156 11 16MB
German Pages 262 Year 2006
Tlmo Reinschmidt Dynamische Steuerung von Portfoliorisiken
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Timo Reinschmidt
Dynamische Steuerung von Portfoliorisiken Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Wolfgang Gerke
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Dissertation Universitat Erlangen-Niirnberg, 2005
l.AuflageMarz2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siege! / Stefanie Brich Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0241-4
Geleitwort Seit drei Jahrzehnten wird dem Market-Timing auf Basis prognostizierter Renditen besondere Aufmerksamkeit in Wissenschaft und Anlagepraxis gewidmet. Die hierzu erstellten wissenschafllichen Studien belegen, dass auf Renditeschatzungen basierende Timing-Strategien nach Beriicksichtigung von Transaktionskosten keine Uberrenditen bewirken. Vor diesem Hintergrund ist es nicht iiberraschend, dass in der jiingsten empirischen Kapitalmarktforschung das Augenmerk auf Portfoliogewichtungen gelegt wird, die anhand von Veranderungen von Varianzen und Kovarianzen vorgenommen werden. Der Autor erstellt fiir den deutschen Markt eine grundlegend neue Studie zu einer dynamischen Volatilitats-Timing-Strategie und testet anhand eines umfangreichen Datensatzes, inwieweit sich damit gegeniiber statischen Verfahren Uberrenditen erzielen lassen. Er entwickelt hierzu zwei neue Schatzverfahren, misst empirisch den okonomischen Wert der dynamischen Portfolio-Volatilitats-Timing-Strategie und erganzt seine dynamische PortfoHooptimierung durch Schatzung der Varianzen und Kovarianzen auf der Basis von Intraday-Daten. Mit dieser Untersuchung beschreitet er Neuland. Erweitert wird die aufwandige Studie durch die Optimierung eines Portfolios auf Basis des Dax-Index und des Rex-Index. Es gelingt dem Autor anhand umfangreicher empirischer Untersuchungen, eine iiberzeugende Arbeit zur dynamischen Portfolioanpassung zu ersteilen. Dank des sehr leserfreundUchen Stils iibersieht man leicht den groBen wissenschafllichen Aufwand, der hinter den vorgestellten Ergebnissen steht. Die wertvoUen Untersuchungen konnen sowohl Basis fiir praktische Implementierungen sein, als auch weitere wissenschaftliche Erganzungen erfahren.
Prof Dr. Wolfgang Gerke
VII
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fiir Bank- und Borsenwesen der Friedrich-AlexanderUniversitat Erlangen-Numberg. In diesem sehr pragenden Lebensabschnitt haben mich eine Reihe von Personen begleitet und unterstiitzt, bei denen ich mich an dieser Stelle bedanken mochte. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herm Prof. Dr. Wolfgang Gerke, der mich wahrend meiner Dissertationszeit stets gefordert und betreut hat. Dabei gab er mir zudem die Moglichkeit, mich durch Lehrstuhltatigkeiten und Praxisprojekte personlich wie fachlich weiterzuentwickeln. Trotz der Einbindung in vielseitige Projekte und Aufgaben lieB er mir stets die notige Freiheit zum eigenstandigen Forschen. Herm Prof Dr. Wolfgang Harbrecht danke ich fur das Interesse an meiner Arbeit und fiir die freundliche Ubemahme des Koreferats. Zum Gelingen meiner Dissertation hat auch das sehr gute Arbeitsklima am Lehrstuhl beigetragen. Daher gilt mein Dank alien aktuellen und ehemaligen Kollegen. Ganz besonders bedanken mochte ich mich bei Dr. Carlo Beck und Dr. Felix Breuer fiir die schone Zeit und die vielen diskussionsreichen Abende hier in Ntimberg. Dr. Felix Breuer danke ich zudem fiir die tatkraftige Unterstiitzung in der Endphase meiner Dissertation. Bei Herm Dr. Andreas Dombret mochte ich mich ganz herzlich fiir die vielen sehr wertvollen Ratschlage bedanken. Zum Gelingen der Arbeit haben auch die zahlreichen Anregungen von Dr. Ferdinand Mager, mit dem ich etliche Zugstunden zwischen Ntimberg und Frankfurt zumeist im Speisewagen diskutieren konnte, und von Dr. Christoph Memmel beigetragen. Meinem Freundeskreis danke ich dafiir, dass auch die angenehmen Seiten des Lebens wahrend meiner Dissertation nicht zu kurz gekommen sind. Letztlich schulde ich meinen Eltem und meiner Freundin Sabine Weber den mit Abstand groi3ten Dank. Meine Eltem haben meine Ausbildung stets gefordert und mir Riickhalt gewahrt. Sabine hat mich wahrend meiner gesamten Promotion begleitet und die Hohen und Tiefen direkt miterleben konnen. Ohne ihr Verstandnis und ihre Unterstiitzung ware die Arbeit sicherlich nicht zustande gekommen.
Timo Reinschmidt
IX
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis Verzeichnis der wichtigsten Symbole 1
XI XIII XVII XIX
Einfiihrung 1.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
1 1
1.2
3
Gang der Arbeit
2
Grundlagen der modernen Portfoliotheorie 2.1 Portfoliooptimierung nach Markowitz 2.1.1 Rendite und Risiko eines Portfolios 2.1.2 Der Diversifikationseffekt 2.1.3 Portfolioselektion im ^-a-Raum 2.2 Kritische Wurdigung des Mittelwert-Varianz-Ansatzes 2.2.1 Diskussion der Annahmen 2.2.2 Praktikabilitat des Ansatzes 2.3 Erweiterungen der Portfoliotheorie 2.3.1 Das Single-Index-Modell 2.3.2 Erweiterung um eine risikolose Anlagemoglichkeit 2.3.3 Marktgleichgewicht bei homogenen Erwartungen 2.4 PerformancemaBe
5 5 5 8 10 16 16 20 24 24 25 27 31
3
Volatilitats-Timing 3.1 Empirische Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen 3.1.1 Volatilitat 3.1.2 Kovarianz 3.1.3 Hochfrequente Intraday-Daten 3.1.4 Exkurs: Stetige versus diskrete Rendite 3.2 Bisherige empirische Forschung 3.2.1 Markt-Timing-Strategien 3.2.2 Volatilitats-Timing-Strategien 3.2.3 Kombinierte Strategien 3.3 Zusammenfassung
37 38 38 44 50 54 57 57 64 73 78
X
4
INHALTSVERZEICHNIS
Aufbau und Methodik der empirischen Untersuchung 4.1
Aufbau der empirischen Studie
4.2
Datengrundlage
83
Methodische Vorgehensweise
87
4.3.1
Portfoliokonstruktion
87
4.3.2
Okonometrische Schatzverfahren
90
4.3.2.1
Historische Varianz-Kovarianz-Matrix
90
4.3.2.2
Bereinigter Historischer Schatzer nach Newey / West (1987)
90
4.3.2.3
Shrinkage-Schatzer nach Ledoit / Wolf (2003)
92
4.3.2.4 4.4
95 97 99
4.4.1
Einfluss der implizierten Volatilitat auf zukunftige Korrelationen
4.4.2
Herleitung und Struktur der neuen Schatzer
106
Dynamische Volatilitats-Timing-Strategie auf Tagesdaten
115
Risikominimierung durch dynamische Anpassung
99
115
5.1.1
Minimum-Varianz-Portfolio ohne Leerverkaufsbeschrankung
115
5.1.2
Minimum-Varianz-Portfolio mit Leerverkaufsbeschrankung
131
5.2
Der okonomische Wert einer Volatilitats-Timing-Strategie
143
5.2.1
Analyse des Aktienportfolios
146
5.2.2
Analyse des Aktien- / Rentenportfolios
163
5.3
7
Exponentiell gewichteter Schatzer Dynamisches nutzenbasiertes PerformancemaB
Entwicklung des neuen Varianz-Kovarianz-Schatzers
5.1
6
81
4.3
4.3.3
5
81
Zusammenfassung der Ergebnisse
Dynamische Volatilitats-Timing-Strategie auf Intraday-Daten
176 181
6.1
Methodik und Vorgehensweise
181
6.2
Risikominimierung auf Basis von Intraday-Daten
185
6.3
Der okonomische Wert von Intraday-Daten
189
6.4
Zusammenfassung der Ergebnisse
203
Schlussbetrachtung
205
Ubersicht uber die Anhange
211
Literaturverzeichnis
233
XI
Abbildungsverzeichnis Abb. 2-1: Moglichkeiten der Diversifikation im |Li-o-Raum
9
Abb. 2-2: Effizienzlinie im |Li-o-Raum
11
Abb. 2-3: Iso-Standardabweichungs-Ellipsen
13
Abb. 2-4: Grafische Bestimmung des nutzenoptimalen Portfolios
15
Abb. 2-5: Effiziente Portfolios nach Einftihrung einer risikolosen Anlagemoglichkeit Abb. 2-6: Grafische Darstellung der Sharpe Ratio
26 33
Abb. 4-1: VDAX-Stand und nachfolgende Aktienkorrelation
100
Abb. 4-2: VD AX-Stand und nachfolgende Aktien- / Rentenmarktkorrelation
101
Abb. 5-1: Sharpe Ratios der MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) und Transaktionskosten
123
Abb. 5-2: Einfluss des Portfolioumschichtungszeitraumes auf das Portfoliorisiko...l25 Abb. 5-3: Einfluss des Portfolioumschichtungszeitraumes auf die Sharpe Ratio
127
Abb. 5-4: Sharpe Ratios der MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) und Transaktionskosten
136
Abb. 5-5: Einfluss des Portfolioumschichtungszeitraumes auf das Portfoliorisiko...l37 Abb. 5-6: Einfluss des Portfolioumschichtungszeitraumes auf die Sharpe Ratio
140
XIII
Tabellenverzeichnis Tab. 4-1: Ubersicht iiber die Datengrundlage
84
Tab. 4-2: Deskriptive Renditestatistik
86
Tab. 4-3: VDAX-Perzentile und nachfolgende 33-tagige Aktienkorrelation
103
Tab. 4-4: VDAX-Perzentile und nachfolgende 33-tagige Aktien- / Rentemaktkorrelation
105
Tab. 4-5: Regressionsergebnisse flir die mittlere Aktienkorrelation
108
Tab. 4-6: Regressionsergebnisse fur die mittlere Aktienstandardabweichung
109
Tab. 4-7: Regressionsergebnisse fur die Aktien- / Rentenmarktkorrelation
110
Tab. 4-8: Regressionsergebnisse fur die Aktien- / Rentenmarktstandardabweichung Tab. 5-1: Ergebnisse der MVPs ohne Leerverkaufsbeschrankung Tab. 5-2: Ergebnisse der MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) fur Subperioden Tab. 5-3: Test auf Varianzgleichheit zwischen den MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) Tab. 5-4: Sharpe Ratios der MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) mit Transaktionskosten Tab. 5-5: MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) und Portfolioanpassungsintervall Tab. 5-6: Veranderung der Sharpe Ratios der MVPs (ohne Leerverkaufsbeschrankung) bei unterschiedlichen Portfolioanpassungszeitraumen und Transaktionskostenniveaus Tab. 5-7: Ergebnisse der MVPs mit Leerverkaufsbeschrankung Tab. 5-8: Ergebnisse der MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) fiir Subperioden Tab. 5-9: Test auf Varianzgleichheit zwischen den MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) Tab. 5-10: Sharpe Ratios der MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) und Transaktionskosten Tab. 5-11: MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) und Portfolioanpassungszeitraume Tab. 5-12: Veranderung der Sharpe Ratios der MVPs (mit Leerverkaufsbeschrankung) bei unterschiedlichen Portfolioanpassungszeitraumen und Transaktionskostenniveaus
Ill 116 118 118 122 124
129 132 133 134 135 138
142
XIV
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 5-13: Ergebnisse der Aktienportfolios ohne Schatzrisiken der erwarteten Renditen Tab. 5-14: Einfluss des Schatzrisikos der Renditen auf das AktienZielrenditeportfolio Tab. 5-15: Einfluss des Schatzrisikos der Renditen auf das AktienZielvarianzportfolio Tab. 5-16: Einfluss der Transaktionskosten auf die Nutzenpramie des AktienZielrenditeportfolios Tab. 5-17: Einfluss der Transaktionskosten auf die Nutzenpramie des AktienZielvarianzportfolios Tab. 5-18: Ergebnisse des Aktien-Zielrenditeportfolios fiir unterschiedliche Portfolioanpassungsintervalle Tab. 5-19: Ergebnisse des Aktien-Zielvarianzportfolios fur unterschiedliche Portfolioanpassungsintervalle Tab. 5-20: Nutzenpramien des Aktien-Zielrenditeportfolios mit Transaktionskosten und Portfolioanpassungsintervallen Tab. 5-21: Nutzenpramien des Aktien-Zielvarianzportfolios mit Transaktionskosten und Portfolioanpassungsintervallen Tab. 5-22: Ergebnisse der Aktien- / Rentenportfolios ohne Schatzrisiken der erwarteten Renditen Tab. 5-23: Einfluss des Schatzrisikos der Renditen auf das Aktien / RentenZielrenditeportfolio Tab. 5-24: Einfluss des Schatzrisikos der Renditen auf das Aktien / RentenZielvarianzportfolio Tab. 5-25: Einfluss der Transaktionskosten auf die Nutzenpramie des Aktien / Renten-Zielrenditeportfolios Tab. 5-26: Einfluss der Transaktionskosten auf die Nutzenpramie des Aktien / Renten-Zielvarianzportfolios Tab. 5-27: Ergebnisse des Aktien / Renten-Zielrenditeportfolios fur unterschiedliche Portfolioanpassungsintervalle Tab. 5-28: Ergebnisse des Aktien / Renten-Zielvarianzportfolios fiir unterschiedliche Portfolioanpassungsintervalle Tab. 5-29: Nutzenpramien des Aktien / Renten-Zielrenditeportfolios mit Transaktionskosten und Portfolioanpassungsintervallen Tab. 5-30: Nutzenpramien des Aktien / Renten-Zielvarianzportfolios mit Transaktionskosten und Portfolioanpassungsintervallen
147 149 151 153 155 156 158 160 161 164 166 167 171 171 172 173 174 175
Tab. 6-1: Ergebnisse der MVPs basierend auf Tagesdaten von 1998 bis 2001
186
Tab. 6-2: Ergebnisse der MVPs basierend auf Intraday-Daten
187
TABELLENVERZEICHNIS
XV
Tab. 6-3: Ergebnisse der Zielrendite- und Zielvarianzportfolios basierend auf Tagesdaten von 1998 bis 2001 Tab. 6-4: Okonomischer Wert der Bereinigungsstufen beim Zielrenditeportfolio auf Basis einesfiinfzehnminutigenIntraday-Intervalls Tab. 6-5: Okonomischer Wert der Bereinigungsstufen beim Zielvarianzportfolio auf Basis eines funfzehnminiitigen Intraday-Intervalls Tab. 6-6: Einfluss der Transaktionskosten auf die Sharpe Ratios der IntradayZielrenditeportfolios Tab. 6-7: Einfluss der Transaktionskosten auf die Sharpe Ratios der IntradayZielvarianzportfolios
195
Tab. 6-8: Nutzenpramien des Intraday-Portfolios und Transaktionskosten
196
Tab. 6-9: Verschiedene Portfolioanpassungsintervalle des Zielrenditeportfolios
198
190 191 192 195
Tab. 6-10: Verschiedene Portfolioanpassungsintervalle des Zielvarianzportfolios.... 199 Tab. 6-11: Verschiedene Portfolioanpassungsintervalle des Zielrenditeportfolios bei 0,2% Transaktionskosten Tab. 6-12: Verschiedene Portfolioanpassungsintervalle des Zielvarianzportfolios bei 0,2% Transaktionskosten
201 202
XVII
Abkiirzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
AG
Aktiengesellschaft
AMEX
American Stock Exchange
APT
Arbitrage Pricing Theory
AR
Autoregressiv
ARCH
Auto Regressive Conditional Heteroskedasticity
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CAPM
Capital Asset Pricing Modell
CRSP
Center for Research in Security Prices
d.h.
dass heifit
DAX
Deutscher Aktienindex
ECO
Economic Discussion Paper
et al.
et alii
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FKO
Exponentiell gewichteter Varianz-Kovarianz-Schatzer
GARCH
General Auto Regressive Conditional Heteroskedasticity
GW
gleichgewichtetes Portfolio
Hist.
einfacher historischer Varianz-Kovarianz-Mittelwert-Schatzer
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
i.i.d.
independently and identically distributed
JM
Jensen-MaB
k.A.
keine Angabe
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KGV
Kurs-Gewinn-Verhaltnis
LW
Shrinkage Schatzer von LEDOIT / WOLF (2003)
MA
Moving Average
XVIII
ABKURZUNGSVERZEICHNIS
Mio.
Millionen
MP
Marktportfolio
MVP
Minimum-Varianz-Portfolio
NBER
National Bureau of Economic Research
Nr.
Nummer
NW
bereinigter historischer Schatzer von NEWEY / WEST (1987)
NYSE
New York Stock Exchange
OTC
Over the Counter
p.a.
per annum
REX
Deutscher Rentenindex
S&P
Standard & Poors
S.
Seite
Sp.
Spalte
SR
Sharpe Ratio
Tab.
Tabelle
TM
Treynor-MaB
TP
Tangentialportfolio
u.a.
unter anderem
u.U.
unter Umstanden
US
United States
VaR
Value-at-Risk
VDAX
DAX-Volatilitatsindex
vgl.
vergleiche
VIX
Volatility Index
VLW
Eigens entwickelter Schatzer basierend auf dem VDAX mit einem Schrumpfiingsfaktor nach LEDOIT / W O L F (2004)
Vol.
Volume
VR
Eigens entwickelter Schatzer basierend auf dem VDAX mit R^ als Schrumpfiingsfaktor
vs.
versus
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
XIX
Verzeichnis der wichtigsten Symbole N
Anzahl der betrachteten Anlagen
T
Anzahl der betrachteten Zeitpunkte
Pi
Beta-Faktor der Anlage i (CAPM)
|ii
erwartete Rendite der Anlage i
pij
Korrelation zwischen Anlage i und j
GOV
Kovarianz
Oij
Kovarianz zwischen Anlage i und j
Kt
Kurs einer Anlage zum Zeitpunkt t
Wj
Portfoliogewicht der Anlage i
\xp
Portfoliorendite
Gp
Portfoliorenditestandardabweichung
G^P
Portfoliovarianz
Y
relativer Risikoaversionsgrad
ri
Rendite der Anlage i
rf
risikoloser Zinssatz
R^
R-Quadrat, GutemaB der Anpassung einer linearen Regression
a
Schrumpfiingsfaktor in Verbindung mit den Shrinkage-Schatzem
[i
Spaltenvektor der Erwartungswerte der Renditen
w
Spaltenvektor der Portfoliogewichte
r
Spaltenvektor der Renditen
Oi
Standardabweichung der Renditen der Anlage i
8i
Storterm der Anlage i
var
Varianz
a^i
Varianz der Renditen der Anlage i
Qi
Varianz-Kovarianz-Matrix basierend auf Intraday-Daten
Qj
Varianz-Kovarianz-Matrix basierend auf Tagesdaten
Q
Varianz-Kovarianz-Matrix, oft mit Subindex fiir Schatzmethode
t
Zeitvariable
1 Einfiihrung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
„An investor who knew future returns with certainty would invest in only one security, namely the one with the highest future return. If several securities had the same, highest, future return then the investor would be indifferent between any of these, or any combination of these. In no case would the investor actually prefer a diversified portfolio. But diversification is a common and reasonable investment practise. Why? To reduce uncertainty. " (Harry Markowitz, Nobelpreisrede 1990)
MARKOWITZ (1952) entwickelte vor liber fiinfzig Jahren ein normatives Modell zur Portfolioselektion. Damit loste er den bis dahin eher oberflachlichen Umgang mit Portfoliorisiken („Don't put all your eggs in one basket") ab.' Allerdings wurde das Markowitz-Modell aufgrund der hohen Informations- und Datenverarbeitungsanforderungen erst mit der rasanten Entwicklung der Informations- und Datenbeschaffungstechnologie sowohl fiir institutionelle als auch flir private Investoren praktikabel. Die Prognostizierbarkeit von erwarteten Renditen als Ausgangspunkt fur die Portfoliozusammenstellung (Markt-Timing) ist seit den 70er Jahren Gegenstand einer Vielzahl von Untersuchungen. Dabei zeigt sich, dass die Parameterunsicherheit (Schatzrisiken) der erwarteten Renditen und ihre Auswirkung auf die Effizienz der Portfoliogewichte besonders hoch sind. Demgegeniiber konnen Varianzen und Kovarianzen mit einer deutlich hoheren Genauigkeit geschatzt werden. Nicht zuletzt deswegen hat die Steuerung der Portfoliorisiken in den letzten Jahren sowohl im wissenschaftlichen Diskurs als auch in der Praxis enorm an Bedeutung gewonnen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soil untersucht werden, inwiefem mittels einer dynamischen Volatilitats-Timing-Strategic ein okonomischer Mehrwert gegeniiber einer statischen Portfoliozusammenstellung geschaffen werden kann. Dabei wird unter dem Begriff des Volatilitats-Timing im Folgenden die Steuerung des Portfolios auf
Vgl. GERKE (2001), Sp. 1694.
UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND UND ZIELSETZUNG
Basis von Schatzungen der sich im Zeitablauf verandemden Varianzen und Kovarianzen verstanden. Damit lasst sich die Arbeit einer relativ jungen Forschungsrichtung zuordnen. Erst seit Mitte der 90er Jahre haben einige Autoren auf dem USamerikanischen Markt die Moglichkeiten zur Schaffung eines okonomischen Mehrwertes bei der Portfoliobildung mittels Schatzungen von Varianzen und Kovarianzen analysiert. Insbesondere die Arbeit von FLEMING / KiRBY / OSTDIEK (2001) kann in diesem Umfeld als pragend fiir den Begriff des okonomischen Mehrwertes im Zusammenhang mit Volatilitats-Timing-Strategien bezeichnet werden. Mit vorliegender Arbeit wird die Mehrwertgenerierung mittels einer solchen Strategic erstmalig fiir den deutschen Markt untersucht. Im Kern widmet sich die Arbeit damit drei zentralen Untersuchungszielen. Zunachst wird eigens ein neues Verfahren entwickelt, mit dem aufbauend auf historischer Schatzung und impliziter Marktvolatilitat cine in die Zukunft gerichtete VarianzKovarianz-Matrix geschatzt werden kann. Der neue Schatzer wird mit weiteren vier aus der Literatur bekannten Schatzem hinsichtlich seiner Schatzqualitat anhand eines Minimum-Varianz-Portfolios analysiert. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse kann die jeweilige Qualitat der einzelnen Schatzer vor dem Hintergrund einer Risikominimierung verglichen werden. Das zweite Untersuchungsziel besteht in der Analyse des okonomischen Wertes der dynamischen PortfoHo-VolatiHtats-Timing-Strategie auf Grundlage verschiedener Varianz-Kovarianz-Schatzer. Mit der Dynamisierung der PortfoHobildung lassen sich im Zeitablauf verandemde Varianzen und Kovarianzen beriicksichtigen, was gegenuber einem statischen Portfolio mit konstanten Gewichten zu einem okonomischen Mehrwert fiihren sollte. Der potentielle okonomische Mehrwert wird dabei unter Beriicksichtigung von Schatzrisiken, verschiedenen Graden der Risikoaversion eines Investors und Transaktionskosten betrachtet. Werden die Modelle zur Schatzung der Varianzen und Kovarianzen im Rahmen der Betrachtungen zu den ersten beiden Untersuchungszielen mit Tagesdaten unterlegt, widmet sich die Arbeit im dritten Teil der Untersuchung der Frage um die Vorteilhaftigkeit einer dynamischen Portfoliooptimierung auf Basis von Schatzungen der Varianzen und Kovarianzen mit Intraday-Daten. Anhand einfacher Uberlegungen kann gezeigt werden, dass die Verwendung von Intraday-Daten gegeniiber Tagesdaten theoretisch zu genaueren Schatzungen der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung fiihrt. Der okonomische Wert von Intraday-Daten im Kontext der Portfoliooptimierung ist empirisch jedoch bisher weitgehend unerforscht. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Arbeit werden anhand eines Aktienportfolios bestehend aus Dax-Aktien und einem Aktien- / Rentenportfolio bestehend
EiNFUHRUNG
aus Dax- und Rex-Index durchgefuhrt. Dabei werden die ersten beiden Untersuchungsziele der Arbeit auf Basis von historischen Kurszeitreihen von Januar 1992 bis Juli 2004 behandelt. Fiir die Analyse des Intraday-Portfolios stehen Daten der DaxAktien von Januar 1998 bis Dezember 2001 zur Verfligung.
1.2 Gang der Arbeit Kapitel 2 fiihrt in die Grundlagen der modemen Portfoliotheorie ein. Der |i-a-Ansatz nach MARKOWITZ (1952) wird hinsichtlich der zugrunde liegenden Annahmen sowie seiner Praktikabilitat diskutiert. Es folgt eine Beschreibung ausgewahlter Modellerweiterungen von Tobin (1958) und Sharpe (1963), anschlieBend wird das Capital Asset Pricing Modell (CAPM) mit seinen Varianten beschrieben. Das Kapitel schlieBt mit einer Diskussion verschiedener Performancemafie fur Portfolios. In Kapitel 3 wird in die Grundlagen zum Volatilitats-Timing eingefuhrt, indem im ersten Teil empirische Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen diskutiert werden, die die Entwicklung des neuen Varianz-Kovarianz-Schatzers sowie die dynamische Portfolio-Volatilitats-Timing-Strategie fundieren. Neben den statistischen und empirischen Eigenschaften der Volatilitat und Kovarianz sind insbesondere hochfrequente Intraday-Daten und ihre Eignung zur Schatzung der zweiten zentralen Momente Gegenstand der Diskussion. Im zweiten Teil des Kapitels wird ein Literaturiiberblick iiber die bisherige Forschung zum Markt- und Volatilitats-Timing sowie zu kombinierten Strategien gegeben. In Kapitel 4 wird der Aufbau der empirischen Untersuchung vorgestellt. AnschlieBend erfolgt eine kurze Beschreibung der verwendeten Datengrundlage. Danach wird die methodische Vorgehensweise bei der Portfoliokonstruktion, der Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrizen mithilfe der aus der Literatur stammenden Verfahren und der Messung des okonomischen Mehrwertes dargestellt. Das Kapitel schlieBt mit der Herausarbeitung und Ableitung eines neu entwickelten Varianz-Kovarianz-Schatzers. Kapitel 5 beinhaltet neben der Evaluierung der Qualitat der einzelnen verwendeten Schatzer auch die Untersuchung des okonomischen Mehrwertes der dynamischen Portfolio-Volatilitats-Timing-Strategie auf Basis von Tagesdaten von 1992 bis 2004. Die Evaluierung der Schatzqualitat erfolgt mittels eines Minimum-Varianz-Portfolios mit und ohne Leerverkaufsbeschrankung. Auf dieser Basis konnen bereits erste Aussagen iiber die okonomische Vorteilhaftigkeit der dynamischen Anpassung getroffen werden. Die genauere Analyse des okonomischen Mehrwertes erfolgt dann in einem weiteren Schritt sowohl fiir das Aktienportfolio, bestehend aus funfzehn Dax-Aktien, als auch fur das Aktien- / Rentenportfolio, bestehend aus Dax- und Rex-Index. Mittels
GANG DER ARBEIT
eines Simulationsverfahrens konnen die Schatzrisiken der erwarteten Renditen in die Betrachtung aufgenommen werden. Zusatzlich werden die Auswirkungen verschiedener Portfolioanpassungsintervalle, proportionaler Transaktionskostenniveaus und unterstellter Risikoaversionsgrade einbezogen. Das Kapitel schlieBt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Kapitel 6 widmet sich der Analyse der auf den Intraday-Daten basierenden Schatzer bzw. Portfolios. Zunachst werden verschiedene Stufen der Datenbereinigung und modifizierte Schatzverfahren vorgestellt. AnschlieBend wird mittels des MinimumVarianz-Portfolios untersucht, inwiefem sich die Qualitat der Schatzer durch die Verwendung von Intraday-Daten verbessert hat. Der okonomische Mehrwert, der durch die Verwendung von Intraday- anstelle von Tagesdaten bei der Schatzung von Varianzen und Kovarianzen entsteht, wird weiterhin fiir verschiedene Portfolioanpassungsintervalle und Transaktionskostenniveaus analysiert. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Kapitels. In Kapitel 7 werden die Ergebnisse der Arbeit insgesamt zusammengefasst und bewertet. Mit verschiedenen Strategieempfehlungen fiir die Bildung von Portfolios unter Berucksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse schlieBt die Arbeit.
2 Grundlagen der modernen Portfoliotheorie Ein Portfolio kann definiert werden als die Aufteilung eines bestimmten Budgets auf mindestens zwei Vermogensgegenstande (Assets).^ Der Ausgangspunkt im Portfoliomanagement ergibt sich mit der grundlegende Fragestellung, wie das Vermogen (Budget) auf die einzelnen Assets aufgeteilt werden soil. MARKOWITZ (1952), der als Begriinder der modernen Portfoliotheorie gilt, liefert mit dem Mittelwert-Varianzoder auch fi-a-Ansatz einen Losungsweg, indem er das Selektions- bzw. Entscheidungsproblem auf zwei statistische GroBen reduziert. Durch die Beschrankung auf die Kriterien erwartete Rendite und Varianz reduziert sich das Selektionsproblem auf die Teilmenge der so genannten „effizienten" Portfolios. Im Folgenden wird zunachst der Ansatz zur Portfoliooptimierung nach Markowitz dargestellt, anschliefiend werden diverse Modellerweiterungen diskutiert.^
2.1 Portfoliooptimierung nach Markowitz 2.1.1 Rendite und Risiko eines Portfolios Nach MARKOWITZ (1952) sind bei der Zusammenstellung des Portfolios die beiden Grofien erwartete Rendite und Varianz ausschlaggebend. Die erwartete Rendite stellt einen Indikator fur die Profitabilitat einer Anlage dar, die Varianz reprasentiert das Risiko."* Das Risiko einer Anlage kann altemativ zur Varianz auch durch die Standardabweichung ausgedriickt werden, ohne dass hierdurch die Ergebnisse qualitativ beeinflusst werden. Markowitz geht bei der Portfoliooptimierung von einem Anleger aus, der seinen Erwartungsnutzen maximieren will und folglich nach dem BemoulliPrinzip handelt.^ Nach dem Bemoulli-Prinzip wird die gesamte Verteilungsfunktion unsicherer Ereignisse, also auch die hoheren Momente einer Verteilung, bei der
Vgl. GERKE/BANK (2003), S. 206. Die Darstellung der theoretischen Grundlagen beschrankt sich in vorliegender Arbeit auf die wesentlichen Punkte. Die Originalarbeiten stammen von MARKOWITZ (1952) und (1959). Weiterfuhrende Literatur ist ELTON ET AL. (2003), SHARPE (2000), HAUGEN (1993), SHARPE / ALEXANDER (1990) und COPELAND /
WESTON (1988). Deutschsprachige Literatur ist SPREMANN (2003), STEINER / BRUNS (2002), UHLIR / STEINER (2001), BREUER / GuRTLER / SCHUHMACHER (1999), LoiSTL (1996) sowie DRUKARZYCK (1993). Vgl. MARKOWITZ (1952), S. 77. Vgl. MARKOWITZ (1987), S. 52-56.
PORTFOLIOOPTIMIERUNG NACH M A R K O W I T Z
Bewertung der Entscheidungsaltemativen beriicksichtigt.^ Soil die Entscheidung iiber die Portfoliozusammenstellung lediglich auf den ersten beiden Momenten einer Verteilung, d.h. der Rendite und der Varianz basieren, so miissen die stochastischen Renditen eines Assets aufgrund der Vereinbarkeit mit dem BemouUi-Prinzip einer elliptischen Wahrscheinlichkeitsverteilung folgen. Der bekannteste Vertreter dieser Verteilungsklasse ist die Normalverteilung. Nach TOBIN (1958) ist die Annahme einer Normalverteilung jedoch nicht zwingend erforderlich, sofem die Anleger quadratische Nutzenflinktionen besitzen.^ In beiden Fallen lasst sich die gesamte Verteilung durch ihre ersten beiden Momente vollstandig beschreiben, d.h. der zu maximierende Nutzen einer Anlage hangt lediglich von der erwarteten Rendite und dem zukunftigen Risiko der Anlage ab. Die Art der Nutzenfunktion bestimmt dabei die Praferenz des Anlegers beziiglich Rendite und Risiko.^ Die Berechnung der erwarteten Rendite eines Portfolios (|ip) erweist sich als unproblematisch und ergibt sich durch Addition der mit den jeweiligen Portfolioanteilen (Wj) gewichteten Einzelrenditen (jij) von N-Anlagen:^ N
(2-1)
|ap=X^i^^i' i=l
bzw. kompakter in der Vektor- und Matrizennotation: (2-2)
|ip=w'|i,
wobei |a den Spaltenvektor der Erwartungswerte der Renditen (|ii) und w' den transponierten Spaltenvektor der Anteilsgewichte (w,) bezeichnet.'^ Die Varianz der Portfoliorendite ist komplizierter zu berechnen, da sie i.d.R. nicht mit der Summe der gewichteten Einzelvarianzen iibereinstimmt. Sie bestimmt sich durch die mittlere quadratische Abweichung der Renditen von ihrem Erwartungswert. Bei einem Portfolio muss zusatzlich zu den gewichteten Einzelvarianzen auch die lineare Abhangigkeit der Renditen (rt) der einzelnen Assets untereinander berticksichtigt Daniel Bernoulli wies bereits im 18. Jahrhundert darauf bin, dass Entscbeidungen unter Unsicberbeit (Risiko) nicbt allein auf Basis von erwarteten Ertragen sondem vielmebr unter Berucksicbtigung aller Momente der Renditeverteilungen getroffen werden sollten. Vgl. dazu BERNOULLI (1954). Vgl. ToBiN (1958), S. 76 und SHARPS (1970), S. 187ff. Vgl. GERKE/BANK (2003), S. 219-225. Vgl. PERRIDON / STEINER (2003), S. 262.
Die Einfubrung der Matrizennotation bereits in diesem Stadium der Arbeit dient dem leicbteren Verstandnis der in den folgenden Kapiteln verwendeten matbematiscben Darstellungen. Eine Einfubrung in die Grundlagen der Matrizenrecbnung bietet beispielsweise PODDlG / DICHTL / PETERSMEIER (2000), S. 653-664.
GRUNDLAGEN DER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE
werden. Diese Abhangigkeit wird mit der Kovarianz bzw. Korrelation gemessen. Die Kovarianz (Oy) zwischen dem Wertpapier i und j lasst sich wie folgt schatzen:
Oflmals wird anstelle der Kovarianz auch die Korrelation (py) zwischen zwei Wertpapieren angegeben. Die Korrelation kann aufgrund der Normierung lediglich Werte im Bereich von -1 bis +1 annehmen und lasst sich somit leichter interpretieren. Kovarianz und Korrelation konnen leicht ineinander tiberfuhrt werden, indem die Kovarianz zweier Wertpapiere durch das Produkt ihre Standardabweichungen (a) dividiert wird:"
(2-4)
p,=-^.
In einem einfachen 2-Anlagen-Fall lasst sich die Portfoliovarianz op^ wie folgt berechnen:'^ (2-5) a j = wf af + WJQ^ + 2WiWjaij. Die Varianz der Portfoliorendite setzt sich folglich aus den beiden gewichteten Varianzen der Einzelanlagen und aus der gewichteten Kovarianz zwischen den Anlagerenditen zusammen.'^ Die Berechnung der Portfoliovarianz im allgemeinen N-Anlagenfall lasst sich wie folgt ausdriicken: N
(2-6)
N
aJ=^2^WiWjaij.
Vgl. P O D D I G / D I C H T L / P E T E R S M E I E R ( 2 0 0 0 ) , S. 65f. Vgl. PERRIDON / STEINER (2003), S. 262.
Den nicht linearen Zusammenhang bei der Berechnung des Portfoliorisikos veranschaulicht Abb. 2-4. in Kapitel 2.1.3.
PORTFOLIOOPTIMIERUNG NACH MARKOWITZ Die Summenschreibweise lasst sich wiederum in die Matrixnotation iibertragen. Man erhalt: (2-7)
ap=w'Qw,
wobei w bzw. w' wiederum der normale bzw. transponierte Spaitenvektor der Anteilsgewichte Wj und Q. die Varianz-Kovarianz-Matrix ist. Eine NxN Varianz-Kovarianz-Matrix besitzt die folgende allgemeine Form:"^ /^
2
a,
a,,
... a,. Or
(2-8) n = •'Nl
^N2
( var(r,) cov(r2,ri)
cov(r,,r2) var(r2)
... ...
cov(r,,rN)^ cov(r2,rN)
cov(rN,r,)
cov(r^,r2)
...
var(rN)
Die Matrix ist symmetrisch, d.h. die Kovarianz der Renditen von Wertpapier 1 und 2 (G\2) entspricht der Kovarianz der Renditen von Wertpapier 2 und 1 (021). Auf der Diagonalen der Varianz-Kovarianz-Matrix sind die Varianzen der einzelnen Wertpapierrenditen abgebildet. Anhand der Gleichungen (2-5) bis (2-7) lasst sich zeigen, dass ein Diversifikationseffekt eintritt, sobald mindestens zwei nicht perfekt positiv korrelierte Anlagen in einem Portfolio gemischt werden. Dies soil im Folgenden anhand eines Beispiels mit zwei Wertpapieren verdeutlicht werden.
2.1.2 Der Diversifikationseffekt Unter der Diversifikation von Risiken wird die teilweise oder vollstandige Reduzierung von Risiken durch Portfoliobildung verstanden.'^ Gleichung (2-5) verdeutlicht, dass sich das Portfoliorisiko aus den gewichteten Einzelvarianzen und der Kovarianz zwischen den einzelnen Wertpapieren zusammensetzt. Im Zwei-Anlagen-Fall lasst sich der Diversifikationseffekt leicht veranschaulichen. Im Sinne einer einfachen Darstellung wird die Kovarianz aus Gleichung (2-5) durch den Korrelationskoeffizienten ersetzt. Man erhalt: (2-9) a j = wfaf + W2a2+2w,W2CJia2P,2.
Vgl. PODDIG / DICHTL / PETERSMEIER (2000), S. 232f. '^
Vgl. GERKE / BANK (2003), S. 225f.
GRUNDLAGEN DER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE
In Abb. 2-1 sind die beiden extremen Falle, d.h. pi2= +1 bzw. pi2= -1 und der Fall pi2 = 0 dargestellt. Im Fall, dass der Korrelationskoeffizient genau eins ist, besteht ein perfekt positiver linearer Zusammenhang zwischen der Anlage 1 und 2. Das Risiko entspricht in diesem Extremfall der Summe der gewichteten Einzelrisiken. In diesem Fall lasst sich kein Diversifikationseffekt durch die Mischung beider Anlagen erzielen. Abb. 2-1: Moglichkeiten der Diversifikation im jii-a-Raum
^p
Anlage 2
Pi2 = +1
Anlage 1
Sind beide Anlagen voUig unkorreliert (pi2 "= 0), besteht also kein linearer Zusammenhang, dann lasst sich ein Portfolio zusammenstellen, welches eine geringere Standardabweichung als die risikominimale Einzelanlage aufweist. Durch den Diversifikationseffekt sinkt das Gesamtrisiko des Portfolios unter das Risiko der Einzelanlagen. Im zweiten Extremfall sind die Anlagen vollstandig negativ korreliert (pi2 = -1). In diesem eher theoretischen Fall lasst sich das Gesamtrisiko des Portfolios vollstandig eliminieren. Entsprechend lohnt es sich fiir den Anleger, Assets in das Portfolio aufzunehmen, die nur gering oder sogar negativ miteinander korreliert sind. Bei stark positiv korrelierten Anlagen lasst sich nur ein minimaler Diversifikationseffekt erzielen. Diese im ZweiAnlagen-Fall getroffenen Aussagen lassen sich auf den N-Anlagen-Fall verallgemeinem. Unterstellt man ein gleichgewichtetes Portfolio mit N Anlagen (w = 1/N), dann lasst sich die Portfoliovarianz ausdriicken als:'^ N
(2-10)a^p=2:
N
N
1 1
i=l j=l
NN
Flir eine ausfuhrlicher Beweisfuhrung vgl. ELTON / GRUBER (1991), S. 28-32 oder HARBRECHT (1971), S. lOlf.
10
PORTFOLIOOPTIMIERUNG NACH M A R K O W I T Z
Zieht man nun die Gewichte 1/N und (N-l)/N vor die erste bzw. zweite Summe, erhalt man:
^
^
P
XT t-T ^N XT N
'
XT -t^r -^^N 1 (N-l) N
1 N N 1 Tl v^ 2^ N - 1 — — S S 1 iiberproportional stark (aggressive Anlage), bei P < 1 unterproportional stark (defensive Anlage), bei einem p von null unabhangig und bei einem P < 0 sogar gegenlaufig.^^ Das Beta eines Portfolios lasst sich als die Summe der mit den Portfolioanteilen gewichteten Einzelbetas durch eine Linearkombination berechnen. Trotz seiner Ahnlichkeit ist das CAPM nicht identisch mit dem Single-Index-Modell aus Kapitel 2.3.1. „Beim CAPM handelt es sich um ein Gleichgewichtsmodell fiir den Kapitalmarkt, das die erwarteten bzw. geforderten Renditen auf verschiedenen Anlagen beschreibt (...). Beim Single-Index-Modell handelt es sich um eine rein statische Relation, die sich aus der stochastischen Spezifikation der multivariaten Struktur der Aktienrenditen ergibt."^^ AuBerdem wird der beim Single-Index-Modell zugrunde gelegte Index durch ein theoretisches MP ersetzt. Die Aussagen des CAPM sind intuitiv. Sie basieren allerdings auf restriktiven Annahmen, die in der Realitat so nicht zutreffen. Daher wurde in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Veroffentlichungen versucht, diese Restriktionen zu lockem. BLACK (1972) verzichtet mit der Begriindung auf die risikolose Anlagemoglichkeit, dass diese in der Realitat nicht vorliegt, da z.B. auch Staatsanleihen ein gewisses Risiko inharent ist. Er zeigt, dass ein Zero-Beta-Portfolio existiert, bei welchem die Separationseigenschaft und die CAPM Preisrelation erhalten bleibt.^^ Das Zero-BetaPortfolio ist ein Portfolio, dessen Rendite stochastisch unabhangig von der Rendite des MP ist. In der Gleichgewichtsanalyse kann es folglich das risikolose Wertpapier ersetzen, da es kein unsystematisches Risiko besitzt. Bildet man nun Linearkombinationen zwischen dem MP und dem Zero-Beta-Portfolio, erhalt man eine Effizienzlinie, die sich von der Wertpapiermarktlinie nur dadurch unterscheidet, dass die risikolose Anlagemoglichkeit durch das Zero-Beta Portfolio ersetzt wurde.^^ LiNTNER (1969) zeigt, dass die wesentlichen Ergebnisse des CAPM auch bei heterogenen Erwartungen der Marktteilnehmer bestehen bleiben. Statt der homogenen erwarteten Renditen und Kovarianzen verwendet er gewogene Mittelwerte der Erwartungsparameter aller Anleger. ^° Allerdings geht die Separationseigenschaft
Vgl. GERKE/BANK (2003), S. 246. DUBACHER / ZiMMERMANN (1989), S. 72. Vgl. BLACK (1972), S. 444-455. Ein einheitlicher Marktpreis des Risikos existiert in diesem Fall nur, falls unbeschrankte Leerverkaufsmoglichkeiten flir das Zero-Beta-Portfolio existieren. Im Gleichgewicht ist das Zero-Beta-Portfolio im net zero supply, d.h. netto wird nur das Marktportfolio gehalten. Vgl. LiNTNER (1969), S. 347-400.
30
ERWEITERUNGEN PER PORTFOLIOTHEORIE
verloren, da nicht alle Anleger notwendigerweise das gleiche Portfolio aus risikobehafteten Anlagen wahlen.^' MERTON (1973) erweitert das statische einperiodige CAPM um eine intertemporale Komponente zu einem Mehrperiodenmodell.^^ Er zeigt, dass die Two-Fund-Seperation in diesem Fall zu einer Three-Fund-Separation wird, d.h. die Anleger stellen sich ihr Portfolio aus drei Anlagen zusammen, dem Marktportfolio, der risikolosen Anlage und aus einem Hedge-Portfolio, welches den Anleger gegen unerwartete Anderungen des risikolosen Zinssatzes absichem soll.^^ Diese Erweiterung hat jedoch den Nachteil, dass der Zusammenhang zwischen dem Wert einer Anlage und dem marginalen Beitrag zum Vermogen im intertemporalen CAPM nicht mehr vorhanden ist.^"*
Eine Reihe von empirischen Untersuchungen zum CAPM konnen nachweisen, dass noch zahlreiche weitere unberiicksichtigte Einflussfaktoren existieren. Daher wird dem CAPM oft eine unzureichende eindimensionale Risikobetrachtung vorgeworfen. ^^ SHARPE (1977) hat gezeigt, dass die im Beta Faktor aggregiert erfassten Risikoquellen auch differenzierter dargestellt werden konnen.^^ Dieses Multi-Beta CAPM bildet okonomische Risikofaktoren durch geeignete Kombinationen aus Wertpapieren nach. Dies setzt allerdings eine perfekt positiv korrelierte Rendite der Wertpapierkombinationen mit dem Risikofaktor voraus. Die erwartete Rendite einer Anlage ergibt sich dann aus der Addition des Zinssatzes der risikofreien Anlage mit den verschiedenen Faktorrisikopramien.^^ Empirisch konnte das CAPM bislang weder bestatigt noch eindeutig widerlegt werden.^^ Es treten Effekte auf, die im Widerspruch zum CAPM stehen, wie beispiels-
In diesem Fall kann das Marktportfolio nicht effizient sein und die empirische Testbarkeit des CAPM wird in Frage gestellt. Vgl. dazu ROLL (1977). Vgl. MERTON (1973), S. 867-888. Bereits MERTON (1971) zeigt, dass bei kontinuierlicher Portfoliorevision im mehrperiodigen Modell die Seperationseigenschaft nach TOBIN (1958) wie im einperiodigen Modell erhalten bleibt. Das von BREEDEN (1979) entwickelte Konsum-CAPM zeigt, dass die entscheidende Grofie der individuelle intertemporale Konsumplan ist. Damit hangt der Wert einer Anlage nicht mehr von seinem marginalen Beitrag zum Endvermogen, wie im einperiodigen Modell, sondem von dem marginalen Risikobeitrag zum Konsumplan ab. Das so genannte Konsum-Beta wird zur erklarende Variablen der Anlagerenditen. Vgl. F A M A / F R E N C H (1995), F A M A / F R E N C H (1993), F A M A / F R E N C H (1992), BEAVER / KETTLER / SCHOLES
(1970) sowie KING (1966). Vgl. SHARPE (1977), S. 127-135. Eine detaillierte Modellableitung fmdet sich in NOWAK (1994). Es existieren noch zahlreiche weitere Variationen des CAPM. So konnen Steuem oder Transaktionskosten mit in die Betrachtung gezogen werden. Einen Uberblick iiber die verschiedenen Modellvarianten bietet PERRIDON / STEINER (2003), S. 279f. Einen Uberblick iiber Untersuchungen zum deutschen Aktienmarkt fmdet sich in MOLLER (1988).
GRUNDLAGEN PER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE
3J^
weise der Small Cap Effekt.^^ Auch sind die Modellparameter, insbesondere das Beta, im Zeitablauf nicht konstant. Trotz der zahlreichen Kritikpunkte stellt das CAPM das bekannteste Modell zur Erklarung des Zusammenhangs zwischen erwarteter Rendite und dem Risiko eines Wertpapiers dar. Besonders im Bereich der Performancemessung werden Anlageergebnisse haufig auf Basis des CAPM erklart. 2.4
PerformancemaOe
Die Schwierigkeit bei der Performancemessung von Portfolios besteht darin, dass die erzielte Rendite eines Portfolios nicht nur aufgrund der Fahigkeit des Fondmanagers zustande kommt, sondem auch von Zufallseinflussen und der Entwicklung der Kapitalmarkte beeinflusst wird. Es ist zwar moglich, den absoluten Erfolg der Kapitalanlage anhand der erzielten Rendite zu messen, fur eine genauere Beurteilung der Qualitat des Fondmanagers bzw. des Portfolios miissen jedoch weitere GroBen, wie das eingegangene Risiko und auch eine VergleichsgroBe fur die Rendite (Benchmark), einbezogen werden. Vereinfacht kann die Performance als Uberschuss der erzielten Portfoliorendite liber eine geeignete Benchmarkrendite, standardisiert um ein adaquates RisikomaB, defmiert werden.'^^ Bei der Berechnung der Rendite eines Portfolios mussen insbesondere auch Kapitalzuund -abflusse beriicksichtigt werden, so dass nur der Anlageerfolg, den ein Portfoliomanager auch beeinflussen kann, gemessen wird. Falls Kapitalbewegungen wahrend eines Jahres auftreten, ist der einfache Vergleich zwischen Jahresendund -anfangswert des Portfolios allein nicht aussagekraftig. Daher mussen zeitgewichtete Renditen fiir die jeweiligen Unterperioden berechnet werden, um die Einflusse der Kapitalbewegungen aus der Portfoliorendite zu eliminieren.'^' Wie aus obiger Definition von Performance ersichtlich wird, ist nicht allein die Rendite fiir die Beurteilung des Anlageerfolges eines Portfolios verantwortlich. Zwei Portfolios mit gleicher Rendite, aber unterschiedlich eingegangen Risiko, stellen fiir einen Anleger nicht den gleichen Wert dar.^^^ Die gebrauchlichsten RisikomaBe sind die Varianz bzw. die Standardabweichung zur Abbildung des Gesamtrisikos und das Beta aus dem CAPM als Mal3 fiir das systematische Risiko. Die Varianz, welche in diesem Zusammenhang auch als Volatilitat bezeichnet wird, misst die positiven und
^^
Vgl. B R E A L E Y ( 1 9 9 0 ) , S. 9.
'"^ Vgl. ZIMMERMANN (1991), S. 178. ^^^ Vgl. WiTTROCK (2002), S. 958-960. ^
Bei dieser Aussage wird unterstellt, dass der Kapitalmarkt von risikoscheuen Anlegem dominiert wird, welche fiir ein hoheres Risiko immer eine hohere Rendite fordem.
32
PERFORMANCEMABE
negativen Abweichungen der Renditen von ihrem Mittelwert. Sie stellt dann ein adaquates RisikomaB dar, wenn die Renditen normalverteilt sind. Sollen lediglich negative Abweichungen der Renditen von ihrem Mittelwert betrachtet werden, kann die Semivarianz als MaB fur das downside Risiko verwendet werden. Ein weiteres bekanntes MaB fiir das downside Risiko ist der so genannte Value at Risk (VaR). Der VaR gibt den maximalen Verlust einer Anlage, der in einem bestimmten Zeitraum mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit nicht uberschritten wird, an.'^^ Der Vorteil des VaR ist, dass er eine absolute GroBe in Geldeinheiten beziffert und somit leicht interpretiert werden kann. Die letzte fehlende GroBe zur Berechnung der Performance ist die Benchmarkrendite. Anhand dieser Benchmark kann die Rendite eines Portfolios verglichen werden. Bei der Bestimmung der Benchmark sollte darauf geachtet werden, dass sie eine real erwerbbare Alternative mit geringen Kosten darstellt. AuBerdem sollte sie bereits ausgewahlt worden sein, bevor die Anlageentscheidung getroffen wurde.'^"^ Zusatzlich sollte sichergestellt sein, dass sie den gleichen quantitativen und qualitativen Anlagerestriktionen unterliegt, wie das Portfolio, da nur dann eine Vergleichbarkeit gegeben ist.'«^ In der Praxis werden haufig Marktindizes als Benchmark herangezogen. Dies ist jedoch nur dann zweckmaBig, wenn das zu beurteilende Portfolio ausschlieBlich Titel enthalt, deren Wertentwicklungen durch den Index abgebildet werden. Beispielsweise ware es nicht konform, wenn ftir ein Portfolio mit z.T. amerikanischen Aktien der Dax-Index als Benchmark ausgewahlt wird. AuBerdem sollte der Benchmarkindex ein Performance-Index sein, da ansonsten Dividendeneffekte zusatzlich beriicksichtigt werden miissen.'^^ Zudem wird aus den Anforderungen an eine Benchmark ersichtlich, dass es sich bei ihr um ein nicht gemanagtes Portfolio handeln sollte. Um fiir den Anleger eine attraktive Investitionsaltemative darstellen zu konnen, sollte das zu beurteilende Portfolio nach Abzug aller Kosten eine hohere Rendite erzielen als die passive Benchmark. Fur die abschlieBende Beurteilung der relativen Vorteilhaftigkeit einer Portfolioanlage miissen zudem die Risiken sowohl des Portfolios als auch der Benchmark beriicksichtigt werden. Die drei bekanntesten MaBe zur Messung der Performance eines Portfolios sind das Sharpe-, das Treynor- und das Jensen-MaB.
'"'
Vgl. u.a. STEINER/BRUNS (2002), S. 601.
'^'^ Vgl. SHARPE (1992), S. 16. ^^^ Vgl. LERBINGER (1984), S. 65. ^^^ Vgl. ZIMMERMANN / ZoGG-WETTER (1992), S. 144.
33
GRUNDLAGEN DER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE
Die Sharpe Ratio (SR), die auch als Reward to Variability Ratio bezeichnet wird, misst den Anlageerfolg als vertikale Abweichung des Portfolios von der Kapitalmarktlinie.'^^ Das MaB wird berechnet als Uberschuss der Rendite des Portfolios (jip) liber den Zinssatz der risikolosen Anlage (rf), dividiert durch die Standardabweichung des Portfolios (ap). (2-23) SR = ^ Die Sharpe Ratio lasst sich als Risikopramie pro Einheit eingegangenen Risikos interpretieren und stellt sich graphisch als Steigung der Verbindungsgeraden zwischen dem risikolosen Zinssatz und dem entsprechenden Portfolio im ^-a-Raum dar. Abb. 2-6: Grafische Darstellung der Sharpe Ratio
Kapitalmarktlinie
Die Performance eines Portfolios fallt grundsatzlich umso besser aus, je hoher die Sharpe Ratio ist. Ein tatsachlicher Anlageerfolg tritt aber erst dann auf, wenn die Steigung der Sharpe Ratio-Geraden hoher ist als die der Kapitalmarktlinie. In Abb. 2-6 ware dies bei Portfolio C nicht der Fall, wobei in diesem Zusammenhang zu beachten ist, dass die berechneten Sharpe Ratio-Werte ex post Werte in Relation zur Kapitalmarktlinie darstellen, da nur so Portfolios oberhalb der Kapitalmarktlinie erreicht werden konnen. Portfolio A weist die hochste Sharpe Ratio auf, auch wenn Portfolio B eine absolut hohere Uberschussrendite in Relation zur Kapitalmarktlinie besitzt.
Vgl. SHARPE (1966), S. 119-138.
34
PERFORMANCEMAfiE
Mittels Kreditaufhahme zum risikolosen Zinssatz lasst sich jedoch das Portfolio A' erreichen, welches bei gleichem Risiko eine hohere Uberschussrendite als B besitzt. Ein Problem des Sharpe-MaBes stellt die Nichtbeachtung der Risikopraferenzen von Anlegem und somit der Konkavitat der Nutzenfunktionen dar, was Rangfolgeentscheidungen zwischen Portfolios verzerren kann.'^^ Als weiterer Kritikpunkt wird angefiihrt, dass sich das MP in der Realitat nicht beobachten lasst. AuBerdem unterscheidet die Sharpe Ratio nicht zwischen systematischem und unsystematischem Risiko, sondem betrachtet nur das Gesamtrisiko in Form der Standardabweichung.'^^ Diese Eigenschaft wird problematisch, wenn neben einem Portfolio weitere Vermogensgegenstande gehalten werden und ein Anleger somit das unsystematische Risiko des Gesamtvermogens u.U. vollstandig diversifiziert hat, da in diesem Fall nur das systematische Risiko des Portfolios bewertungsrelevant ware. Soil nur das systematische Risiko bei der Auswahl von Portfolios betrachtet werden, eignen sich das auf dem CAPM basierende Treynor- und Jensen-Mai3. Das TreynorMaB (TM) berechnet sich analog zum Sharpe-MaB als Uberschussrendite pro Einheit Risiko mit dem Unterschied, dass beim Treynor-MaB, wie aus Gleichung (2-24) ersichtlich wird, gegeniiber dem Sharpe-MaB nur das systematische Risiko (Pi) als bewertungsrelevant einflieBt:'^^ (2-24) TM = y*"''^ Pi
Graphisch kann der Anlageerfolg wiederum als Steigung der Geraden zwischen dem Portfolio und dem risikolosen Zinssatz interpretiert werden. Theoretisch kann ein Portfolio ex ante nicht iiber der Wertpapiermarktlinie liegen. Wird wie beim SharpeMaB jedoch eine ex post Betrachtung vorgenommen, wird eine bessere Performance moglich. Beziiglich der Kritik unterliegt das Treynor-MaB analogen Kritikpunkten wie das CAPM. Als Approximation an das Marktportfolio werden i.d.R. Marktindizes verwendet. Der wesentlichste Kritikpunkt besteht allerdings darin, dass die Reduktion auf die alleinige Betrachtung des systematischen Risikos nur dann adaquat ist, falls die Anleger ein gut diversifiziertes Portfolio halten und / oder weitere Vermogens-
Aus diesem Grund wird neben der Sharpe Ratio auch die nutzenbasierte Pramie zur Ermittlung des okonomischen Mehrwertes der dynamischen Volatilitats-Timing-Strategie verwendet. Vgl. dazu Kapitel 4.3.3. Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 606f. Vgl. TREYNOR (1965), S. 63-75.
GRUNDLAGEN PER MODERNEN PORTFOLIOTHEORIE
35^
gegenstande neben dem Portfolio besitzen.'^^ 1st dies nicht der Fall, muss auch das unsystematische Risiko in die Betrachtung einbezogen werden. Eine ausschlieBliche Verwendung des Treynor-MaBes ware dann nicht aussagekraftig. Als weiteres PerformancemaB basierend auf dem CAPM misst das Jensen-MaB (JM) die vertikale Abweichung eines Portfolios von der Wertpapiermarklinie. ^'^ Diese Abweichung kann hierbei als absolute abnormale Rendite interpretiert werden und berechnet sich wie folgt:
(2-25)JM = ^ i - h + ( ^ ^ - r , ) p J . Im Gegensatz zu den beiden anderen PerformancemaBen stellt das Jensen-MaB eine absolute GroBe dar. Mit dem Jensen-MaB konnen keine Rangfolgen der Portfolios bestimmt werden, da die Portfolios unterschiedliche systematische Risiken aufweisen konnen. Es ist nur eine Aussage daruber moglich, ob ein Portfolio eine bessere Performance aufsveist als die Benchmark.^'^ Im Rahmen der empirischen Untersuchungen dieser Arbeit wird das Sharpe-MaB verwendet, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die betrachteten Portfolios keine unsystematischen Risiken enthalten. AuBerdem soil keine Annahme daruber getroffen werden, ob ein Investor noch weitere Vermogensgegenstande besitzt und damit nur das systematische Risiko bewertungsrelevant ware.
^^^ Vgl. SHARPE / ALEXANDER (1990), S. 739.
^^^ Vgl.JENSEN(1968),S. 389-416. *^^ Vgl. HAUGEN (1993), S.313f.
37
3 Volatilitats-Timing Als Ausgangspunkt fur die Betrachtung von Markt- und Volatilitats-Timing zeigt MERTON (1971) in einem theoretischen Modell, wie die zeitliche Variation der Renditeverteilungsparameter die optimale Portfoliozusammenstellung eines rationalen Investors verandert.''"* So sollte ein Investor beispielsweise den Anteil riskanter Assets in Zeiten hoher erwarteter Renditen erhohen (Markt-Timing) bzw. in Phasen hoher erwarteter Volatilitat senken (Volatilitats-Timing). In diesem Zusammenhang haben zahlreiche empirische Studien in den letzten Jahren die relative Bedeutung der aus den Parameterveranderungen resultierenden Effekte untersucht. Der Schwerpunkt dieser Untersuchungen liegt jedoch auf der Schatzbarkeit der Parameter mit niedriger und nicht mit hoher zeitlicher Frequenz sowie auf den Auswirkungen der sich im Zeitablauf verandemden erwarteten Renditen und nicht auf den zweiten zentralen Momenten."^ Die Prognose von erwarteten Renditen speziell im kurzfristigen Bereich birgt erhebliche Schatzrisiken, was zu EffizienzeinbuBen bei der Zusammenstellung von Portfolios fiihrt. "^ Varianzen und Kovarianzen konnen gegenuber den erwarteten Renditen dagegen mit einer deutlich hoheren Prazision geschatzt werden."^ Vorliegende Arbeit konzentriert sich daher auf die Schatzung und Prognose der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung mit dem Ziel, den okonomischen Nutzen einer Volatilitats-Timing-Strategic im Kontext einer dynamischen Portfolioanpassung zu messen. Zusatzlich soil der okonomische Wert von Intraday-Kursinformationen zur effizienteren Bildung von Portfolios betrachtet werden. Bevor in Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit Aufbau und verwendete Methodik der durchgefiihrten Untersuchungen vorgestellt werden, werden im Folgenden zunachst die empirischen Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen in Bezug auf Volatilitat und Kovarianz bzw. Korrelation sowie Besonderheiten im Zusammenhang mit IntradayVgl. MERTON (1971), S. 373-413. OMBERG (2001), BRENNAN / XIA (2000) und CAMPBELL / VICEIRA (1998) untersuchen die langfristige zeitliche Veranderung des quasi-risikolosen Zinssatzes (Geldmarktrendite). AVRAMOV (2002), CREMERS (2002), LYNCH (2001), XIA (2001), BARBERIS (2000), LYNCH / BALDUZZI (2000), CAMPBELL / VICEIRA
(1999), SCHROEDER / SKIADAS (1999) und KANDEL / STAMBAUGH (1996) betrachten die langfristige Veranderung der Risikopramie, wahrend CAMPBELL / CHAN / VICEIRA (2003), AIT-SAHALIA / BRANDT
(2001), KoGAN / UPPAL (2001) beide Veranderungen simultan untersuchen. Vgl. dazu Kapitel 2.2.2. Vgl. u.a. KEMPF / MEMMEL (2003), S. 529 und MERTON (1980), S. 326. Beide betonen, dass ein Anleger Zeitreiheninformationen nur zur Steuerung der Risiken eines Portfolios verwenden sollte und nicht um Aktien mit einer hoheren erwarteten Rendite zu identifizieren.
^8
EMPIRISCHE EIGENSCHAFTEN VON FINANZMARKTZEITREIHEN
Kursdaten diskutiert. Hiermit kann zum einen eine Volatilitats-Timing-Strategie motiviert werden, zum anderen lassen sich empirische Muster fur die Entwicklung eines neuen Varianz-Kovarianz-Schatzers feststellen. Im Anschluss an die Beschreibung der Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen wird die bisherige empirische Forschungsliteratur zum Markt- und Volatilitats-Timing sowie zu den kombinierten Strategien vorgestellt.
3.1 Empirische Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen 3.1.1 Volatilitat Volatilitat beschreibt die Schwankungsintensitat von Kursen oder Renditen eines Finanzinstrumentes im Zeitablauf ^ Die Volatilitat an Kapitalmarkten lasst sich nicht direkt beobachten und muss daher geschatzt werden. Hierzu steht eine groBe Auswahl an Kennziffem bzw. Schatzverfahren zur Verfligung, die grob eingeteilt werden konnen in Verfahren, die auf historischen Kursdaten basieren und Verfahren, die die implizierte Volatilitat mithilfe von Optionspreisen berechnen. Innerhalb der Gruppe der historischen Schatzverfahren kann weiter differenziert werden in statische Kennziffem und dynamische Volatilitatsmai3e. Statische Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine einzige MaBzahl aus Daten eines vorgegebenen Intervalls berechnen. So lasst sich beispielsweise die monatliche Volatilitat aus Tagesdaten oder die tagliche Volatilitat aus Intraday-Daten bestimmen. Das gebrauchlichste VolatilitatsmaB stellt die empirische Varianz bzw. Standardabweichung dar: (3-1)
V=:!:I(r,-f)^ A t=i
bzw.
o,=
kt(r,-ry. V ^ t=i
Die empirische Varianz berechnet die durchschnittliche quadratische Abweichung der Rendite (r^ von ihrem Durchschnittswert ( F ) uber T Perioden. Die Standardabweichung ist die positive Quadratwurzel aus der Varianz und besitzt den Vorteil, dass sie dieselbe Dimension hat wie das Merkmal, fiir das sie berechnet wurde. Soil mit der Varianz einer Stichprobe die Varianz einer iibergeordneten Gesamtheit
Vgl. GERKE (2002), S. 835.
VOLATILITATS-TlMING
39^
geschatzt werden, dann wird anstelle des Faktors 1 / T der Faktor 1 / (T - 1 ) verwendet.^^^ Die Anwendung der empirischen Varianz bzw. Standardabweichung bringt eine Reihe von Problemen mit sich. Generell wird die empirische Varianz zuverlassiger, je groBer T ist. Falls jedoch Trendwechsel nicht ausgeschlossen werden konnen, kann es zu einem Niveausprung der Renditen kommen, was dazu fuhrt, dass die Renditen einen zeitabhangigen Erwartungswert aufweisen. In einem solchen Fall mtissen Unterintervalle gebildet werden, um die Varianz zu berechnen. Die Varianz eignet sich als SchwankungsmaB zwar u.a. fiir normalverteilte Zufallsvariablen, kann jedoch nicht unbedingt fur alle Verteilungen angewendet werden. Zudem handelt es sich bei der Varianz als quadratische MaBzahl um ein hinsichtlich AusreiBem sehr sensibles Mal3, so dass bei sehr kurzen Beobachtungsintervallen Verzerrungen nicht ausgeschlossen werden konnen. Dynamische VolatilitatsmaBe bedienen sich zwar auch historischer Kursdaten, aber im Gegensatz zu den statischen Kennziffem wird bei ihnen die Volatilitat mithilfe eines stochastischen Prozesses dargestellt. Die Ermittlung der Volatilitat setzt somit voraus, dass der stochastische Prozess die Zeitreihe hinreichend genau beschreibt und dass die Modellparameter geschatzt werden konnen. Ein weit verbreiteter Modellansatz ist die Klasse der ARCH-Modelle (Auto Regressive Conditional Heteroskedasticity), welche von ENGLE (1982) eingefuhrt wurde.'^^ Mit dieser Modellklasse lassen sich bestimmte empirische Eigenschaften von Finanzmarktzeitreihen, wie z.B. das Volatilitatsclustering, modellieren. Unter Volatilitatsclustering bzw. bedingter Heteroskedastizitat von Finanzmarktzeitreihen versteht man die Tendenz, dass nach groBen (kleinen) Preisanderungen wieder groBe (kleine) Preisanderungen folgen. '^^ Dies bedeutet, dass sich relativ ruhige Phasen mit geringen und relativ volatile Phasen mit groBen Kursauschlagen im Zeitablauf abwechseln. AUerdings gilt diese Aussage nur ungeachtet der Renditevorzeichen. Dieses Volatilitatsmuster kann auch auf dem deutschen Markt nachgewiesen werden. So zeigt SCHRODER (2002) in einer Untersuchung zum Dax-Index iiber funfzehn Jahre, dass die einfachen Renditen nicht signifikant autokorreliert sind. Werden jedoch quadrierte oder absolute Renditen betrachtet, so liegt eine signifikant positive
''^ Vgl. SCHWARZE (1998), S. 88. ^^^ Es gibt noch weitere stochastische Volatilitatsmodelle. Fiir einen Uberblick iiber die verschiedenen Modellvarianten vgl. PooN / GRANGER (2005), S. 45f. ^ Heteroskedastizitat bedeutet, dass die Renditen nicht unabhangig sind, sondem ihre Variabilitat vom Kursverlauf in der jiingeren Vergangenheit abhangt. Zum Volatilitatsclustering vgl. u.a. auch ENGLE (1993), S.72.
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Autokorrelation fiir insgesamt 28 von 40 Autokorrelationskoeffizienten vor.'^^ FRANKE bestatigen die positive Autokorrelation bei den quadrierten und absoluten Renditen in einer Untersuchung fiir zwanzig Dax-Aktien. '^^ Die Tatsache, dass bei den quadrierten und absoluten Renditen samtliche Autokorrelationskoeffizienten positiv sind, lasst den Schluss zu, dass auf kleinere Renditen tendenziell wieder kleinere Renditen folgen und dass auf groBe Kursbewegungen entsprechend grofie folgen. Die nur schwache bzw, nicht signifikante Autokorrelation der einfachen Renditen zeigt jedoch, dass diese Aussage nur ungeachtet der Renditevorzeichen Gultigkeit besitzt, was die Prognose von Renditen auf Basis der Kurshistorie erschwert. Wie die Darstellungen im Folgenden zeigen werden, lasst sich auch in vorliegender Untersuchung Volatilitatsclustering sowohl fiir Einzelaktien als auch fiir Indizes nachweisen.'^"* /HARDLE/HAFNER(2001)
Die Volatilitatsveranderungen sind jedoch nur temporar. Nach starken Anstiegen oder Riickgangen tendiert die Volatilitat im Zeitablauf dazu, wieder zu ihrem vorherigen Niveau zuriickzukehren (Volatility-Mean-Reversion). '^^ Allerdings zeichnen sich Phasen mit hoher bzw. niedriger Volatilitat durch eine gewisse Persistenz aus, was dadurch deutlich wird, dass die quadrierten und absoluten Renditen auch noch fiir hohere Lags eine signifikant positive Autokorrelation aufweisen.'^^ Diese Persistenz der Volatilitat im Zeitablauf ermoglicht es, dass sie auf Basis historischer Beobachtungen aus ihrer eigenen Vergangenheit heraus prognostiziert werden kann. Mit der Klasse der ARCH-Modelle lasst sich sowohl das Volatilitatsclustering als auch die Persistenz der Volatilitat verhaltnismaBig einfach modellieren. Samtliche ARCHModelle unterstellen folgenden Zusammenhang: rt = fi + atSf Die Rendite (r^ ist folglich eine Funktion aus dem Mittelwert der Renditen (|i) sowie aus einer sich im Zeitablauf verandemden Varianz (ot), welche mithilfe eines Storterms (8t) modelliert wird. In einem ARCH-Modell stellt die bedingte Varianz zum Zeitpunkt t eine Funktion von zeitverzogerten endogenen Variablen dar. '^^ Die Varianz ist also konditional bedingt beztiglich der Kenntnis der vergangenen Kursbeobachtungen. Die
122
Vgl. SCHRODER (2002), S. 311f. Vgl. FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), S. 150. Fiir den amerikanischen Markt kommen u.a. FAMA (1965) und MANDELBROT (1963) zu ahnlichen Ergebnissen. Vgl. Tab. 4-2 in Kapitel 4.2.
125 Vgl. FOUQUE / PAPANICOLAOU / SIRCAR / SOLNA (2003), S. 3f. 126 127
Vgl. SCHRODER (2002), S. 311. Vgl. ENGLE (1982), S.988f.
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einfachste Form, die bedingte Varianz (ot^) in einem ARCH(q)-Modell zu berechnen, wird durch folgende Gleichung dargestellt:'^^ (3-2) af=ao + X;^,a,8f_,. Die bedingte Varianz in Gleichung (3-2) stellt den gewichteten Durchschnitt der q letzten quadrierten Fehlerterme dar. Die StorgroBe (eO, welche i.d.R. eine standardnormal verteilte Zufallsvariable ist, wird mit der Volatilitat der Folgeperiode Ot+i^ verkniipft. Eine hohe aktuelle Volatilitat flihrt so zu einer tendenziell gleichfalls hoheren Volatilitat in der Folgeperiode. Dadurch werden die beschriebenen Volatilitatscluster abgebildet. Man erkennt, dass es sich bei Gleichung (3-2) um einen Moving-Average- (MA-) Prozess handelt und nicht, wie das Akronym ARCH vermuten lasst, um einen autoregressiven (AR-) Prozess. Mit der Definition Vt = Zi - Ot^ lasst sich Gleichung (3-2) jedoch umformen zu:'^^ (3-3) 8 ^ = a „ + X > i < i + ^
mitE[v,]=0.
Gleichung (3-3) beschreibt einen AR-Prozess fiir z^- Die Wahl der GroBe q hangt davon ab, wie schnell sich die Volatilitat im Zeitablauf andert bzw. wie weit in die Vergangenheit der Einfluss der historischen Volatilitat auf die aktuelle Volatilitat zuriickgeht.'^^ Als Standardmethode fiir die Schatzung von ARCH(q)-Modellen wird der Maximum-Likelihood-Ansatz verwendet.'^' Eine logische Erweiterung des ARCH(q)-Modells nimmt BOLLERSLEV (1986) vor, indem er zusatzlich zu den quadrierten Fehlertermen noch die historischen bedingten Varianzen in die Gleichung (3-2) und (3-3) integriert. '^^ Die Modellerweiterung, bekannt als GARCH(p, q)-Modell, besitzt folgende Form:'" (3-4)
aj=a„+i;i,a,8f.i+£;,bjaj_^.
Vgl. SCHRODER (2002), S. 315. Die Parameterrestriktionen ao > 0 und ai > 0 sowie die Beriicksichtigung der zeitverzogerten Fehlerterme in quadrierter Form gewahrleisten, dass die bedingte Varianz stets positive Werte annimmt. Vgl. SCHRODER (2002), S. 315. Vgl. FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), S. 219. Vgl. FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), S. 220f.
Vgl. BOLLERSLEV (1987), S. 543. Vgl. PAGAN / SCHWERT (1990), S. 268.
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EMPIRISCHE EIGENSCHAFTEN VON FINANZMARKTZEITREIHEN
Die hinreichenden Bedingungen fur positive Werte von Q^ sind ao > 0, aj > 0 sowie bj > 0. Um die Temporaritat der Volatilitatsschocks zu gewahrleisten, gilt die Restriktion, dass die Summe samtlicher Koeffizienten ai und bj kleiner sind als eins. Ansonsten wiirde die bedingte Varianz ein expansives Verhalten aufweisen und sich langfristig bis ins Unendliche vergroBem. Mit dieser Restriktion ist ein GARCH(p,q)Prozess jedoch stationar.'^"* Fur Finanzmarkt-Zeitreihen wird ein GARCH(l,l)-Modell i.d.R. als ausreichend angesehen, so dass sich Gleichung (3-4) wie folgt vereinfacht: (3-5) aJ =ao+a,-ef,,+b,-af,,. Die Varianz zum Zeitpunkt t hangt folglich nur von der bedingten Varianz sowie von dem Fehlerterm der Vorperiode ab. Implizit ergibt sich iiber die bedingte Varianz GM^ jedoch auch ein Einfluss friiherer Perioden, der mit jeweils groBeren Werten von b ansteigt. Es existiert eine Reihe von Modellerweiterungen und Modifikationen fiir die ARCHModelle.'^^ Eine Grundidee fiir eine weitere Klasse an Modellen ist beispielsweise, dass fallende Aktienkurse tendenziell zu einer hoheren Volatilitat fiihren als steigende (Leverage-Effekt). '^^ Dieser Effekt bleibt bei den zuvor beschriebenen ARCHModellen unberiicksichtigt, da diese nur eine symmetrische Reaktion der Volatilitat auf Kursanderungen modellieren. Auch in der im Rahmen der Arbeit vorgenommenen folgenden Untersuchung wird u.a. ein Spezialfall eines GARCH-Modells zur Schatzung der Varianzen und Kovarianzen herangezogen.'^^ Die implizierte Volatilitat, die haufig auch als implizite Volatilitat bezeichnet wird, wird nicht aus den Aktienkursen selbst, sondem aus den an den Terminborsen gehandelten Aktienoptionen berechnet. Sie stellt die vom Markt wahrend der Restlaufzeit einer Option erwartete Volatilitat einer Aktie dar.'^^ Grundlage fiir ihre Berechnung ist die von BLACK / SCHOLES (1973) aufgestellte Formel zur Optionspreisbewertung.'^^ Die Inputparameter der Black-Scholes-Formel sind der aktuelle Aktienkurs, der Basispreis, die Restlaufzeit der Option, der risikofreie Zinssatz und die Volatilitat des Underlyings. Grundsatzlich sind alle Faktoren bis auf die Volatilitat bekannt. 134 135
Vgl. BOLLERSLEV(1986), S. 310. Einen LFberblick tiber weitere ARCH-Modellvarianten findet sich in PooN / GRANGER (2005), FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), SCHRODER (2002) und in PAGAN (1996).
136
Diese Modelle werden auch als asymmetrische ARCH-Modelle bezeichnet. Der bekannteste Vertreter aus dieser Klasse ist das Exponential-GARCH-Modell von NELSON (1991). Vgl. dazu Kapitel 4.3.2.4. Vgl.WYSTUP(2001), S.4. Vgl. BLACK/SCHOLES (1973), S. 640-645.
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Die Optionspreisformel von BLACK / SCHOLES (1973) kann jedoch nicht direkt nach der Volatilitat aufgelost werden. Bei bekanntem Optionspreis muss ein iteratives Verfahren, z.B. eine revolvierende lineare Interpolation, verwendet werden.^"^^ Die so ermittelte Volatilitat wird dann als implizierte Volatilitat bezeichnet. Altemativ kann das Berechnungsverfahren nach CORRADO / MILLER (1996) angewendet werden, sofem der Preis des Underlyings nahe am diskontierten Strikepreis liegt und die Restlaufzeit ein bis drei Monate betragt."^' Es ware zu erwarten, dass eine Methode, die die Erwartungen der Marktteilnehmer ftir die Zukunft widerspiegelt, einem Modell, das rein auf historischen Informationen basiert, iiberlegen sein sollte. Dies wird auch in einer Reihe von empirischen Untersuchungen bestatigt.^"^^ Allerdings gibt es auch zahlreiche Kritikpunkte, welche gegen die Verwendung der implizierten Volatilitat sprechen. Der GroBteil dieser Kritikpunkte kniipft an die von BLACK / SCHOLES (1973) getroffenen Annahmen an. So ist beispielsweise die Annahme eines konstanten und bekannten kurzfristigen Zinses, welcher identisch fur die Anlage und Aufnahme von Mitteln in beliebiger Hohe ist, in der ReaHtat nicht gegeben. Im Mittelpunkt der Kritik steht jedoch, dass BLACK / SCHOLES (1973) in ihrer Bewertungsformel von einer im Zeitablauf konstanten Volatilitat ausgehen. Zudem wird angefiihrt, dass Optionen mit kiirzerer Restlaufzeit, die tief im oder aus dem Geld sind, empirisch eine niedrigere implizierte Volatilitat haben, als Optionen am Geld, obwohl die Volatilitat theoretisch unabhangig vom Basispreis der Option sein sollte. Dieser Effekt wird als „Volatility Smile" bezeichnet. "^^ FiGLEWSKi / CANINA (1993) kommen fiir den amerikanischen Markt zu dem Ergebnis, dass einfache historische Prognoseverfahren besser sind als die Verwendung der implizierten Volatilitat. ^^"^ Dieses Ergebnis steht in Widerspruch zu den oben genannten Untersuchungen. BLAIR ET AL. (2001) zeigen fiir den S&P 500 Index, dass die Prognosequalitat von realisierter Intraday-Volatilitat im Bereich der Ein-TagesPrognose sehr nahe an der Prognosegiite der implizierten Volatilitat liegt. Bei einer Prognose fur einen langeren Zeitraum ist die implizierte Volatilitat jedoch ein iiberlegendes MaB.'"*^
Vgl. FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), S. 95 und Cox / RUBINSTEIN (1985), S. 278.
Vgl.CoRRADO/MILLER (1996), S. 597-599. 142
Vgl. CHRISTENSEN/PRABHALA(1998), S. 148; FLEMING (1998), S. 341; JACKWERTH/RUBINSTEIN (1996),
S. 1613 sowieNcuBE(1996), S. 81. 143
Vgl. IRLE( 1998), S. 160. Vgl. CANINA / FIGLEWSKI (1993), S. 672.
Vgl. BLAIR/PooN/TAYLOR (2001), S. 21f.
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Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die implizierte Volatilitat ein guter Schatzer fiir die zukunftige Volatilitat ist. Ihre Uberlegenheit ist jedoch bei kurzfristigen Volatilitatsprognosen geringer. Ein Grund dafiir konnte sein, dass Optionen beispielsweise nur einmal im Monat fallig werden und die implizierte Volatilitat die vom Markt geschatzte Volatilitat fiir die gesamte Restlaufzeit der Option ist. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird die implizierte Volatilitat in Form des Dax-Volatilitatsindex als Basis fiir den neu entwickelten Varianz-Kovarianz-Schatzer verwendet."^^ Im Rahmen des Vergleiches zwischen dynamischen und statischen Modellen haben POON / GRANGER (2005) die Ergebnisse von 93 Untersuchungen zur Volatilitatsprognose miteinander verglichen. Beziiglich des Vergleichs der ARCH-Modelle versus den historischen Prognoseverfahren stellen siebzehn Studien die Uberlegenheit der ARCH-Modelle fest, jedoch kommen 22 Studien zum entgegengesetzten Ergebnis."*^ KAISER (1997) stellt in einer empirischen Studie zum deutschen Aktienmarkt fest, dass ein Modell der exponentiellen Glattung der Prognose eines GARCHModells bei einer Out-of-Sample-Prognose liberlegen ist."^^ Einzig bei der In-SamplePerformance weisen die GARCH-Modelle bessere Ergebnisse auf."^^ DiMSON / MARCH (1990) zeigen fur den englischen Markt, dass uberlegene Ergebnisse fiir eine InSample-Prognose auf Data-Mining bzw. Data-Snooping zuriickzuflihren sind.'^^ Fiir die Risikosteuerung eines Portfolios ist jedoch nicht nur die Volatilitat der Undelyings von entscheidender Bedeutung, sondem auch die Kovarianzen bzw. Korrelationen zwischen den Assets. Deren empirische Eigenschaften sollen im Folgenden kurz dargestellt und diskutiert werden. 3.1.2 Kovarianz INGERSOLL (1987) und REBONATO (1999) zeigen, dass die optimale Portfoliozusammenstellung sensibel hinsichtlich schwankender Kovarianzen ist. Anstelle der Kovarianz kann als ein weiteres MaB fiir den linearen Zusammenhang zwischen zwei Wertpapieren auch die Korrelation bzw. der Korrelationskoeffizient, der eine Normierung der Kovarianz darstellt, verwendet werden. '^' Um die Risiken eines
^^^ Vgl. dazu Kapitel 4.4.1 und 4.4.2. ^^'^ Vgl. PooN / GRANGER (2005), S. 46f. ^^^ Vgl.KAlSER(1997), S. 95. '^^
Vgl.KAiSER(1997),S.77.
'^° Vgl. DiMSON/MARSH (1990), S. 401. ' ^ ^ Vgl. Gleichung (2-4) aus Kapitel 2.1.1 dieser Arbeit.
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Portfolios steuem zu konnen, bedarf es einer expliziten Modellierung und Schatzung von Kovarianzen bzw. Korrelationen. Zahlreiche Modelle gehen von im Zeitablauf gleich bleibenden Korrelationen bzw. Kovarianzen aus. Eine Reihe von Untersuchungen zeigt jedoch, dass sowohl die Kovarianz als auch die Korrelation von Wertpapieren im Zeitablauf nicht konstant istJ^^ LUNDIN ET AL. (1999) untersuchen die Autokorrelationsstruktur von Korrelationen auf Basis von taglichen und Intraday-Daten. Sie zeigen, dass die Autokorrelationsstruktur approximativ exponentiell abnimmt.'^^ Auch ANDERSON ET AL. (2000) konnen im Rahmen einer Untersuchung zu Wechselkursen eine hohe positive Autokorrelation der Kovarianzen und Korrelationen im Zeitablauf feststellen. Diese bleibt bis iiber hundert Tage Zeitverzogerung bei den Korrelationen bestehen.'^"^ Es zeigt sich, dass nicht nur die Volatilitat, sondem auch die Korrelation bzw. die Kovarianz Clustering und eine hohe zeitliche Persistenz aufweist. ANDERSEN ET AL. (2001) kommen in einer Untersuchung zu amerikanischen Aktien zu dem Ergebnis, dass Korrelationen ahnliche temporale Eigenschaften aufweisen wie die Volatilitat.'^^ Insgesamt kann festgehalten werden, dass sowohl die Korrelation als auch die Kovarianz im Zeitablauf nicht konstant ist. Beide konnen jedoch aufgrund ihrer empirischen Eigenschaften wie der Persistenz aus ihrer Vergangenheit heraus prognostiziert werden. Insbesondere der Zusammenhang zwischen der Volatilitat und der Korrelation bzw. der Kovarianz ist sowohl fiir die Volatilitats-Timing-Strategie als auch fiir die Entwicklung des neuen Varianz-Kovarianz-Schatzers von besonderem Interesse. So zeigen FURSTENBERG / JEON (1989) bei einem Vergleich der Weltindizes vor und nach dem „Crash" im Oktober 1987, dass die Korrelationen deutlich von durchschnittlich 0,2 auf 0,4 zunehmen.'^^ Solche Perioden mit einem starken Anstieg der Korrelation werden auch als „Correlation Breakdown" bezeichnet. Eine Reihe von Autoren bestatigen die Ergebnisse von FURSTENBERG / JEON (1989) und zeigen, dass die Korrelation zwischen Aktienmarkten in Zeiten hoher Unsicherheit bzw. Volatilitat tendenziell
Vgl. u.a. ENGLE (2002), S. 344-348; ANDERSEN ET. AL. (2001), S. 55 und JACQUIER / MARCUS (2001), S. 17. Altere Untersuchungen wie KAPLANIS (1988), S. 63-75 und JERNICH (1970), S. 904-912 kommen nur zu dem Ergebnis, dass die Kovarianzen im Zeitablauf stark schwanken, wahrend die Korrelationen relativ konstant bleiben. Eine konstante Korrelation bei stark schwankenden Kovarianzen kann dadurch entstehen, dass das Produkt der Standardabweichungen zwischen zwei Assets in gleicher Weise ansteigt bzw. abfallt wie die Kovarianz selbst. Vgl. LUNDINETAL. (1999), S. 114. Vgl. ANDERSEN ET AL. (2000), S. 13f. und S. 25. Vgl. ANDERSEN ET AL. (2001), S. 62. Vgl. FURSTENBERG / JEON (1989), S. 125f.
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ansteigt.'" Wiirde die Korrelation konstant bleiben, dann wiirde mit steigender Volatilitat die Kovarianz entsprechend dem Produkt der Standardabweichungen zwischen zwei Anlagen ansteigen. Da aber auch die Korrelation mit steigender Volatilitat ansteigt, erhoht sich die Kovarianz in Relation zur Volatilitat folglich uberproportional.^^^ Dieser Effekt der ansteigenden Korrelationen lasst sich nicht nur im intemationalen sondem auch im nationalen Kontext beobachten. So zeigen JACQUIER / MARCUS (2001), dass die Korrelationen der nationalen Aktien bzw. Branchen in Phasen hoher Volatilitat deutlich zunehmen. Die Autoren begrunden diesen Zusammenhang damit, dass die allgemeine Marktunsicherheit bzw. das systematische Risiko in Phasen hoher okonomischer Unsicherheit das untemehmensindividuelle bzw. branchenspezifische Risiko dominieren. Im Gegensatz dazu dominiert das individuelle bzw. branchenspezifische Risiko das allgemeine Marktrisiko in relativ ruhigen Phasen mit geringer Unsicherheit, was dazu fiihrt, dass die Korrelationen geringer werden.'^^ Mit analogen Uberlegungen konnen auch die intemationalen Effekte erklart werden, da es zum einen nationale Determinanten gibt, welche spezifisch fur die jeweiligen Lander sind und zum anderen auch intemationale Einflussfaktoren existieren, welche alle Lander gleichzeitig betreffen. Entsteht ein intemationaler Schock, wie z.B. der 11. September 2001, dann dominiert dieses Ereignis die nationalen Einflussfaktoren und sowohl die Volatilitat als auch die Korrelation der Markte steigt an.'^° Die zunehmende Verflechtung der intemationalen Markte lasst erwarten, dass dieser Trend weiter zunehmen wird. Der Zusammenhang zwischen der Korrelation bzw. Kovarianz und der Volatilitat wirkt sich negativ auf die nationale und auch intemationale Moglichkeit zur Portfoliodiversifikation aus, da sich Investoren gerade in Phasen hoher Marktunsicherheit gut diversifizieren sollten, um Risiken zu senken. Durch den beschriebenen Effekt reduziert sich in Phasen hoher Volatilitat die Diversifikationswirkung, also gerade dann, wenn sie am notwendigsten ist. Mit dem in dieser Arbeit beschriebenen Ansatz des dynamischen Volatilitats-Timing bei der Portfoliobildung kann diesem Problem entgegengewirkt werden, da Investoren kurzfristig auf die sich verandemde Volatilitat und Kovarianz reagieren und entweder den Anteil der risikolosen Anlage erhohen oder die Portfoliozusammenstellung optimal an die sich verandemden Rahmenbedingungen anpassen konnen. Insbesondere die Volatilitat spielt in diesem Zusammenhang eine
'^'
Vgl. u.a. LoRETAN /ENGLISH (2000), S. 214f.; CHOW ET AL. (1999), S. 65f.; LONGIN / SOLNIK (1995), S. 19; BERTERO/MAYER (1990), S. 1155f. oder KING / WADHWANI (1990), S. 5ff.
^^^ Vgl. SOLNIK / BOUCRELLE / LE FUR (1996), S. 25.
^^^ Vgl. JACQUIER/MARCUS (2001), S. 18. '^^ Vgl. SOLNIK / BOUCRELLE / LE FUR (1996), S. 26.
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besondere RoUe, da sie einen guten Indikator fiir die zuktinftige Kovarianz zwischen den einzelnen Anlagen darstellt.'^' Im Rahmen dieser Arbeit wird auch die Portfolioentscheidung zwischen Aktien- und Rentenmarkt untersucht. Zahlreiche Modelle und Praktiker unterstellen iiber einen langeren Zeitraum hinweg eine leicht positive Korrelation. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt im Zeitablauf stark schwankt und in einigen Phasen sogar negativ werden kann. So ermittelt WAINSCOTT (1990) flir US-Daten im Zeitraum von 1925 bis 1988 eine Spannweite der Korrelation von 1,73 (-0,88 bis +0,85). ^^^ GULKO (2002) untersucht die Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt vor und nach einem „Crash" und stellt fest, dass speziell nach einem „Crash" die Korrelation negativ werden kann.'^^ / AMMER (1993) betrachten den Einfluss makrookonomischer Variablen auf die Aktien- / Rentenmarktkorrelation und kommen zu folgenden Ergebnissen: Anderungen des realen Zinssatzes verursachen eine positive Korrelation, da sowohl Aktien als auch Anleihen einen negativen Zusammenhang zum Diskontierungszins aufweisen. Schwankungen der erwarteten Inflation unterstiitzen dagegen tendenziell negative Korrelation, da Inflation sich zwar negativ auf den Anleihenkurs auswirkt, die Auswirkung auf den Aktienkurs jedoch nicht eindeutig ist. Eine Veranderung der zukiinftigen erwarteten Renditen induziert wiederum positive Korrelation.'^"^ Auch Ll (2002) untersucht den Einfluss makrookonomischer Faktoren auf die Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Unsicherheit uber die zuktinftige erwartete Inflationsrate und den realen Zinssatz die Korrelation zwischen den Markten erhoht, wahrend der Effekt der unerwarteten Inflation die Korrelation sowohl erhohen als auch senken kann, je nachdem, wie Dividenden und der reale Zinssatz auf solche unerwarteten Inflationsanderungen reagieren.'^^ ILMANEN (2003) identifiziert zusatzlich auch die Volatilitat und die Konjunktur als Einflussfaktoren, wobei er feststellt, dass beide GroBen negative Korrelation zwischen den Markten verursachen.'^^ CAMPBELL
Aus den Untersuchungen geht hervor, dass hauptsachlich die Inflationserwartung und die Marktvolatilitat ursachlich ftir eine negative Korrelation zwischen Aktien- und
'^'
Vgl. CONOLLY / STIVERS / SUN (2003), S. 32f. und JACQUIER / MARCUS (2001), S. 29.
'^^ Vgl.WAINSCOTT(1990), S. 56. '^^ Vgl. GuLKO (2002), S. 59f. Zu ahnlichen Ergebnissen kommen auch HARTMANN / STRAETMANS / DEVRIES (2001), S. 21-24. '^"^ Vgl. CAMPBELL/AMMER(1993), S. 25.
'^^ Vgl. LI (2002), S. 27. '^^ Vgl. ILMANEN (2003), S. 61.
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Rentenmarkt sind. CONNOLLY ET AL. (2005) zeigen jedoch in dem Zeitraum von 1986 bis 2000, dass es Perioden mit negativer Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt gibt, obwohl sich diese Zeitperiode durch eine relativ stabile Inflationsrate auszeichnet. Die Autoren stellen fest, dass zwischen der Entwicklung des amerikanischen Volatilitatsindex (VIX) und der Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt eine negative Beziehung besteht.'^^ Der VIX kann dabei zum einen als GroBe fiir den Grad der allgemeinen Unsicherheit der Markte und zum anderen auch als MaBzahl fur die erwartete zukiinftige Aktienvolatilitat verstanden werden. Steigt die Marktunsicherheit bzw. die erwartete Volatilitat der Markte an, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Korrelation zwischen Aktien und Rentenmarkt in den folgenden Tagen sinkt bzw. sogar negativ wird. Bei niedriger Unsicherheit ist die Korrelation dagegen i.d.R. positiv.'^^ Die entgegengesetzte Entwicklung von Aktien- und Rentenmarkt in Zeiten hoher Unsicherheit wird auch als „Flight to Quality" - Effekt bezeichnet.'^^ Nach dem Ergebnis von CONNOLLY ET AL. (2005) besitzt die Aktienmarktunsicherheit auf den Rentenmarkt einen bedeutenden Einfluss. Die Verbindung von verschiedenen Markten ist Gegenstand der Untersuchungen von FLEMING ET AL. (1998). Die Autoren untersuchen den Informationsfluss zwischen Aktien-, Renten- und Geldmarkt und stellen fest, dass eine Volatilitats-Verbindung zwischen den Markten besteht. Diese kommt zum einen deswegen zustande, weil Informationen entstehen, die die Erwartungen der Marktteilnehmer auf beiden Markten direkt beeinflussen. Zum anderen existieren zudem Informationen, die zwar nur fur einen der Markte relevant sind, sich aber aufgrund des Hedging zwischen den Markten auch auf den jeweils anderen Markt indirekt auswirken.'^^ Auch KODRES / PRITSKER (2002) untersuchen Kursveranderungen, die aus Informationsverbindungen zwischen den Markten resultieren. Ihr Modell betrachtet kurzfristige Phasen, wobei makrookonomische Bedingungen als konstant unterstellt werden. Die Autoren zeigen, dass ein Schock in einem Markt dazu fuhren kann, dass die Aufteilung des Vermogens neu vorgenommen wird, was zu Kursveranderungen auch in dem anderen, nicht von dem Schock betroffenen Markt, fiihrt.'^' Die Bedeutung der Unsicherheit in diesem Kontext wird von VERONESI (1999) untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in Zeiten hoher Unsicherheit neue Informa-
Der VIX ist der Chicago Board Options Exchange's Volatilitatsindex. Dieser misst, ahnlich wie der YD AX in Deutschland, die implizierte Volatilitat verschiedener Aktienoptionen. Vgl. CONNOLLY / STIVERS / SUN (2005), S. 175f.
Vgl. dazu auch VAYANOS (2004), S. 2 oder BARSKY (1989), S. 1134. Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (1998), S. 112.
Vgl. KoDRES / PRITSKER (2002), S. 795.
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tionen ein starkeres Gewicht erhalten als in Zeiten niedriger Unsicherheit, was zu schwankender Volatilitat und Volatilitatsclustem fiihrt.'^^ VERONESI (2004) fuhrt den Begriff der Unsicherheitsaversion ein. Die Unsicherheitsaversion basiert dabei auf einer Nutzenfunktion, innerhalb der die individuellen Erwartungen beziiglich eines teilweise beobachtbaren Zustandes des Marktes berucksichtigt werden und Aversion beziiglich einer breiteren subjektiven Verteilung des Marktzustandes besteht. '^^ Bezogen auf die Beziehung zwischen Aktien- und Rentenmarkt bedeutet dies, dass in Zeiten hoher Unsicherheit Risikopramie und Volatilitat der Aktien ansteigen, wahrend die Zinsen sinken, da die Anleger vermehrt Anleihen nachfragen.'^"^ Anhand dieser Uberlegung kann der so genannte „Flight to Quality" - Effekt erklart werden. DAVID / VERONESI (2000) zeigen, dass die Unsicherheit uber die Verfassung des Marktes und die implizierte Volatilitat positiv zusammenhangen.''^ Auch in vorliegender Arbeit kann im Folgenden gezeigt werden, dass der beschriebene negative Zusammenhang zwischen der implizierten Volatilitat und der zukiinftigen Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt auch in Deutschland gilt.'^^ Wie schon bei den Aktien ist die Korrelation und somit auch die Kovarianz zwischen Aktien- und Rentenmarkt im Zeitablauf nicht konstant. Allerdings nimmt, im Gegensatz zu den Aktien, bei der Betrachtung des Aktien-/ Rentenmarktes mit steigender Volatilitat der Markte die Korrelation ab oder wird sogar negativ. Dieser Zusammenhang mildert das beschriebene Dilemma der Diversifikation ab, durch das Anleger in Zeiten hoher Unsicherheit mit nationalen oder intemationalen Aktienportfolios nur eine geringere Diversifikationswirkung erzielen. Durch eine Beimischung von Rentenpapieren in solchen Marktphasen kann das Portfoliorisiko deutlich gesenkt werden. Diese Feststellung unterstreicht wiederum die Bedeutung einer dynamischen Anpassung von Portfolios fur eine bessere Steuerung des Risikos. Im Gegensatz zu der Schatzung der Volatilitat werden fiir die Kovarianz bzw. Korrelation bi- oder multivariate Modelle verwendet. Hierbei ahnelt die grundsatzliche Vorgehensweise in beiden Fallen der in Kapitel 3.1.1 bereits beschriebenen sehr, so dass auf die emeute allgemeine Darstellung der Modelle in diesem Zusammenhang verzichtet wird, allerdings werden die im Rahmen der Untersuchungen verwendeten
Vgl. VERONESI (1999), S. 996. Vgl. VERONESI (2004), S. 30f. Diesen positiven Zusammenhang zwischen Risikopramie und Veranderung der Volatilitat nutzen COPELAND / COPELAND (1999) fur eine Volatilitats-Timing-Strategie aus. Vgl. dazu Kapitel 3.2.2. Vgl. DAVID/VERONESI (2000), S. 36. Als Ma6 fur die implizierte Volatilitat wird dazu der VDAX verwendet. Neben dem Zusammenhang zwischen Aktien- und Rentenmarkt wird zusatzlich der Einfluss der Hohe der implizierten Volatilitat auf die zukiinftige Korrelation zwischen Einzelaktien des Dax-Index untersucht. Vgl. dazu Kapitel 4.4.1.
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Modelle zur Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix in Kapitel 4.3.2 bzw. 4.4.2 detailliert vorgestellt. 3.1.3 Hochfrequente Intraday-Daten In der Literatur hat die Verwendung von Intraday-Kursinformationen zur Schatzung von Volatilitat und Kovarianz in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Forschungsschwerpunkt liegt hierbei allerdings i.d.R. bei der Formulierung von Schatzverfahren und der Messung der statistischen Qualitat dieser Schatzer. Demgegenuber wurde der okonomische Wert solcher auf Intraday-Daten basierender Schatzer bislang kaum untersucht. Den Vorteilen bei der Verwendung hochfrequenter Daten steht eine Reihe von Problemen gegeniiber, die im Folgenden beziiglich der Schatzung von Varianzen und Kovarianzen mithilfe von hochfrequenten IntradayDaten vorgestellt und diskutiert werden. Unter Intraday-Daten oder hochfrequenten Tickdaten werden die gesamten Transaktionsdaten eines Wertpapiers verstanden. In sehr liquiden Titeln kommen u.U. mehrere Transaktionen innerhalb einer Sekunde zu Stande. Ein neuer „Tick" kann entsprechend als die logische Informationseinheit eines Marktes angesehen werden.'^^ Anstelle der in dieser Arbeit verwendeten Transaktionsdaten konnen auch Orderbuchdaten betrachtet werden. Diese beinhalten gegeniiber den Transaktionsdaten zusatzliche Informationen wie den Bid-Ask-Spread oder die Orderbuchtiefe. Ftir den Zweck einer genaueren Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix reicht der Informationsgehalt von Transaktionsdaten jedoch aus. Im Allgemeinen gilt, dass sich die statistische Qualitat eines Schatzwertes mit der Anzahl zugrunde liegender Beobachtungen verbessert. Da sich Kurshistorien jedoch nicht beliebig in die Vergangenheit ausdehnen lassen bzw. die Untemehmen ihre Struktur z.B. durch Fusionen oder Ubemahmen verandem, kann altemativ die Beobachtungsfrequenz verktirzt werden, um die Anzahl der zur Verfugung stehenden Datenpunkte zu erhohen. So konnen z.B. anstelle von Monatsdaten Tages- oder Intraday-Daten verwendet werden.
(2004) zeigt in diesem Zusammenhang, dass die asymptotische Varianz des Schatzers der Renditestandardabweichung wie folgt berechnet werden kann:'^^
MEMMEL
Vgl. DACOROGNA ET AL. (2001), S. ] Vgl. MEMMEL (2004), S. 33.
VOLATILITATS-TlMING
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(3-6) var(a^^) = - a ' — ,
wobei T die Anzahl der Beobachtungspunkte und At=l/n ein in n Teilperioden zerlegter Zeitraum zwischen zwei Beobachtungen darstellt. Man erkennt, dass z.B. der Ubergang von Jahres- auf Monatsdaten, d.h. eine Verzwolffachung der Beobachtungsfrequenz (At=l/12) Equivalent zu einem zwolfmal so langen Beobachtungszeitraum T ist. Theoretisch konnte der Schatzfehler von Varianzen und Kovarianzen durch eine Erhohung der Beobachtungsfrequenz folglich voUig eliminiert werden, wenn At->0 geht. Allerdings ist Gleichung (3-6) an die Bedingung normalverteilter Renditen gekniipft, welche in der Realitat und insbesondere bei Intraday-Daten nicht gegeben sind. Zur Schatzung der Varianz und Kovarianz auf Basis von Intraday-Daten konnen so genannte realisierte Varianzen bzw. Kovarianzen berechnet werden. „The mechanics are simple - we compute daily realized volatility simply by summing intraday squared returns - but the theory is deep: by sampling intraday returns sufficiently frequently, the realized volatility can be made arbitrarily close to the underlying integrated volatility, the integral of instantaneous volatility over the interval of interest, which is a natural volatility measure.'"^^ Die integrierte Volatilitat wird haufig auch als „wahre" Volatilitat bezeichnet. Ihr liegt die Annahme eines kontinuierlichen stochastischen Preisprozesses zugrunde, bei dem die Volatilitat im Zeitablauf nicht konstant ist. '^° Da in der Realitat kein kontinuierlicher Handelsprozesses vorliegt, konnen die Preisanderungen altemativ auch zu i diskreten Zeitpunkten innerhalb eines Tages betrachtet und eine so genannte realisierte Volatilitat berechnet werden. ANDERSEN ET AL. (2000) zeigen, dass die Summe der quadrierten Renditen ein konsistenter Schatzer fiir die integrierte Volatilitat darstellt, wenn die stetigen Renditen einem speziellen Semimartingal'^' folgen.'^^ Die realisierte Volatilitat lasst sich wie folgt berechnen:
ANDERSEN / BOLLERSLEV / DIEBOLD / LABYS (2000), S. 1. Vgl. BARNDORFF-NIELSEN / SHEPHARD (2001), S. 253f. oder ANDERSEN / BOLLERSLEV / DIEBOLD / LABYS
(2000), S. 6f. Mit einem Semimartingal konnen u.a. arbitragefreie Preisprozesse dargestellt werden. Sie ermoglichen eine Zerlegung der Renditen in lokale Martingale und in einen prognostizierbaren endlichen Streuungsprozess. Mit einem Martingal trifft man nur eine Aussage iiber den bedingten Erwartungswert, nicht jedoch iiber die gesamte bedingte Verteilung. Vgl. dazu BARNDORFF-NIELSEN / SHEPHARD (2002), S. 6f. Auf die genaue Beweisfuhrung wird in diesem Zusammenhang verzichtet. Sie fmdet sich in ANDERSEN / BOLLERSLEV / DIEBOLD / LABYS (2000).
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EMPIRISCHE EIGENSCHAFTEN VON FINANZMARKTZEITREIHEN
(3-7) a^=±rl. j=l
Anhand der Formel erkennt man deutlich die Ahnlichkeit der realisierten zur empirischen Volatilitat. Beide MaBe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass die empirische Volatilitat die durchschnittliche quadrierte Abweichung der Renditen von ihrem Mittelwert und die realisierte Volatilitat entsprechend von null misst. Allerdings kann die Annahme, dass die Renditen um den Nullpunkt schwanken, speziell im IntradayBereich als durchaus realistisch angesehen werden. Werden die Messintervalle kiirzer, so nahert sich die realisierte Volatilitat immer naher der integrierten Volatilitat an. Analog dazu konnen Uberlegungen zur Kovarianz angestellt werden. Entstehen die stetigen Renditen aus einem multivariaten kontinuierlichen stochastischen Volatilitatsprozess und ist St der Wert zum Zeitpunkt t einer NxN positiv semidefiniten Diffusionsmatrix, dann kann man die integrierte Kovarianz wie folgt berechnen:'^^ (3-8) a,^ = js,„dT. 0
Hierzu benotigt man kontinuierlich berechnete Renditen in dem Intervall von t bis t+1, die in der Realitat jedoch nicht vorliegen. Unterteilt man das gesamte Intervall in i Unterperioden der Lange h, dann lasst sich zeigen, dass:'^"* j
1
(3-9) Zr^.jHr^jH-jS,.A->0, j=l
falls h ^ O ,
0
wobei rt+jh einen Vektor mit den Renditen eines Unterintervalls darstellt, das jeweils zum Zeitpunkt t+jh endet. Gleichung (3-9) zeigt, dass sich die realisierte Kovarianz (linker Term) der integrierten Kovarianz (rechter Term) annahert, wenn die Lange des Intervalls h gegen null geht und man sich einem kontinuierlichen Preisbildungsprozess annahert. Ersetzt man nun die Varianz-Kovarianz-Matrix, basierend auf Tagesdaten mit der realisierten Volatilitat und Kovarianz, dann soUte sich rein intuitiv eine genauere Schatzung ergeben, da die realisierte Varianz-Kovarianz-Matrix naher an der integrierten Varianz und Kovarianz liegt, als die auf Tagesdaten basierenden statischen Kennzahlen fiir die Varianz und die Kovarianz.
Vgl. BARNDORFF-NIELSEN / SHEPHARD (2003), S. 5. Zur genauen Beweisfiihrung vgl. ANDERSEN / BOLLERSLEV / DIEBOLD / LABYS (1999), S. 6.
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Obwohl die Verwendung von Intraday-Daten entsprechend zu einer genaueren Schatzung von Varianzen und Kovarianzen fiihren sollte, treten neben der Verletzung der Normalverteilungsannahme weitere Effekte auf, die die Schatzergebnisse verzerren konnen: Es besteht eine inverse Beziehung zwischen der Lange des Messintervalls und der gemessenen Volatilitat. Eine Verkiirzung des Messintervalls von Tagen auf Stunden oder Minuten fiihrt zu einer hoheren geschatzten Volatilitat und gleichzeitig zu einer theoretisch verbesserten Schatzqualitat.'^^ Der Grund hierfiir liegt darin, dass zusatzlich zu den Kursanderungen der Schlusskurse noch die IntradaySchwankungen in die Volatilitatsschatzung einfliefien und man sich mit kiirzer werdenden Intervallen asymptotisch der integrierten Volatilitat annahert. '^^ Werden jedoch zu kurze Zeitintervalle wie z. B. Tick-Abstande gewahlt, so kann dies zu einer verzerrten Schatzung fiihren, da Renditen bei sehr kurzen Messintervallen Autokorrelation sowie eine hohe Kurtosis aufweisen. Positive Autokorrelation fuhrt zu einer Unterschatzung und negative zu einer Uberschatzung der Volatilitat. Aus dem Fluktuieren des Kurses zwischen dem vorangegangenen Bid und Ask (Bid-AskBounce) oder dem Market Impact groBerer Orders resultiert eine negative Autokorrelation der Renditen. Der Orderbuch-Effekt fiihrt dagegen zu einer positiven Autokorrelation. Im AUgemeinen tritt die Autokorrelation umso starker auf, je kiirzer die Zeitintervalle gewahlt werden. '^^ Um eine Verzerrung der Schatzung durch Autokorrelation der Tick-Renditen zu vermeiden, verwendet ein GroBteil der Studien fur die Volatilitatsschatzung daher Zeitintervalle zwischen funf und dreifiig Minuten.'^^ Die Wahl des Zeitintervalls stellt einen Trade off zwischen der theoretischen Genauigkeit der Schatzung und der Verzerrung durch Marktmikroeffekte dar. Je kurzer die Intervalle gewahlt werden, desto praziser sollte die Schatzung eigentlich werden. Jedoch steigt parallel auch die mit den beschriebenen Effekten einhergehende Verzerrung an. Langere Intervalle wiederum reduzieren einerseits die Verzerrungen, andererseits fuhren sie zu unpraziseren Schatzungen. Ebenso konnen bei der Schatzung von Korrelationen auf Basis von Intraday-Daten Verzerrungen entstehen. So stellt bereits EPPS (1979) fest, dass die Korrelation zwischen Aktien stark sinkt, sobald man zu kurze Intraday-Intervalle fiir die Berechnung zugrunde legt. Der Effekt der sinkenden Korrelationen ist dabei umso starker, je
'^^ Vgl. ANDERSEN / BOLLERSLEV (1998), S. 897f. *^^ Vgl. Cox/RUBINSTEIN (1985), S. 277. '^^ Vgl.OoMEN(2001),S.6. ^^^ Vgl. u.a. ZuMBACH / CoRSi / TRAPLETTI (2002), S. lOf. oder ANDERSEN / BOLLERSLEV / DIEBOLD / LABYS
(1999), S. 6f.
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kurzer die Berechnungsintervalle werden.'^^ DACOROGNA ET AL. (2001) zeigen in einer umfangreichen Untersuchung zu Wechselkursen und Index-Daten, dass die Starke und Duration des Epps-Effektes von der Handelsaktivitat und somit von der Liquiditat des betrachteten Underlyings abhangt. Bei sehr liquiden bzw. stark gehandelten Underlyings schwacht der Epps-Effekt bereits bei zehn Minuten-Intervallen deutlich ab, wahrend er bei weniger liquiden Titeln bis zu 400 Minuten-Intervallen bestehen bleibt.'^^ Eine weitere Untersuchung von LUNDIN ET AL. (1999) kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Korrelationskoeffizient als auch seine beiden Komponenten, die Kovarianz und die Standardabweichungen, bei kurzeren Betrachtungsintervallen abnehmen. Die Starke des Epps-Effektes hangt somit von dem Zusammenhang zwischen diesen beiden Komponenten ab. Weder die Kovarianz noch die Standardabweichungen konnen den beobachteten Epps-Effekt alleine erklaren. '^* MULLER ET AL. (1997) begrunden den Epps-Effekt mit dem Vorliegen eines heterogenen Marktes hinsichtlich unterschiedlicher Einschatzungen, Risikoprofile und Beschrankungen der Marktteilnehmer. Diese Unterschiede fiihren dazu, dass sich die Volatilitat je nach Zeithorizont unterschiedlich entwickelt. Der Epps-Effekt stellt in diesem Fall eine Art Cut-Off Zeitintervall dar. Wenn das Betrachtungsintervall immer kurzer wird, gibt es immer weniger schnell agierende Marktteilnehmer, so dass die Korrelation zwischen zwei Titeln nicht mehr aufrechterhalten wird.'^^ In vorliegender Arbeit wird der Epps-Effekt zum einen durch die in Kapitel 6.1 beschriebenen Bereinigungsverfahren miterfasst, zum anderen handelt es sich bei den untersuchten Wertpapieren um sehr liquide Aktien. Zusatzlich wird neben dem Funf-Minuten Intervall noch ein Fiinfzehn-Minuten Intervall untersucht, um einen moglichen Einfluss des Epps-Effektes zu reduzieren. 3.1.4 Exkurs: Stetige versus diskrete Rendite Zahlreiche Studien verzichten auf eine Diskussion der Verwendung von stetigen oder diskreten Renditen. Allerdings weisen stetige und diskrete Renditen im jeweiligen Untersuchungskontext spezielle Eigenschaften bzw. Vor- und Nachteile auf, die im Folgenden kurz dargestellt werden, da sie fiir den Untersuchungsaufbau im Rahmen dieser Arbeit von zentraler Bedeutung sind.
'^^ Vgl. EPPS (1979), S. 29L Zu vergleichbaren Ergebnissen flir Wechselkurse kommt u.a. Low ET AL. (2001). ^^^ Vgl. DACOROGNA ETAL. (2001), S. 291f. '^' Vgl. LUNDIN ET AL. (1999), S. 124. ^^^ Vgl. MiJLLER ETAL. (1997), S. 213f.
VOLATILITATS-TIMING
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Die Rendite stellt die prozentuale Kursanderung innerhalb einer Betrachtungsperiode dar. Sie kann grundsatzlich in diskreter (Rt^) oder in stetiger (Rt^) Form berechnet werden:'^^ (3-10) R ^ = ^ - l bzw.
(3-ll)R:=ln(K^,)-ln(K,). Kti und Kt2 sind die Kurse der Wertpapiere zum Zeitpunkt tl bzw. t2, wobei tl < t2 ist. Fiir „kleine", nahe bei null liegende Werte sind beide GroBen approximativ gleich. Der Unterschied zwischen den beiden Berechnungsarten besteht darin, dass bei der diskreten Rendite die Kursanderung erst zu Periodenende angenommen wird, dagegen wird das Kapital bei der stetigen Rendite wahrend der Periode laufend verzinst.'^"^ Entsprechend ergeben sich fiir die stetige immer kleinere Werte als fiir die diskrete Rendite. Sollen Durchschnittsrenditen ermittelt werden, so muss bei diskreten das geometrische und bei stetigen Renditen das arithmetische Mittel verwendet werden.'^^ Stetige und diskrete Renditen lassen sich wie folgt ineinander iiberfiihren: (3-12) R;* = 6 " ' - ! bzw. R ; = l n ( R f + l ) . Wie bereits erwahnt, sind diskrete Renditen einer Finanzmarktzeitreihe tendenziell rechtschief, wahrend stetige Renditen eher einer Normalverteilung entsprechen. Dies bringt einen groBen Vorteil mit sich, da viele Modelle, wie auch der |i-a-Ansatz von normalverteilten Renditen ausgehen. Ein weiterer Vorteil der stetigen Rendite liegt in ihrer Additivitat im Zusammenhang mit der Annualisierung von Renditen bzw. Varianzen. Diskrete Renditen miissen dagegen multiplikativ verkniipft werden. Liegen m unabhangige und identisch verteilte Periodenrenditen vor und besteht ein Jahr aus m Perioden, so kann eine Annualisierung im Fall von stetigen Renditen relativ einfach vorgenommen werden. Das Stichprobenmittel bzw. die Stichprobenvarianz wird mit m multipliziert. Bei der Annualisierung der Standardabweichung muss die Stichprobenstandardabweichung mit der Wurzel aus m multipliziert werden. Bei diskreten Renditen kann die annualisierte Rendite durch die multiplikative Verkniipfiing der Einzelrenditen bzw. durch die Potenzierung der erwarteten Rendite mit dem Faktor m
'^^ Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 52-55. ^^"^ Vgl. PODDIG / DICHTL / P E T E R S M E I E R (2000), S. 103. ^^^ Vgl. FRANKE / HARDLE / HAFNER (2003), S.
146f.
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berechnet werden. Die Annualisierung der Varianz gestaltet sich bei den diskxeten Renditen als weitaus schwieriger. Aufgrund ihrer multiplikativen Verkniipfung entsteht nach Umformen ein Polynom mit insgesamt m^ Summanden. Bei einer Annualisierung auf Basis von Wochendaten (m=52) wurden so 2.704 Summanden entstehen, bei Tagesdaten sogar 62.500. Auch die Annualisierung der Kovarianz ist bei stetigen Renditen wesentlich einfacher zu handhaben als bei diskreten Renditen.'^^ Neben der einfacheren Annualisierung ist die Additivitat der stetigen Renditen ebenfalls bei der Berechnung der realisierten Volatilitat und Kovarianz von grundlegender Bedeutung. Aufgrund der Additivitat der stetigen Renditen lasst sich so z.B. mittels Aufsummierung der quadrierten Renditen die realisierte Volatilitat berechnen. Allerdings hat die Verwendung stetiger Renditen im Kontext einer Portfoliobetrachtung einen Nachteil. Der lineare Zusammenhang bei der Berechnung der Portfoliorendite gilt nur approximativ. Wahrend diskrete Portfoliorenditen als gewichtete Summe der Einzelrenditen berechnet werden, muss flir stetige Renditen folgende Formel verwendet werden :'^^ (3-13) R;.=ln £w.e Viele Studien, die aufgrund der statistischen Vorteile stetige Renditen verwenden, bestimmen die Portfoliorendite approximativ durch die einfache gewichtete Summe der Einzelrenditen: (3-14)rpsXw,R:. i=l
Hierbei entsteht eine Abweichung von der tatsachlichen Portfoliorendite, die umso kleiner ist, je naher die einzelnen Renditen an null liegen. Entsprechend ist der Fehler bei Eintagesrenditen vemachlassigbar, bei Jahresrenditen kann er bereits deutlich groBer werden.'^^ In vorliegender Studie werden stetige Renditen verwendet, da diese bessere statistische Eigenschaften beziiglich der verwendeten Modelle aufweisen und sich mit stetigen Renditen zudem der rechentechnische Umgang vereinfacht. Die mogliche Verzerrung bei der Berechnung der Portfoliorendite nach Gleichung (3-14) spielt bei den im
Fiir die exakte Herleitung sei in diesem Zusammenhang auf DORFLEITNER (2002), S. 228-230 verwiesen. '^^ Vgl. PODDIG / DiCHTL / P E T E R S M E I E R (2000), S. 1 5 1 . '^^ Vgl. PODDIG / DiCHTL / PETERSMEIER (2000), S. 152.
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Rahmen dieser Arbeit durchgefiihrten Untersuchungen keine groBe RoUe, da einerseits annualisierte tagliche Portfoliorenditen berechnet werden, was dazu fiihrt, dass der Unterschied zwischen stetiger und diskreter Rendite sehr klein wird und andererseits die Zielsetzung der Arbeit nicht in der Untersuchung der absolut erreichten Rendite eines Portfolios besteht, sondem vielmehr die Differenz des untersuchten dynamischen Portfolios zu einem Benchmark-Portfolio im Fokus steht.
3.2 Bisherige empirische Forschung Neben sehr einfachen Methoden der Asset Allocation wie z.B. der Buy-and-Hold-, der Constant-Mix- oder der Constant-Proportion-Strategie, die die Portfoliozusammenstellung in Abhangigkeit von der historischen Marktentwicklung bestimmen oder von im Zeitablauf konstanten Portfoliogewichten bzw. Vermogensaufteilungen ausgehen, existieren weitere Ansatze wie die dynamischen Markt-Timing- oder VolatilitatsTiming-Strategien.'^^ Diese Strategien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Schatzungen bzw. Prognosen der ersten und der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung vomehmen, um die Portfoliozusammenstellung im Zeitablauf an die sich verandemden Rahmenbedingungen anzupassen. 3.2.1 Markt-Timing-Strategien Seit Ende der 70er Jahre wird die Prognostizierbarkeit von erwarteten Renditen anhand verschiedener Variablen vielfach untersucht. ^^^ Aus diesem Literaturzweig wurden unterschiedliche Markt-Timing-Strategien entwickelt, die als Ausgangspunkt fur die Portfoliozusammenstellung Renditeprognosen verwenden. Im Folgenden werden zentrale Studien zu Markt-Timing-Strategien vorgestellt, wobei hier die einfachste Form die so genannte Switching-Strategic darstellt, bei der ein Investor je nach prognostizierter Rendite die Investitionsentscheidung zwischen zwei Anlageklassen trifft. / GLOSTEN / JAGANNATHAN (1987) testen den okonomischen Wert einer solchen Switching-Strategic auf Basis der erwarteten Uberschussrendite. Die Autoren
BREEN
PEROLD / SHARPE (1988), S. 18-26 vergleichen die Eigenschaften der Buy-and-Hold-, der Constant-Mixund der Constant-Proportion-Strategie in verschiedenen Marktphasen, Als Variablen zur Prognose der erwarteten Renditen werden z.B. zeitverzogerte Renditen, Dividendenrenditen, Buchwert-Marktwert-Kennzahlen, Inflation, kurzfristige Geldmarktrenditen, Untemehmensgrofie oder die Zinsstrukur herangezogen. Vgl. u.a. KOTHARI / SHANKEN (1997), FAMA / FRENCH (1995), FAMA / FRENCH (1989), FAMA / FRENCH (1988), CAMPBELL (1987), KEIM / STAMBAUGH (1986), ROZEFF (1984)
oder FAMA / SCHWERT (1977).
^8
BISHERIGE EMPIRISCHE FORSCHUNG
verwenden zur Prognose der Uberschussrendite eines Aktienindizes ein lineares Regressionsmodell, wobei als erklarende Variable die einmonatige quasi risikolose Geldmarktrendite des US-Treasury-Bills verwendet wird. ^^' Die Investitionsentscheidung wird monatlich getroffen, wobei bei einer prognostizierten Uberschussrendite grofier null 100% des Vermogens in den Aktienindex investiert wird. Bei einer Uberschussrendite kleiner null wird zu 100% in die Geldmarktpapiere (US-TreasuryBill) investiert. Die zugrunde liegende Regression ist roUierend, d.h. die Regressionsparameter werden anhand eines gleitenden 36-Monate Fensters bestimmt. ^^^ Den okonomischen Wert der Renditeprognosen setzen die Autoren mit dem Wert eines Anteils einer hypothetischen Call-Option auf den Aktienindex in Hohe von Pi + P2 -1 mit einem Monat Restlaufzeit, einem Wert von einem US-Dollar und einem Basiswert von eins plus dem risikolosen Zinssatz an.^^^ Pi steht fur die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Prognose eines bearishen Marktes (negative Uberschussrendite) und P2 entsprechend fiir die Wahrscheinlichkeit der richtigen Prognose eines bullishen Marktes (positive Uberschussrendite). Die Autoren berechnen, dass der Wert der Renditeprognose bezogen auf den Gesamtportfoliowert ca. 1,97% pro Jahr betragt, wenn ein wertgewichteter Aktienindex als Benchmark zugrunde gelegt wird. Gegenuber einem gleichgewichteten Aktienindex ergibt sich allerdings kein signifikanter okonomischer Mehrwert der Renditeprognose. ^^"^ Die Autoren begrunden das schlechte Abschneiden der SwitchingStrategic gegenuber dem gleichgewichteten Index mit dem Januar-Effekt und dem Vorliegen von Leptokurtosis. ^^^ Allerdings erscheint auch die Berechnung des okonomischen Wertes der Strategic mithilfe der Optionspreisformel als fragwiirdig, da die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Prognose wiederum mit einer Regressionsgleichung geschatzt werden muss, was zu weiteren Schatzfehlem fiihrt. Ausgehend von dem Ergebnis, dass die Switching-Strategic nur in Relation zu einem der beiden Indizes zu einem okonomischen Mehrwert fuhrt, kann vermutet werden, dass es sich
Als Aktienindizes werden ein gleichgewichteter Aktienindex, welcher aus den Aktien der New York Stock Exchange zusammengestellt ist und ein wertgewichtete Index, der von dem Center for Research in Security Prices (CRSP) der Universitat Chicago berechnet wird, verwendet. Vgl. BREEN / GLOSTEN / JAGANNATHAN (1989), S. 1179f.
Diese Art, den okonomischen Wert eines Prognosemodells zu bestimmen, stammt urspriinglich von MERTON (1981) und HENRIKSSON / MERTON (1981). Die Autoren haben gezeigt, dass die Payoff-Struktur einer dynamischen Timing-Strategic mithilfe von Optionen nachgebildet werden kann. Der Wert einer Call Oder Put Option wird mithilfe der ex post gemessenen Volatilitat und dem durchschnittlichen risikolosen Zinssatz bestimmt. Die Wahrscheinlichkeiten Pi und P2 werden anhand von Regressionsgleichungen geschatzt. Vgl. BREEN / GLOSTEN / JAGANNATHAN (1989), S. 1184-1186. Vgl. BREEN / GLOSTEN / JAGANNATHAN (1989), S. 1188f.
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lediglich um einen zufalligen Effekt handelt. AuBerdem werden weder Transaktionskosten noch die aus den Schatzfehlem resultierenden Verzerrungen berucksichtigt. / TiMMERMANN (1995) erweitem das Modell von BREEN / GLOSTEN / (1987), wobei als Anlagen zum einen der S&P 500 Aktienindex und zum anderen langfristige Anleihen zugrunde liegen. Die Autoren verwenden insgesamt neun Variablen, die zur Prognose der erwarteten Uberschussrendite herangezogen werden, und zwar: die Dividendenrendite, das KGV, die Inflationsrate, die Veranderung des Industrieproduktionsindex, das Geldmengenwachstum sowie die einmonatige Geldmarktrendite und die zwolfmonatige Anleihenrendite, beide jeweils mit einem bzw. zwei Zeitlags.^^^ Die Anpassung des Portfolios erfolgt in monatlichen Abstanden, wobei wiederum eine Switching-Strategie zwischen Aktienindex und Anleihen zugrunde gelegt wird. Die Investitionsentscheidung wird je nach Vorzeichen der erwarteten Uberschussrendite getroffen. Die Autoren verwenden nicht alle neun erklarenden Variablen konstant tiber das gesamte Untersuchungssample hinweg. Die Auswahl, welche Variablen in die rollierende lineare Regression integriert werden, erfolgt monatlich anhand der Anpassung der Regressionsgleichungen in der Vergangenheit. Als Auswahlkriterien werden das bereinigte BestimmtheitsmaB, das Akaike- sowie das Schwartz-Selektionskriterium herangezogen.^^^ Nur die um einen Monat verzogerte Geldmarktrendite hat als einzige der neun Variablen tiber den gesamten Untersuchungszeitraum von 1960 bis 1992 in alien Prognosemodellen einen signifikanten Erklarungsgehalt. Die restlichen Variablen werden je nach Marktphase aufgrund der Selektionskriterien nicht durchgangig im Modell berucksichtigt.^^^ PESARAN
JAGANNATHAN
Insgesamt erreicht die Markt-Timing-Strategie eine hohere Rendite als eine Buy-andHold-Strategie, welche entweder nur in Aktien oder nur in Anleihen investiert. Allerdings schwindet diese Uberrendite, sobald Transaktionskosten berticksichtigt werden. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass die Uberlegenheit der Markt-TimingStrategie gegen Ende des Untersuchungszeitraumes deutlich abnimmt. Die hochste Uberrendite im Vergleich zur Benchmark konnte in den 60er Jahren erreicht werden. In den 80em schneidet unter Berticksichtigung von Transaktionskosten eine Buy-andHold-Strategie tendenziell besser ab.^^^ Aus Praktikabilitatsgesichtspunkten erweist sich eine Switching-Strategic, die das gesamte Vermogen u.U. monatlich zwischen
^^^ Vgl. PESARAN / TiMMERMANN (1995), S. 1208. ^^^ Vgl. PESARAN / TiMMERMANN (1995), S. 1205. Die Autoren weisen darauf hin, dass speziell nach okonomischen Schocks sich die Auswahl der erklarenden Variablen nach den Selektionskriterien u.U. stark verandem kann. So wird die Inflationsrate z.B. speziell nach dem Olschock 1974 signifikant. Vgl. PESARAN / TiMMERMANN (1995), S. 1225. ^^^ Vgl. PESARAN /TIMMERMANN (1995), S. 1223.
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BiSHERIGE EMPIRISCHE FORSCHUNG
Aktien- und Rentenmarkt umschichtet, als kaum umsetzbar. Ein weiterer kritischer Punkt besteht darin, dass die einzelnen Modelle keine konstante Performance aufweisen. Beispielsweise erreicht das Modell, welches die Variablen anhand des Akaide-Selektionskriteriums auswahlt, nicht iiber alle Zeitperioden hinweg die beste Performance.^'^ BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997) untersuchen in einem kontinuierlichen Zeitrahmen das dynamische Optimierungsproblem eines Investors mit drei Anlagemoglichkeiten unter der Annahme prognostizierbarer Renditen.^'' Die Anlageklassen, zwischen denen der Investor seine Investitionsentscheidung treffen muss, sind risikoloses Bargeld (Cash), Anleihen und ein Aktienportfolio. Im Gegensatz zu den Switching-Strategien werden nun auch Portfolioanteile zwischen null und eins zugelassen. Als Variablen zur Bestimmung der erwarteten Rendite werden kurz- und langfristige Zinsen sowie die Dividendenrendite verwendet.^'^ Insgesamt vergleichen die Autoren drei verschiedene Anlagestrategien: Eine strategische Asset-AllocationStrategie mit einem Anlagehorizont von 20 Jahren, eine taktische Anlagestrategie mit einem Anlagehorizont von einem Monat und eine Strategic, bei der der Anlagehorizont immer auf dem Ende des Datensamples basiert. Bei letzt genannter Strategic nimmt die Lange des Anlagehorizontes im Zeitablauf ab.^'^
Bei einem Out-of-Sample Vergleich der Strategien zeigt sich, dass die taktische Anpassung des Portfolios in Relation zu den anderen Strategien zu einer niedrigeren Standardabweichung fuhrt.^'"^ Werden Leerverkaufe zugelassen, dann dominiert die monatliche Anpassung des Portfolios die beiden altemativen Strategien auch aus Renditegesichtspunkten. Bei einem Verbot von Leerverkaufen erweist sich die Strategic mit abnehmendem Anlagehorizont als die beste Alternative.^'^ Bei diesen
Vgl. EBENDA.
Zur Schatzung der erwarteten Renditen wird unterstellt, dass die Einflussvariablen einem gemeinsamen Markov-Prozess folgen. Das zu losende Optimierungsproblem stammt ursprunglich aus der Arbeit von MERTON (1971). Der gemeinsame stochastische Prozess wird mittels nicht-linearer Seemingly Unrelated Regressions geschatzt. Hierdurch konnen die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Differentialgleichungen beriicksichtigt werden. Vgl. BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997), S. 1387f. 212 213
Vgl. BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997), S. 1379.
Vgl. BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997), S. 1393. Die Strategic mit dem Anlagehorizont von 20 Jahren dient dabei als statische Benchmarkstrategie. Bei dem Out-of-Sample Test wird das gesamte Datensample in zwei Zeitraume aufgeteilt, wobei auf Basis der Informationen des ersten Zeitraums die Parameter des Modells optimiert werden. Die Validitat des optimierten Modells wird dann anhand des zweiten Teils der Datenreihe uberpriift. Dadurch verhindert man, dass durch Ubermodellierung des Modells auf dem gesamten Datensatz Zufallseinfliisse erfasst werden (Data Snooping oder Data Mining), die eigentlich nicht prognostizierbar sind. Vgl. SCHRODER (2002), S. 407. Vgl. BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997), S. 1397f.
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Ergebnissen ist kritisch anzumerken, dass die Autoren nur einmal jahrlich auf Basis der letzten zehn Jahre die Parameter der Schatzgleichung neu bestimmen und die monatliche Anpassung dann auf Basis der jahrlichen Schatzungen vorgenommen wird.^'^ AuBerdem nahert sich die Strategie mit abnehmendem Anlagehorizont immer mehr der monatlichen an. Die Strategie mit zehnjahrigem Anlagehorizont schneidet durchweg schlechter ab, als die beiden Altemativen. Auch wird kein Vergleich mit einer neutralen Benchmark, die die erwarteten Renditen nicht prognostiziert, angestrengt. Eine Untersuchung, inwiefem die Renditeschatzung tatsachlich zu einem okonomischen Mehrwert fiihrt, erfolgt nicht. Auch werden mogliche Verzerrungen durch Schatzrisiken nicht beriicksichtigt. BARBERIS (2000) untersucht ebenfalls die Portfoliozusammenstellung auf Basis von Renditeprognosen. Im Gegensatz zu BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997) beriicksichtigt er jedoch explizit das aus der Parameterunsicherheit resultierende Schatzrisiko.^'^ Als Anlageformen dienen der US-amerikanische Geldmarktzins (USTreasury-Bill) und ein wertgewichteter Aktienindex. ^'^ Die Renditeschatzungen erfolgen mithilfe eines Vektor-Autoregressiven- (VAR-) Modells, wobei sowohl die monatliche Uberschussrendite des Aktienindex iiber den quasi-risikolosen Zins als auch die Dividendenrendite in die Schatzung einflieBen. ^'^ Der Vergleich verschiedener statischer und dynamischer Portfolios mit unterschiedlichen Anlagehorizonten zeigt, dass ein Investor den Anteil der riskanten Aktienanlage in Relation zur quasi sicheren Geldmarktanlage mit zunehmendem Anlagehorizont erhoht.^^^ Allerdings andert sich dieses Ergebnis drastisch, sobald die Unsicherheit uber die Parameter der Schatzgleichung beriicksichtigt wird. Zwar legt ein langfristig orientierter gegeniiber einem kurzfristig orientierten Anleger einen hoheren Teil seines Vermogens in Aktien an, dieser Unterschied ist allerdings nur gering. In manchen Fallen dreht sich der Effekt sogar um und der Anteil der Aktienanlage sinkt mit steigendem Anlage-
Vgl. BRENNAN / SCHWARTZ / LAGNADO (1997), S.
1396.
Vgl. BARBERIS (2000), S. 226. Fiir eine Diskussion zu Schatzfehlem und deren Auswirkungen auf ein Portfolio vgl. CHOPRA / ZiEMBA (1993) sowie Kapitel 2.2.2. Der wertgewichtete Aktienindex enthalt Aktien der New York Stock Exchange. Die Berechnung des Index wird von dem Center for Research in Security Prices (CRSP) vorgenommen. Der Modellaufbau basiert in den wesentlichen Zugen auf dem Modell von KANDEL / STAMBAUGH (1996), wobei die Autoren in ihrer Untersuchung nur einen Anlagehorizont von einem Monat betrachten. Sie zeigen, dass fur einen Investor mit einem kurzen Anlagehorizont die optimale Aufteilung des Vermogens sensibel hinsichtlich bestimmter Schatzvariablen, wie z.B. der Dividendenrendite, ist. Allerdings ist der Beweis fur die tatsachliche Prognostizierbarkeit der erwarteten Rendite sehr gering. Der Grund hierfur besteht darin, dass durch die zeitliche Veranderung der Renditen ein Mean Reverting Prozess der Renditen hervorgerufen wird. Das fiihrt dazu, dass die Varianz der Renditen iiber einen langen Anlagehorizont nur langsam ansteigt und die Aktien so iiber einen langen Zeitraum gesehen als sicherer erscheinen. Vgl. BARBERIS (2000), S. 261.
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horizont.^^^ Aus der Untersuchung wird ersichtlich, wie sensitiv die Portfoliozusammenstellung hinsichtlich der Schatzfehler bei den erwarteten Renditen ist und wie stark sich diese Schatzfehler auswirken. Es stellt sich die Frage, ob durch eine MarktTiming-Strategie iiberhaupt ein okonomischer Mehrwert erzielt werden kann? Eine der umfassendsten Untersuchungen nehmen HANDA / TlWARl (2004) vor. Sie erweitem die bisherigen Untersuchungen, indem sie die oben genannten Kritikpunkte in ihrem Modell beriicksichtigen. Als eine der ersten Untersuchungen zum MarktTiming verwenden sie neben dem klassischen Zwei-Anlagen-Fall auch einen Vierund einen Elf-Anlagen-Fall. ^^^ AuBerdem beriicksichtigen die Autoren explizit Transaktionskosten, Marginanforderungen bei Leerverkaufen, den Grad der Risikoaversion eines Investors sowie die aus der Renditeprognose resultierende Parameterunsicherheit. Neben einem hypothetischen Investor, der aufgrund historischer Informationen die zukiinftigen Renditen schatzt (datenbasiertes Markt-Timing), wird auch ein zweiter Investor betrachtet, der als neutrale Benchmark davon ausgeht, dass keine Prognosen moglich sind, da die Renditen unabhangig identisch verteilt sind (i.i.d.-Investor). Als Prognosemodell wird im Zwei- und im Vier-Anlagenfall neben einer univariaten bzw. multivariaten Regression auch ein VAR-Modell verwendet. Als erklarende Variablen fliefien die Dividendenrendite, die einmonatige Geldmarktrendite, der Bonitatsspread und der Zinsspread in die Schatzgleichungen ein. Mittels einer rekursiven Nutzenmaximierung wird monatlich aus alien moglichen Modellkombinationen jene ausgewahlt, welche den Nutzen eines Investors in der Vergangenheit unter Beriicksichtigung der Risikoaversion und der Transaktionskosten maximiert hatte.^^^ Im ElfAnlagen-Fall wird das CAPM zur Prognose der erwarteten Renditen herangezogen (Modellbasiertes Markt-Timing), wobei die Unsicherheit iiber die Validitat des Modells mittels eines Priors einbezogen wird. Zusatzlich schwanken sowohl das Beta als auch die Marktrisikopramie als eine lineare Funktion der erklarenden Variablen.^^"^ Der i.i.d.-Investor optimiert sein Portfolio monatlich anhand der unbedingten
Vgl. BARBERIS (2000), S. 261. Als quasi-sichere Anlage wird die einmonatige US-Geldmarktrendite (US-Treasury-Bill) unterstellt. Im Zwei-Anlagenfall ist die risikobehaftete Anlage der wertgewichtete Aktiendindex des CRSP. Im VierAnlagefall werden drei Aktienindizes, die nach der Hohe der Marktkapitalisierung der zugrunde liegenden Untemehmen aus der NYSE, AMEX und Nasdaq zusammengestellt sind, verwendet. Die Daten stammen ebenfalls von dem CRSP. Im Elf-Anlagen-Fall stehen dem Anleger neben der risikolosen Anlage insgesamt zehn nach Branchenzugehorigkeit zusammengestellte Indizes zur Auswahl. Vgl. HANDA / TiWARi (2004), S. 13f. Vgl. HANDA/TiWARi (2004), S. 8-13. Vgl. HANDA / TIWARI (2004), S. 40-42. Das urspriingliche Modell basiert auf der Studie von PASTOR / STAMBAUGH (2000).
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Erwartungswerte von Rendite, Varianz und Kovarianz. Demgegenuber werden bei den Markt-Timing-Strategien, die aus dem rekursiv ermittelten Prognosemodell geschatzten bedingten Renditen in Kombination mit den unbedingten Erwartungswerten von Varianz und Kovarianz der Optimierung zugrunde gelegt. Die verschiedenen Strategien werden dann mittels des Sicherheitsaquivalents und einer adjustierten Sharpe Ratio miteinander verglichen. Die Autoren kommen zu einer Reihe interessanter Ergebnisse: Die datenbasierte Markt-Timing-Strategie flihrt sowohl im Zwei- als auch Vier-Anlagen-Fall im Zeitraum von 1959 bis 1988 zu einer signifikanten Uberrendite verglichen mit der i.i.d.Strategie. In den Jahren 1989 bis 2002 ist jedoch die i.i.d.-Strategie deutlich profitabler, so dass die Autoren ftir den Gesamtzeitraum zu dem Ergebnis kommen, dass sich die Markt-Timing-Strategie nur als marginal besser als ein Miinzwurf erweist.^^^ Die modellbasierte Markt-Timing-Strategie schneidet zumindest bei unterstellter mittlerer bis hoher Risikoaversion deutlich besser ab als die i.i.d.-Strategie, wobei hier die Zeitperiode von 1974 bis 1988 tendenziell schlechtere Ergebnisse liefert. Der Grund hierfur besteht darin, dass sich die Schatzrisiken der erwarteten Renditen bei steigender Risikoaversion deutHch weniger verzerrend auswirken.^^^ Bezogen auf die Gesamtperiode fiihrt der modellbasierte Ansatz zu einem positiven Sicherheitsaquivalent von bis zu 51 Basispunkten pro Monat. Die modifizierte Sharpe Ratio unterscheidet sich jedoch kaum von der der i.i.d.-Strategie.^^^ Insgesamt kann folglich keine deutliche Uberlegenheit der Markt-Timing-Strategie festgestellt werden. Insbesondere nicht bei Investoren die renditeorientiert bzw. nur gering risikoavers sind. Gerade aber fiir diese Investoren ist eine Markt-Timing-Strategie grundsatzlich interessant und sollte daher einen okonomischen Mehrwert erreichen. Allerdings fallen bei diesen Investoren die Schatzrisiken der erwarteten Rendite besonders ins Gewicht, so dass sie keinen signifikanten okonomischen Nutzen aus dem Markt-Timing erzielen. Vgl. HANDA / TlWARi (2004), S. 27f. Diese Aussage deckt sich mit den Studien von MARQUERING / VERBEEK (2004), S. 424 und PESARAN / TIMMERMANN (1995), S. 1223. Die Autoren kommen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Moglichkeit zur Prognose der Renditen in den letzten Jahren drastisch abgenommen hat. Vgl. dazu auch CHOPRA / ZIEMBA (1993) und die Ausfuhrungen des Kapitels 2.2.2. Auch in vorliegender Untersuchung kann gezeigt werden, dass die sich Schatzrisiken der erwarteten Rendite bei steigendem Risikoaversionsgrad deutlich weniger advers auswirken. Vgl. insbesondere Kapitel 5.2.1. Vgl. HANDA / TIWARI (2004), S. 50. Auch D E MIGUEL ET. AL. (2004), S. 38f. untersuchen die modellbasierte Markt-Timing-Strategie fiir insgesamt 23 verschiedene risikobehaftete Anlagen iiber den Zeitraum von 1926 bis 2002 und vergleichen die Performance mit einem gleichgewichteten Portfolio. Die Timing-Strategic erzielt zwar eine um 0.113 bzw. 0.118 hohere Sharpe Ratio, allerdings wird das Timing-Portfolio 468- bzw. 244-mal ofters komplett umgeschichtet als das gleichgewichtete Portfolio. Die Autoren beriicksichtigen keine Transaktionskosten, so dass die Ergebnisse nicht aussagekraftig sind.
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Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass eine Markt-Timing-Strategie fiir einen Investor zu keinem signifikanten okonomischen Mehrwert fiihrt. Einzelne Studien, die Uberrenditen erreichen, vemachlassigen z.T. wichtige Faktoren wie Transaktionskosten oder die aus der Parameterschatzung resultierende Unsicherheit. Keine der vorgestellten Strategien erzielt durch die Prognose der erwarteten Renditen einen im Zeitablauf konstanten signifikanten okonomischen Mehrwert. Kritisch ist auch, dass eine Reihe von Autoren nur In-Sample Vergleiche der Strategien durchgefiihrt haben. 3.2.2 Volatilitats-Timing-Strategien Im Folgenden werden zentrale Studien zum Volatilitats-Timing vorgestellt. Alle ausgewahlten Studien zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, dass anhand von Volatilitats- und Kovarianzprognosen entweder die Zusammenstellung eines Portfolios im Zeitablauf gesteuert oder analog zu den Markt-Timing-Strategien eine einfache Switching-Strategic durchgefiihrt wird. Einige der Studien kombinieren Volatilitatsund Markt-Timing-Strategien, so dass ein direkter Vergleich zwischen dem okonomischen Nutzen von Renditeprognosen in Relation zu Varianz- und / oder Kovarianzprognosen moglich wird. Die kombinierten Strategien werden separat im nachfolgenden Kapitel 3.2.3 diskutiert. COPELAND / COPELAND (1999) untersuchen zwei einfache Switching-Strategien, die auf der Prognose der Marktvolatilitat mittels der implizierten Volatilitat (VIX) beruhen. Die Strategien bauen auf empirischen Beobachtungen auf, nach denen die Marktrisikopramie positiv mit der Volatilitat korreliert ist. Dies hat zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit negativer Aktienrenditen nach unerwarteten Volatilitatsanstiegen aufgrund der hoheren Diskontierungsrate durch die gestiegene Marktrisikopramie wachst.^^^ Ein Investor kann monatlich zwischen jewel Is zwei Altemativinvestments wahlen. Zur Verfiigung stehen ihm zum einen eine „Value versus Growth Stocks" (Style-) Strategic und zum anderen eine „Small versus Large Caps" (Size-) Strategic. Je nach erwartetem Anstieg oder Ruckgang der Volatilitat investiert ein Investor sein gesamtes Vermogen in eine der Anlagemoglichkeiten. Wird ein Anstieg der Volatilitat erwartet, so wird das gesamte Vermogen in die „Value Stocks" bzw. „Large Caps" umgeschichtet et vice versa. Die Autoren begriinden dies damit, dass bei ansteigender Volatilitat auch die Unsicherheit beziiglich der zuktinftigen Ertrage der „Growth Stocks" zunimmt und somit „Value Stocks" relativ gesehen attraktiver werden. Die Begrundung fur den Wechsel in die „Large Caps" bei steigender Volatilitat basiert auf
^^^ Vgl. dazu FRENCH / SCHWERT / STAMBAUGH (1987); MERTON (1980).
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den oben genannten empirischen Beobachtungen. Sollte tatsachlich eine negative Korrelation zwischen Volatilitat und Rendite bestehen, dann fallt der Wertverlust bei den „Small Caps" groBer aus, da kleine Untemehmen tendenziell hohere Betas aufweisen.^^^ Vorliegende Switching-Strategie ist folglich keine reine Volatilitats-TimingStrategie, da die Anlageentscheidungen auf Basis der erwarteten Renditeentwicklung, die sich in den Anlageklassen als Resultat der sich verandemden Volatilitat einstellt, getroffen werden. Die Volatilitat wird lediglich als Prognoseinstrument fiir die zukunftigen Renditen verwendet. Es zeigt sich, dass in der Mehrzahl der Falle die aufgrund der erwarteten Volatilitatsveranderungen gewahlte Anlage-klasse auch tatsachlich eine anschlieBend hohere Rendite aufweist als ihr Pendant. ^^^ Allerdings vergleichen die Autoren die Rendite der Strategie nicht mit einer passiven Benchmark, so dass eine Aussage uber den tatsachlichen okonomischen Wert der Strategie nicht moglich ist. CUMBY / FiGLEWSKi / HASBROUCK (1994) fiihren eine der ersten Untersuchungen zum Volatilitats-Timing aus Sicht zweier intemationaler Investoren durch. Im Gegensatz zu fruheren Veroffentlichungen beriicksichtigen die Autoren die zeitlichen Schwankungen der Varianz-Kovarianz-Matrix. Die Varianzen werden mithilfe eines univariaten exponentiellen GARCH-Modells und die Kovarianzen mithilfe eines multivariaten GARCH-Modells modelliert bzw. geschatzt. ^^' Der Nachteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass jedes Element der Varianz-Kovarianz-Matrix separat geschatzt werden muss, was zu einem enormen Rechenaufwand bei einer groBeren Anzahl zugrunde liegender Anlagen fuhrt. Die Autoren beschranken ihre Untersuchung aus der Sicht eines amerikanischen und eines japanischen Investors auf jeweils fiinf Anlagemoglichkeiten. Jedem Investor wird die Moglichkeit gegeben, in den in- und auslandischen Aktien- bzw. Rentenmarkt zu investieren. Zusatzlich steht den Investoren jeweils eine inlandische quasi-risikolose Anlage zur Verfiigung.^^^ Die Autoren verwenden von ihrem Gesamtdatenzeitraum von Juli 1977 bis September 1990 insgesamt 599 Wochen fiir eine In-Sample Analyse und 91 Beobachtungen fiir eine Out-of-Sample Betrachtung. Bei der In-Sample Analyse werden die GARCHModelle bezogen auf alle 599 Wochendaten kalibriert. Die erwartete Rendite wird als Mittelwert iiber die gesamte In-Sample Periode berechnet. Als Benchmark wird ein Investor zugrunde gelegt, der sowohl bei der erwarteten Rendite als auch bei den Varianzen und Kovarianzen die historischen Mittelwerte der 599 Wochen fiir seine
^^^ Vgl. COPELAND / COPELAND (1999), S. 73f. ^^^ Vgl. COPELAND / COPELAND (1999), S. 80. Vgl. CuMBY/FIGLEWSKI /HASBROUCK (1994), S. 6-10. Zur Klasse der GARCH-Modelle vgl. Kapitel 3.1.1. ^^^ Vgl. Cu] CuMBY / FIGLEWSKI / HASBROUCK (1994), S. 4. Zusatzlich wird der Dollar-Yen Wechselkurs beriicksichtigt.
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Portfoliooptimierung verwendet.^" Transaktionskosten bleiben auBer Betracht. Insgesamt werden beide Strategien fiir sechs verschiedene Portfolios analysiert, zum einen ftir ein globales varianzminimales Portfolio und zum anderen fiir fiinf Portfolios mit unterschiedlichen Zielrenditen. Die Performance der Strategien wird ausschlieBlich anhand der realisierten Standardabweichung der Portfolios gemessen. Bei dem In-Sample Vergleich kann durch die einfache Volatilitats-Timing Strategic bei alien sechs Portfolios ein niedriges Risiko, gemessen anhand der Portfoliostandardabweichung, erreicht werden. ^^"^ Allerdings ist der In-Sample Vergleich nur wenig aussagekraftig, da die Parameter der Gleichungen in dem gleichen Zeitraum geschatzt werden, in dem auch die Auswertung stattfindet. Bei dem realistischeren Out-ofSample Vergleich uber weitere 91 Wochen ftihrt die Volatilitats-Timing Strategic nur noch in einzelnen Fallen, insbesondere bei den Portfolios mit einer hohen Zielrendite, zu einem niedrigeren Risiko als die Benchmarkstrategie. ^^^ Auf den ersten Blick erscheinen diese Ergebnisse als enttauschend. Allerdings weist der Versuchsaufbau einige Schwachen auf, was die Ergebnisse der Volatilitats-Timing-Strategie relativiert. Zum einen verwenden die Autoren nur die Standardabweichung als VergleichsmaB ftir die Strategien, die erzielte Rendite oder die dynamische Komponente des VolatilitatsTiming bleiben auBer Betracht. So weist u.a. HAN (2003) darauf hin, dass die unbedingte Standardabweichung das tatsachliche Risiko einer dynamischen Volatilitatsstrategie iiberschatzt.^^^ Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt ist, dass keine im Zeitablauf rollierende Schatzung vorgenommen wird. Die GARCH-Modelle werden nur einmal auf Basis der gesamten In-Sample-Daten geschatzt.^^^ Auch lasst die zeitliche Lange des Out-of-Sample Tests mit nur 91 Wochendaten keine valide Aussage iiber die Profitabilitat der Volatilitats-Timing-Strategie zu. BUSSE (1999) untersucht auf Basis taglicher Daten Fonds, die in ihrer Anlageentscheidung die Volatilitat berucksichtigen. Die Datengrundlage bilden insgesamt 230 Aktienfonds uber einen Zeitraum von zehn Jahren.^^^ Es kann beobachtet werden, dass sich Fonds, die wahrend des Untersuchungszeitraumes liquidiert werden. Vgl. CUMBY / FlGLEWSKl / H A S B R O U C K (1994), S. 1 Of. Vgl. CUMBY / FlGLEWSKl / HASBROUCK (1994), S. 20. Vgl. CUMBY / FlGLEWSKl / HASBROUCK (1994), S. 2 3 .
Vgl. HAN (2003), S. 12. Bei dieser Vorgehensweise bleiben die Parameter der Schatzgleichung fiir die gesamte Out-of-Sample Periode gleich. Samtliche neuen Informationen werden bei der Schatzung von Varianz und Kovarianz nicht berucksichtigt. Diese Vorgehensweise widerspricht im gewissen Sinne dem Ziel der Untersuchung die zeitliche Variabilitat der zweiten Momente bei der Portfoliooptimierung zu berucksichtigen, da nicht nur Varianz und Kovarianz im Zeitablauf schwanken, sondem auch die Parameter der Schatzgleichungen. Vgl. BusSE (1999), S. 1015. Es werden keine Sektorfonds oder Indexfonds berucksichtigt. Die taglichen Daten beinhalten den Nettowert pro Anteil des Fonds sowie die Dividenden.
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hinsichtlich ihres Volatilitats-Timing nicht von zufallig zusammengestellten Aktienportfolios unterscheiden. Weiter zeigt sich, dass Fonds, die aktiv VolatilitatsTiming betreiben, insgesamt hohere risikoadjustierte Renditen erwirtschaften.^^^ Aktiv gemanagte Fonds sind immer wieder der Kritik ausgesetzt, dass sie hinsichtlich der Rendite nur sehr selten ihre passiven Benchmarks schlagen konnen. GRAHAM / HARVEY (1996) untersuchen in diesem Zusammenhang die Prognosegiite von veroffentlichten Investmentempfehlungen hinsichtlich der Einschatzung der erwarteten Marktrichtung. Die Autoren kommen zu dem emuchtemden Ergebnis, dass nur sehr wenige Empfehlungen die Aktienquote vor steigenden Markten anheben bzw. vor fallenden Markten senken. Dies deutet darauf hin, dass auch institutionelle Anleger keine zusatzlichen Informationen besitzen, um ein erfolgreiches MarktTiming durchfuhren zu konnen. Bei den wenigen Empfehlungen, die eine korrekte Einschatzung iiber den zukiinftigen Marktverlauf abgeben, zeigt sich, dass diese iiberdurchschnittliche Trefferquote iiber einen langeren Zeitraum gesehen wieder geringer wird.^'*^
Die Ergebnisse von BUSSE (1999) deuten jedoch darauf hin, dass selbst wenn ein Fondmanager einem Investor beziiglich des Markt-Timing keinen zusatzlichen Nutzen stiften kann, eine aktive Volatilitatssteuerung dennoch einen okonomischen Mehrwert in Form eines Volatilitatshedges erzeugt. Dies kann als eine Rechtfertigung fur das aktive managen von Fonds angesehen werden. Es stellt sich die Frage, inwiefem eine hohere risikoadjustierte Rendite auf Basis offentlicher Informationen erreicht werden kann, oder ob ein institutioneller Investor Insiderinformationen bezuglich der zukunftigen Volatilitat der Markte besitzt. Nach BusSE (1999) existiert jedoch kein Hinweis, dass Fondmanager andere als offentlich zugangliche Informationen fiir das Volatilitats-Timing verwenden.^'*' Diese Aussage unterstiitzt die in vorliegender Arbeit angestrengte Hypothese, dass anhand einfacher historischer Informationen mittels Volatilitats-Timing ein okonomischer Mehrwert im Zusammenhang mit der Portfoliooptimierung erzielt werden kann. / KARCESKI / LAKONISHOK (1999) testen verschiedene Verfahren zur Prognose der Varianzen und Kovarianzen im Hinblick auf eine moglichst risikooptimale Portfoliozusammenstellung. Als Prognoseverfahren wird neben einer einfachen CHAN
^^^ Vgl. BussE (1999), S. 1034. ^"^^ Vgl. GRAHAM / HARVEY (1996), S. 419.
^^^ Vgl. BusSE (1999), S. 1024-1026.
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historischen Mittelwertschatzung auch ein Bin- bis Zehn-Faktor-Modell verwendet.^"*^ Fiir die Jahre 1973 bis 1997 werden jahrlich 250 Untemehmen per Zufallsziehung aus der NYSE und der AMEX gezogen. Die Prognosemodelle basieren auf monatlichen Beobachtungen, wobei jeweils die letzten 60 Monate als Datengrundlage zur Bestimmung der Schatzgleichungen herangezogen werden. Gegenstand der Untersuchung ist ein globales varianzminimales und ein Tracking-Error Portfolio, die einmal jahrlich umgeschichtet werden.^"^^ Als Benchmarks fur das varianzminimale Portfolio dienen ein wert- und ein gleichgewichtetes Portfolio. Fiir das Tracking-Error Portfolio wird der S&P 500 Index als Benchmark gewahlt. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass mithilfe von Prognosen der Varianzen und Kovarianzen im Rahmen der Steuerung der Portfolios das Risiko in Relation zu einer passiven Benchmark deutlich gesenkt werden kann. Allerdings ist die Differenz zwischen den verschiedenen Prognosemodellen, gemessen anhand der jahrlichen Standardabweichung des varianzminimalen Portfolios, nur gering. Die Benchmarkportfolios weisen eine Standardabweichung von 16,62% bzw. 15,54% auf Mit der einfachen historischen Mittelwertschatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix wird eine deutlich niedrigere Standardabweichung in Hohe von 12,94%) erzielt, wahrend das beste Faktormodell (Drei-Faktoren-Modell) ein Risiko in Hohe von 12,66%) aufweist. ^'^^' Beim Tracking-Error Portfolio erzielt ein gleichgewichtetes bzw. wertgewichtetes Portfolio einen Tracking-Error von 6,16% bzw. 3,04%o. Mit einer einfachen historischen Schatzung kann ein Tracking-Error von 4,03% erreicht werden, wahrend das beste Faktormodell (Neun-Faktoren-Modell) nur einen um zwei Basispunkte niedrigeren Tracking-Error erzielen kann.^'^^ Bei beiden Portfolios schneiden die Faktormodelle nicht wesentlich besser ab als die einfache Schatzung mittels der historischen Mittelwerte von Varianz und Kovarianz. Beim Tracking-Error Portfolio kann nur eine der beiden naiven Strategien geschlagen werden. Allerdings handelt es sich bei dem zugrunde liegenden Untersuchungsdesign
Vgl. CHAN / KARCESKI / LAKONISHOK (1999), S. 945-947. In die Faktormodelle fliefien die Uberschussrendite des wertgewichteten Aktienindex uber den risikolosen Zinssatz, die UntemehmensgroBe, eine Buchwert-Marktwert-Kennzahl, ein Momentumfaktor, die Dividendenrendite, die Cash-Flow-Rendite, der Zinsspread, der Bonitatsspread, ein Beta-Faktor sowie ein langfristiger technischer Indikator ein. Bei dem verwendeten Stein-Schatzer werden samtliche Kovarianzen gleich dem Mittelwert iiber alle Kovarianzen gesetzt. Sowohl das globale varianzminimale Portfolio als auch das Tracking-Error Portfolio besitzen den Vorteil, dass fiir ihre Berechnung keine erwarteten Renditen geschatzt werden miissen. Bei einem Tracking-Error Portfolio wird die Standardabweichung der Differenz zwischen Portfolio- und Benchmarkrendite minimiert. Zum Tracking-Error Portfolio vgl. ROLL (1992), S. 13-22. Vgl. CHAN / KARCESKI / LAKONISHOK (1999), S.
952.
Vgl. CHAN/KARCESKI/LAKONISHOK (1999), S. 958.
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nicht um eine klassische Volatilitats-Timing-Strategie, da die Portfolios nur einmal jahrlich an die sich verandemden Rahmenbedingungen angepasst werden. Soil die tatsachliche Variation der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung bei der Portfoliooptimierung beriicksichtigt werden, so musste eine Anpassung der Portfolios mit einer hoheren Frequenz, wie beispielsweise taglich oder wochentlich, erfolgen. In diesem Fall konnten jedoch keine Faktormodelle verwendet werden, da makrookonomische Faktoren mit groBeren zeitlichen Abstanden veroffentlicht werden. Dies stellt jedoch kein Ausschlusskriterium ftir eine kurzfristigere Strategic dar, da die Ergebnisse von CHAN / KARCESKI / LAKONISHOK (1999) darauf hindeuten, dass Faktormodelle hinsichtlich des okonomischen Wertes einer Volatilitats-TimingStrategie nur einen geringen zusatzlichen Nutzen bieten. / KIRBY / OSTDIEK (2001) untersuchen erstmals explizit den okonomischen Wert des Volatilitats-Timing bei einer taglichen Anpassung der Portfolios. Die Anlagemoglichkeiten bestehen aus dem S&P 500 Future, dem Treasury Bond Future, dem Gold Future und einer risikolosen Anlagemoglichkeit mit unterstellter Verzinsung von 6% p.a. Die Varianz-Kovarianz-Matrix wird mithilfe eines asymptotisch rollierenden Schatzers, der ein Spezialfall der GARCH-Modelle darstellt, geschatzt.^"*^ Insgesamt werden zwei verschiedene Portfoliostrategien betrachtet. Ziel der Strategien ist es, zum einen die Volatilitat bei vorgegebener Zielrendite zu minimieren (Zielrenditeportfolio) und zum anderen die Rendite bei vorgegebener Zielvolatilitat zu maximieren (Zielvarianzportfolio). Als Benchmark fiir die dynamische Portfoliozusammenstellung dienen zwei statische Strategien mit jeweils identischer Zielrendite bzw. Zielvolatilitat. Bei den statischen Strategien sind die Gewichte der Portfolios, die auf Basis der zeitlich ersten Schatzung ermittelt werden, im Zeitablauf fixiert. Die erwarteten Renditen werden als konstant unterstellt. Damit stellen die Autoren sicher, dass die Veranderung der Portfoliozusammenstellung im Zeitablauf rein auf Basis der Varianz-Kovarianz Schatzungen basiert und ein eventueller okonomischer Mehrwert des Volatilitats-Timing nicht durch verzerrte Schatzungen der Renditen beeinflusst wird.^'*^ Als Performancemafi far den Vergleich zwischen statischer und dynamischer Strategic wird neben der Sharpe Ratio auch eine Art Nutzenpramie berechnet, die den Betrag widerspiegelt, den ein Investor bereit ist zu zahlen, um von dem statischen in das dynamische Portfolio wechseln zu konnen. Der Vorteil FLEMING
^ Zur genauen Beschreibung des Schatzers siehe Kapitel 4.3.2.4. ^^^ Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001), S. 330f.
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dieser Nutzenpramie liegt in der Beriicksichtigung der dynamischen Struktur der Volatilitats-Timing-Strategie.^'*^ Im ersten Teil der Untersuchung vergleichen die Autoren die dynamischen mit den statischen Strategien ohne Beriicksichtigung des Schatzrisikos der Renditen. Die Ausblendung des Schatzrisikos wird dadurch erreicht, dass bei samtlichen Strategien als erwartete Rendite der Mittelwert iiber den gesamten Untersuchungszeitraum verwendet wird. Die Zielrendite betragt 10% und die Zielvolatilitat (Portfoliostandardabweichung) 12% pro Jahr. Das Zielrenditeportfolio erreicht eine Rendite von 9,8% bei einer Standardabweichung von 10,7%, was zu einer Sharpe Ratio von 0,92 fiihrt. Das Zielvarianzportfolio mit einer Rendite von 12,4% und einer Standardabweichung von 13,6% hat eine Sharpe Ratio von 0,91. Mit der ex post ermittelten Effizienzlinie betragt die maximal erreichbare Sharpe Ratio nur 0,86. Selbst wenn man folglich ex ante bereits das statische ex post effiziente Portfolio gekannt hatte, konnte mit der statischen Strategic keine so hohe Sharpe Ratio wie mit den dynamischen Strategien erreicht werden.^"^^ Im zweiten Teil der Untersuchung dann der okonomische Wert des Volatilitats-Timing fiir verschiedene Niveaus des Schatzrisikos bzw. der Risikoaversion mittels einer Simulation bestimmt.^^^ Im Durchschnitt iiber alle Simulationslaufe erzielen beide statischen Portfolios eine Sharpe Ratio von 0,80 verglichen mit 0,84 bzw. 0,85 bei den dynamischen Portfolios. Bezogen auf die Nutzenpramie ware ein Investor bereit, bis zu 181 Basispunkte pro Jahr zu zahlen, um von der statischen Strategic in die dynamische Strategic mit Zielvarianz wechseln zu konnen. Bei dem Zielrenditeportfolio betragt die maximale Nutzenpramie 67,8 Basispunkte p.a. Allerdings schwanken diese Ergebnisse stark in Abhangigkeit von der unterstellten Risikoaversion und des Schatzrisikos. Bei einem Vergleich der Strategien fiir unterschiedliche Zielrenditen bzw. varianzen zeigt sich, dass die Sharpe Ratio relativ konstant bleibt, die Nutzenpramie
Die Nutzenpramie basiert im Wesentlichen auf der engen Beziehung zwischen dem |x-a-Prinzip und einer quadratischen Nutzenfiinktion. Sie stellt eine verallgemeinerte Version des Kriteriums zum Ranking der Performance von Prognosemodellen von WEST / EDISON / CHO (1993) dar. Eine ausflihrliche Herleitung der nutzenbasierten Pramie erfolgt in Kapitel 4.3.3. Vgl. FLEMING / KiRBY / OSTDIEK (2001), S. 340f. Um zu uberprufen, inwiefem diese Ergebnisse nur zufallig zustande gekommen sind, fiihren die Autoren eine Simulation durch, bei welcher 10.000 Renditezeitreihen zufallig erzeugt werden. Anhand dieser kiinstlichen Renditezeitreihen werden mit den zuvor ermittelten Portfoliogewichten die Rendite und das Risiko des Portfolios jeweils neu berechnet. Es zeigt sich, dass nur 9,2% bzw. 0,4% der Simulationen zu hoheren Sharpe Ratios fiihren als die Zielrendite- bzw. Zielvarianzstrategie. Dies zeigt deutlich, dass die iiberlegende Performance der dynamischen Timing-Strategien nicht auf einem zufalligen Effekt beruht. Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001), S. 344. Als Simulationsverfahren wird ein Bootstrap-Verfahren nach EFRON (1979) verwendet. Dieses Simulationsverfahren wird dazu benutzt, um ex ante Informationssets zu erzeugen, auf Basis derer die Renditen, Varianzen und die Kovarianzen geschatzt werden konnen.
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jedoch stark variiert, da ihr Trade off zwischen Rendite und Risiko im Gegensatz zu der Sharpe Ratio nicht linear verlauft. Die Nutzenpramie steigt sowohl mit zunehmender Zielrendite als auch mit wachsender Zielvarianz an.^^^ Die uberwiegend positiven Nutzenpramien bleiben auch mit Berucksichtigung von Transaktionskosten bestehen.^^^ Kritisch an der Vorgehensweise der Untersuchung fallt auf, dass die fiir die Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix benotigte Verzogerungsrate auf Basis des gesamten Untersuchungssamples mittels eines statistischen GiitemaBes bestimmt wird.^" Dies fiihrt zu einem so genannten Look-Ahead-Bias, da ein Investor unter realen Umstanden nicht in der Lage gewesen ware, die Verzogerungsrate in der gleichen Art zu bestimmen. Allerdings weisen die Autoren in einer Sensitivitatsanalyse, in der verschiedene Werte fiir den Verzogerungsfaktor getestet werden, darauf hin, dass nicht der von ihnen verwendete statistisch optimale Verzogerungsfaktor, sondem ein wesentlich geringerer zu besseren Ergebnissen in Form von hoheren Nutzenpramien fiihrt. ^^"^ Je geringer der Verzogerungsfaktor ist, umso mehr werden die VarianzKovarianz-Schatzungen geglattet. Dies deutet darauf hin, dass der Verzogerungsfaktor nicht mittels statistischer MaBe bestimmt werden sollte, sondem anhand der durchschnittlichen Dauer eines Volatilitatsschocks. In einer zweiten Veroffentlichung aus dem Jahr 2003 erweitem FLEMING / KiRBY / OSTDIEK ihr bisheriges Modell mit dem Ziel, den okonomischen Mehrwert, der durch die Verwendung von Intraday-Daten bei der Prognose der Varianz-Kovarianz-Matrix entsteht, zu untersuchen. Diese Untersuchung ist die einzige, die explizit den okonomischen Nutzen von Intraday-Daten aus dem Blickwinkel der Portfoliooptimierung betrachtet. Der Modellauft^au und die verwendeten Methoden entsprechen denen der Untersuchung aus 2001. Das Modell erweitert sich insofem, dass neben einem verlangerten Untersuchungszeitraum nun anstatt Tages- bereinigte IntradayDaten zur Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix herangezogen werden. Die Autoren versprechen sich durch die genauere Schatzung und Prognose der zweiten Momente der Renditeverteilung in Relation zu den statischen auf der einen aber auch zu den dynamischen Strategien basierend auf Tagesdaten auf der anderen Seite einen
Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001), S. 349.
Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die annualisierten Transaktionskosten ca. 19% bzw. 47% pro Jahr ausmachen miissten, um den Vorteil der dynamischen Zielrendite- bzw. Zielvarianzstrategie gegeniiber ihren statischen Pendants auszugleichen. Vgl. FLEMING / KiRBY / OsTDiEK (2001), S. 350. Mittels einer Minimierung der mittleren quadratischen Abweichung der Varianz-Kovarianz-Schatzung wurde eine optimale Verzogerungsrate von 0,063 bestimmt. Dies entspricht einer Halbwertzeit eines Volatilitatsschocks von elf Tagen. Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001), S. 350.
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hoheren okonomischen Nutzen. Im Durchschnitt iiber tausend Simulationslaufe und bei mittlerem Schatzrisiko ware ein Investor bereit, zwischen 105 und 333 Basispunkten p.a. zu zahlen, urn von den statischen Strategien in eine der beiden dynamischen Strategien basierend auf Intraday-Daten wechseln zu konnen.^^^ Der zusatzliche okonomische Nutzen bei einem Wechsel von einer der dynamischen Strategien auf Tagesdatenbasis zu einer der Strategien auf Intraday-Daten, ebenfalls bei mittlerem Schatzrisiko, betragt zwischen 89 und 130 Basispunkte p.a. Weiter erreichen die dynamischen Intraday-Strategien, unabhangig vom zugrunde liegenden Schatzrisiko, in fast 100% der Simulationsdurchlaufe in Relation zu den tagesdatenbasierten Strategien eine hohere Sharpe Ratio.^^^ Auch LIU (2004) untersucht in einem (vorlaufigen) Working Paper, inwiefem VarianzKovarianz-Schatzungen auf Basis von Intraday-Daten zu einem niedrigeren TrackingError Oder Portfoliorisiko bei einem globalen varianzminimalen Portfolio fiihren. Eine Analyse des okonomischen Wertes der Intraday-Kursdaten erfolgt jedoch nicht. So werden z.B. keine Transaktionskosten in der Untersuchung beriicksichtigt. Im Gegensatz zu FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) und (2003) untersucht der Autor verschiedene Methoden zur Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix. Im Vergleich zu tagesdatenbasierten Schatzungen fiihrt die Verwendung der Intraday-Daten bei einer monatlichen sowie bei einer taglichen Anpassung des Portfolios zu einem um 51 Basispunkten niedrigeren Tracking Error bzw. zu einem um bis zu 272 Basispunkten niedrigeren Risiko bei dem Minimum-Varianz-Portfolio.^" Diese Ergebnisse unterstiitzen die in dieser Arbeit aufgestellte Hypothese, dass anhand genauerer Schatzungen und Prognosen der zweiten Momente der Renditeverteilung mittels Intraday-Kursinformationen ein zusatzlicher okonomischer Nutzen im Rahmen der dynamischen Portfoliooptimierung generiert werden kann.
Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2003), S. 494.
Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2003), S. 495. Die Autoren fuhren eine Reihe weitere Untersuchungen zum Einfluss des Schatzrisikos, der Risikoaversion sowie der Sensitivitat der Ergebnisse hinsichtlich der Hohe des Verzogerungsfaktors im Prognosemodell durch. Allerdings gleichen die grundlegenden Ergebnisse denen aus FLEMING / KiRBY / OSTDIEK (2001), so dass hier auf eine explizite Darstellung verzichtet werden kann. Auch die oben genannte Kritik hinsichtlich des Look-Ahead-Bias bleibt bestehen, da die Schatzung der Parameter des Prognosemodells analog zu 2001 auf Basis des gesamten Untersuchungszeitraumes durchgefuhrt wird. Vgl. LIU, Tab. 3, 4 und 7. Die 272 Basispunkte beziehen sich auf die Schatzungen basierend auf einem dreimonatigen Zeitfenster. Werden zwolf Monate Kurshistorie zur Schatzung verwendet, kann das Risiko des varianzminimalen Portfolios um 153 Basispunkte bei einer taglichen Anpassung der Portfolios verringert werden.
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3.2.3 Kombinierte Strategien Einige aktuelle Studien kombinieren Markt- und Volatilitats-Timing-Strategien im Zusammenhang mit der Portfoliooptimierung. Dadurch kann die Performance der verschiedenen Ansatze in einem direkten Vergleich gemessen werden. Samtliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass anhand einer Volatilitats-Timing-Strategie ein signifikanter okonomischer Mehrwert erzielt werden kann. Lediglich eine der vier Studien zeigt dagegen, dass Markt-Timing zu einem signifikanten okonomischen Mehrwert fuhrt. HAN (2003) kommt in seinem vorlaufigen Working Paper als einziger zu dem Ergebnis, dass anhand einer Markt-Timing-Strategic ein signifikanter okonomischer Mehrwert geschaffen werden kann. Zusatzlich zu der Markt-Timing-Strategie testet er auch den okonomischen Wert eines reinen Volatihtats-Timing-Ansatzes. Neben einem Zielrendite- und einem Zielvarianzportfolio wird zusatzHch ein nutzenmaximales PortfoHo betrachtet.^^^ Insgesamt werden in die Untersuchung die taglichen Kursinformationen von 36 zufallig ausgewahlten Aktien uber den Zeitraum von 1990 bis 2000 einbezogen, wobei die Periode von 1996 bis 2000 als Out-of-Sample Test dient.^^^ Auf den Daten bis 1996 werden insgesamt drei multivariate Faktormodelle mit einer jeweils unterschiedhchen Anzahl an Faktoren kalibriert. Mit diesen Modellen wird die Varianz-Kovarianz-Matrix im Out-of-Sample Zeitraum taglich geschatzt. ^^^ Als PerformancemaB zum Vergleich der Strategien wird neben der Sharpe Ratio, dem Jensen-MaB und dem Sicherheitsaquivalent auch die nutzenbasierte Pramie von FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) herangezogen.^^' Als Benchmark wird ein ex ante statisches optimales Portfolio, welches auf Basis der historischen Mittelwerte von Rendite, Varianz und Kovarianz geschatzt wird, verwendet. Bei der Untersuchung der reinen Volatilitats-Timing-Strategie wird die erwartete Rendite sowohl bei den statischen als auch bei den dynamischen Strategien auf den gleichen konstanten Wert gesetzt. Mit dieser Vorgehensweise kann der losgeloste okonomische Wert des reinen Volatilitats-Timing berechnet werden. Die Out-of-Sample Nutzenpramie betragt bei der taglichen Anpassung des Zielrenditebzw. Zielvarianzportfolios bis zu 232,4 bzw. 778 Basispunkte p.a. Bei dem nutzen-
^^^ Vgl. HAN (2003), S. 11-12. Die Zielrendite betragt 10% p.a. und die Zielvolatilitat 12% p.a. ^^^ Vgl. HAN (2003), S. 17f. ^^^ Vgl. HAN (2003), S. 6-10. Die Kalibrierung des Modells basiert nur auf den In-Sample Daten. Im Out-ofSample Bereich wird keine rollierende Anpassung der Parameter vorgenommen. ^^' Vgl. HAN (2003), S. 13-15.
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maximalen Portfolio wird eine Pramie von maximal 207,7 Basispunkte p.a. erreicht.^^^ Auffallig ist, dass die Pramien vor allem bei dem Zielvarianzportfolio deutlich hoher sind als bei FLEMING / KiRBY / OSTDIEK (2001) bzw. (2003). Werden Transaktionskosten in die Analyse aufgenommen, so sinken beim Zielrenditeportfolio die Nutzenpramien auf bis zu 84,1 Basispunkte p.a. Fiir die beiden anderen Portfolios werden die Ergebnisse unter Berucksichtigung von Transaktionskosten nicht dargestellt. Gerade aber beim Zielvarianzportfolio kann erwartet werden, dass die sehr hohe Nutzenpramie deutlich geringer wird, sobald Transaktionskosten beriicksichtigt werden. Grund hierfiir sind die im Zeitablauf vermutlich sehr hohen Schwankungen der Portfoliogewichte des Zielvarianzportfolios.^" Bei der Analyse der kombinierten Strategie werden z.T., wenn auch mit anderen Modellen, deutlich hohere Pramien erreicht. Bezogen auf die statische ex ante optimale Strategie betragt die Nutzenpramie im Out-of-Sample Test bei dem Zielvarianzportfolio bis zu 1.370,8 Basispunkte p.a., bei dem Zielrenditeportfolio bis zu 145,2 Basispunkte p.a. und bei dem nutzenmaximalen Portfolio bis zu 759,3 Basispunkte p.a. ^^'^ Sowohl das Zielvarianz- als auch das nutzenmaximale Portfolio erreichen somit verglichen mit dem reinen Volatilitats-Timing deutlich hohere Pramien. Auffallig ist, dass die Ergebnisse sowohl zwischen den einzelnen Portfolios als auch zwischen den verschiedenen Modellen stark divergieren. Die Nutzenpramien der kombinierten Strategien erscheinen insbesondere vor dem Hintergrund der vergleichbaren Untersuchungen als auBergewohnlich hoch. Kritisch anzumerken ist, dass keine Untersuchung der kombinierten Strategien nach Transaktionskosten durchgefiihrt wurde. GOMES (2004) weist in seiner Untersuchung in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass durch eine Integration von Renditeschatzungen die Portfoliogewichte im Zeitablauf sehr volatil werden und die Sensitivitat der Ergebnisse hinsichtlich Transaktionskosten deutlich zunimmt. Die Frage, inwiefem die Hinzunahme des Markt-Timing zu einem okonomischen Mehrwert fuhrt, kann aufgrund der fehlenden Berucksichtigung von Transaktions-kosten daher nicht abschlieBend beantwortet werden. Zudem werden die Schatzrisiken der erwarteten Renditen nicht explizit beriicksichtigt. Gerade aber beim Markt-Timing wirken sich diese stark advers bezuglich der erzielten Performance aus. Auch die Lange des Out-of-Sample-Zeitraums mit lediglich funf Jahren ist fiir eine valide Aussage bezuglich des Markt-Timing zu kurz gewahlt. Neben diesen Kritikpunkten fiihren
^^^ Vgl. HAN (2003), S. 42f. ^^^ Vgl. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001), S. 339f. Auch in vorliegender Untersuchung lassen sich die hoheren Schwankungen der Gewichte des Zielvarianzportfolios nachweisen. Vgl. Kapitel 5.2.1 und 5.2.2. ^^^ Vgl. HAN (2003), S. 50.
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insbesondere auch die Ergebnisse der folgenden Untersuchungen zu Zweifeln bezuglich der extremen Hohe des okonomischen Wertes einer kombinierten Strategic. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002)
untersuchen ebenfalls eine kombinierte Strategic aus Markt- und Volatilitats-Timing. Als Anlagcmoglichkeit steht neben dem S&P 500 Index ein quasi-risikoloses Asset zur Verftigung.^^^ Fiir die Schatzung der erwarteten Renditen, Varianzen und Kovarianzen wird ein stochastisches Modell verwendet, das bei den Renditen und der Volatilitat cinen Mean Reverting Prozess unterstellt. Die Parameter werden auf Basis einer Markov Chain Monte Carlo Simulation geschatzt. Dadurch konnen die aus der Parameterunsicherheit resultierende Schatzrisiken sowie ein optimaler Filterprozess in die Schatzung integriert werden.^^^ Die vcrschicdenen Strategien werden mittels einer adjustierten Sharpe Ratio und dem Sicherheitsaquivalent in Relation zu einer einfachen Buy-and-Hold-Strategie bewertet. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine Portfoliostrategie auf Basis des reinen Volatilitats-Timing eine hohere Performance als die Benchmark hinsichtlich der adjustierten Sharpe Ratio und dem Sicherheitsaquivalent aufweist. Die Uberperformance bleibt sowohl mit als auch ohne Leerverkaufe sowie fiir verschiedene Grade der Risikoaversion bestehen. Als eines der wichtigsten Ergebnisse kann gezeigt werden, dass die Volatilitats-Timimg-Strategie nicht stark advers durch das Schatzrisiko beeinflusst wird. Mit Berlicksichtigung des Schatzrisikos erzielt die Volatilitats-TimingStrategie eine Sharpe Ratio von 1,0 und ein Sicherheitsaquivalent in Relation zur Buyand-Hold-Strategie in Hohe von 1,27%.^'' Die reine Markt-Timing-Strategie mit unterstellter konstanter Volatilitat erreicht ohne Beachtung von Schatzrisiken ebenfalls eine deutlich bessere Performance als die Buyand-Hold-Strategie mit einer Sharpe Ratio von 0,96 und einem Sicherheitsaquivalent von 0,63%. Sobald jedoch das Schatzrisiko beriicksichtigt wird, sinken diese Werte auf 0,43 bzw. -5,71%.^^^ Diese extreme Sensitivitat der Markt-Timing-Strategie hinsichtlich des Schatzrisikos der Parameter fiihrt auch dazu, dass die kombinierte Marktund Volatilitats-Timing-Strategie zu keiner deutlichen Uberperformance in Relation zu der einfachen Buy-and-Hold-Strategie fiihrt. Die Performance ist deutlich schlechter
Als Verzinsung der quasi risikolosen Anlage dient die Rendite des dreimonatigen US-Treasury-Bills. Vgl. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002), S. 5-17. Neben einem Filter werden auch geglattete Schatzungen von Rendite und Varianz betrachtet. Zusatzlich wird die sich im Zeitablauf aufgrund der neuen Informationen verandemde Einschatzung beziiglich der Modellparameter beriicksichtigt. Die Autoren bezeichnen diesen Prozess als „Parameter Learning". Vgl. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002), S. 33. Die Ergebnisse basieren auf einem unterstellten Risikoaversionsgrad von sechs. Vgl. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002), S. 34. Die Ergebnisse basieren auf dem gleichen Risikoaversionsgrad wie die der Volatilitats-Strategic.
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als die der reinen Volatilitats-Timing-Strategie.^^^ Die Autoren kommen aufgrund dieser Ergebnisse zu dem Fazit, dass die Volatilitats-Timing-Strategie das MarktTiming dominiert, da sie zum einen weniger sensitiv hinsichtlich des Schatzrisikos ist und zum anderen die Volatilitat wesentlich einfacher und genauer geschatzt werden kann. Wahrend Volatilitats-Timing neben einer hoheren Portfoliorendite vor allem das Portfoliorisiko deutlich senken kann, fiihrt die Markt-Timing-Strategie zu keinem bzw. nur zu einem sehr geringen okonomischen Wert fur einen Investor.^^^ Zu ahnlichen Ergebnissen kommt auch GOMES (2004) bei seiner Untersuchung des okonomischen Wertes einer reinen Volatilitats-, einer Markt-Timing- bzw. einer kombinierten Strategie. In Erweiterung zu den bisherigen Studien modelliert er die Transaktionskosten als ein Bestandteil des Portfoliooptimierungsproblems, wobei zwei alternative Anlagen zur Verfiigung stehen. ^^' Die Volatilitat wird mithilfe eines GARCH(l,l)-Modells und die Renditen mittels eines AR(l)-Modells geschatzt. Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Studien ist der Untersuchungszeitraum sehr lang. Allerdings werden nur monatliche Kursdaten und Portfolioumschichtungen untersucht. Die Monatsdaten von 1926 bis 1969 bilden die In-Sample Basis, auf welcher die Modelle kalibriert werden. Als Out-of-Sample Test dient der Zeitraum von 1970 bis 1990, wobei nach 1969 keine Neukalibrierung der Modelle vorgenommen wird.^^^ Als Benchmark wird eine passive Buy-and-Hold-Strategie herangezogen, welche auf einer konstanten erwarteten Rendite und Varianz basiert. Die Ergebnisse zeigen, dass der okonomische Nutzen einer Markt-Timing-Strategie sehr gering ist, speziell wenn Transaktionskosten und Leerverkaufsbeschrankungen in die Betrachtung mit einbezogen werden. Wird das Schatzrisiko berucksichtigt, so fallt der Nutzen weiter und fiihrt schlieBlich im Out-of-Sample Test gemessen mit dem Sicherheitsaquivalent zu Nutzenverlusten in Hohe von bis zu -3,54%. Dagegen ist der okonomische Nutzengewinn einer reinen Volatilitatsstrategie deutlich hoher und robust hinsichtlich Transaktionskosten, Leerverkaufsbeschrankungen und Schatzrisiko. Gemessen mit dem Sicherheitsaquivalent kann je nach Risikoaversionsgrad ein zwischen 1,45%- bis 1,87%-punkte hoheres Nutzenniveau in Relation zu der Buy-and-
Vgl. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002), S. 3If. Die kombinierte Strategie erreicht ein Sicherheitsaquivalent von 0,37% ohne Einbezug des Schatzrisikos und -1,70% mit Schatzrisiko. Vgl. JOHANNES / POLSON / STROUD (2002), S. 39.
Vgl. GOMES (2004), S. 4. Als riskante Anlagemoglichkeit dient der wertgewichtete Aktienindex basierend auf den Aktien der NYSE. Als quasi-risikolose Anlage wird die durchschnittliche dreimonatige Geldmarktrendite verwendet. Vgl. GOMES (2004), S. 22. Wiirde man eine monatliche Neukalibrierung der Modelle im Out-of-SampleZeitraum zulassen, dann sollten sich die Ergebnisse der Strategien verbessem, da sich in diesem Fall die aktuelleren Marktentwicklungen in den Modellparametem widerspiegeln.
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Hold-Strategie erreicht werden. Die kombinierte Strategic fiihrt zu einem Sicherheitsaquivalent zwischen 0,36% bis 0,54%. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Performance der Volatilitats-Timing-Strategie verschlcchtcrt, sobald zusatzlich MarktTiming cinbezogen wird.^^^ Das schlcchtc Abschneiden der Markt-Timing-Strategien fiihrt der Autor vor allcm auf die extreme Sensitivitat der Portfoliogcwichte hinsichtlich der hohen Schatzrisiken sowie auf die daraus resultierenden starken Schwankungen der Portfoliogewichte zuriick. Im Gegensatz zum Markt-Timing sind die Portfoliogewichte bei dem Volatilitatsansatz aufgrund der hohen Persistenz der Volatilitat im Zeitablauf relativ konstant.^^"^ MARQUERING / VERBEEK (2004) untersuchen ebenfalls eine kombinierte Strategic. Ihr Untersuchungsaufbau ist in den wcsentlichen Punkten mit denen der vorangegangen Studien vergleichbar. Ein Investor kann neben dem S&P 500 Index auch in die dreimonatige Geldmarktrendite als quasi-risikolose Anlagemoglichkeit investieren. Die Portfoliozusammenstellung wird mit dem Ziel, den erwarteten Nutzen zu maximieren, monatlich angepasst. Fiir die Untersuchung werden Monatsdaten von 1966 bis 2001 verwendet, wobei der Zeitraum von 1966 bis 1969 fiir die Kalibrierung der Prognosemodelle dient. Zur Prognose von Rendite und Volatilitat kommt ein rekursives multivariates Regressionsmodell zum Einsatz. Die erklarenden Variablen sind die um einen Monat verzogerte Indexrendite, die drei und zwolfmonatige Geldmarktrendite, der Zinsspread, das KGV und die Dividendenrendite sowie die um zwei Monate verzogerte Inflationsrate, der Industrieproduktionsindex und das Geldmengenwachstum. Zur Prognose der Volatilitat wird die um einen Monat verzogerte Varianz als weitere erklarende Variable hinzugefiigt. ^^^ Insgesamt werden drei verschiedene Benchmarks verwendet: Die Rendite des Marktportfolios, die dreimonatige Geldmarktrendite sowie ein gleichgcwichtetcs Portfolio aus beiden Anlagen. Als PerformancemaBe werden neben den klassischen Kennzahlen wie Sharpe Ratio, Jensen- und Treynor-MaB auch die nutzenbasierte Pramic von FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) bzw. (2003) herangczogen.
Die monatlich Nutzenpramie einer reinen Markt-Timing-Strategic in Relation zu dem glcichgewichtcten Portfolio betragt bei mittlerer Risikoaversion 0,13%), die einer kombinicrten Strategic 0,18%).^^^ Mit Lccrvcrkaufsbeschrankung steigen die monat-
^^^ Vgl. GOMES (2004), S. 38. ^^^ Vgl. GOMES (2004), S. 2f. ^^^ Vgl. MARQUERING / VERBEEK (2004), S. 409-415. Die verwendeten Modelle und die Auswahl der erklarenden Variablen stimmt im Wesentlichen mit der Studie von PESARAN / ZIMMERMANN (1995) iiberein. ah ^ Die entspricht einer jjahrlichen Nutzenpramie von ca. 156 bzw. 216 Basispunkten fur die Markt-Timing bzw. kombinierte Strategie.
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lichen Nutzenpramien auf 0,24% bzw. 0,26% an. Die dynamischen Strategien sind auch nach Transaktionskosten bis zu einer Hohe von 0,4% bzw. 0,6% bei vorliegender Moglichkeit zum Leerverkauf und bis zu 1,3% bzw. 1,5% mit Leerverkaufsbeschrankung in Relation zu der gleichgewichteten Strategic profitabler.^^^ Allerdings fiihren die Autoren keine Einzelanalyse der reinen Volatilitats-Timing-Strategic durch. Die ansteigenden Nutzenpramien bei der Hinzunahme des Volatilitats-Timing sind jedoch ein Indiz dafiir, dass cine reine Volatilitats-Timing Strategic ahnlich wie bei GOMES (2004) cine hohere Nutzenpramie erreicht als die kombinierte Strategic. Dies konnte dann der Fall scin, wenn bei der Kombination der Strategien der Grenznutzen des Markt-Timing negativ werden wiirde. In diesem Fall wiirde das Markt-Timing jedoch zu keinem zusatzlichen Nutzen fiihrcn, sondem den Gesamtnutzen der kombinierten Strategic sogar negativ bceinflusscn. Da die Autoren die Ergebnisse der reinen Volatilitats-Strategie nicht gesondert ausweisen, kann dieser Fragestellung nicht nachgegangen werden. Ein weiterer kritischer Punkt beziiglich der Vorgehensweise ist, dass das Schatzrisiko nur pauschal beriicksichtigt wird, indem entweder eine hohere Risikoaversion zugrunde gelegt oder altemativ die geschatzte Volatilitat um einen konstanten Faktor erhoht wird.^^^ Eine genauere Analyse des Einflusses des Schatzrisikos erfolgt jedoch nicht, was zu Zwcifeln beziiglich der Hohe der Nutzenpramie der reinen Markt-Timing-Strategic fiihrt. Wie bereits in den anderen Studien gczcigt, beeinflusst das Schatzrisiko die Performance einer Markt-Timing-Strategic advers, wahrend eine Volatilitatsstrategie hiervon nur wenig tangiert wird.
3.3 Zusammenfassung Zusammcnfasscnd kann festgehaltcn werden, dass die empirischcn Eigenschaften von Varianzen und Kovarianzen bzw. Korrelationcn die Idee einer dynamischen Volatilitats-Timing-Stratcgic in mchrfacher Hinsicht untcrstutzen. Einerseits sind die Varianzen und Kovarianzen bzw. Korrelationcn von Wertpapicrcn nicht konstant. Werden diese Schwankungen der Parameter bei der Portfoliozusammcnstcllung jedoch nicht beriicksichtigt, so fiihrt dies im Zeitablauf zu suboptimalen Gewichten. Andcrerseits konnen die zweiten zentralen Momente der Rcnditcverteilung, im Gegensatz zu den Renditen, rclativ genau aus ihrer cigenen Kurshistorie heraus geschatzt bzw. prognostiziert werden. Grund dafiir sind die Volatilitats- und Kovarianzcluster sowie die zeitliche Persistenz dieser Cluster. AuBcrdem wirken sich die Schatzrisiken der Varianzen und Kovarianzen in Relation zu den Schatzrisiken bei den erwarteten
^^^ Vgl. MARQUERING / VERBEEK (2004), S. 423-425. ^^^ Vgl. MARQUERING / VERBEEK (2004), S. 426.
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Renditen deutlich geringer verzerrend auf die Portfoliogewichte aus. Auf der einen Seite verdeutlicht die zeitliche Variabilitat der Verteilungsparameter die Notwendigkeit einer dynamischen Anpassung. Auf der anderen Seite wird eine solche Anpassung durch die Prognostizierbarkeit von Varianzen und Kovarianzen ermoglicht. Auch die vorgestellten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die dynamische Portfoliooptimierung auf Basis einer reinen Volatilitats-Timing-Strategie zu einem mitunter groBen okonomischen Mehrwert fiihrt. Die Ergebnisse der Markt-TimingStrategien sind dagegen sehr unterschiedlich. Die Mehrzahl der Studien kann keinen im Zeitablauf konstanten signifikanten okonomischen Mehrwert feststellen. Zum Teil resultiert aus dem Markt-Timing sogar ein Nutzenverlust. Die wenigen Studien die einen signifikanten okonomischen Nutzen ausweisen, haben z.T. ungeeignete Benchmarks ausgewahlt, nur In-Sample Analysen durchgefuhrt oder den aus der Parameterunsicherheit resultierenden Schatzfehler nicht beriicksichtigt. Insbesondere die Nichtberlicksichtigung der Schatzrisiken der erwarteten Renditen bei Markt-TimingStrategien flihrt jedoch zu einer erheblichen Fehleinschatzung der wahren Performance. Die vorgestellten Studien zeigen, dass bei Hinzunahme von Schatzrisiken die Markt-Timing-Strategien stark advers, die Volatilitats-Timing-Strategien nur unwesentlich beeinflusst werden. Weiter ergibt sich, dass die Moglichkeit zur Prognose der Renditen in den letzten Jahren abgenommen hat.^^^ Lediglich auf Basis von Kursdaten mit niedriger zeitlicher Frequenz, wie Quartals- oder Jahresdaten, lasst sich eine gewisse Schatzbarkeit von Renditen insbesondere mit Faktormodellen tatsachlich nachweisen. Bezogen auf die Prognose der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung weisen Faktormodelle jedoch den Nachteil auf, dass eine Schatzung mit einer hoheren zeitlichen Frequenz und damit auch die Anpassung der Portfolios z.B. auf Tagesbasis nicht moglich ist, da makrookonomische Daten nur in bestimmten Zeitintervallen, wie beispielsweise monatlich oder quartalsweise, neu veroffentlicht werden. In diesem Zusammenhang kommen CHAN / KARCESKI / LAKONISHOK (1999) entsprechend zu dem Ergebnis, dass die Performance der Faktormodelle bezogen auf die Schatzung der zweiten Momente der Renditeverteilung nicht signifikant besser ist als die Schatzung anhand des einfachen historischen Mittelwertes.^^^ Bezogen auf die Verwendung von Intraday-Daten lasst sich zeigen, dass durch die Verktirzung des Beobachtungsintervalls theoretisch wesentlich genauere Schatzungen von Varianzen und Kovarianzen moglich sind. Der okonomische Wert solcher Intra-
^^^ Vgl. MARQUERING / VERBEEK (2004), S. 413 und PESARAN/ TIMMERMANN (1995), S. 1223. ^^° Vgl. CHAN / KARCESKI / LAKONISHOK (1999), S. 952 bzw. 958.
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ZUSAMMENFASSUNG
day-Daten im Zusammenhang mit der Portfoliooptimierung ist jedoch weitestgehend unerforscht. Lediglich die Untersuchung von FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2003) widmet sich dieser Thematik und kommt zu dem Ergebnis, dass durch die genauere Schatzung der zweiten Momente mittels Intraday-Daten ein zusatzlicher okonomischer Nutzen in Relation zu den tagesdatenbasierten Schatzungen geschaffen werden kann. LIU (2004) untersucht in seinem Working Paper ein Minimum-Tracking-Error- und ein varianzminimales Portfolio auf Basis von Tages- und Intraday-Daten. Er zeigt, dass sowohl der Tracking-Error als auch die Portfoliostandardabweichung durch die Verwendung von Intraday-Daten anstelle von Tagesdaten gesenkt werden kann. Eine explizite Analyse des okonomischen Wertes erfolgt jedoch nicht. Fur den deutschen Markt liegen bislang keine vergleichbaren Untersuchungen sowohl zum VolatilitatsTiming als auch zum okonomischen Wert von Intraday-Daten vor. Der beschriebene positive Zusammenhang zwischen der Marktunsicherheit bzw. der Marktvolatilitat und nachfolgender Korrelation zwischen den nationalen und internationalen Aktien („Correlation Breakdown") bzw. analoger negativer Zusammenhang zwischen Marktvolatilitat und Aktien- / Rentenmarktkorrelation („Flight to Quality") unterstreicht einerseits den potentiellen Nutzen einer dynamischen Anpassung der Portfolios an die sich verandemden Rahmenbedingung. Andererseits konnen diese empirisch festgestellten Effekte far die Entwicklung eines neuen in die Zukunft gerichteten Varianz-Kovarianz-Schatzers verwendet werden.^^'
Vgl. Kapitel 4.4.1 und 4.4.2.
4 Aufbau und Methodik der empirischen Untersuchung
4.1 Aufbau der empirischen Studie Vor der Beschreibung der Datengrundlage und der methodischen Vorgehensweise werden die einzelnen Untersuchungsziele der Arbeit zunachst in die Empirie eingeordnet. Im Rahmen des ersten Untersuchungsziels, der Entwicklung des neuen VarianzKovarianz-Schatzers und der Evaluierung der Schatzqualitat, wird in Kapitel 4.4.1 der empirische Zusammenhang zwischen der aktuellen Volatilitat und der darauf folgenden Korrelation zwischen Dax-Aktien bzw. zwischen Aktien- und Rentenmarkt untersucht. Aufbauend auf dieser Analyse werden in Kapitel 4.4.2 zwei neue Schatzer fiir die Varianz-Kovarianz-Matrix entwickelt, die im spateren Verlauf der Arbeit zusammen mit weiteren Schatzmethoden aus der Literatur hinsichtlich ihrer Schatzqualitat verglichen werden. Dieser Vergleich erfolgt in Kapitel 5.1 auf Basis eines MinimumVarianz-Portfolios (MVP) bestehend aus flinfzehn Dax-Aktien mit und ohne Leerverkaufsbeschrankung. Die Betrachtung des MVP hat den Vorteil, dass keine Schatzungen der erwarteten Renditen notwendig sind. Dadurch konnen Verzerrungen durch die Schatzrisiken der erwarteten Renditen ausgeklammert und die dynamische Volatilitats-Timing-Strategie isoliert betrachtet werden. Dies ermoglicht eine Aussage uber die Schatzgenauigkeit und somit uber die Qualitat der einzelnen VarianzKovarianz-Schatzer auf Basis der erzielten Portfoliostandardabweichungen. Zusatzlich kann im Rahmen der Untersuchung des MVP ein erster Eindruck uber die mogliche okonomische Vorteilhaftigkeit der dynamischen Volatilitats-TimingStrategie gewonnen werden. Im Gegensatz zu der Beurteilung der Qualitat der einzelnen Schatzer wird dabei nicht nur das Portfoliorisiko sondem auch die erreichte Rendite bzw. die Sharpe Ratio betrachtet. Aus nutzentheoretischer Sicht ist die okonomische Beurteilung des MVP lediglich eingeschrankt aussagekraftig, da nur ein Investor mit einer unendlich hohen Risikoaversion das MVP wahlen wiirde. Ein solcher Investor ist jedoch indifferent beztiglich der erzielten Portfoliorendite. Fiir einen unterstellten Investor, der die Renditen aufgrund des hohen Schatzrisikos nicht prognostizieren will und daher das MVP wahlt, macht jedoch auch eine okonomische Beurteilung des MVP hinsichtlich Rendite und Sharpe Ratio Sinn. Dennoch soil anhand des MVP in erster Linie die Qualitat der einzelnen Varianz-KovarianzSchatzer beurteilt werden.
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AUFBAU PER EMPIRISCHEN S T U D I E
Um den okonomischen Mehrwert der dynamischen Volatilitats-Timing-Strategic genauer zu untersuchen, werden in Kapitel 5.2 zusatzlich ein Zielrendite- und ein Zielvarianzportfolio untersucht, welche bildlich gesehen weiter rechts im jii-a-Raum liegen. Anhand dieser Portfolios konnen die Auswirkungen der Schatzrisiken der erwarteten Renditen und die okonomische Vorteilhaftigkeit der Volatilitats-TimingStrategie fur verschiedene unterstellte Risikoaversionsgrade mithilfe der in Kapitel 4.3.3 eingeflihrten Nutzenpramie untersucht werden. Eine Aussage iiber die Qualitat der Schatzer ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht moglich, da die Schatzrisiken der erwarteten Renditen sich verzerrend - im Sinne von suboptimalen Portfoliogewichten - auf die Ergebnisse auswirken. Die Untersuchung anhand des Zielrenditeund des Zielvarianzportfolios wird zum einen wiederum fur die funfzehn Dax-Aktien und zum anderen auch fur ein Portfolio bestehend aus den beiden Assetklassen Aktien und Renten durchgeflihrt. Dies ermoglicht die Analyse des okonomischen Wertes der dynamischen Anpassung sowohl im Rahmen der iiblicherweise taktischen als auch strategischen Asset Allocation. Die Untersuchungen werden in einer einheitlichen Struktur durchgefuhrt. Im ersten Schritt wird jeweils das taglich angepasste Portfolio ohne Transaktionskosten analysiert. Dies erlaubt zumindest bei dem MVP die Beurteilung der Qualitat der einzelnen Schatzer. Danach werden Transaktionskosten in die Betrachtung aufgenommen, um die okonomische Vorteilhaftigkeit der dynamischen Strategien zu beurteilen. AnschlieBend werden verschiedene Portfolioanpassungsintervalle, bis hin zur jahrlichen Anpassung der Portfolios, sowohl mit als auch ohne Transaktionskosten, betrachtet. Hierdurch konnen die einzelnen Schatzer beziiglich ihrer Qualitat auch bei langeren Portfolioanpassungsintervallen beurteilt werden. Im Rahmen der Analyse der okonomischen Vorteilhaftigkeit der dynamischen Portfolios kann der Trade off zwischen der Genauigkeit der Schatzung, welche mit zunehmendem Anlagehorizont abnimmt, und den anfallenden Transaktionskosten, die mit langerem Anlagehorizont gesenkt werden konnen, untersucht werden. Mit dieser Betrachtungsweise kann das aus okonomischer Sicht optimale Anpassungsintervall der Portfolios bestimmt werden. Als Benchmarks werden bei der Betrachtung des MVP der Dax-Index (DAX) und eine naive Diversifikationsstrategie in Form des gleichgewichteten Portfolios (GW) verwendet. Bei der Untersuchung des Zielrendite- bzw. Zielvarianzportfolios wird als Benchmark ein statisches Portfolio mit im Zeitablauf konstanten Gewichten herangezogen. Zur Bestimmung sowohl des Zielrendite- bzw. Zielvarianz- als auch des statischen Portfolios werden die benotigten Schatzungen der erwarteten Renditen
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mithilfe einer Bootstrap-Simulation berechnet.^^^ Hierdurch kann im Gegensatz zum MVP neben dem Einfluss der Risikoaversion auf den okonomischen Wert zusatzlich auch der Einfluss der Schatzrisiken der erwarteten Rendite untersucht werden. Die Gewichte der dynamischen Portfolios bzw. die bedingten Varianz-KovarianzMatrizen werden mithilfe der in Kapitel 4.3.2 und 4.4.2 vorgestellten Schatzverfahren auf Basis der historischen Renditen eines 125-tagigen rollierenden Zeitfensters bestimmt. Dadurch wird sichergestellt, dass zur Bestimmung der Portfoliogewichte nur Informationen verwendet werden, die zum Anlagezeitpunkt bereits bekannt sind. Auf Basis dieser ermittelten Gewichte werden die Portfoliorenditen des nachfolgenden Tages berechnet und eine Zeitreihe erzeugt, auf deren Grundlage die Portfolios ausgewertet werden. Kapitel 6 widmet sich dem dritten Untersuchungsziel, der Frage inwiefem die theoretisch genauere Schatzung der zweiten Momente der Renditeverteilung anhand von Intraday-Daten tatsachlich zu einem okonomischen Mehrwert fur einen Investor fiihrt. Flir diesen Untersuchungszweck werden Schatzungen der Varianz-KovarianzMatrizen auf Basis von bereinigten Intraday-Kursinformationen als Ausgangspunkt fiir die Portfoliooptimierung verwendet. Die Beschreibung der Bereinigungsmethodik erfolgt in Kapitel 6.2. Anschliefiend wird zunachst das MVP analysiert, um zu iiberpriifen, inwiefem sich die Schatzqualitat durch die Verwendung von hochfrequenten Daten in Relation zu den tagesdatenbasierten Schatzungen verbessert hat. Der okonomische Wert der Intraday-Daten wird wiederum auf Basis des Zielrendite- und des Zielvarianzportfolios untersucht. Die grundsatzliche Vorgehensweise der Analyse der Intraday-Daten gestaltet sich im Wesentlichen identisch mit der aus Kapitel 5.
4.2 Datengrundlage Die im Rahmen der Arbeit durchgefiihrten empirischen Untersuchungen basieren auf zwei unterschiedlichen Portfolios. Zum einen wird ein reines Aktienportfolio, bestehend aus fiinfzehn Dax-Aktien, und zum anderen ein Aktien- / Rentenportfolio, bestehend aus Rex- und Dax-Index, betrachtet. Tab. 4-1 enthalt eine Ubersicht iiber die zugrunde liegenden Datensatze sowie deren Ktirzel. Die Untersuchungen auf Tagesdatenbasis umfassen den Zeitraum von 1992 bis Juli 2004, wobei die ersten 125 Handelstage zur Initialisierung der Modelle verwendet werden. Fiir die IntradayUntersuchungen liegen Intraday-Transaktionskurse (Tick-Daten) der funfzehn Dax-
^^ Zur genauen Vorgehensweise siehe Kapitel 5.2.1 bzw. 5.2.2.
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DATENGRUNDLAGE
Aktien von 1998 bis 2001 vor. Dies entspricht einer Datenmenge von insgesamt knapp 14 Mio. Datensatzen. Tab. 4-1: Ubersicht uber die Datengrundlage ^^^ Aktienportfolio Tagesdaten von 1992 bis 2004 / Intraday von 1998 bis 2001 Bezeichnung
Kiirzel
Bezeichnung
Kurzel
Allianz AG Bayer AG Deutsche Bank AG Lufthansa AG MAN AG Schering AG Thyssen Krupp AG Volkswagen AG
ALV BAY DBK LHA MAN SCH TKA VOW
BASF AG BMW AG Henkel KGaA Linde AG Munchner Riickvers. AG Siemens AG TUT AG
BAS BMW HNK LIN MUV SIE TUI
Aktien-/Rentenmarktportfolio Tagesdaten von 1992 bis 2004 Bezeichnung
Kiirzel
Rentenindex
REX
Bezeichnung Dax-Performance Index
Kurzel DAX
Sonstige Datensatze Bezeichnung Dax-Volatilitatsindex
Kurzel VDAX
Die Verwendung von ausschlieBlich fiinfzehn Aktien lasst sich damit begrlinden, dass sich mit dieser Anzahl Aktien bereits ein ftir den Untersuchungszweck ausreichender Diversifikationseffekt einstellt, zumal insbesondere im Zusammenhang mit den Intraday-Daten bereits mit dieser Anzahl Aktien ein enormer Rechenaufwand besteht. Es kann erwartet werden, dass der Nutzen einer dynamischen Volatilitats-TimingStrategie bei einer groBeren Anzahl an Aktien mit dem Diversifikationspotenzial zunimmt. Auch im Zusammenhang mit der dynamischen Anpassung soUte sich mit einer steigenden Anzahl an Wertpapieren ein hoherer okonomischer Wert einstellen, da der zugrunde liegende Moglichkeitsraum beziiglich der Zusammenstellung der Portfolios vergroBert wird. Daher lasst sich vermuten, dass sich die Ergebnisse der dynamischen Strategien bei Hinzunahme weiterer Aktien tendenziell verbessem und die ausgewiesenen Ergebnisse somit als konservativ einzustufen sind. Bei den ausgewahlten Aktien handelt es sich bezogen auf den Untersuchungszeitraum nicht um die
Samtliche Tagesdaten sind der Reuters Datenbank entnommen. Die Intraday-Daten zu den fiinfzehn DaxAktien stammen aus der Karlsruher Kapitalmarktdatenbank.
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renditestarksten Aktien des Index, sondem vielmehr um einen reprasentativen Querschnitt. Dies erkennt man daran, dass sowohl die Rendite des Dax-Index als auch die durchschnittliche Rendite der ausgewahlten Aktien jeweils 7,5% p.a. betragt. Fiir die Untersuchung des Aktien- / Rentenportfolios wird der Dax-30-PerformanceIndex und der Rentenindex REX verwendet. Der REX stellt einen gewichteten Durchschnittspreis aus synthetischen Anleihen mit konstanter Laufzeit dar. Er wird als gewichteter Kursindex auf Basis von 30 Anleihen mit ganzzahligen Laufzeiten von einem bis zehn Jahren und jeweils drei Kupontypen mit 6%, 7,5% und 9% berechnet.'^' Fiir die Datenaufbereitung werden folgende Schritte durchgefuhrt: Die Dax-Aktien werden hinsichtlich Euro-Umstellung, Splits und Dividenden retrograd bereinigt.^^^ Die Intraday-Daten werden zusatzlich hinsichtlich fehlerhafter Datensatze uberpruft. Datensatze werden dann als fehlerhaft bezeichnet, wenn sie Liicken oder nicht giiltige Zeit- bzw. Datumsangaben enthalten. Tab. 4-2 beschreibt wesentliche statistische Eigenschaften der stetigen Tagesrenditen der verwendeten Aktien und Indizes. Der annualisierte Mittelwert der Renditen, als Durchschnittswert tiber die betrachteten Aktien, betragt 7,5% p.a. bei einer durchschnittlichen annualisierten Standardabweichung von 32,1%. ^^^ Die Schiefe der Aktienrenditen liegt in den meisten Fallen nahe bei null, wobei neun Aktien eine leicht linksschiefe und sechs Aktien eine tendenziell rechtsschiefe Verteilung aufweisen.^^^ Im Mittelwert liber alle Aktien betragt die Schiefe 0,028. Die Extremwerte sind 0,84 (BAY) und -0,24 (DBK). Die Kurtosis aller Aktien liegt deutlich uber drei (leptokurtische Verteilung), im Wertebereich von 5,70 (VOW) bis 29,79 (BAY), wobei der Mittelwert 8,865 betragt. Daher wird der Jarque-Bera-Test mit der Nullhypothese, dass die Renditen normalverteilt sind, bei alien Aktien fur die gangigen Signifikanzniveaus abgelehnt.''' Die Autokorrelation erster Ordnung der einfachen Renditen ist bei den fiinfzehn Aktien neun Mai groBer und entsprechend sechs Mai kleiner als null. Eine eindeutige
Zur genauen Vorgehensweise bei der Berechnung des REX vgl. DEUTSCHE BORSE AG (2004A). Zur der Bereinigung der Dividenden wurde die Bruttorendite verwendet. Die Annualisierung wird pauschal mit 250 Handelstagen vorgenommen. Waren anstelle der stetigen Renditen diskrete verwendet worden, so ware eine deutlich rechtsschiefere Verteilung der Renditen zu erwarten. Trotz Ablehnung der Nullhypothese, dass die Renditen normalverteilt sind, findet im Folgenden der \I-GAnsatz und damit eine Beschrankung der Betrachtung auf die ersten beiden zentralen Momente der Renditeverteilung Anwendung. Fiir eine ausfuhrliche Diskussion dieser Problematik siehe Kapitel 2.2.1 dieser Arbeit.
86
DATENGRUNDLAGE
Tendenz ist nicht erkennbar. Die Nullhypothese, dass die Autokorrelation der einfachen Renditen gleich null ist, kann mit Hilfe der Ljung-Box-Statistik bei einem Signifikanzniveau von einem Prozent drei Mai abgelehnt werden. Die Autokorrelation der ersten Ordnung der quadrierten Renditen ist dagegen fur alle Aktien bei einem Signifikanzniveau von einem Prozent deutlich groBer als null. Diese positive Autokorrelation bleibt auch fur hohere Lags bestehen. Dies bestatigt die in Kapitel 3.1.1 beschriebene Clusterbildung und Persistenz der Volatilitat, aufgrund derer man die Varianz im Gegensatz zu den erwarteten Renditen wesentlich einfacher auf Basis historischer Informationen prognostizieren kann. Tab. 4-2: Deskriptive Renditestatistik 1 Kurzel Mittelwert Varianz Schiefe Kurtosis
JB
Pi(rt)
LB4o(rt) Pi(rt') LB4o(r,^)
ALV BAS BAY BMW DBK HNK LHA LIN MAN MUV SCH SIE TKA TUI VOW
7,61E-05 5,93E-04 3,llE-04 5,22E-04 2,78E-04 3,27E-04 l,52E-04 l,93E-04 2,58E-04 l,88E-04 5,01E-04 3,90E-04 2,56E-04 l,49E-04 2,99E-04
4,73E-04 3,04E-04 4,12E-04 4,48E-04 4,23E-04 2,96E-04 5,00E-04 2,96E-04 4,40E-04 5,08E-04 3,07E-04 4,54E-04 4,16E-04 4,46E-04 4,41E-04
-0,10 0,27 0,84 0,07 -0,24 0,04 -0,03 -0,11 0,09 -0,11 -0,10 -0,03 -0,15 0,05 -0,10
9,09 5.061,7 0,017 6,80 2.004,6 -0,042 29,79 9,8E+04 -0,026 7,29 2.514,0 0,015 8,78 4.588,2 0,006 7,37 2.608,4 -0,017 7,05 2.231,0 0,008 7,44 2.692,3 -0,056 5,95 1.186,3 -0,007 8,80 4.592,9 0,065 6,28 1.473,6 -0,008 6,46 1.630,0 0,016 7,22 2.434,1 0,010 8,97 4.854,0 0,009 5,70 994,5 0,026
93,9 80,3 113,4 77,7 79,4 58,4 44,6 89,4 68,0 102,3 73,5 57,1 104,5 74,1 98,8
0,200 0,155 0,069 0,147 0,217 0,191 0,109 0,145 0,137 0,250 0,168 0,204 0,133 0,232 0,197
3660,0 1286,0 369,3 2090,2 2308,6 1787,7 1065,8 1581,6 2544,1 3578,2 1033,1 4406,3 665,8 2071,4 2398,7
DAX REX
2,99E-04 2,20E-04 6,71E-05 4,21E-06
-0,22 -0,68
6,49 6,28
94,5 50,7
0,204 0,037
4681,2 380,9
1.676,6 -0,004 1.715,7 0,013
p i e stetige Rendite rt ist die logarith mierte Kursdifferenz zweier auffeinanderfolgender Tagesschlu sskurse. pi(rt) bzw. pi(r, ) ist der Autokorrelationskoeffizient erster Ordnung der normalen bzw. der qiladrierten Renditen. LB4( (rt) bzw. LB4o(rt^) ist die Ljung-Box-Statistik flir 40 Lags. Sie uberpriift 1^0^ Autokorrelationskoef fizient = 0.
Beim DAX bzw. REX betragt die durchschnittliche annualisierte Rendite 7,5% bzw. 1,7% bei einer mittleren jahrlichen Standardabweichung von 23,5% bzw. 3,2%. Beide Indizes weisen eine linksschiefe Renditeverteilung mit einer Kurtosis von iiber drei auf. Der Jarque-Bera-Test fiihrt wiederum zu einer Ablehnung der Nullhypothese, dass die Renditen normalverteilt sind. Die Persistenz und damit die einfachere Prognostizierbarkeit der Volatilitat liegt bei beiden Indizes vor. Diese ist beim DAX deutlicher
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ausgepragt als beim REX, dessen quadrierte Renditen dennoch signifikant positiv autokorreliert sind. Wird im Folgenden von der Aktien / Rentenmarktbetrachtung bzw. von dem Aktien- / Rentenportfolio gesprochen, so bezieht sich dies, soweit nichts anderes vermerkt wird, auf das Portfolio bestehend aus DAX und REX. Mit dem Begriff Aktienportfolio wird dagegen das Portfolio bestehend aus den fiinfzehn Dax-Aktien bezeichnet.
4.3 Methodische Vorgehensweise 4.3.1 Portfoliokonstruktion Folgende Portfolios sind Gegenstand der Untersuchung: Das globale varianzminimale Portfolio mit und ohne Leerverkaufsbeschrankung, ein Portfolio mit vorgegebener Zielrendite bei minimaler Varianz (Zielrenditeportfolio) und ein Portfolio mit einer bestimmten Varianz bzw. Standardabweichung bei maximaler Rendite (Zielvarianzportfolio). Wahrend das varianzminimale Portfolio den auBersten Punkt auf der Effizienzgrenze darstellt, konnen mit dem Zielrendite- bzw. -varianzportfolio beliebige Punkte auf der Effizienzgrenze je nach unterstellter Zielrendite bzw. -varianz erreicht werden. Bei der Aktien- / Rentenmarkbetrachtung werden lediglich das Zielrendite- und das Zielvarianzportfolio betrachtet, da die Untersuchung des varianzminimalen Portfolios mit nur zwei Anlagemoglichkeiten zu keinen aussagekraftigen Ergebnissen fuhrt. Bei dem Zielrendite- und dem Zielvarianzportfolio miissen neben der Varianz-KovarianzMatrix zusatzlich auch die Renditen mit in das Optimierungskalkul einbezogen werden. Daher werden diese Portfolios mit einer risikolosen Anlagemoglichkeit und der Moglichkeit zum Leerverkauf untersucht. Damit ist gewahrleistet, dass im Zeitablauf die Zielrendite bzw. die Zielvarianz unabhangig von der zugrunde liegenden erwarteten Rendite und Risiko erreicht werden kann. Das Optimierungsproblem fiir das globale Minimum-Varianz-Portfolio (MVP) wurde bereits in Kapitel 2.1.3 in den Gleichungen (2-13) bis (2-16) dargestellt. Ohne Leerverkaufsbeschrankungen ist die Losung des Optimierungsproblems unproblematisch. Die optimalen Gewichte bestimmen sich in Abhangigkeit der VarianzKovarianz-Matrix Q wie folgt:^^^
Vgl. MEMMEL (2004), S. 89f. Samtliche Optimierungsformeln werden im Sinne einer einfachen Darstellung ohne Beriicksichtigung des Zeitfaktors angegeben.
^8
METHODISCHE VORGEHENSWEISE
(4-1)
w,vP=^;^,
wobei 1 ein Spaltenvektor mit Einsen ist. Die erwartete Rendite dieses Portfolios betragt:
(4-2)
^MVP = w MVP ^i =
Y ^ ^
bei einer Portfoliovarianz von y^-j)
^^MVP ~ ^
MVP ^ ^ ^ M V P ~
rn'i
Werden Leerverkaufe ausgeschlossen, so wird die ZielfUnktion um eine nichtlineare Nebenbedingung erweitert. Damit ist die einfache Losung mittels des LagrangeAnsatzes nicht mehr moglich. Die Beriicksichtigung der nichtlinearen Nebenbedingungen kann entweder mithilfe des Kuhn-Tucker-Ansatzes oder mittels eines quadratischen Optimierungsverfahrens gelost werden.^^^ In vorliegender Arbeit wird die Methode der quadratischen Optimierung angewendet, da diese flexibler hinsichtlich verschiedener nichtlinearer Nebenbedingungen ausgestaltet werden kann. Fur diesen Zweck wurde eine Routine in Matlab entwickelt, die auf einem konjugierten Gradientenabstiegsverfahren mit variabler Schrittweite basiert.^^' Hierbei handelt es sich um eines der zentralen Verfahren der nichtlinearen Optimierung. Die Vorgehensweise ist relativ einfach.^^^ Es wird ein Investor mit einer Risikotoleranz von null unterstellt. Dessen Nutzen ist maximal bei der geringstmoglichen Portfoliovarianz, die erreicht werden kann, d.h. bei dem globalen varianzminimalen Portfolio. Um dieses globale Nutzenmaximum zu erreichen, werden die partiellen Ableitungen (Gradienten) an einer beliebigen Stelle der Zielftinktion bestimmt.^^^ Mithilfe des Vorzeichens des Gradienten kann die Suchrichtung festgelegt
Zum Losungsansatz mit Hilfe der Kuhn-Tucker-Bedingungen vgl. SHARPE (1970), S. 257-273. Mithilfe des Kuhn-Tucker-Theorems lassen sich quadratische in lineare Optimierungsprobleme transformieren. Diese konnen dann mittels leicht modifizierter Simplexverfahren (Standardverfahren der linearen Programmierung) gelost werden. Der Matlab Quellcode und eine beispielhafte graphische Darstellung fmdet sich in Anhang 1. Vgl. PODDIG / DiCHTL / PETERSMEIER (2000), S. 484-494. Ist der Gradient einer Zielfunktion nicht bestimmbar, so kann altemativ eine Approximation der ersten Ableitung der Funktion f der folgenden Form verwendet werden:
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89^
werden. Die Such- bzw. Schrittweite, die die Konvergenzgeschwindigkeit des Algorithmus bestimmt, wird variabel festgelegt, wobei die eingeflihrten nichtlinearen Nebenbedingungen beachtet werden.^^"* Das globale varianzminimale Portfolio ist dann erreicht, wenn der Gradient null ist bzw. nur marginal bis zur gewiinschten Genauigkeit davon abweicht. Die Bestimmung des Zielrendite- bzw. Zielvarianzportfolios ist dagegen unproblematisch, da keine Leerverkaufsbeschrankungen und somit auch keine nichtlinearen Nebenbedingungen zu beachten sind. Im Gegensatz zu dem varianzminimalen Portfolio wird zusatzlich zu den risikobehafteten Anlagen eine risikolose Anlagemoglichkeit ins Optimierungskalkiil einbezogen. Das zu losende Optimierungsproblem fur das Zielrenditeportfolio bei zu minimierendem Risiko lautet: (4-4) min {a^^p = w'^^p Q w^^p}, w
unter der Nebenbedingung: (4-5) w'2Rp|a + (l-w'l)rf =[i^, wobei 1 wiederum ein Vektor mit Einsen und |iz die gewunschte erwartete Zielrendite ist. Die optimalen Gewichte der risikobehafteten Anlagen berechen sich folgendermaBen: (4-6)
^^^^,(^^z-OQ-|(n-r,l) (^-r,iya-'(^-r,i)
Das Gewicht der risikolosen Anlage ist folglich 1-w'zRpl. Fur das Zielvarianzportfolio mit zu maximierender erwarteter Rendite lautet das zu losende Optimierungsproblem: (4-7) max {^^^p = W'^VP M + (1 - w'l)rf}, unter der Nebenbedingung:
^^"^ Die Bestimmung der optimalen Schrittweite stellt ein eindimensionales Optimierungsproblem dar. Die optimale Schrittweite X,°'^ bei bekanntem Startpunkt S und Gradienten G kann wie folgt bestimmt werden: f(S-r'"G)-^min!.
90
(4-8)
METHODISCHE VORGEHENSWEISE
w'2vP^W2vp=(a^)'.
Anstelle der Zielvarianz wird im Folgenden die Zielstandardabweichung c^ des Portfolios angegeben, da diese leichter zu interpretieren ist. Die optimalen Gewichte fiir die risikobehafteten Anlagen berechnen sich wie folgt:
(4-9) w , v p = Q " ' ( ^ - r f l ) j
^ ^
,
wobei das Gewicht der risikolosen Anlagemoglichkeit wiederum 1-w'zvpl ist.
4.3.2 Okonometrische Schatzverfahren 4.3.2.1 Historische Varianz-Kovarianz-Matrix Die historische Varianz-Kovarianz-Matrix Q^ ist bei unterstellter (i.i.d.) Normalverteilung der Renditen der Maximum-Likelihood-Schatzer, d.h. der Schatzer mit der hochsten Erwartungstreue. Allerdings zeigt sich Out-of-Sample, dass dieser Schatzer nur eine geringe Genauigkeit aufsveist.^^^ Ein weiteres Problem der einfachen historischen Varianz-Kovarianz-Matrix
entsteht dann, wenn mehr Wertpapiere
als
Beobachtungszeitpunkte existieren, da die Kovarianzmatrix dann nicht mehr invertierbar ist. Die einfache historische Schatzung dient daher vor allem als Benchmark fiir die nachfolgenden komplexeren Schatzer. Sie berechnet sich wie folgt:
(4-10)nH=--X(^t-.-r)'(r._,-f), 1 ~ i k=i
wobei rt.k ein IxN Vektor der N zugrunde liegenden Wertpapierrenditen zum Zeitpunkt t ist. T ist die Anzahl der historischen Perioden, die in die Berechnung einflieBen und r ist ein Vektor mit den historischen Mittelwerten der Renditen iiber den Zeitraum T. 4.3.2.2 Bereinigter Historischer Schatzer nach Newey / West (1987) Aufgrund von Friktionen im Handelsprozess kann es zu einer zeitlichen Verzogerung bei der Einpreisung neuer Informationen kommen („Intervalling Effect"). Dies fiihrt dazu, dass die beobachteten taglichen Renditen von den „wahren" Renditen abweichen. Um diese moglichen Verzerrungen zu vermeiden, haben COHEN ET AL.
^^^ Vgl. KEMPF / MEMMEL (2003), S. 518.
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(1983A) einen bereinigten historischen Schatzer entwickelt. Angenommen die „wahren" Renditen der Aktie i bzw. j am Tag t seien r it bzw. r j,t und die korrespondierenden beobachteten Renditen seien r^ bzw. rjt, dann basiert dieser Schatzer auf der folgenden Beziehung zwischen der Kovarianz der „wahren" Renditen und der Kovarianz der beobachteten Renditen fur verschiedene zeitliche Verzogerungen (Lead und Lags)(L):»'
(4-11) cov(r,;„iv;,)=cov(ri„r^,)+|^[cov(ri„rj,_„)+cov(v„,rj,)], Air i # j .
Die Varianzen (Diagonalelemente der Varianz-Kovarianz-Matrix) errechnen sich wie folgt:
(4-12) var(r-,) = var(r„)+2Xcov(r,„v„)• ni=l
COHEN ET AL. (1983B) kommen zu dem Ergebnis, dass die Verzerrung durch den „Intervalling Effect" bis zu zehn Tage andauem kann.^^^ Bei Tagesdaten wird i.d.R. ein Verzogerung von L = 3 gewahlt.^^^ Die Schatzung mit den Gleichungen (4-11) und (412) hat den Nachteil, dass die geschatzte Varianz-Kovarianz-Matrix eventuell nicht positiv semidefmit ist. Die PortfoHovarianzen konnen somit negativ werden. Daher wird anstelle der Gleichung (4-11) bzw. (4-12) der folgende Schatzer von NEWEY / WEST (1987) fiir die Berechnung der Varianz-Kovarianz-Matrix (QNW) verwendet:^^^
(4-13) Q,w =So + X ^ ( " ^ ' L ) ( S . +S'^ ) , m=l
wobei (4-14)w(m,L) = l - - ^ L+1 einen modifizierten Bartlett Kernel darstellt.
296
Vgl. COHEN ET AL. (1983A), S. 268f. Das Modell ist identisch mit dem Schatzverfahren von SCHOLESWiLLlAMS (1977) fur den Fall, dass L = 1 ist. Das Modell wurde ursprunglich entwickelt, um genauere Betas fur das CAPM-Modell zu schatzen. Hier erfolgt eine verallgemeinerte Darstellung.
297 Vgl. COHEN ETAL. ( 1 9 8 3 B ) , S. 141. 298 299
Vgl. JAGANNATHAN/MA (2003), S. 1680. Vgl. N E W E Y / W E S T (1987), S. 704.
^2
METHODISCHE VORGEHENSWEISE
(4-15)S„=R'„R_„/T ist die jeweilige Varianz-Kovarianz-Matrix auf Basis der beobachteten Renditen. Ro = (rt,i-r i) mit t = 1,. • •» T und i = 1,..., N ist die Matrix der Mittelwertabweichungen der Renditen aller Wertpapiere flir den zugrunde liegenden Zeitraum und R.m ist die Matrix der urn m verzogerten Mittelwertabweichungen aller Renditen. Die resultierende Varianz-Kovarianz-Matrix Q^^^^ ist sowohl positiv semidefinit als auch robust gegen Heteroskedastizitat und Autokorrelation.^^^ 4.3.2.3 Shrinkage-Schatzer nach Ledoit / Wolf (2003) In Kapitel 2.2.2 wurde bereits die Klasse der so genannten Stein-Schatzer im Zusammenhang mit der Schatzung der erwarteten Rendite eingefuhrt. Der ShrinkageSchatzer von LEDOIT / WOLF (2003) (QLW) zahlt ebenfalls zu dieser Klasse. AUerdings konzentriert er sich auf die Schatzung der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung. Als Grundlage der Schatzung dient in diesem Modell ein einfacher Zeitreihenschatzer, hier Q^. Dieser Schatzer wird mittels eines Schrumpfungsfaktors a mit einer Schatzung, die auf Strukturannahmen beruht (Q^), kombiniert, so dass sich folgende allgemeine Form des Schatzers ergibt:^^' (4-16)
n,„=^n,+(i-^)QH.
Sowohl der historische als auch der Strukturschatzer zeichnen sich durch unterschiedliche Eigenschaften aus. Der historische Schatzer ist zwar unverzerrt, kann jedoch zu groBen Schatzfehlem ftihren. Dagegen weist der Strukturschatzer i.d.R. geringere Schatzfehler auf, kann dafur aber fehlspezifiziert und somit verzerrt sein. Die intuitive Idee hinter der Shrinkage-Methode besteht darin, dass zwei extreme Schatzer miteinander derart kombiniert werden, dass der resultierende Schatzer, der zwischen den beiden Extremen liegt, zu besseren Ergebnissen fuhrt als die Extreme fur sich.^^^ Die Strukturschatzung baut auf dem Single Index-Modell von SHARPE (1963) auf Es wird angenommen, dass die Rendite der Aktie i am Tag t durch das MarktmodelP^^
^^^ Zur Beweisflihrung vgl. NEWEY / WEST (1987), S. 704f. Als Verzogerung wird in der empirischen Untersuchung ein Wert von L = 3 unterstellt. ^^^ Vgl. LEDOIT / WOLF (2003), S. 613. ^^^ Vgl. LEDOIT / WOLF (2004), S. 112f.
^^^ Vgl. dazu Kapitel 2.3.1.
AUFBAU UND M E T H O D I K PER EMPIRISCHEN U N T E R S U C H U N G
93^
erzeugt wird, wobei rM,t die Rendite des Marktindex ist.^^'^ Sind die Residuen (8i,t) weder mit der Marktrendite korreliert noch seriell autokorreliert und wird die Varianz der Aktien als konstant unterstellt (Var(ei,t)=5ii), dann berechnet sich der Schatzer fur die strukturelle Kovarianzmatrix wie folgt:^^^
wobei o^M die Varianz des Marktindex und b der Vektor der geschatzten Betas der Aktien in Bezug auf die Marktindexrendite ist. 4^ stellt die Diagonalmatrix dar, die auf der Hauptdiagonalen die Schatzwerte fur die Residuenvarianz 5ii als MaB fiir das Risiko der einzelnen Anlagen enthalt. Das Modell kann mithilfe einer linearen Regression zwischen den Renditen der einzelnen Aktien und der Rendite des Marktindex geschatzt werden. Der Schrumpfiingsfaktor a bestimmt sich wie folgt:^^^ (4-19) a = ^ ^ ^ , Y
wobei n, p und y konsistente Schatzwerte fur die nicht beobachtbaren Variablen n, p und Y sind, die folgendermafien ermittelt werden konnen:
(4-20)ft = X Z f t , , mit i=i j=l
(4-21) ffc,^=i|;K-?:,-)(>•„-f,)-hj, A t=i
wobei hij der entsprechende Eintrag in der historischen Varianz-Kovarianz-Matrix an der Stelle Q^ (i, j) ist. Die Renditen der Aktien i bzw. j zum Zeitpunkt t sind mit ri t bzw. rj t und der Mittelwert der Renditen mit f; bzw. fj gegeben. n ist die mit V T skalierte asymptotische Varianz der historischen Matrizeneintrage. p , das die mit V T
Als Marktindex wird in der nachfolgenden Untersuchung der Dax-Index verwendet. ^^^ Vgl. LEDOIT / WOLF (2003), S. 607.
Zur genauen Herleitung des Schrumpfungsfaktors sowie zur Beweisfuhrung beziiglich der Konsistenz der Schatzer vgl. LEDOIT/WOLF (2003), S. 612f.
94
METHODISCHE VORGEHENSWEISE
skalierte asymptotische Kovarianz der Matrizeneintrage von QH ' ^ s ^^^ ^ ^ ^ Marktindex angibt, lasst sich analog mit p konsistent schatzen als: N
N
(4-22)P = X;ZP,J,
wobei die Diagonalelemente (i = j) von p-. konsistent mit p-- =7t^. aus Gleichung (4-20) und (4-21) geschatzt werden konnen. Fiir i i^j berechnet sich der konsistente Schatzer Pij als:
(4-23)p,3=itpu.t. A t=i
wobei
(4-24) Pij, = -^
'-
^
'-
•(rM,t-rM,)(ri,t-ri,)(rj,-rj.)-Sijh ist. Die Varianz bzw. Standardabweichung der Marktrendite ist o M bzw. GM, die Kovarianzen zwischen den Aktien i bzw. j und der Marktrendite sind OJM bzw. OJM. Sy gibt das (i, j)-te Element von Q.^ wieder. Als letzte Variable zur Bestimmung des Schrumpflingsfaktors ist y als Mafi fiir die Fehlspezifikation von QLW ^^ bestimmen. Y kann wie folgt konsistent geschatzt werden:
(4-25) Y = X I Y U , mit (4-26)Y,^=(s,-^)^
AUFBAU UND M E T H O D I K PER EMPIRISCHEN U N T E R S U C H U N G
95^
Das vorgestellte Verfahren zur Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix mittels der Kombination von Zeitreihen- sowie Strukturdaten verhalt sich robust und flexibel.^^^ Das zeigen auch die empirischen Ergebnisse von LEDOIT / WOLF (2003). Die Autoren haben die Performance dieser kombinierten Schatzmethode in Relation zu einer Reihe altemativer Verfahren bei einer Out-of-Sample Schatzung der Varianz-KovarianzMatrix zur Bestimmung des MVP getestet. Der hier vorgestellte Schatzer fiihrte in alien Fallen zu der niedrigsten Standardabweichung des Portfolios.^^^ In vorliegender Untersuchung wird der Shrinkage-Schatzer nur zur Prognose der Varianz-KovarianzMatrix des Aktienportfolios verwendet. Fiir das Aktien- / Rentenmarktportfolio existiert kein Marktportfolio, mit welchem das Single Index-Modell geschatzt werden kann. Daher kann der Shrinkage-Schatzer hier nicht angewendet werden. 4.3.2.4 Exponentiell gewichteter Schatzer FOSTER / NELSON (1996) liefem einen Ansatz zur Berechnung eines univariaten rollierenden Schatzers. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) erweitem diesen Ansatz fiir den multivariaten Fall. Die allgemeine Form des Schatzers zur Berechnung der Elemente der Varianz-Kovarianz-Matrix ist:^^^
(4-27) G,, = Y.'^,,,dh,u, -i^,.)(W -^,.)' k=-t+i
wobei i = 1,..., N und j = 1,..., N die jeweiligen Aktien und r,t+k bzw. f die Renditen bzw. Renditemittelwerte der zugrunde liegenden Wertpapiere sind. Unter dieser allgemeinen Form des Schatzers lassen sich je nach Gewichtungsschema (w) verschiedenste Modelle, wie z.B. die GARCH-Modelle, subsumieren. FOSTER / NELSON (1996) leiten unter der Annahme, dass die Volatilitat einen stochastischen Prozess beschreibt, das optimale Gewichtungsschema fur einen zweiseitigen rollierenden Schatzer ab."'
Die Annahmen des Modells sind: serielle Unabhangigkeit und zeitliche Stabilitat der Verteilungsparameter und endliche vierte Momente der Renditen. Normalverteilte Renditen sind nicht notwendig. Vgl. LEDOIT / WOLF (2003), S. 606. Anstelle des Single-Index-Modells kann auch eine Einheitsmatrix, ein Mehr-FaktorenModell Oder ein Modell mit konstanten Korrelationen als Strukturmodell verwendet werden. In Kapitel 4.4.2 wird im Rahmen des neu entwickelten Schatzers eine prognostizierte „erwartete mittlere" Kovarianzmatrix als Strukturschatzer verwendet. Vgl. LEDOIT / WOLF (2003), S. 617.
Vgl. FOSTER/NELSON (1996), S. 144. Zweiseitig rollierend bedeutet, dass sowohl Lead- als auch Lag-Beobachtungen dazu benutzt werden, um die Varianzen und Kovarianzen zu schatzen. FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) ftihren die folgenden zusatzlichen Bedingungen ein, um den korrespondierenden einseitigen Schatzer zu bestimmen: Wjj t+k = 0 fur k > 0. Im Gegenzug werden die Gewichte verdoppelt, sobald k < 0 ist.
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METHODISCHE VORGEHENSWEISE
Dieser besitzt die folgende exponentielle Form:^'^ (4-28)w,,,,=(a,./2)e-"^'^l^ wobei aij,t der so genannte Glattungsfaktor ist, der die Gewichtung der neueren in Relation zu den alteren Beobachtungen bestimmt. Aus der Gleichung (4-28) wird ersichtlich, dass der neueste Beobachtungswert umso starker gewichtet wird, je groBer ttijt ist. Je kleiner aijt wird, desto starker wird die Zeitreihe geglattet, allerdings wirken einzelne extreme Werte wesentlich langer nach. Die Hohe des Glattungsfaktors bestimmt folglich die implizit unterstellte Halbwertzeit eines Volatilitatsschocks, welcher bei Tagesdaten -ln(0,5)/a betragt.^'^ Kombiniert man Gleichung (4-27) und (4-28), dann erhalt man als Schatzer fiir die Varianz-Kovarianz-Matrix:^'^ (4-29) np,o,t =e-"Qp,o,t-, +ae-"(r^_, -r)(r._, - r ) ' , wobei rt.i ein Nxl Vektor der Renditen zum Zeitpunkt t-1 ist. FOSTER / NELSON (1996) zeigen einen Weg, wie der Glattungsfaktor so bestimmt werden kann, dass die asymptotische mittlere quadratische Abweichung minimiert wird.^"* Ubertragt man diese Methodik auf die Schatzung der Varianz-KovarianzMatrix, so miisste ftir jeden Wert der Matrix ein unterschiedlicher Glattungsfaktor bestimmt werden, was zu einem enormen Rechenaufwand fiihren wurde. AuBerdem wird mit dieser Vorgehensweise nicht sichergestellt, dass die Varianz-KovarianzMatrix positiv semidefmit ist. Daher fiihren FLEMING / KiRBY / OSTDIEK (2001) eine weitere Restriktion aijt = at flir alle i, j ein und zeigen, dass der optimale Glattungsfaktor konstant im Zeitablauf ist.^'^ Diese Vorgehensweise stellt eine deutliche Vereinfachung dar, da z.B. im Gegensatz zu multivariaten GARCH-Modellen nur ein einzelner im Zeitablauf konstanter Parameter (Glattungsfaktor) zur Schatzung der gesamten Varianz-Kovarianz-Matrix bestimmt werden muss. Wie bereits in Kapitel 3.2.2 beschrieben, unterliegen die Autoren bei der Schatzung dieses Parameters jedoch einem so genannten Look-Ahead-Bias, da sie den gesamten zugrunde liegenden Zeit-
'"
Vgl. FOSTER/NELSON (1996), S. 144.
^^^ Vgl. FLEMING / K I R B Y /OSTDIEK (2001), S. 348. ^'^ Vgl. FLEMING / K I R B Y / O S T D I E K (2003), S. 479. ^"^ Vgl. FOSTER/NELSON (1996), S. 141.
^^^ Vgl. unveroffentlichten Anhang zu FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001). Dort erfolgt eine genaue Beweisfiihrung.
AUFBAU UND METHODIK PER EMPIRISCHEN U N T E R S U C H U N G
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raum zur Optimierung der Hohe des Glattungsfaktors verwenden. Da es nicht Ziel dieser Arbeit ist, den statistisch optimalen Schatzer zu bestimmen und die Autoren auBerdem zeigen, dass der statistisch optimale Glattungsparameter deutlich von dem okonomisch optimalen abweicht, wird, um den Look-Ahead-Bias zu vermeiden, in nachfolgender Untersuchung nicht der statistisch optimale, sondem ein Glattungsfaktor, der auf Basis okonomischer Uberlegung basiert, festgelegt. Hierzu wird die Beziehung zwischen der Halbwertzeit eines Volatilitatsschocks und der Hohe des Glattungsfaktors ausgenutzt. BOLLERSLEV ET AL. (1992) kommen zu dem Ergebnis, dass die Halbwertzeiten eines GARCH-Modells durchschnittlich zwischen zwei und sechs Monaten liegen.^'^ Auf dieser Basis wird ein Glattungsfaktor von a = 0,01 fur die nachfolgenden empirischen Untersuchungen festgelegt, was einer Halbwertzeit des Volatilitatsschocks von ca. 70 Handelstagen bzw. etwas uber drei Kalendermonaten entspricht.
4.3.3 Dynamisches nutzenbasiertes Performancemafi Zur Messung des okonomischen Wertes der Volatilitats-Timing-Strategie wird neben den klassischen Mafien wie Rendite, Risiko und Sharpe Ratio auch ein dynamisches nutzenbasiertes PerformancemaB von FLEMING / KIRBY / OSTDIEK (2001) und (2003)
herangezogen. Die dynamische Nutzenpramie basiert auf dem engen Zusammenhang zwischen quadratischer Nutzenfunktion und dem |Li-a-Prinzip. Selbst wenn die quadratische Nutzenfunktion unrealistische Eigenschaften besitzt, so stellt sie doch eine gewisse Annaherung an die „wahre" zugrunde liegende Nutzenfunktion eines Investors dar.^'^ Der Nutzen eines Anlegers in der Periode t+1 (U(Wt+i)) kann wie folgt beschrieben werden:
(4-30)U(W,,,) = W , r p , , , , - ^ r p V , , wobei rpt+i die Rendite des Portfolios zum Zeitpunkt t+1, Wt das Vermogen des Investors zum Zeitpunkt t und a die absolute Risikoaversion ist. Wird aWt als konstant unterstellt, d.h. die relative Risikoaversion yt = aWt/(l-aWt) wird einem festen Wert y gleichgesetzt, dann kann der durchschnittliche realisierte Nutzen U()dazu verwendet
^'^ Vgl. BOLLERSLEV ETAL. (1992), S. 29-31. Vgl. dazu die Ausfuhrungen des Kapitels 2.2.1.
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METHODISCHE VORGEHENSWEISE
werden, den erwarteten Nutzen bei einem beliebigen Anfangsvermogen WQ wie folgt zu schatzen:^'^ (4-31)U(.) = W „ [ t , , . - ^ , ^ Der tagliche realisierte Nutzen eines Portfolios in Abhangigkeit von der Portfoliorendite ist: (4-32) U(rp,,) = w j ( l + r p , ) - - - ^ ( l + rp,J^ 1^ 2(1+ Y) Um den okonomischen Mehrwert des dynamischen Portfolios mit der taglichen Rendite r \ t in Relation zu dem statischen Portfolio mit der Rendite r^p t zu berechnen, werden die realisierten Nutzenniveaus unter Hinzunahme einer Konstanten A gleichgesetzt. Es ergibt sich:^'^ ( 4 - 3 3 ) - y ( l + rpVA) Ttt
5^-(l + rpVA)' = - i ( l + rp^) '' Ttr
2(1 + Y)
^ ( l + rp^)^ ''^
2(1 + Y)^
wobei das Anfangsvermogen aus beiden Gleichungen gektirzt werden kann. Die zu berechnende Konstante A, welche als ein Anteil des Vermogens interpretiert werden kann, ist folglich die durchschnittliche maximale Rendite, die ein Investor in Abhangigkeit seiner relativen Risikoaversion y bereit ist zu zahlen, um von dem statischen in das dynamische Portfolio wechseln zu konnen. Falls diese Pramie groBer als null ist, kann sie als okonomischer Mehrwert interpretiert werden, der durch die Dynamisierung der Portfoliobildung mittels einer Volatilitats-Timimg-Strategie entsteht. Mithilfe dieser Nutzenpramie konnen auch zwei dynamische Portfolios oder zwei verschiedene Schatzverfahren okonomisch miteinander verglichen werden. Der Vorteil bei dieser Art der Betrachtung besteht darin, dass zum einen der direkte okonomische Mehrwert berechnet werden kann, den eine Strategic in Relation zu ihrer Benchmark erzielt und zum anderen die dynamische Komponente der Strategic berucksichtigt wird, da die Nutzenpramie auf den taglichen Portfoliorenditen basiert und nicht wie die Sharpe Ratio auf den historischen Mittelwerten. Ein weiterer Vorteil der Nutzenpramie gegeniiber den klassischen PerformancemaBen wie der Sharpe Ratio ist, dass mit ihr die Nichtlinearitat des Zusammenhangs zwischen Rendite und Risiko
^^^ Vgl. FLEMING/KiRBY/OsTDiEK (2001), S. 335. ^^^ Vgl. FLEMING / K I R B Y / OSTDIEK (2003), S. 477.
AUFBAU UND M E T H O D I K PER EMPIRISCHEN U N T E R S U C H U N G
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beriicksichtigt werden kann. Dadurch konnen auch verschiedene unterstellte Risikoaversionsgrade in die Bestimmung des okonomischen Wertes einfliefien.
4.4 Entwicklung des neuen Varianz-Kovarianz-Schatzers 4.4.1 Einfluss der implizierten Volatilitat auf zukiinftige Korrelationen In Kapitel 3.1.2 wurde bereits der Zusammenhang zwischen der Volatilitat, die als ein MaB fiir die Marktunsicherheit interpretiert werden kann, und der Korrelation bzw. Kovarianz zwischen nationalen und intemationalen Aktien bzw. zwischen Aktien- und Rentenmarkt diskutiert. Auch im vorliegenden Datensample lassen sich der so genannte „Correlation Breakdown" bei den Einzelaktien und der „Flight to Quality" Effekt bei der Betrachtung von Aktien- und Rentenmarkt nachweisen. Als MaB fur die allgemeine Marktunsicherheit bzw. -volatilitat wird der Dax-Volatilitatsindex (VDAX) verwendet. Dieser wird auf der Basis von acht Subindizes bestehend aus jeweils vier am Geld Dax-Optionen mit Laufzeiten zwischen einem und 24 Monaten berechnet. Die Bestimmung der implizierten Volatilitat basiert auf der Black-ScholesBewertungsformel. ^^^ Der VDAX wird mit einer konstanten Restlaufzeit von 45 Kalender- bzw. ca. 33 Handelstagen berechnet.^^' Die Angabe der Volatilitat erfolgt als annualisierte Standardabweichung. Die Verwendung des VDAX anstelle beispielsweise der historischen Standardabweichung hat den Vorteil, dass der VDAX bereits eine in die Zukunft gerichtete Schatzung der erwarteten Marktvolatilitat darstellt. Der VDAX wird seit Dezember 1994 einmal taglich veroffentlicht. Die Historic von 1992 bis 1994 wurde mittels einer Riickrechnung seitens der Deutschen Borse AG bestimmt. Da langlaufende (12-24 Monate) Dax-Optionen erst seit Marz 1996 verfxigbar sind, wurde der VDAX vor diesem Termin auf Basis von nur fiinf Subindizes bestimmt. Seit Dezember 1997 wurde der VDAX auch im Intraday-Bereich berechnet und das Berechnungsmodell modifiziert. Nach Angabe der Deutschen Borse AG wurden die historischen Zeitreihen des VDAX hinsichtlich der neuen Berechnungsmethodik bis zu diesem Zeitpunkt angepasst.^^^ Aus Abb. 4-1 wird ersichtlich, dass der VDAX ab dem Jahr 1997 bzw. 1998 eine deutliche Niveauverschiebung nach oben aufweist. Neben einer allgemeinen Erhohung
Zu den Vor- und Nachteilen bei der Verwendung der implizierten Volatilitat siehe Kapitel 3.1.1. Um eine konstante durchgangige Restlaufzeit von 45 Kalendertagen zu erhalten, wird eine lineare Interpolation zwischen zwei Subindizes, die die Restlaufzeit von 45 Tagen umschlieBen, durchgeftihrt. ^^^ Vgl. DEUTSCHE BORSE AG (2004B), S. 7.
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ENTWICKLUNG DES NEUEN VARIANZ-KOVARIANZ-SCHATZERS
der Marktvolatilitat konnte ein weiterer moglicher Grund flir diese Niveauverschiebung die oben erwahnte Veranderung bei der Berechnung des VDAX, also die Erweiterung um die Betrachtung langlaufender Optionen ab Marz 1996 bzw. die Veranderung der Berechnungsmethodik ab Dezember 1997, sein. Da nicht nachvollzogen werden kann, wie die Deutsche Borse AG den VDAX zuriickberechnet hat, werden die nachfolgenden Auswertungen sowohl flir den Gesamtzeitraum als auch flir die Subperioden von 1992 bis 1997 bzw. von 1998 bis 2004 analysiert. Auf den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Schatzer hat diese Niveauverschiebung keinen groBen Einfluss, da dieser auf einem roUierenden Zeitfenster basiert und somit immer nur einen gleitenden 125-tagigen Ausschnitt der Historie des VDAX zur Schatzung der Varianz-Kovarianz-Matrix verwendet. Abb. 4-1 zeigt neben dem VDAX auch die durchschnittliche 33-tagige Korrelation der 15 Dax-Aktien. Abb. 4-1: VDAX-Stand und nachfolgende Aktienkorrelation Durchschnittliche Korrelation der Dax-Aktien von t bis t + 32
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 VDAX-Stand zum Zeitpunkt t
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Die Korrelation berechnet sich als Mittelwert aller paarweisen Korrelationen zwischen den Dax-Aktien fiir den jeweiligen Zeitraum von t bis t+32. Die Hohe des VDAX bezieht sich auf den Tag t. Die Besonderheit an dieser Art der Darstellung besteht
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darin, dass die Messung der durchschnittlichen Korrelation der Aktien zeitlich nach der Aufzeichnung des VDAX liegt. ^^^ Somit kann ein erster Eindruck daruber gewonnen werden, wie der heutige Stand des VDAX mit der nachfolgenden 33tagigen durchschnittlichen Aktienkorrelation zusammenhangt. Die Anzahl der Handelstage wird mit 33 angesetzt, da dies der zugrunde liegenden Restlaufzeit des VDAX entspricht. Aus der Abbildung wird ersichtlich, wie stark die durchschnittliche Korrelation zwischen den Aktien im Zeitablauf schwankt. Zum Teil erkennt man, wie Phasen mit hoher implizierter Marktvolatilitat und hoher durchschnittlicher Aktienkorrelation einhergehen. Die rein optische Analyse gibt somit einen ersten Hinweis auf den vermuteten positiven Zusammenhang zwischen der Hohe der Marktvolatilitat und der Starke der durchschnittlichen Korrelation zwischen den Aktien. In Abb. 4-2 ist analog der Zusammenhang zwischen dem heutigen Stand des VDAX und der nachfolgenden Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt abgebildet. Abb. 4-2: VDAX-Stand und nachfolgende Aktien- / Rentenmarktkorrelation Korrelation zwischen DAX und REX von t bis t + 32
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 VDAX-Stand zunn Zeitpunkt t
1992 IS
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Das bedeutet, dass der untere Teil der Abb. 4-1 den VDAX-Stand z.B. am Tag t = 100 abbildet. Die entsprechende durchschnittliche Korrelation der Aktien im oberen Teil der Abbildung ist dann auf Basis des Zeitraumes t = 100 bis t = 132 gemessen.
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ENTWICKLUNG PES NEUEN VARIANZ-KOVARIANZ-SCHATZERS
Man erkennt deutlich den negativen Zusammenhang zwischen implizierter Marktvolatilitat und der nachfolgenden 33-tagigen Korrelation von DAX und REX. Phasen hoher erwarteter Marktvolatilitat und darauf folgende geringe oder sogar negative Korrelationen zwischen Aktien- und Rentenmarkt decken sich. Umgekehrt scheint die Korrelation zwischen DAX und REX nach Phasen geringerer implizierter Volatilitat abzunehmen. Auffallig ist besonders, dass der Zeitraum bis 1998, der durch eine sehr geringe Volatilitat gepragt ist, mit einer hohen Korrelation zwischen DAX und REX einhergeht. Aus der rein optischen Analyse mittels Abb. 4-1 und 4-2 lasst sich die Vermutung eines positiven Zusammenhangs zwischen Marktvolatilitat und nachfolgender Aktienkorrelation („Correlation Breakdown") sowie eines negativen Zusammenhangs zwischen Marktvolatilitat und darauf folgender Korrelation zwischen Aktien- und Rentenmarkt („Flight to Quality") formulieren. Um eine genauere Untersuchung vomehmen zu konnen, werden in Tab. 4-3 und 4-4 verschiedene Perzentile des VDAX gebildet, um so die nach einem gewissen Volatilitatsniveau nachfolgende Korrelation zu untersuchen.^^"* Als Grenzen werden die 5, 10 und 25%igen Perzentile flir niedrige bzw. die korrespondierenden 75, 90 und 95%igen Perzentile des VDAX fiir hohe Volatilitatsstande verwendet. Diese Einteilung erlaubt die Analyse, wie sich die Korrelation, Standardabweichung und Kovarianz nach verschiedenen Hohen der erwarteten Marktvolatilitat entwickelt hat. Tab. 4-3 zeigt die Ergebnisse fur die Aktienbetrachtung. Vergleicht man die Mittelwerte der 33-tagigen Korrelation nach niedrigen und nach hohen Standen des VDAX, so erkennt man deutlich, dass diese nach Phasen mit einer hohen erwarteten Marktvolatilitat zunehmen. So betragt die mittlere Korrelation uber den Gesamtzeitraum von 1992 bis 2004 (Abschnitt A) nach VDAX-Standen bis zu 12,80 (10%iges Perzentil) 0,4098. Nach VDAX-Standen von uber 35,20 (90%iges Perzentil) steigt diese mittlere Korrelation auf 0,5237 an. Auch der Vergleich von Phasen mit einem VDAX-Stand bis zum 5%igen bzw. 25%igen Perzentil mit Phasen eines Volatilitatsniveaus iiber dem 95%igen bzw. 75%igen Perzentil zeigt einen Anstieg sowohl des Mittelwertes als auch des Medians der Korrelation.
^'^^ Diese Vorgehensweise der Analyse entspricht in etwa der von CONNOLLY / STIVERS / SUN (2005), S. 175f. Die Autoren haben u.a. den Einfluss der Hohe des VIX-Index auf die Aktien- / Rentenmarktkorrelation untersucht.
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Tab. 4-3: VDAX-Perzentile und nachfolgende 33-tagige Aktienkorrelation A : Zeitraum 1992 bis 2004 Paarweise Per- VDAX- Korrelationen zentil Perzentil = uG; ^Vektor der oberen Grenze VoG(l:n,l) = oG; ^InitialgeTjichte des Portfolios xO(l:n,l) » 1/n; -5¥eitere Initialisierungen rt-0; X = xO; Iterationen = 0; %Genauigkeit der Berechnmig HinVeraenderung = lE-10; %Sui)me der Gewichte k=s\m(xO); % Maximale Anzahl der Iterationen maxit = 5000; % Konvertierung von Reihenvektoren su Spaltenvektoren, falls notwendig if size(r,2) >1; r=r'; end; if size(VuG,2)>l; VuG=VuG'; end; if 3ize(VoG,2)>l; VoG=VoG'; end; if size(x0,2) >1; xO=xO'; end;
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MATLAB CODE MVP
% Fehiermeldung falls Inltialgewichte nicht mit den Anteilsgtensen % vereinbar ist if (xO>=VuG) & (xO=VoG)); % Optimaie Schrittweite Siibtraktion [HUsub,Asub] = min(mu + lE200*(x