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German Pages 153 Year 2008
Markus Rager Energieorientierte Produktionsplanung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Markus Rager
Energieorientierte Produktionsplanung Analyse, Konzeption und Umsetzung
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Axel Tuma
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Augsburg, 2006
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0987-5
Geleitwort
Durch steigende Preise auf den Primärenergiemärkten wächst der Druck auf Unternehmen Endenergieträger (z.B. elektrischer Strom, Erdgas, Heizöl) effizient einzusetzen. Daneben ergibt sich auch durch aktuelle Entwicklungen im Bereich der Umweltgesetzgebung eine Verpflichtung zur Senkung der Treibhausgasemissionen, die eine entsprechende Senkung des Endenergieeinsatzes bedingt. Analysiert man die wissenschaftliche Diskussion in diesem Bereich, werden in erster Linie technische Maßnahmen, wie etwa der Einsatz neuer Energieumwandlungsanlagen, thematisiert. Erst in letzter Zeit werden daneben auch organisatorische Maßnahmen vorgeschlagen. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit ein wesentlicher Beitrag zur Integration von energieorientierten Aspekten in die betriebliche Produktionsplanung geleistet. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht dabei zunächst die Identifikation der Maschinenbelegungsplanung als geeigneter Ansatzpunkt für einen effizienten Endenergieeinsatz. Bemerkenswert ist die analytisch stringente Ableitung eines Zielsystems, das gleichermaßen technischen, betriebswirtschaftlichen und emissionsorientierten Kriterien Rechnung trägt und somit dem interdisziplinären Charakter der Problemstellung in hervorragender Weise entspricht. In einem weiteren Schritt wird für das dem Produktionsplanungsproblem zugrundeliegende kombinatorische Optimierungsproblem eine zweistufige Lösungsheuristik vorgeschlagen. Diese basiert auf einer Zuordnung von Produktionsaufträgen zu einzelnen Produktionsanlagen und der daran anschließenden Planung der zeitlichen Abfolge der Produktionsaufträge auf Basis eines hybriden evolutionären Algorithmus. Besonders hervorzuheben ist, dass Herr Rager nicht nur ein umfassendes theoretisches Konzept entwirft, sondern dies auch an einem praktisch äußerst interessanten Anwendungsfall evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das von Herr Rager entwickelte Konzept zu einer signifikanten Einsparung an eingesetzten Endenergieträgern und einer damit verbundenen Reduktion von Kosten und Treibhausgasemissionen führt. Damit liefert das Konzept einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der betriebswirtschaftlichen Forschung. Ich wünsche der Schrift eine weite Verbreitung und Wirkung auf die Weiterentwicklung von Produktionsplanungsansätzen in Wissenschaft und Praxis.
Prof. Dr. Axel Tuma
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Lehrstuhl für Produktions- und Umweltmanagement an der Universität Augsburg. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Personen bedanken, die mich bei der Fertigstellung dieser Arbeit unterstützt, inhaltlich beraten und mich zur rechten Zeit motiviert haben. An erster Stelle danke ich Prof. Dr. Axel Tuma, der mich zur Promotion an seinem Lehrstuhl ermutigt und mir eine sehr interessante und lehrreiche Zeit an der Universität Augsburg ermöglicht hat. Insbesondere möchte ich mich bei ihm für die Förderung meiner wissenschaftlichen Arbeit und die vielen wertvollen Hinweise bedanken. Daneben gilt mein Dank auch Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl für die Übernahme des Zweitgutachtens sowie Prof. Dr. Marco C. Meier für die Bereitschaft, den Prüfungsvorsitz zu übernehmen. Bedanken möchte ich mich auch beim gesamten Lehrstuhlteam für das sehr gute Arbeitsklima sowie für die Schaffung zeitlicher Freiräume, ohne die die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Besonderen Dank schulde ich meinem Kollegen und Freund Prof. Dr. Jürgen Friedl für die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit während des gesamten Dissertationsprojekts. Unverzichtbar für diese Arbeit waren dabei seine wertvollen Anregungen in unzähligen Diskussionsrunden. Für das Korrekturlesen bedanke ich mich ganz herzlich bei Gudrun Hänig und Claudia Stegmann. Ganz besonders möchte ich mich an dieser Stelle auch bei meiner Familie bedanken, die mir immer den notwendigen Rückhalt gegeben hat. Meine Eltern Johann und Lydia Rager sowie meine Brüder Johann, Thomas und Robert mit ihren Familien waren die unverzichtbare Stütze und boten mir die richtige Motivation zur rechten Zeit, dieses Projekt erfolgreich zu beenden. Schließlich wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht ohne die bedingungslose Unterstützung meiner Freundin Kathrin möglich gewesen. Ihre Geduld und ihr Verständnis für die vielen Entbehrungen waren grenzenlos.
Markus Rager
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort................................................................................................................................. V Vorwort ................................................................................................................................. VII Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... IX Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................XIII Tabellenverzeichnis........................................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis....................................................................................................... XIX 1
2
Einleitung ........................................................................................................................... 1 1.1
Ausgangslage ............................................................................................................. 1
1.2
Problemstellung.......................................................................................................... 5
1.3
Lösungsweg................................................................................................................ 7
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen......................................................................................... 9 2.1
Spezifikation des Anforderungsprofils....................................................................... 9 2.1.1 Aufgaben einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung ................ 9 2.1.2 Zielsetzungen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung........ 13
2.2
Präzisierung des Zielsystems ................................................................................... 15 2.2.1 Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise..................... 16 2.2.1.1 Energiebedarf des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses........................................................ 16 2.2.1.2 Bestimmung des Einsatzenergieträgerbedarfs ............................... 21 2.2.1.2.1 Maschinenbezogener Einsatzenergieträgerbedarf......... 22 2.2.1.2.2 Auftragsbezogener Einsatzenergieträgerbedarf ............ 22 2.2.2 Einfluss des Einsatzenergieträgerbedarfs auf die Endenergieträgerkosten ................................................................................ 24 2.2.2.1 Leitungsgebundene Endenergieträger ............................................ 25 2.2.2.2 Endenergieträgereinsatz in Umwandlungsanlagen ........................ 26 2.2.2.2.1 Dampferzeuger .............................................................. 27 2.2.2.2.2 Kraft-Wärme-Kopplung ................................................ 31
X
Inhaltsverzeichnis
2.2.3 Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung ...................... 32 2.2.3.1 Minimierung der belegten Maschinen............................................ 33 2.2.3.2 Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ........................................................... 33 3
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts ....................................................................................... 35 3.1
Definitionen und Begriffe ........................................................................................ 35
3.2
Klassifikation eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen ................................................................................ 37 3.2.1 Klassifizierung nach der Maschinenumgebung ........................................... 37 3.2.2 Klassifizierung nach der Struktur der Produktionsaufträge ......................... 37 3.2.3 Klassifizierung nach dem Zielsystem........................................................... 39
3.3
4
Formulierung eines Entscheidungsmodells auf Basis binärer Entscheidungsvariablen............................................................................................ 40
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells..... 43 4.1
Problemzerlegung des Entscheidungsmodells ......................................................... 43 4.1.1 Eröffnungsverfahren..................................................................................... 45 4.1.2 Verbesserungsverfahren ............................................................................... 48
4.2
Mathematische Formulierung der Teilprobleme...................................................... 49 4.2.1 Eröffnungsverfahren..................................................................................... 50 4.2.2 Verbesserungsverfahren ............................................................................... 51
4.3
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Eröffnungsverfahrens ......................... 52 4.3.1 Literaturüberblick......................................................................................... 52 4.3.2 Lösungsansatz auf Basis des LPT-Algorithmus........................................... 55
4.4
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens ................... 56 4.4.1 Literaturüberblick......................................................................................... 56 4.4.2 Analyse von Metaheuristiken....................................................................... 61 4.4.2.1 Verfahren auf Basis von lokaler Suche .......................................... 61 4.4.2.2 Verfahren auf Basis von populationsbasierter Suche..................... 64
4.5
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen............................................................................. 66 4.5.1 Struktur eines Hybriden Evolutionären Algorithmus................................... 66
Inhaltsverzeichnis
XI
4.5.2 Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus ............................. 70 4.5.2.1 Repräsentation des Planungsproblems ........................................... 71 4.5.2.2 Generierung einer Startpopulation ................................................. 75 4.5.2.3 Populationsgröße und Abbruchkriterium ....................................... 77 4.5.2.4 Selektion......................................................................................... 78 4.5.2.4.1 Abbildung der Zielfunktion und Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung ...................................... 80 4.5.2.4.2 Entnahme von Stichproben ........................................... 83 4.5.2.5 Rekombination ............................................................................... 84 4.5.2.5.1 Order crossover 2 (OX2)............................................... 85 4.5.2.5.2 Order crossover (OX).................................................... 88 4.5.2.5.3 Paritally mapped crossover (PMX) ............................... 90 4.5.2.6 Mutation ......................................................................................... 92 4.5.2.6.1 Swap Mutation .............................................................. 93 4.5.2.6.2 Insert Mutation .............................................................. 94 4.5.2.6.3 Scramble Mutation ........................................................ 95 4.5.2.6.4 Inversion Mutation ........................................................ 95 4.5.2.7 Entwicklung eines lokalen Suchverfahrens (peak-LS) .................. 97 5
Evaluation der entwickelten Methoden zur Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen....................................................................................................................... 101 5.1
Analyse des betrachteten Produktionssystems....................................................... 101 5.1.1 Bestimmung des auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfs ........... 103 5.1.2 Bestimmung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ...... 106 5.1.3 Simulation des betrieblichen Energieversorgungssystems......................... 107
5.2
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus ....................................... 110 5.2.1 Populationsgröße und Abbruchkriterium ................................................... 111 5.2.2 Rekombination ........................................................................................... 114 5.2.3 Lokales Suchverfahren peak-LS ................................................................ 115
5.3 6
Quantifizierung der Einsparpotentiale ................................................................... 120
Zusammenfassung ......................................................................................................... 123
Literaturverzeichnis............................................................................................................. 131
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1:
Vereinfachte Struktur eines betrieblichen Energieversorgungssystems ......................................................................... 3
Abbildung 2-1:
Kapazitätsorientiertes hierarchisches PPS-Konzept .................................. 10
Abbildung 2-2:
UPN-Modell betrieblicher Energieversorgungssysteme............................ 18
Abbildung 2-3:
Energieorientierte Erweiterung des Input-Output-Modells ....................... 20
Abbildung 2-4:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs (eines Produktionsauftrags) .................................................................................. 23
Abbildung 2-5:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs (mehrerer Produktionsaufträge).................................................................................. 24
Abbildung 2-6:
Leistungsmessungen als Grundlage für die Berechnung des Leistungspreises ......................................................................................... 26
Abbildung 2-7:
Verlauf einer Laständerung eines Dampferzeugers ................................... 31
Abbildung 2-8:
Verhalten des elektrischen Wirkungsgrads von Gasturbinenaggregaten............................................................................... 32
Abbildung 2-9:
Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ............ 34
Abbildung 4-1:
Mögliches Ergebnis des Eröffnungsverfahrens bei optimaler Lösung des Bin-Packing-Problems......................................................................... 45
Abbildung 4-2:
Mögliches Ergebnis des Eröffnungsverfahrens bei optimaler Lösung des Bin-Packing-Problems (gleichmäßiges Verteilen von Pausenzeiten) ............................................................................................. 46
Abbildung 4-3:
Zusammenhang zwischen eindimensionalem Bin-Packing-Problem und Pm||Cmax .............................................................................................. 47
Abbildung 4-4:
Ablauf des heuristischen Verfahrens zur Lösung eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen ................................................................................... 49
Abbildung 4-5:
LPT-Algorithmus ....................................................................................... 55
Abbildung 4-6:
Resource Levelling durch Verschieben einzelner Vorgänge..................... 59
Abbildung 4-7:
Verschiebung einzelner Operationen und deren Auswirkung auf den kumulierten Einsatzenergieträgerbedarf .................................................... 60
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 4-8:
Struktur eines Evolutionären Algorithmus ................................................ 67
Abbildung 4-9:
Leistungsfähigkeit von Evolutionären Algorithmen.................................. 68
Abbildung 4-10: Struktur eines Hybriden Evolutionären Algorithmus ................................ 69 Abbildung 4-11: Rekombination durch 1-Punkt Crossover bei binärer Codierung.............. 72 Abbildung 4-12: Pausenaufträge innerhalb eines Maschinenbelegungsplans....................... 73 Abbildung 4-13: Decodierung eines Individuums in einen Maschinenbelegungsplan ......... 74 Abbildung 4-14: Rekombination durch 1-Punkt Crossover bei Permutationscodierung ...... 75 Abbildung 4-15: Typischer Verlauf einer Fitnessfunktion des jeweils besten Individuums einer Generation.................................................................... 76 Abbildung 4-16: Generierung von Individuen der Startpopulation mittels Zufallszahlen.............................................................................................. 76 Abbildung 4-17: Stochastic Universal Sampling (SUS) ....................................................... 83 Abbildung 4-18: Anwendung von OX2 und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge............................................................. 87 Abbildung 4-19: Anwendung von OX und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge............................................................. 89 Abbildung 4-20: Anwendung von PMX und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge............................................................. 91 Abbildung 4-21: Anwendung von Swap Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge.................................... 93 Abbildung 4-22: Anwendung von Insert Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge.................................... 94 Abbildung 4-23: Anwendung von Scramble Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge.................................... 95 Abbildung 4-24: Anwendung von Inversion Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge.................................... 96 Abbildung 4-25: Ablauf des lokalen Suchverfahrens peak-LS ............................................. 99 Abbildung 4-26: Beispiel für den Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS................ 100 Abbildung 5-1:
Struktur eines exemplarischen Produktionssystems aus der Textilveredelung ...................................................................................... 102
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildung 5-2:
Schematischer Aufbau eines (baugleichen) EinflammrohrRauchrohr-Dreizugkessels mit Economiser............................................. 103
Abbildung 5-3:
Zeit-Temperatur-Profil eines Reaktivfärbeverfahrens ............................. 104
Abbildung 5-4:
Einsatzenergieträgerbedarfsprofil eines Produktionsauftrags (Reaktivfärbeverfahren) ........................................................................... 105
Abbildung 5-5:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs des betrachteten Referenzfalls ............................................................................................ 107
Abbildung 5-6:
Vereinfachte Taxonomie konventioneller Simulationsmethoden............ 108
Abbildung 5-7:
Modellübersetzung des betrieblichen Energieversorgungssystems mit der Simulationssoftware eM-Plant........................................................... 109
Abbildung 5-8:
Typisches Konvergenzdiagramm zur Bestimmung des Abbruchkriteriums ................................................................................... 112
Abbildung 5-9:
Typische Konvergenzdiagramme bei Variation der Populationsgröße ... 114
Abbildung 5-10: Typische Konvergenzdiagramme bei Variation des Rekombinationsoperators......................................................................... 115 Abbildung 5-11: Typische Konvergenzdiagramme mit bzw. ohne peak-LS ...................... 116 Abbildung 5-12: Energieorientierter Maschinenbelegungsplan.......................................... 117 Abbildung 5-13: Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs................................. 118 Abbildung 5-14: Zielfunktionswerte bei unterschiedlichen Produktionsprogrammen ....... 119 Abbildung 5-15: Variationskoeffizienten bei unterschiedlichen Produktionsprogrammen.......................................................................... 120 Abbildung 5-16: Arbeitspreis Erdgas und Kohlendioxydemission in einer Planperiode in Abhängigkeit von der Anzahl der Produktionsaufträge....................... 121
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4-1:
Fitnessproportionale Selektion................................................................... 81
Tabelle 5-1:
Spezifikation des HEA zur Bestimmung der Populationsgröße und des Abbruchkriteriums............................................................................. 111
Abkürzungsverzeichnis
CO2
Kohlendioxyd
CPU
Central Processing Unit
CX
Cycle Crossover
EA
Evolutionäre Algorithmen
ER
Edge Recombination
EU-25
Erweiterte Europäischen Union
FIFO
first in - first out
GE
Geldeinheiten
GRLP
General Resource Levelling Problem
HEA
Hybride Evolutionäre Algorithmen
LPT
largest processing time first
LS
lokale Suche
MPX
Maximal Preservative Crossover
MRP II
Manufacturing Resource Planning
MX
Merge Crossover
NP
non-deterministic polynomial
o.B.d.A.
ohne Beschränkung der Allgemeinheit
OX
Order Crossover
OX2
Order Crossover 2
PMX
Partially Mapped Crossover
PPS
Produktionsplanung und -steuerung
PS
populationsbasierte Suche
PX
Position Crossover
RCPSP
Resource Constraint Project Scheduling Problem
SA
Simulated Annealing
XX
Abkürzungsverzeichnis
SUS
Stochastic Universal Sampling
TS
Tabu Search
TSP
Travelling Salesman Problem
UPN
Umwandlungs-, Produktions- und Nebenanlagen
UX
Uniform Crossover
1 1.1
Einleitung Ausgangslage
Eine Analyse der Rahmenbedingungen industrieller Produktionsprozesse zeigt, dass diese einerseits aufgrund einer verschärften Wettbewerbssituation innerhalb der globalen Märkte durch einen starken Druck zur Kostenreduktion geprägt sind. Andererseits ist aber gerade bei energieintensiven Industrien1 im Bereich der betrieblichen Energieversorgung eine Steigerung der dort anfallenden Kosten für eingesetzte Endenergieträger2 zu beobachten. Diese sind im Wesentlichen auf einen Anstieg der Rohstoffpreise für Primärenergieträger auf den internationalen Märkten zurückzuführen. So liegt etwa bei den Preisen für Rohöl ein Anstieg von ca. 11 USD je Barrel (Stand Sept. 1998) auf Spitzenpreise von bis zu 70 USD je Barrel (Stand Sept. 2005) vor. Seit der Liberalisierung der Energiemärkte Ende der neunziger Jahre beziehen sich Bemühungen unternehmerischen Handelns vorrangig auf die Verhandlung von Bezugspreisen für die eingesetzten Endenergieträger, wobei diese Kostensenkungspotentiale weitgehend ausgeschöpft sind [vgl. International Energy Agency 1999, Bonneschky 2002, S.1f]. Dementsprechend kann die Zielsetzung möglichst geringer Kosten für die eingesetzten Endenergieträger primär durch einen effizienten Einsatz der Endenergieträger realisiert werden. Neben dieser angeführten (ökonomischen) Zielsetzung3 sind auch gesteigerte Anforderungen des Umweltschutzes im Bereich der betrieblichen Energieversorgung zu berücksichtigen, die aus der Umsetzung des Kyoto-Protokolls resultieren [vgl. etwa Oberthür/Ott 2002]. Durch das Kyoto-Protokoll soll der globale antropogene Temperaturanstieg mit Hilfe der Einführung verbindlicher Reduktionsmengen für Treibhausgasemissionen (z.B. CO2) vermindert werden. 1
2
3
Zu den energieintensiven Branchen zählen insbesondere die Eisen- und Stahlindustrie, die NichteisenMetallindustrie, die chemische Industrie, die Papierindustrie, die Textilindustrie, die Zement- und Baustofferzeugung, die Glas- und Keramikherstellung und Teile der Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie. Zu den erwarteten Wachstumsraten des Energieverbrauchs in diesen Brachen siehe beispielsweise [European Comission 2003, S. 49ff]. In einer energiewirtschaftlichen Betrachtung lassen sich unterschiedliche Transformationsstufen von Energie unterscheiden. Als Primärenergie wird diejenige Energie bezeichnet, die aus den natürlich vorkommenden Primärenergieträgern (z.B. Rohöl, Kohle, Wasserkraft) zur Verfügung steht. Durch Umwandlung in Kraftwerken wird aus den Primärenergieträgern Endenergie (Sekundärenergie) gewonnen, die Haushalten oder Unternehmen in Form von Endenergieträgern (z.B. elektrischer Strom, Heizöl oder Erdgas) zur Verfügung gestellt wird [vgl. Wohinz/Moor 2004, S. 30]. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe Ziel und Zielvorstellung gleichgesetzt. Zur Festlegung von Zielvorstellungen sind zunächst Zielsetzungen (z.B. Reduktion des Verbrauchs an eingesetzten Endenergieträgern) zu definieren. Durch eine geeignete Operationalisierung ergeben sich daraus entsprechende Zielfunktionen auf Basis entsprechender Zielkriterien (z.B. Kosten), die in Verknüpfung mit einem Entscheidungskriterium (z.B. Extremierung in Form von Maximierung bzw. Minimierung, Satisfizierung, Fixierung [vgl. Kosiol 1968]) als Zielvorstellungen (z.B. Minimierung der Kosten) bezeichnet werden. Mehrere Zielvorstellungen werden dabei in einem Zielsystem zusammengefasst.
2
Einleitung
Innerhalb der Europäischen Union sollen daher im Zeitraum von 2008 bis 2012 insgesamt acht Prozent weniger Treibhausgase emittiert werden als im Vergleich zum Basisjahr 1990. Dabei ist für jeden Mitgliedsstaat die Reduktionsverpflichtung im Rahmen des Lastenausgleichs (Burden Sharing) individuell definiert und beträgt etwa für Deutschland 21 Prozent. Als wesentliches Element der Umsetzung dieser Reduktionsverpflichtung gilt der europaweite Treibhausgasemissionsrechtehandel, der in der ersten Stufe von 2005 bis 2012 in der erweiterten Europäischen Union4 ca. 12.000 energieintensive Unternehmen erfasst. Dazu werden von den einzelnen Staaten Treibhausgasemissionsberechtigungen an die erfassten Unternehmen (auf Basis der Emissionen im Bezugsjahr 1990 mit einem entsprechenden Abschlag) vergeben. Ist die tatsächlich emittierte Menge an Treibhausgasen größer (bzw. kleiner) als die dem Unternehmen zugeteilte Menge an Treibhausgasemissionsberechtigungen, kann die fehlende (bzw. überschüssige) Menge an Treibhausgasemissionsberechtigungen von anderen beteiligten (bzw. an andere beteiligte) Unternehmen zugekauft (bzw. verkauft) werden. Da die Menge an emittierten Treibhausgasemissionen (z.B. CO2) maßgeblich von der Menge an eingesetztem (fossilen) Endenergieträger abhängt, ist die daraus resultierende (umweltschutzorientierte) Zielsetzung der Verringerung von Treibhausgasemissionen komplementär5 mit der (ökonomischen) Zielsetzung.6 Prinzipiell nimmt Energie als Produktionsfaktor im betrieblichen Leistungserstellungsprozess eine besondere Stellung ein, da Energie in jedem industriellen Produktionsprozess eingesetzt wird und dabei kaum bzw. gar nicht durch andere Produktivkräfte (z.B. menschliche Arbeitskraft) ersetzt werden kann (Produktionsfaktor mit peripherer Substitutionalität).7 Zudem ist die Menge der eingesetzten Endenergieträger (z.B. Heizöl, Erdgas oder Strom) zu einem großen Anteil nicht nur von der Ausbringungsmenge an (End-)Produkten abhängig, sondern von der Ausgestaltung des betrieblichen Energieversorgungssystems.8 Abbildung 1-1 beschreibt dazu eine vereinfachte Struktur eines betrieblichen Energieversorgungssystems. Aus dieser wird ersichtlich, dass bei der Bereitstellung der für den Produktionsprozess benötigten 4 5
6
7
8
Die erweiterte Europäischen Union umfasst 25 Mitgliedsstaaten (EU-25). Im Fall komplementärer Zielsetzungen führt eine Erhöhung des Zielerreichungsgrades der einen Zielsetzung gleichzeitig zum selben Effekt bei der anderen Zielsetzung. Zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, die aus der betrieblichen Energieversorgung resultieren, stehen prinzipiell auch Möglichkeiten der Substitution von Energieträgern (z.B. Ersatz von Kohlebefeuerung durch Erdgasbefeuerung) zur Verfügung. Allerdings sind damit oftmals auch höhere Einsatzstoffkosten verbunden. Beispielsweise kann die für die Dampf- oder Heißwassererzeugung eingesetzte Energie nicht durch menschliche Arbeitskraft substituiert werden. Energie zählt somit zu den Produktionsfaktoren mit „peripherer Substitutionalität“ und muss, wenn auch in variabler Menge, zwingend für den Produktionsprozess vorhanden sein. Neben den Produktionsfaktoren mit peripherer Substitutionalität werden solche mit alternativer Substitutionaltiät unterschieden. Diese Produktionsfaktoren können theoretisch gänzlich substituiert werden. Dies trifft etwa für den Faktor Arbeit in Bereichen mit hoher Automatisierung zu [vgl. Nosko 1994]. Im Gegensatz dazu ist die Einsatzmenge (und somit im Wesentlichen auch die dafür anfallenden Kosten) von Rohmaterialien oder Fremdbauteilen größtenteils durch Rezepturen oder Stücklisten vorgegeben und nimmt somit im Allgemeinen linear mit der Ausbringungsmenge an (End-)Produkten zu.
Ausgangslage
3
Nutzenergie mehrere Transformationsschritte erforderlich sein können. Dazu wird zunächst der Endenergieträger (z.B. Erdgas) in einer Umwandlungsanlage (z.B. Dampferzeuger) in Einsatzenergieträger (z.B. Prozessdampf) transformiert. Dieser wird zur Bereitstellung der Nutzenergie (z.B. Prozesswärme für chemische Reaktionen) benötigt.
Endenergieträger Umwandlungsanlage Einsatzenergieträger Produktionsanlagen Nutzenergie
Abbildung 1-1:
Vereinfachte Struktur eines betrieblichen Energieversorgungssystems
Bei der Durchführung von Produktionsaufträgen ist zu beobachten, dass gerade bei auftragsbezogener Produktion (im Bereich der Werkstattfertigung) große Schwankungen in dem für den Produktionsprozess benötigten Nutzenergiebedarf durch die zeitliche Überlagerung der einzelnen Produktionsaufträge auftreten.9 Einerseits verursachen diese Schwankungen zusätzliche Kosten beim Endenergieträgerbezug durch auftretende Spitzenbezugswerte bei leitungsgebundenen Endenergieträgern (z.B. erhöhter Leistungspreis für Spitzenbezugswerte bei Strom bzw. Erdgas10). Andererseits erhöht sich der mengenmäßige Einsatz an Endenergieträger durch eine ineffiziente Fahrweise der Anlagen zur Energieumwandlung (z.B. Fahrweise von Dampfkesseln in Grund- bzw. Spitzenlastbereichen, ständige Schaltvorgänge der Steuerund Regelungstechnik von Feuerungsanlagen, Fahrweise in ineffizienten Wirkungsgradbereichen). Die beobachteten Schwankungen in dem für den Produktionsprozess benötigten Nutzenergiebedarf führen somit zu erhöhten Kosten der eingesetzten Endenergieträger. Die dadurch verursachten (erhöhten) Kosten für Endenergieträger können in einem Unternehmen maßgeblich durch technische und organisatorische Maßnahmen beeinflusst werden. Bisherige Ansätze zielen dabei oftmals auf folgende Maßnahmen ab: 9
10
Im Extremfall ist in der betrieblichen Praxis zu beobachten, dass durch ungünstige Überlagerungen der Produktionsaufträge zeitweise gar keine Nutzenergie nachgefragt wird. Durch technische Restriktionen können die Energieumwandlungsanlagen jedoch oftmals nicht abgeschaltet werden (z.B. Grundlast von Kesselanlagen). Dadurch müssen Einsatzenergieträger (z.B. Prozessdampf) ungenutzt an die Umgebung abgegeben werden. Zur genaueren Übersicht über die Preisgestaltung bei leitungsgebundenen Energieträgern siehe Abschnitt 2.2.2.1.
4
Einleitung
Anpassung der eingesetzten Anlagen zur Energieumwandlung an die schwankenden Nutzenergiebedarfe als technische Maßnahme Einsatz von Lastmanagement als organisatorische Maßnahme, das durch entsprechendes Zu- und Abschalten von Nebenanlagen auf die schwankenden Nutzenergiebedarfe reagiert
Die durch technische Maßnahmen realisierbaren Effizienzsteigerungen sind in vielen Unternehmen bereits ausgeschöpft oder nur durch hohe Investitionen realisierbar (z.B. Einsatz neuer Brennertechnologien bei Kesselanlagen mit besseren Wirkungsgraden). Die organisatorische Maßnahme des Lastmanagements adressiert nur das Spitzenlastproblem bei leitungsgebundenen Energieträgern (Verstetigung des Endenergieträgerbedarfs z.B. durch temporäres Abschalten von elektrischen Druckluftkompressoren bei Lastspitzen des Stromverbrauchs). Dies ist einerseits nur in begrenztem Umfang möglich und führt andererseits zu keiner Reduktion des mengenmäßigen Einsatzes an Endenergieträger. Da bei der bisherigen Produktionsplanung11 im Allgemeinen keine Informationen über die Nutzenergiebedarfe der Produktionsaufträge berücksichtigt werden, weisen die vorgestellten Maßnahmen eher reaktiven Charakter auf. Somit erfolgt keine Beeinflussung schwankender Nutzenergiebedarfe (als Ursache für erhöhte Kosten der eingesetzten Endenergieträger), sondern es wird lediglich versucht, deren Auswirkungen abzumildern. Eine neuere Forschungsarbeit [Bonneschky 2002] weist in diesem Kontext hingegen darauf hin, dass alle Informationen über die Nutzenergiebedarfe der Produktionsaufträge bereits vor der Produktionsdurchführung zu berücksichtigen sind. Die daraus resultierende organisatorische Maßnahme besteht darin, diese Informationen in die Produktionsplanung eines Unternehmens aufzunehmen, um die zeitliche Überlagerung der einzelnen Produktionsaufträge (als Ursache für erhöhte Kosten der eingesetzten Endenergieträger) geeignet zu beeinflussen. Aufgrund der erforderlichen, hohen zeitlichen Auflösung bei der Planung des Einsatzes an Nutzenergie lässt sich diese Anforderung durch eine adäquate energieorientierte Maschinenbelegungsplanung im Rahmen der Produktionsplanung realisieren. In der Literatur finden sich zu den unterschiedlichsten Maschinenbelegungsproblemen, die sich prinzipiell hinsichtlich der eingesetzten Maschinenumgebung, der Struktur der Produktionsaufträge sowie dem eingesetzten Zielsystem unterscheiden lassen, entsprechende Lösungsansätze [eine Übersicht findet sich etwa bei BáaĪewicz et al. 2001, Brucker 2001, Brucker et al. 1999 Pindeo 2002 bzw. Pinedo 2005]. Für die in einer Werkstattfertigung oftmals
11
Planung kann in diesem Kontext ganz allgemein als „geistige Vorwegnahme zukünftiger Ereignisse“ definiert werden. Zur Definition des Begriffs der Produktionsplanung vgl. Abschnitt 2.1.1.
Problemstellung
5
vorherrschende Maschinenumgebung mit identischen parallelen Maschinen in energieintensiven Industrien (z.B. Textilveredelung, Batch Produktion in der Feinchemie bzw. Lebensmittelindustrie) existiert jedoch kein Lösungsansatz, der energieorientierte Aspekte berücksichtigt. Demnach soll in der vorliegenden Arbeit ein adäquates Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen12 entwickelt werden.
1.2
Problemstellung
Gegenstand der Arbeit ist die Entwicklung eines Konzepts einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung. Dabei soll vor allem ein Beitrag zur Erweiterung von Produktionsplanungssystemen um energieorientierte Aspekte geleistet werden. Ziel ist es, insbesondere durch die Einbeziehung der vor der Durchführung eines Produktionsauftrags vorliegenden Informationen über dessen Nutzenergiebedarf, eine effizientere Nutzung der Endenergieträger und somit einerseits eine entsprechende Kosteneinsparung zu erreichen. Andererseits wird dadurch eine entsprechende Reduktion von Treibhausgasemissionen beim Einsatz von fossilen Endenergieträgern erreicht. Wesentliche Aufgabe der Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung ist es, den einzelnen Produktionsaufträgen eine konkrete Maschine und ein Zeitintervall zur Ausführung zuzuweisen [vgl. Drexl et al. 1994]. Für den Fall zu- bzw. abschaltbarer Maschinen muss zudem entschieden werden, wie viele Maschinen in Betrieb genommen werden. Die Durchführung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung im Rahmen eines derartigen Konzepts soll dabei in einer Weise erfolgen, die zu einer optimalen Ausprägung des Zielsystems führt. Prinzipiell ist dabei die Reduktion entscheidungsrelevanter Kosten anzustreben. Die Umsetzung dieser Zielsetzung erfolgt im Rahmen von (konventionellen) Maschinenbelegungsproblemen meist auf Basis von Ersatzzielen (z.B. Gewährleistung einer möglichst hohen Auslastung der Produktionsanlagen) [vgl. etwa Corsten 2000, S. 493]. Dabei wird jedoch die Zielsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung im Allgemeinen nicht adressiert (möglichst geringe Kosten für die eingesetzten Endenergieträger). Die Umsetzung einer zusätzlichen energieorientierten Zielsetzung erfordert entsprechendes Wissen über die Wirkungszusammenhänge eines betrieblichen Energieversorgungssystems (vgl. Abbildung 1-1). Dies betrifft einerseits die zeitlichen Überlagerungen der Nutzenergiebedarfe der Produktionsaufträge, die durch die Maschinenbelegungsplanung determiniert werden. 12
Dabei werden keine Intensitätssteuerung der Maschinen, keine reihenfolgeabhängigen (Rüst-)Kosten, keine Reihenfolgebeziehungen der Produktionsaufträge, keine Unterbrechbarkeit der Produktionsaufträge, jedoch zu- bzw. abschaltbare Maschinen berücksichtigt.
6
Einleitung
Andererseits müssen die Auswirkungen dieser zeitlichen Überlagerungen auf den Endenergieträgerbedarf des gesamten Produktionssystems (bzw. den daraus resultierenden Kosten) berücksichtigt werden. Dabei ist im Allgemeinen kein einfacher funktionaler Zusammenhang zwischen den Nutzenergiebedarfen der Produktionsaufträge und den Endenergieträgerbedarfen des Produktionssystems zu identifizieren. Dies ist insbesondere auf die unterschiedlichen technischen Ausgestaltungen der am Energieumwandlungsprozess beteiligten Anlagen zurückzuführen. Die Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung erfordert einen geeigneten Lösungsansatz des entsprechenden Optimierungsproblems. Prinzipiell können Lösungsansätze für Maschinenbelegungsprobleme (wie bei allen Optimierungsproblemen) auf Basis von optimierenden (z.B. Branch-and-Bound-Verfahren) oder heuristischen (z.B. Evolutionäre Algorithmen) Verfahren konstruiert werden. Mit steigender Komplexität sind dabei heuristische Verfahren zu bevorzugen, wobei sich die Komplexität eines Maschinenbelegungsproblems (mit identischen parallelen Maschinen) bereits bei geringfügigen Änderungen der Problemstruktur stark verändern kann. So ist etwa ein Maschinenbelegungsproblem mit identischen parallelen Maschinen, bei dem die Zykluszeit minimiert werden soll und die Unterbrechbarkeit der Produktionsaufträge zulässig ist, exakt lösbar [vgl. etwa BáaĪewicz et al. 2001, S. 142ff]. Ist die Unterbrechbarkeit der Produktionsaufträge jedoch nicht zulässig, handelt es sich um ein streng NP-hartes Optimierungsproblem, für das bis heute nur für sehr kleine Probleminstanzen exakte Lösungen mit vertretbarem Rechenaufwand bestimmt werden können [vgl. etwa BáaĪewicz et al. 2001, S. 137ff]. Die vorliegende Problemstellung stellt eine Erweiterung des Zielsystems eines (konventionellen) Maschinenbelegungsproblems mit identischen parallelen Maschinen um eine energieorientierte Zielsetzung (möglichst geringe Kosten für die eingesetzten Endenergieträger) dar. Da bereits das (konventionelle) Maschinenbelegungsproblem zu den streng NP-harten Optimierungsproblemen zählt und die energieorientierte Zielsetzung im Allgemeinen nicht adressiert, kann kein in der Literatur dafür vorgeschlagener Lösungsansatz einfach übertragen werden. Dementsprechend sind geeignete (heuristische) Methoden zur Lösung des vorliegenden Maschinenbelegungsproblems zu entwickeln. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das zu entwickelnde Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung mit identischen parallelen Maschinen sowohl die Berücksichtigung energieorientierter Zielsetzungen als auch die Entwicklung geeigneter (heuristischer) Methoden zur Umsetzung des entsprechenden Entscheidungsmodells umfassen muss.
Lösungsweg
1.3
7
Lösungsweg
Der Gang der Arbeit lässt sich prinzipiell in zwei Abschnitte untergliedern. Zunächst werden Modelle und Verfahren zur Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung mit identischen parallelen Maschinen entwickelt. Anschließend werden diese Methoden anhand eines realen Produktionssystems evaluiert. Die Entwicklungsphase umfasst dabei folgende Schritte:
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Die Konzeption umfasst in einem ersten Schritt die Spezifikation eines Anforderungsprofils. Dabei werden zunächst die Aufgaben einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung im Rahmen eines hierarchischen kapazitätsorientierten Systems zur operativen Produktionsplanung- und -steuerung analysiert. Darauf aufbauend werden entsprechende Zielsetzungen formuliert, die im Weiteren zu präzisieren sind. Dazu ist eine entsprechende Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise erforderlich. Auf Basis der daraus abgeleiteten Wirkungszusammenhänge werden die Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung formuliert. Zur Konkretisierung des Konzepts erfolgt zunächst eine Klassifikation des vorliegenden Maschinenbelegungsproblems auf Grundlage eines allgemeinen Klassifikationsschemas für deterministische Maschinenbelegungsprobleme. Daran schließt sich die Formulierung des Entscheidungsmodells einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung auf Basis binärer Variablen an. Die Umsetzung des Konzepts umfasst die Analyse und den Entwurf von Methoden zur Lösung des formulierten Entscheidungsmodells auf Basis eines heuristischen Lösungsansatzes. Dieser basiert auf einer Zerlegung der Problemstellung in ein Eröffnungsverfahren (Festlegung der Zuordnung von Produktionsaufträgen zu belegbaren Maschinen) und ein Verbesserungsverfahren (Festlegung der Startzeiten einzelner Produktionsaufträge), die daraufhin formuliert werden. Zur Lösung des Eröffnungsverfahrens können bestehende Verfahren aus der Literatur direkt angewendet werden. Zur Lösung des Verbesserungsverfahrens ist dies jedoch nicht möglich, da sich aufgrund der Berücksichtigung energieorientierter Aspekte bestehende Verfahren aus der Literatur nicht einfach adaptieren lassen. Deshalb wird nachfolgend ein heuristischer Lösungsansatz auf Basis Evolutionärer Algorithmen entwickelt. Dieser
8
Einleitung
wird durch die Einbeziehung von problemspezifischem Wissen in Form des lokalen Suchverfahrens peak-LS an die vorliegende Problemstellung angepasst, wodurch ein Hybrider Evolutionärer Algorithmus entsteht. Ziel einer sich anschließenden Evaluationsphase ist die Übertragung, Adaption und Abschätzung von Potentialen des entwickelten Konzepts und dessen Methoden. Dies geschieht anhand eines realen Beispiels aus dem Bereich der Textilindustrie.
2
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Der Entwurf einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen erfordert zunächst die Spezifikation des Anforderungsprofils. Dieses umfasst die Spezifikation der Aufgaben und Zielsetzungen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung. Darauf aufbauend kann das Zielsystem auf Basis der Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise präzisiert werden.
2.1
Spezifikation des Anforderungsprofils
2.1.1
Aufgaben einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung
Die Hauptaufgabe der operativen Produktionsplanung und -steuerung13 besteht darin, die Leistungspotentiale auszuschöpfen, die durch vorangegangene Entscheidungen bezüglich der Gestaltung der Infrastruktur des Produktionssystems (z.B. Standort, Layout der Produktionsanlagen) auf einer strategischen bzw. taktischen Planungsebene vorgegeben worden sind [vgl. Günther/Tempelmeier 2005, S. 139]. Die dabei eingesetzten, computergestützten Systeme zur Umsetzung dieser kurzfristigen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben14 bei gegebenen Produktionskapazitäten werden als Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme (PPSSysteme) bezeichnet [vgl. Drexl et al. 1994, S. 1022]. Innerhalb eines hierarchischen kapazitätsorientierten Systems zur operativen Produktionsplanung und -steuerung15, wie es von [Drexl et al. 1994] vorgeschlagen wird, können generell vier Planungsebenen unterschieden werden (vgl. Abbildung 2-1):
13
14
15
Unter Produktionsplanung und -steuerung versteht man „die räumliche, zeitliche und mengenmäßige Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Geschehens im Produktionsbereich“ [vgl. Drexl et al. 1994]. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe der Produktionsplanung und -steuerung und Produktionsmanagement gleichgesetzt. Generell können die Planungsaufgaben innerhalb der Produktionsplanung hinsichtlich ihrer Reichweite (Fristigkeit) und Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen in eine strategische, taktische und operative Ebene eingeteilt werden. Nähere Beschreibungen der strategischen bzw. taktischen Planungsebene finden sich etwa bei [Günther/Tempelmeier 2005, S. 27]. Es werden teilweise auch mittelfristige Planungsaufgaben mit einem Planungshorizont von mehreren Monaten von PPS-Systemen übernommen. Wie in der Literatur beschrieben, weisen PPS-Systeme, die auf einem Sukzessivplanungskonzept (z.B. Manufacturing Resource Planing MRP II) aufbauen, gravierende Schwächen auf [vgl. etwa Fleischmann 1988]. Innerhalb dieser Arbeit wird daher von einem kapazitätsorientierten hierarchischen PPS-Konzept ausgegangen.
10
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Planungsergebnis
unternehmensweiter, mittelfristiger Produktionsplan
Aggregierte Gesamtplanung
Hierarchische Integration
Kapazitätsorientierte PPS-Systeme
Einzelfertigung
Werkstattfertigung
Produktionszentren
Fließfertigung
JITOrganisation
kapazitiertes Hauptproduktionsprogramm
dezentrale Produktionsprogramme
detaillierte Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung
Losgrößen und Fertigstellungstermine
segmentspezifische Feinplanung
Maschinenbelegungsplan
…
Real-TimeSteuerung
Vernetzte Produktionssegmente
Abbildung 2-1:
Kapazitätsorientiertes hierarchisches PPS-Konzept [vgl. Drexl et al. 1994, S. 1030]
aggregierte Gesamtplanung Die Aufgabe der aggregierten Gesamtplanung ist es, einen unternehmensweiten, mittelfristigen Produktionsplan aufzustellen, der das gesamte Produktspektrum (in Form von Produkttypen16) eines Unternehmens in aggregierter Form abdeckt und die Produktionsmengen der einzelnen Produktionsstandorte bzw. die daraus resultierenden Transportströme koordiniert. Das Ergebnis dieser Planung sind Produktionsvorgaben
16
Ein Produkttyp ist eine Menge von Produkten mit ähnlicher Kosten- und Nachfragestruktur sowie einem ähnlichen Produktionsprozess.
Spezifikation des Anforderungsprofils
11
je Produktionsstätte und Produkttyp, die unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Produktionskapazitäten (Anlagen- und Personalkapazitäten) 17 erstellt werden. Der Planungshorizont für die aggregierte Gesamtplanung beträgt etwa ein bis zwei Jahre.
kapazitierte Hauptproduktionsprogrammplanung Die Aufgabe der kapazitierten Hauptproduktionsprogrammplanung ist es, für die einzelnen Produktionssegmente18 einer Produktionsstätte dezentrale Produktionsprogramme unter Berücksichtigung der dort zur Verfügung stehenden Kapazitäten19 zu erstellen und diese Produktionsprogramme über die einzelnen Produktionssegmente einer Produktionsstätte zu koordinieren. Dieses dezentrale Produktionsprogramm besteht aus Produktionsaufträgen (für Hauptprodukte und Hauptvorprodukte) für die einzelnen Produktionssegmente innerhalb einer Produktionsstätte und Eckterminen für die Übergabe der Produktionsaufträge zum nächsten Produktionssegment. Der Planungshorizont für die kapazitierte Hauptproduktionsprogrammplanung beträgt etwa 3 bis 12 Monate, wobei eine Planungsgenauigkeit von etwa einer Woche zur Anwendung kommt.
detaillierte Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung Die detaillierte Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung ist die erste dezentral durchzuführende Planungsebene. Dabei sind bei der Ausgestaltung im Besonderen die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Produktionssegments zu berücksichtigen. Die Aufgabe dieser Planungsebene im Bereich der Werkstattfertigung ist die gemeinsame Planung von Losgrößen und Fertigstellungsterminen mit einer detaillierten, arbeitsganggenauen Berücksichtigung aller Produktionskapazitäten (z.B. Mitarbeiter, Maschinen, Werkzeuge). Das Ergebnis dieser Planung sind periodengenau terminierte Produktionsaufträge für alle Vor- und Endprodukte, die auf den jeweiligen Ressourcen (Maschinen) bzw. Ressourcengruppen (Maschinengruppen) der einzelnen Werk-
17
18
19
Dabei können zur Überwindung von (temporären) Kapazitätsengpässen auch Maßnahmen wie etwa Fremdvergabe von Produktionsaufträgen, Vorausproduktion und Aufbau von Beständen oder Flexibilisierung der Arbeitszeiten herangezogen werden. Nach der Ausgestaltung der in einem Produktionssystem vorherrschenden Organisationsprinzipien können einzelne Produktionssegmente unterschieden werden (z.B. Einzelproduktion, Werkstattfertigung, Produktionszentren, Fließproduktion oder Just-In-Time Organisation). Hierbei sind Anpassungen der Kapazität an die Belastung beispielsweise über geeignete Arbeitzeitmodelle oder Vorausproduktion und Lagerung denkbar.
12
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
stätten20 ausgeführt werden. Sollten dabei die Ecktermine der vorangegangenen Planungsebene nicht eingehalten werden können, kann entweder eine Rückkopplung zu dieser Planungsebene oder eine direkte Abstimmung zwischen den beteiligten Produktionssegmenten erfolgen. Der Planungshorizont für die detaillierte Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung beträgt etwa 4 bis 12 Wochen, wobei eine Planungsgenauigkeit von einem Tag bzw. einer Schicht zur Anwendung kommt.
segmentspezifische Feinplanung und Steuerung Die segmentspezifische Feinplanung und -steuerung bildet die Schnittstelle zwischen der Produktionsplanung und der Produktionsdurchführung. Wesentliche Aufgabe der Feinplanung im Rahmen der Werkstattfertigung ist es, für die den einzelnen Maschinen bzw. Maschinengruppen für eine Periode (z.B. ein Tag bzw. eine Schicht) zugeordneten arbeitsganggenauen Produktionsaufträgen eine konkrete Ressource (im Fall mehrerer Maschinen) und ein Zeitintervall zur Ausführung zuzuweisen (Maschinenbelegungsplanung). Daran schließt sich die Steuerung an, durch welche die Durchführung der Produktion (innerhalb des Rahmens, der durch die Feinplanung gegeben ist) veranlasst wird. Wesentliche Aufgaben dabei sind die Bereitstellung von Informationen für die vorangegangenen Planungsebenen und die Veranlassung von Maßnahmen zur Beseitigung von Störungen. Der Planungshorizont für die Feinplanung beträgt etwa einen Tag bzw. eine Schicht, wobei eine Planungsgenauigkeit auf Stundenbzw. Minutenbasis zur Anwendung kommt.
Nach dem von [Geselle 1997, S. 41ff] beschriebenen hierarchischen Ansatz der Produktionsplanung und -steuerung für die Werkstattfertigung werden bereits auf der Ebene der Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung die zur Ausführung der Produktionsaufträge notwendigen Maschinen detailliert mit in die Planung21 einbezogen. Demnach werden im Allgemeinen an die Maschinenbelegungsplanung22 nur so viele Produktionsaufträge für eine Periode weitergegeben, für die auch die zur Ausführung notwendigen Maschinen zur Verfügung stehen. Im Bezug auf die Feinplanung bedeutet dies eine wesentliche Vereinfachung, da lediglich darauf zu achten ist, dass die Start- und Endzeitpunkte der Produktionsaufträge innerhalb der hierfür 20
21
22
In den Werkstätten sind Ressourcen bzw. Ressourcengruppen (z.B. Produktionsanlagen) nach dem Funktionsprinzip angeordnet. Dies bedeutet, dass Ressourcen bzw. Ressourcengruppen mit gleichartigen Funktionen (z.B. Färbeaggregate) räumlich und organisatorisch zusammengefasst werden. Dabei ist ein sog. Resource-Constraint-Project-Scheduling-Problem [vgl. etwa Domschke/Drexl 2002, Neumann et al. 2003, Schwindt 2005] zu lösen. In dem von [Geselle 1997] beschriebenen Ansatz erfolgt keine Trennung zwischen Ressourceneinsatzplanung und Feinplanung. Dort werden die Aufgaben der Feinplanung durch die Ressourceneinsatzplanung abgedeckt. Dies wird durch die geringe Bedeutung der Ebene der Feinplanung begründet. Für die vorliegende Arbeit ist diese Zusammenfassung der beiden Planungsebenen nicht sinnvoll, da auf der Ebene der Feinplanung wichtige Aspekte zur effizienten Ausnutzung der eingesetzten Endenergieträger berücksichtigt werden.
Spezifikation des Anforderungsprofils
13
vorgesehenen Periodengrenzen liegen. Bei der Planung der Maschinenbelegung bei Werkstattfertigung werden demnach stunden- bzw. minutengenaue Maschinenbelegungspläne erstellt, wobei im Wesentlichen die Sicherstellung der Durchführung aller dem Produktionssystem zugewiesenen Produktionsaufträge im Vordergrund steht [vgl. Geselle 1997, S. 114ff]. Bei der zusätzlichen Berücksichtigung energieorientierter Aspekte ist gerade die hohe zeitliche Auflösung (Minutenbasis) im Rahmen der Maschinenbelegungsplanung erforderlich. Einerseits ist dies durch die spezifische Preisgestaltung bei leitungsgebundenen Endenergieträgern begründet. So werden etwa die Leistungspreise für leitungsgebundene Energieträger23 auf Grundlage von viertelstündlichen Messungen erhoben. Andererseits basiert die Steuerung und Regelung von Energieumwandlungsanlagen (z.B. Dampferzeuger) auf kontinuierlichen Messungen des Energieabrufs. Demnach erscheint eine effiziente Nutzug der Endenergieträger durch eine geeignete Maschinenbelegungsplanung im Rahmen der Feinplanung Erfolg versprechend. Zudem kann der Planungsaufwand einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung auf einzelne Werkstätten beschränkt werden, die einen entsprechend hohen Anteil am Gesamtenergieverbrauch (z.B. die Färberei bei Textilveredelungsbetrieben) haben. Dabei ist eine Unterstützung der Planungsaktivitäten auf der Ebene der Feinplanung durch eine Berücksichtigung der Kapazität des betrieblichen Energieversorgungssystems auf vorangegangenen Planungsebenen unbedingt notwendig. Diese Voraussetzung kann durch eine (einfache) Erweiterung der Kapazitätsrestriktionen um die Kapazität des betrieblichen Energieversorgungssystems erreicht werden.
2.1.2
Zielsetzungen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung
Die Zielsetzung einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung ist die Reduktion der entscheidungsrelevanten Kosten. Allerdings ist es in der Regel auf dieser Planungsebene nicht möglich, den vollen Umfang der Kostenwirkung einer Änderung des Maschinenbelegungsplans zu quantifizieren. Daher erfolgt eine Substitution der Zielsetzung der Reduktion der entscheidungsrelevanten Kosten durch entsprechende Ersatzziele. In diesem Zusammenhang oft genannte Ersatzziele betreffen etwa [vgl. etwa Corsten 2000, S. 493]:
23
Gewährleistung einer hohen Termintreue Gewährleistung niedriger Bestände in der Produktion
Vergleiche dazu Abschnitt 2.2.2.1.
14
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Gewährleistung kurzer Durchlaufzeiten Gewährleistung einer niedrigen Anzahl an belegten Maschinen (Auslastung)24
In Rahmen eines hierarchischen kapazitätsorientierten Systems zur operativen Produktionsplanung und -steuerung können diese Ersatzziele durch die Maschinenbelegungsplanung nur noch in sehr geringem Umfang beeinflusst werden. Gelingt es in der vorangegangenen Planungsebene (insbesondere bei der Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung), zulässige Produktionspläne zu erzeugen, sinkt die Bedeutung der Feinplanung im Bezug auf die Erreichung dieser Ersatzziele [vgl. Günther/Tempelmeier 2005, S. 227]. In diesem Fall ist insbesondere der Grad der Erreichung einer hohen Termintreue, niedriger Bestände und kurzer Durchlaufzeiten weitgehend durch die Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung determiniert, wenn die Durchführung aller dem Produktionssystem zugewiesenen Produktionsaufträge bei der Feinplanung und Steuerung sichergestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund können bei der Ausführung der Produktionsaufträge in einer Werkstatt mit mehreren identischen Maschinen (Ressourcen) somit maßgeblich nur Kosten, die im Zusammenhang mit der Anzahl der belegten Maschinen stehen, beeinflusst werden. Zu diesen Kosten zählen etwa:
Kosten für die Inbetriebnahme zu Beginn eines Tages bzw. einer Schicht Kosten für die Reinigung am Ende eines Tages bzw. einer Schicht Kosten für die Betreuung bzw. Überwachung der Anlagen Kosten für Leerzeiten auf in Betrieb genommenen Anlagen
Demnach wird im Allgemeinen bei einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung im Rahmen eines hierarchischen kapazitätsorientierten Systems zur operativen Produktionsplanung und -steuerung eine möglichst geringe Anzahl an belegten Maschinen anzustreben sein. Die Zielsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung ist es, zusätzlich durch die Produktion entstehenden entscheidungsrelevanten Energiekosten auf der Ebene Feinplanung zu reduzieren. Generell betreffen die Energiekosten alle Kostenfaktoren, innerhalb des Unternehmens anfallen und in einem ursächlichen Zusammenhang mit
24
die der die der
In einem hierarchischen kapazitätsorientierten Produktionsplanungs- und -steuerungssystem wird im Rahmen der Maschinenbelegungsplanung eine fest vorgegebene Menge an Produktionsaufträgen auf den bestehenden Maschinen zur Ausführung verteilt. Daher kann die Auslastung der Werkstatt nicht mehr verändert werden, sondern nur noch die Auslastung der einzelnen Maschinen.
Präzisierung des Zielsystems
15
betrieblichen Energieversorgung stehen.25 Durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung können allerdings im Wesentlichen nur die Kosten für die zugekauften Endenergieträger (z.B. Kohle, Erdölprodukte, Gas, elektrischer Strom) beeinflusst werden. Alle weiteren Kosten, die zu den betrieblichen Energiekosten gezählt werden, können hingegen durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung nicht oder nur in sehr geringem Umfang beeinflusst werden. Beispiele hierfür sind etwa Kosten für Abschreibungen, Zinsen, Versicherungen sowie Personal eines betrieblichen Energieversorgungssystems. Somit soll durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung die gewünschte, vorgegebene Ausbringungsmenge an (Vor-)Produkten mit möglichst geringen Kosten für die eingesetzten Endenergieträger realisiert werden. Allerdings ist eine direkte Quantifizierung der durch die Veränderung eines Maschinenbelegungsplans verursachten Kostenänderung im Allgemeinen nicht möglich. Somit muss nachfolgend ein entsprechendes Zielsystem für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen präzisiert werden.
2.2
Präzisierung des Zielsystems
Ausgangspunkt für die Präzisierung des Zielsystems ist die mengenmäßige Abbildung der energetischen Flüsse innerhalb eines betrieblichen Energieversorgungssystems. Daher erfolgt zunächst eine Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise. Darauf aufbauend können die Wirkungszusammenhänge zwischen der mengenmäßigen Erfassung der energetischen Flüsse und den Determinanten für die entsprechende Höhe der Kosten der eingesetzten Endenergieträger untersucht werden. Dabei sind in besonderer Weise die Preisgestaltung für die eingesetzten Endenergieträger und die technischen Konfigurationen von Anlagen zur Energieumwandlung zu berücksichtigen. Auf Basis dieser Wirkungszusammenhänge können entsprechende Ziele für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen formuliert werden.
25
Diese Betrachtungsweise erfasst unter den Energiekosten also nicht nur die Kosten für die eingesetzten Endenergieträger, sondern berücksichtigt auch weitere Kosten wie etwa für Abschreibungen, Zinsen, Versicherungen sowie Personal. Diese Ausweitung des Energiekostenbegriffs ist grundlegend auf die Arbeiten von [Mueller 1970] zurückzuführen.
16
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
2.2.1
Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise
2.2.1.1 Energiebedarf des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses Der Bedarf an Energie im betrieblichen Leistungserstellungsprozess ist immer eine Form der Nutzenergie [vgl. Wohinz/Moor 2004, S. 32]. Dieser Bedarf an Nutzenergie tritt einerseits direkt im Produktionsprozess in Form von
Prozesswärme (z.B. für Kocher, Trockner, Vulkanisieranlagen, Reaktoren), mechanischer Energie (z.B. für Rührwerke, Walzen, Pressen, Antriebe), Nutzelektrizität (z.B. für Elektrolyse, Galvanik)
oder indirekt zum Betrieb diverser Hilfseinrichtungen in Form von
Heizwärme (z.B. für Raumheizung, Klimatisierung), mechanischer Energie (z.B. für Lüftungsanlagen, Transporteinrichtungen), Nutzelektrizität (z.B. für Signaleinrichtungen, EDV-Anlagen), Beleuchtungsenergie (z.B. Licht)
auf. Allerdings unterscheidet sich dieser Bedarf an Nutzenergie vom Bedarf an anderen Produktionsfaktoren in der Form, dass die Nutzenergie nicht unmittelbar am Markt gehandelt werden kann. Somit erfolgt die Deckung des Nutzenergiebedarfs am Ort und im Augenblick des Bedarfs durch den Einsatz vom am Markt zugekauften Wirtschaftsgut Endenergieträger (z.B. Kohle, Erdölprodukte, Gas, elektrischer Strom) [vgl. Wohinz/Moor 2004, S. 33]. Dabei kann die Umwandlung der Endenergieträger in Nutzenergie innerhalb eines betrieblichen Energieversorgungssystems auch mehrere Stufen umfassen. Alle zur Umwandlung der eingesetzten Endenergieträger notwendigen Anlagen eines betrieblichen Energieversorgungssystems können nach [Schieferdecker 1999] einer der drei folgenden Klassen zugeordnet werden:
(U) Umwandlungsanlagen (P) Produktionsanlagen (N) Nebenanlagen
Durch die Verbindungen der Elemente dieser Klassen können alle energetischen Flüsse innerhalb eines Unternehmens dargestellt werden (vgl. Abbildung 2-2). Somit können sowohl technische als auch ökonomische Zusammenhänge eines betrieblichen Energieversorgungssystems aufgezeigt werden [vgl. Fünfgeld 2000].
Präzisierung des Zielsystems
17
Umwandlungsanlagen26 sind meist zentral aufgestellte Anlagen, in denen die von außen zugeführten Endenergieträger entweder hinsichtlich der Energieträgerart (z.B. Erdgas in Prozessdampf) oder ihrer Qualität (z.B. Transformation der Spannung) für den Einsatz im betrieblichen Leistungserstellungsprozess vorbereitet werden. Die aus dem Umwandlungsprozess entstehenden Energieträger werden in Anlehnung an [Layer/Strebel 1984, S. 648] als Einsatzenergieträger bezeichnet. Zu den Produktionsanlagen zählen meist dezentral betriebene Anlagen, die am Ende der energetischen Umwandlungskette stehen. Bei diesen Anlagen erfolgt, im Gegensatz zu Umwandlungsanlagen, die Nutzung der Energie direkt am Ort der Energieumwandlung. Von besonderer Bedeutung dabei ist, dass die in den Produktionsanlagen eingesetzte Energie sowohl direkt aus den bezogenen Endenergieträgern (z.B. elektrischer Strom) als auch aus vorher in Umwandlungsanlagen transformierten Einsatzenergieträgern (z.B. Prozessdampf) stammen kann. Für die nachfolgenden Betrachtungen ist es daher zweckmäßig, neben dem Nutzenergiebedarf die dafür benötigten Bedarfe an Endenergieträger und Einsatzenergieträger27 zu unterscheiden. Weiterhin kann die bei der Energieumwandlung innerhalb der Produktionsanlagen entstehende Energie mit geringem Energieniveau (Anfallenergie) einerseits wieder im Produktionsprozess eingesetzt (Wärmerückgewinnung) oder andererseits an die Nebenanlagen weitergeleitet werden. Als Nebenanlagen werden Anlagen bezeichnet, die der Betriebsbereitschaft von Produktionsanlagen (z.B. EDV-Anlagen) oder der Schaffung von geeigneten Arbeitsbedingungen (z.B. Raumheizung) dienen. Auch diesen Anlagen können sowohl Endenergieträger als auch Einsatzenergieträger direkt zugeführt werden.
26
27
Es werden auch die für den Betrieb der Umwandlungsanlagen benötigten Zusatzeinrichtungen (z.B. Filteroder Entsorgungsanlagen) den Umwandlungsanlagen zugerechnet. Im Fall von direkt eingesetzten Endenergieträgern ist der Bedarf an Einsatzenergieträger, abgesehen von äußerst geringen Weiterleitungsverlusten, identisch mit dem Bedarf an Endenergieträgern.
18
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
QEndU QEndP
QST
QEndN
U
QVU
QEinP
QEinP
P
QVP QNP
QAPP
QAPN
QEinN
QEinN
N
QVN QNN
QEndU,EndP,EndN Energiemenge des Endenergieträgers für U bzw. P bzw. N Klasse QEinP, EinN
Energiemenge der Einsatzenergieträger für P bzw. N Klasse
QNP,NN
Energiemenge der Nutzenergie in P bzw. N Klasse
QVU,VP,VN
Energiemenge der Nutzenergieverluste
QST
Energiemenge der mit dem Stoffstrom eingebrachten Energie
QAPP, APN
Energiemenge der Anfallenergie, die in die P bzw. N Klasse (zurück-)geführt wird
Abbildung 2-2:
UPN-Modell betrieblicher Energieversorgungssysteme [in Anlehnung an Schieferdecker 1999]
Auf Basis der UPN-Modellierung sind zunächst die durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung beeinflussbaren Energieflüsse zu identifizieren. Prinzipiell kann davon ausgegangen werden, dass alle Energieflüsse, die in Zusammenhang mit Nebenanlagen (QAPN, QEinN, QVN, QNN) stehen, nicht durch die Maschinenbelegungsplanung beeinflusst werden. So ist etwa die Raumheizung nahezu unabhängig von der Zuordnung der Produktionsaufträge zu einzelnen Produktionsanlagen oder der Reihenfolge der Ausführung. Weiter-
Präzisierung des Zielsystems
19
hin ist die durch den Stofffluss in das Produktionssystem eingebrachte Energie (Enthalpie) nicht durch die Maschinenbelegungsplanung veränderbar und zumeist vernachlässigbar gering (QST). Auch von eher untergeordneter Bedeutung im Rahmen der Maschinenbelegungsplanung sind die Energieflüsse, die in Verbindung mit der Rückgewinnung von Anfallenergie (gestrichelte Pfeile QAPP und QAPN in Abbildung 2-2) stehen. Dies sind größtenteils Flüsse von Prozesswärme mit niedrigem Temperaturniveau, die den Nebenanlagen (z.B. zur Raumheizung) zugeführt werden. Demnach betreffen die durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung beeinflussbaren Energieflüsse die Größen
des Endenergieträgerbedarfs in den Umwandlungs- und Produktionsanlagen (QEndU und QEndP), des Einsatzenergieträgerbedarfs der Produktionsanlagen (QEinP), des Nutzenergiebedarfs an den Produktionsanlagen (QNP) und der Energieverluste an den Umwandlungs- und Produktionsanlagen (QVU und QVP).
Somit kann für die vorliegende Problemstellung das UPN-Modell auf diese relevanten Größen reduziert werden. Zusammenfassend können dadurch zur Ableitung von Ersatzzielen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung die mengenmäßigen Zusammenhänge innerhalb eines Produktionssystems in einem um energiewirtschaftliche Aspekte erweiterten Input-Output-Modell verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 2-3). Dabei wird der Energiefluss der Nutzenergie (QNP) dem (Stoff- und Material-)Fluss des erwünschten Outputs zugerechnet, da die Nutzenergie vollständig für die Herstellung der (Vor-)Produkte verwendet wird.
20
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
QEndU
QEndP
QVU
U Emissionen
QEinP Produktionsfaktoren (Input)
P1
P2
QEinP
QVP
Pm (Vor-)Produkte (Output)
QEndU,EndP
Energiemenge des Endenergieträgers für U bzw. P Klasse
QEinP
Energiemenge des Einsatzenergieträgers für P Klasse
QVU,VP
Energiemenge der Nutzenergieverluste für U bzw. P Klasse Energiefluss Stoff- und Materialfluss
Abbildung 2-3:
Energieorientierte Erweiterung des Input-Output-Modells
Gemäß dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik28 gilt, dass der energetische Output eines Systems gleich groß sein muss wie der energetische Input. Somit lassen sich die energetischen Flüsse innerhalb des erweiterten Input-Outputmodells idealtypisch29 durch folgende Gleichung darstellen: QNP = QEndP + QEndU - QVU - QVP wobei QNP
28
29
Energiemenge der Nutzenergie in P Klasse
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur umgewandelt werden kann. In dieser Betrachtung wird davon ausgegangen, dass die dem System zugeführte Menge an Endenergieträger sofort eingesetzt wird. Eine Speicherung (z.B. in Form von Druckluft) wird dabei nicht berücksichtigt.
Präzisierung des Zielsystems
QEndU, EndP QVP, VU
21
Energiemenge des Endenergieträgers für U bzw. P Klasse Energiemenge der Nutzenergieverluste in U bzw. P Klasse
Daraus wird ersichtlich, dass für einen bestimmten Nutzenergiebedarf eines erwünschten Outputs dem Produktionssystem eine Menge an Endenergieträger zugeführt werden muss, die mit entsprechenden (zu minimierenden) Kosten verbunden ist. Die Menge an Endenergieträger ist sowohl von der Höhe des Nutzenergiebedarfs als auch von der Höhe des Nutzenergieverlusts abhängig. Allerdings existiert im Allgemeinen kein (einfacher) funktionaler Zusammenhang zwischen dem mengenmäßigen Endenergieträgerbedarf und dem mengenmäßigen Nutzenergiebedarf (bzw. Nutzenergieverlust). In diesem Zusammenhang stellt sich zusätzlich als praktisches Problem die Quantifizierung des Bedarfs an Nutzenergie dar [vgl. Wohinz/Moor 2004, S. 151f]. So kann beispielsweise die mechanische Energie, die bei der Bewegung eines Elektromotors freigesetzt wird, kaum mit vertretbarem Aufwand gemessen werden. Ein einfaches Vorgehen zur Lösung dieses Problems besteht in der Betrachtung der Menge der Einsatzenergieträger. Diese sind durch Messungen direkt vor dem Einsatz in den Produktionsanlagen einfach zu quantifizieren (z.B. durch Stromzähler an den Produktionsanlagen). Vor diesem Hintergrund sollen somit zunächst die durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung beeinflussbaren Einsatzenergieträgerbedarfe auf Grundlage von Informationen, die vor der Produktionsdurchführung vorliegen, bestimmt werden. Auf diesem Mengengerüst aufbauend können Determinanten für die Höhe der durch die Maschinenbelegungsplanung beeinflussbaren Kosten des Endenergieeinsatzes abgeleitet werden.
2.2.1.2 Bestimmung des Einsatzenergieträgerbedarfs Durch eine (energieorientierte) Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen werden jedem Produktionsauftrag eine konkrete Maschine und ein Zeitintervall zur Ausführung zugewiesen. Dadurch wird prinzipiell die insgesamt benötigte Menge an Einsatzenergieträger und deren zeitlicher Verlauf beeinflusst. Die insgesamt benötigte Menge an Einsatzenergieträger wird durch die Anzahl der Produktionsaufträge und die dafür notwendigen Maschinen determiniert. Dabei wird nachfolgend davon ausgegangen, dass die Produktionsdurchführung der einzelnen Produktionsaufträge fest vorgegeben ist (z.B. durch Rezepturen, Verfahrensanweisungen). Dadurch ist die Menge an Einsatzenergieträger, die zur Produktionsdurchführung benötigt wird, bereits vor dem Pro-
22
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
duktionsbeginn determiniert. In begrenztem Umfang kann somit nur noch auf den Einsatzenergieträgerbedarf eingewirkt werden, der für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der einzelnen Maschinen notwendig ist (maschinenbezogener Einsatzenergieträgerbedarf). Der zeitliche Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs wird hingegen maßgeblich durch die zeitliche Anordnung der einzelnen Produktionsaufträge bestimmt (auftragsbezogener Einsatzenergieträgerbedarf).
2.2.1.2.1
Maschinenbezogener Einsatzenergieträgerbedarf
Zu dem maschinenbezogenen Einsatzenergieträgerbedarf können einerseits alle Einsatzenergieträgerbedarfe eines instationären Betriebszustands einer Maschine gezählt werden, zu denen insbesondere das Anfahren oder Abschalten einer Maschine gehören.30 Andererseits betreffen die maschinenbezogenen Einsatzenergieträgerbedarfe die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft einer Anlage (heiße Redundanz). In diesem Zusammenhang sind insbesondere Nutzenergiebedarfe zu berücksichtigen, die zur Überbrückung von Leerlaufzeiten einer Maschine aufgewendet werden müssen. Die Höhe dieser maschinenbezogenen Einsatzenergieträgerbedarfe ist sehr stark von der Anzahl der belegten Maschinen abhängig. So sinken beispielsweise die Nutzenergiebedarfe (und somit auch die Einsatzenergieträgerbedarfe) für die Inbetriebnahme oder für Reinigungsarbeiten mit einer geringeren Anzahl an betriebenen Maschinen.
2.2.1.2.2
Auftragsbezogener Einsatzenergieträgerbedarf
Der auftragsbezogene Einsatzenergieträgerbedarf umfasst die Menge an Einsatzenergieträger, die während der Ausführung eines Produktionsauftrages31 benötigt wird. Dabei ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass dieser Einsatzenergieträgerbedarf während der Durchführung eines Produktionsauftrags nicht in konstanter Höhe anfällt. So lassen sich prinzipiell unterschiedliche Phasen (Operationen) mit einem unterschiedlich hohen Einsatzenergieträgerbedarf identifizieren. Diese Phasen sind auf Spezifikationen der Produktionsaufträge zu deren Durchführung (z.B. Färberezepturen, Prozessbeschreibungen, Verfahrensanweisungen) zurückzuführen. Dementsprechend kann der Einsatzenergieträgerbedarf eines Produktionsauftrags durch ein entsprechendes (zeitdiskretes) Einsatzenergieträgerbedarfsprofil dargestellt 30
31
Dabei wird Energie für die Inbetriebnahme (z.B. Aufheizen einer Anlage am Beginn eines Tages bzw. einer Schicht) oder für Reinigungs- und Wartungsarbeiten (z.B. Aufheizen von Spülwasser) verwendet. Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs können auch die maschinenbezogenen Einsatzenergieträgerbedarfe als Produktionsaufträge (z.B. Reinigungsvorgänge) aufgefasst werden.
Präzisierung des Zielsystems
23
werden (vgl. Abbildung 2-4). Dieses gibt für jeden Zeitpunkt während der Ausführung des Produktionsauftrags an, wie viel Menge an Einsatzenergieträger zur Durchführung der jeweiligen Operation notwendig ist. Einsatzenergieträgerbedarf
o11
o12
o13 Zeit
oij
Abbildung 2-4:
Operation j des Produktionsauftrags i
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs (eines Produktionsauftrags)
Durch diese Darstellung der Produktionsaufträge lässt sich auch ein entsprechender zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs (Lastprofil) aller identischen parallelen Maschinen einer Werkstatt über die Planperiode hinweg ermitteln. Dies erfolgt durch die Summation der einzelnen auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfe der Operationen, die an einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt werden. Der sich dadurch ergebende zeitliche Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs einer Werkstatt ist in Abbildung 2-5 beispielhaft für zwei Produktionsaufträge auf zwei identischen parallelen Maschinen dargestellt. Dadurch lassen sich sowohl die zeitraumbezogene Größe der Energiemenge des Einsatzenergieträgers (Arbeit) als auch die zeitpunktbezogene Größe der Energiemenge pro Zeiteinheit (Leistung) bestimmen.
24
Einsatzenergieträgerbedarf
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
o21
o22
o21 o11
o12
o13 Zeit
oij
Operation j des Produktionsauftrags i kumulierter Einsatzenergieträgerbedarf
Abbildung 2-5:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs (mehrerer Produktionsaufträge)
2.2.2 Einfluss des Einsatzenergieträgerbedarfs auf die Endenergieträgerkosten Aus den vorherigen Abschnitten geht hervor, dass durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung die Menge des Einsatzenergieträgerbedarfs und dessen zeitlicher Verlauf maßgeblich beeinflusst werden. Beide Größen beeinflussen wiederum die Kosten für die eingesetzten Endenergieträger. Dabei müssen zur Ableitung von Determinanten für die Höhe dieser Energiekosten einerseits die spezifische Preisgestaltung beim Bezug der eingesetzten Endenergieträger berücksichtigt werden. Andererseits ist auch die technische Ausgestaltung der am Energieumwandlungsprozess beteiligten Anlagen, die den mengenmäßigen Verbrauch der Endenergieträger beeinflussen, einzubeziehen. Hinsichtlich der Preisgestaltung lassen sich grundsätzliche Unterschiede bei leitungsgebundenen (im Wesentlichen sind dies elektrischer Strom bzw. Erdgas) und nicht leitungsgebundenen (z.B. Heizöl bzw. Kohle) Endenergieträgern identifizieren. Beim Bezug von nicht leitungsgebundenen Endenergieträgern ist prinzipiell die Menge des Endenergieträgers ausschlaggebend. Somit lassen sich die Kosten für die eingesetzten Endenergieträger relativ einfach durch die Multiplikation der verbrauchten Menge mit dem Bezugspreis berechnen. Bei leitungsgebundenen Endenergieträgern wird neben der verbrauchten Menge auch der zeitliche Verlauf des Bezugs des Endenergieträgers bepreist. Dies wird in Abschnitt 2.2.2.1 näher ausgeführt.
Präzisierung des Zielsystems
25
Die technische Ausgestaltung der am Energieumwandlungsprozess beteiligten Anlagen ist insofern entscheidend für die Höhe der Kosten des Endenergieträgerbedarfs, da diese Anlagen den mengenmäßigen Verbrauch an Endenergieträger bestimmen. Durch den Betrieb dieser Anlagen wird der Endenergieträger umgewandelt (entweder in Einsatzenergieträger oder in Nutzenergie) und es entstehen entsprechende Nutzenergieverluste. Da die Durchführung der Produktionsaufträge auf den Produktionsanlagen weitgehend durch deren Spezifikationen vorgegeben ist (z.B. Färberezepturen, Verfahrensbeschreibungen) können die Nutzenergieverluste an den Produktionsanlagen durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung im Allgemeinen nicht verändert werden. Somit soll durch eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung auf den zeitlichen Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs in der Form eingewirkt werden, dass möglichst wenig Endenergieträger an den Umwandlungsanlagen eingesetzt werden müssen. Zur Ableitung von Kostendeterminanten werden daher entsprechende Umwandlungsanlagen in Abschnitt 2.2.2.2 näher untersucht.
2.2.2.1 Leitungsgebundene Endenergieträger Der Preis für leitungsgebundene Endenergieträger ist prinzipiell für industrielle Großabnehmer in einen Arbeitspreis und einen Leistungspreis aufgeteilt. Der Arbeitspreis32 ist der Preis für die bezogene Menge an leitungsgebundenen Endenergieträgern (Arbeit). Er wird üblicherweise in Euro/Kilowattstunde angegeben. Der Leistungspreis muss zusätzlich zum Arbeitspreis beim Bezug von leitungsgebundenen Endenergieträgern entrichtet werden. Er basiert auf laufenden Messungen (vgl. Abbildung 2-6), die in regelmäßigen Intervallen (z.B. 15-Minuten-Rhythmus bei der Leistungsmessung von elektrischem Strom) die Höhe des leitungsgebundenen Endenergieträgerbedarfs pro Zeiteinheit messen (Leistung).33 Auf Basis der höchsten Leistungsmessung erfolgt dann die Berechnung des Leistungspreises für den jeweiligen Abrechnungszeitraum (z.B. pro Monat oder Jahr). Er wird somit üblicherweise in Euro je Kilowatt für den jeweiligen Monat bzw. das jeweilige Jahr angegeben.
32 33
Es sind auch Staffelungen je nach Tageszeit (z.B. Tag- bzw. Nachttarif) üblich. Es ist auch denkbar, dass vertraglich festgelegte Mindestleistungspreise mit dem Energieversorger vereinbart werden (z.B. für 50 Prozent der üblich abgerufenen Leistung).
26
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Endenergieträgerbedarf
Zeit Menge an bezogenem Endenergieträger (Berechnungsgrundlage des Arbeitspreises) Messung der abgerufenen Leistung (Berechnungsgrundlage des Leistungspreises)
Abbildung 2-6:
Leistungsmessungen als Grundlage für die Berechnung des Leistungspreises
Somit ist für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung der Anreiz gegeben, dass einerseits möglichst wenig Menge des Endenergieträgers eingesetzt wird. Andererseits soll der Bezug des leitungsgebundenen Endenergieträgers möglichst gleichmäßig erfolgen, da bereits einzelne hohe Leistungsspitzen erheblichen Einfluss auf die Höhe der gesamten Energiekosten haben können.
2.2.2.2 Endenergieträgereinsatz in Umwandlungsanlagen Bei den in betrieblichen Energieversorgungssystemen eingesetzten Umwandlungsanlagen handelt es sich in der Regel um Umwandlungsanlagen zur Bereitstellung von Einsatzenergieträgern, die im Produktionsprozess als Nutzenergie in Form von Prozesswärme und Nutzelektrizität eingesetzt werden. Dabei sind unterschiedlichste technische Ausgestaltungen denkbar [vgl. etwa Mayr 1994, S. 59ff, Witte, U. 1992, S. 7ff], die durch die betrieblichen Erfordernisse der einzelnen Unternehmen bestimmt werden. So hängt die Ausgestaltung der Umwandlungsanlagen beispielsweise von
der Art des zu erzeugenden Einsatzenergieträgers (z.B. Transformatoren bei elektrischem Strom, Dampferzeuger bei Prozessdampf),
Präzisierung des Zielsystems
27
dem umzuwandelnden Endenergieträger (z.B. Dampferzeuger mit Kohle-, Heizöl- oder Erdgasbefeuerung), von der Menge des zu erzeugenden Einsatzenergieträgers (z.B. unterschiedliche Größen von Dampferzeugern) bzw. von der Speicherbarkeit des erzeugten Einsatzenergieträgers (z.B. Heißwasser ist speicherbar, Prozessdampf ist nahezu nicht speicherbar)
ab. Allerdings können durch die Betrachtung prototypischer Anlagenkonfigurationen typische Kostendeterminanten identifiziert werden. Dazu werden nachfolgend Umwandlungsanlagen zur Bereitstellung von Einsatzenergieträgern betrachtet, die im Produktionsprozess als Nutzenergie einerseits in Form von reiner Prozesswärme (Dampferzeuger), andererseits in Form von Prozesswärme, mechanischer Energie sowie Nutzelektrizität (Kraft-Wärme-Kopplung) eingesetzt werden.
2.2.2.2.1
Dampferzeuger
Dampferzeuger sind Behälter- oder Rohranordnungen, in denen Wasserdampf von höherem als atmosphärischem Druck zum Zwecke der Verwendung außerhalb dieser Anordnungen erzeugt wird [vgl. etwa TRD 1999]. Dies erfolgt innerhalb des Dampferzeugers durch die Übertragung der Brennstoffenergie auf das in ihm zirkulierende Wasser. Die wesentlichen Komponenten34 eines Dampferzeugers sind:
Verdampfer Überhitzer Economizer Luftvorwärmer Nebenanlagen
Im Verdampfer wird Wasser in einem abgeschlossenen Behälter durch Zuführung von Wärme erhitzt. Dabei verdampft das Wasser und der Dampf füllt den Raum oberhalb der Wasserlinie, wodurch ein Druckanstieg innerhalb des Verdampfers entsteht. Mit steigendem Dampfdruck erhöht sich die Siedetemperatur35, wodurch die Verdampfung erst bei höheren Temperaturen eintritt. Wird dem Dampf nach dem Erreichen der Siedetemperatur weiter Energie zugeführt (Verdampfungswärme), wird ein Zustand des gesättigten (trockenen) Dampfs (Satt-
34 35
Alle Komponenten sind, bis auf den Verdampfer, in der jeweiligen Konfiguration optional. Die Siedetemperatur ist die Temperatur, bei der die Umwandlung von Wasser in Dampf beginnt.
28
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
dampf) erreicht. Hinsichtlich ihrer konstruktiven Merkmale lassen sich zwei Hauptbaugruppen unterscheiden [Lehmann 1990, S. 7f und S. 183ff]:
Großwasserraumkessel Dies sind Kessel, bei denen sich, im Verhältnis zu ihrer Leistung, ein großes Volumen an Wasser im Dampferzeuger befindet. Das Kesselwasser umspült bei dieser Konfiguration die Flammrohre (Rohr in das die Flamme des Verbrennungsprozesses geleitet wird) und die Rauchgaszüge (Abgaswege innerhalb des Kessels). Das Leistungsspektrum reicht bis 200 Tonnen Dampf pro Stunde bei 32 bar Druck und 350 °C Dampftemperatur.
Wasserrohrkessel Bei dieser Kesselbauart wirkt die Hitze der Verbrennung nicht auf ein großes Wasservolumen, sondern das Speisewasser des Dampferzeugers wird in einem Röhrensystem an der Verbrennungshitze vorbeigeführt. Das Leistungsspektrum reicht von Schnelldampferzeugern mit 2 Tonnen Dampf pro Stunde bis zu über 2000 Tonnen Dampf pro Stunde bei unterschiedlichsten Drücken und Dampftemperaturen.
Im Überhitzer wird durch Zuführung von Energie der trocken gesättigte Dampf bei konstantem Druck überhitzt, wodurch Heißdampf entsteht. Diese Überhitzung hat verschiedene Vorteile. Einerseits kann der Heißdampf wieder bis auf Sattdampftemperatur abgekühlt (und die entsprechende Wärmemenge genutzt) werden, ohne dass eine Kondensation von Wasser in den Leitungen bzw. in den Produktionsanlagen erfolgt. Andererseits kann die Leistungsfähigkeit der gesamten Anlage gesteigert werden, da bei gleichem Kesseldruck die im Dampf gespeicherte Energiemenge gesteigert werden kann. Der Economizer und die Luftvorwärmung dienen hauptsächlich einer effizienten Ausnutzung des eingesetzten Endenergieträgers. Durch die Luftvorwärmung wird Verbrennungsluft durch den Abwärmestrom des Verbrennungsprozesses vor Eintritt in den Kamin vorgewärmt, wodurch sich positive Effekte auf die Verbrennung ergeben. Im Economizer wird das Kesselspeisewasser durch den Abgasstrom vorgewärmt und dient somit ebenfalls der Verringerung der Wärmeverluste im Abgasstrom. Darüber hinaus sind zum Betrieb des Dampferzeugers weitere Nebenanlagen erforderlich. Diese dienen beispielsweise der Aufbereitung des Kesselspeisewassers, der Steuerung und Regelung von An- und Abfahrvorgängen oder der Entfernung von Verbrennungsrückständen. Neben der Ausgestaltung aller technischen Einrichtungen beeinflusst im Wesentlichen die Fahrweise dieser Umwandlungsanlagen den Verbrauch an Endenergieträger. Somit ist es
Präzisierung des Zielsystems
29
sinnvoll, neben einer zeitpunktbezogenen Kenngröße (Wirkungsgrad) auch eine zeitraumbezogene Kenngröße (Nutzungsgrad) für die Güte der Endenergieträgerumwandlung heranzuziehen. Der Wirkungsgrad einer Umwandlungsanlage ist der Quotient aus zugeführter und abgegebener Leistung. Dieser wird im optimalen Betriebspunkt einer Umwandlungsanlage bestimmt und ist beispielsweise bei der Konfiguration und beim Bau einer Umwandlungsanlage von großer Bedeutung.36 Der Nutzungsgrad hingegen ist nicht als Verhältnis von Leistungen definiert, sondern als Verhältnis von abgegebenen und eingesetzten Energiemengen. Somit werden durch den Nutzungsgrad insbesondere auch alle nicht optimalen Betriebspunkte einer Umwandlungsanlage berücksichtigt.37 Nachfolgend werden demnach die wesentlichen Determinanten für die Höhe des Wirkungsbzw. Nutzungsgrads eines Dampferzeugers anhand unterschiedlicher Fahrweisen näher analysiert. abgerufene Menge an Einsatzenergieträger unterschreitet eine Grundlastgrenze Durch ungünstige Überlagerungen des Einsatzenergieträgerbedarfs einzelner Produktionsaufträge kann es vorkommen, dass wenig oder gar kein Einsatzenergieträger von den Produktionsanlagen nachgefragt wird. In dieser Situation muss die Brennstoffzufuhr an den Umwandlungsanlagen soweit gedrosselt werden, dass die Menge an benötigter Einsatzenergie und die Menge an erzeugter Einsatzenergie gleich groß ist. Bei Großwasserraumkesseln wird somit die Brennstoffzufuhr teilweise ganz gestoppt und die benötigte Dampfmenge aus dem in der Wassermenge gespeicherten Dampf bedient. Allerdings müssen vor einem erneuten Start der Feuerung alle Rauchgaszüge mit Frischluft gespült werden [vgl. Lehmann 1990, S. 358], wodurch ein Wärmeverlust entsteht, der durch erhöhten Endenergieträgereinsatz ausgeglichen werden muss. Bei Wasserrohrkesseln gestaltet sich eine Unterbrechung der Feuerung als schwierig. Somit wird oftmals in Zeiten mit geringem Einsatzenergieträgerbedarf die Dampferzeugung in der kleinstmöglichen Fahrweise fortgesetzt und überschüssiger Dampf ungenutzt an die Umgebung abgegeben. Zusätzlich dazu sind bei geringen Dampflasten auch höhere Nutzenergieverluste aufgrund von Leitung und Strahlung zu erwarten.38 Somit sind bei obiger Fahrweise schlechtere Wirkungs- bzw. Nutzungsgrade zu erwarten, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Verbrauchs an Endenergieträger führen.
36
37 38
Beispielsweise ist denkbar, dass der Preis für eine Umwandlungsanlage an den tatsächlichen Wirkungsgrad einer Umwandlungsanlage nach dem Einbau gekoppelt wird. Im Allgemeinen liegt der Nutzungsgrad somit unterhalb dem Wirkungsgrad einer Anlage. Der Nutzenergieverlust ist im Wesentlichen abhängig von der Güte der Isolierung sowie von der Dampfleistung. Mit zunehmender Leistung werden die wärmeableitenden und wärmeabstrahlenden Flächen der Dampferzeuger kleiner [vgl. Lehmann 1990, S. 79].
30
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
abgerufene Menge an Einsatzenergieträger ist oberhalb der Grundlastgrenze, aber schwankt stark Prinzipiell herrscht vor einer Laständerung ein Gleichgewichtszustand zwischen Dampfentnahme und Wärmezufuhr der Feuerung im Dampferzeuger. Die gesteigerte (verringerte) Dampfleistung wird durch die Anpassung der Feuerung erreicht, die allerdings zeitverzögert auf die veränderte Dampfentnahme reagiert. So wird beispielsweise eine erhöhte Dampfleistung in einer ersten Phase aus der Speicherwirkung des Kessels bedient (vgl. Abbildung 2-7 schraffierte Fläche mit (-) gekennzeichnet). Ist der Druckabfall der Dampfentnahme durch die einsetzende Feuerungsleistung gestoppt, befindet sich die Dampfentnahme und die Feuerungsleistung im Gleichgewicht. Zum Ausgleich des vorangegangenen Druckabfalls muss anschließend die Feuerung übersteuert werden (vgl. Abbildung 2-7 schraffierte Fläche mit (+) gekennzeichnet). Insgesamt kann die Anlage nicht bezüglich ihres optimalen Wirkungsgrads betrieben werden, wodurch sich die Menge an Endenergieträger erhöht. Um die abgerufene Menge an Dampf produzieren zu können sind darüber hinaus häufige Schaltvorgänge der regelungstechnischen Einrichtungen notwendig, wodurch sich deren Lebenszeit verringert. Somit sind bei obiger Fahrweise schlechtere Wirkungs- bzw. Nutzungsgrade zu erwarten, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Verbrauchs an Endenergieträger führen. abgerufene Menge an Einsatzenergieträger erreicht Spitzenlasten Im Gegensatz zu Unterauslastungen von Energieumwandlungsanlagen treten auch Betriebszustände mit einem sehr hohen Einsatzenergieträgerbedarf auf. Wird der gesamte Einsatzenergieträgerbedarf durch eine Anlage gedeckt, so ist aufgrund eines schlechteren Wärmeübergangs an den Übertragungsflächen mit geringeren Wirkungsgraden als im optimalen Betriebspunkt zu rechnen. Oftmals werden in der betrieblichen Praxis für die Deckung dieser Spitzenlasten zusätzliche Dampferzeuger vorgehalten. Diese werden entweder in heißer Redundanz zu dem (Haupt-)Dampferzeuger betrieben bzw. sind aufgrund ihrer Bauform in sehr kurzer Zeit einsatzbereit (Schnelldampferzeuger). Beim Betrieb in heißer Redundanz werden die (Zusatz-)Kessel auf Betriebstemperatur gehalten, um bei einem entsprechenden Bedarf an Dampf unverzüglich zugeschaltet werden zu können. Durch diese ständige Betriebsbereitschaft entstehen erhebliche Nutzenergieverluste. Schnelldampferzeuger können innerhalb weniger Minuten aufgeheizt werden. Allerdings sind dabei Anfahr- und Abfahrverluste an Nutzenergie durch einen nicht kontinuierlichen Betrieb zu erwarten. Somit sind bei obiger Fahrweise schlechtere Wirkungs- bzw. Nutzungsgrade zu erwarten, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Verbrauchs an Endenergieträger führen.
Präzisierung des Zielsystems
31
Soll-Leistung [kW]
Ist-Leistung [kW]
Dampfdruck [bar]
+ í
Feuerungsleistung [kW]
Dampfabgabe [t/h]
Zeit [Sekunden]
Abbildung 2-7:
Verlauf einer Laständerung eines Dampferzeugers [vgl. Lehmann 1990, S. 351]
Prinzipiell gilt der Zusammenhang, dass bei einem sehr hohen Einsatzenergieträgerbedarf auch die Menge an zugeführtem Endenergieträger ansteigt. Somit verursachen Spitzenlasten bei Dampferzeugern, die mit leitungsgebundenen Endenergieträgern betrieben werden, zusätzlich die in Abschnitt 2.2.2.1 gezeigten Kosteneffekte durch einen erhöhten Leistungspreis.
2.2.2.2.2
Kraft-Wärme-Kopplung
Bei einer Ausgestaltung als Kraft-Wärme-Kopplung werden in der Umwandlungsanlage gleichzeitig mehrere Einsatzenergieträger erzeugt. Zumeist ist dies Prozessdampf bzw. Heißwasser einerseits und elektrischer Strom andererseits. Insgesamt kann somit ein hoher Gesamtwirkungsgrad (elektrischer und thermischer Wirkungsgrad) erzielt werden. Im betrieblichen Einsatz sind oftmals Kraftwärmekopplungen auf Basis von Verbrennungsmotoren
32
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
(Blockheizkraftwerke mit Otto- oder Dieselmotoren) oder Turbinenaggregaten (Gas- oder Dampfturbinen)39 vorzufinden.
elektrischer Wirkungsgrad [%]
Dabei gelten für den Betrieb dieser Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen prinzipiell dieselben Einflussfaktoren auf den Nutzungsgrad der Anlage, wie in Abschnitt 2.2.2.2.1 für Dampferzeuger gezeigt. Von besonderer Bedeutung dabei ist allerdings, dass im Teillastbetrieb des Stromerzeugers deutliche Wirkungsgradverluste (elektrischer Wirkungsgrad) eintreten. In Abbildung 2-8 ist beispielsweise die typische Wirkungsgradkurve einer Gasturbine (Feuerung eines Dampferzeugers) mit nachgeschaltetem Abhitzekessel (Dampferzeuger) dargestellt. Somit wird ein wirtschaftlicher Betrieb von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bei ständig wechselndem Einsatzenergieträgerbedarf erschwert. Zusätzlich können beispielsweise Gasturbinen nicht einfach zu- und abgeschaltet werden, wodurch sich die angeführte Grundlastproblematik verstärkt.
30
20
10 0
Abbildung 2-8:
2.2.3
20
40
60
80
100 Last [%]
Verhalten des elektrischen Wirkungsgrads von Gasturbinenaggregaten
Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung
Auf Basis der diskutierten Einflussfaktoren und der in Abschnitt 2.1.2 diskutierten Zielsetzungen lassen sich entsprechende Ziele für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung ableiten. Dabei wird einerseits die Zielsetzung einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung (Einsatz einer möglichst geringen Anzahl an belegten Maschinen) unter 39
Daneben finden sich auch noch vereinzelt Heizkraftwerke mit Dampfkesseln und Dampfmotoren [vgl. Schmitz/Schaumann 2005, S. 7].
Präzisierung des Zielsystems
33
energieorientierten Aspekten analysiert. Andererseits ist ein entsprechendes Ziel zur Umsetzung der energieorientierten Zielsetzung (möglichst geringe Kosten für die eingesetzten Endenergieträger) zu formulieren.
2.2.3.1 Minimierung der belegten Maschinen Offensichtlich ist das entsprechende Ziel einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung die Minimierung der Anzahl der belegten Maschinen. Aus einer energieorientierten Sichtweise werden durch dieses Ziel auch die maschinenbezogenen Einsatzenergieträgerbedarfe minimiert, die im Wesentlichen die Menge des Einsatzenergieträgerbedarfs determinieren.40 Durch den mengenmäßigen Zusammenhang zwischen Einsatzenergieträgerbedarf und dem Bedarf an Endenergieträger werden somit durch die Minimierung der belegten Maschinen in der Regel auch die Kosten für die eingesetzten Endenergieträger verringert (vgl. Abschnitt 2.2.2).
2.2.3.2 Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs Durch die Berücksichtigung der Einflussfaktoren des Einsatzenergieträgerbedarfs auf die betrieblichen Endenergieträgerkosten (vgl. Abschnitt 2.2.2) wird deutlich, dass insgesamt ein möglichst geglätteter zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs auf einen gewünschten (konstanten) Einsatzenergieträgerbedarf r bei einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung anzustreben ist (vgl. Abbildung 2.8). Durch die Vermeidung von Zeitphasen mit sehr geringem Einsatzenergieträgerbedarf wird eine Unterschreitung der Grundlastgrenze der eingesetzten Umwandlungsanlagen vermieden (1). Dadurch können erhebliche mengenmäßige Einsparungen an Endenergieträger realisiert werden. Die Vermeidung von starken Laständerungen wirkt sich positiv auf den mengenmäßigen Verbrauch der Umwandlungsanlagen aus (2). Durch eine konstantere Fahrweise der Umwandlungsanlagen sinkt der mengenmäßige Verbrauch an Endenergieträger. Die Vermeidung von Zeitphasen mit sehr hohem Einsatzenergieträgerbedarf (Spitzenlasten) wirkt sich einerseits positiv auf die Kosten für leitungsgebundene Endenergieträger aus, da die Höhe des Leistungspreises reduziert werden kann (3). Andererseits könnten durch die Vermeidung von Spitzenlasten die Umwandlungsanlagen in günstigeren Wirkungsgradbereichen betrieben werden. Auch müssen zusätzliche Umwandlungsanlagen nicht mehr in heißer Redundanz betrieben sowie an- bzw. abgefahren werden. 40
Der auftragsbezogene Einsatzenergieträgerbedarf wird durch dieses Ziel nicht beeinflusst.
34
Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Die Bedeutung der genannten Einflussfaktoren kann dabei, je nach der Ausgestaltung des betrieblichen Energieversorgungssystems, unterschiedlich sein. So soll beispielsweise beim direkten Einsatz von elektrischem Strom an den Produktionsanlagen nur die Vermeidung von Spitzenlasten angestrebt werden. Hingegen sind beim Einsatz von Dampferzeugern zur Bereitstellung von Wärme an den Produktionsanlagen alle drei Einflussfaktoren relevant.
Einsatzenergieträgerbedarf
(3)
r
(2)
(1)
Zeit
Abbildung 2-9:
(1) (2) (3)
Vermeidung von Grundlastbetrieb Vermeidung von starken Laständerungen Vermeidung von Spitzenlastbetrieb
r
gewünschter Einsatzenergieträgerbedarf
Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs
Zusammenfassend können somit die Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen wie folgt formuliert werden:
Minimierung der belegten Maschinen Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs
3
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts
Im Folgenden wird das einer energieorientierten Maschinenbelegung zugrunde liegende Planungsproblem in das D | E | J -Klassifikationsschema für deterministische Maschinenbelegungsprobleme eingeordnet und dessen mathematische Formulierung auf Basis binärer Entscheidungsvariablen vorgestellt. Dazu werden zunächst grundlegende Definitionen und Begriffe im Zusammenhang mit Maschinenbelegungsproblemen eingeführt.
3.1
Definitionen und Begriffe
Prinzipiell ist bei einem Maschinenbelegungsproblem
eine Menge von Produktionsaufträgen (Jobs) J
eine Menge von Maschinen M
{J i | i 1,..., n `} und
{M k | k 1,..., m `} gegeben.
Ein Maschinenbelegungsplan (Schedule) S besteht für den Fall von identischen parallelen Maschinen aus einer Zuordnung für jeden Produktionsauftrag zu einem Zeitintervall auf einer Maschine.41 Jeder Produktionsauftrag J i besteht aus einer Menge von Operationen
{oij | j 1,..., ni `} .
Oi
In der Regel sind für jeden Produktionsauftrag folgende Daten gegeben42 [vgl. etwa Domschke et al. 1997, S. 280f sowie BáaĪewicz et al. 2001, S. 58]:
Bereitstellungszeitpunkt Der Bereitstellungszeitpunkt (arrival time oder ready time) gibt an, ab welchem Zeitpunkt der Produktionsauftrag zur Bearbeitung bereit steht. Liegen identische Auftragsfreigabezeitpunkte vor (o.B.d.A. kann in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass alle Bereitstellungszeitpunkte null sind), so müssen diese nicht angegeben werden. Derartige Maschinenbelegungsprobleme werden als statisch bezeichnet. Liegen
41
42
Theoretisch sind auch Fälle von Maschinenbelegungsproblemen bei identischen parallelen Maschinen denkbar, bei denen ein Produktionsauftrag mehrmals auf den Maschinen bearbeitet wird. Somit müssen dem Produktionsauftrag mehrere Zeitintervalle auf einer bzw. mehreren Maschinen zugewiesen werden. Dieser Spezialfall soll nachfolgend nicht weiter betrachtet werden. Neben den angegebenen Punkten kann auch eine Gewichtung der Produktionsaufträge zueinander berücksichtigt werden. Diese gibt die relative Dringlichkeit der Produktionsaufträge zueinander an. Im Rahmen dieser Arbeit soll durch eine Feinplanung die Fertigstellung aller Produktionsaufträge sichergestellt werden. Dadurch erscheint eine Angabe der Dringlichkeit einzelner Aufträge nicht notwendig.
36
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts
unterschiedliche Bereitstellungszeitpunkte für die einzelnen Aufträge vor, spricht man von dynamischen Maschinenbelegungsproblemen.
Fertigstellungszeitpunkt di Der Fertigstellungszeitpunkt (deadline) di gibt an, zu welchem Zeitpunkt der Produktionsauftrag J i fertig gestellt sein muss. Wird für alle Produktionsaufträge ein einheitlicher Fertigstellungszeitpunkt vorgegeben, so kann dies durch di
d ausgedrückt
werden, wobei d die Länge der Planungsperiode angibt. Alternativ kann auch ein gewünschter Fertigstellungszeitpunkt di gegeben sein, der angibt, zu welchem Zeitpunkt der Produktionsauftrag J i fertig gestellt sein soll.43
Bearbeitungszeit pij Die Bearbeitungszeit (processing time) pij gibt an, wie viel die Operation oij an Zeit benötigt.
Ressourcenbedarf rij Neben den Maschinen können zusätzliche Ressourcen (z.B. Energie, Personal, Rohstoffe) angegeben werden, die zur Ausführung der Produktionsaufträge notwendig sind. Im Rahmen dieser Arbeit wird als zusätzliche Ressource der Einsatzenergieträger betrachtet, wobei der Einsatzenergieträgerbedarf einer Operation oij mit rij angegeben wird.
Können diese Daten, wie innerhalb dieser Arbeit angenommen, als bekannt und deterministisch vorausgesetzt werden, so liegen deterministische Maschinenbelegungsprobleme vor.44 Neben den genannten Daten sind für die vorliegende Problemstellung noch zeitliche Reihenfolgebeziehungen zwischen den einzelnen Operationen gegeben. Nach dem Start des Produktionsauftrags J i müssen dessen Operationen in der Reihenfolge oi1 o oi 2 o ... o oini ausgeführt werden.
43
44
Im Zusammenhang mit gewünschten Fertigstellungszeitpunkten werden oftmals Straffunktionen angegeben, die die Einhaltung der gewünschten Fertigstellungszeitpunkte bewerten [vgl. BáaĪewicz et al. 2001, S. 58]. Ein Beispiel hierfür ist die Einhaltung von Verträgen mit Konventionalstrafen. Hingegen sind stochastische Maschinenbelegungsprobleme insbesondere durch stochastische Bereitstellungszeitpunkte oder Bearbeitungszeitpunkte gekennzeichnet.
Klassifikation eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen
3.2
37
Klassifikation eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen
In der wissenschaftlichen Literatur zu Maschinenbelegungsproblemen hat sich eine einheitliche Notation45 für die verschiedenen deterministischen Maschinenbelegungsprobleme etabliert, die als Grundlage für ein Klassifikationsschema herangezogen werden kann [BáaĪewicz et al. 2001, S. 68]. Durch diese Notation kann ein Maschinenbelegungsproblem durch das Tripel D | E | J beschrieben werden. Dabei werden in den einzelnen Parametern die spezifischen Merkmale der Maschinenumgebung ( D ), der Struktur der Produktionsaufträge ( E ) und des Zielsystems ( J ) des Maschinenbelegungsproblems angegeben. Nachfolgend werden nur die für diese Arbeit relevanten Tripel diskutiert. Einen umfassenden Überblick zu Klassifikationen von Maschinenbelegungsproblemen bieten etwa [BáaĪewicz et al. 2001], [Brucker 2001], [Brucker et al. 1999] bzw. [Pinedo 2002].
3.2.1 Klassifizierung nach der Maschinenumgebung Die Maschinenumgebung wird mit D
D1D 2 angegeben. Dabei beschreibt D1 die Art der
vorliegenden Maschinenumgebung, wobei im Fall von identischen parallelen Maschinen
D1
P(arallel) gesetzt wird. Durch den Eintrag D 2 wird die Anzahl der Maschinen angege-
ben, wobei gilt:
D2
46:
Die Anzahl der Maschinen wird als variabel angenommen.
D2
k:
Die Anzahl der Maschinen wird durch k ` festgelegt.
Innerhalb der vorliegenden Arbeit soll die Anzahl der betrachteten Maschinen variabel gehalten sein, wodurch die Angabe von D 2 entfallen kann.
3.2.2 Klassifizierung nach der Struktur der Produktionsaufträge Der zweite Parameter E
E1 , E 2 , E3 , E 4 , E5 , E6 , E 7 , E8 beschreibt die Struktur der Produkti-
onsaufträge. Der Eintrag ȕ1 gibt dabei an, ob eine Unterbrechung während der Durchfüh-
45
46
Die Notation für Maschinenbelegungsprobleme ist auf die Arbeiten von Graham [vgl. Graham 1966 sowie Graham et al. 1979] zurückzuführen. Durch das Symbol Ø wird ein leerer Eintrag angedeutet. In der Problembeschreibung entfällt die Angabe des Symbols.
38
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts
rung (Preemption) der einzelnen Operationen eines Produktionsauftrags zulässig ist oder nicht:
E1 :
Es ist keine Unterbrechung zulässig.
E1
Es sind Unterbrechungen zulässig.
pmtn :
In der vorliegenden Arbeit werden Maschinenbelegungsprobleme betrachtet, bei denen eine Unterbrechungen der Operationen eines Produktionsauftrags nicht vorgesehen sind. Somit entfällt die Angabe von E1 . Der Eintrag ȕ2 beschreibt Restriktionen in Bezug auf Ressourcen, die zusätzlich zu den Maschinen berücksichtigt werden müssen. Wie in Abschnitt 2.1 beschrieben, ist die Verfügbarkeit der (zusätzlichen) Ressourcen durch die Losgrößen- und Ressourceneinsatzplanung bereits sichergestellt, wodurch ein Eintrag in diesem Feld entfallen kann. Durch den Eintrag ȕ3 wird angegeben, ob Reihenfolgebeziehungen zwischen den einzelnen Produktionsaufträgen eingehalten werden müssen. Eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung wird für eine sehr kurze Planperiode (z.B. ein Tag bzw. eine Schicht) und für eine einzelne Werkstatt (einstufiger Produktionsprozess) durchgeführt, wodurch im Allgemeinen keine Reihenfolgebeziehungen zwischen den Produktionsaufträgen existieren ( E3
). Ebenso kann aufgrund der kurzen Planungsperiode davon ausgegangen werden,
dass alle Produktionsaufträge zu Beginn der Planungsperiode zur Bearbeitung bereit stehen. Dadurch kann der Eintrag ȕ4 entfallen. Durch den Eintrag ȕ5 können Einschränkungen hinsichtlich der Bearbeitungszeit einer Operation bzw. eines Produktionsauftrags angezeigt werden. Beispielsweise kann die Bearbeitungszeit für alle Produktionsaufträge auf die Länge 1 beschränkt47 sein. Sind solche Einschränkungen nicht gegeben, entfällt die Angabe des Eintrags E . Der Eintrag ȕ d gibt an, ob Fertigstellungszeitpunkte für die einzelnen 5
6
i
Produktionsaufträge einzuhalten sind. Durch die Feinplanung soll im Wesentlichen die Durchführung der Produktionsaufträge sichergestellt werden. Daher wird ein einheitlicher Fertigstellungstermin E 6
d gesetzt, der anzeigt, dass alle Produktionsaufträge innerhalb des
vorgegebenen Planungszeitraums fertig gestellt werden müssen. Der Eintrag ȕ7 gibt an, ob die Anzahl der Operationen beschränkt ist. In der vorliegenden Arbeit soll diese nicht beschränkt werden, wodurch die Angabe entfällt ( E 7
). Durch den Eintrag ȕ8 wird ange-
geben, ob Wartezeiten zwischen den einzelnen Operationen eines Produktionsauftrags zulässig sind oder nicht. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Produktionsaufträge ohne Unterbrechung auf einer Produktionsanlage gefertigt werden sollen
47
Solche Einschränkungen sind insbesondere bei theoretischen Problemen zu finden.
Klassifikation eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen
39
(vgl. auch E1 ). Da durch eine energieorientierte Betrachtungsweise mit einer hohen zeitlichen Auflösung eine (modellabhängige) Aufteilung eines Produktionsauftrags in einzelne Operationen erforderlich ist, muss sichergestellt werden, dass die Ausführung der einzelnen Operationen ohne Unterbrechung erfolgt. Dies wird durch den Eintrag E8
no wait angezeigt.
3.2.3 Klassifizierung nach dem Zielsystem Durch den Parameter J wird (werden) das (die) Ziel(e) des Maschinenbelegungsproblems angegeben. Dabei lassen sich hauptsächlich durchlaufzeitbezogene und kapazitätsorientierte Ziele48 unterscheiden [vgl. Domschke et al. 1997, S. 291]. Als ein wichtiges durchlaufzeitbezogenes Ziel gilt beispielsweise die Minimierung der Zykluszeit oder Gesamtbearbeitungszeit ( Cmax ), die als Zeitspanne vom Beginn des ersten Auftrags bis zur Fertigstellung des letzten Produktionsauftrags definiert ist. Die im Rahmen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen identifizierten Ziele der Minimierung der Anzahl der belegten Maschinen und der Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs sind den kapazitätsorientierten Zielen zuzurechnen. Die Einträge für Parameter J lauten demnach:
k
Minimierung der Anzahl der belegten Maschinen k
f (r ( S , t )) Glättung des zeitlichen Verlaufs der Einsatzenergienachfrage (Resource Levelling), wobei die Funktion f eine Bewertungsfunktion des Bedarfs an Einsatzenergieträgers (Resource) r zu einem Zeitpunkt t eines gegebenen Maschinenbelegungsplans (Schedule) S darstellt. Der gewünschte Einsatzenergieträgerbedarf wird dabei mit r bezeichnet (vgl. auch Abschnitt 2.2.3.2).
Insgesamt kann somit das vorliegende energieorientierte Maschinenbelegungsproblem für identische parallele Maschinen durch P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) beschrieben werden.
48
Daneben werden auch noch terminorientierte Ziele unterschieden. Beispielsweise sind dies Ziele im Bezug auf die Minimierung der Verspätung bzw. Abweichung der Fertigstellung eines Produktionsauftrags vom gewünschten Fertigstellungstermin.
40
3.3
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts
Formulierung eines Entscheidungsmodells auf Basis binärer Entscheidungsvariablen
Formal lässt sich das vorliegende Planungsproblem als binäres Optimierungsproblem darstellen: Indizes: i 1,..., n j 1,..., ni
` `
Produktionsaufträge Operationen des Produktionsauftrages J i
k 1,..., m
`
Maschinen
t 1,..., d
`
Zeit (wobei d die Länge der Planungsperiode angibt)
Daten: pij
Bearbeitungszeit der Operation oij (des Produktionsauftrags J i )
rij
Einsatzenergieträgerbedarf pro Zeiteinheit der Operation oij (des Produktionsauftrags J i )
r
gewünschter Einsatzenergieträgerbedarf, z.B.
¦ rij pij
d
Entscheidungsvariablen: xijkt
Binärvariable, die angibt, ob die Operation oij auf der Maschine k zur Zeit t bearbeitet wird
X ijt
Binärvariable, die angibt, ob die Operation oij zur Zeit t fertiggestellt wird
Yk
Binärvariable, die angibt, ob die Maschine k zum Einsatz kommt
Zielfunktionen: m
Min ¦ Yk
3-1
k 1
d § n ni m · Min ¦ ¨ ¦¦¦ rij xijkt r ¸ ¨ ¸ t 1© i 1 j 1k 1 ¹
2
3-2
Formulierung eines Entscheidungsmodells auf Basis binärer Entscheidungsvariablen
41
unter den Nebenbedingungen: d
¦ X ijt
i, j
3-3
i, j , k , t 1,..., d 1
3-4
k , t
3-5
i, j
3-6
pij xij ' kt d ¦ xijkt
i, j j ' d ni , k , t ! 1
3-7
X ijt
i, j
3-8
1
t 1
( xijkt xijkt 1 ) d X ijt
n
ni
¦¦ xijkt d 1 i 1 j 1
m
d
¦¦ xijkt
pij
k 1t 1
t 1
t 1
n
X i ( j 1)(t pij )
2,..., ni , t
ni d
¦¦¦ xijkt dM Yk
k
xijkt , X ijt , Yk {0,1}
i, j , k , t
3-9
i 1 j 1t 1
3-10
42
Klassifikation und Formulierung eines Entscheidungsmodells zur Konkretisierung des Konzepts
Die Nebenbedingungen des Optimierungsproblems sind dabei wie folgt zu interpretieren:
(3-3) - (3-4) dienen der Berechnung der Fertigstellungstermine und gewährleisten die Nichtunterbrechbarkeit der einzelnen Operationen eines Produktionsauftrags.
(3-5) stellen sicher, dass jeweils nicht mehrere Operationen auf einer Maschine gleichzeitig ausgeführt werden.
(3-6) gewährleisten die Einhaltung der jeweiligen Bearbeitungsdauern der einzelnen Operationen eines Produktionsauftrags.
(3-7) stellen die Einhaltung der Reihenfolgebeziehungen der einzelnen Operationen eines Produktionsauftrags auf einer Maschine sicher.
(3-8) gewährleisten die Einhaltung der Nichtunterbrechbarkeit eines Produktionsauftrags (no-wait).
(3-9) kennzeichnet eine Maschine als belegt, wenn eine Operation eines Produktionsauftrags ausgeführt wird. Dabei ist M eine hinreichend große Konstante, die beispielsweise durch
M
d
begrenzt werden kann.
Bei dem vorgestellten Optimierungsproblem werden nur binäre Entscheidungsvariablen eingesetzt. Somit ist der Zulässigkeitsbereich des Planungsproblems endlich und das vorliegende energieorientierte Maschinenbelegungsproblem kann den kombinatorischen Optimierungsproblemen zugeordnet werden [vgl. Neumann/Morlock 2002, S. 380].
4
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Prinzipiell kann die Lösung des beschriebenen energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen auf Basis von optimierenden oder heuristischen Verfahren erfolgen. Zu den optimierenden Verfahren für kombinatorische Optimierungsprobleme zählen zum Beispiel vollständige Enumeration, Branch-and-Bound-Verfahren sowie Verfahren der dynamischen Optimierung [vgl. Neumann/Morlock 2002]. Allerdings ist bereits die Bestimmung einer zulässigen Lösung eines Maschinenbelegungsplans für identische parallele Maschinen im Allgemeinen ein streng NP-hartes Optimierungsproblem. Dementsprechend ist die Lösung mittels optimierender Verfahren für realistische Problemgrößen oftmals nicht mit vertretbarem (Rechen-)Aufwand zu realisieren. Daher soll nachfolgend ein heuristisches Lösungsverfahren (Heuristik) für die vorliegende Problemstellung vorgestellt werden. Heuristiken bieten im Allgemeinen keinerlei Garantie dafür, dass eine optimale Lösung gefunden wird, generieren aber meist (sehr) gute suboptimale Ergebnisse mit vertretbarem Rechenaufwand. Zur Entwicklung einer geeigneten Heuristik wird zunächst das energieorientierte Maschinenbelegungsproblem hinsichtlich seiner Komplexität näher analysiert. Darauf aufbauend wird eine Heuristik auf Basis einer Problemzerlegung vorgestellt und für jedes Teilplanungsproblem ein separates Lösungsverfahren vorgeschlagen. Dabei werden insbesondere bereits bestehende Ansätze aus der Literatur auf ihre Übertragbarkeit überprüft.
4.1
Problemzerlegung des Entscheidungsmodells
Durch eine energieorientierte Erweiterung der Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen ist einerseits eine (modellabhängige) Aufteilung der Produktionsaufträge in einzelne Operationen erforderlich ( no wait ), anderseits wird eine neue (nichtlineare) Zielfunktion eingeführt ( f ( r ( S , t )) ). Betrachtet man zunächst das Planungsproblem ohne diese Erweiterungen, lässt sich dieses als P | d | k beschreiben (vgl. Abschnitt 3.2). Dieses Planungsproblem ist identisch mit dem in der Literatur sehr weit verbreiteten eindimensionalen Bin-Packing-Problem [vgl etwa Alvim et al 2004, Scholl et al. 2003, Korte/Vygen 2002, S. 407ff, Schwerin/Wäscher 1999], das wie folgt beschrieben werden kann:
Gegeben ist eine Menge von n Objekten mit Gewichten wi (i 1,.., n) und Behältern mit einer identischen Kapazität CBin .
44
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Gesucht wird eine Zuordnung aller Objekte zu den Behältern, so dass die Kapazitätsrestriktion jedes Behälters eingehalten und die Anzahl benötigter Behälter minimiert wird.
Übertragen auf das Planungsproblem P | d | k bedeutet dies, dass alle Produktionsaufträge innerhalb der Planungsperiode fertig gestellt werden müssen und die Anzahl der belegten Maschinen minimiert wird. Durch den Beweis von [Garey/Johnson 1975, S. 397 ff] gilt das Auffinden einer zulässigen Lösung für ein eindimensionales Bin-Packing-Problem mit einer gegebenen Anzahl von Behältern als streng NP-hartes Optimierungsproblem. Insgesamt ist somit zu erwarten, dass auch bereits die Konstruktion bzw. das Auffinden einer zulässigen
Lösung des energieorientierten Maschinenbelegungsproblems P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) (als Erweiterung des Planungsproblems P | d | k ) eine schwierige Aufgabe darstellt. Dementsprechend erscheint der Einsatz eines optimierenden Verfahrens zur Lösung nicht Erfolg versprechend und es wird nachfolgend ein heuristischer Lösungsansatz entwickelt. Ein generelles Vorgehen bei der Entwicklung von Heuristiken stellt die Problemzerlegung und sequentielle Lösung der Einzelprobleme dar [vgl. Silver 2004, S. 940]. Dabei wird das Gesamtproblem in einzelne Teilprobleme zerlegt, die für sich betrachtet „einfacher“ gelöst werden können. Diese Teilprobleme werden dann sequentiell gelöst. Dies bedeutet, dass das Ergebnis der Lösung des ersten Teilproblems der Input des nachfolgenden Teilproblems ist. Dementsprechend wird ein heuristisches Verfahren zur Lösung des energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) entwickelt, das grundsätzlich in die beiden folgenden Schritte [vgl. Domschke/Drexl 2005, S. 128] unterteilt ist:
Eröffnungsverfahren Durch das Eröffnungsverfahren wird eine (erste) zulässige Lösung des energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen bestimmt.
Verbesserungsverfahren Das Verbesserungsverfahren startet mit einer zulässigen Lösung, die durch das Eröffnungsverfahren bestimmt wurde. Anschließend wird iterativ diese Lösung verbessert.
Problemzerlegung des Entscheidungsmodells
45
4.1.1 Eröffnungsverfahren Mit dem Eröffnungsverfahren soll in erster Linie die beschriebene Problematik des Auffindens einer zulässigen Lösung des P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) adressiert werden. Wie aus obigem Abschnitt ersichtlich wird, stellt eine zulässige Lösung des eindimensionalen BinPacking-Problems (bzw. dem identischen Planungsproblem P | d | k ) zugleich eine zulässige Lösung des P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) dar. Dadurch wird eine Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen getroffen. Kann eine optimale Lösung für das eindimensionale Bin-Packing-Problem gefunden werden, sind alle Produktionsaufträge im Hinblick auf die Minimierung der Anzahl der belegten Maschinen (des Planungsproblems
P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) ) optimal eingeplant (vgl. Abbildung 4-1). Im Allgemeinen existieren mehrere solcher optimalen Lösungen. Maschinen M4 M3 M2 M1 d
Zeit
Produktionsauftrag
Abbildung 4-1:
Mögliches Ergebnis des Eröffnungsverfahrens bei optimaler Lösung des Bin-PackingProblems
Durch die feste Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen im Eröffnungsverfahren kann der Zulässigkeitsbereich des Verbesserungsverfahrens, in dem eine Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs angestrebt wird, eingeschränkt werden.49 Beispielsweise ist in Abbildung 4-1 zu erkennen, dass bei den Produktionsaufträgen auf den Maschinen M1 und M 2 nur eine Vertauschung der Reihenfolge möglich ist. Bei den beiden
49
Da im Allgemeinen die Produktionsaufträge einer Maschine diese nicht vollständig auslasten, bleiben durch die Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen genügend Freiheitsgrade für das Verbesserungsverfahren erhalten.
46
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
anderen Maschinen hingegen können vor dem Start der Produktionsaufträge auch Pausenzeiten eingeplant werden. Dadurch kann das Generieren von guten Lösungen des Planungsproblems P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) erleichtert werden. Somit ist ein gleichmäßiges Verteilen der Produktionsaufträge bezüglich der Summe der Bearbeitungszeiten der Produktionsaufträge der einzelnen Maschinen anzustreben (vgl. Abbildung 4-2). Maschinen M4 M3 M2 M1 d
Zeit
Produktionsauftrag
Abbildung 4-2:
Mögliches Ergebnis des Eröffnungsverfahrens bei optimaler Lösung des Bin-PackingProblems (gleichmäßiges Verteilen von Pausenzeiten)
Diese Anforderung kann durch ein iteratives Vorgehen bei der Lösung des eindimensionalen Bin-Packing-Problems umgesetzt werden, dessen Grundüberlegung auf dem Zusammenhang zwischen dem eindimensionalen Bin-Packing-Problem und dem Maschinenbelegungsproblem
Pm || Cmax [vgl. etwa Coffmann et al. 1978, Hochbaum/Shmoys 1987, Scholl et al. 1997] basiert. Das Pm || Cmax kann wie folgt beschrieben werden:
Gegeben ist eine Menge von n Produktionsaufträgen mit Bearbeitungszeiten
pi (i 1,.., n) und eine Menge von m identischen parallelen Maschinen.
Gesucht wird eine Zuordnung aller Produktionsaufträge zu den identischen parallelen Maschinen, so dass die Zykluszeit Cmax minimiert wird. Die Zykluszeit ergibt sich durch Cmax aufträge.
max{c1 ,..., cn } der Fertigstellungstermine ci der einzelnen Produktions-
Problemzerlegung des Entscheidungsmodells
47
Der Zusammenhang zwischen dem eindimensionalen Bin-Packing-Problem und dem Maschinenbelegungsproblem Pm || Cmax kann als eine Art „Dualität“ der beiden Probleme interpretiert werden [vgl. Hochbaum/Shmoys 1987] und ist schematisch in Abbildung 4-3 dargestellt. eindimensionales Bin-Packing-Problem Bins Minimiere Anzahl Bins
Pm||Cmax
Kapazität maximale Kapazität CBin d
identische parallele Maschinen maximale Anzahl Maschinen
Minimiere Cmax
Zeit
Produktionsauftrag
Abbildung 4-3:
Zusammenhang zwischen eindimensionalem Bin-Packing-Problem und Pm||Cmax
Die Grundidee des Eröffnungsverfahrens für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung kann demnach folgendermaßen beschrieben werden (vgl. Abbildung 4-4). Ausgehend von einer unteren Schranke LB für die Anzahl der belegten Maschinen (Summe der Bearbeitungszeiten aller Produktionsaufträge geteilt durch die Länge der Planungsperiode) des ein-
48
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
dimensionalen Bin-Packing-Problems wird eine entsprechende Instanz des Pm || Cmax mit m
* LB gelöst. Kann für dieses Problem eine optimale Lösung Cmax gefunden werden, für
* d CBin die gilt, dass Cmax
d , ist eine optimale Lösung des eindimensionalen Bin-Packing-
Problems gefunden. Durch diese Lösung werden die Produktionsaufträge möglichst gleich* mäßig auf den einzelnen Maschinen verteilt. Gilt hingegen Cmax ! CBin
nächsten Iterationsstufe m
d , so wird in der
LB 1 gesetzt (Erhöhung der Anzahl belegter Maschinen).
4.1.2 Verbesserungsverfahren Durch die Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen im Eröffnungsverfahren reduziert sich das Planungsproblem des Verbesserungsverfahrens auf die Bestimmung der Startzeiten für die einzelnen Produktionsaufträge. Dementsprechend ist auch die Anzahl der Maschinen festgelegt und das Problem kann als Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) (mit fester Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen) beschrieben werden. Durch die Festlegung der Startzeiten wird einerseits die Reihenfolge der Produktionsaufträge auf den einzelnen Maschinen festgelegt, andererseits können auch Pausenzeiten zwischen dem Ende eines Produktionsauftrags und dem Start des nächsten Produktionsauftrags eingeplant werden. Zusammenfassend lässt sich nun das Vorgehen des heuristischen Verfahrens in Abbildung 4-4 darstellen.
Mathematische Formulierung der Teilprobleme
49
Start
Bestimmung einer unteren Schranke LB
Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen
Setze LB=LB+1 (wenn möglich)
Pm || C max
Keine zulässige Lösung gefunden
Bestimmung der Startzeiten Pm | d , no wait | f (r (S, t ))
Ende
Abbildung 4-4:
Ablauf des heuristischen Verfahrens zur Lösung eines energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen
4.2
Mathematische Formulierung der Teilprobleme
Aufbauend auf diesen Vorüberlegungen zur Konstruktion einer Heuristik lassen sich die formalen Modelle der einzelnen Teilprobleme präzisieren. Nachfolgend wird eine Abschätzung für die untere Schranke LB und die Formulierung der beiden Maschinenbelegungsprobleme Pm || Cmax bzw. Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) vorgestellt.
50
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.2.1 Eröffnungsverfahren Die Bestimmung einer unteren Schranke für die minimale Anzahl der belegten Maschinen lässt sich einfach durch die Aufhebung der Annahme der Unteilbarkeit der Produktionsaufträge erreichen (Formel 4-1).
LB
ª n ni º « ¦¦ pij » «i 1 j 1 » « » « » d «« »»
4-1
Das formale Modell für Pm || Cmax lässt sich beschreiben durch: Indizes:
i 1,..., n k 1,..., m
` `
Produktionsaufträge Maschinen
Daten:
pi
Bearbeitungszeit eines Produktionsauftrages J i ni
wobei gilt, dass pi
¦ pij j 1
Variablen:
X ik
Binärvariable, die angibt, ob der Produktionsauftrag J i auf der Maschine k bearbeitet wird
Cmax
Zykluszeit
Zielfunktion:
min Cmax
4-2
Mathematische Formulierung der Teilprobleme
51
unter den Nebenbedingungen: m
¦ xik
i
4-3
¦ pi X ik d Cmax
k
4-4
X ik {0,1}
i, k
4-5
1
k 1
n
i 1
4.2.2
Verbesserungsverfahren
Das formale Modell des Planungsproblems Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) kann auf Basis des Entscheidungsmodells 3-1 bis 3-10 angegeben werden. Dabei werden die Entscheidungsvariablen xijkt durch die Binärvariablen xijt ersetzt, die angeben, ob eine Operation oij zur Zeit t bearbeitet wird. Weiterhin entfällt die Zielfunktion 3-1 und die Zielfunktion 3-2 wird folgendermaßen angepasst:
§ n ni · Min ¦ ¨ ¦¦ rij xijt r ¸ ¨ ¸ t 1© i 1 j 1 ¹ d
2
4-6
Auch entfallen die Nebenbedingungen 3-9 und die Angabe der Binärvariablen Yk . d
¦ X ijt
1
i, j
4-7
i, j , t 1,..., d 1
4-8
t
4-9
t 1
( xijt xijt 1 ) d X ijt
n
ni
¦¦ xijt d 1 i 1 j 1
52
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
d
¦ xijt
i, j
pij
4-10
t 1
t 1
pij xij ' t d ¦ xijt
i, j j ' d ni , t ! 1
4-11
X ijt
i, t , j
4-12
t 1
X i ( j 1)(t pij )
xijt , X ijt {0,1}
2,..., ni
i, j , t
4-13
Insgesamt lässt sich durch die vorgeschlagene Problemzerlegung und sequentielle Lösung der beiden Teilprobleme sicherstellen, dass die Fertigstellung aller Produktionsaufträge innerhalb der Planperiode eingehalten wird. Weiterhin ist das Verfahren geeignet, beide Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen umzusetzen. Nachfolgend sollen für beide Teilprobleme entsprechende Lösungsverfahren entwickelt werden.
4.3
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Eröffnungsverfahrens
4.3.1 Literaturüberblick So wie das eindimensionale Bin-Packing-Problem gehört auch das Pm || Cmax zu den streng NP-harten Optimierungsproblemen [vgl. Garey/Johnson 1978]. Seit langem ist dieses Problem Gegenstand der wissenschaftlichen Literatur und es existieren daher entsprechend viele Lösungsansätze, die auf den unterschiedlichsten Verfahren beruhen. Übersichtsartikel finden sich unter anderem in [Cheng/Sin 1990], [Lawler et al. 1993], [Mokotoff 2001] sowie [Chen 2004]. Nachfolgend soll zunächst ein allgemeiner Überblick über die unterschiedlichen Lösungsverfahren gegeben werden, um dann anschließend ein geeignetes Lösungsverfahren für die hier vorliegende Problemstellung abzuleiten. Generell können die Verfahren zur Lösung des Pm || Cmax in optimierende und heuristische Verfahren unterteilt werden. Da kein polynomialer konstruktiver Algorithmus für die optimale Lösung des vorliegenden Problems bekannt ist, können nur enumerative Verfahren eingesetzt werden [vgl. Mokotoff 2001, S. 209]. Diese exakten (enumerativen) Verfahren basieren
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Eröffnungsverfahrens
53
vor allem50 auf dynamischer Optimierung [vgl. etwa Rothkopf 1966, Lawler/Moore 1969, Sahni 1976] sowie auf Basis von Branch & Bound Verfahren [vgl. etwa Van de Velde 1993, Dell’Amico/Martello 1995, Martello et al. 1997]51. Alle genannten Verfahren auf Basis von dynamischer Optimierung weisen eine (Rechen-)Komplexität von O (nC m ) auf, wobei C eine obere Schranke für Cmax darstellt. Daher sind diese Verfahren nur für sehr kleine Probleminstanzen geeignet. Bei den Verfahren auf Basis von Branch & Bound ist vor allem das Verfahren von [Dell’Amico/Martello 1995] hervorzuheben, da es grundsätzlich in der Lage ist, sehr große Probleminstanzen (über 1000 Produktionsaufträge) in sehr kurzer Zeit optimal anzuordnen. Ausgehend von einer einfachen unteren Schranke wird auf Basis des Zusammenhangs zu dem eindimensionalen Bin-Packing-Problem die untere Schranke iterativ verbessert, während die „Branching“-Regel den längsten verbleibenden Produktionsauftrag an den Maschinenbelegungsplan anfügt. Obwohl dabei sehr gute Ergebnisse (optimales Ergebnis, vertretbarer Rechenaufwand) erzielt wurden, kann nicht ausgeschlossen werden (wie bei allen Branch & Bound Verfahren), dass vereinzelt Probleminstanzen ungelöst bleiben. Zum Beispiel ist in [Dell’Amico/Martello 1995] angeführt, dass im Extremfall bei Probleminstanzen mit 15 Maschinen und 50 Produktionsaufträgen nur 7 von 10 Probleminstanzen gelöst werden konnten. Im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Lösungsverfahren für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung hätte dies zur Folge, dass das Verfahren bei der Bestimmung einer zulässigen Startlösung abgebrochen werden muss. Da dies für die vorliegende Problemstellung kein akzeptables Vorgehen darstellt, sollen nachfolgend einfache heuristische Verfahren untersucht werden, die zwar keinen Anspruch auf die Bestimmung einer optimalen Lösung für das Pm || Cmax erheben, allerdings immer eine zulässige Lösung generieren. Die für die Lösung des Pm || Cmax entwickelten Heuristiken sind vor allem Prioritätsregelverfahren [vgl. Domschke et al. 1997, S. 339], die entweder direkt das Problem oder iterativ geeignet formulierte eindimensionale Bin-Packing-Probleme lösen. Dabei ist die Vorgehensweise bei den Prioritätsregelverfahren, die das Problem direkt lösen, in zwei Stufen unterteilt. Zuerst werden die Produktionsaufträge nach einer vorgegebenen Prioritätsregel sortiert und dann anschließend nach ihrer Sortierreihenfolge auf derjenigen Maschine angeordnet, bei der
50
51
Daneben existieren noch weitere exakte Verfahren (beispielsweise) auf Basis eines Schnittebenenverfahrens [Mokotoff 2004]. In [Dell’Amico/Martello 2004] wird jedoch angeführt, dass ihr Verfahren [Dell’Amico/Mortello 1995] die Ergebnisse von [Mokotoff 2004] im Bezug auf Rechenzeit und lösbare Probleminstanzen übertrifft. Die beiden Ansätze von [Van de Velde 1993] bzw. [Martello et al. 1997] wurden für die Maschinenbelegungsplanung auf heterogenen parallelen Maschinen (unrelateted parallel machines [vgl. etwa Brucker 2004, S. 4]) entwickelt, die ein verallgemeinertes Problem des Falls mit identischen parallelen Maschinen darstellten.
54
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
die Summe der bereits angeordneten Produktionsaufträge am kleinsten ist. In der ersten Veröffentlichung zur Untersuchung der Lösungsgüte von Prioritätsregeln konnte durch [Graham 1966] nachgewiesen werden, dass alle Prioritätsregelverfahren ein Worst Case Verhalten von C PR C * d 2 1 m
aufweisen, wobei C *
n
max{1 m¦ i 1 pi , max pi } eine untere Schranke
des Pm || Cmax darstellt. Der schlechteste Fall entsteht, wenn der letzte Job die längste Bearbeitungsdauer aufweist. Als Lösung dafür werden die Produktionsaufträge zuerst nach nicht aufsteigender Reihenfolge ihrer Bearbeitungszeit p1 t ... t pn sortiert [vgl. Graham 1969]. Diese Regel ist als „largest processing time first (LPT-Regel) bekannt. Dadurch kann das Worst Case Verhalten auf C LPT C * d 4 3 1 (3m) reduziert werden. Zahlreiche Autoren haben sich mit dem Worst Case Verhalten der LPT-Regel auseinander gesetzt. Von besonderer Bedeutung dabei ist die bewiesene Schranke von [Coffman/Sethi 1976], die für Probleme mit n m gilt und schärfer ist als diejenige von Graham. Diese besagt, dass C LPT C * d 1 1 z 1 ( zm) ist, wobei z die kleinste Anzahl von Produktionsaufträgen angibt, die einer der Maschinen zugeordnet sind. Weiterhin wird in [BáaĪewicz et al. 2001, S. 141] die mittlere Abweichung des Zielfunktionswerts für zufällig erzeugte Datensätze angegeben. Diese liegt zwischen 0 und 9 Prozent. Insgesamt kommen [BáaĪewicz et al. 2001, S. 140] zu der Feststellung, „…the LPT algorithm behaves quite well and may be useful in practice.“. Daneben existieren noch viele weitere Verfahren (beispielsweise) auf Basis einer iterativen Lösung von entsprechenden Bin-Packing-Problemen [vgl. etwa Coffmann et al. 1978]. Im Vergleich zum LPT-Algorithmus weisen diese Verfahren allerdings den Nachteil einer komplizierten Implementierung und eines im Allgemeinen höheren Rechenaufwands auf. Für ein Eröffnungsverfahren einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung ist die Lösungsgüte des LPT-Algorithmus ausreichend, da, wie aus Abbildung 4-2 ersichtlich ist, für eine optimale Lösung des eindimensionalen Bin-Packing-Problems oftmals die optimale Lösung des Pm || Cmax im beschriebenen iterativen Vorgehen nicht erforderlich ist. Sollte aufgrund einer Abweichung von der optimalen Lösung des Pm || Cmax eine zusätzliche Maschine innerhalb des iterativen Vorgehens (vgl. Abbildung 4-4) zugeschaltet werden müssen, deutet dies auf einen sehr dichten Plan hin. Ein sehr dichter Plan wiederum kann als nachteilig für die Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs gewertet werden. Somit ist ein Abweichen von der optimalen Lösung des eindimensionalen Bin-PackingProblems aufgrund einer nicht optimalen Lösung des Pm || Cmax auch in diesem Fall nicht als nachteilig zu werten. Daneben ergibt sich die Eignung des LPT-Algorithmus durch den sehr
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Eröffnungsverfahrens
55
gut abschätzbaren Rechenaufwand des Verfahrens und kann mit O(n log n) angegeben werden.
4.3.2 Lösungsansatz auf Basis des LPT-Algorithmus Nachfolgend soll zusammenfassend das Verfahren des LPT-Algorithmus dargestellt werden. Zunächst werden die Produktionsaufträge in einer nicht ansteigenden Reihenfolge ihrer Bearbeitungszeiten angeordnet. Anschließend werden sie der Maschine zugeteilt, die die geringste Summe der Bearbeitungszeiten aller ihr zugeteilten Produktionsaufträge aufweist (vgl. Abbildung 4-5). begin Ordne die Produktionsaufträge J i in einer nicht aufsteigenden Reihenfolge ihrer Bearbeitungszeiten, so dass gilt: p1 t ... t pn ; for k: 1 to m(Anzahl Maschinen) do sk
0;
-- (Startzeit auf allen Maschinen ist auf null gesetzt) i : 1; repeat Bestimme das kleinste k {1,..., m} mit sk : min{sk }; k
Ordne Produktionsauftrag J i der Maschine M k zur Zeit sk zu; -- (Der erste nicht zugeordnete Produktionsauftrag aus der Liste -- wird auf der ersten freien Maschine angeordnet.) sk : sk pi ; i : i 1; until i end;
n 1;
Abbildung 4-5:
LPT-Algorithmus
56
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.4
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
4.4.1 Literaturüberblick Generell können Ansätze zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) in der Literatur zur Projektplanung52 bzw. Project Scheduling gefunden werden. Innerhalb der Projektplanungsprobleme existiert ein Teilgebiet, das Planungsprobleme betrachtet, bei denen zur Ausführung der einzelnen Aufgaben oder Vorgänge (activities) unterschiedliche Ressourcen verbraucht werden [vgl. etwa Klein 2000, Neumann et al. 2003, Schwindt 2005]. Dabei kann einerseits die Menge der zur Verfügung stehenden Ressourcen beschränkt (Resource Constraint Project Scheduling Problem bzw. RCPSP) oder, wie im vorliegenden Planungsproblem, unbeschränkt sein. In beiden Fällen werden Planungsprobleme untersucht, die zum Ziel die Glättung des Ressourceneinsatzes haben. Derartige Probleme werden als „Resource Levelling Problem“ bezeichnet. Das „General Resource Levelling Problem“ (GRLP) [Neumann/Zimmermann 1999b, S. 593] kann dabei wie folgt beschrieben werden:
Gegeben sei eine Menge von n realen Vorgängen ( i 1,..., n ), zusätzlich die beiden fiktiven Vorgänge 0 und n 1 , die den Beginn und das Ende des Projekts darstellen. Die Startzeit eines Vorgangs ist Si ( S0 ( p0
pn 1
0 ) und die Bearbeitungszeit wird durch pi
0 ) angegeben. Alle Vorgänge müssen innerhalb der Planperiode d aus-
geführt werden. Zwischen zwei Vorgängen können minimale Zeitabstände und maximale Zeitabstände der Startzeiten der Vorgänge gegeben sein. Durch die Vorgabe von minimalen Zeitabständen lassen sich Reihenfolgebeziehungen abbilden, durch die Vorgabe von minimalen und maximalen Zeitabständen lassen sich Zeitfenster zur Ausführung der Vorgänge definieren. Weiterhin sind zur Ausführung eines Vorgangs die Ressourcen Rk notwendig, wobei der (konstante) Ressourcenverbrauch eines Vorgangs durch rik angegeben ist. Dabei kann die zur Verfügung stehende Menge an Ressourcen beschränkt sein.
Ein zulässiger Projektplan (Schedule) S ist somit eine Festlegung aller Startzeiten der Vorgänge, so dass alle Zeitabstände und gegebenenfalls Ressourcenbeschränkungen eingehalten werden.
52
Der Übergang von Projektplanungsproblemen und Maschinenbelegungsproblemen kann nicht eindeutig abgegrenzt werden.
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
Ziel ist die Minimierung einer Funktion
¦ ck f (rk (S , t )) , wobei
57
ck die Kosten einer
Einheit der Ressource Rk angibt und f eine Bewertungsfunktion des Bedarfs an Ressource rk zu einem Zeitpunkt t eines gegebenen Projektplans (Schedule) S darstellt. Dementsprechend kann das Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) als ein Spezialfall des GRLP angesehen werden. Dabei sind die einzelnen Operationen oij die Vorgänge des Projektplans und durch die minimalen und maximalen Zeitabstände zwischen den Vorgängen kann die Nichtunterbrechbarkeit eines Produktionsauftrags im Rahmen von Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) sichergestellt werden. Das GRLP, und somit auch das Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) , zählt zu den NP-harten Optimierungsproblemen53 [vgl. Neumann/Zimmermann 1999b, S. 595]. Allgemeine Übersichtsartikel zur Lösung von Resource Levelling Problemen finden sich zum Beispiel in [Brucker et al. 1999, Kolisch/Padman 2001, Demeulemeester et al. 2002, Neumann et al. 2003]. Die einzelnen Lösungsansätze lassen sich hinsichtlich der betrachteten Vorgangsbeziehungen zwischen den einzelnen Vorgängen in zwei Gruppen unterteilen. Einerseits sind dies Ansätze, die nur Reihenfolgebeziehungen (minimale Zeitabstände) zwischen den einzelnen Vorgängen berücksichtigen. Andererseits handelt es sich um Ansätze, die minimale und maximale Zeitabstände zwischen den einzelnen Vorgängen beschreiben. Optimierende Verfahren zur Lösung von Resource Levelling Problemen mit Reihenfolgebeziehungen auf Basis von vollständiger Enumeration, Integer sowie Dynamic Programming finden sich zum Beispiel in [Ahuja 1976, Easa 1989, Bandelloni et al. 1994, Younis/Saad 1996]. Daneben werden heuristische Verfahren, die meist auf einfachen Verschiebungen der Vorgänge (shifting) beruhen, zum Beispiel in [Ahuja 1976, Moder et al. 1983, Harris 1990, Takamoto et al. 1995, Caramia/Dell’Olmo 2003] angegeben. Generell sind jedoch derartige Ansätze für die Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) nicht direkt übertragbar, da durch die Angabe von Reihenfolgebeziehungen die Nichtunterbrechbarkeit eines Produktionsauftrags nicht sichergestellt werden kann. Ein optimierendes Verfahren auf Basis eines Branch & Bound Ansatzes, das minimale und maximale Zeitabstände zwischen den Vorgängen berücksichtigt, schlagen zum Beispiel [Neumann/Zimmermann 2000] vor. Dabei weisen die Autoren allerdings darauf hin, dass dieser Ansatz nur für kleine Probleminstanzen geeignet ist.
53
Für bestimmte Zielfunktionen kann auch bewiesen werden, dass streng NP-harte Optimierungsprobleme vorliegen [vgl. Bartusch et. al. 1988].
58
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Heuristische Lösungsansätze für Resource Levelling Probleme, die minimale und maximale Zeitabstände (Zeitfenster) zwischen den einzelnen Vorgängen betrachten, werden erstmals von [Brinkmann/Neumann 1996] angegeben. Weitere heuristische Verfahren finden sich etwa in [Neumann/Zimmermann 1999a, b] sowie [Neumann/Zimmermann 2000]. Dabei stellt der Ansatz von [Neumann/Zimmermann 1999b] die erste Heuristik mit polynomialer Laufzeit in der frei zugänglichen Literatur dar [vgl. Neumann/Zimmermann 2000]. Alle genannten heuristischen Verfahren bauen auf der Darstellung des Projektplanungsproblems auf Basis eines gerichteten Graphen auf.54 Dabei werden frühest- bzw. spätestmögliche Start- bzw. Endzeiten für alle Vorgänge ermittelt und somit die Anzahl von zulässigen Startzeitpunkten der einzelnen Vorgänge stark eingeschränkt. Darauf aufbauend werden dann die verbleibenden Pufferzeiten einzelner Vorgänge dazu genutzt, eine Glättung des Ressourceneinsatzes zu erreichen (vgl. Abbildung 4-6). Dies geschieht beispielsweise auf Basis von Prioritätsregeln [vgl. Neumann/Zimmermann 1999b] oder auf Basis von Metaheuristiken (Tabu Search) [vgl. Neumann/Zimmermann 2000]. Somit wird durch die Bestimmung der Startzeiten der einzelnen Vorgänge die Glättung des Ressourceneinsatzes erreicht. Für den Fall des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) können die vorgestellten heuristischen Verfahren allerdings im Allgemeinen nicht eingesetzt werden. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass nur die Reihenfolge der Operationen innerhalb eines Produktionsauftrags festgelegt ist, nicht aber die Reihenfolge der Produktionsaufträge untereinander. Somit ergeben sich für alle Produktionsaufträge Zeitfenster, die vom Beginn der Planungsperiode bis zu deren Ende reichen. Es kann zwar die Darstellung als gerichtetes Graphenmodell erfolgen, allerdings kann dadurch keine Reduktion von möglichen Startzeitpunkten der Produktionsaufträge erreicht werden. Zum anderen basieren die vorgestellten heuristischen Verfahren auf der Grundüberlegung, dass durch die Verschiebung einzelner Vorgänge eine Glättung erreicht werden kann (vgl. Abbildung 4-6). Im vorliegenden Fall sollen die einzelnen Operationen ohne Unterbrechung hintereinander ausgeführt werden (no-wait). Somit sind durch eine Verschiebung von einzelnen Operationen gleichzeitig mehrere Operationen betroffen. Dadurch kann, aufgrund der unterschiedlichen Höhe des Einsatzenergieträgerbedarfs der einzelnen Operationen (vgl. Abbildung 2-4 bzw. Abbildung 2-5), nicht mehr sichergestellt werden, dass eine Glättung herbeigeführt wird. Dies soll anhand eines einfachen Beispiels verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-7).
54
Zum Ablauf der Zeitplanung von Projekten mit Hilfe von gerichteten Graphen vgl. etwa [Runzheimer et al. 2005].
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
59
Ressourceneinsatz
i
FAZi
S‘i
SAZi
Zeit
Ressourceneinsatz des einzuplanenden Vorgangs i Ressourceneinsatz anderer Vorgänge kumulierter Ressourceneinsatz anderer Vorgänge gewünschter Ressourceneinsatz
FAZi S‘i SAZi Abbildung 4-6:
frühestmöglicher Startzeitpunkt des Vorgangs i aktueller Startzeitpunkt des Vorgangs i spätestmöglicher Startzeitpunkt des Vorgangs i
Resource Levelling durch Verschieben einzelner Vorgänge
Durch eine Rechtsverschiebung der Operation o21 könnte der Spitzenbedarf des kumulierten Einsatzenergieträgerbedarfs, der sich durch die Überlagerung der Operation o11 und o21 ergibt, gesenkt werden. Allerdings resultiert dadurch eine Verschiebung aller Operationen des Produktionsauftrags. Dadurch werden wiederum an anderen Stellen des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs neue Spitzenbedarfe generiert und das Ausgangsszenario insgesamt verschlechtert. Dies deutet auch darauf hin, dass keine einfachen Regeln für das Verschieben von Produktionsaufträgen angegeben werden können, die eine Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ermöglichen.
60
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Einsatzenergieträgerbedarf
r
o21
o11
o22
o23
o12
o13
o14 Zeit
Einsatzenergieträgerbedarf
o23
r o21 o22 o22 o11
o12
o13
o14 Zeit
oij
Operation j des Produktionsauftrags i Einsatzenergieträgerbedarf des Produktionsauftrags J1 Einsatzenergieträgerbedarf des Produktionsauftrags J2 kumulierter Einsatzenergieträgerbedarf
r Abbildung 4-7:
gewünschter Einsatzenergieträgerbedarf
Verschiebung einzelner Operationen und deren Auswirkung auf den kumulierten Einsatzenergieträgerbedarf
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
61
Insgesamt kann somit festgestellt werden, dass im Allgemeinen keines der genannten Verfahren aus der Literatur dazu geeignet ist, das Problem Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) zu lösen. Auch hat sich gezeigt, dass sich die Ansätze nicht einfach auf die vorliegende Problemstellung adaptieren lassen. Somit sollen nun nachfolgend so genannte Metaheuristiken, die allgemeingültige heuristische Lösungsansätze für kombinatorische Optimierungsprobleme darstellen [vgl. Silver 2004, S. 936], auf ihre Eignung für die vorliegende Problemstellung untersucht werden.
4.4.2
Analyse von Metaheuristiken
Der Begriff „Metaheuristik“ wurde erstmals von [Glover 1986] eingeführt. Bis heute kann allerdings keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs angegeben werden und es finden sich in der Literatur unterschiedliche Vorschläge dazu [vgl. Blum/Roli 2003, S. 269]. Im Rahmen dieser Arbeit soll eine Definition von [Osman 2002] herangezogen werden: „A metaheuristic is an iterative master process that guides and modifies the operations of subordinate heuristics to produce efficiently high-quality solutions. It may combine intelligently different concepts to explore the search space using adaptive learning strategies and structured information”. Übersichtsartikel zu Metaheuristiken finden sich zum Beispiel in [Blum/Roli 2003, Michalewicz/Fogel 2004, Silver 2004]. Demnach sind Metaheuristiken nicht für einen spezifischen Anwendungsfall konzipiert, sondern stellen allgemeine Lösungsmöglichkeiten für unterschiedlichste Probleme dar. Dazu verfügen die einzelnen Metaheuristiken über einen oder mehrere einstellbare Parameter, über die sich der Suchprozess an die jeweilige Klasse von Problemen anpassen lässt. Dies erfordert jedoch eine geeignete Kalibrierung des Verfahrens. Generell lassen sich Metaheuristiken anhand der angewandten (Such-)Strategien unterteilen in [vgl. Hertz/Widmer 2003, S. 248]:
Verfahren auf Basis von lokaler Suche (LS-Verfahren) Verfahren auf Basis von populationsbasierter Suche bzw. (PS-Verfahren)
4.4.2.1 Verfahren auf Basis von lokaler Suche Ausgehend von einer Startlösung des Optimierungsproblems werden in jeder Iteration eines LS-Verfahrens durch (einfache) Transformationsvorschriften Nachbarlösungen in der Umge-
62
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
bung der aktuellen Lösung generiert. Dabei kann die Nachbarschaft (neighborhood) einer Lösung wie folgt beschrieben werden: Gegeben seien ein Optimierungsproblem P (o.B.d.A. sei dies ein Minimierungsproblem), die Menge S aller zulässigen Lösungen dieses Problems und eine Zielfunktion f ( s ) für alle zulässigen Lösungen s S . Für jede aktuelle Lösung s kann durch eine Abbildung N : S o 2 S die Menge der Nachbarlösungen N ( s) S bestimmt werden.
Die Grundüberlegung eines LS-Verfahrens besteht darin, dass zulässige Nachbarlösungen s ' N ( s ) generiert werden und im Fall von f ( s ') f ( s ) , s : s ' gesetzt wird. Dies wird solange wiederholt, bis für alle s ' N ( s) , f ( s ') t f ( s ) gilt. Diese lokale Suche liefert im Allgemeinen keine global optimale Lösung s* (für die f ( s* ) d f ( s ) für alle s S gilt), sondern nur lokal optimale Lösungen s in der Nachbarschaft N ( s ) , für die f ( s ) d f ( s ) für alle s N ( s ) gilt. Eine Möglichkeit diesem Nachteil zu begegnen ist, während der lokalen Suche auch Lösungen zu akzeptieren, die (temporär) zu einer Verschlechterung des Zielfunktionswerts führen. Zwei sehr bedeutende Verfahren, die dies ermöglichen und in der Literatur sehr große Verbreitung gefunden haben, sind Simulated Annealing (SA) und Tabu Search (TS) [vgl. Hertz/Widmer 2003, S. 248]. Simulated Annealing kann auf die Arbeiten von [Kirkpatrick et al. 1983] und [Cerny 1985] zurückgeführt werden. Die Grundüberlegung des Verfahrens basiert auf der Nachbildung des thermischen Prozesses beim Härten (annealing) von Feststoffen (z.B. Metalle) zur Erlangung eines Zustands minimaler Energie durch kontrolliertes Abkühlen. Ausgehend von einer Startlösung und einem so genannten Temperaturparameter T werden in jeder Iteration des Verfahrens zufällig Lösungen aus der Nachbarschaft der aktuellen Lösung s gezogen ( s ' N ( s ) ).
Die Akzeptanzwahrscheinlichkeit dieser Lösung ist abhängig von f ( s ) , f ( s ') und T . Die aktuelle Lösung s wird in jedem Fall ersetzt, wenn gilt: f ( s ') f ( s ) . Eine Lösung mit einem gleichen oder schlechteren Zielfunktionswert wird mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit akzeptiert. Im Allgemeinen wird diese Wahrscheinlichkeit durch exp > ( f ( s) f ( s ')) T ) @ angegeben. Während des Suchprozesses wird die Temperatur verringert, wodurch zu Beginn des Verfahrens die Wahrscheinlichkeit, Lösungen mit einem schlechteren Zielfunktionswert weiter zu betrachten, höher ist als am Ende. Dadurch werden in den ersten Phasen des Verfahrens Lösungsregionen mit aussichtsreichen Lösungen lokalisiert und dann mit sinkender Temperatur lokale Optima in diesen Regionen gesucht. Aufbauend auf diesen Grundprinzipien wurden verschiedenste Veränderungen des Verfahrens vorgeschlagen. Eine Übersicht bietet etwa [Aarts et al. 1997].
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
63
Tabu Search lässt sich auf die Arbeiten von [Glover 1986] zurückführen. Der wesentliche Unterschied zwischen SA und TS besteht darin, dass Lösungen, die kurz zuvor besucht wurden, als „tabu“ gesetzt werden. Nachfolgend soll eine einfache Grundversion von TS beschrieben werden. Zur Überwindung von lokalen Optima wird die lokale Suche um eine so genannte Tabuliste erweitert. Diese kann als eine Art „Gedächtnis“ gesehen werden. Somit können aus der Nachbarschaft einer aktuellen Lösung nur Lösungen ausgewählt werden, die keinen „tabu“-Status besitzen. In jeder Iteration des Verfahrens wird die beste Lösung aus den verbleibenden Lösungen ausgewählt und als aktuelle Lösung gesetzt. Diese wird dann wiederum auf die Tabuliste gesetzt und ersetzt eine Lösung auf der Tabuliste, sofern diese bereits vollständig gefüllt ist.55 Diese Lösung ist somit für die weitere Suche wieder freigegeben. Das Verfahren endet, wenn ein Abbruchkriterium erreicht ist oder wenn alle Nachbarlösungen den „tabu“-Status besitzen. Generell wird durch die Einführung der Tabuliste einerseits vermieden, dass Endlosschleifen durch das Aufsuchen von bereits besuchten Lösungen auftreten. Andererseits wird während des Suchprozesses erzwungen, dass auch Lösungen mit einem niedrigeren Zielfunktionswert akzeptiert werden können. Dabei kann das Verfahren über die Länge der Tabuliste gesteuert werden. Durch eine kurze Tabuliste konzentriert sich die Suche auf einen kleinen Ausschnitt des Suchraums, hingegen kann durch eine lange Tabuliste die Suche über weite Regionen des Suchraums ausgedehnt werden. Aufbauend auf diesen Grundprinzipien werden verschiedenste Veränderungen des Verfahrens vorgeschlagen. Eine Übersicht bietet etwa [Aarts et al. 1997].
Generell muss für alle LS-Verfahren eine geeignete Definition der Nachbarlösungen gefunden werden. Üblicherweise wird die Nachbarschaft durch einzelne „Züge“, also durch mögliche Veränderungen einer Lösung angegeben. Dies kann beispielsweise
bei einer binären Lösungsrepräsentation durch Änderung eines Werts von 0 auf 1 bzw. von 1 auf 0 bei der Bestimmung der Reihenfolge von Produktionsaufträgen auf einer Maschine durch die Vertauschung von jeweils zwei aufeinander folgenden Produktionsaufträgen
erfolgen. Dabei gilt es generell einen Kompromiss zwischen der Größe der Nachbarschaft (und somit möglichst vielen erreichbaren Lösungen) und dem Rechenaufwand für eine große Nachbarschaft zu finden. So beschreibt etwa [Silver 2004, S. 946], dass ein Schlüsselfaktor für den Einsatz von TS der Rechenaufwand für die Abarbeitung der Nachbarschaft der aktuellen Lösung darstellt. Insgesamt lässt sich der Zusammenhang zwischen Lösungsrepräsentation, Nachbarschaftsdefinition und dem Absuchen des Lösungsraums wie folgt beschreiben
55
Im Allgemeinen wird dabei nach dem FIFO-Prinzip vorgegangen.
64
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
[Blum/Roli 2003, S. 273]: „…the problem representation together with the neighborhood structures define the search landscape; the algorithm describes the strategy used to explore the landscape and, finally, the actual search space characteristics are defined by the problem instance to be solved.“. Für die vorliegende Problemstellung ist eine geeignete Definition von Nachbarschaften mit einfachen Transformationsvorschriften schwierig. Eine einfache Transformationsvorschrift für den Übergang von einer zu einer anderen Lösung ist etwa die Änderung der Binärvariablen des Optimierungsproblems Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) von 0 auf 1 bzw. von 1 auf 0. Dabei besteht allerdings unmittelbar das Problem von unzulässigen Lösungen. So müssten entweder Reparaturverfahren für diese Lösungen gefunden oder vor einer Änderung der Binärvariablen überprüft werden, ob die Veränderung zulässig ist. Beides kann unter Umständen sehr (rechen-)aufwändig sein. Berücksichtigt man hingegen, dass Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) ein kombinatorisches Optimierungsproblem darstellt, kann eine Nachbarschaft durch die Vertauschung von zwei aufeinander folgenden Produktionsaufträgen (auf der gleichen Maschine) bzw. durch eine geeignete Veränderung von deren Startzeiten vorgenommen werden. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass ein solches Verfahren frühzeitig zu einem lokalen Optimum konvergiert, da sich Verbesserungen auch nur durch die (gleichzeitige) Veränderung von mehreren Produktionsaufträgen auf mehreren Maschinen ergeben können. Somit muss eine Transformationsvorschrift in der Lage sein, sowohl die Reihenfolge als auch die Startzeiten von mehreren Produktionsaufträgen auf mehreren Maschinen gleichzeitig zu verändern. Eine derartige Transformationsvorschrift wird im Allgemeinen immer an eine spezifische Auftragsstruktur angepasst sein. Deswegen erscheinen Verfahren auf Basis von lokaler Suche zur Lösung der vorliegenden Problemstellung eher ungeeignet, da keine adäquate Transformationsvorschrift für die Definition der Nachbarschaften formuliert werden kann.
4.4.2.2 Verfahren auf Basis von populationsbasierter Suche Der wesentliche Unterschied zwischen LS-Verfahren und PS-Verfahren liegt in der gleichzeitigen Bearbeitung mehrerer Lösungen (Population von Individuen) in jeder Iteration des Verfahrens [vgl. Michalewicz/Fogel 2004, S. 140]. Die größte Gruppe von Algorithmen, die den populationsbasierten Verfahren zugerechnet werden können, sind die so genannten Evolutionären Algorithmen (EA).56 Diese können als stochastische Suchverfahren verstanden
56
Weitere populationsbasierte Verfahren sind etwa Adaptive Memory Procedures [vgl. Glover 1999].
Analyse von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens
65
werden, die sich an den Prinzipien der natürlichen biologischen Evolution anlehnen. Auf die Individuen wird das Prinzip „survival of the fittest“ angewendet, um Lösungen mit einem möglichst guten Zielfunktionswert zu erzielen [vgl. Pohlheim 2000, S. 7]. Die Entwicklung von EA lässt sich auf die folgenden vier Grundrichtungen [vgl. Nissen 1994, S. 13] zurückführen:
Genetische Algorithmen Genetische Programmierung (Sonderform von genetischen Algorithmen) Evolutionsstrategien Evolutionäre Programmierung
Trotz der unterschiedlichen Ursprünge von EA bietet grundsätzlich keines der Verfahren Vorteile gegenüber dem anderen [Michalewicz/Fogel 2004, S. 152], woraus die Autoren folgern: „In the light of the current state-of-the-art, we’ll adopt the term evolutionary algorithm to describe any of the algorithms that use population-based random variation and selection […] and we encourage you to think these broad term as well.“. Der grundsätzliche Ablauf eines EA lässt sich wie folgt beschreiben. In einer Initialisierungsphase wird die Anfangspopulation aus einzelnen Lösungen (Individuen) s S generiert und die Zielfunktionswerte (Fitness) f ( s) dieser Individuen berechnet. In jeder Iteration des Verfahrens (Generation) werden Individuen (Eltern) ausgewählt und durch Anwendung evolutionärer Operatoren (z.B. Rekombination, Mutation) neue Individuen erzeugt (Nachkommen) und in die ursprüngliche Population eingefügt, wodurch eine neue Population entsteht. Dies führt zur Evolution der Populationen, die sich immer besser an das vorgegebene Ziel anpassen. Dabei bietet die populationsbasierte Suche im Lösungsraum für die vorliegende Problemstellung wesentliche Vorteile:
Die populationsbasierte Suche kann als eine Art paralleles Absuchen des Lösungsraums interpretiert werden [Pohlheim 2004, S. 8]. Somit werden nicht nur einzelne Lösungen nacheinander (wie z.B. bei LS-Verfahren) betrachtet, sondern es wird mit einer Menge von Lösungen gleichzeitig gearbeitet. Die Beteiligung von mehreren Individuen kann als eine Art generalisierte Form von Nachbarschaftsdefinition angesehen werden [vgl. Pirlot 1996, S. 501]. Dies ist insbesondere aufgrund der geschilderten Problematik der Definition von einfachen Nachbarschaften von Bedeutung.
66
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Generell sind EA auch bei einer geringen Einsicht in die Problemstruktur anwendbar [vgl. Nissen 1997, S. 20]. Durch die in Abbildung 4-7 gezeigten Auswirkungen von (kleinen) Änderungen auf den Zielfunktionswert ist dies ein weiterer wichtiger Grund für den Einsatz von EA.
Neben diesen Vorteilen ist allerdings ein EA immer an die vorgegebene Problemstellung anzupassen. Dies wird durch die Fülle an Literatur zu diesem Thema nicht unbedingt erleichtert. Nachfolgend soll nun ein Verfahren zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) vorgestellt werden, das gut erforschte Komponenten von „Standard“-EA mit problemspezifischem Wissen verbindet.
4.5
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
4.5.1 Struktur eines Hybriden Evolutionären Algorithmus Die Grundstruktur eines Evolutionären Algorithmus ist in Abbildung 4-8 dargestellt. Zu Beginn des Verfahrens wird eine Startpopulation generiert und dann die einzelnen Individuen dieser Startpopulation bewertet (Fitness). Ist ein definiertes Abbruchkriterium (z.B. Anzahl der Generationen, vorgegebene Lösungsgüte) noch nicht erfüllt, wird in den nächsten Iterationen des EA jeweils eine neue Population erzeugt. Dabei werden aus der aktuellen Population jeweils Elternpaare ausgewählt (Selektion), die unter Anwendung evolutionärer Operatoren (Rekombination, Mutation) neue Nachkommen produzieren. Durch die Rekombination werden die Eltern miteinander „gekreuzt“ und durch die Mutation stochastisch verändert. Anschließend erfolgen die Bewertung der erzeugten Nachkommen und die Auswahl der Individuen der nächsten Generation.
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
67
Initialisierung • Start •
Generierung der Startpopulation Bewertung der Startpopulation
[Abbruchkriterium nicht erreicht]
Selektion der Eltern
Ende
[Abbruchkriterium erreicht]
Rekombination Mutation Bewertung der Nachkommen Auswahl der Individuen der nächsten Generation
Abbildung 4-8:
Struktur eines Evolutionären Algorithmus [in Anlehnung an Pohlheim 2000, S. 10]
Derartige EA können auf vielfältige Probleme bzw. Problemklassen angewendet werden. Dabei ist von besonderem Interesse, welche Lösungsqualität zu erwarten ist. Einen sehr globalen Ansatz zur Beantwortung dieser Frage liefert [vgl. Goldberg 1989, S. 2ff]. Wie in Abbildung 4-9a gezeigt wird, ist die Leistungsfähigkeit von robusten Lösungsverfahren57, zu denen auch die EA zählen, über eine große Bandbreite von (Optimierungs-)Problemen gegeben. Im Vergleich zu Suchverfahren, bei denen Lösungen auf Basis des Zufallsprinzips ausgewählt werden, ist ein evolutionäres Verfahren deutlich überlegen. Allerdings kann ein EA selten die Leistungsfähigkeit eines Verfahrens übertreffen, das genau auf die gegebene Problemstellung zugeschnitten wurde. Dieses Resultat wurde auch in den so genannten „No Free Lunch Theoremen“ nachgewiesen [vgl. Wolpert/Macready 1997]. Demzufolge ist im Mittel über alle möglichen Probleme die zu erwartende Leistungsfähigkeit aller Lösungsalgorithmen gleich gut (oder schlecht). Dies bedeutet, dass ein Lösungsalgorithmus, der eine gute Leistungsfähigkeit für ein Problem aufweist, bei anderen Problemen schlechter abschneidet. Daraus lässt sich auch ableiten, dass möglichst viel problemspezifisches Wissen bei der Konstruktion eines Lösungsalgorithmus für ein spezifisches Problem verwendet werden sollte [vgl. Michalewicz/Fogel 2004, S. 471ff]. In der Anwendung auf einen EA bedeutet dies, dass ein durch problemspezifisches Wissen „angereichertes“ Verfahren nicht mehr für alle mögli57
Ein robustes Lösungsverfahren liefert für ein breites Spektrum von Optimierungsproblemen gute Ergebnisse [vgl. Goldberg 1989, S. 32].
68
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
chen Probleme gute Ergebnisse liefert, aber besser an ein spezifisches Problem angepasst ist (vgl. Abbildung 4-9b). a) Leistungsfähigkeit von EA [in Anlehnung an Goldberg 1989, S. 6] Leistungsfähigkeit des Lösungsverfahrens
Evolutionäre Algorithmen
Zufallssuche Problemspezifische Lösungsverfahren
Bandbreite möglicher (Optimierungs-)Probleme
b) Leistungsfähigkeit von Hybriden EA [in Anlehnung an Michalewicz 1996] Leistungsfähigkeit des Lösungsverfahrens
Evolutionäre Algorithmen
Evolutionäre Algorithmen mit problemspezifischen Verfahren
Problemspezifische Lösungsverfahren
Bandbreite möglicher (Optimierungs-)Probleme
Abbildung 4-9:
Leistungsfähigkeit von Evolutionären Algorithmen
Für die vorliegende Problemstellung wird demnach die Grundstruktur eines EA mit problemspezifischem Wissen angereichert. Eine Erfolg versprechende Anpassung eines EA in diesem Zusammenhang besteht in der Anwendung von lokalen Suchverfahren auf gefundene Indivi-
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
69
duen [vgl. Eiben/Smith 2003, S. 181]. Dieses Verfahren resultiert aus der Überlegung, dass während des Suchprozesses relativ schnell aussichtsreiche Regionen des Suchraums identifiziert werden können, aber es unter Umständen sehr lange dauern kann, bis durch (problemunspezifische) evolutionäre Operatoren die „richtigen“ Verbesserungen gefunden werden können. Derartige Verfahren werden als „Hybride EA (HEA)“ bezeichnet.58 Bei der Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) ist zu erwarten, dass die beschriebene Schwierigkeit der langsamen Konvergenz des Verfahrens aufgrund der großen Anzahl potentieller Startzeiten der einzelnen Produktionsaufträge gegeben ist. Somit kann es für einzelne Produktionsaufträge hilfreich sein, diese einzeln in die „richtige“ Position zu bringen. Die Struktur eines HEA zur Lösung des Planungsproblems Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) wird durch die Abbildung 4-10 dargestellt. Initialisierung • Start •
Generierung der Startpopulation Bewertung der Startpopulation
[Abbruchkriterium nicht erreicht]
Selektion der Eltern
Ende
[Abbruchkriterium erreicht]
Rekombination Mutation Bewertung der Nachkommen Verbesserung auf Basis von lokaler Suche Auswahl der Individuen der nächsten Generation
Abbildung 4-10:
58
Struktur eines Hybriden Evolutionären Algorithmus
HEA werden auch als „Memetic EA“ bezeichnet. Der Begriff „Memetic EA“ wurde von [Moscato 1989] geprägt.
70
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.5.2 Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus Die Spezifikation eines Hybriden Evolutionären Algorithmus für das vorliegende Planungsproblem Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) umfasst insbesondere die geeignete Wahl bzw. Entwicklung der folgenden Verfahren und Parameter:
Wahl einer geeigneten Repräsentation des Planungsproblems Wahl eines Verfahrens zur Generierung einer Startpopulation Wahl der Populationsgröße und des Abbruchkriteriums Wahl der Selektionsverfahren (Eltern und Individuen der nächsten Generation) Wahl des Rekombinationsverfahrens und dessen Wahrscheinlichkeit Wahl des Mutationsverfahrens und dessen Wahrscheinlichkeit Entwicklung eines lokalen Suchverfahrens
Dabei ist die Interaktion zwischen den einzelnen Verfahren und Parametern oftmals nicht unabhängig voneinander. Zusätzlich liegen dazu nur wenige theoretische Untersuchungen vor.59 Diese beziehen sich zumeist auf einzelne Verfahren und Parameter für spezielle Probleme (z.B. die Mutationsrate für Probleme mit speziellen Zielfunktionen) und können nicht verallgemeinert werden. Prinzipiell ist bei der Wahl einzelner Verfahren und Parameter jedoch auf die Ausgewogenheit folgender Aspekte zu achten [vgl. Weicker 2002, S. 65]:
Erforschung neuer Regionen des Suchraums (exploration) Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen des Suchraums (exploitation)60
So muss durch die Verfahren und Parameter sichergestellt sein, dass sowohl Individuen zur Erforschung neuer Regionen des Suchraums generiert als auch aussichtsreiche Regionen des Suchraums genauer untersucht werden. Dafür ist im Wesentlichen das Zusammenspiel der evolutionären Operatoren und Selektion der Individuen verantwortlich. Durch die evolutionären Operatoren Rekombination und Mutation werden neue Individuen erzeugt, wodurch neue Suchrichtungen generiert werden können. Die Selektion wählt aus diesen möglichen Suchrichtungen im Allgemeinen die aussichtsreichsten aus und bestimmt somit wiederum, an welchem Punkt die evolutionären Operatoren der nächsten Iteration ansetzen. Somit ist die Selektion maßgeblich an der Bewahrung von guten Lösungen beteiligt und ermöglicht die Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen des Suchraums. Dabei muss insbesondere darauf geachtet werden, dass der Selektionsdruck nicht zu hoch gewählt wird, um eine Erfor59
60
Eine Sammlung von Arbeiten zum theoretischen Verhalten von EA findet sich dazu etwa in [Kallel et al. 2001]. Die Begriffe exploration und exploitation stammen aus dem Bereich des Tabu Search [vgl. etwa Glover Laguna 1997] und wurden auf evolutionäre Verfahren übertragen [vgl. Eiben/Schippers 1998].
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
71
schung von neuen Gebieten nicht vollständig zu unterbinden. Dies wird als vorzeitige Konvergenz des Verfahrens (premature convergence) bezeichnet und bedeutet einen vorzeitigen Verlust an Diversität einer Population [vgl. Eiben/Smith 2003, S. 29]. Zusätzlich gilt es zu beachten, dass sich der Schwerpunkt von der Erforschung neuer Regionen zu Beginn des Suchprozesses hin zu der Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen gegen Ende der Suche verändert.
4.5.2.1 Repräsentation des Planungsproblems Bei der Anwendung eines HEA muss zunächst eine geeignete Darstellung des Planungsproblems im Rahmen des Verbesserungsverfahrens (Festlegung der Startzeiten der Produktionsaufträge) bestimmt werden. Dabei werden Lösungen dieses Planungsproblems als „Phänotyp“, deren Abbild als codierte Lösungen eines HEA als „Genotyp“ oder „Individuen“ bezeichnet (Repräsentation). Zur Bewertung der Lösungsqualität (Fitness) eines Individuums ist somit eine entsprechende Decodierung des Individuums und Bewertung des Phänotyps notwendig. Dementsprechend besteht eine Fitnessfunktion aus einer Decodierungsfunktion und der Zielfunktion des Planungsproblems [vgl. Nissen 1997, S. 37]. Eine nahe liegende Überlegung zur Repräsentation des Planungsproblems besteht in der Übernahme der binären Variablen des Optimierungsproblems 4-6 bis 4-13 als Zeichenfolge (String). Diese Art der Darstellung entspricht den Grundformen von Genetischen Algorithmen [vgl. etwa Nissen 1994, S. 22ff], die auf einer binären Codierung des Phänotyps aufbauen. Ein wesentlicher Vorteil dabei wäre, dass eine Decodierung einer innerhalb des HEA gefundenen Lösung entfallen kann und Individuen direkt bewertet werden können. Ein entscheidender Nachteil dieser Vorgehensweise besteht allerdings darin, dass bei der Generierung bzw. Veränderung eines Individuums unzulässige Lösungen entstehen können. Dies wird deutlich, wenn etwa einfache genetische Operatoren (z.B. 1-Punkt Crossover61) für die Rekombination von Individuen zum Einsatz kommen (vgl. Abbildung 4-11).
61
Beim 1-Punkt Crossover wird stochastisch auf Basis einer Gleichverteilung ein Crossover-Punkt bestimmt, der bei beiden Eltern identisch ist. Anschließend werden die beiden Teilstücke rechts des Crossover-Punkts ausgetauscht, und es entstehen neue Nachkommen [vgl. etwa Nissen 1997, S. 39].
72
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
E1
0
0
1
1
1
1
N1
0
0
1
1
0
0
E2
1
1
1
1
0
0
N2
1
1
1
1
1
1
E1, E2 N1, N2
Abbildung 4-11:
Elternteil 1 bzw. 2 Nachkomme 1 bzw. 2
Rekombination durch 1-Punkt Crossover bei binärer Codierung
Zur Vermeidung des Problems unzulässiger Lösungen können beispielsweise Verfahren mit Strafkosten für unzulässige Lösungen bei der Fitnessbewertung, Reparaturmechanismen oder Decodierung von unzulässigen Lösungen in zulässige Lösungen zur Anwendung kommen [vgl. etwa Michalewicz/Fogel 2004, S. 231ff]. Diese Möglichkeiten sind jedoch im Allgemeinen mit erheblichem Rechenaufwand verbunden. So ist etwa bei der Belegung von unzulässigen Lösungen mit Strafkosten zu erwarten, dass sich insgesamt die Laufzeit des HEA deutlich verlängert. Reparaturmechanismen bzw. Decodierung von unzulässigen Lösungen verändern zusätzlich nach der Anwendung von genetischen Operatoren die Individuen, wodurch die beschriebene Wirkungsweise der genetischen Operatoren erheblich gestört werden kann. Neben der Repräsentation von Problemen in binärer Form wurden auch Repräsentationsformen höherer Kardinalität vorgeschlagen. Für kombinatorische Optimierungsprobleme ist dabei die so genannte Permutationscodierung von besonderer Bedeutung. Diese Form der Repräsentation wird oftmals bei der Bestimmung von optimalen Reihenfolgen eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das so genannte Travelling Salesman Problem (TSP), bei dem eine möglichst kurze Rundreise durch eine gegebene Anzahl von Städten gesucht wird [vgl. etwa Chatterjee et. al. 1996, Schmitt/Amini 1998]. Dabei kann die Repräsentation in der Form erfolgen, dass die einzelnen Städte in der Reihenfolge der Rundreise in einem Individuum abgebildet werden. Die einzelnen Individuen sind somit immer eine Permutation der einzelnen Städte. Formal kann dabei ein Individuum p einer Generation g als eine spezielle AbG bildung a p ( g ) einer Menge {1,..., q} (z.B. Anzahl von Städten) auf sich selbst beschrieben werden
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
73
G a p ( g ) :{1,..., q} o {1,..., q}, wobei jedem Element der Definitionsmenge genau ein Element der Zielmenge zugeordnet ist (Injektivität) [Weicker 2002, S. 11]. Ein Individuum stellt zudem eine bijektive Abbildung dar, da die Definitionsmenge mit der Zielmenge identisch ist. Dadurch ist eine eindeutige Decodierung der einzelnen Individuen gesichert. In Analogie zu der Permutationscodierung des TSP stellen Individuen für das vorliegende Maschinenbelegungsproblem Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) grundsätzlich eine Permutation der einzelnen Produktionsaufträge dar (Reihenfolge der einzelnen Produktionsaufträge bei fester Zuordnung zu den Maschinen durch das Eröffnungsverfahren). Allerdings besteht eine
Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) in der Bestimmung der Startzeiten aller Produktionsaufträge (vgl. Abschnitt 4.1.2). Dies umfasst neben der Reihenfolge der Produktionsaufträge auch die Pausenzeiten zwischen dem Ende eines Produktionsauftrags und dem Start des nächsten Produktionsauftrags. Deshalb werden bei der Anwendung der Permutationscodierung für die Bestimmung der Pausenzeiten zwischen den Produktionsaufträgen entsprechende Pausenaufträge eingeführt. Die Pausenaufträge (Breaks) B {Bi | i
n 1,..., n b `} werden mit einer identischen
Bearbeitungszeit (Länge des Pausenauftrags) definiert, wobei diese Bearbeitungszeit der Zeitauflösung der Planung (Granularität) entspricht (vgl. Abbildung 4-12). Sind weniger Produktionsaufträge als die Gesamtkapazität aller Maschinen einzuplanen, können auch die freien Zeiten auf den nicht belegten Aggregaten als Pausenaufträge interpretiert werden. Maschinen M3 M2 M1
d Granularität
Produktionsauftrag
Abbildung 4-12:
Pausenauftrag
Pausenaufträge innerhalb eines Maschinenbelegungsplans
Zeit
74
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Die Anzahl der Pausenaufträge kann bestimmt werden durch n
ni
d m ¦¦ pij i 1 j 1
b
4-14
,
g
wobei m die Anzahl der belegten Maschinen angibt. Zusammen mit der festen Zuordnung der Produktionsaufträge zu den einzelnen Maschinen durch das Eröffnungsverfahren kann das Planungsproblem des Verbesserungsverfahrens durch eine Permutation von Produktions- und Pausenaufträgen repräsentiert werden (vgl. Abbildung 4-13). M1
M2
M1
M2
M2
M1
M1
M2
M1
J1
B6
B5
B8
J4
B7
J3
J2
B9
M1
J1
B5
B7
J3
B9
M2
B6
B8
J4
J2
Produktionsauftrag Pausenauftrag
Abbildung 4-13:
Permutation von Produktionsund Pausenaufträgen mit fester Zuordnung zu Maschinen aus dem Eröffnungsverfahren
Anordnung der Produktionsund Pausenaufträge innerhalb des Maschinenbelegungsplans
Mk
Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Decodierung eines Individuums in einen Maschinenbelegungsplan
Diese Vorgehensweise bietet nun den Vorteil, dass aus jeder Permutation aus Produktionsund Pausenaufträgen immer (zusammen mit der festen Zuordnung der Produktionsaufträge zu den Maschinen aus dem Eröffnungsverfahren) ein eindeutiger (und vor allem zulässiger) Maschinenbelegungsplan erstellt werden kann.62 Zusätzlich kann ein kompletter Maschinenbelegungsplan in einem String dargestellt werden, wodurch die gleichzeitige Berücksichti62
Die Nebenbedingungen 4-7 bis 4-13 sind immer erfüllt.
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
75
gung aller Produktionsaufträge auf allen Maschinen gewährleistet ist.63 Dies ist insbesondere für das Ziel der Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs von großer Bedeutung. Allerdings müssen für Permutationscodierungen spezielle evolutionäre Operatoren angewendet werden, da einfache Verfahren, wie etwa 1-Punkt Crossover, zu unzulässigen Lösungen führen können (vgl. Abbildung 4-14).
E1
J1
J2
J3
B4
B5
B6
N1
J1
J2
J3
J3
J2
J1
E2
B6
B5
B4
J3
J2
J1
N2
B6
B5
B4
B4
B5
B6
zulässige Lösungen
Produktionsauftrag
unzulässige Lösungen
E1, E2 N1, N2
Elternteil 1 bzw. 2 Nachkomme 1 bzw. 2
Pausenauftrag
Abbildung 4-14:
Rekombination durch 1-Punkt Crossover bei Permutationscodierung
4.5.2.2 Generierung einer Startpopulation Prinzipiell können Startpopulationen durch eine zufällige Generierung sowie durch eine Generierung auf Basis von problemspezifischem Wissen initialisiert werden. Oftmals ist es allerdings nicht lohnend, (heuristische) Verfahren zur Generierung einer Startpopulation heranzuziehen [vgl. Eiben/Smith 2003, S. 30].64 Dies kann auch aus dem typischen Verlauf einer Fitnessfunktion des jeweils besten Individuums einer Generation abgeleitet werden (vgl. Abbildung 4-15). Daraus ist zu erkennen, dass das Ergebnis einer Generierung einer Startpopulation auf Basis von problemspezifischem Wissen (b) auch bei einer zufälligen Initialisierung (a) bereits nach wenigen Generationen erreicht wird.
63
64
Beispielsweise wäre es auch denkbar, dass für die Produktionsaufträge auf den einzelnen Maschinen einzelne Strings gebildet und mit einzelnen HEA optimiert werden. Dabei stellt sich allerdings das Problem die einzelnen HEA aufeinander abzustimmen, da eine Änderung der Maschinenbelegung einer Maschine wiederum Einfluss auf die Maschinenbelegung einer anderen Maschine nimmt. [Eiben/Smith 2003, S. 178] weisen allerdings auch darauf hin, dass es in einzelnen Fällen sinnvoll sein kann, eine Startpopulation unter Einsatz von problemspezifischem Wissen zu erstellen. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn aussichtsreiche Lösungen in bestimmten Regionen des Suchraums zu erwarten sind.
76
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Bester Fitnesswert a der Generation
b
Anzahl Generationen (Zeit)
Abbildung 4-15:
Typischer Verlauf einer Fitnessfunktion des jeweils besten Individuums einer Generation [in Anlehnung an Eiben/Smith 2003, S. 31]
Dementsprechend wird für die Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) eine zufällige Initialisierung herangezogen. Im Fall der Repräsentationscodierung kann dies sehr einfach durch die Erzeugung von gleichverteilten Zufallszahlen (o.B.d.A. können diese zwischen 0 und 1 normiert sein) und deren aufsteigender Sortierung erfolgen [vgl. Pohlheim 2000, S. 61f]. Dabei ergibt sich eine Permutation durch die Betrachtung der Position der Zufallszahl vor und nach der Sortierung (vgl. Abbildung 4-16).
Position
1
2
3
4
5
Zufallszahl
0,1946
0,8434
0,2384
0,7766
0,0526
Sortierung
Position
5
1
3
4
2
Zufallszahl
0,0526
0,1946
0,2384
0,7766
0,8434
Abbildung 4-16:
Generierung von Individuen der Startpopulation mittels Zufallszahlen
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
77
4.5.2.3 Populationsgröße und Abbruchkriterium Eine Population ist eine Menge von Individuen, bei der die einzelnen Individuen auch mehrfach enthalten sein können. Dabei gibt die Populationsgröße an, aus wie vielen Individuen eine Population besteht. Grundsätzlich gilt es bei der Wahl der Populationsgröße einen Kompromiss zwischen der Gefahr vorzeitiger Konvergenz bei kleinen Generationen und sehr hohem Rechenaufwand bei großen Populationen zu finden. So werden etwa für binär codierte Genetische Algorithmen häufig Populationsgrößen von 30 bis 200 Individuen gewählt [vgl. Nissen 1997, S. 38]. Für Lösungsrepräsentationen mit höherer Kardinalität weist [Reeves 1993, S. 95] darauf hin, dass im Vergleich zu binärer Codierung größere Populationen erforderlich sind, um mit gleicher Wahrscheinlichkeit alle möglichen Ausprägungen der einzelnen Stringpositionen eines Individuums zu erhalten. Für (Hybride) Evolutionäre Algorithmen werden unterschiedlichste Abbruchkriterien vorgeschlagen. Eine Übersicht findet sich etwa in [Pohlheim 2000, S. 63ff], bei dem folgende Abbruchkriterien genannt werden:
Anzahl der Generationen Hierbei wird die Anzahl der Generationen bzw. die Anzahl der Zielfunktionsberechnungen begrenzt.
Rechenzeit Dabei wird entweder die tatsächliche Zeit oder die CPU-Zeit des Rechners als Abbruchkriterium herangezogen.
„globales“ Optimum Bei Erreichen einer definierten Differenz von aktuellem Zielfunktionswert und einem vorgegebenen Zielfunktionswert (z.B. bekanntes Optimum bzw. Schätzung) wird der HEA angehalten.
Standardabweichung Als Kriterium für den Abbruch werden die Standardabweichungen der Zielfunktionswerte der aktuellen Population herangezogen.
78
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
laufender Mittelwert Die Differenz zwischen Mittelwert der besten Zielfunktionswerte der letzten Generation und dem besten Zielfunktionswert der aktuellen Generation wird als Abbruchkriterium herangezogen.
Bester/schlechtester Zielfunktionswert Der Abbruch erfolgt anhand der Differenz zwischen dem besten und schlechtesten Zielfunktionswert der aktuellen Generation.
Phi Hierbei wird bei Erreichen eines bestimmten Quotienten aus dem Mittelwert aller Zielfunktionswerte und dem besten Zielfunktionswert der aktuellen Generation der HEA abgebrochen.
Im Allgemeinen ist bis auf die Beschränkung der Anzahl der Generationen und die Beschränkung der Rechenzeit bei keinem anderen Abbruchkriterium gewährleistet, dass ein HEA tatsächlich beendet wird. Für den praktischen Einsatz einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung mit sehr kurzfristigem Planungshorizont ist auf eine Begrenzung der Laufzeit eines HEA zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) zu achten. Grundsätzlich eignen sich für die vorliegende Problemstellung somit eher die beiden erstgenannten Kriterien. Von diesen wiederum ist für einen Vergleich der Leistungsfähigkeit eines HEA (mit oder ohne lokalem Suchverfahren) die Rechenzeit als Abbruchkriterium heranzuziehen. Aufgrund eines lokalen Suchverfahrens innerhalb eines HEA können zusätzliche Zielfunktionsbewertungen erforderlich sein, und die Beschränkung der Anzahl der Generationen würde die Ergebnisse verzerren.
4.5.2.4 Selektion Die Selektion von Individuen erfolgt an zwei unterschiedlichen Stellen innerhalb des Ablaufs des HEA (vgl. Abbildung 4-10). Einerseits werden zur Erzeugung von Nachkommen Eltern aus der bestehenden Population ausgewählt. Andererseits werden nach der Anwendung evolutionärer Operatoren diejenigen Individuen bestimmt, die potentielle Eltern der nächsten Generation darstellen [vgl. Hancock 2000, S. 212]. Durch die Selektion wird im Wesentlichen die Häufigkeit festgelegt, mit der einzelne Individuen (bzw. bestimmte Informationen, die durch diese Individuen repräsentiert werden) verändert werden. Dadurch stellt die Selektion einen
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
79
wichtigen Operator innerhalb eines HEA dar, der gute Individuen innerhalb einer Population hervorheben soll [vgl. etwa Bäck 1996, S. 163]. Im Allgemeinen zeichnen sich gute Individuen durch einen höheren Fitnesswert aus. Deshalb sollen diese Individuen mit einer höheren Häufigkeit ausgewählt werden.65 Dies kann auf Basis einer deterministischen bzw. einer probabilistischen Auswahl erfolgen. Bei einem deterministischen Auswahlverfahren werden beispielsweise immer die besten Individuen einer Population für die Rekombination ausgewählt, während bei der probabilistischen Selektion die Auswahl immer mit einer (meist fitnessproportionalen) Wahrscheinlichkeit belegt ist. Somit besteht meist eine, wenn auch geringe Wahrscheinlichkeit, dass gute Lösungen nicht ausgewählt bzw. schlechte Lösungen in die Auswahl aufgenommen werden. Dadurch kann vermieden werden, dass selbst bei ungeeigneter Parameterwahl bzw. komplexen nichtlinearen Zielfunktionen eine vorzeitige Konvergenz des Verfahrens verhindert wird. Grund dafür ist die nicht ausschließliche Auswahl guter Lösungen, die in einem deterministischen Auswahlprozess zu einem lokalen Optimum führen [vgl. Deb 2000, S. 167]. Dementsprechend werden im Rahmen des zu entwickelnden HEA probabilistische Selektionsoperatoren eingesetzt. Die gebräuchlichsten probabilistischen Selektionsverfahren sind [vgl. etwa Eiben/Smith 2003, S. 58]:
fitnessproportionale Selektion rangbasierte Selektion Turnierselektion
Prinzipiell können diese in Anlehnung an [Grefenstette 2000, S. 172] in die folgenden Schritte unterteilt werden:
Abbildung der Zielfunktion zu einer Fitnessfunktion und Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung Entnahme von Stichproben
Darauf aufbauend können geeignete Selektionsverfahren zur Auswahl der Eltern für die Rekombination bzw. die Auswahl der Individuen für die nächste Generation bestimmt werden.
65
Es wurden auch Varianten vorgeschlagen, die eine Selektion auf Basis von rein zufälliger Auswahl der Individuen anwenden.
80
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.5.2.4.1
Abbildung der Zielfunktion und Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung
Die einfachste Art der Abbildung einer Zielfunktion f ist die Übernahme der Zielfunktion f als Fitnessfunktion ) , wie sie von [Holland 1992] vorgeschlagen wird. Dazu ist eine entsprechende Decodierung der einzelnen Individuen p einer Generation g notwendig (vgl. Abschnitt 4.5.2.1). Damit gilt:
G ) (a p ( g ))
G f (a p1 ( g ))
Dementsprechend kann die Wahrscheinlichkeit für die Selektion eines Individuums wie folgt angegeben werden: G Pprop (a p ( g ))
G ) (a p ( g )) G
¦ )(a p ( g )) p
Diese Art der Fitnesszuweisung bzw. Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung (fitnessproportionale Selektion) weist allerdings auch Nachteile auf. Offensichtlich ist diese Art der Fitnesszuweisung nur für positive Zielfunktionswerte eines Maximierungsproblems geeignet. Dementsprechend muss für ein Minimierungsproblem, wie es im Rahmen dieser Arbeit vorliegt, eine entsprechende Transformation vorgenommen werden. Eine einfache Möglichkeit dies zu realisieren ist
G ) trans (a p ( g ))
G f max f (a p ( g ))
wobei f max den maximalen Zielfunktionswert des Minimierungsproblems angibt.66 Eine weitere Schwierigkeit des Einsatzes von fitnessproportionaler Selektion besteht darin, dass (meist in einem fortgeschrittenen Stadium der Optimierung) sich viele ähnlich gute Individuen innerhalb einer Population befinden. Dementsprechend unterscheiden sich die Selektionswahrscheinlichkeiten bei fitnessproportionaler Selektion nur geringfügig (vgl. Tabelle 4-1). Es besteht also nahezu kein Selektionsdruck und die Suche gleicht in diesem Fall eher einem Random Search Verfahren [vgl. etwa Goldberg 1989, S. 77].
66
Weitere Transformationen finden sich etwa in [Grefenstette 2000, S. 173].
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
Individuum
G ) (a p ( g ))
G ) trans (a p ( g ))
G ) scale (a p ( g ))
Ptrans
Pscale
1
101
99
10
0,178
0,435
2
110
90
1
0,162
0,043
3
111
89
0
0,160
0,000
4
108
92
3
0,165
0,130
5
107
93
4
0,167
0,174
6
106
94
5
0,169
0,217
Summe
643
557
23
1,000
1,000
Tabelle 4-1:
81
Fitnessproportionale Selektion
Um dem beschriebenen Problem zu begegnen, wurden verschiedenste Ansätze zur Skalierung der Fitnessfunktion vorgeschlagen. Dazu werden beispielsweise die Zielfunktionswerte (eines Minimierungsproblems) anhand des höchsten Zielfunktionswerts aller Individuen einer Generation f max ( g ) skaliert:67
G ) scale (a p ( g ))
G f max ( g ) f (a p ( g ))
Dadurch können auch Individuen, deren Zielfunktionswerte sich in ihrer Höhe absolut nur geringfügig unterscheiden, entsprechend stark betont werden (vgl. Tabelle 4-1). Darüber hinaus besteht ein weiteres Problem der fitnessproportionalen Selektion (auch bei Anwendung der beschriebenen Skalierung) darin, dass die Zielfunktionswerte einzelner Individuen wesentlich besser als die Zielfunktionswerte aller anderen Individuen sein können. Diese „Superindividuen“ können bei Anwendung einer fitnessproportionalen Selektion im schlechtesten Fall bereits in der ersten Generation alle anderen Individuen durch ihre sehr hohe Selektionswahrscheinlichkeit verdrängen. Ein Verfahren zur Lösung dieser Problematik besteht darin, alle Individuen entsprechend ihres Zielfunktionswerts zu sortieren und als Fitnesswert die Position bzw. den Rang des Individuums heranzuziehen (rangbasierte Selektion).68 Somit ergibt sich etwa im Fall einer G linearen Abbildung (lineares Ranking), bei der a1 ( g ) das beste Individuum (Rang 1) und
67
68
Derartige Fitnessskalierungen auf Basis von linearen Transformationen, die sich über die Generationen hinweg ändern können, wurden von [Grefenstette 1986] vorgeschlagen. Die rangbasierte Fitnesszuweisung wurde von [Baker 1985] vorgeschlagen.
82
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
G aP ( g ) das schlechteste Individuum (Rang P ) einer Generation (der Populationsgröße P ) G darstellt, die Selektionswahrscheinlichkeit für ein Individuum a p ( g ), p ^1,..., P` durch:
G Prrank (a p ( g ))
2§ p 1 · ¨1 ¸ P © P 1 ¹
Neben dem linearen Ranking wurden auch nichtlineare Rankingverfahren vorgeschlagen [vgl. etwa Pohlheim 1995, Grefenstette 2000a]. Allerdings bleibt bei allen rangbasierten Verfahren anzumerken, dass die durch den Fitnesswert repräsentierte Information (z.B. Unterschiedlichkeit der Lösungen) nicht für den Suchprozess verwendet werden kann. Somit werden absolute Fitnessunterschiede zwischen Individuen ignoriert, wodurch es zu einer langsameren Konvergenz (im Vergleich zur fitnessproportionalen Selektion) kommen kann [vgl. Baker 1985, S. 105]. Neben den beiden beschriebenen Verfahren besteht eine weitere Möglichkeit der Auswahl von Individuen aus einer Population darin, dass zufällig mehrere Individuen aus der Population gezogen und die Zielfunktionswerte miteinander verglichen werden. Anschließend wird das Individuum mit dem besten Fitnesswert ausgewählt (Turnierselektion). Dieses Verfahren benötigt demnach nicht die Zielfunktionswerte aller Individuen einer Population, wodurch dieses Verfahren beispielsweise bei einer Aufteilung der Gesamtpopulation in Einzelpopulation zur Implementierung auf mehreren parallelen Rechnern vorteilhaft ist [vgl. etwa Eiben/Smith 2003, S. 63]. Allerdings wird bei diesem Verfahren auch nur die relative Fitness und nicht die absolute Fitness eines Individuums (vgl. rangbasierte Selektion) für die Auswahl verwendet. Zudem kann durch stochastische Einflüsse bei der Auswahl der Individuen eines „Turniers“ das Ergebnis der Auswahl stark verzerrt werden. So können im schlechtesten Fall die besten Individuen einer Generation nicht ausgewählt werden (vgl. auch Roulette Wheel Selection weiter unten). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es insgesamt kein bestes Verfahren zur Abbildung der Zielfunktion zu einer Fitnessfunktion bzw. Bestimmung einer Wahrscheinlichkeitsfunktion gibt. Der Nachteil der rangbasierten Selektion und der Turnierselektion besteht darin, dass die absoluten Fitnessabweichungen der Individuen nicht berücksichtigt werden und ein langsames Konvergenzverhalten zu erwarten ist. Da eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung einen sehr kurzfristigen Planungshorizont aufweist (einen Tag bzw. eine Schicht), muss die Laufzeit eines HEA zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) begrenzt werden. Dadurch ist eine schnelle Konvergenz (ohne in einem lokalen Optimum „stecken zu bleiben“) innerhalb des HEA notwendig. Somit soll nachfolgend eine fitnesspro-
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
83
portionale Selektion mit einer Skalierung anhand des höchsten Zielfunktionswerts aller Individuen einer Generation herangezogen werden. Allerdings ist bei der Anwendung dieses Verfahrens zu überprüfen, ob die beschriebenen „Superindividuen“ auftreten.
4.5.2.4.2
Entnahme von Stichproben
Nach der Abbildung der Zielfunktion zu einer Fitnessfunktion (bzw. Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung) werden Stichproben (für die Rekombination bzw. die Individuen der nächsten Generation) auf Basis der vorliegenden Wahrscheinlichkeitsverteilung gezogen. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung legt dabei den Erwartungswert der Anzahl eines Individuums in einer Stichprobe fest. Die einfachste Möglichkeit einer Stichprobenentnahme ist die Ziehung mittels eines Rouletterads (Roulette Wheel Selection). Dabei wird jedem Individuum ein Segment des Rouletterads zugeordnet, dessen Größe proportional zu seiner Auswahlwahrscheinlichkeit ist. Zur Auswahl von x aus P Individuen wird das Roulettrad x -mal gedreht und das Individuum gewählt, über dessen Segment der Zeiger anhält. Dabei kann allerdings die tatsächliche Anzahl der Ziehungen eines Individuums stark von der erwarteten Anzahl abweichen [vgl. etwa Nissen 1997, S. 64]. Im Extremfall kann in allen Ziehungen immer das gleiche Individuum ausgewählt werden.69 Dieses Problem kann durch die Anwendung des so genannten Stochastic Universal Sampling (SUS) vermieden werden [vgl. Baker 1987]. Auch hier wird jedem Individuum ein Segment auf einem Rouletterad zugeordnet, dessen Größe proportional zu seiner Auswahlwahrscheinlichkeit ist. Allerdings wird das Rad nicht x -mal gedreht, sondern es werden x Zeiger angebracht und das Rad nur einmal gedreht. Dies wird in Abbildung 4-17 für die Ziehung von 4 aus 4 Individuen dargestellt.
1
4
3
Abbildung 4-17:
69
2
Stochastic Universal Sampling (SUS)
Dieselbe Problemstellung tritt auch bei der Turnierselektion auf [vgl. Blickle/Thiele 1996].
84
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Werden durch SUS beispielsweise die Eltern für eine anschließende Rekombination ausgeG G wählt70, so werden mindestens «¬ Pscale (a p ( g )) * P »¼ und höchstens ª« Pscale (a p ( g )) * P º» Kopien
eines Individuums als Eltern einer neuen Generation ausgewählt. Weiterhin muss für eine Ziehung beim SUS nur eine Zufallszahl gezogen werden, wodurch sich auch eine effizientere Implementierung im Vergleich zum Verfahren Roulette Wheel Selection ergibt, bei dem für jeden Zug eine Zufallszahl benötigt wird [vgl. etwa Grefenstette 2000b, S. 242]. Insgesamt kann SUS somit aus statistischer Sicht als ein „bestes“ Verfahren zur Entnahme von Stichproben im Rahmen eines HEA angesehen werden [vgl. Blickle/Thiele 1996, S. 385].71 Insgesamt soll somit sowohl die Selektion der Eltern als auch die Auswahl der Individuen für die nächste Generation durch eine fitnessproportionale Selektion mit einer Skalierung anhand des höchsten Zielfunktionswerts aller Individuen einer Generation unter der Anwendung des SUS zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) herangezogen werden.
4.5.2.5 Rekombination In HEA sind die Rekombination und Mutation die zentralen Variationsoperatoren zur Generierung von neuen, besseren Individuen [vgl. etwa Nissen 1997, S. 238]. Nachfolgend werden zunächst einzelne Verfahren zur Rekombination, die für Permutationscodierungen vorgeschlagen werden, auf ihre Anwendung zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) untersucht. Bei der Rekombination wird im Allgemeinen auf Basis einer (a priori) festgelegten Rekombinationswahrscheinlichkeit pc ermittelt, ob eine Rekombination der Eltern stattfinden soll. Hierbei lassen sich keine allgemeingültigen Angaben zur Wahl der Rekombinationswahrscheinlichkeit treffen. Für Genetische Algorithmen etwa werden typische Rekombinationswahrscheinlichkeiten von pc t 0, 6 angegeben [vgl. Nissen 1997, S. 39]. Somit werden im Allgemeinen zwei Elternteile gezogen und mittels einer gleichverteilten Zufallsvariable aus
>0,1
entschieden, ob eine Rekombination durchgeführt wird. Wird keine Rekombination
vorgenommen, werden die Nachkommen asexuell gebildet, etwa durch Kopien der Eltern
70
71
Dabei werden im Allgemeinen genauso viele Eltern wie die Populationsgröße ausgewählt q = P , wobei jeweils zwei Eltern wiederum 2 Nachkommen generieren, damit die Generationsgröße erhalten bleibt. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass bei Auswahl der Individuen für die nächste Generation generell auch eine Auswahl auf Basis des Alters der Individuen erfolgen kann. Prinzipiell ist durch eine Auswahl auf Basis des Alters von Individuen jedoch nicht sichergestellt, dass die besten Individuen nach der Anwendung von evolutionären Operatoren erhalten bleiben [vgl. Weicker 2002, S. 68 sowie Eiben/Smith 2003, S. 65].
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
85
[vgl. Eiben/Smith 2003, S. 47]. Für Permutationscodierungen werden in der Literatur unterschiedlichste Rekombinationsoperatoren vorgeschlagen. Übersichten dazu finden sich etwa in [Pohlheim 2000, Whitley 2000]. Die gebräuchlichsten Verfahren sind:72
Cycle Crossover (CX) [Oliver et al. 1987] Edge Recombination (ER) [Whitley et al 1989] Maximal Preservative Crossover (MPX) [Mühlenbein 1991] Order Crossover (OX) [Davis 1985] Order Crossover 2 (OX2) [Syswerda 1991] Partially Mapped Crossover (PMX) [Goldberg/Lingle 1985] Position Crossover (PX) [Syswerda 1991] Uniform Crossover (UX) [Davis 1991]
Die Rekombinationsoperatoren CX, ER und MPX sind speziell für die Lösung des TSP73 ausgelegt. Beispielsweise wird durch ER versucht, die Nachbarschaft zwischen den unmittelbar an einen Ort angrenzende Orte beizubehalten. Derartige Rekombinationsoperatoren erscheinen für die Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) nicht aussichtsreich und werden daher nachfolgend nicht weiter betrachtet. Somit wird im Folgenden untersucht, welche der verbleibenden Operatoren für die Lösung des vorliegenden Problems gewählt werden sollten. Dabei kann die Diskussion auf die Rekombinationsoperatoren OX2, OX und PMX beschränkt werden, da PX und UX in ihrem erwarteten Verhalten identisch zu OX2 sind [vgl. Whitley 2000, S. 276ff].
4.5.2.5.1
Order crossover 2 (OX2)
Für die Anwendung des OX2 müssen zunächst zwei Elternteile aus der aktuellen Generation ausgewählt werden. Anschließend lässt sich der Ablauf folgendermaßen beschreiben:
72
73
Im Elternteil 2 wird eine Anzahl von zufälligen Positionen bestimmt. Daraus ergibt sich eine Menge von geordneten Elementen des Elternteils 2. Der Elternteil 1 wird komplett als Nachkomme kopiert. Anschließend werden die Elemente, die zuvor im Elternteil 2 ausgewählt wurden, im Elternteil 1 gesucht und in der Reihenfolge sortiert, in der sie im Elternteil 2 auftreten.
Daneben werden noch weitere Rekombinationsoperatoren für spezielle Probleme vorgeschlagen, wie etwa Merge Crossover (MX) [vgl. Blanton/Wainwright 1993]. Für die Beschreibung des TSP siehe Abschnitt 4.5.2.1.
86
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Durch dieses Verfahren wird einerseits die Ordnung der (zufällig ausgewählten) Produktionsbzw. Pausenaufträge aus dem Elternteil 2 in den Nachkommen übernommen. Andererseits werden die absoluten Positionen der (verbleibenden) Produktions- bzw. Pausenaufträge des Elternteils 1 im Nachkommen erhalten. Die Anwendung von OX2 soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-18). Zunächst werden die Elemente J3, B6, B7, J1 und J2 des Elternteils 2 ausgewählt, die Elemente des Elternteils 1 entsprechend sortiert und ein Nachkomme erstellt. Anschließend kann die Veränderung zwischen dem Elternteil 1 bzw. 2 und dem Nachkommen dargestellt werden. Dabei fällt auf, dass sich die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge innerhalb des Maschinenbelegungsplans im Verhältnis zum Elternteil 1 bzw. 2 stark verändert hat. Im Rahmen des Suchprozesses kann sich ein solches Verhalten nachteilig für die Lösung des vorliegenden Problems auswirken, da durch diese Form der Rekombination die Anordnung aller Produktionsaufträge (innerhalb der jeweiligen Maschinen) gleichzeitig sehr stark verändert werden kann. Somit unterscheiden sich die Nachkommen sehr stark von den Eltern, wodurch die Identifizierung einer Suchrichtung innerhalb des HEA erschwert wird. Dadurch kann die Konvergenz auf ein (globales) Optimum verhindert werden.
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
M1
M1
M2
M2
M2
M2
M1
M1
M1
B5
J1
B8
J4
J2
B6
J3
B7
B9
M1
M2
M1
M2
M2
M1
M1
M2
M1
J3
B6
B5
B8
J4
B7
J1
J2
B9
*
*
*
*
*
M1
M1
M2
M2
M2
M2
M1
M1
M1
B5
J1
B8
J4
J2
B6
J3
B7
B9
*
*
*
*
* M1
M1
M2
M2
M2
M1
M1
M2
M1
B5
J3
B8
J4
B6
B7
J1
J2
B9
*
*
*
*
*
Elternteil 1
Elternteil 2
Nachkomme
Anordnung der Produktionsaufträge des Elternteils 1 bzw. 2 Elternteil 1
Elternteil 2
M1
B5
J1
J3
B7
M2
B8
J4
J2
B6
B9
M1
J3
B5
B7
J1
M2
B6
B8
J4
J2
B9
Anordnung der Produktionsaufträge des Nachkommens
M1
B5
J3
B7
J1
M2
B8
J4
B6
J2
B9
Produktionsauftrag Pausenauftrag
Abbildung 4-18:
Mk Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von OX2 und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
87
88
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Nachfolgend werden die Verfahren OX und PMX beschrieben, bei denen ganze Teile des Strings (Permutationscodierung) übernommen werden und somit kleinere Änderungen in der Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge innerhalb des Maschinenbelegungsplans zu erwarten sind.
4.5.2.5.2
Order crossover (OX)
Auch bei diesem Rekombinationsoperator werden zwei Elternteile aus der aktuellen Generation ausgewählt. Der erste wird als cut string und der zweite als filler string bezeichnet. Anschließend lässt sich der Ablauf folgendermaßen beschreiben:
Es werden zwei zufällige Crossoverpunkte gewählt. Die Elemente des cut string, die zwischen den Crossoverpunkten liegen, werden an dieselbe Position des Nachkommen kopiert. Ausgehend vom zweiten Crossoverpunkt werden die noch fehlenden Elemente in der Reihenfolge, wie sie im filler string vorkommen aufgefüllt. Ist das Ende des filler string bzw. des Nachkommen erreicht, so wird der Vorgang am Anfang des entsprechenden Strings fortgesetzt.
Insgesamt werden bei diesem Rekombinationsoperator die absoluten Positionen der Produktions- bzw. Pausenaufträge innerhalb der Crossoverpunkte aus dem cut string in den Nachkommen übernommen. Außerhalb der Crossoverpunkte versucht OX die Ordnung der (verbleibenden) Produktions- bzw. Pausenaufträge des filler strings im Nachkommen zu erhalten. Die Anwendung von OX soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-19). Die Crossoverpunkte liegen zwischen dem zweiten und dritten Element bzw. zwischen dem sechsten und siebten Element des Strings. In diesem Beispiel bleibt durch die Anwendung des OX die Maschinenbelegung auf der Maschine M2 unverändert im Vergleich zum Elternteil 1. Verallgemeinert kann beobachtet werden, dass die Änderungen im Maschinenbelegungsplan des Nachkommen im Vergleich zu seinen Eltern bei dem vorliegenden Planungsproblem meist geringer ausfallen als im Fall von OX2. Somit ist es leichter möglich, die Suche in eine bestimmte Richtung voranzutreiben, da durch die Rekombination nicht immer die Maschinenbelegungen von allen Maschinen gleichzeitig verändert werden.
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
M1
M1
M2
M2
M2
M2
M1
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B5
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B6
J3
B7
B9
M1
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M1
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M1
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J3
B6
B5
B8
J4
B7
J1
J2
B9
M2
M2
M2
M2
B8
J4
J2
B6
M1
M1
M2
M2
M2
M2
M1
M1
M1
B5
B7
B8
J4
J2
B6
J1
B9
J3
Elternteil 1
Elternteil 2
Nachkomme
Anordnung der Produktionsaufträge des Elternteils 1 bzw. 2 Elternteil 1
Elternteil 2
M1
B5
J1
J3
B7
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J4
J2
B6
B9
M1
J3
B5
B7
J1
M2
B6
B8
J4
J2
B9
Anordnung der Produktionsaufträge des Nachkommens
M1
B5
B7
J1
B9
J3
Produktionsauftrag Pausenauftrag
M2
B8
J4
Abbildung 4-19:
J2
B6
Mk Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von OX und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
89
90
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.5.2.5.3
Paritally mapped crossover (PMX)
Bei PMX soll die absolute Position der Elemente eines String erhalten bleiben. Im Laufe der Zeit haben sich unterschiedliche Versionen des Verfahrens von [Goldberg/Lingle 1985] (mit minimalen) Veränderungen etabliert. Die nachfolgende Beschreibung des PMX nach der Auswahl von zwei Elternteilen basiert auf [Whitley/Yoo 1995]:
Es werden (wie bei OX) zwei zufällige Crossoverpunkte gewählt. Die Elemente des Elternteils 1, die zwischen den Crossoverpunkten liegen, werden an dieselbe Position des Nachkommen kopiert (analog zu OX). Ausgehend vom ersten Crossoverpunkt werden die Elemente des Elternteils 2 gesucht, die innerhalb der Crossoverpunkte liegen und noch nicht in den Nachkommen kopiert worden sind. Für jedes dieser Elemente x wird überprüft, welches Element y an der Position des Elements x im Nachkommen (bzw. im Elternteil 1) vorkommt.
Das Element x wird dann an die Position im Nachkommen kopiert, die das Element
y im Elternteil 2 einnimmt, falls diese Position noch nicht belegt ist.
Sollte diese Position bereits durch ein Element z belegt sein, wird das Element x an
die Position des Elements z im Elternteil 2 kopiert. Wurden alle Elemente innerhalb der Crossoverpunkte so behandelt, können die restlichen Elemente aus dem Elternteil 2 aufgefüllt werden.
Im folgenden Beispiel soll dies verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-20). Zuerst werden die Elemente des Elternteil 1, die zwischen den Crossoverpunkten liegen, in den Nachkommen kopiert. Beim Vergleich der Elemente beider Elternteile, die innerhalb der Crossoverpunkte liegen, ist festzustellen, dass die Elemente B5, B7 noch nicht in den Nachkommen kopiert wurden. Das Element B7 wird an die Position 2 im Nachkommen kopiert, da das Element B6 (das an der gleichen Position im Elternteil 1 vorkommt wie Element B7 im Elternteil 2) im Elternteil 2 an der Position 2 angeordnet ist. Das Element B5 würde an die Position 4 im Nachkommen kopiert, allerdings ist diese Position bereits belegt. Somit würde das Element B5 an die Position des Elements J4 kopiert, die jedoch auch belegt ist. Letztlich wird das Element B5 an die Position 8 kopiert (Position des Elements J2 im Elternteil 2).
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
M1
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M1
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B5
M1
M1
M2
M2
M2
M2
M1
M1
M1
J3
B7
B8
J4
J2
B6
J1
B5
B9
Elternteil 1
Elternteil 2
Nachkomme
Anordnung der Produktionsaufträge des Elternteils 1 bzw. 2 Elternteil 1
Elternteil 2
M1
B5
J1
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B7
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B8
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J2
B6
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M1
J3
B5
B7
J1
M2
B6
B8
J4
J2
B9
Anordnung der Produktionsaufträge des Nachkommen
M1
J3
B7
J1
B5
B9
Produktionsauftrag Pausenauftrag
M2
B8
J4
Abbildung 4-20:
J2
B6
Mk Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von PMX und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
91
92
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Rekombinationsoperatoren OX und PMX insgesamt kleinere Änderungen der Lösungen eines Nachkommen (verglichen mit den Eltern) erwarten lassen als OX2 und sich daher besser zur Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) eignen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei OX und PMX ganze Teile eines Elternteils in den Nachkommen kopiert werden. Somit bleiben die Maschinenbelegungen derjenigen Maschinen unverändert, bei denen alle Produktionsaufträge innerhalb der Crossoverpunkte liegen. Allerdings kann keine Aussage über die übrigen Maschinenbelegungen getroffen werden. Insbesondere ist bei der Implementierung der Verfahren somit zu überprüfen, ob die Betonung der Ordnung (OX) oder die Betonung der absoluten Positionen (PMX) für eine Probleminstanz besser geeignet ist.
4.5.2.6 Mutation Die Mutation bezeichnet diejenigen evolutionären Operatoren, die, im Gegensatz zur Rekombination, aus einem Elternteil einen Nachkommen bilden [vgl. Eiben/Smith 2003, S. 42]. Dabei kann über die Mutationswahrscheinlichkeit pm die Anzahl der Individuen beeinflusst werden, auf die eine Mutation angewandt wird. Generell wird in der Literatur die Mutation bei genetischen Algorithmen als untergeordneter Suchoperator [vgl. etwa Nissen 1997, S. 39] angesehen, der hauptsächlich die Diversität der Population gewährleisten soll (exploration). Dementsprechend gering werden auch die Mutationswahrscheinlichkeiten für Implementierungen von Genetischen Algorithmen angegeben (z.B. pm
0, 01 ). Allerdings existieren auch
Implementierungen für Permutationscodierungen innerhalb von Evolutionsstrategien, bei denen im Wesentlichen evolutionäre Operatoren eingesetzt werden, welche die Nachkommen nur aus einem Elternteil generieren (exploration und exploitation). So wird zum Beispiel bei [Herdy 1990] unter anderem die nachfolgend beschriebene Inversion Mutation innerhalb der Evolutionsstrategie als wesentlicher evolutionärer Operator eingesetzt (dies entspricht pm
1 ). Bei der vorliegenden Permutationscodierung im Rahmen des HEA liegen die Aufga-
ben der Mutation sowohl in der exploration als auch in der exploitation (des Suchraums). Dementsprechend sind gerade für Mutationswahrscheinlichkeiten pm 0, 01 gute Ergebnisse zu erwarten. Wie bei der Rekombination von Individuen muss auch ein Operator für die Mutation von Individuen nach der Ausführung wieder zulässige Individuen generieren. Dazu wurden unterschiedlichste Verfahren in der Literatur vorgeschlagen. Die gebräuchlichsten sind [vgl. Whitley 2000b, S. 243ff]:
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
93
Swap Mutation Insert Mutation Scramble Mutation Inversion Mutation74
4.5.2.6.1
Swap Mutation
Bei der Swap Mutation werden zwei beliebige Elemente eines Individuums ausgewählt und miteinander vertauscht. Durch die so genannte Mutationsrate wird angegeben, wie oft dies nacheinander bei einem Individuum wiederholt wird. Im Beispiel (vgl. Abbildung 4-21) werden bei einer Mutationsrate von 1 die Elemente J4 und J3 ausgewählt und deren Positionen miteinander vertauscht. M1
M1
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*
vor der Mutation
*
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nach der Mutation
Anordnung der Produktionsaufträge vor bzw. nach der Mutation
vor der Mutation
nach der Mutation
M1
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Produktionsauftrag Pausenauftrag
Abbildung 4-21:
B9
Mk
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Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von Swap Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
74
B9
Andere Bezeichnungen dafür sind „Reverse Mutation“ oder „2-opt-Mutation“.
94
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
4.5.2.6.2
Insert Mutation
Auch bei der Insert Mutation werden zwei beliebige Elemente eines Individuums ausgewählt. Anschließend wird ein Element vor bzw. hinter das andere Element eingefügt. Dabei findet die Entscheidung, welches der beiden Elemente verschoben wird, gleichverteilt statt. Die zweite Entscheidung, ob das Element vor oder hinter dem anderen eingefügt wird, kann ebenfalls gleichverteilt stattfinden oder wird so festgelegt, dass das erste Element nach dem zweiten bzw. das zweite Element vor dem ersten eingefügt wird. Im Beispiel (vgl. Abbildung 4-22) werden bei einer Mutationsrate von 1 die Elemente J4 und J3 ausgewählt und das Element J3 nach dem Element J4 eingefügt, wodurch sich keine Änderung des Maschinenbelegungsplans ergibt. M1
M1
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vor der Mutation
*
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B7
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nach der Mutation
Anordnung der Produktionsaufträge vor bzw. nach der Mutation
vor der Mutation
nach der Mutation
M1
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J3
B7
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B8
J4
J2
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Produktionsauftrag Pausenauftrag
Abbildung 4-22:
B9
Mk
M1
B5
J1
J3
B7
M2
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J4
J2
B6
B9
Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von Insert Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
4.5.2.6.3
95
Scramble Mutation
Bei der Scramble Mutation wird eine Anzahl von Elementen ausgewählt und dann zufällig miteinander vertauscht. Die absoluten Positionen aller anderen Elemente werden dabei nicht verändert. Im Beispiel (vgl. Abbildung 4-23) werden bei einer Mutationsrate von 1 die Elemente J1, J4, J3 und B7 ausgewählt und deren Positionen zufällig miteinander vertauscht. M1
M1
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M2
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B8
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J2
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B9
*
*
*
*
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B7
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B9
vor der Mutation
nach der Mutation
Anordnung der Produktionsaufträge vor bzw. nach der Mutation
vor der Mutation
nach der Mutation
M1
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Produktionsauftrag
B9
Mk
Pausenauftrag
Abbildung 4-23:
M1
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J1
J3
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J4
B8
J2
B6
B9
Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von Scramble Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
4.5.2.6.4
Inversion Mutation
Bei der Inversion Mutation werden zufällig zwei Positionen in einem Individuum bestimmt. Anschließend werden die Positionen aller Elemente innerhalb der Positionen umgekehrt. Im Beispiel (vgl. Abbildung 4-24) wird bei einer Mutationsrate von 1 die Reihenfolge der Elemente an den Positionen drei bis sechs umgekehrt.
96
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
M1
M1
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M2
M1
M1
M1
B5
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M1
M2
M2
M2
M2
M1
M1
M1
B5
J1
B6
J2
J4
B8
J3
B7
B9
vor der Mutation
nach der Mutation
Anordnung der Produktionsaufträge vor bzw. nach der Mutation
vor der Mutation
nach der Mutation
M1
B5
J1
J3
B7
M2
B8
J4
J2
B6
Produktionsauftrag Pausenauftrag
Abbildung 4-24:
B9
Mk
M1
B5
J1
J3
B7
M2
B6
J2
J4
B8
B9
Maschine k zur Ausführung eines Produktionsbzw. Pausenauftrags
Anwendung von Inversion Mutation und Auswirkungen auf die Anordnung der Produktions- bzw. Pausenaufträge
Bei Swap bzw. Insert Mutation werden bei einer Mutationsrate von 1 die Positionen von jeweils zwei Elementen verändert. Bei der Lösung des Pm | d , no wait | f (r ( S , t )) ist dabei festzustellen, dass es einerseits möglich ist, dass nur die Positionen von zwei Pausenaufträgen verändert werden, der Maschinenbelegungsplan insgesamt durch eine Mutation nicht verändert wird und die Mutation somit keine Wirkung zeigt. Andererseits kann durch eine Erhöhung der Mutationsrate eine sehr starke Veränderung des gesamten Maschinenbelegungsplans verursacht werden. Dies kann sich gerade auf gute Individuen nachteilig auswirken, da dadurch eine starke Veränderung zu erwarten ist. Dieser Effekt ist auch bei Scramble Mutation festzustellen. Bei Inversion Mutation können durch eine Mutation auch die Maschinenbelegungen aller Maschinen betroffen sein. Allerdings ist dabei die Änderung auf die Umkehrung der Reihenfolge von zwei oder mehreren aufeinander folgenden Produktions- bzw. Pausenaufträgen
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
97
begrenzt. Gleichzeitig werden aber immer mehrere Elemente vertauscht, so dass die Wahrscheinlichkeit nur zwei Pausenaufträge miteinander zu vertauschen, sehr gering ist. Da die Aufgaben der Mutation für die vorliegende Problemstellung, wie bereits beschrieben, sowohl in der exploration als auch in der exploitation (des Suchraums) liegen, wird im Weiteren die Inversion Mutation als evolutionärer Operator für die Mutation (mit pm 0, 01 ) eingesetzt.
4.5.2.7 Entwicklung eines lokalen Suchverfahrens (peak-LS) Wie bereits in Abschnitt 4.4.2.1 dargestellt wird, ist für die Anwendung von lokalen Suchverfahren die Definition von einfachen Transformationsvorschriften für die Nachbarschaft einer Lösung notwendig. Dabei stellt sich bei alleiniger Anwendung von lokaler Suche das Problem, eine Transformationsvorschrift zu finden, die sowohl die Reihenfolge der einzelnen Produktionsaufträge als auch die Pausenzeiten zwischen den Produktionsaufträgen berücksichtigt. Durch eine solche Transformationsvorschrift muss sowohl die Erforschung neuer Regionen des Suchraums (exploration) als auch die Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen (exploitation) ermöglicht werden. Im Gegensatz dazu ist im Rahmen des lokalen Suchverfahrens eines HEA die exploration von untergeordneter Bedeutung. Vielmehr liegt die Aufgabe eines lokalen Suchverfahrens eines HEA in der exploitation des Suchraums, da dies bei (ausschließlicher) Anwendung evolutionärer Operatoren sehr lange dauern kann. Nachfolgend wird deshalb das Verfahren peak-LS beschrieben, das auf Basis von lokaler Suche die von evolutionären Operatoren erzeugten Lösungen durch exploitation verbessern soll (vgl. Abbildung 4-10). Die Grundidee dieses Verfahrens basiert auf der Überlegung, dass durch eine Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ein möglichst konstanter Verlauf erzeugt werden soll (vgl. Abschnitt 2.2.3.2). Dementsprechend sollen Lastspitzen gesucht werden, die dann durch eine geeignete Verschiebung entsprechender Produktionsaufträge beseitigt werden. Diese Grundüberlegung wird bereits in anderen Lösungsvorschlägen für Resource Levelling Probleme eingesetzt [vgl. etwa Neumann/Zimmermann 2000, S. 435ff], müssen allerdings für die vorliegende Problemstellung angepasst werden.75 Durch die lokale Suche bei peak-LS sollen einzelne Produktionsaufträge so „justiert“ werden, dass eine durch sie verursachte Lastspitze abgemildert bzw. eliminiert wird. Dabei soll die
75
Das Verfahren wurde bereits in Abschnitt 4.4.1 beschrieben und auf Anwendbarkeit zur Lösung des Verbesserungsverfahrens untersucht.
98
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Reihenfolge der Produktionsaufträge auf einer Maschine nicht verändert, sondern nur die Pausenzeiten zwischen den Produktionsaufträgen angepasst werden. Zunächst wird dazu für einen gegebenen Maschinenbelegungsplan S die höchste Lastspitze gesucht und in einer Variable peak gespeichert.
peak
max f (r ( S , t )) t
Im Fall von mehreren gleich hohen Lastspitzen wird die erste ausgewählt. Die Zeit, zu der diese Lastspitze auftritt, wird mit t peak bezeichnet. Anschließend werden im Maschinenbelegungsplan alle Produktionsaufträge J peak gesucht, die zu dieser Lastspitze führen:
J peak
{J i J | si d t peak d si ¦ pij } , j
wobei si die Startzeiten der Produktionsaufträge J i angeben. Für die Produktionsaufträge J i J peak können die frühesten Anfangszeitpunkte FAZi durch die Endzeitpunkte der jeweils vorangegangenen Produktionsaufträge auf der gleichen Maschine definiert werden. Analog dazu werden die spätestmöglichen Anfangszeitpunkte SAZi für die Produktionsaufträge J i J peak durch die Anfangszeitpunkte (minus deren Bearbeitungsdauer
¦ pij ) der jeweils nachfolgenden Produktionsaufträge auf der gleichen Maschine j
definiert. Mit diesen Definitionen lässt sich der Ablauf des lokalen Suchverfahrens peak-LS durch Abbildung 4-25 beschreiben. Dabei werden zunächst die Variablen für die aktuell betrachtete Maschine k und die Variable peak initialisiert. Anschließend wird solange die Lastspitze nicht vollständig beseitigt werden konnte und noch nicht alle Maschinen abgearbeitet worden sind, versucht, diese zu beseitigen. Durch eine entsprechende Verschiebung soll der Produktionsauftrag J i J peak komplett vor bzw. hinter dem Zeitpunkt t peak platziert werden. Es wird zunächst überprüft, ob eine Verschiebung vor t peak möglich ist. In diesem Fall wird der aktuelle Startzeitpunkt si auf den frühestmöglichen Startzeitpunkt FAZi gesetzt, wodurch sich eine entsprechende Reduktion des Einsatzenergieträgerbedarfs zur Zeit t peak ergibt. Ansonsten wird überprüft, ob durch eine Verschiebung auf den spätestmöglichen Anfangszeitpunkt
Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Verbesserungsverfahrens auf Basis Evolutionärer Algorithmen
99
SAZi der Produktionsauftrag hinter der Lastspitze platziert werden kann. Das Verfahren endet, wenn alle Maschinen untersucht sind. begin peak : = max f (r ( S , t )); t
-- (Bestimmung der Lastspitze) k : 1; while (f (r ( S , t peak )) ! r ) and (k d m) do Besetze den Index i so, dass J i J peak den Produktionsauftrag auf Maschine k beschreibt; if FAZi ¦ pij t peak then j
si : FAZi ; -- (Setze den Startzeitpunkt auf den frühestmöglichen Startzeitpunkt) elseif SAZit ! t peak then si : SAZi ; -- (Setze den Startzeitpunkt auf den spätestmöglichen Startzeitpunkt) endif; k : k 1; endwhile; end; Abbildung 4-25:
Ablauf des lokalen Suchverfahrens peak-LS
Die Wirkungsweise des lokalen Suchverfahrens peak-LS soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-26). Durch die zeitliche Überlagerung der Operationen o23 und o14 , die auf zwei parallelen Maschinen ausgeführt werden, wird eine Lastspitze im zeitlichen Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs zur Zeit t peak hervorgerufen. Der aktuelle Startzeitpunkt des Produktionsauftrags J 2 ist dabei durch s2 gekennzeichnet. Durch eine Verschiebung des Startzeitpunkts des Produktionsauftrags J 2 auf seinen frühesten Anfangszeitpunkt FAZ 2 kann der Produktionsauftrag komplett vor die Lastspitze verschoben werden. In diesem Fall wird die Spitzenlast an der bisherigen Stelle vermieden. Allerdings kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, dass sich an anderen Stellen neue Lastspitzen ergeben können.
100
Analyse und Entwurf von Methoden zur Umsetzung des Entscheidungsmodells
Einsatzenergieträger- peak bedarf
o23
r o21 o22 o22 o11 FAZ2
o12 S2
o13
o14 Zeit
tpeak
SAZ2
Einsatzenergieträger- peak bedarf
r
o21
o11 FAZ2 = S2
oij
o22
o23
o12
o13 SAZ2
o14 tpeak
Zeit
Operation j des Produktionsauftrags i Einsatzenergieträgerbedarf des Produktionsauftrags J1 Einsatzenergieträgerbedarf des Produktionsauftrags J2 kumulierter Einsatzenergieträgerbedarf
r Abbildung 4-26:
gewünschter Einsatzenergieträgerbedarf
Beispiel für den Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS
5
Evaluation der entwickelten Methoden zur Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen
Zur Evaluation der entwickelten methodischen Ansätze für die Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen werden diese prototypisch auf ein Produktionssystem aus dem Bereich der Textilveredelung angewandt. Dazu erfolgt zunächst eine Analyse des vorliegenden Produktionssystems unter Berücksichtigung des betrieblichen Energieversorgungssystems. Hierbei steht die Erhebung der für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung erforderlichen Daten im Vordergrund. Dies sind insbesondere die auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfe der einzelnen Produktionsaufträge und die Bestimmung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs aller Produktionsaufträge. Aufbauend auf dieser Analyse soll eine Quantifizierung der Auswirkungen unterschiedlicher Maschinenbelegungspläne auf den mengenmäßigen Verbrauch an Endenergieträger sowie dessen Kosten bzw. Treibhausgasemissionen erfolgen. Da jedoch eine Quantifizierung der Verbrauchsmengen an Endenergieträger nicht direkt am realen Produktionssystem sinnvoll ist und kein (einfacher) funktionaler Zusammenhang zwischen dem mengenmäßigen Endenergieträgerbedarf und dem mengenmäßigen Einsatzenergieträgerbedarf vorliegt (vgl. Abschnitt 2.2.1.1), werden die relevanten Bereiche des betrieblichen Energieversorgungssystems auf Basis eines Simulationsansatzes abgebildet. Bei der Anwendung des HEA zur Lösung des energieorientierten Maschinenbelegungsproblems sind unterschiedliche Verfahren und Parameter zu spezifizieren (vgl. Abschnitt 4.5.2). Dazu werden die einzelnen Verfahren und Parameter für den vorliegenden Anwendungsfall hinsichtlich ihrer Lösungsgüte validiert. Abschließend werden die gewonnenen Ergebnisse für das Produktionssystem analysiert und die daraus resultierenden ökonomischen und umweltschutzorientierten Einsparpotentiale diskutiert.
5.1
Analyse des betrachteten Produktionssystems
Im betrachteten Produktionssystem des Textilveredelungsbetriebs, das im Wesentlichen aus der Färberei, einem Kesselhaus und der Abwasserbehandlung (vgl. Abbildung 5-1) besteht, werden unterschiedliche Garne veredelt. Dabei erfolgen alle Veredelungsschritte in Färbeapparaten, die mit Prozessdampf beheizt werden. Die dabei anfallenden sauren bzw. alkalischen Abwässer werden vor der Einleitung in das öffentliche Abwassernetz in einer Abwasseraufbe-
102
Evaluation der entwickelten Methoden
reitungsanlage neutralisiert. Der für die Produktion notwendige Prozessdampf wird in einem zentralen Kesselhaus produziert. Endenergieträger (z.B. Erdgas, Öl)
Emissionen (z.B. CO2)
Kesselhaus
elektrische Energie Abwasserbehandlung
Chemikalien
neutralisierte Abwässer
saure/ alkalische Abwässer
Prozessdampf
Chemikalien gefärbte
Färberei
Garne
Garne elektrische Energie
Wasser
Energiefluss Stoff- und Materialfluss
Abbildung 5-1:
Struktur eines exemplarischen Produktionssystems aus der Textilveredelung
Innerhalb des Produktionssystems entfällt der Endenergieträgerbedarf hauptsächlich auf den Bereich der Bereitstellung von Prozessdampf durch das Kesselhaus. Elektrische Energie wird im Vergleich dazu nur in sehr geringem Umfang für den Betrieb von Pumpen eingesetzt und wird daher nachfolgend nicht weiter betrachtet. Somit beschränkt sich die weitere Analyse des Produktionssystems auf die Bereiche Färberei und Kesselhaus. In der Färberei stehen 32 identische76 Färbeapparate zur Veredelung der Garne zur Verfügung. In die Färbeapparate werden die Garne eingebracht und in der wässrigen Färbeflotte77 mit unterschiedlichsten Chemikalien (z.B. Farbstoffe, Säuren, Laugen Egalisiermittel, etc.) in Kontakt gebracht. Die Farbstoffe ziehen unter Wärmeeinwirkung aus der Färbeflotte aus und absorbieren auf der Faser. Neben dem eigentlichen Färbeprozess werden in den Färbeappara76
77
Die einzelnen Färbeapparate unterscheiden sich aufgrund unterschiedlicher Anschaffungszeitpunkte nur geringfügig in ihrer technischen Ausstattung und werden somit als identisch angenommen. Als Färbeflotte wird die wässrige Lösung oder Dispersion bezeichnet, die die Farbstoffe und andere chemische Hilfsmittel zur Färbung enthält. Dabei gibt die Flottengröße die Menge der Färbeflotte an.
Analyse des betrachteten Produktionssystems
103
ten auch Vorbehandlungsschritte (z.B. Ablösen von Präparationsmitteln aus vorangegangenen Produktionsstufen), Spülvorgänge (zwischen einzelnen Färbephasen) und Nachbehandlungsprozesse (z.B. Avivieren der gefärbten Garne) durchgeführt. Dabei ist die Füllmenge (Flottengröße) der einzelnen Färbeapparate nahezu unabhängig von einem Produktionsauftrag und beträgt im untersuchten Produktionssystem ca. 2950 Liter. Das Kesselhaus dient der Bereitstellung des zur Beheizung der Färbeapparate notwendigen Prozessdampfs, der durch zwei Einflammrohr-Rauchrohr-Dreizugkessel mit Economiser erzeugt wird. Der schematische Aufbau derartiger Kesseltypen ist in Abbildung 5-2 dargestellt. Der Betrieb der beiden Kessel erfolgt in warmer Redundanz. Wenn absehbar ist, dass der Einsatzenergieträgerbedarf nicht durch einen Kessel abgedeckt werden kann, sind demnach beide Kessel in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu müssen zunächst beide Kessel angefahren (aufgeheizt) werden. Kann im Fall von (erwarteten) Lastspitzen der Prozessdampfbedarf nicht durch einen Kessel gedeckt werden, wird der zweite Kessel zugeschaltet. Die ständige Einsatzbereitschaft des zweiten Kessels wird durch eine Einrichtung zur Druck- und Temperaturerhaltung erreicht. Beide Kessel werden mit Erdgas befeuert und weisen eine Gesamtleistung von 15 Tonnen Dampf pro Stunde auf.
Abbildung 5-2:
Schematischer Aufbau eines (baugleichen) Einflammrohr-Rauchrohr-Dreizugkessels mit Economiser [vgl. Tuffner o.J., S. 3]
5.1.1 Bestimmung des auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfs Neben der Bearbeitungszeit eines Produktionsauftrags müssen für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung auch die auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfe bzw.
104
Evaluation der entwickelten Methoden
Temperatur [°C]
Einsatzenergieträgerbedarfsprofile (vgl. Abschnitt 2.2.1.2.2) bestimmt werden.78 Im vorliegenden Beispiel kann dies auf Basis der vorgegebenen Rezepturen erfolgen, die für den jeweiligen Produktionsauftrag (Partie) den gesamten Veredelungsprozess determinieren. Eine Rezeptur umfasst einerseits die Einsatzmengen der einzelnen Stoffe (z.B. Rohware, Wassermenge, Farbstoffe etc.), andererseits den zeitlichen Ablauf des Veredelungsprozesses. Dadurch werden insbesondere die Einwirkzeiten und -temperaturen der unterschiedlichen Chemikalien auf die unterschiedlichen Garne festgelegt. Daneben werden auch alle Spülvorgänge mit den jeweiligen Zeiten angegeben. Ein entsprechendes Zeit-Temperatur-Profil für einen Produktionsauftrag, bei dem die Garne mittels eines Reaktivfärbeverfahrens behandelt werden, ist in Abbildung 5-3 dargestellt. Natronlauge 50%, 3 ml/l Essigsäure 60 %, 0,35 ml/l; Soda 12g/l
98 90 80
Ameisensäure 85%, 1 ml/l 50
Ameisensäure 85%, 0,16 ml/l;
78
Abbildung 5-3:
113 128 143 108 123 138
213
spülen
avivieren
spülen
färben
spülen
erhitzen
spülen
vorbleichen
spülen
erhitzen
spülen
20
243 258 273 288 303 323 248 263 278 293 308
Zeit [min]
Zeit-Temperatur-Profil eines Reaktivfärbeverfahrens
Aus diesen Zeit-Temperatur-Profilen der einzelnen Produktionsaufträge lässt sich der Einsatzenergieträgerbedarf bzw. das Einsatzenergieträgerbedarfsprofil eines Produktionsauftrags ableiten. Dabei müssen nur die Phasen eines Produktionsauftrags berücksichtigt werden, in denen die Färbeflotte erhitzt wird. Alle weiteren (Spül-)Vorgänge werden mit warmem
78
Im vorliegenden Produktionssystem kann auf die Bestimmung maschinenbezogener Einsatzenergieträgerbedarfe (vgl. Abschnitt 2.2.1.2.1) verzichtet werden, da die Maschinen vor Produktionsbeginn nicht aufgeheizt werden müssen, in den Pausenzeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft keine Energie eingesetzt wird und die Reinigung mit heißem Wasser aus einer Wärmerückgewinnungsanlage erfolgt.
Analyse des betrachteten Produktionssystems
105
bzw. heißem Wasser aus einer Wärmerückgewinnungsanlage gespeist, das ohne weitere Aufheizung in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Durch die fest vorgegebene Flottengröße lässt sich der Wärmebedarf Q für die Erhitzung der Färbeflotte mittels der Masse m der Färbeflotte, der spezifischen Wärmekapazität79 c und der Temperaturdifferenz 'T vor und nach der Aufheizung bestimmen: Q
c m 'T
Generell sind in dem betrachteten Produktionssystem alle Rezepturen derart definiert, dass die Erhitzung der Färbeflotte konstant mit 1 [ K / Min] erfolgt. Daraus ergibt sich ein konstanter Wärmebedarf, der einem Färbeaggregat zur Erhitzung der Färbeflotte in jeder Zeiteinheit durch den Prozessdampf zugeführt werden muss. Insgesamt lässt sich somit das Einsatzenergieträgerbedarfsprofil eines Produktionsauftrags durch eine Abfolge von Phasen darstellen, in denen die Dampfbeheizung an- bzw. ausgeschaltet ist (vgl. Abbildung 5-4). Dabei wird davon ausgegangen, dass durch den Prozessdampf in jeder Zeiteinheit eine konstante Wärmemenge an die Färbeflotte abgegeben wird. Diese Wärmemenge wird über den Druck und die Temperatur des Prozessdampfs vor dem Eintritt und nach Austritt aus dem Heizkreislauf eines Färbeapparates bestimmt. Aus diesen Größen lässt sich der Wärmeinhalt des Dampfes, der in einer Zeiteinheit (z.B. in einer Minute) an die Färbeflotte abgegeben wird anhand von so genannten Wasserdampftafeln bestimmen [vgl. Grigull et al. 1990]. Insgesamt können mit entsprechenden Zuschlägen für Leitungs- bzw. Strahlungsverluste daraus die Einsatzenergieträgerbedarfe (Bruttodampfbedarfe) aller Färbeapparate bestimmt werden, die vom Kesselhaus bereitzustellen sind.
78
143
213
258 263
323
Zeit [min]
Dampfbeheizung an Dampfbeheizung aus
Abbildung 5-4:
79
Einsatzenergieträgerbedarfsprofil eines Produktionsauftrags (Reaktivfärbeverfahren)
Die spezifische Wärmekapazität eines Stoffes gibt an, welche Wärme man einem Kilogramm eines Stoffes zuführen muss, um dessen Temperatur um ein Kelvin bzw. ein Grad Celsius zu erhöhen. Für die Bestimmung des erforderlichen Wärmebedarfs zur Erhitzung der Färbeflotte wird dabei näherungsweise die spezifische Wärmekapazität von Wasser cw § 4,187 [kJ/(kg·K)], aus dem die Färbeflotte hauptsächlich besteht, herangezogen.
106
Evaluation der entwickelten Methoden
5.1.2 Bestimmung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs Durch obige Darstellung der Produktionsaufträge als Abfolge von Phasen, in denen die Dampfbeheizung an- bzw. ausgeschaltet ist, kann der entsprechende zeitliche Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs eines Maschinenbelegungsplans ermittelt werden. Dieser lässt sich durch Summation der (gleichzeitig) heizenden Färbeapparate (konstant zugeführte Wärmemenge pro Zeiteinheit und Färbeapparat) bestimmen. Dazu werden alle Produktionsaufträge einer Planperiode80, entsprechend ihrer Zuordnung zu den Färbeapparaten und ihren Startzeiten in einen Maschinenbelegungsplan angeordnet. Im Anwendungsbeispiel wird durch 100 Produktionsaufträge81 ein repräsentativer Auftragsmix definiert. Ein derartiger Auftragsmix wird für die nachfolgenden Untersuchungen als Referenzfall herangezogen. Der dafür benötigte Maschinenbelegungsplan für einen 24-Stunden-Zeitraum wird im Allgemeinen auf Basis des in Abschnitt 4.3.2 vorgestellten LPT-Algorithmus generiert. Dabei ergeben sich für den Referenzfall von 100 Produktionsaufträgen 25 belegte Färbeapparate. Durch die Summation der Anzahl der Färbeapparate, bei denen die Dampfbeheizung angeschaltet ist, ergibt sich ein entsprechender zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs sowie der erwünschte (geglättete) Einsatzenergieträgerbedarf r von 9,79 gleichzeitig heizenden Färbeapparaten für diesen Auftragsmix (vgl. Abbildung 5-5). Zwar lassen sich aus dem Maschinenbelegungsplan die Gesamtmenge des benötigten Prozessdampfs (Einsatzenergieträgerbedarf), der zeitliche Verlauf des Prozessdampfbedarfs und der Zielfunktionswert für eine Glättung des zeitlichen Verlaufs des Prozessdampfbedarfs ermitteln, allerdings ist eine direkte Quantifizierung des Bedarfs an Endenergieträger (Erdgas) daraus nicht möglich. Wie bereits in Abschnitt 2.2.1.1 beschrieben wird, existiert im Allgemeinen jedoch kein (einfacher) funktionaler Zusammenhang zwischen dem mengenmäßigen Einsatzenergieträgerbedarf und dem mengenmäßigen Endenergiebedarf. Zudem ist eine Quantifizierung der Einsparpotentiale aus technischen und organisatorischen Gründen am realen Produktionssystem nicht möglich. Deshalb wird die Quantifizierung der Menge an eingesetzten Endenergieträger anhand eines Simulationsmodells der relevanten Subsysteme des betrieblichen Energieversorgungssystems durchgeführt. Dadurch sind auch die Kosten an eingesetzten Endenergieträger sowie die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen (CO2) determiniert.82
80
81
82
Im vorliegenden Produktionssystem umfasst eine Planperiode für die Maschinenbelegung einen Zeitraum von 24 Stunden (3-Schicht-Betrieb) mit einer Zeitauflösung von 5-Minuten-Schritten. Die Produktionsmenge von 100 Produktionsaufträgen in einer Planperiode stellt einen häufigen Fall aus der betrieblichen Praxis dar. Die Bestimmung der Treibhausgasemission erfolgt im Allgemeinen anhand von Emissionsfaktoren. Der Emissionsfaktor beträgt beim Einsatz von Erdgas 55 g CO2/MJ [vgl. BUWAL 1995].
Anzahl gleichzeitig heizender Färbeapparate
Analyse des betrachteten Produktionssystems
107
30
25
20
15
10
5
0 0
8
16
24
Zeit [h] Einsatzenergieträgerbedarf gewünschter (durchschnittlicher) Einsatzenergieträgerbedarf
Abbildung 5-5:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs des betrachteten Referenzfalls
5.1.3 Simulation des betrieblichen Energieversorgungssystems Unter Simulation wird die Abbildung von zeitbehafteten Prozessen in einem Modell verstanden, um Rückschlüsse auf das Verhalten eines realen Systems zu erhalten [vgl. VDI 1993]. Dazu muss ein geeigneter Modellierungsansatz gewählt werden, um die relevanten Subsysteme des betrieblichen Energieversorgungssystems (Färbeapparate als Produktionsanlagen und Kesselhaus als Umwandlungsanlage) abbilden zu können. Prinzipiell können entsprechende Modellierungsansätze hinsichtlich ihres Typs der Zustandsvariablen sowie (bei der diskreten Simulation) bezüglich des Simulationszeitablaufs differenziert werden (vgl. Abbildung 5-6).
108
Evaluation der entwickelten Methoden
Simulation
Typ der Zustandsvariablen
Simulationszeitablauf
Abbildung 5-6:
kontinuierlich
diskret
realzeitgesteuert
ereignisgesteuert
Vereinfachte Taxonomie konventioneller Simulationsmethoden [vgl. Fujimoto 1999]
Bei kontinuierlichen Simulationsansätzen schreitet die Simulationszeit kontinuierlich voran, d.h. die Statusvariablen des Modells ändern sich in einer endlichen Zeit unendlich oft [vgl. Cellier 1991]. Derartige Simulationsansätze werden beispielsweise bei (kontinuierlichen) Wachstumsprozessen und Diffusionsvorgängen in der Chemie eingesetzt. Im Gegensatz dazu erfolgen die Zustandsänderungen in einem diskreten Modell in diskreten Zeitabschnitten. Einsatzgebiete dafür sind beispielsweise die Simulation von betrieblichen Abläufen oder Fertigungs- bzw. Transportsystemen. Dabei besteht der wesentliche Unterscheid zwischen realzeitgesteuerten und ereignisgesteuerten Simulationsansätzen darin, dass bei realzeitgesteuerten die Simulationszeit in konstanten Schrittweiten erhöht wird, während bei ereignisgesteuerten die Simulationszeit von einem Ereigniszeitpunkt zum jeweils nächsten vorrückt. Der wesentliche Nachteil realzeitgesteuerter Simulationen liegt in den Totzeiten, in denen keine Ereignisbearbeitung stattfindet [vgl. Mehl 1994]. Für das im Rahmen dieser Arbeit untersuchte Produktionssystem bieten sich somit ereignisorientierte Simulationsansätze an, deren Implementierungen auf Basis von General Purpose Simulation Languages (domänenunabhängige Simulationssprachen) Erfolg versprechend erscheinen [vgl. Tuma 1994 sowie Franke 2001]. Für die Simulation des vorliegenden Energieversorgungssystems wird daher die ereignisorientierten Simulationssoftware eMPlant83 verwendet. Abbildung 5-7 zeigt die entsprechende Modellübersetzung der relevanten Subsysteme des betrieblichen Energieversorgungssystems. Auf Basis der vielfältigen zur Verfügung stehenden Sprachkonstrukte innerhalb der Simulationssoftware [vgl. eM-Plant 2000] ist es insbesondere möglich, die komplexen zeitbehafteten Zusammenhänge (z.B. Schaltung der Brennerleistung der einzelnen Brenner) nachzubilden und somit ein realistisches Abbild des betrieblichen Energieversorgungssystems zu erstellen.
83
Die Simulationssoftware eM-Plant ist ein Produkt von Tecnomatix Technologies Ltd.
Abbildung 5-7:
Modellübersetzung des betrieblichen Energieversorgungssystems mit der Simulationssoftware eM-Plant
Analyse des betrachteten Produktionssystems 109
110
Evaluation der entwickelten Methoden
5.2
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus
Zur Anwendung des vorgeschlagenen heuristischen Lösungsverfahrens ist die Spezifikation der Verfahren und Parameter des HEA im Rahmen des Verbesserungsverfahrens erforderlich. Dies umfasst insbesondere (vgl. Abschnitt 4.5.2):
Wahl der Parameter Populationsgröße und Abbruchkriterium Wahl des Rekombinationsverfahrens Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS
Daneben sind auch die Mutations- und Rekombinationswahrscheinlichkeiten für die Anwendung der evolutionären Operatoren zu spezifizieren. Dabei kann kein generelles Vorgehen bei der Auswahl der entsprechenden Verfahren und Parameter angegeben werden.84 Nachfolgend soll daher aufgezeigt werden, wie sich eine Variation von Verfahren bzw. Parametern (unter Beibehaltung der übrigen Verfahren bzw. Parameter) auf die Güte der gefundenen Lösungen des Optimierungsproblems auswirkt. Um ein aussagekräftiges Bild bei Variation der Verfahren und Parameter zu erhalten, wird zunächst der HEA ohne Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS aus Abschnitt 4.5.2.7 betrachtet.85 Daran anschließend wird die Güte der Lösungen bei Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS untersucht. Abschließend wird der HEA mit der gefundenen Spezifikation auf unterschiedliche Produktionsprogramme (Anzahl an Produktionsaufträgen) angewandt. Prinzipiell können für die Visualisierung des Einflusses unterschiedlicher Verfahren und Parameter auf die Güte der gefundenen Lösungen verschiedenste Darstellungen herangezogen werden. Eine sehr häufig verwendete Darstellung ist dabei die Visualisierung der Konvergenz der Population [vgl. Pohlheim 2000, S. 119]. Für diese Darstellung wird der Zielfunktionswert des jeweils besten Individuums einer Generation herangezogen (Konvergenzdiagramm). Somit kann sehr einfach ein Überblick darüber gegeben werden, wie groß der Fortschritt, im Bezug auf die Lösungsgüte, zwischen einzelnen Generationen ist. Alle nachfolgenden Ergebnisse wurden durch eine Implementierung des vorgeschlagenen HEA auf Basis der EA-Bibliotheken der Simulationssoftware eM-Plant ermittelt.86 Da es sich bei dem vorgestellten HEA um ein stochastisches Suchverfahren handelt, sind bei mehrmaliger Anwendung des HEA (mit identischer Spezifikation aller Verfahren und Parameter) un84
85
86
Insgesamt stellt die Optimierung der Parameter eines HEA wiederum ein komplexes Optimierungsproblem dar. Dabei wird der in Abschnitt 5.1.2 beschriebene repräsentative Auftragsmix von 100 Produktionsaufträgen als Referenzfall herangezogen. Die Berechnungen wurden auf einem Intel Pentium 4, 3,2 GHz mit 2 GB RAM unter Windows XP durchgeführt.
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus
111
terschiedliche Ergebnisse zu erwarten. Deshalb werden nachfolgend für die Darstellung der gewonnenen Ergebnisse typische Konvergenzdiagramme herangezogen.
5.2.1 Populationsgröße und Abbruchkriterium Zur Bestimmung der Populationsgröße und der Festlegung des Abbruchkriteriums soll zunächst ein (typisches) Konvergenzdiagramm betrachtet werden, das sich unter Anwendung der Spezifikationen des HEA aus Tabelle 5-1 ergibt (vgl. auch Abschnitt 4.5.2). Zur Bestimmung des Abbruchkriteriums wird zunächst eine Anzahl von 3000 Generationen und eine Populationsgröße von 200 Individuen herangezogen. Das sich daraus ergebende Konvergenzdiagramm ist in Abbildung 5-8 dargestellt. Darin sind zusätzlich zu den jeweils besten Zielfunktionswerten einer Generation auch die jeweils schlechtesten Zielfunktionswerte und der durchschnittliche Zielfunktionswert der Individuen angegeben.
Verfahren bzw. Parameter
Ausprägung
Generierung einer Startpopulation
zufällig
Selektion
fitnessproportional
Rekombination
PMX ( pc
Mutation
Inversion Mutation ( pm
Lokales Suchverfahren
keines
Tabelle 5-1:
0,8 )87 0,1 )
Spezifikation des HEA zur Bestimmung der Populationsgröße und des Abbruchkriteriums
87
Umfangreiche Tests haben gezeigt, dass durch die begrenzte Variation der Wahrscheinlichkeiten (sowohl für den Einsatz der Rekombination als auch der Mutation) am vorliegenden Anwendungsfall keine signifikanten Veränderungen der Güte der Lösungen erzielt werden. Nachfolgend werden daher die Rekombinationswahrscheinlichkeit auf 0,8 bzw. die Mutationswahrscheinlichkeit auf 0,1 festgesetzt.
112
Evaluation der entwickelten Methoden
6000
Zielfunktionswert
5000
4000
3000
2000
1000
0 0
500
1000
1500
2000
2500
3000
Generation Schlechtester Zielfunktionswert der Generation Mittlerer Zielfunktionswert der Generation Bester Zielfunktionswert der Generation
Abbildung 5-8:
Typisches Konvergenzdiagramm zur Bestimmung des Abbruchkriteriums
Aus Abbildung 5-8 wird ersichtlich, dass bei der Anwendung des vorgeschlagenen HEA die erwartete Konvergenz der Zielfunktionswerte (auch ohne den Einsatz des lokalen Suchverfahrens) erreicht werden kann. Dabei ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Erforschung neuer Regionen des Suchraums (exploration) und der Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen des Suchraums (exploitation) zu beobachten. Einerseits treten auch in fortgeschrittenen Generationen Individuen mit schlechten Zielfunktionswerten auf, wodurch die Vielfalt der Population erhalten bleibt. Andererseits wird die Suche in aussichtsreichen Regionen vertieft, wodurch sich ein konvergierender mittlerer Zielfunktionswert einstellt. Darüber hinaus wird bereits nach relativ wenigen Generationen eine sehr starke Verbesserung der Zielfunktionswerte im Vergleich zur zufälligen Initialisierung erreicht. So wird beispielsweise nach ca. zwei Stunden Rechenzeit eine Verbesserung des Zielfunktionswerts von 2243 (beste zufällig erzeugte Lösung) auf 693 (beste Lösung nach 663 Generationen) erzielt. Hingegen konvergiert der Zielfunktionswert in den weiteren Generationen nur sehr langsam. So kann etwa nach insgesamt ca. neun Stunden Rechenzeit ein Zielfunktionswert von 550 erreicht werden.
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus
113
Für die nachfolgenden Betrachtungen wird als Abbruchkriterium die Rechenzeit auf zwei Stunden begrenzt. Einerseits stellt dies eine Obergrenze für den praktischen Einsatz des Verfahrens im betrachteten Produktionssystem dar, andererseits erscheint der (Rechen-)Aufwand von sieben Stunden für eine Verbesserung des Zielfunktionswerts von 693 auf 550 nicht gerechtfertigt. Zudem handelt es sich bei den Zielfunktionswerten um die quadratische Abweichung vom gewünschten Einsatzenergieträgerbedarf. So zeigt sich durch den Vergleich der Standardabweichungen88 beider Lösungen (1,55 bzw. 1,38), dass die Unterschiede beider Lösungen sehr gering sind. In Abbildung 5-9 sind typische Konvergenzdiagramme unterschiedlicher Populationsgrößen dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Rechenzeitbeschränkung von zwei Stunden mit unterschiedlichen Populationsgrößen auch unterschiedlich viele Generationen bewertet werden. Beispielsweise werden bei einer Populationsgröße von 100 Individuen und zwei Stunden Rechenzeit 1410 Generationen bewertet, bei einer Populationsgröße von 400 Individuen hingegen nur 351 Generationen. Dadurch ergibt sich bei gegebener Rechenzeit ein Trade-off zwischen Populationsgröße und der Anzahl der bewerteten Generationen. Dies hat zur Folge, dass bei einer geringen Populationsgröße (z.B. 100 Individuen) sehr schnell viele neue Regionen des Suchraums erforscht werden können, allerdings die Suche in diesen Regionen nur sehr langsam vertieft wird. Bei einer hohen Populationsgröße (z.B. 400 Individuen) kann zwar die Suche gut in aussichtsreichen Regionen vertieft werden, allerdings erfolgt das Auffinden aussichtsreicher Regionen des Suchraums langsamer. Insgesamt zeigt eine Populationsgröße von 300 Individuen ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen exploration und exploitation und wird somit für die nachfolgenden Untersuchungen auf diesen Wert festgesetzt.
88
Die Standardabweichung, gibt die Streuung der Einsatzenergieträgerbedarfe um den gewünschten Einsatzenergieträgerbedarf an [vgl. etwa Fahrmeir et al. 2004, S. 69].
114
Evaluation der entwickelten Methoden
2000
Zielfunktionswert
1500
1000
500
0 0
20
40
60
80
100
120
Rechenzeit [Minuten]
Populationsgröße 100 Populationsgröße 300
Abbildung 5-9:
Populationsgröße 200 Populationsgröße 400
Typische Konvergenzdiagramme bei Variation der Populationsgröße
5.2.2 Rekombination Nachfolgend werden die in Abschnitt 4.5.2.5 beschriebenen Rekombinationsoperatoren OX und PMX im Rahmen des HEA auf die vorliegende Problemstellung angewendet. Die sich daraus ergebenden (typischen) Konvergenzdiagramme sind in Abbildung 5-10 dargestellt. Dabei ist zu erkennen, dass der Rekombinationsoperator PMX dem Rekombinationsoperator OX für das vorliegende Planungsproblem deutlich überlegen ist. Dies ist auf die Betonung der absoluten Ordnung der einzelnen Elemente eines Strings bei PMX zurückzuführen. Bei der vorliegenden Problemstellung unterscheiden sich die Maschinenbelegungspläne der Nachkommen bei einer Rekombination auf Basis von OX sehr stark von den Maschinenbelegungsplänen der Eltern. Dadurch ist es insgesamt schwieriger möglich, die Suche in aussichtsreichen Regionen des Suchraums zu vertiefen.
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus
115
2000
Zielfunktionswert
1500
1000
500
0 0
20
40
60
80
100
120
Rechenzeit [Minuten] PMX
Abbildung 5-10:
OX
Typische Konvergenzdiagramme bei Variation des Rekombinationsoperators
5.2.3 Lokales Suchverfahren peak-LS Auf der Grundlage der in den vorangegangenen Abschnitten gefundenen Spezifikation des HEA wird nachfolgend der Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS für die vorliegende Problemstellung untersucht. Dazu sind in Abbildung 5-11 typische Konvergenzdiagramme mit bzw. ohne den Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS dargestellt. Daraus lässt sich erkennen, dass sich zu Beginn der Suche der Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS eher nachteilig auf die Konvergenz des Zielfunktionswerts auswirkt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei Einsatz des peak-LS, das mit zusätzlichem Rechenaufwand verbunden ist, insgesamt weniger Generationen in der gleichen Rechenzeit bewertet werden können (ohne peakLS: 470 Generationen, mit peak-LS: 325 Generationen bei zwei Stunden Rechenzeit und einer Populationsgröße von 300 Individuen). Sobald allerdings aussichtsreiche Regionen des Suchraums identifiziert werden können, wird die Suche in diesen Regionen sehr schnell durch das lokale Suchverfahren peak-LS vertieft. Dadurch ist es möglich, dass ein Zielfunktionswert von 550 bereits nach ca. 71 Minuten Rechenzeit erzielt wird. Vergleichbare Lösungen mit einem Zielfunktionswert von 550 benötigen bei Anwendung der Ausgangsspezifikation des HEA hingegen neun Stunden Rechenzeit (vgl. Abschnitt 5.2.1). Der beste Zielfunktionswert
116
Evaluation der entwickelten Methoden
nach zwei Stunden Rechenzeit beträgt 518 und entspricht somit einer Standardabweichung von 1,34. Bei einer vorgegebenen Rechenzeit von zwei Stunden können somit durch den Einsatz des entwickelten lokalen Suchverfahrens peak-LS bessere Lösungen gefunden werden als ohne den Einsatz von peak-LS. 2000
Zielfunktionswert
1500
1000
500
0
0
20
40
60
80
100
120
Rechenzeit [Minuten] mit peak-LS
Abbildung 5-11:
ohne peak-LS
Typische Konvergenzdiagramme mit bzw. ohne peak-LS
Durch die Anwendung des HEA unter Einsatz des lokalen Suchverfahrens peak-LS kann insgesamt eine deutliche Glättung des Einsatzenergieträgerbedarfs im betrachteten Produktionssystem erzielt werden. In Abbildung 5-13 ist der zeitliche Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs bei Durchführung der vorgestellten energieorientierten Maschinenbelegungsplanung (entsprechender Maschinenbelegungsplan vgl. Abbildung 5-12) im Vergleich zum ursprünglichen Einsatzenergieträgerbedarf des Referenzfalls dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass die bisherigen auftretenden Lastspitzen geglättet werden. Die höchste Lastspitze von 25 gleichzeitig heizenden Färbeapparaten (im Referenzfall) kann dabei auf 14 reduziert werden.
Färbeapparate
0
Abbildung 5-12:
32 31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Zeit [h]
Dampfbeheizung an
Energieorientierter Maschinenbelegungsplan
Produktionsauftrag
8
Dampfbeheizung aus
16
24
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus 117
Anzahl gleichzeitig heizender Färbeapparate
118
Evaluation der entwickelten Methoden
30
25
20
15
10
5
0 0
8
16
24
Zeit [h] bisherige Maschinenbelegungsplanung (Referenzfall) energieorientierte Maschinenbelegungsplanung
Abbildung 5-13:
Zeitlicher Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs
Zusammenfassend soll nachfolgend untersucht werden, wie sich die Güte der gefundenen Lösungen des vorgestellten Lösungsverfahrens bei Anwendung auf unterschiedliche Produktionsprogramme verhält. Dabei werden repräsentative Produktionsprogramme von 50 bis 128 Produktionsaufträgen (minimale bzw. maximale Kapazität des Produktionssystems) herangezogen, wobei die Anzahl der Produktionsaufträge um jeweils zwei erhöht wird. Dadurch ergeben sich 40 unterschiedliche Produktionsprogramme. In Abbildung 5-14 sind die erreichten Zielfunktionswerte bei Anwendung des HEA dargestellt. Dabei tritt im Allgemeinen der Effekt auf, dass bei einer höheren Anzahl von Produktionsaufträgen auch ein höherer erwünschter (mittlerer) Einsatzenergieträgerbedarf r bzw. ein höherer Zielfunktionswert (quadratische Abweichung vom erwünschten Einsatzenergieträgerbedarf) auftritt. Aufgrund des unterschiedlichen Maßstabs ist ein Vergleich der Güte der gefundenen Lösungen auf Basis der Zielfunktionswerte nicht sinnvoll. Deshalb wird für diese Bewertung der Variationskoeffizient V als maßstabsunabhängiges Streuungsmaß herangezogen, der folgendermaßen definiert ist [vgl. Bamberg/Baur 1998, S. 21]:89
89
Für die Anwendung des Variationskoeffizienten werden positive Mittelwerte vorausgesetzt.
Spezifikation des Hybriden Evolutionären Algorithmus
119
s r
V
Dabei gibt s die Standardabweichung und r das arithmetische Mittel des Einsatzenergieträgerbedarfs an. Die Variationskoeffizienten der einzelnen Produktionsprogramme sind in Abbildung 5-15 dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass der Einsatzenergieträgerbedarf der gefundenen Lösungen (bis auf wenige „Ausreißer“) lediglich in einer Bandbreite von ca. 11 Prozent bis 16 Prozent um den gewünschten Einsatzenergieträgerbedarf r streut. Insgesamt stellen alle gefundenen Lösungen Maschinenbelegungspläne mit einem (sehr) gut geglätteten zeitlichen Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs dar. 1200 1100 1000 Zielfunktionswert
900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 50
60
70
80
90
100
110
120
Anzahl Produktionsaufträge
Abbildung 5-14:
Zielfunktionswerte bei unterschiedlichen Produktionsprogrammen
130
120
Evaluation der entwickelten Methoden
0,30
Variationskoeffizient
0,25
0,20
0,15
0,10
0,05
0,00 50
60
70
80
90
100
110
120
130
Anzahl Produktionsaufträge
Abbildung 5-15:
5.3
Variationskoeffizienten bei unterschiedlichen Produktionsprogrammen
Quantifizierung der Einsparpotentiale
Auf Basis des in Abschnitt 5.1.3 vorgestellten Simulationsmodells kann der mengenmäßige Verbrauch an Endenergieträger (Erdgas) der einzelnen Maschinenbelegungspläne quantifiziert werden. Daraus kann durch Multiplikation der Verbrauchsmenge einerseits der Arbeitspreis für die bezogene Menge an Erdgas als auch die aus der Verbrennung resultierenden Kohlendioxydemissionen ermittelt werden (vgl. Abbildung 5-16). Dabei lassen sich, abhängig von der Anzahl der Produktionsaufträge, Einsparungen von ca. 10 Prozent bis maximal 20 Prozent an Endenergieträgerkosten bzw. Kohlendioxydemissionen realisieren. So entspricht etwa die in einem 24-Stunden-Planungszeitraum zu erwartende Kosteneinsparung bei einer Produktionsmenge von 100 Produktionsaufträgen ca. 612 GE (13 Prozent) bzw. die zu erwartende Einsparung an Treibhausgasemissionen ca. 2785 kg CO2 (13 Prozent). Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass der zweite Kessel bei der Anwendung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung erst bei 104 Produktionsaufträgen (vorher bei 78 Produktionsaufträgen) zugeschaltet werden muss und dann bereits bezüglich seines Nutzungsgrads in einem nahezu optimalen Betriebszustand gefahren werden kann.
Quantifizierung der Einsparpotentiale
121
6000
20000 4000 15000 3000 10000
2000
5000
1000 0
Kohlendioxydemission [kg]
Arbeitspreis Erdgas [GE]
25000 5000
0 50
60
70
80
90
100
110
120
130
Anzahl Produktionsaufträge
energieorientierte Maschinenbelegungsplanung bisherige Maschinenbelegungsplanung (Referenzfall)
Abbildung 5-16:
Arbeitspreis Erdgas und Kohlendioxydemission in einer Planperiode in Abhängigkeit von der Anzahl der Produktionsaufträge
Zudem können die maximalen Lastspitzen (abhängig von der Anzahl der Produktionsaufträge) um mindestens 31 Prozent gesenkt werden, die als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Leistungspreises herangezogen werden (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Eine Quantifizierung in GE auf Basis eines 24-Stunden-Planungszeitraums ist jedoch nicht möglich, da die (monatlichen) Leistungspreise immer von den jeweiligen Produktionsprogrammen eines ganzen Monats abhängen.
6
Zusammenfassung
Gegenstand der Arbeit ist die Entwicklung eines Konzepts einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung. Ziel hierbei ist es, insbesondere eine effizientere Nutzung der Endenergieträger und somit eine entsprechende Kosteneinsparung sowie Reduktion von Treibhausgasemissionen zu erreichen.
Die betriebswirtschaftliche Relevanz der Arbeit ergibt sich durch die stark ansteigenden Rohstoffpreise für Primärenergieträger, die sich gerade in energieintensiven Industrien stark auf den Unternehmenserfolg auswirken. Dabei ist eine Reduktion der Kosten der betrieblichen Energiebewirtschaftung oftmals nur durch eine Reduktion (bzw. Verstetigung) des Verbrauchs an eingesetzten Endenergieträgern möglich. Zudem sehen sich Unternehmen aus energieintensiven Industrien einer Reduktionsverpflichtung für Treibhausgasemissionen gegenüber, die ebenfalls im Wesentlichen nur durch eine Reduktion des Verbrauchs an (fossilen) Endenergieträgern realisierbar ist. Dazu stehen bisher nur sehr eingeschränkte bzw. kostenintensive Maßnamen zur Verfügung (z.B. Lastmanagement bzw. Investitionen in neue (Energie-)Umwandlungstechnologien), die eher einen reaktiven Charakter bezüglich der Schwankungen des Einsatzenergieträgerbedarfs (keine Berücksichtigung von energieorientierten Aspekten in der Produktionsplanung) aufweisen. Hingegen werden beim Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen bereits bei der Planung der Produktionsprozesse energieorientierte Aspekte berücksichtigt, die sowohl eine Reduktion der Kosten an eingesetzten Endenergieträgern als auch eine Reduktion von Treibhausgasemissionen adressieren. Die Konzeption einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung umfasst die Spezifikation eines entsprechenden Anforderungsprofils. Dabei empfiehlt es sich, zunächst die Aufgaben und Ziele einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung im Rahmen eines hierarchischen kapazitätsorientierten Systems zur operativen Produktionsplanung- und -steuerung zu analysieren. Die wesentliche Aufgabe einer (energieorientierten) Maschinenbelegungsplanung besteht demnach in der Sicherstellung der Durchführung aller dem Produktionssystem zugewiesenen Produktionsaufträge. Durch die Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise können die Wirkungszusammenhänge zwischen dem Einsatzenergieträgerbedarf (z.B. Prozessdampf) und der Höhe der Kosten für die eingesetzten Endenergieträger (z.B. Erdgas) abgeleitet werden. Daraus wird ersichtlich, dass für einen bestimmten Einsatzenergieträgerbedarf eines erwünschten
124
Zusammenfassung
Outputs dem Produktionssystem eine entsprechende Menge an Endenergieträger zugeführt werden muss. Diese Menge an Endenergieträger (und die damit verbundenen Kosten) ist sowohl von der Höhe des Einsatzenergieträgerbedarfs als auch von dessen zeitlichen Verlauf abhängig. Allerdings existiert dafür im Allgemeinen kein (einfacher) funktionaler Zusammenhang. Um die Determinanten der (möglichst gering zu haltenden) Endenergieträgerkosten zu identifizieren, muss deshalb einerseits die spezifische Preisgestaltung beim Bezug von leitungsgebundenen Endenergieträger (z.B. elektrischer Strom, Erdgas), andererseits die technische Ausgestaltung der (Energie-)Umwandlungsanlagen (z.B. Kesselanlagen) berücksichtigt werden. Aufbauend auf den Zielen einer (konventionellen) Maschinenbelegungsplanung können somit die Ziele einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung zur Reduktion der Kosten an Endenergieträger formuliert werden:
Minimierung der belegten Maschinen Dadurch wird eine hohe Auslastung der eingesetzten Maschinen (bei einer gegebenen Anzahl von Produktionsaufträgen) bei der Produktionsdurchführung erreicht, die bereits bei einer (konventionellen) Maschinenbelegung angestrebt wird. Gleichzeitig wird auch der (maschinenbezogene) Einsatzenergieträgerbedarf reduziert, wodurch sich eine entsprechende Reduktion der Endenergieträgerkosten realisieren lässt.
Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs Durch die Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs wird im Allgemeinen auch ein gleichmäßiger Verlauf des Endenergieträgerbedarfs erreicht. Dadurch können vor allem Kosteneinsparungen durch geringere Leistungspreise bei leitungsgebundenen Endenergieträgern realisiert werden. Des Weiteren wird durch eine Verstetigung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs ein effizienter Betrieb der (Energie-)Umwandlungsanlagen ermöglicht.
Zur Konkretisierung des Konzepts empfiehlt es sich, das Planungsproblem in das D | E | J Klassifikationsschema für deterministische Maschinenbelegungsprobleme einzuordnen [vgl. etwa BáaĪewicz et al. 2001]. Das vorliegende energieorientierte Maschinenbelegungsproblem kann demnach durch P | d , no wait | k , f (r ( S , t )) beschrieben werden. Dabei beschreibt P eine Maschinenumgebung mit identischen parallelen Maschinen, d einheitliche Fertigstellungstermine aller Produktionsaufträge, no wait die Nichtunterbrechbarkeit der Produktionsaufträge, k die Zielfunktion der Minimierung der belegten Maschinen und f (r ( S , t )) die Zielfunktion der Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs. Vor diesem Hintergrund wird das entsprechende Entscheidungsmodell einer energieorientierten
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Maschinenbelegungsplanung unter Berücksichtigung des beschriebenen Zielsystems auf Basis binärer Entscheidungsvariablen formuliert. Prinzipiell kann die Lösung des beschriebenen energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen auf Basis von optimierenden oder heuristischen Verfahren erfolgen. Das Auffinden einer zulässigen Lösung des vorliegenden energieorientierten Maschinenbelegungsproblems stellt jedoch bereits ein streng NP-hartes Optimierungsproblems dar. Deshalb erscheint der Einsatz optimierender Verfahren zur Lösung des energieorientierten Maschinenbelegungsproblems nicht Erfolg versprechend. Dementsprechend erfordert die Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung die Analyse und den Entwurf eines heuristischen Lösungsansatzes. Dieser basiert auf einer Zerlegung des Planungsproblems in ein Eröffnungsverfahren (Festlegung der Zuordnung von Produktionsaufträgen zu belegbaren Maschinen) und ein Verbesserungsverfahren (Festlegung der Startzeiten einzelner Produktionsaufträge). Das Eröffnungsverfahren adressiert in erster Linie das Problem des Auffindens einer zulässigen Lösung des vorliegenden Planungsproblems. Zur Lösung wird ein iteratives Verfahren herangezogen, das auf dem Zusammenhang zwischen dem eindimensionalen Bin-PackingProblem und dem Maschinenbelegungsproblem Pm || Cmax beruht. Dabei wird ausgehend von einer unteren Schranke für die Anzahl der belegten Maschinen in jeder Iteration das Maschinenbelegungsproblem Pm || Cmax gelöst und überprüft, ob alle Produktionsaufträge innerhalb der Planungsperiode d fertig gestellt werden können. Zur Lösung des (streng NP-harten) Maschinenbelegungsproblems Pm || Cmax wird eine Lösungsheuristik auf Basis der Prioritätsregel largest processing time first (LPT) herangezogen. Die Lösungsgüte des LPTAlgorithmus erscheint dabei für die vorliegende Problemstellung ausreichend. Insgesamt wird durch das Eröffnungsverfahren eine Zuordnung der Produktionsaufträge auf möglichst wenigen Maschinen getroffen. Dadurch reduziert sich das Planungsproblem des Verbesserungsverfahrens auf die Bestimmung der Startzeiten der einzelnen Produktionsaufträge. Eine Analyse von bestehenden Lösungsansätzen aus dem Bereich des Resource Constraint Project Scheduling zeigt, dass diese nicht einfach auf die vorliegende Problemstellung übertragen werden können. Somit empfiehlt es sich Metaheuristiken, die allgemeingültige heuristische Lösungsansätze für kombinatorische Optimierungsprobleme darstellen, auf die vorliegende Problemstellung anzuwenden. Dabei zeigt sich, dass Verfahren auf Basis von Evolutionären Algorithmen prinzipiell besser zur Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung geeignet sind als Verfahren, die rein auf lokaler Suche basieren. Die Leistungsfähigkeit eines Evolutionären Algorithmus kann zudem, mittels der Integration von problemspezifischem Wissen durch den
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Einsatz von lokalen Suchverfahren zur Vertiefung der Suche in aussichtreichen Regionen (exploitation), weiter verbessert werden (Hybrider Evolutionärer Algorithmus). Prinzipiell sind derartige Hybride Evolutionäre Algorithmen durch die Spezifikation der einzelnen Verfahren und Parameter an das jeweilige Planungsproblem anzupassen. Für den im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagenen Hybriden Evolutionären Algorithmus (HEA) werden folgende (Grund-)Einstellungen vorgeschlagen:
Wahl einer geeigneten Repräsentation des Planungsproblems Für die Repräsentation der Maschinenbelegungspläne des im Rahmen des Verbesserungsverfahrens vorliegenden Planungsproblems eignet sich insbesondere eine Repräsentation mittels einer Permutationscodierung. Diese Vorgehensweise bietet insbesondere den Vorteil, dass aus jeder Permutation von Produktions- und Pausenaufträgen immer ein eindeutiger (und vor allem zulässiger) Maschinenbelegungsplan erstellt werden kann.
Wahl eines Verfahrens zur Generierung einer Startpopulation Für das gegebene Planungsproblem erscheint eine zufällige Initialisierung der Startpopulation adäquat, da das Ergebnis einer Generierung einer Startpopulation auf Basis von problemspezifischem Wissen bei einer zufälligen Initialisierung ebenfalls bereits nach wenigen Generationen erreicht wird.
Wahl der Populationsgröße und des Abbruchkriteriums Die Wahl der Populationsgröße ist stark problemspezifisch und muss daher auf den jeweiligen Anwendungsfall angepasst werden. Dabei ist auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Erforschung neuer Regionen des Suchraums (exploration) und der Vertiefung der Suche in aussichtsreichen Regionen des Suchraums (exploitation) zu achten. Die Angabe des Abbruchkriteriums sollte durch die Beschränkung der Rechenzeit oder die Anzahl der Generationen erfolgen. Somit kann sichergestellt werden, dass ein in der betrieblichen Praxis vorgegebener (maximaler) Planungsaufwand für die Erstellung eines Maschinenbelegungsplans eingehalten wird.
Wahl der Selektionsverfahren (Eltern und Individuen der nächsten Generation) Für die Wahl der Eltern und Individuen der nächsten Generation im Rahmen des Verbesserungsverfahrens ist eine fitnessproportionale Selektion mit einer Skalierung anhand des höchsten Zielfunktionswerts aller Individuen einer Generation zu bevorzugen. Dabei ist zu überprüfen, ob „Superindividuen“ (Individuen mit wesentlich
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besserem Zielfunktionswert als alle anderen Individuen und somit sehr hoher Selektionswahrscheinlichkeit) auftreten. Die Eltern und Individuen der nächsten Generation sind auf Basis des Stochastic Universal Sampling (SUS) zu ziehen.
Wahl des Rekombinationsverfahrens und dessen Wahrscheinlichkeit Für das vorliegende Planungsproblem empfiehlt sich der Einsatz der Rekombinationsverfahren PMX oder OX. Dabei betont PMX bei der Rekombination die absoluten Positionen der Elemente der beiden Elternteile, OX hingegen die Ordnung der Elemente. Für eine Implementierung ist somit zu überprüfen, welches Rekombinationsverfahren für die jeweilige Probleminstanz besser geeignet ist. Bei der Bestimmung der Rekombinationswahrscheinlichkeit empfiehlt sich pc t 0, 6 .
Wahl des Mutationsverfahrens und dessen Wahrscheinlichkeit Als Mutationsverfahren wird die Inversion Mutation herangezogen. Dabei werden die Änderungen in einem Maschinenbelegungsplan auf die Umkehrung der Reihenfolge von zwei oder mehreren aufeinander folgenden Produktions- bzw. Pausenaufträgen begrenzt. Dadurch soll verhindert werden, dass durch eine Mutation nicht nur zwei Pausenaufträge miteinander vertauscht werden. Da die Aufgaben der Mutation für das vorliegende Planungsproblem sowohl in der exploration als auch in der exploitation liegen, empfiehlt sich eine Mutationswahrscheinlichkeit von pm 0, 01 .
Entwicklung eines lokalen Suchverfahrens Das entwickelte lokale Suchverfahren peak-LS soll im Wesentlichen die Suche im Rahmen des HEA in aussichtreichen Regionen vertiefen (exploitation). Zunächst wird dazu eine Lastspitze im zeitlichen Verlauf des Einsatzenergieträgerbedarfs gesucht. In einem weiteren Schritt sollen durch die lokale Suche bei peak-LS einzelne Produktionsaufträge so „justiert“ werden, dass die durch sie verursachte Lastspitze entsprechend abgemildert bzw. eliminiert wird. Dabei soll die Reihenfolge der Produktionsaufträge auf einer Maschine nicht verändert, sondern nur die Pausenzeiten zwischen den Produktionsaufträgen angepasst werden.
Das entwickelte Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen wird anhand eines realen Produktionssystems aus dem Bereich der Textilveredelung evaluiert. Hierbei erfolgt die Bewertung im Wesentlichen auf Basis der erzielten Einsparungen bezüglich Kosten und Kohlendioxydemissionen. Im Einzelnen können folgende Ergebnisse bzw. Richtlinien zur Umsetzung abgeleitet werden:
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Das vorgeschlagene Konzept ist prinzipiell geeignet, um eine signifikante Glättung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs zu erreichen. Dadurch kann eine deutliche Reduktion an Kosten bei gleichzeitiger Reduktion von Kohlendioxydemissionen (in Abhängigkeit von der Anzahl der Produktionsaufträge zwischen 10 und 20 Prozent) realisiert werden. Zur Ermittlung des mengenmäßigen Verbrauchs an Endenergieträger bzw. der dadurch verursachten Kosten und Kohlendioxydemissionen empfiehlt es sich, die relevanten Subsysteme des betrieblichen Energieversorgungssystems auf Basis eines Simulationsmodells abzubilden. Der Anwendungsfall hat gezeigt, dass die beschriebene Vorgehensweise zur Spezifikation der Verfahren und Parameter des vorgeschlagenen Hybriden Evolutionären Algorithmus (HEA) zur angestrebten Reduktion von Kosten und Kohlendioxydemissionen führt. Zudem kann beobachtet werden, dass auch bei einer davon abweichenden Spezifikation Maschinenbelegungspläne mit einer hohen Lösungsgüte generiert werden. Weiterhin wird durch den Anwendungsfall bestätigt, dass die Integration von problemspezifischem Wissen in Form eines lokalen Suchverfahrens (peak-LS) in einer deutlichen Verbesserung der Lösungsgüte resultiert (vgl. Abschnitt 4.5.1).
Hinsichtlich der Übertragbarkeit sowie weiterer Potentiale des entwickelten Konzepts auf weitere Produktionssysteme lassen sich folgende, grundsätzliche Aussagen treffen:
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Prinzipiell kann das vorgestellte Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung unabhängig von der Produktionsauftragsstruktur auf unterschiedliche Produktionssysteme mit identischen parallelen Maschinen90 übertragen werden. Somit umfasst das Anwendungsspektrum vorrangig energieintensive Industrien, deren Produktionssysteme in Form einer Werkstattfertigung organisiert sind (z.B. Textilveredelung, Batch Produktion in der Feinchemie bzw. Lebensmittelindustrie). Bezogen auf das Anwendungsgebiet von Färbereien bleibt festzustellen, dass sich das Konzept einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung in derartigen Unternehmen relativ leicht realisieren lässt. Dies ist primär auf die Verfügbarkeit von für die Planung erforderlichen Daten zurückzuführen. Dies betrifft insbesondere die Bestimmung der Einsatzenergieträgerbedarfsprofile aus den Färberezepturen.
Dabei müssen die in der Problemstellung formulierten Annahmen gelten (vgl. Abschnitt 1.2).
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Die Glättung von Lastspitzen des Einsatzenergieträgerbedarfs wirkt sich auch auf die Höhe der Investitionen für (Energie-)Umwandlungsanlagen aus, da dadurch die für Lastspitzen zusätzlich benötigten (Energie-)Umwandlungsanlagen (in heißer Redundanz) oftmals durch eine einzige Anlage abgedeckt werden können.
Kritisch anzumerken im Bezug auf den Einsatz des entwickelten Konzepts sind folgende Punkte:
Die Ermittlung der im Rahmen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung benötigten Daten kann sich als schwierig erweisen. Dies betrifft insbesondere die Bestimmung der Einsatzenergieträgerbedarfsprofile (in Abhängigkeit der Struktur der Produktionsaufträge) sowie der Kosten für die eingesetzten Endenergieträger (in Abhängigkeit der technischen Ausgestaltung des Produktionssystems). Werden von einer (Energie-)Umwandlungsanlage mehrere Produktionssysteme bedient, kann durch die Glättung eines Produktionssystems nicht die gewünschte Reduktion von Kosten für Endenergieträger bzw. Treibhausgasemissionen gewährleistet werden.
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