Einfuhrung zu Gadamer.
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Zitiervorschau

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Das'Wesen der Lust áach den platonischen Dialogenol schreibt. Ar.n meisten hervorzuheben ist an dieser Dissertation nahezu der (Jmstand,

mit dem unkantischen Titel ,Logos-Psyché-Eros< kor-

rigierte. Er rückte nun die l.nystischeren Aspekte von Platon in den Vordergrund. Es ist anzunehmen, daB es auch diese

Es

I Zn Rrchard Hónisswaltl (11175-19.17). vql. clen Banci f:itcrncr¡ - Spratltc.lnternationales Richarcl-Hóniesrvald-Symposion Kas-

.\,lrrr¡r¡-

r Fiir die

folgenden bio- und bibliographischen Angaben veru'eise

Darstellung: Ha ns-Ceorg Catlamcr' Eítte Bioich auf nreine ".,i1',hrli.h.t. griplrie, Tiibineen. Mohr Siebeck, 1999.

l 1995, hrsg. von W. Schmied-Kowarzik, Würzburg, Kónigshausen & N('unrann, 1977 (nit einem Brief von Hónissrvald an Gadamer von

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l,)l()).

Lcben und

We ¡k

Leben und Wcrk

war danlals insbesondere die Dichtung von Stefin George, die ihn - wie viele andere auch - ergriff und ihn dazu brachte, zunáchst Germanistik an der universitát Breslau zlr studieren. Bald genug wurde er aber von der dort herrschenden Formlehre abgeschreckt, so daB er sich fiir die Philosophie entschied, obwohl er weiterhin Literatur und Kunstgeschichte in Marburg (vor allem bei Richard Hamann) studierte. Dichtung verrnittelt aurch eine Erkenntnis, aber eine,

Wir kónnen heure unschw-er in Heideggers Manuskript ,'ine der Keinrzellen von Scí¡ tmd Zeit erkennen. Aber wir verfiisen inzrvischen iiber den Abstand einer ge,uvaltigen,

lif )j:ihrigen Heideggerrezeptron, der uns an seine Art fra-gen qewiihnt hat. Der halsbrecherische Text von1922 traf dieáa_ rr;rligen Leser vóllig unvorbereitet! Ceorg Misch nahm auch

A¡rstofl an seinem áuBerst r.nanieristischen Zuschnitt, so daB

r'r Moritz Geiger, einen orthodoxeren Reprásentanten der N4 iinchner Phánonrenologie, ñir die Góttinger Stelle vorzog. Nrrtorp ur-rd Gadamer fanden das Manuskript hingegen ., lrlichtrveg genial. Natorp betrieb daraufhin die Berufung r',rn Heidegger nach Marburg, sicherlich ein Zeichen von rirol3cr Ofltnheit und Vorahnung fiir einen Gelehrten volr

die sich mit den Katesorien der an den 'Wissenschaften orientierten Erkenntnistheorie nicht beschreiben láBt. Schlimmer noch: die herrschende Erkenntnistheorie tendiert dazu, alles, was wie Dichtung oder Kunst aussieht, aus dem Reich der Erkenntnis zu verbannen. Gadamer wird darin eine enornre Blindheit sehen, als dessen Korrektur sich

rr,rirczu 70 Jahren. ( ]adamer betrieb seinerseits seinen'Wechsel trach Freiburg, ,rn bei Heidegger zu srudieren, sobald es seine Kráfte zulie_ Iit'rr. Heideggers elektrisierende prosa erinnerte ihn sofort an

seine gesamte Philosophie verstehen láBt.

Einen Einschnitt bildet kurz nach seiner Promotion die Polioerkrankung, die ihn im August 1922befálk. Sie zwingt ihn, viele Monate in Quarantáne zu verbringen. Wáhrend seiner Rekonvaleszenz überláBt ihm sein Lehrer Natorp das Manuskript eines jungen Assistenten von Edmund Husserl in Freiburg, Martin Heidegger, den clarnals bereits eine groBe Farna umgibt. Allein durch die Kraft seiner Vorlesungen galt er als der steigende Stern oder gar der heirnliche Kónig der deutschen Philosophie. Aber dieser Ruf war (noch) nicht durch nennenswerte Publikationen gestützt. Deshalb hatte ihn Natorp gebeten, ihm einen Bericht seiner AristotelesArbeiten zu schreiben, un ihn auf ein Extraordinariat an der lJniversitát Marburg berufen zu kónnen. Der lange ftir verschollen gehaltene Bericht wird 1989 zufdllig wiedergefunden, weil Heidegger ihn gleichzeitig an Georg Misch in Góttingen schickte, der auch die Kandidatur von Heidegger fiir eine Stelle ersucht hatte. Misch übergab seinem Schiiler Josef Kónig das Manuskript, in dessen NachlaB es gefunden wurde.3 -3 Es wurde von Hans-ulrich Lessing unter dem Titel rPhinonrenologische Interpretationen zu Aristoteles. Anzeige der herrrreneuttschen S i tuation< irn D i h h ey -J ah rbu h 6 (1 989), 237 -269 veróffentlich t. c

Vt'r'sc von George

(PL,212).Er erkennr sich auch in Heideg_ phánomenologischem Rückgang aufAristoteles wieder, zunr¡l er gerade über dcssen Ethik arbeiten rvollte. >pháno_ lrt'rrologisch< bezeichnet fiir Gadarner wecler ein Arbeitsge_ lrrt't, eine Methode, sondern ei' Wertprác.likat: Damiiist 'och , rr nrit Anschaulichkeit und phánomenennáhe verbunclenes I )t'nkcn gemeint. Endlich sicfir da jenrand, wovon Aristoteles rit'r's

',1,r'it'ht. Es ist diese phánomenologische Gabe, clie Gadamer

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Heidegger anr meisten begeistern wirde*i....t< gelte. HeiJegger entfaltet in Marburg eine LehrtáMacht' die eine ganze Generation tigkeit toJ "rrt"r.rnlicher vom bJzaubert. AuBer Gaclamer ziihlern spátere Philosophen Gerhard Lówith' Karl Strauss, Leo R.,tg *i. Hannah Areudt' Kriifer, Hans Jor-ras zri cleu von Heiriegger Gefesselten' Cada-

i"ditio" lb"rn.hrlt",

6 HCG, ,Metaphysik tler Erkenntnis' Zu der¡ gleichnamigen Buch von Nicolai Hartrnanno. in Lctgo-s 12 (1923-2'+)' 35()'

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rner ist fasziniert, aber auch erdrückt von der Wucht Heicleggcrs. Ein harter Brief von Heide'gger bringt ihn dazu, an seirrer eisenen Begabr-rng in der Philosophie zr-r z',l,eifeln. So entscheidet er sich 1925, ein planmáBiges Studium der l(lrrssischen Philologie zu absolvieren, das 1927 zu einem St:r¿rtsexamen fLhrt. In Marburg hatte Gadamer das gro8e ( iliick, unter der Leitr-rng des sro8en Platonforschers Paul lrrie dláncler zn arbeiten. Durch seine fein{iihiige Lektüre aller plltonischen Dialoge, die in den drei Bánclen seines damals qcschriebenen Meisterwerkes iibcr Platon literarisch nachzucrrrpfinden ist, scl-ilrft er die Aufirrerksamkeit von Gadamer liir die kunstvolle Dialogkr.rnst Platons. Der in Marburs lehrcucle Theologe Rudolf Bultnann, der Gadamer damals zu st'incnl Graeca-Leserkreis einládt und der sich fiir die Stilgatrunsen der Heiligen Schrift interessierte, wird dieseibe hernrcneutische Disposition bei ihnr stárken. In Friedlánders Sernin¿rr prásentierte (ladanrer eitre Interl)r.et¡tion des aristotelischen ProtrepliAo-s, aus der 1928 eine iro13e Kritik an'Werner Jaegers Aristoteles-D e utung r'verden ',,lltc.7 Jaeger hatte eine anspruchsvolle senetische Interprel.rti()n der aristotelischen Philosophie entwickelt, unr die in rlrr :rlrftretenden ,>'Widerspri"icheo zu erkláren:Von einenr Anlr.ir rqcr der Ideenlehre zúL- Zeit seiner Lehrjahre in der Akadcurrc hritte sich Aristoteles langsanr zu einenl Kritiker dersel1,,'n clinvickelt, um einen eigenstándigen Ansatz irn Bereich ,1,'r' l)hysik und der Ethik ar-rszuarbeiten. Der Protrcptifros ealt clrrbci als eine Jugendschrift, weil marr in ihr noch eine 'lrrrr l,l.rtonische Autf assuns der Philosophie und der p/rroric-ri,r err

l.t r)r)cn kónne. Die phronesis sei dort mit einer umfassenden Wt'isheit gleichgesetzt, wáhrend sie in den spáteren Ethiken .Wissens

bcscheideneren Platz des prudentiellen einnehrrrt. (ledaner wirft Jaeger vor, die Stilgattung des Protreptíkos .'r r r,,'r-n:rchlássigen. In ihr gehe es nicht darum, eine bestirnm-

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r, ¡'lrilosophische Korrzeption

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zu profilieren, sonciern um die

I I(lG, >Der aristotelische Protreptikos und die entrvicklungsgelrtliche Betrachtung deraristotelischen Ethikr,rn Hennes 63 (1928),

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5. 1ó4-1 8(r.

12

Leben und Werk

Verteidigung der Philosophie als solcher. Die Solidaritát mit der platonischen phronesis-Konzeption ist also nichts Überraschendes in einer solchen'W'erbeschrift. Gadamers Kritik verrát seine hermeneutischen Instinkte, die von Heidegger, Friedlánder und Bultmann vorexerziert wurden: der Textbesessenheit der Philologen setzt er erfolgreich die Berücksichtigung des Kontextes und der Zielrichtung der Schrift entgegen. Im Gegensatz zu den frühen Aufsátzen von 1923-24 wird Gadamer einen gewissen Stolz über diesen ersten Bei:'rag a)r Klassischen Philologie beibehalten. Es gab aber erneut eine gewisse Kühnheit in Gadamers Kritik, war doch Jaeger die überragende Autoritát der damaligen Altphilologie. Bei allen Kontroversen sind Jaegers Arbeiten die einfluBreichsten des 20.Jahrhunderts im Bereich der AristotelesForschung. In den Bánden seines groBen Buches Paideiahat er ferner bei den Griechen die Grundlagen eines pádagogischen Humanismus hervorgehoben, der der damaligenZunft der Altphilologen als eine Art Legitimation diente. Tiotz seiner friihen Kritik ist Gadamer selbst diesem Humanismus weitgehend treu geblieben, sehr im Gegensatz zu Heidegger, der ihn zu platt fand.8 Gadamer teilte nie Heideggers Abschied vom Humanismus. W'ie wir sehen werden, wird er so-

gar eine Rehabilitierung humanistischer Grundbegriffe am Anfang von Wahrheit und Methode anmahnen. Das Studium der Klassischen Philologie hat es Gadamer zweifelsohne erlaubt, eine gewisse Unabhángigkeit Heidegger gegenüber zu erlangen und zu beweisen.Dennoch konnte er der Einladung von Heidegger nicht widerstehen, als dieser ihn nach seinem Staatsexamen vonl927 zu einer Habilitation unter seiner prestigevollen Leitung ermunterte (Heidegger hatte soeben Sein und Zeit lolrit gewaltiger Resonanz veróffentlichQ. Gadamer mu8te sich aber beeilen, weil Heidegger die Husserl-Nachfolge in Freiburg anstrebte, was sich 1928 auch verwirklichen sollte. In dieser gedrángten Situation, die 8 Vgl.dazu meine Studie über rGadamer on HumanismVerstehen , r',1 (icschehen'W'ahrheit und MethodeWarum schildert' dort ohischen Iiegegnungen, dié Gadamer Lehgenialen einen g ist' Vorzu eS ein í;lñ;;l;ü;,r,á.g' aber hat Gadamer 35)' (PL' fest Gadamer ,". t ScheNatorP' "U"t?ulstellt "t *."ig" F{artmann' Hónigswald' gehabt: Es "i"ii i;;, H"*ñ, É,rltm,t"t, Frledhnder' Husserl' Heidegger' irt'G"d"-"rs Genie, daraus eine philosophische GesamtkonIch bil;;p;; entwickelt zu haben, die es mit Leibniz hált: Ausspruch was ich lese (GW 2' 492)'.Dteser ;;;;;;"s, Vater des ur-rationelistischen Satzes vom dem von ,rl-rn, wie es sich fiir Grunde. Der Satz ist aber ein hermeneutischer' Alles hat versteht: selbst einen Bibliothekar wie Leibniz von anderen des Perspektive die seinen Grund, wenn man sich in die setzt Satz Der berücksichtigt. l,".,",,. und dessen Gründe voraus' anderen den fiir Offenheit .ig.rr. Endlichkeit und die Gadamer oft Die Seele der Flermeneutik, so wird der spáte haben kann' og"rr, b.rt.ht darin, daB der andere recht --'iiÁhrhri, 40 seit Methodehat Jahren viele Diskussionen und HaGadamer hat von allen viel gelernt' Betti' Geseiner ""d "rrrg.lórt, U"rL", und Derrida sind nur die bekanntesten Entspátere die spráchspartner gewesen' Es wáre lohnend' ;i.kl;g der Cadamerschen Hermeneutik genauer zÚ ver-

tott

Werk

19

firlgen, aber Gadamer hat selbst nie das Bedürfnis verspürt, cine neue systematische Darstellung seines Denkens vorzulegcn. Die wichtigsten Weiterentwicklungen finden sich in den lintgegnungen auf seine Gespráchspartner im 2. Band seiner (iesammelten'Werke, der 1986 erschienen ist. Er folgt auf Wahrheit und Methode (Band 1), aber erstaunlicherweise trágt Titel Wahrheít und Methodel Gadamer rlcutet damit an, daB das Gesprách zum Werk selbst gehórt rurd daB es ein letztes'Wort nicht gibt. Die Ausgabe seiner Gesammelten 'W'erke, die 1985 begann, wollte Gadamer auf 10 Bánde begrenzen. Er hatte das unerrrtrch dieser 2.Bend den

wlrrtete Glück, sie bis zurr'letzten Band 1995 zu betreuen. Nlch den zwei ersten, der Flermeneutik gewidmeten Bánden lrcstehen die restlichen acht Bánde fast ausschlie8lich aus lrrterpretationen. Band 3 und 4 bringen Interpretationen zur ncueren Philosophie, aber die zahlreichsten Interpretationen lrctreffen doch Heidegger, als dessen Nachfolger Gadamer r¡;rch 1976 immer mehr gilt. Die drei folgenden Bánde vers,rnuneln die Beitráge zur griechischen Philosophie. Der 1991 ,'rsclrienene 7. Band, Platon im Díalog, ist vielleicht der erfrirt hcndste der gesamten Ausgabe, weil er das reife Platobuch lrictct, das sich Heidegger immer von Gadamer erhoffte. Ge-

,lrrltl hat sich bei Gadamer stets gelohnt. Die zwei folgenden It.irrde bringen Gadamers Studien zur Ásthetik (Band 8 ist tlrcoretischer Natur, wáhrend Band 9 konkrete Einzelinterllrct:rtionen vofihrt).Es wáre irrsinnig, darin - wie nicht unrrlrlich - eine Anwendung der hermeneutischen Methode vo¡r (ladamer zu sehen. Sie bilden viel eher die Inspiration ,1,'r'sclben, wenn man überhaupt von einer hermeneutischen ,.Mcthode< sprechen darf. Der 8. Band ist aus zwei Gründen l,r'sonders wichtig: 1) Seine poetologische Konzeption er¡i,rrrzt in vielerlei Hinsicht die eher kritische Schilderung des ,',¡st lrctischen BewuBtseins < ín Wahrheit und Methode, von der ll, ,brchter wie J.Weinsheimer und andere behauptet haben, ',r,' t'iltle nahezu eine >Anti-Ásthetikslsolange...< steht. Der daraus resultierende Gewinn láBt

und die Idee einer geisteswissenschaftlichen Hermeneutik

sich zwar messen, erweist sich aber gemessen an der Zeitlichkcit, die wir sind, als >láBlichsolange< verwendete iibrigens auch Descartes in den einschlágigen passagen seiner

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