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Winfried Prost Führe dich selbst
Winfried Prost
Führe dich selbst Die eigene Lebensenergie als Kraftquelle nutzen 2. Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 1994 2. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ulrike M. Vetter Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1510-8
Vorwort
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Vorwort
Wenn Sie Ihr Leben aktiv in die Hand nehmen und sich selbst führen wollen, ist es zunächst einmal wichtig zu analysieren, wie Menschen funktionieren und wer oder was Sie bisher geführt hat. Da gibt es innere und äußere Impulse und Mechanismen zu unterscheiden, die alle auf Sie einwirken, die miteinander ringen und von denen sich manchmal einer oder eine Kombination aus mehreren durchsetzt, aber haben Sie sich dann selbst geführt? Schon Sigmund Freud hat aufgedeckt, dass Menschen ihr Verhalten zwar rational erklären können, dass ihnen die wirklichen Bewegimpulse ihres Verhaltens aber größtenteils unbewusst sind. Carl Gustav Jung vergleicht sogar das Verhältnis von Bewusstsein zu Unterbewusstsein mit einem Fettauge auf der Suppe. Der größte Teil der Steuerung unseres Verhaltens läuft unbewusst ab. Das ist einerseits praktisch, aber manchmal wirken dabei auch alte Mechanismen, die nicht situationsgerecht arbeiten, oder es werden Erfahrungen aus früheren Situationen auf eine spätere übertragen, die nur ähnlich, aber nicht gleich ist. Das Ideal der Selbststeuerung mag eine vollständige Bewusstheit der Motive des eigenen Handelns sein. Diese Vision wird real nicht erreichbar sein, sie zeigt aber die Richtung für die Arbeit an der eigenen Person und deren Weiterentwicklung. Selbstführung ist kein universelles Ideal. Es stammt aus der klassischen griechischen Aufklärung und der späteren europäischen Aufklärung und prägt heute das Selbstbild der meisten westlich geprägten Menschen. Es hat Epochen und Kulturräume gegeben und gibt sie noch, da führten und führen die Jahreszeiten, der Clan, die Dorfgemeinschaft, der Stand, religiöse Dogmen und der Staat den Einzelnen.
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Vorwort
Vom Platz, an dem man geboren ist, gibt es dann oft lebenslang kein Entrinnen. In einer Umgebung, in der Ordnungen als gott- und naturgegeben sowie Hierarchien (griechisch: „hieros“ = „heilig“ und „archein“ = „herrschen“) als heilig und gottgewollt anerkannt werden, stellt sich die Aufgabe der Selbstführung nicht. Der Einzelne kann sich dann auf die äußeren Vorgaben und Rituale, die ihm ein hohes Maß an Orientierung und Sicherheit geben, verlassen, wird aber, egal wie heroisch er sich dabei fühlt, von ihnen und also von außen geführt. Wenn sich Hierarchien aber zunehmend als unheilig und Ordnungen als änderbar erweisen, wenn alte Strukturen oder Maßstäbe sich überleben und fragwürdig werden, sinkt die Bereitschaft, sich durch sie führen zu lassen. Das war und ist kollektiv oft der Anlass zu Revolutionen. Aber auch Revolutionen haben die Menschen meistens nicht wirklich befreit, sondern nur eine unheilige alte Herrschaft durch eine unheilige neue ersetzt. So ist die Bereitschaft, sich von außen führen zu lassen, in den letzten Generationen erheblich gesunken Im gleichen Maß steigt die Notwendigkeit, sich selbst zu führen, und dabei tauchen dann die Fragen auf: Wie geht das? Wie soll ich mich verhalten? Wie soll ich leben? Was ist richtig und was falsch? Das eigene Verhalten und der eigene Weg werden so zum Problem und zur Aufgabe der individuellen Selbstführung. Die objektiven, historischen Voraussetzungen für eine freie Selbstbestimmung sind dabei für uns recht günstig: Durch die Aufklärung, durch die verschiedenen Revolutionen, die zur Befreiung großer Bevölkerungsteile aus Leibeigenschaft und Vormundschaft geführt haben, sowie nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen sind wir heute in Europa äußerlich ziemlich frei. Die Wahlmöglichkeiten, über die der Einzelne verfügt, sind in unserer pluralistischen Gesellschaft so vielfältig wie selten zuvor. Subjektiv aber bedeutet der Verlust des Vertrauens in vorgegebene „gottgewollte“, „heilige“ Ordnungen auch den Verlust von Sicherheit, Orientierung und Maßstäben. Die daraus folgende Stimmung der Lebensangst führt bei vielen Men-
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schen zu Depressionen, zur Suche nach neuen äußeren Leitlinien oder zur Flucht in andere vermeintliche Sicherheiten und Kompensationen. Sie geraten damit allerdings vom Regen in die Traufe. Wenn äußere Freiheit nicht innerlich mit vollzogen wird, fällt sie leicht wieder alten inneren Zwängen zum Opfer oder wird zum Spielball äußerer Verführungen. Damit äußere Freiheit konstruktiv gelebt werden kann, bedarf es innerer Reife. Was können wir aber nun konkret tun, um an innerer Reifung zur Mündigkeit zu arbeiten? Wie können wir die Chancen der äußeren Freiheit nutzen? Wie werden wir auch innerlich weniger verführbar und manipulierbar? Welche inneren Wandlungen müssen wir neben den äußeren Wandlungen vollziehen? Wie lernen wir, uns selbst zu führen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, zeigt dieses Buch die in uns wirkenden geistigen Haltungen des Menschenbildes auf, das uns noch großenteils prägt, und stellt dem ein anderes neues Menschenbild mit neuen geistigen Haltungen gegenüber, aus dem erstmals seit mehreren Hundert Jahren wieder ein positives Selbstwertgefühl abgeleitet werden kann. Dieses neue Menschenbild bietet den Maßstab für eine persönliche Sinndefinition und zeigt Wege für die Führung der eigenen Person. Zusätzliche Aspekte und Hilfsmittel zur Selbstführung werden hier durch die Aufdeckung des Zusammenhangs dieses Menschenbildes mit vermeintlich anderen Menschen- und Weltbildern erschlossen, indem sie gemeinsam zu einem erhellenden Gesamtbild verbunden werden. So haben Sie durch das Studium dieses Buches nicht nur die Chance, ein neues Selbstbild zu gewinnen, sondern dieses zugleich in ein umfassendes, ganzheitliches Weltbild zu integrieren. Ich danke all den Menschen, die bewusst oder unbewusst zum Werden dieses Buches beigetragen haben. Köln und Zürich, im Frühjahr 2010
Winfried Prost
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ________________________________________________5 Einleitung _____________________________________________13
Teil 1: Das vorherrschende materialistisch-mechanistische Welt- und Menschenbild und seine Folgen__________________19 Die Folgen dieses Welt- und Menschenbildes _________________22 Kompensationsangebote unserer Kultur______________________27 Die Überwindung der negativen Folgen und die Umkehr nach innen _______________________________32 Teil 2: Die psychologisch-spirituelle Sicht der Lebensenergie im Menschen – ein „neues“ Menschenbild__________________35 Ein siebenstufiges Modell vom Menschen ____________________36 Die Lebensenergie als Mitte des Menschen ___________________41 Was ist Lebensenergie? ________________________________41 Aussagen über die Lebensenergie ________________________44 Unfälle der Lebensenergie in uns und ihre Überwindung ________58 Mangelndes Bewusstsein von der Lebensenergie ____________59 Blockaden und ihre Überwindung _______________________63 Steuerungslosigkeit und persönliche Zielsetzungen __________73
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Inhaltsverzeichnis
Unfälle der Lebensenergie und Lösungsansätze in Märchen ___ 78 Die drei Schritte zur Befreiung der Lebensenergie ___________ 83 Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie_________ 86 Teil 3: Andere Modelle und ihr Nutzen für die Selbstführung ______ 101 Die siebenstufige Struktur des Lebens ______________________ 102 Die Bedeutung der Zahl „7“ ___________________________ 102 Die sieben Wandlungsstufen der Lebensenergie____________ 103 Das Verhältnis der Sieben zu anderen Ordnungszahlen ______ 107 Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie _____ 110 Die sieben Heilmittel des Christentums __________________ 111 Die sieben Heilmittel der indischen Philosophie ___________ 118 Die sieben Farben des Regenbogens als Heilmittel _________ 127 Edelsteinheilkunde __________________________________ 129 Die sieben Töne der Musik als Heilmittel_________________ 130 Astrologie als Hilfe zur Selbsterkenntnis _________________ 141
Teil 4: Ein ganzheitliches Menschen- und Weltbild _______________ 147 Die Wirkweise der Heilmittel _____________________________ 147 Das allen Heilmitteln gemeinsame Urprinzip ______________ 147 Der Mensch und das Schwingungsprinzip ________________ 164 Erklärung der Wirkung mittels der Begriffe „Oktave“, „Resonanz“ und „Analogizität“ ________________________ 165
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Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild __________ 174 Die Bedeutung der Zusammenschau_____________________ 174 Die praktische Anwendung ____________________________ 175 Weitere Modelle ____________________________________ 176 Die Gesamtübersicht _________________________________ 180 Ausblick auf das Muster eines ganzheitlichen Weltbildes ____ 188
Auf den Punkt gebracht ________________________________ 193
Literaturverzeichnis ____________________________________ 197 Der Autor ____________________________________________ 203 Stichwortverzeichnis ___________________________________ 205
Einleitung
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Einleitung
Wenn Sie sich zwei Erbsen im Abstand von 170 Metern vorstellen, dann entspricht das der Entfernung zwischen einem Atomkern und dem ersten Elektron, das diesen umkreist. Das, was wir „Materie“ nennen und für fest halten, ist in Wirklichkeit hohl. Selbst bei den beiden Erbsen (Atomkern und Elektron) ist es strittig, ob man sie für stofflich halten darf. Je nach experimentellem Ansatz zeigen sie sich als reine Energie. Die alte Vorstellung von Materie als einer festen Ursubstanz der Welt muss demnach einer energetischen Vorstellung Platz machen, die vielleicht mit dem alten Begriff „Geist“ kompatibel ist. Diese Möglichkeit ist vor allem deshalb interessant, weil das Selbstwertgefühl des Menschen seit einigen Generationen durch die Vorstellung belastet ist, er sei als Produkt materieller Prozesse allein durch genetische, ökonomische oder soziale Umstände determiniert. Die Vorstellung menschlicher Freiheit kann dann nur noch als Einbildung oder Kompensation von Unterlegenheitsgefühlen gedeutet werden, und jeder ideelle Wertanspruch wird als rein zweckorientiertes Machtinstrument entlarvt und disqualifiziert. Wenn jetzt aber in den neueren physikalischen Gedankenansätzen wieder Platz ist für „Geist“, dann brauchen wir uns nicht weiter für durch Faktoren, die unter unserem Niveau liegen, bestimmt zu halten. Wir dürfen uns im Rahmen physischer Begrenzungen für geistige Wesen mit gewissen Selbstbestimmungsmöglichkeiten und Freiheitsgraden halten. Das eigene Selbstwertgefühl kann dadurch enorm gehoben werden. Wenn sich auch noch die Möglichkeit eröffnet, einen höheren, geistigen Zusammenhang der Welt zu erkennen und anzu-
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nehmen, wird das zu einem stärkeren Welt- und Existenzvertrauen insgesamt führen. Die Vorstellung, dass unsere Welt von Geist, ja sogar von sinnvollem (göttlichem) Geist erfüllt wird, herrschte immerhin über Jahrtausende. Dass diese Vorstellung mit vielerlei abergläubischen und unsinnigen Ideen vermischt und überdeckt wurde, disqualifiziert sie nicht automatisch. Vielmehr können wir versuchen, Realitätserkenntnis von Irrtümern zu befreien und diese Einsichten an eigenen Erfahrungen zu überprüfen. Die Grunderfahrung, von der ich in diesem Buch ausgehe, ist die des eigenen Lebendigseins. Welche Kraft wirkt da in uns, was heißt es eigentlich, lebendig zu sein, und was hält uns lebendig? Wie gehen wir tatsächlich mit uns selbst um, und wie sollte man sinnvollerweise mit sich umgehen? Verwirklichen wir tatsächlich uns selbst oder nur Teilaspekte unserer Persönlichkeit? Wer sind wir Menschen wirklich, was sollen wir tun, und was ist der Schlüssel zum persönlichen Glück? Es geht bei diesen existenziellen lebensphilosophischen Grundfragen sowohl um Selbsterkenntnis, also um Bewusstheit über sich selbst (Selbstbewusstsein), als auch um Sicherheit über das, was wir sind (Selbstsicherheit), letztlich also um die jeden persönlich betreffende Frage nach der eigenen Identität. In diesem Sinn ist das Ziel dieser Reflexionen, wie der Philosoph Karl Jaspers über jegliche Philosophie sagt, ein „Kümmern um sich selbst“. Nur wer sich um Klarheit über das in seinem Inneren vielleicht verschüttet vorhandene Potenzial bemüht, kann hoffen, es eines Tages zu verwirklichen. Selbsterkenntnis ist also die eine Voraussetzung für Selbstverwirklichung. Die zweite Voraussetzung ist die Kenntnis der Außenwelt. Schule und Ausbildung vermitteln vor allem die Wissenschaften von der Außenwelt. Von ihr haben wir viele und ausführliche „Landkarten“. Wer
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aber weist uns den Weg durch die Innenwelt, und welche Landkarten geben uns dafür Orientierung? Die Hauptschwierigkeit dieser Wegweisung liegt darin, dass die Innenwelt psychische und geistige Dimensionen enthält, die unsichtbar sind. Entweder muss man über sie äußerst abstrakt sprechen oder aber in gleichnishafter und symbolischer Sprache. Interessanterweise lässt sich zeigen, dass es für die Innenwelt längst symbolische Landkarten gibt. Normalerweise haben wir aber weder gelernt, sie als solche zu erkennen, noch sie zu lesen. Uns geht es dabei wie einem Kind, das mit einer Landkarte konfrontiert wird. Es wird überhaupt nicht auf die Idee kommen, dass sie ihm helfen könnte, sich in der Außenwelt zu orientieren. Ohne Erklärung kann es wenig anderes damit anfangen, als das bunte Bild schön zu finden oder zu zerreißen. Auch Sie kennen solche Landkarten und haben sogar einige davon zu Hause im Bücherregal stehen. Doch dazu später. Indem Ihnen dieses Buch Landkarten der Innenwelt vorstellt und deutet, lassen sich die alten Gespenster in uns entlarven, denen wir unsere chronischen Minderwertigkeitsgefühle verdanken, und daraus lassen sich Möglichkeiten eines neuen positiven Selbstverständnisses ableiten. Außerdem zeigen sich die Bezüge des Menschen zur Welt in einer neuen ganzheitlichen Ordnung. Eine Reihe von vorhandenen „Landkarten“ vom Menschen und der Welt werden hier neu gedeutet und sinnvoll miteinander in Beziehung gebracht. Die daraus entstehende große Zusammenschau verbindet alte Traditionen sowohl miteinander als auch mit dem Wissen und den Erfahrungen der Gegenwart. Von den Landkarten der Innenwelt des Menschen lässt sich auch als „Menschenbildern“ sprechen. Aus ihnen, das heißt aus den Bildern und Vorstellungen, die wir von der Welt und dem Wesen des Menschen im Kopf haben, resultiert unser selbstgesteuertes Handeln. Deshalb sind Menschen- und Weltbilder nicht nur für die eigene
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Selbsterkenntnis von Interesse, sie sind außerdem bedeutsam und folgenschwer für jede soziale Aktivität: X
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Wenn jemand als Menschenbild hat: „Der Mensch ist ein Ebenbild Gottes“, dann lassen sich daraus bestimmte Konsequenzen ableiten. Diese hängen wiederum ab von seinem jeweiligen Gottesbild: Sieht er einen freundlichen Gott, so kann er Ehrfurcht und Respekt vor sich selbst und vor anderen folgern; beim Urbild eines strafsüchtigen Gottes kann sich der Betreffende legitimiert fühlen, andere im Namen Gottes zu bestrafen. Vertritt jemand hingegen als Menschenbild die Auffassung, der Mensch sei ein Zufallsprodukt der Evolution, so wird er Menschen auf biologische, psychische und soziale Funktionen reduzieren und vielleicht über deren „Normkonformität“ wachen oder ihre Verwertbarkeit in der Gesellschaft analysieren. Ist er darüber hinaus der Auffassung, die Evolution verlaufe nach dem Prinzip, dass der Stärkere sich gegen den Schwächeren durchsetzt, so kann er im Bewusstsein, die Evolution voranzutreiben, zum Kampf der „Herrenmenschen“ gegen die „Untermenschen“ rüsten. Wer davon ausgeht, dass alle Menschen gleich sind, wird versuchen, sie alle gleich und ohne Unterschied zu behandeln. Ungleichheiten wird er als Ungerechtigkeiten auffassen und sich da, wo sie auftreten, verpflichtet fühlen, sie zu beseitigen. Wer hingegen an die Unterschiedlichkeit der Individuen glaubt, wird versuchen, ihnen möglichst viel persönlichen Entfaltungsfreiraum zu verschaffen. Die Folgen sind im ersten Fall kollektivistische Gesellschaftssysteme, wie in den ehemaligen kommunistischen Staaten, im zweiten Fall dagegen ein Gesellschaftssystem, das ein Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit garantiert. Genauso mag die reduzierte Betrachtung von Menschen als „Arbeitkräfte“ einem Unternehmen zwar nützlich sein, seine Gewinne kurz- bis mittelfristig zu maximieren, längerfristig aber werden sich die Grenzen dieses Menschenbildes deutlich zeigen: wenn sich
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nämlich der Produktionsfaktor Arbeitskraft als unzufrieden und als Streikfaktor erweist. Menschen sind eben mehr als nur Arbeitskräfte und sollten ganzheitlich geführt werden. Solange Menschen zu Fuß durch die Welt gingen oder mit kleinen Booten die Küsten entlang segelten, entsprach es ihrer Welterfahrung, die Welt für unendlich groß zu halten. Das Land, das Meer, der Himmel waren weit und grenzenlos. Zu Recht konnten sie ihre geringen Abfälle dort lassen, wo sie entstanden, und weiterziehen. Sie begegneten ihren (verwesenden und zerfallenden) Hinterlassenschaften nie mehr. Auch heute verhalten sich viele einzelne Menschen und große Institutionen wie Firmen oder Staaten noch ähnlich wie damals. Dass solches Verhalten heute unverantwortlich ist, zeigt unsere moderne Welterfahrung: Wer in wenigen Stunden von Europa nach Amerika fliegt, kann sich leicht vorstellen, dass Wind- oder Wasserströmungen jede Verschmutzung und jedes Gift schnell überallhin transportieren und verteilen können. Da unsere Rückstände zudem großenteils nicht mehr natürlich abbaubar sind, werden sie uns allen gefährlich.
Menschenbilder und Weltbilder sind also relevant. Je nachdem, welches Sie einmal in sich aufgenommen haben, kann daraus Selbstachtung oder Depression, Menschenliebe oder Menschenverachtung entstanden sein. Politisch können aus Menschenbildern kollektivistische Zwangssysteme abgeleitet werden oder Gesellschaften, deren Grundprinzip die individuelle Freiheit und Selbstverantwortung der einzelnen Person ist. Von Weltbildern hängt es ab, ob Menschen ökologisch verantwortlich handeln oder langfristig die Welt zerstören. Man mag darüber streiten, ob es für das Funktionieren eines Sozialsystems vorteilhaft ist, ein Menschenbild zu haben, das zu Menschenverachtung führt. Langfristig vermutlich nicht, aber es wird auch kaum ein gegenteiliges Menschenbild aus Gründen der reinen Zweckmäßigkeit einzuführen sein. Die Frage nach dem Menschen lautet eben nicht: Wer sollte der Mensch zweckmäßiger- oder gefäl-
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ligerweise sein, sondern allgemein: „Wer ist der Mensch wirklich und welches Potenzial liegt in ihm?“, und individuell: „Wer bin ich eigentlich selbst wirklich und welches Potenzial steckt in mir?“ Diese Fragen beleuchtet dieses Buch. Der erste Teil beschreibt das momentan in unserer Gesellschaft noch überwiegend verbreitete Welt- und Menschenbild und deckt seine Irrtümer und teils brutalen Folgen auf. Der zweite Teil stellt diesem eine andere Sicht auf den Menschen gegenüber. Sie ergibt sich aus der Reflexion auf die eigene Lebensenergie. Sie erfahren dabei auch, wie mit dieser Lebensenergie sinnvoll und konstruktiv umzugehen ist. Der dritte Teil dieses Buches zeigt Ihnen dann, wie eine Vielzahl anderer Modelle für die Selbstführung erschlossen werden kann. Im vierten Teil werden diese Modelle schließlich zu einem harmonischen ganzheitlichen Welt- und Menschenbild zusammengefügt.
Teil 1: Altes Menschenbild
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Teil 1: Das vorherrschende materialistisch-mechanistische Weltund Menschenbild und seine Folgen
Um das zurzeit noch weitgehend vorherrschende Weltbild zu charakterisieren und seine einseitige Gefährlichkeit aufzuzeigen, könnten wir bei Aristoteles anfangen und die sich von ihm durch die abendländische Geistesgeschichte ziehenden Fäden verfolgen. Hier soll dieser weite Weg abgekürzt werden und einer der neuzeitlichen Architekten dieses vorherrschenden Weltbildes zum Ausgangspunkt genommen werden: René Descartes. Er gilt als einer der hauptverantwortlichen Initiatoren der Wende vom spirituellen mittelalterlichen Weltbild zu jenem materialistisch-mechanistischen der Neuzeit. Seine Epoche des 16. und 17. Jahrhunderts war nach verbreiteter Auffassung die Zeit des letzten großen Weltbild- und Paradigmenwechsels gewesen. Verschiedene Weltbilder können in einer Gesellschaft nebeneinander bestehen. Meist dominiert eines davon die anderen. Gerade dieses ist wegen seiner Selbstverständlichkeit oft nicht ausdrücklich als „Ideologie“ formuliert. Historisch besonders bedeutsam sind die Epochen, in denen ein vorherrschendes Weltbild abgelöst wird. In einer solchen Zeit leben wir. Ein solcher Wandel bzw. „Paradigmenwechsel“ vollzieht sich normalerweise über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Der derzeitige findet im wissenschaftlichen Bereich etwa seit der Entwicklung der Einstein’schen Relativitätstheorie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts statt. Im breiteren gesellschaftlichen Bewusstsein findet er erst seit Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts statt.
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Teil 1: Altes Menschenbild
Was Ihnen hier als „neues“ Weltbild vorgestellt wird, hat seine Wurzeln in der Antike. Insofern ist es nicht als solches neu, sondern allenfalls neu für uns. Seine Bedeutung neben der noch vorherrschenden „alten“ Weltsicht liegt darin, dass es umfassender und vollständiger ist und tatsächlich „ganzheitlicher“ auf den Menschen und die Welt blickt. Ein besonders eindrucksvolles Symbol für das ganzheitlichere Bewusstsein, das in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts entstanden ist, sind die ersten Fotos aus dem Weltraum, die uns die Erde in ihrer Gestalt als Kugel zeigen. Descartes entwarf vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse von Kopernikus, Kepler und Galilei seine „neue“ Philosophie, die ihn zum „Vater der Moderne“ machte. Was kennzeichnet seinen Gedankengang? Aus der vertrauten Erfahrung, dass man sich täuschen kann, dass man im Traum den Traum nicht von der Wirklichkeit unterscheiden kann, fragt Descartes danach, was uns solche Sicherheit verschaffen könne, dass wir darauf eine absolut gültige wahre Wissenschaft aufbauen. Indem er alles, was wir im alltäglichen vorwissenschaftlichen Denken für gewiss halten, als möglichen Gegenstand des Irrtums aufdeckt, bleibt ihm letztlich nichts anderes mehr als gewiss und sicher übrig, als dass der, welcher zweifelt, sich über den Zweifel sicher sein kann. Darum wird für Descartes der Zweifel die Grundsicherheit und damit das Grundprinzip. Logisch betrachtet ist der Satz: „Zweifel = Sicherheit“ natürlich unsinnig, aber Descartes und seine Nachfolger hinderte das nicht, eine gesamte Philosophie daraus abzuleiten. Deren Kernsätze lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 1. Es gilt nur noch, was sich messen und quantifizieren lässt. Messen und Quantifizieren wurden damit zu den Haupttätigkeiten der Wissenschaften. 2. Alle Erscheinungsformen der Welt werden als mechanische Vorgänge betrachtet und mathematisch zu beschreiben versucht.
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3. Als einzige Denkform wird das kausal-logisch-lineare UrsacheWirkung-Denken akzeptiert. Diese analytische Methode führte zur Zerlegung organischer Zusammenhänge und damit zu ihrer Zerstörung. Die Spezialisierung der Wissenschaften und Fachleute bis hin zur zusammenhanglosen „Fachidiotie“ nahm hier ihren Ausgangspunkt. Das Ziel der Wissenschaft wurde, die „Natur auf die Folter zu spannen, bis sie ihre Geheimnisse preisgibt“ (Bacon). Die Grundannahme dieser Art von Wissenschaft besteht darin, dass man komplexe Zusammenhänge besser versteht, wenn man sie in ihre Bestandteile zerlegt. Die Vorstellung eines systemisch/ organisch/kybernetischen Denkens oder analoger Abläufe kam in dieser Philosophie nicht vor. Weiter wurde der Begriff der Erde als „gütiger Nährmutter, der wir uns alle verdanken“ ersetzt durch die materialistische Vorstellung von dem Planeten Erde als einem „toten Stück“ Material. Diese Erde funktioniert wie eine mechanische Maschine, und es gilt, sie für die Zwecke der Menschheit zu benutzen und auszunutzen. Descartes betont ausdrücklich, dass die wissenschaftlichen Kenntnisse genutzt werden könnten, um uns zu „Herren und Besitzern der Natur“ zu machen. Aus diesem Bemühen um perfekte Naturbeherrschung dehnte Descartes seine mechanistischen Vorstellungen von der Welt als Maschine auch auf lebende Organismen und den Menschen aus: „Wir sehen Uhren, künstliche Brunnen, Mühlen und ähnliche Maschinen, die, obwohl nur von Menschenhand gemacht, doch fähig sind, sich von selbst auf verschiedene Weise zu bewegen ... Ich sehe keinerlei Unterschied zwischen Maschinen, die von Handwerkern hergestellt wurden, und den Körpern, die allein die Natur zusammengesetzt hat ... Für mich ist der menschliche Körper eine Maschine.“ Da die Naturbeherrschung und die Naturwissenschaften im Vordergrund des Interesses des aufbrechenden industriellen Zeitalters stan-
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den, verlor der Bereich der Wissenschaften vom Geist und der Seele des Menschen an Raum und Bedeutung. Geist und Materie wurden als zwei getrennte Weltbereiche auseinandergerissen. Dem entsprach, dass auch beim Menschen Körper und Geist als getrennte Prinzipien betrachtet wurden, was zum Beispiel in der Medizin dazu führte, psychische Ursachen von körperlichen Krankheiten zu leugnen. Während Descartes selbst nur den intellektuellen Entwurf eines solchen Wissenschaftsmodells lieferte, führte Isaac Newton diesen „Traum“ einer wissenschaftlichen Revolution durch. Er lieferte als Erster eine geschlossene mathematische Theorie der Welt. John Locke begründete darauf aufbauend den „Empirismus“, der allein die über die Sinne vermittelten Erkenntnisse als Gegenstand der Wissenschaften akzeptiert, und David Hume führte diesen Ansatz weiter. Dieses Welt- und Menschenbild bestimmt das Denken vieler Wissenschaftler bis in die Gegenwart. Obwohl es in den Naturwissenschaften längst durch die Einstein’sche Relativitätstheorie und die Heisenberg’sche Unschärferelation widerlegt ist, ist es in den Köpfen der meisten westlich geprägten Menschen noch immer fest verankert.
Die Folgen dieses Welt- und Menschenbildes Aus diesem mechanistisch-kausallogisch-materialistischen Welt- und Menschenbild ergeben sich für alle Lebensbereiche erhebliche Folgen. Das gilt in ökologischer, wissenschaftlicher und sozialer Hinsicht, insbesondere aber für das Selbstwertgefühl des Menschen. Ökologische Folgen Seit einigen Jahren erkennen wir, dass das Weltbild, das uns bisher zum Leben auf diesem Planeten tauglich erschien, in eine ökologische Katastrophe mündet, wenn wir unser Verhalten nicht drastisch
Die Folgen dieses Welt- und Menschenbildes
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ändern. Wir strapazieren die Erde in einem Maße, dass wir sie bald zerstört haben werden. Mit dem Slogan „Technisch alles im Griff“ werden noch immer gigantische Eingriffe in den Naturhaushalt und die Ökologie, die nie wieder gutzumachen sind, schönzureden versucht. Zusammen mit dem verbreiteten haben-orientierten Egoismus ist dieses alte Weltbild so ausgeufert, dass zur Rettung der Erde ein Umdenken im größeren Rahmen erforderlich ist. Folgen für die Wissenschaften Das Prinzip des Zweifels hat in der Wissenschaft zur Beschränkung auf das Unbezweifelbare geführt. Diese Haltung nennt man Empirismus. Er leugnet alle unsichtbaren Aspekte. Die Tätigkeit des menschlichen Verstandes wird so (zum Beispiel bei David Hume) streng auf den Bereich der Sinneserfahrung beschränkt, die dem menschlichen Verstand am angemessensten sei. Sie wird Ausgangspunkt und Begrenzung jeder Erkenntnis. Die Möglichkeit innerer Erfahrung wird bestritten. Neben den tatsächlichen und sogenannten wissenschaftlichen Fortschritten hat das auch folgende Wirkungen: X
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Ethik und Moral gelten nicht mehr als Inhalt der Wissenschaft und geraten damit ins Abseits angeblicher Belanglosigkeit. Werte werden als subjektive Empfindungen abqualifiziert und verlieren jede allgemeingültige Verbindlichkeit. Der Begriff Geist scheidet als Kernbegriff der Wissenschaft aus, und es wird gestritten, ob es überhaupt „Geistes“wissenschaften geben kann. Die Philosophie, die sich als Ur- oder Metawissenschaft um den Überblick über alle wissenschaftlichen Disziplinen und Künste bemühte, um sie ins rechte Verhältnis zueinander zu bringen, wird als überflüssig erklärt und hinsichtlich ihres Wertes der Poesie beigeordnet.
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Selbst die Geisteswissenschaften beschränken sich auf Detailaspekte und kommen nicht mehr dazu, den Begriff Geist zu reflektieren und zu definieren. Theologen sprechen nicht mehr von eigener innerer Gotteserfahrung und vermitteln diese, sondern betreiben ihre „Wissenschaft“ hauptsächlich noch als archäologische, historische und Glaubensinhalte systematisierende Disziplin. Psychologen beschränken sich auf Verhaltensbeschreibung und lassen den Begriff „Seele“ als unwissenschaftlich außen vor. In der Medizin spielt nicht „Gesundheit“ und eine Lehre vom gesunden Leben die Hauptrolle, sondern die technische Beseitigung von Krankheitssymptomen die Hauptrolle. Biologen sammeln, beschreiben und sezieren Lebendiges, wissen aber mit dem Begriff „Leben“ nur wenig anzufangen. Viele Naturwissenschaftler (zum Beispiel Chemiker) haben keinen ökologischen Begriff von Natur und müssen vielfach erst zu einem naturorientierten Wissenschafts- und Selbstverständnis zurückgeführt werden.
Fazit: Das Prinzip des Zweifels hat durch seine rein empirische Methodik der auseinandernehmenden Analyse von Zusammenhängendem und durch die Leugnung geistig-seelischer Realitäten die Wahrnehmung von ganzheitlich-organischen Zusammenhängen und psychosomatischen Einheiten schwer gestört. Die Zerstörung ganzheitlicher Ökosysteme, Psychosysteme und Sozialsysteme ist eine zwangsläufige Konsequenz daraus.
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Folgen für die gesellschaftlichen Grundwerte Mangels anderer Werte haben sich in unserer Gesellschaft als zentrale „Wertvorstellungen“ etwa folgende durchgesetzt: X X X
Besitz: Es ist gut, viel zu haben, am besten sogar mehr als andere. Leistung: Es ist gut, viel zu leisten, vor allem mehr als andere. Macht: Es ist gut, sich die Welt und die anderen Menschen untertan zu machen und über sie zu herrschen.
Diese Grundprinzipien haben zu einer rücksichtslosen Ausbeutung der Natur und der Menschen geführt. Auf ihr Konto geht auch die zeitweise politische totale Machtausdehnung und totalitäre Diktatur. Sie haben den Einzelnen von seiner eigenen Natur weggeführt in eine Welt äußerlicher Scheinbedürfnisse, in der ihm die Konsumverpflichtung oft zum fluchbeladenen Zwang wird. Man braucht nur zu bedenken, wie viel Arbeitszeit zum Beispiel ein durchschnittlicher Arbeitnehmer damit verbringt, um sich das Geld für den Pkw und dessen Unterhalt zu verdienen, der für den Weg zu seiner Arbeitsstelle notwendig ist. Das ist mittlerweile mehr Zwang als Freiheit. Längst haben wir durch physische, soziale und psychische Überlastung lebensbedrohliche Strukturen in unsere Lebensräume eindringen lassen, die uns stressen, depressiv und krank machen. Ein Leben nach diesen Prinzipien führt aber unvermeidbar zu einem ökologischen Zusammenbruch, der einem kollektiven Selbstmord gleichkommt. Folgen für das Selbstwertgefühl des Menschen Descartes beschreibt in seinen „Meditationen“ selbst, wohin ihn sein Denkansatz geführt hat: „Mir ist, als wäre ich unversehens in einen tiefen Strudel geraten und würde so herumgewirbelt, dass ich auf dem Grund nicht Fuß fassen, aber auch nicht zur Oberfläche empor schwimmen kann.“ Das frühere Wissen des Menschen um seine Geborgenheit in der Hand des Schöpfers geht ihm verloren und er erlebt sich als Produkt
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mechanisch-materieller Prozesse. Er hat in sich nicht mehr den Wert eines von Gott geliebten Individuums, sondern ist allenfalls als Glied der gesellschaftlichen Maschinerie nützlich. Damit wird der Grundstein für philosophischen Nihilismus und pragmatisches Null-BockGefühl gelegt. Blaise Pascal formuliert diese Not in seinen „Pensées“: „Das ist unser wahrer Stand im Dasein. Wir treiben dahin auf einer unmessbaren Mitte, immer ungewiss und schwankend, von einem Ende zum anderen gestoßen ..., und der Mensch weiß nicht, welchen Rang er sich zuerkennen soll. Sichtbar ist er verwirrt und von dem wahren Ort gefallen, ohne dass er ihn wiederfinden könnte.“ Damit wird dem Menschen zwar eine Art von Autonomie gegeben, aber was fängt er damit an, wenn niemand ihn gelehrt hat, sich selbst zu neuem Sinn zu führen? Diese Suche nach Sinn ist seitdem bevorzugtes Thema philosophischer Bemühungen. Da die psychische Innenwelt geleugnet wird, kann Sinn dort auch nicht gefunden werden. Der arme Mensch, der von Descartes zu einem „denkenden Ding“ erklärt wurde, kann mit sich selbst und anderen nur noch als Sache umgehen. So hat das Prinzip des Zweifels Vertrauen zu sich selbst und zur Welt zerstört. Innere Sicherheit und innere Stärke können gar nicht erst entstehen, sie ersticken im Keim; entsprechend können auch bodenständige Selbstsicherheit und Lebensfreude nicht erst aufkommen. Der Zweifel als Prinzip führt also genau in die Situation hinein, aus der heraus Descartes sich befreien wollte: in Selbstzweifel und depressive Verzweiflung. Die persönliche Rechtfertigung von Descartes mag darin liegen, dass seine Gedanken sich zu seiner Zeit gegen falsche Formen des Selbstund Weltvertrauens richteten, das sich auf abergläubische Vorstellungen, Gewohnheiten und die Sicherheit von Dogmen stützte. Insofern ist Descartes jemand, durch den ein Aufbruch ausgelöst wurde. Sein Verdienst liegt daher in der Zerschlagung eines „falschen“ Selbstbewusstseins. Wer seine Selbstgewissheit aber nur aus Zweifeln an sich
Kompensationsangebote unserer Kultur
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selbst zu ziehen versucht, kommt vom Regen in die Traufe. Wenn ein Mensch nicht vorher schon psychisch gestört ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er bald an einer depressiven Störung leiden wird. Aus Selbstzweifeln allein ist jedenfalls keine Sicherheit zu gewinnen. Das Gegenteil ist die Folge: Selbstverlust und Frust. Descartes’ Fehler und seine Tragik liegen darin, dass sein Denkansatz den Weg zu inneren Erfahrungen ausschließt und dadurch nur zu neuerlich falschen Formen von Selbst- und Weltverständnis führt. Für ein positives Selbstwertgefühl, wie es sich aus einer spirituellen Sicht der Lebensenergie ergibt, ist in seinem Menschenbild kein Platz. Das positive Selbstbewusstsein, das ich in diesem Buch anbiete, basiert auf der Möglichkeit realer persönlicher innerer Erfahrungen. Schließlich muss, wer nach Sicherheit, Harmonie und Glück strebt (und das scheinen allgemeine Grundbedürfnisse zu sein) und sie nicht in sich suchen und finden kann und darf, sie anderswo suchen. Wenn nicht in sich, dann eben in der Außenwelt. In „wissenschaftlicher“ Sprache heißt ein solches Weltbild „Empirismus“, „Positivismus“ oder „Materialismus“. Psychologisch aber bedeutet diese Veräußerlichung innere Entleerung und führt damit zur Notwendigkeit von „Kompensationen“, das heißt zur Suche nach Ersatzbefriedigungen. Was innerlich mangelt, muss äußerlich ersetzt werden.
Kompensationsangebote unserer Kultur Die Kompensationsangebote unserer Kultur lassen sich aufspüren, wenn man einige Zentralbegriffe oder Werte unserer Gesellschaft betrachtet und sie wie ein Vexierbild aus dem Außenbereich in den inneren psychologischen Bereich übersetzt. Ein ziemlich bekanntes „Vexierbild“ klappt je nach Betrachtung von „junge Frau“ zu „alte Frau“ um. Genauso kommen auch in den folgenden zentralen Bei-
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spielen an Kompensationsangeboten unserer Kultur erstaunliche Doppeldeutigkeiten zum Vorschein: X X X X X X
das Auto die Kernenergie der Fortschritt das Fernsehen und die Medien die Raumfahrt die Wissenschaft
Bei all dem handelt es sich um Sachverhalte und Einstellungen, die von vielen wie Fetische verehrt werden und mit denen sich die meisten „modernen“ Menschen identifizieren. Die Teilhabe daran bedeutet scheinbar ein Stück vom Glück. Fragen wir allerdings aus der Perspektive eines verzweifelten Menschen, der sein Selbstwertgefühl verloren hat, was er sucht und wo er sucht, so weist jeder dieser genannten Begriffe in übertragenem Sinn in eine spezielle Richtung: Das Auto Das griechische Wort „auto“ bedeutet auf Deutsch: Selbst. Wer sein inneres Selbst verloren hat, sucht sein Selbst außen. Wenn das Selbst das Zentrum der inneren Kraft ist und der Zugang zu dieser Kraft verloren ging, braucht der Mensch eben einen äußeren „Kraftwagen“. Bezeichnend ist, wo der moderne Mensch sein Selbst und seine Kraftmaschine hat: nicht innen, sondern außen neben seinem Haus. Wundert es noch, dass es heißt: „Das Auto, des Deutschen liebstes Kind“? Der Mensch kann versuchen, den inneren Selbstverlust durch die Pflege eines äußeren Autos zu kompensieren. Die Kernenergie Mit der „Kernenergie“ verhält es sich ähnlich. Wer den Zugang zur Kraft seines inneren Kerns verloren hat, wird seine „Kernkraft“ außen zu holen versuchen. Entsprechend hysterisch wird er auch reagieren,
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wenn jemand versucht, ihn daran zu hindern. So lässt sich das Verhalten von manchen Politikern und Managern vielleicht verstehen, die mit bewaffneter Staatsgewalt den Widerstand gegen den Bau von Kernkraftwerken zu brechen versucht haben. Gerade an dieser Heftigkeit wird deutlich, dass auch andere als rationale, nämlich ins Unterbewusste verdrängte Motive dabei eine Rolle gespielt haben. Der Fortschritt Gleichermaßen muss, wer seine innerlich verlorene Kraft nicht äußerlich in der Nähe findet, sich auf der Suche danach immer weiter von sich weg begeben, fortschreiten und „Fortschritte“ in der äußeren Welt zu machen versuchen. Der Begriff „blinde Fortschrittsgläubigkeit“ zeigt, dass es sich hierbei um einen Fetisch des Aberglaubens handeln kann. Dabei gilt nicht „Bewahren des Bewährten“ als Wert, sondern nur immer das „Neue“. Diese Fortschrittsgläubigkeit wird dann zu einer zerstörerischen Kraft. Wer an allem Vorhandenen und Naheliegenden, insbesondere an sich selbst zweifelt, wird hinsichtlich des Guten daran blind. Oft nimmt der Fortschrittswahn geradezu neurotische Formen an: Fortschritt um jeden Preis und gegen jede Vernunft scheint manchmal das Prinzip zu sein, nach dem sonst angeblich vernünftige Leute handeln. Für manche, die einmal auf diesem „Trip“ sind, scheint es keine Umkehr zu geben. Wohin auch? Der Mangel an innerer Heimat zwingt offenbar zur Kompensation in äußerer Suche. Das Fernsehen und die Medien Insofern passen die Begriffe „Fernsehen“ und „Fernsehkultur“ direkt hierher: Fortschritt wohin? – In die Ferne! Wohin richtet der Fernsehkonsument sein Augenmerk? Er schaut fern und nicht nah. Vor lauter „fernsehen“ kommen viele Menschen weder zur Kommunikation mit den nächsten Familienangehörigen noch zu sich selbst. Sie zerstreuen ihre Aufmerksamkeit in die Ferne und ignorieren sich selbst. Bei mitt-
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Teil 1: Altes Menschenbild
lerweile beliebig vielen Programmen ist für jeden eine Zerstreuung dabei. Blindheit nach innen oder Angst vor innerer Leere wird durch tausend Bilder aus der Ferne kompensiert. Trotzdem spricht man von den Medien und empfiehlt einen angemessenen Medienkonsum. Das lateinische Wort „Medium“ bedeutet aber „Mitte“, und insofern findet sich hier auch wieder die Lösung: Die Suche nach dem angemessenen Medium ist auch die Suche nach der eigenen Mitte. Und das Internet entspricht dem Bedürfnis nach direkter Vernetzung, die dem postmodernen Single auf der anderen Seite mit seinem Umfeld und auf der anderen Seite mit seinem inneren Zentrum verloren zu gehen droht. Die Raumfahrt Ein weiteres Beispiel dafür, wie weit die Menschen nach außen in die Ferne schweifen, um ihr Glück zu suchen, ist die „Raumfahrt“. Menschen fliegen ins All hinaus und schicken ihre mechanischen und elektronisch-fotografischen Greifarme in die Weiten des Kosmos. Sie suchen nach neuen Erkenntnissen und größeren Schätzen an Wissen und Material. Seit Jahrhunderten schon erkunden Menschen immer weitere äußere Räume und geraten dabei in Gefahr, ihre inneren Räume zu vergessen. Diese zu erkennen ist nach Sokrates’ „Erkenne dich selbst“ allerdings der höchste Reichtum menschlichen Lebens. Der Mangel an solcher Selbsterkenntnis wird so durch mehr an Außenerkenntnis verhindert und kompensiert. Die Wissenschaft Sowohl zur Innen- als auch zur Außenschau ist Forschung notwendig. Wissen zu schaffen ist eine Aufgabe der Wissenschaft. Dass sie sich faktisch nach außen auf das Sichtbare richtet und selbst beschränkt, bedarf hier kaum weiterer Erwähnung. Diese Art von Wissenschaft, die sich im Sinne des Empirismus korrekt als „exakte Naturwissenschaft“ versteht und Fragen nach geistigen Hintergründen gern als „metaphysische Spekulationen“ abtut, kann durchaus dabei helfen,
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mit der äußeren Welt sachgerechter umzugehen. Sie vermag aber nicht einmal in ihrer psychologischen Disziplin, den Studierenden zu mehr innerer Selbstsicherheit zu verhelfen. Mangel an Bewusstheit seiner selbst (Selbstbewusstsein) wird lediglich durch mehr an Weltwissen auszugleichen versucht und Mangel an Selbststeuerungsfähigkeit durch die Fähigkeit, andere wie Maschinen zu steuern und zu manipulieren. Fazit Da all solche Kompensationen immer nur Ersatzlösungen sind und nicht wirklich befriedigen, entsteht parallel dazu eine nimmersatte Gier nach immer mehr. Indem die durch Selbstzweifel verursachten inneren Mangelund Ohnmachtsgefühle nach außen projiziert werden, kommt es zu diesem wahnsinnigen Wettlauf um ein Mehr an äußerer Macht und äußeren Schätze. Rivalität, Streit und Krieg sind die Folge. Das dabei vorherrschende Prinzip heißt: Mangel beseitigen und mehr Haben wollen. Aber im Habenwollen gibt es offenbar kein sättigendes Maß. Auch Sicherheit ist im Haben nicht zu finden, vielmehr steigt mit wachsendem Besitz meistens die Angst, ihn zu verlieren. Habensicherheit bleibt äußerlich. Innerlich führt sie zu Verlustangst und beschleunigt das Karussell der Kompensationen. Da man sich mit dem Besitz identifiziert, den man verlieren kann, kann man sie auch die Angst, sich selbst zu verlieren, nennen. Solange der innere Weg versperrt ist, kann es keinen persönlichen inneren Frieden und auch keinen Weltfrieden geben. Die innere Alternative lautet: in sich ruhen, in Frieden sein, zufrieden sein. Wie findet man nun den inneren Weg zu sich selbst, wie finden wir unseren Frieden?
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Teil 1: Altes Menschenbild
Die Überwindung der negativen Folgen und die Umkehr nach innen Wenn Sie sich nun fragen, wie sich die negativen Folgen dieses alten Weltbildes überwinden lassen, dann mag ein von Sokrates überliefertes Wort die Richtung weisen: Sokrates formulierte als Summe seiner lebenslangen Weisheitssuche den Satz: „Erkenne dich selbst.“ Damit weist er eindeutig nach innen. Auch von anderen Weisen (oder besser: Weisern) gibt es entsprechende Weisungen. Jesus macht seine Jünger ausdrücklich darauf aufmerksam: „Das Himmelreich ist inwendig von euch.“ Seine beständige Mahnung zu einem Richtungswechsel „kehrt um!“ heißt in diesem Sinn nicht nur „stopp“, sondern hat ein klares Ziel: die innere Welt. Sie bedeutet: Sucht euer Glück und euren Frieden nicht außen, sondern innen. Das ist genau das Gegenteil des empiristisch-materialistischen Positivismus. Sucht nicht draußen, sondern drinnen, so lehren die Weisen, kehrt heim! Der Sohn des biblischen Gleichnisses, der sich selbst verloren hat, ist eingeladen, zu sich selbst heimzukehren. Wenn Sie dieser Weisung folgen wollen, müssen Sie manche vertraute Denkgewohnheit ändern. Durch den zu vollziehenden Perspektivenwechsel werden Sie dann plötzlich wie bei einem Vexierbild, sich selbst und Ihre Umgebung anders sehen. Altes und Vertrautes gewinnt dann neue Bedeutungsdimensionen. So, wie die Betrachtung der Kompensationsangebote keine neuen Begriffe brauchte, sondern lediglich eine andere Sichtweise, so lassen sich viele andere Vorstellungen und Begriffe ebenfalls durch eine Betrachtungsweise aus der inneren Perspektive umklappen. Schließlich kann sich dann das gesamte eigene Selbstbild wandeln. Am Beispiel eines der vier Grundsätze der Logik kann „vexieren“ so aussehen: Den Satz „Nihil est sine causa“ („Nichts ist ohne Grund“) kann man auf mehrfache Weise umklappen. Er kann dann sehr gegensätzliche Bedeutungen gewinnen:
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X X X X X
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Alles hat einen Grund. Das Nichts hat keinen Grund (Ursache). Das Nichts ist das einzige Grundlose (= Bodenlose = Loch). Das Nichts existiert (und zwar ohne Grund). Nichts existiert – also ist alles Schein.
So können Sie in diesem einen Satz sowohl das abendländische Prinzip der Kausalität von Ursache und Wirkung als auch das buddhistische Prinzip des „Alles ist Maya“ (= Täuschung und Schein) wiederfinden. Niemand aber kann heute sagen, wie diejenigen, die den Satz „Nihil est sine causa“ ursprünglich formuliert und gelehrt haben, ihn damals gemeint haben. Über Jahrhunderte wurde er im Abendland ausschließlich in der ersten Bedeutung als logisches Grundprinzip der Kausalität verstanden. Wie gezeigt, birgt er aber mehrere Dimensionen in sich. Ein anderes Beispiel ist das Märchenbild vom „fliegenden Teppich“. Materialistisch betrachtet gibt es natürlich keine fliegenden Teppiche. Geistig betrachtet kann aber sehr wohl die Meditation auf einem Gebetsteppich mit einem geistigen Flug verglichen werden. In vordergründig vertrauten Sätzen lassen sich verschiedene Dimensionen entdecken, und dieselben Sätze erscheinen plötzlich als ganz neue. So lässt sich in einem vexierten Verständnis aus alten Mosaiksteinen durchaus ein „neues“ Menschenbild entwerfen, das in unserem Fall schon Vorbilder in der vorkartesianischen Zeit hatte. Zusammenfassung Das cartesianische Welt- und Menschenbild richtet sich auf die Außenwelt und erklärt das unmittelbar Messbare zum einzigen Gegenstand der Wissenschaften. In diesem mechanistisch-materialistischen Menschenbild wird die psychisch-geistige Innenwelt des Menschen geleugnet und er wird als Maschine betrachtet und behandelt.
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Teil 1: Altes Menschenbild
Die Folge ist, dass der Mensch zugleich mit dem Bewusstsein von seiner Innenwelt auch das Vertrauen zu seinem persönlichen Wert verliert und dadurch in eine existenzielle Sinnkrise gerät. Auf der Suche nach Sicherheit, Geborgenheit und Glück sucht der Mensch das, was er in sich nicht mehr finden kann, außen und greift dort Kompensationsangebote auf, die ihn für das innerlich Verlorene entschädigen sollen. Da diese Kompensationen letztlich nicht befriedigen, wird hier ein neuer Weg zu der psychisch-geistigen Innenwelt des Menschen gezeigt, der ihm ein neues Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen ermöglicht.
Die Überwindung der negativen Folgen und die Umkehr nach innen
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Teil 2: Die psychologisch-spirituelle Sicht der Lebensenergie im Menschen – ein „neues“ Menschenbild
Während das „alte“ Menschenbild durch seine Fixierung auf die empirisch messbare Außenwelt gekennzeichnet ist, sollte ein neues die Innenwelten mitberücksichtigen. Tatsächlich können Sie, wenn Sie die Perspektive umkehren und Ihre Aufmerksamkeit nach innen richten, dort eine andere geistige Welt entdecken. Beide zusammen, Innenwelt und Außenwelt samt deren Innenwelten, können Ihnen dann eine Erfahrungsgrundlage für das neue Weltbild geben, das Welt und Mensch „ganzheitlich“ umfasst. Die eigene Innenwelt erscheint einem zunächst oft als verworrenes Geflecht von vielfältigen Informationen, gemischten Gefühlen, vielleicht einander widerstreitenden Motiven, von bekannten und weniger bekannten Charakterzügen, Interessen und Trieben. All das wirkt wie ein ungeordnetes Puzzle, aber entspricht der Beschreibung des Menschen als eines vielschichtigen oder mehrdimensionalen Wesens. Für diese Innenwelt sollen Sie im Weiteren einen „Reiseführer“ erhalten, der Ihnen systematisch und modellhaft eine allgemeine Struktur im eigenen Inneren zeigt.
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Teil 2: Neues Menschenbild
Ein siebenstufiges Modell vom Menschen Welche Ebenen lassen sich beim Blick in den Menschen unterscheiden, welche Dimensionen der Persönlichkeit treten hervor? Dieses Hineinschauen oder Durchschauen können Sie sich als den Versuch vorstellen, durch mehrere hintereinander gestellte farbig bemalte Glasscheiben zu schauen. Was auf der jeweils nächsten zu sehen ist beziehungsweise sich abspielt, soll am Beispiel einer Person, die ein Gespräch führt, deutlich gemacht werden. Unser Blick richtet sich dabei von außen nach innen: 1. Die Ebene des Geistes (Reflexionsfähigkeit) Wer ein Gespräch führt, weiß, dass er ein Gespräch führt. Er ist sich sowohl über das Gespräch als solches bewusst als auch darüber, dass er es führt. Dieses Bewusstsein entspringt der Fähigkeit unseres Geistes zur Reflexion. Eine Tätigkeit wird erst durch ein solches Bewusstsein subjektiv zur eigenen Tätigkeit und in die eigene Persönlichkeit integriert. Reflexion und Selbstreflexion sind also eine Folge der Tätigkeit unseres Geistes. Sie ist zugleich Voraussetzung für ein Selbstbewusstsein, das alle Lebensäußerungen zu einer persönlichen Ganzheit integriert und damit die Ausbildung einer persönlichen Identität ermöglicht. 2. Die Ebene der Vernunft (Erkenntnisfähigkeit) Wer ein Gespräch führt, hat ein Thema, über das er spricht. Wer etwas betrachtet, hat ein Objekt. Jede Sache und jeder Sachverhalt haben nun eine Sachlogik in sich, die es zu erkennen gilt. Nur wenn man mit einem Gegenstand (das, was „entgegen“ steht) gemäß der ihm innewohnenden Sachlogik richtig umgeht, kann man seine Ziele dabei erreichen. Um diese innere Sachlogik zu erkennen und ihr entsprechend folgerichtig und sachgerecht zu handeln, braucht man seine Vernunft. Dass der Begriff Vernunft dem Begriff Geist unterzuordnen
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ist, wird auch daran deutlich, dass Computer zwar sachlogische Gedankengänge nachvollziehen und entwickeln können, aber nicht zu einem persönlichen Selbstbewusstsein gelangen können. Vernunft meint also die Fähigkeit, mit den Objekten der Außenwelt sachgerecht und folgerichtig umzugehen. 3. Die Ebene der Intentionen (Strebefähigkeit) Anhand eines Gesprächsthemas verfolgen Gesprächspartner Zwecke und Ziele. Jeder, der etwas tut, intendiert dabei etwas. Tut er das, ohne sich dessen ausdrücklich bewusst zu sein, so spricht man davon, dass er seine Interessen „intuitiv“ angestrebt habe. Im Gegensatz zur Vernunft, die unterscheidet zwischen „geht“ und „geht nicht“, lassen sich Intentionen nicht durch die Erkenntnis, dass etwas nicht geht, in ihrem Realisierungsdrang aufhalten. Sie können auch mit alternativen Lösungen befriedigt werden, so wie sich Wasser seinen Weg durch jede Ritze und Spalte sucht und findet. Intentionalität bedeutet also die Fähigkeit, Interessen unabhängig von kausal- und sachlogischen Widerständen intuitiv-kreativ anzustreben und zu verwirklichen. 4. Die Ebene der Emotionen (Empfindungsfähigkeit) Hinter Selbstbewusstsein, Sachlogik und Intentionen liegen die Emotionen eines Gesprächspartners. Sie können als die „Tönung“ oder „Farbe“ einer Beziehung betrachtet werden. Darin drückt sich aus, wie jemand die Beziehung zu sich selbst, zu anderen Personen oder zu Sachen und Sachverhalten erlebt. Ein Mensch kann sich einer Situation entweder hingeben (Liebe) oder sie ablehnen (Hass). Emotionalität ist also die Fähigkeit, subjektiv getönte Beziehungen zur Welt herzustellen, ihr also nicht nur ausgeliefert zu sein, sondern sich subjektiv zu ihr zu verhalten.
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Teil 2: Neues Menschenbild
5. Die Ebene des Charakters (Grundeinstellungen, Normen) Tiefer als die aktuellen und affektiven Emotionen sind in Menschen ihre Charakterzüge verankert. Dabei handelt es sich um angeborene oder geprägte Festlegungen auf bestimmte Emotions- oder Verhaltensmuster, also um Grundeinstellungen, die seinem bewussten Handeln zugrunde liegen und vorgegeben sind. Das Wort Charakter stammt vom griechischen Wort „charizein“ ab, was „einritzen“ bedeutet. Die Summe der in uns eingeritzten und unser Verhalten steuernden Strukturen ist demnach unser Charakter. Während Emotionen innerhalb eines Gesprächs situativ meist deutlich beeinflussbar sind, ist der Charakter eine unveränderbare Vorgabe in Kommunikationssituationen, auf die Gesprächspartner sich einstellen müssen. Es handelt sich um die immer gleichen Maßstäbe, nach denen Menschen eigenes und fremdes Verhalten beurteilen. Manche Personen werden durch die Überpointierung einzelner solcher Grundeinstellungen zur Karikatur eines Charaktertyps: etwa der „Geizige“ oder der „Karrierist“. Zweck der Charakterbildung durch die Erziehung ist es, einen Menschen zu seinem eigenen Nutzen auf sein Umfeld einzustellen. Dazu gehört, dass die Impulse seiner Antriebsebene (6. Ebene) durch verinnerlichte Maßstäbe umfeldverträglich kanalisiert werden. Unprofessionelle Erzieher versuchen Impulse häufig nur zu blockieren, wodurch deren Energie dann oft ins Irrationale ausweicht und an anderer Stelle Schaden anrichtet. 6. Die Ebene der Antriebe (Strebe- und Begehrensfähigkeit) Unterhalb der Charakterebene mit ihren Grundeinstellungen finden sich also die Kräfte, die zu steuern und in Bahnen zu lenken sind: die Antriebe und Bedürfnisse einer Person. Es handelt sich dabei sowohl um die physischen als auch psychischen Antriebe: Streben nach Es-
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sen, Trinken, Schlafen, Sexualität – und Streben nach Geborgenheit, Sicherheit, Freiheit, Anerkennung, Lebensfreude, Selbstverwirklichung. Vieles davon ist in der bekannten Maslow’schen Bedürfnispyramide aufgeführt. Die Antriebe stellen die (zum größten Teil unterbewussten) Motive des Verhaltens eines Menschen dar und sind die Form, in der sich die Lebensenergie (7. Ebene) konkret manifestiert. 7. Die Ebene der Lebensenergie Während die Antriebe bereits Ausdruck sind, findet sich auf der siebten Ebene die Quelle dessen, was ausgedrückt wird: die Energie des Lebens. Diese Energie bringt den Menschen physisch zum Atmen und lässt sein Herz schlagen. Sie erzeugt Wachstum, Aktivität und Reifungsprozesse, ohne aber all dies selbst zu sein. Sie liefert nur die Energie dazu. In ihrer psychischen Dimension ist diese Ebene das Selbst oder die Seele. Damit ist die eigene innere Identität vor allen äußerlichen Manifestationen gemeint. Bei sich selbst ist man, wenn man nicht mehr bei einem Etwas ist. Voraussetzung für die Erkenntnis dieses Selbst ist vor allem die Entleerung von allen äußeren Inhalten. Dann kann man versuchen, sich ein Bewusstsein seiner eigenen Lebensaufgabe, seines eigenen Lebenssinns oder seiner eigenen Berufung zu bilden. Die Erfahrung des Selbst in diesem Sinn ist das Ziel der meisten Meditationsformen. Es handelt sich auf dieser Ebene um das Leben in uns. Es geht um die Energie, noch bevor sie in Kraft umgesetzt wird. Wenn man eine Triebäußerung mit einem Blitz vergleicht, dann entspricht die Lebensenergie der spannungsgeladenen Wolke, die den Blitz ermöglicht. Die Lebensenergie ist als tiefste innere Dimension des Menschen und Quelle aller anderen Ebenen die bedeutendste. Deshalb soll sie im nächsten Kapitel weiter definiert und ausführlich beschrieben werden. Zuvor jedoch noch eine Zusammenfassung des Modells der Persönlichkeit im Überblick:
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Zusammenfassung des Persönlichkeitsmodells Dazu betrachten wir unser Modell in umgekehrter Reihenfolge. Die bisherige Darstellung zeigte es von außen nach innen und fand hinter jeder farbigen Glasscheibe eine nächste, anders geartete, bis hinter der letzten Scheibe die Lebensenergie als „Lebenslicht“ leuchtete. Wir folgen jetzt mit unserem Blick dem Fluss der Energie von innen nach außen, kehren die Betrachtungsweise also um. Die innewohnende Logik wird dann noch deutlicher erkennbar: Die Lebensenergie (= Energie) eines Menschen äußert sich in Gestalt seiner Antriebe (= Kraft), welche durch die Bildung seines Charakters (= Form) sozialisiert, das heißt in ihrer Ausdrucksform grundeingestellt werden. Dadurch wird festgelegt, mit welchen Emotionen (= Färbung) er seine Beziehungen zur Mitwelt aufnehmen kann, wohin er in diesen Beziehungen seine Intentionen (= Richtung) wendet und wie er diese mittels seiner Vernunft (= Realisierung) positioniert. Sein Geist (= Reflexion) drückt sich aus, indem er seine Aktionen selbstbewusst steuert, reflektiert und sich damit identifiziert. Diese Betrachtung zeigt, dass eine vom Ursprung ausgehende Betrachtung und Nummerierung der Ebenen sinnvoller ist als die Zählung von außen nach innen. Entsprechend ist das Modell, wie es in Abbildung 1 zum Überblick dargestellt wird, von unten nach oben zu lesen. Diese Zählweise entspricht dem Blickwinkel der meisten antiken Gedankensysteme, bei denen, anders als beim Schreiben von oben nach unten, vom Fundamentalen aufsteigend gezählt wurde. Diese Einsicht wird später wichtig, um dieses Modell mit anderen Modellen, die ebenfalls sieben Ebenen enthalten, richtig kombinieren zu können. Das gelingt in einigen Fällen erst, wenn andere Modelle scheinbar „auf den Kopf“ gestellt werden. Bevor wir dazu später kommen, sei der Lebensenergie ein eigenes Kapitel gewidmet.
Die Lebensenergie als Mitte des Menschen
Ebenen der Persönlichkeit
Bedeutung
Tätigkeit
7.
Geist
Reflexion
Verstehen
6.
Vernunft
Realisierung
erkennen umsetzen, tun
5.
Intention
Richtung
Streben
4.
Emotion
Farbe
Fühlen
3.
Charakter
Form
Dürfen
2.
Antriebe
Kraft
Wollen
1.
Lebensenergie
Energie
Können
Abbildung 1:
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Die Ebenen der Persönlichkeit
Die Lebensenergie als Mitte des Menschen Um die Frage, wie wir leben sollen, zu beantworten, scheint es sinnvoll, vom Zentrum der Person auszugehen. Über deren Mitte und inneres Wesen muss Klarheit herrschen. Das Bemühen um den Weg in die eigene Mitte wird im Lateinischen mit dem Wort „meditari“ bezeichnet. Unsere weiteren Gedankenschritte sind in diesem Sinne also „Meditationen“ auf die eigene Wesensmitte.
Was ist Lebensenergie? Gemäß dem skizzierten Persönlichkeitsmodell finden wir als Basis in uns die „Lebensenergie“. Sie manifestiert sich permanent in jedem körperlichen und seelischen Ablauf. Sie fließt in alles Verhalten und in jedes Wort mit ein und schafft und trägt es mit. Sie zu verstehen ist der Schlüssel zum Verständnis des Menschen. Worum handelt es sich also bei dieser „Lebensenergie“?
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Teil 2: Neues Menschenbild
So, wie in einer Batterie oder im Öl Energie zunächst als Potenzial gespeichert ist, so kann man die Lebensenergie als das Lebenspotenzial des Menschen sehen. Sie ist noch nicht Tat oder geäußerte Kraft geworden. Sie ist unsere Quelle oder Wurzel und ist allen lebendigen pflanzlichen und tierischen Wesen gemeinsam. Sie ist eine allgemeine, ungestaltete Kraft, die sich in jeder Gattung und in jedem Individuum konkret und anders manifestiert. Wir sind uns dieser Energie nur selten ausdrücklich bewusst, selbst im Falle einer Krankheit liegt der Gedanke an die Schmerzen und deren Beseitigung näher als der Gedanke an die Lebensenergie. Dabei bedeutet deren Stocken Krankheit und ihr Fließen Leben und Gesundheit. Wir wollen dem Strom dieser Energie von der Quelle an folgen und uns Gedanken über seine Befreiung, Kanalisierung, Lenkung und Nutzung machen. Wo es gelingt, diese Energie voll auf ein Ziel zu richten, wird dessen Verwirklichung mit hoher Wahrscheinlichkeit gelingen. Sollte sich diese vitale Energie hingegen wegen einer Fehlleitung gegen sich selbst richten, so wird sie Krankheit und Tod verursachen. Die Stärke dieser Kraft können Sie unmittelbar erleben, wenn Sie versuchen, die Luft anzuhalten. Trotz bestem Vorsatz werden Sie es nicht schaffen, sich durch das Luftanhalten umzubringen. Im besten oder schlimmsten Fall führt langes Atemanhalten zur Ohnmacht und damit wieder zum Atmen. Die Kraft, die uns zum Atmen zwingt, ist also nicht nur stärker als unser Wille, sondern auch stärker als unser Bewusstsein. Wenn das Bewusstsein so verrückt sein sollte, tatsächlich die Luft anzuhalten, dann schaltet die Lebensenergie es einfach ab und führt die Lebensfunktionen weiter. Sie ist also nicht nur stark, sondern wirkt auch sinnvoll und erhält sich selbst. Wenn sie ein lachendes, schreiendes, tobendes, einen Schmetterling jagendes kleines Kind beobachten, sehen Sie, wie dabei die Lebens-
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energie noch ungehemmt fließt. In einem Kind dagegen, das vielfach zur Ruhe ermahnt, geschlagen und bestraft, endlich resigniert einen öden Schulunterricht in einem scheußlichen Betonkäfig über sich ergehen lässt, ist sie dagegen gefesselt, unterdrückt und blockiert worden. Das Ziel von Persönlichkeitsbildung liegt darin, chronische Blockaden des Flusses der Lebensenergie zu lösen und ihren freien Fluss zu steuern und zu kanalisieren. Dann wird sie konstruktiv nutzbar und in ein soziales Umfeld integrierbar. Seit der Zeugung wirkt die Lebensenergie in jedem und ist ihm als ein Funken aus dem Jahrmillionen währenden Strom der Lebensenergie gegeben. Ihre Dimension überschreitet damit jedes menschliche Maß. Deshalb wird sie auch vielfach als „göttlich“ bezeichnet. Ein Bild der Bibel dafür ist, dass Gott dem Menschen seinen „Odem“, das heißt seinen Atem, eingehaucht habe. Statt von „Lebensenergie“ zu sprechen, könnte man demnach auch formulieren: „Der Atem Gottes durchströmt uns.“ Menschen aller Zeiten und Kulturen haben die Lebensenergie in sich gespürt und darüber gesprochen. Was für Namen sie ihr gegeben haben, soll hier gezeigt werden. Interessanterweise gibt es in der unüberschaubaren Zahl von Texten verschiedenster Autoren eine sehr weitgehende Übereinstimmung dahin, dass im innersten Innern des Menschen, da also, wo wir den Begriff Lebensenergie verwendet haben, ihm das Göttliche begegnet. Wo der Mensch also an seine individuelle innere Grenze stößt, kann er dahinter das Göttliche berühren. Wenn man die Lebensenergie mit aus einer Quelle sprudelndem Wasser vergleicht, dann ist das Göttliche der unterirdische See, der viele Quellen speist. So erscheint das Göttliche als Urgrund allen Lebens. Der nächste Abschnitt zeigt Ihnen die Lebensenergie als Manifestation einer göttlichen Dimension im Menschen und schafft damit die Grundlage für ein neues Selbstbild und Selbstwertgefühl.
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Aussagen über die Lebensenergie Viele der überlieferten Aussagen lassen sich eindeutig auf die Lebensenergie beziehen, andere müssen erst vexiert werden oder aus einer falschen Überlieferung korrigiert werden. Wieder andere kann man als symbolische Aussagen erkennen und dann neu übersetzen. Beginnen wir mit den eindeutigen Aussagen. Häufig wird dabei nicht von der Lebensenergie selbst ausgegangen, sondern von einer Gottesvorstellung, die das Göttliche in der Seele des Menschen, also an der Quelle der Lebensenergie, entdeckt. Vorchristliche Aussagen Im Kybalion, einem alten ägyptischen Text, der dem Hermes Trismegistos zugeschrieben wird, wird die Lebensenergie so eingeführt: „Gott ist in dem Gemüt, das Gemüt in der Seele, die Seele in der Materie. Inwendig erfüllt sie den Leib ... und macht das ganze Wesen lebendig.“ Analog zum Bild mit dem Wasser erklärt Heraklit (540–480) die im Menschen wohnende Seele (= Lebensenergie) mit einem Bild des Feuers. Er sieht sie als einen Funken von der Substanz der Gestirne. Noch deutlicher formuliert der griechische Stoiker Kleantes (321– 233) die nahe Verwandtschaft der menschlichen Seele mit dem Göttlichen in Hinblick auf Gott: „Wir sind Deines Geschlechts.“ Ein anderer Stoiker spricht stattdessen vom „Daimon“, der im Inneren des Menschen wohnt und der mit dem, was den ganzen Kosmos durchwaltet, verwandt ist. Dieses Göttliche spricht nach Auffassung vieler von innen zum Menschen. Bei den Stoikern findet sich in diesem Sinne die Aussage: „Die Pflicht erfüllen aber heißt: der göttlichen Stimme im Inneren gehorchen.“ Damit wird das Bild des Wassers und des Feuers noch überbo-
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ten, weil dem, was dem Menschen in seinem Innern begegnet, Geist und Sinngehalt zugesprochen wird. Platon (427–347) spricht von einem „Lebensprinzip“ im Menschen, das er „Seele“ nennt, und sieht diese als eine unsichtbare, immaterielle, geistige, überirdische Wesenheit im Menschen, die die Verbindung des Menschen mit der göttlichen Welt darstelle. Ähnliches findet sich bei Epiktet (50–138) der sagt, die Seele sei „mit Gott verbunden, gleich wie dessen Teile und Stücke“. Der römische Philosoph auf dem Kaiserthron, Marc Aurel (121–180), geht sogar noch einen Schritt weiter und bezeichnet den „von Gott hergeflossenen Geist des Menschen“ selbst als „Gott“. Plotin (205–270), ebenfalls ein vorchristlicher Philosoph, stimmt dem nicht nur zu: „Der Geist ist der Vater und Grund der Seele, und die Gottheit ist der Grund des Geistes, die zu suchen man über und durch sich selbst hindurch dringen muss.“ Er beschreibt auch den Weg dahin: „Immer wieder, wenn ich aus dem Leib aufwache in mich selbst, lasse ich das andere hinter mir und trete ein in mein Selbst; sehe eine wunderbar gewaltige Schönheit und vertraue, in solchem Augenblick ganz eigentlich zum höheren Bereich zu gehören; verwirkliche höchstes Leben, bin eins mit dem Göttlichen.“ Diese Einheit ist vielen Mystikern in innerer Versenkung erlebbar. Es muss aber auch klar bewusst und unterschieden bleiben, dass die Lebensenergie oder Seele zwar ihrer Art nach als göttlich beschrieben werden kann, dass der Mensch, in dem sie wirkt, aber nicht selbst Gott ist. In manchen Formulierungen verschwimmt diese Grenze. Die Bibel Auch die Autoren der Bibel stellen sich eindeutig auf den Standpunkt, dass die menschliche Lebenskraft göttlichen Ursprungs sei. Von der Formulierung her kommt das vielleicht am deutlichsten heraus im Psalm 27, wo es heißt: „Der Herr ist meines Lebens Kraft.“ Ebenfalls
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deutlich steht im 5. Buch Mose: „Er (Gott) ist dein Leben.“ Oder in der Sprüchesammlung: „Wer mich findet, der findet das Leben“ (Spr. 8, 35). Wenn man diesen Satz im Sinne unserer Ausgangsperspektive umdreht, bedeutet er: Wer das Leben (in sich) findet, der findet mich und in mir das Leben pur. Inhaltlich entsprechen dieser Bedeutung auch Aussagen wie: „Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde“ (Gen. 1,27). Was soll also der in sich schauende Mensch anderes erkennen als sein Urbild, nämlich Gott? Oder: „Ihr seid Kinder des Herrn, eures Gottes.“ (5 Moses, 14, 1), „dass wir Gottes Kinder sollen heißen“. (1 Joh. 3,1). Wenn wir Gottes Kinder sind, dann sind wir schließlich seines Geschlechts und von seiner Art. Auch die verbreitete Symbolik des Lichtes entspricht unserer Vorstellung von „Energie“ im Inneren des Menschen: „Ihr alle seid Kinder des Lichts und Kinder des Tages“ (1 Th 5,5). Die aus dem Evangelium bekannte Aussage „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5,14) wird noch eindeutiger im hier gemeinten Sinne durch das Thomas-Evangelium überliefert. Dort heißt es: „Licht ist im Inneren eines Lichtmenschen, und er leuchtet der ganzen Welt.“ Da Gott das Licht ist, tragen wir als „Kinder des Lichts“ einen Funken dieses Lichtes in uns. Auch das Symbol der Quelle taucht in der Bibel auf: „Bei dir ist die Quelle des Lebens“ (Ps 36, 0). Ähnliches wird ausgesagt mit: „Der unsere Seelen am Leben erhält“ (Ps 66,9). Mit all dem wird die Identität von göttlicher Kraft und Lebenskraft im Menschen deutlicher ausgesprochen. Einigen Mächtigen der Kirche passten solche Gedanken offenbar nicht, und deshalb wurden entsprechende Bibelstellen in den Übersetzungen verfälscht: Auf eine Frage der Pharisäer, wo denn das Reich Gottes zu suchen sei, antwortete Jesus beispielsweise: „Das Reich Gottes ist inwendig (griechisch: entos) von Euch!“ (Lukas 17,21). Interessanterweise
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wurde gerade diese Schlüsselstelle, die aus dem griechischen Text eindeutig mit „inwendig“ übersetzt werden muss, in katholischen Bibelübersetzungen meist mit „Das Reich Gottes ist schon mitten unter Euch“ übersetzt, so dass es eher auf die „Kirche im Dorf“ zu beziehen ist als auf die eigene Wesensmitte. Im gleichen Sinne heißt es auch im apokryphen Thomas-Evangelium: „Inwendig in Euch ist das Königreich“ (Vers 3). Luther, der nach eigener Aussage die „Papstsau in Rom“ nicht brauchte, um vom Heiligen Geist erleuchtet zu werden, übersetzte die Stelle wiederum richtig mit „inwendig“. Seine Nachfolger hingegen, die selbst wieder kirchliche Hierarchiestrukturen aufgebaut hatten, korrigierten Luthers Übersetzung wieder zu: „Das Reich Gottes ist schon in Eurer Mitte“ und verschafften dem Text damit eine Zweideutigkeit. Bei genauerem Hinsehen entsprechen viele andere Stellen der Evangelien diesem „inwendig“, und entsprechende Aussagen christlicher Mystiker ziehen sich als roter Faden durch alle Jahrhunderte. Wenn das aber eine Grundaussage der Bibel ist, dann können diese Bibelstellen ein Schlüssel sein, sowohl um uns den Zugang zu uns selbst und einem neuen Selbstverständnis zu öffnen als auch um uns unsere abendländischen Überlieferungen neu zu erhellen. Erproben wir also diesen Schlüssel an einem Text, der zwar den meisten bekannt ist, den viele aber schon längst glaubten, beiseitelegen zu können. Einem Frager, der wissen wollte, wie er denn richtig beten solle, antwortete Jesus mit den Sätzen, die uns als „Vater unser“ überliefert sind. Was steckt in diesem Gebet, wenn man versucht, es mit diesem Schlüssel aufzuschließen? Wenn Sie die erste Zeile „Vater unser, der du bist im Himmel“ einmal aus einer anderen Perspektive betrachten, gewinnt der gesamte Text eine andere Bedeutung: Das Wort „Vater“ kann als „Ursprung“ verstanden werden. Wenn Sie diesen dann nicht als zeitlichen Ursprung in der Vergangenheit, sondern als Tiefendimension der Gegenwart
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verstehen, wie der Ursprung eines Baumes seine Wurzel ist, dann bedeutet der Satz: „Unsere Wurzel ist im Himmel“, oder vereinfacht: „Wir wurzeln in Himmel.“ Anders ausgedrückt, lässt sich dann auch formulieren: „Tief in uns selbst ist himmlische Kraft.“ Damit erhellt sich dieser Text als „Krafttext“. Wenn man mit diesem Einstieg den ganzen Text nahe an der Urbedeutung seiner Worte entlang übersetzt, zeigt sich in ihm die folgende Bedeutung: Tief in uns selbst ist himmlische Kraft. Sie werde heilig gehalten. Dein Reichtum soll herauskommen. Dein Wille soll geschehen, in uns (Himmel) und außerhalb von uns (Erde). Du mögest uns jeden Tag kraftvoll ernähren und alle inneren Zwänge1 zerstreuen, wir werden auch alle äußeren zerstreuen. Du führst uns nicht zu Blockierungen,2 sondern befreist uns von allem Ballast, damit3 wir zu Reichtum, Kraft und Herrlichkeit im tiefsten Sinne4 gelangen.
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Diese Zeile heißt auf Lateinisch: et dimitte nobis debita nostra. „dismittere“ heißt „zerstreuen“ und „debita“ kann auch mit „Zwänge“ übersetzt werden. 2 Das lateinische Wort „tentatio“ wird offiziell mit „Versuchung“ übersetzt, es stammt aber von „tenere“, was „halten“ und „festhalten“ bedeutet und hier im Sinn von verkrampfendem Festhalten mit „Blockierung“ übersetzt wird. 3 Das lateinische Wort heißt „quia“ und kann sowohl mit „denn“ als auch mit „damit“ übersetzt werden. Da der Text zuvor einen in sich folgerichtigen Aufbau aufweist, wird hier zielorientiert mit „damit“ übersetzt. So wird deutlich, worin die befreite Lebensenergie ihr Ziel erreicht. 4 Die übliche Übersetzung „in Ewigkeit“ wird meist auf der Zeitachse als „unendliche Dauer“ verstanden. Hier wird wieder die Zeitachse verlassen und in die unendliche Tiefe und Fülle der Gegenwart gedacht.
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Der Text spricht also über das Vorhandensein himmlischer Kraft in uns und ermutigt, sie fließen zu lassen. Er spricht von der Gefahr der Blockierung und verheißt Befreiung und Fülle. Damit ist alles gesagt und ein Persönlichkeitsentfaltungsprogramm formuliert. Der Text erschließt sich als Verstärker für die eigene Person. Wer der inneren Kraft vertraut und sie herauslässt, kann frei und sicher seinen Weg gehen. Er braucht nicht mehr die äußeren Sicherheiten, sondern hat die „Freiheit der Kinder Gottes“ in sich gefunden, das heißt die Freiheit derer, die ihrer inneren göttlichen Kraft folgen. Selbstführung bedeutet in diesem Verständnis, dem (göttlichen) Selbst in sich die Führung zu überlassen. Selbstvertrauen wird dann identisch mit Gottvertrauen. Christliche Mystiker Einige Kirchenväter folgen den biblischen Auffassungen durchaus in diesem zuletzt genannten Verständnis und bleiben damit zugleich in Übereinstimmung mit den griechischen und römischen philosophischen Traditionen: So mahnt Augustinus (354–430) seine Leser immer wieder, in sich selbst hineinzugehen, zu dem, der im Inneren des Menschen wohnt: „Wolle nicht nach außen gehen, in dich selbst geh' zurück. Im inneren Menschen wohnt die Wahrheit.“ „Erkenne in dir selbst etwas, innen, innen in dir an! Lass hinter dir das Außen und dein Gewand und dein Fleisch, steig hinab in dich, geh ein in dein Geheimgemach, deinen Geist.“ Das dort zu Findende redet er an: „Du bist das Leben der Seelen, das Leben allen Lebens.“ Und: „Du bist „innerlicher als mein Innerstes und höher als mein Höchstes.“ Ausdrücklich sagt er außerdem über die Seele, sie sei „von Natur aus mit den göttlichen Vernunftgründen verbunden.“ Er sieht also auch am Grund der Seele Gott. Solche Aussagen können nur Menschen äußern, die selbst über entsprechende innere Erfahrungen verfügen. Besonders Menschen mit mystischer Erfahrung, Mystiker genannt, können authentisch solche
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Erlebnisse formulieren. In ihren Bekenntnissen und in ihren Anweisungen an ihre Schüler nimmt die Verheißung innerer Gottesbegegnung den zentralen Platz ein. Wer solches erlebt hat, überwindet das Stadium des Glaubens und wird zum Wissenden beziehungsweise zum Eingeweihten. So gibt es von allen großen Mystikern Hinweise auf die Lebensenergie als Ausdruck göttlicher Kraft. Selbst wenn man den Mystikern aber persönliche Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit zubilligt und ihren Berichten vertraut, bleibt doch ein qualitativer Sprung zwischen Glauben und Wissen. Alle derartigen Berichte lassen sich nur als bezweifelbare Glaubenssätze transportieren, selbst wenn sie zum Dogma erhoben wurden. Persönliche Erfahrung ist nicht durch Worte zu ersetzen. So können ihre Berichte hier nur als Aufklärung und Anregung zu Gehör gebracht werden. Der Franziskanermönch Bonaventura (1221–1274) weist darauf hin, dass der Mensch in sich schauend Gott entdecken könne, wenn sein Geist zu seinem Inneren zurückschreite. Denselben Weg ging auch Hildegard von Bingen (1098–1179) und berichtet von einer Vision, in der eine göttliche Gestalt zu ihr sagt: „Ich, die höchste und feurige Kraft, ich habe jedweden Funken von Leben entzündet ... Und so ruhe ich in aller Wirklichkeit verborgen als feurige Kraft. Alles brennt allein durch mich ... Denn ich bin das Leben ... Das ewig sich gleichbleibende Leben bin ICH, ohne Ursprung und ohne Ende. Eben dies Leben ist Gott.“ Hier wird also, wie schon zuvor, die Identität von Leben und Gott behauptet. Meister Eckhart (126–1327), der vermutlich größte Mystiker des Mittelalters, ist auch einer der genauesten Berichterstatter über seine Erfahrungen und fasst sie als Lehre sehr präzise zusammen: „Gott ist nirgends so eigentlich wie in der Seele.“ – „Gott und ich, wir sind eins.“ Er findet in der Seele ein Seelenfünklein, ein „Licht in der Seele, das unerschaffen und unerschaffbar ist“ und insistiert immer wieder: „Solche Nähe besteht zwischen Gott und der Seele, dass da überhaupt kein Unterschied ist.“ Dabei unterscheidet er zwei Richtungen,
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in die die Seele tätig ist: „Die Meister sagen, die Seele habe zwei Antlitze. Das obere schaut allezeit Gott, das untere Antlitz aber sieht etwas abwärts und berichtet die Sinne.“ Damit ist das nach außen und nach innen gerichtete Bewusstsein gemeint. Ausdrücklich bezeichnet Meister Eckhart das, was in die Seele eingeboren ist, als den „eingeborenen Sohn Gottes“ und betont damit nochmals die Göttlichkeit des Menschen. Zugleich bietet er damit einen esoterischen Zugang zum Christentum an, in dem der historische Jesus von Nazareth als Symbol des jedem Menschen eingeborenen Gottessohnes, das heißt der seiner Lebensenergie und des inneren Ich, gesehen wird. Die Aussage: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ wirkt dann nicht mehr als arrogante Selbstanmaßung eines Gurus, sondern ist ein Satz, der jeden zu sich selbst nach innen ruft und den jeder auf sich selbst anwenden kann. Wenn wir an einer solchen Stelle innehalten und nach ihrer Bedeutung für das Selbstwertgefühl eines Menschen fragen, wird klar, dass es keine Steigerung mehr dafür geben kann. Wer in einer Innenschau diese Gottverbundenheit selbst erfährt, ist von allen Selbstzweifeln geheilt. Selbstvertrauen und Gottvertrauen sind dann dasselbe, und über das selbstzweiflerische cartesianische Menschenbild braucht er weiter nicht nachzudenken. Descartes hatte solche inneren Erfahrungen offenbar nicht und auch niemanden, der ihm glaubhaft davon berichtet hätte. Johannes Tauler, ein Schüler Meister Eckharts, unterscheidet gleichfalls den äußeren und den inwendigen Menschen. Vom Letzteren sagt er: „Der inwendige edle Mensch ist aus dem edlen Grunde der Gottheit herausgekommen und ist gebildet nach dem edlen, lauteren Gott und ist wieder dahin geladen und wieder hinein gerufen und wird wieder hingezogen, damit er all des Gutes teilhaftig werden kann ... Wie Gott nun in dem inwendigen Grunde der Seele den Grund gelegt hat und da verborgen und bedeckt liegt: Wer das finden und erkennen
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und schauen könnte, der wäre ohne allen Zweifel selig ... Denn dies ist sein (des Menschen) Ziel.“ Wenige Jahrzehnte später schließt Nikolaus von Kues (1401–1464) sich dieser Auffassung an und versteht Gott als „Grund, Ursprung und Licht deiner vernunfthaft einsehenden Seele“. Den Weg nach innen weist er mit den Worten: „Er ist innerlicher als dein innerstes Wesen, Quelle alles Guten. In deinem Inneren wendest du dich ihm zu, Tag um Tag dringst du tiefer vor, du lässt alles zurück, was außerhalb liegt und nach außen führt, auf dass du auf dem Wege erfunden werdest, auf dem Gott gefunden wird.“ Das sind klare Anweisungen zur Meditation. Aussagen dieser Art sind zahlreich zu finden. Erwähnt werden soll hier noch Theresa von Avila (1515–1582); sie hat ebenfalls die „Lebensenergie“ als göttliche Kraft in sich entdeckt und die Seelenburg als aus sieben ineinander liegenden Wohnungen bestehend beschrieben. In der innersten vollziehen sich die geheimnisvollen Begegnungen zwischen Gott und Mensch. Dort „wohnt Gott, der Quell des Lebens, der Ursprung des Lichts, und hält Zwiesprache mit der Seele“. Sie hat also auch die Unterscheidung von sieben zu durchschreitenden inneren Ebenen wie in unserem Persönlichkeitsmodell vollzogen. Eine drastische Warnung ruft Jakob Böhme (1575–1624) seinen Lesern zu. Er schreibt: „Mein lieber Leser, suche nun gleich in der Tiefe, suche in Sternen, suche in Elementen, suche in allen Kreaturen, in Steinen, Kräutern, Bäumen, in Metallen. Suche gleich in Himmel und Erden, du findest’s nicht.“ Damit verweist er alle außenorientierten Wissenschaften in ihre Grenzen, geht aber auch heftig ins Gericht mit kirchlichen Lehrern und Amtsautoritäten: „Darum, du edler Mensch, lass dich ja durch den Antichrist und den Teufel nicht narren, der dir die Gottheit weit von dir zeigen will und dich in einen weit abgelegenen Himmel weiset. Es ist dir nichts näher als der Himmel ... Denn in
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dir wird erboren das hl. Paradeis, da Gott innen wohnet. Wo willst du doch Gott suchen? Suche ihn nur in deiner Seele.“ Klarere und eindeutigere Wegweisung ist kaum vorstellbar, und doch sollen abschließend noch einige Sätze von Angelus Silesius (1624– 1677) hinzugefügt werden, dem es als Menschen der Barockzeit gelingt, seine Erfahrung in klangvoll gereimten Zweizeilern auszudrücken. Er steht ganz in Übereinstimmung mit Meister Eckhart. „Gott ist in mir das Feur und ich in ihm der Schein; sind wir einander nicht ganz inniglich gemein?“ „Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir; suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für!“ „Du darfst zu Gott nicht schreien, der Brunnquell ist in dir; stopfst du den Ausgang nicht, er fließet für und für.“ „Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.“ Neuzeitliche Philosophen Auch bei vielen neuzeitlichen Philosophen gibt es eine Ahnung von den inneren Aspekten der Person. Weniger poetisch, aber gleichfalls klar spricht Baruch Spinoza (1632–1677) davon, dass Gott die reine schrankenlos unendliche Substanz sei, die nicht auf die Dinge wirke, sondern in den Dingen. Ob man sie „Gott“ oder „Natur“ nenne, sei nicht von Belang, sofern man nicht die Natur vergöttliche. Ausdrücklich: „Denn ich halte Gott für die inwendige Ursache aller Dinge.“ Er warnt also auch vor der schon angesprochenen Verwechslungsgefahr. Die Natur beziehungsweise der Mensch ist nicht selbst Gott, trägt aber wohl Göttliches in sich. Ähnlich sieht Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) Gott als das „unendliche Leben“, in dem alles lebt. Des Menschen Ziel sieht er darin, dass sich das Göttliche im Geist des Menschen auf höchster
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Ebene manifestiere. In seinem Grunde sei der Mensch und alles, was ist, Geist und damit göttlich. Hegel deutet damit die Lebensenergie primär als eine geistige Energie, die auf der Ebene des Geistes erst wirklich zu sich selbst kommt. Sein Zeitgenosse Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling (1775–1854) spricht vom „Ewigen“ in uns. Wenn der Mensch in sich selbst hineinblicke, entdecke er dort im Hinabblicken auf den eigenen Grund das Absolute, das Göttliche selbst. Ausdrücklich betont er aber: „Dieses ist nicht der Gott, den die christliche Lehre verkündet, sondern das unendliche Leben, das in allem, was ist, als innerstes Prinzip wirksam ist.“ Damit trifft Schelling ausdrücklich die Vorstellung von „Lebensenergie“, wie sie hier verstanden wird. In ganz anderer Terminologie formuliert dagegen Martin Heidegger (1889–1976) und meint doch offenkundig dasselbe. Er verwendet als Synonym für die fundamentale „Lebensenergie“ den Begriff „Sein“. Es wird nach seiner Auffassung von innen her durch den Menschen hindurch nach außen offenbar. Den Menschen selbst bezeichnet er als den „Hüter des Seins“ und fordert ihn auf, auf den „Anruf des Seins zu horchen“. Alle diese Formulierungen rufen den Menschen zu sich in seine eigene Mitte. Sie fordern und fördern seine Selbstverantwortung, seine Autonomie und seine Mündigkeit, Tugenden also, die Machtinhabern zu keiner Zeit bei ihren Untertanen wünschenswert erscheinen, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Eigeninitiative, Ungehorsam und Kritik führen. Aussagen der indischen Philosophie Denselben Gedanken des Vaterunsers gibt es auch in indischer Version: „Gegrüßt seist Du, Juwel der (inneren) Lotosblume. OM MANE PADME HUM.“ Er klingt zugleich ähnlich wie das „Gegrüßet seist Du, Maria (innere Jungfrau), Du bist voll mit Gnade (himmlische Kraft).“
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Auch in den Upanishaden gibt es entsprechende Aussagen: „Der, welcher in allen Wesen wohnend von allen Wesen verschieden ist, den die Wesen alle nicht kennen, dessen Leib alle Wesen sind, der alle Wesen von innen lenkt, das ist dein Atman (Seele), der heimliche Lenker, der Unsterbliche.“ Oder, gleichfalls aus den Upanishaden: „Das, was der feinste Stoff ist, ist die Seele der ganzen Welt. Das ist das Wahre. Das ist Atman, das bist Du.“ So können Sie nach all dem die verschiedenen Religionen als menschliche Versuche verstehen, sich in der jeweiligen Sprache dem eigenen Wesenskern zu nähern. Dabei finden sich selbstverständlich Gemeinsamkeiten. Dabei können Sie vielleicht auch selbst erleben, dass sich die tiefsten Einsichten genau dort finden lassen, wo Sie beinahe nicht mehr gesucht hätten: vor der eigenen Tür, in der persönlichen eigenen christlichen Tradition, der scheinbar alten Kiste auf dem Speicher, die schon für den Sperrmüll vorgesehen war. Symbolische Darstellungen in Märchen So wie in religiösen Texten können Sie auch in Märchen Anleitungen zur Rückverbindung zur eigenen Kraft und von Methoden, mit dieser Kraft in sich selbst umzugehen, entdecken. Die Märchen tun dies allerdings im übertragenen Sinne mit bildhafter Sprache. In entsprechender Übersetzung können Sie dort eine Fülle von Symbolen für die Lebensenergie erkennen. Da ist zum einen das Märchen von der Suche nach dem „Wasser des Lebens“. Sie verstehen es vielleicht bereits. Zum anderen wird das Höchste und Kostbarste dargestellt im goldenen Ball der Prinzessin
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aus dem Märchen vom Froschkönig, der dann in einen Brunnen fällt, zu dem der Zugang verloren geht. Auch die Begegnung mit Frau Holle, einer vorchristlichen Muttergottheit, deren Namen man mit „Frau Ganzheit“ übersetzen kann (griechisch: holos = ganz, engl.: whole = ganz, vgl. ebf. holy = heilig = ganz), findet in der Tiefe eines Brunnens statt und wird für die aufrichtig suchende Goldmarie zum Erlebnis von höchstem Glück. Andere Bilder für die Lebensenergie sind die verzauberten oder gefangen gehaltenen Jungfrauen und Prinzessinnen, die es zu erlösen gilt, sowie verborgene oder verlorene Schätze, wie bei „Alibaba und die 40 Räuber“ oder im unterirdischen (unbewussten) Märchenreich, aus dem sich Aladin seine Wunderlampe (Licht) holt. Auch der in der Flasche eingesperrte Geist und manche Riesen sind entsprechende Symbole für die Lebensenergie. Der fliegende Teppich genauso wie die Siebenmeilenstiefel, sie alle repräsentieren erweiterte, übermenschliche Möglichkeiten, die zu erwerben oder zu bewahren der Märchenheld vielfache Anstrengungen, Gefahren und Ängste überwinden muss. So viel als Andeutung an dieser Stelle. Wir werden einzelne Märchen ausführlicher analysieren, wenn wir ihre Lösungsbeiträge zur Aktivierung und Befreiung der Lebensenergie betrachten. Zusammenfassung Die Reihe ließe sich verlängern. Deutlich wird, dass viele Menschen das Bewusstsein einer ihre Individualität übersteigenden großen Kraft in sich haben, die wir hier mit dem Begriff „Lebensenergie“ bezeichnen. Sich mit ihr zu verbinden und das Bewusstsein von ihr zu gewinnen, bedeutet Glück und Seligkeit. Sie ist die Basis der individuellen Person und grenzt an eine überindividuelle, göttliche Dimension. Das sokratische „Erkenne dich selbst“, das auch übersetzbar ist mit „Erkenne dein Selbst“, zielt auf sie. Wer sie erkennt, wird sich seines inneren Wertes bewusst, und sein „Selbstvertrauen“ wird zu „Gottvertrauen“ werden.
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Als Namen für diese Kraft fanden wir: „Ursache aller Dinge“, „Natur“, „feurige Kraft“, „Feuer“, „Licht“, „Seelenfunke“, „Gott“, „Geist“, „Leben“, „Quelle“, „das Ewige“, „das All“, „die Wahrheit“, „das Absolute“, „das Sein“, „eingeborener Sohn“. Bisher nicht angeführt wurden folgende weitere Namen, die ebenfalls auf die Lebensenergie hindeuten und als Worte mindestens teilweise synonym mit „Lebensenergie“ verwendet werden können: Im Johannesevangelium ist es „der Logos“, bei Johannes Tauler „Jerusalem“ oder „Himmel“; in der indischen Philosophie „Kundalini“, „kosmische Lebenskraft“, „Prana“; in der japanischen Gedankenwelt „Ki“ oder „Qi“. Alchemistische Texte handeln von „Od“ oder „Äther“, vom „Arcanum“ und vom „Elixier“ oder vom „Stein der Weisen“. Aus dem christlichen Wortschatz ist auch der Begriff „Gnade“ ein Synonym für Lebensenergie. Selbst heilige christliche Namen wie Jesus, Christus, Maria und andere mehr können dafür gelten. Auch Wilhelm Reichs „Orgon“ ist damit weitgehend austauschbar. Da all diese Namen von verschiedenen Autoren unterschiedlich verwendet werden, kann hier nicht behauptet werden, dass sie überall einfach durch den Begriff „Lebensenergie“ ersetzt werden oder synonym mit ihm verwendet werden können, wohl aber kann überall, wo diese Namen auftauchen, in Richtung Lebensenergie gedacht und geprüft werden. Oft erhellt sich dann ein zuvor unverständlicher Text zu seinem vollen Sinn. Aus diesem Kapitel ergibt sich ein erweitertes Verständnis des Persönlichkeitsmodells, das schematisch in Abbildung 2 dargestellt ist:
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Abbildung 2:
Persönliche und überindividuelle Innenwelt
Unfälle der Lebensenergie in uns und ihre Überwindung Um den Zugang zu dieser Kraft in uns, für die sich so eindrucksvolle Symbole und Darstellungen finden, und die Verbindung mit ihr, steht es nun bei den meisten Menschen eher schlecht. Wegen des geringen Bewusstseins von der Lebensenergie haben sich viele Erzieher und Erzogene selbst nicht aktiv um ihren freien Fluss kümmern können. Bei vielen Menschen sind ihr mehr Steine in den Weg gelegt als beiseitegeräumt worden, sodass die Quelle fast verstopft wurde. In ande-
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ren Fällen wurde die Quelle nicht in ein Bachbett geleitet und versumpft oder versickert wieder. In diesem Kapitel werden die der Lebensenergie drohenden Gefahren beschrieben, um im Folgenden darüber zu reflektieren, wie Sie besser mit ihr umgehen können.
Mangelndes Bewusstsein von der Lebensenergie Es gibt Menschen, die geneigt sind, alle Fehler und Mängel, die sie entdecken, der heutigen Zeit anzulasten. Wenn sie aber die Klagen früherer Jahrhunderte lesen und hören würden, müssten sie einsehen, dass es damals vielfach ähnliche Probleme wie heute gab. Augustinus formuliert beispielsweise im vierten Jahrhundert hinsichtlich der menschlichen Interessenrichtung eine auch für unsere Zeit und unser Thema typische Situation: „Da gehen die Menschen hin und bewundern die Bergesgipfel, die Meeresfluten ohne Grenzen, den breiten Strom gewaltiger Flüsse, die Weiten des Ozeans und den Lauf der Sterne. Sich selbst sehen sie aber nicht und finden in sich selbst nichts zu staunen.“ Eine Begründung für die Ignoranz gegenüber der eigenen inneren Person liefert Boethius fast zur gleichen Zeit: „Es liegt in der Natur der anderen Lebewesen, sich nicht zu kennen. Bei den Menschen dagegen ist dies eine Folge des Lasters.“ Wenn man dies moralisierend ausdrücken will, ist dieses Laster die Außenverhaftung. Was bleibt Menschen, die nicht darüber aufgeklärt werden, auch übrig, als die Außenwelt für die einzig reale zu halten? Sobald man am Morgen die Augen öffnet, dringt die äußere Welt ins Bewusstsein und erobert es vollständig. Wenn dann noch Erzieher mit Appellen, wie beispielsweise „träum nicht!“, den jungen Menschen ständig aus seiner Innenwelt vertreiben, woher soll er sie kennen? Hermann Hesse beschreibt diesen Weg von der Kindheit an wie folgt: „Alle Kinder, solange sie noch im Geheimnis stehen, sind ohne Un-
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terlass in der Seele mit dem einzig Wichtigen beschäftigt, mit sich selbst und mit dem rätselhaften Zusammenhang ihrer eigenen Person mit der Welt ringsumher. Die meisten Menschen aber vergessen und verlassen diese innere Welt des wahrhaft Wichtigen schon früh für immer und irren lebenslang in den bunten Irrsalen von Sorgen, Wünschen und Zielen umher, deren keines in ihrem Innersten wohnt, deren keines sie wieder zu ihrem Innersten und nach Hause führt.“ Er formuliert damit auch die Nutzlosigkeit der Kompensationsversuche und fügt hinzu, dass Sucher und Weise diese Wertlosigkeit erkennen und deshalb mit den Jahren der Reife zur Beschäftigung mit der inneren Welt zurückkehren. Das geradezu Peinliche an der Situation eines Menschen, der das Wirken seiner Lebensenergie im unbewussten Bereich lassen muss, bringt Joseph von Görres (1776–1848) sehr treffend zum Ausdruck. Er schreibt über den Umgang der Menschen mit ihrem „inneren Feuer“: „Mitnichten ist erloschen das heilige Feuer, das ausgeht von Gott und noch brennt in der menschlichen Natur, nicht ein Funke ist verglommen, der einmal aufgeleuchtet.“ Was aber vorher bewusst in ihrem Innern gewirkt habe, „das ist in eine bewusstlose Tätigkeit übergegangen; und sie, die nach innerem Berufe mit im Rate des Höchsten sitzen könnten, müssen jetzt als untergeordnete Werkzeuge ihm dienen.“ Die Frage ist also, ob ein Mensch seinen Verstand mit seiner Lebensenergie zusammenarbeiten lässt oder ob er sie ignoriert, sich von ihr entfernt und gegen sie arbeitet. Da sie weiter nach ihren Gesetzmäßigkeiten wirkt, wird sie ihn im letzteren Fall notfalls durch Krankheiten zwingen, sich wieder um sie zu kümmern. Die normale Situation ist also die, dass Menschen ihre Lebensenergie vergessen haben und durch die von äußeren Reizen stimulierten Sinne an die Außenwelt gefesselt sind. Das führt zu dem in Abbildung 3 dargestellten eingeschränkten Bewusstseinsfeld:
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Abbildung 3:
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Eingeschränktes Bewusstseinsfeld
Zwar muss jedes Kind lernen, sich in dieser Außenwelt zurechtzufinden, aber durch seine Nacht- und Tagträume hat jeder Mensch auch Zugang zu seiner inneren Welt. Diesen Impulsen und Angeboten von innen wird heute wenig Aufmerksamkeit geschenkt. An fast jedem Königshof der Antike gab es Traumdeuter, und im alten Rom soll es sogar ein Gesetz gegeben haben, nach dem alle Träume von öffentlicher Bedeutsamkeit am nächsten Morgen auf dem Markt mitgeteilt werden mussten. Man ging also davon aus, dass in Träumen eine innere Intuition zum Ausdruck kommt. Uns fehlt die Ausbildung des Bewusstseins für diese Innenwelt. Eine solche Schulung ist im Rahmen des cartesianischen Welt- und Menschenbildes ideologisch nicht vorgesehen. Der Zwang zur Empirie hat uns so nach außen gewendet, dass jede Orientierung nach innen suspekt geworden ist. Die verbreitete ablehnende Einstellung zur Esoterik (von griech.: esoteros = nach innen gerichtet) zeugt davon. So finden wir uns als innerlich ziemlich blind gebliebene Wesen vor. Wir sind aus dem Paradies vertrieben. Selbstzweifel, Unsicherheit, Sorge und Angst herrschen in vielfältiger Tarnung und durch Versicherungen abgepolstert vor.
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Andernfalls, im Bewusstsein des göttlichen Funkens im Menschen, wäre dem zweifelhaften cartesianischen Selbstzweifelsprinzip schon längst eine deutlichere Absage erteilt worden. Eine Alternative zu: „Ich zweifle, also bin ich“, müsste ein selbstbewusster Satz wie: „Ich spüre mich, also bin ich“ oder „Ich lebe, also bin ich“ sein. Jenseits all dieser philosophischen Reflexionen kann auch das Erleben der Liebe ein intuitiver Zugang zur eigenen göttlichen Lebenskraft sein und ließe sich analog als Ausdruck eines positiven Selbstwertgefühls formulieren: „Ich liebe, also bin ich.“ Abbildung 4 zeigt Ihnen die anzustrebende Erweiterung des Bewusstseinsfeldes:
Abbildung 4:
Angestrebtes Bewusstseinsfeld
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Blockaden und ihre Überwindung Der Fluss der Lebensenergie kann auf allen Ebenen und aufgrund unterschiedlicher Einflüsse blockiert sein: Blockade auf der geistigen Ebene Die Möglichkeit geistiger Blockade der Lebensenergie folgt aus der beschriebenen Unbewusstheit. Ein Mensch, dem seine Lebensenergie unbekannt ist, kann nicht aktiv daran arbeiten, sie freizusetzen, und so kann sie in ihm eingesperrt bleiben. Wenn er geistig auf die ihm von außen bewusst gemachten Gebote der Pflicht und Notwendigkeit fixiert bleibt, bleibt ihm kein Platz mehr für spontane Äußerungen. Seine eigenen Bedürfnisse, Sehnsüchte, Neigungen und Gefühle haben dann gegebenenfalls keinen Raum und stauen sich innen. $ Lösung: Erkenne dich selbst, Selbstbewusstsein.
Existenzbedingte Blockade auf der Ebene der Lebensenergie Allein, dass der Mensch als leibliches Wesen mit seiner Seele an einen Körper gebunden ist, bedeutet eine Einschränkung. Diese Blockierung ist geistesgeschichtlich schon sehr früh bewusst, und Plotin (205–270) formuliert diesbezüglich eine schon von Pythagoras und Platon vertretene Auffassung, nach der der Leib als „Fessel und Grab der Seele“ betrachtet wird. Im Menschen sei „die Seele in Haft“. Der Aufbruch zur geistigen Welt bedeute der „Seele Lösung aus den Fesseln“ und komme einem Aufstieg aus einer Höhle gleich. Der Begriff „Seele“ meint hier die geistige Dimension der Lebensenergie. So wird also die Aufgabe beschrieben, sich der eigenen inneren Kraft zuzuwenden und sie von innen nach draußen zu bringen. In der Mitte des 20. Jahrhunderts hat Aldous Huxley über seine Erfahrungen mit Mes-
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kalin und verschiedenen anderen Drogen berichtet. Sein Fazit: Unser Geist ist umfassend offen und aufnahmefähig, unsere Sinne schränken die Möglichkeiten geistiger Wahrnehmung mehr ein, als dass sie Wahrnehmung zulassen. Für unsere körpergebundene Existenzform erscheint diese Begrenzung allerdings sinnvoll und notwendig, die beschriebene Erfahrung der Unendlichkeit unseres Geistes weist aber auf die Möglichkeit anderer geistiger Existenzformen zum Beispiel nach dem Tode hin oder wie sie als Ergebnis bestimmter Meditationformen oder bei außersinnlichen Erfahrungen bei Nahtod-Erlebnissen berichtet wird. Die Situation der existenziellen Begrenzung ist also unvermeidliches Schicksal jeder Seele (= Lebensenergie), die in einen Körper eintritt. Der Körper begrenzt sie. $ Lösung: Durch bestimmte Meditationsformen, geistige Übungen oder Schulung der Intuition die Grenzen des eigenen Bewusstseins weiten
Blockaden auf der Antriebsebene Auf der Antriebsebene können Blockaden entstehen, wenn sich die Energien von zwei Antrieben, wie zum Beispiel zwischen Aggressivität und dem Bedürfnis nach Anerkennung durch andere Menschen, gegeneinander stehen. Wenn dann beide gleich stark sind, blockieren sich beide Energiepotenziale gegenseitig, und so kommt es im Zweifel zu überhaupt keiner äußeren Aktion. Da die Energie sich dann aber staut, kann es stattdessen innerlich zu Frustration, chronischer Depression oder zu Krankheiten kommen, bei einem Dammbruch nach außen dagegen zu Gewalttaten.
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$ Lösung: Nur die oben beschriebene selbststeuerungsfähige Persönlichkeit kann hier eine Lösung bringen, wenn sie den rivalisierenden Energieströmen Prioritäten und Ziele setzt.
Blockaden auf der Charakterebene Die Aufgabe und Verantwortung jeder erzieherischen Einflussnahme liegt nach den schon oben genannten grundsätzlichen Blockierungen darin, den Fluss der Lebensenergie nicht zu blockieren, sondern ihm Wege zu bahnen. Im günstigen Fall kann das mit einer liebevollen Pädagogik gelingen, aber traumatische Erlebnisse oder Übertragungen von den Eltern auf ein Kind können auch jenseits pädagogischen Bemühens zu charakterlichen Blockaden führen. Johannes Tauler beschreibt den blockierten Zustand von Menschen in drastischer mittelalterlicher Bildhaftigkeit: „Der Mensch hat zweierlei Augen: auswendige und inwendige Augen. Wie kann nun die edle Vernunft, das inwendige Auge, so erbärmlich verblendet sein, dass es das wahre Licht nicht sieht? Der mörderische Schade ist daher gekommen: da ist eine dicke, grobe Haut, ein dickes Fell darübergezogen, das ist Liebe und Meinung zu den Kreaturen ... da ist so manche dicke, schreckliche Haut darübergezogen, so dick wie Ochsenstirnen, und die haben ihm seine Innerlichkeit so verdeckt, dass weder Gott noch er selbst hinein kann: es ist zugewachsen. Wisst, manche Menschen können dreißig oder vierzig Häute haben, dicke, grobe, schwarze Häute wie Bärenhäute.“ Um im Bild zu bleiben, kann man sagen, dass eine Haut die naturgegebene Begrenzung der Seele im Körper ist. Sie ist gewissermaßen die „Jungfernhaut“, die auch nicht als Dauereinrichtung vorgesehen ist. Die restlichen 29 von 30 Bärenhäuten sind im Laufe des Lebens hinzugekommen. Verantwortliche Persönlichkeitsbildung muss daran
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arbeiten, der Lebensenergie behutsam einen konstruktiven Weg durch die vorhandenen Häute zu bahnen. Deren pädagogischer Sinn kann vorübergehend darin liegen, einen unmündigen Menschen davor zu schützen, immer von seinem jeweils stärksten Impuls zu irgendeiner Handlung hingerissen zu werden. Da wird dann ein Normensystem als Grundsteuerungsinstanz in die Persönlichkeit eingebaut. Zweifellos ist Erziehung in diesem Sinne ein notwendiger Prozess zur Eingliederung von jungen Menschen in die Gemeinschaft. Probleme können sich allerdings dadurch ergeben, dass dieses Normensystem X X X
Normen an einen Unmündigen vermittelt, dieser diese Normen nicht auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen kann, darin oft die Interessen der Erzieher stärker zum Ausdruck kommen als das, was zur Entwicklung des betreffenden jungen Menschen zu selbstständiger und durchsetzungskräftiger Mündigkeit sinnvoll wäre.
Den Interessen der Erzieher entspricht meistens vor allem ein braver, gehorsamer, harmloser, lieber, netter, wenig aufmüpfiger und wenig durchsetzungskräftiger Mensch. Und um einen solchen Menschen zu bilden, muss alles Gegenteilige, also jede Form von Eigenständigkeit, möglichst weitgehend unterdrückt und blockiert werden. So machen die meisten Menschen schon in Kindheit und Jugend und erst recht als Erwachsener die Erfahrung, dass viele Äußerungen ihrer Energie unerwünscht sind. Daraus folgt, dass man seiner eigenen Kraft eher misstraut als ihr zu vertrauen. In der Konsequenz braucht man dann nicht mehr von außen blockiert zu werden, sondern blockiert sich durch die Aneignung der als gültig erfahrenden Normen selbst. Der freie Fluss der Lebensenergie kommt durch Verbote und Selbstkontrolle ins Stocken. So werden die meisten Menschen von ihrer frühen Kindheit an durch Verbote mit Strafandrohung eingeengt und blockiert. Dadurch werden Grundhaltungen und Einstellungen beim Kind gebildet, die für das weitere Leben das Verhalten automa-
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tisch im Sinn seiner Erzieher steuern. Das ist eine subtile, meist weder Erziehern noch Erzogenen bewusste psychologische Form der Manipulation. Hierzu einige Beispiele: X
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Aggressionen werden in der Erziehung meistens verboten. Das bedeutet, es wird versucht sie zu blockieren. Dabei ist Aggressivität die Energie, die zur Änderung einer Situation notwendig ist. Wird der Ausdruck dieser Energie verhindert und deshalb nicht erlernt, so ist ein junger Mensch eines der wichtigsten Mittel beraubt, um sich im Leben zu behaupten. Aufgabe von Erziehung wäre es stattdessen, konstruktive Konfliktlösungsstrategien zu vermitteln. Verhaltensregeln wie „Der Klügere gibt nach“ fördern jedenfalls nicht die Durchsetzungskraft. Wer immer der Klügere sein will, erreicht nämlich gar nichts. Neben Aggressivität ist die Sexualität eine der ursprünglichen Ausdrucksformen der Lebensenergie. Auch sie ist oft hinter angeblich religiösen und moralischen Verboten tabuisiert und unterdrückt worden. Ausdrücklich wird hier von „angeblich religiösen“ Verboten gesprochen. „Religion“ ist das Bemühen um Rückverbindung zur eigenen Wurzel (das lateinische Wort „relingere“ heißt rückverbinden). Religion verbietet nicht, sondern vermittelt Bewusstsein. Viele Glaubensgemeinschaften haben sich dagegen oft nur auf Gebote und Verbote beschränkt und diese eingepaukt. Sie haben damit nur auf der Charakterebene gearbeitet und nicht die Aufgabe erfüllt, den menschlichen Geist zu einem Bewusstsein der göttlichen Lebensenergie im Menschen zu führen. Spontaneität und Kreativität sind weitere Ausdrucksformen von Lebensenergie. Auch sie gelten oft eher als suspekt und werden als „chaotisch“ oder „kopflos“ disqualifiziert. Echte Begeisterung wird ebenfalls schnell abwertend beurteilt. Dabei liegt gerade in der Kraft dieser ursprünglichen Lebensäußerungen das Potenzial großer Leistungen.
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Nun gibt es bei einem lebenden Menschen keine vollständige Blockiertheit, denn dann wäre er tot. Blockiert kann er aber in Teilbereichen sein. Eine sexuelle Blockiertheit kann sich körperlich in Impotenz oder abgeschwächt als Verklemmtheit äußern. Eine Blockierung der Aggressionen macht einen Menschen zum idealen Untertan. Das ist wohl auch das Ziel der meisten blockierenden Maßnahmen und Erziehungsmethoden. Ein Despot kann nur erfolgreich regieren, wenn seine Macht unbeschränkt ist, wenn alle Untertanen stillhalten und ihre Kraft seinen Befehlen unterordnen und in die von ihm gewünschte Richtung lenken. Wie groß der Mangel an Selbstführungsfähigkeit oft war, lässt sich daran sehen, wie viele Menschen auf den Befehl ihrer Führer bereit waren und sind, für sinnlose Ziele mit blindem Gehorsam als Soldat oder Selbstmordattentäter in den Tod zu gehen. Auch wenn dies Extrembeispiele sind, so ist auch der normale Mensch nicht unbedingt weit von solchen Unterdrückungsmechanismen entfernt. In mancher Familie gibt es autoritäre Väter oder Mütter, Schulen sind von ihrer Struktur her hierarchisch aufgebaut und lassen oft Raum für despotische Lehrer, aber auch in vielen Glaubensgemeinschaften, Vereinigungen und Cliquen wird eine strikte Unterordnung unter Regeln, Glaubenssätze oder Personen gefordert. Wer in seine Kindheit zurückblickt und die Strukturen in seinem damaligen Umfeld analysiert, wird dort meistens mindestens in Teilbereichen deutliche Fremdführungsanteile entdecken. All solche prägenden und einschränkenden Strukturen können dazu geführt haben, den ursprünglich an seiner Quelle starken Strom der Lebensenergie teilweise zu blockieren und aufzustauen.
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Abbildung 5:
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Blockierungen auf der Charakterebene
Solche Stauungen bergen die Gefahr, dass sich die Ladung nach innen oder außen gewalttätig entlädt. Nach innen können das Krankheiten sein, nach außen cholerische Anfälle und Gewalttätigkeiten. Als eine Hauptaufgabe der Selbstführung können Sie es demnach betrachten, das, was bei Ihnen während der Charakterbildung durch Erzieher oder Umstände angerichtet worden ist, wieder heil zu machen oder nachzuholen: Ihre Bärenhäute abzulegen und Ihre Lebensenergie wieder fließen beziehungsweise Ihre Seele wieder atmen zu lassen. $ Lösungen: Das Normensystem des Erziehungsumfeldes muss bewusst gemacht und kritisch überprüft werden. Die Steuerung der eigenen Person soll nicht mehr durch unbewusste Automatismen der Charakterebene ablaufen, sondern selbstbewusst und aufgrund reflektierter eigener Urteile und Maßstäbe vollzogen werden.
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Alte Haltungen und Vorstellungen müssen über Bord geworfen werden. Es geht eben nicht darum, mit vermeintlichen Tugenden wie Härte, Disziplin und Fleiß gegen seine eigene Kraft anzukämpfen, sondern nach Ausdrucksmöglichkeiten für die eigene Lebensenergie zu suchen und sie zu schaffen. In diesem Sinne können Sie den Begriff „Selbstdisziplin“ umwerten: Im alten Verständnis verlangte er, Disziplin im blockierenden Sinn gegen sich selbst einzusetzen, sich zurückzunehmen und demütig zu unterwerfen. In diesem neuen Sinn hingegen bedeutet „Selbstdisziplin“ die Disziplin zu sich selbst, also die Konsequenz zu dem, was im Sinne der eigenen Persönlichkeitsentfaltung richtig und sinnvoll ist. Das gilt es sowohl gegen innere als auch äußere Hemmungen und Widerstände durchzusetzen. Der Maßstab für „richtiges“ Verhalten ist dabei der Einklang mit der göttlichen Lebensenergie als Ganzes. Die eigene „Neigung“ soll zum Indiz für die Ausrichtung der eigenen Persönlichkeit werden. Dazu gehört es, sich seiner persönlichen Neigungen bewusst zu werden und sich zu erlauben, ihnen nachzugehen. Neigung im psychischen Sinn kann physikalisch mit der Neigung einer schiefen Ebene verglichen werden, auf der ein Ball von allein der Neigung folgend rollt. So auch psychisch; Da, wo Neigung ist, fällt Bewegung und Aktivität leicht und ist deshalb erfolgversprechender als der sisyphusartige „Fleiß gegen Neigung“. Meistens gilt die Gleichung: Wo Neigung, da Lust; wo Lust, da Kraft; wo Kraft, da Erfolg(t etwas = Wirkung); wo Erfolg, da Geltung; wo Geltung, da Geld. Kein Fluss kann dauerhaft blockiert werden. Über Umwege wird er sich notfalls mit Gewalt einen Weg suchen, um sein Ziel, das Meer, zu erreichen. Also: Nicht stauen, sondern kanalisieren.
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Blockaden auf der Beziehungsebene Auf der Emotions- oder Beziehungsebene kommt es zum Konflikt, wenn jemand beispielsweise an einem Samstag gleichzeitig von seinem Chef im Büro und von seinem Partner zu Hause erwünscht wird, wenn also verschiedene Beziehungspartner einander ausschließende Forderungen stellen. Entweder ist einer stärker und setzt sich durch, oder es kommt wieder zum lähmenden Frust. $ Lösungen: Damit diese Konflikte nicht innerlich oder äußerlich destruktiv werden, bedarf es einer starken inneren Selbststeuerungsinstanz, die hilft, die Ziele der eigenen Person gegenüber den Bedürfnissen anderer durchzusetzen.
Blockaden auf der Verstandesebene Blockierungen auf der Verstandesebene liegen vor, wenn das sachliche oder psychologische Know-how nicht vorhanden ist, um eigene Wünsche in die Außenwelt umzusetzen. Dann scheitert jeder innerlich schon bewusste, gereifte und gestaltete Ausdruckswille an seiner Realisierung. Er bleibt auf dem Niveau eines Traums, einer Idee, einer Illusion blockiert und damit ohne Wirkung. $ Lösungen: Fachwissen und psychologisches Wissen, Erfahrung im Umgang mit der Außenwelt
Gegenseitige Blockierung mehrerer Ebenen Über die beschriebenen Blockierungsmöglichkeiten innerhalb der einzelnen Ebenen hinaus ist noch zu bedenken, dass auch Energieimpulse aus verschiedenen Ebenen gegeneinander stehen können. So
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kann zum Beispiel der Antrieb Hunger gegen eine Schönheitsnorm stehen. Da macht dann die Unlust beim Fasten auch kein freundlicheres und schöneres Gesicht. Da kann die Forderung eines Chefs zu lügen gegen eine Wahrheitsnorm stehen. Da kann das Know-how, wie man eine Atombombe baut, mit der ethischen Norm, keine Bomben zu bauen, kollidieren etc. $ Lösungen: Klare innere Ausrichtung an selbstgesetzten Normen und Zielen.
Abbildung 6:
Blockierungen auf mehreren Ebenen
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Zusammenfassung Selbst wenn man annimmt, dass die Blockaden auf jeder Ebene immer nur partiell sind, wird doch deutlich, welch große Einschränkung der eigenen Kraft diese Blockaden bedeuten. Ziel der Arbeit an der eigenen Persönlichkeit muss es deshalb sein, selbst immer mehr Durchlass für die Lebensenergie zu werden. Das verlangt, sich um die Auflösung von Energiebremsen und -blockaden zu bemühen und die Energie in freien und offenen Kanälen fließen zu lassen. Mit dem Aufbau einer autonomen inneren Selbststeuerungsinstanz wächst Ihre Unabhängigkeit von inneren und äußeren Manipulatoren und der Grad Ihrer persönlichen Freiheit. Konflikte können dann im Sinne Ihrer eigenen Person, das heißt im Sinne Ihrer Lebensenergie gelöst werden. Zugleich damit kann das Vertrauen zur eigenen Kraft, und das bedeutet „Selbstbewusstsein“ und „Selbstvertrauen“, wachsen.
Steuerungslosigkeit und persönliche Zielsetzungen Das Gegenstück zur Blockiertheit ist, wenn die Lebensenergie unkanalisiert abfließt und sich dabei zerstreut oder wenn sie gar versickert. Im Allgemeinen ist frei fließende Energie eher harmlos. Sie strömt locker, gelassen und friedlich, wie eine sprudelnde Quelle. Wenn sie aber infolge von Steuerungslosigkeit verpufft, ist sie nutzlos. Ganz ohne Steuerung ist nicht zu erwarten, dass sie von alleine einen klar gerichteten Weg nimmt und sich sinnvoll manifestiert. Eher wird sie sich zerlaufen, verstreuen, versumpfen oder versickern. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die meisten Menschen in ihrer Erziehung so programmiert worden sind und gelernt haben, die Anforderungen und Bedürfnisse anderer Personen wichti-
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ger zu nehmen als die eigenen Interessen oder Bedürfnisse. Das kann dazu führen, dass man anfällig dafür ist, sich freie Energie von anderen für deren Zwecke absaugen zu lassen. Die dafür eingebrannten Programmierungen werden spürbar als X X X X X
Schuldgefühle Neigung zu schlechtem Gewissen Minderwertigkeitsgefühle Schamgefühle Verpflichtungsgefühle
Diese Gefühle wirken in vielen Menschen lebenslänglich wie nebulöse Gespenster, die in ihnen umgehen und sie daran hindern, zu sich selbst zu kommen. Die Folgen davon sind: 1. Wir werden gehemmt, inneren Impulsen spontan und intuitiv zu folgen. 2. Wir werden anfällig für Manipulationen durch Angebote, Verpflichtungen, Verlockungen und Reize der Außenwelt. Fehlt also eine innere Instanz, die die eigene Lebensenergie konsequent auf die Verwirklichung eigener Ziele ausrichtet, besteht erhebliche Gefahr, dass die eigene Energie geschwächt wird und verloren geht. Wenn man gewissermaßen ausläuft, hat man nicht mehr die Kraft, seine eigenen Ziele zu verwirklichen. Dann bringen „Zeitmanagementtechniken“, die nur helfen, Freiräume für weitere fremdgesteuerte Aktionen zu schaffen, auch keine Lösung mehr. So läuft also, wer weder Leitbahnen noch eigene Ziele hat, Gefahr, seine steuerungslose Energie an die erstbesten „Energiefresser“ zu verlieren. Das können sowohl die genannten übertriebenen Verpflichtungs- und Schuldgefühle aus der Charakterebene und die Wünsche und Forderungen von anderen Personen, aber auch echte oder kompensatorische Triebbefriedigungen wie Alkohol, Drogen oder Statussymbole sein (vgl. Abbildung 7).
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Abbildung 7:
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Zerstreuung der Lebensenergie
$ Lösungen: Was ist zu tun? Um sich selbst zu führen, sollten Sie das Steuer selbstbewusst in die Hand nehmen und es in der Hand behalten. Das kann durch kontinuierliche Selbstreflexion (Ebene des Geistes) gelingen und sieht konkret so aus: D Um die Lebensenergie in einen Kanal zu lenken und zu bündeln, braucht sie eine Richtung. Die können Sie ihr durch die Formulierung konkreter Lebensziele und eines Lebenssinns weisen. Wird die eigene Energie so gebündelt,
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gleicht sie Laserlicht, das durch seine kohärente Strahlung so hohe Energie hat, dass damit Metalle geschnitten werden können. D Der Kanal muss so abgedichtet sein, dass die Energie unterwegs nicht anderweitig abfließen oder abgesaugt werden kann. Das heißt, Sie müssen lernen, sich vor Ablenkungen vom eigenen Weg zu schützen und sich gegenüber den von innen (alte Erziehungsautomatismen) und außen kommenden Manipulatoren zu behaupten. Das bedeutet, Sie müssen Grenzen ziehen, sich abgrenzen und verweigern können. Konkret kann das heißen: Üben Sie einmal, zu anderen ohne Schuldgefühle und innere Ängste „nein“ zu sagen. Der beste Selbstschutz ist dabei, sehr klar zu wissen, was Sie selbst wollen. Die Fähigkeit, eigene innere Zerstreuung und Zerrissenheit zu überwinden, ist eine notwendige Voraussetzung dafür, um im Umgang mit anderen Menschen auftretende Zwiespälte und Konflikte konstruktiv lösen zu können. Nur in dem Maße, wie sich mit sich selbst einig sind, können Sie auch mit anderen einig werden. D Überlegen Sie sich genau, auf welchen Wegen Sie Ihre Ziele und Ihren Lebenssinn konkret umsetzen und leben wollen und können. D Bemühen Sie sich um kontinuierliche Aufmerksamkeit gegenüber sich selbst und den Mechanismen, die Sie in alte Verhaltensmuster zurückzulocken versuchen. Begleiten Sie den eingeleiteten Prozess der Entwicklung Ihrer eigenen Person mit regelmäßiger Reflexion. Ein Supervisor oder Coach kann dabei sehr wertvoll sein, aber auch mit einem regelmäßig geführten Tagebuch können Sie in dieser Entwicklungsarbeit meistens ein gutes Stück vorankommen.
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Warnung: Auch wenn es Ihnen gelingt, Ihre Energie zu bündeln, sollten Sie die verfügbare Energie nicht für unendlich halten. An einen Brunnen, der problemlos Wasser liefert, kann man zwar eine stärkere Pumpe anschließen, und wenn dann immer noch genug Wasser kommt, eine noch stärkere. Aber an jeden Brunnen kann man eine Pumpe anschließen, die ihn überfordert. Die Pumpe fördert dann plötzlich nur noch Schlamm und fällt aus. So müssen Sie auch bei sich selbst erproben, wie viel Energie Sie persönlich haben. Diese können Sie dann für damit realistisch erreichbare Ziele einsetzen. Die Empfehlung lautet also: Jeder Brunnen braucht ab und zu Zeit, sich wieder zu füllen. Geben Sie ihm beziehungsweise sich selbst durch Entspannung, Ruhe und Meditation die Gelegenheit dazu. Exkurs: „Das Diabolische“ an der Zerstreuung der Energie Das griechische Wort „dia-ballein“ bedeutet: auseinanderwerfen, zerstreuen. Die von der Außenwelt als Verführung angebotene Zerstreuung ist demnach „diabolisch“. Die Zerrissenheit in einen inneren und äußeren Menschen ist gleichfalls „diabolisch“. Personifiziert wird daraus der „Diabolos“, der Zerstreuer, der Zerstörer. Die Realität des Teufels liegt also in der Erfahrung, dass die Außenwelt mehr Angebote und Verführungen bietet, als ein einzelner Mensch ohne Stress bewältigen kann. Daher muss der Einzelne lernen, sich zu schützen und ihm, dem Teufel, bzw. der Gefahr des Zerrissenwerdens zu widerstehen. Entsprechend wird die Zerstreuung oder auch „Spaltung“ der eigenen Energie in verschiedene Flüsschen in der christlichen Terminologie mit dem Begriff der „Absonderung“ = „Absünderung“ = „Sünde“ beschrieben. Es geht also um Abspaltungen vom Hauptstrom, das heißt um Risse und Löcher im Kanal. Insofern wir Menschen unvermeidbar in die Gefahr geraten, im Hin und Her der äußeren und inneren Anforderungen Energieanteile (= Persönlichkeitsanteile) von uns
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abzuspalten, spricht diese Tradition auch von „Erbsünde“ = Erbspaltung. Damit können sowohl kleinere Abspaltungen als auch eine Aufspaltung der Energie in voneinander unabhängige Ströme gemeint sein, wie sie etwa bei der Spaltung des Bewusstseins zwischen unterbewusster Innen- und bewusster Außenwelt geschieht. Glückt die Heilung der Zerrissenheit, das heißt in christlicher Sprache „die persönliche Heiligung“, so kann man mit gutem Grund hoffen, bei konzentriertem Energieeinsatz selbstgesetzte Ziele „wunderbar“ zu erreichen.
Unfälle der Lebensenergie und Lösungsansätze in Märchen Was bislang mit abstrakten Begriffen dargestellt wurde, ist nichts wirklich Neues, es ist längst auf verschiedene Weise formuliert worden, zum Teil allerdings in ganz anderer Sprache: Eine ist die symbolisch verschlüsselte Sprache der Märchen. Wenn man sie zu entschlüsseln weiß, entpuppen sich insbesondere die alten Volksmärchen als Landkarten der psychischen Innenwelt und können Hilfestellung geben, sich selbst in seiner Tiefe besser zu begreifen. Die Sprache der Märchen können Sie verstehen, wenn Sie – wie bei der Deutung von Träumen – alle darin handelnden Gestalten als Repräsentanten von eigenen Persönlichkeitsanteilen interpretieren. Die in Märchen immer wieder auftauchende Situation, dass eine (Haupt-) Figur in eine ausweglose Lage gerät und von einer anderen Figur gerettet werden muss, klärt sich dann so: Die Lebensenergie eines (Haupt-)Persönlichkeitsanteils wird blockiert und muss von einem anderen Persönlichkeitsanteil gerettet werden.
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Einige Beispiele verdeutlichen das: X
Hänsel und Gretel repräsentieren einen männlichen und einen weiblichen Persönlichkeitsanteil. Beide geraten durch ihre Eltern (Erziehung) im (Normen-)Wald bei dem verlockenden Lebkuchenhaus der Hexe (zum Beispiel verhexende Karriereverheißungen) in Gefangenschaft (Blockade). Der Junge (Leistungsbereitschaft) schlimmer als das Mädchen (Emotionalität). Erst indem das Mädchen den Jungen befreit (das heißt der Aktivität eine neue emotionale Richtung eröffnet), können sie gemeinsam die Hexe (das, was sie verhext beziehungsweise blockiert hat) verbrennen. So werden sie frei, um auf einem anderen Weg nach Hause (das heißt zu sich selbst) zu gelangen. Die Lehre daraus: Wer sich verführen lässt, gerät in Abhängigkeit. Frei wird nur, wer sich selbst führt.
X
Rotkäppchen (weiblicher Anteil) gerät gleichfalls im Wald, verführt durch die schönen Blumen neben dem Weg (also emotional, träumend), in Bedrängnis. Dem zunächst harmlos scheinenden Wolf (als Repräsentant der Gesellschaft: homo homini lupus, oder auch der eigenen Triebe) begegnet es erst naiv (passiv) und fällt ihm dadurch zum Opfer. Er frisst es nämlich auf (wer sich nicht zu schützen weiß, wird Opfer gesellschaftlicher Zwänge oder seiner eigenen Triebe). Durch einen Jäger (aktiver männlicher Anteil) wird Rotkäppchen gerettet. Die Lehre daraus: Liefere dich nicht vertrauensselig aus, sondern sei wach und wehrhaft.
X
Im Märchen vom Froschkönig verliert die Königstochter (weiblicher Anteil) durch unachtsame Verspieltheit ihren goldenen Ball (Lebensenergie/Lebensfreude) in einem Brunnen = Unterbewusstsein). Erst über den mühsamen und unangenehmen Weg der Auseinandersetzung mit dem scheinbar ekligen Frosch (sie muss sich überwinden, etwas scheinbar Unangenehmes zu akzeptieren –
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nämlich ihre männliche, triebhafte Seite), gewinnt sie ihren goldenen Ball (Lebensenergie/Lebensfreude) zurück und entdeckt den Frosch als herrlichen Prinzen (männlicher Anteil). Mit ihm zusammen (Hochzeit) findet sie zu ihrer persönlichen Ganzheit. Die Lehre daraus: Eine einseitige persönliche Entwicklung macht traurig. Du kannst Freude gewinnen und dich entwickeln, indem du dich mit (scheinbaren) Fröschen auseinandersetzt. X
Schneewittchen (naive Emotionalität) beißt trotz Vorwarnung durch die Zwerge (intuitive innere Widerstände) aus Gehorsam in den vergifteten Apfel, den ihr die Stiefmutter anbietet (sie lässt sich also von der „steifen“ Mutter, das heißt den Erziehungszwängen, zu etwas verführen, das ihr schadet). Schneewittchen fällt daraufhin in einen todesähnlichen Schlaf (ihre Lebensenergie gerät in Gefahr – sie verliert das Bewusstsein davon). Indem sie durch einen Kuss wieder zum Bewusstsein zurückfindet, erkennt sie den Prinzen (ihre innere männliche Seite, zum Beispiel Eigeninitiative) und findet in der Verbindung mit ihm (Hochzeit) ihre persönliche Ganzheit. Die Lehre daraus: Auch wenn dich prägende Zwänge und Verlockungen geschwächt haben, vertraue deiner Intuition und werde dir deiner eigenen Stärke bewusst.
X
Bei Dornröschen ist es ähnlich: Sie ist gewarnt. Sie darf die Kammer mit dem Spinnrad nicht betreten. Aus Ungehorsam gegenüber dieser lebensschützenden Norm verfällt sie einem alten Fluch (zerstörerische Normen). Dadurch verliert sie für hundert Jahre ihr (Selbst-)Bewusstsein, und ihr Selbst wird von einer Dornenhecke eingekapselt. Sie erhält ihr Bewusstsein erst wieder, nachdem zuerst die Dornenhecke (Blockade) von einem Prinzen (männlich, hier zum Beispiel: Wille, Durchsetzungskraft) aktiv durchdrungen wird und dann die Vereinigung beider mit einem Kuss vollzogen wird.
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Die Lehre daraus: Höre auf lebenschützende Normen und zerreiße die Dornenhecke, die dein Selbst umgibt. Führe dich selbst! X
Bei Brüderchen und Schwesterchen ist es der Junge, der den Verlockungen (Sucht) des scheinbar erfrischenden, in Wirklichkeit aber verhexten Wassers eines Baches (Droge) nicht widerstehen kann. Auch er ist gewarnt, aber er hört nicht auf seine Schwester (Gefühle). Er verliert dadurch seine menschliche Identität und wird zum Tier (triebgesteuert). Nach langem Irrweg rettet ihn sein treuer, schwesterlicher Persönlichkeitsanteil (emotionale Seite, hier zum Beispiel: seine Sehnsucht nach sich selbst). Die Lehre daraus: Pass auf, dass du deine Identität nicht verlierst, der Weg sie wiederzufinden ist lang.
X
Im Märchen Das Wasser des Lebens ist der König (innere persönliche Identität) krank. Seine beiden ältesten Söhne ziehen voll arroganter und egoistischer Selbstüberhebung aus, das Wasser des Lebens (Heilung) zu suchen, ohne zu wissen, wo sie es finden können (blinde Sachrationalität). Den kleinen Zwerg, der ihnen unterwegs begegnet, missachten sie, und sie geraten in einen Engpass, aus dem sie weder vor- noch zurück können (Handlungsunfähigkeit). Als nun der dritte Königssohn auszieht und dem Zwerg naiv und freundlich (also lebendig, offen und ohne Vorurteile) begegnet, erweist sich, dass dieser (im Wort Gnom klingt das griechische Wort „gnosis“ = „Erkenntnis“ an) das Wissen hat, um ihm den richtigen Weg zum Wasser des Lebens zu weisen. Der dritte Sohn findet es auch, aber beim Rückweg erweist er sich als zu naiv, denn er weiß sich nicht gegen seine Brüder (die Sachrationalität) zu schützen. So überwältigen sie ihn und nehmen ihm das Wasser des Lebens ab. Dem König gegenüber behaupten sie, sie selbst hätten es gefunden. Da verurteilt der König den Jüngsten sogar zum Tod (das heißt, der Vater der doppelten Sachrationalität verkennt, woher seine Heilung eigentlich kommt, und vertraut immer noch den Falschen). Die
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Rettung des Jüngsten aber ist das Ergebnis seiner Liebenswürdigkeit, weswegen ihn sein Henker nicht töten kann, und seiner Selbstlosigkeit, die dem Vater bewusst wird, als unerwartete Anerkennung von anderen Königen (geheilten Personen) für diesen Sohn ankommt. Seine Selbstversunkenheit (bei sich selbst sein) trägt diesem Königssohn außerdem noch die Liebe und den Reichtum der Prinzessin ein, der er im Schloss des Wassers des Lebens begegnet ist. Die Lehre daraus: Den Weg zu Heilung und Fülle findet nicht der drauflosstürmende Rationalist, sondern der, der sich voll Liebe und Selbstversunkenheit auf das Leben und seine verschlungenen Pfade einlässt. Das ist noch einmal ein wichtiger Hinweis zum Thema Selbstführung, wie sie hier als Aufgabe verstanden wird: nicht als technische Selbstorganisation, sondern als Vertrauen zur inneren Führung, die uns durch Zwerge, das heißt kleine, ignorierbare, intuitive Impulse, zu leiten versucht. Die Märchen lehren, offen für sie zu sein. Zusammenfassung Die Botschaft der Märchen zeigt sich vielfach in teils ähnlichen Strukturen: Wer unachtsam ist oder äußeren Verlockungen erliegt, verliert sein Wertvollstes, sei es seine Freiheit, einen goldenen Ball, das Wasser des Lebens, sein Bewusstsein oder seine persönliche Identität. Erst über einen mühsamen Weg, der Geduld, Ausdauer, selbstlose Hilfsbereitschaft oder Eigeninitiative verlangt, ist die Wiedererlangung der persönlichen Ganzheit möglich. Das ist dann eine Hohe Zeit, und die wird in den Märchen mit dem Bild der Hochzeit gefeiert. Ihre Allgemeingültigkeit kommt den Märchen dadurch zu, dass sie etwas beschreiben, das jeder einzelne Mensch in seinem Leben unvermeidlich erfährt. Aber sie beschreiben nicht nur, sie wirken auch hilfreich bei der Führung der eigenen Person. Die Märchenfiguren und ihre Handlungen
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nämlich, mit denen sich der Hörer (auch naive, unreflektierte Hörer, wie Kinder) identifiziert, wirken als Vorbilder für eigenes Verhalten bis ins Unterbewusste hinein. Die Figuren dagegen, mit denen eine Identifikation nicht möglich ist, repräsentieren schädliche und abzuwehrende Verhaltensmuster, die in diesem Sinne dann als negative Vorbilder im Unterbewussten gespeichert werden. So zeigen die Märchen die möglichen Unfälle der Lebensenergie auf, aber sie vermitteln auch tiefenpsychologisch wirksame Leitbilder und Verhaltensmuster für den Weg der Selbstbefreiung und Selbstheilung. Sie weisen Wege zur Entwicklung persönlicher Ganzheit.
Die drei Schritte zur Befreiung der Lebensenergie Dreierlei ist nach dem bislang Gesagten unabdingbar für die Führung der eigenen Lebensenergie und die Überwindung der inneren Enge (sprich: Ängste): 1. Bewusstheit Der erste Schritt der Selbstführung besteht darin, sich der großen und großartigen Kraft, die in einem wirkt, zuzuwenden und sich ihrer bewusst zu werden. Dabei führt der Weg gewissermaßen durch einen mit seiner weiten Öffnung der Außenwelt zugewandten Trichter zurück durch den engen Hals in die Innenwelt, wo sich der Trichter wieder weitet. Dieses Bewusstsein um die Innenwelt ist weitgehend verloren, kann aber durch eine geistige Umkehr und Einkehr wiedergewonnen werden. Dabei ist ein Engpass zu überwinden. Dahinter tut sich eine andere Welt auf.
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Abbildung 8:
Trichter der Bewusstheit
Der Mensch ist, wie Immanuel Kant sagt, ein „Bürger zweier Welten“. Beide muss er mit seinem Bewusstsein versuchen zu umfassen. Selbstführung bedeutet dann, sich aus der Innenwelt heraus in die Außenwelt hinein zu entwerfen und dort zu verwirklichen. Zerreißt bei geschlossenem Tor die Verbindung des Innen- und Außenweltbewusstseins, dann bedeutet das die Aufspaltung der Welt in einen von der Erde (Außenwelt) getrennten Himmel (Innenwelt). Diese Verbindung zu bewahren oder wiederherzustellen ist die Hauptaufgabe der Selbstführung. 2. Fließen lassen Im zweiten Schritt ist es erforderlich, die Lebensenergie aus ihrem „Grab“ zu befreien und wieder fließen zu lassen. Dicke Bärenhäute müssen abgerissen werden, damit die gestaute Energie wieder heraus
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kann, ein zugeschütteter Brunnen muss wieder freigeschaufelt werden, oder, wie Dionysius Areopagita im fünften Jahrhundert sagt: „Ein Edelstein liegt oft in unscheinbarer Hülle. Anderes Gestein liegt darüber, macht ihn unsichtbar und unschön. Diese anderen Schichten wollen entfernt sein, soll der Edelstein in seiner Klarheit leuchten. Er muss geschliffen werden, damit er in seiner Schönheit strahlt. Entfernen des Hinderlichen, das ist die Methode, damit das Schöne zum Strahlen kommt. Entfernen des Hinderlichen, das ist die Methode für den Weg zu Gott.“ Es geht also darum, die inneren Sperren gegenüber der Lebenskraft zu überwinden und sich auf das Leben und seine Wandlungsprozesse einzulassen. Es geht darum zu lernen, das Leben in sich und im Allgemeinen geschehen zu lassen, und ihm keinen Widerstand entgegenzusetzen. Fließendes Wasser kann man nicht halten. Wenn man es in einem Eimer einfängt, hat es schon seine Lebendigkeit verloren. 3. Innere Autonomie Im dritten Schritt gilt es, den Fluss der Lebensenergie zu kanalisieren und zu lenken und ihm Ziele zu setzen. Dazu muss in der Persönlichkeit eine autonome Selbststeuerungsinstanz aufgebaut werden, die auf der Ebene des Geistes die Funktion bewusst übernimmt, die zuvor die Prägungen auf der Charakterebene automatisch und unbewusst ausgeübt haben. Selbstbewusstsein und Selbstreflexion sind die Voraussetzungen innerer Autonomie. Vier Punkte müssen Sie sich erarbeiten, um eine innere Autonomie zu erreichen: X
Eine klare Definition von Sinn und Zweck des eigenen Lebens. (Beispiel: Ich will mit meinem Leben zum Glück anderer beitragen.)
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X
X
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Ein Bewusstsein um Werte, die man dem eigenen Handeln zugrunde legt. (Beispiel: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Leben, Gesundheit, Freiheit.) Eine freie und selbstbewusste Entscheidung für eigene Verhaltensregeln, nach denen man diese Werte realisieren will. (Beispiel: Ich gehe meinen Weg wahr und klar. Ich nehme niemandem etwas weg, was ihm zusteht.) Die Einbeziehung objektiver Maßstäbe, die der eigenen Sinndefinition vorgegeben sind und ihren Rahmen bilden. (Beispiel: Der Mensch existiert zugleich als Sozial- und Individualwesen; er ist zugleich Natur- und Geistwesen; er ist zugleich Gewordener und Gestaltender.)
Diese zuletzt genannten sechs Maßstäbe sind Existenzbedingungen des Menschen. Wer sie alle in seine persönliche Existenz integrieren will, muss sie berücksichtigen und zu leben versuchen. Einige weitere Maßstäbe, die aus dem engeren Umfeld unseres Themenkreises stammen und die für den Umgang mit der Lebensenergie berücksichtigenswert sind, zeigt Ihnen der nächste Abschnitt.
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie Auf dem Weg zu innerer Autonomie bilden objektive Maßstäbe sowohl die Grenzen eigener Selbstbestimmung als auch Stützen, die für die eigene Selbstführung hilfreich sind. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie vom Willen anderer Menschen unabhängig und der menschlichen Existenz grundlegend vorgegeben sind. Aus sechs zentralen Begriffen sollen hier durch Begriffsanalysen solche Maßstäbe entwickelt und zur Unterstützung mitgeteilt werden.
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie
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Sie können Ihnen bei der Führung der eigenen Person als Orientierung dienen. Dabei beginnen wir mit der Analyse der Begriffe „Leben“ und „Energie“ und fragen, worum es sich dabei eigentlich handelt. Die folgenden Begriffe „Religion“ und „Meditation“ können Ihnen dann als Wegweiser in die eigene Mitte dienen und Richtung und Methode der Selbstführung zeigen. Zuletzt fragen wir, was es eigentlich bedeutet, „Person“ zu sein und wie man ein neues „Selbst“bewusstsein gewinnt. 1. Vom Fluss des Lebens Wenn Sie fragen, was es eigentlich heißt zu leben, dann lässt sich das in drei Worten zusammenfassen: aufnehmen, integrieren, loslassen. Leben ist als Umsetzungsprozess beschreibbar. Alle drei Schritte lassen sich auf verschiedene Bereiche anwenden, zum Beispiel: Leben:
aufnehmen, integrieren, loslassen
Lebenslauf:
geboren werden, agieren, sterben
Schwangerschaft:
empfangen, reifen, gebären
Ernährung:
essen, umsetzen, ausscheiden
Bildung:
lernen, tun, lehren
In diesem Sinn können Sie das Leben als einen rhythmischen Fluss verstehen, angefangen von den körperlichen Funktionen des Blutkreislaufs, den Fließensprozessen der Verdauung, der Drüsen und der Sexualität bis hin zu den physischen und psychischen Wachstumsund Reifungsprozessen sowie zur Fähigkeit, flüssig zu sprechen. Die Definition des Lebens als Fließensprozess ist umso berechtigter, als Wasser das Lebenselement schlechthin ist und der menschliche Körper zu ca. 80 Prozent aus Wasser besteht.
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Es ist faszinierend zu sehen, wie deutlich unsere Sprache in ihrem Ursprung um diesen Zusammenhang weiß: Sie leitet nämlich das Wort „leben“ aus der indogermanischen Wurzel „slei“ über „sleiben“– „leiben“ – „leben“ ab. „Slei“ bedeutet soviel wie „feucht“, was in unserem deutschen Wort „Schleim“ noch enthalten ist. Das Feuchte aber hat mit Wasser und Fließen zu tun. Darüber hinaus ist das Wort „Leben“ verwandt mit den Worten Leib und Liebe. Auch die leibhafte Existenz gehört zum Leben, und Liebe ist der Akt der Weitergabe der Lebenskraft von Generation zu Generation. Das Leben ist der Liebe anvertraut. Die Sprache vermittelt uns damit, dass Leben mit Leib, mit Liebe, mit Feuchtigkeit und mit Fluss zusammenhängt. Das lateinische Wort „vita“ = Leben ist zugleich verwandt mit „via“ = Weg, „vista“ = Schau, Blick, „vis“ = Kraft, „vir“ = Mann, „virgo“ = Jungfrau und „virtus“ = Tugend, Tauglichkeit. Wir begegnen also auch im Lateinischen Worten, die Bewegung (= Fluss), Kraft (dazu „vite“ = französisch: schnell) und Erkennen (Schau = sehen) als Kennzeichen (= Tugenden) des Lebens definieren. Genau diese Aspekte machen das Wesen des Lebendigseins aus und sind in der eigenen Lebensführung als Maßstäbe für die eigene Selbststeuerung zu verwenden. Das verlangt, die eigene Kraft im Fluss zu halten, in Verbindung mit dem Leib und mit der Liebe zu bleiben und dabei die Augen und Ohren für Einsichten und Erkenntnisse offen zu halten. Dass man dann zugleich in Verbindung mit dem Göttlichen ist, da Gott ja Leben und Liebe ist, braucht kaum eigens erwähnt zu werden. „Oder wisset Ihr nicht, daß Euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes in Euch ist?“ (1 Kor. 6, 19). 2. Die Kreativität in uns: Energie „En ergos“ bedeutet im Griechischen: etwas zum Wirken bringen bzw. etwas ins Werk wirken, bewerken, bewirken. Energie ist also die Ursache von Wirkungen und damit die Ursache, der Uranstoß, der
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Urgrund von Wirklichkeit. Energie ist nicht die Wirklichkeit selbst, sondern die Vorstufe, die Potenz, die Möglichkeit und Fähigkeit dazu. Energie ist Kreativität, Schöpfungskraft, Schöpfer. Das nennt man oft Gott. Energie ist also Teil von göttlicher Schöpfungskraft, die unerschöpflich die Gesamtheit aller Wirkungen, das heißt die Wirklichkeit erhält, die wir Welt nennen. Wenn also jemand etwas bewirken kann, muss in ihm Energie sein, muss also das in ihm sein, was wir als „göttlich“ bezeichnen. Bei der Selbstführung gilt es demgemäß, das zu leben, was in uns ist, also die Energie wirken zu lassen, der eigenen Kreativität und Schöpfungskraft – sei es im künstlerischen Schaffen, im Forschen, im Bauen oder in der Zeugung von Kindern – Raum zu geben und dem (göttlichen) Strom die blockierenden Barrieren wegzuräumen. Wer diesem Strom zu widerstehen versucht, kann nur von unkalkulierten und unkalkulierbaren Wirkungen zerrissen und weggespült werden. 3. Von der Rückverbindung zur inneren Quelle: Religion Der Akt der Rückwendung zu sich selbst, indem man geistig die Verbindung zu seiner inneren „Kernkraft“, zu seinem inneren „auto“ (= Selbst) aufnimmt, heißt, wenn man den Begriff „Rückverbindung“ ins Lateinische übersetzt, „religio“. Wir stellen also fest, dass Religion in ihrem ursprünglichen, eigentlichen Sinn die Lehre von der Rückverbindung des Menschen zu sich selbst, zu seiner göttlichen Wurzel oder zur Quelle in sich selbst ist. Selbstbewusstsein im Sinn von „Bewusstsein von der Göttlichkeit des eigenen Selbst“ ist also etwas Religiöses. Unser Bemühen kann demnach im Wortsinn als „religiös“ bezeichnet werden. Viele konkrete Praktiken, die unter dem Oberbegriff der Religion angeboten werden, sind nach diesem Maßstab genau das Gegenteil von rückverbindend zu sich selbst, nämlich selbstentfremdend und
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insofern antireligiös. Das hier angebotene Verständnis stellt dementsprechend einen „Probierstein“ dar, um Angebote jedweder Art auf Echtheit und Nutzen zu testen. Auf der Suche nach wirksamen Methoden der Rückverbindung lassen sich allerdings in vielen alten Texten und Traditionen taugliche Hinweise für die Selbstführung finden. Bezieht man sie nämlich auf die persönliche Innenwelt, helfen sie zur Rückverbindung mit sich selbst. In diesem Sinn der „Rückkehr“ zu sich selbst lässt sich auch die von Jesus angeratene „Umkehr“ verstehen und auch jede andere Lehre, die empfiehlt, sich dem „Himmel“ zuzuwenden. Zu vermuten ist auch, dass mit dem „Jenseits“ das „Inseits“ in uns gemeint ist. Dann wäre auch von „Einkehr“ oder „Heimkehr“ zu sprechen. Ein deutliches Unterscheidungsmerkmal verschiedener sogenannter religiöser Lehren ist der Ort, an dem sie den Himmel ansiedeln. Diejenigen, die den Himmel hinter ihren Lehrern und Gurus ansiedeln und Eintrittsgelder für den Himmel kassieren wollen, sind vermutlich manipulativ und wollen die Unterwerfung des Suchenden. Diejenigen aber, die den Himmel in der inneren Mitte eines jeden Menschen lehren und erfahrbar machen, geben ihm den Schlüssel zu sich selbst und lehren ihn Selbstverantwortung und verdienen entsprechend größeres Vertrauen. Das Ziel der Rückkehr zu sich selbst ist es, Anschluss an die verlorene eigene Energiequelle zu bekommen, den Stecker gewissermaßen wieder in die Steckdose zu bringen. Der Weg dahin führt nach den Aussagen vieler Mystiker über einen „siebenstufigen“ Weg zu Gott hin. Hermes Trismegistos, Plotin, Augustinus, Meister Eckhart, Jakob Böhme, Theresa von Avila, um nur einige zu nennen, erwähnen oder beschreiben ausdrücklich einen siebenstufigen Weg.
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4. Wie man die innere Mitte findet: Meditation Das lateinische Wort „meditari“ kann übersetzt werden mit: „in die eigene Mitte gehen“, oder: „sich mitten“; korrekter noch würde man der Passivform gerecht, wenn man übersetzt: „sich in die eigene Mitte fallen lassen“. „Meditation“ bedeutet also „Mittung“. Dabei wird die eigene Aufmerksamkeit von außen nach innen gelenkt und angeleitet, sich auf die persönliche Mitte einzulassen. Voraussetzung und Hilfsmittel dafür ist, sich von allem Äußeren geistig abzuwenden und zu befreien. Wie schwer das fällt, zeigt einerseits die oft ablehnende Einstellung zum Nichtstun, andererseits die Schwierigkeit, Dinge oder Sachverhalte auf sich beruhen zu lassen. Um in die Mitte zu kommen, ist es notwendig, alles, was nicht Mitte ist, loszulassen. Dabei braucht man nun nicht gleich an einen indischen Yogi zu denken, der einen halben Meter über dem Boden schwebt, sondern jeder, der im Garten fasziniert und selbstvergessen eine Rosenblüte betrachtet und darüber die Zeit vergisst, meditiert schon. Er ist zugleich bei der Rose und bei sich. Für einen Augenblick ist er vielleicht „eins“ mit ihr und der Welt. Entspannung im Sinn von Abspannen der Pferde, Muße als Zeit, in der man nichts muss, oder einfach die Augen zu schließen, das sind die ersten Schritte auf dem Weg des Loslassens der äußeren Welt, der in die Mitte der inneren Welt führt. Augustinus leitet zur Meditation mit den Worten an: „Geh nicht aus Dir hinaus, in Dich selbst kehre ein; denn im inneren Menschen wohnt die Wahrheit.“ Plotin schreibt ähnlich: „Wir müssen gleichsam die Augen schließen und ein anderes Gesicht in uns erwecken. Dann können wir mit dem Ewigen, das wir in uns tragen, die Ewigkeit und das Ewige schauen.“ Wenn dann die Augen geschlossen und die tausend Erinnerungen an die Außenwelt ausgeplappert sind, dann kommen von innen andere Bilder, wie die, die nachts in den Träumen aufsteigen. Diese vielleicht
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fremden oder befremdlichen Bilder sind die Visionen oder besser „Visualisierungen“ der teils unbekannten eigenen inneren Welt. Wer sie aufmerksam aufnimmt und sich um ihr Verständnis bemüht, kann aus ihnen einen großen Reichtum an Selbsterkenntnis gewinnen. Spezielle Anleitung kann dabei helfen und ist oft notwendig. Die angedeutete Art, mit den Märchen umzugehen, mag als Hinweis dienen: Alle auftauchenden Figuren stehen als Repräsentanten für eigene Persönlichkeitsanteile. Interessanterweise kann man in der Begegnung mit solchen inneren Bildern oft erleben, dass dabei eine sehr eigenwillige und eigenständige Instanz in Dialog mit einem selbst tritt. Es ist nicht das vertraute Ich, mit dem man dann Selbstgespräche führt, sondern man begegnet einem überraschend lebendigen, spontanen, verspielten Partner. Manche sprechen hier vom Unterbewusstsein. Mir scheint die Bezeichnung „unteres“, „tieferes“ oder „inneres“ Bewusstsein angebrachter. Auch die Bezeichnungen „Innere Stimme“ oder „Stimme des Gewissens“ können treffend dafür verwendet werden. Man kann tatsächlich in der Rückwendung zu sich selbst einem echten inneren Gesprächspartner begegnen. Gelegentlich wird davor gewarnt, inneren Bildern oder Stimmen allzu leichtfertig zu vertrauen. Dem kann man kaum widersprechen. Nur, was heißt „allzu leichtfertig“? Wer still in sich einkehrt und seine inneren Bilder störungsfrei empfängt, wird sie mit einer gewissen Anleitung verstehen können. Er verhält sich nicht leichtfertig. Er kann ihre Bedeutung und Leitfunktion für sein Verhalten dann immer klarer verstehen. Bei entsprechender Anleitung zum Verständnis der Sprache dieses unteren Bewusstseins kann nach meinen Erfahrungen mit mir selbst und mit vielen anderen Menschen jeder psychisch normal-gesunde Mensch diesen Dialog gewinnbringend führen. Es bedarf also durchaus einer „Unterscheidung der Geister“ bzw. einer Unterscheidung zwischen Sendung und Störsendung. Sie zu verwechseln, könnte in die Irre leiten. Hier soll auch nicht behauptet
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werden, dass die erscheinenden inneren Bilder bzw. die vernehmbare innere Stimme göttlich sei. Im hier beschriebenen Stadium handelt es sich oft noch um eine persönliche Instanz des Meditierenden, die allerdings einen weiteren Überblick über alles die Person Betreffende hat als das kleine oberflächliche Ich. Da aber gezeigt wurde, dass am Seelengrund die Quelle des Göttlichen sprudelt, können Sie solche inneren Bilder zugleich als eine zentrale Sprache verstehen, wie das Göttliche im Menschen überhaupt in Erscheinung treten kann. Erst nach viel Übung und Erfahrung wird man jedoch das Persönliche so weit hinter sich lassen können, dass man die Stimme Gottes wirklich rein hören und sein Licht ungetrübt schauen kann. Das aber wird das Erlebnis sein, wenn man wirklich am eigenen Seelengrund angelangt ist und ihn nach unten durchstößt. Bildlich könnte man im Sinne der christlichen Tradition sagen: Durch die Pforte am eigenen Seelengrund kann Gott geboren werden. Sie ist die „Gottesgebärerin“. Eine entsprechende Formulierung findet sich auch in der buddhistischen Lankavatara Sutra, wo es heißt: „Das in deinem innersten Bewusstsein wahrgenommene Selbst erscheint in seiner Reinheit. Dies ist der Tathagata-garbha (wörtlich: BuddhaGebärmutter), der nicht das Reich der bloßen Vernunftmenschen ist ... Rein in seinem eigenen Wesen und befreit von der Kategorie des Endlichen und des Unendlichen, das ist der Allumfassende Geist.“ Im christlichen Sinne steht dafür der „eingeborene“ Sohn Gottes, der in uns Fleisch geworden ist und von „Maria“, der Gottesgebärerin, geboren wurde. Damit sind wir zugleich wieder bei Meister Eckhart und seiner Formulierung von der Geburt Gottes in der Seele des Menschen oder auch beim Propheten Jesaja, bei dem es heißt: „Mache dich auf, werde Licht! denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf über dir“ (Jes. 60, 1).
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Abschließend ein Text von Hermann Hesse, der um dieselbe Erfahrung weiß und unter der Überschrift „Überwindung der Einsamkeit“ schreibt: „Wem es bestimmt ist, der muss einmal im Leben so einsam, so vollkommen einsam werden, dass er in sein innerstes Ich zurückgegangen ist. Dann ist man plötzlich nicht mehr allein. Man findet: Unser innerstes Ich ist der Geist selbst, ist Gott, ist das Unteilbare. Und damit ist man wieder mitten in der Welt, von ihrem Vielerlei unangefochten, denn man weiß sich im Innersten eins mit allem Sein.“ 5. Was es bedeutet, Person zu sein Schauen wir uns nun den Begriff „Person“ an. Was kann seine Etymologie uns sagen? Was bedeutet das Wort? „per“ heißt „durch“ und „sonare“ heißt „klingen“ oder auch „schwingen“. Person ist also jemand genau dann, wenn er durchklingt, durchdringt, durchstrahlt, oder besser, wenn es (das Göttliche) aus ihm heraus, durch ihn hindurchklingt und -strahlt. Das erinnert sowohl an den Prolog des Johannes-Evangeliums: „Im Anfang (= innerer Ursprung) war das Wort“ (Joh. 1,1) als auch an: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt. 5,14). Es entspricht zugleich der Rede von einer „Persönlichkeit mit Ausstrahlung“. In allen drei Formulierungen geht es darum, dass die innere Energieschwingung nach außen durchklingt. Dabei ist auch die Verwendung des entsprechenden altgriechischen Wortes für Person: „prosopon“ im Sinn von „Maske“ interessant. Durch die Maske muss die Stimme des Schauspielers durchtönen. Jeder von uns trägt eine Maske oder ist selbst die Maske und durch diese äußere Hülle und Gestalt gilt es, das innere (göttliche) Wort durchtönen zu lassen. Ein wichtiges Organ dafür ist unser Sprechorgan, der Mund. Und „Mündigkeit“ ist ein Ziel der Persönlichkeitsbildung. „Mundus“ heißt aber aus dem Lateinischen übersetzt „Welt“. Insofern ist der Mund unser Weltorgan (essen und sprechen) und Mündigkeit bedeutet dann „Weltfähigkeit“. Bei wem die innere göttliche Energie sprachlich als
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie
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Worte aus der Seele nach außen in die Welt durchklingt, der ist eben wirklich weltfähig und damit im vollsten Sinn Person. Der Gedanke lässt sich erweitern: Wer die Energie in sich schwingen und klingen lässt, sodass sie nach außen durchklingt, der wird auch in der Außenwelt entsprechende Resonanzen/Echos erzeugen. Dazu ist es nun wichtig, den inneren Siebenklang so harmonisch zu stimmen, dass auch die Resonanzen, die zurückkommen, harmonisch sind. Liegt nun nicht der Schluss auf der Hand, dass vieles, was einem von außen begegnet, lediglich der Widerhall der inneren Gestimmtheit ist? Dass man an von außen zufallenden (zufälligen) Ereignissen sich selbst erkennen kann? Dann würden nämlich an dieser Stelle auch wieder verschiedene alte Formulierungen verständlich, die schon als überholt gegolten haben mögen: X
X
X
Wenn es zum Beispiel heißt, dass einem das eigene Schicksal von Gott gesandt wird, bedeutet das in dieser Betrachtungsweise, dass die innere Schwingungsfrequenz äußere Resonanzen „schickt“ oder auslöst. Oder dass jeder sein eigenes Karma (Schicksalsgesetz) hat, bedeutet dann nichts anderes, als dass jeder seine eigene Schwingungsfrequenz ausstrahlt und ein gesetzmäßiges Echo davon empfängt. Dass der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft, ist dann ebenfalls konsequent und verständlich.
Das Ziel der Persönlichkeitsbildung und der Führung der eigenen Person kommt damit immer deutlicher zum Ausdruck: Einstimmung zu innerem siebenfachen Einklang und Auslösung positiver Resonanzen auf sieben Ebenen. 6. Das Selbst – ein neues Selbstbewusstsein gewinnen Betrachten wir einen weiteren Begriff: In der Alltagssprache taucht das Wort „Selbst“ in verschiedenen Versionen auf:
96 X
X
X
Teil 2: Neues Menschenbild
Kleingeschrieben als einzelnes Wort begegnet es als Verstärkung von Personalpronomina: „ich selbst“, „er selbst“ usw. Damit wird ausgedrückt, dass jemand persönlich, das heißt nicht austauschbar, mit seiner persönlichen Kraft, in einer Beziehung zu jemandem oder etwas steht. Gleichfalls bei den Wortbildungen „derselbe“, „dieselbe“ handelt es sich um eine Aussage der Identität. Als Bestandteil von zusammengesetzten Begriffen kann „Selbst-“ sowohl einen Eigenbezug als auch wieder die Betonung der Identität oder des inneren Kerns ausdrücken. Beispiele für den ersten Fall sind: Selbstlob und Selbstbefriedigung, Beispiele für den zweiten Fall: selbstständig, selbstbewusst. Der Wortteil „selbst“ drückt dabei aus, dass es keines weiteren äußeren Zutuns bedarf. „Selbstverständlich“ meint, etwas sei aus seinem inneren Kern, aus eigener Kraft, aus seiner eigenen Identität heraus klar und bedürfe keiner äußeren Verstärkung oder Bestätigung. Alleinstehend als Substantiv wird das „Selbst“ umgangssprachlich selten verwendet. Wohl aber spricht man davon, dass „ein Stück seines Selbst“ in etwas liege. Statt „mein Selbst“ sagt man eher in gleicher Bedeutung „ich selbst“. Das „Selbst“ einer Person meint aber allgemeinverständlich den inneren Kern einer Person, ihre wahre Identität.
Wenn wir nun Wortbildungen mit diesem Wortteil „Selbst“ untersuchen, können wir „Selbst“ jeweils durch die hier vorgeschlagenen Synonyme „Kern“, „Kraft“ und „Identität“ ersetzen. Der Sinn und die Bedeutung solcher häufig gebrauchten, aber wenig verstandenen Begriffe wird dann klarer. Darüber hinaus wandeln dieselben Begriffe ihren Sinngehalt, je nachdem ob man das „Selbst“ als Objekt oder als Subjekt betrachtet: X
Selbsterkenntnis als Objekt:
Erkenntnis des eigenen Kerns Erkenntnis der eigenen Identität Erkenntnis der eigenen Kraft
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie
als Subjekt: X
als Subjekt:
als Subjekt:
Vertrauen zur eigenen Kraft Vertrauen zur eigenen Identität das Selbst ist Urvertrauen
Selbstsicherheit als Objekt: als Subjekt:
X
Bewusstsein der eigenen Identität Bewusstsein der eigenen Kraft das Selbst ist Bewusstsein (und zwar das tiefere Bewusstsein)
Selbstvertrauen als Objekt:
X
Erkenntnis mittels des Selbst (zum Beispiel: Intuition)
Selbstbewusstsein als Objekt:
X
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Gewissheit eigener Kraft Sicherheit über die eigene Identität das Selbst ist stabil
Selbstführung als Objekt: als Subjekt:
Steuerung der eigenen Kraft Führung des eigenen Kerns das Selbst führt
Betrachten Sie diese Worte eingehender, so fällt auf, dass ihre Reihenfolge sich logisch zwangsläufig so ergibt wie hier aufgeführt. Da, wo „Selbst“ Objekt ist, zeigt die Logik von oben nach unten: Aus Erkenntnis folgt Bewusstsein, daraus das Vertrauen, daraus Sicherheit, darauf erst die Einsicht der Notwendigkeit der Selbstführung. Erstaunlicherweise ergibt sich eine Fortführung dieses Sinns, wenn man nach dem obigen Weg das „Selbst“ als Subjekt versteht und dann von unten nach oben aufsteigend liest.
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Teil 2: Neues Menschenbild
Wer die Notwendigkeit der Führung des eigenen Kerns erkannt hat, erhält dann den praktischen Hinweis: Wer sich von seinem Selbst führen lässt, gewinnt Stabilität (= Sicherheit und Gelassenheit), das ermöglicht es ihm zu vertrauen, dadurch gewinnt er ein tieferes (weiteres) Bewusstsein und dadurch tiefere Erkenntnisse (Einsichten). Dieser doppelte Sinn entsteht dadurch, dass das „Selbst“ als Objekt seinen Standort in der Außenwelt, als Subjekt dagegen in der Innenwelt hat. Selbstführung, in der das Selbst Objekt bleibt, benutzt Methoden des Zeitmanagements oder der Organisationsplanung und behandelt sich selbst dabei wie eine Maschine. Selbstführung dagegen, bei der das Selbst Subjekt ist, die also vom Selbst ausgeht, wächst aus der Ruhe der Meditation und vertraut auf die innere, intuitive, kreative Führung. Setzt man nun vor Selbsterkenntnis noch Selbstvollzug und Selbstexistenz, erhält man ein siebenstufiges Modell, das von unten nach oben gelesen den Ablauf des menschlichen Reifungsprozesses vorstellt: X X X X X X X
Selbstführung Selbstsicherheit Selbstvertrauen Selbstbewusstsein Selbsterkenntnis Selbstvollzug Selbstexistenz
Von oben nach unten gelesen zeigen die Begriffe dagegen den Prozess, der sich entwickelt, wenn man dem (göttlichen) Selbst die Führung überlässt und ihm vertraut: Indem das (göttliche) Selbst sich seiner selbst bewusst wird und sich erkennt, kann es zum Vollzug gelangen und sich verwirklichen. Dadurch wird das (göttliche) Selbst in der Welt real existent. (Die christliche Tradition spricht von „Gottesgeburt“ oder „Inkarnation“.)
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie
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Der Gedanke der Übergabe der Führung der eigenen Person vom äußeren Ego an das innere göttliche Selbst wird zum Beispiel ausgedrückt in dem gelegentlich fälschlicherweise bei Hochzeiten vorgetragenen Lied: „So nimm denn meine Hände und führe mich.“ Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen Kerngedanken bei alten und auch neueren Einweihungsritualen, bei denen der Initiant einen Akt der Egoaufgabe (einen symbolischen Tod) erleiden muss, ehe er als Verwandelter zu sich selbst kommen kann und in die Gemeinschaft der zum Bewusstsein ihres göttlichen Selbst Gekommenen aufgenommen werden kann. Die gleiche Symbolik findet sich gleich doppelt im Christentum: X X
Das Untertauchen bei der Taufe symbolisiert den Tod des alten Menschen. (Luther: In der Taufe wird der alte Adam ersäuft.) In der Leidensgeschichte Jesu muss der äußere Mensch (Jesus) sterben, damit der innere göttliche Mensch (Christus) auferstehen kann.
So muss es, gemäß Meister Eckhart, in jedem Menschen geschehen. Im Johannes-Evangelium heißt es in diesem Sinne: „Er muss wachsen, ich muss abnehmen“ (Joh. 3,30) oder bei Lukas: „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“ (Lk. 22,42). Zusammenfassung Unsere Begriffsanalysen haben zum einen gezeigt, wie sich aus der Reflexion auf Worte Maßstäbe entwickeln lassen. Mit vielen weiteren Worten ließe sich das fortsetzen. Zum anderen haben sich aus diesen Analysen tatsächlich Maßstäbe für den Umgang mit sich selbst und mit der eigenen Lebensenergie aufzeigen lassen. Kurz: f
Leben ist ein Fließensprozess, und Sie müssen daran mitarbeiten, diesen Prozess in Gang zu halten.
100 f
Teil 2: Neues Menschenbild
Energie ist schöpferisches Potenzial, das nach Manifestation drängt, Sie müssen ihr Bahnen schaffen.
f
Sie können sich vor Selbstverlust bewahren, indem Sie lernen, sich an Ihr inneres Wesen zurückzubinden.
f
Bei aufmerksamer Hinwendung nach innen ist es möglich, die innere Kraft als „innere Stimme“ oder als „innere Bilder“ (Tag- und Nachtträume) wahrzunehmen und zu verstehen.
f
Person werden Sie umso mehr, je klarer Ihr Inneres nach außen durchtönt.
f
Der Begriff „Selbstführung“ erhellt sich auf tiefere Weise, wenn Sie „Selbst“ nicht als Objekt, sondern als Subjekt verwenden: Das Selbst führt.
Soweit der Beitrag der Begriffsanalysen. Wir haben uns dabei im Grundsätzlichen bewegt, das heißt, wir haben die Differenzierung auf sieben Ebenen weitgehend außer Acht gelassen. Da die Lebensenergie aber bis in die geistige Ebene durchfließen muss, um von dort gelenkt zu werden, müssen alle Störungen, die auf dem Weg dahin auftreten können, unterwegs bewältigt und gelöst werden. Welche Störungen auftreten können und mit welchen Hilfsmitteln Sie sie auf der jeweiligen Ebene gezielt beheben können, zeigt Ihnen der nächste Abschnitt. Dort ziehe ich dafür auch andere Modelle heran, die mit unserem Persönlichkeitsmodell korrespondieren und mit ihm zu einem größeren Gesamtbild verbunden werden können.
Sechs Maßstäbe für den Umgang mit der Lebensenergie
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Teil 3: Andere Modelle und ihr Nutzen für die Selbstführung
In diesem Teil erweitern wir unseren Blick nun von der dargelegten psychologisch-spirituellen Sicht der Person auf andere Modelle, die sich ebenfalls auf den Menschen beziehen. Sofern sie sich als kompatibel erweisen, werden wir sie daraufhin untersuchen, welchen Nutzen sie für die persönliche Selbstführung bringen. Als Ausgangspunkt für diese Erweiterung verwenden wir die Zahl Sieben und ziehen vor allem solche anderen Modelle heran, die auch auf dieser Grundstruktur basieren. Dabei gehen wir in zwei Schritten vor: 1. Zuerst fragen war nach der Bedeutung der Zahl „Sieben“ in unserem Persönlichkeitsmodell und werden feststellen, dass sie ein fundamentaler Schlüssel zur Erkenntnis der Struktur des Menschen, ja sogar des Lebens und der Universums zu sein scheint. 2. Mit diesem Schlüssel ausgerüstet prüfen wir dann andere Siebenermodelle und prüfen ihre Verwendbarkeit und ihren konkreten Nutzen für die Steuerung der Lebensenergie auf den jeweiligen Persönlichkeitsebenen.
102
Teil 3: Andere Modelle
Die siebenstufige Struktur des Lebens Die Bedeutung der Zahl „7“ Welche Bedeutung kommt also der Zahl „7“, die unserem Persönlichkeitsmodell zugrunde liegt zu und welche spielt sie für die Erweiterung dieses Menschenbildes zum Weltbild? Handelt es sich bei der „Sieben“ um ein willkürliches Modell, das über die Realitäten der Welt gestülpt wird, oder gibt es Hinweise darauf, dass die Realität tatsächlich innerlich eine solche Struktur hat, die sich dem Betrachter bei einer genauen Analyse erschließt? Da wir in unserer täglichen Begegnung mit der Welt ja immer nur einzelnen oder „vereinzelten“ Dingen und Situationen begegnen, wäre es durchaus möglich, dass man im Alltag eine vorhandene Grundstruktur des Ganzen übersieht. Ein erstes Indiz für eine Siebenerstruktur der Welt kann darin liegen, dass es aus verschiedensten Zeiten und Kulturen eine Fülle von Siebenermodellen gibt. Seit Jahrtausenden gilt die Sieben sogar als heilige Zahl. Die alten Ägypter maßen der Zahl Sieben so viel Bedeutung für den Menschen bei, dass sie der Zahl Sieben als Schriftzeichen einen Menschenkopf zuerkannten. Die Pythagoräer nannten sie das Vehikel des menschlichen Lebens. Wenn man den Vertretern der alten Kulturen eine gewisse Selbst- und Welterkenntnis einräumt, dann muss man das Gewicht, das sie der Sieben beimessen, immerhin ernsthaft bedenken. Vielleicht weist auch das Wort „sieben“ selbst auf seinen Sinn hin. Unsere Sprache verwendet es immerhin in zwei Bedeutungen: als Zahlwort und als Tätigkeitswort. Wenn wir die Vielfalt sieben, bleiben eben sieben Strukturelemente bzw. -ebenen übrig.
Die siebenstufige Struktur des Lebens
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Um die Vermutung, dass diese Zahl also eine Grundstruktur der Welt beschreibt, zu erhärten, können wir andere Siebenermodelle Ebene für Ebene mit unserem Persönlichkeitsmodell vergleichen. Wenn es eine solche Grundstruktur tatsächlich gibt und diese anderen Modelle dieser Struktur gemäß aufgebaut sind, dann sollten sie auch miteinander zu verknüpfen sein, auch und gerade, wenn sie aus verschiedenen Kulturbereichen stammen. Die Welt ist schließlich dieselbe, von wem auch immer, wann auch immer und wo auch immer sie wahrgenommen wird. Auch wenn die Blickwinkel unterschiedlich sind, könnten sie sich in einer Zusammenschau ergänzen. Wenn sich also zeigen lässt, dass das zuvor ausgeführte psychologische Persönlichkeitsmodell mit einer Fülle von solchen anderen Modellen wie ein Puzzle zusammenpasst, dann kann daraus ein Weltbild zusammengesetzt werden, in dem jedes Modell einen Beitrag zur Selbstführung leistet.
Die sieben Wandlungsstufen der Lebensenergie Welche Überlieferungen im Zusammenhang mit der Sieben entsprechen nun unserem Modell? Im biblischen Buch Zacharias werden sieben Augen Gottes und im Buch Tobias sieben engelhafte Geister erwähnt. In der Geheimen Offenbarung des Johannes heißt es, dass vor Gottes Angesicht sieben Lichter brennen. Diese Bilder lassen sich nicht nur als Symbole für die sieben Ebenen der Persönlichkeit verstehen, sondern auch als Bilder für einen intakten Energiefluss durch alle Ebenen. Nur wo Energie fließt, kann etwas leuchten. Entsprechend gibt es dann sieben Tugenden, von denen jede das Funktionieren einer Ebene repräsentiert, und die Lyra des Apollo, die sieben Seiten aufwies, steht dann ebenfalls als Symbol für eine siebenfache Harmonie.
104
Teil 3: Andere Modelle
Als symbolischen Ausdruck für Blockaden der Lebensenergie kann man dagegen das biblische Symbol des „Buches mit den sieben Siegeln“ (Offenbarung 5,1) verstehen. Jedes Siegel steht für eine Blockaden, die gelöst werden muss, ehe das ganze Buch, respektive die ganze Persönlichkeit entfaltet werden kann. Der siebenfachen Blockierung entspricht dann die Erwähnung von sieben Todsünden. Die Befreiung der eigenen Lebensenergie muss dann notwendigerweise auch siebenfach vollzogen werden. Sieben Blockaden müssen gelöst werden und eine siebenfache Bekehrung aus einem „sündigen“ Leben. Sieben Stufen hat entsprechend der babylonische Himmelsberg Zikkurat, der durch eine Stufenpyramide als Tempel repräsentiert war. Diese Stufen musste der Einweihungskandidat emporsteigen. Der Mithraskult kennt sieben Himmel, der Koran berichtet ebenfalls, dass Allah sieben Himmel und sieben Höllen erschuf. Der fromme Muslim muss zu seiner Heiligung entsprechend siebenmal die Kaaba in Mekka umschreiten. Und das Judentum kennt den Schöpfungsbericht, nach dem Gott die Welt in sieben Tagen, und man könnte auch sagen in sieben Schüben oder Ebenen, schuf. Angefangen von den altägyptischen hermetischen Schriften, über Platon, Plotin, Augustinus, Meister Eckhart, Jakob Böhme, Theresa von Avila, Andreas Rosenkreuz, ja sogar bis zu alten asiatischen Weisen und vielen anderen, finden sich entsprechend diesen Grundsymbolen folgerichtig ausdrückliche Anleitungen, wie man über sieben Stufen zur Erleuchtung gelangt, zur Vollkommenheit, Gottesschau oder wie auch immer Sie dieses Ziel nennen wollen. Dass in einem Vervollkommnungsprozess sieben Schritte zu vollziehen sind oder es siebenfacher „Einweihung“ bedarf, ist nach all dem nicht erstaunlich. So hatte die katholische Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1961 bis 1964) sieben Weihestufen auf dem Weg zum Priestertum, entsprechend gibt es auch sieben Gaben des
Die siebenstufige Struktur des Lebens
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Heiligen Geistes. Auch in der Alchimie geht der Prozess der Vereinigung der Elemente – über sieben Stufen – zum Stein der Weisen. Die antiken „sieben Säulen der Weisheit“ sind dann das um 90 Grad gedrehte Bild der sieben Ebenen. Entsprechend ist für jede der sieben Befreiungsaufgaben ein Tag der Woche vorgesehen. Man durchschreitet beim Aufstieg sieben Himmel, erkennt dabei sieben Gottheiten (= Gutheiten) und muss insgesamt sieben Künste (die sieben freien Künste) erlernen. Dass jede der sieben Ebenen mit einer Angel mit der Gesamtpersönlichkeit verbunden ist, wird ausgedrückt durch die sieben Hauptengel (Engel = Angel = Verbindungsglied, und zwar zwischen Himmel = innen und Erde = außen). Sie bzw. die sieben Ebenen wurden durch ein weiteres Symbol, den siebenarmigen Leuchter im Tempel zu Jerusalem, repräsentiert. Da sich dies alles geistig/seelisch und damit im Bereich des für die äußeren Augen Unsichtbaren abspielt, passt auch die Rede von sieben Zwergen dazu, die nämlich klein, übersehbar und eventuell mit Tarnkappe unsichtbar sind. Es wird deutlich, dass die Vielzahl der Symbole sinnvoll zusammengeordnet werden kann. Sie repräsentieren in der reichen und farbenprächtigen Ausdruckskraft anderer Kulturen und Generationen deren erhebliches Wissen. Bis zu uns ist eine Vielzahl solcher Mosaiksteine herübergekommen, nur unsere Lehrer haben seit einigen Generationen vergessen, uns zu sagen und zu erklären, von welchem Gesamtbild diese einzelnen Elemente stammten. Hier wird es ahnbar. Entsprechend werden wir versuchen, dieses vielleicht einmal vorhanden gewesene Gesamtbild zu rekonstruieren und es als ganzheitliches Weltbild neu anbieten. Dabei werden wir wie Archäologen bemüht sein, aus einer Fülle von Scherben und Resten auf ein ursprüngliches Ganzes zurückzuschließen. Es wird sich zeigen, dass über die hier bereits dargelegten Indizien hinaus auch physikalische Gesetze die Hypothese von einer Siebener-Struktur der Realität untermauern. Der Lohn dieser Arbeit wird ein größeres Wissen über Methoden zum Umgang mit sich selbst und der Welt sein.
106
Teil 3: Andere Modelle
Die Doppelpoligkeit der Lebensenergie Ein Symbol, das für den doppelpoligen und sich auf sieben Ebenen manifestierenden Fluss der Lebensenergie steht, ist die ursprüngliche Form des Äskulap- oder Hermes-Stabes. Es handelt sich dabei um einen Stab, um den sich zwei Schlangen so winden, dass sie sich sechsmal kreuzen, ehe sie sich auf der siebten Ebene mit den Köpfen am Knauf des Stabes begegnen. Die alten „Eingeweihten“ wussten, dass sich die Lebensenergie auf allen Ebenen zweifach manifestiert und erst auf den sechs unteren Ebenen durchlaufen werden muss, ehe ein Mensch auf der höchsten Ebene durch Vereinigung der beiden Pole, wie bei einer Glühbirne, zum „Erleuchteten“ werden kann. So muss man es nicht als Zufall werten, dass die rudimentären Symbole an manchen Arzt- und Apothekentüren lediglich noch einen Stab mit einer Schlange aufweisen, teilweise sogar nur mit den oberen drei Ebenen. Unbewusst und doch offen sichtbar drückt sich darin die physiologische Einseitigkeit der Schulmedizin und ihre Begrenzung auf eine oberflächliche physische Symptombehandlung aus, die psychische Faktoren weitgehend ignoriert. Die Bischöfe der griechischorthodoxen Kirche führen jedenfalls noch einen Stab mit sechs Knäufen, an dessen oberen Ende sich zwei Drachen- oder Schlangenköpfe begegnen, die durch ein Kreuz verbunden werden. Wie die polare Manifestation auf den einzelnen Persönlichkeitsebenen aussieht, zeigt Abbildung 9. Durch diese Polarität wird die unserem Modell entsprechende Zahl 7 zur 14 ausgefaltet.
Die siebenstufige Struktur des Lebens
EBENE
+
–
Geist
Synthese
Analyse
Vernunft
planen
handeln
Intentionen
Interesse
Problem
Emotionen
Liebe
Hass
Grundeinstellungen
loslassen
festhalten (blockieren)
Antriebe
streben
begehren
Lebensenergie
psychisch
physisch
107
Abbildung 9: Die polare Manifestation der Lebensenergie auf den Persönlichkeitsebenen
Das Verhältnis der Sieben zu anderen Ordnungszahlen Ein gewichtiger Einwand gegen die Sieben als allgemeingültiges Strukturprinzip liegt darin, dass es auch andere bedeutsame Ordnungszahlen wie die Drei, die Vier oder gar die Zwölf gibt. Wie verhalten sich diese Zahlen zur Sieben? Die Drei: Die Drei gilt als das Prinzip des Seelisch-Geistigen (Bejahung, Verneinung und Synthese). Da Gott rein geistig ist, wird ihm die Drei zugeordnet (= Dreifaltigkeit). In unserem Persönlichkeitsmodell findet man die Dreiheit wieder in den drei unteren Ebenen: Lebensenergie, Antrieb und Charakter. Es sind die Bereiche, die die innere Strukur einer Persönlichkeit ausmachen. Von der Ebene Emotion/Beziehung an tritt eine Person in die Außenwelt ein. Die Vier: Die Vierheit gilt als Prinzip der materiellen Außenwelt. Dafür stehen als Symbole zum Beispiel die vier Winde, die vier Himmelsrichtun-
108
Teil 3: Andere Modelle
gen und die vier Elemente Feuer, Erde, Luft und Wasser. Nach den drei inneren Ebenen der Persönlichkeit handelt der Mensch in vier Ebenen in der oder in die Außenwelt. Durch die vierte nach außen gewandte Ebene, den Geist, kann er das Göttliche in der Außenwelt manifestieren. Die Sieben: Die Summe von drei und vier ergibt die Sieben, das heißt das GeistigSeelische, das sich mit dem Materiellen verbunden hat. Der Mensch ist weder reiner Geist noch reine Materie, sondern beides. Als Wesen beider Bereiche entspricht ihm also die Siebenheit. Insofern können auch die Pythagoräer die Sieben als das „Vehikel des menschlichen Lebens“ bezeichnen. Im Hebräischen haben die Wörter „sieben“ und „Vollendung“ den gleichen Wortstamm. Auch das babylonische Zeichen „sieben“ bezeichnete gleichermaßen „Fülle, Ganzheit, Überfluss“. Zu all diesen symbolischen Hinweisen kommt hinzu, dass die Oktave in der Musik auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten von Resonanzverhältnissen aufbaut und sich die sieben Töne zwingend daraus ableiten lassen. Entsprechendes gilt für die sieben Spektralfarben. Die Zehn: Die Zehn Gebote standen nach biblischem Bericht auf zwei Tafeln aufgeschrieben, auf der einen standen drei Gottesgebote, auf der anderen sieben Menschengebote. Auch hier gibt es also eine Entsprechung mit unserem Modell. Die Zwölf: Die Zwölf ist das Produkt aus drei und vier, also viermal die Dreiheit oder dreimal die Vierheit und insofern eine höhere Ausfaltung der Verbindung von drei und vier. So argumentiert Augustinus zum Beispiel, dass es Aufgabe der zwölf Apostel gewesen sei, den Glauben an die Trinität in den vier Weltgegenden zu verbreiten. Die Zwölf ist
Die siebenstufige Struktur des Lebens
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zudem die Summe aus sieben und fünf. Die Fünf kann aus drei und zwei addiert werden, wobei die Drei auch für den schöpferischmännlichen Pol (Yang) und die Zwei für den aufnehmend-weiblichen Pol (Yin) steht. So stellt die Zwölf noch eine höhere Vollkommenheitsstufe als die Sieben dar, in der nämlich nicht nur Geist und Materie, sondern zugleich die Pole „männlich“ und „weiblich“ miteinander verbunden sind. In der Musik ergibt sich die Zwölf aus der weiteren Unterteilung der sieben Haupttonschritte in Halbtonschritte. Jede einzelne Tonart besteht aber nur aus sieben Tönen. Erst die Unterteilung ermöglicht allerdings die Transformation von einer Tonart in die andere. Insofern ist die Zwölferreihe also wichtig, aber nicht eigenständig. Während die Sieben mehr den individuellen Menschen zugeordnet wird, steht die Zwölf eher für die Menschheit. Dass man keinen Gegensatz zwischen der Zwölf und der Sieben sah, zeigt sich darin, dass schon in alten Traditionen, zum Beispiel der Astrologie, Übersetzungsregeln angeboten werden, wie den sieben klassischen Planeten die zwölf Sternzeichen zugeordnet werden können. Zusammenfassung Dieser Abschnitt zeigt, dass die Sieben eine ernst zu nehmende Strukturgröße ist: f
Die Sieben gilt seit dem Altertum als heilige Zahl und ist dem Menschen zugeordnet.
f
Die siebenfache Blockierung und ein siebenstufiger Weg zur Persönlichkeitsentwicklung tauchen in vielen Symbolen auf.
f
Es besteht kein Gegensatz zwischen der Sieben und anderen Ordnungszahlen.
f
Neben dem Aufspüren der Sieben in der philosophischen Tradition und vielen Symbolen gibt es physikalische Resonanzphänomene,
110
Teil 3: Andere Modelle
aus denen sich die sieben Töne in der Oktave mit physikalischer Notwendigkeit ergeben. Das weist auf eine Grundstruktur der Realität hin, die sich, wie noch gezeigt werden wird, auch in anderen physikalischen Bereichen zeigt. Wir können also mit gutem Grund von der Sieben als Ausdruck einer Grundstruktur ausgehen, und entsprechend den Vergleich oder Zusammenbau mit anderen Modellen mit Siebenerstruktur unternehmen.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie Auf der Grundlage der Einsicht, dass die Sieben eine reale Bedeutung hat, vergleichen wir nun andere durch die Zahl Sieben strukturierte Modelle mit unserem Menschenbild. Bei dem Versuch herauszuarbeiten, ob, und wenn ja, in welcher Hinsicht, Übereinstimmungen zwischen verschiedenen Modellen bestehen, müssen wir davon ausgehen, dass Sprache nicht nur ein Mittel ist, um Sachverhalte zu verdeutlichen, sie kann auch Sachverhalte verschleiern. So, wie dasselbe Wort in unterschiedlichen Zusammenhängen Verschiedenes meinen kann, können auch verschiedene Worte dasselbe meinen. Insbesondere bei Modellen aus unterschiedlichen historischen und kulturellen Umfeldern müssen wir damit rechnen, dass die Gemeinsamkeiten nicht gleich im oberflächlichen Wort erscheinen, sondern erst bei einer Reflexion auf den Sinn. Wenn wir also Modelle aus unterschiedlichen Wissensbereichen, Künsten, Lehren und Kulturen miteinander vergleichen wollen, müssen wir sprachlich mit Begriffen und Worten „jonglieren“ und dürfen uns durch Worte nicht den Blick auf den Sinn verstellen lassen. Wir
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
111
müssen genau hinschauen und sorgfältig prüfen. An den Beispielen wird es deutlich werden. Als erstes Modell wähle ich die abendländisch-christlichen sieben Sakramente aus. Es ist ein vermutlich aus vorchristlichen Wurzeln gewachsenes Modell, das, wie alles geistige Gut unserer Tradition, christlich und kirchlich überformt ist. Die Form, in der die Sakramente in der Praxis vermittelt wurden, hat leider oft nicht ihren tieferen Sinn verdeutlicht, sondern Abwehrhaltungen dagegen provoziert. Dieses Modell bietet allerdings sehr klare psychische Hilfsmittel an. Danach werfen wir den Blick auf das Modell einer östlichen Kultur, die indisch-hinduistische Lehre von den sieben Chakras. Diese greift die psychologische Deutung der sieben Persönlichkeitsebenen auf und ermöglicht eine Zuordnung körperlicher Symptome. Es folgen Informationen über die Wirkung der sieben Spektralfarben, über die psychische und physische Wirkung von Edelsteinen und über die siebenstufige Struktur der Musik und die Heilwirkung der Töne. Zuletzt werden die Symbole der Astrologie den sieben Ebenen zugeordnet und gedeutet, und es wird die mögliche Wirkung von Planeten auf den Menschen erklärt.
Die sieben Heilmittel des Christentums Die sieben Sakramente gelten als die Heilmittel der Kirche. Das ist ein hoher Anspruch, dem sie in der Form religiöser Pflichtübungen kaum gerecht werden. Was steckt dahinter? Welcher vielleicht vergessene tiefere Sinn ist in den überlieferten Formen enthalten? Können diese Mittel wirklich seelische und körperliche Schmerzen heilen, wenn man sie richtig anzuwenden weiß? Gibt es für Störungen (Blockaden) auf den einzelnen Ebenen zu jeder Ebene ein passendes Heilmittel? Welches Sakrament passt zu welcher Ebene? Passen sie gar in ihrer überlieferten Reihenfolge zu der Reihenfolge unseres
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Teil 3: Andere Modelle
Persönlichkeitsmodells? Um auf diese Fragen Antworten zu finden, versuchen wir eine Zuordnung zu unserem Persönlichkeitsmodell. Das erste Sakrament ist die Taufe. Die Taufe wird zu Beginn des Lebens oder als Zeichen der Wiedergeburt gespendet, insofern kann sie mit der Lebensenergie assoziiert werden. Damit steht der Ausgangspunkt fest. Wenn man nun die antike Zählweise von unten nach oben anwendet, ergibt sich dann, gemäß der im Katechismus gelehrten Reihenfolge der Sakramente, folgende Zuordnung: Persönlichkeitsebene
Sakrament
7.
Geist
Ehe
6.
Vernunft
Priesterweihe
5.
Intention
Krankensalbung
4.
Emotion
Buße
3.
Charakter
Kommunion
2.
Antriebe
Firmung
1.
Lebensenergie
Taufe
Abbildung 10: Zuordnung der Sakramente zu den Ebenen der Person Die Namen der Sakramente sind allerdings eher verwirrend als erhellend. Sie stellen kein einheitliches Begriffsmodell dar: Während „Taufe“ (= untertauchen), „Krankensalbung“ und „Weihe“ die Art der Spendung des Sakraments beschreiben, sagen „Firmung“ (= Stärkung) und „Kommunion“ (= Gemeinschaft) etwas über die Inhalte des Sakramentes aus. Die Bezeichnung „Buße“ meint dagegen eher die Vor- oder Nachbereitung des Sakramentes und klingt negativ. Dieses Sakrament wird inhaltlich erst positiv verständlich, wenn die andere Benennung „Sakrament der Verzeihung“ herangezogen wird. Der Begriff „Ehe“ bedeutet im Germanischen soviel wie „Recht“ und weist eher auf den Rahmen des Sakramentes als auf das Geschehen dabei hin. Wir finden also in den sieben Namen der Sakramente verschiedene Arten der Namensgebung. Insofern wird zum Verständnis
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
113
der Bedeutung der Sakramente ein dialektisches = durchschauendes Bemühen erforderlich. Werfen wir einen Blick auf die einzelnen Sakramente. 1. Die Taufe Als Heilmittel für und zur Vorbeugung von Störungen auf der Ebene der Lebensenergie empfiehlt die christliche Tradition die Taufe. Was geschieht dabei? Bei der Taufe wird ein Mensch in eine Gemeinschaft aufgenommen. Wie soll man also mit der Lebensenergie eines Menschen umgehen? Sie und damit diese Person aufnehmen. Dass das Gegenteil (= Ausschluss) krank machen und töten würde, ist klar. Anders gefragt: Wie soll man also mit der Lebensenergie in sich selbst umgehen? Annehmen und zulassen. Das Wasser als Symbol der Taufe passt dann in dreifachem Sinn: Es spült Blockaden weg, fließt wie die Lebensenergie in uns und reinigt. Reinheit ist aber auch Purheit, und die Lebensenergie ist auf dieser Ebene – ehe sie auf der nächsten Ebene Kraft wird – pur. Bei der Taufe wird die Lebensenergie (auch: der Säugling als „Bündel von Lebensenergie“) in ihrem puren Potenzial, frei von allen Energieblockaden und -zerstreuungen, gesehen und angenommen. Das Heilmittel ist also Selbstannahme.
2. Die Firmung Als Heilmittel auf der Ebene der Antriebe empfiehlt die christliche Tradition „Firmung“, das heißt: Stärkung, Bestärkung, Ermutigung. Es ist naheliegend, die Firmung so zu verstehen: Die eigenen Antriebe sollen gelebt werden, und dazu brauchen sie Ermutigung und Unterstützung. Es ist offenbar, dass repressive Systeme und Erzieher häufig genau das Gegenteil praktiziert und gelehrt haben: Unter den Namen von Tugend, Demut, Unterordnung und Selbstdisziplin wur-
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Teil 3: Andere Modelle
den Triebunterdrückung, Selbstaufgabe und Verzicht gefordert. Dennoch sind die Sakramente in ihrem positiven Sinn Teil unserer guten abendländisch-christlichen Tradition. Das Heilmittel ist also im ursprünglichen Sinne die Ermutigung zu sich selbst.
3. Die Kommunion Auf der Ebene des Charakters wird als Heilmittel „communio“ empfohlen, das bedeutet „Gemeinschaft“. Die Grundanlage der Kanäle für den Fluss der Lebensenergie soll also vom Umfeld in einem positiven Sinne so gestaltet werden, dass ein Mensch gemeinschaftsfähig wird und sich in die Gemeinschaft integrieren kann. Das kann in zweierlei Hinsicht geschehen: Einerseits muss er lernen, alle seine Persönlichkeitsanteile in sich selbst zu einer Gemeinschaft zu integrieren, anstatt Teile davon zu verdrängen. Andererseits muss er lernen, alle seine Persönlichkeitsanteile in die äußere Gemeinschaft einzubringen. Nur wenn ein Mensch beides lernt, kann er zu einer innerlich ausgeglichenen Person werden, die sich harmonisch und selbstbewusst in eine Gemeinschaft einzubringen weiß. Das Heilmittel ist also innere und äußere Integration.
4. Die Buße Auf der Ebene der Emotion, auf der es um die Gestaltung von Beziehungen geht, empfiehlt die Tradition „Buße“ als Heilmittel. Das Wort „Buße“ bedeutet Ausgleich, Wiedergutmachung. Aber wie ist das zu erreichen? Da hilft die Benennung „Sakrament der Verzeihung“ weiter: Das Heilmittel heißt dann „verzeihen“. Das bedeutet, Ansprüche
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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und Forderungen an andere und an sich selbst aufzugeben und loszulassen (zum Beispiel den Anspruch des Perfektionismus). Anderen und sich selbst verzeihen zu können, kann durchaus als das Heilmittel für gestörte Beziehungen zu sich und zu anderen gelten. Aus „Verzeihung“ ergibt sich ein weiterer in diesem Sakrament enthaltener Aspekt: Um verzeihen zu können, bedarf es der „Weitherzigkeit“. Das entsprechende lateinische Wort „caritas“ steht im Gegensatz zu „amor“, womit die erotische Liebe bezeichnet wird, für eine umfassende, weitherzige Liebe. Das Heilmittel für emotionale Probleme lässt sich also mit „verzeihende, weitherzige Liebe“ ausdrücken.
5. Die Krankensalbung Der Ebene der Intention entspricht das Heilmittel „Krankensalbung“. Hier ist der Zusammenhang wegen der Namensgebung des Heilmittels etwas schwieriger zu erkennen. Ziel dieses Sakraments ist es, einen körperlich oder seelisch kranken Menschen wieder gesund zu machen. Nun haben wir festgestellt, dass es der Ebene der Intention entspricht, sich nicht auf eine bestimmte Lösung zu fixieren, sondern konsequent seine Richtung beizubehalten und kreativ nach alternativen Lösungen zu suchen. Wenn man nun den Grund einer Störung in einer nicht zu beseitigenden Blockade des Flusses der Lebensenergie sieht, dann besteht die Lösung in einem Bypass. Diesem Heilmittel geht es also um kreative Lösungen bei der Durchsetzung von wesentlichen Selbsterhaltungsinteressen, seien sie physischer, psychischer oder sozialer Art. Die diesem Heilmittel implizite Sichtweise des Heilens ist: Es wirkt nicht gegen die Störung selbst, sondern umspült sie mit kreativ heilenden Ideen. Das Problem wird überwunden werden, indem neue Kanäle für die Lebensenergie angelegt werden.
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Teil 3: Andere Modelle
Das Heilmittel für Hindernisse bei der Verwirklichung eigener Intentionen lautet also: Fixiere dich bei deinen Problemlösungsversuchen nicht auf die Hindernisse, sondern arbeite dich kreativ an ihnen vorbei zu deinem Ziel.
6. Die Priesterweihe Der Begriff „Priesterweihe“ vermittelt als Bild einen Priester, der im Dom von einem Bischof geweiht wird. Auch hier gilt es zu abstrahieren und den geistigen Gehalt hinter dem Ritus zu erkennen. Bei einer Weihe geht es um eine Einweihung. Wer aber in etwas eingeweiht wird, was er vorher nicht gekannt oder verstanden hat, dem fällt es wie Schuppen von den Augen, er erkennt und versteht. Entsprechend zur Ebene der Vernunft ist das Heilmittel dann sowohl Selbsterkenntnis als Welterkenntnis. Dazu gehört auch die Erkenntnis, wie man die eigene Identität (Lebensenergie) in der Außenwelt wirkungsvoll realisieren und manifestieren kann, sowie das Wissen um die Techniken zum Umgang mit der Außenwelt. Die Empfehlung der Tradition für den heilvollen Umgang mit der Vernunft lässt sich demnach so zusammenfassen: Strebe nach Erkenntnis und Verständnis deiner selbst, anderer und der Welt.
7. Die Ehe Für die Ebene des Geistes ist das Heilmittel „Ehe“ vorgesehen. Als siebtes Sakrament ist es gemäß der alten Zählweise keineswegs das letzte, sondern das höchste und vollendende Heilmittel. Ehe bedeutet konkret die Vereinigung von Mann und Frau, abstrakt-allgemeiner bedeutet sie die Vereinigung von männlichem Yang-Pol und weiblichem Yin-Pol, das heißt die Integration von Polaritäten zu einer Ganzheit. Wie das Ergebnis der konkreten körperlichen Vereinigung die Zeugung von Kindern sein kann, so kann es im übertragenen Sin-
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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ne auf dieser Ebene ein Ziel sein, durch die Integration von Polaritäten schöpferisch etwas Neues (zum Beispiel Ideen) zu erzeugen. Das entspricht unserem Verständnis der Ebene des Geistes. Innerlich trägt der Geist durch Reflexion dazu bei, eine Einheit zwischen den eigenen Handlungen und sich selbst zu schaffen und dadurch eine persönliche, selbstbewusste Identität auszubilden. Äußerlich ermöglicht er die Zusammenschau von sich selbst mit anderen Menschen und der Welt und ist das Werkzeug beim Bemühen, die in der Begegnung mit der Außenwelt auftretenden Polaritäten zu überwinden. Das entsprechende Heilmittel heißt also: Zusammenschau und Vereinigung zur Ganzheit.
Zusammenfassung Es wird deutlich, dass sich das Modell der Sakramente relativ einfach mit dem Modell der Persönlichkeit verbinden lässt und ihm entspricht. Der Sinn der Sakramente lässt sich deutlich als Heilmittel für Störungen auf den jeweiligen Ebenen formulieren, und es leuchtet ein, dass der entsprechend empfohlene geistige Vollzug für Lösungen taugt. Zugleich aber wird auch klar, dass kirchliche Überlieferungsformen der Sakramente auf Riten fixiert sind und vor allem formal und materiell gedeutet werden: Wer unter bestimmten äußeren Bedingungen Wasser über den Kopf bekommt, gilt als getauft; nur ein Bischof kann die Firmung spenden; die Kommunion ist das Altarsakrament und wird dort gereicht; bei der Buße bzw. Beichte geht es darum, ob und dass man vom Priester die Lossprechung erhält, bei der Ehe geht es nur um Mann und Frau. Unsere Betrachtung auf einer abstrakteren geistigen Ebene erschließt dagegen den Sinn, der sich über Riten und Formen hinaus als allgemeingültige, heilende Weisheit erweist.
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Teil 3: Andere Modelle
In der folgenden Abbildung 11 wird den Ebenen des Persönlichkeitsmodells neben dem jeweiligen Sakrament die Deutung dieses Sakraments als Heilmittel stichwortartig zugeordnet. Persönlichkeitsebene
Sakrament
Heilmittel
7.
Geist
Ehe
Vereinigung
6.
Vernunft
Priesterweihe
Einsicht
5.
Intention
Krankensalbung
Durchsetzung
4.
Emotion
Buße
Verzeihung
3.
Charakter
Kommunion
Integration
2.
Antriebe
Firmung
Ermutigung
1.
Lebensenergie
Taufe
(Selbst-)Annahme
Abbildung 11: Die Heilmittel für Störungen auf den Persönlichkeitsebenen
Die sieben Heilmittel der indischen Philosophie Wenden wir unseren Blick nun vom „Abendland“ ins „Morgenland“, in den Kulturkreis Indiens. Dass es auch dort ein auf den Menschen bezogenes siebenstufiges Modell gibt, ist insofern von Interesse, als sich dadurch zeigt, dass die beiden bisher behandelten Siebenermodelle nicht eine Spezialität des Abendlandes sind. Auch in einer gänzlich anderen, weit entfernten und über Jahrhunderte vom Abendland getrennten Kultur findet sich das Strukturmuster der Siebenzahl. Auch wenn die westlichen und östlichen Modelle aus einer gemeinsamen Wurzel stammen mögen, drückt sie in ihnen doch eine Wahrnehmung der Realität aus, die sich über Jahrhunderte auch in unterschiedlichen Kulturkreisen bewährt zu haben scheint. Das indische Modell ist eine Lehre von sieben feinstofflichen Energiezentren des Menschen. Sie werden als feinstoffliche Energiewirbel beschrieben und heißen „Chakras“. In den indischen Darstellungen
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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werden sie häufig als Lotosblüten abgebildet. Es scheint sich dabei um Zentren desselben Energiefeldes zu handeln, auf dem die chinesische Akupunktur praktiziert wird. Lässt sich wiederum eine parallele Entsprechung zu unserem Persönlichkeitsmodell aufzeigen und ein Nutzen dieses Modells als Hilfsmittel für die Selbstführung? Die Zahl Sieben lässt das vermuten. Was sagt das Modell aus? Zunächst einmal gibt es sieben Namen für diese sieben Zentren. Sie können uns allerdings leider nicht als Schlüssel zu ihrem geistigen Gehalt dienen. In der Literatur werden sie lediglich als Namen verwendet, und das Benannte wird erklärt. Bedauerlicherweise konnte ich keine überzeugenden Übersetzungen dieser Namen finden. Allerdings bietet dieses Siebenermodell einen anderen weiterführenden Zugang. Die Bedeutung der einzelnen Chakras wird nämlich doppelt erklärt, sowohl psychisch-geistig als auch körperlich. Es handelt sich also um ein ganzheitliches Modell vom Menschen. Bei der Beschreibung der Bedeutung der einzelnen Chakras gehen wir sie der Reihe nach, von unten nach oben, einzeln durch. Dabei unterscheiden wir jeweils die psychische und die somatische (= körperliche) Bedeutung und stellen gleichzeitig den Bezug zum Persönlichkeitsmodell und den Sakramenten her. 1. Mulhadara – Basis-Chakra Das Basis-Chakra ist nach indischer Auffassung die Wiege der Kundalini. Kundalini ist die Lebensenergie mit ihrem Willen zum Sein. Sie ruht an der Basis der Wirbelsäule und strebt danach, sich durch alle Chakras hindurch zu entfalten. Gelingt das, so wird die Person heil oder „heilig“. Gelingt das nicht, weil der Energiefluss irgendwo gehemmt ist, bleibt sie blockiert und unerleuchtet.
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Teil 3: Andere Modelle
Psychische Bedeutung: Im heilen Zustand entspricht der Energie dieses Chakras Sicherheit, Geborgenheit, Klarheit und Verantwortungsbewusstsein. Es stellt in dieser Hinsicht auf die Einbettung in eine Gemeinschaft ein Zentrum für Gruppenbewusstsein dar. Im unheilen Zustand entspricht seiner Energie Lebensangst, Egoismus und Neid, also das Gegenteil. Körperliche Bedeutung: Das Basis-Chakra wird den Adrenalindrüsen zugeordnet, die für die Regulierung der körperlichen Aktivität zuständig sind. Diese Drüsen regieren nach indischer Auffassung die Nieren, die Wirbelsäule, den Dickdarm und das Rektum. Krankheiten dieser Organe werden also mit einer Störung dieses Chakras in Verbindung gebracht. Die Entsprechungen zu den beiden anderen Modellen sind: X X X X
Wir erkennen die Entsprechung von „Kundalini“ und „Lebensenergie“. Der „Einbettung in die Gemeinschaft“ entspricht die „Aufnahme in die Gemeinschaft bei der Taufe“. Die Aufnahme in die Gemeinschaft aber bedeutet Sicherheit und Geborgenheit. Die Negation der Lebensenergie ist Lebensangst und führt zu Verkrampfung. Es fällt schwer, sich aufrecht zu halten (Wirbelsäule) und seine Erlebnisse zu verdauen (Belastung der Verdauungsorgane).
2. Svadhistana – Sexual-Chakra Dieses Chakra wird als schöpferisches Zentrum und Wohnsitz der Kraft beschrieben und im Japanischen „Hara“ genannt.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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Psychische Bedeutung: Im heilen Zustand entspricht der Energie dieses Zentrums Urvertrauen und Toleranz. Das wird verständlich, wenn man annimmt, dass ein bewusster und glückender Umgang mit Sexualität hilft, grundsätzlich mit Gegensätzen angstfrei umzugehen und sie zuzulassen. Aus dem Vertrauen, dass immer zwei Pole die Voraussetzung für eine Ganzheit sind, kann dann auch Toleranz erwachsen. Im unheilen Zustand der Angst, nicht ganz werden zu können, bedeutet diese Energie entsprechend eine suchtartig unstillbare Gier nach Fülle sowie Intoleranz gegenüber jedem, der einem etwas davon wegnehmen könnte. Körperliche Bedeutung: Das Sexual-Chakra wird den Geschlechtsdrüsen zugeordnet sowie den Geschlechtsorganen, dem Beckenraum, den Hoden, der Prostata und den Eierstöcken. Entsprechungen zu den beiden anderen Modellen sind: X X
Es geht um die Antriebsebene. Der Sinn dieses Zentrums liegt im Zulassen auch gegensätzlicher Antriebe. Es geht also um das Vertrauen zu diesen Antrieben, und das entspricht dem Sinn der Firmung (Ermutigung).
3. Manipura – Sonnengeflechts-Chakra Dieses Chakra wird als Zentrum zur Sammlung der Energie der unteren Zentren vor ihrer Weiterleitung in die oberen beschrieben. Es geht hier um die Bündelung von Energie und damit um Macht, deshalb heißt es auch „Macht-Chakra“. Psychische Bedeutung: Dem heilen Chakra entspricht Mut zu bewusstem Handeln, Tapferkeit und Ehrlichkeit sowie direkter Einsatz der eigenen Energie, also ein positiver Einsatz der eigenen Macht. Dagegen stehen beim unheilen
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Teil 3: Andere Modelle
Zustand Machtkampf, Rivalität und Aggressivität im Vordergrund, also Macht, die sich destruktiv gegen andere richtet. Körperliche Bedeutung: Dem Macht-Chakra wird die Bauchspeicheldrüse als Hauptorgan zugeordnet, die wiederum den Magen, die Leber, die Galle, die Bauchhöhle, die Milz und die Verdauung regiert. Die Entsprechungen mit den beiden anderen Modellen sind: X
X
X
X X X
X
Hier geht es um Sammlung der Energie. Bei der Erziehung geht es gleichfalls um die Bündelung und Steuerung der Energie. Bei dem Sakrament Kommunion geht es um gesteuerte Integration der Energie. Das Sonnengeflechts-Chakra ist ein Verbindungs- und Kommunikations-Chakra, es lässt die unteren mit den oberen Chakras kommunizieren. In der Kindheit findet die Grundkommunikation der Gesellschaft mit dem Einzelnen statt. Dabei wird versucht, im jungen Menschen bestimmte Kommunikationsbahnen anzulegen. Im Fall einer positiven Sozialisation ist Mut zu bewusstem Handeln, Tapferkeit und Ehrlichkeit das Ergebnis. Das Sonnengeflecht ist ein (Nerven-)Kommunikationszentrum. Die Galle läuft jemandem über, oder jemand ist sauer (Bauchspeicheldrüse), wenn er sich geärgert hat, das heißt, wenn er feststellt, dass er selbst oder jemand anders Normen, Erwartungen oder Ansprüche nicht befolgt oder ihnen zuwidergehandelt hat. Auch bei Angst, in einem Machtkampf zu unterliegen, kann sich beim Menschen der Magen oder die Galle verkrampfen.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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4. Anahata – Herz-Chakra Dieses Chakra wird auch das „Hingabe-Chakra“ genannt. Psychische Bedeutung: Im heilen Zustand entspricht diesem Chakra Hingabe an alle Lebewesen und Harmonie mit der ganzen Welt. Gleichzeitig, respektive in innerer Anwendung, geht es hier um innere Hingabe und inneren Frieden mit sich. Im negativen Sinn entsprechen dieser Ebene Formen unechten Friedens wie Selbstbetrug und Schmeichelei, die in Ich-Verhaftung wurzeln. Körperliche Bedeutung: Dem Herz-Chakra werden zugeordnet die Thymusdrüse, das Herz, Blut und Kreislauf sowie die Lungen. Entsprechungen mit den anderen Modellen: X
X
Der Begriff der Hingabe ähnelt dem der „Caritas“, der weitherzigen, verzeihenden Liebe, durch die alle Beziehungen geheilt werden können. Wer sich dem Leben und den Situationen, die das Leben bringt, nicht hingeben kann, sondern sich in Hass verweigert und blockiert, der bekommt Bluthochdruck oder ihm bricht das Herz.
5. Vishudda – Kehlkopf-Chakra Dieses Zentrum wird auch „Klang-Chakra“ genannt, denn es ist da angesiedelt, wo die Stimme entsteht. Da sich der einzelne Mensch mittels seiner Stimme und Sprache in die Welt bringt und diese mitgestaltet, gilt dieses Zentrum im Sinn von „creare“ = lateinisch „erschaffen“ und „cry“ = englisch „rufen“ als ein schöpferisches Zentrum.
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Teil 3: Andere Modelle
Psychische Bedeutung: Der Energie dieses Chakras entspricht im heilen Zustand Kreativität, Schlagfertigkeit und Intuitivität im Sinne des Zugangs zu universalem Wissen sowie Mut zum Ausdruck der Wahrheit, im unheilen Zustand dagegen durch Egoismus begrenzte Ausdruckskraft. Jemand, in dem die Lebenskraft (= Ausdruckskraft) verklemmt ist und nicht fließen kann, muss seine Zuflucht nehmen zu: List, Betrug, Verführung, Manipulation. Körperliche Bedeutung: Diesem Chakra werden die Schilddrüse, die Lungen, die Bronchien, die Stimme, die Speiseröhre und der Nacken zugeordnet. Übereinstimmung mit den anderen Modellen: X
Die Begriffe Durchsetzungskraft, Widerstandskraft und Strebefähigkeit entsprechen einander. Die Methode der Durchsetzung ist kreative Intuition.
6. Anja – Stirn-Chakra Beim Stirn-Chakra geht es um das sogenannte „Dritte Auge“, das auch in unserem westlichen Sprachschatz in dieser Formulierung geläufig ist, und in der Rede vom „zweiten Gesicht“ (wobei die ersten beiden Augen zum „ersten Gesicht“ gehören). Dabei empfiehlt es sich, den Begriff „Hellsichtigkeit“ zunächst einmal schlicht als „klare Erkenntnisfähigkeit“ zu verstehen, und erst in zweiter Hinsicht als übersinnlich. Selbst der Begriff „übersinnlich“ scheint mir meist überbewertet zu sein: Wenn man jemanden lächeln sieht, so handelt es sich bei der Wahrnehmung um eine sinnliche Erkenntnis. Der Schluss, dass diese Person sich freut, ist schon nicht mehr mit den Sinnen gezogen, sondern geht über Sinneserkenntnis hinaus, ist also im eigentlichen Sinn des Wortes „übersinnlich“, ohne deswegen schon magisch zu sein.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
125
Psychische Bedeutung: Im heilen Zustand entspricht diesem Chakra klare Erkenntnisfähigeit, Meisterschaft des Bewusstseins, Erkenntnis der göttlichen Vollkommenheit in allen Dingen (es geht also vor allem um Verständnis für die Welt!), im negativen Fall Engstirnigkeit und Vorurteilsbehaftung. Körperliche Bedeutung: Dem Chakra wird die Hirnanhangdrüse, die unteren Gehirnteile, das Nervensystem, die Ohren, die Nase und das linke Auge zugeordnet. Entsprechungen zu den anderen Modellen: X X X
Die Vernunft ist unser Erkenntnisorgan. „Vernunft“ kommt von „Vernehmen“, also auch vom Hören. Erkenntnis und Verständnis wird bei der „Einweihung“ vermittelt.
7. Sahasrara – Scheitel-Chakra Bei diesem Zentrum handelt es sich um den höchsten Grad universeller (und damit integrativer) Erkenntnis, in der alle Polaritäten überwunden sind. Es geht darum, dass die frei durchfließende vergeistigte Lebensenergie durch den Menschen in die Welt hinausstrahlt. Dargestellt wird dieser Zustand in den bildlichen Traditionen Indiens durch die tausendblättrige Lotosblüte oder durch die Flamme auf dem Scheitel mancher Buddhastatuen. In abendländischer Tradition wird er verbal als „chymische Hochzeit“ bezeichnet. Als Bildsymbol steht die Pfingstflamme (da ging ihnen ein Licht auf) oder der Heiligenschein (= Person mit lichter Ausstrahlung). Körperliche Bedeutung: Dem Chakra zugeordnet werden die Zirbeldrüse, das Großhirn, das rechte Auge und die Schädeldecke. Entsprechung zu den anderen Modellen:
126 X
Teil 3: Andere Modelle
Die Übereinstimmung zu Ehe und integrativem Selbstbewusstsein liegt auf der Hand.
Zusammenfassung Beim sensiblen Forschen nach dem tieferen Sinn der Sakramente und der Chakras wird deutlich, dass es in beiden Modellen um dieselbe Struktur geht wie im Persönlichkeitsmodell. Wenn wir das Modell der Persönlichkeit als ein psychologisches Modell betrachten, dann zeigt das Sakramentenmodell die Heilmittel für Störungen auf und das indische Chakrenmodell bietet die psychosomatische Ergänzung. Es verweist nicht nur auf weitere psychologische Details und Hintergründe, sondern hilft auch, Störungen der körperlichen Gesundheit zuzuordnen und auf der entsprechenden psychischen Ebene anzugehen. So ergänzen sich die drei bisherigen Modelle zu einem neuen, vollständigeren Gesamtmodell, aus dem konkrete Handlungsmaßnahmen abzuleiten sind: Bei einem körperlichen Schmerzsymptom (das gilt bereits vor der Manifestierung eines Schmerzes als Krankheit) kann es sowohl zur Diagnose des psychischen Hintergrundes als auch zur psychologischen Therapie herangezogen werden. Mit umso größerem Zutrauen, dass wir uns auf einem gangbaren Pfad mit lohnendem Ziel befinden, wenden wir den Blick auf weitere Modelle mit Siebenerstruktur und fragen nach den Bereicherungen, die sich aus ihnen ergeben.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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Ebenen der Person
Chakras
körperliche Entsprechung
psychische Entsprechung
7.
Geist
Sahasrara Ort: Scheitel
Zirbeldrüse rechtes Auge
Vergeistigung Erleuchtung
6.
Vernunft
Anja Ort: Stirn
Hypothalamus linkes Auge
Klarheit der Erkenntnis
5.
Intention
Vishudda Ort: Kehlkopf
Schilddrüse Lunge, Stimme
Kreativität Intuition
4.
Emotion
Anahata Ort: Herz
Thymusdrüse Herz, Blut
Liebe Hingabe
3.
Charakter
Manipiura Ort: Solarplexus
Pankreas Magen, Leber
Mut, Einsatz Kommunikation
2.
Antriebe
Svadhistana Ort: Unterbauch
Geschlechtsdrüsen Eierstöcke
Urvertrauen Aktivität
1.
Lebensenergie
Mulhadara Ort: Basis
Adrenalindrüsen Dickdarm
Wille zum Sein Lebenskraft
Abbildung 12: Zuordnung der Chakras und ihre Bedeutung zum Modell der Persönlichkeit
Die sieben Farben des Regenbogens als Heilmittel Der Regenbogen hat sieben deutlich unterscheidbare Spektralfarben. Mittels eines Prismas wird das Licht in sieben Farben gebrochen. Interessanterweise wird in der indischen Chakrenlehre den einzelnen Chakras jeweils eine Farbe zugeordnet, von unten nach oben in der Reihenfolge des Regenbogens: Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau, Violett oder auch als Summe aller Farben Weiß. Nun ist es allgemein bekannt, dass bestimmte Farben unsere Stimmungen beeinflussen: Rot aktiviert, Gelborange strahlt Wärme aus, Grün beruhigt und Blau wirkt kühl. Unabhängig von unserem Bewusstsein wirken diese Farben auf unser vegetatives Nervensystem. Schon lange haben Mediziner vermutet, dass Farben nicht nur auf unsere Stimmung, sondern auch auf unseren Körper eine heilende
128
Teil 3: Andere Modelle
Wirkung haben könnten. So erhielt der dänische Arzt Niels Finsen schon 1903 für seine bahnbrechenden Forschungen über Licht und Farbwirkungen den Nobelpreis. Dabei wird die Wirkung nach den Erkenntnissen von Farbtherapeuten schon durch das Betrachten einer Farbtafel erreicht. Nicht umsonst ist ja auch ein Heer von Farbpsychologen damit beschäftigt, die optimalen Farben und Farbkompositionen für Arbeitsräume, Wohnungen, Verpackungen und Werbeinserate auszutüfteln. Eine stärkere Wirkung wird aber auch durch direkte Bestrahlung von Hautregionen mit entsprechend farbigem Licht erreicht. Über die Nerven- und/oder Akupunkturenergiebahnen werden die entsprechenden Energieimpulse dann zu bestimmten Organen transportiert und führen dort zu Funktionsänderungen. Dass die richtige Art der Beleuchtung eine große Rolle spielt, zeigte ein Experiment an einer amerikanischen Schule in Vermont: Als die Lampen mit eingeschränktem Lichtfarbenspektrum durch Ganz-Spektrum-Lampen ersetzt wurden, sanken die krankheitsbedingten Fehlzeiten signifikant. Bei der Laserakupunktur werden ebenfalls Lichtimpulse an bestimmten Körperpunkten angesetzt. Aus meiner eigenen Praxis kann ich berichten, dass der Versuch, sich die sieben Farben mit geschlossenen Augen nacheinander vorzustellen, als Diagnosemittel taugt: Die Farben, die nicht oder nur schwer visualisiert werden können, deuten auf eine Störung auf der jeweiligen Ebene hin. Indem die fehlende Farbschwingung entweder durch Imagination oder durch das Betrachten entsprechender Farbtafeln erzeugt wird, kann das betroffene Zentrum wieder aktiviert werden. Dadurch, dass in der Chakrenlehre den Energieebenen jeweils eine Farbe zugeordnet wird, ist die Zusammenschau psychischer Dimensionen und körperlicher Regionen mit den entsprechend wirksamen Farben möglich:
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
Person
Körperregion
Farbe
Farbwirkung
Geist
Scheitel
Violett/Weiß
vergeistigt
Vernunft
Stirn
Dunkelblau
ernüchtert
Intention
Hals
Hellblau
klärt
Emotion
Herz
Grün
beruhigt
Charakter
Sonnengeflecht
Gelb
wärmt
Antriebe
Unterbauch
Orange
aktiviert
Lebensenergie
Basis
Rot
regt an
129
Abbildung 13: Zuordnung der Farben als Heilmittel zu den einzelnen Ebenen
Edelsteinheilkunde Wenn man nun unterstellt, dass die Schwingungsenergie der Farben besonders stark und rein in den Edelsteinen entsprechender Farbe vorherrscht, dann lässt sich auch der Auffassung folgen, dass entsprechend farbige Steine auf die jeweilige körperliche Region bzw. psychische Dimension heilend wirken. Diese Auffassung gibt es seit Jahrhunderten, und sie wird neuerdings auch bei uns wieder von „Edelsteintherapeuten“ vertreten und praktiziert. Die Wirkungen, die den Steinen in der Edelsteinheilkunde zugeordnet werden, entsprechen erstaunlich genau dem, was wir bereits aus den anderen Modellen kennen (vgl. Abbildung 14). Sowohl aus einer indischen Tradition als auch aus den medizinischen Lehren der Hildegard von Bingen ist überliefert, dass bei bestimmten Krankheiten empfohlen wird, „farbiges Wasser“ zu trinken. Es wird unter anderem zubereitet, indem eine mit Wasser und dem entsprechenden Edelstein gefüllte Glasflasche für einen Tag in die Sonne gestellt wird. Das Wasser nimmt dann die Schwingung des Steins auf
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Teil 3: Andere Modelle
und überträgt sie auf den, der das Wasser trinkt. Nach dem gleichen Prinzip arbeitet die Homöopathie. Farbe
Steine
Wirkung
Violett
Amethyst
geistige und spirituelle Klarheit, gegen Kopfschmerzen
Dunkelblau
Saphir Lapislazuli
beruhigt, ernüchtert, macht pflichttreu und gewissenhaft, stärkt die Abwehrkraft, desinfizierend, gegen Entzündungen
Hellblau
Aquamarin Türkis
fördert die Intuition, gut für Augen, Haut, Hals und Kehlkopf
Grün
Smaragd Chrysolit Aventurin
inneres Gleichgewicht, Selbstbeherrschung und Reife, unterstützt Herz und Nieren, bei Grippe und Krebs
Gelb
Zitrin Topas
aktiviert, zieht ins Leben, fördert die Verdauung, gegen Zuckerkrankheit
Orange
Karneol
weckt den Genuss, fördert die Verdauung und befreit von Steinen
Rot
Rubin Granat
anregend, zentrifugal, wirkt auf Blutbildung und Kreislauf
Abbildung 14: Die Wirkung der Edelsteine
Die sieben Töne der Musik als Heilmittel Dass laute Geräusche physische und psychische Effekte verursachen, ist bekannt. Sind diese Klänge in sich unstrukturiert, sind auch die Effekte strukturlos, und das bedeutet destruktiv. So können Schallwellen von Explosionen oder Überschallflug Glas, Stein, Mauern und ganze Gebäude beschädigen oder zerstören, und Menschen werden durch Lärm krank gemacht. Gemäß biblischem Bericht fielen die Mauern Jerichos beim Klang von Posaunen. Leider wird nicht berichtet, wie viele Posaunen dafür notwendig waren.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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Gezielte und strukturierte Effekte dagegen lassen sich durch strukturierte Klänge erreichen. Sie können inspirieren, aktivieren, dämpfen und heilen. Die Harmonielehre der Musik handelt davon. In der Musik wird zwischen Tönen und Rhythmen unterschieden. Beide haben eine Wirkung. An Tönen werden sieben unterschieden, die sich im achten Ton jeweils auf einer anderen Ebene (Oktave) wiederholen. Die Siebenzahl lässt vermuten, dass hier wieder eine Entsprechung vorliegt und gezielte Wirkungen auf den sieben Ebenen erreichbar sind. Einen Eindruck davon, wie stark ein Rhythmus einen Einzelnen und eine Menschenmenge mitreißen kann, hat jeder aus Musikveranstaltungen. Man neigt dazu, mit dem ganzen Körper mitzuschwingen und mit in den Tanz gezogen zu werden. Orgel, Posaune und Pauke wirken dramatisch bis in den Körper hinein. Die eigene Stimmung kann zwischen Wonne und trauriger Sehnsucht hin- und hergerissen werden. Wer könnte sich dem völlig entziehen? Wer einmal afrikanische Tänze oder die Tänze der südamerikanischen Farbigen erlebt hat, weiß sogar von noch stärkeren Wirkungen zu berichten: Tänzer und Zuhörer/Zuschauer fallen dabei durch den Rhythmus in Trance. Die Verwendung der Musik im kultischen und militärischen Gebrauch (Kampflieder, Kriegslieder, Marschmusik, Kampfschreie) zeigt ebenfalls, welche Bedeutung und Wirkung Musik haben kann. Aber auch andere gezielte Effekte sind vorstellbar: Ein aztekischer Häuptling berichtete mir einmal, dass sein Stamm mit einem bestimmten Rhythmus, der von mindestens 200 Trommlern geschlagen werden müsse, innerhalb weniger Stunden Regen machen könne. Wetterlagen gelten in der Tat als atmosphärische Schwingungsmuster. Warum sollten sie nicht durch einen entsprechenden Rhythmus aktiviert und angezogen bzw. abgestoßen werden? Das Läuten einer Glocke bei Gewitter war auch in Europa über Jahrhunderte üblich.
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Teil 3: Andere Modelle
Der Macht des Klangs scheint keine Grenze gesetzt zu sein. Über das alte Wissen von der Macht der Musik gibt das lateinische Wort für „singen“ = „cantare“ Auskunft. Es hatte ursprünglich die Bedeutung „zaubern“, „durch Zauber schaffen“. Dass man durch entsprechenden Gesang Menschen „in Bann ziehen“, das heißt bannen kann, beschreibt schon Homer in der Ilias über die Sirenen, die alle vorbeifahrenden Seefahrer in ihren Bann schlugen, dafür steht in den Rheinsagen die Loreley, und das weiß jeder, der schon einmal von der Stimme und dem Gesang eines Sängers berührt und verzaubert worden ist. Auch in modernen Formulierungen gibt es manchmal noch einen magischen Beigeschmack. Und ist nicht der Übergang vom Zaubern zu Bannen und Heilen im Sinn von „eine Krankheit bannen“ fließend und graduell? Josef von Eichendorff weiß ebenfalls über die Macht der Töne und schreibt: „Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort.“ Im Anfang, so heißt es, war das Urwort, die Urenergie. Vielleicht gehört hierher auch die Frage, ob die Bibelübersetzung wirklich richtig ist, dass Gott den Menschen aus Lehm gebildet habe, vielleicht ließe sich statt „Lehm“ auch „Ton“ übersetzen, und dann wären wir wieder in der Musik. Versuche, Musik zu malen – also in Farben umzusetzen –, gibt es vermutlich, seit es Musik gibt. Die Künstler beschreiten dabei verschiedene Wege. Die einen hören Musik und setzen sie dann nach dem von ihnen subjektiv empfundenen Gesamteindruck in ein Bild um. Solche Werke geben im Wesentlichen eine persönliche Grundstimmung des Malers wieder. Andere Künstler haben jedoch versucht, die Umsetzung mittels einer rational-mathematischen Analyse zu
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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bewerkstelligen. Dabei entstand eine Fülle sehr intensiver Reflexionen über Analogien und mögliche Bezüge zwischen musikalischer Harmonie und Farbharmonie. So ordneten die Künstler Severini und Wyschnegradska den zwölf Tönen der chromatischen Tonskala zwölf Farbtöne zu, die das gesamte Spektrum durchwandern. Eine solche Umsetzung ist durchaus mathematisch exakt möglich, wenn man nämlich aufzeigt, dass durch Verdopplung der Schwingungslänge eine Oktave gebildet wird und Oktavschwingungen einander entsprechen. Dann ist über eine zureichend große Zahl von Oktavschritten jeder Farbschwingung eine entsprechende Tonschwingung zuzuordnen. Goethe weiß darum, wenn er im Prolog zu Faust schreibt: „Die Sonne tönt nach alter Weise In Brudersphären Wettgesang, Und ihre vorgeschriebne Reise Vollendet sie mit Donnergang.“ Da nun schon eine Zuordnung der Farben zu den Persönlichkeitsebenen vorliegt, können wir jetzt auch jeder Persönlichkeitsebene mathematisch exakt einen bestimmten Ton bzw. Frequenzbereich zuordnen. H. Cousto (Die Oktave) hat diese Berechnung durchgeführt. Wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Planeten auf ihren ovalen Bahnen hat der Ton jedes Planeten einen gewissen Schwankungsbereich. Es ergibt sich die folgende Zuordnung, die in Abbildung 15 schon mit dem Persönlichkeitsmodell verbunden vorgestellt wird.
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Teil 3: Andere Modelle
Persönlichkeitsebene
Farbe
Ton
Vokal
Geist
Violett
E
ü
Vernunft
Dunkelblau
D DIS
i
Intention
Hellblau
CIS
e
Emotion
Grün
CH
a
Charakter
Gelb
A
o
Antriebe
Orange
G GIS
ö
Lebensenergie
Rot
F FIS
u
Abbildung 15: Zuordnung der Töne zu den Persönlichkeitsebenen Anwendungen von Musik und musikalischer Harmonielehre als Hilfsmittel 1. Beeinflussung der einzelnen Persönlichkeitsebenen durch Töne Wenn Sie nun davon ausgehen, dass jeder Ton auf der entsprechenden Ebene den Energiedurchfluss aktiviert, dann können Sie, indem Sie einen Ton singen, die jeweilige Ebene in sich stimulieren. Die Wirkung beim Singen können Sie verstärken, wenn Sie jeden Ton als bestimmten Vokal singen. Die Zuordnung der entsprechenden Vokale können Sie aus Abbildung 15 ebenfalls ablesen. 2. Stimulierung der eigenen Person durch Musikstücke Zur Selbstbeeinflussung ist es naheliegend, sich die Klänge und Rhythmen auszusuchen und zu erzeugen, die einem den gewünschten Effekt bringen. Das tut jeder intuitiv, der sich eine CD auflegt oder selbst musiziert. Dass manche Musik eher zum Tanzen, andere eher zum Träumen und Meditieren anregt, einschläfernd wirken kann oder erregend, ist bekannt und wird in verschiedenen Formen der Musiktherapie gezielt eingesetzt.
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3. Rhythmen als Grundlage des Superlearning Eine weitere Anwendungsform wird bei der Lernmethode des Superlearning praktiziert. In den Forschungen dazu wurde nachgewiesen, dass die Aufnahmefähigkeit des Gehirns vor allem durch das Abspielen von langsamen Sätzen der Barockmusik (Adagio, Larghetto und Largo) wesentlich gesteigert werden kann. Auch auf das Wachstum von Pflanzen und Tieren wirkt gerade diese Musik sowie bestimmte indische Sitar-Musik vorteilhaft. 4. Musik kann heilen Zum Heilen von Krankheiten wurde Musik schon früh eingesetzt. Von Kepler (1571–1630) stammt der Bericht: „Es pflegen etliche Ärzte ihre Patienten durch eine liebliche Musik zu kurieren.“ Agrippa von Nettesheim formuliert Anfang des 16. Jahrhunderts den Gedanken: „Wer krank ist, stimmt nicht mehr mit dem Universum überein. Er kann aber die Harmonie (den Gleichklang) wiederfinden und gesund werden, wenn er seine Bewegungen nach denen der Gestirne richtet.“ Das heißt, er kann Harmonie erlangen, wenn er sich den natürlichen Rhythmen unterwirft. H. Cousto hat neuerdings sogar eine Form der Tonakupunktur entwickelt, bei der die Schwingungen eines Tons auf bestimmten Körperpunkten der Akupunkturmeridiane durch Stimmgabeln zugeführt werden. 5. Mantren als heilende Klang- und Lautfolgen Eine andere alte Praxis, um bestimmte Persönlichkeitsebenen zu reinigen, zu aktivieren oder zu beruhigen, besteht darin, sich singend auf einen entsprechenden Ton, die darauf aufbauende Tonart und/oder eine entsprechende Lautfolge einzustimmen. Die indischen und tibetischen Mönche tun das, indem sie Mantras (heilige = heilende Laute) über lange Zeit auf einen festgelegten Ton bzw. eine bestimmte Tonfolge singen. Im christlichen Bereich gibt es gleichfalls solche
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Mantras. Das „Kyrie Eleison“ zum Beispiel gilt als „Herzensgebet“, betrifft also die Emotionsebene, und ist gemäß der obigen Zuordnung der Töne auf C oder H zu singen, um seine stärkste Wirkung zu entfalten. Übersetzt heißt es: „Herr erlöse uns", das heißt, löse die in uns blockierte hingebende Liebesenergie. Weitere Mantras aus dem christlichen Bereich sind unter anderen: „Halleluja“, „Amen“ (entspricht dem indischen OM, welches von den indischen Mönchen auf den Ton Cis intoniert wird (Kreativität), „Hosanna“ sowie die verschiedenen heiligen Namen Gottes. Da die Wirkung von Mantras auch auf einer bestimmten Lautfolge beruht, lassen sie sich nicht von einer Sprache in die andere übersetzen. Bei eigenen Untersuchungen über die mantrische Wirkung heiliger Texte (auch ganzer Satzfolgen) musste ich feststellen, dass die gängigen deutschen Übersetzungen der Bibel allenfalls noch zu 20 Prozent mit der mantrischen Wirkung im griechischen und lateinischen Text übereinstimmen und daher in dieser Hinsicht falsch und unbrauchbar sind. Die Mantrik der lateinischen Übersetzung entspricht im Übrigen, soweit ich feststellen konnte, der des griechischen Originals. Wenn die heiligen-heilenden Urworte durch Übersetzungen so verstümmelt und verdreht sind, braucht man sich nicht zu wundern, wenn sie keine Kraft mehr entfalten und keine Wunder mehr bewirken. Viele, die sie nicht mehr hören mögen, haben vielleicht sogar das feinere Gespür für ihre Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit bewiesen als jene, die sich aus Pflicht und Tradition weiter mit ihnen befassen. 6. Harmonisierende Proportionen Neben den Schwingungen von einzelnen Tönen gibt es auch Schwingungen, die als feste Muster bestehen. Es handelt sich dabei um die Proportionen, das heißt Verhältnisse, in denen verschiedene Teile eines Ganzen zueinander stehen.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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So stehen die Töne einer Oktave immer in demselben festen Verhältnis zueinander, egal um welchen Grundton es sich handelt. Die Tonverhältnisse, die wir als harmonisch empfinden, stehen alle in ganzzahligen Proportionen zueinander. Die Oktave zu einem Ton ergibt sich, wenn man die Saitenlänge dieses Tons auf einem Instrument entweder halbiert oder verdoppelt. Das heißt, das Verhältnis der Oktave drückt sich in den Zahlen 1:2 aus. Bei der Quinte ist es 2:3, das heißt, die Saite wird gedrittelt, bei der Quarte ist das Verhältnis 3:4. Solche Proportionen finden sich in jedem Akkord. Nun sind die meisten nichtklanglichen Proportionen, die sich in der Natur finden, auf harmonische musikalische Proportionen zurückzuführen, das heißt, es handelt sich dabei um erstarrte harmonische Schwingungsmuster. Sie finden sich sowohl in Sanddünen in der Wüste, in Wellenmustern am Strand oder in Schäfchenwolken, aber auch in den Verhältnissen der Bahnen der Planeten zueinander, in den Elektronenschalen des Atoms und im menschlichen Körperbau (wie im Himmel, so auf Erden). Das Verhältnis des als harmonisch empfundenen „Goldenen Schnitts“ ist 3:5 und 5:8. Das heißt: Eine Strecke wird so geteilt, dass sich der kleinere Teil so zum größeren verhält wie der größere zur ganzen Strecke. Dieses Verhältnis entspricht musikalisch dem der Saitenteilung auf einem Instrument bei der Sexte. Es findet sich vielfältig im menschlichen Körper: Der Bauchnabel teilt die Körperlänge im Verhältnis des Goldenen Schnitts, die Brustwarzen entsprechend die Gesamtbreite eines Menschen mit ausgestreckten Armen. Der Beinansatz teilt die Körperhöhe vom Fuß bis zu den Brustwarzen nach der Proportion des Goldenen Schnitts und das Knie teilt das Bein entsprechend, das Ellbogengelenk den ganzen Arm mit ausgestreckter Hand, die Augenbrauen die Höhe des Kopfes etc. Der menschliche Körper ist also nach harmonischen musikalischen Proportionen aufgebaut, die sich mathematisch exakt darstellen lassen. Er stellt eine Klangform dar.
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Teil 3: Andere Modelle
An dieser Stelle ist daraus der Schluss zu ziehen, dass Menschen am besten in Harmonie mit sich und der Welt leben, wenn sie diese Proportionen achten. So, wie es Geräusche oder Töne gibt, die zueinander dissonant sind, gibt es auch Farben, die „sich beißen“. Die Suche nach und das Bemühen um die richtige Lebensform muss sich an genau solchen Proportionen orientieren. Es sind die Formen des Kosmos und des Lebens. Sie im Einklang mit der Natur auch selbst zu schaffen ist ein ursprüngliches Anliegen vieler Künste. Das Ziel bei der eigenen Persönlichkeitsbildung ließe sich in diesem Sinn formulieren als „ein harmonisch durchformter Mensch in harmonischem Umfeld zu werden“. 7. Harmonisierung des Umfeldes Als hochstehende Kultur könnte entsprechend eine Gesellschaft bezeichnet werden, die es vermag, sich nach harmonischen Proportionen zu organisieren. Harmonische Proportionen von Geräuschen zueinander, von Farben zueinander, von Tönen und Farben zueinander, von Formen zueinander, von Formen und Farben zueinander, architektonische Formen und Proportionen, die biologischen und kosmischen Proportionen entsprechen, müssten die Grundlage bilden. In Stadtplanung und Landschaftsgestaltung könnten diese Formen angewandt werden. Die Proportionen des Goldenen Schnitts liegen den meisten alten und wenig neuen (Kunst-)Werken zugrunde. Insbesondere für die ägyptischen Pyramiden und für die gotischen Kathedralen, besonders ausführlich für die Kathedrale von Chartres, ist nachgewiesen, dass sie exakt in solchen Proportionen gebaut sind, die kosmischen und musikalischen Proportionen entsprechen. So weist L. Charpentier in seinem Buch „Die Geheimnisse der Kathedrale von Chartres“ nach, dass zum Beispiel die Höhenabstände sämtlicher Gesimse im Schiff der Kathedrale gemäß musikalischen Intervallen angelegt sind. Außerdem
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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zeigt er, dass die Proportionen dieser Kirche in verkleinertem Maßstab denen der Pyramide von Gizeh entsprechen. 8. Harmonische Einstimmung der Chakras Die Chakras werden als feinstoffliche Energiewirbel mit unterschiedlichen Umdrehungsgeschwindigkeiten beschrieben. In innerer Harmonie mit sich selbst ist ein Mensch genau dann, wenn die Umdrehungszahlen der einzelnen Chakras nach den beschriebenen Proportionsgesetzen in ganzzahligen Verhältnissen zueinander stehen. Für die Selbstführung ist es also wünschenswert zu lernen, sich – wie ein Musikinstrument – einzustimmen (siehe oben) und möglichst oft den richtigen Ton zu treffen. „Dieser Ton ist die Quelle aller Offenbarung. Wer das Geheimnis dieses Tones kennt, kennt das Mysterium des Weltalls“, sagt der moslemische Mystiker Sufi Hazarat Inayat Khan. 9. Harmonische Einstimmung auf andere Menschen Genauso lassen sich die Sympathie- oder Antipathieverhältnisse zwischen unterschiedlichen Personen beschreiben: Wenn Menschen mit einem oder mehreren gleich schnell rotierenden Chakras einander begegnen, können sie Ruhe beieinander finden oder eine Wellenlänge zueinander. Das mag sich von Sympathie bis Liebe je nach Zahl der übereinstimmenden Chakras steigern. Sind dagegen alle dissonant, empfinden die Menschen Antipathie. Mit zunehmender Vertrautheit, gemeinsamen Erlebnissen kann oft in einer Beziehung/Gruppe eine gemeinsame Stimmung und gegenseitige Sympathie wachsen. 10. Musikalische Erziehungsprägungen Nach allem, was hier über Musik und Harmonielehre ausgeführt wurde, soll abschließend ihre Bedeutung für die Erziehung mit einem Zitat von Platon unterstrichen werden. Er betrachtet sie als notwendige Basis der Erziehung: „Beruht nun nicht eben deshalb das Wichtigste in der Erziehung auf der Musik, weil Zeitmaß und Wohlklang am meisten in das Innere der Seele eindringen und sich ihr auf das
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Teil 3: Andere Modelle
Kräftigste einprägen, indem sie Wohlanständigkeit mit sich führen und also auch wohlanständig machen? Mir wenigstens scheint solcher Ursache wegen die Erziehung auf der Musik zu beruhen.“ In der Tat könnte aus der der Musik zugrunde liegenden Harmonielehre ein Gegenpol zu allen Disharmonien unserer Gesellschaft entstehen, wenn schulische und erzieherische Prinzipien sich daran orientieren würden. In den Waldorf- und Montessorischulen bemüht man sich darum. Im allgemeinen staatlichen Schulsystem sind solche Prinzipien allerdings auch nicht ansatzweise erkennbar. Zusammenfassung Die Musik bietet eine Menge an Möglichkeiten zur Selbst- oder Fremdbeeinflussung: f
Bei der Musik geht es um das Prinzip der Schwingung und deren Wirkung auf den Menschen.
f
Schall wirkt auf den Menschen. Als Krach wirkt er harmoniezerstörend und desorientierend, als Klang und Musik harmonisierend und konstruktiv beeinflussend.
f
Einzelne Töne haben bestimmte Effekte auf die einzelnen Persönlichkeitsebenen.
f
Gestörte Rhythmen des Menschen lassen sich durch musikalische Rhythmen harmonisieren.
f
Gestörte Schwingungen des Menschen lassen sich durch musikalische Schwingungen oder auch durch zu Proportionen erstarrte Schwingungsmuster harmonisieren.
f
Die natürliche Umwelt ist von harmonischen Mustern geprägt. Indem Sie sich darauf einlassen, können Sie an ihrer harmonisierenden Wirkung teilhaben.
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
f
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Bei der künstlichen Gestaltung der Umwelt sollten die grundlegenden Harmoniegesetze, wie sie aus der Musik bekannt sind, berücksichtigt werden.
f
Innere und äußere Harmonie als Ziel der Selbstführung können Sie durch aktive Anwendung der Musik und ihrer Gesetze wesentlich fördern.
Astrologie als Hilfe zur Selbsterkenntnis Ein bedeutungsvolles Siebener-Modell können Sie auch in der Astrologie entdecken. Die heute verbreitete abfällige Bewertung der Astrologie ist vor allem eine Folge der Verfolgungen durch die kirchliche Inquisition und des cartesianischen Weltbildes. Der Maßstab des heute vorherrschenden Weltbildes ist die Quantität, die messbare Menge. Sie wird hinsichtlich des Zeitmessens bis zu dem Extrem getrieben, indem nahezu alle Menschen unseres Kulturraums ständig ein Zeitmengenmessgerät am Handgelenk mit sich herumtragen. Qualitäten sind diesem materialistischen Menschen- und Weltbild nicht zugänglich. Zweck der Astrologie (überhaupt aller Orakeltechniken wie Eingeweideschau, Beobachtung des Vogelflugs, Handlesen, Tarotkarten, I-Ging, selbst Kaffeesatzlesen) ist es dagegen, Einblick zu gewinnen in die „Qualität“ der Zeit. „Hora skopein“ heißt: in die Stunde schauen. Dabei ist zu erinnern, dass Horos zugleich der ägyptische Sonnengott war und insofern „Hora skopein“ zugleich die Tiefendimension der Schau ins Göttliche birgt. Horos-skop könnte auch mit „Auge des Horos“ übersetzt werden, dann wären die Orakeltechniken Methoden, um den Sinn einer Situation aus göttlicher Perspektive, mit Gottes Auge, zu betrachten. Dass das Auge Gottes an unserem inneren Seelengrund zu suchen ist, ist dem Leser aus den früheren Ausführungen bekannt.
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Teil 3: Andere Modelle
Die Methoden, die Qualität der Zeit zu bestimmen, beginnen rein astronomisch mit der Bestimmung der günstigsten Jahreszeit zur Aussaat des Getreides oder zum klimatisch günstigsten Beginn eines Feldzugs oder einer Reise und gehen hin bis zur Aufdeckung der Qualität der Zeit am Tag der Geburt oder an einem beliebigen Zeitpunkt. Wenn wir manche dieser Methoden auch nicht nachvollziehen können, weil sie bis in Absurditäten zugespitzt und übertrieben wurden, sollten wir sie doch angesichts der Hochachtung, die ihnen seit nachweislich über 6000 Jahren von Hochkulturen entgegengebracht wurde, immerhin ernsthaft prüfen. In der Astrologie wird von sieben klassischen Planeten gesprochen. Sie gelten als persönlich schicksalsrelevant für den einzelnen Menschen. Die drei weiteren, später entdeckten Planeten Uranus, Neptun und Pluto sowie der dahinter noch vermutete Planet Isis werden in überindividueller Bedeutung interpretiert. So bleibt für die persönliche Situation nach wie vor die Konstellation der alten sieben Planeten ausschlaggebend. Diese lassen sich zunächst relativ einfach als Symbole den von uns aufgezeigten sieben Persönlichkeitsebenen zuordnen und sind in ihrer Bedeutung zum größten Teil auch dem astrologisch unbewanderten Leser klar: Persönlichkeitsebenen
Planeten
Bedeutung
Geist
Sonne
Licht, Erleuchtung
Vernunft
Mond
schwächeres Licht begrenzte Einsicht
Intention
Merkur
Kommunikation
Emotion
Venus
Liebe
Erziehung
Mars
Entfaltungsdrang
Antriebe
Jupiter
Ausdehnung
Lebensenergie
Saturn
Hüter der Schwelle Konzentration
Abbildung 16: Die Planeten und ihre Bedeutung in der Astrologie
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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Bei genauer Betrachtung wird deutlich, wie sehr die Reihenfolge der Planeten und die Interpretation durch die Astrologie dem Flusslauf der Lebensenergie durch die verschiedenen Persönlichkeitsebenen entspricht: Die konzentrierte und noch behütete pure Energie (Saturn) dehnt sich aus (Jupiter), entfaltet sich (Mars), wird zu Liebe (Venus), die zur Kommunikation (Merkur) führt, um dann, nach zunächst begrenzter Einsicht (Mond), zu umfassender Erleuchtung (Sonne) zu werden. Die Energie fließt also und wird im Laufe ihres Flusses in Richtung Geist veredelt. Interessanterweise bietet die Astrologie mit den weiteren, überindividuellen Planeten auch einen Ausblick auf das, was hinter der Schwelle ist: Saturn als Hüter der Schwelle regiert also die bereits beschriebene Seelenpforte (Gottesgebärerin) und wird auch beschrieben als das Prinzip, bei dem das Materielle auf der Seele lastet; wir erinnern uns an Platons Gleichnis vom Körper als dem Grab der Seele. Hinter der Seelenpforte steht Uranus, der Ur-anus, für das Kreative, Gebärende, Neue. Er wird dargestellt durch Lichtblitze und repräsentiert gewissermaßen die noch zu gebärende Schöpfung in ihrem noch geistigen Zustand als Idee. Dahinter steht Neptun für allumfassende göttliche Liebe, die man als das Motiv der Schöpfung verstehen kann. Pluto, noch weiter dahinter, steht für den Urgrund der Schöpfung, in dem Nichts und Alles, Sein und Nichtsein noch identisch sind. Dahinter steht als letzter und damit erster Planet Isis als Urmutter des Urgrundes und repräsentiert das Prinzip von Zerstörung und Werden, also den Urantrieb der Bewegung und des Wandels. Unterhalb der Lebensenergie wird hier also das Göttliche und sein Urgrund in verschiedenen Stufen und Dimensionen gezeigt. Welche Bedeutung die Menschen früherer Zeiten diesem Modell beigemessen haben, zeigt sich daran, dass jedem Planeten der Rang einer Gottheit zugemessen wurde und jeder für das Schicksal des Menschen bedeutenden Gottheit (die klassischen sieben Planeten) ein Tag der Woche zugeordnet wurde.
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Teil 3: Andere Modelle
Den auch in Indien bekannten sieben Planeten wurden dort ebenfalls sieben Gottheiten zugeordnet: Sonne
JSurya
Mars
JAnagaraka
Mond
JCandra
Jupiter
JBrhaspati
Merkur JBuddha
Saturn
JManda
Venus
JBhargave
Aber sind diese Zuordnungen nun symbolisch zu verstehen, oder entspricht diesem Modell auch eine zusätzliche Wirkungsebene? Eine Hypothese, die in der modernen Astrologie häufig vertreten wird, ist die, dass die himmlischen Abläufe sich nach denselben Gesetzen vollziehen wie die Abläufe auf der Erde. Insofern gibt es parallele Abläufe („wie im Himmel, so auf Erden“). Kennt man die Gesetzmäßigkeiten der einen Ebene (zum Beispiel menschliche Entwicklung) und die entsprechenden der anderen (zum Beispiel der Planetenläufe), so lässt sich beides einander zuordnen und vom einen auf das andere schließen. Es handelt sich um nichts anderes, als wenn jemand vom Stand der Zeiger auf seiner Uhr einen Schluss auf den Stand der Sonne am Himmel oder umgekehrt zieht. Wenn er beide Abläufe kennt, kann er absolut korrekte Schlüsse ziehen. Die Auswahl und Beobachtung der himmlischen Abläufe als Parallelsystem bietet sich deshalb als besonders praktisch an, weil die himmlischen Abläufe grundsätzlich von irdischen Einflüssen oder Überlagerungen unabhängig sind und darum zuverlässig funktionieren. Die Astrologie würde also einer vielleicht weiter differenzierten Lehre des Biorhythmus entsprechen. Eine andere, mit dieser durchaus verträgliche Hypothese vertritt H. Cousto, der an Keplers Weltharmonik anknüpfend darauf verweist, dass jeder Planet sowohl durch seine Eigenrotation als auch durch
Hilfsmittel zur Befreiung und Steuerung der Lebensenergie
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seine Umkreisung der Sonne in Schwingung ist. Dadurch lässt sich über die Methode der Oktavierung (Halbierung oder Verdopplung der Schwingungslänge) ein Ton und eine Farbe errechnen, die jeder Planetenschwingung entspricht. Und damit können wir den Kreis zu dem schließen, was wir über die Wirkung von Farben und Tönen auf den Menschen gesagt haben. Jede Farbe, jeder Ton, jede Planetenschwingung entspricht einer bestimmten Ebene der Person und wirkt auf sie. Wie, das wird später in einem eigenen Abschnitt erläutert. Interessanterweise – oder besser vielleicht: selbstverständlich – entsprechen von Cousto berechnete Frequenzen der Planeten weitgehend (zum Teil um einen halben Ton verschoben) den Frequenzen der Töne, die er aus einer Farbumwandlung in Töne errechnet hatte, sodass Töne, Farben und Planeten tatsächlich mathematisch annähernd exakt – zwar um viele Oktaven voneinander entfernt – identische Schwingungsmuster aufweisen. Ein kleinerer Teil der schon von Rudolf Steiner den Planeten intuitiv zugeordneten Tönen stimmt auch mit Coustos Tönen überein. Jede Gestirnkonstellation bedeutet dann ein bestimmtes Schwingungsmuster. Sobald ein Mensch bei seiner Geburt dem ausgesetzt wird, entwickelt er sich im Rahmen der darin vorhandenen Schwingungsmöglichkeiten gemäß den Abläufen am Himmel. Bestimmte Zeiten (Konstellationen) sind nun mit bestimmten Aktionen harmonischer kompatibel als andere. Eine exakte Berechnung der Konstellation eines Zeitpunktes vermag bei Kenntnis der für die Zuordbarkeit ausschlaggebenden Gesetze oder Regeln also durchaus zu klären, ob ein Zeitpunkt für eine bestimmte Aktion als günstig oder ungünstig zu beurteilen ist. Umgekehrt lässt diese Horoskopberechnung erkennen, für welche Art von Aktion eine bestimmte Zeit günstig ist. Interessanterweise werden in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen europäischen Medizin einzelnen Organen bestimmte Planeten zugeordnet. Umgekehrt werden in der indischen Chakrenlehre die Chakras, die ohnehin schon Organen zugeordnet sind, mit astrologi-
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Teil 3: Andere Modelle
schen Begriffen in Verbindung gebracht. Auch hier stimmen also die alten Traditionen von Ost und West überein. Das Potenzial der Astrologie als Hilfsmittel zum Umgang mit der eigenen Person ist zweifach vorhanden: 1. Die Kenntnis des eigenen Schwingungsmusters (das Geburtshoroskop) hilft zur Selbsterkenntnis. Es drückt die Grundbefindlichkeit einer vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur aus. 2. Die Kenntnis des Schwingungsmusters eines bestimmten Zeitpunkts oder Zeitraums (das Tages- oder Jahreshoroskop) gibt Hilfestellung bei der Einschätzung, wann es Erfolg versprechend ist, seine Lebensenergie auf einer bestimmten Ebene in Fluss zu bringen. Das ist genau dann der Fall, wenn das Schwingungsmuster eines Planeten zu einer bestimmten Persönlichkeitsebene in einem verstärkenden oder dämpfenden Verhältnis steht. Aus diesem Verständnis der Astrologie wird deutlich, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen „persönlicher Freiheit“ und „Beeinflussung durch die Sterne“. Die Astrologie zeigt lediglich, warum es einer bestimmten Person zu einer bestimmten Zeit leichter oder schwerer fällt, das eine oder das andere zu tun. Bezieht man die Strukturen der eigenen Person sowie die Qualität der Zeit in die eigenen Planungen mit ein, wird manches leichter gehen. Will man trotzdem anders agieren, kann vieles bei erhöhtem Energieaufwand durchaus gelingen. Wenn man unbedingt Erdbeeren im Januar in Deutschland ernten will, kann man es mit entsprechendem Einsatz schaffen.
Die Wirkweise der Heilmittel
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Teil 4: Ein ganzheitliches Menschenund Weltbild
Die Kombination dieser verschiedenen Modelle führt dazu, dass hinter dem bisher aufgezeigten Menschenbild ein Weltbild hervortritt. Wenn sich in ihm möglichst viele andere Modelle, die bisher getrennt und unabhängig voneinander zu bestehen schienen, verbinden lassen, wird es zu einem umfassenden „ganzheitlichen“ Weltbild. Um das nachvollziehbar aufzuweisen, fragen wir in diesem Abschnitt danach, wieso diese anderen Modelle mit unserem Modell „kompatibel“ sind, auf welchen Prinzipien ihre Wirksamkeit beruht und wie sie erklärbar ist. Danach wird dieses Weltbild, das durch eine Struktur mit sieben Ebenen gekennzeichnet ist, hier vorgestellt.
Die Wirkweise der Heilmittel Das allen Heilmitteln gemeinsame Urprinzip Sie haben nun verschiedene Modelle gesehen, die scheinbar unabhängig voneinander nebeneinander standen, und die sich „parallel schalten“ ließen. Anstoß dafür war die Auffälligkeit der ihnen allen gemeinsamen Siebenerstruktur. Der Versuch dieser analog-vergleichenden Parallelisierung führte durchaus zu sinnvollen Ergebnissen. Würde man die Schlüsse, die sich daraus ergeben, konsequent ziehen und anwenden, so würde das zu einer Revolutionierung vieler Lebensbereiche führen. Ansätze dazu finden sich schon in unserer Ge-
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
sellschaft, wenngleich noch nicht im allgemeinen Bewusstsein und kaum in den an den Universitäten etablierten Wissenschaften. Zwar scheinen zunächst einige Siebenermodelle, wie zum Beispiel die Zählweise der Planeten und die Wochentage, eher willkürlich, aber andere Modelle, wie das Farbspektrum und die Tonintervalle in der Musik sowie die den Chakren zugeordneten sieben Hauptdrüsen des Körpers, lassen sich tatsächlich in der Realität zuweisen. Für das Verankertsein der Unterscheidung von sieben Ebenen in der Realität spricht auch das naturwissenschaftliche Atommodell. Zum einen nämlich gilt dort, dass im mikrophysikalischen Bereich die Veränderung der Energie eines Teilchens nicht stetig und kontinuierlich verläuft, sondern in Sprüngen, Quanten genannt, stattfindet. Es gibt also tatsächlich unterschiedliche und klar voneinander abgrenzbare Energieniveaus, wie sie zum Beispiel in der Unterscheidung von Tönen in der Musik und bei den Farbschritten im Spektrum auftreten. Das Sprechen von verschiedenen Ebenen ist dadurch gerechtfertigt. Außerdem umkreisen die Elektronen der tatsächlich vorkommenden chemischen Elemente den Atomkern auf sieben Schalen. Auch hier finden sich also die Ebenen und zusätzlich die Zahl Sieben in der physischen Realität. So führen die hier zusammengestellten Fakten zu der Gewissheit, dass die Realität siebenfach gegliedert ist. Wenn die Sieben nun den Vordergrund dieser Betrachtung darstellt, dann ergeben sich für den Hintergrund die Fragen: 1. Lässt sich dort ein einziges, gemeinsames Urprinzip aufweisen, durch das alle Modelle und die sieben Ebenen miteinander verbunden sind? 2. Lassen sich aus ihm wirkursächliche Zusammenhänge der Modelle rational nachvollziehbar erklären? Wenn das gelingt, ist die hier vorgestellte Nebeneinanderordnung verschiedener Modelle und die Vermutung ihrer horizontalen Wirksamkeit aufeinander gerechtfertigt.
Die Wirkweise der Heilmittel
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Das Prinzip des Rhythmus beziehungsweise der Schwingung scheint dieses gesuchte Urprinzip zu sein. Auf drei Argumentationswegen soll hier gezeigt werden, dass die Vermutung fundiert ist: 1. aus philosophischer Sicht, 2. aus naturwissenschaftlicher Sicht, 3. aus sprachanalytisch-etymologischer Sicht. Der erste dieser Wege zeigt, dass sich die von verschiedenen Philosophen angegebenen Urprinzipien im Begriff „Schwingung“ vereinen lassen. Der zweite Weg zeigt, dass das hier formulierte Urprinzip im Einklang mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen steht. Die dritte Argumentation zeigt die Vereinbarkeit angeblich verschiedener Urprinzipien anhand der etymologischen Rückführbarkeit ihrer Namen auf gemeinsame Wortwurzeln, in denen sich dann ein einziges Urprinzip ausdrückt. Auch hier wird in der Reduzierung der Vielfalt wieder Schwingung als das Urprinzip deutlich. Alle drei Argumentationswege bleiben der Methode der rationalen Reflexion verbunden: Es wird zusammengetragen, systematisch geordnet und hinter oberflächlichen Erscheinungen wird nach tieferen Ebenen der Realität gesucht, und die gewonnenen Erkenntnisse werden deutlich formuliert. Als weitere Alternative zu diesen drei Wegen gibt es einen vierten Weg, der allerdings nicht über Argumente, sondern über Erfahrung führt. Er bietet einen ganz anderen Zugang zur Welt. Es ist der Weg über die meditative Selbst-, Welt- und Gotteserfahrung. Erst er wird die existenzielle Sicherheit der Ureinheit des Menschen mit der Welt und dem Göttlichen vermitteln. Dieser Weg allerdings führt nicht über das Sprechen, Schreiben und Lesen, sondern durch das Schweigen. Auch er sei dem Leser empfohlen.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
1. Das Urprinzip aus philosophischer Sicht Die Frage nach einem Urprinzip beschäftigte vor allem die griechischen Philosophen vor Sokrates. Sie gaben Antworten darauf, und diese Antworten sind uns zum Teil nur fragmentarisch bis in die Gegenwart überliefert. Die Frage nach dem Urprinzip ist die Frage danach, was hinter den Erscheinungen diesen als Ur-Sache gemeinsam ist, was ihnen als Idee, Urprinzip, Archetyp vorausgeht und in jedem einzelnen zur Wirkung kommt. Die Frage danach versucht also hinter die Physis zu blicken. Man nennt dieses Bemühen darum „Metaphysik“. Abbildung 17 zeigt Ihnen die Urprinzipien oder Urelemente, die von einigen der alten griechischen Natur-Philosophen angegeben wurden. Auf den ersten Blick verwundert und verwirrt die Uneinigkeit der alten Philosophen über das Urprinzip, und konfus und verwirrend wird es auch in den meisten Lehrbüchern der Philosophie dargestellt und vermittelt. Als ob die Philosophen wirklich angenommen hätten, die Welt sei aus Wasser oder Atem oder aus Luft entstanden. Dieses Problem löst sich auf, wenn man die Formulierung anders versteht. Nicht mehr: das Wasser ist das Urelement, sondern: das Urelement ist wie das Wasser, das heißt dem Wasser vergleichbar, wie Luft, wie Atem, wie Feuer etc. Die Frage bleibt dann aber, in welcher Hinsicht diese als „Urelemente“ den Vergleichsbildern ähnlich sind. Dieses Merkmal ist das ihnen allen unausgesprochen Gemeinsame, das wirkliche Urprinzip. Untersuchen wir also die aufgezählten „Urprinzipien“ auf das ihnen Gemeinsame hin. Was liegt für Thales, den Küstenbewohner, näher, als seinen Zeitgenossen, die nach dem Urprinzip fragen, mit einem vergleichenden Hinweis auf das Meer zu antworten? „Schaut euch das Wasser an: Es ist seit Ewigkeiten und wird in Ewigkeit sein, es ist unendlich groß, scheint ruhig und ist doch ständig bewegt; versucht die Bewegung
Die Wirkweise der Heilmittel
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mit den Händen zu fassen und ihr schafft es nicht; eine Handvoll Wasser scheint harmlos, und doch ist das Wasser eine große Gefahr.“ Und mit dieser Deutung haben wir schon fast die Worte des Anaximander benutzt, der – auch auf das Wasser des Meeres passend – vom Unbestimmbaren spricht. „Und ist nicht Luft und Atem gleichfalls unbestimmbar, ewig, und speziell der Atem ewig rhythmische Bewegung wie die Wellen des Meeres? Und ist nicht gleichfalls das Feuer in seiner flackernden Bewegung unbestimmbar, ungreifbar und mehr geistig als materiell und doch an Materielles gebunden? Und strahlt das Licht nicht auch ins Unendliche und wird damit erst recht unbegrenzt und ewig? Und wenn Geist und Seele wie Feuer sind, dann heißt das gleichfalls, sie sind kraftvoll aber unfassbar, sie sind eine andere umwandelnde oder umgewandelte Seite der Materie.“ Philosoph
Urprinzip
Bedeutung
Thales von Milet 625 - 545
Wasser
Welle
Anaximander 611 - 545
Apeiron
das Unbestimmte, das Unbegrenzte das Ewige das Göttliche
Anaximenes 585 - 525
Atem Luft
wehender Hauch
Pythagoras 580 - 500
Zahl
in ihr sind die Eigenschaften und Gründe der Harmonie, speziell in der Musik
Heraklit 540 - 480
Feuer = Logos
das Allgemeine, das alles Verbindende als göttliches Prinzip
Anaxagoras 500 - 428
Geist Weltseele
der Geist wurde Schöpfer, indem er eine Wirbelbewegung hervorbrachte
Demokrit 470 - 360
Seele = Feuer aus Atomen, Atem
ein ewiges, in allem Wechsel beharrendes Sein
Abbildung 17: Die Urprinzipien der alten Philosophie
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
So können wir durchaus sagen, dass das Kennzeichnende und all diesen Begriffen Gemeinsame die unendliche Ausdehnung, die Unfassbarkeit und die ständige rhythmisch flackernde Wellenbewegung sind. Das aber entspricht unserem Prinzip Rhythmus beziehungsweise Schwingung. Darauf passt auch treffend die scheinbar paradoxe Formulierung des Demokrit: „ein ewiges, in allem Wechsel beharrendes Sein“. Und auch Pythagoras passt dazu, denn das Verhältnis von Auf und Ab in jeder Schwingung, das ist die Frequenz, lässt sich in Zahlen ausdrücken. Als gemeinsames Prinzip der von den alten Philosophen vorgeschlagenen Urelemente erkennen wir also die Schwingung. 2. Das Urprinzip aus naturwissenschaftlicher Sicht Unsere Reflexionen zielen auf ein Gesamtbild vom Menschen und der Welt und sind insofern philosophischer Natur. In diesem Gesamtbild muss auch Platz sein für naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Deshalb geht dieser Abschnitt der Frage nach, ob und inwiefern sich die bisher dargestellten Aspekte mit den Aussagen der Naturwissenschaften decken und in Einklang bringen lassen. Eine naturwissenschaftliche Grundfrage ist die nach der Struktur der Materie. Je tiefer die Naturwissenschaft in die Materie eingedrungen ist, desto zweifelhafter wurde ihr der Begriff „Materie“ beziehungsweise die früher damit verbundenen Vorstellungen. Der alte Atombegriff, als Vorstellung von einer letzten unteilbaren Einheit, hat sich als nicht sachgerecht erwiesen. Je weiter die Naturwissenschaft vordrang, desto mehr hat sich die Materie im alten Sinne aufgelöst. Stattdessen ist den Forschern eine Leere begegnet, die in ihren Proportionen den Dimensionen des Universums entspricht. So entfernt, wie die Sterne voneinander sind, so weit sind auch die Bestandteile des Atoms voneinander entfernt. Und was dann noch an so genannten „festen“ Bestandteilen übrig ist, lässt sich nicht nach dem Stofflichen daran definieren, sondern nach seinem Energieimpuls. Ein Atom kann
Die Wirkweise der Heilmittel
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insofern als ein System von Energiewirbeln beschrieben werden. Damit kommen wir einer Formulierung des Anaxagoras wieder nahe, der von einer durch den schöpfenden Geist hervorgebrachten Wirbelbewegung spricht. Wir können also durchaus im Einklang mit naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise die Begriffsfolge aufstellen: Materie – Energie – Schwingung – und sie um den Begriff Geist erweitern. Alles ist Schwingung. Aber mehr als das: Die Welt ist nicht einfach irgendwelche Schwingung, sondern sie ist, wie schon im Abschnitt Töne/Musik ausgeführt, harmonische Schwingung. Das heißt, aus der Millionenzahl theoretisch möglicher Schwingungsfrequenzen kommen nicht alle vor, sondern nur und genau solche, die uns aus der Musik bekannt sind: Schwingungsverhältnisse in musikalischen Intervallen. Dass diese Intervallproportionen die Welt bestimmen, ist unter anderem nachgewiesen sowohl für die Verhältnisse im Atom als auch für den Aufbau von Kristallen als auch für die DNS und RNS, die Träger der genetischen Codes, als auch für den Aufbau des menschlichen Körpers (nach dem Goldenen Schnitt) als auch für die Abstände der Planetenbahnen im Sonnensystem, also im Mikro- und im Makrokosmos, wie im Himmel, so auf Erden. Wir können mit J.-E. Behrendt (Nada Brahma) insofern durchaus berechtigt den Schluss ziehen, den er zum Untertitel seines Buches bestimmt hat: „Die Welt ist Klang“, und eine Aussage von Plotin hinzufügen, der sagt: „Alle Musik, wie sie auf Melodie und Rhythmus beruht, ist der irdische Stellvertreter der himmlischen Musik.“ Fazit: Alles ist mit allem in diesem Urprinzip harmonischer Schwingung verbunden.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
3. Das Urprinzip aus sprachanalytisch-etymologischer Sicht Die Naturwissenschaften beziehen sich in erster Linie auf die Materie und ihre Struktur. Aus der im Zusammenhang mit den Urprinzipien der alten Philosophen aufgestellten Begriffsfolge lässt sich der Begriff Geist dazu immerhin assoziieren. Assoziieren lassen sich dazu dann auch wieder die Begriffe Gott oder sogar Luft (vgl. zum Beispiel „Weingeist“ als Ausdünstung). Aber wie weit lassen sich solche Assoziationen legitimieren? Die hier folgende Darstellung bietet einen ganz anderen Zugang zu der Sichtweise, dass die in der Tradition angegeben verschiedenen Urprinzipien eigentlich eins sind. Eine Sammlung möglicher Urprinzipien beziehungsweise Urelemente ergibt folgende Liste: X X X X X X X X X X X X X
Einheit/das Allgemeine Gott Licht Geist/Seele Wort/Klang das Nichts die Materie das Wasser/Fluss Luft Schöpfung die Ur-Mutter/Frau das Gesetz die Religion
Die unterschiedlichen Worte scheinen zunächst Verschiedenes zu bezeichnen. In einer sprachlich-etymologischen Analyse wird aber an mehreren Beispielen deutlich, dass es Wortstämme mit abgeleiteten Wortbildungen gibt, die alle diese verschiedenen angeblichen Urprin-
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zipien als Äste desselben Baumes ausweisen. Es liegt ihnen, sprachlich gesehen, die Wortwurzel als etwas Gemeinsames zugrunde. Sie repräsentiert das Urprinzip. Wie ernst eine solche Analyse zu nehmen ist, mögen die Worte von zwei Männern zeigen, die sich vertieft mit der Sprache beschäftigt haben: Der Philosoph Schelling nennt Sprache „die verblichene Mythologie“, in der alles Urwissen der Menschheit enthalten sei. Jacob Grimm mahnte in diesem Sinne: „Haltet heilig den Tempel der Sprache!“ So soll auf der Suche nach Wortwurzeln in diesem Abschnitt gewissermaßen sprachliche Archäologie betrieben werden. Die Suche nach ursprünglichen Sinnzusammenhängen zwischen Worten, die entweder aus anderen Sprachen entlehnt wurden und/oder deren Lautbildung sich im Laufe von Jahrhunderten durch Sprechgewohnheiten oder regionale Dialekte gewandelt haben, lässt sich unter Berücksichtigung bestimmter Regeln durchführen. Einige wichtige davon seien hier vorgestellt: 1. Die Rechtschreiblehre ist eine historisch neue Erfindung von wenigen Gebildeten, die sich in unterschiedlichen Ländern und Sprachbereichen zum Teil unabhängig voneinander entwickelt hat. Sie interessiert bei der Beurteilung von Sinnzusammenhängen kaum. 2. Als Hinweis auf ursprüngliche sinnhafte Verwandtschaft und Identität gilt klangliche Nähe. Was zusammengehört, ist von den Sprachschöpfern, das waren teils einzelne Personen, teils Generationen von Sprechern, klanglich nah beieinander angelegt. Das Bewusstsein um die Zusammenhänge ist aber, wie bei so vielem, oft verloren gegangen. So stammen zum Beispiel die Worte: Fuchs und fox (engl.) oder Engel und engl. angel und dt. Angel aus einer gemeinsamen Wurzel. Aber auch das klangliche Zentrum der Worte
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
w -ich- tig nicht -ich r -ich- tig l -ich- t (leicht) Pfl -ich- t
ist identisch und zeigt die einzelnen Worte als Variationen um das Ich. Als der den Worten innewohnende Sinn lässt sich entnehmen, dass nur das ichtige wichtig ist, dass nur ich mir meine R-ich-tung geben kann, dass wenn ich das Wichtige richtig tue, alles licht (leicht) und dicht (konzentriert) wird, und dass Pflicht niemals etwas sein kann, was sich gegen mich richtet, sondern immer nur für mich, also Pflicht zu mir selbst sein kann. Und wenn man dann noch bedenkt, dass I und CH = ICH die Initialen des Namens ,,Jesus Christus“ sind, dann bestätigen sich aus der Sprache an dieser Stelle noch einmal substanziell die Ausführungen und Gedanken über das Göttliche im Inneren jedes Menschen. Wer aus einem solchen Bewusstsein „ICH“ sagen kann, für den gibt es keinen Egoismus mehr. 3. Wortstämme können unabhängig von Vor- oder Nachsilben, Anund Auslauten betrachtet werden. Mit Vor- oder Nachsilben verändern Worte oft ihren Sinn. Ort wird zum Beispiel zu Hort, der Hirt wird zum Wirt oder umgekehrt die Wurzel erhellt sich als Urzell oder sogar Ur-zelt einer Pflanze. 4. Manche Wortstämme erhalten sich in einer früheren Bedeutung in sprachlichen Nischen nur zusammen mit einer bestimmten Voroder Nachsilbe oder in einer idiomatischen Redensart. Beispiele: Mut und wohlgemut und gemütlich oder glatt und ital. gelato für Eis.
Die Wirkweise der Heilmittel
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5. Mit zunehmender Entfernung der Worte von den Wortwurzeln in einer älteren Sprache kann sich der Sinn wandeln. Dafür kommen infrage: Sinnerweiterung, Sinnspezialisierung auf einen Teilbereich der ursprünglichen Bedeutung oder Sinnverschiebung auf verwandte Gebiete. Beispiel: „Dirne“ für jedes junge Mädchen wird zu „Dirne“ im Sinn von Prostituierte. 6. Konsonanten halten sich im Prozess der Sprachentwicklung durchweg länger identisch als Vokale (Beispiel: mater und Mutter). Vokale dagegen können nahezu beliebig ausgetauscht werden oder sogar wegfallen, wie im Fall von Gleis, das von geleiten abstammt, oder bei leben, lieben, laben, loben, wo dann eine Sinnvariation die Folge ist. Ebenfalls die Worte Meer, Moor und Maar gehören in die Reihe dieser Beispiele. Sie bezeichnen verschiedene Arten stehender Gewässer. Auch Sein und Sinn liegen beieinander und deuten darauf hin, dass für frühere Generationen der Sinn im Sein lag. 7. Konsonanten können sich nach verschiedenen Regeln lautlich verändern und doch als identisch erkannt werden, zum Beispiel indem sie weicher oder härter ausgesprochen werden wie: b – p – f – w; d – t – s; ch – g – k; oder indem sich die Lautbildung im Munde verschiebt, wie bei p –1 – k. 8. Worte können umgedreht werden, aus reg kann ger werden, aus Fisch wird Schiff. 9. Zusätzliche Einfügung oder Wegnahme von Lauten führt zu einem neuen, benachbartem Sinn: Schiff wird zu Schilf. Man höre auch den sprachlichen und bedenke den psychosomatischen Zusammenhang von verskrupelt und verkrüppelt. 10. So verschwimmen auch die Grenzen zwischen verschiedenen Sprachen. Grenzübergreifend führen Worte durchaus ein Eigenleben und tauchen scheinbar weit entfernt an den überraschendsten Stellen, oft mit Sinnvariationen, wieder auf. Für das Lateinische
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
und Griechische ist das bekannt, aber auch eine Menge hebräischer Worte tauchen im Deutschen auf: Das Wort ruoch bedeutet im Hebräischen Geist Gottes, im Deutschen taucht es wieder auf als Rauch, Ruch und Geruch und manifestiert darin die Vorstellung des Geistes als einer durchsichtigen, feinstofflichen, luftartigätherischen Materie. Das Wort raaf bedeutet im Hebräischen zugleich Fülle und Streit, im Deutschen findet sich als entsprechendes Wort raffen. Man staune auch über die einfache und zutreffende Übersetzungsmöglichkeit des griechischen Wortes für König basileios mit Basisleger im Sinn von Gründer oder Gesetzgeber eines Staates. 11. Oft lässt sich die Sinn-Bedeutung eines Wortes allein durch genaues Hineinhören erkennen: Ein Richter ist dann zum Beispiel jemand, der etwas richten im Sinn von wieder heil machen soll, und ein gerechtes Urteil bedeutet dann: jeder bekommt, richtig gerechnet, sein ihm zustehendes Ur-teil. Solche Beispiele gibt es so viele, wie es Worte gibt. Sie zeigen, dass es Sinnzusammenhänge auf verschiedenen Ebenen innerhalb einer Sprache und sprachübergreifend gibt. Wer sich darüber wundert und die wenigen angeführten Beispiele für sprachliche Zufälle hält, sollte das im Literaturverzeichnis aufgeführte Buch von A. Wadler lesen. Mit diesen Regeln gewappnet, wird die folgende sprachliche Exkursion möglich und nachvollziehbar. Anhand mehrerer Beispiele erfahren Sie, dass in den Wurzeln unserer Sprachen das Wissen um ein einziges Urprinzip vorhanden ist. Es wird gezeigt, wie sich aus einer ursprünglichen Wortwurzel eine Vielzahl von Variationen entwickelt, die alle Teilmanifestationen des einen Urprinzips ausdrücken. Die jeweils vorgerückten Wortbildungen sind untereinander lautlich näher verwandt.
Die Wirkweise der Heilmittel
• Die indische Wortwurzel „atman“
Liste der angeblichen
Wortbildungen aus der Wurzel
Urprinzipien
„atman“
Einheit / Allgemeines Gott
Atom Aton = ägyptischer Gott p ater – Vater
Licht
Aton = ägyptischer Sonnengott
Geist / Seele
atman (altindisch)
Wort / Klang Nichts Materie
m ateria – Material terra = Erde M asse
Wasser / Fluss Luft Schöpfung
w ater Atem Atem – es sei
Urmutter / Frau
m ater + ma terra = Erde
Gesetz
M aß + Meter
Religion
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
• Die indogermanische Wortwurzel „sreu“ = fließen, strömen
Liste der angeblichen
Wortbildungen aus der Wurzel
Urprinzipien
„sreu“
Einheit / Allgemeines Gott
a rithmos = griech.: Zahl Re = ägyptischer Gott Rhea = Mutter des Zeus
Licht
Re = ägyptischer Sonnengott
Geist / Seele
ratio
Wort / Klang
reden – Rede
Nichts Materie Wasser / Fluss
rheein = griech. fließen st reu-men Re-gen rhythmos = griech.: Fluss – Bewegung Rhein rei-nigen
Luft Schöpfung
c re-are = lat. erschaffen
Urmutter / Frau
Rhea = die Göttermutter
Gesetz
Re-gel Re-cht
Religion
Ritus =
regelmäßige, rhythmische Wiederholung
Die Wirkweise der Heilmittel
• Die griechische Wortwurzel
„gyn“ = erzeugen
Liste der angeblichen
Wortbildungen aus der Wurzel
Urprinzipien
„gyn“
Einheit / Allgemeines
general
Gott
generator = lat.: Erzeuger
Licht Geist / Seele
Genius = Geist g(e)nosis = griech.: Erkenntnis
Wort / Klang
gen-all – sprich: Knall
Nichts Materie
natura
Wasser / Fluss Luft Schöpfung
genasci = lat.: gebären
Urmutter /Frau
gyne = griech.: Frau genetrix = lat.: Erzeugerin, Mutter
Gesetz Religion
Ge-setz – Ge-richt
161
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
• Die griechische Wortwurzel
„leg“ = erzeugen
Liste der angeblichen
Wortbildungen aus der Wurzel
Urprinzipien
„leg“
Einheit / Allgemeines
logos = griech.: Ureinheit
Gott
logos (bibl. als Gottesname)
Licht
legein = griech.: schauen lux = lat.: Licht
Geist / Seele
inte-
Wort / Klang
lek-tus logos = griech.: Wort (als Grundelement der Sprache) loqui = lat.: sprechen
Nichts
Loch
Materie
locus = lat.: Ort (lokalisieren)
Wasser / Fluss
lacus = lat.: See (Lache)
Luft Schöpfung Urmutter /Frau Gesetz
lex = lat.: Gesetz (aus lux auch jus (Recht) oder Jux)
Religion
re-
leg-ion
Verbunden sind außerdem: sonare, per-sonare, re-sonare, Sonne und Sohn, sowie: Spiritus (= Geist), Spirale und spirare (= atmen). Ebenso: phos (= Licht) und phone (= Klang). Sie können an diesen Beispielen erkennen, dass und wie es möglich ist, an verschiedenen Worten zu zeigen, dass die unterschiedlichen angegebenen Urprinzipien in den Wurzeln miteinander verbunden sind. Selbst wenn man darüber streiten mag, ob in jeder einzelnen angeführten Anwendung die Etymologie wirklich zwingend ist, so ist doch die Vielfalt der aufgezeigten Verbindungen beeindruckend. Für
Die Wirkweise der Heilmittel
163
die in den Übersichten jeweils frei gebliebenen Plätze gilt übrigens nicht, dass es dort nicht möglicherweise auch verbindende Worte gibt. Zusammenfassung Aus den Sprachanalysen dieses Abschnitts ergibt sich: Die angeblichen Urprinzipien: Ur-Einheit = Mutter R Alles
= Schöpfung = Gott
R
R
= unser Ursprung = das All
= Materie
R = Allah
R = Alles
sind nach Auskunft unserer Sprache: Klang R
= Wort
= Licht
R
Rhythmus = Schwingung
=
R = Strahlung
Wasser = R
=
Welle
Luft R
=
Hauch
(Quelle) Oder: Es ist alles eins und dasselbe. Alles ist nichts als Schwingung. Es ist eigentlich Nichts. Alles ist eigentlich Nichts. Nichts ist also. Alles ist Schein. Alles ist Windhauch. Alles ist Atem. Alles ist Seele. Alles ist Geist. Oder noch einfacher: Alles, was sich wellt, ist die Welt. Es gibt also ein einziges Urprinzip: Schwingung.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Der Mensch und das Schwingungsprinzip Alle drei Argumentationswege helfen, Erkenntnisse aus Philosophie, Naturwissenschaft und Sprache mit den großen alten geistigen Traditionen und Lehren zu einem vollständigen und ganzheitlichen Weltund Menschenbild zu verbinden. Dabei können Sie sehen, dass es sich bei allen Lehren, Künsten, Wissenschaften oder wie sich die einzelnen Disziplinen nennen, um Formulierungsversuche einer Weltsicht aus einem jeweils unterschiedlichen Blickwinkel handelt. Gemeinsam ist ihnen, dass sie, zum Teil ohne sich dessen bewusst zu sein, alle mit Schwingungen arbeiten. Mit diesem Grundgedanken der Schwingung kann nun auch das Modell vom Menschen verbunden werden. Wir schwingen nämlich nicht nur in unserer Molekularstruktur physisch oder in den elektrischen Strömen der Nervenbahnen, sondern wir erzeugen auch aus uns selbst Schwingungen: Jede Idee, jeder Gedanke, jedes Wort, jedes Gefühl, jedes Angezogen- oder Abgestoßensein, jedes Wollen und jedes Begehren, jede Bewegung, all das sind Schwingungen, mit denen wir in die Welt hinein wirken. In jedem geistigen, psychischen und physischen Tun bringen Menschen neue Schwingung in die Welt. Malend, bauend, gestaltend bilden wir Strukturen in die Realität hinein, die, indem sie dauerhaft sichtbar bleiben, auch dauerhaft Licht reflektieren und Schwingungen in die Welt bringen und in ihr halten. Zugleich nehmen wir Schwingungen in uns auf, indem wir in der Welt leben und ihr begegnen. Ja wir können uns nur, indem wir andere Menschen sprechen hören, aus dem Hören unseren Geist bilden („Vernunft“ kommt von „vernehmen“). Aber nicht nur im Wort wird der „Hauch“ oder der „Atem“ zur Schwingung. Auch indem ein Mensch der Welt offenen Auges begegnet und sie sieht, steht er über das Medium Lichtstrahlen (Schwingung) mit der Welt in Austausch.
Die Wirkweise der Heilmittel
165
Aber das alles ist erst ein Teil davon, wie wir als Menschen in Schwingungszusammenhängen lebt. Ein anderer Teil ist der der größeren Schwingungen, der Lebensrhythmen: Herzschlag ist Rhythmus, Atmung ist entsprechend Schwingung, wir leben im Tag/NachtRhythmus, Frauen haben ihre Menstruations-Zyklen und auch die Jahreszeiten sind ein Rhythmus und haben ihren rhythmischen Einfluss auf uns noch nicht verloren. In Redensarten ist das längst geläufig, wenn wir zum Beispiel davon sprechen, dass uns etwas aus dem Rhythmus gebracht hat, dass wir im Einklang mit uns selbst sind, oder wenn wir feststellen, dass wir mit einer anderen Person die gleiche Wellenlänge haben. In vielerlei Hinsicht also ist unser Leben durch Rhythmen = Schwingungen geprägt. Wir leben durch sie und in ihnen, und sie schwingen in uns. Alle Versuche der Selbstführung laufen letztlich darauf hinaus, der eigenen Urschwingung, dem eigenen Ton, Raum zu geben, um in die Welt hinein zu klingen. So kommt es auch im Wort „Person“, von „personare“ = „durchklingen“, zum Ausdruck. Hindernisse zum Klingen müssen abgeworfen werden, Überlagerungen durch andere (Miss-)Klänge, wie sie durch Erziehungsprägungen oder die Umwelt geschaffen werden, müssen übertönt werden, harmonische Zusammenklänge gesucht werden.
Erklärung der Wirkung mittels der Begriffe „Oktave“, „Resonanz“ und „Analogizität“ Es bleibt die Frage offen, wie die Schwingungen der Töne, der Farben, der Edelsteine, der Planeten und der Chakras etc. auf die Persönlichkeit und aufeinander einwirken können und warum ihre Einwirkung den Fluss der Lebensenergie betreffen und fördern kann. Zur Klärung dieser Fragen sind drei weitere Begriffe notwendig: die Begriffe Oktave, Resonanz und Analogizität.
166
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Die Oktave Alle Schwingungen stehen insofern miteinander in Beziehung, als die Schwingungsfrequenzen in mathematisch ausdrückbaren Verhältnissen zueinander stehen. Das einfachste Verhältnis ist 1:1, also das Verhältnis der Identität. Das nächsteinfache ist das Verhältnis 1:2, also das Verhältnis der Verdopplung oder Halbierung der Schwingungslänge. Dieses 1:2-Verhältnis heißt in der Musik „Oktave“. Von den Tönen wissen wir, dass alle Oktavtöne auf einen Grundton die gleiche Qualität haben wie der Grundton. Es handelt sich jeweils um den gleichen Ton, allerdings auf jeweils einer anderen Ebene. Nun ist unser Gehör ein Organ, das nur für einen bestimmten Frequenzbereich geeignet ist und etwa die Schwingungen von zehn Oktaven hören kann. Bildet man nun zu den hörbaren Tönen weitere Oktavschritte in den Bereich des Nichthörbaren hinein, so kommt man bei Verkürzung der Frequenzen (Oktavierung nach oben) nach etwa 30 Oktavierungsschritten in den Frequenzbereich des sichtbaren Lichtes. So kommt es, dass man bestimmten Tönen mathematisch genau berechenbare Farben zuordnen kann – und umgekehrt. Im Bereich des Lichtes lassen sich die sieben Farben des Regenbogens (Spektralfarben) und Mischtöne davon unterscheiden. Wir nehmen mit unseren Augen also nur eine Oktave wahr. Bekannt ist allerdings, dass man im Sinn der Oktave von „Infrarot“ und „Ultraviolett“ spricht, von Licht also, das wir nicht sehen können, aber dessen Wirkung wir zum Beispiel beim Infrarotlicht als Wärme spüren. Auf diese Weise lässt sich durch den Prozess der Oktavierung jeder Schwingungsbereich mit jedem anderen in Verbindung bringen. Jedem Ton kann so mathematisch eine entsprechende Farbe und eine entsprechende Temperatur etc. zugeordnet werden. Sprachlich ist dies längst vollzogen, denn wir sprechen von der „Klangfarbe“ eines Musikinstrumentes, von „warmen“ oder „kalten“ Tönen oder Melodien sowie von „Farbtönen“ eines Bildes.
Die Wirkweise der Heilmittel
167
Auch die Astrologie bekommt so eine wissenschaftlich nachvollziehbare Grundlage: Durch eine Verdopplung der Schwingungslängen (Oktavierung nach unten) wird ab ca. 40 Oktavierungsschritten der Bereich erreicht, der den kosmischen Schwingungen beziehungsweise Rhythmen entspricht. – Während die Einheit 1 Hertz eine Schwingungsfrequenz von einer Schwingung pro Sekunde bezeichnet (und ab 40 Hertz Töne erst hörbar werden), ist die Drehung der Erde um sich selbst eine Schwingung pro 24 Stunden, und der Erdumlauf um die Sonne ist eine Schwingung pro Jahr. Man kann also relativ leicht berechnen, welcher Ton im hörbaren Schwingungsbereich der Schwingung eines Planeten entspricht und welche Farbe ihm zugeordnet werden muss. Insofern jeder Planet sowohl um sich selbst kreist als auch um die Sonne, lassen sich ihm, genau betrachtet, sogar zwei verschiedene Töne und Farben zuordnen. Insofern nun durch das Chakrenmodell jeder Persönlichkeitsebene eine bestimmte Farbe, also eine bestimmte Schwingungsfrequenz zugeordnet ist, haben wir damit den Zugang beziehungsweise Ausgangspunkt, um alle anderen Schwingungssysteme auf den Menschen zu beziehen. Nun muss die Entsprechung von Farben zu Tönen und Gefühlen etc. allerdings noch längst nicht Wirkung bedeuten. Es handelt sich zunächst nur um eine mathematische Zuordenbarkeit. Wie lässt sich nun erklären oder begründen, dass die verschiedenen Modelle auch hinsichtlich von Wirkungen miteinander verbunden sind? Dazu verhilft der Begriff Resonanz. Die Resonanz Wenn ein schwerer Lastwagen vorbeifährt, kann es geschehen, dass die Zimmertür rappelt; wenn ein Propellerflugzeug über das Haus fliegt, brummen vielleicht die Wände; bei einem bestimmten Ton des
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Klaviers mag ein Kristallglas im Vitrinenschrank klirren. All das sind Phänomene der Resonanz. Wann treten sie auf, und was bedeuten sie in unserem Zusammenhang? Resonanzen treten auf, wenn zwei Gegenstände gleich gestimmt sind. Wenn der eine schwingt, wird der andere zum Mitschwingen angeregt. Nun bedeutet allerdings Gleichstimmung nicht, dass Resonanz nur auftritt, wenn zwei Gegenstände auf zum Beispiel den Ton c gestimmt sind. Die Resonanz findet auch über die Oktavsprünge, also von c zu c" statt. Gleichwohl finden auch Resonanzübertragungen im Verhältnis der anderen Tonschritte zum Beispiel Quinte und Quarte statt, diese jedoch sind schwächer als die Resonanzen im Oktavverhältnis. Da das menschliche Ohr nur ca. zehn Oktaven zu hören vermag, nimmt es auch nur einen minimalen Teil der möglichen Resonanzen wahr. So können wir wegen der Resonanzen, die über viele Oktaven wirken, eine auch physikalisch nachvollziehbare Verbindung zwischen Abläufen herstellen, die in voneinander entfernten Frequenzbereichen stattfinden. Wir können also sagen, dass potenziell alles auf alles wirkt. Das gilt insbesondere deshalb, weil in vielen Bereichen nachgewiesen ist, dass die Schwingungsverhältnisse harmonikaler Natur sind, das heißt in ganzzahligen Verhältnissen zueinander stehen wie die Töne der Musik. Sie stehen also in Verhältnissen, die für eine Resonanzwirkung optimal sind. Sprachlich wird dieser Zusammenhang dort deutlich, wo das Wort „tönen“ sich zum „dröhnen“ erweitert. Bei „dröhnen“ ist die Resonanz immer schon mitgemeint. Wenn die Schwingungen der Planeten um die Sonne die ganz langsamen Schwingungen sind, und wenn die Schwingungen der stofflichen Moleküle und Atome dagegen klein erscheinen, so sind die Schwingungen geistiger Prozesse dagegen noch viel kleiner. Dennoch hat jede Schwingung auf der einen Oktave Wirkungen auf anderen Oktaven. Da nun aber jeder Planet aus Atomen besteht und diese wiederum nach Auskunft der Atomphysik fast keine stofflichen Be-
Die Wirkweise der Heilmittel
169
standteile haben, sondern aus Energie bestehen, also fast Geist sind, wird immer deutlicher, dass alles auf alles sogar auf verschiedenen Wegen einwirken kann. Nun ist kaum zu vermuten, dass wir mit Gedanken Planeten aus ihrer Bahn werfen werden, wohl aber könnten Planeten uns, wenn sie in einem harmonikalen Verhältnis zu unseren Persönlichkeitsebenen stehen, beeinflussen. Deutet man die langsamen Schwingungen der Planeten als tiefe Urtöne, die über die Methode der Oktavierung in hörbare Töne umgesetzt werden können (was übrigens in Form von Horoskopvertonungen praktiziert wird), so finden wir uns wieder vereint mit einem Ursprung der abendländischen Geistesgeschichte, als nämlich Pythagoras von den kosmischen Sphärenklängen sprach und behauptete, die Musik des Kosmos hören zu können. In Erinnerung an die tiefen Bassregister einer großen Kirchenorgel kann man schon glauben, dass solche tiefen Planetentöne Resonanzen im menschlichen Körper erzeugen. Was über die Planeten gesagt wurde, gilt analog für die anderen Modelle. Umgekehrt gilt aber auch, dass wir selbst in vielen Richtungen durch unsere eigene Gestimmtheit als Sender auftreten und Resonanzen hervorrufen, die uns als Echo unseres Verhaltens begegnen, auch wenn sie uns als Zufälle erscheinen. Es handelt sich dabei zum Beispiel um das Phänomen, das der Volksmund mit der Redewendung: „Die kleinen Sünden straft der liebe Gott sofort“ beschreibt. Aus diesen Gedanken ergeben sich folgende Konsequenzen: 1. Es lohnt sich, darauf zu achten, das eigene Verhalten sorgfältig in harmonische Bahnen zu lenken, um entsprechend harmonische Resonanzen aus der Umwelt als Echo zu erhalten. 2. Man sollte sich möglichst nur solchen Umfeldern ausliefern, die die eigene Harmonie nicht stören. 3. Wir geraten durch diese Gedanken weit über die gewohnte Gedankenwelt der linearen Kausalität hinaus. Nicht, dass es hier nicht auch Ursachen und Wirkungen gäbe, aber hier ist wegen der
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
vollständigen Vernetzung nicht mehr unterscheidbar, was Ursache und was Wirkung ist. Da Resonanzwirkungen in alle Richtungen entstehen können, muss die Einbahnstraße linearen Denkens verlassen werden. Da Resonanzen über sämtliche Oktavschritte auch in den Quarten und Quinten wirken können, geraten wir in ein Wirkungsgeflecht, das mit unseren bisherigen Denkmodellen nicht mehr überschaubar und mit unseren mechanistischen Methoden nicht mehr steuerbar ist. Es gibt nicht nur die linearen Verbindungen, sondern eine umfassende Vernetzung mit Querverbindungen. 4. Damit geraten die scheinbar „sinnvollen Zufälle“, oder das „zufällige“ Zusammentreffen zweier höchst unwahrscheinlicher Ereignisse, die C. G. Jung unter dem Begriff Synchronistische Ereignisse beschreibt, in den Bereich des Realen. Dass man zufällig in einer fremden Stadt einen Bekannten aus einer anderen Stadt trifft, ist dann nicht mehr so zufällig und unwahrscheinlich wie statistisch ein Lottotreffer, sondern erscheint als Folge einer Resonanz, die mit magnetischer Anziehung verglichen werden könnte. Das Gleiche kann für alle Ereignisse gelten, die uns geschehen. Man versetzt das, was der inneren eigenen Gestimmtheit entspricht, in Mitschwingung, in Bewegung, und begegnet ihm dann. Die begegnende Umwelt spiegelt dann nur das zurück, was von uns ausgelöst worden ist. Jeder hatte bereits solche Erlebnisse. 5. Um dies noch besser zu verstehen, ist der soeben verwendete Begriff der „Querverbindung“ zu präzisieren: Linear-kausal gab es keine Verbindung zwischen den beiden Personen, die einander in einer fremden Stadt begegneten. Indem sie aber beide – aus welchen Gründen auch immer – losfuhren und eine irgendwie geartete Gleichschwingung in sich trugen, kamen sie in Resonanz und zogen sich an. Das führte dazu, dass die ursprünglichen Parallelen sich trafen.
Die Wirkweise der Heilmittel
171
Dieser Gedanke der Parallelität entspricht dem Begriff der Analogizität und soll im nächsten Abschnitt ausgeführt werden. Die Analogizität Der Begriff der Analogizität ist, wie gezeigt, mit dem Prinzip der Resonanz vereinbar. Er ist aber auch alleine tauglich, um das zu erklären, was wir zu verstehen versuchen. Analogizität bedeutet: Es gibt unterschiedliche Gegenstände oder Bereiche, die auch ohne Resonanz parallel zueinander verlaufen und die gleiche Wirkung haben: Eine rote Rose wird als Geschenk dieselbe Wirkung haben wie ein paar liebevolle Worte oder ein gemaltes Herz. Eine tote Ratte hätte bestimmt eine andere Wirkung. (Hinsichtlich der Resonanz können wir allerdings vermuten, dass in allen drei positiven Ausdrucksmöglichkeiten dieselbe Schwingung vorherrscht. Das würde erklären, dass der Anblick einer roten Rose eine Mehrzahl von Dichtern eher zu einem Liebeslied inspiriert als zu einer Hasstirade.) Konsequent weitergedacht, kann man also fragen, welche Blume hat welche Wirkung, und welchen Worten oder welchen anderen Symbolen wird diese Wirkung entsprechen? Man könnte beginnen, einen Katalog mit Listen aus allen Bereichen zusammenzustellen (eine Liste von Edelsteinen, eine von Blumen etc.) und diese Listen nebeneinander anzuordnen: Blumen, Edelsteine, Gefühle, Planeten, Organe, Tiere, Farben und weiter daneben: Formen, Metalle, Mineralien etc. Bezieht man nun Blumen auf Organe, so bekommt man ein System der Planzenheilkunde, bezieht man Planeten auf Gefühle, so erhält man ein System der Astrologie, bezieht man Blumen auf Edelsteine, lässt sich zum Beispiel eine Schmuckornamentik entwickeln, bezieht man Formen auf Mineralien, kann sich eine Architekturformenlehre ergeben. Plötzlich, wenn man entsprechende parallele Wirkungen analog miteinander kombiniert und zwischen den Listen querdenkt, lassen sich alle Systeme und Modelle miteinander verbinden.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Wenn man nun unterstellt, dass es insgesamt sieben Ebenen der Realität gibt, müssten sich alle Blumen, Edelsteine, Gefühle, Planeten, Organe etc. in diese sieben Kategorien einordnen lassen, und so wäre auf der Basis der sieben Ebenen eine klare und überschaubare Ordnung und Strukturierung aller Weltbereiche durchführbar. In der so genannten „alternativen Heilkunde“, die auch auf alten Traditionen basiert, sind solche Analogmodelle längst bekannt und bewährt: Die Ohrakupunktur, die Fußreflexzonenmassage oder die Irisdiagnose gehen zum Beispiel davon aus, dass an verschiedenen begrenzten Körperzonen analog der ganze Körper abgebildet und beeinflussbar ist. Auch beim Analogiemodell handelt es sich also nicht allein um ein Denkmodell, sondern um etwas Reales. So fremd das klingen mag, die Voreltern unserer Kultur haben auf diese Weise analog gedacht. Diese Art zu denken entspricht uraltem Wissen. Wenn man hinzunimmt, dass unser Unterbewusstsein ebenfalls analog denkt, dann fällt diese Denkart ins Gewicht und muss ernst genommen werden. Sie bewusst als Methode anzuwenden, haben wir seit Descartes, der logisch-linear zu denken versuchte und seine Art des Denkens zur einzig zulässigen erklärte, weitgehend verlernt. Dennoch ist dieses Denken tagtäglich da, beispielsweise immer, wenn ein Mann einer Frau eine rote Rose schenkt, aber auch bei jedem, der auf seine analoge Armbanduhr schaut. Analog funktioniert auch ein Videoband, auf dem in elektromagnetischer Polarisierung sowohl Bild als auch Ton analog gespeichert sind. Und kann ein Magnetband nicht grandiose Gefühle bewirken? Bild – Ton – Gefühl – magnetische Polarisierung, das alles wirkt hier nicht aufeinander, sondern analog zueinander. Und last, but not least, noch einmal die Verbindung zum Gedanken der Oktave: Man muss sich die Töne nicht wie gewohnt entlang der Klaviertasten vorstellen, sondern kann auch die Oktaven nebeneinanderstellen. Dann hat man ein analoges Modell der Oktaven:
Die Wirkweise der Heilmittel
h
h'
h"
a
a'
a"
g
g'
g"
f
f'
f"
e
e'
e"
d
d'
d"
c
c'
c"
173
Es besagt, dass jede Oktave analog genau wie die anderen wirkt, und zwar unabhängig von ihnen. Zugleich aber wirkt jede Oktave wegen der Resonanzen auch auf die anderen. Im konkreten Beispiel heißt das: Ein Ton, eine Farbe, ein Planet, ein Edelstein oder eine Pflanze etc. kann eine Schwingung haben, die analog, gegebenenfalls auch auf einer anderen Oktave, der speziellen Schwingung eines Organs entspricht. Im Fall der Erkrankung des Organs kann seine nachlassende Schwingung sowohl durch den Kontakt mit dem anderen Medium (Ton, Farbe, Pflanze etc.) ersetzt werden als aber auch über den Weg der Resonanz wieder aktiviert werden. Beides führt in Richtung Heilung. Diese Art zu denken ist zwar zunächst ungewohnt und fremd, sie beinhaltet aber neue, bisher nicht oder nur kaum bedachte Hilfsmittel.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild Die Bedeutung der Zusammenschau Die Bedeutung der hier aufgezeigten Möglichkeit der Zusammenschau verschiedener Gedankensysteme ist kaum zu überschätzen. Damit wird die Einheit der Wissenschaften, Künste, Weltanschauungen und Lehren nicht mehr nur in gemeinsamen historischen Wurzeln lokalisiert, sondern im gegenwärtig erlebbaren Schwingungsprinzip. Nach den zugespitzesten Formen der trennenden Spezialisierung ist der hier vorgestellte Gedankenansatz der Versuch einer Quer-Summe des Wissens, nicht einer Summe des Detailwissens, sondern einer Summe der Grundgemeinsamkeiten. Gerade eine solche Summe aber rückt die Einheit der Wissenschaften ins Bewusstsein und trägt zur Erkenntnis bei, dass alles Wissen und alles Sein im Grunde ein einziges Ureines ist. Die Zahl seiner Manifestationen ist an Formen und Gestalten schier unendlich, aber diese sind nach harmonikalen Gesetzen geordnet. Als Teil dieses Ganzen trägt auch jeder Einzelne an seiner Stelle persönlich Mitverantwortung für das Gesamte. Die Nebeneinanderordnung verschiedener Modelle in einer vergleichenden Querbetrachtung trägt zum tieferen Verständnis aller einzelnen Modelle bei und dient der Gesamtschau. Überraschende und neue Aspekte, andere Möglichkeiten der Anwendung springen plötzlich ins Auge. Dem Betrachter erschließt sich nicht nur eine neue, ganzheitlichere Sicht zuvor vermeintlich getrennter Weltaspekte, sondern er entdeckt auch neue Möglichkeiten, sich zu verhalten.
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
175
Hinsichtlich der einzelnen Modelle sollten Sie bedenken, dass jedes eine Betrachtungsweise von einem bestimmten Blickwinkel aus darstellt. Diese verschiedenen Blickwinkel formuliert die folgende Abbildung 18. Letztlich sind in allen Modellen natürlich unterschiedliche Manifestationen der Schwingungsenergie beschrieben. Modell:
Blickwinkel:
Persönlichkeit
psychologisch – psychoenergetisch
Organe und Drüsen
körperlich
Sakramente
spirituell heilend
Chakras
feinstofflich
Gaben des Heiligen Geistes
geistig
Mineralien
stofflich
Töne
akustisch
Farben
visuell
Astrologie
kosmisch
Zahlen
mathematisch
Chemische Elemente
chemisch – physikalisch
Yin/Yang
ladungs-energetisch
Wissenschaften
technisch
Wochentage und Feste
zyklisch – rhythmisch
Alchimie
symbolisch
Abbildung 18: Die Blickwinkel der verschiedenen Modelle
Die praktische Anwendung Stellt man nun alle Modelle mit ihren senkrecht untereinander angeordneten sieben Ebenen parallel nebeneinander, wie wir das bisher bei der Einzelbetrachtung schon mit je zweien oder dreien getan haben, dann kann man horizontal über die Ebenen der Modelle agieren. Durch Maßnahmen innerhalb des einen senkrechten Modells lassen
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
sich dann horizontal Wirkungen im Bereich eines anderen senkrechten Modells erzeugen. Das folgende Beispiel zeigt, wie man anhand der auf den nächsten Seiten dargebotenen Gesamtübersicht konkrete Maßnahmen ergreifen kann. Beispiel: Bei einer akuten oder chronisch gewordenen organischen Herzschwäche kann man aus den horizontal entsprechenden Ebenen der anderen Modelle folgende Therapiemöglichkeiten ablesen und einzeln oder kombiniert anwenden: X X X X X X X X X X
die eigenen emotionalen Verhältnisse überprüfen die eigenen Empfindungen bewusst wahrzunehmen versuchen verzeihen, Liebe, Hingabe Aufenthalt im Grünen und/oder Bestrahlung mit grünem Licht Visualisierung der Farbe „Grün“ Auf die Herzgegend einen Smaragd auflegen, auf den Ton C den Vokal a oder ein Mantra, zum Beispiel „Kyrie Eleison“, singen ein Stück Kupfer in das Körperfeld bringen (zum Beispiel Armband) sich auf die eigene Stärke besinnen seinen Geiz überwinden und etwas loslassen (verzeihen oder auch etwas verschenken)
Weitere Modelle In der folgenden Gesamtübersicht über die bisher dargestellten Siebenermodelle werden ein paar andere Modelle, die bisher nur kurz oder auch gar nicht erwähnt werden konnten, hinzugefügt. Sie stellen zum Teil Erläuterungen, zum Teil Symbole für Ebenen der anderen Modelle dar. Zwei davon, die sieben freien Künste und die Metalle
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
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der Alchimie, sollen hier noch ausführlicher vorgestellt werden, die anderen sollen aber auch kurz erwähnt werden: X
X X X X
Bei den Stufen des Bewusstseins handelt es sich um eine strukturierte Auflistung und Zuordnung von gebräuchlichen Begriffen des tiefen psychologisch-esoterischen Sprachgebrauchs. Die Tätigkeiten sind eine Erläuterung zu den Ebenen der Persönlichkeit. Die Gaben des Heiligen Geistes entsprechen, ohne eines weiteren Kommentars zu bedürfen, den Deutungen der Ebenen. Die Aufstellung der christlichen Feste entschlüsselt deren tieferen Sinn. Mit den sieben zugeordneten Wissenschaften wird den einzelnen Ebenen modernes Wissen zugeordnet, die sieben freien Künste dagegen stellen die Summe des antiken Wissens dar. Da sie weniger bekannt sind und teilweise auch erst entschlüsselt werden müssen, werden sie hier im Einzelnen dargestellt:
Die sieben freien Künste Die Philosophie gilt als Mutter der sieben freien Künste. In ihnen werden die Aufgaben dargestellt, die jeder Mensch auf der entsprechenden Ebene lösen muss, um heil, gesund und vollkommen zu werden. So werden sie nach dem Persönlichkeitsmodell allen anderen Modellen vorangestellt. Eine von verschiedenen Überlieferungen ordnet sie in der folgenden Reihenfolge. Worin liegt ihre konkrete Bedeutung? Die Bedeutung der Rhetorik, der ersten Kunst, ist noch relativ einfach herauszufinden. Eine Übersetzung des Wortes zeigt, dass es sich hierbei um eine Lehre vom Fließen handelt. Das passt gut zur Ebene der Lebensenergie, sie soll fließen. Auch die Bedeutung der Dialektik, deren Name sich als Lehre vom Durchschauen übersetzen lässt, leuchtet ein. Sie passt insofern zur
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Antriebsebene, als die Antriebe sich durchsetzen müssen. Im übertragenen Sinn müssen die Triebe von Frühjahrsblumen durch die Erde und durch den Schnee durchschauen. Zum Verständnis der Grammatik ist hingegen eine vexierende Sicht notwendig: Angesichts der aus der Schule genügsam als Erbsenzählerei bekannten Sprachlehre mag man fragen, was diese denn mit der Führung der eigenen Person und dem Zurechtfinden in der Welt zu tun haben soll. Nun, pars pro toto, oder: Wie im Kleinen, so im Großen. Der Teil, den wir in der Schule auf die Sprache bezogen kennengelernt haben, steht für mehr: Bei der Grammatik geht es um die Einbindung der Teile ins Ganze. Und darum geht es auch auf der Erziehungsebene. Ähnliches gilt für die Geometrie. Man muss sie nicht allein als einen Teil der Mathematik oder des Zeichenunterrichts ansehen, sie handelt schließlich von den Verhältnissen und Beziehungen von Körpern (und Flächen) zueinander. Genau das aber ist das Thema auf der Beziehungsebene. Auch bei Liebe oder Hass geht es um das Verhältnis und die Beziehung von (physischen und psychischen) Körpern zueinander. Auch die Arithmetik wird erst auf den zweiten Blick verständlich. Was sie mit der Ebene der Intentionen verbindet, sind ihre Axiome. Jede Intention ist gewissermaßen ein psychisches Axiom, das nicht hinterfragt wird und das allem weiteren Handeln vorgegeben ist. Zudem ist die Fülle kreativer Möglichkeiten unendlich wie die Reihe der Zahlen. Die Astrologie als Lehre von den Zusammenhängen zwischen Himmel und Erde lässt sich dagegen leicht mit dem Ziel der Ebene der Vernunft verbinden, der es schließlich darum geht, zu erkennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Die letzte und höchste der freien Künste ist die Musik als Lehre von der Harmonie. Harmonie, ganzheitliche Sicht, Integration von Polaritäten zu schaffen, haben wir aber als Aufgabe des Geistes erkannt; also auch hier liegt eine volle Entsprechung vor.
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
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Die Metalle der Alchimie Eingegangen werden soll hier auch noch auf die Liste der Metalle der Alchimie. Die Alchimie hat zwei Seiten: Auf der einen Seite ist sie durchaus eine Vorläuferwissenschaft der Chemie. Mit dem Ziel, Gold zu machen, haben Alchimisten chemische Experimente durchgeführt. Zum anderen ist die Interpretation der alchimistischen Sprache, wie C. G. Jung gezeigt hat, auch im übertragenen Sinne möglich (man schreibt dann Alchymie): alchymistische Sprache als symbolhafte Beschreibung eines Einweihungsweges, das heißt eines persönlichen Weges zu geistiger Läuterung und Vervollkommnung. Die Elemente der Alchymie sind dann Symbole für geistige Prozesse. Auch dabei ist es das Ziel, aus Blei Gold zu machen, allerdings im übertragenen Sinne: aus ungestalteter, plumper (Blei = lat. plumbum) Lebensenergie glänzendes Gold, das heißt Geist zu machen. Geist
J
Gold
Vernunft
J
Silber
Intuition
J
Quecksilber
Emotion
J
Kupfer
Charakter
J
Eisen
Antriebe
J
Zinn
Lebensenergie
J
Blei
Damit ist genau das Ziel der Persönlichkeitsarbeit beschrieben, um die es in diesem Buch geht. Die leichte und passende Einordnung der alchymistischen Begriffe (sieben Metalle) zeigt die Zulässigkeit der symbolischen Interpretation der Alchimie. Die realen Metalle haben vermutlich die den jeweiligen Ebenen entsprechenden molekularen Schwingungsfrequenzen.
180
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Die Gesamtübersicht So ergibt die Zusammenstellung dieser und aller früher behandelten Modelle ein großes Gesamtbild. Die Ordnung der Reihenfolge der Siebenermodelle in der folgenden tabellarischen Übersicht geht vom Menschen aus und fügt, weitere Kreise ziehend, die anderen Modelle hinzu. Wenn Sie die bisherigen Ausführungen aufmerksam gelesen haben, besitzen Sie nun die Werkzeuge, um beim vergleichenden Studium dieser Übersichten noch weitere Einsichten und Anregungen zu erhalten. In der Übersicht besteht die Notwendigkeit, das Gemeinte jeweils möglichst mit einem Wort (Namen) zu bezeichnen. Was der Klarheit dienen soll, kann aber auch Unschärfen verursachen. Wem deshalb der Bezug von Begriffen, die waagerecht nebeneinander stehen, unklar erscheint, versuche sie länger zu betrachten. Das Verbindende wird sich oft nach kurzer Erwägung als sinnvoll und evident zeigen. Verschiedene Worte bieten oft eine neue Perspektive für eine für bekannt gehaltene Realität. So bleibt Ihnen das Spiel, selbst weitere horizontale Zuordnungen als die hier angeführten auszuprobieren. Da Sie dabei mit wertvollen Perlen spielen, die zum Teil durchsichtig, zum Teil farbig schillernd sind, können Sie es als ein Glasperlenspiel betrachten. Ich bestehe nicht darauf, dass jede hier dargestellte Einzelheit stimmt. In der Literatur, die ich in den vergangenen Jahren studiert habe, habe ich eine Menge gefunden, das sich mittlerweile als unzutreffend oder unsinnig herausgestellt hat, oft waren zum Beispiel Übersichten unvollständig oder in der Reihenfolge durcheinander. Einiges davon konnte ich korrigieren. Bei anderem bleiben Zweifel, welche von mehreren angebotenen Überlieferungen die treffendste sei. Ich trage es hier so vor, wie es mir nach meiner Beschäftigung und meinem Urteil als wahrscheinlich und sinnvoll vorkommt.
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
181
Aber trotz aller hier aufgewendeter Sorgfalt kommt es letztlich gar nicht darauf an, ob die Einzelheiten dieser Darstellungen im Detail stimmen. Es geht mehr um die Art und Richtung des Denkens. Wer selbst immer mehr fähig wird, analog und verknüpfend zu denken, der wird mit eigenen Erfahrungen und Einsichten immer weiter zu einer ganzheitlichen Schau seiner selbst und des Menschen in der Welt, sprich: zu einem „ganzheitlichen Menschen- und Weltbild“, gelangen, das ihm zusätzliche Möglichkeiten zum Umgang mit sich selbst eröffnet. So soll das hier Gezeigte als Vorschlag, Hinweis und Gesprächsgrundlage dienen. Zur Übersicht und zum weiteren eigenen Studium sind auf den folgenden Seiten alle behandelten Modelle nebeneinander dargestellt. Sie finden diese Seiten außerdem unter www.gabler.de als Download.
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Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Ebenen der Persönlichkeit
Sieben freie Künste
Themen
7
Geist, Verstehens- und Reflexionsfähigkeit
Musik – Harmonielehre Lehre vom Einklang
Weisheit
6
Vernunft Erkenntnis- und Realisierungsfähigkeit
Astrologie Lehre vom Zusammenhang von Himmel und Erde
Sachpositionen Informationen
5
Intentionalität Strebefähigkeit
Arithmetik axiomatische Lehre von den Zahlen
Ziele Zwecke
4
Emotionalität Empfindungs- und Beziehungsfähigkeit
Geometrie Lehre von den Verhältnissen + Beziehungen
Liebe Hass
3
Charakter Integrationsfähigkeit
Grammatik Lehre von der Einbindung ins Ganze
Anpassung Durchsetzung
2
Antrieb Wollensfähigkeit
Dialektik Lehre vom Durchdringen
Bedürfnisse Motive
1
Lebensenergie Lebensfähigkeit
Rhetorik Lehre vom Fließen
Gesundheit Identität
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
183
Stufen des Bewusstseins
Tätigkeiten
Persönliche Entwicklung
Heilmittel (Sakramente)
Zweck der Heilmittel
umfassendes Allbewusstsein
verstehen meditieren
Selbstführung (ganzheitlich)
Ehe
vereinigen integrieren
kollektives Bewusstsein
erkennen denken
Selbstsicherheit
Priesterweihe (Einweihung)
einsehen erkennen
individuelles Selbstbewusstsein
streben kreativ sein
Selbstvertrauen
Krankensalbung
durchsetzen widerstehen
Bewusstsein
fühlen empfinden
Selbstbewusstsein
Buße
verzeihen
persönlich unterbewusst
dürfen einbinden
Selbsterkenntnis
Kommunion
integrieren in die Gemeinschaft
kollektiv unterbewusst
wollen agieren
Selbstvollzug
Firmung
ermutigen stärken
kosmisch unbewusst
können leben
Selbstexistenz
Taufe
annehmen zulassen
184
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Chakras
Indische Deutung
Drüsen/ Organe
Farben
Steine
Wirkung
Sahasrara Ort: Scheitel
Vergeistigung Erleuchtung
Zirbeldrüse rechtes Auge
Violett Weiß
Amethyst
vergeistigt
Anja Ort: Stirn
Klarheit der Erkenntnis
Hypothalamus linkes Auge
Dunkelblau
Saphir Lapislazuli
ernüchtert
Vishudda Ort: Kehlkopf
Kreativität ‚ Intuition
Schilddrüse Lunge Stimme
Hellblau
Aquamarin Türkis
klärt
Anahata Ort: Herz
Liebe Hingabe
Thymusdrüse Herz, Blut
Grün
Smaragd Chrysolit Aventurin
beruhigt
Manipura Ort: Solarplexus
Mut Einsatz Kommunikation
Pankreas Magen Leber
Gelb
Zitrin Topas
wärmt
Svadhistana Ort: Sakrum
Urvertrauen Aktivität
Geschlechtsdrüsen Eierstöcke
Orange
Karneol
aktiviert
Mulhadara Ort: Basis
Sicherheit Lebenskraft
Adrenalindrüse Dickdarm
Rot
Rubin Granat
regt an
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
185
Töne
Vokale
Planeten
Bedeutung
Römische Götter
Wochentage
E
ü
Sonne
Erleuchtung
Sol
Sonntag
D DIS
i
Mond
klare Einsicht
Luna
Mondtag
CIS
e
Merkur
Kommunikation
Merkur
Merkredi Mittwoch
C H
a
Venus
Liebe
Venus
Vendredi Freitag
A
O
Mars
Entfaltungsdrang
Mars
Mardi Dienstag
G GIS
Ö
Jupiter
Ausdehnung
Jupiter
Jeudi. Donnerstag
F FIS
u
Saturn
Hüter der Schwelle Kraftkonzentration
Saturn
Saturday Samstag
186
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Griechische Götter
Indische Götter
Metalle der Alchimie
Zahlen und ihre Bedeutung
Helios
Surya
Gold
7 Weisheit Fülle
Hekate
Candra
Silber
6 Kraft
Hermes
Buddha
Quecksilber (Mercurius)
5 Leben
Aphrodite
Bhargave
Kupfer
4 Ordnung der Materie
Ares
Anagaraka
Eisen
3 Synthese Ganzheit
Zeus
Brhaspati
Zinn
2 Polarität
Chronos
Manda
Blei
1 Ursprung
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
187
Erzengel
Gaben des Heiligen Geistes
Christliche Festtage
Zuordbare Wissenschaften
Raphael
Weisheit
Himmelfahrt Vereinigung
Philosophie Meditation
Gabriel
Verstand
Pfingsten klare Einsicht
Logik Lehre vom richtigen Denken
Michael
Rat (= Ideen, Kreativität)
Ostern kreative Neuschöpfung
Kreativitätstechniken
Ariel
Stärke
Karfreitag Hingabe bis zum Tod
Soziologie Gruppendynamik
Samael
Wissenschaft = System
Lichtmess Durchlichtung
Pädagogik Erziehungslehre
Zadkiel
Frömmigkeit = Tüchtigkeit
Epiphanie Erscheinung des Herrn
Psychologie Antriebslehre
Kafziel
(Ehr-)furcht des Herrn
Weihnachten Geburt
Biologie / Ethik Lebenslehre
188
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Ausblick auf das Muster eines ganzheitlichen Weltbildes Der folgende Abschnitt gibt einen Ausblick auf die Möglichkeit einer Erweiterung des hier dargestellten ganzheitlichen Weltbildes. Diese Erweiterung ist nicht in den Details ausgearbeitet, sie wird hier lediglich als gedankliches Konzept angedeutet. Sie wäre, wie die obige Übersicht, praktisch ohnehin unabschließbar, denn die Vielfalt dessen, was als Bestandteil der materiellen und geistigen Welt eingeordnet werden müsste, ist unendlich groß. Trotzdem kann dieser Ausblick eine weitere Dimension und Perspektive des hier vorgestellten neuen Weltbildes demonstrieren, die durch den Gedanken der Oktave naheliegt. Das System der Erweiterung Bisher sind wir von den sieben Ebenen der Person ausgegangen und haben alle anderen Ebenen dieser zugeordnet. Dabei wurde der Mensch als eine Oktave betrachtet, der andere Oktav-Modelle analog zugeordnet werden konnten. Dabei bleibt es. Hier aber wird das Modell nicht nur neben dem Menschen, sondern auch oberhalb und unterhalb der Oktave des Menschen erweitert. Der Mensch wird als eine Oktave von sieben in eine Großstruktur eingeordnet. Göttliche Ebene X X X X X X
Engel Mensch Tiere Pflanzen Minerale Materie
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
189
Dieser Großstruktur können dann die sieben Farben ebenfalls als Großstruktur zugeordnet werden, sodass sich Folgendes ergibt: Göttliche Ebene Engel Mensch Tiere Pflanzen Minerale Materie
J J J J J J J
Weiß und Violett Indigoblau Hellblau Grün Gelb Orange Rot
Jede dieser Großstrukturen kann selbst wieder in sieben Ebenen unterstrukturiert werden, wie wir es hinsichtlich des Menschen getan haben. Dann werden zum Beispiel die sieben Farben den sieben Ebenen: Göttliche Ebene Weisheit Verstand Rat Stärke Wissenschaft Frömmigkeit Ehrfurcht
J J J J J J J J
Hauptfarben Weiß und Violett Weiß und Violett Indigoblau Hellblau Grün Gelb Orange Rot
In diesem Sinn kann dann jedes Siebenermodell unserer bisherigen Übersicht zugleich als Großstruktur und als Kleinstruktur eingeordnet werden und auch jeder Groß- und Kleinstruktur als Entsprechung zugeordnet werden. Die Netzstruktur, die sich daraus ergibt, kann dann so aussehen, wie Abbildung 19 auf den nächsten Seiten im Ansatz zeigt:
190
Teil 4: Ganzheitliches Menschen- und Weltbild
Stufen der Schöpfung Göttliche Ebene
Farben – Weisheit
Weiß +
– Violett
– Verstand
Violett
– Indigo
– Rat
– Hellblau
– Stärke
– Grün
– Wissenschaft
– Gelb
– Frömmigkeit
– Orange
– Ehrfurcht Engel
– Rot
– Seraphim
Indigo-
– Violett
– Cherubim
blau
– Indigo
– Erzengel
– Hellblau
– Throne
– Grün
– Herrschaften
– Gelb
– Fürsten
– Orange
– Gewalten Mensch
– Geist
– Rot Hellblau
– Indigo
– Intention
– Hellblau
– Emotion
– Grün
– Charakter
– Gelb
– Antriebe
– Orange
– Lebensenergie Tier
– Säugetiere
– Rot Grün
– Indigo
– Fische
– Hellblau
– Reptilien
– Grün
– Insekten
– Gelb
– Weichtiere
– Orange
– Einjährige
– Rot Gelb
– Indigo
– Gehölze
– Hellblau
– Farne
– Grün
– Moose
– Gelb
– Algen
– Orange
– Gold
– Rot Orange
– Violett
– Silber
– Indigo
– Quecksilber
– Hellblau
– Kupfer
– Grün
– Eisen
– Gelb
– Zinn
– Orange
– Blei Materie
– Violett
– Stauden
– Einzeller Minerale
– Violett
– Vögel
– Bakterien Pflanze
– Violett
– Vernunft
– Verbindungen
– Rot Rot
– Violett
– Elemente
– Indigo
– Moleküle
– Hellblau
– Atome
– Grün
– Nuklearteilchen
– Gelb
– Schwingungen
– Orange
– Energie
– Rot
Netzstruktur eines erweiterten ganzheitlichen Weltbildes
Zusammenfassung zu einem ganzheitlichen Weltbild
Planeten Sonne
Mond
Merkur
Venus
Mars
Jupiter
Saturn
(Fortsetzung)
Metalle – Sonne
Gold
Freie Künste – Gold
Musik
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Silber
– Gold
– Rhetorik Astrologie
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Quecksilber – Gold
– Rhetorik Arithmetik
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Kupfer
– Gold
– Rhetorik Geometrie
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Eisen
– Gold
– Rhetorik Grammatik
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Zinn
– Gold
– Rhetorik Grammatik
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Sonne
Blei
– Gold
– Rhetorik Rhetorik
– Musik
– Mond
– Silber
– Astrologie
– Merkur
– Quecksilber
– Arithmetik
– Venus
– Kupfer
– Geometrie
– Mars
– Eisen
– Grammatik
– Jupiter
– Zinn
– Dialektik
– Saturn
– Blei
– Rhetorik
191
Auf den Punkt gebracht
193
Auf den Punkt gebracht
Das neue Menschen- und Weltbild ist nicht neu Die meisten der hier zusammengetragenen Gedanken sind als einzelne bekannt. Auch viele der dargestellten Zusammenhänge waren früher entweder allgemein bekannt oder galten als Geheimwissen bestimmter Gruppen. Sie hier aus der Dunkelheit ins öffentliche Bewusstsein zu heben, ist eine Form geistiger Archäologie. Viele Zusammenhänge konnten erst wieder durch die neuen Begegnungen verschiedener Kulturen, die in den letzten Jahrzehnten stattfanden, erkennbar und verstehbar werden. Diese Zusammenhänge weisen zum Teil auf alte Verbindungen zwischen diesen Kulturen hin, zum anderen Teil aber auch darauf, dass jeder, der sich selbst und die Welt aufmerksam betrachtet, unabhängig von seiner Epoche und seinem kulturellen Hintergrund, zu ähnlichen Ergebnissen kommen muss, weil er schließlich dieselbe menschliche und kosmische Realität betrachtet. Insofern es sich hier im Wesentlichen also um altes Gedankengut handelt, ist die Bezeichung „neues“ Menschen- und Weltbild von der Sache her objektiv unzutreffend. Insofern es allerdings für uns wieder neu entdeckt ist, lässt sich der Begriff „neu“ subjektiv rechtfertigen. Viele vor uns hatten tiefen Einblick in das menschliche Sein und in kosmische Zusammenhänge. Weil aber vielen von uns dieses Wissen von autoritären Erziehern, die diese Zusammenhänge selbst nicht richtig verstanden hatten, autoritär einzubleuen versucht wurde, haben viele dieses Wissen der Alten zusammen mit ihren Erziehern abgelehnt. Die Folge ist ein großer Traditionsabriss. Vielleicht können
194
Auf den Punkt gebracht
die Verstehenshilfen, die dieses Buch bietet, dazu beitragen, die gerissenen Verbindungsfäden wieder anzuknüpfen, um das Wissen der Alten neu für uns zu erschließen. Das neue Weltbild erweitert das cartesianische um ein Vielfaches So soll aber auch dem zu überwindenden oder besser: um sein Gegenstück zu ergänzenden cartesianischen Welt- und Menschenbild Gerechtigkeit geschehen. Vielleicht war für die nur durch Spezialisierung der Fachkenntnisse erreichbaren Fortschritte die Trennung der ursprünglichen Einheit des Wissens notwendig, und wir haben mit dem Vergessen dieser Gemeinsamkeiten einen Preis für die erzielten Fortschritte gezahlt. Jetzt aber, nachdem diese Art Fortschritt an äußere Grenzen stößt, wird die Frage zwingend, ob das Weltbild, das sie ermöglicht hat, wirklich vollständig war. Im cartesianisch positivistisch-empiristischen Weltbild gehörte der Mensch der materiellen, kausalen Außenwelt an und war ihr ausgeliefert. Er konnte nur innerhalb ihrer Linearitäten Einfluss auf seine Umwelt und sein Schicksal nehmen. Indem dieses Modell durch den Gedanken der Resonanz und die Vorstellung analoger Wirksysteme erweitert wird, gewinnt der Mensch in diesem neuen Weltbild und Selbstverständnis auch wieder Zugang zu psychischen und geistigen Ebenen, von deren Existenz in jahrtausendealten Traditionen meist in mythologischer Sprache gesprochen wurde. Die Kräfte dieser Ebenen erscheinen jetzt nicht mehr in personifizierter Gestalt als Götter und Sagengestalten, sondern als Energiephänomene mit speziellen Frequenzbereichen und unterschiedlichen Wirkungsspektren, die man gezielt beeinflussen und steuern, aber auch zur Beeinflussung physischer Ebenen einsetzen kann.
Auf den Punkt gebracht
195
Chancen für die persönliche Selbstführung Solche geistigen Methoden für die Beeinflussung sämtlicher Ebenen der Realität wurden früher unter dem Stichwort Gebet angeboten und rufen heute unter dem Motto die Kraft des positiven Denkens noch manches Kopfschütteln hervor. Aber man kann lernen, über den nicht-kausalen, analogen Weg Einfluss auf sich selbst und die umgebende Welt zu gewinnen, und wieder selbständig sein Glück in die Hand nehmen. Nicht Zweifel und Verzweiflung brauchen mehr zu herrschen, nicht das Gefühl, in eine kalte, tote Welt geworfen und ihr ausgeliefert zu sein, braucht uns zu quälen, sondern das Bewusstsein kann wachsen, dass jeder Gedanke, jede Handlung ein Impuls ist, der in die Welt wirkt und dort entsprechende Resonanzen in analogen Systemen hervorruft. Je wacher und bewusster Sie handeln, desto mehr nehmen Sie Ihr eigenes Schicksal, das Ihnen als Resonanz auf Ihre bisherigen Impulse „geschickt“ wird beziehungsweise als „Zufall“ zugefallen ist, in die Hand. Hier gilt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Chancen für einen gesellschaftlichen Aufbruch in ein neues Zeitalter Wenn die hier aufgezeigten inneren Zusammenhänge bewusst werden und umgesetzt werden, kann das nicht nur für Sie persönlich, sondern auch kollektiv zu einem Entwicklungssprung führen. Dieser wird sich weniger durch die zunehmende Menge des verfügbaren Wissens definieren als durch die bessere Verknüpfung des vorhandenen Wissens. In der Tat sind die Begriffe Verknüpfung und Vernetzung Schlagworte der computergestützten Informationsgesellschaft mitsamt dem Internet. Auch die hier gezeigte Zusammenschau ist ein Ergebnis von Verknüpfung und Vernetzung. Die bisher in unserer Gesellschaft geleistete Verknüpfung bezieht sich nun zum großen Teil auf Daten des kommerziellen, verwaltungstechnischen und sicherheitspolitischen
196
Auf den Punkt gebracht
Gebrauchs von Versicherungen, Banken, Geschäften und Polizei. Wesentlich wichtiger ist die Verknüpfung der Grundbegriffe und Grundgedanken der einzelnen Wissensbereiche, wie hier im Ansatz gezeigt. Dafür nun bedarf es weniger der Technik des Computers, sondern mehr der Mühe einer tieferen geistigen Durchdringung der vorhandenen Begriffssysteme. Die Aufgabe heißt: ordnen, verbinden und Zusammenhänge herstellen. Es scheint eine ähnliche Aufgabe zu sein, wie sie sich am Ende der Antike stellte und wie sie die Scholastik im Mittelalter zu leisten versuchte: die Menge vorhandenen Wissens zu sichten und zu verarbeiten. Die Scholastik brauchte dazu mehrere Jahrhunderte. Wie lange wir dazu brauchen, ist nicht abzusehen. Unter Berücksichtigung der heute zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und Medien sowie der vielfältigen integrativen Strömungen könnte es jedoch sein, dass es wesentlich schneller geht. Ja, vielleicht wurde schon mehr geleistet, als auf den ersten Blick erkennbar ist, und der historisch bedeutsame Übergang in eine Epoche mit einem erweiterten Bewusstsein und Selbstbewusstsein ist schon im Vollzug. Dieser Wandlungsprozess kann allerdings hart sein. Alte innere und äußere Strukturen müssen dabei überwunden werden, und das bedeutet Auseinandersetzung mit Widerständen. Auseinandersetzung kann zu Kampf führen. Am Ende der Scholastik standen die Reformation und die Aufklärung, es folgte die Französische Revolution. Da die Strukturen des alten Menschen- und Weltbildes in die Katastrophenszenarien des psychischen, sozialen und ökologischen Zusammenbruchs hineinführen, muss der Wandel sein. Vielleicht finden wir einen konstruktiven Weg. Er beginnt mit einem neuen, liebevolleren Umgang mit sich selbst (Lebensenergie fließen lassen) und mit einem neuen, liebevolleren Umgang mit anderen Menschen (Lebensenergie zulassen). Und wer würde sich bei liebevoller Ansprache nicht auch für Neues öffnen?
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Der Autor
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Der Autor
Dr. phil. Winfried Prost ist Praktischer Philosoph, Theologe, Pädagoge und Persönlichkeitsentwickler. Er arbeitet als Seminarleiter, Coach und Vortragender an einem tieferen Verständnis der Dimensionen des Menschen und der Welt. Seit 1980 führte er mehr als 1300 persönlichkeitsbildende Seminare und Beratungen für mehr als 13 000 Führungskräfte durch. Er hat ein eigenes Seminarhaus direkt am Rhein in Köln und eine Zweigniederlassung in Zürich. 1996 gründete er die Akademie für Ganzheitliche Führung. Nach verschiedenen Veröffentlichungen zu Themen der zwischenmenschlichen Kommunikation legt er mit diesem Buch ein Konzept für ein „ganzheitliches“ Menschenbild vor. Er geht dabei von der „Lebensenergie“ als Mitte des Menschen aus und entwickelt darauf aufbauend ein psychologisches Modell der Persönlichkeit für den Umgang mit sich selbst. Winfried Prost ist Autor von 23 Büchern und Vater von fünf Söhnen und einer Tochter. Wenn Sie weitere Fragen und Anregungen haben oder Unterstützung in Fragen der Selbstführung wünschen, können Sie sich wenden an:
[email protected] www.winfried-prost.de
Stichwortverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
Adrenalindrüsen
120
Aggressionen 67 Aggressivität 64 Agrippa von Nettesheim 135 Alchimie 105, 175 Alchymie 179 Allah 104, 163 Analogizität 165, 171 Analyse 107 Anaxagoras 151, 153 Anaximander 151 Anaximenes 151 Angelus Silesius 53 Antichrist 52 Antriebe 38, 40, 58, 107, 182 Apostel 108 Arcanum 57 Archetyp 150 Arithmetik 178, 182 Äskulap-Stab 106 Astrologie 109, 141, 167, 175, 178 Äther 57 Atombegriff 152 Atome 168 Atommodell 148 Atomphysik 168
Aufklärung 6 Auge 125 Augustinus 49, 59, 90, 91, 104, 108 Aurel, Marc 45 Ausbeutung 25 Außenwelt 14, 35, 58, 72, 75, 84 Auto 28 Autonomie 85
Bacon, Francis
21 Basis-Chakra 119 Bauchspeicheldrüse 122 Befreiung 83 Behrendt, Joachim-Ernst 153 Besitz 25 Bibel 45, 47 Biologie 187 Biorhythmus 144 Blockaden 43, 63, 64, 65, 71, 73 Blockierung 49 Böhme, Jakob 52, 90, 104 Bonaventura 50 Bronchien 124
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Stichwortverzeichnis
Ebenen der Persönlichkeit
Brüderchen und Schwesterchen 81 Buddha 93, 144 Buße 112, 114, 183
Caritas
123 Chakras 111, 118, 127, 175, 184 Charakter 38, 58, 182 Charpentier, Louis 138 Christliche Feiertage 187 chymische Hochzeit 125 Coach 76 Cousto, Hans 133, 135, 144
Das Wasser des Lebens
81
Demokrit 151 Demut 113 Depression 7, 64 Descartes, René 19, 21, 25, 26, 172 Diabolos 77 Dialektik 177, 182 Dickdarm 120 Diktatur 25 Dionysius Areopagita 85 Disziplin 70 DNS 153 Dornröschen 80 Drei 107
182 Edelsteine 111 Edelsteinheilkunde 129 Ego 99 Ehe 112, 116, 183 Eichendorff, Joseph von 132 Eierstöcke 121 Einstein, Albert 19, 22 Einweihung 104 Einweihungsrituale 99 Elixier 57 Emotionalität 182 Emotionen 37, 40, 58, 107 Empirismus 22, 23, 27 Energie 88 Energiefluss 119 Epiktet 45 Erbsünde 78 Erkenntnis 116, 125 Erleuchtung 104 Ersatzbefriedigung 27 Ersatzlösung 31 Erzengel 187 Esoterik 61 Ethik 23, 187 etymologische Analyse 154
Farben 127, 175, 184 Farbwirkungen 128 Fernsehen 28, 29 Finsen, Niels 128 Firmung 112, 113, 183
Stichwortverzeichnis
Fortschritt 28, 29 Freiheit 7 Freud, Sigmund 5 Froschkönig 79
Gaben des Heiligen Geistes 105, 187 Galileo Galilei 20 Galle 122 ganzheitlich 35 ganzheitliches Weltbild 174 Geborgenheit 34 Geheime Offenbarung des Johannes 103 Geheimwissen 193 Geist 13, 22, 23, 36, 40, 53, 58, 107, 108, 153, 163, 182 Gemeinschaft 114 Geometrie 178, 182 Gesamtübersicht 180 Geschlechtsdrüsen 121 Glück 27, 28, 34 Gnade 57 Goethe, Johann Wolfgang von 133 Goldener Schnitt 137, 138, 153 Görres, Joseph von 60 Gott 45, 50, 54, 58, 107, 154 Gottesbild 16 Gotteserfahrung 149 Gottesgebärerin 93 Gottvertrauen 51
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Grammatik 178, 182 Griechische Götter 186 Grimm, Jacob 155 Großhirn 125 Grundeinstellungen 38, 107 Grundprinzip 20 Grundwerte 25 Gruppendynamik 187
Haben
31 Hänsel und Gretel 79 Hara 120 Harmonie 27, 135, 178 Harmonielehre 131 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 53 Heidegger, Martin 54 Heiligenschein 125 Heilmittel 113, 130, 147, 183 Heisenberg, Werner Karl 22 Hellsichtigkeit 124 Heraklit 44, 151 Hermes Trismegistos 44, 90 Hermes-Stab 106 Herrschaft 6 Herz 123 Herz-Chakra 123 Hesse, Hermann 59, 94 Hierarchie 6 Hildegard von Bingen 50, 129 Himmel 52, 57, 84, 90 Hingabe 123 Hirnanhangdrüse 125
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Stichwortverzeichnis
71 Impotenz 68 Indische Götter 186 indische Philosophie 118 Inkarnation 98 Innenwelt 15, 26, 35, 58, 72, 75, 84 Innere Stimme 92 Integration 114 Integration von Polaritäten 117 Intentionalität 37, 182 Intentionen 37, 40, 58, 107
Kepler, Friedrich Johannes 20, 135, 144 Kernenergie 28 Kirchenväter 49 Klang-Chakra 123 Kleantes 44 Kommunion 112, 114, 183 Kompensation 7, 27, 31, 34 Kompensationsangebote 27 Konsum 25 Kopernikus, Nikolaus 20 Koran 104 Krankensalbung 112, 115, 183 Krankheiten 69, 120, 135 Kreativität 67, 88, 124 Kreativitätstechniken 187 Kreislauf 123 Kundalini 57, 119
Jaspers, Karl
Laster
Homer 132 Homöopathie 130 Horoskop 145 Hume, David 22, 23 Huxley, Aldous 63
Illusion
14
Jenseits 90 Jesaja, Prophet 93 Jesus 32, 51, 99 Johannes, Evangelist 46, 94, 99 Jung, Carl Gustav 5, 170, 179 Jupiter 142
Karma
95 Kausalität 169 Kehlkopf-Chakra 123
59 Leben 87 Lebensangst 6 Lebensenergie 18, 27, 39, 40, 41, 57, 78, 107, 113, 119, 182 Leber 122 Leistung 25 Liebe 115, 123, 139 Locke, John 22 Logik 32, 187 Lotosblüte 125 Lukas 46, 99
Stichwortverzeichnis
Lungen 123, 124 Luther, Martin 47
Macht 25 Macht der Töne 132 Magen 122 Mangel 31 Mantren 135 Märchen 55, 78, 82 Maria 93 Mars 142 Maske 94 Maslow, Abraham Harold 39 Maßstäbe 86 Materialismus 27 Materie 13, 22, 108, 152 Matthäus, Evangelist 46 Medien 28, 29 Meditation 64, 77, 87, 91, 187 Medizin 22, 24, 145 Meister Eckhart 50, 90, 93, 99, 104 Menschenbild 7, 16, 27, 33, 147 Merkur 142 Metalle 186 Metalle der Alchimie 179 Metaphysik 150 Minderwertigkeitsgefühle 15, 74 Mithraskult 104 Moleküle 168 Mond 142
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Moral 23 Moses 46 Mündigkeit 7, 94 Musik 109, 111, 130, 139, 153, 178, 182 Mystiker 49, 90
Nase
125 Naturbeherrschung 21 Naturwissenschaft 152, 164 Neigung 70 Nervensystem 125 Netzstruktur 189 Newton, Isaac 22 Nieren 120 Nihilismus 26 Nikolaus von Kues 52 Normen 38, 66
Ohren
125 Ökosystem 24 Oktave 108, 131, 133, 137, 165, 188 Oktavierung 145, 166 Ordnungszahlen 107 Organe 172, 175, 184
Pädagogik 65, 187 Paradigmenwechsel 19 Parallelisierung 147 Parallelität 171 Pascal, Blaise 26
210
Stichwortverzeichnis
Person 94, 165 Persönlichkeit 36, 73, 94, 175 Persönlichkeitsbildung 43 Persönlichkeitsmodell 40 Philosophie 14, 23, 164, 177, 187 Planeten 111, 142, 167, 185 Platon 45, 63, 104, 139 Plotin 45, 63, 90, 104 Positivismus 27 Potenzial 67 Prana 57 Priesterweihe 112, 116, 183 Produktionsfaktor 17 Proportionen 136 Psychologie 187 Pythagoräer 102, 108 Pythagoras 151, 169
Quanten
148
Raumfahrt
28, 30 Regenbogen 127 Reich, Wilhelm 57 Relativitätstheorie 19 Religion 67, 87, 89 Resonanzen 95, 165, 195 Revolution 6 Rhetorik 177, 182 Rhythmus 131, 149, 152, 165 RNS 153 Römische Götter 185 Rosenkreuz, Andreas 104
Rotkäppchen 79
Sakramente
111, 117, 175,
183 Saturn 142 Säulen der Weisheit 105 Schallwellen 130 Schamgefühle 74 Scheitel-Chakra 125 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 54, 155 Schicksal 95 Schilddrüse 124 Schlange 106 Schneewittchen 80 Scholastik 196 Schöpfungskraft 89 Schuldgefühle 74, 76 Schulmedizin 106 Schwingung 136, 149, 152, 163 Schwingungsfrequenz 95 Schwingungsmuster 137, 140, 146 Seele 22, 45, 50, 93, 139, 163 Seelengrund 93 Selbst 58, 89, 95 Selbstbewusstsein 73, 97, 183 Selbstdisziplin 70, 113 Selbsterkenntnis 14, 96, 116, 183 Selbstführung 6, 84, 90, 97, 165, 183
Stichwortverzeichnis
Selbstkontrolle 66 Selbstsicherheit 97, 183 Selbststeuerungsinstanz 73 Selbstverlust 27, 100 Selbstvertrauen 51, 73, 97 Selbstverwirklichung 14 Selbstwertgefühl 13, 25, 43 Selbstzweifel 51, 61 Sexual-Chakra 120 Sexualität 67 Sicherheit 27, 34 Sieben 101, 108 sieben freie Künste 177, 182 sieben Künste 105 sieben Siegel 104 Siebenerstruktur 102 siebenstufiges Modell 36 Sokrates 30, 32, 150 Sonne 142 Sonnengeflechts-Chakra 121 Soziologie 187 Spektralfarben 108, 111, 127, 166 Spinoza, Baruch 53 Spontaneität 67 Stein der Weisen 57 Steine 184 Steiner, Rudolf 145 Stimme des Gewissens 92 Stimme Gottes 93 Stirn-Chakra 124 Stoiker 44 Struktur des Lebens 102
211
Sünde 77 Superlearning 135 Symptombehandlung 106 Synthese 107
Taufe
99, 112, 113, 183 Tauler, Johannes 51, 57, 65 Teufel 52, 77 Thales 150 Theresa von Avila 52, 90, 104 Thomas-Evangelium 47 Thymusdrüse 123 Tobias 103 Töne 110, 111, 130, 134, 175, 185 Träume 61, 91 Triebunterdrückung 114 Tugend 113
Umkehr
90 Unsicherheit 61 Unterbewusstsein 92 Unterscheidung der Geister 92 Upanishaden 55 Urelemente 150 Urprinzip 147, 149, 150, 163
Vater unser
47
Venus 142 Verbote 66 Verknüpfung 195
212
Stichwortverzeichnis
Vernetzung 195 Vernunft 36, 40, 58, 107, 182 Vexierbild 27 Vier 107 vier Elemente 108 Visionen 92 Vokale 134, 185
Weltbild
7, 35, 103, 147 Weltbildwechsel 19 Wirbelsäule 119, 120 Wissenschaft 14, 20, 28, 30, 175, 187 Wochentage 185
Wortstämme 154, 156 Wortwurzel „atman“ 159 Wortwurzel „gyn“ 161 Wortwurzel „leg“ 162 Wortwurzel „sreu“ 160
Zahlen
175, 186 Zehn 108 Zehn Gebote 108 Zirbeldrüse 125 Zufälle 169 Zweifel 26 Zwölf 108