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German Pages 522 Year 2007
Jörg Mußhoff Erfolgreiche M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT Forschung Schriftenreihe der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL International University Schloß Reichartshausen Herausgegeben von Univ.-Prof. Ansgar Richter, PhD
Band 68
Die EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs) – gegründet im Jahr 1971 – ist Deutschlands älteste private Wissenschaftliche Hochschule für Betriebswirtschaftslehre im Universitätsrang. Dieser Vorreiterrolle fühlen sich ihre Professoren und Doktoranden in Forschung und Lehre verpflichtet. Mit der Schriftenreihe präsentiert die EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs) ausgewählte Ergebnisse ihrer betriebs- und volkswirtschaftlichen Forschung.
Jörg Mußhoff
Erfolgreiche M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dirk Schiereck
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation European Business School Oestrich-Winkel, 2007 D 1540
. . 1. Aulage Dezember 1997 1. Auflage Oktober 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Britta Göhrisch-Radmacher Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0872-4
Geleitwort Die vorliegende Arbeit greift eine äußerst relevante, aktuelle Fragestellung auf: „Schaffen M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor langfristig Wert?“ Nachdem in den 1990er Jahren die nationale Konsolidierung der europäischen Bankenmärkte weit vorangeschritten war, sind in den letzten Jahren vermehrt auch sehr große grenzüberschreitende Bankzusammenschlüsse zu beobachten. Diese Entwicklung mag vor dem Hintergrund des so genannten M&A-Paradoxons verwundern, nach dem einerseits die Rate der erfolgreichen M&A-Transaktionen sehr niedrig ist, während andererseits die Zahl und die Größe der durchgeführten Zusammenschlüsse ständig steigt. Allein die aktuelle empirische Evidenz wäre Anlass genug, den Unternehmenskäufen europäischer Banken eine umfassende wissenschaftliche Analyse zu widmen. Hinzu kommt aber, wie ein Blick in die bislang zu dieser Thematik erschienene Literatur offenbart, auch noch eine extreme US-Lastigkeit der empirischen Studien. Untersuchungen zum Erfolg europäischer M&A-Transaktionen sind bis heute äußerst rar, der Kenntnisstand zum Erfolg von grenzüberschreitenden Akquisitionen im europäischen Bankensektor ist sehr begrenzt, die wenige Evidenz allerdings in weiten Teilen gegenläufig zu den Erfahrungen in den USA. Eine Analyse des langfristigen Erfolgs in Europa ist bislang äußerst lückenhaft gegeben. Das primäre Ziel der vorliegenden Arbeit war es deshalb, auf Basis von Marktdaten den Erfolg europäischer Bankentransaktionen nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig anhand von marktorientierten Performancestudien zu ermitteln. Vertieft wird diese Querschnittsbetrachtung durch Fallstudien von Bankentransaktionen, die eine detaillierte Analyse der Wertschaffung und der zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren ermöglichen. Erst durch diese integrierte Perspektive verschiedener methodischer Ansätze und weiterentwickelter statistischer Testverfahren konnten die Frage nach der tatsächlichen Wertschaffung von M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor beantwortet und fundierte Handlungsempfehlungen für die Bankpraxis abgeleitet werden.
VI
Geleitwort
Herr Mußhoff kann die selbst gesetzten Ziele in seiner Dissertationsschrift bestens erfüllen. Die Arbeit enthält eine Fülle hoch interessanter Resultate und ist so geschrieben, dass es dem Leser sicherlich Freude machen wird, sie bis zum Ende zu lesen. Ich wünsche der Arbeit eine weite Verbreitung. Prof. Dr. Dirk Schiereck
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der European Business School (EBS), OestrichWinkel, im Frühjahr 2007 als Dissertation angenommen. Für mich war die Erstellung dieser Arbeit eine Herausforderung und persönlich bereichernde Erfahrung zugleich, die ohne die Unterstützung zahlreicher Personen nicht möglich gewesen wäre. Diesen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Prof. Dr. Dirk Schiereck, für sein außerordentliches Engagement und Commitment bei der Betreuung dieser Arbeit. Durch seine konstruktiven Anmerkungen und Hinweise sowie nicht zuletzt seine jederzeitige Zugänglichkeit und Diskussionsbereitschaft hat er mir sehr geholfen, diese Arbeit zu erstellen. Die Zusammenarbeit habe ich hierbei sowohl fachlich als auch persönlich als besonders bereichernd empfunden. Ebenfalls herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Christopher Jahns für die Übernahme des Korreferats. Mein Dank gilt ferner zahlreichen Kollegen und Freunden, die für Diskussionen über Inhalte und Methodik gerne zur Verfügung standen bzw. hiervon abgelenkt haben. Ganz besonders danken möchte ich aber meiner Freundin Tanja Nickels für ihre Unterstützung und ihr Verständnis während der gesamten Zeit der Erstellung dieser Arbeit. Schließlich danke ich meinen Eltern, die meinen bisherigen Werdegang vorbehaltlos unterstützt und erst möglich gemacht haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Jörg Mußhoff
Inhaltsüberblick Geleitwort .......................................................................................................................V Vorwort........................................................................................................................ VII Inhaltsüberblick .............................................................................................................IX Inhaltsverzeichnis ..........................................................................................................XI Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ XV Tabellenverzeichnis .................................................................................................. XVII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... XXIII 1 Einleitung ....................................................................................................................1 2 Grundlagen der Untersuchung ..................................................................................11 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen.......................................................................79 4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – eine empirische Betrachtung...................................235 5 Fallstudien europäischer Bankentransaktionen.......................................................355 6 Zusammenfassung und Ausblick: M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – ein Erfolgsmodell für die Zukunft?.........................................................................465 Literaturverzeichnis .....................................................................................................475
Inhaltsverzeichnis Geleitwort .......................................................................................................................V Vorwort........................................................................................................................ VII Inhaltsüberblick .............................................................................................................IX Inhaltsverzeichnis ..........................................................................................................XI Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ XV Tabellenverzeichnis .................................................................................................. XVII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... XXIII
1 Einleitung ........................................................................................ 1 1.1 Motivation und Ziele der Arbeit.........................................................................1 1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit .......................................................................5 1.2.1 Methodische Vorgehensweise .................................................................5 1.2.2 Aufbau und Gang der Arbeit ...................................................................8
2 Grundlagen der Untersuchung ................................................... 11 2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse ............................................................11 2.1.1 Definitorische Abgrenzungen ................................................................11 2.1.2 Typologie von M&A-Transaktionen .....................................................15 2.1.3 Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen............................19 2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor......................................35 2.2.1 Zum Status der Konsolidierung im europäischen Bankensektor...........35 2.2.2 Hemmnisse für europäische Transaktionen...........................................43 2.2.2.1 Gesetzliche und regulatorische Hemmnisse .............................45 2.2.2.2 Politische und kulturelle Hemmnisse .......................................56 2.2.2.3 Sonstige Hemmnisse.................................................................60 2.2.2.4 Zusammenfassung ....................................................................62 2.2.3 Treiber einer weiteren Konsolidierung ..................................................62 2.2.3.1 Übergreifende/makroökonomische Treiber..............................63 2.2.3.2 Industriebezogene Treiber ........................................................65 2.2.3.3 Unternehmensspezifische Treiber ............................................72 2.2.4 Zusammenfassung: Der europäische Bankensektor vor einer neuen Konsolidierungswelle ..................................................76
XII
Inhaltsverzeichnis
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen........................................ 79 3.1 Ziele des Kapitels............................................................................................. 79 3.2 Die Erfolgsforschung zu M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie .......... 80 3.2.1 Die Erfolgsforschung zu Bankentransaktionen – eine Abgrenzung......80 3.2.2 Ansätze und Methoden der Erfolgsforschung im Überblick.................82 3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung ............................................ 84 3.3.1 Der Ereignisstudienansatz im Überblick ...............................................84 3.3.2 Ereignisstudien mit kurzfristigem Fokus...............................................88 3.3.2.1 Forschungsansatz/Methodik ..................................................... 88 3.3.2.2 Ergebnisse der Forschung....................................................... 104 3.3.2.3 Zusammenfassung und Kritik................................................. 109 3.3.3 Ereignisstudien mit mittel- und langfristigem Fokus ..........................112 3.3.3.1 Forschungsansatz/Methodik ................................................... 112 3.3.3.2 Ergebnisse der Forschung....................................................... 157 3.3.3.3 Zusammenfassung und Kritik................................................. 204 3.3.4 Die bisherigen Ergebnisse des Ereignisstudienansatzes – eine Zusammenfassung........................................................................205 3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung ............................. 206 3.4.1 Dynamische Effizienz- und Performancestudien ................................206 3.4.1.1 Forschungsansatz/Methodik ................................................... 206 3.4.1.2 Ergebnisse der Forschung....................................................... 208 3.4.1.3 Zusammenfassung und Kritik................................................. 211 3.4.2 Fallstudien............................................................................................215 3.4.2.1 Forschungsansatz/Methodik ................................................... 215 3.4.2.2 Ergebnisse der Forschung....................................................... 218 3.4.2.3 Zusammenfassung und Kritik................................................. 224 3.4.3 Ansätze mit Erfolgsfokus im weiteren Sinne ......................................227 3.5 Wertschaffung bei Bankentransaktionen – Betrachtung eines Paradoxons... 229
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – eine empirische Betrachtung .. 235 4.1 Ziele des Kapitels und Vorgehensweise der Untersuchung........................... 235 4.2 Verwendetes Datensample ............................................................................. 237 4.2.1 Untersuchte Transaktionen ..................................................................237 4.2.2 Anmerkungen zum Datensample.........................................................254 4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner........................................................................................ 256 4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung ...................................................... 267 4.4.1 Verwendete Methodik .........................................................................267 4.4.1.1 Untersuchungsmodell der kurzfristigen Ereignisstudie ......... 267 4.4.1.2 Verwendete Testverfahren...................................................... 270
Inhaltsverzeichnis
XIII
4.4.2 Ergebnisse der Untersuchung ..............................................................273 4.4.2.1 Gesamtergebnisse im Überblick .............................................273 4.4.2.2 Ergebnisse nach Subsamples ..................................................281 4.4.2.3 Zusammenfassung ..................................................................308 4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung ....................................309 4.5.1 Verwendete Methodik..........................................................................310 4.5.1.1 Überblick über die verschiedenen verwendeten Ansätze und Modelle ............................................................................310 4.5.1.2 Analyse in Ereigniszeit: Kontrollfirmenansatz.......................312 4.5.1.3 Analyse in Kalenderzeit: Fama-French-Drei-Faktor-Modell .317 4.5.2 Ergebnisse der Untersuchung ..............................................................321 4.5.2.1 Gesamtergebnisse ...................................................................321 4.5.2.2 Ergebnisse nach Subsamples ..................................................327 4.5.2.3 Zusammenfassung ..................................................................349 4.6 Zusammenfassung: Kurz-, mittel- und langfristige Wertschaffung europäischer Bankentransaktionen.................................................................352
5 Fallstudien europäischer Bankentransaktionen ...................... 355 5.1 Ziele des Kapitels und Vorgehensweise der Untersuchung ...........................355 5.2 Betrachtete Fallstudien im Überblick.............................................................358 5.3 Fallstudien ......................................................................................................361 5.3.1 Fallstudie BNP und Paribas .................................................................361 5.3.1.1 Hintergrund der Transaktion...................................................361 5.3.1.2 Transaktionsmotive, M&A-Strategie und ihre Umsetzung....374 5.3.1.3 Kurz-, mittel- und langfristige Wertschaffung .......................384 5.3.1.4 Erfolgsfaktoren der Transaktion .............................................406 5.3.2 Fallstudie UniCredit und Pekao...........................................................409 5.3.2.1 Hintergrund der Transaktion...................................................409 5.3.2.2 Transaktionsmotive, M&A-Strategie und ihre Umsetzung....421 5.3.2.3 Kurz-, mittel- und langfristige Wertschaffung .......................434 5.3.2.4 Erfolgsfaktoren der Transaktion .............................................448 5.4 Die Ergebnisse der Fallstudien im Überblick ................................................450 5.4.1 Transaktionsmotive, M&A-Strategie und ihre Umsetzung .................450 5.4.2 Kurz-, mittel- und langfristige Wertschaffung ....................................454 5.4.3 Erfolgsfaktoren ....................................................................................456 5.4.4 Zusammenfassung................................................................................461
6 Zusammenfassung und Ausblick: M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – ein Erfolgsmodell für die Zukunft? .......................................... 465 Literaturverzeichnis ...................................................................... 475
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Abb. 2.1: Abb. 2.2: Abb. 2.3: Abb. 2.4: Abb. 2.5: Abb. 3.1: Abb. 4.1: Abb. 4.2: Abb. 4.3: Abb. 4.4:
Abb. 5.1: Abb. 5.2: Abb. 5.3: Abb. 5.4: Abb. 5.5: Abb. 5.6:
Aufbau und Gang der Arbeit .......................................................................9 Definition Mergers & Acquisitions (M&A) ..............................................13 Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen im Bankensektor ...20 Entwicklung Transaktionsvolumina im europäischen Bankensektor zwischen 1990 und 2004............................................................................36 Gesamtkosten des Bankensektors (in % des BSP, 2001) ..........................69 Überblick über zentrale Hemmnisse und Treiber eines weiter gehenden paneuropäischen Konsolidierungsprozesses .............................77 Charakteristika und relative Bewertung der wichtigsten Ansätze/ Modelle zur Messung mittel-/langfristiger abnormaler Performance .....156 Entwicklung Transaktionsvolumina und Anzahl Transaktionen zwischen 1994 und 2002..........................................................................257 Kumulierte abnormale Renditen der Targets zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96) ......................................................275 Kumulierte abnormale Renditen der Käuferbanken zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96) ...............................................278 Kumulierte abnormale Renditen der gemeinsamen Einheiten aus Käuferbank und Target zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96) ...........................................................................280 Entwicklung des RoE (in %) von BNP zwischen 1993 und 1999...........362 Überblick über wesentliche geschichtliche Meilensteine von BNP und Paribas...............................................................................................364 Überblick über das Leistungsprogramm der drei Banken vor der Transaktion ..................................................................................376 Ansätze zur Realisierung der Wertschaffung in den Kerngeschäftsfeldern ...............................................................................379 Kapitalreallokation und Optimierung des Business Mix.........................383 Betrachtung von zwei Ereigniszeitpunkten im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie .....................................................................386
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 5.7: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der Aktie von Paribas (Euro) um den 9. März........................................................................................ 388 Abb. 5.8: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der Aktie von BNP (Euro) um den 9. März........................................................................................ 389 Abb. 5.9: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) von Société Générale (Euro) um den 9. März........................................................................................ 390 Abb. 5.10: Überblick Kursentwicklung (TRI) der drei Parteien im Laufe des Bieterwettstreits................................................................................................. 392 Abb. 5.11: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der Paribas-Aktie (Euro) um den 16. August................................................................................... 393 Abb. 5.12: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der BNP-Aktie (Euro) um den 16. August................................................................................... 394 Abb. 5.13: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) von Société Générale (Euro) um den 16. August................................................................................... 394 Abb. 5.14: Langfristige Kursentwicklung (TRI) von BNP Paribas (Euro)............... 396 Abb. 5.15: Überblick Transaktionsprozess zur Ableitung der Erfolgsfaktoren ........ 407 Abb. 5.16: Vom heimischen Turnaround zu einer breiter angelegten Strategie – strategische Ausrichtung der UniCredit-Gruppe Ende der 90er Jahre .... 412 Abb. 5.17: Angepasste organisatorische Struktur der UniCredit-Gruppe................. 413 Abb. 5.18: Überblick Bank Pekao Ende der 90er Jahre ............................................ 415 Abb. 5.19: Ergebnisse Pekao 1996 bis 1999 und Stärken/Schwächen der Bank...... 416 Abb. 5.20: Gestaltung der Transaktion und Aktionärsstruktur ................................. 419 Abb. 5.21: Die Übernahme von Pekao im Kontext der Strategie von UniCredit für Osteuropa ........................................................................................... 422 Abb. 5.22: Das „Federal Model“ von UniCredit im Vergleich zu anderen möglichen Governancemodellen ............................................................. 424 Abb. 5.23: Organisationsmodell „New Europe“ ....................................................... 426 Abb. 5.24: Standardisierter Integrationsprozess von UniCredit................................ 428 Abb. 5.25: Umsetzung der Divisionalisierung von Pekao ........................................ 433 Abb. 5.26: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der Aktie von Pekao (Zloty)......... 436 Abb. 5.27: Kurzfristige Kursentwicklung (TRI) der Aktie von UniCredit (Euro).... 437 Abb. 5.28: Langfristige Kursentwicklung (TRI) von Pekao (Zloty) ...................................... 440 Abb. 5.29: Langfristige Kursentwicklung (TRI) von UniCredit (Euro) ................... 440
Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1: Tabelle 2.2: Tabelle 2.3: Tabelle 3.1: Tabelle 3.2: Tabelle 3.3: Tabelle 3.4: Tabelle 3.5: Tabelle 4.1: Tabelle 4.2: Tabelle 4.3: Tabelle 4.4: Tabelle 4.5: Tabelle 4.6: Tabelle 4.7: Tabelle 4.8: Tabelle 4.9:
Typologie von M&A-Transaktionen...................................................16 Detailüberblick über den Konsolidierungsprozess im europäischen Bankensektor zwischen 1990 und 2004........................38 Herfindahl-Index für Gesamtaktiva europäischer Banken und Anteil der fünf größten Banken an den Gesamtaktiva ........................66 Überblick über die Arbeiten der Phase I zur Messung der mittel-/langfristigen Performance .....................................................162 Überblick über die Arbeiten der Phase II zur Messung der mittel-/langfristigen Performance .....................................................165 Überblick über die Arbeiten der Phase III zur Messung der mittel-/langfristigen Performance .....................................................167 Überblick über zentrale Arbeiten zur mittel-/langfristigen Performance nach anderen unternehmensspezifischen Ereignissen .178 Überblick über die bisherigen Arbeiten mit Fokus auf die mittel-/langfristige Performance nach Bankentransaktionen ............202 Überblick über die betrachteten Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 ...................................................................241 Überblick über den geographischen Fokus der betrachteten Transaktionen ....................................................................................259 Nationalitäten der Targets im Überblick...........................................261 Nationalitäten der Bieterbanken im Überblick .................................262 Überblick über den Aktivitätsfokus der betrachteten Transaktionen ....................................................................................264 Überblick über die Größe der Transaktionspartner (in Mio. USD) ..265 Ausgewählte empirische Studien zu Bankentransaktionen im Überblick......................................................................................266 Kumulierte abnormale Renditen der Targets zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster.............................274 Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster....................276
XVIII
Tabelle 4.10: Tabelle 4.11:
Tabelle 4.12:
Tabelle 4.13: Tabelle 4.14:
Tabelle 4.15:
Tabelle 4.16: Tabelle 4.17:
Tabelle 4.18:
Tabelle 4.19: Tabelle 4.20: Tabelle 4.21: Tabelle 4.22:
Tabellenverzeichnis
Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster ................... 279 Kumulierte abnormale Renditen der Targets nationaler Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster .................................................................................. 283 Kumulierte abnormale Renditen der Targets von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster ............................................ 284 Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Targets).............................................. 285 Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von nationalen Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster .................................................................................. 286 Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster ............................................ 287 Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Bieterbanken) .................................... 289 Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities von nationalen Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster ............................................ 290 Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster ............................................ 291 Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Combined Entities)............................ 292 Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Targets) ..................................... 295 Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Bieterbanken) ............................ 296 Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Combined Entities) ................... 297
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4.23:
Tabelle 4.24:
Tabelle 4.25:
Tabelle 4.26: Tabelle 4.27: Tabelle 4.28: Tabelle 4.29:
Tabelle 4.30:
Tabelle 4.31:
Tabelle 4.32: Tabelle 4.33:
Tabelle 4.34: Tabelle 4.35:
XIX
Kumulierte abnormale Renditen der Targets von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über verschiedene Ereignisfenster differenziert nach Größe der Transaktionen .....................................300 Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über verschiedene Ereignisfenster differenziert nach Größe der Transaktionen ............302 CARs [–20; +20] der Targets, Bieterbanken und Combined Entities von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Jahren ...................................................................304 CARs [–20; +20] der Bieterbanken von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Ländern .......................307 CARs [–20; +20] der Targets von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Ländern .......................................308 BHARs des Gesamtsamples aller europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 ................................322 Abnormale Renditen für das Gesamtsample aller europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells...................................................323 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach geographischem Fokus......................................................................329 Abnormale Renditen nationaler und Cross-borderBankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells...................................................331 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach Aktivitätsfokus............333 Abnormale Renditen von Bank-Bank- und Bank-Spezialinstitut-Transaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells....................334 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach Transaktionsgröße.......336 Abnormale Renditen von Transaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach Transaktionsgröße................................................338
XX
Tabelle 4.36: Tabelle 4.37:
Tabelle 4.38:
Tabelle 4.39: Tabelle 4.40:
Tabelle 4.41:
Tabelle 5.1: Tabelle 5.2: Tabelle 5.3: Tabelle 5.4: Tabelle 5.5: Tabelle 5.6: Tabelle 5.7: Tabelle 5.8: Tabelle 5.9: Tabelle 5.10:
Tabellenverzeichnis
BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach Jahren.......................... 340 Abnormale Renditen von Transaktionen zwischen 1995 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach Jahren................................................................... 341 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach der Nationalität der Bieterbank ................................................................................... 343 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach dem Targetland ........... 345 BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach der Häufigkeit der Transaktionserfahrung ...................................................................... 348 Abnormale Renditen von Transaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells für die Multi-Bidders ........................................................................ 349 Überblick über die zehn (volumenmäßig) größten Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie (1994 bis 2004)...................... 359 Überblick über zentrale Meilensteine des Bieterwettstreits ............. 369 Überblick über wichtige Kennzahlen der drei Banken (1998) ......... 370 Überblick über zentrale Meilensteine der Integration ...................... 382 Kurzfristige abnormale Renditen um das Gegengebot von BNP (9. März 1999)................................................................................... 391 Kurzfristige abnormale Renditen um die Entscheidung der frz. Behörden (16. August) ............................................................... 395 Langfristige abnormale Renditen für BNP Paribas auf Basis des Marktmodells.............................................................................. 397 Langfristige abnormale Renditen auf Basis des Kontrollgruppenansatzes................................................................... 399 Entwicklung zentraler Bilanz- und GuV-Kennzahlen von BNP Paribas im Zeitverlauf .............................................................. 402 Zentrale unbereinigte Performancekennzahlen von BNP Paribas im Zeitverlauf.................................................................................... 403
Tabellenverzeichnis
Tabelle 5.11: Tabelle 5.12: Tabelle 5.13: Tabelle 5.14: Tabelle 5.15: Tabelle 5.16: Tabelle 5.17: Tabelle 5.18: Tabelle 5.19:
XXI
Zentrale marktbereinigte Performancekennzahlen von BNP Paribas im Zeitverlauf .......................................................................404 Überblick über Maßnahmen zur Integration von Pekao innerhalb der ersten fünf Monate ......................................................430 Redesign der Kreditrisikoprozesse zur Verbesserung der Kreditqualität...............................................................................431 Kurzfristige abnormale Renditen für Target und Käuferbank ..........438 Langfristige abnormale Renditen für Target und Käuferbank..........442 Langfristige abnormale Renditen auf Basis des Kontrollgruppenansatzes.............................................................443 Entwicklung zentraler Bilanz- und GuV-Kennzahlen von Pekao im Zeitverlauf ..................................................................445 Zentrale unbereinigte Performancekennzahlen von Pekao im Zeitverlauf....................................................................................446 Zentrale marktbereinigte Performancekennzahlen von Pekao im Zeitverlauf....................................................................................447
Abkürzungsverzeichnis % Abb. adj. AG AktG AM AMEX APT AR AT&T BBVA BHAR(s) BNP (B)SCH Bsp. bspw. bez. BWL bzw. ca. CAGR CAPM CAR(s) CECEI CEO CMF COB CRSP CTAR(s)
Prozent Abbildung adjusted Aktiengesellschaft Aktiengesetz Asset Management American Stock Exchange Arbitrage Pricing Theory abnormale Rendite/Abnormal Return American Telephone & Telegraph Banco Bilbao Vizcaya Argentaria Buy-and-hold Abnormal Return(s) Banque Nationale de Paris (Banco) Santander Central Hispano Beispiel beispielsweise bezüglich Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise circa Compound Annual Growth Rate Capital Asset Pricing Model Cumulative Abnormal Return(s) Le Comité des Etablissements de Crédit et des Entreprises d’Investissement Chief Executive Officer Conseil des Marchés Financiers Commission des Opérations de Bourse Center for Research in Security Prices Calendar-Time Abnormal Return(s)
XXIV
d.h. DS EBIT EBITDA EBRD ECB EMU EUR et al. etc. EU EZB f. F&E ff. FF3F-Modell ggf. GmbHG GST GuV HML Hrsg. HSBC HVB i.A. i.d.R. IFRS inkl. insb. IPO IT KGV LBO M&A
Abkürzungsverzeichnis
das heißt Datastream Earnings before Interests and Taxes Earnings before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization European Bank for Reconstruction and Development European Central Bank European Monetary Union Euro et alii et cetera Europäische Union Europäische Zentralbank folgende Forschung & Entwicklung fortfolgende Fama-French-Drei-Faktor-Modell gegebenfalls GmbH-Gesetz Generalised Sign Test Gewinn- und Verlustrechnung high minus low Herausgeber Hong Kong and Shanghai Banking Corporation HypoVereinsbank im Allgemeinen in der Regel International Financial Reporting Standards inklusive insbesondere Initial Public Offering Informationstechnologie Kurs-Gewinn-Verhältnis Leveraged Buy-out Mergers & Acquisitions
Abkürzungsverzeichnis
M/B-Ratio (M)CTAR(s) Mio. MIS Mrd. N NA NCR NPV NS NYSE OECD OLS p.a. PLZ PWC R&D RoA RoAA RoE RoAE RoI RoS S S. s. S&P SAR(s) SDC SEO(s) SG SMB sog. TRI
Market-to-Book-Ratio (Mean) Calendar-Time Abnormal Return(s) Millionen Management Information System Milliarden Anzahl der betrachteten Fälle not available National Cash Register Net Present Value nicht signifikant New York Stock Exchange Organisation for Economic Co-operation and Development Ordinary Least Squares per annum polnische Zloty PricewaterhouseCoopers Research & Development Return on Assets Return on Average Assets Return on Equity Return on Average Equity Return on Investment Return on Sales significant Seite siehe Standard & Poor’s Standardised Abnormal Return(s) Securities Data Company Seasoned Equity Offering(s) Société Générale small minus big so genannt Total Return Index
XXV
XXVI
TRS Tx. u.a. UBS UCI UK u.U. US USA USD VIF vgl. WACC WLS z.B. z.T. zzgl.
Abkürzungsverzeichnis
Total Return to Shareholders Transaktion unter anderem, unter anderen Union Bank of Switzerland UniCredit United Kingdom unter Umständen United States United States of America United States Dollar Varianzinflationsfaktor vergleiche Weighted Average Cost of Capital Weighted Least Squares zum Beispiel zum Teil zuzüglich
1 Einleitung „European banks look ripe for consolidation.“ Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 1
1.1 Motivation und Ziele der Arbeit Seit den 90er Jahren ist es zu einer enormen Zunahme von M&A-Transaktionen und einer entsprechenden Konsolidierung des gesamten europäischen Bankensektors gekommen.1 Veränderte Rahmenbedingungen im politischen, wirtschaftlichen und technologischen Umfeld der Banken bildeten bereits ab Mitte der 80er Jahre die Grundlage für diesen Konsolidierungsprozess.2 Im Vorfeld der europäischen Währungsunion und nicht zuletzt getrieben durch den Boom an den Kapitalmärkten in den Jahren 1998 bis 2000 beschleunigte sich dieser Prozess weiter.3 Allein im Zeitraum von 1997 bis 2003 verringerte sich auf Grund dieser Entwicklung die Anzahl der Kreditinstitute deutlich um 23% oder beinahe 2.200 auf nunmehr knapp 7.500 Kreditinstitute. Gleichzeitig kam es im selben Zeitraum nahezu zu einer Verdoppelung der durchschnittlichen Bankgröße.4 Auch nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002 ist dieser rasante Konsolidierungstrend des europäischen Bankensektors ungebrochen: Von 2001 bis 2004 waren die Transaktionsvolumina zwar deutlich niedriger als zu Boomzeiten, sie lagen jedoch nach wie vor deutlich über dem Niveau der frühen 90er Jahre.5 „European banks look ripe for consolidation.“6 – dieses Zitat beschreibt die Erwartungen vieler Kapitalmarktteilnehmer bezüglich der weiteren Entwicklung. In den jüngsten Transaktionen, wie z.B. der Übernahme von Abbey National durch Santander
1
Vgl. hierzu Beitel (2002), S. 1ff. und Beitel et al. (2004), S. 110.
2
Vgl. Vander Vennet (1996), S. 1531f., Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 832 und Lepetit et al. (2002), S. 2.
3
Vgl. Altunbas und Marqués IbánҌez (2004), S. 7 und ECB (2004).
4
Vgl. ECB (2004), S. 8ff. Die durchschnittliche Bankgröße (gemessen an den Bankaktiva) erfuhr eine knappe Verdoppelung auf 3,5 Mrd. Euro.
5
Vgl. Altunbas und Marqués IbánҌez (2004), S. 7.
6
Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 1.
2
1 Einleitung
Central Hispano (SCH) oder der Hypovereinsbank (HVB) durch UniCredit, sehen sie erst den Beginn einer wesentlich weiter gehenden paneuropäischen Konsolidierung des Bankensektors, nachdem der Fokus der bisherigen Konsolidierungsschritte überwiegend innerhalb nationaler Grenzen lag und grenzüberschreitende Transaktionen erst jüngst zunehmend zu beobachten sind.7 Die Gründe für diese erwartete Fortsetzung und Vertiefung des Konsolidierungsprozesses in Europa sind vielfältig: Eine bereits weit fortgeschrittene Konsolidierung der nationalen Bankenmärkte, eine zunehmende Konvergenz innerhalb Europas verbunden mit einem Rückgang regulatorischer, gesetzlicher und politischer Hemmnisse, der Einfluss von Basel II, hohe mögliche Synergien z.B. im IT-Bereich und die hohe Liquidität einer Vielzahl von sehr profitablen Marktteilnehmern können beispielhaft für die Vielzahl der Treiber dieses Prozesses genannt werden. Die bisherigen Ergebnisse der erfolgsbezogenen M&A-Forschung konfrontieren vor dem Hintergrund dieser dynamischen Entwicklung der M&A-Transaktionen und der erwarteten Fortsetzung und Beschleunigung des Konsolidierungsprozesses jedoch mit einem Paradoxon:8 M&A-Transaktionen scheinen (auf Basis der relativ umfangreichen Forschungsergebnisse aus den USA) bei Betrachtung der Gesamttransaktion keinen Wert zu schaffen.9 Bei einer reinen Analyse aus Sicht der Käuferbank ergibt sich im Rahmen der entsprechenden Arbeiten zumeist sogar ein signifikant negativer Effekt.10 Gestützt werden die Ergebnisse dieser kapitalmarktorientierten Arbeiten von US-Studien, die die operativen Verbesserungen infolge von M&A-Transaktionen messen, und zumeist ebenfalls keine signifikanten Performanceverbesserungen feststellen.11 Im Gegensatz zu der bereits relativ umfangreichen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik der Wertschaffung von Bankentransaktionen in den USA
7 8 9
10
11
Vgl. u.a. ECB (2000), S. 8ff. und Altunbas und Marqués IbánҌez (2004), S. 7. Vgl. hierzu auch Pilloff und Santomero (1998), DeLong (2003) sowie Baradwaj et al. (1996). Hierbei erfolgt die Betrachtung der kombinierten Wertschaffung der gemeinsamen Einheit aus Käuferbank und übernommener Bank (Target). Für einen Überblick über die empirischen Arbeiten mit Fokus auf die USA vgl. Kapitel 3.3.2 sowie die Übersichten bei Beitel und Schiereck (2003), Beitel (2002), Berger et al. (1999) und Pilloff und Santomero (1998). Für einen Überblick über die sog. dynamischen Effizienzstudien und Performancestudien und ihre Ergebnisse vgl. Kapitel 3.4.1 sowie die zuvor genannten Übersichten.
1.1 Motivation und Ziele der Arbeit
3
gibt es bisher nur wenige empirische Arbeiten hierzu für Europa12 – trotz der beschriebenen Dynamik und der auch volkswirtschaftlich hohen Relevanz der Konsolidierung des europäischen Bankensektors: Insgesamt beschäftigen sich nur fünf Studien mit der Betrachtung der Kapitalmarktreaktion nach entsprechenden Transaktionen.13 Auf Basis dieser Studien scheinen europäische Transaktionen im Gegensatz zu den USA bei Betrachtung der Gesamttransaktion zwar Wert zu schaffen, die Käuferbanken erfahren im Rahmen der betrachteten Transaktionen aber zumeist keine ökonomisch signifikante Wertschaffung. Dieses Paradoxon zwischen der drastischen Zunahme der M&A-Aktivität auf der einen Seite und der insbesondere aus Käufersicht fehlenden Wertschaffung (wie in Europa) bzw. sogar einer deutlichen Wertvernichtung für die Käuferbank (wie in den USA) auf der anderen Seite verdeutlicht die Notwendigkeit eines weiter gehenden Verständnisses der Wertschaffung durch M&A-Transaktionen europäischer Banken. Die Relevanz und Aktualität dieser Thematik wird vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung des Sektors aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, der für die Zukunft erwarteten weiteren Konsolidierungsdynamik und der bisher für Europa wenig umfangreichen Auseinandersetzung mit der Thematik (verbunden mit einer entsprechend relativ geringen empirischen Evidenz) deutlich. Für Wissenschaftler ebenso wie für Praktiker lassen sich die bestehenden Fragestellungen für das gewünschte bessere Verständnis des Konsolidierungsprozesses des europäischen Bankensektors und der hiermit verbundenen Wertschaffung ebenso wie der zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren wie folgt formulieren: –
Wie gestaltet sich die Situation des europäischen Bankensektors (und damit das Umfeld europäischer Bankentransaktionen)? Wie ist der Status der Konsolidierung des europäischen Bankensektors (mit Fokus auf die Konsolidierungstendenzen in den letzten zehn Jahren)?
–
Welche Treiber für zukünftige europäische Bankentransaktionen können identifiziert werden? Welche Hemmnisse bestehen? Welche Konsequenzen für die weitere Konsolidierung und die damit verbundene Wertschaffung ergeben sich hieraus?
12
Vgl. Beitel und Schiereck (2003), S. 2 und Beitel et al. (2004), S. 110. Vgl. Ismail und Davidson (2005), Beitel (2002), Lepetit et al. (2002), Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Tourani-Rad und van Beek (1999).
13
4
1 Einleitung
–
Welche (neuen) Ansätze zur Messung der Wertschaffung bestehen? Wie unterscheiden sich diese von den bisherigen klassischen Verfahren?
–
Schaffen M&A-Transaktionen zwischen Europas Banken hiernach aus kurz-, mittel- und langfristiger Perspektive Wert?
–
Welche Erfolgsfaktoren liegen dieser Wertschaffung zugrunde?
–
Welche Implikationen ergeben sich hieraus für die weitere paneuropäische Konsolidierung?
Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen und ihre Beantwortung bewirken das gewünschte Verständnis insbesondere der Wertschaffung und der Erfolgsfaktoren der erwarteten Konsolidierung des europäischen Bankensektors. Hierzu wird im Rahmen dieser Arbeit eine kapitalmarktorientierte Perspektive eingenommen, die sich jedoch nicht (wie die bisherigen Arbeiten) auf eine rein kurzfristige Analyse der Kapitalmarktreaktion innerhalb weniger Tage um die Ankündigung der Transaktion beschränkt.14 Es wird vielmehr eine wesentlich umfassendere Betrachtungsweise angestrebt, die die Analyse der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion durch eine mittel- bis langfristige Analyse der Wertschaffung über bis zu drei Jahre nach der Transaktion ebenso wie durch Fallstudien verschiedener Bankentransaktionen ergänzt. Hierauf basierend werden die zuvor dargestellten Fragen adressiert und entsprechende Implikationen für zukünftige Transaktionen abgeleitet. Insgesamt ergeben sich vor dem Hintergrund des beschriebenen Forschungsbedarfs und der genannten Fragestellungen die Ziele der Arbeit somit als: –
Die Betrachtung der aktuellen Situation des europäischen Bankensektors sowie des Status des Konsolidierungsprozesses (mit Fokus auf die letzten zehn Jahre)
–
Die Ableitung der zentralen Treiber und Hemmnisse zukünftiger Transaktionen und der sich hieraus ergebenden Implikationen für diese weitere Konsolidierung von Europas Banken
–
Die umfassende Aufbereitung der bisherigen klassischen Methodik ebenso wie der neueren, weiterentwickelten Ansätze und Modelle zur Betrachtung des Erfolgs von M&A-Transaktionen und der auf Basis der verschiedenen Ansätze und Methoden im Rahmen der bisherigen Forschung abgeleiteten Ergebnisse
14
Vgl. hierzu die Beschreibung der verschiedenen methodischen Ansätze in Kapitel 3.
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit
5
–
Die empirische Untersuchung des Erfolgs von Bankentransaktionen in Europa über einen kurz-, mittel- und langfristigen Betrachtungshorizont (auf Basis einer großzahligen empirischen Analyse)
–
Die Ergänzung der großzahligen empirischen Analyse der Wertschaffung durch Fallstudien repräsentativer europäischer Bankentransaktionen
–
Die Identifizierung von Determinanten des Transaktionserfolgs („Erfolgsfaktoren“) auf Basis der Fallstudien
–
Die Ableitung von Implikationen für die weitere Konsolidierung auf Basis der zuvor abgeleiteten Ergebnisse zu Wertschaffung und Erfolgsfaktoren
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit 1.2.1
Methodische Vorgehensweise
Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt die Betrachtung des Transaktionserfolgs aus einer kapitalmarktorientierten Perspektive: Maßstab für den Erfolg einer Transaktion und Basis für deren Rechtfertigung ist hierbei der ökonomische Erfolg aus Sicht der Aktionäre – gemessen an der realisierten Wertschaffung in Form einer entsprechenden Steigerung des Unternehmenswertes (des „Shareholder Value“) durch die Transaktion.15 Bei den zuvor genannten Studien – mit europäischem ebenso wie mit US-Fokus – finden klassische Verfahren zur Messung des Einflusses der M&A-Transaktion auf den Shareholder Value in Form sog. Ereignisstudien Verwendung, die bereits seit Ende der 60er Jahre etabliert sind.16 Der Fokus liegt hierbei auf der Messung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion auf die Ankündigung der Transaktion (i.d.R. beschränkt auf wenige Tage um die Ankündigung). Diese kurzfristige Betrachtungsweise wird auch im Rahmen dieser Arbeit für alle wesentlichen europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 verwendet. Hierdurch ergeben sich neue Erkenntnisse zum einen durch die bisher nicht betrachtete Phase nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002 zum anderen methodisch durch die Verwen-
15 16
Vgl. Gardener und Molyneux (1998). Die erstmalige Anwendung des Ereignisstudienansatzes findet sich bei Fama et al. (1969). Für einen Überblick über die Methodik vgl. Peterson (1989). Für die Anwendung des Ereignisstudienansatzes auf europäische Bankentransaktionen vgl. Beitel (2002).
6
1 Einleitung
dung von (im Vergleich zu den früheren Arbeiten) weiterentwickelten Testverfahren.17 Vor dem Hintergrund der beschriebenen Notwendigkeit einer umfassenderen Perspektive steht in dieser Arbeit jedoch die Messung der mittel- und langfristigen Wertschaffung im Fokus: In den USA und Großbritannien wurden bereits seit den 70er Jahren erste, wenn auch anzahlmäßig geringe, industrieübergreifende Arbeiten zur langfristigen Wertschaffung (über einen Betrachtungshorizont von bis zu fünf Jahren) erstellt.18 Seit Ende der 90er Jahre sind zudem die verwendeten Modelle und statistischen Methoden/Testverfahren signifikant weiterentwickelt worden. Trotz der differenzierten Ergebnisse dieser Arbeiten und trotz des somit vorhandenen statistischen und modelltheoretischen Rüstzeugs wurden in den USA nur im Rahmen von drei Arbeiten entsprechende mittel-/langfristige Betrachtungen für den Bankensektor durchgeführt.19 Für Europa existieren Arbeiten mit langfristigem Fokus noch überhaupt nicht. Eine Anwendung auf die europäischen Bankentransaktionen seit 1994 bildet daher den Schwerpunkt dieser Arbeit und trägt dazu bei, wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung des Erfolgs der Transaktionen und entsprechende Implikationen abzuleiten. Abgerundet wird die Arbeit methodisch durch zwei repräsentative Fallstudien (Case Studies). Diese zusätzliche Erweiterung der Methodik trägt der Kritik Rechnung, dass eine Analyse der Wertschaffung allein auf Basis einer großzahligen empirischen Querschnittsbetrachtung trotz sehr sophistizierter (statistischer) Modelle und Testverfahren als nicht ausreichend erscheint.20 Bei der Betrachtung solch komplexer Phänomene wie Bankenzusammenschlüsse und -akquisitionen helfen die Fallstudien, insbesondere durch ihre Betrachtung und Analyse des gesamten Transaktionsprozesses, die vielen einzelnen Quellen der Wertschaffung aufzuzeigen und auch methodische Schwierigkeiten rein großzahliger empirischer Untersuchungen zu belegen. Ferner geben sie dem Praktiker wichtige Handlungsanweisungen für wertschaffendes Handeln im Rahmen des zukünftigen Konsolidierungsprozesses. In den USA wurden
17 18
19
20
Vgl. u.a. Boehmer et al. (1991). Für einen Überblick über wesentliche Forschungsarbeiten mit langfristigem Fokus vgl. Agrawal und Jaffe (2000). Vgl. DeLong (2003), Madura und Wiant (1994) und Aggarwal et al. (2003). Allein Aggarwal et al. (2003) verwenden allerdings eines der weiterentwickelten statistischen Verfahren. Vgl. u.a. Calomiris (1999) und Calomiris und Karceski (2000).
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit
7
bereits einige (wenige) Fallstudien zu Bankentransaktionen erstellt.21 Für Europa existieren – ebenso wie im Bereich der mittel- und langfristigen Messung der Wertschaffung – noch keine umfangreichen Arbeiten.22 Insgesamt hat die Arbeit vor dem Hintergrund der dargestellten Ziele sowie der verwendeten Methodik und des betrachteten Datensamples von 235 europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 einen klar empirischen Fokus und ist von der Grundhaltung der Anwendungsorientierung geprägt. Wie für große Bereiche der Kapitalmarktforschung charakteristisch, spiegelt sich dies durch eine im Sinne von Hauschildt (2003) stark problembezogene und datengeleitete Vorgehensweise wider.23 Gleichzeitig stützt sich die Arbeit jedoch auf die bereits genannten bestehenden Ergebnisse der erfolgsbezogenen M&A-Forschung sowie auf die entsprechenden Theorien aus dem Bereich der Kapitalmarktforschung und anderen Bereichen der BWL, die erst die Grundlage für die Generierung bzw. Weiterentwicklung der Hypothesen zum Erfolg von M&A-Transaktionen sowie deren anschließende empirische Überprüfung liefern.24 Mit dieser Verknüpfung von Theorie und Empirie verfolgt die Arbeit (auf der Ebene des Entdeckungszusammenhangs) zum einen eine Explorationsstrategie, um für die genannten Forschungsfragen Hypothesen zu generieren bzw. weiterzuentwickeln. Gleichzeitig werden im Rahmen der empirischen Betrachtung (auf der Ebene des Begründungszusammenhangs) bereits bestehende Hypothesen im Rahmen einer Prüfoder Falsifikationsstrategie falsifiziert bzw. vorläufig bestätigt.25 Dem kognitiven/ erkenntnisorientierten Wissenschaftsziel wird durch diese Hypothesen- und Theoriegenerierung Rechnung getragen, ebenso wie das praktische Wissenschaftsziel durch
21 22
23 24
25
Vgl. Calomiris und Karceski (1998), Calomiris (1999) und Frei et al. (1995). Danzmayr et al. (2001) betrachten bspw. eine vergleichsweise kleine Transaktion in Österreich. Ihr Fokus liegt u.a. auf der Analyse von Zielen und Strategie sowie den Erfolgsfaktoren der Transaktion, jedoch nicht auf der realisierten Wertschaffung. Schiereck und Strauss (2000) analysieren dagegen ausschließlich die Wertschaffung einer Transaktion. Vgl. Hauschildt (2003), S. 12ff. Die Arbeit folgt so neben der beschriebenen Anwendungsorientierung und dem stark problemgeleiteten Fokus Poppers Credo der Notwendigkeit einer entsprechenden theoretischen Fundierung. Vgl. Popper (1966), S. 3. Für eine weiter gehende Diskussion des auf Popper aufbauenden Ansatzes der Falsifikation vgl. Chalmers (2001), S. 51ff. und Hausman (1992), S. 15ff.
8
1 Einleitung
den klaren Anwendungsbezug und die unmittelbar ableitbaren Handlungsimplikationen für den Praktiker entsprechend berücksichtigt wird.26 1.2.2
Aufbau und Gang der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich in insgesamt sechs Kapitel. In Kapitel 2 werden zunächst die notwendigen Grundlagen der Untersuchung gelegt: Neben einer Abgrenzung der verwendeten Begriffe erfolgt hier insbesondere ein Überblick über die verschiedenen Arten von M&A-Transaktionen und die ihnen zugrunde liegenden Motive und Zielsetzungen. Ferner wird ein kurzer Überblick über die zentralen Entwicklungstrends des europäischen Bankensektors gegeben und der Status der Konsolidierung beschrieben. Hierauf basierend werden dann die zentralen Treiber und Hemmnisse zukünftiger Transaktionen und die sich hieraus ergebenden Implikationen für die erwartete weitere Konsolidierung abgeleitet. Kapitel 3 befasst sich mit den wesentlichen Ansätzen und Methoden zur Messung der Wertschaffung im Rahmen von M&A-Transaktionen sowie den entsprechenden Ergebnissen der bisherigen Forschung. Der Fokus liegt in diesem Kapitel neben der klassischen kurzfristigen Betrachtung insbesondere auf der mittel- und langfristigen Perspektive. Methodisch werden hierbei schwerpunktmäßig kapitalmarktorientierte Arbeiten (in Form entsprechender Ereignisstudien) betrachtet. Zusammenfassend werden zusätzlich (neben diesen Ereignisstudien) auch die Ergebnisse von Arbeiten mit Fokus z.B. auf die erzielten operativen Verbesserungen nach M&A-Transaktionen in Form sog. Performance- und dynamischer Effizienzstudien sowie die Ergebnisse weiterer Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung dargestellt. In Kapitel 4 erfolgt dann die empirische Betrachtung der Wertschaffung europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004. Zunächst wird auf Basis des verwendeten Datensamples ein Überblick über die wichtigsten Parameter der Transaktionspartner sowie über die Transaktionen selbst (z.B. in Bezug auf Größe, geographischen Fokus etc.) gegeben. Im Rahmen von Ereignisstudien schließt sich dann die sowohl kurz- als auch mittel-/langfristige Analyse der Wertschaffung durch die betrachteten Transaktionen auf Basis der in Kapitel 3 beschriebenen weiterentwickelten Ansätze/Modelle und (statistischen) Testverfahren an. Die Ergebnisse werden hierbei nach Subsamples differenziert, um Charateristika erfolgreicher Transaktionen herauszuarbeiten.
26
Vgl. hierzu auch Bea et al. (2004), S. 85ff.
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit
Aufbau und Gang der Arbeit Kapitel 1: Einleitung - Methodik und Aufbau der Arbeit - Motivation und Ziele der Arbeit Kapitel 2: Grundlagen der Untersuchung - Definitorische Abgrenzungen, Arten und Motive/Zielsetzungen von M&ATransaktionen - Kurzer Überblick über den Status der Konsolidierung des europäischen Bankensektors (inkl. zentraler Entwicklungstrends) - Treiber/Hemmnisse zukünftiger Transaktionen und Implikationen für die weitere Konsolidierung Kapitel 3: Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen - Überblick über verwendete Ansätze/Methoden (kurz- und mittel-/langfristige Ereignisstudien und weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung) - Ergebnisse der bisherigen Forschung (auf Basis der unterschiedlichen Ansätze/Methoden)
Kapitel 4: Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – eine empirische Betrachtung - Überblick über das verwendete Datensample - Darstellung der Methodik - Analyse und Ergebnisse: kurz-, mittel- und langfristige Wertschaffung (inkl. Differenzierung nach Subsamples und Einordnung in den Forschungskontext) Kapitel 5: Fallstudien europäischer Bankentransaktionen - Überblick über ausgewählte Fallstudien - Fallstudien (Hintergrund der Transaktion, Transaktionsmotive und verfolgte M&A-Strategie, Integration, Analyse der Wertschaffung und Ableitung der Erfolgsfaktoren) - Synthese der Ergebnisse der Fallstudien Kapitel 6: Zusammenfassung und Ausblick: M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – ein Erfolgsmodell für die Zukunft?
Abb. 1.1:
Aufbau und Gang der Arbeit
9
10
1 Einleitung
Kapitel 5 ergänzt die großzahlige empirische Betrachtung um die Perspektive der bereits genannten Fallstudien. Die Struktur der ausgewählten (zwei) Fallstudien orientiert sich dabei an den bereits in Kapitel 3 beschriebenen (wenigen) US-Fallstudien, legt aber im Vergleich zu diesen einen wesentlich stärkeren Schwerpunkt auf die Analyse der Wertschaffung und die Ableitung von Erfolgsfaktoren (basierend auf einem Überblick über die Transaktion und die verfolgte M&A-Strategie sowie der Beschreibung des Integrationsprozesses). Abschließend werden dann die übergreifenden Ergebnisse dieser Fallstudien in Bezug auf die realisierte Wertschaffung und die identifizierbaren Erfolgsfaktoren abgeleitet. In Kapitel 6 erfolgen dann die Zusammenfassung der abgeleiteten Ergebnisse und der Ausblick, im Rahmen dessen nicht nur die Implikationen der Arbeit für Theorie und Praxis, sondern auch der zukünftige Forschungsbedarf skizziert werden.
2 Grundlagen der Untersuchung „Despite the high level of M&A-activity in the European banking sector, relatively little research has been conducted so far.“ Beitel et al. (2004), S. 110
In diesem Kapitel werden zunächst in Abschnitt 2.1 die Grundlagen für die im Fokus der Arbeit stehende empirische Betrachtung der Wertschaffung und der Erfolgsfaktoren von M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie gelegt. Hierzu werden die verwendeten Begrifflichkeiten abgegrenzt. Darüber hinaus werden die beobachtbaren Arten von M&A-Transaktionen ebenso wie die Motive und Zielsetzungen entsprechender Transaktionen dargestellt. In Abschnitt 2.2 schließt sich dann ein Überblick über den Konsolidierungsstatus der europäischen Bankenlandschaft an. Aufbauend hierauf werden die zentralen Treiber und Hemmnisse sowie potenzielle Entwicklungspfade einer erwarteten weiteren Konsolidierungswelle der europäischen Bankenindustrie diskutiert.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse 2.1.1
Definitorische Abgrenzungen
Mergers & Acquisitions (M&A) gehören zu den „schillernden Begriffen des Wirtschaftsgeschehens“1 und haben sich in der deutschen Sprache inzwischen auf Grund ihrer häufigen Verwendung im wissenschaftlichen Diskurs ebenso wie bei Praktikern (z.B. in der Wirtschaftspresse) etabliert. Auch in dieser Arbeit wird daher neben „Fusionen“ und „Akquisitionen“ das englischsprachige Synonym „Mergers & Acquisitions (M&A)“ verwendet. Trotz dieser weitgehenden Verwendung des M&A-Begriffes erscheint eine Definition für die folgende Arbeit zwingend erforderlich, da weder in der Wissenschaft noch in der Praxis ein einheitliches Verständnis von Mergers & Acquisitions besteht:2
1 2
Eschen (2002), S. 20. Vgl. Storck (1993), S. 21.
12
2 Grundlagen der Untersuchung
Zu unterscheiden ist hierbei zunächst zwischen der Unternehmens- und der Dienstleistungsperspektive. Die Unternehmensperspektive fokussiert sich (in einer umfassenden Betrachtungsweise, die im Folgenden weiter detailliert wird) auf alle Transaktionen an einem Unternehmensmarkt bzw. einem Markt für Unternehmenskontrolle (Corporate Control). M&A werden somit aus der Sicht des eine Transaktion durchführenden Unternehmens betrachtet. Hiervon abzugrenzen ist die Dienstleistungsperspektive, wonach unter M&A alle Dienstleistungen (insb. von Banken und Beratungsunternehmen) verstanden werden, die im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen stehen (wie insb. Finanzierung und Beratung).3 Diese Blickrichtung eines M&ADienstleisters erfährt in der deutschsprachigen Literatur eine besondere Betonung.4 Im Rahmen dieser Arbeit steht jedoch allein die Unternehmensperspektive im Vordergrund. Auch hierauf bezogen kann jedoch keine einheitliche Verwendung des Begriffes in der Literatur gefunden werden.5 Je nach finanzwirtschaftlichen, gesellschaftsrechtlichen bzw. strategischen Kriterien ergeben sich unterschiedliche Abgrenzungen.6 M&A stellt daher einen Gattungs- oder Sammelbegriff dar, der verschiedenste Gestaltungsformen von Transaktionen umfasst.7 Die weitgehende Verwendung des Begriffes (aus Unternehmensperspektive) in der angelsächsischen Literatur verdeutlicht Abbildung 2.1. Aus diesem weitgehenden M&A-Verständnis, das de facto den gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens von der Gründung, der Expansion, der Restrukturierung bis hin zur Liquidation umfasst, wird im Rahmen dieser Arbeit jedoch ausschließlich der Bereich der Expansion im engeren Sinne (Fusionen und Akquisitionen) betrachtet. Weston et al. (1990) verstehen hierunter: „[…] any transaction that forms one economic unit from two or more previous ones.“8
3 4 5 6 7
8
Vgl. hierzu auch Storck (1993), S. 21 und Jansen (2001), S. 45f. Vgl. Achleitner (1999), S. 137ff. und Jansen (2001), S. 46. Vgl. Kerler (1999), S. 11f. und Stein (1992), S.12. Vgl. Stein (1992), S. 12. Vgl. Weston et al. (1990), S. 4ff., Scharlemann (1996), S. 7, Kerler (1999), S. 11 und Zieschang (2000), S. 16f. Weston et al. (1990), S. 4.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
13
Mergers & Acquisitions (M&A) Ausgestaltung
Beschreibung
– Horizontale, vertikale, konglomerate oder – Verschmelzung durch Aufnahme konzentrische Mergers – Verschmelzung durch Neugründung – An die Aktionäre direkt gerichtetes Angebot mit oder Akquisitionen – Share Deal ohne Zustimmung des Managements des Targets – Asset Deal – Zeitlich beschränkte Zusammenarbeit zwischen Kooperationen/ – Strateg. Allianzen mit mehreren Partnern wechselseitiger Kapitalbeteiligung Allianzen – Joint Ventures unter Einbringung Mergers/ Fusionen
Expansion
Teilverkäufe, Desinvestitionen, Liquidationen
– Teilverkäufe/ Desinvestitionen – – Liquidationen
Ausgründung (Spin-off, Equity Carveout) Abspaltung (Split-off) Aufspaltung (Split-up)
– Spin-off-Liquidation – Konkurs-Liquidation
Veränderungen – Premium Buybacks – Stillhaltevereinbarungen Corporate Control – Anti-Takeover-Maßnahmen Strukturelle Veränderungen
– Proxy Contests Veränderungen – Exchange Offers Ownership – Aktienrückkäufe Structure – Going Private – Leveraged Buyouts (LBOs)
Abb. 2.1:
– Ausgliederung von Unternehmensteilen (grundsätzlich wertneutral für die Aktionäre)
– Liquidation von Unternehmensteilen
– Aktienrückkauf mit Zahlung einer Prämie – Verzicht auf Erwerb weiterer Anteile durch Aktionärsgruppen – Maßnahmen zur Erschwerung/Verhinderung der Transaktion – Aufstellung eines alternativen Managementteams zur Wahl auf der Hauptversammlung – Anpassung der Kapitalstruktur durch Austausch von Schulden/Vorzugsaktien in Stammaktien – Rückkäufe eigener Aktien – Rückkäufe aller verbleibenden (börsengelisteten) Aktien eines Unternehmens und Delisting – Kauf von Aktien durch Investorengruppe bei hohem Fremdfinanzierungsanteil
Definition Mergers & Acquisitions (M&A) 9
Hierbei ist jedoch zu unterscheiden zwischen Mergers (Fusionen) und Acquisitions10 (Akquisitionen). Beide Transaktionsformen gehen mit einer Veränderung der wirtschaftlichen Kontrolle der beteiligten Unternehmen einher.11 Unterscheidungskriterium ist aus rechtlicher Sicht, ob durch die Transaktion die rechtliche Selbständigkeit der Transaktionspartner berührt wird. Wenn eine der beteiligten Kapitalgesellschaften durch die Transaktion ihre rechtliche Selbständigkeit/Rechtspersönlichkeit verliert bzw. beide Gesellschaften in eine neue aufgehen, erfolgt eine Fusion (hierbei kommt es dann auch zu einer entsprechenden Neuverteilung der wirtschaftlichen Kontrolle).12 Das deutsche Aktiengesetz spricht in Bezug auf Fusionen daher auch von der Vereini9
10
11 12
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Copeland und Weston (1988), S. 676ff., Jansen (2001), S. 45 und Beitel (2002), S. 8. Im angloamerikanischen Raum wird statt von Acquisitions auch von Tender Offers gesprochen. Beide Begriffe sind hier synonym zu verstehen und beschreiben eine Unternehmensübernahme/-akquisition. Vgl. auch Eschen (2002), S. 25. Vgl. Zieschang (2000), S. 16f. Vgl. Müller-Stewens et al. (1999), S. 1, Jansen (2001), S. 43ff., Kerler (1999), S. 11, Eschen (2002), S. 25, Heumer (1991), S. 5f. und Zieschang (2000), S. 16f.
14
2 Grundlagen der Untersuchung
gung mehrerer Unternehmen zu einer rechtlichen Einheit.13 Unterschieden wird bei der Fusion die Verschmelzung durch Aufnahme (im Rahmen derer das Vermögen der übertragenden Gesellschaft durch die Ausgabe von Aktien übernommen wird und somit einer der beiden rechtlichen Partner erhalten bleibt und der andere seine Rechtspersönlichkeit aufgibt) von der Verschmelzung durch Neubildung (im Rahmen derer die in die Transaktion involvierten Unternehmen Aktiva und Passiva auf eine neugegründete Kapitalgesellschaft übertragen und beide ihre bisherige Rechtspersönlichkeit aufgeben).14 Im Unterschied hierzu wird unter Akquisitionen im engeren Sinne der Erwerb von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Beteiligungen und deren Einbindung in den Unternehmensverbund des Bieterunternehmens (Konzernierung) verstanden. Die rechtliche Selbständigkeit beider Partner bleibt dabei in der Regel erhalten, so dass die Transaktion somit keinen Einfluss auf die Rechtsform der beiden Unternehmen hat.15 Stein (1992) stellt unabhängig von dieser rein rechtlichen Abgrenzung die Definition des Arbeitskreises Unternehmensakquisition der Schmalenbach-Gesellschaft vor.16 Hiernach handelt es sich bei Akquisitionen um eine Handlungsalternative der strategischen Planung eines Unternehmens, die folgende Aktivitäten umschreibt: –
Erwerb von 100% der Unternehmensanteile oder von Vermögensgegenständen eines Unternehmens,
–
Erwerb von Teilbereichen eines Unternehmens,
–
Erwerb von weniger als 100% der Anteile eines Unternehmens, wenn durch die Stimmrechtsverteilung oder andere rechtliche Vereinbarungen eine Einflussnahme gewährleistet ist, die die Verwirklichung der strategischen Ziele ermöglicht.
Auf Grund der im Rahmen dieser Arbeit behandelten Fragestellung nach der Wertschaffung von M&A-Transaktionen kann hier keine rein rechtliche, sondern nur eine auf die entsprechenden Wertschaffungspotenziale ausgerichtete Abgrenzung von M&A im Vordergrund stehen. Da in der Realität sowohl bei Fusionen als auch bei Akquisitionen (unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der Transaktion) nahezu
13 14 15
16
Vgl. hierzu §§ 219ff. AktG bzw. §§ 96ff. GmbHG. Vgl. Stein (1992), S. 13 und Zieschang (2000), S. 16f. Vgl. Jansen (2001), S. 43ff., Achleitner (1999), S. 137, Kerler (1999), S. 11, Eschen (2002), S. 25, Heumer (1991), S. 5f. und Zieschang (2000), S. 16f. Vgl. für die folgende Definition der Schmalenbach-Gesellschaft Stein (1992), S. 13.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
15
beliebige Integrationsgrade und entsprechende Synergie-/Wertschaffungspotenziale als Folge der Transaktionen beobachtbar sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass Fusionen grundsätzlich über höhere Wertschaffungspotenziale als Akquisitionen verfügen. Die Begriffe Mergers/Fusionen/Zusammenschlüsse und Acquisitions/Akquisitionen/Unternehmenskäufe/Übernahmen werden daher im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet.17 Vor diesem Hintergrund wird dann auch für „Mergers & Acquisitions“ eine übergreifende Definition verwendet (in Anlehnung an die Definition der SchmalenbachGesellschaft und die Definitionen von Stein (1992) und Eschen (2002)), die Mergers und Acquisitions entsprechend zusammenfasst und allein auf Basis von strategischen und wirtschaftlichen Kriterien abgrenzt: Im Folgenden sollen daher unter Mergers & Acquisitions („M&A“) in der hier betrachteten Bankenindustrie alle Transaktionen zusammengefasst werden, die darauf abzielen, aus zwei oder mehr rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Banken eine dauerhafte Einheit unter einheitlicher Unternehmensleitung zu schaffen. Zur Durchsetzung der strategischen Ziele und einer notwendigen Kontrolle durch die einheitliche Unternehmensleitung werden neben der vollständigen Verschmelzung (durch Aufnahme oder Neubildung) zweier oder mehrerer Banken (in Form einer Fusion) nur Erwerbe von Beteiligungen an anderen Banken (Akquisitionen) als M&A verstanden, im Rahmen derer mindestens 50% der Stimmrechte am Vermögen oder Kapital einer Bank durch den Bieter erreicht werden.18 2.1.2
Typologie von M&A-Transaktionen
Nach der definitorischen Abgrenzung von Mergers & Acquisitions schließt sich nun eine Typologie von M&A-Transaktionen an. Tabelle 2.1 (in Anlehnung an Eschen (2002) und Beitel (2002)19) liefert dabei wichtige Anhaltspunkte für mögliche Ansätze zur Klassifikation von M&A-Transaktionen. Hierbei ist bereits vorweg darauf hinzuweisen, dass in der Literatur unterschiedliche Klassifikationsansätze beobachtet werden können, die darüber hinaus teilweise auch nicht überschneidungsfrei sind.20
17 18 19
20
Vgl. Beitel (2002), S. 9. Definition in Anlehnung an Stein (1992), S. 13 und Eschen (2002), S. 24f. Die folgenden Ausführungen stützen sich daher ganz wesentlich auf Eschen (2002), S. 25ff. und Beitel (2002), S. 9ff. Neben der Arbeit von Eschen (2002) berücksichtigen die folgenden Ausführungen auch die Klassifizierungsansätze von Weston et al. (1990), S. 5ff., Zieschang (2000), S. 17f., Scharlemann
16
2 Grundlagen der Untersuchung
Tabelle 2.1: Typologie von M&A-Transaktionen21 Klassifikationsansatz
Ausgestaltung
Transaktionsrichtung
Horizontal, vertikal, konglomerat, konzentrisch
Geographischer Fokus
National/heimisch, international/cross-border
Umfang Transaktion
Gesamtes Unternehmen, Unternehmensteile
Initiator der Transaktion
Käufer, Target
Art des Käufers
Strategischer Käufer, Finanzinvestor
Art des Angebots
Übernahmeangebot/Tender Offer (Share Deal/Asset Deal), Fusion unter Gleichen
Rechtliche Ausgestaltung
Fusion (Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung), Konzernierung
Modus der Transaktion
Freundlich, feindlich
Art der Bezahlung
Bar, Aktien, andere Finanzierungsinstrumente
Der in der Literatur zumeist verwendete Klassifikationsansatz unterscheidet nach der Transaktionsrichtung zwischen horizontalen, vertikalen und konglomeraten oder konzentrischen Transaktionen. Die Unterscheidung der Transaktionsrichtung erfolgt hierbei nach dem Verwandtschaftsgrad der Tätigkeitsbereiche der beteiligten Unternehmen:22 Horizontale Transaktionen bezeichnen dabei Transaktionen zwischen Unternehmen auf gleicher Stufe der Wertschöpfungskette innerhalb einer Branche, die im gleichen Produkt-/Marktsegment arbeiten und daher ähnliche oder verbundene Produkte bzw. Dienstleistungen für einen ähnlichen bzw. identischen Abnehmerkreis anbieten und entsprechend in Konkurrenz zueinander stehen. Horizontale Transaktionen zielen daher häufig auf das Ausschalten eines Wettbewerbers und die Steigerung des Marktanteils sowie die Realisierung von Synergien ab. In Anbetracht des hiermit häufig verbundenen Anstiegs der Konzentration werden horizontale Transaktionen besonders kritisch von den Kartellbehörden betrachtet. Vertikale Transaktionen bezeichnen
21 22
(1996), S. 9ff., Kerler (1999), S. 14f., Beitel (2002), S. 9ff., Reicheneder (1992), S. 55ff., Stein (1992), S. 14f. und Green (1990), S. 19f. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Eschen (2002), S. 25ff. und Beitel (2002), S. 9ff. Vgl. für die folgenden Ausführungen Eschen (2002), S. 25ff., Beitel (2002), S. 10f., Scharlemann (1996), S. 9ff., Green (1990), S. 19f., Kerler (1999), S. 14f., Reicheneder (1992), S. 55ff. und Zieschang (2000), S. 17f.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
17
dagegen Transaktionen mit Unternehmen von vor- bzw. nachgelagerten Wertschöpfungsstufen einer Branche. Im Rahmen einer rückwärtsgerichteten Transaktion ist somit ein Zulieferer Transaktionspartner, während im Rahmen einer vorwärtsgerichteten Transaktion ein Kundenunternehmen involviert ist. Vertikale Transaktionen betreffen daher Unternehmen, die vorher in einer Käufer-Verkäufer-Beziehung standen. Neben der Realisierung von Synergien und Effizienzsteigerungspotenzialen spielen hierbei häufig auch Kontrollüberlegungen eine Rolle. Die Übernahme eines Zulieferers zielt in vielen Fällen darauf ab, bestehende Unsicherheiten bez. der Versorgung mit Inputressourcen zu reduzieren, die Transparenz entsprechend zu steigern und kritische Ressourcen zu kontrollieren. Konglomerate oder laterale Transaktionen betreffen Transaktionspartner aus unterschiedlichen Wertschöpfungsketten/Industrien, die in einem anderen Produkt-/Marktsegment tätig sind und folglich nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen. Ziel dieser Art von Transaktionen ist zumeist die Reduktion von Risiken und die Erreichung einer verbesserten Diversifikation. Als Spezialfall der konglomeraten Transaktionen sind hier noch die konzentrischen Transaktionen zu nennen. Diese industrieübergreifenden Transaktionen sind dadurch charakterisiert, dass zwischen den Transaktionspartnern marketing- oder technologiebezogene Ähnlichkeiten bestehen. Eine Transaktion erfolgt hier bspw. auf Grund eines nutzbaren Produktionsprozesses bzw. eines bestehenden Technologievorsprungs. Neben der Transaktionsrichtung sind jedoch weitere, in der Tabelle 2.1 genannte Klassifizierungen von M&A-Transaktionen möglich: Hierzu gehört insbesondere die Unterscheidung zwischen nationalen/heimischen und internationalen/Cross-borderTransaktionen (geographischer Fokus). Auf die hiermit verbundenen Spezifika wird im Rahmen der folgenden Ausführungen detailliert eingegangen. Darüber hinaus muss nicht zwangsläufig der Kauf ganzer Unternehmen erfolgen, sondern die Transaktion kann auch lediglich einzelne Unternehmensteile umfassen. Die Transaktion kann ferner durch den Verkäufer bzw. den Käufer initiiert werden. Hieraus ergeben sich Konsequenzen für die Gestaltung des Transaktionsprozesses (bspw. in Form der Durchführung einer Auktion bei Initiierung des Verkaufsprozesses durch den Verkäufer).23Auch die Art des Käufers kann eine wichtige Rolle spielen. Hierbei ist insbesondere zwischen strategischen Käufern und reinen Finanzinvestoren zu unterscheiden. Dies determiniert bspw. ganz wesentlich die mit der Transaktion verfolgten Zielsetzungen
23
Vgl. Beitel (2002), S. 12.
18
2 Grundlagen der Untersuchung
ebenso wie die entsprechende Durchführung der Integration/den auf Basis der (strategischen bzw. rein finanziellen) Zielsetzungen gewünschten Grad der Integration. Darüber hinaus liefert die Angebotsform ein weiteres Klassifikationskriterium: Neben einer „Fusion unter Gleichen“ kann auch ein Übernahmeangebot (Tender Offer) unterbreitet werden. Erfolgt hierbei der Erwerb der Aktien des zu übernehmenden Unternehmens, spricht man auch von einem Share Deal, erfolgt der Erwerb der Vermögensgegenstände und Rechte des jeweiligen Targets, spricht man von einem Asset Deal. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Formen wird in der Regel von steuerlichen Optimierungsüberlegungen (und hiermit verbundenen zivilrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten) determiniert. Auch die rechtliche Ausgestaltung unterscheidet sich: Neben einer Fusion – d.h. der bereits angesprochenen Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung – kann das übernommene Unternehmen auch in den Unternehmensverbund eingegliedert werden (Konzernierung) und durch entsprechende vertragliche Regelungen (bei Beibehaltung der rechtlichen Selbständigkeit) unter einheitlicher Leitung geführt werden. Eng verbunden mit der Ausgestaltung der Transaktion (die sich in den vorhergehenden Klassifikationsansätzen widerspiegelt) ist die Frage nach dem Modus der Transaktion. Es wird in diesem Zusammenhang zwischen feindlichen und freundlichen Transaktionen unterschieden. Hierbei einigen sich die betreffenden Managementteams im Zuge konstruktiver Verhandlungen dann auf die Durchführung der Transaktion, und das Management des Targets empfiehlt seinen Aktionären die Annahme eines entsprechenden Angebots durch das übernehmende Unternehmen. Feindliche Transaktionen hingegen beruhen auf einem einseitigen Vorgehen des Bieterunternehmens, das ohne das vorherige Einverständnis des Targetmanagements eine Transaktion einleitet (i.d.R. durch ein öffentliches Übernahmeangebot). Es kommt hierbei somit ohne Einschaltung des Targetmanagements zu einem direkten Angebot an die Aktionäre. Die Mehrzahl der Transaktionen (insb. in der hier im Fokus stehenden Bankenindustrie) erfolgt in freundlicher Form. Lediglich in einigen wenigen Fällen kam es bisher zu feindlichen Angeboten. Hierbei ist insbesondere die Übernahme von NatWest durch die Royal Bank of Scotland (im Jahr 2000) sowie die Übernahme von Paribas durch BNP (im Jahr 1999) zu nennen. Um die Wertschaffungsimplikationen feindlicher Transaktionen im Vergleich zu freundlichen Transaktionen zu betrachten, erfährt die
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
19
letztgenannte Transaktion eine besondere Analyse im Rahmen der Fallstudien (Case Studies) in Kapitel 5. Schließlich unterscheiden sich Transaktionen auch nach der Art der Bezahlung. Diese kann bar (Barzahlung) oder auch durch Zahlung von Sicherheiten erfolgen. Hierbei besteht ein breites Spektrum vom Aktientausch bis zu unterschiedlichsten Finanzierungsinstrumenten. Entsprechend dieser gewählten Finanzierungsinstrumente erfolgt die Finanzierung durch das Bieterunternehmen aus den unternehmensinternen freien Cashflows oder Kapitalerhöhungen (d.h. Eigenmittel) bzw. durch Fremdkapital. In der Realität sind häufig Mischformen der Bezahlung zu finden. Die Art der Bezahlung sendet dabei ein wichtiges Signal an den Kapitalmarkt und hat (wie im Kapitel 3 detailliert dargestellt wird) daher eine hohe Relevanz für die Bewertung durch den Kapitalmarkt und die entsprechend realisierte Wertschaffung. Die hier dargestellten Klassifikationsansätze vermitteln zum einen einen ersten Eindruck über die Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten von M&A-Transaktionen, unterstreichen jedoch gleichzeitig die hiermit verbundene Komplexität. 2.1.3
Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen
Nach dem Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie zu klassifizieren, werden im folgenden Abschnitt die zentralen Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen dargestellt. In der Literatur können hierzu unterschiedliche Ansätze zur Unterscheidung dieser Motive und Zielsetzungen gefunden werden:24 Von zahlreichen Autoren wird hierbei zwischen rationalen und irrationalen Motiven/Zielsetzungen unterschieden.25 Wie Abbildung 2.2 zeigt, wird im Rahmen dieser Arbeit jedoch eine Differenzierung zwischen wertschaffenden und nicht wertschaffenden Motiven und Zielsetzungen verwendet.26 Dies entspricht dem Vorgehen der gesamten Arbeit, die (wie im Abschnitt 3.2.1 detailliert diskutiert wird) die Wertschaffung aus Sicht der Aktionäre in den Fokus der Betrachtung stellt. Hierbei wird die Unterscheidung zwischen rationalen und irrationalen Motiven/ Zielsetzungen mitberücksichtigt, indem unterstellt wird, dass M&A-Transaktionen das
24 25 26
Vgl. Beitel (2002), S. 15ff. für einen Überblick. Vgl. bspw. Zieschang (2000), S. 22ff. Vgl. z.B. Scharlemann (1996), der ebenfalls zwischen wertmaximierenden und nicht wertmaximierenden Motiven/Zielsetzungen unterscheidet.
20
2 Grundlagen der Untersuchung
M&A-Motive und -Zielsetzungen
Wertschaffende Motive und Zielsetzungen – Synergien – Ersatz ineffizienten Managements/ Effizienzsteigerungen – Marktmacht – Unterbewertungen durch ineffiziente Kapitalmärkte
Nicht wertschaffende Motive und Zielsetzungen – Agency-Theorie (Maximierung des Eigennutzens des Managements; Free-Cashflow-Hypothese) – Hubris-Theorie/Winner‘s-CurseProblematik – Economic-Disturbance-Theorie
– Diversifikationseffekte – Strategische Überlegungen –
Markteintritt/Sicherung Wachstumspotenziale
–
Erwerb strategischer Ressourcen
–
Sicherung derzeitiger Marktposition/Erreichung kritischer Größe
–
Strategische Neupositionierung
– Transaktionskostenersparnisse – Steuerliche Vorteile
Abb. 2.2:
Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen im Bankensektor27
Ergebnis rationaler Entscheidungen darstellen und grundsätzlich das Ziel haben, den Unternehmenswert zu steigern. Entsprechend rational getroffene Entscheidungen wirken sich somit wertmaximierend im Sinne des Shareholder-Value-Ansatzes aus, während irrationale Entscheidungen wertvernichtend wirken. Im Folgenden werden die einzelnen Motive/Zielsetzungen kurz diskutiert und (soweit vorhanden) empirische Ergebnisse vorgestellt, die ihre Relevanz unterstreichen (insb. in Bezug auf die spätere Umsetzbarkeit der Motive/Zielsetzungen nach Durchführung der Transaktion). 27
Quelle: Eigene Darstellung.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
21
Tourani-Rad und van Beek (1999) führen in Bezug auf die Motive von Bankentransaktionen aus: „Creation of synergies is the most important motive.“28 In der Tat stellen Synergien sowohl in der Theorie als auch in der Praxis das meistgenannte Motiv dar.29 Entscheidend ist hierbei die Definition von Synergien, da in der Literatur eine Vielzahl von z.T. widersprüchlichen Definitionen verwendet wird. Im Rahmen dieser Arbeit werden unter Synergien nur operative Synergien in Form von Economies of Scale und Economies of Scope gefasst. Finanzwirtschaftliche Synergien (insb. durch die Reduzierung von Kapitalkosten) und Managementsynergien, die sich bspw. durch den Transfer überlegener Managementfähigkeiten auf das Target ergeben, werden nicht (wie im Rahmen anderer Arbeiten) hierunter gefasst, sondern werden im Folgenden separat betrachtet.30 Gleichzeitig abzugrenzen sind die operativen Synergien von reinen Effizienzsteigerungen. Hierbei wird der Definition von Jensen und Ruback (1983) gefolgt, wonach Synergien Einsparungen in den Produktions- und Distributionskosten darstellen, die das Unternehmen nur durch die Transaktion, nicht jedoch als separate Einheit erreichen kann.31 Alle selbständig erreichbaren Einsparungen werden entsprechend unter Effizienzsteigerungen gefasst. Economies of Scale (oder Betriebsgrößenvorteile bzw. Skaleneffekte) als ein Teil der operativen Synergien werden bereits seit den 60er Jahren diskutiert. Konkret beschreiben sie den vor allem durch eine entsprechende Fixkostendegression bedingten sinkenden Stückkostenverlauf auf Grund einer absolut erhöhten Produktionsmenge je Zeiteinheit (bei linearer Produktionsfunktion). Im Rahmen einer M&A-Transaktion kommt es somit zur Erreichung dieser Skaleneffekte bspw. durch die Zusammenlegung der Produktion. Aber auch in allen anderen Unternehmensbereichen können Economies of Scale erzielt werden (wie z.B. im Absatzbereich/Vertrieb, dem F&E-Bereich, der Beschaffung etc.). Auf Bankentransaktionen übertragen sind Economies of Scale somit schwerpunktmäßig in den Backofficebereichen (z.B. in der IT, der Wertpapierabwicklung, der Produktentwicklung, dem Einkauf) und dem Vertrieb (insb. dem Filialnetz) zu realisieren.32 Economies of Scope
28 29 30 31 32
Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 533. Vgl. auch Beitel (2002), S. 18ff. und Kerler (1999) S. 40. Vgl. Zieschang (2000), S. 22f. und Kerler (1999), S. 40ff. Vgl. Jensen und Ruback (1983), S. 21f. Vgl. Jansen (2001), S. 74f., Stein (1992), S. 46, Black et al. (2001), S. 6 und S. 50ff., Eschen (2002), S. 99ff. und Beitel (2002), S. 18f. Economies of Scale führen somit bis zur optimalen Betriebsgröße (und dem hier gegebenen Minimum der Stückkosten) zum Fallen der langfristigen Durchschnittskostenkurve. Der nach der optimalen Betriebsgröße steigende Verlauf deutet auf
22
2 Grundlagen der Untersuchung
(oder Verbundeffekte) als zweite Quelle der operativen Synergien liegen vor, wenn das durch eine Transaktion möglich werdende gemeinsame Angebot von Bankprodukten und -dienstleistungen (in Form eines diversifizierten Produktprogramms) günstiger ist als die Summe der getrennten Angebote. Diese Kostenersparnisse durch das gemeinsame Angebot beruhen insbesondere auf dem nicht rivalisierenden Verbrauch von Produktionsfaktoren (wie z.B. firmenspezifischem Know-how), die angesichts einer entsprechenden Teilbarkeit in mehreren Produktfeldern eingesetzt werden und somit auch besser ausgelastet werden können. Auch die Economies of Scope können daher in allen Bankbereichen auftreten.33 Beide Formen operativer Synergien werden dabei insbesondere im Rahmen von horizontalen Transaktionen erwartet, da hier bei bestehenden Kapazitätsreserven Unternehmen am ehesten von einer entsprechenden Fix-/ Stückkostendegression profitieren können.34 Die empirischen Belege für das Vorhandensein von Economies of Scale und Scope sind jedoch gemischt: Economies of Scale sind in der Literatur für Bankentransaktionen zwar belegt – jedoch nur bis zu einer relativ geringen Größe. US-Studien zeigen, dass nur kleinere Banken das Potenzial haben, Economies of Scale zu realisieren, während bei Großbanken die langfristige Durchschnittskostenkurve relativ flach verläuft.35 Berger und Mester (1997) attestieren jedoch im Rahmen ihrer Arbeit auf Grund der fortschreitenden Deregulierung und insbesondere der zunehmenden Bedeutung der IT eine im Vergleich zu den 80er Jahren deutlich gestiegene optimale Größe für die USA von ca. 25 Mrd. USD. Für Europa spricht Vander Vennet (2002) von der weiten Spanne von 10 bis 100 Mrd. EUR. Auf Basis dieser Forschungsergebnisse und der auch in der Zwischenzeit erfolgten signifikanten technischen Weiterentwicklungen seit Mitte der 90er Jahre kann grundsätzlich auf eine deutlich zunehmende optimale Bankgröße und damit auf entsprechende Potenziale geschlossen werden.36 Im Gegensatz hierzu ergeben sich in der Literatur für Economies of Scope bisher kaum klare Belege. Hierbei ist jedoch (noch stärker als bei
33
34 35 36
Diseconomies of Scale (bspw. durch eine für das Management zu hohe Komplexität) hin. Vgl. Stein (1992), S. 46 und Santomero (1995), S. 11f. Vgl. Eschen (2002), S. 101ff., DeLong (2003), S. 7f., Stein (1992), S. 127ff., Beitel (2002), S. 19 und Jansen (2001), S. 75. Vgl. Reicheneder (1992), S. 62ff. Vgl. Dermine (2002), S. 27ff. Vgl. Berger et al. (2001) und Perée und Riess (2003), S. 27.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
23
Betrachtung der Economies of Scale) auf Schwierigkeiten der Messung dieser Effekte hinzuweisen.37 Neben den operativen Synergien wurden bereits die Effizienzsteigerungen angesprochen. Diese können – in der hier vorgenommenen Abgrenzung – grundsätzlich durch das Unternehmen selbst erreicht werden. Im Zuge einer Transaktion kann es jedoch ebenfalls zu deutlichen Effizienzsteigerungen kommen, wenn sich hierdurch die Möglichkeit ergibt, das bisherige ineffiziente Management zu ersetzen. Der Ersatz ineffizienten Managements wird daher als ein weiteres zentrales Motiv betrachtet. Unter ineffizientem Management wird hier verstanden, dass das Management das Kapital der Bank nicht optimal einsetzt, d.h. nicht die Kapitalkosten bzw. den optimalen Ertragssatz erzielt, und somit die Ressourcen und die Entwicklungspotenziale des Unternehmens nicht effizient nutzt. Dies ist allerdings nicht auf die Verfolgung von Eigeninteressen (wie im Rahmen der im Anschluss diskutierten, nicht wertschaffenden Motive) zurückzuführen, sondern auf die Unfähigkeit des entsprechenden Managements. Durch das Ersetzen dieses Managements kann somit durch die Ausschöpfung bisher nicht realisierter Potenziale Wert geschaffen werden und die entsprechend auf Grund des schlechten Managements am Markt gegebene Unterbewertung korrigiert sowie Shareholder Value realisiert werden.38 Jensen und Ruback (1983) beschreiben in diesem Zusammenhang den Markt für „Corporate Control“ – wonach verschiedene Managementteams im Wettbewerb um das Recht stehen, Unternehmen zu führen und entsprechend gezielt nach Unternehmen suchen, die durch die Ablösung eines ineffizienten Managements Wertschaffungspotenziale liefern. Diese Institution schützt Aktionäre und schränkt den diskretionären Spielraum des Managements ein, indem ein zu großes Abweichen von einer wertmaximierenden Strategie durch eine drohende Übernahme verhindert wird bzw. im Falle einer entsprechenden Abweichung eine Übernahme und ein Austausch des Managementteams stattfinden.39 Empirische Betrachtungen zumeist auf Basis von „Proxy Contests“ als Anhaltspunkt für die Potenziale aus dem Austausch eines Managementteams zeigen in der Mehrzahl positive Ergebnisse und eine entsprechende Wertschaffung.40 Dieses Motiv wird jedoch in der Literatur kri37 38
39 40
Vgl. Boot (2003), S. 110ff., Berger et al. (2001) und Perée und Riess (2003), S. 27. Vgl. Kerler (1999), S. 46ff., Green (1990), S. 16f., Heumer (1991), S. 27f. und Eschen (2002), S. 65ff. Vgl. Jansen (2001), S. 78f. und Stein (1992), S. 158ff. Vgl. Kerler (1999), S. 46ff.
24
2 Grundlagen der Untersuchung
tisch diskutiert: Zum einen stellt eine M&A-Transaktion ein relativ teures Instrument dar, um ein ineffizientes Management zu ersetzen (vor dem Hintergrund seiner erwarteten Ablösung wird das Management des Targets i.d.R. Widerstand leisten, so dass die Transaktion feindlichen Charakter hat). Zum anderen setzt diese Theorie eine halbstarke Informationseffizienz der Kapitalmärkte sowie die Existenz ineffizienter Managementteams und entsprechend niedriger Marktwerte voraus.41 Nichtsdestotrotz zeigt eine Vielzahl empirischer Arbeiten hohe Effizienzsteigerungspotenziale in den USA, aber auch in Europa, die effiziente Bieterbanken (mit effizientem Management) durch den Transfer ihres überlegenen Geschäftsmodells und die Senkung der Kosten auf Best-Practice-Niveau realisieren können.42 Ein weiteres zentrales Motiv von M&A-Transaktionen wird in der Erreichung von Marktmacht gesehen. Marktmacht beschreibt hierbei die Möglichkeit für Unternehmen, die Menge der abgesetzten Produkte/Dienstleistungen, den Preis oder andere Wettbewerbsparameter zum eigenen Vorteil zu kontrollieren bzw. zu beeinflussen (im Bankenbereich bspw. durch höhere Kreditzinsen bei niedrigeren Einlagenzinsen). Industrieökonomisch kommt es im Rahmen entsprechender Einflussnahmen von Seiten der Unternehmen zu einer Erhöhung der Produzentenrente auf Kosten der Konsumentenrente und somit zu einem Werttransfer von den Kunden zu den Aktionären. Insbesondere horizontale Transaktionen auf der gleichen Wertschöpfungsstufe und die hiermit einhergehende Branchenkonzentration ermöglichen die Erreichung dieser Marktmacht auf Absatz- und Faktormärkten. Diese aus Unternehmenssicht vorteilhafte Entwicklung ist jedoch potenziell schädlich für Wirtschaft und Wohlfahrt der gesamten Gesellschaft und erfährt daher eine Aufsicht durch die Kartellbehörden. Hierbei ist es das vorrangige Ziel zu vermeiden, dass M&A-Transaktionen zu unerwünschten Marktstrukturen und einer Verzerrung des Marktmechanismus in Form der Reduzierung von Wettbewerb, der Fehlallokation von Ressourcen und des Abschöpfens von Monopolgewinnen führen. Wenn auch (wie im Folgenden dargestellt wird) auf nationaler Ebene entsprechende Bedenken Bankentransaktionen erschweren, ergeben sich
41
42
Vgl. Jansen (2001), S. 78f. und Eschen (2002), S. 65ff. Eschen (2002) weist in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass ein Austausch des Managements zumeist gar nicht stattfindet. Vgl. bspw. Allen und Rai (1996), Berger und Humphrey (1997), Vander Vennet (1996 und 2002), Perée und Riess (2003), S. 27, DeLong (2003), S. 11, Jensen und Ruback (1983) und Beitel (2002), S. 21f.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
25
europaweit jedoch noch erhebliche Potenziale.43 Hierbei ist aber kritisch anzumerken, dass ein erleichterter Marktzugang für Wettbewerber, eine zunehmende Deregulierung und eine weitgehende Standardisierung vieler Produkte den Wettbewerbsdruck erhöhen und damit einer erhöhten Marktmacht entgegenwirken. Insgesamt zeigt die Empirie somit auch nur teilweise Belege für das Marktmachtargument.44 Ein weiterer Ansatz zur Erklärung von M&A-Transaktionen führt Unterbewertungen durch ineffiziente Kapitalmärkte an.45 Hiernach kommt es zu Fehleinschätzungen des Kapitalmarktes bez. des Unternehmenswertes bspw. auf Grund mangelnden Verständnisses der verfolgten Strategie oder infolge einer Fehleinschätzung der Rahmenbedingungen/Entwicklungspotenziale. Transaktionen werden dann vom Management einer Bieterbank durchgeführt, das private (bessere) Informationen als der Markt über den tatsächlichen Wert des Targets besitzt und den Wert auf Basis dieser Informationen als höher als den gegenwärtigen Marktpreis einschätzt. Die Bieterbank wird hierbei bestrebt sein, die Prämie im Rahmen der Transaktion möglichst gering zu halten, um möglichst viel der bestehenden Fehlbewertung (die sich ergibt als Differenz zwischen der durch den ineffizienten Kapitalmarkt bedingten Bewertung und dem bei Berücksichtigung aller entscheidungsrelevanten Informationen höheren inneren Wert) als Arbitragegewinn realisieren zu können. Hiermit wird deutlich, dass dieser Ansatz im Widerspruch zur Theorie effizienter Märkte steht, wonach die Ausnutzung von Informationsineffizienzen zur Wertgewinnung nicht möglich ist, da in einem effizienten Kapitalmarkt keine Unterbewertung gegeben ist. Auch empirisch ergeben sich keine nachhaltigen Beweise für das Bestehen von Fehlbewertungen auf Grund ineffizienter Kapitalmärkte.46 Neben der Ausnutzung von Fehlbewertungen durch ineffiziente Kapitalmärkte werden als weiteres Motiv Diversifikationseffekte angeführt.47 Die diesem Motiv zugrunde liegende Argumentation beruht auf der Portfoliotheorie nach Markowitz (1952), deren 43
44 45
46 47
Für einen Überblick über Ausführungen zur Marktmacht vgl. Kerler (1999), S. 42ff., Jansen (2001), S. 72ff., Stein (1992), S. 99ff., Eschen (2002), S. 95ff., Khoury (1980), S. 39, Zieschang (2000), S. 23 und Heumer (1992), S. 17ff. Vgl. ECB (2000), S. 19f. Vgl. Kerler (1999), S. 48ff., Stein (1992), S. 43, Eschen (2002), S. 83ff., Heumer (1992), S. 21ff., Khoury (1980), S. 38, Zieschang (2000), S. 23 und Green (1990), S. 18. Vgl. Kerler (1999), S. 48ff. Vgl. Beitel (2002), S. 22f., Stein (1992), S. 123ff., Kerler (1999), S. 50ff., Eschen (2002), S. 74ff., Perée und Riess (2003), S. 27f. und Cooke (1986), S. 32f.
26
2 Grundlagen der Untersuchung
Kernaussage ist, dass beim Kauf verschiedener Wertpapiere, die nicht (perfekt) positiv korreliert sind, das Gesamtrisiko reduziert werden kann (bei gleichzeitiger additiver Eigenschaft der Renditen). Diese ursprünglich für (Aktien-)Portfolios entwickelte Theorie ist auch auf andere Investitionsentscheidungen wie bspw. M&A übertragbar. Auch bei einer Bankentransaktion sind somit Diversifikationseffekte erreichbar: Durch einen Zusammenschluss von zwei Banken mit nicht perfekt korrelierenden Erträgen kommt es zu einer Senkung der Volatilität der zukünftigen Erträge und damit zu einer Senkung des unsystematischen (diversifizierbaren) Risikos, die auf Grund der Senkung der Eigenkapitalkosten eine Steigerung des Unternehmenswertes mit sich bringt. Zusätzliche Diversifikationseffekte ergeben sich bei den hier betrachteten Bankentransaktionen in Bezug auf das Kreditportfolio der Banken angesichts entsprechender nicht perfekt korrelierender Risiken. Empirische Belege für eine Diversifizierung der Kreditrisiken und eine hieraus resultierende geringere Varianz der Gewinne finden sich bspw. bei Akhavein et al. (1997) und Hughes et al. (1999). Besonders häufig wird das Motiv der Erreichung von Diversifikationseffekten in Bezug auf Cross-borderTransaktionen diskutiert, da hier durch die geographische Diversifikation zusätzliche Risikoreduktionseffekte angestrebt werden.48 Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass Investoren (unter der Annahme eines perfekten Kapitalmarktes, d.h. insb. bei keinen Transaktionskosten und keinen steuerlichen Effekten) den gleichen Diversifikationseffekt auch im Rahmen ihrer eigenen Aktienportfolios erreichen. M&A-Transaktionen erscheinen vor diesem Hintergrund als eine vergleichsweise teure und nicht effiziente Alternative der Risikodiversifikation, die die individuellen Portfoliooptimierungen im Zweifel sogar behindert. Empirisch lassen sich zwar die genannten diversifizierenden Effekte in Bezug auf das Kreditportfolio zeigen, Amihud et al. (2002) zeigen jedoch, dass es bei Cross-border-Transaktionen (denen ja ein recht weitgehendes Diversifizierungspotenzial nachgesagt wird), im Durchschnitt nicht zu einer signifikanten Änderung des Gesamtrisikos bzw. des systematischen Risikos kommt. Hieraus lässt sich folgern, dass im Durchschnitt im Zuge entsprechender Transaktionen risikoreduzierende Effekte mit risikosteigernden Effekten ausgeglichen werden.49
48 49
Vgl. auch Black et al. (2001), Vander Vennet (1996) und DeLong (2003). Vgl. Amihud et al. (2002).
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
27
Neben den Diversifikationseffekten sind auch strategische b Üerlegungen unter die wertschaffenden Motive/Zielsetzungen von M&A-Transaktionen zu fassen. Hierunter fällt eine Vielzahl von Überlegungen, die bestehende bzw. sich verändernde Wettbewerbsbedingungen berücksichtigen – insbesondere in Form der in der europäischen Bankenindustrie beobachtbaren zunehmenden Wettbewerbsintensität bei gleichzeitig stagnierender Nachfrage (in vielen Bankbereichen):50 M&A-Transaktionen zwischen Banken werden vor diesem Hintergrund bspw. durchgeführt, um notwendige Ressourcen (in Form von Mitarbeitern mit bestimmten Know-how-Profilen, Patenten, Technologien etc.) zu erwerben und für das Gesamtunternehmen nutzbar zu machen. Sie dienen gleichzeitig dazu – durch Transaktionen in Ländern mit hohen Wachstumsraten – einen schnellen Markteintritt zu gewährleisten, die Kundenbasis zu verbreitern und zukünftige Wachstumspotenziale zu erwerben (bspw. durch die in den vergangenen Jahren beobachtbaren Transaktionen in Osteuropa) bzw. die Unternehmensbereiche mit hoher Rentabilität entsprechend zu stärken.51 Im Zuge der fortschreitenden Deregulierung auf den internationalen Finanzmärkten sowie des für europäische Banken hinzukommenden EU-Integrationsprozesses rückt ferner für viele Banken die Erreichung einer kritischen Mindestgröße in den Vordergrund, die zu entsprechenden Transaktionen veranlasst. Hierbei bezieht sich die Mindestgröße zum einen auf die Möglichkeit, eine aktive Rolle im Rahmen der erwarteten weiteren paneuropäischen Konsolidierung zu spielen52 sowie auf die Notwendigkeit, eine kritische Größe auch in einzelnen Geschäftsbereichen zu erlangen. Beispielhaft kann hier das Anleihengeschäft genannt werden, das auf Grund stark steigender Volumina eine entsprechende Größe verlangt. Darüber hinaus verlangt eine Vielzahl der global aufgestellten Unternehmenskunden eine ebenso globale geographische Präsenz auch ihrer Bank. Ein weiteres in der Literatur diskutiertes Motiv für M&A-Transaktionen stellen Transaktionskostenersparnisse dar.53 Zurückgehend auf Arbeiten von Coase (1937) und Williamson (1985) liefern Transaktionskosten eine Erklärung insbesondere für vertikale Transaktionen: Williamson (1985) beschreibt in diesem Zusammenhang die Wahl zwischen marktlicher Koordination und hierarchischer Koordination (also der 50 51 52 53
Vgl. bspw. Stein (1992), S. 132ff., Khoury (1980), S. 38 und Cooke (1986), S. 29ff. Vgl. Black et al. (2001), S. 5. Vgl. hierzu auch die folgenden Ausführungen. Vgl. für die folgenden Ausführungen auch Eschen (2002), S. 107ff., Stein (1992), S. 106ff. und Jansen (2001), S. 75ff.
28
2 Grundlagen der Untersuchung
Integration eines entsprechenden Transaktionspartners) unter Berücksichtigung der Kosten von Markttransaktionen einerseits und ihrer Einsparung bei einer Integration des Partners andererseits. Hierbei trifft er zwei Annahmen bez. der menschlichen Verhaltensweisen von Wirtschaftssubjekten: Eingeschränkte Rationalität (d.h. die begrenzte Fähigkeit von Entscheidungsträgern, auf Grund kognitiver Beschränkungen alle vorhandenen Informationen zu erfassen, zu verarbeiten und umzusetzen) und Opportunismus (d.h. eigennütziges Verhalten). Beide Annahmen beeinträchtigen die Durchführung von marktlichen Transaktionen: In Anbetracht beschränkter Rationalität und Unsicherheit bez. der zukünftigen Entwicklung sind keine exakten Prognosen und damit auch keine vollständigen Verträge, die alle möglichen Umweltzustände erfassen, möglich. Opportunistisches Verhalten führt dann dazu, dass die Wirtschaftssubjekte Lücken in der Vertragsgestaltung zum eigenen Vorteil interpretieren und ausnutzen. Um dieser Entwicklung vorzubeugen, entstehen Transaktionskosten bspw. für Vertragsverhandlungen, Kontrollhandlungen, Anpassungsverhandlungen etc. Die Höhe der Transaktionskosten und der Umfang der Opportunitätsgefahr hängt dabei von drei Merkmalen der Transaktion ab: dem Grad der Unsicherheit (d.h. hohe Unsicherheit bez. zukünftiger Entwicklungen eröffnet mehr Spielraum für opportunistisches Verhalten und verleiht den Nachteilen begrenzter Rationalität ein höheres Gewicht), Faktorspezifität (d.h. der Grad der Spezifität der Investitionen, der die Verwundbarkeit gegenüber Opportunismus und die Gefahr von „Sunk Costs“ bemisst) und die Häufigkeit der Transaktion (die eine Degression der Kosten, bspw. der Kontrollkosten, ermöglicht). Eine hohe Unsicherheit, spezifische Investitionen und eine geringe Häufigkeit erhöhen somit die Transaktionskosten, bewirken eine Abnahme der Koordinationsvorteile des Marktes und lassen Transaktionen als geeignet erscheinen, um entsprechende Unsicherheiten in Bezug auf Beschaffungs- und Absatzquellen zu reduzieren. In Bezug auf die hier betrachteten M&A-Transaktionen im Bankenbereich erscheint dieses Motiv als im Vergleich zu anderen Industrien weniger relevant, da grundsätzlich (insb. auf Seiten der Beschaffungsquellen) von einer hohen Anzahl Zulieferer, geringer Faktorspezifität und einer relativ großen Häufigkeit der Transaktionen (bspw. bei der Beschaffung von Büroausstattung, IT-Systemen etc.) und somit relativ geringen Transaktionskosten auszugehen ist. Nichtsdestotrotz ist es als Motiv für vertikale Bankentransaktionen auf Absatzseite (bspw. zur Erschließung von Vertriebskanälen) zu berücksichtigen.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
29
Ein letztes wertschaffendes Motiv stellen schließlich steuerliche Vorteile dar, die auf Grund der Transaktion realisiert werden können. In Theorie und Praxis werden in diesem Zusammenhang drei wesentliche Vorteile genannt:54 Zum einen steuerliche Verlustvorträge des Targets, die von einem Käufer steuermindernd verwendet werden können, zum anderen abzugsfähiger Zinsaufwand, der bei einer Fremdkapitalfinanzierung der Transaktion entsteht, sowie schließlich bestehende stille Reserven in den Büchern des Targets, die durch entsprechende Aufwertung zum Verkehrswert realisiert werden können. Insgesamt können aus diesen drei wesentlichen Quellen steuerlicher Vorteile z.T. signifikante Wertschaffungspotenziale aus Sicht einer Bieterbank entstehen. Den bisher vorgestellten Motiven und Zielsetzungen für M&A-Transaktionen lag die Annahme der Gewinnmaximierung und der Maximierung des Shareholder Value zugrunde. Auf Grund des zuvor beschriebenen Paradoxons zwischen der deutlichen Zunahme der M&A-Aktivität zwischen europäischen Banken einerseits und scheinbar auf Basis der bisherigen empirischen Ergebnisse mangelnder Wertschaffung andererseits, liegt die Vermutung nahe, dass Transaktionen (zumindest teilweise) von anderen, nicht wertmaximierenden Motiven getrieben werden und somit nicht im Interesse der Aktionäre durchgeführt werden. Im Rahmen der folgenden Ausführungen steht daher das Management insbesondere der Käuferbanken im Fokus der Betrachtung. Betont werden hierbei zum einen die beschränkte Rationalität/kognitive Beschränkungen dieses Managements sowie bestehende Agency-Konflikte auf Grund unterschiedlicher Interessen des Managements und der Aktionäre.55 Agency-Konflikte zwischen dem Management und den Aktionären eines Unternehmens finden bereits 1932 bei Berle und Means Berücksichtigung, die darauf hinweisen, dass insbesondere bei größeren Kapitalgesellschaften eine Trennung von Eigentum und Kontrolle (durch ein professionelles Management) stattfindet. Bei breiter Streuung der Aktien ist eine Kontrolle des Managements hiernach kaum noch möglich/für den einzelnen Aktionär ökonomisch nicht sinnvoll, so dass sich für das Management Spielräume zur Verfolgung ihrer Eigeninteressen ergeben (ggf. auch gegen
54
55
Vgl. Stein (1992), S. 43, Jansen (2001), S. 77, Kerler (1999), S. 45f., Heumer (1991), S. 19ff., Reicheneder (1992), S. 69ff. und Green (1990), S. 17. Vgl. Kerler (1999), S. 52ff. und Stein (1992), S. 154ff.
30
2 Grundlagen der Untersuchung
die Interessen der Aktionäre).56 Die Agency-Theorie57 beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit potenziellen Konflikten (Agency-Konflikten) zwischen dem Management (den Agenten) und den Aktionären/Eigentümern (den Prinzipalen) auf Grund der Ausnutzung bestehender Handlungsspielräume/mangelnder Kontrollmechanismen durch das Management sowie mit den durch diese Managementhandlungen entstehenden Kosten (Agency-Kosten).58 Die hierbei verfolgten Eigeninteressen des Managements umfassen sowohl monetäre Elemente (wie Gehalt, Boni etc.) als auch nicht monetäre Elemente (wie Unternehmensgröße, Macht, Prestige, Freizeit, Arbeitsplatzsicherheit etc.) und stellen somit ein ganzes Zielbündel dar.59 Baumol (1967) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Management zur Erreichung dieser Eigeninteressen seine Entscheidungen stark an der Maximierung des Umsatzes ausrichtet, da insbesondere das Einkommen deutlich vom Umsatz abhängt. Die Gewinn- und Shareholder-Value-Maximierung tritt somit in den Hintergrund. Es wird lediglich eine Mindestrendite angestrebt, um die Anteilseigner und anderen Stakeholder zu beruhigen.60 Vor diesem Hintergrund des eigenen Interessenbündels führt das Management risikoreiche Projekte, die wertschaffend wären, ggf. nicht aus, um potenzielle negative persönliche Konsequenzen zu vermeiden. Gleichzeitig werden jedoch bspw. M&A-Transaktionen ausgeführt (obschon diese ggf. nicht wertschaffend sind), da sie für das Management ein Instrument darstellen, um seine Eigeninteressen schnell zu erreichen. Mit der durch die M&A-Transaktion gewachsenen (Umsatz-)Größe wird ein höheres Einkommen erstrebt. Gleichzeitig erlaubt es die Befriedigung von Macht-/Prestigestreben (bspw. durch Anerkennung und Aufmerksamkeit nach der Transaktion) und kann aus Sicht des Managements auch eine Reduktion des Anstellungsrisikos (insb. auf Grund der gewonnenen Größe) bewirken. Einkommen und Anstellungsrisiko sind für das Management direkt mit dem Unternehmen verbunden und können nicht diversifiziert werden (während der Aktionär seine Risiken diversifizieren kann). Durch eine Transaktion kann daher für das Management das Unternehmens- und damit auch das Anstellungsrisiko reduziert werden. Die Transaktion ist somit ggf. nur im Interesse des Managements, nicht aber (wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum Motiv der 56 57 58 59 60
Vgl. Eschen (2002), S. 53ff. Vgl. insbesondere auch Jensen und Meckling (1976). Vgl. Kerler (1999), S. 52ff. Vgl. Stein (1992), S. 44, Kerler (1999), S. 52ff. und Williamson (1963). Vgl. Marris (1964).
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
31
Diversifikation dargestellt) im Interesse der Aktionäre, die i.d.R. geeignetere Möglichkeiten zur Diversifikation besitzen. Eigeninteressen des Managements können somit zu nicht wertschaffenden M&A-Transaktionen führen.61 Ein Beispiel für ein solches Vorgehen ist die sog. Free-Cashflow-Hypothese nach Jensen (1986).62 Hiernach kommt es insbesondere in reiferen, aber (sehr) profitablen Industrien häufig zu hohen Free-Cashflow-Positionen. Die Verwendung dieser Mittel stellt häufig einen klassischen Agency-Konflikt dar, im Rahmen dessen das Management versucht, die zuvor beschriebenen Eigeninteressen durchzusetzen. Free Cashflows können hiernach definiert werden als die Cashflows, die dem Unternehmen nach Finanzierung aller Projekte mit positivem NPV noch zur Verfügung stehen. Sie stellen somit einen Mittelüberschuss dar, der keine die Kapitalkosten deckende Verwendung findet. Dieser kann entweder in Form von Dividendenzahlungen an die Aktionäre ausgeschüttet oder für den Rückkauf eigener Aktien eingesetzt bzw. thesauriert werden. Während die Aktionäre tendenziell eine Ausschüttung anstreben, um das Kapital in alternativen Projekten/Investitionen kapitalkostendeckend einzusetzen, strebt das Management eine Thesaurierung an, da eine Ausschüttung die von ihm kontrollierten Ressourcen und damit seinen Einflussbereich reduzieren würde. Bei jeder neuen Finanzierung müsste auf den Kapitalmarkt zurückgegriffen werden, was eine entsprechende Kontrolle/ein Monitoring impliziert. Bei Thesaurierung hingegen hat das Management die Möglichkeit, die Mittel zur Ertragsglättung einzusetzen. Zusätzlich können diese verwendet werden, um auch nicht wertschaffende Investitionen (bspw. M&A-Transaktionen) aus Eigeninteresse durchzuführen. Somit lässt sich die Durchführung entsprechender auch wertvernichtender Transaktionen mit der Verwendung von Free Cashflows theoretisch erklären. Die Realisierung entsprechender Eigeninteressen durch das Management ist aber nur dann möglich, wenn interne und externe Kontrollmechanismen versagen, die die Eigeninteressen mit den Unternehmensinteressen verbinden sollen. Interne Mechanismen stellen z.B. Richtlinien, aber auch Gehaltssysteme mit erfolgsabhängigen Komponenten dar. Extern sind bspw. der Produkt- und der Arbeitsmarkt, aber auch der bereits angesprochene Markt für Corporate Control als entsprechende Mechanismen zu
61 62
Vgl. Williamson (1963), Baumol (1967), Kerler (1999), S. 52ff. und Eschen (2002), S. 53ff. Vgl. für die folgenden Ausführungen auch Jensen (1986), Beitel (2002), S. 25f., Jansen (2001), S. 78 und Eschen (2002), S. 68ff.
32
2 Grundlagen der Untersuchung
nennen.63 Hier setzt auch die Kritik an diesen Ansätzen an, die insbesondere betont, dass eine schwache und ungenügende Kontrolle des Managements von den AgencyAnsätzen unterstellt wird, aber zu wenig die zuvor genannten Mechanismen (insb. der funktionierende Markt für Corporate Control, kompetitive Arbeitsmärkte sowie erfolgsabhängige/am Unternehmenserfolg beteiligende Entlohnungssysteme) berücksichtigt werden.64 Auch empirisch lässt sich die Verfolgung von Eigeninteressen durch das Management nicht durchgängig bestätigen, nichtsdestotrotz wird dieser Ansatz (insb. vor dem Hintergrund des beschriebenen Paradoxons scheinbar mangelnder Wertschaffung bei gleichzeitigem deutlichem Anstieg der durchgeführten Bankentransaktionen) in der Literatur zur Erklärung von M&A-Transaktionen diskutiert.65 Als ein weiteres nicht wertschaffendes Motiv werden die sog. Hubris-Theorie und die Winner’s-Curse-Problematik angeführt. Hiernach sind M&A-Transaktionen auf Hubris – also die Selbstüberschätzung – des Managements zurückzuführen.66 Diese Theorie basiert auf Roll (1986), der hierzu ausführt: „Hubris on the part of individual decision makers in bidding firms can explain why bids are made even when a valuation above the current market price represents a positive valuation error. Bidding firms infected by hubris simply pay too much for their targets.“67 Ausgangspunkt ist hierbei die strenge Form der Kapitalmarkteffizienz, wonach alle Informationen im aktuellen Kurs widergespiegelt sind und der Börsenwert den wahrscheinlichsten realen Wert des Unternehmens darstellt.68 Das Management glaubt jedoch trotzdem, dass es möglich ist, unterbewertete Unternehmen zu finden und zu einem Preis zu erwerben, der Wertschaffung ermöglicht. Diese Bereitschaft, mehr als den (korrekten) Marktpreis und damit einen überhöhten, wertvernichtenden Preis zu bezahlen, beruht nach der Hubris-Theorie auf einer Selbstüberschätzung des Managements hinsichtlich seiner Problemlösungsfähigkeiten, Integrationskompetenz und der Fähigkeit zur Wertschaffung. Manager vertrauen hiernach (fälschlicherweise) ihrer eigenen Einschätzung mehr als der Einschätzung des Marktes und sind aus diesem
63 64 65 66
67 68
Vgl. Kerler (1999), S. 52ff. Vgl. Heumer (1991), S. 28ff. Vgl. Eschen (2002), S. 53ff. Vgl. für die folgenden Ausführungen zur Hubris-Theorie u.a. Kerler (1999), S. 57, Jansen (2001), S. 77, Stein (1992), S. 165, Beitel (2002), S. 26f. und Eschen (2002), S. 58ff. Roll (1986), S. 197. Vgl. Stein (1992), S. 165 und Eschen (2002), S. 58ff.
2.1 Akquisitionen und Zusammenschlüsse
33
übersteigerten Selbstvertrauen bereit, mehr als den Marktpreis zu zahlen und damit Wert durch M&A-Transaktionen zu vernichten. Auch hier kommt es somit – wie bei der Betrachtung der Agency-Konflikte – zu einem wertvernichtenden Handeln des Managements. Während im Rahmen des Agency-Konflikts Eigeninteressen im Vordergrund standen, können hier Manager grundsätzlich eine maximale Wertschaffung für die Aktionäre als Ziel verfolgen, jedoch auf Grund ihrer beschränkten Rationalität und der entsprechenden Selbstüberschätzung das Gegenteil erreichen.69 Eng mit der Hubris-Theorie verbunden ist die Winner’s-Curse-Problematik:70 Hiernach bezahlen Käufer im Rahmen von M&A-Transaktionen systematisch zu viel und vernichten entsprechend Wert, wenn mehrere Bieter auftreten und es zu einer Auktion kommt. Die Spieltheorie, die sich mit dieser Problematik befasst, geht hierbei von begrenzter Rationalität der Bieter und von nicht vollständigen Informationen aus, die dazu führen, dass Bieter den Wert des Targets nicht exakt einschätzen können. Auf Grund unterschiedlicher Informationen und unterschiedlicher Bewertungen wird ein Teil der Bieter den tatsächlichen Wert aller Wahrscheinlichkeit nach unterschätzen und ein anderer Teil den tatsächlichen Wert überschätzen. Da nur das höchste Gebot erfolgreich ist, gewinnt zwangsläufig der, der am stärksten überschätzt. Der Gewinner zahlt so nahezu zwangsläufig zu viel und vernichtet Wert. Als letztes nicht wertschaffendes Motiv soll hier auf die Economic-DisturbanceTheorie von Gort (1969) eingegangen werden.71 Hiernach werden M&A-Transaktionen durch makroökonomische Störungen (sog. Economic Disturbances) getrieben. Diese Störungen führen dazu, dass die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens auf Grund einer erhöhten Unsicherheit schwerer vorhersagbar wird. Vor dem Hintergrund dieser Störungen und des hiermit verbundenen Umbruchs kann nicht mehr nur auf Vergangenheitswerte zur Prognose für das Unternehmen zurückgegriffen werden. Es kommt zu Änderungen der individuellen Erwartungen, die sich auf Grund der Störungen in einer größeren Bandbreite bewegen. Diese Unterschiede in der Erwartungshaltung von Aktionären und Nicht-Aktionären in Bezug auf die zukünftige Unternehmensentwicklung und die hieraus resultierenden Bewertungsunterschiede können
69 70 71
Vgl. Eschen (2002), S. 58ff. Vgl. für die folgenden Ausführungen Kerler (1999), S. 57 und Eschen (2002), S. 87ff. Vgl. für die folgenden Ausführungen Heumer (1991), S. 21f., Cooke (1986), S. 36, Stein (1992), S. 17ff., Kerler (1999), S. 58f. und Zieschang (2000), S. 24.
34
2 Grundlagen der Untersuchung
dann zu M&A-Transaktionen führen. Als Gründe für derartig weitgehende makroökonomische Störungen werden in diesem Zusammenhang insbesondere der technologische Wandel (bspw. in Form der Einführung neuer Produkte) sowie die hohe Volatilität von Aktienpreisen genannt. Diese Theorie für M&A-Transaktionen erfährt in der Literatur jedoch deutliche Kritik und lässt sich kaum empirisch belegen.72 Insgesamt zeigen die vorhergehenden Ausführungen eine Vielzahl von Motiven und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen. Neben wertschaffenden wurden hierbei auch nicht wertschaffende Motive dargestellt, die einen wichtigen Beitrag für die Erklärung des Erfolgs bzw. Misserfolgs von Transaktionen leisten können. Alle vorgestellten Motive haben dabei eine entsprechende theoretische Fundierung und für eine große Zahl von ihnen lassen sich auch (wie im Einzelnen beschrieben) empirische Belege finden. Nichtsdestotrotz zeigen die Ausführungen auch, dass keines der Motive allein überzeugt und das Auftreten von Transaktionen erklären kann. Es muss daher vermutet werden, dass ein ganzes Bündel bzw. eine Kombination von Motiven für eine einzelne Transaktion zutrifft und dass sich die Gewichtung der Motive von Transaktion zu Transaktion unterscheidet. Konkret hängt die Zusammensetzung des Bündels von der Art der Transaktion, den strategischen Zielen, den Zielen des Managements, aber auch von anderen Faktoren, wie z.B. dem Umfeld, ab. Für eine Transaktion gibt es somit i.d.R. nicht ein Motiv, sondern viele.73 Diese sind transaktionsspezifisch und verändern sich darüber hinaus mit dem Umfeld auch über Zeit. Für jede Transaktion sind somit die Motive und die hiermit verbundenen Wertschaffungspotenziale differenziert zu analysieren. Der im Rahmen dieser Arbeit verwendete Fallstudienansatz geht mit seiner differenzierten Betrachtung der jeweiligen Transaktionsmotive in diese Richtung (vgl. Kapitel 5). Insgesamt kann festgehalten werden, dass zumindest eines der dargestellten wertschaffenden Motive verfolgt und auch realisiert werden muss, um eine entsprechende Wertschaffung zu realisieren. Die folgenden Ausführungen und Analysen stützen sich daher auf die in diesem Abschnitt dargestellten Motive und Zielsetzungen.
72 73
Vgl. hierzu auch Kerler (1999), S. 58f. Vgl. Green (1990), S. 18, Cooke (1986), S. 26, Pilloff und Santomero (1998), Jansen (2001), S. 79 und Stein (1992), S. 44f.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
35
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor 2.2.1
Zum Status der Konsolidierung im europäischen Bankensektor
Mit der definitorischen Abgrenzung des M&A-Begriffes, der Typologie sowie dem Überblick über die Motive und Zielsetzungen von M&A-Transaktionen wurde im vorhergehenden Abschnitt die Grundlage für die nun folgende Betrachtung der Konsolidierung des europäischen Bankensektors gelegt. Bereits in Kapitel 1 wurde einleitend auf die seit den 90er Jahren bestehende hohe Konsolidierungsdynamik zwischen Europas Banken hingewiesen. Abbildung 2.3 belegt diesen Prozess, der seit Mitte der 90er Jahre zu beobachten ist, eindrucksvoll. Dargestellt wird hier die Entwicklung der Volumina europäischer Bankentransaktionen zwischen 1990 und 2004.74 Während die Transaktionsvolumina zu Beginn der 90er Jahre noch sehr gering sind, setzt ab Mitte der 90er Jahre im Umfeld der fortschreitenden EU-Integration (bspw. mit dem Start der EMU und der Schaffung des „Single Market“ für Finanzdienstleistungen) der genannte dynamische Konsolidierungsprozess ein. Deutlich wird hierbei der drastische Anstieg im Zuge des Börsenbooms Ende der 90er Jahre. Auch nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002 liegen die Transaktionsvolumina deutlich über dem Niveau der frühen 90er Jahre. Mit diesen Transaktionen geht eine entsprechende Reduzierung der Anzahl der Kreditinstitute einher. Innerhalb der EU-15-Länder kommt es somit seit 1997 zu einem deutlichen kontinuierlichen Rückgang der Anzahl der Kreditinstitute: Zwischen 1997 und 2003 reduziert sich die Anzahl um fast 2.200 (oder ca. 23%) auf etwas weniger als 7.500. Haupttreiber für diesen Rückgang ist dabei die dargestellte M&A-Tätigkeit. Hiermit verbunden ist ein deutlicher Anstieg der Größe der europäischen Kreditinstitute. Zwischen 1997 und 2003 hat diese sich nahezu verdoppelt und erreicht (2003) ca. 3,5 Mrd.
74
Die Analyse basiert auf Daten von Thomson Financial SDC. Betrachtet werden Transaktionen ausschließlich von Banken (hierbei werden die Branchenkennungen DA, DB und DC verwendet, nicht berücksichtigt werden hierbei Versicherungen und sonstige Finanzdienstleister). Zumindest einer der Transaktionspartner muss hierbei aus Europa stammen (entsprechend der umfassenden Europa-Definition von SDC – diese umfasst die Ländercodes: AA, AD, AS, BY, BL, BC, BU, CT, CY, CC, CZ, DN, GD, EA, FI, FN, FR, GE, WG, GI, GR, GL, GG, VA, HU, IC, IM, IT, JE, LA, LI, LT, LX, MM, MT, MB, MO, NT, NO, PL, PO, IR, RO, RU, ME, SV, LV, SU, SP, ST, SW, SZ, TK, UE, UK, YG).
36
2 Grundlagen der Untersuchung
177
Nationale Transaktionen Cross-borderTransaktionen 131
129
46
97 82 75 67
56 47
62 61
86
31
31 17 12
12 5 1990
9 3 1991
Abb. 2.3:
10 8 2 1992
9 7
2 1993
10 9 2 1994
29
22
48
22
19
9
10
14
1995
1996
1997
21
30
9
19
25
26
8 1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
Entwicklung Transaktionsvolumina im europäischen Bankensektor zwischen 1990 und 200475
EUR (gemessen an den Bankaktiva).76 Deutlich wird ferner, dass (nachdem in der Vergangenheit nationale Transaktionen im Fokus standen) Cross-border-Transaktionen im Zeitverlauf (trotz einiger Schwankungen) zunehmend an Bedeutung gewinnen.77 Diese Entwicklung ist nicht auf die Bankenindustrie beschränkt. Auch industrieübergreifend kommt es in der zweiten Hälfte der 90er Jahre getrieben durch das boomende Kapitalmarktumfeld zu einem starken Anstieg der M&A-Tätigkeit in Europa.78 Die M&A-Forschung ordnet diese Entwicklung in eine fünfte (weltweit und industrieübergreifend zu beobachtende) Welle von M&A-Transaktionen ein, im Rahmen derer es zunehmend zu globalen Mega-Deals kommt.79 Mitchell und Mulherin (1996)
75 76 77 78 79
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC. Vgl. ECB (2004), S. 8 und ECB (2003a), S. 10ff. Vgl. auch ECB (2004), S. 8 und ECB (2005), S. 8. Vgl. Campa und Hernando (2002), S. 3. Vgl. Müller-Stewens (2000), S. 41 für einen Überblick über die fünf globalen M&A-Wellen. Die hier relevante fünfte Welle der globalen Mega-Deals begann demnach 1994.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
37
beschreiben dieses Auftreten von M&A-Transaktionen in Wellen und weisen darauf hin, dass es innerhalb einer solchen Welle zu einem Clustering nach Industrien kommt. Auch in den 90er Jahren ist dieses Clustering zu beobachten und resultiert aus industrieweiten Schocks. Als besonders relevant wird hierbei von Andrade et al. (2001) die Deregulierung angesehen. Sie halten diese für den zentralen Treiber der Konsolidierung in den 90er Jahren. Auch die starke Konsolidierung zwischen Europas Banken ab Ende der 90er Jahre ist insbesondere durch die zunehmende europäische Integration und die hiermit verbundene Deregulierung getrieben (neben einer Vielzahl weiterer wirtschaftlicher, politischer und regulatorischer Einflussfaktoren, auf die im Folgenden eingegangen wird).80 Einen noch detaillierteren Überblick über den Konsolidierungsprozess vermittelt Tabelle 2.2. Hiernach erreichten die gesamten Transaktionsvolumina nach 17 Mrd. EUR 1990 ihren Höhepunkt mit 177 Mrd. EUR im Jahr 1999. Auch in den Jahren 2002 bis 2004 lag das gesamte Transaktionsvolumen trotz des Einbruchs der Kapitalmärkte noch zwischen 29 und 56 Mrd. EUR. Über den gesamten Betrachtungszeitraum ergab sich somit immer noch ein starkes durchschnittliches Wachstum der Transaktionsvolumina von ca. 7,5% p.a. Hierbei waren die Volumina der Cross-borderTransaktionen mit einem Anstieg von ca. 12,6% ein besonders starker Treiber, während nationale Transaktionen nur unterdurchschnittlich mit ca. 4,1% wuchsen. Die Anzahl der Transaktionen erreichte mit ca. 500 in den Jahren 1999 und 2000 zu Zeiten des Börsenbooms ihren Höhepunkt. Über den gesamten Zeitraum veränderte sie sich jedoch kaum – in den beiden letzten Jahren lag die Anzahl der Transaktionen sogar unter dem Niveau der 90er Jahre. Wesentlicher Treiber für den zuvor beschriebenen Anstieg des gesamten Transaktionsvolumens war somit nicht die kaum veränderte Anzahl der Transaktionen, sondern die Transaktionsgröße. Über den Betrachtungszeitraum von 15 Jahren kam es zu einem Anstieg der durchschnittlichen Transaktionsgröße (aller Transaktionen) um ca. 6,0%. Nationale Transaktionen blieben hierbei nahezu unverändert in ihrer Größe mit einem Anstieg von durchschnittlich 1,6% p.a. Hierbei ist jedoch auf deutliche Schwankungen hinzuweisen. Während die durchschnittliche Transaktionsgröße zu Boomzeiten (1999) ein Niveau von über 500 Mio. EUR pro Transaktion erreichte, lag es in den Jahren 2000 bis 2004 nur noch zwischen 127 und
80
Vgl. Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 532 und Beitel und Schiereck (2005), S. 2.
81
1992
1993
1994
5
17
Cross-border
Gesamt
12
3
9
10
2
8
112
210
Cross-border
Gesamt
428
123
305
441
112
329 326
92
234
9
2
7
366
108
258
10
2
9
413
10
334
154
75
Q uelle: Eigene Darstell ung, Thomson Financial SDC.
43
82
Cross-border
Gesamt
27
21
30
23
19
24 28
27
29
22,3
28,7
28,2
53,3
Nach Volumen
Nach Anzahl Transaktionen
25,4
21,5 28,2
26,4
28
14
34
29,5
14,7
Anteil Cross-border-Transaktionen (in )%
127
National
35,8
29,3
52,5 36,2
76
62
83 54
93
30,8 49,5
153
243
362
262
335
102
272 195
186
502
256
246
62 82
86
2000
46 131
48
65,1 51,0
197
527
487
27,1 49,9
246
338 225
19,1 46,1
78
40
177
129
1999
244
30
337
396
196
97
67
1998
200
14
61
1997
180
19
126 348
222
148
265
9 31
9
1996
Entwicklung durchschnittliches Volumen pro Transaktion (in Mio. EUR )
98
National
Entwicklung Anzahl Transaktionen
12
National
22
1995
Entwicklung Transaktionsvolumina (in Mrd. EUR )
1991
56
45,4
43,0
44,8
79
127
314
135
179
29
25
2002
109
186
23,7
179
173
421
191
230
19
31
2001
38,2
27,7
262
100
162
8
21
2003
47
5,96%
4,78%
185
46,5 –0,98%
54,1
1,63%
1,42%
0,43%
2,42%
7,47%
215 12,12%
159
256
119
137
4,09%
CAGR
26 12,61%
22
2004
81
1990
Tabelle 2.2: Detailüberblick über den Konsolidierungsprozess im europäischen Bankensektor zwischen 1990 und 200481
38 2 Grundlagen der Untersuchung
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
39
259 Mio. EUR. Getrieben wurde der Anstieg der durchschnittlichen Transaktionsgröße durch Cross-border-Transaktionen. Diese haben über den gesamten Betrachtungszeitraum um ca. 12,1% zugelegt und erreichten mit 215 Mio. EUR in 2004 das Niveau der Boomzeiten 1998 bis 2000 (mit 153 bis 335 Mio. EUR). Neben der Entwicklung der Transaktionsvolumina insgesamt sowie der Anzahl der Transaktionen und der durchschnittlichen Transaktionsgröße ist auch der Anteil der Cross-border-Transaktionen von hohem Interesse. Dieser wird in Tabelle 2.2 sowohl hinsichtlich der Anzahl der Transaktionen als auch in Bezug auf das Gesamtvolumen ausgewiesen. Betrachtet man zunächst den Anteil der Cross-border-Transaktionen am Gesamtvolumen, fällt über den gesamten Betrachtungszeitraum ein deutlicher Anstieg von 28,2% im Jahr 1990 auf 54,1% im Jahr 2004 auf. Bezogen auf die Gesamtperiode ergibt sich dabei ein durchschnittlicher Anteil der Cross-border-Transaktionen am Gesamtwert aller Transaktionen von 32,5%. Während dieser Anteil jedoch zwischen 1990 und 1999 noch bei nur 27,2% lag, stieg er für den Zeitraum von 2000 bis 2004 auf 43,1%. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Betrachtung des Cross-border-Anteils an der Gesamtzahl der Transaktionen: Über den Gesamtzeitraum von 1990 bis 2004 lag der Anteil bei 40,5%. Zwischen 1990 und 1999 lag der Anteil nur bei 38,3%, stieg dann im Zeitraum von 2000 bis 2004 jedoch auf 44,8%. Insgesamt kann somit konstatiert werden, dass Cross-border-Transaktionen insbesondere seit Ende der 90er Jahre deutlich an Bedeutung gewonnen haben.82 Die Bankenindustrie folgt damit einer Entwicklung, die in anderen Branchen bereits seit den 80er Jahren konstatiert werden kann. Conn et al. (2003) stellen bspw. eine stetige Zunahme an Anzahl und Wert von Cross-border-Transaktionen fest. Trotz dieses Anstiegs der Cross-border-Aktivität in der Bankenindustrie dominieren jedoch auch weiterhin nationale Transaktionen mit einem Anteil von 67,5% am Gesamtvolumen bzw. von 59,5% an der Anzahl der Transaktionen (jeweils über die gesamte Betrachtungsperiode). Diese Zahlen sind vergleichbar mit der industrieübergreifenden M&A-Ent-
82
Die Ergebnisse für die 90er Jahre liegen auf Grund von Abweichungen der Selektionskriterien der betrachteten Transaktionen im Rahmen der hier durchgeführten Analyse über den Ergebnissen bspw. von Beitel (2002), S. 60f. Dieser findet bspw. zwischen 1990 und 1995 nur einen Anteil der Cross-border-Transaktionen von 19% an der Gesamtzahl der Transaktionen und von nur 9,5% am Gesamtvolumen; zwischen 1995 und 1999 liegt der Anteil an der Gesamtzahl der Transaktionen sogar bei nur noch 14,8%. Der hier gewählte umfassende Fokus auf alle europäischen Banktransaktionen auf Basis der beschriebenen Datenbankabfragen erscheint jedoch für die hier behandelte Forschungsfrage als besser geeignet.
40
2 Grundlagen der Untersuchung
wicklung in Europa: Auch industrieübergreifend umfassen nationale Transaktionen mit über 50% noch den Großteil aller Transaktionen.83 Als ein wesentlicher Grund für den bisher geringeren Anteil von Cross-borderTransaktionen in der Bankenindustrie lässt sich insbesondere das Kostensenkungs-/ Synergiepotenzial anführen. Auf Grund bestehender Überlappungen auf dem heimischen Markt (bspw. im Bereich der Bankfilialen) wurde dies für entsprechende nationale Konsolidierungsschritte als hoch angesehen, während das Synergiepotenzial bei Cross-border-Transaktionen (insb. im Retail Banking) als relativ gering eingeschätzt wurde.84 Bestätigt wurde diese Einschätzung durch eher enttäuschende Ergebnisse (in Bezug auf die realisierte Wertschaffung im Vergleich zu nationalen Transaktionen) durch die ersten größeren Cross-border-Transaktionen in Europa. Zusätzlich erschwert wurden Cross-border-Transaktionen durch die begrenzte Zahl verfügbarer Übernahmekandidaten (bspw. bedingt durch bestehende Governancestrukturen und Überkreuzbeteiligungen zwischen den europäischen Banken) sowie durch kulturelle, politische, rechtliche und regulatorische Hindernisse.85 Angesichts der auch volkswirtschaftlich hohen Bedeutung der Bankenindustrie stand man Cross-border-Konsolidierungsschritten so bspw. von politischer/regulatorischer Seite mit dem Ziel der Durchsetzung nationaler Interessen häufig ablehnend gegenüber. Das Ziel zahlreicher nationaler Regulatoren war hierbei die Realisierung zunächst heimischer „Champions“ (durch eine umfassende nationale Konsolidierung im ersten Schritt), die dann wiederum auch eine führende Rolle auf paneuropäischer Ebene spielen sollten.86 Diese Faktoren wirkten sich deutlich belastend auf die Cross-border-Konsolidierungsschritte in der europäischen Bankenlandschaft aus und führten dazu, dass der Anteil der Cross-border-Transaktionen (gemessen bspw. an der Gesamtzahl der Transaktionen) auch im Branchenvergleich eher gering blieb, obwohl der Bankensektor in den 90er Jahren (gemessen an der Gesamtzahl der Transaktionen) eine auch im Branchenvergleich überdurchschnittliche Konsolidierungsdynamik erfuhr.87
83 84
85 86 87
Vgl. Campa und Hernando (2002), S. 3. Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 2, Celent (2002) und McKinsey (2003). Vgl. McKinsey on Finance (2006), Celent (2002) und McKinsey (2003). Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 2. Vgl. Beitel (2002), S. 61ff.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
41
In den letzten Jahren kam es jedoch zu einer deutlichen Veränderung der Rahmenbedingungen insbesondere für Cross-border-Transaktionen. Neben einer deutlichen Reduktion von Hemmnissen (im Bereich der politischen, rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen), die ganz wesentlich durch den fortschreitenden Integrationsprozess der EU bedingt wurde, führten eine Vielzahl von positiven Treibern (sowohl makroökonomischer/übergreifender, industriespezifischer sowie unternehmensspezifischer Natur) zu einer deutlichen Zunahme der Cross-border-Konsolidierungsaktivität. Auf diese reduzierten Hemmnisse und die zunehmende Bedeutung der positiven Treiber wird in den folgenden Abschnitten im Rahmen der Ableitung zukünftiger Konsolidierungsszenarien detailliert eingegangen – ihre Wirkung ist mit der entsprechenden Beschleunigung der Cross-border-Transaktionen zwischen Europas Banken jedoch bereits ab Ende der 90er Jahre in den zuvor dargestellten Daten sichtbar. In diesem Zeitraum lag ein besonderer Fokus dieser ersten größeren Cross-borderTransaktionen auf Konsolidierungsschritten in den Nachbarländern mit dem Ziel, „regionale Champions“ zu schaffen. Beispielhaft können hier die Transaktionen in Skandinavien (z.B. Nordea), Benelux (z.B. Dexia) und auf der iberischen Halbinsel (z.B. SCH (Santander Central Hispano) und BBVA (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria)) genannt werden.88 Die Banken definierten hierbei ihre Märkte neu: Lag der Fokus zuvor auf dem nationalen Markt, wurde nun bspw. von den skandinavischen Banken der Heimatmarkt über nationale Grenzen hinweg als ganz Skandinavien und die entsprechenden Nachbarländer definiert.89 Weitere grenzüberschreitende Konsolidierungsschritte wurden insbesondere im Zuge der Expansion nach Osteuropa vorgenommen. Im Rahmen der Privatisierungswelle in den osteuropäischen Ländern erwarben so zahlreiche westliche Großbanken zumeist deutlich kleinere osteuropäische Banken, um an der positiven Entwicklung der Länder und ihrer Banken (ganz wesentlich bedingt durch den europäischen Integrationsprozess) partizipieren zu können. Hierbei erfolgte in der Regel der Transfer der überlegenen Geschäftsmodelle der Bieterbanken auf die zumeist schlecht performenden osteuropäischen Targets, die entsprechend hohe Potenziale durch Restrukturierungen, durch den Aufbau neuer (in diesen Ländern noch nicht etablierter) Geschäftsbereiche, wie bspw. dem Asset Ma88 89
Vgl. auch Lhomme (2004), S. 9. Vgl. ECB (2003a), S. 12f.
42
2 Grundlagen der Untersuchung
nagement und dem Investment Banking, sowie durch das bereits angesprochene äußerst positive gesamtwirtschaftliche Umfeld besaßen. Als Beispiel hierfür können die Transaktionen von UniCredit in Osteuropa genannt werden – diese erfahren mit der Analyse der Übernahme der polnischen Bank Pekao durch UniCredit in Kapitel 5 in Form einer Fallstudie (Case Study) eine vertiefende Betrachtung. Darüber hinaus kam es wiederholt (auch cross-border) zu einer Vielzahl eher kleinerer Transaktionen, im Rahmen derer europäische Großbanken gezielt kleine Banken/Finanzdienstleister übernahmen, die über spezifische Geschäftsmodelle verfügten, die zur Stärkung bzw. zum Aufbau neuer Geschäftsbereiche beitrugen (bspw. die Stärkung des Asset-Management-Bereichs durch die Übernahme eines hierauf spezialisierten Unternehmens).90 Neben diesen regional fokussierten (z.T. bereits sehr großen) Transaktionen, der Übernahme von eher schlecht performenden, kleineren Banken durch Banken mit hoher Performance und etabliertem, transferierbarem Geschäftsmodell sowie der Übernahme von Nischenplayern ist in der jüngsten Vergangenheit eine neue Kategorie von Cross-border-Transaktionen zu beobachten. Die Übernahmen von Abbey National durch SCH bzw. der Hypovereinsbank (HVB) durch UniCredit markieren allein auf Grund ihrer Größe diese neue Kategorie von Transaktionen. Die bereits angesprochenen Mega-Deals, die die fünfte industrieübergreifende M&A-Welle charakterisieren und die auch (wie im Folgenden beschrieben wird) bereits in der US-Bankenindustrie stattgefunden haben, scheinen nun auch die europäische Bankenindustrie erreicht zu haben.91 Eine Fortsetzung dieser Welle ist vor dem Hintergrund der im Folgenden dargestellten Treiber wahrscheinlich. Die Entwicklung in den USA und Europa weist in diesem Zusammenhang einige Parallelen auf, die eine besondere Beachtung verdienen: In den USA kam es seit den 80er Jahren zu einer deutlichen Konsolidierung der Bankenlandschaft. Wheelock und Wilson (2002) beschreiben im Rahmen ihrer Arbeit einen drastischen Rückgang der Anzahl der Banken um ca. 40% innerhalb von nur 15 Jahren. Gab es 1984 noch 14.483 Banken in den USA, sank ihre Zahl bis 1999 auf nur mehr 8.563. Dieser Rückgang
90
91
Vgl. für einen Überblick über die verschiedenen Cross-border-Strategien insbesondere McKinsey (2003). Hier wird das hohe Wertschaffungspotenzial dieser drei Strategien (Bildung regionaler Champions, Transfer eines überlegenen Geschäftsmodells bzw. die gezielte Übernahme von Spezialisten/Nischenplayern) betont. Auf Basis der McKinsey-Studie stellen die Realisierung von Synergien und Effizienzsteigerungen hierbei die beiden wichtigsten Hebel dar. Unter Mega-Deals sollen hier M&A-Transaktionen zwischen den großen europäischen Banken mit einem Transaktionsvolumen von mind. 10 Mrd. USD verstanden werden.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
43
war dabei ganz wesentlich getrieben durch M&A-Transaktionen: 7.268 Banken fielen durch Konsolidierungsschritte weg.92 Die erste Konsolidierungswelle in den USA erfolgte dabei ab Mitte der 80er Jahre, ganz wesentlich getrieben durch regulatorische Erleichterungen.93 Eine zweite Welle schloss sich dann in den 90er Jahren an. Diese wurde durch eine relativ geringe Zahl großer Player (die im Rahmen der vorhergehenden Transaktionen erfolgreich die notwendige kritische Größe erreicht hatten) dominiert – hierzu zählten bspw. Bank One, Bank of America, Wells Fargo und Wachovia. Diese Banken führten eine sehr hohe Zahl von Transaktionen durch und entwickelten sich zu überregionalen „Akquisitionsmaschinen“, die starke Lerneffekte in Bezug auf die Durchführung von M&A-Transaktionen und den erfolgreichen Transfer ihrer Geschäftsmodelle auf die jeweiligen Targets realisierten.94 In Europa zeichnet sich in den letzten Jahren eine vergleichbare Entwicklung mit dem bereits beschriebenen Rückgang der Anzahl der Kreditinstitute in den EU-15Ländern zwischen 1997 und 2003 um fast 2.200 auf weniger als 7.500 ab. Eine voranschreitende Deregulierung im Zuge des europäischen Integrationsprozesses, hohe nationale Konsolidierungslevels, weiterhin bestehende Effizienzsteigerungspotenziale und andere Treiber (auf die in den folgenden Abschnitten eingegangen wird) deuten auf eine vergleichbare Entwicklung wie in den USA hin. Für Europa ist hiernach mit einem weiteren Voranschreiten der Konsolidierung zu rechnen. Die ersten zuvor beschriebenen volumensmäßig sehr großen Transaktionen deuten (wie auch zuvor in den USA geschehen) auf eine weitere Welle der Konsolidierung hin, im Rahmen derer zukünftig vermehrt Mega-Deals zu beobachten sind und erfolgreiche „Multi-Bidders“ eine Vielzahl von Transaktionen durchführen und hiermit aggressiv wachsen. Im Folgenden werden die reduzierten Hemmnisse sowie die Treiber dieses erwarteten Konsolidierungsprozesses im Detail betrachtet. 2.2.2
Hemmnisse für europäische Transaktionen
Im folgenden Abschnitt soll auf wesentliche Hemmnisse von M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie eingegangen werden. Auf Grund der hohen Konzentration der nationalen Bankenmärkte (die im Folgenden auch noch einmal detail92
93 94
Vgl. Wheelock und Wilson (2002), S. 1. Neben M&A sind Bankinsolvenzen und Neugründungen/neue Banklizenzen zu berücksichtigen. Vgl. Wheelock und Wilson (2002), Rhoades (1996) und Broaddus (1998), S. 3f. Vgl. Wheelock und Wilson (2002).
44
2 Grundlagen der Untersuchung
liert dargestellt wird) ergeben sich bis auf wenige Ausnahmen – bspw. Italien und Deutschland – nur noch geringe nationale Konsolidierungsmöglichkeiten (allenfalls im Rahmen kleiner Transaktionen). Die zukünftige erwartete weitere Fortsetzung der Konsolidierung wird daher – wie bereits im Rahmen des vorhergehenden Überblicks über den Status der Konsolidierung deutlich wurde – einen paneuropäischen Fokus haben und nicht mehr auf nationale Märkte beschränkt bleiben. Im Folgenden werden daher die wesentlichen Hemmnisse für diese weiter gehende paneuropäische Integration des Bankenmarktes beschrieben. Diese Perspektive schließt Hemmnisse für die zu erwartenden weiteren nationalen Transaktionen implizit mit ein, ohne diese jedoch jeweils zu betonen. Der bisherige deutliche Fokus auf nationale Transaktionen in Europa (nicht nur in der Bankenindustrie, sondern auch industrieübergreifend) kann als Indikation für das Bestehen von verschiedenen Arten von Hemmnissen verstanden werden.95 Bisherige empirische Arbeiten bestätigen in diesem Zusammenhang die Vielzahl auch weiterhin bestehender nicht nur kultureller, sondern auch ökonomischer und insbesondere gesetzlicher/regulatorischer Unterschiede zwischen den Ländern der EU, die Europa im Vergleich zu den USA immer noch als deutlich heterogener erscheinen lassen.96 Berger et al. (2001) kommen bspw. zu einer ernüchternden Bestandsaufnahme, die deutliche Belege für nach wie vor bestehende Effizienzbarrieren (in Form von Unterschieden u.a. in Sprache und Kultur, aber auch insb. in Form von regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Hemmnissen) findet. Hiernach besteht für ausländische Wettbewerber eine Vielzahl an expliziten und impliziten Regeln, die die Durchführung von Cross-border-Transaktionen wesentlich erschweren.97 Seit den 80er Jahren wirken die Integrationsbemühungen nicht nur auf übergeordneter Ebene (bspw. mit dem sog. Single Market Program und der EMU), sondern auch auf Ebene der Bankenindustrie (durch eine Vielzahl von Direktiven zur Integration der Bankenindustrie) diesem Status quo zwar durch den teilweisen Abbau der Hemmnisse bzw. durch die Vereinheitlichung bestehender gesetzlicher und regulatorischer Regelungen entgegen. Die Analyse von Berger et al. (2001) zeigt jedoch, dass trotz dieser Integrations- und Deregulierungsbemühungen nicht alle Barrieren aufgehoben wurden und die genannten Hemm95 96
97
Vgl. Campa und Hernando (2002), S. 4. Vgl. Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 533 sowie Buch und DeLong (2002) und Berger et al. (2001). Vgl. auch ECB (2005), S. 9.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
45
nisse zumindest teilweise noch fortbestehen. Auf Grund dieser Hemmnisse sind die Erwartungen einer besonders zügigen und weitreichenden Cross-border-Konsolidierung der europäischen Bankenindustrie bis Ende der 90er Jahre aus Sicht der Autoren noch nicht erfüllt worden. Berger et al. (2001) sind mit dieser Einschätzung in der Literatur nicht allein. Zahlreiche weitere Autoren betonen ebenfalls die Vielzahl der bestehenden gesetzlichen und steuerlichen sowie kulturellen und sprachlichen Unterschiede. Zusätzlich wird immer wieder der bestehende starke Einfluss der nationalen Zentralbanken und der nationalen Regulatoren genannt.98 All diese Faktoren wirken sich hemmend auf M&A-Transaktionen im Bankenbereich aus, indem sie die Wirtschaftlichkeit von Transaktionen deutlich reduzieren oder so stark hemmend wirken, dass u.U. eine Wirtschaftlichkeit überhaupt nicht mehr gegeben ist. In den folgenden Abschnitten werden vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse zunächst Hemmnisse im gesetzlichen und regulatorischen/aufsichtsrechtlichen Bereich betrachtet. Es schließen sich dann Überlegungen zu politischen und insbesondere kulturellen Hemmnissen an, bevor schließlich auf einige weitere spezifische Hemmnisse in der europäischen Bankenindustrie eingegangen wird. 2.2.2.1
Gesetzliche und regulatorische Hemmnisse
Im vorhergehenden Abschnitt wurde im Rahmen des Überblicks über den Status der bisherigen Konsolidierung zwischen Europas Banken eine Entwicklung festgestellt, die deutliche Parallelen zur vorausgegangenen Konsolidierung in den USA aufweist. Für die Zukunft kann hiernach eine weiter gehende paneuropäische Konsolidierung in Form zunehmender (auch volumensmäßig großer) Transaktionen erwartet werden, die zum Entstehen von paneuropäischen Großbanken (die nach zahlreichen Transaktionen nicht nur im europäischen Kontext, sondern auch weltweit eine kritische Größe erreichen) führen. Die bereits angesprochenen US-Großbanken, die als Resultat der zweiten Konsolidierungswelle in den USA (seit den 90er Jahren) entstanden, weisen den Weg in diese Richtung. Nach den jüngsten Konsolidierungsschritten in Europa (insb. durch nationale Transaktionen, aber auch durch die ersten größeren Cross-borderTransaktionen) zeichnen sich auch hier bereits die ersten (durch M&A) erfolgreich ge-
98
Vgl. Perée und Riess (2003), S. 29 und Lhomme (2004), S. 11.
46
2 Grundlagen der Untersuchung
wachsenen Großbanken (wie z.B. BNP Paribas, Royal Bank of Scotland, SCH, ABN Amro etc.) ab.99 Getrieben wurde der Konsolidierungsprozess in den USA ganz wesentlich durch den bereits angesprochenen Wegfall bestehender gesetzlicher und regulatorischer Hemmnisse.100 In den USA bestanden zu Beginn der 80er Jahre sowohl innerhalb als auch insbesondere zwischen den einzelnen Bundesstaaten erhebliche gesetzliche und regulatorische Beschränkungen für M&A-Transaktionen im Bankensektor. Diese Restriktionen und Barrieren wurden seit den 80er Jahren zunächst für Transaktionen innerhalb eines Bundesstaates, später auch für Transaktionen zwischen den Bundesstaaten beseitigt. Bestanden für bundesstaatenüberschreitende („interstate“) Transaktionen bspw. durch den McFadden Act von 1927 und den Bank Holding Company Act von 1956 erhebliche Einschränkungen, wurden diese durch das Douglas Amendment (1992) und endgültig durch den Riegle-Neal Interstate Banking and Branching Efficiency Act von 1994 aufgehoben. Dieser erlaubte ab dem 1. Juni 1997 bundesstaatenübergreifende Zusammenschlüsse. Eine Vielzahl weiterer regulatorischer Änderungen (bspw. der Gramm-Leach-Bliley-Act von 1999, welcher Barrieren zwischen den verschiedenen Bankgeschäftsfeldern beseitigte) folgte. Insgesamt erfuhr die US-Bankenindustrie somit seit den 80er Jahren eine weitgehende Deregulierung, die wiederum (neben anderen Faktoren wie bestehenden Überkapazitäten und erheblichen Effizienzsteigerungspotenzialen) zentraler Treiber der genannten M&A-Wellen zwischen den US-Banken war.101 Für die US-Bankenindustrie kann somit das zuvor angesprochene Forschungsergebnis von Andrade et al. (2001) bestätigt werden, wonach Deregulierung der zentrale Treiber der M&A-Wellen in den einzelnen Industrien seit den 90er Jahren ist. Ähnliche Ergebnisse finden sich bspw. bei Buch und DeLong (2002), die 2.300 internationale Transaktionen zwischen 1978 und 2001 betrachten. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen in regulierten Märkten mit geringerer Wahrscheinlichkeit das Ziel einer M&A-Transaktion werden. Durch Deregulierung ist daher ein deutlicher Impuls für eine erhöhte M&A-Aktivität zu erwarten. Für Europa zeigen die Forschungsergebnisse ein vergleichbares Bild: Campa und Hernando (2002) finden so bspw. im Rahmen ihrer industrieübergreifenden Betrach99 100 101
Vgl. Lhomme (2004), S. 9. Vgl. hierfür auch Rhoades (1996). Vgl. Broaddus (1998), S. 3f., Beitel und Schiereck (2003), S. 4, Rhoades (1996) und Lhomme (2004), S. 9.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
47
tung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion nach M&A-Transaktionen geringere abnormale Renditen und damit eine entsprechend geringere Wertschaffung dieser Transaktionen in stark regulierten Industrien bzw. in Industrien mit starkem Staatseinfluss. Die Bedeutung der Deregulierung als zentraler Treiber einer gesteigerten M&A-Tätigkeit wird daher auch für Europa durch diese empirischen Forschungsergebnisse noch einmal unterstrichen. Für die hier im Fokus stehende Bankenindustrie erscheint für eine Betrachtung des weiteren Konsolidierungspotenzials zwischen Europas Banken daher eine differenzierte Betrachtung der heute bestehenden regulatorischen und gesetzlichen Hemmnisse und des noch bestehenden Deregulierungspotenzials als zweckmäßig. Bei einer solchen Betrachtung der gesetzlichen und regulatorischen Hemmnisse sind zunächst die bereits angesprochenen Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung zu nennen. Ziel dieser Arbeit ist es jedoch nicht, auf einzelne Gesetze und hierbei bestehende Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern einzugehen. Das breite Spektrum an Gesetzen, die im Falle einer grenzüberschreitenden M&A-Transaktion zum Tragen kommen, verdeutlicht jedoch bereits die Relevanz der Thematik sowie die hiermit verbundene Komplexität. Neben den Datenschutzgesetzen, Outsourcing-Gesetzen, gesetzlichen Bestimmungen zum Bankgeheimnis und zum Börsenlisting bestehen eine Vielzahl weiterer zwischen den Ländern z.T. deutlich differierender Vorschriften.102 Beispielhaft hervorgehoben werden kann hier der Bereich der arbeitsrechtlichen Regelungen und der Mitbestimmungsgesetze, der sich in Deutschland (mit umfangreicher Mitbestimmung und weitgehenden Schutzgesetzen für Arbeitnehmer) deutlich von den Bestimmungen bspw. in UK unterscheidet. Mit der zunehmenden Integration auf europäischer Ebene ist es jedoch auch hier zu ersten Schritten einer europaweiten Vereinheitlichung der Bestimmungen gekommen. So dient bspw. die EU-Richtlinie 98/59/EG dazu, Massenentlassungen (auch im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen) zu beschränken. Hiernach sind die Arbeitnehmervertreter, ebenso wie die zuständigen örtlichen Behörden, frühzeitig von Seiten der Arbeitgeber zu informieren (bspw.
102
Ein spezieller Bereich der gesetzlichen Regelungen (neben den zuvor angesprochenen), der insbesondere bei Cross-border-Transaktionen relevant ist, ist der Bereich der Steuergesetzgebung. Cross-border-Transaktionen sind mit z.T. erheblichen steuerlichen Implikationen verbunden. Auf Grund der Vielzahl unterschiedlicher nationaler Bestimmungen wird im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter auf steuerliche Aspekte eingegangen. Sie können jedoch ein wichtiges Hemmnis für Transaktionen darstellen und bedürfen daher grundsätzlich einer entsprechenden Berücksichtigung.
48
2 Grundlagen der Untersuchung
inkl. einer Darstellung der Gründe für Entlassungen, Kriterien für die Auswahl der Betroffenen etc.) und in Gespräche einzubeziehen, um eine Einigung zu erreichen, die u.a. eine Vermeidung oder zumindest Reduzierung der Anzahl der Betroffenen bzw. begleitende Sozialmaßnahmen umfasst. Für grenzüberschreitend tätige Unternehmen sieht die Richtlinie 94/45/EG (zur Erreichung einer entsprechenden Vertretung der Arbeitnehmer) ferner die Schaffung eines europäischen Betriebsrates vor. Diese Beispiele belegen den zunehmenden europäischen Integrationsprozess. Innerhalb der letzten 20 Jahre ist es (trotz der von Berger et al. (2001) beschriebenen weiterhin bestehenden Unterschiede) auch im rechtlichen Bereich zu ersten deutlichen Schritten der Vereinheitlichung und Deregulierung gekommen. Auf Grund der bestehenden Heterogenität (nicht zuletzt durch die Vielzahl der involvierten europäischen Länder) handelt es sich hierbei jedoch um eine sehr langfristige Entwicklung, und der bisher angestoßene Prozess zur Schaffung einer weitgehenden gesetzlichen und regulatorischen Konvergenz hat sich in den letzten Jahren auf Grund dieser hohen Heterogenität und der starken Regulierung in den einzelnen Ländern zunächst auf die Festsetzung von Mindeststandards/-regeln fokussiert. Zunehmend werden jedoch über diese hinaus einheitliche EU-weite Gesetze und Bestimmungen festgelegt.103 Auch in der hier im Fokus stehenden Bankenindustrie wurde mit einer Vielzahl von Direktiven und Richtlinien dieser Weg beschritten. Genannt werden kann in diesem Zusammenhang (nach ersten grundlegenden Schritten der Vereinheitlichung und Deregulierung bereits in den 70er Jahren) bspw. die zweite europäische Bankendirektive. Verabschiedet 1989 und in Kraft getreten 1993 zielt sie auf die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen ab. Sie führt u.a. die sog. „Single Banking License“ (oder auch „Single Passport“) ein. Hiernach besitzen europäische Kreditinstitute, die in einem Mitgliedsstaat eine Bankenzulassung erhalten haben, die vollkommene Freiheit, Finanzdienstleistungen in jedem Mitgliedsstaat zu erbringen, ohne dass es notwendig ist, die Erlaubnis des jeweiligen Mitgliedsstaates zu erhalten.104 Weitere Direktiven folgten – so wurde bspw. 1999 der Financial Services Action Plan (FSAP) verabschiedet, der aus einer Serie von Initiativen bestand, die zum Ziel hatten, die volle Integration der europäischen Bank- und Kapitalmärkte bis zum
103 104
Vgl. Dermine (2002). Vgl. Beitel (2002), S. 305 und Berger et al. (2001), S. 118.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
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Jahr 2005 zu erreichen. Für den Bankensektor kann so von relativ umfangreichen Integrationsschritten gesprochen werden.105 Neben diesen übergreifenden Gesetzen tritt eine ähnliche Entwicklung in Bezug auf die die Transaktion bzw. den Transaktionsprozess selbst betreffenden gesetzlichen Bestimmungen ein. Auch hier gelten zwischen den einzelnen Ländern deutlich unterschiedliche Übernahmevorschriften. Die verschiedenen nationalen Gesetze sehen in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Abwehrmechanismen oder auch sog. „Poison Pills“ vor. Diese haben unterschiedlichste Formen (Mehrfachstimmrechte, beschränkte Stimmrechte, die Möglichkeit zur Durchführung von Kapitalerhöhungen für bestimmte Aktionäre zu Kursen unter dem aktuellen Börsenkurs etc.). Darüber hinaus gelten eine Fülle weiterer Bestimmungen (bspw. über Informationspflichten des Übernehmenden bei Erreichung bestimmter Anteilsgrößenordnungen, Möglichkeiten zum Squeeze-out von Minderheitsaktionären etc.). Auch in diesem Bereich hat der Integrationsprozess jedoch zu einer Vereinheitlichung der äußerst heterogenen nationalen Gesetze geführt. Zu nennen ist hierbei insbesondere die europäische Übernahmerichtlinie (Direktive 2004/25/EC). Nach langjährigen Verhandlungen zwischen den Mitgliedsstaaten trat diese 2004 in Kraft.106 Sie regelt, welche Abwehrmaßnahmen Unternehmen gegen feindliche Übernahmen treffen können und legt gleichzeitig die Pflichten des Bieterunternehmens im Rahmen des Übernahmeprozesses fest. Hierbei handelt es sich jedoch (wie einschränkend festzustellen ist) um ein Set von Mindeststandards/ -regeln und nicht um ein EU-weit einheitliches Übernahmegesetz, da die nationalen Regierungen auf Basis dieser Direktive auch weiterhin bspw. die Möglichkeit haben (durch entsprechende nationale Gesetzgebung) Abwehrmechanismen zum Schutz vor feindlichen Übernahmen zu erlauben.107
105 106
107
Vgl. auch Dermine (2002). Die Umsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten durch entsprechende nationale Gesetze hatte bis Mai 2006 zu erfolgen. Vgl. Freshfields Bruckhaus Deringer (2004). Insgesamt beschreibt die Direktive Mindestregeln (bspw. in Bezug auf die Schaffung eines nationalen Regulators, der Gebote überwacht, die ggf. notwendige Zusammenarbeit der nationalen Regulatoren und die entsprechende Anwendung der nationalen Übernahmeregelungen, die Notwendigkeit für Pflichtgebote an ausstehende Aktionäre, Informationspflichten etc.). In Bezug auf die besonders relevante Frage nach der Möglichkeit für das Target, Abwehrmechanismen zu realisieren, bzw. der Möglichkeit für den Bieter, bestehende Restriktionen/Abwehrmechanismen (z.B. in Form von Mehrfachstimmrechten) zu durchbrechen (Artikel 9 und Artikel 11), wurde den Mitgliedsstaaten jedoch ein Wahlrecht bez. der Implementierung dieser Artikel eingeräumt. Neben der Regelung dieser Fragen können die Mitgliedsstaaten weiter gehende gesetzliche Regelungen treffen, so dass auch mit der Direktive kein
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2 Grundlagen der Untersuchung
Bei Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen stellen schließlich die Rechnungslegungsvorschriften einen weiteren zu erwähnenden Aspekt dar. Auf Grund der Veröffentlichung der entsprechenden Daten (i.d.R. nach den lokalen/nationalen Rechnungslegungsstandards) können sich hier aus Sicht eines ausländischen Transaktionspartners insbesondere bei Cross-border-Transaktionen Schwierigkeiten bei der Interpretation und Bewertung dieser Informationen ergeben. Fehlbewertungen (bspw. in Bezug auf das Kreditportfolio des Targets) können sich jedoch insbesondere in der Bankenindustrie oftmals als sehr teuer/entsprechend wertvernichtend herausstellen.108 Durch die zunehmende internationale Vereinheitlichung der Rechnungslegungsstandards erfahren jedoch auch diese potenziellen Hemmnisse eine deutliche Relativierung. Die Schaffung einheitlicher Standards (z.B. IFRS) und die hierdurch gesteigerte Transparenz ermöglichen aus Sicht der Bieter eine bessere Vergleichbarkeit potenzieller Targets und eine bessere Analysemöglichkeit in Bezug auf die Wertschaffungspotenziale sowie die Risiken einer Transaktion. Dies gilt jedoch nicht nur für die Phase vor der Transaktion – auch nach Durchführung einer Transaktion wird die Realisierung der Wertschaffung durch diese Regelungen in Zukunft wesentlich transparenter werden (bspw. durch eine einheitliche Goodwill-Behandlung).109 Neben diesen gesetzlichen Bestimmungen und den aus ihnen erwachsenden Hemmnissen für Cross-border-Transaktionen, die im Rahmen der beschriebenen Integration jedoch in den vergangenen Jahren bereits eine deutliche Relativierung erfahren haben, verdienen abschließend die regulatorischen Hemmnisse eine besondere Beachtung. Die Relevanz dieser Fragestellung wird deutlich am Beispiel der ablehnenden Haltung der italienischen Zentralbank gegenüber Cross-border-Transaktionen: So scheiterte an deren Widerstand z.B. im Jahr 1999 ein Merger zwischen BBVA und UniCredit und auch jüngst – im Rahmen der Übernahme der italienischen Bank Antonveneta durch ABN Amro – musste von ABN Amro zunächst der deutliche Widerstand der italienischen Zentralbank überwunden werden. Dieses Beispiel steht für eine ablehnende Haltung vieler europäischer Zentralbanken und Regulatoren, die über-
108 109
einheitliches EU-Übernahmegesetz geschaffen wird. Auch in Zukunft wird es auf Grund des verschieden ausgeübten Wahlrechts in Bezug auf Abwehrmechanismen und die weitere nationale Gesetzgebung (über die anderen in der Richtlinie erfassten Mindeststandards hinaus) somit auch weiterhin unterschiedliche nationale Übernahmegesetze geben. Vgl. auch Freshfields Bruckhaus Deringer (2006). Vgl. Black et al. (2001), S. 6 und Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 6f. Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 6f.
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geordnete europäische Interessen in Bezug auf die Schaffung eines integrierten europäischen Banken- und Finanzmarktes auch noch in den letzten Jahren gegenüber nationalen Interessen zurückstellten. Ziele waren (wie bereits zuvor kurz angesprochen) zunächst die Schaffung nationaler Champions und die Sicherstellung der heimischen Kreditversorgung. In einem zweiten Schritt sollten diese nationalen Champions dann erfolgreich an einer paneuropäischen Konsolidierung teilnehmen.110 Es stellt sich somit die Frage nach den bestehenden regulatorischen Regelungen und den entsprechenden Einflussmöglichkeiten von nationaler Seite. Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang zwischen kartellrechtlichen und bankenaufsichtsrechtlichen Fragestellungen zu unterscheiden. Bei rein nationalen Transaktionen erfolgt die Kontrolle und Regulierung auch weiterhin durch das nationale Aufsichtsamt, das die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Standards überwacht.111 Zusätzlich sind die jeweiligen Börsenaufsichten zwecks Einhaltung der entsprechenden Vorschriften einzubinden. Bei Cross-borderTransaktionen erhöht sich die Komplexität auf Grund der Notwendigkeit der Einbindung eines zweiten Regulators. Durch die bereits angesprochene zweite europäische Bankendirektive erfährt dieses notwendig werdende Zusammenspiel der Regulatoren der jeweiligen Länder jedoch eine grundsätzliche Klärung: Nach der Übernahme und der Eingliederung des Targets in den Bankenverbund der Bieterbank geht die Bankenaufsicht auf den entsprechenden Regulator des Bieterlandes über. Die Überwachung unterliegt grundsätzlich dem Prinzip der sog. „Home Country Control“ – hierbei wird von den Mitgliedsländern gegenseitig die Gleichwertigkeit der nationalen Aufsichtsstandards und Gesetze zur Bankregulierung anerkannt („Mutual Recognition“). Hiernach erfolgt die Regulierung durch den Mitgliedsstaat, in dem die Bankenzulassung erteilt wurde, unabhängig von den Ländern, in denen die Bank tätig wird.112 Je nach konkreter organisatorischer Ausgestaltung der Einbringung des Targets in den ausländischen Bankenverbund (sowie unter bestimmten anderen Voraussetzungen) behält der Regulator des Targets jedoch zumindest einen Teil seiner Einflussmöglichkeiten und eine entsprechende Kooperation der Regulatoren wird erforderlich.113 Die Transaktion
110 111
112 113
Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 2. Für einen Überblick über die Notwendigkeit von Bankenaufsicht im Allgemeinen sowie im Speziellen in Bezug auf Bankentransaktionen und die hiermit verbundenen Risiken (Illiquidität, Bankinsolvenz etc.) vgl. Beitel (2002), S. 303ff. Vgl. Beitel (2002), S. 305ff. und ECB (2000). Vgl. Beitel (2002), S. 307 und ECB (2000), S. 27ff.
52
2 Grundlagen der Untersuchung
selbst wird schwerpunktmäßig durch den Regulator des Targets überwacht (entsprechend auch den Regelungen der zuvor angesprochenen neu zu implementierenden EUÜbernahmerichtlinie) und muss den entsprechenden regulatorischen Regelungen genügen. Die betroffenen Regulatoren (sowohl des Bieter- als auch des Targetlandes) haben jedoch nach Artikel 16 der Bankendirektive 2000/12/EC die Möglichkeit, eine Transaktion im Rahmen eines sog. „Prudence Test“ zu blockieren. Dieser Prudence Test spiegelt die Einschätzung der Regulatoren über die Stabilität der neu geschaffenen Institution und ihr Management wider und bot in der Vergangenheit erhebliche Interpretationsspielräume. Diese wurden von den jeweiligen nationalen Regulatoren in vielen Fällen dazu verwendet, Transaktionen direkt abzulehnen – oftmals kam es dabei gar nicht zu einem offiziellen Angebot, da bereits inoffiziell Widerstand bzw. Ablehnung signalisiert wurde. In anderen Fällen wurde hiervon Gebrauch gemacht, um nationale Interessen in Bezug auf die Gestaltung der Transaktion (z.B. in organisatorischer Hinsicht) durchzusetzen. Darüber hinaus wurde z.T. (zumeist ebenfalls inoffiziell) mit der Drohung einer engen regulatorischen Behandlung nach der Transaktion Druck ausgeübt. Diese Einflussnahmen haben eine starke Wirkung auf die nach der Transaktion realisierbare Wertschaffung – insbesondere, da die Bieterbanken in einer Vielzahl von Fällen im Rahmen langer und komplexer Verhandlungen z.T. umfangreiche Zugeständnisse machten (bspw. in Bezug auf Personalzusagen, organisatorische Ausgestaltungen etc.). Diese Entwicklung wurde von der EU jedoch als wichtiges Hindernis für die gewünschte weiter gehende Cross-border-Konsolidierung der europäischen Bankenindustrie erkannt. Der Council of European Finance Ministers (EcoFin), die europäische Kommission und auch die EZB setzten sich vor diesem Hintergrund wiederholt für die Schaffung eines stärker integrierten europäischen Finanz- und Bankenmarktes ein. Ziel ist es dabei, insbesondere die zuvor beschriebenen Einflussmöglichkeiten der nationalen Regulatoren deutlich zu reduzieren, um die entsprechende Durchsetzung politischer Interessen zu verhindern. Der zuvor genannte Artikel 16 soll aus diesem Grund eine entsprechende Überprüfung erfahren. Aufsichtsbehörden sollen hiernach transparent und spezifisch sein, falls sie Zweifel am Bestehen des Prudence Tests haben.114 Darüber hinaus unterstützt die EU-Kommission Cross-border-Transaktionen durch eine aktive Haltung gegenüber Widerstand leistenden Regulatoren/Regierungen (bspw. im Rahmen der in den vergangenen Jahren durchgeführten Übernah-
114
Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 5f.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
53
men/Übernahmeversuche in Italien). Viele Marktbeobachter sehen in dieser aktiven Haltung der EU und den sich abzeichnenden Veränderungen im regulatorischen Umfeld einen starken Treiber für vermehrte Cross-border-Transaktionen zwischen Europas Banken.115 Neben diesen bankenaufsichtsrechtlichen Aspekten sind auch die kartellrechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Bankentransaktionen unterliegen – wie auch alle anderen Branchen – kartellrechtlichen Beschränkungen und sind grundsätzlich nur dann zulässig, wenn sie keine Wettbewerbsbeschränkungen (insb. in Form von marktbeherrschenden Stellungen und der hiermit verbundenen Ausübung von Marktmacht) zur Folge haben. In Deutschland kann das Bundeskartellamt in solchen Fällen Transaktionen untersagen.116 Entsprechende Regelungen bestehen jedoch nicht nur auf nationaler Ebene. Um zu vermeiden, dass sich insbesondere bei großen Cross-borderTransaktionen Unternehmen mit einer Vielzahl von nationalen Regulatoren und entsprechenden Regelungen konfrontiert sehen, und um eine Gleichbehandlung sicherzustellen, wurde im September 1990 nach langen Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedsstaaten die europäische Fusionskontrolle verabschiedet.117 Diese formuliert klare Regeln, wann die EU-Kommission das alleinige Recht hat, Transaktionen in Bezug auf ihre Wettbewerbswirkung zu untersuchen, und wann sie diese (im Falle des Aufbaus/der Verstärkung einer beherrschenden Marktstellung bzw. einer Beschränkung des Wettbewerbs) untersagen kann. Hiernach erfolgt eine Betrachtung ausschließlich durch die EU-Kommission, wenn die entsprechenden Transaktionen eine „Community Dimension“ haben. Diese Community Dimension ist dann gegeben, wenn (a) der kumulierte weltweite Umsatz der sich zusammenschließenden Unternehmen größer als 5 Mrd. EUR ist und der kumulierte Umsatz innerhalb der EU von mindestens zwei in der EU angesiedelten Unternehmen des Unternehmenszusammenschlusses größer als 250 Mio. EUR ist oder (b) jedes der sich zusammenschließenden Unternehmen mehr als zwei Drittel seines EU-weiten Umsatzes innerhalb eines Mitgliedsstaates erreicht. In diesen Fällen ist die Kommission entsprechend vor der Transaktion zu benachrichtigen und kann über eine Prüfung bzw. in einem dann weiteren Schritt über eine Erlaubnis oder ein Verbot der Transaktion befinden.118 Nationale und 115 116 117 118
Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005). Vgl. Beitel (2002), S. 309f. Vgl. EU (2005). Vgl. EU (2005) und Beitel (2002), S. 310.
54
2 Grundlagen der Untersuchung
EU-Kompetenzen sind so in Bezug auf die Fusionskontrolle klar abgegrenzt: Alle volumensmäßig relevanten Transaktionen erfahren auf Grund dieser Bestimmungen eine alleinige Betrachtung durch die EU-Kommission. Im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit wurden von der Kommission jedoch sehr wenige Transaktionen nur mit Auflagen genehmigt bzw. ganz abgelehnt. Die Fusionskontrolle stellt somit in Bezug auf die entsprechende EU-Genehmigung i.d.R. kein Hindernis für Cross-border-Transaktionen dar.119 Nichtsdestotrotz sind die nationalen Staaten nicht ganz einflusslos im Rahmen der Fusionskontrolle: Nach Artikel 21 der „EU Merger Regulation“ (2000/ 134/EC) können nationale Regierungen Transaktionen blockieren, um eigene Interessen zu schützen, auch wenn diese von der EU genehmigt wurden. Auch dieser Artikel soll jedoch zur Erleichterung von Cross-border-Transaktionen und zur Vermeidung politischer Einflussnahme (wie bereits der zuvor angesprochene Prudence Test) auf Drängen der EU eine Neufassung erfahren.120 Neben diesen Schritten ist die EU ferner bestrebt, für eine Verbesserung der regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedsländern durch die Schaffung entsprechender Institutionen zu sorgen. Hierzu wurden das European Banking Committee (EBC) und das Committee of European Banking Supervisors (CEBS) geschaffen.121 Insgesamt verdeutlichen die vorhergehenden Ausführungen, dass innerhalb der EU nach wie vor unterschiedliche nationale Gesetze und Bestimmungen bestehen. Auf Grund der beschriebenen deutlichen Vereinheitlichung der gesetzlichen Bestimmungen kann jedoch festgestellt werden, dass trotz erhöhter Komplexität die Wertschaffungspotenziale (insb. in Bezug auf die Möglichkeit der Realisierung von Synergien und Effizienzsteigerungspotenzialen) von Cross-border-Transaktionen hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt werden und Transaktionen hierdurch nicht verhindert werden. Eine Vielzahl der Bestimmungen findet auch (und zwar zumeist in gleicher Form) bei nationalen Transaktionen Anwendung und macht Cross-border-Transaktionen somit nicht wesentlich unattraktiver.122 Als deutlich belastender für die Wertschaffung erweisen sich jedoch die Einflussnahmen der nationalen Regulatoren sowie Widerstände auf Seiten der Regierung, der Gewerkschaften und des Managements des Tar119 120 121 122
Vgl. EU (2005). Vgl. EU (2005). Vgl. ECB (2004), S. 7. Vgl. McKinsey on Finance (2006), S. 18ff.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
55
gets. Hierbei kommt es häufig zu einer Vielzahl von (zumeist inoffiziell vorgetragenen) Drohungen, die Übernahme und die folgenden Maßnahmen zur Wertrealisierung (bspw. in Form von Personalabbau) zu behindern. Eine Analyse des Beratungsunternehmens McKinsey zeigt in diesem Zusammenhang, dass von den Bieterbanken mit dem Ziel des Aufbaus guter Beziehungen zu den Stakeholdern des Targets in langen und komplexen Verhandlungen häufig eine Vielzahl von Zugeständnissen gemacht und Garantien abgegeben werden (z.B. bezüglich der Personalentwicklung, der Zusammensetzung des Managements, der organisatorischen Struktur, der Beibehaltung von Marken und Unternehmenszentralen etc.). Diese Zugeständnisse und Garantien schränken jedoch die Realisierbarkeit von Wertschaffungspotenzialen im Rahmen des Integrationsprozesses z.T. signifikant ein. Vor dem Hintergrund der beschriebenen aktiven Haltung der EU-Kommission (bspw. im Rahmen der Übernahme der italienischen Bank Antonveneta durch die niederländische ABN Amro) wird deutlich, dass sich eine striktere Haltung von Seiten der Käuferbanken (ggf. auch in Form feindlicher Übernahmen)123 bei regulatorischen Widerständen im Rahmen von Cross-borderTransaktionen auszahlen kann.124 Insgesamt ist somit bei Betrachtung der beschriebenen gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen ein deutlicher Deregulierungsprozess in der europäischen Union zu konstatieren, der auch in Zukunft seine Fortsetzung erfahren wird. Die von Berger et al. (2001) noch konstatierten und zuvor angesprochenen Hemmnisse haben somit gerade in den letzten Jahren für Transaktionen innerhalb Europas eine deutliche Relativierung erfahren. Hiermit einher geht die im Abschnitt 2.2.1 beschriebene deutliche Zunahme der Cross-border-M&A-Aktivität seit Ende der 90er Jahre. Die Bedeutung der Deregulierung als zentraler Treiber für die Konsolidierung ist somit auch für die europäische Bankenindustrie in hohem Maße gegeben und die aufgezeigten Parallelen zur Entwicklung in der US-Bankenindustrie deuten auf die beschriebene Fortsetzung dieses Konsolidierungsprozesses innerhalb Europas hin. Gleichzeitig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die hier ebenfalls analysierten Cross-border-Transaktionen europäischer Banken im außereuropäischen Ausland z.T.
123
124
Auf die Wertschaffungspotenziale im Rahmen von feindlichen Übernahmen wird in Kapitel 5 im Rahmen der Betrachtung der Fallstudie BNP/Paribas eingegangen. Vgl. McKinsey on Finance (2006), S. 18ff.
56
2 Grundlagen der Untersuchung
nach wie vor mit erheblichen gesetzlichen und regulatorischen Hemmnissen, ebenso wie mit den im Folgenden dargestellten politischen und kulturellen Hemmnissen, konfrontiert sind und sich hieraus für diese Art von Transaktionen entsprechende Wertschaffungsimplikationen ergeben, die im Rahmen der folgenden empirischen Analyse detailliert betrachtet werden. 2.2.2.2
Politische und kulturelle Hemmnisse
Nachdem im vorhergehenden Abschnitt der Fokus auf die Betrachtung von gesetzlichen und regulatorischen Hemmnissen gelegt wurde, stehen in diesem Abschnitt politische und kulturelle Hemmnisse im Vordergrund, die in der Vergangenheit ebenfalls deutlich limitierende Faktoren einer weiter gehenden europäischen Bankenkonsolidierung darstellten.125 Im Rahmen von Cross-border-Transaktionen kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Einflussnahmen von politischer Seite – insbesondere von Seiten der Regierung des Targets.126 Mit der Darstellung der gegebenen regulatorischen Rahmenbedingungen wurden im vorhergehenden Abschnitt bereits wesentliche Einflussmöglichkeiten von politischer Seite/Regierungsseite dargestellt. Hierbei steht die Einflussnahme über die Regulatoren (obwohl offiziell zumeist unabhängig) als ein Mittel zur Verfügung. Darüber hinaus ist der Staat in einigen wenigen Fällen selbst Aktionär (und verfügt über entsprechende Kontroll-/Sperrrechte) bzw. kann Einfluss auf andere Aktionäre/ Aktionärsgruppen nehmen.127 Ferner bestehen trotz der beschriebenen fortschreitenden Deregulierung weitere staatliche Einflussmöglichkeiten bspw. im Zusammenhang mit der Fusionskontrolle. Hier ist insbesondere der bereits zuvor beschriebene Artikel 21 zu nennen, der es Regierungen erlaubt, Transaktionen zum Schutz ihrer eigenen Interessen zu blockieren und der damit Spielraum für potenzielle politische Einflussnahmen bietet. Neben dem Einfluss von staatlicher/politischer Seite ist in diesem Zusammenhang auch auf den potenziellen Widerstand von Gewerkschaften hinzuweisen. Im Unter-
125 126
127
Vgl. Perée und Riess (2003), S. 29 und ECB (2005), S. 9. In diesem Zusammenhang genannt werden können bspw. die bereits angesprochenen Übernahmeversuche/Übernahmen in Italien (bspw. der Bank Antonveneta durch ABN Amro bzw. die versuchte Übernahme der Banca Nazionale del Lavoro (BNL) durch die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA)). Vgl. Campa und Hernando (2002), S. 4.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
57
schied zu den USA bestehen in Europa z.T. starke Gewerkschaften sowie umfangreiche Arbeitnehmerschutzgesetze (bspw. im Bereich des Kündigungsschutzes), die bei M&A-Transaktionen (z.B. in Bezug auf die realisierbaren Personalanpassungen und die hiermit verbundenen Kosteneinsparpotenziale) berücksichtigt werden müssen.128 Neben diesen politischen Hemmnissen bzw. Widerständen der Gewerkschaften wird jedoch in der Literatur ein besonderer Fokus auf kulturelle Hindernisse gelegt. Bereits im Rahmen der Einleitung dieser Arbeit wurde darauf hingewiesen, dass (auf Basis der aktuell verwendeten Methodik zur Messung des Transaktionserfolgs) eine Vielzahl von Transaktionen (insb. cross-border) scheitern und Bieterunternehmen im Zuge des Integrationsprozesses Probleme haben, die gesetzten Ziele zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wurde in der Literatur ein verstärkter Fokus auf kulturelle Effekte und die Berücksichtigung kultureller Konflikte insbesondere im Rahmen des Integrationsprozesses gelegt.129 Die hohe Bedeutung dieser Thematik wird bspw. im Rahmen einer Studie von Hall (1995) gezeigt, der Joint Ventures betrachtet und aufzeigt, dass bei mangelnder Berücksichtigung kultureller Differenzen Spannungen und Probleme bis hin zum Scheitern des Joint Ventures zu beobachten sind. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere in den USA und UK eine Vielzahl von Arbeiten entstanden, die sich mit dem Thema Kultur im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen auseinandersetzt. Der Schwerpunkt lag hierbei anfangs zumeist auf heimischen Transaktionen und den Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen Unternehmenskulturen – mit nationalen Kulturen erfolgte zunächst eine geringere Auseinandersetzung.130 Heutzutage liegt jedoch gerade in Europa eine wesentliche Betonung auch auf den nationalen Kulturen als ein mögliches Hemmnis für Cross-border-Transaktionen, so dass heute Unternehmenskulturen und nationale Kulturen gleichermaßen Berücksichtigung finden.131 Von Bedeutung ist neben den in eine Transaktion involvierten Unternehmen (mit ihren entsprechenden nationalen Kulturen und Unternehmenskulturen) auch die Art der Transaktion. Es ergeben sich so deutliche Unterschiede zwischen Fusionen und Übernahmen. Fusionen stellen grundsätzlich kooperative Entscheidungen zwischen juristisch gleichen Partnern dar – obwohl die de facto gegebene Machtverteilung in der Praxis 128 129 130 131
Vgl. Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 533f. Vgl. Gertsen et al. (1998). Vgl. Cartwright (1998), S. 9f. Zu nennen sind hier insbesondere die Arbeiten von Hofstede (1980) und Trompenaars (1993).
58
2 Grundlagen der Untersuchung
nicht immer gleich verteilt sein wird. Bei Akquisitionen ist je nach der Wahrnehmung von Management und Aktionären zwischen freundlichen und feindlichen Transaktionen zu unterscheiden. Hier ist die Machtverteilung in der Mehrzahl der Fälle jedoch klar – i.d.R. wird die übernommene Bank in den Geschäftsverbund der Bieterbank eingegliedert.132 Zur Darstellung der Relevanz kultureller Aspekte im Rahmen einer Transaktion verwendet Strähle (2003) das Phasenmodell nach Jansen (2001). In der Phase I (der „Strategischen Analyse und Konzeption einer Transaktion“) haben kulturelle Aspekte bereits einen starken Einfluss auf die Expansionspläne. Die Überlegungen des Managements in Bezug auf die Ähnlichkeit und Kompatibilität von nationalen Kulturen und Unternehmenskulturen spielen (oft implizit in Form einer Präferenz für bestimmte Länder) eine große Rolle.133 Neben diesen grundsätzlichen Überlegungen beeinflusst die Kultur auch, wie Informationen zusammengestellt, analysiert und beurteilt/interpretiert werden.134 Aber auch in der Phase II nach Jansen (der „Transaktionsphase“) spielt/spielen die Kultur(en) eine zentrale Rolle. Im Rahmen der Bekanntgabe der Transaktion erfolgt ein Eingriff in die eigene Kultur – Mitarbeiter und andere Stakeholder sind in dieser Phase bspw. schnell über die Transaktion und die mit ihr verbundenen (persönlichen) Konsequenzen verunsichert. Die größte Bedeutung kommt kulturellen Aspekten aber in der Phase III (der „Integrationsphase“) zu. Hier treffen die nationalen und Unternehmenskulturen der Transaktionspartner aufeinander (z.B. in Form anderer Basisannahmen, unterschiedlicher Normen und Werte etc.).135 Die Mitarbeiter sind mit eben diesen unterschiedlichen Kulturen zur Zusammenarbeit „gezwungen“, da aus den Transaktionspartnern ein Unternehmen werden muss. Hier besteht dann die Gefahr eines Kulturschocks mit weitgehenden Folgen für den Erfolg der Transaktion. Wenn auf Grund unterschiedlicher Normen und Werte kein Konsens über das Vorgehen und die Ziele erreicht werden kann, können auch die geschätzten Wertschöpfungspotenziale nicht erreicht werden.136
132 133 134 135
136
Vgl. Gertsen et al. (1998). Vgl. Cartwright et al. (1995). Vgl. Scheider (1989). Hierbei werden unterschiedliche Konzepte/Formen in Bezug auf den Anpassungsprozess im Rahmen des Aufeinandertreffens der Kulturen unterschieden: Von einer Integration der Kulturen bis zur Assimilation. Vgl. Gertsen et al. (1998), S. 21ff. Vgl. Strähle (2003).
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
59
Insgesamt fanden diese kulturellen Aspekte bisher im Rahmen des M&A-Prozesses eine relativ geringe Berücksichtigung. Jüngst wird jedoch zunehmend bereits vor der Transaktion im Rahmen der Due Dilligence die Durchführung einer Kulturanalyse/ Cultural Due Dilligence vorgeschlagen.137 Eine solche Analyse zur Prüfung der Kompatibilität der Kulturen erweist sich jedoch in der Praxis als sehr schwierig, da Kulturaspekte nicht nur schwer zu messen sind, sondern auch die notwendigen Informationen für die Bieterbank ex ante i.d.R. nicht in der erforderlichen Tiefe verfügbar sind. Dies gilt insbesondere für Cross-border-Transaktionen, im Rahmen derer neben unterschiedlichen Unternehmenskulturen auch länderspezifische Faktoren zu berücksichtigen sind.138 Für eine erfolgreiche Transaktion und eine entsprechende Berücksichtigung der jeweiligen Kulturen ist es jedoch unabdingbar, ein gegenseitiges Verständnis für die jeweils andere(n) Kultur(en) zu schaffen (idealerweise in Form der zuvor genannten Kulturanalyse, die eine bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik und damit eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen des Transaktionsprozesses bewirkt). Kritischer Erfolgsfaktor ist hierbei ein Mindestmaß an Kommunikation (die gerade im Rahmen von Cross-border-Transaktionen entsprechende sprachliche Grundvoraussetzungen stellt), da nur so der Gefahr vorgebeugt werden kann, dass es zu dem beschriebenen Kulturschock kommt, und von den eigenen Vorstellungen abweichende Normen, Werte und Verhaltensweisen als falsch wahrgenommen und abgelehnt werden.139 Im Vergleich zur Vergangenheit sind hierzu insbesondere von Seiten des Topmanagements ein höheres Bewusstsein für kulturelle Aspekte bei M&A-Transaktionen und die entsprechende Bereitschaft, sich mit dem Erfolgsfaktor Kultur auseinanderzusetzen, notwendig.140 Insgesamt verdeutlichen diese Ausführungen, dass politische Hemmnisse bei Cross-border-Transaktionen je nach vorliegendem Fall zwar bestehen können, durch den Prozess der voranschreitenden Deregulierung sowie der beschriebenen aktiven Haltung der EU-Institutionen (insb. der Kommission) aber zunehmend an Bedeutung verlieren. Darüber hinaus kann von Seiten der Bieterbanken ggf. durch eine härtere Haltung auch gegenüber den weiteren Stakeholdergruppen eine höhere Wertschaffung realisiert werden. Kulturelle Aspekte erfordern schließlich während des gesamten 137 138 139 140
Vgl. Strähle (2003), S. 38. Vgl. Strähle (2003), S. 45. Vgl. Bolten (2003), S. 29 und Cartwright (1998), S. 12f. Vgl. Bolten (2003).
60
2 Grundlagen der Untersuchung
Transaktionsprozesses eine umfassende Betrachtung. Zentraler Erfolgsfaktor ist hierbei neben der beschriebenen Kommunikation zur Vermeidung eines Kulturschocks und zur Erreichung einer erfolgreichen Integration das erforderliche Bewusstsein für die Bedeutung kultureller Aspekte auch auf Topmanagementebene. 2.2.2.3
Sonstige Hemmnisse
Neben den zuvor beschriebenen gesetzlichen, regulatorischen, politischen und kulturellen Hemmnissen existieren verschiedene weitere Hemmnisse für Cross-borderTransaktionen. Aus Gründen der Komplexitätsreduktion werden diese im Folgenden zwar kurz dargestellt, erfahren jedoch keine umfassende Betrachtung. Ein zentrales Hemmnis stellte nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2000 und 2001 das negative Marktumfeld dar. Die allgemeine M&A-Tätigkeit (gemessen an der Anzahl industrieübergreifender M&A-Transaktionen) zeigt über einen langen Betrachtungszeitraum von 1985 bis 2003 eine hohe Korrelation von 0,88 mit der Entwicklung der Kapitalmärkte (gemessen am Euroindex, dem europäischen Gesamtmarktindex).141 Hieraus resultierten nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte ein negatives Marktsentiment und eine entsprechend geringe Bereitschaft zur Durchführung von M&A-Transaktionen, die die allgemein hohe Verunsicherung nach den wirtschaftlichen Turbulenzen dieser Jahre widerspiegelte. M&A-Transaktionen wurden in diesem Umfeld als rein defensiv und damit als zumeist wertvernichtender Schachzug verstanden. Dies galt insbesondere für Cross-border-Transaktionen. Die bis 2002/2003 durchgeführten Transaktionen hatten (wie bereits dargestellt wurde) bis zu diesem Zeitpunkt (insb. im Vergleich zu nationalen Transaktionen) keine hohe Wertschaffung realisiert, so dass keine Erfolgsbeispiele gegeben waren. Die erreichten Kostensynergien rechtfertigten so kaum die gezahlten Prämien und der Kapitalmarkt zeigte wenig Vertrauen in Umsatzsynergien.142 Nationale Transaktionen wurden in diesem schwierigen Umfeld daher auf Grund der scheinbar geringeren Risiken bei höheren Synergiepotenzialen zumeist präferiert.143 Darüber hinaus war zu diesem Zeitpunkt eine starke Innenorientierung nahezu aller Banken festzustellen, die umfassende interne Restrukturierungen und Kostensenkungsprogramme durchführten und den Fokus
141 142 143
Vgl. McKinsey (2003), S. 5. Vgl. McKinsey (2003), S. 3. Vgl. PWC (2004), S. 8.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
61
allein auf diese Maßnahmen sowie auf selektives organisches Wachstum legten. Externe Wachstumsschritte (in Form von M&A-Transaktionen) wurden aus diesen Gründen kaum verfolgt.144 Ferner bestanden auf Grund rigider Governancestrukturen und umfangreicher Überkreuzbeteiligungen zwischen den verschiedenen europäischen Banken kaum verfügbare Targets.145 Schließlich stellten technische Barrieren (in Bezug auf die verwendeten Systeme z.B. im Bereich Payments) ein weiteres wichtiges Hemmnis dar. Wie im folgenden Abschnitt detailliert diskutiert wird, haben all diese Faktoren in den letzten Jahren eine deutliche Relativierung erfahren. Das negative Marktumfeld hat sich in den letzten Jahren bspw. deutlich gewandelt. Mit den jüngsten deutlichen Anstiegen der Kapitalmärkte ist aus diesem Belastungsfaktor – infolge einer Umkehr zu einem positiven Marktsentiment (entsprechend der bereits angesprochenen positiven Korrelation zwischen M&A-Aktivität und Gesamtmarktentwicklung) – sogar ein Treiber für eine weitere Konsolidierung geworden. Gleiches gilt auch für die anderen genannten Faktoren: Es existieren heute bereits eine Vielzahl von erfolgreichen Crossborder-Transaktionen (vgl. hierzu auch die Fallstudien in Kapitel 5) und auch die jüngst angekündigten volumensmäßig sehr großen Transaktionen (wie z.B. SCH und Abbey National und UniCredit und HVB) vermitteln einen Eindruck über die hohen Wertschaffungspotenziale, die entgegen der ursprünglichen Einschätzung der Kapitalmärkte auch im Zuge von Cross-border-Transaktionen realisierbar sind.146 Wie der folgende Abschnitt beschreibt, fokussieren sich viele Banken nach erfolgreichen Restrukturierungen147 und auf Grund beschränkter organischer Wachstumsmöglichkeiten nun wieder auf externes Wachstum. Zusätzliche Impulse hierfür ergeben sich mit der Auflösung einer Vielzahl der bestehenden Überkreuzbeteiligungen zwischen Europas Banken durch die erhöhte Verfügbarkeit potenzieller Targets. Neben diesen Hemmnissen, die eine deutliche Relativierung erfahren haben, bestehen andere Hemmnisse jedoch fort. Hier ist bspw. die Komplexität einer Cross-borderTransaktion zu berücksichtigen, die Managementressourcen bindet und entsprechende Erfahrung und Know-how voraussetzt.
144 145 146 147
Vgl. PWC (2004), S. 3. Vgl. McKinsey (2003), S. 4. Vgl. für die zugrunde liegenden Treiber den folgenden Abschnitt. Vgl. ECB (2004), S. 8.
62
2.2.2.4
2 Grundlagen der Untersuchung
Zusammenfassung
Insgesamt zeigt der Überblick über die gesetzlichen, regulatorischen, politischen, kulturellen und sonstigen Hemmnisse, dass diese zwar bestehen und entsprechend einschränkend auf Wertschaffungspotenziale und damit auf die Anzahl der Cross-borderTransaktionen wirken. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass insbesondere der EU-Integrationsprozess zu einem signifikanten Abbau dieser Hemmnisse geführt hat. Gesetzliche Hemmnisse bestehen somit zwar im Vergleich zu nationalen Transaktionen noch, sind aber im Rahmen der entsprechenden Vereinheitlichungen deutlich reduziert worden und stellen kein nachhaltiges Hindernis für eine Wertschaffung dar. Regulatorische und politische Hemmnisse können (wie dargestellt) ggf. eine starke Wirkung auf die Wertschaffung von Transaktionen haben. Durch die aktive Haltung der EU-Institutionen sowie durch die Deregulierung erfahren sie jedoch ebenfalls eine zunehmende Einschränkung. Kulturelle Aspekte erfordern schließlich die beschriebene Beachtung (beginnend bspw. mit einer Cultural Due Dilligence). Kommunikation und die Bereitschaft des Topmanagements, kulturelle Schwierigkeiten zu vermeiden, stellen hierbei die Kernerfolgsfaktoren dar. Die sonstigen Hemmnisse haben in den letzten Jahren ebenfalls eine deutliche Relativierung erfahren und haben sich zumindest teilweise (Marktsentiment, Verfügbarkeit von Targets, Fokus auf externes Wachstum etc.) sogar zu Treibern einer Konsolidierung entwickelt. Insgesamt ist somit auf Basis der Betrachtung der Hemmnisse mit einer Fortsetzung des Konsolidierungsprozesses zu rechnen. 2.2.3
Treiber einer weiteren Konsolidierung
Der vorhergehende Abschnitt zeigt wesentliche gesetzliche, regulatorische, politische, kulturelle und sonstige Hemmnisse auf. Diese bestehen hiernach zwar in einigen Bereichen fort – insgesamt erweist sich jedoch der Abbau ehemals bestehender umfangreicher Hemmnisse (insb. in Bezug auf gesetzliche und regulatorische Bestimmungen und politische Einflussmöglichkeiten) als ein wichtiger Treiber einer weiter gehenden Konsolidierung. Im folgenden Abschnitt werden weitere Treiber für diesen erwarteten weiteren Konsolidierungsprozess herausgearbeitet. Hierbei wird zwischen drei Gruppen von Treibern unterschieden: Zunächst werden übergreifende/makroökonomische Treiber betrachtet, dann werden industriespezifische Treiber beschrieben, bevor abschließend auf unternehmensspezifische Treiber eingegangen wird.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
2.2.3.1
63
Übergreifende/makroökonomische Treiber
Im vorhergehenden Abschnitt wurde mit dem Deregulierungsprozess bereits ein zentraler Treiber beschrieben, der nachhaltig zu einer Cross-border-Konsolidierung zwischen Europas Banken beiträgt. Dieser Deregulierungsprozess beruht ganz wesentlich auf der über die letzten 20 Jahre deutlich fortschreitenden EU-Integration. Neben dem Wegfall bestehender gesetzlicher und regulatorischer Hemmnisse für Transaktionen führt der EU-Integrationsprozess jedoch zu weiteren Veränderungen in der Bankenindustrie, die sich ebenfalls als Treiber einer weiteren Konsolidierung erweisen. Bereits bei der im Abschnitt 2.2.1 erfolgten Betrachtung der Entwicklung der Transaktionsvolumina wurde deutlich, dass es im Rahmen der Schaffung eines „Single Market“ für Finanzdienstleistungen in Europa und im Rahmen der Startphase der EMU zu dem beschriebenen signifikanten Anstieg der Konsolidierung kam.148 Diese Entwicklungen führten zu deutlichen Veränderungen im Wettbewerbsumfeld der Banken. Insbesondere die Transparenz in Bezug auf die Preissetzung der angebotenen Finanzdienstleistungen (und damit die entsprechende Vergleichbarkeit aus Kundensicht) wurde deutlich erhöht und führte zu einem erhöhten Wettbewerbsdruck und entsprechend reduzierten Margen. Gleichzeitig wurden mit dem Start der EMU Wechselkursrisiken reduziert.149 Insgesamt erweist sich die EU-Integration auf Grund dieses mit ihr einhergehenden erhöhten Wettbewerbsdrucks und der hieraus entstehenden Konsolidierungsnotwendigkeiten als ein wesentlicher Treiber für eine weitere Konsolidierung. Neben der EU-Integration ist als weiterer übergreifender/makroökonomischer Treiber die Integration und Globalisierung der Finanzmärkte zu nennen. Auch die internationalen Finanzmärkte haben in den letzten Jahren einen Prozess weitgehender Deregulierung durchlaufen – bedingt u.a. durch übergreifende Harmonisierungsbemühungen, die stark wachsenden internationalen Finanzströme, einen steigenden Anlagebedarf der OECD-Länder und zahlreiche Bankenkrisen, die eine Öffnung der verschiedenen nationalen Bankenmärkte bewirkten.150 Ebenso wie der zuvor darge-
148 149
150
Vgl. Altunbas und Marqués IbánҌez (2004), S. 7f. und ECB (2004). Vgl. Lhomme (2004), S. 10, Perée und Riess (2003), S. 11, Zieschang (2000), S. 31 und Campa und Hernando (2002), S. 3. Vgl. Dermine (2002), S. 11, Perée und Riess (2003), S. 13 und Zieschang (2000), S. 28.
64
2 Grundlagen der Untersuchung
stellte EU-Integrations- und Deregulierungsprozess bedingt auch diese Entwicklung aus Sicht der Banken eine Verschärfung des Wettbewerbs, stellt höhere Anforderungen an das Risikomanagement und erzeugt eine Zunahme der Komplexität. Verstärkt wurde dieser Wettbewerbsdruck infolge der Globalisierungstendenzen zusätzlich durch das Auftreten neuer Wettbewerber. In zunehmendem Maße bieten in den letzten Jahren so auch Nicht-Banken, wie bspw. Handelsunternehmen, Automobilunternehmen, Interessengemeinschaften (wie bspw. der ADAC) etc., Bankprodukte und Bankdienstleistungen an – z.T. mit solchem Erfolg, dass eigene Banken bzw. Finanzdienstleistungsbereiche von diesen aufgebaut wurden.151 Hiermit kommt es zu einer weiteren deutlichen Verschärfung des Wettbewerbs. Neben diesen Integrations- und Globalisierungstendenzen und dem Auftreten neuer Wettbewerber sind die demographischen Veränderungen in Europa als ein weiterer übergreifender Treiber zu nennen. Hiermit gehen wesentliche Änderungen der Kundenstruktur (insb. in Form der Alterung der Kunden) und entsprechende Änderungen der Nachfrage nach Produkten einher.152 Zur Ergänzung des Produktportfolios um diese (Wachstums-)Produkte und insbesondere auch zur Gewinnung der hierfür notwendigen (personellen) Ressourcen kommt es zu Übernahmen bspw. von hierauf fokussierten Banken und Finanzdienstleistern durch größere Banken, die sich die entsprechenden Potenziale erschließen wollen. Darüber hinaus ist ein wachsender Druck in Bezug auf die Umsetzung der Aktionärsinteressen und die entsprechende Realisierung von Shareholder Value zu konstatieren. Neben der – insbesondere im aktuellen Kapitalmarktumfeld gegebenen – Gefahr von (feindlichen) Übernahmen spielt in diesem Zusammenhang ferner die in der Vergangenheit deutlich zunehmende Professionalisierung der Aktionäre (insb. der institutionellen Anleger) eine zentrale Rolle für einen entsprechenden Druck, Wertschaffung zu realisieren und den Marktwert der Unternehmen zu erhöhen. M&A-Transaktionen stellen bei erfolgreicher/wertschaffender Durchführung einen wichtigen Hebel zum Erreichen dieser Ziele dar.153
151 152 153
Vgl. ECB (2003b), S. 11f. und Dermine (2002), S. 11. Vgl. Zieschang (2000), S. 35. Vgl. auch Zieschang (2000), S. 30.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
65
Mit den beschriebenen Deregulierungsprozessen (auf Ebene der EU sowie der internationalen Finanzmärkte), den (demographischen) Änderungen in Bezug auf die Kundenstruktur und den hieraus resultierenden Konsequenzen für das Produktportfolio sowie dem wachsenden Druck zur Realisierung von Wertschaffung für die Aktionäre wurden zentrale übergreifende/makroökonomische Treiber für eine weitere Konsolidierung genannt. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch auch das gesamte makroökonomische Umfeld. Im Rahmen der vorherigen Ausführungen wurde bereits auf das bis 2002/2003 negative Marktumfeld hingewiesen, das hemmend für Transaktionen wirkte. Mit einer verbesserten makroökonomischen Entwicklung und einem deutlichen Anstieg der Kapitalmärkte in den vergangenen Jahren hat sich dieses Umfeld jedoch signifikant verändert. Auf Grund der zuvor beschriebenen Korrelation zwischen dem allgemeinen Kapitalmarktumfeld und der M&A-Aktivität kann ein weiterer Anstieg der Bankentransaktionen erwartet werden. Industrieübergreifend ist diese Verstärkung der M&A-Aktivität bereits beobachtbar und auch im Bankensektor deuten die genannten ersten großen paneuropäischen Transaktionen (UniCredit/HVB, SCH/Abbey National etc.) hierauf hin. 2.2.3.2
Industriebezogene Treiber
Neben den übergreifenden/makroökonomischen Treibern ist auch eine Vielzahl von industriebezogenen Treibern zu identifizieren. Hierbei ist zunächst auf die bereits weit fortgeschrittene Konsolidierung der nationalen Bankenmärkte hinzuweisen. Tabelle 2.3 gibt in diesem Zusammenhang einen Überblick über den Grad der Konsolidierung der EU-25-Länder. Zum einen wird der kombinierte Marktanteil der fünf größten Institute an den Gesamtaktiva des jeweiligen Marktes dargestellt. Zusätzlich wird der sog. HerfindahlIndex ausgewiesen. Als das im Vergleich zum Marktanteil der Top-5-Kreditinstitute sophistiziertere Konsoliderungsmaß entspricht er der Summe der quadrierten Marktanteile der Top-5-Institute und berücksichtigt damit nicht nur den kombinierten Marktanteil dieser Institute, sondern gibt gleichzeitig Aufschluss über die Größenstruktur des Gesamtmarktes. Werte über 1.800 werden hierbei als hohe Konzentration interpretiert.154 Auf Basis dieser beiden Konzentrationsmaße wird für die Mehrzahl der hier 154
Vgl. ECB (2005), S. 10 und ECB (2000), S. 17ff. Ein Herfindahl-Index von 2.000 bedeutet bspw. eine gleichmäßige Verteilung der Aktiva auf die Top-5-Institute. Maximal erreicht der Index 10.000 bei Beherrschung des Gesamtmarktes durch nur eine Bank.
66
2 Grundlagen der Untersuchung
Tabelle 2.3: Herfindahl-Index für Gesamtaktiva europäischer Banken und Anteil der fünf größten Banken an den Gesamtaktiva155 Herfindahl-Index (Index von 0–10.000)
Kombinierter Marktanteil der Top-5-Institutionen in %
2001
2002
2003
2004
2001
2002
2003
2004
Belgien
1.587
1.905
2.065
2.100
78,3
82,0
83,5
84,3
Tschechien
1.263
1.199
1.187
1.103
68,4
65,7
65,8
64,0
Dänemark
1.119
1.145
1.114
1.146
67,6
68,0
66,6
67,0
158
163
173
178
20,2
20,5
21,6
22,1
Estland
4.067
4.028
3.943
3.887
98,9
99,1
99,2
98,6
Griechenland
1.113
1.164
1.130
1.069
67,0
67,4
66,9
65,0
Spanien
551
529
521
482
44,9
44,3
43,9
41,9
Frankreich
606
551
597
623
47,0
44,6
46,7
44,7
Irland
512
553
562
556
42,5
46,1
44,4
43,9
Italien
260
270
240
230
28,8
30,6
27,0
26,0
Zypern
1.304
1.339
1.392
1.365
71,5
69,3
69,7
69,4
Lettland
1.053
1.144
1.054
1.021
63,4
65,3
63,1
62,4
Litauen
2.503
2.240
2.071
1.854
87,6
83,9
81,0
78,9
275
296
315
304
28,0
30,3
31,8
29,7
Deutschland
Luxemburg Ungarn
892
856
783
795
56,4
54,5
52,1
52,7
Malta
2.163
2.390
2.199
2.015
79,6
82,0
79,3
78,7
Niederlande
1.762
1.788
1.744
1.726
82,5
82,7
84,2
84,0
Österreich
516
618
557
552
44,9
45,6
44,2
43,8
Polen
821
792
753
692
54,7
53,4
52,3
50,2
Portugal
991
963
1.043
1.093
59,8
60,5
62,7
66,5
Slowenien
1.582
1.602
1.496
1.425
67,6
68,4
66,4
64,1
Slowakei
1.205
1.252
1.191
1.154
66,1
66,4
67,5
66,5
Finnland
2.240
2.050
2.420
2.680
79,5
78,6
81,2
82,7
760
800
760
854
54,6
56,0
53,8
54,4
Schweden UK
282
307
347
376
28,6
29,6
32,8
34,5
MU-12*
544
553
581
600
39,1
39,4
40,5
40,5
MU-12**
885
904
947
966
51,9
52,8
53,2
52,9
EU-25*
506
521
549
569
37,8
38,3
39,8
40,2
1.185
1.198
1.186
1.171
59,5
59,8
59,5
59,0
EU-25**
* gewichteter Durchschnitt; ** ungewichteter Durchschnitt
155
Quelle: ECB (2005), S. 50.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
67
betrachteten EU-25-Länder (somit auch einschließlich der Beitrittsländer) die bereits angesprochene hohe Konzentration deutlich. Diese erreicht im Jahr 2004 in Estland bspw. 98,6%, in Belgien 84,3%, in den Niederlanden 84,0% und in Finnland 82,7% (bei Betrachtung des kombinierten Marktanteils der Top-5-Institutionen). Auch in allen weiteren der EU-25-Länder liegt dieses Konzentrationsmaß (z.T. signifikant) über 40% – allein in Deutschland mit 22,1%, in Italien mit 26,0% in Luxemburg mit 29,7% und in UK mit 34,5% ist die Konzentration geringer.156 Mit Ausnahme der zuletzt genannten Länder besteht somit für die Banken in den übrigen europäischen Ländern nicht zuletzt auf Grund bestehender kartellrechtlicher und regulatorischer Beschränkungen ein nur noch äußerst geringer Spielraum für eine weiter gehende nationale Konsolidierung – insbesondere für größere Banken sind weitere (signifikante) nationale Übernahmen de facto nicht mehr möglich. Dies gilt besonders für die kleineren EU-Länder, die nach einem weitreichenden nationalen Konsolidierungsprozess in den 90er Jahren die höchste Konzentration aufweisen.157 Trotz dieser starken Konzentration der nationalen Bankenmärkte ist Europa als Ganzes als noch weitestgehend fragmentiert anzusehen. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005) führen hierzu aus: „Banking is fundamentally still a regional industry“.158 Als einer der wenigen wichtigen Sektoren in Europa hat der Bankensektor noch keine umfangreiche paneuropäische Konsolidierung erfahren. Vor diesem Hintergrund hat der erwartete zukünftige Konsolidierungsprozess für die Mehrzahl der europäischen Banken (insb. aus den kleineren, zumeist sehr konzentrierten Ländern) einen nahezu zwangsläufig paneuropäischen Fokus. Cross-border-Transaktionen stellen somit für die Mehrzahl der Marktteilnehmer den einzigen Weg dar, um signifikantes externes Wachstum zu generieren.159 Dies unterstreicht auch eine Analyse von Krabichler und Krauß (2003), die den Konsolidierungsprozess in den verschiedenen nationalen Bankenmärkten der EU vergleicht und den zukünftigen Konsolidierungsdruck ermittelt. Hierzu berechnen sie verschiedene Kennzahlen zu Marktstruktur und Ertragslage der Banken, die sie in einen gesamten Konsolidierungsindex aggregieren. Bezüglich der Marktstruktur verwenden sie neben dem auch zuvor dargestellten Konzentrationsmaß des kombinierten Markt156 157 158 159
Vgl. auch Weimer und Wißkirchen (1999), S. 759. Vgl. ECB (2000), S. 17 und ECB (2004), S. 9. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 1. Vgl. McKinsey (2003), S. 7 und Weimer und Wißkirchen (1999), S. 759.
68
2 Grundlagen der Untersuchung
anteils der fünf größten Banken zusätzlich die Anzahl der Kreditinstitute pro eine Million Einwohner sowie die durchschnittliche Bilanzsumme aller Banken. Auf Basis dieser Kennzahlen ermitteln sie den Strukturdruck für den jeweiligen Markt – hiernach resultiert aus einer geringen Konsolidierung ein entsprechend hoher Strukturdruck. Daneben wird der Ertragsdruck der Banken abgebildet, gemessen an der Eigenkapitalrentabilität der fünf größten Banken, der Gesamtkapitalrentabilität aller Banken sowie der Cost-Income-Ratio aller Banken. Eine vergleichsweise geringe Profitabilität wird mit einem hohen Ertragsdruck gleichgesetzt. Ertragsdruck und Strukturdruck werden dann zu dem bereits angesprochenen Konsolidierungsindex aggregiert. Hierbei wird deutlich, dass der Konsolidierungsdruck in Deutschland und Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt. Ebenfalls über dem Durchschnitt liegen Frankreich, Italien und Dänemark. Neben dem bereits detailliert betrachteten Status der Konzentration unterstreicht diese Analyse mit dem Ertragsdruck einen weiteren wichtigen Treiber für zukünftige Konsolidierungsschritte. Lozano-Vivas et al. (2002) betrachten in diesem Zusammenhang die Profitabilitätssituation in zehn europäischen Bankenmärkten. Trotz länderspezifischer Umweltbedingungen (wie bspw. die regulatorischen Rahmenbedingungen, das makroökonomische Umfeld etc.), die zweifellos einen deutlichen Einfluss auf die Struktur der Bankenindustrie haben und einer entsprechenden Berücksichtigung bei der Potenzialschätzung im Rahmen von Cross-border-Transaktionen bedürfen, lassen sich auch über diese Faktoren hinaus deutliche Effizienzunterschiede sowohl zwischen den einzelnen Ländern als auch innerhalb der Länder feststellen.160 Gleichzeitig erweisen sich die besten Banken der betrachteten Länder (mit wenigen Ausnahmen) auch aus EU-Gesamtsicht als sehr effizient. Diese haben damit genug Wettbewerbsfähigkeit, um auf dem europäischen Markt zu bestehen und können durch die Übertragung ihrer überlegenen Geschäftsmodelle eine aktive Rolle im Rahmen dieses paneuropäischen Konsolidierungsprozesses spielen. Welches Potenzial mögliche Effizienzsteigerungen trotz aller Länderspezifika zwischen den einzelnen nationalen Bankenmärkten haben können, zeigt eine Analyse von McKinsey (2003), die in Abbildung 2.4 dargestellt ist.
160
Auch bei Berücksichtigung langfristig bestehender struktureller Unterschiede ergeben sich deutliche Effizienzunterschiede. Für einen Überblick über verschiedene Kennzahlen zur Bankenstruktur in den EU-Mitgliedsländern vgl. ECB (2005), S. 10.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
69
Zusätzliches Kosteneinsparungspotenzial
4,1
14 Mrd. EUR (17%) 0,7
12 Mrd. EUR (14%)
8 Mrd. EUR (10%)
3,4 0,5
2,9 0,4
Deutschland
Abb. 2.4:
Europäischer Durchschnitt
Spanien – Best Practice in Europa
2,5
USA
Gesamtkosten des Bankensektors (in % des BSP, 2001)161 Europäischer Durchschnitt: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Schweden und Großbritannien
Im Rahmen dieser Analyse wird der Anteil der Gesamtkosten des nationalen Bankensektors am Bruttosozialprodukt des jeweiligen Landes betrachtet. Am Beispiel Deutschland werden hierbei signifikante Effizienzsteigerungspotenziale deutlich. Einzelne strukturelle Unterschiede werden auch in Zukunft auf den nationalen Bankenmärkten zu beobachten sein, insgesamt erscheint es jedoch auf Grund des beschriebenen paneuropäischen Integrationsprozesses als unumgänglich, dass es in dem hier betrachteten europäischen Bankenmarkt mit grenzüberschreitendem Wettbewerb und zunehmend homogenen Produkten und Dienstleistungen insgesamt zu der hier beschriebenen (makroökonomischen) Angleichung der Kostenbasis kommt. Cross-border-Transaktionen und die hiermit verbundene Möglichkeit zur Realisierung von Effizienzsteigerungen und Synergien stellen dabei einen zentralen Hebel (neben den bereits weit fortgeschrittenen internen Restrukturierungen der Banken) zur Erreichung dieser Potenziale dar.
161
Quelle: McKinsey (2003), S. 6.
70
2 Grundlagen der Untersuchung
Den vermutlich wichtigsten Bereich zur Realisierung von umfassenden Synergien im Rahmen von Cross-border-Transaktionen stellt dabei vermutlich die IT/Datenverarbeitung dar. In den letzten Jahren ist es gerade in diesem Bereich zu äußerst signifikanten Weiterentwicklungen gekommen:162 Die massiv ansteigenden Datenverarbeitungs- und Datenübertragungskapazitäten bewirken bspw. umfassende Anpassungen in Produktion und Vertrieb der verschiedenen Bankenprodukte. Eine wesentlich genauere Abbildung der Kundenbedürfnisse und das Angebot entsprechend zugeschnittener Produkte verbunden mit einem verbesserten Kundenservice werden hiermit bspw. möglich. Gleichzeitig erlauben die Weiterentwicklungen im IT-Bereich ferner die Ergänzung der Produktpalette um eine große Zahl sehr komplexer und entsprechend IT-intensiver Produkte (bspw. im Bereich strukturierter Finanzierungs- und Anlageprodukte). Darüber hinaus ermöglichen sie umfangreiche Kostenreduzierungen insbesondere durch Automatisierungen im Bereich Produktion und Vertrieb. Schließlich ist der Aufbau einer wesentlich sophistizierteren IT auch auf Grund bestehender rechtlicher, regulatorischer und unternehmensinterner Vorschriften notwendig (bspw. in Bezug auf Rechnungslegung, Datenschutz, internes Reporting etc.). Ganz wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Unterstützung der jüngst stark weiterentwickelten Risikomanagementsysteme. Der IT-Bereich ist damit in der Bankenindustrie zu einem zentralen Erfolgsfaktor der Umsetzung moderner und wertschaffender Geschäftsmodelle geworden. Mit dem Ausbau der IT-Bereiche in den Banken ist jedoch auch ein entsprechender Kostenanstieg zu konstatieren. Über die letzten 15 Jahre ist es so zu einem starken Anstieg des Fixkostenanteils der IT gekommen. Lag dieser in den frühen 90er Jahren noch zwischen 10 und 15%, liegt er heute infolge des konstanten Wachstums der IT-Ausgaben zwischen 25 und 30%.163 Aus dieser Entwicklung ergeben sich wichtige Implikationen für die hier im Fokus stehenden Bankentransaktionen. Zum einen bestehen starke Unterschiede zwischen den verschiedenen europäischen Banken in Bezug auf ihre IT-Kompetenz. Hieraus ergeben sich hohe Potenziale aus dem Transfer von Best Practices und der Realisierung von Effizienzsteigerungen im Rahmen von M&A-Transaktionen. Gleichzeitig ermöglicht allein der stark gestiegene Umfang der IT-Bereiche die Realisierung signifikanter 162
163
Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 10ff., Perée und Riess (2003), S. 11ff., Dermine (2002), S. 11, Broaddus (1998), S. 5 und Zieschang (2000), S. 29. Vgl. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 2 und Celent (2002).
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
71
Synergien auch im Rahmen von Cross-border-Transaktionen (z.B. durch die Realisierung von Einkaufsmacht, die Reduktion von Entwicklungskosten, Personalaufwand und Datenverarbeitungszentren/Hardware etc.).164 Erleichtert wird die Integration der IT-Bereiche zusätzlich durch den zunehmenden Verzicht auf Eigenentwicklungen bei gleichzeitig verstärktem Rückgriff auf einfacher zu integrierende Standardsoftware.165 Wie hoch die Relevanz der Thematik ist, unterstreicht eine Betrachtung der jüngsten Cross-border-Transaktionen (wie z.B. SCH/Abbey National, UniCredit/HVB etc.). Ein hoher Anteil der angekündigten Synergien (im Rahmen dieser Fälle 30 bis 40%) kommt hier aus dem IT-Bereich und erreicht damit ein Niveau vergleichbar mit erfolgreichen nationalen Transaktionen. Hiermit wird deutlich, welche Bedeutung die Betrachtung der IT für die Wirtschaftlichkeit von zukünftigen Cross-border-Transaktionen hat.166 Ein weiterer wichtiger Treiber neben den IT-Synergien sind Anpassungen im regulatorischen Bereich. Bereits zuvor wurde auf den Abbau wichtiger regulatorischer Hemmnisse und auf die positive Wirkung dieses Deregulierungsprozesses für zukünftige Cross-border-Transaktionen hingewiesen. Besonders betont werden sollten an dieser Stelle als industriespezifische Treiber noch einmal die zuvor kurz angesprochenen Veränderungen der Rechnungslegungsstandards sowie die Einführung von Basel II. Ab dem 1.1.2005 müssen alle börsennotierten europäischen Unternehmen und damit auch Banken ihre Rechnungslegung in Übereinstimmung mit den International Financial Reporting Standards (IFRS) durchführen.167 Durch die Anwendung dieser Standards werden eine Erhöhung der Transparenz der Finanzdaten und eine entsprechend leichtere Beurteilung der Performance angestrebt. Für die Unternehmen führt dies zumindest z.T. zu einer Neubewertung ihrer bisherigen Strategie, die ggf. auch externes Wachstum wieder stärker in den Fokus rücken lässt.168 Weitere deutliche Veränderungen im regulatorischen Umfeld der europäischen Banken ergeben sich durch die Einführung von Basel II. Im Juni 2004 wurde vom Basel Committee die finale Version der neuen Regeln zur Kapitalhinterlegung (Basel II) veröffentlicht. Im Gegensatz zu den bisherigen Regeln (Basel I) stellen sie einen kompletteren Ansatz zur Erfassung 164 165 166 167 168
Vgl. Celent (2002), S. 12f. und Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 12f. Vgl. Celent (2002), S. 27 und Fuß und Schiereck (2005). Vgl. auch Financial Times (2005). Vgl. hierzu auch die EU-Direktive Nummer 1606/2002 sowie ECB (2005), S. 7. Vgl. PWC (2004), S. 14.
72
2 Grundlagen der Untersuchung
und Beurteilung der Risiken von Banken (Kreditrisiken, Zinsrisiken, Marktrisiken und operativen Risiken) dar. Auf Grund dieser veränderten Bestimmungen wird insgesamt (für den gesamten europäischen Bankensektor) eine Reduzierung des bisher erforderlichen regulatorischen Kapitals erwartet. Das hiermit frei werdende Kapital könnte von den betroffenen Banken für externes Wachstum eingesetzt werden. Aber auch darüber hinaus werden die neuen Regeln einen verstärkten Fokus auf ein effizientes Kapitalmanagement lenken und Unternehmen zu einer Neubewertung ihrer strategischen Positionierung zwingen (mit hieraus ebenfalls zu erwartenden Impulsen für Cross-border-Transaktionen).169 Insbesondere für kleinere Banken bestehen in diesem Zusammenhang ferner auch Synergiepotenziale auf Grund der aufwändigen Implementierung und Steuerung nach Basel II. 2.2.3.3
Unternehmensspezifische Treiber
Neben diesen industriespezifischen Treibern (die für alle Banken in Europa gleichermaßen Geltung haben) sind jedoch auch auf der Ebene der einzelnen Banken unternehmensspezifische Treiber für weitere Cross-border-Transaktionen festzustellen. Zunächst ist hierbei auf beschränkte organische Wachstums- und Profitabilitätssteigerungsmöglichkeiten hinzuweisen bei gleichzeitig relativ hoher Profitabilität und z.T. sehr hoher Liquidität der Banken. Lag der durchschnittliche RoE der europäischen Banken Mitte der 90er Jahre noch unter 10%, erreichte er Ende der 90er Jahre über 15%. Neben dem bekannten positiven Gesamtmarktumfeld für nahezu alle Geschäftsbereiche ist diese deutliche Verbesserung auch das Ergebnis der bereits in den 90er Jahren angestoßenen Restrukturierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen im Bankensektor. Nach den Rekordjahren (insb. 2000) kam es in den Jahren 2002 und 2003 zu einem Rückgang der Profitabilität.170 In diesem Umfeld wurden von den Banken ab 2001 wieder deutliche Anstrengungen zur Kostensenkung vorgenommen (bspw. in Form der Reduktion von Filialen und Mitarbeitern sowie dem Verkauf von nicht strategischen Beteiligungen).171 Diese Aktivitäten zur Kostensenkung und Refokussierung, die in vielen Banken bis heute noch im Rahmen entsprechender Programme wei-
169 170
171
Vgl. PWC (2004), S. 14, Lhomme (2004), S. 9 und ECB (2005), S. 7. Hierbei ist jedoch auf deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsländern in Bezug auf die Profitabilitätsentwicklung hinzuweisen. Vgl. ECB (2003b), S. 8ff. Vgl. ECB (2003a), S. 11 und 15.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
73
ter durchgeführt werden,172 haben zu einem deutlichen Anstieg der Profitabilität und des liquiden/überschüssigen Kapitals geführt. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005) schätzen, dass Ende 2006 von den europäischen Banken ein überschüssiges Kapital von ca. 74 Mrd. EUR gehalten wird. Selbst bei entsprechend gesteigerten Ausschüttungen an die Aktionäre verbleibt daher ein sehr hohes verfügbares Kapital für umfangreiche paneuropäische Konsolidierungsschritte.173 Neben dieser deutlich gesteigerten Profitabilität/Kapitalausstattung sehen sich die Banken gleichzeitig mit hohen erwarteten Wachstumsraten (in vielen Fällen von ca. 10% impliziertem jährlichen Wachstum) bei einer Analyse der aktuellen Aktienkurse konfrontiert. Die Erfüllung dieser hohen Erwartungen erscheint allein auf Basis organischer Schritte für viele der Banken als schwierig. Zum einen ist hier auf die angesprochenen umfangreichen Profitabilitäts- und Wachstumsprogramme hinzuweisen, die (wie beschrieben) in den letzten Jahren bereits durchgeführt wurden, zum anderen ist auf das insgesamt relativ beschränkte Wachstumspotenzial in den weitestgehend saturierten westeuropäischen Bankenmärkten hinzuweisen.174 Externes Wachstum wird für viele Banken auf Grund dieser Entwicklung daher zwangsläufig in den Fokus rücken. Ein weiterer Aspekt ist die zu beobachtende Entwicklung von sog. „Global Operating Models“. Eine zunehmende Zahl von Großbanken erzielt signifikante Synergien/ Effizienzsteigerungspotenziale durch eine verstärkt globale Aufstellung (sog. „Global Operating Models“). Beispielhaft können hier die Citigroup (USA) sowie die HSBC (UK) genannt werden. Die HSBC betreibt u.a. acht Servicezentren (schwerpunktmäßig in Indien und Asien), die einen Großteil der abzuwickelnden Aufgaben im Backofficebereich übernehmen. Zusätzlich werden entsprechende Kompetenzzentren bspw. für die Fondsverwaltung etc. gebildet und damit die hierfür notwendigen Aufgaben/Ressourcen in einem bzw. wenigen weltweiten Zentren zusammengefasst.175 Diese Global Operating Models und die mit ihrer Hilfe erzielbaren Wertschaffungspotenziale können ebenfalls als wichtiger Treiber für weitere Transaktionen angesehen werden. Zum einen kann es zu Transaktionen kommen, damit Großbanken die gewünschte globale Größe und Aufstellung erreichen, um diese aufbauen zu können. Zum anderen bieten die entsprechenden Zentren im Rahmen von weiteren Transaktionen die Möglichkeit 172 173 174 175
Vgl. ECB (2005), S. 11. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 7f. Morgan Stanley und Mercer Oliver Wyman (2005), S. 9. Vgl. bspw. HSBC (2004), S. 28.
74
2 Grundlagen der Untersuchung
zur Realisierung u.U. deutlich höherer Effizienzsteigerungen und Synergien als bisher (im Zuge der einfacheren Eingliederung der übernommenen Banken in diese Struktur). Die Erreichung eines „Global Footprint“ wird somit für viele Banken ein wichtiges Ziel darstellen, aber auch für weniger große Banken wird die Erreichung einer kritischen Größe in ihren lokalen/regionalen Märkten (auch insb. angesichts der Konkurrenz von Seiten der global agierenden Groß- und Megabanken) zunehmend ein zu verfolgendes Ziel, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit (in Bezug auf Größe, Produktpalette und geographische Präsenz) zu gewährleisten.176 Darüber hinaus besteht aus strategischer Sicht das „risk of missing out“. Die bereits stattfindenden ersten größeren paneuropäischen Transaktionen können weitere Transaktionen nach sich ziehen, da sich die verbleibenden Marktteilnehmer mit der Gefahr konfrontiert sehen, selbst nicht mehr zum Zuge zu kommen. Jede Transaktion bedeutet aus Sicht der verbleibenden Banken zwangsläufig eine Reduktion der noch verfügbaren strategischen Möglichkeiten für externes Wachstum. Die Signalwirkung von (ersten) Cross-border-Schritten erzeugt damit ggf. auf Seiten des Managements subjektive Handlungszwänge und eine entsprechende Eigendynamik tritt ein.177 Positiv wirkt sich in diesem Zusammenhang aus, dass die Anzahl der erwerbbaren Banken deutlich gestiegen ist. Wurde im vorhergehenden Abschnitt noch auf die Vielzahl von (Überkreuz-)Beteiligungen als ein Hemmnis hingewiesen, bestehen diese heute nur noch in einem deutlich geringeren Maße. Als Grund hierfür sind insbesondere die bereits angesprochenen umfangreichen Bereinigungen der Beteiligungsportfolios zu nennen bzw. die entsprechende Bereitschaft zum Verkauf von nicht strategischen Beteiligungen (um das entsprechend gebundene Kapital an anderer Stelle mit höherer Rendite im operativen Geschäft einzusetzen). Insgesamt führt dies bei einer Vielzahl von Banken zu einer deutlichen Erhöhung des Streubesitzes und der Konzentration von Anteilen in den Händen von weniger strategischen, sondern mehr renditeorientierten Anlegern.178 Ferner bestehen die zuvor beschriebenen Hemmnisse in Bezug auf die grundsätzliche Erwerbbarkeit (in Form von Widerständen bspw. der Regulatoren und politischen Institutionen) nur noch in geringerem Maße. Ein weiterer positiver Faktor ist in diesem Zusammenhang in der angesprochenen, in den letzten
176 177 178
Vgl. Weimer und Wißkirchen (1999), S. 759. Vgl. Weimer und Wißkirchen (1999), S. 759. Vgl. PWC (2004), S. 19.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
75
Jahren deutlich positiveren Kapitalmarktentwicklung zu sehen. Durch diese Entwicklung bietet sich für viele Aktionäre die Möglichkeit zur Realisierung z.T. hoher (Buch-)Gewinne bei einem entsprechenden Angebot. Insgesamt kann somit auf Grund dieser Faktoren eine sehr gute Erwerbbarkeit einer Vielzahl von europäischen Banken konstatiert werden. Über diese Aspekte hinaus zeigt eine Analyse von McKinsey (2003) das Bestehen signifikanter Bewertungsdifferenzen zwischen Banken mit hoher und mit geringer Performance. Diese Differenz ermöglicht es starken Banken, Übernahmen durchzuführen, ohne gleichzeitig bestehende Wertschaffungspotenziale durch die Zahlung zu hoher Preise zu vernichten. Neben diesen bestehenden Bewertungsdifferenzen ist ein weiterer treibender Faktor in dem gewachsenen Vertrauen von Topmanagementteams in die Durchführung von Cross-border-Transaktionen zu sehen. Auf Grund umfangreicher Transaktionserfahrungen (durch die bisher stattgefundenen insb. nationalen Konsolidierungsschritte) verfügt die Mehrzahl der Managementteams heute über entsprechendes Know-how. Gestützt wird dies noch durch die zunehmende Zahl erfolgreicher Cross-border-Konsolidierungsschritte. Zum einen erweisen sich die vergangenen Transaktionen als erfolgreich (wie am Beispiel der in Kapitel 5 diskutierten Übernahme von Pekao durch UniCredit deutlich wird), zum anderen zeigen die jüngsten Transaktionen, dass (wie bereits zuvor anhand bspw. der Ausführungen zu potenziellen IT-Synergien klar wurde) auch Cross-border-Transaktionen die Erreichung signifikanter Wertschaffungspotenziale ermöglichen. Die zwischen der zweiten Jahreshälfte 2004 und der ersten Jahreshälfte 2005 angekündigten fünf Cross-border-Transaktionen planen durchschnittlich Synergien in Höhe von 17% der Kosten- und Umsatzbasis des jeweiligen Targets zu erreichen. SCH kündigte im Rahmen seiner Übernahme von Abbey National sogar an, 19% Kostensynergien (bezogen auf die Kostenbasis des Targets) und 3% Umsatzsynergien (bezogen auf den Umsatz des Targets) erreichen zu wollen. Vor 2004 hatte nur ein Cross-border-Merger Synergien von mehr als 10% angekündigt.179 Da die Banken in den vergangenen Jahren ihre Effizienz eher gesteigert als reduziert haben (und somit Wertschaffungspotenziale nicht leichter zu erzielen sind), belegt dies nachhaltig das Bestehen der zuvor beschriebenen Treiber und liefert darüber hinaus entsprechende Erfolgsbeispiele für weitere Transaktionen.
179
Vgl. Financial Times (2005).
76
2 Grundlagen der Untersuchung
2.2.4
Zusammenfassung: Der europäische Bankensektor vor einer neuen Konsolidierungswelle
Bereits in der Einleitung wurde auf die Erwartung einer Vielzahl von Kapitalmarktteilnehmern hingewiesen, die von einer weiteren paneuropäischen Konsolidierung der Bankenindustrie ausgehen. Auch Altunbas und Marqués IbánҌez (2004) sehen den Konsolidierungsprozess noch nicht als abgeschlossen an, sondern gehen im Gegenteil von einer in den kommenden Jahren weiter gehenden Konsolidierung aus.180 Vor dem Hintergrund der in den vorhergehenden Abschnitten detailliert dargestellten Hemmnisse und Treiber erscheint diese Erwartung als äußerst gerechtfertigt. Bereits die Darstellung der Entwicklung der Transaktionsvolumina und der Anzahl der Transaktionen in den vergangenen zehn Jahren deutet (mit dem hier belegten Anstieg der Cross-border-M&A-Tätigkeit) bereits klar in diese Richtung. Die beschriebenen Parallelen mit der US-Bankenindustrie, die eine entsprechende (die Bundesstaaten überschreitende) Konsolidierung bereits insbesondere in den 90er Jahren durchlaufen hat, lassen ebenfalls ein weiteres Fortschreiten der Konsolidierung erwarten. Wie in den USA ist der bereits relativ weit fortgeschrittene Deregulierungsprozess im Zuge der EU-Integration ein zentraler Treiber dieser Entwicklung. Im Rahmen dieses Prozesses haben zahlreiche bisher bestehende gesetzliche und regulatorische Hemmnisse eine deutliche Relativierung erfahren. Insgesamt kann somit konstatiert werden, dass gesetzliche Hemmnisse in einigen Bereichen (trotz der bereits weitreichenden Deregulierung) zwar noch bestehen und auch in Zukunft weiterhin bestehen werden, jedoch kaum die Wertschaffungspotenziale von Cross-border-Transaktionen reduzieren. Regulatorische und politische Hemmnisse haben in vielen Fällen eine deutlich stärkere Wirkung auf die Wertschaffung von Transaktionen, erfahren jedoch durch die aktive Haltung der EU-Institutionen sowie durch die Deregulierung eine entsprechende Einschränkung. Eine härtere Haltung der Bieterbanken kann hier ggf. helfen, Transaktionen durchzusetzen und gleichzeitig die Wertschaffung (durch Verzicht auf Zugeständnisse) sicherzustellen. Kulturelle Aspekte stellen schließlich ebenfalls eine wichtige Hürde dar, die jedoch durch entsprechende Beachtung (insb. durch einen Fokus auf Kommunikation und die Bereitschaft des Topmanagements, kulturelle Schwierigkeiten zu vermeiden) berücksichtigt werden kann. Auch die Mehrzahl der sonstigen Hemmnisse hat in den letzten Jahren eine deutliche Relativierung erfahren.
180
Altunbas und Marqués IbánҌez (2004), S. 7f.
2.2 M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Hemmnisse Gesetzliche und regulatorische Hemmnisse – Unterschiede in nationaler Gesetzgebung (bspw. Arbeitsrecht, Steuerrecht, Bankgeheimnis, Datenschutzgesetze, Outsourcing-Gesetze) – Unterschiedliche gesetzliche Regelungen in Bezug auf Ausgestaltung der Transaktion (z.B. Abwehrmechanismen/„Poison Pills“) – Starker Einfluss nationaler Regulatoren/Zentralbanken (formell/informell) – Unterschiedliche nationale Rechnungslegung Politische und kulturelle Hemmnisse – Widerstand von Regierungen/Politik und Gewerkschaften – Unterschiede in Bezug auf Kultur und Sprache Sonstige Hemmnisse – Governancestrukturen/Überkreuzbeteiligungen und damit wenige potenzielle Targets (bis 2002/2003) – Wenige erfolgreiche Cross-border-Transaktionen und schlechte Marktstimmung bis 2002/2003 – Innenorientierung/Fokus auf organisches Wachstum vieler Banken – Technische Barrieren – Komplexität/Managebarkeit
Abb. 2.5:
77
Treiber Übergreifende/makroökonomische Treiber – – – – – –
EU-Integration und übergreifende Deregulierung Integration und Globalisierung der Finanzmärkte Auftreten neuer Wettbewerber Demographische Entwicklung Wachsender internationaler Druck zur Wertschaffung Positives makroökonomisches Umfeld/positive Entwicklung der Kapitalmärkte
Industriespezifische Treiber – Hohe Konzentration nationaler Märkte – Hohe Kostensenkungs-/Effizienzsteigerungspotenziale – IT-/technologische Entwicklungen und Einsparungs-/ Synergiemöglichkeiten auf Grund hoher/gestiegener ITIntensität – Anpassungen im regulatorischen Bereich (IFRS, Basel II) Unternehmensspezifische Treiber – Beschränkte organische Wachstumsmöglichkeiten, aber hohe Wachstumserwartungen – Hohe Profitabilität und hohe Liquidität vieler Banken – Globale „Operating Models“ – Strategische Implikationen – Höhere Verfügbarkeit von Targets – Bewertungsdifferenzen zwischen gut und schlecht performenden Banken – Zunehmendes Vertrauen des Managements in M&A/ zunehmende Anzahl an Beispielen erfolgreicher Transaktionen
Überblick über zentrale Hemmnisse und Treiber eines weiter gehenden paneuropäischen Konsolidierungsprozesses181
Demgegenüber steht (wie in Abbildung 2.5 dargestellt) die beschriebene hohe Zahl von Treibern zukünftiger M&A-Transaktionen. Neben den übergreifenden/makroökonomischen Treibern sind hier insbesondere die beschriebenen industrie- und unternehmensspezifischen Faktoren (wie z.B. die bereits hohe Konzentration der nationalen Bankenmärkte, hohe Effizienzsteigerungspotenziale und Möglichkeiten zur Synergieerzielung, beschränkte organische Wachstumsmöglichkeiten bei gleichzeitig hohen Wachstumserwartungen und die hohe Profitabilität/Liquidität etc.) zu nennen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Fortsetzung der paneuropäischen Konsolidierung des Bankensektors sehr wahrscheinlich. Die Parallele zur Bankenkonsolidierung in den USA kann hier den Weg aufzeigen. Im Rahmen der zweiten Konsolidierungswelle in den 90er Jahren enstand eine relativ geringe Zahl großer Banken, die im Rahmen der zuvor erfolgten Konsolidierung in den einzelnen Bundesstaaten bzw. regional die notwendige kritische Größe erreicht hatten und sich in dieser zweiten Welle
181
Quelle: Eigene Darstellung.
78
2 Grundlagen der Untersuchung
im Zuge umfangreicher Akquisitionsprogramme als dominierende USA-weit aufgestellte Banken durchsetzten. Eine ähnliche Entwicklung mit dem Entstehen erfolgreicher paneuropäischer Konsolidierer deutet sich auch für Europa im Rahmen der jüngsten Transaktionen an.
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen „Our central message is that the analysis of long-run abnormal returns is treacherous.“ Lyon, Barber und Tsai (1999), S. 198
3.1 Ziele des Kapitels Nachdem im zweiten Kapitel neben der Begriffsdefinition und Darstellung der theoretischen Grundlagen von M&A-Transaktionen insbesondere der Status der bisherigen Konsolidierung und die wesentlichen Treiber und Hemmnisse einer erwarteten weiteren paneuropäischen Konsolidierung des Bankenmarktes herausgearbeitet wurden, soll das folgende Kapitel 3 einen Überblick über den bisherigen Stand der Forschung zum Erfolg von (europäischen) Bankentransaktionen geben. Hierzu wird in Abschnitt 3.2 zunächst der im Rahmen dieser Arbeit betrachtete Bereich der Erfolgsforschung zu M&A-Transaktionen im Bankensektor von anderen hiermit eng verbundenen Forschungsbereichen abgegrenzt. Darüber hinaus werden die wesentlichen Ansätze und Methoden zur Messung des Transaktionserfolgs dargestellt. Der Abschnitt 3.3 bildet den Schwerpunkt des Kapitels und widmet sich der Ereignisstudienmethodik, die im Rahmen dieser Arbeit verwendet wird. Neben den bereits vielfältig auch für Bankentransaktionen verwendeten kurzfristigen Ereignisstudien (insb. in den USA) liegt der Fokus hierbei auf Ereignisstudien mit mittel- und langfristigem Fokus und der entsprechenden mittel- und langfristigen Erfolgsmessung von Bankentransaktionen in Europa. Für beide Arten von Ereignisstudien (kurz- und mittel-/langfristig) werden methodische Ansätze/Modelle und statistische Testverfahren ebenso wie die Ergebnisse der bisherigen Forschung zusammengefasst und kritisch reflektiert. In Abschnitt 3.4 werden dann mit den sog. dynamischen Effizienz- und Performancestudien, den Fallstudien und den Ansätzen mit Erfolgsfokus im weiteren Sinne alternative Ansätze/Methoden der Erfolgsmessung dargestellt. Die Ergebnisse dieser Ansätze/Methoden runden das Gesamtbild zum bisherigen Stand der Forschung in Bezug auf den Erfolg von Bankentransaktionen ab.
80
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Der Abschnitt 3.5 fasst das Kapitel abschließend zusammen und beschäftigt sich auf Basis der bisherigen Forschungsergebnisse mit dem bereits in Kapitel 1 kurz angesprochenen Paradoxon einer starken Zunahme von Transaktionen zwischen europäischen Banken einerseits und dem (zumindest) aus Sicht der Käuferbank bisher nicht nachgewiesenen Erfolg bisheriger Transaktionen andererseits. Hierauf basierend werden die sich hieraus für diese Arbeit ergebenden Schwerpunkte entsprechend herausgearbeitet.
3.2 Die Erfolgsforschung zu M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie 3.2.1
Die Erfolgsforschung zu Bankentransaktionen – eine Abgrenzung
Eine Vielzahl von Untersuchungen befasst sich mit einer ebenso großen Anzahl von Aspekten in Bezug auf M&A-Transaktionen im Bankbereich. Verschiedene Autoren gehen bspw. auf das Umfeld entsprechender Transaktionen ein und betrachten vor allem die Struktur der Bankenindustrie: Berger et al. (1999) und Carow (2001) beschäftigen sich bspw. mit der Effizienz der Bankenindustrie im Allgemeinen. Andere Arbeiten fokussieren sich auf bestimmte einzelne Aspekte bzw. Charakteristika von M&A-Transaktionen im Bankbereich: Palia (1993) und Jackson und Gart (1999) legen bspw. den Fokus auf die gezahlten Prämien, während Bremke et al. (2004) schwerpunktmäßig die Integrationsphase betrachten. Im Rahmen dieser Arbeit steht im Unterschied zu den zuvor genannten Studien (mit der Betrachtung des Umfelds bzw. von Einzelaspekten) die Erfolgsforschung zu Bankentransaktionen im Fokus der Betrachtung, die einen ganz wesentlichen Teil der entsprechenden bankenbezogenen M&A-Literatur umfasst. Eine Abgrenzung dessen, was Erfolgsmessung bzw. Erfolg in Bezug auf Bankentransaktionen bedeutet, liefern Gardener und Molyneux (1998): „[…] in modern banking markets […] mergers should be judged ultimately through their impact on shareholder value.“1 Maßstab für den Erfolg einer Transaktion und Basis für deren Rechtfertigung ist hiernach der ökonomische Erfolg aus Sicht der Aktionäre. Der Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion bemisst sich dabei an der Veränderung des Anteilsbesitzes der Aktionäre, des Shareholder Value. Diese Definition von Transaktionserfolg und die Veränderung des 1
Gardener und Molyneux (1998), S. 13. Vgl. hierzu auch Beitel und Schiereck (2003), S. 3.
3.2 Die Erfolgsforschung zu M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie
81
Shareholder Value als Untersuchungsgegenstand steht nicht nur im Rahmen der Arbeit von Gardener und Molyneux, sondern bei der Mehrzahl der empirischen Studien zur Erfolgsforschung bei Bankentransaktionen im Fokus der Betrachtung und wird auch für diese Arbeit verwendet. Erfolg wird hiermit auf das wirtschaftliche Ergebnis der Transaktion aus Sicht der Aktionäre beschränkt. Dies erscheint trotz der Vielzahl von weiteren Motiven neben der Wertschaffung, die als Rechtfertigung für eine Transaktion genannt werden, und der Vielzahl weiterer in eine Transaktion involvierter Stakeholdergruppen neben den Aktionären (wie z.B. Arbeitnehmern, Kunden etc.) als sinnvoll. Campa und Hernando (2002) führen hierzu aus: Value creation for the shareholders of the target and acquiring firms is only a partial measure of the net social value generated by a corporate restructuring decision. Net social value includes other benefits such as increases in consumer welfare, or the net increase in the welfare of the other stakeholders such as workers, suppliers and communities in which the firms operate. Focusing on shareholder returns however has the advantage of being easy to observe. More decisively, they also represent the best estimate at the time of the transaction of the expected present discounted value generated by the transaction.2
Bruner (2001) ergänzt hierzu: Enhancing the welfare of shareholders is a fundamental and common objective of all firms – indeed, in the United States, corporate directors are required to implement policies consistent with shareholder welfare, usually synonymous with creating value. Fortunately, benchmarking against value creation does permit generalizations to be drawn.3
Die rigorose Messung des wirtschaftlichen Ergebnisses ist hiernach nicht nur der einzige Weg nachzuweisen, dass die verschiedenen, der Transaktion zugrunde liegenden Motive tatsächlich Wert schaffen, sondern ermöglicht auch erst eine einheitliche Definition des Transaktionserfolgs und eine entsprechende Verallgemeinerung der Forschungsergebnisse.4 Im Rahmen der Arbeiten von Pilloff und Santomero (1998), Rhoades (1994), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) wird ein Überblick über den aktuellen Stand der empirischen Erfolgsforschung zu Bankentransaktionen gegeben. Von den Autoren werden hierbei insbesondere die zentralen Ergebnisse der bereits sehr umfangreichen Arbeiten in den USA dargestellt. Beitel (2002) sowie Beitel und Schiereck 2 3 4
Campa und Hernando (2002), S. 4. Bruner (2001), S. 3. Vgl. auch Bruner (2001).
82
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
(2003) schließen in ihre Betrachtung zusätzlich auch die (relativ geringe Anzahl der) Arbeiten zum Erfolg europäischer Bankentransaktionen ein und bieten damit für diese Arbeit den wichtigsten Anknüpfungspunkt. Neben einem Überblick über die verschiedenen Ansätze/Modelle werden die zentralen Ergebnisse der Erfolgsforschung im Folgenden dargestellt. 3.2.2
Ansätze und Methoden der Erfolgsforschung im Überblick
Die Auseinandersetzung mit der Wertschaffung von M&A-Transaktionen und damit die im Fokus dieser Arbeit stehende Erfolgsforschung hat sich zu einem der vielbetrachteten Themen im Bereich der Kapitalmarktforschung entwickelt. Mit der bereits im Rahmen des vorherigen Kapitels angesprochenen Zunahme der M&A-Tätigkeit im Allgemeinen sowie im Bankensektor im Speziellen ist es in den letzten Jahren auch (insb. in den USA) zu einer entsprechenden Zunahme der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik gekommen.5 Bruner (2001) listet im Rahmen seiner Übersicht über den aktuellen Stand der Forschung zu M&A-Transaktionen die wesentlichen Ansätze und Methoden dieser bisherigen Forschung aus einer industrieübergreifenden Perspektive auf. Hierbei handelt es sich um:6 –
Ereignisstudien
–
„Accounting Studies“ (jahresabschlussbasierte Studien)
–
Befragungen von Managern
–
Fallstudien („Clinical Studies“, „Case Studies“)
Diese industrieübergreifend verwendeten Ansätze und Methoden finden sich auch in der bankenbezogenen M&A-Forschung wieder. Rhoades (1994), Pilloff und Santomero (1998), Beitel (2002) sowie Beitel und Schiereck (2003) stellen im Rahmen ihrer bereits zuvor angesprochenen Übersichten zum Stand der erfolgsbezogenen M&AForschung im Bankensektor drei alternative Ansätze/Methoden vor, die im Rahmen der Mehrzahl empirischer Arbeiten zum Erfolg von M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie verwendet werden:7
5 6 7
Vgl. Sudarsanam und Mahate (2003), S. 299. Vgl. Bruner (2001) für eine detailliertere Darstellung der einzelnen Ansätze/Methoden. Vgl. Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) für diese Unterscheidung der Ansätze/ Methoden. Rhoades (1994) und Pilloff und Santomero (1998) differenzieren im Rahmen ihrer
3.2 Die Erfolgsforschung zu M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie
83
1) Kapitalmarktorientierte Ereignisstudien 2) Performancestudien 3) Dynamische Effizienzstudien Diese drei Ansätze/Methoden finden im Rahmen der angesprochenen, bereits relativ umfassenden empirischen Forschung in den USA in der Mehrzahl der entsprechenden Arbeiten Verwendung und auch die anzahlmäßig deutlich geringeren Studien mit Fokus auf Europa greifen auf diese drei Ansätze/Methoden zurück. Kapitalmarktorientierte Ereignisstudien, Performance- und dynamische Effizienzstudien bilden damit das entsprechende methodische Fundament für die bisherigen Forschungsergebnisse, die in den folgenden Abschnitten vertieft werden. Während sich die Übersichten auf die Ergebnisse dieser, in der überwiegenden Mehrzahl der bisherigen Arbeiten verwendeten drei Ansätze/Methoden beschränken, ist zusätzlich auf methodische Weiterentwicklungen sowie auf alternative Ansätze und Methoden der Erfolgsforschung hinzuweisen. Methodische Weiterentwicklungen sind vor allem im Bereich der Ereignisstudienmethodik festzustellen. Während sich die Mehrzahl der bisherigen Ereignisstudien auf die Betrachtung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion innerhalb weniger Tage um die Ankündigung einer Transaktion beschränkt, setzt sich eine zunehmende Anzahl von Arbeiten mit der Betrachtung der mittel- und langfristigen Performance nach entsprechenden Transaktionen auseinander und leitet hierbei wichtige Implikationen über die nachhaltige Wertschaffung ab. Ergänzt werden diese durch alternative Ansätze/Methoden der Erfolgsforschung. Hierzu zählen u.a. Befragungen des Managements, Fallstudien und sog. Cross-regime-Studien. Befragungen des Managements spielen im Bereich der hier betrachteten Bankentransaktionen eine untergeordnete Rolle und erfahren vor diesem Hintergrund im Rahmen dieser Arbeit keine weiter gehende Betrachtung.8 Fallstudien, die einzelne Bankentransaktionen u.a. hinsichtlich der erreichten Wertschaffung und der Erfolgsfaktoren analysieren, sind zwar bisher auch in den USA nur in einer relativ geringen Anzahl von Arbeiten verwendet worden, liefern aber wichtige Ergebnisse für die hier behandelte Forschungsfrage. Gleiches gilt für alternative Ansätze/Methoden der Erfolgsforschung im weiteren Sinne: Cross-regime Studies vergleichen bspw. verschie-
8
Übersichten nicht zwischen Performance- und dynamischen Effizienzstudien, sondern fassen diese unter „Accounting Studies“ zusammen. Vgl. Beitel und Schiereck (2003), S. 4.
84
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
dene Bankenmärkte miteinander und zeigen die Implikationen zunehmender Konsolidierung insbesondere in Bezug auf die Effizienz dieser Bankenmärkte auf. Auf Grund der hohen Relevanz dieser methodischen Weiterentwicklungen ebenso wie der alternativen Ansätze/Methoden für die hier behandelte Forschungsfrage beschränkt sich diese Arbeit – wie im Rahmen der Einleitung bereits angedeutet – nicht auf die klassischen Ansätze (kurzfristige Ereignisstudien und Performance-/dynamische Effizienzstudien), sondern geht auf die Ergebnisse der bisherigen Forschung auf Basis der weiterentwickelten Ansätze sowie der alternativen Ansätze/Methoden ein und verwendet die mittel-/langfristige Ereignisstudienmethodik sowie den Fallstudienansatz im Rahmen der empirischen Betrachtung, um robustere Ergebnisse in Bezug auf die hier behandelte Forschungsfrage zu erreichen. Erst durch dieses Vorgehen ist – wie im Folgenden deutlich wird – eine Beurteilung der nachhaltigen Wertschaffung von M&A-Transaktionen in der (europäischen) Bankenindustrie möglich.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 3.3.1
Der Ereignisstudienansatz im Überblick
Ereignisstudien haben sich für die Kapitalmarktforschung über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte zu einem zentralen Instrument entwickelt. Fama (1991) und Peterson (1989) beschreiben die Bedeutung des Ereignisstudienansatzes wie folgt: – […] there was little evidence on the central issues of corporate finance. Now we are overwhelmed with results, mostly from event studies.9 – Event study methodology is one of the most frequently used analytical tools in financial 10 research.
Ziel der somit in der Forschung bereits fest verankerten Ereignisstudienmethodik ist es, den Einfluss firmenspezifischer Ereignisse auf den Kurs und damit auf den Shareholder Value und das Vermögen der Aktionäre zu bestimmen: – Event studies examine the behavior of firms’ stock prices around corporate events.11 – The objective of an event study is to assess whether there are any abnormal or excess returns earned by security holders accompanying specific events (e.g., earnings announcements, 9 10 11
Fama (1991), S. 1600. Peterson (1989), S. 36. Kothari und Warner (2004), S. 4.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
85
merger announcements, stock splits) where an abnormal or excess return is the difference between observed return and that appropriate given a particular return generating model.12
Maßstab für den Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion ist somit – wie auch bereits im Rahmen der vorhergehenden Abgrenzung der Erfolgsforschung beschrieben – die Veränderung des Anteilsbesitzes der Aktionäre, des Shareholder Value. Eine positive Veränderung des Shareholder Value stellt damit erst die ultimative Rechtfertigung für eine Transaktion dar. Neben der Beurteilung des Erfolgs einzelner Transaktionen ergibt sich aus der aggregierten Betrachtung einer Vielzahl von Transaktionen im Rahmen von Ereignisstudien auch ein grundsätzlich verbessertes Verständnis der Wertwirkung von Unternehmensentscheidungen (wie z.B. M&A-Transaktionen) und trägt damit zur Fundierung zukünftiger Entscheidungen bei.13 Auch in anderen Bereichen, z.B. im Rechtsbereich bzw. im Bereich der Makroökonomik, finden diese aggregierten Ergebnisse ebenfalls Verwendung – z.B. um den Einfluss entsprechender Entscheidungen (z.B. regulatorische Maßnahmen) zu bemessen. Gleichzeitig spielen Ereignisstudien, die sich auf die Messung der mittel-/langfristigen Wertschaffung fokussieren, eine wichtige Rolle für die Kapitalmarktforschung. Da das Auftreten mittel-/langfristiger abnormaler Renditen im Zeitverlauf nach der Transaktion der Annahme effizienter Märkte widerspricht, stellen diese mittel-/langfristigen Studien auch implizit einen Test der Markteffizienz dar. Konsistent mit der Annahme effizienter Märkte sind hiernach nur abnormale Renditen zum Zeitpunkt der Ankündigung der Transaktion, die eine (zu diesem Zeitpunkt) nicht antizipierte Wertschaffung widerspiegeln und entsprechend auch mittel-/langfristig Bestand haben. Gleiches gilt für im Zeitverlauf auftretende abnormale Renditen, die bspw. aus Änderungen der Rahmenbedingungen der Transaktion resultieren.14 Die Messung der Veränderung des Shareholder Value in Form der entsprechenden Kapitalmarktreaktion findet im Rahmen des Ereignisstudienansatzes dabei anhand sog. abnormaler Renditen (AR) als positive oder negative Abweichungen von der erwarteten Aktienrendite des Unternehmens statt, das ein Ereignis erfährt:15
12 13 14 15
Peterson (1989), S. 36. Vgl. hierzu auch Kothari und Warner (2004), S. 4. Vgl. Brown und Warner (1980) und Fama (1991 und 1998) sowie die folgenden Ausführungen. Die folgende Darstellung beruht auf Brown und Warner (1980). Vgl. auch Kothari und Warner (2004) und Beitel (2002).
86
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
R it
K it AR it
(3.1)
Die Rendite Rit eines Ereignisunternehmens, das zum (Ereignis-)Zeitpunkt t = 0 ein Ereignis erfährt, ergibt sich hiernach als die Summe aus der „normalen“ oder erwarteten Rendite Kit und der abnormalen oder unerwarteten Rendite ARit. Die erwartete Rendite ist dabei die Rendite, die ohne das Auftreten des Ereignisses (z.B. der hier betrachteten M&A-Transaktionen) zu erwarten gewesen wäre. Sie bildet ab, was Investoren an diesem Tag zur Abgeltung der allgemeinen Marktrisiken als risikogerechte Kompensation in Form einer entsprechenden Rendite verlangt hätten. Zur Ermittlung dieser erwarteten Rendite bedarf es eines Modells (wie z.B. des CAPM). Auf die Vielzahl der hierfür in der Literatur diskutierten Ansätze/Modelle zur Abbildung der erwarteten Rendite sowie auf die Art der Berechnung wird in den folgenden Abschnitten eingegangen.16 Die abnormale Rendite ergibt sich damit als Differenz zwischen beobachteter und erwarteter Rendite. Sie ist die direkte Maßgröße für die gesuchte Veränderung des Shareholder Value/die realisierte Wertschaffung bzw. Wertvernichtung durch das betrachtete Ereignis.17 Die abnormalen Renditen werden hierbei über einen bestimmten entsprechend definierten Zeitraum (das sog. Ereignis- oder Eventfenster um den Ereigniszeitpunkt t = 0) gemessen.18 Für die Festlegung des Ereigniszeitpunktes ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte: Insbesondere die Ankündigung bzw. die Komplettierung des Ereignisses (bspw. basierend auf dem Zeitpunkt der Kommunikation des Ereignisses gegenüber dem Kapitalmarkt oder dem Inkrafttreten auf Grund gesetzlicher/regulatorischer Änderungen) werden hierbei in der Literatur verwendet.19 Das Ereignisfenster wird dabei so gewählt, dass der mit dem Ereignis verbundene Werteffekt erfasst wird. Die Festlegung der geeigneten Länge dieses Ereignisfensters hängt dabei von der spezifischen Fragestellung ab. Grundsätzlich sieht man sich hierbei allerdings mit dem Trade-off konfrontiert, das Ereignisfenster so festzulegen, dass bereits vor dem eigentlichen Bekanntwerden des Ereignisses Insiderinformationen und die hieraus resultierenden Werteffekte erfasst werden, gleichzeitig aber die Ermittlung der abnormalen Renditen
16 17 18 19
Vgl. auch Peterson (1989). Vgl. Bruner (2001), S. 3. Vgl. Beitel und Schiereck (2003), S. 5. Vgl. Peterson (1989), S. 37.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
87
nicht durch andere, das betrachtete Ereignis nicht betreffende, idiosynkratische Effekte/Ereignisse fälschlicherweise beeinflusst wird. Während die Berücksichtigung eines „Durchsickerns“ von Informationen für eine Ausweitung der Ereignisperiode spricht, bewirkt dies eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber der fälschlichen Berücksichtigung anderer idiosynkratischer Effekte.20 Im Fokus dieser Arbeit steht die Betrachtung der Veränderung des Shareholder Value nach M&A-Transaktionen in Form der mit der Transaktion verbundenen durchschnittlichen abnormalen Renditen, d.h. der durchschnittlichen abnormalen Kapitalmarktreaktion. Ereignisstudien können sich aber auch mit anderen Aspekten beschäftigen, wie z.B. der Varianz der Renditen oder den Handelsvolumina.21 Bereits seit Ende der 60er Jahre (zurückgehend auf eine erste Arbeit von Fama et al. (1969)) ist dieser Event-Study-Ansatz zur Messung der Kapitalmarktreaktion etabliert und hat sich zu dem beschriebenen wichtigen Ansatz der empirischen Kapitalmarktforschung entwickelt. Kothari und Warner (2004) geben in diesem Zusammenhang einen Überblick über die Verwendung des Ereignisstudienansatzes in der Literatur: Über einen Zeitraum von 1974 bis 2000 betrachten sie fünf führende wissenschaftliche Zeitschriften und finden 565 Ereignisstudien mit Fokus auf die kurz- bzw. mittel-/langfristige Performance nach unternehmensspezifischen Ereignissen.22 In den 80er Jahren konstatieren sie hierbei eine zunehmende Verwendung des Ansatzes, der bis heute auf diesem (hohen) Niveau stabil ist. Dieser kleine Ausschnitt (auf Basis der Betrachtung von nur fünf Zeitschriften) unterstreicht noch einmal die Bedeutung des Ansatzes. Dieser somit häufig verwendete Ansatz kann dabei auch inhaltlich als über Zeit relativ stabil angesehen werden. Kothari und Warner (2004) weisen trotz der Beibehaltung der zuvor beschriebenen Grundstruktur zur Messung der abnormalen Renditen jedoch auf zwei Erweiterungen hin:23 –
Statt zunächst im Rahmen früherer Arbeiten verwendeter monatlicher Renditedaten finden im Zeitverlauf zunehmend tägliche Renditedaten Verwendung, die
20
Vgl. Peterson (1989). Vgl. hierzu bspw. Patell (1976), Beitel (2002), S. 75 und Kothari und Warner (2004). Bei den betrachteten Journals handelt es sich um: Journal of Business, Journal of Finance, Journal of Financial Economics, Journal of Financial and Quantitative Analysis und Review of Financial Studies. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 6f. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 8f.
21 22
23
88
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
eine exaktere Messung der abnormalen Renditen über verschiedene Ereignisfenster ermöglichen. –
Sowohl für die Ereignisstudien mit Fokus auf die kurzfristige Kapitalmarktreaktion innerhalb weniger Tage um die Ankündigung des betrachteten Ereignisses als auch für die bereits angesprochenen Ereignisstudien, die die mittel-/langfristige Performance betrachten, wurden die Modelle und methodischen Ansätze weiterentwickelt. Diese Weiterentwicklung ist besonders stark im Bereich der mittel- und langfristigen Performancemessung: Die verwendeten Modelle/Benchmarks zur Ermittlung der erwarteten Rendite wurden so durch neue Modelle (wie z.B. das Fama-French-Drei-Faktor-Modell und das Carhart-Modell) deutlich erweitert.24 Eine ebenso deutliche Weiterentwicklung haben die verwendeten statistischen Testverfahren insbesondere seit den 80er Jahren erfahren. Aufbauend auf den Arbeiten von Brown und Warner kann die seither entwickelte Methodik für kurzfristige Ereignisstudien als heute stabil angesehen werden. Die langfristige Performancemessung erfährt jedoch aktuell noch eine (als nicht abgeschlossen anzusehende) Diskussion insbesondere über die geeignete Gestaltung der Testverfahren.
Diese Weiterentwicklungen der Ereignisstudienmethodik finden im Rahmen dieser Arbeit sowohl im folgenden Überblick über Methodik und Forschungsergebnisse als auch im Rahmen der empirischen Analyse europäischer Bankentransaktionen ihre Berücksichtigung. 3.3.2 3.3.2.1
Ereignisstudien mit kurzfristigem Fokus Forschungsansatz/Methodik
Kurzfristige Ereignisstudien gehören – wie der vorhergehende Abschnitt unterstrichen hat – heute zu den zentralen Instrumenten der internationalen Kapitalmarktforschung. Nach Fama (1991) liefern die Ergebnisse dieser Arbeiten „the cleanest evidence we have on efficiency“25 und vermitteln einen klaren Überblick über die im Rahmen der jeweils betrachteten Ereignisse erzielte Wertschaffung. Während im Bereich der mittel- und langfristigen Performancemessung die Diskussion über die geeigneten Ansät-
24
25
Vgl. Lyon et al. (1999), Fama und French (1993), Fama (1998), Mitchell und Stafford (2000) und Carhart (1997). Fama (1991), S. 1602.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
89
ze/Methoden als noch nicht abgeschlossen angesehen werden muss, greifen kurzfristige Ereignisstudien dabei auf eine als stabil anzusehende Methodik zurück, die im Folgenden dargestellt wird. Grundmodelle kurzfristiger Ereignisstudien im Überblick Zur Ermittlung des Erfolgs im Rahmen kurzfristiger Ereignisstudien wird – entsprechend der zuvor beschriebenen Formel – die Veränderung des Shareholder Value in Form abnormaler Renditen (AR) innerhalb weniger Tage um die Ankündigung bzw. Komplettierung des jeweiligen Ereignisses betrachtet: R it
K it AR it
(3.2)
Die abnormale Rendite ARit einer Aktie i über einen Zeitraum t ergibt sich damit als Differenz zwischen der beobachtbaren, tatsächlichen Aktienrendite Rit und der erwarteten Aktienrendite Kit.26 Zur Berechnung der erwarteten Rendite werden in der Literatur verschiedene Ansätze verwendet. Diese basieren im Wesentlichen auf drei Grundmodellen:27 –
Das Marktmodell oder Market and Risk Adjusted Return Model
–
Das Durchschnittsbereinigte Modell oder Mean Adjusted Return Model
–
Das Marktbereinigte Modell oder Market Adjusted Return Model
Das Marktmodell ist das in der Literatur am häufigsten verwendete Modell.28 Hierbei wird – basierend auf dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) – eine lineare Beziehung zwischen der Renditeentwicklung einer Aktie i und der Renditeentwicklung des Gesamtmarktes RMt in der folgenden Form unterstellt:29 R it
D i Ei R Mt H it
(3.3)
Di stellt hierbei die unsystematische Aktienrendite des Unternehmens i dar, die nicht durch die Marktentwicklung erklärt werden kann. Ei bemisst das systematische Aktienrisiko und damit die systematische Rendite, die auf die Marktentwicklung zurückge26 27 28
29
Vgl. Peterson (1989), S. 42f. Vgl. Beitel (2002), S. 76ff. und Peterson (1989), S. 39ff. und Brown und Warner (1985), S. 6f. Vgl. Beitel und Schiereck (2003), S. 6. Für die folgenden Ausführungen vgl. insbesondere Beitel (2002). Vgl. auch Beitel (2002).
90
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
führt werden kann. Hi stellt schließlich den statistischen Fehlerterm dar, für den gilt:
¦ H it 0 . Die Parameter Di und Ei der Regressionsgleichung werden hierbei für die Berechnung der erwarteten Rendite zunächst mittels einer (linearen) OLS-Regression geschätzt. Hierzu werden die tatsächlichen Renditen für ein ausreichend großes Zeitintervall (z.B. von einem Jahr oder 252 Handelstagen) vor dem betrachteten Ereignisfenster verwendet.30 Auf Basis der Schätzung der Regression ergeben sich dann entsprechende Schätzer Dˆ und Eˆ , die die Grundlage für die Berechnung der entsprei
i
chenden erwarteten Renditen bilden: Rˆ it
Dˆ i Eˆ i R Mt
(3.4)
In Anbetracht von nicht synchronem Handel/Handelsverzögerungen besteht jedoch die Gefahr, dass diese Parameterschätzungen „biased“ und inkonsistent sind.31 Um diesem Problem vorzubeugen, werden in der Literatur verschiedene alternative Ansätze vorgeschlagen. Am besten etabliert sind hierbei die von Scholes und Williams (1977) und Dimson (1979) vorgeschlagenen Anpassungen. Brown und Warner (1985) vergleichen diese Anpassungen mit der klassischen OLS-Regression zur Schätzung der Parameter des Marktmodells. Hierbei kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Anpassungen nach Scholes und Williams (1977) und Dimson (1979) zwar die Biases der OLS-Regression reduzieren, dass aber Spezifikation und „Power“ der Tests auf abnormale Renditen vergleichbar mit denen des OLS-Marktmodells sind. Sie führen hierzu aus: „[…] there is no evidence that procedures other than OLS improve either the specification or the power of the tests.“32 Es finden sich somit zwar Belege für das Bestehen der beschriebenen Biases, die Anpassungen/alternativen Modelle zur Schätzung des Marktmodells bringen nach Brown und Warner (1985) jedoch keine klare Verbesserung bei der Ermittlung abnormaler Renditen, so dass im Rahmen dieser Arbeit auf eine entsprechende Verwendung der Anpassungen verzichtet wird.
30
31
32
Die typische Länge der Schätzperiode beträgt i.d.R. zwischen 100 und 300 Tagen, die Ereignisperiode i.d.R. zwischen 21 und 121 Tagen. Vgl. Peterson (1989), S. 38. Vgl. Brown und Warner (1985), S. 5 und S. 16ff., Peterson (1989), S. 39, Dimson (1979), S. 179 und Scholes und Williams (1977), S. 324. Brown und Warner (1985), S. 18.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
91
Darüber hinaus hat das Marktmodell zahlreiche weitere Anpassungen und Ergänzungen erfahren. Anstelle des (lokalen) Marktindex wird im Rahmen zahlreicher Arbeiten (bspw. bei Beitel (2002) und bei Neely (1987)) der (lokale) Branchenindex verwendet. Diesem Vorgehen wird auch im Rahmen dieser Arbeit gefolgt. Brown und Warner (1980) führen jedoch aus, dass die Wahl des Vergleichsindex nicht zu drastisch divergierenden Ergebnissen führt. Andere Arbeiten verwenden statt nur eines Index (Markt- oder Branchenindex) zwei Indizes (i.d.R. eine Kombination aus Marktund Branchenindex). Cybo-Ottone und Murgia (2000) zeigen jedoch, dass auch hieraus keine qualitative Verbesserung der Ergebnisse resultiert. Auf weitere Anpassungen bzw. Ausgestaltungsformen des Marktmodells (z.B. die CAPM-Variante) wird hier nicht eingegangen.33 Im Rahmen des zweiten Modells zur Ermittlung der erwarteten Rendite, dem durchschnittsbereinigten Modell oder dem Mean Adjusted Return Model – das u.a. von Hawawini und Swary (1990) und Sudarsanam und Mahate (2003) verwendet wird – wird die erwartete Rendite als der Mittelwert der Aktienrenditen des hierzu betrachteten Zeitintervalls vor dem betrachteten Ereignisfenster geschätzt. Für ein Zeitintervall von k Tagen (beginnend am Tag l vor dem Ereignisfenster und endend am Tag l + k vor dem betrachteten Ereignisfenster) ergibt sich die geschätzte erwartete Rendite als:34 l k
¦ R it
Rˆ it
Ri
l
(3.5)
k
Das dritte und einfachste Modell zur Ermittlung der erwarteten Renditen ist das Marktbereinigte Modell oder Market Adjusted Return Model.35 Hierbei ergibt sich die erwartete Aktienrendite Rˆ durch einfache Bereinigung um die Marktrendite RMt:36 it
Rˆ it
33 34 35 36
R Mt
(3.6)
Vgl. hierzu Beitel (2002), S. 77. Vgl. Beitel (2002). Dieses wird bspw. auch von Sudarsanam und Mahate (2003) und Kane (2000) verwendet. Hiermit ist das marktbereinigte Modell ein Sonderfall des Marktmodells bei Di = 0 und Ei = 1. Vgl. Beitel (2002), S. 78.
92
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Neben diesen drei Kernmodellen zur Ermittlung der erwarteten Rendite existieren zahlreiche weitere Ansätze/Modelle und ebenso viele Varianten auch in Bezug auf bspw. die Wahl des Ereigniszeitpunktes, die Festlegung der Ereignisfenster etc.37 Grundsätzlich gilt jedoch, dass auf Grund der Betrachtung eines relativ kurzen Ereignisfensters im Rahmen kurzfristiger Ereignisstudien kein großer Einfluss bzw. keine große Fehleranfälligkeit durch das verwendete Modell gegeben ist.38 In ihrem Vergleich mehrerer Ereignisstudienmodelle finden Cable und Holland (1999) so eine leichte Überlegenheit des klassischen Marktmodells.39 Da dieses zusätzlich die genannte breite Anwendung in der Literatur erfährt und als entsprechend etabliert anzusehen ist, wird auch im Rahmen dieser Arbeit auf das Marktmodell zurückgegriffen. Auf Basis der so beschriebenen Modelle lassen sich die abnormalen Renditen für ein betrachtetes Ereignisunternehmen ermitteln. Ziel der Ereignisstudien ist es jedoch, für ein gesamtes Sample von Ereignisunternehmen festzustellen, ob abnormale Renditen vorliegen. Hierzu bestände bspw. die Möglichkeit, die gesamte Verteilung der abnormalen Renditen aus einem Vergleich der erwarteten und der tatsächlichen Renditeverteilung abzuleiten. In der Literatur wird allerdings vereinfachend fast ausschließlich der Durchschnitt der Verteilung der abnormalen Renditen betrachtet.40 Da die Ereignisse für das betrachtete Sample zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kalenderzeit anfallen, ist es zur Ermittlung der durchschnittlichen abnormalen Renditen notwendig, zunächst eine Transformation von Kalender- in Ereigniszeit vorzunehmen. Hierbei wird der Ereignistag als t = 0 gesetzt, um Aussagen zur durchschnittlichen Entwicklung ableiten und entsprechende Aggregationen vornehmen zu können.41 Die durchschnittlichen abnormalen Renditen ergeben sich dann als:42 AR t
37 38
39
40 41 42
1 N ¦ AR it Ni 1
(3.7)
Vgl. Beitel (2002), S. 79f. Vgl. Brown und Warner (1980). Dies ändert sich – wie im folgenden Abschnitt deutlich werden wird – jedoch bei mittel-/langfristigen Ereignisstudien. Hier kommt der Auswahl des verwendeten Modells entscheidende Bedeutung zu. Auch Brown und Warner (1985) präferieren das Marktmodell zusammen mit dem marktbereinigten Modell gegenüber dem durchschnittsbereinigten Modell. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 10. Vgl. Beitel (2002), S. 78f. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 11 und Peterson (1989), S. 45.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
93
Die durchschnittliche abnormale Rendite an einem Tag t für ein Portfolio von N Unternehmen, AR t , ergibt sich somit als der arithmetische Durchschnitt der AR it für
diesen Tag t.43 Oft ist es von Interesse, den kumulativen Effekt eines Ereignisses zu betrachten: Hierzu werden die durchschnittlichen abnormalen Renditen AR t der einzelnen Tage über mehrere Tage des jeweils betrachteten Ereignisfensters kumuliert und die sog. Cumulative Abnormal Returns (CARs) abgeleitet. Für ein Ereignisfenster von T = [t1; t2] ergeben sich diese als:44 t2
CAR t 1 ; t 2
¦ AR t wobei: t T = [t1; t2]
(3.8)
t1
Anhand der so ermittelten abnormalen Renditen lässt sich im Rahmen der hier betrachteten M&A-Transaktionen sowohl für das Target als auch für die Bieterbank die im Rahmen der Transaktion realisierte Wertschaffung ermitteln. Pilloff und Santomero (1998) führen jedoch aus, dass diese Perspektive zu ergänzen ist: „[…] in order to measure the overall anticipated gains resulting from a merger, the value-weighted average of bidder and target abnormal returns must be analyzed“.45 Hiernach ergibt sich die für die Beurteilung des Erfolgs der Transaktion letztendlich relevante Gesamtwertschaffung der Combined Entity oder gemeinsamen Einheit aus Target und Bieterbank als marktwertadjustierte/marktwertgewichtete Veränderung des Shareholder Value. Diese errechnet sich für die Combined Entity aus Käuferbank K und Target G als:46 AR t , Transaktion
AR tK MVtK AR tG MVtG MVtK MVtG
wobei: MVtK : Marktwert der Käuferbank am Tag t MVtG : Marktwert des Targets am Tag t
43 44 45 46
Vgl. Peterson (1989), S. 45. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 12 und Peterson (1989), S. 46. Pilloff und Santomero (1998), S. 62f. Eine alternative Form der Berechnung findet sich bei DeLong (2003).
(3.9)
94
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Die Gesamtwertschaffung einer Transaktion wird somit als marktwertgewichteter Durchschnitt der abnormalen Renditen von Target und Bieterbank bestimmt. Hiermit wird die absolute ebenso wie die relative Veränderung des Shareholder Value/der Wertschaffung durch die Transaktion ablesbar. Dieser Ausweis der Gesamtwertschaffung erfolgt inzwischen in einer Vielzahl von Arbeiten (bspw. bei Hannan und Wolken (1989), Zhang (1995), Houston und Ryngaert (1997), Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Beitel (2002)) und kann entsprechend als Standard angesehen werden. Klassische statistische Testverfahren kurzfristiger Ereignisstudien
Ziel der Ereignisstudien ist es, auf Basis des betrachteten Samples an Unternehmen verallgemeinerbare Ergebnisse bez. der durch die Transaktion realisierten Wertschaffung zu erzielen. Um diese Verallgemeinerungen der Ergebnisse zu ermöglichen, ist eine Analyse der statistischen Signifikanz der abnormalen Renditen anhand entsprechender parametrischer und nicht parametrischer Tests erforderlich.47 Diese Testverfahren, die im Folgenden vorgestellt werden, testen dabei die Nullhypothese (H0), dass keine abnormalen Renditen vorliegen, gegen die Gegenhypothese (H1), dass abnormale Renditen vorliegen. Hierzu werden die entsprechenden Teststatistiken für das betrachtete Ereignissample berechnet und mit einer Verteilung dieser Teststatistiken unter der Nullhypothese keiner abnormalen Renditen verglichen. Die Nullhypothese wird dann angenommen (und die Gegenhypothese entsprechend abgelehnt), wenn die Teststatistik hierbei einen festgelegten kritischen Wert (bspw. auf 5%-Niveau) überschreitet. Auf Grund der beschriebenen ungerichteten Gegenhypothese (des Vorliegens abnormaler Renditen) handelt es sich bei allen im Folgenden vorgestellten parametrischen Tests um zweiseitige Tests, da sowohl positive als auch negative abnormale Renditen auftreten können (bei der genannten Nullhypothese keiner abnormalen Renditen).48
47 48
Vgl. Peterson (1989), S. 43. Vgl. zu zweiseitigen Tests bei ungerichteten Gegenhypothesen bzw. einseitigen Tests bei gerichteten Gegenhypothesen bspw. Bortz (1993), S. 112ff. Bei allen im Folgenden (auch für die mittelund langfristige Performancemessung) vorgestellten parametrischen Tests sowie bei den im Rahmen des Kapitels 4 (der empirischen Analyse) verwendeten parametrischen Tests handelt es sich somit um zweiseitige Tests.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
95
Im Rahmen dieser Testverfahren ist es erforderlich, in einem ersten Schritt die abnormalen Renditen um statistische Fehler bei der Berechnung der erwarteten Renditen zu standardisieren. Hierzu erfolgt nach Dodd und Warner (1983) die Berechnung von sog. Standardised Abnormal Returns (SARs). Man spricht bei diesem auch von Brown und Warner (1985) verwendeten Verfahren von der „Standardised-Residual-Methodik“, die auf die Arbeit von Patell (1976) zurückgeht.49 Hierbei werden die abnormalen Renditen der Aktie i am Tag t mit dem Standardfehler der Ereignisperiode („Standard Error of the Forecast“50) standardisiert: SAR it
AR it SD Eit
(3.10)
Im Falle der Durchführung einer einfachen Regression zur Ermittlung der erwarteten Renditen wird der „Standard Error of the Forecast“ vereinfachend auf Basis des Standardfehlers der Schätzung der Regression (basierend auf den entsprechenden Renditen der Schätzperiode) ermittelt. Der Standardfehler der Schätzung ergibt sich hierbei als: T
¦ R ij Rˆ ij SD Si
j 1
T 2
(3.11)
wobei: SDSi:
Standardfehler der Schätzung für Aktie i
Rij:
Tatsächlich realisierte Rendite der Aktie i am Tag j innerhalb der Schätzperiode [–272; 21] Tage
Rˆ ij :
Erwartete Rendite der Aktie i am Tag j innerhalb der Schätzperiode [–272; 21] Tage
T:
Anzahl der Tage der Schätzperiode (hier: 252 Tage)
Der gesuchte Standardfehler der Ereignisperiode („Standard Error of the Forecast“) ergibt sich durch leichte Anpassungen des Standardfehlers der Schätzung. Diese Anpassung erfolgt, um die Abweichungen der unabhängigen Variable (der Marktrendite) in der Ereignisperiode von den Werten, die im Rahmen der Regression zur Schätzung 49 50
Vgl. Boehmer et al. (1991), S. 255. Peterson (1989), S. 43.
96
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
der Parameter in der Schätzperiode verwendet wurden, darzustellen.51 Konkret ergibt sich der Standardfehler der Ereignisperiode (für das OLS-Marktmodell) am Tag t für ein Unternehmen i als: ª « 1 « R Mt R M 2 SD Si 1 « T T « ¦ R Mj R M 2 «¬ j 1
SD Eit
º » » » » »¼
(3.12)
wobei: SDEit: Standardfehler der Ereignisperiode („Standard Error of the Forecast“) für Unternehmen i am Tag t in der Ereignisperiode, t T = [–20; +20] SDSi: Standardfehler der Schätzung für Aktie i über T Perioden in der Schätzperiode [–272; 21] Tage T:
Anzahl der Tage der Schätzperiode (hier: 252 Tage)
RMj: Rendite des Marktindex am Tag j innerhalb der Schätzperiode [–272; –21] Tage RMt: Rendite des Marktindex am Tag t innerhalb der Ereignisperiode, t T = [–20; +20] RM:
Durchschnittliche Rendite des Marktindex während der Schätzperiode
Auf Basis dieser so ermittelten Standardised Abnormal Returns (SARs) werden für die abnormalen ebenso wie für die kumulierten abnormalen Renditen Signifikanztests durchgeführt (wie von Dodd und Warner (1983) beschrieben). Für n untersuchte Transaktionen an einem Tag t innerhalb des Ereignisfensters ergibt sich die Teststatistik hierbei als:52 Z
51 52
n
1 n AR it ¦ n i 1SD Eit
(3.13)
Vgl. Beitel (2002), S. 163, Dodd und Warner (1983), S. 436 und Peterson (1989), S. 44. Vgl. Dodd und Warner (1983), S. 436f. Brown und Warner verwenden hierbei eine Approximation für den Nenner der Teststatistik, der auch im Rahmen dieser Arbeit Verwendung findet. Vgl. für die exakte Formel Boehmer et al. (1991), S. 258.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
97
Unter der Annahme, dass die ereignisinduzierte Varianz insignifikant und die (standardisierten) abnormalen Renditen unabhängig53 und identisch normalverteilt54 sind, folgt die Teststatistik einer Standardnormalverteilung (N(0; 1)).55 Die Teststatistik bietet damit direkten Aufschluss, ob sich die gemessenen abnormalen Renditen signifikant vom Erwartungswert null unterscheiden und abnormale Renditen und eine entsprechende Wertschaffung/-vernichtung vorliegen. Für die kumulierten abnormalen Renditen (CARs) ergibt sich die Teststatistik nach Dodd und Warner (1983) als:56 Z
t2 § n AR it n 1 ¦ ¨¨ ¦ n SD t1; t 2 t t 1 © i 1 Eit
>
@
· ¸ ¸ ¹
(3.14)
Diese Teststatistik wird im Rahmen einer Vielzahl jüngerer Arbeiten (bspw. Beitel (2002), DeLong (2001a) und Siems (1996)) verwendet und findet auch im Rahmen dieser Arbeit entsprechende Anwendung. Für die gemeinsame Einheit (Combined Entity) aus Käuferbank und Target erfolgt ebenfalls die Verwendung der beiden beschriebenen Teststatistiken. Die Transaktionsrendite als marktwertgewichteter Durchschnitt der abnormalen Renditen von Käuferbank und Target ergibt sich – wie zuvor beschrieben – gemäß Gleichung (3.9). Der Standardfehler der Ereignisperiode für die Combined Entity/die gemeinsame Transaktionsrendite wird nach Houston und Ryngaert (1994) und Beitel (2002) ermittelt als:57
53
54
55
56
57
Für das Sample wird „Cross-sectional Independence“ angenommen. Vgl. Dodd und Warner (1983), S. 436f. und Brown und Warner (1985), S. 28. Eine Überprüfung der Normalverteilung kann mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests durchgeführt werden. Vgl. Brown und Warner (1980), S. 219 und Beitel (2002), S. 169f. Vgl. hierzu Brown und Warner (1985). Diese führen aus, dass sich die durchschnittlichen abnormalen Renditen mit zunehmender Anzahl von betrachteten Ereignisunternehmen der Normalverteilung annähern. Vgl. Dodd und Warner (1983), S. 437 und Beitel (2002), S. 163. Auch diese Teststatistik folgt entsprechend einer Standardnormalverteilung (N(0; 1)). Vgl. Houston und Ryngaert (1994), S. 1175 und Beitel (2002), S. 163f.
98
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
SD Eit
2 ª§ · § MV jG MV jK «¨ ¸ SD EtG 2 ¨ ¨ MV jG MV jK «¨ MV jG MV jK ¸ ¹ © «© « § · § · MV jG MV jK ¸¨ ¸ U GK «2 ¨ «¬ ¨© MV jG MV jK ¸¹ ¨© MV jG MV jK ¸¹
1
2
º 2 » » » (3.15) » SD EtG 2 SD EtK 2 » »¼
· ¸ SD EtK 2 ¸ ¹
wobei: MV jG :
Marktkapitalisierung des Targets zum Zeitpunkt t = –21
MV jK :
Marktkapitalisierung der Käuferbank zum Zeitpunkt t = –21
SD EtG 2 : Renditevarianz in der Ereignisperiode der Aktie des Targets
SD EtK 2 : Renditevarianz in der Ereignisperiode der Aktie der Käuferbank U GK :
Korrelationskoeffizient der abnormalen Renditen von Käuferbank und Target in der Schätzperiode
Zusätzlich verwenden bspw. Beitel (2002), Siems (1996) und Hawawini und Swary (1990) einen Mittelwertdifferenztest, um zu prüfen, ob sich zwei Stichproben/Subsamples58 hinsichtlich der beobachteten CARs signifikant unterscheiden. Die entsprechende Standardteststatistik für den Mittelwertdifferenztest lautet:59 t
CAR1 CAR 2 2 §n s n s 2 · §n n · 2 2 ¸ ¨ 1 2¸ ¨ 11
(3.16)
¨ n1 n 2 2 ¸ ¨© n1n 2 ¸¹ © ¹
wobei: nm
¦ CAR mi
CAR m : durchschnittliche CAR für Stichprobe/Subsample m: CAR m
i 1
nm
mit m ^1, 2` nm :
Anzahl der betrachteten Aktien in Stichprobe/Subsample m; m ^1, 2`
sm2 :
Standardabweichung der CAR der Stichprobe/Subsample m; m ^1, 2`
58 59
Hierbei wird Unabhängigkeit zwischen diesen Stichproben/Subsamples angenommen. Die Darstellung stützt sich dabei insbesondere auf Beitel (2002), S. 164f.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
nm
sm2
99
¦ CAR mi CAR m
2
i 1
n m 1
, mit m ^1, 2`
(3.17)
Die Teststatistik folgt dabei einer Student-t-Verteilung, die ab n1 n 2 2 ! 30 durch eine Standardnormalverteilung (N(0; 1)) approximiert werden kann.60 Weiterentwickelte statistische Testverfahren kurzfristiger Ereignisstudien
Eine wesentliche Ergänzung haben die hier vorgestellten Testverfahren mit der Arbeit von Boehmer et al. (1991) erfahren. Diese weisen darauf hin, dass bei Verwendung der Standardtests ein geringfügiger, durch das Ereignis induzierter Anstieg der Varianz zu einer zu häufigen Ablehnung der Nullhypothese (obwohl diese wahr ist) und damit zu einem zu häufigen (fälschlichen) Ausweis abnormaler Renditen führen kann. Die Standardtests erweisen sich somit nur dann als geeignet, wenn das betrachtete Ereignis einen identischen Effekt auf alle Unternehmen hat. Ist der Effekt aber unterschiedlich, dann steigt die Varianz und die Standardtestverfahren erweisen sich auf Grund der zu häufigen Ablehnung der Nullhypothese als fehlspezifiziert.61 Boehmer et al. (1991) weisen darauf hin, dass ein solcher Anstieg der Varianz im Rahmen entsprechender Ereignisse nicht ungewöhnlich ist.62 Hierbei finden sie Bestätigung durch zahlreiche andere Arbeiten (bspw. Patell und Wolfson (1979), Kalay und Lowenstein (1985) und Dann (1981)), die ebenfalls auf signifikante Anstiege der Varianz im Rahmen verschiedener Ereignisse hinweisen. Ein möglicher Ansatz zur Berücksichtigung des ereignisinduzierten Varianzanstieges ist es, statt der Varianz der abnormalen Renditen in der Schätzperiode die Varianz in der Ereignisperiode selbst zu verwenden. Boehmer et al. (1991) geben einen Überblick über Arbeiten, die entsprechend vorgehen und hierbei ausnahmslos eine höhere Varianz in der Ereignis- als in der Schätzperiode finden.63 Boehmer et al. (1991) schlagen jedoch zur Berücksichtigung der ereignisinduzierten Varianzanstiege einen sog.
60 61 62 63
Vgl. Beitel (2002), S. 165. Vgl. Brown und Warner (1985), S. 22ff. Vgl. Boehmer et al. (1991), S. 254. Vgl. Boehmer et al. (1991), S. 255.
100
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
„Standardised Cross-sectional Test“ vor. Als Hybrid des zuvor beschriebenen z-Tests auf Basis der „Standardised-Residual-Methodik“ (nach Patell (1976)) und dem normalen „Cross-sectional Approach“ (nach Penman (1982)) verbindet dieser Test Varianzinformationen aus der Ereignis- und der Schätzperiode. Im Rahmen des Cross-sectional Approach wird ein t-Test durchgeführt – hierbei werden die durchschnittlichen abnormalen Renditen der Ereignisperiode durch die Standardabweichung des betrachteten Samples in der Ereignisperiode geteilt:64
t
1 N ¦ AR it Ni 1 N§
N AR · 2 it
(3.18)
1 ¸ ¦ ¨ AR it ¦ ¸ NN 1 i 1¨© i 1 N ¹
Der Cross-sectional Approach verwendet dabei nicht Varianzschätzungen auf Basis der Schätzperiode, sondern die Varianz der Ereignisperiode, so dass eine erhöhte ereignisinduzierte Varianz entsprechend berücksichtigt wird. Auch hier werden die abnormalen Renditen jedoch als unkorreliert angenommen. Im Rahmen des von Boehmer et al. (1991) vorgeschlagenen Standardised Cross-sectional Test (als Hybrid der Standardised-Residual-Methodik und des Cross-sectional Approach) werden die abnormalen Renditen zunächst (wie auch zuvor) standardisiert, um eine Fehlspezifikation des Cross-sectional Approach zu vermeiden. Dann wird der Cross-sectional Approach auf die standardisierten Residuen angewendet. Die Teststatistik ergibt sich dabei als durchschnittliche standardisierte abnormale Rendite der Ereignisperiode dividiert durch die entsprechende Standardabweichung des Samples in der Ereignisperiode:65
64 65
Vgl. Boehmer et al. (1991), S. 259. Die hier für einzelne Tage t in der Ereignisperiode dargestellte Formel findet analoge Anwendung für kumulierte abnormale Renditen in der Ereignisperiode. Die Teststatistik ergibt sich dann als durchschnittliche standardisierte kumulierte abnormale Rendite der Ereignisperiode dividiert durch die entsprechende Standardabweichung des Samples in der Ereignisperiode. Zur Berechnung der standardisierten kumulierten abnormalen Renditen wird das zuvor beschriebene Verfahren verwendet und nicht die vereinfachte Form nach Böhmer und Löffler (1999), S. 308.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
t
1 N ¦ SAR it Ni 1 N SAR · 2 1 it ¸ ¨ ¦ SAR it ¦ ¸ NN 1 i 1¨© i 1 N ¹
101
(3.19)
N§
Wie der Cross-sectional Approach berücksichtigt die Teststatistik somit ereignisinduzierte Varianzveränderungen. Darüber hinaus finden auch Informationen der Schätzperiode Berücksichtigung und stärken damit Effizienz und „Power“ des Tests. Auch hier werden die abnormalen Renditen als unkorreliert angenommen. Simulationen von Boehmer et al. (1991) zeigen, dass die klassischen parametrischen Testverfahren die Varianz der Ereignisperiode unterschätzen und die Nullhypothese aus diesem Grund zu häufig abgelehnt wird. Durch den Standardised Cross-sectional Test kann dieser Problematik vorgebeugt werden. Ereignisstudien verwenden standardmäßig die hier beschriebenen oder ähnliche parametrische Tests zur Verallgemeinerung der erzielten Ergebnisse. Diese haben allerdings den Nachteil, dass sie auf entsprechenden, strikten Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Renditen beruhen. Nicht parametrische Tests unterliegen nicht diesen strikten Annahmen, um das Vorliegen abnormaler Renditen zu belegen. Darüber hinaus können sie ferner zu robusteren Ergebnissen führen, da sie im Gegensatz zu den parametrischen Tests nicht auf einer Schätzung der Varianz beruhen und damit nicht von den zuvor beschriebenen Anstiegen der Varianz durch das Ereignis beeinflusst werden.66 Auf Grund dieser Eigenschaften werden die nicht parametrischen Tests in der Literatur häufig zusätzlich zur Bestätigung der Ergebnisse der parametrischen Tests eingesetzt. Der am häufigsten verwendete nicht parametrische Test ist dabei der z-verteilte „Sign Test“. Dieser beurteilt den Anteil positiver und negativer abnormaler Renditen gegenüber einem angenommenen Split von 50:50 unter der Nullhypothese keiner Reaktion auf das Ereignis. Ziel des Sign Tests ist es dabei zu verifizieren, dass die Ergebnisse nicht von nur wenigen Unternehmen beeinflusst werden.67 Der Sign Test wird dabei wie folgt berechnet:68
66 67 68
Vgl. Cowan (1992), S. 343f. Vgl. Boehmer et al. (1991), S. 258. Vgl. Peterson (1989), S. 45.
102
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
z
N p E N pc N pc 1 pc
(3.20)
wobei: p: Beobachteter Anteil der positiven abnormalen Renditen p': Erwarteter Anteil der positiven abnormalen Renditen N: Anzahl der Aktien E: „Expectations Operator“ Wenn die abnormalen Renditen an einem beliebigen Tag zufällig auftreten, gilt: E (N · p') = 0,5 · N. Für den Test auf das Vorliegen abnormaler Renditen eines Samples von N Unternehmen innerhalb einer bestimmten Periode lautet die Teststatistik dann: z
p 0,5 0,25 / N
(3.21)
Nach Brown und Warner (1980 und 1985) beruht der Sign Test auf der Annahme einer symmetrischen Verteilung der abnormalen Renditen und setzt damit für eine korrekte Spezifikation eine gleiche Anzahl positiver und negativer abnormaler Renditen voraus. Da diese jedoch im Rahmen der bisherigen empirischen Forschung als asymmetrisch (rechtsschief) beobachtet wurden,69 schlagen Brown und Warner die Berücksichtigung dieser Asymmetrie durch die Verwendung eines anderen Werts als 0,5 vor. Cowan et al. (1990) und Sanger und Peterson (1990) verwenden vor diesem Hintergrund im Rahmen ihrer Arbeiten eine Variation des Sign Tests den sog. „Generalised Sign Test“ (GST). Zwecks Berücksichtigung der angesprochenen asymmetrischen Renditeverteilung unter der Nullhypothese keiner abnormalen Renditen vergleichen sie den Anteil positiver abnormaler Renditen im Rahmen des Ereignisses mit dem Anteil in einer Periode ohne Einfluss des Ereignisses. Konkret prüft der Generalised Sign Test damit, ob die Anzahl der Aktien mit positiven CARs über das betrachtete Ereignisfenster die erwartete Anzahl (bei keiner abnormalen Performance) übersteigt. Die erwartete Anzahl wird hierbei auf Basis des Anteils der positiven abnormalen Renditen in der Schätzperiode berechnet. Die (z-verteilte) Teststatistik ist dabei identisch zu der des Sign Tests, nur gilt bei einer 100-tägigen Schätzperiode:70 69 70
Vgl. Brown und Warner (1980). Vgl. Cowan (1992), S. 345.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
pc
1 n 1 E100 ¦ ¦ Sit n i 1100 t E
103
(3.22)
1
wobei: Sit = 1 wenn AR it ! 0 , 0 andernfalls. Neben dem Sign Test und dem Generalised Sign Test wird in der Literatur der sog. „Rank Test“ als weiterer nicht parametrischer Test verwendet.71 Cowan (1992) vergleicht im Rahmen seiner Arbeit den Generalised Sign Test und den Rank Test und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass beide sich als grundsätzlich gut spezifiziert erweisen, der Rank Test unter idealen Bedingungen sogar überlegen ist: Der Rank Test zeigt sich so bei der Ermittlung abnormaler Renditen über (sehr) kurze Ereignisfenster (von ein oder zwei Tagen) als überlegen. Beim Vorliegen weniger häufig gehandelter Aktien sowie bei „Ausreißern“ im Rahmen des Ereignissamples, bei längeren betrachteten Ereignisfenstern oder bei einem Anstieg der Varianz um das Ereignis ist der GST jedoch besser spezifiziert und entsprechend überlegen. Vor allem bei einem Anstieg der Varianz um das Ereignis erweist sich der GST nicht nur dem Rank Test, sondern auch den klassischen verwendeten parametrischen Tests (ohne die von Boehmer et al. (1991) vorgeschlagene und zuvor diskutierte Erweiterung) als überlegen.72 Da gerade diese Eigenschaft ein wesentlicher Grund für die Verwendung der nicht parametrischen Tests ist, wird der GST auch im Rahmen dieser Arbeit verwendet.73 Durch die Verwendung des zuvor beschriebenen „Standardised Cross-sectional Test“ nach Boehmer et al. (1991) sowie der Kombination aus den parametrischen Standardtests und dem GST finden potenzielle ereignisinduzierte Varianzanstiege somit in dieser Arbeit auf zwei Arten ihre entsprechende Berücksichtigung.
71
72 73
Vgl. für einen Überblick über den Test und seine Berechnung Corrado (1989) und Cowan (1992), S. 346. Corrado (1989) zeigt hierbei die Überlegenheit des Rank Tests zur Feststellung abnormaler Renditen im Vergleich zu standardmäßig verwendeten parametrischen Tests. Vgl. Cowan (1992). Da der Test sich auch bei Nicht-Vorliegen eines Anstiegs der Varianz den klassischen parametrischen Tests als überlegen erweist (Vgl. Cowan (1992)), vermeidet er den Trade-off zwischen korrekter Spezifikation bei einem Anstieg der Varianz und fehlender „Power“ bei Nicht-Vorliegen.
104
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
3.3.2.2
Ergebnisse der Forschung
Industrieübergreifende Ergebnisse von M&A-Transaktionen
In einer Vielzahl von Arbeiten wurde der Erfolg von M&A-Transaktionen empirisch im Rahmen von industrieübergreifenden kurzfristigen Ereignisstudien betrachtet. Dies hat auch in der jüngsten Vergangenheit die erwartete Fortsetzung erfahren: Bruner (2001) geht im Rahmen seines Überblicks zum Erfolg von M&A-Transaktionen zwischen 1971 und 2000 insbesondere auf kurzfristige Ereignisstudien ein und kommt zu dem Ergebnis, dass Targets ökonomisch und statistisch signifikante abnormale Renditen erfahren, während die Ergebnisse für die Käuferunternehmen gemischt sind: „One must conclude that in the aggregate, abnormal (or market-adjusted) returns to buyer shareholders from M&A activity are essentially zero.“74 Ein Drittel der von Bruner (2001) betrachteten Arbeiten attestiert so eine Wertvernichtung, ein Drittel zeigt einen Werterhalt und ein weiteres Drittel belegt eine Wertschaffung. Für die Combined Entity aus Target und Käuferunternehmen ergibt sich hieraus ein nahezu einheitliches Bild in der Literatur, das signifikant positive abnormale Renditen ausweist. Bruner (2001) folgert hieraus: „On balance, one should conclude that M&A does pay.“75 Diese im Rahmen der industrieübergreifenden Forschung attestierte Wertschaffung steht im Gegensatz zu einer bei vielen Kapitalmarktteilnehmern verbreiteten Ansicht, dass M&ATransaktionen Wert vernichten.76 Doch nicht nur die kurzfristigen Ereignisstudien, sondern auch die weiteren im Rahmen der Forschung verwendeten Ansätze und Methoden, auf die nachfolgend eingegangen wird, liefern im Rahmen entsprechender Arbeiten nach Bruner (2001) klare Belege für diese insgesamt positive Wertschaffung. Campa und Hernando (2002) betrachten im Rahmen einer kurzfristigen Ereignisstudie mit Fokus auf die EU den Erfolg von Transaktionen zwischen 1998 und 2000 und finden für die Targets durchschnittlich signifikant positive abnormale Renditen77, wohingegen Käufer im Durchschnitt keine abnormalen Renditen erfahren. Für die Combined Entity ergibt sich ein insgesamt nicht signifikanter Effekt. Hierbei verweisen sie ausdrücklich auf den negativen Einfluss einer starken Regulierung: Trans-
74 75 76 77
Bruner (2001), S. 6. Bruner (2001), S. 1. Vgl. Bruner (2001), S. 3. Diese betragen ca. 9% in einem zweimonatigen Ereignisfenster um die Ankündigung der Transaktion.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
105
aktionen in stark regulierten oder in ehemals unter Staatseinfluss stehenden Industrien schaffen so weniger Wert als Transaktionen in unregulierten Industrien. Zusätzlich verweisen sie auf negative abnormale Renditen im Falle von Cross-border-Transaktionen. Diese Ergebnisse zu Cross-border-Transaktionen finden Bestätigung, z.B. für Großbritannien bei Conn et al. (2003), die die kurz- und langfristige Wertschaffung von nationalen und Cross-border-Transaktionen sowie gleichzeitig von börsennotierten und privaten Transaktionen betrachten und hiermit verschiedene Analysedimensionen in ihrer Arbeit vereinen.78 Europas M&A-Transaktionen erfahren so auch über die Industriegrenzen hinweg eine entsprechende Betrachtung. Die im Rahmen dieser Arbeiten abgeleiteten Ergebnisse und verwendeten Methoden liefern dabei wichtige Ansatz- und Vergleichspunkte für eine industriespezifische Auseinandersetzung mit der Thematik, die für die hier im Fokus stehenden Bankentransaktionen aufgegriffen werden können. Ergebnisse von M&A-Transaktionen im Bankensektor
Rhoades (1994), Berger et al. (1999), Pilloff und Santomero (1998), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) geben Übersichten über die wichtigsten Arbeiten mit Fokus auf Bankentransaktionen. Während Rhoades (1994), Berger et al. (1999) und Pilloff und Santomero (1998) ausschließlich Arbeiten mit Schwerpunkt auf die USA betrachten, gehen Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) zusätzlich auch auf europäische Arbeiten ein. Für Europa kann hierbei – wie zuvor bereits angesprochen – eine angesichts der auch volkswirtschaftlich hohen Relevanz der Thematik nur sehr geringe empirische Evidenz konstatiert werden. US-Bankentransaktionen haben dagegen in der Literatur bereits eine relativ detaillierte empirische Betrachtung insbesondere in Form von (kurzfristigen) Ereignisstudien erfahren. Nachfolgend soll angesichts dieser „Vorreiterrolle“ zunächst auf den aktuellen Stand der Forschung in den USA
78
Insgesamt zeigen Cross-border-Transaktionen im Rahmen dieser Arbeit signifikant positive abnormale Renditen. Diese sind aber getrieben durch private Transaktionen. Cross-border-Transaktionen mit Börsennotierung zeigen hingegen leicht negative (nicht signifikante) abnormale Renditen. Für die USA zeigen andere Arbeiten (wie bspw. Black et al. (2001), Kiymaz und Mukherjee (2000), Eckbo und Thorburn (2000)) z.T. aber auch hiervon abweichend Ergebnisse in Form insignifikanter bzw. sogar signifikant positiver Ergebnisse bei Cross-border-Transaktionen. Insgesamt ergibt sich somit für die USA bei Cross-border-Transaktionen ein gemischtes Bild. Amihud et al. (2002) finden für internationale Cross-border-Merger zwischen 1985 und 1998 signifikant negative abnormale Renditen.
106
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
eingegangen werden. Die Ergebnisse der relativ wenigen Studien mit europäischem Schwerpunkt können dann hiermit verglichen werden. Die zuvor genannten Übersichten kommen in Bezug auf die umfangreiche Forschung mit Fokus auf die USA zu folgenden einheitlichen Ergebnissen:79 Die gekauften Banken (Targets) erfahren hiernach regelmäßig signifikant positive abnormale Renditen und damit z.T. sehr hohe Wertsteigerungen durch die entsprechenden Transaktionen. Beitel und Schiereck (2003) finden so bspw., dass 22 von 23 Studien signifikant positive abnormale Renditen für die Targets belegen.80 Aus Käufersicht ist das Bild allerdings weniger eindeutig.81 Die Mehrzahl der Studien findet hier negative bzw. statistisch nicht signifikante Ergebnisse.82 Für die kombinierte Kapitalmarktreaktion von Käuferbank und Target (Combined Entity) resultiert hieraus ein ebenfalls negativer bzw. nicht signifikanter Effekt bzw. je nach betrachtetem Subsample ergeben sich gemischte Ergebnisse.83 Insgesamt scheinen M&A-Transaktionen in der US-Bankenindustrie aus der Perspektive des Kapitalmarktes somit im Durchschnitt keinen Wert zu schaffen.84 Jüngere Arbeiten bestätigen diese Ergebnisse und betonen einige weitere, auch für die hier behandelte Forschungsfrage relevante Aspekte: –
DeLong (2001a) betrachtet 280 heimische Transaktionen in den USA zwischen 1988 und 1995. Sie klassifiziert diese dabei in fokussierende und diversifizierende Transaktionen entlang der beiden Dimensionen Geographie und Aktivität. Ihre Ergebnisse zeigen, dass nur Transaktionen, die sowohl Geographie als auch Aktivität fokussieren, Wert (mit einer kurzfristigen Kapitalmarktreaktion von ca. +3%)
79
Vgl. die zuvor gennannten Übersichten für einen Überblick über die empirischen Studien mit USFokus. Vgl. z.B. Hawawini und Swary (1990), Cornett und De (1991), Houston und Ryngaert (1994), Zhang (1995), Hudgins und Seifert (1996), Siems (1996). DeLong (2003) sowie Sudarsanam und Mahate (2003), S. 299 bestätigen dies im Rahmen jüngerer Arbeiten. Vgl. Sudarsanam und Mahate (2003), S. 299. Vgl. z.B. Cornett und De (1991), Houston und Ryngaert (1994 und 1997), Hudgins und Seifert (1996), Cyree und DeGennaro (1999), Kane (2000) und DeLong (2003). Vgl. z.B. Hannan und Wolken (1989), Hawawini und Swary (1990) und Houston und Ryngaert (1994). Diese Ergebnisse werden von Performance- und Effizienzstudien, die in den meisten Fällen keinen signifikanten Effizienzgewinn feststellen, gestützt. Vgl. hierzu die folgenden Ausführungen. DeLong und DeYoung (2003) attestieren jedoch eine Verbesserung der Transaktionsperformance über Zeit. Vgl. ferner Beitel und Schiereck (2003) für einen Überblick.
80
81 82
83
84
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
107
schaffen (in der Erwartung von Kostensenkungsmöglichkeiten auf Grund von Überlappungen). –
Gestützt werden diese Ergebnisse von Houston et al. (2001), die ebenfalls positive abnormale Renditen nach Fusionen in den USA finden, die ankündigen, Kostensenkungsmaßnahmen durchzuführen.
–
DeLong und DeYoung (2003) betrachten 115 Bankentransaktionen in den USA zwischen 1987 und 1998 und bestätigen ebenfalls die zuvor gefundenen Ergebnisse: Bieterbanken erfahren eine signifikante Wertvernichtung bei kurzfristiger Betrachtung, Targets eine deutliche Wertschaffung und für die Combined Entity ergibt sich ein nicht signifikant positiver Effekt. Darüber hinaus liefert ihre Analyse Anhaltspunkte dafür, dass Banken über Zeit gelernt haben, Transaktionen erfolgreicher durchzuführen und dass der Kapitalmarkt gelernt hat, komplexe Transaktionen besser zu bewerten.
–
DeLong (2003) bestätigt erneut die zuvor gefundenen Ergebnisse, wonach Käuferbanken im Durchschnitt Wert verlieren, Targets signifikant Wert schaffen und sich aus Gesamtsicht kein signifikanter Effekt ergibt. Darüber hinaus unterstreicht ihre Analyse die ebenfalls bereits zuvor gefundenen Ergebnisse, dass der Markt fokussierende Transaktionen (geographisch und aktivitätsbezogen) mit kurzfristig positiven abnormalen Renditen auf Grund erwarteter Kostensenkungsmöglichkeiten bevorzugt, wohingegen diversifizierende Transaktionen negative abnormale Renditen erfahren.
Während für die USA somit eine relativ umfassende empirische Auseinandersetzung mit der Thematik von Bankentransaktionen und hierbei recht einheitliche Ergebnisse dieser Forschung konstatiert werden können, existiert für Europa bislang nur eine sehr begrenzte Zahl von Arbeiten: Lediglich fünf Eventstudien (mit ausschließlich kurzfristigem Fokus) befassen sich mit der Betrachtung der Kapitalmarktreaktion: TouraniRad und van Beek (1999), Cybo-Ottone und Murgia (2000), Beitel (2002), Lepetit und Patry et al. (2002) und als neue Arbeit Ismail und Davidson (2005). Tourani-Rad und van Beek (1999) betrachten europäische Bankentransaktionen zwischen 1989 und 1996 (17 Targets und 56 Käuferbanken). Während Käuferbanken im betrachteten Sample keine signifikanten abnormalen Renditen realisieren, erfahren die Targets eine signifikant positive abnormale Rendite (mit 3,77% allein am Ankündigungstag). Cybo-Ottone und Murgia (2000) analysieren 54 europäische Transaktio-
108
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
nen zwischen 1988 und 1997 und fokussieren sich hierbei auf relativ große Transaktionen. Für die Combined Entity aus Käuferbank und Target finden sie im Durchschnitt signifikant positive abnormale Renditen, die besonders von heimischen Bank-BankTransaktionen und diversifizierenden Transaktionen (in den Versicherungsbereich) getrieben sind. Zusammenschlüsse und Übernahmen von Securities Firms erfahren hingegen ebenso wie Cross-border-Transaktionen keine positive Marktbewertung. Für Targets sind die Ergebnisse dabei durchgehend signifikant positiv, während für die Käuferbanken keine signifikanten Ergebnisse gefunden werden (im Vergleich zum Sektorindex Banken). Beitel (2002) betrachtet 98 Zusammenschlüsse und Übernahmen mit europäischen Banken als Käufer im Zeitraum von 1985 bis 2000. Wie auch Tourani-Rad und van Beek (1999) und Cybo-Ottone und Murgia (2000) findet Beitel (2002) signifikant positive abnormale Renditen für die Targets. Für die Käuferbanken findet er ebenfalls keine signifikanten abnormalen Renditen, jedoch signifikant positive abnormale Renditen für die Combined Entity aus Käuferbank und Target mit mehr als 60% wertschaffenden Transaktionen (diese werden getrieben durch entsprechend signifikante Wertsteigerungen auf Seiten der Targets). Lepetit et al. (2002) finden schließlich ebenfalls für Transaktionen zwischen 1991 und 2001 (29 Targets und 151 Käuferbanken) für das gesamte von ihnen betrachtete Sample signifikant positive abnormale Renditen auf Basis eines bivariaten GARCH-Modells, das die im Zeitverlauf gegebene ȕ-Volatilität im Gegensatz zum Marktmodell, das ein konstantes ȕ unterstellt, berücksichtigt. Hierbei sind signifikant positive abnormale Renditen insbesondere bei den insgesamt 29 Targets zu finden, die abnormalen Renditen der Bieterbanken sind zwar ebenfalls positiv, aber nicht signifikant. Darüber hinaus erweist sich geographischer Fokus bei Lepetit et al. (2002) – wie auch von Cybo-Ottone und Murgia (2000) und für die USA von DeLong (2001a und 2001b) belegt – als (signifikant) wertschaffend. Als ebenso wertschaffend werden Transaktionen angesehen, die zu einer Produktdiversifikation beitragen. Dieses Ergebnis steht jedoch im Widerspruch zu den genannten US-Ergebnissen von DeLong (2001a und 2001b).85 Jüngst ergänzt werden diese Arbeiten durch Ismail und Davidson (2005). Im Fokus steht auch hier die Betrachtung von Transaktionen mit europäischen Finanzinstitutio-
85
Auf Grund eines wenig detaillierten Überblicks über die Ergebnisse erfolgt im Folgenden keine weitere Vertiefung der Ergebnisse von Lepetit et al. (2002).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
109
nen als Käufer. Insgesamt betrachten die Autoren 102 Transaktionen über einen Zeitraum von 1987 bis 1999. Ebenso wie die vorherigen Arbeiten finden sie signifikant positive abnormale Renditen für die Targets. Diese sind jedoch deutlich weniger stark ausgeprägt als z.B. bei Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Beitel (2002). Die Autoren begründen diese – auch von der Mehrzahl der US-Arbeiten86 – abweichenden Ergebnisse mit der mangelnden Bereitschaft von Käuferinstitutionen, hohe Prämien in einem sehr wettbewerbsintensiven und durch zunehmenden Margendruck gekennzeichneten Markt zu zahlen. Für die Käuferbanken variieren die Ergebnisse nach Dealtyp und betrachtetem Ereignisfenster, sind jedoch im Durchschnitt über alle Transaktionen positiv (wenn auch nur z.T. statistisch signifikant). In der Kombination ergeben sich für die Combined Entity positive abnormale Renditen, die zwar statistisch für fast alle betrachteten Ereignisfenster signifikant sind, jedoch unter 1% bleiben und damit deutlich niedriger als z.B. bei Cybo-Ottone und Murgia (2000) ausfallen. Zusätzlich finden Ismail und Davidson eine höhere Wertschaffung bei fokussierten (BankBank-)Transaktionen im Vergleich zu diversifizierenden Transaktionen. Im Gegensatz zu Cybo-Ottone und Murgia (2000), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) finden sie Anhaltspunkte für eine (im Vergleich zu nationalen Transaktionen) bessere Bewertung von Cross-border-Transaktionen durch den Kapitalmarkt. 3.3.2.3
Zusammenfassung und Kritik
Insgesamt bleibt die Auseinandersetzung mit dem Erfolg von M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie im Vergleich zur umfangreichen US-Forschung sehr stark auf diese nur wenigen Arbeiten beschränkt. Die hier erzielten Ergebnisse sind jedoch aufschlussreich und bieten ein von den Resultaten für die USA abweichendes Bild: Europäische Transaktionen scheinen im Durchschnitt bei Betrachtung der Gesamttransaktion (Combined Entity) Wert zu schaffen. Dies steht im Kontrast zu den zuvor genannten Ergebnissen der US-Forschung, die zumeist keine Wertschaffung feststellen können, sondern für die Gesamttransaktion im Rahmen der Mehrzahl der bisherigen Untersuchungen nicht signifikante Ergebnisse bzw. sogar eine Wertvernichtung konstatieren. Die Käuferbanken erfahren im Rahmen der Arbeiten mit Fokus auf Europa üblicherweise keine ökonomisch signifikante Wertschaffung bzw. -ver-
86
Vgl. z.B. Baradwaj et al. (1990), Cornett und De (1991), Houston und Ryngaert (1994) und Siems (1996), die mit ihren Ergebnissen ebenfalls hohe abnormale Renditen für die Targets bestätigen.
110
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
nichtung, während die Mehrzahl der Arbeiten in den USA auf eine (meist nicht signifikante) Wertvernichtung hindeutet. Für die europäischen Targets ergeben sich schließlich – übereinstimmend auch mit den Ergebnissen für die USA – klare Belege für eine deutliche Wertschaffung. Zur Erklärung dieser Abweichungen zwischen der eher positiven Einschätzung für europäische Transaktionen und der eher negativen Einschätzung für Transaktionen in der US-Bankenindustrie werden in der Literatur in erster Linie strukturelle Unterschiede und abweichende gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen (auf die z.T. auch bereits im vorhergehenden Kapitel eingegangen wurde) angeführt.87 Ferner ist – wie schon betont – auf die bisher sehr geringe empirische Evidenz für Europa hinzuweisen. Darüber hinaus sind im Rahmen der Interpretation dieser Ergebnisse natürlich auf die Stärken und Schwächen des im Rahmen der hier zitierten Arbeiten verwendeten kurzfristigen Ereignisstudienansatzes zu berücksichtigen. Als Stärken sind hierbei insbesondere zu nennen: –
Kapitalmarktbezogenheit/direkter Aufschluss über Wertschaffung: Der Ereignisstudienansatz erlaubt eine direkte Messung des Erfolgs für die Aktionäre. Während andere (im Folgenden dargestellte) Ansätze nur indirekten Aufschluss über den Erfolg liefern, gibt die Kapitalmarktbezogenheit der Ereignisstudien direkten Aufschluss über die realisierte Wertschaffung in Form des Shareholder Value.88
–
Zukunftsgerichtetheit: Während jahresabschlussorientierte Verfahren auf historischen Daten beruhen, berücksichtigt der Ereignisstudienansatz Erwartungen über zukünftige durch die Transaktion beeinflusste Entwicklungen. Als zukunftsgerichtetes Verfahren berücksichtigt es somit die entsprechenden aus der Transaktion resultierenden Wertschaffungspotenziale.89
–
Erfassbarkeit immaterieller Aktiva: Der Kapitalmarkt bewertet im Rahmen der Erwartungsbildung über diese Wertschaffungspotenziale auch immaterielle und implizite Werte der Transaktion (wie z.B. Marken etc.) und erweist sich auch hier bei der Betrachtung reiner Jahresabschlussdaten als überlegen.90
87
Vgl. Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 857. Vgl. Bruner (2001), S. 16 und Beitel (2002), S. 90f. Vgl. Pilloff und Santomero (1998) und Bruner (2001), S. 16. Vgl. Beitel (2002), S. 90.
88 89 90
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
–
111
Ausweis der Wertschaffung für Bieter, Target und Combined Entity: Im Rahmen des Ereignisstudienansatzes kann die Wertschaffung entsprechend differenziert dargestellt werden. Mit diesem differenzierten Ausweis kann maßgeblich zur Fundierung der Analyse der Wertschaffung und ihrer Quellen beigetragen werden.91
Neben diesen Stärken sind aber auch die Schwächen der (kurzfristigen) Ereignisstudienmethodik im Rahmen der Interpretation hierauf beruhender Arbeiten zu berücksichtigen. Hierbei sind insbesondere zu nennen: –
Strikte Annahmen: Der Ereignisstudienansatz setzt insbesondere effiziente und rationale Kapitalmärkte voraus, die (im Sinne der Theorie effizienter Märkte) die Transaktionen direkt, umfassend und richtig durch entsprechende Kursreaktionen bewerten. Vor dem Hintergrund der hohen Komplexität der hier betrachteten Bankentransaktionen und der im Rahmen zahlreicher theoretischer und empirischer Arbeiten bestätigten Fehleinschätzungen/Irrationalitäten bzw. der verzögerten Informationsverarbeitung der Kapitalmärkte erscheint dies als sehr strikte Annahme, die insbesondere im Rahmen der Betrachtung der mittel- und langfristigen Performance kritisch hinterfragt wird.
–
Mögliche verzerrte Erfassung tatsächlicher Werteffekte: Falsche Erwartungsbildungen des Kapitalmarktes bez. der mit der Transaktion verbundenen Potenziale können damit auch zu falschen Bewertungen führen. Ereignisstudien erfassen so nicht, ob sich die antizipierte Wertschaffung auch tatsächlich realisiert.92 Die Stärke der Berücksichtigung zukünftiger Potenziale und die entsprechende Zukunftsgerichtetheit (im Vergleich zu den auf historische Daten fokussierten jahresabschlussbasierten Verfahren) kann bei falscher Erwartungsbildung somit auch eine Schwäche darstellen.
–
Methodische Probleme: Bei der Betrachtung der Wertschaffung ergibt sich eine hohe Ergebnissensitivität in Bezug auf die Festlegung der Ereignis- und der Schätzperiode sowie des Ereignisdatums selbst. Eine zu lange bzw. zu kurze Ereignisperiode kann durch nicht erfasste Werteffekte bzw. andere, verwässernde Effekte die Ergebnisse deutlich verfälschen. Gleiches gilt für die falsche Festlegung des Ereigniszeitpunktes. Vor allem die klare Trennung und Herausarbeitung des mit
91
Vgl. Pilloff und Santomero (1998). Vgl. auch Kaplan et al. (1997), S. 5.
92
112
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
der Transaktion verbundenen Effekts erweist sich daher oftmals als schwierig. Zusätzlich ist auf Schwächen und weitere restriktive Annahmen der verwendeten Ansätze/Modelle hinzuweisen.93 Insgesamt liefern die vorgestellten Ergebnisse der verschiedenen Arbeiten (bei Berücksichtigung dieser Stärken und Schwächen) wichtige Ansatzpunkte für die Analyse der Wertschaffung nach Bankentransaktionen. Auf Grund der Annahme effizienter Märkte dominierte diese kurzfristige Perspektive auf die Kapitalmarktreaktion daher auch den wissenschaftlichen Diskurs, während der mittel-/längerfristigen Performance bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die Notwendigkeit einer entsprechenden Perspektive (auch basierend auf der Kritik an den zuvor beschriebenen strikten Annahmen) wird im folgenden Abschnitt dargestellt. 3.3.3 3.3.3.1
Ereignisstudien mit mittel- und langfristigem Fokus Forschungsansatz/Methodik
Eine wesentliche Ergänzung erfährt die im vorhergehenden Abschnitt 3.3.2 beschriebene Betrachtung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktionen im Rahmen einiger, zumeist jüngerer Untersuchungen in den USA. Diese analysieren die Wertschaffung von M&A-Transaktionen ebenfalls in Form von Ereignisstudien, jedoch über einen mittelbis langfristigen Zeithorizont.94 Der Schwerpunkt der bisher beschriebenen Arbeiten lag auf der Betrachtung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion, d.h. der Messung der Veränderung des Shareholder Value innerhalb eines Zeitfensters weniger Tage vor und nach Ankündigung der Transaktion. Dieses Vorgehen beruht insbesondere auf der Theorie effizienter Märkte, die Effizienz der Kapitalmärkte in Bezug auf die Informationsverarbeitung und hiermit die sofortige und richtige Verarbeitung aller verfügbaren, auf die Transaktion bezogenen Informationen postuliert.95 Erwartete Wertschaffung bzw. Wertvernichtung durch
93 94 95
Vgl. Pilloff und Santomero (1998) und Beitel (2002), S. 90f. Vgl. Madura und Wiant (1994), DeLong (2003) und Aggarwal et al. (2003). Die „Theorie effizienter Märkte“ blickt auf eine lange Historie zurück. Erste Ursprünge lassen sich bereits um 1900 bei Louis Bachelier im Rahmen seiner Arbeiten zum Preisverhalten bei Spekulationen finden. Vgl. Bachelier (1900). Als einer der bekanntesten Vertreter gilt Eugene F. Fama. Fama formulierte die Hauptaussage der Theorie in ihrer heute bekannten Form: „A market in which prices fully reflect available information is called efficient.“ (Fama (1970), S. 383). Für
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
113
die jeweilige Transaktion würde sich hiernach mit der Veröffentlichung der entsprechenden transaktionsbezogenen Informationen sofort in den Kursen widerspiegeln.96 Über diese kurzfristige Reaktion nach der Ankündigung hinaus sind in einem effizienten Kapitalmarkt somit – infolge der sofortigen und richtigen Verarbeitung der Informationen – keine systematischen mittel-/langfristig abnormalen Renditen möglich. Eine Vielzahl empirischer Studien zeigt jedoch im Gegensatz zur Theorie effizienter Märkte die Existenz nicht nur kurzfristiger, sondern auch mittel-l/angfristiger abnormaler Renditen nach M&A-Transaktionen. Auf Grund der hohen Komplexität entsprechender Transaktionen scheint der Kapitalmarkt nur verzögert und nicht, wie von der Theorie effizienter Märkte postuliert, umfassend und richtig die verfügbaren Informationen direkt zu verarbeiten.97 Diese Ergebnisse werden von zahlreichen Studien bestätigt, die im Fall von vergleichbaren firmenspezifischen Ereignissen, wie z.B. Kapitalerhöhungen, Aktiensplits, Dividendenanpassungen, IPOs etc., zu ähnlichen Ergebnissen kommen und signifikante langfristige abnormale Renditen nachweisen.98 Andrade et al. schließen hieraus: […] investors systematically fail to quickly assess the full impact of corporate announcements, with the implications that inference based on announcement-period event windows are flawed, particularly those attempting to document the wealth effect of the event.99
In der Literatur wird dieses Argument der verzögerten Verarbeitung transaktionsbezogener Informationen durch den Kapitalmarkt als Ursache für mittel-/langfristige abnormale Renditen wiederholt angeführt. Die sich hieraus ergebenden Implikationen für die damit nur eingeschränkt gegebene Effizienz der Kapitalmärkte werden entsprechend diskutiert.100 Doch nicht nur bei eingeschränkter Kapitalmarkteffizienz (auf Grund verzögerter Verarbeitung der Informationen), sondern auch in einem effizienten
96 97 98
99 100
eine detaillierte Darstellung der von Fama unterschiedenen Formen der Informationseffizienz vgl. ebenfalls Fama (1970). Vgl. Andrade et al. (2001). Vgl. André et al. (2004), S. 27, Andrade et al. (2001), S. 11f. und Eberhart et al. (2004), S. 623. Vgl. u.a. Ritter (1991), Lakonishok et al. (1994), Loughran und Ritter (1995), Ikenberry et al. (1995, 2000), Michaely et al. (1995), Spiess und Affleck-Graves (1995), Ikenberry et al. (1996), Desai und Jain (1997), Jegadeesh (2000), Eberhart und Siddique (2002), Ho (2003) und Eberhart et al. (2004). Ein detaillierter Überblick über zentrale Arbeiten zu langfristigen abnormalen Renditen nach verschiedenen unternehmensspezifischen Ereignissen und eine Diskussion der entsprechenden Ergebnisse erfolgt im Abschnitt 3.3.3.2. Andrade et al. (2001), S. 11. Vgl. DeBondt und Thaler (1985 und 1987).
114
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Kapitalmarkt können sich beim Auftreten neuer Informationen mittel-/langfristig abnormale Renditen ergeben. Im Zeitablauf neu auftretende unternehmensspezifische Informationen zu der Transaktion bzw. Veränderungen im Umfeld (z.B. durch den Regulator, durch technologische Entwicklungen etc.) können so zu einer Neubewertung der Transaktion im Zeitablauf führen.101 Vor diesem Hintergrund wird die Notwendigkeit einer mittel-l/ängerfristigen Perspektive auf die erzielte Wertschaffung im Rahmen von unternehmensspezifischen Ereignissen – wie den hier betrachteten M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie – deutlich. Eine rein kurzfristige Analyse der Kapitalmarktreaktion innerhalb weniger Tage um den Ankündigungstag entsprechender Bankentransaktionen (wie im Rahmen der zuvor dargestellten kurzfristigen Ereignisstudien) kann auf Grund der zuvor beschriebenen Gründe und der angesprochenen empirischen Ergebnisse, die im Folgenden detailliert dargestellt werden, als allein nicht ausreichender Maßstab zur Beurteilung der tatsächlichen Wertschaffung angesehen werden. Kurzfristige Ereignisstudien erfassen hiernach nur einen (kleinen) Teil dieser tatsächlich realisierten Wertschaffung.102 Nur durch die entsprechende mittel- und langfristige Perspektive kann die tatsächliche Wertschaffung abschließend beurteilt werden. In den USA und Großbritannien entstanden bereits seit Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahre die ersten, wenn auch zahlenmäßig geringen, industrieübergreifenden Studien zur langfristigen Wertschaffung durch M&A-Transaktionen – oft als ein ergänzender Aspekt zur Analyse der kurzfristigen abnormalen Renditen. Diese Studien betrachten den Transaktionserfolg von M&A-Transaktionen über ein Zeitfenster von zumeist drei bis fünf Jahren. Vergleichbare Arbeiten mit Fokus auf die Analyse der mittel-/langfristigen abnormalen Performance entstanden (auch beginnend Ende der 60er Jahre) in gleicher Weise für die anderen bereits angesprochenen unternehmensspezifischen Ereignisse (wie z.B. Kapitalerhöhungen, Aktiensplits, Dividendenanpassungen, IPOs etc.). Die Mehrzahl dieser Studien findet – wie im Folgenden detailliert dargestellt wird103 – signifikante abnormale Renditen für die verschiedenen betrachteten unternehmensspezifischen Ereignisse. Mit der Zunahme entsprechender Ergebnisse in den 70er und 80er Jahren, die im scheinbaren Widerspruch zur vorherrschenden 101
102 103
Vgl. DeLong und DeYoung (2003), S. 3. Flannery (1999) beschreibt die Schwierigkeiten der Bewertung von M&A-Transaktionen in einem sich schnell verändernden Umfeld. Vgl. Jegadeesh (2000), S. 5. Vgl. Abschnitt 3.3.3.2.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
115
Theorie effizienter Märkte stehen, ist das Interesse an der Analyse mittel-/langfristiger Wertschaffung bis heute nicht zurückgegangen, sondern eher gewachsen.104 Ebenso wie sich kurzfristige Ereignisstudien zu dem in Abschnitt 3.3.2 beschriebenen Standardinstrument entwickelt haben, deutet sich eine vergleichbare Entwicklung auch für Ereignisstudien mit mittel- bis langfristigem Fokus an. Brav et al. (2000) beschrieben dies mit den Worten: „Long-run performance anomalies have become a growth area within the academic finance literature.“105 Zusätzliche Impulse ergeben sich seit Ende der 90er Jahre: Im Rahmen der seitdem entstandenen jüngeren methodischen Arbeiten ist es zu einer deutlichen Weiterentwicklung der verwendeten Ansätze/Modelle und (statistischen) Methoden gekommen, die in einigen Fällen eine Neubewertung älterer Ergebnisse erfordern bzw. diese in anderen Fällen bestätigen. Für den Forscher bedeutet dies, dass er auf ein wesentlich weiterentwickeltes „Werkzeug“ zur Beantwortung seiner Forschungsfragen zurückgreifen kann. Zur Bedeutung geeigneter Ansätze und Modelle im Rahmen der mittel-/langfristigen Performancemessung
Die Messung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen stellt vor dem Hintergrund dieser weiterentwickelten Ansätze/Modelle und statistischen Methoden jedoch hohe Anforderungen an den Forschenden. Zur Bestimmung der im Fokus der Betrachtung stehenden mittel- und langfristigen abnormalen Renditen ist es notwendig, wie auch schon im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudien dargestellt wurde, in einem ersten Schritt die erwarteten Renditen zu ermitteln, die ohne das Auftreten des Ereignisses der M&A-Transaktion erwartet worden wären. Es stellt sich somit die Frage nach dem „Benchmark“ für die hierauf basierende Berechnung der abnormalen Renditen und der entsprechenden Wertschaffung durch das betrachtete Ereignis. Dieser Schritt der Ermittlung der erwarteten Rendite/des Benchmarks und der entsprechenden Abbildung der Risiken ist bei der Analyse mittel- und langfristiger abnormaler Renditen von besonderer Bedeutung. „In long-horizon tests, appropriate adjustment for risk is critical in calculating abnormal price performance.“106 betonen Kothari und Warner (2004).
104 105 106
Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 22. Vgl. Brav et al. (2000), S. 209. Kothari und Warner (2004), S. 23.
116
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Durch einen einfachen Vergleich mit den zuvor beschriebenen kurzfristigen Ereignisstudien wird dies besonders deutlich: Bei der Betrachtung nur weniger Handelstage vor und nach der Ankündigung des Ereignisses im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudien hat das verwendete Modell zur Ermittlung der (ohne das Ereignis) zu erwartenden Renditen einen nur geringen Effekt auf die Ermittlung der abnormalen Renditen, da die auf Tagesbasis ermittelten erwarteten Renditen nahe null sind.107 Ein potenzieller Fehler bei der Berechnung der abnormalen Renditen (bspw. durch unzureichende Berücksichtigung entsprechender Risikofaktoren) wiegt folglich relativ gering. Bei mittel- und langfristigen Arbeiten ist das Gegenteil der Fall: Geeignete Modelle zur Ermittlung der risikoadjustierten erwarteten Rendite sind die „Achillesferse“108 entsprechender Arbeiten. Bereits kleine Fehler bei der Berücksichtigung und Abbildung von Risiken im Rahmen der Modelle zur Ermittlung der erwarteten Renditen können bei den hier zumeist verwendeten Betrachtungshorizonten von bis zu drei109 Jahren zu erheblichen Fehlern führen, während sie bei rein kurzfristiger Betrachtung kaum signifikanten Einfluss haben. Wie bei der sich anschließenden Vorstellung und kritischen Diskussion der verschiedenen Ansätze und Modelle zur Messung mittel-/langfristiger abnormaler Performance dargestellt wird, wiegt dieses Problem besonders schwer bei sog. Buy-and-hold-Ansätzen, die eine passive Anlage über einen bestimmten Zeithorizont betrachten. Potenziell falsch ermittelte abnormale Renditen auf Grund eines unzureichenden Benchmarks potenzieren sich hierbei auf Grund des Zinseszinseffekts über die Zeit.110 Diese Ausführungen unterstreichen die hohe Sensitivität der Ergebnisse entsprechender mittel- und langfristiger Betrachtung gegenüber dem verwendeten Modell zur Ermittlung der (ohne das Ereignis) zu erwartenden Renditen.111 Die Modellauswahl rückt hiermit im Rahmen entsprechender empirischer Betrachtungen in den Fokus, da
107 108 109 110 111
Vgl. Fama (1998), S. 283. Kothari und Warner (2004), S. 24. In Einzelfällen werden sogar fünf Jahre und mehr als Betrachtungshorizont verwendet. Vgl. bspw. Fama (1998). Diese hohe Sensitivität der Ergebnisse gegenüber den verschiedenen Ansätzen/Modellen und statistischen Verfahren wird im Folgenden im Rahmen des Überblicks über die bisherigen Arbeiten mit mittel-/langfristigem Fokus deutlich. Das Vorhandensein abnormaler Renditen bei Verwendung eines Modells kann bei Verwendung eines alternativen Modells bereits nicht mehr gegeben sein. Vgl. Abschnitt 3.3.3.2.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
117
diese entscheidend die Qualität der hierauf basierend abgeleiteten Ergebnisse bestimmt. Zur Ermittlung der erwarteten Rendite wird in der Literatur auf verschiedene Ansätze/Modelle zurückgegriffen. Hierbei kann grundsätzlich zwischen zwei wesentlichen Arten von Ansätzen/Modellen unterschieden werden: –
Den Expected-Return-Modellen und
–
den Characteristics-Based-Matching-Ansätzen.
Ansätze/Modelle zur Ermittlung der Benchmarkrenditen im Überblick: Expected-Return-Modelle
Im Rahmen der zuvor betrachteten kurzfristigen Ereignisstudien erfolgt in der Literatur überwiegend der Rückgriff auf die drei beschriebenen Grundmodelle: Das Marktmodell oder „Market and Risk Adjusted Return“-Modell (als das – wie beschrieben – meistgewählte und auch im Rahmen dieser Arbeit für die kurzfristige Ereignisstudie verwendete Verfahren112), das durchschnittsbereinigte Modell und das marktbereinigte Modell. Diese stellen die einfachste Form von Expected-Return-Modellen dar. Auch vor dem Hintergrund der beschriebenen geringen Anfälligkeit gegenüber Fehlspezifikationen können sie als die effektivsten Modelle bei rein kurzfristiger Betrachtung der Kapitalmarktperformance im Rahmen entsprechender kurzfristiger Ereignisstudien angesehen werden.113 Diese einfachen, klassischen Ansätze haben jedoch sehr häufig Kritik erfahren. Insbesondere das Capital Asset Pricing Model (CAPM), als die wohl meistverwendete Variante des Marktmodells, stand im Fokus einer Vielzahl von Arbeiten. Hierbei stellen die Autoren deutliche Abweichungen zwischen den tatsächlich beobachteten Ergebnissen und den auf Basis des CAPM ermittelten Erwartungswerten für die entsprechenden Renditen und damit einen insgesamt geringen Erklärungswert des CAPM fest.114 Basierend auf dieser Kritik wurden die Modelle zur Ermittlung erwarteter Renditen in den 90er Jahren signifikant weiterentwickelt. Fama und French (1993) schlagen ein Drei-Faktor-Modell (das Fama-French-Drei-Faktor-Modell) der Form115 112 113 114
115
Vgl. für die Ergebnisse Abschnitt 4.4. Vgl. Brown und Warner (1985). Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 25. Banz (1981) zeigt beispielsweise den relativ geringen Erklärungswert des CAPM bei der Betrachtung der Renditeentwicklung kleiner Unternehmen. Vgl. Fama und French (1993) und Fama (1998), S. 298.
118
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R p, t R f , t
a p b p R M, t R f , t s pSMB h p HML e p, t
(3.23)
zur Ermittlung der erwarteten Renditen vor. Rp,t ist hierbei die monatliche Rendite der betrachteten Firmen des Ereignissamples im Monat t, Rf,t der risikolose Zinssatz (approximiert durch eine Staatsanleihe mit einmonatiger Laufzeit), RM,t die monatliche Rendite des wertgewichteten Marktindex, SMB die (monatliche) Renditedifferenz zwischen zwei Portfolios bestehend aus großen und kleinen Unternehmen und HML die (monatliche) Renditedifferenz zwischen zwei Portfolios bestehend aus Unternehmen mit hoher Market-to-Book-Ratio und Unternehmen mit niedriger Market-toBook-Ratio (M/B-Ratio). Zur Berechnung der Renditedifferenz zwischen den wertgewichteten Portfolios großer und kleiner Unternehmen für den US-Markt werden von Fama und French (1993) im Juni eines jeden Jahres t zunächst alle NYSE-Unternehmen nach Größe gerankt. Der Median der NYSE-Größe wird dann verwendet, um alle NYSE-, AMEXund Nasdaq-Unternehmen in die zwei Gruppen „small“ (S) und „big“ (B) zu unterteilen. In gleicher Weise werden alle NYSE-Unternehmen entsprechend ihrer Market-toBook-Ratio gerankt. Hierauf basierend werden dann drei Market-to-Book-Ratio-Gruppen festgelegt: „low“ (L) für die 30% der NYSE-Unternehmen mit der niedrigsten Market-to-Book-Ratio, „medium“ (M) für die nächsten 40% und „high“ (H) für die 30% mit der höchsten Market-to-Book-Ratio.116 In diese drei Gruppen werden dann erneut alle betrachteten NYSE-, AMEX- und Nasdaq-Unternehmen eingeordnet. Auf Basis dieser zwei Größen- und drei Market-to-Book-Gruppen können dann sechs Portfolios (S/L, S/M, S/H, B/L, B/M und B/H) gebildet werden. Die Rendite des SMBPortfolios (small minus big) ergibt sich hierauf basierend in jedem Monat als die Differenz zwischen dem einfachen Durchschnitt der drei Portfolios kleiner Aktien (S/L, S/M und S/H) und dem einfachen Durchschnitt der drei Portfolios großer Aktien (B/L, B/M und B/H). Die Rendite der sechs Portfolios berechnet sich dabei als der wertgewichtete Durchschnitt der Einzelrenditen der Unternehmen in den entsprechenden Portfolios. Analog erfolgt die Berechnung der Rendite des HML (high minus low) Portfolios: HML ergibt sich als die monatliche Renditedifferenz zwischen dem einfachen Durchschnitt der Rendite der zwei Portfolios mit hoher Market-to-Book-Ratio
116
Als Buchwerte werden hierbei jeweils die Buchwerte des im Vorjahr (t–1) endenden Geschäftsjahres der jeweiligen Unternehmen zugrunde gelegt. Der Marktwert entspricht der Börsenkapitalisierung Ende Dezember ebenfalls des Vorjahres (t–1).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
119
(S/H und B/H) und dem einfachen Durchschnitt der zwei Portfolios mit niedriger Market-to-Book-Ratio (S/L und B/L). SMB ebenso wie HML stellen dabei wertgewichtete, „Zero Investment“-Portfolios dar. Auf Basis der drei Faktoren –
Überrendite (dem sog. „Excess Return“) des betrachteten (wertgewichteten) Marktindex gegenüber der risikolosen Anlage,
–
Renditedifferenz zwischen großen und kleinen Unternehmen und
–
Renditedifferenz zwischen Unternehmen mit hoher und niedriger M/B-Ratio
werden im Rahmen des Fama-French-Drei-Faktor-Modells somit die erwarteten Renditen ermittelt und damit unterstellt, dass das Modell mit diesen drei Faktoren das (aus einer Gleichgewichtsbetrachtung heraus) zu kompensierende Risiko der Investoren abbildet und über einen entsprechend hohen Erklärungswert für die erwarteten Renditen verfügt.117 Erfüllt das Modell diesen Anspruch und liefert es diese umfassende Beschreibung der erwarteten Renditen, dann misst der Achsenabschnitt ap die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite des betrachteten Samples von Ereignisunternehmen. Bei Nichtvorhandensein entsprechender abnormaler Renditen ist der Achsenabschnitt – annahmegemäß – null.118 Der sich anschließende Überblick über die zentralen Arbeiten zur Messung mittelund langfristiger abnormaler Renditen (vgl. Abschnitt 3.3.3.2) unterstreicht die häufige Verwendung des Fama-French-Drei-Faktor-Modells seit Mitte der 90er Jahre. Nichtsdestotrotz hat das Modell entsprechende Weiterentwicklungen erfahren, die zu einer Erhöhung des Erklärungswertes (insb. durch das Hinzufügen weiterer erklärender Faktoren) und damit zu einer verbesserten Abbildung der erwarteten Renditen führen. Insbesondere die Arbeiten von Carhart (1995 und 1997) sind in diesem Zusammenhang zu nennen: Carhart (1997) fügt neben den von Fama und French (1993) beschriebenen Faktoren einen zusätzlichen, vierten Faktor hinzu, der das Momentum der
117
118
Es handelt sich somit um ein Gleichgewichtsmodell basierend auf drei Risikofaktoren. Der Erklärungswert auch im Vergleich mit alternativen Modellen und hiermit die Reliabilität dieser Modelle zur Ermittlung abnormaler Renditen werden auf den folgenden Seiten diskutiert. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 308f.
120
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
betrachteten Aktienkurse abbildet (der sog. Momentum-Faktor). Das von ihm vorgeschlagene Modell zur Abbildung der erwarteten Renditen hat die Form:119 R p, t R f , t
a p b p R M , t R f , t s pSMB h p HML p p PR 1 YR e p, t (3.24)
Die ersten drei Faktoren und das Vorgehen zu ihrer Ermittlung entsprechen hierbei der Beschreibung des Fama-French-Drei-Faktor-Modells. Der hinzugefügte Momentumfaktor PR1YR stellt ebenfalls ein wertgewichtetes „Zero Investment“-Portfolio dar. PR1YR ergibt sich hierbei als die monatliche Renditedifferenz zwischen dem gleichgewichteten Durchschnitt der 30% Unternehmen des betrachteten Vergleichsindex mit der höchsten Performance in den vorhergehenden elf Monaten („lagged“ – d.h. verzögert um einen Monat) minus dem gleichgewichteten Durchschnitt der 30% Unternehmen mit der geringsten Performance in den vorhergehenden elf Monaten, ebenfalls verzögert um einen Monat. Die Berücksichtigung dieses Momentumeffekts trägt der Kritik u.a. von Fama und French (1996) selbst an ihrem Drei-Faktor-Modell Rechnung. Dieses besitzt, wie die Autoren nachweisen, einen nur eingeschränkten Erklärungswert bei der Betrachtung der Renditeentwicklung von nach Momentum geordneten Portfoliorenditen. Verschiedene Autoren, wie z.B. Chan et al. (1996), erklären diesen Momentumeffekt mit einer nur graduellen und entsprechend verzögerten Informationsverarbeitung des Kapitalmarktes. Der Effekt ist dabei sowohl über verschiedene Betrachtungszeiträume (Jegadeesh und Titman (1993)) als auch über verschiedene Länder (Asness et al. (1997)) stabil. Carhart (1997) zeigt, dass durch die entsprechende Berücksichtigung des Momentums im Rahmen seines Vier-Faktor-Modells ein deutlich höherer Erklärungswert der beobachtbaren Renditeentwicklung erzielt werden kann als bei Verwendung des CAPM bzw. des Fama-French-Drei-Faktor-Modells.120 Das von ihm vorgeschlagene Vier-Faktor-Modell stellt somit eine wichtige Ergänzung der vorherigen Arbeiten zur Ableitung geeigneter Gleichgewichtsmodelle dar. Zusammenfassend können für die Expected-Return-Modelle nun die drei wesentlichen – hier beschriebenen – Ansätze unterschieden werden:
119 120
Vgl. Carhart (1997), S. 61. Vgl. Carhart (1997), S. 62.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
121
–
Die einfachen, klassischen Grundmodelle, wie das marktadjustierte Modell (z.B. in Form des CAPM), das marktbereinigte oder das durchschnittsbereinigte Modell. Diese ermitteln die erwarteten Renditen durch Bereinigung um das systematische Risiko im Verhältnis zum Markt, durch einfache Bereinigung um den Markt bzw. durch Bereinigung um die historischen Renditen der betrachteten Aktien.
–
Das Fama-French-Drei-Faktor-Modell, das die erwarteten Renditen mit seinen genannten drei Faktoren beschreibt.
–
Das Carhart-Vier-Faktor-Modell, das zusätzlich zu den drei Faktoren des FamaFrench-Drei-Faktor-Modells das Momentum als vierten Faktor berücksichtigt.
Ansätze/Modelle zur Ermittlung der Benchmarkrenditen im Überblick: Characteristics-Based-Matching-Ansätze
Neben diesen Expected-Return-Modellen wird für die Ermittlung der mittel- und langfristigen Wertschaffung in der Literatur mit den bereits genannten CharacteristicsBased-Matching-Ansätzen eine weitere Gruppe von Ansätzen/Modellen im Rahmen einer großen Zahl von Arbeiten verwendet. Wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, basiert die Ermittlung der erwarteten Rendite – als das gesuchte Benchmark für die hierauf basierende Berechnung der abnormalen Renditen – im Rahmen der Characteristics-Based-Matching-Ansätze auf der Festlegung eines bzw. einer Gruppe von Unternehmen (Kontroll- oder Vergleichsunternehmen121), die über ähnliche Charakteristika wie das betrachtete Ereignisunternehmen verfügen. Durch diese Ähnlichkeit des bzw. der Vergleichsunternehmen in Bezug auf die zur Durchführung des „Matching“ zwischen Ereignis- und Kontrollunternehmen verwendeten Charakteristika (wie z.B. die Größe des Unternehmens) soll die erwartete Rendite des jeweiligen Ereignisunternehmens möglichst gut approximiert und damit ein hoher Erklärungswert der entsprechenden Ansätze erreicht werden.122 Als Charakteristika zur Ermittlung des bzw. der Vergleichsunternehmen werden in der Literatur insbesondere die Größe des Unternehmens (gemessen zumeist an der ent-
121
122
Diese beiden Begriffe werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet. Im Zusammenhang mit dem im Folgenden dargestellten „Control Firm“-Ansatz (also nur einem Kontroll-/Vergleichsunternehmen) wird von Kontrollfirmen gesprochen. Vgl. Jegadeesh (2000), S. 11.
122
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
sprechenden Marktkapitalisierung) und die Market-to-Book-Ratio verwendet.123 Die Verwendung dieser beiden Charakteristika beruht auf den in der Literatur umfassend dokumentierten höheren Renditen kleiner Unternehmen und von Unternehmen mit geringen Market-to-Book-Ratios.124 Über diese beiden – in der Mehrzahl der Arbeiten verwendeten – Charakteristika hinaus werden von verschiedenen Autoren zusätzlich bzw. z.T. auch allein als Charakteristika für das „Matching“ von Ereignis- und Kontrollunternehmen verwendet:125 –
Die jüngste Performance – gemessen z.B. an der Entwicklung der Marktkapitalisierung innerhalb der letzten 12 bis 36 Monate126
–
Das Umsatzwachstum z.B. der letzten drei Jahre
–
Die Earnings-to-Price-Ratio127
–
Die Dividendenrendite
–
Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Industrie
Auch diesen Charakteristika wird ein entsprechend hoher Erklärungswert für die erwartete Rendite beigemessen. Auf Basis dieser Charakteristika erfolgt nun die Festlegung der relevanten Kontrollunternehmen für das jeweilige betrachtete Ereignisunternehmen. Hinsichtlich der Gestaltung des „Characteristics Based Matching“ können dabei zwei wesentliche Modelle unterschieden werden: –
„Reference Portfolios“ (Referenzportfolios) sowie
–
der „Control Firm Approach“ (Kontrollfirmenansatz).128
123
Vgl. bspw. Lyon et al. (1999), Brav et al. (2000), Mitchell und Stafford (2000), Rau und Vermaelen (1998), Loughran und Vijh (1997) und Fama (1998). Vgl. Banz (1981), Davis (1994), Chan et al. (1995), Rosenberg et al. (1985) und Fama und French (1992 und 1998) und Barber und Lyon (1997a). Lyon et al. (1999), S. 167 und Jegadeesh (2000), S. 11 listen beispielhaft Matching-Charakteristika auf. Vgl. hierzu bspw. Boehme und Sorescu (2000), DeBondt und Thaler (1985) und Jegadeesh und Titman (1993). DeBondt und Thaler (1985) ebenso wie Jegadeesh und Titman (1993) zeigen beispielsweise, dass zukünftige Renditen von den entsprechend vorherigen Renditen über 6 bzw. 36 Monate abhängen. Unternehmen mit entsprechender hoher Earnings-to-Price-Ratio erfahren hiernach höhere Renditen. Vgl. Vijh (1999). Nachfolgend wird für beide Begriffe die hier in Klammern angegebene deutsche Übersetzung der entsprechenden in der englischsprachigen Literatur verbreiteten Begriffe verwendet.
124
125
126
127
128
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
123
Im Rahmen der Referenzportfolios besteht das Set der insgesamt verwendeten Kontrollunternehmen (aus den Unternehmen eines für die zu analysierenden Ereignisunternehmen relevanten Index), die anhand der zuvor beschriebenen Charakteristika in entsprechende Referenzportfolios unterteilt werden. Lyon et al. (1999) verwenden in ihrer vielzitierten Arbeit beispielsweise Größe und Market-to-Book-Ratio als Charakteristika zur Unterteilung des Sets aller Kontrollunternehmen (bei ihnen ein bereinigtes und auf ihren Betrachtungsfokus zugeschnittenes Set aller Unternehmen von NYSE, AMEX und Nasdaq). Hierbei gehen sie wie folgt vor:129 1) Zunächst konstruieren Lyon et al. (1999) vierzehn größenbasierte Referenzportfolios. Hierzu werden alle Kontrollunternehmen der NYSE anhand ihrer Marktkapitalisierung im Juni eines jeden Jahres der Größe nach geordnet und dann entsprechend dieser Ordnung in zehn Größendezile eingeteilt. Die zusätzlich als Kontrollunternehmen verwendeten AMEX- und Nasdaq-Unternehmen werden entsprechend ihrer Marktkapitalisierung den festgelegten NYSE-Dezilen zugeteilt.130 Auf Grund der geringen Größe vor allem der zusätzlich berücksichtigten Nasdaq-Unternehmen enthält durch diesen Schritt das kleinste Dezil ca. 50% der gesamten Vergleichsunternehmen. Lyon et al. (1999) unterteilen dieses Dezil daher weiter in fünf Quintile – basierend auf der Rangordnung der Unternehmen nach Marktkapitalisierung – so dass insgesamt vierzehn Referenzportfolios auf Basis der Größe der Unternehmen entstehen. 2) In einem zweiten Schritt wird dann jedes der vierzehn Größenreferenzportfolios in fünf Market-to-Book-Quintile eingeteilt (entsprechend der Rangordnung nach den Market-to-Book-Ratios der Unternehmen innerhalb der entsprechenden Größenreferenzportfolios). Hierbei wird nicht zwischen NYSE-, AMEX- und NasdaqUnternehmen unterschieden. Insgesamt ergeben sich somit 70 (14 mal 5) Referenzportfolios auf Basis der beiden Charakteristika Größe und Market-to-BookRatio. Für die auf diese Weise ermittelten Referenzportfolios können nun entsprechende Renditen über Zeit ermittelt werden, die als Benchmark für die im Fokus der Betrachtung
129 130
Vgl. Lyon et al. (1999), S. 167ff. Die zusätzliche Berücksichtigung der AMEX- und Nasdaq-Unternehmen stellt eine Besonderheit bei Lyon et al. (1999) dar. Bei Verwendung z.B. nur der NYSE-Unternehmen wäre dieser zusätzliche Schritt über die einfache Dezilbildung hinaus nicht notwendig.
124
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
stehenden Ereignisunternehmen stehen. Jedem Ereignisunternehmen wird hierbei ein entsprechend seiner Größe und Market-to-Book-Ratio vergleichbares Referenzportfolio gegenübergestellt. Dieses am Beispiel der Arbeit von Lyon et al. (1999) dargestellte Verfahren zur Bildung von Referenzportfolios wurde im Rahmen zahlreicher weiterer Arbeiten diskutiert und angepasst. Einige Autoren verwenden bspw. andere der zuvor beschriebenen Charakteristika bzw. andere Kombinationen dieser Charakteristika zur Bildung der Referenzportfolios (z.B. Bildung der Referenzportfolios in drei Schritten durch Unterteilung zunächst nach Größe, dann nach Market-to-Book-Ratio und schließlich nach vorheriger z.B. 12-Monatsperformance).131 Neben der Bildung der Referenzportfolios werden in der Literatur ferner Unterschiede in Bezug auf die Anpassung der Referenzportfolios über Zeit und die Durchführung eines „dynamischen Matching“ deutlich: Lyon et al. (1999) behalten im Rahmen der Kalkulation der abnormalen Renditen die entsprechend gebildeten Referenzportfolios über Zeit bei und berechnen die abnormalen Renditen der Ereignisunternehmen über den Betrachtungshorizont von in der Regel drei Jahren im Vergleich zu diesen anfangs festgelegten Referenzportfolios. Mit dieser Art der Berechnung werden die Investorenerwartungen bezüglich einer passiven Anlagestrategie als Benchmark abgebildet. Andere Autoren nehmen hiervon abweichend Anpassungen der Referenzportfolios über Zeit vor und führen ein entsprechend dynamisches Matching mit den jeweils betrachteten Ereignisunternehmen durch: Brav und Gompers (1997) passen beispielsweise vierteljährlich ihre Referenzportfolios an. Sie ermitteln hierzu die über Zeit veränderten Matching-Charakteristika (hier Größe und Market-to-Book-Ratio) der Kontrollunternehmen ebenso wie der Ereignisunternehmen vierteljährlich neu und führen das Matching (entsprechend dem zuvor beschriebenen Vorgehen) ebenfalls neu durch. Auch Mitchell und Stafford (2000) passen die Zusammensetzung ihrer Referenzportfolios einmal im Jahr an, ebenso wie Cowan und Sergeant (1999), die sich ebenfalls für ein entsprechendes dynamisches Matching aussprechen.132 Ziel dieses Vorgehens ist es, die Änderungen der Matching-Charakteristika (hier Größe und Market-to-Book-Ratio) von Kontroll- und Ereignisunternehmen im Zeitverlauf zu berücksichtigen und damit über Zeit auftretende Änderungen der Risikocharakteristika (mit entsprechenden Renditeimplikationen) abzubilden. Diese Än131
132
Vgl. für die Berücksichtigung der vorherigen Performance bspw. Boehme und Sorescu (2000), DeBondt und Thaler (1985) und Jegadeesh und Titman (1993). Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 297 und Cowan und Sergeant (1999).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
125
derungen (z.B. in Bezug auf die Größe) können sich dabei sowohl im Zeitverlauf ereignisinduziert ergeben, und damit ggf. vom Kapitalmarkt schon berücksichtigt sein, bzw. auf idiosynkratische andere Ereignisse bzw. allgemeine, nicht ereignisbezogene Trends zurückführbar sein. Einem hieraus resultierenden potenziellen Mismatch zwischen Ereignis- und Kontrollunternehmen und einer entsprechenden Fehlspezifikation bei der Ermittlung der abnormalen Renditen kann durch das dynamische Matching vorgebeugt werden.133 Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass durch die Anpassung der Referenzportfolios und das Rematching ein sog. Rebalancing Bias134 bewirkt wird, und ferner nicht die Investorenerwartungen bezüglich einer passiven Anlagestrategie als Benchmark abgebildet werden, sondern die Rendite eines entsprechend „rebalanced“ Portfolios. Eine Diskussion der sich aus diesen unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten ergebenden Implikationen aus Modellperspektive erfolgt im Rahmen der sich anschließenden Ausführungen. Während der Ansatz der Referenzportfolios auf Grund der Verwendung i.d.R. breiter Marktindizes oder Branchenindizes (z.B. aller NYSE-, AMEX- und Nasdaq-Unternehmen bei Lyon et al. (1999)) als Basis für die Festlegung der Kontrollfirmen bedingt, dass diese Portfolios zumeist eine relativ große Zahl „vergleichbarer“ Unternehmen (auf Basis der festgelegten Charakteristika) umfassen, wird im Rahmen des Kontrollfirmenansatzes die Festlegung der Vergleichs- oder Kontrollfirmen bewusst auf nur ein Unternehmen beschränkt. Anhand identischer Charakteristika wie im Rahmen des Ansatzes der Referenzportfolios wird hierbei für jedes Ereignisunternehmen eine einzelne Kontrollfirma bestimmt. Ausgangspunkt ist hierbei ebenfalls das Set der verwendeten Kontrollfirmen (also z.B. alle Unternehmen des für die zu analysierenden Ereignisunternehmen relevanten Index oder alle Unternehmen des relevanten Marktes). Lyon et al. (1999) geben hier erneut einen Überblick auch über das Vorgehen zur Festlegung geeigneter Kontrollfirmen:135 Aus dem gesamten „Universum“ der von ihnen betrachteten NYSE-, AMEX- und Nasdaq-Unternehmen identifizieren sie zunächst alle Unternehmen mit einer vergleichbaren Größe auf Basis der Marktkapitalisierung. Hierzu wählen sie all die Unternehmen aus, deren Marktkapitalisierung zwischen 70% und 130% der Markt133 134
135
Vgl. Cowan und Sergeant (1999), S. 12f. Der Rebalancing Bias und die sich hieraus ergebenden Implikationen sowie Möglichkeiten, diesem Bias vorzubeugen, werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 172f.
126
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
kapitalisierung des betrachteten Ereignisunternehmens erreicht. Von diesem Set an Unternehmen wählen sie dann wiederum in einem zweiten Schritt dasjenige aus, das über die ähnlichste Market-to-Book-Ratio verfügt. Auch für den Kontrollfirmenansatz gelten die zuvor beschriebenen Anmerkungen. In der Literatur werden auch hier unterschiedliche der zuvor genannten Charakteristika zur Identifikation der jeweiligen Kontrollfirmen verwendet.136 Mit den Expected-Return-Modellen ebenso wie mit den Characteristics-BasedMatching-Ansätzen und ihren jeweiligen Ausprägungen wurden die wesentlichen Ansätze/Modelle zur Ermittlung der erwarteten Renditen und somit der Benchmarks zur Bestimmung der abnormalen Renditen im Rahmen mittel- und langfristiger Erfolgsmessungen vorgestellt. In der Literatur wurde die Eignung der beiden Ansätze verglichen. Die Ergebnisse von Daniel und Titman (1997) zeigen in diesem Zusammenhang eine bessere Abbildung der Renditen durch Characteristics-Based-MatchingAnsätze im Vergleich zu Faktormodellen, während Davis et al. (2000) diesen Ergebnissen widersprechen. Angesichts dieser gegensätzlichen Forschungsergebnisse ist zum aktuellen Zeitpunkt keiner der Ansätze grundsätzlich zu präferieren. Nachfolgend werden die konkreten Ansätze zur Ableitung der abnormalen Renditen auf Basis dieser Benchmarks ebenso beschrieben wie die für sie notwendigen statistischen Testverfahren, die eine Verallgemeinerung der abgeleiteten Ergebnisse erlauben. Die verschiedenen Ansätze werden dabei mit ihren Vor- und Nachteilen dargestellt. Eine vertiefende Darstellung hierzu findet sich u.a. bei Barber und Lyon (1997b), Kothari und Warner (1997), Fama (1998), Brav (2000), Lyon et al. (1999), Mitchell und Stafford (2000), Jegadeesh und Karceski (2004), Viswanathan und Wei (2004) und Kothari und Warner (2004), auf deren Arbeiten und den sich hieraus ergebenden z.T. kontroversen Ergebnissen die folgenden Darstellungen ganz wesentlich beruhen. Grundsätzlich lassen sich die Ansätze zur Ermittlung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen unterscheiden in –
Ansätze in Ereigniszeit und
–
Ansätze in Kalenderzeit.
136
Auch im Rahmen des Kontrollfirmenansatzes sind eine Anpassung der Kontrollfirma und ein entsprechendes dynamisches Matching auf Grund einer über Zeit nicht mehr gegebenen Vergleichbarkeit zwischen Kontrollfirmen und Ereignisunternehmen (analog zu der vorhergehenden Diskussion) vorstellbar, bisher in der Literatur aber noch nicht bekannt.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
127
Berechnung der abnormalen Renditen in Ereigniszeit – Buy-and-hold Abnormal Returns (BHARs) Ansätze in Ereigniszeit setzen den Zeitpunkt des Ereignisses (im Rahmen der hier betrachteten M&A-Transaktionen ist dies i.d.R. der Tag der Ankündigung der Transaktion bzw. alternativ der Tag der Realisierung der Transaktion) als t = 0. Die auf Basis der verschiedenen Ansätze und Modelle in Ereigniszeit ermittelten abnormalen Renditen beziehen sich somit immer auf diesen entsprechend festgelegten Zeitpunkt des Eintritts des betrachteten Ereignisses. Der klassische Ansatz zur Messung abnormaler Renditen in Ereigniszeit sind sog. Buy-and-hold Abnormal Returns (BHARs), die von zahlreichen Autoren aufbauend auf den Arbeiten u.a. von Ritter (1991), Ikenberry et al. (1995), Barber und Lyon (1997b) und Lyon et al. (1999) nahezu standardmäßig verwendet werden.137 Mitchell und Stafford (2000) beschreiben BHARs wie folgt: BHARs measure the average multiyear return from a strategy of investing in all firms that complete an event and selling at the end of a prespecified holding period versus a comparable strategy using otherwise similar nonevent firms.138
Charakteristikum und gleichzeitig wichtiges Differenzierungsmerkmal gegenüber anderen Ansätzen ist, wie somit deutlich wird, dass die BHARs die tatsächliche Investitionserfahrung eines Anlegers abbilden: Den Kauf einer Anlage/Aktie und das Festhalten an dieser über einen bestimmten Zeithorizont (von i.d.R. ein bis drei Jahren). Mitchell und Stafford (2000) weisen hierbei allerdings einschränkend darauf hin, dass es alternative Handelsstrategien gibt, wie z.B. bewusstes periodisches „Rebalancing“.139 Die Berechnung entsprechender BHARs erfolgt, wie das Zitat zum Ausdruck bringt, insbesondere auf Basis der Characteristics-Based-Matching-Ansätze (wie den zuvor beschriebenen Referenzportfolios und Kontrollfirmen).140 137 138 139 140
Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 296 und Kothari und Warner (2004), S. 26ff. Mitchell und Stafford (2000), S. 296. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 296. In der jüngeren Literatur werden BHARs nahezu ausschließlich auf Basis der CharacteristicsBased-Matching-Ansätze bestimmt. Nichtsdestotrotz können BHARs natürlich auch auf Basis der beschriebenen Expected-Return-Modelle ermittelt werden. Insbesondere im Rahmen der jüngeren Arbeiten zur Ermittlung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen fanden bspw. nahezu ausschließlich die einfachen Modelle, wie z.B. das marktbereinigte Modell und das Marktmodell, Verwendung. Vgl. hierzu den Überblick über die bisherigen Arbeiten im folgenden Abschnitt 3.3.3.2.
128
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Nach Festlegung der entsprechenden Benchmarks lassen sich die BHARs wie folgt ermitteln:141 sW
sW
t s
t s
(1 R i, t ) (1 R Benchmark, t )
BHAR i, W
(3.25)
Über einen Betrachtungshorizont von z.B. W = 12, 24 oder 36 Monate wird zunächst die Rendite des betrachteten Ereignisunternehmens berechnet und diese dann um die Benchmarkrendite (basierend z.B. auf der wertgewichteten Rendite eines auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio konstruierten Referenzportfolios) für den identischen Zeitraum bereinigt. Der durchschnittliche Buy-and-hold Abnormal Return ergibt sich dann als der gleichgewichtete bzw. wertgewichtete142 Durchschnitt der individuellen BHARs als: N
BHAR
¦ w i BHAR i
(3.26)
i 1
wobei wi den entsprechenden Gewichtungsfaktor zur Berechnung des gleich- bzw. wertgewichteten Durchschnitts der individuellen BHARs darstellt. Grundsätzlich sind hierbei wertgewichtete Betrachtungen zu präferieren, da sie den tatsächlichen Vermögenseffekt eines Anlegers exakter abbilden als eine gleichgewichtete Betrachtung. Die Berechnung entsprechender mittel- und langfristiger Renditen erscheint somit auf den ersten Blick als relativ leicht durchführbar. Im Rahmen verschiedener jüngerer Arbeiten – beginnend insbesondere in der zweiten Hälfte der 90er Jahre – verweisen jedoch zahlreiche Autoren, wie z.B. Barber und Lyon (1997b), Kothari und Warner (1997), Couts et al. (1997), Fama (1998), Lyon et al. (1999), Cowan und Sergeant (1999), Mitchell und Stafford (2000), Brav (2000), Ikenberry und Ramnath (2002) und Ho (2003), auf eine Vielzahl von zu berücksichtigenden Besonderheiten und möglichen Verzerrungen bei der Ermittlung der langfristigen abnormalen Renditen auf Basis des BHAR-Ansatzes. Angesprochen werden von ihnen insbesondere: 141 142
Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 297. Die Wertgewichtung basiert hierbei auf der Marktkapitalisierung zum Zeitpunkt der Ankündigung des Ereignisses. Mitchell und Stafford (2000) berücksichtigen bei der Wertgewichtung zusätzlich noch die Wertentwicklung des Aktienindex insgesamt über Zeit durch einen entsprechenden Gewichtungsfaktor (den „value weight stock market deflator“). Durch diese Standardisierung um das Indexniveau wird sichergestellt, dass auf Grund insgesamt höherer Marktkapitalisierungen jüngste Ereignisse nicht fälschlich höher gewichtet werden.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
–
der New Listing Bias,
–
der Rebalancing Bias,
–
die Skewness (Schiefe der Verteilung),
–
die Cross-Correlation und
–
das Joint-Test- bzw. Bad-Model-Problem.
129
Bei Nichtberücksichtigung können diese Faktoren zu signifikanten Fehleinschätzungen bezüglich der mittel- und langfristigen Wertschaffung und zu entsprechend falscher Beurteilung des Vorliegens effizienter Kapitalmärkte führen. Die Autoren schlagen in diesem Zusammenhang unterschiedliche, weiterentwickelte Verfahren zur Berechnung der erwarteten Rendite und der Ausgestaltung der statistischen Verfahren für Messungen mittel-/langfristiger abnormaler Renditen vor. Gleichzeitig verweisen sie ausdrücklich auf die Schwächen und die ggf. eingeschränkte Aussagekraft früherer Arbeiten, die diese weiterentwickelten Verfahren nicht berücksichtigen. Im Folgenden werden diese Faktoren ebenso wie die hieraus notwendig werdenden methodischen Weiterentwicklungen für den BHAR-Ansatz vorgestellt. Wie zuvor beschrieben, stellen die Referenzportfolios einen der wesentlichen Characteristics-Based-Matching-Ansätze zur Ermittlung der erwarteten Rendite/Benchmarkrendite dar, auf deren Basis die entsprechenden BHARs berechnet werden. Im Rahmen zahlreicher Arbeiten erfolgt dabei die Berechnung der entsprechenden Rendite für die Referenzportfolios wie folgt:143
R reb p, W
º ª nt R i, t » « ¦ sW » « «1 i 1 » 1 n t t s« » ¼» ¬«
(3.27)
Hiernach wird zunächst die durchschnittliche monatliche Rendite für jedes Portfolio auf Basis der Renditen der einzelnen Unternehmen Ri im Monat t ermittelt, wobei nt die Anzahl der betrachteten Referenzunternehmen im Monat t ist. Diese durchschnittliche monatliche Rendite wird dann über die betrachteten W Monate kumuliert.
143
Vgl. Lyon et al. (1999), S. 168ff. für die folgenden Ausführungen.
130
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Lyon et al. (1999) kritisieren dieses weitverbreitete Vorgehen und weisen auf zwei wesentliche Fehlspezifikationen und Biases in diesem Zusammenhang hin, die im Widerspruch zur Abbildung einer rein passiven Buy-and-hold-Strategie stehen, im Rahmen derer gleichgewichtet in die Unternehmen des Referenzportfolios investiert wird. Zunächst wird für die entsprechende Berechnung ein monatliches (oder sogar tägliches) „Rebalancing“ unterstellt, um eine Gleichgewichtung der einzelnen Unternehmen im Referenzportfolio monatlich (wie hier) oder sogar täglich (wie in anderen Fällen) beizubehalten. Hieraus resultieren inflationierte langfristige Renditen für das Referenzportfolio, die auf verschiedene Faktoren – insbesondere nicht synchrones Handeln und Renditeberechnungen auf Basis von entsprechend bestehenden Bid-AskSpreads – zurückzuführen sind.144 Lyon et al. (1999) nennen dies den sog. Rebalancing Bias, der in Folge tendenziell zu hoch ausgewiesener Benchmarkrenditen zu zu niedrig ermittelten abnormalen Renditen führt. Zusätzlich werden im Rahmen dieses Vorgehens zur Berechnung der Renditen der Referenzportfolios Unternehmen mitberücksichtigt, die erst nach der ersten Erstellung des Referenzportfolios (zum Zeitpunkt s) ihr erstes Listing haben, während die Ereignisunternehmen – per Definition – nur die zu diesem Zeitpunkt gelisteten Unternehmen umfassen. Zahlreiche Studien zeigen jedoch für neu gelistete Unternehmen (insb. für kleine Unternehmen mit starkem Wachstum, die naturgemäß einen Großteil der neu gelisteten Unternehmen darstellen) eine Underperformance im Vergleich zum Markt.145 Hieraus resultieren tendenziell zu niedrige Benchmarkrenditen, die zu hoch ausgewiesene abnormale Renditen bewirken.146 Lyon et al. (1999) sprechen in diesem Zusammenhang vom sog. New Listing Bias. Ohne Berücksichtigung der im Folgenden beschriebenen Anpasssungen bei der Berechnung der Benchmarkrenditen, ergeben sich durch die beiden Biases zusammen (insb. bei Verwendung von Referenzportfolios bestehend aus kleinen Unternehmen und Unternehmen mit relativ hoher Book-to-Market-Ratio) inflationierte Benchmarkrenditen.147
144 145 146 147
Vgl. Conrad und Kaul (1993) und Ball et al. (1995) für eine detailliertere Darstellung. Vgl. Brav und Gompers (1997). Vgl. auch Cowen und Sergeant (1999), S. 2f. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 170.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
131
Um sowohl dem Rebalancing als auch dem New Listing Bias zu begegnen, schlagen Lyon et al. (1999) daher eine alternative Form der Berechnung vor:148
R bh P, W
º ªs W (1 R i, t )» 1 ns « ¼ ¬t s
¦
i 1
ns
(3.28)
Im Gegensatz zur vorherigen Berechnungsformel werden nun zuerst die langfristigen Buy-and-hold-Renditen der einzelnen Unternehmen der Referenzportfolios ermittelt und dann die entsprechende Summe über alle Unternehmen ns des Referenzportfolios gebildet, die im Monat s gelistet waren und entsprechend im Rahmen des Referenzportfolios berücksichtigt wurden. Durch die gleichgewichtete passive Investition in dieses Portfolio (ohne Berücksichtigung nachfolgend neu gelisteter Unternehmen) und durch Verzicht auf ein entsprechendes Rebalancing wird den beiden zuvor beschriebenen Biases vorgebeugt, und entsprechende Fehlspezifikationen bei der Ermittlung der abnormalen Renditen können vermieden werden. Neben dem Rebalancing und dem New Listing Bias findet vor allem die Schiefe („Skewness“) der Verteilung eine besondere Beachtung. Verschiedene Autoren belegen so eine deutlich rechtsschiefe Verteilung („right skewness“) der BHARs – auch nach Bereinigung um Referenzportfolios.149 Die Verteilung der BHARs der betrachteten Ereignisunternehmen hat somit grundsätzlich keinen Durchschnitt von null. Die Begründung für diese Form der Verteilung ergibt sich aus der Struktur der BHARs selbst: Nach unten ist das Verlustpotenzial der einzelnen Ereignisunternehmen auf 100% begrenzt – nach oben besteht eine derartige Begrenzung nicht. Die Buy-andhold-Renditen einzelner Ereignisunternehmen sind daher wesentlich extremer auf positiver als auf negativer Seite ausgeprägt, woraus eine entsprechende Rechtsschiefe der Verteilung der Renditen der einzelnen Ereignisunternehmen resultiert. Die Renditen der Referenzportfolios, die entsprechend abgezogen werden, um die abnormalen Renditen zu ermitteln, sind hingegen – als meist breite Durchschnitte vieler Einzelunter-
148
149
Die vorherige Berechnungsformel war gekennzeichnet durch den Zusatz „reb“, um das beschriebene monatliche Rebalancing zu verdeutlichen. Hier wird der Zusatz „bh“ gewählt, um der tatsächlichen Buy-and-hold-Natur der folgenden Berechnungsformel Ausdruck zu verleihen. Die Notation wird somit wie bei Lyon et al. (1999) vorgeschlagen verwendet. Vgl. Barber und Lyon (1997b), Lyon et al. (1999) und Cowen und Sergeant (1999), Brav (2000) und Ho (2003).
132
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
nehmen – weniger rechtsschief. Insgesamt bleibt daher eine entsprechende Rechtsschiefe auch nach der Bereinigung um die Referenzportfolios bestehen. Barber und Lyon (1997b) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dieser Skewness Bias mit zunehmender Samplegröße entsprechend dem zentralen Grenzwertsatz (CentralLimit- Theorem) abnimmt. Dem zentralen Grenzwertsatz zufolge gilt bei angenommener Unabhängigkeit der Ereignisse: „The sum of a large number of independent random variables has a distribution that is approximately normal.“150 Die Ergebnisse der Arbeiten von Barber und Lyon (1997b) und Lyon et al. (1999) bestätigen die Abnahme der Skewness im Rahmen der Simulation zunehmender Samplegrößen.151 Gleichzeitig kommt es jedoch bei einer Zunahme der Betrachtungsperiode (als gegenläufiger Effekt) wieder zu einer Zunahme des Skewness Bias. Simulationen von Cowen und Sergeant (1999) belegen diese Zunahme. Insgesamt handelt es sich trotz dieser gegenläufigen Effekte bei der Skewness um eine der wichtigsten Ursachen von Fehlspezifikationen bei der Analyse der mittel- und langfristigen Performance, die einer entsprechenden Beachtung und Bereinigung bedarf.152 Zum Test der Nullhypothese des Vorliegens keiner abnormalen Renditen findet grundsätzlich die klassische t-Statistik der Form t
BHAR W V(BHAR W ) / n
(3.29)
Verwendung. BHAR W ist hierbei die durchschnittliche abnormale Buy-and-HoldRendite und V(BHAR W ) die Standardabweichung der BHARs der betrachteten Ereignisunternehmen. Diese klassische t-Statistik erfährt durch die Skewness einen Bias.153 Hieraus resultiert tendeziell eine zu hohe Ablehnung der Nullhypothese auf Grund des Ausweises zu hoher p-Werte.
150 151
152
153
Ross (1976), S. 252. Mitchell und Stafford (2000) betrachten ebenfalls die Volatilität der Ereignisfirmen im Vergleich zu der der Referenzunternehmen, um eine bei höherer Volatilität der Ereignisfirmen gegebene Gefahr einer zu hoch ausgewiesenen Signifikanz zu analysieren. Sie finden hierfür jedoch keinen entsprechenden Beleg und halten die Annahme der Normalverteilung bei großen Ereignissamples für vertretbar. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 302ff. Vgl. auch Cowan und Sergeant (1999), die auch in Samples mit mehr als 1.000 Unternehmen noch einen signifikanten Skewness Bias nachweisen. Diese Ergebnisse werden auch von sehr frühen Arbeiten von Neyman und Pearson (1928) und Pearson (1929a und 1929b) gestützt.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
133
Lyon et al. (1999) entwickeln hierzu zwei alternative Testverfahren, die die Skewness entsprechend berücksichtigen sollen.154 Aufbauend auf der Arbeit von Johnson (1978) beschreiben sie als erstes eine um die Schiefe adjustierte t-Statistik („skewnessadjusted t-statistic“).155 Die klassisch verwendete t-Statistik wird hierbei ergänzt, um die Schiefe der Verteilung der abnormalen Renditen entsprechend zu berücksichtigen: t sa
1 1 n (S yˆ S2 yˆ) 3 6n
(3.30) n
wobei S
BHAR W V(BHAR W )
¦ (BHAR iW BHAR W )3 und
yˆ
i 1
n V(BHAR W ) 3
Hierbei ist yˆ der Schätzer für die Skewness der Verteilung und
n S ist die bereits zu-
vor beschriebene klassische t-Statistik. Die Skewness findet somit durch die beiden zusätzlichen Terme eine entsprechende Berücksichtigung. Lyon et al. (1999) weisen jedoch darauf hin, dass „Only the bootstrap application of this skewness-adjusted test statistic yields well-specified test statistics.“156 Dieses Bootstrapping-Verfahren geht dabei auf die Arbeit von Ikenberry et al. (1995) und Lee (1997) zurück. Hierbei wird aus dem Ereignissample eine große Zahl (i.d.R. 1.000 bis 5.000) von Resamples gezogen, wobei Lyon et al. (1999) Resamples der Größe n/4 vorschlagen (n entspricht hierbei der Anzahl der Unternehmen im ursprünglichen Ereignissample). Für jedes dieser Resamples wird dann die adjustierte t-Statistik ermittelt, so dass sich insgesamt eine empirische Verteilung der entsprechenden Statistik ergibt. Diese wird dann verwendet, um festzustellen, ob die adjustierte t-Statistik für das ursprüngliche Ereignissample in den 5%-Bereich der so generierten Verteilung fällt, um die Nullhypothese entsprechend zu bestätigen bzw. abzulehnen. Dieser Bootstrapping-Ansatz ist allerdings relativ aufwändig zu implementieren und Lyon et al. (1999) weisen
154
155 156
Ein weiterer Ansatz zur Ableitung robuster Ergebnisse, der hier nicht weiter betrachtet wird, wird bei Cowan und Sergeant (1999) beschrieben. Diese schlagen eine sog. „Winsorization“ abnormaler Renditen vor. Im Rahmen dieses Ansatzes werden abnormale Renditen darin beschränkt, wie weit sie vom Rest des betrachteten Samples abweichen dürfen. Extreme Abweichungen (bspw. über drei Standardabweichungen) werden dann wertmäßig dieser maximalen Grenze gleichgesetzt. Hierdurch erhalten entsprechende Extremwerte ein geringeres Gewicht, müssen aber nicht aus dem Sample entfernt werden. Eine vertiefende Diskussion findet sich u.a. bei Sutton (1993). Lyon et al. (1999), S. 174.
134
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
darauf hin, dass sich keine statistisch belastbaren Ergebnisse ableiten lassen, wenn es im Rahmen der betrachteten Ereignissamples zu einem Clustering in Bezug auf gemeinsame Faktoren kommt.157 Alternativ zu der so ermittelten, um die Skewness adjustierten t-Statistik können Pseudoportfolios verwendet werden, um empirische p-Werte zu ermitteln. Dieses Verfahren wurde bereits von einer Vielzahl von Autoren, wie z.B. Brock et al. (1992), Ikenberry et al. (1995), Ikenberry et al. (1996) und Rau und Vermaelen (1998) verwendet.158 Das Pseudoportfolio-Verfahren beruht darauf, eine empirische Verteilung der langfristigen abnormalen Rendite unter der Nullhypothese zu generieren: Für jedes Ereignisunternehmen wird hierzu aus dem relevanten Referenzportfolio (das auf Basis z.B. der zuvor beschriebenen Größe und Market-to-Book-Charakteristika festgelegt wurde) zufällig ein Unternehmen gezogen und für denselben Ereignismonat über den Betrachtungshorizont die entsprechende mittel-/langfristige Performance errechnet.159 Dieses Vorgehen wird für jedes Unternehmen des Ereignissamples fortgesetzt, bis alle Unternehmen durch ein Vergleichsunternehmen in dem so gebildeten Pseudoportfolio ersetzt sind. Für dieses Pseudoportfolio, das per Konstruktion damit über die gleiche Größe-/Market-to-Book-Verteilung und die gleiche Anzahl/Frequenz von Ereignissen verfügt wie das Ereignissample selbst, wird dann unter Verwendung der ursprünglichen Referenzportfolios die abnormale Rendite ermittelt. Dieses gesamte Vorgehen wird nun i.d.R. 1.000- bis 5.000-fach wiederholt. Es ergeben sich entsprechend 1.000 bis 5.000 Pseudoportfolios und 1.000 bis 5.000 durchschnittliche abnormale Renditen, die als Approximierung der empirischen Verteilung der durchschnittlichen abnormalen Renditen verwendet werden. Diese empirische Verteilung der durchschnittlichen BHARs hat dabei auf Grund der zufälligen Auswahl per Definition einen Durchschnitt von null. Das implizite Modell der erwarteten Renditen ist somit der Durchschnitt der Dreijahresrenditen der auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio ermittelten Kontrollunternehmen. Auf Basis der auf diese Art generierten empirischen Verteilung können nun entsprechende p-Werte ermittelt werden. Hierbei ist die Nullhypothese nicht wie im Fall
157 158
159
Als Beispiel kann hier Industry Clustering angeführt werden. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 815ff. Als vergleichbaren Ansatz kann hierbei auch auf die Arbeit von Ho (2003) hingewiesen werden, der die Renditeverteilung von Ereignisfirmen (IPOs) mit einer entsprechenden Verteilung für einen Benchmarkindex vergleicht und auf stochastische Dominanz testet. Das zufällig ausgewählte Unternehmen wird hierbei wieder entsprechend ersetzt.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
135
der zuvor beschriebenen klassischen t-Statistik bzw. der adjustierten t-Statistik, dass die durchschnittliche abnormale Rendite null ist, sondern, dass die durchschnittliche abnormale Rendite der Ereignisunternehmen der durchschnittlichen abnormalen Rendite der Pseudoportfolios entspricht.160 Der p-Wert ergibt sich dementsprechend als der Anteil der BHARs der Pseudoportfolios der größer ist (mit identischem Vorzeichen) als die BHARs des Ereignissamples.161 Zur Berücksichtigung der Rebalancing und New Listing Biases sowie der Skewness bedarf es bei Verwendung der bisher schwerpunktmäßig betrachteten Referenzportfolios somit relativ aufwändiger Berechnungen, insbesondere für die beschriebenen weiterentwickelten statistischen Testverfahren. Wesentlich vereinfachen lässt sich die Berechnung jedoch durch den ebenfalls bereits beschriebenen Kontrollfirmenansatz. Während die bisher betrachteten Referenzportfolios in einem ersten Schritt der dargestellten Bereinigung um Rebalancing und New Listing Bias bedürfen, ist diese Problematik bei der Verwendung des Kontrollfirmenansatzes nicht gegeben. Durch die Festlegung einer entsprechenden Kontrollfirma z.B. auf Basis der Marktkapitalisierung und der Market-to-Book-Ratio (wie zuvor in Anlehnung an Lyon et al. (1999) beschrieben) und durch die Berechnung der Benchmarkrendite allein auf Basis der entsprechenden Buy-and-hold-Rendite dieses Unternehmens sind Rebalancing und New Listing nicht relevant. Barber und Lyon (1997b) weisen ferner darauf hin, dass die Skewness mit diesem Ansatz ebenfalls eliminiert wird.162 Im Rahmen des Kontrollfirmenansatzes kann daher auf die klassische t-Statistik zur Beurteilung der statistischen Signifikanz der Ergebnisse zurückgegriffen werden. Dem Forscher stehen damit (basierend auf der Arbeit von Lyon et al. (1999)) zur Berechnung von BHARs zwei wesentliche Ansätze mit entsprechend weiterentwickelten Testverfahren zur Verfügung: der Referenzportfolioansatz mit der Bootstrap-Version der schiefeadjustierten t-Statistik bzw. mit den empirischen p-Werten auf Basis der Pseudoportfolios einerseits bzw. der Kontrollfirmensansatz mit der klassischen t-Statistik andererseits. 160 161
162
Vgl. Lyon et al. (1999), S. 175f. Brav (2000) geht auf Schwächen dieses Ansatzes auf Grund unzureichender Berücksichtigung u.a. der im Folgenden dargestellten Cross-Correlation ein. Vgl. Barber und Lyon (1997b). Cowan und Sergeant (1999) finden im Rahmen ihrer Arbeit jedoch auch für den Kontrollfirmenansatz eine – wenn auch deutlich reduzierte – Skewness und führen diese auf zufällige extreme Renditen der Ereignis- bzw. Kontrollfirmen zurück, die sich nicht immer ausgleichen (sogar in großen Samples).
136
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Lyon et al. (1999) testen die Eignung aller drei Testverfahren der klassischen t-Statistik (auf Basis des Kontrollfirmenansatzes) sowie der adjustierten t-Statistik und der empirischen p-Werte auf Basis der Pseudoportfolios (auf Basis der Referenzportfolios) im Rahmen ihrer Arbeit durch eine entsprechende Simulation.163 Hierbei ergeben sich deutlich unterschiedliche Ergebnisse je nach Verwendung von Zufalls- und Nicht-Zufallssamples. In Zufallssamples begegnen alle drei weiterentwickelten Testverfahren den zuvor beschriebenen Biases sowie der Skewness und erweisen sich als entsprechend gut spezifiziert und als den klassischen Testverfahren (wie der konventionellen t-Statistik basierend auf „rebalanced“ Referenzportfolios bzw. Buy-and-Hold-Referenzportfolios sowie der einfachen, adjustierten t-Statistik ohne Bootstrapping) deutlich überlegen. Diese klassischen Testverfahren zeigen die bereits zuvor beschriebenen deutlichen Fehlspezifikationen auf Grund der Rebalancing und New Listing Biases und der Skewness.164 Bei einem Vergleich der Reliabilität („Power“) der Teststatistiken, tatsächliche abnormale Renditen auch entsprechend als solche identifizieren zu können,165 erweisen sich die adjustierte t-Statistik und die empirischen p-Werte auf Basis der Pseudoportfolios (Referenzportfolioansatz) gegenüber der klassischen t-Statistik basierend auf dem Kontrollfirmenansatz in Zufallssamples als leicht überlegen. Ein abweichendes Bild ergibt sich jedoch in Nicht-Zufallssamples, bei denen ein künstlicher Bias (z.B. durch die Betrachtung nur von großen oder nur kleinen Unternehmen) erzeugt wird:166 –
Größe: In Samples mit Größen-Bias erweisen sich die drei Testverfahren (wie bei der Betrachtung von Zufallssamples) den klassischen Verfahren gegenüber als überlegen.
163
Hierzu bilden sie 1.000 zufällige Samples mit je 200 Unternehmen und einer entsprechend abnormalen Rendite von null, die als Grundlage der Bewertung der verschiedenen Testverfahren dienen. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 176ff. Die klassische t-Statistik (auf Basis von „rebalanced“-Referenzportfolios) zeigt so einen deutlich negativen Bias. Die t-Statistik auf Basis der Buy-and-hold-Referenzportfolios kann den Rebalancing und New Listing Biases begegnen, auch hier besteht jedoch ein negativer Bias auf Grund der Skewness. Die adjustierte t-Statistik (ohne Bootstrapping) reduziert diesen Bias zwar weiter, erreicht aber nicht das Niveau der Bootstrap-Version. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 178f. Der Vergleich erfolgt auf Basis der Quote der tatsächlichen Ablehnungen der Nullhypothese bei unterschiedlichen – entsprechend induzierten Levels – abnormalen Renditen. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 181ff.
164
165
166
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
137
–
Market-to-Book-Ratio: Während sich die drei Ansätze bei Unternehmen mit hoher Market-to-Book-Ratio als gut spezifiziert erweisen, ist bei Unternehmen mit geringer Market-to-Book-Ratio nur der Kontrollfirmenansatz mit der klassischen t-Statistik auf Grund eines besseren Matchings zwischen Ereignis- und Kontrollfirmen als geeignet anzusehen.
–
Renditeentwicklung vor dem Ereignis: Bei Berücksichtigung der Renditeentwicklung vor dem Ereignis, die ja bereits zuvor als wichtiger Faktor zur Erklärung der erwarteten Renditen diskutiert wurde,167 erweisen sich alle drei Testverfahren als fehlspezifiziert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Renditeentwicklung vor dem Ereignis. Durch entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Erstellung der Referenzportfolios bzw. der Festlegung der Kontrollfirmen könnten ggf. signifikant bessere Ergebnisse der Performancemessung und robustere Ergebnisse der Testverfahren erreicht werden.
–
Industrie: Bei Betrachtung von Unternehmen nur einer Industrie erweisen sich die Verfahren ebenfalls als schlecht spezifiziert und das Matching auf Basis allein von Market-to-Book und Größe der betrachteten Ereignisunternehmen erscheint unzureichend.
Hiermit wird deutlich, dass die drei zuvor für Zufallssamples als robust befundenen Teststatistiken in Nicht-Zufallssamples z.T. nach wie vor Fehlspezifikationen aufweisen. Mitchell und Stafford (2000) kritisieren nicht zuletzt vor diesem Hintergrund die weitverbreitete Verwendung der zuvor beschriebenen, auf Bootstrapping und Pseudoportfolios beruhenden Testverfahren und weisen auf zwei kritische implizite Annahmen bei der Verwendung dieser Verfahren hin: Event samples are clearly different from random samples. Event firms have chosen to participate in a major corporate action, while nonevent firms have chosen to abstain from the action. An empirical distribution created by randomly selecting firms with similar size-BE/ME characteristics does not replicate the covariance structure underlying the original event sample. In fact, the typical bootstrapping approach does not even capture the cross-sectional correlation structure 168 related to industry effects .[… ]
Das hiermit angesprochene Problem der Cross-Correlation und die deutliche Kritik an der vereinfachenden Annahme der Unabhängigkeit der Ereignisse verdienen im Rah-
167 168
Vgl. auch Carhart (1997). Mitchell und Stafford (2000), S. 307f.
138
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
men der Betrachtung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen eine besondere Beachtung. Während die Cross-Correlation bei den kurzfristigen Ereignisstudien (wie auch zuvor beschrieben wurde)169 nahezu irrelevant ist – solange Ereignisse nicht stark z.B. durch externe Entwicklungen, wie z.B. Änderungen im regulatorischen oder gesetzlichen Umfeld, geclustert sind – wird sie für die Berechnung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen aus verschiedenen Gründen aber umso relevanter:170 –
Auf Grund des langfristigen Betrachtungshorizonts von 36 Monaten und mehr kommt es innerhalb des Ereignissamples zu entsprechenden Überlappungen der betrachteten individuellen Ereignisfenster.171
–
Unternehmensereignisse treten nicht zufällig im Zeitverlauf auf, sondern zumeist (insb. bei Betrachtung spezieller Industrien) in Wellen. Für den Fall der hier betrachteten M&A-Transaktionen zeigen Andrade et al. (2001) ein entsprechendes zeitliches Clustering von M&A-Transaktionen nach Industrien, und Mitchell und Mulherin (1996) identifizieren Schocks, die je nach Industrie bzw. auch übergreifend eine entsprechend erhöhte M&A-Aktivität induzieren.172
–
Der Fokus liegt häufig – wie auch im Rahmen dieser Arbeit – auf einer Industrie. Die aus industriespezifischen Faktoren resultierende Korrelation zwischen der Renditeentwicklung der Unternehmen einer Industrie ist ein empirisch gesichertes Faktum und Grundlage der Portfoliotheorie.
Cross-Correlation ist deshalb im Rahmen mittel- und langfristiger Analysen der abnormalen Rendite somit ein wichtiger zu berücksichtigender Faktor. Der hieraus resultierende Effekt auf die Teststatistiken (hier die klassische t-Statistik) lässt sich wie folgt beschreiben t
169
170
171
172
BHAR W V(BHAR W ) / n
und
V(BHAR W )
1 2 ( N 1) V U i, j V i V j N i N
(3.31)
Die entsprechende Annahme liegt auch den zuvor für die kurzfristige Ereignisstudie dargestellten Testverfahren zugrunde. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 33f., Mitchell und Stafford (2000), S. 290, Brav (2000) und Cowan und Sergeant (1999), S. 6ff. Vgl. hierzu auch die Arbeit von Antoniou und Zhao (2004) sowie die folgenden detaillierten Ausführungen zu den Gründen und den Effekten der Überlappungen auf die Cross-Correlation. Vergleichbare Ergebnisse können für andere Arten von Ereignissen festgestellt werden. Vgl. bspw. Ritter (1991) zu IPOs.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
139
wobei Vi2 die durchschnittliche Varianz der individuellen BHARs und Ui, j V i V j die durchschnittliche Kovarianz der individuellen BHARs ist. In Nicht-Zufallssamples mit positiver Cross-Correlation dominiert der Kovarianzterm die Varianz der individuellen BHARs. Die Nichtberücksichtigung dieses Effekts führt zum Ausweis einer erhöhten t-Statistik und damit zum Ausweis erhöhter statistischer Signifikanz (p-Werte), so dass insgesamt die Nullhypothese zu häufig verworfen wird.173 Brav (2000) ebenso wie Jegadeesh und Karceski (2004) kritisieren daher, dass die Mehrzahl der Arbeiten mit entsprechendem Forschungsschwerpunkt – wie auch Lyon et al. (1999) – abnormale Renditen nach wie vor als unabhängig und annähernd normalverteilt betrachtet und weisen auf die entsprechende Verwundbarkeit dieser Ansätze hin, die die Cross-Correlation nicht berücksichtigen. Empirische Studien zeigen, dieser vereinfachenden Annahme widersprechend und die Kritik ebenso wie die zuvor beschriebenen Gründe für das Auftreten von CrossCorrelation bei mittel-/langfristiger Betrachtung bestätigend, den Fortbestand der Cross-Correlation auch nach der Berechnung abnormaler Renditen und einer entsprechenden risikoadjustierten Bereinigung. Studien wie die von Bernard (1987) finden eine hohe Korrelation der Marktmodellresiduen individueller Unternehmen von 18% in den verschiedenen Industrien.174 Grundsätzlich sinkt mit der Güte des verwendeten Asset-Pricing-Modells die Cross-Correlation, gleichzeitig steigt sie aber auch mit zunehmender Homogenität des Ereignissamples (wie im hier gegebenen Fall der Fokussierung auf eine Industrie). Es stellt sich somit die Frage nach der Bedeutung und dem Einfluss der Cross-Correlation auf die mittel- und langfristige Performancemessung und nach entsprechenden hieraus resultierenden Fehlspezifikationen: Kothari und Warner (2004) belegen hierzu
173
174
Vgl. Cowan und Sergeant (1999), S. 6 und Brown und Warner (1980). Antoniou und Zhao (2004) arbeiten den Effekt inflationierter t-Werte und ebenso inflationierter abnormaler Renditen für das von ihnen betrachtete Sample von Transaktionen in UK klar heraus. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Betrachtung der empirischen Verteilungen der BHARs im Vergleich zu der Verteilung der Pseudoportfolios. Die Kalibrierung und Bestimmung der kritischen p-Werte auf Basis der Verteilung der Zufallssamples (mit entsprechend geringerer Varianz) führt analog zum Ausweis zu hoher p-Werte und damit zu häufig zu Ablehnungen der Nullhypothese. Bernard (1987) zeigt darüber hinaus, dass auch die durchschnittliche „Inter-Industrie-Korrelation“ individueller abnormaler Renditen positiv ist. Eine Berücksichtigung allein der Industrieeffekte erreicht somit keine gänzliche Bereinigung der Cross-Correlation.
140
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
beispielhaft, dass selbst eine geringe Cross-Correlation zu deutlichen Fehlern bei der Verwendung der entsprechenden statistischen Testverfahren führt. Die Cross-Correlation bewirkt (wie zuvor theoretisch dargestellt) eine deutlich zu häufige Ablehnung der Nullhypothese des Vorliegens keiner abnormalen Renditen, da die Standardabweichung der BHARs der betrachteten Unternehmen zu niedrig geschätzt wird.175 Ähnliche Ergebnisse finden Mitchell und Stafford (2000), die die Cross-Correlation im Rahmen ihrer Simulation schätzen und einen um diese Cross-Correlation angepassten Standardfehler der BHARs ermitteln. Auch hier ergibt sich ein sehr starker Effekt der Cross-Correlation (obwohl diese nominal relativ gering ist): Die Signifikanz der Ergebnisse (einer Ablehnung der Nullhypothese) ist für ihre betrachteten Samples auf Grund eines deutlichen Rückgangs der (um die Cross-Correlation bereinigten) t-Statistik durch die entsprechende Anpassung nicht mehr gegeben.176 Dies unterstreicht nachdrücklich die Relevanz der Problematik. Die zuvor von Lyon et al. (1999) beschriebenen drei weiterentwickelten Testverfahren tragen der Cross-Correlation somit nicht ausreichend Rechnung. Besonders für den Fall von überlappenden Ereigniszeiträumen (als einem der zuvor beschriebenen Auslöser von Cross-Correlation) zeigen die Simulationen, dass die drei weiterentwickelten Testverfahren diese nicht ausreichend berücksichtigen.177 Entsprechende Überlappungen sind jedoch bei –
den beschriebenen Betrachtungszeiträumen von bis zu drei, in einigen Fällen sogar bis zu fünf Jahren,
–
einer Vielzahl von im Rahmen dieser Arbeit vorkommenden sog. „Multi-Bidders“, die wiederholt M&A-Transaktionen durchführen (Gleiches gilt für andere Ereignisse, wie z.B. Kapitalerhöhungen, Aktienrückkäufe etc., die ggf. auch häufiger im Betrachtungsfenster vorkommen) und
–
i.d.R. relativ großen betrachteten Samples
175
Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 34f. Ein dreijähriger BHAR von 15% ist beispielsweise bei entsprechender Anpassung nicht mehr signifikant. Hierbei ist jedoch einschränkend auf die von Mitchell und Stafford getroffenen Schätzungen bzw. Modellannahmen hinzuweisen. Die entsprechende Anpassung beruht so auf einer Grobschätzung der Cross-Correlation. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 291 und S. 306. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 190.
176
177
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
141
nicht zu vermeiden und zumeist in großer Zahl zu beobachten. Auch beim gehäuften zeitlichen Auftreten von Ereignissen (dem sog. „Calendar Clustering“), das ebenfalls oft zu beobachten ist und sich bei (Banken-)M&A-Transaktionen (ebenso wie bei anderen Arten von Ereignissen) in den bereits beschriebenen und empirisch beobachtbaren „Wellen“ niederschlägt, erweisen sich die drei Testverfahren (auf Basis des Kontrollfirmen- bzw. Referenzportfolioansatzes) als fehlspezifiziert, wenn Firmen aus einer Industrie bzw. Firmen mit ungewöhnlich hoher bzw. niedriger Performance vor dem Ereignis betrachtet werden. Insbesondere der Fokus auf eine Industrie ist jedoch – wie auch in dieser Arbeit mit Fokus auf Banken – häufig zu unterstellen. Relativ robuste Ergebnisse im Rahmen der drei Testverfahren ergeben sich hingegen, wenn Zufallssamples mit Calendar Clustering betrachtet werden bzw. bei Betrachtung von Nicht-Zufallssamples, wenn Größe und Market-to-Book-Ratio der Bildung der entsprechenden Samples zugrunde liegen und somit bspw. ausschließlich große Unternehmen betrachtet werden.178 Insgesamt gelingt es den vorgestellten drei Testverfahren somit nur in eingeschränkter Form, die Cross-Correlation entsprechend zu erfassen. Aus rein theoretischer Sicht könnte man die Cross-Correlation bei der Berechnung der Teststatistik durch Schätzung der n·n-Varianz-Kovarianz-Matrix für ein Sample von n betrachteten Unternehmen berücksichtigen.179 Jegadeesh und Karceski (2004) gehen mit ihrer Arbeit in diese Richtung: Sie schlagen ein als relativ aufwändig anzusehendes Testverfahren vor, das die Cross-Correlation und Heteroskedastizität berücksichtigt, indem sie u.a. die Varianz-Kovarianz-Struktur zwischen den Zeitreihen für Monatskohorten180 von Ereignisunternehmen miteinbeziehen.181 Die auf dieser Basis ermittelten ersten Ergebnisse erweisen sich in Zufalls- und Nicht-Zufallssamples (insb. in Samples mit starkem Industriefokus) als stabil. Lyon et al. (1999) zeigen ebenfalls Verfahren auf, die die Varianz-Kovarianz-Matrix von abnormalen Renditen in Ereigniszeit berücksichtigen. Die hierauf basierend ermittelten Ergebnisse zeigen allerdings trotz einer leichten Verbesserung nach wie vor eine Fehlspezifikation bei Verwendung der drei
178 179 180
181
Vgl. Lyon et al. (1999), S. 187f. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 190. Hierzu ermitteln sie die durchschnittliche abnormale Rendite der Unternehmen mit einem Ereignis in jedem der Monate des Betrachtungszeitraums. Vgl. Jegadeesh und Karceski (2004), S. 6. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 38f.
142
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
genannten Teststatistiken.182 Cowan und Sergeant (1999) versuchen dem Problem schließlich mit einer trivialen Vereinfachung der Teststatistik zu begegnen. Dieses Verfahren ist jedoch als nicht belastbar anzusehen.183 Brav (1998 und 2000) entwickelt ein wesentlich elaborierteres Modell zur Berücksichtigung der Cross-Correlation, das auf einem baysianischen Ansatz beruht.184 Dies stellt jedoch ebenso wenig eine umfassende Lösung dar. Insgesamt wird somit deutlich, dass die Cross-Correlation trotz erster Ansatzpunkte zu ihrer Berücksichtigung (wie z.B. bei Jegadeesh und Karceski (2004)) ein Problem bei der Berechnung von BHAR bleibt, das bisher (insb. bei Vorliegen überlappender Ereigniszeiträume und bei Vorliegen von Industry Clustering) noch keine abschließende, leicht zu implementierende Lösung erfahren hat. Mit den im Folgenden beschriebenen Ansätzen in Kalenderzeit werden jedoch alternative Ansätze zur Berechnung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen aufgezeigt, die die Cross-Correlation auf natürliche Weise berücksichtigen und die Problematik auf diesem Weg vermeiden. Berechnung der abnormalen Renditen in Ereigniszeit – Cumulative Abnormal Returns (CARs)
Nachdem bisher ausschließlich BHARs mit den ihnen zugrunde liegenden Modellen und statistischen Testverfahren diskutiert wurden, ist abschließend auch noch auf die sog. Cumulative Abnormal Returns (CARs) einzugehen, die einen weiteren wichtigen Ansatz in Ereigniszeit darstellen. Während BHARs – wie bereits herausgestellt wurde – die tatsächliche Investitionserfahrung der Investoren abbilden und bemessen, welche abnormale Rendite von einem Ereignisunternehmen über ein bestimmtes Zeitfenster erzielt wurde, ermitteln die CARs (auch als durchschnittliche monatliche abnormale Renditen bezeichnet), ob das betrachtete Ereignisunternehmen kontinuierlich abnormale monatliche Renditen erreicht hat.185 Die Berechnung der CARs erfolgt hierbei nach der Formel 182 183 184
185
Vgl. Lyon et al. (1999), S. 198ff. Vgl. Cowan und Sergeant (1999), S. 5ff. Auf Basis dieses baysianischen Ansatzes wird unter Berücksichtigung der Varianz-KovarianzStruktur eine Verteilung der langfristigen abnormalen Renditen unter der Nullhypothese keiner abnormalen Renditen erzeugt, auf deren Basis dann die Signifikanz der Sampleergebnisse abgeleitet werden kann. Vgl. Brav (2000). Vgl. Lyon et al. (1999), S. 192.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
CAR i, W
sW ª
1 n nj 1
º
¦ «R i, t ¦ R j, t »
t s «¬
»¼
143
(3.32)
wobei Ri,t die monatliche Rendite des Ereignisunternehmens i ist und Rj,t die monatliche Rendite für die j = 1, …, n Referenzunternehmen ist, die sich im selben Größe-/ Market-to-Book-Referenzportfolio befinden wie das Ereignisunternehmen i (hierbei müssen die Referenzunternehmen über die gesamte Betrachtungsperiode W gelistet sein). Bezüglich der Eignung der CARs zur Ermittlung abnormaler langfristiger Renditen ist festzuhalten, dass die beschriebenen drei Testverfahren (der Kontrollfirmenansatz, die Bootstrap-Version der schiefeadjustierten t-Statistik und die empirischen p-Werte auf Basis der Pseudoportfolios/der entsprechend abgeleiteten empirischen Verteilung) in Zufallssamples ebenso stabil sind wie bei Verwendung des BHAR-Ansatzes. Gleichzeitig erweisen sie sich als ebenso anfällig wie die BHAR-Ansätze in NichtZufallssamples (wie z.B. bei Industry Clustering). Es stellt sich somit die Frage, bezüglich welcher Eigenschaften sich die CARs von den BHARs differenzieren. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich vor allem durch die zuvor beschriebene Art der Berechnung: Während die CARs die durchschnittlichen monatlichen abnormalen Renditen darstellen, betrachten die BHARs die Performance über den gesamten Betrachtungszeitraum im Sinne einer Buy-and-hold-Strategie. Durch die hiermit verbundene Zinseszinswirkung erhöhen sich die BHARs bei einem Auftreten abnormaler Renditen zu einem beliebigen Zeitpunkt während der betrachteten T Monate automatisch mit einer Verlängerung des Betrachtungszeitraums. Treten so z.B. abnormale Renditen nur in den ersten sechs Monaten nach dem jeweiligen Ereignis auf, werden entsprechend berechnete Dreijahres-BHARs automatisch höher sein als Einjahres-BHARs.186 CARs hingegen vermeiden dieses Problem durch entsprechende monatliche Durchschnittsbildung und Kumulierung der durchschnittlichen abnormalen Renditen.187 Insbesondere auf Grund dieser nicht gegebenen Zinseszinswirkung sind die CARs weniger rechtsschief („skewed“) als die BHARs und erweisen
186 187
Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 296 und Fama (1998), S. 294. Vgl. Boehme und Sorescu (2000), S. 14.
144
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
sich damit als statistisch weniger problematisch.188 Die klassische t-Statistik erscheint daher bei CARs als gut spezifiziert. Hierbei ist es allerdings erforderlich, durch entsprechende Referenzportfoliobildung den New Listing und Rebalancing Bias zu berücksichtigen, da bei reiner Verwendung klassischer „rebalanced“ Referenzportfolios ein entsprechender (insgesamt positiver) Bias gegeben wäre.189 Während hiermit diesen Biases vorgebeugt werden kann, ist das Problem der Cross-Correlation auf Grund der zuvor beschriebenen Berechnungsmethodik analog zum BHAR-Ansatz jedoch auch bei der Verwendung der CARs gegeben.190 Insgesamt lässt sich somit feststellen, dass bei der Berechnung der CARs der Rebalancing und der New Listing Bias analog zu den BHARs einer entsprechenden Berücksichtigung bedürfen. Die weniger ausgeprägte Skewness ermöglicht durch die Verwendung der klassischen t-Statistik aber eine im Vergleich den BHARs entsprechende Erleichterung. Das Problem der Cross-Correlation belastet jedoch auch bei Verwendung der CARs die Spezifikation der Testverfahren. Berechnung der abnormalen Renditen in Kalenderzeit Begegnet wird diesem Problem der Cross-Correlation mit der zweiten großen Gruppe der Ansätze zur Messung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen: den Ansätzen in Kalenderzeit. Eine Vielzahl von Autoren, wie z.B. Fama (1998), Lyon et al. (1999), Mitchell und Stafford (2000), Loughran und Ritter (2000), beschäftigen sich mit der Gestaltung und den Vor- und Nachteilen der Ansätze in Kalenderzeit. Die z.T. kontroversen Ergebnisse ihrer jeweiligen Forschungsarbeiten werden nachfolgend genauso diskutiert wie zuvor die Ansätze in Ereigniszeit. Während die bisher betrachteten Ansätze in Ereigniszeit abnormale Renditen bezogen auf den Ereigniszeitpunkt t = 0 für alle betrachteten Unternehmen ermitteln, werden im Rahmen des u.a. auf den Arbeiten von Jaffe (1974) und Mandelker (1974) beruhenden Kalenderzeitansatzes Portfoliorenditen in Kalenderzeit ermittelt. Hierzu werden in jedem Kalendermonat aus dem betrachteten Sample von Ereignisunternehmen, das i.d.R. eine große Zahl von Unternehmen über eine lange Analyseperiode von zumeist vielen Jahren umfasst, die Unternehmen ausgewählt, die ein entsprechendes 188
189 190
Dies ist insbesondere auf die im Rahmen der CARs nicht gegebene Zinseszinswirkung zurückzuführen. Vgl. Fama (1998), S. 295. Vgl. Barber und Lyon (1997a). Vgl. Lyon et al. (1999), S. 199f.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
145
Ereignis innerhalb der letzten T Monate erfahren hatten. Durch die Analyse dieses rollierenden Fensters von T Monaten werden in jedem Monat dem betrachteten Portfolio neue Unternehmen hinzugefügt, nämlich diejenigen, die im Betrachtungsmonat ein entsprechendes Ereignis erfahren haben. Gleichzeitig wird das Sample um all die Unternehmen bereinigt, bei denen das Ereignis im Monat T + 1 eintrat und die somit nicht mehr in die betrachteten T Monate fallen. Durch die unterschiedliche Häufigkeitsverteilung der Ereignisunternehmen über Zeit ist das betrachtete Sample/monatliche Portfolio der Ereignisunternehmen über Zeit damit nicht immer gleich groß. Basierend auf diesem monatlich ermittelten Set an Unternehmen können nun anhand verschiedener Ansätze in Kalenderzeit die entsprechenden mittel- und langfristigen abnormalen Renditen ermittelt werden. Hierzu werden im Folgenden die beiden schwerpunktmäßig verwendeten Ansätze: –
mit den „Kalenderzeitportfolios und Faktormodellen“ und
–
den „durchschnittlichen monatlichen abnormalen Kalenderzeitrenditen“
vorgestellt. Besonders starke Verwendung findet in der Literatur der Ansatz der „Kalenderzeitportfolios und Faktormodelle“ (z.B. bei Loughran und Ritter (1995), Brav und Gompers (1997) und Brav et al. (1995) basierend auf dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell). Im Rahmen dieses Ansatzes wird zunächst für das monatlich in Kalenderzeit ermittelte Portfolio an Unternehmen, die in den letzten T Monaten das betrachtete Ereignis erfuhren, die gleich- bzw. wertgewichtete monatliche Portfoliorendite ermittelt. Ausgehend von der hieraus entstehenden Zeitreihe monatlicher Portfoliorenditen werden dann abnormale Renditen durch Regression auf Basis eines Faktormodells (wie z.B. auf Basis des CAPM, des zumeist verwendeten Fama-French-Drei-Faktor-Modells oder alternativ des Vier-Faktor-Modells) ermittelt. Bei Verwendung des bereits beschriebenen Fama-French-Drei-Faktor-Modells in der Form R p, t R f , t
a p b p R M, t R f , t s pSMB h p HML e p, t
(3.33)
wird hierbei die monatliche Überrendite des Kalenderzeit-Ereignisportfolios als die Portfoliorendite bereinigt um den risikolosen Zinssatz (abgebildet durch eine entsprechende Staatsanleihe mit einmonatiger Laufzeit) ermittelt und gegen die beschriebenen drei Faktoren regressiert. Wie bereits vorher dargestellt, bemisst der geschätzte Ach-
146
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
senabschnitt ap dann die durchschnittliche abnormale Rendite des betrachteten Samples von Ereignisunternehmen über die betrachteten T Monate nach dem Ereignis.191 Kritisch wird bei Verwendung entsprechender Faktormodelle darauf hingewiesen, dass die Parameter bp, sp, hp der drei Faktoren (die sog. „Factor Loadings“) im Zeitablauf als konstant angenommen werden. Dies erscheint als problematisch, da sich die Zusammensetzung des betrachteten Ereignisportfolios monatlich ändert. Da Ereignisse sich in den verschiedenen Industrien zu verschiedenen Zeitpunkten clustern und unterschiedliche Industrien unterschiedliche Factor Loadings haben, können hieraus entsprechend fehlerhafte Ergebnisse resultieren.192 Bei Betrachtung nur einer Industrie (wie hier der Bankenindustrie) ist diese Problematik jedoch nicht gegeben. Mitchell und Stafford (2000) schlagen darüber hinaus ein Verfahren zur rollierenden Ermittlung der Factor Loadings vor. Hierbei werden die entsprechenden Factor Loadings für die einzelnen Ereignisunternehmen (über die gesamte Betrachtungsperiode von z.B. drei Jahren) ermittelt. Für jeden Monat werden dann für das jeweilige Portfolio der Ereignisunternehmen die Factor Loadings als Durchschnitt der individuellen Factor Loadings der Unternehmen ermittelt, die im betreffenden Monat betrachtet werden.193 Alternativ zu diesen auf entsprechenden Faktormodellen – wie dem Fama-FrenchDrei-Faktor-Modell – beruhenden Berechnungen in Kalenderzeit können auch die sog. „durchschnittlichen monatlichen abnormalen Kalenderzeitrenditen“ berechnet werden.194 Hierzu werden analog für jeden Kalendermonat zunächst für jedes Ereignis-
191
192 193 194
Fama und French (1993) weisen darauf hin, dass insbesondere in Samples mit starkem Bias (z.B. in Samples mit kleinen Unternehmen mit hoher Market-to-Book-Ratio) der Achsenabschnitt jedoch nicht immer null ist (obwohl diese Faktoren ja explizit durch das Modell abgebildet werden) und die erwarteten Renditen somit nicht komplett durch das Modell beschrieben werden können. Mitchell und Stafford (2000) ermitteln daher spezifisch für das betrachtete Ereignissample und dessen Struktur zusätzlich den erwarteten Achsenabschnitt (auf Basis von 1.000 Regressionen für Zufallssamples mit derselben zeitlichen Ereignisfrequenz und derselben Größe-/Market-to-BookStruktur wie das Ereignissample). Hierauf basierend wird eine adjustierte t-Statistik berechnet, die den erwarteten Achsenabschnitt als Durchschnitt der Nullverteilung (keiner abnormaler Renditen) berücksichtigt und die Differenz zwischen dem ermittelten Achsenabschnitt und dem erwarteten Achsenabschnitt (sog. „bereinigter/adjustierter“ Achsenabschnitt) ins Verhältnis zur Standardabweichung für das Ereignissample setzt. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 309f. Auf Grund der bisher geringen Verwendung in der Literatur wird dieser Ansatz aber hier nicht weiter vertieft. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 315f. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 318. Dieser Ansatz wird auch (z.T. in leicht angepasster Form) als Calendar-Time Abnormal Returns (CTARs) bezeichnet. Vgl. hierzu bspw. Mitchell und Stafford (2000) bzw. André et al. (2004).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
147
unternehmen die abnormalen Renditen (AR) im Vergleich zu entsprechend vorher festgelegten Referenzportfolios (z.B. basierend auf Größe und Market-to-Book-Ratio) ermittelt und über alle für diesen Monat relevanten Ereignisunternehmen nt, die in den letzten T Monaten ein entsprechendes Ereignis hatten, ein entsprechender Durchschnitt berechnet: AR i, t
R i , t R p, t
nt
und
MAR t
¦ x i, t AR i, t
(3.34)
i 1
wobei xi,t der entsprechende Gewichtungsfaktor je nach Gleich- bzw. Wertgewichtung ist. Über diesen monatlichen Durchschnitt wird dann ein Gesamtdurchschnitt für alle betrachteten Monate gebildet und ein entsprechender t-Test auf Basis der Standardabweichung der Zeitreihe der durchschnittlichen monatlichen Renditen durchgeführt: MMAR
1 T ¦ MAR t Tt 1
und
t (MMAR )
MMAR V(MAR t ) / T
(3.35)
Eine Stärke der beiden hier beschriebenen Kalenderzeitansätze (sowohl der auf entsprechenden Faktormodellen beruhenden Ansätze als auch des zuletzt dargestellten Ansatzes zur Messung der „durchschnittlichen monatlichen abnormalen Kalenderzeitrenditen“) ist die „Immunität“ gegenüber dem zuvor für die Ansätze in Ereigniszeit beschriebenen Problem der Cross-Correlation. Durch die Bildung entsprechender Portfolios in Kalenderzeit wird die Korrelation zwischen den einzelnen Renditen der Ereignisunternehmen bereits in der Zeitreihe der Portfoliorenditen durch eine entsprechend erhöhte Varianz der Portfoliorenditen der einzelnen Monate abgebildet. Bei Verwendung von Faktormodellen wie dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell wird die Signifikanz des Achsenabschnitts ap (also der abnormalen Rendite) auf Basis der ent-
Alternativ zu den Referenzportfolios können die monatlichen abnormalen Renditen hierbei auch auf Basis des Drei-Faktor-Modells (mit rollierenden „Factor Loadings“/Faktorparametern) für die entsprechenden Kalenderzeitportfolios ermittelt werden. Dies begegnet der zuvor dargestellten Kritik, dass die als konstant angenommenen „Factor Loadings“ im Zeitablauf variieren. Mitchell und Stafford (2000) standardisieren die CTARs im Rahmen der statistischen Testverfahren zusätzlich durch die Portfoliostandardabweichung, um Heteroskedastizität vorzubeugen und um gleichzeitig den Perioden mit einer höheren Ereignisanzahl (und damit höherer Standardabweichung) mehr Gewicht zu verleihen. Statistische Verallgemeinerungen beruhen dann auf dem Durchschnitt der entsprechend standardisierten monatlichen CTARs und dem Standardfehler des Durchschnitts. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 308ff.
148
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
sprechenden Varianz der Zeitreihe der Residuen der Portfoliorenditen ermittelt. Der Kalenderzeitansatz bildet daher die Cross-Correlation direkt ab und ermöglicht entsprechend robuste Ergebnisse.195 Grundsätzlich gilt, dass die Kalenderzeitansätze sich in Zufallssamples als gut spezifiziert erweisen. Im Vergleich der beiden Ansätze der Faktormodelle und der durchschnittlichen monatlichen abnormalen Kalenderzeitrenditen erweisen sich letztere als grundsätzlich konservativer (auch in Nicht-Zufallssamples).196 Lyon et al. (1999) zeigen jedoch auf, dass insbesondere in Nicht-Zufallssamples (z.B. mit Bias in Bezug auf Größe und Market-to-Book-Ratio) eine Verwendung von Kalenderzeitansätzen zu Fehlspezifikationen und nicht robusten Ergebnissen führt. Die Gründe für diese Fehlspezifikation bleiben dabei jedoch unklar und bedürfen einer weiteren methodischen Auseinandersetzung. Einzig in Samples mit dem bereits zuvor diskutierten Industry Clustering bewirken Kalenderzeitansätze hiernach eine Verbesserung der Ergebnisse.197 Darüber hinaus besteht durch die sich kontinuierlich ändernde Portfoliozusammensetzung die Gefahr von Heteroskedastizität, da die Varianz von der Anzahl der Unternehmen im Portfolio abhängt. Erste Ansätze zur Berücksichtigung finden sich bei Jaffe (1974) und Mandelker (1974): Sie schlagen eine Gewichtung der abnormalen Renditen mit ihrer Standardabweichung (und damit ihrer statistischen Präzision und dem entsprechenden Informationsgehalt) vor, um so eventuelle Heteroskedastizität abzubilden. Ausgehend hiervon wird heute statt einer OLS-Regression häufig eine „Weighted Least Squares“-Regression (WLS-Regression) durchgeführt. Hier wird durch entsprechende Gewichtung im Rahmen der Regression die Anzahl der Unternehmen in den monatlichen Ereignissamples berücksichtigt.198 Als vereinfachenden Ansatz berücksichtigen Mitchell und Stafford (2000) alternativ hierzu nur monatliche Samples mit mindestens zehn Unternehmen, so dass eine relativ weitgehende Diversifikation der Residualvarianz des Portfolios gegeben ist.199
195 196
197 198 199
Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 35f. Lyon et al. (1999) begründen dies mit der vereinfachenden Linearitätsannahme der Faktormodelle in Bezug auf die betrachteten Faktoren (wie z.B. die Größe) und der Annahme keiner Interaktion zwischen den verwendeten Faktoren. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 197. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 194ff. André et al. (2004) verwenden dies bspw. bei der Betrachtung kanadischer Transaktionen. Mitchell und Stafford (2000) weisen ferner darauf hin, dass das „Weighted Least Squares“-Verfahren im Widerspruch zur Berücksichtigung der Cross-Correlation im Rahmen der Kalenderzeit-
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
149
Loughran und Ritter (2000) betonen schließlich bei Kalenderzeitansätzen einen möglichen Bias zugunsten des Nachweises von Markteffizienz und sprechen sich daher gegen Kalenderzeitansätze zur Ermittlung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen aus. Sie begründen dies damit, dass Manager ihre Entscheidungen für die betrachteten Ereignisse – wie z.B. M&A-Transaktionen – nicht zufällig treffen, sondern diese gezielt unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände treffen. Sie unterstellen damit ein „Timing“ der entsprechenden Entscheidungen durch das Management und führen hierzu aus: If there are time-varying misvaluations that firms capitalize on by taking some action […] there will be more events involving larger misevaluations in some periods than in others. […] In general, tests that weight firms equally should have more power than tests that weight each time 200 period equally.
Die Kalenderzeitansätze sind dieser Kritik zur Folge dadurch, dass sie alle Monate gleichgewichten, entsprechend nur bedingt in der Lage, abnormale Renditen bei entsprechendem „Timing“ der Manager aufzudecken. Monate mit starker Aktivität („Hot Markets“) werden genauso gewichtet wie Monate mit geringer Aktivität („Cold Markets“). Tritt in „Hot Markets“ im Vergleich zu den „Cold Markets“ eine abnormale Performance auf, wird durch die entsprechende Durchschnittsbildung die Betrachtung verzerrt. Loughran und Ritter betonen daher, dass Kalenderzeitansätze hierdurch weniger Erklärungswert haben als Ansätze, die die Performance differenziert nach „Hot“ und „Cold Markets“ betrachten. Fama (1998) begegnet dieser Kritik und schlägt als Lösung den bereits angesprochenen Ansatz vor, der (erstmals verwendet bei Jaffe (1974) und Mandelker (1974)) die Kalendermonate gemäß der Anzahl der Ereignisse gewichtet und durch ein höheres Gewicht der Monate mit hoher Ereigniszahl entsprechenden Timing-Effekten und „Hot Markets“ sowie gleichzeitig dem Problem der Heteroskedastizität Rechnung trägt.201 Mitchell und Stafford (2000) zeigen ferner, dass die gemessene abnormale Rendite nicht systematisch mit der Ereignisintensität („Hot vs. Cold Markets“) verbunden ist und widersprechen damit Loughran und Ritter darin,
200 201
portfolios steht, und beschreiben neben dem vereinfachenden Ansatz auch eine differenziertere Möglichkeit zur Betrachtung des Problems der Heteroskedastizität. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 316f. Loughran und Ritter (2000), S. 2. Konkret wird hier die monatliche abnormale Portfoliorendite durch die geschätzte Standardabweichung geteilt. Die gesamte abnormale Rendite ergibt sich dann als Durchschnitt der entsprechend standardisierten abnormalen Renditen. Vgl. Fama (1998), S. 296.
150
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
dass die abnormale Performance auf „Hot Markets“ konzentriert ist. Passend hierzu zeigen sie, dass die Kalenderzeitansätze über ausreichenden Erklärungswert verfügen, um ökonomisch relevante abnormale Renditen nachzuweisen, und dass dieser sogar höher ist als bei den BHAR-Ansätzen, wenn die Cross-Correlation berücksichtigt wird.202 Das Joint-Test- bzw. Bad-Model-Problem bei der Ermittlung mittel-/langfristiger abnormaler Performance
Ein weiteres, letztes Problemfeld, das sowohl die Ansätze in Ereignis- als auch in Kalenderzeit betrifft und daher für beide diskutiert werden muss, ist das sog. Joint-TestProblem bzw. das sog. Bad-Model-Problem:203 Jeder Test auf das Vorliegen von abnormalen Renditen und Markteffizienz ist hiernach gleichzeitig auch ein Test des hierbei verwendeten Asset Pricing Model (Joint Test).204 Die Qualität der im Rahmen entsprechender mittel- und langfristiger Ereignisstudien ermittelten Ergebnisse hängt daher maßgeblich von dem verwendeten Modell ab. Fama (1998) führt hierzu kritisch aus: „[…] all models for expected returns are incomplete descriptions of the systematic patterns in average returns during any sample period. As a result tests of efficiency are always contaminated by a bad-model problem.“205 Diese „Kontaminierung“ durch unzureichende Modellspezifikationen und hierdurch potenziell fehlerbehaftete Benchmarkrenditen, die wiederum zum Ausweis entsprechend falscher abnormaler Renditen führen, lässt sich empirisch stützen. Im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen wurde bereits für das CAPM und das Fama-French-Drei-Faktor-Modell auf entsprechende empirische Ergebnisse hingewiesen. Das klassische CAPM hat so (wie beschrieben) zahlreiche Kritik erfahren, da es beispielsweise die Renditeentwicklung bei Auftreten von Größen-Biases (insb. bei Betrachtung kleiner Unternehmen) ebenso wie beispielsweise bei Market-to-Book- oder Momentum-Biases im Rahmen entsprechend betrachteter Ereignissamples nur unzureichend abbildet.206 Auch das Fama-FrenchDrei-Faktor-Modell ist (wie dargestellt wurde) nicht in der Lage, die erwartete Rendite
202 203 204 205 206
Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 317ff. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 27. Vgl. auch Fama (1970). Fama (1998), S. 291. Vgl. beispielsweise Banz (1981), Fama und French (1992), Jegadeesh (1992) und Chan et al. (1996).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
151
komplett zu beschreiben:207 Bei Betrachtung von zufällig konstruierten Größe-/Market-to-Book-Portfolios ergeben sich so selbst für diese im Modell erfassten Dimensionen signifikante Achsenabschnitte einzelner Portfolios (z.B. insb. bei Portfolios bestehend aus kleinen Unternehmen mit hoher Market-to-Book-Ratio). Die Nullhypothese – dass der Achsenabschnitt grundsätzlich null ist – und das Modell die erwartete Rendite auf Basis der drei Faktoren komplett abbildet, erscheint somit vor allem in Samples mit starkem Bias als problematisch. Ähnliche Ergebnisse, die die Relevanz der Thematik des Bad-Model-Problems zeigen, ergeben sich nicht nur für die Expected-Return-Modelle (wie CAPM und Fama-French-Drei-Faktor-Modell), sondern auch für die Characteristics-Based-Matching-Ansätze: Im Rahmen der Analyse von Lyon et al. (1999) bleibt (wie beschrieben) in Samples mit Industry Clustering bei Verwendung der verschiedenen Ansätze sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit eine Fehlspezifikation bestehen – ein deutliches Indiz für das Bad-Model-Problem und die nicht ausreichende Spezifikation der heute verfügbaren Modelle auch bei CharacteristicsBased-Matching-Ansätzen.208 Kernannahme bei der Verwendung dieser Characteristics-Based-Matching-Ansätze ebenso wie der Expected-Return-Modelle ist jedoch, dass sich die Ereignis- und Kontrollunternehmen nur durch das Eintreten des Ereignisses unterscheiden und alle darüber hinausgehenden Einflüsse perfekt durch die jeweiligen Ansätze/Modelle und die entsprechend verwendeten Faktoren (wie z.B. Größe und Market-to-Book-Ratio) abgebildet werden. Vor dem Hintergrund der beschriebenen empirischen Ergebnisse, die jedoch auf entsprechende Fehlspezifikationen der heute verfügbaren Ansätze/Modelle hinweisen, sieht sich der Forschende jedoch mit folgender Problematik konfrontiert: Realistischerweise kann das Eintreten eines Ereignisses (wie der hier betrachteten Bankentransaktionen) nicht als reines Zufallsereignis angesehen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Unabhängigkeit zwischen dem Ereignis und der bisherigen ebenso wie der erwarteten Rendite besteht. Trotz eines differenzierten Matchings anhand verschiedener Kriterien bzw. der Verwendung verschiedener Faktoren in den entsprechenden Faktormodellen besteht somit die Gefahr systematischer Unterschiede zwischen den erwarteten Renditen der Ereignisunternehmen und der erwarteten Rendite auf Basis des verwendeten Faktormodells/der verwendeten Kontrollunternehmen
207 208
Vgl. Fama und French (1993 und 1996), Fama (1998) und Davis et al. (2000). Vgl. Lyon et al. (1999), S. 194.
152
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
infolge nicht erfasster Unterschiede zwischen Ereignis- und Kontrollunternehmen. Spezifische Charakteristika der Ereignisunternehmen, die eben hierin systematisch von z.B. den verwendeten Kontrollunternehmen abweichen, werden hiernach ggf. durch das verwendete Asset Pricing Model und damit im Rahmen der ausgewiesenen erwarteten Rendite in diesem Fall nicht ausreichend berücksichtigt (wie auch die zuvor genannten empirischen Ergebnisse zeigen) und führen zum Ausweis entsprechender (de facto nicht gegebener) abnormaler Renditen.209 Die im Rahmen der bisherigen empirischen Arbeiten gefundenen abnormalen Renditen sind daher nach Ansicht Famas (1998) (vor dem Hintergrund der beschriebenen eingeschränkten Fähigkeiten der bisher entwickelten Asset-Pricing-Modelle die Renditeentwicklung zu erklären) insbesondere in Samples mit deutlichem Bias (z.B. bei großer Zahl kleiner Unternehmen) zumindest teilweise auf entsprechend unberücksichtigte gemeinsame Charakteristika der Ereignisunternehmen zurückzuführen. Nach Fama (1998) spiegeln sie daher nicht den Effekt von Ereignissen wie z.B. M&A-Transaktionen wider. Doch selbst bei Verwendung eines Asset-Pricing-Modells, das die erwartete Rendite umfassend beschreiben würde, bestände bei jedem betrachteten Ereignissample die Gefahr systematischer Abweichungen von der auf Basis dieses Modells bestimmten erwarteten Rendite auf Grund von „sample-specific patterns in average returns that are due to chance“210 – mit dem Ergebnis des Ausweises einer gar nicht existenten Anomalie in Form abnormaler Renditen. Die wesentlichen Implikationen des Bad-Model-Problems wurden bereits im Rahmen der Ausführungen zur Notwendigkeit der Bestimmung eines geeigneten Benchmarks im Rahmen der Messung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen verdeutlicht: Bereits kleine Fehler bei der Berücksichtigung und Abbildung von Risikofaktoren im Rahmen der Modelle zur Ermittlung der erwarteten Renditen können bei den hier vorwiegend verwendeten Betrachtungshorizonten von einem bis zu drei Jahren zu erheblichen Fehlern führen, während sie bei rein kurzfristiger Betrachtung kaum signifikanten Einfluss haben. Grundsätzlich ist jedoch zwischen den verschiedenen bisher dargestellten Ansätzen/Modellen bezüglich der Stärke des Bad-Model-Problems zu unterscheiden: Da Fehlspezifikationen in erster Linie bei kleineren Unternehmen auftreten, wie die zuvor beschriebenen Arbeiten zeigen, kann dem Bad-Model-Problem
209 210
Vgl. Jegadeesh (2000), S. 11. Fama (1998), S. 292.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
153
durch die Verwendung von wertgewichteten (statt gleichgewichteten) Ergebnissen Rechnung getragen werden. Dies erscheint sinnvoll, da eine entsprechende Wertgewichtung auch besser die tatsächliche Investorenerfahrung abbildet.211 Neben der entsprechenden Gewichtung weist Fama (1998) auf einen weiteren Aspekt hin: Auf Grund des zuvor beschriebenen Zinseszinseffekts, der bei der Berechnung von BHARs auftritt, ist das Bad-Model-Problem bei BHARs durch die somit gegebene Potenzierung möglicher Fehler (in Form entsprechend zu hoch ausgewiesener abnormaler Renditen) wesentlich stärker als bei der Verwendung von CARs und den Kalenderzeitansätzen: Ein ungeeignetes Modell zur Abbildung der erwarteten Rendite, das monatlich einen Fehler von X% bei der Berechnung der abnormalen Renditen erzeugt, führt bei kumulierter Betrachtung der monatlichen abnormalen Renditen (CARs) über N Monate bspw. zu einem entsprechend kumulierten (N-fachen) Fehler, während der Standardfehler nur um N zunimmt. Stärker wirken potenziell fehlerhafte Modelle jedoch entsprechend von BHARs, bei denen unterstellt wird, dass der Investor die Aktie des im Rahmen der Ereignisstudie analysierten Unternehmens über den gesamten Betrachtungszeitraum hält. Hier kommt es dann zu einer Potenzierung möglicher, durch das verwendete Modell fehlerhaft ermittelter abnormaler Renditen über die Betrachtungsperiode auf Grund des Zinseszinseffekts. Eine seit dem ersten Betrachtungsmonat fälschlicherweise ausgewiesene abnormale Rendite potenziert sich entsprechend mit der Laufzeit.212 Mit zunehmendem Betrachtungshorizont wachsen somit im Rahmen mittel- und langfristiger Ereignisstudien auch potenzielle Fehler. Insgesamt wird mit dem Joint-Test- oder Bad-Model-Problem bei der Betrachtung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen deutlich, dass die Frage nach der geeigneten Gestaltung des Modells zur Bestimmung der erwarteten Rendite noch nicht endgültig beantwortet ist und es ggf. deutlich weiterentwickelter Modelle bedarf, um abnormale Renditen mittel- und langfristig zu messen. Kothari und Warner (2004) führen hierzu kritisch aus: „Whether the apparent abnormal returns are due to mispricing, or simply the result of measurement problems, is a contentious and unresolved issue among financial economists.“213 Doch selbst wenn die heute schwerpunktmäßig verwendeten Ansätze/Modelle (wie das Fama-French-Drei-Faktor-Modell und das
211 212 213
Vgl. Lyon et al. (1999). Vgl. Fama (1998), S. 291. Kothari und Warner (2004), S. 23.
154
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Carhart-Modell ebenso wie die Characteristics-Based-Matching-Ansätze) sich als unzureichend erweisen und sogar nur Marktineffizienzen aufzeigen (und keine gleichgewichtige Risikokompensation abbilden), ist ihre Verwendung im Rahmen von Ereignisstudien zwingend erforderlich. Da die Renditeentwicklung nicht nur der betrachteten Ereignisfirmen, sondern auch aller Kontrollunternehmen durch die entsprechenden hier genannten vier Faktoren beeinflusst wird, ist eine Bereinigung um ihren Effekt unumgänglich, um die inkrementelle Wirkung eines Ereignisses auf den Shareholder Value zu bestimmen und auf Basis heute verfügbarer Modelle und statistischer Verfahren die abnormale Performanceentwicklung auch über die gewünschten längeren Zeiträume bestmöglich zu ermitteln.214 Zusammenfassung: Bisherige Ansätze/Modelle zur Ermittlung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen im Überblick Mit den Ansätzen in Ereignis- und Kalenderzeit wurde ein Überblick über die wichtigsten Ansätze und ihre Ausgestaltung einschließlich der notwendigen statistischen Testverfahren gegeben.215 Aus Sicht des Forschers stellt sich vor dem Hintergrund der Vielzahl an verschiedenen zu berücksichtigenden Aspekten und der hiermit verbundenen Vor- und Nachteile der einzelnen Ansätze und Modelle die Frage, welche Variante nun zu favorisieren ist. Mitchell und Stafford (2000) äußern daher kritisch: „How reliable are estimates of long-term abnormal returns subsequent to major corporate events?“216 Sie verweisen in ihrer Arbeit auf die bestehenden Spezifikationsprobleme (insb. die mangelnde Berücksichtigung der Cross-Correlation) bei Ansätzen in Ereigniszeit und favorisieren Verfahren in Kalenderzeit. Eine Verwendung von BHARs halten Mitchell und Stafford (2000) auf Grund dieser Spezifikationsprobleme für ungeeignet, um hierauf basierend statistisch belastbare Verallgemeinerungen zu errei-
214 215
216
Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 26. Neben den hier dargestellten schwerpunktmäßig verwendeten Ansätzen gibt es natürlich noch viele spezifische Ausgestaltungen der hier beschriebenen Ansätze (z.B. bei Ikenberry und Ramnath (2002), die den Kontrollfirmenansatz mit den Vorteilen der Kalenderzeitansätze zu verbinden versuchen). Auf diese kann hier aus Gründen der Komplexitätsreduktion jedoch ebenso wenig eingegangen werden wie auf andere alternative Ansätze – z.B. sog. „Conditional Asset Pricing Models“, die zeitliche Variationen von Risiken/Risikoprämien zu berücksichtigen versuchen. Vgl. hierzu bspw. Gregory und Matatko (2004). Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 287.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
155
chen.217 Ebenso argumentiert Fama (1998) sehr stark für die Verwendung dieser Ansätze und verweist auf die geringere Anfälligkeit gegenüber dem Bad-Model-Problem, die implizite Berücksichtigung der Cross-Correlation und die Verwendbarkeit klassischer Testverfahren bei Kalenderzeitansätzen, da deren Schätzeigenschaften eher durch die Normalverteilung approximiert werden. Aus seiner Sicht ergeben sich bei Verwendung dieser Ansätze dann keine Indikationen gegen die Theorie effizienter Märkte. Lyon et al. (1999) hingegen präferieren ebenso wie Loughran und Ritter (2000) eher die Ansätze in Ereigniszeit – insbesondere BHARs mit entsprechend weiterentwickelten Testverfahren. Vor dem Hintergrund dieser andauernden und auch nicht abgeschlossenen Diskussion fasst Abbildung 3.1 noch einmal die wichtigsten Charakteristika ebenso wie die entsprechenden Vor- und Nachteile zusammen. Allein BHARs bilden die tatsächliche Investorenerfahrung einer passiven Anlagestrategie über einen bestimmten Zeitraum ab. Dieses können sowohl CARs als auch die Ansätze in Kalenderzeit nicht erfüllen. Durch die Verwendung großer Ereignissamples und sorgsam konstruierter Referenzportfolios/Kontrollfirmen können viele der bestehenden Fehlspezifikationen (New Listing/Rebalancing Bias und Skewness) vermieden werden. BHARs (ebenso wie CARs) erweisen sich in Nicht-Zufallssamples jedoch als anfällig gegenüber dem Problem der Cross-Correlation, das nicht einfach korrigiert werden kann und mit zunehmender Samplegröße ebenfalls zunimmt. Im Rahmen der Kalenderzeitansätze kann dieses Problem komplett vermieden werden. Die entsprechenden Ansätze in Kalenderzeit sind darüber hinaus etwas weniger anfällig für das Bad-Model-Problem (auch hier bleibt dieses jedoch relevant). Die bisher verwendeten Faktoren (wie Größe und Book-to-Market-Ratio) sind insbesondere in Nicht-Zufallssamples jedoch nicht komplett in der Lage – wie durch das Bad-ModelProblem beschrieben – alle Fehlspezifikationen des CAPM abzubilden. Darüber hinaus bilden sie die Investorenerfahrungen im Vergleich zu den BHARs entsprechend weniger genau ab.
217
Sie zeigen hierbei auf, dass bei Anpassungen der Ergebnisse auf Basis des BHAR-Ansatzes um die entsprechende Cross-Correlation vergleichbare Ergebnisse zu den Kalenderzeitansätzen resultieren, und sehen hierin eine entsprechende Bestätigung deren Überlegenheit. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 291.
156
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Rel. Bewertung
Beschreibung
BHARs
CARs
Kalenderzeitansätze
– Häufig verwendetes Verfahren in der Literatur – Berechnung einer Buy-and-HoldRendite über einen bestimmten Zeithorizont – Berechnung insbesondere auf Basis der Characteristics-BasedMatching-Ansätze (Referenzportfolios und Kontrollfirmen)
– Verwendung insb. im Rahmen älterer Arbeiten – Ermittlung der durchschnittlichen Erreichung kontinuierlicher abnormaler monatlicher Renditen durch das betrachtete Ereignissample – Berechnung ebenfalls zumeist auf Basis der Characteristics-BasedMatching-Ansätze (Referenzportfolios und Kontrollfirmen)
– Neben BHARs weit verbreitetes Verfahren in Rahmen jüngerer Arbeiten – Ermittlung der Erreichung kontinuierlicher (monatlicher) abnormaler Renditen auf Basis von Kalenderzeitportfolios – Berechnung auf Basis von – Kalenderzeitportfolios und Faktormodellen (bspw. FamaFrench-Drei-Faktor-Modell) – durchschnittlichen monatlichen abnormalen Kalenderzeitrenditen
– Abbildung der tatsächlichen Investorenerfahrung – Stabile Ergebnisse in Zufallssamples bei Verwendung weiterentwickelter Ansätze/Tests zur Vorbeugung von New Listing und Rebalancing Bias sowie (weitestgehend) Skewness – Fehlspezifikation in Nicht-Zufallssamples insb. auf Grund von Cross-Correlation – Stärkere Anfälligkeit gegenüber Bad-Model-Problem (auf Grund Berechnungsmethodik)
– Stabile Ergebnisse (analog zu BHARs) in Zufallssamples – Ebenso wie bei BHARs Anfälligkeit gegenüber Fehlspezifikationen in Nicht-Zufallssamples – Auf Grund Berechnungsmethodik Ergebnisse weniger "skewed“/ weniger statistisch anfällig (bei Korrektur von Rebalancing und New Listing Bias) – Geringere Anfälligkeit gegenüber Bad-Model-Problem – Anfälligkeit gegenüber CrossCorrelation – Keine Abbildung tatsächlicher Investorenerfahrung
– Gute Spezifikation in Zufallssamples – Immunität gegen Cross-Correlation – Verwendbarkeit klassischer Testverfahren – Geringere Anfälligkeit gegenüber Bad-Model-Problem – Nach Lyon et al. (1999) fehlspezifiziert in Nicht-Zufallssamples – Keine Abbildung tatsächlicher Investorenerfahrung – Anfälligkeit gegenüber "Timing" durch Manager/“Hot Markets" – Gefahr von Heteroskedastizität (durch sich kontinuierlich ändernde Portfoliozusammensetzung)
Abb. 3.1:
Charakteristika und relative Bewertung der wichtigsten Ansätze/Modelle zur Messung mittel-/langfristiger abnormaler Performance218
Insgesamt fassen Kothari und Warner (2004) daher zusammen: „Whether calendar time, BHAR methods or some combination can best address long-horizon issues remains an open question.“219 Vor diesem Hintergrund des aktuellen Stands der Forschung und der andauernden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik erscheint eine kombinierte Verwendung von Kalender- und Ereigniszeitansätzen als der geeignetste Weg, abnormale mittel- und langfristige Performance zu ermitteln. Es bleibt daher abschließend Lyon et al. (1999) bereits einleitend zitierte Worte zu unterstreichen: „Our central message is that the analysis of long-run abnormal returns is treacherous.“220 Insgesamt zeigen die vorhergehenden Ausführungen die signifikanten Weiterentwicklungen, die die Modelle und statistischen Testverfahren zur Messung mittelund langfristiger Performance insbesondere seit Ende der 90er Jahre erfahren haben. 218 219 220
Quelle: Eigene Darstellung. Kothari und Warner (2004), S. 41. Lyon et al. (1999), S. 198.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
157
Trotz der vor dem Hintergrund der beschriebenen Vor- und Nachteile deutlich werdenden Schwächen der einzelnen Modelle und Ansätze verfügt die Forschung hiermit in toto über das notwendige Handwerkszeug, um die mittel- und langfristige Performance sowohl nach durch die Unternehmen selbst beeinflussten Ereignissen (z.B. nach M&A-Transaktionen, Aktienrückkäufen, Kapitalerhöhungen, IPOs etc.) ebenso wie nach extern induzierten Ereignissen (z.B. nach Änderungen des regulatorischen Umfelds) entsprechend zu analysieren und robuste Ergebnisse abzuleiten. 3.3.3.2
Ergebnisse der Forschung
Die mittel- und langfristigen Ereignisstudien haben ihren Ursprung mit der bereits angesprochenen ersten Ereignisstudie von Fama et al. (1969), im Rahmen derer die Autoren die langfristigen abnormalen Renditen vor und nach Aktiensplits betrachten. Seither hat die mittel- und langfristige Performancemessung nicht nur methodisch die im vorherigen Abschnitt beschriebene signifikante Weiterentwicklung erfahren, die den Forschern das notwendige Handwerkszeug gibt, um robuste Ergebnisse abzuleiten. Auch inhaltlich erfährt der Ansatz – analog zur methodischen Entwicklung – eine zunehmende Beachtung und leitet wichtige Erkenntnisse und Implikationen für die Kapitalmarktforschung ab. Dies betont die zuvor angesprochene Entwicklung, dass sich die mittel-/langfristige Betrachtung abnormaler Renditen zunehmend zu einem Standardinstrument entwickelt. Kothari und Warner (2004) bestätigen dies im Rahmen ihrer bereits zuvor angesprochenen Arbeit zur Verankerung der Ereignisstudienmethodik. Ihre Analyse der Verwendung von Ereignisstudien in den fünf führenden Journals221 über den Zeitraum von 1974 bis 2000 beinhaltet dabei auch eine Betrachtung der Studien mit mittel- und langfristigem Horizont. Von den insgesamt 565 identifizierten Ereignisstudien haben ca. 200 und damit mehr als ein Drittel einen entsprechenden Fokus.222 Seit den 80er Jahren haben diese mittel-/langfristigen Arbeiten – ebenso wie auch die kurzfristigen Ereignisstudien – einen deutlichen Anstieg und eine entsprechend stärkere Beachtung erfahren. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der z.T. kontrovers diskutierten Ergebnis-
221
222
Hierbei handelt es sich um Journal of Business, Journal of Finance, Journal of Financial Economics, Journal of Financial and Quantitative Analysis und Review of Financial Studies. Vgl. Kothari und Warner (2004). Die Autoren erfassen dabei alle Studien mit einem Betrachtungshorizont von mindestens einem Jahr als mittel-/langfristig. Vgl. Kothari und Warner (2004), S. 6f.
158
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
se der bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten mittel-/langfristigen Studien und der beschriebenen deutlichen Weiterentwicklung der Modelle und statistischen Verfahren hat sich seit den 90er Jahren ein weiterer Schub ergeben, der sich in einer hohen Zahl entsprechender Arbeiten manifestiert.223 Einige Autoren geben einen Überblick über die im Rahmen dieser Forschung erzielten Ergebnisse, die sich mit der mittel- und langfristigen Performance sowohl von durch die Unternehmen selbst beeinflussten Ereignisse (z.B. nach M&A-Transaktionen, Aktienrückkäufen, Kapitalerhöhungen, IPOs etc.) ebenso wie mit extern induzierten Ereignissen (z.B. nach Änderungen des regulatorischen Umfelds) beschäftigen. Insbesondere die Arbeiten von Fama (1998), Schwert (2001), Kothari (2001) und Kothari und Warner (1997 und 2004) sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Aufbauend auf diesen Übersichten sollen im Folgenden schwerpunktmäßig die im Fokus dieser Arbeit stehenden Studien und Ergebnisse zur mittel- und langfristigen Performance von M&A-Transaktionen und ihre Entwicklung im Zeitverlauf betrachtet werden. Die jüngsten Ergebnisse dieser Arbeiten mit Schwerpunkt auf M&A-Transaktionen werden darüber hinaus aktuellen Ergebnissen zu vergleichbaren Ereignissen (wie z.B. IPOs, Kapitalerhöhungen etc.) gegenübergestellt. Aus diesem Vergleich mit anderen Ergebnissen ergeben sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der beschriebenen methodischen Weiterentwicklungen wichtige Implikationen für die Messung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen und die Interpretation der Ergebnisse. Nachdem bis dahin der Fokus auf M&A-Transaktionen im Allgemeinen (industrieübergreifend) gelegt wurde, wird abschließend den wenigen Studien mit Fokus auf Bankentransaktionen eine besondere Betonung zuteil. Die bisherige Forschung zur mittel-/langfristigen Performance nach M&A-Transaktionen im Überblick
Agrawal und Jaffe (2000) geben einen Überblick über die zwischen 1974 und 1998 entstandenen industrieübergreifenden Arbeiten zur mittel-/langfristigen Performance nach M&A-Transaktionen. Hierbei unterscheiden sie zwei Phasen: Während sich die älteren Arbeiten (beginnend in den 70er Jahren) mit der mittel- und langfristigen Performance nur als einem Nebenaspekt i.d.R. zusätzlich zur Analyse der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion beschäftigen, beginnt in den 90er Jahren (basierend auf diesen
223
Vgl. hierzu den folgenden Überblick über die jüngsten Arbeiten seit Ende der 90er Jahre.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
159
ersten Ergebnissen) eine wesentlich weiter gehende Auseinandersetzung mit der Thematik. Agrawal und Jaffe (2000) identifizieren die Arbeit von Franks et al. (1991) als die Arbeit, die diese zweite Phase einläutet, indem sie sich zum einen ausschließlich mit der mittel- und langfristigen Perspektive beschäftigt und zum anderen sophistiziertere Modelle und Testverfahren verwendet. Dieser Abgrenzung einer zweiten Phase der bisherigen Arbeiten beginnend mit der Studie von Franks et al. (1991) wird auch im Rahmen dieser Arbeit gefolgt. Zusätzlich lässt sich auf Grund der beschriebenen dynamischen Weiterentwicklung der Thematik/ Methodik eine dritte Phase, beginnend seit Ende der 90er Jahre, identifizieren.224 Diese unterscheidet sich von der vorhergehenden durch eine weitere Verfeinerung der verwendeten Methodik infolge der im vorherigen Abschnitt beschriebenen Arbeiten von Lyon et al. (1999), Cowan und Sergeant (1999), Mitchell und Stafford (2000), Fama (1998) etc. Insgesamt werden im Folgenden daher drei Phasen für die bisherige Literatur zur mittel- und langfristigen Performance von M&A-Transaktionen unterschieden: –
Phase I: Die frühen Arbeiten (beginnend Anfang der 70er Jahre)
–
Phase II: Arbeiten auf Basis weiterentwickelter Methodik mit Fokus auf die langfristige Performancemessung (ab Anfang der 90er Jahre)
–
Phase III: Jüngste Arbeiten auf Basis erneut weiterentwickelter Methodik (beginnend ab Ende der 90er Jahre)
Die Arbeiten aller drei Phasen rücken bei einer zusammenfassenden Betrachtung ihrer Ergebnisse zwei zentrale Forschungsfragen in den Vordergrund, die Agrawal und Jaffe (2000) wie folgt zusammenfassen:225 –
Liefern die Ergebnisse der bisherigen Studien nachhaltige Nachweise für das Vorhandensein mittel-/langfristig abnormaler Renditen?
–
Welche möglichen Erklärungen existieren für entsprechende Ergebnisse?
Die Beantwortung der ersten Frage ist von entscheidender Wichtigkeit für Theorie und Praxis: Der Nachweis durch die Transaktion bedingter, im Zeitverlauf über mehrere
224
225
Hierunter fallen auch vier der von Agrawal und Jaffe (2000) betrachteten Arbeiten. Agrawal und Jaffe differenzieren hier jedoch (auf Grund der zu diesem Zeitpunkt noch relativ kurzen Historie der weiterentwickelten Methodik) nicht weiter. Vgl. Agrawal und Jaffe (2000).
160
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Jahre auftretender abnormaler Performance226 hätte entsprechende Implikationen für das Vorliegen effizienter Märkte und die entsprechende bereits angesprochene „Efficient Market Theory“, für die Michael Jensen 1978 ausführt: „There is no other proposition in economics which has more solid empirical evidence supporting it than the Efficient Market Hypothesis.“227 Neben diesen theoretischen Implikationen ergeben sich gleichzeitig wichtige Konsequenzen für die Praxis und die entsprechende Durchführung von M&A-Transaktionen.228 Die zweite Frage hilft mit der Erklärung der Gründe für potenzielle abnormale Performance, die entsprechend abgeleiteten Implikationen für Theorie und Praxis zu fundieren. Phase I: Die frühen Arbeiten zu M&A-Transaktionen (beginnend Anfang der 70er Jahre) Die seit Beginn der 70er Jahre entstandenen „frühen“ industrieübergreifenden Arbeiten mit Fokus auf M&A-Transaktionen greifen diese Fragen auf. Sie basieren auf den ersten Studien zu anderen vergleichbaren Ereignissen (wie die Betrachtung von Aktiensplits im Rahmen der ersten Ereignisstudie von Fama et al. (1969) mit einer ebenfalls ersten Analyse der mittel-/langfristigen Performance). Die Arbeiten beschäftigen sich dabei mit der Messung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen i.d.R. nur als Teilaspekt ihrer Analysen, größtenteils ergänzend zur Messung kurzfristiger Kapitalmarktreaktionen. Diese relativ geringe Auseinandersetzung der Forschung mit der Analyse der mittel-/längerfristigen Performance lässt sich insbesondere auf das weitverbreitete Vertrauen in die bereits angesprochene „Theorie effizienter Märkte“ zurückführen, die derartige Betrachtungen als unnötig erscheinen ließ. Mit den ersten Ergebnissen der frühen mittel-/langfristigen Studien, die entgegen der Vorhersage der Theorie effizienter Märkte signifikante negative abnormale Renditen fanden, stieg auch das Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Thematik und es kam zu der bereits angesprochenen deutlichen Zunahme entsprechender Arbeiten (ab den 80er Jahren). Dieses insbesondere durch den scheinbaren Widerspruch zur Theorie effizien-
226
227 228
Konsistent mit der Annahme effizienter Märkte sind hiernach (wie bereits zuvor ausgeführt wurde) nur abnormale Renditen zum Zeitpunkt der Ankündigung der Transaktion, die eine (zu diesem Zeitpunkt) nicht antizipierte Wertschaffung durch die Transaktion widerspiegeln und entsprechend auch mittel-/langfristig Bestand haben. Gleiches gilt für im Zeitverlauf auftretende abnormale Renditen, die bspw. aus Änderungen der Rahmenbedingungen der Transaktion resultieren. Jensen (1978), S. 95. Vgl. auch Agrawal et al. (1992).
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
161
ter Märkte getriebene Interesse beschreiben Jensen und Ruback (1983) wie folgt: „These post-outcome negative abnormal returns are unsettling because they are inconsistent with market efficiency and suggest that changes in stock prices overestimate the future efficiency gains from mergers.“229 Agrawal und Jaffe (2000) geben einen Überblick über diese frühen Arbeiten zu denen Mandelker (1974), Dodd und Ruback (1977), Langetieg (1978), Firth (1980), Asquith (1983), Malatesta (1983), Barnes (1984), Dodds und Quek (1985), Bradley und Jarrell (1988), Magenheim und Mueller (1988), Franks et al. (1988), Franks und Harris (1989) und Limmack (1991) gezählt werden können.230 Diese werden in Tabelle 3.1 dargestellt. Deutlich wird die ausschließliche Betrachtung von Ereignissamples mit Fokus auf die USA und UK. Wesentliche Studien für andere (bspw. europäische) Länder sind nicht bekannt. Die verschiedenen Autoren übertragen im Rahmen ihrer Arbeiten in den meisten Fällen die klassischen Modelle zur Messung der kurzfristigen Wertschaffung (insb. das Marktmodell/Zwei-Faktor-Modell) auf die Bestimmung der mittel-/langfristigen abnormalen Renditen.231 Wie bereits ausgeführt, sind ihre Arbeiten aus Perspektive der heute weiterentwickelten Verfahren und potenzieller Schwächen der von diesen frühen Arbeiten verwendeten Ansätze/Modelle mit Vorsicht zu interpretieren. Sie liefern jedoch erste Indikationen für das Vorliegen mittel-/langfristiger negativer abnormaler Renditen insbesondere nach Fusionen. Hierbei ist allerdings einschränkend auf die z.T. nicht gegebene Signifikanz der Ergebnisse hinzuweisen. Für die separat betrachteten Akquisitionen kann auf Basis der hier dargestellten ersten Ergebnisse ebenfalls noch keine verlässliche Aussage getroffen werden.232 Die sich andeutende unterschiedliche Performance von Akquisitionen im Vergleich zu Fusionen ist jedoch auch in den folgenden Phasen zu beobachten und lässt sich durch unterschiedliche erwartete und realisierte Wertschaffungen in Abhängigkeit von der Transaktionsform (Fusion oder Akquisition) erklären. Fusionen sind für gewöhnlich freundliche Trans-
229 230
231
232
Jensen und Ruback (1983), S. 20. Agrawal und Jaffe (2000) geben einen Überblick über alle wichtigen Arbeiten dieser frühen Phase. Die folgenden Ausführungen stützen sich daher auf ihre Übersicht. Einige Autoren berücksichtigen bereits die Risikostruktur und Größe der Bieter bei ihren Analysen – vgl. z.B. Asquith (1983) und Franks und Harris (1989). Vgl. Agrawal und Jaffe (2000).
233
70
1974–1976
Quelle: In Anlehnung an Agrawal und Jaffe (2000). 947
1.058
1976–1981
Franks / Harris / Mayer 1955–1984 (1988)
1955–1985
1977–1986
Magenheim / Mueller (1988)
Franks / Harris (1989)
Limmack (1991)
70 bzw. 72
Marktmodell/Zwei-Faktor-Modell (vier Methoden); Kontrollfirmen
24
24
24
Drei Methoden (relativ zum Marktindex, Marktmodell, CAPM) und Matching basierend auf Größendezil
Drei Methoden (relativ zum Marktindex, Marktmodell und adjustiertes Marktmodell)
36
36
60
60
12
11,4
Marktmodell (vier Methoden)
Marktmodell
Beta-Kontrollportfolio
Marktmodell
Markt- und Industriemodell
Marktmodell
Beta-Kontrollportfolio
Marktmodell
36
–0,059 (erfolgreich) –0,0262 (gescheitert) +0,0844 („Clean-up Mergers“)
60 60 13
Marktmodell
S S
–0,072 (erfolgreich) –0,096 (gescheitert)
–0,1496 bis -0,0467 (erfolgreich) –0,2625 bis –0,0738 (gescheitert)
–0,126 bis +0,048 (3 Methoden) –0,128
–0,018 bis –0,18 (US Equity) –0,036 bis +0,094 (US Cash) –0,094 bis +0,042 (UK Equity) 0,0175 bis 0,175 (UK Cash)
–0,2437 (Fusion) +0,0632 (Akquisitionen)
–0,16
–0,068
–0,063
NA NA
S NA
NA NA NA NA
NA NA
NS
NA
NA
S
NS NA
+0,001 (erfolgreich) –0,035 (gescheitert)
–0,076
S NS
–0,223 bis –0,2615 (Marktmodell) –0,055 (Kontrollfirmen)
NA NA NS
NA NA
–0,014 (bei konstantem Beta) –0,026 (bei „moving“ Beta)
40 40
Fama-MacBeth-Zwei-Faktor-Modell
NA: nicht angegeben; NS: nicht signifikant; S: signifikant
529
78
77
Bradley / Jarrell (1988) 1976–1981
39
256
283
Dodds / Quek (1985)
1962–1976
Asquith (1983)
563
1969–1974
1969–1975
Firth (1980)
149
1974–1976
1929–1969
Langetieg (1978)
124
Barnes (1984)
1958–1976
Dodd / Ruback (1977)
241
Malatesta (1983)
1941–1962
Mandelkern (1974)
Statistische Signifikanz
BetrachtungsErgebnisse Periode (Monate)
Betrachtungs- Sample- Ansatz/Methode größe zeitraum
233
Arbeit
Tabelle 3.1: Überblick über die Arbeiten der Phase I zur Messung der mittel-/langfristigen Performance233
162 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
163
aktionen in Zusammenarbeit mit dem Management des Targets. Akquisitionen hingegen richten sich direkt an die Aktionäre und signalisieren ein entsprechendes Vertrauen des Käufers in seine Fähigkeit, Effizienzgewinne und Synergien zu realisieren und das bisherige Management zu ersetzen/zu disziplinieren.234 Phase II: Arbeiten zu M&A-Transaktionen auf Basis weiterentwickelter Methodik (beginnend Anfang der 90er Jahre)
Die Arbeit von Franks et al. (1991) markiert den Beginn der zweiten Phase der Betrachtung der mittel-/langfristigen Wertschaffung. Die Autoren widmen der Analyse der mittel-/langfristigen abnormalen Renditen ihre gesamte Arbeit und betrachten sie nicht nur als einen Teilaspekt. Des Weiteren verwenden sie weiterentwickelte Benchmarks zur Ermittlung der erwarteten Rendite (insb. ein von ihnen sorgfältig konstruiertes Acht-Portfolio-Modell ebenso wie ein Zehn-Faktor-Modell). Auf Basis des schwerpunktmäßig verwendeten Acht-Portfolio-Modells ermitteln Franks et al. (1991) abnormale Renditen sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit, wobei sie auf Grund der Cross-Correlation den Ansatz in Kalenderzeit präferieren. Dies unterstreicht die Verwendung einer im Vergleich zu den vorherigen Arbeiten der Phase I deutlich sophistizierteren Methodik.235 In ähnlicher Form widmen sich im Folgenden Agrawal et al. (1992), Loderer und Martin (1992), Kennedy und Limmack (1996), Gregory (1997) und Rau und Vermaelen (1998) der Betrachtung mittel- und langfristiger abnormaler Renditen. Wie Franks et al. (1991) unterscheiden sich alle Arbeiten dieser zweiten von der ersten Phase durch die schwerpunktmäßige Betrachtung der mittel- und langfristigen Performance. Darüber hinaus verwenden alle Arbeiten dieser zweiten Phase (wie Franks et al.
234 235
Vgl. Loughran und Vijh (1997), S. 1766f. Franks et al. (1991) verwenden im Rahmen ihres Portfolio-Modells nur passive Portfolios (damit ohne Listing Bias und Rebalancing Bias). Darüber hinaus berücksichtigen sie bereits die CrossCorrelation durch den entsprechenden Ansatz in Kalenderzeit. Vgl. Franks et al. (1991). Auf Grund dieser weitgehenden Berücksichtigung der potenziellen Fehlspezifikationen, die erst später z.B. von Lyon et al. (1999) explizit herausgearbeitet wurden, könnte die Arbeit sogar der 3. Phase zugerechnet werden. Auf Grund ihres wesentlich früheren Erscheinens markiert sie jedoch umso deutlicher einen „Bruch“ zu den vorhergehenden Arbeiten und läutet die zweite Phase ein. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass auch nach dem Beginn der zweiten Phase zahllose weitere Arbeiten erschienen sind, die methodisch noch der ersten Phase zuzurechnen sind. Aus Komplexitätsgründen fokussiert sich die vorhergehende Darstellung nur auf einige zentrale Arbeiten.
164
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
(1991)) deutlich weiterentwickelte Modelle.236 Tabelle 3.2 gibt einen Überblick über die 2. Phase der industrieübergreifenden Arbeiten zu M&A-Transaktionen. Erneut fokussieren sich die Arbeiten ausschließlich auf US- bzw. UK-Ereignissamples. Als weiterentwickelte Modelle zur Ermittlung der abnormalen Renditen werden vor allem Characteristics-Based-Matching-Ansätze (in der Mehrzahl der Studien), vereinzelt aber auch Expected-Return-Modelle (in Form einfacher Marktmodelle, aber auch z.B. in Form des Zehn-Faktor-Modells bei Franks et al. (1991)) verwendet. Im Rahmen der Characteristics-Based-Matching-Ansätze findet das entsprechende Matching auf Basis von Größe, Market-to-Book und Risiko statt. Bis auf die Arbeit von Franks et al. (1991), die ihre Rechnung schwerpunktmäßig auf den angesprochenen Kalenderzeitansatz stützen, erfolgt die Ermittlung von CARs in Ereigniszeit. Anhand dieser verwendeten Modelle unterscheiden sich die Arbeiten der beschriebenen Phase II von denen der Phase III, die im Anschluss betrachtet wird: Die in Phase II verwendeten insbesondere Characteristics-Based-Matching-Ansätze können zwar – wie im vorherigen Abschnitt beschrieben – im Vergleich zu den einfachen Modellen der Phase I als wesentlich stabiler angesehen werden. Gleichzeitig tragen sie jedoch noch nicht den beschriebenen Problemfeldern (New Listing und Rebalancing Bias, Skewness, Cross-Correlation und Bad-Model-Problem) Rechnung, so dass die Gefahr entsprechender Fehlspezifikationen besteht. Diese werden erst im Rahmen der zur Phase III gezählten Arbeiten durch die Verwendung von entsprechend gestalteten BHAR-/CAR-Ansätzen (in Ereigniszeit) bzw. Kalenderzeitmodellen und den dazugehörigen statistischen Testverfahren berücksichtigt. Insgesamt belegen die Arbeiten der Phase II für Fusionen in der Mehrzahl signifikant negative abnormale Renditen – für Akquisitionen hingegen zeigen die Arbeiten eher positive, wenn auch meist nicht statistisch signifikante abnormale Renditen. Die Ergebnisse der Phase II bestätigen damit die Ergebnisse der Phase I (trotz deren insb. methodischen Schwächen).237 Allein Franks et al. (1991) finden – speziell auf Basis des von ihnen verwendeten Kalenderzeitansatzes – keine abnormalen Renditen. Ihres Erachtens stellen die Ergebnisse der vorhergehenden Arbeiten lediglich Fehler bei der
236
237
Vgl. Agrawal und Jaffe (2000) für einen kurzen Überblick über einen Teil der hier betrachteten Arbeiten. Vgl. Agrawal und Jaffe (2000).
238
1.164
Agrawal / Jaffe / Mandelker (1992)
Quelle: In Anlehnung an Agrawal und Jaffe (2000).
1984–1992
Gregory (1997)
3.139
36
–0,0404 (Fusion) +0,0856 (Akquisitionen) 36
Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio
–0,0508
–0,1182 bis –0,18
23
S S
S
NA
NS NS
–0,0075 (Fusion) +0,01 (Akquisitionen)
Sechs Methoden (Marktmodell/CAPM, 24 Matching auf Basis von Größe und Risiko bzw. auf Basis nur von Größe, MultiIndex-Modell, Fama-French-Drei-Faktor-Modell)
Matching auf Basis von Größe
Matching auf Basis von Größe und Beta 60
S NS
NA NA
Statistische Signifikanz
–0,1026 (Fusion) +0,022 (Akquisitionen)
–0,0396 (Ereigniszeit) +0,018 (Kalenderzeit)
BetrachtungsErgebnisse Periode (Monate)
Matching auf Basis von Größe und Beta 60
Acht-Portfolio-Modell, Zehn-FaktorModell, Bereinigung um Index (gleichund wertgewichtet)
Ansatz/Methode
NA: nicht angegeben; NS: nicht signifikant; S: signifikant
Rau / Vermaelen (1998) 1980–1991
247
1980–1989
Kennedy / Limmack (1996)
452
459
Loderer / Martin (1992) 1965–1986
1955–1987
399
Franks / Harris / Titman 1975–1984 (1991)
Betrachtungs Samplegröße zeitraum
238
Arbeit
Tabelle 3.2: Überblick über die Arbeiten der Phase II zur Messung der mittel-/langfristigen Performance238
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 165
166
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
geeigneten Konstruktion der Benchmarks dar.239 Vor dem Hintergrund dieser Kritik und der zuvor bereits beschriebenen (auch für die Phase II geltenden) methodischen Einschränkungen sind die Ergebnisse zwar mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. Trotz allem liefert die Vielzahl von nachgewiesenen signifikanten abnormalen Renditen, die auf Basis verschiedener Ansätze für verschiedene (lange) Zeiträume und verschiedene geographische Schwerpunkte (USA und UK) ermittelt wurden, aber einen starken Anhaltspunkt für das Bestehen entsprechender abnormaler Renditen nach M&A-Transaktionen.240 Phase III: Arbeiten zu M&A-Transaktionen auf Basis erneut weiterentwickelter Methodik (beginnend Mitte der 90er Jahre)
Aufbauend auf den bereits hinlänglich beschriebenen deutlichen Weiterentwicklungen der Modelle und statistischen Testverfahren beginnt seit Ende der 90er Jahre die Phase III. Seit diesem Zeitpunkt ist bis heute eine „Welle“241 weiterer Arbeiten zur mittelund langfristigen abnormalen Performancemessung entstanden. Tabelle 3.3 gibt einen Überblick über die wichtigsten Arbeiten der Phase III – beginnend Mitte/Ende der 90er Jahre bis heute.242 Die verschiedenen Autoren verwenden im Rahmen dieser Arbeiten das gesamte Spektrum der im vorherigen Abschnitt beschriebenen weiterentwickelten Modelle und statistischen Testverfahren und differenzieren sich damit von den Arbeiten der Phase II durch die wesentlich weiter gehende Berücksichtigung der beschriebenen Biases und anderen Probleme (z.B. Skewness und Cross-Correlation), die zu potenziellen Fehlspezifikationen bei der Betrachtung mittel- und langfristig abnormaler Renditen führen. Die Mehrzahl der Autoren verwendet hierbei – wie die Tabelle 3.3 zeigt – in Ereigniszeit insbesondere BHAR-Ansätze und die entsprechend weiterentwickelten
239 240 241 242
Vgl. Franks et al. (1991), S. 81. Vgl. Agrawal und Jaffe (2000). Mitchell und Stafford (2000), S. 289. Angesichts der Vielzahl von Arbeiten zur Messung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen, die sich nicht zuletzt mit der zunehmenden Verbreitung der Methodik seit Mitte/Ende der 90er Jahre ergeben hat, kann die Tabelle 3.3 keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Es werden vielmehr zentrale Arbeiten mit besonderer Relevanz für die hier im Fokus stehende Forschungsfrage betrachtet.
243
1981–2001
Heimisch
Cross-border 1985–1995
1979–1998
Heimisch
Heimisch
Loughran / Vijh (1997)
Mitchell / Stafford (2000)
Black / Carnes / Jandik (2001)
Bouwman / Fuller / Nain (2003)
Sinha (2004) Heimisch
1958–1993
1970–1989
Betrachtete BetrachTranstungsaktionen zeitraum
Quelle: Eigene Darstellung. 1.264
1.973
361
2.193
947
USA
USA
US-Bieter
USA
USA
Fama-French-Drei-Faktor-Modell (mit adjustiertem Achsenabschnitt) CTARs (basierend auf dem Fama-French-DreiModell) CTARs (basierend auf 25 Referenzportfolios, Matching auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio)
– – –
36
60
Betrachtungsperiode (Monate)
S NS
Stat. Sign.
–0,052 (wertgew. CRSPS Index) –0,092 (Referenzportfolios) S
BHARs mit wertgewichtetem CRSP-Index bzw. Re- 36 ferenzportfolios (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio) als Benchmark
S
S
NS
NS
NS
S
–0,0442
–0,229
–0,0144 (CTARs, 25 Ref.portf., gleichgew.) –0,0108 (CTARs, 25 Ref.portf., wertgew.)
–0,0504 (CTARs, FF3F, gleichgew.) –0,0252 (CTARs, FF3F, wertgew.)
–0,0504 (FF3F, gleichgew.) S –0,0144 (FF3F, wertgew.) NS
–0,01 (BHARs, gleichgew.) NS –0,038 (BHARs, wertgew.) S
-0,159 (Fusion) +0,430 (Akquisitionen)
Ergebnisse
BHARs und Referenzportfolios (Matching auf Basis 36 von Größe und Market-to-Book-Ratio; statist. Tests auf Basis adjustierter t-Statistik; zusätzliche Anpassung zur Berücksichtigung der Cross-Correlation)
BHARs und Referenzportfolios (Matching auf Basis 60 von Größe, Market-to-Book-Ratio und Performance in den vorhergehenden 12 Monaten; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
BHARs (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/ Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
–
Vier Methoden
BHARs und Kontrollfirmenansatz (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
Sample- Geograph. Ansatz/Methode größe Fokus
243
Arbeit
Tabelle 3.3: Überblick über die Arbeiten der Phase III zur Messung der mittel-/langfristigen Performance243
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 167
1984–1998
1983–1995
1991–1998
Heimisch und crossborder; privat und öffentlich
Sudarsanam / Heimisch Mahate (2003)
Heimisch
Heimisch und crossborder
Conn / Cosh / Guest / Hughes (2003)
Antoniou / Zhao (2004)
Gregory / Matatko (2004)
1977–1994
Betrachtete BetrachTranstungsaktionen zeitraum
Arbeit
UK
UK
UK und UK-Bieter bei crossborder
480 bzw. UK und 486 UK-Bieter bei crossborder
179
519
4.344
Sample- Geograph. größe Fokus Betrachtungsperiode (Monate)
– Conditional Asset Pricing Model (Ereignis-/Kalenderzeit)
– Fama-French-Drei-Faktor-Modell (Ereignis-/Kalenderzeit)
– BHARs mit Referenzportfolios als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
Drei Methoden
BHARs und CARs mit Kontrollfirma als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Marketto-Book-Ratio)
– Referenzportfolios (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; zusätzlich Winsorizing bei 2 Standardabweichungen)
– Referenzportfolios (Matching auf Basis v. Größe)
– Marktadjustiertes Modell
– Mittelwertadjustiertes Modell
BHARs auf Basis von vier Methoden
– BHARs (Ereigniszeit; um Cross-Correlation adjustierte t-Statistik)
– CTARs (Kalenderzeit)
60
36
36
Zwei Methoden mit Kontrollfirmen als Benchmark 36 (Matching auf Basis von Größe und Market-to-BookRatio; jährl. „Rematching“/dynamisches Matching)
Ansatz/Methode
S
–0,1480 (Ref.port. Größe)
S –0,0612/-0,174 (Conditional S Asset Pricing Model)
–0,0612/-0,18 (FF3F)
S
NS +0,0486 (CARs)
–0,21231 (BHARs)
NS +0,07 (BHARs)
–0,1476 (Refport. Größe und S Market-to-Book-Ratio)
S
–0,0871 (Marktadjustiert)
S
NS
–0,0902 (BHARs, Ereigniszeit)
–0,2189 (Mittelwertadjustiert)
NS
Stat. Sign.
–0,0756 (CTARs, Kalenderzeit)
Ergebnisse
168 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
267
333
– CARs auf Basis des Fama-French-Drei-FaktorModells
– BHARs mit Referenzportfolios als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
Zwei Methoden
Ansatz/Methode
Kanada Zwei Methoden bzw. Bieter – Fama-French-Drei-Faktor-Modell (auf Basis von aus Kanada WLS-Regression) bei cross– MCTARs border
UK-Bieter
Sample- Geograph. größe Fokus
FF3F: Fama-French-Drei-Faktor-Modell; NA: nicht angegeben; NS: nicht signifikant; S: signifikant
1980–2000
Cross-border 1985–1994
Gregory / McCorriston (2004)
André / Heimisch Kooli / L’Her und cross(2004) border
Betrachtete BetrachTranstungsaktionen zeitraum
Arbeit
36
60
Betrachtungsperiode (Monate)
S NS S NS
–0,01692 (FF3F, wertgewichtet) –0,360 (MCTARs, gleichgewichtet) –0,1656 (MCTARs, wertgewichtet)
NS
NS
Stat. Sign.
–0,18828 (FF3F, gleichgewichtet)
–0,048 (CARs)
–0,0929 (BHARs)
Ergebnisse
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 169
170
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Testverfahren (wie z.B. Pseudoportfolios und empirische p-Werte) sowie in Kalenderzeit das Fama-Fench-Drei-Faktor-Modell. Arbeiten, die diese Weiterentwicklungen nicht berücksichtigen und die vereinfachenden Ansätze der Phasen I und II verwenden, finden sich seit Mitte der 90er Jahre für die Ermittlung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen nur noch selten. Insgesamt kann daher von einer im Vergleich zu diesen früheren Phasen wesentlich robusteren Methodik gesprochen werden, die auf entsprechend robustere Ergebnisse schließen lässt. Die im Rahmen der Phase III erzielten Ergebnisse sind dabei sehr aufschlussreich. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Ansätze/Modelle und Ergebnisse der hier betrachteten zentralen Arbeiten: –
Loughran und Vijh (1997) weisen über einen Fünfjahreshorizont für 947 Transaktionen in den USA zwischen 1970 und 1989 eine deutliche Wertvernichtung nach Fusionen von –15,9% nach. Akquisitionen hingegen erfahren einen starken abnormalen Wertanstieg von 43,0%. Zusätzlich zeigen sie die Bedeutung der „Method of Payment“.244 Zur Ermittlung der abnormalen Renditen verwenden die Autoren als erste den beschriebenen BHAR-Ansatz. Die BHARs werden von ihnen dabei im Vergleich zu einer Kontrollfirma ermittelt, die auf Basis der MatchingCharakteristika Größe und Market-to-Book-Ratio festgelegt wurde.245
–
Mitchell und Stafford (2000) betrachten 2.068 M&A-Transaktionen in den USA zwischen 1961 und 1993. Auf Basis des BHAR-Ansatzes (unter Verwendung der weiterentwickelten Testverfahren in Form der zuvor beschriebenen Pseudoportfolios und hierauf basierend ermittelten empirischen p-Werte) finden sie bei Gleichgewichtung nicht signifikante Ergebnisse (von –1%) über einen Horizont von 36 Monaten. Bei Wertgewichtung ergibt sich allerdings eine signifikante negative abnormale Rendite von –3,8%. Auf Grund ihrer bereits zuvor beschriebenen Kritik am BHAR-Ansatz (insb. infolge der fehlenden Berücksichtigung der CrossCorrelation246) berechnen Mitchell und Stafford (2000) zusätzlich korrigierte Test-
244
Vgl. hierzu die folgenden Ausführungen. Loughran und Vijh (1997) berechnen auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio durch entsprechende Regressionen den sog. F-Value (der notwendige RoE gegeben Größe und Market-toBook-Ratio) und führen hierauf basierend ein Matching von Ereignis- und Kontrollunternehmen durch. Vgl. für eine detaillierte Darstellung Loughran und Vijh (1997), S. 1771. Vgl. Mitchell und Stafford (2000), S. 306f.
245
246
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
171
statistiken, die die Cross-Correlation berücksichtigen,247 und finden hierbei keine signifikanten Ergebnisse.248 Alternativ berechnen die Autoren abnormale Renditen in Kalenderzeit auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells (mit adjustiertem Achsenabschnitt) sowie auf Basis von CTARs. Das Fama-French-Drei-Faktor-Modell zeigt in diesem Zusammenhang bei Gleichgewichtung zwar signifikante Ergebnisse (ca. –5%), bei Wertgewichtung ist diese Signifikanz sowohl ökonomisch als auch statistisch jedoch nicht mehr gegeben. Dies deutet darauf hin, dass die entsprechende Underperformance durch kleine Unternehmen getrieben wird und entsprechend nur bei Gleichgewichtung nachweisbar ist. Diese Ergebnisse werden auch bei Berechnung von CTARs grundsätzlich bestätigt – wobei die ausgewiesenen abnormalen Renditen hier tendenziell geringer ausfallen und ebenfalls nur bei Gleichgewichtung und Verwendung des Fama-French-Drei-Faktor-Modells signifikant sind. Mitchell und Stafford (2000) halten vor diesem Hintergrund die Ergebnisse auf Basis des BHAR-Ansatzes für „overstated“ und präferieren den Kalenderzeitansatz (insb. die CTARs). –
Black et al. (2001) betrachten 361 Cross-border-Transaktionen, im Rahmen derer US-Käuferbanken ausländische Targets zwischen 1985 und 1995 übernehmen. Sie finden hierbei basierend auf Basis von Referenzportfolios (gebildet nach Größe, Market-to-Book-Ratio und vorheriger 12-Monatsperformance) signifikant negative abnormale Renditen von –22,9% über fünf Jahre. Hierbei verwenden sie die von Lyon et al. (1999) vorgeschlagene empirische Verteilung der p-Werte als Testverfahren.
–
Bouwman et al. (2003) betrachten 1.973 US-Transaktionen zwischen 1979 und 1998 auf Basis von BHARs und Referenzportfolios als Benchmark (zusätzlich zu einer adjustierten t-Statistik berücksichtigen sie die Cross-Correlation bei der Berechnung der t-Werte). Sie finden signifikant negative abnormale Renditen von ca. –4,42%. Hierbei zeigen sie einen signifikanten Einfluss des Marktumfelds auf die Performance: In hoch bewerteten Märkten erfahren Bieter zwar kurzfristig eine signifikant positive Kapitalmarktreaktion, jedoch mittel/langfristig (signifikant) negative abnormale Renditen. In niedrig bewerteten Märkten zeigt sich ein entge-
247
Hierbei liegen entsprechende Annahmen in Bezug auf die durchschnittliche Korrelation der 3-Jahres-BHARs und die Kovarianzstruktur zugrunde. Die Ergebnisse sind hierbei nur für eine Gleichgewichtung ausgewiesen.
248
172
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
gengesetztes Bild: Die Reaktion ist kurzfristig insignifikant positiv, aber mittel-/ langfristig ergibt sich eine (nicht signifikante) positive abnormale Rendite. Die Autoren führen diese mittel-/langfristige Outperformance von Käufern, die in schwierigerem Marktumfeld eine Transaktion durchführen im Vergleich zu Käufern in hoch bewerteten Märkten, darauf zurück, dass der Markt gute vergangene Performance in Zeiten hoher Bewertungen extrapoliert und erst über Zeit graduell die Qualität der Transaktionen erkennt und die Bewertungen entsprechend anpasst. –
Sinha (2004) analysiert 1.264 US-Transaktionen zwischen 1981 und 2001 und weist auf Basis von Referenzportfolios (gebildet nach Größe und Market-to-BookRatio) ebenfalls signifikante negative abnormale Renditen von –9,2% aus. Auch im Vergleich zum wertgewichteten Marktindex ergeben sich signifikante –5,2%.249 Wie Loughran und Vijh (1997) zeigt auch Sinha die Bedeutung der Form der Transaktion (Fusion oder Akquisition) und der „Method of Payment“ auf.250 Zusätzlich belegt Sinha einen Zusammenhang zwischen Bewertungskennzahlen251 vor der Transaktion, der kurzfristigen Marktreaktion im Rahmen der Ankündigung der Transaktion und der mittel-/langfristigen abnormalen Rendite. Aus Sicht der „Combined Entity“ scheint der Markt so Transaktionen mit hohen Bewertungskennzahlen im Zuge der Ankündigung mit höheren Bewertungen positiv zu begegnen. Die gleichen Transaktionen zeigen jedoch signifikant schlechtere abnormale Renditen innerhalb der drei Jahre nach der Transaktion (im Vergleich zu Transaktionen mit niedrigeren Bewertungskennzahlen). Diese Ergebnisse sind dabei robust gegenüber verschiedenen Betrachtungszeiträumen und verschiedenen Ansätzen (auch dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell) und deuten damit auf ein bestehendes Mispricing vor der Transaktion hin, das nach der Transaktion eine entsprechende Korrektur (in Form eines Abbaus der Überbewertung) erfährt.
–
Conn et al. (2003) zeigen ebenfalls negative (aber nicht signifikante) abnormale Renditen über einen Zeitraum von 36 Monaten für Transaktionen von UK-Bieterfirmen zwischen 1984 bis 1998. Die Ergebnisse sind hierbei robust gegenüber der verwendeten Methodik – sowohl BHARs unter Verwendung angepasster Teststatistiken als auch der Kalenderzeitansatz (CTARs) werden von Conn et al. (2003)
249
Ergebnisse für das ebenfalls von Sinha (2004) verwendete Fama-French-Drei-Faktor-Modell werden nicht detailliert ausgewiesen. Vgl. hierzu die folgenden Ausführungen. Insbesondere Marktkapitalisierung/EBITDA.
250 251
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
173
verwendet. Hierbei erweisen sich Transaktionen mit privaten Targets (sowohl heimisch als auch cross-border) gegenüber börsennotierten Targets mit nicht signifikant negativen abnormalen Renditen als weniger wertvernichtend. Cross-borderTransaktionen hingegen weisen im Vergleich zu heimischen Transaktionen höhere negative abnormale Renditen sowohl im Rahmen von Transaktionen mit börsennotierten als auch mit privaten Targets auf.252 –
Sudarsanam und Mahate (2003) betrachten heimische Transaktionen in UK ebenfalls über einen Zeitraum von 36 Monaten. Auf Basis von vier verschiedenen Modellen finden sie hierbei signifikant negative abnormale Renditen zwischen –8,71% und –21,89%. Die Berechnung erfolgt u.a. durch die Verwendung von Referenzportfolios auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio als Benchmarks. Zusätzlich verwenden die Autoren – statt der im Rahmen der anderen Arbeiten weitverbreiteten weiterentwickelten statistischen Ansätze nach Lyon et al. (1999) – das ebenfalls zuvor beschriebene „winsorizing“ von Ausreißerdaten nach Cowan und Sergeant (1999), um entsprechend robustere Ergebnisse abzuleiten.253
–
Antoniou und Zhao (2004) betrachten 179 Transaktionen in UK zwischen 1991 und 1998 über einen Zeitraum von insgesamt 36 Monaten nach den Transaktionen. Auf Basis des Kontrollfirmenansatzes nach Lyon et al. (1999) finden sie leicht positive, aber nicht signifikante Renditen. Ihre Analyse zeigt darüber hinaus, dass überlappende Renditen von sog. „Multi-Bidders“ zu inflationierten t-Tests und inflationierten abnormalen Renditen führen. Ferner finden die Autoren keinen Beleg für die Zahlung überhöhter Prämien durch die Bieterbanken, die zu einer Underperformance nach der Transaktion führen.
–
Abweichende Ergebnisse für UK finden Gregory und Matatko (2004), die ihre Analyse für einen zum großen Teil überlappenden Zeitraum von 1977 bis 1994 auf ein breites Spektrum methodischer Ansätze stützen. Neben der Ermittlung von BHARs auf Basis der weiterentwickelten Methodik von Lyon et al. (1999) ver-
252
Der Unterschied zwischen börsennotierten und privaten Targets resultiert insbesondere daraus, dass „Glamour“-Bieter im Rahmen von Transaktionen mit börsennotierten Targets signifikant negative abnormale Renditen erfahren. Dies ist bei Transaktionen mit privaten Targets aber nicht der Fall. Bei diesen zeigen – im Gegensatz zu den börsennotierten Targets – auch Transaktionen mit Nicht-Cash-Bezahlungen keine Underperformance. Alle abnormalen Renditen, die mehr als zwei Standardabweichungen vom Durchschnitt des Ereignissamples abweichen, werden hierbei auf zwei Standardabweichungen begrenzt und fließen entsprechend in die Berechnung ein. Vgl. Sudarsanam und Mahate (2003), S. 314.
253
174
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
wenden sie das Fama-French-Drei-Faktor-Modell in klassischer Form ebenso wie ein „Conditional Asset Pricing“-Modell, um zeitliche Variationen von Risiken/Risikoprämien zu berücksichtigen. Alle Ansätze zeigen hierbei einheitlich signifikant negative Ergebnisse über einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Transaktion. –
Gregory und McCorriston (2004) betrachten Cross-border-Transaktionen von UKBieterfirmen zwischen 1985 und 1994 und finden auf Basis sowohl von BHARs254 als auch von CARs (berechnet mit dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell) nicht signifikante negative abnormale Renditen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die mittel-/langfristigen Renditen unterscheiden sich hierbei aber nach dem regionalen Zielfokus der Transaktionen und sind ferner getrieben durch firmenspezifische Vorteile (z.B. durch R&D).
–
André et al. (2004) analysieren die mittel-/langfristige Performance (über 36 Monate) von 267 Transaktionen kanadischer Bieter zwischen 1980 und 2000. Auf Basis von Kalenderzeitansätzen (Fama-French-Drei-Faktor-Modell und CTARs) finden sie eine Underperformance kanadischer Bieter insgesamt255 ebenso wie eine Underperformance von „Glamour Acquirers“ und mit Aktien finanzierten Transaktionen. Auch Cross-border-Transaktionen erfahren hiernach eine negative Bewertung.
Insgesamt deuten die Ergebnisse der hier betrachteten Arbeiten auf das Bestehen (negativer) abnormaler Renditen und einer entsprechenden Wertvernichtung nach M&ATransaktionen hin. Von den elf hier betrachteten Arbeiten zeigen so zehn Arbeiten negative abnormale Renditen auf. Lediglich Antoniou und Zhao (2004) finden positive, aber nicht signifikante Renditen für das von ihnen betrachtete UK-Sample. Ein differenzierterer Blick auf die Ergebnisse der bisherigen Forschung zeigt jedoch weitere wichtige Details für die hier behandelte Forschungsfrage: –
Die Mehrzahl der Arbeiten (sechs dieser zehn Arbeiten mit negativer abnormaler Rendite) findet signifikant negative Ergebnisse, in zwei Fällen ergeben sich ge-
254
Die Autoren verwenden hierbei sowohl die adjustierte t-Statistik als auch die Pseudoportfolios/ empirischen p-Werte nach Lyon et al. (1999). Auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells ergibt sich eine signifikant negative Performance bei Gleichgewichtung. Bei Wertgewichtung sind die Ergebnisse zwar positiv, werden aber von einem großen Bieter getrieben. Eine Bereinigung führt hier zu nicht signifikant negativen Ergebnissen. Diese Ergebnisse werden durch die MCTARs bestätigt.
255
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
175
mischte Ergebnisse bez. der statistischen Signifikanz und in zwei Fällen nicht signifikante Ergebnisse. –
Ökonomisch sind die ausgewiesenen abnormalen Renditen ebenfalls (in der Mehrzahl der Arbeiten) als signifikant anzusehen und belegen damit eine nicht nur statistisch, sondern auch ökonomisch signifikante Wertvernichtung.
–
Die Arbeiten decken dabei beginnend in den 60er Jahren bis Ende der 90er Jahre für die USA (bzw. Mitte der 70er Jahre bis Ende der 90er Jahre für UK) einen langen Betrachtungshorizont ab. Hierbei lassen sich (nicht zuletzt auch auf Grund der relativ geringen Anzahl der Studien) keine deutlichen Unterschiede im Zeitverlauf feststellen.
–
Regional liegt der Fokus – wie auch schon bei den zuvor beschriebenen Arbeiten der Phase I und II – auf den USA und UK. Auf Grund der relativ geringen Zahl der Arbeiten lassen sich zwischen USA und UK keine signifikanten Unterschiede nachweisen: Für die USA zeigen vier Studien signifikante negative abnormale Renditen und eine Studie (Mitchell und Stafford (2000)) gemischte Ergebnisse bez. der Signifikanz der ebenfalls negativen abnormalen Renditen. Für UK zeigt die bereits angesprochene Arbeit von Antoniou und Zhao (2004) positive (nicht signifikante) abnormale Renditen und vier Arbeiten zeigen negative abnormale Renditen (die in zwei Fällen signifikant und in zwei Fällen nicht signifikant sind).
–
Neben der Abdeckung langer Betrachtungszeiträume und verschiedener Länder kommt es zu einer Verwendung des gesamten Spektrums der zuvor beschriebenen Ansätze/Modelle sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit. Alle Autoren verwenden dabei mehrere Ansätze/Modelle, um robustere Gesamtergebnisse abzuleiten. Einige (Mitchell und Stafford (2000), Conn et al. (2003) und Gregory und Matatko (2004)) greifen hierbei – auf Grund der zuvor beschriebenen, als nicht abgeschlossen anzusehenden Diskussion um die letztendlich überlegene Methodik zur Messung mittel-/langfristiger abnormaler Renditen – sowohl auf Ansätze/ Modelle in Ereignis- als auch in Kalenderzeit zurück. Hiermit gehen sie zum einen auf Stärken und Schwächen der jeweiligen Ansätze/Modelle ein, vermitteln andererseits aber gleichzeitig das gewünschte Gesamtbild der tatsächlichen Wertschaffung.
–
Hinsichtlich der verwendeten Ansätze und Methoden fällt auf, dass alle sechs Arbeiten mit signifikanten Ergebnissen BHAR-Ansätze verwenden (wobei Gregory
176
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
und Matatko (2004) auch zu signifikanten Ergebnissen bei dem von ihnen zusätzlich verwendeten Fama-French-Drei-Faktor-Modell bzw. dem Conditional Asset Pricing Model kommen). Die Kalenderzeitansätze zeigen hingegen eher gemischte Ergebnisse. Vor dem Hintergrund der im vorherigen Abschnitt beschriebenen Kritik an den BHAR-Ansätzen (insb. der Vermutung, dass diese auf Grund der beschriebenen Fehlspezifikationen zum Ausweis tendenziell zu hoher abnormaler Renditen führen) erscheinen diese Ergebnisse interessant, sind auf Grund der geringen Anzahl der Arbeiten aber nicht statistisch belastbar. –
Zwei Arbeiten (Mitchell und Stafford (2000) und André et al. (2004)) differenzieren zwischen gleich- und wertgewichteten Ergebnissen. Hierbei ist auffällig, dass Gleichgewichtung bei diesen zwei Arbeiten zum Ausweis höherer abnormaler Renditen führt. Dies kann als Indiz dafür verstanden werden, dass die ausgewiesenen abnormalen Renditen in erster Linie von kleineren Unternehmen getrieben werden.
Insgesamt liefern die hier beschriebenen Forschungsergebnisse zur mittel-/langfristigen Performance nach M&A-Transaktionen somit Indizien für das Vorliegen signifikanter abnormaler Renditen. Die Gesamtzahl der Arbeiten mit (signifikant) negativen Ergebnissen, das breite Spektrum der verwendeten Ansätze/Modelle, die langen Betrachtungszeiträume und der Fokus auf unterschiedliche Länder deuten auf das Bestehen abnormaler Performance und damit – entgegen der Theorie effizienter Märkte – auf eine systematische Fehlbeurteilung der Renditeentwicklung nach M&A-Transaktionen hin. Die bereits angesprochenen fünf Arbeiten (Mitchell und Stafford (2000), Conn et al. (2003), Antoniou und Zhao (2004), Gregory und McCorriston (2004) und André et al. (2004)), die keine signifikant negativen abnormalen Renditen feststellen, verdeutlichen aber, dass trotz dieser klaren Indikation für das Bestehen abnormaler Renditen kein eindeutiger Beleg hierfür gegeben ist. Für z.T. identische Zeiträume finden diese Autoren auf Basis verschiedener bzw. sogar gleicher/ähnlicher Ansätze/Methoden abweichende Ergebnisse, die auf keine bzw. zumindest deutlich geringere abnormale Renditen hindeuten. Insbesondere Mitchell und Stafford (2000) kritisieren dabei deutlich (wie bereits im vorherigen Abschnitt ausgeführt) die Ergebnisse in Ereigniszeit und halten diese für nicht robust gegenüber der Verwendung alternativer Verfahren insbesondere in Kalenderzeit. Auch mit der Weiterentwicklung des Hand-
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
177
werkszeugs sind die Existenz und der Umfang der abnormalen mittel- und langfristigen Renditen bei M&A-Transaktionen somit noch nicht abschließend geklärt. Überblick über die mittel-/langfristige Performance nach vergleichbaren unternehmensspezifischen Ereignissen
Es stellt sich daher die Frage nach dem Vorhandensein mittel-/langfristiger abnormaler Renditen sowie der Verwendung und Eignung der weiterentwickelten Verfahren auch bei der Betrachtung anderer Ereignisse (wie z.B. IPOs und Aktienrückkäufe). Hieraus können wesentliche Implikationen für die Interpretation der beschriebenen Ergebnisse zu M&A-Transaktionen abgeleitet werden: Ein nachhaltiges Bestehen abnormaler Renditen bzw. der Nachweis keiner abnormalen Renditen bei anderen Ereignissen könnte bspw. die entsprechenden auch für den M&A-Bereich abgeleiteten Ergebnisse stützen. Gleichzeitig können im Falle des Auftretens abnormaler Renditen übergreifende Erklärungsmuster abgeleitet werden (bspw. die bereits angesprochene verzögerte Verarbeitung von Informationen bei komplexen Ereignissen). Tabelle 3.4 fasst hierzu beispielhaft die Ergebnisse von Arbeiten zusammen, die sich mit folgenden Arten von Ereignissen auseinandersetzen:256 –
Ankündigung von erstmaligen Dividendenzahlungen/Ankündigung der Einstellung der Dividendenzahlungen
–
Aktienrückkäufe
–
Aktiensplits
–
IPOs und Kapitalerhöhungen
Dargestellt werden hierbei Arbeiten ab Ende der 90er Jahre, die wie die zuvor beschriebenen Arbeiten zu M&A-Transaktionen aus dieser Zeit (der Phase III) auf die weiterentwickelten Methoden und Testverfahren zurückgreifen. Hierdurch soll eine entsprechende Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleistet werden.
256
Die hier zusätzlich zu den M&A-Transaktionen betrachteten Arten von Ereignissen stellen keine abschließende Liste dar. Eine Vielzahl weiterer Arten (wie z.B. Börsenlistings, Spinoffs etc.) und entsprechende Arbeiten könnten betrachtet werden. Aus Gründen der Komplexitätsreduktion wird hierauf jedoch verzichtet.
257
Betrachtungszeitraum Samplegröße Geograph. Fokus Ansatz/Methode
Erstmalige 1964–1988 Dividendenzahlungen; Einstellungen von Dividendenzahlungen
Erstmalige 1927–1998 Dividendenzahlungen
Michaely / Thaler / Womack (1995)
Boehme / Sorescu (2000)
Quelle: Eigene Darstellung. 1.645 USA
1.448 (561 USA erstmalige Zahlungen und 887 Einstellungen)
– Fama-French-Drei-Faktor-Modell (Ausweis der Ergebnisse sowohl gleich- als auch wertgewichtet und auf Basis sowohl einer OLS- als auch einer WLS-Regression)
– Kontrollfirma II (Matching auf Basis von Größe und Performance vor dem Ereignis; Berechnung Skewnessadjustierter t-Statistik auf Basis von Bootstrapping); Ausweis von CARs und BHARs
– Kontrollfirma I (Matching auf Basis von Größe); Ausweis von CARs und BHARs
– Bereinigung um gleichgew. Marktindex (ohne Rebalancing/New Listing Bias); Ausweis von CARs und BHARs
Vier Methoden
– Kontrollfirma (Matching auf Basis von Industrie und Größe)
– Referenzportfolio (Größendezil CRSP-Index)
– Betaadjustiertes Modell (Marktindex adjustiert um Beta der Aktie, gleichgewichtet)
– Marktadjustiertes Modell (CRSP-Index, gleichgewichtet)
Vier Methoden
Ankündigung von erstmaligen Dividendenzahlungen/Ankündigung der Einstellung der Dividendenzahlungen
Fokus der Arbeit
60
36
S S
S S S S
S S S NS
Stat. Sign.
+0,5724 (FF3F, WLS, wertgew.) +0,1044 (FF3F, WLS gleichgew.)
+0,4824 (FF3F, OLS, wertgew.) +0,0768 (FF3F, OLS, gleichgew.)
S S
S S
+0,08693 (Kontrollfirma II, CARs) S +0,26693 (Kontrollfirma II, S BHARs)
+0,11742 (Kontrollfirma I, CARs) S +0,47549 (Kontrollfirma I, S BHARs)
+0,19924 (Marktindex, CARs) +0,53481 (Marktindex, BHARs)
–0,153 (marktadj.; gleichgew.) –0,160 (betaadj.; gleichgew.) –0,196 (Referenzportfolio) –0,197 (Kontrollfirma)
Ankündigung Einstellung:
+0,248 (marktadj.; gleichgew.) +0,139 (betaadj.; gleichgew.) +0,121 (Referenzportfolio) +0,086 (Kontrollfirma)
Erstmalige Ankündigung:
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
257
Arbeit
Tabelle 3.4: Überblick über zentrale Arbeiten zur mittel-/langfristigen Performance nach anderen unternehmensspezifischen Ereignissen257
178 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Fokus der Arbeit
Aktienrückkäufe
Mitchell / Stafford (2000)
1958–1993
1962–1986
Betrachtungszeitraum
1.275
2.421
258
Samplegröße
Desai / Jain Aktiensplits 1976 – 1991 5.596 (1997) und Reverse AktienSplits splits und 76 Reverse Splits
Ikenberry / Aktiensplits 1975–1990 Rankine / Stice (1996)
Aktiensplits
Aktienrückkäufe
Lakonishok / Vermaelen (1990)
Aktienrückkäufe
Arbeit
USA
USA
USA
USA
Geograph. Fokus
36
36 Zwei Methoden – BHARs mit Referenzportfolios als Benchmark (Matching auf Basis von Größe, Market-to-Book-Ratio und Momentum; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten) – Vier-Faktor-Modell
BHARs auf Basis von Referenzportfolios (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
– CTARs (basierend auf 25 Referenzportfolios, Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
– CTARs (basierend auf dem Fama-French-Drei-Modell)
– Fama-French-Drei-Faktor-Modell (mit adjustiertem Achsenabschnitt)
– BHARs (Matching auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/ Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten)
Vier Methoden 36
NS NS
+0,0288 (FF3F, gleichgew.) –0,0144 (FF3F, wertgew.)
+0,1187 (BHARs) +0,18 (Vier-Faktor-Modell) Reverse Splits –0,3390 (BHARs)
Aktiensplits
+0,1215
+0,0576 (CTARs, 25 Ref.portf., gleichgew.) +0,0072 (CTARs, 25 Ref.portf., wertgew.)
S
S S
S
NS
S
+0,0324 (CTARs, FF3F, S gleichgew.) –0,0144 (CTARs, FF3F, wertgew.) NS
S NS
S
S
S
S
Stat. Sign.
+0,145 (BHARs, gleichgew.) +0,066 (BHARs, wertgew.)
+0,0876 (Größen- und Beta-Benchmark)
– Mit Referenzportfolio als Benchmark (mit Matching auf Basis von Größe) – Mit Referenzportfolio als Benchmark (mit Matching auf Basis von Größe und Beta-Adjustierung)
+0,0857 (Größen-Benchmark)
– Bereinigung um wertgew. Index
+0,2311 (wertgew. Index) +0,1234 (gleichgew. Index)
21
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
– Bereinigung um gleichgew. Index
Vier Methoden
Ansatz/Methode
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 179
Fokus der Arbeit
Betrachtungszeitraum
IPOs
Brav / Gompers (1997)
1975–1992
IPOs und 1970–1990 Kapitalerhöhungen
Loughran / Ritter (1995)
1975–1984
IPOs
Ritter (1991)
IPOs und Kapitalerhöhungen
Arbeit
USA
Geograph. Fokus
3.407 Non- USA venturebacked IPOs (hier keine Betrachtung des Venture-backed Samples)
4.753 USA IPOs und 3.702 Kapitalerhöhungen
1.521
Samplegröße
Zusätzlich: Fama-French-Drei-Faktor-Modell
– Fama-French-Industrie-Portfolios
– Referenzportfolios (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
– NYSE/Amex (gleichgew.)
– NYSE/Amex (wertgew.)
– Nasdaq
– S&P 500
BHARs mit verschiedenen Benchmarks
– Regression mit erklärenden Variablen: Größe, Market-to-Book-Ratio und einer DummyVariable für „New Issues“
– BHARs auf Basis des Kontrollfirmenansatzes (Matching auf Basis von Größe)
– BHARs; Bereinigung um verschiedene Indizes (CRSP Amex-NYSE-Index gleich- und wertgew., S&P 500, CRSP Nasdaq-Index gleich- und wertgew.)
Drei Methoden
60
60
–0,312 (FF3F, gleichgew.) –0,174 (FF3F, wertgew.)
–0,493/–0,231 (S&P) –0,299/–0,118 (Nasdaq) –0,439/–0,183 (NYSE/Amex wertgew.) –0,332/–0,084 (NYSE/Amex gleichgew.) +0,009/–0,057 (Ref.portf.) –0,338/0,08 (Fama-French-IndustriePortfolios)
BHARs (gleich-/wertgew.)
–0,228
Regression (keine Differenzierung zwischen IPOs und Kapitalerhöhungen)
–0,343 (CRSP Amex-NYSE gleichgew.) –0,329 (CRSP Amex-NYSE wertgew.) –0,096 (S&P) –0,283 (CRSP Nasdaq gleichgew.) –0,195 (CRSP Nasdaq wertgew.) –0,594 (Kontrollfirma)
Kapitalerhöhungen
–0,331 (CRSP Amex-NYSE gleichgew.) –0416 (CRSP Amex-NYSE wertgew.) –0226 (S&P) –0,223 (CRSP Nasdaq gleichgew.) –0,290 (CRSP Nasdaq wertgew.) –0,507 (Kontrollfirma)
IPOs
–0,274
BetrachErgebnisse tungsperiode (Monate)
BHARs und Kontrollfirmen (Matching auf Basis 36 von Größe und Industrie)
Ansatz/Methode
S NS
NA NA
NA NA NA NA
S
NA NA NA NA NA NA
NA NA NA NA NA NA
NA
Stat. Sign.
180 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
IPOs und 1975–1992 Kapitalerhöhungen
Brav / Geczy / Gompers (2000)
Betrachtungszeitraum
Fokus der Arbeit
Arbeit
4.622 IPOs
4.526 Kapitalerhöhungen
Samplegröße
USA
Geograph. Fokus
– Carhart-Vier-Faktor-Modell
– Fama-French-Drei-Faktor-Modell
Zusätzlich (gleich-/wertgew.):
– Referenzportfolios III (Matching auf Basis von Größe, Market-to-Book-Ratio und vorhergehender Performance, rebalanced)
– Referenzportfolios II (Matching auf Basis von Größe, Market-to-Book-Ratio und vorhergehender Performance)
– Referenzportfolios I (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
– CRSP gleichgew.
– CRSP wertgew.
– Nasdaq
– S&P 500
Berechnung von BHARs und CARs unter Verwendung der Benchmarks (jeweils gleich- und wertgew.)
Ansatz/Methode
60
NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA S NS S NS NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA S NS S NS
IPOs (gleich-/wertgew.) –0,442/–0,257 (BHARs S&P) –0,311/–0,156 (BHARs Nasdaq) –0,386/–0,198 (BHARs CRSP wertgew.) –0,284/–0,088 (BHARs CRSP gleichgew.) +0,066/+0,014 (BHARs Ref. I) –0,383/–0,208 (CARs S&P) –0,320/–0,168 (CARs Nasdaq) –0,343/–0,174 (CARs CRSP wertgew.) –0,265/–0,111 (CARs CRSP gleichgew.) +0,097/+0,033 (CARs Ref. I) –0,180 (FF3F, gleichgew.) –0,102 (FF3F, wertgew.) –0,138 (Carhart, gleichgew.) –0,114 (Carhart, wertgew.)
Stat. Sign.
Kapitalerhöhungen (gleich-/wertgew.) –0,301/–0,190 (BHARs S&P) –0,195/–0,142 (BHARs Nasdaq) –0,240/–0,141 (BHARs CRSP wertgew.) –0,242/–0,269 (BHARs CRSP gleichgew.) –0,263/–0,250 (BHARs Ref. I) –0,273/–0,238 (BHARs Ref. II) –0,302/–0,225 (BHARs Ref. III) –0,240/–0,098 (CARs S&P) –0,192/–0,088 (CARs Nasdaq) –0,205/–0,078 (CARs CRSP wertgew.) –0,1715/–0,101 (CARs CRSP gleichgew.) –0,154/–0,159 (CARs Ref. I) –0,153/–0,171 (CARs Ref. II) –0,203/–0,151 (CARs Ref. III) –0,240 (FF3F, gleichgew.) –0,102 (FF3F, wertgew.) –0,168 (Carhart, gleichgew.) –0,042 (Carhart, wertgew.)
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 181
Jegadeesh (2000)
Kapital1970–1993 erhöhungen
1975–1984
Kapital1982–1997 erhöhungen
Dubois / Jeanneret (2000)
Brav (2000) IPOs
IPOs und 1973–1996 Kapitalerhöhungen
Loughran / Ritter (2000)
Betrachtungszeitraum
Fokus der Arbeit
Arbeit
NA
1.521
249
NA
Samplegröße
Fama-French-Drei-Faktor-Modell
Ansatz/Methode
USA
USA
36
NA
Fünf Methoden – Bereinigung um gleichgew. Index – Bereinigung um wertgew. Index – Characteristics-Based-Matching – Fama-French-Drei-Faktor-Modell – Vier-Faktor-Modell
60
NS NS
+0,0036 (Cond. CAPM-Modell 2, gleichgew.) +0,0252 (Cond. CAPM-Modell 2, wertgew.)
NS NS S S S
NS NS
+0,0288 (Cond. CAPM-Modell 1; gleichgew.) +0,054 (Cond. CAPM-Modell 1, wertgew.)
–0,205 (gleichgew. Index) –0,257 (wertgew. Index) –0,237 bis –0,337(Charact.-Based-Matching) –0,228 (FF3F) –0,198 (Vier-Faktor-Modell)
NS NS
–0,036 (FF3F, gleichgew.) +0,018 (FF3F, wertgew.)
NS
NS NS
+0,0160 (CARs, gleichgew.) +0,0303 (CARs, wertgew.)
–0,049
NS NS
S S
S NS
Stat. Sign.
+0,0285 (BHARs, gleichgew.) +0,0489 (BHARs, wertgew.)
–0,2196 (gleichgew.) –0,1260 (wertgew.)
SEOs (bezogen auf 36 Monate)
–0,1512 (gleichgew.) –0,0936 (wertgew.)
IPOs (bezogen auf 36 Monate)
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
BHARs mit Referenzportfolios als Bench- 60 mark (Matching auf Basis von Industrie, Größe und Market-to-Book-Ratio); Test auf Basis von baysianischem Ansatz (Simulation entsprechender Nullverteilung)
– Conditional CAPM (mit zeitlich variierendem Beta; zwei Modelle)
– Fama-French-Drei-Faktor-Modell
– CARs mit Kontrollportfolio als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; Verwendung adjustierter t-Statistik)
– BHARs mit Kontrollportfolio als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; Verwendung adjustierter t-Statistik)
Schweiz Vier Methoden
USA
Geograph. Fokus
182 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
4.911
4.860
Kapital1958–1993 erhöhungen
Eckbo / Kapital1964–1995 Masulis / erhöhungen bzw. 1997 Norli (2000)
Samplegröße
Mitchell / Stafford (2000)
Betrachtungszeitraum
Fokus der Arbeit
Arbeit
USA
USA
Geograph. Fokus
Sechs Methoden 60 – BHARs mit Kontrollfirma I als Benchmark (Matching auf Basis von Größe; statist. Tests auf Basis empir. Verteilung/Pseudoportfolios u. entspr. p-Werten) – BHARs mit Kontrollfirma II als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio; statistische Tests auf Basis empirischer Verteilung/Pseudoportfolios und entsprechenden pWerten) – Sechs-Faktor-Modell mit 6 Makrofaktoren; Ausweis abn. Rendite als Differenz zw. Rendite eines Portfolios v. Unternehmen, die Kapitalerhöhungen durchgeführt haben und eines Kontrollportfolios von Unternehmen, die keine Kapitalerhöhung durchgeführt haben. – Conditional Asset Pricing Model (ebenfalls als ZeroInvestment-Portfolio berechnet) – Connor-Korajczyk-Modell (ebenfalls als Zero-Investment-Portfolio berechnet) – Fama-French-Drei-Faktor-Modell (ebenfalls als ZeroInvestment-Portfolio berechnet) Für alle Verfahren Ausweis gleich- und wertgewichteter Ergebnisse
S NS
–0,0792 (FF3F, gleichgew.) –0,00 (FF3F, wertgew.)
NS
S
–0,006 (FF3F, gleichgew.) +0,042 (FF3F, wertgew.)
–0,042 (Connor-Korajczyk, gleichgew.) –0,042 (Connor-Korajczyk, gleichgew.)
–0,054 (Cond. Asset Pricing Model, gleichgew.) –0,078 (Cond. Asset Pricing Model, wertgew.)
NS NS
NS
NS
NS
NS
–0,03 (sechs Faktoren, gleichgew.) NS –0,048 (sechs Faktoren, wertgew.) NS
–0,232 (Kontrollfirma II, S gleichgew.) –0,106 (Kontrollfirma II, wertgew.) NS
–0,269 (Kontrollfirma I, S gleichgew.) –0,211 (Kontrollfirma I, wertgew.) S
–0,0756 (CTARs, 25 Ref.portf., gleichgew.) –0,0288 (CTARs, 25 Ref.portf., wertgew.)
–0,09 (CTARs, FF3F, gleichgew.) S –0,0036 (CTARs, FF3F, wertgew.) NS
S NS
Stat. Sign.
–0,102 (BHARs, gleichgew.) –0,042 (BHARs, wertgew.)
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
Vier Methoden 36 – BHARs (Matching auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio; statist. Tests auf Basis empir. Verteilung/ Pseudoportfolios und entsprechenden p-Werten) – Fama-French-Drei-Faktor-Modell (mit adjustiertem Achsenabschnitt) – CTARs (bas. auf d. Fama-French-Drei-Faktor-Modell) – CTARs (basierend auf 25 Referenzportfolios, Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
Ansatz/Methode
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung 183
1980–2003
1972–1998
IPOs
Schaeffer (2004)
Eckbo / IPOs Norli (2005)
6.139
6.625
1.521
Samplegröße
USA; nur Nasdaq
USA
USA
Geograph. Fokus
– Faktormodell bestehend aus fünf Faktoren zur Abbildung von Makrorisiken und zusätzlich einem Faktor zur Abbildung von Liquiditätsrisiken; Ausweis abn. Rendite als Differenz zwischen Rendite eines Portfolios von IPOs und eines Kontrollportfolios von Unternehmen, die keine Kapitalerhöhung durchgeführt haben
– Vier-Faktor-Modell ergänzt um fünften Faktor zur Abbildung von Liquiditätsrisiken; Ausweis abn. Rendite als Differenz zwischen Rendite eines Portfolios von IPOs und eines Kontrollportfolios von Unternehmen, die keine Kapitalerhöhung durchgeführt haben
– BHARs mit Kontrollfirma II als Benchmark (Matching auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio)
– BHARs mit Kontrollfirma I als Benchmark (Matching auf Basis von Größe)
Vier Methoden
Fama-French-Drei-Faktor-Modell Carhart-Vier-Faktor-Modell
Betrachtung der empirischen Verteilung der BHARs von Ereignisfirmen im Vergleich zur Verteilung eines wertgewichteten Index; Test auf stochastische Dominanz (1. und 2. Ordnung)
Ansatz/Methode
FF3F: Fama-French-Drei-Faktor-Modell; NA: nicht angegeben; NS: nicht signifikant; S: signifikant
1975–1984
IPOs
Ho (2003)
Betrachtungszeitraum
Fokus der Arbeit
Arbeit
60
12
NA
NS NS
0,01644 (Carhart, wertgew.) –0,07464 (Carhart, gleichgew.)
NS
NS
S
–0,012 (Faktor-Modell mit Makro- NS risiken und Liquiditätsrisiko)
–0,006 bzw. +0,012 (Vier-FaktorModell und Liquiditätsfaktor)
–0,210 (Kontrollfirma II, gleichgew.) +0,1450 (Kontrollfirma II, wertgew.)
–0,293 (Kontrollfirma I, gleichgew.) S +0,289 (Kontrollfirma I, wertgew.) NS
NS NS
NA
Stat. Sign.
0,01104 (FF3F, wertgew.) –0,0078 (FF3F, gleichgew.)
Keine stochastische Dominanz (1. oder 2. Ordnung)
Betrach- Ergebnisse tungsperiode (Monate)
184 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
185
Für die einzelnen Arten von Ereignissen lassen sich als Ergebnisse festhalten: –
Ankündigungen von erstmaligen Dividendenzahlungen/Ankündigungen der Einstellung der Dividendenzahlungen: Michaely et al. (1995) betrachten Ankündigungen von erstmaligen Dividendenzahlungen bzw. Ankündigungen der Einstellung der Dividendenzahlungen in den USA zwischen 1964 und 1988. Als erste Arbeit, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzt, basieren die Autoren ihre Analyse auf dem BHAR-Ansatz.258 Ausgangspunkt ihrer Betrachtung ist dabei zunächst die Analyse der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion: Hierbei finden sie über ein Ereignisfenster von drei Tagen um die Ankündigung signifikant negative abnormale Renditen nach Ankündigungen der Einstellung (ca. –7%) und signifikant positive abnormale Renditen nach Ankündigungen erstmaliger Dividendenzahlungen (ca. +3%). Dieser Trend setzt sich dann auch bei einer mittel-/langfristigen Betrachtung fort: Ebenso wie bei der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion ist der Drift nach Ankündigungen der Einstellung am robustesten. Alle Ansätze zeigen hier statistisch und ökonomisch signifikante negative Renditen. Für die Ankündigung erstmaliger Zahlungen zeigen drei Ansätze signifikant positive Ergebnisse, lediglich der Kontrollfirmenansatz führt zu nicht signifikanten Ergebnissen, erscheint aber in diesem Zusammenhang auf Grund der Art der Festlegung der Kontrollfirmen bei Michaely et al. (1995) als weniger robust.259 Bestätigung finden diese Ergebnisse im Rahmen der Arbeit von Boehme und Sorescu (2000). Diese betrachten erstmalige Dividendenzahlungen bzw. Wiederaufnahmen von Dividendenzahlungen in den USA über einen langen Zeitraum von 1927 bis 1998. Auf Basis verschiedener Ansätze (CARs und BHARs in Ereigniszeit insb. mit Kontrollfirmen als Benchmark sowie zusätzlich mit dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell) weisen sie dabei durchgehend signifikant positive abnormale Renditen nach. Ebenso wie Michaely et al. (1995) betrachten auch Boehme und Sorescu (2000) zusätzlich die kurzfristige Kapitalmarktreaktion und finden eine positive Korrelation zwischen kurz- und mittel-/langfristiger Kapitalmarktperformance: Die Unternehmen, die eine kurzfristige abnormale Rendite erfahren, zeigen auch mittel-/langfristig die höchsten positiven abnormalen Renditen. Die mittel-/langfristige Performance ist damit auf Basis des
258
Auf Grund der Verwendung u.a. des Kontrollfirmenansatzes als Benchmark wird die Arbeit mit zur Phase III gezählt. Zu den mit dem Matching auf Basis der Zugehörigkeit zu einer Industrie verbundenen Problemen vgl. Michaely et al. (1995), S. 596 und Loughran und Ritter (1995), S. 27.
259
186
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Vorzeichens und des Umfangs der kurzfristigen abnormalen Performance prognostizierbar. Diese Ergebnisse – sowohl von Michaely et al. (1995) als auch von Boehme und Sorescu (2000) – liefern somit klare Anhaltspunkte für das Bestehen signifikanter abnormaler Renditen nach Ankündigungen von erstmaligen Dividendenzahlungen bzw. der Einstellung von Dividendenzahlungen. Hierbei erscheinen vor allem die Ergebnisse von Boehme und Sorescu (2000) als robust, da sie ihre Ergebnisse nicht nur auf den verschiedenen (weiterentwickelten) Ansätzen sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit basieren, sondern auch einen sehr langen Zeitraum abbilden und darüber hinaus die Eignung des von ihnen verwendeten Asset-Pricing-Modells unterstreichen. Insgesamt scheint der Kapitalmarkt somit – entgegen der Vorhersagen der Theorie effizienter Märkte – nicht sofort, vollumfänglich und korrekt auf diese Ereignisse zu reagieren, sondern erst mit entsprechendem Zeitverzug. Michaely et al. (1995) sprechen daher von einem deutlichen Beleg für eine „Underreaction“ des Kapitalmarktes.260 Vergleichbare Ergebnisse für einen sog. „post-earnings-announcement drift“ nach Ankündigung positiver bzw. negativer Entwicklungen der Unternehmensergebnisse zeigen andere Autoren (wie z.B. Bernard und Thomas (1989 und 1990)). –
Aktienrückkäufe: Lakonishok und Vermaelen (1990) betrachten 258 Aktienrückkäufe von US-Unternehmen zwischen 1962 und 1986. Sie verwenden dabei vier Ansätze/Methoden (insb. BHARs mit Referenzportfolios auf Basis von Größe und Beta als Benchmark) und finden über zwei Jahre ökonomisch und statistisch signifikante abnormale Renditen zwischen ca. 9 und 23%. Wie auch bei den zuvor beschriebenen Arbeiten zeigt zusätzlich die Analyse der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion ein ebenfalls signifikant positives Ergebnis (mit ca. 14%). Bei Betrachtung von Subperioden wird jedoch deutlich, dass nur die Periode von 1962 bis 1979 statistisch signifikante Ergebnisse aufweist. Die Ergebnisse zwischen 1980 und 1986 sind nicht signifikant. Die Ergebnisse sind insgesamt ferner getrieben von kleinen Unternehmen: Nur deren Renditen sind signifikant, während große Unternehmen im Durchschnitt keine signifikant abnormalen Renditen erfahren. Dies deutet auf eine entsprechende „Underreaction“ des Marktes nur bei kleinen Unternehmen hin. Ferner scheint die Anomalie – wie die Analyse der Subperioden zeigt – insgesamt in jüngerer Zeit nicht (mehr) gegeben zu sein. Bestätigung finden
260
Vgl. Michaely et al. (1995), S. 606.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
187
diese Ergebnisse bei Mitchell und Stafford (2000). Diese stellen bei Verwendung von BHARs mit Referenzportfolios als Benchmark und weiterentwickelten Testverfahren nur bei gleichgewichteter Betrachtung signifikante Ergebnisse fest. Die Kalenderzeitansätze (das Fama-French-Drei-Faktor-Modell und die CTARs) sind ebenfalls (in der Mehrzahl) nur bei gleichgewichtetem Ausweis der Ergebnisse statistisch signifikant. Ökonomisch bleiben sie allerdings nahezu irrelevant. Abnormale Renditen scheinen daher – wie auch bei Lakonishok und Vermaelen (1990) – nur bei kleinen Unternehmen aufzutreten. Übergreifend lässt sich keine Anomalie nachweisen. –
Aktiensplits: Ikenberry et al. (1996) betrachten 1.275 Aktiensplits in den USA zwischen 1975 und 1990. Sie finden hierbei zunächst bei Betrachtung der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion signifikant positive abnormale Renditen von ca. 3%. Diese abnormale Performance setzt sich dann auch über ein Zeitfenster von 36 Monaten (gemessen auf Basis des BHAR-Ansatzes und empirisch ermittelten p-Werten) mit einer statistisch signifikanten abnormalen Performance von ca. 12% fort – wobei die abnormalen Renditen nahezu komplett im ersten Jahr anfallen. Die mit dem Split verbundenen positiven Informationen werden somit im Laufe des ersten Jahres verarbeitet und erfahren danach keine Umkehrung. Die höchste abnormale Performance erfahren dabei Aktien mit hoher Market-to-Book-Ratio (sog. „Glamour Stocks“). Eine Betrachtung von Subperioden vermittelt ein über Zeit leicht differenzierteres Bild: Zwischen 1975 und 1980 erreicht die abnormale Performance zwar 7,28%, ist aber nicht signifikant. Zwischen 1981 und 1985 finden die Autoren die mit 21,28% höchste (statistisch signifikante) abnormale Performance. Die letzte Subperiode von 1986 bis 1990 zeigt dann erneut geringere, aber signifikante abnormale Renditen von 7,51%. Insgesamt deuten die Ergebnisse somit auf das Vorliegen einer (wenn auch zeitlich unterschiedlich stark ausgeprägten) Anomalie in Form einer „Underreaction“ des Kapitalmarktes hin. Desai und Jain (1997) bestätigen diese Ergebnisse für ihr Sample von 5.596 Aktiensplits von US-Unternehmen zwischen 1976 und 1991 (zusätzlich betrachten sie 76 Reverse Splits). Sie finden auf Basis des BHAR-Ansatzes (mit Referenzportfolios als Benchmark und empirisch ermittelten p-Werten) abnormale Renditen von ca. 12% über 36 Monate, während Reverse Splits signifikant negative abnormale Renditen von ca. –34% erfahren. Die Robustheit der Ergebnisse wird durch die zusätzliche Verwendung des Vier-Faktor-Modells unterstrichen, das für Aktiensplits ebenfalls
188
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
signifikant positive abnormale Renditen (von ca. 18%) ausweist. Hiermit ergeben sich auf Basis beider vorgestellter Arbeiten klare Anhaltspunkte dafür, dass der Kapitalmarkt tatsächlich nach unternehmensspezifischen Informationen wie den hier betrachteten Aktiensplits zu wenig reagiert und sich somit vorhersagbare Ergebnisse (entgegen der Theorie effizienter Märkte) ergeben. Auf Grund der Verwendung verschiedener Ansätze – sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit – sind die Ergebnisse als besonders robust anzusehen. –
IPOs und Kapitalerhöhungen: Die Arbeiten von Ritter (1991) und Loughran und Ritter (1995) legen den Grundstein für die Betrachtung der mittel-/langfristigen Performance nach IPOs/Kapitalerhöhungen. Auf Basis insbesondere des BHARAnsatzes (und u.a. Kontrollfirmen als Benchmark) finden die Autoren im Rahmen dieser beiden vielzitierten Arbeiten deutlich negative abnormale Renditen über einen Zeitraum von 36 Monaten in den USA zwischen 1970 und 1990.261 Auch eine Regression, die (für IPOs und Kapitalerhöhungen zusammen) neben der Größe auch die Market-to-Book-Ratio und eine Dummy-Variable für Kapitalerhöhungen/IPOs als erklärende Variablen enthält, zeigt abnormale Renditen von ca. –23%. Diese Regression verdeutlicht, dass Größe und Market-to-Book-Ratio nur ca. 25% der abnormalen Renditen nach Kapitalerhöhungen/IPOs erklären können.262 Die abnormalen Renditen bleiben daher aus Sicht von Loughran und Ritter (1995) ein „Puzzle“ und ein entsprechender signifikanter „New Issues“-Effekt kann konstatiert werden. Die Autoren interpretieren diesen „New Issues“-Effekt als die nach dem IPO stattfindende Korrektur einer vor dem Börsengang bestehenden zu optimistischen Einschätzung dieser Unternehmen bzw. als verzögerte Verarbeitung der mit einer Kapitalerhöhung verbundenen negativen Nachrichten.263 Diese Ergebnisse von Ritter/Loughran und Ritter, die somit – wie auch bei den zuvor betrachteten Arten von Ereignissen – für das Bestehen einer Anomalie sprechen, haben jedoch im Rahmen jüngerer Arbeiten deutlichen Widerspruch erfahren. Wiederholt wird in diesem Zusammenhang auf das Problem der Cross-
261
Die abnormalen Renditen variieren dabei aber über Zeit. Für die Market-to-Book-Ratio ergibt sich hierbei ein signifikanter Regressionskoeffizient. Für die Größe ist keine Signifikanz gegeben. Vgl. Loughran und Ritter (1995), S. 42. Nach Myers und Majluf (1984) stellen Kapitalerhöhungen ein „Signaling“ gegenüber dem Kapitalmarkt dar, dass das Management den Aktienkurs des eigenen Unternehmens für zu hoch bewertet hält. Alternative, auf der Agency-Theorie basierende Erklärungen finden sich bspw. bei Jensen (1986).
262
263
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
189
Correlation hingewiesen, das, wie bspw. Schaeffer (2004) unterstreicht, bei der Betrachtung von IPOs von besonderer Relevanz ist.264 Brav und Gompers (1997) und Brav et al. (2000) greifen diese Kritik auf und verwenden (insb. zur Vermeidung der Cross-Correlation) neben BHARs und CARs im Rahmen ihrer Betrachtung von IPOs und Kapitalerhöhungen in den USA zwischen 1975 und 1992 zusätzlich Kalenderzeitansätze in Form des Fama-French-Drei-Faktor-Modells bzw. des Carhart-Vier-Faktor-Modells. Brav et al. (2000)265 zeigen hierbei, dass sich die Renditen von IPOs ähnlich entwickeln wie die Renditen von Unternehmen mit vergleichbarer Größe und Market-to-Book-Ratio. Bei Kapitalerhöhungen entspricht die Renditeentwicklung der von Unternehmen mit vergleichbarer Größe, Marketto-Book-Ratio und Momentum. Die zuvor beschriebene Underperformance erweist sich bei wertgewichteter Betrachtung und Verwendung des Fama-French-DreiFaktor-Modells bzw. des Carhart-Vier-Faktor-Modells daher aus Sicht von Brav et al. (2000) als statistisch nicht signifikant. Belege für eine entsprechende (signifikante) Underperformance ergeben sich (übereinstimmend mit Loughran und Ritter (1995)) im Rahmen der von ihnen gewählten Kalenderzeitansätze nur bei kleinen Unternehmen.266 Auf Grund der auch bei Fama und French (1993) selbst beschriebenen Probleme des Drei-Faktor-Modells, die Renditeentwicklung kleiner Unternehmen mit hoher Market-to-Book-Ratio abzubilden, führen sie diese Underperformance auf entsprechende Limitationen der Asset-Pricing-Modelle zurück, statt hierin einen Beleg für nachhaltig abnormale Renditen von IPOs zu sehen. Darüber hinaus betonen sie die Bedeutung des Momentum-Faktors zur Erklärung der Renditeentwicklung. Auf Basis von BHARs (mit Referenzportfolios als Benchmark) stützt Brav (2000) diese Ergebnisse und auch Dubois und Jeanneret (2000) finden auf Basis verschiedener Ansätze267 für eine andere Region (die Schweiz) nicht signifikante positive Ergebnisse. Hiermit ist die Kontroverse um das Bestehen abnormaler Renditen nach IPOs und Kapitalerhöhungen jedoch nicht
264 265
266
267
Vgl. Schaeffer (2004), S. 4. Die Ausführungen fokussieren sich hier auf die Arbeit von Brav et al. (2000) als die jüngere der beiden Arbeiten, die entsprechende Ergebnisse der Arbeit von Brav und Gompers (1997) aufgreift. Das Cahart-Vier-Faktor-Modell ist auch in der Lage, die Renditeentwicklung dieser Unternehmen abzubilden. Vgl. Brav et al. (2000). Sie verwenden BHARs und CARs mit Kontrollfirmen als Benchmark, das Fama-French-DreiFaktor-Modell und ein Conditional Asset-Pricing-Modell.
190
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
abgeschlossen: Loughran und Ritter (2000) betrachten so im Rahmen einer weiteren Arbeit US-IPOs und Kapitalerhöhungen zwischen 1973 und 1996. Auch sie verwenden im Rahmen dieser jüngeren Arbeit ausschließlich das Fama-FrenchDrei-Faktor-Modell, bereinigen die verwendeten Benchmarks jedoch zusätzlich um Firmen, die IPOs und Kapitalerhöhungen durchführen. Hierauf basierend finden sie für Kapitalerhöhungen sowohl bei gleich- als auch bei wertgewichteter Betrachtung signifikant negative abnormale Renditen. Für IPOs sind die Renditen nur bei Gleich- nicht aber bei Wertgewichtung signifikant. Zusätzlich analysieren sie die sechs zuvor beschriebenen Fama-French-Portfolios (jeweils drei für Größe und Market-to-Book-Ratio) sowohl aus gleich- als auch aus wertgewichteter Perspektive. Von den hieraus resultierenden zwölf Achsenabschnitten auf Basis des verwendeten Kalenderzeitansatzes sind alle zwölf negativ, neun davon signifikant negativ. Die höchsten und signifikantesten abnormalen Renditen ergeben sich auch hier für Unternehmen mit geringer Größe und hoher Market-to-Book-Ratio. Da jedoch auch die Mehrzahl der anderen Achsenabschnitte signifikant negativ ist, folgern Loughran und Ritter hieraus, dass sich die negative abnormale Performance nicht nur auf diese Unternehmen (wie zuvor bei Brav et al. (2000) herausgearbeitet) beschränkt, sondern auch große Unternehmen betrifft. Gestützt werden diese Ergebnisse durch die Arbeit von Jegadeesh (2000). Auf Basis eines breiten Spektrums an Ansätzen (u.a. Characteristics-Based-Matching-Ansätze in Ereigniszeit ebenso wie das Fama-French-Drei-Faktor-Modell und das Carhart-Vier-Faktor-Modell in Kalenderzeit) belegt er eine deutliche Underperformance nach Kapitalerhöhungen, die dabei unabhängig von Größe und Bewertung der Unternehmen ist. Auf Grund des relativ langen Betrachtungszeitraums von 1970 bis 1993 und der verschiedenen verwendeten Ansätze sieht Jegadeesh seine Ergebnisse als sehr robust an und widerspricht der Argumentation, dass festgestellte abnormale Renditen auf Limitationen der verwendeten Asset-Pricing-Modelle zurückzuführen sind und somit allgemeine Charakteristika der Unternehmen (z.B. bezogen auf Größe, Market-toBook-Ratio und vergangene Performance) widerspiegeln, die im Rahmen der heute verfügbaren Modelle nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Genau diese Limitationen der Modelle und das hieraus resultierende Mispricing werden jedoch von weiteren jüngeren Arbeiten (wie auch schon vorher u.a. bei Brav et al. (2000)) diskutiert: Mitchell und Stafford (2000) weisen im Rahmen ihrer bereits mehrfach zitierten Arbeit sowohl auf Basis der Ansätze in Ereignis- als auch in Kalenderzeit
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
191
signifikant negative abnormale Renditen nach Kapitalerhöhungen nur bei Gleich-, nicht aber bei Wertgewichtung nach und belegen damit erneut, dass abnormale Renditen insbesondere durch kleinere Unternehmen getrieben werden. Bestätigt werden diese Ergebnisse u.a. durch Schaeffer (2004), der für IPOs in den USA zwischen 1980 und 2003 auf Basis des Drei- und Vier-Faktor-Modells ebenfalls sowohl bei Gleich- als auch bei Wertgewichtung keine signifikanten Ergebnisse findet.268 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Eckbo et al. (2000) und Eckbo und Norli (2005). Während BHARs mit Kontrollfirmen (auf Basis von Größe und Market-to-Book-Ratio) als Benchmark nur bei Gleichgewichtung signifikant negative Ergebnisse mit sich bringen, kommen alle weiteren von Eckbo et al. (2000) verwendeten Ansätze zu nicht signifikanten Ergebnissen. Neben einem Conditional Asset-Pricing-Modell, dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell und dem ConnorKorajczyk-Modell269 ist hierbei im Besonderen ein von den Autoren entworfenes Sechs-Faktor-Modell herauszustellen, das sechs Makrorisikofaktoren berücksichtigt. Die abnormale Rendite wird hierbei ausgewiesen als Differenz (Zero-Investment-Portfolio) zwischen den Renditen eines Portfolios, das Kapitalerhöhungen durchführt, und einem Referenzportfolio (auf Basis von Größe und Market-toBook-Ratio), das keine entsprechenden Kapitalmaßnahmen durchführt. Hiernach haben Unternehmen, die Kapitalerhöhungen durchführen, zwar ein leicht erhöhtes Marktrisiko, dieses wird aber kompensiert durch ein erheblich niedrigeres Exposure gegenüber den anderen betrachteten Makrorisiken (insb. auf Grund eines geringeren „Leverage“ dieser Unternehmen). Dieser niedrigere Leverage und das resultierende niedrigere Makrorisiko-Exposure führen dann den Autoren zufolge zu entsprechend geringeren Renditen. Bei Berücksichtigung dieser Risikofaktoren ergeben sich daher keine abnormalen Renditen der betrachteten Ereignisunternehmen. Gestützt wird dies durch die Arbeit von Eckbo und Norli (2005), die IPOs ausschließlich von Nasdaq-Firmen zwischen 1972 und 1998 betrachten. Neben BHARs, die erneut nur bei Gleichgewichtung signifikant sind, verwenden sie – wie auch Eckbo et al. (2000) – zum einen das Carhart-Vier-Faktor-Modell ergänzt um einen fünften Faktor, der die Liquidität der Aktien erfasst, sowie ein Fünf-Faktor-Modell, das fünf Makrorisiken abbildet, und ebenfalls durch den (sechsten) Li268
269
Auch Ho (2003) findet auf Basis der Betrachtung der gesamten Verteilung der abnormalen Renditen keine Belege für eine abnormale Performance nach IPOs. Vgl. Connor und Korajczyk (1988).
192
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
quiditätsfaktor ergänzt wird.270 Die abnormale Rendite (erneut des entsprechenden Zero-Investment-Portfolios) ist hierbei wie auch bei Eckbo et al. (2000) nicht signifikant. Der Liquiditätsfaktor, der das Liquiditätsrisiko in Form niedrigerer Börsenumsätze bemisst, erweist sich hierbei als signifikant und liefert einen weiteren Ansatzpunkt für eine risikobasierte Erklärung der abnormalen Renditen. Auch der bereits zuvor beschriebene geringere Leverage (mit entsprechenden Renditeimplikationen) wird erneut herausgearbeitet. Die Renditeentwicklung der IPO-Firmen reflektiert damit aus Sicht der Autoren lediglich die zugrunde liegenden Risiken. Auf Grund höheren Umsatzes/höherer Liquidität und niedrigeren Leverages sind die Renditen dabei entsprechend geringer. Die abnormale Performance auf Basis von BHARs und einfachen Matching-Ansätzen reflektiert daher aus Sicht von Eckbo und Norli (2005) lediglich Limitationen der Modelle, diese Faktoren ausreichend abzubilden, und keine Underperformance. Insgesamt zeigt die Analyse der mittel-/langfristigen Performanceentwicklung nach den verschiedenen hier betrachteten Ereignissen ein gemischtes Bild: Ankündigungen von erstmaligen Dividendenzahlungen bzw. der Einstellung von Dividendenzahlungen gehen auf Basis der bisherigen Forschungsergebnisse mit abnormalen Renditen und einer entsprechenden verzögerten Kapitalmarktreaktion einher. Für Aktienrückkäufe lassen sich hingegen nur bei kleinen Unternehmen abnormale Renditen aufzeigen. Übergreifend ergeben sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer Anomalie im Sinne der Theorie effizienter Märkte. Für Aktiensplits belegen die Ergebnisse wiederum statistisch signifikante abnormale Renditen. Während sich die empirische Evidenz in diesen Bereichen (trotz einer jüngst umfangreicheren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik) auf nur wenige Arbeiten stützt, liegt für den Bereich der IPOs und Kapitalerhöhungen eine große Anzahl von Arbeiten vor, von denen einige wesentliche hier vorgestellt wurden. Hier ergibt sich allerdings kein abschließendes Bild: Während einige Arbeiten klare Anhaltspunkte für abnormale Renditen finden (bspw. Loughran und Ritter (2000)), weisen andere insbesondere auf Limitationen der aktuell verwendeten Ansätze/Modelle hin und bestreiten damit das Vorliegen abnormaler Renditen nach Berücksichtigung aller relevanten Risikofaktoren.
270
Eckbo und Norli (2005) verwenden hierbei zwei alternative Formen für diesen Liquiditätsfaktor.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
193
Gibt es abnormale Renditen nach unternehmensspezifischen Ereignissen? – Der Versuch einer Antwort Ein vergleichbarer Überblick und der Versuch der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen mittel-/langfristiger abnormaler Renditen im Zuge unternehmensspezifischer Ereignisse wurden zuletzt von Fama (1998) unternommen. Dieser nimmt mit seiner Arbeit zu den bis zu diesem Zeitpunkt erarbeiteten mittel-/langfristigen Ereignisstudien und ihren Ergebnissen Stellung. Bereits mit seinem einleitenden Satz verdeutlicht er seine Interpretation der Ergebnisse: „Market efficiency survives the challenge from the literature on long-term return anomalies.“271 Er stellt sich somit der Vielzahl der auch hier angesprochenen Studien vehement entgegen, die mittel-/ langfristige abnormale Renditen für die verschiedenen zuvor beschriebenen Arten von Ereignissen nachweisen und hierauf basierend ineffiziente Kapitalmärkte auf Grund insbesondere verzögerter Informationsverarbeitung postulieren: „It is time, however, to ask whether this literature, viewed as a whole, suggests that efficiency should be discarded. My answer is a solid no […].“272 Fama begründet dies mit zwei Argumenten: 1) Er verweist darauf, dass in einem insgesamt effizienten Kapitalmarkt bei bestimmten Arten von Ereignissen zwar „Over-“ bzw. „Underreactions“ und hiermit verbunden entsprechende abnormale Renditen zu beobachten sind. Ein Überblick über die Literatur zeigt seines Erachtens jedoch kein Übergewicht, sondern eine ungefähr gleiche Verteilung zwischen diesen Over- bzw. Underreactions. Die langfristige negative abnormale Performance, die im Rahmen zahlreicher Studien z.B. nach IPOs, Kapitalerhöhungen und nach guter vorheriger Performance der Unternehmen273 gezeigt wird, kann hiernach seines Erachtens in den Bereich der „Overreactions“ eingeordnet werden. Der Markt schreibt hier die gute vergangene Performance fort (die auch vor IPOs und Kapitalerhöhungen entsprechend nachgewiesen wird) und übersieht den Trend des Ergebniswachstums zu einer gewissen „Mean Reversion“. Die hieraus resultierenden zu hohen Kurse werden dann erst langsam korrigiert, wenn der Markt graduell diese Overreaction erkennt und entsprechend abbaut. In vielen anderen Fällen weist eine große Zahl von Autoren
271 272 273
Fama (1998), S. 283. Fama (1998), S. 284. Gemessen an der Aktienkursentwicklung bzw. an entsprechenden Ratios.
194
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
aber auch „Underreactions“ und eine entsprechend positive abnormale Performance z.B. nach Spinoffs, Aktiensplits, Aktienrückkäufen etc. nach. Die Frage nach dem Grund für teilweise Over- und dann wieder Underreactions beantwortet Fama mit: „[…] – chance.“274 Der gleichmäßige Split zwischen Over- und Underreaction ist seines Erachtens absolut konsistent mit einem effizienten Kapitalmarkt.275 2) Darüber hinaus weist Fama (1998) darauf hin, dass die Anomalien bei Verwendung unterschiedlicher Benchmarks/Modelle zur Ermittlung der erwarteten Renditen und unterschiedlichen statistischen Testverfahren marginalisiert werden bzw. sogar komplett verschwinden. Er führt dazu aus: „Reasonable changes in the approach used to measure abnormal returns typically suggest that apparent anomalies are methodological illusions.“276 Hierzu betrachtet Fama einzelne Arbeiten bis 1998, um dies zu untermauern: Für IPOs und Kapitalerhöhungen zeigt Fama beispielsweise, dass die verwendete Methodik zur Messung der abnormalen Renditen entsprechende Schwächen aufweist. Darüber hinaus konzentrieren sich die ausgewiesenen abnormalen Renditen (wie auch zuvor beschrieben) stark auf kleine Unternehmen mit hoher Bewertung. Die beschriebene Anomalie scheint seiner Ansicht nach daher übergreifend für alle Unternehmen feststellbar zu sein, die entsprechende Charakteristika (geringe Größe und hohe Market-to-BookRatio) teilen und ggf. durch die aktuellen Asset-Pricing-Modelle auf Grund der auch zuvor angesprochenen Limitationen nicht ausreichend in ihrer Renditeentwicklung erfasst werden (Bad-Model-Problem). Selbst wenn eine Anomalie besteht (und abnormale Renditen nicht durch entsprechende Limitationen der verwendeten Modelle erklärt werden können), bleibt sie jedoch weitestgehend auf diese Gruppe von kleinen und hoch bewerteten Unternehmen beschränkt. Ähnliche Ergebnisse findet Fama bei Betrachtung der einzelnen Arbeiten zu Aktiensplits, Aktienrückkäufen und Ankündigungen erstmaliger Dividendenzahlungen bzw. Ankündigungen der Einstellung von Dividendenzahlungen: Auch hier können die beobachteten abnormalen Renditen seines Erachtens durch Verwendung alternativer Ansätze zur Errechnung der Benchmarkrendite und durch entspre-
274 275 276
Fama (1998), S. 287. Vgl. Fama (1998), S. 284ff. Fama (1998), S. 285.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
195
chende Testverfahren marginalisiert werden bzw. verschwinden komplett. Andere Ergebnisse zeigen sich als nur für bestimmte Zeitfenster ableitbar (z.B. Aktiensplits) bzw. bedürfen noch einer Validierung über andere Zeiträume und andere Regionen (z.B. Dividendenerhöhungen). In Bezug auf M&A-Transaktionen betrachtet Fama nur die Arbeiten von Asquith (1983), Agrawal et al. (1992) und Mitchell und Stafford (2000). Er verweist hier darauf, dass bei Verwendung von Kalenderzeitansätzen (wie bei Mitchell und Stafford) die abnormalen Renditen besonders bei Wertgewichtung niedriger ausfallen und dass abnormale Renditen insbesondere bei Transaktionen zu beobachten sind, die mit eigenen Aktien finanziert werden. Dies deutet nach Ansicht Famas darauf hin, dass abnormale Renditen wie bei IPOs/Kapitalerhöhungen vor allem bei kleinen Unternehmen auftreten.277 Darüber hinaus sind die ausgewiesenen abnormalen Renditen der genannten Arbeiten seines Erachtens ökonomisch gering. Insgesamt stellen die ausgewiesenen Ergebnisse somit aus Famas Sicht Zufallsergebnisse dar, die darüber hinaus zumeist einem Wechsel der Methodik (oft nur in Form einfacher Wertgewichtung) oder der Betrachtung alternativer Zeiträume und Länder nicht standhalten. Die Theorie effizienter Märkte ist hiermit aus seiner Sicht in keinster Weise widerlegt. Anomalien treten maximal bei der Betrachtung kleiner Unternehmen auf. Vor dem Hintergrund des Bad-Model-Problems sind diese jedoch vermutlich nur auf Schwächen der bisher entwickelten Asset-Pricing-Modelle zurückzuführen.278 Bestätigung für diese Ausführungen erhält Fama im Rahmen einiger der auch zuvor dargestellten jüngeren Arbeiten. Dubois und Jeanneret (2000) führen so bspw. aus, dass bei Betrachtung einer großen Anzahl von Unternehmensereignissen eine Underperformance genauso häufig zu beobachten ist wie eine Outperformance und die mittel-/langfristige Performance damit in Famas Sinne dem Zufall unterworfen ist.279
277 278
279
Vgl. Fama (1998), S. 297ff. Im popperschen Sinne verweist Fama ferner darauf, dass die Arbeiten zu mittel-/langfristigen abnormalen Renditen nicht dem Anspruch genügen, ein umfassendes Modell zur Preisbildung empirisch zu validieren und damit die Theorie effizienter Märkte zu widerlegen. Ein solches Modell müsste Over- und Underreactions in gleichem Maße berücksichtigen und die beobachtbaren Renditen verlässlicher erklären als die Theorie effizienter Märkte. Vgl. Fama (1998), S. 284. Vgl. Dubois und Jeanneret (2000), S. 3.
196
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Für die hier betrachteten M&A-Transaktionen erscheint diese Analyse Famas als ernüchternd. Harsche methodische Kritik und der Verweis, dass selbst bei Bestehen abnormaler Performance diese nur ein Zufallsprodukt und keinesfalls ein Beleg für eine Anomalie (entgegen der Theorie effizienter Märkte) ist, scheinen die Bedeutung der in der Mehrzahl der betrachteten Arbeiten gefundenen signifikanten negativen abnormalen Renditen zu entwerten und lassen sie als wenig relevant für Theorie und Praxis erscheinen. Diese Sichtweise ist allerdings nur bei einer vordergründigen Betrachtung als berechtigt anzusehen. Famas Arbeit verteidigt die Theorie effizienter Märkte – einen der zentralen Bausteine der Finanzmarktforschung. Seine Argumentation stützt sich dabei auf Arbeiten zu den verschiedenen von ihm betrachteten unternehmensspezifischen Ereignissen, die alle vor 1998 entstanden sind und methodisch damit der zuvor abgegrenzten Phase II zuzuordnen sind. Mit der dargestellten Weiterentwicklung des methodischen Handwerkszeugs in der Phase III, die zu entsprechend deutlich robusteren Ergebnissen führt, erscheint eine Neubewertung dieser Ergebnisse als erforderlich. Fama baut seine Kritik im Wesentlichen auf vier Argumenten auf: –
Der mangelnden Robustheit der Ergebnisse bei Verwendung verschiedener Ansätze/Modelle insbesondere in Kalenderzeit,
–
dem Vorwurf eines reinen Dataminings der verschiedenen Arbeiten, das zu Ergebnissen führt, die bei Betrachtung verschiedener Perioden und Länder nicht stabil sind,
–
den Limitationen der heute verwendeten Asset-Pricing-Modelle, alle relevanten Risikofaktoren zur Erklärung der Renditeentwicklung zu erfassen, und
–
dem Fehlen eines Gegenmodells zur Theorie effizienter Märkte, das die Renditeentwicklungen entsprechend erklärt.
Diese Argumente bieten einen geeigneten Rahmen zur Beurteilung und Analyse der auf Basis der weiterentwickelten Methodik seit 1998 entstandenen Arbeiten und zur Auseinandersetzung mit der Kritik Famas aus heutiger Sicht. Zunächst zeigt eine Betrachtung der Robustheit der Ergebnisse, dass von einer Vielzahl von Autoren nicht nur auf die weiterentwickelten Ansätze/Modelle der Phase III zurückgegriffen wird, sondern gleichzeitig sowohl Ansätze in Ereignis- als auch in Kalenderzeit Verwendung finden. Jegadeesh (2000) verwendet so für den Bereich der Kapitalerhöhungen
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
197
verschiedene Ansätze, Gleiches gilt für Boehme und Sorescu (2000) im Rahmen der Betrachtung der Ankündigung erstmaliger Dividendenzahlungen und bspw. für Gregory und Matatko (2004) im Zuge der Analyse der hier im Fokus stehenden M&ATransaktionen. Die weiterentwickelten Modelle, die zu deutlich robusteren Ergebnissen führen, und die gleichzeitige Verwendung verschiedener dieser Ansätze/Modelle in einzelnen Arbeiten lassen die Ergebnisse, die auf abnormale Renditen deuten, als sehr verlässlich erscheinen. Hinzu kommt die schlichte Vielzahl der Ergebnisse insbesondere für M&A-Transaktionen (auf Basis verschiedener weiterentwickelter Ansätze), die den Verweis auf methodische Schwächen als kaum haltbar erscheinen lässt. Gleiches gilt für das Argument der Instabilität der Ergebnisse bei Betrachtung verschiedener Zeiträume und Länder. Die hier vorgestellten Arbeiten (insb. zu M&ATransaktionen) decken so lange Zeiträume ab, und neben den USA finden auch UK und Canada entsprechende Berücksichtigung. Auch hier bestehen keine Anhaltspunkte für eine deutliche Instabilität der Ergebnisse, die abnormale Renditen ausweisen. Ähnliches gilt auch für die anderen hier betrachteten unternehmensspezifischen Ereignisse. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die verwendeten Asset-Pricing-Modelle allein durch ihre unterschiedliche Gestaltung und die beschriebenen Erweiterungen früheren bestehenden Limitationen begegnen und eine Vielzahl unterschiedlicher Risikofaktoren berücksichtigen, womit ein hoher Erklärungswert erreicht wird.280 Auch der Hinweis auf das Fehlen eines Gegenmodells ist kritisch zu betrachten: Mit den auch hier angesprochenen Behavioral-Finance-Ansätzen, die bspw. eine Underreaction des Kapitalmarktes auf komplexe Ereignisse erklären, lassen sich die hier nach M&ATransaktionen gefundenen Renditeentwicklungen sehr wohl – auch im Zusammenspiel mit der Theorie effizienter Märkte – erklären. Vor diesem Hintergrund scheint eine Neubewertung der Analyse Famas notwendig: Vor allem für M&A-Transaktionen ergeben sich deutliche Indizien für das Bestehen mittel-/langfristiger abnormaler Renditen und das Vorhandensein einer entsprechenden Anomalie. Der Verweis auf methodische Schwächen bzw. die Klassifizierung der Ergebnisse als eine zufällige „Underreaction“ des Kapitalmarktes, der andere ebenso zufällige „Overreactions“ gegenüberstehen, erscheint daher als nicht mehr haltbar. Vielmehr erfordert die hohe Komplexität von Ereignissen wie M&A-Transaktionen eine fortlaufende Neu- und Weiterbewertung, die zu mittel-/langfristig abnormalen
280
Vgl. hierzu auch Boehme und Sorescu (2000).
198
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Renditen führt. In einem insgesamt effizienten Kapitalmarkt bestehen somit scheinbar Einschränkungen der Effizienz infolge entsprechender Komplexitäten, die eine umfassende und richtige Ad-hoc-Bewertung unmöglich erscheinen lassen. Die hieraus resultierenden abnormalen Renditen und die hiermit verbundenen Implikationen sind entsprechend in Theorie und Praxis zu berücksichtigen. Insgesamt besteht vor dem Hintergrund dieses Überblicks die Notwendigkeit einer weiter gehenden Vertiefung der Forschungsergebnisse, der mit dieser Arbeit Rechnung getragen wird. Übereinstimmende Ergebnisse der Forschung in Bezug auf bestimmte Arten/ Charakteristika von M&A-Transaktionen
Trotz dieser dargestellten kontroversen Diskussion über das Bestehen abnormaler Renditen lässt sich in der Literatur jedoch für einige Arten bzw. Charakteristika von M&A-Transaktionen und die hieraus resultierenden Wertschaffungsimplikationen eine relativ weitgehende Übereinstimmung feststellen. Hierbei sind insbesondere als entsprechende Charakteristika zu nennen: –
Geographischer Fokus (insb. Cross-border-Transaktionen)
–
Art der Bezahlung der Transaktion
–
Bewertung des Bieters („Glamour“ versus „Value“)
Zahlreiche Autoren (wie bspw. Danbolt (1995), Aw und Chatterjee (2004), Eckbo und Thorburn (2000), Black et al. (2001), Gregory und McCorriston (2004) und Conn et al. (2003)) betrachten so die mittel-/langfristige Performance nach Cross-border-Transaktionen. Auf Basis unterschiedlicher Ansätze und Methoden zeigen diese Arbeiten hierbei durchweg statistisch und ökonomisch signifikant negative abnormale Renditen. Cross-border-Transaktionen erfahren damit auf Basis dieser empirischen Ergebnisse mittel- und langfristig eine erhebliche Wertvernichtung. Neben der Betrachtung von Cross-border-Transaktionen liegt der Fokus vieler Arbeiten auf der Art der Bezahlung (der sog. „Method of Payment“) der Transaktionen. Hierbei wird i.d.R. zwischen Barzahlungen, Zahlungen mit Aktien, Mischungen aus Barzahlungen und aktienbasierten Zahlungen und alternativen Formen der Bezahlung differenziert. Nach der „Method of Payment“-Hypothese erfahren Transaktionen, die
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
199
mit Aktien bezahlt werden, signifikant negative abnormale Renditen.281 Bar bezahlte Transaktionen erreichen hiernach hingegen tendenziell positive abnormale Renditen. Die älteren Arbeiten der Phase I und Phase II (wie bspw. Barnes (1984), Dodds und Quek (1985) und Franks et al. (1991)) kommen zu nicht einheitlichen Ergebnissen bzw. finden keinen eindeutigen Beleg für die „Method of Payment“-Hypothese. Franks et al. (1991) finden so z.B. keinen signifikanten mittel-/langfristigen Performanceunterschied zwischen Bar- und aktienbasierten Zahlungen. Die folgenden Arbeiten finden jedoch stärkere Belege für die Richtigkeit der „Method of Payment“-Hypothese. Hierbei sind insbesondere die Arbeiten von Loughran und Vijh (1997) und Rau und Vermaelen (1998) zu nennen. Loughran und Vijh (1997) finden für das bereits zuvor angesprochene Sample von US-Transaktionen zwischen 1970 und 1989 auf Basis des Kontrollfirmenansatzes signifikant positive abnormale Renditen für Barzahlungen und signifikant negative Renditen für aktienbasierte Zahlungen. Als ebenso relevant identifizieren sie im Rahmen ihrer Arbeit die Form der Transaktion (Fusion oder Akquisition). Die positiven abnormalen Renditen bei Barzahlung sind so getrieben durch barbezahlte Akquisitionen (Fusionen erfahren auch bei Barzahlung negative abnormale Renditen) und die negativen abnormalen Renditen bei aktienbasierter Bezahlung durch entsprechende Fusionstransaktionen. Martin (1996) bestätigt diesen Zusammenhang zwischen Art der Transaktion und der Art der Bezahlung: Fusionen werden hiernach überwiegend mit Aktien bezahlt und Akquisitionen überwiegend bar. Die von Loughran und Vijh (1997) gefundenen Belege für die „Method of Payment“-Hypothese werden durch übereinstimmende Ergebnisse von Rau und Vermaelen (1998) und Gregory (1997) gestützt. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch im Rahmen der jüngeren Arbeiten: Für die USA findet Sinha (2004) bspw. keine abnormale Performance nach barbezahlten Transaktionen, jedoch eine signifikant negative nach aktienbasierten Transaktionen. Mitchell und Stafford (2000) finden auf Basis des BHAR-Ansatzes (bei Gleichgewichtung) signifikant negative abnormale Renditen nach aktienbasierten Transaktionen und signifikant positive abnormale Renditen bei nicht aktienbasierten
281
Wie bereits im Rahmen der zuvor betrachteten mittel-/langfristigen Performance nach Kapitalerhöhungen beschrieben, wird die Art der Bezahlung mit privaten Informationen des Managements in Beziehung gebracht und ihr daher ein „Signaling“-Effekt beigemessen. Nach Myers und Majluf (1984) greifen Firmen tendenziell dann auf Eigenkapital zur Bezahlung von Transaktionen zurück, wenn sie die Aktien für überbewertet halten, und auf Fremdkapital, wenn sie die Aktien für unterbewertet halten. Aktienbasierte Zahlungen werden – nach der Method-of-Payment-Hypothese – entsprechend vom Kapitalmarkt wahrgenommen und führen zu negativen Kursreaktionen.
200
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Zahlungen. Bei Wertgewichtung ergeben sich ähnliche, aber weniger deutliche Ergebnisse. Auch in Kalenderzeit finden Mitchell und Stafford einen signifikanten Unterschied zwischen aktien- und nicht aktienbasierten Zahlungen – eine abnormale Performance finden sie in Kalenderzeit jedoch nur bei gleichgewichteter und nicht bei wertgewichteter Betrachtung. Für UK finden Gregory und Matatko (2004) signifikant negative abnormale Renditen nach aktienbasierten Transaktionen und nicht signifikant positive nach Cash-Transaktionen. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen Antoniou und Zhao (2004) und Sudarsanam und Mahate (2003).282 Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der Forschung somit mehrheitlich die „Method of Payment“-Hypothese – die Underperformance nach aktienbasierten Zahlungen ist hierbei konsistent mit der zuvor dargestellten (aber weniger eindeutig belegten) Underperformance nach Kapitalerhöhungen. Der dritte in der Literatur relativ umfassend betrachtete Bereich bezieht sich auf die Bewertung des Bieters und hieraus resultierende Performanceunterschiede zwischen sog. „Glamour“- und „Value“-Bietern. „Glamour“-Bieter haben vor der Transaktion eine positive Aktienkursentwicklung erfahren und sind entsprechend hoch bewertet. Dies manifestiert sich in einer relativ hohen Price-to-Earnings-Ratio (PER) bzw. einer relativ hohen Market-to-Book-Ratio. Für sog. „Value“-Bieter gilt eine entsprechend entgegengesetzte Entwicklung in Form einer niedrigen Bewertung. In diesen Bewertungen spiegeln sich entsprechende Wachstumserwartungen wider: hohe Wachstumserwartungen für die „Glamour“-Aktien und niedrige Wachstumserwartungen für „Value“-Aktien.283 Rau und Vermaelen (1998) zeigen im Rahmen ihrer Arbeit, dass „Glamour“-Bieter zunächst im Vergleich zu „Value“-Bietern höhere kurzfristige abnormale Renditen im Rahmen der Ankündigung erfahren, ihre abnormale Performance über drei Jahre aber deutlich unter der der „Value“-Bieter zurückbleibt. Rau und Vermaelen begründen diese Ergebnisse mit einer entsprechenden Überbewertung der „Glamour“-Bieter zum Zeitpunkt der Transaktion, die dann erst über Zeit abgebaut wird. Diese mittel-/langfristige Underperformance von „Glamour“-Bietern findet im Rahmen jüngerer Arbeiten überwiegend Bestätigung: Sudarsanam und Mahate (2003), André et al. (2004) und Gregory und Matatko (2004) finden so ebenfalls Belege für eine entsprechende Underperformance von „Glamour“-Bietern. Mitchell und Stafford 282
283
Die Ergebnisse von Antoniou und Zhao (2004) sind dabei aber nicht über den Gesamtbetrachtungszeitraum von 36 Monaten signifikant. Vgl. Sudarsanam und Mahate (2003), S. 300f.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
201
(2000) können jedoch keine Belege für einen signifikanten Unterschied zwischen „Glamour“- und „Value“-Bietern im Zuge ihrer Arbeit feststellen. Es ergibt sich somit – auf Basis der bisherigen Forschungsergebnisse – eine relativ weitgehende Übereinstimmung in Bezug auf die Underperformance von „Glamour“-Bietern. Fama und French (1998) weisen jedoch darauf hin, dass „Value“-Aktien zwar auf Basis klassischer Ansätze/Modelle signifikant höhere Renditen erfahren als „Growth“-Aktien. Im Rahmen von APT-Modellen lässt sich im Rahmen ihrer Arbeit dieses Prämium allerdings erklären. Vor dem Hintergrund dieser und anderer weiterentwickelter Ansätze/Modelle sind die Ergebnisse daher durch zukünftige Forschungsarbeiten zu validieren. Die bankenbezogene M&A-Forschung mit Fokus auf die mittel-/langfristige Performance im Überblick Insgesamt erfolgte somit in der Literatur bereits eine relativ weitgehende Auseinandersetzung mit der mittel-/langfristigen Performance nach M&A-Transaktionen insgesamt sowie mit der Identifikation von spezifischen Aspekten und Charakteristika, die diese mittel-/langfristige Performance beeinflussen. Die Auseinandersetzung mit M&ATransaktionen in der Bankenindustrie blieb jedoch auf nur drei Arbeiten mit US-Fokus beschränkt: Aufbauend auf einer ersten Arbeit von Madura und Wiant (1994) beschäftigen sich DeLong (2003) und Aggarwal et al. (2003) ebenfalls mit der Betrachtung der mittel-/langfristigen Wertschaffung von Bankentransaktionen in den USA und ergänzen die bisherigen, kurzfristig orientierten Arbeiten hiermit um die wichtige mittel-/langfristige Perspektive – mit bisher allerdings nicht einheitlichen Ergebnissen (vgl. hierzu Tabelle 3.5): Madura und Wiant (1994) betrachten im Rahmen ihrer Arbeit 152 Bankentransaktionen in den USA zwischen 1983 und 1987. Sie konstatieren für die Bieter über einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren signifikant negative abnormale Renditen von bis zu –27,06% (abhängig von der verwendeten Methodik). Hierbei erweisen sich als günstiger (weniger wertvernichtend): (a) heimische Transaktionen und Transaktionen von Bietern, die vor der Transaktion (b) ein relativ geringes Wachstum (gemessen an der Wachstumsrate der Bankaktiva) bzw. (c) eine relativ geringe Performance (gemessen am RoA in dem Jahr vor der Transaktion, bereinigt um den durchschnittlichen RoA der Industrie) erzielt haben. Insgesamt können die betrachteten Bankentransaktionen auf Basis dieser ersten Forschungsergebnisse somit die
284
Heimisch
Heimisch
Heimisch
Madura / Wiant (1994)
DeLong (2003)
Aggarwal / Akhigbe / McNulty (2003)
Quelle: Eigene Darstellung. 271
54
152
Samplegröße
USA
USA
USA
Geograph. Fokus
BHARs mit Referenzportfolios als Benchmark (auf Basis des Typs der Bank, der Größe und der vorhergehenden Einjahresperformance)
Bereinigung um Marktentwicklung (Bankenindex)
CARs auf Basis eines Zwei-Faktor-Modells
Ansatz/Methode
FF3F: Fama-French-Drei-Faktor-Modell; NA: nicht angegeben; NS: nicht signifikant; S: signifikant
1986–2001
1991–1995
1983–1987
Betrachtete BetrachTranstungsaktionen zeitraum
36
36
36
–0,2706
+0,1183
–0,2923
S
S
S
BetrachErgebnisse Stat. tungsperiode Sign. (Monate)
284
Arbeit
Tabelle 3.5: Überblick über die bisherigen Arbeiten mit Fokus auf die mittel-/langfristige Performance nach Bankentransaktionen284
202 3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
203
gesetzten Ziele in Bezug auf Kosten- und Umsatzsynergien nicht erreichen und vernichten erheblichen Wert. Die Ergebnisse von Madura und Wiant (1994) beruhen dabei jedoch auf der Verwendung eines Zwei-Faktor-Modells und sind vor dem Hintergrund der beschriebenen methodischen Kritik an diesem klassischen Ereignisstudienansatz, der nicht die weiterentwickelten Ansätze/statistischen Testverfahren berücksichtigt, daher mit Vorsicht zu interpretieren. Während Madura und Wiant ihre gesamte Arbeit auf die Betrachtung der mittel-/ langfristigen Wertschaffung fokussieren, betrachtet DeLong (2003) die mittel-/langfristigen abnormalen Renditen und damit die entsprechende Kapitalmarktperformance als eine Größe neben zwei weiteren operativen Performancegrößen (die ebenfalls zur Abbildung mittel-/langfristiger Performance nach Bankentransaktionen verwendet werden).285 DeLong beschränkt sich hierbei auf 54 Bankentransaktionen in den USA zwischen 1991 und 1995. Insgesamt konstatiert sie signifikant positive abnormale Renditen von 11,83% über einen Betrachtungszeitraum von ebenfalls drei Jahren. Hier ist jedoch einschränkend festzustellen, dass zur Ermittlung der abnormalen langfristigen Renditen lediglich eine Bereinigung um den Bankenindex erfolgt und die Ergebnisse daher noch kritischer zu betrachten sind als die von Madura und Wiant (1994). Aggarwal et al. (2003) analysieren die mittel-/langfristige Wertschaffung ebenfalls nur als einen Teilaspekt im Rahmen ihrer Betrachtung von 271 M&A-Transaktionen in der US-Bankenindustrie zwischen 1986 und 2001.286 Die Ermittlung der abnormalen Renditen über einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren beruht hierbei auf dem Kontrollfirmen-/-portfolioansatz, wobei das „Matching“ auf Basis des Banktyps, der Größe (gemessen an Marktkapitalisierung) und der vorherigen einjährigen Renditeentwicklung erfolgt. Im Gegensatz zu Madura und Wiant (1994) und DeLong (2003) verwenden Aggarwal et al. (2003) als einzige damit eines der zuvor beschriebenen weiterentwickelten Verfahren zur Bestimmung der abnormalen Renditen. Die Autoren finden hierbei über die gesamte Betrachtungsperiode (beginnend ein Jahr vor der An-
285
286
Die entsprechend ermittelten abnormalen Renditen werden verwendet, um Variablen zu bestimmen, die Einfluss auf diese mittel-/langfristige abnormale Performance haben. DeLong vergleicht diese Variablen mit Erklärungswert für die mittel-/langfristige Performance mit denen entsprechender kurzfristiger Performance, um abzuleiten, welche Faktoren auch mittel-/langfristig Einfluss haben und ob diese vom Kapitalmarkt entsprechend erkannt werden. Vgl. DeLong (2003). Aggarwal et al. (2003) betrachten die Beziehung zwischen Veränderungen der relativen Ergebniseffizienz und der kurz- und langfristigen Kapitalmarktreaktion großer US-Bankentransaktionen. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 3.4.1.2.
204
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
kündigung bis zu drei Jahren danach), dass die Renditen der Bieterbanken die der Kontrollgruppe durchgehend underperformen. Während die Underperformance im Jahr vor der Transaktion ökonomisch gering (–0,12%) und statistisch nicht signifikant ist, ergeben sich in den Jahren nach der Transaktion signifikant negative Renditen von –8,99% über ein Jahr, –17,16% über zwei Jahre und –29,23% über drei Jahre. Insgesamt lässt sich somit konstatieren, dass bisher nur eine sehr eingeschränkte Betrachtung der mittel-/langfristigen Wertschaffung in der Bankenindustrie stattgefunden hat. Einzig Madura und Wiant (1994) widmen ihre gesamte Arbeit dem Thema. Die Ergebnisse der drei Arbeiten sind hierbei darüber hinaus nicht eindeutig – auf Grund der deutlich weiterentwickelten Methodik bei Aggarwal et al. (2003), deren Ergebnisse grundsätzlich mit denen von Madura und Wiant (1994) übereinstimmen, finden sich jedoch erste Indizien signifikant negativer abnormaler Renditen in der USBankenindustrie. Der Fokus bleibt bei den genannten Aussagen jedoch ausschließlich auf den USA – vergleichbare Arbeiten für Europa sind nicht bekannt. 3.3.3.3
Zusammenfassung und Kritik
Industrieübergreifend wurden somit bereits recht umfangreiche Ergebnisse in Bezug auf die mittel- und langfristige Performance nach M&A-Transaktionen abgeleitet und ein entsprechendes Handwerkszeug entwickelt. Bei Verwendung verschiedener der weiterentwickelten Ansätze/Modelle in Kalender- und Ereigniszeit sowie bei Betrachtung verschiedener (langer) Zeiträume und verschiedener Länder ergeben sich in diesem Rahmen robuste Ergebnisse. Diese zeigen hierbei mehrheitlich signifikante abnormale Renditen und damit eine Anomalie nach M&A-Transaktionen. Im Widerspruch hierzu stehen allerdings die umfassende Kritik Famas (1998) sowie die mangelnden Belege für abnormale Renditen im Rahmen einzelner jüngerer Arbeiten. Die Frage nach dem Vorliegen abnormaler Renditen ist somit nicht abschließend geklärt – insgesamt existieren jedoch starke Indizien hierfür. Der Kapitalmarkt scheint danach (trotz insgesamt gegebener) Effizienz auf Grund der hohen Komplexität nicht ausreichend auf M&A-Transaktionen zu reagieren. Die hohe Komplexität scheint vielmehr eine im Zeitverlauf kontinuierliche Neu- und Weiterbewertung der Transaktionen zu erfordern, die zu entsprechenden abnormalen Renditen führt. Hieraus resultierende Implikationen sind demnach sowohl von theoretischer als auch von praktischer Seite zu berücksichtigen.
3.3 Ereignisstudien zur Messung der Wertschaffung
205
Für die hier im Fokus stehenden Bankentransaktionen lassen sich nur die genannten drei Arbeiten mit mittel-/langfristigem Betrachtungsschwerpunkt finden. Nur eine von diesen verwendet dabei eine weiterentwickelte, als robust anzusehende Methodik, so dass bisher nur sehr vorläufige Ansatzpunkte für das Bestehen signifikant negativer abnormaler Renditen (wie auch industrieübergreifend festgestellt) bestehen. Für Europa fehlt noch gänzlich – sowohl industrieübergreifend als auch bankenbezogen – empirische Evidenz. 3.3.4
Die bisherigen Ergebnisse des Ereignisstudienansatzes – eine Zusammenfassung
Bei Fokussierung auf die hier betrachteten Bankentransaktionen kann für die USA von einer relativ weitgehenden Auseinandersetzung mit der Thematik der Messung der Kapitalmarktreaktion gesprochen werden. Hierbei sind im Besonderen die Ergebnisse kurzfristiger Ereignisstudien zu betonen, die in hoher Anzahl und auf Basis einer stabil anzusehenden Methodik deutliche Belege für eine Wertvernichtung insbesondere aus Sicht der Käuferbanken liefern. In Bezug auf die Betrachtung der mittel-/langfristigen Wertentwicklung nach Bankentransaktionen wurden erste wichtige Impulse für die weitere Forschung gesetzt, die noch einer weiteren Vertiefung (insb. auf Basis der beschriebenen weiterentwickelten Modelle und statistischen Verfahren) bedürfen. Die ersten – in der Anzahl geringen Arbeiten – mit US-Fokus deuten hierbei ebenfalls auf mittel-/langfristig deutlich negative abnormale Renditen hin. Für Europa verdeutlicht der vorhergehende, auf Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) aufbauende, und um aktuelle Arbeiten ergänzte Überblick über den Stand der Forschung zu M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie eine vor dem Hintergrund der beschriebenen Relevanz und Aktualität der Thematik nur sehr geringe wissenschaftliche Auseinandersetzung. Die hier schwerpunktmäßig dargestellten fünf Arbeiten zur Messung des Transaktionserfolgs auf Basis von Ereignisstudien erreichen jedoch – auch im Vergleich zu den Arbeiten in den USA – interessante Antworten auf die Frage der Wertschaffung gemessen an der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion. Die Betrachtung fokussiert sich dabei auf Transaktionen zwischen Mitte der 80er und Ende der 90er Jahre und zeigt (im Gegensatz zu den Ergebnissen der US-Forschung) eine Wertschaffung aus Sicht der Combined Entity. Eine Ergänzung der Analyse um die vergangenen fünf Jahre ab dem Jahr 2000 verbunden mit der
206
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Berücksichtigung weiterentwickelter statistischer Verfahren287 würde hier interessanten Aufschluss über den Erfolg von Transaktionen in der schwierigen Phase des Zusammenbruchs der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002 sowie in der aktuellen Phase der Konsolidierung der Kapitalmärkte im Vergleich zu den bisherigen Ergebnissen geben. Darüber hinaus erfolgte bisher für Europa keine Auseinandersetzung mit dem mittel- und langfristigen Erfolg der entsprechenden Transaktionen. Die Übertragung der beschriebenen ersten Ansätze/Modelle aus den USA auf Europa würde daher ebenfalls weitere wichtige Ergebnisse für die Beurteilung des Erfolgs von M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie liefern und die Frage beantworten, ob auch für Europa negative mittel-/langfristige abnormale Renditen feststellbar sind und wodurch diese getrieben werden. Dies hat wichtige Implikationen: Hiermit wird nicht nur die Frage nach dem Vorliegen effizienter Märkte beantwortet, sondern es werden auch Forschung und besonders Praktikern wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung des Erfolgs von M&A-Transaktionen und für die hieraus abzuleitenden Implikationen geliefert. Auf Grund der bisher geringen empirischen Betrachtung der Thematik, der für Europa zumindest z.T. divergierenden bisherigen Ergebnisse und der hohen Relevanz im Rahmen des aktuellen Konsolidierungsprozesses in Europa erscheint eine derartige empirische Untersuchung europäischer Bankentransaktionen als sinnvoll und notwendig.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung 3.4.1 3.4.1.1
Dynamische Effizienz- und Performancestudien Forschungsansatz/Methodik
Während sich die bisher betrachteten kurz- und langfristigen Ereignisstudien auf die Messung der Kapitalmarktreaktion fokussieren, stützen sich die Performancestudien und die dynamischen Effizienzstudien auf extern verfügbare Bilanz- und GuV-Daten. Im Rahmen von Performancestudien wird ein Vergleich von (meist finanziellen) Performancemaßen (wie z.B. Return on Equity (RoE), Return on Assets (RoA), Cost-
287
Vgl. u.a. Boehmer et al. (1991).
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
207
Income-Ratio etc.) vor und nach einer Transaktion durchgeführt, um festzustellen, ob sich die Performance der Transaktionspartner durch die Transaktion signifikant geändert hat. Um diesen Effekt einer signifikanten Performanceänderung auf Grund der M&A-Transaktion isolieren zu können, erfolgt dabei in der Mehrzahl der Arbeiten eine Bereinigung der verwendeten Kennzahlen um die allgemeine Marktentwicklung bzw. um die Entwicklung entsprechend definierter Kontrollgruppen.288 Die Validität der Ergebnisse wird durch entsprechende statistische Testverfahren (zumeist univariate t-Tests) untermauert.289 Dynamische Effizienzstudien basieren auf ökonometrischen Verfahren (der sog. „frontier methodology“) und ermitteln einen Effizienzwert im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bzw. einem Effizienzrang innerhalb einer Kontrollgruppe. Hierfür wird zunächst mit Hilfe der Frontier Methodology eine kosten- oder ertragseffiziente Grenze für die betrachteten Banken ermittelt. Das kosten- bzw. ertragsseitige Effizienzpotenzial ergibt sich dann hierauf basierend als die Abweichung des jeweils betrachteten Ereignisunternehmens von der effizienten Grenze. Durch die Messung der Veränderungen der Effizienz vor und nach der Transaktion können die dynamischen Effizienzstudien die Realisierung entsprechender Potenziale im Zuge der M&A-Transaktion messen. Methodisch erfolgt im Rahmen dieses Vorgehens somit die Schätzung einer Kosten- bzw. Ertragsfunktion vor und nach der Transaktion. Hierfür werden in der Literatur sowohl parametrische als auch nicht parametrische Ansätze verwendet, die sich im Rahmen der bisherigen Arbeiten als ungefähr gleichermaßen geeignet erwiesen haben.290 Für beide Ansätze (Performancestudien und dynamische Effizienzstudien) gilt dabei, dass sie im Vergleich zu den kurz- und langfristigen Ereignisstudien jedoch nur eine indirekte Erfolgsmessung aus Perspektive der Aktionäre erlauben. Die Betrachtung bezieht sich so immer nur auf die durch die Transaktion erreichte Performance-/ Effizienzverbesserung. Diese – so die implizite Annahme – wird sich dann in einer
288 289
290
Vgl. Rhoades (1994), S. 2. Vgl. Beitel (2002), S. 101ff., Beitel und Schiereck (2003), S. 13ff. und Pilloff und Santomero (1998). Vgl. Beitel (2002), S. 92ff. Für eine Beschreibung der Ansätze vgl. Molyneux et al. (1996), Berger (1998) und Berger (2000). Berger und Mester (1997) zeigen – bei Verwendung aller Ansätze – nur geringe Unterschiede, so dass keine wesentlichen Verzerrungen durch die Wahl der Methodik erwartet werden müssen.
208
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
entsprechenden Kursentwicklung und der Realisierung einer entsprechenden Wertentwicklung niederschlagen. 3.4.1.2
Ergebnisse der Forschung
Performance- und dynamische Effizienzstudien haben sich neben den Ereignisstudien als klassische Ansätze zur Betrachtung des Erfolgs von M&A-Transaktionen in der Bankenbranche etabliert. Im Rahmen ihrer bereits angesprochenen Arbeiten geben bspw. Rhoades (1994), Pilloff und Santomero (1998), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) einen Überblick über die entsprechende relativ große Zahl von Arbeiten, die diese beiden Ansätze verwenden. Im Rahmen der Performancestudien ergeben sich hierbei für die USA recht einheitliche Ergebnisse: Insgesamt zeigen die Arbeiten (bis auf wenige Ausnahmen) negative bzw. gemischte Ergebnisse.291 Im Rahmen der Arbeiten mit gemischten Ergebnissen können dabei nur für einzelne Subsamples positive Performanceentwicklungen nach M&A-Transaktionen festgestellt werden. Insgesamt können auf Basis dieser bisherigen Ergebnisse der US-Forschung somit keine signifikanten Performanceverbesserungen nach M&A-Transaktionen nachgewiesen werden. Die zu einem großen Teil negativen Ergebnisse deuten in vielen Fällen sogar auf eine entsprechende Verschlechterung der Performance nach der betrachteten Transaktion in den USA hin.292 Für Europa können insgesamt nur vier Performancestudien identifiziert werden: Tebroke (1993) und Haun (1996) betrachten Transaktionen im Bereich der Sparkassen und Genossenschaftsbanken.293 Während Tebroke zu einem gemischten Ergebnis hinsichtlich der erreichten Performanceentwicklung infolge der Transaktion kommt, ist das Ergebnis bei Haun negativ. Diese beiden Arbeiten werden durch die Studie von Vander Vennet (1996) ergänzt. Vander Vennet betrachtet im Rahmen einer umfangreichen Querschnittsstudie 492 europäische Bankentransaktionen zwischen 1988 und 1993. Für heimische Übernahmen (Mehrheitsakquisitionen ebenso wie Komplettübernahmen) kann Vander Vennet dabei keine Performanceverbesserungen feststellen, bei Komplettübernahmen besteht sogar die Tendenz zu einer Verschlechterung der Performance. Demgegenüber findet er jedoch eine signifikante Performanceverbesserung 291
292 293
Vgl. u.a. Srinivasan und Wall (1992), Srinivasan (1992) und Linder und Crane (1992) sowie Rhoades (1994) für einen Überblick über die frühen Studien mit US-Fokus. Vgl. Beitel und Schiereck (2003), S. 24ff. Vgl. zusätzlich auch Poddig und Varmaz (2005).
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
209
nach heimischen Fusionen gleich großer Banken, die insbesondere durch die Erreichung von Effizienzsteigerungen und Synergien getrieben ist. Auch für Cross-borderTransaktionen stellt er eine deutliche Performanceverbesserung auf Seiten der Targets durch entsprechende operative Effizienzsteigerungen und den Transfer überlegener Fähigkeiten, Prozesse und Strukturen von der Bieterbank auf das Target fest. Ergänzt werden diese Ergebnisse durch die jüngste Arbeit von Altunbas und Marqués IbánҔez (2004), die ein Sample von 262 europäischen Transaktionen zwischen 1992 und 2001 betrachten. Gemessen an der von ihnen betrachteten Veränderung des RoE kommt es im Rahmen dieser Transaktionen durchgehend zu einer Verbesserung der Performance, die dabei im Zuge von Cross-border-Transaktionen am deutlichsten ausfällt.294 Während die verschiedenen Performancestudien mit US-Fokus somit zumindest keine Verbesserung aufzeigen können, ergibt sich für Europa ein abweichendes Bild: Vor allem die relativ umfangreichen Arbeiten von Vander Vennet (1996) und jüngst Altunbas und Marqués IbánҔez (2004) deuten auf Performanceverbesserungen im Rahmen europäischer Transaktionen hin. Neben diesen rein auf die Betrachtung der Performance fokussierten Studien setzen einige Autoren, wie z.B. Cornett und Tehranian (1992), Pilloff (1996) und jüngst Aggarwal et al. (2003), die Performanceentwicklung nach entsprechenden Transaktionen in Zusammenhang mit der Kapitalmarktreaktion (gemessen in Form einer kurzbzw. langfristigen Ereignisstudie).295 Cornett und Tehranian (1992) finden hierzu im Rahmen ihrer Arbeit eine hohe Korrelation zwischen einer positiven Marktreaktion im Zuge der Ankündigung der Transaktion und einer späteren Verbesserung der Performance (gemessen als Cashflow im Verhältnis zum Marktwert der Aktiva).296 Pilloff (1996) verwendet eine ähnliche Methodik (die die Kritik an der Arbeit von Cornett und Tehranian (1992) aufgreift), kann diesen Zusammenhang jedoch im Rahmen seiner Arbeit (die keine signifikante Performanceänderung und nur eine geringe Kapital-
294
295 296
Die Ergebnisse von Altunbas und Marqués IbánҔez (2004) zeigen, dass strategische Ähnlichkeit der Transaktionspartner im Durchschnitt zu einer deutlicheren Performanceverbesserung führt als strategische Unterschiede. Alle drei genannten Arbeiten beziehen sich dabei auf die USA. Für eine Kritik an der Arbeit von Cornett und Tehranian (1992) in Bezug u.a. auf die verwendeten Performancekennzahlen und Benchmarks sowie das betrachtete Sample vgl. Pilloff und Santomero (1998).
210
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
marktreaktion findet297) nicht bestätigen. Aggarwal et al. (2003) finden ebenfalls eine positive (aber nur schwache) Korrelation zwischen der Kapitalmarktreaktion und der Performanceentwicklung. Sowohl kurz- als auch langfristige Kapitalmarktreaktionen sind hierbei jedoch negativ für die Bieterbank, während gleichzeitig Verbesserungen der Ertragseffizienz nachweisbar sind. Eine stärkere Verbesserung der Ertragseffizienz führt hierbei zu einer weniger negativen Kapitalmarktreaktion und begründet damit die entsprechende Korrelation. Hiernach profitiert statt der Bieterbank das Target (das eine deutliche positive Reaktion zeigt) von der gesteigerten Effizienz. Insgesamt lässt sich auf Basis dieser bisherigen Ergebnisse der Forschung somit kein klarer Zusammenhang zwischen der Performance nach einer Transaktion und der Kapitalmarktreaktion feststellen. Für die dynamischen Effizienzstudien ergeben sich ebenfalls Ergebnisse, die eine differenzierte Betrachtung erfordern.298 Die Mehrzahl der Studien mit Fokus auf die USA findet – analog zu den Ergebnissen der Performancestudien – bei der Betrachtung der Veränderung der Kosteneffizienz nur geringe (nicht signifikante) Effizienzverbesserungen bzw. keine Effizienzveränderungen.299 Nur für einzelne Subsamples können entsprechende Veränderungen aufgezeigt werden. Während diese Ergebnisse bezogen auf die Steigerung der Kosteneffizienz in der Folge von Bankentransaktionen somit ernüchternd erscheinen – ergeben sich jedoch deutlich abweichende Ergebnisse bei der Analyse der Veränderung der Ertragseffizienz. Vier Studien finden hier für die USA Steigerungen der Ertragseffizienz.300 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch die Studien mit europäischem Fokus: Haynes und Thompson (1999) untersuchen M&A-Transaktionen zwischen britischen Building Societies und zeigen eine Verbesserung der Ertragseffizienz. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt auch Vander Vennet (2002), der 62 Cross-border-Transaktionen zwischen 1990 und 2002 betrachtet. Hierbei kann Vander Vennet ebenfalls eine Verbesserung der Ertragseffizienz, jedoch nicht (zumindest kurzfristig) der Kosteneffizienz nachweisen. Sieben weitere Studien befassen sich – neben diesen Ergebnissen von Vander Vennet – ebenfalls mit der Ana-
297
298
299 300
Die Ergebnisse weisen hierbei aber eine große Heterogenität von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Transaktionen auf. Vgl. Pilloff (1996). Vgl. hierzu auch Rhoades (1994), Pilloff und Santomero (1998), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003). Vgl. bspw. Berger und Humphrey (1992), DeYoung (1993) und Rhoades (1993). Vgl. Akhavein et al. (1997), Berger und Mester (1997), Berger (1998) und Hughes et al. (1999).
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
211
lyse der Veränderung der Kosteneffizienz nach Bankentransaktionen in Europa. Die Arbeiten von Berg (1992), Lang und Welzel (1997), Resti (1998) und Focarelli et al. (2000) fokussieren sich hierbei auf Transaktionen in einzelnen europäischen Ländern und kommen zu gemischten Ergebnissen bezüglich der erreichten Kosteneffizienz.301 Einen übergreifenden europäischen Fokus haben Molyneux et al. (1996), Altunbas et al. (1996) und Altunbas et al. (1997), die sich allerdings nicht mit tatsächlichen Transaktionen, sondern im Rahmen von Simulationen mit möglichen Konsolidierungsszenarien in Europa und den hieraus erwachsenden Verbesserungen der Kosteneffizienz auseinandersetzen. Altunbas et al. (1996) und Molyneux et al. (1996) zeigen bspw. für potenzielle Cross-border-Transaktionen erhebliche Möglichkeiten zur Verbesserung der Kosteneffizienz. Während die dynamischen Effizienzstudien für die USA somit nur hinsichtlich der Ertragseffizienz Verbesserungen nach Bankentransaktionen feststellen und für die Kosteneffizienz skeptisch bleiben, deuten die Ergebnisse für Europa darauf hin, dass sowohl in Bezug auf die Ertrags- als auch auf die Kosteneffizienz deutliche Verbesserungspotenziale bestehen und eine entsprechende Wertschaffung durch die Transaktionen realisiert werden kann. 3.4.1.3
Zusammenfassung und Kritik
Die dargestellten Ergebnisse der bisherigen Performance- ebenso wie der dynamischen Effizienzstudien sind als insgesamt sehr aufschlussreich anzusehen: Für die USA ergibt sich dabei analog zu den im vorherigen Abschnitt diskutierten Ergebnissen der kurz- und langfristigen Ereignisstudien ein eher ernüchterndes Bild bezüglich der durch Bankentransaktionen realisierbaren Wertschaffung. Die Performancestudien zeigen dabei ebenso wie die auf die Betrachtung der Kosteneffizienz fokussierten dynamischen Effizienzstudien überwiegend keine Verbesserungen – in einigen Studien werden sogar Verschlechterungen durch Bankentransaktionen nachgewiesen. Allein auf Seiten der Ertragseffizienz stellen die US-Studien Verbesserungen fest. Für Europa ergibt sich diesbezüglich jedoch eine deutliche positivere Beurteilung: Sowohl die Performance- als auch die dynamischen Effizienzstudien liefern hier Belege für Wertschaffung durch entsprechende Transaktionen. 301
Hierbei handelt es sich nicht nur um Betrachtungen tatsächlich erfolgter Transaktionen. Lang und Welzel (1997) analysieren z.B. hypothetische Zusammenschlüsse im Bereich der Genossenschaftsbanken.
212
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Vor dem Hintergrund dieser aufschlussreichen Ergebnisse haben Performanceund dynamische Effizienzstudien die beschriebene breite Verwendung erfahren und sich zu Standardansätzen bei der Betrachtung des Erfolgs von M&A-Transaktionen entwickelt. Eine wesentliche Stärke beider Ansätze ist dabei die direkte Messbarkeit und einfache Möglichkeit der Erfassung der notwendigen Bilanz- und GuV-Daten, auf die von den Kapitalmarktteilnehmern zur Beurteilung der Unternehmensperformance zurückgegriffen wird. Auf Grund gesetzlich und regulatorisch vorgeschriebener Prüfungen wird diesen Daten dabei ein hohes Maß an Validität beigemessen.302 Die Performancestudien sind ferner auch über diese Datenerfassung hinaus methodisch relativ leicht umzusetzen und leicht verständlich.303 Darüber hinaus ist auch die Berücksichtigung nicht notierter und damit kleinerer Banken304 ebenso möglich wie die Simulation potenzieller Zusammenschlüsse.305 Ferner wird durch den Rückgriff auf die Bilanzund GuV-Daten die tatsächlich realisierte Performance gemessen und nicht die Erwartungen des Kapitalmarktes.306 Einige Autoren verweisen vor diesem Hintergrund auf eine größere Reliabilität dieser Analysen im Vergleich zu den kapitalmarktorientierten Ereignisstudien.307 Positiv ist ferner, dass im Rahmen dynamischer Effizienzstudien der Einfluss von Preisveränderungen der Inputfaktoren isoliert betrachtet und damit der Grund der Effizienzänderung besser abgeleitet werden kann. Ferner können die Effekte aus der Veränderung des Produktmixes nach einer Transaktion analysiert werden.308 Neben diesen Stärken der Performance- und dynamischen Effizienzstudien sind allerdings auch Nachteile bzw. Schwächen bei der Interpretation und Verwendung der Ergebnisse zu berücksichtigen. Hierzu zählen im Besonderen: –
Lange Zeiträume bis zur Sichtbarkeit: Bis zur Wirksamkeit der durch die Transaktion erreichten Effekte (insb. aus Synergien und Effizienzsteigerungen) und einer entsprechenden Sichtbarkeit auch in den Bilanz- und GuV-Daten ergeben
302
Vgl. Bruner (2001), S. 16. Vgl. Pilloff und Santomero (1998). Vgl. z.B. Berger und Humphrey (1992). Beispielhaft für Arbeiten, die entsprechende Simulationen potenzieller Transaktionen durchführen, können hier (die bereits angesprochenen) Studien mit europäischem Fokus von Altunbas et al. (1996) und Molyneux et al. (1996) genannt werden. Vgl. Rhoades (1994), S. 8. Vgl. Pilloff und Santomero (1998). Vgl. Beitel (2002), S. 100 und Berger et al. (1999), S. 162.
303 304 305
306 307 308
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
213
sich relativ lange Zeiträume. Etwaige Effekte können daher bei einer zu kurzen Betrachtungsperiode und langfristigen Realisierungszeiträumen ggf. nicht bzw. nicht vollumfänglich erfasst werden. Eine zu starke Verlängerung des Betrachtungshorizonts birgt jedoch die Gefahr, dass andere (nicht transaktionsbezogene) idiosynkratische Ereignisse die Ergebnisse verfälschen. Erschwert wird die Interpretation auch durch nicht transparente Kosten, die durch die Transaktion entstehen (insb. durch die Integrations- und Restrukturierungsbemühungen) und die Performance in den Jahren nach der Transaktion belasten.309 –
Inakkurate Daten aus ökonomischer Sicht: Obwohl Performance- und dynamische Effizienzstudien auf veröffentlichten Bilanz- und GuV-Daten beruhen, können diese Daten aus ökonomischer Sicht inakkurat sein. Sie bilden vergangene Performance ab und reflektieren oftmals keine Marktwerte, sondern rein buchhalterische Größen. Besonders intangible Aktiva werden oftmals auf Grund von Bewertungsschwierigkeiten nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt.310
–
Signifikante Unterschiede der Rechnungslegungsstandards, Gestaltungsspielräume und Anpassungen der Rechnungslegungspraxis über Zeit: Länder- und industrieübergreifend bestehen trotz der bekannten Tendenzen zu einer Vereinheitlichung nach wie vor signifikante Unterschiede, die eine entsprechende Interpretation ebenso wie eine aggregierte Betrachtung (insb. im Rahmen von Cross-borderTransaktionen) erschweren. Zahlreiche Wahlrechte (z.B. bei der Behandlung des Goodwills) erschweren diese Betrachtung weiter. Darüber hinaus bestehen für das Management Gestaltungsspielräume, die eine gewisse „Manipulierbarkeit“ der Rechnungslegungsdaten erlauben. Über Zeit kommt es so häufig zu Anpassungen der Rechnungslegungspraxis entweder durch das Management (im Rahmen der Nutzung dieser Gestaltungsspielräume) oder getrieben durch gesetzliche/regulatorische Änderungen, die einen intertemporalen Vergleich der entsprechenden Daten selbst für nur ein betrachtetes Unternehmen erschweren.311
–
Schwierigkeit zur Identifikation und Aggregation der Effekte: Verbunden mit dem langen Zeitrahmen treten die Veränderungen der entsprechenden Bilanz- und
309
Vgl. Dodd und Officer (1987), Rhoades (1994), S. 8 und Beitel (2002), S. 107. Vgl. Pilloff und Santomero (1998), Rhoades (1994), S. 8 und Bruner (2001), S. 16. Vgl. Dodd und Officer (1987), Bruner (2001), S. 16 und Beitel (2002), S. 107.
310 311
214
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
GuV-Daten über Zeit auf, was eine Identifikation und Aggregation der Effekte zusätzlich erschwert.312 –
Vernachlässigung der Kapitalmarkteinschätzung/der Performanceerwartung: Die verwendeten Daten beschreiben lediglich die tatsächlich realisierte Performance und bilden damit den „Blick in die Vergangenheit“ ab – weiter gehende Performanceerwartungen und die Berücksichtigung einer entsprechenden kapitalmarktseitigen Einschätzung erfolgen nicht. Wie bereits zuvor beschrieben, erfolgt dadurch auch keine direkte Messung der tatsächlichen Wertschaffung aus Sicht der Aktionäre.313
–
Komplexität dynamischer Effizienzstudien: Während sich die Performancestudien als methodisch einfach zu realisieren und auch als leicht zu verstehender Ansatz erweisen, sind die dynamischen Effizienzstudien (auch im Vergleich zu den Ereignisstudienansätzen) deutlich komplexer und erfordern zahlreiche Schätzungen und Inputparameter.314
Diese Schwächen der Performance- und dynamischen Effizienzstudien sind bei der Auswahl der geeigneten Ansätze zu berücksichtigen. Auf Grund der nur indirekten Abbildung der Wertschaffung und der fehlenden Berücksichtigung der Kapitalmarkteinschätzung finden die beiden Ansätze im Rahmen dieser Arbeit – die die Betrachtung des Erfolgs von Bankentransaktionen aus Sicht der Aktionäre (gemessen am Shareholder Value) zum Ziel hat – keine Verwendung. Es erfolgt vielmehr der Rückgriff auf die zuvor beschriebenen kurz- und mittelfristigen Ereignisstudien, die durch den nachfolgend beschriebenen Fallstudienansatz ergänzt werden (im Rahmen dieses Ansatzes werden die Ergebnisse jedoch neben einer Betrachtung der Kapitalmarktreaktion auch durch eine Performancestudie der betrachteten Fallstudien ergänzt).
312 313 314
Vgl. Dodd und Officer (1987). Vgl. Beitel (2002), S. 100ff. Vgl. Beitel (2002), S. 100.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
3.4.2 3.4.2.1
215
Fallstudien Forschungsansatz/Methodik
Im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen wurde bereits die Vorteilhaftigkeit eines alternativen methodischen Ansatzes deutlich, der neben einer großzahligen empirischen Betrachtung (wie im Rahmen der zuvor beschriebenen kurz- und mittel-/langfristigen Ereignisstudien bzw. der dynamischen Effizienz- und Performancestudien) auf die hohe Komplexität der Bankentransaktionen und die verschiedenen Quellen der Wertschaffung entlang des gesamten Transaktionsprozesses eingeht. Kritisch in Bezug auf die klassischen Ansätze und die mit ihnen verbundenen Schwächen führen Kaplan et al. (1997) aus: These studies [Ereignisstudien] (and reactions) do not, however, provide deep insight into the sources of value changes in mergers, or whether those market expectations are ultimately realized.315 In sum, the voluminous economics, finance, and strategy literatures on takeovers during the past twenty years offer little insight to practitioners or academics on what managers do to influence whether mergers succeed or fail.316
Diesen alternativen methodischen Ansatz und das notwendige Werkzeug zu einer derart differenzierteren Betrachtung, die diese Kritik an den klassischen Ansätzen berücksichtigt, können Fallstudien (Case Studies, Clinical Papers) liefern. Fallstudien werden bereits vielfältig von der betriebswirtschaftlichen Forschung (z.B. im Rahmen der Organisationsforschung) vor allem in der US-amerikanischen Literatur eingesetzt, um komplexe Forschungsfragen zu betrachten. Sie haben sich damit zu einem wichtigen Element der empirischen Forschung entwickelt und werden zur Erreichung verschiedener Zielsetzungen verwendet:317 –
Im Rahmen einer explorativen Forschungsstrategie werden Fallstudien eingesetzt, um bestehende Sachverhalte zu durchdringen und Hypothesen zu entwickeln. Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung von Theorien.
315
Kaplan et al. (1997), S. 4. Kaplan et al. (1997), S. 6. Vgl. auch Eisenhardt (1989), S. 535.
316 317
216
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
–
Gleichzeitig finden sie jedoch auch (im Rahmen sog. Falsifikations- bzw. Prüfstrategien) Verwendung, um bereits bestehende Hypothesen und Theorien zu testen.
–
Sehr häufig ist schließlich auch die Verwendung im Rahmen einer Konstruktionsstrategie318, die es unmittelbar zum Ziel hat, gestaltend zu wirken und Implikationen für die Praxis abzuleiten, d.h. der Praxis konkrete „Handlungsanweisungen“ zu liefern.
Für die hier im Fokus stehenden Bankentransaktionen und die Betrachtung der mit diesen Transaktionen verbundenen Wertschaffung deckt der Fallstudienansatz alle drei Strategien ab: Auf Grund des bereits in der Einleitung beschriebenen Widerspruchs zwischen der insbesondere aus Sicht der Käuferbanken gegebenen fehlenden Wertschaffung bzw. sogar Wertvernichtung und der gleichzeitig beobachtbaren deutlichen Zunahme der M&A-Tätigkeit im Bankensektor kann der Fallstudienansatz helfen, die Ergebnisse der bisherigen großzahligen empirischen Arbeiten zu validieren (im Sinne der Falsifikations-/Prüfstrategie). Gleichzeitig kann durch die differenzierte Betrachtung der einzelnen Schritte des Transaktionsprozesses und der hiermit verbundenen unterschiedlichen Quellen der Wertschaffung wesentlich zur Weiterentwicklung der Theorie in Bezug auf die Wertschaffung von Bankentransaktionen beigetragen werden (im Sinne der explorativen Forschungsstrategie). Der Fallstudienansatz bleibt jedoch nicht auf diese reine Theorieentwicklung beschränkt, sondern hat (im Sinne der Konstruktionsstrategie) auch eine praktische Anwendungsorientierung. Vor allem die abgeleiteten Erfolgsfaktoren geben der Praxis für die erwarteten weiteren Konsolidierungsschritte die gewünschten klaren Handlungsanweisungen für die Realisierung einer höheren Wertschaffung. Vor diesem Hintergrund der konkreten Zielsetzungen, die mit der Verwendung des Fallstudienansatzes in Bezug auf die hier behandelte Forschungsfrage verbunden sind, liefert Bruner (2001) eine Definition von Case Studies bezogen auf M&A-Transaktionen: These [die Case Studies] focus on one transaction or on a small sample in great depth, usually deriving insights from field interviews with executives and knowledgeable observers. This is
318
Hier spricht man auch von technologischer Forschung.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
217
inductive research. By drilling down into the detail and factual background of a deal, the researchers often induce new insights.319
Im Vordergrund des Fallstudienansatzes steht damit die Beschreibung einer realen Situation bzw. eines Phänomens als Basis für die Ableitung entsprechender Implikationen und Hypothesen/Theorien. Die Darstellung ist dabei aber nicht zufällig, sondern folgt einer klaren Struktur und gibt die Möglichkeit, auf Basis von verschiedenen Quellen und Ansätzen unterschiedliche Perspektiven für eine Problemstellung zu berücksichtigen.320 Als grundsätzlich stärker qualitatives Verfahren grenzen sich Fallstudien von ausschließlich quantitativen empirischen Verfahren ab. Je nach betrachteter Forschungsfrage bleiben die Fallstudien jedoch nicht auf eine rein qualitative Betrachtung beschränkt, sondern verwenden (wie bei der hier im Fokus stehenden Kapitalmarktforschung) ein breites Spektrum an quantitativen Ansätzen und Methoden. Im Rahmen dieser Arbeit finden bspw. die weiterentwickelten kurz- und mittel-/langfristigen Ereignisstudienansätze sowie der Performancestudienansatz eine entsprechende Verwendung in den Fallstudien. Das Vorgehen bei der Erstellung der Fallstudie ist aus Sicht des Forschenden dabei zumeist iterativ: Ausgehend von einer entsprechenden Auswahl und ersten Analyse der Fallstudie (und den entsprechenden hierzu notwendigen Quellen) erfolgt zumeist die Ableitung und Formulierung erster Hypothesen für die behandelte Forschungsfrage. Der Abgleich dieser ersten Ergebnisse mit weiteren, bereits erstellten Fallstudien bzw. mit den anderen Ergebnissen in der Literatur (hier bspw. auf Basis großzahliger empirischer Betrachtungen) erfordert dann in den meisten Fällen entsprechende weiter gehende Analysen und Vertiefungen der bis dahin entstandenen Ergebnisse. Erst die im Rahmen dieser weiteren Iteration(en) geschärften Hypothesen, die damit auch die Ergebnisse der bereits bestehenden Forschung ausreichend widerspiegeln (und diesen ggf. auch auf Grund abweichender Ergebnisse der Fallstudie bewusst widersprechen), tragen dann maßgeblich zur Weiterentwicklung bzw. Formulierung der gewünschten Hypothesen und Theorien für die im Fokus stehende Forschungsfrage bei.321 Auf Grund der dabei naturgemäß gegebenen starken empirischen Verankerungen (basierend auf den verschiedenen Quellen der Fallstudie) stehen neben der
319 320
321
Bruner (2001), S. 4. Für einen Überblick über die Fallstudienmethodik vgl. beispielsweise Eisenhardt (1989), Gummesson (2000) oder Yin (2003). Vgl. Eisenhardt (1989), S. 536ff.
218
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Theorieentwicklung, wie auch am Beispiel der Verwendung der Fallstudienmethodik in anderen Bereichen der BWL deutlich wird, klar die gewünschten praxisrelevanten Ergebnisse mit im Vordergrund. 3.4.2.2
Ergebnisse der Forschung
Bruner (2001) gibt im Rahmen seiner Übersicht zum Stand der Erfolgsforschung in Bezug auf M&A-Transaktionen einen Überblick über die wesentlichen Arbeiten, die industrieübergreifend auf den Fallstudienansatz zurückgreifen. Hierzu zählen folgende Fallstudien:322 –
ATT/NCR von Lys und Vincent (1995)
–
Renault/Volvo von Bruner (1999)
–
Der LBO von Revco D.S. von Bruner und Eades (1992)
–
Die Übernahme von Cameron Iron Works durch Cooper Industries und die Akquisition von Florida Tile durch Premark von Kaplan et al. (1997)
–
Die Akquisition von Federated durch Campeau von Kaplan (1989)
–
Die Übernahme von Conoco durch Dupont von Ruback (1982)
Diese Arbeiten geben einen Überblick über die im Rahmen der verschiedenen Transaktionen erzielte Wertschaffung. Die inhaltliche Tiefe und Differenziertheit des Fallstudienansatzes erlaubt hierbei, die einzelnen Quellen dieser Wertschaffung und damit die zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren herauszuarbeiten (bspw. durch die Betonung spezifischer strategischer, finanzieller oder auch organisatorischer Aspekte der jeweiligen Transaktionen). Beispielhaft kann hier die Arbeit von Kaplan et al. (1997) genannt werden. Sie betrachten mit der Übernahme von Cameron Iron Works durch Cooper Industries und der Akquisition von Florida Tile durch Premark zwei Transaktionen, von denen eine positiv und eine negativ durch den Kapitalmarkt bewertet wurde, beide sich jedoch letztlich als wertvernichtend erweisen. Dies unterstreicht die bereits angesprochene Problematik der kurzfristigen Ereignisstudien, die nicht die tatsächliche Wertschaffung erfassen können. Darüber hinaus zeigen sie mehrere Erfolgsfaktoren bzw. in diesem Fall Misserfolgsfaktoren (infolge der letztendlich negativen Wertentwicklung) auf: Mangelnde Kenntnis des Targets durch den Bieter, eine unge-
322
Vgl. Bruner (2001).
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
219
eignete Organisationsstruktur für das Target (durch den Bieter auferlegt im Rahmen der Integration) und eine ungeeignete Managementincentivierung. Eine Berücksichtigung dieser Faktoren kann einen wesentlichen Beitrag für zukünftig wertschaffende Transaktionen leisten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser ersten aufschlussreichen Ergebnisse hat der Fallstudienansatz auch im Bereich der bankenbezogenen M&A-Forschung erste Anwendung erfahren, wobei die Anzahl der entsprechenden Arbeiten – im Vergleich zu der bereits angesprochenen starken Verwendung bspw. im Bereich der Organisationsforschung, aber auch in anderen Bereichen der BWL – bis dato als äußerst gering bezeichnet werden muss. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang im Besonderen die Arbeiten von Calomiris und Karceski (1998) und Rhoades (1998), die US-Bankentransaktionen zwischen der zweiten Hälfte der 80er und der ersten Hälfte der 90er Jahre betrachten.323 Die hierbei erzielten Ergebnisse sind allein schon auf Grund ihres Detaillierungsgrades aufschlussreich: Insbesondere die Arbeit von Calomiris und Karceski (1998) geht auf einzelne Schritte im Rahmen des Transaktionsprozesses ein und bietet damit die Grundlage für eine entsprechend differenzierte Analyse der erreichten Wertschaffung. Konkret analysieren die beiden Autoren zunächst die Charakteristika der Transaktionspartner und gehen auf die entsprechenden Rahmenbedingungen (insb. das Wettbewerbsumfeld) der Transaktion ein. Hierauf basierend betrachten sie dann die unterschiedlichen Motive und die von den Unternehmen verfolgten M&A-Strategien, die zu den von ihnen betrachteten neun Transaktionen führten. Während in einigen Fällen nur Kostensynergien bzw. Effizienzsteigerungspotenziale (z.B. durch das Ersetzen eines ineffizienten Managements) im Vordergrund standen, waren es bei anderen sowohl kurz- als auch langfristige Ertragssynergien (z.B. durch kurzfristige Cross-Selling-Möglichkeiten bzw. eher langfristige Möglichkeiten zur Positionierung im Markt). Insgesamt wird deutlich, dass zumeist eine Vielzahl von Motiven – oft eine Kombination aus Kosten-
323
Johnson (1993) betrachtet ebenfalls im Fallstudienformat vier Banken, die wiederholt als Käufer tätig wurden. Weitere Verwendung findet der Ansatz bspw. bei Crane und Lindner (1993). Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang die Arbeit von Frei et al. (1995) zu nennen, die darauf abzielt, die Treiber von Performance und Wettbewerbsfähigkeit in der US „Financial Services Industry“ u.a. auf Basis der Betrachtung einzelner Banken zu identifizieren.
220
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
und Ertragssynergien bzw. längerfristigen strategischen Potenzialen – die Grundlage für die entsprechenden Transaktionen bildete.324 Neben der Analyse von Motiven und M&A-Strategie gehen Calomiris und Karceski (1998) auch auf einzelne Elemente im Rahmen der Umsetzung/Durchführung der Transaktion ein (bspw. die Ausgestaltung des Gebots). Besondere Beachtung erfährt ferner die Analyse der Kapitalmarktreaktion: Die Autoren analysieren hierbei über je nach Fallstudie variierende Ereignisfenster (von wenigen Tagen bis zu einem Jahr) die Aktienkursentwicklung im Vergleich zum jeweiligen nationalen Gesamtmarktindex bzw. zum relevanten lokalen Bankenindex. Obwohl damit keine klassische Ereignisstudie durchgeführt wird und das Fehlen einer einheitlichen Struktur (in Bezug auf das betrachtete Ereignisfenster und die einheitliche Verwendung eines Vergleichsindex) eine Schwäche der Arbeit darstellt, gibt dieser Vergleich dennoch einen ersten Anhaltspunkt über die entsprechende Kapitalmarktreaktion. Aufschlussreich ist hierbei, dass es in zwei Fällen trotz erfolgreicher Durchführung der Transaktion zu einer negativen Kursentwicklung kam – getrieben durch konträre Markterwartungen, die die Käuferbank selbst als potenzielles Übernahmeziel mit einem entsprechenden Premium gehandelt hatten, das nun entsprechend reduziert wurde. Diese negative Reaktion auf eine an sich wertschaffende Transaktion hebt damit mögliche Schwächen großzahliger Ereignisstudien hervor, die die reine abnormale Rendite ohne weiter gehende Analyse der Markterwartungen betrachten.325 Eine detailliertere Analyse der realisierten Wertschaffung schließt sich dann durch den Vergleich der Entwicklung einer Vielzahl von Bilanz- und GuV-Kennzahlen (wie bspw. RoE, Wachstum der Aktiva etc.) für die Transaktionspartner/die neu geschaffene Bank im Vergleich zu verschiedenen Benchmarks an (über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren nach Komplettierung der Transaktion). Die flexible Festlegung dieser 324
325
Alle neun Transaktionen fanden zu Beginn der 90er Jahre statt (Ankündigung der Transaktion zwischen 1991 und 1994). Vgl. Calomiris und Karceski (1998), S. 39ff. und Calomiris (1999), S. 620. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch die Arbeit von Baradwaj et al. (1996), die die auch den Ergebnissen von Calomiris und Karceski zugrunde liegende sog. „Takeover Premium Hypothesis“ testen. Hiernach verändert sich der Firmenwert, wenn sich für eine Bank die Wahrscheinlichkeit verändert, selbst ein zukünftiges Übernahmeziel zu werden. Für ein Sample von 19 rein defensiven Transaktionen zwischen 1982 und 1993, die primär auf die Erreichung von Größe ausgerichtet sind, um selbst als Target unattraktiv zu werden, stellen Baradwaj et al. (1996) eine signifikante negative abnormale Rendite und eine entsprechende Wertvernichtung fest. Gleichermaßen kann somit auch für den hier von Calomiris und Karceski beschriebenen Fall von an sich wertschaffenden Transaktionen auf eine entsprechende Reaktion des Kapitalmarktes geschlossen werden.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
221
Benchmarks stellt dabei eine weitere besondere Stärke des Fallstudienansatzes dar. So werden für jede Fallstudie einzeln, je nach der spezifischen Situation und der Charakteristika der Transaktionspartner, die Benchmarks in Form entsprechender Vergleichsbanken festgelegt. Im Vergleich zu der pauschalen Festlegung der Benchmarks, bspw. im Rahmen der zuvor beschriebenen dynamischen Effizienz- und Performancestudien, trägt dieses Vorgehen maßgeblich zu einer höheren Robustheit der Ergebnisse bei. Als Ergebnis der so gestalteten Performanceanalyse ergibt sich, dass in der Mehrzahl der betrachteten Zusammenschlüsse die ex ante kommunizierten Ziele/Wertschaffungspotenziale nicht nur plausibel waren, sondern auch ex post realisiert wurden. In zwei Fällen wurden die Transaktionen – mit entsprechendem Misserfolg – von persönlichen Motiven eines ineffizienten Managements getrieben. Beide Käuferbanken wurden jedoch in der Folge selbst übernommen – ein im Rahmen einfacher Erfolg-/Misserfolg-Betrachtungen schwer zu berücksichtigender dynamischer Aspekt. Insgesamt betonen Calomiris und Karceski vor diesem Hintergrund, dass, obwohl sich nicht alle Transaktionen als erfolgreich erwiesen, die Transaktionen nachhaltig auf entsprechende Wertschaffungsmöglichkeiten durch Konsolidierungsschritte in der Bankenindustrie hindeuten.326 Auch Rhoades (1998) kommt bei der Betrachtung von neun US-Bankentransaktionen (zwischen Mitte der 80er und Anfang der 90er Jahre) auf Basis des Fallstudienansatzes zu aufschlussreichen Ergebnissen:327 –
Alle betrachteten Transaktionen erreichen ihre Kostensenkungsziele (mit dem Schwerpunkt auf Personalreduktionen und Anpassungen im Backoffice-/IT-Bereich) bzw. übertreffen sie sogar.328
–
Sieben der neun Banken verzeichnen in Relation zu ihrer Vergleichsgruppe eine Verbesserung des RoA.
326
Vgl. Calomiris und Karceski (1998), S. 64ff. und Calomiris (1999), S. 620. Vgl. Rhoades (1998), S. 285. Einschränkend ist hier darauf hinzuweisen, dass Rhoades nur Transaktionen betrachtet, die grundsätzlich hohe Effizienzgewinne erwarten lassen. Er betrachtet so nur Transaktionen zwischen großen Banken, die noch dazu über substanzielle Überlappungen (in geographischer Hinsicht) verfügen. Ferner treten alle Transaktionen zu einem Zeitpunkt auf, zu dem ein relativ starker Fokus auf Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen besteht. Vgl. Rhoades (1998), S. 277. In allen Fällen lagen die Einsparungen bei ca. 30–40% der nicht zinsbezogenen Aufwendungen des Targets. Die Potenziale wurden von der Mehrzahl der Firmen innerhalb von drei Jahren erreicht. Hierfür griffen alle Firmen auf eine entsprechend strikte Planung zurück. Vgl. Rhoades (1998), S. 285.
327
328
222
–
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Vier der neun Banken zeigen klare Effizienzgewinne ebenfalls gegenüber der relevanten Vergleichsgruppe (bemessen an einer Verbesserung nahezu aller betrachteten Kennzahlen).
Diese Ergebnisse beruhen auf einer Performancestudie: Rhoades betrachtet hierbei die Entwicklung zentraler Bilanz-/GuV-Daten (bereinigt um die Entwicklung einer entsprechenden Vergleichs-/Kontrollgruppe) über ein Zeitfenster von drei Jahren vor und nach der Transaktion. Zusätzlich wird ein breites Spektrum von anderen Quellen (wie bspw. Interviews, Geschäftsberichte, Zeitungsartikel, Industriereports etc.) verwendet, um die Ergebnisse der einzelnen Fallstudien weiter zu fundieren. Abgerundet wird dies durch eine Analyse der kurzfristigen Aktienkursentwicklung nach Ankündigung der Transaktion. Diese zeigt für fünf von sieben Transaktionen, für die die notwendigen Daten zur Verfügung standen, eine positive Reaktion. Inhaltlich wurde im Rahmen einer Vielzahl der von Rhoades (1998) betrachteten Fallstudien die Integration im ITBereich als das schwierigste Problem angesehen. Insgesamt unterstreichen diese Ergebnisse für Transaktionen in den USA somit, dass Wertschaffung im Rahmen von M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie möglich ist, jedoch einer entsprechend differenzierten Analyse der einzelnen Transaktionsschritte und eines entsprechenden Know-hows bedarf. Diese Ergebnisse sind als umso bemerkenswerter anzusehen, da sie im Widerspruch zu den bisherigen Ergebnissen der großzahligen empirischen Forschung in den USA stehen, die (wie dargestellt) Belege für eine Wertvernichtung finden. Hiermit wird die wichtige Rolle deutlich, die die Fallstudienmethodik und ihre Ergebnisse für die hier betrachtete Forschungsfrage der tatsächlichen Wertschaffung und der Erfolgsfaktoren von Bankentransaktionen haben (insb. vor dem Hintergrund des beschriebenen bisher in der Literatur dokumentierten Paradoxons zwischen scheinbar mangelnder Wertschaffung auf der einen Seite und hoher Konsolidierungsdynamik auf der anderen Seite).329
329
Hierbei ist auf einen möglichen Sample Bias im Rahmen des Fallstudienansatzes hinzuweisen: Kaplan et al. (1997) weisen so darauf hin, dass die Gefahr besteht, dass nur im Falle erfolgreicher Transaktionen die Bereitschaft auf Seiten der Bieterbank besteht, Informationen im Rahmen von Interviews zu den Fallstudien bzw. im Zuge einer sehr weitgehenden Informationspolitik gegenüber den Kapitalmärkten bereitzustellen. Darüber hinaus besteht bei entsprechenden Interviews die Gefahr subjektiver Verzerrungen. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher auf die Durchführung von Interviews verzichtet und ausschließlich auf öffentlich verfügbare Informationen (insb. Pflichtveröffentlichungen der Unternehmen, für die eine hohe Reliabilität unterstellt werden kann) zurückgegriffen.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
223
In Europa erfolgte – trotz dieser ersten aufschlussreichen Ergebnisse – bisher eine im Vergleich zu den USA sogar noch geringere Verwendung des Fallstudienansatzes in Bezug auf Bankentransaktionen.330 Einzig Danzmayr et al. (2001) betrachten im Rahmen einer Fallstudie eine vergleichsweise kleine Transaktion in Österreich. Hierbei liegt ihr Fokus allerdings auf einer Analyse der Ziele und ersten Ergebnissen der Fusion, der Strategie des Fusionsprozesses sowie der Ableitung von Erfolgsfaktoren. Als solche wurden herausgestellt:331 –
Klarer Kundenfokus (Fokus auf Aufrechterhaltung der bestehenden Geschäftsbeziehungen während der Integration und entsprechende Außenkommunikation des Zusammenschlusses gegenüber den Kunden),
–
seriöses Erwartungsmanagement in allen Stakeholder-Beziehungen (insb. gegenüber den Mitarbeitern die rasche und verlässliche Kommunikation der Konsequenzen aus den beschlossenen Einsparungen und für die Eigentümer die Quantifizierung der neuen Strategie),
–
wirksame Motivationsstrukturen (zur Stärkung und Bindung der Leistungsträger),
–
Aufbau einer neuen gemeinsamen Unternehmenskultur,
–
hohes Integrationstempo (komplette Durchführung von technischer und organisatorischer Fusion in nur sieben Monaten),
–
professionelles Projektmanagement (straffe Projektstruktur mit klarem Zeitplan und entsprechende Projektmanagementfähigkeiten/erfahrenes Personal) und
–
konsequente Nutzung von Synergieeffekten.
Eine Analyse der Wertschaffung schließt sich an diese detaillierte Betrachtung der Erfolgsfaktoren im Rahmen der Arbeit von Danzmayr et al. (2001) aber nicht an. Eine derartige Betrachtung findet sich bspw. bei Schiereck und Strauss (2000) – in Form einer Ereignisstudie der Übernahme von Bankers Trust durch die Deutsche Bank. Hier liegt der Fokus jedoch ausschließlich auf der kurzfristigen Wertschaffung um den An-
330
331
Neben den nachfolgend beschriebenen Arbeiten ist ferner noch auf Eschen (2002) hinzuweisen, der M&A-Transaktionen in der Bankenindustrie auf Basis des ressourcenbasierten Ansatzes betrachtet. Sein Fokus liegt hierbei allerdings stärker auf der Betrachtung der gesamten Branche statt einer detaillierten Betrachtung einzelner Unternehmen (hierbei werden einzelne Marktteilnehmer und die entsprechenden Transaktionen aber kurz aus ressourcenbasierter Perspektive analysiert). Vgl. Danzmayr et al. (2001), S. 546ff.
224
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
kündigungszeitpunkt.332 Insgesamt erfolgte trotz dieser ersten Ergebnisse somit eine bisher sehr geringe Auseinandersetzung mit der Thematik europäischer Bankentransaktionen auf Basis des Fallstudienansatzes. 3.4.2.3
Zusammenfassung und Kritik
Die dargestellten aufschlussreichen Ergebnisse der ersten (zahlenmäßig noch geringen) Arbeiten aus den USA und Europa auf Basis des Fallstudienansatzes unterstreichen die Bedeutung des Ansatzes für die im Rahmen dieser Arbeit betrachteten M&ATransaktionen in der europäischen Bankenindustrie. Durch die differenzierte Betrachtung der einzelnen Schritte des Transaktionsprozesses verbunden mit der Analyse der tatsächlich realisierten Wertschaffung (auf Basis der Betrachtung der Kapitalmarktreaktion z.B. in Form einer Ereignisstudie und der operativen/bilanziellen Performance anhand z.B. einer entsprechenden Performancestudie) kann es gelingen, die Quellen der Wertschaffung ebenso wie die zentralen Erfolgsfaktoren herauszuarbeiten. Hiermit kann dann auf Basis dieses (im Vergleich zu den klassischen zuvor beschriebenen empirischen Betrachtungen wie Ereignis- und Performancestudien) alternativen Ansatzes der gewünschte wesentliche Forschungsbeitrag geleistet und ein besseres Verständnis der tatsächlichen Wertschaffung erreicht werden. Die zuvor beschriebenen Arbeiten geben hierbei einen Rahmen für die im Folgenden erarbeiteten Fallstudien europäischer Bankentransaktionen vor. Ausgangspunkt sollte – wie bei Calomiris und Karceski (1998) – eine detaillierte Betrachtung der Spezifika der Transaktionspartner sowie der relevanten Rahmenbedingungen der Transaktion sein, die die Grundlage für die Ableitung der Motive und der M&A-Strategie bilden. Ebenfalls in Anlehnung an Calomiris und Karceski erscheint eine Betrachtung der Durchführung der Transaktion (z.B. der Gestaltung des Angebots, bei mehreren Bietern die Betrachtung des Bieterwettstreits etc.) zusammen mit einer im Vergleich zu den bisherigen Arbeiten detaillierteren Betrachtung des Integrationsprozesses als sinnvoll. Hieraus können wichtige Quellen von Wertschaffung/-vernichtung und entsprechende Erfolgsfaktoren hergeleitet werden. Die Analyse der Wertschaffung selbst sollte dann in Form einer (kurz- und langfristigen) Ereignis- und einer Performancestudie erfolgen und damit die beschriebene weiterentwickelte Methodik klassischer großzahliger empirischer Betrachtungen auf die hier im Fokus stehenden Fallstudien
332
Vgl. Schiereck und Strauss (2000), S. 421ff.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
225
übertragen. Eine derartige kombinierte Betrachtung fasst damit die in den bisherigen Arbeiten von Calomiris und Karceski (1998), Rhoades (1998) und Schiereck und Strauss (2000) verwendeten Ansätze zusammen und leitet entsprechend robuste Ergebnisse ab. Auf Basis dieser Analysen können dann – analog zu Danzmayr et al. (2001) – Erfolgsfaktoren abgeleitet werden. Als besondere Vorteile des so skizzierten Vorgehens können hervorgehoben werden, dass333 –
die Komplexität der Markterwartungen berücksichtigt werden kann (und damit einer potenziellen Schwäche großzahliger empirischer Betrachtungen Rechnung getragen wird),334
–
dynamische Entwicklungen – z.B. spätere Übernahmen von nicht erfolgreichen Käuferbanken – ebenfalls im Vergleich zu großzahligen Betrachtungen Berücksichtigung finden können und
–
die Benchmarks und Vergleichsgruppen (wie beschrieben) flexibel auf die jeweilige Fallstudie (z.B. bezogen auf die organisatorische Struktur ebenso wie in Bezug auf die zeitliche Realisierung von Potenzialen und Restrukturierungsaufwendungen) angepasst und damit robustere Ergebnisse abgeleitet werden können.
Neben diesen für die Betrachtung von M&A-Transaktionen spezifischen Aspekten sind natürlich die grundsätzlichen Stärken und Schwächen bei der Verwendung des Fallstudienansatzes zu berücksichtigen:335 Auf Grund der definitionsgemäß detaillierten Auseinandersetzung mit verschiedenen (oft widersprüchlichen) Quellen, Daten und Ergebnissen im Rahmen mehrerer Fallstudien und dem Versuch, diese im Rahmen entsprechender Hypothesen zusammenzuführen, ergibt sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, durch das Aufzeigen von Mustern und wiederholt beobachtbaren Ergebnissen bestehende Hypothesen und Theorien weiterzuentwickeln bzw. sogar neu zu formulieren. Durch den direkten empirischen Bezug und die Tiefe des Aufarbeitens einer tatsächlichen Erfahrung besitzen die Ergebnisse dabei – insbesondere im Vergleich zu rein theoretischen Hypothesen/Theorien – naturgemäß eine hohe Validität. Gleich-
333 334
335
Vgl. Calomiris und Karceski (1998), S. 105f. und Calomiris (1999), S. 620. Wie am Beispiel der von Calomiris und Karceski (1998) beschriebenen negativen Kursentwicklungen auf Grund konträrer Markterwartungen trotz an sich wertschaffender Transaktionen deutlich wurde. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 546ff., Bruner (2001), S. 16 und Rhoades (1998), S. 276.
226
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
zeitig sind die Ergebnisse auch auf Grund ihres empirischen Charakters zumeist im Rahmen weiterer ebenfalls empirischer Betrachtungen leicht zu verifizieren. Neben diesen Stärken des Fallstudienansatzes besteht aber auch die Gefahr, auf Grund der üblicherweise großen Anzahl von Quellen und Daten zu viele Details zu erfassen und komplexe Ergebnisse zu entwickeln, die eine „Vogelperspektive“ vermissen lassen. Hiermit verbunden kann die (potenziell) mangelnde Generalisierbarkeit der Ergebnisse ein zentrales Problem darstellen: Während großzahlige empirische Betrachtungen statistisch valide und entsprechend generalisierbare Ergebnisse liefern, besteht bei Fallstudien die Gefahr, dass diese (auf Grund der i.d.R. geringen Anzahl der Fallstudien) rein idiosynkratische Phänomene der betrachteten Unternehmen beschreiben und entsprechend nur wenig generalisierbare, „modest theories“336 sind. Diesen potenziellen Problemfeldern ist durch entsprechende Betrachtung mehrerer Fallstudien und durch den kritischen Vergleich mit den bisherigen Ergebnissen der Forschung ebenso vorzubeugen, wie durch die Fokussierung auf die Kernergebnisse, um die gewünschte „Vogelperspektive“ zu erreichen. Insgesamt erscheint der Fallstudienansatz vor dem Hintergrund dieser beschriebenen Stärken ebenso wie den entsprechend zu begegnenden Schwächen als besonders geeignet, um die Komplexität der hier betrachteten europäischen Bankentransaktionen zu erfassen. In Anbetracht der zuvor beschriebenen uneinheitlichen Forschungsbeiträge zum Erfolg von Bankentransaktionen allgemein und dem nach wie vor nur unzureichenden Kenntnisstand über die kritischen Erfolgsfaktoren von Bankakquisitionen in Europa erscheint es als hilfreich, die bisherige Evidenz durch entsprechend fundierte Fallstudien zu ergänzen. Die hiermit abgeleiteten Ergebnisse zur Wertschaffung und zu den Erfolgsfaktoren können dann im Rahmen auch weiterer großzahliger Betrachtungen verifiziert und detailliert werden. Insgesamt liegt die Stärke des Fallstudienansatzes somit nicht in der Konfrontation mit den bisherigen Ergebnissen großzahliger empirischer Arbeiten, sondern in der gezielten Ergänzung. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher in Kapitel 5 entsprechende Fallstudien aussagekräftiger europäischer Bankentransaktionen betrachtet, die die Ergebnisse der großzahligen Ereignisstudie mit kurzfristigem ebenso wie mit mittel-/langfristigem Fokus (in Kapitel 4) abrunden.
336
Eisenhardt (1989), S. 547.
3.4 Weitere Ansätze zur erfolgsbezogenen M&A-Forschung
3.4.3
227
Ansätze mit Erfolgsfokus im weiteren Sinne
Die verschiedenen großzahligen empirischen Ansätze, wie kurz- und langfristige Ereignisstudien sowie dynamische Effizienz- und Performancestudien, stehen klar im Vordergrund der empirischen Auseinandersetzung mit Bankentransaktionen, wie auch die bereits genannten Überblicke von Pilloff und Santomero (1998), Beitel (2002) und Beitel und Schiereck (2003) gezeigt haben. Nichtsdestotrotz ist für einen vollständigen Überblick über die bisherige Auseinandersetzung in der Literatur mit dem Erfolg von Bankentransaktionen auf zwei weitere Ansätze hinzuweisen: –
Cross-regime Comparisons (Studien zu übergreifenden, industriebezogenen Konsolidierungseffekten) und
–
Studien zur Messung des Kundennutzens.
Beiden Ansätzen ist gemein, dass sie – im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Ansätzen – nicht den Erfolg einer einzelnen Transaktion und die entsprechend realisierte Wertschaffung aus Sicht eines einzelnen Unternehmens in den Fokus stellen, aus deren Gesamtheit dann statistisch signifikante Aussagen hergeleitet werden. Im Fall der Cross-regime Comparisons stehen vielmehr die übergreifenden Konsolidierungseffekte im Vordergrund der Betrachtung. Hierzu erfolgt ein Vergleich der Performance von Banksystemen, die eine entsprechende Konsolidierung erfahren haben, mit anderen, in denen eine ebensolche Konsolidierung auf Grund (zu diesem Zeitpunkt) noch gegebener gesetzlicher/regulatorischer Rahmenbedingungen bis dato nicht möglich war. Entsprechende Arbeiten z.B. von Calomiris (1993 und 1995), McCoy et al. (1994), Calomiris und Ramirez (1996) sowie Calomiris und Karceski (1998) haben zu diesem Zweck die historische Performance bspw. des US-Bankensystems (mit historisch bestehenden regulatorischen/gesetzlichen Hemmnissen für eine Konsolidierung) mit der anderer Länder (mit bereits weiter fortgeschrittener Konsolidierung) verglichen bzw. die Performance zwischen US-Bundesstaaten, die ebenfalls Konsolidierung erlaubten oder diese verboten, betrachtet. Die genannten Arbeiten liefern dabei klare Belege für starke (historische) Defizite auf Seiten der nicht konsolidierten bzw. entsprechend reglementierten Länder/Bundesstaaten und zeigen auf der anderen Seite ein hohes Potenzial und dessen Realisierung in Form einer verbesserten Performance/gesteigerten Effizienz durch entsprechende Konsolidierungsschritte. Calomiris beschreibt die Ergebnisse seiner vorherigen Arbeiten wie folgt: „The improvements in aggregate bank performance (by virtually any measure) have been dramatically positive in the wake of
228
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
bank consolidation, […].“337 Diese Ergebnisse deuten so klar auf Wertschaffung, gesteigerte Effizienz und reduzierte Risiken infolge von Konsolidierungsschritten hin und setzen damit (wie auch die zuvor beschriebenen Fallstudien) einen Kontrapunkt zu den zuvor dargestellten Ergebnissen der Ereignis- und dynamischen Effizienz-/Performancestudien, die zu der beschriebenen negativen Einschätzung bezüglich der Wertschaffung kommen. Hiermit wird erneut die Notwendigkeit der fortdauernden Auseinandersetzung mit der Thematik deutlich. Eine Erklärung dafür, dass zwar übergreifend durch Bankentransaktionen Wert geschaffen wird, die Aktionäre hieran aber nicht partizipieren, ist, dass die entsprechenden Gewinne aus Effizienzsteigerungen und Synergien direkt an die Kunden (z.B. in Form von Preisnachlässen) weitergegeben werden.338 Mit diesem Bereich – des Erfolgs von Transaktionen aus Sicht der Kunden – beschäftigt sich die zweite genannte Gruppe, die Studien zur Messung des Kundennutzens. Zahlreiche Autoren, wie bspw. Prager und Hanan (1998), Strahan und Weston (1998), Karceski et al. (2000), Sapienza (2002), Berger et al. (2000) und Takáts (2004), betrachten den Erfolg dabei in erster Linie aus Sicht kleiner und mittelständischer Unternehmen und bemessen ihn u.a. an etwaigen Änderungen der Konditionen bzw. dem Zugang zu Krediten und Filialen für diese Kunden nach einer Transaktion. In der Mehrzahl der Arbeiten – die stark auf die USA fokussiert sind – zeigen sich keine negativen Einflüsse auf die Kunden der dann fusionierten Bank. Belege für ein deutliches Profitieren der Kunden und eine Wertschaffung aus Kundensicht (entsprechend der Redistributionshypothese) finden sich jedoch ebenso wenig – auch wenn die Studie von Akhavein et al. (1997) auf ein Profitieren der Kunden zu Ungunsten der Aktionäre schließen lässt. Die hier betrachteten Cross-regime Comparisons und Studien zur Messung des Kundennutzens ergänzen die anderen beschriebenen Ansätze damit um zwei weitere wichtige Perspektiven und verdeutlichen noch einmal, dass Bedarf für ein detailliertes Verständnis von Wertschaffung und Erfolgsfaktoren besteht. Sonstige Ansätze, die über die in diesem Kapitel bisher beschriebenen hinausgehen, werden in der Literatur de facto nicht verwendet.339
337 338 339
Calomiris (1999), S. 618. Vgl. Beitel (2002), S. 125f. Hierbei wird auf Arbeiten mit entsprechendem wissenschaftlichen Charakter Bezug genommen.
3.5 Wertschaffung bei Bankentransaktionen – Betrachtung eines Paradoxons
229
3.5 Wertschaffung bei Bankentransaktionen – Betrachtung eines Paradoxons Wird durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankenmarkt Shareholder Value generiert? Diese zentrale Forschungsfrage der Arbeit wurde bereits im ersten Kapitel einleitend vorgestellt. Der vorhergehende Überblick über die Ergebnisse der verschiedenen empirischen Forschungsansätze verdeutlichte noch einmal das in diesem Zusammenhang ebenfalls bereits skizzierte Paradoxon: Auf Basis der bisherigen empirischen Arbeiten (Ereignisstudien ebenso wie dynamische Effizienz- und Performancestudien) scheinen M&A-Transaktionen im Bankensektor aus Sicht der Käuferbank signifikant Wert zu vernichten (wie für die USA gezeigt) bzw. zumindest keinen Wert zu schaffen (wie für Europa dargestellt). Nichtsdestotrotz ist es seit den 80er Jahren zu einem starken Anstieg der M&A-Aktivitäten im Bankensektor und einer entsprechenden Konsolidierung der gesamten Bankenindustrie in den USA wie auch in Europa gekommen, und die in Kapitel 2 beschriebenen Treiber einer weiteren Konsolidierung deuten auf eine Fortsetzung bzw. sogar Beschleunigung dieses Prozesses hin.340 Gayle DeLong (2003) fasst dieses Paradoxon zwischen scheinbar mangelnder Wertschaffung auf der einen Seite und einer entsprechenden Zunahme der Transaktionen auf der anderen Seite aus US-Sicht prägnant zusammen: „On average, bank mergers do not create value. A paradox is that they continue to occur.“341 In der Literatur werden zur Auflösung dieses scheinbaren Widerspruchs eine Vielzahl alternativer Erklärungen angeführt:342 Wiederholt werden so bspw. Datenprobleme und ungeeignete methodische Ansätze als Ursache dafür gesehen, dass die tatsächliche Wertschaffung nicht bzw. nur unzureichend durch die vorgestellten klassischen empirischen Verfahren (wie Ereignis-, dynamische Effizienz- und Performancestudien) erfasst wird. Die Frage nach der Gestaltung geeigneter Benchmarks/Kontrollgruppen und geeigneter statistischer Verfahren zur Messung des Erfolgs343 wird in diesem Zusammenhang ebenso diskutiert wie bspw. die Fragen nach dem notwendigen
340 341 342
343
Vgl. ECB (2000), Belaisch et al. (2001) und Beitel (2002). DeLong (2003), S. 5. Vgl. hierzu auch Baradwaj et al. (1996), S. 13. Vgl. insbesondere Pilloff und Santomero (1998), Calomiris und Karceski (1998) und Calomiris (1999). Wie zuvor bereits detailliert dargestellt wurde, kommt insbesondere bei langfristigen Ereignisstudien der geeigneten Festlegung der Benchmarks/Kontrollgruppen eine entscheidende Bedeutung zu. Vgl. Lyon et al. (1999).
230
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
Betrachtungszeitraum zur Erfassung der realisierten Wertschaffung: Während die Methodik für die Messung kurzfristiger abnormaler Renditen nicht zuletzt auf Grund der beschriebenen geringen Modellsensitivität der Ergebnisse als etabliert angesehen werden kann, fokussiert sich die kritische Diskussion (wie auch anhand der vorhergehenden Äußerungen deutlich wurde) auf die Messung der mittel-/langfristigen abnormalen Renditen. Die zuvor beschriebenen verschiedenen Arten von „Biases“ und Problemfeldern (New Listing, Rebalancing und Skewness Bias, Cross-Correlation ebenso wie das Bad-Model-Problem) können, wie dargestellt wurde, je nach verwendetem Ansatz und entsprechend konstruierten Benchmarks/Kontrollgruppen und statistischen Verfahren, zu signifikanten Verzerrungen bei der Ermittlung der mittel-/langfristigen abnormalen Renditen führen. Die jüngst entwickelten Ansätze (z.B. die Multi-FaktorModelle bzw. die angepassten BHAR-Ansätze mit entsprechend weiterentwickelten statistischen Testverfahren, bspw. auf Basis einer empirischen Verteilung) können diese zwar je nach Ansatz in dem beschriebenen Maße deutlich vermindern. Zumindest das ebenfalls bereits angesprochene Bad-Model-Problem bleibt jedoch auch hier bestehen und führt ggf. zu Fehlspezifikationen und entsprechenden Verzerrungen der ausgewiesenen abnormalen Renditen. Diese Sensitivität der Analyse der abnormalen Renditen gegenüber den verwendeten Modellen und das Fehlen eines allen anderen klar überlegenen Modells führen daher zu wiederholter Skepsis gegenüber den hieraus abgeleiteten Ergebnissen. Insgesamt sind die Modelle/Ansätze und die entsprechend hierauf basierend abgeleiteten Ergebnisse aber – wie auch die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben – als sehr robust anzusehen. Neben dieser Kritik an den verwendeten Ansätzen und hieraus resultierenden ggf. verzerrten abnormalen Renditen besteht Unklarheit über den „richtigen“ Betrachtungshorizont. Die Zeiträume bis zur nachhaltigen Umsetzung der Effizienzsteigerungspotenziale und Synergien nach einer Bankentransaktion können deutlich differieren und hiermit die Festlegung des „richtigen“ Betrachtungshorizonts deutlich erschweren.344 Von Praktikern ebenso wie von Wissenschaftlern wird in diesem Zusammenhang zumeist die Realisierung der entsprechenden Potenziale über einen Zeitraum von maximal drei Jahren unterstellt.345 Die Heterogenität der Transaktionen (z.B. in Bezug auf die Komplexität der Transaktion bzw. den verwendeten Integrationsansatz) führt 344
345
Vgl. Pilloff und Santomero (1998), Calomiris und Karceski (1998), S. 25ff. und Calomiris (1999), S. 616f. Vgl. bspw. Rhoades (1998), S. 276.
3.5 Wertschaffung bei Bankentransaktionen – Betrachtung eines Paradoxons
231
hier jedoch zu erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Transaktionen. Über die direkte Realisierung der Potenziale hinaus ergeben sich weitere Zeitverzögerungen bis zur Materialisierung in den bilanziellen Ergebnissen bzw. zumindest bis zur Kommunikation der Ergebnisse gegenüber dem Kapitalmarkt. Zusätzlich kommt es ggf. zu einer Vermischung mit anderen idiosynkratischen Einflüssen. Dies erschwert zusätzlich die Festlegung des „richtigen“ Betrachtungshorizonts für die entsprechende Analyse, der diesen Aspekten übergreifend Rechnung trägt. Darüber hinaus ist in vielen Fällen auf das Fehlen aussagekräftiger Marktvergleichsdaten ebenso wie das Fehlen detaillierter Daten der betrachteten Unternehmen selbst hinzuweisen.346 Zudem werden in zahlreichen Studien bewusst auf Grund methodischer Schwierigkeiten Unternehmen ausgeschlossen, die wiederholt Transaktionen durchführen (sog. „Multi-Bidders“). Pilloff und Santomero (1998) weisen jedoch darauf hin, dass gerade unter diesen eine Vielzahl erfolgreicher Transaktionen zu beobachten ist und Ergebnisse somit systematisch falsch abgeleitet werden, wenn diese Gruppe nicht mitbetrachtet wird.347 Schließlich wird wiederholt betont, dass die beschriebenen klassischen methodischen Ansätze (insb. in Form der beschriebenen Ereignisstudien) kaum in der Lage sind, die komplexen Erwartungen des Kapitalmarktes, die letztendlich die Reaktion auf die Transaktion bedingen, ganzheitlich abzubilden. Der Kapitalmarkt mag so bspw. – wie auch anhand der zuvor beschriebenen Fallstudie deutlich wurde – eine entsprechende Transaktion seit langer Zeit erwartet und entsprechend „eingepreist“ haben und kaum reagieren, oder durch die Übernahme müssen die bestehenden Erwartungen drastisch angepasst werden: Ein Unternehmen, das als Übernahmeziel gesehen wird und selbst eine andere Bank übernimmt, mag so in Zukunft nicht mehr mit einem Übernahmepremium gehandelt werden. Die Marktreaktion wäre in diesem Fall negativ – obwohl die Transaktion selbst u.U. signifikanten Wert schafft.348 Auf Grund der hohen Anzahl der Studien und unterschiedlichster verwendeter Methoden und Ansätze können die beschriebenen Ergebnisse, die insbesondere aus Sicht der Käuferbank in den meisten Fällen keine Wertschaffung bzw. sogar eine Wert-
346
347 348
Zur Beurteilung des Transaktionserfolgs müsste hier auf wesentlich detailliertere Daten als die öffentlich publizierten zugegriffen werden. Vgl. Pilloff und Santomero (1998). Vgl. Calomiris (1999), S. 616 sowie Baradwaj et al. (1996) für die bereits angesprochene „Takeover Premium Hypothesis“.
232
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
vernichtung zeigen, jedoch nicht allein mit diesen genannten methodischen Schwierigkeiten bzw. einer unzureichenden Datenbasis erklärt und damit als falsch oder zumindest verzerrt eingestuft werden. Zu deutlich sind die in den vorhergehenden Abschnitten für die verschiedenen Ansätze (kurz- und mittel-/langfristige Ereignisstudien, dynamische Effizienz- und Performancestudien) ausgewiesenen Ergebnisse. Darüber hinaus betreffen die hier dargestellten Problemfelder nie alle Ansätze gleichzeitig, sondern zumeist nur Teilaspekte einzelner Ansätze, denen durch entsprechende Ausgestaltung der Arbeiten zumindest teilweise Rechnung getragen werden kann. Der Verweis auf methodische Probleme bzw. unzureichende Datenverfügbarkeit erscheint daher als unbefriedigende Erklärung zur Auflösung des zuvor beschriebenen Paradoxons. Vor diesem Hintergrund sind in der Literatur eine Vielzahl weiterer Erklärungsansätze entstanden: Wiederholt werden basierend auf Ansätzen der PrincipalAgenten-Theorie Transaktionen durch „managerial hubris“ erklärt – wonach Manager systematisch ihre Fähigkeiten überschätzen und ex ante prognostizierte Ergebnisse einer Transaktion nicht umsetzen können.349 Ein ähnlich gelagertes Argument unterstellt, dass Manager in ihrem eigenen Interesse (und nicht im Interesse der Aktionäre) handelnd Transaktionen durchführen, um die Größe der eigenen Institution („too big to fail“) und eine potenziell höhere eigene Bezahlung zu realisieren. Die Aktionäre des Targets profitieren hiernach durch einen hohen gezahlten Preis und die Managements beider Unternehmen realisieren ihre persönlichen Ziele (durch hohe Abfindungen einerseits bzw. Größe des Unternehmens und höhere Bezahlung andererseits). Auch diese Argumente erscheinen jedoch als keine abschließende Erklärung: In Anbetracht der Vielzahl der Transaktionen wäre ein derartiges Verhalten langfristig nicht wiederholt durchsetzbar und entsprechende Kontrollmechanismen würden durch die Märkte etabliert.350 Andere Ansätze verweisen auf die ebenfalls bereits angesprochene beschränkte Fähigkeit des Kapitalmarktes, komplexe Bankentransaktionen zu bewerten. Im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen wurde auf die entsprechenden Arbeiten hingewiesen, die zeigen, dass der Kapitalmarkt nur verzögert und nicht (wie von der Theorie effizienter Märkte postuliert) unverzüglich, umfassend und richtig die verfügbaren Informationen direkt verarbeitet. Auch aus Sicht der Praxis erscheint dies plausibel.
349 350
Vgl. Roll (1986). Vgl. Pilloff und Santomero (1998).
3.5 Wertschaffung bei Bankentransaktionen – Betrachtung eines Paradoxons
233
Zum Zeitpunkt der Ankündigung ist bei so komplexen Transaktionen, wie z.B. den jüngst zu beobachteten Zusammenschlüssen von SCH und Abbey National sowie UniCredit und Hypovereinsbank (HVB), selbst durch das Management nur eine grobe Abschätzung der Potenziale möglich (bei gleichzeitigem Bestehen signifikanter Umsetzungsrisiken). Eine Konkretisierung der Potenziale sowie eine entsprechende Reduktion der mit der Transaktion verbundenen Risiken kann sich nur im Zeitverlauf ergeben, so dass eine endgültige Beurteilung einer derart komplexen Transaktion durch die Kapitalmärkte zum Zeitpunkt der Ankündigung als nicht möglich erscheint. Gestützt werden die hierauf deutenden Ergebnisse zu M&A-Transaktionen von zahlreichen Studien, die im Fall von vergleichbaren firmenspezifischen Ereignissen, wie z.B. Kapitalerhöhungen und Aktienrückkäufen, ebenfalls zu ähnlichen Ergebnissen kommen und signifikante langfristige abnormale Renditen nachweisen.351 Andere Arbeiten weisen ferner auf die – je nach Transaktion und auch im Zeitverlauf – deutlich unterschiedlichen Quellen der Wertschaffung bei Transaktionen hin, die eine entsprechende Bewertung durch den Kapitalmarkt erschweren.352 Eine rein kurzfristige Betrachtung im Rahmen einer Ereignisstudie (mit Fokus auf nur wenige Tage um die Ankündigung der Transaktion) würde dieser Problematik nicht ausreichend Rechnung tragen. Erst durch eine mittel-/langfristige Ereignisstudie bzw. durch die Betrachtung im Rahmen von Fallstudien kann diesen Aspekten Rechnung getragen werden. Zusammenfassend belegen diese beispielhaften Kritikpunkte und Problemfelder, dass die bislang eingesetzten methodischen Verfahren (insb. die kurzfristigen Ereignisstudien) allein, d.h. ohne Verwendung zusätzlicher methodischer Verfahren, nur begrenzt Aufschluss über alle Aspekte einer Transaktion geben können. Die hohe Komplexität von Bankentransaktionen und die hiermit verbundenen unterschiedlichen Möglichkeiten der Wertschaffung fordern nahezu ergänzende Analysen, auf die in den vorhergehenden Abschnitten (z.B. mit der Darstellung der Ansätze der mittel-/langfristigen Ereignisstudien und des Fallstudienansatzes) bereits eingegangen wurde. Für eine umfassende Beurteilung der tatsächlichen Wertschaffung von M&ATransaktionen in der europäischen Bankenindustrie erscheint daher eine Kombination der verschiedenen Ansätze im Rahmen dieser Arbeit erforderlich. Grundsätzlich bieten
351
352
Vgl. hierzu u.a. Lakonishok et al. (1994), Loughran und Ritter (1995), Ikenberry et al. (1995, 2000) und Eberhart et al. (2004) bzw. die weiteren zuvor genannten Quellen. Vgl. beispielsweise McCoy et al. (1994).
234
3 Zum Stand der Forschung: Neuere Untersuchungen zum Erfolg von Bankentransaktionen
die kurzfristigen Ereignisstudien den beschriebenen wichtigen Anhaltspunkt über die Einschätzung der Transaktion durch den Kapitalmarkt zum Zeitpunkt der Ankündigung und vermitteln damit eine entsprechende erste wichtige Indikation der durch die Transaktion erreichten Wertschaffung. Auf Grund der hohen Komplexität entsprechender Transaktionen und einer potenziellen verzögerten Informationsverarbeitung durch den Kapitalmarkt erscheint es jedoch als notwendig, diese Perspektive zu ergänzen. Die beschriebenen Ansätze zur Analyse der mittel- und langfristigen abnormalen Performance liefern hierzu das notwendige Werkzeug.353 Kurz- und langfristige Wertschaffung können hiermit für ein Sample entsprechender europäischer Bankentransaktionen analysiert werden. Diese großzahlige empirische Analyse wird dann durch den Fallstudienansatz abgerundet. Die hiermit gegebene differenzierte Betrachtungsweise trägt den Spezifika der einzelnen Transaktionen Rechnung. Dies ermöglicht bspw. eine weiter gehende Analyse der tatsächlichen Wertschaffung der betrachteten einzelnen Transaktionen durch die umfassende Berücksichtigung der Erwartungen des Kapitalmarktes (und damit gleichzeitig die Diskussion von Schwächen der großzahligen empirischen Analysen). Gleichzeitig erlaubt der Blick auf die einzelnen Quellen der Wertschaffung entlang des Transaktionsprozesses, Erfolgsfaktoren für europäische Bankentransaktionen abzuleiten und damit Unterschiede der Wertschaffung zwischen den einzelnen Transaktionen zu erklären.354 Erst aus dieser gesamthaften Betrachtungsweise heraus erscheint es möglich, die Frage nach der tatsächlichen Wertschaffung von M&A-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie zu beantworten. Hiermit wird dann ein maßgeblicher Beitrag zur Auflösung des vordergründigen Widerspruchs zwischen Zunahme der M&A-Aktivität und scheinbar mangelnder Wertschaffung der entsprechenden Transaktionen geleistet. Im folgenden Kapitel 4 schließt sich daher zunächst die kurz- und langfristige Ereignisstudie aller europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 an, bevor in Kapitel 5 Fallstudien entsprechender Transaktionen betrachtet und Erfolgsfaktoren für die zukünftige Konsolidierung der europäischen Bankenlandschaft abgeleitet werden. 353
354
Auf Grund der beschriebenen Schwächen der dynamischen Effizienz- und Performancestudien sind die kurz- und langfristigen Ereignisstudien zur Beurteilung der tatsächlichen Wertschaffung zu präferieren. Auf die schwerpunktmäßige Verwendung dynamischer Effizienz- und Performancestudien wird daher im Rahmen dieser Arbeit verzichtet. Der Performancestudienansatz kommt jedoch im Rahmen der detaillierten Analysen der Fallstudien zur Anwendung. Vgl. Calomiris und Karceski (1998), Calomiris (1999) und Pilloff und Santomero (1998).
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor – eine empirische Betrachtung „While the immediate market reaction to bank acquisitions has been studied extensively, the long-run performance resulting from acquisitions has been largely ignored.“ Madura und Wiant (1994), S. 1152
4.1 Ziele des Kapitels und Vorgehensweise der Untersuchung Nachdem in Kapitel 2 neben den definitorischen Grundlagen der Status der Konsolidierung dargestellt und wesentliche Treiber und Hemmnisse einer erwarteten weitergehenden paneuropäischen Konsolidierung dargestellt wurden sowie in Kapitel 3 ein Überblick über die verschiedenen Ansätze/Methoden der Erfolgsforschung und ihre Ergebnisse gegeben wurde, hat das Kapitel 4 hierauf aufbauend die bereits angesprochene großzahlige empirische Analyse des Erfolgs europäischer Bankentransaktionen zum Ziel. Maßstab für den Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion ist hierbei (entsprechend der bereits in Kapitel 3.2.1 dargestellten Definition) der ökonomische Erfolg aus Sicht der Aktionäre – gemessen an der Veränderung des Anteilsbesitzes der Aktionäre, dem Shareholder Value. Im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen (insb. des Kapitels 3) wurde deutlich, dass zur Beurteilung der tatsächlichen Wertschaffung in Form der entsprechenden Shareholder-Value-Steigerung eine integrierte Betrachtungsweise erforderlich ist, die die verschiedenen besonders geeigneten Ansätze mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen berücksichtigt. Hierzu erfolgt im Rahmen dieses Kapitels die kurz- und mittel-/langfristige Ereignisstudie aller relevanten europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004. Konkret lassen sich die Zielsetzungen des vierten Kapitels beschreiben als: –
Identifikation aller (volumenmäßig) relevanten M&A-Transaktionen europäischer Banken zwischen 1994 und 2004 als Basis für die großzahlige Ereignisstudie,
–
Überblick über das entsprechend generierte Datensample mit Fokus auf die Schwerpunkte der Transaktionen (bspw. geographisch bzw. produkt-/aktivitätsbezogen) und die Charakteristika der Transaktionspartner,
236
–
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Ermittlung des Erfolgs dieser Transaktionen auf Basis der kurz- sowie der mittel-/ langfristigen Ereignisstudienmethodik und damit die gewünschte Erfassung der Änderung des Shareholder Value (einschließlich der Differenzierung von Subsamples zur Ableitung der Charakteristika erfolgreicher Transaktionen).
Hierzu schließt sich im Abschnitt 4.2 zunächst ein Überblick über das verwendete Datensample an. Die Selektionskriterien der Transaktionen werden dabei dargestellt und begründet sowie ein Überblick über alle betrachteten Transaktionen gegeben. Im Abschnitt 4.3 erfolgt eine Analyse der selektierten Transaktionen. Herausgearbeitet werden hierbei (entsprechend der zuvor genannten Zielsetzungen) die Schwerpunkte der Transaktionen sowie die Charakteristika der Transaktionspartner. Abschnitt 4.4 hat die Durchführung der kurzfristigen Ereignisstudie zum Schwerpunkt. Mit dieser Analyse wird die angesprochene grundlegende Arbeit von Beitel (2002), der europäische Bankentransaktionen im Zeitraum von 1985 bis 2000 betrachtet, um den Zeitraum zwischen 2000 und 2004 ergänzt. Hiermit rückt die Phase nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002 sowie die folgende Erholungs-/Haussephase in den Fokus der Betrachtung. Ziel der Analyse ist es dabei, die vorhandene geringe empirische Evidenz hinsichtlich europäischer Bankentransaktionen um diesen Betrachtungszeitraum zu ergänzen. Zusätzlich zu den bisherigen empirischen Arbeiten werden dabei die in Kapitel 3.3.2.1 beschriebenen weiterentwickelten Testverfahren (wie insb. der „Standardised Cross-sectional Test“ nach Boehmer et al. (1991)) verwendet, die im Vergleich zu den bisher verwendeten, klassischen Testverfahren zu deutlich robusteren Ergebnissen führen. Während diese kurzfristige Ereignisstudie zentrale Anhaltspunkte in Bezug auf die Kapitalmarktreaktion zum Zeitpunkt der Ankündigung der Transaktion liefert, kann die Analyse auf Grund der im vorherigen Abschnitt dokumentierten Existenz mittel-/ langfristiger abnormaler Renditen und der beschriebenen nur verzögerten Informationsverarbeitung der Kapitalmärkte in Bezug auf die hohe Komplexität der analysierten Transaktionen nicht hierauf beschränkt bleiben. Im Abschnitt 4.5 erfolgt daher nach der kurzfristigen auch die mittel- und langfristige Ereignisstudie. Hierbei werden (entsprechend der umfassenden Diskussion der Vielzahl möglicher Ansätze/Modelle) mit dem Kontrollfirmenansatz und dem Fama-French-Drei-Faktor-Modell zwei Ansätze/Modelle verwendet, die sich für die betrachtete Forschungsfrage als besonders geeignet erweisen und sich infolge ihrer jeweiligen (unterschiedlichen) Stärken und Schwächen bei der Ableitung robuster Ergebnisse ergänzen. Sowohl im Rahmen der
4.2 Verwendetes Datensample
237
kurzfristigen als auch der mittel-/langfristigen Ereignisstudie werden die Ergebnisse nach Subsamples differenziert, die eine detailliertere Analyse der Wertschaffung erlauben (z.B. durch eine Differenzierung im Zeitverlauf, nach geographischem Fokus etc.). Abschließend werden die Ergebnisse des Kapitels im letzten Abschnitt 4.6 zusammengefasst, bevor sich im fünften Kapitel die Betrachtung von zwei repräsentativen Fallstudien zur Abrundung der Ergebnisse anschließt.
4.2 Verwendetes Datensample 4.2.1
Untersuchte Transaktionen
Der Betrachtungsfokus der hier durchgeführten kurz- und mittel-/langfristigen Ereignisstudie liegt auf europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004. Um in einem ersten Schritt die in diesem Zeitraum durchgeführten Transaktionen zu identifizieren, wurden als wesentliche Quellen benutzt: Thomson Financial SDC, Bloomberg und private Datenbanken von Investmentbanken. Diese Datenanbieter/Datenbanken geben anhand entsprechender Merkmale (wie z.B. den Daten der Ankündigung und Komplettierung der Transaktion, den Transaktionspartnern, der Nationalität, dem Volumen der Transaktion, dem erworbenen Anteil etc.) einen Überblick über die zu untersuchenden Bankentransaktionen. Bei der Ermittlung der Transaktionen wurde Thomson Financial SDC als führende Datenquelle verwendet, da sie als einzige den gesamten Betrachtungszeitraum abbildet.1 Die hiermit ermittelten Transaktionen wurden ergänzt durch Daten von Bloomberg. Bloomberg stellt Daten zu den entsprechenden Transaktionen seit Anfang 1997 bereit.2 Eine weitere Ergänzung erfolgte durch private Listen europäischer Bankentransaktionen, die bspw. von Investmentbanken geführt werden. Die auf Basis dieser Quellen erhobenen Transaktionen wurden anhand ihrer zentralen Merkmale abgeglichen. Abweichungen zwischen den Datenbanken in Bezug auf diese zentralen Merkmale der untersuchten Transaktionen (wie bspw. das Ankündigungsdatum, das Transaktionsvolumen etc.) wurden im Zuge einer umfangreichen
1
2
Beitel (2002) verwendet angesichts dieser Problematik ebenfalls Thomson Financial SDC als die führende Datenquelle. Abweichungen zwischen Thomson Financial SDC und Bloomberg treten daher beginnend ab 1997 auf.
238
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Presserecherche geklärt. Hierzu erfolgte über Faktiva der Zugriff auf international führende Wirtschaftsmedien (wie insb. die Financial Times).3 Die ermittelten Bankentransaktionen mussten dabei die folgenden Kriterien erfüllen, um im Rahmen der Auswertung berücksichtigt zu werden: –
Die Ankündigung der Transaktion fand zwischen 1994 und 2004 (jeweils einschließlich) statt. Damit wird im Vergleich zu anderen empirischen Arbeiten ein vergleichsweise langer Zeitraum untersucht.4 Transaktionen vor 1994 werden auf Grund geringer Datenverfügbarkeit bzw. eingeschränkter Verlässlichkeit der Daten nicht betrachtet.
–
Käufer ist eine europäische Bank. Zur Ermittlung der Banken wird auf die entsprechenden Bankendefinitionen der verwendeten Quellen/Datenbanken zurückgegriffen.5 Europa umfasst im Rahmen dieser Studie neben den EU-15-Ländern auch Norwegen und die Schweiz.
–
Target ist ein Finanzdienstleister (außer Versicherungen). Berücksichtigt werden entsprechend der Definitionen der verwendeten Quellen/Datenbanken als Target neben Banken auch andere Finanzdienstleister (wie bspw. Investmentfirmen, Broker etc.). Keine Berücksichtigung finden hingegen Versicherungen und reine Immobilienunternehmen.6 Geographisch erfolgt in Bezug auf die Targets keine Beschränkung der Analyse, so dass auch Cross-border-Transaktionen europäischer Bieterbanken im außereuropäischen Ausland betrachtet werden.
–
Das Transaktionsvolumen übersteigt 100 Mio. USD. Wie auch im Rahmen vorhergehender Arbeiten erscheint die 100-Mio.-USD-Marke als geeignet, um die Transaktionen mit in das betrachtete Sample aufzunehmen, die bez. des Volumens als relevant anzusehen sind und für die darüber hinaus davon auszugehen ist, dass
3
Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der exakten Erfassung des Ankündigungsdatums der Transaktion, da im Rahmen der folgenden Ereignisstudie bspw. bei bereits früherer Ankündigung der Transaktion (als durch die Datenbanken angegeben) ggf. potenzielle Werteffekte nicht erfasst werden. Vgl. hierzu auch Beitel (2002), S. 149. Für Thomson Financial SDC – als die führende Datenquelle – werden hierzu die Branchenkennungen DA, DB und DC verwendet. Für die Abgrenzung von Finanzdienstleistern werden bei Thomson Financial SDC die Branchenkennungen DA, DB, DC, DD, DE und DG verwendet. Versicherungen (mit der Branchenkennung DF) werden nicht berücksichtigt. Zusätzlich bereinigt werden reine Immobilienunternehmen (Hypothekenbanken werden jedoch weiter in die Analyse eingeschlossen).
4 5
6
4.2 Verwendetes Datensample
239
sie eine ausreichende Aufmerksamkeit von Seiten des Kapitalmarktes erfahren haben.7 –
Nur juristisch abgeschlossene Transaktionen finden Berücksichtigung. In den betrachteten Quellen/Datenbanken ist der Status der Transaktionen als „completed“ angegeben.
–
Die Käuferbank erlangt mit der Transaktion die Mehrheit der Stimmrechte („Corporate Control“). Durch die Transaktion erwirbt die Käuferbank, die vor der Transaktion weniger als 50% der Aktien hielt, einen Mehrheitsanteil (größer 50%), so dass die Käuferbank damit die wirtschaftliche und rechtliche Kontrolle des Targets erreicht.
–
Käuferbank und Target sind börsengelistete Unternehmen. Für die Betrachtung des Erfolgs der Transaktionen im Rahmen der Ereignisstudie ist ein Börsenlisting von Käuferbank und Target erforderlich. Hierbei ist zwischen der kurz- und der mittel-/langfristigen Analyse zu differenzieren: Für die kurzfristige Ereignisstudie ist ein Börsenlisting für Target und Bieterbank von mindestens einem Jahr (252 Handelstagen) vor dem Tag der Ankündigung der Transaktion und mindestens weiteren 20 Tagen nach der Ankündigung erforderlich, um die im Folgenden detailliert beschriebene kurzfristige Analyse der Wertschaffung durchzuführen. Für die mittel-/langfristige Ereignisstudie steht lediglich die Performanceentwicklung der Bieterbank im Fokus, da nach der Transaktion für das Target i.d.R. kein Börsenlisting mehr besteht (auf Grund einer in der Mehrzahl der Fälle kompletten Übernahme der Aktien des Targets). Beginnend im Juni vor der Ankündigung der Transaktion muss für die mittel-/langfristige Performancemessung ein entsprechendes Börsenlisting der Bieterbank bestehen.8 Dieses Listing muss dann auch im Anschluss an die Transaktion weitere 36 Monate, beginnend mit dem Monat der Ankündigung der Transaktion, Bestand haben.
7
Auch Beitel (2002) und Cybo-Ottone und Murgia (2000) verwenden dieses Selektionskriterium. Bei einer weiteren Reduktion der Selektionsgrenze wäre darüber hinaus die Datenverfügbarkeit für die entsprechend kleinen Transaktionen z.T. nur noch sehr eingeschränkt gegeben. D.h., bei Ankündigung einer Transaktion im Februar eines Jahres muss beginnend mit dem Juni des Vorjahres ein Listing bestehen.
8
240
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.1 gibt einen Überblick über die auf Basis dieser Kriterien identifizierten Transaktionen, die im Folgenden untersucht werden. Die Transaktionen werden hierbei ausgewiesen nach dem Jahr, in dem die Ankündigung erfolgte. Neben den beiden Transaktionspartnern (Target und Bieter) werden auch das Land von Target und Bieterbank, in dem das Hauptlisting besteht („Nationalität“ von Target und Bieterbank), sowie das Transaktionsvolumen (in Mio. USD) ausgewiesen. Das Transaktionsvolumen stellt dabei die gesamte Kaufsumme (bestehend aus dem Bargeldanteil ebenso wie anderen Formen der Bezahlung, z.B. Aktien) dar, die die Bieterbank zum Erwerb des Mehrheitsanteils des Targets gezahlt hat.9 Die vorhergehenden Ausführungen insbesondere zum Kriterium des Börsenlistings der Transaktionspartner haben bereits verdeutlicht, dass zwischen dem Sample für die kurzfristige Ereignisstudie und dem Sample für die mittel-/langfristige Ereignisstudie zu differenzieren ist. Für die kurzfristige Ereignisstudie (mit der Notwendigkeit eines bestehenden Listings von Target und Bieterbank) können auf Basis der beschriebenen Kriterien insgesamt 96 Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 ermittelt werden, die die zuvor beschriebenen Selektionskriterien erfüllen. Diese 96 Transaktionen sind in Tabelle 4.1 grau hinterlegt. Für die mittel-/langfristige Ereignisstudie können ebenfalls nahezu alle dieser 96 Transaktionen betrachtet werden.10 Da diese mittel-/langfristige Analyse der Performanceentwicklung jedoch einen Betrachtungszeitraum von 36 Monaten (beginnend mit dem Monat der Ankündigung der Transaktion) erfordert, ergibt sich Ende 2002 eine natürliche Grenze für die Berücksichtigung von Transaktionen. Alle Bankentransaktionen nach diesem Zeitpunkt können dementsprechend nicht für die mittel-/langfristige Analyse verwendet werden, da für diese zum Zeitpunkt der Analyse Anfang 2006 noch nicht die erforderlichen Kapitalmarktdaten für die kompletten 36 Monate vorliegen.
9 10
In der Mehrzahl der Fälle wurde das Target komplett erworben. Drei der 96 für die kurzfristige Ereignisstudie betrachteten Transaktionen können im Rahmen der mittel-/langfristigen Ereignisstudie nicht berücksichtigt werden, da die Bieterbank innerhalb der folgenden drei Jahre selbst übernommen wurde bzw. mit einer anderen Bank fusionierte. Diese drei Transaktionen sind in Tabelle 4.1 entsprechend gekennzeichnet. Ebenfalls nicht berücksichtigt für die mittel-/langfristige Analyse können (wie im Folgenden dargestellt) die sieben nach 2002 stattgefundenen Transaktionen werden.
4.2 Verwendetes Datensample
241
Tabelle 4.1: Überblick über die betrachteten Bankentransaktionen zwischen 1994 und 200411 Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
1994
Banco Espanol de Credito (Banesto)
Spain
Banco de Santander
Spain
2.287
1994
CIBC Mortgages
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
1.305
1994
GiroCredit Bank der Sparkassen
Austria
Bank Austria
Austria
146
1994
Solothurner Kantonalbank
Switzerland
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
269
1994
Banca Nazionale delle Communicazioni
Italy
Istituto Bancario San Paolo di Torino
Italy
261
1994
Central Jersey Bancorp
United States
National Westminster Bank
United Kingdom
273
1994
Financiere Gamma
France
BNP
France
200
1994
Brinson Partners
United States
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
750
1994
Gruppo Bancario Credito Romagn
Italy
Credito Italiano
Italy
2.354
1994
Banca Lombarda
Italy
Credito Agrario Bresciano
Italy
119
1995
Banco Portugues do Atlantico
Portugal
BCP
Portugal
1995
KOP
Finland
Unitas*
Finland
827
1995
Bonifiche Siele Finanziaria
Italy
Banca di Roma
Italy
623
1995
Barings
United Kingdom
ING
Netherlands
1995
Jupiter Tyndall Group
United Kingdom
Commerzbank
Germany
1995
Alfred Berg Holding
Sweden
ABN Amro
Netherlands
124
1995
Wells Fargo Nikko Investment
United States
Barclays
United Kingdom
440
1995
Crédit Lyonnais Bank Nederland
Netherlands
Generale de Banque
Belgium
731
1995
SG Warburg
United Kingdom
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
1.364
1995
Orco Bank
Netherlands
ABN Amro
Netherlands
189
11
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1.040
1.074 271
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg, private Datenbanken, Faktiva.
242
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1995
Banca Romana Pentru Dezvoltare
Romania
Société Générale
France
200
1995
Norgeskreditt Holding
Norway
Christiania Bank
Norway
402
1995
Saastopankkien Keskus-Osake-Pankki
Finland
Svenska Handelsbanken
Sweden
811
1995
Kleinwort Benson Group
United Kingdom
Dresdner Bank
Germany
1.554
1995
First National Finance
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
454
1995
Banca Internazionale Lombarda
Italy
Banca Commerciale Italiana
Italy
150
1995
Bank of Western Australia
Australia
Bank of Scotland
United Kingdom
680
1995
TSB Group
United Kingdom
Lloyds Bank
United Kingdom
15.316
1995
First NH Banks
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
450
1995
RCM Capital Management
United States
Dresdner Bank
Germany
300
1995
Banca Popolare di Luino e Varese
Italy
Banca Popolare Commercio e Industria
Italy
183
1996
Banco Central Hispano
Puerto Rico
Banco de Santander
Spain
290
1996
Indosuez UK Asset Management
United Kingdom
National Westminster Bank
United Kingdom
528
1996
Standard Chartered (Asian private banking business)
Hong Kong
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
227
1996
Wagon Finance Group
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
163
1996
Cie Financiere Ottomane
France
Cie Financiere de Paribas*
France
324
1996
Greenwich Capital Markets
United States
National Westminster Bank
United Kingdom
590
1996
CNBC Bancorp
United States
ABN Amro
Netherlands
132
4.2 Verwendetes Datensample
243
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1996
First Federal Savings and Loan Association of Rochester
United States
HSBC
United Kingdom
1996
MeesPierson
Netherlands
Fortis
Belgium
1996
Cassa di Risparmio di Savona (Carisa)
Italy
Banca Carige
Italy
154
1996
Magyar Hitel Bank
Hungary
ABN Amro
Netherlands
189
1996
Standard Federal Bancorp
United States
ABN Amro
Netherlands
1.971
1996
Stadshypotek
Sweden
Svenska Handelsbanken
Sweden
3.344
1996
Banco de Venezuela
Venezuela
Banco de Santander
Spain
1997
CreditanstaltBankverein
Austria
Bank Austria
Austria
1.537
1997
Dauphin Deposit Corporation
United States
Allied Irish Banks
Ireland-Rep
1.326
1997
Foreningsbanken
Sweden
Sparbanken Sverige
Sweden
1.348
1997
Banco Geral do Comercio
Brazil
Banco de Santander
Spain
220
1997
Ostgota Enskilda Banken
Sweden
Den Danske Bank
Denmark
284
1997
Bolig-og Naeringsbanken
Norway
Den Norske Banken
Norway
260
1997
Montgomery Securities
United States
Commerzbank
Germany
250
1997
Banco Bamerindus
Brazil
HSBC
United Kingdom
1.000
1997
Axiom Funds Management
Australia
Deutsche Bank
Germany
188
1997
Banco de Credito Argentino
Argentina
BBVA
Spain
594
1997
Dillon Read & Co.
United States
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
600
620
1.436
338
244
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1997
Cassa di Risparmio delle Provincie Lombarde (Cariplo)
Italy
Banca Popolare dell’ Emilia-Romagna (BPER)
Italy
1997
Roberts SA de Inversiones
Argentina
HSBC
United Kingdom
688
1997
Cater Allen Holdings
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
307
1997
EFT Group
United Kingdom
Bank of Scotland
United Kingdom
151
1997
Bayerische Hypotheken
Germany
Bayerische Vereinsbank
Germany
7.001
1997
Schroeder Muenchmeyer Hengst
Germany
Union Bank of Switzerland
Switzerland
1997
Merita
Finland
Nordbanken
Sweden
1997
Banco Urquijo
Spain
Kredietbank
Luxembourg
1997
Banque Bruxelles Lambert
Belgium
ING
Netherlands
4.516
1997
BZW (European equities unit)
United Kingdom
Crédit Suisse
Switzerland
171
1997
Schweizerischer Bankverein
Switzerland
Union Bank of Switzerland
Switzerland
23.009
1997
GRS (Angel train contracts)
United Kingdom
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
669
1997
FGH Hypotheekbank
Netherlands
Bayerische Vereinsbank
Germany
350
1997
BZW Australia
Australia
ABN Amro
Netherlands
115
1997
Hambros Banking Group
United Kingdom
Société Générale
France
501
1998
CERA
Belgium
Almanij
Belgium
5.048
1998
Istituto Mobiliare Italiano (IMI)
Italy
Istituto Bancario San Paolo di Torino
Italy
9.492
1998
PonceBank
Puerto Rico
Banco Bilbao Vizcaya
Spain
164
1998
Banesto
Spain
Banco de Santander
Spain
3.850
1998
Cowen & Co.
United States
Société Générale
France
3.920
195 4.292 286
615
4.2 Verwendetes Datensample
245
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1998
Bank of Asia
Thailand
ABN Amro
Netherlands
182
1998
National Mortgage Bank Greece
Greece
National Bank of Greece
Greece
796
1998
Banco Excel Economico
Brazil
Banco Bilbao Vizcaya
Spain
450
1998
Banco Provincial
Venezuela
Banco Bilbao Vizcaya
Spain
103
1998
Generale de Banque
Belgium
Fortis
Belgium
1998
Banco Hipotecario de Fomento
Chile
Banco Bilbao Vizcaya
Spain
350
1998
Banque Industrielle et Mobiliere Privee (BIMP)
France
Dexia
Belgium
120
1998
Cassa di Risparmio di Parma e Piacenza
Italy
Banca Intesa
Italy
1.691
1998
Long-Term Crédit Bank of Japan (Asset Finance)
United Kingdom
Deutsche VerkehrsBank
Germany
1.545
1998
Bank of Crete
Greece
EFG Eurobank
Greece
1998
Banca San Paolo di Brescia
Italy
Credito Agrario Bresciano
Italy
1998
Banco Mercantil de Pernambuco
Brazil
ABN Amro
Netherlands
154
1998
Countrywide Banking Corporation
New Zealand
Lloyds TSB
United Kingdom
850
1998
Cassa di Risparmio di Trento
Italy
Credito Italiano SpA
Italy
541
1998
Boullion Aviation Services
United States
Deutsche Bank
Germany
120
1998
Fokus Bank
Norway
Den Danske Bank
Denmark
779
1998
Lombard Motor Finance, Lombard Tricity Finance, Lombard Business Equipment Leasing
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
579
1998
Crediop
Italy
Dexia
Belgium
237
1998
Cassa di Trieste
Italy
Unicredito Italiano
Italy
217
12.299
304 1.731
246
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1998
Bankers Trust New York Corporation
United States
Deutsche Bank
Germany
9.082
1998
Crédit Lyonnais Belgium
Belgium
Deutsche Bank
Germany
594
1998
Bank of America (Asian retail business)
Taiwan
ABN Amro
Netherlands
1998
Romanian Bank for Development
Romania
Société Générale
France
1999
Banco Central HispanoAmericano
Spain
Banco de Santander
Spain
1999
Allgemeine Deutsche Investment
Germany
Commerzbank
Germany
337
1999
UBS (Non-Swiss trade finance business)
Switzerland
Standard Chartered Bank
United Kingdom
204
1.300 200 11.321
1999
Paribas
France
BNP
France
1999
Postbanken
Norway
Den Norske Banken
Norway
13.201 579
1999
Merck Finck & Co
Germany
Kredietbank Luxembourgeoise (KBL)
Luxembourg
278
1999
Ionian Bank
Greece
Alpha Crédit Bank
Greece
893
1999
Mid-Med Bank
Malta
HSBC
United Kingdom
178
1999
Bergensbanken ASA
Norway
Svenska Handelsbanken AB
Sweden
183
1999
Corp Group Pensiones Chile SA
Chile
Banco Bilbao Vizcaya SA
Spain
265
1999
State Street Corporation (Commercial banking business)
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
350
1999
Republic New York Corporation
United States
HSBC
United Kingdom
7.703
1999
Safra Republic Holdings
Luxembourg
HSBC
United Kingdom
5.135
1999
Banco Santiago
Chile
BSCH
Spain
1999
Ceskoslovenska Obchodni Banka (COB)
Czech Republic
KBC
Belgium
1999
Banca Commerciale Italiana
Italy
Banca Intesa
Italy
657 1.110 12.791
4.2 Verwendetes Datensample
247
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
1999
D.E. Shaw & Company
United States
KBC
Belgium
Tx.-Vol. (in Mio. USD) 107
1999
Ergobank
Greece
EFG Eurobank
Greece
1999
Codan Bank
Denmark
Skandinaviska Enskilda Banken
Sweden
2.088
1999
UST Corporation
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
1.402
1999
Bank Pekao
Poland
Unicredito Italiano
Italy
1.058
1999
Bank Zachodni
Poland
Allied Irish Banks
Ireland-Rep
580
1999
BHF Bank
Germany
ING
Netherlands
2.338
1999
ICCRI
Italy
Banca Popolare di Lodi
Italy
149
1999
Nakornthon Bank
Thailand
Standard Chartered Bank
United Kingdom
319
1999
Global Asset Management (GAM)
Bermuda
UBS
Switzerland
675
1999
Dexia France
France
Dexia
Belgium
6.131
1999
Christiania Bank Og Kreditkasse (CB)
Norway
Nordea
Finland
2.780
1999
Efibanca
Italy
Banca Popolare di Lodi
Italy
1999
Argentaria
Spain
Banco Bilbao Vizcaya
Spain
1999
Bank für Gemeinwirtschaft
Germany
Skandinaviska Enskilda Banken
Sweden
1.703
1999
Ceska Sporitelna Savings Bank
Czech Republic
Erste Bank
Austria
528
1999
Banco Totta e Acores
Portugal
BSCH
Spain
1999
Atlantic Mortgage & Investment Corporation
United States
ABN Amro
Netherlands
484
1999
National Westminster Bank
United Kingdom
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
38.525
1999
Mediocredito Centrale
Italy
Banca di Roma
Italy
2.053
1999
Casse del Tirreno
Italy
Banca Popolare di Lodi Scarl
Italy
713
105
556 11.377
1.716
248
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1999
Banca Regionale Europea
Italy
Banca Lombarda
Italy
1999
Macedonia-Thrace Bank
Greece
Bank of Piraeus
Greece
706
1999
Xiosbank
Greece
Bank of Piraeus
Greece
575
2000
Banco Meridional Do Brasil
Brazil
BSCH
Spain
835
2000
Banco Mello
Portugal
BCP
Portugal
467
2000
Banco Bozano Simonsen
Brazil
BSCH
Spain
1.000
2000
Unidanmark
Denmark
Nordea
Finland
4.426
2000
Patagon.Com
United States
BSCH
Spain
2000
Banco Pinto & Sotto Mayor
Portugal
BCP
Portugal
2.176
2000
Crédit Commercial de France
France
HSBC
United Kingdom
11.100
2000
Fidelity Leasing
United States
ABN Amro
Netherlands
583
2000
Banca Popolare di Crema
Italy
Banca Popolare di Lodi Scarl
Italy
367
2000
Bulbank
Bulgaria
Unicredito Italiano
Italy
332
2000
ANZ Grindlays Bank
India
Standard Chartered Bank
United Kingdom
1.292
2000
Grupo Financiero Serfin
Mexico
BSCH
Spain
1.543
2000
Pioneer Group
United States
Unicredito Italiano
Italy
1.229
2000
Berliner Effektenbank
Germany
Consors Discount Broker*
Germany
226
2000
United Bulgarian Bank
Bulgaria
National Bank of Greece
Greece
207
2000
Banco di Napoli Holding
Italy
SanPaolo IMI
Italy
893
2000
PaineWebber Group Inc
United States
UBS
Switzerland
1.410
585
12.243
4.2 Verwendetes Datensample
249
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
2000
Aetna Financial Services, Aetna International
United States
ING
Netherlands
7.700
2000
Bank Austria
Austria
HypoVereinsbank (HVB)
Germany
7.317
2000
Donaldson, Lufkin & Jenrette
United States
Crédit Suisse
Switzerland
2000
Chase Manhattan (Hong Kong retail banking and card operations)
Hong Kong
Standard Chartered Bank
United Kingdom
1.320
2000
Chartered Trust, ACL Autolease
United Kingdom
Lloyds TSB
United Kingdom
915
2000
Egyptian British Bank
Egypt
HSBC
United Kingdom
141
2000
RealDanmark
Denmark
Danske Bank
Denmark
3.080
2000
National Discount Brokers
United States
Deutsche Bank
Germany
899
2000
Alleghany Asset Management
United States
ABN Amro
Netherlands
825
2000
Banca Carime
Italy
Banca Popolare Commercio e Industria (BPCI)
Italy
1.003
2000
Michigan National Corporation
United States
ABN Amro
Netherlands
2.750
2000
Banco di Sardegna
Italy
Banca Popolare dell’ Emilia-Romagna (BPER)
Italy
257
2000
Slovenska Sporitelna
Slovak Rep
Erste Bank
Austria
367
2000
Peel Hunt
United Kingdom
KBC
Belgium
392
2000
Banca di Legnano
Italy
Banca Popolare di Milano
Italy
601
2000
Banco do Estado de Sao Paolo (Banespa)
Brazil
BSCH
Spain
2000
Mandatum Pankki
Finland
Sampo-Leonia
Finland
358
2001
SKB Banka
Slovenia
Société Générale
France
134
13.016
3.581
250
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
2001
ING Baring (US Operations)
United States
ABN Amro
Netherlands
275
2001
GEFA-Gruppe, ALD-Gruppe
Germany
Société Générale
France
911
2001
Artesia Banking Corporation
Belgium
Dexia
Belgium
2001
Telesis Investment Bank
Greece
EFG Eurobank Ergasias
Greece
340
2001
Midtbank
Denmark
Svenska Handelsbanken
Sweden
263
2001
TCW Group
United States
Société Générale
France
886
2001
BancWest Corporation
United States
BNP Paribas
France
2.480
2001
Robert Fleming & Co
United Kingdom
Abbey National
United Kingdom
150
2001
China Securities Investment Trust
Taiwan
HSBC
United Kingdom
103
2001
Kempen & Co
Netherlands
Dexia
Belgium
921
2001
IntesaBci (60 Branches)
Italy
Banca Carige
Italy
239
2001
Vseobecna Uverova Banka
Slovak Rep
IntesaBci
Italy
474
2001
RT Capital Management
Canada
UBS
Switzerland
228
2001
AKB Privat & Handelsbank
Germany
BSCH
Spain
877
2001
Komercni Banka
Czech Republic
Société Générale
France
1.020
2001
Finansbank
Turkey
BNP Paribas
France
181
2001
Mellon regional franchise
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
2.100
2001
DemirBank
Turkey
HSBC
United Kingdom
350
2001
Postgirot Bank
Sweden
Nordea
Sweden
425
2001
Kredyt Bank PBI
Poland
KBC
Belgium
206
3.040
4.2 Verwendetes Datensample
251
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
2001
Zurich Scudder Investments
United States
Deutsche Bank
Germany
2.500
2001
Cardine Banca
Italy
SanPaolo IMI
Italy
5.324
2001
Banka Koper
Slovenia
SanPaolo IMI
Italy
105
2001
Hellenic Intl Development Bank
Greece
Bank of Piraeus
Greece
462
2001
Tiroler Sparkasse
Austria
Erste Bank
Austria
123
2001
United California Bank
United States
BNP Paribas
France
2.400
2002
Försäkrings AB Skandia (Asset Management)
Sweden
Den Norske Bank Holding
Norway
308
2002
Banco di Sicilia
Italy
Banca di Roma
Italy
256
2002
Bipop-Carire
Italy
Banca di Roma
Italy
1.568
2002
Rreef
United States
Deutsche Bank
Germany
492
2002
Rijecka Banka
Croatia
Erste Bank
Austria
136
2002
Bernheim Comofi
Belgium
Fortis
Belgium
467
2002
Consors
Germany
BNP Paribas
France
259
2002
CMB
Monaco
Mediobanca SpA
Italy
282
2002
LG Petrobank
Poland
Nordea
Sweden
118
2002
Momentum Asset Managment
United Kingdom
Unicredito Italiano
Germany
110
2002
Iridian Asset Management
United States
Bank of Ireland
Ireland-Rep
177
2002
Cogent (Investment Operations)
Australia
BNP Paribas
France
359
2002
Medford Bancorp
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
283
2002
Grupo Financiero BBVA Bancomer
Mexico
BBVA
Spain
226
2002
Carinord 1
Italy
Intesa
Italy
171
2002
Arnhold & S Bleichroeder
United States
Natexis Banques Populaires
France
104
252
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Jahr
Target
Targetland
Bieter
Bieterland
Tx.-Vol. (in Mio. USD)
2002
Legal & General Bank
United Kingdom
Northern Rock
United Kingdom
201
2002
Grupo Financiero Bital
Mexico
HSBC
United Kingdom
1.135
2002
Commonwealth Bancorp
United States
Royal Bank of Scotland
United Kingdom
450
2002
Europay Norge
Norway
Skandinaviska Enskilda Banken
Sweden
135
2002
Facet
France
BNP Paribas
France
848
2002
Ergoinvest
Greece
EFG Eurobank Ergasias
Greece
113
2002
Household International
United States
HSBC
United Kingdom
2002
Branches of Capitalia (135)
Italy
Banca Carige
Italy
120
2002
Banco di Chiavari e della Riviera Ligure
Italy
Banca Popolare di Lodi Scarl
Italy
405
2002
Crédit Lyonnais
France
Crédit Agricole
France
2002
Nordlandsbanken
Norway
DnB Holding
Norway
147
2002
Deutsche-Real Estate Finance
Germany
Eurohypo
Germany
189
2003
Gjensidige NOR
Norway
Den Norske Bank Holding
Norway
2.725
2003
Banco Zaragozano
Spain
Barclays Bank
Spain
1.298
2003
Alpha Investments
Greece
Alpha Bank
Greece
215
2003
Entenial
France
Crédit Foncier de France
France
511
2003
Bank of Bermuda
Bermuda
HSBC
United Kingdom
2004
General Hellenic Bank
Greece
Société Générale
France
2004
Abbey National
United Kingdom
BSCH
Spain
15.294
16.243
1.199 110 15.787
* Auf Grund der Übernahme bzw. der Fusion der Bieterbank innerhalb der drei Jahre nach der Transaktion werden die drei gekennzeichneten Transaktionen nur im Rahmen der kurzfristigen, nicht jedoch im Rahmen der mittel-/langfristigen Analyse berücksichtigt, um verzerrende Effekte zu vermeiden.
4.2 Verwendetes Datensample
253
Das Sample bleibt jedoch für diese Analyse nicht auf die im ersten Schritt für die kurzfristige Analyse identifizierten Transaktionen beschränkt. Da im Rahmen der mittel-/ langfristigen Betrachtung nur die Bieterbank über ein Börsenlisting verfügen muss, können für den Zeitraum zwischen 1994 und 2002 neben den für die kurzfristige Analyse selektierten Bankentransaktionen weitere identifiziert werden.12 Diese Transaktionen sind in der Tabelle 4.1 zusätzlich dargestellt. Insgesamt umfasst das gesamte Sample auf Basis der beschriebenen Selektionskriterien für die mittel-/langfristige Ereignisstudie damit 225 Transaktionen. Diese beinhalten – entsprechend der vorhergehenden Beschreibung – alle grau hinterlegten Transaktionen bis einschließlich 200213 sowie alle zusätzlichen, für die mittel-/langfristige Analyse relevanten Transaktionen.14 Bereits zuvor wurde bei der Betrachtung der potenziellen Schwächen bisheriger Arbeiten auf die Problematik hingewiesen, dass im Rahmen der bisherigen Forschung sog. „Multi-Bidders“ (also Bieterbanken, die wiederholt Transaktionen durchführen bzw. entsprechende Programme für kontinuierliches externes Wachstum initiiert haben) auf Grund methodischer Probleme nicht berücksichtigt werden. Gerade diese können jedoch u.U. auf Grund ihrer (wiederholten) Transaktionserfahrung ggf. deutlich positive abnormale Renditen erwirtschaften.15 Dieser Kritik Rechnung tragend werden daher hier keine Transaktionen von Multi-Bidders aus dem betrachteten Sample entfernt.16 Während im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie keine Verfälschungen der Ergebnisse durch die Berücksichtigung von Multi-Bidders, sondern vielmehr eine exaktere Erfassung der Wertschaffung zu erwarten sind, können im Rahmen der mittel-/ langfristigen Analyse bei einer Vielzahl von Transaktionen ggf. deutliche Überlappungen der analysierten Performance innerhalb der 36 Monate zu Verfälschungen der Er-
12
13
14
15 16
Hier kam es zu Transaktionen von gelisteten Bieterbanken mit nicht börsengelisteten Targets bzw. für die Targets war keine ausreichende Datenverfügbarkeit gegeben, um sie im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie zu berücksichtigen. Mit Ausnahme der drei zuvor genannten und in der Tabelle entsprechend gekennzeichneten Transaktionen. Zu den 225 Transaktionen kommen die drei im Rahmen der mittel-/langfristigen Ereignisstudie nicht berücksichtigten Transaktionen sowie sieben nach 2002 stattgefundene (und damit nur im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie berücksichtigte Transaktionen) dazu, so dass sich ein Gesamtsample von 235 Transaktionen ergibt. Vgl. hierzu Pilloff und Santomero (1998). Dies entspricht dem Vorgehen auch bei Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Beitel (2002).
254
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
gebnisse führen.17 Auf Grund dessen wird bei der Analyse der mittel-/langfristigen Performance im Rahmen dieser Arbeit der Effekt der Multi-Bidders durch die Betrachtung entsprechender Subsamples explizit herausgearbeitet. 4.2.2
Anmerkungen zum Datensample
Die große Zahl der betrachteten Transaktionen erfordert einige weitergehende Anmerkungen und Erklärungen zum allgemeinen Vorgehen, insbesondere aber auch zu einigen wenigen Sonderfällen, die im Folgenden dargestellt werden. Auf Basis der beschriebenen Selektionskriterien wurden die zuvor aufgelisteten Transaktionen mit ihren Merkmalen ermittelt. Für die Analyse im Rahmen der Ereignisstudie war es erforderlich, für die einzelnen Transaktionen zusätzlich Performancedaten zu erheben. Hierzu erfolgte nicht nur der Rückgriff auf die reine Aktienkursentwicklung, sondern es wurde der sog. Total Return Index (TRI) verwendet. Dieser von Datastream errechnete Index berücksichtigt neben der Kursentwicklung der betrachteten Aktien u.a. die Dividendenzahlungen sowie Kapitalmaßnahmen und spiegelt damit den „Total Return“ eines Anlegers wider. Die TRI-Daten werden sowohl für die analysierten Transaktionspartner als auch für die relevanten Bankenindizes ermittelt und stellen die Basis für die Ereignisstudien dar. Hierbei ist jedoch erneut zwischen der kurz- und der mittel-/langfristigen Analyse zu unterscheiden: Für die kurzfristige Ereignisstudie werden tägliche TRI-Daten verwendet, während für die mittel-/langfristige Ereignisstudie monatliche TRI-Daten analysiert werden.18 Die TRI-Daten ebenso wie Daten zur Marktkapitalisierung werden von Datastream bereitgestellt. Weitere benötigte Daten zu Bilanzkennzahlen der Transaktionspartner (bspw. Market-to-BookRatio-Daten) wurden auf Basis von Bloomberg ermittelt. Zur Erhebung dieser Daten war es erforderlich, die Aktiencodes der einzelnen Transaktionspartner zu bestimmen. Für die Ermittlung sog. „Deadcodes“, d.h. Aktiencodes der Unternehmen, die ein Delisting nach vollendeter M&A-Transaktion erfahren haben (wie es insb. für die Targets nach kompletter Übernahme häufig vorkommt), wurde dabei auf die Applikation Datastream DS Windows zurückgegriffen. Weitere fehlende Aktiencodes wurden mit Hilfe von Datastream in Frankfurt/Main ergänzt. 17 18
Diese werden z.B. dokumentiert bei Antoniou und Zhao (2004). Dies entspricht dem Vorgehen im Rahmen der bisherigen (jüngeren) Forschung. Vgl. hierzu die im vorherigen Abschnitt genannten Übersichten sowohl zu den kurz- als auch den mittel-/langfristigen Ereignisstudien.
4.2 Verwendetes Datensample
255
Im Rahmen der Ereignisstudien ist zur Bestimmung der abnormalen Renditen ein Börsenlisting der Transaktionspartner (wie zuvor im Rahmen der Selektionskriterien beschrieben) erforderlich. Für die Bank Pekao, die im Jahr 1999 von der italienischen UniCredit-Gruppe übernommen wurde, sind auf Grund des erst im Jahr 1998 erfolgten Börsenlistings Pekaos nicht für die gesamte Schätzperiode des Marktmodells (252 Handelstage), sondern nur für 228 Handelstage die entsprechenden Kursinformationen vorhanden. Die Schätzung der Regressionsparameter wird daher in diesem Sonderfall mit diesen 228 Handelstagen durchgeführt.19 Ein weiterer Sonderfall betrifft den verwendeten Benchmarkindex: Grundsätzlich wird als Benchmark der nationale Bankenindex von Datastream verwendet. Im Fall der Übernahme der Bank of Bermuda durch die HSBC (im Jahr 2003) steht jedoch kein entsprechender lokaler Index zur Verfügung. Daher wird in diesem Sonderfall der von Datastream ermittelte weltweite Bankenindex („World DS Banks“) zur Berechnung der abnormalen Renditen angewendet. Eine weitere Besonderheit stellt die Transaktion zwischen der Lloyds Bank und der TSB Group im Jahr 1995 dar. Wie bereits von Beitel (2002) herausgestellt, wird im Rahmen der hier verwendeten Quellen/Datenbanken die TSB Group als Käuferbank und die Lloyds Bank als Target angegeben. Juristisch wurde die Lloyds Bank in der Tat in die Struktur der TSB Group aufgenommen, de facto kontrollierten die Lloyds-Aktionäre jedoch ca. 70% des neuen Unternehmens nach der Transaktion und die TSB-Aktionäre nur ca. 30%. Aus diesen Gründen wird die TSB Group im Rahmen der folgenden Analysen (sowohl der kurz- als auch der mittel-/langfristigen Analyse) als Target und die Lloyds Bank als Käuferbank betrachtet.20
19 20
Für eine vertiefende Darstellung der Methodik vgl. die Ausführungen im folgenden Abschnitt. Vgl. auch Beitel (2002), S. 169.
256
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner In Kapitel 2.2.1 wurde bereits ein erster Überblick über den bisherigen Status der Konsolidierung in der europäischen Bankenindustrie gegeben. Das zuvor beschriebene Datensample mit dem Fokus auf die (volumenmäßig) relevanten europäischen Bankentransaktionen erlaubt im Rahmen dieses Kapitels jedoch eine weitergehende Analyse der Schwerpunkte bisheriger Transaktionen sowie der Charakteristika der jeweiligen Transaktionspartner. Abbildung 4.1 gibt in diesem Zusammenhang zunächst einen Überblick über die Entwicklung der Anzahl der Transaktionen sowie der Transaktionsvolumina des betrachteten Datensamples über den Zeitraum von 1994 bis 2002.21 Das hier betrachtete Sample relativ großer europäischer Bankentransaktionen erfährt eine vergleichbare Entwicklung wie das in Kapitel 2.2.1 beschriebene Sample aller Transaktionen (einschließlich der deutlich kleineren Transaktionen):22 Nachdem die Transaktionsvolumina zu Beginn der 90er Jahre noch relativ gering waren, setzte Mitte der 90er Jahre der beschriebene Konsolidierungsprozess auch zwischen den großen Banken Europas im Zuge der fortschreitenden EU-Integration ein. Seinen Höhepunkt erreichte dieser Prozess dann mit einem Gesamttransaktionsvolumen von ca. 133 Mrd. USD im Jahre 1999 (dem Jahr der Umsetzung der zweiten Phase der Währungsunion). Verglichen mit den bescheidenen 8 Mrd. USD nur fünf Jahre zuvor im Jahr 1994 unterstreicht dies die Dynamik der Konsolidierung. Mit dem Einbruch der Kapitalmärkte kam es zu einem deutlichen Rückgang der Transaktionsvolumina in den Jahren 2001 und 2002. Doch auch in diesen beiden Jahren lag das gesamte Transaktionsvolumen noch signifikant über dem Niveau von Mitte der 90er Jahre (vor dem
21
22
Die Betrachtung endet mit dem Jahr 2002, da im Rahmen des zuvor abgegrenzten Samples in den Jahren 2003 und 2004 nur noch Transaktionen Berücksichtigung finden, für die sowohl ein Listing des Targets als auch der Bieterbank besteht (im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie). Auf Grund des umfassenderen Samples zwischen 1994 und 2002 (das für die mittel-/langfristige Ereignisstudie auch Transaktionen berücksichtigt, die nur ein Listing der Bieterbank aufweisen) würde eine Darstellung der Daten für die Jahre 2003 und 2004 zu Verzerrungen führen. Angesichts der hohen volumenmäßigen Bedeutung der relativ großen Transaktionen für die Gesamttransaktionsvolumina war dies entsprechend zu erwarten. In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die unterschiedlichen Definitionen der beiden Samples hingewiesen. Vgl. hierzu auch die vorhergehenden Ausführungen zu den Selektionskriterien sowie den Abschnitt 2.2.1.
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner
257
133,3
84,0
53,8
53,4 40,6
27,2
26,5 CAGR
10,3
8,0
1994 1995 1996
1997 1998 1999 2000 2001 2002
Tx.-Vol. (in Mrd. USD)
8,0
27,2
10,3
53,8
Anzahl Transaktionen
10
21
14
26
28
40
Durchschn. Vol. pro Tx. (in Mrd. USD)
0,8
1,3
0,7
2,1
1,9
3,3
Abb. 4.1:
53,4 133,3
1994– Gesamt 2002
84,0 26,5
40,6
437,0
22,6%
34
27
28
228
13,7%
2,5
1,0
1,5
1,9
7,8%
Entwicklung Transaktionsvolumina und Anzahl Transaktionen zwischen 1994 und 200223
Einsetzen der Konsolidierungswelle). Insgesamt ergibt sich selbst auf dem deutlich reduzierten Niveau im Jahr 2002, das durch die schwierige Situation an den internationalen Kapitalmärkten und einem entsprechend negativen Sentiment insbesondere für die großen Bankentransaktionen geprägt war, im Vergleich zu 1994 ein immer noch rasantes Wachstum der Transaktionsvolumina von ca. 23% p.a. Eine vergleichbare Entwicklung zeigen die Anzahl der Transaktionen sowie die durchschnittlichen Transaktionsvolumina: Die Anzahl dieser (volumenmäßig relativ großen) Transaktionen erreichte mit insgesamt 40 ebenfalls im Jahr 1999 den Höhepunkt. Seit dem Beginn des Konsolidierungsprozesses im Jahr 1997 können jedes Jahr (selbst nach dem Einbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 und 2002) ca. 30 große Bankentransaktionen in Europa beobachtet werden. Im Vergleich zum Jahr 1994 (mit nur zehn Transaktionen) steigt die Anzahl der jährlichen Transaktionen über den Betrachtungszeitraum damit 23
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg.
258
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
um ca. 15% p.a. Dies zeigt, dass der Konsolidierungsprozess in den letzten Jahren relativ kontinuierlich mit einer hohen Anzahl von Transaktionen (die nur zu den Boomzeiten der Jahre 1999 und 2000 noch höher lag) stattfand und die entsprechende Konsolidierungsdynamik ungebrochen war. Eine analoge Entwicklung zeigt die durchschnittliche Transaktionsgröße. Lag das durchschnittliche Volumen 1994 noch bei ca. 800 Mio. USD, lag es 2002 schon bei 1,5 Mrd. USD. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von ca. 8%. Über den gesamten Betrachtungszeitraum liegt das durchschnittliche Volumen sogar bei ca. 1,9 Mrd. USD. Dies unterstreicht, dass das hier betrachtete Sample relativ große Transaktionen im Fokus hat. Einen noch detaillierteren Überblick gibt Tabelle 4.2, die auf den geographischen Fokus der Transaktionen eingeht. Hierbei wird der deutliche Anstieg der Cross-borderTransaktionen noch einmal unterstrichen.24 Lag der Anteil der Cross-border-Transaktionen am gesamten Transaktionsvolumen im Jahr 1994 bei nur ca. 13%, erreichte er 2002 ca. 49%. Über den gesamten Betrachtungszeitraum von 1994 bis 2002 lag er bei ca. 44% – mit einem Spitzenwert von ca. 88% im Jahr 2000. Noch deutlicher wird die Bedeutung der Cross-border-Transaktionen bei der Betrachtung der Anzahl der Transaktionen. 1994 machten Cross-border-Transaktionen so nur ca. 20% der Transaktionen aus, im Jahr 2002 lag der Anteil bei ca. 57%. Über den gesamten Betrachtungszeitraum erreichte er ca. 61%.25 Diese Zahlen verdeutlichen die hohe Relevanz der Cross-border-Transaktionen in der europäischen Bankenindustrie, die mit dieser zunehmenden Europäisierung/Internationalisierung einen Prozess (nach)vollzieht, der bereits in einer Vielzahl anderer Industrien zu beobachten ist.26 Auffällig ist hierbei, dass der Anteil der Cross-borderTransaktionen mit durchschnittlich 44% gemessen am Volumen und sogar 61% gemessen an der Anzahl der Transaktionen deutlich über den entsprechenden Anteilen des in Kapitel 2.2.1 betrachteten Samples (das auch kleinere Transaktionen mit ein-
24 25
26
Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt 2.2.1. Beitel (2002) findet für das von ihm betrachtete Sample einen Cross-border-Anteil von ca. 43% gemessen an der Anzahl der Transaktionen und von ca. 34% gemessen am gesamten Transaktionsvolumen. Sein Sample berücksichtigt dabei einen Zeitraum von 1987 bis 2000. Bis Mitte der 90er Jahre sind dabei kaum Cross-border-Transaktionen zu beobachten. Ab diesem Zeitpunkt, der im Fokus der Analyse dieser Arbeit steht, decken sich die Ergebnisse trotz abweichender Sampledefinition qualitativ mit den hier vorgestellten Ergebnissen. Vgl. Conn et al. (2003).
27
10
Gesamt 21
12 8 4
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg.
12,8% 0,0% 12,8%
20,0% 0,0% 20,0%
Anteil nach Volumen (gesamt) cross-border in der EU cross-border außerh. EU
Anteil nach Anzahl Tx. (ges.) cross-border in der EU cross-border außerh. EU 57,1% 38,1% 19,0%
29,4% 22,5% 6,9%
1.294
797
Anteil Cross-border-Transaktionen
Gesamt
667 766 468
2.132
868 512 0 512
heimisch/national
cross-border (gesamt) cross-border in der EU cross-border außerh. EU
64,3% 14,3% 50,0%
56,2% 15,8% 40,4%
736
644 813 596
65,4% 30,8% 34,6%
29,0% 19,7% 9,3%
2.068
916 1.324 553
4.245
26
14 903
17 8 9
9
53.777
15.576 10.594 4.981
38.202
1997
9 2 7
5
10.307
5.794 1.625 4.169
4.513
1996
Durchschnittliches Volumen pro Transaktion (in Mio. USD)
8 2 0 2
heimisch/national
cross-border (gesamt) cross-border in der EU cross-border außerh. EU
9
27.184
7.965
Anzahl Transaktionen
Gesamt
8.000 6.130 1.870
6.942
1.023 0 1.023
heimisch/national 19.184
1995
cross-border (gesamt) cross-border in der EU cross-border außerh. EU
Transaktionsvolumina (in Mio. USD)
60,7% 21,4% 39,3%
31,5% 6,5% 25,0%
1.907
991 579 1.215
3.323
28
17 6 11
11
53.392
16.844 3.474 13.370
36.548
1998
60,0% 37,5% 22,5%
27,0% 18,0% 9,0%
3.332
1.500 1.602 1.329
67,6% 20,6% 47,1%
87,7% 28,7% 59,0%
2.471
3.204 3.449 3.096
940
34
40 6.080
23 7 16
11
84.023
73.682 24.141 49.541
10.341
2000
24 15 9
16
133.261
35.989 24.027 11.962
97.273
1999
70,4% 40,7% 29,6%
61,9% 20,5% 41,4%
982
864 495 1.372
1.263
27
19 11 8
8
26.517
16.414 5.441 10.973
10.103
2001
57,1% 25,0% 32,1%
48,9% 3,3% 45,6%
1.450
1.242 193 2.058
1.727
28
16 7 9
12
40.595
19.867 1.348 18.519
20.728
2002
61,0% 28,1% 32,9%
44,2% 17,6% 26,6%
1.917
1.390 1.200 1.552
2.740
228
139 64 75
89
437.023
193.189 76.780 116.408
243.834
Gesamt
14,0% – 6,1%
18,2% – 17,2%
7,8%
11,7% – 19,0%
9,0%
13,7%
29,7% – 20,7%
5,2%
22,6%
44,9% – 43,6%
14,7%
CAGR
27
1994
Tabelle 4.2: Überblick über den geographischen Fokus der betrachteten Transaktionen27
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner 259
260
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
schließt und Werte von 36% bzw. 40% umfasst) liegt. Besonders die volumenmäßig umfangreichen Transaktionen scheinen daher zunehmend grenzüberschreitend stattzufinden. Dieser konstant hohe Anteil der Cross-border-M&A-Tätigkeit zeigt (für viele vermutlich überraschend) deutlich, dass es sich hierbei nicht um einige wenige Einzelfälle handelt, sondern dass in der europäischen Bankenlandschaft grenzüberschreitende Schritte insbesondere bei größeren Transaktionen (nicht zuletzt auch infolge der bereits in Kapitel 2 beschriebenen weit vorangeschrittenen Konsolidierung der nationalen Bankenmärkte) inzwischen zum Alltag gehören. Darüber hinaus unterstreicht auch eine Analyse der Wachstumsraten der Gesamttransaktionsvolumina, der Anzahl der Transaktionen sowie der Entwicklung der durchschnittlichen Transaktionsvolumina der Cross-border-Transaktionen die hohe Bedeutung der Cross-border-Konsolidierungsaktivitäten: Über den Betrachtungszeitraum von 1994 bis 2002 wuchsen die Cross-border-Transaktionen gemessen am Gesamtvolumen mit ca. 45%, während nationale Transaktionen nur mit ca. 15% wuchsen. Gemessen an der Anzahl der Transaktionen stiegen Cross-border-Transaktionen mit ca. 30% und nationale Transaktionen mit nur ca. 5%. Cross-border-Transaktionen hatten damit einen zentralen Anteil am beschriebenen rasanten Konsolidierungsprozess zwischen Europas Banken. Neben dieser grundsätzlichen Betrachtung der Bedeutung von Cross-border-Transaktionen im Vergleich zu nationalen Transaktionen zeigt Tabelle 4.2 darüber hinaus die weitere Differenzierung der Cross-border-Transaktionen in solche, die innerhalb der EU stattfinden, und solche, die ein Target außerhalb der EU betreffen. Bereits zuvor wurde von einer zunehmenden Europäisierung und Internationalisierung der Bankenindustrie durch grenzüberschreitende Transaktionen gesprochen. Die Analyse zeigt in diesem Zusammenhang, dass Übernahmen außerhalb Europas ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der Anteil außereuropäischer Cross-border-Transaktionen am Gesamtvolumen bzw. der Gesamtzahl der Transaktionen zwischen 1994 und 2002 liegt so über dem Anteil innereuropäischer Cross-border-Transaktionen. Jüngst sind darüber hinaus zunehmend volumenmäßig umfangreiche Transaktionen außerhalb Europas zu beobachten. Es handelt sich somit bei diesen Internationalisierungsschritten nicht mehr nur um marginale Expansionsschritte, sondern um gezielte Investitionen in zukünftiges Wachstum durch europäische Großbanken, die ein zunehmend höheres Volumen umfassen und auch anzahlmäßig häufiger zu beobachten sind.
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner
261
Tabelle 4.3: Nationalitäten der Targets im Überblick28 Nationalität der Targets (EU-15-Länder, Norwegen, Schweden und Andere) der 228 Tx.
Anzahl Anteil (%)
Anzahl Anteil (%)
AU
BE
DE
FI
FR
GE
GR
IR
IT
LU
4
6
4
4
8
11
9
0
32
1
1,8
2,6
1,8
1,8
3,5
4,8
3,9
0,0
14,0
0,4
NL
NO
PO
ES
SE
SW
UK
And.
Gesamt
5
8
4
5
6
3
22
96
228
2,2
3,5
1,8
2,2
2,6
1,3
9,6
42,1
100
Legende: AU = Österreich, BE = Belgien, DE = Dänemark, FI = Finnland, FR = Frankreich, GE = Deutschland, GR = Griechenland, IR = Irland, IT = Italien, LU = Luxemburg, NL = Niederlande, NO = Norwegen, PO = Portugal, ES = Spanien, SE = Schweden, SW = Schweiz, UK = United Kingdom, And. = Andere.
Insgesamt zeigt die vorhergehende Analyse somit die konsequente Europäisierung und Internationalisierung europäischer Banken. Es stellt sich jedoch die Frage, aus welchen Ländern diese Konsolidierung getrieben wird und in welchen Ländern die meisten Transaktionen stattfinden. Die Tabellen 4.3 und 4.4 geben in diesem Zusammenhang einen Überblick über die Nationalität von Targets und Bieterbanken. Unterschieden werden für die Targets neben den EU-15-Ländern die Schweiz und Norwegen.29 Die Vielzahl der weiteren Targetländer des zuvor aufgelisteten Samples, die gemäß der beschriebenen Selektionskriterien weltweit zu finden sind, wird unter „Andere“ zusammengefasst. Mit ca. 14% bzw. ca. 10% lag ein Schwerpunkt der M&A-Tätigkeit in Italien und UK. 32 bzw. 22 Targets kamen aus diesen beiden Ländern. Wie bereits die vorhergehenden Ausführungen verdeutlicht haben, fand jedoch mit 96 Transaktionen (oder ca. 42%) ein Großteil der M&A-Tätigkeit europäischer Banken außerhalb der EU-15Länder und Norwegen/Schweiz statt. Hierbei standen insbesondere Transaktionen mit Targets aus den USA (41 Transaktionen) im Vordergrund. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Übernahme von im Corporate und Investment Banking bzw.
28 29
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg. Dies entspricht der Abgrenzung der Nationalitäten der Bieterbanken wie sie als Selektionskriterien des Datensamples definiert wurden.
262
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.4: Nationalitäten der Bieterbanken im Überblick30 Nationalität der Bieterbanken (EU-15-Länder, Norwegen und Schweden) der 228 Tx. AU
BE
DE
FI
FR
GE
GR
IR
IT
LU
6
14
3
4
19
19
10
3
37
2
2,6
6,1
1,3
1,8
8,3
8,3
4,4
1,3
16,2
0,9
NL
NO
PO
ES
SE
SW
UK
Anzahl
18
5
3
22
11
12
40
228
Anteil (%)
7,9
2,2
1,3
9,6
4,8
5,3
17,5
100
Anzahl Anteil (%)
Gesamt
Legende: AU = Österreich, BE = Belgien, DE = Dänemark, FI = Finnland, FR = Frankreich, GE = Deutschland, GR = Griechenland, IR = Irland, IT = Italien, LU = Luxemburg, NL = Niederlande, NO = Norwegen, PO = Portugal, ES = Spanien, SE = Schweden, SW = Schweiz, UK = United Kingdom.
Asset Management tätigen Banken sowie der Akquisition anderer spezialisierter Bankhäuser, mit dem Ziel der fokussierten Stärkung dieser Bereiche.31 Neben diesen Wachstumsschritten in den USA lag ein weiterer geographischer Schwerpunkt der M&A-Tätigkeiten europäischer Banken auf den Märkten in Osteuropa und Asien.32 Für die Bieterbanken kann konstatiert werden, dass ein Schwerpunkt in UK (mit ca. 18% oder 40 Transaktionen), in Italien (mit ca. 16% oder 37 Transaktionen), in Spanien (mit ca. 10% oder 22 Transaktionen), in Deutschland (mit ca. 8% oder 19 Transaktionen) und in Frankreich (mit ca. 8% oder 19 Transaktionen) lag. Der Konsolidierungsprozess innerhalb Europas wurde somit in den vergangenen Jahren ganz wesentlich durch Banken aus den großen EU-Mitgliedsländern getrieben, die auch bedingt durch ihre Größe auf dem heimischen Markt in der Lage waren, umfangreiche Cross-border-Transaktionen durchzuführen. Die folgenden Analysen im Rahmen der mittel-/langfristigen Ereignisstudie zeigen in diesem Zusammenhang, dass eine Vielzahl von Transaktionen von sog. Multi-Bidders durchgeführt wurde, d.h. Banken, die eine konsequente Expansionsstrategie auf Basis kontinuierlichen externen Wachstums verfolgen.
30 31 32
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg. Zusätzlich können einige gezielte Übernahmen von regionalen Retailbanken festgestellt werden. Auf Grund des Europa-Fokus dieser Arbeit werden im Folgenden die Ergebnisse für Targets aus Ländern außerhalb der EU-15 und Norwegen/Schweiz aggregiert unter der Kategorie „Andere“ zusammengefasst.
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner
263
Neben dem geographischen Fokus ist der Aktivitätsfokus eine weitere wichtige zu betrachtende Dimension im Rahmen von M&A-Transaktionen. Beitel (2002) unterscheidet so bspw. Transaktionen nach Bank-Bank, Bank-Versicherung und BankFinanzdienstleister. Auf Grund des hier gewählten Datensamples werden keine Versicherungen in die Betrachtung mit einbezogen, da diese (insb. hinsichtlich des Gesamtsamples) zu deutlichen Ergebnisverzerrungen führen könnten. Nichtsdestotrotz wird auch im Rahmen dieser Arbeit der Aktivitätsfokus berücksichtigt: So wird zwischen Bank-Bank-Transaktionen und Bank-Spezialinstitut-Transaktionen unterschieden. Als Spezialinstitute werden im Rahmen dieser Arbeit alle Unternehmen verstanden, die als Banken einen klaren Geschäftsfokus auf einen bestimmten Bereich (bspw. das Asset Management) haben bzw. als Nicht-Bank (z.B. als Investmentunternehmen) ohnehin nur in einem Bereich tätig sind.33 In der bereits von der Analyse des geographischen Fokus bekannten Struktur gibt Tabelle 4.5 einen Überblick über die Bedeutung von Bank-Bank- bzw. Bank-Spezialinstitut-Transaktionen. Bank-Bank-Transaktionen machen hiernach sowohl gemessen an den Volumina als auch gemessen an der Anzahl der Transaktionen klar die Mehrzahl der Transaktionen aus. Die Übernahmen von Spezialinstituten umfassen danach nur ca. 18% vom Gesamttransaktionsvolumen bzw. ca. 29% der Anzahl der Transaktionen. Dieser Anteil schwankt dabei im Zeitverlauf zwischen 1994 und 2002, so dass sich keine eindeutige Tendenz bspw. zu vermehrt diversifizierenden Transaktionen (mit entsprechenden Spezialinstituten als Target) ergibt. Wie vor dem Hintergrund der Struktur dieser beiden Transaktionstypen zu erwarten war, fällt ein deutlicher Größenunterschied zwischen beiden Transaktionstypen auf. Während Bank-Bank-Transaktionen hiernach im Schnitt ein Volumen von ca. 2,2 Mrd. USD haben, liegt dieses bei der Übernahme von Spezialinstituten bei nur 1,2 Mrd. USD. Anhand dieser Zahlen ergibt sich bereits ein Verständnis der Transaktionsgröße des hier betrachteten Samples. Tabelle 4.6 geht ergänzend hierzu auch noch auf die Größenverhältnisse der Transaktionspartner selbst ein. Hierbei wird die (relative)
33
Die Klassifizierung anderer Finanzdienstleister/Nicht-Banken als Spezialinstitut beruht dabei im Wesentlichen auf der entsprechenden SDC-Definition. Für die Klassifizierung von Banken als Spezialinstitut wurde neben der Betrachtung der SDC-Definition eine detaillierte Analyse der verschiedenen Targets auf Basis entsprechender Unternehmenspublikationen (wie Geschäftsberichte) durchgeführt, die eine entsprechende Einschätzung des Geschäftsfokus ermöglichen.
34
21
2
10
Bank-Spezialinstitut
Gesamt 14
5
9
10.307
4.949
5.358
1996
1.294
797
1.615
492
739
1.027
Quelle: Eigene Darstellung, Thomson Financial SDC, Bloomberg.
25,8%
20,0%
Anteil nach Volumen (gesamt)
Anteil nach Anzahl Tx. (gesamt) 28,6%
10,9%
Anteil Bank-Spezialinstitut-Transaktionen
Gesamt
Bank-Spezialinstitut
Bank-Bank
35,7%
48,0%
736
990
595
30,8%
4,3%
2.068
292
2.858
26
8
18
53.777
2.339
51.438
1997
Durchschnittliches Volumen pro Transaktion (in Mio. USD)
6
8
Bank-Bank 15
27.184
7.965
Gesamt
Anzahl Transaktionen
2.954
2.055
24.230
5.910
Bank-Spezialinstitut
1995
Bank-Bank
Transaktionsvolumina (in Mio. USD)
25,0%
25,1%
1.907
1.912
1.905
28
7
21
53.392
13.384
40.008
1998
20,0%
3,5%
3.332
585
4.018
40
8
32
133.261
4.681
128.580
1999
29,4%
45,7%
2.471
3.839
1.902
34
10
24
84.023
38.385
45.638
2000
29,6%
23,2%
982
771
1.071
27
8
19
26.517
6.165
20.352
2001
46,4%
9,3%
1.450
289
2.456
28
13
15
40.595
3.762
36.834
2002
29,4%
18,0%
1.917
1.174
2.226
228
67
161
437.023
78.673
358.349
Gesamt
11,1%
–12,0%
7,8%
–14,6%
16,2%
13,7%
26,4%
8,2%
22,6%
7,9%
25,7%
CAGR
34
1994
Tabelle 4.5: Überblick über den Aktivitätsfokus der betrachteten Transaktionen34
264 4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
4.3 Schwerpunkte der Transaktionen und Charakteristika der Transaktionspartner
265
Tabelle 4.6: Überblick über die Größe der Transaktionspartner (in Mio. USD)35 Bieterbank
Target Durchschn. Marktkap.
Durchschn. Verhältnis Targets zu Bieterbanken
3.858
772
17,85%
4.667
13.671
1.139
24,41%
27.338
9.113
3.305
1.102
12,09%
1997
93.421
8.493
44.066
4.006
47,17%
1998
169.733
15.430
35.527
3.230
20,93%
1999
351.190
17.559
122.799
6.140
34,97%
2000
449.485
28.093
58.055
3.628
12,92%
2001
280.653
40.093
5.910
844
2,11%
2002
250.619
62.655
21.577
5.394
8,61%
2003
182.179
36.436
5.346
1.069
2,93%
70.666
35.333
13.110
6.555
18,55%
1.952.899
20.343
327.223
3.409
16,76%
Jahr
Gesamte Marktkap.
Durchschn. Marktkap.
1994
21.613
4.323
1995
56.003
1996
2004 Gesamt
Gesamte Marktkap.
Größe der Transaktionspartner nach den jeweiligen Jahren auf Basis der jeweiligen Marktkapitalisierung von Bieterbanken und Targets dargestellt.36 Insgesamt zeigt die Darstellung, dass die Bieterbanken mit einer durchschnittlichen Marktkapitalisierung von 20.343 Mio. USD eine beachtliche Größe aufweisen. Die Targets erreichen hingegen nur eine durchschnittliche Größe von 3.409 Mio. USD. Hierbei ist für beide Gruppen über die Jahre hinweg auf eine erhebliche Größenvarianz (getrieben durch einzelne Transaktionen) hinzuweisen. Insgesamt ergibt sich jedoch insbesondere für die Bieterbanken, aber auch für die Targets, eine deutliche Zunahme der Größe. Das Größenverhältnis erreicht dabei für das Gesamtsample ca. 17%, wonach die Bieterbanken im Durchschnitt über den Zeitraum von 1994 bis 2002 ca. sechsmal größer sind als die Targets.
35 36
Quelle: Eigene Darstellung, Datastream. Die Marktkapitalisierung bezieht sich hierbei auf den Tag der Ankündigung der Transaktion bzw. (falls an diesem Tag kein Handel stattfand) auf den Vortag. Die Daten beruhen auf Datastream.
266
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.7: Ausgewählte empirische Studien zu Bankentransaktionen im Überblick37 Studien mit europ. Fokus
Studien mit US-Fokus
Diese Studie
ID (2005)
B (2002)
CO (2000)
Anzahl der betrachteten Transaktionen
228
102
98
54*
Durchschn. Tx.-Vol. (in Mio. USD)
1.917
1.644
3.343
1.612
S (1996)
P (1996)
Z (1995)
HR (1994)
19
48
107
153
2.774
N/A
N/A
N/A
Legende: N/A = nicht angegeben, ID = Ismail und Davidson (2005), B = Beitel (2002), CO = CyboOttone und Murgia (2000), S = Siems (1996), P = Pilloff (1996), Z = Zhang (1995), HR = Houston und Ryngaert (1994). * Betrachtet werden 46 vollendete Transaktionen und acht abgesagte Transaktionen.
Abschließend für diesen Abschnitt hilft Tabelle 4.7 noch einmal die Arbeit in Bezug auf das verwendete Datensample in den wissenschaftlichen Forschungskontext einzuordnen. In Anlehnung an die Arbeiten von Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Beitel (2002) wird die von diesen verwendete Tabelle fortgeschrieben.38 Dieser Überblick zeigt die im Rahmen zentraler Arbeiten aus den USA und Europa mit Fokus auf Bankentransaktionen betrachteten Samples. Im Vergleich zu den bisherigen Studien verwendet diese Arbeit im Zuge der kurz- und mittel-/langfristigen Ereignisstudie mit insgesamt 235 Transaktionen ein Datensample, das mehr als doppelt so groß ist, wie die jüngsten Studien. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen bewegt sich dabei mit ca. 1,9 Mrd. EUR im Rahmen der Arbeit von Ismail und Davidson (2005). Im Vergleich zu Beitel (2002) und Cybo-Ottone und Murgia (2000) ist es geringer, da im Rahmen der mittel-/langfristigen Analyse auch Transaktionen Berücksichtigung finden, bei denen kein Listing des Targets gegeben sein muss. Gerade diese Transaktionen sind jedoch in einigen Fällen volumenmäßig deutlich kleiner. Insgesamt unterstreicht dieser Vergleich noch einmal den umfassenden Charakter des gewählten Datensamples, was auf eine entsprechende Robustheit der abgeleiteten Ergebnisse schließen lässt.
37
38
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Beitel (2002), S. 157 und Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 838. Vgl. Beitel (2002), S. 157 und Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 838.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
267
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung Nach der vorhergehenden Ableitung zentraler Charakteristika der Transaktionspartner sowie der Schwerpunkte der M&A-Tätigkeit im europäischen Bankensektor erfolgt im Rahmen der folgenden Abschnitte die Durchführung der kurzfristigen Ereignisstudie aller relevanten Bankentransaktionen (entsprechend der zuvor festgelegten Kriterien) im Zeitraum von 1994 bis 2004. In Abschnitt 4.4.1 wird hierzu zunächst auf das verwendete Untersuchungsmodell sowie die Testverfahren eingegangen. In Abschnitt 4.4.2 werden dann die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. 4.4.1 4.4.1.1
Verwendete Methodik Untersuchungsmodell der kurzfristigen Ereignisstudie
Im Rahmen des Kapitels 3.3.2 wurde bereits ein umfassender Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Analyse der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion gegeben. Hierbei erwies sich das klassische Marktmodell als das für diese Arbeit zu präferierende Modell: Zum einen kann auf Grund bisheriger Arbeiten (bspw. von Cable und Holland (1999)) von einer leichten Überlegenheit gegenüber den anderen Modellen gesprochen werden.39 Von höherer Bedeutung ist jedoch, dass dieses Modell die breiteste Verwendung in der empirischen Kapitalmarktforschung erfahren hat. Auch die Mehrzahl der im vorhergehenden Überblick über die Ergebnisse der Forschung in den USA und Europa betrachteten Arbeiten verwendet dieses Modell, so dass eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse auf Basis dieses Ansatzes gewährleistet ist. Das im Rahmen dieser kurzfristigen Ereignisstudie verwendete klassische Marktmodell, das eine lineare Beziehung zwischen der Renditeentwicklung Ri einer Aktie i und dem der Renditeentwicklung des Marktes RM unterstellt, hat dabei die bereits beschriebene Form:40
39
40
Auf Grund des relativ kurzen Ereignisfensters besteht im Gegensatz zu den mittel-/langfristigen Analysen jedoch kein großer Einfluss/keine große Fehleranfälligkeit durch das verwendete kurzfristige Modell. Vgl. Brown und Warner (1980). Vgl. hierzu die entsprechenden vertiefenden Ausführungen in Kapitel 3.
268
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
R it
D i E i R Mt H it
(4.1)
wobei: Di :
unsystematische Aktienrendite des Unternehmens i
Ei :
systematisches Aktienrisiko des Unternehmens i
Hi :
statistischer Fehlerterm, es gilt:
¦ H it 0
Die Renditeberechnungen des Marktmodells beruhen auf den zuvor bereits angesprochenen TRI-Daten (Total Return Index) der einzelnen im Datensample befindlichen Targets und Bieterbanken sowie der relevanten Indizes. Als Marktrendite RM wird dabei der jeweilige lokale Bankenindex verwendet.41 Im Rahmen der Analyse wird zunächst Kalenderzeit in Ereigniszeit transformiert: Der Tag der Ankündigung der Transaktion wird dabei als t = 0 definiert. Im Folgenden wird dann ein maximales Ereignisfenster T von insgesamt 41 Handelstagen, d.h. jeweils vier Wochen vor und nach diesem Ankündigungstag, betrachtet: T = [–20; +20] wobei t HT. Dieses in der Literatur häufig verwendete Ereignisfenster, das somit auch entsprechende Vergleichbarkeit gewährleistet, wird ergänzt durch weitere Ereignisfenster, die enger um den Ankündigungszeitpunkt liegen:42 [–20; 0]; [–15; 0]; [–10; 0]; [–5; 0]; [–2; 0]; [–1; 0]; [–1; +1]; [–2; +2]; [–5; +5]; [–10; +10]; [–15; +15]. Für diese Ereignisfenster werden dann die abnormalen Renditen auf Basis des Marktmodells ermittelt. Hierzu werden zunächst die beiden Parameter Di und Ei auf Basis der tatsächlich realisierten Renditen von Targets und Bieterbanken mittels linearer Regression (OLS-Regression) geschätzt. Für alle betrachteten Unternehmen des Datensamples (Targets und Bieterbanken) wird hierzu ein Zeitraum von 252 Handelstagen beginnend 21 Tage vor dem Tag der Ankündigung verwendet.43 Auf Basis dieser Parameterschätzungen und der sich hieraus ergebenden Modellgleichungen für die
41
42 43
Eine Berücksichtigung des (lokalen) Gesamtmarktindex zusätzlich zum lokalen Branchenindex führt (wie in Kapitel 3.3.2 beschrieben wurde) zu qualitativ identischen Ergebnissen. Vgl. auch Cybo-Ottone und Murgia (2000). Für die Verwendung lokaler Branchenindizes als geeignetes Benchmark vgl. u.a. Beitel (2002) und Neely (1987). Lediglich in dem zuvor beschriebenen einzelnen Sonderfall wird der übergreifende Datastream-Bankenbranchenindex verwendet. Vgl. Beitel und Schiereck (2003). Vgl. Beitel (2002), S. 158. Für den Sonderfall der Übernahme Pekaos und die hierbei verwendete kürzere Schätzperiode vgl. die vorhergehenden Ausführungen.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
269
einzelnen Unternehmen können dann die erwarteten (täglichen) Renditen für beide Transaktionspartner berechnet werden. Durch Subtraktion der erwarteten Renditen von den tatsächlich realisierten Renditen ergeben sich dann die abnormalen Renditen und somit die durch die Transaktion realisierte Wertschaffung. Für die Betrachtung der zuvor beschriebenen Ereignisfenster von bis zu 41 Tagen werden die durchschnittlichen abnormalen Renditen AR t der einzelnen Tage44 entsprechend über die Tage des jeweiligen Ereignisfensters kumuliert und die Cumulative Abnormal Returns (CARs) abgeleitet. Für ein Ereignisfenster von T = [t1; t2] ergeben sich diese, wie auch in Kapitel 3.3.2 beschrieben, als:45 CAR t1; t 2
t2
¦ AR t wobei: t T = [t1; t2]
(4.2)
t1
Die auf diese Art berechneten abnormalen Renditen vermitteln das gewünschte Verständnis über die Wertschaffung aus Sicht von Target und Bieterbank. Zusätzlich wird in diesem Abschnitt (wie ebenfalls in Kapitel 3 beschrieben) aber auch die Perspektive der Combined Entity (die gemeinsame Einheit aus Target und Bieterbank) verwendet, um ein Verständnis über die Gesamtwertschaffung der Transaktion zu gewinnen.46 Diese für die Beurteilung des Erfolgs der Transaktion letztendlich relevante Gesamtwertschaffung wird dabei als marktwertgewichteter Durchschnitt der abnormalen Renditen von Target G und Käuferbank K errechnet:47 AR t , Transaktion
AR tK MVtK AR tG MVtG MVtK MVtG
(4.3)
Diese inzwischen als Standard anzusehende Betrachtung der Gesamtwertschaffung rundet die kurzfristige Ereignisstudie ab, die eine erste wichtige Indikation in Bezug auf die tatsächliche Wertschaffung liefert.
44
45
46 47
Die durchschnittliche abnormale Rendite an einem Tag t für ein Portfolio von N Unternehmen, AR t , ergibt sich dabei als der arithmetische Durchschnitt der AR it für diesen Tag t. Vgl. hierzu auch Formel 3.7 sowie die entsprechenden Ausführungen. Vgl. auch die Ausführungen in Kapitel 3.3.2 und die hier bereits angefügten weiter vertiefenden Quellen. Vgl. hierzu auch Pilloff und Santomero (1998), S. 62f. Vgl. zu einer Vertiefung der Berechnung die Ausführungen in Kapitel 3.3.2.
270
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
4.4.1.2
Verwendete Testverfahren
Um eine Verallgemeinerbarkeit der im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie (auf Basis des Marktmodells) ermittelten abnormalen Renditen sicherzustellen, ist eine Analyse der statistischen Signifikanz erforderlich. Auch hierzu erfolgte bereits im Abschnitt 3.3.2 ein umfassender Überblick über die verschiedenen in der Literatur verwendeten parametrischen und nicht parametrischen Tests. Im Rahmen dieser kurzfristigen Ereignisstudie wird zunächst auf die in Abschnitt 3.3.2 beschriebenen klassischen parametrischen Testverfahren zurückgegriffen. Diese erfahren aber durch den „Standardised Cross-sectional Test“ nach Boehmer et al. (1991) eine wichtige Ergänzung, die die Ableitung wesentlich robusterer Ergebnisse ermöglicht. Darüber hinaus werden die Ergebnisse zusätzlich durch den „Generalised Sign Test“, als dem für die Fragestellung besonders geeigneten nicht parametrischen Testverfahren, gestützt. Nachfolgend werden die verwendeten Tests noch einmal im Überblick dargestellt:48 Ausgangspunkt sind die „klassischen“ z-Teststatistiken für die abnormalen und kumulierten abnormalen Renditen nach Dodd und Warner (1983). Für n untersuchte Transaktionen an einem Tag t innerhalb des Ereignisfensters ergibt sich diese Teststatistik für abnormale Renditen als:49 Z
n
1 n AR it ¦ n i 1SD Eit
(4.4)
Für die kumulierten abnormalen Renditen (CARs) ergibt sich die Teststatistik als:50 Z
48
49
50
n
>t1; t 2 @
t 2 § 1 n AR · it ¸ ¦ ¨¨ ¦ ¸ wobei T = [t1; t2]
t t1 © n i 1SD Eit ¹
(4.5)
Auf Grund der umfassenden Darstellung der verschiedenen Testverfahren sowie der verwendeten Notation in Abschnitt 3.3.2.1 werden die Testverfahren hier nur noch einmal kurz genannt. Die Teststatistik folgt dabei einer Standardnormalverteilung (N(0; 1)) – unter der Annahme, dass die ereignisinduzierte Varianz insignifikant und die (standardisierten) abnormalen Renditen unabhängig und identisch normalverteilt sind. Vgl. Dodd und Warner (1983), Brown und Warner (1980 und 1985) sowie die Ausführungen in Kapitel 3.3.2.1. Vgl. Dodd und Warner (1983) und Beitel (2002). Auch diese Teststatistik folgt entsprechend einer Standardnormalverteilung (N(0; 1)).
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
271
Auf Basis dieser im Rahmen einer Vielzahl von Arbeiten51 verwendeten z-Teststatistiken können die abnormalen Renditen nicht nur für Target und Bieterbank, sondern auch für die Combined Entity ermittelt werden.52 Zusätzlich geben die auch bspw. von Beitel (2002) und Siems (1996) verwendeten Mittelwertdifferenztests Aufschluss darüber, ob sich zwei Stichproben/Subsamples hinsichtlich der beobachtbaren CARs signifikant unterscheiden:53 t
CAR1 CAR 2
(4.6)
2
§n s n s 2 · §n n · 2 2 ¸ ¨ 1 2¸ ¨ 11 ¨ n1 n 2 2 ¸ ¨© n1n 2 ¸¹ ¹ ©
Diese Teststatistiken entsprechen der Vorgehensweise der Mehrzahl der bisherigen Ereignisstudien mit Bezug auf Bankentransaktionen in Europa und den USA. Sie gewährleisten damit eine entsprechende Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Wesentlich ergänzt wird diese klassische Vorgehensweise jedoch durch den von Boehmer et al. (1991) entwickelten Standardised Cross-sectional Test, der einem durch das Ereignis induzierten Anstieg der Varianz Rechnung trägt. Dieser Varianzanstieg, der im Rahmen von Ereignissen wie bspw. M&A-Transaktionen auf Basis der bisherigen Ergebnisse der Forschung erwartet werden kann,54 führt (wie in Abschnitt 3.3.2.1 beschrieben) zu einer Fehlspezifikation der klassischen Testverfahren auf Grund einer aus dem Varianzanstieg resultierenden zu häufigen Ablehnung der Nullhypothese.55 Diesem Phänomen begegnet der Standardised Cross-sectional Test, der Varianzinformationen aus der Ereignis- und der Schätzperiode miteinander verbindet:56 51
52
53
54
55 56
Für einen Überblick über die Arbeiten, die die z-Teststatistiken verwenden vgl. ebenfalls die Ausführungen in Abschnitt 3.3.2.1. Die Transaktionsrendite wird gemäß Formel 4.4 als marktwertgewichteter Durchschnitt der abnormalen Renditen von Käuferbank und Target berechnet. Der Standardfehler der Ereignisperiode wird auf Basis der von Houston und Ryngaert (1994) und Beitel (2002) verwendeten Methodik (wie in Abschnitt 3.3.2.1 dargestellt) ermittelt. Die Teststatistik kann ab (n1 + n2 – 2) > 30 durch eine Standardnormalverteilung (N(0; 1)) approximiert werden. Vgl. hierzu Beitel (2002). Vgl. Boehmer et al. (1991) sowie bspw. Patell und Wolfson (1979), Kalay und Lowenstein (1985) und Dann (1981). Vgl. Boehmer et al. (1991). Die hier für einzelne Tage t in der Ereignisperiode dargestellte Formel findet (wie auch bereits in Kapitel 3 dargestellt wurde) analoge Anwendung für die Betrachtung kumulierter abnormaler Renditen über mehrere Tage des Ereignisfensters. Auch der Standardised Cross-sectional Test geht dabei von unkorrellierten abnormalen Renditen aus.
272
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
t
1 N ¦ SAR it Ni 1 N SAR · 2 1 it ¸ ¨ ¦ SAR it ¦ ¸ NN 1 i 1¨© i 1 N ¹
(4.7)
N§
Die Teststatistik ergibt sich somit als durchschnittliche standardisierte abnormale Rendite der Ereignisperiode dividiert durch die entsprechende Standardabweichung des Samples in der Ereignisperiode. Abgerundet werden die statistischen Testverfahren durch den Generalised Sign Test – als nicht parametrischem Test.57 Dieser prüft, ob die Anzahl der Aktien mit positiven CARs über das betrachtete Ereignisfenster die erwartete Anzahl (unter der Nullhypothese keiner abnormalen Performance) übersteigt. Die erwartete Anzahl der Aktien mit positiven abnormalen Renditen wird hierbei auf Basis des Anteils der positiven abnormalen Renditen in der Schätzperiode ermittelt.58 Die z-verteilte Teststatistik wird dabei wie folgt berechnet: z
N p E N p c N p c 1 p c
(4.8)
Der erwartete Anteil der positiven abnormalen Renditen (p') berechnet sich bei einer Schätzperiode von 252 Tagen als: pc
1 n 1 E 252 ¦ ¦ Sit n i 1252 t E
(4.9)
1
wobei: Sit =
57
58
1, wenn AR it ! 0 0, wenn AR it d 0
Im Abschnitt 3.3.2.1 wurde bereits die Eignung der nicht parametrischen Tests als Ergänzung neben den in Ereignisstudien standardmäßig verwendeten parametrischen Tests unterstrichen. Diese beruhen u.a. nicht auf einer Schätzung der Varianz und sind damit nicht anfällig gegenüber den zuvor beschriebenen ereignisinduzierten Varianzveränderungen. Darüber hinaus unterliegen sie nicht (wie die parametrischen Tests) strikten Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Renditen. Durch die hiermit gegebene Berücksichtigung der asymmetrischen Verteilung der abnormalen Renditen stellt der Generalised Sign Test eine deutliche Weiterentwicklung gegenüber dem einfachen Sign-Test dar, der von einer symmetrischen Verteilung der abnormalen Renditen ausgeht. Vgl. auch Abschnitt 3.3.2.1 und die dort genannten Quellen.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
273
Insgesamt geben diese Testverfahren (die klassischen z-Tests, der Standardised Crosssectional Test und der Generalised Sign Test) einen umfassenden Überblick über die statistische Signifikanz der abgeleiteten Ergebnisse. Durch die im Vergleich zu der Mehrzahl der bisherigen Forschungsarbeiten zusätzliche Verwendung des Standardised Cross-sectional Test sowie des Generalised Sign Test können die Ergebnisse dabei im Vergleich zu den bisherigen Arbeiten als deutlich robuster angesehen werden. 4.4.2 4.4.2.1
Ergebnisse der Untersuchung Gesamtergebnisse im Überblick
Die Ergebnisse der kurzfristigen Analyse des Gesamtsamples aller 96 Transaktionen zwischen Europas Banken im Zeitraum von 1994 bis 2004 werden in den Abbildungen 4.2 bis 4.4 sowie den Tabellen 4.8 bis 4.10 dargestellt. Tabelle 4.8 zeigt hierbei zunächst die kumulierten abnormalen Renditen (CARs) der Targets. Die bisherigen Forschungsergebnisse aus den USA ebenso wie aus Europa zeigen deutliche, statistisch signifikante abnormale Renditen für die Targets von Bankentransaktionen. Diese Ergebnisse werden für das im Rahmen dieser Arbeit betrachtete Gesamtsample von N = 96 Targets europäischer Bankentransaktionen bestätigt. Am Ankündigungstag selbst ergeben sich abnormale Renditen von ca. 11% und über das Ereignisfenster von drei Tagen [–1; +1] erreichen die CARs knapp 14%. Über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] Tagen können sogar CARs von ca. 17% festgestellt werden. Die Ergebnisse sind nicht nur bei Anwendung des klassischen parametrischen z-Tests nach Dodd und Warner (1983), sondern auch bei Anwendung des Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und der hiermit verbundenen Berücksichtigung potenzieller ereignisinduzierter Varianzanstiege höchst signifikant (auf 1%-Niveau). Bestätigt wird dies zusätzlich durch den Generalised Sign Test, der (mit einem Anteil der positiven abnormalen Renditen von z.T. deutlich größer 75% über die verschiedenen Ereignisfenster) ebenfalls statistisch höchst signifikante Ergebnisse (auf 1%-Niveau) belegt.59 Aus Sicht der Aktionäre der Targetbanken schaffen Banken-
59
Für das Ereignisfenster von [–5; +5] kann auf Basis des z-Tests nach Boehmer et al. (1991) eine Signifikanz nur auf 10%-Niveau festgestellt werden. Auf Grund der für die anderen Ereignisfenster gegebenen Signifikanz auf 1%-Niveau ergibt sich jedoch im Vergleich zu den anderen Testverfahren keine abweichende Interpretation der gesamten Ergebnisse.
274
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.8: Kumulierte abnormale Renditen der Targets zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster60 Targets (N = 96) Ereignis- CARs fenster in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
Gen. Sign Test
pWert
P
N
zWert
pWert
[–20; 0]
16,45
19,2 < 0,01
***
3,8
< 0,01 ***
74
22
6,1
< 0,01 ***
[–10; 0]
14,50
23,2 < 0,01
***
3,3
< 0,01 ***
77
19
6,7
< 0,01 ***
[–5; 0]
13,79
30,0 < 0,01
***
3,2
< 0,01 ***
73
23
5,9
< 0,01 ***
[–2; 0]
13,11
40,3 < 0,01
***
3,0
< 0,01 ***
78
18
6,9
< 0,01 ***
[–1; 0]
12,41
47,5 < 0,01
***
2,9
< 0,01 ***
74
22
6,1
< 0,01 ***
[0]
10,74
60,4 < 0,01
***
2,6
< 0,01 ***
71
25
5,5
< 0,01 ***
[–1; +1]
13,63
43,1 < 0,01
***
3,2
< 0,01 ***
73
23
5,9
< 0,01 ***
[–2; +2]
14,55
31,1 < 0,01
***
2,7
< 0,01 ***
76
20
6,5
< 0,01 ***
[–5; +5]
14,44
17,7 < 0,01
***
1,9
0,06 *
72
24
5,7
< 0,01 ***
[–10; +10] 15,11
16,4 < 0,01
***
3,0
< 0,01 ***
78
18
6,9
< 0,01 ***
[–20; +20] 17,06
13,4 < 0,01
***
3,4
< 0,01 ***
74
22
6,1
< 0,01 ***
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Gesamtsample von 96 Targets europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Crosssectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
transaktionen in Europa somit (im Durchschnitt) signifikanten Wert und können (entsprechend der hier verwendeten Definition) als erfolgreich eingestuft werden. Deutlichen Aufschluss über die Entwicklung der kumulierten abnormalen Renditen bietet auch die Abbildung 4.2, die diese noch einmal graphisch darstellt. Hierbei wird deutlich, dass (über das Gesamtsample hinweg) bereits im Vorfeld der Transaktion eine deutliche positive Wertveränderung stattfindet und der Kapitalmarkt damit z.T. zu beobachtende Gerüchte bereits frühzeitig effizient berücksichtigt. Der deutliche Werteffekt erfolgt jedoch am Tag der Ankündigung der Transaktion selbst, während
60
*** = signifikant zum 1%-Niveau, ** = signifikant zum 5%-Niveau, * = signifikant zum 10%Niveau, diese Notation gilt auch für die folgenden Tabellen.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
275
CAR in Prozent 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 –20 –18 –16 –14 –12 –10 –8 –6 –4 –2
0
2
4
6
8
10 12 14 16 18 20
Tage
Abb. 4.2:
Kumulierte abnormale Renditen der Targets zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96)
nach der Ankündigung keine deutlichen Wertänderungen mehr zu beobachten sind. Dies deutet auf eine entsprechende hohe Effizienz der Kapitalmärkte hin. Die hier abgeleiteten Ergebnisse decken sich weitgehend mit den bisherigen Forschungsergebnissen: Beitel (2002) zeigt im Rahmen seines bereits angesprochenen Überblicks über alle zentralen Arbeiten in den USA, dass diese nahezu ausnahmslos ebenfalls signifikante Wertzuwächse für die Aktionäre der Targets belegen. Die abnormalen Renditen bewegen sich dabei zwischen 8% und 36%, wobei eine Vielzahl der Arbeiten Wertzuwächse von 14% und mehr aufzeigt.61 Eine hohe qualitative Konsistenz der Ergebnisse ergibt sich ebenfalls im Vergleich mit den (wenigen) Arbeiten, die ihren Fokus auf Europa legen:62 Beitel (2002) weist über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] Tagen CARs von 16,0% aus, Cybo-Ottone und Murgia (2000) finden CARs von 14,0% über dasselbe Ereignisfenster und Ismail und Davidson (2005)
61 62
Vgl. Beitel (2002), S. 111. Wie bereits im Rahmen der vorausgehenden Ausführungen dargestellt wurde, erfolgt keine weitere Berücksichtigung der Arbeit von Lepetit et al. (2002), da deren Ergebnisse nicht detailliert genug herausgearbeitet werden.
276
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.9: Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Bieterbanken (N = 96) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW)
[–20; 0]
–0,08
0,4
0,66
[–10; 0]
0,08
0,7
0,51
[–5; 0]
0,27
0,9
0,35
[–2; 0]
0,07
0,7
[–1; 0]
–0,20
[0]
zWert
pWert
z-Test (B) zWert
Gen. Sign Test
pWert
P
N
zWert
pWert
0,6
0,56
42
54
–0,8
0,40
0,7
0,46
47
49
0,2
0,86
1,0
0,33
43
53
–0,6
0,52
0,51
0,5
0,59
46
50
0,0
0,98
–0,4
0,72
–0,3
0,79
45
51
–0,2
0,82
–0,42
–1,5
0,13
–0,9
0,39
35
61
–2,3
0,02 **
[–1; +1]
–0,67
–1,6
0,12
–1,1
0,27
37
59
–1,9
0,06 *
[–2; +2]
–0,14
0,3
0,78
0,2
0,83
34
62
–2,5
0,01 **
[–5; +5]
–0,42
–0,3
0,77
–0,3
0,75
34
62
–2,5
0,01 **
[–10; +10]
–0,30
0,3
0,80
0,3
0,75
37
59
–1,9
0,06 *
[–20; +20]
–0,82
–0,3
0,80
–0,3
0,75
39
57
–1,5
0,15
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Gesamtsample von 96 Bieterbanken europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Crosssectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
belegen CARs von 4,4%.63 Trotz unterschiedlicher Betrachtungszeiträume, Sampleabgrenzungen und verschiedener geographischer Schwerpunkte ergeben sich somit nicht nur für die USA, sondern auch für Europa klare Wertschaffungsbelege für die Aktionäre des Targets, die durch diese Arbeit (auch für den erweiterten Zeitraum bis 2004) bestätigt werden. Für die Käuferbanken ist das Bild weniger eindeutig. Wie bereits zuvor fasst die Tabelle 4.9 zunächst die Ergebnisse für die verschiedenen Ereignisfenster zusammen.
63
Tourani-Rad und van Beek (1999) zeigen einen statistisch nicht signifikanten 5,7%-Wertzuwachs über ein erweitertes Ereignisfenster von [–40; +40] Tagen.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
277
Die Mehrzahl der bisherigen Studien, die sich mit den Wertschaffungseffekten für die Bieterbank auseinandersetzen, beschränkt sich auf die USA und zeigt hier (wie auch in Kapitel 3 beschrieben) in vielen Fällen eine deutlich negative Reaktion des Kapitalmarktes in Form negativer abnormaler Renditen für die Bieterbanken in den USA.64 Vereinzelt können auch nicht signifikante bzw. je nach betrachtetem Subsample gemischte Ergebnisse konstatiert werden.65 Ebenso gemischte Ergebnisse ergeben sich im Rahmen dieser Arbeit, wie die Tabelle 4.9 zeigt: Hiernach erfahren europäische Bieterbanken insgesamt über das maximale Ereignisfenster leicht negative kumulierte abnormale Renditen von ca. 0,8%. Auf Basis des Boehmer-Tests (als dem weiterentwickelten parametrischen Testverfahren) sind keine der ausgewiesenen CARs statistisch signifikant – der nicht parametrische Generalised Sign Test weist jedoch auf Grund des hohen Anteils negativer abnormaler Renditen über den Großteil der symmetrischen Ereignisfenster (beginnend mit dem Ankündigungstag) statistisch signifikante Ergebnisse (auf 5%- bis 10%-Niveau) aus, so dass sich hier (im Gegensatz zu den zuvor betrachteten Targets) kein eindeutiges Bild ergibt. Dieses uneinheitliche Bild, das die Abbildung 4.3 noch einmal graphisch darstellt, entspricht den bisherigen Ergebnissen der Forschung mit Fokus auf Europa. Beitel (2002) weist so über sein Gesamtsample ebenfalls leicht negative abnormale Renditen von –0,2% (für das maximale Ereignisfenster) aus, die nicht signifikant sind.66 Ismail und Davidson (2005), Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Tourani-Rad und van Beek (1999) zeigen leicht positive, aber ebenfalls nicht signifikante Ergebnisse.67 Insgesamt lässt sich somit auf Basis dieser Arbeit und dem Vergleich mit der bisherigen Forschung konstatieren, dass Bankentransaktionen in Europa aus Sicht der
64
65
66
67
Genannt werden können hier bspw. die Arbeiten von Cornett et al. (2003), Kane (2000) und Houston und Ryngaert (1997). Für einen Überblick vgl. Beitel (2002). Nicht signifikante Ergebnisse finden sich bspw. bei Becher (2000), DeLong (2001a) und Cornett und De (1991). Im Gegensatz zu dieser Arbeit sind seine Ergebnisse über keines der betrachteten Ereignisfenster signifikant. Ismail und Davidson ermitteln so über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] Tagen CARs von 0,08%. Cybo-Ottone und Murgia (2000) kommen für das gleiche Ereignisfenster auf 1,03%, während Tourani-Rad und van Beek (1999) 0,18% über ein Ereignisfenster von [–40; +40] Tagen feststellen.
278
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
CAR in Prozent 0,4 0,2 0 –0,2 –0,4 –0,6 –0,8 –1 –20 –18 –16 –14 –12 –10 –8 –6 –4 –2
0
2
4
6
8
10 12 14 16 18 20
Tage
Abb. 4.3:
Kumulierte abnormale Renditen der Käuferbanken zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96)
Bieterbanken im Gegensatz zu den USA keinen signifikanten Wert vernichten. Sie stellen somit aus Sicht der Aktionäre der Käuferbanken weder Erfolg noch Misserfolg dar. Letztendlicher Maßstab für den Erfolg einer Transaktion als Ganzes ist jedoch das Ergebnis der Combined Entity (als der gemeinsamen Einheit von Target und Bieterbank). Tabelle 4.10 fasst die Ergebnisse für die Combined Entity zusammen. Hierbei ergibt sich (wie auch zuvor bei den Targets) ein recht einheitliches Bild. Über alle Ereignisfenster hinweg können positive abnormale Renditen für die Combined Entity festgestellt werden. Am Ankündigungstag liegen diese bei 0,71%, wobei hier (je nach verwendeten statistischen Testverfahren) eine unterschiedliche Signifikanz der Ergebnisse gegeben ist. Über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] liegen die CARs bei 1,14%.68 Die durchgehend positiven CARs sowie die im Rahmen aller verwendeten Testverfahren gegebene statistische Signifikanz (auf unterschiedlichem Niveau) über eine Vielzahl der Ereignisfenster unterstreicht insgesamt, dass aus
68
Sie sind hier jedoch (bei Betrachtung aller Testverfahren) nicht signifikant.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
279
Tabelle 4.10: Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Combined Entities (N = 96) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
pWert
Gen. Sign Test P
N
zWert
pWert
[–20; 0]
1,74
3,06
< 0,01 ***
3,3
< 0,01
***
60
36
2,8
< 0,01 ***
[–10; 0]
1,45
3,45
< 0,01 ***
3,2
< 0,01
***
65
31
3,8
< 0,01 ***
[–5; 0]
1,54
4,53
< 0,01 ***
3,5
< 0,01
***
62
34
3,2
< 0,01 ***
[–2; 0]
1,40
5,68
< 0,01 ***
3,3
< 0,01
***
69
27
4,6
< 0,01 ***
[–1; 0]
1,09
5,61
< 0,01 ***
2,8
< 0,01
***
64
32
3,6
< 0,01 ***
[0]
0,71
5,48
< 0,01 ***
2,0
0,04
**
54
42
1,6
0,12
[–1; +1]
0,87
3,83
< 0,01 ***
2,0
0,04
**
58
38
2,4
0,02 **
[–2; +2]
1,35
4,05
< 0,01 ***
2,2
0,03
**
61
35
3,0
0,00 ***
[–5; +5]
0,96
1,84
0,07 *
1,5
0,14
59
37
2,6
0,01 ***
[–10; +10]
1,01
1,76
0,08 *
1,7
0,08
54
42
1,6
0,12
[–20; +20]
1,14
1,35
0,18
1,5
0,14
54
42
1,6
0,12
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Gesamtsample von 96 Combined Entities europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
der Perspektive der Combined Entity im Rahmen europäischer Bankentransaktionen Wert geschaffen wird. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht stellen europäische Bankentransaktionen daher einen Erfolg dar und sind entsprechend positiv zu bewerten. Abbildung 4.4 zeigt in diesem Zusammenhang noch einmal graphisch die Entwicklung der abnormalen Renditen. Wie auch zuvor im Rahmen der Analyse der Targets wird hierbei deutlich, dass der Kapitalmarkt z.T. zu beobachtende Gerüchte über die Transaktionen bereits vor Ankündigung der Transaktion in Form entsprechender (leichter) abnormaler Renditen effizient berücksichtigt. Der eigentliche Werteffekt tritt jedoch erst am Tag der Ankündigung ein.
280
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
CAR in Prozent 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 –0,2 –20 –18 –16 –14 –12 –10 –8 –6 –4 –2
0
2
4
6
8
10 12 14 16 18 20
Tage
Abb. 4.4:
Kumulierte abnormale Renditen der gemeinsamen Einheiten aus Käuferbank und Target zwischen 1994 und 2004 für das Gesamtsample (N = 96)
Diese Ergebnisse decken sich ebenfalls weitestgehend mit der bisherigen Forschung. In den USA ergeben sich (wie bereits in Kapitel 3 beschrieben wurde) für die Combined Entity gemischte Ergebnisse: Einige Studien (wie bspw. DeLong (2001a), Houston et al. (2001) und Becher (2000)) kommen zu einem positiven Gesamtbefund, während andere Arbeiten (bspw. Kane (2000)) zu negativen bzw. gemischten Befunden kommen. Für Europa findet Beitel ebenfalls signifikant positive CARs über alle Ereignisfenster. Diese liegen am Ereignistag selbst bei 0,91% (signifikant auf 1%-Niveau) und über das maximale Ereignisfenster [–20; +20] bei 1,29% (signifikant auf 10%-Niveau). Ismail und Davidson (2005) zeigen im Ereignisfenster von [–1; +1] CARs von 0,49%, die auf 5%-Niveau signifikant sind.69 Cybo-Ottone und Murgia (2000) zeigen schließlich für das Ereignisfenster von [–20; +20] höchst signifikante abnormale Renditen von durchschnittlich 4,27%. Der Vergleich der Ergebnisse dieser Arbeit mit der bisherigen Forschung insbesondere für Europa zeigt somit eine hohe qualitative Konsistenz der Ergebnisse. Abweichungen zwischen den Arbeiten können durch unterschiedliche Betrachtungszeiträume, abweichende Samples bzw. leichte methodische Abweichungen/unter-
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
281
schiedliche Berechnungsmethoden erklärt werden. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten weiterentwickelten statistischen Testverfahren erlauben darüber hinaus ein tiefergehendes Verständnis der tatsächlichen Wertschaffung. Grundsätzlich werden auf Basis des Boehmer-Tests (wie auf Grund der Berücksichtigung der ereignisinduzierten Varianz erwartet) im Vergleich zu den klassischen Testverfahren und den bisherigen Forschungsergebnissen geringere Signifikanzniveaus ausgewiesen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass Targetaktionäre eine signifikante Wertschaffung erfahren, für die Bieterbanken eine nur leicht negative, nicht signifikante Wertvernichtung attestiert werden kann und für die Combined Entity ebenfalls eine (signifikante) Wertschaffung zu beobachten ist. Dieses positive Ergebnis der Combined Entity unterstreicht, dass es im Rahmen europäischer Bankentransaktionen nicht zu einem reinen Werttransfer zwischen Target und Bieterbank, sondern zu einer realen Wertschaffung kommt. Beitel (2002) betont hierzu: „Netto wird durch die Transaktionen europäischer Käuferbanken echt Wert geschaffen, was auch aus regulatorischer, politischer und gesamtwirtschaftlicher Sicht bedeutsam und begrüßenswert ist.“70 Diese Einschätzung wird durch die Ergebnisse dieser Arbeit auch für den abweichenden Betrachtungszeitraum, der die Phase nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2000 und 2001 sowie die folgende Haussephase mit einschließt, bestätigt. Weiteren Aufschluss über die Ergebnisse (bspw. auch nach Jahren unterschieden) geben die folgenden Ausführungen, die verschiedene Subsamples im Fokus haben. 4.4.2.2
Ergebnisse nach Subsamples
Um ein umfassenderes Verständnis des Erfolgs von Bankentransaktionen und der zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren zu erreichen, erscheint eine weitergehende Analyse des zuvor dargestellten Samples aller Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2004 als geeignet. Hierzu werden im Folgenden verschiedene überschneidungsfreie Subsamples anhand bestimmter Kriterien festgelegt, miteinander verglichen und resultierende Unterschiede einem Signifikanztest (in Form des bereits angesprochenen Mittelwertdifferenztests) unterworfen.71
69 70 71
Ismail und Davidson (2005) weisen die abnormale Rendite des Ereignistages selbst nicht aus. Beitel (2002), S. 174. Die Ausführungen orientieren sich dabei an der Arbeit von Beitel (2002), der den im Vergleich der verschiedenen bisherigen Arbeiten umfassendsten Überblick über europäische Bankentransaktionen liefert.
282
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Subsamples nach geographischem Fokus Das in der Literatur wohl am häufigsten verwendete Kriterium zur Unterscheidung von M&A-Transaktionen ist der geographische Fokus der Transaktion, d.h. die Unterscheidung in nationale und Cross-border-Transaktionen.72 Diese umfangreiche Auseinandersetzung mit der Unterscheidung von nationalen und Cross-border-Transaktionen lässt sich durch die in den vergangenen Jahren kontinuierliche Zunahme der Bedeutung von Cross-border-Aktivitäten im Bankensektor erklären, auf die bereits im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen dieses Kapitels (Abschnitt 4.3) eingegangen wurde. Tabelle 4.2 zeigt in diesem Zusammenhang den hohen und im Zeitverlauf deutlich gestiegenen Anteil der Cross-border-Transaktionen am Gesamttransaktionsvolumen bzw. an der Anzahl der Transaktionen, der 2002 ca. 50% (gemessen am Gesamttransaktionsvolumen) bzw. ca. 60% (gemessen an der Anzahl der Transaktionen) erreichte. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Untersuchung der Auswirkungen des Faktors „geographischer Fokus“ auf den Erfolg von Transaktionen als besonders wichtig. Eine derartige Betrachtung geht gleichzeitig auf zwei der genannten zentralen Motive/Zielsetzungen von M&A-Transaktionen ein: die Erzielung von Diversifikationseffekten und die Erreichung von Synergien.73 Der Erfolg von Cross-border-Transaktionen und somit geographisch diversifizierenden Transaktionen könnte als ein Beleg für die Bedeutung von Diversifikationseffekten interpretiert werden. Der Erfolg nationaler/fokussierter Transaktionen hingegen würde unter der Annahme, dass nationale Transaktionen infolge bestehender Überlappungen in größerem Maße die Realisierung entsprechender Synergien ermöglichen, (indirekten) Aufschluss über die Synergie-Hypothese geben.74
72
73 74
DeLong (2001a) differenziert bspw. zwischen geographisch diversifizierenden (Cross-border-) Transaktionen und fokussierenden (nationalen) Transaktionen. Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.3. Auf Grund der in Kapitel 2 dargestellten relativ geringen empirischen Belege für das Motiv der Ausübung von Marktmacht wird dieses in diesem Zusammenhang nicht weiter diskutiert.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
283
Tabelle 4.11: Kumulierte abnormale Renditen der Targets nationaler Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Targets nationaler Tx. (N = 47) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW)
[–20; 0]
10,97
9,1
< 0,01
***
4,2
< 0,01
[–10; 0]
8,65
9,2
< 0,01
***
4,0
< 0,01
[–5; 0]
7,95
11,7
< 0,01
***
3,9
< 0,01
[–2; 0]
7,47
14,8
< 0,01
***
3,8
[–1; 0]
6,69
16,8
< 0,01
***
[0]
5,67
20,1
< 0,01
[–1; +1]
8,51
18,1
[–2; +2]
9,29
9,6
[–5; +5]
8,72
1,4
0,15
[–10; +10]
9,50
5,5
< 0,01
[–20; +20] 12,13
5,6
< 0,01
zWert
pWert
z-Test (B) zWert
Gen. Sign Test
pWert
P
N
zWert
***
32
15
3,1
< 0,01 ***
***
35
12
3,9
< 0,01 ***
***
35
12
3,9
< 0,01 ***
< 0,01
***
37
10
4,5
< 0,01 ***
3,7
< 0,01
***
35
12
3,9
< 0,01 ***
***
3,3
< 0,01
***
33
14
3,4
< 0,01 ***
< 0,01
***
4,2
< 0,01
***
33
14
3,4
< 0,01 ***
< 0,01
***
1,4
0,18
35
12
3,9
< 0,01 ***
0,2
0,88
33
14
3,4
< 0,01 ***
***
1,5
0,13
35
12
3,9
< 0,01 ***
***
2,0
0,05
33
14
3,4
< 0,01 ***
*
pWert
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Gesamtsample von 47 Targets nationaler europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
Die Unterscheidung zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen führt vor diesem Hintergrund bereits bei der Betrachtung der abnormalen Renditen der Targets zu interessanten Ergebnissen: Die Tabellen 4.11 und 4.12 zeigen die CARs über die verschiedenen betrachteten Ereignisfenster für Targets nationaler Transaktionen (Tabelle 4.11) und Targets von Cross-border-Transaktionen (Tabelle 4.12). Während das Gesamtsample über das Ereignisfenster von [–20; +20] Tagen CARs von ca. 17% und am Ereignistag selbst von ca. 11% erfährt, ergeben sich deutliche Abweichungen für die beiden hier betrachteten Subsamples. Nationale Transaktionen erreichen am Ankündigungstag nur abnormale Renditen von 5,67% verglichen mit 15,60% für Targets von Cross-border-Transaktionen. Über das maximale Ereignisfens-
284
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.12: Kumulierte abnormale Renditen der Targets von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Targets von Cross-border-Tx. (N = 49) Ereignisfenster
CARs in %
[–20; 0] [–10; 0]
z-Test (DW) zWert
pWert
21,70
17,9
20,12
23,5
[–5; 0]
19,39
[–2; 0]
z-Test (B) zWert
pWert
< 0,01 ***
2,6
< 0,01
< 0,01 ***
2,5
0,01
30,5
< 0,01 ***
2,4
18,52
41,9
< 0,01 ***
[–1; 0]
17,91
50,1
[0]
15,60
[–1; +1] [–2; +2]
Gen. Sign Test P
N
zWert
pWert
***
42
7
5,5
< 0,01 ***
**
42
7
5,5
< 0,01 ***
0,02
**
38
11
4,4
< 0,01 ***
2,3
0,02
**
41
8
5,2
< 0,01 ***
< 0,01 ***
2,2
0,03
**
39
10
4,7
< 0,01 ***
64,9
< 0,01 ***
2,0
0,04
**
38
11
4,4
< 0,01 ***
18,55
42,6
< 0,01 ***
2,3
0,02
**
40
9
4,9
< 0,01 ***
19,59
34,1
< 0,01 ***
2,4
0,02
**
41
8
5,2
< 0,01 ***
[–5; +5]
19,93
23,3
< 0,01 ***
2,5
0,01
**
39
10
4,7
< 0,01 ***
[–10; +10]
20,49
17,6
< 0,01 ***
2,6
< 0,01
***
43
6
5,8
< 0,01 ***
[–20; +20]
21,78
13,3
< 0,01 ***
2,8
< 0,01
***
41
8
5,2
< 0,01 ***
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Gesamtsample von 49 Targets von europäischen Cross-border-Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
ter von [–20; +20] Tagen erreichen die Targets nationaler Transaktionen nur 12,13%, während Cross-border-Targets 21,78% erreichen. Cross-border-Transaktionen führen somit im Vergleich zu nationalen Transaktionen über alle Ereignisfenster hinweg zu höheren abnormalen Renditen für die Targets. Auch die statistische Signifikanz der Ergebnisse (insb. auf Basis der weiterentwickelten Testverfahren) ist für Cross-borderTransaktionen deutlich höher. Während bspw. Beitel (2002) im Rahmen seiner Arbeit keine qualitativen Abweichungen zwischen den beiden Subsamples feststellen kann, weisen Cybo-Ottone und Murgia (2000) und insbesondere Ismail und Davidson (2005)
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
285
Tabelle 4.13: Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Targets) Mittelwertdifferenztest Targets
Ereignisfenster
CARs in % nationale Tx. (N = 47)
CARs in % Cross-border-Tx.
Differenz (absolut)
(N = 49)
Mittelwertdifferenztest t-Wert
p-Wert
[–20; 0]
10,97
21,70
10,72
2,05
0,04
**
[–10; 0]
8,65
20,12
11,48
2,39
0,02
**
[–5; 0]
7,95
19,39
11,44
2,37
0,02
**
[–2; 0]
7,47
18,52
11,05
2,28
0,02
**
[–1; 0]
6,69
17,91
11,22
2,34
0,02
**
[0]
5,67
15,60
9,93
2,11
0,03
**
[–1; +1]
8,51
18,55
10,05
2,05
0,04
**
[–2; +2]
9,29
19,59
10,30
2,00
0,05
**
[–5; +5]
8,72
19,93
11,20
2,17
0,03
**
[–10; +10]
9,50
20,49
10,99
2,11
0,03
**
[–20; +20]
12,13
21,78
9,66
1,42
0,16
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Targets nationaler und Cross-border-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie für die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt.
ebenfalls einen deutlichen Unterschied zwischen den abnormalen Renditen der Targets von Cross-border- und nationalen Transaktionen aus.75 Der in Tabelle 4.13 dargestellte Mittelwertdifferenztest unterstreicht deutlich den Unterschied zwischen den CARs von nationalen und Cross-border-Transaktionen. Die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests sind dabei für fast alle Ereignisfenster hoch signifikant. Für die Aktionäre von Targetbanken sind Übernahmen durch ausländische Bieterbanken somit im Durchschnitt deutlich erfolgreicher als nationale Konsolidierungsschritte. Eine weitergehende Differenzierung zwischen den Cross-border-Targets von Transaktionen innerhalb und außerhalb Europas führt zu keinem qualitativen Unter-
75
Vgl. insbesondere Ismail und Davidson (2005), S. 24.
286
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.14: Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von nationalen Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Bieterbanken nationaler Tx. (N = 47) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW)
z-Test (B)
Gen. Sign Test
zWert
pWert
zWert
pWert
P
N
zWert
pWert
1,1
0,26
23
24
0,2
0,87
[–20; 0]
0,77
0,9
0,34
[–10; 0]
1,23
1,8
0,07
*
1,7
0,10
*
30
17
2,2
0,03 **
[–5; 0]
1,13
2,0
0,04
**
1,7
0,09
*
27
20
1,3
0,18
[–2; 0]
0,57
1,8
0,08
*
1,2
0,24
27
20
1,3
0,18
[–1; 0]
0,33
1,3
0,18
0,8
0,45
29
18
1,9
[0]
0,02
0,7
0,47
0,3
0,75
21
26 –0,4
0,67
[–1; +1]
–0,20
0,2
0,87
[–2; +2]
0,70
2,0
0,05
[–5; +5]
0,53
1,0
[–10; +10]
1,13
1,4
[–20; +20]
–0,46
0,1
0,06 *
0,1
0,93
23
24
0,2
0,87
1,2
0,25
22
25 –0,1
0,89
0,33
0,9
0,35
23
24
0,2
0,87
0,16
1,4
0,17
25
22
0,7
0,46
0,94
0,1
0,94
23
24
0,2
0,87
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Subsample von 47 Bieterbanken nationaler europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
schied zu der zuvor dargestellten kombinierten Betrachtung aller Cross-border-Transaktionen.76 Eine Erklärung für den Unterschied können die bereits im Rahmen des Kapitels 2 angesprochenen kulturellen Unterschiede darstellen, die es für ausländische Bieterbanken u.U. notwendig machen, vergleichsweise höhere Prämien für die erfolgreiche Realisierung einer Transaktion zu zahlen. Darüber hinaus können auch Informationsdefizite der Bieterbanken in Bezug auf den ausländischen Banken- und Kapitalmarkt eine weitere Erklärung für vergleichsweise hohe Prämien bei entsprechenden Transaktionen darstellen.
76
Die Differenzierung zeigt jedoch für die Targets von Cross-border-Transaktionen innerhalb Europas über das maximale Ereignisfenster leicht höhere abnormale Renditen.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
287
Tabelle 4.15: Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Bieterbanken von Cross-border-Tx. (N = 49) Ereignisfenster
CARs in %
[–20; 0] [–10; 0]
z-Test (DW)
z-Test (B)
Gen. Sign Test
zWert
pWert
zWert
pWert
P
N
zWert
pWert
–0,91
–0,3
0,75
–0,5
0,61
19
30 –1,3
0,18
–1,03
–0,8
0,40
–1,3
0,18
17
32 –1,9
0,06 *
[–5; 0]
–0,57
–0,7
0,51
–1,0
0,30
16
33 –2,2
0,03 **
[–2; 0]
–0,41
–0,8
0,41
–1,1
0,26
19
30 –1,3
0,18
[–1; 0]
–0,70
–1,8
0,07
*
–2,2
0,03
**
16
33 –2,2
0,03 **
[0]
–0,83
–2,8 < 0,01
***
–2,7
< 0,01
***
14
35 –2,8
< 0,01 ***
[–1; +1]
–1,13
–2,3
0,02
**
–2,5
0,01
**
14
35 –2,8
< 0,01 ***
[–2; +2]
–0,95
–1,5
0,13
–1,9
0,05
*
12
37 –3,3
< 0,01 ***
[–5; +5]
–1,33
–1,4
0,17
–1,9
0,06
*
11
38 –3,6
< 0,01 ***
[–10; +10]
–1,68
–1,0
0,31
–1,9
0,05
*
12
37 –3,3
< 0,01 ***
[–20; +20]
–1,17
–0,4
0,66
–0,8
0,42
16
33 –2,2
0,03 **
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Subsample von 49 Bieterbanken von europäischen Cross-border-Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
Aufschlussreiche Ergebnisse können jedoch nicht nur für die Targets, sondern auch für die Bieterbanken konstatiert werden. Tabelle 4.14 zeigt die CARs der Bieterbanken, die nationale Konsolidierungsschritte durchführten. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Ergebnissen für das Gesamtsample ergeben sich hierbei über eine Vielzahl der Ereignisfenster positive abnormale Renditen (die allerdings zumeist nicht signifikant sind). Über das maximale Ereignisfenster sind die CARs zwar auch hier (nicht signifikant) negativ, aber in geringerem Maße als im Rahmen des Gesamtsamples. Die insgesamt deutlich negativeren abnormalen Renditen des Gesamtsamples werden daher durch Cross-border-Transaktionen von europäischen Bieterbanken getrieben. Dies unterstreicht die Tabelle 4.15.
288
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Während die kumulierten abnormalen Renditen in Tabelle 4.14 für nationale Transaktionen bis auf zwei Ereignisfenster durchgehend positiv sind, sind sie für Cross-border-Transaktionen ausnahmslos negativ. Insbesondere die Ereignisfenster um den Tag der Ankündigung sind bei Betrachtung der weiterentwickelten Testverfahren z.T. statistisch (höchst bzw. hoch) signifikant. Aufschluss über die Frage, ob sich nationale und Cross-border-Transaktionen auf Grund dieser Ergebnisse statistisch signifikant unterscheiden, gibt erneut ein Mittelwertdifferenztest, der in Tabelle 4.16 dargestellt wird. Hiernach kann nur für wenige Ereignisfenster ein entsprechend signifikanter Unterschied (auf 10%-Niveau) festgestellt werden. Im Rahmen einer weitergehenden Differenzierung des Samples aller Cross-borderTransaktionen in Cross-border-Transaktionen innerhalb und außerhalb Europas ergeben sich deutliche Unterschiede: Außereuropäische Transaktionen erfahren aus Sicht der Aktionäre der Bieterbanken positive abnormale Renditen über das maximale Ereignisfenster von 0,76%, während innereuropäische Cross-border-Transaktionen deutlich negative abnormale Renditen von –2,49% über das maximale Ereignisfenster aufweisen.77 Die negativen Ergebnisse von Cross-border-Transaktionen insgesamt werden somit durch wertvernichtende innereuropäische Transaktionen getrieben. Die Ergebnisse der Targets von nationalen und Cross-border-Transaktionen unterscheiden sich zwar deutlich, in beiden Fällen erfahren die Aktionäre der Targets jedoch eine signifikante Wertsteigerung. Transaktionen sind damit aus ihrer Sicht immer als Erfolg zu werten. Die Reaktion für die Aktionäre der Bieterbanken erfordert hingegen – wie die vorausgehenden Ausführungen unterstreichen – eine differenziertere Betrachtung: Während nationale Transaktionen über eine Vielzahl der analysierten Ereignisfenster positive abnormale Renditen ausweisen und damit zumindest aus Sicht der Bieteraktionäre keinen Wert vernichten bzw. nicht als Misserfolg eingestuft werden können, ergeben sich für die Cross-border-Transaktionen (z.T. hoch/höchst signifikant) negative CARs. Grenzüberschreitende Schritte sind somit im Durchschnitt wertvernichtend und treiben die insgesamt negative Wertschaffung des Gesamt-
77
Die abnormalen Renditen für das Subsample der Cross-border-Transaktionen innerhalb Europas sind dabei am Tag der Ankündigung der Transaktion sowie über die Mehrzahl der symmetrischen Ereignisfenster (je nach verwendetem Testverfahren unterschiedlich) signifikant. Außereuropäische Cross-border-Transaktionen sind (bspw. bei Verwendung des Boehmer-Tests) nur am Ereignistag selbst signifikant (10%-Niveau). Qualitativ vergleichbare Ergebnisse finden sich bei Beitel (2000), S. 178f.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
289
Tabelle 4.16: Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Bieterbanken) Mittelwertdifferenztest Bieterbanken CARs in % nationale Tx. Ereignisfenster
CARs in % Crossborder-Tx.
Differenz (absolut)
Mittelwertdifferenztest
(N = 47)
(N = 49)
t-Wert
p-Wert
[–20; 0]
0,77
–0,91
1,68
1,27
0,20
[–10; 0]
123
–1,03
2,27
1,93
0,05
*
[–5; 0]
1,13
–0,57
1,70
1,78
0,08
*
[–2; 0]
0,57
–0,41
0,98
1,09
0,28
[–1; 0]
0,33
–0,70
1,03
1,22
0,22
[0]
0,02
–0,83
0,85
1,11
0,27
[–1; +1]
–0,20
–1,13
0,93
0,90
0,37
[–2; +2]
0,70
–0,95
1,65
1,43
0,15
[–5; +5]
0,53
–1,33
1,86
1,53
0,13
[–10; +10]
1,13
–1,68
2,81
1,84
0,07
[–20; +20]
–0,46
–1,17
0,71
0,37
0,71
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Bieterbanken von nationalen und Cross-border-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie für die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt.
samples aller Bieterbanken. Dieses Ergebnis der Analyse kann mit den Resultaten der bisherigen Forschung mit Fokus auf Europa verglichen werden: Beitel (2002) kommt zu beinahe identischen Ergebnissen. Für nationale Transaktionen findet er ebenfalls über nahezu alle Ereignisfenster (signifikant) positive abnormale Renditen.78 Und auch Cross-border-Transaktionen vernichten bei Beitel (2002) durchgehend Wert.79 CyboOttone und Murgia (2000) finden jedoch für das von ihnen betrachtete Sample über
78
79
Beitel (2002) findet (ebenso wie die Ergebnisse dieser Arbeit) allein für das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] negative abnormale Renditen. Diese liegen in seiner Arbeit bei –0,12%. Mit einem Wertverlust von 0,32% über das maximale Ereignisfenster ist das Ergebnis jedoch im Vergleich zu dieser Arbeit (wie auch zuvor bei Betrachtung der nationalen Transaktionen) weniger negativ. Gleichzeitig ist eine geringere statistische Signifikanz der Ergebnisse über die Ereignisfenster hinweg festzustellen.
290
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.17: Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities von nationalen Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Combined Entities von nationalen Tx. (N = 47) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
Gen. Sign Test
pWert
P
N
zWert
pWert
[–20; 0]
2,90
3,19 < 0,01
***
2,9
< 0,01
***
29
18
1,9
0,05 *
[–10; 0]
2,55
3,90 < 0,01
***
3,0
< 0,01
***
34
13
3,4
< 0,01 ***
[–5; 0]
2,37
4,79 < 0,01
***
2,9
< 0,01
***
32
15
2,8
< 0,01 ***
[–2; 0]
1,98
5,73 < 0,01
***
2,5
0,01
**
37
10
4,3
< 0,01 ***
[–1; 0]
1,66
6,05 < 0,01
***
2,3
0,02
**
35
12
3,7
< 0,01 ***
[0]
1,28
6,52 < 0,01
***
1,8
0,07
*
27
20
1,3
0,18
[–1; +1]
1,59
4,66 < 0,01
***
1,9
0,06
*
29
18
1,9
0,05 *
[–2; +2]
2,31
4,66 < 0,01
***
1,9
0,06
*
32
15
2,8
< 0,01 ***
[–5; +5]
1,85
2,22
0,03
**
1,4
0,17
31
16
2,5
0,01 **
[–10; +10]
2,30
2,26
0,02
**
1,7
0,08
29
18
1,9
0,05 *
[–20; +20]
1,94
1,34
0,18
1,2
0,25
27
20
1,3
0,18
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Subsample von 47 nationalen europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 aus Perspektive der Combined Entity. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
das Ereignisfenster von [–10; 0] Tagen positive abnormale Renditen für Cross-borderTransaktionen, die genauso wie die CARs der nationalen Transaktionen aber nicht signifikant sind.80 Nachdem bisher Target und Bieterbank separat betrachtet wurden, schließt sich jetzt (wie auch zuvor für das Gesamtsample) die Analyse der Ergebnisse aus Perspektive der Combined Entity an. Tabelle 4.17 gibt hierzu zunächst einen Überblick über die CARs bei nationalen Transaktionen.
80
Die Abweichungen sind hierbei auf die unterschiedlichen Selektionskriterien für die betrachteten Samples zurückzuführen. Vgl. hierzu Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 835f.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
291
Tabelle 4.18: Kumulierte abnormale Renditen der Combined Entities von Cross-border-Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über die verschiedenen Ereignisfenster Combined Entities von Cross-border-Tx. (N = 49) Ereignisfenster
CARs in %
z-Test (DW)
z-Test (B)
Gen. Sign Test
zWert
pWert
zWert
pWert
P
N
zWert
pWert
[–20; 0]
0,62
1,16
0,25
1,6
0,11
31
18
2,0
0,04 **
[–10; 0]
0,39
1,01
0,31
1,3
0,19
31
18
2,0
0,04 **
[–5; 0]
0,73
1,65
0,10
*
2,2
0,03
30
19
1,7
0,08 *
[–2; 0]
0,85
2,34
0,02
**
2,5
0,01
**
32
17
2,3
0,02 **
[–1; 0]
0,53
1,92
0,06
*
2,0
0,05
*
29
20
1,5
0,14
[0]
0,16
1,28
0,20
1,1
0,29
27
22
0,9
0,37
[–1; +1]
0,17
0,79
0,43
0,8
0,41
29
20
1,5
0,14
[–2; +2]
0,43
1,11
0,27
1,3
0,20
29
20
1,5
0,14
**
0,12
0,41
0,68
0,6
0,58
28
21
1,2
0,24
[–10; +10]
–0,22
0,24
0,81
0,4
0,68
25
24
0,3
0,75
[–20; +20]
0,38
0,58
0,56
1,0
0,32
27
22
0,9
0,37
[–5; +5]
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das Subsample von 49 Crossborder-Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 aus Perspektive der Combined Entity. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
Die CARs sind (wie auf Basis der zuvor dargestellten Ergebnisse für Targets und Bieterbanken zu erwarten war) über alle Ereignisfenster hinweg positiv und (auf Basis der verschiedenen Testverfahren) in nahezu allen Fällen signifikant, z.T. sogar höchst signifikant. Über das maximale Ereignisfenster ergibt sich eine Gesamtwertschaffung von ca. (nicht signifikanten) 2%. Dies liefert (trotz der fehlenden Signifikanz) deutliche Indizien dafür, dass nationale Transaktionen vom Kapitalmarkt in Summe als wertschaffend beurteilt werden. Auch für die Cross-border-Transaktionen ergibt sich (wie in der Tabelle 4.18 dargestellt) ein positives Bild, mit positiven CARs über (nahezu) alle Ereignisfenster. Die CARs sind hier jedoch deutlich niedriger und bspw. bei Verwendung des BoehmerTests zumeist nicht signifikant. Über das maximale Ereignisfenster ergeben sich nur relativ geringe CARs von 0,38%.
292
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.19: Mittelwertdifferenztest zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen (Combined Entities) Mittelwertdifferenztest Combined Entities CARs in % nationale Tx. Ereignisfenster
CARs in % Crossborder-Tx.
Differenz (absolut)
Mittelwertdifferenztest
(N = 47)
(N = 49)
t-Wert
p-Wert
[–20; 0]
2,90
0,62
2,28
1,75
0,08
*
[–10; 0]
2,55
0,39
2,16
1,99
0,05
**
[–5; 0]
2,37
0,73
1,64
1,74
0,08
*
[–2; 0]
1,98
0,85
1,14
1,24
0,22
[–1; 0]
1,66
0,53
1,13
1,29
0,20
[0]
1,28
0,16
1,12
1,37
0,17
[–1; +1]
1,59
0,17
1,42
1,39
0,16
[–2; +2]
2,31
0,43
1,88
1,60
0,11
[–5; +5]
1,85
0,12
1,73
1,53
0,13
[–10; +10]
2,30
–0,22
2,53
1,94
0,05
[–20; +20]
1,94
0,38
1,56
0,94
0,35
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Combined Entity von nationalen und Cross-border-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie über die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/ einer OLS-Regression ermittelt.
Im Rahmen eines weiteren Mittelwertdifferenztests (Tabelle 4.19) ergeben sich aus der Gesamtsicht der Combined Entity über alle betrachteten Ereignisfenster hinweg deutliche (aber zumeist nicht signifikante) Unterschiede in der Wertschaffung zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen. Eine weitergehende Analyse der Cross-border-Transaktionen zeigt, dass (konsistent mit den zuvor beschriebenen Ergebnissen) außereuropäische Cross-border-Transaktionen eine positive Wertschaffung aufweisen. Die im Vergleich zu nationalen Transaktionen geringere Wertschaffung des gesamten Samples aller Cross-borderTransaktionen wird daher insbesondere durch innereuropäische Cross-border-Transaktionen negativ beeinflusst.81
81
Mit CARs von 2,18% über das maximale Ereignisfenster bei außereuropäischen Cross-borderTransaktionen sind die Ergebnisse deutlich höher als bei innereuropäischen Cross-border-Transaktionen mit –0,87%.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
293
Die abgeleiteten Ergebnisse für die Combined Entity decken sich weitestgehend mit der Arbeit von Beitel (2002). Aber auch Cybo-Ottone und Murgia (2000) finden statistisch höchst signifikante CARs von 4,47% über das Ereignisfenster von [–10; 0] Tagen nach nationalen Konsolidierungsschritten, während die CARs der Cross-borderTransaktionen (2,92%) nicht signifikant sind. Auch Tourani-Rad und van Beek (1999) belegen für die Mehrzahl der von ihnen betrachteten Ereignisfenster leicht höhere abnormale Renditen für nationale Transaktionen.82 Ismail und Davidson (2005) finden hingegen über ihr maximales Ereignisfenster CARs von 1,26% (höchst signifikant), während nationale Transaktionen eine ökonomisch zu vernachlässigende Wertvernichtung (–0,05%) erfahren.83 Insgesamt ergeben sich somit Indizien dafür, dass nationale und damit (geographisch) fokussierende Transaktionen Wert schaffen, während (geographisch) diversifizierende Transaktionen insgesamt (aus Sicht der Combined Entity) keinen Wert schaffen und für die Bieterbanken sogar wertvernichtend sind. Diese Ergebnisse mit Fokus auf Europa entsprechen den bereits im Rahmen des Überblicks über die Forschung dargestellten US-Studien, die ebenfalls in der Mehrzahl geographisch fokussierende Transaktionen als wertschaffend identifizieren.84 Hiermit ergeben sich Belege für Synergien als zentrales Argument von Bankentransaktionen: Entsprechend der in Kapitel 2 vorgestellten Argumentation können für nationale Transaktionen größere Möglichkeiten zur Synergieerzielung (insb. auf Grund bestehender Überlappungen) vermutet werden. Gleichzeitig scheinen die in Kapitel 2 angesprochenen Hemmnisse für Crossborder-Transaktionen (gesetzlicher/regulatorischer, politischer, kultureller und sonstiger Natur) trotz der ebenfalls genannten bereits weit vorangeschrittenen europäischen Integration nach wie vor Wertschaffungspotenziale zu reduzieren.85 Keine Belege finden sich damit für die Diversifikations-Hypothese, wonach geographisch diversifizierende Transaktionen zusätzliche Risikoreduktionseffekte mit sich bringen können.86 82
83
84
85 86
Die Unterschiede sind aber nicht statistisch signifikant. Vgl. Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 538. Vgl. Ismail und Davidson (2005), S. 25. Auch bei Ismail und Davidson (2005) ergeben sich in den Ereignisfenstern direkt um das Ereignis positive CARs für nationale Transaktionen. Die Ergebnisse für Cross-border-Transaktionen sind jedoch durchgehend positiv. Die Unterschiede zwischen den Arbeiten können durch die unterschiedlichen verwendeten Samples erklärt werden. Vgl. hierzu bspw. die zuvor angesprochenen Arbeiten von Houston und Ryngaert (1994), DeLong (2001a), DeLong (2001b) und DeLong (2003). Vgl. hierzu Kapitel 2.2.2. Dies entspricht den beschriebenen Ergebnissen von Amihud et al. (2002).
294
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Subsamples nach Aktivitätsfokus Neben der Analyse des geographischen Schwerpunktes der Transaktionen erfährt die aktivitätsbezogene Diversifikation bzw. Fokussierung in der Literatur eine besondere Beachtung. Auch sie bietet (indirekten) Aufschluss über die Relevanz der zuvor angesprochenen Motive und Zielsetzungen, indem (wie zuvor) bspw. unterstellt wird, dass Synergien bei aktivitätsbezogen fokussierenden Transaktionen (infolge umfangreicherer bestehender Überlappungen) in größerem Maße zu realisieren sind.87 Im Rahmen des Überblicks über das hier analysierte Sample wurde bereits zwischen fokussierenden Bank-Bank- und diversifizierenden Bank-Spezialinstitut-Transaktionen unterschieden. Auf Basis der hier verwendeten Kriterien konnten 14 Bank-SpezialinstitutTransaktionen identifiziert werden. Die Ergebnisse dieser Transaktionen werden im Folgenden den Ergebnissen der verbleibenden 82 Bank-Bank-Transaktionen gegenübergestellt. Sowohl für die Targets von Bank-Bank- als auch für die Targets von Bank-Spezialinstitut-Transaktionen ergeben sich (wie zuvor für das Gesamtsample) über alle Ereignisfenster hinweg positive CARs, die (je nach verwendetem Testverfahren) nahezu alle höchst signifikant sind. Nichtsdestotrotz bestehen zwischen den beiden Subsamples Unterschiede, die mit Hilfe des Mittelwertdifferenztests in Tabelle 4.20 dargestellt werden. Während Spezialbankübernahmen über das maximale Ereignisfenster CARs von 23,38% erreichen, liegen diese für Bank-Bank-Transaktionen bei nur 15,97%.88 Über alle Ereignisfenster hinweg ergibt sich somit für die Übernahmen von Spezialinstituten (und damit diversifizierende Transaktionen) aus Sicht der Aktionäre der Targets eine höhere Wertschaffung – der Unterschied ist hierbei allerdings nicht signifikant. Diese Ergebnisse decken sich mit der Arbeit von Beitel (2002), der ebenfalls deutlich höhere abnormale Renditen für die Targets von Bank-Spezialbank-Transaktionen feststellt. Auch Cybo-Ottone und Murgia (2000) finden für Targets von diversifizierenden Transaktionen im Vergleich zu Bank-Bank-Transaktionen höhere abnormale Renditen.89
87 88 89
Vgl. Beitel (2002), S. 176. Für das Gesamtsample liegen diese bei 17,06%. Vgl. Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 849. Ismail und Davidson (2005) kommen zu abweichenden Ergebnissen. Sie finden höhere CARs für Targets von Bank-Bank-Transaktionen. Vgl. Ismail und Davidson (2005), S. 23.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
295
Tabelle 4.20: Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Targets) Mittelwertdifferenztest Targets CARs in % Bank-Bank-Tx.
CARs in % BankSpezialbank-Tx.
(N = 82)
(N = 14)
[–20; 0]
15,39
22,61
7,21
0,95
0,34
[–10; 0]
14,07
17,03
2,95
0,42
0,67
[–5; 0]
13,24
17,00
3,76
0,53
0,59
[–2; 0]
12,27
18,03
5,76
0,82
0,41
[–1; 0]
11,63
17,00
5,37
0,77
0,44
[0]
10,14
14,28
4,14
0,61
0,54
[–1; +1]
12,34
21,23
8,90
1,27
0,21
[–2; +2]
13,01
23,53
10,52
1,42
0,15
[–5; +5]
13,42
20,41
6,99
0,93
0,35
[–10; +10]
14,63
17,93
3,31
0,44
0,66
[–20; +20]
15,97
23,38
7,41
0,77
0,44
Ereignisfenster
Differenz (absolut)
Mittelwertdifferenztest t-Wert
p-Wert
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Targets von Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie über die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/ einer OLS-Regression ermittelt.
Für die Bieterbanken ergibt sich in Bezug auf die Unterschiede zwischen den CARs beider Subsamples kein einheitliches Bild (bei nicht signifikanten Unterschieden):90 Am Tag der Ankündigung und in direkter Folge der Transaktion entwickeln sich Bank-Bank-Transaktionen besser als Bank-Spezialinstitut-Transaktionen. Über das maximale Ereignisfenster erhalten diversifizierende Transaktionen von den Aktionären der Bieterbanken jedoch ein besseres Zeugnis. Insgesamt ergeben sich in beiden
90
Die CARs selbst sind für das Subsample der Bieterbanken bei Bank-Spezialbank-Transaktionen (nicht zuletzt auf Grund der geringen Samplegröße) bei Verwendung der verschiedenen Testverfahren über alle Ereignisfenster hinweg nicht signifikant. Für das Sample der Bank-BankTransaktionen kann nur bei Verwendung des nicht parametrischen Tests für einige Ereignisfenster eine Signifikanz der Ergebnisse festgestellt werden.
296
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.21: Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Bieterbanken) Mittelwertdifferenztest Bieterbanken CARs in % Bank-Bank-Tx.
CARs in % BankSpezialbank-Tx.
Ereignisfenster
(N = 82)
(N = 14)
[–20; 0]
–0,29
[–10; 0]
–0,02
0,64
0,66
0,39
0,70
[–5; 0]
0,27
0,23
0,04
0,03
0,98
[–2; 0]
0,00
0,51
0,51
0,40
0,69
[–1; 0]
–0,26
0,17
0,43
0,36
0,72
[0]
–0,39
–0,57
0,19
0,17
0,86
[–1; +1]
–0,64
–0,87
0,23
0,15
0,88
[–2; +2]
0,00
–0,99
0,99
0,60
0,55
[–5; +5]
–0,24
–1,42
1,18
0,68
0,50
[–10; +10]
–0,31
–0,27
0,03
0,02
0,99
[–20; +20]
–0,96
0,03
0,99
0,37
0,71
1,14
Differenz (absolut)
Mittelwertdifferenztest t-Wert
1,43
0,76
p-Wert
0,45
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Bieterbanken von Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie über die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/ einer OLS-Regression ermittelt.
Fällen (wie auch zuvor für das Gesamtsample) keine signifikanten Belege für den Erfolg bzw. Misserfolg entsprechender Transaktionen aus Sicht der Bieterbanken. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Beitel (2002), Cybo-Ottone und Murgia (2000) und Ismail und Davidson (2005). Die hohen abnormalen Renditen der Targets schlagen sich (wie auch zuvor für das Gesamtsample dargestellt wurde) in einer entsprechenden positiven Wertschaffung der Combined Entity nieder. Hierbei ergeben sich (trotz der höheren Wertschaffung der Targets bei Bank-Spezialbank-Transaktionen) insgesamt höhere CARs für BankBank-Transaktionen. Diese sind bei Betrachtung des Boehmer-Tests über nahezu alle Ereignisfenster (hoch bzw. höchst) signifikant,91 während Bank-Spezialbank-Transaktionen keine signifikanten Ergebnisse aufweisen können. 91
Nur für das maximale Ereignisfenster ist bei Verwendung der verschiedenen Testverfahren keine Signifikanz der Ergebnisse gegeben.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
297
Tabelle 4.22: Mittelwertdifferenztest zwischen Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen (Combined Entities) Mittelwertdifferenztest Combined Entities
Ereignisfenster
CARs in % Bank-Bank-Tx.
CARs in % BankSpezialbank-Tx.
Differenz (absolut)
Mittelwertdifferenztest
(N = 82)
(N = 14)
[–20; 0]
1,62
2,45
0,84
t-Wert
0,45
p-Wert
0,66
[–10; 0]
1,43
1,59
0,16
0,10
0,92
[–5; 0]
1,60
1,13
0,47
0,35
0,73
[–2; 0]
1,44
1,20
0,24
0,18
0,85
[–1; 0]
1,11
0,92
0,19
0,15
0,88
[0]
0,80
0,15
0,65
0,56
0,58
[–1; +1]
1,00
0,08
0,91
0,63
0,53
[–2; +2]
1,58
0,04
1,54
0,92
0,36
[–5; +5]
1,22
–0,52
1,74
1,08
0,28
[–10; +10]
1,23
–0,26
1,49
0,79
0,43
[–20; +20]
1,22
0,69
0,53
0,22
0,82
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse des Mittelwertdifferenztests zwischen den CARs der Combined Entities von Bank-Bank- und Bank-Spezialbank-Transaktionen. Die Ermittlung der CARs beruht dabei auf der kurzfristigen Ereignisstudie über die beiden Subsamples nationaler und Cross-border-Transaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt.
Insgesamt schaffen diversifizierende Transaktionen (aus Perspektive der Combined Entity) somit statistisch keinen Wert, während Bank-Bank-Transaktionen Wert schaffen. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Ergebnissen von Beitel (2002) und Cybo-Ottone und Murgia (2000): Beitel (2002) findet für einige Ereignisfenster im Vergleich zum Gesamtsample höhere CARs nach diversifizierenden Transaktionen.92 Cybo-Ottone und Murgia (2000) weisen ebenfalls statistisch signifikante CARs für beide Subsamples nach. Diese liegen bei diversifizierenden Transaktionen jedoch mit 6,33% über das Ereignisfenster von [–10; 0] deutlich über den 2,81% nach BankBank-Transaktionen.93 Übereinstimmende Ergebnisse finden sich hingegen bei Ismail und Davidson (2005), die ebenfalls klare Belege für eine höhere Wertschaffung bei fo92 93
Vgl. Beitel (2002), S. 182f. Vgl. Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 849.
298
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
kussierenden (Bank-Bank-)Transaktionen feststellen. Über nahezu alle von ihnen betrachteten Ereignisfenster ergibt sich eine statistisch signifikante Differenz zwischen fokussierenden und diversifizierenden Transaktionen. Während Bank-Bank-Transaktionen signifikanten Wert schaffen, ist für diversifizierende Transaktionen keine signifikante Wertschaffung festzustellen.94 Diversifizierende Transaktionen scheinen auf Basis der Ergebnisse dieser Arbeit keinen signifikanten Wert zu schaffen. Aus der Gesamtsicht der Combined Entity stellen sie weder Erfolg noch Misserfolg dar. Demgegenüber scheinen fokussierende Bank-Bank-Transaktionen Wert zu schaffen. Hiermit ergeben sich erneut Indizien für die Synergie-Hypothese, während die Diversifikations-Hypothese (wie auch zuvor bei der Differenzierung zwischen nationalen und Cross-border-Transaktionen) erneut keine Bestätigung findet. Es kann somit festgehalten werden, dass sich Fokus sowohl geographisch als auch aktivitätsbezogen in Form einer höheren Wertschaffung auszahlt. Dieses Ergebnis stimmt mit den bereits zuvor angesprochenen Arbeiten (bspw. von DeLong (2001a)) überein. Subsamples nach Transaktionsgröße Neben geographischem und aktivitätsbezogenem Fokus ist die Betrachtung des Einflusses der Transaktionsgröße ebenfalls von Interesse.95 Beitel (2002) führt in diesem Zusammenhang aus, dass mit einem Anstieg der Größe der Transaktionen eine erhöhte Komplexität für den Integrationsprozess einhergehen kann, die wiederum die Realisierung von Synergiepotenzialen einschränken kann. Vor diesem Hintergrund potenziell geringerer Synergien und möglicher Managementineffizienzen bei großen Transaktionen könnte erwartet werden, dass diese Transaktionen durch den Kapitalmarkt skeptischer beurteilt werden und dementsprechend eine geringere Wertschaffung erfahren.96 Aufschluss hierüber bietet die folgende Analyse, die Subsamples unterschiedlicher Größe betrachtet.
94 95
96
Vgl. Ismail und Davidson (2005), S. 22f. In der Mehrzahl der zuvor zitierten Arbeiten werden so potenzielle Größeneffekte mitberücksichtigt. Vgl. Beitel (2002), S. 185.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
299
Tabelle 4.23 differenziert hierzu zunächst die CARs der Targets für verschiedene Größensamples.97 Eine erste Indikation in Bezug auf den zuvor angesprochenen Größeneffekt ergibt sich bereits bei der Betrachtung der Ergebnisse der 20 größten und 20 kleinsten Transaktionen des Gesamtsamples.98 Die größten 20 Transaktionen erfahren im Vergleich zu den kleinsten 20 Transaktionen durchweg niedrigere CARs. Ebenso deutliche Unterschiede ergeben sich zwischen den 50% der größten und kleinsten Transaktionen.99 Über das maximale Ereignisfenster kann zwischen den größten und den kleinsten 50% der Transaktionen bspw. ein Unterschied von 7,33 Prozentpunkten festgestellt werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung des größten und des kleinsten Drittels der Transaktionen:100Auch hier treten die bereits beschriebenen Unterschiede auf. Auffällig ist hierbei, dass das mittlere Drittel der Transaktionen die niedrigsten CARs aufweist. Diese liegen durchweg sogar unter dem Niveau der größten Transaktionen. Insgesamt ergeben sich somit deutliche Indizien für einen Größeneffekt auf der Targetseite:101 Kleinere Transaktionen erfahren hiernach durchweg eine höhere Wertschaffung als größere Transaktionen (auch wenn der Unterschied nicht signifikant ist). Diese Ergebnisse, die in vergleichbarer Form auch von Cybo-Ottone und Murgia (2000) gefunden wurden,102 stützen die Hypothese, dass im Rahmen kleinerer Transaktionen höhere Synergien (in Form entsprechender Economies of Scale and Scope)
97
98
99
100
101
102
Aus Gründen der Komplexitätsreduktion beschränkt sich die Darstellung auf die drei zentralen Ereignisfenster [0], [–1; +1] und [–20; +20]. Die 20 kleinsten Transaktionen haben eine durchschnittliche Größe von 196 Mio. USD. Die Transaktionsgrößen liegen dabei zwischen 103 und 273 Mio. USD. Die 20 größten Transaktionen haben eine durchschnittliche Größe von 12.857 Mio. USD. Die Transaktionsgrößen liegen für dieses Subsample zwischen 5.135 und 38.525 Mio. USD. Die 50% der kleinsten Transaktionen haben eine durchschnittliche Größe von 452 Mio. USD. Die Transaktionsgrößen liegen dabei zwischen 103 und 1.058 Mio. USD. Die 50% der größten Transaktionen haben eine durchschnittliche Größe von 6.714 Mio. USD. Die Transaktionsgrößen liegen hier zwischen 1.135 und 38.525 Mio. USD. Das größte Drittel der Transaktionen weist eine durchschnittliche Größe von 9.278 Mio. USD auf. Die Transaktionsgrößen liegen dabei zwischen 2.338 und 38.525 Mio. USD. Das mittlere Drittel der Transaktionen weist eine durchschnittliche Größe von 1.199 Mio. USD auf. Die Transaktionsgrößen liegen für dieses Subsample zwischen 575 und 2.287 Mio. USD. Das kleinste Drittel der Transaktionen weist eine durchschnittliche Größe von 271 Mio. USD auf. Die Transaktionsgrößen liegen hier zwischen 103 und 528 Mio. USD. Die zuvor beschriebenen Unterschiede sind (auf Basis eines Mittelwertdifferenztests) nicht signifikant. Vgl. Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 849.
300
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.23: Kumulierte abnormale Renditen der Targets von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über verschiedene Ereignisfenster differenziert nach Größe der Transaktionen Subsamples differenziert nach Größe Ereignis- CARs fenster in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
pWert
Gen. Sign Test P
N
zWert
pWert
Größte 20 Transaktionen
9,52
19,2 < 0,01
***
3,6
< 0,01
***
15
5
2,3
0,02 **
[–1; 1]
13,20
14,3 < 0,01
***
4,1
< 0,01
***
16
4
2,8
< 0,01 ***
[–20; 20]
16,00
4,8 < 0,01
***
4,0
< 0,01
***
15
5
2,3
0,02 **
[0]
Kleinste 20 Transaktionen [0]
13,02
58,4 < 0,01
***
1,2
0,23
14
6
2,4
0,02 **
[–1; 1]
16,33
38,6 < 0,01
***
1,4
0,17
17
3
3,7
< 0,01 ***
[–20; 20]
18,75
8,6 < 0,01
***
1,1
0,29
15
5
2,8
< 0,01 ***
Größtes Drittel der Transaktionen [0]
10,62
25,4 < 0,01
***
4,4
< 0,01
***
25
7
3,4
< 0,01 ***
[–1; 1]
14,17
19,8 < 0,01
***
5,4
< 0,01
***
27
5
4,1
< 0,01 ***
[–20; 20]
16,64
6,5 < 0,01
***
4,8
< 0,01
***
25
7
3,4
< 0,01 ***
***
22
10
2,6
< 0,01 ***
Mittleres Drittel der Transaktionen
7,87
15,4 < 0,01
***
2,9
< 0,01
[–1; 1]
10,14
12,5 < 0,01
***
3,2
< 0,01
[–20; 20]
11,79
4,4 < 0,01
***
2,4
0,02
[0]
***
20
12
1,9
0,06 *
**
22
10
2,6
< 0,01 ***
24
8
3,5
< 0,01 ***
Kleinstes Drittel der Transaktionen [0]
13,74
63,8 < 0,01
***
1,6
0,10
[–1; 1]
16,59
42,4 < 0,01
***
1,9
0,06
*
26
6
4,2
< 0,01 ***
[–20; 20]
22,73
12,3 < 0,01
***
1,9
0,06
*
27
5
4,6
< 0,01 ***
Größte 50% der Transaktionen
9,72
29,0 < 0,01
***
5,4
< 0,01
***
36
12
3,9
< 0,01 ***
[–1; 1]
12,67
21,8 < 0,01
***
6,3
< 0,01
***
38
10
4,4
< 0,01 ***
[–20; 20]
13,39
6,3 < 0,01
***
4,1
< 0,01
***
36
12
3,9
< 0,01 ***
[0]
Kleinste 50% der Transaktionen [0]
11,76
56,4 < 0,01
***
1,7
0,08
*
35
13
3,9
< 0,01 ***
[–1; 1]
14,60
39,2 < 0,01
***
2,1
0,04
**
35
13
3,9
< 0,01 ***
[–20; 20]
20,72
12,6 < 0,01
***
2,3
0,02
**
38
10
4,7
< 0,01 ***
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
301
Die Tabelle 4.23 zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie für die Targets europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 differenziert nach der Größe der Transaktionen. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
realisiert werden können und die Erreichung bestehender Synergiepotenziale auf Grund eines weniger komplexen Integrationsprozesses auch weniger stark beeinträchtigt wird. Vor diesem Hintergrund können für die Aktionäre der Targets höhere Prämien, die von Seiten der Bieterbanken bezahlt werden, und damit eine entsprechend starke Kapitalmarktreaktion nach kleineren Transaktionen dokumentiert werden. Auffällig ist aber, dass die mittelgroßen Transaktionen den bereits angesprochenen geringsten Werteffekt erfahren. Die Analyse der Werteffekte auf Seiten der Bieterbanken (dargestellt in Tabelle 4.24) zeigt eine korrespondierende Entwicklung: Grundsätzlich tritt eine höhere Wertschaffung (bzw. eine geringere Wertvernichtung) auf Seiten der Bieterbanken bei kleinen Transaktionen ein. Wie bereits zuvor für die Targets ergeben sich zwischen den größten 20 und den kleinsten 20 Transaktionen ebenso wie zwischen den größten und kleinsten 50% der Transaktionen deutliche Unterschiede über alle ausgewiesenen Ereignisfenster, die jedoch nicht signifikant sind.103 Große Transaktionen führen somit auch aus Sicht der Bieterbanken zu einer (in diesem Fall) höheren Wertvernichtung – auch wenn diese über nahezu keines der betrachteten Ereignisfenster statistisch signifikant ist. Kleine Transaktionen hingegen vernichten weniger Wert bzw. schaffen sogar welchen. Besonders hervorzuheben ist hierbei erneut das Drittel der mittleren Transaktionen. Hier ist eine positive (wenn auch nicht signifikante) Wertschaffung über das maximale Ereignisfenster zu konstatieren. Diese mittleren Transaktionen leisten aus Sicht der Aktionäre der Bieterbanken somit einen entscheidenden, positiven Beitrag zum zuvor präsentierten Ergebnis des Gesamtsamples aller Transaktionen, während die großen Transaktionen belastend wirken.
103
Auf Basis eines Mittelwertdifferenztests ergibt sich nur bei der Unterscheidung zwischen den größten und kleinsten 20 Transaktionen am Ereignistag selbst ein hoch signifikanter Unterschied. Für alle weiteren Differenzen zwischen großen und kleinen Transaktionen kann über die verschiedenen Ereignisfenster keine Signifikanz festgestellt werden.
302
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.24: Kumulierte abnormale Renditen der Bieterbanken von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 über verschiedene Ereignisfenster differenziert nach Größe der Transaktionen Bieterbanken differenziert nach Größe Ereignis- CARs fenster in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B)
Gen. Sign Test
zWert
pWert
P
N
zWert
pWert
–1,4
0,17
4
16 –2,5
0,01 **
Größte 20 Transaktionen [0]
–1,70 –3,1
< 0,00
***
[–1; 1]
–1,11 –0,9
0,38
–0,5
0,61
7
13 –1,2
0,24
[–20; 20]
–2,87 –0,9
0,39
–0,7
0,45
8
12 –0,7
0,46
0,7
0,49
9
11 –0,4
0,72
Kleinste 20 Transaktionen [0] [–1; 1] [–20; 20]
0,53
0,7
0,51
0,80
1,1
0,27
2,1
0,04
–0,83 –0,1
0,95
–0,1
0,92
***
–2,0
0,05
*
–1,2
0,22
–1,1
0,26
0,97
0,0
0,98
0,14
–0,8
0,43
12
20 –1,2
0,23
0,47
1,2
0,22
14
18 –0,5
0,63
0,8
0,42
12
20 –1,2
0,22
**
9
11 –0,4
0,72
9
11 –0,4
0,72
7
25 –2,9
11
21 –1,5
0,13
12
20 –1,2
0,24
16
16
0,82
Größtes Drittel der Transaktionen [0]
–1,52 –3,6
< 0,00
[–1; 1]
–1,37 –1,8
0,08
[–20; 20]
–2,89 –1,1
0,27
**
< 0,00 ***
Mittleres Drittel der Transaktionen [0]
–0,03
[–1; 1]
–0,95 –1,5
[–20; 20]
0,67
0,0 0,7
0,2
Kleinstes Drittel der Transaktionen [0] [–1; 1] [–20; 20]
0,30
0,9
0,36
0,29
0,5
0,59
0,9
0,35
14
18 –0,5
0,61
–0,23 –0,1
0,96
–0,1
0,94
13
19 –0,9
0,39
Größte 50% der Transaktionen [0]
–0,63 –1,6
0,10
–0,9
0,38
15
33 –2,3
0,02 **
[–1; 1]
–0,70 –1,0
0,32
–0,7
0,47
16
32 –2,0
0,05 **
[–20; 20]
–1,93 –0,7
0,49
–0,8
0,42
19
29 –1,1
0,26
0,59
–0,3
0,76
20
28 –0,9
0,35
0,23
–0,8
0,40
21
27 –0,6
0,52
0,74
0,5
0,65
20
28 –0,9
0,35
Kleinste 50% der Transaktionen [0]
–0,20 –0,5
[–1; 1]
–0,65 –1,2
[–20; 20]
0,29
0,3
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
303
Die Tabelle 4.24 zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie für die Bieterbanken europäischer Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 differenziert nach der Größe der Transaktionen. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
Diese Ergebnisse decken sich nicht nur mit der in Kapitel 3 dargestellten Forschung in den USA, sondern auch mit den Ergebnissen in Bezug auf Europa bspw. von Beitel (2002), der ebenfalls eine höhere Wertvernichtung bei großen Transaktionen (aus Sicht der Bieterbank) konstatiert, während er bei kleinen Transaktionen ebenfalls nur leicht negative, nicht signifikante Ergebnisse über das maximale Ereignisfenster findet.104 Auch bei ihm ergibt sich eine (signifikant) positive Wertschaffung beim mittleren Drittel der Transaktionen, was die vorhergehenden Ergebnisse noch einmal unterstreicht.105 Bestätigt werden diese Ergebnisse auch durch die Arbeiten von CyboOttone und Murgia (2000) und Tourani-Rad und van Beek (1999).106 Insgesamt ergeben sich somit auf Basis dieser Ergebnisse klare Indizien für die zuvor beschriebene Hypothese des Einflusses der Transaktionsgröße auf den Transaktionserfolg. Die vielbeachteten, großen europäischen Bankentransaktionen scheinen bei kurzfristiger Analyse eher Wert zu vernichten, wohingegen sich insbesondere bei mittelgroßen Transaktionen (nicht zuletzt auch auf Grund der händelbaren Komplexität bei gleichzeitig bestehenden Synergiepotenzialen) für die Bieterbanken signifikante Wertschaffungspotenziale ergeben. Subsamples im Zeitverlauf Neben der Berücksichtigung der Größe der Transaktion ist die Betrachtung der Entwicklung der abnormalen Renditen im Zeitverlauf von hoher Bedeutung. Es stellt sich hierbei die Frage, ob die CARs von Targets, Bieterbanken und Combined Entities im Zeitverlauf relativ stabil sind, oder ob sich hier im Zeitverlauf (beeinflusst bspw. durch das allgemeine Marktumfeld an den Kapitalmärkten) eine starke Variabilität ergibt.
104
105 106
Beitel weist so für das kleinste Drittel der Transaktionen und das Ereignisfenster von [–1; +1] ein nicht signifikantes Ergebnis von –0,12% aus. Vgl. Beitel (2002), S. 186. Diese erreichen signifikante 1,23% im Ereignisfenster von [–1; +1]. Vgl. Beitel (2002), S. 186. Vgl. Cybo-Ottone und Murgia (2000), S. 848 und Tourani-Rad und van Beek (1999), S. 537.
304
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.25: CARs [–20; +20] der Targets, Bieterbanken und Combined Entities von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Jahren Kumulierte abnormale Renditen/CARs [–20; +20] Jahr Anzahl Tx. Targets
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
5
12
3
11
11
20
16
7
4
5
2
–0,41 16,27 10,84 18,22
0,62 14,14 31,07 39,13 16,02 12,30 12,50
Bieterbanken
1,86
7,08
2,12 –1,45 –5,32 –3,00 –2,96 –2,18
4,06
1,79 –3,63
Combined Entities
1,76
7,06
2,05 –1,46 –3,25
5,48
3,23 –1,25
0,21
2,03 –1,52
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie für Targets, Bieterbanken und Combined Entities von europäischen Bankentransaktionen über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] differenziert nach Jahren. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt.
Hierzu werden in Tabelle 4.25 die CARs der Targets, Bieterbanken und der Combined Entities über das maximale Ereignisfenster von 20 Tagen vor und nach der Transaktion differenziert nach Jahren dargestellt. Für die Targets, die bei der Analyse des Gesamtsamples im Durchschnitt über die Jahre hinweg CARs von ca. 17% über das maximale Ereignisfenster aufweisen, ergibt die Differenzierung der Ergebnisse nach Jahren bereits ein sehr interessantes Bild: Auffällig sind zunächst die beiden Jahre 1994 und 1998. 1998 sind die durchschnittlichen CARs nur leicht positiv und in 1994 sogar leicht negativ.107 Neben sicherlich gegebenen Einzeleffekten spiegelt dies in den beiden Jahren ein schwieriges Kapitalmarktumfeld für M&A-Transaktionen wider. Demgegenüber fallen in den beiden Jahren 2000 und 2001 extrem hohe CARs von 31% bzw. 39% auf, die die sehr hohen Prämien reflektieren, die zu dieser Zeit von den Bieterbanken (insb. auch für kleinere, spezialisierte Anbieter) bezahlt wurden. In den letzten beiden Jahren liegen die CARs mit ca. 12% wieder deutlich unter diesem Niveau sowie unter dem Gesamtdurchschnitt von ca. 17%. Hieraus kann einerseits eine Normalisierung nach den vorhergehenden Boomjahren abgelesen werden. Ob die Entwicklung darüber hinaus auf zukünftig grundsätzlich niederigere Prämien/CARs für die Targetaktionäre (bspw. auf Grund des
107
In beiden Jahren sind die Ergebnisse allerdings bspw. bei Betrachtung des Tests nach Boehmer et al. (1991) nicht signifikant.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
305
in Kapitel 2 beschriebenen intensivierten Wettbewerbsumfelds zwischen Europas Banken) hindeutet, lässt sich heute noch nicht belegen. Grundsätzlich kann jedoch eine erhöhte Vorsicht auf Seiten der Bieterbanken in Form konservativerer Angebote konstatiert werden. Diese Entwicklung ist auch entsprechend anhand der CARs für die Bieterbanken und die Combined Entities zu beobachten. Im Zeitraum von 1994 bis 1996 sind so deutlich positive abnormale Renditen (bis zu 7%) für Bieterbanken und Combined Entities beobachtbar.108 Mit dem in Kapitel 2 beschriebenen Aufkommen der Konsolidierungsdynamik Mitte der 90er Jahre werden die CARs für die Bieterbanken zwischen 1997 und 2001 jedoch deutlich negativ und auch die CARs der Combined Entities sind in den Jahren 1997, 1998 und 2001 negativ.109 In dem für M&A-Transaktionen sicherlich schwierigen Marktumfeld der Jahre 2002 und 2003, das durch starke Rückgänge der wichtigsten Indizes gekennzeichnet war, ergeben sich jedoch wieder deutlich positive CARs für Bieterbanken und Combined Entities.110 In 2004 kommt es zwar zu einem erneuten Rückgang – da hier aber nur zwei Transaktionen in die Betrachtung eingehen, sind diese Ergebnisse nicht überzubewerten. Auch Beitel (2002) dokumentiert im Rahmen seiner Arbeit eine im Zeitverlauf negative Entwicklung der CARs für die Bieterbanken (insb. in den Jahren 1998 bis 2000), die sich auch in einer entsprechend deutlichen Abschwächung der Ergebnisse aus Sicht der Combined Entity niederschlägt.111 Beitel sieht hierin einen klaren Abwärtstrend in der durchschnittlichen Wertschaffung über die Jahre hinweg, die eine Angleichung der Ergebnisse an die USA (mit einer negativen Kapitalmarktreaktion im Zuge der Ankündigung für die Bieterbanken und entsprechenden Konsequenzen auch für die Combined Entity) mit sich bringt. Dieser Argumentation ist auf Basis der hier vorgestellten Ergebnisse für die Folgejahre (2001 bis 2004) nicht zu folgen. Im Rahmen dieser Arbeit werden zwar ebenfalls die angesprochenen negativen Kapitalmarktreaktionen insbesondere für die Bieterbanken zwischen 1997 bis 2001 festgestellt, in den Folgejahren ist jedoch ebenfalls die positive Ergebnisentwicklung
108
109
110
111
Diese sind dabei bspw. für 1995 (auf Basis des Boehmer-Tests) höchst signifikant (sowohl für die Bieterbanken als auch für die Combined Entities). Hierbei sind die Ergebnisse (unter Verwendung der verschiedenen statistischen Testverfahren) aber zumeist nicht signifikant. Auf Basis des Boehmer-Tests ist eine Signifikanz der Ergebnisse für Bieterbanken und Combined Entities in 2002 gegeben. Für 2003 kann auf Basis dieses Testverfahrens keine Signifikanz festgestellt werden. Vgl. Beitel (2002), S. 189ff.
306
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
zu berücksichtigen. Die Ergebnisse deuten damit nicht (wie von Beitel beschrieben) darauf hin, dass sich die positive Gesamteinschätzung von europäischen Bankentransaktionen an die in den USA zu beobachtende negative Einschätzung angleicht oder noch extremer, dass der hiesige Kapitalmarkt erst jetzt gereift ist bzw. europäische Banken noch immer nicht gelernt haben, wertschaffende Transaktionen durchzuführen. Vielmehr kann konstatiert werden, dass die Targets nahezu ausnahmslos im Zeitverlauf positive Kapitalmarktreaktionen erfahren haben. Für Bieterbanken und Combined Entities ist kein klarer Trend festzustellen – für diese wird aber ein deutlicher Zusammenhang zu der Kapitalmarktentwicklung insgesamt sowie der Entwicklung der Konsolidierungsaktivitäten deutlich. In Zeiten boomender Kapitalmärkte und starker M&A-Tätigkeit ist somit eher eine Wertvernichtung durch entsprechende Transaktionen zu konstatieren (infolge insb. hoher gezahlter Prämien – wie die Analyse der Targets unterstreicht), während in schwachen Marktphasen Bieterbanken beachtliche Wertschaffungen realisieren können. Ein entsprechendes Timing von Transaktionen scheint daher für die Wertschaffung von hoher Bedeutung zu sein. Transaktionen nach Nationalität von Targets und Bieterbanken Als letzte relevante Dimension erfolgt im Rahmen der folgenden beiden Tabellen die Betrachtung des Einflusses von Länderspezifika auf den Erfolg der jeweiligen Transaktionen. Hierzu werden sowohl für die Targets als auch für die Bieterbanken Subsamples auf Basis der jeweiligen Nationalität gebildet. Wie von Beitel (2002) vorgeschlagen, werden auch im Rahmen dieser Arbeit nur Länder betrachtet, die über den gesamten Betrachtungszeitraum von 1994 bis 2004 mindestens fünf Transaktionen aufweisen können, um entsprechend robuste Ergebnisse ableiten zu können.112 Die Ergebnisse für die Bieterbanken und die Targets werden in den beiden Tabellen 4.26 und 4.27 dargestellt. Der Fokus liegt hierbei auf dem maximalen Ereignisfenster von [–20; +20] Tagen. Bei der Betrachtung der Bieterbanken wurde für das Gesamtsample über das maximale Ereignisfenster eine statistisch nicht signifikante abnormale Rendite von –0,82% ausgewiesen. Auffällig bei der Differenzierung nach Ländern sind die positiven abnormalen Renditen insbesondere in Schweden, Spanien und der Schweiz – während Bieterbanken besonders negative Ergebnisse in Belgien und Norwegen, aber
112
Vgl. Beitel (2002), S. 194.
4.4 Analyse der kurzfristigen Wertschaffung
307
Tabelle 4.26: CARs [–20; +20] der Bieterbanken von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Ländern Bieterbanken differenziert nach Ländern Länder
CARs in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
Gen. Sign Test
pWert
P
N
zpWert Wert
Deutschland
–1,80
0,0
1,00
0,0
0,99
3
4
–0,3
0,78
Frankreich
0,25
0,5
0,64
0,6
0,52
1
6
–1,7
0,09 *
Spanien
3,11
0,8
0,40
1,7
0,09
7
4
0,8
0,41
Italien
–1,89
–0,4
0,66
–0,7
0,46
5
7
–0,4
0,72
Norwegen
–6,15
–1,0
0,31
–1,9
0,06
1
4
–1,1
0,26
4,14
1,1
0,28
1,2
0,22
3
2
0,6
0,57
–2,34
–0,4
0,67
–1,4
0,16
1
4
–1,3
0,19
2,13
0,4
0,73
1,3
0,21
3
2
0,6
0,56
–3,05
–0,3
0,74
–1,2
0,22
2
4
–0,7
0,45
–10,09
–2,0
0,04 **
–1,1
0,28
2
4
–0,7
0,49
–1,65
–0,3
0,75
–0,4
0,71
5 10
–1,1
0,26
Schweiz Niederlande Schweden Griechenland Belgien UK
*
*
Die Tabelle 4.26 zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] für Bieterbanken von europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 differenziert nach der Nationalität der Bieterbanken. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
auch in Griechenland und den Niederlanden erfahren. Die Ergebnisse sind hierbei aber nahezu ausnahmslos nicht statistisch signifikant. Für die Targets ergaben sich bei der Analyse des Gesamtsamples signifikante CARs von 17,06% über das maximale Ereignisfenster. Auffällig sind im Vergleich hierzu die Ergebnisse in Italien und Norwegen. In diesen Ländern erfahren die Aktionäre eine deutlich höhere Wertschaffung. Deutlich niedriger ist sie in Griechenland.
308
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.27: CARs [–20; +20] der Targets von Transaktionen zwischen 1994 und 2004 differenziert nach Ländern Targets differenziert nach Ländern Länder
CARs in %
z-Test (DW) zWert
pWert
z-Test (B) zWert
pWert
Frankreich
13,04
2,4
0,01 **
2,5
0,01
Italien
21,20
1,3
0,18
0,3
0,79
Norwegen
27,77
5,0
3,2
< 0,01
5,19
0,7
0,8
0,43
UK
18,51
6,5
< 0,01 ***
3,3
< 0,01
Andere
16,16
4,4
< 0,01 ***
4,3
< 0,01
Griechenland
< 0,01 *** 0,47
Gen. Sign Test P
**
N
zWert
pWert
4 1
1,6
0,11
7 4
1,3
0,21
6 0
2,6
0,01 **
5 2
1,3
0,18
***
9 1
3,2
< 0,01 ***
***
20 7
2,9
< 0,01 ***
***
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie über das maximale Ereignisfenster von [–20; +20] für Targets von europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2004 differenziert nach der Nationalität der Targets. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Marktmodells/einer OLS-Regression ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem z-Test nach Dodd und Warner (1983), dem Standardised Cross-sectional Test nach Boehmer et al. (1991) und dem Generalised Sign Test, der die Anzahl der positiven (P) und die Anzahl der negativen (N) kumulierten abnormalen Renditen des betrachteten Samples berücksichtigt.
4.4.2.3
Zusammenfassung
Die Analyse der verschiedenen Subsamples erlaubt das gewünschte vertiefende Verständnis des Erfolgs von Bankentransaktionen und ihrer zugrunde liegenden Faktoren. Die Differenzierung zwischen Cross-border- und nationalen Transaktionen zeigt klar, dass Cross-border- (geographisch diversifizierende) Transaktionen zwar für Targets Wert schaffen, jedoch aus der Gesamtsicht der Combined Entity insgesamt keinen Wert generieren und aus Sicht der Bieterbank sogar Wert vernichten, während nationale (geographisch fokussierende) Transaktionen eine positive Kapitalmarktreaktion erfahren. Doch nicht nur geographischer, sondern auch aktivitätsbezogener Fokus führt zu einer vermehrten Wertschaffung: Aktivitätsbezogen diversifizierende Transaktionen scheinen auf Basis der hier gefundenen Ergebnisse keinen signifikanten Wert zu schaffen. Sie stellen aus der Gesamtsicht der Combined Entity weder Erfolg noch Misserfolg dar. Demgegenüber generieren Transaktionen, die ihre Aktivitäten in Form von Bank-Bank-Transaktionen fokussieren, Wert. Neben dem Nachweis, dass ein stärkerer geographischer bzw. aktivitätsbezogener Fokus aus Sicht der Combined Entity zu einer höheren Wertschaffung führt, konnten
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
309
ferner Belege für einen Einfluss der Transaktionsgröße auf den Transaktionserfolg und damit einen entsprechenden Größeneffekt gefunden werden. Die vielbeachteten, großen europäischen Bankentransaktionen scheinen hiernach aus Sicht der Bieterbanken eher Wert zu vernichten, wohingegen sich vor allem bei mittelgroßen Transaktionen (nicht zuletzt auch infolge der geringeren Komplexität bei gleichzeitig bestehenden relativ höheren Synergiepotenzialen) Wertschaffungspotenziale ergeben. Für die Targets ergibt sich ebenso bei kleineren Transaktionen eine höhere Wertschaffung – dies stützt ebenfalls die Hypothese, dass kleinere Targets die Realisierung größerer Synergien/Effizienzgewinne ermöglichen. Neben der Betrachtung der Größe verdeutlicht die Analyse der Entwicklung der CARs im Zeitverlauf (differenziert nach Jahren), dass ein deutlicher Einfluss des Kapitalmarktumfelds auf die Ergebnisentwicklung besteht, darüber hinaus jedoch keine eindeutige Tendenz der Entwicklung der CARs ablesbar ist. Schließlich erlaubt die Analyse des Erfolgs nach Nationalitäten von Targets und Bieterbanken eine weitere Differenzierung der Ergebnisse. Insgesamt erzielen die Aktionäre des Targets über alle Subsamples hinweg signifikante Wertzuwächse. Für die Bieterbanken ist jedoch eine differenzierte Perspektive erforderlich, die für viele Subsamples auch eine entsprechende Wertvernichtung ausweist. Für die Combined Entity zeigt sich dann jedoch in der Mehrzahl der Subsamples wieder ein positives Ergebnis.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung Die vorhergehenden Ausführungen haben einen Überblick über die Wertschaffung bzw. Wertvernichtung in dem analysierten kurzen Ereignisfenster von wenigen Tagen um die Ankündigung der Transaktion gegeben. Mit der Betrachtung der verschiedenen Subsamples wurden dabei Charakteristika der Transaktion bzw. der Transaktionspartner (wie bspw. der geographische Fokus oder die Größe der Transaktion) herausgearbeitet, die auf Basis des betrachteten Datensamples mit einer höheren Wertschaffung verbunden sind und damit auch wichtige Anhaltspunkte für zukünftige europäische Bankentransaktionen geben. Im Rahmen der Ausführungen des Kapitels 3 wurde deutlich, dass eine derart kurzfristige Perspektive zwar eine erste wichtige Indikation in Bezug auf die Wertschaffung liefert, jedoch für eine Erfassung der gesamten mit der Transaktion verbundenen Wertschaffung als nicht ausreichend erscheint. Eine Vielzahl von Arbeiten unterstreicht so (im Widerspruch zur Theorie effizienter Märkte) im
310
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Zeitverlauf auftretende mittel- und langfristige abnormale Renditen für verschiedene unternehmensspezifische Ereignisse (wie Bankentransaktionen). Der Kapitalmarkt scheint danach auf derartige Ereignisse nur verzögert zu reagieren. Die hohe Komplexität von Bankentransaktionen scheint mit einer im Zeitverlauf kontinuierlichen Neuund Weiterbewertung einherzugehen, die zu systematischen abnormalen Renditen führt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer mittel-/langfristigen Analyse der Kapitalmarktperformance, die in den nächsten Abschnitten erfolgt. In Abschnitt 4.5.1 wird in diesem Zusammenhang zunächst ein Überblick über die beiden verwendeten Ansätze (den Kontrollfirmenansatz und das Fama-French-Drei-Faktor-Modell) sowie die entsprechenden statistischen Testverfahren gegeben. In Abschnitt 4.5.2 wird dann die Wertschaffung analysiert. Um ein detaillierteres Verständnis der Quellen der Wertschaffung zu erreichen und mögliche Implikationen für zukünftige Transaktionen abzuleiten, werden hierbei ebenfalls die bereits im Rahmen der kurzfristigen Analyse betrachteten Subsamples analysiert. 4.5.1 4.5.1.1
Verwendete Methodik Überblick über die verschiedenen verwendeten Ansätze und Modelle
Im Rahmen des dritten Kapitels wurde bereits ein umfassender Überblick über die Vielzahl der Ansätze und Modelle für die Analyse der mittel- und langfristigen abnormalen Performance nach Bankentransaktionen gegeben. Dieser Überblick verdeutlichte die Notwendigkeit, die bisher verwendeten Ansätze in Ereignis- und Kalenderzeit für die Ableitung robuster empirischer Ergebnisse zu kombinieren: Die Buy-andhold Abnormal Returns (BHARs) als der klassische Ansatz zur Messung abnormaler Renditen in Ereigniszeit, der im Rahmen einer Vielzahl von Arbeiten verwendet wird,113 bilden als einziger Ansatz die tatsächliche Investorenerfahrung einer passiven Anlagestrategie über einen bestimmten Zeitraum ab. Zur Berechnung der BHARs werden dabei i.d.R. Characteristics-Based-Matching-Ansätze (wie die beschriebenen Referenzportfolios und Kontrollfirmen) verwendet. Bei Betrachtung großer Ereignissamples, sorgfältiger Konstruktion/Auswahl der Referenzportfolios/Kontrollfirmen und Verwendung der weiterentwickelten Testverfahren können auf Basis dieser Ansätze einer Vielzahl der beschriebenen Fehlspezifikationen (bspw. New Listing Bias,
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
311
Rebalancing Bias und Skewness) vorgebeugt und in Zufallssamples robuste Ergebnisse abgeleitet werden. Nichtsdestotrotz erweisen sich diese Ereigniszeitansätze in Nicht-Zufallssamples als anfällig gegenüber dem Problem der Cross-Correlation, das (wie in Kapitel 3 beschrieben wurde) nicht einfach korrigiert werden kann.114 Diesem Problem kann (in der genannten Form) allein durch die Verwendung von Kalenderzeitansätzen begegnet werden. Die Kalenderzeitansätze erweisen sich (auf Grund der Berechnungsmethodik) im Vergleich zu den BHAR-Berechnungen darüber hinaus als weniger anfällig gegenüber dem Bad-Model-Problem. Allerdings wurden in Kapitel 3 auch wichtige Nachteile der Kalenderzeitansätze herausgearbeitet. Zu nennen sind hier u.a. Fehlspezifikationen in Nicht-Zufallssamples, auf die von Lyon et al. (1999) hingewiesen wurde. Gleichzeitig bilden die Kalenderzeitansätze nicht die tatsächliche Investitionserfahrung der Anleger ab und es besteht die Gefahr von Heteroskedastizität im Rahmen der Berechnungen.115 Diese Darstellung verdeutlicht noch einmal zusammenfassend die diskutierten Problemfelder und unterstreicht, dass die alleinige Verwendung eines Ansatzes/Modells in Ereignis- bzw. in Kalenderzeit als nicht ausreichend erscheint, um die tatsächliche mittel-/langfristige Wertschaffung zu erfassen. Die zuvor beschriebene, in der Literatur kontrovers geführte Diskussion um das geeignetste Modell bestätigt diese Einschätzung noch einmal zusätzlich, so dass im Rahmen dieser Arbeit die Ansätze in Ereignis- und in Kalenderzeit kombiniert werden. Diese Kombination ermöglicht es (unter Berücksichtigung der Stärken der beiden im Folgenden verwendeten Modelle), robuste empirische Ergebnisse abzuleiten. Auf Basis dieser gerade in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelten Ansätze und durch deren kombinierten Einsatz steht auf methodischer Seite das notwendige Handwerkszeug zur Verfügung, um die tatsächliche Wertschaffung nach Bankentransaktionen zu erfassen. Auf Seiten der Ansätze in Ereigniszeit wurde für diese Arbeit der Kontrollfirmenansatz gewählt. Dieser erweist sich (wie im Abschnitt 3.3.3.1 beschrieben) im Vergleich zu den anderen weiterentwickelten Ansätzen116 auch in Nicht-Zufallssamples 113
114 115
116
Vgl. bspw. Ritter (1991), Ikenberry et al. (1995), Barber und Lyon (1997b) und Lyon et al. (1999). Vgl. zur Problematik der Cross-Correlation die Ausführungen in Abschnitt 3.3.3.1. Zusätzlich ist auf die kontrovers diskutierte Anfälligkeit gegenüber dem beschriebenen „Timing“ durch Manager / den sog. „Hot Markets“ hinzuweisen. Hier können die auf Basis des Bootstrapping-Verfahrens adjustierte t-Statistik oder die auf Basis der Pseudoportfolios ermittelte empirische Verteilung der p-Werte genannt werden.
312
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
als relativ robust. So ist er den anderen Ereigniszeitansätzen bspw. bei der Betrachtung von Samples mit einem Bias in Bezug auf die Market-to-Book-Ratio auf Grund des besseren Matchings zwischen Ereignis- und Kontrollfirmen überlegen.117 Darüber hinaus hat bspw. das Bootstrapping-Verfahren die bereits im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen angesprochene Kritik erfahren. Schließlich ist auf die Verwendung des Kontrollfirmenansatzes in einer Vielzahl von Arbeiten hinzuweisen, so dass eine gewisse Vergleichbarkeit gewährleistet ist. Insgesamt erscheint der Kontrollfirmenansatz für die hier betrachtete Forschungsfrage von den Ansätzen in Ereigniszeit auf Grund dieser Argumente als am geeignetsten und wird entsprechend verwendet. Als Kalenderzeitansatz wird auf das Fama-French-Drei-Faktor-Modell zurückgegriffen, das die zuvor beschriebenen Stärken (aber auch Schwächen) der Kalenderzeitansätze auf sich vereint. Neben seiner hohen Robustheit ist für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit insbesondere die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit der umfangreichen bisherigen Forschung ein zentraler Grund für die Verwendung dieses Modells.118 Beide Ansätze/Modelle werden im Folgenden noch einmal in der hier verwendeten Ausgestaltung (einschließlich der entsprechenden statistischen Testverfahren) dargestellt, bevor auf die Ergebnisse der Analysen eingegangen wird. 4.5.1.2
Analyse in Ereigniszeit: Kontrollfirmenansatz
Untersuchungsmodell Der Kontrollfirmenansatz stellt (wie im Abschnitt 3.3.3.1 bereits beschrieben) neben den Referenzportfolios einen der zentralen und in der Literatur häufig verwendeten Ansätze aus der Gruppe der Characteristics-Based-Matching-Ansätze dar. Wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, beruht die Ermittlung der erwarteten Rendite (die dann die Berechnung der abnormalen Renditen ermöglicht) auf der Festlegung einer Kontrollfirma (Vergleichsunternehmen), die über ähnliche Charakteristika wie die betrachtete Bieterbank verfügt. Die Ähnlichkeit der betrachteten Charakteristika (z.B. die 117
118
Lyon et al. (1999) zeigen jedoch bei Betrachtung von Unternehmen aus nur einer Industrie (wie bei dem hier betrachteten Sample) die Gefahr von Verzerrungen auf. Aus diesem Grund wird im Rahmen der zuvor beschriebenen kombinierten Perspektive im Folgenden zusätzlich auch das Fama-French-Drei-Faktor-Modell verwendet. Für die alternativen, im Abschnitt 3.3.3.1 vorgestellten Ansätze in Kalenderzeit (wie bspw. das Cahart-Vier-Faktor-Modell und der hiermit verbundenen Berücksichtigung des Momentumeffekts) sind auf Basis der bisherigen Ergebnisse der Forschung trotz eines z.T. erhöhten Erklärungswertes dieser Modelle keine qualitativ abweichenden Ergebnisse zu erwarten.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
313
Größe der Unternehmen) für das „Matching“ von Ereignis- und Kontrollfirmen soll gewährleisten, dass die beobachtete Renditeentwicklung der Kontrollfirmen die erwartete Renditeentwicklung der Ereignisunternehmen ohne Eintreten des Ereignisses (hier der Transaktion) möglichst gut approximiert und damit robuste Ergebnisse abgeleitet werden können.119 Im Rahmen des dritten Kapitels wurde bereits die Vielzahl der möglichen Charakteristika für ein derartiges Matching diskutiert. Hierbei wurde deutlich, dass die Mehrzahl der bisherigen empirischen Arbeiten die Größe des Unternehmens (gemessen zumeist an der entsprechenden Marktkapitalisierung) und die Market-to-Book-Ratio als Charakteristika zur Ermittlung der Kontrollfirmen verwendet.120 Diese Verwendung der beiden Charakteristika beruht auf den in der Literatur umfassend dokumentierten höheren Renditen kleiner Unternehmen und den höheren Renditen von Unternehmen mit geringen Market-to-Book-Ratios.121 Vor diesem Hintergrund werden auch im Rahmen dieser Arbeit die beiden Charakteristika Größe und Market-to-Book-Ratio zur Ermittlung der Kontrollfirmen verwendet. Dies stellt zum einen sicher, dass die beiden Charakteristika Berücksichtigung finden, denen auf Basis der bisherigen Forschung ein hoher Erklärungswert für die Entwicklung der erwarteten Renditen attestiert wird. Zum anderen erlaubt dieses Vorgehen eine entsprechende Vergleichbarkeit mit den umfangreichen (in Kapitel 3) dargestellten Forschungsergebnissen, die ebenfalls diese beiden Charakteristika verwenden. Für die Ermittlung der Kontrollfirmen wird auf den von Datastream bereitgestellten Index „Europe DS Banks“ zurückgegriffen. Dieser umfasst insgesamt 169 europäische Banken und deckt damit die gesamte europäische Bankenlandschaft ab.122 Das konkrete Vorgehen zur Ermittlung der jeweiligen Kontrollfirmen aus dem Sample aller möglichen 169 Kontrollfirmen des „Europe DS Banks“-Index orientiert sich dabei an der Arbeit von Lyon et al. (1999): 119 120
121
122
Vgl. Jegadeesh (2000), S. 11. Vgl. bspw. Lyon et al. (1999), Brav et al. (2000), Mitchell und Stafford (2000), Rau und Vermaelen (1998), Loughran und Vijh (1997) und Fama (1998). Vgl. Banz (1981), Davis (1994), Chan et al. (1995), Rosenberg et al. (1985), Fama und French (1992 und 1998) und Barber und Lyon (1997a). Der von Datastream berechnete Index „Europe DS Banks“ umfasst insgesamt 180 europäische Banken. Hierin sind für einige Großbanken zusätzlich zu den Stammaktien auch Vorzugsaktien mitberücksichtigt, die entsprechend für diese Analyse bereinigt werden. Zusätzlich bereinigt werden Banken, für die (bspw. auf Grund eines erst jüngst erfolgten Listings) noch nicht alle hier relevanten Daten (Marktkapitalisierung, Market-to-Book-Ratio etc.) zur Verfügung stehen.
314
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
–
In einem ersten Schritt werden zunächst für alle betrachteten Bieterbanken die relevante Größe (gemessen an der Marktkapitalisierung) und die relevante Marketto-Book-Ratio ermittelt. Die Marktkapitalisierung wird hierbei für jede Bieterbank als Monatsendwert im Juni vor der jeweiligen Transaktion (in Mio. EUR) erfasst.123 Die Market-to-Book-Ratio bezieht sich auf das letzte vor der Transaktion abgeschlossene Fiskaljahr.124
–
Der zweite Schritt hat nun die Bestimmung der relevanten Kontrollfirmen im Fokus. Für alle Banken des „Europe DS Banks“-Index werden hierzu zunächst ebenfalls die Marktwerte zum 30.6. eines jeden Jahres ebenso wie die Market-toBook-Ratios ermittelt.125 Um die entsprechende Kontrollfirma/Kontrollbank zu ermitteln, fließen in diesem Schritt für jede analysierte Transaktion diejenigen Benchmarkbanken des „Europe DS Banks“-Index in die Betrachtung mit ein, für die ebenfalls im Juni vor der Transaktion die entsprechenden Marktwerte sowie für das Fiskaljahresende vor dem Jahr der Transaktion die entsprechenden Market-toBook-Ratios vorhanden sind.
–
Aus diesem „Universum“ von europäischen Benchmarkbanken werden dann in einem weiteren Schritt diejenigen ausgewählt, die eine im Vergleich zur jeweiligen Bieterbank vergleichbare Größe gemessen an der Marktkapitalisierung haben. Hierzu werden (wie auch von Lyon et al. (1999) vorgeschlagen) all die Unternehmen ausgewählt, deren Marktkapitalisierung zwischen 70% und 130% der Marktkapitalisierung des betrachteten Ereignisunternehmens Ende Juni vor der Transaktion erreichte.126 Dieser Schritt soll zunächst eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der beiden Banken (Bieterbank/Ereignisunternehmen und Kontrollfirma/Benchmarkbank) sicherstellen.
123
D.h. für eine Transaktion im Mai 1998 wird bspw. die Marktkapitalisierung der Bieterbank Ende Juni des Vorjahres (1997) zugrunde gelegt. Für eine Transaktion im Juli 1998 wird hingegen auf die Marktkapitalisierung Ende Juni 1998 zurückgegriffen. Die hierzu notwendigen Daten wurden aus Datastream erhoben und beziehen sich auf die jeweilige Hauptnotierung der Bieterbank (keine Berücksichtigung finden so bspw. Vorzugsaktien). Für eine Transaktion im Jahr 1998 werden die entsprechenden Daten des Jahres 1997 zugrunde gelegt. Die Berechnung basiert hierbei auf Markt- und Buchwerten zum 31.12. des jeweiligen Fiskaljahres, die in Bloomberg erhoben wurden. Bei der Berechnung werden Vorzugs- und Minderheitsanteile sowohl für die Ermittlung der Markt- als auch der Buchwerte mitberücksichtigt. Infolge unterschiedlicher Listingzeitpunkte/Datenverfügbarkeit sind insbesondere in den früheren Jahren des betrachteten Zeitraums von 1994–2002 die entsprechenden Daten nicht für alle Benchmarkbanken vorhanden. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 172.
124
125
126
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
–
315
In einem vierten Schritt wird dann aus dieser Gruppe von Benchmarkbanken, die eine Marktkapitalisierung zwischen 70% und 130% im Vergleich zu der Bieterbank aufweist, die Benchmarkbank ausgewählt, die die vergleichbarste Market-toBook-Ratio im Vergleich zur Bieterbank aufweist. Hiermit sollen grundsätzlich vergleichbare Wachstumserwartungen des Kapitalmarktes vor der Transaktion sichergestellt werden.127
Auf diese Weise werden für alle hier im Fokus stehenden großen europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 und ihre jeweiligen Bieterbanken die entsprechenden Kontrollfirmen ermittelt. Deren Renditeentwicklung (beginnend im Monat der Transaktion) wird dann als Benchmark für die Ableitung der abnormalen Renditen und damit der durch die Transaktion bedingten Wertschaffung/-vernichtung verwendet. Für die Berechnung der abnormalen Renditen wird auf den in Kapitel 3 beschriebenen Ansatz der Buy-and-hold Abnormal Returns (BHARs) zurückgegriffen: BHAR i, W
sW
sW
t s
t s
(1 R i, t ) (1 R Kontrollfirma, t )
(4.10)
Entsprechend der bereits im dritten Kapitel beschriebenen Notation wird über den hier gewählten Betrachtungshorizont von W = 36 Monaten (beginnend im Monat der Transaktion) zunächst die Rendite des betrachteten Ereignisunternehmens berechnet und diese dann um die Rendite der Kontrollfirma für den identischen Zeitraum bereinigt. Der durchschnittliche Buy-and-hold Abnormal Return des Gesamtsamples aller betrachteten Bankentransaktionen bzw. der Subsamples ergibt sich dann entsprechend der bereits in Kapitel 3 beschriebenen Vorgehensweise als der gleichgewichtete bzw. wertgewichtete128 Durchschnitt der individuellen BHARs:
127
128
Für den Spezialfall, dass keine der Benchmarkbanken des „Europe DS Banks“-Index eine Marktkapitalisierung von zwischen 70% und 130% der Marktkapitalisierung des betrachteten Ereignisunternehmens hat, werden die zwei Benchmarkbanken betrachtet, deren Größe absolut am wenigsten stark von der Größe des jeweiligen Ereignisunternehmens abweicht. Aus diesen zwei Unternehmen wird dann in einem zweiten Schritt das als Kontrollfirma ausgewählt, dessen Market-to-Book-Ratio im Jahr vor der Transaktion am geringsten von der Market-to-Book-Ratio des Ereignisunternehmens abweicht. Die Wertgewichtung basiert hierbei auf der Marktkapitalisierung ebenfalls Ende Juni vor der Transaktion.
316
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
N
¦ w i BHAR i
BHAR
(4.11)
i 1
wobei wi den entsprechenden Gewichtungsfaktor zur Berechnung des gleich- bzw. wertgewichteten Durchschnitts der individuellen BHARs darstellt. In Kapitel 3 wurde in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen, dass wertgewichtete Betrachtungen grundsätzlich zu präferieren sind, da sie den tatsächlichen Vermögenseffekt eines Anlegers exakter abbilden als eine gleichgewichtete Betrachtung. Darüber hinaus erweisen sie sich als weniger anfällig gegenüber Modellfehlspezifikationen.129 Im Rahmen der Interpretation der im Folgenden dargestellten Ergebnisse liegt daher der Fokus auf der wertgewichteten Analyse. Um eine Vergleichbarkeit mit bisherigen Arbeiten zu gewährleisten, werden zusätzlich aber auch die gleichgewichteten Ergebnisse dargestellt. Testverfahren Im Rahmen des Kontrollfirmenansatzes wird zur Bestimmung der statistischen Signifikanz der abgeleiteten Ergebnisse auf die klassische t-Statistik der Form:
t
BHAR W V(BHAR W ) / n
(4.12)
zurückgegriffen.130 BHAR W ist hierbei die durchschnittliche abnormale Buy-andhold-Rendite des analysierten Samples und V(BHAR W ) die Standardabweichung der BHARs der betrachteten Ereignisunternehmen. Während die anderen im Kapitel 3 beschriebenen BHAR-Ansätze umfangreicher Bereinigungen/Berechnungen bedürfen, um den beschriebenen Problemfeldern/Biases (Rebalancing und New Listing Bias und Skewness) vorzubeugen, sind im Rahmen des Kontrollfirmenansatzes keine weiteren Anpassungen der klassischen t-Statistik zum Test der Signifikanz der abgeleiteten Ergebnisse erforderlich.131 129 130
131
Vgl. hierzu die Ausführungen zum Bad-Model-Problem in Kapitel 3. Neben diesen t-Werten wird gleichzeitig das Signifikanzniveau in Form entsprechender p-Werte ausgewiesen. Durch die hier erfolgte Festlegung einer entsprechenden Kontrollfirma auf Basis der Marktkapitalisierung und der Market-to-Book-Ratio und durch die Berechnung der Benchmarkrendite allein auf Basis der entsprechenden Buy-and-hold-Rendite dieses Unternehmens sind Rebalancing und
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
4.5.1.3
317
Analyse in Kalenderzeit: Fama-French-Drei-Faktor-Modell
Untersuchungsmodell Für die angestrebte kombinierte Verwendung von Ereignis- und Kalenderzeitansätzen wird im Rahmen dieser Arbeit neben dem Kontrollfirmenansatz auf das Fama-FrenchDrei-Faktor-Modell als dem wohl meistverwendeten Kalenderzeitansatz zurückgegriffen. Dieses auf der Arbeit von Fama und French (1993) beruhende Expected-ReturnModell hat die bereits angesprochene Form:132 R p, t R f , t
a p b p R M , t R f , t s p SMB h p HML e p, t
(4.13)
Im Rahmen dieses Modells wird zunächst monatlich in Kalenderzeit das Portfolio von Bieterbanken ermittelt, die in den letzten T = 36 Monaten eine M&A-Transaktion durchgeführt haben. Hieraus resultiert für den im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Analysezeitraum aller Transaktionen von 1994 bis 2002 eine Zeitreihe von monatlichen Kalenderzeitportfolios, die sich (wie bereits in Kapitel 3 angesprochen wurde) auf Grund ihres rollierenden Charakters (eine Bieterbank ist nur für 36 Monate Bestandteil des entsprechenden Portfolios) kontinuierlich in ihrer Zusammensetzung ändern. Für diese Kalenderzeitportfolios wird dann die Zeitreihe gleich- bzw. wertgewichteter monatlicher Portfoliorenditen Rp,t berechnet.133 Rf,t ist der risikolose Zinssatz approximiert durch den Einmonats-Euriborsatz134, RM,t die monatliche Rendite des europäischen Bankenindex („Europe DS Banks“) von Datastream, SMB die (monatliche) Renditedifferenz zwischen zwei Portfolios bestehend aus großen und kleinen Unternehmen des „Europe DS Banks“-Index und HML die (monatliche) Renditedifferenz zwischen zwei Portfolios bestehend aus Unternehmen mit hoher Market-to-BookRatio und Unternehmen mit niedriger Market-to-Book-Ratio (M/B-Ratio) desselben Index.
132
133 134
New Listing Bias nicht relevant. Barber und Lyon (1997b) belegen ferner (wie in Kapitel 3 diskutiert), dass die Skewness (als ein weiteres zentrales Problemfeld bei der Ermittlung mittel-/ langfristiger abnormaler Renditen) mit diesem Ansatz weitgehend eliminiert wird. Vgl. Fama und French (1993) und Fama (1998), S. 298 sowie für einen detaillierten Überblick über die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Notation die Ausführungen in Kapitel 3. Rp,t ist somit die monatliche Rendite der betrachteten Firmen des Ereignissamples im Monat t. Der Einmonats-Euribor ist erst ab Januar 1999 verfügbar. Für den vorhergehenden Zeitraum (ab Januar 1994) wird daher der Einmonats-Fibor (als Vorgänger des Euribor) verwendet. Die Renditedaten werden von Datastream erhoben.
318
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Zur Berechnung der Renditedifferenz zwischen den Portfolios großer und kleiner Unternehmen (SMB) wird dem bereits in Kapitel 3 beschriebenen Vorgehen nach Fama und French (1993) gefolgt: Hiernach werden im Juni eines jeden Jahres zunächst alle Unternehmen des „Europe DS Banks“-Index nach Größe gerankt.135 Der Median der Größe aller Unternehmen des europäischen Bankenindex wird dann verwendet, um alle Indexunternehmen in die zwei Gruppen „small“ (S) und „big“ (B) zu unterteilen. In gleicher Weise werden alle Indexunternehmen entsprechend ihrer Market-to-BookRatio gerankt. Hierauf basierend werden dann drei Market-to-Book-Ratio-Gruppen festgelegt: „low“ (L) für die 30% der Banken des „Europe DS Banks“-Index mit der niedrigsten Market-to-Book-Ratio, „medium“ (M) für die nächsten 40% und „high“ (H) für die 30% mit der höchsten Market-to-Book-Ratio.136 Auf Basis dieser zwei Größen- und drei Market-to-Book-Gruppen können die bereits in Kapitel 3 angesprochenen sechs Portfolios (S/L, S/M, S/H, B/L, B/M und B/H) berechnet werden. Die Rendite des SMB-Portfolios ergibt sich hierauf basierend in jedem betrachteten Monat als Differenz zwischen dem einfachen Durchschnitt der drei Portfolios kleiner Aktien (S/L, S/M und S/H) und dem einfachen Durchschnitt der drei Portfolios großer Aktien (B/L, B/M und B/H). Für die Ermittlung der Rendite der sechs Portfolios selbst wird dabei der wertgewichtete Durchschnitt der Einzelrenditen der Unternehmen in den entsprechenden Portfolios ermittelt. Analog erfolgt (wie ebenfalls in Kapitel 3 beschrieben) die Berechnung der Rendite des HML-Portfolios: HML ergibt sich dabei als die monatliche Renditedifferenz zwischen dem einfachen Durchschnitt der Rendite der zwei Portfolios mit hoher Market-to-Book-Ratio (S/H und B/H) und dem einfachen Durchschnitt der zwei Portfolios mit niedriger Market-to-Book-Ratio (S/L und B/L). Neben der Zeitreihe der gleich- und wertgewichteten monatlichen Portfoliorenditen der Ereignisunternehmen Rp,t werden entsprechend der vorhergehenden Ausführungen ebenfalls die Zeitreihen von Rf,t, RM,t, SMB und HML in Form entsprechender monatlicher Renditen ermittelt. Die abnormalen Renditen der betrachteten (Sub-) Samples werden dann durch Regression auf Basis des zuvor genannten Faktormodells berechnet. Hierzu wird die monatliche Überrendite des Kalenderzeitportfolios (als die
135 136
Da der Analysezeitraum im Januar 1994 beginnt, erfolgt das erste Ranking im Juni 1993. Die Market-to-Book-Ratio wird dabei wie bereits im vorherigen Abschnitt zum Kontrollfirmenansatz ermittelt. Die zur Berechnung verwendeten Markt- und Buchwerte beziehen sich daher entsprechend auf Vorjahresendwerte.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
319
wert- bzw. gleichgewichtete Portfoliorendite bereinigt um den risikolosen Zinssatz) gegen die drei Faktoren –
Überrendite (sog. „Excess Return“) des betrachteten „Europe DS Banks“-Index gegenüber der risikolosen Anlage,
–
Renditedifferenz zwischen großen und kleinen Unternehmen (SMB) und
–
Renditedifferenz zwischen Unternehmen mit hoher und niedriger M/B-Ratio (HML)
regressiert. Der auf diese Weise geschätzte Achsenabschnitt ap bemisst dann die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite des betrachteten Samples von Ereignisunternehmen über die analysierten T = 36 Monate nach dem Ereignis. Die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite wird dabei sowohl auf Basis wert- als auch gleichgewichteter Berechnungen ausgewiesen.137 Testverfahren Auch für die Ergebnisse auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells wird die statistische Signifikanz ermittelt. Im Fokus steht hierbei die Signifikanz des geschätzten Achsenabschnitts ap (der ermittelten durchschnittlichen monatlichen abnormalen Rendite). Das geeignete Prüfkriterium ist auch hierbei die t-Statistik, die errechnet wird als der geschätzte Achsenabschnitt ap dividiert durch seinen Standardfehler.138 Getestet wird hiermit die Nullhypothese, dass der geschätzte Achsenabschnitt ap nicht signifikant unterschiedlich von null ist und somit keine statistisch signifikanten abnormalen Renditen über die betrachteten 36 Monate nach der Transaktion belegt werden können. Neben der Teststatistik selbst (in Form der t-Werte) wird mit den entsprechenden pWerten (wie zuvor beim Kontrollfirmenansatz) auch direkt das entsprechende Signifikanzniveau der Ergebnisse ausgewiesen. Mit Hilfe des t-Tests wird zusätzlich die Signifikanz der Regressionskoeffizienten des Faktormodells b, p und h ermittelt.139 Hiermit wird deutlich, wie gut die verwendeten einzelnen Faktoren (Excess Return, SMB
137
138
139
Die Regressionsanalysen für die verschiedenen Samples/Subsamples werden auf Basis von SPSS durchgeführt. Für eine Darstellung zur Berechnung des Standardfehlers des Achsenabschnitts vgl. bspw. Backhaus et al. (2003), S. 115. Die einzelnen t-Werte der unabhängigen Variablen errechnen sich, indem ihre Regressionskoeffizienten durch deren Standardfehler dividiert werden.
320
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
und HML) des Regressionsmodells zur Erklärung der Renditeentwicklung der Bieterbanken beitragen. Während die t- und p-Werte die statistische Signifikanz der einzelnen Regressionskoeffizienten und des im Fokus der Arbeit stehenden Achsenabschnitts ap nachweisen, werden zusätzlich zur Prüfung der globalen Güte des Faktormodells (d.h. der Frage, wie gut die Renditeentwicklung der Bieterbanken durch das Faktormodell als Ganzes erklärt wird) das korrigierte Bestimmtheitsmaß R2adj und die F-Statistik ermittelt.140 Neben diesen im Folgenden explizit ausgewiesenen Teststatistiken und Gütemaßen wird zusätzlich für alle auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells analysierten Samples/Subsamples die Nicht-Normalverteilung der Fehlervariablen anhand des Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstests untersucht. Dieser Test unterstellt als Nullhypothese die Normalverteilung der analysierten Variable, d.h., hohe Signifikanzwerte sprechen dafür, dass die Nullhypothese nicht abzulehnen und damit eine entsprechende Normalverteilung gegeben ist. Ebenfalls durchgeführt wird für alle Fama-FrenchDrei-Faktor-Modelle ein Multikollinearitätstest. Der hier betrachtete sog. Variance-Inflation-Factor (VIF) deutet bei Werten größer 10 auf eine ausgeprägte Multikollinearität der verwendeten unabhängigen Variablen hin, bei Werten ab 5 ergeben sich erste Anhaltspunkte. Als letzte – hier vorzustellende Analyse – wird mit Hilfe des sog. „modifizierten White-Tests“ das Vorliegen von Heteroskedastizität betrachtet – hierzu werden die quadrierten Residuen des Fama-French-Drei-Faktor-Modells gegen die vorhergesagten Renditen des Modells sowie die quadrierten Werte dieser vorhergesagten Renditen regressiert. Können im Rahmen dieser Regression signifikante F-Werte ermittelt werden, muss auf Heteroskedastizität geschlossen werden. Mit der zuvor genannten Mindestgröße der betrachteten (Sub-)Samples wird dieser Problematik zwar bereits entgegengewirkt, gleichzeitig wurde jedoch darauf hingewiesen, dass Heteroskedastizität hiermit nicht vollkommen beseitigt werden kann. Die Ergebnisse dieser zusätzlich durchgeführten Tests (auf Nicht-Normalverteilung der Fehlervariablen, Multikollinearität und Heteroskedastizität) werden für jede im Folgenden durchgeführte Analyse zusammenfassend ausgewiesen.141
140
141
Für einen umfassenden Überblick über diese globalen Gütemaße zur Prüfung des Faktormodells vgl. bspw. Backhaus et al. (2003), S. 63ff. Ein Überblick über diese hier zusätzlich verwendeten Testverfahren findet sich bspw. bei Backhaus et al. (2003).
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
4.5.2 4.5.2.1
321
Ergebnisse der Untersuchung Gesamtergebnisse
Wie zuvor im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie werden zunächst die Ergebnisse für das Gesamtsample vorgestellt, bevor durch die Betrachtung der verschiedenen Subsamples eine weitergehende Analyse der Daten erfolgt. Tabelle 4.28 zeigt hierzu zunächst die BHARs für das Gesamtsample aller 225 analysierten europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002.142 Hierbei wird zwischen drei Ereignisfenstern (12, 24 und 36 Monate) differenziert. Die Ergebnisse des Ansatzes in Ereigniszeit zeigen bei gleichgewichteter Betrachtung durchgehend negative abnormale Renditen, die im Zeitverlauf zunehmen: von –3,61% nach 12 Monaten auf –13,48% nach 36 Monaten. Die Ergebnisse sind dabei für den 24- und 36-Monatszeitraum statistisch signifikant. Bei wertgewichteter Betrachtung ergeben sich jedoch deutlich abweichende Resultate: Die BHARs bleiben zwar über alle drei analysierten Ereignisfenster negativ, es ist jedoch im Zeitverlauf keine Zunahme der abnormalen Renditen zu konstatieren. Diese bewegen sich durchgehend zwischen ca. drei und vier Prozent, ohne dabei statistisch signifikant zu sein. Im Rahmen der vorhergehenden Ausführungen wurde bereits darauf hingewiesen, dass den wertgewichteten Ergebnissen im Rahmen dieser Arbeit grundsätzlich ein höheres Gewicht zugemessen werden sollte, da diese den tatsächlichen Vermögenseffekt eines Anlegers exakter abbilden und sich im Vergleich zu einer gleichgewichteten Betrachtung als weniger anfällig gegenüber dem Bad-Model-Problem erweisen.143 Eine Detailanalyse der Ergebnisse zeigt darüber hinaus, dass insbesondere die gleichgewichteten Ergebnisse durch Einzelentwicklungen auf Seiten von Bieterbanken und Kontrollfirmen beeinflusst werden. Einzelne extreme Renditeentwicklungen von (insb. kleinen) Bieterbanken bzw. (entsprechend auch kleinen) Kontrollfirmen und hieraus resultierende deutliche abnormale Renditen haben so im Zuge einer gleichgewichteten Analyse ein höheres Gewicht und beeinflussen das Gesamtergebnis entsprechend.144
142
143 144
In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die Anmerkungen zum Datensample und dessen Abgrenzung in Abschnitt 4.2.1 hingewiesen. Vgl. hierzu auch die entsprechenden Ausführungen in Kapitel 3. Auch die wertgewichteten Ergebnisse sind jedoch (wenn auch in geringerem Maße) von diesen Verzerrungen betroffen.
322
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.28: BHARs des Gesamtsamples aller europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 Mittel-/langfristige BHARs des Gesamtsamples Gleichgewichtete BHARs Ereignisfenster
Wertgewichtete BHARs
BHARs (in %) t-Wert p-Wert
12 Monate
–3,61
–1,31
0,19
24 Monate
–7,21
–1,69
0,09
36 Monate
–13,48
–1,65
0,10
BHARs (in %) t-Wert p-Wert
–3,47
–1,26
0,21
*
–3,32
–0,77
0,44
*
–4,10
–0,50
0,62
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie für das Gesamtsample aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Kontrollfirmenansatzes als BHARs ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem klassischen t-Test.
Niedrigere mittel-/langfristige abnormale Renditen und eine geringere statistische Signifikanz der Ergebnisse bei wertgewichteten Berechnungen (im Vergleich zu gleichgewichteten Berechnungen) sind auf Grund dieser Problematik auch im Rahmen der bisherigen Arbeiten zur Messung der mittel-/langfristigen Kapitalmarktperformance nach unternehmensspezifischen Ereignissen (wie M&A-Transaktionen, aber auch bspw. nach IPOs) beobachtbar.145 Mitchell und Stafford (2000) ebenso wie André et al. (2004) finden so niedrigere abnormale Renditen bei wertgewichteter Betrachtung der Renditeentwicklung nach M&A-Transaktionen. Dies kann als weiterer Beleg dafür verstanden werden, dass die ausgewiesenen, gleichgewichteten abnormalen Renditen vor allem durch kleinere Unternehmen (infolge des Bad-Model-Problems bzw. einzelner extremer Renditeentwicklungen kleinerer Firmen des Bietersamples) beeinflusst werden. Vor diesem Hintergrund ist den wertgewichteten Ergebnissen im Rahmen der Analyse eine höhere Bedeutung beizumessen. Da diese über alle drei Ereignisfenster hinweg nicht statistisch signifikant sind, kann auf Basis der Analyse in Ereigniszeit kein Beleg dafür gefunden werden, dass europäische Bankentransaktionen grundsätzlich Wert vernichten und damit als Misserfolg einzuordnen sind. Nichtsdestotrotz ergeben sich Indizien für eine negative Kapitalmarktreaktion nach Ankündigung und Durch-
145
Vgl. hierzu bspw. die Übersichtsdarstellungen zu den Ergebnissen der bisherigen Forschung in Kapitel 3.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
323
Tabelle 4.29: Abnormale Renditen für das Gesamtsample aller europäischen Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells Fama-French-Drei-Faktor-Modell (Gesamtsample) Sample/ Subsample Gesamtsample
Gleichgewichtete Ergebnisse a 0,002*
Stat. Sign. (t-Werte) (1,87)
b
s
0,90***
Wertgewichtete Ergebnisse h
–0,17*** 0,03
(22,17)
(–3,17) 2
Güte der Regression F = 770,96 (***) R
adj
= 0,95
a
b
0,002 0,89***
(0,94) (1,54) (21,53)
s
h
–0,31*** 0,22***
(–5,82) 2
F = 908,33 (***) R
adj
(5,95)
= 0,96
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie für das Gesamtsample aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 auf Basis des Fama-FrenchDrei-Faktor-Modells. Der Achsenabschnitt a bemisst dabei die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite. Die Ergebnisse werden zwischen einer gleich- und einer wertgewichteten Betrachtung differenziert. Der Ausweis der statistischen Signifikanz der Ergebnisse basiert auf dem klassischen t-Test. Zusätzlich werden zur Darstellung der globalen Güte der Regression das korrigierte Bestimmtheitsmaß und die F-Statistik ausgewiesen.
führung entsprechender Transaktionen. Für eine weitere Fundierung dieser Ergebnisse erfolgt in einem zweiten Schritt die Analyse des Gesamtsamples auf Basis des beschriebenen Fama-French-Drei-Faktor-Modells.146 Die Ergebnisse dieses Kalenderzeitansatzes, der die Betrachtung als zweiter, alternativer Ansatz abrunden soll, sind in Tabelle 4.29 dargestellt. Im Vordergrund der Analyse steht dabei der Achsenabschnitt a, der die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite des betrachteten Samples bemisst. Zusätzlich werden aber auch die Ergebnisse der Regression für die weiteren Regressionskoeffizienten sowie F-Wert und adjustiertes Gütemaß als Maße zur Beurteilung der Regression angeführt. Die Ergebnisse heben sich deutlich von den zuvor beschriebenen BHARs in Ereigniszeit ab. Während die BHARs zuvor noch negativ, wenn auch nicht statistisch signifikant waren, ergeben sich auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells positive
146
Um dem zuvor beschriebenen Problem der Heteroskedastizität auf Grund der sich kontinuierlich ändernden Zusammensetzung des Ereignisportfolios im Rahmen des Fama-French-Drei-FaktorModells vorzubeugen, wird hier dem vereinfachenden Ansatz von Mitchell und Stafford (2000) gefolgt: Diese betrachten nur monatliche Samples mit mindestens 10 Unternehmen, so dass eine relativ weitgehende Diversifikation der Residualvarianz des Portfolios gegeben ist. Für die Regression selbst werden des Weiteren für jedes betrachtete Sample/Subsample mindestens 30 (monatliche) Portfoliorenditen des Ereignisportfolios in Kalenderzeit (berechnet entsprechend mindestens auf Basis von 10 Ereignisunternehmen) vorausgesetzt, um robuste Ergebnisse im Rahmen der statistischen Testverfahren ableiten zu können.
324
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
monatliche abnormale Renditen von 0,2% pro Monat über einen Zeitraum von 36 Monaten nach der Transaktion. Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen einer gleich- und einer wertgewichteten Berechnungsweise – sind jedoch nur bei gleichgewichteter Betrachtung signifikant (auf 10%-Niveau). Die Regressionskoeffizienten für die drei verwendeten erklärenden Faktoren sind ausnahmslos höchst signifikant und belegen damit einen entsprechend hohen Erklärungswert dieser Faktoren für die Renditeentwicklung des Ereignisportfolios.147 Auch die übergeordneten Gütemaße dokumentieren eine hohe Güte der Regression.148 Insgesamt deuten die Ergebnisse des Fama-French-Drei-Faktor-Modells damit auf eine positive Wertschaffung nach europäischen Bankentransaktionen hin. Legt man auch hier den Fokus auf die (nicht signifikanten) wertgewichteten Resultate der Analyse, wird deutlich, dass europäische Bankentransaktionen für die Aktionäre der Bieterbanken zumindest keinen Misserfolg darstellen, sondern sich deutliche Indizien für eine positive (wenn auch für das Gesamtsample nicht signifikante) Wertschaffung ergeben. Sowohl bei der Interpretation der Ergebnisse in Ereignis- als auch in Kalenderzeit stellt sich dabei die Frage nach dem Einfluss des Börsenlistings des Targets auf die berechneten abnormalen Renditen, enthält doch das verwendete Transaktionssample im Rahmen der mittel-/langfristigen Analyse sowohl börsennotierte als auch nicht börsennotierte/private Targets. Conn et al. (2003) zeigen bspw. für ein umfangreiches Sample von mehr als 4.000 M&A-Transaktionen in UK zwischen 1984 und 1998 deutliche Unterschiede zwischen Transaktionen mit börsennotierten und nicht börsennotierten Targets. Während Bieterunternehmen bei Übernahmen von börsennotierten Targets im Rahmen ihrer Analyse sowohl in Ereignis- als auch in Kalenderzeit signifikant negative abnormale Renditen über den Betrachtungszeitraum von drei Jahren nach der Transaktion erfahren, sind die abnormalen Renditen bei nicht börsennotierten Targets deutlich weniger negativ und nicht signifikant. Auch Studien für den US-Kapitalmarkt finden konsistente Unterschiede zwischen den Ankündigungseffekten der Bieter bei M&A von börsennotierten gegenüber nicht börsennotierten Targets, die sie bspw. mit einer geringeren Gefahr Hybris-induzierter Überbezahlung auf Grund geringerer 147
148
Allein der Regressionskoeffizient für das HML-Portfolio ist bei gleichgewichteter Betrachtung nicht signifikant. Der Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest belegt ferner, dass eine Normalverteilung der Residuen gegeben ist. Mit VIF-Werten von unter 5 (für beide Arten der Berechnung) ergeben sich keine Indizien für Multikollinearität, und auch der modifizierte White-Test lässt für die gleich- und wertgewichtete Betrachtung nicht auf das Vorliegen von Heteroskedastizität schließen.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
325
öffentlicher Aufmerksamkeit oder einem „liquidity discount“ bei Transaktionen mit nicht börsennotierten Targets begründen.149 Lorenz (2006) findet im Rahmen seiner Analyse europäischer Bankentransaktionen zwischen 1990 und 2002 im Gegensatz zu diesen Forschungsergebnissen jedoch aus Sicht der Bieterbanken keine signifikanten Unterschiede zwischen den abnormalen Renditen beider Subsamples. Ebenso lassen sich für das im Rahmen dieser Arbeit betrachtete Sample keine signifikanten Unterschiede feststellen: Auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells ergeben sich aus Sicht der Bieterbanken im Rahmen von Transaktionen mit börsennotierten ebenso wie mit nicht börsennotierten Targets bei wertgewichteter Analyse monatliche abnormale Renditen von nicht signifikanten 0,2%. Dies entspricht dem zuvor beschriebenen Ergebnis für das Gesamtsample. Auch auf Basis des BHAR-Ansatzes lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Arten von Transaktionen und damit auch nicht zwischen den entsprechenden Subsamples und den zuvor dargestellten Ergebnissen für das Gesamtsample feststellen.150 Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird im Folgenden auf eine entsprechende Differenzierung der Ergebnisse je nach Börsennotierung des Targets verzichtet. Wenn somit auch kein signifikanter Einfluss der Börsennotierung des Targets auf die Ergebnisse besteht, ergeben sich durch die Verwendung der beiden Ansätze in Ereignis- und in Kalenderzeit jedoch die beschriebenen abweichenden Ergebnisse für das Gesamtsample, die einer weitergehenden Interpretation bedürfen: Die (wertgewichteten) BHARs liefern Indizien für negative mittel-/langfristige abnormale Renditen nach Bankentransaktionen in Europa. Angesichts der mangelnden Signifikanz der Ergebnisse können diese Konsolidierungsschritte jedoch auch hier nicht grundsätzlich als Misserfolg angesehen werden. Der Kalenderzeitansatz dagegen dokumentiert eine im Fall der wertgewichteten Analyse zwar nicht signifikante, aber durchweg positive Wertschaffung. Es stellt sich somit die Frage, welche Ergebnisse als robuster anzusehen sind. Für den europäischen Bankenmarkt liegen bisher (wie auch in Kapitel 3 im Rahmen des Literaturüberblicks herausgestellt wurde) keine empirischen Ergebnisse zur mittel-/langfristigen Performance nach M&A-Transaktionen im Allgemeinen und Ban149 150
Vgl. Lorenz (2006) für einen Überblick über die entsprechende bisherige Forschung. Für das Gesamtsample ergeben sich bei wertgewichteter Analyse die beschriebenen BHARs von –4,10%. Bei Transaktionen mit börsennotierten Targets liegen die BHARs (entgegen der Erwartung auf Basis der bisherigen Forschungsergebnisse insb. aus den USA) bei +2,86% und bei Transaktionen mit nicht börsennotierten Targets bei –8,11%. Die Unterschiede zwischen beiden Subsamples sowie zwischen den Subsamples und dem Gesamtsample sind dabei nicht signifikant.
326
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
kentransaktionen im Speziellen vor. Hier ergeben sich somit keine weiteren Anhaltspunkte. Die angesprochenen Ergebnisse aus den USA, die sowohl in Bezug auf M&ATransaktionen im Allgemeinen als auch bez. Bankentransaktionen zumeist deutlich negative abnormale Renditen dokumentieren,151 geben zwar eine Indikation, wegen der (in Kapitel 2) angesprochenen strukturellen Besonderheiten des europäischen Bankenmarktes können die Ergebnisse allerdings nicht direkt auf Europa übertragen werden. Die hier abgeleiteten Ergebnisse sind daher primär vor dem Hintergrund der verwendeten Methodik zu beurteilen: Im Rahmen des Überblicks über die verschiedenen methodischen Ansätze/Modelle wurden die Stärken und Schwächen beider hier verwendeter Ansätze detailliert diskutiert und eine kombinierte Verwendung als der geeignetste Weg zur Ableitung robuster Ergebnisse angesehen. Im Rahmen der Gegenüberstellung der Ansätze/Modelle wurde jedoch auch darauf hingewiesen, dass Kalenderzeitansätze (wie das hier verwendete Fama-French-Drei-Faktor-Modell) in Samples mit Industry Clustering (wie im Rahmen dieser Arbeit) eine Verbesserung der Ergebnisse bewirken und bei BHAR-Ansätzen auf Grund von Fehlspezifikationen die Gefahr des Ausweises tendenziell zu hoher abnormaler Renditen besteht.152 Dieser Ausweis tendenziell hoher abnormaler Renditen fand auch im Rahmen des Literaturüberblicks im Abschnitt 3.3.3.2 bereits seine Bestätigung: Auffällig war hier, dass die Arbeiten auf Basis des BHAR-Ansatzes ausschließlich signifikant negative Ergebnisse aufweisen, während die Kalenderzeitansätze zu gemischten Ergebnissen führen. Dies liefert weitere Indizien für das Bestehen potenzieller Fehlspezifikationen und den Ausweis tendenziell zu hoher abnormaler Renditen, die auch im Rahmen dieser Arbeit mit den zuvor genannten Anfälligkeiten der BHARs (insb. bei gleich-, aber auch bei wertgewichteter Betrachtung) gegenüber extremen Renditeentwicklungen einzelner Bieterbzw. Kontrollfirmen deutlich werden. Diese Faktoren lassen das hier verwendete Fama-French-Drei-Faktor-Modell und seine Ergebnisse als robuster erscheinen. Europäische Bankentransaktionen scheinen daher vom Kapitalmarkt (auf Basis der positiven abnormalen Renditen des FamaFrench-Drei-Faktor-Modells) über einen Zeitraum von 36 Monaten nach der Transaktion zumindest keinen Wert zu zerstören und sind aus Sicht der Aktionäre der Bieterbanken daher tendenziell als Erfolg anzusehen. Doch selbst wenn man die Er-
151 152
Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 3.3.3.2. Vgl. Lyon et al. (1999), S. 194ff.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
327
gebnisse des Ereigniszeitansatzes als Maßstab zugrunde legen würde, muss klar herausgestellt werden, dass sich auch auf Basis dieser Betrachtungsweise keine signifikante Wertvernichtung ergibt und europäische Bankentransaktionen hierauf basierend ebenfalls zumindest nicht als Misserfolg bezeichnet werden können. Vergleicht man diese Ergebnisse der mittel-/langfristigen Analyse mit der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion, wird die kurzfristige Einschätzung des Kapitalmarktes im Rahmen des Fama-French-Drei-Faktor-Modells nicht bestätigt. Zwar erweisen sich beide Ergebnisse als nicht signifikant, während sie im Rahmen der kurzfristigen Analyse negativ ausfallen, sind diese mittel-/langfristig jedoch positiv. Auch eine Analyse des Zusammenhangs zwischen den Ergebnissen der kurzfristigen Ereignisstudie und einem entsprechenden Vergleichssample153 der mittel-/langfristigen abnormalen Renditen auf Basis des BHAR-Ansatzes kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Es besteht keine Korrelation zwischen den kurzfristigen abnormalen Renditen und den BHARs, und eine Regressionsanalyse zeigt keinerlei Erklärungswert der kurzfristigen abnormalen Renditen für die mittel-/langfristige Performanceentwicklung nach M&A-Transaktionen.154 Diese Ergebnisse liefern (im Widerspruch zur Theorie effizienter Märkte) Indizien für die erwartete verzögerte Informationsverarbeitung des Kapitalmarktes wie sie bereits im Rahmen des Überblicks über die bisherigen Forschungsergebnisse insbesondere aus den USA in Kapitel 3 diskutiert wurde. Die hohe Komplexität von Bankentransaktionen scheint so eine fortlaufende Neu- und Weiterbewertung der Transaktionen durch den Kapitalmarkt zu erfordern, die zu mittel-/langfristig abnormalen Renditen führt und z.T. deutlich von der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion abweicht bzw. diese revidiert. 4.5.2.2
Ergebnisse nach Subsamples
Wie bereits im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie erfolgt in diesem Abschnitt ebenfalls eine detaillierte Betrachtung verschiedener Subsamples, um ein umfassende-
153
154
Analysiert wird hierzu der Zusammenhang zwischen der kurz- und mittel-/langfristigen abnormalen Renditeentwicklung der 86 Transaktionen zwischen 1994 und 2002, die entsprechend der zuvor beschriebenen Selektionskriterien sowohl im Rahmen der kurz- als auch der mittel-/langfristigen Analyse berücksichtigt werden. Der Korrelationskoeffizient (nach Bravais-Pearson) zwischen kurz- und mittel-/langfristigen abnormalen Renditen liegt bei –0,01, so dass Unkorreliertheit gegeben ist. Das R2 der Regressionsanalyse von 0% belegt, dass die kurzfristigen abnormalen Renditen keinen Erklärungswert für die mittel-/langfristige Renditeentwicklung nach Bankentransaktionen besitzen.
328
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
res Verständnis des Erfolgs von Bankentransaktionen und der diesem Erfolg zugrunde liegenden Faktoren zu gewinnen und damit die zuvor beschriebenen Ergebnisse des Gesamtsamples zu vertiefen. Hierzu werden im Folgenden bspw. die Faktoren geographischer und aktivitätsbezogener Fokus, Größe der Transaktionen und Nationalität der Bieterbanken hinsichtlich ihres Einflusses auf die mittel-/langfristigen abnormalen Renditen nach Bankentransaktionen untersucht sowie die Entwicklung der abnormalen Renditen im Zeitverlauf dargestellt und zu beobachtende Unterschiede zwischen den entsprechenden Subsamples einem Signifikanztest (in Form des bereits angesprochenen Mittelwertdifferenztests) unterworfen.155 Zusätzliche Aspekte ergeben sich durch eine differenzierte Betrachtung der sog. Multi-Bidders. Subsamples nach geographischem Fokus Im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie konnten für nationale Transaktionen aus Sicht der Bieterbank über eine Vielzahl der analysierten Ereignisfenster (z.T. signifikant) positive abnormale Renditen ausgewiesen werden. Nationale Transaktionen vernichten damit zumindest keinen Wert und stellen keinen Misserfolg dar, sondern es ergeben sich vielmehr Ansatzpunkte für eine Wertschaffung im Zuge dieser Transaktionen. Auf Basis des mittel-/langfristigen Ansatzes in Ereigniszeit, dessen Ergebnisse in Tabelle 4.30 dargestellt werden, ergibt sich jedoch ein hiervon abweichendes negativeres Bild. Bei gleichgewichteter Analyse können so signifikant (10% Niveau) negative BHARs von ca. –34% festgestellt werden. Wie auch zuvor für das Gesamtsample sind die wertgewichteten Ergebnisse (mit ca. –8% über den 36-Monatszeitraum) nicht signifikant. Diese Ergebnisse decken sich mit den bereits angesprochenen Resultaten der US-Forschung, die für heimische Transaktionen zumeist negative mittel-/langfristige abnormale Renditen und damit eine entsprechende Wertvernichtung ausweisen.156 Erneut führt die Analyse auf Basis des Fama-French-Drei-FaktorModells (wie in der Tabelle 4.31 dargestellt) jedoch auch bei der Betrachtung des Subsamples nationaler Transaktionen zu abweichenden Ergebnissen. Nationale Transak-
155
156
Die Ausführungen orientieren sich dabei an der Arbeit von Beitel (2002), der den im Vergleich der verschiedenen bisherigen Arbeiten umfassendsten Überblick über europäische Bankentransaktionen liefert. Wie bereits zuvor ausgeführt wurde, sind die Ergebnisse auf Basis des BHAR-Ansatzes dabei zumeist signifikant negativ, während die Kalenderzeitansätze zu gemischten Ergebnissen führen.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
329
Tabelle 4.30: BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach geographischem Fokus Mittel-/langfristige BHARs national vs. cross-border Gleichgewichtete BHARs Subsamples
BHARs (in %)
tWert
pWert
National
Wertgewichtete BHARs
*
BHARs (in %)
tWert
pWert
–7,87
–0,40
0,69
–3,35
–0,72
0,47
–34,05
–1,74
0,08
Cross-border (gesamt)
–0,27
–0,06
0,95
Cross-border (innerhalb EU)
13,37
1,63
0,10
*
10,26
1,25
0,21
Cross-border (außerhalb EU)
–11,54
–2,40
0,02
**
–9,06
–1,88
0,06
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 differenziert in Subsamples nach dem geographischen Fokus der Transaktionen (national versus cross-border). Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Kontrollfirmenansatzes als BHARs ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem klassischen t-Test.
tionen erfahren hiernach sowohl bei gleich- als auch bei wertgewichteter Betrachtung eine positive, aber nicht signifikante abnormale Rendite von 0,1% monatlich. Diese Ergebnisse korrespondieren weitestgehend mit der beschriebenen kurzfristigen Kapitalmarktreaktion. Da sowohl auf Basis des Ansatzes in Ereigniszeit als auch auf Basis des Ansatzes in Kalenderzeit keine Signifikanz der Ergebnisse gegeben ist, ergeben sich insgesamt (trotz der genannten Divergenzen) keine klaren Belege für eine Wertschaffung/Wertvernichtung. Für die Cross-border-Transaktionen ergibt sich ein noch interessanteres Bild. Der BHAR-Ansatz kommt hier für die Cross-border-Transaktionen insgesamt sowohl bei gleich- als auch bei wertgewichteter Analyse zu nicht signifikant negativen abnormalen Renditen, die mit –0,3% bzw. –3,4% darüber hinaus auch ökonomisch relativ gering sind. Eine Differenzierung in Cross-border-Transaktionen innerhalb und außerhalb Europas zeigt dann allerdings deutliche Unterschiede auf: Die Ergebnisse für Cross-border-Transaktionen innerhalb Europas sind mit signifikanten ca. 13% bei gleichgewichteter Betrachtung und nicht signifikanten ca. 10% bei wertgewichteter Analyse deutlich positiv, während die Transaktionen außerhalb Europas deutlich Wert vernichten. Letztere sind bei Gleichgewichtung signifikant (5%-Niveau) negativ mit
330
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
ca. –12% und auch bei Wertgewichtung noch signifikant (10%-Niveau) negativ mit ca. –9%.157 Ein abweichendes Bild ergibt sich jedoch auch hier auf Basis des Fama-French-DreiFaktor-Modells:158 Cross-border-Transaktionen erfahren hiernach eine positive Beurteilung durch den Kapitalmarkt mit abnormalen Renditen von 0,2% (wertgewichtet) bzw. 0,3% (gleichgewichtet), wobei nur die gleichgewichteten Ergebnisse (hoch) signifikant sind. Diese Ergebnisse belegen eine im Vergleich zu den nationalen Transaktionen leicht bessere Bewertung grenzüberschreitender Transaktionen. Die Differenzierung zwischen Cross-border-Transaktionen innerhalb und außerhalb Europas lässt darüber hinaus auch auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells innereuropäische Konsolidierungsschritte als überlegen erscheinen. Die Ergebnisse decken sich hier qualitativ mit den zuvor ausgewiesenen positiven BHARs. Cross-border-Transaktionen innerhalb Europas treiben das positive Ergebnis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells für das Gesamtsample der Cross-border-Transaktionen. Bei Gleich- und Wertgewichtung können hier signifikante monatliche abnormale Renditen von 0,4 % bzw. 0,5% (10%-Niveau) festgestellt werden. Cross-border-Transaktionen außerhalb
157
158
Wie auch zuvor im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie kann der dort beschriebene Mittelwertdifferenztest auch analog hier verwendet werden, um die Unterschiede zwischen den Ergebnissen nationaler und grenzüberschreitender Transaktionen auf Basis des Ereigniszeitansatzes zu analysieren. Hierbei ergibt sich zwischen Cross-border-Transaktionen innerhalb und außerhalb Europas ein (hoch) signifikanter Unterschied (bei gleich- und wertgewichteten Ergebnissen). Zwischen nationalen Transaktionen und dem gesamten Subsample aller Cross-border-Transaktionen sind die Unterschiede nur für die gleichgewichteten Ergebnisse höchst signifikant. Für die wertgewichteten Ergebnisse kann keine Signifikanz festgestellt werden. Neben der erneut gegebenen zumeist hohen bzw. sogar höchsten Signifikanz der Regressionskoeffizienten weisen die Ergebnisse in Tabelle 4.31 durchweg hohe übergeordnete Gütemaße für die entsprechenden Regressionen aus. Der Kolmogorov-Smirnov-Test belegt die Normalverteilung der Residuen und der Multikollinearitätstest weist Werte deutlich unter 5 auf, so dass keine Multikollinearität festgestellt werden kann. Auf Basis des modifizierten White-Tests ergeben sich Belege für Heteroskedastizität nur für die wertgewichtete Analyse des Subsamples nationaler Transaktionen. Heteroskedastizität ist im Rahmen des hier verwendeten Modells jedoch (wie zuvor herausgestellt) nicht gänzlich zu vermeiden. Da diese Problematik für das Gesamtsample nicht gegeben ist und nur für einige (auch im Folgenden betrachtete) Subsamples auftritt, werden keine weiteren Bereinigungen/Anpassungen durchgeführt, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
331
Tabelle 4.31: Abnormale Renditen nationaler und Cross-border-Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells Ergebnisse Fama-French-Drei-Faktor-Modell für Subsamples nach geographischem Fokus Gleichgewichtete Ergebnisse Subsamples
a
b
s
h
Wertgewichtete Ergebnisse a
b
s
h
Nationale Tx.
0,001
0,89*** –0,00
–0,12**
0,001
0,84*** -0,29*** 0,11**
Stat. Sign. (t-Werte)
(0,45)
(14,44) (–0,02)
(–2,17)
(0,71)
(14,38) (–3,80)
Güte der Regression
F = 260,65 (***) R2adj = 0,87
F = 398,01 (***) R2adj = 0,91
Cross-borderTx. (gesamt)
0,003** 0,91*** –0,26*** 0,16***
0,002
0,92*** –0,30*** 0,26***
Stat. Sign. (t-Werte)
(2,47)
(1,43)
(19,51) (–4,97)
Güte der Regression
F = 845,01 (***) R2adj = 0,96
(21,36) (–4,75)
(3,99)
(2,04)
(6,08)
F = 758,20 (***) R2adj = 0,95
Cross-borderTx. (innerhalb 0,004* EU)
0,87*** –0,16*
–0,07
0,005*
0,96*** –0,26**
0,16**
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,76)
(12,42)
(–1,09)
(1,71)
(11,98) (–2,50)
(2,14)
Güte der Regression
F =287,66 (***) R2adj = 0,90
F = 307,08 (***) R2adj = 0,91
Cross-borderTx. (außerhalb EU)
0,003
0,96*** –0,29*** 0,28***
0,002
0,93*** –0,32*** 0,31***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,52)
(17,66)
(1,00)
(16,34) (–4,25)
Güte der Regression
F = 676,30 (***) R2adj = 0,95
(–1,76)
(–3,99)
(5,55)
(6,01)
F = 613,76 (***) R2adj = 0,95
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie für europäische Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach geographischem Fokus. Der Achsenabschnitt a bemisst dabei die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite. Die Ergebnisse werden zwischen einer gleich- und einer wertgewichteten Betrachtung differenziert. Der Ausweis der statistischen Signifikanz der Ergebnisse basiert auf dem klassischen t-Test. Zusätzlich werden zur Darstellung der globalen Güte der Regression das korrigierte Bestimmtheitsmaß und die F-Statistik ausgewiesen.
332
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Europas weisen hingegen niedrigere und nicht signifikante abnormale monatliche Renditen auf.159 Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass sich auf Basis beider Modelle positive abnormale Renditen für Cross-border-Transaktionen innerhalb Europas ergeben.160 Hiermit werden die (nicht signifikant) negativen Ergebnisse der kurzfristigen Ereignisstudie für diese Art von Transaktionen klar widerlegt. Der Kapitalmarkt scheint Crossborder-Transaktionen innerhalb Europas, die mittel-/langfristig Wert schaffen, im Zuge der kurzfristigen Reaktion zum Zeitpunkt der Ankündigung nicht ausreichend in ihrer Komplexität zu erfassen. Für Cross-border-Transaktionen außerhalb Europas ergibt sich hingegen das beschriebene uneinheitliche Bild: Während das Fama-FrenchDrei-Faktor-Modell nicht signifikant positive abnormale Renditen ausweist, sind die BHARs signifikant negativ. Diese Ergebnisse der Cross-border-Transaktionen außerhalb Europas bewirken für das Gesamtsample aller Cross-border-Transaktionen ein ebenso uneinheitliches Bild: Das Fama-French-Drei-Faktor-Modell kommt hier zu einer positiven Einschätzung, während die BHARs für alle Cross-border-Transaktionen (nicht signifikant) negativ sind. Legt man ein höheres Gewicht auf das FamaFrench-Drei-Faktor-Modell, ergeben sich eine positive Einschätzung der Wertschaffung und Indizien (jedoch infolge der fehlenden Signifikanz keine klaren Belege) für das Vorliegen abnormaler Renditen. Es finden sich somit Ansatzpunkte für die bereits angesprochene Hypothese der verzögerten Informationsverarbeitung durch die Kapitalmärkte – diese kann auf Grund der fehlenden Signifikanz jedoch nicht abschließend belegt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit differieren in Form der positiven abnormalen Renditen von den in Kapitel 3 beschriebenen branchenübergreifenden Arbeiten (insb. aus den USA), die durchweg statistisch und ökonomisch signifikante negative abnormale Renditen nach Cross-border-M&A-Transaktionen feststellen.161
159
160 161
Mittelwertdifferenztests (analog zu der im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie verwendeten Methodik) zeigen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Ergebnissen des Fama-FrenchDrei-Faktor-Modells für die verschiedenen Subsamples. Diese sind allerdings nur bei Verwendung des Fama-French-Drei-Faktor-Modells signifikant. Vgl. bspw. Danbolt (1995), Aw und Chatterjee (2004), Eckbo und Thorburn (2000), Black et al. (2001), Gregory und McCorriston (2004) und Conn et al. (2003).
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
333
Subsamples nach Aktivitätsfokus Im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie erhielten diversifizierende Bank-Spezialinstitut-Transaktionen über das maximale Ereignisfenster von den Aktionären der Bieterbanken zwar ein leicht besseres Zeugnis als Bank-Bank-Transaktionen162, insgesamt ergaben sich in beiden Fällen jedoch keine signifikanten Belege für den Erfolg bzw. Misserfolg entsprechender Transaktionen aus Sicht der Bieterbanken. Auf Basis des BHAR-Ansatzes (dargestellt in Tabelle 4.32) liefert die mittel-/langfristige Betrachtung ein ebenso gemischtes Bild: Bei gleichgewichteter Analyse ergeben sich signifikant (10%-Niveau) negative abnormale Renditen nach Bank-Bank-Transaktionen von ca. –19%, während Bank-Spezialinstitut-Transaktionen nicht signifikant negative abnormale Renditen von ca. –1% aufweisen. Bei wertgewichteter Analyse tritt jedoch ein spiegelbildliches Ergebnis auf: Bank-Bank-Transaktionen erfahren hiernach vom Kapitalmarkt eine leicht positive, aber nicht signifikante Einschätzung (von ca. 2%), während für diversifizierende Transaktionen eine signifikant (10%-Niveau) negative Reaktion von ca. –14% konstatiert werden kann.163 Tabelle 4.32: BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach Aktivitätsfokus Mittel-/langfristige BHARs (über 36 Monate) für aktivitätsbezogene Subsamples Gleichgewichtete BHARs Subsamples
BHARs (in %)
tWert
pWert
Bank-Bank-Tx.
–18,86
–1,67
0,10
–1,32
–0,17
0,86
Bank-Spezialbank-Tx.
Wertgewichtete BHARs BHARs (in %)
*
tWert
pWert
1,94
0,17
0,86
–13,96
–1,77
0,08
*
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 differenziert in Subsamples nach dem Aktivitätsfokus der Transaktionen (Bank-Bank- versus Bank-Spezialinstitut-Transaktionen). Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Kontrollfirmenansatzes als BHARs ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem klassischen t-Test.
162
163
Bank-Bank-Transaktionen erreichten nicht signifikante –0,96% und Bank-Spezialinstitut-Transaktionen nicht signifikante –0,03%. Im Rahmen eines Mittelwertdifferenztests können keine signifikanten Unterschiede zwischen den Ergebnissen für die beiden Subsamples (sowohl bei gleich- als auch bei wertgewichteter Betrachtungsweise) festgestellt werden. Auch im Rahmen der im Folgenden dargestellten Ergebnisse des Fama-French-Drei-Faktor-Modells ergeben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Subsamples (ebenfalls unabhängig von der Berechnungsweise).
334
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.33: Abnormale Renditen von Bank-Bank- und Bank-Spezialinstitut-Transaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells Ergebnisse Fama-French-Drei-Faktor-Modell für Subsamples nach Aktivitätsfokus Gleichgewichtete Ergebnisse Subsamples
a
b
s
Wertgewichtete Ergebnisse h
a
b
s
h
Bank-BankTx.
0,002
0,92***
–0,13**
0,01
0,002
0,91***
–0,28***
0,23***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,07)
(19,56)
(–2,09)
(0,30)
(1,02)
(18,51)
(–4,42)
(5,27)
Güte der Regression
F = 575,88 (***) R2adj = 0,93
F = 655,93 (***) R2adj = 0,94
Bank-Spezialbank-Tx.
0,003*
0,86***
–0,23*** 0,09*
0,002
0,89***
–0,33***
0,17***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,81)
(16,64)
(–3,35)
(0,80)
(15,23)
(–4,30)
(3,17)
Güte der Regression
F = 507,80 (***) R2adj = 0,94
(1,78)
F = 484,06 (***) R2adj = 0,93
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie für europäische Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach dem Aktivitätsfokus der Transaktionen (Bank-Bank- versus Bank-Spezialinstitut-Transaktionen). Der Achsenabschnitt a bemisst dabei die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite. Die Ergebnisse werden zwischen einer gleich- und einer wertgewichteten Betrachtung differenziert. Der Ausweis der statistischen Signifikanz der Ergebnisse basiert auf dem klassischen t-Test. Zusätzlich werden zur Darstellung der globalen Güte der Regression das korrigierte Bestimmtheitsmaß und die F-Statistik ausgewiesen.
Unterstellt man auch hier eine höhere Robustheit der gleichgewichteten Betrachtungsweise, scheinen auf Basis des Ereigniszeitansatzes diversifizierende Bankentransaktionen signifikant Wert zu vernichten. Wie auch für die anderen zuvor beschriebenen Subsamples ergeben sich jedoch auf Basis des Kalenderzeitansatzes abweichende Ergebnisse.164 Sowohl bei gleich- als auch bei wertgewichteter Betrachtungsweise sind die abnormalen Renditen positiv. 164
Neben der zumeist hohen bzw. sogar höchsten Signifikanz der Regressionskoeffizienten weisen die Ergebnisse in Tabelle 4.32 erneut hohe übergeordnete Gütemaße für die entsprechenden Regressionen aus. Der Kolmogorov-Smirnov-Test belegt die Normalverteilung der Residuen und der Multikollinearitätstest weist ebenfalls keine signifikanten Werte auf. Der modifizierte White-Test liefert jedoch eine Indikation für das Bestehen von Heteroskedastizität (außer bei der gleichgewichteten Analyse von Bank-Spezialbank-Transaktionen), die aber – wie zuvor beschrieben – im Rahmen des hier gewählten Modells für kleinere Subsamples nicht vollends vermieden werden kann.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
335
Allein die gleichgewichtete Analyse für Bank-Spezialinstitut-Transaktionen kommt jedoch zu einem signifikanten Ergebnis von 0,3% monatlicher abnormaler Rendite. Insgesamt ergeben sich für fokussierende Bank-Bank-Transaktionen bei Verwendung beider Ansätze positive, aber nicht signifikante Ergebnisse. Abnormale Renditen und eine verzögerte Kapitalmarktreaktion können damit für fokussierende Transaktionen nicht endgültig bestätigt werden. Bei diversifizierenden Transaktionen sind auf Basis der verwendeten Ansätze (und nach gewählter Gewichtungsweise) deutlich divergierende Ergebnisse zu beobachten. Während die BHARs (wertgewichtet) Indizien für eine deutliche Wertvernichtung liefern, sind die Kalenderzeitergebnisse (bei Wertgewichtung) positiv, aber nicht signifikant. Unterstellt man (wie zuvor) eine tendenziell höhere Robustheit des Kalenderzeitansatzes für das betrachtete Subsample, ergeben sich auch hier keine klaren Belege für signifikante abnormale Renditen. Subsamples nach Transaktionsgröße Im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie wurde bereits auf die Bedeutung der Transaktionsgröße für die Erklärung des (kurzfristigen) Erfolgs von Bankentransaktionen hingewiesen. Die Ergebnisse zeigen hier einen relativ deutlichen Größeneffekt: Über alle Ereignisfenster hinweg besteht so kurzfristig ein signifikanter Unterschied in der Wertschaffung zwischen großen und kleinen Transaktionen. Die großen europäischen Bankentransaktionen vernichten hierbei aus Sicht der Bieterbanken mehr Wert als die kleinen Transaktionen. Für mittelgroße Transaktionen ergeben sich sogar signifikante Wertschaffungspotenziale (nicht zuletzt auch auf Grund der händelbaren Komplexität bei gleichzeitig bestehenden Synergiepotenzialen). Auf Basis des Ereigniszeitansatzes, dessen Ergebnisse in Tabelle 4.34 dargestellt sind, können bei Betrachtung der wertgewichteten Ergebnisse der verschiedenen Subsamples nach Transaktionsgröße keine signifikanten mittel-/langfristigen abnormalen Renditen festgestellt werden.165 Gleichzeitig lassen die Ergebnisse im Gegensatz zur kurzfristigen Ereignisstudie nicht auf einen Größeneffekt schließen. Die kleinsten 50% der Transaktionen erfahren so stärker negative abnormale Renditen als die größten
165
Aus Gründen der Komplexitätsreduktion fokussieren sich die Ausführungen auf die wertgewichtete Betrachtung, der ja bereits zuvor ein höheres Gewicht beigemessen wurde.
336
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.34: BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 166 differenziert nach Transaktionsgröße Mittel-/langfristige BHARs (über 36 Monate) für Subsamples nach Transaktionsgröße Gleichgewichtete BHARs Subsamples
Wertgewichtete BHARs
BHARs (in %)
tWert
pWert
BHARs (in %)
tWert
pWert
Größte 20 Tx.
7,57
0,56
0,58
–5,34
–0,38
0,70
Kleinste 20 Tx.
32,41
2,10
0,04
3,37
0,20
0,84
Größtes Drittel der Tx.
–8,43
–1,09
0,27
–2,03
–0,26
0,79
Mittleres Drittel der Tx.
–4,97
–0,73
0,47
–7,36
–1,08
0,28
Kleinstes Drittel der Tx.
–27,04
–1,21
0,23
–3,01
–0,13
0,89
Größte 50% der Tx.
–6,39
–1,06
0,29
–2,51
–0,41
0,68
Kleinste 50% der Tx.
–20,51
–1,35
0,18
–6,13
–0,40
0,69
**
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 differenziert in Subsamples nach der Größe der Transaktionen. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Kontrollfirmenansatzes als BHARs ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem klassischen t-Test.
50%, Gleiches gilt für das kleinste und das größte Drittel der Transaktionen.167 Mit Ausnahme der kleinsten 20 Transaktionen müssen im Rahmen der Analyse für alle anderen Subsamples negative Renditen festgestellt werden.168 Die stärksten negativen abnormalen Renditen erfahren dabei die mittelgroßen Transaktionen. Bei der Betrachtung der wertgewichteten Ergebnisse des Fama-French-Drei-Faktor-Modells ergeben sich ebenfalls keine Belege für den beschriebenen Größeneffekt bei Bankentransaktionen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen in Ereigniszeit kommt das Kalenderzeitmodell jedoch durchweg zu positiven Ergebnissen. Für alle betrachteten
166
167
168
Mittelwertdifferenztests zeigen keine Signifikanz der Unterschiede zwischen den Ergebnissen in Ereigniszeit für die verschiedenen Subsamples großer und kleiner Transaktionen. Auch für die Unterschiede, die in der folgenden Tabelle 4.35 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells für die verschiedenen Subsamples großer und kleiner Transaktionen dargestellt sind, ergibt sich auf Basis von Mittelwertdifferenztests keine Signifikanz. Das größte Drittel der Transaktionen weist eine durchschnittliche Größe von 5.062 Mio. USD auf. Für das mittlere Drittel liegt die durchschnittliche Größe bei 560 Mio. USD und für das kleinste Drittel bei 186 Mio. USD. Die größten 50% der Transaktionen weisen eine Durchschnittsgröße von 3.627 Mio. USD und die kleinsten 50% eine durchschnittliche Größe von 260 Mio. USD. Die größten 20 Transaktionen haben eine Durchschnittsgröße von 13.008 Mio. USD. Für die kleinsten 20 Transaktionen liegt dieser Wert bei 117 Mio. USD.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
337
Subsamples sind die ausgewiesenen Achsenabschnitte positiv. Signifikante Ergebnisse ergeben sich dabei für das größte Drittel und die größten 50% der Transaktionen. Diese beiden Subsamples erfahren monatliche abnormale Renditen von 0,4% bzw. 0,3%.169 Die Ergebnisse der beiden Ansätze decken sich damit in Bezug auf die Relation zwischen den Subsamples kleiner und großer Transaktionen. Zwar erfahren die kleinsten 20 Transaktionen auf Basis des BHAR-Ansatzes die positivste, wenn auch nicht signifikante Wertschaffung, für alle weiteren Samples ergeben sich jedoch positivere (bzw. weniger negative) Ergebnisse bei der Betrachtung größerer Transaktionen. Dies widerspricht dem zuvor beschriebenen kurzfristig beobachtbaren Größeneffekt. Abstrahiert man von dem sehr guten Ergebnis der kleinsten 20 Transaktionen (das auf gezielte Übernahmen spezialisierter Banken/Finanzdienstleister, die leicht integriert werden können und damit eine hohe Wertschaffung ermöglichen, zurückgeführt werden kann) scheint die kurzfristige Einschätzung des Kapitalmarktes revidiert zu werden. Hiernach entwickeln sich große Transaktionen mittel-/langfristig zumindest nicht schlechter als die kleineren Transaktionen. Die beschriebenen Ergebnisse deuten sogar auf eine im Zeitverlauf höhere Wertschaffung der größeren Transaktionen hin. Diese größeren Transaktionen scheinen die Realisierung höherer als ursprünglich vom Kapitalmarkt erwarteter Wertschaffungspotenziale (infolge bestehender Synergien) zu ermöglichen. Große europäische Bankentransaktionen erweisen sich damit – entgegen vielfacher Marktmeinung und der kurzfristigen Kapitalmarktreaktion – mittel-/langfristig als wertschaffend und sind als Erfolg zu bewerten. Der Kapitalmarkt scheint mit der Realisierung der entsprechenden Potenziale seine Einschätzung über Zeit zu revidieren.
169
Wie auch im Rahmen der Analysen der zuvor betrachteten Subsamples sind die Regressionskoeffizienten zumeist hoch bzw. sogar höchst signifikant. Die übergeordneten Gütemaße deuten ebenfalls erneut auf eine hohe Güte der Regressionen hin. Der Kolmogorov-Smirnov-Test belegt die Normalverteilung der Residuen, und auf Basis des Multikollinearitätstests ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine ausgeprägte Multikollinearität (der VIF liegt zumeist deutlich unter 5 und erreicht nur einmal einen Wert von 5,04). Der modifizierte White-Test liefert jedoch (wie auch schon im Rahmen der vorhergehenden Analysen) eine Indikation für das Bestehen von Heteroskedastizität bei einzelnen Subsamples.
338
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.35: Abnormale Renditen von Transaktionen zwischen 1994 und 2002 auf Basis des Fama170 French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach Transaktionsgröße Ergebnisse Fama-French-Drei-Faktor-Modell für Subsamples nach Größe der Transaktionen Sample/ Subsamples
Gleichgewichtete Ergebnisse a
b
s
h
Wertgewichtete Ergebnisse a
B
s
h
Größte 20 Tx.
0,001
1,01***
–0,24** –0,04
0,002
0,96***
–0,24*
0,06
Stat. Sign. (t-Werte)
(0,22)
(10,27)
(–2,06) (–0,37)
(0,74)
(9,02)
(–1,92)
(0,54)
Güte d. Regression F = 101,47 (***) R2adj = 0,91
F = 84,35 (***) R2adj = 0,89
Größtes Drittel der Tx.
0,003
0,89***
–0,20** 0,01
0,004* 0,92***
–0,27*** 0,18***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,58)
(13,88)
(–2,40) (0,09)
(1,79)
(–3,52)
2
Güte d.Regression F = 393,43 (***) R
adj
= 0,93
(15,90)
2
F = 573,65 (***) R
adj
(3,35)
= 0,95
Mittleres Drittel der Tx.
0,004* 0,90***
–0,22** 0,17*** 0,002
0,85***
–0,40*** 0,31***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,75)
(–2,53) (2,88)
(15,05)
(–5,35)
(13,86)
(1,31)
(5,98)
Güte d. Regression F = 386,13 (***) R2adj = 0,92
F = 595,33 (***) R2adj = 0,95
Kleinstes Drittel der Tx.
0,001
0,90***
–0,07
0,001
0,94***
–0,21**
0,18***
Stat. Sign. (t-Werte)
(0,60)
(16,69)
(–0,98) (–0,69)
(0,57)
(14,11)
(–2,47)
(2,98)
–0,03
Güte d .Regression F = 390,03 (***) R2adj = 0,91
F =348,14 (***) R2adj = 0,90
Größte 50% der Tx.
0,003* 0,90***
–0,23*** 0,07
0,003* 0,90***
–0,33*** 0,23***
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,74)
(–3,52) (1,50)
(1,95)
(–5,38)
(17,74)
2
Güte d. Regression F = 611,50 (***) R
adj
= 0,94
Kleinste 50% der Tx.
0,002
0,89***
–0,10
Stat. Sign. (t-Werte)
(1,11)
(18,01)
(–1,57) (0,52)
0,02
Güte d. Regression F = 480,00 (***) R2adj = 0,92
170
(19,09)
2
F = 825,50 (***) R
adj
(5,49)
= 0,96
0,002
0,90***
–0,26*** 0,22***
(0,92)
(16,94)
(–3,75)
(4,57)
F = 542,35 (***) R2adj = 0,93
Im Gegensatz zur Analyse in Ereigniszeit werden die 20 kleinsten Transaktionen hier nicht betrachtet, da die für die Durchführung der Regressionsanalyse und die Ableitung robuster Ergebnisse erforderliche Anzahl von 30 monatlichen Portfoliorenditen des Ereignisportfolios (wie zuvor als Voraussetzung definiert) nicht gegeben ist.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
339
Die Tabelle 4.35 zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie für europäische Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 auf Basis des Fama-French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach der Größe der Transaktionen. Der Achsenabschnitt a bemisst dabei die durchschnittliche monatliche abnormale Rendite. Die Ergebnisse werden zwischen einer gleich- und einer wertgewichteten Betrachtung differenziert. Der Ausweis der statistischen Signifikanz der Ergebnisse basiert auf dem klassischen t-Test. Zusätzlich werden zur Darstellung der globalen Güte der Regression das korrigierte Bestimmtheitsmaß und die F-Statistik ausgewiesen.
Zeitliche Subsamples der Transaktionen Für Bieterbanken und Combined Entities konnte im Rahmen der kurzfristigen Ereignisstudie kein klarer zeitlicher Trend der abnormalen Renditen festgestellt werden. Es wurde jedoch ein Zusammenhang zur Kapitalmarktentwicklung insgesamt sowie der Entwicklung der Konsolidierungsaktivitäten deutlich. In Zeiten boomender Kapitalmärkte und starker M&A-Tätigkeit (wie in den Jahren 1997 bis 2000) kam es eher zu einer Wertvernichtung durch entsprechende Transaktionen aus Sicht der Bieterbank (infolge insb. hoher gezahlter Prämien – wie die Analyse der Targets unterstreicht). In schwachen Marktphasen (wie nach dem Zusammenbruch der Kapitalmärkte in den Jahren 2002 und 2003) konnten die Bieterbanken jedoch beachtliche Wertschaffungen realisieren. Die beiden Tabellen 4.36 und 4.37 zeigen nun die mittel-/langfristige Performance der entsprechenden nach Jahren differenzierten Transaktionen. Eine Bestätigung der Ergebnisse der kurzfristigen Betrachtung aus dieser mittel-/langfristigen Perspektive findet sich jedoch weder auf Basis des Ansatzes in Ereigniszeit noch auf Basis des Ansatzes in Kalenderzeit. Der BHAR-Ansatz stützt nicht das zuvor beschriebene Muster, dass positive abnormale Renditen insbesondere in schwächeren Börsenphasen/bei geringerer Konsolidierungsaktivität zu beobachten sind. In den Jahren 1994 und 1996 sowie auch 2002 treten so im Rahmen einer wertgewichteten Betrachtung (bei geringerer M&A-Aktivität gemessen an der Anzahl der Transaktionen/der Transaktionsvolumina)171 z.T. sehr stark negative abnormale Renditen auf. Die einzig statistisch signifikanten Ergebnisse auf Basis des BHAR-Ansatzes können in 2000 festgestellt werden – hier erreichen sie ca. –23%. Während dies mit dem Boom an den Kapitalmärkten in Zusammenhang gebracht werden könnte, ergeben sich in den anderen Jahren mit starker M&A-Aktivität (bspw. 1997 bis 1999) deutlich positive, aber nicht signifikante abnormale Renditen.
171
Vgl. hierzu Abbildung 4.1.
340
4 Wertschaffung durch M&A-Transaktionen im europäischen Bankensektor
Tabelle 4.36: BHARs von Subsamples europäischer Bankentransaktionen zwischen 1994 und 2002 differenziert nach Jahren Mittel-/langfristige BHARs (über 36 Monate) für Subsamples nach Jahren Gleichgewichtete BHARs Subsamples
BHARs (in %)
Wertgewichtete BHARs
tWert
pWert
BHARs (in %)
tWert
pWert
–97,05
–0,71
0,48
1994
–180,73
–1,35
0,18
1995
–28,75
–1,39
0,16
0,31
0,01
0,99
1996
–68,18
–1,15
0,25
–13,21
–0,22
0,83
1997
11,34
0,89
0,37
12,48
0,98
0,33
1998
1,69
0,12
0,91
8,03
0,55
0,58
1999
1,16
0,12
0,90
9,30
0,98
0,33
2000
–11,17
1,09
0,28
–23,18
–2,21
0,03
2001
10,73
1,09
0,28
0,17
0,02
0,99
2002
–3,15
–0,28
0,78
–3,98
–0,35
0,73
**
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der mittel-/langfristigen Ereignisstudie aller 225 europäischen Bankentransaktionen im Zeitraum von 1994 bis 2002 differenziert nach dem Jahr der Ankündigung der Transaktion. Die abnormalen Renditen werden hierbei mittels des Kontrollfirmenansatzes als BHARs ermittelt. Der Ausweis der statistischen Signifikanz basiert auf dem klassischen t-Test.
Auch auf Basis des Kalenderzeitansatzes (dargestellt in Tabelle 4.37) ergeben sich keine Trends der abnormalen Renditen im Zeitverlauf bzw. Belege für einen Zusammenhang mit der M&A-Aktivität/dem Kapitalmarktumfeld. Der Kalenderzeitansatz weist so durchgehend positive abnormale Renditen auf, die in den Jahren 1999, 2001 und 2002 signifikant sind.172 Insgesamt ergeben sich somit auf Basis beider Ansätze/Modelle keine Belege über im Zeitverlauf zu beobachtende Trends der abnormalen Renditen der Bieterbanken bzw. Belege für Abhängigkeiten dieser abnormalen Renditen von anderen Faktoren (wie dem Kapitalmarktumfeld oder der M&A-Tätigkeit).
172
Die Regressionskoeffizienten weisen im Rahmen dieser Analyse nach Jahren hohe bzw. sogar höchste Signifikanz auf und es ist eine hohe Güte der Regressionen insgesamt gegeben. Der Kolmogorov-Smirnov-Test kommt (wie auch im Rahmen der Betrachtung der Subsamples zuvor) zu nicht signifikanten Ergebnissen. Der VIF liegt für einige Subsamples und ihre entsprechenden Faktoren über 5, aber unter 10 – hier ergeben sich somit Indizien für Multikollinearität, die aber nicht besonders stark ausgeprägt ist. Gleichzeitig bestehen auch im Rahmen dieser Analyse für einzelne Subsamples (auf Basis der Ergebnisse des modifizierten White-Tests) Indizien für Heteroskedastizität.
4.5 Analyse der mittel- und langfristigen Wertschaffung
341
Tabelle 4.37: Abnormale Renditen von Transaktionen zwischen 1995 und 2002 auf Basis des Fama173 French-Drei-Faktor-Modells differenziert nach Jahren Ergebnisse Fama-French-Drei-Faktor-Modell für Subsamples nach Jahren Subsamples 1995
Gleichgewichtete Ergebnisse a 0,003
Stat. Sign. (t-Werte) (1,06)
b
s
0,81*** –0,07
(7,76)
h –0,04
0,001
Stat. Sign. (t-Werte) (0,31)
0,73*** –0,38*
(5,20)
0,005*
(–1,84) (3,37)
Güte der Regression F = 302,03 (***) R 1998
0,005
Stat. Sign. (t-Werte) (1,00)
adj
(6,10)
0,13
(6,70)
(–1,29)
(1,36)
(0,02)
–0,66*** 0,54***
(4,24)
(–3,01)
(0,84)
0,78***
0,06
(–0,70) (0,34)
(–4,78) adj
= 0,96
0,001
1,06***
–0,23
0,15
(0,32)
(8,56)
(–1,53)
(1,17)
F = 210,68 (***) R2adj = 0,94
1999
0,005** 0,97***
–0,08
Stat. Sign. (t-Werte) (–0,01) (10,81) (–0,13) (–0,79) (2,17)
–0,29*** 0,13
(12,00)
(–3,00)
Güte der Regression F = 152,99 (***) R2adj = 0,92
F = 277,45 (***) R2adj = 0,95
2000
0,004
0,001
Stat. Sign. (t-Werte) (0,48)
0,99
–0,19*
–0,06
(11,14) (–1,72) (–0,65) (1,52)
Güte der Regression F = 226,64 (***) R2adj = 0,94 2001
1,10***
–0,17
0,04
(12,10)
(–1,48)
(0,43)
F = 248,22 (***) R2adj = 0,95
(10,87) (–3,26) (–0,97) (3,12)
Güte der Regression F = 322,02 (***) R2adj = 0,96 0,004*
Stat. Sign. (t-Werte) (1,93)
(11,76) (–3,08)
Güte der Regression F = 289,87 (***) R
adj
= 0,96
(11,30)
(–3,51)
(1,51)
F = 323,84 (***) R2adj = 0,96
0,82*** –0,23*** 0,07 2
173
(1,53)
0,007** 0,84*** –0,31*** –0,09 0,008*** 0,86*** –0,33*** 0,13
Stat. Sign. (t-Werte) (2,73)
2002
(5,21)
F = 333,39 (***) R
Güte der Regression F = 94,11 (***) R2adj = 0,88