158 38 11MB
German Pages 259 Year 2006
Springer-Lehrbuch
Bernd Woeckener
Einfçhrung in die Mikroækonomik Gçtermårkte, Faktormårkte und die Rolle des Staates
Mit 113 Abbildungen
12
Professor Dr. Bernd Woeckener Universitåt Stuttgart Institut fçr VWL und Recht Keplerstraûe 17 70174 Stuttgart [email protected]
ISBN-10 ISBN-13
3-540-30596-3 Springer Berlin Heidelberg New York 978-3-540-30596-5 Springer Berlin Heidelberg New York
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de ° Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Umschlaggestaltung: Design & Production, Heidelberg SPIN 11591207
88/3153-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Dieses Lehrbuch ist aus meinem Manuskript fiir eine vierstiindige Grundstudiumsvorlesung zur Mikrookonomik entstanden. Dem ersten Kapitel habe ich eine Einfihrung in die grundlegenden Konzepte der Markt- und Wettbewerbstheorie sowie einen Abriss zum Allokationsproblem und seiner Losung durch den Markt vorangestellt. Dadurch wird das Buch auch fiir Studierende zugiinglich, die keine Vorkenntnisse aus einer volkswirtschaftlichen Grundlagenvorlesung mitbringen. Wie wohl in allen einfiihrenden Mikrookonomik-Lehrbuchern geht es auch in dem vorliegenden zunachst einmal um die Marktgleichgewichte auf einschlgigen Varianten von Gutermiirkten und deren entscheidungstheoretische Fundierung. Dabei habe ich einen Schwerpunkt auf die Nashgleichgewichte oligopolistischer Gutermarkte gelegt. Ausfihrlich behandelt werden von mir aber auch die Faktormkkte und die Rolle des Staates in einer Marktwirtschaft.Bei der Behandlung der Arbeitsmakte steht deren Vermachtung als Ursache von Arbeitslosigkeit im Vordergrund. Hinsichtlich der Kapitalmarkte war mir vor allem das Aufzeigen des Renditezusammenhangs zwischen Realkapital- und Finanzkapitalmakten sowie zwischen Prima- und Sekundkm5rkten ein Anliegen. Die Kapitel zur Staatstatigkeit habe ich normativ angelegt. Hier geht es nicht d a m , was der Staat tatsbhlich alles macht, sondern darum, was er in einer Marktwirtschaft fiir Aufgaben hat: Etablierung und Garantie einer Wettbewerbsordnung, Hilfestellung bei der Internalisierung externer Effekte und Sicherstellung einer Art Grundversicherung aller Burger durch eine Korrektur der marktlichen Einkommensverteilung. Methodisch gesehen ist das Buch im Kern analytisch ausgerichtet. Alle NutZen-, Gewinn- und Wohlfahrtskalkiile werden jedoch auch grafisch und verbal hergeleitet sowie als ,,Regeln6'formuliert und ausgiebig erklart. Das diesem Lehrbuch zugrunde liegende Manuskript ist uber viele Jahre hinweg an den Universitaten Tubingen und Stuttgart entstanden. Stellvertretend sei hier nur meinen derzeitigen wissenschaftlichen Mitarbeitern H e m Dipl.ok. Raphael Ettle und H e m Dipl.ok. Marco Henseler sowie meiner Sekretarin Frau Gisela Maurer-Widmann f i r ihre Mithilfe gedankt. Ein besonderer Dank geht an Frau Simone Grothe und H e m Christian Dworak fir die Hilfe bei der Erstellung einer druckfertigen Vorlage. Schlierjlich sei auch dem Springer-Verlag fir die schnelle Publikation gedankt. Stuttgart, im Januar 2006
Bernd Woeckener
Inhaltsiibersicht
.................................................................................................................V ................................................................................................. VII ...............................................................................................IX Einfiihrung: Das Allokationsproblern und seine Losung durch den Markt.....1
Vorwort Inhaltsiibersicht Inhaltsverzeichnis
TEIL I: GUTERMARKTE
.
1 Angebot. Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz 21 1.1 ProduktionstheoretischeGrundlagen des Guterangebots ................................ 22 1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Guterangebots ........................................ 34 1.3 Das Guterangebot ............................................................................................50 1.4 Nutzentheoretische Grundlagen der Konsumnachfrage .................................. 65 1.5 Die Konsumguternachfrage ............................................................................. 73 1.6 Das Marktgleichgewicht.................................................................................. 86
......................................................................................................
.
......................................
.
..........................................................
2 Ursachen. Folgen und Grenzen von Marktmacht 103 2.1 Marktzutrittsschrankenals Ursache von Marktmacht ................................... 104 2.2 Folgen der Marktmacht: der Gutermarktrnonopolist ..................................... 105 2.3 Freier Marktzutritt: Natiirliche Monopole und Oligopole .............................115 2.4 Grenzen der Marktmacht: Monopolistische Konkurrenz .............................. 119 3 Strategischer Wettbewerb: Oligopole 129 3.1 Oligopolistischer Mengenwettbewerb I: homogenes Gut.............................. 130 3.2 Oligopolistischer Preiswettbewerb I: homogenes Gut................................... 141 3.3 OligopolistischerPreiswettbewerb 11: differenziertes Gut ............................ 144 3.4 OligopolistischerMengenwettbewerb 11: differenziertes Gut ....................... 155
TEIL 11: FAKTORM&KTE
.
................................................................................................
4 Arbeitsmarkte 169 4.1 Vollkommene Konkurrenz und Vollbeschaftigung.......................................170 4.2 Marktmacht und Arbeitslosigkeit.................................................................. 185
VIII
.
Inhaltsubersicht
................................................................................................
5 Kapitalmarkte 193 5.1 Finanzkapitalmiirkte ...................................................................................... 194 5.2 Realkapitalmiirkte..........................................................................................210 5.3 Faktorsubstitution.......................................................................................... 214
TEIL 111: DIE ROLLE DES STAATES
.
...............................................
.
...........................................................................
6 Die Ordnungs- und die Allokationsfunktion 223 6.1 Die Ordnungsfunktion: Eigentumsrechte und Wettbewerbsgesetze.............. 224 6.2 Die Allokationsfunktion:externe Effekte und ihre Internalisierung .............227 7 Die Umverteilungsfunktion 239 7.1 Kriterien der Einkommensverteilung............................................................239 7.2 Instrumente der Einkommensumverteilung ................................................... 242 Weiterfiihrung: Was wir hier alles nicht behandeln konnten
.......................249
......................................................................................251 .............................................................................................255
Abbildungsverzeichnis Symbolverzeichnis Sachverzeichnis
..................................................................................................257
Inhaltsverzeichnis
.................................................................................................................V
Vorwort Inhaltsubersicht Inhaltsverzeichnis
.................................................................................................VII
...............................................................................................M
.....1
Einfuhrung: Das Allokationsproblem und seine Losung durch den Markt
TEIL I: GUTER~W&RKTE
.
1 Angebot. Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
......................................................................................................21
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Guterangebots ................................ 22 1.1.1 Produktionsfaktoren und Produktionsfunktionen ......................................... 22 1.1.2 Partielle Faktorvariation: Produktivitaten und Produktionselastizitaten.......23 1.1.3 Faktorsubstitution: Isoquanten und Grenzraten der Substitution..................27 1.1.4 Totale Faktorvariation: Skalenertrage und Skalenelastizitaten..................... 29 1.1.5 Weitere Beispiele spezieller Produktionsfunktionen ....................................30 1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots ........................................34 1.2.1 Kostenarten. Kostengleichungen und Kostenfunktionen..............................34 1.2.2 Minimalkostenkombinationen: die Inputregel .............................................. 38 1.2.3 Faktoreinsatzfunktionen ............................................................................... 42 43 1.2.4 Kosten-, Grenzkosten- und Durchschnittskostenfunktionen ........................ 47 1.2.5 Weitere Beispiele spezieller Kostenfunktionen............................................ 1.3 Das Guterangebot ............................................................................................ 50 1.3.1 Erlos.. Grenzerlos- und Durchschnittserlosfunktionen................................. 50 1.3.2 Gewinnmaximierung I: Grenzkostenkalktil und Outputregel.......................50 1.3.3 Gewinnmaximierung 11: Stiickkostenkalktil................................................. 54 55 1.3.4 Einzelwirtschafiliche Guterangebotsfunktionen........................................... 1.3.5 Weitere Beispiele spezieller Guterangebotsfunktionen................................59 1.3.6 Aggregierte Giiterangebotsfunktionen.......................................................... 60 1.3.7 Innovationen: die Innovationsregel .............................................................. 63
X
Inhaltsverzeichnis
1.4 Nutzentheoretische Grundlagen der Konsumnachfrage .................................. 65 1.4.1 Der Nutzen als ordinale GroDe ..................................................................... 65 1.4.2 Zentrale Annahmen hinsichtlich der Praferenzstrukturen............................ 66 1.4.3 Grenzraten der Substitution im Konsum ...................................................... 68 1.4.4 Weitere Beispiele spezieller Praferenzstrukturen.........................................70 1.4.5 Budgetrestriktionen als Nebenbedingung der Nutzenmaximierung............. 71 1.5 Die Konsurnguternachfrage .............................................................................73 1.5.1 Nutzenmaximierung: die Konsumregel ........................................................73 1.5.2 EinzelwirtschaftlicheGiiternachfragefunktionen........................................ -77 1.5.3 Weitere Beispiele spezieller Giiternachfragefunktionen............................... 80 1.5.4 Aggregierte Guternachfragefknktionen........................................................ 82 1.5.5 Praferenziinderungen und Netzeffekte..........................................................84 1.6 Das Marktgleichgewicht.................................................................................. 86 1.6.1 Das Marktgleichgewichtbei gegebener Anbieterzahl .................................. 86 1.6.2 Das Marktgleichgewichtbei freiem Marktzutritt ......................................... 92 1.6.3 Wohlfahrtsanalyse: die statische Wohlfahrtsregel ........................................95
2.Ursachen. Folgen und Grenzen von Marktmacht
......................................103
2.1 Marktzutrittsschrankenals Ursache von Marktrnacht ...................................104 2.2 Folgen der Marktrnacht: der Giitemarktmonopolist .....................................105 2.2.1 Erlose.......................................................................................................... 106 2.2.2 Gewinnmaximierung................................................................................. 1 0 8 2.2.3 Statische Wohlfahrtsanalyse ....................................................................... 113 2.2.4 Dynamische Wohlfahrtsanalyse: die dynamische Wohlfahrtsregel............113 2.3 Freier Marktzutritt: Natiirliche Monopole und Oligopole ............................. 115 2.3.1 Marktgleichgewichte..............................................................................1 1 5 2.3.2 Wohlfahrtsanalyse....................................................................................1 1 8 2.4 Grenzen der Marktmacht: Monopolistische Konkurrenz .............................. 2.4.1 Nutzenmaximierungund Nachfrage........................................................... 2.4.2 Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht........................................ 2.4.3 Freier Marktzutritt und Produktvielfalt .................................................. 1
.
3 Strategischer Wettbewerb: Oligopole
119 121 124 2 7
..........................................................129
3.1 Oligopolistischer Mengenwettbewerb I: homogenes Gut.............................. 130 3.1.1 Mengenwettbewerb und Preiswettbewerb.................................................. 130 3.1.2 Reaktionsfunktionenund Nashgleichgewichte........................................... 131
Inhaltsverzeichnis
XI
3.1.3 Irreversible Kosten und Mengenfiihrerschaft ............................................. 137 3.1.4 Wohlfahrtsanalyse...................................................................................... 140 3.2 Oligopolistischer Preiswettbewerb I: homogenes Gut ................................... 141 3.2.1 Nashgleichgewichte....................................................................................141 143 3.2.2 Wohlfahrtsanalyse...................................................................................... 3.3 Oligopolistischer Preiswettbewerb 11: differenziertes Gut ............................ 144 3.3.1 Oligopolistischer Preiswettbewerb und Produktdifferenzierung................ 144 3.3.2 Duopolistischer Preiswettbewerb bei horizontaler Differenzierung........... 149 3.3.3 Duopolistischer Preiswettbewerb bei vertikaler Differenzierung...............151 3.4 OligopolistischerMengenwettbewerb11: differenziertes Gut .......................155 3.4.1 Das Nashgleichgewicht bei gegebener Anbieterzahl .................................. 156 3.4.2 Freier Marktzutritt und Produktvielfalt ...................................................... 159 3.4.3 Wohlfahrtsanalyse....................................................................................1 6 0
TEIL 11: FAKTORMRKTE
................................................................................................169
4.Arbeitsmarkte
4.1 Vollkommene Konkurrenz und Vollbeschaftigung ....................................... 170 4.1.1 Die Arbeitsnachfiage der Unternehmen: die Beschaftigungsregel............. 170 4.1.2 Das Arbeitsangebot der Haushalte: die Arbeitsregel.................................. 173 4.1.3 Arbeitsmarktgleichgewicht und Wohlfahrtsregel ....................................... 180 4.2 Marktmacht und Arbeitslosigkeit .................................................................. 185 185 4.2.1 Marktmacht auf der Nachfiageseite............................................................ 4.2.2 Marktmacht auf der Angebotsseite.............................................................188
.
................................................................................................193
5 Kapitalmarkte
5.1 Finanzkapitalmiirkte ................................................................................... 1 9 4 5.1.1 Die Investitionen der Unternehmen: die Investitionsregel ......................... 194 5.1.2 Das Sparen der Haushalte: die Sparregel.................................................... 199 5.1.3 Finanzmarktgleichgewicht und Wohlfahrtsregel ........................................ 206 5.2 Realkapitalmiirkte.......................................................................................... 210 5.2.1 Kapitalgiiterkauf und Kapitalgiitermiete: die Kapitaleinsatzregel..............210 5.2.2 Der Renditezusammenhang........................................................................ 213 5.3 Faktorsubstitution..........................................................................................
2 14
XI1
Inhaltsverzeichnis
TEIL 111: DIE ROLLE DES STAATES
.
6 Die Ordnungs- und die Allokationsfunktion
...............................................223
6.1 Die Ordnungsfimktion: Eigentumsrechte und Wettbewerbsgesetze ..............224 224 6.1.1 Eigentumsrechte......................................................................................... 225 6.1.2 Wettbewerbsgesetze................................................................................... 6.2 Die Allokationsfimktion: externe Effekte und ihre Internalisierung .............227 6.2.1 Externe Effekte und ihre Folgen ................................................................. 227 6.2.2 Internalisierung externer Effekte durch den Markt ..................................... 230 6.2.3 Die Rolle des Staates bei der Internalisierung externer Effekte ................. 231
.
7 Die Umverteilungsfunktion
...........................................................................239
7.1 Kriterien der Einkommensverteilung ............................................................239 7.1.1 Einkornmensverteilung nach der Leistungsfaigkeit durch den Markt ......239 7.1.2 Einkommensumverteilung nach der Bediirftigkeit durch den Staat ...........241 7.2 Instrumente der Einkommensumverteilung ................................................... 242 7.2.1 Steuerfinanzierte Sozialtransfers................................................................242 7.2.2 Staatlich gesetzte Mindestlohnsatze und Hochstpreise...............................246 Weiterfiihrung: Was wir hier alles nicht behandeln konnten
....................... 249
......................................................................................251 .............................................................................................255 ..................................................................................................257
Abbildungsverzeichnis Symbolverzeichnis Sachverzeichnis
Einfiihrung: Das Allokationsproblem und seine Losung durch den Markt
Das Allokationsproblem als das zentrale Problem arbeitsteiliger Volkswirtschaften Im Schlaraffenland werden alle Bedurfnisse erfiillt und kennen die Menschen keine Knappheit an irgendwelchen Gutern. Daher muss dort auch niemand irgendwelche wirtschaftlichen Entscheidungen fallen und bedarf es dort keiner Miirkte. In der Realitat aber sind die Guter gemessen an den Bediirfnissen knapp. Auf der Ebene des Individuums schlagt sich diese Knappheit darin nieder, dass es Entscheidungen zwischen Alternativen zu treffen hat. Jede Wahl eines happen Gutes bedeutet den Verzicht auf eine Alternative, bringt also (Alternativ-) Kosten mit sich. Auf der Ebene einer Volkswirtschaft bedeutet diese Knappheit, dass dariiber entschieden werden muss, wer welche Guter unter Einsatz welcher Produktionsfaktoren produziert und wem sie anschlieljend zur Verfiigung gestellt werden. Diese vier Fragen umreiljen das so genannte Allokationsproblem. Dabei besteht das eigentliche Problem natiirlich nicht darin, irgendwelche Antworten auf diese Fragen zu geben, sondern darin, jene Antworten zu finden, die zu einer hochstmoglichen Wohlfahrt der Menschen fiihren. Etwas salopp konnte man ,,Allokationsproblem" mit ,,Zuordnungsproblem" ubersetzen: Wie sollen knappe Produktionsfaktoren bestimmten Individuen zur Produktion bestimmter Guter flir bestimmte andere Individuen zugeordnet werden, damit dies zu einem wohlfahrtsoptimalen Ergebnis fiihrt? Das Allokationsproblem stellt sich in seiner ganzen Breite nur in modernen Gesellschaften mit Arbeitsteilung, also wenn verschiedene Individuen sich auf die Produktion verschiedener Giiter spezialisieren. Bevor wir uns mit der moglichen Losung dieses Allokationsproblems beschaftigen, sei ein Blick auf das Problem der individuellen Entscheidungsfindung bei Guterknappheit und damit auf das Phtinomen der Kosten geworfen. Denn interindividuelle Differenzen in den Alternativkosten von Entscheidungen sind die Ursache gesellschaftlicher Arbeitsteilung und damit die eigentliche Ursache des Allokationsproblems.
Knappheit, Kosten und Arbeitsteilung
a) Knappheit und Produktionskosten Stellen wir uns vor, wir lebten in einer ,,Gesellschaft" vollig autonomer Jager und Sammler oder vollig isolierter Subsistenzbauern. Alle Guter werden mit natiirlichen Ressourcen und Arbeit produziert. Dabei sei die Bevolkerungsdichte so gering, dass alle natiirlichen Ressourcen wie beispielsweise Boden und Wasser im ijberfluss vorhanden sind. Die Knappheit aller produzierten Guter resultiert dam ausschliel3lich aus der Knappheit des Produktionsfaktors Arbeit. Schauen wir als Beispiel auf einen Subsistenzbauern. Dieser Bauer kiinne aufgrund der Licht- und Witterungsverhaltnisseund unter Beriicksichtigung seiner physischen Konstitution 2100 Stunden im Jahr arbeiten. Es gebe nur zwei Anbauprodukte: Getreide und Wein. Fur einen Sack Getreide muss der Bauer 200 Stunden arbeiten, f i r einen Hektoliter Wein 100 Stunden. Das sind die Produktionsstiickkosten gemessen in Einheiten des Produktionsfaktors Arbeit. Seine Arbeitsproduktivitat gemessen in der Produktionsmengepro Arbeitsstunde betragt also 0,005 Sack pro Stunde in der Getreideproduktion und 0,01 Hektoliter pro Stunde in der Weinproduktion. Diese Arbeitsproduktivitaten seien konstant, also vom Produktionsniveau unabhbgig: Mit 200 Stunden Arbeitseinsatz produziert der Bauer einen Sack Getreide, mit 400 Stunden Arbeitseinsatz zwei Sacke usw. Dies ist eine plausible Annahme, solange die natiirlichen Ressourcen nicht knapp sind. Denn dam kann er bei einer Verdoppelung des knappen Faktors Arbeit stets die nicht knappen Ressourcen mit verdoppeln. Der Bauer muss sich nun entscheiden, wie viel Getreide und wie viel Wein er anbauen will. Er kann beispielsweise 10,5 Sack Getreide produzieren und gar keinen Wein oder 21 Hektoliter Wein und gar kein Getreide oder 10 Sack Getreide und 1 Hektoliter Wein oder 5 Sack Getreide und 11 Hektoliter Wein usw. Die Produktionsstiickkosten gemessen in Einheiten des jeweils anderen Gutes betragen 2 Hektoliter Wein fir 1 Sack Getreide bzw. umgekehrt 0,5 Sack Getreide fir einen Hektoliter Wein. Wie viel der Bauer nun von welchem Gut produzieren wird, h h g t von seinen Praferenzen ab - also davon, welchen Nutzen oder Genuss er aus dem Brot- bzw. Weinkonsum zieht. Wir wollen fir das Weitere annehmen, dass die beiden Guter in dem Sinne in seiner Praferenzstruktur gleich wichtig sind, dass er sie in gleichen Mengen konsumieren wird. Dam wird er 7 Sacke Getreide (in 1400 Stunden) und 7 Hektoliter Wein (in 700 Stunden) produzieren. b) Arbeitsteilung I: wechselseitige Stiickkostenvorteile Neue Probleme - oder besser gesagt Moglichkeiten - entstehen nun, wenn es noch einen zweiten Bauern gibt und dieser nicht genau dieselben Produktionsstuckkosten gemessen in Einheiten des jeweiligen Alternativgutes hat wie der erste Bauer. Denn dann konnen sich beide durch eine Spezialisierung gemal3 ihren jeweiligen Produktionsstuckkostenvorteilenund anschliel3enden Tausch verbessern. Wir wollen annehmen, dass auch der zweite Bauer iiber 2100 Stunden vom knappen Faktor Arbeit zur Produktion der einzigen beiden Guter Getreide und Wein
sowie uber beliebig viele kostenlose natiirliche Ressourcen verfiigt. Auch seine Praferenzstruktur sei derart, dass er beide Guter in gleichen Mengen konsumieren wird. Mit Blick auf die Produktionsstiickkostenvorteile wollen wir zwei Falle unterscheiden. Im ersten Fall hat ein Bauer jeweils in der Produktion eines Gutes einen Produktivitatsvorteil gegenuber seinem Nachbarn. Beispielsweise brauche der zweite Bauer fiir die Produktion eines Sacks Getreide nur halb so viel Zeit wie sein Nachbar, also 100 Stunden, aber doppelt so viel, also 200 Stunden, fiir die Produktion eines Hektoliters Wein. Als Subsistenzbauer wiirde er wie sein Nachbar von beiden Gutern 7 Einheiten produzieren, jetzt allerdings mit 700 Arbeitsstunden in der Getreideproduktion und 1400 Stunden in der Weinproduktion. Es ist offensichtlich, dass hier eine Spezialisierung des ersten Bauern auf die Weinproduktion und des zweiten Bauern auf Getreideproduktion insgesamt gesehen lohnt. Statt insgesamt 14 Einheiten Wein und 14 Einheiten Getreide ergeben sich dam fiir beide Guter jeweils 21 Einheiten. Das bedeutet einen Ertrag aus der Arbeitsteilung von jeweils 7 Einheiten fiir jedes Gut. Dieses Potenzial zur Wohlfahrtssteigerung durch Arbeitsteilung erkennt man an dem Auseinanderfallen der Produktionsstiickkosten gemessen in Einheiten des jeweils anderen Gutes. Fur den ersten Subsistenzbauernkostet ein Sack Getreide 2 Hektoliter Wein, fiir den zweiten Subsistenzbauernaber nur 0,5 Hektoliter Wein; siehe Tabelle 1. Getreideproduktions- Weinproduktionsstiickkosten stiickkosten in Arbeitsstunden in Arbeitsstunden
Getreideproduktionsstiickkosten in Weineinheiten
Bauer I
200
100
2
Bauer 2
100
200
0s
Tabelle I Zahlenbeispiel fiir den Fall wechselseitiger Stiickkostenvorteile Der erste Bauer hat einen Produktionsstiickkostenvorteil in der Weinproduktion, der zweite Bauer in der Getreideproduktion. Wie sich die Steigerung der Gesamtproduktion auf die beiden Bauern beim Tausch verteilt, h k g t vom Tauschverhaltnis ab. Als Hektoliter Wein pro Sack Getreide formuliert konnen wir es als den Getreidepreis in Weineinheiten interpretieren. Dieser Getreidepreis wird zwischen den beiden obigen Produktionsstiickkosten 2 und 0,5 liegen. Denn bei einem Getreidepreis uber 2 wird der erste Bauer nicht Wein fiir Getreide tauschen wollen, weil er Getreide selbst billiger produzieren kann; bei einem Getreidepreis unter 0,5 wird der zweite Bauer nicht Getreide fiir Wein tauschen wollen, weil er Wein selbst billiger produzieren kann. Wo innerhalb dieser Grenzen das tatsachliche Tauschverhaltnis liegt, ist eine Frage der Verhandlungsmacht und des Verhandlungsgeschicks. Liegt es beispielsweise bei eins zu eins, so wird der Weinbauer 3,5 Sacke Getreide gegen 3 3 Hektoliter Wein tauschen, sodass nach dem Tausch
4
Einfuhrung
beide Bauern uber 10,5 Einheiten jedes Gutes verfiigen. Das sind immerhin von jedem Gut 50 % mehr als ohne Arbeitsteilung und Tausch - und das, ohne dass einer der Bauern mehr arbeiten muss. Dieser erste Fall mit wechselseitigen Produktionskostenvorteilen (gemessen in Arbeitsstunden) macht die Vorteile von Arbeitsteilung und Tausch fiir alle daran Beteiligten sehr deutlich. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass jeweils einer der Beteiligten etwas besser im Sinne von produktionseffizienterkann als der andere. c) Arbeitsteilung 11: einseitige Stiickkostenvorteile Das Potenzial zur Wohlfahrtssteigerungfiir alle durch gesellschafiliche Arbeitsteilung und Handel ist jedoch nicht auf diesen Fall wechselseitiger Produktionskostenvorteile beschrwt. Arbeitsteilung und Handel lohnen vielmehr auch dann, wenn einer alles besser kann als der andere - also wenn einseitige Produktionskostenvorteile (gemessen in Arbeitsstunden) vorliegen. Bedingung einer lohnenden Arbeitsteilung ist lediglich, dass die Produktionsstuckkosten gemessen in Einheiten des Alternativgutes bei beiden unterschiedlich sind. Der zweite Fall ist intuitiv nicht ganz so einsichtig wie der erste. Auf den ersten Blick konnte man meinen, dass der Bauer mit den Produktivitatsvorteilenin der Produktion beider Guter kein Interesse an einem Tausch hat. Wer aber das obige Konzept der Alternativkosten verstanden hat, sieht spatestens auf dem zweiten Blick, dass auch hier ein Tausch Sinn macht, solange nur die Kosten eines Gutes gemessen in Einheiten des Alternativgutes bei beiden Bauern differieren. Denn dam hat auch der Bauer mit den Produktivitatsnachteilen in der Produktion beider Guter einen Vorteil in den Produktionsstiickkosten gemessen in Einheiten des Alternativgutes bei einem der Guter. Nehmen wir beispielsweise an, der zweite Bauer habe nun konstante Arbeitsproduktivitaten von 0,01 in der Getreideproduktion und von 0,0133 in der Weinproduktion. Er braucht also fiir einen Sack Getreide wie bisher 100 Stunden, fiir einen Hektoliter Wein jetzt aber nur 75 Stunden (statt 200 wie bisher). Darnit ist er in beiden Produktionen effizienter als der erste Bauer. Als Subsistenzbauer kann er in 2100 Arbeitsstunden beispielsweise 21 Sack Getreide produzieren und gar keinen Wein oder 28 Hektoliter Wein und gar kein Getreide oder 20 Sack Getreide und 1,25 Hektoliter Wein usw. Die Produktionsstiickkosten des Getreides gemessen in Einheiten des Alternativgutes belaufen sich bei ihm auf 413 Hektoliter Wein, beim ersten Bauern dagegen auf 2 Hektoliter; siehe Tabelle 2. Das bedeutet umgekehrt, dass Wein beim ersten Bauern gemessen in Getreideeinheiten relativ billig ist: Ein Hektoliter Wein kostet bei ihm nur 0,5 Sack Getreide, beim zweiten Bauern dagegen 0,75 Sack Getreide. Damit ist klar, dass sich insgesamt eine Wohlfahrtserhohung ergeben wird, wenn der erste Bauer zum spezialisierten Weinbauern wird und der zweite Bauer zum reinen Getreidebauern. Wir wollen wieder annehmen, dass die Praferenzen des zweiten Bauern ohne Spezialisierung wie beim ersten Bauern zur Produktion beider Guter in gleicher Menge fiihren. Dam wird er als Subsistenzbauer 12 Sack Getreide (in 1200 Stunden) und 12 Hektoliter Wein (in 900 Stunden) produzieren. Sein Nachbar kommt auf jeweils 7
Einheiten. Auch hieran kann man sich leicht klarmachen, dass ein Potenzial flir Wohlfahrtssteigerungen durch Arbeitsteilung und Handel vorliegt. Als Subsistenzbauern erzeugen beide zusammen 19 Einheiten von jedem Gut; als spezialisierte Bauern kommt der erste dagegen auf 21 Hektoliter Wein und der zweite auf 21 Sack Getreide. Fassen wir das Tauschverhaltniswieder als Hektoliter Wein pro Sack Getreide, so muss dieser Getreidepreis nun zwischen 413 und 2 (also 613) liegen, wenn beide am Tausch Interesse haben sollen. Liegt das Tauschverhaltnis beispielsweise bei 513 Hektoliter Wein ftir 1 Sack Getreide, so werden 13,125 Hektoliter Wein gegen 7,875 Sack Getreide getauscht. Der erste Bauer hat dann von beiden Gutern 7,875 Einheiten statt 7, der zweite Bauer jeweils 13,125 Einheiten statt 12. Beide Bauern profitieren also von Arbeitsteilung und Handel, obwohl der zweite alles besser kann. Getreideproduktionsstuckkosten in Arbeitsstunden
Weinproduktions- Getreideproduktionsstiickkosten stuckkosten in Weineinheiten in Arbeitsstunden
Bauer 1
200
100
2
Bauer 2
100
75
413
Tabelle 2 Zahlenbeispiel fir den Fall einseitiger Stiickkostenvorteile
Anders als der erste Fall macht dieser zweite Fall deutlich, dass angesichts der sehr unterschiedlichen Fiihigkeiten der Menschen einer Wohlfahrtssteigerung durch Arbeitsteilung und Handel lediglich durch die dabei entstehenden - und in unserem Beispiel beiseite gelassenen - Transaktionskosten Grenzen gesetzt werden. Diese Transaktionskosten beinhalten beispielsweise die Transportkosten, die Inforrnationskosten und die Verhandlungskosten sowie nationalstaatliche Handelshemmnisse wie Zolle und Kontingente. Das Allokationsproblem a) Das Allokationsproblem unter realistischen Bedingungen Der Vorabschnitt sollte deutlich machen, wie es durch Knappheit zu Kosten und durch Kostendifferenzen zu Arbeitsteilung und Handel kommt. Mit Blick auf die Arbeitsteilung ist generell zu klaen, wer welche Guter mit welchen Faktoren in welchen Mengen produziert. Mit Blick auf den Handel stellt sich die Frage des Tauschverhaltnisses, also des Preises der Guter. Bei gegebener Faktorausstattung und gegebenen Produktivitaten und Praferenzen der Beteiligten entscheiden die Preise dariiber, wer letztlich wie vie1 vom gesarnten Guteraufkommen bekommt.
Diese beiden Fragenkomplexe umreiljen das Allokationsproblem. Im Rahmen unseres Beispiels mit zwei Bauern stellte sich das Allokationsproblem nur in einer sehr rudimentien Variante. Einen Teil des Problems haben wir durch entsprechende Annahmen einfach ausgeblendet; beispielsweise durch die Annahmen, dass jeder Bauer stets 2100 Stunden arbeitet und Arbeit der einzige knappe Produktionsfaktor ist. Andere Teile des Allokationsproblems haben wir durch vereinfachende Annahmen entschw. Beispielsweise gab es nur zwei produzierte Guter und nur zwei Produzenten. Auljerdem hatten die beiden Bauern per Annahrne identische Praferenzen derart, dass sie unabhiingig von den Produktionsstiickkosten und unabhiingig vom Tauschverhaltnis immer beide Guter in gleicher Menge konsumierten. Und schlieljlich waren die Arbeitsproduktivitaten und damit die Produktionsstiickkosten von den Produktionsmengen unabhiingig. Unter solchen Umstiinden ist recht offensichtlich, wer sich auf welche Produktion spezialisieren sollte und wie vie1 er mit welchen Faktoren produziert. Bei nur zwei Beteiligten durfte auch das Aushandeln eines fiir beide vorteilhaften Tauschverhaltnisses nicht allzu schwierig sein. Die Realitat setzt allerdings andere Rahmenbedingungen:
- Es gibt sehr viele beteiligte Wirtschaftssubjekte, die sehr viele Guter mit sehr vielen Produktionsfaktoren und vorproduzierten Inputs produzieren. Die Wirtschaftssubjekte unterscheiden sich typischerweise nicht nur in ihren Produktivitaten, sondern auch in ihren Produktionsfaktorausstattungenund ihren Praferenzen.
-
- Aderdem sind die individuellen Arbeitsproduktivitaten und damit die Produktionsstiickkosten in der Regel nicht von der Produktionsmenge unabhangige Konstanten. Vielmehr steigt der zur Produktion eines weiteren Stiicks notwendige Arbeitsaufwand typischerweise mit zunehmender Produktionshohe. In unserem Beispiel konnte das so aussehen, dass der erste Bauer fir den ersten Sack 200 Arbeitsstunden aufwenden muss, fiir den zweiten 240, fiir den dritten 280 usw. Dies kann mit der zunehmenden ,,Erschopfung" des Faktors Arbeit zusammenhiingen, ist aber ein allgemeineres Phiinomen, hinter dem die Existenz nicht beliebig vennehrbarer anderer Produktionsfaktoren steht. In unserem Beispiel war unterstellt, dass die benotigten natiirlichen Ressourcen stets im fherfluss vorhanden sind. Nun konnte man das Beispiel dahingehend modifizieren, dass jeder Bauer ein Feld bzw. einen Weinberg von fest vorgegebener und eng begrenzter, also ,,knapper6'Grolje hat. Dann ist klar, dass jeweils eine Verdoppelung des Arbeitseinsatzes zu weniger als einer Verdoppelung der Produktion fiihrt. Die Kosten jeweils eines weiteren Sacks Getreide (hier gemessen in Arbeitseinheiten) bezeichnet man - aus spater zu erlauternden Griinden - als Grenzkosten der Produktion. Die Abbildung 1 zeigt drei typische Grenzkostenverlaufe (mit x als der produzierten Menge). Die Grenzkosten darf man nicht mit den Stiickkosten (Durchschnittskosten) der Produktion venvechseln. Nur wenn lediglich eine Einheit produziert wird, fallen Grenz- und Stiickkosten zusammen (im Beispiel: 200). Ansonsten sind die Stiickkosten typischerweise geringer als die Grenzkosten, da
letztere typischenveise mit der Produktionshohe steigen. Im Beispiel betragen die Stiickkosten bei einer Gesamtproduktion von zwei Sacken 220, bei einer Gesamtproduktion von drei Sacken 240 usw. Die Abhangigkeit der in Arbeitseinheiten gemessenen Grenz- und Stiickkosten von den Produktionsniveaus impliziert eine ebensolche Abhiingigkeit der in Einheiten eines Alternativgutes gemessenen Grenz- und Stiickkosten. Dies bedeutet, dass der numerische Bereich denkbarer Tauschverhaltnisse ebenfalls von den Produktionsniveaus der betreffenden Guter abhiingt.
Abbildung 1 Typische Grenzkostenverlaufe
Schliefllich sind die Praferenzen typischenveise weder unter den Wirtschaftssubjekten identisch noch fiir ein Wirtschaftssubjekt von der Art, dass es u n a b h b gig von den Kostenverhaltnissen immer alle Giiter im gleichen Mengenverhaltnis konsumieren will. Eine typische Praferenzstruktur sieht so aus, dass die Wertschatzung einer weiteren Einheit eines Gutes mit steigendem Konsumniveau dieses Gutes fallt. Nehmen wir beispielsweise an, in unserem Beispiel habe ein Bauer 21 Sack Getreide aber gar keinen Wein. Dann wird ihm ein Hektoliter Wein relativ vie1 Getreide wert sein; seine so genannte maximale Zahlungsbereitschaft fiir den ersten Hektoliter Wein (gemessen in Getreideeinheiten) durfte recht hoch sein. Hat er aber beispielsweise schon finf Hektoliter Wein, so wird seine maximale Zahlungsbereitschaft fir den sechsten Hektoliter nicht mehr so hoch sein wie fiir den ersten. Diese maximale Zahlungsbereitschaft fiir eine weitere Einheit des Gutes bezeichnet man als maximale Grenzzahlungsbereitschaft. Diese Grenzzahlungsbereitschaft fallt also in der Regel mit steigendem Konsumniveau des betreffenden Gutes. Die Abbildung 2 zeigt drei Beispiele (mit x als der konsumierten Menge).
-
Abbildung 2 Typische Verlaufe der maximalen Grenzzahlungsbereitschaft
Um zu erkennen, welche Probleme nun in der Realitat auftreten konnen, mussen wir nicht gleich an die Millionen Wirtschaftssubjekte einer Volkswirtschaft oder die Milliarden Menschen in der Weltwirtschaft denken. Es reicht hin, wenn wir uns das am Beispiel einer archaischen Bauerngesellschaft mit sagen wir 10000 Mitgliedern und 100 Gutern sowie bei intersubjektiv unterschiedlichen Ausstattungen mit den Faktoren Arbeit und natiirliche Ressourcen vorstellen. Da die Fiihigkeiten und Praferenzen der Menschen unterschiedlich sind, mussen wir von recht verschiedenen Verlaufen der individuellen Grenzkosten- und Grenzzahlungsbereitschaftsfunktionen ausgehen. Die zu beantwortende Frage ist nun wieder: Wer sol1 hier wie vie1 von welchem Gut mit welchen Faktoren produzieren und mit wem zu welchem Tauschverhaltnis gegen was tauschen, sodass dann am Ende eine wohlfahrtsoptimale Allokation herauskommt? Jeweils bilaterale Verhandlungen uber den Tausch bestimmter Guter zwischen den Produzenten dieser Guter - wie im Zwei-Bauern-Beispiel von oben - wiirden hier unter Umsthden nach einer anniihernd unendlichen Sequenz von Verhandlungen, Ruckverhandlungen, Ruckriickverhandlungen usw. tatsachlich zu einer optimalen Allokation fiihren. Aber bis dam endlich mit der Produktion begonnen werden kann, wken vermutlich schon alle verhungert. Ein Teilproblem besteht hier in der Vielzahl der Tauschverhaltnisse, die resultiert, wenn man die Kosten jedes Gutes in Einheiten jedes anderen Gutes bemisst. Dann ergeben sich bei 100 Gutern fir jeden Bauer 9900 Alternativkostenpaare. Dieses Teilproblem lbst sich durch die Einigung auf ein Gut als Recheneinheit losen; wird beispielsweise alles in Getreideeinheiten ausgedriickt, so gibt es f i r jeden Bauern nur noch 99 Alternativkostenpaare. Eine weitere wesentliche Vereinfachung ist es, wenn man das zur Recheneinheit erhobene Gut zugleich zum allgemein anerkannten Zahlungsmittel macht. Das bedeutet, dass man dann jedes andere Gut gegen dieses Gut eintauschen kann. Wenn ein Bauer, der auf die Hiihnerhaltung zwecks Eierproduktion
spezialisiert ist, ein Rindersteak haben will, musste er ohne allgemein anerkanntes Zahlungsmittel einen Rinderzuchter finden, der Hiihnereier haben will. Wenn es so einen Rinderzuchter uberhaupt nicht gabe, musste er jemanden finden, der Hiihnereier will und etwas hat, was der Rinderzuchter will - und dann mit diesen beiden einen Ringtausch organisieren. Diese Probleme fallen bei allgemeiner Anerkennung eines Gutes als Zahlungsmittel weg. Dieses Gut, das dam sowohl Recheneinheit als auch anerkanntes Zahlungsmittel ist, nennt man ,,Geld" (weil es ,,giltu).Nicht jedes Gut eignet sich als Geld. Es ware beispielsweise weniger gunstig, wenn das Zahlungsmittel leicht verderblich ist (Kuhmilch als Geld) oder schwer transportiert werden kann (geschalte Baumstamme als Geld). Historisch gesehen fanden daher vor allem Edelmetalle Anerkennung als Geld. b) Die Idee von der zentralen volkswirtschaftlichenPlanung Mit der Einfiihrung eines allgemein anerkannten Zahlungsmittels mit Recheneinheitsfunktion ist aber das Allokationsproblem noch nicht gelost. Ein nahe liegender Gedanke ist es nun, zur Losung dieses Problems einen Bauern von der Guterproduktion freizustellen, damit dieser die wohlfahrtsoptimale Allokation der Faktoren und Guter fiir unsere kleine Bauernwirtschafi ausrechnet. Das ist die Idee von der zentralen Planung der volkswirtschaftlichen Produktion. In der Reinform der zentralen volkswirtschaftlichen Planung melden alle Wirtschaftssubjekte ihre Faktorausstattungen, ihre Produktivitaten in Form der Grenzkostenfunktionen fiir alle moglichen Guter sowie ihre Praferenzen in Form ihrer Grenzzahlungsbereitschaftsfunktionen fiir alle moglichen Guter an den zentralen Planer. Dieser errechnet dam daraus die optimalen Tauschverhaltnisse, die nun den Charakter von Verrechnungspreisen haben. Hat er diese ermittelt, so weirj er auch, wer wie vie1 wovon mit welchen Faktormengen produzieren sol1 und wie die Produktion anschlierjend zu verteilen ist. Diese von ihm ermittelte Allokation muss anschlierjend auch umgesetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass er den Bauern als Produzenten Produktionspltine vorgibt und den Bauernhaushalten als Konsumenten bestimmte Guter zur Venvendung zuweist. Dazu bedarf es zum einen einer zentralen Guterlogistik. Vor allem aber muss der zentrale Planer mit Hoheitsgewalt ausgestattet sein, sodass er die Bauern zur Planerfiillung zwingen kann. Denn nicht jeder Bauer wird mit dem Ergebnis der Berechnungen des zentralen Planers zufrieden sein. Wer die volkswirtschaftliche Planung zentralisiert, muss auch die Verfiigungsmacht iiber die Produktionsfaktoren zentralisieren; das sind die zwei Seiten derselben Medaille. Einmal vorausgesetzt, der zentrale Planer habe die notwendige Verftigungsmacht zur Durchsetzung seines Allokationsergebnisses verliehen bekommen, so bleiben ihm immer noch zwei schwer losbare Probleme bei der Ermittlung dieses Ergebnisses: das Informationsverarbeitungsproblem und das Anreizproblem. Das Informationsverarbeitungsproblem besteht darin, aus den an die Planungszentrale gemeldeten Faktorbesttinden, Produktionsmoglichkeitenund Praferenzen die richtigen Verrechnungspreise zu ermitteln. Stattet man die Planungsbiirokratie einer archaischen Bauernwirtschaft mit digitaler Informationsverarbeitung aus, diirfte diese Aufgabe losbar sein. Gegeben den zu einem bestimm-
ten Stand der Arbeitsteilung einer Gesellschaft gehorenden Stand ihrer Informationsverarbeitungstechnologiewar dies jedoch historisch gesehen stets illusion&. Das eigentliche Problem der zentralen Planung auf volkswirtschaftlicher Ebene aber ist das Anreizproblem. Jeder Mensch will moglichst viel konsumieren diirfen und dafiir moglichst wenig produzieren miissen. Man hiitte also keinen Anreiz, der Planungsbehorde Einblick in die tatsachlichen Verhaltnisse zu geben. Stattdessen wiirde jeder versuchen, die Existenz von Produktionsfaktoren zu unterschlagen, seine Produktivitaten zu niedrig und seine Bediirhisse zu hoch anzugeben. Die zentrale Planung setzt als solche keine Anreize zur Enthullung der wahren F5higkeiten und Praferenzen. Wo sie dennoch umgesetzt wird, besteht dementsprechend stets die systemimrnanente Tendenz, sie um eine zentrale ~ b e r w a c h u nzu~ ergiinZen. Alles in allem kann man daher resiimieren: Eine zentrale volkswirtschaftliche Planung steht vor enormen Informationsverarbeitungsproblemen. Noch groljer aber ist das Problem, iiberhaupt die richtigen Informationen zu bekommen. Denn die Wirtschaftssubjekte haben hier den Anreiz, systematisch falsch zu informieren. Neben die zentrale Verfiigungsgewalt iiber die Produktionsfaktoren musste daher die zentrale Kontrolle vor allem der Produzenten treten. Auf der Seite des Konsums ist das Problem der Kontrolle der erhaltenen Informationen prinzipiell kaum losbar, da man den Menschen - sehr zum Leidwesen der Zentralplaner nicht in den Kopf schauen kann. Gesucht ist daher ein Allokationsmechanismus, der die Anreize fiir die Individuen so setzt, dass sie ihre Fahigkeiten und Praferenzen aus eigenem Interesse wahrheitsgema in ihn einbringen. Aurjerdem sollte die von Einzelnen zu leistende Informationsverarbeitung machbar bleiben. Dieser Allokationsmechanismus ist der so genannte Marktmechanismus. Er setzt an die Stelle der zentralen Planung die dezentrale Koordination der Wirtschaftssubjekte durch den Preismechanismus. Damit lost er das Anreizproblem und lasst das Informationsverarbeitungsproblem gar nicht erst entstehen. Hier ist wichtig zu verstehen, dass der gleich naher zu erorternde Preismechanismus auf den Konsum- und Produktionsplanen der einzelnen Wirtschaftssubjekteberuht. Den Vergleich der Allokationsmechanismen sollte man daher weniger als ,,Plan versus Markt" formulieren, sondern als ,,zentrale Planung versus dezentrale (einzelwirtschaftliche) Planung". Vergleicht man eine Marktwirtschaft mit einer Zentralplanwirtschaft gleicher Komplexitat, so wird in der so genannten Planwirtschaft viel weniger geplant als in der Marktwirtschaft.
Die Losung des Allokationsproblems durch den Markt Das Marktgleichgewicht Das Funktionieren des Marktmechanismus kann man anhand unserer Bauernwirtschaft leicht verdeutlichen. Wir wollen annehmen, dass sich die Bauern zu festgelegten Zeiten auf einem Platz - dem ,,Marktplatz6'- in der Mitte des Landes treffen und fiir jedes Gut einen der ihren zum so genannten Marktmacher emennen.
Jeder Marktmacher stellt einige Preise (Tauschverhaltnisse zum ,,Geldgut6') fir das betreffende Gut und die Bauern lassen ihn wissen, wie vie1 von dem Gut sie zum jeweiligen Preis anbieten oder nachfragen wiirden. Dabei habe keiner der Bauern einen so groljen Anteil an der Gesamtmenge, dass seine Einzelentscheidung merklich auf den Preis durchschlagt. Aderdem sol1 das Gut homogen sein, d. h., es sollte nicht in verschiedenen Qualitaten oder Geschmacksvarianten existieren. Andernfalls ist f i r jede Variante ein Marktmacher zu ernennen. Es ergibt sich d m im Prinzip eine Situation, wie sie in der Abbildung 3 dargestellt ist. Dort steht x wieder f i r die Menge des homogenen Gutes, p f i r seinen Preis und A bzw. N fiir ,+4ngebot6' und ,,NachfrageG.Mit Blick auf jene, die das Gut anbieten wollen, gilt eine steigende Angebotsfunktion: Je hoher der Preis des Gutes ist, desto mehr wird von ihm angeboten. Auf der einzelwirtschaftlichenEbene steht dahinter der weiter oben schon envahnte Umstand mit steigender Produktion steigender Grenzkosten. Jeder Anbieter will seinen Gewinn, also den ~berschussder Erlose uber die Kosten, maximieren. Dam wird er bei vorgegebenem Preis die ProduMionsmenge so weit erhohen, bis die letzte produzierte Einheit zu zusatzlichen Kosten (also Grenzkosten) fiihrt, die gerade noch durch den Preis gedeckt werden. Wird nun der Preis erhoht, so wird die Produktion einiger zusatzlicher Einheiten, deren zus5itzliche Kosten zuvor iiber dem Preis lagen, protitabel. Auf der Nachfrageseite ist es umgekehrt: Mit steigendem Preis fallt die nachgefragte Menge. Auf der einzelwirtschaftlichenEbene steht dahinter der oben schon enviihnte Umstand mit steigender Konsummenge fallender Grenzzahlungsbereitschaft. Jeder Nachfrager will seinen Nutzen maximieren, indem er seine Nachfrage so hoch wahlt, dass die maximale Zahlungsbereitschaft fir das letzte nachgefragte Stiick (also die maximale Grenzzahlungsbereitschaft) gerade noch uber dem zu zahlenden Preis liegt oder ihm gerade entspricht. Kommt es nun zu einer Preiserhohung, so wird die maximale Grenzzahlungsbereitschaft einiger nachgefragter Einheiten unter dem nun hoheren Preis liegen, sodass diese Einheiten nicht mehr nachgefragt werden. Bei steigender Angebots- und fallender Nachfragefunktion gibt es nun genau einen Preis, bei dem sich Angebots- und Nachfrageplhe entsprechen. Dieser Preis ist der so genannte Gleichgewichtspreis p*. Der Marktmacher kann ihn leicht ermitteln und gibt ihn den Bauern bekannt. Diese werden daraufhin die entsprechende Gleichgewichtsmenge x* produzieren bzw. nachfragen. Im Marktgleichgewicht sind also alle individuellen Angebots- und Nachfrageplhe miteinander kompatibel; es kommt zu keiner Rationierung. Kein Bauer hat einen Anreiz, falsche Kauf- oder Verkaufspltine zu melden; das wiirde ihm nur selbst schaden. Die sich bei dieser einfachen Prozedur ergebenden Marktpreise entsprechen denen, die ein zentraler Planer bei voller Information als Verrechnungspreise ermitteln wiirde. Der Unterschied ist aber, dass diese Preise als Marktpreise tatsachlich leicht feststellbar sind. Denn ganz im Gegensatz zu einem zentralen Planer muss ein Marktmacher so gut wie gar nichts wissen: Er muss weder die Faktorausstattungen und Produktivitaten der einzelnen Anbieter noch die Praferenzen der Nachfrager kennen. Er muss vielmehr lediglich Angebots- und Nachfragemenge fir verschiedene Preise ermitteln. Diese ihm zu offenbaren liegt im Eigeninteresse jedes einzelnen Marktteilnehmers. Jeder Marktteilnehmer muss seinerseits jeweils nur
seine eigenen Faktorausstattungen, Produktivitaten und Praferenzen kennen sowie die Preise. In den Marktpreisen der Guter sind die Informationen uber die Ausstattungen, Produktivitaten und Praferenzen aller anderen Teilnehrner sozusagen aggregiert enthalten. Mit der Ermittlung und Bekanntgabe der Gleichgewichtspreise sorgt der Marktmacher also fiir die vollstiindige Transparenz des Marktes in dem Sinne, dass jeder weiB, was er fiir seine Entscheidung wissen muss.
Abbildung 3 Das Marktgleichgewicht
Die Wohlfahrtsoptimalitat des Marktgleichgewichts
Damit ist gezeigt, dass der Marktmechanismus eine Allokation der Produktionsfaktoren und produzierten Guter herbeifiihren kann, bei der - gegeben die gleichgewichtigen Marktpreise - jeder bekommt, was er will. Noch zu zeigen bleibt, dass auch ein (hypothetischer weil) voll informierter zentraler Planer keine Preise finden konnte, die zu einer hoheren Wohlfahrt fiihren wiirden. Diese (hypothetische) Referenzsituation ist das so genannte Wohlfahrtsoptimum. Dabei versteht man unter der Wohlfahrt einer Volkswirtschaft mit Blick auf ein Gut im Kontext gegebener Produktivitaten und gegebener Gutereigenschaften die Differenz zwischen der iiber alle Nachfrager kumulierten maximalen Zahlungsbereitschaft fiir dieses Gut und den uber alle Anbieter kurnulierten Produktionskosten des Gutes. Die kumulierte maximale Zahlungsbereitschaft ist der kardinale Ausdruck dafiir, was den Marktteilnehmern das Gut wert ist; die kumulierten Produktionskosten zeigen an, was sie dafiir aufgeben mussen. Dieses Wohlfahrtskonzept gilt fiir gegebene Produktivitaten und Gutereigenschaften und wird - nicht ubermid3ig glucklich - als ,,statisch" bezeichnet. Die statische Wohlfahrtsbetrachtung beschaftigt sich mit der Optimalitat der Preise und gehandelten Mengen. Weiter greift die so genannte ,,dynamische" Wohlfahrtsanalyse
Einfuhrung
13
aus, in der sich die Produktivitaten und Giitereigenschaften als Folge von technologischen Innovationen bzw. Produktinnovationen iindern konnen. Der Zeithorizont ist in dieser dynamischen Betrachtung in gewisser Weise langer und gefragt ist zusatzlich nach der wohlfahrtsoptimalen Hohe der Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Diese umfassendere dynamische Wohlfahrtsanalyse konnen wir aber erst angehen, nachdem wir uns n a e r mit der statischen Betrachtung befasst haben. Die folgenden ijberlegungen beziehen sich daher auf die Definition der statischen Wohlfahrt als Differenz von maximaler Zahlungsbereitschaft und Produktionskosten. Weil mit zunehmender Menge die maximale Grenzzahlungsbereitschafl fallt und die Grenzkosten steigen, wiirde ein voll informierter zentraler Planer die Menge solange ausweiten, wie die Grenzkosten noch unter der maximalen Grenzzahlungsbereitschafi liegen. Denn solange bringt jedes weitere produzierte Stiick noch einen Wohlfahrtszuwachs. Er wiirde die wohlfahrtsoptimale Menge also gemal3 der Optimalbedingung ,,Grenzzahlungsbereitschafigleich Grenzkosten" ermitteln. Welche Wohlfahrt im Vergleich dazu im Marktgleichgewicht realisiert wird, zeigt die Abbildung 4. Diese entspricht im Prinzip der Abbildung 3 mit vertauschten Achsen. Die kumulierte maximale Zahlungsbereitschafi entspricht hier der Flache unter der Nachfragefunktion bis zur Gleichgewichtsmenge. Die kumulierten Kosten entsprechen der Flache unter der Angebotsfunktion bis zur Gleichgewichtsmenge. Um das zu sehen, muss man sich nur noch einmal vor Augen fihren, was hinter diesen beiden Funktionen steht. Die Nachfragefunktion kommt durch den Abgleich von maximaler Grenzzahlungsbereitschaft und Preis durch nutzenmaximierende Nachfrager zustande. Diese erhohen ihre Nachfragemenge solange, bis die maximale Zahlungsbereitschaft fiir ein weiteres Stiick auf die Hohe des Preises gefallen ist. Damit entspricht die Nachfragefunktion der aggregierten Funktion der maximalen Grenzzahlungsbereitschaft und die Flache unter ihr bis zur Gleichgewichtsmenge ist die kumulierte maximale Zahlungsbereitschafi fir diese Gleichgewichtsmenge. Die Angebotsfunktion kommt durch den Abgleich von Preis und Grenzkosten durch gewinnrnaximierende Anbieter zustande. Diese erhohen die Produktionsmenge solange, bis die Grenzkosten auf die Hohe des Preises gestiegen sind. Damit entspricht die Angebotsfunktion der aggregierten Grenzkostenfunktion und die Flache unter ihr bis zur Gleichgewichtsmenge sind die Produktionskosten fir diese Gleichgewichtsmenge. Das als Differenz dieser beiden Flachen links von der Gleichgewichtsmenge zwischen Angebots- und Nachfragefunktion resultierende Dreieck ist daher die vom Markt realisierte Wohlfahrt. Diese Wohlfahrt ist nun in der Tat optimal in dem Sinne, dass auch ein allwissender zentraler Planer sie nicht mehr erhohen konnte. Dies ergibt sich aus der Identitat von Angebots- und Grenzkostenfunktion sowie von Nachfrage- und Zahlungsbereitschaftsfhnktion. Denn das Marktgleichgewicht ist der Schnittpunkt beider Funktionen, sodass sich hier Grenzzahlungsbereitschafi und Grenzkosten numerisch entsprechen. Das aber ist genau die oben hergeleitete Optimalitatsbedingung eines allwissenden zentralen Planers. Im Zuge des Marktmechanismus wird also die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt maximiert, obwohl jeder nur seinen eigenen Gewinn bzw. seinen eigenen Nutzen im Auge hat. Dies ist die schon von Adam Smith in seinem Werk ,,An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of
Nations" (erstmals erschienen 1776) beschriebene ,,invisible hand" des Marktes. Dabei ist der Begriff der ,,unsichtbaren Hand" von ihm mit Blick auf die ,,sichtbare Hand" des Staates als zentralem Planer gewahlt. Kollektive Rationalitat verstanden als gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsmaximierung und individuelle Rationalitat verstanden als einzelwirtschaftliche Nutzen- und Gewinnmaximierung fallen beim Allokationsmechanismus ,,Marktc' zusammen. Niemand interessiert sich fiir das Gesamtwohl, aber in der Verfolgung der Eigeninteressen wird die Gesamtwohlfahrt unbeabsichtigt maximiert.
X*
Abbildung 4 Im Marktgleichgewichtrealisierte Wohlfahrt
Das weitere Vorgehen Giitermarkte
Das obige Ergebnis der Wohlfahrtsoptimalitat des Marktgleichgewichts im statischen Sinne haben wir an einem Beispiel mit vielen Anbietern, mit einem homogenen Gut und mit einem Marktrnacher, der f i r vollsttindige Markttransparenz sorgt, demonstriert. Liegen in der Realitat derartige Bedingungen vor, so spricht man von ,,Vollkommener Konkurrenz" - eben weil diese Konkurrenz dam zum Wohlfahrtsoptimum fiihrt. Dieses Ergebnis der Wohlfahrtsoptimalitat beruhte u. a. darauf, dass von den vielen Anbietern keiner mit seiner Menge mafigeblichen Einfluss auf den Marktpreis hat. Jeder passt sich an den vom Marktmacher verkiindeten Preis mit seiner Produktionsmenge so an, dass seine Grenzkosten diesem vorgegebenen Preis entsprechen. Nur dadurch gilt im Marktgleichgewicht die statische Optimalbedingung ,,Grenzkosten gleich maximale Grenzzahlungsbereitschaft". Vollkommene Konkurrenz herrscht auf vielen borsenmiiI3ig organisierten Markten, seien dies nun Rohstoffborsen oder Agrarborsen oder Biirsen f i r indus-
Einfuhrung
15
trielle Vor- oder Fertigprodukte. Borsen sind nicht nur eine gemessen an den Umsatzen sehr wichtige Marktvariante, sondern werden im Zuge der durch die Digitalisierung der Informationsstrome und der damit einhergehenden Globalisiemng in Form weltumspannender elektronischer Marktplatze immer bedeutender. Das erste Kapitel im Gutermarktteil dieses Buches ist diesen ,,vollkomrnenen" Miirkten gewidmet. Hier werden das oben kurz skizzierte Zustandekommen eines Marktgleichgewichts und die Eigenschaften dieses Marktgleichgewichts im Detail malysiert. Dabei legen wir groljen Wert auf das Aufzeigen der einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfrageentscheidungen hinter diesem Marktgleichgewicht. Auf vielen Mkkten sind die Bedingungen fiir eine Vollkommene Konkurrenz allerdings nicht erfiillt. Insbesondere gibt es oft Anbieter, deren Marktanteil so grolj kt, dass ihre Produktionsentscheidung merklichen Einfluss auf den Marktpreis hat. Der Marktpreis ist fir einen solchen Anbieter keine vorgegebene Determinante seines Entscheidungskalkiils, sondern ein Ergebnis. Im zweiten Kapitel werden wir zeigen, dass dieser Umstand zur Konsequenz hat, dass die betreffenden Anbieter versuchen einen Preis durchzusetzen, der uber ihren Grenzkosten liegt. Dies wird ihnen imrner dam gelingen, wenn potenzielle Konkurrenten durch Markteintrittsbarrierenam Marktzutritt gehindert werden konnen. Haben Anbieter Marktanteile, die zu einem merklichen Einfluss auf den Marktpreis fiihren, und sind sie zudem durch Markteintrittsbarrieren vor potenzieller Konkurrenz geschiitzt, so spricht man von ,,MarktmachtU. Die Folge dieser Marktmacht sind Marktpreise oberhalb der Grenzkosten. Bei Existenz von Marktmacht wird die Bedingung der statischen Wohlfahrtsoptimalitat ,,Grenzkosten gleich maximale Grenzzahlungsbereitschaft" also verfehlt. Es wird dann gemessen an der wohlfahrtsoptimalen Menge am Markt zu wenig umgesetzt. Im zweiten Kapitel werden wir ausfiihrlich auf die Ursachen von Marktmacht und ihre Konsequenzen eingehen. Wir werden sehen, dass die fir die Existenz von Marktmacht notwendigen Marktzutrittsbarrieren ihrerseits ganz verschiedene Ursachen haben konnen. Beispielsweise kann der Staat den Marktzutritt behindem, indem er teuere und langwierige Qualifikationen wie einen Meisterbrief verlangt oder indem er einem Innovator Patentschutz gewahrt. Wie diese beiden Beispiele schon deutlich machen, konnen Marktzutrittsbarrieren und damit Marktmacht durchaus gewollt sein. Sie senken zwar die kurzfristige statische Wohlfahrt (siehe oben), aber sie konnen die so genannte dynamische Wohlfahrt - also die Wohlfahrt in liingerer Sicht unter Einbeziehung von Innovationen - erhohen. Das sieht man deutlich am Patentschutz. Dieser Schutz eines Innovators vor Konkurrenz gibt ihm Marktmacht und ermoglicht ihm damit relativ hohe Gewinne. Wiirde man das Patent auf eine schon getatigte Innovation venveigern, wiirde dies kurzfristig die Wohlfahrt steigem: Die Innovation konnte imitiert werden und das wiirde die Preise senken und damit die Mengen erhohen. Langfristig gesehen aber wiire der Verzicht auf Patentschutz keine gute Idee. Denn dam wiirde die Neigung zu Investitionen in Forschung und Entwicklung drastisch nuiickgehen, da man sich deren Ertrage nicht aneignen kann. Letztere wiirden durch Imitation sofort ,,sozialisiert" werden. Innovationen aber sind wegen der mit ihnen verbundenen Senkung der Produktionskosten und / oder Erhohung der Zahlungsbereitschaft langfristig fiir die Wohlfahrt wichtiger als die kurzfristige Preis-Mengen-Effizienz. Um die ver-
schiedenen Arten von Marktzutrittsbarrieren und die dadurch entstehende Marktmacht wohlfahrtstheoretisch - und damit wettbewerbspolitisch - einschatzen zu konnen, werden wir im zweiten Kapitel auch auf das Konzept der dynamischen Wohlfahrt eingehen. Dabei werden wir uns dort auf jene Falle konzentrieren, bei denen ein Anbieter ein Monopol auf ein bestimmtes Gut hat. Im dritten Kapitel dehnen wir die Betrachtung dann auf jene Gutermarkte aus, auf denen im Gegensatz zum Monopol des zweiten Kapitels mehrerer, aber im Gegensatz zur Vollkommenen Konkurrenz des ersten Kapitels auch nicht sehr viele Anbieter ein Gut anbieten. Derartige Miirkte mit einigen wenigen Anbietern bezeichnet man als Oligopole. Dazu zahlen die meisten Markte fiir Investitionsguter und fiir langlebige Konsumgiiter wie beispielsweise Autos und Mobel. Auch hier werden wir uns mit der Marktmacht und ihren Konsequenzen beschaftigen. Aber das wird nicht erneut im Fokus stehen. Vielmehr wird das dritte Kapitel einen entscheidungstheoretischen Schwerpunkt haben. Anders als im Falle der Vollkommenen Konkurrenz besteht zwischen Oligopolisten eine direkte Zieleneit einer der chungs- und damit Entscheidungsinterdependenz. ~ n d e r beispielsweise Oligopolisten seinen Verkaufspreis oder seine Angebotsmenge, so hat dies merkliche Konsequenzen f i r den Gewinn der anderen Anbieter und wird diese zu Anpassungsreaktionen zwingen. Infolge dieser direkten Interdependenz muss jeder Anbieter bei Ermittlung seiner gewinnmaximalen Menge bzw. seines gewinnrnaximalen Preises antizipieren, wie sich die Konkurrenten verhalten werden - wohl wissend, dass diese umgekehrt versuchen, sein Verhalten zu antizipieren und wissen, dass er ihr Handeln antizipieren will (und weifl, dass sie das wissen). Entscheidungen unter derartigen Bedingungen der zu antizipierenden Zieleneichungsinterdependenz bezeichnet man in der Entscheidungstheorie als im spieltheoretischen Sinne ,,strategisch". Es liegt also in diesem Sinne ein ,,strategischer Wettbewerb" vor. Im dritten Kapitel werden wir sowohl f i r den Fall homogener Guter als auch fiir den Fall differenzierter Guter zeigen, wie man sich in solchen Entscheidungssituationenals rationaler Anbieter verhalt und zu welchen Marktergebnissen das dann fiihrt.
Faktormarkte Der zweite Teil dieses Buches ist den Miirkten fiir die beiden zentralen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital gewidmet. Fiir diese Faktormiirkte gilt zunachst einmal vieles von dem, was wir im ersten Teil anhand der Gutermiirkte geschildert haben. Bei der ijbertragung der dort ermittelten Ergebnisse hinsichtlich Wohlfahrtsoptimalitat und Marktmacht ist lediglich zu beachten, dass auf den Faktormarkten die Haushalte die Anbieter und die Unternehmen die Nachfrager sind. Es gibt aber auch einige Besonderheiten, auf die wir in diesem zweiten Teil eingehen wollen. Beim Faktor Kapital resultieren diese Besonderheiten daraus, dass Kapital ein vorproduzierter und dauerhafter Faktor ist. Daher muss man beispielsweise in Miirkte fiir Kapitalguter und in Markte f i r die Nutzung von Kapitalgutern, wie z. B. Leasingmiirkte unterscheiden. Auflerdem muss man zwischen Miirkten fiir Kapitalguter und Markten fiir Finanzkapital wie z. B. die Aktien, mit deren Aus-
gabe die Kapitalguter finanziert wurden, unterscheiden. Im fiinften Kapitel werden wir einen relativ detaillierten Blick auf diese und weitere Varianten von Kapitalmiirkten werfen. Zuvor werden im vierten Kapitel die Arbeitsmiirkte naher betrachtet. Bei den Arbeitsmarkten liegt die Besonderheit im Vergleich zu den Gutermiirkten vor allem darin, dass sie sozusagen beidseitig vermachtet sind. W&rend Marktmacht auf Gutermiirkten ganz uberwiegend nur auf einer Marktseite vorliegt, stehen sich auf vielen Arbeitsmarkten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbiinde in einer Art bilateralem Tarifkartell gegenuber. Lohnverhandlungen in derartigen bilateralen Monopolen haben wenig mit einem Marktprozess zu tun und fiihren bekanntlich auch zu keinem Marktgleichgewicht ohne Rationierung. Die Rolle des Staates
Der dritte und letzte Teil dieses Buches hat zum Ziel, die Rolle des Staates in der Marktwirtschaft zu verdeutlichen. Diese besteht im Kern darin, fiir die Funktionsfhigkeit der Miirkte zu sorgen. Der Markt als gesellschaftliche Institution zur Losung der Allokationsprobleme komplexer Volkswirtschaften ist das Ergebnis einer lange dauernden gesellschaftlichen Entwicklung. Er kann nur funktionieren, wenn er gesellschaftlich anerkannt ist und durch die Gemeinschaft geschutzt wird. Ware letzteres nicht der Fall, wiirden Anbieter und Nachfrager sofort versuchen, sich jeweils zu Kartellen zu verbiinden, urn durch diese Marktmachtbildung f i r sie vorteilhaftere Verteilungsergebnisse auf Kosten der jeweiligen Marktgegenseite zu erreichen. Der Markt wiirde dann wieder durch vergleichsweise archaische bilaterale Verhandlungsmechanismen ersetzt - so, wie man das von vielen Arbeits-,,MiirktenLC kennt. Es liegt hier mit Blick auf das soziale Institut des Marktes eine Art Gefangenendilemma vor: Alle stehen besser, wenn die Marktrnechanismen funktionieren, aber jeder Einzelne steht noch besser, wenn nur die anderen sich an die dafiir notwendigen Regeln halten, er aber nicht. Hier kommt dem Staat seine wichtigste Rolle in der Marktwirtschaft zu. Er muss durch einen entsprechenden Rechtsrahmen dafiir sorgen, dass die Makte W i o n i e r e n konnen. Dieser Rechtsrahrnen umfasst nicht nur Gesetze gegen Wettbewerbsbeschrankungen, sondern dariiber hinaus beispielsweise das Vertragsrecht und die staatliche Garantie von Eigentumsrechten. Im weiteren Sinne kann man hier von staatlicher Ordnungspolitik sprechen. Mit dieser werden wir uns in einem ersten Unterkapitel des sechsten Kapitels befassen. Eine zweite wichtige Rolle hat der Staat mit Blick auf alle jene Guter zu erfiillen, die durch so genannte externe Effekte gekennzeichnet sind. Von externen Effekten spricht man, wenn ein Wirtschafissubjekt von den Handlungen eines anderen direkt positiv oder negativ betroffen ist, ohne dass es dafiir etwas bezahlen muss bzw. dafiir kompensiert wird. Beispiele sind die Bildung, die nicht nur dem Ausgebildeten zugute kommt, und die Produktion von Gutern mittels kostenlosen Umweltverbrauchs, die andere Umweltnutzer schadigt. Hier muss der Staat u. U. beispielsweise mittels Subventionen und Steuern in den Marktprozess korrigierend eingreifen. Da der Staat durch diese Eingriffe bei externen Effekten die Marktallokation korrigiert, spricht man von Allokationspolitik. Im zweiten Unterkapitel des sechsten Kapitels werden wir uns uberlegen, unter
welchen Umstanden derartige Eingriffe sinnvoll sind und welche Instrumente der Staat dabei benutzen sollte. Das siebte Kapitel schlieljlich ist der staatlichen Umverteilungspolitik gewidmet. Diese beruht letztlich darauf, dass das von den Miirkten erzeugte Verteilungsergebnispolitisch nicht akzeptiert wird. W2hrend sich die Markteinkommen allein unter dem Aspekt der Leistungsfaigkeit ergeben, besteht ein gewisser politischer Grundkonsens dariiber, dass durch eine Umverteilung der Markteinkommen durch den Staat auch nicht und weniger leistungsf3higen Wirtschaftssubjekten ein gewisser Lebensstandard gesichert werden muss.
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Bei Vollkommener Konkurrenz sind alle Anbieter und Nachfrager so klein, dass sie keinen merklichen Einfluss auf das Marktergebnis ausuben konnen. Sie betrachten daher den Marktpreis als gegeben und passen sich mit ihrer Menge so an, dass ihr Gewinn bzw. ihr Nutzen maximiert wird. Dabei resultiert der Gewinn eines Gutermarktanbieters definitionsgem2l3 als Differenz von Erlosen und Kosten. W ~ e n sich d die Erlose einfach als Produkt aus vorgegebenem Marktpreis und zu wtihlender Produktionsmenge ergeben, ist die Ermittlung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Produktionsmenge und Kosten - also der Kostenfunktion - eine nicht-triviale Aufgabe. Grundlage fiir die Ermittlung der Kostenfunktion ist zum einen die Kenntnis der Faktorpreise und zum zweiten die Kenntnis des zugrunde liegenden Zusammenhangs zwischen Faktormengen und Produktionsmenge - der so genannten Produktionsfunktion. In einem ersten Unterkapitel dieses ersten Kapitels werden wir zeigen, wie solche Produktionsfimktionen typischenveise aussehen und wie man sie u. a. mittels der Konzepte der Produktivitb ten und der Produktionselastizitaten ntiher charakterisieren kann. Darauf aufbauend wird im zweiten Unterkapitel die Herleitung der Kostenfunktion behandelt. Mit dieser sind wir dann in der Lage, in einem dritten Unterkapitel das okonomische Kernproblem des Anbieters unter Vollkommener Konkurrenz zu losen: die Ermittlung der gewinnmaximalen Hohe der Produktionsmenge und damit auch des Verlaufs der Angebotsfunktion. Auf der anderen Seite des Gutermarktes stehen die Nachfrager, die im Falle eines Konsumgutermarktes ihren Nutzen maximieren wollen. Dabei setzt ihnen ihr Arbeits- und Kapitaleinkommen eine Budgetrestriktion. Im vierten Unterkapitel wird zunachst gezeigt, wie man die Praferenzstruktur eines Wirtschaftssubjektsalso seine Vorlieben und Wiinsche - kardinal formulieren und damit einer quantitativen Analyse zugaglich machen kann. Darauf aufbauend wird im fiinften Unterkapitel das Kernproblem eines Konsumguternachfragers bei Vollkommener Konkurrenz betrachtet: die Ermittlung der nutzenmaximalen Konsurngiiternachfragemengen und damit auch des Verlaufs der Nachfiagefunktion. Aggregiert man nun die individuellen Angebots- und Nachfragefunktionen zur Marktangebots- bzw. Marktnachfiagefunktion und bringt beide Marktseiten zusarnmen, so erhalt man das in der Einfiihrung in Abbildung 3 skizzierte Marktgleichgewicht. Im sechsten und letzten Unterkapitel werden wir die Bedingungen seiner Existenz und seiner Eindeutigkeit ntiher untersuchen. Vor allem aber wer-
22
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
den wir uns hier mit dem Funktionieren des Preismechanismus und damit mit der Stabilitat dieses Marktgleichgewichts beschaftigen. Dies geschieht zunachst fiir eine exogen vorgegebene Anbieterzahl. Anschlieljend wird gezeigt, was bei freiem Marktzutritt passiert. Insbesondere interessiert dabei die Antwort auf die Frage, wovon es abhbgt, wie viele Anbieter am Markt agieren. Schlieljlich wird die im Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz erreichbare gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt im Detail analysiert.
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots 1.1.1 Produktionsfaktoren und Produktionsfunktionen
Mikrookonomische Produktionsfhktionen geben den mit Blick auf einen Betrieb gultigen fhktionalen Zusammenhang zwischen den (Produktions-) Faktoreinsatzmengen vk (k = 1, ..., H mit H als Zahl der Faktoren) einerseits und der damit erreichbaren Produktionsmengex andererseits wider. Es handelt sich bei der mikrookonomischen Produktionsfunktion um kein rein technologisches, sondern um ein auch okonomisches Konzept. So h b g t dieser Input-Output-Zusammenhang in seiner funktionalen Form z. B. auch von der Betriebsorganisation und dem Entlohnungsschema ab. Was in den Betrieben im Einzelnen vor sich geht, also das Wie der Transformation von Faktoren zu fertigen Produkten, wird im Folgenden nicht betrachtet. Der Betrieb bleibt f i r die Mikrookonomik eine ,,black box", rnit der sich die Betriebswirtschaftslehre naher beschaftigt. Mit Blick auf die Produktionsfaktoren kann man in die drei groljen Gruppen natiirliche Ressourcen, Arbeit und Realkapital unterscheiden. Dabei fallen unter die natiirlichen Ressourcen auch die Faktoren Boden und Klima. Beim Faktor Realkapital kann man zwei Varianten unterscheiden: die Kapitalguter einerseits und die Nutzung dieser Kapitalguter andererseits. Fiir natiirliche Ressourcen wie beispielsweise den Faktor Boden gilt Analoges. Unter Kapitalgiitern versteht man alle produzierten Produktionsmittel, die uberjtihrig genutzt werden. Die amtliche Statistik unterscheidet hier in Anlagen (z. B. Maschinen), Bauten und Sonstiges. Zu letzterem zahlen beispielsweise Fahrzeuge sowie Hard- und Software. Produzierte Produktionsmittel, die unterjtihrig in der Produktion untergehen, stellen dagegen kein Kapitalgut dar, sondern laufende Vorleistungen. Wird ein Kapitalgut von einem Produzenten nicht gekauft, sondern unterjiihrig geleast, so liegt aus Sicht des Leasingnehmers eine Kapitalnutzung vor. Diese hat fiir ihn ebenfalls den Charakter einer laufenden Vorleistung. Sofern im Weiteren nichts Anderes ausdriicklich angemerkt ist, sind alle Produktionsfaktoren als Stromgroljen zu interpretieren. D. h., mit ,,ArbeitC'ist nicht der Bestand an Arbeitern, sondern der Strom der in die Produktion eingehenden Arbeitsleistungen gemeint, z. B. gemessen in Arbeiterstunden. Entsprechend ist mit ,,Kapital" (im ersten Teil dieses Buches) nicht ein Maschinenbestand gemeint, sondern die in die Produktion eingehende Maschinennutzung, z. B. gemessen an den Maschinenlaufzeiten. Analoges gilt f i r natiirliche Ressourcen wie den Boden.
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots
23
Wichtig fiir das Konzept der Produktionsfunktion ist die Unterscheidung in variable Faktoren einerseits und fixe Faktoren andererseits. Wahrend die variablen Faktoren die unabhkgigen Variablen der Produktionsfunktion sind, sind die fixen Faktoren mitverantwortlich f i r die konkrete funktionale Spezifizierung der Produktionsfunktion. Sei als Beispiel ein Agrarbetrieb betrachtet, der Weizen mittels Boden, Arbeit und Realkapital (Maschinennutzung) produziert. Sind hier die Einsatzmengen an Arbeit und Kapital mittelfristig wahlbar, jene an Boden dagegen fest vorgegeben, so sind in dieser mittelfiistigen Betrachtung Arbeit und Kapital die variablen Faktoren und der Faktor Boden ist der fixe Faktor. Mit vl als Arbeitseinsatzmenge und v2 als Kapitaleinsatzmenge lasst sich dann die Produktionsfunktion x = x(vl, vz) fir eine bestimmte gegebene Bodeneinsatzmenge numerisch konkretisieren. Fiir eine hohere gegebene Bodeneinsatzmengewiirde sich ein anderer numerischer Funktionszusammenhang ergeben, bei dem die Werte der abhhgigen Variablen ,,Weizenmenge6'generell hoher lagen. Welche Faktoren als fix und welche als variabel behandelt werden, h h g t von der konkreten Fragestellung ab. Eine weitere wichtige Unterscheidung ist jene in Produktionsfunktionen mit substituierbaren Faktoren - so genannten substitutionalen Produktionsfunktionen und solchen Produktionsfunktionen,bei denen die Faktoren in einem bestimmten festen Verhaltnis zueinander eingesetzt werden mussen - so genannten limitationalen ProduktionsWionen. Letztere sind allerdings nur von groflerer Relevanz, wenn man das Konzept der Produktionsfunktion auf ein rein technisches verengt. Dann ist beispielsweise die Herstellung eines Medikaments aus verschiedenen chemischen Substanzen gem% einer festen Formel mittels einer solchen limitationalen ProduktionsWion zu beschreiben. Versteht man dagegen die Produktionsfunktion als weiter gefasstes, insbesondere auch okonomisches Konzept, so sind z. B. die beiden Faktoren Arbeit und Kapital so gut wie immer substituierbar. D. h., fast alle Guter sind mit mehr oder weniger Kapital und weniger oder mehr Arbeit - also eher kapitalintensiv oder eher arbeitsintensiv - produzierbar. Limitationale Produktionsfunktionen werden daher im Weiteren nur am Rande behandelt. Eine in vielen Fallen empirisch giiltige Variante der substitutionalen Produktionsfunktionen ist die so genannte Cobb-Douglas-Produktionsfunktion. Diese wird uns im Folgenden als Leitbeispiel dienen. Formuliert f i r zwei variable Faktoren und ein produziertes Gut lautet sie x = cv,a v2D mit c > 0 als einem Niveauparameter und 0 < a, P < 1. 1.1.2 Partielle Faktorvariation: Produktivitaten und Produktionselastizitaten
Partielle Faktorvariation bedeutet, dass bei Konstanthalten aller anderen Faktoren nur ein Faktor variiert wird. Aus einer totalen Produktionsfunktion mit zwei variablen Faktoren, (1) x=x(v1,v2),
24
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
wird dam die partielle Produktionsflmktion &r den k-ten Faktor (k = 1, 2). Mit Blick auf eine solche partielle Produktionsfunktion sind drei zentrale Konzepte zu unterscheiden: die Grenzproduktivitat (synonym: der Grenzertrag), die Durchschnittsproduktivitat (der Durchschnittsertrag) und die Produktionselastizitat. Die Grenzproduktivitat gibt jene Produktionssteigerung an, welche durch den Einsatz einer zusatzlichen Faktoreinheit ermoglicht wird. Sie lasst sich niiherungsweise durch die erste Ableitung der partiellen Produktionsfunktion erfassen und ist im Regelfall strikt positiv:
Die Grenzproduktivitat eines Faktors ist in der Regel keine Konstante, sondern hang u. a. vom Einsatzniveau dieses Faktors ab. Typischenveise liegen mit zunehmendem Einsatzniveau des betrachteten Faktors abnehmende Grenzproduktivitaten vor:
Dagegen liegen die Grenzproduktivitaten eines Faktors in der Regel umso hoher, je mehr von einem anderen Faktor eingesetzt wird:
Abbildung 1.1-1 Partielle Produktionsfunktionen
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots
25
Die Abbildungen 1.1- 1 bzw. 1.1-2 zeigen die Verlaufe zweier derartiger partieller Produktionsfunktionen bzw. der zugehorigen Grenzproduktivitatsfunktionen fir verschiedene Einsatzniveaus des jeweils konstant gehaltenen Faktors.
Abbildung I. 1-2 Grenzproduktivitatsfunktionen Die Durchschnittsproduktivitatgibt die Produktion pro Faktoreinheit an: (5)
- X> o . Vk
Bei durchweg abnehmenden Grenzproduktivitaten liegt die Durchschnittsproduktivitat stets iiber der Grenzproduktivitat, fallt aber selbstverstandlich auch mit zunehrnendem Einsatzniveau des betrachteten Faktors. Dies zeigt die Abbildung 1.1-3 an einem Beispiel. Geometrisch lassen sich die Grenzproduktivitat und die Durchschnittsproduktivitat fiir ein bestimmtes Faktoreinsatzniveau als Steigung der zugehorigen Tangenten bzw. als Steigung des zugehorigen Fahrstrahls ermitteln. Dies illustriert die Abbildung 1.1-4. Die Produktionselastizitat schlieljlich gibt die prozentuale Steigerung der Produktion bei Erhohung des Einsatzes eines Faktors um ein Prozent an:
"k
Vk
Sie entspricht dem Quotienten aus der Grenz- und der Durchschnittsproduktivitat des betrachteten Faktors.
26
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
"I
Abbildung 1.1-3 Verhaltnis zwischen Grenz- und Durchschnittsproduktivitaten
Abbildung 1.1-4 Geometrische Ermittlung von Produktivitaten
Beispiel:
.
Sei als Beispiel die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion = cqv! mit c > 0 und 0 < a, p < 1 betrachtet. Mit Blick auf den ersten Faktor gilt hier fiir die Grenzproduktivitatenspeziell
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots
27
Offensichtlich h h g t in diesem Beispiel die Grenzproduktivitat eines Faktors sowohl vom eigenen Einsatzniveau als auch vom Einsatzniveau des anderen Faktors ab. Es gilt
d. h., es liegen abnehmende Grenzertrbe vor. Mit Blick auf die Abhwgigkeit vom Einsatzniveau des anderen Faktors gilt
Die Durchschnittsproduktivitatendes ersten Faktors lauten x = CVla-1 v2p . "1
Bei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionenstehen Grenz- und Durchschnittsproduktivitaten in einem festen Verhaltnis zueinander: ax x --=a-.
av,
Vl
Fiir die Produktionselastizitatbeispielsweise des ersten Faktors gilt daher
-
"1
Cobb-Douglas-ProduktionsfUnktionensind also durch konstante Produktionselastizitaten gekennzeichnet. 1.1.3 Faktorsubstitution: Isoquanten und Grenzraten der Substitution
Bei substitutionalen ProduktionsWionen kann eine bestimmte Produktionsmenge mit unterschiedlichen Faktorkombinationen hergestellt werden. Die im Faktorraurn abgebildete Menge aller zur gleichen Produktionsmenge ftihrenden Faktorkombinationenbezeichnet man als Isoquante (Ort gleicher Menge). Im Fall von nur zwei Faktoren ist diese Isoquante eine Linie im vl-v2-Diagramm. Die Abbildung 1.1-5 zeigt zwei Beispiele fir unterschiedliche Produktionsniveaus. Man kann sich leicht iiberlegen, dass die Isoquanten bei abnehmenden Grenzproduktivitaten konvex zum Ursprung verlaufen: Generell gilt, dass ~nderungender Produktionshohe x durch hderungen des Faktoreinsatzes v, und I oder h d e r u n gen des Faktoreinsatzes v2 hervorgerufen werden, also
28
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Auf einer Isoquante gilt nun speziell dx
ax
-hl hl
= 0,
also
ax
= --dv2 h 2
bzw. ax
Abbildung 1.1-5 Isoquanten Diese erste Ableitung der Isoquanten wird bei fallenden Grenzertragen mit zunehmendem Einsatz des Faktors 2 und damit abnehmendem Einsatz des Faktors 1 - also bei einer Bewegung auf der Isoquante im vl-v2-Diagramm von links nach rechts - betragsmaig immer kleiner, weil dam der Z a l e r fallt und der Nenner steigt. Man bezeichnet diese erste Ableitung als Grenvate der (technischen) Substitution GR(T)S von Faktor 1 durch Faktor 2, im Folgenden kurz s,, 2. Die Grenzrate der technischen Substitution gibt an, wie viele Einheiten von Faktor 1 man durch eine Einheit von Faktor 2 substituieren kann. Den Umstand, dass die Grenzrate der technischen Substitution von Faktor 1 durch Faktor 2 bei abnehmenden Grenzproduktivitaten der Faktoren mit zunehmendem Einsatzniveau von Faktor 2 (und darnit abnehmendem Einsatzniveau von Faktor 1) betragsmaflig abnimmt, bezeichnet man auch als ,,GesetzC'der (betragsmd3ig) abnehmenden Grenzrate der Substitution.
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots
29
Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion lauten die Isoquanten
Bei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen gilt speziell, dass die Faktoren fast beliebig gegeneinander substituierbar sind. Die Grenzraten der Substitution von Faktor 1 durch Faktor 2 lauten
Betragsmal3ig gesehen verlaufen sie also hyperbelartig. 1.1.4 Totale Faktowariation: Skalenertrage und Skalenelastizitaten
Totale Faktorvariation bedeutet, dass ausgehend von einem bestirnmten Faktoreinsatzbiindel - und damit von einer bestimmten Produktionsmenge - der Einsatz aller variablen Faktoren veriindert wird. Von besonderem Interesse ist hier die proportionale Faktorvariation, bei der alle variablen Faktoreinsatze um den gleichen Faktor p > 1 variiert werden. Dabei steht y, fiir die Skala bzw. das Niveau des Faktoreinsatzes. Fiihrt eine Ver-q-fachung aller variablen Faktoreinsatze zu einer Ver-pfachung der Produktionsmenge, so bedeutet dies, dass die totale Faktorproduktivitat unabhiingig vom Produktionsniveau ist. Daher spricht man dann von konstanten Skalenertragen. Da aber nur die variablen Faktoren variiert werden, ist dies empirisch gesehen der weniger haufige Fall. Der Regelfall ist, dass eine Ver-p-fachung der variablen Faktormengen zu weniger als einer Ver-pfachung der Produktionsmenge fihrt; dam liegen abnehmende Skalenertrage vor. Im umgekehrten und eher theoretischen Fall zunehmender Skalenertrage wiirde die Ver-9-fachung der variablen Faktoren zu mehr als einer Ver-pfachung der Produktionsmenge fiihren. Die proportionale Faktorvariation kann man auch in n , Prozenten, diskutieren. Dies fiihrt dann zum Konzept relativen ~ n d e r u n ~ ealso der Skalenelastizitat:
-
-
v
v
Diese sagt aus, um wie vie1 Prozent die Produktionsmenge wachst, wenn die Mengen aller variablen Faktoren urn ein Prozent erhoht werden. Bei konstanten Skalenertragen belauft sie sich auf eins. Im Falle abnehmender Skalenertrage ist sie kleiner als eins, bei zunehmenden Skalenertragen ist sie goner als eins. Es lasst sich leicht zeigen, dass die Skalenelastizitat der Summe der partiellen Pro-
30
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
duktionselastizitaten entspricht; z. B. gilt im Fall zweier Faktoren definitionsgeman
Hier die Bedingung der proportionalen Variation
bzw.
genutzt, fihrt zu
ax d p dx = --VI
ax d p +--~2.
&I y, &2 P Dies lasst sich umformen zu u!x dx vl ax v2 --=--+-x dy, &I x h2x '
Beisviel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion bedeutet proportionale Faktorvariation speziell C(y,vl)a(qv2y= cy,avpy,4! = y,a+q$-%2p)= y,a+/x. Das heiDt, dass eine Ver-pfachung der Mengen der variablen Faktoren zu einer ~ e r - ~ " + ~ - f a cder h u Produktionsmenge n~ fihrt. Offensichtlich gilt = a+p.
Fiir a + p = 1 liegen konstante Skalenertrage vor, f i r a + P < 1 ergeben sich abnehmende Skalenertrage und bei a + P > 1 handelt es sich urn zunehmende Skalenertrage. 1.1.5 Weitere Beispiele spezieller Produktionsfunktionen a) ErtragsgesetzlicheProduktionsfunktionen Das Charakteristikum dieses Produktionsfunktionstyps ist, dass die Grenzertrage der Faktoren bei niedrigen Faktoreinsatniveaus steigen. Dies kann z. B. Folge einer mit steigendem Produktionsniveau zunehrnenden Arbeitsteilung sein. Als Beispiel ftir ertragsgesetzlicheProduktionsfunktionen sei hier die Klasse
1.1 ProduktionstheoretischeGrundlagen des Giiterangebots
2 2 X = ClVl V 2
31
3 3
- C2Vl v 2
mit 0 < c2 < c l betrachtet. Hinsichtlich der partiellen Faktorvariation gilt mit Blick auf die Grenzproduktivitat beispielsweise des ersten Faktors
seine Durchschnittsproduktivitaten lauten
Die Produktionselastizitaten ergeben sich als Quotienten von Grenz- und Durchschnittsproduktivitatenund sind offensichtlich nicht konstant. Abbildung 1.1-6 ist ein Beispiel f i r eine partielle ertragsgesetzliche Produktionsfunktion; Abbildung 1.1-7 zeigt die mgehorigen Grenz- und Durchschnittsproduktivitaten.
Abbildung 1.1-6 Partielle ertragsgesetzlicheProduktionsfunktion
Es gibt hier drei relevante Produktionsbereiche: Im Bereich relativ niedrigen Faktoreinsatzniveaus steigen die Grenzproduktivitaten; bei mittleren Niveaus fallen sie dam, aber die Durchschnittsproduktivitatensteigen noch; schliel3lich fallen bei relativ hohen Faktoreinsatniveaus auch die Durchschnittsproduktivitaten. Die Grenze zwischen dem ersten und dem zweiten Bereich bildet der Wendepunkt der partiellen Produktionsfunktion bzw. das Maximum der Grenzproduktivitaten. Das zugehorige Faktoreinsatzniveau folgt aus
als
32
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.1-7 Ertragsgesetzliche Grenz- und Durchschnittsproduktivitaten Die Grenze zwischen dem zweiten und dem dritten Bereich bildet der so genannte Tangentialpunkt der partiellen Produktionsfunktion bzw. das Maximum der Durchschnittsproduktivitatsfunktion.Der Tangentialpunkt verdankt seinen Namen dem Umstand, dass hier die Tangente an die Funktion dem Fahrstrahl aus dem Ursprung entspricht. Dementsprechend nehmen Grenz- und Durchschnittsproduktivitat hier den gleichen Wert an. Das zugehijrige Faktoreinsatzniveau folgt aus x dx -=Vl
hl
als
b) Leontief-Produktionsfunktionen Die Leontief-Produktionsfunktion ist ein Beispiel fiir eine limitationale Produktionsfunktion; d. h., es gibt keine Faktorsubstitution. Dementsprechend erfordert eine bestimmte Produktionsmenge ganz bestimmte Einsatzmengen der einzelnen Faktoren. Der Unternehmer hat nicht die Wahl zwischen verschiedenen Faktormengenkombinationen.Dies formalisiert man am einfachsten iiber die so genannten Faktoreinsatzfunktionen vk = vk(x). Das Spezielle an Leontief-Produktionsfunktionen ist, dass diese Faktoreinsatzfunktionenlinear sind:
1.1 Produktionstheoretische Grundlagen des Giiterangebots
Vk
33
= KkX
mit
als so genannten Inputkoeffizienten. Diese Inputkoeffizienten geben die pro Produktionseinheit erforderliche Faktoreinsatzmenge an. Fur den Fall zweier Faktoren lasst sich die Leontief-Produktionsfunktionformulieren als
mit 1 - x Kk
Vk
als den Outputkoeffizienten. Diese geben die pro Faktoreinheit produzierbare Produktionsmenge an. Das ,,mid' steht fiir ,,Minimum6' und bedeutet, dass der kleinere der beiden Werte in Klammern die tatsachliche Produktionsmenge bestimmt; das ist der so genannte Engpassfaktor. Die Produktion erfolgt mit der Faktorintensitat v2
K2
Da es keine Faktorsubstitution gibt, gibt es in der Faktorebene auch keine Isoquanten, sondern nur einen okonomisch relevanten Produktionspunkt. Solange vom jeweils anderen Faktor genugend vorhanden ist, gilt fiir die Grenz- und Durchschnittsproduktivitaten ax --- ---i . h k
Vk
Kk
'
es folgt fiir die partiellen Produktionselastizitaten ax X = 1 .
& Vk
Es liegen konstante Skalenertrage vor: Eine Ver-pfachung des Faktorbiindels fiihrt zu einer Ver-pfachung der Produktion.
34
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots 1.2.1 Kostenarten, Kostengleichungen und Kostenfunktionen
a) Kostenarten Der Unterscheidung in fixe und variable Produktionsfaktoren folgt die Unterscheidung in fixe (Produktions-) Kosten Kfals durch die fixen Faktoren verursachte Kosten einerseits und variable (Produktions-) Kosten K, als durch die variablen Faktoren verursachte Kosten andererseits. Entscheidungstheoretisch gesehen ist wichtig, dass auch tatsachlich die jeweils relevanten Kosten zugrunde gelegt werden. Dabei sind zwei Fehler moglich: die Nichtberiicksichtigung relevanter Kosten und die Beriicksichtigung irrelevanter Kosten. Ein Fehler der ersten Art liegt vor, wenn Opportunitatskosten einer Entscheidung nicht beriicksichtigt werden. Unter diesen Opportunitatskosten einer Entscheidung versteht man die entgangenen Ertrage der nbhstbesten Alternative. So bestehen beispielsweise die wesentlichen Kosten eines Universitatsstudiums in der Regel weder in den dadurch verursachten Mobilitatskosten, noch in den dabei zu tragenden Kosten der Lebenshaltung, sondern im studienbedingten Einkornrnensausfall. Macht man sich nach dem Studium selbststandig und bringt dabei Eigenkapital ein, so muss man eine kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als Kosten beriicksichtigen, denn alternativ hIitte man das Kapital verzinslich anlegen konnen. Ebenso muss man dam einen kalkulatorischen Unternehmerlohn als Kosten in Ansatz bringen, der jenem Lohn entspricht, den man als Angestellter ohne Unternehmerrisiko verdienen konnte. Ein Fehler der zweiten Art liegt vor, wenn man in einer Entscheidung Kosten beriicksichtigt, die schon irreversibel eingegangen wurden. Man spricht hier auch von ,,verlorenen Kosten". Dam ziihlen die nicht zuriickholbaren Kosten eines Marktzutritts nach dem Marktzutritt. Beispiele sind die Kosten einer marktspezifischen Qualifikation wie etwa eines Meisterbriefs oder auch die Kosten einer nicht handelbaren Lizenz wie etwa einer UMTS-Lizenz. Typischerweise fallen auch Teile der Kosten des Aufbaus einer Produktionskapazitat unter diese Kategorie der irreversiblen Kosten, z. B. alle Investitionen, die mangels alternativer Nutzbarkeit bei einem Marktaustritt ihren Wert verlieren. Deutliche Beispiele sind hier der Aufbau eines Schienennetzes und die Installation unterirdischer Grofitanks ftir eine Tankstelle. b) Kostengleichungen Definitorisch ergeben sich die Kosten als Summe aus fixen und variablen Kosten und letztere als Surnme aller Produkte von Faktorpreisen und Faktormengen. Diesen definitorischen Zusammenhang bezeichnet man als Kostengleichung oder auch einfach als Kostendefinition. Fiir zwei variable Faktoren lautet die Kostengleichung
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
35
mit gk (k = 1, 2) als den Preisen und vk als den Mengen der variablen Faktoren. Im Rahmen des ersten Teils iiber die Gutermiirkte werden wir stets annehmen, dass die Faktorpreise, denen sich ein Unternehmen gegenubersieht, nicht mit der von ihm nachgefiagten Faktormenge variieren. Die im ersten Teil betrachtete Unternehmung hat per Annahme auf den Faktormiirkten zu kleine Marktanteile, als dass ihre Faktornachfiagen die Faktorpreise beeinflussen konnten. Lost man die Kostengleichung nach der Menge des ersten Faktors auf, so erhalt man die so genannte Isokostenlinie (Isotime): K-Kf 42 (2) Y =--"2 . 41 41 Die Isokostenlinie ist der geometrische Ort aller Faktormengenkombinationen,die mit einem bestimmten Kostenbetrag maximal gekauft werden konnen. Ihre Steigung entspricht dem Faktorpreisverhaltnis:
Die Abbildung 1.2-1 zeigt eine solche Isokostenlinie. Je grorjer der zur Verfiigung stehende Kostenbetrag ist, desto weiter weg vom Ursprung liegen die Isokostenlinien. Veriinderungen eines Faktorpreises %hen zu einer entsprechenden Drehung im jeweils anderen Achsenabschnitt. Dies zeigen die Abbildungen 1.2-2 und 1.23.
Abbildung 1.2-1 Isokostenlinie
36
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.2-2 Isokostenlinien fiir unterschiedliche Kosten
Abbildung 1.2-3 Isokostenlinien fiir unterschiedliche Faktorpreise
c) Herleitung von Kostenfunktionen: ein ijberblick Unter einer Kostenfunktion versteht man den funktionalen Zusammenhang zwischen der Produktionsmenge und den durch sie verursachten Kosten: K = K(x). Anders als bei der rein buchhalterisch angelegten Kostengleichung handelt es sich bei der Kostenfunktion urn ein analytisches Konzept. Im Falle nur eines variablen Produktionsfaktors ist die Herleitung der zugehorigen Kostenfunktion aus der Produktionsfunktion bei gegebenen Faktorpreisen ein einfacher Vorgang. Dann ist mit der Produktionsfunktion x = x(v) zugleich die Faktoreinsatzfunktion v = v(x)
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
37
vorgegeben. Diese muss nur noch in die Kostengleichung K = K(v) eingesetzt werden, schon hat man die Kostenfunktion K = K(x). Entwickelt sich die Produktionshohe wegen abnehmender Grenzertrage mit steigendem Faktoreinsatz unterlinear (unterproportional), so verlaufen Faktoreinsatzfunktionund Kostenfimktion uberlinear. Anders gesagt: Fuhrt die Verdoppelung des variablen Faktors zu weniger als einer Verdoppelung der Produktion, so erfordert die Verdoppelung der Produktion mehr als eine Verdoppelung des Faktoreinsatzes und verursacht damit mehr als eine Verdoppelung der variablen Kosten.
Sei als Beispiel der Fall der partiellen Cobb-Douglas-Produktionsfunktion x = CVla (also mit v2 = 1) betrachtet. Hier lautet die mit der Produktionsfunktion vorgegebene Faktoreinsatzfimktion 1
und dies in die Kostengleichung eingesetzt, ergibt die Kostenfimktion
Wegen a < 1 verlauft die Produktionsfunktion unterlinear und damit die Kostenfunktion iiberlinear. Im Falle mehrerer (im Folgenden: zweier) substituierbarer Faktoren ist die Herleitung der Kostenfunktion schwieriger. Die Unternehmer haben jetzt stets - d. h. bei jeder Produktionsmenge - die Wahl zwischen einer ganzen Reihe von moglichen Faktormengenkombinationen. Sie wollen stets jene Kombination realisieren, welche zu den jeweils minimalen Kosten fiihrt. Dies ist die so genannte Minimalkostenkombination. Ermittelt man diese fiir jedes denkbare Produktionsniveau, so ergeben sich damit die kostenminimierenden Faktoreinsatzfunktionen. Mit diesen Faktoreinsatzfunktionen in der Kostengleichung resultiert dam die Kostenfunktion. Im Falle mehrerer und substituierbarer Faktoren impliziert die Kostenfunktion also stets eine Kostenminimierung. Die Kostenfimktion ist keine blolje Implikation der Produktionsfimktion, sondern setzt den kostenminimierenden Faktoreinsatz voraus. Entscheidend f3r die Gewichtung der Faktoren in der Minimalkostenkombination sind neben den Produktionselastizitaten die Faktorpreise. Dementsprechend hiingen die uber die Minimalkostenkombinationen ermittelten kostenminimierenden Faktoreinsatzfunktionen- anders als im Falle nur eines Faktors - nicht nur von den Parametern der Produktionsfunktion, sondern auch von den Faktorpreisen ab.
38
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
1.2.2 Minimalkostenkombinationen: die Inputregel
Will man eine bestirnmte Produktionsmenge mit den niedrigstmoglichen Kosten produzieren, so muss man jene Isokostengerade finden, mit der die entsprechende Isoquante gerade noch erreicht werden kann. Dies illustriert die Abbildung 1.2-4 anhand von drei alternativen Isokostenlinien, zu denen drei verschiedene - vom Ursprung aus gedacht sukzessive steigende - Kostenniveaus gehoren. Dabei ist die mittlere Isokostenliniejene mit dem gesuchten minimalen Kostenniveau, denn mit ihr kann man die Isoquante gerade noch erreichen. Beide Funktionen bertihren sich in einem Tangentialpunkt, welcher der Minimalkostenkombinationentspricht. Das Kostenniveau der unteren Isokostenlinie reicht nicht aus, um die angestrebte Produktionsmenge zu produzieren. Das Kostenniveau der oberen Isokostenlinie lasst dagegen die Produktion der zur Isoquante gehorenden Menge ebenfalls zu. Hier gibt es sogar zwei Schnittpunkte mit der Isoquante. Das heiljt, es existieren zwei Faktormengenkombinationen, mit denen man die betreffende Produktionsmenge herstellen konnte. Die Produktion mit diesen Faktormengenkombinationen ware jedoch keine zu minimalen Kosten. Denn die Kosten lassen sich immer noch senken, solange man eine tiefer liegende Isokostenlinie findet, welche die Isoquante auch noch erreicht. Daher liegt die kostenminimierende Faktormengenkombination in jenem Punkt, in dem sich beide Funktionen tangieren. Wie in jedem Tangentialpunkt stimmen die Steigungen der beiden Funktionen hier uberein.
"2
Abbildung 1.2-4 Minimalkostenkombination
Solange die Isoquante konvex zum Ursprung verlauft, ist dieser Tangentialpunkt eindeutig. In Unterkapitel 1.1 haben wir gesehen, dass abnehmende Grenzertrage beider Faktoren die Konvexitat der Isoquanten garantieren. Gemafi Gleichung (3) entspricht die Steigung der Isokostenlinien betragsmaig dem Faktorpreisverhalt-
1.2 KostentheoretischeGrundlagen des Giiterangebots
39
nis; und gemarj der Gleichung (7) des Unterkapitels 1.1 entspricht die Steigung der Isoquanten betragsmaig der Grenzrate der technischen Substitution von Faktor 1 durch Faktor 2 und damit dem Verhaltnis der Grenzproduktivitaten. Eine kostenminimierende Produktion erfordert also, dass die Faktoren in einem Mengenverhaltnis eingesetzt werden, welches das Verhaltnis der Grenzproduktivitaten dem vorgegebenen Faktorpreisverhaltnisangleicht:
ax
-
Die okonomische Logik dieser Optimalbedingung erschlierjt sich besser, wenn man sie als so genannte Inputregel formuliert:
Das heirjt: Bei vorgegebenem Produktionsniveau erfordert eine Kostenminimierung, dass der jeweils letzte fir einen Faktor ausgegebene Euro bei allen Faktoren das gleiche Mehrprodukt ermoglicht. Dies ist unsere erste Entscheidungsregel. Gilt statt Gleichung (4) beispielsweise ax avl >-.av2
41 42 so kann man bei gleicher Kostensumme mehr produzieren, indem man finanzielle Mittel aus der Verwendung fiir Faktor 2 abzieht und fiir Faktor 1 venvendet. Die Inputregel (4) ist eine Gleichung in den zwei Unbekannten vl und v2 mit den Pararnetern der Produktionsfunktion sowie den beiden Faktorpreisen als Parametern. Nach der Menge des Faktors 1 aufgelost, ergibt sie den so genannten (Faktormengen-) Expansionspfad vl = ~ 1 ( ~ 2 ; q l , q 2 ) . (5) Grafisch kann man ihn aus der Abbildung 1.2-4 gewinnen, indem man dort weitere Isoquanten und deren Tangentialpunkte mit den entsprechenden Isokostenlinien einzeichnet und diese Tangentialpunkte dann miteinander verbindet; siehe Abbildung 1.2-5. Zusarnmen mit der Produktionsfunktion als zweiter Gleichung lasst sich aus dem Expansionspfad die Minimalkostenkombination
40
1. Angebot, Nachfiage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.2-5 Faktormengenexpansionspfad Ein wichtiges Konzept zur Beschreibung der Eigenschaften von Produktionsfunktionen ist in diesem Zusarnmenhang die so genannte Substitutionselastizitat
Diese gibt an, um wie vie1 Prozent das Faktoreinsatzverhaltnis sinkt, wenn das zugehorige Faktorpreisverhaltnisurn ein Prozent steigt. Beispiel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion x = CVla v2D
ergibt sich gemal3 der Inputregel m2 -=-.
PVl
41
42
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
41
Dies ergibt den Expansionspfad
Im Falle der Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen ist der Expansionspfad e speziell ein Strahl aus dem Ursprung, dessen Steigung dem Quotienten von Produktionselastizitatenverhaltnis und Faktorpreisverhaltnis entspricht. Zusammen mit der Produktionsfunktion als zweiter Gleichung in den Faktormengen folgt dam die Minimalkostenkombination: Einsetzen in die Produktionsfunktion fiihrt ZU
und daraus folgt iiber
und
die kostenminimierende Einsatzmenge des Faktors 2 als a
1
Dies eingesetzt in den Expansionspfad ergibt
bzw.
42
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
Bei Cobb-Douglas-ProduktionsfUnktionengilt fiir das kostenminimierende Faktoreinsatzverhaltnis speziell a Vl -=-.
"2
P 41 92
Die SubstitutionselastiziVat von Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen ist also von den Faktoreinsatzmengen unabhbgig und nimmt speziell den Wert -1 an. Das heifit, erhoht sich das Faktorpreisverhaltnis um ein Prozent, so sinkt das entsprechende Faktoreinsatzverhaltnisurn ein Prozent. 1.2.3 Faktoreinsatzfunktionen
Mit Gleichung (6) liegen die Faktoreinsatzfunktionenbereits vor; man muss dam nun nur die Produktionsmenge als Variable betrachten. Offensichtlich gilt: Liegen konstante Skalenertrage vor - erfordert also eine Ver-pfachung der Produktion genau eine Ver-pfachung der variablen Faktoren - so steigen die Faktoreinsatzfunktionen linear; liegen abnehmende Skalenertrage vor - erfordert also eine Verp-fachung der Produktion mehr als eine Ver-p-fachung der variablen Faktoren so steigen die Faktoreinsatzfunktionen uberlinear; liegen schliefllich zunehmende Skalenertragevor, steigen die FaktoreinsatzWionen unterlinear.
Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfimktion lauten die Faktoreinsatzhnktionen
und
W2
mit yk als im Weiteren venvendetes Kiirzel. Fur konstante Skalenertrage a + P = 1 resultieren die linearen FaktoreinsatzWionen Vk =Y k X .
1.2 KostentheoretischeGrundlagen des Giiterangebots
43
Abnehmende Skalenertrage a + P < 1 fiihren zu uberlinearen und zunehmende Skalenertrage a + > 1 zu unterlinearen Faktoreinsatzfunktionen
1.2.4 Kosten-, Grenzkosten- und Durchschnittskostenfunktionen
Setzt man die Faktoreinsatzfimktionen gemarj Gleichung (6) in die Kostengleichung (1) ein, so resultiert die Kostenfunktion (8) K(x) = 9l"l (x) + 4 2 ~ (x) 2 + Kf . Hier lassen sich drei zentrale Kenngrorjen bilden. Am wichtigsten ist dabei das Konzept der Grenzkosten. Das sind jene Kosten, die zusatzlich entstehen, wenn man ein Stiick mehr produziert:
Hinsichtlich der Durchschnittskosten unterscheidet man - je nachdem, ob die Fixkosten in die Durchschnittsbildung einbezogen sind oder nicht - in die durchschnittlichen variablen Kosten (,,variable Stiickkosten") (10)
Kv ->o X
und die durchschnittlichentotalen Kosten (,,totale Stiickkosten")
Mit Blick auf die drei Arten von Skalenertragenin der Produktion gilt: Weist die Produktionsfunktion abnehmende Skalenertrage auf - braucht man also fiir eine Ver-pfachung der Produktionsmenge mehr als eine Ver-pfachung der variablen Faktoreinsatzmengen - so steigen die Kosten mit steigender Produktionsmenge uberproportional. Die Kostenfunktion verlauft also iiberlinear. Dies ist empirisch gesehen der Regelfall. Dabei h h g t das Ma13 des Kostenanstiegs von den Parametern der Produktionsfunktion und der Hohe der Faktorpreise ab; die Abbildung 1.2-6 zeigt zwei Beispiele. In diesem Fall abnehmender Skalenertrage liegen zunehmende Grenzkosten vor. Dementsprechend steigen auch die durchschnittlichen variablen Kosten mit der Produktionsmenge; sie liegen aber stets unter den zugehorigen Grenzkosten. Bei den durchschnittlichen totalen Kosten komrnen noch die Fixkosten pro Stiick hinzu. Diese fallen mit steigender Produktionsmenge; das ist die so genannte Fixkostendegression. Damit gibt es bei steigender Produktionsmenge hinsichtlich der durchschnittlichen totalen Kosten zwei gegenlaufige Effekte: einerseits die Fixkostendegression, andererseits das Steigen der Grenzkosten. Daher wird ein Minimum der durchschnittlichen totalen Kosten existieren - ein so genanntes Betriebsoptimum. Ein wesentliches Charakteristikum
-
44
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
dieses Betriebsoptimums ist, dass es stets auf der Grenzkostenfunktion liegt. Der Beweis ist einfach: Im Minimum der totalen Stiickkosten gilt
Nutzung der Quotientenregel fihrt zu
also ergibt sich aK - K ax
Abbildung 1.2-6 Kostenfunktionenbei abnehmenden Skalenertragen Die Abbildung 1.2-7 zeigt die sich fir diesen Fall ergebenden Verlaufe der Grenzund Durchschnittskosten am Beispiel des Falls linear steigender Grenzkosten. Weist die Produktionsfunktion konstante Skalenertrage auf, so steigen die Kosten mit steigender Produktionsmenge proportional. Die Kostenfunktion verlauft also linear. Es liegen dam konstante Grenzkosten vor. In diesem Fall fallen Grenzkosten und die dam ebenfalls konstanten durchschnittlichen variablen Kosten zusammen. Wegen der Fixkostendegression fallen die durchschnittlichen totalen Kosten auf allen Produktionsniveaus. Die Abbildung 1.2-8 zeigt die Grenzund Durchschnittskostenverlaufe.
-
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
45
Abbildung 1.2-7 Grenz- und Durchschnittskosten bei abnehmenden
Abbildung 1.2-8 Grenz- und Durchschnittskosten bei konstanten Skalenertragen - Im eher theoretischen Fall zunehmender Skalenertrage schlieljlich steigen die Kosten mit steigender Produktionsmenge unterproportional. Die Kostenhnktion verlhft also unterlinear. Es liegen dann abnehmende Grenzkosten vor. Dementsprechend fallen auch die durchschnittlichen variablen Kosten mit der Produktionsmenge; sie liegen aber stets iiber den zugehijrigen Grenzkosten. Bei den durchschnittlichen totalen Kosten kommen noch die Fixkosten pro Stuck hinzu, welche die fallende Tendenz weiter verstiirken.
46
1. Angebot, Nachfiage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
Eine hohere Effizienz der Faktoren in der Produktion als Folge technischen Fortschritts ahrt zu niedrigeren Kosten und niedrigeren Grenz- und Durchschnittskosten. Im Fall abnehmender Skalenertrage kommt es dam zu einer Drehung der Grenzkostenfunktion im Ursprung im Uhrzeigersinn. Dieselben Konsequenzen hat das Sinken eines Faktorpreises. Beisviel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfhktion gilt fir die Kostenfimktion speziell 1
1 K(x)= q l Y l ~ a + B4 2 1 V 2 ~ a + B K I , -
+
+
k
Mit den Kiirzeln tyigemaR Vorabschnitt resultiert
rl Es folgt fiir die Grenzkosten 1-a-p
-aK -- kx a+P ax a + p Die durchschnittlichen variablen Kosten lauten
1-a- B
Fur die durchschnittlichen totalen Kosten gilt
X
X
Im Falle abnehmender Skalenertrage bnv. steigender Grenzkosten lassen sich drei Unterfalle unterscheiden: Summieren sich die beiden Produktionselastizitaten exakt zu einer Skalenelastizitat in Hohe von 0,5, so steigen die Grenzkosten proportional zur Produktionsmenge.1st die Skalenelastizitatkleiner als 0,5, so steigen die Grenzkosten uberproportional; ist sie groRer als 0,5 (aber kleiner als eins), so steigen die Grenzkosten unterproportional. Letzteres ist der empirische Regelfall. Die durchschnittlichen variablen Kosten steigen ebenfalls mit steigender Produktionsmenge und belaufen sich stets auf 100(a+B) Prozent der Grenzkosten. Bei Beriicksichtigung der Fixkosten ist noch die Fixkostendegression zu beriicksichti-
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
47
gen, die zur Existenz eines Minimums fiihrt. Die Lage dieses Betriebsoptimums lasst sich leicht berechnen: Aus
bzw.
folgt
Im Falle konstanter Skalenertrage a + /?= 1 sind die Grenz- und durchschnittlichen variablen Kosten ebenfalls konstant; es gilt hier -8K - = - - kKv dx x und X
X
An diesem parametrisch spezifizierten Beispiel lasst sich explizit der Einfluss einer Erhohung der Produktionseffizienzvon Faktoren als Folge technischen Fortschritts ablesen. Technischer Fortschritt bedeutet bei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen z. B. ein Steigen des Niveauparameters c. Damit sinkt der Niveauparameter der Kostenfunktion k. Folglich liegen auch die Grenz- und Durchschnittskosten generell niedriger. Analoges gilt fiir die Wirkung einer Faktorpreissenkung. 1.2.5 Weitere Beispiele spezieller Kostenfunktionen
a) ErtragsgesetzlicheKostenfunktionen Ertragsgesetzliche Produktionsfunktionen weisen zunachst steigende, spater fallende Grenz- und Skalenertrage auf. Dementsprechend ist die zugehorige Kostenfunktion gekennzeichnet durch zunachst abnehmende, spater aber zunehmende Grenzkosten. Die Abbildung 1.2-9 zeigt ein Beispiel fib einen ertragsgesetzlichen Kostenverlauf, die Abbildung 1.2-10 den Verlauf der zugehorigen Grenz- und Durchschnittskosten. Die einfachste Klasse ertragsgesetzlicher Kostenfunktionen lautet ~ ( x ) = k -~k 2x x~2 + k 3 x + K f mit k,, k2, k3 > 0. Es folgt fiir die Grenz- und Durchschnittskostenfunktionen
48
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.2-9 ErtragsgesetzlicheKostenfunktion
Der Wendepunkt der Kostenfunktion entspricht dem Grenzkostenminimum und liegt bei
also
hier gilt
Das Minimum der durchschnittlichenvariablen Kosten liegt bei
also
1.2 Kostentheoretische Grundlagen des Giiterangebots
49
Abbildung 1.2-1 0 Ertragsgesetzliche Grenz- und Durchschnittskosten
Da bei der Leontief-Produktionsfunktion die Faktoren limitational sind, sind die Faktoreinsatzfimktionen mit der Produktionsfunktion vorgegeben. Das ,,Problemb' der Ermittlung einer Minimalkostenkombinationtaucht hier also nicht auf. Einsetzen der Faktoreinsatzfimktionen in die Kostengleichung ~ ( ~ 1 )= 9 41V1 ~ 2 +42v2 +K f ergibt die Kostenfunktion K = ~ ~ K ~ X + ~ ~ K ~ X + K ~
-
w
"2
Vl
bzw.
K
= (q1~1 +q 2 ~ 2 ) ~ + f
Fiir die Grenz- und Durchschnittskosten folgt
und
sowie
K Kv -=-+--qlKl X X
Kf X
+q2K2
+-
f X
Die Grenzkosten und die durchschnittlichen variablen Kosten sind also konstant. Es ergibt sich qualitativ dasselbe Bild wie bei Cobb-Douglas-ProduktionsfunkSionen mit konstanten Skalenertragen.
50
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
1.3 Das Giiterangebot 1.3.1 Erlos-, Grenzerlos- und Durchschnittserlosfunktionen
Ziel der Untemehmung ist die Maximierung ihres Gewinns, also der Differenz zwischen Erlosen und Kosten. Dabei gilt fir die Erlose defmitionsgemafi (1) ~ ( x= )px mit p als Giiterpreis. Da bei Vollkommener Konkurrenz sehr viele sehr kleine Anbieter (Polypolisten) am Markt sind, hat keiner von ihnen einen merklichen Einfluss auf den Marktpreis. Dieser wird daher vom einzelnen Anbieter im Rahmen der Gewinnrnaximierung als fest vorgegeben betrachtet. Unter diesen Umstbden entsprechen sowohl die Grenzerlose, also die Mehrerlose durch ein weiteres verkauftes Stiick, als auch die Durchschnittserlosedem Preis:
Die Abbildung 1.3-1 zeigt diese drei Funktionen. Im Folgenden wird von einer Lagerhaltung abgesehen, sodass sich Erlose und bewertete Produktion entsprechen.
Abbildung 1.3-1 Erlos-, Grenzerlos- und DurchschnittserlosfUnktion
1.3.2 Gewinnmaximierung I: Grenzkostenkalkiil und Outputregel
Im Falle abnehmender Skalenertrage und somit steigender Grenzkosten wird ein Polypolist bei Vollkommener Konkurrenz seine Produktionsmenge solange ausweiten, bis die Kosten eines weiteren Stiicks (also die Grenzkosten) auf die Hohe des Preises (also des Grenzerloses) gestiegen sind und damit der Gewinn aus dem Verkauf eines weiteren Stiicks (also der Grenzgewinn als Differenz zwischen
1.3 Das GUterangebot
51
Grenzerlosen und Grenzkosten) gleich null wird. Diese einfache Gewinnmaximierungslogik verdeutlicht die Abbildung 1.3-2 anhand des Beispiels linear steigender Grenzkosten. Links von der gewinnrnaximalen Produktionsmenge x * bringt ein weiteres produziertes und verkauftes Stiick einen zusatzlichen Erlos, der iiber den zusatzlichen Kosten liegt. Rechts von x* bringt ein weniger produziertes Stiick mehr Kosteneinsparungen als Erlosminderung. Die sich ergebende Entscheidungsregel lautet also
sie wird auch als Outputregel bezeichnet. Entspricht der Grenzerlos einem vorgegebenen Marktpreis, so muss ein gewinnmaximierender Anbieter seine Produktionsmenge so wahlen, dass seine Grenzkosten diesem Marktpreis entsprechen. Diese Outputregel ist unsere zweite Entscheidungsregel. Sie funktioniert allerdings nur, wenn die Grenzkosten mit zunehmender Produktion steigen. Wiirden sie fallen, so waren links vom Schnittpunkt zwischen Grenzkostenfunktion und Preisgerade die Grenzkosten hoher als der Preis und rechts geringer. Es wiirde dann also entweder gar nicht oder soviel wie moglich produziert. Diesen Fall zunehmender Skalenertrage behandeln wir im Folgeabschnitt. Bei konstanten Grenzkosten gabe es gar keinen solchen Schnittpunkt. Dass das Grenzkostenkalkiil die Existenz zunehmender Grenzkosten erfordert, kann man sich auch leicht formal verdeutlichen: Maximierung der Gewinnhnktion erfordert neben einer verschwindenden ersten Ableitung als Bedingung erster Ordnung (aus der sich die Outputregel ergibt), dass die zweite Ableitung der Gewinnfunktion an der betreffenden Stelle negativ ist. Diese Maximierungsbedingung zweiter Ordnung ist bei konstanten Grenzerlosen nur erfiillt, wenn die zweite Ableitung der KostenWtion positiv ist.
x*
Abbildung 1.3-2 Die Outputregel
52
1 . Angebot, Nachfiage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Der Polypolist bei Vollkommener Konkurrenz und abnehrnenden Skalenertragen maximiert also seinen Gewinn, indem er sich so mit der Menge an den herrschenden Marktpreis anpasst, dass seine Grenzkosten diesem Preis entsprechen. Dieses Verhalten bezeichnet man als Mengenanpassung. Aus der Outputregel (1) ergibt sich durch Auflosen die gewinnmaximale Menge. Diese h h g t sowohl vom Preis des produzierten Gutes als auch von allen Parametern der Kostenfunktion - also den Parametern der Produktionsfunktion und den Faktorpreisen - ab:
*
*
x = x (~,41,42). (2) Die aus der Outputregel resultierende gewinnmaximale Produktionsmenge garantiert bei Existenz von Fixkosten noch keinen positiven Gewinn. Denn beim Gewinnmaximum kann es sich um ein Verlustminimum handeln. Nur wenn keine Fixkosten vorliegen, sind positive Gewinne im Gewinnmaximum garantiert. Letzteres zeigt die Abbildung 1.3-3 am Beispiel linear steigender Grenzkosten: Existieren keine Fixkosten, so liegen die Stiickkosten bei zunehmenden Grenzkosten stets unter den Grenzkosten. Da die Entscheidungsregel ,,Preis gleich Grenzkosten" lautet, liegen sie bei der gewinnrnaximalen Menge daher auch stets unter dem Preis. Multipliziert man den dort entstehenden Stiickgewinn (Strecke zwischen Preis und Stiickkosten) mit der Menge (Strecke zwischen x = 0 und x = x*), so resultiert der Gewinn.
X*
Abbildung 1.3-3 Erlose, Kosten und Gewinne bei Fehlen von Fixkosten Existieren dagegen Fixkosten der Produktion, so ist der in Abbildung 1.3-3 eingezeichnete Gewinn nur der Gewinn vor Fixkostenabzug, und es bleibt zu priifen, ob dieser die Fixkosten deckt. Dies illustriert die Abbildung 1.3-4 anhand eines Falls, in dem ein positiver Gewinn verbleibt. Hohere Fixkosten wiirden die Funktion der totalen Stiickkosten weiter nach oben verschieben. Es ist offensichtlich, dass es bei entsprechender Hohe der Fixkosten auch bei gewinnmaximaler Produktionshohe zu Verlusten kornmt.
1.3 Das Giiterangebot
53
Abbildung 1.3-4 Erlose, Kosten und Gewinne bei Existenz von Fixkosten
Abbildung 1.3-5 Das Stuckkostenrninimum als Preisuntergrenze des Guterangebots
Die Abbildung 1.3-5 zeigt jenen Grenzfall, in dem der Gewinn genau gleich null ist, weil die totalen Stiickkosten des Betriebsoptimums genau gleich dem Marktpreis sind. Es ist klar, dass die Polypolisten zu einem niedrigeren Preis nichts anbieten werden. Die Hohe der totalen Stiickkosten im Betriebsoptimum bezeichnet man daher auch als Preisuntergrenze des Guterangebots. An der Abbildung 1.3-4 kann man sich im Ubrigen leicht verdeutlichen, dass es - mit der Ausnahme des Spezialfalls der Abbildung 1.3-5 - nicht gewinnmaximal ist, dort zu produzieren, wo der totale Stiickgewinn maximal ist. Letzteres w5ire stets im Stiickkosten-
54
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
minimum der Fall. Man sieht aber an der Abbildung 1.3-4, dass ausgehend vom Betriebsoptimum eine Ausdehnung der Produktion den Gewinn vergronert. Zwar steigen dann die totalen Stiickkosten und sinkt daher der Stiickgewinn. Aber die Grenzkosten liegen zunachst noch unter dem Preis, sodass die Mengenerhohung mit Blick auf den Gesamtgewinn das Fallen des Stiickgewinns iiberkompensiert. Im Falle zunehmender Grenzkosten flihrt also Stiickkostenminimierung bzw. Stiickgewinnmaximierung nicht zum maximalen Gewinn. Eine derartige Stiickkostenkalkulation ware hier ein Fehler. Beispiel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen mit abnehmenden Skalenertragen a + p < 1 lautet die Outputregel I-a-B
Dies fihrt iiber
zur gewinnmaximalen Produktionsmenge
1.3.3 Gewinnmaximierung 11: Stuckkostenkalkul
In den Fallen konstanter Skalenertrage bzw. Grenzkosten und zunehmender Skalenertrage bzw. abnehmender Grenzkosten fiihrt die Outputregel (1) nicht zur gewinnmaximalen Produktionsmenge. Dies hatten wir uns anhand der Abbildung 1.3-2 schon klar gemacht. Im Fall abnehmender Grenzkosten liegt bei jener Produktionsmenge, welche die Gleichung (1) erfiillt, sogar ein Gewinnminimum: Die zweite Ableitung der Gewinnfunktion ist dann positiv. Im Fall konstanter Grenzkosten kijnnen diese mangels Mengenabhkgigkeit nicht an den Preis angepasst werde. In beiden Fallen tritt an die Stelle des Grenzkostenkalkiils ein Stiickkostenkalkiil. Da bei abnehmenden Grenzkosten die durchschnittlichen totalen Kosten mit steigender Produktionsmenge immer weiter fallen, gibt es hier stets eine ,,kritische" Produktionsmenge xkrif,ab der die totalen Durchschnittskosten den Preis unterschreiten. Bei Produktionsmengen, die kleiner als diese kritische Menge sind, werden Verluste gemacht. Hier wird also nicht produziert und angeboten. Bei Produktionsmengen, die groner als diese kritische Menge sind, werden positive Gewinne gemacht - und zwar umso hohere Gewinne, je hoher die Produktions-
1.3 Das Giiterangebot
55
menge ist. Hier wird also so vie1 wie moglich produziert und angeboten. Damit bekornmt die mittelfristig exogene Kapazitatsgrenze xKG der Unternehmung eine entscheidende Bedeutung. 1st die Kapazitatsgrenze kleiner als jene Produktionsmenge, ab der die durchschnittlichen totalen Kosten unterhalb des Preises verlaufen, so wird nicht produziert. 1st die Kapazitatsgrenze hoher als diese kritische Produktionsmenge, so wird mit voller Kapazitatsauslastung produziert. Im Falle konstanter Grenzkosten verhalt es sich im Prinzip genauso. Hier findet die Fixkostendegression allerdings in den konstanten durchschnittlichen variablen Kosten eine auch bei beliebig hohen Produktionsmengen nicht unterschreitbare Schranke. Anders als im Falle abnehmender Grenzkosten kann hier daher nicht jeder noch so niedrige Marktpreis stiickkostenma8ig unterboten werden, indem man die Produktionsmenge - bzw. mittelfristig die Produktionskapazitat - entsprechend erhoht. Die Abbildung 1.3-6 illustriert den Fall konstanter Grenzkosten.
Abbildung 1.3-6 Die gewinnrnaximale Produktionsmenge bei konstanten Skalenertragen
1.3.4 Einzelwirtschaftliche Giiterangebotsfunktionen
a) Guterangebotsfimktionen bei abnehmenden Skalenertragen Betrachtet man in der Gleichung (2) fir die gewinnmaximale Produktionsmenge den Guterpreis und die Faktorpreise als Variablen, so erhalt man die so genannte allgemeine Guterangebotsfunktion. Betrachtet man nur einen der Preise als Variable, so spricht man von einer speziellen Guterangebotsfunktion.1st im Folgenden nur von ,,der6'Guterangebotsfunktiondie Rede, so ist damit die Abhtingigkeit der Angebotsmenge vom eigenen Preis gemeint. Den Verlauf der speziellen Guterangebotsfunktionen kann man sich leicht aus der Outputregel (1) erschliel3en:
56
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
- Die
spezielle Guterangebotsfunktionx = x(p) verlauft steigend; d. h., je hoher der Guterpreis ist, desto hoher ist die gewinnrnaximale Angebotsmenge. Da der Unternehmer jene Produktionsmenge wahlt, bei welcher die Grenzkosten dem vorgegebenen Guterpreis entsprechen, wird er bei steigendem Guterpreis angesichts mit der Menge steigender Grenzkosten die Menge ausweiten. Dies illustriert die Abbildung 1.3-7. Gem% der Outputregel entspricht die Grenzkostenfunktion im Prinzip seiner individuellen AngebotsWion. Da allerdings die totalen durchschnittlichen Kosten gedeckt sein mussen, gilt dies erst ab dem - auf der Grenzkostenfunktion liegenden - Minimum der durchschnittlichen totalen Kosten; siehe Abbildung 1.3-8.
- Die speziellen Guterangebotsfunktionen x = x(qk) verlaufen fallend; d. h., je hoher ein Faktorpreis ist, umso geringer ist die gewinnmaximale Angebotsmenge. Auch dies folgt direkt aus der Outputregel. Dazu muss man nur im Auge haben, dass der Anstieg eines Faktorpreises zu hoheren Grenzkosten fihrt, also die gesamte Grenzkostenfunktion im Ursprung nach links dreht. Steigt z. B. ausgehend von einer gewinnmaximalen Situation ein Faktorpreis, so erhoht dies die Grenzkosten uber den Guterpreis. Der Unternehmer wird daher die Produktionsmenge senken, bis er damit die Grenzkosten wieder auf die Hohe des vorgegebenen Guterpreises gedriickt hat. Diesen Zusammenhang zeigt die Abbildung 1.3-9. Die Abbildung 1.3-10 zeigt eine sich ergebende spezielle Angebotsfunktion. Dabei fiihrt die Existenz von Produktionsfixkosten zur Existenz einer Faktorpreisobergrenze des Guterangebots.
R*
=
x
*
Abbildung 1.3-7 Ableitung der Angebotsfunktion x
= x(p)
1.3 Das Giiterangebot
Abbildung 1.3-8 Die Angebotshktion x
57
= x(p)
Abbildung 1.3-9 Ableitung der Angebotsfunktion x = x(qk)
Die Lage der Angebotsfunktion x = x@) hiingt wie jene der dahinter stehenden Grenzkostenhnktion von den Faktorpreisen und der Produktionseffizienz ab. Niedrigere Faktorpreise und eine erhohte Effizienz der Faktoren drehen sie - in einem x-p-Diagramm - im Ursprung gegen den Uhrzeigersinn. Beispielsweise fiihrt also technischer Fortschritt zu mehr Guterangebot bei jedem Guterpreis.
58
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
X
I I I I I 9k 9 LOG Abbildung 1.3-10 Die Angebotsfunktion x = x(qk)
Beispiel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-ProduktionsWionen x=,,p,,P bzw. der zugehorigen Kostenfunktionen 1 -
K = k ( c , a , ~ , 9 1 , 9 2 ) x ~+f K l f lautet die allgemeine Guterangebotsfunktion
.=(Tp) a+P 1-a-a
.
Dabei ist k ein Kurzel ftir
Also lasst sich die allgemeine Giiterangebotsfunktion formulieren als 1
L
_I
Die spezielle Giiterangebotsfunktion x = x(p) verlaufi offensichtlich steigend. Bei einer Skalenelastizitat uber 0,5 (aber kleiner als eins) steigt sie uberlinear; bei einer Skalenelastizitat unter 0,5 steigt sie unterlinear. Die Preisuntergrenze ergibt
1.3 Das Giiterangebot
59
sich durch Einsetzen der die durchschnittlichen totalen Kosten minimierenden Menge
in die Outputregel als
Die speziellen Guterangebotsfunktionen x
= x(qk) verlaufen
hyperbelartig fallend.
b) Giiterangebotsfunktionenbei konstanten und zunehmenden Skalenertragen Da in diesen beiden Fallen entweder iiberhaupt nichts angeboten wird oder aber an der Kapazitatsgrenze XKG, haben alle speziellen individuellen Angebotsfunktionen die Form von Sprungfunktionen.Insbesondere gilt K(XKG 0 fur p < -
1.3.5 Weitere Beispiele spezieller Giiterangebotsfunktionen
a) Ertragsgesetzliche Guterangebotsfunktionen Abbildung 1.3-11 zeigt die Grenz- und Durchschnittskostenverlaufe einer kubischen ertragsgesetzlichenKostenfunktion K = k 1 x3 -k2x 2 + k 3 x + K f . Die Guterangebotsfunktion entspricht dem aufsteigenden Ast der Grenzkostenfunktion ab dem Minimum der totalen Stiickkosten. Im fallenden Ast der Grenzkostenfunktion liegen abnehmende Grenzkosten und damit Gewinnminima vor. Aus der Outputregel folgt
p = 3klx2 - 2k2x + k 3 , was sich zur quadratischen Gleichung
umformen lbst. Die relevante Losung dieser quadratischen Gleichung lautet
60
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.3-11 Die ertragsgesetzlicheAngebotsfunktion x
= x(p)
Es gilt dieselbe lineare Kostenfunktion wie bei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen mit konstanten Skalenertragen, also K=kx+Kf, jetzt allerdings mit
k = qlKl + q2K2 . Dementsprechend ist die Angebotsentscheidung bei einem gegebenen (Faktor-) Preis eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung und sind die individuellen Guterangebotsfunktionen Sprungfunktionen. 1.3.6 Aggregierte Giiterangebotsfunktionen
a) Marktangebotsfunktionenbei abnehmenden Skalenertragen Einzelwirtschaftliche Guterangebotsfunktionen x = x(p) werden zu Marktangebotsfimktionen p = p(p) aggregiert, indem man fiir jeden Giiterpreis die Angebotsmengen aller Anbieter addiert. Gibt es N Anbieter und haben diese alle die gleiche einzelwirtschaftlicheAngebotsfunktion, so ergibt sich die MarktangebotsW t i o n einfach als p(p) = Nx(p). In der Regel werden die individuellen Angebotsfunktionen aber nicht alle ubereinstimmen. Sie konnen sich insbesondere hinsichtlich der dahinter stehenden Produktionsfunktion unterscheiden. Beispielsweise kann es unterschiedlich effiziente Unternehmen in dem Sinne geben, dass bei einigen Unternehmen die Grenzproduktivitatensystematisch hoher sind als bei anderen. Dam werden die effizienteren Unternehmen schon ab einer vergleichsweise geringen Preisuntergrenze anbieten und auljerdem bei jedem Preis dariiber
1.3 Das Giiterangebot
61
eine hohere Menge anbieten als die weniger effizienten Anbieter. Dies ergibt sich direkt aus der Outputregel (I), bei der hohere Grenzproduktivitaten niedrigere Grenzkosten bedeuten. Die Abbildung 1.3-12 zeigt dies am Beispiel zweier Anbieter mit speziell linearem Grenzkostenverlauf. Nimmt man nun an, dass es in dem betrachteten Markt eine Gruppe I von Unternehmen gibt, die mit einer neuen, produktiveren Technik arbeitet, und eine andere Gruppe 11, die noch mit der alten Technik arbeitet, so ergibt sich im Prinzip eine Marktangebotsfunktion,wie sie in der Abbildung 1.3-13 dargestellt ist. Typisch sind hier die Spriinge in der aggregierten Funktion als Folge unterschiedlicher Preisuntergrenzen sowie die unterschiedlichen Steigungen der Teilstiicke.
Abbildung 1.3-12 Angebotsfunktion bei unterschiedlicher Produktionseffizienz
Beisviel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen mit abnehmenden Skalenertragen galt f i r die individuelle Angebotsfunktion
rnit
und f i r die Preisuntergrenze
62
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.3-13 Die aggregierte Angebotsfunktion bei abnehmenden Skalenertragen
Wie oben erortert, konnen Unterschiede im Verlauf der individuellen Giiterangebotsfunktionen auf Unterschieden in der Produktionstechnik beruhen. Im Fall von Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen schlagen sich derartige Unterschiede in unterschiedlichen Produktionselastizitaten a und 1 oder Q und / oder unterschiedlichen Niveauparametern c nieder. Hinsichtlich der Preisuntergrenze konnen zudem Unterschiede in den Fixkosten zum Tragen kommen. Im Folgenden sei jener Spezialfall betrachtet, in dem Unterschiede zwischen den Anbietern nur auf unterschiedlichen Niveauparametern beruhen. Auljerdem wird exemplarisch der Fall hearer Angebotsfunktionen (also der Fall einer Skalenelastizitatvon 0,5) betrachtet. Dann folgt aus der Outputregel fir die einzelwirtschaftlichen onen speziell
mit der Preisuntergrenze PUG = 2&.
Dabei gilt: Je hoher der Niveauparameter der Produktionsfunktion c ist, desto kleiner ist der Niveauparameter der Kostenfunktion k - desto groljer ist die Steigung der einzelwirtschaftlichenAngebotsfunktion. Nun sei angenommen, es gebe in einem Markt N, Anbieter vom Typ 1 mit neuer Technik und N2 Anbieter vom Typ 2 mit alter Technik. Dann gelten fiir die beiden Gruppen I und I1 die Angebotsfunktionen
1.3 Das Giiterangebot
63
Aggregiert ergibt sich also fir p < 2,/%
b) Marktangebotsfunktionen bei konstanten Skalenertragen
Im Falle konstanter Skalenertrage gilt fir die einzelwirtschaftlichen Giiterangebotsfunktionen eine Alles-oder-Nichts-Logik. Dennoch ergibt sich in der Regel aggregiert eine im Giiterpreis mehr oder weniger kontinuierlich steigende Marktangebotsfimktion. Dies liegt damn, dass es bei Unterschieden z. B. in der Produktionseffizienz zu anbieterspezifischen Preisuntergrenzen kommt. Die Abbildung 1.3- 14 zeigt ein (sehr spezielles) Beispiel.
Abbildung 1.3-14 Die aggregierte Angebotsfunktion bei konstanten Skalenertragen
1.3.7 Innovationen: die Innovationsregel
a) Prozessinnovationen Von einer Prozessinnovation spricht man, wenn mit derselben Faktormenge eine hohere Produktionsmenge hergestellt werden kann bzw. wenn dieselbe Produkti-
64
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
onsmenge mit weniger Faktoreinsatz erzeugbar ist. Dahinter kann beispielsweise der Einsatz neuartiger Maschinen oder die Umsetzung organisatorischer ~nderungen im Prozessablauf stehen. Eine Prozessinnovation schlagt sich in entsprechenden hderungen der Parameter der Produktions-, Kosten- und Angebotsfunktion nieder. Wie in den Vorabschnitten gezeigt, fiihrt sie im x-p-Diagramm zu einer Drehung der Grenzkosten- und Angebotsfunktion gegen den Uhrzeigersinn. Es kommt dann also bei jedem Giiterpreis zu mehr Angebot. Prozessinnovationen fallen nicht quasi kostenlos vom Himmel. Vielmehr erfordert ihr Hervorbringen in der Regel Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Dabei unterscheidet sich die Forschungs- und Entwicklungstatigkeitvon der Produktionstatigkeit dadurch, dass das Ergebnis nicht deterministisch ist. Es darf aber stets ein positiver Zusammenhang zwischen der Hohe der Forschungs- und Entwicklungsausgaben einerseits und der Hohe der damit im Erwartungswert erreichten Steigerung der Produktionseffizienz vermutet werden. Vorausgesetzt, dass die Konkurrenten nicht technologisch mitziehen, bedeutet eine im Erwartungswert hohere Produktionseffizienz stets hohere envartete Gewinne vor Abzug der Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Mit Blick auf die Ermittlung der gewinnmaximalen Hohe der Ausgaben f i r Forschung und Entwicklung gilt ein nahe liegendes Marginalkalkiil: Der Unternehmer muss seine Forschungs- und Entwicklungsausgaben solange erhohen, wie jeder zusatzlich fur Forschung und Entwicklung ausgegebene Euro den zu erwartenden zusatzlichen Gewinn noch um mehr als einen Euro erhoht. Diese Bedingung erster Ordnung fiir ein Gewinnmaximum wollen wir als (Prozess-) Innovationsregel bezeichnen. Anders formuliert lautet sie: Der Grenzgewinn aus der Forschungs- und Entwicklungstatigkeitmuss gleich null sein. Die Bedingung zweiter Ordnung ist erfillt, wenn ein Steigen der Forschungs- und Entwicklungsausgaben nur zu einem unterproportionalen Anstieg des envarteten Gewinns fiihrt - wenn also sozusagen abnehmende Grenzertrage der Forschungs- und EntwicklungstC tigkeit vorliegen. Anbieter werden oft nur dann Ausgaben fiir Forschung und Entwicklung in nennenswertem Umfang tatigen, wenn sie - zumindest fiir einen gewissen Zeitraum alleine iiber das entstandene Wissen verfigen konnen. Denn nur dann entstehen die als Anreiz notwendigen Mehrgewinne in hinreichendem Mane. Dies ist die Begriindung fiir die Existenz eines Patentrechts. b) Produktinnovationen Eine Produktinnovation liegt vor, wenn ein Gut in einer neuen Qualitat oder in einem neuen Produktdesign - also in neuer Form, mit neuem Geschmack oder mit neuer Farbe usw. - produziert wird. Wenn das Gut zuvor trotz Existenz mehrerer Anbieter homogen war, entsteht durch die Produktinnovation eine Produktdifferenzierung. Dabei bezeichnet man den Fall der qualitatsmafiigen Differenzierung der Varianten eines Gutes auch als vertikale Produktdifferenzierung und den Fall der geschmacklichen Differenzierung auch als horizontale Produktdifferenzierung. Eine vertikale Produktdifferenzierung liegt vor, wenn bei identischem Preis aller Varianten alle Nachfrager die gleiche Variante kaufen wiirden. 1st dies nicht der
1.4 NutzentheoretischeGrundlagen der Konsumnachfrage
65
Fall, so liegt eine horizontale Differenzierung vor. Die Entwicklung einer neuen Variante eines Gutes erfordert Ausgaben, deren gewinnmaximale Hohe man iiber ein zum Fall der Prozessinnovation analoges Marginalkalkiil ermitteln kann. Ebenfalls analog wie dort entsteht im Regelfall nur dam ein nachhaltiger Innovationsanreiz, wenn zumindest temporar die Alleinvenvertung der Innovation gesichert ist. Bei Produktinnovationen spielen diesbeziiglich auch Markenrechte eine herausragende Rolle. Anders als im Falle der Prozessinnovation zielt eine Produktinnovation auf eine Verschiebung der im Folgenden noch zu behandelnden Guternachfragefunktion. Diese soll in dem Sinne nach oben verschoben werden, dass f i r jeden Preis mehr nachgefiagt wird als zuvor. Man kann das auch so formulieren: Die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kaufer soll gesteigert werden. Aber Produktinnovationen verandern meist auch die Angebotsfunktionen, da sich mit den Produkteigenschaften in der Regel auch die Kostenstrukturen in der Produktion Sindern. So ist die Produktion einer hohenvertigen Qualitat meist mit dem Einsatz von mehr und 1 oder teureren Faktoren verbunden.
1.4 Nutzentheoretische Grundlagen der Konsumnachfrage 1.4.1 Der Nutzen als ordinale GriiSe Der Nutzen eines Konsumgutes ist ein stets individuell erlebtes MaB an Bediirfnisbefriedigung aus dem Ver- bzw. Gebrauch dieses Gutes, also eine subjektive GroDe. Dementsprechend ist der Nutzen, den ein Wirtschaftssubjekt beim Gebzw. Verbrauch eines Gutes erfsihrt, nicht sinnvoll mit einer Kardinalzahl auszudriicken. Dies impliziert u. a., dass interpersonelle Nutzenvergleiche prinzipiell unsinnig sind. Jeder rational denkende Mensch wird aber alternative Giiterbiindel in eine Rangfolge bringen konnen. Das heifit, er wird sich dam a d e r n konnen, welche Alternative er bevorzugt bzw. ob er zwischen den Alternativen indifferent ist. Damit ist der Nutzen eine ordinal skalierbare GroDe. Welche Konsumgiiter einem Wirtschafissubjekt einen relativ hohen Nutzen stiften und welche es weniger schatzt, wird von seiner Praferenzstruktur abgebildet. Formalisieren lasst sich diese Praferenzstruktur mittels einer Nutzenindexfunktion. Beispielsweise kann man f i r zwei Konsumgiiter formulieren 24 = u ( x ~~, 2 ) (I) mit u als dem Nutzenindex und xl und x2 als den konsumierten Mengen der beiden Giiter. Sei diese Nutzenindexfunktion z. B. dergestalt, dass sich bei Mengen xl = 1 und x2 = 1 ein Nutzenindex von u = 1 und bei Mengen xl = 1 und x2 = 2 ein Nutzenindex von u = 2 ergibt. Dann ist hier nur die damit zum Ausdruck gebrachte Rangfolge (ordinale Skalierung) von Bedeutung - also der Urnstand, dass u(1, 2) groDer ist als u(1, 1). Dagegen spielt die kardinale Auspragung des Nutzenindex u keine Rolle. Alle Nutzenindexfunktionen, die zur gleichen Reihung der alternativen Guterbundel fiihren, sind in dem Sinne aquivalent, dass sie dieselbe Praferenzstruktur beschreiben. ~quivalentzu u(xl, xd ist also z. B. u'= 1ou(xl,x2)
66
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
oder auch U'' = [u(xl, X2 )I2 . Solche Umformungen einer Nutzenindexfimktion, welche die Rangfolge erhalten und daher ordinal gleichwertig sind, nennt man monotone Transformationen. Mithilfe dieses Konzepts der monotonen Transformation kann man formulieren: Die Praferenzstruktur eines Wirtschaftssubjekts wird durch eine Familie durch monotone Transformationen ineinander uberfiihrbare Nutzenindexfunktionen formalisiert. Im Weiteren wird bei der Formulierung der Praferenzstruktur zunachst stets der Fall zweier Konsumguter zugrunde gelegt; die Verallgemeinerung auf beliebig viele Konsumguter ist aber problemlos moglich. Als Leitbeispiel werden im Folgenden die Cobb-Douglas-Praferenzen dienen. In der Standardformulierung und fiir den Zwei-Konsumguter-Fa11 lauten sie U = X1a X2P . Bei Cobb-Douglas-Praferenzen sind die beiden Konsumguter (fast) vollstlindig gegeneinander substituierbar. Da nur die durch die Funktion festgelegte Rangfolge der alternativen Konsumbundel von Bedeutung ist, kann man auf einen Niveauparameter verzichten. 1.4.2 Zentrale Annahmen hinsichtlich der Praferenzstrukturen
Im Folgenden ist unterstellt, dass der Nachfrager rational handelt, also bei gegebener Praferenzstruktur versucht, seinen Nutzen zu maximieren. Diese Rationalitatsannahme impliziert nicht die Annahme rein eigenniitzigen Verhaltens. Denn auch die Konsummengen anderer Nachfrager konnen positiv in seine Praferenzstruktur eingehen. Diese Rationalitatsannahme impliziert auch nicht die Annahme eines vom Verhalten anderer unabhlingigen Individuums. Rationalitat der Wahl impliziert aber - Vollsttindigkeit, d. h. ordinale Vergleichbarkeit fiir alle denkbaren Gutermengenkombinationen,und - Transitivitat (Konsistenz), d. h., wenn ein Guterbiindel A einem Bundel B vorgezogen wird und B wiederum C, so muss auch A gegenuber C vorgezogen werden. AuBerdem werden im Weiteren allen betrachteten Praferenzstrukturen folgende zwei Eigenschaften unterstellt: - Nichtsattigung: Unterscheiden sich zwei Guterbundel nur dadurch, dass eines von beiden von einem Gut mehr enthalt, so wird dieses stets vorgezogen. Das kann man auch als Annahme eines stets positiven Grenznutzens - also eines stets positiven Nutzenzuwachs bei Konsum einer weiteren Einheit - formulieren:
mit i = 1, 2. Dies ist eine unter monotonen Transformationen invariante und damit ordinale Aussage, da sie nur das Vorzeichen betrifft.
1.4 NutzentheoretischeGrundlagen der Konsumnachfiage
67
Konvexe Indifferenzkurven: Unter einer Indifferenzkurve versteht man einen geometrischen Ort gleichen Nutzens; die Abbildung 1.4-1 zeigt ein Beispiel. Konvexitat (zum Ursprung) bedeutet hier, dass man im Falle einer sukzessiven Substitution von Gut 1 durch Gut 2 mit einer zusiitzlichen Einheit von Gut 2 immer weniger von Gut 1 substituieren kann. Diese Annahme betrifft also die Kriimmung der Indifferenzkurven, nicht ihren Nutzenindex. Im Folgeabschnitt werden wir sehen, dass diese Kriimmung unter monotonen Transformationen invariant ist. -
Abbildung 1.4-1 Indifferenzkurve Es sei an dieser Stelle ausdriicklich darauf hingewiesen, dass man in der ordinalen Nutzentheorie nicht mit der Annahme abnehmender Grenznutzen arbeiten kann. Denn diese Eigenschaft ist unter monotonen Transfornationen der NutzenindexfUnktion nicht invariant. Es handelt sich dabei also um ein kardinales Konzept. Beispiel: Im Fall der Cobb-Douglas-Praferenzen lautet die Standardformulierung der Nutzenindexfunktion U = X1a X2P . Der Grenznutzen aus dem ersten Konsumgut ist also
Ausgehend von der Standardformulierunggilt daher
a2u
-=
ax:
(a- l)mla - 2 x2fl .
68
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkomrnener Konkurrenz
Das ist fiir 0,5 < a < 1 negativ. Ausgehend von der gleichwertigen monotonen Transformation der Nutzenindexfunktion 2a 28 U
= -XI X 2
ergibt sich dagegen
Das ist fiir 0,5 < a < 1 positiv. 1.4.3 Grenzraten der Substitution im Konsum
Die Grenzraten der Substitution im Konsum GRS(K) von Gut 1 durch Gut 2 sl,2 geben an, auf wie viele Einheiten von Gut 1 ein Nachfrager - ohne schlechter oder besser gestellt zu werden - verzichten kann, wenn er eine Einheit mehr von Gut 2 bekomrnt. Grafisch entsprechen diese Grenzraten der Substitution den Steigungen der Indifferenzkurven,Berechnen lassen sie sich als Verhaltnis der Grennutzen: au
8x1 Der Beweis ist analog zu jenem fir die Berechnung der Grenzrate der technischen Substitution: Auf einer Indifferenzkurve gilt
also ist
woraus (3) folgt. Hier gilt wegen der Annahme konvexer Indifferenzkumen das ,,Gesetz6 von den (betragsmaig) abnehmenden Grenzraten der Substitution im Konsurn; siehe Abbildung 1.4-2. Die GRSK nehmen kardinale Werte an, d. h., der Quotient von zwei ordinalen Grennutzen ist eine kardinale Grol3e. Dies liegt daran, dass alle monotonen Transformationen der Nutzenindexfunktion Ziihler und Nenner der GRSK in gleicher Weise betreffen und sich somit herauskurzen. Gelte z. B. statt u(xl, xz) die dieselbe Praferenzstruktur beschreibende monotone Transformation F(u). Dam ergibt sich g e m 3 (3) aF au --
au
1.4 Nutzentheoretische Grundlagen der Konsumnachfrage
69
Grafisch bedeutet dies, dass die Kriimmungen der Indifferenzkurven unter monotonen Transforrnationen invariant sind. Man kann also sagen, dass die Praferenzstruktur eines Nachfragers durch die Kriimmung (Steigungswerte) seiner Indifferenzkurven beschrieben wird. Damit ist deutlich, dass die GRSK das zentrale Konzept der ordinalen Nutzentheorie darstellt.
Abbildung 1.4-2 Grenzraten der Substitution im Konsum
Beispiel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Praferenzen ergeben sich aus der Standardformulierung u = Xla x2S oder aus irgendeiner beliebigen monotonen Transformation davon die GRSK von Gut 1 durch Gut 2 als S12
=-
PUP~[-~ pxl
70
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
1.4.4 Weitere Beispiele spezieller Praferenzstrukturen
Fiir zwei Konsumgiiter lautet die CES-Nutzenindexfunktion in ihrer Standardformulierung
mit - co < a < -1. Dabei steht ,,CES6'fiir ,,constant elasticity of substitution" und a ist diese konstante Substitutionselastizitat. Ganz analog zur Substitutionselastizitat in der Produktionstheorie gibt sie an, um wie vie1 Prozent das zugehorige Mengenverhaltnis zweier Konsumgiiter fallt, wenn das Preisverhaltnis dieser beiden Guter um ein Prozent steigt. Anders als bei Cobb-Douglas-Praferenzen ist ein positiver Nutzen auch bei Konsurn nur eines Gutes gewahrleistet. Die GrenznutZen lauten -1
Fur die Grenzraten der Substitution im Konsum von Gut 1 durch Gut 2 gilt also au
1
hl
Bei Cobb-Douglas-Praferenzen belauft sich hier der Exponent stets auf minus eins. Insofern kann man die Cobb-Douglas-Praferenzen als Grenzfall der CESPraferenzen verstehen. Je hoher die Substitutionselastizitat betragsmmig ist, desto geringer ist die Kriimmung der Indifferenzkurven. Fiir a -+ - a, ergibt sich der Grenzfall vollkommener Substitute. Die Abbildung 1.4-3 zeigt eine Indifferenzkurve f i r CES-Praferenzen. Gestrichelt eingezeichnet sind die beiden Grenzfalle, die den Bereich der moglichen Verlaufe abgrenzen: die Gerade fir den Fall vollkommener Substitute und die uni-elastische Hyperbel als Cobb-Douglas-Fall. b) Dichotome Wahl Oft haben Nachfrager Ja-Nein-Entscheidungen zu treffen, d. h., es liegt eine dichotome Wahlsituation vor. Im Kontext der Konsumgiiternachfrage ziihlen hierzu beispielsweise die Entscheidungen zwischen Urlaub machen oder nicht, ein Auto kaufen oder nicht sowie ein Haus kaufen oder nicht. Hier ergibt sich die Entscheidung aus dem Vergleich der maximalen Zahlungsbereitschaftz f i r das betreffende Gut mit seinem Preis. Dabei entspricht die kardinale Gro13e ,,maximale Zahlungs-
1.4 Nutzentheoretische Grundlagen der Konsumnachfrage
71
bereitschaft" den Opportunitatskosten des betreffenden Gutes und wird in ihrer Hohe durch die Praferenzen bestimmt. Man kann sie als Grenzrate der Substitution zwischen dem betrachteten Gut und der ubrigen Einkommensverwendung betrachten. Die Differenz zwischen maximaler Zahlungsbereitschaft und Preis ist die so genannte Konsumentenrente r. Es gilt also definitionsgemafi (4) r=z-p. Der Haushalt kauft das Konsumgut nur bei positiver Konsumentenrente. Diese ist das kardinale Ma13 seines Zuwachses an Wohlfahrt durch das betreffende Gut.
Abbildung 1.4-3 Indifferenzkurve bei CES-Praferenzen
1.4.5 Budgetrestriktionen als Nebenbedingung der Nutzenmaximierung Mit der Praferenzstruktur liegen die Vorlieben eines Nachfragers fest, welche seine Wunsche bestimmen. Inwieweit er sich seine Wunsche erfiillen kann, hwgt von den Preisen der Konsumguter pi und von der zur Verfligung stehenden moneWen Konsumsumrne C ab. Diese Restriktion seiner Nutzenmaximierung wird in der Budgetrestriktion (synonym: Budgetgleichung) formuliert. Dabei ergibt sich die nutzenmaximale Konsumsumme als Ergebnis des Angebots von Arbeit und Kapital des betrachteten Konsurnguternachfragers auf den Faktormiirkten. Die nutzenmaximale Hohe dieser Faktorangebote und damit die Hohe der Konsumsumme hangen ihrerseits von den Praferenzen des Konsumgiiternachfragers ab und werden im zweiten Teil dieses Buches niiher analysiert. Im Rahmen des ersten Teils zu den Gutermiirkten wollen wir die Konsumsumme als exogen vorgegeben betrachten. Aunerdem sol1 der Nachfrager einer von sehr vielen sehr kleinen Nachfiagern sein (also ein Polypolist), sodass er die Preise als von seinen Nachfragemengen unabhwgige Konstanten begreift. Im Zwei-Konsumguter-Fall lautet die Budgetrestriktion dann
72
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
c = PlXl + P2X2. (5) Nach xl aufgelost ergibt das die so genannte Budgetgerade in der XI-x2-Verbrauchsebene: siehe Abbildung 1.4-4. Sie ist der geometrische Ort aller mit der vorgegebenen Konsumsumme C maximal enverbbaren xl-x2-Kombinationen. Ihre Steigung entspricht dem Giiterpreisverhaltnis: 3x1 - P2 (7) 8x2 Pl Die Achsenabschnitte zeigen, welche Konsumgutermengen man kaufen kann, wenn man sich auf ein Konsumgut beschrhkt.
P2 Abbildung 1.4-4 Budgetgerade Mit sukzessive hoherer Konsumsumme verschiebt sich die Budgetgerade immer weiter vom Ursprung weg; siehe Abbildung 1.4-5. Mit sukzessive hoherem Preis des ersten Gutes dreht sich die Budgetgerade im Abszissenabschnitt gegen den Uhrzeigersinn; siehe Abbildung 1.4-6.
1.5 Die Konsumgiitemachfrage
73
Abbildung 1.4-5 Budgetgeraden fiir unterschiedliche Konsumsummen
Abbildung 1.4-6 Budgetgeraden fiir unterschiedliche Guterpreise
1.5 Die Konsumgiiternachfrage 1.5.1 Nutzenmaximierung: die Konsumregel
Nutzenmaximierung bei zwei Konsumgutem, vorgegebener Konsurnsumme und vorgegebenen Preisen bedeutet die Maximierung der NutzenindexfUnktion 24 = u(x1,x2) unter der Nebenbedingung der Budgetrestriktion
74
1. Angebot, Nachfiage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
C=PlXl+ P2X2
-
Grafisch gesehen versucht der Nachfiager bei vorgegebener Budgetgeraden P 2 XI = - X 2 P1
+-C
PI eine moglichst hohe Indifferenzkurve zu erreichen. Dabei gilt, dass die hochstmogliche Indifferenzkurve jene ist, welche von der Budgetgeraden gerade noch erreicht, also tangiert wird. Mit diesem Tangentialpunkt liegen die nutzenmaximalen Konsumgiitermengen fest; siehe Abbildung 1.5- 1.
Abbildung 1.5-1 Die Konsumregel
Im Tangentialpunkt stimmen die Steigungen von Budgetgerade und Indifferenzkurve iiberein. Da die Steigung der Budgetgeraden g e m a Gleichung (7) des Vorabschnitts betragsmafiig dem Konsumgiiterpreisverhaltnis entspricht und die Steigung der Indifferenzkurve gemid3 Gleichung (3) des Vorabschnitts betragsmaig dem Verhaltnis der Grenznutzen entspricht, lautet die Optimalbedingung du
Das lasst sich auch formulieren als
1.5 Die Konsumgiitemachfrage
75
Dies ist die Konsumregel (auch zweites Gossensches Gesetz genannt): Ein nutzenmaximierender Konsumgiiternachfrager muss seine Konsumsumme so auf die moglichen Venvendungsmecke verteilen, dass der letzte venvendete Euro iiberall den gleichen Nutzenzuwachs erbringt. 1st diese Bedingung nicht erfiillt, so ist der Nutzen stets durch eine Reallokation der Konsumausgaben noch vergroaerbar. Gilt z. B. statt des Gleichheitszeichensein GroBerzeichen, so l a s t sich der Nutzen noch erhohen, indem man weniger von Gut 2 und mehr von Gut 1 kauft. Die Konsumregel ergibt nach XI aufgelost den (Konsummengen-) Expansionspfad (synonym: Einkommens-Konsum-Linie) im xI-x2-Diagramm (2) XI = x l ( x 2 ; ~ 1 , ~ 2 ) Dies ist der Ort aller Nutzenrnaxima bei expandierender Konsumsumme; siehe Abbildung 1.5-2. Expansionspfad und Budgetrestriktion ergeben im Falle einer konkreten Praferenzstruktur zwei Gleichungen in zwei Unbekannten, aus denen man die nutzenrnaximalen Nachfragemengen
*
*
(3) Xi = x ~ ( P I , P ~ , C ) (mit i = 1, 2) ermitteln kann. Eine in diesem Zusammenhang wichtige GroBe fir die Charakterisierung des Nachfrageverhaltens ist die Substitutionselastizitat
P1 PI P2 P2 Sie lkst sich aus der Optimalbedingung der Nutzenmaximierung oder dem Expansionspfad ermitteln und gibt an, um wie vie1 Prozent die zugehorige Nachfragerelation sinkt, wenn das Preisverhaltnis um ein Prozent steigt. Beispiel: Im Beispiel der Cobb-Douglas-Nutzenindexfunktionen U = X1a X2P gilt gems der Konsumregel speziell "2 ---.
- PXl
PI P2 Das ergibt den Expansionspfad in der Verbrauchsebene
76
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkomrnener Konkurrenz
Abbildung 1.5-2 Konsummengenexpansionspfad Bei Cobb-Douglas-Praferenzen verlauft der Expansionspfad also speziell linear. Seine Steigung wird vom Verhaltnis der die Guter in der Praferenzstruktur gewichtenden Nutzenindexelastizitatena und P sowie dem Verhaltnis der Guterpreise bestimmt. Einsetzen des Expansionspfads in die Budgetrestriktion fiihrt uber
XI
und
a;p -
P zu den nutzenmaximalen Guternachfiagemengen
*
X2
P
C
a+P
~2
a
C
a+P
~l
=--
und
* XI=--.
Bei Cobb-Douglas-Praferenzen ergibt sich offensichtlich die Besonderheit, dass die nutzenmaximalen Ausgabenanteile fiir die Guter vollig preisunabh5ngig also allein durch die Praferenzen fixiert sind: Es gilt
1.5 Die Konsumgiiternachfrage
77
Dementsprechend belauft sich die Substitutionselastizitat bei Cobb-DouglasPraferenzen speziell auf eins: Eine Erhohung des Preisverhaltnisses um ein Prozent fiihrt zu einem Ruckgang des zugehorigen Nachfrageverhaltnisses um ein Prozent, sodass die Ausgabenanteile unverandert bleiben. 1.5.2 EinzelwirtschaftlicheGiiternachfragefunktionen
Wenn man in Gleichung (2) ftir die nutzenmaximalen Guternachfragemengen die Preise und die Konsumsumme als unabhhgige Variable betrachtet, erhalt man die allgemeine Guternachfragefunktion. Diese beschreibt also den Zusammenhang zwischen der nutzenmaximalen Guternachfragemenge einerseits und dem Preis des betreffenden Gutes, den Preisen anderer Guter sowie der Konsumsumme andererseits. Der funktionale Zusammenhang zwischen nachgefragter Gutermenge und dem Preis des betreffenden Gutes ist die wichtigste spezielle Giiternachfragefunktion. Diese ist im Weiteren stets gemeint, wenn einfach von ,,der Guternachfragefunktion" die Rede ist; manchmal wird sie auch als direkte Guternachfragefunktion bezeichnet. Die Beziehung zwischen der Nachfrage nach einem Gut und dem Preis eines anderen Gutes firmiert als Kreuznachfragefunktion und jene zwischen der Nachfrage und der Konsumsumme als Engelsche Kurve. ~ b e die r Verlaufe der speziellen Nachfragehnktionen lasst sich das Folgende sagen:
- Die Engelschen Kurven xi = xi(C) werden im Regelfall steigend verlaufen: Eine hohere Konsumsumme - z. B. als Folge eines hoheren Einkommens - wird in der Regel zu mehr Nachfrage ftihren. Man spricht dam von einem absolut superioren Gut. Einen solchen Fall zeigt der Expansionspfad der Abbildung 1.5-2 in der Verbrauchsebene. aertragt man die dort erhaltenen Konsumsummen-Nachfragemengen-Kombinationen fiir Gut 1 in ein Nachfragemengen-Konsumsummen-Diagramm, so resultiert eine Engelsche Kurve wie in der Abbildung 1.5-3. Die Steigung der Engelschen Kurven h h g t vom Guterpreis ab. Im dargestellten Fall nehmen die Engelschen Kurven speziell den Verlauf von Ursprungsgeraden an. Die Ableitung dieser Funktion entspricht also ihrem Durchschnitt, sodass die Konsumsummenelastizitat der Nachfrage
sveziell einen Wert von eins annimmt. Guter. bei denen dieser Wert uber eins liegt, bezeichnet man als relativ superior und ~ i i t e rbei , denen dieser Wert zwischen null und eins liegt, als relativ inferior. Schlienlich gibt es noch die absolut inferioren Guter; das sind jene Guter, deren Nachfrage mit steigender Konsumsumme zuriickgeht. Dies ist z. B. typischenveise dam der Fall, wenn im Einkommenswachstum ein ,,mindenvertiges6'Gut von einer hohenvertigen Variante verdrtingt wird. Im Weiteren lassen wir diesen Fall beiseite und unterstellen stets
78
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
absolute Superioritat, also steigende Konsumsummen-Konsummengen-Funktionen.
Abbildung 1.5-3 Engelsche Kurven
- Die direkten Guternachfragefunktionenxi= xi@J verlaufen fallend: Je hoher der Preis eines Gutes ist, desto weniger wird von ihrn nachgefragt. Dies ergibt sich schon direkt aus der Konsumregel. Steigt ausgehend von einer nutzenmaximalen Situation der Preis eines Gutes, so fallt das Verhaltnis von Grenznutzen zu Preis bei diesem Gut unter diese Verhaltnisse bei den anderen Giitern. Man wird daher Geld aus der Venvendung fiir das verteuerte Gut abziehen, sodass die nachgefragte Menge fallt. Diesen Effekt bezeichnet man als Substitutionseffekt.Der Substitutionseffekt ist aber nur einer von zwei Teileffekten des gesamten direkten Preiseffekts. Der zweite Teileffekt besteht darin, dass man nach der Preiserhdhung real also in Gutereinheiten gedacht - weniger konsumieren kann. Dieser Teileffekt kommt uber die Budgetrestriktion ins Spiel und wird als Einkommenseffekt (besser wiire: realer Konsumsummeneffekt) bezeichnet. Bei der hier unterstellten absoluten Superioritat der Guter geht er in die gleiche Richtung wie der Substitutionseffekt. Man kann diese Zerlegung des direkten Preiseffekts wie folgt formulieren: Der Substitutionseffekt gibt die Wirkung der Veriinderung des relativen Preises pl / p 2 isoliert an, d. h. unter der Annahme, der Nachfrager werde derart einkommenskompensiert, dass er auf der alten Indifferenzkurve verbleibt. Der Einkommenseffekt gibt die Wirkung der Verhderung des realen Einkommens (der realen Konsumsumme) isoliert an, also unter der Annahme, es gelte ein fester relativer Preis. Die Abbildung 1.5-4 zeigt diese Effektzerlegung fiir den Fall der Erhohung des Preises des Gutes 1. Die zur Isolierung beider Teileffekte angenommene fiktive Einkommenskompensation driickt sich hier darin aus, dass die neue Budgetgerade (Budgetgerade nach Preiserhohung) so lange nach oben verschoben wird, bis sie die alte Indifferenzkurve tangiert (gestrichelte Linie). Da beim direkten Preiseffekt beide Teileffekte in die gleiche Richtung gehen, verlauft
1.5 Die Konsumgiitemachfrage
79
die direkte Nachfragefunktion eindeutig fallend. Die Abbildung 1.5-5 zeigt ein Beispiel mit speziell uni-elastischem Verlauf der Nachfragefunktion. Das heiBt, hier besteht eine konstante Preiselastizitat der Nachfrage dxi dxi --=xi 'xippi
dpi
-
d ~ i Xi -
Pi Pi in Hohe von eins: Eine einprozentige Preiserhohung fiihrt zu einem einprozentigen Nachfrageriickgang.
-
P2 Abbildung 1.5-4 Zerlegung des (Kreuz-) Preiseffekts
- Hinsichtlich des Verlaufs der KreuznachfragefUnMionen xi
= xi(pS lasst sich ohne konkretere Annahmen beziiglich der Praferenzstruktur des betrachteten Nachfragers nichts NSiheres sagen. Dies liegt daran, dass der Substitutionseffekt beim Kreuzpreiseffekt positiv ist. Da der Einkommenseffekt bei absolut superioren Giitern stets negativ ist, bleibt der Gesamteffekt offen. In der Abbildung 1.5-4 ist jener Spezialfall gezeigt, in dem sich Substitutions- und Einkommenseffekt genau kompensieren. Dam hangt die Nachfrage nach einem Gut nicht vom Preis des anderen Gutes ab, sodass die Kreuzpreiselastizitatder Nachfrage hi & -
--=-xi '~i,Pj
dpj
dpj
- 3
Pj Pj speziell einen Wert von null annimmt.
80
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.5-5 Die direkte NachfiageWion
Im Beispiel der Cobb-Douglas-Nutzenindexfunktionen lauten die individuellen Giiternachfiagefimktionen gemal3 Vorabschnitt a C x1=
--
a + p ~l
und X2
=---
P
c
ff+pp2 Mit Blick auf die Engelschen Kurven ergeben sich also Ursprungsgeraden mit einer Elastizitat von eins; die direkten Nachfiagefbnktionen fallen hyperbelartig bei einer Preiselastizitat der Nachfiage von minus eins und eine Abhiingigkeit vom anderen Preis besteht nicht. Dieser Spezialfall liegt den Abbildungen 1.5-3 bis 1.5-5 zugrunde. 1.5.3 Weitere Beispiele spezieller Giiternachfragefunktionen
Fur die CES-Praferenzen
1.5 Die Konsumglitemachfrage
81
mit einer Substitutionselastizitat
von kleiner als minus eins lauten die Grenzraten der Substitution im Konsum von Gut 1 durch Gut 2 gem% Vorabschnitt
du
1
Darnit ergibt sich aus der Konsumregel 1
P1 Der Expansionspfad verlaufl also wieder linear:
Dabei fallt das Gutemachfrageverhaltnisjetzt allerdings iiberlinear im Preisverhaltnis (bei Cobb-Douglas-Praferenzen: linear). Einsetzen des Expansionspfades in die Budgetrestriktion C = plxl + p2x2ergibt die allgemeinen Nachfragefunktionen C
Die Engelschen Kurven verlaufen also wieder linear steigend und die direkten Nachfragefunktionen hyperbelartig fallend. Beim Kreuzpreiseffekt dominiert nun allerdings der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt, sodass die Kreuznachfragehktionen steigend verlaufen. Mit Blick auf die nutzenmaximalen Ausgaben fik die verschiedenen Konsumguter gilt z. B. f i r Gut 1: C
82
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkommener Konkurrenz
also
8 ~ 1 x 1< 0.
PI Die beiden Giiter sind wegen 0 < -1 derart gute Substitute, dass eine Preiserhohung nicht nur die Menge des betroffenen Gutes, sondern auch die Ausgaben ftir dieses Gut sinken lasst. b) Dichotome Wahl Bei dichotomer Wahl sind die individuellen Nachfragefunktionen SprungfUnktionen: Entweder die maximale Zahlungsbereitschaft z uberschreitet den Preis, sod a s ~sich eine positive Konsumentenrente r = z - p ergibt und nachgefragt wird, oder nicht. 1.5.4 Aggregierte Giiternachfragefunktionen
a) Aggregierte Guternachfragefunktionen bei stetiger Wahl Einzelwirtschaftliche Guternachfragefunktionen wie beispielsweise die direkte agNachfragefunktion x = x(pl werden zu Marktnachfragefunktionen ?A = x?@) gregiert, indem fiir jeden Preis (bei Engelschen Kurven: ftir jede Konsurnsurnme) alle individuellen Giiternachfragemengen addiert werden. Gibt es insgesamt M Nachfrager und haben alle Nachfrager die gleiche Nachfragefunktion, so entspricht das einfach einer Multiplikation mit M. In der Regel unterscheiden sich die einzelwirtschaftlichen Giiternachfragefunktionen. Dahinter stehen Praferenzunterschiede sowie unterschiedliche Konsumsummen. Graphisch gesehen entstehen die Marktnachfragefunktionen durch vertikale Addition der einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen. Dies zeigt die Abbildung 1.5-6 am Beispiel der Aggregation von zwei Gruppennachfragefunktionen fiir jeweils unterschiedliche Praferenzen und 1 oder unterschiedliche Konsumsummen. Beisviel: Als Beispiel ftir die Aggregation einzelwirtschaftlicher Guternachfragefunktionen zu Gutermarktnachfragefunktionen sei der Fall der direkten Nachfragefunktion fiir Cobb-Douglas-Praferenzen betrachtet:
x = - - .a
C
a+P P
1.5 Die KonsumgMernachfkage
83
Gibt es beispielsweise bei identischen Praferenzen Ml Haushalte mit der Konsumsumme Cl und M2 Haushalte mit der Konsumsumme C2, SO folgt fiir die Marktnachfiagefbktion
(wobei die Indizes hier ausnahmsweise fiir verschiedene Nachfragergruppen stehen, nicht fiir verschiedene Guter).
X
N
X 11 XI
P Abbildung 1.5-6 Aggregation von Nachfiagefunktionen
b) Aggregierte Guternachfiagefunktionen bei dichotomer Wahl Liegen bei dichotomer Wahl identische Praferenzen sowie identische Konsumsummen und damit identische maximale Zahlungsbereitschaften vor, so ist auch die aggregierte Guternachfiagefunktion eine Sprungfunktion. Im Regelfall sind die maximalen Zahlungsbereitschaften aber unterschiedlich, sodass die Marktnachfiagefunktion mehr oder weniger stetig mit steigendem Preis fallt. Sei z. B. angenommen, die maximale Zahlungsbereitschaft z sei unter M potenziellen Nachfiagern zwischen null und eins gleichverteilt. Das heiBt, es gibt unter diesen MNachfragern solche mit einer maximalen Zahlungsbereitschaftvon z = 1 (das ist dam die ,,maximale maximale Zahlungsbereitschaft"), aber z. B. genau so viele mit einer maximalen Zahlungsbereitschaft von z = 0,5 oder auch von z = 0. Gerade indifferent zwischen Kaufen und Nichtkaufen ist stets jener Nachfiager, fiir den gilt r=z-p=O. Der ,,kritischeC'Wert der maximalen Zahlungsbereitschaft betragt also z=p.
84
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Wie man sich an der Abbildung 1.5-7 leicht klar machen kann, ergibt sich die Nachfiage dam als xN = ( I - ~ ) M . Dies ist eine von 2 = Mfiirp = 0 auf 3 = 0 fiirp = 1 stetig fallende Funktion.
Abbildung 1.5-7 Die Gesamtnachfiage bei dichotomer Wahl
1.5.5 Praferenzanderungen und Netzeffekte In den vorangegangenen Abschnitten haben wir die Konsumentscheidungen eines Nachfragers in Abhangigkeit von den Preisen und der Konsumsumme fiir gegebene Praferenzen betrachtet. Oft iindern sich Praferenzen aber zumindest mittel- und langfiistig. Dafiir kann ein Wechsel der sozialen Bezugsgruppe oder der Einfluss von Werbung verantwortlich sein. Derartige Praferenzanderungen wiirden sich beispielsweise bei Cobb-Douglas-Nutzenindexhnktionen in einer Veriinderung der Parameter a und I oder niederschlagen. Eine spezielle Art der auch kurzfiistigen Praferenzbderung liegt bei Existenz so genannter Netzeffekte vor. Von Netzeffekten spricht man, wenn der Nutzen aus einem Gut - bzw. die maximale Zahlungsbereitschafi fiir ein Gut - mit der Gesamtzahl der Nachfiager dieses Gutes steigt. Es gibt zwei Arten von Netzeffekten: Direkte Netzeffekte wirken bei Telekommunikationsnetzen wie dem Telefon-, Fax- oder E-Mail-Netz. Hier ist offensichtlich, dass beispielsweise der Nutzen aus einem Telefonanschluss mit der Gesamtzahl der Teilnehmer steigt. Indirekte Netzeffekte wirken bei so genannten Hardware-Software-Systemen wie etwa PCSystemen, CD- und DVD-Systemen (mit dem CD- bzw. DVD-Player als Hardware-Komponente und den CDs bzw. DVDs als Software-Komponente)oder auch Videospielsystemen. Hier wirken die Netzeffekte indirekt: Je mehr Haushalte beispielsweise ein DVD-System nachfragen, desto hijher ist die DVD-Vielfalt, und dies steigert den Nutzen jedes einzelnen Nachfi-agers.Dabei steckt hinter dem gleichgerichteten Zusammenhang zwischen Gesamtnutzerzahl und Softwarevielfalt die spezielle Kostenstruktur der Softwareproduktion: relativ hohe Fixkosten pro Variante, also beispielsweise hohe Kosten fiir die Entwicklung eines Prototypen eines Videospiels oder einer PC-Software, bei konstanten und sehr geringen Grenz- bzw. Stiickkostenkosten, beispielsweise in der Vervielfaltigung eines Prototypen. Die Nachfiager eines Systems befinden sich hier in einem virtuellen
1.5 Die Konsumglitemachhge
85
Nutzernetz, z. B. dem ,,NetzWder Wintel-Nutzer. Durch die Netzeffekte wird die Nachfrage nach neuen Kommunikations- und Hardware-Software-Systemen erwartungsabhbgig. Ob man ein bestirnrntes System kauft oder nicht, h b g t ma& geblich davon ab, welche Gesamtnachfragerzahl und damit Softwarevielfalt man erwartet. Zwei durch diese Erwartungsabhiingigkeit entstehende Phbomene sind die Existenz kritischer Massen und der selbsterfiillende Charakter bestimmter Erwartungen. Erwartet beispielsweise niemand, dass sich ein neues PCBetriebssystem durchsetzt, dann wird es auch keiner kaufen. Erwarten aber alle das Gegenteil, so wird es die kritische Masse vie1 leichter iiberwinden kijnnen. Die Konsumentenrente eines Netzeffektgutes l a s t sich formulieren als r=z+jiN,e-p. Hier ist fie der Netzeffektterm mit f als MaB der generellen Netzeffektstarke. Dieser Parameter f zeigt an, wie stark der Zusammenhang zwischen erwarteter Gesamtnachfrage und individueller Konsumentenrente ist. Der Parameter z zeigt nun speziell an, wie hoch die maximale Zahlungsbereitschaft fiir das Gut ist, wenn niemand anderes dieses Gut nachfragt; man spricht dann auch von ,,Basiszahlungsbereitschaft". Die gesamte individuelle maximale Zahlungsbereitschaft ergibt sich aus der Summe von Basiszahlungsbereitschaftund Netzeffektterm. Wir wollen annehrnen, dass die Basiszahlungsbereitschaft z unter M potenziellen Nachfragern mit einer Dichte von eins gleichverteilt ist - so, wie in der obigen Abbildung 1.5-7 dargestellt. Fur vorgegebene homogene Nachfrageerwartungen fragt jener potenzielle Nachfrager das System gerade noch nach, ftir den gilt r=Z+jiN,e-p=~. Die Basiszahlungsbereitschaft dieses indifferenten Haushaltes belauft sich also auf i=p-jiN,e. Wie man sich an Abbildung 1.5-7 leicht uberlegen kann, gilt daher ftir die Nachfrage Abbildung 1.5-8 zeigt gestrichelt zwei solcher erwartungsabhbgigen Nachfragefunktionen. In der Regel erfiillen sich die Erwartungen zunachst nicht. Dies wird gilt; entsprechende Erwartungsrevisionen hervormfen, bis mittelfristig 3 = man spricht dann von erftillten oder rationalen Erwartungen. Bei erfiillten Erwartungen folgt XN = ( I - ~ + $ N ) M und damit (1-fM)xN = ( I - p ) ~ , also
Letzteres ist die Nachfragefunktion mit implizierten erftillten (oder auch ,,rationslen") Erwartungen. Fur fM < 1 fallt diese steiler als die Nachfragefunktion ftir
86
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewichtbei Vollkornmener Konkurrenz
gegebene Erwartungen; siehe Abbildung 1.5-8. Dies liegt an den durch die Netzeffekte ausgelosten Bandwagon-Effekten. Bei rationalen anstelle fest vorgegebener Erwartungen mhrt eine Preiserhohung zu einem starkeren Nachfrageriickgang, weil die Haushalte antizipieren, dass ein Nachfrageriickgang in direkter Folge der Preissenkung einen weiteren Nachfrageriickgang infolge dieses Nachfrageriickgangs induziert.
Abbildung 1.5-8 Nachfragefunktion bei Netzeffekten
1.6 Das Marktgleichgewicht 1.6.1 Das Marktgleichgewichtbei gegebener Anbieterzahl Bringt man die im Unterkapitel 1.3 hergeleitete polypolistische Marktangebotsfunktion f i r ein homogenes Gut mit der im Unterkapitel 1.5 hergeleiteten polypolistischen Marktnachfragefunktion fiir dieses Gut zusammen, so ergibt sich im Falle vollsthdiger Markttransparenz ein Markt der Vollkommenen Konkurrenz. Vollkommene Konkurrenz herrscht beispielsweise auf vielen borsenmafiig organisierten Markten, wo Marktmacher oder Makler fiir Transparenz sorgen und die Preise setzen. Wie schon in der Einfiihrung erlautert, ist ein solcher Markt im doppelten Sinne ,,vollkommen". Zum einen funktioniert hier der die Angebotsund Nachfrageplhe koordinierende Preismechanismus vollkommen; zum zweiten resultiert bei dieser Marktform einzelwirtschaftliche Nutzen- und Gewinnmaximierung in gesamtwirtschafllicherWohlfahrtsmaximierung. Beides sol1 nun etwas detaillierter behandelt werden: die Funktionsweise des Preismechanismus im Unterabschnitt 1.6.1b und die implizierte Wohlfahrtsmaximierung im Unterabschnitt 1.6.3. Vorher wird im anschliefienden Unterabschnitt 1.6.1a auf die Existenz und Eindeutigkeit eines Marktgleichgewichts bei Vollkommener Konkurrenz
1.6 Das Marktgleichgewicht
87
eingegangen. Dabei wird zunachst eine exogen vorgegebene Zahl von Anbietern unterstellt. Im Abschnitt 1.6.2 wird dam in einem zweiten Schritt der Frage nachgegangen, wie viele Anbieter bei freiem Marktzutritt am Markt aktiv werden. a) Existenz und Eindeutigkeit des Marktgleichgewichts Das Marktgleichgewicht ist jene Preis-Mengen-Kombination, bei der sich aggreentsprechen. Ermittelt wird es giertes Angebot 2 und aggregierte Nachfrage aus der Marktgleichgewichtsbedingung 2 = g.Grafisch entspricht es dem Schnittpunkt von Marktangebots- und Marktnachfragefunktion. Dies zeigt am Beispiel hearer Funktionen die Abbildung 1.6-1.
Abbildung 1.6-1 Existenz und Eindeutigkeit des Marktgleichgewichts Dabei ist mit Blick auf die Terminologie zu vermerken, dass hier und im Weiteren einzelwirtschaftlicheMengen durch den Index i (mit i = 1, ..., N) gekennzeichnet werden, wtihrend ein bloRes x ab jetzt immer f i r die Gesamtmenge steht. Im Marktgleichgewicht der Vollkommenen Konkurrenz lassen sich alle einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfragepliine realisieren. Das heiDt, es besteht umfassende Pliinekompatibilitat bzw. totales mikrookonomisches Dispositionsgleichgewicht. Solange die Angebotsfunktion durchweg steigt und die Nachfragefunktion durchweg fallt, ist bei gegebener Existenz eines Gleichgewichts dessen Eindeutigkeit garantiert. Ob ein Marktgleichgewicht existiert, hiingt wesentlich von der Hohe der Preisuntergrenze des Angebots in Relation zur Hohenlage der Nachfragehnktion ab; siehe Abbildung 1.6-1. Die hinter der Preisuntergrenze stehenden Fixkosten und das generelle Niveau der variablen Kosten (der Niveauparameter der Kostenfimktion) diirfen also nicht zu hoch und die hinter der Lage der Nachfragehnktion stehende Konsumsurnrne und die Praferenzen fiir das Gut diirfen nicht zu niedrig sein. Die beiden zuletzt genannten Determinanten der Lage der
88
1 . Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Nachfragefunktion stehen auch hinter der Hohe des so genannten Prohibitivpreises und der Hohe der so genannten Sattigungsmenge; siehe noch einmal Abbildung 1.6- 1. Dabei ist die Sattigungsmenge jene Nachfragemenge, welche sich ergibt, wenn das Gut verschenkt wird. Der Prohibitivpreis ist jener Preis, ab dem es zu keiner Nachfrage mehr kommt. Insgesamt lasst sich also sagen, dass immer dann ein Marktgleichgewicht existiert, wenn das Verhaltnis zwischen den Produktionskosten des betreffenden Gutes einerseits und der Zahlungsbereitschaft f i r dieses Gut andererseits die Existenz eines Marktes sinnvoll werden lassen. Beisviele: Als ein erstes Beispiel diene der Fall von Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen a P. Xi = c.v .' v ! I 11 21 (mit i = 1,
..., N) auf der Angebotsseite und Cobb-Douglas-Praferenzen
(mitj = 1, ..., M) auf der Nachfiageseite. Fiir die N Anbieter gelte wie im Beispiel des Abschnitts 1.3-6 eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit der fiir alle gleichen Skalenelastizitat a + = 0,5, nun allerdings mit anbieterspezifischen Niveauparametern ci. Die individuellen Angebotsfimktionen verlaufen dann linear,
+
und die Preisuntergrenzen lauten mit kials dem anbieterspezifischenNiveaupararneter der Kostenfunktion. Es folgt fiir die aggregierte Angebotsfunktion
bzw. x
A
N 1 =fi rnit f =0,5C-.
i=1 ki Dabei stellt die Preisuntergrenze des effizientesten Anbieters die Preisuntergrenze des Marktangebots dar. Fiir alle M Nachfiager gelte eine Cobb-Douglas-Nutzenindexfunktion mit nachfiagerspezifischen Praferenzen (aj, Pi)und nachfiagerspezifischen Konsumsummen Cj. Die individuellen Nachfragefunktionen verlaufen also hyperbelartig:
aj
Cj
=--.a j + P j P
1.6 Das Marktgleichgewicht
89
Es folgt f i r die aggregierte Nachfiagefimktion XN
=A%+%%+...+
~ I + P PI
"M a2+P2 P
"M+PM
c~ P '
also
bzw. a M aj xN =- mit a = P j = l a j +Pi Die Marktgleichgewichtsbedingung lautet
c
cj .
woraus der Gleichgewichtspreisfolgt:
Dies eingesetzt in die Marktangebots- oder -nachfragefimktion ergibt die Gleichgewichts(gesamt)menge X*
=@.
Der Marktumsatz im Marktgleichgewichtbetragt * * p x =a. Es gilt lim xN ( p )= P+O
N
und lim x (p) = 0, P-'W
d. h., bei Cobb-Douglas-Praferenzen gibt es keine Sattigungsmenge und keinen Prohibitivpreis. Darnit ist die Existenz und Eindeutigkeit des Marktgleichgewichts garantiert, sofern die Preisuntergrenze des effizientesten Anbieters hinreichend niedrig ist. Anders als bei Cobb-Douglas-Nutzenindexfunktionen impliziert, existieren bei den meisten Giitern eine Sattigungsmenge und ein Prohibitivpreis. Dies sei in einem zweiten Beispiel beriicksichtigt, in dem die Marktnachfiagefunktion durchweg linear verlaufi. Algebraisch gilt hier xN = a - b p
mit a als Sattigungsmengeund a / b als Prohibitivpreis. Die Marktgleichgewichtsbedingung lautet nun &=a-bp,
90
1. Angebot, Nachhge und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
und damit ergibt sich das Marktgleichgewicht als
b) Stabilitat des Marktgleichgewichts: der Preismechanismus Im Falle einer Borse wird der Preis von einem Makler oder Marktmacher gesetzt. Dieser samrnelt Kauf- und Verkauforders und erhoht den Preis, solange ein Nachfrageuberschuss besteht, bzw. senkt den Preis, solange ein Angebotsiiberschuss besteht. Das macht er jeweils, bis der Gleichgewichtspreis gefunden ist; erst dam werden alle Transaktionen abgewickelt. Bei durchweg fallender Marktnachfiagefunktion und durchweg steigender Marktangebotsfunktion garantiert dieser Preismechanismus die Stabilitat des Marktgleichgewichts. Besteht beispielsweise ein Angebotsuberschuss, so losen die induzierten Preissenkungen einen Ruckgang des Angebots und eine Zunahme der Nachfrage aus. Auf vielen Miirkten Wtioniert dieser Preismechanismus auch ohne borsenm5Bige Organisation und ohne Makler als Preissetzer, wenn auch nicht so ,,vollkornmen". Meist werden zumindest einige der im Falle eines Angebotsuberschusses im Absatz rationierten Unternehmen die Preise senken bzw. der im Falle eines Nachfrageuberschusses rationierten Nachfiager hohere Preise akzeptieren. Die Etablierung eines solchen Preismechanismus durch die Einrichtung und Aufrechterhaltung von Miirkten fiihrt gemessen an der Alternative einer zentralen Planung zu einer nachhaltigen Reduktion der beim Marktmacher und den einzelnen Anbietern und Nachfragern zu verarbeitenden Informationen. Insbesondere muss niemand die Praferenzen oder die Technologie eines anderen Marktteilnehmers kennen. Alle Informationen dariiber verdichten sich in einer einzigen GroBe: dem Marktpreis. c) Determinanten der Lage des Marktgleichgewichts Die Lage des Marktgleichgewichts h b g t ab von der Lage der Angebots- und der Lage der Nachfragefunktion und damit von der Zahl der Anbieter, den Parametern der Produktions- bzw. Kostenfhktionen und von den Faktorpreisen einerseits sowie von der Zahl der Nachfrager, den Praferenzen und den Konsumsummen andererseits. Alle diese Parameter des kurzfiistigen Entscheidungskalkuls der Wirtschaftssubjekteverbdern sich mittel- und langfristig und verlindern damit die Werte von Gleichgewichtsmenge und Gleichgewichtspreis. So war beispielsweise die okonomische Entwicklung in den meisten Staaten Westeuropas in der zweiten Halfte des letzten Jahrhunderts durch einen bestadigen technischen Fortschritt in Form einer kontinuierlichen Steigerung der Arbeitsproduktivitat und das dadurch ermoglichte Anwachsen der Realeinkommen gekennzeichnet. Die Abbildung 1.62 zeigt die isolierte Wirkung eines einmaligen technischen Fortschritts in Form
1.6 Das Marktgleichgewicht
91
einer Steigerung des Niveauparameters der Produktionsfunktion (Senkung des Niveauparameters der Kostenfimktion). Wie schon im Abschnitt 1.3 besprochen, kommt es dann zu einer Drehung der Angebotsfunktion im Ursprung gegen den Uhrzeigersinn. Im Marktdiagramm erkennt man jetzt, dass dies bei unveriinderter Nachfragefhktion zu einem Sinken der Preise und damit einem Steigen der Mengen fiihrt. Das bedeutet, dass im Wettbewerb ein Teil der Kostensenkung in Form niedrigerer Preise weitergegeben wird. Die Abbildung 1.6-3 zeigt die isolierte Wirkung einer durch eine Einkommenserhohung hervorgerufenen einrnaligen Konsumsummenerhohung. Wie schon im Abschnitt 1.5 besprochen, kommt es dann zu einer Verschiebung der Nachfragefunktion nach oben. Das Marktdiagramm zeigt, dass dies bei einer unveriinderten Angebotsfunktion zu steigenden Mengen bei steigenden Preisen fiihrt. Das bedeutet, dass Einkommenserhohungen am Markt real gesehen zum Teil wieder verloren gehen. Das ist letztlich eine Konsequenz des Steigens der Grenzkosten mit steigender Menge. Wirken nun technischer Fortschritt und dadurch ermoglichte Einkommenssteigerungen zusammen, so wird offensichtlich in jedem Fall die Menge steigen. Ob dieses Mengenwachstum mit einer Inflation, mit einer Deflation oder mit Preisniveaustabilitat einhergeht, hiingt davon ab, wie vie1 des Arbeitsproduktivitatswachsturns direkt in eine Erhohung der gesamtwirtschaftlichen Konsumsurnme umgesetzt wird.
Abbildung 1.6-2 Marktgleichgewicht und technischer Fortschritt
Im obigen Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen und Cobb-DouglasPraferenzen galt speziell
92
1. Angebot, Nachhge und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
und
An diesen Gleichungen kann man das oben geschilderte Wirken des technischen Fortschritts und einer Konsumsummenerhohung explizit ablesen.
Abbildung 1.6-3 Marktgleichgewicht und Einkommenserhohungen
1.6.2 Das Marktgleichgewicht bei freiem Marktzutritt
Besteht zu einem Markt fieier Zutritt, so werden so lange neue Anbieter zutreten, wie man dort mehr als die kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals zuziiglich eines kalkulatorischen Untemehmerlohns - also mehr als die Opportunitatskosten - verdienen kann. Da diese kalkulatorischen Kosten in der Kostenfunktion zu beriicksichtigen sind (vergleiche Abschnitt 1.2.1), bedeutet dies, dass so lange weitere Anbieter zutreten, wie am Markt positive Gewinne zu envarten sind. Der Anstieg der Anbieterzahl fiihrt zu einer Drehung der Angebotsfunktion im Ursprung gegen den Uhrzeigersinn. Denn wenn weitere Anbieter hinzukomrnen, wird fiir jeden Preis eine hohere Gesamtmenge angeboten. Durch den Marktzutritt kommt es - abnehmende Skalenertrage vorausgesetzt - zu einem
1.6 Das Marktgleichgewicht
93
Anstieg der Gleichgewichtsmenge und einem Fallen des Gleichgewichtspreises; siehe Abbildung 1.6-4.
Abbildung 1.6-4 Marktgleichgewicht und Marktzutritt
Das Fallen des Marktpreises induziert bei jedem Anbieter wiederum einen Ruckgang der gewinnrnaximalen Menge und damit ein Sinken des einzelwirtschaftlichen Gewinns. Dies zeigt die Abbildung 1.6-5, in welcher die Gewinne als Produkte (Vierecke) von Stiickgewinnen (Strecken zwischen Preis und Durchschnittskosten bei der gewinnmaximalen Menge) und Mengen abgelesen werden konnen. Daher ergibt sich fitiher oder spater ein stabiles Markteintrittsgleichgewicht, in dem der Gewinn auf null gesunken ist bzw. nur noch wenig uber null liegt. Letzteres ist der Fall, wenn der Gewinn f i r N Anbieter noch positiv ist, f i r N + 1 Anbieter aber negativ; man spricht dam von einem Teilbarkeitsproblem (weil der Gewinn z. B. fiir N + 0,5 Anbieter genau gleich null wkire). Ein stabiles Markteintrittsgleichgewicht stellt sich ein, wenn so viele Anbieter zugetreten sind, dass der Preis (fast) auf das Minimum der totalen Stiickkosten - also auf die Preisuntergrenze - der effizientesten Anbieter gefallen ist; siehe noch einmal Abbildung 1.6-5. Damit ist klar, dass die Zahl der bei freiem Zutritt am Markt agierenden Anbieter bei gegebener Nachfragefunktion von den Parametern der Durchschnittskostenfunktiondeterminiert wird - also insbesondere von der Technologie und den Faktorpreisen. Mit Blick auf das Marktgleichgewichtwird zudem deutlich, dass insbesondere auch die allgemeine Zahlungsbereitschaft und damit die dahinter stehenden Praferenzen und Konsumsummen von Bedeutung sind. Je hoher diese sind, desto hoher liegt die Marktnachfragefunktion,desto gro13er muss die Anbieterzahl bei gegebener Technologie werden, bis der Preis auf die totalen Stiickkosten gefallen ist. Im Kern bestimmen also die Technologie einerseits und die Praferenzen andererseits iiber die Zahl der Anbieter am Markt und damit uber die Marktform. Welche Marktform vorliegt - ein Polypol, ein Oligopol oder ein Monopol - ergibt sich bei freiem Marktzutritt endogen aus dem Marktprozess.
94
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Schaut man beispielsweise auf die Produktionsfixkosten, so lassen sehr hohe Fixkosten - wie etwa beim Flugzeugbau - auf eine sehr hohe Preisuntergrenze und damit auf sehr wenige Anbieter schliel3en. Bei mittlerer Fixkostenhohe - wie etwa in der Automobilproduktion - gibt es schon mehr Anbieter; und schliel3lich wird es bei relativ geringen Fixkosten - wie beispielsweise bei Friseuren - relativ viele Anbieter geben.
Abbildung 1.6-5 Gewinn und Marktzutritt
Beisviel: Als Beispiel sei wieder der Cobb-Douglas-Fall mit speziell linearer AngebotsW t i o n betrachtet. Es gebe jetzt N identische Anbieter mit der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktion x. = - 1p ' 2k (mit ki = k), d. h., es gelte
Dann lautet das Marktgleichgewicht
Also ergibt sich f i r den reprkentativen Anbieter
1.6 Das Marktgleichgewicht
95
und damit fiir seinen Gewinn
bzw.
Dieses Beispiel zeigt noch einmal deutlich, wie mit zunehmender Anbieterzahl die Gesarntmenge steigt, wahrend Marktpreis, einzelwirtschaftliche Menge und Gewinn fallen. Mit Gi= 0 erhalt man die Anbieterzahl im Marktgleichgewicht mit freiem Marktzutritt als
Dies illustriert beispielhaft den Einfluss von Technologic und Praferenzen auf die Marktform. Gehen die Fixkosten gegen null, so geht die Anbieterzahl gegen unendlich. 1.6.3 Wohlfahrtsanalyse: die statische Wohlfahrtsregel
a) Die Konsumentenrente als Wohlfahrt der Nachfrager Bei der diskreten Wahl zwischen dem Kauf einer Einheit eines Gutes und dem Nichtkauf - also der andenveitigen Venvendung des betreffenden Einkommensanteils - entspricht der Wohlfahrtszuwachs des Nachfragers im Falle des Kaufes seiner Konsumentenrente rj aus dieser Einheit des Gutes, also der Differenz von maximaler Zahlungsbereitschaft und Preis p. Werden von ihm mehrere Einheiten des Gutes nachgefiagt, so wird die maximale Zahlungsbereitschaft nicht fiir jede weitere Einheit gleich grol3 sein. Vielmehr fallt sie typischenveise mit steigender Zahl der schon gekauften Einheiten. Dabei bezeichnet man die maximale Zahlungsbereitschaft fi,ir eine weitere Einheit als maximale Grenzzahlungsbereitschaft (dieses Konzept hatten wir schon in der Einfiihrung venvendet). Entscheidend E r die Kaufentscheidung und den erreichbaren Wohlfahrtszuwachs ist mit Blick auf jede einzelne Einheit die Differenz zwischen der maximalen Grenzzahlungsbereitschaft fiir diese Einheit und dem Preis. Der gesamte Wohlfahrtszuwachs des Nachfragers aus dem Konsum aller gekauften Einheiten des betreffenden Gutes berechnet sich d m als Differenz aus den kumulierten maximalen Grenzzahlungsbereitschaften der einzelnen Einheiten - also der maximalen Zahlungsbereitschaft mit Blick auf dieses Gut zj - und den Ausgaben fiir dieses Gut: r . = 2 .- p x . (1) J
J
J'
96
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Nutzenmaximierung durch Mengenanpassung bedeutet in dieser Formulierung Konsumentenrentenmaximierung. Die Maximierungsbedingung erster Ordnung lautet, dass die maximale Grenzzahlungsbereitschaft dern Preis entsprechen muss:
Dies ergibt sich formal aus der allgemeinen Maximierungsbedingung erster Ordnung, dass die erste Ableitung der Zielfunktion gleich null sein muss. Die allgemeine Bedingung zweiter Ordnung fordert, dass die zweite Ableitung an dieser Stelle kleiner null sein muss. Das Iiiuft hier auf die Forderung einer mit steigender Menge abnehmenden maximalen Grenzzahlungsbereitschaft hinaus. Gleichung (2) nach der Menge aufgelost ergibt die Nachfragefunktion. Die nach dern Preis aufgeloste Nachfragefunktion zeigt also den Verlauf der maximalen Grenzzahlungsbereitschaft. Die Optimalitatsbedingung (2) ist eine alternative Formulierung unserer Konsumregel: Die Nachfrager sind im Nutzenmaximum, wenn der letzte f i r das betrachtete Gut ausgegebene Euro zum gleichen Nutzenzuwachs fiihrt wie der letzte f i r die ubrige Einkornrnensvenvendung ausgegebene Euro - also wenn gilt
auj auj dx ax. J = J - -
P p mit P als Preisindex und 4 als Mengenindex uber alle ubrigen Konsumgiiter. Das impliziert, dass die Grenzrate der Substitution der ubrigen Einkommensverwendung durch das betrachtete Gut dern Verhaltnis zwischen dern Preis des betrachteten Gutes und dern Preisindex aller anderen Konsumgiiter entsprechen muss: au j
axj auj
-P p'
ax Diese Grenzrate der Substitution gibt an, wie viele Einheiten der iibrigen Einkommensvenvendung (bei konstantem Nutzen) durch eine Einheit des betrachteten Gutes substituiert werden. Bewertet mit dern Preisindex stellt sie nichts anderes als die maximale Grenzzahlungsbereitschaftfiir das betrachtete Gut dar: au j -
Dies ist eine definitorische Beziehung.
1.6 Das Marktgleichgewicht
97
b) Der Gewinn als Wohlfahrt der Anbieter Auf der Anbieterseite entspricht die Wohlfahrt dem Gewinn (,,Produzentenrente"): Gi = p i - K i . Da die polypolistischen Anbieter nach der Outputregel
verfahren, entspricht die nach dem Preis aufgeloste Angebotsfunktion der aggregierten Grenzkostenfunktion. Die Flache unter dieser Funktion entspricht also den variablen Produktionskosten. c) Wohlfahrtsmaximierung durch den Markt: die statische Wohlfahrtsregel In diesem Unterabschnitt werden wir die am Markt realisierte Wohlfahrt mit der maximal moglichen Wohlfahrt vergleichen. Diese Wohlfahrtsanalyse bleibt ,,statisch" in dem in der Einfiihrung umrissenen Sinne: Betrachtet werden Preise und Mengen bei gegebener Technologic (Produktionsfunktion) und gegebenen Produkteigenschaften. Die Abbildung 1.6-6 zeigt f i r einen Markt der Vollkommenen Konkurrenz, wie man die im Marktgleichgewicht realisierte Gesamtwohlfahrt WF additiv als Summe von Konsumentenrente und Gewinnen ermitteln kann. Dabei entspricht die Flache unter der Grenzzahlungsbereitschaftsfunktion(Nachfragefunktion) bis zur Gleichgewichtsmenge der maximalen Zahlungsbereitschaft. Zieht man von dieser Flache das Ausgabenviereck p*x* ab, so erhalt man die Konsumentenrente. Die Flache unter der Grenzkostenfunktion (Angebotsfunktion) bis zur Gleichgewichtsmenge entspricht den variablen Produktionskosten. Zieht man diese vom Erlosviereck p*x* ab, erhalt man den Gewinn vor Abzug der Fixkosten G, (& ,,variabler Gewinn"). Von dem sich insgesamt ergebenden Dreieck sind die Fixkosten noch abzuziehen. Der Blick auf die Definitionsgleichungen fiir Konsumentenrente und Gewinn zeigt, dass die Gesamtwohlfahrt alternativ zur additiven Ermittlung auch als Differenz von maximaler Zahlungsbereitschaft und Kosten - also subtraktiv - ermittelt werden kann: (4) WF=z-K. Dies illustriert die Abbildung 1.6-7 wiederum fiir den Fall der im Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz realisierten Wohlfahrt (wobei wiederum die Fixkosten noch abzuziehen sind).
98
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz
Abbildung 1.6-6 Im Marktgleichgewicht realisierte Wohlfahrt: additive Ermittlung
x*
Abbildung 1.6-7 Im Marktgleichgewicht realisierte Wohlfahrt: subtraktive Ermittlung Diese im Marktgleichgewicht bei Vollkommener Konkurrenz realisierte Wohlfahrt kann man nun leicht mit jener Wohlfahrt vergleichen, die ein fiktiver allwissender (und allmachtiger) zentraler Planer realisieren wiirde. Aus Gleichung (4) ergibt sich die Wohlfahrtsmaximierungsbedingung erster Ordnung des zentralen Planers als (5)
1.-
1.6 Das Marktgleichgewicht
99
Das bedeutet: Zur Wohlfahrtsmaximierungmuss die Produktionsmenge so gewahlt werden, dass die Grenzzahlungsbereitschaft der Nachfiager den Grenzkosten in der Produktion entspricht. Dies ist die statische Wohlfahrtsregel.Anders als unsere drei bisher behandelten mikrookonomischen Entscheidungsregeln wird diese Wohlfahrtsregel in der Marktwirtschaft von niemandem explizit verfolgt. Die Bedingung zweiter Ordnung ist bei mit steigender Menge steigenden Grenzkosten und fallenden Grenzzahlungsbereitschaften erfillt. Wie wir nun gesehen haben, resultiert genau dasselbe Ergebnis bei Vollkommener Konkurrenz: Bei Gultigkeit der Outputregel (,,Preis gleich Grenzkosten") und der Konsumregel (in der Formulierung ,,Preis gleich Grenzzahlungsbereitschaft") wird die Wohlfahrtsregel im Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragefunktion erftillt. Vollkommene Konkurrenz fiihrt also stets zur gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsmaximierung,obwohl niemand dies zum Ziel hat. Die Wohlfahrtsregel wird erfillt, obwohl die Wirtschaftssubjekte nicht ihr, sondern der Konsumregel bzw. der Outputregel folgen. Dies ist das schon einftihrend enviihnte Theorem der unsichtbaren Hand von Adam Smith. Mit Blick auf die folgenden Kapitel sei betont, dass dieses Ergebnis bei Vollkommener Konkurrenz unabhiingig davon ist, ob der Marktzutritt frei ist oder nicht. d) Pareto-Optimalitat Wohlfahrtsoptimalitat kann man alternativ zur Wohlfahrtsregel auch uber die iiberlegung konzeptionalisieren, dass ein optimaler Zustand vorliegt, wenn der Nutzen bzw. Gewinn keines Wirtschaftssubjektes mehr durch einen Tausch erhoht werden kann. Einen solchen Zustand bezeichnet man als ,,Pareto-Optimum". Es Iasst sich leicht zeigen, dass dieser Zustand im Marktgleichgewicht der Vollkommenen Konkurrenz besteht. Dies liegt daran, dass bei Vollkommener Konkurrenz alle Wirtschaftssubjekte Mengenanpasser sind und allen derselbe Gleichgewichtspreisvektor vorgegeben ist. Die Nachfrager wiihlen die Konsummengen so, dass die Grenzraten der Substitution im Konsum den vorgegebenen Guterpreisverhaltnissen entsprechen (Konsumregel). Die Produzenten wahlen die Faktorkombinationen so, dass die Grenzraten der technischen Substitution den vorgegebenen Faktorpreisverhaltnissen entsprechen (Inputregel). Fur die M Nachfrager einer Volkswirtschaft gilt mit Blick auf zwei beliebige Giiter also
&2 1
8x22
ax2 M
Das heifit: Im Marktgleichgewicht sind die Grenzraten der Substitution im Konsum fiir alle Nachfrager gleich. Diese Gleichheit aller GRSK impliziert, dass der Nutzen keines Nachfragers mehr durch einen freiwilligen Tausch erhoht werden kann. Ganz analog verhalt es sich mit der Pareto-Optimalitat auf der Produzenten-
100
1. Angebot, Nachfrage und Marktgleichgewicht bei Vollkornmener Konkurrenz
seite. Da sich bei Vollkommener Konkurrenz alle Produzenten an die gleichen Faktorpreise anpassen, gilt geman den Grenzproduktivitatsregeln
ax, -
ax2 -
3
&21
&22
&2N
Das heiRt: Die GRTS zwischen zwei beliebigen Faktoren sind fiir alle Unternehmen (also auch uber alle Industrien) gleich, was impliziert, dass der Gewinn keines Unternehmens durch einen Faktortausch erhoht werden kann. Bei allen unseren Wohlfahrtsuberlegungen wird von einer gegebenen Ausgangsverteilung der Produktionsfaktoren und der schon vorhandenen Guter ausgegangen. Selbstverstandlich fihren unterschiedliche Ausgangsverteilungen zu unterschiedlichen Marktallokationen. Die Marktallokation bei Vollkommener Konkurrenz fiihrt also bei Vorgabe einer bestimmten Ausgangsverteilung zu der bei dieser Ausgangsverteilung hochstmoglichen Wohlfahrt. Es werden dabei keine Aussagen dariiber gemacht, welche Ausgangsverteilung besser oder schlechter ist. Betrachtet man die Ausgangsbestande an Faktoren und Giitern als das Vermogen, so kann man unter dem Verteilungsaspekt auch formulieren: Vollkommene Konkurrenz fiihrt bei gegebener Vermogensverteilung zur wohlfahrtsoptimalen Einkommensverteilung.
Zusammenfassung In diesem ersten Kapitel haben wir uns mit den Fragen beschaftigt, welches einzelwirtschaftliche Entscheidungsverhalten hinter den am Markt beobachtbaren Angebots- und Nachfragehnktionen steht und welche Eigenschaften das sich ergebende Marktgleichgewicht charakterisieren. Dabei haben wir uns auf den Fall Vollkommener Konkurrenz konzentriert und damit Phanomene der Marktmacht und der Preissetzung durch Anbieter statt durch Marktmacher zunachst auRen vor gelassen. Mit Blick in die Wirklichkeit sind die hier abgeleiteten Ergebnisse daher zunachst einmal ,,nurG'fir borsenmaRig organisierte Mfirkte von unmittelbarer Relevanz. Wir werden aber im weiteren Verlauf sehen, dass vieles so oder ahnlich auch unter anderen Umstanden gilt. Wir haben gezeigt, dass sich rationales Angebots- und Nachfrageverhalten letztlich auf drei Entscheidungsregeln zuspitzen lasst: hinsichtlich der Kostenminimierung gilt die Inputregel, hinsichtlich der Gewinnmaximierung gilt die Outputregel und hinsichtlich der Nutzenmaximierung gilt die Konsumregel. Da bei Vollkommener Konkurrenz die Preise exogene Daten des einzelwirtschaftlichen Kalkuls sind, fallen diese Regeln hier recht einfach aus. Die Zugrundelegung dieser Regeln in der Marktanalyse impliziert ubrigens nicht die Behauptung, dass alle Wirtschaftssubjekte ihnen bewusst folgen wiirden (vermutlich tun das die wenigsten).
1.6 Das Marktgleichgewicht
101
Es wird lediglich angenommen, dass sie sich iibenviegend dementsprechend verhalten. Bei der Analyse des Marktgleichgewichts war es zunachst einmal wichtig, zu verstehen, dass bei fieiem Marktzutritt die Zahl der Anbieter und damit letztlich auch die Marktform (Monopol oder Oligopol oder Polypol) endogen sind. Im Kontext unseres ,,statischenb' Bezugsrahrnens ohne Innovationen werden Anbieterzahl und Marktform bei fieiem Zutritt durch die Technologie (Produktionsfunktionen) und die Praferenzen determiniert. Es war eine implizite Pramisse dieses ersten Kapitels, dass Technologie und Praferenzen derart sind, dass auch tatsachlich ein Polypol vorliegt. Ein zentrales Ergebnis dieses Kapitels war die Optimalitat der Losung des Allokationsproblems durch den Marktmechanismus. Obwohl alle Marktteilnehmer den einzelwirtschafilich rationalen oben genannten Entscheidungsregeln folgen, wird auch die gesamtwirtschaftlich rationale Wohlfahrtsregel erfiillt. Dies gilt zumindest in einem statischen Rahmen. Hier gilt es dam allerdings bei beliebiger Anbieterzahl (solange es viele Anbieter sind), d. h. auch bei relativ hohen Markteintrittsbarrieren.
2. Ursachen, Folgen und Grenzen von Marktmacht
In diesem zweiten Kapitel zum Giitermarkt wollen wir uns mit den Ursachen und Konsequenzen von Marktmacht auf der Anbieterseite von Konsumgutermarkten beschaftigen. Dabei sprechen wir von Marktmacht, wenn Anbieter aufgrund entsprechend groljer Marktanteile merklichen Einfluss auf den Marktpreis haben und diesen Einfluss auch ausnutzen konnen, weil sie durch Markteintrittsschrankenvor potenzieller Konkurrenz geschiitzt sind. Ein entsprechend groljer Marktanteil alleine reicht nach dieser Definition also fiir das Vorliegen von Marktmacht nicht aus. Vielmehr muss zusatzlich die potenzielle Konkurrenz am Zutritt gehindert sein. Sind beide Bedingungen fir Marktmacht erfiillt, werden gewinnmaximierende Anbieter Preise oberhalb der Grenzkosten setzen. Damit wird die statische Wohlfahrtsregel verletzt, d. h., in statischer Sicht ist dann das Marktergebnis nicht mehr wohlfahrtsoptimal. 1st dagegen nur eine der beiden Marktmachtbedingungen erfiillt, so gilt die statische Wohlfahrtsregel. Fur den Fall beschrkkten Marktzutritts (gegebener Anbieterzahl) bei fehlendem Einfluss auf den Preis haben wir das im Vorkapitel schon gesehen. Im Folgenden werden wir zunbhst kurz auf die moglichen Griinde von Marktzutrittsbeschrzinkungen eingehen, bevor wir dann im zweiten Unterkapitel die Konsequenzen der Marktmacht aufzeigen. Dabei beschrzinken wir uns zunachst auf den besonders deutlichen Fall eines Monopolisten. Wir zeigen, dass dieser Preise oberhalb der Grenzkosten setzt und damit das statische Wohlfahrtsoptimum verfehlt wird. Aus dynamischer Sicht, also unter Einbeziehung von Innovationen und ihrer Finanzierung, ist damit aber noch nichts uber die Wohlfahrtsoptimalitat des Marktgleichgewichts gesagt. Diese schwierige Frage konnen wir im Rahmen dieses einfiihrenden Buches nur deutlich machen, aber nicht abschlieljend kl&en. Wir werden hier aber der im ersten Kapitel envahnten gewinnmaximierenden Innovationsregel eine ,,dynamische" Wohlfahrtsregel gegenuberstellen und zeigen, dass der Markt nicht ohne weiteres das wohlfahrtsoptimale Innovationsniveau realisiert. Im dritten Unterkapitel werden wir sehen, dass beliebig hohe Marktanteile alleine, also bei fieiem Marktzutritt, zu keinem Verstolj gegen die statische Wohlfahrtsregel &en. Das abschlieljende vierte Unterkapitel wird die fiir den Monopolfall abgeleiteten Ergebnisse relativieren: Selbst der Monopolist eines Gutes hat Konkurrenz, nmlich durch die Anbieter eng venvandter Guter. Am Beispiel der so genannten Monopolistischen Konkurrenz - sozusagen der Konkurrenz vieler kleiner Monopolisten mit sehr eng venvandten Gutern - werden wir
104
2. Ursachen, Folgen und Grenzen von Marktmacht
zeigen, dass auch durch diese Konkurrenz die Gewinnmoglichkeiten eines Monopolisten erheblich beschnitten sein k6nnen.
2.1 Marktzutrittsschranken als Ursache von Marktmacht Ohne jegliche Marktzutrittsschranken, also bei vollig freiem Marktzutritt, spielen die Anzahl der Anbieter und deren Marktanteile fiir die Gewinne und die Wohlfahrt keine Rolle. Stets werden - vom Teilbarkeitsproblem einmal abgesehen genau so viele Anbieter zutreten, dass der Preis den totalen Stiickkosten entspricht. Da bei steigenden Grenzkosten das Stiickkostenminimum auf der Grenzkostenhnktion liegt, impliziert dies Preise in Hohe der Grenzkosten und damit Wohlfahrtsoptimalittit der Preis-Mengen-Kombination. Marktzutrittsschranken sind also notwendige Bedingung sowohl fiir ubernormale Gewinne Gi > 0 (also Gewinne, die mehr als nur die kalkulatorischen Kapitalkosten und den kalkulatorischen Unternehmerlohn decken) als auch fiir das Verfehlen des statischen Wohlfahrtsoptimums. Liegen umgekehrt Marktzutrittsschranken vor, so sind die Anzahl der Anbieter und deren Marktanteile allerdings sehr wohl wichtig fiir die Hohe der Preise und das Ausmal3 der Wohlfahrtsineffizienz. Bei den Marktzutrittsschranken kann man drei Gruppen unterscheiden:
- Marktzutrittsschranken, die auf staatlichen Vorschriften und Gesetzen beruhen. Beispiele sind das Patentrecht, das Urheberrecht und der Gebrauchsmusterschutz. Diese Marktzutrittsschranken sollen Innovatoren fiir einen gewissen Zeitraum vor Imitatoren schiitzen und damit Monopolgewinne ermoglichen. Denn Prozess- und Produktinnovationen konnen die Wohlfahrt erhohen und sind daher gesellschaftlich erwiinscht. Private Unternehmen werden aber nur in Forschungs- und Entwicklungsprozesse investieren, wenn das eine Rendite verspricht. Hier werden vom Staat Preise iiber den Grenzkosten und das Verfehlen der statischen Wohlfahrtsoptimalitat also im Interesse einer hoheren dynamischen Wohlfahrt bewusst in Kauf genommen. - Marktzutrittsschranken,
die auf der exklusiven Verftigung des bzw. der etablierten Anbieter uber eine so genannte essential facility beruhen. Bei einer essential facility handelt es sich um einen fiir die Produktion oder Bereitstellung des betrachteten Gutes unabdingbar notwendigen Faktor. Gute Beispiele sind hier h a p pe Funkfrequenzen oder eine einmalige Rohstoffquelle - also Faktoren, die nicht duplizierbar sind. - Marktzutrittsschranken, die
auf der Existenz irreversibler Kosten des Marktzutritts in Verbindung mit einer asymmetrischen Etablierter-Herausforderer-Situation beruhen. Bei den irreversiblen Kosten des Marktzutritts kann es sich beispielsweise um irreversible Kosten beim Aufbau einer Produktionskapazitat handeln, mit der kein anderes Gut produziert werden kann. Ein weiteres Beispiel sind jene irreversiblen Kosten, die beim Aufbau einer Marke o. A. durch Werbung usw.
2.2 Folgen der Marktmacht: der Giitermarktmonopolist
105
entstehen. Irreversible Kosten mit Fixkostencharakter sind z. B. zu erbringende Qualifikationsnachweise sowie nicht handelbare Lizenzen. Die Kosten fir Qualifizierungen sind of€irreversibel, weil diese Qualifikationen als Teil des Humankapitals nicht handelbar sind und weil sie oft kaum auf andere Mtirkte iibertragen werden konnen. Wer eine solche Qualifikation in der Vergangenheit erworben hat, steht daher anders da als jemand, der dies erst noch beabsichtigt. Marktspezifische Produktionsfixkosten sind irreversibel Kosten, die sich Etablierte in ihren Entscheidungen nicht mehr zurechnen, die potenziellen Konkurrenten aber schon. Dadurch entsteht eine entscheidungstheoretische Asymmetrie zwischen Etablierten und potenziellen Konkurrenten, die fiir letztere eine Markteintrittsschranke darstellt. Der Etablierte kann dem potenziell zutretenden Herausforderer glaubhaft damit drohen, dass er im Falle des Marktzutritts auf einen Preis K, / x < p < K / x heruntergeht. Dies stellt fiir den Herausforderer eine Marktzutrittsschrankedar. Mit Blick auf den dritten Fall ist es wichtig zu verstehen, dass Markteintrittskosten, die keinen irreversiblen Charakter haben, keine Marktzutrittsschranke darstellen. Es entsteht dann keine Entscheidungsasymmetriezwischen etablierten Anbietem und potenziell Hinzutretenden. Ein Beispiel hierftir sind handelbare Lizenzen. Dasselbe gilt f i r Massenproduktionsvorteile (GroBenvorteile), die auf reversiblen Produktionsfixkosten beruhen. Bei voller Reversibilitat hat ein Etablierter einem Herausforderer nichts voraus.
2.2 Folgen der Marktmacht: der Giitermarktmonopolist Um die Konsequenzen von Marktmacht aufzuzeigen, wird in diesem Unterkapitel als denkbar deutliches Beispiel ein Monopolist betrachtet, der auf Grund staatlichen Schutzes oder infolge der exklusiven Verfigung uber eine essential facility keiner potenziellen Konkurrenz ausgesetzt ist. Auf der Nachfrageseite gebe es viele kleine Nachfrager und das betrachtete Gut sei sachlich, raumlich und zeitlich vollig homogen. Zudem herrsche vollkommene Markttransparenz, d. h., der Monopolist kennt seine Kostenfunktion sowie die Marktnachfragefunktion und die Nachfrager kennen ihre Priiferenzen, ihre Einkommen sowie den Guterpreis. Unter diesen Umsthden passen sich die polypolistischen Nachfrager mit ihren Konsummengen nutzenmaximal an den vom Monopolisten gesetzten Preis an. Das Marktgleichgewicht entspricht dem Dispositionsgleichgewicht des Monopolisten. Es gibt jetzt also keine Marktangebotsfunktion und der Markt ist stets im Marktgleichgewicht. Der Monopolist sucht sich auf der ihm vorgegebenen Marktnachfragefunktion seine gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination. Dabei kann er sein Gewinnmaximierungskalkul in der Produktionsmenge oder im Preis formulieren. Die jeweils andere Griilje ergibt sich dann gems der Marktnachfragefunktion. Im ersten Fall spricht man von Mengenfixierung, im zweiten Fall von Preisfixierung. Wegen der besseren Vergleichbarkeit mit dem Mengenanpasserverhalten eines Polypolisten bei Vollkommener Konkurrenz wird im Folgenden der erste Weg behandelt.
106
2. Ursachen, Folgen und Grenzen von Marktmacht
2.2.1 Erlose
Lost man die Marktnachfiagefunktionfl@) nach dem Preis auf, so ergibt sich die so genannte Preis-Absatz-Funktion des Monopolisten: (1) P = P(X) rnit ap -