Funktionentheorie 1 [4 ed.]
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Zitiervorschau

springer-Lehrbuch

Analytische Landschaft der √ Weierstraßschen ℘-Funktion zum Gitter L = Z + i 2 Z

Eberhard Freitag

Rolf Busam

Funktionentheorie 1 Vierte, korrigierte und erweiterte Auflage Mit 125 Abbildungen und Losungshinweisen zu 420 Ubungsaufgaben

^

Spri ringer

Prof. Dr. Eberhard Freitag Dr. Rolf Busam Mathematisches Institut Universitat Heidelberg Im Neuenheimer Feld 288 69120 Heidelberg, Deutschland [email protected] [email protected]

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet liber http://dnb.ddb.de abrufbar.

Mathematics Subject Classification (2000): 30-01,11-01, iiF, iiM

ISBN-10 3-540-31764-3 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-31764-7 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-67641-4 3. Aufl. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993,1995,2000, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dafi solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Text und Abbildungen wurden mit grofiter Sorgfalt erarbeitet. Verlag und Autor konnen jedoch fiir eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung iibernehmen. Satz: Datenerstellung durch die Autoren unter Verwendung eines Springer TgX-Makropakets Herstellung: LE-TgX Jelonek, Schmidt & Vockler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: design & production GmbH, Heidelberg Gedruckt auf saurefreiem Papier

44/3100YL - 5 4 3 2 1 0

Hans zum

Maafi Gedenken

Vorwort zur vierten Auflage In der vorliegenden 4. Auflage wurden einige Korrekturen und kleinere Verbesserungen, auch der Bilder, vorgenommen. Einige neue Ubungsaufgaben wurden hinzugefiigt. Literaturverzeichnis und Index wurden erweitert. Die neuen Rechtschreibregeln wurden weitgehend umgesetzt. Heidelberg, Februar 2006

Eberhard Freitag Rolf Busam

Vorwort zur dritten Auflage Bis man ein Lehrbuch zur „druckfehlerfreien Zone" erklaren kann, dauert es wohl einige Auflagen. Wir danken unseren aufmerksanien Horern und Lesern, die uns auch auf versteckte typographische Fehler hingewiesen haben. In der vorliegenden dritten Auflage wurde der Text an nianclien Stellen geglattet, einzelne Ubungsaufgaben wurden ausgetausclit, einige neue —auch auf Vorschlagen von Lesern— hinzugefiigt. AuBerdem wurde das Literaturverzeichnis aktualisiert. Auf vielfachen Wunsch wurde ein Synibolverzeichnis aufgenomnien. Inhaltlich haben wir beim Beweis des Hecke'schen Satzes (Kap. VII, Theorem 3.4) die Voraussetzungen so modiflziert, dass man ohne das PhragmenLindelof-Prinzip auskommt. Heidelberg, JuH 2000

Eberhard Freitag Rolf Busam

Vorwort zur zweiten Auflage Der Text der ersten Auflage wurde abgesehen von wohl unvermeidlichen typographischen Fehlern und einigen sachlichen Korrekturen unverandert iibernommen. Auf vielseitigen Wunsch haben wir in die zweite Auflage Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben aufgenommen. Diese flnden sich im Anschluss an Kapitel VII vor dem Literaturverzeichnis. Wegen der groBen Anzahl von Aufgaben mussten diese Hinweise hauflg knapp gehalten werden. Jedoch haben wir insoweit VoUstandigkeit angestrebt, dass der interessierte Leser geniigend Information zur voUstandigen Ausarbeitung aller, auch der schwierigen Aufgaben erhalt. Heidelberg, Januar 1995

Eberhard Freitag Rolf Busam

Inhalt

Einleitung

XIII XX

Kapitel I. Differentialrechnung im Komplexen

1

1. Komplexe Zahlen

1

2. Konvergente Folgen und Reihen

16

3. Stetigkeit

28

4. Komplexe Ableitung

34

5. Die Cauchy-Riemann'schen Differentialgleichungen

40

Kapitel II. Integralrechnung im K o m p l e x e n

61

1. Komplexe Kurvenintegrale

62

2. Der Caucliy'sclie Integralsatz

70

3. Die Caucliy'sclie Integralformel

86

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz

97

1. GleiclimaBige Approximation

99

2. Potenzreilien

104

3. Abbildungseigenscliaften analytischer Funktionen

119

4. Singularitaten analytischer Funktionen

130

5. Laurentzerlegung

140

Anhang zu §4 und §5. Der Begriff der meromorphen Funktion

153

6. Der Residuensatz

161

7. Anwendungen des Residuensatzes

170

X

Inhalt

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

193

1. Die Gammafunktion

194

2. Der WeierstraB'sche Produktsatz

213

3. Der Partialbruchsatz von Mittag-LeiBer

222

4. Der kleine Riemann'sche Abbildungssatz

227

Anhang A. Die Homotopieversion des Cauchy'schen Integralsatzes . . 237 Anhang B. Eine Homologieversion des Cauchy'schen Integralsatzes . . 243 Anhang C. Charakterisierungen von Elementargebieten

248

Kapitel V. EUiptische Funktionen

255

1. Die Liouvihe'schen Satze

256

2. Die Weierstrai3'sche p-Funktion

266

3. Der Korper der eUiptischen Funktionen

273

Anhang zu §3. Der Torus als algebraische Kurve

277

4. Das Additionstheorem

285

5. EUiptische Integrale

291

6. Das Abel'sche Theorem

298

7. Die ehiptische Modulgruppe

309

8. Die Modulfunktion j

317

Kapitel VI. EUiptische Modulformen

325

1. Die Modulgruppe und ihr Fundanientalbereich

326

2. Die A;/12-Formel und die Injektivitat der j-Funktion

334

3. Die Algebra der Modulformen

343

4. Modulformen und Thetareihen

347

5. Modulformen zu Kongruenzgruppen

361

Anhang zu §5. Die Thetagruppe

373

6. Ein Ring von Thetafunktionen

380

Inhalt

XI

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

391

1. Summen von vier und acht Quadraten

392

2. Dirichletreihen

410

3. Dirichletreihen mit Funktionalgleichungen

418

4. Die Rieniann'sche ("-Funktion und Prinizahlen

432

5. Die analytische Fortsetzung der ("-Funktion

440

6. Fin Taubersatz

448

Losungen der Ubungsaufgaben

463

Literatur

525

Symbolverzeichnis

535

Index

537

Einleitung

Die komplexen Zahlen haben ihre historischen Wurzeln im 16. Jahrhundert, sie entstanden bei dem Versuch, algebraische Gleichungen zu losen. So fiihrte schon G. C A R D A N O (1545) formale Ausdriicke wie zum Beispiel 5 ± V—15 ein, um Losungen quadratischer und kubischer Gleichungen angeben zu konnen. R. BoMBELLi rechnete uni 1560 bereits systematisch niit diesen Ausdriicken und fand 4 als Losung der Gleichung x^ = 15x + 4 in der verschliisselten Form 4= y2 + V - 1 2 1 + y 2 - V - 1 2 1 . Auch bei G. W.

LEIBNIZ

(1675) findet man Gleichungen dieser Art, wie z.B.

1 + V^ + V 1 - ^^-3 = v^Im Jahre 1777 fiihrte L. Einheit ein.

EULER

die Bezeichnung i = \/—l fiir die imagindre

Der Fachausdruck „komplexe Zahl" stammt von C. F . GAUSS (1831). Die strenge Einfiihrung der komplexen Zahlen als Paare reeller Zahlen geht auf W. R. HAMILTON (1837) zuriick. Schon in der reellen Analysis ist es gelegentlich vorteilhaft, komplexe Zahlen einzufiihren. Man denke beispielsweise an die Integration rationaler Funktionen, die auf der Partialbruchentwicklung und damit auf dem Fundamentalsatz der Algebra beruht: Uber dem Korper der komplexen Zahlen zerfdllt jedes Polynom in ein Produkt von Linearfaktoren. Ein anderes Beispiel fiir den vorteilhaften Einsatz von komplexen Zahlen sind die FouRiERreihen. Man fafit die reellen Winkelfunktionen Sinus und Kosinus nach EuLER (1748) zu der „Exponentialfunktion" e'^ := cosx + isinx zusammen. Die Additionstheoreme der beiden Winkelfunktionen haben dann die einfache Gestalt gi{a:+y) _

gia:giy_

XIV

Einleitung

Es gilt insbesondere (e'^)

= e™^ fiir ganze Zahlen n.

Die FouRiERreihe einer hinreichend glatten Funktion / auf der reellen Geraden mit der Periode 1 schreibt sich mit diesen Ausdriicken in der Form

/w= E

« 6^'^'"='.

Dabei ist es ohne Belang, ob man / als reellwertig voraussetzt oder auch komplexe Werte zulasst. In diesen Beispielen dienen die komplexen Zahlen als niitzliclies, jedocli letztlicli entbelirliclies Hilfsmittel. Neue Gesiclitspunkte treten auf, wenn man komplexwertige Funktionen betraclitet, welclie von komplexen Variablen abliangen, wenn man also systematiscli Funktionen / : D —^ C studiert, deren Definitionsbereiclie D zweidimensional sind. Die Zweidimensionalitat wird dadurcli gesicliert, dafi wir uns auf offene Definitionsbereiche D C C bescliranken. Man fiilirt analog zur reellen Analysis den Begriff der komplexen Differenzierbarkeit ein, indem man die Existenz des Grenzwerts

/'(a) := lim z^a

M^LM. Z—a

fiir alle a & D postuliert. Es stellt sich heraus, dafi dieser Begriff sehr viel einschneidender ist als der der reellen Differenzierbarkeit. Wir werden beispielsweise zeigen, dafi eine einmal komplex differenzierbare Funktion automatisch unendlich oft differenziert werden darf. Wir werden mehr sehen, namlich, dafi sich komplex differenzierbare Funktionen stets lokal in Potenzreihen entwikkeln lassen. Aus diesem Grund werden komplex differenzierbare Funktionen (auf offenen Definitionsbereichen) auch analytische Funktionen genannt. „Funktionentheorie"

ist die Theorie dieser analytischen

Funktionen.

Viele klassische Funktionen der reellen Analysis lassen sich ins Komplexe analytisch fortsetzen. Es stellt sich heraus, dafi diese Fortsetzungen auf hochstens eine Weise moglich sind, wie etwa bei ^x+iy _

^x^iy_

Aus der Relation e'^

folgt, dafi die komplexe Exponentialfunktion periodisch ist mit der rein imagindren Periode 27ri. Diese Beobachtung ist fiir die komplexe Analysis fundamental. Auf ihr fufien zwei weitere Phanomene:

Einleitung

XV

1. Der komplexe Logarithmus kann nicht in natiirlicher Weise als eindeutige Umkehrfunktion der Exponentialfunktion definiert werden. Er ist a priori nur bis auf ein ganzzahliges Vielfaches von 27ri bestimmt. 2. Die Funktion 1/^ (z ^ 0) besitzt in der punktierten Ebene keine eindeutige Stammfunktion. Hiermit hangt zusammen: Betrachtet man ihr Kurvenintegral langs einer gegen den Uhrzeigersinn durchlaufenen Kreislinie niit Mittelpunkt 0, so erhalt man den von 0 verschiedenen Wert

Zentrale Satze der Funktionentheorie, wie zum Beispiel der Residuensatz, nichts anderes als eine sehr allgemeine Fassung dieser Tatsachen.

sind

Reelle Funktionen zeigen haufig erst dann ihr wahres Gesicht, wenn man ihre analytischen Fortsetzungen mit in Betracht zieht. Beispielsweise lasst sich in der reellen Theorie nur schwer verstehen, warum die Potenzreihenentwicklung 1 + X"^ nur fiir |x| < 1 gilt. Im Komplexen wird das Plianomen verstandlicli: Die betraclitete Funktion hat Singularitaten bei ±i. Ihre Potenzreihenentwicklung ist in dem grofiten Kreis um den Entwicklungspunkt giiltig, in dem die Funktion keine Singularitat hat: dem Einheitskreis. Schwer verstandlich aus der reellen Theorie ist auch, warum die TAYLORreihe der C°°-Funktion /(x)

0,

x = 0,

zum Entwicklungspunkt 0 fiir alle x G M konvergiert, aber die Funktion in keinem Punkt x 7^ 0 darstellt. Im Komplexen wird dieses Phanomen verstandlich, denn die Funktion e^^/^ hat im Nullpunkt eine wesentliche Singularitat. Viel schlagender sind weniger triviale Beispiele. Zusammenhang die RiEMANN'sche ("-Funktion 00

C(5) =

^ n - ,

Genannt sei in diesem

XVI

Einleitung

die wir im letzten Kapitel dieses Bandes mit den erlernten funktionentheoretischen Methoden als Funktion der komplexen Variablen s eingehend studieren werden. Aus ihren funktionentheoretischen Eigenschaften werden wir den Primzahlsatz ableiten. RiEMANNs beriihmte Arbeit iiber die ("-Funktion [Ri2] ist ein glanzendes Beispiel fiir die in seiner Inauguraldissertation bereits acht Jahre zuvor ausgesprochene These [Ril]: „D«e Einfuhrung der complexen Grossen in die Mathematik hat ihren Ursprung und ndchsten Zweck in der Theorie einfacher durch Grossenoperationen ausgedruckter Ahhdngigkeitsgesetze zwischen verdnderlichen Grossen. Wendet man ndmlich diese Ahhdngigkeitsgesetze in einem erweiterten Umfange an, indem man den verdnderlichen Grossen, auf welche sie sich heziehen, complexe Werthe gieht, so tritt eine sonst versteckt hleihende Harmonie und Regelmdfligkeit hervor." Komplexe enthalten PQ — QP iniaginare

Zahlen spielen in verschiedenen Gebieten eine wichtige Rolle. So beispielsweise die Vertauschungsrelationen der Quantenmechanik = 2 ^ / oder die Schrodingergleichung Hip{x,t) = ij-d^^{x,t) die Einheit i.

In den letzten Jahren ist eine Reihe guter Lehrbiicher iiber Funktionentheorie erschienen, so dass ein erneuter Versuch in dieser Richtung einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Die Idee dieses und eines weiteren Bandes ist es, eine umfassende Darstellung klassischer Funktionentheorie zu geben, wobei „klassisch" in etwa bedeuten nioge, dass garbentheoretische und kohoniologische Methoden ausgeklamniert werden. Es versteht sich von selbst, dass nicht alles, was in dieseni Sinne als klassische Funktionentheorie anzusehen ist, auch behandelt wird. Wer beispielsweise besonderes Interesse an der Werteverteilungstheorie analytischer Funktionen oder der Praxis der konformen Abbildungen hat, wird dieses Buch rasch enttauscht aus der Hand legen. Die Linie, die wir verfolgen, kann schlagwortartig wie folgt beschrieben werden: Die ersten vier Kapitel beinhalten eine Einfiihrung in die Funktionentheorie, etwa im Unifang einer vierstiindigen Vorlesung „Funktionentheorie I". Hier werden die grundlegenden Satze der Funktionentheorie behandelt. Nach der Einfiihrung in die Theorie der analytischen Funktionen gelangt man von den elliptischen Funktionen zu den elliptischen Modulfunktionen und — nach einigen Ausfliigen in die analytische Zahlentheorie — im zweiten Band zu den Riemann'schen Fldchen und von dort aus weiter zu den Abel'schen Funktionen und schheBlich zu den Modulfunktionen mehrerer Verdnderlicher. Es wird grofier Wert auf Vollstandigkeit gelegt in dem Sinne, dass alle benotigten Begriffe entwickelt werden. Aufier den Grundbegriffen aus der reellen Analysis und linearen Algebra, wie sie heutzutage standardmaBig in den sogenannten Grundvorlesungen vermittelt werden, wollen wir im ersten Band

Einleitung

XVII

nichts verwenden. Im zweiten Band werden einige einfache topologische Begriffsbildungen ohne Beweis zusammengestellt und benutzt. Wir haben uns in der Regel bemiiht, mit moglichst geringem Begriffsaufwand auszukommen und rasch zum Kern des jeweiligen Problems vorzustoBen. Eine Reihe von wichtigen Resultaten wird mehrfach bewiesen. Wenn ein Spezialfall eines allgemeinen Satzes in eineni wichtigen Zusammenhang verwendet wird, haben wir uns nicht gescheut, einen einfacheren direkten Beweis fiir den SpezialfaU zu geben. Dies entspricht unserer Meinung, dass man ein griindliches Verstandnis nur dann erreichen kann, wenn man die Dinge dreht und wendet und von verschiedenen Standpunkten beleuchtet. Wir hoffen durch diese umfassende DarsteUung ein Gefiihl dafiir vermitteln zu konnen, wie die angesprochenen Gebiete zueinander in Beziehung stehen und wo sie ihre Wurzeln haben. Versuche dieser Art sind nicht neu. Ein Vorbild fiir uns waren vor allem die Vorlesungen von H. M A A S S , dem wir beide unsere Ausbildung in Funktionentheorie verdanken. Im gleichen Atemzug sind auch die Ausarbeitungen der Vorlesungen von C . L . S I E G E L ZU nennen. Beides sind Versuche, eine groBe historische Epoche, die u. a. mit den Namen A.-L. CAUCHY, N . H . A B E L , C. G. J. J A C O B I , B . R I E M A N N und K. W E I E R S T R A S S untrennbar verbunden ist, nachzuzeichnen und an neuere Entwicklungen, die sie selbst mitgepragt haben, heranzufiihren. Unsere Zielsetzung und die Inhalte sind den beiden genannten Vorbildern sehr ahnlich, methodisch gehen wir jedoch in vielem anders vor. Dies wird sich vor allem im zweiten Band zeigen, wo wir hierauf noch einmal genauer eingehen werden. Der vorliegende Band stellt eine vergleichsweise einfach gehaltene Einfiihrung in die Funktionentheorie einer komplexen Veranderlichen dar. Der Stoffumfang entspricht einem zweisemestrigen Kurs mit begleitenden Seminaren. Die ersten drei Kapitel enthalten den Standardstoff bis hin zum Residuensatz, der in jeder Einfiihrung behandelt werden muss. Im vierten Kapitel — wir rechnen es zum Einfiihrungskurs dazu — werden einige Fragestellungen behandelt, die weniger zwingend erforderlich sind. Wir behandeln ausfiihrlich die Gammafunktion, um die erlernten Methoden an einem schonen Beispiel zu verdeuthchen. Schwerpunkte bilden ferner die Satze von W E I E R S T R A S S und M I T T A G - L E F F L E R iiber die Konstruktion analytischer Funktionen mit vorgegebenem Null- bzw. Polstellenverhalten. Schliefilich beweisen wir als Hohepunkt den kleinen Riemann'schen Abbildungssatz, welcher besagt, dass jedes echte Teilgebiet der Ebene ohne Locher zum Einheitskreis konform Equivalent ist. Erst jetzt, in einem Anhang zum Kapitel IV, gehen wir auf die Frage des einfachen Zusammenhangs ein und geben verschiedene aquivalente Charak-

XVIII

Einleitung

terisierungen fiir einfach zusammenhangende Gebiete, also fiir Gebiete ohne Locher. In diesem Kontext werden verschiedene Varianten des CAUCHY'sclien Integralsatzes — die Homotopie- und eine Homologieversion — abgeleitet. So sclion diese Resultate fiir die Erkenntnis und so wichtig sie auch fiir den weiteren Fortgang sind, so wenig sind sie erforderlich, um das Standardrepertoire der Funktionentheorie zu entwickeln. Hier konimt man mit weniger aus. An einfach zusammenhangenden Gebieten werden nur Sterngebiete gebrauclit (und einige Gebiete, die sich aus Sterngebieten aufbauen lassen). Infolgedessen benotigt man nur den Cauchy'sclien Integralsatz fiir Sterngebiete, und der ist nach einer Idee von A. DINGHAS ohne geringste topologische Schwierigkeit auf den Fall von Dreieckswegen zuriickzufiihren. Wir begniigen uns daher lange Zeit bewusst mit den Sterngebieten und vermeiden den Begriff des einfachen Zusammenhangs. Man hat hierfiir einen Preis zu zahlen, namlich den Begriff des Elementargebiets einzufiihren. Dies sind definitionsgemaB Gebiete, fiir die der CAUCHY'sche Integralsatz ausnahmslos gilt. Wir begniigen uns also mit dem Wissen, dass Sterngebiete Elementargebiete sind, und verschieben deren endgiiltige topologische Kennzeichnung auf den Anhang zum vierten Kapitel, wo sie dann aber umfassend und schlagend, im Grunde auch sehr einfach durchgefiihrt wird. Um der Klarheit der Methodik willen haben wir dies jedoch weit nach hinten geschoben. Im Grunde konnte man im ersten Band ganz darauf verzichten. Gegenstand des fiinften Kapitel ist die Theorie der elliptischen Funktionen, also der meromorphen Funktionen mit zwei linear unabhangigen Perioden. Historisch sind diese Funktionen als Umkehrungen gewisser elliptischer Integrale aufgetreten, wie etwa des Integrals

Leichter ist es, umgekehrt vorzugehen und die eUiptischen Integrale als Nebenprodukt der bestechend schonen und einfachen Theorie der elliptischen Funktionen zu erhalten. Eine der groBen Leistungen der komplexen Analysis ist es, die Theorie eUiptischer Integrale durchsichtig und einfach zu gestalten. Wie es heutzutage iiblich ist, wahlen wir den WEiERSTRASS'schen Zugang iiber die p-Funktion. Im Zusammenhang mit dem ABEL'schen Theorem gehen wir auch kurz auf den historisch alteren Zugang iiber die JACOBi'sche Thetafunktion ein. Wir beschliefien das fiinfte Kapitel mit dem Beweis des Satzes, dass jede komplexe Zahl die absolute Invariante eines Periodengitters ist. Dies benotigt man fiir die Gewissheit, dass man wirklich jedes eUiptische Integral erster Gattung als

Einleitung

XIX

Umkehrfunktion einer elliptischen Funktion erhalt. An dieser Stelle tritt die elliptische Modulfunktion J{T) auf. So einfach diese Theorie auch sein mag, es bleibt hochst dunkel, wie aus einem elliptischen Integral ein Periodengitter und damit eine elliptische Funktion entspringt. Die viel konipliziertere Theorie der RiEMANN'schen Flachen wird — allerdings erst ini zweiten Band — eine tiefere Einsicht ernioglichen. Ini sechsten Kapitel fiihren wir die am Ende des fiinften Kapitels begonnene Theorie der Modulfunktionen und Modulformen systematisch welter. Im Mittelpunkt werden Struktursatze stehen, die Bestimmung aller Modulformen zur voUen Modulgruppe und zu gewissen Untergruppen. Wichtige Beispiele von Modulformen sind die auch arithmetisch bedeutsamen EiSENSTEiNreihen und Thetareihen. Eine der schonsten Anwendungen der Funktionentheorie findet sich in der analytischen Zahlentheorie. Beispielsweise haben die FouRiERkoeffizienten von Modulformen arithmetische Bedeutung: Die FoURlERkoefFizienten der Thetareihen sind Darstellungsanzahlen quadratischer Formen, die der EiSENSTEiNreihen sind Teilerpotenzsummen. Auf funktionentheoretischem Wege gewonnene Identitaten zwischen Modulformen ergeben zahlentheoretische Anwendungen. Wir bestimmen nach dem Vorbild von J A C O B I die Anzahl der Darstellungen einer natiirlichen Zahl als Summe von vier und acht Quadraten ganzer Zahlen. Die benotigten funktionentheoretischen Identitaten werden dabei unabhangig von den Struktursatzen iiber Modulformen abgeleitet. Einen eigenen Abschnitt haben wir H E C K E ' S Theorie iiber den Zusammenhang zwischen FoURlERreihen mit Transformationsverhalten unter der Transformation z i—)• —l/z und DiRlCHLETreihen mit Funktionalgleichung gewidmet. Diese Theorie schlagt eine Briicke zwischen Modulformen und DiRlCHLETreihen. Die Theorie der HECKEoperatoren wird jedoch nicht behandelt, ledighch in den Ubungsaufgaben gehen wir auf diese Theorie ein. AnschlieBend wenden wir uns ausfiihrlich der beriihmtesten DiRiCHLETreihe, der RiEMANN'schen ("-Funktion zu. Als klassische Anwendungen geben wir einen voUstandigen Beweis des Primzahlsatzes mit einer schwachen Restgliedabschatzung. In alien Kapiteln finden sich zahlreiche Ubungsaufgaben, anfangs meist einfacherer Natur, mit wachsender Kapitelzahl auch schwierigere Aufgaben, die den Stoff erganzen. Gelegenthch werden bei den Aufgaben Begriffe aus der Topologie oder Algebra verwendet, die im Text nicht entwickelt wurden. Das vorliegende Material ist aus Vorlesungen fiir Mathematiker und Physiker entstanden, die in Heidelberg standardmaBig gehalten werden. Die TgXManuskripte fiir diese Vorlesungen sind im Lauf der Jahre gewachsen. Sie wurden unter Mitwirkung der Herren F. HoLZWARTH, R. VON SCHWERIN und A. LoBER geschrieben. Herr L O B E R hat sich sowohl um die Erstellung der

XX

Einleitung

endgiiltigen Version des Textes als auch beim Lesen von Korrekturen groBe Verdienste erworben. Tatkraftig unterstiitzt hat uns auch Herr O . D E L Z E I T H . Die Abbildungen wurden von Herrn D. ScHAFER erstellt. Den genannten Mitarbeitern niochten wir an dieser Stelle herzlich danken. Unser Dank gilt auch unseren Kollegen und Freunden W. E N D , O . H E R R MANN und R. KiEHL. Von Herrn E N D stammen viele Verbesserungsvorschlage, Herr H E R R M A N N fertigte die Abbildungen iiber die analytischen Landschaften der p-Funktion und der ("-Funktion an. Herr KlEHL hat uns ein Vorlesungsmanuskript iiber den Primzahlsatz zur Verfiigung gestellt, aus dem wir wesenthche Ideen iibernommen haben. Dem Springer-Verlag und seinen Mitarbeitern danken wir fiir kooperative Zusanimenarbeit, insbesondere Herrn K . - F . K O C H fiir die Betreuung wahrend der Entstehungszeit der ersten Auflage dieses Buches. Seine Ratschlage zur Gestaltung haben das endgiiltige Layout stark beeinflusst. In die neueren Auflagen sind Anregungen von Kollegen und Studenten eingeflossen, fiir die wir ans dieser Stelle bedanken.

Heidelberg, Februar 2006

Eberhard Freitag Rolf Busam

Kapitel I. Differentialrechnung im Komplexen

In diesem Kapitel geben wir zunachst eine Einfiihrung in die komplexen Zahlen und ihre Topologie. Dabei nehnien wir an, dass der Leser hier nicht zuni ersten Male den komplexen Zahlen begegnet. Die gleiche Annalinie gilt fiir die topologisclien Begriffe in C [Konvergenz, Stetigkeit etc.). Wir fassen uns deshalb hier ebenfalls kurz. In §4 fiihren wir den Begriffder Ahleitung im Komplexen ein. Mit diesem Paragraphen kann man die Lektiire beginnen, wenn man mit den komplexen Zahlen und ihrer Topologie bereits hinreichend vertraut ist. In §5 wird der Zusammenhang der reellen Dijjerenzierharkeit mit der komplexen Differenzierharkeit behandelt (Cauchy-Riemann'sche Differentialgleichungen). Die Geschichte der komplexen Zahlen von den ersten Anfangen im 16. Jahrhundert bis zu ihrer endgiiltigen Einbiirgerung in der Mathematik im Laufe des 19. Jahrhunderts — wohl letztlich dank der wissenschaftlichen Autoritat von C. F. GAUSS — sowie die lange Unsicherheit und Unklarheit im Umgang mit ihnen, all das ist ein eindrucksvolles Beispiel zur Mathematikhistorie. Dem historisch interessierten Leser sei die Lektiire von [Re3] empfohlen. Fiir weitere historische Bemerkungen iiber die komplexen Zahlen vergleiche man auch [CE, Ge] oder [Pi].

1. Komplexe Zahlen Bekanntlich besitzt nicht jedes P o l y n o m mit reellen KoefFizienten auch eine reelle Nullstelle, z. B . das P o l y n o m P{x)

= x^ + 1.

Es gibt also keine reelle Zahl x mit x^ + 1 = 0. Will m a n dennoch erreichen, dass diese Gleichung oder ahnliche Gleichungen Losungen besitzen, so kann dies n u r d a d u r c h geschehen, dass m a n zu einem Oberbereich von M iibergeht, in dem solche Losungen existieren. M a n erweitert den K o r p e r M der reellen Zahlen z u m K o r p e r C der komplexen Zahlen. In diesem besitzt d a n n sogar jede Polynomgleichung (nicht nur die Gleichung x^ + 1 = 0) Losungen (im allgemeinen natiirhch komplexe). Dies ist die Aussage des „Fundamentalsatzes der Algebra".

2

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

1.1 Satz. Es existiert tin Korper C mit folgenden

Eigenschaften:

1) Der Korper M. der reellen Zahlen ist tin Unterkorper von C, d.h. M. ist eine Teilmenge von C, und Addition und Multiplikation in M entstehen durch Einschrdnkung der Addition und Multiplikation in C. 2) Die Gleichung X^ + 1 = 0 hat in C genau zwei Losungen. 3) Sei i eine der beiden Losungen (dann ist —i die andere). Die Abbildung K X K —> C,

{x,y) I—> x + iy, ist bijektiv. Wir nennen C Korper der komplexen

Zahlen.

Beweis. Der Existenzbeweis wird durch 3) nahegelegt. Man definiert auf der Menge C := M x M die folgenden Verkniipfungen, {x,y) + {u,v) := {x + u,y + v), (x, y) • {u, v) := {xu — yv, xv + yu) und weist zunachst die Giiltigkeit der Korperaxiome nach. Diese sind: 1) Die

Assoziativgesetze {z + z') + z" = z + {z' + z"),

zz')z" — z{z'z" 2) Die

Kommutativgesetze

z + z' = z' + z, zz' = z'z. 3) Die

Distributivgesetze z[z' + z") = zz' +

zz\

{z' + z")z = z'z + z"z. 4) Die Existenz der neutralen

Elemente

a) Es existiert ein (eindeutig bestimmtes) Element 0 G C mit der Eigenscliaft z + 0 = z fiir alle z G C b) Es existiert ein (eindeutig bestimmtes) Element 1 E C mit der Eigenscliaft z • 1 = z fiir alle z E C und 1 ^ 0 .

§1. Koinplexe Zahlen

3

5) Die Existenz der inversen

Elemente

a) Zu jedem z E C existiert ein (eindeutig bestimmtes) Element mit der Eigenschaft z + {-z) = 0.

—ZEC

b) Zu jedem z E C, z ^ 0, existiert ein (eindeutig bestimmtes) Element z^^ G C mit der Eigenschaft z- z^'^ = 1. Verifikation der Korperaxiome Die Axiome 1) - 3) verifiziert man durcli direkte Reclinung. 4) a) 0 : = (0,0). b)l:=(l,0). 5) a) -{x,y) := {-x,-y). b) Sei z = {x,y) ^ (0,0) . Dann ist x^ + y^ ^ 0 . Eine direkte Reclinung zeigt, dass -1 _

z

f

X

y

x^ + y^ '

x^ + y^

zu z invers ist. Offensiclitlicli gilt {a,0){x,y)

=

{ax,ay),

insbesondere also (a,0)(6,0) = {ab,0). AuBerdem gilt (a,0) + (6,0) = {a + b,0). Also ist

C^:={ia,Oy,

aeR}

ein Unterkorper von C, in dem genau so gereclinet wird wie in M selbst. Genauer: Die Abbildung i : M —> Cjj,

a I—> (a, 0),

ist ein Korperisomorpliismus. Damit liaben wir uns einen Korper C konstruiert, der zwar niclit M, aber einen zu M isomorplien Korper Cj^ entlialt. Man konnte nun leiclit durcli mengentlieoretisclie Manipulationen einen zu C isomorplien Korper C konstruieren, welclier den vorgelegten Korper M als Unterkorper entlialt. Wir verzicliten auf

4

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

diese Konstruktion und identifizieren einfach im Folgenden die reelle Zahl a mit der koinplexen Zahl (a, 0). Zur weiteren Vereinfacliung verwenden wir die Bezeichnung i := (0,1) und nennen i die imaginare Einheit (L. E U L E R , 1777). Offensiclitlicli gilt dann a) i2 = i • i = (0,1) • (0,1) = (0 • 0 - 1 • 1,0 • 1 + 1 • 0) = ( - 1 , 0 ) = - ( 1 , 0 ) , b) (x, y) = {x, 0) + (0, y) = (x, 0) • (1,0) + {y, 0) • (0,1) oder in vereinfacliter Sclireibweise a) i2 = - 1 , b) {x,y) = X + yi = X + iy. Jede koniplexe Zahl lasst sich also eindeutig in der Form z = x + iy mit reellen Zahlen x und y schreiben. Damit ist Satz 1.1 bewiesen. D Es lasst sich zeigen, dass ein Korper C durch die Eigenschaften l)-3) aus Satz 1.1 „im wesenthchen" eindeutig bestimmt ist (s. Aufgabe 13 aus I.l). In der eindeutigen Darstellung z = x + iy heiBt X der Realteil von z und y der Imagindrteil von z. Bezeichnung. x = Re(^), y = Im(^). Ist Re{z) = 0, dann heiBt z rein imagindr. Anmerkung. Auf einen wesenthchen Unterschied gegeniiber dem Korper M der reellen Zahlen sei hingewiesen: M ist ein angeordneter Korper, d. h. in M ist eine Teilmenge P der sogenannten „positiven Elemente" ausgezeichnet, so dass folgendes gilt: 1) Fiir jede reelle Zahl a trifft genau einer der folgenden Falle zu: a) a E P

b) a = 0

oder

c) — a E P.

2) Fiir behebige a,b E P gilt a+bEP

und

ab E P.

Es lasst sich jedoch leicht zeigen, dass sich C nicht anordnen lasst, d. h., dass es keine Teilmenge P C C gibt, fiir die die Axiome 1) und 2) fiir behebige a,b E P gelten (wegen i^ = —1). Von einigem Nutzen fiir das Rechnen mit komplexen Zahlen ist der Ubergang zum Konjugiert-Komplexen: Sei z = X + \y, x,y E M. Wir setzen J = x — iy und nennen J die zu z konjugiert komplexe Zahl. Man bestatigt leicht die folgenden Rechenregeln fiir die Abbildung ~ : C —> C, z I—> 'z.

§1. Koinplexe Zahlen

5

1.2 Bemerkung. Fiir z,w £ C gilt: 1) 2)

l=z, z ±w =1 ±w,

'zw =1

3)

Rez = {z + J)/2,

4)

z eR 0 und \z\ = 0 \\z\ — |«;||.

Aus der Forniel zz = \z\ erlialt man iibrigens einen einfaclien Ausdruck fiir das Inverse einer komplexen Zahl z ^ 0:

Beispiel.

d+i'

-1

1-i

6

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

Geometrische Veranschaulichung in der Gaufi'schen Zahlenebene 1) Die Addition von koinplexen Zahlen ist einfach die vektorielle Addition von Paaren reeller Zahlen: Imii

2) z = X — iy entstelit aus z = x + iy durcli Spiegelung an der reellen Aclise. 3) Eine geonietrisclie Deutung der Multiplikation koniplexer Zahlen erhalt man mit Hilfe von Polarkoordinaten. Aus der reellen Analysis ist bekannt, dass sich jeder Punkt {x,y) ^ (0,0) in der Form (x, J/) = r(cos(/3,sin(/3),

r > 0,

schreiben lasst. Dabei ist r eindeutig bestimmt,

r = vx^ + y"^, der Winkel Bezeichnet man mit K;

:= { x G K;

x > 0}

die Menge der positiven reellen Zahlen und mit C* : = C - { 0 } die im NuUpunkt gelochte komplexe Ebene, so gilt also 1.5 Satz. Die Abbildung z = r (cos (p + i sin (p)

(r, ip) I—> r{cos(fi + isin Lp), ist surjektiv.

Man sagt auch: modulo 2TT.

§1. Koinplexe Zahlen Zusatz. Aus r{cos(p + isinLp) = r'{cos(p' + ismip'),

r,r' > 0,

folgt r = r'

Anmerkung.

In der

und

ip — (p' = 2'Kk,

k & Z.

Polarkoordinatendarstellung

(*)

z = r(cos(/3 + isiniys)

von z G C* ist also r durch z eindeutig bestinimt (r = \fz^\ der Winkel Lp jedoch nur bis auf ein additives ganzzahliges Vielfaches von 27r. Jedes i/? G M, fiir das (*) gilt, lieiBt em Argument von z. 1st also p^ ein (festes) Argument von z, so hat jedes weitere Argument (p von z die Gestalt p = PQ + 2TTk, k E Z. Eindeutigkeit in der Polarkoordinatendarstellung erlialt man, wenn man z. B. fordert, dass (p im Intervall ]—TT, TT] variiert, mit anderen Worten, die Abbildung ]-7r,7r]

(r, p) I—> r{cosp + isiniys).

ist bijektiv. Man nennt p G ]—7r,7r] den Hauptwert des Arguments und bezeiclinet ilin gelegentlicli mit Arg(^), beispielsweise ist Arg(l) = Arg(2006) = 0, Arg(i) = 7r/2, Arg(-i) = -n/2, A r g ( - l ) = TT. 1.6 Satz. Es gilt (cos(y9 + isin(/3)(cos(/3' + isini/?') = cos((y9 + p') + ism{p + p') oder cos{p + p') = COSp • COSp' — smp • sinp' sin((/3 + p') = smp • cos p' + cosp • sin(/?' (Additionstheoreme

der

Winkelfunktionen).

Die Satze 1.5 und 1.6 beinlialten eine geometrisclie Deutung der Multiplikation komplexer Zahlen. Ist namlich z = r{cosp + isiniys),

z' = r'{cosp' + isin(/3'),

dann ist zz' = rr' (cos((y9 + p') + i sm{p + p')). Also ist rr' der Betrag von zz' und p + p' ein Argument von zz', was man kurz, aber nicht ganz prazise, so ausdriicken kann:

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

Komplexe Zahlen werden multipliziert, indem man die Betrage multipliziert und die Argumente addiert. 1st z = r(cos (y9 + i sin (/j) ^ 0, dann ist 1 ^ 1 . . . . - = ^ = - (cos (y9 — 1 sm (/3j, z zz r woraus man ebenfalls eine elementare geometrisclie Konstruktion von 1/^ ablesen kann. ImA

Sei n E Zi eine ganze Zalil. Wie iiblicli definiert man a" fiir komplexe Zalilen a durcli n-nial

a =a

a, falls n > 0,

a° = 1 , a" = {a-^y,

falls n < 0, 07^0.

Es gelten die Reclienregeln

a" • 6" = (a • 6)". Mit der iibliclien Definition der Binomialkoeffizienten gilt + 6)" = ^

( ja''6" '^ .^/ fiir komplexe Zahlen a, 6 G C und n G Ng.

(binomische

Formel)

y=0

Eine komplexe Zahl a heiBt n-te E i n h e i t s w u r z e l (n G N), falls a" = 1 gilt.

§1. Koinplexe Zahlen

9

1.7 S a t z . Es gibt zu jedem n G N genau n verschiedene n-te ndmlich ^ 2nv . . 2nv C, := cos h 1 sm , (i < v < n.

Einheitswurzeln,

Beweis. Man zeigt mit Hilfe von 1.6 leicht durch Induktion nach n, dass (cos(y9 + is'm(p)"' = cosmp + Ismmp

(L.

EULER,

A.

DE M O I V R E )

fiir beliebige natiirliche Zahlen n gilt. Da Einheitswurzeln vom Betrag 1 sind, lassen sie sich in der Form cos (/3 + i sin (y9 darstellen. Diese Zahl ist genau dann n-te Einheitswurzel, wenn riLp ganzzahliges Vielfaches von 27r ist, d. h. 0 } die ohere Halhehene. Man zetge: z eM -^^ -1/z e H. b) Seien z,a £ C Man zeige:

II

zal

z-

(1

')(1

Man folgere: 1st \a\ < 1, dann gilt z —a \z\ 0, dann ist lim^_j.^ z^ = 1. 1st XQ < 0, dann ist lim^_j.^ ^^ = - 1 . Ist XQ = 0, j/g ^ 0, dann ist (^„)„>o nicht definiert oder divergent. z ~— 1 Tipp. Man betrachte •!«„ ,, = ^^^^ . +

r

-I- 1

2. Sei a G C* eine vorgegebene Zahl. Fiir welche Zg G C ist die Folge

sinnvoU definiert? Was ist gegebenenfalls ihr Grenzwert? 3. Eine Folge {z^)^^^

komplexer Zahlen heifit Cauchyfolge, wenn es zu jedem e > 0

einen Index n^ G Ng gibt, so dass fiir alle n, rn- G NQ mit n,m>nQ

gilt

Man zeige: Eine Folge (2;„)„>oj ^„ £ C, ist genau dann konvergent, wenn sie eine CAUCHYfolge ist. 4. Man beweise die folgenden Ungleichungen. a) Fiir alle 2: G C gilt |exp(0) - l| < expd^l) - 1
10000.

8. Definition v o n Tangens und K o t a n g e n s Fur z eC-

{{k + l/2)7r; k e Z} sei t a n z :=

sinz , cosz

und fiir z £ C — { kn; fc G Z } sei cosz cot z := -: . sin2;

Man zeige: lexp(2i£^^ exp(2iz) + l T~~: r ~ , c o l -5 — i T~~ r ~ , 1 exp(2i2;) + 1 exp(2iz) — 1 tan(2; + 7r/2) = — cot 2;, tan(—z) = — tan^;, t a n z = tan(z + TT), IcXLL Z — ~

tan 2; = cot z — 2cot(22),

cot(2 + TT) = cot z.

9. Sei Abb(Ng, C) die Menge aller Abbildungen von Ng in C (= Menge aller komplexen Zahlenfolgen). Man zeige: Die Abbildung 2

: Abb(No, C) -^

Abb(No, C),

(«„)n>o ^ ^ ('5„)„>o mit S„ := ttg + «! + • • • + a„ , ist bijektiv (Teleskoptrick). Die Theorien der Folgen und unendlichen Reihen sind also ini Prinzip gleichwertig. 10. Seien (a„)„>o und (6„) n>o 2;wei Folgen komplexer Zahlen niit «„—&„— &„+i •, n>0. Man zeige: Die Reihe X ] ^ g «„ ist genau dann konvergent, wenn die Folge (6^) konvergiert, und es gilt dann

26

Kapitel I. Differentialrechnung im Komplexen oo ^n + 1n=0

^"^^-^•-

E ( n + l)(n + 2 ) = ^ n=0

11. B i n o m i a l r e i h e Fiir Q G C und i^ G N sei

iu„0. n+1

'

-

Man zeige: Ist (S^) konvergent und ist S := Vaa^^^S^^ konvergent, und es gilt lim o-„ = S.

dann ist auch (cr^)

n—^oc

Man zeige an einem Gegenbeispiel, dass man aus der Konvergenz von (a^) ini allgemeinen nicht auf die Konvergenz von {S^) schliefien kann. 18. Fiir 0 existiert

falls

(s-5-Definition Hiermit

D

\z - a\ < S, der

z £ D.

mit

*)

Stetigkeit)

ist: Fiir jede gegen a konvergente

Folge ( a „ ) , a „ G -D, gilt

Mit I • I wird die euklidische Norm (in R^ und R ' ) bezeichnet.

§3. Stetigkeit

29 /(Ojj) —^ / ( a )

fur

n —^ cx)

(Folgenkriterium).

Die Funktion / heiBt stetig, falls sie in jedem Punkt von D stetig ist. In dieser Vorlesung interessiert uns vorwiegend der Fall p = q = 2, d.h. f -.D — ^ C ,

Dec.

Aus 2.4 folgt 3.2 Bemerkung. sind stetig.

Summe, Differenz und Produkt zweier stetiger

3.3 Bemerkung.

Die Funktion

Funktionen

1 z ist stetig. Seien f -D —^ C und

g:D'

zwei Funktionen. Wenn der Wertevorrat von / ini Definitionsbereicli von g entlialten ist {f{F)) c D'), so kann man die zusamniengesetzte Funktion

gof:D-^C, z^g{f{z)), definieren. 3.4 Bemerkung. Die Zusammensetzung

von stetigen Funktionen ist stetig.

Ist / : D —^ C eine stetige Funktion oline Nullstelle, so ist auf Grund von 3.3 und 3.4 aucli die folgende Funktion stetig:

3.5 Bemerkung. Eine Funktion / : D —)• C, D C C, ist genau dann stetig, wenn Real- und Imagindrteil von f stetige Funktionen sind. {Ref){z):=Ref{z), {lmf){z):=lmf{z). Insbesondere ist der Betrag einer stetigen Funktion stetig: I/I = V ( R e / ) 2 + (Im/)2.

30

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

Beispiele. 1) Jedes Polynom P{z) = UQ + ttiZ + • • • + a„^",

n G NQ,

a^ G C , 0 < i^ < n,

ist stetig auf C 2) Die Funktionen exp, sin und cos : C —> C sind stetig (da Real- und Iniaginarteil stetig sind). Es sei

f :D ^ C , eine injektive Funktion. Dann ist die

Dec, Umkehrfunktion

: f{D) -^ C

r'

wohldefiniert. Sie ist charakterisiert durch die Eigenschaften f[r\w))=w

fiir

f-'{f{z))=z

fiir

3.6 B e m e r k u n g . Die Umkehrfunktion stetig zu sein.

w(if{D), ZED.

einer stetigen Funktion braucht nicht

Beispiel. Wir betrachten den Hauptzweig des Arguments, eingeschrankt auf die Kreislinie S^:={ZEC]

1^1 = 1}.

Diese Funktion ist definitionsgeniai3 die Umkehrfunktion der stetigen Funktion ]—TT, TT] —> S^,

x\—)• cosX + isinX,

ist aber selbst nicht stetig, denn es gilt 3.7 B e m e r k u n g . Die Funktion

z

I—> A r g ^ ,

ist unstetig in dem Punkt z = —1. 3.7]^ Folgerung. Der Hauptzweig des Logarithmus ist unstetig auf der negativen reellen Achse. Beweis der Bemerkung.

Es sei

§3. Stetigkeit

31 a„ = e ( ^ - i / " ' ' und 6„ = e ' - ^ + i / " ' ' ,

n G N.

Einerseits gilt Arg a„ = TT =^

und Arg 6 = -TT H— , n n lim Arg a = TT und lira Arg 6 = —TT,

n—>oo

n—7-00

aber andererseits aucli lini^^^^ a^ = linij^^^ h^ = —1 = e"^ = e^^\ Dalier ist Arg an der Stelle z = —\ niclit stetig. D Dass die Einsclirankung von Arg auf S^ unstetig ist, kann man aucli folgendermaBen einselien: Die Menge S^ ist kompakt (s. 3.10). Ware Arg stetig, so miisste aucli ]—7r,7r] = Arg(5^) kompakt sein. Das ist jedocli niclit der Fall. Wir erinnern kurz an die iibliclien topologisclien Begriife im W (wobei fiir uns der Spezialfall p = 2 von Interesse ist). 3.8 Definition. Fine Teilmenge D c M.^ heifit offen, falls zu jedem a E D eine Zahl e > 0 existiert, so dass die s-Umgebung (im Falle p = 2 eine Kreisscheibe) U^{a) := {ZERP;

\z-a\g eine Folge im R^. a G R^ heifit Haufungswert der Folge (a;^), wenn es zu jeder e-Kugel U^{a) unendlich viele Indizes n gibt, so dass x^ G U^{a). Man zeige (Satz von BOLZANO-WEIERSTRASS): Jede beschrankte Folge (a;^), a;^ G R^, besitzt einen Haufungswert. Eine Teilmenge K C R^ heifit folgenkompakt, wenn jede Folge (a;„)„>Q mit x^ £ K (mindestens) einen Haufungswert in K besitzt. Man zeige: Fiir eine Teilmenge K C R^ sind aquivalent: a) K ist kompakt, b) K ist folgenkompakt. Anmerkung. Diese Aquivalenz gilt fiir jeden metrischen Raum.

6. Fiir aUe z G C giU lim (1 + zjnY' = exp(z). n—>-oo

Allgemeiner:

Fiir jede Folge (z^), z^ G C, mit lim z^ = z gilt n—>oo

lim (1 + z^/n)"

= exp(2;).

n—>-oo

7.

Man beweise den Satz von H E I N E ( E . H E I N E , 1872): 1st K C C kompakt und f : K ^ C stetig, dann ist / gleichmafiig stetig auf Tf, d. h. zu jedem e > 0 gibt es ein 5 > 0, so dass fiir alle z^z £ K mit \z — z'\ < 5 \f(z)-f{z')\• C* mit {f{z)f

= z fiir alle z e

C.

b) Es gibt keine stetige Funktion g : C —>• C mit {q{z))

= z fiir alle z £ C

11. Es gibt keine stetige Funktion 99 : C* ^ R mit z = \z\exp{iip{z))

fiir alle z G C*.

12. Es gibt keine stetige Funktion I : C* —>• C mit exp{l{z))

= z fiir alle z £

C

13. Sei n > 2 eine natiirliclie Zahl. Es gibt keine Funktion / : C* —>• C beiden Eigenschaften a)

f[zw)

b)

{f{z)T'

= f[z)f

iw) fiir alle z^w£C'

= z fiir alle z e C

mit den

und

(n £ N, n > 2).

14. Sei n > 2 eine natiirliche Zahl. Es gibt keine stetige Funktion g^ : C ^ C mit {QU^Z))

= z fiir alle 2: £ C.

4. Komplexe Ableitung Sei D c C eine Menge komplexer Zahlen. Ein P u n k t a E C heii3t punkt von D, falls zu jedeni e > 0 ein P u n k t

Hdufungs-

z E D mit 0 < 1^ — a| < e existiert. Sei / : -D —)• C eine F u n k t i o n u n d I G C eine komplexe Zahl. Die Aussage f{z)

—)• I

fiir

z ^

a

b e d e u t e t definitionsgemai3: a) a ist H a u f u n g s p u n k t von D. b) Die F u n k t i o n f:DU{a}^C,

z^

f{z)

,

f{z)

I ist in a stetig, also:

fiir z ^ a^ z E D,

fiir z = a,

§4. Koinplexe Ableitung

35

Zu jedem e > 0 existiert ein 6 > 0 mit der Eigenschaft \f{z) — l\ < e, falls z E D, z ^ a und

|^ — a| < 6.

Es ist leiclit zu selien, dass der Grenzwert I eindeutig bestimmt ist. Man sagt: I ist der Grenzwert von / bei (Annalierung an) a. Die Sclireibweise I = lim f{z)

oder / = lini f{z)

ist also gereclitfertigt. Man beaclite, dass in der Literatur unterscliiedliclie Grenzwertbegriffe verwendet werden, die sicli dadurcli untersclieiden, ob der Punkt a zur Konkurrenz zugelassen wird oder niclit. 4.1 Definition. Eine Funktion

f :D ^C, heifit komplex ableitbar falls der Grenzwert

Dec,

(oder komplex

differenzierbar)

im Punkt a E D,

lin.M-M z^a

Z—a

existiert. Man bezeiclinet diesen Grenzwert im Falle der Existenz mit f'{a). (Die Funktion z i-)il^ ist in D — {a} definiert. Nacli Voraussetzung ist a Haufungspunkt von D — {a} und damit aucli von D.) Wenn / in jedem Punkt von D ableitbar ist, so kann man die komplexe Ableitung f : D ^ C ,

z^fiz), wieder als Funktion auf D auffassen. Spezialfall. D sei ein Intervall der reellen Geraden, etwa D = [a,b],

a < b.

Wir zerlegen / in Real- und Imaginarteil f{x) = u{x) + iv{x). Dabei sind u und v gewolinliclie reelle Funktionen einer reellen Veranderliclien. Offenbar ist / genau dann komplex ableitbar, wenn die Funktionen u und V differenzierbar sind, und es gilt

fix)

=u'{x)+iv'{x).

36

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

Die komplexe Ableitbarkeit stellt also eine Verallgemeinerung der reellen Ableitbarkeit dar. Wir werden jedoch sehen, dass die Situation fiir offene Definitionsbereiche D c C vollig anders ist. Manchmal ist eine etwas andere Forniulierung der Ableitbarkeit niitzlicli: 4.2 Bemerkung. Sei D c C, a & D ein Haufungspunkt von D, f : D ^ C eine Funktion, sowie I EC. Dann sind folgende Aussagen dquivalent: a) / ist in a komplex ableitbar und hat dort die Ahleitung I. b) Es gibt eine in a stetige Funktion ip : D ^ C mit f{z) = f{a) + 0, sonst C*)

§4. Koinplexe Ableitung

37

ist komplex differenzierbar, und es gilt

f{z)

=nz''-\

Die Umformulierung der Ableitbarkeit aus Bemerkung 4.2 ist von Nutzen beim Beweis der KettenregeL 4.4 Satz (Kettenregel). Die Funktionen f -.D —^ C und g:D' seien zusammensetzhar,

—^ C

d.h. f{D) c D'. Aufierdem seien

f in a & D und g in f{a) G D' komplex ableitbar. Dann ist die

Zusammensetzung

gof:D-^C, z^g{f{z)), in z = a ableitbar, und es gilt {9°fna)=g'{f{a))-f{a). Beweis. Nach Voraussetzung gilt f{z) — f{a) = Lp{z) {z — a),

ip stetig in a und (p{a) =

f'{a),

g{w) — g{b) = ^{w) {w — b),

V stetig in 6 = / ( a ) und ^{b) = g'{b).

Dalier ist (fiir z ^ a) 9{f{z))-g{f{a)) z—a

^ ^,

. ^

'

m-fja) _ z —a

Durch Grenziibergang folgt dann

{gofy{a)=ij{f{a))f{a)=g'{f{a))f{a).

D

Beispiele. 1) Durcli wiederliolte Anwendung der Regeln aus 4.3 erlialt man, dass jedes Polynom n

P(z) = Y^ a^z"

a^ eC

fiir 0 < i^ < n,

v=0

fiir alle ^ G C komplex differenzierbar ist und dass gilt:

P'{z) = J2,ya,z''-'

38

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

2) Sind P , Q : C ^ C Polynome und ist N{Q) = {z e C; Q{z) = 0 } die NuUstellenmenge von Q, dann ist die (rationale) Funktion f : C - N{Q) ^

C,

z ^-^ f[z) komplex differenzierbar. Das ergibt sich unmittelbar aus Beispiel 1) und den Regeln aus 4.3. 3) Wir benutzen im Vorgriff auf den nachsten Paragraphen, dass die komplexe Exponentialfunktion komplex differenzierbar ist und sicli selbst als Ableitung hat (vgl. aucli Beispiel 4)): exp' = exp, und dass der Hauptzweig des Logaritlimus Log in der gesclilitzten Ebene

C_ : = C - { t e K;

t

~ ^

10)2

X + iy Es sei nun speziell Az = Iz,

I = a + if],

also A{x,y)

= {ax-I3y,l3x

+ ay),

{z =

{x,y)).

Damit ist 1) => 4) gezeigt. Die Umkehrung ergibt sich ebenfalls aus dieser Forniel. D Jede von Null verscliiedene komplexe Zalil I lasst sicli in der Form / = re"'', r > 0, sclireiben (Satz 1.5). Multiplikation mit r bewirkt eine Streckung um den Faktor r, die Multiplikation mit e^"^ eine Drehung um den Winkel if. Die Selbstabbildungen der komplexen Ebene C, welche sich als Multiplikation mit einer von 0 verschiedene komplexen Zahl schreiben lassen, sind genau die Drehstreckungen. Drelistreckungen sind offensiclitlicli winkeltreu und orientierungstreu, liiervon gilt aucli eine Umkehrung, vgl. Bemerkung 5.14. Aus der reellen Analysis weifi man, wie die JACOBI-Matrix — d. li. die der JACOBI-Abbildung entsprecliende Matrix — einer total differenzierbaren Funktion bereclinet werden kann. Dazu zerlegen wir / in Real- und Imaginarteil: f{z) = u{x,y) + iv{x,y), z = x + iy. Die Abbildung f -D —^ K ^

i:» c K^ offen,

sei in a & D total ableitbar. Dann existieren die partiellen Ableitungen von u und V in a, und es gilt / du , .

J{f;a) ^

dv

du , . \ (= Funktionalmatrix

dv

von f in a).

Die Bemerkungen 5.1 und 5.2 kann man nun folgendermaBen zusammenfassen: 5.3 Satz (A.-L.

CAUCHY,

1825; B.

f :D —^ C, sind die beiden folgenden Aussagen a) / ist in a komplex ableitbar.

RIEMANN,

D e c

offen,

1851). Fiir eine Funktion a e D,

gleichbedeutend:

§5. Die Cauchy-Rieinann'schen Differentialgleichungen

43

b) / ist in a total ableitbar im Sinne der reellen Analysis (C M = Re / und w = Im / gelten die

) , und fur

Es gilt dann oil

ov

ov

du

/'(a) = - ( a ) + i - ( a ) = - ( a ) - i - ( a ) . Anmerkung zur Notation.

Statt du , . ^ du . . - ( a ) bzw. - ( a )

schreibt man haufig auch u^{a) oder d^u{a) bzw. u {a) oder

d2u{a),

entsprechend bei v. Fiir die Funktionaldeterminante einer komplex differenzierbaren Funktion f = u + iv erhalt man det J ( / ; a) = u^{af

+ v^{af

= Uy{af + Vy{af = |/'(a)|2,

sie ist also nicht negativ und sogar positiv, falls / ' ( a ) von 0 verscliieden ist. Es soUte erwalint werden, dass man die CAUCHY-RiEMANN'sclien Differentialgleichungen auch einfach folgendermaBen herleiten kann: Wenn die Funktion / : D —^ C,

Dec

offen,

in a G -D komplex ableitbar ist, so gilt insbesondere / ' ( a ) = hm

f{a +

h)-f{a)

lim

f{a +

\h)-f{a) ih

wobei h nur iiber reelle Zahlen variiert. Zerlegt man / in Real- und Imaginarteil, f = u + iv, so folgt / ' ( a ) = d^u{a) + idiv{a) = T [d2u{a) + id2v{a)'\ Hieraus folgen unmittelbar die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen. AUerdings liefert dieser Beweis nicht so ohne weiteres die Umkehrung, d. h. dass aus den CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen (unter der Voraussetzung der totalen Ableitbarkeit) die Ableitbarkeit von / folgt.

44

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

Bekanntlich folgt aus der blofien Existenz der partiellen Ableitungen noch nicht, dass / total ableitbar ist. Aber aus der reellen Analysis ist das folgende hinreichende Kriterium fiir die totale Ableitbarkeit bekannt: Wenn die partiellen Ableitungen einer Ahhildung f -.D —>W,

DdW

offen,

in jedem Punkt existieren und stetig sind, so ist f total ableitbar. Beispiele. 1) Wir wissen sclion, dass die Funktion / mit f{z) = z^ (allgemeiner = ^" , n G N) komplex differenzierbar ist. Es miissen also die CAUCHY-RiEMANN'sclien Differentialgleicliungen gelten. Aus f{z) = (x + iy)^ = x^ — y^ + 2\xy d.h. u{x,y)=x'^

-y^,

v{x,y) = 2xy,

folgt 5IM(X, y) = 2x,

d^uix, y) =

-2y,

d^v{x,y)

d2v{x,y) =

2x.

= 2y,

Die CAUCHY-RiEMANN'sclien Differentialgleicliungen sind also erfiillt. 2) Die Funktion f{z) = 1 ist zwar stetig aber in keinem Punkt komplex differenzierbar, denn es gilt u{x,y)=x,

v{x,y) = -y,

also 1 = d^u ^ d^v = —1.

5.4 Satz. Die Funktionen exp, sin und cos sind in ganz C komplex differenzierbar, und es gilt exp' = exp,

sin' = cos,

cos' = — sin .

Beweis. Es gilt z. B. exp(2;) = e^(cosj/ + isinj/), d.h. M(X, y) = e^ cos y ,

v{x,y) = e^ sin y.

§5. Die Cauchy-Rieinann'schen Differentialgleichungen

45

Die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen sind leiclit naclizupriifen, ebenso die Formeln fiir die Ableitungen, diese sind stetig. D 5.5 Bemerkung (Charakterisierung lokal konstanter Funktionen). Sei D c C offen, / : -D —^ C erne Funktion. Dann sind dquivalent: a) / ist in D lokal konstant. b) / ist fiir alle z & D komplex differenzierbar, und es gilt f'{z)

= 0 fiir alle z E D.

Zusatz. Insbesondere ist eine in D komplex differenzierbare Funktion, die nur reelle (oder nur rein imagindre) Werte annimmt, lokal konstant in D. Dabei lieifit eine Funktion / lokal konstant, wenn es zu jedem Punkt eine Unigebung gibt, in der / konstant ist. (Eine Menge [/ C C lieiBt Umgebung von a, falls U eine voile Kreissclieibe urn a entlialt.) Beweis. Es ist nur h) => a) zu zeigen: Ist / = M + iw, dann ist f' = u^+ iv^; u^ = v und u = —v^. Dalier gilt ^xi^^) — ^«(^) = 0 sowie v^{a) = v (a) = 0 fiir alle a E D. Aus der reellen Analysis ist wolilbekannt, dass dann u und v lokal konstant in D sind. Soniit ist aucli f = u + iv lokal konstant in D. Sei / eine komplex differenzierbare Funktion, welclie nur reelle Werte annimmt. Aus den CAUCHY-RiEMANN'sclien Differentialgleichungen folgt, dass die Ableitung von / verschwindet, die Funktion / ist somit lokal konstant. D Beispielsweise konnen also die Funktionen f{z) = \smz\ in C nicht komplex differenzierbar sein.

und g{z) = R e ^

Wir sehen damit, dass die Bedingung „komplex differenzierbar" eine sehr Starke Einschrankung bedeutet. Sprechweise.

Eine Funktion f -.D —^ C,

Dec

offen,

welche in jedem Punkt von D komplex differenzierbar ist, heiflt auch (komplex) analytisch oder holomorph oder regular in D. f heiflt analytisch im Punkt a E D, wenn es eine offene Umgebung U C D von a gibt, so dass f in U analytisch ist. Beispiel. Die Funktion f{z) = z'z ist zwar in a = 0 komplex differenzierbar, aber in 0 nicht analytisch. Wir bevorzugen im Folgenden die Bezeichnung „analytisch" anstelle von „komplex differenzierbar" bzw. „holomorph" in D.

46

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

5.6 Definition. Eine Menge D c C heifit zusammenhangend, lokal konstante Funktion f : D ^ C konstant ist.

falls jede

Damit kann man den Zusatz zu 5.5 auch folgendermafien aussprechen: Der Realteil einer in einer zusammenhdngenden offenen Menge D c C analytischen Funktion ist durch den Imagindrteil bis auf eine additive Konstante eindeutig bestimmt. Sind namlich / und g zwei analytische Funktionen niit deniselben Iniaginarteil, so nininit f — g nur reelle Werte an. Wir haben die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen als Anwendung der ini Grunde trivialen Bemerkung 5.1 erhalten. Als weitere Anwendung beweisen wir den koniplexen Satz fur implizite Funktionen niit Hilfe des entsprechenden reellen Satzes. 5.7 Satz (fiir implizite Funktionen). Gegeben sei eine analytische f :D —^ C, mit stetiger

D e c

Funktion

offen,

Ableitung.

1. Teil. In einem Punkt a & D gelte f'{a) ^ 0. Dann existiert eine offene Menge -Do,

so dass die Einschrdnkung

DQGD,

ae

DQ,

/I-DQ injektiv ist.

2. Teil. Die Funktion f sei injektiv, und es gelte f'{z) ^ 0 fiir alle z & D. Dann ist der Wertevorrat f{D) offen. Die Umkehrfunktion / - I : f{D) -^

C

ist analytisch, und ihre Ableitung ist

Wir werden spater sehen, dass die Ableitungen analytischer Funktionen imnier stetig (sogar analytisch) sind, s. II.3.4. Beweis von 5.1. Wir benutzen den analogen Satz aus der reellen Analysis. 1. Teil. Man muss wissen, dass die JACOBi-Abbildung J{f\a)

: K^ —^K^

ein Isomorphismus, also bijektiv ist. Dies folgt aus 5.1: J{f;a)z

= f'{a)z,

/ ' ( a ) ^ 0.

§5. Die Cauchy-Rieinann'schen Differentialgleichungen

47

2. Teil. Der reelle Satz fiir implizite Funktionen besagt weiterhin: Der Wertevorrat einer stetig partiell (und damit total) differenzierbaren Abbildung ist offen, wenn die J AC OBI-Abbildung fiir alle a £ D ein Isomorphismus ist. Wenn / iiberdies injektiv ist, so ist die Umkehrabbildung ebenfalls total ableitbar, und die JACOBI-Abbildung von / ^ ^ in / ( a ) ist gerade die zu J{f;a) inverse Abbildung J(/;a)-i=J(r';/(a))Beaclitet man, dass die Umkehrabbildung von

durcli z H-^ l^^z gegeben wird, so ist Satz 5.7 bewiesen.

D

Anmerkung. Unbefriedigend ist, dass beim Beweis der Umkelirsatz der reellen Analysis voll verwendet werden musste. Dieser geliort zu den vergleiclisweise „scliweren Gescliiitzen" der reellen Analysis. Ein einfaclier funktionentlieoretisclier Beweis ware dalier erstrebenswert. Wir kommen auf einen solclien spater zuriick (vgl. aucli III.7.6 und Ubungsaufgabe 5 aus 1.4). Beispiel. Die Exponentialfunktion exp ist komplex differenzierbar, und ilire Ableitung ist iiberall von Null verscliieden. Die Einsclirankung von exp auf den Bereicli — TT < I m ^ < TT

ist injektiv. Docli dieser Bereicli ist niclit offen. Wir scliranken dalier exp auf den etwas kleineren aber offenen Bereicli D := {z e C;

-7r R " heifit a) orientierungstreu, wenn det T > 0 ist, b) winkeltreu, wenn fur alle x,y £ R " gilt \Tx\\Ty\(x,y) = Dahei ist {,) das Standardskalarprodukt.

\x\\y\(Tx,Ty).

Anmerkung. Im Falle n = 2 besagen die Bedingungen a) und b) gerade, dass der orientierte Winkel zwischen z und w erhalten bleibt (vergleiche Aufgabe 4 zu 1.1). Man heachte: Die R-lineare Abbildung C —>• C, z D\ D,D' CC offen, ist genau dann (im Kleinen) konform,, falls sie analytisch ist und falls ihre Ahleitung in keinem Punkt verschwindet. Geometrisch bedeutet Konformitat folgendes: Der orientierte Winkel zwischen zwei reguldren Kurven in D in einem a £ D ist gleich dem orientierten Winkel der Bildkurven im, Schnittpunkt

Schnittpunkt f{a).

(Der Begriff„regular" wird in Aufgabe 11 aus II.1 prazisiert.) Beispiel. Die Exponentialfunktion exp vermittelt eine (im Grofien) konforme Abbildung des Streifens —IT < ImZ < IT auf die geschlitzte Ebene C _ . In Punkten, in denen die Ableitung einer analytischen Funktion verschwindet, liegt keine Winkeltreue vor, wie man am Beispiel der Funktion f{z)=z",n>2, sieht. Die Winkel im Nullpunkt werden offensichtlich ver-n-facht.

§5. Die Cauchy-Rieinann'schen Differentialgleichungen

53

G e o m e t r i s c h e Veranschaulichung komplexer F u n k t i o n e n In der Infinitesinialrechnung macht man sich gerne ein Bild von Funktionen / : D {D C R) durch ihren Graphen: G{f) := {{x,y) e D x R; y = f(x) }.

1st L» C R^ und / : £1 ^ R eine Funktion, so kann man sie sich ebenfalls durch ihren Graphen G(/) = {(a;,2/,z)e7?xR; z = f[x,y)} d^'' als „Flache" im R^ veranschaulichen (hier f(x,y) = x^ — 3xy^):

Bei einer Abbildung / : _D —>• C {D C C) miisste man sich in den R begeben, um diese in ahnlicher Weise bildlich darzustellen. Es gibt aber auch hier adaquate Mittel, sich eine Vorstellung von derartigen Abbildungen zu machen. Dabei ist folgende Auffassung niitzlich: Man stellt sich zwei Exemplare der komplexen Zahlenebene vor, eine z- oder x-y-Ehene und eine w- oder u-v-Ehene: Ebene

Ebene

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen

54

Um eine Abbildung f : D ^ C mit Re / = u und Im f = v anschaulich darzustellen, kann man verschiedene Wege beschreiten. 1. Methode. Auf welche Punkte der w-Ebene werden die Punkte z £ D von / abgebildet? Einen ersten Eindruck erhalt man, wenn man mit D auch f{D) explizit angeben kann. Zum Beispiel sei D := { 2; G C; Re 2; > 0 und Im^; > 0 } der sogenannte „1. Quadrant" und f : D ^ C definiert durch z 1-^ z^.

Re

Re

Setzt man z := re:Kp{iifi), r > 0, 0 < ip < TT/2, SO folgt z = Rexp{iil)) = r exp{i2(p), also R = r und V = 2 0 } abgebildet. Einen genaueren Eindruck erhalt man, wenn man D mit irgendeinem markierenden Netz iiberzieht, z.B. mit Parallelen zu den Aclisen oder mit einem Polarkoordinatennetz (wie wir es eben getan liaben) und dann das Bild des Netzes unter der Abbildung / in der w-Ebene betrachtet. Dabei ist der Eindruck der durch / : _D —>• C vermittelten Abbildung umso besser, je enger man die Maschen des Netzes zieht. yu

§5. Die Cauchy-Rieinann'schen Differentialgleichungen

55

Wir bleiben bei dem Beispiel f{z) = z^, nehmen aber als Definitionsbereich diesmal ganz C Aus z = x + iy, w = u + iv und z^ = w folgt u{x,y) =x'^ -y^, v{x,y) = 2xy. Das Bild einer zur a;-Achse parallelen Geraden —oo < a; < oo, y = y^, ist daher durch die Gleichungen 2 u{x,y) = X

(*

v{x,y)

oo < a; < oo,

= 2xyQ,

gegeben. Fiir j/g = 0 (a;-Achse) gilt speziell u{x,y) = x und v{x,y)=0, die x-Achse wird also auf die nicht-negative u-Achse abgebildet (,die zweimal durchlaufen wird, wenn x von —oo bis +oo variiert). Ist J/Q ^ 0, so konnen wir im Gleichungssystem (*) x eliminieren: x = W/2J/Q. Einsetzen in die erste Gleichung liefert 2

4%' Das ist die Gleichung einer nach rechts geoffneten Parabel mit der u-Achse als Symmetrieachse und dem NuUpunkt als Brennpunkt. Die Achsenschnittpunkte sind u = —J/Q (Schnittpunkt mit der u-Achse) und (Schnittpunkte mit der w-Achse). V = ±2J/Q Zur x-Achse parallele Geraden werden also auf konfokale nach rechts geoffnete Parabeln abgebildet. Wegen f{z) = f{—z) haben offensichtlich die beiden Geraden —oo < a; < oo, y = y^, und —oo < a; < oo, y = —J/QJ das gleiche Bild. Die Bilder der zur j/-Achse parallelen Geraden a; = a;Q, —oo• C analytisch, D C C offen, und gilt eine der folgenden Bedingungen: a) Re / = constant, b) I m / = constant, c) I/I = constant, so folgt: / ist lokal konstant. 7. Zu den folgenden gegebenen harmonischen Funktionen konstruiere man jeweils eine analytische Funktion / : D —>• C mit dem gegebenen Realteil u: a) D = C und u : D —>• R mit u{x, y) = x^ — 3xy^ + 1. b) D = C

und M : D -J> R mit u{x,y)

=

, ^

^.

x^ + y'

58

Kapitel I. Differentialrechnung iin Koinplexen c) D = C und u : D ^ R mit M(a;, j/) = e^(a;cos j / — j/sin j/). d) D = C_ und M : D ^- R mit

u{x,y)

• + \/x^ + 2/2

8. Laplace-Operator in P o l a r k o o r d i n a t e n Sei R ^ x R ^ R ^ — {(0,0)} die durch (r, 99) i-^ (a;, j/) = (r cos 99, r sin 93) definierte Abbildung. Weiter sei £> C R ^ - { ( 0 , 0 ) } eine offene Teilnienge und u : D —>• R eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion. Sei fl := {(r, 99); (a;,j/) G -D} und U-.n—> R, !7(r,99) =u(a;,j/). Man zeige: {Au){x,y)

= ([/,, + i;/^ + 1 [ / ^ ^ ) (r,^).

9. Man bestininie alle harnionischen Funktionen M : C* = R ^ - { ( 0 , 0 ) } — > R , die nur von r := y a;^ + j / ^ abhangen. 10. Sei D C C offen, D' C C eine weitere offene Teilnienge. 99 : D —>• D ' sei analytisch und sogar zweimal stetig differenzierbar und r] : D' ^ R zweimal stetig partiell differenzierbar. Man zeige: A{fjo,p) = {{Ar])oip) \,p'\ . Man folgere: 1st (p konform, dann ist r] genau dann harmonisch, wenn 7] o ip harmonisch ist. 11. Charakterisierung der E x p o n e n t i a l f u n k t i o n durch eine DifFerentialgleichung Sei D = R oder D = C Sei C G C eine Konstante und / : D —>• C differenzierbar mit f'{z) = Cf{z) fiir a l l e z G D. 1st A = /(O), so gilt f{z) = Aexp{Cz) fiir alle z e D. 12. Man bestimme alle stetigen Abbildungen ^:R_^S' = {zeC; \z\ = l} mit xix + t)= x{x)x{t) fur alle a;, i G R. Tipp. Ein solches x ist sogar differenzierbar. Man verwende dann Aufgabe 11. Ergehnis. Jedes solche x (d-h- jeder sogenannte stetige Charakter von ( R , + ) ) hat die Gestalt (yeR). x{x) = Xy{x) = e'''-y 13. Fiir die Abbildung / : C —>• C, z 1-^ z^ skizziere man die Niveaulinien {z e C; Refiz) = c} bzw. {z G C; lmf{z) = c} bzw. {z G C; \f{z)\ = c} fiir c G Z mit \c\ < 5. Ferner bestimme man die Bilder dieser Niveaulinien und die Bilder der zur reellen Achse bzw. imaginaren Achse parallelen Geraden unter / .

Ubungsaufgaben zu §5 14. Sei D = { z e C;

59 -TT

< Im^; < TT, 0 < R e z < 6 } und / = exp \D.

Man zeige: f bildet D konform auf eine Menge D' ab, D' = f{D) ist zu bestimmen. 15. Die Joukovjski-Funktion — nach dem russischen Aerodynamiker N. J. JOUKOWSKI (1847-1921) benannt —

ist analytisch, wegen f{z) = f{l/z) nicht injektiv, aber wegen / ' ( « ) = ^(1 — 1/^^) in C — { 1 , - 1 } (ill! Kleinen) konform. Man zeige (durch Einfiihrung von Polarkoordinaten): a) Das Bild einer Kreislinie C^ := { z G C; \z\ = r}, r > 0, unter / ist i) im Falle r ^ 1 eine Ellipse niit den Brennpunkten ± 1 und Halbachsen 1 , 1 bzw. — r r 2 ^

^



b) Das Bild einer Halbgeraden r i->- r e ' ^ , r > 0 (^s ^ {0, ±7r/2, TT} , 99 fest) ist ein Ast einer Hyperbel niit den Brennpunkten ± 1 .

Man zeige ferner: 1st D^:={zeC;

\z\>l}

und 0 1}. b) Fiir f{z) = t a n z ist f{D) = C - {ti; t e R, t > 1 oder t < - 1 } . Die Abbildung tan : D -^ f{D) ist konform, und die Umkelirabbildung ist 1 l + iz 17. Sei H = {0 G C; der Einheitskreis.

Ixaz > 0} die obere Halbebene und E = {q e C;

\q\ < 1}

Man zeige: Durch ••= '-^ m •'^ ' z +i wird eine (ini Grofien) konfornie Abbildung von H auf E verniittelt. Wie lautet die Umkehrabbildung? Man nennt / auch Cayleyahhildung (A. CAYLEY, 1846). 18. Fiir eine bijektive R-lineare Abbildung T : C —>• C sind folgende Eigenschaften aquivalent: a) T ist eine Drehstreckung, b) T ist orientierungs- und winkeltreu. 19. Ist u : R^ ^ K ein harmonisches Polynom (zweier reeller Veranderlicher), so ist /W=2«(|,|)-«(0,0) eine analytische Funktion mit Realteil u. 20. Sei f = u + 'w eine (im Sinne der reellen Analysis) total differenzierbare Funktion / : _D —>• C auf eineni offenen Teil D C C. Man definiert die Operatoren

df

ifdf

dz

2 \dx

.df By

dz '

2 ydx

dy

df Man zeige: f ist genau dann analytisch, wenn 7— = 0 ist, und in diesem Falle az

Bemerkung.

Fiir die urspriinglich von H. POINCARE (1899) eingefiihrten Differend d tialoperatoren 9 := —- und 9 := TTT wurde von W. WiRTINGER (1927) ein systeaz az matischer Kalkiil — der sogenannte Wirtingerkalkul — entwickelt. Er spielt jedoch in der klassischen Funktionentheorie einer Veranderlichen eine untergeordnete Rolle; seine voile Tragweite entfaltet er erst in der Funktionentheorie mehrerer Veranderlicher, fiir die er von W I R T I N G E R urspriinglich entwickelt wurde. 21. In welchen Punkten z £ C erfiillt die Funktion f{z) RiEMANN'schen Differentialgleichungen?

= zz -\- z/z die CAUCHY-

Kapitel II. Integralrechnung im Komplexen

Schon in §5 von Kapitel I sind wir auf das Problem gestofien, zu einer gegebenen analytisclien Funktion / : _D —>• C, D C C offen, eine Staninifunktion, d. h. eine analytisclie Funktion F : D ^ C niit F' = f zu finden. Man kann allgeniein fragen: Welclie Funktionen / : D —>• C, D C C offen, besitzen eine Staninifunktion? Wir erinnern daran: Im Reellen besitzt jede stetige Funktion / : [a, 6] ^ R, a < 6, eine Stammfunktion, namlicli beispielsweise die „ Integralfunktion" X

F{x):= I f{t)dt. Ob man dabei den RiEMANN'schen Integralbegriff oder das Integral fiir Regelfunktionen benutzt, ist in dieseni Zusammenhang irrelevant. Im Komplexen ist die Situation jedoch anders. Es wird sich zeigen, dass eine Funktion, die eine Stammfunktion besitzt, schon selbst analytisch sein muss, und das ist, wie wir bereits wissen, eine iiber die Stetigkeit weit hinausgehende Eigenschaft. Um die Analogien und Unterschiede zur reellen Analysis herauszuarbeiten, werden wir versuchen, die Konstruktion der Stammfunktion durch einen Integrationsprozess z

F{z) = I /(C) dC,

^0 fest,

ZU bewerkstelligen. Dazu miissen wir jedoch erst ein geeignetes komplexes Integral einfiihren, das komplexe Kurvenintegral. Im Gegensatz zum reellen Fall hangt dieses nicht nur von Anfangs- und Endpunkt sondern auch von der Wahl der Verbindungskurve ab. Eine Stammfunktion erhalt man nur, wenn man die Unabhangigkeit von dieser Wahl beweisen kann. Der Cauchy'sche Integralsatz (A.-L. CAUCHY, 1825) ist das zentrale Resultat in dieser Richtung. Dieser Satz war iibrigens schon C.F. GAUSS bekannt, wie aus eineni Brief an Bessel aus deni Jahre 1811 hervorgeht. Eine Weiterentwicklung des CAUCHY'schen Integralsatzes sind die Cauchy'schen Integralformeln (A.-L. CAUCHY, 1831), welche wiederum ein Spezialfall des Residuensatzes sind, der ein machtiges funktionentheoretisches Werkzeug darstellt. Den Residuensatz werden wir allerdings erst im nachsten Kapitel behandeln.

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen

62

1. Komplexe Kurvenintegrale Eine komplexwertige Funktion (a, 6 e M, a < b)

f:[a,b]-

auf einem reellen Intervall heifit integrierbar, falls Re / , Im / : [a, 6] —^ M integrierbare Funktionen im Sinne der reellen Analysis sind. (Beispielsweise ini RiEMANN'sclien Sinne oder im Sinne der Regelfunktionen. Welclien Integralbegriff man verwendet, ist nicht so wichtig, wesentlich ist nur, dass alle stetigen Funktionen integrierbar sind.) Man definiert dann das Integral b

b

f{x)dx:=

b

/ Re/(x)rfx + i /

Imf{x)dx

und erganzend f{x) dx

f{x)dx,

/

f{x)dx:=0.

Die iibliclien Reclienregeln des RiEMANN'sclien Integrals oder Regelintegrals iibertragen sicli auf komplexwertige Funktionen: 1) Das Integral ist C-linear: 6

b

{f{x)+g{x))dx=

b

/ f{x)dx+

b

g{x)dx,

h

Xf{x) dx = X

f{x) dx

(A G

2) Ist / stetig und F eine Stammfunktion von / , d. li. F' = f, dann gilt f{x)dx

3)

f{x) dx < / \fix)\

=

dx M2 stetig differenzierbar und / : M2—^ C stetig . Dann gilt b

f{b)

f{y)dy=

j

f{ip{x))(p'{x)dx.

a

ip{a)

Beweis. 1st F eine Stammfunktion von / , dann ist Focp eine Stanimfunktion von (/ o Lp)(p'. D 5) Partielle Integration b

^

b

u{x)v'{x) dx = uv

u'{x)v{x)

dx.

Dabei seien u ,v : [a,b] —^ C stetig differenzierbare Funktionen. Der Beweis folgt aus der Produktformel (uv)' = uv' + u'v. 1.1 Definition. Eine Kurve

ist eine stetige Abbildung

a : [a, b] —> C,

a < b,

eines kompakten reellen Intervalls in die komplexe Ebene.

Beispiele. 1) Die Verbindungsstrecke zwischen zwei Punkten z,w a : [0,1] —>C,

aif) = z + tiw - z)

2) Die k-fach durchlaufene Einheitskreislinie, £fc : [0> 1] —^ C,

EC,

(a(0) = ^, a ( l ) = w). k E Z,

Si.{t) = exp(27riH).

1.2 Definition. Eine Kurve heifit glatt, falls sie stetig differenzierbar ist.

D

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen

64

1.3 Definition. terteilung

Eine Kurve heifit stiickweise a =

giht, so dass die

UQ

glatt,

wenn es eine Un-

< a^ < • • • < a^ = b

Einschrdnkungen a,. := a|K>a,.+i]>

0 < v < n,

glatt sind.

1.4 Definition. Sei a : [a, b] eine glatte Kurve una f--D

DC

eine stetige Funktion, in deren Definitionsbereich D D Q;([a, 6]). Dann definiert man

die Kurve a verlduft, d. h.

b

f:=Jf{OdC:=Jf{a{t))a'{t)dt ex

a

ex

und nennt diese komplexe Zahl das Kurvenintegral

von f Idngs a.

Wenn a nur stiickweise glatt ist, existiert eine Zerlegung a =

OQ

< • • • < a„ = 6,

so dass die Einschrankungen a ^ : K , a ^ + i ] —)• C,

QCC

66

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen erne stetige Funktion sowie (fi : [a, b] —> [c, d]

{a < b, c < d)

eine stetig differenzierbare Funktion mit (p{a) = c, (p{b) = d. Dann gilt

f{OdC= I fiOdC 5. Sei f -D —^ C,

Dec

offen,

eine stetige Funktion, welche eine Stammfunktion gilt fur jede in D verlaufende glatte Kurve a

f{C)dC =

F besitzt [F' = / ) . Dann

F{a{b))-F{a{a)).

Aus dem letzten Teil der Bemerkung folgt: 1.6 Satz. Wenn eine stetige Funktion / : -D —)• C, D C C offen, eine Stammfunktion besitzt, so gilt

' f{OdC = 0 fur jede in D verlaufende geschlossene stuckweise glatte Kurve a. (Eine Kurve a : [a, 6] —^ C heiBt geschlossen, falls a{a) = a{b) gilt.)

1.7 Bemerkung. Es sei r > 0 und a{t) =rexp{it),

0 0 gibt es ein 5 > 0 mit folgender Eigenschaft: Sind {OQ, . . . , OJY} und {cj^,..., Cj^} endliche Teilmengen von [a, 6] mit a = ttg < Cj < ttj < Cj < Oj < . . . < fljv-i < CjY < fljv und a^ - a „ _ i C und /? : [b, c] —> C,

a < b < c,

§2. Der Cauchy'sche Integralsatz

71

zwei (stiickweise glatte) Kurven mit der Eigenschaft a{b)

=p{b).

Dann wird durch a®l3:[a,c] .. ^

—)• C, f ct(t)

fur a < t < b,

ebenfalls eine (stiickweise glatte) Kurve definiert. Man nennt sie die Zusammensetzung von a und /3. affi(3

a(b)=^(b)

1st / eine stetige Funktion, in deren Definitionsbereich a und /? verlaufen, so gilt

J f{OdC = J fiOdC + l fiOdCUnter der zu einer Kurve

a(b)= a (a)

a : [a, 6] —> C reziproken Kurve verstelit man die Kurve [a,b] 11—> a{b + a — t).

a.(a)= o. (b)

Es gilt offenbar die Umkehrungsregel

fiOdC-

fiOdC

fiir alle stetigen Funktionen / , in deren Definitionsbereich die (stiickweise glatte) Kurve a verlauft. Vereinbarung. Von den Kurven, die im Zusanimenhang mit Integralen auftreten, setzen wir im Folgenden bis auf Widerruf voraus, dass sie stiickweise glatt sind.

72

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen

2.4 Satz. Fiir eine stetige Funktion f :D ^ C , sind folgende drei Aussagen

D cC

ein Gebiet,

gleichbedeutend:

a) / besitzt eine Stammfunktion. b) Das Integral von f iiberjede in D verlaufende geschlossene Kurve verschwindet. c) Das Integral von f iiber jede in D verlaufende Kurve hdngt nur von dem Anfangs- und Endpunkt der Kurve ab. Beweis. a) ^ b): Satz 1.6. b) => c): Seien a : [a, 6] —> D und (i : [c, d] —> D zwei Kurven mit demselben Anfangs- und Endpunkt. Wir miissen

f =j f a

13

zeigen. Es ist keine Einschrankung der Allgemeinheit, wenn man b = c annimnit, denn wegen 1.5, 4) darf man /? durch die Kurve t>—>/3{t + c-b),

b C. Die Differenz F^ — F2 muss in D f] D' lokal konstant sein, also konstant, da D n D' zusammenliangend ist. Man kann nacli Addition einer Konstanten F^\DnD'

=

F^IDDD'

annelimen. Die Funktionen F^, fg versclimelzen nun zu einer einzigen Funktion

§2. Der Cauchy'sche Integralsatz

81

F:DUD'—yC.

a

Ebenfalls klar ist folgende 2.11 Bemerkung. Sei eine aufsteigende Folge von Elementargebieten,

so ist auch ihre Vereinigung

^= U^" «=1

ein

Elementargebiet.

Es lasst sich (nichttrivial) zeigen, dass man mit diesen beiden Konstruktionsprinzipien alle Elementargebiete aufbauend auf Kreisscheiben konstruieren kann. Wir werden spater eine einfache topologische Kennzeichnung der Elementargebiete erhalten (s. Anhang C zu Kapitel IV): Elementargebiete sind genau die sogenannten einfach zusammenhangenden Gebiete (anschaulich sind das die Gebiete „ohne Locher"). Fiir praktische Zwecke der Funktionentheorie ist diese Charakterisierung der Elementargebiete niclit so wiclitig. Deslialb werden wir diesen Satz erst viel spater beweisen. Weitere Elementargebiete erlialt man mittels konformer Abbildungen (vgl. 1.5.13). 2.12 Bemerkung. Ist D c C ein Elementargebiet

und

ip:D —> D* eine (im Grofien) konforme Abbildung von D auf das Gebiet D*. Wir nehmen an, dass ihre Ableitung analytisch ist. Dann ist D* ebenfalls ein Elementargebiet. Beweis. Wir miissen zeigen: Jede analytisclie Funktion f* : D* ^ C besitzt eine Stammfunktion F*. Das fiilirt man natiirlicli darauf zuriick, dass die entsprecliende Aussage fiir D gilt. D

> D*

1st namlicli f* : D* ^ C analytisch, so ist f* o ip : D ^ C analytisch. Dann ist aber auch

82

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen

analytisch, besitzt also eine Stammfunktion F. (Hier miissen wir voraussetzen, dass (fi' wieder analytisch ist. Diese B e d i n g u n g ist, wie im naclisten P a r a graplien gezeigt wird, automatiscli erfiillt). F* := F o tp^'^ ist analytisch {ip^^ ist ebenfaUs analytisch!) u n d F*' = / * . D

U b u n g s a u f g a b e n zu II.2 1. Welche der folgenden Teilinengen von C sind Gebiete? a)

{zeC

2 ^ - 3 | < 1},

b)

{zec

z^ - l \ < 3 } ,

c)

{zeC

kl'-2| z, besitzt in D

mit a{t) = exp(27rii) berechne man die Integrale / 1/(1^1 ) dz

6. Ffir a -.[0,1] ^ {z e C;

und zeige

1/(4 + 3z) dz
• C definiert durch ait) : = a cos 2-Kt + ia sin 2-Kt bzw. /3(i) := acos27ri + i6sin27ri. a) Man zeige: — dz = / — dz.

z

J z 13

a

b) Man zeige init Hilfe von a) 27r

a^ cos^ i + 62 gin2 i

dt='-^. ah

0

8. Seien D^^D^ C C Sterngebiete mit dem gemeinsamen Sternmittelpunkt z^ Dann sind D j U D^ und D j PI D j ebenfalls Sterngebiete beziiglich z^ . 9. Welche der folgenden Gebiete sind Sterngebiete? \z\ < 1 und \z\ < 1 und \z\ < 2 und

a ) {ze b) {^e c) {ze

\z + l\ > V 2 } , \z-2\ >VE}, \z + i\>2}.

Man bestimme gegebenenfalls die Menge aller Sternmittelpunkte. 10. Man zeige, dass der „ Sichelbereich" D = {zeC;

\z\l/2}

ein Elenientargebiet ist. 11. Sei 0 < r < it! und / die Funktion

/ : il^iO) -^ C, R+z {R1 2 Man zeige f{z) = —\- —

z)z

Integratio iiber die Kurve a, und durch Integration

a : [0, 27r] —> C,

a{t) = r e x p ( i i ) ,

dass 27r

R^ - r^

/•

1

2-K J

R^ - 2Rr cos t -

•dt

=

l

0

gilt. Man zeige auf ahnlichem

Weg:

27r

1 2TT

/" j 0

-R cos i dt = —z R"^ -2Rr cos t + r^ "~ R

, falls Q | — r X ] ' " - '

\K\\zr 0. Betrachte den in der Abbildung skizzierten „Rechteckweg" a: Imj
- e~^ '^)

15. Sei D C C ein Gebiet mit der Eigenscliaft z G L» =^

-z

eD

und / : -D —>• C eine stetige und gerade Funktion (/(«) = f{—z)). Ferner sei fiir ein r > 0 die abgeschlossene Kreisscheibe U^ (0) in D enthalten. Dann ist / = 0 fiir a^{t) := rexp{2mt),

0 < t < 1.

16. S t e t i g e Zweige des Logarithmus Sei -D C C* ein Gebiet, das also den Nullpunkt nicht enthalt. Eine stetige Funktion I : D —>• C mit expl{z) = z fiir alle z £ D heifit ein stetiger Zweig des Logarithmus. Man zeige: ^ ^ a) Jeder weitere stetige Zweig I hat die Gestalt I = 1 -\- 2mk, fc G Z. b) Jeder stetige Zweig I des Logarithmus ist sogar analytisch, und es gilt I'(z) = 1/z. c) Auf D existiert genau dann ein stetiger Zweig des Logarithmus, wenn die Funktion 1/z eine Stammfunktion auf D hat. d) Man konstruiere zwei Gebiete D^ und D^ und stetige Zweige l^ : D-^ ^ C, ?2 : -Dj —>• C des Logarithmus, so dass ihre Differenz auf D j flDj nichtkonstant ist. 17. Fresnel'sche Integrale Man zeige oo

oo

cos(i ) dt = j sin(i ) dt 0

/2^

0

Anleitung. Man vergleiche die Funktion f{z) = exp(i2;^) auf der reellen Achse und der ersten Winkelhalbierenden. Es darf benutzt werden, dass J exp(—i^) dt = \/n/2 gilt. Aufierdem verwende man die Abschatzung aus Aufgabe 8 in II.1.

Kapitel II. Integralrechnung iin Koinplexen

86

3. Die Cauchy'sche Integralformel Der folgende Hilfssatz ist ein Spezialfall der CAUCHY'schen Integralformel: 3.1 Hilfssatz. Es gilt dC dC C—a

27ri,

wohei iiber die Kurve a{t) =

ZQ+

re'* ;

0 < t < 27r, r > 0,

(ihr Bild ist eine Kreislinie) integriert wird und a im Inneren des Kreises liegt {\a — ZQ\ < r). Im Falle a = ZQ{= 0) liaben wir dies bereits in 1.7 formuliert, und auf diesen Fall kann man 3.1 mit Hilfe des CAUCHY'schen Integralsatzes zuriickfiihren; und zwar zeigen wir dC I dC ( —a ( —a \C-Zo\=r

\C-a\=g

wobei ^ < r — |, a\ sei. Bemerkung. Wir verwenden fiir Kurvenintegrale iiber Kurven, deren Bilder Kreislinien sind, eine suggestive Schreibweise, die sicli von selbst verstelit.

Es wird also beliauptet, dass die Integrate langs der beiden links gezeiclineten Kreislinien iibereinstimmen. Wir bescliranken uns darauf, den Beweis an der Figur zu veranscliauliclien. Es ist leiclit, wenn aucli etwas miiliselig, ilin in prazise Formeln umzusetzen. Wir fiiliren zwei Hilfskurven a-^ und ag ein (sielie obige Abbildung reclits und nacliste Abbildung links). Sclilitzt man die Ebene langs der gestriclielten Halbgeraden, so erlialt man ein Sterngebiet, in dem die Funktion z \-^ 7 ^ analytiscli ist. Das Integral iiber die eingezeiclinete gesclilossene Kurve, die sicli aus einem (kleinen) Kreisbogen, Geradenstiickclien und einem (grofien) Kreisbogen zusammensetzt, verscliwindet nacli dem

§3. Die Cauchy'sche Integralformel

87

CAUCHY'schen Integralsatz 2.7 fiir Sterngebiete. Dasselbe Argument kann man fiir die an der Verbindungsgeraden von a nach ZQ gespiegelte Figur und die rechts skizzierte Kurve ag anwenden. Es ist also 1 dC = 0 und C— a

1

C— a

dC = 0.

Addiert man beide Integrale, so heben sich die Bestandteile iiber die Geradenstiicke heraus, da die Geradenstiicke zweimal, aber einmal in entgegengesetzter Richtung durchlaufen werden:

Also folgt (man beaclite die Orientierung!) 1

27ri

1

dC C— a C-a|=e

Fortan bezeiclinen wir mit f^r(^o) = {^ G C;

( —a

dC,.

U

IC-2ol=''

|2;-^o| 0 so klein, dass noch die abgeschlossene Kreisscheibe vom Radius 2s in D enthalten ist, und so, dass die Reihe in dieser abgeschlossenen Kreisscheibe eine konvergente Majorante ^ Af„ besitzt. Dann gilt fiir alle z in der e-Umgebung von a nach der CAUCHY'schen Integralformel die Ungleichung

i/a^)i

n^ : = e x p ( 5 l o g n ) eine in C analytische F u n k t i o n definiert. Es ist |n*| = n". D a n n gilt folgende B e h a u p t u n g . Die

Reihe oo

^

Ekonvergiert

in jeder

Halbebene {s e C;

ahsolut und gleichmdfiig.

R e s > 1 + ^ } , S > 0,

Sie konvergiert

normal

in der

Halbebene

Res>l}.

D:={seC]

Durch diese Reihe wird eine in D analytische nannte Riemann'sche ^-Funktion:

oo

Funktion

C definiert,

die soge-

^

Mit den Eigenschaften dieser F u n k t i o n u n d ihrer Rolle in der analytischen Zahlentheorie werden wir uns ausfiihrlich in Kapitel VII bescliaftigen. Beweis

der Behauptung. 1 n'

Fiir jedes 5 > Q gilt


Z^

n!(m + n)!

'

n=(i

Man zeige: Jedes J^

ist eine ganze Funktion.

15. Die Potenzreihe f{z) = X ] ^ g «„-z" habe den Konvergenzradius r > 0. Man zeige, dafi fiir jedes p mit 0 < p < r oo

(*)

y ^ Wnfp'^" < Mj{p)'^

(GuTZMER'sche Ungleichung, A. GUTZMER,

gilt. Dabei sei Mf{p) := sup{|/(z)|; \z\ = p}. Man leite aus (*) die CAUCHY'schen Abschatzungsformeln

ab. Wann gilt in (*) das Gleichheitszeichen?

§3. Abbildungseigenschaften analytischer Funktionen

119

16. Sei / : C ^ C eine ganze Funktion. Es gebe ein m G Ng und positive Konstanten M und R, so dafi \f{z)\ < M\z\"' fiir alle z mit \z\ > R gilt. Man zeige, dass / dann ein Polynom vom Grad < m, ist. Welche Aussage erhalt man ini Fall m = 0? 17. Man bestimme alle ganzen Funktionen / mit der Eigenschaft f{f{z)) /(O) = 0.

= z und

18. Seiein a,b,c £ C, —c ^ NQ. Die hypergeometrische Reihe F{a,b,c;z)

=

a(a + 1) • • - (g + fc - l)b{b + I) • • • (b + k - 1) z'' ^ ' c(c + l)---(c + k-l) k\ fc=0

\

/

\

I

konvergiert fiir \z\ < 1. Sie geniigt der Differentialgleichung z{l - z)F"{z)

+ {c-{a

+ b + l)z)F'{z)

- abF{z) = 0.

3. Abbildungseigenschaften analytischer Funktionen Sei D c C eine offene Menge. Eine Teilnienge M c D heifit diskret in D, falls in D kein Haufungspunkt von M e n t h a l t e n ist.

Diese Menge ist a) diskret in D = C*, b) nicht diskret in D = C . „ Diskret in" ist also ein relativer Begriff! Offensichtlich ist jede endliche Menge diskret. Ist (a„) eine Folge in D, so ist die Menge der Folgenglieder genau d a n n diskret in D, wenn sie in D keinen Haufungswert in D h a t (s. auch III.3, Aufgabe 4). Vorsicht. Der Begriff der diskreten Teilnienge wird in der L i t e r a t u r nicht einheithch verwendet.

3.1 S a t z . Sei / : D —^ C eine von der Nullfunktion Funktion auf einem Gebiet D c C. Die Menge N{f) diskret in D.

verschiedene der Nullstellen

analytische von f ist

Beweis (indirekt). Sei a & D ein H a u f u n g s p u n k t der NuhsteUennienge von / . W i r entwickeln / in eine Potenzreihe u m diesen P u n k t : oo

f(^)

= ^(^niz-(^r^ n=0

\z-a\ C,

Funktion

D ein Gebiet in C,

in D ein Betragsmaximum hat, so ist sie konstant. (Man sagt, dass f in D ein Betragsmaximum besitzt, falls ein Punkt a & D existiert mit

l/(a)I > 1/(^)1

fiirallezeD.)

§3. Abbildungseigenschaften analytischer Funktionen

125

3.5j^ Z u s a t z e . a) Wegen des Identitdtssatzes Maximum besitzt.

geniigt es vorauszusetzen,

dass \f\ tin lokales

b) Sei K c D eine kompakte Teilmenge des Gebiets D und f : D ^ C analytisch, dann hat f\K als stetige Funktion in K ein Betragsmaximum. Wegen 3.5 muss dies notwendig auf dem Rand von K angenommen werden. Beweis von 3.5: Nach dem Satz von der Gebietstreue (3.3) ist / ( a ) innerer Punkt von f{D), wenn / nicht konstant ist. In jeder Umgebung von / ( a ) gibt es dann sicher Punkte f{z),z G D, mit \f{z)\ > |/(a)|. • Unniittelbar aus 3.5 erhalten wir 3.6 F o l g e r u n g ( M i n i m u m p r i n z i p ) . Ist D C C ein Gebiet, / : D —^ C analytisch und nicht konstant und besitzt f in a & D ein (lokales) Betragsminimum, dann ist notwendig f{a) = 0. Beweis. Ware nanilich / ( a ) ^ 0, dann besaBe die in der Umgebung von a analytische und nichtkonstante Funktion 1 / / in a ein (lokales) Betragsmaximum. D

Hieraus folgt ein weiterer einfaclier Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra: Sei P ein Polynom vom Grad n > 1. Wegen lim|_j|^^ l-P(-2^)l = co besitzt |P(^)| ein Minimum, nach dem Minimumprinzip also eine NuUstelle. Eine wichtige Anwendung von 3.5 ist 3.7 Schwarz'sches L e m m a (H. A. SCHWARZ, 1869). Sei / : E —^ E eine analytische Selbstabbildung der E = {z eC;

Einheitskreisscheibe

\z\ < 1 } ,

mit dem Nullpunkt als Fixpunkt (f{0) = 0). Dann gilt fur alle z G E

1/(^)1 0. Eine einfache Rechnung zeigt (p^{Lp^{z)) = z. Hieraus folgt, dass ip surjektiv und injektiv, also bijektiv ist. Die restlichen Aussagen sind klar. D 3.10 Theorem. Sei ip : E ^ E eine konforme (d. h. bijektive und in beiden Richtungen analytische) Abbildung des Einheitskreises auf sich. Dann existieren eine komplexe Zahl C, vom Betrag 1 und ein Punkt a G E mit der Eigenschaft z-a

Zum Beweis sei a = p ^(0). Die Abbildung p°Pg_ ist eine konforme Selbstabbildung des Einheitskreises, welche den NuUpunkt festlasst, also eine Drehung. D

Bemerkungen 1. Die Menge der konfornien Selbstabbildungen eines Gebiets D C C ist beziiglich der Hintereinanderausfiihrung von Abbildungen eine Gruppe, die haufig mit Aut(D) bezeichnet wird und auch Automorphismengruppe von D genannt wird. Wir haben also in 3.10 Aut(E) bestimmt. 2. Fiir die zahlreichen Anwendungen und Verallgemeinerungen des SCHWARZ'schen Lemmas vergleiche man die Ubungsaufgaben zu diesem und zu spateren Paragraphen.

Ubungsaufgaben zu III.3 1. Seien (a^) und (6„) zwei Folgen komplexer Zalilen. Durcli 'P(^) • = X ] " " ^ " und Q{z):='^b„z" werden zwei Potenzreilien definiert. Man heweise oder widerlege: Besitzt die Gleicliung P{z) = Q{z) unendlicli viele Losungen, so ist P = Q und damit a^ = b^ fiir alle n G NQ. 2. Man entsclieide, ob es analytisclie Funktionen / : E ^ C, 1 < j < 4, gibt mit

128

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz

c) / ( " ' ( 0 ) = (n!)^

d) /i"'(0) = ^ ,

n>0.

n>0.

3. Sei r > 0 und / : U^{0) -^ C analytisch. Fiir alle z eU^{0)nR

sei f{z) e R.

Man zeige: Die TAYLORkoefRzienten von / zuni Entwicklungspunkt c = 0 sind reell, und es folgt f{z) = f{z). 4. Sei £1 C C offen. Man zeige: Fiir eine Teilmenge M C D sind folgende Eigenscliaften aquivalent: a) M ist diskret in D, d. li. kein Haufungspunkt von M liegt in D. b) Zu jedem p G M gibt es ein e > 0, so dafi U^{p) H M = {p} gilt, und M ist abgeschlossen in D (d. h. es gibt eine in C abgeschlossene Menge A mit

M =

AnD).

c) Fiir jede kompakte Teilmenge K C D ist M n K endlich. d) M ist lokal endlich in D, d. h. jeder Punkt z £ D besitzt eine e-Umgebung Ui,{z) C D, so dafi M n ^/^(z) endlich ist. 5. Eine diskrete Teilmenge (s. 4.) abzahlbar unendlich.

ist (hochstens) abzahlbar, d. h. endlich oder

6. Ist / : D ^ C eine von der NuUfunktion verschiedene analytische Funktion auf einem Gebiet D, dann ist die Nullstellenmenge von / (hochstens) abzahlbar. 7. Seien f,g:C^C

zwei analytische Funktionen, und es gelte f{g{z))

= 0 fiir alle z e C.

Man zeige: Ist g nicht konstant, so ist / = 0. 8. Seien R > 0, C7^(0) := {z G C; \z\ < R} und f,g : C7^(0) -^ C stetige Funktionen, deren Einschrankung auf U^{0) analytisch ist und deren Betrage auf dem Rand iibereinstimmen: \f{z)\ = \giz)\

fiir alle 1^1 = fl.

Man zeige: Haben / und g keine NuUstelle in !7^ (0), dann gibt es eine Konstante A G C mit |A| = 1 und / = Xg. 9. Seien / , p : E —>• E bijektive analytische Funktionen, fiir die /(O) = g{0) und /'(O) = g'{0) gih. Aufierdem haben / ' und g' keine Nullstelle. Man zeige: f{z) = g{z) fiir alle z G E. 10. Bestimme jeweils das Maximum von | / | auf E := {2; G C; a) f{z)

=exp{z^),

b)/(.) = f ± | , c) f{z) = z^ + z - l ,

\z\ < 1} fiir

Ubungsaufgaben zu §3 d)

129

f(z)=3-\z\\

Im Beispiel d) liegt das Betragsmaximum in dem (inneren!) Punkt a = 0 vor. 1st dies ein Widerspruch zuin Maxiinuinsprinzip? 11. Sei u eine nichtkonstante harmonische Funktion auf einein Gebiet D C R ^ Man zeige, dass u{D) eine offenes Intervall ist. 12. Variante des M a x i m u m p r i n z i p s fiir b e s c h r a n k t e G e b i e t e Ist -D C C ein beschranktes Gebiet und / eine stetige Funktion auf dem Abschluss von D, welche ini Innern von D analytisch ist, so nininit | / | sein Maximum auf dem Rand von D an. Am Beispiel des Streifengebietes S=lzeC;

|Im0| C eine analytische Funktion. Sei a G C ein Punkt, welcher nicht zu D gehort, aber die Eigenschaft hat, dass ein r > 0 existiert, so dass die punktierte Kreisscheibe U^{a):={zeC]

0 0 ist

f{unD)nu^{b)^t Diese Definition ist ein eindrucksvoUes Beispiel mathematischer „Sprachkunst"

§4. Singularitaten analytischer Funktionen

135

Aquivalent hierzu ist: m

Zu jedem 6 G C und jedem e > 0 gibt es ein z ^ U Ci D mit \f{z)-b\ 0 mit \f{z) — b\ > e fiir alle z E U Ci D. Die Funktion

ist dann beschrankt in einer Umgebung von a. Aus dem RiEMANN'schen Hebbarkeitssatz folgt, dass g in z = a eine hebbare Singularitat hat. Folglich hat auch

f{z) = -l-T + b 9{z)

nur eine aui3erwesentliche Singularitat in a.

D

Wir sehen nun durch einfache Fallunterscheidungen, dass von 4.7 und 4.9 auch die Umkehrungen gelten. Ist beispielsweise a eine isolierte Singularitat von / mit der Eigenschaft lim_j^^ \f{z)\ = oo, so kann / nicht hebbar, nach dem Satz von C A S O R A T I - W E I E R S T R A S S aber auch nicht wesenthch sein. Es muss also ein Pol vorhegen. Gilt die „CASORATi-WEiERSTRASS-Eigenschaft" fiir / , dann kann a ebenfalls keine hebbare Singularitat sein, aber auch kein Pol, denn dann kame / wegen hm_j^^ \f{z)\ = oo nicht jedem beliebig vorgegebenen Wert beliebig nahe, also muss a wesenthche Singularitat von / sein. Wir erhalten zusammenfassend 4.10 Theorem (Klassifikation der Singularitaten durch das Abbildungsverhalten). Sei a G C eine isolierte Singularitat der analytischen Funktion f -.D —^ C,

Dec

offen.

Die Singularitat a ist 1) hebbar -^^ beschrankt. 2) ein Pol

^^

f ist in einer geeigneten punktierten

Umgebung von a

Hm^^^ \f{z)\ = oo.

3) wesentlich -^^ in jeder noch so kleinen punktierten kommt f jedem beliebigen Wert 6 G C beliebig nahe.

Umgebung von a

136

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz

Die beiden Funktionen (1) / i : C* —>C niit /i(«) = sm{l/z) und (2) /^ : C* ^ C niit f^iz) = e x p ( l / z ) haben an der Stelle a = 0 jeweils eine wesentliche Singularitat. Man kann sich leicht iiberlegen, dass sogar f,{U^{0))

/i(!7,(0)) = C,

= C-,

fiir jedes r > 0 gilt. Diese beiden Beispiele sind typisch. Es gilt namlich T h e o r e m (sogenannter „grofier" Satz von PiCARD, E. PiCARD, 1879/80). 1st a £ C eine wesentliche Singularitat der analytischen Funktion f : D ^ C, dann sind nur zwei Fdlle moglich: Entweder gilt fiir jede punktierte Umgehung U C D von a

f{U) = C, oder f{U) = C — {c}, c geeignet, die Funktion f komnit also nicht nur jedem Wert heliehig nahe, sondern nimnit jeden Wert niit hochstens einer Ausnahme an.

auch

Der Beweis dieses Satzes ist schwierig. Wir werden ihn ini zweiten Band mit Hilfe der Tlieorie der RiEMANN'sclien Flachen beweisen. (Einen direkteren Beweis findet man beispielsweise in [Re2], Kap.X, §4.) Wir schliefien diesen Paragraphen mit einem Beispiel zu den eben eingefiihrten Begriffen und zur Anwendung des Cauchy'schen Integralsatzes. In der Fourieranalyse spielt das Dirichlet-Integral dx

dx

eine wichtige RoUe. An der Stelle 0 ist es harmlos wegen lim x-s-O,



1.

x^O

Es ist also nur an der Grenze oo uneigentlich. Dieses Integral ist ein Standardbeispiel fiir ein konvergentes, aber nicht absolut konvergentes uneigentliches Integral. Der Wert dieses Integrates lasst sich zwar mit reellen Methoden berechnen, jedoch sind besondere Tricks erforderlich. Wir woUen seinen Wert mit funktionentheoretischen Mitteln berechnen und behaupten

§4. Singularitaten analytischer Funktionen

137

Zum Beweis betrachten wir die analytische Funktion z und integrieren sie langs der folgenden geschlossenen Kurve

Q = « ! ffi ftj ® f^a ® ^^4

e

K

Re

Schlitzt man die Ebene langs der „negativen imaginaren" Achse, dann verlauft die Kurve a in einein Sterngebiet D, in dem / analytiscli ist. Nacli dem CAUCHY'sclien Integralsatz fiir Sterngebiete (11.2.7) gilt also 0:

(*)

/=//+//+//+// a

(x\

a2

o^3

CK4

Wir betrachten die Integrale iin einzelnen: a) Es gilt mit a^it) = -Rexp(ii), 0 < i < TT, ^i-Rcos t ^ — R sin t

e

/(C) dC = a4

• .\Re^ ^ it dt

e Re}-

0

und damit

/(C) dC 0

0

Fiir 0 < i < 7r/2 ist aber (sogenannte Jordan'sche Ungleichung)

j"* 1"'

2i — < sini (< i) TT

und deshalb

/(C) dC < 2 / e Daher ist lini

/ /(C)dC = 0.

b) Durch Zusammenfassung von J und J erhalt man: ai

"3

138

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz

/(C)dC+ / /(C)dC= / £5£M^£5£(zi£)d^ = 2i

f'-^dx.

ai

c) Es gilt

exp(iC)^^^ / l d C + f'-^^^^l^dC

= -ni+

f'J^^m^dC

Die Funktion (e'^ — l)/z hat aber an der Stelle z = 0 eine hebbare Singularitat, ist also in einer Umgebung von 0 beschrankt. Daher gilt l.^^exp(iC)-l

^P^

a2

Durch Grenziibergang e ^ 0 und -R —>• oo folgt daher aus (*) unter Verwendung von a), b) und c) R

R

0 = lini I lini I 2i / H-s-oo VE-S-O V

J

dx] J — 7ri = 2i lini X

J J

R-nx -R-s-oo J/ 0

/

sin a;

dx — 7ri

X

oder TT ,. / sma; , / sma; , — = lini / dx = dx. 2 R-^oc J X J ^ 0

D

0

Dieses Beispiel zeigt, wie man unter Uinstanden init funktionentheoretischen Mitteln reelle Integrate berechnen kann. Bei den Anwendungen des Residuensatzes (vgl. 111.7) koininen wir systeinatisch hierauf zuriick.

U b u n g s a u f g a b e n zu III.4 1. Sei D C C offen und Funktion f : D — {a} -^ C eine analytische Funktion. Man zeige: a) Die Stelle a ist genau dann hebbare Singularitat von / , wenn eine der folgenden drei Bedingungen erfiillt ist: a) Die Funktion / ist in einer punktierten Umgebung von a beschrankt (RiEMANN'scher Hebbarkeitssatz). I3) Der Grenzwert lim f{z) existiert.

7)

lim{z-a)f{z)'=0. z—^a

b) Die Stelle a ist genau dann ein Pol 1. Ordnung von / , wenn \i-m^_^^{z— existiert und / 0 ist.

a)f{z)

2. Sei D C C offen und Funktion f : D — {a} -^ C eine analytische Funktion. Man zeige, dass folgende Eigenschaften aquivalent sind:

Ubungsaufgaben zu III.4

139

a) Die Stelle a ist ein Pol von / , und zwar von der Ordnung fc G N. b) Es gibt eine offene Umgebung U C D von a und eine in U analytische und in U — {a} nullstellenfreie Funktion p, die in a eine Nullstelle der Ordnung k hat, so dass / = 1/g in U — {a} gilt. c) Es gibt positive Konstanten Mj und M j , so dass in einer punktierten Umgebung von a Mj \z - a\-'' < \f{z)\ 3 gilt 1 z—3

1 z(l — 3/z)

^—' z n=0

und daher /(^)

z2 - 40 + 3

E(3""

Wir beschlieBen den Paragraplien mit einem Exkurs iiber Komplexe Fourierreihen Sei ]a, 6[ ein oifenes Intervall in M. Wir lassen die Falle a = —cx) und b = oo zu, das Intervall kann also aucli eine offene Halbgerade oder die reelle Gerade sein. Wir betrachten den Horizontalstreifen ImA D = { z e C;

a 1, a^ ^ 0, so hat also p an der Stelle z = 0 einen Pol der Ordnung n und daniit p in co einen Pol der Ordnung n. 2) Durch f{z) = exp{z) =

^ Tl=0

n!

wird bekanntlich eine ganze Funktion definiert. Urn ihr Verhalten in co zu untersuchen, hat man / I \

/(.)=exp

z J '

OO

= ^ - — + 1 - ^ n! z' n=l

ZU betrachten. Die Funktion / = exp hat also in oo eine wesenthche Singularitat. Bei den ganzen Funktionen, d. h. den in ganz C analytischen Funktionen / , unterscheidet man deshalb zwischen zwei Klassen, den ganz rationalen Funktionen (Polynomen), die dadurch charakterisiert werden konnen, daB sie in cx) auBerwesenthch singular sind, und den ganz transzendenten

Funktionen, welche in cx) wesenthch singular sind.

Wir bezeichnen wieder mit Ai{D) die Menge aller meromorphen Funktionen auf D und mit 0{D) die Teilmenge aller analytischen Funktionen auf D. Das sind definitionsgemafi diejenigen meromorphen Funktionen, welche den Wert (X) nicht annehmen. Eine offene Teilmenge D C C heifit Gebiet, falls der Durchschnitt D D C im bisherigen Sinne ein Gebiet ist.

Anhang zu §4 und §5. Der Begriff der ineroinorphen Funktion

157

In Analogic zu A2 gilt A 5 Bemerkung. Die Gesamtheit der meromorphen Funktionen Ai{D) auf einem Gebiet D c C bildet einen Korper, welcher 0{D) als Unterring enthdlt. A6 Satz. Die meromorphen Funktionen auf ganz C sind genau die rationalen Funktionen. Beweis. Sei / G A4(C). Die Funktion / ist in einer vollen punktierten Unigebung von co, also in einem Bereicli {z G C;

1^1 > C},

C geeignet,

analytiscli. Dalier hat / nur endlicli viele Pole s E C Der Hauptteil von / in einem Pol s hat die Gestalt /ig I

J,

/ig ein Polynom.

Die Funktion

9{z) = f{z)-

Yl

K(-^^

sec f(s)

^

= OD

ist in der ganzen Ebene analytisch. Nach Voraussetzung ist sie in oo aufierwesentlich singular und daher ein Polynom. D Damit ist nicht nur A6 bewiesen, sondern auch A 7 Satz (Partialbruchzerlegung rationaler Funktionen). Jede rationale Funktion ist Summe eines Polynoms und einer endlichen Linearkombination von speziellen rationalen Funktionen (Partialbriichen) der Gestalt z^^

(z-s)-"-

,

riG N.

Ferner ergibt sich jetzt unmittelbar A 8 Satz (Variante des Liouville'schen Satzes). Jede analytische / : C —^ C ist konstant.

Funktion

Man kann so schliefien: / | C ist eine rationale Funktion ohne Pole, also ein Polynom. Da es in co keinen Pol hat, ist es konstant. D Obwohl wir davon vorerst keinen Gebrauch machen, wollen wir darauf hinweisen, dass C mit der Definition A3 ein kompakter topologischer Raum wird.

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz

158

Er ist homoomorph zur Kugeloberflache S'^ = {{w,t)

eCxR^R^;

\wf+t'^

=

l},

wie man mit Hilfe der stereographischen Projektion cr : 5^ —^ C = C U {00} zeigen kann. Diese ist definiert durch W,t)y^

(0,1),

iw,t) =

iO,l)=:N. S'^ wird gegeben durch 2z I

|2

I 1 ' I |2 , 1 1^1 +1 1^1 + 1

00,

Z ^

00.

Betrachtet man S'^ als „Modell" fiir C, so nennt man C auch (oder Riemann'sche Zahlkugel).

Riemann-Sphdre

Die Variante des LiouviLLE'schen Satzes A8 lai3t sich dank der Kompaktheit von C auch in einem anderen Licht betrachten. Jede stetige Funktion auf C mit Werten in C hat ein Betragsmaximum! Nach dem Maximumprinzip mui3 sie konstant sein, wenn sie analytisch ist. Mobiustransformationen Eine rationale Funktion definiert genau dann eine bijektive Abbildung der Zahlkugel auf sich, wenn sie von der Gestalt

az + b cz + d^

a, 6, c, d G C, ad — bc^ 0,

ist. Wir nennen solche Abbildungen gebrochen lineare Transformationen auch Mobiustransformationen. Jeder invertierbaren Matrix M =

a c

oder

b d

ist also eine MoBlUStransformation Mz:

az + b cz + d

zugeordnet. Die Menge aller invertierbaren 2 x 2-Matrizen bildet die Gruppe GL(2, C). Die Menge Tt aUer MoBiustransformationen ist ebenfaUs eine Gruppe, Gruppenverkniipfung ist die Hintereinanderausfiihrung von Abbildungen.

Ubungsaufgaben zum Anhang zu §4 und §5 A 9 S a t z . Die

159

Ahhildung GL(2,C) —^971,

die einer Matrix M die entsprechende Mobiustransformation zuordnet, ist eine Gruppenhomomorphismus. Zwei Matrizen definieren genau dann dieselbe Mobiustransformation, wenn sie sich um einen skalaren Faktor ^ 0 unterscheiden. F o l g e r u n g . Die zu M gehorige

inverse

M-^z

Mobiustransformation

ist

dz — b -cz + a

Naheres zu diesem T h e m a findet sich in den U b u n g s a u f g a b e n zu diesem P a r a graphen.

Ubungsaufgaben z u m Anhang zu III.4 und III.5 1. Sei D C C ein nicht leeres Gebiet. Die Menge M[D) Funktionen ist ein Korper.

der in D meroinorphen

2. Die Nullstellennienge einer auf eineni Gebiet D definierten von Null verschiedenen nieroniorphen Funktion ist diskret in D. 3. Sei oo Singularitat einer analytischen Funktion / . Man klassifiziere die drei Typen von Singularitaten durch das Abbildungsverhalten. 4. Man beweise, dass die im Anhang zu §4 und §5 definierte stereographische Projektion bijektiv ist und dass ihre Umkehrabbildung durch die angegebene Forniel geliefert wird. 5. Sei / : C ^ C eine ganze Funktion, ferner sei / injektiv. Man zeige, dass / von der Form f{z) = az + b, a ^ 0, ist, und folgere, dafi jedes solche / eine konforme Selbstabbildung von C ist. Die Gruppe Aut(C) der konformen Selbstabbildungen von C besteht genau aus den afSnen Abbildungen z i-^ az + b, a,b G C, a / 0. 6. Man bestimme alle ganzen Funktionen / mit f{f{z)) 7. Ein Autoniorphismus Eigenschaften

= z fiir alle z £ C

der Zahlkugel C ist eine Abbildung / : C ^

C mit den

160

Kapitel III. Folgen und Reihen analytischer Funktionen, Residuensatz a) / ist meromorph, und b) / ist bijektiv. Man zeige, dass a) die Umkehrabbildung f~^ wieder meromorph ist und b) jeder Automorphismus von C eine MOBIUStransformation ist und umgekehrt:

Aut(c") = m. 8. Eine von der Identitat verschiedene MOBIUStransformation hat mindestens einen aber hochstens zwei Fixpunkte. 9. Seien a, b und c drei verschiedene Punkte der Zahlkugel C

Man zeige, dass es

genau eine MOBIUStransformation M mit der Eigenschaft M a = 0,

Mb=l,

Mc = oo

gibt. Tip. Man betrachte z — a h— a : -; . z — c 0— c Bemerkung. Der rechts stehende Ausdruck heifit auch das Doppelverhaltnis z, a, b und c, abgekiirzt DV(z,a, 6, c). Mz :=

von

10. Eine Teilmenge der Zahlkugel C heifit verallgemeinerte Kreislinie, falls sie entweder eine Kreislinie in C oder eine (nicht notwendig durch 0 gehende) Gerade vereinigt mit dem Punkt oo ist. Eine Abbildung der Kugel in sich heifit kreisverwandt, falls sie verallgemeinerte Kreislinien auf verallgemeinerte Kreislinien abbbildet. Man zeige, dass MOBIUStransformationen kreisverwandt sind. 11. Zu jeweils zwei verallgemeinerten Kreislinien existiert eine MOBIUStransformation, welche die eine in die andere iiberfiihrt. 12. Folgenden Satz beweist man in der linearen Algebra mit der JORDAN'schen Normalform: Zu jeder Matrix M G GL(2,C) existiert eine Matrix A G G L ( 2 , C ) , so dass AMA~^ eine Diagonalmatrix oder eine Dreiecksmatrix mit zwei gleichen Diagonalelementen ist. Man gebe hierfiir einen funktionentheoretischen Beweis. Anleitung. Nach geeigneter Wahl von A kann man annehmen, dass oo Fixpunkt von M ist. 13. Zu jeder Matrix endlicher Ordnung M G SL(2, C) existiert eine Matrix A G GL(2, C), so dass

mit einer Einheitswurzel C, gilt.

§6. Der Residuensatz

161

6. Der Residuensatz Vorbemerkungen fiber Umlaufzahlen In II.2.8 hatten wir den Begriff des Elementargebietes

eingefiihrt:

Ein Gebiet D C C heiBt Elementargebiet, wenn jede analytische Funktion / : -D —^ C eine Stanimfunkion in ganz D besitzt, oder — Equivalent hierzu —, fiir jede geschlossene Kurve a in D und jede analytische Funktion / : D —)• C gilt:

^ f{C)dC = 0. Eine in diesem Zusammenliang nalieliegende Frage ist: Sei D c C ein beliebiges Gebiet. Wie lassen sich diejenigen geschlossenen Kurven a in D charakterisieren, fur die J /(C) d^ = 0 fur jede analytische Funktion f : D ^ C gilt? Wir werden ini Anliang B zu Kapitel IV selien, dass dies genau diejenigen geschlossenen Kurven a in D sind, die keinen Punkt des Koniplenients C — D „unilaufen". Insbesondere ergibt sich, dass Elenientargebiete dadurch charakterisiert sind, dass das „Innere" jeder geschlossenen in D verlaufenden Kurve zu D gehort. Anschaulich bedeutet dies, dass D keine Locher hat. Wie lasst sich nun das „Unilaufen" einer geschlossenen Kurve a in D urn einen Punkt a niit a ^ Bild a definieren? Wir lassen uns zur Motivation der anschlieBenden Definition von eineni anschauUchen Beispiel leiten: Fiir A; e Z - {0} und r > 0, Zg G C, sei £^(t) = Zg+ rexp(27riA;t),

0 < i < 1,

die fc-fach durchlaufene Kreislinie niit Mittelpunkt ZQ und Radius r. Es gilt 1 /" 1 , . 27ri J C — z

{k \0

fiir alle z niit \z — Z(,\ < r. fiir alle z niit jz — ^Q| > r.

Dieses Beispiel gibt Anlass zu der 6.1 Definition. Sei a eine geschlossene, stuckweise glatte Kurve, deren Bild den Punkt ^ G C nicht enthalt: Die Umlaufzahl (auch die Windungszahl oder der Index) von a beziiglich z ist definiert durch

162

Kapitel III. Residuensatz

Diese Definition ist ganz und gar ungeometrisch. Fiir den Augenblick geben wir uns daniit zufrieden, dass diese Definition ini Falle von Kreislinien mit der Anscliauung iibereinstimnit. Der Leser niacfie sicli klar, dass eine exakte Definition der Umlaufzalil, die der Anscliauung nafiekommt, niclit einfacli ist. Man kann zeigen (vgl. Aufgabe 3e) aus III.6), dass das die Umlaufzahl definierende Integral die Gesamtdnderung des Arguments von a{t) misst, wenn t das Parameterintervall von a durclilauft. Im Anliang zu Kapitel IV werden wir zeigen, dass man jede gesclilossene Kurve in der punktierten Ebene in eine fc-fach durchlaufene Kreislinie stetig deformieren kann. Hieraus wird sich ergeben, dass die Umlaufzalil gerade die ganze Zalil k ist, im Einklang mit der Anscliauung. Wer nicht auf den Anhang vertrostet werden will, findet in den Ubungsaufgaben zu diesem Paragraphen die Moglichkeit, die wesentlichen Eigenschaften der Umlaufzahl, insbesondere ilire Ganzzahligkeit, abzuleiten. Ist a eine geschlossene Kurve in einem Elementargebiet, so ist nacli dem CAUCHY'sclien Integralsatz die Umlaufzalil um jeden Punkt des Komplements von D Null. Wir werden im Anhang B zu Kapitel IV zeigen, dass hiervon auch die Umkehrung gilt. Anschaulich ist dies eine Prazisierung der schon mehrfach erwahnten Tatsache, dass Elementargebiete genau die Gebiete ohne Locher sind.

Ist TZ ein Ringgebiet, r < \z\ < R, so umlaufen die Kreislinien vom Radius g, r < g < R, Punkte des Komplements, namlich alle z mit \z\ < r.

§6. Der Residuensatz

163

Mit Hilfe der Umlaufzahl lasst sich auch prazisieren, was man unter dem „Inneren" bzw. „ AuBeren" einer geschlossenen Kurve zu verstehen hat. 1st a : [a, 6] —^ C eine (stiickweise glatte) geschlossene Kurve, dann heiBt Int {a) := { z G C — Bilda;

x(a; z) ^ 0 } das Innere von a

und Ext {a) := { z G C — Bilda;

x(a; z) = 0 } das Aufiere von

a.

Es gilt stets Bild a = Int (a) U Ext (a)

(disjunkte Vereinigung) .

Fiir den Fall a = EJ. (sielie unser Beispiel) stimnit der eingefiilirte Begriff mit der Anscliauung iiberein: Int (a) = { ^ e C - B i l d a ;

x{a;z)y^O}

E x t ( a ) = {^ e C - B i l d a ;

xia;z)

= {zeC;

= O} = {z e C;

|2;-^o|r}.

Fiir Elementargebiete D gilt: 1st a eine geschlossene Kurve in D, dann ist Int (a) C D. Wir schliefien diese Vorbemerkungen mit einem Verfahren zur Bestimmung der Umlaufzahl, mit dem man sie in konkreten Fallen (z. B. in den Anwendungen 7.2) leicht berechnen kann. Schlitzt man die komplexe Ebene langs einer von z E C ausgehenden Halbgeraden, so erhalt man ein Sterngebiet (also ein Elementargebiet). Das Kurvenintegral — dC

c a

iiber irgendeine Kurve a : [a,6] —)• C, z ^ Bilda, hangt also nur vom Anfangsund Endpunkt von a ab, so lange die Kurve die Halbgerade nicht iiberschreitet. Dies kann man ausnutzen, um eine vorgelegte geschlossene Kurve zu vereinfachen, ohne die Umlaufzahl zu verandern. 1. Beispiel. Fiir die beiden Kurven a und /? (s. Abbildung) gilt 1

C-z

f dC = /

^

JC

1 dC-

Kapitel III. Residuensatz

164 2. Beispiel. Sei r > 0 und a{t) --

t,

fiir

—r• C sei analytisch, a sei eine geschlossene Kurve in D, auf deren Bild f keine Nullstelle hat. Dann gilt

Dies ist eine game Zahl (s. Uhungsaufgahe 2 in III.6 oder Folgerung aus A10). Unter den Voraussetzungen und Bezeichnungen von 7.1 und 7.4 ist diese Zahl gleich N{Q). Die Anzahl der NuUstellen von / (mit Vielfachheiten gerechnet) ist also gleich der Umlaufzahl der Bildkurve f o a um den NuUpunkt. Die Richtigkeit von 7.5 ergibt sich aus 7.4 und der Substitutionsregel fiir Integrale. D Beim Beweis des Satzes von der Gebietstreue (111.3.3) haben wir gezeigt, dass sich jede in einem Gebiet D, 0 G D, nichtkonstante analytische Funktion mit der Eigenschaft /(O) = 0 nach eventueller Verkleinerung von D als Zusammensetzung einer konformen Abbildung mit der n-ten Potenz darstellen lasst. Hieraus ergibt sich unmittelbar folgender Satz, den man auch aus dem Residuensatz ableiten kann. 7.6 Satz. Sei f : D ^ C eine nichtkonstante analytische Funktion auf einem Gebiet D C C Sei a £ D ein fester Punkt und b = f{a). Die Ordnung von f{z) —b an der Stelle z = a sei n £ fi. Dann giht es offene Umgehungen U C D von a und V C C von h, so dass zu jedem w £V, w ^ h genau n Urhilder z-^^... ,z^ G U existieren. Es gilt also f{z-) = w fiir 1 < j < n. Uherdies ist die Ordnung von f{z) — w an alien Stellen z, gleich 1. Beweis mit Hilfe des Argumentprinzips. Wir wahlen eine e-Umgebung von a, deren Abschluss ganz in D enthalten ist. Wir konnen e so klein wahlen, dass / keine 6-Stelle auf ihrem Rand hat, und so, dass die Ableitung fiir 0 < [2; — a| < e von 0 verschieden ist. Wir wahlen U = U^{a) und V = Vg{b), wobei wir 5 so klein wahlen, dass

VnfidU)

=11).

Dies ist moglich, da das Bild des Randes von U kompakt, sein Komplement also offen ist. Nach dem Argumentprinzip (7.5) ist die Anzahl der w-Stellen, w £ V, von / in U gleich der Umlaufzahl xif ° a; w). Dabei bezeichne a die Kreislinie a(i) = a + £e^''",

0 < t < 1.

Diese Umlaufzahl hangt offensichtlich stetig von w ab. Da sie nur ganze Werte annimmt, ist sie konstant (= n). Die Einfachheit der w-Stellen fiir w ^ b ergibt sich aus der Voraussetzung iiber die Ableitung von / . D Satz 7.6 beinhaltet natiirlich einen weiteren Beweis des Satzes von der Gebietstreue.:

§7. Anwendungen des Residuensatzes

173

7.6j^ F o l g e r u n g . Sei f : D ^ C eine analytische Funktion auf einer offenen Teilmenge D C C, und sei a £ D ein Punkt. Die Funktion f ist genau dann injektiv in einer geeigneten offenen Umgehung a £ U C D, falls f'{a) / 0. In diesem Fall hildet f eine kleine offene Umgehung von a konform auf eine offene Umgheung von f{a) ah. Dainit haben wir einen funktionentheoretischen Beweis fiir den Satz fiir iinplizite Funktionen. (Diesen Satz batten wir in 1.5.7 unter Riickgriff auf den reellen Satz fiir implizite Funktionen bewiesen).

7.7 Satz v o n R o u c h e (E. ROUCHE, 1862). Seien f und g analytische Funktionen auf einem Elementargehiet D und a eine geschlossene Kurve in D, welche jeden Punkt in ihrem Inneren Int(a) genau einmal umlduft. Wir nehmen der Einfachheit halher an, dass f und f + g nur endlich viele Nullstellen in D hahen. (Diese Bedingung ist in Wahrheit iiherflussig, siehe Kapitel IV, Anhang B.) Annahme:

|5(C)I < 1/(01

/«r C e Bild a.

Dann hahen die Funktionen f,f + g auf dew, Bild von a keine Nullstelle, und es gilt: Die Funktionen f und f + g hahen im Innern der Kurve a gleich viele Nullstellen (mit Vielfachheiten gerechnet) . Dieser Satz bedeutet die Invarianz der Nullstellenanzahl bei einer kleinen Storung. Beweis von 7.7. Wir betrachten die Schar von Funktionen h^{z) = f{z)^sg{z),

0 y ^ gilt |exp(iQ;^)| < e^"^. Da dieser Ausdruck starker als jede rationale Funktion gegen 0 konvergiert (fiir r —^ oo), folgt die gewiinsclite Abscliatzung unmittelbar. Aufierdeni folgt, dass das Integral iiber die obere Horizontale des Reclitecks fiir r —)• cx) gegen 0 konvergiert. Dieser Beweis zeigt zunachst nur die Existenz des CAUCHY'schen Hauptwerts. Das Integral konvergiert jedoch im Sinne uneigentlicher Integrale (allerdings niclit imnier absolut). Man zeigt dies dadurch, dass man obiges Recliteck durcli ein anderes Recliteck ersetzt, das niclit notwendig symnietriscli zur iniaginaren Aclise ist. D Beispiel. Wir zeigen fiir a > 0 oo

cost , TT t^ + a^ dt= — la e " ° . 0

Es ist offensiclitlicli oo

cost

, 1^ / di = - Re

t^ +a^

2

/" exp(ii) , / . ^ ^ „ dt

\ J f^ +a \-oo

0

exDi i^^ 1

Die Funktion f(z) = -^ r- hat nur einen einfaclien Pol in der oberen z^ + a^ Halbebene, namlicli an der Stelle ZQ = ia. Dalier ist nacli 6.4 Res(/;ia) =

| - ,

und Satz 7.11 liefert die Beliauptung. T y p I I I . Integrale der Form oo

x^-^R{x)dx,

A G K,

X^Z,

A > 0.

0

Dabei sei R = P/Q eine rationale Funktion, P und Q also ganzrational. Q liabe keine NuUstelle auf M_|_. Ferner sei R{0) ^ 0 und lim x^\R{x)\

=0

§7. Anwendungen des Residuensatzes

183

(dies ist aquivalent zu GradQ > A + G r a d P ) . Wir betrachten dann in der langs der positiven Halbgeraden geschlitzten Ebene die Funktion

m

\X-1

R{z) fiir z G

Hier ist {—z)"^ ^ := exp((A— 1) Log(—z)) mit dem Hauptwert des Logarithmus definiert. Aus z E C_^_ folgt —z G C_; die Funktion / ist also analytisch in C_|_. 7.12 S a t z . [Inter den obigen Voraussetzungen gilt

Beweisskizze. Die Funktion / ist meromorph in C ^ . Wir betrachten die geschlossene Kurve a := a^ ® a2 ® a^ (B a^, wobei die Kurven a • bis auf eine Verschiebung der Parameterintervalle (um diese aneinanderstoi3en zu lassen) wie folgt gegeben sind: a^{t) •.= exp{i(p)t,

1 - 1}, N 0} genau eine Losung besitzt, die iiberdies reell ist. 4. Fiir n G N^ sei

188

Kapitel III. Residuensatz

v=0

Zu gegebenem _R > 0 gibt es ein rig, so dafi e^ fiir alle n > n^ in der Kreisscheibe !7^(0) keine NuUstelle besitzt. 5. Sei / analytisch kreisscheibe E = jedes n G N hat dies ini Fall n =

in einer offenen Menge D, welche die abgeschlossene Einheits{z G C; \z\ < 1} enthalt, ferner sei \f{z)\ < 1 fiir \z\ = 1. Fiir die Gleicliung f{z) = z" genau n Losungen in E. Wendet man 1 an, so folgt, dass / genau einen Fixpunkt in E hat.

6. Sei f : D ^ C eine injektive analytische Funktion auf eineni Gebiet D C C Sei U (a) C D eine abgeschlossene Kreisscheibe in D. Man beweise fiir w G fiU (a)) die folgende explizite Forinel fiir die Umkehrfunktion

/-^w^^

/

C/'(C)

dC-

|C-o|=e

7. Seien a^,... ,0,1 G C paarweise verschiedene Zahlen, von denen keine ganz rational ist. Gegeben sei eine in C — {a^,...,«;} analytische Funktion / , so dass 2:^/(2;) aufierhalb eines geeigneten Kompaktums nach oben beschrankt ist. Sei TV

g{z) := TT cot{nz)f{z)

und h{z) := —

f{z

Man zeige lim

V " f{n) = n=-N

lim

V

-y^Res{g;aA, j=l

( - l ) " / ( n ) = -VRes(/i;a^.)

n = -N

j = l

8. Mit Hilfe von Aufgabe 7 zeige man _1

TT

rn^

,

V^/

6

wsn.+l

•^—'

1

n^

TT

12

9. Man berechne die Integrale 27r

5 —4cosi 0

i^*' '

/ 7 vJ '^*' J (a + cost)^

a G K, a > 1.

0

10. Man zeige 27r

2TT

«i°3* di = 0, 5-3cosi ' 0

11. Man zeige

—^——dt y (5-3sini)2 0

^" 32

Ubungsaufgaben zu §7

189

x* + l

dx

/

b)

V2

X

J x* + l

dx =

TT

^ 4'

0 oo

'^^ /^^^=i'

TT / 1 dx = J X* + X' ' +1 2^3

d)

0

0

12. Man zeiee 2

TT

(a;2+a2)2 dx = — 2a ,

(a > 0)

da; TT (a;2+4a; + 5)2 " 2"

b)

da; (a;2+a2)(a;2 + 62)

2a6(a + 6) '

{a,b> 0).

0

13. Man zeiee cos X (a;2 + 1)2

b)

/

TT

(^2 + ; 2 7 ( l 2 +52) dx = ^

^

( ' — - — ] ,

{a,b>0,a^b),

cos 27ra; , —TT -TTJ^ . a;" + a;2 + 1 dx = — 2 ^=3e 0

14. Man zeiee da;

l + a;5

_ - ^ V 5 T ; ^ , , O 6 9

896_

25

0

Tipp. Sei ^ eine geeignete fiinfte Einheitswurzel. Der Integrand nimmt auf den Halbgeraden {t; i > 0} und {fX', t > 0} dieselben Werte an. Man vergleiche die Integrale langs dieser Halbgeraden. Man ersetze in deni Integral den Exponenten 5 durch eine beliebige ungerade natiirliche Zahl und berechne das Integral. 15. Man zeige ^^&"^ dx=^, l + a;2 8 ' 0

f^SS^dx y 1 + -2 0

= 0.

Kapitel III. Residuensatz

190 16. Man zeige xsma; , % -7\ dx = —a;2 + 1 2e 17. Man beweise die Forniel

oo

/ e-*^dt ==

(GauB'sches

^/TT

Fehlerintegral),

— CXD

indeni man die Funktion exp(—z^) niit a := e^^' \/% 1 + exp(—2a2;) langs eines Parallelogramms mit den Ecken —R, —R + a, R-\- a und R integriert und danach den Grenziibergang R ^ oo voUzieht. Man hat die Identitat f{z) - f{z + a) = e x p ( - 2 ; ) zu benutzen. Im;

1

-R+a




iR+n

a := — :^^ ,

Rea > 0 .

27ri

Spezialfalle: G^ = 1,0^=

0, G^ = iVs, G^ = 2(1 + i

19. Die Polynome P und Q und die Zahl a mogen die Eigenschaften aus Satz III.7.11 erfiillen, init der Ausnahme, dass wir allgeineiner einfache Pole auf der reellen Achse x^ < X2 < • • • < Xp for P/Q zulassen. Wir betrachten die Funktion exp(iQz),

f(z)

Q > 0

Q{z) und das folgende Integral fiir hinreichend grofie Werte von r und hinreichend kleine Werte von e > 0: XI —e

X2—£

I{r,e)

+ ...+ -r

Xp-l+£

xi+e

f{x) dx .

+ Xp+£

Dann heifit der Grenzwert / := liin

lir.e)

e-jO

CAUCHY'scher Hauptwert des Integrals, welcher manchmal niit P.V. / fix)

dx

bezeichnet wird. Man zeige niit Hilfe des Residuensatzes und der in der folgenden Abbildung skizzirten geschlossenen Kurve / = 27ri ^

Res(/; a) + 7ri ^ j = i

Res(/;

Kapitel III. Residuensatz

192

r + ir

-r + ir

jTTy. 0

X p-i

Beispiele: (a)

P.V.

1 {x-i)^{x-

(b)

P.V.

1 dx = 0. x{x^ — 1)

1)

dx

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

In diesem (zentralen) Kapitel beschaftigen wir uns mit der Konstruktion analytischer Funktionen. Wir werden drei verschiedene Konstruktionsprinzipien kennenlernen: 1) Wir untersuchen detailliert eine klassische Funktion mit funktionentheoretischen Methoden, nainlich die F-Funktion. 2) Wir behandeln die Satze von W E I E R S T R A S S und M I T T A G - L E F F L E R zur Konstruktion analytischer Funktionen mit vorgegebenem Null- und Polstellen-Verlialten. 3) Wir beweisen den kleinen RiEMANN'schen Abbildungssatz, welclier besagt, dass jedes Elementargebiet D ^ C konform auf die Einlieitskreissclieibe E abgebildet werden kann. In diesem Zusammenliang werden wir noch einmal auf den CAUCHY'schen Integralsatz eingehen, allgemeine Varianten beweisen und verschiedene topologische Charakterisierungen von Elementargebieten erhalten, welche zum Ausdruck bringen, dass Elementargebiete genau die Gebiete „ohne Locher" sind. NuUstellenmengen bzw. Polstellenmengen analytischer bzw. meromorpher Funktionen / ( / 0) sind diskrete Teilmengen des jeweiligen Definitionsbereichs. Folgende Frage liegt nahe: Sei S eine diskrete Teilmenge eines Gebiets D C C Jedem Punkt s e 5* sei eine natiirliche Zahl m,{s) zugeordnet. Gibt es dann eine analytische Funktion / : D ^ C, deren Nullstellenmenge N{f) gerade 5* ist und fiir die aufierdem o r d ( / ; s) = m{s) fiir s G 5* = N{f) gilt? Die Antwort ist immer positiv, wir geben den Beweis allerdings nur im Fall D = C Als Folgerung ergibt sich, dass man sogar eine meromorphe Funktion mit vorgegebenen (diskreten) Null- und Polstellenmengen und vorgegebenen Ordnungen konstruieren kann. Ein anderer Satz besagt, dass man zu gegebener diskreter Polstellenmenge eine meromorphe Funktion konstruieren kann, wobei man sogar den Hauptteil an jeder Polstelle willkiirlich vorgeben kann. Allerdings hat man dann keine KontroUe niehr iiber die Nullstellen. Die Losungen beider Probleme sind mit den Namen W E I E R S T R A S S und M I T T A G L E F F L E R eng verkniipft (WEIERSTRASS'scher Produktsatz und Partialbruchsatz von M I T T A G - L E F F L E R ) . Man erhalt auf diese Weise interessante und fiir die Anwendungen wichtige neue Beispielklassen von analytischen und meromorphen Funktionen. Ferner ergeben sich auch neue Darstellungen bekannter Funktionen, sowie neue Zusammenhange zwischen ihnen. Beide Konstruktionsprinzipien sind schon am Beispiel der Gammafunktion sichtbar, mit deren Studium wir dieses Kapitel beginnen woUen.

194

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

1. Die Gammafunktion Wir fiihren die Gammafunktion als das Euler'sche Integral {zweiter (L.EULER, 1729/30) ein:

Gattung)

m = /,-..-,«. 0

mit t''-^ := e(-^-i)i°g*,

logt G K, Re{z) > 0.

Name und Bezeichnung stammen von A. M.

LEGENDRE

(1811).

Wir miissen einige Bemerkungen iiber uneigentliche Integrate vorausschikken. Vorbemerkung. Sei 5 C C eine unbeschrdnkte Menge, / G C und / : 5 —)• C eine Funktion. Die Aussage f{s) -^ I

(s —> oo)

oder

lim f{s) = I

moge bedeuten: Zu jedem e > 0 existiert C > 0 mit \f{s) -l\

< £, falls

\s\ > C.

1st 5 = N, so erhalt man als Spezialfall den Begriff der konvergenten Folge. Es gelten die iiblichen Rechenregeln fiir das Rechnen mit Grenzwerten. Diese braucht man nicht neu zu formulieren und zu beweisen, denn es gilt ja lim f{s) = lim / ( 1 / e ) . 5—7-00

£—>0

£>0

Eine stetige Funktion f : [a, b[ —> C, heifit uneigentlich

a < b < oo (der Wert b = oo ist zugelassen),

integrierbar,

falls der Grenzwert

b

t

fix) dx := lim / fix) dx a

a

existiert. Man nennt / absolut integrierbar, wenn die Funktion | / | integrierbar ist. Aus der absoluten Integrierbarkeit folgt die Integrierbarkeit. Genauer gilt:

§1. Die Gaininafunktion

195

Die stetige Funktion / : [a, 6[ —^ C ist uneigentlich Konstante C > 0 mit der Eigenschaft

integrierbar,

wenn eine

| / ( x ) | dx < C fur alle t G [a, h\ existiert. Da diese Aussage unmittelbar aus dem entsprechenden reellen Satz folgt, woUen wir den Beweis iibergehen und nur anmerken, dass man den entsprechenden reellen Satz durcli Zerlegung in positiven und negativen Anteil nur fiir nirgends negative Funktionen beweisen muss. Man kann dann mit einem Monotoniekriterium argumentieren. In voUiger Analogie definiert man den Begriff der uneigentliclien Integrierbarkeit fiir links offene Intervalle: / : ]a, b] —> C,

—00 < a < b,

und sclilieBlicli fiir beidseitig offene Intervalle: Eine stetige Funktion f : ]a,b[ —> C ,

—cx) < a < 6 < oo,

heifit uneigentlich integrierbar, wenn fur ein c G ]a,b[ gilt: Die Einschrdnkungen von f auf ]a,c] und [c,b[ sind uneigentlich integrierbar. Es ist klar, dass diese Bedingung sowie die Definition b

f{x)dx:=

c

b

/ f{x)dx+

/

f{x)dx

niclit von der Walil des Stiitzpunktes c abliangen. 1.1 Satz. Das

Gammaintegral

konvergiert in der Halbebene Re ^ > 0 absolut und stellt dart eine analytische Funktion dar. Fiir die Ableitungen der Gammafunktion gilt [k G Ng) oo

F^^\z) = f

t/--\\ogtfe-^dt.

196

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

Beweis. Wir zerlegen das -T-Integral in die Teilintegrale 1

oo

0

1

und benutzen \e-^e-^\=e'-h-*

(x = Re^).

Die Teilintegrale beliandeln wir einzeln. Zu jedeni Xg > 0 existiert bekanntlicli eine Zalil C > 0 niit der Eigenscliaft ^x-i ^ (7g«/2 f^j. g^Ug X mit 0 < X < Xg und fiir t > I. Dalier konvergiert oo

1

absolut sogar fiir alle z G C Fiir die Konvergenz des Integrals an der unteren Grenze verwenden wir die Abscliatzung \t'-^e-^\ 0 und die Existenz von 1

— dt

is0.

§1. Die Gaininafunktion

197

Insbesondere gilt fiir n G Ng r ( n + l) = n ! Die P-Funktion „interpoliert" also die Fakultat. Iterierte Anwendung der Funktionalgleicliung liefert

r{z)

r{z + n + l) z-{z

+ l)---{z

+ n)

Die reclite Seite der letzten Gleicliung hat einen groBeren Definitionsbereicli als die linke, namlicli die Menge der ^ e C mit der Eigenscliaft Re ^ > —(n + 1) und 2; ^ 0, —1, —2, . . . , —n. Sie stellt eine analytisclie Fortsetzung von F in einen grofieren Bereicli dar. Diese analytisclien Fortsetzungen, die ja wegen in.3.2 eindeutig sind, bezeiclinen wir aucli mit F. Wir fassen die bislier gewonnenen Eigenscliaften der P-Funktion zusamnien:

1.2 Satz. Die F-Funktion ist in die ganze komplexe Ebene mit Ausnahme der Stellen ^ e 5 : = { 0 , - 1 , - 2 , - 3 , ...} (eindeutig) analytisch fortsetzbar und geniigt dort der Funktionalgleichung F{z + l) = Die Ausnahmestellen

Die F-Funktion menge S.

zF{z).

sind Pole erster Ordnung mit den Residuen

ist also eine in C meromorphe Funktion mit der Polstellen-

Beweis. Wir niiissen nur nocli die Residuen bereclinen. Es gilt Res(r;

lira (z + n) F{z) 2—7- — n

F(l)

(_„)(_„+ 1)...(_1)

(-1)"

D

198

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

Wegen der Abschatzung \r{z)\0

{x = Rez)

^™^

ist die P-Funktion in jedem Vertikalstreifen 0 0 und R e w > 0 sei

B{z,w):=

/ e-\l

- t)""-^ dt.

Die so definierte Funktion heifit EuLER'sche Betafunktion (nach A. M. LEGENDRE (1811) Euler'sches Integral erster Gattung). Man zeige: a) B ist stetig (als Funktion beider Variablen!). b) Fiir festes w (mit R e w > 0) ist z i-^ B[z^w) analytisch in der Halbebene R e z > 0. Fiir festes z (mit R e z > 0) ist z i-^ B{z,w) analytisch in der Halbebene Re w > 0. c) Es gilt B{z + l,w) = ^^-Biz^w), z+ w d) Die Funktion B{z,w)r{z

B{l,w)

= - .

+ w)

/(^

hat die charakterisierenden Eigenschaften von F, es gilt also die EuLER'sche Identitat fiir R e z > 0 und Rew > 0:

Die Betafunktion ist somit auf die Gammafunktion zuriickgefiihrt. oo j - Z - 1

e)

r

B{z,w)

(l + i) z-\-w

dt.

0 K/2

f) B{z,w)

= 2 / (sin 93) ^~ (cos 99) ^~ dip. 0

13. 1st n^ das Volumen der n-dimensionalen Einheitskugel im R", so gilt 1 n/2

H„ = 2 M „ - I

/

(1 - *

dt

r ( | + i)

14. Die GAUSS'sche r/)-Funktion sei definiert durch tp{z) := F'{z)/F{z)

.

Man zeige: a) V ist meromorph in C mit einfachen Polstellen in S = {—n; Res (r/j; —n) = —1.

n G Ng} und

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

212

b) r/)(l) = —7 (EuLER-MASCHERONi'sche Konstante). c) r/)(z + l) -tl^iz)

= -.

d) r/)(l — z) — il>{z) =

ncotnz.

00

00

f) ^b'(z) = >

-.

TTT , wobei die Reihe rechts in C normal konvereriert.

Fiir positives x ist 00

{x + vY die reelle F-Funktion ist also logarithniisch konvex. 15. S a t z v o n B o h r - M o l l e r u p (H. Bohr, J. Mollerup, 1922). Sei / Funktion niit den Eigenschaften a) fix + 1) = xf{x)

fiir alle x > 0

Dann ist f{x) = f{l)r{x)

und

b) l o g / ist konvex.

fiir alle x > 0.

16. Fiir a G C und n G N sei Q\

Q(Q

— 1) • • • (a — n — 1)

la

1.

Man zeige, dafi fiir alle a G C — NQ gilt: ^

^

r{-a)r{n+l)

^

—n

r{-a)

[n —>• 0 0 ) ,

d.h. der Quotient von linker und rechter Seite hat den Grenzwert 1. 17. HANKEL'sche Integraldarstellung fiir — (H. HANKEL, 1864). Fiir z G C ist

7i) = 2^/^"''"P("')'^"'' dabei ist 7^ ^ der in folgender Abbildung skizzierte „uneigentliche Schleifenweg ImA

§2. Der Weierstrafi'sche Produktsatz

213

2. Der Weierstrafi'sche Produktsatz Wir betrachten folgendes Problem: Gegeben sei ein Gebiet D c C sowie eine in D diskrete Teilmenge S. Jedem Punkt s G 5 sei eine natiirliche Zahl m^ zugeordnet. Existiert eine analytische Funktion / : D —^ C mit den Eigenschaften a) f{z) = 0 z & S und b) ord(/; s) = m^ fiir s e 5 ? Solche Funktionen kann man mit Hilfe von Weierstrafiprodukten tatsachlich konstruieren. Wir wollen uns der Einfachheit halber auf den Fall D = C bescliranken. Da die abgesclilossenen Kreissclieiben kompakt sind, existieren nur endlicli viele s ^ S mit \s\ < N. Man kann dalier die Menge S abzalilen und nacli waclisenden Betragen ordnen:

kil < IS2I < ksl < •••• Wenn S eine endliclie Menge ist, wird das Problem durcli

l[{z-sr^ ses gelost. Fiir unendliclie Mengen S wird dieses Produkt i. a. niclit konvergieren. Wir wollen und konnen annelimen, dass der Nullpunkt niclit in S entlialten ist, da man eine NuUstelle der Ordnung m im Nullpunkt durcli Multiplikation mit z™ naclitraglicli erzwingen kann. Dies hat den Vorteil, dass man das unendliclie Produkt 00

/

nh

z

m„ := m .

«=i

betrachten kann, welches bessere Konvergenzchancen hat. Dieses Produkt konvergiert manchmal, z.B. fiir s^ = n^, m^ = 1, aber nicht immer, beispielsweise fiir s^ = n und m„ = 1. Nach W E I E R S T R A S S wird der Ansatz nun dahingehend modifiziert, dass man dem Produkt Faktoren hinzufiigt, die am Nullstellenverhalten nichts andern, aber die Konvergenz erzwingen. Ansatz. 00

/

/w:=n 1

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

214

Dabei sei P„{z) ein Polynom, das noch zu bestimmen ist. Wir niiissen zumindest dafiir Sorge tragen, dass fiir jedes z G C lim (1-—)™«e^"(")

1

gilt. Wir bemerken nun: In der offenen Kreisscheibe Uu |(0) gibt es eine analytische Funktion A^ mit der Eigenschaft 1

oAJz)

1 fur

^Gf/|,j(0)

und

MO) = 0Die Existenz von A^ ergibt sich unmittelbar aus II.2.9^. Diese Funktion ist natiirlich eindeutig bestimmt. Spater werden wir A^ explizit angeben. Die Potenzreihe von A^ in der Kreisscheibe U,,, ,{0) konvergiert in jedeni Kompaktum K C Ui^ |(0) gleichmai3ig. Bricht man die Potenzreihe an einer geeigneten Stelle ab, so erhalt man ein Polynom P^ mit der Eigenschaft 1

< -^ n^

s.

fiir alle z mit

\z\ < - \s^ ' ' 2 ^

Da die Reihe 1 + | + ^ + • • • konvergiert, erhalten wir: Die Reihe =n.{2)

ist normal konvergent, denn in der abgeschlossenen Kreisscheibe \z\ < R wird sie bis auf endlich viele Glieder (Ws^\ < R) durch die Reihe ^ -^ majorisiert. Die bisherigen Uberlegungen zeigen: 2.1 Weierstrafi'scher Produktsatz (1. Form) (K. WEIERSTRASS, 1876). Sei S C C eine diskrete Teilmenge. Ferner sei eine Abbildung m :S

N,

gegeben. Dann gibt es eine analytische

m„ Funktion

/ : C —>C mit den

Eigenschaften

a) S = N{f):= {zeC; f{z) = b) TTij, = ord(/; s) fiir alle s E S.

0}und

§2. Der Weierstrafi'sche Produktsatz

215

/ hat also genau in den vorgegebenen Stellen s e 5 Nullstellen vorgegebener Ordnung nig. f hat die Gestalt eines (endlichen oder unendlichen) Produkts, aus dem man Lage und Ordnung der Nullstellen von / ablesen kann. Wir sagen auch: / ist eine Losung der vorgegebenen Nullstellenverteilung Mit / ist dann natiirlich auch

{(s,mj,); s G S}.

F{z):=exp{h{z))f{z) eine Losung der Nullstellenverteilung, wobei /i : C —)• C eine beliebige ganze Funktion ist. Umgekehrt hat jede Losung F der Nullstellenverteilung diese Gestalt, denn g := F/f ist dann eine ganze Funktion ohne Nullstellen, daher existiert nach IL2.9 eine ganze Funktion h mit der Eigenschaft g = exp/i. Eine wichtige Anwendung des WEiERSTRASS'schen Produktsatzes ist 2.2 Satz. Jede in ganz C meromorphe Funktion ist als Quotient zweier ganzer Funktionen darstellbar. Mit anderen Worten: Der Korper M.{C) der in C meromorphen Funktionen ist der Quotientenkorper des Integritdtsbereiches C(C) der ganzen Funktionen. Beweis. Sei / G A1(C), / ^ 0, und S := S{f) sei die Polstellenmenge von / . Dann ist S diskret in C Sei m^, := — ord(/;5) die Polstellenordnung von / in s. Nach unseren Uberlegungen gibt es eine ganze Funktion h mit N{h) = S und ord(/i; s) = rUg. Die in C meromorphe Funktion g := fh besitzt daher nur hebbare Singularitaten und ist deshalb analytisch in C. Es gilt / = g/h. Die so konstruierten Funktionen g und h haben iibrigens keine gemeinsame Nullstelle. D P r a k t i s c h e K o n s t r u k t i o n von Weierstrafiprodukten Der obige Existenzbeweis fiilirt oft dazu, dass die Polynome P^ einen zu hohen Grad haben. Eine Verbesserung erhalt man durch die folgenden verfeinerten Uberlegungen: Zunachst bestimmt man die Potenzreihe A^. Eine einfache Rechnung zeigt

Man konstruiert das Polynom P^ durch Abbruch dieser Potenzreihe an einer geeigneten Stelle: Pni^) = ^'n"^

- ij-]

(fc„ e N geeignet) .

Fiihrt man die sogenannten WEiERSTRASS'schen Elenientarfaktoren Ej^ ein, E,{z):={l-z),

E,{z)

:= {l - z)e^p

(z + ^ + • • • + ^Y

fc

£ N,

216

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

so schreibt sich das unendliche Produkt in der Form

n U,{£} Fiir dieses unendliche Produkt (ein sogenanntes WEiERSTRASSprodukt) gibt es nun einen verbesserten Konvergenzbeweis, der genauere Bedingungen fiir die Wahl der Grade der Polynome P^ liefert. Dieser benutzt die beiden folgenden Hilfssatze: 2.3 Hilfssatz. Seien rn- > 0 und k > 0 zwei game Zahlen. 2\z\oo dass fiir alle n > HQ gilt: z -

I nI

OO ein rig G N , so

2

Daher ist fiir n > «„ kn+l

1 \

< m„ ( - 1 .2)

n-\-mji

< < (2)



Damit erhalt man eine zweite Form des WEIERSTRASS'schen Produktsatzes: 2.5 Satz. Wahlt man die Folge (k^) wie in 2.A, so konvergiert das

Weierstrafiprodukt

normal in C und definiert eine in C analytische Funktion f, deren Nullstellen genau in den Funkten Sj, s^, S3, • • • liegen und die vorgeschriehenen Ordnungen hahen. Die Funktion fo{z) := z"^" f{z) «m Nullpunkt.

hat zusdtzlich noch eine Nullstelle

Wir miissen lediglich noch zeigen, dass aus der Konvergenz von

der Ordnung rrig

§2. Der Weierstrafi'sche Produktsatz

217

n=l

fiir alle z £ C, die (normale) Konvergenz von OO

y

n= l

folgt. Es ist die (normale) Konvergenz von

n= l

zu beweisen. Sei R > 0 vorgegeben. Wir wahlen TV so groB, dass fiir n > N

K\ - 2 gilt. Da die Suinmanden einer konvergenten Reihe eine Nullfolge bilden, gilt — nacli eventueller Vergrofierung von N — 2m„ I I—r 1

< 1 fiir n > TV.

Aus Hilfssatz 2.3 folgt fiirn > TV und \z\ < R

-4t)'

\z\

< 4m„

kn+l

fcn+l

< 4:m„

Die normale Konvergenz ergibt sich nun aus Hilfssatz 2.4. Beispiele z u m Weierstrafi'schen

Produktsatz

Bei den folgenden Konvergenzbeweisen ist es bequem, den P r o d u k t s a t z in der feineren Form 2.5 zu verwenden. M a n kann darauf a b e r verzicliten, d a die Konvergenzbeweise in j e d e m Einzelfall selir einfacli direkt gefiilirt werden konnen. 1. Gesucht sei eine ganze F u n k t i o n / , deren NuUstellen genau in den Q u a d r a t e n ganzer Zalilen liegen u n d alle die O r d n u n g 1 h a b e n . D a Yl'^=i \'^' n^'^\ fiir alle z £ C konvergiert, kann m a n k^ = Q fiir alle n G N nehnien. D a h e r h a b e n wir eine Losung in

no-^)

i{'-)

«=i

2. Gesucht sei eine ganze F u n k t i o n / , deren NuUstellen genau in den ganzen Zahlen liegen u n d die O r d n u n g 1 h a b e n . W i r zahlen die ganzen Zahlen folgendermaBen ab: 0, s^ = 1, S2 -1, '0 Nach deni WEiERSTRASS'schen P r o d u k t s a t z ist

m

z

nh

n=l

z

z/ s^

218

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

eine Losung des Problems, denn die Reihe oo

^

E ist fiir jedes ^ G C konvergent. Es gilt 2N

'

' e^h.

T l = l

= z lira If I 1 J V ^ o o -'•-'• «=i OO /

\

Das letzte unendliclie Produkt konvergiert absolut! Eine andere Losung des Problems ist sinTrz. Die logaritlimisclien Ableitungen der beiden Losungen stimmen wegen der bekannten Partialbruchentwicklung des Kotangens (III.7.13) iiberein: ..

cos TTZ TT

=

sm -nz

TTCOt TTZ —

oo

2z

7z + ^—' E z^ — n^ ,

,

n=l

Die beiden Funktionen sind dalier bis auf einen konstanten Faktor identisch. Dividiert man sin nz durch z und voUzielit den Grenziibergang ^ —)• 0, so erlialt man fiir die Konstante den Wert TT. Damit liaben wir die Produktentwicklung von sin TTZ auf eine andere Art und Weise als in §1 gewonnen:

3. Seien w^, ^2 G C zwei komplexe Zalilen, die iiber M linear unabliangig sind. Sie liegen also niclit auf einer Geraden durcli den Nullpunkt. Man nennt L : = L{uj-^^,UJ2) : = ^w^ + Zwg

das von w^ und ^2 aufgespannte Gitter. Gesuclit ist eine ganze Funktion a : C —)• C, die genau in alien Gitterpunkten NuUstellen erster Ordnung be-

§2. Der Weierstrafi'sche Produktsatz

219

sitzt. Fiir A; G N sei

Diese Menge besitzt 8k Elemente, und es gilt L = IJfe^o-^fcdieser Zerlegung zahlen wir die Punkte von L wie folgt ab: •^0 =

0,

Si =

— U)-^ — UJ2,

SY

Wi,

S^

= UJ^+

UJ^,

53 =

^2,

S4 =

Entsprechend

- W i + UJ2, 55 =

-Wi,

^6

=

= —1^2' •^g ~ "^1 ~ ' ^ 2 ' •'9 ~ 2W]^, S^Q = 2uJ-^ + ^ ^ 2 ' • • • •

Die s„ sind dann zwar nicht nach wachsenden Betragen geordnet, aber es gilt lira |s„| = (X). •*—r— kd gilt. ,3

E

E E

• C gibt, deren Einschrankung auf 5* mit ft.g iibereinstimmt. Man kann sogar in jedein Punkt 8 endlich viele TAYLORkoeffizienten beliebig vorgeben (s. Aufgabe 5 des nachsten Abschnitts).

222

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

3. Der Partialbruchsatz von Mittag-Leffler Ersetzt man in 2.5 die Funktion / durch 1 / / , so erhalt man eine Funktion mit vorgegebenen Polen und Polordnungen. Aber es gilt ein viel scharferer Satz. Man kann nicht nur die Polordnungen vorsclireiben, sondern sogar die Hauptteile der LAURENTzerlegungen. 3.1 Partialbruchsatz von Mittag-Leffler (M. G. M I T T A G - L E F F L E R , 1877). Set S C C eine diskrete Menge. Jedem Punkt s E S set eine game Funktion

K-.c-^c,

/i,(o) = o,

zugeordnet. Dann existiert eine analytische f •C - S ^

Funktion C,

deren Hauptteil in s E S durch h^ gegeben wird, d. h.

hat in z = s eine hebbare Singularitdt. Wenn die Menge S endlicli ist, so ist

ses

eine Losung des Problems. Im allgemeinen wird diese Reilie niclit konvergieren. Man kann aber — alinlicli wie bei den WEiERSTRASSprodukten — konvergenzerzeugende Summanden einfiiliren. Sei also S eine unendliclie diskrete Menge. Wir numerieren die singularen Stellen durch und ordnen nach wachsenden Betragen an: ^ ~ I'^O' • ' l ; •^25 • • • } ;

Pol S P i I S P2I S • • •

Jede der Funktionen

ist in der Kreisscheibe 1^1 ^ P«l analytisch und daher in eine Potenzreihe entwickelbar. Indem man diese Potenzreihe abbricht, erhalt man ein Polynom P^^ mit folgender Eigenschaft: Die Reihe 00

r

n=N ^

..

§3. Der Partialbruchsatz von Mittag-Lefller

223

konvergiert im Bereich \z\ < | s ^ | normal. Man bestimme beispielsweise P„ so, dass

(jh:)

1 < — n^

PJz]

1, \z\ < - \s

fiir

1 1 -

2 1

gilt. 1st die obige Eigenschaft erfiillt, so wird durch die Reihe I

ex:

/w

PJz)

eine im Bereich C — 5 analytische Funktion mit dem gewiinschten singularen Verhalten definiert. Eine auf diese Weise gewonnene Reihe nennen wir eine Mittag-Lejfler'sche Partialbruchreihe. Man sagt auch: / ist eine Losung der gegebenen

Hauptteilverteilung.

1st / eine Losung der gegebenen Hauptteilverteilung, so ist fo '•= f + g,

g eine ganze Funktion,

die allgemeine Losung der gegebenen Hauptteilverteilung. Sind namlich /g und / beides Losungen der gegebenen Hauptteilverteilung, dann haben sie die gleichen Singularitaten, und die jeweihgen Hauptteile stimmen iiberein. Daher ist die Differenz f^ — f ='• g eine ganze Funktion. Umgekehrt andert die Addition einer ganzen Funktion nichts an den Singularitaten und Hauptteilen. Beispiele. 1. Partialbruchentwicklung

von

. SlUTTZ

Wir benotigen eine Funktion mit der Singularitatenmenge 5 = Z. Der Hauptteil an der Stelle z = n soil

f-D" sein. Die Potenzreihenentwicklung dieser Funktion lautet i«+i

-1)"

z

z

n

n^

1+ - + ^ +

z—n

n

\

Wir brechen an der nullten Stelle ab. Im Bereich \z\ < r, r > 0, gilt -l)"+i

-1)

n


2r.

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

224

ist also eine MiTTAG-LEFFLER'sche Partialbruchreihe. Fasst man die Terme zu n und —n zusammen, so erhalt man 1

1 z—n

M^) = 7 + E(-i) Behauptung.

1 z+ n

Es gilt TT

1

S m TTZ

Z

+ E(-i)

+

«=1

z—n

z+ n

Beweis. Man folgert dies leiclit aus der Partialbruclientwicklung des Kotangens III.7.13 unter Verwendung von 1

z = cot

cot z. smz 2 Einen direkten Beweis mit Hilfe des Satzes von LIOUVILLE moge sicli der Leser als (niclit ganz einfaclie) Ubungsaufgabe iiberlegen. 2. Die P-Funktion hat die Polstellenmenge S = {—n; n G Ng}. In jedem Punkt z E S hat r einen Pol erster Ordnung mit dem Residuum Res(-r; —n) = ' / . Also lauten die Hauptteile 1

_ (-1)" 1 n! z + n

h„ " \z + nJ Daher ist

-1)" 1 n! z + n

g{z):=r{z)-Y^ n=0

eine ganze Funktion. gesichert.

Die Konvergenz ist wegen des Faktors n! im Nenner

Die ganze Funktion g lasst sich bestimmen: Es gilt oo

g{z) = j

e-^e-^dt.

1

Dies zeigt man, indem man in dem Integral 1

0

oo

1

die Funktion e^* in eine Potenzreihe entwickelt und anschlieBend Summation

§3. Der Partialbruchsatz von Mittag-Lefller

225

und Integration vertauscht. Dieses Verfahren liefert iibrigens einen neuen Beweis fiir die analytische Fortsetzbarkeit der P-Funktion. Die P-Funktion besitzt also die Zerlegung von E. F .

m = E n!-1) n=0

1 + z+ n

PRYM

(1876)

/ t'-^'e^' (it

3. Wir konimen nochmals auf die WElERSTRASS'sche p-Funktion zuriick (vgl. § 2 Beispiel 3.) Gesucht ist eine meromorphe Funktion, die in den Punkten des Gitters L Pole zweiter Ordnung mit dem Residuum 0 und folgenden Hauptteilen hat:

K

z — s^

[z — s^

Fiir n > 1 ist 1

1

1

.Z-SnJ

Si{l-Z/Sj^

1

z

z

S^

S-

SI

und es geniigt, fiir Pn{z) = l / s ^ zu nelimen. Dann ist namlicli 1 K ( z^ - ^s^1

-PJz)

1

2zs„ - z^

{^-Snf

Sei R > 0 eine feste positive Zalil. Fiir fast alle n ist \s^\ > 2R. Fiir diese n und fiir |^| < i? gilt 1

PJz]

z — s^ Da die Reilie ^ \s^\


(-1) = 1 4 Z^^ ^ 2n + l 4.

1 3

1 5

.

7

Man bestimme eine in C meromorphe Funktion / , die in der Menge 5' = {V^;

nGN}

einfache Polstellen mit Res(/; \/n) = \fn hat und in C — S analytisch ist. 5.

Man beweise folgende Verscharfung des Satzes von MITTAG-LEEELER, den sogenannten AnschwAegungssatz von Mittag-Lefjier. Sei 5* C C eine diskrete Teilmenge. Man kann eine analytische Funktion / : C — 5* ^ C konstruieren, wobei man fiir jeden Punkt s £ S nicht nur die Hauptteile, sondern aufierdem noch endlich viele weitere LAURENTkoefRzienten zu nicht negativen Indizes vorgeben kann. Anleitung. Man betrachte ein geeignetes Produkt einer Partialbruchreihe und eines WEiERSTRASSprodukts.

§4. Der kleine Rieinann'sche Abbildungssatz

227

4. Der kleine Riemann'sche Abbildungssatz Der kleine Riemann'sche Abbildungssatz besagt, dass jedes von der ganzen Ebene C verschiedene Elementargebiet niit der Einheitskreisscheibe E konfomi aquivalent ist. Wie der Name andeutet, ist er ein Spezialfall des grofien Riemann'schen Ahbildungssatzes, welcher besagt, dass jede einfach zusammenhangende RiEMANN'sche Flache konfomi aquivalent ist zur Einheitskreisscheibe, zur Ebene oder zur Zahlkugel. Wir werden den grofien RiEMANN'schen Abbildungssatz ini zweiten Band beweisen und dort auf seine Geschichte eingehen. Schon in Kapitel 1.5 h a t t e n wir den Begriff der konformen Abbildung eingefiihrt u n d uns niit einigen elenientaren geonietrischen A s p e k t e n dieses Begriffs beschaftigt. W i r prazisieren noch einmal die Definition des Begriffs der (im GroBen) konformen Abbildung zwischen offenen Mengen D,D' c C 4 . 1 D e f i n i t i o n . Eine

Abbildung ip:D

zwischen offenen Teilen der komplexen Bedingungen erfullt sind:

—> D' Ebene heiflt konform,

falls

folgende

a) Lf ist bijektiv, b) (fi ist analytisch, c) (fi^^ ist analytisch. Anstelle von c) kann m a n natiirlich auch fordern, dass die Ableitung von cp nirgends verschwindet. Bemerkenswerterweise ist die d r i t t e B e d i n g u n g autoniatisch erfiillt: 4 . 2 B e m e r k u n g . In 4.1 ist c) eine Folge von a) und, b). Beweis. Aus dem Satz von der Gebietstreue III.3.3 folgt, dass '^{D) offen ist. D a h e r ist (yS^^ stetig. (Das Urbild einer offenen Menge U G D u n t e r (p^^ ist genau das Bild '^^(C/).) Nach d e m Satz fiir implizite F u n k t i o n e n 1.5.7 ist ip^^ sicherlich aufierhalb der Menge aller w = (p{z), ip'{z) = 0, analytisch. Diese Menge ist das Bild einer diskreten Menge u n t e r der topologischen A b b i l d u n g (p u n d d a m i t selbst diskret. Die B e h a u p t u n g folgt n u n beispielsweise aus d e m RiEMANN'schen Hebbarkeitssatz (III.4.2). D W i r n e n n e n zwei Gebiete D u n d D' konform aquivalent, wenn eine konforme A b b i l d u n g (p : D ^ D' existiert. Dies ist offenbar eine Aquivalenzrelation auf der Menge aller Teilgebiete von C . W i r erinnern noch einmal (II.2.12): 4.3 B e m e r k u n g . biet ist selbst ein

Jedes mit einem Elementargebiet Elementargebiet.

konform

dquivalente

Ge-

228

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

4.4 Bemerkung. Die beiden

Elementargebiete

C sind nicht konform

und

E = {zeC;

\z\ < 1}

dquivalent.

Beweis. Da E beschrankt ist ist, ist jede analytische Funktion ip : C ^ ¥< nach D dem Satz von LIOUVILLE konstant. C und E sind jedoch topologisch dquivalent (homoomorph), wie man niittels der Abbildungen z l+\z\' w E —). C, w 1 i r ' 1 — \w\ erkennt. Dieses Beispiel zeigt, dass die notwendige topologische Aquivalenz zweier Gebiete fiir die konforme Aquivalenz nicht hinreichend ist. Ein Hauptproblem der Theorie der konformen Abbildungen bestelit in der Beantwortung der folgenden Fragen: 1) Wann gelioren zwei Gebiete D,D' c C zur gleiclien Aquivalenzklasse? 2) Auf wieviel verscliiedene Weisen lassen sicli zwei Gebiete einer Klasse aufeinander konform abbilden? Die zweite Frage ist gleiclibedeutend mit der Bestimmung der Gruppe der konformen Selbstabbildungen eines festen Gebietes Dg einer Klasse. Man iiberlegt sicli leiclit, dass Aut(D) := {tf : D ^ D]

(p konform }

eine Gruppe beziiglicli der Hintereinanderausfiilirung von Abbildungen als Verkniipfung ist. Sind namlicli (p,il> : DQ —^ D^ zwei konforme Abbildungen von DQ auf ein anderes Gebiet D^ der Klasse von DQ, SO ist i'^'^p eine konforme Abbildung von DQ auf sicli selbst. Die erste Aufgabe beinlialtet die Aufstellung einer Liste von Normgebieten, so dass 1) jedes Gebiet zu einem Normgebiet konform Equivalent ist und 2) zwei verscliiedene Normgebiete nicht konform Equivalent sind. Wir wollen uns hier ganz auf Elementargebiete beschranken. Die Normgebiete sind hier die komplexe Ebene und der Einheitskreis. (Der allgemeine Fall ist schwieriger, vgl. [Sp] oder [Ga].) 4.5 Theorem (Riemann'scher Abbildungssatz, B. RiEMANN, 1851). Jedes von der komplexen Ebene verschiedene nichtleere Elementargebiet D C C ist zur Einheitskreisscheibe E konform dquivalent.

§4. Der kleine Rieinann'sche Abbildungssatz

229

Der Beweis erfolgt in drei Teilen. Der erste Teil besteht darin, das gegebene Elementargebiet konform auf ein Teilgebiet des Einheitskreises abzubilden, das den NuUpunkt enthalt. Dies geschieht in den Schritten 1) und 2). Im zweiten Teil wird der Abbildungssatz auf ein Extrenialproblem zuriickgefiilirt (Scliritt 2) und 3)). Der Rest des Beweises (Scliritt 4) bis 7)) besteht in der Losung des Extrenialproblems. 1. Schritt. Zu jedeni Elenientargebiet D c C, D ^ C, existiert ein konform aquivalentes Gebiet D^ c C, so dass im Komplement C — D^ eine voile Kreissclieibe entlialten ist: Nacli Voraussetzung existiert ein Punkt 6 G C, 6 ^ D. Die Funktion f{z) = ^ — 6 ist in dem Gebiet D analytiscli und nullstellenfrei. Sie besitzt dalier eine analytische Quadratwurzel (II.2.9^) g:D

C,

g^z)

=

z-b.

g^{zi)=g^{z2)

=^

Offenbar ist g injektiv: 9izi) = giz2) =^

^1 = ^2

und definiert dalier eine konforme Abbildung auf ein Gebiet D^ = g{D). Der Beweis der Injektivitat zeigt melir: Aucli aus g{z-^) = —(7(^2) folgt z-y = z^Mit anderen Worten: Wenn ein von 0 verschiedener Punkt w in D^ enthalten ist, so ist —w nicht in Dy enthalten. Da Dy offen und niclit leer ist, existiert eine Kreissclieibe, welclie den NuUpunkt niclit enthalt und ganz in D^ enthalten ist. Die am Nullpunkt gespiegelte Kreisscheibe liegt im Komplement von D^.

Der erste Schritt lasst sich am Beispiel der geschlitzten Ebene C_ verdeutlichen. Man nimmt 6 = 0 und fiir g den Hauptzweig der Wurzel. Dieser bildet C_ konform auf die rechte Halbebene ab. 2. Schritt. Zu jedem Elementargebiet D c C, D ^ C, existiert ein konform aquivalentes Gebiet Dg ™it 0 G Dg C E.

230

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

Im Hinblick auf den ersten Schritt konnen wir annehmen, dass eine voile Kreissclieibe C/^(a) im Komplement von D entlialten ist (Wir diirfen D durcli D^ ersetzen). Die Abbildung 1 z—a bildet D konforni auf ein beschrdnktes Gebiet D[ ab wegen 1 1 -. r< - . jz — a| r Durcli eine geeignete Translation z i-^ z+a erlialt man ein konform aquivalentes Gebiet, welches den Nullpunkt entlialt. Nacli einer geeigneten „Sclirumpfung" z ^ D =^

\z — a\ > r =^

Z I

> QZ,

Q >

0,

ist das Bildgebiet D2 sogar in der Einlieitskreissclieibe E entlialten.

D

Nacli dieser „Aufbereitung des Problems" kommt der eigentliclie Beweis des Abbildungssatzes. Zu seinem besseren Verstandnis scliicken wir einen Hilfssatz voraus: 3. Schritt. 4.6 Hilfssatz. Sei D ein Elementargebiet, 0 G D C E. Wenn D in E echt enthalten ist, existiert eine injektive analytische Abbildung lA : D —)• E mit den Eigenschaften a) V(0) = 0 und b) |^'(0)| > 1. Im Falle D = E ist dies nacli dem ScHWARz'sclien Lemma (III.3.7) falscli! Beweis. Wir walilen einen Punkt a & E, a ^ D. Wir wissen (III.3.9), dass die Abbildung h{z) =

az — 1 den Einlieitskreis konform auf sicli abbildet. Die Funktion h hat in D keine NullsteUe. Wegen II.2.9^ besitzt sie eine analytische Quadratwurzel

§4. Der kleine Rieinann'sche Abbildungssatz

231

H -.D —^ C mit H{zf

= h{z).

Diese Funktion bildet D injektiv in den Einheitskreis ab. Nochmalige Anwendung von III.3.9 ergibt, dass auch die Funktion H{0)H{z)

- 1

das Gebiet D injektiv in E abbildet. Offensichtlich gilt V'(O) = 0. Wir miissen noch die Ableitung ini Nullpunkt berechnen. Fine einfache Rechnung zeigt V' V

^'

|F(0)|'-r

hat H^{. ^

z — a =^ az — I

2H{{))-H'{{)) = \af

-I.

er gilt |iy(0)|^ = |a| =^

|i7(0)| = vlof-

it findet man

l^'(o)l = -

\H'{0)\ \H{0)f

-I

|a|^-l

1

|a| + l

2- y|af

|a| - 1

2- ,J\a\

> 1.

D

Fine unmittelbare Folgerung aus deni Hilfssatz besagt: Sei D ein Elementargebiet, 0 G D C E. Unter alien injektiven analytischen Abbildungen (/? : D —^ E mit der Eigenschaft Lp{0) = 0 existiere eine mit maximalem \(p'{0)\. Dann ist ip surjektiv. Insbesondere sind dann D und E konform dquivalent. Ware nanilicli (p niclit surjektiv, so existierte auf Grund von Hilfssatz 4.6 — angewendet auf das Flenientargebiet ip{D) — eine injektive analytisclie Abbildung tJj:ifi{D)^E, tjj{0)=0, mit der Figenschaft |^'(0)| > 1. Man hatte dann |(Vov.)'(0)|>|^'(0)| im Widersprucli zur Maximalitat von |(y9'(0)|.

D

Damit ist der RiEMANN'sche Abbildungssatz auf ein Extremalproblem zuriickgefiilirt: Sei D ein beschrdnktes Gebiet, welches den Nullpunkt enthdlt. Existiert in der Menge aller injektiven analytischen Abbildungen (p : D ^ E, Lp{0) = 0, eine mit maximalem \(p'{0)\?

232

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

In den restlichen Beweisschritten werden wir zeigen, dass die Antwort auf dieses Extremalproblem stets positiv ist. Dabei muss nicht vorausgesetzt werden, dass D ein Elementargebiet ist. 4- Schritt. Sei D ein beschranktes Gebiet, welches den Nullpunkt enthalt. Wir bezeichnen mit A4 die (nichtleere) Menge aller injektiven analytischen Funktionen (p : D —> E mit (p{0) = 0 und mit M := sup{ \(p'{0)\ ; (fi E M}

[M = oo ist zugelassen) .

Wir wahlen eine Folge 1}. Kann es eine konforme Abbildung von D auf die punktierte Ebene C* geben? 2. Die beiden Ringgebiete r^ 0-

R e z > 0} und «o := V 2 - 1 , so wird durch ip{z)

z'^ +

2z-l

«2 - 2z - 1 die nach 7. eindeutig bestimmte konforme Abbildung 99 : D ^ E mit I^^ZQ) = 0 und 95'(^o) > 0 definiert. Man zeige, dass sich 93 zu einer topologischen Abbildung von _D —>• E fortsetzen lafit. (Im Allgemeinen ist die Fortsetzung auf den Rand ein schwieriges Problem, s. z.B. [Po].) 9. Sei -D C C ein Elementargebiet und / : D —>• E eine konforme Abbildung. Ist iyZ^) eine Folge in D mit lim^_j.^ 2;^ = r G (3-D, so konvergiert {\f{z^)\) gegen 1. Man zeige an einem Beispiel, dafi die Konvergenz der Folge [z^) gegen einen Randpunkt von D i. a. nicht die Konvergenz der Bildfolge {f{z^)) gegen einen Randpunkt von E zur Folge hat. 10. Sei D = {zeC;

lmz>0}-

{z = iy;

0 < j / < 1}.

a) Man bilde D konform auf die obere Halbebene H ab. b) Man bilde D konform auf E ab. 11. Die allgemeinste konforme Abbildung / : EI —>• E ist vom Typ z I—> e'^ ^ ^ mit A G H, .^ G R. z —X Im Spezialfall (p = 0, A = i, spricht man von der CAYLEYabbildung.

Anhang A. Die Homotopieversion des Cauchy'schen Integralsatzes

237

Anhang A. Die Homotopieversion des Cauchy'schen Integralsatzes Wir wollen zeigen, dass der Begriff „Elementargebiet" topologischer Natur ist. 1st also ip:D —>D'; D, D' c C Gebiete, eine topologisclie Abbildung und D ein Elementargebiet, so ist aucli D' ein Elementargebiet. In dieseni Ralinien ist es niclit angemessen, sicli auf stiickweise glatte Kurven zu bescliranken; wir wollen dalier kurz zeigen, dass man analytische Funktionen aucli langs beliebiger (stetiger) Kurven integrieren kann. A l Hilfssatz. Sei a : [a, b] —> D,

D c C

offen,

eine (stetige) Kurve. Dann existieren eine Unterteilung a=

UQ

< tti < • • • < a„ = 6

und ein r > 0 mit der Eigenschaft Uj.{^a{a^)) C D und " ( K > a , . + i ] ) C C/r(a(a^)) n[/^(a(a^_^i)) C £> fiir Zusatz. Sei / : D —)• C eine Funktion. Die Zahl It

±

0 < v < n.

analytische a(b)

n

hdngt nicht von der Wahl der Unterteilung ab (integriert wird jeweils iiber die Verbindungsstrecke). Wenn a stiickweise glatt ist, stimmt obige Summe mit dem Kurvenintegral J /(C) d^ iiberein. Wenn a nur stetig, also niclit notwendig stiickweise glatt ist, so definieren wir das Kurvenintegral durcli obige Summe. Der Beweis von Hilfssatz Al folgt unmittelbar aus (A) und (B): (A) der Existenz einer LEBESGUE'sclien Zalil, (s. §4): Ist if C -D eine kompakte Menge in einer offenen Menge D c M", so existiert ein e > 0, so dass xe K ^

U^{x) C D.

(B) dem Satz von der gleichmdfiigen Stetigkeit: Zu jedem e > 0 existiert ein (5 > 0 mit x,y & [a,b] und

|x — ?/| < 6 =^

\a{x) — a{y)\ < s.

D

238

Kapitel IV. Konstruktion analytischer Funktionen

Wir betrachten nun stetige Abbildungen H -.Q —> D,

Dec

offen,

des Quadrats Q = {zeC]

0 < x , 2 / < 1} = [0,1] X [0,1]

in offene Mengen D c C Das Bild des Randes von Q kann man als eine geschlossene Kurve auffassen:

a^{t) = H{t,0)

fur

0 < i < 1,

a^{t) = H{l,t-\)

fiir

1 < t < 2,

a^{t) = H{i-t,l)

fiir

2 < i < 3,

a^{t) = H{0,4-t)

fiir

3• C analytisch und sind a und /3 zwei in D homologe Systeme geschlossener Kurven, dann gilt

f^Jf a

13

= E//(Odc). /3„

(vergl. auch die Folgerung B5). 5. Sei G die im Hilfssatz BSj definierte Funktion. Man zeige, dass G analytisch ist, indem man nachweist, dass G stetig ist, und dann den Satz von M O R E R A anwendet. 6. Man fiihre die im Beweis des Aquivalenzsatzes CI angedeuteten Beweisschritte im Detail aus.

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Historischer Ausgangspunkt der Theorie der elliptischen Funktionen waren elliptische Integrate, die ihren Namen daher erhielten, dass sie u. a. bei der Berechnung der Lange von Ellipsenbogen aufgetreten sind. Bereits seit 1718 (G. C. FAGNANO) wurde ein spezielles elliptisches Integral X

E{.

^



^*

0

detailliert untersucht. Dieses stellt im Interval! ]0,1[ eine streng monoton wachsende Funktion dar. Man kann daher die Umkehrfunktion / betrachten. Nacli einem Satz von N. H. (1827) besitzt die Funktion / eine Fortsetzung als meromorphe Funktion in die gesamte komplexe Ebene. Neben einer offensichtlichen reellen Periode entdeckte ABEL eine verborgene komplexe Periode. Die Funktion / erwies sich also als doppelt periodisch. Man nennt heute allgemein in der Ebene meromorphe Funktionen mit zwei unabhangigen Perioden auch elliptische Funktionen. Es stellte sich dann heraus, dass viele der iiber das elliptische Integral bekannten Satze — wie z. B. das beriihmte Euler'sche Additionstheorem fur elliptische Integrale — sich iiberraschend einfach aus funktionentheoretischen Eigenschaften der elliptischen Funktionen ableiten lassen. Dies fiihrte K. W E I E R S T R A S S dazu, den Spiefi umzukehren. In seinen Vorlesungen im Wintersemester 1862/1863 gab er eine rein funktionentheoretische Einfiihrung in die Theorie der elliptischen Funktionen. Im Mittelpunkt seines Aufbaus steht eine spezielle elliptische Funktion, die p-Funktion. Sie geniigt einer Differentialgleichung, aus welcher hervorgeht, dass die Umkehrung der p-Funktion ein elliptisches Integral ist. Die Theorie der elliptischen Integrale erscheint somit am Ende des Aufbaus der elliptischen Funktionen als Nebenprodukt. Die WEiERSTRASS'sche p-Funktion haben wir schon als Beispiel fiir eine M I T T A G LEFFLER'sche Partialbruchreihe kennengelernt, allerdings ohne ihre Doppelperiodizitat nachzuweisen. Wir werden zeigen, dass man aus der p-Funktion alle anderen elliptischen Funktionen in konstruktiver Weise gewinnen kann. Der historisch altere Zugang zur Theorie der elliptischen Funktionen ( A B E L (1827/1828), JACOBI (ab 1828)) fiihrte nicht iiber die p-Funktion, sondern iiber sogenannte Thetafunktionen. Im Zusammenhang mit dem ABEL'schen Theorem, welches die moglichen Null- und Polstellenverteilungen elliptischer Funktionen beschreibt, werden wir am Ende von §6 dieses Kapitels auch diesen Zugang streifen.

256

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Funktionen mit zwei unabhangigen Perioden oij und oij konnen auch als Funktionen auf der Faktorgruppe C / L , L = Zwj + Zwj, aufgefasst werden. Diese Faktorgruppe kann man geometrisch dadurch realisieren, dass man in der Grundmasche {tjWi +t^u)^;

0 < t i , t 2 < 1}

gegeniiberliegende Kanten verheftet. Man erhalt einen Torus. Zwei Tori sind stets topologisch aquivalent. Sie sind jedoch nur dann konform aquivalent, wenn die zugehorigen Gitter durch eine Drehstreckung auseinander hervorgehen. In solch einem Fall nennt man dann die beiden Gitter aquivalent. Das Studium der Aquivalenzklassen fiihrt in die Theorie der Modulfunktionen, deren Studium am Ende dieses Kapitels begonnen und im folgenden Kapitel systematisch weitergefiihrt wird.

1. Die Liouville'schen Satze W i r erinnern (vgl. den Anliang zu §4 u n d §5 von Kapitel III) an den Begriff der meromorphen F u n k t i o n auf einem offenen Teil D c C Eine solche F u n k t i o n ist eine A b b i l d u n g f -.D ^ , C = CU{oo} mit folgenden Eigenscliaften: a) Die Menge der Unendlichkeitsstellen

S = f-\^)

= {a e D;

/(a) =00}

ist diskret in D (d. li. S h a t keinen H a u f u n g s p u n k t in D). b) Die Einsclirankung

foiz)=fiz)

fiir

zeD,

z^S,

ist analytiscli. c) Die Unendlichkeitsstellen von / sind Pole von / Q . W i r erinnern als nachstes d a r a n , wie die S u m m e zweier m e r o m o r p h e r Funktionen / u n d g erklart ist. Zunachst kann m a n die analytische F u n k t i o n f{z)+g{z)

auf

C-{SUT),

5 = /-i(oo),

T =

g-'{^).

b e t r a c h t e n . Diese h a t in S UT nur auBerwesenthche (moglicherweise h e b b a r e ) Singularitaten. W i r setzen {f +

g){a):=lim{f{z)+g{z)) ( : = cx), falls a ein Pol von f{z)

u n d erhalten so eine m e r o m o r p h e F u n k t i o n

+ g{z) ist)

§1. Die Liouville'schen Satze

257

Ahnlich definiert man das Produkt / • g und den Quotienten f/g, wobei im letzten Fall vorauszusetzen ist, dass die Menge der Nullstellen von g diskret ist. Wenn D ein Gebiet ist, so bedeutet dies gerade, dass g niclit identiscli verscliwindet. Es folgt: Die Menge der meromorphen Funktionen auf einem Gebiet D c C hildet mit den angegebenen Verknupfungen einen Korper. Elliptische Funktionen sind doppelt periodisclie meromorplie Funktionen auf

1.1 Definition. Fine Teilmenge i C C heifit Gitter, > wenn es zwei W.-linear unabhdngige „Vektoren" w^ und u)2 in C gibt, so dass L

lu-y + T,oj2 = {mu-y + nu)2]

'm^n^T,}

gilt. [Anmerkung. Zwei komplexe Zalilen sind genau dann M-linear unabliangig, wenn beide von 0 verscliieden sind und ilir Quotient niclit reell ist.)

1.2 Definition. Fine elliptische Funktion zum Gitter L ist eine meromorphe Funktion / : C ^ C = CU{cx)} mit der Figenschaft f{z + uj) = f{z)

fur

uj E L und z E C.

Es geniigt, dies nur fiir die Erzeugenden w^ und Wg von L zu fordern: f{z + u;,)=f{z+U2)

= f{z).

*) Diese „ad-hoc-Definition" wird im Anliang durch eine invariante Definition ersetzt werden.

Kapitel V. Elliptische Funktionen

258

Man nennt daher elliptische Funktionen aucli doppelt periodisch. Die Menge V der Polstellen einer elliptisclien Funktion ist selbst „ periodisch", a + uj &V fiir uj ^ L. aeV Dasselbe gilt natiirlich auch fiir die Menge der NuUstellen. J. LiouviLLE bewies 1847 in seinen Vorlesungen die folgenden drei grundlegenden Satze iiber elhptische Funktionen. 1.3 Erster Liouville'scher Satz (J. LiouviLLE, 1847). Funktion ohne Polstellen ist konstant.

Jede elliptische

Beweis. Man nennt die Punktmenge T = T{uj-^T^2)

{t^UJ^ + 2^2' t

0 2, wei-{o} konvergiert. Beweis. Sei L = liuj-^ + ZwgWegen 2.1 geniigt es zu zeigen, dass es eine nur von w^ und Wg abliangige Konstante ^ > 0 mit der Eigenscliaft \muji+nuj2\

>(5(m^+n^)

gibt. Wir zeigen allgemein, dass die Funktion f^^^y)

= t^^l+y^^ x^ + y^

(x,2/)eK^-{(0,0)},

ein positives Minimum besitzt. Da / liomogen ist, brauclit man dies nur auf der Kreislinie S':={ix,y)eR'; x^ + y^ = 1} zu zeigen. Diese ist kompakt, und dalier hat jede stetige Funktion auf ilir ein Minimum. Da / nur positive Werte annimmt, muss aucli das Minimum positiv sein. D Man verdankt K. W E I E R S T R A S S eine Modifikation des urspriingliclien Ansatzes. Durcli Einfiilirung konvergenzerzeugender Summanden wird die Konvergenz erzwungen.

Kapitel V. Elliptische Funktionen

268

2.3 Hilfssatz. Sei M c L — {0} erne Menge von Gitterpunkten. 1

E wSM

Die Reihe

1

konvergiert in C — M normal und stellt dort eine analytische Funktion dm: Beweis. Es gilt 1

1 {z-cof

\z\ \z — 2uj\ I

UJ^

|2~i

a

\uj\ \z — uj\ Die Zahl uj kommt im Zahler in der ersten u n d ini Nenner in der vierten P o t e n z vor. M a n folgert hieraus leicht: Sei K = U^{Q) die abgeschlossene 1

Kreisscheibe

1




vom Radius r um 0. Dann

fur

I2r\uj\

gilt

z E K

2r).

Hilfssatz 2.3 ist eine u n m i t t e l b a r e Folge liiervon u n d von 2.2. 2.4 D e f i n i t i o n ( K . W E I E R S T R A S S , 1 8 6 2 / 6 3 ) . Die

p{z; L) = p{z) =-^ +

Yl wei-{o}

{z — ujy

durch

up-

fur

z^L,

p{z) = 00 fiir z E L, definierte Funktion heifit Weierstraj3'sche

p-Funktion*)

zum Gitter L.

Aus den bislierigen Uberlegungen sclilieBen wir: 2.5 Satz. Die Weierstrafi'sche p-Funktion zum Gitter L ist (in ganz C) meromorph. Sie hat Pole zweiter Ordnung in den Gitterpunkten und ist aufierhalb von L analytisch. Die p-Funktion ist gerade, d. h. Piz) = Ihre Laurententwicklung

p{-z).

um ZQ = 0 ist von der Form

p{z) = 1/z'^ + ttg^^ + a^z"^ + • • •

( also OQ = 0).

Neben der p-Funktion spielt auch ihre Ableitung eine groBe Rolle. Aus 2.3 und 2.5 folgt Diese Reihe findet sich aUerdings schon 1847 bei G. EISENSTEIN [Eis], s. auch [We]

§2. Die Weierstrafi'sche p-Funktion 2.6 Hilfssatz. Die Ableitung der

269 p-Funktion

hat Pole drifter Ordnung in den Gitterpunkten und ist aufierhalb von L analytisch. Sie stellt eine ungerade Funktion dar, d. h. p'{-z)

=

-p'{z).

2.7 Satz. Die Weierstrafi'sche p-Funktion ist eine elliptische Funktion der Ordnung 2. Ihre Ableitung ist eine elliptische Funktion der Ordnung 3. Beweis. Die Ableitung der p-Funktion ist elliptisch, denn es gilt fiir Wg e i

da mit oj aucli oj —OJQ alle Gitterpunkte durclilauft. (Fiir die p-Funktion selbst kann man wegen der konvergenzerzeugenden Summanden so niclit sclilieBen!) Es folgt, dass die Funktion p{z + u)f^) - p{z)

fiir

Wg e £

konstant ist, da ilire Ableitung verscliwindet. Wir zeigen, dass diese Konstante verscliwindet, und konnen dabei annelimen, dass WQ eines der beiden Basiselemente ist. Dann ist ^Wg niclit in L entlialten. Wir setzen speziell z = — ^WQ und erlialten fiir den Wert der Konstanten

da p eine gerade Funktion ist. Damit ist die Elliptizitat von p bewiesen.

D

Wir bestimmen die NuUstellen von p'. 2.8 Hilfssatz (Invariante Kennzeichnung der NuUstellen von p ' ) . Fin Punkt a E C ist genau dann eine Nullstelle von p', falls a ^ L ,

2a E L,

gilt. Es gibt genau drei NuUstellen auf dem Periodentorus NuUstellen sind einfach.

C/L.

Alle drei

Beweis. Wenn a die angegebene Eigenscliaft {a ^ L, 2a E L) hat, so gilt

270

Kapitel V. Elliptische Funktionen p'{a) = p'{a — 2a) = p'{—a) = —p'{a)

t

t

2a & L

p' ungerade

und daher p'{a) = 0. Wir haben somit drei Nullstellen von p' gefunden, denn die Punkte —!- , -^ und — 2 ' 2 2 sind modulo L paarweise verschieden. Nach deni dritten LiouviLLE'schen Satz kann es keine weitere Nullstelle geben. Aus demselben Grund kann keine dieser Nullstellen melirfaclie Nullstelle sein. D Bezeichnung.

ei:=p(YJ,

e2:=p(yj,

e, := p ^-^^

j.

2.9 Bemerkung. Die sogenannten „Halbwerte" der p-Funktion

sind paarweise verschieden und hdngen — abgesehen von der Reihenfolge — nur vom Gitter L, nicht jedoch von der Wahl der Basis uji, ^2 ab. Beweis. Wir nelinien einnial an, es gelte e^ = 62- Dann wird der Wert b = e^ = 62 niindestens viermal angenomnien, nanilicli niindestens zweifacli an den Stellen ^ und ^ ( beachte p' ('^) = o). Diese sind modulo L paarweise inaquivalent. Die p-Funktion hat jedocli die Ordnung 2 und kann dalier nur zwei 6-Stellen besitzen! Die Eindeutigkeit von 6^,62,63 bis auf die Reihenfolge ergibt sich aus der invarianten Kennzeichnung 2.8. (Man beachte, dass die Gitterbasis nicht eindeutig bestimmt ist. Mit LO-^^LO^ ist beispielsweise auch LO-^^LO^ + W I eine Gitterbasis.) D 2.10 Satz. Seien z und w zwei beliebige Punkte aus C. Es gilt p{z) = p{w) genau dann, wenn z = w mod L oder z = —w mod L.

§2. Die Weierstrafi'sche p-Funktion

271

Beweis. Die F u n k t i o n z \-^ p{z) — p{w) ist bei festem w eine elliptische F u n k t i o n in z der O r d n u n g 2 u n d h a t also i n o d L genau zwei Nullstellen. Diese sind offenbar z = w u n d z = —w. (Im Falle w = —w m o d L h a t m a n eine doppelte NuUstehe, sonst zwei einfache NuUstehen.) D D a m i t ist das Abbildungsverhalten

der p - F u n k t i o n

P

C / rL

weitgehend geklart. Es liegen vier Verzweigungspunkte in C vor, n a m h c h e^, 63, 63 u n d cx). Diese h a b e n jeweils genau einen U r b i l d p u n k t in C/L. Ahe a n d e r e n P u n k t e h a b e n genau zwei U r b i l d p u n k t e . W i r bestinimen abschliei^end die LAURENTreihe der WEiERSTRASS'schen p - F u n k t i o n u m den Entwicklungspunkt ZQ = 0:

P(^)

3 + I]«2

^2n

n=0

Der Konvergenzradius dieser Reihe muss gleich min{|w| ; uj & L, uj ^ 0} sein. M a n ermittelt die Koefiizienten a m einfachsten aus der TAYLOR'schen Formel fiir die F u n k t i o n

fiz):=p{z)-^,

a,„ =

^^-^.

W i r wissen bereits, dass OQ = 0 ist. Im Fahe n > 1 gilt 1

/(")(z) = (-ir(n + l)! Yl wei-{o}

{z-uj) n+2

wie m a n leicht durch I n d u k t i o n nach n zeigt. W i r erhalten (2n + l ) ! (2n)!

N-^ E ^

1 a;2(n+i)

Fassen wir z u s a m m e n : 2 . 1 1 S a t z . Die

Reihe ( j „

- E-wei-{o}

konvergiert

absolut,

und es gilt

n G N , n > 3,

272

Kapitel V. Elliptische Funktionen

in einer geeigneten punktierten punktierten offenen Kreisscheibe punkt enthdlt.)

Umgebung von z = 0 (ndmlich in der um 0, die keinen von 0 verschiedenen

grofiten Gitter-

A n m e r k u n g . Die Zahlen G^ verschwinden fiir ungerades n, wie die Substitution uj —)• —uj zeigt. Die Reihen G^ sind sogenannte Eisensteinreihen. genauer untersuchen.

W i r werden sie noch

Ubungsaufgaben zu V.2 1. 1st L C C ein Gitter, so wird fiir jede natiirliclie Zalil n > 3 durcli

LoeL

eine elliptisclie Funlction der Ordnung n definiert. bestelit mit der WEIERSTRASS'sclien p-Funlction?

Welclier Zusammenliang

2. Die WEIERSTRASS'sclie p-Funk;tion liat aufier den Gitterpunkten keine weiteren Perioden. 3. Fiir eine ungerade elliptisclie Funktion zu eineni Gitter L sind die Halbgitterpunkte c k o n s t a n t e F u n k t i o n mit dem Wert C. Solange Verwechslungen nicht zu befiirchten sind, identifiziert m a n die Zahl C G C mit der k o n s t a n t e n F u n k t i o n mit d e m Wert C. Nach dieser Identifikation wird C ein U n t e r k o r p e r von K[L). W i r woUen in diesem Abschnitt die S t r u k t u r von K{L) Sei / G K{L)

bestimmen.

eine elliptische F u n k t i o n u n d P{w) =

CQ

+ a^w H

h a^w™

ein Polynom, so ist auch z i-)- P{f{z)) eine elhptische Funktion, welche mit P{f) bezeichnet wird. Diese ist nicht identisch 0, wenn / nicht konstant u n d P nicht identisch 0 ist (da / d a n n jeden Wert a n n i m m t ) . Sei aUgemeiner R{z) eine rationale Funktion, also eine m e r o m o r p h e F u n k t i o n

welche sich als Quotient von zwei P o l y n o m e n darstellen lasst.

274

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Die elliptische Funktion gHy liangt niclit von der Walil der Darstellung von R als Quotient zweier Polynome ab. Sie wird mit R{f) bezeiclinet. Sei R eine weitere rationale Funktion. Man zeigt leiclit

R{f) = R{f) ^

R = R.

Mit anderen Worten: 1st / eine niclitkonstante elliptische Funktion, so definiert die Zuordnung R — i ^ Rif) einen Isoniorphismus voni Korper der rationalen Funktionen auf einen Unterkorper von K{L). Diesen Korper bezeichnet man mit C ( / ) = { g; g = R{f), R ist eine rationale Funktion }. Wir werden nun alle geraden eUiptischen Funktionen {f{z) = f{—z)) bestimmen und zunachst nur solche, deren Polstellenmenge in L enthalten ist. Ein Beispiel ist die WEiERSTRASS'sche p-Funktion. Allgemein hat jedes Polynom in p diese Eigenschaft. 3.1 S a t z . Sei f G K{L) eine gerade elliptische Funktion, deren Polstellenmenge in L enthalten ist. Dann Idsst sich f als Polynom in p darstellen, f{z) =%+

a^piz) + ••• + a^p{zY

{a^ e C).

(Offenbar muss der Grad dieses Polynoms gleich der halben Ordnung von f sein.) Beweis. Wenn / nicht konstant ist, was wir annehmen konnen und wollen, so muss / einen Pol in einem Gitterpunkt und damit in 0 haben. Da / gerade ist, konnen in der LAURENTreihe von / nur gerade Potenzen von / auftreten. Sie hat also die Gestalt

Die LAURENTentwicklung von p{z) hat die Gestalt (vergl. 2.11) p{z)

=z-'^

+ •••.

Hieraus folgt

p{zY = z-2" + .... Die Funktion 9 = f - a-2nP" ist genau wie / eine gerade elhptische Funktion, deren Polstellenmenge in L enthalten ist. Die Ordnung von g ist echt kleiner als die von / . Der Beweis von Satz 3.1 erfolgt nun leicht durch Induktion nach der Ordnung von / . D

§3. Der Korper der elliptischen Funktionen

275

3.2 Satz. Jede gerade elliptische Funktion ist als rationale Funktion in der Weierstrafi'schen p-Funktion darstellbar. Mit anderen Worten: Der Korper der geraden elliptischen Funktionen gleich C(p) und daher isomorph zum Korper der rationalen Funktionen.

ist

Beweis. Sei / eine nichtkonstante gerade elliptische Funktion und a ein Pol von / , welclier niclit deni Gitter L angeliort. Die Funktion z I—> {p{z) - p(a))

f{z)

hat in z = a eine hebbare Singularitat, wenn N geniigend grofi ist. Da / modulo L nur endlich viele Pole hat, findet man en endlich viele Punkte a- E C — L und natiirliche Zahlen N, {1 < j 8, als Polynome in G^ und Gg darstellen (s. Aufgabe 6 zu diesem Absclinitt).

Anhang zu V.3. Der Torus als algebraische Kurve Unter einem „Polynom in n Veranderliclien" verstelien wir eine Abbildung P : C" — ^ C , welclie sicli in der Form

sclireiben lasst. Dabei durclilaufe [v^,...,v^) alle n-Tupel niclit negativer ganzer Zalilen, jedocli diirfen nur endlicli viele der Koeffizienten a^ ^ G C von 0 verscliieden sein. Es ist leiclit zu selien, dass die Koeffizienten durch die Funktion P eindeutig bestimmt sind. A3.1 Definition. Eine Teilmenge X c C heifit ebene affine Kurve, wenn es ein nichtkonstantes Polynom P in zwei Variablen giht, so dass X die genaue Nullstellenmenge dieses Polynoms ist, X = {z&

P(z)

0}.

Kapitel V. Elliptische Funktionen

278 Erlduterung zur Begriffsbildung.

bezieht sich auf den zweidimensionalen komplexen Raum C . :,affin" C ist die affine Ebene iiber dem Korper der komplexen Zahlen. .,Kurve" X soil man sicli komplex eindimensional (reell zweidimensional) vorstellen. :, then "

Beispiel einer ebenen affinen Kurve. Seien g2 und g^ komplexe Zalilen: P{z^,Z2) =zl -Azf+g^z^ X =X(52,53) = { (^1,^2);

+53, 4 = 4 ^ ? - 5 2 ^ 1 -93 }•

Zur Veranscliaulicliung ist es niitzlicli, (/g und g^ als reell anzunelimen und den ..reellen Anteil" der Kurve X zu betracliten: Xm

{x,y) e

xn

y

Ax-"

92^

53}-

yn

y = Ax

- g^Q

93

V

4a;-'

92^ - 93

Man muss jedocli bedenken, dass das reelle Bild i. a. nur ein unvoUstandiges Bild einer affinen Kurve wiedergibt. Es kann iiberliaupt leer sein, wie z.B. im Falle p{x,Y) = x2 + y2_^i. Wir maclien nun die Annahme, dass ein Gitter i c C mit 92 =92{L)

und g^ = g^iL)

existiert. Wir werden spater selien (§8), dass dies dann und nur dann der Fall ist, wenn g^ — 11g\ von 0 verscliieden ist. Aus der algebraisclien Differentialgleicliung der p-Funktion folgt, dass fiir z E C^ z ^ L^ der Punkt {p{z),p'{z)) auf der Kurve X{g2,gr^) liegt. Wir erlialten also eine Abbildung

[z]^{p{zlp'{z)).

Anhang zu §3. Der Torus als algebraische Kurve

279

A3.2 Satz. Die Zuordnung [z]^{p{z\p'{z)) definiert eine bijektive Abbildung des punktierten Torus auf die ebene affine Kurve X{g^,g^), * ^ / i - { [ 0 ] } ^^ X{g^,g,).

Beweis. 1) Surjektivitdt der Abbildung. Sei {u,v) G X{g2,g^) ein Punkt auf der Kurve. Da die p-Funktion jeden Wert annimmt, existiert ein z E C — L, p{z) = u. Aus der algebraischen Differentialgleichung der p-Funktion folgt p'{z) = ±v. Daher gilt entweder {p{z),p'{z)) 2) Injektivitdt

= {u,v)

oder {p{—z),p'{—z))

= {u,v).

der Abbildung. Es sei

p{z) = p{w) und p'{z) = p'{w)

{z,w beide G C — L) .

Dann gilt (2.10) entweder z = w m o d i oder z = —w m o d i . Wir miissen den zweiten Fall nalier untersuclien: Aus z = —w mod i folgt p'{z) =

-p'{z),

also p'{z) = 0. Dann ist aber 2^ G i , also z = w m o d i .

D

In der aflinen Kurve X{g2,g^) felilt offenbar der Punkt [0] des Torus. Dieser ist in dem „projektiven Abschluss'' der Kurve entlialten. Der projektive R a u m Wir definieren den n-dimensionalen projektiven Raum P " C iiber dem Korper der komplexen Zalilen. Dazu betracliten wir in C " ^ — {0} folgende Aquivalenzrelation: z ^ w -^^

z = tw fiir eine Zalil t G C*.

Die Balm eines Punktes z unter dieser Aquivalenzrelation werde mit [z] = {tz]

tE [0,Zi,...,

z^\

definiert eine bijektive Abbildung P " - i C —y

P"-C-A"-C.

Auch dies ist sofort zu verifizieren und kann dem Leser iiberlassen bleiben. Halten wir noch einmal das Wesentliche aus der Konstruktion des projektiven Raumes fest: Der n-dimensionale projektive Raum P " C ist die disjunkte Vereinigung eines n-dimensionalen affinen Raumes v4"C und eines [n — \)-dimensionalen proNicht zu verwechseln mit dem Bild eines Punktes z G C in dem Torus C/L.

Anhang zu §3. Der Torus als algebraische Kurve

281

jektiven Raumes P " ^ ^ C . Man nennt A"-C den endlichen das Komplement den unendlich fernen Tail.

Tail von P " C und

Beispiele. 1) n = 0: Der O-dimensionale projektive Raum besteht aus einem einzigen Punkt P'C = {[l]} = {[z];

z^O}.

2) n = 1: Der durch „ZQ ^ 0" definierte Teil der projektiven Geraden P^C ist bijektiv auf C abbildbar (A3.3). Das Komplement P^C — C besteht aus einem einzigen Punkt. Wir konnen daher P^C mit der Riemannschen

Zahlkugel

identifizieren:

piC —^C, [ZQ,

Zi\

I

>
4 folgenden Rekursionsformeln geniigen: m-2

(2m + l ) ( m - 3)(2m - 1)G,„^ = 3 ^ ( 2 i - l)(2m - 2j -

l)G,^G^^_,^,

beispielsweise G-^^ = -^G^Gg. Jede Eisensteinreihe ist also als Polynom in G^ und Gg niit nicht negativen rationalen Koeffizienten darstellbar. 7. Fine meromorphe Funktion / : C ^ C heifie „reell", falls f{z) = f{z) fiir alle z gilt. Fin Gitter L C C heifie „reell", falls mit w auch uJ in L enthalten ist. Folgende Aussagen sind aquivalent: a) 5 2 ( L ) , 5 3 ( L ) G R . b) G„ G R fiir alle n. c) Die p-Funktion ist reell. d) Das Gitter L ist reell. 8. Fin Gitter lieifit Rechteckgitter, falls eine Gitterbasis Wj, Wj so gewahlt werden kann, dass Wj reell und Wj rein imaginar ist. Fin Gitter L heifit rhomhisch, falls die Gitterbasis so gewahlt werden kann, dass ui^ = ^i gilt. Man zeige, dass ein Gitter genau dann reell ist, wenn es ein Rechteckgitter oder rhombisch ist. 9. Die WEiERSTRASS'sche p-Funktion zu einem Rechteckgitter L = Zwj + Zui^, oij G K^ und UI2 G iR+, nimmt auf dem Rand und auf den Mittellinien der zugehorigen Grundinasche nur reelle Werte an. 10. Sei L = Zoij + Zoij ein Rechteckgitter wie in Aufgabe 9. Man zeige, dass D:=^zeC;

^= tiY+i2Y.

0 1 konvergiert. Die Funktion E{x) ist streng monoton waclisend, da der Integrand positiv ist. Wir konnen dalier die Umkelirfunktion von E{x) betrachten. Diese ist auf eineni gewissen reellen Intervall definiert. Aus 5.4 folgt 5.5 Theorem. Die Umkehrfunktion

des elliptischen Integrals

oo

E{x

dt JL ^

JyQ ^

P(t) = U^ - g^t - g^, 92 = 92{L),

Qs = QsiL)

{LcC

ein Gitter),

ist in die komplexe Ebene fortsetzbar und stellt dort eine elliptische dar, ndmlich die Weierstrafi'sche p-Funktion zum Gitter L.

Funktion

Dies bedeutet konkret:

(wobei u in eineni gewissen reellen Intervall variiert, p{u) variiert dann in (io,oo)).

§5. Elliptische Integrale

295

Anwendung der Theorie der elliptischen Funktionen auf elliptische Integrale Wir haben gezeigt, dass sich p{u-^ + Ug) durch eine Formel aus p{u-^) und ^(ug) berechnen lasst. In diese Formel gehen nur rationale Operationen und Quadratwurzelzielien ein. Es existiert eine „Formel" der (nehen den Konstanten §2 und g^) nur rationale Operationen und Quadratwurzelziehen auftreten, so dass

gilt. Diese Formel wurde allgemein erstmals von E U L E R (1753) bewiesen und lieiBt das Euler'sche Additionstheorem. In dem Spezialfall P{t) = i^ — 1, x^ = Xg, wurde sie im Jalire 1718 von dem italienisclien Matliematiker FAGNANO bewiesen. Bringt man P{t) in die WElERSTRASS'sclie Normalform und wendet dann die Verdoppelungsformel der p-Funktion an, so erlialt man FAGNANOS Verdoppelungsformel dt

dt

^/Y^¥

^/Y^¥

mit y = y{x) =

2xVl - x4 l+x"

Dieses spezielle elliptische Integral lasst sicli im iibrigen als Bogenlange der klassisclien Lemniskate (vgl. Aufgabe 6c) aus I.l), die angegebenen Formeln als Verdoppelungsformeln fiir den Lemniskatenbogen deuten.

Die Verdoppelungsformel impliziert, dass man einen Lemniskatenbogen mit Zirkel und Lineal verdoppeln kann.

296

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Wir weisen noch einmal darauf hin, dass wir noch nicht bewiesen haben, dass jedes Zahlenpaar (32,53) mit von 0 verschiedener Diskriininante A al 27(73 ^^^ einein Gitter L stainint. Dies wird am Ende von §8 mit funktionentheoretischen Mitteln bewiesen werden. Wir wollen an dieser Stelle lediglich plausibel machen, wie aus dem Polynom P{X) = AX^ — g^X — g^ ein Gitter bzw. ein Torus entspringt. Dazu erinnern wir daran, dass dem Polynom P eine projektive Kurve X[P) zugeordnet wurde (s. Anhang zu §3). Wir wollen versuchen, anschaulich klar zu machen, dass diese Kurve topologisch ein Torus ist. Dazu betrachten wir die Projektion des affinen Teils der Kurve auf die erste Koordinate. Diese liefert eine stetige Abbildung der projektiven Kurve auf den eindimensionalen projektiven Raum, also die Riemann'sche Zahlkugel, p : X{P) —> C Aus der Tatsache, dass das Polynom den Grad 3 hat, folgert man, dass es vier Punkte auf der Kugel gibt, welche genau einen Urbildpunkt, alle anderen Punkte jedoch genau zwei Urbildpunkte haben. Man sagt, dass die Kurve die Zahlkugel zweiblattrig mit vier Verzweigungspunkten iiberlagert. Man teilt die vier Punkte in zwei Paare auf und verbindet die beiden Punkte jedes Paars mit einer Kurve. Die Bilder der beiden Kurven seien disjunkt. Man betrachtet dann das Komplement der Bilder der beiden Kurven in der Kugel. Dies ist also eine zweifach geschlitzte Kugel. Man muss sich nun iiberlegen, dass das Urbild der geschlitzten Kugel beziiglich p in zwei Zusammenhangskomponenten zerfallt, welche beide durch p topologisch auf die geschlitzte Kugel abgebildet werden. Die projektive Kurve kann also aus zwei Exemplaren der geschlitzten Kugel gewonnen werden, indem man diese langs der Schlitze, wie im folgenden Bild skizziert, richtig zusammenheftet. Das Resultat ist ein Torus.

In der Theorie der RiEMANN'schen Flachen werden wir das angedeutete Verfahren exakt durchfiihren und so einen neuen Zugang zur Theorie der elliptische Funktionen erhalten.

Ubungsaufgaben zu §5

297

Ubungsaufgaben zu V.5 1. Die NuUstellen Cj, 63 und 63 des Polynoms 4X^ — p j - ^ — 53 sind genau dann reell, wenn ^j und 33 reell sind und die Diskriminante A = g2 — 27g3 nicht negativ ist. 2. Die folgende Aufgabe ist niit den bisherigen Mitteln so gerade zu bewaltigen: Sei L C C ein Gitter und P(t) = 4i^ — g^t — ^3 das zugehorige kubische Polynom. Gegeben sei eine geschlossene Kurve a : [0,1] —>• C in der Ebene, auf der keine Nullstelle des Polynoms liegt. Gegeben sei aufierdem noch eine stetige Funktion ft. : [0, 1] —>• C mit den Eigenschaften 1

N2

Man nennt die Zahl 1

1

h(t)a'(t) dt = / 0

" ^ ^ (it

0

eine Periode des elliptischen Integrals J Xj^jP{z) dz. Man zeige, dass die Perioden des elliptischen Integrals in L liegen. (Man kann sogar zeigen, dass L genau aus den Perioden des elliptischen Integrals besteht.) Diese Tatsache eroffnet einen Zugang zu deni Problem, dass jedes Paar (g^jQ^) komplexer Zahlen mit von 0 verschiedener Diskriminante A = g^ — 27^3 von einem Gitter kommt. Wir werden diesen Weg erst wieder im zweiten Band im Zusammenhang mit der Theorie der RiEMANN'schen Flachen aufgreifen. In diesem Band werden wir einen anderen Beweis geben (s. V.8.9). Eine detaillierte Analyse liefert in konkreten Fallen explizite Formeln fiir eine Basis von L: Die NuUstellen e-^, Cj und 63 des Polynoms 4:X^—g2X—g^ seien reell und paarweise verschieden und so geordnet, dass 63 > 63 > Cj gilt. Die beiden Integrale ei

00

Wj^ = 2i / — j ^ ^ ^ ^ = ^ ^ ^ ^ = dt und Wj = 2 / — j ^ ^ ^ ^ i ^ ^ ^ ^ dt J ^/-'Xt^ + g^t + 9z J V4i3-g2t-53 — 00

€2

bilden eine Basis des Gitters L. 3. Man beweise mit Hilfe der Verdoppelungsformel der WEiERSTRASS'schen p-Funktion die FAGNANO'sche Verdoppelungsformel fiir den Lemniskatenbogen V

1

VT^^ 0

, dt =

/• 1 , . „ ^/\-r^ —^^=^= dt mit y = 2xJ VT^^ 1 +x 0

4. Man zeige: Die Rektifikation einer Ellipse mit der Gleichung ^ +|-=1 a/ b^ fiihrt auf ein Integral vom Typ

(0 0) und z = x + iy.

Dann gilt „7ri(n

T+2nz)

p — 7T{n v + 2ny)

Wenn z in einem vorgegebenen Kompaktum variiert (also y besclirankt bleibt), gilt n V + 2ny > —n v mit Ausnalime lioclistens endlicli vieler n . Die Reilie oo

'^

q" ,

q = e^^"" < 1.

konvergiert aber, denn die durch n > 0 und n < 0 definierten Teilreilien sind Teilreihen der geometrischen Reihe. Die normale Konvergenz ist damit bewiesen, ^{T, Z) ist eine ganze Funktion mit dem gewiinscliten Transformationsverlialten. Wir miissen nocli zeigen, dass •d{T, z) modulo L genau eine NuUstelle hat. Dazu betrachten wir eine verschobene Grundmasche J^^, auf deren Rand keine NuUstelle von •d{T,z) liegt, und zeigen 27ri J

^(T,C)

Da der Integrand die Periode 1 hat, heben sich die Integrale der linken und rechten Randkante gegenseitig auf. Um die Integrale iiber die obere und die untere Randkante zu vergleichen, beachten wir, dass fiir

^(") = ? ^

(=„(logo^)'(r,.)")

306

Kapitel V. Elliptische Funktionen

gilt: g{z + T) - g{z) =

-2m.

Hieraus folgt a+\

a+r

9(0 dC+

f

a+\

9(0 dC=

f [9{C)-9{C + T)]dC = 2TTi.

a+l+T

Wir erhalten

^ / . ( C ) r f C = i, wie behauptet.

D

Man kann die NuUstelle nebenbei bemerkt konkret angeben, denn es gilt offenbar

Die NuUstellen von -d sind also genau die mit (1 + T ) / 2 dquivalenten (modulo Z + TIT).

Punkte

Anmerkung. Wir liaben liier die Funktion -d bei festem Parameter T G H betraclitet. Variiert man jedocli das Gitter L^ := Z + ZT (vergl. §7), dann kann man •& als Funktion auf H x C auffassen. Mit den analytisclien Eigenscliaften dieser Funktion (speziell als Funktion von r ) werden wir uns in VL4 ausfiilirlicli bescliaftigen. Historische Notiz. Man kann die Tlieorie der elliptisclien Funktionen voUstandig auf der Tlietareilie •d{T, z) anstelle von p{z) aufbauen. Dies war der liistoriscli erste Zugang von A B E L (1827/28) und J A C O B I (ab 1828).

Ubungsaufgaben zu V.6 1. Seia-(z) =a{z;L) die WEiERSTRASS'scheCT-Funktionzum Gitter L = Zw^ + ZwjDie Funktion

C(.):=C(.;^):=^ heifit Weierstrafi'sche ^-Funktion zum Gitter L (niclit zu verwechseln mit der RiEMANN'schen ^-Funktion!). Es ist dann -C'(z) = p{z) die WEiERSTRASS'sche p-Funktion zum Gitter L. Wirnehmen Im( Wj/wj^) > 0 an. Man zeige: Mit ?7^ := (,{z-\-u)^)—C,{z)iuT v = 1,2 gilt die

Ubungsaufgaben zu §6

307

LEGENDRE'sche Relation 27ri.

ni^2 - % " ! Anleitung.

Man betrachte ein geeignetes nuUstellenzahlendes Integral.

2. Man kann die Existenz von ^ aucli anders erlialten: Durch Z

^-^

\Z-LJ

LJ

LJ^ J

wird eine (ungerade) Stammfunktion von p definiert. (Es ist S^{z) = —C,{z).) 3. Man beweise, dass die NuUstellen der Thetareihe d{T, z) genau in den zu ^ ^ L^ = Z + ZT aquivalenten Punkten liegen. 4. Fiir z,a e C - L gilt a{z + a)a{z — a) a(z)V(a)2

p{z) - p{a) und

r(2a) P'(a)

5. K o n s t r u k t i o n elliptischer F u n k t i o n e n mit v o r g e g e b e n e n H a u p t t e i l e n Sei / eine elliptische Funktion zum Gitter L. Wir wahlen ein Reprasentantensystem m o d L b^,... ,b^ der Pole von / und betrachten die Hauptteile von / in den Polen, li

a,,

^ \ z - b y ' Nach dem zweiten LiOUViLLE'schen Satz gilt dann n

Man zeige: a) Seien C j , . . . , c„ G C vorgegebene Zahlen und b^,... ,b^ mod L inaquivalente Punkte. Die mit Hilfe der WEiERSTRASS'sche ^-Funktion zum Gitter L gebildete Funktion

h{z)

E'A^ -b j = i

ist genau dann elliptisch, wenn N!]Si = 0 gilt. b) Seien b^,... ,b^ paarweise mod L inaquivalente komplexe Zahlen und l-^,... ,1^ vorgegebene natiirliche Zahlen. Sind a^, {^ < j < n, 1 < v < L) komplexe Zahlen mit X^fli , = 0 und O;, ^ 0 fiir alle j , dann gibt es eine elliptische

308

Kapitel V. Elliptische Funktionen Funktion zum Gitter L, deren Pole mod L gerade die Punkte 6 j , . . . , 6^ sind und deren Hauptteile durch

gegeben sind. 6. Sei L C C ein Gitter, 6^,63 G C niit b^ — b^ ^ L. Man gebe eine elliptische Funktion zum Gitter L an, die in 6j und 63 Pole hat und deren Hauptteile durch z — 6j

{z — 6j)^

und

z — b^

gegeben sind. 7. Wir interessieren uns fiir alternierende R-bilineare Abbildungen A: C X C —^R. Man zeige: a) Jede Abbildung A dieser Art ist von der Form A{z, w) = ft. Im (zw) mit einer eindeutig bestimmten reellen Zahl ft. Es gilt ft =

A{l,i).

b) Sei L C C ein Gitter. Man nennt A eine Riemann'sche Form auf L, falls ft positiv ist und falls A auf L x L nur ganzzahlige Werte annimmt. Ist L = Zwi + Zw2,

Im ^

> 0,

so wird durch A(ijWj^ + i2'^2J *i'^i + S2'^2) •= 0.

Wann sind zwei Gitter und L' = Z + ZT',

L = Z + ZT

T, T' G H ,

Equivalent? Nach Definition genau dann, wenn es eine komplexe Zahl a ^ 0 mit der Eigenschaft Z + Z T ' = a(Z + Z T ) gibt. Dann muss insbesondere T'

= a{aT + (i)

und

1 = a(7T + 5) mit ganzen a, /3, 7 und 5 gelten. Dividiert man die beiden Ausdriicke, so folgt

Kapitel V. Elliptische Funktionen

310

Der P u n k t T ' geht also aus r durch eine spezielle M o B i u s t r a n s f o r m a t i o n hervor. Bevor wir diese Analyse zu E n d e fiiliren, wollen wir ganz allgemein die Abbildungen Tl

y

—r, 7T + 0

ImT>0,

fiir reelle a, /?, 7 u n d 6 untersuclien. W i r nelimen an, dass 7 oder 6 von 0 verscliieden ist. D a n n ist 7T + (5 7^ 0. W i r bereclinen den Imaginarteil von T ' : Ini

ar + /3

ar + /3

ar + (i

7T + ^

^T + 5

^T + 5

1 {-jT + 5){aT + P) - [aT + I3){'^T + 5) 2i

i7T+^r

W i r bezeiclinen mit D = a 7

die D e t e r m i n a n t e der M a t r i x

aS-l3-f

P 5

u n d erhalten

7.1 H i l f s s a t z . Seien a, (i, 7 und 6 vier reelle Zahlen, so dass 7 oder 6 von 0 verschieden ist. Ist T ein Punkt in der oberen Halbebene, so gilt Ini

ar + P

D • IniT

7T + (5

hT + 6\

2 •

Fiir uns ist n u r der Fall von Interesse, dass aucli r ' in der oberen H a l b e b e n e liegt, dies b e d e u t e t a6 - f3j > 0. Bezeichnung. GL^(2,:

M

a 7

P 5

;

a , / ? , 7 , (5 G M, a ^ - / ? 7 > 0

Diese Menge von Matrizen ist eine G r u p p e , d. h. 1 a) ^ = (^ 0 b) Mit

0^ 1 j G GL42,

§7. Die elliptische Modulgruppe

311

ist auch das Matrizenprodukt

'aa' + pi

al3' + p5'

in GL^(2,K) enthalten. c) Mit M ist auch die inverse Matrix M i_

1

5

-p

det M V ~ 7

ct

in GL^(2,K) enthalten. Jedeni Element M G GL^(2,M) ist also eine analytische Abbildung der oberen Halbebene in sich zugeordnet. Dem Produkt zweier Matrizen entspricht hierbei die Hintereinanderausfiihrung der Abbildungen. Dies kann man leicht nachrechnen, wurde aber auch schon in Kapitel III im Anhang zu §5 bemerkt. Wir erhalten insbesondere, dass diese Selbstabbildungen der oberen Halbebene konform sind, die Umkehrabbildung wird durch die inverse Matrix geliefert. Fassen wir zusammen: 7.2 Satz. Sei M = ( " Die

J ) reell, a5 - ^j > 0.

Substitution Mr-'^^^^

JT + 5

definiert eine konforme Selbstabbildung der oberen Halbebene H. Es gilt

a) b)

Er = r, E=(^l ^^ M{NT) = {M • N)T,

M,N

eGL^{2,:

Die Umkehrabbildung ist durch die inverse Matrix a5 - /]^ \-J

a

gegeben. Zwei Matrizen definieren genau dann dieselbe Abbildung, falls sie sich um einen skalaren Faktor unterscheiden. Da die obere Halbebene H durch die Abbildung T—i

T+ i

312

Kapitel V. Elliptische Funktionen

auf den Einheitskreis konform abgebildet werden kann und da die konformen Selbstabbildungen des Einheitskreises bekannt sind (III.3.10), kann man leicht beweisen, dass jede konforme Selbstabbildung der oberen Halbebene von dem in 7.2 beschriebenen Typ ist (s. Aufgabe 6 aus V.7). Nach dieseni Exkurs iiber gebrochen lineare Substitutionen kehren wir zu unserem Aquivalenzproblem Z + ZT'

= a{Z

+ZT)

zuriick. Die Inklusion „ c " ist gleichbedeutend niit der Existenz einer ganzen Matrix M niit der Eigenschaft

; > - ( ; ) ^ Die umgekehrte Inklusion ist Equivalent niit der Existenz einer ganzen Matrix N niit

also

Da T und 1 iiber M linear unabliangig sind, folgt NM = E, also insbesondere d e t A ^ - d e t M = 1. Da die beiden Deterniinanten ganze Zahlen sind, folgt detM = ±1, Nach Hilfssatz 7.1 ist die Determinante positiv. Es folgt dann sogar detM = +1. 7.3 Definition. Die elliptische r = SL(2,Z) : = { M = ( "

Modulgruppe ^ j ;

a,/],-f,S

ganz, aS - ^j = 1}

besteht aus alien ganzen 2 x 2-Matrizen der Determinante dass r eine Gruppe ist, folgt aus der Forniel "7

a

1.

§7. Die elliptische Modulgruppe

313

Wir haben gezeigt: Wenn die Gitter TL ^ TLT und Z + Z T ' ( I m r , I m r ' > 0) Equivalent sind, so existiert eine Matrix

Mar,

T'

=

MT.

Umgekehrt folgt hieraus die Aquivalenz der beiden Gitter: Man schreibe die Beziehung ,

ar + /3 JT + 6

in der Form

Halten wir fest: 7.4 Satz. Zwei Gitter der Form IJ + TIT und 'L + 'LT' mit I m r > 0 und I m r ' > 0 sind dann und nur dann dquivalent, wenn eine Matrix M a F mit der Eigenschaft T' = MT existiert. Wir nennen zwei Punkte r und T' der oberen Halbebene dquivalent, wenn es eine Substitution M a F gibt, welche T in r ' iiberfiihrt ( T ' = Mr). Es ist klar, dass hierdurch eine Aquivalenzrelation definiert wird. Bezeichnungen. H [r] H^

= = =

{ T G C ; ImT>0} { MT; M e F} { [T];

Te H }

(obere Halbebene) , (Bahn eines Punktes T G H bei dieser Aquivalenzrelation), (Gesanitlieit aller Balinen).

Wir haben gezeigt, dass die Aquivalenzklassen von Cittern i C C umkehrbar eindeutig den Punkten von M/F entsprechen. Bedeutung der Mannigfaltigkeit

M/F.

Es ist unser Ziel zu zeigen, dass zu jedem Paar komplexer Zalilen (52,53),

gl-27gl^0,

ein Gitter i c C mit der Eigenscliaft 92 =92{L) , existiert.

93 =93{L)

314

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Die GroBen g2{L),g^{L) andern sich, wenn man L durch ein aquivalentes Gitter ersetzt, und zwar gilt allgemein fiir a E C G,iaL)=a-'G,iL), insbesondere also 52(ai) = a-^g^iL)

und g^{aL) =

a-^g^{L).

Wir liatten gerne einen Ausdruck, welclier nur von der Aquivalenzklasse eines Gitters abliangt. Wir fiiliren die folgenden Bezeichnungen

ein:

1) A := gl — 27gl

nennt man

2)

lieiBt absolute Invariante (nacli F.

j := -^—-—TT

Diskriminante, KLEIN,

1879).

Es gilt A{aL) =

a-''A{L

und dalier JiaL)=j{L)

(aeC).

Wir nelimen einmal an, es sei bereits bewiesen, dass zu jeder komplexen Zalil j G C ein Gitter i C C mit J{L) = j existiert. Wir zeigen, dass man dann ein Gitter zu vorgegebenem {g2,gs) mit A ^ 0 konstruieren kann: Zunaclist existiert nacli Voraussetzung ein Gitter L mit ^•(^) =

W ^ s '

Da jede komplexe Zalil eine 12te Wurzel besitzt, linden wir eine Zahl a G C mit der Eigenschaft A{aL) = a-^^A{L)

= A = gl - 27g|.

Da sich j nicht andert, folgt g^iaLf

=gl

und gl{aL) = gl.

Ersetzt man L durcli i i , so andert sich g2{L) nicht (i^ = 1), aber 53(i) andert sein Vorzeichen. Wir konnen also \3

3

92{L) =92

und g^{L) = g^

§7. Die elliptische Modulgruppe

315

annehmen. Multipliziert man L mit einer 6ten Einheitswurzel {C,^ = 1), so andert sich g^{L) nicht mehr, aber

52(Ci) = r % ( i ) Wenn ( alle 6ten Einheitswurzeln durchlauft (e^^^"^^, 0 < i^ < 5), so durchlauft ("^^ offensichtlich die drei dritten Einheitswurzeln. Nach geeigneter Wahl von C gilt dalier 52(Ci) = 92 (und g^iCL) = g^). Unser Problem ist also — wie beliauptet — auf die Frage zuriickgefiihrt, ob jede komplexe Zalil die absolute Invariante eines Gitters ist. Wir wollen diese Frage funktionentlieoretisch angreifen und fassen dalier die EiSENSTEiNreihen, die Diskriminante und die absolute Invariante als Funktionen auf der oberen Halbebene auf. Wir definieren also fiir r G H:

und analog

92{r),

gA-r),

^M,

J{T).

Dies sind Funktionen auf der oberen Halbebene. Die Invarianzaussage j{L) = j{aL) ist Equivalent mit der Invarianz von J{T) unter der Modulgruppe

Im naclisten Paragraplien werden wir mit funktionentheoretischen Mitteln unter wesentliclier Ausnutzung der obigen Invarianzbedingung zeigen, dass die j-Funktion i : H —yC surjektiv ist. Wir besclilieBen diesen Absclinitt, indem wir die expliziten Formeln fiir G^ als Funktionen von T angeben:

+ d)--k

G,(r) = {c,d)eZxZ

und liieraus abgeleitet

[k >4)

Kapitel V. Elliptische Funktionen

316

92(^) ==

60G^{T),

93(^) =-- 140^6 (^),

--gl{T)-27gl{r),

A{T)--

j{r) --

glir)

- A{r) •

Ubungsaufgaben zu V . 7 1. Die elliptische Modulgruppe F = SL(2, Z) wird von den beiden Matrizen

S:=('

-l]

1 0

undT:

1 1

erzeugt (vgl. VI. 1.9). Anleitung. Man betrachte die von den beiden Matrizen S und T erzeugte Untergruppe Fg und zeige, dass eine Matrix M G SL(2, Z) in FQ enthalten ist, wenn einer ilirer vier Eintrage 0 ist. Danach schliefie man indirekt und betracli, I G -T, welche nicht in F^ enthalten ist und so

te eine Matrix M

dass n = min{|a| , |6| , \c\ , |d|} minimal ist. Durch Multiplikation dieser Matrix von rechts oder von links mit einer Matrix aus FQ lasst sich die positive Zahl jj, verkleinern. 2. Man stelle die Matrix M

11

9 G -T in der Form 25^

M = SF"^ SF"^ ... SF"", mit 5* :

0

1

-1

oy

undT:

1

1

\^o 1

9, G Z, 1 < i/ < n,

dar. Ist eine solche Darstellung eindeutig?

3. Bestimme alle Matrizen M £ F, die a) mit S vertauschbar sind, d.h. fiir die MS = SM gilt b) mit SF

'O 1

-1 1

vertauschbar sind.

4. Man bestimme die kleinste natiirliche Zahl n mit

[SFf

E:

1 ^0

O' 1

5. Man zeige: a) Im Gitter L; = Z + Zi gilt ^3(1) = 0 und g^i'i) G R", speziell A{i) = g§(i) > 0.

§8. Die Modulfunktion j

317

b) Fiir das Gitter L^ = Z + Zto, to := e^'''/^ gilt g^iuj) = 0 und ^3(0;) G R ' , speziell A{u!) = —27g^(uj). 6. Jede konforme Selbstabbildung der oberen Halbebene ist von der Gestalt

Man kann sogar erreichen, dass die Determinante ad—be gleich 1 ist. Die Matrix ist dann bis auf das Vorzeichen eindeutig bestimmt, d.h. Aut(EI) = SL(2, ]R)/{±_E}. Anleitung. Man benutze, dass man die konformen Selbstabildungen von E kennt (III.3.10) und die Tatsache, dass die obere Halbebene und der Einheitskreis konforni aquivalent sind. Da bereits die Gruppe aller affinen Transformationen T !->• a r + 6, a > 0, 6 reell, auf der oberen Halbebene transitiv operiert, geniigt es, den Stabilisator eines Punktes zu bestimmen. Es geniigt beispielsweise zu zeigen, dass sich jede konforme Selbstabbildung der oberen Halbebene, welche den Punkt i festlasst, durch eine spezielle orthogonale Matrix a c

b\ _ I cos ip — sin ip dJ \ sin (fi cos ip

darstellen lasst.

8. Die Modulfunktion j W i r wissen, dass die sogenannte

Eisensteinreihe

fiir A; > 3 absolut konvergiert. Der Stricli a m Summenzeichen deute an, dass iiber alle P a a r e (c, d) ^ (0,0) ganzer Zahlen summiert wird. Aus der Theorie der p - F u n k t i o n wissen wir, dass die Diskriminante

A{r)=gl{r)-27glir) (52 = 6 0 ^ 4 ,

g, =

UOG,)

in der oberen Halbebene keine NuUstelle h a t . AuBer dieser Tatsache woUen wir ini Folgenden von der Theorie der ehiptischen F u n k t i o n e n nichts m e h r benutzen. W i r zeigen nun, dass die Gf, analytische 8.1 H i l f s s a t z . Seien C,6 > 0 reelle Zahlen. mit der Eigenschaft

Funktionen Es existiert

\cT + d\ > e |ci + rf| = e v c^ + d^ fiir alle T G H

mit

in H sind. eine reelle Zahl s > 0

318

Kapitel V. Elliptische Funktionen |ReT|S

und alle {c,d) e K X K.

Beweis. Fiir {c,d) = (0,0) ist die Behauptung trivial (und uninteressant). Wir konnen daher (c, d) ^ (0,0) annehmen. Da sich die behauptete Ungleichung nicht andert, wenn man (c, d) durch {tc, td) ersetzt, konnen wir sogar c^ +d^ = 1 annehmen. Die Ungleichung lautet dann \cT + d\>£

(c^+rf^ = l).

Es gilt \cT + d\

= (c(Re T) + df

+ (c ImT)''

und daher \cT + d\>\cT

+ d\]

T = ReT + i(5.

Die Funktion / ( c , d, u) = \c{u + i5) + d\ ist positiv und nimmt auf dem durch c2 + rf2 = 1 , \u\< C, definierten Kompaktum im M ein positives Minimum e an.

D

Aus Hilfssatz 2.1 folgt nun, dass die EiSENSTEiNreihe in den angegebenen Bereichen gleichmaBig konvergiert. Sie stellt insbesondere eine analytische Funktion dar. 8.2 S a t z . Die Eisensteinreihe

vom „Gewicht" k >3

G,{T)=Y^{cT+d)-^ definiert eine analytische Funktion auf der oberen Halbebene. Insbesondere sind die Funktionen 52(T)=60G4(T),

A{r) = g,{rf

- 27g,{rf,

53 (T) = 140^6 ( T ) ,

j{r) =

gl{r)/A{r)

analytisch in H. Als nachstes bestimmen wir das Transformationsverhalten von Gf. unter der elliptischen Modulgruppe. An sich folgt dies aus „Gj.{aL) = a^^Gj.{LY\ aber wir woUen ja von elliptischen Funktionen keinen Gebrauch mehr machen.

§8. Die Modulfunktion j

319

8.3 Bemerkung. Es gilt

0.[",^)-i.r.SrO,ir, M JT + 6

a P 7

5

er.

Beweis. Eine einfache Rechnung zeigt c

aT +13 , +a ^T + 5

d' ^T + 5

C'T +

mit c' = ac + 76? ,

d' = I3c + 6d.

D

Mit (c, d) durchlauft auch {c',d') alle von (0,0) verschiedenen Paare ganzer Zahlen. Dies sieht man am besten in der Matrixschreibweise a

7W c

-P

a \d'

Die EiSENSTEiNreihen sind insbesondere periodisch GJT

+ 1) =

1 1 T = T+ 1 0 1

GJT)

Sie verschwinden, wie wir schon bemerkt haben, fiir ungerades k: Die Substitution (c,rf) -)• {-c,-d) zeigt G^{T) = ( - 1 ) ^ G ; . ( T ) . 8.4 Bemerkung. Es gilt fiir gerade k > 4

G,(T)=2C(A:) = 2 f ] : .-k

lim inir—7-00

^—'

n=l

Beweis. Wegen der Periodizitat von Gj.{z) ist es ausreichend, den Grenziibergang in dem Bereich iRerl < - ,

I m r > 1,

zu voUziehen. Da in diesem Bereich die EiSENSTEiNreihe gleichmai^ig konvergiert (8.1), kann man den Grenziibergang gliedweise voUziehen. Oifensichthch ist hm {cT + dy = 0 fiir c 7^ 0. Im

r—>OD

Es folgt Imr—^cx:

^—'

d#0

^—' d=l

D

Kapitel V. Elliptische Funktionen

320

Fiir die Diskriminante A{T) erhalt man aus 8.4 lim Im T

A{T) = [60 • 2C(4)]3 - 27 • [140 • 2C(6)]2. I-oo

Die Werte der ("-Funktion in den geraden natiirlichen Zahlen haben wir berechnet (III.7.14). Es gilt ^4

TT

c(4) = E^

90

«=1

c c i J«-= E " - - ^945^ i Hieraus folgt 8.5 Hilfssatz. Es gilt

lim

A{T)

= 0.

Ini r —> oo

Aus den bislierigen Resultaten iiber die EiSENSTEiNreilien erhalt man 8.6 Satz. Die j-Funktion ist eine analytische Funktion in der oberen Halbebene. Sie ist invariant unter der elliptischen Modulgruppe:

ar + (i J

J{T)

^T + 5

fur

a P 7

5

er.

Es gilt lim Im r

| J ( T ) | = OO. >-oo

AUein aus den in 8.6 formulierten Eigenscliaften werden wir auf die Surjektivitdt von j : H —)• C scliliefien. Man soUte sicli vor Augen lialten, dass niclitkonstante elliptische Funktionen / : C —)• C, also unter einem Gitter i C C invariante meromorphe Funktionen, ebenfaUs surjektiv sind. Die Theorie der Modulfunktionen (unter F invariante Funktionen auf der oberen Halbebene) ist jedoch in zweierlei Hinsicht komplizierter: 1) Die Gruppe F = SL(2, Z) ist nicht

kommutativ.

2) Es gibt keinen kompakten Bereich if c H, so dass jeder Punkt aus H durch eine Modulsubstitution in K transformiert werden kann (sonst ware J{T) konstant, wie der Beweis des 1. LiouviLLE'schen Satzes zeigt).

§8. Die Modulfunktion j

321

Wir konstruieren nun ein Analogon zur Grundmasche eines Gitters. 8.7 Satz. Zu jedem Punkt T der oberen Halbebene existiert eine Modulsubstitution M ^ r, so dass Mr in der „Modulfigur" (auch Fundamentalbereich der Modulgruppe genannt) J- = { T e H;

|T| > 1, iRerl < 1/2 }

enthalten ist. Zusatz. Man kann sogar erreichen, dass M in der von den beiden Matrizen 1 0

T

1 1

0 1

S

-1 0

erzeugten Untergruppe enthalten ist. (Wir werden spater sehen, dass die voile Modulgruppe von diesen beiden speziellen Matrizen erzeugt wird, vergl. VI.1.9 und Aufgabe 1 aus V.7.) Im,

I

1

i

2lli

2lli

e 3^,

//

//

1 1 1

-1

1 1

:

-

1

Re

Beweis. Wir erinnern an die Formel Ini' Im

MT

•-

\cT + d\ Wenn (c, d) irgendeine Folge von Paaren ganzer Zalilen durclilauft, wobei kein Paar doppelt auftreten soil, so gilt \CT + d\

> 00.

Es existiert also eine Matrix MQ G -T = SL(2, Z), so dass Im MgT > Im M r fiir alle M E T gilt. Wir setzen To =

M^T.

322

Kapitel V. Elliptische Funktionen

Da sich der Imaginarteil von TQ nicht andert, wenn man TQ durch 1 0

To + n

n I'^o

( n e Z)

ersetzt, konnen wir I

01-2

annehnien. Wir nutzen die Ungleichung Im MQT > Ini

MT

speziell fiir 0

M

-r ) - M o

aus und erhalten Im Tg > Im

0 1

-I)

_ IniTg

Tol

Hieraus folgt

^ol >

1-

Wenn man den Beweis analysiert, so sieht man, dass man die Gruppe SL(2, Z) durch die von T und S erzeugte Untergruppe ersetzen kann. D Wir beweisen nun die Surjektivitat der j-Funktion. 8.8 Theorem. Die j-Funktion

nimmt jeden Wert aus C an.

8.9 Folgerung. Zu je zwei komplexen Zahlen §2 und g^ mit gf — 27gl ^ 0 existiert ein Gitter i C C mit der Eigenschaft

Beweis vom 8.8. Nach dem Satz iiber die Gebietstreue ist i(IHI) ein offener Teil von C Wir werden zeigen, dass i(IHI) auch abgeschlossen in C ist. Hieraus folgt dann j{M) = C, da C zusammenhangend ist. Wir wahlen eine Folge von Punkten aus i(IHI), welche gegen einen Punkt b konvergiert, J ( T „ ) —)• b fiir

n —)• cx).

Wir konnen und wollen annehmen, dass alle T„ im Fundamentalbereich !F enthalten sind. 1. Fall: Es existiert eine Konstante C > 0, so dass Im T„ < C fiir alle n

Ubungsaufgaben zu §8

323

gilt. Die P u n k t m e n g e {TGJ";

ImT C wurde im Text folgendermafien begriindet: a) i(IHI) ist nach dem Satz von der Gebietstreue often und nicht leer. b) i(IHI) ist abgeschlossen (in C). Daraus folgt, dass j(M) = C ist, denn C ist zusammenhangend. Man fiihre die Details aus.

3.

Die EiSENSTEiNreihen sind „reeUe" Funktionen, Gf,{T) = G^.{—T).

Hieraus folgt

Auf den Vertikalgeraden Re T = ± i sind die EiSENSTEiNreihen und die j-Funktion reell. Fiegt T auf der Einheitskreislinie, \T\ = 1, so gilt J{T) = jir). Insbesondere ist die j-Funktion reell auf dem Rand der Modulfigur und auf der imaginaren Achse. 4.

Bei der folgenden Aufgabe darf benutzt werden, dass die FouRiERentwicklung der Diskriminante die Form

324

Kapitel V. Elliptische Funktionen A{T) = a-^q + a^q'^-\

,

a^ ^ 0

(g = e^"'^),

hat (VI.2.8). Man zeige, dass es zu jeder reellen Zahl j einen Punkt T auf dem Rand des Fundamentalbereichs oder der imaginaren Achse gibt, so dass J{T) = j gilt. Anleitung. Man untersuche die Grenzwerte von J{T), wenn der Imaginarteil von r auf den beiden Vertikalgeraden Re r = —1/2 bzw. Re r = 0 nach unendlich strebt.

5. Es gilt i ( e ¥ ) = 0,

i(i) = l.

6. Man beweise den Zusatz von 8.7 im Detail: Zu jedem r G H gibt es ein M aus der von

erzeugten Untergruppe von SL(2, Z) mit MT

eT.

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

III! Zusainmenhang init der Frage, welche koinplexen Zahlen als absolute Invariante eines Gitters vorkoininen, sind wir auf einen neuen Typ analytischer Funktionen gestofien: Es handelt sich hierbei um auf der oberen Halbebene analytische Funktionen, welche unter elliptischen Modulsuhstitutionen ein gewisses Transformationsverhalten liaben, nanilicli

Funktionen niit dieseni Transforniationsverhalten nennt man Modulformen. Wir werden sehen, dass die elliptische Modulgruppe von den beiden Substitutionen z I—> z + 1 und z I—> z erzeugt wird. Es geniigt daher, das Transforniationsverhalten unter diesen beiden Substitutionen nachzupriifen. Man kann dies als eine Analogic zuni Transforniationsverhalten elliptischer Funktionen ansehen, welche ja unter zwei Translationen invariant sind. Ini Gegensatz zu eineni Translationsgitter ist jedoch die elliptische Modulgruppe nicht kommutativ. Die Theorie der Modulformen ist deshalb schwieriger als die der elliptischen Funktionen. Bereits bei der Konstruktion des Fundamentalbereichs der Modulgruppe — eines Analogous zur Grundmasche eines Gitters — war dies zu sehen. In §2 werden wir zunachst ein Pendant zu den Satzen von LlOUVILLE beweisen, die sogenannte fc/12-Formel. Sic gibt Auskunft iiber die Anzahl der Nullstellen einer ganzen Modulform. Ini Zusainmenhang hiermit beweisen wir einige Struktursatze, die zunachst darin gipfeln, dass der Ring aller Modulformen von den EiSENSTEiNreihen G4 und Gg erzeugt wird. Der Korper der Modulfunktionen dagegen wird von der j-Funktion erzeugt. In §4 lernen wir dann Thetareihen als neues Konstruktionsmittel fiir Modulformen kennen. Dank des Struktursatzes werden wir nichttriviale Identitaten zwischen analytischen Funktionen erhalten. Diese Identitaten haben interessante zahlentheoretische Anwendungen, welche wir in Kapitel VII welter verfolgen werden. Thetareihen sind i. a. keine Modulformen zur voUen Modulgruppe, sondern lediglich zu Untergruppen von endlichem Index. Wir werden so dazu gefiihrt, den Begriff der Modulform zu verallgemeinern. In §5 wird der Begriff der Modulform zu Untergruppen der Modulgruppe auch halhganzen Gewichts prazisiert und in §6 studieren

326

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

wir ein dann konkretes Beispiel dazu. Der voile Ring der Modulformen fiir iGUSA's Kongruenzgruppe r[4:, 8] wird bestimmt. Dieser Ring wird von den drei jACOBl'sclien Thetareilien erzeugt.

1. Die Modulgruppe und ihr Fundamentalbereich Wir erinnern daran, dass die elliptische Modulgruppe F = SL(2, Z) auf der oberen Halbebene operiert: r x H —^H, /,, N ,, az + b (M,z) I—> Mz := -—. ^ ' •' cz + d Zwei Matrizen M und A^ definieren genau dann dieselbe Substitution, d. li. Mz = Nz

fiir alle z

eU,

wenn sie sich nur durch das Vorzeichen unterscheiden, M = ±N. In V.8 haben wir die „ Modulfigur" 7":= { z G H;

|Re^| < - , |^| > 1 }

eingefiihrt und

H = IJ MjP Mer bewiesen. Wir woUen in diesem Abschnitt mehr beweisen, namlich, dass diese „Pflasterung" der oberen Halbebene „iiberlappungsfrei" ist, d. li. fiir M, N E F, M 7^ iN, haben MJF und N!F keine inneren Punkte gemeinsam, sondern liochstens Randpunkte. Dazu miissen wir alle M E F niit der Eigenscliaft MJF r\J-^$ dass dies nur endlich viele sind, folgt aus dem 1.2 Hilfssatz. Sei ^ > 0 und, :F{S) := { z e H;

|X| s}.

Es existieren nur endlich viele M E F mit der Eigenschaft MT{5) n T{5) ^ 0.

bestimmen.

§1. Die Modulgruppe und ihr Fundamentalbereich 1.2-^ Folgerung. Zu je zwei Kompakta K,K cM M e r mit M{K) n A" 7^ 0, (denn es gilt K Li K c ^(S),

327 existieren nur endlich vide

S geeignet).

1.22 Folgerung. Sei p G H und K tin Kompaktum in H. Es existieren nur endlich viele Elemente MET mit Mpe K. Insbesondere ist die Punktmenge {Mp; M e F}, also die Bahn von p unter F, diskret in H. 1.23 Folgerung. Der

Stabilisator Fp={MeF;

Mp = p]

ist fiir jeden Punkt p G H erne endliche Gruppe. Beweis von Hilfssatz 1.2. Wenn c = 0 ist, so ist z ^ Mz eine Translation. Da aber die Realteile von z und Mz beschrankt sind, gibt es nur endlich viele solclier Translationen. Wir konnen also c 7^ 0 annelimen. Seien y

y = lv(iz >5 und

j = Ini(Mz) > 5. \cz + d\

Dann gilt y > S{cx + df + dc^y^ > dc^y'^ und dalier

Hieraus folgt zunaclist, dass nur endlich viele ganze c, und danach, dass auch nur endlich viele ganze d diese Ungleichung erfiillen konnen. Die in 1.2 forniulierte Bedingung wird mit M auch von M^^ erfiiUt. Es folgt, dass a, c und d in einer endlichen Menge variieren. Die Determinantenbedingung ad — bc= 1 zeigt, dass auch b (und dann M) einer endlichen Menge angehoren muss. D

Als nachstes wollen wir alle Matrizen M £ F bestimmen, welche die rechte untere Ecke Q von !F, g := e^'/^ = ^ + ^ ^ , festlassen. Es gilt g^ = —'g = g — I und g^ = —1.

328

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

1.3 Hilfssatz. Es gibt genau sechs Matrizen M e r

mit

MQ

= Q,

= Q,

MQ^

ndmlich

Folgerung. Die Gleichungen MQ

= Q^,

MQ^

= Q^,

haben auch jeweils sechs Losungen in F, ndmlich

2)

{MQ' = Q):

±(_{

3)

{MQ' = Q'):

±(J

0 1

n 1 i\ 1 0 : i , ± ( : : i , ± o i ' l o i / ' l i 1

J0 )\ , ±, (/ O1

- 1 \

1j '

, /-1

-1

I

0

Die Folgerung ergibt sich, indem man 2 fO ^? = 1

-1 0'^

beachtet. Hieraus folgt beispielsweise 2

MQ=g' Beweis von 7.5. Sei M = ( " '^e + b

/ 0 ^^ (

1

^\Mg

= Q.

J J e r . Aus der Gleichung

, , , 2 , , = Q Oder aQ + 0 = CQ + dg

CQ + a folgt mittels Q^ = —'Q = g — I ag + b = —eg + dg = eg — c + dg, a = c + d, b = —c, also

M=('^-[ ^ \ —0 d Die Determinantenbedingung ergibt b^ -bd + d^ = 1.

1

§1. Die Modulgruppe und ihr Fundamentalbereich

329

Die einzigen ganzzahligen Losungen dieser Gleichung sind ( 6 , r f ) = ± ( 0 , l ) , ±(1,0), ±(1,1).

D

Nach dieser Vorbereitung konnen wir nun die an T angrenzenden transformierten Bereiche bestimmen: 1.4 Satz. Sei M E F eine Modulmatrix mit der Eigenschaft R{M) •=MTV\T

i-%.

Dann liegt einer der folgenden Falle vor: I. 11.

M = ±E

(R{M) = T).

1)

M = ± 1> 0

2)

M = ± I

j

(R{M) ist die linke Vertikalkante von T).

M = ± I

j

(R{M) ist der Kreisbogen von T).

III.

; ) 1

inm

.St ,l,e r^Me VeH.mkar,,.e ,,on

n

IV. In den restlichen Fallen besteht R{M) aus einem einzigen Punkt, und zwar ist dieser Punkt ^= 2+ 2 ^

'^^^^ e^ = -e = Q-'^ = -^

+ 2^-

Es gibt vier Fdlle, ndmlich

3)

MQ^

=

Q"

% Z^^

}

(« C" keine Pole hat. Wahlt man C geniigend grofi, so hat sie dort auch keine NullsteUen, da sich die NullsteUen einer analytischen Funktion nicht gegen eine aufierwesentliche Singularitat haufen konnen, wenn die Funktion in einer Umgebung der Singularitat nicht identisch verschwindet. Der abgeschnittene Fundamentalbereich {^z E J-] Im ^ < C } ist offenbar kompakt, kann also nur endlich viele Pole und Nullstellen enthalten. Diese enthalten ein Reprasentantensystem modulo F. D

Kapitel VI. Elliptische Modulfomien

336

2.3 Theorem (fe/12-Formel). Set f eine von der Nullfunktion meromorphe Modulform vom Gewicht k. Dann gilt Yl ^

OTd{f] a) + ord(/; icx)) =

k

~ 12 •

Dabei durchlaufe a ein Reprdsentantensystem stellen von f, und es set

e(«) = \*r^

verschiedene

(modulo F) oiler Pole und Null-

falls a falls a sonst.

Q mod r, i modP,

Man kann die A;/12-Formel als ein Analogon des Satzes von LIOUVILLE ansehen, welcher besagt, dass eine nichtkonstante elliptische Funktion gleicli viele Polstellen wie NuUstellen hat. In der Tat kann man ja Satz 2.3 im wichtigen Spezialfall k = 0 folgendermafien aussprechen: Die Funktion f hat in M/F U {ioo} gleich viele NuUstellen wie Pole, wenn man sie mit Vielfachheit rechnet und wenn man die Punkte a G H mit der Gewichtung l/e(a) versieht. Beweis von Satz 2.3. Wir nehmen zunachst einmal der Einfachheit halber an, dass aufier moghcherweise in i, Q und Q^ keine NullsteUen und Pole von / auf dem Rand des Fundamentalbereiches J^ hegen. Wir wahlen die Zahl C > 0 so grofi, dass f{z) fiir I m z > C keine Pole und NullsteUen hat. Wir konnen dann das Integral

langs der Kontur a

Re

§2. Die fc/12-Formel und die Injektivitat der j-Funktion

337

betrachten. Der Radius der kleinen Kreise um ^^, i und ^ sei e > 0. Wir warden spater den Grenziibergang e —)• 0 vollziehen. Wenn e klein genug gewahlt ist, so ist das Integral gleich Y^

ord(/;a).

a mod r a^'i^Q m o d r

Auswertung des Integrals 1) Die

Vertikalkanten

Mit / ist auch g eine periodische Funktion. Die Integrate iiber die Vertikalkanten lieben sicli dalier gegenseitig auf. 2) Die Integrale von C nach D und D' nach C. Die beiden Bogen werden durcli die Transformation z i—)• —z^^ ineinander iiberfiilirt. Es ist dalier nalieliegend, das Transformationsverlialten von g{z) = f'{z)lf{z) unter dieser Substitution zu erniitteln. Aus

f{-llz) folgt

= z^f{z)

n-\iz)-z-^ = z^nz)+kz^-^f{z)

und dalier g{-llz)

= z'^g{z) + kz.

Bezeiclinet /? : [0,1] ^

C

eine Parametrisierung des Kreisbogens von C nach -D, so paranietrisiert Pit) = - / ? ( i ) - i den Kreisbogen von C" nach D'. Es folgt also D

1

g{OdC = j c

gm))P'{t)dt,

0

C'

1

g{OdC = - j g{m)P'{t)dt D'

0 1

1

g[li{t))li'{t)dt-kj^dt. 0

Damit ist

0

Kapitel VI. Elliptische Modulfomien

338 C'

D

1 2^

9{C)dC + JgiOdC .C

D'

k 7(LogD-LogC). 27ri

Wir sind nun am Grenziibergang e —^ 0 interessiert. Der Grenzwert ist __^(Logi-Log(^2)) = A . 3) Integration von A nach A' Die FoURlERentwicklung von g

gewinnt man aus der von / mittels f • g = / ' . Der konstante FoURlERkoeffizient von g ist offenbar gleich ttg = 27riord(/;ioo). Es folgt A'

A'

I g{0 dC = 2m • ord(/; ioo) + Y.a^

j

A

4

"7^0

e ^ - ^ dC-

Es fehlen nur noch die Integrate iiber die kleinen Kreise. 4) Das Integral von B nach C Die Funktion g{z) hat in z = g^ eine Entwicklung g{z) =b_,{z b-i

+ -g)-'+bo

+ b,{z + Q) + ---,

=ord{f;g^).

Der Grenzwert des Integrals (e —)• 0) iiber g{z) — b_-^{z + 'g)^^ ist 0. Benutzt man die Formel dC C— a

la

(Das Integral wird iiber ein Kreissegment um Mittelpunkt a und Offnungswinkel a im BogenmaB erstreckt),

so folgt

- ^ ]im [g{C)dC = Entsprechend zeigt man

-loTd{f;g'

§2. Die fc/12-Formel und die Injektivitat der j-Funktion

339

B'

I f 1 —^ lim / g{C) dC = - - ord(/; g) ZTTl E^O J

und

6

D'

^lim/,(C)rfC = 4ord(/;i) D

Beachtet man noch ord(/; ^) = ord(/;^^), so folgt schlieBlich die behauptete A;/12-Forniel. Wir haben bisher angenomnien, dass aui3er moglicherweise bei g"^, i und g keine Nullstellen oder Pole von / auf dem Rand von !F liegen. Wenn dies der Fall sein sollte, so betraclitet man eine wie im Bild angedeutete modifizierte Integrationslinie.

-14

0

i

Re

Damit ist Theorem 2.3 vollstandig bewiesen. Folgerungen aus der

D

fe/12-Formel

Wir beliandeln zunaclist einige Anwendungen auf game Modulformen. Eine meromorplie Modulform lieiBt ganz, falls sie in alien Punkten aus H U {ioo} regular ist: 2.4 Definition. Eine (game) Modulform vom Gewicht k & Z ist eine analytische Funktion / : H —)• C mit folgenden Eigenschaften: a b a) f{Mz) = {cz + dYf{z) fur alle M c d er. b) / ist in Bereichen der Art „Iinz >C>0"

beschrdnkt.

Die Bedingung b) ist nacli dem RiEMANN'sclien Hebbarkeitssatz aquivalent mit der Regularitat von / in icx).

340

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Eine meromorphe Modulform ist genau dann ganz, wenn ord(/; a) > 0 fiir alle a G H U {ioo} gilt. Aus der A;/12-Forniel folgt unmittelbar 2.5 Satz. Jede game Modulform negativen Gewichts verschwindet Jede game Modulform vom Gewicht 0 ist konstant.

identisch.

Der zweite Teil dieser Aussage ergibt sich durch Anwendung der A;/12-Formel auf/(z)-/(i). 2.5]^ Folgerung. Eine (game) Modulform vom Gewicht k, k E N (k ^ 0) hat mindestens eine Nullstelle m H U {icx)}. Hatte / keine Nullstelle, so ware aucli 1 / / eine ganze Modulform, und / oder 1 / / liatte negatives Gewicht. Ist / 7^ 0 eine ganze Modulform vom Gewicht k und ist a G H U {ioo} eine Nullstelle von / , so folgt aus der A;/12-Formel _k_ ^ ord(/; a) ^ 1 12 e(a) - 3' wobei wir erganzend e(icx)) = 1 definiert haben. Hieraus ergibt sich 2.6 Satz. Es gibt keine game Modulform / ^ 0 vom Gewicht 2. Beispiele fiir ganze Modulformen sind die EiSENSTEiNreihen

G^{z)=

Yl

(cz + d)-'',

k>3.

{c,d)eZxZ (c,d)#(0,0)

Im Falle A; G N, A; > 4, A; = 0 m o d 2 gilt (V.8.4) G,(i(X)) = 2C(A:). 2.7 Satz. 1) Die Eisensteinreihe G^ verschwindet in g in erster Ordnung. Sic hat aujier Q (und den F-dquivalenten Punkten) keine weitere Nullstelle in MU {icx)}. 2) Die Eisensteinreihe GQ verschwindet in i in erster Ordnung. Sic hat aujier i (und den F-dquivalenten Punkten) keine weitere Nullstelle in H U {ioo}. Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus der A;/12-Formel. 2.7]^ Folgerung. Die Funktionen G\ und G\ sind C-linear

unabhdngig.

§2. Die fc/12-Fomiel und die Injektivitat der J-Funktion

341

Die eine Funktion ist also kein konstantes Vielfaches der anderen. Natiirlich kann man eine Linearkombination von G | und Gg finden, welche in icx) verschwindet. Wir kennen bereits eine seiche, namlicli die Diskriminante A = gl-

27gl mit g^ = 6OG4 und g^ = 140Gg.

Aus der Tlieorie der elliptisclien Funktionen wissen wir, dass A keine NuUstelle in H hat. Dies konnen wir nun — ohne die Theorie der elliptischen Funktionen — neu beweisen. Aus 2.7^ folgt zunachst, dass A nicht identisch verschwindet. Aus der A;/12-Formel folgt, dass die einzige NuUstelle von A in icx) liegt. Wir erhalten dariiber hinaus, dass A in ioo in erster Ordnung verschwindet. 2.8 Satz. Set / ^ 0 eine game Modulform (z. B. f = A) vom Gewicht 12, welche in ioo verschwindet. Dann hat f in ioo eine NuUstelle erster Ordnung und sonst keine weitere NuUstelle in H. Wir wissen, dass die j-Funktion eine surjektive Abbildung

induziert. Wir sind jetzt in der Lage, auch die Injektivitat dieser Abbildung zu beweisen. 2.9 Theorem. Die j-Funktion

definiert eine bijektive Abbildung

Beweis. Sei 6 G C Wir miissen zeigen, dass die Funktion f{z) = j{z) — b genau eine NuUstelle modulo P in H hat. Wir wissen (wegen 2.8) ord(/;ioo) = —1. Die Behauptung folgt hieraus und aus der A;/12-Formel. D Wir sprechen Theorem 2.9 noch einmal in der Sprache der elliptischen Funktionen aus: Zu jeder komplexen Zahl j existiert eine und nur eine Aquivalenzklasse cher Gitter mit absoluter Invariante j .

dhnli-

Geometrisch sollte man sich H / P so vorstellen, dass man im Fundamentalbereich aquivalente Randpunkte identifiziert. Stellt man sich den Fundamentalbereich als Raute mit Ecken ^^, i, g und der fehlenden Ecke ioo vor, so hat man die beiden unteren und die beiden oberen anliegenden Kanten miteinander zu verheften. Das entstehende Gebilde ist offenbar topologisch eine Ebene. Wir werden spater M/F mit einer Struktur als Riemann'sche Fldche versehen. Die Abbildung j erweist sich dann als konform. 2.10 Definition. Gewicht 0.

Eine Modulfunktion

ist eine meromorphe Modulform

vom

342

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Beispielsweise ist j eine Modulfunktion. Die Gesamtheit der Modulfunktionen bildet offensichtlich einen Korper, den wir mit K{r) bezeichnen. Jede konstante Funktion ist eine Modulfunktion, der Korper der koniplexen Zahlen ist also in natiirliclier Weise als Unterkorper in K[r) eingebettet. Jedes Polynoni in einer Modulfunktion ist selbst eine Modulfunktion, allgenieiner ist jede rationale Funktion in einer Modulfunktion eine Modulfunktion. Bei den elliptisclien Funktionen wurde dieser Sacliverlialt genauer erlautert (s. V.3). 2.11 T h e o r e m . Der Korper der Modulfunktionen wird von der ahsoluten Invarianten j erzeugt, mit anderen Worten: Jede Modulfunktion ist eine rationale Funktion in j ,

K{r) = c{j). Beweis. Sei / eine Modulfunktion. Durcli die Gleicliung R{3{z)) := f{z) wird tatsaclilicli eine Funktion i? : C —)• C wolildefiniert, denn aus j{z) = j{w) folgt wegen der „Bijektivitat" von j (2.9), dass z und w modulo F Equivalent sind. Da / unter F invariant ist, folgt f{z) = f{w). Sei a G H ein Punkt, in dem die Ableitung von j niclit verscliwindet. Wenn aufierdem f{a) endlicli ist, so folgt aus dem Satz fiir umkelirbare Funktionen, dass R in einer offenen Umgebung von j(a) analytiscli ist. Aus der bekannten Information iiber die Reilienentwicklung von j sclilieBt man, dass eine Konstante C > 0 existiert mit der Eigenscliaft j'{z) ^ 0 fiir Ivaz >C. Insbesondere besitzt die Ableitung von i im Fundamentalbereicli nur endlicli viele Nullstellen (s. Aufgabe 1 zu diesem Absclinitt). Da / im Fundamentalbereicli nur endlicli viele Pole liaben kann, folgt nun, dass die Funktion R im Komplement einer endliclien Punktmenge analytiscli ist. Mittels des Satzes von C A S O R A T I - W E I E R S T R A S S sclilieBt man, dass diese Ausnalimepunkte keine wesentliclien Singularitaten sein konnen. (Man betraclite zu einem beliebigen Punkt a E H, / ( a ) 7^ cx), eine offene Umgebung [/ c H. Diese wird nacli dem Satz von der Gebietstreue in.3.3 auf eine offene Umgebung V = j{U) abgebildet. Walilt man U klein genug, so ist / ( [ / ) niclit diclit in C. Insbesondere ist R{V) = f{U) niclit diclit in C.) Ersetzt man / durcli 1 / / , so erlialt man, dass i? in C meromorpli ist. Ein analoger Scliluss zeigt, dass R aucli in 00 meromorpli ist. Die Funktion R ist also meromorpli auf der ganzen Zalilkugel und dalier rational (s. III.A6). D Der Korper der Modulfunktionen (zur voUen elliptisclien Modulgruppe) ist isoniorpli zuni Korper der rationalen Funktionen, also zuni Korper der nieroniorphen Funktionen auf der RiEMANN'schen Zalilkugel. Dies hangt damit zusammen, dass der Quotientenrauni M/F nach Hinzufiigung eines unendlich fernen Punktes mit der Zalilkugel identifiziert werden kann.

§3. Die Algebra der Modulformen

343

Fiir einen anderen Beweis von Satz 2.11 vergleiche m a n Aufgabe 6 aus VI.3. Ubungsaufgaben zu VI.2 1. Die Ableitung einer Modulfunktion ist eine meroinorphe Modulforin voni Gewicht 2. 2. Sind / und g ganze Modulformen vom Gewicht k, so ist f g — g'f eine ganze Modulform vom Gewicht 2fc + 2. 3. Die Nullstellen von j ' sind genau die zu i oder g modulo F aquivalenten Punkte. Bei den folgenden drei Aufgaben werden einige topologische Grundbegriffe verwendet, insbesondere der Begriff der Quotiententopologie. 4. Versieht man M/F (s. V.7) mit der Quotiententopologie (eine Teilmenge in M/F heifie offen, falls ihr voiles Urbild in H offen ist), dann induziert die j-Funktion eine topologische Abbildung 5. Man zeige ohne Verwendung der j-Funktion, dass M/F zur Ebene C topologisch Equivalent ist. Anleitung.

Man studiere die Randaquivalenzen im Fundamentalbereich.

6. Sei F die Gruppe aller Selbstabbildungen der oberen Halbebene der Form z I—> Mz

bzw.

«i—>M{-1)

mit M e r = SL(2,Z).

Man zeige, dass der Quotientenraum M/F TAX einer abgeschlossenen Halbebene topologisch aquivalent ist.

3. Die Algebra der Modulformen Fiir k E Zi bezeichnen wir mit [F, k] den V e k t o r r a u m aller ganzen Modulformen vom Gewicht k u n d mit [P, k]^ den U n t e r r a u m der Spitzenformen, das sind diejenigen / G [F, k], welche in der Spitze icx) verschwinden: /(ioo):=

lim

f{z)=0.

I m /3—7-00

Offenbar gilt:

a) Ist A e [r,ki], /2 G [r,fcg], dann ist fj^ e [r,ki + k^]. b) D a s P r o d u k t einer Spitzenform mit einer beliebigen ganzen Modulform ist eine Spitzenform. Der U n t e r r a u m [-T, A;]g der Spitzenformen h a t hochstens die Kodimension 1, d.h.

344

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

3.1 Bemerkung. 1st g G [r,k] eine Nichtspitzenform,

[r,k] =

so gilt

[r,k\®Cg.

Beweis. 1st / G [-T, A;], so ist

9(100)

eine Spitzenform, und es gilt

f = h + Cg mit C

/(ioo) g[ioo)

Wir werden sehen, dass [F, k] stets endlichdimensional ist. Fiir die Bestimmung einer Basis von [F, k] ist die Existenz einer Spitzenform / 7^ 0 vom Gewicht 12 von grundsatzlicher Bedeutung. Aus der A;/12-Formel folgt, dass eine seiche Modulform in icx) notwendig eine Nullstelle der Ordnung 1 hat und in der oberen Halbebene keine weiteren NuUstellen besitzt (2.8). Fiir die Konstruktion einer solchen Spitzenform gibt es viele Moglichkeiten. Eine kennen wir bereits, die Diskriniinante A hat diese Eigenschaft, andere werden wir noch kennenlernen. Halten wir fest: 3.2 Satz. Es existiert eine Modulform zi ^ 0 vom Gewicht 12, die in der oberen Halbebene keine NuUstellen besitzt, in icx) jedoch eine Nullstelle (notwendig erster Ordnung). A ist also eine Spitzenform. Ein solches A ist bis auf einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt. Eine mogliche Darstellung ist A = {GOG^f - 27(140^6)^-

Die Bedeutung der Spitzenform vom Gewicht 12 zeigt sich in 3.3 Satz. Die Multiplikation

mit A vermittelt einen

Isomorphismus

[r,fc-i2]^[r,fc]o, Beweis. Da A nicht verschwindet, ist diese Abbildung injektiv. Ist andererseits g G [-T, A;]g, dann ist /:=|e[r,A:-12], denn / hat das richtige Transformationsverhalten, ist in der oberen Halbebene analytisch, da A dort keine Nullstelle hat, und ist auch in ioo regular, da A dort nur eine Nullstelle erster Ordnung hat. D

§3. Die Algebra der Modulformen

345

Vorstufe fiir den angestrebten Struktursatz ist eine offensichtliche Folgerung aus der A;/12-Formel (s. 2.6). Jede game Modulform vom Gewicht 2 verschwindet

identisch.

3.4 Theorem (Struktursatz). Die Monome {G?G(?;

a,/?

G NO, 4 a +

6/? =

A;}

bilden eine Basis von [F, k]. Jede Modulform f G [F, k] ist also eindeutig als Linearkombination a,/3>0 4a+6/3 = fc

darstellbar. Zusatz. Die Dimension des Vektorraums der Modulformen ist endlich, und es gilt { \^] , falls k = 2 mod 12, dinif,[r,A;] = I ^''^ U T I ] + 1' /«^^« '^ ^ 2 mod 12. Beweis. Wir zeigen zunachst durch Induktion nach A;, dass [-T, A] von den angegebenen Monomen erzeugt wird. Als Induktionsbeginn kann A = 0 gewalilt werden, da jede Modulform vom Gewicht 0 konstant ist (2.5). Sei nun / eine von 0 verschiedene Modulform vom Gewicht A > 0. Es gilt dann A; > 4. Jede gerade Zahl A > 4 lasst sich in der Form k = Aa + Qf5 mit nicht negativen ganzen Zahlen schreiben. Es existiert eine Konstante C, so dass / — CG"GQ eine Spitzenform ist. Diese lasst sich nach 3.3 in der Form / - CG«G(?

=A-g

mit einer Modulform g kleineren Gewichts schreiben. Da wir durch vollstandige Induktion schlieBen woUen, konnen wir annehmen, dass g eine Linearkombination von Monomen in G4 und Gg mit den entsprechenden Gewichten ist. Man erhalt dann eine Darstellung von / als Linearkombination von Monomen in G^ und Gg. Eine einfache kombinatorische Uberlegung zeigt, dass die Anzahl der Monome gleich der im Zusatz angegebenen Zahl ist. Die lineare Unabhangigkeit der Monome und die angegebene Dimensionsformel sind also Equivalent. Die Dimensionsformel folgt aber ebenfalls durch Induktion nach A, denn es gilt dime [r, 0] = 1, dime [F, 2] = 0 und dime [F, k] = l + dim^ [F, k - 12]

fiir A; > 4.

Die angegebene Dimensionsformel geniigt derselben Rekursion.

D

346

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

W i r geben noch einen zweiten — von der A;/12-Forniel u n a b h a n g i g e n — Beweis fiir [F, 2] = {0}. G a b e es namlich eine nicht verschwindende Modulform / G [ r , 2 ] , sofolgte / 2 e [r,4],

also f

= aG^

f

also f

= 6Ge mit h G C*.

G [r,6],

mit a G C ,

D a m i t waren a b e r G\ u n d Gg linear abliangig ini Widersprucli zuni Niclitverscliwinden von A (2.7^). Man kann den Struktursatz aucli ringtheoretisch forniulieren, indeni man die direkte Suninie aller Vektorraunie von Modulformen einfiihrt,

-4(r):=0[r,fc]. fc>0

Auf dieser direkten Summe lasst sicli in naheliegender Weise eine Ringstruktur, genauer eine Struktur als C-Algebra einfiihren. 3.5 T h e o r e m . Die Ahhildung X I—> G4,

induziert einen Algehrenisomorphisnius Y auf die Algebra der Modulformen,

Y I—> Gg,

des Polynomrings

c[x,y]

in zwei Unhestinimten

X,

-^A{r).

Ubungsaufgaben zu VI.3 1. Sei / : H ^ C eine ganze Modulform ohne Nullstelle (in H). Dann ist / konstantes Vielfaches einer Potenz der Diskriminante A. 2. Sei df, = dim^, [F, fc] die Dimension des Vektorraumes der (ganzen) Modulformen vom Gewicht k. Zu jedem dj,-Tupel komplexer Zahlen ag, Oj^,..., a^ _j existiert genau eine Modulform vom Gewicht k, deren erste d^. FouRiERkoefSzienten gerade die vorgegebenen Zahlen sind. Anleitung. Wenn die ersten d^. FouRiERkoeffizienten einer Modulform verschwinden, so ist sie durch A''^*' teilbar, d. h. der Quotient ist wieder eine ganze Modulform. 3. Es gibt kein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom P G C[X] mit der Eigenschaft P{j) = 0. Man leite hieraus einen neuen Beweis dafiir ab, dass die EiSENSTEiNreihen G^ und Gg algebraisch unabhangig sind, d. h. die Monome G4 Gg, 4a + 6/? = k, sind fiir jedes k linear unabhangig.

§4. Modulfomien und Thetareihen

347

4. Zu jedem Punkt a G 11 existiert eine ganze Modulform (sogar vom Gewicht 12), die in a verschwindet, die aber nicht identisch verschwindet. Anleitung.

Man benutze die Kenntnis der Nullstellen von A.

5. Jede meromorphe Modulform ist als Quotient zweier ganzer Modulformen darstellbar. 6. Mit Hilfe der vorangehenden Aufgabe und dem Struktursatz fiir die Algebra der Modulformen (3.4) leite man einen weiteren Beweis dafiir ab, dass jede Modulfunktion eine rationale Funktion von j ist.

4. Modulformen und Thetareihen Im Prinzip haben wir alle (ganzen) Modulformen im vorhergehenden Abschnitt bestimmt. Es gibt jedocli andere Konstruktionsmogliclikeiten fiir Modulformen. Der Darstellungssatz liefert dann nichttriviale Identitaten zwischen analytischen Funktionen. Wir wollen in diesem Abschnitt einige dieser Identitaten lierleiten. Solclie Identitaten haben oft zahlentheoretische Bedeutung. In VII. 1 werden wir auf einige zahlentheoretische Anwendungen naher eingehen.

Die Jacobi'sche

Thetatransformationsformel

4 . 1 H i l f s s a t z . Die beiden

Reihen

oo

konvergieren fiir {z,w) analytische Funktionen

oo

EM x C normal. Sie stellen in w dar und umgekehrt.

insbesondere

bei festem

z

Die zweite dieser beiden Reihen h a b e n wir schon in V.6 im Z u s a m m e n h a n g mit d e m ABEL'schen T h e o r e m kennengelernt. D o r t w u r d e sie mit

^{z,w) := Y^

Trin

z+2TTinw

bezeichnet. Allerdings w u r d e damals die N o t a t i o n (T, Z) anstelle von {z, w) verwendet, u n d der P u n k t r war dabei ein fester P a r a m e t e r . J e t z t interessiert uns •d{z, w) vor allem als F u n k t i o n von z bei festem w. In V.6 w u r d e auch die Konvergenz der T h e t a r e i h e bei festem ersten A r g u m e n t bewiesen. Ein analoger Schluss hefert auch die normale Konvergenz in beiden Variablen.

Kapitel VI. Elliptische Modulfomien

348

4.2 Jacobi'sche Thetatransformationsformel (C. G. J.

JACOBI,

1828).

Fiir {z,w) EM X C gilt die Formel ex:

IT

oo

Vf E

n-\-w

e'^'

=E

•'z

gi"i«^{ - 1 / z)-\-27Tinw

n= — oo

Dabei ist die Quadratwurzel aus zj'i durch den Hauptzweig des Logarithmus definiert. Beweis. Die Funktion oo

f{w) •= J2

e^'"("+'")'

{z fest)

n= — oo

hat ofFenbar die Periode 1 und gestattet daher eine FoURiERentwicklung oo

fiw)

=

^

a^,

^27rir77U'

777= — o o

mit /.

^m=

oo

Yl

e^'"("+'")'-2^'™'" du.

Dabei sei «; = u + iv. Der Imaginarteil v von w kann dabei beliebig gewahlt werden. Wir werden iiber ihn noch geeignet verfiigen. Wegen der lokal gleichmai^igen Konvergenz darf man Suninie und Integral vertauschen. Anschliei3ende Substitution u \-^ u — n zeigt ^^ni{zw'-2mw)

^^_

Durch quadratische Erganzung erhalt man zw — 2mw = z [w also (Jjm

my z )

z ^m^,

^•K\z(w-m/z)''

C.

^^_

Nun walilen wir den Imaginarteil v von w so, daB w — m/z reell wird. Nacli einer Translation von u erhalt man dann a^ = e

iT\m^(-llz)

/

e'^i^^^du

§4. Modulfomien und Thetareihen

349

Es bleibt das Integral zu berechnen. Wir mussen die Formel OO

"1^

^-KlZU

Z

du

beweisen. Da beide Seiten analytische Funktionen in z darstellen, geniigt es, sie fiir rein imaginare z = iy zu beweisen. Die Substitution t = u-

-^

fiihrt die Berechnung auf das bekannte Integral e-^'^^dt = 1 zuriick.

D

Spezialisiert man die JACOBi'sclie Tlietatransforniationsforniel, so erlialt man 4.3 Satz. Die Funktion OO

§{z)=

Yl e

stellt eine analytische Funktion dar. Sie geniigt den a)

^{z + 2) = -diz) und

b)

,(_!) = y|,(,).

Transformationsformeln

Die Thetareilie 'd{z) hat nur die Periode 2. Um zu einer Modulform zu gelangen, betrachten wir neben -d aucli •d{z) = •d{z + 1), ^{z) = J2

TTin^z. (-l)"exp7ri

Die Funktion § ist ein spezieller Wert der jACOBi'sclien Tlietafunktion ^{z, w) namlicli d{z) = ^ ( ^ , 1 / 2 ) . Man erlialt aus 4.2 eine Transformatinsformel fiir d, namlicli

350

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

mit oo

g7ri{«+l/2)^^_

Halten wir fest: 4.4 Bemerkung (C. G. J.

JACOBI

'd{z) = y ^

1833/36, 1838). Die drei Thetareihen

expyrin^^,

n= — (yo ex:

^{z) = y ] (-l)"exp7rin^2:

un

n= — oo ex: ^ d{z) = ^

genugen den

expTri{n +

l/2fz

Transformationsformeln

^{z + l)=^{z),

{f{z + l)=^{z),

^{z +

l)=e'''^H{z),

"14)=#«• -'(-i)=#('->• ''(4)=yf'^ + 1 und beachtet

Eine einfache Rechnung zeigt nun

/(4)

^e(*+*)/(0)

woraus sich die Behauptung ergibt. Die bisher b e t r a c h t e t e n T h e t a r e i h e n sind Spezialfalle eines allgemeineren T y p s von T h e t a r e i h e n , welche m a n quadratischen Fornien bzw. Gittern zuordnen kann.

Quadratische Formen Wir bezeichnen im Folgenden mit

/an A = A'"'™' =

•''

^Im



nm

; \a«i

eine M a t r i x von n Zeilen u n d 'in Spalten. Im Fall 'in = n schreibt m a n auch einfach A = A^^> u n d nennt A eine n-reihige M a t r i x ,

ist die zu A t r a n s p o n i e r t e M a t r i x . Seien S = 5(") u n d A = A*"'™). D a n n ist die M a t r i x S[A] : =

A'SA

m-reihig. W e n n S symmetrisch ist {S = S'), so ist auch S[A] symmetrisch. Es gilt die Rechenregel S[AB]

= S[A][B]

{S = S'*"', A = A*"'™', B = B*™'*'').

Ist z spezieU ein n-reihiger Spaltenvektor, so ist

§4. Modulfomien und Thetareihen

353

eine 1 x 1-Matrix, die wir mit einer Zahl identifizieren. Die Funktion z i—)• S\z\ ist die der Matrix S zugeordnete quadratische Form. Eine symmetrische Matrix ist durch die ihr zugeordnete quadratische Form eindeutig bestimmt. Eine reelle symmetrische Matrix S = 5 ' " ' heii3t positiv definit — oder auch einfach positiv —, faUs S{x\ fiir aUe von 0 verschiedenen reellen Spalten x positiv ist. Wir benutzen aus der hnearen Algebra zwei einfache Eigenschaften positiver Matrizen ohne Beweis: Ist S eine (reelle symmetrische) 6 mit der Eigenschaft

positive Matrix, so existiert eine positive Zahl

S[x] > 6{xl +--- + xl). Jede positive Matrix S Idsst sick in der Form S = A'A mit einer invertierbaren reellen (quadratischen) Matrix schreiben. Man kann erreichen, dass die Determinante von A positiv ist. Natiirlich ist auch jede Matrix dieser Form positiv definit. Allgemeiner gilt: Ist S = 5^"' eine positive Matrix und A = A^"'™' eine reelle Matrix vom Rang m, so ist auch die Matrix S{A\ positiv. Jeder positiven Matrix S = 5 ' " ' kann eine Thetareihe zugeordnet werden, d{S]z)=

2_, exp7ri5[(ji]^.

Diese Reihe hat zahlentheoretische Bedeutung, wenn S ganz ist, denn dann ist 'd{S] z) eine periodische Funktion mit Periode 2, deren FoURlERentwicklung die Gestalt oo

§{S;z) = ^

A(5,m)e'^'™-^

m=0

hat, wobei A(5,m):=#{5GZ";

S[g]=m]

die Anzahl der Darstellungen einer natiirlichen Zahl m durch die quadratische Form S bezeichne. Wir werden in den Ubungsaufgaben zu diesem Abschnitt und in Kapitel VII zahlentheoretische Anwendungen der Theorie der Modulformen fiir diese Darstellungsanzahlen erhalten. Im Falle der Einheitsmatrix S = E = E^^> zerfallt diese Thetareihe formal in ein CAUCHYprodukt von n Thetareihen 'd{z), 'd{E;z)

='d{z)''.

Die Konvergenz von 'd{E; z) folgt hieraus mittels des CAUCHY'schen Multiphkationssatzes. Da es zu beliebigem positiven S eine positive Zahl 6 mit der

354

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Eigenschaft S[x] > 6E[x] fiir alle reellen Spalten x gibt, folgt die Konvergenz der Thetareihe allgemein. Wie schon im Falle der Reihe 'd{z) werden wir allgemeiner die Reihe f{z,w):=

y ^ exp7ri5[ff + w]^,

z G H, w G C",

gel."

betrachten. Im Falle der Matrix S = (1) ist dies genau die JACOBi'sclie Thetareihe. Die JACOBi'sche Thetatransformationsformel gestattet folgende Verallgemeinerung: 4.7 Verallgemeinerte Thetatransformationsformel. positive Matrix. Es gilt

Sei S = 5*^"' erne

Beide Reihen konvergieren m H x C " normal. Beweis. Mit Hilfe einer Abschatzung S[x] > SE[x] fiihrt man den Konvergenzbeweis leicht auf den Fall der jACOBi'schen Thetafunktion zuriick. Fiir den Beweis der Transformationsformel betrachten wir wieder die Funktion f{w) = f{z,w) bei festem z. Sie ist stetig als Funktion von w und analytisch in jeder Variablen w,, 1 < j < n. AuBerdem hat sie die Periode 1 in jeder Variablen. Jede Funktion mit diesen Eigenschaften kann man in eine absolut konvergente FoURlERreihe f{w) = Y a . e ' " ' ' ' " hez"

{h'w = h,w, + ••• +

h„wj

entwickeln. Der FoURlERkoeffizient kann mittels der Formel /(«;)e-2'^''*'"'rfMi...du„ berechnet werden. Dabei ist w = u + iv mit festem aber beliebigem v. Das FoURlERintegral hangt nicht von der Wahl von v ab. Wir haben diesen Entwicklungssatz nur im Falle n = 1 bewiesen. Aber das reicht fiir unsere Zwecke aus, denn man kann folgendermaBen vorgehen. Man entwickelt zunachst / in eine FouRiERreihe in der Variablen w^. Die FoURlERkoefFizienten hangen dann noch von Wgj-.-Wjj ab. Ihre Darstellung durch das FouRiERintegral zeigt, dass sie stetig in C " ^ sind und analytisch in den verbleibenden Variablen w-, 2 < j < n, sind. Man kann dann die FoURlERkoefFizienten wieder in FoURlERreihen nach u'2 entwickeln. Mehrfache

§4. Modulfomien und Thetareihen

355

Anwendung fiihrt genau auf obige FouRiERreihe mit der angegebenen Koeffizientenformel, jedoch mit einer Einschrankung: Die FoURlERreihe muss in folgender Form geklammert sein: oo

I

E

I

•••

oo

E

«.^'"'''"

Die Klammern kann man weglassen, wenn die ungeklammerte Reihe absolut konvergiert. In dem bei uns vorliegenden Fall folgt dies unmittelbar aus der expliziten Bereclinung der FoURlERkoeffizienten. Die FouRiERintegrale werden wie im Fall der jACOBi'sclien Tlietafunktion bereclinet. Wir konnen uns dalier kurz fassen: Man sielit zunaclist oo

oo

g^i{SM2-2/,'«,}^^^___^y^^ — oo

—oo

Dem Prinzip der quadratisclien Erganzung (babylonisclie Identitat) ist folgende Formel nacligebildet: S[w]z - 2h'w = S[w - z-^S-^h]z

-

S-^[h]z-\

Dank des Prinzips der analytisclien Fortsetzung konnen wir annelimen, dass z = \y rein imaginar ist. Wir setzen dann

und erlialten oo

a^ = e-^^"'Ws/"'

oo

/ . . . / e - ^ ^ M ^ d u i . . . du^. — oo

—oo

Fiir die Bereclinung des Integrals ist es zweckmaBig, die Integraltransformation u ^

y-^l'^A-\i

(5 = A'A)

durclizufiiliren. Ilire Determinante ist j / ^ " ' ^ det A^^. tionsformel fiir n-faclie Integrale folgt oo

oo

— cx:

—oo

oo

oo

2/-"/2|detA-i| / ... / — OO

Aus der Transforma-

—OO

e-'^("i+-+""'rfMi...du„

Kapitel VI. Elliptische Modulfomien

356 ?/-"/2 Vdet 5 - 1

du

Damit ist 4.7 bewiesen.

D

Als wichtigen Spezialfall der jACOBi'schen Thetatransformationsformel erhalten wir 4.8 Satz. Es gilt die

Thetatransformationsformel

An dieser Formel stort noch, dass neben z \-^ z ^ auch der Ubergang S \-^ S ^ zu vollziehen ist. Unter speziellen Voraussetzungen ist dies jedoch nicht notig: Eine invertierbare Matrix U = f/^"' heii3t unimodular, falls sowolil U als aucli C/-1 ganzzalilig sind. Es gilt dann detU = ± 1 , und nacli der CRAMER'sclien Regel ist jede ganze Matrix mit dieser Eigenscliaft unimodular. Die Menge all dieser Matrizen bildet die unimodulare Gruppe GL(n, Z). Zwei positive n-reiliige Matrizen S und T lieiBen (unimodular) dquivalent, falls es eine unimodulare Matrix U mit der Eigenscliaft T = S[U] gibt. Dies ist offensiclitlicli eine Aquivalenzrelation, die Aquvalenzklassen nennt man aucli unimodulare Klassen. Ist U eine unimodulare Matrix, so durclilauft mit g aucli Ug alle ganzen Spaltenvektoren der riclitigen Reilienzalil. Hieraus folgt: Sind S und T aquivalente positive Matrizen, so gilt ^{T;z)

=^{S]z).

Wenn S selbst unimodular ist, so sind S und S^^ Equivalent, denn es gilt S = S^^[S]. Die Thetatransformationsformel besagt in diesem Fall

'd{S;

§iS;z)

Wir mocliten Tlietareilien mit der Periode 1 betracliten. Dazu miissen wir positive Matrizen mit der Eigenscliaft g ganz

S[g] gerade

betracliten. Man nennt symmetrisclie Matrizen mit dieser Eigenscliaft aucli gerade. Eine symmetrisclie Matrix ist genau dann gerade, falls sie ganz ist und falls ilire Diagonalelemente gerade sind. Dies folgt aus der Formel

§4. Modulfomien und Thetareihen

357

v=l

l 0.

Bei dieser Aufgabe verwenden wir die Formel fiir die FouRiERkoeffizienten der EiSENSTEiNreihen, welche wir in VII. 1 ableiten werden,

n= l

Sei L C R™, m = OmodS, ein Gitter vom Typ II und fiir n G Ng ^L i"^) = #{3; G -^i

{^7 ^) = n}.

Es gilt

d. h. der Quotient der beiden Seiten konvergiert fiir n —>• 00 gegen 1. In den Fallen m = 8 und m = 16 gilt das Gleichheitszeichen, allgemein jedoch nicht. Umso bemerkenswerter ist folgender Satz von C. L. SIEGEL [Si2]: Fiir natiirliche Zahlen n gilt LW E ^e(L) L

^ 'Sp (

^ \

-™

L.ye{L) L

^

Y ^ ,m/2-l

B^f,2^ '

'

d\n

360

Kapitel VI. Elliptische Modulformen Dabei durchlaufe L ein Vertretersystem der Kongruenzklassen aller Typ-II-Gitter. e{L) ist die Ordnung der Automorphismengruppe von L. (Ein Automorphismus von L ist eine orthogonale Abbildung von R " auf sich, welche L in sich iiberfiihrt. Die Anzahl dieser Klassen ist 1 ini Falle rn- = 8; 2 im Falle m = 16; 24 im Falle rn- = 24 und mindestens 80 Millionen im Falle m = 32 (vgl. [CS]).

5. Ist / eine beliebige Modulform voni Gewiclit fc, so gilt fiir die FouRiERkoeffizienten a^ eine Abschatzung vom Typ \a„\ < Cn''-'^

(E. H E C K E , 1927).

6. Man bestimme die Anzahl aller ganzzahligen orthogonalen Matrizen {U'U = E) beliebiger Reilienzalil. 7. Am Ende des Abschnittes wurde das Gitter L^ definiert. a) Man zeige, dass das Gitter L^ genau dann vom Typ II ist, wenn n durch 8 teilbar ist. b) Man bestimme im Falle n = 0 m o d 8 die Minimalvektoren von L^, das sind die Vektoren a £ L mit {a, a) = 2. c) Indem man die Winkel zwischen den Minimalvektoren studiert, zeige man, dass die Gitter L-^g und Lg x Lg nicht kongruent sind. (Dennoch stimmen die Gitterpunktanzahlen Aj^{n) iiberein!) 8. Seien a und b reelle Zahlen. Die Thetareihe — ein sogenannter Thetanullwert



oo

n = —oo

verschwindet genau dann identisch, wenn a — 1/2 und b — 1/2 beide ganz sind. In alien anderen Fallen hat sie keine NuUstelle in der oberen Halbebene. Anleitung. Man driicke sie durch die jACOBi'sche Thetareihe •&{z,v:)) aus und benutze, dass deren Nullstellen bekannt sind (V.6, Aufgabe 3). 9. Die Thetareihen (s. Aufgabe 7) -d^ j, andern sich hochstens um einen konstanten Faktor, wenn man a und b um eine ganze Zahl abandert. Man leite aus der jACOBl'schen Thetatransformationsformel die Thetatransformationsformel ^a,b

(-l)=e'-''^/|\-aiz)

ab. 10. Sei n eine natiirliche Zahl. Wir betrachten alle Paare ganzer Zahlen (a, 6),

0 0,

364 b)

Kapitel VI. Elliptische Modulformen \fa = i\/|a|, falls a negativ reell,

ausgezeiclinet. Die Funktion z I—> Vc^Td

((c, d) eRxR-

{(0,0)})

ist in der oberen Halbebene analytiscli, da cz + d im Falle c 7^ 0 niemals negativ reell wird. Bezeichnung. I^{M, z) := {cz + dyl"^ := Vcz + d\

r E Z.

5.4 Bemerkung. Es gilt I,{MN, z) = w,(M, A^)/,(M, Nz)I^{N,

z).

Dabei ist w^{M,N) ein Zahlensystem, das nur die Werte ± 1 annimmt. Es hdngt von r nur modulo 2 ab, also nur davon, oh r gerade ist oder nicht. Nur fiir gerade r ist das Zahlensystem identisch 1. Beweis. Eine triviale Reclinung zeigt, dass die angegebene Formel fiir gerade r niit w^ = 1 riclitig ist. Sie folgt dann aucli fiir ungerade r durcli Wurzelzielien. Das Vorzeiclien w^ konimt wegen der Zweideutigkeit der Quadratwurzel ins Spiel. Beispielsweise gilt

'''^~^'~^^=hFsSf=^

= - = -^

fur 5:=^^

Q

(Nacli unserer Konvention der Auswalil der Wurzel ist \ / ^ = i und niclit etwa

5.5 Definition. Ein Multiplikaiorsystem vom Gewicht r/2, r G Z, ) beziiglich einer Kongruenzgruppe F ist eine Abbildung, welche jedem M ^ F eine Einheitswurzel v{M)eC, w(M)' = l, einer von M unabhdngigen Ordnung I G N zuordnet, so dass I{M,z)=v{M)I^{M,z) ein Automorphiefaktor

ist, d. h.

I{MN,z)

= I{M,Nz)I{N,z)

{M,Ner).

Aufierdem soil I{—E, z) = I gelten, falls die negative Einheitsmatrix enthalten ist. *) Es kommt nur auf die Restklasse von r modulo 2 an.

in F

§5. Modulfomien zu Kongruenzgruppen

365

Aquivalent zu der Automorphieeigenschaft ist v{MN)

=

w^{M,N)v{M)v{N).

Wenn r gerade ist, so bedeutet dies, dass v ein Charakter, also ein Homomorphismus von F in die multiplikative Gruppe der komplexen Zahlen ist. Die Bedeutung der Multiplikatorsysteme zeigt sich in folgender Beobachtung: Sei / : H —)• C erne Funktion mit dem

f{Mz) =

Transformationsverhalten

I{M,z)f{z)

fur alle M aus einer gewissen Menge M. C F. Es gilt dann fur alle M aus der von Ai erzeugten Untergruppe von F. Beispiele 1)

r ist gerade.

Wie schon erwahnt, bedeutet die Automorphieeigenschaft einfach, dass v ein Charakter ist, v{MN) =v{M)v{N). Der wichtigste Fall ist der des Hauptcharakters (w = 1). Nach Voraussetzung konnen Multiplikatorsysteme nur endlich viele Werte annehmen. Der Kern des Charakters v FQ = {M EF; V{M) = 1 } ist also eine Untergruppe von endlichem Index in F. 2)

r ist ungerade.

Sei F^ die von

erzeugte Untergruppe von SL(2,Z). Wir werden im Anhang zu diesem Abschnitt zeigen, dass F^ aus alien Matrizen , I G SL(2, Z),

a + b + c + d gerade,

besteht. Insbesondere enthalt F^ die Kongruenzgruppe F[2] und ist mithin selbst eine Kongruenzgruppe. Wir haben eine Formel 'd{Mz) = v^{M)Vcz

+ d'd{z)

{v^{Mf

= l)

fiir die beiden Erzeugenden der Thetagruppe bewiesen. Eine solche folgt dann automatisch fiir alle M E F^. Die Abbildung

366

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

r ^ ^ C ,

M^v^iM),

ist notwendigerweise ein Multiplikatorsystem vom Gewicht 1/2. Dieses ist festgelegt durch die speziellen Werte

0 i j "^ ' '"''1^1

oj "^

Man nennt dieses Multiplikatorsystem das Thetamultiplikatorsystem. niclit ganz leiclit, eine gesclilossene Formel fiir v^ zu linden (s. [Ma3]).

Es ist

Sei nun v ein beliebiges Multiplikatorsystem nicht ganzen Gewichts beziiglicli der Kongruenzgruppe F. Der Cliarakter v/v^ nimnit nur endlicli viele Werte an. Es existiert dalier eine Untergruppe Pg C F f] F^ von endlicliem Index, so dass die Einsclirankung von v und v^ auf F^ iibereinstimnien, d. li. v{M) = v^{M)

fiir alle M E F^ .

Wir liaben bereits erwalint, dass eigentlicli nur die Kongruenzgruppen interessant fiir die Tlieorie der Modulformen sind. Aus demselben Grund sind aucli nur Multiplikatorsysteme v mit folgender Eigenscliaft von Interesse: 1) r sei gerade: Es existiert eine Kongruenzgruppe FQ C F, SO dass v auf FQ trivial (d. li. der Hauptcliarakter) ist. 2) r sei ungerade: Es existiert eine Kongruenzgruppe FQ C F Ci F^, SO dass die Einsclirankung von v auf F^ mit dem Tlietamultiplikatorsystem iibereinstimmt. Das konjugierte Multiplikatorsystem Wir verwenden (fiir r G Z) die modifizierte PETERSSON'sclie Bezeiclinung {f\M){z)

= {f\M){z):=V^^+d

f{Mz).

r

Dabei sei / irgendeine Funktion auf der oberen Halbebene und M G SL(2, Z) eine Modulmatrix. Es gilt (5.5) f\MN

=

w^{M,N)U\M)\N.

Die Niitzliclikeit der PETERSSON'sclien Bezeiclinung liegt in folgender einfaclier ist 5.6 Bemerkung. Ein System von l-ten Einheitswurzeln { w ( M ) } ^ genau dann eine Multiplikatorsystem vom Gewicht r/2, falls es eine Funktion f auf der oberen Halbebene gibt, welche nicht identisch verschwindet und welche der Transformationsformel f\M = v{M)f r

genugt.

§5. Modulformen zu Kongruenzgruppen

367

Beweis. 1) Es existiere eine Funktion mit der angegebenen Eigenschaft. Man wahle einen Punkt a, in welchem die Funktion nicht verschwindet, und nutze die Gleichung (/|M)(a) = v{M)f{a) aus. 2) Wir wahlen einen Punkt a ini Innern des Fundanientalbereichs der vollen Modulgruppe aus. Aus der Gleichung Ma = Na {M, N E F) folgt dann M = ±N. Man betrachtet dann die Funktion / auf der oberen Halbebene, welche nur in den Punkten der Form Ma, M £ F, von Null verschieden ist und in ihnen den Wert f{Ma) = I{M, a) anninimt. Natiirlicli ist die so konstruierte Funktion unstetig. D Seien v ein Multiplikatorsystem voni Gewiclit r / 2 beziiglicli der Kongruenzgruppe F und / : H —^ C eine Funktion mit der Transformationseigenscliaft f\M

= v{M)f

fiir alle M e T.

Wir woUen zeigen, dass die Funktion / := f\L^^ fiir beliebiges L G SL(2, T,) ein analoges Transformationsverlialten beziiglicli der zu F konjugierten Gruppe F •= FFL-^ hat: Sei M G T, d.h. M = LML-\ M E F. Dann gilt f\M

= if\F-')\M =

w^{F-\M)f\F-'M

w^{F-\M)f\MF-'

= mit

=

w,{F-\M)w,{M,F-')if\M)\F-'

= v{M)w^{F-\M)w^{M,F-^)f = v{M)J _,^ _,^ v{M) = v{F-^MF)w^{F-^,M)w^{F-^MF,F-^).

Aus 5.6 folgt nun:

5.7 Bemerkung. Sei v ein Multiplikatorsystem vom Gewicht r/2 beziiglich einer Kongruenzgruppe F. Sei L G SL(2, T,) beliebig. Durch v{M) =

v{F-^MF)w^{L-\M)w^{L-^MF,F-^)

wird ein Multiplikatorsystem vom Gewicht r/2 beziiglich der zu F konjugierten Gruppe F = LFF^^ definiert, das sogenannte konjugierte Multiplikatorsystem. Zusatz. /si / : H —)• C eine Funktion mit dem f\M so geniigt f = f\L^^

dem

= v{M)f

fiir M

Transformationsverhalten eF,

Transformationsverhalten

f\M = v{M)J fiir M

eF.

368

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Der Begriff der Regularitat (Meromorphie) in einer Spitze Sei V ein Multiplikatorsystem vom Gewicht r / 2 beziiglich einer Kongruenzgruppe r und / : H —)• C eine meromorphe Funktion mit der Eigenschaft f\M = v{M)f fiir alle M G -T. Es existiert eine ganze Zahl q ^0 mit r

J

j ) e r

und

fiz + q)=v(^l

j)/(z).

Da V nur Einheitswurzeln als Werte hat, gilt 1 0

q 1 •

1

fiir eine geeignete natiirliche Zahl /. Es folgt die Existenz einer Zahl N ^ Q (z. B. N = Iq) mit der Eigenschaft f{z + N) = f{z). Wegen 5.7 sind auch die transformierten Funktionen f\L^^ periodisch. Damit konnen wir, wie in §2 ausgefiihrt, davon sprechen, dass f\L^^ in icx) regular bzw. aufierwesentlich singular ist. Wir werden sehen (5.9), dass diese Bedingungen nur von der Spitzenklasse von i^^(ioo) abhangen.

Der Begriff der Modulform 5.8 Definition. Es seien F eine Kongruenzgruppe und v ein Multiplikatorsystem vom Gewicht r/2, r E Z. Eine meromorphe Modulform, vom Gewicht r/2 zum Multiplikatorsystem v ist eine meromorphe Funktion f : H —yC mit folgenden 1) f\M

Eigenschaften:

= v{M)f

fiir alle M £ F.

r

2) Zu jedem L G SL(2, Z) existiert eine Zahl C > 0, so dass

f--=f\L-' r

in der Halbebene Im ^ > C analytisch ist und eine aufierwesentliche laritdt bei icx) hat.

Singu-

Zusatz. Ist f sogar eine analytische Funktion / : H —)• C, und ist f\L^^ sogar regular in ioo (fiir alle L e SL(2,Z)j, so nennt man f eine (ganze) Modulform,. Sie heifit Spitzenform,, falls iiberdies {f\L-^){ioo)=0 gilt.

fur alle i G SL(2, Z)

§5. Modulfomien zu Kongruenzgruppen

369

Tatsachlich braucht man die in 5.8 formulierten Bedingungen nur fiir endlich viele L nachzupriifen. 5.9 Bemerkung. Set C eine Menge von Matrizen L e SL(2, Z), so dass L^^(ioo) ein Vertretersystem der r-Aquivalenzklassen von Spitzen durchlduft. Es geniigt in Definition 5.8, die Matrizen L E £ zu betrachten. Im Falle der vollen Modulgruppe geniigt es insbesondere, L = E zu nehmen. Definition 5.8 steht also im Einklang mit der Definition 2.4. Beweis. Seien M^^{\oo) und iV^^(ioo) zwei -T-aquivalente Spitzen. Es existieren dann eine Translationsmatrix P = ± I M =

j und eine Matrix L (^ F mit

PNL.

Die beiden Funktionen f\M^^ und /|A^^^ unterscheiden sich bis auf einen konstanten Faktor nur um eine Translation im Argument. D Bezeichnungen. {F,r/2,v} U [F,r/2,v] U [-T, r/2,w]g

Menge aller meromorphen Modulformen, Menge aller ganzen Modulformen, Menge aller Spitzenformen.

1st r gerade und v das triviale Multiplikatorsystem, so lasst man v in der Bezeiclinung einfacli weg und sclireibt beispielsweise [F,r/2]:=[F,r/2,v].

SclilieBlicli sclireibt man nocli K{F) := {F,0}. Die Elemente von K{F) sind P-invariant und lieiBen Modulfunktionen. Offenbar bildet die Menge aller Modulfunktionen einen Korper, welclier die konstanten Funktionen entlialt. Unmittelbar klar aufgrund von 5.9 ist folgende 5.10 Bemerkung.

Sei L G SL(2, Z) eine Modulmatrix.

f^.f\L-' r

definiert

Isomorphismen {F,r/2,v}

^

{F,r/2,v},

[E,r/2,v]

-^

[E,r/2,^,

[F,r/2,v],^

[E,r/2,v],.

Die Zuordnung

370

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Dabei set f =

LFL-^

die zu r konjugierte Gruppe und v das zu v konjugierte Multiplikatorsystem Sinne von 5.7.

im

Aufierdem gilt. Sei / : H —)• C eine Funktion mit dem Transformationsverhalten f\M

= v{M)f

fiir alle M G T.

und seien PQ, F mit F^ C F Kongruenzgruppen. Genau dann ist / meromorphe Modulform (ganze Modulform, Spitzenform) beziiglich der Gruppe F, wenn dies beziiglich der Gruppe FQ der Fall ist. Als eine einfaclie Anwendung dieser Bemerkung beweisen wir

5.11 S a t z . Jede (ganze) Modulform negativen Gewichts zu einer Kongruenzgruppe F verschwindet. Jede Modulform vom Gewicht 0 ist konstant. Beweis. Wir zerlegen SL(2, Z) nacli Nebenklassen k

SL(2, Z) = U FM^ v=\

und ordnen einer Funktion

/G[r,r/2,«] die Symmetrisierung

F=Vi^W, zu. Offensiclitlicli ist F eine Modulform vom Gewicht kr jl zur vollen Modulgruppe, und eine geeignete Potenz von F hat das triviale Multiphkatorsystem. Wenn k negativ ist, so verschwindet F identisch, da Satz 5.11 fiir die voile Modulgruppe bewiesen wurde. Es folgt, dass ein f\M^ und somit / selbst identisch verschwindet. Im Falle A; = 0 muss man eine kleine Modifikation anbringen. Man ersetzt / ( z ) durch f{z) — f{ioo) und kann daher o. B. d. A. annehmen, dass / in icx) verschwindet. Dann ist aber F eine Spitzenform vom Gewicht Null, die nach den Resultaten iiber die voUe Modulgruppe identisch verschwindet. D

§5. Modulformen zu Kongruenzgruppen

371

Genaue Beschreibung der Fourierentwicklung Sei r eine Kongruenzgruppe und f&{r,r/2,v} eine von 0 verschiedene meromorphe Modulforni. Es existiert eine Meinste natiirliche Zahl R > 0, so dass die Substitution z \-^ z + R in F enthalten ist, d. h. entweder I

1 G -T oder — I p.

^ 1 G -T. Aus deni Transforniations-

verhalten fiir / folgt f{z + R) = sf{z) mit einer Einheitswurzel e, £ = e^""'"^',

0 0 =^

/(ioo) = 0

gilt nur in der einen Riclitung. Der Begriff der O r d n u n g in ico h a t folgenden Vorteil: Sei N e SL(2, Z ) ; N{ioo)

= ioo. Dann

gilt

o r d ^ ( / ; i c x ) ) = o r d ^ ^ j y - i ( / | i V " ^ ; icx)).

F o l g e r u n g . Sei n eine Spitze

von F und

iVGSL(2,Z); Die

A^K = ioo.

Definition ord^(/;[/€])

:=ordjvrAr-i(/l^"^ioo) r

hdngt nur von der F-Aquivalenzklasse

von K ah.

Wir wollen diese Probleine, die voin Standpunkt der RiEMANN'schen Flachen aus darin bestehen, einer beliebigen Modulform einen Divisor zuzuordnen, an dieser Stelle niclit weiter vertiefen. Wir werden statt dessen im zweiten Band die Theorie der RiEMANN'schen Flachen verwenden, urn folgende Probleme zu losen: 1) Die Zuordnung eines „Divisors" zu einer Modulform und die Verallgemeinerung der fc/12-Formel auf beliebige Kongruenzgruppen. 2) Der Beweis der Endlichdimensionalitat von [F, r / 2 , v\ und die Berechnung der Dimension (in vielen Fallen). 3) Die (grobe) Bestimmung der Struktur des Korpers K{r)

der Modulfunktionen.

Ebenfalls im zweiten Band werden wir folgenden Satz zeigen: Set S = S*"' eine positiv definite rationale Matrix. Die

i}{S; z)=Y^

Tfietareihe

e"'''^''^"

ist eine Modulform heziiglich einer geigneten Kongruenzgruppe. existiert eine naturliche Zahl q mit der Eigenschaft

Genauer gilt:

Es

i){S;z)e[r[2qlr/2,vl].

In diesem Band werden wir in §6 ein nichttriviales Beispiel einer Kongruenzgruppe detailliert behandeln.

Anhang zu §5. Die Thetagruppe

373

Anhang zu VI5. Die Thetagruppe Wir wollen in diesem Anhang ein wichtiges Beispiel einer Kongruenzgruppe, die sogenannte Thetagruppe genauer untersuchen. Es gibt modulo 2 genau sechs verschiedene ganze Matrizen mit ungerader Determinante, namlich 1 0

0 1

0 1

1 0

1 0

1 1

1 1

0 1

0 1

1 1

1 1

1 0

Die ersten beiden bilden eine Gruppe beziiglich der Matrizenmultiphkation. Hieraus folgt A5.1 Bemerkung. Die Menge alter Matrizen M E SL(2, Z) mit der Eigen-

schaft M

1 0

0 1

oder

0 1

1 0

mod 2

hildet eine Untergruppe von SL(2,Z) Man nennt diese Untergruppe auch die Thetagruppe F^. Ein Bhck auf obige sechs Matrizen zeigt, dass man F^ durch die Bedingung a + b + c + d= 0 mod 2 oder durch ab = cd= 0 mod 2 definieren kann. Wir fiihren eine Punktmenge J-^ ein, welche fiir die Thetagruppe eine ahnhche Rohe spielt, wie der Fundamentalbereich JF fiir die vohe Modulgruppe, namhch :F^ = {z eM; 1^1 > 1, |x| < 1}.

Kapitel VI. Elliptische Modulfomien

374

A5.2 Hilfssatz. Die Menge T^ ist eine Fundamentalmenge

der Thetagruppe,

Mer,. Die Thetagruppe enthalt die beiden Matrizen 1 0

2 1

und

'0 1

-1 0

Sei FQ die von diesen beiden Gruppen erzeugte Untergruppe von F^. Es gilt sogar niehr: Zu jedem Punkt ^ G H existiert eine Matrix M E F^ mit der Eigenschaft

Mz e ^^. Der Beweis verlauft genauso wie ini Falle des gewohnlichen Fundanientalbereichs (V.8.7). D Wir wollen die Fundamentalmenge J-^ starker mit dem Fundamentalbereicli J- der voUen Modulgruppe in Verbindung bringen und betracliten liierzu den Bereicli '0 - 1 ' JP. 0 1

^.=^u(; ;wu J ;

Offenbar ist der Bereicli

0

1

-1 0 \z\1

cliarakterisiert. Wir definieren 1 0

1 1

In der folgenden Abbildung sind die Bereiclie S!F und !F^ dargestellt:

1 Re

Anhang zu §5. Die Thetagruppe

375

Verschiebt man den durch „x > 1" definierten Teil von T^ niittels der Translation z ^ z — 2 nach links, so erlialt man aus T^ genau den Bereicli T^. Es folgt also A5.3 Hilfssatz. Der Bereich 1 ist eine Fundamentalmenge

1\_,,/1

l\/0

-1

der Thetagruppe,

Wir liaben in Wirkliclikeit melir bewiesen, JF^ ist sogar eine Fundamentalmenge der Untergruppe FQ. Wir zeigen jetzt jedocli die Gleiclilieit der beiden Gruppen. /I A5.4 Satz. Die Thetagruppe F^ wird von den beiden Matrizen I ^

2\ 1 und

Q j erzeugt.

Beweis. Wir bemerken zunaclist, dass die negative Einlieitsmatrix in FQ entlialten ist:

0 -iV

fl

1

vo 1

oy

0

Sei nun M E F^. Wir betracliten einen inneren Punkt a des Fundamentalbereiclis J- und linden nacli A5.2 eine Matrix N E FQ mit der Eigenscliaft NM{a)

G J"^.

Es gibt nun drei Mogliclikeiten: 1) NM[a)

G J-. In diesem Falle gilt wegen 1.4 M = ±N-'^

und dalier M E FQ. 2) NM{a)

e ( J

} j J". Jetzt folgt

Dieser Fall kann aber gar niclit eintreten, da I j nicht in F^ entlialten ist. ^ ^ 3) Der dritte Fall verlauft analog zum zweiten, da aucli

376

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

1 iWo

-lUfi -1

0 ly \i

oy

\i

0

nicht in F^ enthalten ist.

Weitere Eigenschaften der Thetagruppe Mit Hilfe obiger Liste der sechs mod 2 verschiedenen ganzen Matrizen mit ungerader Determinante zeigt man leicht folgende Eigenschaft der Thetagruppe: A5.5 Satz. Es gilt

Die Thetagruppe ist also eine Untergruppe vom Index 3 von F = SL(2, Z)

2)

F, = F[2]UF[2].

Die Hauptkongruenzgruppe F,.

(J

-J

der Stufe 2 ist eine Untergruppe vom Index 2 in

3) Es gilt

a)

^.^•=(o l j ^ ' ' ( o

1

MeT;

M=

(I

M eF]

Af=(J

0

M Oder 1/

(J % \ 1 1

mod2

J j Oder

(J

mod 2

Insbesondere ist F^ kein Normalteiler Gruppen F^, F^ und F^ sind paarweise

M

von F, denn die drei

konjugierten

verschieden.

4) Es gilt

F^nr^nr^

= F[2].

Wir Ziehen noch eine interessante Folgerung fiir die Kongruenzgruppe der Stufe 2.

Ubungsaufgaben zu §5

377

A 5 . 6 S a t z . Die Hauptkongruenzgruppe 1

2\

(I

r[2] wird von den drei 0\

,

(I

Matrizen

0

erzeugt. Beweis. Sei Pg die von den drei Matrizen erzeugte U n t e r g r u p p e zu r\2\. geniigt offenbar '0 - 1 ' r ^ = M : = To U To 1 0

Es

zu zeigen. Dies b e d e u t e t zweierlei 1) Die Erzeugenden (

j und I

j von F^ sind in M. e n t h a l t e n .

Dies ist trivial. 2) Ai ist eine G r u p p e . Dies folgt aus der offensichtlichen Beziehung

4\-l)-{\-i^^' u n d aus 0 1

- 1 \ ^ 0 /

(I 10

0 1

D

Ubungsaufgaben zu VI.5 1. Die Gruppe SL(2,_R) lasst sich fiir jeden assoziativen Ring mit Einselement 1^ definieren. Man zeige, dass sie im Falle R = Z / g Z von den beiden Matrizen ^

^ I und

I

^

^

erzeugt wird. 2. Der natiirliche Honiomorphismus SL(2,Z) —>SL(2, Z / g Z ) ist surjektiv. Insbesondere gilt [r:r[q]]

=#SL(2,Z/gZ).

3. Sei p eine Primzalil. Die Gruppe GL(2, Z / p Z ) bestelit aus {p^ — l)(p^ — p) Elenienten. Anleitung. Wieviele erste Spalten gibt es? Wie oft lasst sicli eine Spalte zu einer invertierbaren Matrix erganzen?

378

Kapitel VI. Elliptische Modulformen Man folgere, dass die Gruppe S L ( 2 , Z / p Z ) aus (x/ — l)p Elementen besteht.

4. Seien p eine Priinzahl und m eine natiirliche Zahl. Honioniorphisnius GL(2, Z / p ^ Z ) -^

Der Kern des natiirlichen

GL(2, Z / p ' ^ - ' Z )

ist isomorph zur additiven Gruppe der 2 x 2-Matrizen niit Eintragen aus Z / p Z . Man folgere # GL(2, Z / p ' - Z ) = / ' " - 3 ( / - l)(p - 1), # S L ( 2 , Z / p ' ^ Z ) = / ' " - ' ( / - 1). 5. Seien t/-^ und q^ zwei teilerfremde natiirliche Zahlen. Der Chinesische Restsatz besagt, dass der natiirliche Honioniorphisnius Z/g^t/jZ -^ Z/g^Z x Z/t/jZ ein Isomorphismus ist. Man folgere, dass der natiirliche Honioniorphisnius GL(2, Z/q-^q^Z) —> GL(2, Z/q^Z)

x GL(2,

Z/q^Z)

ein Isomorphismus ist. 6. Man leite mittels der Aufgaben 2, 4 und 5 die Indexformel

[r:r[q]]=q^ll('-^

p2

ab. 7. Eine Teilmenge J-g C H heifit Fundamentalbereich einer Kongruenzgruppe Fg, falls die folgenden zwei Bedingungen erfiillt sind: a) Es gibt eine Teilmenge S C J-^Q vom LEBESGUE-Mafi 0, so dass J^Q — S offen ist und je zwei Punkte aus J^g — S beziiglich FQ inaquivalent sind. b) Es gih

H = I J Mjc-Q. MGTo

Sei h

v= l

die Zerlegung der voUen Modulgruppe in Rechtsnebenklassen nach Fg und sei J' die gewohnliche Modulfigur. Dann ist h

^0 = U ^^^ v= \

ein Fundamentalbereich von Fg. 8. Das (invariante) Volumen dxdy «(^o) -

;

y2

ist von der Wahl eines Fundamentalbereichs unabhangig, hangt also nur von der Gruppe Fg ab. Es gilt

Ubungsaufgaben zu §5

379

«(^o) = [^ : ^o] • I • Anleitung. Sei T die Vereinigung von 5* mit der Menge aller Punkte aus ^ Q , welche zu einem Randpunkt des gewohnlichen Fundamentalbereichs der Modulgruppe beziiglich SL(2, Z) aquivalent sind. Man „zertrummere" die offene Menge T^ — T mit Hilfe eines Quadratnetzes in abzahlbar viele disjunkte Mengen, so dass sich jedes Triimmerstiick mittels einer geeigneten Modulsubstituion in das Innere des gewohnlichen Fundamentalbereichs der Modulgruppe transformieren lasst. 9. Sei FQ ein Normalteiler von endlichem Index in der vollen Modulgruppe. Die Faktorgruppe G operiert auf dem Korper der Modulfunktionen KiyF^) durch

f{z)^^f'{z):=f{Mz). Dabei sei M G P ein Reprasentant von g £ G. Der Fixkorper ist

K{r) = K{r,f. Insbesondere ist K{rg)

algebraisch iiber

K{r).

10. Aus Aufgabe 9 folgt, dass je zwei Modulfunktionen zu einer beliebigen Untergruppe der Modulgruppe von endlichem Index algebraisch abhangig sind. Nehenhei. Aus dem Satz vom primitiven Element folgt die Existenz einer Modulfunktion / mit der Eigenschaft Es lasst sich zeigen, dass die Abbildung H/^ ^

C X C,

[z]^(j{z),f{z)\ injektiv ist und dass das Bild eine algebraische Kurve ist, genauer, ihr Durchschnitt mit C X C ist eine affine Kurve. Dies werden wir erst im zweiten Band mit Hilfe der Theorie der RiEMANN'schen Flachen beweisen. 11. Sei q eine natiirlich Zahl. Man zeige, dass rJg]:={M=P

MeSL(2,Z),

c = Omodg},

r°[9]:={M=p

MGSL(2,Z),

h=

QmoAq}

Kongruenzgruppen sind. Die beiden Gruppen sind in der vollen Modulgruppe konjugiert. Es gilt

i ; = r°[2], r^ = rj2]. 12. Sei p eine Primzahl. Die Gruppe -TQIJ*] besitzt genau zwei Spitzenklassen, welche durch 0 und ioo reprasentiert werden konnen.

380

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

6. Ein Ring von Thetafunktionen Die Thetagruppe r^ = lh^

JjeSL(2,Z);

a + b + c + d gerade |

wird, wie wir wissen, von den beiden Matrizen 1

2\

fO

-1

erzeugt. Aus den wohlbekannten Formeln

'd{z + 2) ='diz); 'd(--j

= J^'diz)

folgt, dass sich die Thetareihe oo

^{z) :=

y^

expyrin^^

wie eine Modulforni voni Gewicht 1/2 beziiglich eines gewissen Multiplikatorsystems v^ transforniiert. Wir werden keine allgenieinen expliziten Formeln fiir v^ benotigen. Mit Hilfe des in A5.5 angegebenen Vertretersystems der Nebenklassen von r^ in r zeigt man: 6.1 Hilfssatz. Die Thetagruppe besitzt zwei Spitzenklassen, und 1 reprdsentiert werden konnen.

welche durch icx)

Die Thetareihe 'd{z) besitzt drei konjugierte Formen: Neben 'd selbst handelt es sich um die beiden Formen oo

d{z) = Y,

(-I)"exp7rin2z,

^{z)=

exp7ri(n + l / 2 ; 'z.

Y^

welche wir schon in §4 kennengelernt haben. Wir erinnern an die Transformationsformeln aus 4.4 'd{z + l)=d{z),

d{z + l)='d{z),

d{z +

l)=e'''/^d{z),

§6. Ein Ring von Thetafunktionen

381

Die drei Reihen sind in icx) regular, § ist infolgedessen in den beiden Spitzen von r^ regular und dalier eine (ganze) Modulform voni Gewiclit 1/2. Die beiden anderen konjugierten Fornien sind dann ebenfalls (ganze) Modulformen voni Gewiclit 1/2 zu den entspreclienden konjugierten Multiplikatorsystemen, d. li.

'de

-^19'

1/2, «^

de

-^•(9;

1/2,^^

n.

de

-^tf

1/2,^^

r.

1 0

1 1

0

r,. l\~

0

0

-1 o j ^ n i

Die Werte der drei konjugierten Multiplikatorsystenie bereclinet man fiir jede vorgegebene Matrix aus einer der konjugierten Gruppen am einfaclisten dadurcli, indem man diese Matrix durcli die Erzeugenden der vollen Modulgruppe ausdriickt und obigen Formelsatz anwendet. Der Durclisclinitt der drei Konjugierten der Tlietagruppe ist die Hauptkongruenzgruppe der Stufe 2, r[2]

r^nr^nr.

: = Kern ('SL(2, Z) —^ SL(2, Z / 2 Z ) y Wir wissen, dass die Hauptkongruenzgruppe der Stufe 2 von den drei Matrizen 1 0

2 1

1 2

0 1

erzeugt wird. Die drei konjugierten Multiplikatorsysteme stimmen jedocli auf r[2] niclit liberein. Dies gescliielit erst auf einer kleineren Gruppe, namlicli auf der von J.-I. IGUSA eingefiilirten Gruppe r[4,8]

d

E F; a = d = 1 mod 4; b

0 mods

Die von dieser und der negativen Einlieitsmatrix erzeugte Gruppe bezeiclinen wir mit r [ 4 , 8]. Es gilt r[4,8]

d

E F; a = d = 1 mod 2; b

0 mod 8

Die beiden Gruppen definieren dieselben Transformationsgruppen. 6.2 Hilfssatz (J. I G U S A ) . Die Gruppe r[4:, 8] ist ein Normalteiler in der vollen Modulgruppe. Die Gruppe

382

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

^Pl/r[4.8l ist isomorph zur Gruppe Z/4Z Der Isomorphismus

X Z/4Z.

wird durch die Korrespondenz

hergestellt. Folgerung. Die drei Multiplikatorsysteme v^, v^ und v^ stimmen auf der Gruppe r[4,8] iiberein. Sie nehmen auf dieser Gruppe nur die Werte ± 1 an. Gerade Potenzen von ihnen sind insbesondere trivial. Beweis von 6.2. Jedes Element von _r[2] kann in der Form

mit einem Element der K der Kommutatorgruppe von _r[2] gesclirieben werden. Wie man mit Hilfe der Erzeugenden leiclit naclireclinet, ist K in _r[4,8] entlialten. Es folgt, dass M genau dann in -r[4,8] entlialten ist, wenn das Plus-Zeiclien gilt und x und y beide durch 4 teilbar sind. Wir konnen nun den Homomorpliismus

betracliten. Man reclinet leiclit nacli, dass sein Kern genau 4Z x 4Z ist. Zum Beweis der Folgerung muss man beacliten, dass sicli je zwei der drei Multiplikatorsysteme lediglicli um einen Cliarakter untersclieiden. Cliaraktere sind auf Kommutatoren trivial. Dalier muss man nur nocli verifizieren, dass die drei Multiplikatoren auf den beiden Basiselementen iibereinstimmen. D 6.3 Theorem. Der Vektorraum [-r[4,8],r/2,w5] wird von den Monomen ^"/^^,

a + /3 ++ 77 == r,r,

erzeugt. Es gilt die Jacobi'sche

a, /3, 7 G NQ ,

Thetarelation

/=/+^^

§6. Ein Ring von Thetafunktionen

383

Infolgedessen braucht man fur die Erzeugung nur Monome mit der Nebenbedingung a < A zu betrachten. Diese sind sogar linear unabhdngig, bilden also eine Basis. Insbesondere gilt 3, 6, 10, I 4r - 2,

dimc[r[4,8],r/2,«5]

falls falls falls falls

r r r r

= = = >

1 2 3 4

Man kann Theorem 6.3 eleganter forniulieren, indeni man den graduierten Ring von Modulformen

-4(^4,8]) = 0 [ r [ 4 , 8], r/2,«;] betrachtet. Theorem 6.3 besagt: 6.3' Struktursatz. Es gilt

^(r[4,8]) Definierende

^,^,-&

Relation ist die Jacohi'sche 4

Thetarelation ^-4

^-4

1st C [X, Y, Z] der Polynomring in drei Unbestimmten und

C[X,Y,Z]^A{r[4:,8]),

X^^d,

Y^^d,

Z

^^d,

der Einsetzungshomomorphismus, so ist dieser surjektiv und sein Kern wird von X'^ — Y^ - Z^ erzeugt.

Theorem 6.3 ist ein Spezialfall sehr viel tieferer Resultate von J. IGUSA (s. [Igl, Ig2]). Abweichend von IGUSA woUen wir einen ganz elementaren Beweis dieses Theorems darlegen, welcher ohne weiteres im Rahmen eines einfiihrenden Seminars in die Theorie der Modulformen behandeh werden kann. Zum Beweis dieses Satzes nutzen wir aus, dass die endhche abelsche Gruppe

^ = ^[Vf[4,8] auf dem Vektorraum [_r[4,8],r/2,w5] vermoge f{z) ^

f^{z)

:= v^'-{M){cz

+

d)-'l^f{Mz)

operiert. Wir erlautern kurz, was dies bedeutet: Sei G eine Gruppe und V ein Vektorraum iiber dem Korper der komplexen Zahlen C. Man sagt, dass G auf V (hnear) operiert, faUs eine Abbildung y xG (/,a)

r

384

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

mit folgenden Eigenschaften gegeben ist: ^) f^ = f (e das neutrale Element von G), 2) (/«)'' = /«^ fiir alle f eV, a,b E G, 3) (/ + 9)° = r + 5 ° , (A/)° = A / ° m r a l l e / , 5 e F , a G G, A G C. Sei nun X-.G^C ein Charakter, also ein Homomorpliisnius von G in die niultiplikative Gruppe der von Null verscliiedenen koniplexen Zalilen. Wir definieren einen Teilrauni V^ von V. Er bestelie aus alien Elenienten f eV

mit / ° = x{a).f

fur alle a e G.

Wegen 3) ist V^ ein Untervektorraum. 6.4 B e m e r k u n g . Sei G eine endliche abelsche Vektorraum V linear operiert, dann gilt

Gruppe, die auf dem C-

wobei G die Gruppe der Charaktere von G bezeichnet. Beweis. Sei f & V. Das Element

aeG

ist offensiclitlicli in V^ entlialten, denn es gilt

{Ff

= Y.^{a)-'r'

=

Y.xib)x{b)-'x{a)-'r' = x{h)F.

= Y,x{h)x{ah)-'r' Behauptung. Es gilt

f = -}-\^

fX

xeG wobei X dlle Charaktere von G durchlduft. Der Beweis ergibt sicli unmittelbar aus der Formel

E^X{a)

r 0,

falls a ^ e

= I ^^^

^^jj^ ^ ^ ^^

Diese wolilbekannte Formel fiir endliche abelsche Gruppen folgt beispielsweise aus dem Hauptsatz fiir endliche abelsche Gruppen.

§6. Ein Ring von Thetafunktionen

385

1st X

irgendeine Zerlegung von / in Eigenfornien, so folgt aus obigen Charakterrelationen

die Darstellung ist also eindeutig. Wir werden Bemerkung 6.4 nur ini Fall G = l/AI

X

D

l/AI

anwenden. Hier ist die Forniel trivial, da man die Cliaraktere explizit liinsclireiben kann: Da jedes Element von G die Ordnung 1, 2 oder 4 hat, konnen die Cliaraktere nur die Werte 1, —1, i oder —i annelimen. Offenbar kann man diese Werte auf den beiden Erzeugenden (1,0) und (0,1) von G beliebig vorgeben und erlialt somit 16 Cliaraktere von G. Wir konnen dalier [-r[4,8], r / 2 , wj] nacli den 16 Cliarakteren dieser Gruppe zerlegen, d. li. es gilt [r[4,8],r/2,«5]=0[r[2],r/2,««5]. V

Hierbei durclilauft v alle 16 Cliaraktere von P[2] mit der Eigenscliaft v{±M)

= 1 fiir M e r [ 4 , 8 ] .

Diese Cliaraktere sind durcli ilire Werte auf den Matrizen \

\)

"^^

(2

\

bestimmt und konnen auf ilinen beliebige vierte Einlieitswurzeln als Werte annelimen. Wir kodieren sie durcli Zalilenpaare [a, 6], a = v[]^

?)

und 6 = « Q

\

Da sicli zwei Multiplikatorsysteme desselben Gewiclits r / 2 nur um einen Cliarakter untersclieiden, untersclieiden sicli die drei fundamentalen Multiplikatorsysteme nur um einen der 16 Cliaraktere. Eine einfaclie Reclinung zeigt

Als naclistes nutzen wir aus, dass die Gruppe r\2\ in F Normalteiler ist. Dies bedeutet, dass die Zuordnung / H-^ f\N^^ einen Isomorpliismus

386

Kapitel VI. Elliptische Modulformen [r[2],r/2,««5]-^[r[2],r/2,«(^''-)«5]

bewirkt. Dabei ist die Zuordnung v i-)- v*^''"' fiir jedes r G Z und jedes N ^ F eine Permutation der 16 Charaktere. Diese Permutation hangt natiirlich nur von r mod 4 ab. Wir erhalten also vier Darstellungen der Modulargruppe SL(2,Z/2Z)

{^S.SJ

in der Gruppe der Permutationen der 16 Charaktere. Es ist leicht, diese Permutationen explizit zu berechnen. Mit Hilfe der Formel v^^'^'> = v^ (^] V ^i9 /

,

v^{M)

:=

v^iNMN-^),

kann man v^^'^^ fiir konkrete A^ berechnen. Eine kleine Rechnung, welche dem Leser iiberlassen bleibe, zeigt beispielsweise: 6.5 Hilfssatz.

1) Im Fall N = (I

0

M gilt

1

[a,6](^''-) = 2) Im Fall N = { '] 1

[a,{-iYab-^].

^\ gilt -1 ^

Die beiden angegebenen Matrizen erzeugen SL(2, Z), denn es gilt

0 -lUfi iU-1 1

0

lo

1/ I

6.6 Hilfssatz. Die drei Basisthetareihen in der oberen Halbebene.

1

oWi

1

-1 M 0

1

•&, •& und -d haben keine

Nullstellen

Beweis. Die achte Potenz ihres Produkts ist bis auf einen konstanten Faktor die Diskriminante. D Eine anderer Beweis ergibt sich aus der Tatsache, dass die Nullstellen der jACOBl'schen Thetafunktion •d{z,w) als Funktion von w bekannt sind. Sie liegen genau in den zu ^y^ aquivalenten Punkten beziighch des Gitters Z+zZ. Einen dritten direkten Beweis werden wir in VII. 1 kennenlernen. 6.7 Hilfssatz. Die Gruppe F[2] besitzt drei Spitzenklassen, icx), 0 und 1 reprdsentierten.

ndmlich die durch

§6. Ein Ring von Thetafunktionen

387

Der Beweis erfolgt ahnlich wie der von 6.1 und kann iibergangen werden.

D

Die Thetareihe 'd besitzt in ico eine Nullstelle der Ordnung 1, wobei die Ordnung in deni Parameter q := e'^''/^ gemessen wird. Da jede Modulform aus [r[4,8],r/2,w5] die Periode 8 hat, also eine Entwicklung nach Potenzen von q zulasst, erhalten wir: 6.8 Hilfssatz. Die Zuordnung f ^ f •'& definiert einen Isomorphismus von [r[2],r/2,vv^'\ auf den Unterraum aller in icx) verschwindenden Formen aus

ZwangsnuUstellen Wir nehmen

MJ ? ) ^ I an. AUe Formen aus [-r[2],r/2,wwj] verschwinden dann zwangsweise in der Spitze ioo, wie man aus der Gleichung

f{z + 2)=v(^l

j)/(z)

durch Grenziibergang j/ —)• cx) zeigt. 6.9 Definition. Wir henutzen im weiteren folgende Sprechweise: 1) Eine Form f aus [r[2],r/2,vv^,] hat eine Zwangsnullstelle

in ioo, falls

2) Sei N e SL(2, Z) eine Modulmatrix. Die Form f hat eine Zwangsnulleine stelle in der Spitze N^^{ioo), falls die transformierte Form f\N^^ Zwangsnullstelle in icx) hat.

6.10 Bemerkung. Wenn die Form f G [-r[2],r/2,w5] eine in einer Spitze hat, so ist eine der drei Modulformen

f/^,

f/l

fid

eine (auch in den Spitzen reguldre) Modulform.

Zwangsnullstelle

388

Kapitel VI. Elliptische Modulformen

Aus Hilfssatz 6.5 folgt 6.11 S a t z . Nur in dem Fall r = 0 mod 4 und v = I haben die Formen aus [r[2],r/2,vv^] keine ZwangsnuUstelle in irgendeiner Spitze. Wir beweisen nun durch Induktion nach r, dass der Raum [_r[2],r/2, wwj] von den Potenzprodukten •& •& 1) erzeugt wird. Wenn eine ZwangsnuUstelle vorliegt, so kann man durcli eine der drei Basisformen dividieren und gelangt in einen (isomorplien) Raum kleineren Gewiclits. Wenn keine ZwangsnuUstelle vorliegt, ist r durcli 4 teilbar und v trivial. In diesem Falle liegt 'd"^ in dem Raum. Die Differenz einer gegebenen Form aus dem Raum und einem konstanten Vielfaclien von 'd"^ verscliwindet in der Spitze icx). Man kann dalier durcli •& dividieren und die Induktionsvoraussetzung anwenden. Eine leiclite Verfeinerung dieser Sclilussweise liefert aucli die definierenden Relationen: 4

~4

Offensiclitlicli verscliwindet § — 'd m icx) in mindestens vierter Ordnung ~4

und kann dalier durcli 'd geteilt werden. Der Quotient ist eine Modulform vom Gewiclit 0, mitliin konstant. Auf diesem Weg beweist man die JACOBi'sclie Tlietarelation _ Dalier ist jede Modulform aus [-r[4,8],r/2,w5] Linearkombination von Monomen _

'd"d'^d^, a + /? + 7 = r,

0 2, also auch fiir A; = 2, in H normal konvergiert. Zunaclist fornien wir die Reilie um, indem wir alle Terme zu festeni cd zusammenfassen. Man erlialt dann die Reihe

E n=l

E d'-n,-. I

d\n lCTQabsolut und gleiclimafiig (sogar ilire Betragsreilie). 2.2 Definition. Eine rechte Halbebene {s E C]

a

>a}

heifit Konvergenzhalbebene einer Dirichletreihe, falls die Reihe fiir alle s aus dieser Halbebene absolut konvergiert. Hierbei ist auch der Fall a = —cx)

zugelassen. Die Konvergenzhalbebene entartet dann zur vollen komplexen Ebene. Die Vereinigung aller Konvergenzlialbebenen ist selbst eine Konvergenzhalbebene: {5 G C; (J > CTQ}. Sie ist die groBte aller Konvergenzlialbebenen und wird dalier auch die Konvergenzhalbebene (genauer die Halbebene der absoluten Konvergenz) genannt. Sei also {5 G C; a > dg} die Konvergenzhalbebene. Dann konvergiert D{s) fiir alle s mit a > a^, aber fiir kein s mit a < a^ absolut. Uber das Verhalten auf der Vertikalgeraden a = CTQ kann man ohne weitere Uberlegungen nichts sagen. Man nennt CTQ auch die Konvergenzabszisse (genauer die absolute Konvergenzabszisse) von D{s). Natiirlich stellt D{s) in ihrer Konvergenzhalbebene eine analytische Funktion dar. Die Konvergenzhalbebene der RiEMANN'schen ^-Funktion ist Re(s) > CTQ = 1. 2.3 Definition. Eine Folge polynomial, falls es Konstanten

komplexer Zahlen wachst C > 0 und N gibt, so dass

hochstens

K\ N. Wir erhalten lim D^is)

=1

und somit N

D(s)

/ OD

\

A-^n E V A -

Es liegt die Frage nahe, ob es sich hierbei um absolut konvergente Produkte im Sinne von IV.1.4 handelt, ob also oo

oo

E Ev^""'"^ 0 mit der \R{s)\

gibt.

0, sowie ein Vorzeichen e, £ = ±1. Wir ordnen diesen Parametern zwei Raunie von Funktionen zu, namlich a) einen Raum {A,fc,e} von DiRiCHLETreihen, b) einen Raum [A,fc,e] von FouRiERreihen. Beide Raume werden sich als isomorph erweisen. 3.2 Definition. Der Raum {A,A;,e}

(A > 0, A; > 0, e = ±1)

bestehe aus der Menge der Dirichletreihen

D{s) = Y.^n mit folgenden

Eigenschaften:

1) Die Dirichletreihe konvergiert

(irgendwo).

2) Die durch die Dirichletreihe in ihrer Konvergenzhalbebene dargestellte Funktion ist als meromorphe Funktion in die game Ebene fortsetzbar. Sie ist aufierhalb von s = k analytisch und hat in s = k hochstens einen Pol erster Ordnung (d. h. cine hebbare Singularitdt oder einen Pol erster Ordnung). 3) Es gilt die Funktionalgleichung R{s) = eR{k - s) mit R{s) := ( ^

1

r{s)D{s).

4) Die meromorphe Funktion R{s) klingt in jedem Vertikalstreifen ab. Anmerkung.

Die Funktion s-{s-k)-

R{s)

ist in der rechten Halbebene a > 0 analytisch. Aufgrund der Funktionalgleichung ist sie bis aufs Vorzeichen invariant unter s \-^ k — s. Sie ist daher eine ganze Funktion. Als nachstes definieren wir den korrespondierenden Raum von reihen. Es handelt sich um FouRiERreihen der Periode A.

FOURIER-

420

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

3.3 Definition. Der Raum [X,k,e]

(A > 0, k>0,

s = ±1)

bestehe aus der Menge aller Fourierreihen oo 2

A f{z) = ^ a „ e ' ™

Tl=0

mit folgenden Eigenschaften: 1) Die Folge (a^) wdchst hochstens polynomial. Insbesondere konvergiert f{z) in der oberen Halbebene und stellt dart eine analytische Funktion dar. 2) Es gilt die Funktionalgleichung

wobei {z/l)^

durch den Hauptwert des Logarithm's

3.4 Tiieorem (E.

HECKE,

1936).

Die Zuordnung

oo

oo

f{z) = Y, a„e^^i^ I

> D{s) = ^

n=0

definiert einen

definiert set.

a^n-'

n=l

Isomorphismus [A,A;,e]

> {A,A;,e}.

Das Residuum von D bei s = k ist Res{D; k) = a^e ( ^

j

r{k)-K

Insbesondere ist D genau dann eine game Funktion, wenn OQ verschwindet. Vorbemerkung zum Beweis. Auf der rechten Seite der Zuordnung gehen nur die KoefRzienten a„ fiir positive n ein, auf der linken dagegen auch noch OQ. Dies wird insbesondere bei der Konstruktion der Unikehrabbildung zu beachten sein. Jedenfalls ist die Zuordnung injektiv, denn in ihreni Kern liegen nur konstante Funktionen und diese geniigen nicht deni Transformationsverhalten. Beweis des Theorems. Erster Teil. Sei / G [A, A;,e]. Urn die analytische Fortsetzbarkeit und die Funktionalgleichung fiir D{s) zu beweisen, miissen wir einen funktionentheoretischen Ubergang von f{z) zu D{s) schaffen. Dieser wird durch das -T-Integral oo

r(,,:=/,-.e-',« 0

(Re,,>0)

§3. Dirichletreihen init Funktionalgleichungen

421

ermoglicht. Ersetzt man die Integrationsvariable 27rn

t^—t, so erhalt man

0

Multipliziert man diese Gleichung mit a^ und summiert iiber n, so erhalt man ex:

r{s)D{s) --=

" oo

!]««

«=1

.0

Diese Entwicklung ist in einer rechten Halbebene giiltig (namlich im Durchschnitt der Konvergenzhalbebene von D{s) mit der Konvergenzhalbebene des P-Integrals). Wir wollen nun Summation und Integration vertausclien. Dazu darf man wegen des polynomialen Folgenwaclistums a^ durch eine Potenz n^ ersetzen; aufierdem t^^^ durcli t^^^. Da jetzt alle auftretenden Terme positiv sind, folgt die Beliauptung aus dem aus der LEBESGUE'schen Integrationstlieorie bekannten Satz von B. L E V I iiber die Vertausclibarkeit von Integration und Summation bei monotoner Konvergenz. Will man diesen Satz vermeiden, so muss man eine kleine konkrete Abscliatzung vornelimen und das uneigentliclie Integral durcli ein eigentliclies approximieren, um die gewolinte Vertauscliung von eigentlicliem Integral mit gleiclimafiiger Konvergenz anwenden zu konnen. Wir iiberlassen diese dem Leser und weisen nur darauf liin, dass eine alinliclie Scliwierigkeit bei dem Beweis der Analytizitat des P-Integrals auftrat. Nacli der Vertauscliung von Integration und Summation erlialten wir den angekiindigten analytisclien Zusammenliang von f{z) und D{s): oo

R{s) =

jnf{\t)-a,]j.

Wie bei der P-Funktion liandelt es sicli liier um ein i. a. beidseitig uneigentliclies Integral. Wir spalten es dalier auf in zwei Teilintegrale 1

oo

^oo(^) = / i ^ [ / ( i i ) - «o] J

und R,{s) = JfUm

1

0

so dass also gilt

R{s)=Ro{s)

+ R^{s).

- ao] y ,

422

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

Das Integral Rods) konvergiert in der ganzen Ebene und stellt eine ganze Funktion dar. Dies liegt daran, dass der Ausdruck f{it) — a^ fiir i —)• oo exponentiell abklingt, denn e^[/(iO-ao] bleibt fiir t ^ oo besclirankt (weil eine Potenzreilie in der Nalie des Nullpunkts besclirankt bleibt). Etwas scliwieriger ist das Verlialten von f{it) bei i —)• 0 zu untersuclien. Hier liilft die Funktionalgleicliung fiir f{it),

/Q)=rfV(iO, welclie die Rollen von oo und 0 vertausclit. Es ist dalier nalieliegend, in dem Integral RQ{S) die Substitution t \-^ \/t durclizufiiliren und dann die Funktionalgleicliung einzusetzen. Das Resultat ist oo

R,{s)=

jt-^[ef'f{\t)-a,]j. 1

Eine kleine Uniforniung ergibt oo

oo

1

oo

1

Das erste der drei Integrate ist durcli R^ kann man bereclinen. Es ergibt sicli Rois) = sR^{k

- s)

1

auszudriicken, die beiden anderen £

1

k —s

s

und daniit Ris) = R^{s)

+ sR^ik •

e

1

k — s

s

Da R^{s) bereits als ganze Funktion erkannt ist, bedeutet diese Darstellung eine nieroniorplie Fortsetzung von R{s) (und daniit von D{s)) in die Ebene. Die Funktionalgleicliung fiir R{s) ist aus dieser Darstellung unniittelbar evident, ebenso die Lage der Pole. Aus der Intergraldarstellung folgt unniittelber die Bescliranktlieit von R{s) in Vertikalstreifen. Durcli partielle Integration {u{t) = f{\t — aO), v{t) = t*^^) zeigt man leiclit, dass R^{s) und damit R{s) sogar in jedem Vertikalstreifen abklingt (vgl. aucli Hilfssatz 6.10). Zweiter Teil. Wir miissen die Umkelirabbildung {A,A;,e} —> [X,k,e]

§3. Dirichletreihen init Funktionalgleichungen

423

konstruieren. Es liegt nahe, dies durch Umkehrung der Integraldarstellung von R{s) zu bewerkstelligen. Da diese auf dem P-Integral beruhte, benotigen wir eine Umkehrformel fiir das P-IntegraL Eine solche ist unter dem Namen MELLIN-Integral bekannt, welches wir nun herleiten wollen. Bevor wir dies tun, niachen wir noch auf eine asymptotische Eigenschaft von r{s) bei Im s —)• cx) aufmerksani. Sie ergibt sich aus der STiRLiNG'schen Formel. Wie wir bereits wissen, ist die P-Funktion in endlichen Vertikalstreifen — weg von den Polen — beschrankt. Eine wesentlich scharfere Aussage erhalt man aus der S T I R LlNG'schen Formel, in welclier als wesentliclier Term die Funktion 5**^2 = Qis-2)^°ss

(Logs der Hauptwert)

auftritt. Wir wollen diese Funktion in einem Vertikalstreifen a < a < b weg von den Polen, also unter der zusatzliclien Voraussetzung \t\ > 1 untersuclien. Wegen der Reclienregel r{s) = r{s) geniigt es, sich auf die obere Halbebene, genauer also auf t >1 zu beschranken. Schreibt man Logs = log |s| + i Args und benutzt 71"

lim Arg s = — i—7-00

(in dem Vertikalstreifen),

2

so kann man das asymptotische Verhalten von S

2

^Re[(s-i)Logs]

leicht iiberblicken, denn es gilt Re

^)Logs

- ) log |s| — tArgs.

Wir erhalten also, dass die P-Funktion in endlichen Vertikalstreifen fiir |t| —)• cx) stark (exponentiell) abklingt. Genauer gilt 3.5 Hilfssatz. Sei s eine beliebig Heine positive Zahl, 0 < e < 7r/2. In jedem Vertikalstreifen a < a l,

einer Abschdtzung \F{s)\ < Ce-(^/2-£)|t|

mit einer geeigneten positiven Zahl C = C{a, b, s). Sei nun a irgendeine reelle Zahl, welche den Polen der P-Funktion ausweicht. Wir betrachten das uneigentliche Integral

424

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie ex:

r{a ^., + it) (it. — oo

Dabei sei wiederum ^CT+ii _ g{CT+ii)Logz

durch den Hauptwert des Logarithmus definiert. Benutzt man das asymptotische Verhalten der P-Funktion auf eineni Vertikalstreifen und beachtet dabei l^cr+iil _ gO-log|z|-iArg,s

SO folgt die absolute Konvergenz des Integrals unter der Voraussetzung |Argz| < - , also in der rechten Halbebene R e ^ > 0. Wir lassen nun speziell a die Folge der Zahlen 1

3

5

~2 ' ~2 ' ~2'•••

durclilaufen. Mit Hilfe der Funktionalgleicliung und dem daraus resultierenden Abklingverhalten der Funktion r[z) fiir Re(z) —)• - c o scliliefit man lim

f r(^-k

/

^^_

+ it) ,

.—'-dt = 0.

— cx:

Aus dem Residuensatz folgt nun leicht fiir a > 0 oo

i /

^ Z,

dt = 27ri > Res

— ^ ; s = -n

= 27ri >

^^—^ .

Insgesamt erlialten wir die MELLiN'sclie Umkelirformel fiir das -T-Integral. 3.6 Hilfssatz (H.

MELLIN,

1910). Unter den

Voraussetzungen

a > 0 und Re ^ > 0 gilt die

Mellin'sche

Umkehrformel oo

§3. Dirichletreihen init Funktionalgleichungen

425

Mit Hilfe dieser Formel kommen wir nun zu dem angekiindigten funktionentheoretischen Ubergang von D{s) zu f{z). Wir gehen also von der DiRiCHLETreihe D{s) aus und bilden mit einer noch zu bestimnienden Konstanten a^ die Funktion oo

n=0

Sie konvergiert nach 2.4 in der oberen Halbebene und es gilt oo

fi^y)-%

r(s) =^ — Y.'^n Jj C-lny)

(it

mit s = a+it, a > 0. Man zeigt nun leiclit mit Hilfe des asymptotisclien Verlialtens der P-Funktion auf Vertikalgeraden die Vertausclibarkeit von Summation und Integration und erlialt unmittelbar die gewiinsclite Formel oo

— oo

((jg = Konvergenzabszisse von D{s)). Unser Ziel ist es, aus der Funktionalgleicliung fiir R{s) (s. 3.2) die gewiinsclite Funktionalgleicliung fiir f{iy) abzuleiten. Nacli der Waclistumsvoraussetzung klingt R{s) in jedem Vertikalstreifen der komplexen Ebene ab. Wir konnen daher die Abszisse a beliebig verscliieben, aucli in den negativen Bereicli, worauf lediglicli beim Ubersclireiten der Pole a = 0 und a = k Residuen aufzunelimen sind. Wir woUen die Abszisse a nacli k — a verscliieben. Da wir dabei beide Pole iibersclireiten, folgt oo

— oo

Wir verfiigen jetzt liber die Konstante a^: ttg := - R e s ( — y ^ ; 5 = 0 ] = -Res{R{s);s

=0).

Benutzt man die Funktionalgleicliung R{k — s) = sR{s), so ergibt sicli nun unmittelbar / (^^) = e / / ( i 2 / ) und durcli analytisclie Fortsetzung

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

426

s{j)'m

/ Einige Beispiele. 1) Wir untersuchen die Schar

2,-,1 ' 2' also Funktionen mit dem Transformationsverhalten f{z + 2) = f{z)

und

1

/

rm-

Eine solche Funktion ist •d{z). Wir behaupten 3.7 Satz. Es gilt:

1

C-^(^)

'2'

Beweis. Wir benutzen die Resultate iiber die Bestimmung der Modulformen halbganzen Gewichts zur Thetagruppe (s. VI, Anliang 5), welche ja von z + 2 und z erzeugt wird. Der Vektorraum [r^,l/2,v^] ist eindiniensional. Dies folgt beispielsweise aus dem allgemeinen Struktursatz VI.6.3. Wir miissen daher nur zeigen, dass jedes Element / G [2,1/2,1] in diesem Vektorraum entlialten, d. li. in alien Spitzen der Thetagruppe*) regular ist. Dazu stelit uns nocli die Information zur Verfiigung, dass in der FoURlERentwicklung oo

/(.) = ^ a „ e - n=0

die KoefFizienten lioclistens polynomial waclisen. In den beiden naclisten Hilfssatzen wird gezeigt, dass sich liieraus die Regularitat in alien Spitzen ergibt. 3.8 Hilfssatz. Die Zuordnung ''n)n>0

/(^) = Y.^n^'"" n=0

stiftet eine Bijektion

zwischen

1) der Menge aller Folgen (a„)„>o i^it hochstens polynomialem Die Thetagruppe besitzt zwei Spitzenklassen.

Wachstum,

§3. Dirichletreihen init Funktionalgleichungen

427

2) der Menge aller in der oberen Halbebene analytischen Funktionen f{z) den Eigenschaften a) f{z + X) = f{z), b) f{z) ist im Bereich y >l beschrdnkt,

mit

c) es gibt positive Konstanten

A, B mit der Eigenschaft

l/WI GQ in eine Dirichletreihe

2) D{s) ist in ganz C meromorph Ordnung mit Residuum 1. 3) D{s)

geniigt der

klingt in jedem

Dann stimmt

D{s)

entwickelbar. und hat in s = I einen Pol

erster

Funktionalgleichung

R{s) = R{1 - s) 4) R{s)

fortsetzbar

mit

R{s) := v r ^ ' / ^ r (^]

Vertikalstreifen

mit der Riemann'schen

D( s .

ah. C,-Funktion

iiberein.

Die erste eindeutige Cliaralcterisierung der RiEMANN'sclien ^-Funktion durcli ilire Funktionalgleicliung und Waclistumsbedingungen stammt bereits von H. HAMBURGER (1921, 1922), allerdings unter modifizierten Voraussetzungen. Insbesondere wurde die starkere Voraussetzung verwendet, dass sich die Funktion D{s) selbst und nicht nur D(2s) in eine DiRICHLETreihe entwickeln lasst. Die Funktionalgleichung wurde urspriinglich von Riemann (1859) in der (aquivalenten) Form

C(i-s) = 2i-V-^cos^r(s)c(s) angegeben. Aus dieser Forniel kann man die trivialen NuUstellen ({—2k) = 0 (fc G N) ablesen.

Ubungsaufgaben zu VII.3 1. Sei D eine in der ganzen Ebene meromorphe Funktion, welche in jedem Vertikalstreifen von endlicher Ordnung ist und sich in einer geeigneten rechten Halbebene in eine DiRICHLETreihe entwickeln lasst. Es existiere eine natiirliche Zahl k, so dass sie der Funktionalgleichung R{s) = {-lfR{2k

- s) mit R{s) =

{2Tv)~'r{s)D{s)

geniigt. D{s) sei aufierhalb s = 2k analytisch und besitze in s = 2k hochstens einen Pol erster Ordnung. Man zeige, dass D im Falle fc = 1 verschwindet. In den Fallen A; = 2,3,4 gilt D{s) = CC(s)C(s + 1 - 2fc), C

eC.

2. Sei D eine in der ganzen Ebene meromorphe Funktion, welche in jedem Vertikalstreifen von endlicher Ordnung ist und sich in einer geeigneten rechten Halbebene

430

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie in eine DiRiCHLETreihe entwickeln lasst. Es existiere eine natiirliche Zalil r, so dass sie der Funktionalgleichung R{s) = R{r/2 - s) mit fl(s) = 7r""r(s)L»(s) geniigt. D{s) sei aufierhalb s = r/2 analytisch und besitze in s = r / 2 hochstens einen Pol erster Ordnung. Man zeige, dass ini Falle r < 8 diese DiRiCHLETreihe bis auf einen konstanten Faktor die Form oo

n=l

hat, wobei A^{n) die Anzahl der Darstellungen von n als Sunime von r Quadraten ist. Im Falle r = 1 gilt D-j^{s) = 2^(2s). Die DiRiCHLETreihe D^is) kann man auch in der Form C^{s) := D,{s) = Y. \a\-'^ aGZ+iZ

schreiben. (Dies ist die Zetafunktion des GAUSS'schen Zahlkorpers K = Q(^/—1).) 3. Sei D eine in der ganzen Ebenen meromorphe Funktion, welche sich in einer geeigneten rechten Halbebene in eine DiRiCHLETreihe D{s) = X^ - i '*n™~^ ^^^~ wickeln lasst. Es gelte a, = 1 und

lim —^ = 0.

Die Funktion D geniige der Funktionalgleichung R{s) = R{l2-s)

mit R{s) =

{2%)~'r{s)D{s).

Man zeige, dass a^ mit der RAMANUJAN'schen r-Funktion iibereinstimmt, a^ = rin) (s. Aufgabe 5 aus VII.1). 4. Man verifiziere die Identitaten oo

f{z) : = Y^

oo

( - l ) " ( n + i/2)e'^'^("+i/2)' = 2 ^ ( - l ) " ( n + i/2)e'^'^("+i/2)'

n = —OO

= 4 y

n=0

(n+l/4)e^-^("+i/^)^ =

_iMl£l^

n=-oc

•u> = l / 4

und leite aus der jACOBi'schen Thetatransformationsformel VI.4.2 die Identitat

ab. Es gih also / G [8,3/2,1]. 5. Sei

{

0 1 —1 Man folgere aus der vorhergehenden

falls n gerade, faUs n = l m o d 4 , falls n = 3 m o d 4 . Aufgabe, dass die DiRiCHLETreihe

Lis) = Y,x{n)n-' n=l

{a > 1)

Ubungsaufgaben zu §3

431

sich in die ganze Ebene analytisch fortsetzen lasst. Sie geniigt dort der Funktionalgleichung

R{s) = R(l - s) mit R{s) = ( j ) " ' ^ ' T ( ^ )

L{s)

6. Man leite aus den Aufgaben 2 und 5 die Identitat C^{s) =

4as)L{s)

ab. Diese hat folgende zahlentheoretische Anwendungen: a) Die Anzahl der Darstellungen einer natiirlichen Zahl n als Suinme von zwei Quadraten ganzer Zahlen ist gegeben durch

A,{n) : d\n

d\r^

d\n d= l mod 4

d= 3mod4

sie auch als Iderititat von Fotenzreihen lolgendemiail /

>

oo

1 E^ \ n = —oo

1

1 1 1 \^C

Tl"

/

b) Es gilt

L{s)= n

(i

x{p) pS

p prim

Man folgere aus Aufgabe 6, dass die Funktion L{s) in s = 1 keine Nullstelle hat und hieraus: Es giht unendlich p = 3 mod 4.

viele Primzahlen

p mit der Eigenschaft p = 1 mod 4 hzw.

Dies ist ein Spezialfall des DiRiCHLET'schen Primzahlsatzes, der besagt, dass es in jeder arithmetischen Progression {a + kb, k G N} unendlich viele Primzahlen gibt, falls a und b teilerfremd sind. Man kann diesen Spezialfall auch sehr einfach direkt beweisen, die hier verwendete Methode ist als Hinweis auf einen allgemeinen Beweis dieses Satzes zu sehen. Auch der allgemeine Beweis beruht darauf zu zeigen, dass eine DiRiCHLETreihe der Form oo

n=l

bei s = 1 von 0 verschieden ist. Dabei ist x sin beliebiger DiRiCHLETcharakter. Die Formel aus Aufgabe 6 besitzt ebenfalls eine Verallgemeinerung. An die Stelle des GAUSS'schen Zahlkorpers tritt ein beliebiger imaginar quadratischer Zahlkorper.

432

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

4. Die Riemann'sche ^-Funktion und Primzahlen Die Theorie der Primzahlverteilung basiert auf der Riemann'schen

C,-Funktion

oo

C,{s) •.= 2_\^^''

(n** := exp(5logn)).

Diese Reihe konvergiert, wie wir wissen, in der Halbebene R e s > 1 normal und stellt in dieser Halbebene eine analytische Funktion dar. Der Zusammenliang mit den Primzahlen ergibt sich aus der Euler'schen Produktentwicklung der C-Funktion (L. EuLER, 1737): Fiir Re{s) > 1 gilt (vgl. 2.8) OO

pep

v=i

wobei F := {Pi^ P2T P^T • •) ^i^ Menge der Primzahlen in ihrer natiirlichen Reihenfolge bezeichne, p^ = 2, P2 = 3, Pg = 5 , . . . . Der VoUstandigkeit halber skizzieren wir noch einmal einen direkten Beweis: Mit Hilfe der geometrischen Reihe oo

zeigt man mittels des CAUCHY'schen Multiplikationssatzes 777

777

k=l

OO

k = l v=0^^

^

OO

v^,...,v^=0

Aus der Tatsache, dass sich jede natiirhche Zahl eindeutig in Primfaktoren zerlegen lasst (Fundamentalsatz der elementaren Zahlentheorie), folgt 777

11(1-prr'= Y. ""^ k=l

neA(m.)

hierbei bezeichne A{m) die Menge aller natiirlichen Zahlen, die keinen von PIT • • TPTTI verschiedenen Primteiler besitzen. Zu jeder natiirhchen Zahl N existiert eine natiirhche Zahl m, so dass {!,..., A^} in A^ enthalten ist. Hieraus folgt , k=l

Aus der Abschatzung

77=1

n

§4. Die Rieinann'sche iJ-Funktion und Priinzahlen

433

^ |i - {i-p-n-'\ < E E b^^l < E h^l p

p

n=l

m

folgt, dass das EuLERprodukt fiir Re(s) > 1 normal konvergiert.

D

Die ("-Funktion hat in der durch Re(s) > 1 definierten Konvergenzhalbebene keine NuUstelle, da keiner der Faktoren des EuLERprodukts dort eine NuUstelle hat. Wir formulieren noch einmal (vgL 2.8) die grundlegenden Konvergenzeigenschaften der ("-Funktion und ihre Entwickelbarkeit in ein EuLERprodukt in der Konvergenzhalbebene. 4.1 Satz. Die Reihe

CW:=E^ «=1

konvergiert in der Halbebene {s G C; Re{s) > 1} normal und stellt dort eine analytische Funktion dm; die Riemann'sche C-Funktion. Sie besitzt in dieser Halbebene eine Darstellung als (normal konvergentes) Eulerprodukt

Insbesondere gilt C{s) 7^ 0 fiir Re(s) > 1.

Die logarithmische Ableitung der Riemann'schen ^-Funktion Die Ableitung von 5 i-)- 1 — p^** ist (logp)]?^**, die logarithmische Ableitung daher {\ogp)p{log P)J2P "' \ —p v=l

Es folgt

C'js) Cis)

E(^°s^)E^

Die Doppelreihe konvergiert wegen \p '"^\ = p "^'^i-'^) absolut. Ordnet man nach festen Potenzen n = p" um, so erhalt man

434

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

4.2 Hilfssatz. In der Konvergenzhalbebene Re{s) > 1 gilt:

Cis) Cis)

y ^ A{n)n

** mit

n=l

A{n) = { log p, 0

falls n = p" (p prim), sonst.

Es ist unser Ziel, das asymptotische Verhalten der summatorischen ^(x) := ^

Funktion

A{n)

n XQ, SO dass \f{x)\ < K \g{x)\ fur allex > x-y.

Insbesondere gilt f{x) = 0(1) / ist besclirankt fiir x > x^, x^ geeignet . Die Bezeichnung f{x) = o{g{x)) bedeute: Zu jedem e > 0 existiert eine Zahl x(e) > XQ, SO dass \f{x)\ < e \g{x)\

fiir x > x{s).

Insbesondere gilt / ( x ) = o(l) XQ, eine dritte Funktion, so sclireiben wir / ( x ) = h{x) + 0{^g{x)) f{x) = h{x) + 0 ((/(x))

anstelle von anstelle von

/ ( x ) — h{x) = 0{^g{x)), / ( x ) — h{x) = a {^g{x)).

§4. Die Rieinann'sche iJ-Funktion und Priinzahlen

435

4.3 Hilfssatz. 1st

0W := XI ^°S^' per p 0

ist.

a Ziel der folgenden Abschnitte ist es, folgenden Primzahlsatz zu beweisen:

4.4 Theorem.

Es gilt

4.4^ Bemerkung. Wegen logx • ^/x = o(x) und Hilfssatz 4-3 ist Theorem 4-4 dquivalent mit tjj{x) = 2_] J^{n) = X + o(x). n 1 /

logp >

y

logp > log(a;') • # { p ;

x'^ < p < x}

poo X ' x-s-oo a;/log(a;) 4. Fiir Re s > 2 gilt C(g-l) _ ^ C(s)

Y.-Vin)

Dabei ist ^(n) = # ( Z / n Z ) * . ^{n) ist also gleich der Anzahl der primen Restklassen mod n. definierte Funktion 99 : N ^ N heifit EULER'sche 99-Funktion.

Die hierdurch

5. Man zeige, dass die Reihe

divergiert. Anleitung.

Man nehme an, die Reihe konvergiert und folgere dann, dass die Reihe ^log(l-p-^)

fiir 1 < o" < 2 gleichmafiig konvergiert. Hieraus wiirde folgen, dass C(o"); o- > 1, bei Annaherung an cr = 1 beschrankt bleibt.

440

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

6. Man zeige C(o-) < 0 fiir 0 1 } enthalt, analytisch fortsetzen. Sie hat den Wert I bei s = 1, d.h. ( hat einen Pol erster Ordnung mit Residuum 1 bei s = 1. II.

Abschdtzungen in der Halbebene {s E C;

Re{s) > 1}

1) nach oben: Es existiert fiir jedes m G NQ eine Konstante C^, so dass die m-te Ableitung der Abschdtzung Cl

{s = a + it)

geniigt. 2) nach unten: Es existiert eine Konstante 5 > Q mit der Eigenschaft |C(s)| > (^l^r" fur

\t\>lunda

>l.

Die ^-Funktion hat insbesondere auf der durch Re(s) = 1 definierten Geraden keine NuUstehe. (Wir wissen bereits, dass C, fiir Re(5) > 1 keine Nuhstelle hat.) Der Beweis von Satz 5.1 erfolgt durch eine Reihe von Hilfssatzen (5.2-5.5). Zu I.: Wir haben an anderer Stehe (vgL 3.10) viel niehr bewiesen: Die Funktion s I-)- (s —l)C(s) besitzt eine analytische Fortsetzung in ganz C und geniigt einer Funktionalgleichung. Fiir den Prinizahlsatz mit schwachem Restglied ist dieser Satz jedoch nicht notwendig. Da sich die Fortsetzung von C, ein Stiick iiber die Gerade Re(5) = 1 hinaus viel leichter bewerksteUigen lasst, woUen wir einen einfachen Beweis hierfiir aufnehmen.

§5. Die analytische Fortsetzung der ^-Funktion 5.2 Hilfssatz.

441

Fur t G K sei

fi{t) := t-[t]-

1/2

{[t] := max{ n G Z ,

n 1

Bemerkung. Definiert man ((s) fiir Re{s) > 0 durcli die rechte Seite von (*), so hat man (" in die Halbebene Re(s) > 0 meromorph fortgesetzt. Die einzige Singularitat ist ein Pol erster Ordnung bei s = 1, und wir erhalten einen neuen Beweis fiir l i m ( s - l ) C ( 5 ) = R e s ( C ; l ) = 1. Beweis von Hilfssatz 5.2. Aus der Abschatzung

t-'-'p{t)\

0 und die Analytizitat von F. (Man vergleiclie die entsprecliende Argumentation bei der P-Funktion.) Durcli partielle Integration beweist man fiir beliebige natiirliclie Zalilen n G N die Formel Tl+l

Tl+l

/?(t)|r^)rft

1

{{n +

l)-'+n-')

t-'dt.

Summiert man diese Formel von n = 1 bis n = iV — l , i V > 2 , auf, so folgt mittels einer kleinen Reclinung

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

442

N

N

N

f

1 1

2

2

sjf

J

1

1

N

- + -N^' 2 2

H

I3{t)dt 1-s

1 N

1 1 ^ , 2 2

iVi-^ 1 1 - S 5 - 1

I3{t)dt. 1

Vollzieht man den Grenziibergang N ^ oo und beachtet N^',

N'^^' -)• 0 fiir N ^ oo

(wegen cr > 1),

so folgt die in Hilfssatz 5.2 behauptete Identitat. Zu II.1) Abschdtzung nach oben. Im Bereicli a > 2 ist (" iiberhaupt besclirankt:

Dasselbe Argument zeigt, dass auch die Ableitungen von ( in diesem Bereich besclirankt sind, da man die C-Reilie gliedweise ableiten darf. Wir konnen daher 1 < a < 2 annehmen. Es geniigt im)i

( l < a < 2 , \t\ > 1),

6 > 0" ersetzen. Benutzt man die Integraldarstellung aus §3, so kann man auch noch die Voraussetzung „^ > 0" fallen lassen. Natiirlich kann man auch „\t\ > 1" durch „\t\ > e > 0" ersetzen. Zu II.2) Abschatzung nach unten. Man benotigt eine einfache Ungleichung. 5.3 Hilfssatz.

Sei a eine komplexe Zahl vom Betrag 1. Es gilt R e ( a ' ' ) + 4 R e ( a 2 ) + 3 > 0.

Beweis. Aus der binomischen Formel [a + af =a'^ +a^ + 4(a^ + a^) + 6 folgt Re{a'^) + 4Re{a'^) + 3 = 8{Reaf

(fiir aa = 1).

D

Nutzt man diese Ungleichung 5.3 fiir a = n^'*/^ aus, so folgt Re(n"2it) + 4 R e ( n - " ) + 3 > 0. Multipliziert man diese Ungleichung mit n^'^ und mit einer nichtnegativen reellen Zahl b^^, so folgt, nach Summation iiber n: 5.4 Hilfssatz. Sei b^, 635 ^31 • • • ^^fi^ Folge nichtnegativer Zahlen, so dass die Reihe 00

D{s) = J2b„n-^

(a>l)

«=i

konvergiert. Dann gilt ReD{a + 2U) +4ReD{a

+ U)+ 3D{a) > 0.

Folgerung. Sei Z{s) •.= e^^'\ dann gilt \Z{a + iOl" \Z{a + 2it)\ \Z{a)f

> 1.

Wir woUen zeigen, dass sich dieser Hilfssatz auf ^(s) = Z{s) anwenden lasst, und betrachten hierzu r l/f 0

falls n = p" , p prim. sonst.

444

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

Es gilt dann p

v

p

und daher e.Dis)^Yl{l-p-T'=C{s]

Wir erhalten also nacli einer trivialen Umsclireibung 5.5 Hilfssatz. Fiir a > 1 gilt

aa + it) ' cr-1

\aa +

2it)\[aa){a-l)f>ia-l)-K

Hieraus folgt unmittelbar, dass ( keine NuUstelle auf der Geraden Re(s) = 1 liaben kann: Ware namlicli C(l + i^) = 0 fiir ein t ^ 0, so konvergierte die linke Seite der obigen Ungleicliung fiir u —)• 1^ gegen den endliclien Wert

|C'(i + i0l'lC(i + 2it)|, die reclite Seite jedocli gegen cx). Die nun folgenden feineren Untersucliungen ergeben dariiberliinaus die Abscliatzung II.2) aus Satz 5.1 von |C(s)| nacli unten. Wir konnen uns dabei wieder auf den Streifen 1 < a < 2 bescliranken, da fiir (J > 2 die Funktion |C(s)| sogar durcli eine positive Konstante nacli unten besclirankt ist oo

IC(5)l>l-|C(s)-l|>l-^n-2>o. n=2

Um eine Abscliatzung von |C(s)|, 1 < o" < 2, nacli unten zu erhalten, sclireiben wir die Ungleicliung 5.5 um: \as)\>i 0 konvergieren, und folgere daraus, dass sich die (^-Funktion in die Halbebene cr > 0 niit Ausnahme eines einfachen Pols bei s = 1 analytisch fortsetzen lasst und dass Res(C; 1) = 1 ist. 3. Die Funktionalgleichung der ^-Funktion lasst sich in der Form C(l-s) = 2(2^)-^r(s)cos(^)c(s) schreiben. Man folgere: In der Halbebene cr < 0 hat (,{s) genau die Nullstellen s = —2k, A; G N. Alle weiteren Nullstellen der iJ-Funktion liegen iin Streifen 0 < R e s < 1.

y I 0.05-

-12

-10*^

-?,

-6

-4

A

X

4. Die Funktion #(s) : = s ( s - l ) 7 r - ' / ' r ( s / 2 ) C ( s ) hat die folgenden Eigenschaften: a) # ist eine ganze Funktion. b) #(s)

= 1 keine Nullstelle hat (auch nicht auf der Vertikalgeraden Re(s) = 1). Die Abschatzungen fiir D{s) und D'{s) ergeben sich unmittelbar aus den Abschatzungen aus 5.1 fiir die RiEMANN'sche ("-Funktion. (Man kann K = 5 nehmen, also N{K) =2^ = 128.)

§6. Ein Taubersatz

449

Halten wir fest: Aus dem Taubersatz 6.1 folgt in Verhindung mit den Resultaten 2.1 iiber die Riemann'sche (-Funktion der Primzahlsatz. Zum Beweis des TAUBERsatzes ist es niitzlich, die „h6heren" summatorischen Funktionen, die durch

^fe(^) = ^ E ^ " ^ ^ - ' ^ ) '

(A; = 0,1,2,...)

n 1. Dann konvergiert das ^'^'^^^

I

hI

\s{s + \)---{s

+ k)\

ds.

O" —lOO

Dabei definieren wir das uneigentliche Integral langs der Geraden Re(5) = a allgemein durch o"+ioo

oo

f{s)ds :=i / f{a + \t)dt. — oo

Der Beweis von 6.5 ist trivial, da man den Integranden bis auf einen konstanten Faktor durch l/o"^ abschatzen kann. Auf der Vertikalgeraden R e s = cr wird die Reihe D[s) durch die von t unabhangige Reihe oo n=\

majorisiert. Wegen 6.5 folgt mit Hilfe des LEBESGUE'schen Grenzwertsatzes 6.6 Folgerung.

0" +

100

Das Integral ds s{s +D(s)x' 1) • • • {s + k)

(A; e N, X > 0)

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

452

konvergiert ahsolut fur a > I. Man darf Integration mit Summation tauschen. Das Integral ist also gleich

ver-

(x/n)* ds. s{s + l)---{s + k)

E a„x"

Ubungsaufgabe. Man beweise die Vertauschbarkeit ohne den LEBESGUE'schen Grenzwertsatz, indem man das Integral durcli eigentliche Integrate approximiert. Wir bereclinen nun das in der Sunime in der Folgerung 6.6 auftretende Integral. 6.7 Hilfssatz.

Fiir A; G N und a > 0 > gilt

cr+ioo

1 2m

J

Beweis. Sei

a' s{s + l)---{s

f'iir 0 < a < 1, fur a > I.

0 + k)'^'~\U^-llaf

m

s{s + l)---{s

+ k)'

1) (0 < a < 1) Das Integral von f{s) langs des Integrationsweges 7 := 7^ ffi 73

verschwindet nacli dem CAUCHY'sclien Integralsatz. Wegen „0 < a < 1" ist die Funktion a** auf der Integrationskontur gleiclimafiig in R beschrankt. Grenziibergang R ^ 00 zeigt

fis)ds = 0. Wir benotigen nur den Fall a > 1.

§6. Ein Taubersatz

453

2) (a > 1). Hier muss man die Integrationskontur 7 = 7^ ® 72

verwenden, da auf dieser Kontur a" (wegen a > 1) gleichmafiig in R beschrankt ist. Aus dem Residuensatz folgt (T+icx:

1 2^\

^Res(/;-i/)=^ v=0

v=0

-Ifav\{k-v)\

1 (1 k\

l/af

U

Aus 6.6 und 6.7 ergibt sich nun eine „funktionentheoretische Formel" fiir die (verallgemeinerte) summatorische Funktion im Falle A; > 1. 6.8 Hilfssatz.

Im Falle k >l

M^)

gilt fiir a > 1

27ri J

D{s)x'+'' ds. s{s + l)---{s + k)

Wir nutzen den Hilfssatz fiir ein festes cr, etwa a = 2 aus. Die Abschatzung \D{s)\ 1,

l K + 1

Mit Hilfe des CAUCHY'sclien Integralsatzes konnen wir dalier die Integrationskontur (Re(5) = 2) nacli Re{s) = 1 verscliieben, wenn wir um die Singularitat bei s = 1 einen „Umweg" maclien. Ist also L die Integrationslinie

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

454

Imn 1+i

Re

1-i

SO erhalten wir 6.9 Hilfssatz.

Im Falle k > K + \ gilt 1

1 —i

1 —ioo

VL

(T—i

1—i

o"+i

cr—i

1+i

o"+i

l+icx3\

1+i

Als nachstes schatzen wir die beiden uneigentlichen Integrale von 1 — ioo bis 1 — i und 1 + i bis 1 + ioo ab. Dazu benutzen wir 6.10 Hilfssatz (B. RiEMANN, H. LEBESGUE). I = ]a, b[,

Sei

—00 < a < 6 < 00,

ein (nicht notwendig endliches) Intervall und / : / — ) • C erne Funktion folgenden Eigenschaften:

mit

a) / ist beschrdnkt. b) / ist stetig differenzierbar. c) / und f sind absolut integrierbar (von a bis b). Dann ist auch die Funktion t i-)- f{t)x^^ [x > 0) absolut integrierbar, und es gilt h f{t)x'* dt =

0(1/logx).

Beweis. Wir wahlen Folgen a^ ^ a, b^ ^ b,

a < a^ 1.

peP

EuLER war damit der erste, der Methoden der Analysis verwendete, um ein arithmetisches Resultat zu erhalten. Diese Vermischung der Methoden bereitete damals vielen Mathematikern Unbehagen. Erst als es 100 Jahre spater (1837) P . G. L. DiRlCHLET gelang, den nach ihm benannten Primzahlsatz iiber die Anzahl von Primzahlen in arithmetischen Progressionen nach dem Vorbild von EuLER ebenfalls mit reell-analytischen Methoden zu beweisen, wurden analytische Methoden in der Arithmetik allgemein akzeptiert. In der Zwischenzeit hatten C. F. GAUSS (1792/1793), also schon als Fiinfzehnjahriger!) und A.-M. L E G E N D R E (1798, 1808) nach einer „einfachen" Funktion f{x) gesucht, welche die Primzahlanzahlfunktion TT{X)

:=

#{P

e

F;

p

oo x / l o g X

existiert, dann ist I = \. Der Primzahlsatz selbst wurde erst 1896 fast zeitgleich und unabhangig voneinander von J. HADAMARD und C. DE LA VALLEE-POUSSIN bewiesen. Beim Beweis verwendeten beide wesentlich (neben von HADAMARD entwickelten Methoden fiir ganz transzendente Funktionen), dass die von B. R I E M A N N 1859 in seiner beriihmten Arbeit „Ueber die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Grosse" fiir komplexe Argumente eingefiihrte ("-Funktion in bestimmten Bereichen, welche die abgeschlossene Halbebene Res > 1 enthalten, keine NuUstelle hat. R I E M A N N hat den Primzahlsatz zwar nicht bewiesen, aber er hat den Zusammenhang zwischen 7r(x) bzw. 'ip{x) und den nichttrivialen NuUstellen

Ubungsaufgaben zu §6

459

der ("-Funktion erkannt, indem er „explizite Formeln" fiir 'ip{x) angegeben hat. Eine dieser Formeln ist aquivalent zu

Dabei durchlauft g alle nichttrivialen Nullstellen der ^-Funktion. Aus dieser Formel wird plausibel, dass man den Primzahlsatz in der Form 'ip{x) ~ x mit einer expliziten Restgliedabschatzung finden kann, wenn man eine Zahl (jg < 1 findet, so dass alle Nullstellen im Bereicli cr < a^ liegen. Leider ist die Existenz einer solclien Scliranke bis heute nicht bewiesen. Die beriilimte RiEMANN'sclie Vermutung besagt melir, namlicli dass man CTQ = 1/2 walilen kann. Dies bedeutet wegen der Funktionalgleicliung, dass alle nichttrivialen Nullstellen auf der kritischen Geraden a = 1/2 liegen. Eine bessere Schranke als CTQ = 1/2 kann es nicht geben, da man weifi (G. H. H A R D Y , 1914), dass auf der kritischen Geraden unendlich viele Nullstellen liegen. A. SELBERG konnte 1942 fiir die Anzahl M{T) aller Nullstellen Q auf der kritischen Geraden mit 0 < Im ^ < T, T > Tg, die Abschatzung M{T) > AT log T mit einer positiven Konstanten A beweisen. Bereits 1905 hatte VON M A N GOLDT eine von RiEMANN vermutete asymptotische Formel fiir die Anzahl N(T) aller Nullstellen g der ("-Funktion im kritischen Streifen 0 < a < 1 mit 0 < Im ^ < T bewiesen:

iV(T) = £ l o g £ - £ + 0(logr). Hieraus und aus dem SELBERo'schen Resultat folgt, dass ein echter Bruchteil aller nichttrivialen Nullstellen auf der kritischen Geraden liegt. J. B. C O N R E Y bewies 1989, dass mindestens 2/5 dieser NullsteUen auf der kritischen Geraden hegen. Nebenbei bemerkt gelangen A. SELBERG und P . E R D O S 1948 (publiziert 1949) „elementare" Beweise des Primzahlsatzes — also solche, die keine Methoden der komplexen Analysis verwenden. Mit Computereinsatz konnte man die RiEMANN'sche Vermutung fiir mehrere Billionen Nullstellen bestatigen. Alle bekannten Nullstellen sind iibrigens einfach. Ein allgemeiner Beweis der Riemann'schen Vermutung steht jedoch nach wie vor aus.

460

Kapitel VII. Analytische Zahlentheorie

U b u n g s a u f g a b e n zu VII.6 1. Sei ij,{n) die MOBius'sche /^-Funktion. Man zeige ^ / i ( n ) = o{x). wCx

Anleitung.

Man wende den TAUBERsatz auf

an. 2. Man zeige

2+ioo

]_ f 27ri y

j/i , _ fO, s2 I log J/,

falls 0 < 2/ < 1, falls 2/> 1.

{'

2-ioo

3. Fiir alle x > 1 und c > 1 gilt c+ioo

i^/l(n)(x-n) = - ^ —



/

x' s{s +

C'{s) ds. l)C{s)

c —loo

4. Man beweise folgende Verallgemeinerung des HECKE'schen Satzes: Sei / : H ^ C eine analytische Funktion. Wir nehnien an, dass sich sowohl f{z) als auch

,w^f)-/(4)

in eine FoURIERreihe entwickeln lassen, deren Koeffizienten hoclistens polynomial wachsen,

fiz) = Y.a„e'^,

g{z) =

n=0

Y,K, e

A

n=0

Man zeige, dass sicli die beiden DiRiCHLETreihen

n=l

n=l

in die Ebene nieroniorpli fortsetzen lassen und der Relation

Rj(s)=Rg(k-

s) mit Rj{s)=(^\

r{s)Dj{s)

(analog Eg)

geniigen. Die Funktionen (s — k)D As) und (s — k)D (s) sind ganz, und es gilt Res(D^;fc)=ao(^)

r{k)-\

Res(D^; fc) = &„ ( A )

r{k)-\

Beispiele sind Modulfornien zu beliebigen Kongruenzgruppen. o. aei eine syninietrisclie, rationale, positiv definite Matrix. STEIN'sche ^-Funktion

G(«):=

E sez'--{o}

^^ar (^>r/2)

Die EP-

Ubungsaufgaben zu §6

461

ist in die ganze Ebene mit Ausnahme eines Poles erster Ordnung bei s = r / 2 fortsetzbar. Es gilt die Funktionalgleichung R{S;s) = {VdetSy'^

R(S-^;^

- S) mit fl(S; s) = 7r""r(s)Cs(s).

Das Residuum im Pol ist Res(Cc; r / 2 ) =

^

.

Anleitung. Man wende die Thetatransformationsformel und Aufgabe 4 an. Die Zahl A ist so zu bestimmen, dass 2A5' und 2A5'~^ gerade sind. Anmerkung. Die EPSTEiN'sche ^-Funktion kann auch fiir beliebige reelle 5* > 0 gebildet werden, ist dann aber i. a. keine gewohnliche DiRiCHLETreihe mehr. Die Aussagen iiber analytische Fortsetzbarkeit, Funktionalgleichung und Residuum sind trotzdem giiltig. Der Beweis kann wieder mit der HECKE'schen Methode erbracht werden. 6. Man zeige, dass aus der Aussage des Primzahlsatzes — etwa in der Form tli{x) = X + o{x) — folgt, dass C(l + it) / 0 ist fiir alle t e R*. Der Primzahlsatz und die Aussage „C(l+ii) / 0 fiir alle t G R ' " sind also letztlich gleichwertig. 7.

Zum Schluss eine Kuriositat: Eine recht triviale asymptotische Aussage erhalt man fiir die summatorische Funktion yl,(l) + A^(2) + ••. + A ^ ( n ) ~ l ; n ' • / ^ wobei V^ das Volumen der r-dimensionalen Einlieitskugel bezeichne. Legt man um jeden Gitterpunkt g in der r-dimensionalen Kugel vom Radius ^/n einen Wiirfel der Kantenlange 1 mit Mittelpunkt g, so erhalt man eine am Rand etwas gestorte Pflasterung der Kugel vom Radius ^ n . Man folgere nun aus den Satzen von H E C K E und TAUBER die bekannte Formel fiir das Volumen der Einheitskugel -^r/2

"

^ ( i + 1)

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

Losungen der Ubungsaufgaben zu I.l 1. 1st eine komplexe Zahl z in der Normalform 2; = a + i6, a, 6 G K, gegeben, so ist a = Re2; und h = Yv&z. Hat sie nicht diese Gestalt, so muss man sie haufig in diese Form bringen: i- 1 i - 1 -i + 1 2i 1, i+1 i + 1 -i + 1 2 also ist

Ahnlich zeigt man

Re \ \ = 0, 1+1 3 + 4i

Im ] 1 = 1. 1+1 .1 + 2,

l-2i Wegen i* = 1 nimnit i" nur die Werte 1, i, —1, —i an, je naclidem n von der Form 4fc, 4fc + 1,4fc + 2, 4fc + 3 ist. Wegen 1+ i TT . . TT Q : = —1=^ = cos — + 1 s m — V2 4 4 ist Q eine achte Einlieitswurzel. Der Wert von g" hangt also nur von n modulo 8 ab. Bereclinet man die Werte fiir n = 0 bis n = 7, so erhalt man die Realteile 1, V2/2, 0, - V 2 / 2 , - 1 , - V 2 / 2 , 0, V2/2. Man beliandelt analog die sechste Einheitswurzel (1 + i v ^ ) / 2 . Die Zahl (1 - i)/V2 ist ebenfalls eine aclite Einheitswurzel. Die Sunime iiber alle achten Einheitswurzeln ist 0. Der Wert des letzten Ausdrucks ist 2. Der Betrag ist immer leicht auszurechnen, man benutzt die Formel \z\ = v i l . Das Argument ist haufig schwieriger zu berechnen, da man Winkelfunktionen umkehren muss. Eine allgemeine geschlossene Formel wird in Aufgabe 21 aus 1.2 angegeben. Beispielsweise ist fiir reelle positive a A 1 + ia 1 — a^ Arg — = arccos = 2 arctan a. 1 + a^ 1 — la Ein einfacher Beweis, welcher auf der Ungleichung |Re2;| < \z\ beruht, ergibt sich

464

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben \z + wf = {z + w){'z + w) = \zf + 2Yle{zw) + \w\^ 0, so liegen auch alle z^ in der rechten Halbebene, wie man leicht durch Induktion nach n sieht. Entsprechendes gilt, wenn Zg in der linken Halbebene liegt. Ein Sonderfall liegt vor, wenn ZQ auf der imaginaren Achse liegt. Dann liegen auch alle nachfolgenden z^ auf der imaginaren Achse, wenn sie von 0 verschieden sind. Die Folge kann nicht gegen ± 1 konvergieren. Wird (fiir rein imaginares Zg) ein Folgenglied z^ gleich 0, so ist z^^-^ nicht mehr definiert. Wir nehmen nun o.B.d.A. an, dass der Startwert Zg in der rechten Halbebene liegt. Die angegebene Hilfsfolge (w^) erfiillt die Rekursion w^_^_-^ = w^. Wegen jwlg < 1 ist (w^) eine NuUfolge. Aus |«„ + 1| > 1 folgt, dass z^ gegen 1 konvergiert. 2. Man reduziert auf den Fall a = 1 (Aufgabe 1). 3. Fiir eine CAUCHYfolge (z^) sind auch (x^) und (y^) CAUCHYfolgen. 4. a) Einfache Abschatzungen zeigen |exp

I r

• 1 ergibt n-l

Y[{l-C)=n. v= l

Dies ist bis auf eine kleine Umformung die behauptete Formel, man ersetze in ihr sinz = (exp(i2;) — exp(—iz))/2i. 20. Wir beschranken uns auf b): {•f

1^^'

37r/4 i l o g \ / 2

-if

,xi

-hir/A

(i(i—l)j = e ' e , i(i — l ) = e Die Betrage der beiden Zahlen sind also verschieden.

' e

i log \/2

^

.

21. Es geniigt, sich auf den Fall \z\ = 1 zu beschranken. Dann ist \x\ < 1, und es existiert ein a G [0, TT] mit cos a = x, d.h. a = arccos x. Es folgt sin a = ±y. Im Falle z = — 1 ist a = TT und man hat Argz = TT. Im Falle z ^ —1 hat man zu unterscheiden, ob z in der abgeschlossenen oberen oder in der unteren Halbebene liegt. Im ersten Fall ist Argz = a, im zweiten Fall Arg2; = —a.

Losungen der Ubungsaufgaben zu 1.3

469

22. Die ganze Zahl k{z,w) ist so zu bestimmen, dass die rechte Seite im Streifen —n < y < IT enthalten ist. 23. Es wird die Formel (e^)" = e^^ ' (fiir z = \-\- 2-Kin) verwendet, welche allgemein falsch ist.

L o s u n g e n d e r U b u n g s a u f g a b e n z u 1.3 Die Ubungsaufgaben 1 bis 5, 7 und 8 dienen lediglich als Erinnerung an aus der reellen Analysis bekannte Tatsachen. Wenn man zu ihrer Losung Hilfe braucht, so konsultiere man einschlagige Lehrbiicher der Analysis. 6. Fiir den ersten Teil der Aufgabe nutzt man die Identitat exp.-(l + i)" = if^-P(^/")-^-l')yexp(ir"^"7l + £ ) \ V nj n \ z n / ^-^ \n/ \ nj Hieraus folgert man leicht die Abschatzung expz

(-f)'

{o,) = g'[a). Durch Produktbildung folgt f{z)g{z) = f{a)g{a) + x{z){z — a) mit Xiz) = 'p{z)g{a) + f{a)i){z)

+ ip{z)i){z){z - a).

Die Funktion x ist in a stetig mit dem Funktionswert X(a) = 'p{a)g{a) + /(a)V'(a) = f'{a)g{a)

+

f{a)g'{a).

2. Alle Funktionen sind stetig. Die Funktion f{z) = zKez ist nur im Nullpunkt komplex differenzierbar und hat dort die Ableitung 0. Die Funktion f{z) = 'z ist nirgends komplex differenzierbar. Dies sieht man, indem man den Differenzenquotienten auf Parallelen zu den Koordinatenaclisen einsclirankt. Die Funktion / ( z ) = z'z ist nur im Nullpunkt komplex differenzierbar und hat dort die Ableitung 0. Die letzte Funktion aus a) ist nirgends komplex differenzierbar. Die komplexe Differenzierbarkeit der Exponentialfunktion fiihrt man mittels der Funktionalgleichung auf die komplexe Differenzierbarkeit im Nullpunkt zuriick. Man fiihrt die Behauptung auf den Fall der reellen Exponentialfunktion mit Hilfe der Abschatzung exp z — \ ^ exp\z\ zuriick. Diese ergibt sich unmittelbar iiber die Potenzreihe. 3. Wir nehmen an, dass / nur reelle Werte annimmt. Der Differenzenquotient

f{a +

h)-f{a) h

ist reell bzw. rein imaginar, je nachdem ob h reell oder rein imaginar ist. Die Ableitung ist somit sowohl reell als auch rein imaginar und damit 0. Es folgt nun auch, dass die partiellen Ableitungen von / nach x und y verschwinden. Die Funktion / ist damit konstant, wie aus der reellen Analysis bekannt. 4. Die Behauptung ergibt sich direkt mittels des Differenzenquotienten. 5. Seien z,a £ D z ^ a. Wir setzten b = f{a) und w = f{z).

Es gilt

f{z) - f{a) _ w-b _ 1 z-a g{w) - g(b) gi^)-gib) ' Wir nehmen den Grenziibergang z —>• a vor. Wegen der Stetigkeit von / gilt w ^ b, und es folgt die Behauptung. 6. Der Logarithmus ist Umkehrfunktion der Exponentialfunktion. Man wende die Aufgaben 2b) und 5) aus 1.4 an.

Losungen der Ubungsaufgaben zu 1.5

471

L o s u n g e n d e r U b u n g s a u f g a b e n z u 1.5 1. Die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen sind fiir f{z) = zKez nur im NuUpunkt erfiillt, fiir f{z) = 'z nirgends, fiir f{z) = z'z nur im Nullpunlit, fiir / ( « ) = zj \z\ {z ^ 0) nirgends und fiir f{z) = exp z in der komplexen Ebene. 2. Die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen sind nur auf den Koordinatenachsen erfiillt. Insbesondere gibt es keine nicht leere offene Menge, auf der sie erfiillt sind. 3. Man benutze die Formeln aus den Ubungsaufgaben zu 1.2. 4. Die Funktion / ist offenbar aufierhalb des NuUpunkts analytisch. Sie ist in keiner Umgebung des NuUpunkts beschrankt, wie man sieht, wenn man z = £(1 + i) betrachtet. Sie kann also nicht in der ganzen Ebene analytisch sein. Dennoch existieren die partiellen Ableitungen in 0. Sie sind 0, die CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen sind also in ganz C erfiillt. Der Grund liegt darin, dass die Einschrankung von / auf die beiden Achsen bei Annaherung an 0 rapide abklingt. 5. Man hat jede zweite der zehnten Einheitswurzeln zu betrachten, a^. =exp(27ri(2i + l ) / 1 0 ) ,

0 < j < 5,

und dann die Ebene langs der Halbstrahlen to (i > 1, 0 < j < 5) zu schlitzen. 6. Die Teilaufgaben a) und b) folgen aus den CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen in Verbindung mit Bemerkung 5.5. Um Teil c) zu beweisen, betrachte man mit f = u + iv die konstante Funktion | / | = u +v . Wir konnen annehmen, dass diese Konstante von 0 verschieden ist. Man differenziert diesen Ausdruck nach X und y und erhalt unter Verwendung der CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen das Gleichungssystem uu^ - vUy = 0,

uUy + vu^ = 0.

Hieraus folgt u^ = u „ = 0 . 7. Die gesuchten Funktionen sind 2;^ -|- 1, I/2;, 2; exp 2; und y ^ (Hauptzweig). 8. Aus der Kettenregel folgt dU du du . or ox ay Nochmalige Anwendung der Kettenregel liefert

— - = - - cos 93 -I- -— s m ip.

Zweimalige Anwendung der Kettenregel in Verbindung mit der Produktregel liefert du — = -rsm^ -r—r cos ip-\ox ox/ ax ay r cos If

dxdy

r sm if + -jr^r cos ip dy"^

du -r—r smG9. dy

472

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben Die behauptete Formel folgt durch Zusammenfassen.

9. Unter Benutzung der vorhergehenden Aufgabe zeigt man, dass u{x, y) = a log r + 6 niit reellen Konstanten a, h die einzigen Losungen sind. 10. Man muss ahnlich wie in Aufgabe 8 mehrfach die Kettenregel anwenden. 11. Man differenziere / ( z ) exp(—C2;). 12. Wenn die Funktion x differenzierbar ist, so folgt leicht x{x)

= Cx{x)

m i t C = x'(0).

Nacli der vorhergehenden Aufgabe gilt x{x) = Aexp(Ca;). Dieser Ausdruck soil fiir alle x den Betrag 1 haben und der angegebenen Funktionalgleichung geniigen. Dies ist nur moglich, wenn A = \ gilt und wenn C rein imaginar ist. Die Differenzierbarkeit von x folgt aus dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung mit Hilfe der Formel a

X{x) / x{t) dt=

a

x+a

x{x + t)dt=

/ xit) dt-

x

x{t) dt,

wobei man a so wahlt, dass das Integral auf der linken Seite von 0 verschieden ist. 14. Das Bild ist der geschlitzte Kreisring f{D) = {weC;

1 < |-u;| < exp6, -TT < Arg w < TT }.

15. Setzt man z = r exp{i(p), f = u + iv, so folgt r)™'^' " " 2 V "^ r)^°*^'^' ^ = 2 V Daher ist das Bild der Kreislinie C^ fiir r ^ 1 eine Ellipse mit Brennpunkten ± 1 und den Halbachsen ^ ( r + ^) bzw. ^\r — ^\. Im Fall r = 1 entartet die Ellipse in das Intervall [—1,1]. Analog rechnet man aus, dass das Bild der Halbgeraden ein Ast der Hyperbel 2

2

u cos^ ip

V sin^ ifi

1st. Die Funktion / bildet sowohl D j als auch D j bijektiv, sogar konform, auf die geschlitzte Ebene C — [—1,1] ab. 16. a) Wir wissen, dass sin surjektiv ist. Wegen der Periodizitatseigenschaften nimmt sin alle Werte schon im Bereich —TT/2 < Re 2; < 7r/2 an. Die beiden Randgeraden werden auf ]—00, —1] bzw. [1, oo[ abgebildet. Man rechnet leicht nach, dass im Innern des Streifens nur reelle Werte angenommen werden, welche in ] —1,1[ liegen. b) Man benutzt die Darstellung . 1 — exp(2iz) t a n z = 1: ^-^ ^ 1 + exp(2iz) Der Tangens setzt sich also aus den vier Abbildungen

Losungen der Ubungsaufgaben zu II. 1

473

l-z . , iz 1+ z zusammen. Man rechnet die Bilder nacheinander aus und erhalt die 4 Gebiete z 1-^ Iiz.

-IT 1 }.

Alle vier Abbildungen sind konforin. Die Uinkehrabbildung erhalt man, indeni man jede der vier Abbildungen einzeln umkelirt. 17. Wenn z in der oberen Halbebene liegt, so liegt z naher bei i als bei —i. Insbesondere ist f{z) im Einheitskreis enthalten. Ahnlich zeigt man, dass g{w) := ijz^ in der oberen Halbebene enthalten ist, wenn w im Einheitskreis liegt. Die beiden Abbildungen kehren sich gegenseitig um. 18. Die Eigenschaft b) sei erfiillt. Indem man T mit einer geeigneten Drehstreckung zusammensetzt, kann man annehmen, dass T ( l ) = 1 gilt. Das Dreieck mit den Ecken 0, 1, i muss auf ein Dreieck mit denselben Winkeln abgebildet werden. Da der rechte Winkel des Dreiecks erhalten bleibt, muss T(i) rein imaginar sein. Da auch die Winkel mit 45 Grad erhalten bleiben, muss T(i) = ± i gelten. Aus Orientierungsgriinden muss das Pluszeichen gelten, T ist also die Identitat. 19. Zunachst einmal wird in der Aufgabe stillschweigend von der einfachen Tatsache Gebrauch gemacht, dass sich jedes reelle Polynom u : R x R —>• R eindeutig zu einem komplexen Polynom C X C —>• C fortsetzen lasst. Diese Fortsetzung wird wieder mit u bezeichnet. Erst nach dieser Voriiberlegung ist / definiert. Es ist klar, dass / analytisch ist. Es muss nur gezeigt werden, dass Re f{x+iy) = u{x, y) gilt. Zum Beweis kann man man von der Tatsache Gebrauch machen, dass jede harmonische Funktion M in C Realteil einer analytischen Funktion ist. Der Beweis zeigt, dass diese analytische Funktion ein Polynom in z ist, wenn u ein Polynom in X und y ist. Man kann sich daher auf den Fall

u{x,y)=Re{x

+ iyr=

^

(-!)"("

X y ^

beschranken. Die Behauptung reduziert sich dann auf eine elementare Summenformel fiir Binomialkoeffizienten. 20. Dies ist nichts anderes als eine Umschreibung der CAUCHY-RiEMANN'schen Differentialgleichungen 5.3. 21. Die CAUCHY-RlEMANN'schen Differentialgleichungen sind nur in ± 1 erfiillt.

Losungen der Ubungsaufgaben zu II. 1 1. Eine mogliche Parameterdarstellung auf dem Parameterintervall [0,4] ist a(i) =i*' + ( i * ' + i - i * ' ) ( i - f c ) , Das Kurvenintegral berechnet sich zu

k 1/R die Ungleicliung |o„l < kol'*" ™^^ Ausnalime endlicli vieler n. Fiir beliebiges p, 0 < g < 1/a ist dalier {a„p^) besclirankt, sogar eine Nullfolge. Der Konvergenzradius ist also mindestens ^ und daher mindestens R, da a beliebig nahe an 1/R gewahlt werden kann. 7.

Nacli dem allgemeinen Entwicklungssatz ist der Konvergenzradius mindestens r, er kann natiirlicli nicht grofier sein. Als Beispiel fiir b) kann man den auf _D = C_ definierten Hauptwert des Logarithmus nehnien. Fiir a nehme man einen Punkt im linken oberen Quadranten (Ima > 0 , R e a < 0). Offensichtlich ist der Konvergenzradius gleich r = \a\. Die Konvergenzkreisscheibe enthalt ein Stiick der unteren Halbebene.

8. Dies ist eine triviale Folge aus dem Identitatssatz. 9. Uber einen Potenzreihenansatz findet man die Losungen e

bzi

56^"

-2z-l

10. Der Konvergenzradius ist gleich dem minimalen Betrag einer NuUstelle von cos, also 7r/2. Die Koeffizienten konnen rekursiv berechnet werden: Es ist E^ = \ und n—1

/

\

Ihre Ganzzahligkeit folgt aus dieser Formel durch Induktion. 11. Der Konvergenzradius ist 7r/2. Die ersten 6 Koeffizienten sind 0 , 1 , 0 , 1 / 3 , 0, 2/15. 12. a) Jeder Randpunkt sei regular. Nach dem HEiNE-BOREL'schen Uberdeckungssatz gibt es ein £ > 0 und zu jedem Randpunkt g eine analytische Funktion g in U^{Q), welche in U^{Q) H D mit P iibereinstimmt. Die Funktionen g und g' stimmen im Durchschnitt U^{Q) fl U^{Q') iiberein. Folgedessen existiert eine analytische Fortsetzung von P auf den Bereich D U | J U^{Q). Dieser Bereich enthalt eine Kreisscheibe vom Radius R > r, der Konvergenzradius von P ware mindestens R. b) Vergleich mit der geometrischen Reihe zeigt, dass der Konvergenzradius mindestens 1 ist. Er kann natiirlich nicht grofier sein. Sei ^ eine 2 -te Einheitswurzel fiir irgendeine natiirliche Zahl. Die Potenzreihe ist auf der Strecke

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.3

481

fX, 0 < t < 1 offenbar unbeschrankt. Daher ist ( ein singularer Randpunkt. Da die Menge dieser Einheitswurzeln dicht auf der Einheitskreislinie liegt, sind alle Randpunkte singular. 13. Die angegebene Reihe hat Konvergenzradius oo, wie ein Vergleich mit der Exponentialreihe zeigt. Die Differentialgleichung rechnet man unmittelbar nacli. Sie liefert eine Rekursionsfomiel fiir die TAYLORkoefSzienten. 14. Man vergleiche mit der Exponentialreihe. 15. Man integriert die Doppelreihe

-f{z)f{z)

=

-^a^a:;;^z''z"'n,m

gliedweise iiber die Kreislinie vom Radius g. Die Terme mit m ^ n verschwinden. Triviale Abschatzung des Integrals liefert das gewiinschte Resultat. Die CAUCHY'sche Ungleichung, welche man mit der Standardabschatzung einfacher direkt beweisen konnte, erhalt man, indem man in der GUTZMER'schen Reihe alle Glieder bis auf eines streicht. 16. Im Falle rn- = 0 ist dies der Satz von LIOUVILLE, 11.3.7. Der Beweis des allgemeinen Falles geht analog. Man beweist mit Hilfe der verallgemeinerten CAUCHY'schen Integralformel, dass die ( n + l)-te Ableitung von / verschwindet. Man kann auch Aufgabe 15 anwenden. 17. Man setze Koeffizient man a^ = O'n^ '^ ^ Ij

/ als Potenzreihe an und sieht sofort, dass der Koeffizient ttg = 0, der a^ = ± 1 ist. Indem man eventuell / durch g{z) = —f{z) ersetzt, kann 1 annehmen. Man zeigt jetzt leicht durch Induktion nach n, dass alle verschwinden. Man erhalt f{z) = ±z als einzige Losungen.

18. Man kann des Quotientenkriterium verwenden.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.3 1. Die Potenzreihenentwicklung P von sin j ^ ^ hat im Konvergenzkreis |2;| < 1 unendlich viele NuUstellen. Sie stimmt also mit der Potenzreihe Q = 0 in unendlich vielen Punkten iiberein. 2.

a) Da sich die NuUstellen von /-^ [z) — 2z gegen 0 haufen wiirden, miisste f^ {z) = 2z gelten. Diese Funktion hat aber nicht beide geforderte Eigenschaften. Es gibt also kein / j . b) f2(z) = z^ erfiillt die Forderungen. c) Der n-te TAYLORkoeffizient ware n\ . Die Potenzreihe hat aber den Konvergenzradius 0. d) Die Reihe f^{z') = "^z^/n^

hat die gewiinschte Eigenschaft.

3. Die Ableitungen im NuUpunkt sind alle reell.

482

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

4. Die Aufgabe soil nocheininal klarstellen, dass „diskret in" in unserer Terniinologie ein relativer Begriff ist. Die Menge der Staninibriiclie ist diskret in C , jedoch nicht in C. Die Eigenschaft b) kann man auch so aussprechen: Eine Teilnienge M C -D ist genau dann diskret in D, wenn sie in D abgeschlossen ist und wenn die von D auf M induzierte Topologie die diskrete Topologie ist. 5. Es geniigt zu zeigen, dass es eine Edge von kompakten Mengen gibt, welche D ausschopft, D = [^ K^. Man iiberlegt sich leicht, dass D die Vereinigung aller Kreisscheiben K (Z D isi, welche rationalen Radius haben und deren Mittelpunkte rationalen Real- und Imaginarteil haben. Das System dieser Kreise ist abzahlbar. 6. Die NuUstellenmenge ist diskret. Man benutze Aufgabe 5. 7. Die Eunktion / verschwindet auf dem Wertevorrat von g. Dieser ist offen, wenn g nicht konstant ist. 8. Aus dem Maximumprinzip folgt \f{z)/g{z)\ < 1 und \g{z)/f{z)\ < 1, also \f{z)/g{z)\ = 1. Nach dem Satz von der Gebietstreue muss f/g konstant sein. 9. Man wende Hilfssatz 3.8 auf die Eunktion f o g~^ an. 10. Die Maxima sind e, 2, v 5 , 3. Die Eunktion d) ist nicht analytisch. 11. Man kann annehmen, dass D eine Kreissscheibe ist. Dann ist u Realteil einer analytischen Eunktion. Deren Wertevorrat ist nach dem Satz von der Gebietstreue offen. Projiziert man diesen Wertevorrat auf die reelle Achse, so erhalt man ein offenes Intervall. 12. Da der Abschluss kompakt ist, existiert ein Maximum. Ini Innern kann es nicht angenommen werden, es sei denn, / ist konstant. 13. Wegen Hilfssatz 3.9 kann man annehmen, dass einer der beiden Punkte Null ist, also /(O) = 0. Nach dem SCHWARZ'schen Lemma gilt \f{z)/z\ < 1. Die Eunktion g{z) = f{z)/z besitzt ein Betragsmaximum, wenn / einen von 0 verschiedenen Eixpunkt hat und ist dann nach dem Maximumprinzip konstant. 14. Ist 6 e C ein Randpunkt des Wertevorrats eines Polynoms P , so existiert eine Eolge (a„), so dass P{o,^) —>• b. Nach dem Wachstumslemma ist die Eolge (a„) beschrankt und kann als konvergent angenommen werden, a^ -^ a. Wegen P{a) = b liegt b im Wertevorrat von P. Dieser ist also abgeschlossen und nach dem Satz von der Gebietstreue offen, aus Zusammenhangsgriinden also ganz C 15. Man schliefit indirekt und betrachtet die analytische Eunktion g = 1/ f. Nach Vorausetzung gilt \g{o,)\ > \g{z)\ fiir alle z aus dem Rand der Kreisscheibe. Man erhalt einen Widerspruch mit Hilfe der CAUCHY'schen Integralformel fiir g. Ist / eine nicht konstante analytische Eunktion auf einem Gebiet D D U^ (a), so existiert £ > 0 mit mit \f{z) — f{o,)\ > 2e fiir |z — a| = r. Man zeigt mit mittels des ersten Teils, dass U^{f{a)) im Bild von / liegt. 16. Man bestatigt a) durch einfaches Nachrechnen. Man beweist b), indem man das Schwarz'sche Lemma auf (fria) ° f ° fa anwendet.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.5

483

17. Sei / eine ganze Funktion, deren Betrag durch C beschrankt ist. Fiir beliebiges a e C und r > 0 wende man das Schwarz'sche Lemma auf die Funktion j^(f(rz + a) — f{z)) an. Nach Grenziibergang r —>• oo folgt / ' ( a ) = 0.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.4 1. a) Aus Q) folgt nach dem Hebbarkeitssatz /3) und trivialerweise auch 7). Wenn 7) erfiillt ist, so folgt aus dem Hebbarkeitssatz zunachst, dass g{z) := {z — a)f{z) eine hebbare Singularitat hat. Mittels der Potenzreihenentwicklung zeigt man, dass g durch z — a teilbar ist. b) Wenn der Limes existiert, so besitzt g in a eine hebbare Singularitat, und man kann den Zusatz zu 4.4 anwenden. 2. Man verwende den Zusatz zu 4.4. 3. Wie in den beiden vorhergehenden Aufgaben verwende man die Charakterisierung der Ordnung aus dem Zusatz zu 4.4. 4. Die Funktionen b),c) und d) haben hebbare Singularitaten im NuUpunkt. 5. Die Polordnungen sind 2, 7, 3. 6. Sei U eine beliebig kleine punktierte Umgebung von a. Wenn a eine wesentliche Singularitat von / ist, so ist f{U) dicht in C Es folgt, dass der Abschluss von e x p ( / ( [ / ) ) gleich dem Abschluss von exp(C), also ganz C ist. Wenn / einen Pol hat, existiert nach dem Satz von der Gebietstreue ein r > 0, so dass der Bereich B = {z; \z\ > r} in f{U) enthalten ist. Die Exponentialfunktion nimmt aus Periodizitatsgriinden jeden ihrer Werte schon in B an. 7. Man schreibe / (und analog g) in der Form f{z) TAYLOR'schen Formel folgt fg{a) = /**'(a)/fc! .

= {z — a)''fg{z).

Aus der

8. Die Singularitaten liegen in 1 + 4Z. Aufier der Stellen z = 1 und z = —3, wo es sich um hebbare Singularitaten handelt, liegen Pole erster Ordnung vor. 9. Man benutze partielle Integration mit u = sin^(a;) und v = —1/x. Wegen u' = sin(2a;) wird man auf das bekannte DmiCHLETintegral J°° ^^^ dx = ^ gefiihrt. 10. Mittels der Formel sin^ 2x = 4(sin^ x — sin* x) fiihrt man das Integral auf das Integral in der vorhergehenden Aufgabe zuriick.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.5 1. Mittels der geometrischen Reihe erhalt man 1 + ^2

2z-i

i ^ 2 ^^^'^

'

(2i)"+i (2

484

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben In z = i liegt ein Pol erster Ordnung vor.

2. Mittels der Partialbruchzerlegung f{z) = 1/(1 — z) — 1/(2 — z) erhalt man 1

""

^(l_2-"-i)z",

{z-l)iz-2)

O

" q

.

Losungen der Ubungsaufgaben z u m A n h a n g zu III.4 und III.5 1. Das Wesentliche ist, dass man die Summe f+g und das Produkt fg von meromorphen Funktionen f,g erst einmal streng definiert. Dies ist fiir endliche Gebiete -D C C durchgefiihrt worden. Wenn oo im Definitionsbereich enthalten sein sollte, so definiert man (/ + g){co) und (/ • g){oo) am besten dadurch, dass man im Definitionsbereich die Substitution z i->- 1/z durchfiihrt und sich dadurch auf den bereits behandelten Fall z = 0 anstelle z = oo berufen kann. 2. Dies wurde iibrigens beim Beweis von A2 (Invertieren einer meromorphen Funktion) stillschweigend benutzt. Zunachst mache man sich klar, dass D nach Herausnahme einer diskreten Menge (in unserem Fall der Polstellenmenge) zusammenhangend bleibt. Folgedessen konnen sich die NuUstellen nach dem gewohnlichen Identitatssatz nirgends im Komplement der Polstellenmenge haufen. Auch die Pole selbst konnen keine Haufungspunkte von NuUstellen sein, da bei Annaherung an einen Pol die Funktionswerte iiber alle Grenzen wachsen. 3. Hebbarkeit bedeutet die Beschranktheit von f{z) fiir \z\ > C, C hinreichend grofi. Ein Pol liegt vor, falls limu|_j.^ 1/(^)1 = oo gilt. Eine wesentliche Singularitat liegt vor, falls der Bereich \z\ > C {z ^ oo) fiir beliebig grofie C durch / auf eine dichte Teilmenge von C abgebildet wird. 4. Man verifiziert die Formeln durch direkte Rechnung. 5. Das Innere des Einheitskreises wird nach dem Satz von der Gebietstreue auf einen offenen Teil der Ebene abgebildet. Das Aufiere des Einheitskreises wird wegen der Injektivitat auf das Komplement dieser offenen Menge abgebildet. Daher ist oo keine wesentliche Singularitat von / . Somit ist / ganz rational, d.h. ein Polynom. Wegen der Injektivitat ist der Grad 1. 6. Die einzigen Losungen sind f{z) = z und f{z) = —z + b mit einer Konstanten b. Aus der Funktionalgleichung folgt, dass / injektiv ist. Nach der vorhergehenden Aufgabe ist / ein lineares Polynom.

486

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

7. Jede meromorphe Funktion auf ganz C ist rational (Satz A6). Wenn eine rationale Funktion bijektiv ist, so hat sie genau eine Nullstelle und genau einen Pol. In einer gekiirzten Darstellung als Quotient zweier Polynonie konnen Nenner und Zahler hochstens den Grad 1 haben. Nun folgen a) und b) aus Satz A9. 8. Die Fixpunktgleichung ist eine quadratische Gleichung, az + b = {cz + d)z. 9. Wenn a, b, c von oo verschieden sind, leistet das Doppelverhaltnis das Gewiinschte. AUgeniein definiere man das Doppelverhaltnis durch einen naheliegenden Grenziibergang. 10. Der Satz ist klar fiir Translationen und Drehstreckungen, also fiir obere Dreiecksmatrizen. Er ist auch klar fiir die Substitution z i->- 1/z. Dies sieht man fiir die Kreisgleichung (z — a){z — a) = r^ und die Geradengleichung az + bJ = c unmittelbar durch Einsetzen. Eine beliebiges M lasst sich aus den beiden Typen zusammensetzen: Wenn M selbst keine obere Dreiecksmatrix ist, so ist a := Moo von oo verschieden. Die Matrix A^ = ( o w d o ) ^^* ebenfalls die Eigenschaft A^oo = a. Folgedessen gilt M = NP mit einer oberen Dreiecksmatrix P. 11. Dies folgt aus Aufgabe 9, wenn man benutzt, dass drei Punkte in genau einer verallgemeinerten Kreislinie enthalten sind. 12. Man unterscheide, je nachdem, ob M einen oder zwei Fixpunkte hat. Im ersten Fall wahle man A so, dass der Fixpunkt in oo abgebildet wird. Die Matrix AMA~^ hat dann den Fixpunkt oo und hat die Wirkung z i-^ az + b. Da sie nur den Fixpunkt oo hat, muss a gleich 1 sein. Die zugehorige Matrix ist eine obere Dreiecksmatrix mit gleichen Diagonalelementen. Wenn zwei verschiedene Fixpunkte vorhanden sind, kann man diese nach 0 und oo werfen. Die Matrix wird dann eine Diagonalmatrix. 13. Eine Dreiecksmatrix, welche keine Diagonalmatrix ist und welche gleiche Diagonalelemente hat, ist nicht von endlicher Ordnung. Wegen Aufgabe 12 kann man daher annehmen, dass M eine Diagonalmatrix ist.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.6 1. Wir behandeln exemplarisch e). Bel z = 1 liegt ein Pol zweiter Ordnung vor. Das Residuum ist gleich dem ersten TAYLORkoefSzienten von exp(z) an der Stelle z = 1, also e. 2. Die Ableitung von F ist 0. Mithin ist F konstant und insbesondere -F(l) = ^ ( 0 ) . Es folgt, dass G(l) ein ganzzahliges Vielfaches von 27ri ist. Die Umlaufzahl ist gerade G(l)/27ri. 3. a) Die Funktion x(c«; z) ist stetig und nimmt nur ganze Werte an. b) Die Formeln ergeben sich unmittelbar aus der Definition des Kurvenintegrals. c) Die Funktion

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.7

h{z)=x{a;l/z)

487

=

^ J ^ ^ d C a

ist zunachst analytisch in der Menge aller z / 0, so dass 1/z nicht im Bild von a liegt. Sie ist analytisch in den Nullpunkt durch 0 fortsetzbar. Da sie lokal konstant ist, muss sie in einer vollen Umbebung des Nullpunkts verschwinden. d) Dies wurde schon beini Beweis von c) gezeigt. e) Aus der gegebenen Anleitung folgert man, dass es zwei (moglicherweise verschiedene) Logarithmen l-^ und l^ von a(0) = a ( l ) gibt, so dass 2mxia; a) =

h - h gilt4. a) Man fiihrt in der Integraldarstellung die Substitution ^ i->- 1/C, durch. Diese gewinnt man leicht iiber die Parameterdarstellung des Kurvenintegrals. b) Die Funktion f{z) = z hat im Nullpunkt eine hebbare Singularitat und dort sogar eine NuUstelle! 5. Man wahle R in 4a) so grofi, dass alle Pole von / den Betrag < R haben. Die Behauptung folgt aus dem Residuensatz und aus 4a). 6. Die Integrale konnen mit dem Residuensatz berechnet werden. Man verwendet zweckmafiigerweise die Geschlossenheitsrelation aus Aufgabe 5. Im Falle a) ist das Residuum in oo gleich 0, an der Stelle z = 3 gleich (3^^ — 1)~^. Mit Hilfe der Geschlossenheitsrelation folgt, dass das Integral den Wert —27ri(3^^ — 1)~^ hat. 7. Da fg hochstens einen Pol erster Ordnung hat, kann man die Formel 6.4 1) anwenden. 8. Eine LAURENTreihe, deren Koeffizient a_ j verschwindet, kann gliedweise integriert werden. 9. Gliedweise Differentiation einer LAURENTreihe liefert eine LAURENTreihe, fiir welche der Koeffizient a_^ verschwindet. 10. Die Transformationsformel erhalt man, indeni man die Parameterdefinition des Kurvenintegrals einsetzt und die gewohnliche Substitutionsregel anwendet. Die Residuenformel ist ein Spezialfall.

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.7 1. Im ersten Beispiel liegt eine NuUstelle im Innern des Einheitskreises, keine liegt auf dem Rand. Die anderen drei NuUstellen liegen aufierhalb. Dies zeigt man, indem man den Satz von ROUCHE 7.7 auf f{z) = —5z und g{z) = 2z* + 2 anwendet. Bei der zweiten Gleichung existieren 3 Losungen mit \z\ > 1. Die dritte Gleichung hat 4 Losungen in dem Kreisring. Die numerische Lage der Losungen relativ zu den Kreisen vom Radius eins bzw. zwei ist wie folgt:

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

488

A

A

- 0 . 7 9 7 1 + i 1.1914 , -0.7971 - i 1.1914 , +0.4114 , +1.1827.

%«i -0.8625 + • 1.4997 ,

ZlRi-1.3939

02 Ri

02 Ri - 0 . 1 9 9 4 03 Ri +0.0039

-0.7865 « 3 - i -0.6438 Zi^ i -0.5328 + 05 Ri +0.5082 %«i + 0 . 5 8 0 8 + ^^Ri + 1 . 7 3 6 7 -

• 1.4681 , • 0.6019 , •0.5187, •0.5190 , • 0.6053 , • 0.0346 .

+ + + i + 0 . 1 6 5 0 04 R 05 Ri + 1 . 4 2 4 4 -

•0.1131 • 1.3329 • 0.2500 • 1.4598 • 0.2362

2.

Man orientiere sich an deni Beispiel 2) auf S. 173.

3.

Man wendet den Satz von R O U C H E 7.7 niit f{z) = z — \ und g{z) = exp(—0) an. Als Integrationslinie nininit man das Rechteck niit den Ecken —iR, R — iR, R + i-R, i-R fiir beliebig grofies R. Fiir hinreichend grofies R gilt die Ungleichung \g{z)\ < \f{z)\ auf der Integrationslinie.

4.

Die Funktion |exp(0)| hat auf einer vorgegebenen Kreisscheibe \z\ < R ein positives Minimum m. Da die Exponentialreihe gleichmafiig auf jedem Kompaktum konvergiert, existiert eine natiirliche Zahl rig mit |e„(0) — exp(0;)| < m < |exp(0)| fiir n > rig und \z\ < R. Insbesondere ist £^(0) fiir n > n^ und \z\ < R von 0 verschieden.

5.

Man wende den Satz von RouCHE 7.7 auf das Funktionenpaar {f{z), —0") an.

6. Die einzige Singularitat das Integranden in U (a) ist in ^ = f~^(w). Residuum ist

lim 7.

(C-/"'(w))-

C/'(C) ,

,

_ f-\w)f\f-\w)) , ,

Das

r\w).

Man orientiere sich an dem Beweis fiir die Partialbruchentwicklung des Kotangens 7.13 und betrachte das Integral von g bzw. h iiber die Kontur Qj^. Der Grenzwert dieses Integrals verschwindet fiir A^ —>• 00. Die Behauptung folgt aus dem Residuensatz. Die Singularitaten von g bzw. h liegen in ganzen Zahlen n G Z . Die Residuen sind fin) bzw. (—l)"/(n).

Losungen der Ubungsaufgaben zu III.7

489

8. Man wende Aufgabe 8 auf die Funktion f(z) = 1/z^ an. 9. Fiir das erste Integral muss man nach Satz 7.9 die Residuen der rationalen Funktion z^ + 1 z^{2z-l){z-2)

im Einheitskreis bestimmen. Im NuUpunkt liegt ein Pol dritter Ordnung mit Residuum 21/8 vor, im Punkt 1/2 ein Pol erster Ordnung mit Residuum —65/24. Der Pol bei z = 2 liegt aufierhalb des Einheitskreises. Man erhalt 27r

COS 3 i

5-4cost

, • at

TT =

•—-.

12

0

Mit derselben Metliode erhalt man 27r

7r

1

(a + cosi)2

.dt=lf,

2J

0

^-^dt

(a + cost)2

(a2 _ i ) ^ ^ ^ 3 T '

0

Bei den Aufgaben 10)-13) verifiziert man die angegebenen Resultate mit den Standardmethoden. 14. Sei C = exp(27ri/5). In dem Kreissektor, welcher von den beiden Halbgeraden und dem Kreisbogen zwischen r, r > 1, und rC begrenzt wird, hat (1 + z^)~^ genau eine Singularitat, namlich tj = exp(7ri/5). Es ist C = V^• Das Residuum von (l + z^)~^ in z = r] ist {5fj*)~^ = —fj/5. Da das Integral iiber den Kreisbogen fiir r —>• oo gegen 0 konvergiert, folgt aus dem Residuensatz, dass die Differenz der beiden Integrale langs der beiden Halbgeraden gleich dem 27ri-fachen dieses Wertes ist. Man erhalt also oo

oo

• dx — C / :;

1 + a;^ 0

^ J 1 + x^

dx =

—r].

0

Die Formel bleibt giiltig, wenn man 5 durch eine ungerade Zahl > 1 ersetzt. 15. Die Integrale sind an beiden Grenzen uneigentlich. Um den Residuensatz anwenden zu konnen, muss ein geeigneter Logarithmuszweig definiert werden. Man nimmt \ogz = log \z\ + i(p mit —7r/2 < if < 3n/2. Dieser Zweig ist in der langs der negativen imaginaren Achse geschlitzten Ebene analytisch. In diesem Gebiet verlauft der folgende Integrationsweg a: Man wahlt 0 < e < r. Der Integrationsweg wird zusammengesetzt aus der Strecke von —r bis —e, dem Halbkreis in der oberen Halbebene von —e bis e und der Strecke von e bis r. Aus dem Residuensatz folgt mit Standardabschatzungen

Nun nutzt man log(—a;) = log a; + m fiir x > 0 aus. Grenziibergang £ —>• 0, so erhalt man

Vollzieht man den

490

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben oo

oo

(loga;)^ , „ . /" log a; , ^ ^ ' dx + 27n / — - ^ dx-n

1 + x^

0

J 1 + x"^

0

oo

o f '

dx

J 1 + x^

0

Der Wert des dritten Integrals ist bekanntlicli n/2. 16. Da der Integrand eine gerade Funktion von x ist, braucht man nur das Integral von — oo bis oo zu bestimmen. Man betrachte den Imaginarteil der Formel aus Satz 7.1. 17. Die Funktion f{z) hat einen Pol erster Ordnung bei z = a/2 und dies ist die einzige Singularitat, welche von der Integrationskurve umlaufen wird. Das Residuum ist 577^. Der Wert des Kurvenintegrals von / ist das 27ri-fache dieses Werts, also X/TT. Die Summe der Integrale iiber die beiden horizontalen Linien ergibt J_ exp(—i^) dt. Die beiden Integrale von a nach R + a und von —R nach —R + a konvergieren gegen 0 fiir _R —>• oo.

P X D ( ZiTTlZ

I H)

18. Wir setzen f{z) = — L . x —f . Der Residuensatz angewendet auf f und a •' ^ ' exp(27ri2:) - 1 to J liefert in jedem der beiden Falle die Gaufi'sche Summe G^. Man berechnet nun das Integral auf andere Weise, indem man R nach unendlich gehen lafit. Zunachst sieht man leicht, dass die Beitrage der beiden Horizontalen gegen Null gehen, da der Integrand auf ihnen geniigend stark abklingt. Die Integrale langs der beiden Schraglinien bzw. Vertikalen kann man mittels z J (exp(27riz) + l ) f{z + n) — f{z) = exp ( zu einem Integral zusammenfassen. Da der Intergrand keine Singularitat hat, kann man im ersten Fall iiber die Gerade at, —oo < t < oo, integrieren (also e = 0 setzen), im zweiten Fall kann man den Halbkreis durch durch eine Strecke ersetzen. Schreibt man nun die Integrale in der Parameterdarstellung explizit hin, so stofit man im wesentlichen auf das Gaufi'sche Fehlerintegral (Aufgabe 17 in Verbindung mit Aufgabe 14 aus II.2). 19. Das Integral iiber / langs der Kontur von r iiber r + ir und iiber —r + ir nach —r geht fiir r —>• oo gegen 0, wie man mit Standardabschatzungen zeigt. Dank des Residuensatzes muss man daher nur noch die Integrale iiber die vielen Halbkreise 5 , : [0,1],

5 ( t ) = p + £exp(7ri(l-i)),

verstehen. Dazu schreibt man f{z) = ^ + h{z), c:=Res(/;p) z p mit einer Funktion h, welche in einer Umgebung von p analytisch ist. Integriert man die rechte Seite iiber den Halbkreis, so ergibt der erste Term —TTC, wie man in expliziter Parametrisierung leicht nachrechnet. Das Integral iiber den zweiten Term geht gegen 0 fiir e ^ 0.

Losungen der Ubungsaufgaben zu IV. 1

491

Losungen der Ubungsaufgaben zu IV. 1 1. Das Produkt a) divergiert. Das Produkt b) konvergiert. Der Wert ist 1/2, was man aus den Partialprodukten

u{^-^)-u =2

1^2

2

TV

i/=2

ablesen kann. Das Produkt c) konvergiert ebenfalls. Das A^-te Partialprodukt ist | ( l + • ^ ) . Der Wert des Produkts ist also 1/3. Das letzte Produkt konvergiert ebenfalls und zwar gegen 2 / 3 . Das A^-te Partialprodukt ist | ( l + -JYTTT+iy). Die zugehorige Reihe ist eine Teilreihe der geometrischen Reihe und konvergiert fiir 12; I < 1. Der Wert ergibt sich aus der Formel n

v=0

Die Monotonie folgt aus der trivialen Ungleichung log(l + 1/n) > 1/(1 + n), die Beschrankung durch 0 mittels f^ ^ , indem man die Summe iiber 1/v als Integral iiber eine Treppenfunktion deutet. Man orientiere sich am Beweis von 1.9 und verwende die dort angegebene Umformung von G^. Nach der STiRLiNG'sclien Formel ist der Grenzwert gleich lim '"'^ ' '"' ,"-1/2 " " ' e '"" n->oo •ri''n"

= e " lim ( 1 H I = 1. nj n->oo

6. Aus a) folgert man zunachst, dass g = f /F eine ganze Funktion mit Periode 1 ist. Wegen b) und Aufgabe 5 gilt g(z)_ ^ g{z + n) ^ ^.^ gjz + n) ^ ^ 5(1) Q(n) n^ca g{n) 7. Die Formel folgt aus der LEGENDRE'schen Verdoppelungsformel 1.12 in Kombination mit derm Erganzungssatz durch die Spezialisierung z = 1/3. 8. Die beiden Formeln folgen aus dem Erganzungssatz 1.11 mittels r ( i j / ) r ( l - \y) = -iyr{iy)r{-iy), r ( l / 2 + \y)r{l/2

r{-\y)

- iy) = r ( l / 2 + iy)r{l

=

r(\y),

- (1/2 + iy)).

9. dass g ein Polynom vom Grad hochstens zwei ist, folgt z.B. aus den Produktentwicklungen fiir r{z),r{z + 1/2) und r{2z). Die Konstanten ermittelt man durch Spezialisierung auf z = 1 und z = 1/2. 10. Man muss den Hilfssatz auf g := f/F anwenden. Zum Beweis des Hilfssatzes zeigt man, dass die Ableitung der logarithmischen Ableitung h{z) = {g /g)'[z) verschwindet. Sie geniigt der Funktionalgleichung Ah{2z) = h{z) + h{z + 1/2). Ihr Maximum M > 0 auf ganz R existiert wegen der Periodizitat und geniigt der Ungleichung 2M < M. Es folgt M = 0 und daher h = 0.

492

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

11. Die Funktionalgleichung und die Beschranktheit iin Vertikalstreifen sind evident. Die Norniierungskonstante kann man niit Hilfe der STIRLING'schen Forniel oder Aufgabe 19 aus 1.2 ablesen. 12. a) Da das Integral an beiden Grenzen uneigentlich ist, miissen Konvergenz und Stetigkeit begriindet werden. Zunachst ist das eigentliche Integral l-l/n

Bjz,w)= I

f-\i-tr-'dt

l/n

stetig. Man orientiere sich nun an der Untersuchung der P-Funktion an der unteren Grenze und zeige, dass B^ in dem angegebenen Bereich lokal gleichmafiig gegen B konvergiert. b) Man verwende die Argumentation aus a) c) Die Funktionalgleichung folgt durch partielle Integration. besitzt der Integrand eine einfaclie Stammfunktion.

Im Falle z = 1

d) Die Voraussetzung der Beschranktheit in einem geeigneten Vertikalstreifen ist offensichtlich. Normierung und Funktionalgleichung folgen aus c). e) Man substituiere s = t/{l — t). f) Man substituiere t = sin^ ip. 13. Sei allgemeiner fJi^ir) das Volumen einer n-dimensionalen Kugel vom Radius r. Eine einfache Integraltransformation zeigt fJi^ir) = r " / i ^ ( l ) . Aus dem Satz von FUBINI fiir mehrfache Integrale folgt

(1)= //.„_i(yr^7^)dt. Hieraus folgt die Rekursionsformel. Das auftretende Integral wird nach der Variablensubstitution t = \fx ein Betaintegral und damit ein Gammaintegral. 14. a) Die Singularitaten von r/) sind die Null- und Polstellen der Gammafunktion. Man benutze die Rechenregel 111.6.4,3). Es ist nun geschickt, gleich e) zu beweisen. Dazu wende man den Zusatz zu 1.7 an. Die Aussagen c), f), g) sind eine unmittelbare Folge. Fiir c) benutze man die Partialbruchentwicklung des Kotangens. Die letzte Aussage g) ist wegen logF(a;)' = il>(x) klar. Fiir positives x ist r(x) positiv, und man kann problemlos logarithmieren. 15. Wir konnen / ( I ) = 1 annehmen. Wegen der Funktionalgleichung geniigt es, die Identitat f(x) = r{x) fiir 0 < a; < 1 zu zeigen. Zweimalige Anwendung der logarithmischen Konvexitat fiihrt auf die Einschliefiung n\{n-\-xY~

< / ( n + a;) < n!n^~ ,

woraus sich mittels der Funktionalgleichung (a; + 1) • • • (a; + n) V

-Y < /(,)
• oo. Man verifiziert leicht, dass F tatsachlich logarithmisch konvex ist (vgl. 14g)). 16. Man erhalt die Identitat, indem man Fin — a) nach iterierter Anwendung der Funktionalgleichung in r[—a) iiberfiihrt. Die asyniptotische Forniel folgt niittels Aufgabe 5. 17. Zunachst einmal muss klar gestellt werde, dass w~^ := exp(—2;logw) iiber den Hauptwert des Logarithmus definiert ist. Der Integrand ist auf dem ganzen Integrationsweg stetig. Aufierdem gilt bei dieser Wahl des Logarithmus I

— z w \ ^

7r|i/||

\—x

Re w

\w e < e ' ' \w\ e Der Integrand klingt also liir Kew ^ —oo rapide ab, die absolute Konvergenz des Integrals ist somit klar. Indem man das Integral analog zum EuLER'schen Gammaintegral durch eigentliche Integrale approximiert, sieht man, dass das Integral eine ganze Funktion ist. Fine Besonderheit ist der Fall z = —n, n G N. In diesem Fall ist der Integrand eine ganze Funktion in w und man erhalt aus dem CAUCHY'schen Integralsatz den Wert 0 fiir das HANKELintegral an der Stelle z = —n, n e Ng. Mittels des Residuensatzes erhalt man den Wert 2m an der Stelle z = 1. Es ist giinstiger, eine Variante der HANKEL'schen Formel zu beweisen, namlich r(z)

= -zr-.

/ w^~

e"'dw.

ZlSmTTZ J

Die rechte Seite ist analytisch fiir a; > 0, da dort die NuUstellen des Sinus von Nullstellen des Integrals kompensiert werden. Die beiden Darstellungen sind wegen des Erganzungssatzes aquivalent. Man beweist nun die charakterisierenden Eigenschaften der Gammafunktion fiir das zweite HANKELintegral: Mittels partieller Integration beweist man die Funktionalgleichung. Die Beschranktheit im Streifen 1 < a; < 2 folgt aus der angegebenen Abschatzung des Integranden sowie Standardabschatzungen des Sinus. Die Normierung ergibt sich iiber die erste Darstellung.

Losungen der Ubungsaufgaben zu IV.2 1. Die Formel fiir die Ableitung ergibt sich durch Anwenden der Produktformel. Die Ableitung des Exponenten ist nach der geometrischen Summenformel gleich (z'' — l)/{z— 1). Aus der Formel fiir die Ableitung _E^ liest man ab, dass Sj, reelle nicht negative Entwicklungskoeffizienten hat. Der Vorfaktor z sorgt dafiir, dass die ersten k verschwinden. Die Aussage b) fiir Ef, gewinnt man durch gliedweise Integration. Zum Beweis von c) betrachte man die ganze Funktion

/(^) = i ^ a ^ = E^-.-" mitc„>0.

494

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben Schatzt man die Reihe durch ihre Betragsreihe ab, so folgt wegen c^ > 0 die Abschatzung \f{z)\ < / ( I ) = 1 fiir 1^1 < 1.

2. Man trage in der Produktentwicklung des Sinus z = 1/2 ein und bilde den Kehrwert. 3. a) Man benutze die Produktentwicklung des Sinus sowie die Gleichung 2 cos TTZ sin nz = sin 2TTZ.

b) Man benutze Teil a) sowie das Additionstheorem COS — COS —z — sm —z \ 4 V 4 4 4. Man konstruiere zunachst eine ganze Funktion a, welche genau in den Polen von / eine NuUstelle oder einen Pol hat, je nachdem ob das Residuum positiv oder negativ ist. Die Vielfachheit sei genau durch das Residuum gegeben. Eine solche Funktion verschafft man sich in naheliegender Weise als Quotient zweier WEiERSTRASSprodukte. Die Funktion f — a /a ist ganz. Wenn es gelingt, sie in der Form P'/P TAX schreiben, ist man fertig, denn dann gilt / = (a/3)'/(a/3). Man kann also von vornherein annehmen, dass / eine ganze Funktion ist. Dann besitzt / eine Stammfunktion F und exp F lost das Problem. 5. a) Man schliefit indirekt und nimmt an, dass endlich viele Funktionen f-^,..., f^ existieren, welche das Ideal erzeugen. Es gibt eine natiirliche Zahl m, so dass alle / in rn-Z verschwinden. Dann miisste jede Funktion aus dem Ideal in rn-Z verschwinden. Es lassen sich jedoch leicht Funktionen angeben, deren genaue NuUstellenmenge 2rn-Z ist. b) Die Funktionen mit genau einer NuUstelle, wobei diese noch von erster Ordnung sein muss, sind prim bzw. unzerlegbar. c) Genau die Funktionen ohne NuUstelle sind invertierbar. d) Nur die Funktionen mit endlich vielen Nullstellen sind Produkte von endlich vielen Primelementen. Die ganze Funktion siuTr^; lasst sich nicht als Produkt endlich vieler Primelemente darstellen. e) Durch Induktion nach der Anzahl der Erzeugenden reduziert man die Behauptung auf den Fall eines Ideals, welches von zwei Elementen / , g erzeugt wird. Mit Hilfe des WEiERSTRASS'schen Produktsatzes konstruiert man eine ganze Funktion a, welche genau in den gemeinsamen Nullstellen von / und g verschwindet, wobei die Vielfachheit das Minimum der Vielfachheiten von / und g sei. Ziel ist es zu zeigen, dass / und g das Hauptideal a erzeugen. Aquivalent hierzu ist, dass f /a und g/a das Einheitsideal erzeugen. Man kann also von vornherein annehmen, dass / u n d g keine gemeinsame NuUstelle haben. Findet man eine Funktion h, so dass die im Ansatz angegebene Funktion A keinen Pol hat, ist man fertig, denn dann gilt Af + Bg = 1 mit B = —h. Man muss also h so konstruieren, dass 1 + hg in den Nullstellen s von / in geniigend grofier Ordnung verschwindet. Dies beinhaltet Gleichungen fiir endlich viele TAYLORkoefSzienten von ft,, welche sich wegen g{s) / 0 induktiv losen lassen.

Losungen der Ubungsaufgaben zu IV.3

495

Losungen der Ubungsaufgaben zu IV.3 1. Sei h eine Losung des angegebenen MiTTAG-LEFFLERprobleins. Man bestiinint fiir jede natiirliche Zahl A^ in der Kreisscheibe |z| < A^ die analytische Funktion Qj^ so, dass die logarithmische Ableitung von / ^ = exp(5^(^)) J ] ( ^ - s j ™ "

{\z\- 1/z wird D auf ein beschranktes Gebiet abgebildet. Eine analytische Abbildung von C* auf ein beschranktes Gebiet ist nach deni RiEMANN'schen Hebbarkeitssatz auf ganz C analytisch fortsetzbar und nach deni Satz von LiOUViLLE konstant. Eine konfornie Abbildung kann es also nicht geben. 2. Die konfornie Abbildung erfolgt durch eine Streckung, z — i >• rz. 3. Durch z i-^ {l — z)/{l-\-z) wird der Einheitskreis konform auf die rechte Halbebene abgebildet. Diese wird durch w ^-^ vP auf die geschlitzte Ebene abgebildet. 4. Die Abbildung ip lasst sich aus vier konfornien Abbildungen zusaniinensetzen: Die Abbildung w = z^ bildet den Viertelkreis auf die obere Halfte des Einheitskreises ab. Diese wird durch z i->- j ^ konform auf den Quadranten R e z > 0, I m z > 0 abgebildet. Der Quadrant wird durch z i-^ z"^ auf die obere Halbebene und diese schliefilich durch z i->- ^ ^ auf den Einheitskreis abgebildet. 5. Das Gebiet D wird von eineni Hyperbelast mit der Gleichung xy = 1 begrenzt. Das Bild dieses Hyperbelastes unter der Abbildung 2; i->- z^ = a;^ — j / ^ + 2ixy ist die Gerade I m w = 2. Der Bildpunkt von 2 + 2i G -D ist 8i. Es folgt, dass D durch / auf die Halbebene Rew > 2 konform abgebildet wird. 6. Ist 93 : -D —>• D* eine konforme Selbstabbildung, so definiert 7 i->- if>^ip~'^ einen Isomorphismus von A u t D auf A u t D * . 7. Ist r/) eine zweite konforme Selbstabbildung mit der angegebenen Eigenschaft, so ist V'¥'~^ eine konforme Selbstabbildung des Einheitskreises mit Fixpunkt 0 und somit die Multiplikationsabbildung mit eine komplexen Zahl ^ vom Betrage eins. Diese ist 1, wenn sie positiv ist. 8. Die Funktion ip ist in ganz C mit Ausnahme der beiden Nullstellen des Nenners ± \ / ^ l analytisch. Man rechnet leicht

/ \ _ ¥'(^)

^3 - i

l-z, -' -' --' z,+i Aus dieser Darstellung liest man ab, dass D konform auf den Einheitskreis abgebildet wird. Der Abschluss von D wird aus Stetigkeitsgriinden auf den abgeschlossenen Einheitskreis abgebildet. Nach dem Maximumprinzip muss der Rand auf den Rand abgebildet werden. Es ist zu zeigen, dass ip auf dem Rand injektiv ist. Verfolgt man die Abbildung des Randes gemafi der Zerlegung in Einzelabbildungen, so sieht man, dass dD — {i, —i} topologisch auf 9E — {i, —i} abgebildet wird. Wegen ¥'(±i) = ± i wird der Rand von D sogar bijektiv auf die Einheitskreislinie abgebildet. Die Abbildung ip bildet also D stetig und bijektiv auf E ab. Da es sich um kompakte Mengen handelt, ist auch die Umkehrabbildung stetig. 9. Sei w^ = f{z„). Die Behauptung lautet, dass jeder Haufungswert dieser Folge vom Betrag 1 ist. Wenn dies nicht der Fall ist, existiert ein Haufungswert w G E. Nach Ubergang zu einer Teilfolge konnen wir annehmen, dass w^ gegen w konvergiert. Da / topologisch ist, muss z^ = f~^{w^) gegen z = f~^{w) konvergieren.

Losungen der Ubungsaufgaben zu den Anhangen A, B und C

497

Ein Beispiel ist die geschlitzte Ebene D = C _ . Als Abbildungsfunktion nehme man w = ( i \ / i + i ) ( i v ^ — i)~^- Die Bildfolge von —1 + ( —l)"i/n hat zwei Haufungspunkte. 10. Man betrachtet die Kette von Transforniationen Z-,

— —

_ •

12;,

Zo

— —

2 2-,,

J Zrj

_ 2 _ — ^2

, J-i

^4

_ -

z-

— ^

Die konfornien Abbildungen von D auf die obere Halbebene bzw. den Einheitskreis werden durch z i-^ z^ bzw. z - (z — X){z — X)~^ eine konforme Abbildung von der oberen Halbebene auf den Einheitskreis definiert wird, da man dann wie beini Beweis von III.3.10 argumentieren kann. Bei dieser Transformation werden offenbar reelle z auf den Rand des Einheitskreises abgebildet. Nach dem Satz von der Gebietstreue kann diese Transformation die obere Halbebene nur auf das Innere oder auf das Aufiere des Einheitskreises abbilden. Der zweite Fall ist leicht auszuschliefien, da A auf 0 abgebildet wird.

Losungen der Ubungsaufgaben zu den Anhangen A, B und C 1. Da zwei Unterteilungen eine gemeinsame Verfeinerung besitzen, muss man nur den Fall behandeln, dass zu einer vorgegebenen Unterteilung ein weiterer Punkt hinzugenommen wird. Dieser Punkt und die beiden Nachbarpunkte liegen in einer Kreisscheibe, welche ganz im Definitionsbereich D enthalten ist. Die Aussage ist nun zuriickgefiihrt auf den CAUCHY'schen Integralsatz fiir Dreieckswege. 2. Man fiihrt die Behauptung auf folgende Aussage zuriick. Sei /3 : [0,1] -^ C* eine Kurve, deren Anfangs- und Endpunkt a = /3(0) und b = /3(1) auf der reellen Achse liegen und welche aufier a und b keinen weiteren Punkt mit der reellen Achse gemeinsam hat. Die Kurve ist dann ganz in der oberen oder unteren abgeschlossenen Halbebene enthalten. Der Wert des Integrals J dz/z ist log6 —logo, wobei allerdings die Werte des Logarithmus genau festgelegt werden miissen. Wenn die Kurve in der oberen Halbebene verlauft, so nimmt man den Hauptwert des Logarithmus, denn dieser ist stetig in der abgeschlossenen oberen Halbebene. Verlauft die Kurve in der unteren Halbebene, so nimmt man fiir log diejenige stetige Funktion auf der abgeschlossenen unteren Halbebene, welche auf der offenen unteren Halbebene mit dem Hauptwert iibereinstimmt. Sie unterscheidet sich auf der negativen reellen Achse von dem Hauptwert um 27ri. Fiir den Wert des Integrals mache man sich ein Tabelle, je nachdem P in der oberen oder unteren Halbebene verlauft und je nachdem welche der Punkte a, b auf der negativen reellen Achse liegen. Das Umlaufintegral von a ist eine endliche Summe von Integralen diesen Typs. 3. Seien a, /? : [0,1] —>• D zwei nicht notwendig geschlossene Kurven mit demselben Anfangspunkt a und Endpunkt b in einem einfach zusammenhangenden Gebiet. Die geschlossene Kurve

498

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben ^U) = / "(2i) '^^ \/3(2-2i)

0 < 2t < 1, l• a, wobei a die Restklasse von a modulo p bezeichne, definiert einen Isomorphismus des Kerns auf 'LjpfL. Diese Uberlegungen iibertragen sich auf die Gruppe GL(2), wenn man beachtet, dass eine 2 x 2-Matrix mit Koeffizienten aus Z/p™''' Z genau dann invertierbar ist, wenn ihr Bild in Z / p ^ Z invertierbar ist. Da man Invertierbarkeit mit Hilfe der Determinante testen kann, folgt dies daraus, dass ein Element aus Z / p ^ + ^ Z genau dann eine Einheit ist, wenn sein Bild in Z / p ' ^ Z eine Einheit ist.

Losungen der Ubungsaufgaben zu VI.5

513

Die angegebene Fomiel fiir die Ordnung von GL folgt nun durch Induktion nach m, die fiir SL hieraus mittels des Determinantenhomomorphismus. 5.

Generell gilt GL(n, i ? J x GL(n, R^) = GL(n, R^ x R^).

6. Man zerlege q in Primfaktoren und benutze die Aufgaben 3 bis 5. 7.

Aus H = [jj^^^

MT

folgt h

H= U \JMM^T= MeTo v = l

U MT,. MeTo

Fiir 5* kann man die Vereinigung der Rander der M^T

nehmen.

8. Sei / eine Funktion auf der oberen Halbebene, so dass das Integral

H

iin LEBESGUE'schen Sinne existiert. Aus der Transforinationsforinel fiir zweifache Integrale folgt (*)

/(/)

= /(/^)

mit

/^(^)

= /(M^)

(MGSL(2,R)).

Der Grund liegt darin, dass die in der allgemeinen Transformationsformel auftretende reelle Funktionaldeterminante von M gleich |c2; + d|~ ist und sich genau gegen den Faktor weghebt, der bei der Transformation von y~^ entsteht. 1st speziell / die charakteristische Funktion einer Menge A C H, so folgt v{A) = V{M[A)). Insbesondere folgt in den Bezeichnungen von Aufgabe 7

v{T^) = hv{T) = [r : r,]vi^). Eine elementare Rechnung zeigt, dass das Integral von y~^ iiber den Fundamentalbereich J^ erstreckt, genau den Wert TT/3 hat. Es bleibt die Invarianz des Integrals zu zeigen. Hierzu werden gewisse Grundkenntnisse iiber Integration benotigt: Seien also J^Q und J^Q zwei Fundamentalbereiche von FQ. Ausnahmemengen im Sinne von Aufgabe 7a) bezeichnen wir mit SQ und S'Q. Wir woUen ., , dxdy y

/" „. s dxdy J

y

fiir eine gewisse Klasse von Fg-invarianten Funktionen / zeigen. Diese Klasse bestehe aus alien stetigen Pg-invarianten Funktionen mit folgenden beiden Eigenschaften: a) Der Trager der Einschrankung von / auf J^Q — Sg ist kompakt. b) Dasselbe gilt fiir {J^Q,S'Q) anstelle von

{J^Q,SQ).

Mit Hilfe einer Zertriimmerung reduziert man nun die Behauptung auf den Fall, dass der Trager von / in folgendem Sinne klein ist: Es existiert eine Substitution M G FQ, SO dass das Bild des Tragers von / unter M in (J^Q^SQ) enthalten ist. In diesem Fall kann man (*) anwenden. Die Zertriimmerung konstruiert man mit

514

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben Hilfe eines Quadratenetzes wie in der Anleitung angedeutet, besser noch niit Hilfe der Technik der Zerlegung der Eins.

9. Zunachst operiert die voile Modulgruppe F auf -R'(PQ). Da der Normalteiler PQ trivial operiert, wird eine Operation der Faktorgruppe induziert. Aus der Algebra weifi man, dass ein Korper stets endlich algebraisch iiber deni Fixkorper einer endlichen Gruppe von Autoniorpliisnien ist. 10. Man benutze die Erlauterungen zu Aufgabe 11 aus V.3. 11. Modulo q handelt es sich um Gruppen von Dreiecksmatrizen. Die Konjugation kann durch die Involution 5* erfolgen. Der Zusammenhang niit der Thetagruppe im Falle 0 kann man wegen der Konvergenz von ^ a^ ein A^ linden, so dass |A(n, rn-)| < e fiir m > n > N. Mittels der eingangs formulierten Ungleichung erhalt man \S(n,m)\

a^ ist trivial. Wenn die Reihe in einem Punkt s konvergiert, so ist die Folge (a^n"") beschrankt. Dann konvergiert die DIRICHLETreihe ini Punkt s + 1 + £ fiir beliebiges positives e absolut. Hieraus ergibt sich die zweite Ungleichung.

2.

Man muss diese Relationen fiir die Teilerpotenzsummen a{n) = a"j._i(n) beweisen. Die Relation a) folgt aus der Tatsache, dass die Teiler von niM genau die Teller von m, und n sind und dass aufier 1 kein gemeinsamer Teiler von m und n existiert. Fiir die Relation b) benutze man, dass die Teiler von p" gerade die p-Potenzen p\ j < v, sind. und ( l — p''~^~^) jeweils in eine geometrische Entwickelt man (l — p~^) Reihe und multipliziert die beiden miteinander, so erhalt man eine Reihe der Form 'Y^'^=o^{v^)P~"''• Man rechnet direkt hijf) = af,_-^{p'') nach. Der Rest ergibt sich analog zur Produktentwicklung der Zetafunktion.

3.

Die Matrix berechnet sich zu

4.

Man priift das Transformationsverhalten unter den Erzeugenden nach. Bei der Translation z i-^ z + 1 bleibt f{pz) unverandert, die Terme in der Summe werden permutiert. Um das Verhalten unter der Involution zu bestimmen, schreibt man besser

-p

n

(n.)/w^/-/(,») + i/(i)+i£/(i±^). Bis auf die notwendigen Vorfaktoren werden bei der Involution die beiden ersten Terme vertauscht, wahrend die Terme der Summe wegen Aufgabe 3 permutiert werden. 5.

Zum Beweis seize man die Formel aus Aufgabe 4 ein und verwende p-i

}_ \^ ^^^ _ r 1 pp2^^ ^-^ I0 " - to

falls n = 0 modp, sonst.

6. Die Behauptung besagt, dass die Entwicklungskoeffizienten der normierten EISENSTEINREIHE einer Relation aiypn) -\-p ~ a{n/p) =

\{p)a{n)

geniigen. Nach Aufgabe 2 gilt diese Relation tatsachlich und zwar mit den Eigenwerten \{p) = a{p). Wenn p und n teilerfremd sind, handelt es sich um die Relation a), andernfalls muss man noch die Relation b) benutzen. 7.

Man wende Aufgabe 5 zunachst fiir n = 1 an, danach fiir beliebiges n.

8. Die Konvergenz folgt aus der Abschatzung |a(n)| < Cn'''~^ (Aufgabe 5 aus VI.4). Aus der Rekursionsformel fiir a{p") aus Aufgabe 7 folgt durch Ausmultiplizieren

a{p)x -\- p'

X ) \\ -\-y

a{p"

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.3

519

Die auftretende Potenzreihe konvergiert fiir \x\ < 1. Die Produktzerlegung D{s) = n ^ p ( * ) folgt aus der Relation ainm) = a{n)a{rn) fiir teilerfremde n,m durch gliedweises Ausmultiplizieren. Ahnlich wie bei der Produktentwicklung der Zetafunktion ist das formale Ausmultiplizieren des unendlichen Produkts zu rechtfertigen. 9. Dass Spitzenformen durch T(p) in Spitzenformen iiberfiihrt werden, folgt unniittelbar aus der Definition (Aufgabe 4) durch Grenziibergang y ^ oo. 10. Aus der Formel fiir T{p) (Aufgabe 4) folgt z+ v v=0

und hieraus

\9{z)\ 4 und beliebiges p gilt p'^~^ < I + p ~^.

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.3 1. Die Reihe liegt in dem Raum {l,2fc, (—1) }. Nach dem Hauptsatz 3.4 ist dieser isomorph zu [l, 2k, (—1)*] • Dies ist der Raum der Modulformen vom Gewicht 2k. Im Falle k = 1 verschwindet dieser, in den Fallen fc = 2, 3,4 ist er eindimensional und wird von der EiSENSTEiNreihe aufgespannt. Jetzt kann man sich auf Aufgabe 2 aus VII.2 stiitzen. 2. Der Beweis erfolgt ahnlich wie der von Aufgabe 1. Man muss neben 3.9 eine Charakterisierung von •d'', k < 8, benutzen, wie sie sich etwa aus Aufgabe 5 in VI.6 ergibt. 3. Die Diskriminante ist bis auf einen konstanten Faktor die einzige Modulform vom Gewicht 12, deren EntwicklungskoefSzienten von der Grofienordnung 0{n^^) sind. 4. In der ersten Reihe stimmen die Teilreihen von 0 bis oo und —1 bis —oo iiberein, wie die Substitution n —>• —1—n zeigt. Die Terme mit geradem n = 2m der zweiten Reihe ergeben die Terme von 0 bis oo der dritten Reihe. Entsprechend ergeben die Terme mit ungeradem n = 2m + 1 die Terme der dritten Reihe von —1 bis —oo. Die Darstellung von / als Ableitung der jACOBi'schen Thetafunktion ausgewertet

520

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben an der Stelle w = 1/4 ist iiber die dritte Forniel fiir / klar. Jetzt differenziere man die Thetatransformationsformel nach w und spezialisiere anschliefiend w = 1/4.

5. Man schreibt / in der Form oo

2

/(z) = ^ ( - i r ( 2 n + l ) e ' ^ ' ^ ' t ^ n=0

und erhalt die assoziierte DiRiCHLETreihe in der Form oo

oo

D{s) = ^ ( - l ) " ( 2 n + l)(2n+ 1)-'^ = ^ ( - l ) " ( 2 n + l)i-"^ = L(2s - 1). n=0

n=0

Die Funktionalgleichung fiir D G {8,3/2,1} gemafi 3.2 ist identisch mit der gesuchten Funktionalgleichung fiir L. 6. Die Funktionalgleichung der RiEMANN'schen Zetafunktion und die Funktionalgleichung fiir L{s) aus Aufgabe 5 in Verbindung mit der LEGENDRE'schen Relation IV.1.12 der Gammafunktion ergeben die gewiinschte Funktionalgleichung fiir C(s)L(s). Der Normierungsfaktor ergibt sich durch Grenziibergang cr ^ oo.

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.4 1. Man definiert zunachst /i(n) durch die angegebenen Formeln. Die Konvergenz der DiRiCHLETreihe mit Koeffizienten /x(n) fiir c > 1 ist klar. Wegen der Eindeutigkeit der Entwicklung in DiRiCHLETreihen lautet die Behauptung oo

oo

Dies bedeutet, dass G{N) = X] ^ j M(™) ™ Falle A^ = 1 gleich 1 ist und im Falle N > 1 verschwindet. Wegen der offensichtlichen Relationen ^j,{n7n) = ^j,{n)^j,{7n) und G{n7n) = C{n)C{rn) fiir teilerfremde m, n kann man sich auf Primzahlpotenzen N = p™ beschranken. Im Falle m > 0 besteht die Sumnie aus zwei Ternien 1 und —1. 2. Wenn die behauptete Formel fiir die Intervalle [x, y] und [y, z] bewiesen ist, so gilt sie auch fiir das Intervall [x, z]. Aus diesem Grunde geniigt es, die Formel fiir solche Intervalle zu beweisen, in deren Innerem keine natiirliche Zahl enthalten ist. Dann ist die Funktion A{t) im Innern dieses Intervalls konstant und die Behauptung leicht zu verifizieren. 3. In §4 wurde gezeigt, dass die ersten beiden Formen aquivalent sind und dass die dritte aus den ersten beiden folgt. Wenn man den Beweis genau analysiert, wird auch die Umkehrung klar. 4. Die Konvergenz der DiRiCHLETreihe mit den Koeffizienten ip{n) fiir c > 2 folgt aus der trivialen Abschatzung (p{n) < n. Die behauptete Identitat

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.5 oo

y

521

oo

nn'"

= y

oo

n~" \

ip{n)n~"

ist aquivalent mit der bekannten Relation ^

93(d) = n .

d\n

5. Eine formale Rechnung, welche nachtraglich gerechtfertigt wird, ergibt

Die Doppelreihe konvergiert sogar iin Bereich a > 1/2, wie ein Vergleich mit der Zetafunktion zeigt. Die erste Reihe auf der rechten Seite wird durch die nach Voraussetzung konvergente Reihe ^ p " ^ majorisiert. Insgesamt bleibt diese Reihe bei Annaherung an 1 beschrankt. Da sie ein Logarithmus der Zetafunktion ist, bliebe auch die Zetafunktion selbst bei Annaherung an 1 beschrankt. 6. Ini Bereich a > 1 gilt die Identitat

(i-2i-^)c(s) = E n= l

Nach dem LEIBNIz'schen Konvergenzkriterium fiir alternierende Reihen konvergiert die rechte Seite fiir reelle c > 0. Aus Aufgabe 1 von VII.2 folgt, dass durch die rechte Seite sogar eine analytische Funktion in cr > 0 definiert wird. Nach dem Prinzip der analytischen Fortsetzung gilt diese Identitat auch in dieser Halbebene. Die alternierende Reihe ist im Intervall ] 0,1[ stets positiv, der Vorfaktor vor der Zetafunktion negativ. 7. Aus dem Primzahlsatz folgt zunachst leicht

lim i^IlM = 1.

a;->oo loga; Setzt man in dieser Relation fiir x die n-te Primzahl p^ ein, so folgt wegen •K(P„) = n

lim n^oc

n log n — = 1. p^

Sei nun umgekehrt diese Relation erfiillt. Zu vorgegebenem x > 2 betrachten wir die grofite Primzahl p^ unterhalb x. Es gilt also p„ < x < p„_|_i- Aus der Annahme folgt leicht (*)

lim —j = lim —^^'^ TT = ^• x-s-oonlogn x-s-oo 7r(a;J log7r(a;J Durch Logarithmieren folgt lim (log7r(a;) + loglog7r(a;) — loga;) = 0. X—>-oo

Dividiert man durch log7r(a;), so erhalt man loga; x-s-oo log7r(a;) und mit (*) den Primzahlsatz.

522

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.5 1. Die LAURENTentwicklung existiert nach dein allgeineinen Entwicklungssatz 5.2 aus Kapitel III. Es bleibt zu zeigen, dass 7 := lim^_j^j (C(s) — TZi) die EULERMASCHERONi'sche Konstante 7 (s.S. 198) ist. Nach Hilfssatz 5.2 gilt 00

1

Die Behauptung folgt nun aus der Formel

m n

°

2

2N

J t

durch Grenziibergang N ^ 00. Die benutzte Formel beweist man durch partielle Integration (vgl. mit dem Beweis von 5.2). 2. Die beiden Umformungen (im Konvergenzbereich a > 1) sind klar. Die Reihe ^ ( —1)"~ n~^ konvergiert nach dem LEIBNIzkriterium fiir alternierende Reihen zunachst fiir reelle s > 0. Nach Aufgabe 1 aus VII.2 konvergiert sie dann in der Halbebene c > 0 und stellt dort eine analytische Funktion dar. Daher ist C{s) in den Bereich a > 0 mit Ausnahme der Nullstellen von 1 — 2^~^ fortsetzbar. Mit Hilfe von Q{s) zeigt man ahnlich die Fortsetzbarkeit in cr > 0, wobei jetzt die Nullstellen von 1 — 3^~^ auszuschliefien sind. Die einzige gemeinsame NuUstelle ist s = 1. Das Residuum ist lim

1 1 - 2 1 - =

.Vizl) ^ ^ n=l

Der Wert der alternierenden Reihe ist bekanntlich log 2, der gesamte Limes wird somit 1. 3. Aus der Funktionalgleichung in symmetrischer Form

^-ii^r(i^)c(i -s) = ,r-tr(|)c(s) p i ' l + «A n / l - SA und dem Erganzungssatz fiir die GammafunktionTTin der Form 7rg

I

7r 1

I 2 "•" 2 ^

folgt

ai-.)^r(|)r(i±i).-.-i..(S + I)cW. Die Behauptung ergibt sich nun aus der Verdoppelungsformel (IV.1.12). 4. a) Der Pol von ^(s) wird durch den Vorfaktor s — 1 kompensiert. Der Pol von r{s/2) bei 0 durch den Vorfaktor s, die restlichen Pole durch die Nullstellen der Zetafunktion (Aufgabe 3). b) Dies ist die Funktionalgleichung der Zetafunktion, wenn man beachtet, dass der Vorfaktor s{s — 1) derselben Funktionalgleichung geniigt.

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.6

523

c) Man zeige #(s) = ^ ( s ) und benutze die Funktionalgleichung. d) Man benutze C(0) = - 1 / 2 sowie lim^^g s r ( s / 2 ) = 2. e) Keiner der Faktoren hat eine NuUstelle ini Bereich a > 1, s ^ 1. Wegen d) hat also

1 keine Nullstelle. Aus der Funktionalgleichung folgt, dass auch in c < —1 keine Nullstelle vorhanden ist. Die Symnietrien folgen aus der Funktionalgleichung in Verbindung niit 5. Man orientiere sich an deni ersten Teil des Beweises von Theorem 3.4. 6. Da die Funktion i ( l — e~*) nach oben beschrankt ist, folgt die Konvergenz des Integrals aus der des Gammaintegrals. Zum Beweis der Formel entwickle man (1 — e~*)~^ in eine geometrische Reihe und integriere gliedweise, was sich leicht rechtfertigen lasst. Der n-te Term ergibt gerade r{s)n~^. 7. Man benutze die HANKEL'sche Integraldarstellung der Gammafunktion (Aufgabe 17 aus IV. 1) und gehe ahnlich wie in Aufgabe 6 vor.

Losungen der Ubungsaufgaben zu VII.6 1. In Aufgabe 1 aus VII.4 wurde die MOBIUSfunktion und ihr Zusammenhang niit dem Inversen der Zetafunktion eingefiihrt. Die Voraussetzungen des TAUBERsatzes sind erfiillt: Zunachst sind die Koeffizienten a^ := fJiin) + 1 tatsachlich nicht negativ. Zu I muss man neben der analytischen Fortsetzung der Zetafunktion benutzen, dass C(s) auf R e s = 1 keine Nullstelle hat. II folgt aus den Abschatzungen 5.1 der Zetafunktion nach oben und unten. Das Residuum g ist 1. 2. Man will den Residuensatz anwenden. Im Falle 0 < j / < 1 klingt der Integrand stark ab fiir |cr| ^ oo, cr > 0. Da in diesem Bereich der Integrand analytisch ist, verschwindet das Integral. Im Falle j / > 1 hat man das Abklingen in c < 2. Das Integral ist also gleich dem Residuum des Integranden an der Stelle s = 0. Dieses Residuum ist gleich logy, wie man mittels der Reihenentwicklung y^ = 1 + slog J/ + • • • zeigt. 3. Dies ist der Spezialfall k = Q von 6.7. Man kann ihn nocheinmal direkt niit Hilfe der vorhergehenden Ubungsaufgabe ableiten. 4. Der Beweis von 3.4 lasst sich problemlos iibertragen. 5. Wie in Aufgabe 4 orientiere man sich am Beweis von 3.4. Die benotigte Thetatransformationsformel findet man in VI.4.8. 6. Der Beweis beruht auf der Formel

( C'(s) _ „ [max [^{x

as)

fiir

a>l,

524

Losungshinweise zu den Ubungsaufgaben welche man mittels der ABEL'schen Identitat aus Aufgabe 2 in VII.4 beweisen kann. Eine einfache Uniforniung ergibt oo

$(s) := - - V r 4

7 = /

, -,— dx fur a > 1.

1

Aus dem Primzahlsatz in der Form r/)(a;) = x -\- o{x) folgert man aus dieser Integraldarstellung fiir festes t l i m ( o - - l)#(o- + it) = 0. CT—>0

Hatte die Zetafunktion eine NuUstelle bei s = 1 + ii, so hatte # an dieser Stelle einen Pol erster Ordnung im Widerspruch zu dieser Grenzwertaussage. 7. Die summatorische Funktion S^in) := ^^(1) + • • • + ^r(™) ^^* gleich der Anzahl der Gitterpunkte g £ 17 ^ welche in der (abgeschlossenen) Kugel vom Radius \fn enthalten sind. Man legt an jeden dieser Gitterpunkte einen Einheitswiirfel [SuSi + 1] X "•" X [Sr'Sr + ! ] • ^^i T^r("') ^^^ Vereiuigung dieser Wiirfel. Das Volumen von V^(ri) is gerade S^(ri). Offenbar ist V^iji) in der Kugel vom Radius \pn, + \pf- enthalten und enthalt die Kugel vom Radius \pn — \/r. Asymptotisch sind die Volumina dieser Kugeln gleich dem Volumen der Kugel vom Radius ^Jn, also V^^/n^. Nun betrachte man die EPSTEiN'sche Zetafunktion zur r-reihigen Einheitsmatrix E, oo

n= \

Die DiRiCHLETreihe D(s) := C,^{8/2) erfiillt die Voraussetzungen des TAUBERsatzes mit (s. Aufgabe 5) ^r/2

^r/2

^ ~ r(r/2)r/2 ~ r(r/2 + l)'

Literatur

Die folgende Auswahl von Lehrbiichern erhebt keinen Anspruch auf Vollstandigkeit. Weiterfiihrende und erganzende Literatur, Originalarbeiten und Literatur zur Geschichte der Funktionentheorie sowie Aufgabensammlingen und Repetitorien zur Funktionentheorie werden in getrennten Abschnitten zusammengestellt.

Lehrbiicher zur Funktionentheorie

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3rd edn. McGraw-Hill, New York 1979

[As]

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[BG]

Berenstein, C.A., Gay, R.: Complex Variables. An Introduction. Graduate Texts in Mathematics, vol. 125. Springer, New York Berlin Heidelberg 1991

[Bi]

Bieberbach, L.: Lehrbuch der Funktionentheorie, Bd. I und II. Teubner, Leipzig 1930, 1931 — Nachdruck bei Chelsea 1945, Johnson Reprint Corp. 1968

[BS]

Behnke, H., Sommer, F.: Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Verdnderlichen, 3. Aufl. Grundlehren der mathematischen Wissenschaften, Bd. 77. Springer, Berlin Heidelberg New York 1965, Studienausgabe der 3. Aufl. 1976

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Bd. I und II, 2. Aufl. Birkhauser, Basel

Gartan, H.: Elementare Theorie der analytischen Funktionen einer oder mehrerer komplexer Verdnderlicher. B I-Hochschultaschenbiicher, Bd. 112/ 112a. Bibliographisches Institut, Mannheim Wien Ziirich 1966

[Col] Conway, J . B . : Functions of One Complex Variable, 2" edn. 7th printing Graduate Texts in Mathematics, vol. 11. Springer, New York Heidelberg Berlin 1995 [Co2] Conway, J . B . : Functions of One Complex Variable II, corr. 2" edn. Graduate Texts in Mathematics, vol. 159. Springer, New York Heidelberg Berlin 1995 [DR]

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Symbolverzeichnis

N = {1,2,. • • } No = {0,1, •••} Z

C — {x G M; X < 0}

c* = c - {0} C = CU{cx)} P"(C) H E 51

n cRe^,Ini2; Re/,Ini/ z \z\ Argz (—TT < Arg Z