt. 3 Vgl. Biais, B./Bossaerts, P./Rochet, J. (2002) S. 142 f. 4 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 116. 5 F~irBegriffsdefinitionen siehe Subkapitel 2.1.

120

Erkl~imngsans~itzeftir ausgew~ihlte Ph/~nomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

der Aktienplatzierung in Eigenregie und der damit einhergehenden Eliminierung der Agency-Probleme kein statistisch signifikanter Unterschied in der H6he des Underpricings dokumentieren l~isst.1 Dieses Ergebnis widerspricht den dargestellten empirischen Implikationen und folglich den zugrundeliegenden Erkl~irungsans~itzen. BARRYfMUSCARELLA/PEAVY/VETSUYPENS (1990) untersuchen ebenfalls den USamerikanischen Kapitalmarkt und zeigen, dass B6rseng~inge, bei denen die Emissions~ banken als Anteilseigner fungieren und somit direkt vom Emissionserl6s profitieren, ebenfalls eine positive Emissionsrendite aufweisen. 2 CHEUNG/KRINSKY (1994) untersuchen Selbstemissionen von Investmentbanken am kanadischen Kapitalmarkt und attestieren auch bei diesen B6rseng~ingen keinen Unterschied hinsichtlich des erzielten Underpricings. 3 Die bisher dargestellten empirischen Untersuchungen widersprechen somit der propagierten Annahme, dass die H6he des Underpricings durch das Ausmal3 der Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Emissionsbank erkl~irt werden kann. Als weitere, wenn auch indirekte Evidenz gegen die Erkl~irungsans~itze auf Basis des Prinzipal-Agenten-Ansatzes, kann die Untersuchung von AGGARWAL/LEAL/HERNANDEZ (1993) fiir den chilenischen Kapitalmarkt gewertet werden: Obwohl im Prozess der Emissionspreisermittlung kein Emissionskonsortium beteiligt ist, kann dennoch ein signifikant positives Underpricing festgestellt werden. 4 Um die theoretischen Probleme der oben beschriebenen Agency-Problematik zu lindern, ergeben sich mr die Emittenten gmnds/~tzlich zwei M6glichkeiten. Zum einen k6nnen sie mittels Monitoring die Verkaufsbemtihungen der Emissionsbanken beobachten und zum anderen verst/~rkt tiber den festzusetzenden Emissionspreis verhandeln. Darfiber hinaus kann der Vertrag zwischen Emittent und Emissionsbanken so gestaltet werden, dass die bei der Emission anfallenden Gebtihren ausschliel31ich eine ansteigende Funktion auf Basis der Emissionspreise darstellen. 5 LJUNGQVIST/WILHELM (2003) dokumentieren in ihrer Untersuchung einen negativen

Vgl. Muscarella, C./Vetsuypens, M. R. (1989) S. 133. 2

Vgl. Barry, C. B. et al. (1990) S. 447 ff.

3 Vgl. Cheung, S. C./Krinsky, I. (1994) S. 739 ff. 4 Vgl. Aggarwal, R./Leal, R./Hernandez, L. (The AftermarketPerfo) S. 42 ff. 5 Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 33.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

121

Zusammenhang zwischen der Intensit~it des Monitorings und der H6he des notwendigen Underpricings. ~

3.2.2 Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Investoren 3.2.2.1 Theorie Auch die nachfolgend dargestellten Erkl~irungsans~itze unterstellen asymmetrisch verteilte Informationen zwischen den am IPO beteiligten Gruppen. Der Unterschied zum oben dargestellten Forschungszweig ist jedoch, dass die Emittenten und nicht die Emissionsbanken besser tiber den Wert der zu emittierenden Aktien informiert sind als die Gruppe der Investoren, die ausschliel31ich in ihrer Gesamtheit ohne weitere Differenzierungen betrachtet wird. 2 Die Gruppe der B6rsenaspiranten wird zus~itzlich unter Berticksichtigung der wahrheitsgem~il3en Signaltibertragung in gute und schlechte Unternehmen unterteilt. Die H6he des Underpricings wird innerhalb dieser Erkl~imngsans~itze als Signal im Sinne von SPENCE (1973) ftir die schlechter informierten Investoren beztiglich der Qualit~it des B6rsengangs verstanden. 3 Im Rahmen dieser Hypothese verftigen die Emittenten guter Unternehmen tiber hinreichende M6glichkeiten, die aus dem Underpricing entstandenen Signalkosten 4 in einer sp~iteren Periode zu kompensieren, da Investoren die wahrheitsgem~il3e l]bermittlung des Signals erkennen. Bei schlechten Unternehmen wird hingegen der T~iuschungsversuch durch die l]bermittlung eines falschen Qualit~itsignals nach dem B6rsengang aufgedeckt. Aufgrund dieser Modellausgestaltung ist eine zentrale, jedoch implizite Annahme dieser theoretischen Modelle

Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 723 f. 2 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 213; Anderson, S. c./Beard, T. R./Born, J. A. (1995); Wittleder, C. (1989) S. 223. 3 Vgl. Spence, M. E. (1973) S. 355 ff.; Allen, F./Faulhaber, G. R. (1989) S. 303 ff.; Welch, I. (1989) S. 421 ff.; Grinblatt, M./Hwang, C. (1989) S. 393 ff.; Chemmanur, T. J./Fulghieri, P. (1999) S. 249 ff. 4 Hierunter werden die Kosten des Underpricings, also jener Betrag verstanden, um den der Emissionserl6s bei Ubereinstimmung des Prim/~r- und Sekund~irmarktpreisesh/~tte erh6ht werden k6nnen.

122

Erkl~imngsans~itzefar ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

die Unterstellung, dass der wahre 1 Wert des Unternehmens im nachfolgenden B6rsenhandel von den Investoren zuverl~issig aufgedeckt werden kann. 2 Im vielbeachteten Modell von ALLEN/FAULHABER (1989) verfolgt der Emittent eine dynamische 3 Emissionsstrategie.

B6rsenggnge guter Untemehmen

werden

zur

Qualit~itssignalisierung bewusst unterbewertet und dariiber hinaus Dividendenanktindigungen als weiteres Qualit~itssignal eingesetzt. Mittels dieser Signale enthtillt der Emittent private Informationen fiber den Wert seiner Investitionsprojekte, wodurch sich die Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Investoren reduzieren. Bewahrheitet sich die gute Qualitgt des Untemehmens dadurch, dass in den Jahren nach dem B6rsengang hohe Dividenden ausgeschiittet werden, so flihrt dies zwangsl~iufig - bedingt durch eine hierdurch ausgel6sten Erh6hung der Nachfrage nach den A k t i e n - zu einem Anstieg des Aktienkurses. Bei den folgenden Aktienemissionen kann der Emittent aufgrund des gestiegenen Kursniveaus einen h6heren Preis erzielen und dadurch die Kosten der Unterbewertung aus dem Going Public kompensieren. Untemehmen, deren Investitionsprojekte keine gute Qualit~it aufweisen, erzielen hingegen mit einem bewussten Underpricing Verluste, da sie bei weiteren Aktienemissionen aufgrund der mittlerweile aufgedeckten wahren Qualit~it des Untemehmens und der damit einhergehenden schlechten Kursperformance am Sekund~irmarkt, im Vergleich zum Going Public, keinen vorteilhafteren Emissionspreise bei einer Folgeemission erzielen k6nnen. Der durch die Unterbewertung entstandene Verlust kann also nicht kompensiert werden, wodurch die H6he des Underpricings ein glaubwt~rdiges 4 Signal flir eine gute Untemehmensqualitgt darstellt und eine Trennungsgleichgewicht 5 existiert.

WELCH (1989) fokussiert in seinem Modell ausschlieBlich auf die H6he des Underpricings als Signal far die Qualitgt des Unternehmens und verzichtet somit auf 1 KASERER/KEMPF (1995) sprechen in diesem Zusammenhang von einem wahren Wert und JENK1NSON/LJUNGQVIST(2001) von einem true value. Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 47; Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 63. 2 Vgl. Rapp, H. (1995) S. 232; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 36. 3 Im Rahmen einer dynamischen Emissionsstrategie wird nach der Erstemission mindestens noch eine weitere Aktienplatzierung durchgefiihrt. Durch die bereits geplante Folgeemissionen soil der Gesamterl6s maximiert werden. Vgl. Hunger, A. (2001) S. 102. 4 Glaubwtirdigkeit setzt in diesem Falle voraus, dass es sich far schlechte Untemehmen nicht lohnt, das gleiche Signal zu iibermitteln. Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 213. 5 Englisch: separating equilibrium.

Ansgtze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung die von ALLEN/FAULHABER (1989)

zusgtzlich verwendeten

123 Dividendenankt~n-

digungen. 1 In dieser Modellwelt versuchen wiederum schlechte Unternehmen die Qualitgt guter Unternehmen zu imitieren. Je h6her jedoch die Wahrscheinlichkeit far die Offenlegung des falschen Signals ist, desto geringer wird das Underpricing der schlechten Untemehmen ausfallen, da neben den Kosten des Underpricings auch noch die Imitationskosten getragen werden massen. 2

Die Modelle von GRINBLATT/HWANG (1989) oder CHEMMANUR (1993) erweitern obigen Ansatz, indem neben der H6he des Underpricings auch der von den Altaktion~iren platzierte Kapitalanteil als Signal far die Untemehmensqualitgt Verwendung findet. 3 In ihrer Analyse ermitteln sie unter anderem einen negativen Zusammenhang zwischen der H6he des Underpricings und dem von den Altaktion~iren emittierten Kapitalanteil und schlussfolgern, dass ein hoher nach der Emission verbleibender Kapitalanteil der AlteigentOmer ein glaubwt~rdiges Signal Nr die Qualit~it des Untemehmens darstellt. Die Kosten dieses Signals bestehen aus dem Verzicht der Alteigentt~mer auf ihre Diversifikationsm6glichkeit. 4

Weitere Aspekte, die neben den bereits genannten Signalvarianten 5 in der Literatur herangezogen

werden,

sind

die

Wahl

eines

anerkannten

Wirtschaftsprfifers

beziehungsweise einer anerkannten Konsortialbank sowie der Informationsgehalt des Prospektes zur Qualitgtssignalisiemng. 6 Die kombinierte Verwendung mehrerer Signale

fahrt

nach

dieser

Gruppe

von

Erkl~mngsans~itzen

dazu,

dass

gute

Unternehmen ein geringeres Underpricing hinnehmen mt~ssen, sofem auch mit den alternativen Mechanismen eine glaubwt~rdige Qualit~itst~bermittlung durchfahrbar ist. F~ir einen Vergleich der Modelle von WELCH (1989) und ALLEN/FAULHABER (1989) siehe Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 80. 2 Vgl. Hunger, A. (2001) S. 103 f.; Welch, I. (1989) S. 421. 3 Als eine der ersten untersuchten LELAND/PYLE (1977) die Frage, inwieweit der yon den Eigent~mem gehaltene Kapitalanteil als Signal far die Untemehmensqualitgt eingesetzt werden kann. Vgl. Leland, H. E./Pyle, D. H. (1977) S. 371 ff. 4 Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 48; Grinblatt, M./Hwang, C. (1989) S. 415; Chemmanur, T. J. (1993) S. 300. 5 Ffir einen Vergleich der Modelle von GRINBLATT/HWANG (1989), WELCH (1989) und ALLEN/FAULHABER(1989) siehe Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 80. 6 Vgl. Wilkens, M./GraBhoff, A. (1999) S. 39; Carter, R./Manaster, S. (1990) S. 1045; Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 413 ff.; Loughran, T./Ritter, J. R. (2004) S. 5 ff.; Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 723 ff.; Wolff, K. (1994) S. 338; Schlick, R. (1997) S. 168; Titmann, S./Tmeman, B. (1986) S. 159 ff.; Booth, J. R./Smith, R. (1986) S. 261 ff.

124

Erkl~irungsans~itzefiJr ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

Um diesen Ausgleich zu erm6glichen, wird davon ausgegangen, dass zwischen den Signalen eine Substitutionsbeziehung besteht sowie die Richtigkeit der noch darzustellenden Hypothese von BEATTY/RITTER (1986), nach der eine geringere exante-Unsicherheit weniger Underpricing im Rahmen des B6rsengangs erfordert. 1 Kritisierend muss hierzu der Einwand von KUNZ/AGGARWAL (1994) angefiihrt werden. Die Autoren sehen keinen Grund da~r, dass Investoren, die durch die H6he des Underpricings ein Geschenk in der Vergangenheit erhalten haben, in der Zukunft bereit sein sollten, dafiir zu zahlen. 2

3.2.2.2 Empirische Evidenz Ftir die empirische Oberprfifung der Signaling-Modelle lassen sich aus obigen Ausfiihrungen grunds~itzlich nachfolgende Thesen ableiten. 3 Zum einen sollte ein positiver Zusammenhang zwischen der H6he des Underpricings beim IPO und der Wahrscheinlichkeit ftir eine nachfolgende Aktienemission bestehen. Zum anderen mtisste das Emissionsvolumen bei einem Going Public im Vergleich zu den Folgeemissionen niedriger ausfallen, da nur hier die Signaling-Kosten anfallen. Aufgrund der theoretischen Modellergebnisse sollte des Weiteren der Zeitabstand zwischen Erstund Folgeemission bei B6rseng~ingen mit hohem Underpricing deutlich ktirzer sein, da insbesondere in diesem Fall ein starkes und somit kostenintensives Signal zur Anwendung kam. 4 Nach LJUNGQVIST (2004) ist eine weitere empirische Implikation dieser Modelle, dass zwischen der HOhe des Underpricings und der ex-ante-Unsicherheit tiber den zu erzielenden Marktwert ein positiver Zusammenhang besteht. Um ein separierendes Gleichgewicht, eine der zentralen Aussagen dieser Modelle, zu erhalten, ist, ceteris paribus, bei gr613erer ex-ante-Unsicherheit ein h6heres Underpricing erforderlich. 5

1 Vgl. Rapp, H. (1995) S. 236. 2 Vgl. Kunz, R. M./Aggarwal, R. (1994) S. 720. 3 Ftir einen Uberblick siehe Ljungqvist, A. P. (2004) S. 37 ff.; Jenkinson, Y./Ljungqvist, A. (2001) S. 82 ff. 4 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 139; Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 82 ff.; Michaely, R./Shaw, W. H. (1995) S. 301 ff.; Jagadeesh, N./Weinstein, M./Welch, I. (1993) S. 155 f. 5 Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 38.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

125

Im Zeitraum von 1977 bis 1982 zeigt WELCH (1989) far den US-amerikanischen Kapitalmarkt, dass 28 Prozent der Unternehmen innerhalb der ersten drei Jahre nach dem IPO mindestens eine Folgeemission platzieren, und dass das dabei erzielte Emissionsvolumen deutlich fiber dem des ersten B6rsengangs liegt. 1 HELWEGE/LIANG (1996) untersuchen ebenfalls den US-amerikanischen Kapitalmarkt, jedoch die B6rseng~inge des Jahres 1983. Entgegen den Ergebnissen von WELCH (1989) ermitteln Sie allerdings, dass innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem B6rsengang nur vier Prozent der Untemehmen erneut Aktien emittieren. 2 Nach der Arbeit von JAGADEESH/WEINSTE1N/WELCH (1993) steigt sowohl die Wahrscheinlichkeit einer Folgeemission als auch das Emissionsvolumen proportional mit der H6he des Underpricings. 3 Einschr~inkend zeigen sie jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit einer Folgeemission zwischen B6rseng~ingen mit hohem und B6rseng~ingen mit niedrigem Underpricing nur marginal ansteigt, und somit zwar eine statistische Signifikanz nachgewiesen werden kann, diese jedoch von geringer 6konomischer Bedeutung ist. 4 Ftir eine fundierte 6konometrische Analyse ist die Exogenitgt der erkl~irenden Variablen eine zentrale Voraussetzung. Bei obigen Variablen kann dieser geforderte Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung jedoch nicht mit Sicherheit hergestellt werden, da auch ein h6heres Underpricing die Wahrscheinlichkeit einer Folgeemission erh6hen kann. Aufgrund dieser Kritik modellieren MICHAELY/SHAW (1994) als erste die Wahrscheinlichkeit einer Folgeemission und die H6he des Underpricings simultan und unterstellen nicht mehr die geforderte Exogenit~it der erkl~irenden Variablen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die H6he des Underpricings keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Folgeemission austibt. Ihre Ergebnisse widersprechen somit der Grundaussage der Signaling-Modelle. 5

1 Vgl. Welch, I. (1989) S. 443 2 Vgl. Helwege, J./Liang, N. (1996) S. 429 ff. 3 Vgl. Jagadeesh, N./Weinstein, M./Welch, I. (1993) S. 153 f. 4 Vgl. Jagadeesh, N./Weinstein, M./Welch, I. (1993) S. 162. 5 Vgl. Michaely, R./Shaw, W. H. (1995) S. 5 ff.

126

Erkl/~mngsans/~tzefar ausgew/~hlte Ph/~nomene im Zusammenhang mit B6rseng/~ngen

Die empirische lSIberprtifung der Signaling-Modelle zeigt sehr unterschiedliche Ergebnisse, wodurch weder eine eindeutige Best~itigung der Modellergebnisse noch eine zweifelsfreie Falsifizierung erfolgen kann. EHRHARDT (1997) geht aufgrund der bisherigen empirischen Ergebnisse davon aus, dass das Underpricing nur eine geringe Erkl~imngskraft beztiglich des zuktinftigen Emissionsverhaltens der Untemehmen besitzt. ~

3.2.3 Informationsasymmetrien zwischen Investoren Die innerhalb dieses Abschnittes dargestellten Erkl~imngsans~itze basieren auf Informationsasymmetrien

zwischen

den

Investoren.

Die

Emittenten

und

Emissionsbanken verftigen im Gegensatz zu den bereits er6rterten Theorien nicht mehr tiber einen superioren Wissensstand. Als wesentliche Forschungsrichtungen lassen sich Ans~itze unter der Annahme adverser Selektion sowie Informationsgenerierung w~ihrend der Marketingphase hervorheben.

3.2.3.1 Adverse Selektion 3.2.3.1.1 Theorie Als wichtiger Meilenstein innerhalb dieser Forschungsrichtung wird allgemein die Arbeit von ROCK (1986) angesehen. Die von ihm analysierten Investoren lassen sich durch einen heterogenen Informationsstand charakterisieren. Hierdurch k6nnen sic, beztiglich ihrer Kenntnis zur Qualit/at des B6rsengangs, in die Gruppe der informierten Investoren und in die Gruppe der uninformierten Investoren unterschieden werden. 2

Innerhalb dieses Modells ist der Aktienkurs des Untemehmens mit Unsicherheit behaftet, und der Emittent w~ihlt eigenst~indig Emissionspreis und -volumen. 3 Die informierten Investoren sind in der Lage, den wahren Wert der Emission zu

1

Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 141.

2 Siehehierzu und im Folgenden Rock, K. (1986) S. 187 ff. 3 Vgl. Rock, K. (1986) S. 189 ff. ROCK(1986) nimmt in seinem Modell an, dass der Emittent- und nicht die Emissionsbanken - den Emissionspreis selbst~indig bestimmt. Den Emissionsbanken kommt hierdurch keine besondere Bedeutung innerhalb dieser Erkl~irungsans~itzezu, da sie nur fiir den Verkauf der Anteile verantwortlich sind. Da der Emittent, ebenso wie die Emissionsbank, den Sekund~irmarktgleichgewichtspreisnicht kennt, ermittelt er einen Sch~itzwertund setzt diesen als Emissionskurs fest. Sind seine Erwartungen unverzem, so stimmen erwartete Kurse und tats~ichlich eingetreteneKurse im Mittel tiberein. Vgl. DOhrmann,A. (1990) S. 332 f.

Ansgtze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

127

bestimmen, und werden somit nur solche Titel zeichnen, die unterbewertet sind, bei denen also der Emissionskurs unter dem Gleichgewichtskurs liegt. Bei t~berbewerteten Emissionen werden sie hingegen keine Kaufauftrgge abgeben. 1

Die uninformierten Investoren sind dagegen nicht in der Lage, den wahren Wert des B6rsenaspiranten zu ermitteln, und stehen somit vor dem durch AKERLOF (1970) bekannten Problem der adversen Selektion. 2 Diese Investorengruppe zeichnet aufgrund ihrer eingeschr~inkten und rudiment~iren Informationen eine gleich bleibende Anzahl an neu zu emittierenden Aktien und hglt hierdurch ein diversifiziertes Portfolio.

Im Fall einer fiberbewerteten Emission fragen ausschliel31ich uninformierte Investoren das gesamte Emissionsvolumen nach, da die informierten Investoren aufgrund ihrer Kenntnis des wahren Emissionspreises keine Kaufauftrgge erteilen. Bei unterbewerteten B6rsenggngen hingegen fragen alle Investorengruppen Aktien nach, wodurch es zu einer Uberzeichnung der Neuemission kommt. Bedingt durch die hohe Nachfrage ist nur eine teilweise Befriedigung, zum Beispiel pro rata, des Angebotes m6glich. 3 Dieses Dilemma bezeichnen BEATTY/RITTER (1986) als winner's curse, da die uninformierten Investoren lediglich bei t~berbewerteten B6rsenggngen eine vollstgndige Zuteilung erhalten, bei unterbewerteten Emissionen jedoch nur anteilig bedient werden. 4 Werden die B6rseng~inge im Mittel ohne Underpricing durchgefahrt, erzielen die uninformierten Investoren somit eine negative zu erwartende Emissionsrendite. Da dieser Zustand den uninformierten Investoren bewusst ist, sinkt ihre Bereitschaft, weitere IPOs zu zeichnen. 5 Diese Investorengruppe wird jedoch flir die vollstgndige Platzierung der Aktien ben6tigt, da die Zeichnungsauftr~ige der informierten Investoren aufgrund einer begrenzten Kreditaufnahmem6glichkeit und einer Beschrgnkung der Leerverkaufsoption hier~r nicht ausreichen. 6 Damit die uninformierten Investoren nicht aus dem Markt verdr~ngt werden, mfissen die 1

Vgl. Rock, K. (1986) S. 190 f.

2 Vgl. Akerlof, G. A. (1970) S. 488 ff. Die jeweilige Zuteilung wird als Verh~iltnis zwischen gezeichneten und tats~ichlichzugeteiltenAktien gemessen.Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 212. 3 Vgl. D6hrmann, A. (1990) S. 332 ff. Unter pro rate wird die anteilige Zuteilung der Aktien entsprechend der gezeichnetenAnteile verstanden. 4

Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 215.

5 Vgl. Wilkens, M./GraBhoff, A. (1999) S. 27. 6 Vgl. Rock, K. (1986) S. 188.

128

Erkl/amngsans~itzemr ausgew/ahlte Ph/inomene im Zusammenhang mit B6rseng/angen

B6rseng~inge im Mittel unterbewertet sein so dass diese Gruppe zumindest im Mittel eine Rendite equivalent zur risikolosen Rendite erwirtschaftet. 1

Eine der zentralen Annahmen des Modells von ROCK (1986) ist, dass alle Anleger, die im Rahmen des B6rsengangs Kaufauftr~ige erteilen, eine identische Chance auf eine Zuteilung haben. Hierzu merkt THEISSEN (2002) kritisch an, dass diese Annahme in der Praxis h~iufig nicht erftillt ist. Als Begrtindung nennt er nachfolgende Punkte: 2

9

Im Rahmen von ,,Family & Friends"-Programmen erhalten bestimmte vom Emittenten benannte Personen eine bevorzugte Zuteilung. 3

~ Kapitalgesellschaften, die zum Konzem oder Verbund des Konsortialftihrers geh6ren, erhalten eine bevorzugte Zuteilung. 4 9

Anleger, die bei einer der Emissionsbanken ein Depotkonto unterhalten, haben hierdurch eine erh6hte Chance auf eine Zuteilung.

9

Banken gew~ihren ihren ,,besseren ''5 Kunden eine bevorzugte Zuteilung.

Anhand einer Variante des Modells von ROCK (1986) zeigt THEISSEN (2001), dass Ungleichbehandlungen verschiedener Anlegergruppen das winner's-curse-Problem versch/~rfen und somit ein h6heres Underpricing bedingen. 6

NEUS (1994) erweitert das Modell von ROCK (1986) durch eine theoretische Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Underpricing auf der einen Seite und Unsicherheit, Informationskosten und Anzahl der informierten Anleger auf der

1 Unsicherheit, welche die H6he des Underpricings determiniert, stimmt hierbei jedoch nicht mit dem systematischen Risikokonzept des CAPM tiberein. Ein Investor, der durch die Zeichnung verschiedener B6rseng~inge diversifiziert, erh/ilt eine realisierte durchschnittliche Emissionsrendite, welche unter der unbedingten durchschnittlichen Emissionsrendite liegt. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff.; Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff. 2 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 212. 3 Nach LOHR (2000) kann diese bevorzugte Zuteilung bis zu zehn Prozent des Emissionsvolumens entsprechen. Vgl. L6hr, A. (2000) S. 127. 4 Ftir weitere Ausftihrungen hierzu siehe auch Baums, T. (1999) S. 125 ff. 5 Bessere Kunden sind in diesem Zusammenhang zum Beispiel Personen mit einem relativ hohen Anlagevolumen beziehungsweise reger Handelsaktivit~it. 6 Vgl. Theissen, E. (2002b) S. 1025 ff.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

129

anderen Seite. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Underpricing unter der Annahme rational handelnder Marktteilnehmer einen Gleichgewichtszustand darstellen kann. 1

3.2.3.1.2 Empirische Evidenz Die sich aus dem Modell ergebenden testbaren Implikationen, wie die bevorzugte Zuteilung

an

informierter

Investoren,

oder

die

Annahme,

dass

sich

die

durchschnittliche Emissionsrendite nicht vom risikolosen Zinssatz unterscheidet, lassen sich durch direkte und indirekte 6konometrische Modelle tiberprtifen. Ftir eine direkte Uberprtifung sind Informationen tiber Nachfrage und Zuteilung erforderlich, die jedoch nur far wenige Aktienm~irkte wie Singapur, Finnland, Polen oder Israel vorliegen. 2

KOH/WALTER (1989) waren als erste in der Lage, das Modell von ROCK (1986) einem direkten empirischen Test zu unterziehen. In ihrer Untersuchung des Aktienmarktes von

Singapur

weisen

sie nach,

dass

sich

far uninformierte

Investoren

die

Emissionsrendite nicht statistisch signifikant vom risikolosen Zinssatz unterscheidet. Zus~itzlich konnten sie eine negative Korrelation zwischen der Wahrscheinlichkeit far eine Aktienzuteilung und der H6he des Underpricings nachweisen. 3 KELOHARJU (1993) analysiert finnische B6rseng~inge der Jahre 1984 bis 1989 und findet heraus, dass ausgehend von einem Underpricing von +8,7 Prozent die um die Zuteilung bereinigte Emissionsrendite auf nahezu null sinkt. 4 Diese Ergebnisse best~itigen das Modell

von ROCK (1986)

und

somit die winner's-curse-Problematik. Hierzu

gegens~itzlich zeigen AMIHUD/HAUSER/KIRSH (2003) far israelische B6rseng~inge, dass uninformierte Investoren eine negative, zuteilungsgewichtete Emissionsrendite erhalten. 5 HANLEY/WILHELM (1995)

attestieren

in

ihrer

Untersuchung,

dass

institutionelle Investoren, welche in der Literatur grundsgtzlich als informierte Investoren gelten, nicht nur ausschliel31ich unterbewertete B6rseng~inge zeichnen sondem, dass sie daNber hinaus mit einem Anteil von bis zu 60 Prozent an der Zuteilung von tiberbewerteten Emissionen beteiligt sind. 6 1 Vgl. Neus, W. (1994) S. 146 ff. 2 Vgl. Aussenegg, W. (2000) S. 20; Lubig, D. (2003) S. 164 f. 3 Vgl. Koh, F. W. T. (1989) S. 251 ff.; Lubig, D. (2003) S. 165; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 13. 4 Vgl. Keloharju, M. (1993) S. 251; Aussenegg, W. (2000) S. 22. 5 Vgl. Amihud, Y./Hauser, S./Kirsh, A. (2003) S. 137 ff. 6 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 166; Hanley, K. W./Wilhelm, W. J. (1995) S. 239 ff.

130

Erkl~imngsans~itzeftir ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rsengangen

Da die ftir die direkte Messung ben6tigten Informationen nur fiir wenige Aktienm~irkte vorliegen, mfissen zum Beispiel fiir eine Untersuchung des deutschen Kapitalmarktes erkl~irende Variablen gefunden werden, die die empirischen Implikationen dieser Modelle umschreiben. BEATTY/RITTER (1986) und RITTER (1984) argumentieren hierzu, dass im Gleichgewicht ein Zusammenhang zwischen erwartetem Underpricing und ex-ante-Unsicherheit fiber den Marktwert des B6rsengangs besteht. 1 Ihre testbare Implikation lautet somit: Je h6her die Unsicherheit fiber den Marktwert des B6rsengangs, desto h6her das erwartete Underpricing. 2

In der Literatur werden die unterschiedlichsten Variablen zur Messung des Zusammenhangs zwischen ex-ante-Unsicherheit und Underpricing verwendet, wobei die Standardabweichung der Aktienkursrenditen w~ihrend der ersten Handelstage relativ h~iufig zur Anwendung kommt. 3 Hierbei wird davon ausgegangen, dass sich die vor dem B6rsengang vorherrschende Unsicherheit fiber den B6rsenwert des Untemehmens im Sekund~irmarkt niederschl~igt. OEHLER/RUMMER/SMITH (2005) zeigen jedoch, dass diese Variable aufgrund fehlender Exogenit~it nicht in einem 6konometrischen Modell zur Erkl~irung von Emissionsrenditen verwendet werden sollte. 4 Die theoretische Kritik an diesem Proxy beruht unter anderem darauf, dass bei einem informationseffizienten Kapitalmarkt alle kursrelevanten Informationen im Aktienkurs enthalten sind und die Volatilit~it des Aktienkurses am Sekund~irmarkt nicht mehr auf die Unsicherheit vor dem B6rsengang zuriickge~hrt werden kann. 5 Ein Auszug der in bisherigen 6konometrischen Modellen verwendeten Proxys ist in der nachfolgenden Tabelle 3 dargestellt, wobei hier eine Fokussierung aufjene Studien erfolgt, in denen die jeweilige Variable erstmalig Verwendung findet. 6 Bei

Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff.; Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff. Der Begriffex-anteUnsicherheit ist nicht Gegenstand der Untersuchung von ROCK, sondem wurde wie gezeigt, von BEATTY/RITTER (1986) eingeNhrt. In der Literatur wird er jedoch allgemein dem Modell von ROCK(1986) zugeordnet. Vgl. Wilkens, M./Gral3hoff,A. (1999) S. 28. 2

Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 216; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 15; Aussenegg, W. (2000) S. 21.

3 Vgl. Aussenegg,W. (2000) S. 22. 4 Vgl. Oehler, A./Rummer,M./Smith, P. N. (2005a) S. 30. 5 Vgl. Lubig, D. (2003) S. 168 f. 6 Aktuelle Untersuchungsergebnisse werden hingegen im Rahmen der sich anschliel3enden eigenst~indigenempirischenUntersuchungen analysiert.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

131

signifikanten Ergebnissen im Rahmen der Regressionsanalyse wird das ermittelte Vorzeichen hervorgehoben:

Autor

Proxy fiir Unsicherheit

Variablen bezogen auf Kennzahlen - Unternehmensalter - Emissionsvolumena) - Umsatz - Nettoverm6gen - Anzahl der Fremdkapitalgl~iubiger - Verwendung der Emissionserl6se

JAMES/WIER(1990)

Ergebnis

Negativ

BEATTY/RITTER(1986)

Positiv

SLOVIN/YOUNG(1990) McGUINESS(1992) SLOVIN/YOUNG(1990) BEATTY/RITTER(1986)

Negativ

Negativ Negativ Positiv

Sonstige Variablen

McGUINESS(1992) - Standardabweichungdes Aktienkurses Positiv MILLER/REILLEY(1987) - Handelsvolumen Negativ CARTER/MANASTER(1990) - Reputation der Emissionsbank Negativ a) BEATTY/RITTER(1986) verwenden als exogene Variable das Inverse des Emissionsvolumens zur Erkl~irung des Underpricing. Aufgrund dieser Transformation wird zur Best~itigung des Modells von ROCK (1986) ein positives Vorzeichen erwartet, da ein groges und damit mit weniger ex-anteUnsicherheit behaftetes Unternehmen einen kleinen Wert aufweist. Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 219. T a b e l l e 3: Verschiedene Proxys f'tk die ex-ante Unsicherheit bez0glich des erzielbaren

Untemehmenswerte s 1

Auch bei der V e r w e n d u n g obiger Proxys wurden, analog zur direkten empirischen l~lberprOfung, teils sehr unterschiedliche oder sich sogar widersprechende Ergebnisse gefunden. So ermittelt JAMES/WIER (1990) einen signifikant negativen Z u s a m m e n hang zwischen Unternehmensalter und Emissionsrendite und best~itigt somit die These von

BEATTY/RITTER (1986),

dass vermehrte

ex-ante-Unsicherheit

ein erhOhtes,

absichtliches Underpricing erfordert, da jiingere Firmen aufgrund ihrer kurzen Historie

1 Vgl. James, C./Wier, P. (1990); Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986); Slovin, M. B./Young, J. E. (1990); McGuiness, P. (1992) Miller, R. E./Reilly, F. K. (1987); Carter, R./Manaster, S. (1990); Jenkinson, Y./Ljungqvist, A. (2001) S. 70 f.; Lubig, D. (2003) S. 169. Die bei LUBIG (2003) dargestellten Variablen beziehen sich nicht auf die Verwendung in 6konometrischen Modellen. Des Weiteren unterteilt er die dargestellten Variablen in Proxys bezogen auf das Unternehmen, auf die Emission sowie auf die B6rsennotierung. Diese Einteilung wird hier nicht verfolgt, da alle Variablen einbezogen werden, um grunds~itzlich die Verbindung zwischen der vor dem B6rsengang herrschenden Unsicherheit hinsichtlich des erwarteten Marktwertes und dem Underpricing zu untersuchen. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 169.

132

Erkl~irungsansgtze Nr ausgewghlte Phgnomene im Zusammenhang mit B6rsenggngen

schwieriger zu bewerten sind. ~ WASSERFALLEN/WITTLEDER (1994) attestieren hingegen far den deutschen Kapitalmarkt keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen diesen Variablen. 2

BEATTY/RITTER (1986) zeigen, dass gr613ere Untemehmen, welche nach ihrer Argumentation mit weniger ex-ante-Unsicherheit behaftet sind, im Vergleich zu kleinen und somit risikoreicheren Firmen mit einem geringeren Underpricing platziert werden k6nnen. 3 GI2NTHER/RUMMER (2005) zeigen dahingegen far den deutschen Markt eine statistisch signifikante und gegenl~iufige Beziehung zwischen der Gr613e des Untemehmens und dem Underpricing. 4

Obwohl die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen zum Modell von ROCK (1986) nicht eindeutig ausfallen, hat sich dieser Zweig vor allem aufgrund seiner theoretischen Implikationen im Lauf der Jahre als wichtigste Forschungsrichtung etabliert, und die winner's-curse-Problematik wird in ihrer grundsatzlichen Existenz und Richtigkeit nicht angezweifelt.

3.2.3.2 Informationsgenerierung 3.2.3.2.1 Theorie Auch diese Gruppe von Erkl~imngsans~tzen geht wiederum von asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den Investoren aus und differenziert emeut die Gruppen der informierten und der uninformierten Investoren. 5 Im Gegensatz zu ROCK (1986) wird hier angenommen, dass die Emissionsbanken w~ihrend der Marketing- und der Pre-Marketing-Phase versuchen, von den informierten Investoren deren erwarteten

1 RITTER(1984) untersuchte zwar als einer der Ersten den Zusammenhang zwischen dem Alter eines Unternehmens und dessen inh~irentem Risiko in Bezug auf den erwarteten Marktwert, jedoch verwenden JAMES/WIER(1990) als erste das Alter eines Unternehmens in einem 6konometrischen Modell zur Erkl~irung des Underpricing. Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff.; James, C./Wier, P. (1990) S. 164. 2 Vgl. Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1513. 3

Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 222 ff.

4 Vgl. Gtinther, S./Rummer, M. (2005) S. 33. 5 Aufgrund der identischen Grundannahme werden diese Modelle vereinzelt auch als inhaltliche Erweiterung des Modells yon ROCK(1986) bezeichnet. Vgl. Rapp, H. (1995) S. 241.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

133

Marktpreis far den B6rsengang zu attrahieren. 1 Das Underpricing wird insofem als finanzielle Kompensation spezifischer Informationskosten betrachtet. Durch die Aufwandsentsch~idigung far die wahrheitsgem~iBe Ubermittlung der privaten Informationen entsteht dartiber hinaus eine F6rderung der Informationsproduktion. 2

Im Modell von BENVENISTE/SPINDT (1989) besteht far die informierten Investoren kein Anreiz, ihre privaten Informationen tiber den wahren Wert des Unternehmens zu kommunizieren, da dies, zum Beispiel im Fall einer bisherigen Unterbewertung, zu einer Preisanhebung fahren wtirde. 3 Um dennoch eine wahrheitsgem/aBe Offenlegung der privaten Informationen zu induzieren, verfagen die Emissionsbanken grunds~itzlich tiber zwei Anreizmechanismen: auf der einen Seite die finale H6he des Emissionspreises und auf der anderen Seite die sp~itere Allokation der zu emittierenden Aktien. Insofern stellt das Underpricing einerseits zwar eine Vergtitung far die Offenlegung der privaten Informationen dar, andererseits kann hierdurch auch der Emissionspreis im Rahmen der nun wahrheitsgem~iB tibermittelten Nachfrage angepasst werden. Insgesamt k6nnen Emittenten und Emissionsbanken durch die Informationsgenerierung im Rahmen des Bookbuildingverfahrens und der entsprechenden Adjustierung des Emissionspreises und-volumens sowohl das Underpricing senken als auch das Platzierungsrisiko reduzieren. 4 Aufgrund der durch die Informationsiibermittlung notwendig gewordenen Bonifikation verbleibt jedoch immer noch ein gewisses Underpricing.

1 Im Gegensatz zu ROCK(1986) werden regular und occasional investors unterschieden. Die Gruppe der regular investors zeichnet regelm~iBigAktien im Rahmen von B6rseng~ingenund verftigt somit tiber superiore Informationen, zum Beispiel aufgrund von intensiven Informationsbeschaffungsaktivit~iten oder Spezialkenntnissen. Die occasional investors hingegen engagieren sich nur sporadisch. Ftir empirische Untersuchungen wird die erste Gruppe mit den institutionellen Investoren gleichgesetzt, da angenommen wird, dass es sich hierbei um informierte Investoren handelt. Die zweite Gruppe wird mit den privaten Investoren gleichgesetzt. Vgl. Benveniste, L. M./Spindt, P. A. (1989) S. 348. 2 Vgl. Rapp, H. (1995) S. 241. 3 Die hier dargestellten Modelle beruhen auf der Anwendung des Bookbuildingverfahrens, da vor allem hier w/ahrend der Zeichnungsphase Informationen tiber die Nachfrage von den Emissionsbanken gesammelt werden. Grunds~itzlich ist die Anwendung dieser Erkl~irungsans~itze mr samtliche Preisfestsetzungsmethoden vorstellbar. Als Einschr~inkung ist jedoch festzuhalten, dass nur beim Bookbuildingverfahren eine bevorzuge Zuteilung l'tir bestimmte Investorengruppen durchftihrbar ist. 4

Vgl. Benveniste, L. M./Spindt, P. A. (1989) S. 347 ff.

134

Erkl~irungsans~itzefar ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

Kritisch kann hierzu angemerkt werden, dass der von BENVENISTE/SP1NDT (1989) dargestellte Mechanismus eine bevorzugte Behandlung der informierten Investoren voraussetzt, da nur so der erforderliche Anreiz zur authentischen Informationstibermittlung induziert werden kann. 1 Die dargestellten Anreizmechanismen begtinstigen dartiber hinaus eine Absprache unter den Investoren. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens wird allerdings durch die Wettbewerbssituation auf dem Emissionsmarkt sowie durch die relative St~irke der Emissionsbank negativ beeinflusst. 2 LJUNGQVIST (2004) merkt in diesem Zusammenhang an, dass sich die H6he des Underpricings reduzieren l~isst, wenn Emissionsbanken und informierte Investoren regelm~iBig aufeinander treffen, da hierdurch der Anreiz zur Ubermittlung falscher Informationen proportional abnimmt. 3 Ebenso beinhaltet das Modell von BENVENISTE/SPINDT (1989) keine Kosten far die Informationsbeschaffung von Seiten der Investoren, so dass informierte Investoren ihren superioren Wissenstand ohne finanziellen Aufwand erwerben. Uninformierte Investoren hingegen unternehmen nach den Annahmen von BENVENISTE/SPINDT (1989) keine Anstrengungen, die kostenlosen Informationen zu attrahieren. BENVENISTE/WILHELM (1990) erweitern das Modell von BENVENISTE/SPINDT (1989), indem sie untersuchen, wie sich eine Reduktion der Informationsasymmetrie zwischen den Investoren auf die H6he des Underpricings auswirkt. Sie zeigen in Anlehnung an ROCK (1986), dass die erfolgreiche Ubermittlung der privaten Informationen durch die Emissionsbanken die ex-ante-Unsicherheit tiber den zu erzielenden Marktwert und somit auch die HOhe des erforderlichen Underpricings reduziert. 4

Durch die M6glichkeit einer bevorzugten Zuteilung an bestimmte Investorengruppen innerhalb der uninformierten Investoren l~isst sich nach SHERMANN (2000) das erforderliche Underpricing reduzieren. 5

1 Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 213; Neus, W. (1994) S. 162. 2 Vgl. Wilkens, M./Gral3hoff,A. (1999) S. 30. 3 Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 20 f. 4 Vgl. Benveniste,L. M./Wilhelm,W. J. (1990) S. 173 ff. 5 Vgl. Sherman,A. (2000) S. 697 ff.

Ans~itze basierend auf asymmetrischer Informationsverteilung

135

BUSABA/BENVENISTE/GUO (2001) attestieren, dass sich die H6he des Underpricings durch die M6glichkeit eines Rticktrittrechts vom Kaufauftrag w~ihrend der Marketingphase reduzieren l~isst, l

3.2.3.2.2 Empirische Evidenz Um

diese

Erkl~imngsans~itze

und

hierbei

insbesondere

das

Modell

von

BENVENISTE/SPINDT (1989) einer direkten empirischen Oberpriifung zu unterziehen, sind detaillierte Informationen tiber das Orderbuch erforderlich. 2 Hierdurch kann die These untersucht werden, ob informierte Investoren eine bevorzugte Zuteilung erhalten, und ob diese Gruppe mittels ihrer limitierten beziehungsweise unlimitierten Kaufauftr~ige ffir die Preisfestsetzung relevante Informationen generieren. 3

Die einzigen nennenswerten direkten Tests far die Informationsgenerierungshypothese wurden von CORNELLI/GOLDREICH (2001 und 2003) sowie JENK~SON/JONES (2004) durchgefahrt. 4 Die jeweils untersuchten Auszfige aus verschiedenen Orderbfichern umfassen

detaillierte

Informationen beztiglich der Kaufauftr~ge

institutioneller

Investoren sowie tiber die jeweilige Aktienallokation.

Der Datensatz von CORNELLI/GOLDREICH (2001 und 2003) beinhaltet sowohl Informationen zu limitierten als auch zu unlimitierten Kaufauftr~gen. Nach der These von BENVENISTE/SPINDT (1989) sollten Investoren, die limitierte Kaufauftrage platzieren, eine bevorzugte Zuteilung erhalten, da diese Art von Kaufauftr~gen far die Emissionsbanken einen gr6f3eren Informationsgehalt aufweist als Kaufauftr~ge in unlimitierter Form. Diese These best~tigend attestieren CORNELLI/GOLDREICH (2001), dass Investoren, die limitierte KaufauftrS, ge platzieren, eine um 19 Prozent gr613ere Zuteilung erhalten. Darfiber hinaus verst~rkt sich dieser Effekt der bevorzugten Zuteilung, wenn im Orderbuch - im Vergleich zu anderen B6rseng~ngen- weniger Kaufauftr~ige vermerkt sind. Als weiteres elementares Ergebnis kann gewertet werden, Vgl. Busaba, W. Y./Benveniste, L. M./Guo Re-Jin, (2001) S. 73 ff. 2 Hierzu muss angemerkt werden, dass im Orderbuch, wie in Subkapitel 2.8.4 dargestellt), einerseits nur detaillierte Informationen tiber die institutionellen Investoren gesammelt und andererseits Informationen zu den privaten Investoren aus Datenschutzgrtinden nur en bloc erfasst werden. 3 Ftir die Zwecke empirischer Untersuchungen werden in der Regel institutionelle Investoren mit informierten Investoren gleichgesetzt. 4 Vgl. Comelli, F./Goldreich, D. (2001) S. 2337 ff.; Cornelli, F./Goldreich, D. (2003) S. 1415 ff.; Jenkinson, L/Jones, H. (2004) S. 2309 ff.

136

Erkl~imngsans~itzefiir ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

dass Investoren, welche h~iufig im Rahmen von B6rseng~ingen aktiv werden, eine bevorzugte Zuteilung erhalten. 1 CORNELLI/GOLDREICH (2003) untersuchen,

ob

bestimmte Kaufauftr~ige ftir die Preisfestsetzung relevante Informationen generieren. Sie zeigen, dass der Emissionspreis im Durchschnitt eher durch limitierte als durch unlimitierte Kaufauftr~ige erkl~irt werden kann. 2

JENKINSON/JONES (2004) untersuchen einen alternativen Datensatz und attestieren, gegens~itzlich zu den Ergebnissen von CORNELLI/GOLDREICH (2001 und 2003), keine bevorzugte Zuteilung an Investoren, die w~ihrend der Zeichnungsphase limitierte Kaufauftr~ige platzieren. Jedoch k6nnen auch sie eine bevorzugte Allokation ftir jene Investoren dokumentieren, die regelm~il3ig Kaufauftr~ige im Rahmen von B6rseng~ingen abgeben. 3

Da jedoch detaillierte Informationen tiber das Orderbuch und die jeweiligen Kaufauftr~ige nur in Einzelf~illen vom Konsortialfiihrer fiir wissenschaflliche Zwecke bereit gestellt werden, tiberwiegt in der Literatur die indirekte Uberprtifung der Informationsgenerierungshypothese. Hierzu wird eine hohe Nachfrage nach dem B6rsengang mit positiven privaten Informationen gleichgesetzt, wobei umgekehrt eine geringe Nachfrage negative private Informationen suggeriert. Anschliel3end wird untersucht, wie sich die Nachfrage auf die H6he des Underpricings auswirkt. Nach der These

von

BENVENISTE/SPINDT (1989)

wird

der

finale

Emissionspreis

ffir

B6rseng~nge mit hohem Interesse von Seiten der Investoren nach oben angepasst und ~ h r t dennoch zu einem erh6hten Underpricing. 4 HANLEY (1993) bezeichnet diesen Mechanismus als partial adjustment phenomenon. 5

Vgl. Comelli, F./Goldreich, D. (2001) S. 2337 ff.; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 24 f. 2 Vgl. Cornelli, F./Goldreich, D. (2003) S. 1415 ff. 3 Vgl. Jenkinson, J./Jones, H. (2004) S. 2309. Ftir eine Analyse der m6glichen Grtinde fiir die unterschiedlichen Ergebnisse von CORNELLI/GOLDREICH (2001 und 2003) im Vergleich zu JENKINSON/JONES(2004) siehe Ljungqvist, A. P. (2004) S. 25 f. 4 Wie bereits im Subkapitel zur Bewertung von B6rseng~ingen sowie in der Einleitung dargestellt, setzt die Argumentation voraus, dass das Underpricing auf einem absichtlich zu niedrig angesetzten B6rsenpreis basiert. In der in Kapitel 4 folgenden empirischen Analyse soll hingegen gezeigt werden, dass die Emissionsrendite aufgrund hoher Nachfrage entsteht und somit der Emissionspreis nicht zu niedrig angesetzt wird. 5 Vgl. Hanley, K. W. (1993) S. 392.

Ans~itze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen

137

HANLEY (1993) analysiert in ihrer Untersuchung den Zusammenhang zwischen anf~inglicher Preisspanne und dem final festgesetzten Emissionspreis sowie das in den jeweiligen F~illen erzielte Underpricing. Insgesamt stellt sie fest, dass zwischen einer positiven Preisanpassung und der H6he des Underpricing ein positiver Zusammenhang besteht. HANLEY (1993) zeigt, dass das durchschnittliche Underpricing Nr B6rseng~inge, deren Emissionspreis aul3erhalb der anf~inglichen Preisspanne festgesetzt wurde, 20,5 Prozent betr~igt und darfiber hinaus, dass B6rseng~inge, deren Emissionspreis unterhalb der anf~inglichen Preisspanne festgesetzt wurde, hingegen nur ein Underpricing von 0,6 Prozent aufweisen. 1 Diese Ergebnisse lassen sich als Evidenz far die These von BENVENISTE/SPINDT(1989) werten. LOUGHRAN/RITTER (2002) sowie BRADLEY/JORDAN (2002) kritisieren die Ergebnisse von HANLEY (1993), indem sie zeigen, dass 6ffentlich verfiigbare Informationen nicht vollst~indig bei der Preisfestsetzung berticksichtigt werden. Da diese Informationen den Emissionsbanken kostenfrei zur Verffigung stehen und sich auch ohne Aufwand beschaffen lassen, ist schwerlich nachvollziehbar, warum hierfar, analog der These von BENVENISTE/SPINDT (1989), ein Rabatt in Form eines absichtlichen Underpricings gew~ihrt werden sollte. 2 Auch LOWRY/SCHWERT (2004) zeigen in ihrer Untersuchung, dass vor der Zeichnungsfrist 6ffentlich verfagbare Informationen zwar eine statistisch signifikante Auswirkung auf die Anpassung des Emissionspreises austiben, dieser Effekt jedoch 6konomisch nicht von Bedeutung ist. 3

3.3

Ans~itze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen

3.3.1 Prospekthafiung 3.3.1.1 Theorie Auch diese Erkl~imngsans~itze basierend auf der Prospekthaftungshypothese gehen wiederum von einem bewusst zu niedrig angesetzten Emissionspreis aus. Innerhalb dieser Forschungsrichtung wird von einer Versicherungsfunktion 4 des Underpricings ausgegangen, um hierdurch

eine Reduzierung

des Prospekthaftungsrisikos

zu

i Vgl. Hanley, K. W. (1993) S. 393 ft. 2 Vgl. Bradley, D. J./Jordan, B. D. (2002) S. 595 ff.; Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 413 ft. 3 Vgl. Lowry, M./Schwert, G. W. (2004) S. 3 ff. 4 Ft~r eine Analyse, warum im Falle der Prospekthaftung kein Versicherer eine entsprechende Versicherung anbietet, siehe D6hrmann, A. (1990) S. 325 f.; Yinic, S. M. (1988) S. 800.

138

Erkl/~mngsans/~tzefar ausgew/~hlte Phgnomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

erreichen. 1 In Deutschland haften gemgB der w167 44 bis 48 sowie 55 B6rsG Emittenten und Emissionsbank ffir Angaben im Emissionsprospekt. 2 F~r den US-amerikanischen Kapitalmarkt sind diese Vorschriften im US Security Act von 1933 geregelt. 3 Um die Wahrscheinlichkeit far Haftungsklagen sowie die H6he m6glicher Schadensansprfiche zu reduzieren, bieten Emittenten und Emissionsbanken die Wertpapiere bewusst verbilligt an. 4 Durch diese Vorgehensweise erhoffen sich beide Gruppen eine geringere Bereitschaft der Anleger, ihr gesetzlich verbrieftes Recht zur Klage durchzusetzen. 5

TINIC (1988) gilt als Begrtinder der Haftungshypothese. Er ist der Ansicht, dass sich sowohl Emittent als auch Emissionsbanken durch bewusstes Underpricing sicher und effektiv gegen Haftungsrisiken aufgrund falscher oder unterlassener Angaben im Emissionsprospekt absichern k6nnen. Seiner Ansicht nach sind dartiber hinaus die Risiken und Kosten des m6glichen Reputationsverlustes far den Emittenten und die Emissionsbanken zu berticksichtigen. Diese Risiken lassen sich allerdings nur unzureichend genau monet~ir quantifizieren. 6

RITTER (2003) merkt zu diesem Erkl/imngsansatz einerseits kritisch an, dass diese Art der Vermeidung einer Klage sehr kostspielig ist und andererseits, dass in L~indem, in denen diesbeztiglich keine juristischen M6glichkeiten often stehen, wie beispielsweise

1

Vgl. Ibbotson, R. G./Ritter, J. R. (1995) S. 998; Ibbotson, R. G./Jaffe, J. F. (1975) S. 264.

2 Falls wesentliche Angaben far die Beurteilung der Wertpapiere im Prospekt unrichtig oder unvollst~ndig sind, haften gemgl3 w167 44 bis 48 sowie 55 B6rsG jene Personen, die far den Emissionsprospekt die Verantwortung t~bemommen haben oder von denen der Erlass des Dokumentes ausging. Vgl. Carls, A. (1996) S. 315 ff. 3 Nach diesem Gesetz massen die Emissionsbanken far jede Unrichtigkeit im Emissionsprospekt die zivilrechtliche Haftung abemehmen. Dies bedeutet, dass im Falle einer unrichtigen oder auch unvollstgndigen Angabe im Emissionsprospekt die Emissionsbanken die Investoren entschgdigen massen, wenn durch den falschen Emissionsprospekt der Sekundgrmarktpreis unterhalb des Emissionspreises liegt. Der Zeithorizont far die Haftungsansp~che betrggt ein Jahr seit Ver6ffentlichung der falschen oder fehlerhaften Informationen und bis zu drei Jahre far die Angaben im Emissionsprospekt. Die H6he des m6glichen Schadensersatzes ist auf den Emissionspreis beschrgnkt. Vgl. Hunger, A. (2001) S. 114; Tinic, S. M. (1988) S. 800. 4 Nach w 13 VerkprospG i. V. m. w167 45 bis 48 B6rsG kann der Erwerber der Aktien vonder Emissionsbank und dem Emittenten als Gesamtschuldner die Ubemahme der Aktie gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrages bis hin zur H6he des Emissionspreises zuzt~glich der mit dem Erwerb verbundenen Kosten verlangen. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 234. 5 Vgl. Ibbotson, R. G./Jaffe, J. F. (1975) S. 264; Tinic, S. M. (1988) S. 797 ff. 6 Vgl. Tinic, S. M. (1988) S. 789 ff.; D6hrmann, A. (1990) S. 324.

Ansgtze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen Finnland,

ein

ebenso

hohes

Underpricing

vorgefunden

139 werden

kann. 1

JENKINSON/LJUNGQVIST (2001) argumentieren in ghnlicher Weise, indem sie feststellen, dass in manchen Lgndem, zu denen sie auch Deutschland z~ihlen, trotz der gesetzlichen Anspruchsgrundlage das Risiko einer Haftungsklage als sehr gering eingeschgtzt werden kann. 2

3.3.1.2 Empirische Evidenz Als empirische Implikation lgsst sich ein positiver Zusammenhang zwischen der H6he des gew~ihrten Nachlasses in Form des Underpricings und der Wahrscheinlichkeit einer Klage dokumentieren. Da die Wahrscheinlichkeit einer Klage ex ante nur schwerlich bestimmbar ist, fokussieren empirische Analysen auf einer ex-post-Analyse und untersuchen somit nur tats~ichlich vorliegende Klagen gegen Emittenten und/oder Emissionsbanken. TINIC (1988) untersucht die Auswirkungen des US Securities Act von 1933, welcher die Haftungspflichten sowohl far Emittenten als auch Emissionsbanken versch~irft. In seiner vergleichenden Untersuchung findet er eine signifikant niedrigere Emissionsrendite far B6rsenggnge vor Inkrafttreten des US Securities Act von 1933. Dieses Ergebnis interpretiert TINIC (1988) als Best~itigung seiner Prospekthaftungshypothese. KUNZ/AGGARWAL (1994) weisen in diesem Zusammenhang kritisch darauf hin, dass der Zeitabstand zwischen beiden Vergleichsstichproben von 36 Jahren zu grog ist, als dass andere beeinflussende Faktoren ohne weitere statistische Tests ausgeschlossen werden k6nnen. 3 DRAKE/VETSUYPENS (1993) untersuchen B6rseneinfahrungen am US-amerikanischen Kapitalmarkt, bei denen es im Rahmen der Prospekthaftung zu Klagen kam. Sie weisen hierbei nach, dass sich diese Gruppe hinsichtlich des Underpricings nicht signifikant yon den anderen IPOs unterscheidet. Dalqiber hinaus stellen sie fest, dass Emissionsbanken und Emittenten sowohl von Investoren, die unterbewertete B6rsen-

1 Vgl. Ritter, J. R. (2003a) S. 288. 2 Vgl. Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 113 f. Das Risiko einer Klage wird nur dann tragend, wenn der B6rsenpreis der Aktie unter den Emissionspreis sinkt. Durch dessen Reduzierung l~sst sich somit das Risiko einer Klage begrenzen. Vgl. Theissen, E. (2002a) S. 214 f. 3 Vgl. Kunz, R. M./Aggarwal, R. (1994) S. 705 ff.

140

Erkl~rungsans~tze far ausgew~hlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

g~nge gezeichnet haben, als auch von Investoren, die t~berbewertete B6rseng~nge gezeichnet haben, verklagt werden.

Die Mehrzahl der empirischen Studien verwendet die Wahrscheinlichkeit far eine Klage gegen den Emittenten und/oder die Emissionsbanken als erkl~rende Variable far die H6he des Underpricings. LOWRY/SHU (2002) modellieren als erste in ihrer Analyse beide Variablen simultan. Diese Vorgehensweise l~sst sich damit begrfinden, dass ein h6heres Underpricing die Wahrscheinlichkeit einer Klage reduziert, jedoch gleichzeitig eine geringere Wahrscheinlichkeit

far eine Klage

ein geringeres

Underpricing notwendig macht. Deshalb kann die im Rahmen 6konometrischer Analysen bisher unterstellte Exogenit~t nicht zweifelsfrei angenommen werden. In ihrer Studie finden sie heraus, dass Underpricing als eine Art Versicherung gegen m6gliche Schadensersatzklagen eingesetzt wird. 1

3.3.2 Kurspflegemaflnahmen 3.3.2.1 Theorie Im

Gegensatz

zu

den

bisher

dargestellten

Theorien

geht

nachfolgender

Erkl~rungsansatz v o n d e r Existenz kursstfitzender 2 MaBnahmen aus, die den negativen Teil der Emissionsrenditeverteilung beschneiden. Hierdurch k6nnen die durchschnittlich positiven Emissionsrenditen erkl~rt werden, ohne ein bewusstes Underpricing zu unterstellen, da analog zu dieser Hypothese nur die Renditeverteilung in Abh~ingigkeit von KurspflegemaBnahmen beobachtbar ist. 3 W~re man in der Lage, diese Aktivit~ten quantitativ zu abstrahieren, so mfisste der Sekund~rmarktpreis im Mittel dem Emissionspreis entsprechen, das durchschnittliche Underpricing null betragen sowie die Vgl. Lowry, M./Shu, S. (2002) S. 309 ff.; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 43 f. 2 Die den Emissionsbanken zur Verfagung stehenden kurssttRzenden MaBnahmen lassen sich grunds~tzlich in KurspflegemaBnahmen im engeren und im weiteren Sinne einteilen. Unter KurspflegemaBnahmen im engeren Sinne werden aktive und passive MaBnahmen mit dem Ziel der Beeinflussung der Nachfrage von Seiten der Emissionsbanken verstanden. Ein Beispiel far eine aktive MaBnahme w~re der Kauf von Aktien auf eigene Rechnung, und ein Beispiel far eine passive MaBnahme w~re der nicht durchgefahrte Verkauf der jeweiligen Aktien, obwohl sich die Wertpapiere im Bestand befinden. Unter KurspflegemaBnahmen im weiteren Sinne werden alle T~tigkeiten der Emissionsbank zur gezielten Beeinflussung der Nachfrage subsumiert. Als Beispiel l~sst sich hierfar die Ver6ffentlichung von Kaufempfehlungen anfahren. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 219 f. 3 Hierunter sind, ausgehend von einer Normalverteilung, die negativen Renditen zu verstehen. Durch die kursstabilisierenden Mal3nahmen werden negative Emissionsrenditen vermieden, da in jenen F~llen die Emissionsbanken kurss~tzend eingreifen und somit den Sekund~rmarktpreis zumindest auf das Niveau des Zeichnungspreises anheben.

Ans~itze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen

141

zugrunde liegende Verteilung symmetrisch sein. Diese Argumentation veranlasste RUUD (1993) zu der Hypothese, dass die B6rseng~inge im Mittel genau zum Marktpreis bewertet sind und somit kein bewusstes Underpricing von Seiten der Emittenten und/oder Emissionsbanken vorliegt. ~ Der Nutzen von Untersttitzungsk~iufen ist jedoch nur tempor~ir2, sie sollen eine negative Informationskaskade vermeiden.

BENVENISTE/ERDAL/WILHELM (1998) weisen in ihrer Studie darauf hin, dass Emissionsbanken aufgrund der mit den kursstabilisierenden Mal3nahmen verbundenen Kosten diese Aktivit~iten nur durchftihren, wenn sie davon entweder indirekt oder direkt profitieen. 3 Als einen wesentlichen Punkt ~hren sie den Reputationsverlust durch eine Aktienplatzierung mit negativer Kursperformance w~ihrend der ersten Handelstage an. 4 HANLEY/KUMAR/SEGUIN (1993) zeigen hierzu untersttitzend, dass Emissionsbanken die Aktien am Sekund~irmarkt auch mit Verlust zurtickkaufen, um ihren bevorzugten Kunden eine M6glichkeit zu bieten, sich von ihrem Engagement zu trennen. 5

3.3.2.2 Empirische Evidenz Zur empirischen l]berprfifung dieses Erkl~imngsansatzes mtisste gezeigt werden, dass Emissionsbanken im Falle anf'~inglich schlechter Kursperformance im Sekund~irmarkt kurssttitzend eingreifen. Dartiber hinaus sollten diejenigen B6rseng~inge, bei denen keine Intervention erfolgt, einen Mittelwert von null aufweisen.

RUUD (1993) zeigt im empirischen Teil ihrer Untersuchung, dass sich w~ihrend der ersten 20 Handelstage die positive Schiefe der Renditeverteilung langsam zurfickbildet und einer Normalverteilung annghert. Dies interpretiert sie als Hinweis auf die Existenz kursstabilisierender Mal3nahmen von Seiten der Emissionsbanken w~ihrend der Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 136. 2

BENVENISTE/ERDAL/WILHELM(1998) sowie AGGARWAL(2000) zeigen, dass Untersti~tzungsk~iufe nur w~ihrend der ersten Handelstage durchgeffihrt werden. Vgl. Benveniste, L. M./Erdal, S. M./Wilhelm, W. J. (1998) S. 741 ff.; Aggarwal, R. (2000) S. 1075 ff.

3 Ffir eine ausNhrliche Darstellung der Grtinde far kursstfitzende Mal3nahmen durch die Emissionsbanken siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004) S. 3 ff. 4 Vgl. Benveniste, L. M./Erdal, S. M./Wilhelm, W. J. (1998) S. 741 ff. Siehe hierzu auch Ruud, J. S. (1993) S. 138 f. Ftir eine weitere Analyse zum m6glichen Reputationsverlust der Emissionsbank siehe Smith, C. (1986) S. 789 ff. 5 Vgl. Hanley, K. W./Kumar, A. A./Seguin, P. (1993) S. 393 ff. Ffir eine ausftihrliche Darstellung der m6glichen Vor- und Nachteile von Untersttitzungsk~iufen insbesondere Nr Emissionsbanken siehe Jenkinson, Y./Ljungqvist, A. (2001) S. 122 ff.

142

Erkl~imngsans~itzefiir ausgewghlte Ph~inomene im Zusammenhang mit BOrseng~ingen

ersten Handelstage. Da negative Emissionsrenditen aufgrund von Kurspflegemal3nahmen nicht oder nur selten vorliegen, berechnet RUUD (1993) einen TobitMittelwert und erzielt damit einen Wert von nahe null. Dieses Ergebnis wird von ihr wiederum als Hinweis fiir die Richtigkeit ihrer Hypothese gewertet. 1

Als weiterer Beleg fiir die Kurspflegehypothese kann die Untersuchung von HANLEY/KUMAR/SEGUIN (1993) gewertet werden. Die Autoren zeigen in ihrer Studie, dass die Geld-/Briefspanne w~ihrend der ersten Handelstage umso niedriger ausf~illt, je weiter sich der Sekund~irmarktpreis dem Emissionspreis annghert. D a ~ b e r hinaus zeigen sie fiir ihre Stichprobe einerseits, dass der B6rsenkurs nach Einstellung der kursstiitzenden Mal3nahmen von Seiten der Emissionsbanken um 2,5 Prozent f~illt, und andererseits, dass mehr als 20 Prozent der Emissionsbanken die zuvor emittierten Aktien innerhalb der ersten drei Handelstage wieder zurackkaufen. 2 Zu einem ~ihnlichen Ergebnis kommen ELLIS/MICHAELY/O'HARA (2000), die zeigen, dass die Emissionsbanken von B6rseng~ingen mit anfiinglich negativer Performance am Sekundgrmarkt

mehr

Aktien

zurackkaufen

als

von

jenen

mit

positiver

Kursentwicklung. 3 SCHULZ/ZAMAN (1994) gruppieren ihren Datensatz in IPOs mit positiver und IPOs mit negativer Emissionsrendite, da letztgenannte Gruppe mit einer h6heren Wahrscheinlichkeit im Sekund~irmarkt unterstfitzt wird. Die erste Kohorte bezeichnen sie als hot IPOs und die zweite Gruppe als cold IPOs. 4 Sie zeigen in ihrer Analyse, dass Emissionsbanken im Falle yon cold IPOs fiir 86,1 Prozent der Zeit den inside bid5 stellen. Im Gegensatz hierzu stellen sie bei hot IPOs den inside bidjedoch nur fiir 63,1 Prozent der Zeit. Darfiber hinaus zeigen sie, dass die Emissionsbanken durchschnittlich fiber 20 Prozent der w~ihrend des B6rsengangs platzierten Aktien innerhalb der ersten drei

1 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 135 ff. 2 Vgl. Hanley, K. W./Kumar, A. A./Seguin, P. (1993) S. 393 ff. 3 Vgl. Ellis, K./Michaely, R./O'Hara, M. (2000) S. 1039 ff. 4 In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, dass der von den Autoren durchgefiihrte t-Test bezt~glichder Gr613eder beiden Gruppen eine t-Statistik von 3,64 aufweist, die Werte also signifikant sind. 5 Hierunter wird der h6chste Preis verstanden, den einer der H~indler bereit ist, fiir die Aktien zu zahlen. Vgl. Schultz, P. H./Zaman M. A., (1994) S. 200.

Ansfitze basierend auf institutionellen Rahmenbedingungen

143

Handelstage zurfickkaufen. Zudem dokumentieren sie eine h6here Geld-Quotierung von Emissionsbanken ftir cold IPOs. 1

ASQUITH/JONES/KIESCHNICK (1998) untersuchen den gleichen Zeitraum wie RUUD (1993) und zeigen dabei, dass sich die empirisch beobachtbare Verteilung am Besten als Mischverteilung 2, welche aus mindestens zwei Verteilungen besteht, darstellen l~sst. Die erste Verteilung weist darauf hin, dass bei circa 50 Prozent der von ihnen untersuchten B6rseng~nge die Emissionsbanken kursstabilisierend eingegriffen haben. Die der restlichen IPOs lassen sich durch eine Verteilung mit positiver Emissionsrendite beschreiben. Um jedoch die Theorie von RUUD (1993) best~.tigen zu k6nnen, mt~sste der Mittelwert jener B6rseng~nge, bei denen die Emissionsbanken keine kursstfitzenden

Mal3nahmen

durchffihren,

einen

Mittelwert

von

null

aufweisen.

ASQUITH/JONES/KIESCHNICK (1998) attestieren allerdings far diese Gruppe eine durchschnittliche Emissionsrendite von 18 Prozent. 3 Somit l~sst die zweite Verteilung nicht auf die Existenz von Unterstfitzungsk~ufen schliegen. Dies ist als Evidenz gegen die Kurspflegehypothese zu werten. Die teils widersprfichlichen Ergebnisse bei der 15berprfifung der Kurspflegehypothese sind insbesondere auf die indirekte Vorgehensweise zurfickzu~hren. Da bei dieser Methode meist aufgrund von Annahmen und Sch~tzungen die potenziell kursgestfitzten B6rseng~nge ermittelt werden, sind die uneinheitlichen empirischen Ergebnisse nicht verwunderlich.

Vgl. Schultz, P. H./Zaman M. A., (1994) S. 199 ff. 2 Bei der Verwendung einer Mischverteilung wird angenommen, dass die betrachtete Verteilung durch mindestens zwei Normalverteilungen mit unterschiedlichen Mittelwerten und Varianzen nachgebildet werden kann. 3 Vgl. Asquith, D./Jones, J. D./Kieschnick, R. (1998) S. 1759 ff.

144 3.4

Erkl~imngsans~itzemr ausgew~hlte Ph~nomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen Ansiitze basierend auf der Behavioral Finance

3.4.1 Herdenverhalten 3.4.1.1 Theorie

Diese Erkl~imngsans~itze gehen von einem Herdenverhalten der Investoren aus und unterstellen dabei, in Anlehnung von ROCK (1986), ein Platzierungsrisiko beztiglich der zu emittierenden Aktien. 1 Unter Herdenverhalten wird gmnds~itzlich verstanden, dass Investoren nicht mehr einzig ihren privaten Informationen vertrauen, sondern das beobachtbare Verhalten zuvor agierender Investoren imitieren. Augrund dessen fliel3en die eigenen Informationen mit einer limitierten Gewichtung in den Entscheidungsfindungsprozess ein. Ein in der Literatur h~iufig herangezogenes Beispiel zur Veranschaulichung dieses Verhaltens ist die Wahl eines Restaurants: Ein Kunde wird, wenn er vor der Auswahl zweier Gastst~itten steht, zu jenem tendieren, in dem sich bereits mehrere Kunden befinden, da er den zuvor getroffenen Entscheidungen der Kunden mehr vertraut als seinen eigenen Informationen. Hierdurch kann das Herdenverhalten bereits durch den ersten Kunden ausgel6st werden. Dieser Mechanismus l~isst sich auch auf die Preisgestaltung bei B6rseng~ngen t~bertragen. Das

von

WELCH (1992)

entwickelte

Kaskaden-Modell

unterstellt

dieses

Herdenverhalten der Investoren. Der einzelne Akteur kann das gesamte Nachfrageverhalten vollst~indig beobachten und trifft seine Anlageentscheidung aufgrund der beobachtbaren Kaufentscheidung anderer Marktteilnehmer. Hierdurch ist es m6glich, dass sich ein Investor trotz positiver privater Informationen bezfiglich eines B6rsengangs gegen eine Zeichnung entscheidet, wenn sich mehrere Investoren bereits zuvor gegen den Kauf entschieden haben. 2 Um die Wahrscheinlichkeit einer vollst~indigen Aktienplatzierung zu erh6hen, wird der Emissionspreis bewusst zu niedrig angesetzt, um hierdurch eine Kaskade positiver Kaufentscheidungen zu initiieren. 3

CHOWDHRY/SHERMAN(1996) zeigen hierzu unterstt~tzend, dass Investoren dann mehr Aktien als geplant zeichnen, wenn sich eine hohe Nachfrage nach den zu emittie-

1 Vgl. Ibbotson, R. G./Ritter, J. R. (1995) S. 997 f. 2 Vgl. Welch, I. (1992) S. 695 ff. 3 Diese Argumentation setzt allerdings voraus, dass Emittent oder Emissionsbank ein Herdenverhalten der Investorenunterstellenund basierend hierauf den Emissionspreisreduzieren.

Ans~tze basierend auf der Behavioral Finance

145

renden Aktien herumspricht. ~ Ahnlich ist der Ansatz von SHILLER (1990), in demfads 2 unter den Anlegern zu fiberh6hter Nachfrage nach Wertpapieren ffihren k6nnen. Hierbei ist es weniger entscheidend, ob diese Trends tats~chlich vorliegen, als vielmehr der Glaube der Investoren an deren Existenz. 3 Insbesondere

zur

Informationsgenerierungshypothese

nach

BENVENISTE/SPINDT

(1989) besteht ein enger Zusammenhang dieser Erkl~mngsans~tze. Nach dem bereits dargestellten partial-adjustment-Ph~nomen wird der Zeichnungspreis innerhalb der Marketingphase

aufgrund

privater

Informationen

der

informierten

Investoren

festgesetzt. Da alle Investoren dieses Vorgehen beobachten k6nnen und zudem davon ausgehen, dass es sich nach diesem Ansatz nur um eine partielle Anpassung handelt und somit eine positive Emissionsrendite zu erwarten ist, wird eine positive Informationskaskade initiiert. Eine negative Entwicklung des Herdenverhaltens ist mit obiger Argumentation ebenso begrfindbar. 4 Eine der zentralen Annahmen far die Entstehung eines hot-issue-Marktes ist hierbei das Ausl6sen der Blase durch das positive Signal eines Kursanstiegs. Dieses Signal hat so lange Bestand und beeinflusst die Entscheidung der Investoren, wie ein weiterer Kursanstieg erwartet werden kann. 5 Eine hohe Emissionsrendite kann folglich eine derartige Blase ausl6sen, wobei allerdings die gesamte Aktienmarktentwicklung von flankierender Bedeutung ist. 6

3.4.1.2 Empirische Evidenz Die empirische Uberprfifung dieser Erkl~mngsans~tze und insbesondere des Modells von WELCH (1992) gestaltet sich als ~ul3erst schwierig, da einerseits die Ursachen far den Kursanstieg nur unzureichend isoliert betrachtet werden k6nnen und andererseits eine zweifelsfreie Ursache-Wirkungs-Beziehung nicht herzustellen ist. Ingesamt 1 Vgl. Chowdhry, B./Sherman, A. (1996) S. 364. 2 Unter einemfad (Englisch far Trend oder Modeerscheinung) wird die tempor~re Uberbewertung von Aktien verstanden, die durch euphorische Investoren am Kapitalmarkt entstehen kann. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 258. 3 Vgl. Shiller, R. J. (1990) S. 61. 4 Vgl. Ibbotson, R. G./Ritter, J. R. (1995) S. 997 f.; Aussenegg, W. (2000) S. 40. 5 Vgl. Wilkens, M./Graf3hoff, A. (1999) S. 56. 6 Vgl. Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1171 ff.

146

Erkl~irungsans~itzefiir ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit BOrseng~ingen

wurde das Modell von WELCH (1992), im Vergleich zu den anderen Erklgmngsans~itzen, bisher nur ansatzweise einer empirischen Uberprafung unterzogen. 1 Im Modell

von WELCH (1992)

ist die Wahrscheinlichkeit

eines schlechten

B6rsengangs - und, hierdurch impliziert, das erforderliche Underpricing - im Falle regional t~itiger Emissionsbanken h6her als bei international agierenden Emissionsbanken. 2 Insofern besteht zwischen der ex-ante-Unsicherheit fiber den erzielbaren Marktwert

und

der

H6he

des

erforderlichen

Underpricing,

im

Sinne

von

BEATTY/RITTER (1986), ein positiver Zusammenhang. 3

Der bisher einzige Test erfolgte von AMIHUG/HAUSER/KIRSH (2003) fiir die Tel Aviv Stock Exchange. Sie unterstiitzen die These von WELCH (1992), indem sie zeigen, dass B6rsenggnge entweder unter- oder stark iiberzeichnet sind. Dieses Ergebnis kann als Evidenz ffir das Herdenverhalten der Investoren interpretiert werden, da durchschnittlich nachgefragte B6rsengO.nge nur selten vorliegen. 4

3.4.2 Stimmungsinvestoren 3.4.2.1 Theorie Innerhalb dieser erst seit kurzem diskutierten Gruppe von Erkl~imngsans~itzen wird versucht, das Underpricing-Ph~inomen durch die Pr~isenz von beschr~inkt rationalen Stimmungsinvestoren am Sekund~irmarkt zu erkl~iren. Diese Gruppe von Investoren l~isst sich durch tibersteigertes Interesse an den zu platzierenden Aktien charakterisieren, was in einem Nachfrageiiberhang gipfelt. Die w~ihrend des ersten Handelstages erzielte Emissionsrendite ist somit nicht mehr als absichtliche Risikopr~imie aufgrund von ex-ante-Unsicherheit beziJglich des zu erzielenden Marktpreises zu verstehen, sondem kann vornehmlich mittels einer hohen und teilweise beschr~inkt rationale Nachfrage der Investoren und eines hierdurch initiierten Kursanstiegs erkl~irt werden. 5

Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 59. 2 Vgl. Welch, I. (1992) S. 695. 3 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 142; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 58 f. 4 Vgl. Amihud, Y./Hauser, S./Kirsh, A. (2003) S. 137 ff. 5 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 2; Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005b) S. 137 ft.

Ans~itze basierend auf der Behavioral Finance

147

LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) verwenden als eine der ersten diesen Ansatz zur Erkl~imng des Underpricing-Ph~inomens. 1 Innerhalb ihres Modells sind neben den institutionellen

Investoren

die

oben

beschriebenen

Stimmungsinvestoren,

zu

unterscheiden. Basierend auf Leerverkaufsrestriktionen und der durch MILLER (1977) bekannten divergence-of-opinion-Hypothese leiten die Autoren ein Gleichgewicht far das Verhalten eines gewinnmaximierenden Emittenten ab. 2

Die Aktienallokation erfolgt im Rahmen des Modells von LJUNGQVIST/NANDA/S1NGH (2004) zungchst an die institutionellen Investoren, welche sich regelm~iBig bei B6rsenggngen finanziell engagieren. 3 Diese Investoren halten die A k t i e n - trotz vorhandener hoher Nachfrage - im Bestand und verkfirzen somit das Angebot wissentlich, um hierdurch den Nachfragefiberhang zu verstgrken. Da die Emittenten von einer Maximierung des Platzierungsvolumens auch in hot-issue-Mgrkten absehen, obschon die Anzahl der emittierten Aktien w~ihrend dieser Phase deutlich h6her ausfgllt als in Perioden mit tendenziell negativer Grundstimmung, wird der Nachfragt~berhang weiter erh6ht. Aufgrund dieser Vorgehensweise steigt der Sekund~irmarktpreis, und die rationalen Investoren erhalten einen Gewinn aus dem letztendlichen Verkauf der Aktien an die Stimmungsinvestoren. Darfiber hinaus werden die rationalen Investoren von

den

Emittenten

far

die

Ubemahme

des

Inventarverlustrisikos 4 mittels

Underpricing entlohnt.

Insgesamt resultiert in diesem Modell die Emissionsrendite aus der strategischen Ausnutzung der Fehlbewertungen beschr~inkt rationaler Investoren, wobei die H6he des Underpricings vom Ausmaf3 des Bewertungsunterschiedes zwischen den beiden Investorengruppen positiv beeinflusst wird. Je h6her das Interesse der Stimmungsinvestoren bez~glich des bevorstehenden B6rsengangs ausfNlt, desto h6her ist der m6gliche Emissionspreis, den die institutionellen Investoren bereit sind zu zahlen, da

Darfiber hinaus waren LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) auch in der Lage, die Long-RunPerformance zu erkl~iren. Dieses IPO-Ph~inomen ist jedoch nicht Gegenstand der empirischen Analyse in Kapitel 4, weshalb es hier nur am Rande erw~ihnt werden soll. Vgl. Ljungqvist, A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004) S. 1 ff. 2 Vgl. Miller, E. M. (1977) S. 1151 ff. 3 Diese Gruppe entspricht somit den aus BENVENISTE/SPINDT (1989) bekannten regular investors. Vgl. Benveniste, L. M./Erdal, S. M./Wilhelm, W. J. (1998) S. 348. 4 Hierunter wird das Risiko verstanden, dass der Kurs des Wertpapiers nach dem B6rsengang sinkt, wodurch die Investoreneinen finanziellen Verlust erleiden.

148

Erkl~imngsans~itzefar ausgew~ihlte Ph~inomene im Zusammenhang mit B6rseng~ingen

sie den erworbenen Aktienbestand jederzeit an die Stimmungsinvestoren mit Gewinn verkaufen k6nnen. 1 Eine ~ihnliche Vorgehensweise findet sich in der bereits von Keynes vertretenen

castle-in-the-air-Theorie, nach der die Anleger eine Aktie nicht nach ihrem inneren Wert, sondem nach dem potenziellen Verkaufspreis bewerten. 2 Die Erkl~imngsans~itze auf Grundlage von Stimmungsinvestoren weisen mit dem Herdenverhalten nach WELCH (1992) einige Berfihrungspunkte auf. So kann sowohl eine positive als auch negative Kaskade durch die Pr~isenz von Stimmungsinvestoren verst~irkt oder sogar ausgel6st werden, da diese Gruppe von Investoren nur tiber rudiment~ire Informationen bezfiglich des wahren Untemehmenswertes verfagt und daher bevorzugt das Verhalten anderer Investoren imitiert. Aufgrund dieser Argumentation sind Stimmungsinvestoren zwar eine hinreichende, jedoch nicht notwendige Bedingung far ein Herdenverhalten, denn auch far rationale Investoren kann es unter Umst~inden optimal sein, der Herde zumindest far eine gewisse Zeit zu folgen.

3.4.2.2 Empirische Evidenz Um die Erkl~imngskraft der investor-sentiment-Hypothese einer direkten empirischen l]berprtifung zu unterziehen, mtisste der Nachweis gefahrt werden, dass die Erwartungen fiber die zukt~nftige Entwicklung des B6rsenaspiranten zumindest far einen Teil der Investoren beschr~inkt rationale Zt~ge annehmen, und dass hierdurch sowohl der Emissionspreis als auch der Sekund~irmarktpreis positiv beeinflusst werden. Dies ist aufgrund der fehlenden Verfagbarkeit der hierzu notwendigen Informationen jedoch nur auf indirektem Wege m6glich.

LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) dokumentieren in ihrer Arbeit verschiedene empirische Implikationen ihres Modells. So sollte die langfristige Kursperformance von Emissionen mit besonders hoher Emissionsrendite deutlich schlechter ausfallen als bei B6rseng~ingen mit moderatem Underpricing. Dies fahren die Autoren auf sequenzielles Lernverhalten der Stimmungsinvestoren zurfick, da diese ihre Aktien verkaufen, sobald sie zu dem Schluss kommen, dass der von ihnen bezahlte Marktpreis 1 Vgl. Ljungqvist,A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004) S. 1 ff. 2 Vgl. Malkiel, B. G. (1990) S. 313; Wilkens, M./GraBhoff,A. (1999) S. 55 f.

Ans~itze basierend auf der Behavioral Finance

149

tiber dem rational gerechtfertigten Wert liegt. 1 Als empirische Evidenz k6nnen hierfar die Ergebnisse von RITTER (1991) interpretiert werden, auch wenn er diesen Zusammenhang nicht explizit untersucht. In der Analyse des US-amerikanischen hotissue-Marktes der frfihen 80er-Jahre kann der Autor eine besonders negative Performance von B6rsenggngen mit hoher Emissionsrendite dokumentieren, wodurch die These von LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) best~itigt wird. 2

COOK/JARRELL/KIESCHNICK

(2003) 3

unterziehen

das

Modell

von

LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004) einer ausftihrlichen empirischen Untersuchung und gruppieren die untersuchten US-amerikanischen B6rseng~inge zwischen 1980 und 2002 in hot und cold IPOs. Anstelle der langfristigen Performance untersuchen sie die Oberlebenswahrscheinlichkeit4 der B6rsenneulinge w~ihrend der ersten Jahre nach dem IPO und attestieren hierbei, dass Firmen, die w~ihrend eines hot-issue-Marktes die Erstemission vollziehen, mit einer h6heren Wahrscheinlichkeit w~ihrend der ersten B6rsenjahre vom Markt verschwinden. Dieses Ergebnis interpretieren die Autoren als Evidenz for die Existenz von beschr~inkt rationalen und tiberaus optimistischen Stimmungsinvestoren. Dartiber hinaus untersuchen die Autoren die Bewertung der IPOs zum Emissionszeitpunkt und zeigen hierbei eine Oberbewertung von hot IPOs im Vergleich zu bereits gehandelten Firmen einerseits sowie eine Unterbewertung von cold IPOs andererseits. Dieses Ergebnis werten sie als weiteren Beweis for die Richtigkeit des Modells von LJUNGQVIST/NANDA/SINGH (2004), da als eine Implikation der Modellergebnisse eine Oberbewertung von B6rseng~ingen in hot-issueM~irkten aufgrund der groSen Nachfrage herausgearbeitet werden kann. 5

PURNANANDAM/SWAM1NATHAN (2004) zeigen in ihrer Untersuchung des USamerikanischen Aktienmarktes, dass IPOs, verglichen mit B6rseng~.ngen aus der jeweiligen Industriegruppe, durchschnittlich um 50 Prozent aberbewertet sind. 6 In der Untersuchung von BARTOV/MOHANRAM/SEETHAMRAJU (2003) hat der Warnhinweis

1 Vgl. Ljungqvist, A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004) S. 27 ff. 2

Vgl. Ritter, J. R. (1991) S. 3 ff.

3 Das erste Arbeitspapieryon LJUNGQVIST/NANDA/SINGHwurde Ende 2003 ver6ffentlicht. 4 Hierunterverstehen COOK/JARRELL/KIESCHNICK(2003) die MOglichkeiteiner Obernahme oder die Wahrscheinlichkeit eines Delistings. Vgl. Cook, D. O./Jarrell, S. L./Kieschnick, R. (2004) S. 16 f. 5 Vgl. Cook, D. O./Jarrell, S. L./Kieschnick, R. (2004) S. 1 ff. 6 Vgl. Purnanandam, A. K./Swaminathan, B. (2004) S. 811 ff.

150

Erkl~irungsans~itzefar ausgew/ahlte Ph/inomene im Zusammenhang mit B6rseng/ingen

auf der ersten Seite des Emissionsprospektes far besonders risikobehaftete B6rseng~inge keine Auswirkungen auf die Emissionspreisfindung. Beide Ergebnisse k6nnen, auch wenn die Investoren nicht die

investor-sentiment-Hypothese explizit untersuchen,

als Indiz fiJr das Vorliegen beschr~inkt rationaler Erwartungen hinsichtlich der Zukunftsperspektiven des B6rsenaspiranten gewertet werden. ~ DORN (2003) untersucht den vorb6rslichen 2 Handel am deutschen Kapitalmarkt und stellt dabei fest, dass Investoren bereit sind, Preise oberhalb der Preisspanne zu bezahlen, wenn zuvor durchgeftihrte Emissionen ein hohes Underpricing aufwiesen, oder wenn fiber den jeweiligen B6rsengang verst~irkt in den Medien berichtet wurde. Da der Emissionspreis in der Regel nur innerhalb der Preisspanne festgesetzt werden kann und die Investoren somit bereit sind, ~ r bisher nicht emittierte Aktien einen Aufschlag zu bezahlen ohne selbst den wahren Wert aufgrund fehlender Sekund~irmarktkurse zu kennen, ist dieses Ergebnis als Hinweis auf die Pr~isenz von Stimmungsinvestoren zu werten. 3 CORNELLI/GOLDREICH/LJUNGQVIST

(2005)

untersuchen

die

w~ihrend

des

vorb6rslichen Handels erzielten Preise in Hinblick auf deren Erkl~imngsgehalt sowohl fiir den Emissionspreis als auch far den Aktienkurs des ersten Handelstages. Hierbei unterstellen die Autoren, dass sich vor allem private Investoren, welche von ihnen als Stimmungsinvestoren charakterisiert werden, am vorb6rslichen Handel beteiligen. Insbesondere bei hohen vorbOrslichen Kursen k6nnen die Autoren einen positiven Zusammenhang

zwischen

diesen

Kursen

und

dem

endgi~ltig

festgesetzten

Emissionspreis dokumentieren. Einen hohen Erkl~imngsgehalt bieten die vorb6rslichen Preise beziJglich der Kurse am Sekund~irmarkt. 4 LOFFLER/PANTHER/THEISSEN (2004) dokumentieren in ~ihnlicher Art und Weise einen hohen Erkl~irungsgehalt des vorb6rslichen Handels far den sp~iteren B6rsenkurs. 5 1 Vgl. Bartov, E./Mohanram, P./Seethamraju, C. (2003) S. 321 ft. 2 W~ihrend des vorb6rslichen Handels, der unter anderem von der Schnigge AG abgewickelt wird, k6nnen private und institutionelle Investoren die noch nicht emittierten Aktien sowohl kaufen als auch verkaufen. Der vorb6rsliche Handel schliel3t mit dem Ablaufen der Zeichnungsfrist, und die Lieferung der Aktien muss in der Regel w~ihrend der ersten beiden Handelstage erfolgen. Vgl. Dora, D. (2003) S. 26 f.; L6ffier, G./Panther, P. F./Theissen, E. (2004) S. 1; Pichler, P./Stomper, A. (2003) S. 1 f. 3 Vgl. Dorn, D. (2003) S. 1 ff. 4 Vgl. Comelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005) S. 1 ff. 5 Vgl. L6ffier, G./Panther, P. F./Theissen, E. (2004) S. 1 ft.

Analyse und Zusammenfassung

151

3.5 Analyse und Zusammenfassung Im Rahmen der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie ist die Existenz einer konstant positiven Emissionsrendite nicht erklgrbar. In den Mittelpunkt der Untersuchungen rficken daher die Auswirkungen asymmetrisch verteilter Informationen zwischen den einzelnen am B6rsengang beteiligten Gruppen. Grunds~itzlich gehen diese Ansiitze davon aus, dass der Emissionspreis bewusst unter dem erzielbaren Maximum festgesetzt wird. Ffir den spgteren Verlauf der Arbeit sind die Ansgtze von ROCK (1986) und dessen empirische Oberprfifung durch BEATTY/RITTER(1986) von besonderer Bedeutung, da sie die empirische IPO-Forschung dominieren. Die Autoren unterstellen, dass aufgrund von ex-ante-Unsicherheit fiber den Marktwert des Untemehmens der Emissionspreis vom wahren Wert negativ abweicht. RITTER/WELCH (2002) sowie LJUNGQVIST(2004) merken an, dass Modelle aufbauend auf der Annahme asymmetrisch verteilter Informationen nicht in der Lage sind, die Phgnomene im Zusammenhang mit B6rsenggngen zu erkl~ren. 1 Seit kurzem werden auch deswegen vermehrt Ansgtze aus dem Forschungsfeld der Behavioral Finance und hierbei vor allem Ans~itze basierend auf der Stimmung der Investoren, dem so genannten investor sentiment, zur L6sung der verschiedenen Phgnomene diskutiert. 2 Zusammenfassend geht diese Gruppe von Erklgmngsansgtzen davon aus, dass die Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien die Emissionsrendite positiv beeinflusst und somit kein absichtliches Underpricing aufgrund von ex-ante-Unsicherheit vorliegt. Hierdurch unterscheiden sich beide Forschungsrichtungen in ihrer gmnds/~tzlichen Ausrichtung elementar von einander und liefern teilweise gmndsgtzlich verschiedene Begrtindungen Rir die unterschiedlichen Ph/~nomene im Rahmen von B6rseng~ingen. Im nun folgenden Abschnitt soll daher untersucht werden, ob eine dieser Forschungsrichtung als bester L6sungsweg isoliert werden kann sowie dessen Erkl~imngspotential abzusch/~tzen.

1

Vgl. Ritter, J. R./Welch, I. (2002) S. 1795; Ljungqvist, A. P. (2004) S. 65.

2 Vgl. Oehler, A./Rummer,M./Smith, P. N. (2005a) S. 1 ff.

152

4 4.1

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Empirische Analyse von BOrsengiingen an der FWB Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

Aufbauend auf den dargestellten theoretischen Grundlagen und Erkl~imngsansgtzen erfolgt in diesem Abschnitt sowohl die Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes als auch die Berechnung der einzelnen Variablen und deren deskriptive Analyse, um hierdurch einen umfassenden Uberblick fiber die verwendete Datenbasis zu erm6glichen. Die dabei gewonnen Erkenntnisse, vor allem zur Fluktuation der verschiedenen Variablen, sind fiir die Interpretation und den Aufbau der in den Kapiteln 4.2 bis 4.5 folgenden 6konometrischen Analysen von grundlegender Bedeutung.

4.1.1 Beschreibungdes Untersuchungsgegenstandes 4.1.1.1 Sachliche Abgrenzung Ffir die erforderliche sachliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes bedarf es trennscharfer und m6glichst objektiver Kriterien des in Subkapitel 2.1 er6rterten Begriffs ,,B6rsengang". Aufgrund dessen sind die nachfolgenden Kriterien bei jedem Unternehmen, welches w~ihrend des Untersuchungszeitraums erstmals an der FWB notierte, abzuprfifen: 1 (1)

Bei der B6rseneinffihrung muss es sich um ein erstmaliges, 6ffentliches Angebot handeln. 2 Ffir die emittierten Aktien dfirfen somit keine Kursnotierungen vor dem B6rsengang existieren. 3

Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 14; Ehrhardt, O. (1997) S. 77 f.; Lubig, D. (2003) S. 63 f.; Zbinden, D. (2003) S. 11 ff.; Neuhaus, S./Schremper, R. (2003) S. 449; Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 51. Eine ausfiihrliche Definition des Begriffs B6rsengang erfolgt Subkapitel 2.1. 2 Die Definition eines erstmaligen 6ffentlichen Angebots schlieBt die Erfassung von Privatplatzierungen aus. Diese in der Literatur tibliche Vorgehensweise wird damit beg~ndet, dass die Emittenten bei Privatplatzierungen einem besonderen Anreiz ausgesetzt sind, neue Aktien verbilligt anzubieten. Siehe hierzu ausfahrlich D6hrmann, A. (1990) S. 233 f. 1

3 Aufgrund dieser Definition werden keine Notierungsaufnahmen beziehungsweise Segmentwechsler erfasst. Darfiber hinaus sind Folgeemissionen sind yon der Untersuchung ausgeschlossen.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen (2)

153

Entstand das Untemehmen durch eine Fusion, so darfvor der Erstemission Dr keines der am Zusammenschluss beteiligten Untemehmen eine Kursnotierung existieren. 1

(3)

Das Unternehmen ist nach erfolgtem B6rsengang an der FWB notiert. 2

(4)

Die Preisfestsetzung muss mittels Bookbuildingverfahren erfolgen.

Zur Identifikation m6glicher B6rseng~inge wurden sowohl die Prim~irmarktstatistik als auch die j~ihrlichen Factbooks der Deutschen B6rse AG sowie die IPO-Datenbanken der B6rsenzeitung, des Deutschen Aktieninstitutes und der OnVista AG herangezogen. Gmnds~itzlich sollte davon ausgegangen werden, dass die Identifizierung ,,echter" B6rseng~inge keine grof3e Schwierigkeit darstellt, doch wurden beim Abgleich der Datenbanken zahlreiche Unterschiede und Unstimmigkeiten aufgedeckt. 3 In ZweifelsfNlen wurde daher auf das Emissionsprospekt zurtickgegriffen beziehungsweise direkt mit dem jeweiligen Unternehmen Kontakt aufgenommen, um eine eindeutige Zuordnung zu gew~ihrleisten.

4.1.1.2 Zeitliche Abgrenzung Die nachfolgende Untersuchung rekurriert aufgrund der gew~ihlten Methodologie ausschlie61ich auf B6rsenggnge, die mittels Bookbuildingverfahren emittiert wurden. Dieses Verfahren kam in Deutschland zum ersten Mal 1995 zum Einsatz und dominiert seit 1997 die Preisfestsetzungsverfahren. 4 Anfang 1997 wurde zudem die vertikale Segmentierung der Frankfurter Wertpapierb6rse durch die Einffihmng des Neuen Marktes nachhaltig vedindert. Basierend hierauf und aufgrund der Tatsache, 1 Dieses Kriterium ist insofern for die vorliegende Analyse von Bedeutung, als far bereits notierte Aktien die Untersuchung der ex-ante-Unsicherheit tiber den zu erzielenden Marktpreis nicht mehr m6glich ist. 2 Unter Beachtung der Kriterien (1), (2), (3) und (4) werden auch BOrseng~inge in die Datenbasis aufgenommen, die zeitgleich an mehreren nationalen oder internationalen B6rsen eingefahrt werden. Hierdurch erfolgt keine Begrenzung auf BOrseng~ingedeutscher Unternehmen 3 So zeigte sich im Rahmen der Datenerfassung, dass des Ofteren auch Notierungsaufnahmen oder Segmentwechsler als IPO bezeichnet wurden, die zuvor jedoch zum Beispiel an einer ausl~indischen B6rse gehandelt und somit ,,nur" in Deutschland zum ersten Mal emittiert wurden. In der Regel konnten die Unstimmigkeiten auf unterschiedliche Begriffsbestimmungen zuriickgefahrt werden. Dies zeigt sich auch beim Vergleich der Studien von GERKE/FLEISCHER(2001) und KISS/STEHLE (2002), die B6rseng~inge am Neuen Markt tiber den Zeitraum 1997 bis 2001 untersuchen. Der von GERKE/FLEISCHER(2001) verwendete Datensatz umfasst 319 IPOs, der von KISS/STEHLE(2002) hingegen 325 IPOs. Vgl. Kiss, I./Stehle, R. (2002) S. 1 ft.; Gerke, W./Fleischer, J. (2001) S. 827 ff. 4 Siehehierzu Subkapitel 2.8.

154

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

dass mr die Jahre 1995 und 1996 die Daten fiir einige erkl~irende Variablen, wie zum Beispiel die Greenshoe-Option, nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnten, beginnt die Untersuchung im Jahre 1997.1

Zum ersten Mal wurden 2003 seit dem Anstieg der Emissionst~itigkeit zu Beginn der 80er-Jahre keine B6rseng~inge durchgefiihrt. 2 Dartiber hinaus erfolgte in jenem Jahr die Neusegmentierung der FWB durch die Einfiihmng von Prime Standard und General Standard. Durch beide Ereignisse ~inderte sich zum einen die Struktur des Datensatzes, zum anderen standen einige Variablen aufgrund der Neusegmentierung nicht mehr zur Verfiigung. 3 Bedingt hierdurch bildet das Jahr 2002 die zeitliche Obergrenze far die vorliegende Untersuchung. 4

Aus dieser oberen und unteren Grenze umfasst der nachfolgend zu analysierende Untersuchungszeitraum die Jahre 1997 bis 2002.

4.1.1.3 Umfang des Datensatzes Die dargestellten sachlichen und zeitlichen Abgrenzungskriterien wurden von 427 Untemehmen erfiillt. Bei insgesamt zw61f IPOs konnten die erforderlichen Daten, trotz umfangreicher Recherchen, nicht far alle erkl~irenden Variablen zweifelsfrei ermittelt werden. Dartiber hinaus lagen die Schlusskurse des vorb6rslichen Handels nur far 354 B6rseng~inge vor. Hierdurch reduziert sich die zu untersuchende Datenbasis auf 415 und im Falle des Einbezugs vorb6rslicher Kurse auf 354 Erstemissionen. 1 Vor 1997 konnte die Richtigkeit der ermittelbaren Daten nicht zweifelsfrei tiberpriift werden, da je nach Quelle unterschiedliche Informationen angeboten wurden. Dartiber hinaus waren die erforderlichen Informationen nur fOr vereinzelte B6rseng/inge verfOgbar. Durch die hierdurch bedingten grogen Datenlticken kann eine im statistischen Sinne aussagekr~iftige Studie mit Daten aus den Jahren vor 1997 nicht durchgefOhrt werden. 2 Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 82. Es erfolgte im Jahre 2003 lediglich die Notierungsaufnahme der Hypo Real Estate Holding AG. Nach der sachlichen Abgrenzung ist dies jedoch keinen B6rsengang. Zwischen 1983 und 1996 gab es in Deutschland im Schnitt 16 Neuemissionen pro Jahr. Dabei handelte es sich prim~ir um traditionsreiche Unternehmen. Im Jab.re 1997 wurde mit 31 B6rsengangen fOr damalige Verh~iltnisse ein erster Rekord erreicht. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 203. 3 Bei Strukturver~inderungen im Datensatz fOhren Querschnittsregressionen zu verzerrten und ineffizienten Sch~itzwerten. Vgl. D6hrmann, A. (1990) S. 230. Dartiber hinaus stehen bestimmte Variablen, wie neuermarkt oder nemax, nach der vertikalen Neusegmentierung der FWB nicht mehr zur VerfOgung, wodurch eine Okonometrische Analyse, wie sie fOr die Jahre 1997 bis 2002 angewendet wurde, nicht m6glich ist. 4 Eine zus~itzliche Einbeziehung der B6rseng~inge der Jahre 2004 und 2005 h~itte die Ergebnisse aufgrund der geringen Anzahl an IPOs nur unwesentlich ver~indert.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

155

4.1.2 Berechnung der Variablen und Datenerhebung 4.1.2.1 Underpricing Das Underpricing 1 bezeichnet die Differenz zwischen Emissionspreis und Schlusskurs am Sekund~irmarkt w~ihrend des ersten Handelstages und wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit wie folgt ermittelt: 2

":ln(+/ mit

IR P~

= logarithmierte Emissionsrendite des B6rsenganges = Schlusskurs des Wertpapiers w~hrend des ersten Handelstages

Poger = Emissionspreis

Die ermittelten Ergebnisse sind wie folgt zu interpretieren: Von Underpricing beziehungsweise einer positive Emissionsrendite spricht man, wenn IR > O. Von einem so genannten Overpricing beziehungsweise einer negativen Emissionsrendite spricht man im Falle yon IR < O.

In den Anfangsjahren der IPO-Forschung wurde die Emissionsrendite teilweise um die Marktentwicklung bereinigt. 3 EHRHARDT/STEHLE (1999) weisen jedoch darauf hin, dass zwischen der bereinigten und der unbereinigten Emissionsrendite keine grol3en Unterschiede 4 bestehen und somit beide Methoden geeignet scheinen, um das Underpricing-Ph~inomen zu untersuchen. 5 Daher wird die dargestellte unbereinigte Rendite,

1 Eine ausfahrliche begriffiiche Definition von Emissionsrendite und Underpricing erfolgt in Subkapitel 2.1. 20ehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 2; Ehrhardt, O. (1997) S. 53. In der finanzwirtschaftlichen Literatur wird in der Regel der Schlusskurs des ersten Handelstages zur Berechnung der Emissionsrendite herangezogen. 3 Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 51; Lubig, D. (2003) S. 67 f.; Ehrhardt, O. (1997) S. 53 f. 4 Die Bereinigung erfolgt zum Beispiel anhand eines Index. Im vorliegenden Fall bietet sich der Nemax-All-Share-Index an, da dieser die allgemeine Marktnachfrage nach B6rseng~ingen am Besten beschreibt. Dieser Index weist im Untersuchungszeitraum eine t~igliche Rendite von 0,019 Prozent auf und wfirde somit die H/She der Emissionsrendite, deren Mittelwert 44,1 Prozent betr~igt, nur marginal beeinflussen. 5 Vgl. Ehrhardt, O./Stehle, R. (1999) S. 1397. Auch LUBIG (2003) findet in seiner Untersuchung keinen Unterschied zwischen bereinigter und unbereinigter Emissionsrendite. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 67 f.

156

Empirische Analyse yon B6rseng~ngen an der FWB

wie in der t~berwiegenden Mehrzahl der neueren Studien, zur 6konometrischen Analyse herangezogen.

Ft~r die Analyse des Einflusses von KurspflegemaBnahmen auf die Performance des B6rsenneulings w~hrend der ersten 30 Handelstage kommt folgende Formel zur Anwendung: ~

mit t = 0,....30 mit:

HR, = Buy-and-Hold-Renditedes B~rsenganges bis zum Zeitpunkt t P,

= Kurs des Wertpapiers zum Zeitpunkt t

Poyer= Emissionspreis

Im Rahmen dieser Untersuchung wird auch auf den Er6ffnungskurs w~hrend des ersten Handelstages, P0, zurfickgegriffen. Im Falle von t = 1 entspricht HR1 der oben dargestellten Methodik zur Ermittlung der Emissionsrendite, IR. Die Dr die Berechnung erforderlichen Kursdaten stammen v o n d e r Karlsruher Kapitalmarktdatenbank. Die Daten zu den Emissionskursen wurden der Prim~rmarktstatistik der Deutschen B6rse AG entnommen und jeweils mit den Angaben der B6rsenzeitung und den j~hrlichen Factbooks der Deutschen B6rse verglichen. 2

4.1.2.2 Erklgirende Variablen Tabelle 4 gibt einen Uberblick fiber die Bezeichnung der in den nachfolgenden Abschnitten verwendeten Variablen sowie deren grunds~tzliche Berechnung. Die Darstellung der ausformulierten Hypothesen und der damit erwarteten Vorzeichen erfolgt jeweils zu Beginn der Subkapitel 4.2 bis 4.5.

1 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 146. 2 Ich danke den Herren Prof. Dr. Herrmann G6ppel und Dr. Torsten Lfidecke f~r die Uberlassung der Kursdaten.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

Name

157

Beschreibung

age

Untemehmensalter, berechnet als Differenz zwischen Gr~ndungsdatuma) und Zeitpunkt des B6rsengangs

bbd

Differenz zwischen Beginn und Ende der Zeichnungsfrist

bbw

Differenz zwischen oberer und unterer Grenze der Preisspanne, dividiert durch deren Mittelwert

greenshoe

Aus~bung der Greenshoe-Option(Dummy-Variable)

greymarket

Renditedifferenz zwischen dem Mittelwert der finalen Geld-Brief-Spanneim vorb0rslichen Handel und dem Mittelwert der Emissionspreisspanne

invsize

Inverse des Emissionsvolumens (exklusive Greenshoe-Option)

nemax

Buy-and-hold-return des Nemax-All-Share-Index

i

I

! neuermarkt

BOrseng~nge am Neuen Markt (Dummy-Variable)

New Economy umfasst die Branchen media, pharma&health, software, technology neweconomy und telecommunication, b) (Dummy-Variable) nipo underwriter

Anzahl der B6rsenggnge 30 Tage vor der jeweils untersuchten Emission Ranking der Emissionsbank anhand der Anzahl der als Konsortial~hrer begleiteten B6rsenggnge im Untersuchungszeitraum. Die Emissionsbankenwerden hierzu in drei Gruppen eingeteilt. (Dummy-Variable) Konjunkturerwartung basierend auf dem ZEW-Indikatorim Monat vor dem B6rsengang

Falls das Unternehmen vor dem B6rsengang durch einen Zusammenschluss mehrerer Unternehmen entstand, wird das Gr~ndungsdatum des gltesten Unternehmens herangezogen Die aufgezghltenenglischen Bezeichnungen entsprechen den vonder Deutschen B6rse AG im Rahmen der C-DAX-Klassifizierungverwendeten Begriffiichkeiten. Tabelle 4" Bezeichnung der erklgrenden Variablen.

Diese umfangreiche Datenbasis erfordert einen detaillierten und zeitintensiven Prozess der Datenerhebung. Bei analytischen Vorbereitungen zur Sicherung einer konsistenten und mOglichst fehlerfreien Datenbank, stellte sich heraus, dass der fiberwiegende Teil der ben6tigten Informationen in keiner systematischen Form 6ffentlich zuggnglich war. 1 Daher mussten die ben6tigten Daten zu den einzelnen Variablen per Hand gesammelt und erfasst werden. U m die Richtigkeit der generierten Daten sicherzustellen und etwaige Falschinformationen zu eliminieren, wurden die Informationen jeweils mit mindestens zwei weiteren, unabhgngigen Quellen verglichen. In Zweifels-

lJber ghnliche Schwierigkeiten bei der Datenbeschaffung berichtet auch Tietze, C. (2004) S. 73 ff.

158

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

f~illen wurde die Investor-Relations-Abteilung des entsprechenden Unternehmens kontaktiert. Durch diesen mehrstufigen Prozess der Datenerhebung konnten nahezu alle Zweifelsf~ille gekl/~rt und somit eine zuverl/~ssige Datenbasis Rir 415 IPOs generiert werden. Die Vorgehensweise bei der Datenerhebung soll beispielhaft ffir age dargestellt werden, da sie sich zwischen den einzelnen Variablen nur unwesentlich unterscheidet: Das Grtindungsjahr konnte aus dem Emissionsprospekt oder den Internetseiten des Unternehmens identifiziert werden. Anschlief3end erfolgt die Oberprtifung der gewonnen Daten mit den IPO-Datenbanken der OnVista AG, der B6rsenzeitung, der Comdirect AG sowie der Prim~irmarktdatenbank der Deutschen B6rse AG. Falls hierbei Zweifelsf~ille auftraten, wurde direkt mit dem jeweiligen Unternehmen Kontakt aufgenommen. Bei dieser Variable bestand die Schwierigkeit, dass oftmals die Grfindung der Aktiengesellschaft als notwendige Voraussetzung 1 mr den B6rsengang dokumentiert wurde, das Unternehmen jedoch zuvor bereits seit mehreren Jahren als Unternehmensform einer GmbH oder OHG bestand. Da Rir diese Variable die Grfindung des Unternehmens und nicht die Rechtsform ausschlaggebend ist, ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Generierung einer konsistenten und fehlerfreien Datenbank. Ftir 419 IPOs konnten alle Zweifelsf~lle gekl/~rt werden. Tabelle 5 gibt einen Oberblick tiber die jeweils verwendeten Datenquellen zur Generierung der verschiedenen Variablen. Um Fehler beim Zusammenspiel der unterschiedlichen Daten aus den verwendeten Quellen auszuschlie6en, wurden zahlreiche Plausibilit/~tsprtifungen

vorgenommen. Falls hierbei Unstimmigkeiten

auftraten, wurde versucht, diese zu egalisieren. War dies nicht mOglich, kam die betreffende Datenquelle mr diese Variable nicht weiter zum Einsatz.

Siehe hierzu aus~hrlich Subkapitel 2.6.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen Genutzte Datenquellen

Informationsumfang

Name

159

age

Untemehmensalter

Emissionsprospekt, Investor-Relations-Abteilung, OnVista AG, B6rsenzeitung, Comdirect AG

bbd

Beginn und Ende der Zeichnungsfrist

Prim/irmarktstatistik der FWB, B6rsenzeitung, OnVista AG

bbw

Obere und untere Grenze der Preisspanne

Prim/irmarktstatistik der FWB, B6rsenzeitung, OnVista AG

greenshoe

Emissionsprospekt, Prim/irmarktstatistik der FWB, Aus0bung der GreenshoeB6rsenzeitung, Ad-hoc-Information, Investor-Re- : Option, lations-Abteilung

greymarket

Geld-Brief-Spanne im vorb6rslichen Handel

Schnigge AG

invsize

Anzahl der Aktien; Emissionspreis

Emissionsprospekt, Prim/irmarktstatistik der FWB, B6rsenzeitung

T/igliche Schlusskurse des Datastream a) Nemax-All- Share-Index neuermarkt

Aktienmarktsegment

Prim/irmarktstatistik der FWB

neweconomy

C-DAX Klassifizierung

Prim/irmarktstatistik und Factbook der FWB, B6rsenzeitung

nipo

Anzahl der B6rseng/inge

Prim/irmarktstatistik und Factbook der FWB, B6rsenzeitung, Deutsches Aktieninstitut, OnVista AG, Emissionsprospekt

underwriter

Anzahl begleiteter B6rseng/inge

Emissionsprospekt, Prim/irmarktstatistik der FWB, B6rsenzeitung

ZEW-Konjunkturindikator

Zentrum ffir Europ/fische Wirtschaftsforschung b)

a)

Ich danke Herm Professor Peter N. Smith f't~rdie freundliche Oberlassung der Daten.

b) Ich danke Herm Dr. Friedrich Heinemann ~r die freundliche Oberlassung der Daten.

Tabelle 5:

Nachdem

nun

Verwendete Datenquellen zur Generierung der Variablen. die

verschiedenen

Variablen

dargestellt wurden,

erfolgt

im

anschlieBenden Yeil deren deskriptive Analyse. Diese dient als Grundlage for die sich in den Subkapiteln 4.2 bis 4.5 anschlieBenden 6konometrischen Analysen.

4.1.3 Deskriptive Analyse der Variablen 4.1.3.1 Underpricing Das Ph/inomen des IPO-Underpricings wurde erstmals in den 70er-Jahren for den USamerikanischen Aktienmarkt identifiziert und seither for die verschiedensten Aktienm~rkte weltweit untersucht, wobei die t~berwiegende Anzahl sowohl der theoretischen als auch der empirischen Analysen bisher mr den US-amerikanischen Kapitalmarkt

160

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

ver6ffentlicht wurden. ~ IBBOTSON (1975) gilt als Pionier der IPO-Forschung. Er analysiert 120 B6rseng~inge des Zeitraums 1960 bis 1969 und ermittelt hierbei eine durchschnittliche Emissionsrendite von 11,4 Prozent. 2 RITTER (1984) erweitert den Zeitraum bis 1982 und wertet dabei 5.126 B6rseng~inge aus. Mittels dieses umfangreichen Datensatzes errechnet er eine durchschnittliche Emissionsrendite von 26,5 Prozent. 3 RITTER/WELCH (2002) analysieren 6.249 IPOs tiber den Zeitraum 1980 bis 2001

und

ermittelten ein durchschnittliches Underpricing

von

18,8 Prozent. 4

LJUNGQVIST/WILHELM (2003) untersuchen die Boomphase der Jahre 1996 bis 2000 und insgesamt 2.399 Firmen. Das im Rahmen ihrer Studie errechnete Underpricing betr~igt im Mittel 35,7 Prozent far den gesamten Zeitraum und far das Jahr 2000 sogar 73,3 Prozent. 5

SU/FLEISHER (1997) attestieren far 308 chinesische B6rseng~inge des Zeitraums 1990 bis 1995 eine erstaunliche Emissionsrendite von 949 Prozent. 6 DAWSON (1987) dokumentiert far Malaysia in den Jahren 1978 bis 1983 eine Emissionsrendite im Mittel von 166,7 Prozent far die 21 von ihm untersuchten IPOs. 7

AUSSENEGG (1997) untersucht 64 B6rseng~inge am 6sterreichischen Kapitalmarkt tiber die Jahre 1983 bis 1996. Hierbei ermittelt er eine durchschnittliche Emissionsrendite von 6,5 Prozent. 8 Der von JAQUILAT (1986) far 87 B6rseng~inge am franz6sischen Kapitalmarkt errechnete Wert liegt bei 4,8 Prozent far die Jahre 1972 bis 1986. 9 DEP,P,IEN (2005) untersucht ebenfalls den franz6sischen Kapitalmarkt, jedoch far die Jahre 1999 bis 2001 anhand von 62 B6rseng~inge und errechnet hierbei ein far diese 1 Ftir einen umfassenden Uberblick tiber internationale Untersuchungen der Emissionsrendite siehe Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 37 ff.; Ibbotson, R. G./Ritter, J. R. (1995) S. 996. 2 Vgl. Ibbotson, R. G./Jaffe, J. F. (1975) S. 1027 ff. 3 Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff. 4 Vgl. Ritter, J. R./Welch, I. (2002) S. 1977 5 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 729. 6

Vgl. Su, D./Fleischer, B. M. (1999) S. 173 ff. Ob die Ergebnisse dieser Studie allerdings zweifelsfrei auf Aktienm~irkte mit langer Historie, wie zum Beispiel den US-amerikanischen oder auch deutschen Kapitalmarkt tibertragbar sind, ist anzuzweifeln.

7 Vgl. Dawson, S. M. (1987) S. 65 ff. Zur HOhe der Emissionsrendite ist anzumerken, dass es sich im Falle des malaysischen Aktienmarktes, ebenso wie beim chinesischen Aktienmarkt, um einen so genannten Emerging Market handelt. 8 Vgl. Aussenegg, W. (1997) S. 413 ff. 9 Vgl. Jacquillat, B. (1986) S. 1 ff.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

161

Periode erstaunlich niedriges Underpricing von durchschnittlich 19,9 Prozent und einen Median von nur 4,62 Prozent. ~

Erste Untersuchungen flir den deutschen Aktienmarkt folgten Ende der 80er-Jahre. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Studien von SCNMIDT ET AL. (1988) und UHLIR (1989) hervorzuheben. Im Rahmen der erstgenannten Arbeit werden 32 B6rsenggnge der Jahre 1984 und 1985 untersucht und ein Underpricing von 20,6 Prozent errechnet. 2 UHLIR (1989) untersucht im Zeitraum von 1977 bis 1987 insgesamt 97 B6rsenggnge. Basierend auf dieser vergr6f3erten Datenbasis ermittelt der Autor eine Emissionsrendite von 21,5 Prozent. 3 Als die im internationalen Umfeld meist beachtete Studie des deutschen Kapitalmarktes kann zweifelsfrei die Analyse yon LJUNGQVIST (1997) betrachtet werden. Er untersucht 180 B6rsenggnge des Zeitraums 1970 bis 1993 und stellt hierbei ein Underpricing von 9,2 Prozent far alle Segmente exklusive des ungeregelten Freiverkehrs fest; far den ungeregelten Freiverkehr belguft sich die Emissionsrendite auf 37,5 Prozent. 4 EHRHARDT/STEHLE (1999) untersuchen 220 Erstemissionen wghrend der Jahre 1960 bis 1995 und somit die bis dahin gr6f3te Datenbasis. Sie beziffern die durchschnittliche Emissionsrendite auf 15,8 Prozent. 5 GERKE/FLEISCHER (2001) werten als erste die deutsche IPO-Boomphase aus. Ihre Datenbasis umfasst 319 B6rsenggnge am Neuen Markt w~hrend der Jahre 1997 bis 2000. Im Rahmen der empirischen Analyse k6nnen die Autoren eine durchschnittliche Emissionsrendite von 50 Prozent identifizieren. 6 Die grogen Ergebnisdifferenzen far die einzelnen Lander bei der Berechnung der Emissionsrendite sind in erster Linie auf die Unterschiede in der sachlichen und zeitlichen Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes zurtickzufahren. So f'~illt far den deutschen Kapitalmarkt die Emissionsrendite w~ihrend des B6rsenbooms deutlich h6her aus als for weiter zurfickliegende Zeitr~iume, und auch hinsichtlich einzelner Marktsegmente, wie beispielsweise zwischen ungeregeltem und ungeregeltem Freiverkehr, k6nnen erhebliche Unterschiede identifiziert werden. Im Vergleich der Vgl. Derrien, F. (2005) S. 487 ff. 2

Vgl. Schmidt, R.H. etal.(1988) S. 1193 ff.

3 Vgl. Uhlir, H. (1989) S. 2 ff. 4 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1309 ff. 5 Vgl. Ehrhardt, O./Stehle, R. (1999) S. 1395 ff. 6 Vgl. Gerke, W./Fleischer,J. (2001) S. 827 ff.

162

Empirische Analyse von B6rseng~ingenan der FWB

unterschiedlichen L/~nder lassen sich die Differenzen zum einen mittels der 6konomischen Gegebenheiten und zum anderen anhand der institutionellen Rahmenbedingungen des jeweils untersuchten Landes erkl~iren. Ftir letztgenannten Faktor ist neben dem Grad des Wettbewerbs zwischen den Emissionsbanken oder den rechtlichen Gegebenheiten vor allem das in einem Markt vorherrschende Preisbildungsverfahren von Bedeutung. 1 So wurde beispielsweise in L~ndern wie Frankreich oder Chile, in denen vornehmlich mit dem Auktionsverfahren verwandte Methoden zur

Emissionspreisfindung

eingesetzt

werden,

ein

niedrigeres

Underpricing

dokumentiert. 2

Das Jahr 2000 wird mr die nachfolgende deskriptive Analyse des Datensatzes in zwei Abschnitte aufgeteilt, da der Aktienmarkt aufgrund des Platzens der B6rsenblase einen ersten grol3en Kursrtickgang erlebte und somit ein Strukturbruch vor allem in Bezug auf die Stimmung der Investoren vorliegt. Der erste Zeitraum umfasst die Monate Januar bis Juli, der nachfolgende Zeitraum die verbleibenden Monte des Jahres 2000. Diese Aufspaltung wird gew~ihlt, da ab Juli der Aktienmarkt einen erneuten, dieses Mal sogar noch h6heren Kursrtickgang erlebte. DarOber hinaus ben6tigen Investoren grunds~itzlich aufgrund des Endowment-Effekts und des Ph~inomens der Verankerung eine gewisse Zeit, bis sie ihre Handlungsweise nachhaltig den neuen Gegebenheiten anpassen. 3

Das in dieser Studie berechnete durchschnittliche Underpricing bel~iuft sich fiir den Zeitraum 1997 bis 2002 fiir 415 IPOs auf durchschnittlich 44,1 Prozent (siehe Tabelle 6). 4 Der h6chste Wert kann fiir 1998 mit 63,5 Prozent dokumentiert werden. Im ersten Abschnitt des Jahres 2000 lassen sich immerhin noch erstaunliche 54,1 Prozent dokumentieren. Nach dem Platzen der B6rsenblase reduzierte sich die Emissionsrendite im zweiten Abschnitt des Jahres 2000 auf 20,6 Prozent und im Jahre 2002 auf 2,0 Prozent. Aufgrund der dargestellten Schwankungen im Zeitablauf soil die Emissionsrendite in Subkapitel 4.2 mittels einer 6konometrischen Zeitreihenanalyse n~iher untersucht werden. 1

Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R./Rydqvist, K. (1994) S. 165 ff.

2 Die Ergebnisse internationaler Studien sind in Jenkinson, T./Ljungqvist, A. (2001) S. 37 ft.; Ibbotson, R. G./Ritter, J. R. (1995) S. 996 ausftihrlich dargestellt. 3 Ftir eine Beschreibung des Endowment-Effektsund des Ph~inomensder Verankerung siehe Oehler, A. (1995) S. 20 ft.; Oehler, A. (2002) S. 843 ff.; Schmidt, J. (2004) S. 26 f. 4 Eine deskriptiveAnalyse der Anzahl der B6rsenggngeim Zeitablauferfolgt in Subkapitel 4.2.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen 19972002 Anzahl der B~rseng~inge

415

163

01/2000- 08/2000-

1997 1998 1999 2000 07/2000 12/2000 63

18

165

150

2001

2002

111

39

17

2

44,1 35,1 63,5 40,9 45,4 54,1 16,2 15,6 38,2 13,7 19,3 25,6 -30,0 -11,4 -8,3 -17,5 -30,0 -22,0 444,4 125,4 403,5 355,6 444,4 444,4 68,7 41,2 76,2 67,8 70,9 76,8

20, 6

5,3

5,2 -30,0 165,2

1,4

2,0 2,0 -3,3 7,3 7,5

Emissionsrendite in %

Mittelwert Median Minimum Maximum Stdabw.

42,0

-28,4 83,6 24,8

Tabelle 6: Deskriptive Analyse der Emissionsrendite im Zeitablauf

Ftir den Untersuchungszeitraum betr~igt der Median im Vergleich zum Mittelwert nur 16,2 Prozent, wodurch direkt auf eine positive Schiefe der Renditeverteilung geschlossen werden kann. ~ Dies bedeutet, dass vereinzelte extreme Emissionsrenditen den Mittelwert positiv beeinflussen und somit ffir das im Zeitablauf hohe Ergebnis verantwortlich gemacht werden k6nnen. Das Maximum betr~igt 444,4 Prozent for die Biodate Information Technology AG, welche im Februar 2000 ihre Erstemission vollzog. Bezogen auf die weit verbreitete These, dass aufgrund von ex-ante-Unsicherheit beztiglich des erzielbaren Marktwertes der Emissionspreis bewusst unter dem erzielbaren Maximum festgesetzt wird, bedeutet diese Zahl einen Nachlass von 81,6 Prozent. 2 Die h6chste negative Emissionsrendite v o n - 3 0

Prozent wird for die

Brainpower N.V. w~ihrend ihres B6rsengangs im September 2000 errechnet.

Im vorliegenden Zeitraum erzielen 65 B6rseng~inge eine Emissionsrendite von mehr als 100 Prozent und 15 B6rseng/ange von mehr als 200 Prozent. Im Rahmen von 64 IPOs liegt der Kurs am Sekund~irmarkt unter dem Emissionskurs, was 15,4 Prozent des zugrunde liegenden Datensatzes entspricht. Diese Zahl liegt oberhalb der von WASSERFALLEN/WITTLEDER (1994) for die Jahre 1961 bis 1987 dokumentierten 8,7 Prozent und auch tiber den 15 Prozent von HANSSON/LJUNGQVIST (1992) for den Zeitraum 1978 bis 1991.3

1 Eine aus~hrliche Analyse der Renditeverteilung erfolgt in Subkapitel 4.3. 2 Der Emissionskurs betrug 45 Euro, der Schlusskurs w~ihrend des ersten Handelstages 245 Euro. Diese Differenz entspricht einem Rabatt von 81,6 Prozent und errechnet sich wie folgt: 1 - (45E / 245E) = 81,63% 3 Vgl. Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1508 ff.; Hansson, B./Ljungqvist, A. P. (1992) S. 1 ff.

164

Empirische Analyse yon B6rsengangen an der FWB 19972002

1997

1998

1999

2000

01/2000- 08/200007/2000 12/2000

2001

2002

Anzahl der BOrsen~iin~e

415

63

18

165

150

111

39

17

2

IPOs der New Economy

333

10

43

135

133

98

35

10

2

53,97 82,43 55,00 64,52 0,23 0,00 125,43 403,50 42,64 79,40

48,17 48,93 21,00 20,00 -17,50 -30,00 355,56 444,44 72,73 74,00

57,46 28,86 -22,00 444,44 79, 79

23,33 5,33 -30,00 165,19 44,95

14,06 34,37 12,09 2,16 -11,41 -8,28 60,79 165,87 20,98 58,86

34,21 15,56 7,65 5,17 -7,69 -30,00 165,79 76,13 50,27 24,40

17,01 3,28 -2,00 76,13 27,39

10,66 6,22 2,43 27, 78 11,58

-0,95 1,43 -15,86 11,43 8,54

-1,86 * -1.87 * -0,50 O,064 O,620 0,065

-0,89 0,390

n.a. n.a.

Man-Whit.- z-Wert -2,72 *** -1,60 -3,12 *** -0,16 1,48 -1,90 * 0,42 0,874 0,138 0,058 0,677 U-Test p-Wert 0,007 0,110 0,002 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%

-0,59 0,558

n.a. n.a.

Emissionsrendite in % (New Economy)

Mittelwert 51,50 Median 26,43 Minimum -30,00 Maximum 444,44 Stdabw. 72,05

7,90 2,03 0,71 2,03 -28,40 -3,25 83,57 7,32 30,34 7,47

Emissionsrendite in % (andere Industriegruppen)

Mittelwert 25,41 Median 4,53 Minimum -15,86 Maximum 165,87 Stdabw. 44~95 t-Test

t-Wert p-Wert

-2,76 *** -2,10 * -2,13 ** 0,006 0,052 0,037

-0,60 0,553

n.a.

n.a. n.a. n.a. n.a.

Tabelle 7: Deskriptive Analyse der Emissionsrendite far die New Economy 1

LJUNGQVIST/WILHELM (2003) errechnen N r B6rseng~inge aus dem Internetsektor ein erstaunlich hohes Underpricing von 88 Prozent far die Jahre 1999 und 2000. 2 Diese Zahl liegt weit tiber dem von ihnen ermittelten durchschnittlichen Underpricing von 33,1 Prozent N r den gesamten Untersuchungszeitraum und alle Industriegruppen. Wie Tabelle 7 zeigt, lassen sich auch im R a h m e n der vorliegenden Studie Unterschiede in der Emissionsrendite far die verschiedenen Branchen feststellen. Die Gruppe der N e w E c o n o m y 3 umfasst

in

der

vorliegenden

Studie,

basierend

auf

der

C-DAX-

Klassifikation der Deutschen B6rse AG, die U n t e r n e h m e n der Branchen m e d i a , Da im Jahre 2002 nur zwei Firmen einen B6rsengang vollzogen und beide Unternehmen zur New Economy z~ihlten, kann zum einen flir die anderen Industriegruppen keine Emissionsrendite ermittelt und dartiber hinaus auch kein statistischer Test auf unterschiedliche Mittelwerte durchge~hrt werden. 2 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 725 f. 3 In der Literatur werden auch hierzu unterschiedliche Einteilungen diskutiert. LOUGHRAN/RITTER (2004) untersuchen die Industriegruppen Internet und Technology, LJUNGQVIST/WILHELM(2003) Internet und high-tech-Firmen und LOWRY/SCHWERT (2002) high-tech-Firmen. Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2004) S. 17; Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 737; Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1186.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

165

pharma&health, software, technology und telecommunication und damit 330 Erstemissionen, was 80,2 Prozent des Untersuchungsgegenstandes entspricht. 1 Ftir diese B6rseng/~nge betr~igt das durchschnittliche Underpricing 51,5 Prozent, wohingegen die anderen Branchen ,,nur" eine Underpricing von durchschnittlich 25,4 Prozent erzielen. Die Investoren erwirtschaften im Untersuchungszeitraum mit einem finanziellen Engagement bei IPOs der New Economy eine teilweise mehr als doppelt so hohe Rendite. So erzielen B6rseng/~nge aus den Wachstumsbranchen eine durchschnittliche Emissionsrendite von 82,4 Prozent im Jahr 1998, wohingegen die IPOs aus den tibrigen Industriegruppen im Vergleich hierzu ,,nur" 34,4 Prozent erzielen. Unter den New-Economy-Unternehmen erzielen 50 B6rseng~inge eine negative Emissionsrendite, dies entspricht 15,2 Prozent der Datenbasis. Dieser Wert liegt nur knapp unter den 15,4 Prozent ftir den gesamten Datensatz, wodurch sich hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit kurssttitzender Mal3nahmen durch die Konsortialbanken keine grunds/~tzlichen Differenzen feststellen lassen. 2

Um einen statistischen Unterschied zwischen B6rseng~ingen der New Economy und den tibrigen Industriegruppen hinsichtlich des Underpricings nachzuweisen, kommen verschiedene parametrische und nicht-parametrische Testverfahren zum Einsatz. Ftir den Vergleich der Mittelwerte zweier Verteilungen bietet sich grunds/~tzlich der parametrische t-Test an. Da eine der zentralen Annahmen dieses Verfahrens jedoch normalverteilte Variablen sind und diese Eigenschaft im vorliegenden Fall aufgrund der dokumentierten hohen Kurtosis und positiven Schiefe nur eingeschr/~nkt erffillt ist, kommt zus/~tzlich der nicht-parametrische Man-Whitney-U-Test zur Anwendung. 3 Ftir den gesamten Zeitraum kann, wie in Tabelle 7 dargestellt, auf einem Signifikanzniveau von einem Prozent ein statistischer Unterschied hinsichtlich der H6he der Emissionsrendite ermittelt werden. Ab dem Jahre 1999 verflfichtigt sich dieser Effekt zunehmend und verschwindet vollst/~ndig nach dem B6rsencrash. Wird Die aufgez~ihlten englischen Bezeichnungen entsprechen den von der Deutschen B0rse AG im Rahmen der C-DAX-Klassifizierung verwendeten Begriffiichkeiten. 2 In der Literatur wird davon ausgegangen, dass IPOs mit einer negativen beziehungsweise leicht positiven Emissionsrendite mit einer h6heren Wahrscheinlichkeit von den Emissionsbanken im Sekund~irmarkt untersttitzt werden. Eine empirische Untersuchung der kurssttitzenden Mal3nahmen erfolgt in Subkapitel 4.3. 3 Ffir eine kurze und einffihrende Darstellung verschiedener statistischer Testverfahren im Zusammenhang mit der empirischen Kapitalmarktforschung siehe Heilmann, K. R. (2002) S. 148.

166

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

die These des Einflusses der Investorenstimmung zur Erkl~irung der Emissionsrendite unterstellt, so ist aus dieser Entwicklung zu schliel3en, dass die Investoren nach dem Platzen der B6rsenblase kein verst~irktes Interesse an den B6rseng~ingen der N e w E c o n o m y hatten und somit keine weiteren A b w e i c h u n g e n in der Emissionsrendite dokumentierbar sind.

19972002

01/2000- 08/20001997

1998

1999

2000 07/2000 12/2000

2001

2002

Anzahl der B~Jrseng~inge

415,0

63,0

18,0

165,0

150,0

111,0

39,0

17,0

2,0

IPOs am Neuen Markt

326,0

11,0

41,0

130,0

132,0

99, 0

33, 0

11,0

1,0

51,5 26,4 -30,0 444,4 72,1

54,0 55,0 0,2 125,4 42,6

82,4 64,5 0,0 403,5 79,4

48,2 21,0 - 17,5 355,6 72,7

48,9 20,0 -30,0 444,4 74,0

57,5

23,3

28,9

5,3

7,9 0,7 -28,4

7,3 7,3 7,3

Mittelwert Median Minimum Maximum Stdabw.

16,8 1,4 -16,7 165,9 38,1

5,4 6,7 -11,4 15,5 9,3

28,2 1,4 -8,3 165,9 55,8

13,9 0,0 -16,7 149,4 33,7

19,6 3,3 -8,6 99,4 31,6

t-Wert p-Wert

Emissionsrendite in % (Neuer Markt)

Mittelwert Median Minimum Maximum Stdabw.

-22, 0

-30, 0

444, 4

165, 2

83,6

7,3

79, 8

45, 0

30,3

7,3

26,5

5,8

3,3

3,8

-2,0 99,4 36,3

-8,6 27,8 12,1

0,6 2,0 -15,9

-3,3 -3,3 -3,3

11,4

-3,3

-4,31 *** -2,93 *** -2,85 *** -2,71 *** -1,66 * -1.32 0,000 0,010 0,006 0,007 O,1O0 O,189

-0,94 O,353

Emissionsrendite in % (AH, GM und SMAX)

t-Test

Man-Whit.- z-Wert -5,20 *** -2,67 *** -4,01 *** -3,42 *** -1,39 -1,10 -0,51 U-Test p-Wert 0,000 0,008 0,000 0,001 0,164 O,2 71 O,613 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%

9,1

n.a.

-0,57 0,577

n.a. n.a.

0,30 -1,00 0,763 0,317

Tabene 8: Deskriptive Analyse der Emissionsrendite ffir den Neuen Markt Auch in Bezug auf die verschiedenen Aktienmarktsegmente (Tabelle 8) lassen sich nicht unerhebliche

Unterschiede

in der H6he

der ermittelten Emissionsrendite

feststellen. Wie bereits gezeigt, dokumentiert LJUNGQVIST (1997) deutliche Differenzen zwischen geregelten und ungeregelten Aktienmarktsegmenten der Jahre 1970 bis 1993.1 HUNGER (2003) ermittelt ebenfalls statistisch signifikante Unterschiede fiir B6rseng~inge an den Segmenten der Jahre 1997 bis 2002. 2 Da auch hier eventuell vorhandene A b w e i c h u n g e n

1 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) 2 Vgl. Hunger, A. (2003) S. 23

insbesondere

im R a h m e n

der Querschnittsregression

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

167

beachtet werden mfissen, wurde emeut mittels t-Test und Man-Whitney-U-Test die m6glichen Unterschiede zwischen den einzelnen Segmenten statistisch fiberprfift.

Sowohl mittels parametrischer als auch nicht-parametrischer Tests konnte ein statistisch hoch signifikanter Unterschied hinsichtlich der H6he des Underpricing ffir die einzelnen Marktsegmente ermittelt werden. Im Rahmen der vorliegenden Studie erreicht die durchschnittliche Emissionsrendite am Neuen Markt Ober den gesamten Zeitraum den dreifachen Wert der fibrigen Segmente. Der statistisch nachweisbare Unterschied verschwindet auch hier, analog zu den oben analysierten Branchen, ab dem Jahre 2000.

4.1.3.2 Erkldrende Variablen

Nach der deskriptiven Analyse der Emissionsrendite sollen nachfolgend die im Rahmen der empirischen Analyse zur Anwendung kommenden erkl/~renden Variablen einer grunds/~tzlichen deskriptiven Analyse unterzogen werden. Die hierbei ermittelten Ergebnisse sind wiederum sowohl ffir den sp/~teren Aufbau der verwendeten Modelle als auch Nr die Interpretation der hierdurch erzielten Ergebnisse von Bedeutung. Das durchschnittliche Unternehmensalter vonder Grfindung bis zum Zeitpunkt der Erstemission betr/~gt 17,7 Jahre. Ober die Jahre 1997 bis 2000 1/~sst sich ein kontinuierlicher R0ckgang beim Alter der B6rsenneulinge erkennen. Dieser Wert steigt im zweiten Abschnitt des Jahres 2000 sowie in 2001 wieder leicht an, was bedeutet, dass nach dem B6rsencrash weniger junge Unternehmen den Gang an die B6rse wagten. Die Pixelnet AG (B6rsengang im Juni 2000) und die Ricardo.de AG (B6rsengang Juli 1999) feierten zum Zeitpunkt der Erstemission gerade ihren ersten Jahrestag und erffillten somit ausschliel31ich die Kannvorschrift des Neuen Marktes. ~ Dies ist insbesondere unter den bereits diskutierten Zulassungsvoraussetzungen und der damit einhergehenden juristischen B6rsenreife als problematisch einzustufen. Im Vergleich hierzu dokumentiert Ljungqvist (1997) Nr seine Untersuchung der Jahre 1970 bis 1993 ein durchschnittliches Untemehmensalter von 52 Jahren zum Zeitpunkt des B6rsengangs. 2 Ffir die Jahre 1996 bis 2000 errechnen Ljungqvist/Wilhelm (2003)

Eine ausffihrliche Darstellung der Zulassungsvoraussetzungen des Neuen Marktes erfolgt in Subkapitel 2.6. 2 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1312.

168

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

ftir den US-amerikanischen Aktienmarkt ein Untemehmensalter von durchschnittlich 10,3 Jahren, welches sich mit den Werten der vorliegenden Studie nahezu deckt. 1 Das durchschnittliche Emissionsvolumen, welches ohne eine eventuelle GreenshoeOption berechnet wird, bel~iuft sich auf 107,2 Millionen Euro. Der Median betr~igt verglichen hierzu nur 36,9 Millionen Euro, wodurch die zugrunde liegende Verteilung eine positive Schiefe durch einzelne besonders groBe B6rseng~inge aufweisen muss. Das kleinste IPO wird von OAR Consulting mit 4,3 Millionen Euro (B6rsengang Dezember 1998) und das gr6Bte von der Deutschen Post AG (November 2000) mit 5842,2 Millionen Euro durchgeftihrt. Das Emissionsvolumen unterliegt, wie nahezu alle Variablen, erheblichen Schwankungen w~ihrend des Untersuchungszeitraums. Der h6chste Mittelwert kann ftir den zweiten Abschnitt des Jahres 2000 berechnet werden. LJUNGQVIST (1997) ermittelt fiir den Zeitraum 1970 bis 1993 Jahre ein durchschnittliches Emissionsvolumen von 68,9 Millionen Euro, welches somit deutlich unter dem Wert dieser Studie liegt. 2 Als

Mittelwert

der

Zeichnungsfrist

wurden

5,9

Tage

ermittelt,

und

die

durchschnittliche Breite der Bookbuildingspanne betr~igt 19,5 Prozent. Beide Werte nehmen w~ihrend der Jahre 1997 bis Anfang 2000 stetig ab, bevor sie nach dem Platzen der B6rsenblase wieder leicht ansteigen. Dieses Ergebnis kann als erstes Indiz fiir die These gewertet werden, dass sowohl Zeichnungsfrist als auch Preisspanne von der Marktstimmung beeinflusst werden. 3 ZEW-Konjunkturerwartungen beziehen sich analog LJUNGQVIST (1997) auf den Monat vor dem B6rsengang. Auch hier zeigt sich ein deutlicher Abfall nach dem B6rsencrash, wobei im Jahr 2000, welches sich durch wenige B6rsenggnge und ein niedriges Underpricing auszeichnet der zweith6chste Wert dokumentiert werden kann. Der h6chste Mittelwert wurde ffir den ersten Abschnitt des Jahres 2002 errechnet.

Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm,W. J. (2003) S. 730. 2 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1312. 3 Eine aus~hrliche Analyse des Einflusses der Marktstimmung auf den Preisbildungsprozess erfolgt in Subkapitel 4.4.


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170

Empirische Analyse yon B/~rseng~ingenan der FWB

Die Rendite der vorb6rslichen Kurse wird als Differenz zwischen dem Durchschnitt der letzten Geld-Brief-Spanne w~ihrend des vorb6rslichen Handels und dem Mittelpunkt der Preisspanne w~ihrend der Zeichnungsfrist ermittelt. 1 Der hierbei errechnete Wert ~ihnelt in seiner Konstruktion der Berechnung der Emissionsrendite, wobei der Emissionspreis durch den erwarteten Emissionspreis und der Sekund~irmarktkurs durch den letzten Kurs im vorb6rslichen Handel ersetzt werden. Ein hoher Wert bedeutet somit, dass Investoren vor der eigentlichen B6rsennotierung bereit sind, einen Preis tiber dem erwarteten Emissionspreis zu zahlen. Vorb6rsliche Kurse waren ausschliel31ich ftir die Jahre 1998 bis 2001 und dartiber hinaus ,,nur" ftir 354 IPOs ver~gbar, wodurch sich die Datenbasis beim Einbezug dieser Variablen auf 354 IPOs reduziert. Der errechnete Durchschnitt bel~iuft sich auf 152 Prozent und ist dartiber hinaus w~ihrend des gesamten Zeitraums positiv, wobei jedoch auch hier ein deutlicher Abfall der Werte ftir die Zeit nach der B6rseneuphorie festgestellt werden kann. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Preise im vorb6rslichen Handel stets tiber dem erwarteten Emissionspreis liegen und dartiber hinaus von der Aktienmarktstimmung beeinflusst werden. Die Entwicklung des Nemax-All-Share-Index umfasst die letzten 30 Tage vor dem jeweiligen B6rsengang. Der Mittelwert mr den gesamten Untersuchungszeitraum betr~igt 1,3 Prozent. Ftir den deutschen Markt beachtenswert ist das Maximum von 58,7 Prozent vor dem B6rsengang der United Internet AG im M~irz 1998 sowie das Minimum von -29,2 Prozent vor dem B6rsengang der Neuen Sentimentale Film AG im November 2000. Beide Unternehmen geh6rten zur New Economy, wobei jedoch im Rahmen des erstgenannten B6rsengangs eine Emissionsrendite von 98,7 Prozent ermittelt wird, die Neue Sentimentale Film AG hingegen eine Emissionsrendite von 7,3 aufweist. Auch dies kann als Indiz da~r gewertet werden, dass die allgemeine Stimmung der Investoren die Differenz zwischen Emissions- und Sekund~irmarktpreis beeinflusst.

4.1.4 Wahl des Marktsegments Bevor in den nachfolgenden Abschnitten die Emissionsrendite in den Mittelpunkt der Analyse rtickt, soll die Wahl des Marktsegmentes, welche eine der wichtigsten Entscheidungen im Rahmen eines B6rsengangs darstellt, zum ersten Mal ftir den Vgl. Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005) S. 10.

Beschreibung der Datenbasis und deskriptive Analyse der Variablen

171

deutschen Kapitalmarkt untersucht werden. Um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit der bestimmte Unternehmen ein Marktsegment w~ihlen, wird nachfolgende LogitRegression mittels ordinary least squares (OLS) 1 geschgtzt:

segment i = ]3o + fllagei + flzinvsiz~ + ]33zew3 + fl4nemax90i + flsneweconomyi + fl6underwriterl + ]37underwriter3 + ~

(1)-(4)

wobei ,8o bis ,87 den jeweils zu schgtzenden Koeffizienten, e; das Residuum und der Index i die zu untersuchenden B6rsenggnge bezeichnet. Die Variable segmenti reprgsentiert je nach Regression die Segmente Neuer Markt, AH, GM oder SMAX. Die Variable nimmt beispielsweise im Falle des Neuen Marktes den Wert eins an, wenn dieses Segment far die Erstemission gewghlt wurde und null, wenn eines der Segmente AG, GM oder SMAX den Vorzug erh~ilt. Sowohl age als auch invsize sind Bestandteile der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen und somit der juristischen B6rsenreife. N e m a x 9 0 i umschreibt die Entwicklung des Nemax-All-Share-Index 90 Tage vor dem B6rsengang und die Variable zew3i die Konjunkturerwartung drei Monate zuvor. 2 Hierdurch soll die Stimmung am Aktienmarkt sowie die der Okonomie approximiert werden. Die Dummy-Variable n e w e c o n o m y nimmt den Wert eins an, wenn das Unternehmen zur New Economy geh6rt, in allen t~brigen F~llen den Wert null, und untersucht somit, ob diese Gruppe von B6rsenggngen, welche w~ihrend des Untersuchungszeitraums im Blickpunkt der Offentlichkeit stand, ein bestimmtes Segment bevorzugt. Die Dummy-Variablen underwriterli und underwriter3~ approximieren die Reputation der Emissionsbanken. Um dies zu erm6glichen, werden die Emissionsbanken auf der Basis der von ihnen begleiteten B6rsenggnge in drei Gruppen eingeteilt. Die Variable U n d e r w r i t e r l bevorzugt, und underwriter3

umfasst die Emissionsbanken, die

diejenigen, die am seltensten von den Emittenten

engagiert wurden. 3 Die Ergebnisse sind in Tabelle 10 zusammengefasst.

1 Ordinary least squares wird in der Literatur mit Methode der kleinsten Quadrate t~bersetzt.

2 Im Rahmen dieser Analyse wurde far die Variablen zew und nernax der Zeitraum auf 3 Monate beziehungsweise 90 Tage ausgedehnt, da die Wahl eines Marktsegments im Rahmen des Zulassungsantrages fixiert werden muss, der wiederum mehrere Wochen vor dem geplanten B6rsengang zu stellen ist. 3 Im Rahmen dieses Modells k6nnen nicht far alle drei Gruppen die entsprechenden DummyVariablen eingearbeitet werden, da hierdurch das Problem einer perfekten Korrelation der erkl~renden Variablen zum Tragen kommen wt~rde. Vgl. Wooldridge, J. (2000) S. 213; Maddala, G. S. (2001) S. 302 ff. Insofern erfolgt die Analyse far die h6chste und niedrigste Gruppe, da hierfar die aussagekr~ftigstenErgebnisse erwartet werden. Die mittlere Gruppe bleibt unberacksichtig.

172

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB Nr. d. Regression Sch~itzmethode Abh. Variable konstante invsize age

(1)

(2)

(3)

(4)

OLS Neuer Markt

OLS AH

OLS GM

OLS SMAX

-3,923 (0,85) *** 34.100.000 *** (6.861.332 0,006

-1,577 (0,55) *** 4.755.954 (5.280.652) 0,015 **

1,238 * 0,057 (0,40) (0,77) -14.900.000 ** -24.700.000 ** (6.278.749) (10.700.000) -0,075 *** 0,046 ***

(0,11)

(0,11)

(0,01)

(0,01)

-0,089 (0,45)

-0,027 (0,48)

-0,020 (0,73)

-0,560 (0,65)

0,002

-0,007

0,009

-0,007

(0,01)

(0,01)

(0,01)

(0,01)

3,308 *** (-3,96)

-2,644 *** (0,42)

-2,401 *** (-0,63)

-1,288 *** (0,48)

underwriterl

0,075 (-0,57)

-0,283 (0,52)

-0,077 (0,69)

- 1,134 ** (0,56)

underwriter3

- 1,467 ** (0,59)

0,485 (0,60)

1,560 ** (0,66)

0,600 (0,48)

nemax90 zew3 new economy

Pseudo-R2 0,48 0,41 0,39 0,18 N 413 413 413 413 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammern Tabelle 10: Wahl des Aktienmarktsegments 1

Aus den Resultaten wird ersichtlich, dass Mitglieder der N e w E c o n o m y mit h6herer Wahrscheinlichkeit das A k t i e n m a r k t s e g m e n t N e u e r Markt w~ihlen. Dieses Ergebnis stimmt mit einigen der in Subkapitel 2.6 dargestellten Grfinde far die Wahl eines Aktienmarktsegmentes

tiberein.

Im

Rahmen

dieser

Ausfahrungen

wurde

unter

anderem darauf hingewiesen, dass bereits bestehende Listings von Konkurrenten ein maBgebliches Entscheidungskriterium

darstellt. B6rseng~nge j u n g e r U n t e r n e h m e n

werden bevorzugt am N e u e n Markt platziert. Emittenten hoher A k t i e n v o l u m i n a w~ihlen die Segmente N e u e r Markt oder Amtlicher Handel, was darauf schlieBen l~isst, dass groBe und somit etablierte U n t e r n e h m e n die Segmente mit den strengsten Zulassungsvoraussetzungen

und-folgepflichten

und

somit

h6chster

Reputation

Da der Nemax-All-Share-Index mit dem Start des Neuen Marktes am 10. M~irz 1997 zum ersten Mal berechnet wurde, liegt ~ r die ersten beiden BOrseng~nge keine Datenpunkt f't~r die Variable nemax90 vor. Hierdurch verringern sich die untersuchten IPOs auf 413 Firmen. Eine kurze Beschreibung der Berechnung des Pseudo-R2 siehe Subkapitel 4.3.3.

Untersuchung der Emissionst~itigkeitund des Underpricings im Zeitablauf

173

w~ihlen. B6rsenaspiranten, die einen Underwriter engagieren, der bisher wenige IPOs begleitet hat, w~ihlen vermehrt den Geregelten Markt ffir die Erstemission. Die Stimmung an den Aktienm~irkten sowie die Konjunkturerwartungen haben hingegen keinen Einfluss auf die Wahl des Segmentes. Nachdem der zugrunde liegende Untersuchungsgegenstand abgegrenzt und die einzelnen Variablen deskriptiv analysiert wurden, erfolgt in den nachfolgenden Kapiteln die empirische Analyse der Emissionsrendite, wobei aufgrund der vorgefundenen Schwankungen des Emissionsvolumens und der Emissionsrendite diese Ph~inomene als erstes n~iher untersucht werden.

4.2

Untersuchung der Emissionst~itigkeit und des Underpricings im Zeitablauf

Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt auf der Untersuchung von Emissionst~itigkeit und Underpricing im Zeitablauf. Hierbei soll insbesondere analysiert werden, ob die im Rahmen der deskriptiven Analyse bereits dargestellten Schwankungen einem nachweisbaren Trend oder Regelm~if3igkeiten folgen, und welche Faktoren sowohl die H6he der Emissionsrendite als auch die Wahl des Emissionszeitpunktes beeinflussen. Ffir die abschlief3ende Analyse des Underpricing-Ph~inomens ist vor allem die Existenz eines hot-issue-Marktes und der damit einhergehenden beschr~inkten Rationalit~it der Investoren sowie die Lead-Lag-Beziehung zwischen Emissionsrendite und Emissionsvolumen besonders hervorzuheben.

4.2.1 Entwicklung und Formulierung der Hypothesen Ein wichtiges Charakteristikum des IPO-Marktes ist dessen Eigenschaft, sowohl Perioden mit hoher Anzahl an B6rseng~ingen und hohen Emissionsrenditen als auch Perioden mit geringer oder keiner B6rsent~itigkeit und niedrigen Emissionsrenditen zu durchlaufen. Die erste Phase wird in der IPO-Literatur als hot-issue-Markt, die zweite Phase als cold-issue-Markt bezeichnet. Neben der H6he der Emissionsrendite und der Anzahl an B6rseng~ingen unterscheiden sich die zwei Perioden vor allem hinsichtlich der Stimmung der Investoren und deren Interesse an Erstemissionen. Aufgrund der in der deskriptiven Analyse dargestellten durchschnittlichen Emissionsrendite und der Anzahl an B6rseng~ingen w~ihrend des Untersuchungszeitraums ist davon auszugehen, dass sich sowohl cold-issue- als auch hot-issue-M~rkte unterscheiden lassen, wodurch nachfolgende Hypothese formuliert wird:

174

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Hypothese H-l: Der Untersuchungszeitraum weist hot-bsue- und cold-&sue-Phasen auf. Aufbauend auf die Einteilung des Untersuchungszeitraums in hot- und cold-issuePhasen soll im Sinne einer explorierenden Analyse untersucht werden, ob die in Subkapitel 4.1.3.1 dargestellten Trends und Schwankungen einer statischen Regelm~iBigkeit folgen, oder ob die Muster zuf~illig entstanden sind. Es ergeben sich folgende Hypothesen:

Hypothese H-2: Durchschnittliche Emissionsrendite unterliegt im Zeitablauf Schwankungen und Trends.

Hypothese 1-1-3:Durchschnittliche

Emissionst~itigkeit

unterliegt

im

Zeitablauf

Schwankungen und Trends. Der in der deskriptiven Analyse aufgezeigte starke Anstieg sowohl in der Emissionst~itigkeit als auch in der Emissionsrendite l~isst auf eine hohe Autokorrelation der Variablen schlieBen. Ein solches Ergebnis wurde bereits von IBBOTSON/JAFFE (1975) und RITTER (1984) far den US-amerikanischen Aktienmarkt nachgewiesen. 1 Da eine Studie far den Untersuchungszeitraum bisher nicht existiert, sollen folgende Hypothesen empirisch tiberprtift werden:

Hypothese 1-1-4: Die Emissionsrendite weist eine hohe Autokorrelation auf. Hypothese H-5: Die Emissionst~itigkeit weist eine hohe Autokorrelation auf. In Subkapitel 2.4.2.2 wurde darauf hingewiesen, dass Emittenten so genannte windows

of opportunity nutzen, um den B6rsengang durchzufahren, und somit den Emissionszeitpunkt bewusst w~ihlen.2 In diesem Zusammenhang attestiert BUSSMANN (2001), dass ein Drittel der von ihm befragten Experten die Sekund~irmarktentwicklung als wichtigen Faktor far das Gelingen eines IPOs ansieht. Eine Aktie entwickelt sich nach Meinung der Experten unter anderem dann positiv am Sekund~irmarkt, wenn die 1 Vgl. Ibbotson, R. G./Jaffe,J. F. (1975) S. 1027 ff.; Ritter, J. R. (1984) S. 215. 2 Ftir eine empirische Analyse zum windows of opportunity siehe Loughran, T./Ritter, J. R. (1995) S. 23 ff.

Untersuchung der Emissionst~itigkeitund des Underpricings im Zeitablauf

175

Differenz zwischen Emissionspreis und Erstnotiz mindestens zehn Prozent betr~igt.1 Aufbauend auf diesen Ergebnissen soll untersucht werden, ob die zurtickliegende durchschnittliche Emissionsrendite ein positives Signal Nr die Wahl des Emissionszeitpunktes darstellt. Unter Beachtung dieser Vorgabe wird die n~ichste Hypothese formuliert: Hypothese H-6: Die H6he zurtickliegender Emissionsrenditen beeinflusst die Wahl des Emissionszeitpunktes. ROHLEDER (2001) zeigt in seiner Arbeit, dass im Sommer 1999 einige Emittenten ihren B6rsengang aufgrund der hohen Marktbelastung 2 und der damit einhergehenden Markts~ittigung zurtickziehen mussten.

Durch

die grol3e Anzahl

bereits fest

angektindigter und durchgefahrter B6rseng~inge waren Nr zus~itzliche IPOs weder Emissionspreis noch Emissionsvolumen durchsetzbar. 3 Basierend auf dieser Argumentation ist davon auszugehen, dass ein erh6htes Angebot die Emissionsrendite beeinflusst. Die nachfolgende Hypothese wird somit wie folgt formuliert: Hypothese H-7: Die Anzahl zurfickliegender B6rseng~inge beeinflusst die durchschnittliche Emissionsrendite zum Zeitpunkt t. WETZEL (2003) zeigt in seiner Untersuchung des deutschen Aktienmarkts, dass nach dem Platzen der B6rsenblase nur 1,8 Prozent der von ihm befragten Unternehmen einen B6rsengang anstreben, jedoch 8,6 Prozent der befragten Gesellschaften bei einer verbesserten Kapitalmarktsituation die Oberlegungen Nr einen BOrsengang wieder aufnehmen wollen. Er kommt daher zu dem Schluss, dass die Mehrzahl der Gesellschaften noch auf ein gtinstigeres Kapitalmarktumfeld wartet. 4 Im Einklang hierzu findet BAUMANN (1998), dass die Wahl des richtigen Emissionszeitpunktes vor allem durch die allgemeine Kapitalmarktlage aber auch die Attraktivit~it der jeweiligen 1 Vgl. Bussmann, M. (2001) S. 88. 2 Hierunterwird eine tiberdurchschnittlich hohe Emissionst~itigkeitinnerhalb eines kurzen Zeitraums verstanden. 3 Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 398. Die Zahl der B6rseng~inge hat sich zwischen 1997 und 2000 j~ihrlich verdoppelt, und nach OLEOWNIK/LAST (2001) ftihrte dies zu einer starken Konkurrenzsituation bei Neuemissionen. Insofern zogen Neuemissionen nicht mehr automatisch das Interesse der Medien und der Offentlichkeitauf sich. Vielmehroblag es den Unternehmen, eine ausreichende Offentlichkeitswirkungzu erzeugen. Vgl. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 201 ff. 4 Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 11.

176

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Branche bestimmt wird. 1 CUTIK (1988) umschreibt den Einfluss dieses unternehmensextemen Faktors sehr plastisch, indem er diesen mit der Wettersituation beim Bergsteigen vergleicht: ,,Dreitausender in den Alpen kann man auch nur bei gutem Wetter besteigen. So wichtig Ausriistung und Kondition sind und so sehr es darauf ankommen, sich den besten Bergfahrer zu sichem: Letztlich sind doch die Wetter- und Umweltbedingungen entscheidend, ob sie den Gipfel erreichen oder nicht. ''2 Aufgrund der vorgestellten Ergebnisse soll untersucht werden, ob die Stimmung der Investoren, approximiert durch die ZEW-Konjunkturerwartungen und die Entwicklung des Nemax-All-Share-Index, den Emissionszeitpunkt beeinflusst. Die Hypothese wird wie folgt formuliert: Hypothese H-8: Die Investorenstimmung beeinflusst den Emissionszeitpunkt. Nach den Modellen von LJUNGQVIST/NANDA/SING (2005) und HELWEGE/L~ANG (2003) werden w~ihrend hot-issue-Phasen vermehrt Erstemissionen durchgefahrt, da die positive Stimmung der Investoren far den eigenen B6rsengang genutzt werden soll. 3 Diese positive Einstellung zeigt sich vor allem hinsichtlich besonders optimistischer Wachstumsaussichten. Unter der Annahme, dass die Nachfrage der Investoren die Emissionsrendite beeinflusst, wird die nachfolgende Hypothese wie folgt formuliert:4 Hypothese H-9: Die Investorenstimmung beeinflusst die durchschnittliche Emissionsrendite. Wie LOWRY/SCHWERT (2002) sowie ALTI (2005) anmerken und obige Argumentationen zeigen, werden sowohl der Emissionszeitpunkt als auch die H6he der Emissionsrendite durch verschiedenste Faktoren und Signale beeinflusst. 5 In diesem Zusammenhang ist es gut vorstellbar, jedoch noch nicht far den deutschen Kapitalmarkt untersucht, dass die Entwicklung des US-amerikanischen IPO-Marktes ein

1 Vgl. Baumann,A. (1998) S. 412. Cutik,U. (1988) S. 82. 3 Vgl. Ljungqvist, A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004); Helwege, J./Liang, N. (2002).

2

4 Diese Argumentation beruht auf dem in Subkapitel 3.4.2 dargestellten Einfluss der Stimmungsinvestoren auf die H6he der Emissionsrendite. 5 Vgl. Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1179; Alti, A. (2005) S. 1105 ff.

Untersuchung der Emissionst~itigkeit und des Underpricings im Zeitablauf

177

solches Signal darstellt und somit die Anzahl der an der FWB durchgeffihrten B6rseng~inge sowie die hierbei erzielten Emissionsrenditen positiv beeinflusst. Nachfolgende Hypothese wird unter Beachtung dieser Gegebenheiten formuliert:

Hypothese H-10: Die Entwicklung des US-amerikanischen IPO-Marktes beeinflusst den deutschen IPO-Markt.

4.2.2

I d e n t i f i k a t i o n von hot-issue- u n d c o l d - i s s u e - M d i r k t e n

RITTER (1984) definiert einen h o t - i s s u e - M a r k t in Anlehnung an die Arbeit von IBBOTSON/JAFFE (1975)

als

eine

Marktphase

mit

tiberdurchschnittlich

hohen

Emissionsrenditen und ansteigender Emissionst~itigkeit. 1 Ein c o l d - i s s u e - M a r k t l~isst sich folglich als eine B6rsenphase mit unterdurchschnittlicher Emissionsrendite und abnehmender Emissionst~itigkeit charakterisieren. 2

Gem~if3 RITTER (1984), WASSERFALLEN/WITTLEDER(1994) oder UHLIR (1989) erfolgt die Bestimmung der verschiedenen Phasen durch einen Vergleich der durchschnittlichen Emissionsrendite mit dem historischen Mittelwert, um hierdurch Zeitr~iume mit Ober- oder Untertreibung zu identifizieren. 3

Die zweifelsfreie Identifikation der verschiedenen Marktphasen erfordert aufgrund obiger Definition einen aussagekr~iftigen und robusten Mittelwert der Emissionsrendite, welcher sich nur durch einen m6glichst grol3en Untersuchungszeitraum errechnen l~sst. 4 Da ein fiber mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte berechneter Mittelwert im Rahmen dieser Studie nicht vorliegt, muss auf vergangene Arbeiten zurfickgeVgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215; Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1508; Ibbotson, R. G./Jaffe, J. F. (1975) S. 1027 ff.; Loughran, Y./Ritter, J. R. (2002) S. 433. 2 Eine weitere Beschreibung von hot-issue- und cold-issue-M~rkten findet sich in BRADLEY/JORDAN (2004). Sie definieren den hot-issue-Markt wie folgt: ..... a hot issue market is said to exist when either average initial returns or the number of IPOs in a particular month is above some threshold." Bradley, D. L/Jordan, B. D. (2002) S. 596.

3 Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff.; Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1508 f.; Uhlir, H. (1989) S. 11 ff. REHKUGLER(2002)und REHKUGLER/SCHENEK(2001) gehen von einem hot-issueMarkt aus, wenn das Kursniveau auf breiter Front steigt und gleichzeitig eine gesteigerte Emissionst/~tigkeit zu beobachten ist. Vgl. Rehkugler, H. (2002) S. 521; Rehkugler, H./Schenek, A. (2001) S. 285. Diese Vorgehensweise wird hier nicht aufgegriffen, da ein Anstieg des Aktienmarktes nicht zwangsl~iufig auf einen hot-issue-Markt hindeuten muss. 4 Eine Fokussierung auf einen kurzen Untersuchungszeitraum wie in LUBIG(2003) muss folglich als wenig zielftihrend erachtet werden. Vgl. Lubig, D. (2003) S. 261 ff.

178

Empirische Analyse von B6rseng/~ngen an der FWB

griffen werden. STEHLE/ERHARDT (1999) dokumentieren in d e r - bezogen auf den Untersuchungszeitraum -

bisher umfangreichsten Studie eine durchschnittliche

Emissionsrendite von 15,8 Prozent far die Jahre 1960 bis 1995.1 FOr die nachfolgende Bestimmung der zwei Marktphasen soll somit als Trennwert 15,8 Prozent herangezogen werden.

Abbildung 12: Identifikation von hot-issue und cold-issue-Mi~rkten Wie Abbildung 12 zeigt, lag die durchschnittliche Emissionsrendite berechnet auf Quartalsbasis w/~hrend des Zeitraums 1997 bis Mitte 2000 immer tiber 15,8 Prozent. Ab Mitte 2000 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums blieb die Emissionsrendite hingegen stets unter diesem Grenzwert. Hierauf basierend kann die Phase 1997 bis zum B6rsencrash im Jahr 2000 unter Berticksichtigung der historischen Entwicklung als hot-issue-Markt bezeichnet werden, die sich daran anschlieBende Periode als coldissue-Markt.

Die Hypothese H-1 - ,,Der Untersuchungszeitraum weist hot-issue- und cold-issuePhasen auP'- kann aufgrund obiger Ergebnisse nicht abgelehnt werden.

Vgl. Ehrhardt, O./Stehle, R. (1999) S. 1400.

Untersuchung der Emissionst~itigkeit und des Underpricings im Zeitablauf

179

DOESWIJK/HEMMES/VENEKAMP (2005) untersuchen den holl~indischen Aktienmarkt tiber die Jahre 1977 bis 2001 und ermitteln far den Abschnitt 1997 bis Anfang 2000 tibereinstimmend mit obigen Ergebnissen ebenfalls einen hot-issue-Markt. 1

4.2.3 Zyklen der Emissionstiitigkeit und des Underpricings RITTER (1984) sowie HANSEN/FULLER/JANJIGIAN (1987) zeigen als eine der ersten in ihren Untersuchungen des US-amerikanischen Aktienmarkts eine deutliche Fluktuation

und

Clusterbildung

der

Emissionst~itigkeit

im

Zeitablauf sowie

eine

Korrelation 2 mit der H6he des Underpricings. 3

Abbildung 13: Emissionst~itigkeit und Emissionsrendite im Zeitablauf

Abbildung 13 zeigt far den vorliegenden Untersuchungszeitraum keine auf den ersten Blick ersichtlichen Zyklen oder Trends far den deutschen Kapitalmarkt, auch wenn die Emissionsrendite im Zeitablauf abzunehmen scheint und die Anzahl der B6rseng~inge einen nicht linearen Verlauf vermuten l~isst.

Vgl. Doeswijk, R. Q./Hemmes, H. S. K./Venekamp, R. (2005) S.1. 2 Wie bereits in der Definition zum hot-iusse-Markt dargestellt, erh6ht sich die Emissionst~itigkeit nach Phasen hohen Underpricings. Dieser verz6gerte Effekt ist durch die relativ lange Vorbereitungszeit zu erkl~iren. 3 Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 215 ff.; Hansen, R. S./Fuller, B. R./Janjigian, V. (1987) S. 24 ff. Ftir aktuelle Untersuchungen siehe Lowry, M. (2003) S. 3 ff.; Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 413 ff.

180

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

Aufgrund dieser unzureichenden Ergebnisse werden nachfolgend Emissionsrendite

(IR) und Emissionst~itigkeit (nipo) mittels verschiedener Dummy-Regressionen einer fundierten Analyse unterzogen. Bevor jedoch die verschiedenen Modelle gesch~itzt werden k6nnen, ist die Stationarit~it der Variabeln nipo und IR zu tiberprtifen, da diese Eigenschaft eine grundlegende Voraussetzung mr aussagekr~iftige und verl~issliche Sch~itzergebnisse darstellt. 1 Um hierzu eine Aussage treffen zu k6nnen, wird mittels des Augmented-Dickey-Fuller-Tests 2 der Integrationsgrad 3 einer Zeitreihe tiberprtift. Die mr den Test erforderliche Lag-L~inge wird mit Hilfe des general to simple approach von NG/PERRON (1995) sowie des Schwartz und des Akaike Informationskriteriums bestimmt. 4

Im Rahmen des Augmented-Dickey-Fuller-Tests wurde mr die Variable Emissionst~itigkeit (nipo), welche die Anzahl der B6rseng~inge pro Quartal umfasst, eine tStatistik v o n - 1 , 1 6 ermittelt. Der kritische Wert mr das zehnprozentige Signifikanzniveau liegt bei -2,64. Hierdurch kann die Nullhypothese einer Unit-Root nicht abgelehnt werden. 5 Aufgrund dieses eindeutigen Ergebnisses muss die Variable nipo auf Quartalsbasis mittels Differenzbildung in eine station~ire Zeitreihe transformiert werden. 6

Ftir die Emissionsrendite (1R) auf Quartalsbasis wurde unter Verwendung des Augmented-Dickey-Fuller-Tests eine t-Statistik von -2,88 errechnet. Der zugeh6rige Signifikanzwert mr das Zehn-Prozent-Niveau liegt bei -2,64. Aufgrund dessen konnte die Nullhypothese einer Unit-Root abgelehnt werden und eine weitere Transformation dieser Variablen ist nicht erforderlich. 1 Vgl. Kennedy, P. (2001) S. 268. Bei nicht station~iren Zeitreihen tritt das Problem der spurious regression auf. Hierdurch werden statistisch signifikante Zusammenh~inge ermittelt, obwohl diese Ergebnisse nur auf nicht station~ire Variablen zurtickzuffihren sind. Far eine Darstellung dieser Problematik im Zusammenhang mit Finanzmarktdaten siehe Schr6der, M. (2002) S. 15. 2 Ftir eine grundlegende Darstellung des Augmented-Dickey-Fuller-Tests siehe Maddala, G. S. (2001) S. 548 ff. 3 Eine Zeitreihe heiBt integriert von der Ordnung n, wenn sie nach n-maliger Differenzenbildung einem stabilen und invertierbarem ARMA-Prozess folgt. Vgl. Kugler, P. (2002) S. 265. 4 Vgl. Ng, S./Perron, P. (1995) S. 268 ff. Ftir eine grundlegende Ein~hrung siehe Maddala, G. S. (2001) S. 513 ff. Ft~r eine Darstellung des Akaike und des Schwartz Informationskriteriums siehe Buscher, H. S. (2002) S. 189 ff. 5 Ftir eine Ein~hrung in Hypothesentests siehe Wooldridge, J. (2000) S. 724 ff. 6

Vgl. Schr6der, M. (2002) S. 20. Auch LOWRY(2003) dokumentiert in ihrer Analyse eine Unit-Root bei der Emissionst~itigkeit. Vgl. Lowry, M. (2003) S. 9 f.

Untersuchung der Emissionst~itigkeitund des Underpricings im Zeitablauf

181

Emissionsrendite (1R) und Emissionst~itigkeit (nipo) sollen nun mittels nachfolgenden Regressionen auf Trends und zyklische Schwankungen untersucht werden. ~ Die Ergebnisse sind in Tabelle 11 dargestellt:

Yi = t~0 + flltrendi

Yi -- t~o + flltrelTdi + f12trend2 Yi

(7),(8)

+ ci

=/~0 + f l l d u m m y l

+ ci

(9),(10) (11),(12)

+ f l 2 d u m m y 2 + f l 3 d u m m y 3 + ~i

Yi = flo + t~llrerldi + fl2trert~ 2 + fl3dummy 1+ fl4dummy 2 + flsdummy3+ ~i

(13),(14)

wobei ,8o bis f15 den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, c das Residuum, der Index i die

zu

untersuchenden

B6rseng~inge und y

die

zu

erkl~irenden Variablen

Emissionst~itigkeit (nipo) beziehungsweise Emissionsrendite (IR) auf Quartalsbasis bezeichnet. 2 Die Variablen trend und trend 2 sind Dummy-Variablen, welchen tiber den Untersuchungszeitraum aufsteigende Werte zugewiesen werden. Hierdurch erh~ilt zum Beispiel das erste Quartal (I/1997) den Wert eins, das zweite Quartal (II/1997) den Wert zwei und das letzte Quartal (IV/2002) den Wert 23. Mittels dieser Vorgehensweise soll untersucht werden, ob sowohl Emissionsrendite als auch Emissionst~itigkeit einem linearen Trend folgen. Die Dummy-Variable trend 2 repr~isentiert die quadrierten Werte von trend und approximiert in Verbindung mit dieser Variablen folglich einen nicht-linearen Verlauf. Die Regressoren dummyl, dummy2 und dummy3 stehen mr die ersten drei Quartale pro Jahr. Dummy l nimmt im jeweils ersten Quartal des Untersuchungszeitraums den Wert eins und in allen anderen Abschnitten den Wert null an. Die Variable dummy2 nimmt hingegen im jeweils zweiten Quartal eines Jahres und dummy3 im jeweils dritten Quartal eines jeden Jahres den Wert eins an. 3

1 Da es sich hierbei um eine explorierende Regressionsanalyse handelt, werden vorab keine Nullhypothesen und somit erwartetenVorzeichen formuliert. 2 LOWRY(2003) nutzt ebenfalls Quartalsdaten bei seiner Untersuchung der Emissionst~itigkeitDr den US-amerikanischen Kapitalmarkt. Vgl. Lowry, M. (2003) S. 8 ff. 3 Ein Dummy Dr das vierte Quartal kann nicht eingeftigt werden, da hierdurch das Problem einer perfekten Korrelation der erkl~irenden Variablen, auch als Multikollinearit~it bezeichnet, auftritt. Vgl. Wooldridge, J. (2000) S. 213; Maddala, G. S. (2001) S. 302 ff.

0,42

Bereinigtes R2

0,03

0,42

11" Z e i t t r e n d s u n d z y k l i s c h e S c h w a n n k u n g e n

(5,71)

(3,08)

2,19 0,14 23

0,17 24

-1,333

(3,91)

11,167 * (5,92)

1,033

-2,833

2,51 *

(0,20)

(0,20)

nipo Koeffizient Stdf.

in E m i s s i o n s t / ~ t i g k e i t u n d E m i s s i - o n s r e n d i t e 1

23

0,00

0,95

(0,14)

(12) OLS

(13)

(0,00)

(0,03)

(0,20)

(0,15)

(0,15)

24

0,55

6,85 ***

0,012

0,069

0,401 ** (0,15)

-0,001

0,001

0,506

Koeffizient Stdf.

IR

OLS

1 Im Rahmen dieser Zeitreihenanalyse wurde die nicht station/ire Variable nipo mittels Differenzbildung in eine station/~re Zeitreihe transformiert. Hierdurch ging der erste Datenpunkt verloren und die Anzahl der unter-suchten IPOs reduziert sich von 24 auf 23.

Tabelle

N 24 23 24 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammern

17,73 ***

F-Statistik

9,23 ***

(0,04)

(1,14)

0,188

0,048

0,028

-1,145

(5,79)

0,138

(0,00)

(0,04)

8,820

Koeffizient Stdf.

IR

dummy3

-0,001

-0,003

0,529 ** (0,21)

Koeffizient Stdf.

nipo

OLS

(11)

dummy2

1,70

-0,410 * (0,23)

(4,39)

Koeffizient Stdf.

IR

(10) OLS

0,500 ** (0,20)

-0,036 *** (0,01)

5,288

(9) OLS

dummyl

trend 2

trend

0,812 *** (0,12)

Koeffizient Stdf.

Koeffizient Stdfi

konstante

nipo

IR

Abh. Variable

(8)

Sch~itzmethode

OLS

(7)

OLS

Nr. d. Regression

(5,96)

(0,05)

(1,39)

(8,18)

23

0,12

1,59

-1,657

(3,54)

10,471 * ~5,77)

1,066

0,024

-0,980

4,989

Koeffizient Stdf.

nipo

OLS

(14)

Untersuchung der Emissionst~itigkeitund des Underpricings im Zeitablauf

183

Mittels der Modelle (7) und (8) wird im ersten Schritt der Analyse die Pr~isenz eines linearen Trends untersucht. Wie die Ergebnisse in Tabelle 11 zeigen, konnte hierbei sowohl bei der Emissionst~itigkeit als auch der Emissionsrendite ein negativer, signifikanter Sch~itzwert ermittelt werden. Die Dummyvariable trend in Regression (8) ist jedoch ,,nur" auf dem Zehn-Prozent-Niveau signifikant. Aus den Ergebnissen ist insgesamt zu schliel3en, wie Abbildung 13 schon vermuten l~isst, dass beide Variablen im Zeitablauf abnehmen. Durch den zus~itzlichen Einbezug von trend in die Modelle (9) und (10) wird ein m6glicher nicht linearer Verlauf der abh~ingigen Variablen untersucht. Bei der Analyse der endogenen Variablen nipo konnte kein statistisch signifikanter Koeffizient ermittelt werden, und auch der F-Test, welcher die Gtite der gesamten Regression misst, negiert eine statistische Signifikanz (Modell (10)). 1 Im Rahmen des Modells (9) zur Analyse von IR sind die ermittelten Koeffizienten insignifikant, jedoch kann hier ein hohes bereinigtes

R 2 von

42 Prozent und eine signifikante F-Statistik berechnet

werden. Zusammengefasst lassen die Ergebnisse vermuten, dass die Variablen IR und

nipo keinem nichtlinearen Verlauf folgen. Die Modelle (1 l) und (12) werden herangezogen, um das zyklische Verhalten der Emissionst~itigkeit und der Emissionsrendite n~iher zu untersuchen. Durch Regression (11) zeigt sich, dass die durchschnittliche Emissionsrendite w~ihrend des ersten Quartals eines jeden Jahres am h6chsten ausf~illt, da dummy l auf dem Ftinf-ProzentNiveau signifikant und positivist. Dieses Ergebnis ~ihnelt dem seit langem bekannten Januar-Effekt 2 der Kapitalmarkttheorie, welcher besagt, dass w~ihrend des Monats Januar nachweislich h6here Aktienrenditen erzielbar sind. Dies wird vor allem durch ein erh6htes Mittelaufkommen zum Beginn des Jahres und den daraus resultierenden Anstieg der Nachfrage erkl~irt.

Die Ergebnisse von Modell (12) zeigen darfiber hinaus einen Anstieg der Emissionst~itigkeit im zweiten Quartal und somit ein Quartal nach dem Anstieg der Emissionsrendite. Dieses Ergebnis kann als erstes Indiz fOr eine Lead-Lag-Beziehung zwischen Emissionsrendite und Emissionst~itigkeit interpretiert werden. LOWRY Im Rahmen dieses Tests wird tiberp~ft, ob alle gesch~itztenKoeffizienten des Modells, hier go bis ,82,den Wert null aufweisen. 2 Vgl. Banz, R. W. (1981) S. 3 ff.; Reinganum, M. R. (1981b) S. 19 ff.

184

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

(2003) zeigt in ihrer Analyse des US-amerikanischen Aktienmarkts eine signifikant niedrigere Emissionstatigkeit w~ihrend des ersten Quartals, was sie auf die ,,ruhige" Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr zurtickfahrt. 1 Ein derartiges Ergebnis kann far die vorliegende Untersuchung nicht nachgewiesen werden. Die Modelle (13) und (14) wurden gesch~itzt, um alle Variablen in ein gemeinsames Modell zur Erkl~irung von IR und nipo einzubeziehen und hierdurch die Robustheit vorheriger Regressionen zu tiberprtifen. Innerhalb dieser Modelle verlieren die TrendDummys ihre statistische Signifikanz, was auf eine hohe Reihenkorrelation zwischen ihnen und den Dummy-Gruppen hindeutet. 2 Sehr positiv ist zu werten, dass die Gruppe der Regressoren, welche die saisonalen Schwankungen im Zeitablauf erfassen, nur geringfagig an Signifikanz verlieren und somit obige Ergebnisse best~itigen. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass aufgrund obiger Ergebnisse die Hypothese H-2 -,,Durchschnittliche Emissionsrendite unterliegt im Zeitablauf Schwankungen und T r e n d s " - sowie die Hypothese H-3 - Durchschnittliche Emissionst~itigkeit unterliegt im Zeitablauf Schwankungen und Trends - nicht abgelehnt werden kann.

4.2.4 Autokorrelation von Emissionst~itigkeit und Underpricing Insbesondere Abbildung 13 sowie obige Regressionsergebnisse lassen auf eine hohe Autokorrelation der Variablen IR und nipo schlieBen und sollen daher nachfolgend n~iher analysiert werden. LOWRY (2003) untersucht den US-amerikanischen Aktienmarkt und ermittelt tiber die Jahre 1960 bis 1996 far die Emissionst~itigkeit einen Autokorrelationskoeffizienten erster Ordnung von 0,87. 3 Dieses Ergebnis bedeutet, dass die Anzahl der B6rseng~inge zum Zeitpunkt t + 1 zu 87 Prozent vom Wert in t bestimmt wird. BRAILSFORD ET AL. (2000) untersuchen ebenfalls diesen Kapitalmarkt jedoch far den Zeitraum 1976 bis 1998. Sie ermitteln far die Emissionsrendite einen

1 Vgl. Lowry,M. (2003) S. 19. Hierzu muss angemerktwerden, dass zwischen Zulassungsantragund IPO in der Regel einige Wochen liegen. Somit bedingt die ,,ruhige" Zeit zwischen Weihnachen und Neujahr eine geringeAnzahl an B6rseng~ingenzum Beginn des Jahres. 2 Das Problem der Multikollinearitat ffihrt nur im Fall perfekter Korrelation, das heiBt Korrelationskoeffizient von +1 oder -1, zu einer Verletzung der Gauss-Markov-Annahmen. Ein gewisser Grad an gegenseitigerAbh~ingigkeitist in der Regel jedoch nicht zu vermeiden und kann ohne EinbuBen bei der Gtite der Ergebnisse akzeptiert werden. Ftir einen Uberblick zu den GaussMarkov-Annahmen siehe Wooldridge, J. (2000) S. 82 ff. 3 Vgl. Lowry, M. (2003) S. 9.

Untersuchung der Emissionst/~tigkeit und des Underpricings im Zeitablauf

185

Autokorrelationskoeffizient erster Ordnung von 0,66 und ffir die Emissionst/~tigkeit yon 0,89.1 LOUGHRAN/RITTER dokumentieren ffir den hierzu vergleichsweise kurzen Zeitraum 1990 bis 1998 mr die Emissionsrendite einen Autokorrelationskoeffizient erster Ordnung von 0,66 und einen ebenfalls signifikanten Koeffizienten zweiter Ordnung von 0,18. 2

Um die Autokorrelationskoeffizienten erster und zweiter Ordnung zu ermitteln, werden folgende Regressionen gesch/~tzt: 3

Y, =rio +/3~y,_1+c,

(15),(16)

y, = fl0 +/32y,_2 + c,

(17),(18)

wobei ,8o bis ,82 den jeweils zu sch/~tzenden Koeffizienten, e das Residuum, der Index t den zu untersuchenden Zeitraum und y in den Regressionen (15) und (17) IR, und in den Modellen (16) und (18) nipo bezeichnet. Die erkl/~renden Variablen Y,-1 und Y,-2 sind die jeweils verzOgerten Werte der endogenen Variablen yt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 12 dargestellt.

Die Ergebnisse zeigen auch for den deutschen Kapitalmarkt eine hohe zeitliche Abh/~ngigkeit

der

Variablen

IR

und

nipo.

Der

ffir

die

durchschnittliche

Emissionsrendite ermittelte Autokorrelationskoeffizient erster Ordnung betr/~gt 0,42, wodurch auch ~ r den deutschen Kapitalmarkt ein Einfluss zurfickliegender Werte nachgewiesen werden kann (Regression (15)). Der im Modell (17) ermittelte Autokorrelationskoeffizient zweiter Ordnung ist nicht signifikant auf den fiblichen Niveaus und 1/~sst darauf schlief3en, dass die aktuelle Emissionsrendite nur v o n d e r kurzfristigen Vergangenheit beeinflusst wird.

Dies unterstfitzt die These von

CHOWDHRY/SHERMAN (1996), dass Investoren genau dann mehr Aktien als geplant zeichnen, wenn sich eine hohe Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien 1 Vgl. Brailsford, T. et al. (2000) S. 35 ff. 2

Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 428.

3 Altemativ lassen sich Autokorrelationskoeffizienten nach folgender Formel errechnen: Cov(y,, Y,-t ) wobeijot den zu ermittelnden Autokorrelationskoeffizientenund yt entweder ,o, =JVa,,(y,)Var(y, l) die Variablen Emissionsrendite (IR) oder Emissionst/~tigkeit(nipo) zum Zeitpunkt t bezeichnet. Vgl. Tsay, R. S. (2002) S. 24. Da der Mittelwert von IR und nipo von null verschieden ist, werden die Regressionen (15) bis (18) mit einer konstanten und somit Achsenabschnitt gesch/~tzt.

186

Empirische Analyse von BOrseng/ingen an der FWB

herumspricht. ~ Aufgrund

dieses

Ergebnisses

kann

Hypothese

H-4-

,,Die

Emissionsrendite weist eine hohe Autokorrelation a u P ' - nieht a b g e l e h n t werden.

Nr. d. Regression

(15)

(16)

(17)

Sch/itzmethode Abh. Variable

OLS

OLS

OLS

OLS

IRt

nipot

IRt

nipot

Koeffizient Stdf.

KoeffizientStdf.

KoeffizientStdf.

Koeffizient Stdf.

konstante

0,193 *

IRt_l

0,419 ** (0,13)

(0,11)

2,891

(2,28)

IRt-2 nipot_l

(18)

0,229

(0,15)

0,283

(0,19)

(4,18)

0,842 *** (0,07)

nipot_2

F-Statistik Bereinigtes R2

6,165

0,684 *** (0,13) 4,33 ** 0,13

50,24 *** 0,69

1,62 0,03

17,22 *** 0,44

N 23 23 22 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, RobusteStandardfehlerin Klammem

22

Tabelle 12" Autokorrelationskoeffizienten Dr Emissionst/itigkeit und Emissionsrendite 2

Der in Modell (16) ermittelte Autokorrelationskoeffizient erster Ordnung for die Emissionst/itigkeit

betr~igt 0,84

und

tibertrifft

somit

die

Werte

fOr den

US-

amerikanischen Aktienmarkt. Als Autokorrelationskoeffizient zweiter Ordnung fOr

nipo wurde ein Wert von 0,68 errechnet (Modell (18)). Der Anstieg der Emissionst~itigkeit w/~hrend der hot-issue-Phase kann aufgrund der Ergebnisse damit erkl/irt werden, dass auch in Deutschland die Entscheidung fOr einen B6rsengang sehr stark von der Anzahl z u ~ c k l i e g e n d e r und bereits abgeschlossener Erstemissionen abh~ingt. H y p o t h e s e H-5 - , , D i e Emissionst~itigkeit weist eine hohe Autokorrelation a u f ' - kann folglich nicht a b g e l e h n t werden.

Die oben dargestellte starke zeitliche Abh/~ngigkeit widerspricht dem Ergebnis von ACHLEITNER/BASSEN/FUNKE (2001), da diese im Rahmen ihrer Untersuchung zeigen, 1 Vgl. Chowdhry, B./Sherman, A. (1996) S. 359 ff. 2 Durch die Verwendung verz6gerter Werte werden die ersten Datenpunkte abgeschnitten und die zu untersuchende Datenbasis reduziert sich entsprechend.

Untersuchung der Emissionst~itigkeitund des Underpricings im Zeitablauf

187

dass der IPO-T~itigkeit des mal3geblichen Wettbewerbers nur eine mittlere Bedeutung ffir die eigene IPO-Entscheidung beigemessen wird. 1

Obige Erkennmisse unterstatzen das Modell von RAJAN/SERVAES (2002) zur ErklO.mng yon hot-issue-Mgrkten. Die Autoren schlagen hierzu ein einfaches positive-

feedback-Modell vor, wonach Investoren die Autokorrelation der Emissionsrendite beobachten und anschlief3end in die Zukunft projizieren. 2 Wird am Markt ein Anstieg der durchschnittlichen Emissionsrendite beobachtet, gehen die Investoren davon aus, dass auch zukiinffige B6rsenggnge rentabel sind, und erh6hen ihr finanzielles Engagement. 3 Kritisch kann hierzu angemerkt werden, dass diese Argumentation nicht zwingend erklS.rt, warum hot-issue-Mgrkte entstehen. Aufgrund dessen werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels sowohl Emissionszeitpunkt als auch Emissionsrendite in Hinblick auf deren Einflussfaktoren n~iher untersucht. 4

4.2.5 Zeitreihenanalyse von Emissionstdtigkeit und Underpricing sowie deren Einflussfaktoren 4.2.5.1 Interaktion zwischen Emissionstdtigkeit und Underpricing im Zeitablauf Wie bereits dargestellt, sind hot-issue-Mgrkte vor allem durch eine tiberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite gekennzeichnet. Darfiber hinaus l~isst sich eine zeitlich nachgelagerte Erh6hung der Emissionst~itigkeit herausarbeiten. Obige Regressionsergebnisse sowie Abbildung 13 lassen diese zeitliche Abfolge und gegenseitige Abh~ingigkeit bereits vermuten, ohne dass hierftir bisher ein statistisch fundierter Nachweis geflihrt werden kann.

IBBOTSON/JAFFE (1975) untersuchen diesen Zusammenhang als erste im Rahmen einer Regressionsanalyse. Zurtickliegende, durchschnittliche Emissionsrenditen auf Monatsbasis werden hierzu von den Autoren als erkl~irende und die Emissionst~itigkeit als zu 1 Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Funke, F. (2001) S. 35. 2 Vgl. Rajan, R./Servaes, H. (2002) S. 1 ff. 3 DieseArgumentationlgsst auf ein Herdenverhaltender Investoren schliegen. 4 FOr eine aussagekriiftige und fundierte Zeitreihenanalyse ist ein m/3glichst grof3er Datensatz erforderlich. Hierdurch bedingt werden die Variablen in den nachfolgenden Abschnitten auf Monatsbasis untersucht, da durch die Belqicksichtigungverz6gerterWerte zusiitzliche Datenpunkte verloren gehen und somit die GrOf3edes Datensatzes auf teilweise unter 20 Beobachtungen sinken wt~rde.

188

Empirische Analyse yon BOrseng~ingen an der FWB

erkl~irende Variable verwendet. Im Rahmen dieser Analysen konnten jedoch keine statistisch signifikanten Ergebnisse erzielt werden. 1

LOWRY/SCHWERT (2002) greifen diesen Sachverhalt emeut auf, verfeinern jedoch die 6konometrische Vorgehensweise. Innerhalb ihrer Untersuchung nutzen sie verschiedene Vektor-Autoregressions-Modelle

(VAR-Modelle),

um

den Zusammenhang

zwischen Emissionsrendite und Emissionst~itigkeit n~iher zu untersuchen. 2 Mittels dieser Okonometrischen Methodik ist es m6glich, im Rahmen von Zeitreihenanalysen explizit die gegenseitigen Abh~ingigkeiten und somit die Endogenit~it der einbezogenen Variablen zu berticksichtigen. 3 Ihre Untersuchungsergebnisse zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen zurtickliegenden Emissionsrenditen und der zuktinftigen Anzahl an B6rseng~ingen. Eine umgekehrte Kausalit~it konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. 4

Um diesen Zusammenhang erstmalig ftir den deutschen Aktienmarkt zu testen, wird folgendes VAR-Modell gesch~itzt. F~r die erkl~irenden Variablen wird im Sinne der Hypothesen 6 und 7 ein positives Vorzeichen erwartet.

Yt = e +

O~y,_~+

(I~2y/_ 2 + . . . +

~nYt-n + ~'t

(19),(20)

wobei yt und Y,-I..... y,_, jeweils einen k • 1 Vektor mit den Variablen IR und nipo auf Monatsbasis bezeichnen. ~1 ..... O,

sind k•

Matrizen mit den zu sch~itzenden

Koeffizienten. Die erforderliche Lag-L~inge wurde mittels des Akaike und des Schwarz Informationskriteriums bestimmt. 5 Die Ergebnisse sind in Tabelle

13

dargestellt:

Vgl. Ibbotson, R. G./Jaffe, J. F. (1975) S. 1035 f. 2 Vgl. Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1171 ff. 3 Eine weitere statistische Mtiglichkeit w~iren dynamic-simultaneous-equations-Modelle. Da im Rahmen dieser Methodik zu bestimmen ist, ob eine Variable als endogen oder exogen betrachtet wird, bieten sich viele Gestaltungsm~glichkeiten. Weshalb diese Vorgehensweise im Rahmen einer fundierten 6konometrischen Analyse abzulehnen. Vgl. Maddala, G. S. (2001) S. 544. 4

Vgl. Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1181 ff.

5 Ftir eine Darstellung des Akaike und des Schwarz Informationskriteriums siehe Buscher, H. S. (2002) S. 189 ff.

Untersuchung der Emissionstgtigkeit und des Underpricings im Zeitablauf Nr. d. Regression Schgtzmethode Abh. Variable

konstante IRt.1 IRt_2 IRt_3 IRt_4 nipot_l nipot_2 nipot_3 nipot_4

(19) OLS-VAR nipot Koeffizient S t d f . -0,978 -0,287 3,411 *** 3,524 *** 2,577 * 0,111 0,011 0,072 0,448 ***

(0,97) (1,32) (1,44) (1,46) (1,48) (0,12) (0,11) (0,11) (0,11)

189

(20) OLS-VAR IRt Koeffizient Stdf. 0,155 0,477 *** -0,033 0,108 -0,090 0,005 -0,006 0,005 0,001

(0,10) (0,14) (0,15) (0,15) (0,15) (0,01) (0,01) (0,01) (0,01)

Bereini~tes R2 0,62 0,13 Granger F-test Verz6gerte IR 28,62 *** Verz6gerte nipo 0,66 N 63 63 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, Standardfehlerin Klammern Tabelle 13: Interaktion zwischen Emissionst~itigkeit und Underpricing im Zeitablauf ~

Wie bereits vermutet, repr~isentieren zurtickliegende Emissionsrenditen ein positives Signal far den Zeitpunkt des B6rsengangs, da far den Granger F-Test eine 2 "2(Wald)Statistik von 28,62 und ein p-Wert von 0,00 errechnet wurden (Modell 19). H y p o t h e s e H-6-

,,Die H6he zurtickliegender Emissionsrenditen beeinflusst die Wahl des

Emissionszeitpunktes" - kann hierdurch nicht a b g e l e h n t werden.

In dem am weitesten verbreiteten Erkl~irungsansatz far das Underpricing-Ph~inomen wird die Vorstellung vertreten, dass der Emissionspreis von den Emittenten aufgrund von ex-ante-Unsicherheit fiber den zu erzielenden Marktwert absichtlich zu niedrig angesetzt wird. 2 Ein hohes Underpricing stellt auf der Grundlage dieser Argumentation somit einen Preisnachlass far die Investoren dar. Verbindet man nun die in Tabelle 13 dargestellten Regressionsergebnisse mit diesem Ansatz, so ist es nur schwer nachvollziehbar, warum andere Emittenten bei zurackliegendem hohen Underpricing ebenfalls einen B6rsengang wagen, da auch sie einen hohen Rabatt gew~ihren m~ssen. Vielmehr

1 Durch die Verwendung verz6gerter Werte werden die ersten Datenpunkte abgeschnitten und die zu untersuchende Datenbasis reduziert sich entsprechend. 2 Eine ausfahrliche Darstellung erfolgt in Kapitel 3.

190

Empirische Analyse yon B~rseng/~ngenan der FWB

w~ire es rational, den BOrsengang auf Perioden mit geringem Underpricing und somit geringerer erforderlicher Risikopr~mie1 zu verschieben. Unterstellt man stattdessen einen positiven Zusammenhang zwischen Nachfrage und Emissionsrendite, so ist es durchaus vorstellbar, dass zurfickliegende hohe Emissionsrenditen ein positives Signal ~ r den Emissionszeitpunkt darstellen und Emittenten vermehrt w~ihrend dieser Marktphase das Going Public durchfiJhren. 2

Aus den Ergebnissen ~ r Modell (20) wird deutlich, dass hohe zurtickliegende Emissionsrenditen einen Anstieg der Emissionsrendite zum Zeitpunkt t nach sich ziehen. CHOWDHRY/SHERMAN (1996) zeigen hierzu untersttitzend, dass Investoren dann mehr Aktien als geplant zeichnen, wenn sich eine hohe Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien herumspricht. 3 Auch diese Resultate sprechen wiederum fftir die Richtigkeit des investor-sentiment-Ansatzes zur Erkl~imng des Underpricing-Ph/anomens. Auf Basis dieser Resultate kann ltypothese 1-1-7- ,,Die Anzahl zurtickliegender B6rseng/inge beeinflussen die durchschnittliche Emissionsrendite zum Zeitpunkt t " nicht abgelehnt werden.

4.2.5.2 Einfluss der Stimmung der Investoren Aufgrund der in Tabelle 13 dargestellten Ergebnisse ~ r die Modelle (19) und (20) soil nun innerhalb dieses Abschnitts zum ersten Mal analysiert werden, ob die Stimmung der Investoren einen Einfluss auf die Anzahl der B6rseng/inge und auf die Emissionsrendite ausfibt. Zur Messung der Investorenstimmung wurde in der Literatur bisher eine Vielzahl unterschiedlicher Variablen vorgeschlagen. 4 Nachfolgend soil neben der Entwicklung des Aktienmarkts vor dem B6rsengang die Entwicklung der ZEW-Konjunkturerwartungen ffir diese Zwecke zur Anwendung kommen. Aufgrund der Hypothesen H-8 und H-9 wird ein positives Vorzeichen bei den zu sch~itzenden Koeffizienten erwartet. Das VAR-Modell ist wie folgt spezifiziert: Die erforderlicheRisikopr~imieentsteht innerhalb dieses Erkl~imngsansatzesaufgrund von ex-anteUnsicherheit. Siehe hierzu aus~hrlich Kapitel 3.2. 2 Dieses Ergebnis best~itigtdartiber hinaus das bereits beschriebene Charakteristikum des hot-issueMarktes, welches besagt, dass Perioden mit hohem Underpricing einen Anstieg der Emissionst~tigkeit nach sich ziehen. 3 Vgl. Chowdhry, B./Sherman, A. (1996) S. 364. 4 Vgl. Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005) S. 1 ff.; Qiu, L. X./Welch, I. (2005) S. 1 ff.; Wilkens, K./Thomas,N. D./Fofana, M. S. (2004) S. 33 ff.; Doukas, J. A./Cliff, M. T. (2004) S. 235 ff.; Shefrin, H. (2002) S. 273 ff.

Untersuchung der Emissionst~itigkeit und des Underpricings im Zeitablauf

(21),(22)

Yt = C+ (I)lYt_1+ tI)2yt_2 + ... + t~nYt_ n + F,t

wobei Yt und y,_~..... y,_, jeweils einen k • a u f Monatsbasis bezeichnet. ~ ..... ~ .

191

Vektor mit den Variablen nemaxt und zewt

sind k •

Matrizen mit den zu sch~itzenden

Koeffizienten.

Nr. d. Regression Sch~itzmethode Abh. Variable konstante nemaxt_l nemaxt_2 nemaxt_3 nemaxt_4 zewt_l zewt.2 zewt_3 zewt_4

(21) OLS nipot Koeffizient

Stdf.

1,937 58,633 34,551 219,212 *** 225,904 *** 0,074 -0,118 0,094 -0,091

(1,22) (88,03) (95,31) (91,27) (92,23) (0,09) (0,16) (0,16) (0,09)

(22) OLS IRt Koeffizient Stdf. 0,265 ** 29,046 *** 6,269 2,227 2,563 -0,001 0,002 -0,015 0,013 *

(0,14) (8,33) (9,60) (9,59) (9,13) (0,01) (0,01) (0,01 ) (0,01)

Bereini~tes R2 0,57 0,356 Granger F-test Verz6gerter nemax 15,73 *** 13,546 *** Verz0gerter zew 7,75 * 7,966 * N 61 61 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, Standardfehlerin Klammem Tabelle 14" Einfluss der Investorenstimmung auf die Emissionsrendite und die Emissionst~tigkeit ~

Die Regressionsergebnisse in Tabelle 14 zeigen einen hohen Einfluss der Entwicklung des Aktienmarkts sowohl a u f die H6he der Emissionsrendite (IR) als auch a u f die Anzahl der B6rseng~inge (nipo) pro Monat. Die einzelnen Koeffizienten zeigen im Fall der Variablen nipo einen hohen Effekt der Entwicklung des N e m a x - A l l - S h a r e - I n d e x in den Perioden t - 3

und t - 4 ,

also drei bis vier Monate vor dem B6rsengang (Modell

(19)). 2 A u f IR wirkt sich die Entwicklung des N e m a x - A l l - S h a r e - I n d e x im M o n a t vor

1 Durch die Verwendung verz6gerter Werte werden die ersten Datenpunkte abgeschnitten und die zu untersuchende Datenbasis reduziert sich entsprechend. 2 Wie in Subkapitel 2.3 dargestellt betr~gt die Vorbereitungszeit mr einen B6rsengang zwar mehrere Monate bis Jahre, der endg01tige Emissionszeitpunkt wird jedoch erst wenige Wochen vor dem tatsgchlichen IPO festgelegt. Hierdurch kann die Entwicklung des Aktienmarktes den endgfiltigen Emissionszeitpunkt bestimmen.

192

Empirische Analyse yon B6rseng~ngen an der FWB

dem Going Public am st~rksten aus (Modell (20)). Der Einfluss der ZEW-Konjunkturerwartung auf den Emissionszeitpunkt ist zwar ebenfalls statistisch signifikant, jedoch ,,nur" auf dem Zehn-Prozent-Niveau. Aufgrund des dokumentierten Einflusses von nemax und zew auf den Emissionszeitpunkt und die Emissionsrendite kann sowohl Hypothese H-8 - , , D i e Investorenstimmung beeinflusst den Emissionszeitpunkt" - als auch I-Iypothese H - 9 -

,,Die

Investorenstimmung

nieht

beeinflusst

die

durchschnittliche

Emissionsrendite"

abgelehnt werden. Dariiber hinaus best~itigen diese Ergebnisse das Modell von RAJAN/SERVAES (2002), wonach Konsortialbanken- unter der Maxime eines optimalen Emissionserl6sesdann ein Unternehmen an den Markt bringen, wenn die Marktstimmung als positiv und wenig risikoreich einzustufen ist. 1

4.2.5.3 Einfluss des US-amerikanischen IPO-Marktes BAELE (2003)

dokumentiert

in seiner empirischen

Analyse

der wichtigsten

europ~iischen Aktienm~irkte sowohl einen spill-over-Effekt zwischen den einzelnen M~irkten als auch einen Einfluss des US-amerikanischen Aktienmarkts auf die Entwicklung in Europa. 2 LEE/RUI/WANG (2004) untersuchen den Einfluss der NASDAQ auf die Aktienmarktsegmente fiir Wachstumsbranchen im asiatischen Raum. Ft~r den Zeitraum 1997 bis 2001 zeigen sie einen statistisch signifikanten Einfluss der Aktienperformance an der NASDAQ auf die Performance an den asiatischen B6rsen fiir Wachstumsbranchen. 3 Aufgrund dieser Ergebnisse sowie des nachgewiesenen Einflusses der Investorenstimmung auf den Zeitpunkt des B6rsengangs und der H6he der Emissionsrendite soll untersucht werden, ob die Entwicklung des US-amerikanischen IPO-Markts zur Erkl~rung des deutschen IPO-Markts einen statistisch signifikanten Beitrag liefert. Sowohl bei der US-amerikanischen Emissionst~tigkeit (USnipo) als auch bei der Vgl. Rajan, R./Servaes, H. (2002) S. 20. 2 Vgl. Baele, L. (2003) S. 2 ff. 3 Vgl. Lee, B./Rui, O. M./Wang, S. S. (2004) S. 1037 ff. Erw~hnenswert ist, dass der von LEE/RUI/WANG (2004) analysierte Untersuchungszeitraum mit dem dieser Studie nahezu t~bereinstimmt.

Untersuchung der Emissionst~itigkeit und des Underpricings im Zeitablauf Emissionsrendite

(USIR) werden

193

positive Vorzeichen aufgrund von Hypothese 10

erwartet. Das V A R - M o d e l l wurde wie folgt spezifiziert:

(23),(24)

Yt = e + (I)lYt_1+ (I)2Yt_2 +... + tI~,,yt_n + ~;t

wobei yt und

Y,-1..... Y,-n jeweils einen

k xl

Vektor mit der US-amerikanischen

Emissionstgtigkeit und Emissionsrendite auf Monatsbasis kennzeichnet. O1 ..... 9

sind

k x k Matrizen mit den zu sch~itzenden Koeffizienten.

Nr. d. Regression Sch~itzmethode Abh. Variable

konstante USnipot_l USnipot_2 USnipot_3 USnipot_4 USIRt_I USIRt_2 USIRt_3 USIRt_4

(23) OLS nipot Koeffizient -0,922 0,087 * -0,125 ** 0,071 0,001 -0,074 *** 0,106 *** 0,054 0,030

Stdf. (1,12) (0,05) (0,06) (0,06) (0,05) (0,03) (0,04) (0,04) (0,04)

(24) OLS IRt Koeffizient Stdf. 0,066 0,002 0,003 -0,013 *** 0,010 *** 0,005 0,000 -0,004 0,002

(0,12) (0,00) (0,01) (0,00) (0,04) (0,00) (0,00) (0,00) (0,00)

Bereini~tes R2 0,63 0,267 Granger F-test Verz6gerte USnipo 6,13 9,334 * Verz6gerte USIR 27,46 *** 3,531 N 63 63 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, Standardfehlerin Klammern Tabelle 15" Einfluss des US-amerikanischen IPO-Marktes auf die Emissionsrendite und die Emissionstgtigkeit ~

Wie in Tabelle 15 dargestellt hat auch die am US-amerikanischen Aktienmarkt erzielte Emissionsrendite einen Einfluss auf die Anzahl der B6rsenggnge in Deutschland. Erstaunlicher ist jedoch, dass die Anzahl der US-amerikanischen B6rseng~inge einen zwar statistisch wenig signifikanten aber dennoch nachweisbaren Einfluss auf die H6he der in Deutschland erzielten Emissionsrendite aust~bt. Dies kann eventuell damit erklgrt werden, dass die groBe Anzahl an US-amerikanischen B6rseng~ingen auch in Durch die Verwendung verz6gerter Werte werden die ersten Datenpunkte abgeschnitten und die zu untersuchende Datenbasis reduziert sich entsprechend.

194

Empirische Analyse yon BOrseng~ingen an der FWB

Deutschland die Nachfrage nach Erstemissionen geweckt hat und somit eine erh6hte Emissionsrendite erzielt werden konnte.

Aufgrund der Ergebnisse kann Hypothese H-10 - ,,Die Entwicklung des US-amerikanischen IPO-Marktes beeinflusst den deutschen IPO-Markt" - nicht abgelehnt werden.

4.3

Untersuchung von Unterstiitzungsk/iufen

Wie bereits im Rahmen der Erkl/~rungsans/~tze far das Underpricing-Phgnomen dargestellt, kann RUUD (1993) mittels ihrer Analysen einen betr/~chtlichen Einfluss von Unterstfitzungsk/~ufen auf die Verteilung der Emissionsrenditen dokumentieren. Hervorzuheben sind vor allem nur noch vereinzelnd auftretende negative Emissionsrenditen und ein Oberproportional groger Anteil an B6rseng/~ngen, die zum Emissionspreis notieren. Um dieser Problematik Rechnung zu tragen, wird innerhalb dieses Abschnittes zuerst untersucht, ob auch w/~hrend des vorliegenden Untersuchungszeitraums preisbeeinflussende MaBnahmen von den Emissionsbanken get/~tigt werden. Darauf aufbauend wird deren Einfluss auf die Regressionsanalyse und die hierdurch eventuell erforderlichen Anpassungen er6rtert.

4.3.1 Entwicklungund Formulierung der Hypothese Ein Absinken des Aktienkurses unter das Emissionsniveau fahrt zu teilweise erheblichen finanziellen EinbuBen far Emittenten, Alteigenttimer und Investoren, aber auch zu einem Reputationsverlust far die begleitenden Konsortialbanken. 1 Insbesondere HAGENMOLLER/DIEPEN (1993) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Emissionsbanken, um eine Entt/~uschung der Anleger zu vermeiden, ein Absinken des Aktienkurses unter das Emissionsniveau durch Rt~ckk/~ufe verhindem wollen. 2 Zus/~tzlich kann mittels einer negativen Emissionsrendite eine Informationskaskade im

1 Fiir eine ausfiihrliche Analyse des Zusammenhangs zwischen VermOgensverlust und der Zufriedenheit der Emittenten siehe Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 413 ff. FOr eine Analyse zu den NutznieBem von Unterstfitzungsk/iufen siehe Benveniste, L. M./Erdal, S. M./Wilhelm, W. J. (1998) S. 741 ff. Zur Analyse des Reputationsverlusts bei einer negativen Kursentwicklung des B6rsenneulings siehe Smith, C. (1986) S. 789 ff. Ftir eine theoretische Argumentation, warum Emissionsbanken B6rseng/inge im Sekund/~rmarkt untersttitzen, siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004). 2 Vgl. Hagenmtiller,K. F./Diepen, G. (1993) S. 707 f.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

195

Sinne von WELCH (1992) ausgel6st und hierdurch eine langfristige negative Aktienkursentwicklung induziert werden. 1 Um dies zu verhindern, fiihren Emissionsbanken preisstabilisierende Maf3nahmen am Sekund~irmarkt durch, wobei der Aufbau einer Short-Position zu den am h~iufigsten gew~ihlten Methoden der Preisstabilisierung geh6rt. 2 Diese Methodik wird eingesetzt, um ffir Untersttitzungsk~iufe eine ausreichend hohe Kaufkraft zur Ver~gung zu haben. 3

Auch fiir den Untersuchungszeitraum dieser Arbeit ist anzunehmen, dass Emissionsbanken mittels kurssttitzender Mal3nahmen die Aktienkursentwicklung des IPOs beeinflussen und hierdurch bedingt sowohl negative Emissionsrenditen selten dokumentiert werden k6nnen als auch die Verteilung der Emissionsrenditen eine positive Schiefe aufweist. Aufbauend

auf diese Argumentation soll folgende

Hypothese empirisch tiberprfift werden:

Hypothese P-l: Im deutschen Kapitalmarkt kann die Existenz von Untersttitzungsk~iufen nachgewiesen werden.

4.3.2 Existenz von Unterstiitzungskdufen

Um mit Sicherheit die Existenz kursstfitzender Maf3nahmen nachweisen zu k6nnen, w~iren umfangreiche Angaben zu den Orderbtichern erforderlich. Diese Information ist fiir den deutschen Kapitalmarkt nicht ver~gbar, weshalb auf indirekte Messmethoden zuriickgegriffen werden muss. Einer der bekanntesten Ans~itze ist in diesem Zusammenhang das von RUUD (1993) vorgeschlagene Untersuchungsdesign, dem auch hier gefolgt wird. 4

Vgl. Welch, I. (1992) S. 695 ff. 2 Vgl. Aggarwal, R. (2000) S. 1083 ff.; Kennedy, D. B./Sivakumar, R./Vetzal, K. R. (2002) S. 3 ff. Eine ausffihrliche Beschreibung der Wirkungsweise der Mehrzuteilungs- und der Greenshoe-Option erfolgt in Subkapitel 2.8.4. Ftir eine Untersuchung zur Preisermittlung von Greenshoe-Optionen siehe Franzke, S. A./Schlag, C. (2003). 3 Vgl. Aggarwal, R. (2000) S. 1079; Ellis, K./Michaely, R./O'Hara, M. (2000) S. 1045. 4 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 141 ff. Diese Methodik wurde auch von KASERER/KEMI'F (1995), EHRHARDT (1997) und LUBIG (2003) bei Untersuchungen des deutschen Kapitalmarktes angewendet. Vgl. Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 59 ff.; Ehrhardt, O. (1997) S. 124 ff.; Lubig, D. (2003) S. 219 ff.

196

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

Innerhalb dieser Methodik wird die Verteilung der Emissionsrenditen analysiert, um herauszufinden, ob Emissionsbanken kurssttitzend in den Markt eingegriffen haben. Nach RUUDs (1993) Theorie beschneiden kursstabilisierende Mal3nahmen die negative Seite der Renditeverteilung zum Emissionszeitpunkt, was eine positive Schiefe hervorruft. 1

Wie Abbildung 15 zeigt, kann dies auch far den Untersuchungszeitraum dieser Studie best~itigt werden, wobei die far die Verteilung der Emissionsrenditen berechnete Schiefe 1,18 und die W61bung 3,85 betr~igt. 2 Beide zentralen Momente der Verteilung weisen zwar einen im Vergleich zur Normalverteilung hohen Wert auf, doch liegen sie weit unter den Resultaten von EHRHARDT (1997), der far den Zeitraum 1960 bis 1993 eine Schiefe von 4,1 und eine W61bung von 22,7 dokumentiert.

Abbildung 14: H~iufigkeitsverteilung der Emissionsrendite (HR1)3

Nach der Arbeit von RUUD (1993) mt~sste die Verteilung der Renditen mit zunehmender Haltedauer symmetrisch werden und sich somit einer Normalverteilung ann~ihem. Sie fahrt dies auf einen R~ckgang des finanziellen Engagements der Emissionsbanken zurack, wodurch vermehrt negative Ereignisse auftreten und die Renditeverteilung sich einer Normalverteilung angleicht. 4 Tabelle 16 dokumentiert die Emissionsrendite nach der in Subkapitel 4.1.2.1 dargestellten Methodik far die ersten 1 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 136. 2 Die Schiefe einer Normalverteilung betr~igtnull, die W61bung3. 3 Zur Berechnung der Emissionsrendite siehe Subkapitel 4.1.2.1. HR1 entspricht IR 4

Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 144; Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004) S. 9; Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 60; Lubig, D. (2003) S. 226.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

197

20 Handelstage. Ein l~ingerer Zeitraum, wie beispielsweise in den Studien von LUBIG (2003) oder KASEREPUKEMPF (1995), erscheint vor allem aus zwei Granden wenig geeignet fiir diese Untersuchung. 1 Zum einen wird, wie bereits erw~ihnt, vorzugsweise die Greenshoe-Option genutzt, um den Aktienkurs zu unterstt~tzen, und die tibliche Laufzeit dieser Option betr~igt nach BLATTCHEN/JACQUILLAT(1999) sowie ROHLEDER (2001) durchschnittlich 30 Kalendertage, das heif3t im Mittel 20 Handelstage. 2 Zum anderen sind alternative Einflussfaktoren mit einer Verl~ingerung des Untersuchungszeitraums nur unzureichend kontrollierbar, wodurch die Kausalit~it zwischen Unterst~itzungsk~iufen und Kurseinfluss bei l~ingeren Zeitr~iumen nicht mit Sicherheit hergestellt werden kann.

HRo

Mittelwert Median

Minimum

HRI

HRs

HRIo

HRIs

HR2o

0,275

0,286

0,274

0,270

0,266

0,267

0,120 -0,288

0,151 -0,357

0,157 -0,549

0,160 -0,562

0,164 -0,728

0,155 -0,721

Maximum

1,674

1,695

1,882

1,863

2,001

1,897

Stabw.

0,369

0,378

0,413

0,441

0,467

0,467

Schiefe

1,320

1,182

1,087

0,953

1,001

0,868

Kurtosis

4,049

3,833

4,034

3,657

4,094

3,749

Tabelle 16: Existenz von Untersttitzungsk~iufen im Zeitablauf3 Bei der Analyse der Ergebnisse in Tabelle 16 wird deutlich, dass sich die positive Schiefe mit zunehmender Haltedauer verringert. Der relativ grof3e Rtickgang w~ihrend des ersten Handelstages sowie w~ihrend der vierten Woche l~isst vermuten, dass kurssttitzende Mal3nahmen durch den Konsortialfiihrer bereits kurz nach dem B6rsengang get~itigt und darfiber hinaus im Zeitablauf verringert werden. Das Minimum der berechneten Renditen f~illt w~ihrend der ersten und dritten Woche am st~irksten aus. Dieses Ergebnis ist erneut im Sinne von RUUD (1993) als Best~itigung dafiir zu werten, dass Emissionsbanken ihre kurssttitzenden Maf3nahmen mit fortschreitender Notierung des Wertpapiers reduzieren. 4

Vgl. Lubig, D. (2003) S. 226; Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 60. 2 Vgl. Bl~ittchen, W./Jacquillat, B. (1999) S. 177; Rohleder, M. (2001) S. 400. AGGARWAL(2000) zeigt in ihrer Untersuchung far den US-amerikanischen Aktienmarkt, dass die Greenshoe-Option normalerweise innerhalb der ersten 30 Tage ausgetibt wird. 3 Berechnung der Initial Returns (IR) siehe Subkapitel 4.1.2.1. IR1 entspricht der Emissionsrendite. 4 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 144.

198

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Vor allem die Abnahme der positiven Schiefe, die Ann/~hemng des Medians an den Mittelwert und der Anstieg des Minimums deuten darauf hin, dass sich die Verteilung der Emissionsrenditen, wie von RUUD (1993) ffir die Richtigkeit ihrer These gefordert, langsam einer symmetrischen Verteilung ann/~hert. Die errechneten Werte mr Schiefe und W61bung liegen dennoch fiber denen einer Normalverteilung. Der oft getroffenen Annahme, dass die Verteilung der Emissionsrenditen nach der Einstellung kurssttitzender MaBnahmen einer Normalverteilung entspricht muss in diesem Zusammenhang jedoch widersprochen werden. 1 So zeigt FAMA (1976) in seiner Untersuchung des US-amerikanischen Aktienmarktes zum einen, dass logarithmierte Aktienrenditen auf Monatsbasis eine positive Schiefe und eine leicht tiberh6hte W61bung aufweisen, und zum anderen, dass t~igliche, logarithmierte Aktienrenditen leptokurtisch und nahezu symmetrisch verteilt sind. 2 PEIRO (1999) zeigt mittels nichtparametrischer Testverfahren, dass die Nullhypothese von symmetrisch verteilten, t/iglichen Aktienrenditen nicht abgelehnt werden kann. 3 l]bereinstimmend mit den Untersuchungen von FAMA (1976) und PEIRO (1999) zeigt die Analyse des NemaxAll-Share-Index sowohl mr t/agliche als auch mr monatliche Renditen eine positive Schiefe und eine hohe W61bung. Das dritte Moment der Verteilung nimmt jedoch mit einer Haltedauer von 20 Tagen deutlich ab. Aufgrund des stetigen Kursanstieges in hot-issue-Phasen ist zudem eine positive Schiefe der Renditeverteilung zu erwarten.

Aufgrund dieser Ergebnisse sind, analog RUUD (1993), die iJberh6hte Schiefe der Emissionsrenditeverteilung w/ihrend des ersten Handelstages und deren Rtickgang im Laufe der Aktiennotierung am Sekund~irmarkt als Hinweis mr die Existenz kursstiJtzender MaBnahmen zu werten. 4 Um die Existenz kursstfitzender MaBnahmen n/~her zu untersuchen, wird nun die Aktienkursentwicklung potenziell preisstabilisierter B6rseng/~nge wghrend der ersten 20 Handelstage einer genaueren Analyse unterzogen. Gmnds/~tzlich kann davon ausgegangen werden, dass Emissionsbanken bei IPOs, die zum Emissionspreis oder Ftir deutsche Untersuchungen, die eine Normalverteilung unterstellen, siehe Lubig, D. (2003) S. 227 f.; Kaserer, C./Kempf, V. (1995) S. 60; Ehrhardt, O. (1997) Vgl. S. 125 f. RUUD(1993) zeigt in ihrem Preisbildungsmodell, dass kurssttitzende MaBnahmen die Verteilung verschieben, ohne ihre Verteilung zu ver/indem. Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 142. 2 Vgl. Fama, E. F. (1976). 3 Vgl. Peir6, A. (1999) S. 856 ff. 4 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 146.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

199

darunter notieren, bereits am ersten Handelstag preisstabilisierend eingreifen, um eine negative Aktienkursentwicklung zu verhindem. Nach dem Wegfall preisstabilisierender Mal3nahmen ist jedoch, wie bereits erwghnt, ein Kursrfickgang zu erwarten.

AGGARWAL (2000) weist in ihrer Untersuchung nach, dass auch B6rsenggnge, die knapp fiber dem Emissionspreis notieren, durch Kursstabilisiemngsmaf3nahmen unterstt~tzt werden, und nutzt daher das Ffinf-Prozent-Niveau als Trennpunkt far ihre Querschnittsregression. ~ Basierend hierauf werden im Rahmen der nachfolgenden Analyse B6rsenggnge mit einer Emissionsrendite kleiner 5 Prozent ebenfalls als potenziell

kursstabilisiert

eingestuft. 2 Um

eine

detaillierte

Untersuchung

zu

erm6glichen, wird diese Gruppe in B6rsenggnge mit einer Rendite kleiner-5 Prozent sowie zwischen -5 und +5 Prozent segmentiert, da FRANZKE/SCHLAG (2003) B6rseng~inge mit einer Emissionsrendite von weniger als -5 Prozent als potenziell preisstabilisiert betrachten. 3 Zur Selektion der IPOs wird sowohl die Emissionsrendite auf Basis des Er6ffnungskurses (das heif3t t = 0) als auch auf Basis des Schlusskurses (das heif3t t = 1) mit obigen Grenzwerten verglichen. Bisher erfolgte eine Selektion ausschlief31ich

unter

der

Verwendung

der

Emissionsrendite

auf

Basis

des

Schlusskurses des ersten Handelstages. 4 Bei dieser Vorgehensweise werden jedoch B6rseng~inge, die bereits im Laufe des ersten Handelstages unterstfitzt werden und somit zum Selektionszeitpunkt eventuell bereits wieder fiber dem Emissionspreis notieren, nicht berficksichtigt. Aufgrund dieses wesentlichen Nachteils werden sowohl der Er6ffnungs- als auch der Schlusskurs zur Einteilung der IPOs in verschiedene Gruppen herangezogen. 5

Vgl. Aggarwal, R. (2000) S. 1087; KENNEDY/SIVAKUMAR/VETZAL(2002) nutzen ebenfalls eine Emissionsrendite yon 5 Prozent als Selektionskriterium. Vgl. Kennedy, D. B./Sivakumar, R./Vetzal, K. R. (2002) S. 7. 2 In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die durchschnittliche Emissionsrendite im vorliegenden Untersuchungszeitraum 44,1 Prozent betrggt 3 Vgl. Franzke, S. A./Schlag, C. (2003) S. 20. 4

Vgl. Lubig, D. (2003) S. 230.

5 Ein Nachteil dieser Methodik ist allerdings, dass vereinzelt B6rsenggnge doppelt gezghlt werden, falls eine Migration im Laufe des ersten Handelstages stattfand. Eine Zuordnung per Hand ist aus GNnden der Objektivitgt jedoch abzulehnen. Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004) S. 10.

200

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Abbildung 15: Aktienkursentwicklung potenziell kursuntersttitzter B6rseng~inge Die Analyse potenziell preisstabilisierter B6rseng~inge w~ihrend der ersten 20 Handelstage zeigt, dass B6rseng~inge mit einer Emissionsrendite zwischen -5 und +5 Prozent knapp unter dem Emissionspreis notieren, sich diesem jedoch kurz vor Ende des untersuchten Zeitraums

ann~ihern (Abbildung

15). Vor allem der letzte

Preisanstieg aber auch der wellenf6rmige Verlauf k6nnen auf kurssttitzende MaBnahmen durch die Emissionsbanken zurtickgeffihrt werden. IPOs mit einer Emissionsrendite unter -5 Prozent verlieren w~ihrend der ersten Handelstage deutlich an Wert, was als Indiz fiir das Vorliegen einer negativen Informationskaskade in Sinne von WELCH (1992) zu interpretieren ist. 1 Linen stetigen Kursrtickgang potenziell preisstabilisierter B6rseng~inge w~ihrend der ersten Handelstage wertet RUUD (1993) als Hinweis auf eine abnehmende finanzielle Untersttitzung durch die Emissionsbanken. 2

FOr die Emissionsbanken gibt es verschiedene M6glichkeiten, B6rseng~inge im Falle einer negativen Kursentwicklung zu untersttitzen. Zu den am h~iufigsten gew~ihlten Methoden z~ihlt, wie bereits erw~ihnt, der Aufbau einer Short-Position durch die Emissionsbanken und die gleichzeitig Absicherung gegen sich erh6hende Kurse

1 Vgl. Welch, I. (1992) S. 1795 ff. 2 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 148.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

201

mittels einer von den Emittenten gew~ihrten Greenshoe-Option. ~ Steigt der Aktienkurs fiber das Emissionsniveau, kann die Emissionsbank die Option austiben und somit die offene Position ausgleichen. F~illt der Aktenkurs hingegen unter das Emissionsniveau, werden die ben6tigten Wertpapiere im Sekund~irmarkt gekauft und hierdurch der Aktienkurs unterstt~tzt. Die Greenshoe-Option verf'~illt im letztgenannten Szenario folglich ungenutzt. Unter Verwendung dieser Informationen soll nun untersucht werden, ob die Greenshoe-Option vermehrt bei potenziell preisstabilisierten B6rseng~ingen nicht ausgetibt wird, da hierdurch ein weiterer indirekter Nachweis ftir die Existenz kursstatzender Magnahmen geNhrt werden kann. Bei B6rseng~ingen mit einer Emissionsrendite von weniger als -5 Prozent wurde die Option bei 83,3 Prozent der B6rseng~inge nicht ausgefibt. In der Gruppe von IPOs mit einer Emissionsrendite zwischen-5 und +5 Prozent liegen die Konsortialbanken die Option in 48,8 Prozent der F~ille ungenutzt verfallen. Im Rahmen von B6rseng~ingen mit einer Emissionsrendite von mehr als +5 Prozent, die als potenziell nicht preisbeeinflusst eingestuft werden, kam die Option hingegen nur in 6,2 Prozent der F~ille nicht zum Einsatz. Auch dieses Ergebnis l~isst darauf schliegen, dass im Falle negativer Kursentwicklung die Konsortialbanken preisstabilisierend eingreifen. LOFFLER/PANTHER/THEISSEN (2004)

analysieren

den

Informationsgehalt

des

vorb6rslichen Handels in Bezug auf den festgesetzten Emissionspreis und stellen hierbei einen hoch signifikanten und 6konomisch relevanten Zusammenhang fest. 2 Nach CORNELLI/GOLDREICH/LJUNGQVIST (2005) nutzen die Emissionsbanken den vorb6rslichen Handel zur Bestimmung des Emissionspreises, da jener die Erwartungen der Investoren widerspiegelt. 3 Wurde der Emissionspreis fiber dem Niveau des Handels per Erscheinen festgesetzt, und das IPO erzielt dennoch eine positive Emissionsrendite, so ist nach obiger Argumentation davon auszugehen, dass die Konsortialbanken kursstiitzend eingegriffen haben. Von den 46 B6rsengtingen, deren

Vgl. Franzke, S. A./Schlag, C. (2003) S. 2; Aggarwal, R. (2000) S. 1100. FOr eine Darstellung der verschiedenen M6glichkeiten zur Preisstabilisierung siehe Aggarwal, R. (2000) S. 1075 ff.; Aussenegg, W. (2000) S. 31 ff. 2 Vgl. L6ffier, G./Panther, P. F./Theissen, E. (2004) 3 Vgl. Comelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005)

202

Empirische Analyse von B6rseng~ngen an der FWB

Emissionspreis fiber dem Niveau des vorb6rslichen Handels festgesetzt wurden, erzielten 20 und somit 43,5 Prozent eine positive Emissionsrendite. Erneut kann diese Erkenntnis als Indiz fiJr die Existenz preisstabilisierender Mal3nahmen durch die Emissionsbanken gewertet werden.

Die Ergebnisse im Rahmen der Analyse der Emissionsrenditenverteilung, der Nichtausfibung der Greenshoe-Option und des vorb6rslichen Handels k6nnen als Hinweis auf die Existenz kursstfitzender Mal3nahmen durch die Emissionsbanken gewertet werden. Einschr~inkend muss jedoch erw~.hnt werden, dass mittels dieser indirekten Messmethoden ein statistischer Nachweis einer Ursache-Wirkungs-Beziehung nur eingeschr~nkt m6glich ist. Insgesamt muss die I-Iypothese P-1 - , , I m deutschen Kapitalmarkt kann die Existenz von Unterstfitzungsk~ufen nachgewiesen werden" - somit abgelehnt werden. Es kann jedoch aufgrund der bereits erw~hnten, zahlreichen theoretischen Oberlegungen zur Existenz preisstabilisierender Mal3nahmen davon ausgegangen werden, dass auch im deutschen Kapitalmarkt B6rseng~nge von den Emissionsbanken unterstfitzt werden und dass der fehlende statistische Nachweis nur mangels ungenfigender Daten nicht geffihrt werden konnte. ~

4.3.3 Einfluss von Unterstiitzungsk~iufen auf die Regressionsanalyse Im vorangegangenen Abschnitt dieses Kapitels konnte weder ein zweifelsfreier Nachweis fiir noch gegen die Existenz von Unterstfitzungsk~iufen geliefert werden. Hierdurch muss im Rahmen einer fundierten und sorgf'~ltig durchgeffihrten empirischen Analyse die m6gliche Existenz kursstfitzender Mal3nahmen und deren Einfluss auf die Emissionsrendite- wie nachfolgend erl~iutert- berficksichtigt werden, da dies ansonsten zu inkonsistenten und ineffizienten Sch~.tzwerten ffihren kann.

Nach RUUD (1993) ffihren preisstabilisierende Mal3nahmen der Konsortialbanken, wie bereits erw~hnt, zu einer Beschneidung der Verteilung der Emissionsrenditen. 2 TOBIT (1958) untersuchte als Erster die Eigenschaften zensierter Verteilungen, wodurch Regressionen basierend auf diesem Ansatz auch als Tobit-Regressionen bezeichnet werden. Diesem Ansatz folgend wird angenommen, dass die zu untersuchende

i Ft~r eine kurze Darstellung der verschiedenen Vorteile, die sich f~r die Emissionsbanken durch kursstOtzende Mal3nahmenergeben, siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith Peter N., (2004) S. 6 f. 2 Vgl. Ruud, J. S. (1993) S. 135 ff.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

203

Variable y~ nur beobachtet werden kann, wenn y~ > z gilt. Die Variable z ist hierbei der unterstellte Trennpunkt. 1 Grafisch 1/~sst sich dies wie folgt in Abbildung 16 darstellen:

z

Abbildung 16: Zensierte Verteilung

Bei Vorliegen dieser speziellen Verteilung kann die Methode der kleinsten Quadrate nicht angewendet werden, da der Mittelwert des Residuums nicht null betr/~gt. Die ursprfingliche Variable y; ist mr die Analyse in Kapitel 4.5 somit wie f o l g t - im Rahmen einer fundierten und sorgf~ltigen empirischen Analyse- zu transformieren:

y= f y; wenn y~ >0 wenn y~ < 0 In der vorliegenden Untersuchung des Underpricing-Ph/~nomens am deutschen Kapitalmarkt wird als Trennpunkt, analog Ruud (1993), der Wert null gew/~hlt, da durch preisstabilisierende Magnahmen der Kurs des Wertpapiers auf das Niveau des Emissionspreises oder darfiber angehoben wird. Die Modelle werden mittels der Maximum-Likelihood-Methode geschgtzt, wodurch das bekannte Gtitemaf3 R 2 nicht mehr zur Verffigung steht. Um dennoch eine Aussage zur G~te des Modells treffen zu k6nnen, wird in der Untersuchung in Kapitel 4.5 auf das so genannte Pseudo-R 2 zurfickgegriffen, welches wie folgt berechnet wird:

Pseudo-R 2 =

In Lo - In L 1 In L0

1 Far eine einffihrendeAnalyse siehe Wooldridge, J. (2000) S. 540 ff.; Ruud, P. A. (2000) S. 791 ff.; Maddala, G. S. (2001) S. 333 ff.

204

Empirische Analyse yon B6rseng~ingenan der FWB

mit: InL0 = Likelihood,dassalleKoeffizientenaul3erder Konstantenim Modellnull sind InL1 = Likelihooddes geschatztenModells

4.4 Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses Im Rahmen der Querschnittsregressionen zur Analyse des Underpricing-Ph~inomens in Subkapitel 4.5.5 sind vor allem die L~inge der Zeichnungsfrist und die Breite der Preisspanne als erkl~irende Variablen zur Bestimmung der relativen Wichtigkeit des

investor-sentiment-Ansatzes von entscheidender Bedeutung. In Vorbereitung hierzu erfolgt in diesem Abschnitt deren aus~hrliche 6konometrische Analyse.

4.4.1 Entwicklungund Formulierung der Hypothesen JENKINSON/MORRISON/WILHELM (2005) weisen darauf hin, dass bei europ~iischen IPOs im Gegensatz zu US-amerikanischen B6rseng~ingen Informationen fiber das Unternehmen w~ihrend der Pre-Marketing-Phase im Rahmen von Roadshows und Einzelgespr~ichen an ausgewghlte, meist institutionelle Investoren weitergegeben und somit vor Festsetzung der Preisspanne ver6ffentlicht werden. 1 Insbesondere Analysten der Emissionsbanken distribuieren w~ihrend dieses Zeitraums detaillierte Researchberichte mit Informationen zur Bewertung des Untemehmens. Hierdurch werden auf der einen Seite die ausgew~ihlten Investoren in die Lage versetzt sich eine erste eigene Preisvorstellung fiber den B6rsengang zu bilden, auf der anderen Seite erhalten die Konsortialbanken durch Gespr~iche mit diesen Investoren eine erste Indikation beztiglich des m6glichen Emissionspreises. Die Festlegung der Zeichnungsfrist und der Preisspanne erfolgt darauf aufbauend und wird tiblicherweise mittels einer Pressekonferenz ver6ffentlicht. 2

Ftir die in Subkapitel 4.5.5 folgende Analyse des Underpricing-Ph~inomens ist nunmehr interessant, ob die zu erwartende Nachfrage und somit die Investorenstimmung sowohl die L/inge der Zeichnungsfrist als auch die Breite der Preisspanne beeinflusst. Dies Nhrt zu folgenden Hypothesen:

1

Vgl. Jenkinson, T./Morrison, A. D./Wilhelm, W. J. (2005) S. 2.

2 Vgl. Sherman,A. (2005) S. 4.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

205

Hypothese E-I" Die erwartete Nachfrage beeinflusst die L~inge der Zeichnungsfrist.

Hypothese E-2: Die erwartete Nachfrage beeinflusst die Breite der Preisspanne. Nach Ende der Zeichnungsfrist wird unter Beachtung der gesammelten limitierten und unlimitierten

Kaufauftr~.ge

der

endgfiltige

Emissionspreis

festgesetzt.

BENVENISTE/SPINDT (1989) zeigen hierbei, wie im Rahmen der Erkl~rungsans~tze ffir das Underpricing-Ph~nomen bereits ausffihrlich er6rtert, dass den informierten Investoren ein Preisnachlass ffir die wahrheitsgemW3e Offenlegung ihrer privaten Informationen gew~hrt wird. 1 Aus diesem Grund wird der Emissionspreis von den Konsortialbanken nicht vollst~ndig an die von ihnen ermittelten Informationen angepasst, und es entsteht eine positive Emissionsrendite. Aufgrund dieser teilweisen Anpassung des Emissionspreises an die gewonnenen Informationen wird in der Literatur auch von einem partial-adjustment-Ph~nomen gesprochen. Als Benchmark ffir die Berechnung der Preisanpassung wird der erwartete Emissionspreis herangezogen, welcher als Mittelwert der Preisspanne berechnet wird. Unter Beachtung der Ausffihmngen zu den Stimmungsinvestoren in Subkapitel 4.3.2 wird die nachfolgende Hypothese formuliert:

Hypothese E-3: Die Stimmung der Investoren beeinflusst die Anpassung des Emissionspreises.

4. 4.2 Analyse der Zeichnungsfrist und der Preisspanne

In diesem Abschnitt wird der Einfluss der Investorenstimmung auf den Emissionspreisfindungsprozess einer erstmaligen 6konometrischen Analyse unterzogen. Hierzu werden mittels nachfolgender Regressionsgleichungen zuerst die Zeichnungsfrist (bbd) und anschliel3end die Preisspanne (bbw) analysiert:

Yi = ,6o + fllinvsizei + flznipoi + Anemaxi + fl4zew~ + flsunderwriterl i +fl6underwriter3~ + fl7newec~176

1

+ ei

(25),(27)

Vgl. Benveniste, L. M./Spindt, P. A. (1989) S. 343. LOUGHRAN/RITTER(2002) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass 6ffentlich verftigbare Informationen nicht vollst~ndig im Emissionspreis ber~cksichtigtwerden. Vgl. Loughran, Y./Ritter, J. R. (2002) S. 429 ff.

206

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB Yi = flo + fllinvsizei + fl2nipoi + fl3nemaxi + flaZeWi + flsunderwriterli +fl6underwriter3i + flTneuermarkti + ~i

(26),(28)

wobei fl0 bis fly den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, c das Residuum, der Index i die zu untersuchenden B0rseng~inge, y in den Modellen (25) und (26) die zu erkl~irenden Variable bbd und in den Modellen (27) und (28) die zu erkl~irenden Variable bbw bezeichnet. Die verwendeten exogenen Variablen sowie deren erwarteter Einfluss

auf Zeichnungsfrist (bbd) und Preisspanne (bbw) werden nachfolgend kurz erl~iutert und sind zur besseren Ubersichtlichkeit in Tabelle 17 zusammengefasst dargestellt.

Variable

Erwartetes Vorzeichen

invsize nipo nemax

underwriterl underwriter3 neweconomy neuermarkt

Tabelle

17"

Erwartete Vorzeichen ftir die Erkl~irung von Zeichnungsfrist und Preisspanne

Ein hohes Emissionsvolumen beinhaltet gmnds~itzlich eine gewisse Unsicherheit beziJglich der M6glichkeit der vollst~indigen Aktienplatzierung und sollte somit zu einer Verl~ingemng der Zeichnungsfrist fiihren. Da die Variable invsize jedoch in Anlehnung an BEATTY/RITTER (1986) als das Inverse des Emissionsvolumens berechnet wird, ist ein negatives Vorzeichen zu erwarten. 1 Ftir die Variable nipo, die die Anzahl der IPOs bis zu 30 Tage vor dem jeweiligen B6rsengang umfasst, wird ebenfalls ein negatives Vorzeichen erwartet. Dies ist damit Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

207

zu begl~nden, dass in hot-issue-Phasen, wie ROHLEDER (2001) anmerkt, eine hohe Markts~ttigung durch zahlreiche bereits abgeschlossene IPOs vorliegt, und somit im Rahmen eines zus~tzlichen IPOs, ceteris paribus, eine geringere Nachfrage nach den neuen Aktien zu erwarten ist. ~ Dies fiihrt zu einer h6heren Unsicherheit beztiglich der vollst~ndigen Aktienplatzierung und folglich zu einem negativen Vorzeichen. Nemax umschreibt die Entwicklung des Nemax-All-Share-Index in den 30 Tagen vor

Beginn der Marketing-Phase, die Variable zew die Konjunkturerwartung einen Monat zuvor. Beide Variablen gelten als Proxys far die Stimmung der Investoren. 2 Bei einem Anstieg des Aktienindex oder der Konjunkturerwartung ist auf eine positive Investorenstimmung zu schliegen. Dies fi~hrt nach dem investor-sentiment-Ansatz zu einer erh6hten Nachfrage nach den Aktien. Insofern k6nnen Emissionsbanken davon ausgehen, dass der B6rsengang, bei einer positiven Stimmung der Investoren, vollst~ndig platziert werden kann, weshalb sie sowohl Zeichnungsfrist als auch Emissionspreisspanne verringern. Diesen Ausfi~hmngen folgend ist far die Variablen nemax und auch zewi ein negatives Vorzeichen zu erwarten.

Die Dummy-Variablen underwriterl und underwriter3 approximieren die Reputation der Konsortialbanken. Hierfi~r werden die Emissionsbanken auf der Basis der von ihnen begleiteten B6rseng~nge in drei Gruppen eingeteilt. Die Variable underwriterl umfasst die Konsortialbanken, die bevorzugt vom Emittenten ausgew~hlt wurden, underwriter3

repr~sentiert die von den Emittenten am seltensten engagierten

Konsortialbanken. 3 Es ist anzunehmen, dass die bevorzugten Emissionsbanken in der Lage sind, einen guten Emissionspreis fiir den Emittenten zu erzielen und darfiber hinaus eine hohe Nachfrage zu stimulieren. Aufgrund dieser Argumentation wird fiir underwriterl ein negatives Vorzeichen erwartet. Konsortialbanken, die zur niedrigsten

Gruppe geh6ren, verfiigen tiber eine geringere Reputation und weniger Erfahrung im Platzieren von B6rseng~ngen und somit in der Absch~tzung der erwarteten Nachfrage nach den neuen Aktien. Darfiber hinaus ist anzunehmen, dass sie von relativ

1 Vgl. Rohleder, M. (2001) S. 393 ff. 2

Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1309 ff.; Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 723 ff.

3 Im Rahmen dieses Modells k6nnen nicht ~r alle drei Gruppen die entsprechenden DummyVariablen eingearbeitet werden, da hierdurch das Problem einer perfekten Korrelation der erkl~renden Variablen zum Tragen kommt. Vgl. Wooldridge, J. (2000) S. 213; Maddala, G. S. (2001) S. 302 ff. Insofern erfolgt die Analyse fi~rdie h6chste und niedrigste Gruppe, da hierfiir die aussagekr~ftigsten Ergebnisse erwartet werden. Die mittlere Gruppe bleibt unbe~cksichtig.

208

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

unbekannten und weniger erfolgreichen Unternehmen engagiert werden. 1 Hieraus folgt fiJr underwriter3 ein positiver Einfluss auf die endogenen Variablen Zeichnungsfrist und Preisspanne.

Die Dummy-Variablen neweconomy und neuermarkt dienen als Kontrollvariablen und sollen den Effekt der New Economy beziehungsweise des Aktienmarktsegments Neuer Markt auf die Regressionsergebnisse approximieren. 2 Neweconomy nimmt den Wert eins an, wenn das Unternehmen zur New Economy geh6rt, in allen tibrigen F~illen den Wert null. Notiert das Unternehmen nach dem B6rsengang am Neuen Markt der FWB, nimmt die Variable neuermarkt den Wert eins an, in allen tibrigen F~illen den Wert null. 3 Da w~ihrend des Untersuchungszeitraums ftir beide Gruppen ein hohes Interesse sowie eine hohe Nachfrage der Investoren festzustellen ist, wird ein positives Vorzeichen prognostiziert.

Die in Tabelle 18 dargestellten Ergebnisse der Modelle (25) und (26) zeigen die erwarteten Vorzeichen, wobei bis auf nipo und zew alle erkl~irenden Variablen signifikant sind. Ein Anstieg des Nemax-All-Share-Index um einen Prozentpunkt bedeutet im Fall des Modells (25) eine durchschnittlich um 2,8 Tage verkiJrzte Zeichnungsfrist. Die von den Emittenten bevorzugt gew~ihlten Emissionsbanken bieten B6rseng~inge mit einer durchschnittlich 1,5 Tagen ktirzeren Zeichnungsfrist an, wohingegen weniger h~iufig beauftragte Konsortialbanken diesen Zeitraum um durchschnittlich einen Tag erh6hen. Dies kann zum einen damit erkl~irt werden, dass lukrative B6rseng~inge bevorzugt erfolgreiche Emissionsbanken w~ihlen, und zum anderen damit, dass erfahrene Emissionsbanken in der Lage sind, eine gr6Bere Nachfrage aufgrund ihrer hohen Reputation und des damit verbundenen Qualit~itssignals zu erzielen. Nach den Regressionsergebnissen zu urteilen ftihrt ein groBes Diese Argumentation unterstellt, dass das durch Akerlof bekannte Problem der lemons keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse hat. Dies wird damit begrtindet, dass Konsortialbanken, um ihre Reputation nicht zu gef~ihrden, BSrseng~inge unrentabler oder unwirtschaftlicher Unternehmen nicht als Mandat annehmen und hierdurch das fiJr die Investoren erforderliche Screening iabernehmen. Vgl. Akerlof, G. A. (1970) S. 488. Eine ausf'tihrliche Darstellung dieser Problematik erfolgt in Subkapitel 3.2.2. 2 Eine Darstellung jener Industriegruppen die im Rahmen dieser Studie zur New Economy gez~ihlt werden erfolgt in Subkapitel 4.5.2. 3 Da der Neue Markt privatrechtlich organisiert war, erfolgte der B6rsengang am 6ffentlichrechtlichen AktienmarktsegmentGeregelter Markt. Anschliel3endwurde der Wechsel an den Neuen Markt vollzogen, ohne die Notierung am Geregelten Markt wahr zu nehmen. Siehe hierzu aus~hrlich Subkapitel 2.6.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

209

Emissionsvolumen wie erwartet zu einer verl~ingerten Zeichnungsfrist, da ein gro6es Aktienvolumen

mit

einer

h6heren

Unsicherheit

bezfiglich

dessen

vollst~indiger

Platzierung einhergeht. Interessant sind in diesem Z u s a m m e n h a n g auch die Vorzeichen der Variablen n e w e c o n o m y (Modell (25)) und n e u e r m a r k t (Modell (26)). Beide haben ein negatives Vorzeichen, wobei letztgenannter Regressor sogar a u f dem EinProzent-Niveau signifikant ist. Somit werden IPOs am Neuen Markt ebenso wie aus der N e w E c o n o m y mit einer verkfirzten Zeichnungsfrist angeboten, wodurch fiir beide Gruppen a u f eine geringe Unsicherheit bezfiglich der erwarteten Nachfrage geschlossen werden kann.

Nr. d. Regression

(25)

(26)

Sch~itzmethode Abh. Variable

OLS bbd

OLS bbd

Koeffizient konstante

Stdf.

Koeffizient Stdf.

-29.377 *** (2,80)

-28.417 *** (2,74)

invsize

-2.110"** (0,16)

-2.071 *** (0,16)

nipo

-0.313

-0.283

nemax

-2.764 *** (0,97)

zew underwriterl underwriter3 neweconomy

0.002

Bereinigtes R2

(0,01)

-1.469 *** (0,31) 1.071 ** -0.603 *

neuermarkt F-Statistik

(0,26)

(0,42)

(0,25)

-2.707 *** (0,74) 0.003

(0,01)

-1.456 *** (0,31) 0.918 **

(0,43)

(0,39) -1.084 *** (0,34)

31.30 *** 0.43

35.90 *** 0.44

N 414 414 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, RobusteStandardfehlerin Klammern Tabelle 18: Einfluss der Investorenstimmung auf die Zeichnungsfrist 1

Z u s a m m e n f a s s e n d ist aufgrund obiger Regressionen zu attestieren, dass die Stimmung der Investoren und damit einhergehend die erwartete Nachfrage nach den Aktien die

Da der Nemax-All-Share-Index mit dem Start des Neuen Marktes am 10. M~irz 1997 zum ersten Mal berechnet wurde, liegt beim ersten B6rsengang kein Datenpunkt f'tir die Variable nemax vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf 414.

210

Empirische Analyse von B6rseng/~ngen an der FWB

L~inge der Zeichnungsfrist beeinflusst. Somit kann H y p o t h e s e E-1 - , , D i e erwartete Nachffage beeinflusst die L/inge der Zeichnungsfrist" -

nicht abgelehnt werden.

Nr. d. Regression

(27)

(28)

Sch/~tzmethode Abh. Variable

OLS bbw

OLS bbw

Koeffizient konstante

0.155 **

Stdf. (0,06)

Koeffizient Stdf. 0.172 *** (0,07)

invsize

-0.002

(0,01)

-0.002

(0,00)

nipo

-0.005

(0,01)

-0.004

(0,01)

nemax

-0.080 *** (0,02)

zew

0.000

(0,00)

0.000

(0,00)

underwriterl

-0.009

(O,Ol)

-0.009

(O,Ol)

underwriter3

-0.004

(0,01)

-0.005

(0,01)

neweconomy

-0.001

(0,01) -0.012

(0,01)

neuermarkt

-0.080 *** (0,02)

F-Statistik

2.89 ***

2.97 ***

Bereinigtes R2

0.04

0.04

N 414 414 * Signifikanzniveauvon 10 %, ** Signifikanzniveauvon 5 %, *** Signifikanzniveauvon 1%, RobusteStandardfehlerin Klammern Tabelle 19: Einfluss der Investorenstimmung auf die Preisspanne ~

Wie in Tabelle 19 dargestellt zeigt sich auch bei den Modellen zur Analyse der Breite der Preisspanne (Modelle (27) und (28)) ein zur Zeichnungsfrist vergleichbares Bild. Allerdings konnte nur for die Variable

nemax,

die in der Literatur bevorzugt als Proxy

fOr die Stimmung am Aktienmarkt herangezogen wird, in beiden Regressionen ein signifikantes Ergebnis ermittelt werden. 2 Eine positive Entwicklung des untersuchten Aktienindex vor dem B6rsengang fOhrt auch zur Reduktion der Preisspanne. Dies ist ein zus/~tzliches Indiz fOr den Einfluss der Investorenstimmung a u f den Preisbildungsprozess. 1 Da der Nemax-All-Share-Index zum ersten Mal mit dem Start des Neuen Marktes am 10. M/~rz 1997 ermittelt wurde, liegt beim B6rsengang der Mobilcom AG am 10. M/~rz 1997 kein Datenpunkt mr die Variable n e m a x vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf 414. 2 Ftir einen Oberblick siehe Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 11.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

211

Aufgrund dieser Ergebnisse kann H y p o t h e s e E-2 - , , D i e erwartete Nachfrage beeinflusst die Breite der Preisspanne" - nieht abgelehnt werden.

4.4.3 Analyse der Preisanpassung W~ihrend

der

Marketing-Phase

werden,

wie

bereits

dargestellt,

von

den

Konsortialbanken die Kaufauftr~ige der Investoren im Orderbuch gesammelt. Nach Beendigung der Zeichnungsfrist wird der endgtiltige Emissionspreis unter Beachtung der gesammelten Kaufauftr~ige sowie der 6ffentlich verftigbaren Informationen, wie beispielsweise der Entwicklung des Gesamtmarktes, von Emittent und Konsortialbanken gemeinsam festgesetzt. ~ Um die Festsetzung des endgtiltigen Emissionspreises im Vergleich zur Preisspanne analysieren zu k6nnen, wird auf die Differenz zwischen erwartetem und endgtiltigem Emissionspreis zurtickgegriffen. Der zu Beginn der Marketing-Phase erwartete Emissionspreis wird hierbei als Mittelwert aus oberer und unterer Grenze

der Preisspanne

errechnet. 2 Formal

l~isst sich dies wie

folgt

spezifizieren: 3

adjustment =

Emissionspreis I Preisspannev +2Preisspanne~)

mit:

adjustment = Preisanpassung Pre&spanneo = Obere Grenzeder Preisspanne PreisspanneU = Untere Grenzeder Preisspanne Emissionspreis= FestgesetzterEmissionspreis

i Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 425 ff.; Ftir eine exemplarische Darstellung dieses Abstimmungsprozesses siehe Daniel, K. (2002) S. 445 ff. Eine ausftihrliche Darstellung des Prozesses der Preisfestsetzung im Rahmen des Bookbuildingverfahrens erfolgt in Subkapitel 2.8.4. 2 Es ist davon auszugehen, dass der erwartete Emissionspreis durch den Mittelwert aus oberer und unterer Grenze der Emissionspreisspanne im Durchschnitt hinreichend genau approximiert werden kann. Ware ein h6herer Emissionspreis aufgrund der attrahierten Informationen zu erwarten, so wtirden die Emissionsbanken die Preisspanne entsprechend nach oben anpassen, damit sie auch in diesem Fall einen Spielraum zur Festsetzung des endgiiltigen Emissionspreises zur Verfiagung haben. Ftir eine Analyse des Preisbildungsprozesses Dr den US-amerikanischen Aktienmarkt siehe Lowry, M./Schwert, G. W. (2004) S. 3 ff. 3 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 735; Hanley, K. W./Kumar, A. A./Seguin, P. (1993) S. 236; Bradley, D. L/Jordan, B. D. (2002) S. 608 f.

212

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

Zur 6konometrischen Analyse der Preisanpassung wird folgende Regressionsgleichung mittels OLS gesch~itzt:

adjustmenti = flo + fllinvsizei + flznip~ + fl3nemaxi + fl4zewi

(29),(30)

+ flsneweconomyi + fl6neuermarkti + a"i

wobei/3o bis f16 den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, c das Residuum, a d j u s t m e n t die zu erkl~irende Variable und der Index i die zu untersuchenden B6rseng~inge bezeichnet. Die verwendeten exogenen Variablen werden unter Beachtung obiger Erkl~irungen anschliel3end kurz erl~iutert und sind in Tabelle 20 mit den erwarteten Vorzeichen zusammengefasst dargestellt. Variable

Erwartetes Vorzeichen

invsize nipo

neweconomy neuermarkt

Tabelle 20: Erwartete Vorzeichen for die Variablen zur Erkl/~rung der Preisanpassung Bei der Berechnung der Variablen hat sich im Vergleich zu obigen Regressionen zur Analyse der Preisspanne nur bei n e m a x eine Ver~indemng und Zeichnungsfrist ergeben. FOr die folgenden Modelle bezeichnet n e m a x die Entwicklung des NemaxAll-Share-Index wghrend der Zeichnungsfrist. Dies wurde gew~ihlt, da die Entwicklung des Index vor diesem Zeitpunkt nach obigen Regressionsergebnissen bereits in die Preisspanne eingearbeitet wurde und dartiber hinaus for die Preisanpassung nur die Entwicklung innerhalb der Zeichnungsfrist interessant ist. Da ein allgemeiner Kursanstieg am Kapitalmarkt auf eine vorteilhafte Investorenstimmung und somit auf eine hohe Nachfrage nach den zu platzierenden Aktien schliel3en l~isst, ist ein positiver Zusammenhang zu erwarten. Gute Konjunkturerwartungen sollten in ~ihnlicher Weise einen positiven Einfluss auf die Preisanpassung ausOben.

Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

213

Je gr613er das Emissionsvolumen oder je gr6f3er die Anzahl an bereits abgeschlossenen B6rseng~ingen, desto schwieriger ist es, einen Nachfragefiberhang zu erzeugen. Aufgrund dessen sollten invsize und nipo ein negatives Vorzeichen aufweisen.

Die Dummy-Variablen neweconomy und neuermarkt berficksichtigen erneut den Effekt der New Economy beziehungsweise des Aktienmarktsegments Neuer Markt. Da ffir beide Gruppen eine hohe Nachfrage w~ihrend des Untersuchungszeitraums vorliegt, ist ein positives Vorzeichen zu prognostizieren.

Nr. d. Regression

(29)

(30)

Sch~itzmethode

OLS

OLS

Abh. Variable

adjustment

adjustment

Koeffizient konstante

Stdf.

0.696 *** (0,12)

Koeffizient

Stdf.

0.671 *** (0,11)

invsize

-0.007

(0,01)

-0.008 *

nipo

-0.020"**

(0,01)

(0,01)

-0.021 *** (0,01)

nemax

0.246 *** (0,07)

0.251 *** (0,06)

zew

0.000 *** (0,001)

0.000 *** (0,001)

neweconomy

-o.oo5

neuermarkt

(o,ol) 0.011

F-Statistik

5.81 ***

7.16 ***

Bereinigtes R 2

0.08

0.08

(0,01)

N 414 414 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammern Tabelle 21: Einfluss der Investorenstimmung auf die Preisanpassung 1

Wie Tabelle 21 zeigt besteht sowohl hinsichtlich der Marktsegmente als auch der Industriegruppen ffir die Anpassung des Emissionspreises kein Unterschied zwischen den B6rseng~ingen, da sowohl neweconomy als auch neuermarkt nicht signifikant i Da der Nemax-All-Share-Index zum ersten Mal mit dem Start des Neuen Marktes am 10. M~irz 1997 ermittelt wurde, liegt beim B6rsengang der Mobilcom AG am 10. M~irz 1997 kein Datenpunkt for die Variable nemax vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf 414.

214

Empirische Analyse yon B6rseng~ngen an der FWB

sind. ~ Somit wird der Emissionspreis for beide Gruppen nicht st~irker nach oben oder unten angepasst als fOr die anderen B6rseng~inge. Dieses Resultat ist erstaunlich, da beide Gruppen w~ihrend des Untersuchungszeitraums besonders gefragt und viele B6rseng~inge beider Gruppen mehrfach iiberzeichnet waren. 2 Basierend hierauf w~ire eine positive Preisanpassung zu erwarten. 3 Unter Beachtung der Analyseergebnisse zum Einfluss der Investorenstimmung auf die Preisspanne und Zeichnungsfrist kann der nichtsignifikante Zusammenhang jedoch damit erkl~irt werden, dass die Preisspanne bereits im Vorfeld entsprechend der hohen Nachfrage festgesetzt wurde, um einen maximal m6glichen Emissionspreis fOr die Emittenten zu erzielen, und somit keine fiberdurchschnittlich hohe Preisanpassung erforderlich war. Dies wird dadurch unterst~tzt, dass im hier analysierten Datensatz der Emissionspreis nie oberhalb der Preisspanne festgesetzt wurde. 4 Die Variable nipo, welche den Effekt zuriickliegender und bereits abgeschlossener IPOs analysiert, zeigt den erwarteten negativen Effekt und l~isst darauf schlieBen, dass der Markt nicht uneingeschr~inkt aufnahmef~ihig ist. Dieses Ergebnis bestgtigt die Untersuchung yon ROHLEDER (2001), nach der im Sommer 1999 B6rseng~inge aufgrund der hohen Marktbelastung abgesagt werden mussten, da unter anderem die vom Emittenten gewtinschten Emissionspreise nicht erzielt werden konnten. Die Variablen zur Messung des Einflusses der Investorenstimmung, n e m a x und zew, sind signifikant und positiv und zeigen somit, dass eine positive Stimmung der Investoren zu einer Erh6hung des Emissionspreises innerhalb der Preisspanne fohrt. Basierend auf diesen Ergebnissenkann Hypothese E-3 - , , D i e

Stimmung der

Investoren beeinflusst die Anpassung des Emissionspreises" - nicht abgelehnt werden.

1 Eine Beschreibung der verschiedenen Industriegruppen und der Zusammensetzung der New Economy erfolgt in Subkapitel 4.5.2 2 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 22. 3 Eine detaillierte Analyse der Emissionsrendite getrennt nach Marktsegmenten und Industriegruppen erfolgt in Subkapitel 4.1.3.1. 4 Ft~reine ausffihrliche Analyse des Ph~inomens, dass bei europgischen B6rsenggngen im Vergleich zu US-amerikanischen der Emissionspreis nur selten auBerhalb der Preisspanne festgesetzt wird siehe Jenkinson, T./Morrison, A. D./Wilhelm, W. J. (2005).

Untersuchung des Underpricing-Ph~nomens

215

4.5 Untersuchungdes Underpricing-PMinomens Dieses Subkapitel widmet sich der empirischen Analyse des Underpricing-Phgnomens. Insbesondere soll herausgearbeitet werden, ob die Konstanz der Emissionsrendite mittels der erh6hten Nachfrage der Stimmungsinvestoren nach B6rseng~ingen besser erkl~irt werden kann als mit den traditionellen Theorien basierend auf der ex-anteUnsicherheit.

4.5.1 Entwicklungund Formulierung der Hypothesen Ft~r den zurfickliegenden B6rsenboom attestieren Analysen US-amerikanischer B6rsenggnge fl~r die Industriegruppen der New Economy ein signifikant erh6htes Underpricing. Auch in Deutschland standen diese Branchen im Mittelpunkt des Interesses sowohl der Medien als auch der Investoren. Dies zeigte sich unter anderem durch zahlreiche mehrfach aberzeichnete B6rsenggnge. Wfirde die New Economy wghrend des Untersuchungszeitraums in Bezug auf die Emissionsrendite signifikant von den fibrigen B6rseng~ingen abweichen, so mfisste dies in einer Querschnittsregression zur Untersuchung des Underpricing-Phgnomens durch eine entsprechende Variable berficksichtigt werden. Aufgrund dieser Argumentation wird nachfolgende Hypothese formuliert:

Hypothese U-I" B6rsenggnge der New Economy weisen eine fiberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite auf. Der Neue Markt entwickelte sich w~ihrend des Untersuchungszeitraums zum bevorzugten Aktienmarktsegment mr B6rsenggnge innerhalb Deutschlands. j Vor allem 1999 und 2000 wurde die fiberwiegende Anzahl der IPOs an diesem Teilmarkt platziert, was auf dessen besondere Attraktivit~it schlieBen lgsst. In Anlehnung an obige Argumentation zur New Economy ist folgende Hypothese empirisch zu t~berprafen:

Hypothese U-2: B6rseng~inge am Neuen Markt weisen eine tiberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite auf. Auch innerhalb Europas w~ihlte die Mehrzahl der Emittenten den Neuen Markt mr ihren B6rsengang. Far eine ausf't~hrlicheAnalyse europ~iischerB6rsengange siehe Ritter, J. R. (2003b) S. 421 ff.; Giudici, G./Roosenboom, P. (2004) S. 25 ff.

216

Empirische Analyse yon B6rseng~ngen an der FWB

Eine der wichtigsten Entscheidungen aus Sicht des Emittenten ist die Wahl eines geeigneten Konsortialffihrers. Nach den Ergebnissen der von ALTHAUS (2001) durchgeffihrten Emittentenbefragung sind die Vertrauensbasis und der Track-Record beziehungsweise das Renommee die wichtigsten Kriterien zur Wahl einer Emissionsbank. 1 KRIGMAN/SHAW/WOMACK (1999) zeigen in diesem Zusammenhang, dass Emittenten bevorzugt jene Emissionsbanken engagieren, die in der Lage sind, eine erh6hte Medienaufmerksamkeit zu erzeugen. 2 Eine verst~rkte Medienpr~senz induziert in Anlehnung an den investor-sentiment-Ansatz und nach MERTON (1987) mittels gesteigerter Nachfrage eine h6here Emissionsrendite. 3 In der Literatur werden die das Underpricing beeinflussenden Eigenschaften einer Emissionsbank grunds~tzlich als Reputation bezeichnet. 4 Nachfolgende Hypothese daher einer empirischen 15berpr~fung zu unterziehen:

Hypothese U-3: Eine hohe Reputation des Konsortial~hrers beeinflusst die Emissionsrendite positiv.

Das Underpricing-Ph~nomen wird seit Anfang der 70er-Jahre intensiv analysiert und meist mit asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den am Going Public beteiligten Gruppen und der daraus resultierenden ex-ante-Unsicherheit erkl~rt. RITTER/WELCH (2002) kommen in ihrem Literaturfiberblick jedoch zu dem Schluss, dass Erkl~mngsans~tze basierend auf dieser Theorierichtung nicht in der Lage sind, die

tiber

viele

Jahre

bestehenden

positiven

Emissionsrenditebzu

erkl~ren. 5

LJUNGQVIST (2004) propagiert aufgrund dessen die Behavioral Finance als vielver-

1 Vgl. Althaus, J. (2001) S. 60. 2 Vgl. Krigman, L./Shaw, W. H./Womack, K. L. (1999) S. 1016. 3 Nach MERTON (1987) sind Investoren nur in der Lage, eine begrenzte Anzahl an Aktien zu beobachten. Hierdurch ffihrt eine erh6hte Medienpr~senz automatisch zu einer h6heren Kaufwahrscheinlichkeit. Merton, R. (1987) S. 483 f. 4

Vgl. Tietze, C. (2004) S. 81 ff. WEINBERGER(1994) versteht unter Reputation das Vertrauen von Investoren zur Emissionsbank. Vgl. Weinberger, A. (1995) S. 355. SPREMAYN(1988) interpretiert Reputation in seiner theoretischen Arbeit als Pfand f~r den Vertragspartner. Da der Aufbau der Reputation nach diesem Modell ein vor allem zeit- und kostenintensiver Prozess ist, wird ein 0ber Reputation verffigender Vertragspartner nur dann opportunistisch handeln, wenn der einmalige Gewinn aus diesem Verhalten gr613erist, als die dauerhaft zu generierende Reputationspr~mie. Vgl. Spremann, K. (1988) S. 619; Bahr, A. (2003) S. 200.

5 Vgl. Ritter, J. R./Welch, I. (2002) S. 1822.

Untersuchung des Underpricing-Phgnomens

217

sprechendstes Forschungsfeld zur L6sung des Underpricing-Ph~inomens. ~ Somit wird nachfolgende Hypothese einer empirischen l]berprfifung unterzogen:

HypotheseU-4: Die Ans~itze auf Basis von Stimmungsinvestoren k6nnen die Schwankungen der Emissionsrendite besser erkl~iren als die Theorien auf der Grundlage der ex-ante-Unsicherheit.

4.5.2 Einfluss der Industriegruppen In der IPO-Literatur herrscht bisher kein Konsens darfiber, welche Untemehmen zur New Economy zu zghlen sind. So untersuchen LOUGHRAN/RITTER (2004) Intemetund Technologieaktien. 2 LJUNGQVIST/WILHELM (2003) gruppieren Intemet und HighTech-Firmen zur New Economy. 3 Dahingegen beschr~inken sich LOWRY/SCHWERT (2002) auf High-Tech-B6rsenggnge. 4 Unternehmen der Branchen biotech, computer

equipment, electronics, communications und general management werden von LOWRY/SCHWERT (2004) zu einem Dummy zusammengefasst. 5

Nach BRETTEL/RUOOLF/WITT (2005) lassen sich Untemehmen gmnds~itzlich in Wachstumsunternehmen

und

klassische

Untemehmen,

beziehungsweise

New

Economy und Old Economy, unterscheiden. 6 Junge Wachstumsunternehmen werden nach dem Regelwert des Neuen Marktes beschrieben als .....insbesondere innovative Untemehmen, die neue Absatzmgrkte erschliegen, neue Verfahren etwa in der Beschaffung, Produktion oder beim Absatz verwenden, bzw. neue Produkte und/oder Dienstleistungen anbieten und ein fiberdurchschnittliches Umsatz- und Gewinnwachstum erwarten lassen". 7

Ft~r die hier vorliegende Studie werden in Anlehnung an obige Eingrenzung und die genannten Studien des US-amerikanischen Aktienmarktes unter New Economy die

Vgl. Ljungqvist, A. P. (2004) S. 66. z Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2004) S. 17. 3 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 737. 4 Vgl. Lowry, M./Schwert, W. (2002) S. 1186. 5 Vgl. Lowry, M./Schwert, G. W. (2004) S. 15. 6

Vgl. Brettel, M./Rudolf, M./Witt, P. (2005) S. 1.

7

Vgl. Deutsche B6rse AG (2002) Abschnitt 1. Siehe auch Schmidt-Reintjes, Y. (2003) S. 12 ff.

218

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

Branchen media, pharma&health,

software, technology und telecommunications

subsumiert. 1

Zur Analyse des Einflusses verschiedener Industriegruppen auf die H6he der Emissionsrendite werden nachfolgende OLS- und Tobit-Regressionsmodelle gesch~itzt und die Ergebnisse in Tabelle 22 dargestellt:

ln(1Ri ) = flo + s flkindustrYi -I-~

(31),(32)

k=l

In ( IRi ) = ,8o + fllnewec~176

+ ei

(33),(34)

wobei ,8o bis fin den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, ~ das Residuum, IR die endogene Variable, industry die in Tabelle 22 genannten Industriegruppen und der Index i die zu untersuchenden B6rseng~inge bezeichnet. Die Variable neweconomy umfasst die oben genannten Industriegruppen. Ftir diesen Dummy ist unter Beachtung des investor-sentiment-Ansatzes

yon einem positiven Einfluss auf die Emissions-

rendite auszugehen, da B6rseng~inge der New Economy aufgrund erh6hter Nachfrage eine h6here

Emissionsrendite

w~ihrend des Untersuchungszeitraums

aufweisen

sollten. 2

Die Ergebnisse von Regression (31) zeigen, dass bis auf die Industriegruppe

pharma&health, welche zur tiberwiegenden Mehrheit aus Unternehmen der Biotech' nologiebranche besteht, alle Dummy-Variablen der New Economy ein signifikantes Ergebnis erzielen. So erh6ht sich die Emissionsrendite ftir einen Going Public aus dem 1 Die aufgezahlten englischen Bezeichnungen entsprechen den vonder Deutschen B6rse AG im Rahmen der C-DAX-Klassifizierung verwendeten Begriffiichkeiten. Vgl. www.exchange.de. 2 Es ist hier jedoch darauf hinzuweisen, dass beispielsweise LOUGHRAN/RITTER(2004) das hohe Underpricing w~ihrend des BOrsenbooms auf ein erh6htes Risikoprofil der BOrseng~inge zuriick~hren. Diese Argumentation scheint insbesondere fiir den vorliegenden Untersuchungszeitraum wenig zielfiihrend, da vor allem B6rseng~inge der New Economy sehr stark nachgefragt wurden und es somit h~iufig zu einer mehrfachen Oberzeichnung des Angebotes kam. Dartiber hinaus entwickelte sich die Renditen der B6rseng~inge wahrend der ersten 30 Handelstage mit einem durchschnittlichen buy-and-hold-return von 31 Prozent sehr positiv. Wtirde die Argumentation yon LOUGHRAN/RITTER(2004) zutreffen, so mtissten die IPOs der New Economy nur auf wenig Nachfrage treffen und somit eine geringe Oberzeichnung beziehungsweise keine Oberzeichnung dokumentiert werden. Zus~itzlich sollten die ebenfalls unterstellten rationalen Investoren die Aktien bei einer vorteilhaften Kursentwicklung aufgrund des propagierten Risikos verkaufen, was zu Kursrtickg~ingen f'tihrt.

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens Bereich

software um

219

21,9 Prozent und aus dem Bereich media um 26,9 Prozent im

Vergleich zu den tibrigen Industriegruppen.

Nr. d. Regression

(31)

(32)

Sch~itzmethode

OLS

Abh. Variable

ln(IR) Koeffizient Stdf.

konstante

(33)

(34)

TOBIT

OLS

TOBIT

ln(IR)

ln(IR)

ln(IR)

Koeffizient Stdf.

Koeffizient Stdf.

Koeffizient Stdf.

0,175 *** (0,03)

0,068 *** (0,05)

0,131 *** (0,04)

0,173 *** (0,06)

0,096

(0,08)

media

0,269 **

(0,11)

0,342"

(0,21)

pharma&health

0,127

(0,10)

0,129

(0,21)

software

0,219 **

(0,09)

0,294

(0,20)

technology

0,197 **

(0,09)

0,247

(0,20)

telecommunication

0,207 *

(0,13)

0,274

(0,22)

0,029

(0,11 )

0,108

(0,26)

0,352 *

(0,20)

0,475

(0,33)

(0,08)

-0,028

(0,20)

New Economy

Old Economy automobile banks consumercyclical

-0,089

-0,417

(0,35)

financialservice

0,267 **

(0,13)

0,318

(0,22)

industrial

0,029

(0,09)

0,047

(0,22)

machinery

-0,090

(0,09)

-0,277

(0,30)

0,162

(0,15)

0,235

(0,26)

-0,022

(0,10)

-0,011

(0,25)

retail transportation

neweconomy

F-Statistik Bereinigtes R 2 Pseudo R 2

10,31 *** 0,02

0,05

0,01

0,04

415 415 N 415 * Signifikanzniveau von l0 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammern

Tabelle 22" Einfluss der Industriegruppen auf die Emissionsrendite

415

220

Empirische Analyse von Btirseng~ingen an der FWB

Die Btirseng~inge der Branchen banks und financialservices erzielen ebenfalls eine signifikant h6here Emissionsrendite. Dieses Ergebnis widerspricht den in Subkapitel 3.2.1

dargestellten

Erkl~irungsans~itzen

basierend

auf asymmetrisch

verteilten

Informationen zwischen Emittent und engagierten Emissionsbanken. Innerhalb dieser Modelle kommt es aufgrund eines Moral-Hazard-Verhaltens der Konsortialbanken zu einer negativen Abkehr vom maximal erzielbaren Emissionspreis und somit zum Underpricing. Da die an den Markt gehenden Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen in der Regel selbst im Konsortium vertreten sind, miissten sich die Agency-Probleme reduzieren und als Folge dessen mtisste sich das erforderliche Underpricing ebenfalls verringern. Da jedoch ftir diese Firmen ein erh6htes Underpricing beobachtet werden kann, ist die Richtigkeit dieser ErkRimngsans~itze anzuzweifeln. Das Tobit-Modell (32) beriicksichtigt explizit den Einfluss m6glicher Untersttitzungsk~iufe auf die Emissionsrendite. ~ Innerhalb dieser Regressionsgleichung erzielt nur noch die erkRirende Variable media ein signifikantes Ergebnis. Ftir die tibrigen Industriegruppen kann weder ein positiver noch negativer signifikanter Einfluss auf die Emissionsrendite dokumentiert werden. Aufgrund dieser Ergebnisse und der M6glichkeit einer zu diesem Zeitpunkt teilweise ungenauen Eingmppierung der Unternehmen in die jeweiligen Branchen werden die B6rseng~inge der oben beschriebenen New Economy zu einem Regressor zusammengefasst und mittels der Modelle (33) und (34) auf dessen ErkRimngspotenzial hin analysiert. Hierbei zeigt sich sowohl im Rahmen des OLS- als auch im Rahmen der Maximum-Likelihood-Sch~itzung

ein auf dem Ein-Prozent-Niveau

signifikantes

Ergebnis. 2 Der positive Koeffizient von 0,131 im Modell (33) bedeutet, dass B6rseng~inge der New Economy im Durchschnitt eine um 13,1 Prozent h6here Emissionsrendite aufweisen als IPOs der tibrigen Branchen.

Wie in Subkapitel 4.3 dargestellt ftihren Unterst~tzungsk~iufe zu einer Eliminierung negativer Emissionsrenditen und folglich zu einer Zensierung der Verteilung. Aufgrund dessen werden neben OLS-Modellen auch Tobit-Regressionen gesch~itzt. 2 Aufgrund der zensierten Verteilung der zu erkRirenden Variablen muss die Regressionsgleichung mittels der Maximum-Likelihood-Methodegesch~itztwerden. Siehe hierzu Subkapitel 4.3.3.

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens

221

Durch die gewonnenen Erkenntnisse kann Hypothese U-1 -,,B6rseng~inge der New Economy weisen eine tiberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite a u g ' -

nicht

abgelehnt werden.

Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist in der abschlieBenden Querschnittsregression zur Analyse des Underpricing-Ph~inomens der Einfluss der New Economy zu berticksichtigen.

4.5.3

Einfluss der Aktienmarktsegmente

Der Untersuchungsgegenstand dieser Studie umfasst, mit Ausnahme des Freiverkehrs, die B6rseng~inge an allen Aktienmarktsegmenten der FWB. Um Differenzen zwischen den einzelnen Teilm~irkten hinsichtlich der Emissionsrendite zu untersuchen, werden folgende Regressionen verwendet:

In ( IR i ) = flo + fllahi

+

(35),(36)

fl2nmi + fl3smaxi + gi

wobei fl0 bis/33 den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, c das Residuum, IR die zu erkRirende Variable und der Index i die zu untersuchenden B6rseng~inge bezeichnet. Die Regressoren bestehen aus den Aktienmarktsegmenten Neuer Markt (nm), Amtlicher Handel (ah) und SMAX (smax). 1 Aufgrund obiger Argumentation ist ftir das Marktsegment Neuer Markt (nm) ein positiver Zusammenhang und fiir die tibrigen Segmente ein negativer Zusammenhang zu

erwarten.

Die

Ergebnisse unter

Verwendung der unterschiedlichen Sch~itzmethoden sind in Tabelle 23 dargestellt. Sowohl mit der Regression (35) als auch (36) kann ein positiver Zusammenhang zwischen dem Segment Neuer Markt und der Emissionsrendite attestiert werden. Nach Modell (36) erh6ht sich die Rendite der Investoren w~ihrend des ersten Handelstages bei einem Going Public am Neuen Markt um durchschnittlich 22,5 Prozent, wohingegen bei einem IPO an den Segmenten Amtlicher Handel oder SMAX keine erh6hte Rendite aus Sicht der Investoren festzustellen ist. ~ Im Rahmen dieses Modells k6nnen nicht for alle erfassten Aktienmarktsegmente die entsprechenden Dummy-Variablen eingearbeitetwerden, da hierdurch das Problem einer perfekten Korrelation der erkl~irenden Variablen zum Tragen kommt. Vgl. Wooldridge, J. (2000) S. 213; Maddala, G. S. (2001) S. 302 ft. Insofern bleibt der selten gew~ihlte Geregelte Markt unberticksichtigt, da hier kein Informationsgewinnzu erwarten ist.

222

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB Nr. d. Regression

(35)

(36)

Sch~itzmethode

OLS

TOBIT

Abh. Variable

ln(IR)

ln(IR)

Koeffizient S t d f . konstante

0,172 *** (0,07)

KoeffizientStdf. 0,050

(0,10)

-0,132

(0,11)

ah

-0,076

nm

0,154 ** (0,07)

0,225 ** (0,10)

smax

-0,013

-0,024

F-Statistik

(0,07)

(0,05)

(0,11)

16,19

Bereinigtes R2

0,06 Pseudo R2 0,05 N 415 415 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammem Tabelle 23: Einfluss der Aktienmarktsegmente auf die Emissionsrendite

H y p o t h e s e U-2 -,,B6rseng~inge am Neuen Markt weisen eine iJberdurchschnittlich hohe Emissionsrendite auf" - kann auf Basis der erzielten Ergebnisse nicht a b g e l e h n t werden.

LOFFLER/PANTHER/THEISSEN (2004) bestatigen dieses Resultat, indem sie ebenfalls einen positiven und statistisch signifikanten Einfluss des Aktienmarktsegmentes Neuer Markt auf die H6he der Emissionsrendite ftir die Jahre 1998 bis 2001 dokumentieren. 1

Dieses Ergebnis belegt, dass neben dem Effekt der New Economy auch der Einfluss des Neuen Marktes bei der Analyse des Underpricing-Phanomens zu berticksichtigen ist.

4.5.4 Einfluss der Konsortialbanken Bereits in den Anf'~ingen der IPO-Forschung wird die Reputation der Konsortialbanken zur Erkl~imng des Underpricing-Puzzles untersucht. 2 Im Subkapitel 3.2.2 wird in 1 2

Vgl. L6ffier, G./Panther, P. F./Theissen, E. (2004) S. 32. Vgl. Logue, D. E. (1973) S. 91 ff." Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff.; Yitmann, S./Trueman, B. (1986) S. 159 ff.

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens

223

diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nach den Signaling-Ansgtzen die Reputation der Konsortialbank ein positives Signal flir die Investoren darstellt und sich hierdurch das durch ex-ante-Unsicherheit induzierte Underpricing reduzieren lgsst.

EHRHARDT (1997) weil3t darauf hin, dass es sich bei der Reputation um eine immaterielle Gr6ge handelt, die nicht direkt gemessen werden kann und folglich durch geeignete Variablen approximiert werden muss. ~ Bei der Wahl der Variablen ist hierbei von besonderer Wichtigkeit, dass sich die Gesamtheit der Emissionsbanken anhand der gewghlten Eigenschaften hinreichend genau differenzieren lgsst. 2 Grundsfitzlich lassen sich gr6f3enbezogene, IPO-aktivitgtsbezogene und tombstonebasierte Indikatoren unterscheiden. 3

Die Autoren MEGG1NSON/WEISS (1991) nutzen den Marktanteil der Konsortialbanken, welcher bei den gr6genbezogenen Indikatoren anzusiedeln ist, zur Bestimmung der Reputation. 4 Als das bekannteste Mar3 zur Messung der Reputation hat sich jedoch die Vorgehensweise von CARTER/MANASTER (1990) und CARTER/DARK/SINGH (1998) in der Literatur durchgesetzt. 5 Demnach werden die Konsortialbanken nach ihrer Reihenfolge bei der Aufzghlung der beteiligten Emissionsbanken in den jeweiligen Emissionsprospekten in die Gruppen null bis neun segmentiert. Diese Methodik unterstellt, dass bekannte und einflussreiche Konsortialbanken immer vor den unbekannteren Emissionsbegleitem genannt werden. Aufgrund dieser gewghlten Eigenschaft des Underwriters handelt es sich um einen tombstonebasierten Indikator. In der vorliegenden Studie wird stattdessen, in Anlehnung an SCHIERECK/WAGNER (2002) und TIETZE (2004) ein IPO-aktivit~tsbezogener Indikator gew~ihlt. 6 Die Reputation der Konsortialbanken wird als Funktion ihrer durchgefahrten B6rsenggnge

Vgl. Ehrhardt, O. (1997) S. 100. 2 Vgl. Tietze, C. (2004) S. 84. 3 FOr eine ausf't~hrlicheBeschreibung siehe Tietze, C. (2004) S. 102 ff. 4 Vgl. Megginson, W./Weiss, K. (1991) S. 879 ff. 5 Vgl. Carter, R./Manaster, S. (1990) S. 1045 ff.; Carter, R. M./Dark, F. H./Singh, A. K. (1998) S. 285 ff.; Loughran, T./Ritter, J. R. (2004) S. 21 f. 6

Vgl. Schiereck, D./Wagner, C. (2002) S. 833; Tietze, C. (2004) S. 105. KISS/STEHLE (2002) untersuchen die langfristige Performance von B6rsenneulingen und nutzen zur Abbildung der Reputation der Emissionsbank die Anzahl der Konsortialflihrungen sowie zusgtzlich das Emissionsvolumen. Kiss, I./Stehle, R. (2002) S. 32 ff. Siehe hierzu auch Aussenegg, W./Pichler, P./Stomper, A. (2002) S. 21 ff.

224

Empirische Analyse yon B6rseng/ingen an der FWB

angesehen und die Underwriter werden in drei Gruppen nach der Anzahl ihrer begleiteten B6rseng/inge eingeteilt. Zur

empirischen

Uberprtifung

von

Hypothese

U-3

werden

die nachfolgend

dargestellten Regressionsmodelle (37) bis (42) gesch/atzt und die Ergebnisse in Tabelle 24 dargestellt:

In ( I e

i ) -- ~o -1- fllunderwriterli +

(37),(38)

fl2underwriter3i + s

In (IRi ) = flo + fllunderwriterli + ~2underwriter3i + fl3newec~176

+ ei

ln(IRi )= ,8o + ~lunderwriterli + fl2underwriter3i + fl3neuermarkti + ~

(39),(40)

(41),(42)

wobei fl0 bis ~ die jeweils zu sch/~tzenden Koeffizienten, c das Residuum, IR die zu erkl/~rende Variable und der Index i die zu untersuchenden B6rseng/~nge bezeichnet. Die Variable u n d e r w r i t e r l

umfasst jene Emissionsbanken, die bevorzugt von den

Emittenten engagiert werden, underwriter3

beschreibt die am seltensten mit der

Durchffihrung des B6rsengangs beauftragten Konsortialbanken. 1 Mittels Regressionen (37) und (38) soll der Einfluss der Reputation der Emissionsbanken auf die Emissionsrendite einer empirischen Analyse unterzogen werden. Die Modelle (39) und (40) werden zus~itzlich herangezogen, um den Effekt der New Economy herauszurechnen, wohingegen die Modelle (41) und (42) den Einfluss des Neuen Marktes tiberprfifen.

i Im Rahmen dieses Modells kOnnen nicht far alle drei Gruppen die entsprechenden DummyVariablen eingearbeitet werden, da hierdurch das Problem einer perfekten Korrelation der erkl/irenden Variablen zum Tragen kommt. Vgl. Wooldridge, J. (2000) S. 213; Maddala, G. S. (2001) S. 302 ft. Insofem erfolgt die Analyse far die h6chste und niedrigste Gruppe, da hier~r die aussagekr/iftigsten Ergebnisse erwartet werden. Die mittlere Gruppe bleibt unberacksichtigt.

0,01

1,08

-0,022

-0,011

(0,06)

(0,05)

0,291 *** (0,04)

0,01

-0,048

-0,029 (0,07)

(0,06)

0,233 *** (0,05)

Stdf.

(39)

Stdf.

(0,06)

(0,05)

0,02

3,96 ***

0,131 *** (0,04)

-0,017

-0,005

0,182 *** (0,05)

Koeffizient

ln(IR)

OLS

T a b e l l e 24:

E i n f l u s s d e r K o n s o r t i a l b a n k e n a u f die E m i s s i o n s r e n d i t e

415 415 415 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammern

N

Pseudo R 2

Bereinigtes R 2

F-Statistik

neuermarkt

neweconomy

underwriter3

underwriter 1

konstante

ln(IR)

Koeffizient

Stdf.

ln(IR)

Koeffizient

Abh. Variable

(38)

Sch~itzmethode

OLS

(37)

OLS

Nr. d. Regression

(40)

(0,07)

(0,06)

(0,07)

415

0,02

0,173 *** (0,06)

-0,043

-0,023

0,091

Koeffizient Stdf.

ln(IR)

TOBIT

(41)

(0,06)

(0,04)

415

0,05

12,65 ***

0,214 *** (0,04)

0,016

-0,003

0,110 ** (0,05)

Koeffizient Stdf.

ln(IR)

OLS

(42)

(0,07)

(0,06)

(0,07)

Stdf.

415

0,05

0,325 *** (0,06)

0,006

-0,017

-0,043

Koeffizient

ln(IR)

TOBIT

226

Empirische Analyse von BOrseng~ingenan der FWB

Ftir die Modelle (37) und (38) konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem gew~ihlten ReputationsmaB der Konsortialbank und der w~ihrend des ersten Handelstages erzielten Emissionsrendite ermittelt werden. Auch wenn die Effekte der New Economy und des Neuen Marktes berticksichtigt werden (Modelle (39) bis (42)) ~indern sich die Ergebnisse mr die Variablen underwriterl und

underweriter3 nicht. Als Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen muss Hypothese U-3 - , , E i n hohes Prestige des Konsortialftihrers beeinflusst die Emissionsrendite positiv" - abgelehnt werden.

4.5.5 Einfluss von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren Bisherige Erkl~irungsans~itze gehen, wie in Kapitel 3 dargestellt, tiberwiegend davon aus, dass die Emittenten das Underpricing aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen zwischen den am Going Public beteiligten Gruppen in Kauf nehmen mtissen. Der Emissionspreis wird somit aufgrund der vorhandenen ex-ante-Unsicherheit absichtlich unter dem erzielbaren Maximum 1 angesetzt. Diese Erkl~irungsans~itze scheinen vor allem mr den hier gew~ihlten Untersuchungszeitraum von 1997 bis 2002 wenig tragf~ihig zu sein. So bel~iuft sich zum einen die durchschnittliche Emissionsrendite ftir die gesamte Periode auf 44,1 Prozent und im Jahre 1998 auf 63,5 Prozent. Beide Werte liegen weit tiber dem historischen Durchschnitt von 15,8 Prozent mr die Jahre 1960 bis 1995. 2 Zum anderen wurde durch die Medien ein verst~irktes Interesse der Investoren ftir Neuemissionen und eine damit einhergehende hohe Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien dokumentiert. Aufgrund dieser beispielhaften Argumente ist es schwer nachvollziehbar, dass Emittenten ihre Unternehmen w~ihrend des Untersuchungszeitraums dieser Studie mit einem durchschnittlichen Nachlass von 30,6 Prozent angeboten haben sollen. 3 Dies wird durch die Beobachtung untersttitzt, dass nach Zeitr~iumen mit hoher Emissionsrendite ein Anstieg der Emissionst~itigkeit dokumentiert werden kann und somit Unternehmen ihren B6rsengang vermehrt w~ihrend Zeitr~iumen mit hohem Underpricing vollziehen. 4 Vielmehr ist es vorstellbar,

1 Dieses Maximum wird in der Literatur grunds~itzlich mit dem Sekund~irmarktskursgleichgesetzt. Siehe hierzu unter anderem Subkapitel 2.1. 2 Vgl. Ehrhardt, O./Stehle, R. (1999) S. 1400. 3 Im Untersuchungszeitraum dieser Studie (1997 bis 2002) betr~igt die durchschnittliche Emissionsrendite aus Sicht der Investoren 44,1 Prozent. Hieraus l~isstsich ein von den Emittenten fiir die Investorengew~ihrterRabatt von 30,6 Prozent errechnen. 4 FOr eine ausftihrlicheUntersuchung siehe Subkapitel 4.2.5.

Untersuchung des Underpricing-Ph~nomens

227

dass die erzielte Emissionsrendite durch die Nachfrage der Investoren beeinflusst und der Emissionspreis so angesetzt wird, dass die Preisvorstellungen des Emittenten erffillt werden k6nnen. Diese Sichtweise wird durch die Untersuchung von SCHIEBER/MOLLER (1999) unterstt~tzt, die durch ihre Arbeit zeigen, dass 73 Prozent der von ihnen befragten Emittenten nach dem B6rsengang mit dem erzielten Emissionspreis zufrieden waren. Um diese gegens~itzlichen Erkl~imngsans~itze einer aussagekr~iftigen, statistischen Oberprafung zu unterziehen und anschlieBend entscheiden zu k6nnen, welcher Ansatz ein h6heres Erkl~imngspotenzial aufweist, werden die nachfolgenden Regressionsmodelle (43) bis (60) herangezogen. Die Tobit-Modelle, welche aufgrund der m6glichen Existenz preisstabilisierender MaBnahmen zur Anwendung kommen, werden mittels Maximum-Likelihood gesch~itzt. Mit Hilfe der Modelle (43) und (44) wird untersucht, ob Ans~itze auf Grundlage der ex-ante-Unsicherheit oder auf Basis der Stimmungsinvestoren die hohen Emissionsrenditen des Untersuchungszeitraums erkl~iren k6nnen. AnschlieBend fokussieren die Modelle (45) und (46) singul~ir auf den

investor-sentiment-Ansatz. Die Modelle (47) und (48) ffihren die unterschiedlichen Gruppen der verwendeten Variablen zusammen, um hierdurch m6gliche gegenseitige Abh~.ngigkeiten der unterschiedlichen Regressoren zu berficksichtigen. Grunds~tzlich w~ire nach diesen Regressionsmodellen eine Aussage zur Hypothese U-4 m6glich, jedoch s i n d - aufgrund der MaBgabe einer fundierten 6konometrischen Analyse - verschiedene Tests fiber die Robustheit der bisherigen Ergebnisse unumg~inglich. So berficksichtigen die Modelle (49) und (50) den Effekt der New Economy, die Modellen (51) und (52) den Einfluss des Aktienmarktsegmentes Neuer Markt. AnschlieBend wird die Variable IR in den Modellen (53) bis (56) durch IRo ersetzt und somit untersucht, ob die zuvor attestierten Ergebnisse auf die traditionelle Methodik zur Berechnung der Emissionsrendite zurfickzu~hren sind. 1 AbschlieBend erfolgt in den Modellen (57) bis (60) die Integration von greymarket, um mittels dieses Regressors den Einfluss des vorb6rslichen Handels auf die Emissionsrendite zu dokumentieren. Aufgrund der damit einhergehenden Reduzierung der Datenbasis auf 354 IPOs werden separate Regressionen gew~hlt. Formal lassen sich die unterschiedlichen Regressionsgleichungen wie folgt darstellen:

Zur Berechnung der Emissionsrendite siehe Subkapitel 2.1.

7L

~

+

+

+~

-I-

~ ~

~+ ~ + ~ +

Jr

~

-~-

~

+

+

~

+

+

~

+

II

+

~

~

+

~.~

+

+

~

~

+

+

II

+

-.~

~

+~

+

,J

Jr

~

+

~.

II

~

Jr

~.~

~~

+

+ ~

II

~ ~

+

+ ~

~

,~,

+ ~

~

+

~.

+

II

II

7L

+ ~

~

~.

~

+

~.

~~

+

~ + ~

II

~

~

~

~

+

+

~

~.

,-.,~

+

"~

+

+

~

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens

229

wobei fl0 bis ill0 den jeweils zu sch~itzenden Koeffizienten, e das Residuum, IR beziehungsweise IRo die zu erkl~irende Variable und der Index i die zu untersuchenden B6rseng~inge bezeichnet.

Um eine empirische Analyse diametraler Erklgmngsans~.tze innerhalb eines Modells durchfahren zu k6nnen,

sind Variablen erforderlich, die je nach ermitteltem

Vorzeichen eine der beiden Theorierichtungen best~itigen und gleichzeitig den anderen Ansatz widerlegen. 1 Die in den Modellen (43) und (44) verwendeten Regressoren age,

invsiz, bbd und bbw verNgen t~ber diese elementare Voraussetzung. Beispielsweise gilt ein negativer Koeffizient Dr die Variable bbd als Nachweis der Gfiltigkeit des

investor-sentiment-Ansatzes und ein positives Vorzeichen als Indiz ffir die Richtigkeit des Ansatzes basierend auf der ex-ante-Unsicherheit. 2

Die

verwendeten

Regressoren

sowie

die

jeweils

in

Abh~ingigkeit

des

Erkl~imngsansatzes erwartenden Vorzeichen sind in der Tabelle 25 dargestellt und werden im Anschluss daran ausfahrlich erl~iutert. 3

1 Grunds~itzlich ist es vorstellbar, dass die Differenz zwischen Emissionspreis und Sekund~rmarktkurs sowohl durch Preisnachlass als auch durch Nachfrage entsteht. Jedoch ist davon auszugehen, dass einer der beiden Effekte ~iberwiegen muss. Far eine empirische Untersuchung siehe Ma, T./Tsai, P. R. (2001). 2 Wie bereits erw~ihnt ist die Eigenschaft dieser Variablen, je nach Vorzeichen eine der beiden Theorierichtungen zu best~itigen, elementar fiir diese Analyse. Wird beispielsweise fiir die Variable nemax, welche die Hypothese des Einflusses der Stimmungsinvestorenuntersucht, das entgegen der formulierten Hypothese erwartete Vorzeichen ermittelt, so bedeutet dies ,,nur", dass ausschlieNich die zugrundeliegende Hypothese abzulehnen ist. Ein statistischer Nachweis beztiglich der Gtiltigkeit einer altemativen Theorierichtung kann hier nicht geNhrt werden. 3 Siehehierzu und im Folgenden Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 9 ff.

230

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB Variable

Erwartetes Vorzeichen Stimmungsinvestoren I Ex-ante-Unsicherheit

Ex-ante-Unsicherheit vs. Stimmungsinvestoren

age

+

-

bbd

-

+

bbw

-

+

invsize

-

+

greenshoe

+

n.a.

greymarket

+

n.a.

nemax

+

n.a.

Stimmungsinvestoren

n.a.

nipo +

n.a.

neuermarkt

+

n.a.

neweconomy

+

n.a.

zew

Kontrollvariablen

Tabelle 25: Erwartete Vorzeichen far die Variablen zur Erkl~irung des UnderpricingPh~inomens ~

Wie im Rahmen der Erkl~irungsans~itze bereits dargestellt, besteht nach RITTER (1984) sowie BEATTY/RITTER (1986) im Marktgleichgewicht ein Zusammenhang zwischen dem erwarteten Underpricing und der ex-ante-Unsicherheit tiber den Marktwert des B6rsengangs. 2 Dies dtirfte insbesondere far B6rseng~inge mit kurzer Unternehmenshistorie zutreffen, da hier jeweils nur vereinzelt Informationen tiber die bisherige Entwicklung der Gesellschaft vorliegen. Hierauf aufbauend nutzen JAMES/WIER (1990) das Unternehmensalter, berechnet als Differenz zwischen dem Zeitpunkt des IPOs und der Grtindung des Unternehmens in Jahren, und attestieren einen negativen, signifikanten Einfluss auf die H6he des Underpricings far den US-amerikanischen Aktienmarkt. 3 Falls ex-ante-Unsicherheit die H6he des Underpricings beeinflusst, sollte auch in der vorliegenden Untersuchung des deutschen Kapitalmarktes ein negatives Vorzeichen far die Variable age ermittelt werden. Nach dem investor1 FOr die Variablen, die ausschlieBlich die Stimmung der Investoren approximieren, wird kein Vorzeichen nach den traditionellen Erkl~imngsans~itzen(das heiBt ex-ante-Unsicherheit) erwartet. 2 Vgl. Ritter, J. R. (1984) S. 217 ff.; Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff. 3 Vgl. James, C./Wier, P. (1990) S. 149 ff.

Untersuchung des Underpricing-Phgnomens

231

sentiment-Ansatz ist hingegen ein positives Vorzeichen zu erwarten. Dies kann damit begrfindet werden, dass ~iltere Unternehmen in der Regel bekannter sind und sich darfiber hinaus eine gewisse Reputation durch die im Vergleich zu jangeren Unternehmen l~ngere Unternehmenshistorie erarbeiten konnten. 1 Dies fahrt zu vorteilhafteren Gewinnaussichten far die Jahre nach dem BOrsengang und somit zu einer h6heren Nachfrage der Investoren, die wiederum eine h6here Emissionsrendite induziert. Unter Beachtung der Erklgrungsansfitze auf Grundlage eines absichtlich von den Emittenten gew~ihrten Preisnachlasses ist auch far kleine Unternehmen- analog zu obiger Argumentation - ein negativer Zusammenhang zu erwarten, da auch diese Untemehmen mit einer h6heren Unsicherheit bezfiglich des Unternehmenswertes behaftet sind. Zur Messung der Untemehmensgr613e wird in Anlehnung an BEATTY/RffTER (1986) das Inverse des Emissionsvolumens 2 (invsize) verwendet. 3 Bei Gfiltigkeit der ex-ante-Unsicherheit zur Erkl~mng des Underpricing-Ph~inomens ist ein positives Vorzeichen zu erwarten, da die Variabel invsize mit zunehmendem Emissionsvolumen gegen null konvergiert. 4 Nach dem investor-sentiment-Ansatz kann hierzu gegensgtzlich argumentiert werden, dass grol3e Unternehmen in der Lage sind, ein erh6htes Interesse der Offentlichkeit und somit eine hOhere Nachfrage zu generieren. Als gutes Beispiel dienen die B6rseng~inge der Deutschen Telekom AG, der TOnline International AG oder der Infineon AG. Aufbauend hierauf wird im Rahmen dieses Ansatzes ein negatives Vorzeichen prognostiziert. Die Lgnge der Zeichnungsfrist (bbd), berechnet als Differenz zwischen Ende und Anfang der Zeichnungsfrist, stellt eine der beiden elementaren Variablen zur Messung des L6sungspotentials der gegensfitzlichen Erklfirungsansgtze dar, da sie gemeinsam yon Emittent und Emissionsbanken nach der Pre-Marketing-Periode unter Beachtung der bis dahin attrahierten Informationen fiber die m6gliche Nachfrage festgesetzt wird. Wie in Subkapitel 4.4.2 bereits gezeigt, beeinflusst die erwartete Nachfrage die Zeitperiode, w~ihrend derer die Aktien den Investoren zur Zeichnung angeboten werden. Aufgrund dessen kann ein negatives Vorzeichen bei Gtiltigkeit des investor1 Ffir eine Definition von Reputation im Zusammenhang mit B6rsenggngen siehe Tietze, C. (2004) S. 82 ff. 2 Das Emissionsvolumen berechnet sich aus der Anzahl der emittierten Aktien multipliziert mit dem Emissionspreis. 3 Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 215 ff. 4 Somiterhalten kleine Unternehmen einen groBen Welt und groBe Untemehmen einen kleinen Wert.

232

Empirische Analyse yon B0rseng~ngen an der FWB

sentiment-Ansatzes erwartet werden. Wird die H6he der Emissionsrendite hingegen von ex-ante-Unsicherheit fiber den erzielbaren Unternehmenswert beeinflusst, so ist ein positives Vorzeichen zu erwarten, da eine erh6hte ex-ante-Unsicherheit nach BEATTY/RITTER (1986) mit erh6htem Underpricing einhergeht. 1 In Anlehnung an die Argumente zur Zeichnungsfrist wird mr die Preisspanne (bbw) ein positives Vorzeichen bei Gfiltigkeit des Ansatzes der ex-ante-Unsicherheit prognostiziert, da eine h6here Unsicherheit t~ber den Unternehmenswert zu einer breiteren Preisspanne ffihrt. Umgekehrt wird im S inne des investor-sentiment-Ansatzes ein negatives Vorzeichen erwartet, da eine hohe erwartete Nachfrage eine verkleinerte Preisspanne bedingt. 2 Die Variable nipo dient zur Messung des Einflusses der Stimmungsinvestoren auf die Emissionsrendite. LOWRY (2003) zeigt in ihrer Untersuchung des US-amerikanischen Aktienmarktes einen positiven Zusammenhang zwischen der Anzahl der B6rseng~nge und der Stimmung der Investoren. 3 In Subkapitel 4.2.5 wurde auch t~r den deutschen Kapitalmarkt ein positiver Zusammenhang dieser Variablen nachgewiesen. Aufgrund der Pr~senz eines hot-issue-Marktes ist ein negatives Vorzeichen zu erwarten, da, ceteris paribus, bei einer hohen Anzahl an bereits abgeschlossenen IPOs die Nachfrage nach zu platzierenden Aktien abnimmt. Dies wird durch die Untersuchung der Emissionst~tigkeit im Zeitablauf best~tigt, die zeigt, dass das Underpricing wieder abnimmt, wenn die Emissionst~tigkeit am h6chsten ist, und dass die Anzahl der Neuemissionen nach Perioden mit hoher Emissionsrendite zunimmt. 4 Der Regressor

nipo umfasst alle IPOs in den 30 Kalendertagen vor dem Going Public. LOUGHRAN/RITTER (2002) und DERRIEN (2005) zeigen in ihren Untersuchungen einen positiven und statistisch hoch signifikanten Zusammenhang zwischen der allgemeinen Entwicklung des Aktienmarktes vor dem B6rsengang und der H6he der Emissionsren-

Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 215 ff. 2 Eine negativePreisanpassungwird mit hoher erwarteterNachfrage zunehmend unwahrscheinlicher, wodurch sich die Preisspanne verringert. Die obere Grenze der Preisspanne stellt dabei im Sinne von TINIC(1988) den maximal vertretbaren Emissionspreis dar. Vgl. Tinic, S. M. (1988) S. 789 ff. Ffir eine aus~hrliche Darstellung dieses Erkl~rungsansatzessiehe Subkapitel 3.3.1. 3 Vgl. Lowry, M. (2003) S. 15 f. 4 Siehehierzu aus~hrlich Subkapitel 4.2.

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens

233

dite. ~ Um diesen Einfluss auch far den deutschen Kapitalmarkt zu untersuchen, wird die Entwicklung des Nemax-All-Share-Index in den 30 Kalendertagen vor dem Going Public als Regressor verwendet. Dieser Benchmark wurde ausgewghlt, da er im Vergleich zu den anderen Indices, wie dem DAX, der die gemessen an der Marktkapitalisierung 30 gr613ten Untemehmen umfasst, 2 die Nachfrage nach den IPOs am Besten approximiert. Es wird ein positives Vorzeichen far

nemax

erwartet.

LJUNGQVIST (1997) stellt als einer der ersten fest, dass die H6he des Underpricings von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage beeinflusst werden kann. 3 Zur Ableitung der Investorenstimmung aus dem konjunkturellen Umfeld ist gmnds~itzlich darauf zu achten, dass der Konjunkturindikator einen engen Bezug zu den Kapitalm~irkten und den Finanzierungs- und Anlageentscheidungen der Emittenten und Anleger aufweisen sollte. 4 Der ZEW-Konjunkturindikator erfallt diese Voraussetzungen und wird daher als weiterer Proxy far die Stimmung der Investoren in die Regressionsmodelle einbezogen. 5 Die Variable

zew

umfasst die Merkmalsauspr~igung des ZEW-Konjunk-

turindikators im Monat vor dem IPO. In Anlehnung an die Argumentation zur Entwicklung des Aktienindex wird ein positives Vorzeichen far diesen Regressor prognostiziert, da eine gute wirtschaftliche Lage zu einer positiven Entwicklung des Kapitalmarktes und somit zu einer hohen Nachfrage nach Aktien fahrt.

Die Greenshoe-Option kann nach AGGARWAL (2000) im Rahmen der Neuemission ausgetibt werden, um eine hohe Nachfrage der Investoren zu befriedigen. 6 Eine Variable auf Grundlage dieser Information ist somit zur Messung der Investorenstim1 Vgl. Loughran, T./Ritter, J. R. (2002) S. 427; Derrien, F. (2005) S. 487 ff. 2 Neben der Marktkapitalisierung ist der B6rsenumsatz in XETRA und am Parkett ausschlaggebend far die Aufnahme in den DAX30 der FWB. Siehe www.exchange.de 3 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1315. LJUNGQVIST(1997) nutzt in seiner Untersuchung die OECDStatistik, um den Einfluss der Konjunkturerwartungen zu untersuchen. OEHLER/RUMMER/SMITH (2005) zeigen in diesem Zusammenhang, dass far die Jahre 1997 bis 2001 kein Zusammenhang zwischen diesem Wert und der Emissionsrendite angezeigt werden kann, was sie auf m6gliche Messfehler bei deren Ermittlung der OECD-Statistik w~hrend ihres Untersuchungszeitraums zurackfahren. Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 28. 4

Vgl. Rath, N./Tebroke, H./Tietze, C. (2004) S. 272.

5 Zur Berechnung des ZEW-Konjunkturindikators werden monatlich 350 ausgewghlte Finanzexperten fiber ihre mittelfristigen (sechs Monate) Erwartungen hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung befragt. Vgl. www.zew.de. Als Alternative kgme der ifo-GeschgftsklimaIndex in Frage. Jedoch zeigen HOFNEP,JSCHRODER (2002) keine gmnds~itzlichen Unterschiede zwischen den Indikatoren. Vgl. Htifner, F./Schr6der, M. (2002) S. 316 ff. 6 Vgl. Aggarwal, R. (2000) S. 1076.

234

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

mung pr~idestiniert. Um dies zu nutzen, wird der Dummy greenshoe verwendet, der den Wert eins annimmt falls die Mehrzuteilungsoption durch die Emissionsbank ausgetibt und hierdurch zus~itzliche Aktien platziert wurden. Falls hingegen dieses Finanzderivat ungenutzt verf~illt, wird dem Dummy greenshoe der Wert null zugewiesen. Nach den Argumenten von CORNELLI/GOLDREICH/LJUNGQVIST(2005) kann durch die Preise des vorb6rslichen Handels die erwartete Nachfrage vor allem privater Investoren sehr gut approximiert werden. ~ Hierftir nutzen sie unter anderem den Mittelwert

der

letzten

Geld-Brief-Spanne

des

Handels

per

Erscheinen. 2

LOFFLER/PANTHER/THEISSEN (2004) untersuchen den Informationsgehalt des vorb~rslichen Handels und verwenden hierzu beispielsweise die Differenz zwischen dem Mittelwert der Geld-Brief-Spanne und dem Emissionspreis. 3 Zur Erkl~irung der Emissionsrendite w~ihrend des zurtickliegenden US-amerikanischen B6rsenbooms nutzen

LJUNGQVIST/WILHELM(2003) die in Subkapitel 4.4.3 analysierte Variable adjustment und ermitteln einen statistisch signifikanten Einfluss. 4 Aufgrund dieser Ergebnisse wird die Variable greymarket als Differenz zwischen dem erwarteten Emissionspreis, berechnet als Mittelpunkt der Preisspanne, und dem Mittelwert der letzten Geld-BriefSpanne des Handels per Erscheinen errechnet. Bei dieser Vorgehensweise ist ein positives Vorzeichen zu erwarten, da ein hoher Preis w~ihrend des vorb6rslichen Handels auf eine starke Nachfrage nach den zu platzierenden Aktien schliefSen l~isst. Ftir die Kontrollvariablen neweconomy und neuermarkt werden basierend auf den Untersuchungsergebnissen zu Beginn dieses Kapitels positive Vorzeichen erwartet. Der Dummy neweconomy nimmt den Wert eins an, wenn das Unternehmen zur New Economy geh6rt, in allen iJbrigen F~illen den Wert null. Notiert das Unternehmen nach dem Going Public am Neuen Markt der FWB, nimmt die Variable neuermarkt den Wert eins an, in allen tibrigen F/allen wird ihr der Wert null zugewiesen. Wie bereits dargelegt, werden die Modelle (43) und (44) herangezogen, um den Ansatz basierend auf der ex-ante-Unsicherheit und die Theorie des Einflusses der Stimmungsinvestoren gegeneinander abzugrenzen. 1

Vgl. Kaniel, R./Saar, G./Titman, S. (2004).

2 Vgl. Cornelli, F./Goldreich, D./Ljungqvist, A. (2005) S. 2. 3 Vgl. L6ffier, G./Panther, P. F./Yheissen,E. (2004) S. 15. 4 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm,W. J. (2003) S. 723 ff.

0,08

(0,05)

(0,03)

0,06

-0,318 *** (0,08)

-0,129 **

-0,017

-0,081 *** (0,02)

(0,44)

(0,03)

(0,001)

0,30

36,62 ***

0,228 *** (0,03)

-0,001

0,968 *** (0,12)

-0,060 **

0,334 *** (0,06)

Koeffizient Stdf.

ln(IR)

OLS

(45)

Stdf.

(0,03)

(0,04)

(0,001 )

Einfluss von ex-ante-Unsicherheit und investor sentiment a u f die Emissionsrendite 1

414

0,28

0,374 **

-0,001

1,160 *** (0,13)

-0,084 **

0,216 *** (0,09)

Koeffizient

ln(XR)

TOBIT

(46)

(0,25)

Stdf.

(0,02)

(0,03)

(0,05)

(0,001 )

414

0,34

25,41 ***

0,219 *** (0,03)

-0,001

0,904 *** (0,12)

-0,061 **

-0,105 **

-0,087 *** (0,03)

-0,002

-0,046 *** (0,02)

0,364

Koeffizient

ln(IR)

OLS

(47)

1 Da der Nemax-All-Share-Index zum ersten Mal mit dem Start des Neuen Marktes am 10. Marz 1997 ermittelt wurde, liegt beim B6rsengang der Mobilcom AG am 10. M/arz 1997 kein Datenpunkt fiir die Variable n e m a x vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf414

T a b e l l e 26:

N 415 415 414 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%, Robuste Standardfehler in Klammem

Pseudo R2

11,54 ***

Bereinigtes R2

-0,235 *** (0,06)

-0,107 *** (0,04)

(0,18)

-0,053 *** (0,16)

-0,014

F-Statistik

greenshoe

zew

ln(nemax)

ln(nipo)

ln(bbw)

ln(bbd)

ln(invsize)

In(age)

-0,260

Koeffizient Stdf.

Koeffizient Stdf.

(0,28)

ln(IR)

-0,098

TOBIT

OLS

ln(IR)

Sch~itzmethode

Abh. Variable

konstante

(44)

(43)

Nr. d. Regression

0,385

Stdf.

(0,03)

(0,07)

(0,04)

(0,03)

(0,001)

414

0,33

0,368 *** (0,04)

0,000

1,062 *** (0,13)

-0,086 **

-0,142 **

-0,107 **

0,009

-0,069 *** (0,02)

0,463

Koeffizient

ln(IR)

TOBIT

(48)

236

Empirische Analyse von B6rseng~ingen an der FWB

Die Variable age ist in beiden Regressionen negativ und signifikant. Hierdurch liefert sie ein erstes Indiz ftir die Richtigkeit der Theorie der ex-ante-Unsicherheit. 1 Dieses Ergebnis best~itigend ermitteln LJUNGQVIST/WILHELM (2003) ftir den US-amerikanischen Aktienmarkt tiber die Jahre 1996 bis 2000 ebenfalls einen negativen und statistisch signifikanten Koeffizienten. 2 WASSERFALLEN/WITTLEDER (1994) berechnen ftir den Zeitraum 1976 bis 1987 zwar ebenfalls einen negativen Koeffizienten, doch ist dieser statistisch nicht signifikant. 3 Aufgrund der Erkenntnisse der deskriptiven Analyse in Subkapitel 4.1.3.1 kann das negative Vorzeichen entgegen der traditionellen These der ex-ante-Unsicherheit auch durch die grol3e Anzahl an B6rseng~ingen der New Economy und somit durch die Besonderheiten des untersuchten Datensatzes erkl~irt werden. W~ihrend des Untersuchungszeitraums wurden diese B6rseng~inge, wie die bisherigen Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, verst~irkt nachgefragt. Hieraus r e s u l t i e r t - in Anlehnung an den investor-sentiment-Ansatz- eine erh6hte Emissionsrendite. 4 Folglich erzielen junge Untemehmen eine hohe Emissionsrendite aufgrund hoher Nachfrage. Im hier analysierten Untersuchungszeitraum kann mr die Gr6f3e des B6rsengangs (invsize) kein statistisch signifikantes Ergebnis ermittelt werden, wodurch eine weiterftihrende Analyse nicht m6glich ist. LJUNGQVIST (1997) nutzt ebenfalls diese Variable zur Erkl~imng der H6he des Underpricings auf dem deutschen Kapitalmarkt und attestieren ftir den Zeitraum 1970 bis 1993 einen positiven und statistisch signifikanten Zusammenhang. 5

Sowohl bbd als auch bbw sind signifikant und negativ und untersttitzen somit die These, dass die Emissionsrendite w~ihrend der Jahre 1997 bis 2002 haupts~ichlich durch die Nachfrage der Investoren beeinflusst wird. Der Koeffizient von -0,107 bedeutet eine Reduktion der Emissionsrendite um 0,11 Prozent bei einer um ein 1

Dieses Ergebnis best~itigt somit die Arbeiten von BEATTY/RITTER(1986) und ROCK(1986). Vgl. Beatty, R. P./Ritter, J. R. (1986) S. 211 ff.; Rock, K. (1986) S. 187 ff. Eine ausftihrliche Analyse erfolgt in Subkapitel 3.2.

2 Vgl. Ljungqvist, A./Wilhelm, W. J. (2003) S. 744. 3 Vgl. Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1523. 4 Vgl. Oehler, A./Rummer, M./Smith, P. N. (2005a) S. 22. 5 Hierzu kann angemerkt werden, dass dieses Ergebnis ftir den investor-sentiment-Ansatz sprechen wtirde.

Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens

237

Prozent l~ingeren Zeichnungsfrist. Im Sinne des investor-sentiment-Ansatzes bedeutet eine Verl~ingerung der Zeichnungsfrist eine erhShte Unsicherheit beztiglich der erwarteten Nachfrage. Dies fiihrt schliel31ich aufgrund der Regressionsergebnisse zu einer vergleichsweise geringeren Emissionsrendite.

Die bisherigen Ergebnisse sprechen, trotz des Ergebnisses f'tir den Regressor age, ff~r die Gtiltigkeit des investor-sentiment-Ansatzes zur Erkl~irung der Emissionsrendite w~ihrend des Untersuchungszeitraums, da die Variablen bbd und bbw, die im Rahmen dieses Ansatzes prognostizierten Vorzeichen aufweisen. Diese beiden Variablen sind Mr die Analyse von besonderer Bedeutung, da sie von Emittent und Emissionsbank unter Beachtung der erwarteten Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien festgesetzt werden.

In den Modellen (45) und (46) wird nun ausschliel31ich die Gtiltigkeit des investorsentiment-Ansatzes tiberprtift. Ftir alle verwendeten Variablen bis auf zew konnte ein

signifikanter und positiver Koeffizient ermittelt werden. Beispielsweise ftihrt ein einprozentiger Anstieg des Nemax-All-Share-Index nach den Ergebnissen des Modells (45) zu einer Erh6hung der Emissionsrendite um 0,97 Prozent und im Rahmen des Tobit-Modells (46) zu einem Anstieg um 1,16 Prozent. Wird die Greenshoe-Option zur Befriedigung der Nachfrage ausgetibt und werden hierdurch zus~itzliche Aktien emittiert, erh6ht sich die Emissionsrendite um 25,61 Prozent (Modell (45)). 1 Mittels der Modelle (47) und (48) werden die verschiedenen Regressorengruppen in einem Modell zusammengefiihrt. Die errechneten Koeffizienten ver~indern sich nur minimal, ebenso die Signifikanzwerte. Das bereinigte R 2 betr~igt 34 beziehungsweise 33 Prozent, was bedeutet, dass mittels dieser Regressionsgleichungen die Schwankungen der Emissionsrenditen zu mehr als einem Drittel erkl~irt werden k6nnen. Das ermittelte Gtitemal3 liegt tiber den Werten vergleichbarer Studien Mr den deutschen Aktienmarkt. So ermitteln WASSERFALLEN/WITTLEDER (1994) ein R 2 yon 21 Prozent Mr die Jahre 1961 bis 1987. 2 LJUNGQVIST (1997) kann durch seine Regressionsmoi Da die abhgngige Variable durch den nattirlichen Logarithmus transformiert wurde, der Regressor jedoch unver~indertbleibt, ist der exakte Einfluss wie folgt zu berechnen: ~JR=100[(e~4~gr....hoe)_11" Im Falle der Austibung der Greenshoe-Option erhOht sich die Emissionsrendite folglich um

100[(e~ )- ,] _2 Vgl. Wasserfallen, W./Wittleder, C. (1994) S. 1513.

238

Empirische Analyse yon B6rseng~ingen an der FWB

delle maximal 31 Prozent der Schwankungen der Emissionsrendite fiir die Jahre 1970 bis 1993 erkl~iren.: Die bisherigen Ergebnisse sprechen klar fiir die These, dass die Emissionsrendite von der Nachfrage der Investoren beeinflusst wird, auch wenn die Variable age dem als singul~irer Regressor widerspricht. Um die Robustheit obiger Ergebnisse zu ~iberprtifen, werden nachfolgend noch verschiedene Tests durchgefiihrt. Die Resultate hierftir sind in den Tabellen 27 und 28 dargestellt. Zuerst wird in den Modellen (49) und (50) der Effekt der New Economy herausgerechnet. Diese Kontrollvariable wird aufgrund der zuvor durchgeftihrten Regressionen erforderlich und zeigt, wie erwartet, einen signifikant positiven Einfluss auf die Emissionsrendite. Aus Sicht der Investoren erh6ht sich die Rendite um 8,1 Prozent. Die tibrigen Regressoren verlieren nur geringftigig an Signifikanz, wodurch ein erster Nachweis mr die Robustheit der Ergebnisse geliefert wird. In den Regressionsmodellen (51) und (52) wurde der Dummy neuermarkt als Kontrollvariable eingefiJhrt. Die hierfiir ermittelten Koeffizienten sind positiv und auf dem Ein-Prozent-Niveau signifikant, wodurch auch ftir die B6rseng~inge am Neuen Markt, in Anlehnung an die New Economy, eine erh6hte Emissionsrendite attestiert werden kann. Nachdem die Datenbasis um den Einfluss dieses Marktsegmentes bereinigt wurde, verliert die Variable age ihre statistische Signifikanz im Rahmen der OLS-Regression. Die Ergebnisse zur Wahl des Aktienmarktsegmentes in Subkapitel 4.1.4 zeigen, dass vor allem junge Unternehmen nach ihrem B6rsengang am Neuen Markt notieren. Dieses Ergebnis tr~igt zur Erkl~imng der teilweise insignifikanten Variablen age bei, da sich beide Variablen offensichtlich gegenseitig beeinflussen und somit eine von beiden an statistischer Signifikanz einbtil3t. 2

1 Vgl. Ljungqvist, A. P. (1997) S. 1316. 2 Zur Problematik der Multikollinearit~it siehe Maddala, G. S. (2001) S. 267 ff.

ln(IR)

Sch~itzmethode

Abh. Variable

-0,001

0,211 ***

0,078 **

zew

greenshoe

neweconomy

0,35

(0,04)

(0,03)

(0,001)

(0,12)

(0,03)

(0,05)

(50)

0,33

0,076

0,358 ***

-0,001

1,067 ***

-0,090 ***

-0,143 **

-0,100 **

0,008

-0,062 ***

0,375

Koeffizient

(0,13)

(0,03)

(0,07)

(0,04)

(0,02)

(0,02)

(0,39)

Stdf.

(0,05)

(0,04)

(0,001)

ln(IR)

TOBIT

(51)

0,35

24,30 ***

0,125 ***

0,197 ***

-0,001

0,924 ***

-0,068 ***

-0,098 **

-0,069 **

-0,002

-0,026

0,237

Koeffizient

(0,12)

(0,03)

(0,05)

(0,03)

(0,02)

(0,02)

(0,26)

Stdf.

(0,04)

(0,03)

(0,001)

ln(IR)

OLS

(52)

(0,07)

(0,04)

(0,02)

(0,02)

(0,38)

Stdf.

(0,001)

0,34

0,172 *** (0,06)

0,335 *** (0,04)

-0,001

1,080 *** (0,13)

-0,095 *** (0,03)

-0,133 **

-0,083 *

0,008

-0,043 **

0,282

Koeffizient

ln(IR)

TOBIT

Tests auf Robustheit der Ergebnisse zur Messung des Einflusses von ex-ante-Unsicherheit u n d S t i m m u n g s i n v e s t o r e n a u f d i e E m i s s i o n s r e n d i t e - e r s t e r Teil. 1

(53)

414

0,33

20,22 ***

0,076 **

0,172 ***

-0,001

0,912 ***

-0,083 ***

-0,108 **

-0,070 **

-0,009

-0,040 **

0,202

Koeffizient

(0,11)

(0,03)

(0,05)

(0,03)

(0,02)

(0,02)

(0,24)

Stdf.

(0,04)

(0,03)

(O,OO1)

ln(IRo)

OLS

1 Da der Nemax-All-Share-Index zum ersten Mal mit dem Start des Neuen Marktes am 10. Marz 1997 ermittelt wurde, liegt beim BSrsengang der Mobilcom AG am 10. Mfirz 1997 kein Datenpunkt Dr die Variable n e m a x vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf414.

T a b e U e 27-

N 414 414 414 414 * Signifikanzniveau von 10 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%. Robuste Standardfehler in Klammern.

Pseudo R 2

Bereinigtes R 2

F-Statistik

greymarket

23,08 ***

0,911 ***

ln(nemax)

neuermarkt

-0,066 **

ln(nipo)

(0,03)

-0,082 **

-0,106 **

ln(bbd)

ln(bbw)

(0,02)

-0,003

ln(invsize)

(0,26)

(0,02)

0,282

-0,039 **

ln(age)

Stdf.

konstante

Koeffizient

(49)

OLS

Yr. d. Regression

(54)

414

0,33

0,068

o,271 ***

-o,ooo3

1,052 ***

-0,105 ***

-0,159 **

-0,100 **

-0,002

-0,059 ***

0,257

Koeffizient

(0,12)

(0,03)

(0,06)

(0,04)

(0,02)

(0,02)

(0,36)

Stdf.

(0,05)

(0,04)

(o,ool)

ln(IRo)

TOBIT

0,34

21,37 ***

0,122 ***

0,158 ***

-0,001

0,926 ***

-0,085 ***

-0,100 **

-0,058 *

-0,009

-0,027 *

0,158

(0,04)

(0,03)

-0,001

(0,12)

(0,02)

(0,05)

(0,03)

(0,02)

(0,02)

(0,25)

0,34

0,101 ***

0,258 ***

-0,0003

1,056 ***

-0,106 ***

-0,153 **

-0,090 **

-0,001

-0,049 *

0,2295

(0,05)

(0,04)

(O,OO1)

(0,12)

(0,03)

(0,06)

(0,02)

(0,02)

(0,02)

(0,36)

(0,02)

(0,02)

(o,ool)

(0,08)

(0,02)

(0,03)

(0,02)

(0,01)

(0,01)

(0,17)

0,79

62,60 ***

0,445 *** (0,03)

0,014

0,120 ***

0,0001

0,021

-0,014

-0,058 *

-0,020

0,025 **

0~001

-0,064 (0,01)

(0,24)

(o,ool)

(0,09)

(0,02)

(0,04)

(0,03)

(0,03)

0,94

0,467 *** (0,02)

0,001

0,191 *** (0,03)

o,oool

0,022

-0,025

-0,068 *

-0,018

0,038 *** (0,02)

-0,010

0,0857

T e s t s a u f R o b u s t h e i t d e r E r g e b n i s s e z u r M e s s u n g des E i n f l u s s e s v o n e x - a n t e - U n s i c h e r h e i t

u n d S t i m m u n g s i n v e s t o r e n a u f die E m i s s i o n s r e n d i t e - z w e i t e r Teil. 1

(0,001)

(0,08)

(0,02)

(0,03)

(0,02)

(0,01)

(0,01)

(0,17)

Stdf.

(0,02)

354

0,79

62,71 ***

0,444 *** (0,03)

0,029

0,117 *** (0,02)

0,0001

0,028

-0,014

-0,054 *

-0,017

0,024 **

0,004

-0,086

Koeffizient

(0,01)

(0,24)

Stdf.

(0,001)

(0,09)

(0,02)

(0,04)

(0,03)

(0,04)

354

0,94

0,465 *** (0,02)

0,051

0,185 *** (0,03)

0,0003

0,037

-0,026

-0,060

-0,012

0,037 *** (0,01)

-0,004

0,022

Koeffizient

I Da der Nemax-All-Share-Index zum ersten Mal mit dem Start des Neuen Marktes am 10. Marz 1997 ermittelt wurde, liegt beim B6rsengang der Mobilcom AG am 10. M~irz 1997 kein Datenpunkt mr die Variable n e m a x vor. Hierdurch verringert sich die Anzahl der untersuchten IPOs auf 414. Bei Verwendung vorb6rslicher Kurse zur Erkl~irung des Underoricin~-Ph~inomens verringert sich der Datensatz auf 354, da nur mr diese die ben6tigten Informationen vorliegen.

T a b e l l e 28:

414 414 354 354 N * Signifikanzniveau von l0 %, ** Signifikanzniveau von 5 %, *** Signifikanzniveau von 1%. Robuste Standardfehler in Klammern.

Pseudo R 2

Bereinigtes R 2

F-Statistik

greymarket

neuermarkt

neweconomy

greenshoe

zew

ln(nemax)

ln(nipo)

ln(bbw)

ln(bbd)

ln(invsize)

In(age)

konstante

Stdf.

ln(IR)

Koeffizient

ln(IR)

Stdf.

ln(IR)

Koeffizient

ln(IR) Stdf.

ln(IRo)

Koeffizient

Abh. Variable

Stdf.

ln(IRo)

Sch~itzmethode

Koeffizient

(60) TOBIT

(59) OLS

(58) TOBIT

(57) OLS

(56) TOBIT

(55)

OLS

Nr. d. Regression

Untersuchung des Underpricing-Phgnomens

241

Zur Berechnung der Emissionsrendite w u r d e -

in Anlehnung an bisherige

Untersuchungen- auf den Schlusskurs w~hrend des ersten Handelstages zurtickgegriffen, um den wahren Unternehmenswert zu ermitteln. In den Modellen (53) bis (56) wurde jedoch der Er6ffnungskurs w~ihrend des ersten Handelstages zur Berechnung der endogenen Variablen verwendet. Auch hier zeigen sich keine gr6Beren Abweichungen zu den bisherigen Ergebnissen. Nur die Variable age verliert geringftigig an Signifikanz, jedoch liegen die Werte immer noch auf dem Zehn-ProzentNiveau. Somit sprechen auch diese Ergebnisse ffir die Robustheit der anfangs gew~ihlten Modelle und der hierbei verwendeten Regressoren. Nach den Aussagen von CORNELLI/GOLDREICH/LJUNGQVIST (2005) kann die Stimmung der Investoren durch den vorb6rslichen Handel erschlossen werden. 1 Die Variable greymarket zeigt in den Modellen (57) bis (60) ein hoch signifikantes Ergebnis, und R2 springt auf t~beraus erstaunliche 79 beziehungsweise 94 Prozent. Somit kann die H6he der Emissionsrendite fast vollst~indig durch dieses Modell erklgrt werden. Ffir die Variable zur Messung des Emissionsvolumens, invsize, kann ein positives und statistisch signifikantes Ergebnis errechnet werden. Die Regressoren

age, bbd, nipo und nemax verlieren jedoch ihre statistische Signifikanz. Dieses Ergebnis kann auf die Berechnung der Variablen greymarket, die in Anlehnung an CORNELLI/GOLDREICH/LJUNGQVIST (2005)

sowie

LOFFLER/PANTHER/THEISSEN

(2004) erfolgte, erkltirt werden. 2 Hierzu wurde die Differenz zwischen dem erwarteten Emissionspreis und dem Mittelwert der letzten Geld-Brief-Spanne berechnet. Letzterer kann wiederum als guter Schtitzwert mr den ersten Er6ffnungskurs angesehen werden. Aufgrund dieser Methodik tihnelt greymarket der Variablen IR, und somit wird ein Proxy der Emissionsrendite herangezogen, um diese selbst zu erkRiren. Mit Bezug auf dieses Ergebnis ist die Variable greymarket nur eingeschrtinkt zu empfehlen. Die

Ergebnisse

ffir die Modelle

(43) bis

(60) zeigen

eindrucksvoll

den

Erkltirungsgehalt des investor-sentiment-Ansatzes, wodurch Hypothese U - 4 - ,,Die Ans~itze auf Basis von Stimmungsinvestoren k6nnen die Volatilit~it der Emissionsrendite besser erkltiren als die Theorien auf der Grundlage der ex-ante-Unsicherheit" nicht abgelehnt werden kann. Vgl. Cornelli, F./Goldreich,D./Ljungqvist,A. (2005) S. 2. 2 Vgl. Cornelli, F./Goldreich,D./Ljungqvist,A. (2005) S. 24 f.; L6ffler, G./Panther, P. F./Theissen, E. (2004) S. 15.

242

5

Schlussbetrachtung

Schlussbetrachtung

5.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse Das Ziel dieser Arbeit besteht in einer erstmaligen, 6konometrische Analyse der zur Erkl~irung des Underpricing-Ph~inomens vorgeschlagenen sich diametral gegentiberstehenden Erkl~irungsans~itze auf Basis von ex-ante-Unsicherheit und auf Grundlage von Stimmungsinvestoren fOr den deutschen Kapitalmarkt. Zus~itzlich wird der Einfluss der Stimmungsinvestoren zum einen auf Emissionst~itigkeit und Underpricings im Zeitablauf und zum anderen auf den Preisbildungsprozess n~iher beleuchtet. Dartiber hinaus erfolgt eine Analyse des Einflusses preisstabilisierender Mal3nahmen auf die Emissionsrendite. Die Grundlage fOr diese Analyse bildet eine systematische Er6rterung der zahlreichen Erkl~irungsans~itze unterteilt in 1. asymmetrisch verteilte Informationen zwischen den am B6rsengang beteiligten Gruppen, 2. institutionelle Rahmenbedingungen und 3. Behavioral Finance. Unter Berticksichtigung empirischer Ergebnisse stellt sich hierbei die Frage, ob der durchschnittliche Emissionspreis fOr den Untersuchungszeitraum (1997 bis 2002) aufgrund von ex-ante-Unsicherheit zu niedrig angesetzt wurde, oder ob tiberh6hte Nachfrage der Stimmungsinvestoren eine hohe Emissionsrendite generierte. So betrug beispielsweise die durchschnittliche Emissionsrendite 44,1 Prozent und der amount of money left on the table pro B6rsengang 43 Millionen Euro. Im Verlauf der deskriptiven Analyse in Subkapitel 4.1 lassen sich fOr die New Economy mittels parametrischer und nicht-parametrischer Tests statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Emissionsrendite im Vergleich zu den tibrigen Industriegruppen feststellen, wobei sich dieser Effekt nach dem Platzen der B6rsenblase verfltichtigt und aufgrund dieses empirischen Ergebnisses der Schluss nahe liegt, dass IPOs der New Economy nach diesem Zeitpunkt nicht mehr verst~irkt nachgefragt werden. Auch zwischen den einzelnen Marktsegmenten lassen sich statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Emissionsrendite attestieren. So erreicht die Emissionsrendite fOr den Neuen Markt den dreifachen Wert im Vergleich zu den tibrigen Segmenten der FWB. Nach dem Platzen der B6rsenblase verschwindet

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

243

dieser Unterschied. Unter Verwendung der traditionellen These der ex-ante-Unsicherheit kann diese Differenz jedoch nicht erkl~irt werden, da der privatrechtlich organisierte Neue Markt fiber die strengsten Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten zum Untersuchungszeitpunkt verfagt. Insofern mt~sste die ex-ante-Unsicherheit far Neuemissionen an diesem Teilmarkt am geringsten ausfallen und somit auch das erforderliche Underpricing. Unter Anwendung der Erkl~.rungsans~itze auf Basis der Stimmungsinvestoren fahrt dieses Ergebnis jedoch zu der Aussage, dass w~ihrend der hot-issue-Phase Neuemissionen an diesen Aktienmarktsegment verst~irkt nachgefragt

werden und sie infolgedessen eine fiberdurchschnittliche Emissionsrendite generieren. Eine Analyse der Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Untemehmen eines der vier Marktsegmente w~hlen, zeigt, dass sich vornehmlich junge Untemehmen far das Segment Neuer Markt entscheiden, und B6rseng~inge ~.lterer Untemehmen mit einer h6heren Wahrscheinlichkeit im Amtlichen Handel platziert werden. Auch Untemehmen der New Economy platzieren ihre Aktien bevorzugt am Neuen Markt, welcher speziell far B6rseng~nge junger und dynamisch wachsender Untemehmen gegrfindet wurde. Dieses Ergebnis bestgtigt somit die vonder Deutschen B6rse AG angestrebte Segmentierung der Frankfurter Wertpapierb6rse far den Untersuchungszeitraum. Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse far die verschiedenen vier Untersuchungsschwerpunkte dieser Arbeit kurz dargestellt: Schwerpunkt 1: Untersuchung der Existenz eines hot-issue-Marktes sowie des Underpricings und der Emissionst~itigkeit im Zeitablauf. Die Analyse der Emissionsrendite und der Emissionstiitigkeit im Zeitablauf ziihlt zum ersten Schwerpunkt des empirischen Hauptteils und dient zusiitzlich zur Vorbereitung der Analyse des Underpricing-Ph~inomens (Subkapitel 4.5). Es kann gezeigt werden, dass sich der Untersuchungszeitraum, im Vergleich zu historischen Werten, in eine hot-issue- und eine cold-issue-Phase unterteilen l~isst. Dies ist als erster empirischer

Nachweis far die Existenz beschrgnkt rationaler und t~beraus optimistischer Investoren wghrend des erstgenannten Abschnittes zu werten. Zus~itzlich wird dokumentiert, dass die Emissionsrendite w~ihrend des ersten Quartals eines jeden Jahres am h6chsten ausf'gllt. Hierdurch wird zum ersten Mal ein Phgnomen ghnlich dem bekannten JanuarEffekt nachgewiesen. Im zweiten Quartal eines jeden Jahres erh6ht sich die Anzahl der B6rsenggnge, was als Hinweis far eine Lead-Lag-Beziehung dieser beiden Variablen

244

Schlussbetrachtung

zu verstehen ist. Unter Beachtung dieser Ergebnisse werden im weiteren Verlauf des Subkapitels 4.2 die Emissionsrendite und Emissionst~itigkeit im Zeitablauf mittels verschiedener VAR-Modelle n~iher untersucht. Hierbei wird erneut attestiert, dass die Emissionst~itigkeit nach Phasen hoher Emissionsrenditen ansteigt. Die traditionellen Erkl~irungsans~itze fufJen auf der Vorstellung, dass der Emissionspreis absichtlich zu niedrig angesetzt und den Investoren somit ein Preisnachlass gew~ihrt wird.

Bei

Gtiltigkeit

der

traditionellen

Erkl~imngsans~itze

fiir

das

Underpricing-Ph~inomen ist die dokumentierte Emissionst~itigkeit im Zeitablauf nur schwer nachvollziehbar. Insbesondere stellt sich die Frage, warum andere Emittenten bei zurtickliegendem hohen Underpricing ebenfalls einen B6rsengang wagen, da auch sie einen hohen Rabatt gew~ihren mtissen. Vielmehr w~ire es eine aus Sicht der Emittenten rationale Handlungsweise, den B6rsengang auf Perioden mit geringem Underpricing einschlieBlich weniger erforderlichem Nachlass zu verschieben. Wird stattdessen analog zum investor-sentiment-Ansatz unterstellt, dass eine hohe Nachfrage optimistischer Investoren zu einer hohen Emissionsrendite fiihrt und dass die Emittenten einen ad~iquaten Preis ftir zu neuen eingeftihrten Aktien erhalten, so ist es durchaus vorstellbar, dass diese zurtickliegende hohe Renditen ein positives Signal ftir den Emissionszeitpunkt darstellen und Emittenten w~ihrend dieser Marktphase bevorzugt eine Neuemission durchftihren. Die weitergehenden Untersuchungen zeigen, dass sowohl Emissionst~itigkeit als auch Emissionsrendite von der Stimmung der Investoren abh~ingt. Infolgedessen wird zum ersten Mal nachgewiesen, dass - wie erwartet - erst in einem positiven Aktienumfeld mit neuen B6rseng~ingen zu rechnen ist. Dartiber hinaus l~isst sich aufgrund der Ergebnisse attestieren, dass die Emissionsrendite im Zeitablauf vonder Stimmung der Investoren abh~ingt. Diese Ergebnisse zur Emissionst~itigkeit werden durch die aktuelle Entwicklung des deutschen IPO-Marktes best~itigt. Seit Mitte 2005 ist erstmals seit 2003 ein leichter Anstieg der Emissionst~itigkeit zu beobachten. Im Vorfeld hierzu erreichte der deutsche Aktienmarkt einen neuen H6chststand. Ebenso best~itigen die Ergebnisse die Untersuchung von WETZEL (2003), der zeigt, dass nach dem Platzen der B6rsenblase nur 1,8 Prozent der von ihm befragten Unternehmen einen B6rsengang anstreben,

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

245

jedoch 8,6 Prozent der befragten Gesellschaften bei einer verbesserten Kapitalmarktsituation die Oberlegungen far einen B6rsengang wieder aufnehmen wollen. ~ Die erstmalige Analyse der Abh~ingigkeit des deutschen IPO-Marktes von der Entwicklung des US-amerikanischen zeigt, dass sowohl die H6he der Emissionsrendite als auch die Anzahl der Neuemissionen vom amerikanischen Aktienmarkt beeinflusst werden. Insofern besteht nicht nur, wie in zahlreichen Studien dokumentiert, eine Abhgngigkeit zwischen den Aktienmgrkten, sondem auch zwischen Emissionsrendite und Emissionst~tigkeit. Schwerpunkt 2: Untersuchung der Existenz von UnterstiitzungsMiufen und deren Einfluss auf die HOhe des Underpricings.

Nach RUUD (1993) beeinflussen kursstabilisierende MaBnahmen die Verteilung der Emissionsrenditen und fahren letztendlich zu einer Reduzierung negativer Emissionsrenditen. Da diese Problematik einen erheblichen Einfluss auf die Verwendung von OLS-Regressionen austibt, wird in Subkapitel 4.3 die Existenz von UntersttitzungsMiufen analysiert. Hierbei zeigt beispielsweise die Analyse der Greenshoe-Option, dass diese vermehrt bei potenziell preisstabilisierten B6rseng~ingen ausgetibt wird, und somit die durch eine anf~ingliche Mehrzuteilung entstandene Short-Position mittels Aktienkauf gedeckt werden muss. Ein zweifelsfreier Nachweis far die Existenz von Untersttitzungsk~iufen kann far den deutschen Kapitalmarkt jedoch nicht gefahrt werden, obwohl zahlreiche Hinweise far deren Existenz zu finden sind. Insbesondere dtirften die Konsortialbanken versuchen, mittels preisstabilisierender MaBnahmen eine negative Informationskaskade bereits zu Beginn der B6rsennotierung zu verhindern. Trotz

der

nicht

zweifelsfreien

Ergebnisse

zur

Existenz

preisstabilisierender

MaBnahmen durch die Konsortialbanken werden im Verlauf der Analyse des Underpricing-Ph~inomens parallel zu verschiedenen OLS-Regressionen auch Tobit-Regressionen gesch~itzt, da bei Nichtbeachtung dieser Problematik die Gefahr von inkonsistenten und ineffizienten Koeffizienten besteht. Die Ergebnisse zeigen jedoch nur marginale Unterschiede zwischen diesen Modellen, wodurch der Einfluss geringer ausf'~illt als anf~inglich vermutet. Dies kann damit erkl~irt werden, dass kursstabilisierende MaBnahmen, wie OEHLER/RUMMER/SMITH(2004) zeigen, einen negativen Kursverlauf w~ihrend der ersten Handelstage nur teilweise verhindem k6nnen, und als Vgl. Wetzel,A. (2003) S. 11.

246

Schlussbetrachtung

Folge dessen eine negative Informationskaskade beobachtbar ist. ~ SCHORMANN/KORFGEN (1987) vermuten in ihrer theoretischen Analyse, dass Emissionsbanken nur sehr schwer einen bestehenden Markttrend mittels Kurspflegemal3nahmen beeinflussen k6nnen. 2

Schwerpunkt 3: Untersuchung des Emissionspreisfindungsprozesses

unter

besonderer Beriicksichtigung der Stimmungsinvestoren. Vor allem w~ihrend der hot-issue-Phase dominiert das Bookbuildingverfahren die Methoden zur Emissionspreisbestimmung. Dies l~isst sich insbesondere durch die M6glichkeit einer diskretion~iren Zuteilung der Aktien erkl~iren. Dartiber hinaus kann mittels dieser Methodik der Emissionspreis im Gegensatz zum Festpreisverfahren schrittweise an die erwartete Nachfrage nach den zu emittierenden Aktien angepasst werden. Zentrale Elemente dieses Verfahrens sind die Emissionspreisspanne und die Zeichnungsfrist, die von den Emittenten und Emissionsbanken nach der PreMarketing-Phase unter Beachtung der bis dahin gesammelten Informationen zur erwarteten Nachfrage festgesetzt werden. Eine deskriptive Analyse dieser beiden Variablen im Zeitablauf zeigt eine Verl~ingerung der Zeichnungsfrist und eine vergr613erte Preisspanne w~ihrend der cold-issue-Periode. Somit kann auch dieses Ergebnis als Indiz mr die Existenz tiberaus optimistischer Investoren gewertet werden. Verschiedene Regressionsmodelle in Subkapitel 4.4 zeigen, dass sowohl die Preisspanne als auch die Zeichnungsfrist von der Stimmung der Investoren beeinflusst werden. So ffihrt beispielsweise ein Anstieg des Nemax-All-Share-Index um einen Prozentpunkt w~ihrend der 30 Tage vor der Festlegung der Zeichnungsfrist zu einer um durchschnittlich 2,8 Tage verktirzten Zeichnungsfrist. Auch Unternehmen, die den Neuen Markt als Aktienmarktsegment w~ihlen oder aber zur New Economy z~ihlen, bieten ihre Aktien den Investoren mit einer verktirzten Zeichnungsfrist an. Dies l~sst darauf schliel3en, dass Emittenten und Emissionsbanken einige Tage vor dem B6rsengang keine Schwierigkeiten hinsichtlich der vollst~indigen Aktienplatzierung vermuten. Analog zur Zeichnungsfrist wird auch die Breite der Preisspanne durch die Stimmung der Investoren beeinflusst, da steigende Aktienkurse, die grunds~itzlich als Indiz ffir positiv gestimmte Investoren betrachtet werden, eine verkleinerte Preisspanne nach sich ziehen. Vgl. Oehler, A./Rummer,M./Smith P. N., (2004) S. 11 f. 2

Vgl. Schfirmann,W./K6rpfgenK., (1987) S. 9.

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

247

Des Weiteren wurde innerhalb dieses Abschnittes zum ersten Mal far den deutschen Kapitalmarkt der Einfluss der Investorenstimmung auf die Anpassung des Emissionspreises im Verlauf des Bookbuildingprozesses untersucht. Hierbei wird festgestellt, dass far vereinzelte B6rseng~nge der Emissionspreis unterhalb der Preisspanne festgesetzt wurde und somit die Emissionsbanken und Emittenten die erwartete Nachfrage wenige Tage vor dem B6rsengang fibersch~itzt hatten. Dieses Ergebnis ist auch als Indiz dafar zu werten, dass im Rahmen der Emissionspreisermittlung versucht wird, den Preis far die zu platzierenden Aktien m6glichst hoch anzusetzen. Bei der Anpassung des Emissionspreises zeigt sich- ghnlich der Analyse der Preisspanne und Zeichnungsfrist - ein Einfluss der Investorenstimmung. So fahrt ein Anstieg des Aktienindex wghrend der Zeichnungsfrist zu einer Erh6hung des Emissionspreises im Vergleich zu dem kurz vor Beginn der Marketing-Periode erwarteten Preis far die zu platzierenden Aktien. Schwerpunkt 4: Untersuchung des Underpricing-Ph~inomens in Hinblick auf das Erkl~irungspotenzial von ex-ante-Unsicherheit und Stimmungsinvestoren. Zu Beginn der Analyse des Underpricing-Ph~nomens in Subkapitel 4.4 kann mittels verschiedener 6konometrischer Regressionen gezeigt werden, dass B6rseng~inge der New Economy und am Neuen Markt eine h6here Emissionsrendite im Vergleich zu den t~brigen IPOs aufweisen. Darfiber hinaus kann attestiert werden, dass die Branchen Banken und Finanzdienstleister eine erh6hte Emissionsrendite erzielen. Dieses Resultat in Verbindung mit den signifikant positiven Ergebnissen far die Branchen Banken und Finanzdienstleister lgsst Zweifel an der Gfiltigkeit des Ansatzes von BARON (1982) aufkommen. Hiernach entsteht Underpricing aufgrund von Informationsasymmetrien

zwischen

Emittent

und

Emissionsbank.

Folglich

mt~ssten

B6rsenggnge, bei denen Emissionsbanken mit hoher Reputation als Konsortialfahrer engagiert werden, ein geringeres Underpricing aufweisen. Zus~itzlich sollten bei GtHtigkeit des Ansatzes von BARON (1982) B6rseng~inge einer Bank oder eines Finanzdienstleisters ein im Vergleich zu den fibrigen IPOs geringeres Underpricing aufweisen, falls die Bank oder der Finanzdienstleister selbst im Konsortium vertreten ist. Die Reputation der Emissionsbanken hat hingegen keinen Einfluss auf die aus Sicht der Investoren erzielbare Emissionsrendite. Die nicht signifikanten Ergebnisse in Bezug auf die Reputation der Emissionsbanken bedeuten jedoch nicht, dass diese ohne

248

Schlussbetrachtung

Belang ist. Vielmehr ist zu vermuten, dass die Unterschiede w/~hrend des Untersuhungseitraums, der nachhaltig vom IPO-Boom beeinflusst wurde, nur zu gering ausfallen, als dass sie 6konometrisch erfasst werden k6nnen. Die Analyse, ob die ex-ante-Unsicherheit oder die Stimmungsinvestoren die Kontinuit/~t der Existenz einer positiven Emissionsrendite erkl/~ren kann, erfordert unter anderem auch Variablen, die je nach Vorzeichen eine der beiden Theorierichtungen ablehnen und die andere damit untersttitzen. In diesem Zusammenhang kommt der Zeichnungsfrist und der Preisspanne eine besondere Bedeutung zu, da beide unter Beachtung der erwarteten Nachfrage festgesetzt werden. Die im Rahmen der Regressionen ermittelten Koeffizienten sind als empirischer Nachweis ffir den Einfluss der Investorenstimmung auf die w/~hrend des ersten Handelstages ermittelte Emissionsrendite zu interpretieren, da sowohl eine ktirzere Zeichnungsfrist als auch eine breitere Emissionspreisspanne eine h6here Emissionsrendite nach sich zieht. Dies wird damit begrtindet, dass bei einer ktirzeren Zeichnungsfrist eine h6here Nachfrage Rir die zu platzierenden Aktien erwartet wird und somit Emittent und Konsortialbanken davon ausgehen, dass die Aktien vollst/~ndig platziert werden k6nnen. Im weiteren Verlauf wird singul/~r der Einfluss der Stimmungsinvestoren durch zus/~tzliche Variablen untersucht. Auch hier sprechen die Ergebnisse eindeutig ~ r die Wichtigkeit dieses Ansatzes zur Erkl/~rung des Underpricing-Ph/~nomens, da sowohl die Entwicklung des Aktienmarktes als auch die Austibung der Greenshoe-Option zur Befriedigung einer hohen Nachfrage einen positiven Effekt auf die Emissionsrendite austiben. Durch das Einbeziehen der Anzahl der B6rseng/~nge wird zudem die Nichtstationarit/~t der Emissionsrendite berficksichtigt, welche im Rahmen der Zeitreihenanalyse dokumentiert wurde. Um die Robustheit der ermittelten Ergebnisse nachzuweisen, kommen alternative Regressionsmodelle zum Einsatz. So wird sowohl der Einfluss des Neuen Marktes als auch der der New Economy in die Modelle einbezogen. Zus/~tzlich wird die Berechnung der Emissionsrendite derart ge/~ndert, dass statt des Schlusskurses der Er6ffnungskurs zur Anwendung kommt, doch auch diese Ver/~nderung hat keinen

Implikationen ft~rdie wissenschaftliche Forschung

249

signifikanten Einfluss auf die zuvor ermittelten Ergebnisse. AbschlieBend werden die Kurse des vorb6rslichen Handels in die Regressionsmodelle einbezogen, da diese grunds~.tzlich als Indiz for die Stimmung der Investoren vor dem B6rsengang angesehen werden. Ein hoher Preis w~hrend des Handels per Erscheinen ist somit als Indiz mr eine hohe Nachfrage der Investoren zu interpretieren. Hierbei zeigt sich jedoch, dass die bisher in der Literatur Obliche Berechnungsweise nur eingeschr~nkt zu empfehlen ist, da sie der Berechnung der endogenen Variablen ~hnelt und somit ein Proxy der Emissionsrendite verwendet wird, um diese selbst zu erkl~ren. Zusammenfassend ist aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit zu schlussfolgern, dass die Stimmung der Investoren die H6he der Emissionsrendite zumindest w~hrend der Jahre 1997 bis 2002 besser erkl~rt als die traditionelle Hypothese der ex-anteUnsicherheit. Somit ist die Emissionsrendite nicht auf einen Preisnachlass, sondern auf eine hohe Nachfrage der Investoren zurfickzumhren. Darfiber hinaus beeinflussen die Stimmungsinvestoren sowohl die Emissionst~tigkeit und Emissionsrendite im Zeitablauf als auch den Emissionspreisfindungsprozess.

5.2

Implikationen fiir die wissenschaftliche Forschung

Die

im Rahmen

dieser Arbeit ermittelten

Erkenntnisse

zum

Einfluss

der

Stimmungsinvestoren auf das Themengebiet Going Public besitzen Grundlagencharakter for zahlreiche zukOnftige theoretische und empirische Arbeiten innerhalb dieses Bereiches, wobei die nachfolgenden Problemstellungen als besonders vielversprechend hervorgehoben werden sollen: 1. Das Platzen der B6rsenblase kann aufgrund der Erkenntnisse durch die Zeitreihenanalyse auf einen Verlust des Investorenvertrauens zurfickgemhrt werden. Damit die Wertpapierb6rse wieder ihrer eigentlichen Funktion der Kapitalbeschaffung ffir junge Unternehmen nachkommen kann, muss das Vertrauen der Investoren durch eine Erh6hung der Transparenz sowie eine Versch~rfung der Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten zurfickgewonnen werden. Dies wfirde auch einer neuerlichen 15bertreibung des Aktienmarktes in Bezug auf B6rsenneulinge entgegenwirken. Hierauf aufbauend erscheinen die Analyse des Einflusses der Publizit~t sowie der Zulassungs-

250

Schlussbetrachtung voraussetzungen und -folgepflichten auf die Emissionstgtigkeit und das Investorenvertrauen sehr vielversprechend.

2. Wie erwghnt ist die Festlegung des Emissionsreises eines der entscheidenden Kernelemente im Rahmen eines B6rsengangs. Bisher existieren, vor allem far den deutschen Kapitalmarkt, nur rudimentS.re Versuche zur Bestimmung des wahren Untemehmenswertes und dessen Einfluss auf die H6he der Emissionsrendite. Erkenntnisse aus dem Bereich der Unternehmensbewertung wt~rden die Gfiltigkeit des investor-sentiment-Ansatzes einer weiteren wichtigen Analyse unterziehen. 3. Das Bookbuildingverfahren zur Ermittlung des Emissionspreises dominiert die hot-issue-Phase

des

vorliegenden

Untersuchungszeitraumes,

wobei

das

Auktionsverfahren in Bezug auf die Anpassung des Emissionspreises an die vorhandene Nachfrage, wie Oehler (2000) zeigt, deutliche Vorteile aufweist. Sowohl modelltheoretische als auch empirische Analysen dieses Potentials wgren ffir den deutschen Kapitalmarkt, auch unter Beachtung der strategischen Positionierung der Underwriter, wt~nschenswert. Abschliegend bleibt zu erw~ihnen, dass die IPO-Forschung- wie die vorliegende Arbeit zeigt- auch nach mehreren Jahrzehnten intensiver Bemtihungen, insbesondere beim Abgleich der Modelle mit den empirischen Ergebnissen, noch immer vor zahlreichen ungel6sten Problemen steht, wodurch auch in Zukunft, trotz der hier vorgestellten neuen Erkenntnisse, noch erheblicher Forschungsbedarf besteht.

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