Digitale Strategien in der Europaischen Union: Rahmenbedingungen und Entwicklungsmoglichkeiten 3834924679, 9783834924674 [PDF]


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Table of contents :
Cover......Page 1
Digitale Strategien in der Europäischen Union: Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten......Page 3
ISBN 9783834924674 ......Page 4
Vorwort......Page 6
Inhaltsverzeichnis......Page 8
1 Einführung: Die digitale Entwicklung der Europäischen Union......Page 9
2 Die Aktionsbereiche der Digital Agenda......Page 12
3 Das digitale Zeitalter in der EU......Page 15
4 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 18
1 Einführung......Page 19
2 Die Net Economy als strategische Herausforderung......Page 20
2.1 Die Rolle wirtschaftspolitischer Maßnahmen......Page 21
2.2 Volkswirtschaftliche Impulse durch Unternehmen in der Net Economy......Page 22
3 Wirtschaftspolitische Bedeutung der Digital Agenda für Europa......Page 23
4.1 Die Überwindung der Breitbandkluft in der EU......Page 24
4.2 Die Schaffung eines pulsierenden digitalen Binnenmarktes......Page 25
4.3 E-Government für Unternehmen in der EU......Page 27
5 Fazit und Ausblick......Page 28
6 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 29
1 Einleitung......Page 33
1.1.1 i2010– Eine europäische Informationsgesellschaft......Page 34
1.2 Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte......Page 35
2.1 Gebietsübergreifende Lizenzen für kreative Online-Inhalte......Page 37
2.2 Systeme zur Verwaltung digitaler Rechte......Page 40
2.3 Legale Angebote und Online-Piraterie......Page 43
2.4 Verfügbarkeit kreativer Inhalte......Page 50
3 Fazit und Ausblick......Page 51
4 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 52
5 Quellenverzeichnis......Page 58
1 Einleitung......Page 59
2 E-Health – ein Ansatz der Gesundheitsfürsorge......Page 60
2.1 Der E-Health-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Strategie......Page 61
2.2 [email protected] 62
3 Evaluierung des Projektes Netc@rds mittels SWOT-Analyse......Page 63
3.1 SWOT-Analyse......Page 64
3.2 Analyse der allgemeinen Umwelt......Page 66
3.3 Projektanalyse......Page 69
4.2 Stärken und Schwächen......Page 72
5 Fazit und Ausblick......Page 75
6 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 77
1 Einleitung......Page 85
2.1 De.nition von E-Government......Page 86
2.2 EU-Programme zum E-Government im Rückblick......Page 87
2.3 E-Government in der i2010-Strategie......Page 88
2.3.1 Der E-Government-Aktionsplan......Page 90
2.3.2 Abschlussbericht der i2010-Strategie......Page 92
2.4 E-Government in der Digital Agenda......Page 93
3.1 Aktuelle Umsetzung......Page 94
3.2.1 Die Nutzwertanalyse......Page 97
3.2.2 TED – tenders electronic daily......Page 99
3.2.3 E-Vergabe – die Vergabeplattform des Bundes......Page 101
3.3 Abschlussbewertung......Page 103
4 Fazit und Ausblick......Page 105
5 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 106
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung......Page 109
2.1 Begriffsde.nition......Page 110
2.2 Nutzen und Notwendigkeit......Page 111
3.1 Beschreibung der beteiligten Akteure......Page 112
3.2 Anforderungen aus Sicht der Akteure......Page 113
4.1 Elektronische Identitätsdokumente in Deutschland......Page 116
4.2 Elektronische Identitätsdokumente in Europa......Page 117
5 Die Bedeutung der Interoperabilität......Page 119
6 Fazit......Page 120
7 Ausblick......Page 121
8 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 123
9 Quellenverzeichnis......Page 125
1 Einführung......Page 127
2.1 Web 2.0 – Was ist das?......Page 128
2.2 Prinzipien des Web 2.0......Page 130
2.3.1 Communities......Page 131
2.3.2 Anwendungen und Plattformen mit informationsbasierten Inhalten......Page 133
2.3.3 Anwendungen und Plattformen mit unterhaltungsbasierten Inhalten......Page 135
3.1 Evaluationskriterien......Page 136
3.2 Anreize zur Steigerung von Kreativität und Inhaltsgenerierung......Page 139
3.3 Web 2.0 und die Bereitstellung von Services für Nutzer......Page 144
4 Fazit......Page 145
5 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 147
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung......Page 153
2 Web 2.0-Tools und ihre Bedeutung......Page 154
2.3 Podcasts......Page 155
3.1 Ein einheitlicher europäischer Informationsraum......Page 156
3.2 Investitionen und Innovationen in der IKT-Forschung......Page 158
3.3 Eine integrative europäische Informationsgesellschaft......Page 159
4.1 Weiterentwicklung der E-Accessibility und Entwicklung einer umfassenden E-Inclusion-Strategie......Page 161
4.2 Förderung in den Bereichen E-Government und E-Health......Page 165
4.3 Komfortables Altern in der Informationsgesellschaft......Page 168
5.1 Zukunftsdialog 2018......Page 173
6 Fazit......Page 174
7 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 176
1 Einleitung......Page 181
2.1 De.nition virtueller Communities......Page 183
2.2 Charakteristika virtueller Communities......Page 184
2.2.2 Gründungsziele virtueller Communities......Page 185
2.3.1 Die Theorie der sozialen Netzwerke......Page 186
2.3.2 Die soziale Identitätstheorie......Page 187
2.3.3 Die Prinzipal-Agenten-Theorie......Page 188
3.1 Aufbau und Nutzungspotenziale von Facebook......Page 189
3.3 Studien zur Facebook-Nutzung......Page 191
3.3.1 Aufbau und Inhalt der amerikanischen Studie......Page 192
3.3.2 Aufbau und Inhalt der schweizerischen Studie......Page 195
3.4 Implikationen und resultierender Nutzen im Hinblick auf die digitalen Stragegien der EU......Page 197
4 Fazit und Ausblick......Page 199
5 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 200
1 Einleitung......Page 203
1.1 Problemstellung im Kontext des Web 3.0......Page 204
2.1 Web 3.0......Page 205
2.1.2 Semantisches Web......Page 206
2.1.3 Weiterentwicklung des Web 2.0 im Browser......Page 207
2.2.1 Anforderungen an die Sicherheit eines IT-Systems......Page 208
2.2.2 Sicherheitsrisiken im modernen Web......Page 209
2.2.3 Anforderungen an die Usability eines IT-Systems......Page 211
2.3 Kriterienkatalog für Sicherheit und Usability......Page 213
3 Entwicklung des Web 3.0 am Beispiel des Pioniers Google Wave......Page 215
3.1 Konzept und Ziele von Google Wave......Page 216
3.2 Überprüfung des Kriterienkatalogs......Page 218
4 Fazit und Ausblick......Page 223
5 Verzeichnis der zitierten Literatur......Page 224
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Digitale Strategien in der Europaischen Union: Rahmenbedingungen und Entwicklungsmoglichkeiten
 3834924679, 9783834924674 [PDF]

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Zitiervorschau

Tobias Kollmann / Ina Kayser (Hrsg.) Digitale Strategien in der Europäischen Union

Tobias Kollmann / Ina Kayser (Hrsg.)

Digitale Strategien in der Europäischen Union Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Professor Dr. Tobias Kollmann ist Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik, insbesondere E-Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen. Dipl.-Wirtsch.-Inf. Ina Kayser ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl.

1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Barbara Roscher / Jutta Hinrichsen Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2467-4

Vorwort Mit der i2010-Strategie endete im Jahre 2010 eine Initiative der Europäischen Union (EU) für mehr Innovation, Investment und Inklusion bezüglich Informationsund Kommunikationstechnologien auf dem europäischen Kontinent. Mit der Nachfolgestrategie, der Digital Agenda for Europe, werden die Kernziele der i2010 weiter aufgegriffen, um Forschung und Innovation voranzutreiben, einen einheitlichen und interoperabelen digitalen Markt zu schaffen und den Zugang für alle Europäer zu zeitgemäßer Informations- und Kommunikationstechnologie zu gewährleisten. Bis zum Jahr 2020 soll so ein florierender digitaler Markt entstehen, um die digitale Revolution für die Entwicklung Europas zu nutzen. Dieses Sammelwerk soll vor diesem Hintergrund die strategischen Konzepte und Implikationen dieser digitalen Strategien darstellen, vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse reflektieren, für Akteure in der Net Economy relevante Fragestellungen beantworten und Entwicklungsmöglichkeiten sowie Verbesserungspotenziale im Bezug auf die von der EU anvisierten strategischen Ziele darlegen. Die Idee zur Erstellung des Buches entstand im Rahmen einer Seminarveranstaltung, die im Februar 2010 am Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik, insb. E-Business und E-Entrepreneurship, an der Universität Duisburg-Essen angeboten wurde. Die Ergebnisse der studentischen Arbeiten waren dabei so überzeugend, dass sich die Herausgeber entschieden, diese zusammen mit einigen im Rahmen der Lehrstuhlarbeit entstandenen Beiträgen in Form eines Sammelbandes zu veröffentlichen. In insgesamt 10 Kapiteln wird das aktuelle Wissen zu spezifischen digitalen Strategien und deren Implikationen in der EU zusammengeführt und in den wirtschaftswissenschaftlichen Kontext der Net Economy eingeordnet. Dazu werden Themen wie Wirtschaftspolitik, Binnenmärkte für Online-Inhalte, E-Government, Identitätsmanagement, Web 2.0-Anwendungen, Nutzerbeteiligung, elektronische Kontaktnetzwerke und Sicherheitsaspekte detailliert untersucht und die damit verbundenen Chancen und Risiken für die EU im Zeitalter der Net Economy diskutiert. Die Darstellungen berücksichtigen dabei gleichermaßen wirtschaftliche und informationstechnologische Aspekte. Zielgruppe des Buches sind Dozenten und Studierende wirtschaftswissenschaftlicher und informatischer Studienrichtungen, aber auch Studierende der Politik,

vi

Vorwort

die sich mit digitalen Technologien, den damit einhergehenden sozio-technischen Trends und dem Themenkomplex der digitalen Strategien der EU beschäftigen. Mitglieder europäischer Regierungsorganisationen und Institutionen, Unternehmensgründer sowie Fachkräfte im E-Business-Umfeld erhalten wertvolle Anregungen für die eigene Geschäftstätigkeit in der EU. Unser besonderer Dank gilt an erster Stelle natürlich den Autoren der einzelnen Beiträge, die ihre Seminararbeiten nach vorgegebenen Qualitätskriterien überarbeiteten und mittels eines internen Review-Verfahrens nochmals verbessern konnten. Dazu gehören Frau Katrin Beer, Herr Christoph Brüning, Herr Ulrich Dengler, Frau Stefanie Gerhardy, Herr Lukas-Julius Hüwe, Frau Kim C. Jericho, Frau Jenny-Simone Langenberg und Frau Sabine Salwik. Darüber hinaus sind wir den wissenschaftlichen Mitarbeitern unseres Lehrstuhls zu Dank verpflichtet, die uns bei der Fertigstellung dieses Werkes unterstützten. Dazu zählen Herr Dr. Andreas Kuckertz, Herr Dr. Christoph Stöckmann, Herr Gil Breth, Herr Marvin Karczewski, Herr Patrick Krell, Frau Tatjana Lajendäcker, Frau Yvonne Meves, Herr Nils Middelberg, Herr Carsten Schröer und Frau Stefanie Skowronek. Nicht zuletzt danken wir Herrn Ingo Kummutat und Frau Cornelia Yano für die Schaffung stets einwandfreier technischer bzw. organisatorischer Rahmenbedingungen, ohne die eine effiziente Lehrstuhlarbeit kaum möglich wäre. Wir wünschen eine spannende Lektüre.

Essen, im Januar 2011 Tobias Kollmann Ina Kayser

Universität Duisburg-Essen Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship Universitätsstraße 9 45141 Essen http://www.e-entrepreneurship.de [email protected] [email protected]

Inhaltsverzeichnis Tobias Kollmann und Ina Kayser Die Europäische Union im digitalen Zeitalter – vom Entwicklungsland zum mobilen Kontinent?

1

Stefanie Skowronek Strategische Wachstumsfaktoren der EU in der Net Economy

11

Katrin Beer Schaffung eines EU-Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte

25

Stefanie Gerhardy Netc@rds: E-Health in der EU

51

Lukas-Julius Hüwe E-Government in der EU: Eine Analyse am Beispiel öffentlicher Ausschreibungen

77

Jenny-Simone Langenberg Elektronisches Identitätsmanagement in der EU

101

Ulrich Dengler Web 2.0 zur Förderung von Kreativität und nutzergenerierten Inhalten – eine europäische Perspektive

119

Kim C. Jericho Entwicklungspotenziale der Nutzung von Web 2.0-Tools im europäischen Kontext

145

Sabine Salwik E-Communities und soziales Kapital – Implikationen für die EU

173

Christoph Brüning Web 3.0-Fortschritt im Kontext von Sicherheit und Usability

195

Die Europäische Union im digitalen Zeitalter – vom Entwicklungsland zum mobilen Kontinent? Tobias Kollmann und Ina Kayser

1 Einführung: Die digitale Entwicklung der Europäischen Union Die eEurope-Initiative war einer der ersten Schritte der Europäischen Union (EU) zu Beginn dieses Jahrhunderts, um einen Fahrplan für die beschleunigte Reform und Modernisierung der Wirtschaft zu gestalten, welche durch den Aufstieg der weltweiten Informationsgesellschaft zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen sollte.1 Es folgte der eEurope 2002 Action Plan, welcher dieses Vorhaben weiter konkretisierte, bspw. im Hinblick auf schnelleres und sichereres Internet, Investitionen in Computerfähigkeiten und Anreize zur Internetnutzung.2 Die folgende Phase, der eEurope 2005 Action Plan brachte dann als konkrete Agenda die i2010-Strategie hervor, welches ein Programm zur Schaffung eines einheitlichen Informationsraums, zur Förderung von Investitionen in Forschung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und zur Forcierung einer inklusiven europäischen Informationsgesellschaft war.3 Nach Abschluss der i2010-Strategie und dem Start des europäischen Wirtschaftsprogramms Europe 2020 im Jahr 2010 begann das Zeitalter der Digital Agenda for Europe, einer auf 10 Jahre angelegten Strategie zur Förderung von Breitbandinternet und einem einheitlichen europäischen IKT-Markt, von Interoperabilität und Standards, von Investitionen in IKT und IKT-Forschung, zur Durchsetzung von Sicherheitsgrundsätzen und zum Ausbau von Computerfähigkeiten sowie zur Überwindung 1 Vgl.

European Commission (o.J.). ibid. 3 Vgl. ibid. 2 Vgl.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

2

Tobias Kollmann und Ina Kayser

sozialer Ungleichheiten bei der Nutzung von IKT.4 Diese Entwicklung zeigt deutlich den Stellenwert der IKT für den europäischen Markt. Seitens der EU werden Initiativen forciert, die die Wettbewerbsvorteile, die durch IKT generiert werden können, weiter ausbauen. Dadurch soll eine Vormachtstellung im weltweiten Vergleich erreicht werden. Blickt man auf die Entwicklung des Internet Development Index5 (vgl. Abb. 1), so fällt auf, dass die EU im Bezug auf die Nutzung der durch IKT vorhandenen Potenziale keinesfalls führend in der Welt ist.

Abb. 1: Weltweiter Vergleich des Internet Development Index Quelle: International Telecommunication Union (2009) Vor dem Hintergrund, dass Mobilität die Datenübertragung in der jüngeren Vergangenheit hinsichtlich zeit- und ortsunabhängiger Übertragungsmöglichkeiten revolutioniert hat,6 ist diese, über die Verbreitung von Breitbandanschlüssend hinausgehend, ein wichtiger und zukunftsweisender Faktor, um die Wettbewerbsfä4 Vgl.

European Commission (2010). Internet Development Index (IDI) wird von der International Telecommunicaion Union (ITU) berechnet, der führenden UN-Behörde für IKT. Der IDI ist ein aus 11 Indikatoren zusammengesetzer Index, der unter anderem den Zugang zu IKT, die Nutzung von IKT und Qualifikationen im Bezug auf IKT erfasst. 6 Vgl. Kollmann (2011). 5 Der

Die Europäische Union im digitalen Zeitalter

3

higkeit der EU nachhaltig zu sichern. Im Gegensatz zur Verbreitung von Breitbandanschlüssen steht die EU im weltweiten Vergleich der Mobilfunkpenetration an erster Stelle (siehe Abb. 2). Dieser Trend hin zur Mobilität wird dabei zum einen durch die Verbreitung mobiler Endgeräte und zum anderen durch die fortschreitende Entwicklung mobiler Übertragungstechnologien vorangetrieben.7

Abb. 2: Weltweiter Vergleich der Mobilfunkverträge Quelle: International Telecommunication Union (2009) Trotz der tendenziell positiven Entwicklung im weltweiten Vergleich sieht sich die EU mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, die das Ausbauen der Stellung im weltweiten Vergleich gefährden können:8 Dazu zählen insb. fragmentierte digitale Märkte innerhalb der EU, da die Mitgliedsstaaten an ihren nationalen Märkten festhalten und somit die grenzübergreifende Integration erschweren. Damit einher geht ein Mangel an Interoperabilität, welcher sich in fehlenden Standards und Schwächen in der Koordination der öffentlichen Verwaltung manifestiert. In Kontrast zu diesen internen technischen Problemen stehen externe technische Gefahren, die durch Cyberkriminalität verursacht werden. Cyberkriminalität ist eine wachsende Bedrohung und kann das Vertrauen der europäischen 7 Vgl. 8 Vgl.

ibid. European Commission (2010).

4

Tobias Kollmann und Ina Kayser

Bevölkerung in einen integrierten europäischen Informationsraum entscheidend schädigen. Ein weiteres Problem, welches nicht technisch bedingt ist, stellen zu niedrige Investitionen in Netze und Technologien und– damit einhergehend– ein Mangel ein Forschung in diesem Bereich dar. Diese Faktoren erschweren das digitale Wachstum der EU im weltweiten Vergleich zusätzlich. Der letzte Punkt, der in diesem Kontext zu nennen ist, ist sozialer Natur. Innerhalb der EU herrscht nicht nur Fachkräftemangel im Bereich der IKT, sondern es fehlt insb. auch in Teilen der Bevölkerung an der notwenigen Bildung zur Nutzung der IKT-Infrastruktur.

2 Die Aktionsbereiche der Digital Agenda Seitens der EU wird IKT als Mittel betrachtet, die EU langfristig im weltweiten Wettbewerb auf Kurs zu bringen. Gleichzeitig existieren, wie zuvor dargestellt, innerhalb der EU zahlreiche Probleme, wie bspw. der demographischen Wandel hin zu einer überalterden Gesellschaft mit einem Mangel an Verständnis für IKT, die die tiefgreifendere Nutzung von IKT behindern. Die Digital Agenda soll demzufolge ein Leitwerk bieten, um Europa auf den Weg des nachhaltigen, intelligenten und integrativen Wachstums zu bringen.9 In der Zeit nach der weltweiten Wirtschaftskrise entsteht somit ein Rahmen für den grundlegenden Einsatz von IKT in Europa, der zur bestmöglichen Entfaltung der sozialen und wirtschaftlichen Potenziale von IKT dienen soll.10 Dabei wird das Internet als zentraler Faktor wirtschaftlichen und sozialen Handelns betrachtet, welcher sowohl im Arbeitsleben als auch bei Kommunikation und Meinungsäußerung sowie bei Spielen unverzichtbar geworden ist.11 Um diese Verbesserungspotenziale zu Gunsten von vermehrtem Wirtschaftswachstum in der EU und von Alltagsverbesserungen der EU-Bürger, EU-Unternehmen und EU-Behörden zu realisieren, finden sich in der Digital Agenda sieben Aktionsbereiche, welche im Folgenden problembezogen vorgestellt werden:12 „ Ein pulsierender digitaler Binnenmarkt Obwohl das Internet in seiner Natur grenzenlos ist, existieren in Europa nationale Barrieren, die die Integration von Telekommunikationsservices und Inhalten verhindern. Deswegen soll ein einheitlicher digitaler Binnenmarkt geschaffen werden, der die freie Zirkulation von Services und Inhalten innerhalb der 9 Vgl.

ibid. ibid. 11 Vgl. ibid. 12 Vgl. ibid. 10 Vgl.

Die Europäische Union im digitalen Zeitalter

5

EU erlaubt, um der anhaltenden Fragmentierung, welche der Wettbewerbsfähigkeit der EU im digitalen Zeitalter entgegen steht, Einhalt zu gebieten. Dies beinhaltet, dass EU-Bürger mindestens genauso komfortablen Zugriff auf Inhalte und Services haben wie in der realen Welt. Zu diesen Inhalten und Services zählen bspw. Behördeninformationen, aber auch ein einheitliches elektronisches Zahlungssystem, ein einheitliches Verfahren zur elektronischen Identifizierung sowie einheitliche Telekommunikationsdienstleistungen. „ Interoperabilität und Standards Mit der Forderung nach einem einheitlichen europäischen Informationsraum wird deutlich, dass eine wichtige Voraussetzung zu dessen Realisierung das Vorhandensein von EU-weiten Standards und Normen zur Durchsetzung europäischer Interoperabilität ist. Dieser technische Punkt ist insb. auch relevant für das EU-weite Management von geistigen Eigentumsrechten und Lizenzen. „ Sicherheit und Vertrauen Der Begriff Sicherheit schließt Betriebssicherheit und Gefahrenlosigkeit ein. Physikalische Sicherheit von IKT-Infrastruktur muss gewährleistet sein. Dazu kommt, dass im Zeitalter innovativer Technologien wie bspw. E-Health oder E-Banking Gefährdungen durch Cyberkriminalität im Blickpunkt vieler Nutzer stehen und ggf. das Vertrauen in neue technologische Lösungen schädigen. Damit einher geht das Recht auf Privatsphäre und den Schutz privater Daten, welcher von der EU als Verantwortung im Bezug auf Bürger und Behörden wahrgenommen wird. „ Schneller und ultraschneller Internetzugang Wie bereits zu Beginn dieses Beitrags einführend dargestellt, befindet sich die EU im Wachstum bzgl. der Verbreitung von IKT. Allerdings gibt es EU-weit eine Fragmentierung zwischen Breitbandzugängen innerhalb der Mitgliedsstaaten. Somit ist der europaweite, breitbandige Internetzugang nicht gewährleistet, was dem Wirtschaftswachstum in einer netzwerkbasierten Wissensgesellschaft entgegen steht. „ Forschung und Investition Die EU hat es, insb. im Vergleich zu den USA, bisher versäumt, durch erhebliche Investitionen in Forschungsprogramme weltweit zu einer führenden Kraft im Bereich innovativer Technologien zu werden. Dies ist insb. vor dem Hintergrund, dass IKT ein treibender Faktor nicht nur in technologiefokussierten Branchen sondern auch in Produktion und der Service-Industrie ist, eine Bedrohung des nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Gründe für diesen Missstand sind zum einen die bislang ausbleibenden Bemühungen, Forschung gründlich

6

Tobias Kollmann und Ina Kayser zu fördern, als auch die Fragmentierung des europäischen Marktes, die eine einheitliche Forschungsförderung verhindert.

„ Verbesserung der digitalen Kompetenzen, Qualifikationen und Integration Die EU sieht sich in diesem Aktionsbereich zwei grundlegenden Problemen gegenüber. Zum einen besteht in der EU ein Fachkräftemangel in der IKTBranche, welcher nachhaltiges Wachstum behindert. Auf der anderen Seite sieht sich die EU mit dem sog. Digital Divide konfrontiert. Während das Internet für viele Europäer zu einer täglichen Routine, bspw. für Einkäufe, Bewerbungen oder Behördendienstleistungen, geworden ist, haben ca. 30% der Bevölkerung das Internet noch nie genutzt. Zu dieser Gruppe zählen ältere Menschen, Arbeitslose oder solche mit einem schlechten Bildungsstand. An dieser Stelle sollen durch inklusive Ansätze die Ermächtigung aller Europäer zur Nutzung webbasierter Inhalte und Services bewerkstelligt werden und gleichzeitig Anreize geschaffen werden, Fachkräfte in der EU zu verankern. „ IKT-gestützte Vorteile für die Gesellschaft in der EU Die Digitalisierung soll Vorzüge für alle Teile der Gesellschaft in der EU bringen. Zu diesem Zwecke adressiert die EU konkrete Handlungsbereiche. Dies umfasst die IKT-gestützte Förderung von Umweltschutz, IKT-basierte Ansätze im Gesundheitsbereich sowie für würdevolles und unabhängiges Altern, die Förderung kultureller Vielfalt und kreativer Online-Inhalte, die Umsetzung von Behördendiensten im Rahmen von E-Government-Initiativen und schließlich die IKT-basierte Unterstützung intelligenter Transportsysteme, um Mobilität voranzutreiben.

Bei der Betrachtung dieser Zielvorgaben fällt auf, dass diese untereinander nicht scharf abgrenzbar sind und somit wohl nur als Gesamtpaket umsetzbar werden. Hierzu wird von EU-Kommissarin Reding eine neuer Politikansatz für ein digitales Europa vertreten, der nicht nur einen verbraucherfreundlichen Binnenmarkt für Online-Inhalte, Innovationen und Wachstum fördern soll, sondern auch als Wegbereiter für Europa aus der wirtschaftlichen Krise der vergangenen Jahre diesen soll.13

13 Vgl.

European Commission (2009).

Die Europäische Union im digitalen Zeitalter

7

3 Das digitale Zeitalter in der EU Die bisherigen Darstellungen verdeutlichen, dass die EU die Potenziale, die durch IKT im Bezug auf weltweite Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliches Wachstum sowie gesellschaftliche Integration gegeben sind, erkannt hat und nutzbar machen will. Vielfach mangelt es jedoch an der Implementierung konkreter Maßnahmen, um identifizierte Potenziale zu nutzen. Dieses Sammelwerk setzt sich in den folgenden Kapiteln mit ausgewählten Bereichen der Digital Agenda und ihren Vorreiterstrategien auseinander und analysiert diese Bereiche hinsichtlich Umsetzung und möglicher unausgeschöpfter Potenziale. Die folgende Abbildung 3 stellt anhand der Aktionsbereiche der Digital Agenda dar, welche Schwerpunkte die Beiträge dieses Sammelbandes setzen.

Abb. 3: Schwerpunkte der Beiträge Beschäftigt man sich mit der digitalen Entwicklung der EU, so stellt sich die grundlegende Frage, welche wirtschaftspolitischen Aktionsprogramme auf gesamteuropäischer Ebene zu einer Verbesserung der Stellung der EU in der Net Economy beitragen können, um somit langfristige Vorteile im weltweiten Wettbewerb zu generieren. Dazu gibt Stefanie Skowronek in Ihrem Rahmenartikel einen Überblick über die strategische Herausforderungen, denen sich die EU in der Net Economy gegenüber sieht. Sie ordnet die Digital Agenda als ein wirtschaftspolitisches Instrument für die Entwicklung Europas in diesen Kontext ein und erläutert ihre strategische Bedeutung. Dabei beleuchtet sie wirtschaftspolitische und volkswirt-

8

Tobias Kollmann und Ina Kayser

schaftliche Impulse der Internetöknonomie in der EU und gibt einen Ausblick auf den mittelfristigen Ausbau dieser strategischen Ansätze. Im Zuge der Vorstellung der Digital Agenda wurde deutlich, dass es einen Mangel gibt an europaweiten Standards und Normen im Hinblick auf einen einheitlichen Informationsmarkt. Katrin Beer exemplifiziert die strategischen Ansätze der EU zur Überbrückung dieses Missstandes am Beispiel des Online-Musikmarkts. Nach einer tieferen Betrachtung der strategischen Maßgaben der EU analysiert sie Probleme und Lösungsansätze bei der Umsetzung eines EU-weiten Binnenmarkts für Musiklizenzen und identifiziert Handlungspotenziale für die EU in diesem Bereich. Gegenstand des Beitrages von Stefanie Gerhardy ist die Untersuchung des Netc@rds-Projekts als Beispiel der E-Health-Strategie der EU. Im Bereich E-Health, der sich mit der elektronischen Umsetzung von Gesundheitsdiensten befasst, adressiert die EU neben der Schaffung eines digitalen Binnenmarkts und der Förderung der Interoperabilität auch die Vertrauenssteigerung in elektronische Dienste um so langfristige Vorteile für die europäische Gesellschaft generieren zu können. Der Beitrag analysiert Netc@rds als konkretes Projekt zur Gesundheitsfürsorge mittels der SWOT-Analyse und identifiziert projektinterne und projektexterne Potenziale und Risiken, die in Zukunft sowohl durch Forschung als auch Praxis beachtet werden müssen, um eine erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten. Im Hinblick auf die elektronische Umsetzung von Behördendiensten und deren integrative Ausrichtung in Europa stellt Lukas-Julius Hüwe in seinem Beitrag die strategischen Ansätze der EU zum E-Government am Beispiel öffentlicher Ausschreibungen dar. Nach einem Überblick über den Status quo des E-Governments in Europa vergleicht er mittels Nutzwertanalyse elektronische Systeme zur öffentlichen Ausschreibung von Projekten für Unternehmen. In der Schlussbewertung wird Handlungsbedarf identifiziert, der die vorhandenen Lücken in diesem Bereich adressiert. Elektronisches Identitätsmanagement in der EU ist Gegenstand des Beitrages von Jenny-Simone Langenberg. Nach Darstellung des Nutzens und der Notwendigkeit elektronischer Identifizierungsverfahren im europäischen Kontext werden Anforderungen an ein integratives Identitätsmanagement in der EU identifiziert. Folgend wird auf deutscher und europäischer Ebene bewertet, wie aktuelle Dienste diesen Anforderungen nachkommen. Insbesondere die Bedeutung interoperabler Systeme wird in diesem Zusammenhang herausgestellt, bevor Potenziale durch die Implementierung laufender EU-Projekte aufgedeckt werden.

Die Europäische Union im digitalen Zeitalter

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Die Transformation des Internetnutzers vom passiven Konsumenten hin zum aktiven Produzenten von Inhalten durch Web 2.0-Tools14 ist eine der bedeutsamsten Weiterentwicklungen des World Wide Web. Ulrich Dengler widmet sich der Web 2.0-Thematik und fokussiert in seinem Beitrag die Möglichkeiten, die Web 2.0 im Bezug auf Nutzerkreativität (user creativity) und die Generierung von Inhalten (user-generated content) bereitstellt. Er evaluiert die Potenziale des Web 2.0 im Bezug auf die Förderung der Kreativität der Webnutzer, der Generierung von Inhalten durch die Webnutzer und der Bereitstellung von Diensten im Internet im Hinblick auf die i2010 bzw. die Digital Agenda im europäischen Raum. Web 2.0-Tools sind, wie in dem Beitrag von Dengler herausgestellt wird, ein innovatives Mittel um integrationsfördernde Strategien in der EU umzusetzen und die Bevölkerung in der EU in den digitalen Binnenmarkt einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund gibt Kim C. Jericho in ihrem Beitrag einen Überblick über die Entwicklungspoteziale von Web 2.0-Tools und bewertet, wie diese im Bezug auf die strategische Ausrichtung der EU zukünftig zur Zielerreichung dienen können. Es werden konkrete Maßnahmen der EU hinsichtlich Stärken und Schwächen analysiert, welche zur Zielerreichung implementiert wurden. Ein Ausblick auf weitere Vorstöße der EU zur Verbesserung der IKT in Europa rundet diesen Beitrag ab. Als eines der einträglichsten Beispiele im Bereich der Web 2.0-Tools können ECommunities herangezogen werden. Jedoch nutzt die EU die Potenziale, die ECommunities mit sich bringen, nicht aus. Sabine Salwik stellt in ihrem Beitrag die Implikationen für die EU am Beispiel der weltweit erfolgreichsten E-Community Facebook dar, die sich aus einer intensiveren Nutzung dieses elektronischen Kommunikationskanals ergeben können. Insbesondere die Bedeutung des sozialen Kapitals für die EU wird in diesem Zusammenhang anhand von zwei FacebookNutzungsstudien betont, um so den möglichen resultierenden Nutzen im Hinblick auf die digitalen Strategien der EU zu identifizieren. Nach dem Aufkommen des Community-Gedankens im Web 2.0 folgten in jüngerer Vergangenheit Entwicklungen hinsichtlich des mobilen Web, des semantischen Web und der Verlagerung der digitalen Kommunikation in den Browser, welche unter dem Stichwort Web 3.0 gesammelt werden. Christoph Brüning analysiert in seinem Beitrag unter dem Blickwinkel von Sicherheit und Usability von Systemen exemplarisch das Tool Google Wave als Vorreiter dieser neuen Entwicklung. Obwohl es sich nicht um eine originäre Entwicklung aus dem europäischen Raum handelt, beinhaltet die Art und Weise, in der Google Wave die Kommunikation 14 Dem

interessierten Leser sei zur Vertiefung des Themas Web 2.0 die Lektüre von Kollmann/Häsel (2007) empfohlen.

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Tobias Kollmann und Ina Kayser

revolutioniert, erhebliches Potenzial für die EU im Hinblick auf die Nutzbarkeit und Sicherheit von IKT. In ihrer Summe liefern die Beiträge dieses Sammelwerks somit ein exemplarisches Bild der digitalen Entwicklungen in der EU und zeigen die damit verbundenen Implikationen für die EU aber auch für Behörden, Bürger und Unternehmen auf. Die Beiträge sind somit für Forschung und Praxis gleichermaßen bedeutsam, da sie neben wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Forschung praktische Handlungspotenziale beinhalten, die im Hinblick auf die weitere strategische Ausrichtung der EU Berücksichtigung finden sollten.

4 Verzeichnis der zitierten Literatur European Commission (o.J.), Before i2010: eEurope initiative, http://ec.europa.eu /information_society/eeurope/i2010/archive/eeurope/index_en.htm. European Commission (2009), Digital economy can lift Europe out of the crisis, http://europa.eu/rapid/pressReleaseAction.do?reference=IP/09/1221. European Commission (2010), A Digital Agenda for Europe, http://eur-lex.europa. eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0245:FIN:EN:PDF. International Telecommunication Union (2009), ICT and Telecommunication Indicators reports, http://www.itu.int/ITU-D/ict/publications/. International Telecommunication Union (2010), Measuring the Information Society, http://www.itu.int/ITU-D/ict/publications/idi/2010/Material/MIS_ 2010_Summary_E.pdf. Kollmann, Tobias (2011), E-Business. Grundlagen elektronischer Geschäftsprozesse in der Net Economy, 4. Aufl., Wiesbaden 2011. Kollmann, Tobias/Häsel, Matthias (Hrsg.) (2007), Web 2.0 - Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden 2007.

Strategische Wachstumsfaktoren der EU in der Net Economy Stefanie Skowronek

1 Einführung Seit den Anfängen im Jahre 1969 hat sich das Internet zu einer der wichtigsten Neuerungen unserer Zeit entwickelt. Das seither exponentielle Wachstum bezifferte 2008 zuletzt insgesamt 500 Millionen über das Internet miteinander verbundener Rechner.1 Als Eckpfeiler der modernen Informationsgesellschaft hat das Internet zur Veränderung vieler ökonomischer Rahmenbedingungen beigetragen und neue Chancen für alle beteiligten Akteure geschaffen.2 Auf wirtschaftlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene konnten hierdurch Vorteile generiert werden.3 Im Alltag ist die Bedeutung des Internets erkennbar, denn heutzutage wird das Internet allgegenwärtig für diverse Zwecke genutzt. Die Bandbreite erstreckt sich dabei von Online-Spielen über soziale Netzwerke bis hin zu Geschäftsabwicklungen. Diese Entwicklung tendiert zu einer immer enger werdenden Verbindung zwischen den Internettechnologien, der Ökonomie und der Gesellschaft.4 Rückblickend betrachtet sind in der Vergangenheit viele erfolgreiche innovative Internetunternehmen wie bspw. Google, Amazon, eBay und Facebook in diesem sehr dynamischen Wachstumsmarkt entstanden. Hierbei fällt auf, dass all diese Unternehmen in den vergangen Jahren außerhalb Europas entstanden sind. Bei näherer Betrachtung des europäischen Marktes gibt es einige Grundvoraussetzungen, die diesen Rückstand begründen. So stellt bspw. die nicht flächendeckende Verfügbarkeit breitbandiger Internetzugänge ein dringend zu lösendes Problem dar5 , denn die Entwicklung und Dynamik einer modernen europäischen 1 Vgl.

Peters (2010). ibid. 3 Vgl. O’Mahony/van Ark (2003). 4 Vgl. Zitterbart/Weinhardt (2006). 5 Vgl. Europäische Kommission (2006). 2 Vgl.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Wirtschaft ist auf neuen Technologien angewiesen.6 Die Notwendigkeit der Förderung dieses Bereiches ist unumgänglich und wurde auch von der Europäischen Kommission erkannt. Der Breitband-Internetzugang für alle Europäer sollte gesichert sein, damit die Verbraucher auf die von ihnen gewünschten Dienste und Inhalte zugreifen können. Neben dieser Breitband-Problematik wurden mit der Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts und der Förderung der virtuellen Umsetzung von Behördendienstleistungen zwei weitere Bereiche mit strategischer Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum der EU identifiziert. Im Zuge der Digital Agenda wird durch die Europäische Kommission zur Lösung dieser ausgewählten Probleme, die bislang die Internet-Ökonomie eingeschränkt haben, beigetragen. Durch Unterstützungsprogramme auf europäischer Ebene kann ein entscheidender Mehrwert für die wirtschaftliche Entwicklung der europäischen Volkswirtschaften und somit der gesamten Europäischen Union (EU) geleistet werden. Die Zielsetzung dieses Beitrages besteht darin aufzuzeigen, welche wirtschaftspolitischen Aktionsprogramme auf europäischer Ebene zu einer Optimierung der Rahmenbedingungen in der Net Economy beitragen, um somit die Potenziale des Internets in den kommenden Jahren besser nutzen zu können.

2 Die Net Economy als strategische Herausforderung Dienstleistungen und Produkte haben in der vergangenen Zeit einen Umbruch durch die Verlagerung von der physischen in die digitale Welt vollzogen.7 Neben einer Real Economy ist in der Vergangenheit auch eine Net Economy entstanden. Letztere bezeichnet den wirtschaftlich genutzten Bereich von elektronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netzwerkökonomie, welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder indirekte Abwicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozessen erlaubt.8 Damit die umfangreichen Inhalte, Dienste oder Produkte im World Wide Web jedermann offeriert werden können und somit die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse entstehen kann, muss als Basis die grundlegende Internetversor6 Vgl.

ibid. Europäische Kommission (2010). 8 Vgl. Kollmann (2011). 7 Vgl.

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gung der Bevölkerung sichergestellt sein. Daneben sind ein einheitlicher digialer Binnenmarkt in Europa und interoperable Behördendienste wichtige Voraussetzungen, denn erst hierdurch kann eine Vernetzung der Gesellschaft mit dem elektronischen Handel entstehen. Die Internetversorgung eines Landes führt im weiteren Sinne dazu, Wachstumspotenziale zu entfachen und steht somit für dessen Wirtschaftskraft. Denn eine leistungsfähige digitale Infrastruktur ist nicht nur ein wichtiger Faktor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung eines Landes, sondern ist auch für den globalen Wettbewerb der EU bedeutsam.9 Eine zentrale Funktion eines Staates aber auch eines Staatenbundes wie der EU besteht in der Sicherung einer angemessenen Infrastruktur. In den vergangenen Jahren hat sich neben Autobahnen, Stromleitungen und Wasserwegen auch die digitale Vernetzung als bedeutsamer infrastruktureller Bestandteil herausgestellt,10 wie folgendes Zitat deutlich macht: „Das Internet ist das Gewebe, auf dem unser Leben beruht. Wenn die Informationstechnologie für unsere Zeit das ist, was die Elektrizität im Industriezeitalter war, so lässt sich das Internet sowohl mit dem Stromnetz oder dem Elektromotor vergleichen, denn es besitze die Fähigkeit, die Kraft der Information über den gesamten Bereich menschlichter Tätigkeit zu verbreiten.“11 Die Bereitstellung eines interoperablen und grenzenlosen Internetumfeldes ist somit für die Zukunft unumgänglich. 2.1 Die Rolle wirtschaftspolitischer Maßnahmen In den USA sind die Vorbedingungen zur Etablierung der Net Economy deutlich besser als in Europa. In der Vergangenheit sorgte politische Einsicht in den USA dafür, dass die Entwicklungen in der Infrastruktur voran getrieben wurden sowie die Zugangspreise für Kommunikationsdienste niedrig waren. Dies wirkte sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung in den USA aus. Nach wie vor gibt es an dieser Stelle Optimierungsbedarf in der EU. Der ubiquitäre Zugang zum Internet ist eine zentrale Forderung, die in Verbindung mit geringen Kosten vorhanden sein sollte, damit auch auf europäischer Ebene die Zukunft der Internet-Ökonomie verbessert wird. Nur auf diesem Wege kann die Erschließung des wichtigen Internetmarktpotentials erfolgen.12 Weder Unternehmen noch Verbraucher können losgelöst voneinander zur augenblicklich vorherrschenden Situation und der grundlegenden Hemmnisse in Europa im Bereich der Net Economy beitragen. Hier 9 Vgl.

Wirtz (2008). Borchard/Müller (2006). 11 Castells (2005), S. 9. 12 Vgl. Zerdick et al. (1999). 10 Vgl.

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bedarf es wirtschaftspolitischer Unterstützung und Maßnahmen auf der Ebene der EU, um bislang anhaltende Defizite in der Internet-Ökonomie zu beseitigen. Eine Wirtschaftspolitik, die durch Aktionspläne bessere Rahmenbedingungen schafft, spielt hierfür eine wesentliche Rolle. 2.2 Volkswirtschaftliche Impulse durch Unternehmen in der Net Economy Damit die Mitgliedstaaten der EU fortdauernd im internationalen Wettbewerb bestehen können, ist die Notwendigkeit der Entwicklung neuer Produkte und fortschrittlicher Verfahren in besonderem Maße gegeben. Von etablierten Unternehmen und Unternehmensgründungen in der Net Economy geht dabei durch innovative Ideen großes Potenzial für Anstöße aus.13 Sie übernehmen eine Schlüsselrolle als wichtiger Träger des zukünftigen volkswirtschaftlichen Wachstums.14 Denn diese Unternehmen sind für die Entwicklung und Wohlfahrt einer Volkswirtschaft zur Steigerung der Leistungskraft von essentieller Bedeutung.15 Unternehmen haben eine zunehmende Bedeutung für das innovationsbasierte Wirtschaftswachstum eines Landes. In ihnen kann ein Instrument gesehen werden, mithilfe dessen Arbeitslosigkeit bekämpft werden kann,16 das den Wettbewerb durch die wachsende Zahl an neuen Unternehmen stimuliert sowie die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ausbaut.17 Mittels Unternehmensgründungen als Triebkraft wird eine Volkswirtschaft ständig erneuert, und es vollzieht sich in Bezug auf den Unternehmensbestand fortwährend ein Auslese- und Erneuerungsprozess.18 Gründungen können somit als Motor des wirtschaftlichen Strukturwandels gesehen werden. Durch innovative Gründungen wird das bestehende Angebot am Markt um neuartige Lösungen bereichert, modernisiert und bestehende Unternehmen werden herausgefordert. Es herrscht ein breiter Konsens darüber, dass dies zu einer Verbesserung der gesamten Volkswirtschaft führt.19 Existenzgründungen werden damit zum unverzichtbaren Element für die marktwirtschaftliche Ordnung und können demnach als „gesamtwirtschaftliche Impulsgeber“20 angesehen werden. 13 Vgl.

Fischer (1987). Brettel et al. (2000). 15 Vgl. Pleschak et al. (2002). 16 Für ausführliche Informationen zu Beschäftigungseffekten von Unternehmensgründungen in technologieorientierten und nicht-technologieorientierten Wirtschaftszweigen siehe Lessat (1999); Stedler/Peters (2002). 17 Vgl. Egeln (2000). 18 Vgl. Albach et al. (1986). 19 Vgl. Brettel et al. (2000); Egeln (2000). 20 Brettel et al. (2000), S. 9. 14 Vgl.

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3 Wirtschaftspolitische Bedeutung der Digital Agenda für Europa Das Programm Europa 2020 ist eine von der Europäischen Kommission entwickelte europäische Wirtschaftsstrategie für das kommende Jahrzehnt, die auf intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in der EU ausgerichtet ist. Eine der sieben Leitinitiativen der Strategie Europa 2020 ist die im Mai 2010 vorgestellte Digital Agenda, die aufgestellt wurde, um Europas Wirtschaft im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien für das nächste Jahrzehnt vorzubereiten.21 Um generelle Richtlinien und Prinzipien für die Kollaboration zwischen Mitgliedsstaaten zu definieren, wurde das European Interoperability Framework (EIF) geschaffen. Die zu Grunde liegende Motivation ist, Interoperabilität in Europa zu fördern und die Existenzgründungen in Europa zu unterstützen, indem administrative Barrieren durch E-Government reduziert werden. Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt auf Partnerschaften des öffentlichen und privaten Sektors, um die Gesamtziele für ein digitales Europa realisieren zu können.22 Die Digital Agenda treibt diese Ansätze des EIF voran. Die Kernanliegen der Digital Agenda sind die Beschleunigung des wirtschaftlichen Aufschwungs und die Schaffung einer Grundlage für eine nachhaltige digitale Zukunft durch den optimalen Einsatz von IKT. Die Europäische Kommission beabsichtigt mit dem Aktionsplan grundsätzlich das Ziel einer Ausbreitung des Internets sowie dessen Angebote zu fördern und somit den grenzüberschreitenden Handel über das Internet innerhalb Europas zu vereinfachen. Dies soll durch den Abbau der nationalen Barrieren des europäischen Binnenmarktes im Internet erfolgen. Dieser Abbau von Handelsbarrieren spielt eine bedeutende Rolle und ist notwendig für die von der EU beabsichtigte Generierung eines digitalen Binnenmarktes für digitale Inhalte und Dienste. Um das Potenzial der IKT vollumfänglich auszuschöpfen, sollen durch breit gefächerte Maßnahmen der EU im Rahmen der Digital Agenda gegenwärtig bestehende Hürden– wie etwa der fragmentierte Online-Markt oder das lückenhafte Glasfasernetzwerk– abgebaut bzw. beseitigt werden. Die Zielvorstellung der Digital Agenda ist es, auf der Grundlage eines Hochgeschwindigkeitsinternet und interoperablen Anwendungen nachhaltige wirtschaftliche und soziale Vorteile durch einen digitalen Binnenmarkt zu erzielen.23 Auch durch diese Agenda wird deutlich, dass insbesondere dem Internet ein hoher Stellenwert zukommt, indem es als unverzichtbarer Träger wirtschaftlicher und sozialer Aktivität gilt. 21 Vgl.

Europäische Union (2010). European Union (2009b). 23 Vgl. Europäische Kommission (2010). 22 Vgl.

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Durch diesen Aktionsplan strebt die Europäische Kommission nach einer Maximierung des wirtschaftlichen und sozialen Nutzens der IKT, insbesondere des Internets, und trägt dabei – wie im folgenden Abschnitt 4 aufgezeigt wird – zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Durchsetzung der Internet-Ökonomie bei.

4 Strategische Bedeutung der Digital Agenda für die Net Economy Damit auf europäischer Ebene der wirtschaftliche Aufschwung beschleunigt und eine Basis für eine nachhaltige digitale Zukunft geschaffen werden kann, gilt es gegenwärtige Hindernisse auf lange Sicht zu beseitigen, um einen positiven Nachfragezyklus in Ganz zu setzen.24 Die dafür geeigneten Rahmenbedingungen, insbesondere die der Net Economy, können hierbei von der EU geschaffen und unterstützt werden. Unternehmensgründungen und Unternehmen tragen dazu bei, die Net Economy fortwährend zu stärken und anzutreiben. Momentan sind die Voraussetzungen zur optimalen Durchsetzung von Unternehmen in der Net Economy aber noch nicht vollkommen gegeben. 4.1 Die Überwindung der Breitbandkluft in der EU Die EU umfasst derzeit einen Wirtschaftsraum von ca. 500 Mio. Einwohnern.25 Das Breitband-Internet hat im Laufe der Zeit immer mehr Einzug in den Alltag erhalten und ist ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft geworden.26 In den vergangenen Jahren sind die Nutzerzahlen des Internets kontinuierlich gestiegen.27 Während 2004 in der EU nur 15% aller Haushalte Zugang zum Internet mit Breitbandzugang hatten, nutzten dies 2009 bereits 56% der europäischen Haushalte.28 Die stetige Zunahme der privaten Nachfrage nach Breitbanddiensten in der EU vermittelt zunächst bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck „als befänden wir uns in der steilen, sich selbst tragenden Aufschwungphase des s-förmigen Diffusions-

24 Vgl.

Europäische Union (2010). EuroStat (2010). 26 Vgl. Wirtz (2008). 27 Siehe dazu den Beitrag von Kollmann/Kayser in diesem Sammelwerk. 28 Vgl. EuroStat (2009). 25 Vgl.

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prozesses, die keine staatliche Interventionen erfordere.“29 Betrachtet man jedoch die einzelnen Mitgliedsstaaten wird deutlich, dass keinesfalls eine gleichmäßige Verteilung der Nutzerzahlen existiert. Die Zahlen variieren hier in einer Spannbreite von 24% in Rumänien bis hin zu einer 87%-igen Versorgung der Haushalte mit breitbandigen Internetzugängen in Island.30 Anhand dieser Zahlen lässt sich die ungleich verteilte Chance des Zugangs zum Internet zwischen den Ländern erkennen. Aber auch innerhalb eines Landes sind Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen auszumachen. Resultierend aus den Chancenunterschieden des ungleichgewichtigen Zugangs zum Informationsmedium Internet ergeben sich unterschiedliche soziale und wirtschaftliche Entwicklungschancen eines Landes. Diese aufgezeigten Probleme werden mit dem Begriff digitale Kluft, im engeren Sinne als Breitbandkluft bezeichnet.31 Dieses aufgezeigte Ausmaß der Breitbandkluft gilt es zu überwinden. Zur Lösung des beschriebenen Problems hat die Politik auf europäischer Ebene Handlungsbedarf identifiziert und ist darum bemüht, diese Breitbandkluft zu schließen. Ziel der EU ist eine 100%-ige Breitbandversorgung der EU-Bürger bis 2013 zu erzielen und bis 2020 schnelle bzw. ultraschnelle Breitbanddienste bereitzustellen.32 Diese Vorhaben sollen im Rahmen der Digital Agenda umgesetzt werden deren wesentlicher Aspekt es u.a. ist, umfassende und flächendeckende Verbreitung von Breitbandzugängen herzustellen, sodass für alle Menschen die Internet-Welt nur einen Mausklick entfernt ist. Hierdurch wird eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung einer modernen Wirtschaft geschaffen.33 4.2 Die Schaffung eines pulsierenden digitalen Binnenmarktes Grenzüberschreitende Wirtschaftsbeziehungen führen zu einer internationalen Verflechtung der Volkswirtschaften und begünstigen dabei die Entstehung von globalen Märkten für Waren, Dienstleistungen und Kapital. Weltumspannende Informationsnetzwerke und neuartige Technologien für Kommunikations- und Informationsmedien wie etwa das Internet begünstigen diesen Entwicklungsprozess.34 „Das Internet ist grenzenlos, aber die Online-Märkte werden – weltweit wie auch in der 29 Kubicek/Welling

(2000), S. 497. Weitere Ausführungen zu Diffusionsprozessen bei Innovationen siehe Rogers (1995). 30 Vgl. EuroStat (2009). 31 Weitere Ausführungen zur digitalen Kluft siehe Arnhold (2003). 32 Vgl. Europäische Kommission (2010). 33 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft (2006). 34 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (o.J.).

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EU – noch immer durch zahlreiche Schranken getrennt, die nicht nur den Zugang zu europaweiten Telekommunikationsdienste behindern, sondern auch zu Internetdiensten und –inhalten, die ja eigentlich global sein sollten.“35 Derzeit existieren auf europäischer Ebene nach wie vor einige, nicht allen Europäern offenstehende, nationale Online-Märkte die verhindern, dass kommerzielle und kulturelle Inhalte und Dienste im Internet über Landesgrenzen hinweg ausgetauscht werden können. Der grenzübergreifende Handel von Unternehmen und die Entwicklung der europäischen Online-Wirtschaft sind somit stark eingeschränkt. Die Ursache hierfür liegt in (1) dem fragmentierten Vertragsrecht und den resultierenden bestehenden rechtlichen Schranken, (2) der Abwicklung von elektronischen Zahlungen als auch (3) der Rechnungsstellung, (4) einer optimalen Streitbeilegung sowie (5) dem niedrigen Vertrauen der Verbraucher in das Internet begründet.36 92% der Konsumenten, die ihre Waren oder Dienstleistungen über das Internet beziehen, führen dies bei inländischen Anbietern durch. Momentan erfolgt nicht einmal jede zehnte elektronische E-Commerce-Transaktion grenzüberschreitend. Zudem empfinden europäische Nachfrager Online-Transaktionen zu US-amerikanischen Anbietern als einfacher. Ganz im Gegensatz dazu stehen Abwicklungen mit einem Verkäufer in einem anderen Land innerhalb Europas. Dies liegt nicht zuletzt an der Erschwernis elektronische Zahlungen auszuführen, obgleich Europa eine gemeinsame Währung vorweisen kann.37 Bestehende Hindernisse sollten zur Öffnung der Märkte für digitale Dienstleistungen und Produkte abgebaut werden, damit ein EU-weit offener Digitaler Binnenmarkt entstehen kann, der die Vorteile des digitalen Zeitalters hervorhebt. Eine wichtige erste Voraussetzung zur Herbeiführung eines positiven Nachfragezyklus ist der freie Verkehr attraktiver Online-Inhalte und –Dienste innerhalb der EU.38 Im audiovisuellen Sektor, insbesondere im Online-Musikgeschäft, könnte durch die Vereinfachung der Klärung, Verwaltung und Lizenzierung von Urheberrechten das Musik-Download-Geschäft stimuliert werden und den fragmentierten Markt aufheben.39 Während der Verbraucher derzeit in jedem Land CDs kaufen kann, ist es aufgrund von Lizenzerteilung häufig aber nicht möglich, Musik von OnlinePlattformen anderer EU-Länder zu beziehen.40 Die Öffnung des Zugangs zu Online-Inhalten sollte für den Verbraucher erreichen, dass diese Inhalte genauso leicht 35 Vgl.

Europäische Kommission (2010). Europäische Union (2010). 37 Vgl. Europäische Kommission (2010). 38 Vgl. ibid. 39 Siehe dazu den Beitrag von Beer in diesem Sammelwerk. 40 Vgl. ibid. 36 Vgl.

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zugänglich sind, wie in der Offline-Welt.41 Dies würde auf Verbraucherseite zu einem größeren Angebot führen und auf Anbieterseite bei Vereinfachung von grenzüberschreitenden Online-Transaktionen zu einem höheren Umsatz. Damit die Generierung eines pulsierenden digitalen Binnenmarktes erfolgen kann, müssen die Gründe für den Verzicht auf den Online-Einkauf beseitigt werden. In den EUMitgliedsstaaten soll durch die Digital Agenda die Förderung des elektronischen Handels gestärkt werden. 2009 nutzten nur 37% der 16- bis 74-jährigen Personen in den letzten 12 Monaten das Internet für Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für private Zwecke.42 Bis 2015 sollen durch Aktionsprogramme 50% der Bevölkerung ihre Einkäufe online tätigen. Neben der Förderung des elektronischen Handels soll ebenfalls der grenzübergreifende Handel gestärkt werden, sodass die derzeit bestehende niedrige Prozentzahl von 8% bis 2015 auf 33% der grenzübergreifenden Online-Einkäufe in der Bevölkerung steigen soll.43 Auch auf Seiten der Unternehmen soll der elektronische Geschäftsverkehr gesteigert werden. 2008 tätigten Unternehmen nur zu 24% ihre elektronischen Einkäufe und zu 12% ihre elektronischen Verkäufe. Dieser Anteil soll bis 2015 auf 33% sowohl bei Online-Käufen als auch Verkäufen gesteigert werden.44 4.3 E-Government für Unternehmen in der EU Der Begriff E-Government beschreibt die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, d.h. die Unterstützung und Abwicklung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung durch Informationstechnologien.45 Aktivitäten des E-Governments46 sind ein wichtiger Teil der allgemeinen E-Business-Ansätze, die von europäischen Unternehmen genutzt werden, um Kosten- sowie Zeiteinsparungspotenziale zu nutzen und innovative Produkte auf den Markt zu bringen.47 50% der Behördendienstleistungen sind vollständig online verfügbar. Bislang nahmen die europaweiten Serviceleistungen des E-Governments insgesamt etwa 70% der Unternehmen im Jahr 2009 in Anspruch.48 Diese E-Government-Aktivitäten verbessern nicht nur administrative Prozesse und vereinfachen die Kommunikation zwischen Bürgern und Regierungsorganisationen (citizen-to-government), Regie41 Vgl.

ibid. ibid. 43 Vgl. ibid. 44 Vgl. ibid. 45 Vgl. Kollmann/Kayser (2010). 46 Siehe dazu den Beitrag von Hüwe in diesem Sammelwerk. 47 Vgl. Kollmann et al. (2009). 48 Vgl. Europäische Kommission (2010); European Union (2009b). 42 Vgl.

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rungsorganisationen untereinander (government-to-government) sowie Unternehmen und Regierungsorganisationen (business-to-government), sondern schaffen auch neue Chancen für innovative Start-Ups im Bereich des E-Governments.49 Eines der ersten Gründungsunternehmen, welches diesem Trend gefolgt ist, war die E-Government-Plattform GovWorks zu Beginn dieses Jahrhunderts. Trotz ihres Misserfolgs in Folge des Platzens der Dotcom-Blase bleibt E-Government weiterhin ein innovativer Bereich für die Unternehmensgründung. Die EU betonte zuletzt den Bedarf nach einer reiferen und tiefergreifenderen Beziehung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zur Weiterentwicklung des EGovernments in Europa.50 Daher strebt die EU neben anderen Maßnahmen die Reduktion von Barrieren für die Existenzgründung an.51 Dies geht aus zwei Perspektiven der EU hervor. Zum einen bemüht sich die EU, ihre Dienstleistungsmodelle durch Integration und Engagement von Privatunternehmen aus dem Bereich des E-Governments zu verbessern. Zum anderen versucht die EU, Gründungsaktivitäten, vor allem im Hinblick auf kleine und mittelgroße Unternehmungen, zu unterstützen, da die administrative Belastung potenzieller Gründer durch E-Government erheblich gesenkt werden kann.52 Mit der Einführung elektronischer Behördendienste soll die Straffung von Verwaltungsabläufen für Unternehmen erleichtert und vereinfacht werden. Mit der Einführung des Small Business Act (SBA) im Jahr 2008 warb die EU für Maßnahmen, die die auf eine Unternehmensgründung verwendete Zeit reduzieren sollen. Allerdings haben einige Mitgliedsländer wie etwa Großbritannien, trotz der Bemühungen der EU, die nötigen Richtlinien und Statuten auf den Weg zu bringen, den SBA bis heute nicht umgesetzt.53

5 Fazit und Ausblick Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die aufgezeigten strategischen Ansätze wie die Überwindung der Breitbandkluft, die Schaffung eines pulsierenden digitalen Binnenmarktes sowie E-Government die Rahmenbedingungen in der Net Economy für ein optimales und nachhaltiges Wirtschaften innerhalb der EU verbessern würden. Unterbleibt mittel- bis langfristig der weitere Aufbau dieser strategischen Ansätze, steigt die Gefahr des Wegfalls möglicher Markteintritte als auch 49 Vgl.

Kayser (2011). European Union (2009a). 51 Vgl. European Union (2009a). 52 Vgl. Kayser (2011). 53 Vgl. EurActiv (2010). 50 Vgl.

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Marktaustritte von Unternehmen. Schlussendlich würde sich dies negativ auf die volkswirtschaftlichen Impulse auswirken. Es bleibt abzuwarten, ob sich die angestrebten Maßnahmen der EU in den kommenden Jahren umsetzen lassen.

Abb. 1: Zusammenspiel der strategischen Maßnahmen der EU Zusammenfassend visualisiert Abbildung 1 das Zusammenspiel der strategischen Maßnahmen der EU im Hinblick auf die Digital Agenda. Das Internet bildet dabei das Fundament und ist die Grundlage für die Dynamik der Internetökonomie in der EU, welche wiederum Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung der EU als solche hat.

6 Verzeichnis der zitierten Literatur Albach, H./Hunsediek, D./Kokalj, L.(1986), Finanzierung mit Risikokapital, ifmSchriften zur Mittelstandsforschung Neue Folge (N. F.), Nr. 15, Stuttgart 1986. Arnhold, K. (2003), Digitale Divide: Zugangs- oder Wissenskluft?, München 2003. Borchard, K./Müller, R. (2006), Die Breitband-Kluft zwischen Stadt und Land. Vol. P-78, S. 37-40.

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Schaffung eines EU-Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte Katrin Beer

1 Einleitung Musik begleitet das Leben vieler Menschen fast tagtäglich. „Die Entstehung und Entwicklung neuer Technologien der Speicherung und des Transports von Information haben das Musikleben ab Mitte der 1990er Jahre paradigmatisch verändert.“1 Die Musik-Kassette wurde von der CD abgelöst, für kurze Zeit hielt die Mini-Disk Einzug in das Leben vieler, bis sie von dem durch das FrauenhoferInstitut entwickelten MP3-Standard abgelöst worden ist. Immer mehr Musiktitel werden bei Online-Musikanbietern erworben, große Teile des Musikmarktes verlagern sich somit auf das Internet und bieten sowohl Nutzern als auch Produzenten und Betreibern der Online-Shops ungeahnte Möglichkeiten. Bedingt durch diese Veränderung werden die Beteiligten neben den Potenzialen jedoch auch mit einer Reihe von Problemen und Schwierigkeiten konfrontiert, die es zu lösen gilt, um den aufstrebenden Markt nicht zu gefährden. Die Bedeutsamkeit dieses Themas wird einmal mehr dadurch unterstrichen, dass die EU sich in ihrer im vergangenen Jahr 2010 ausgelaufenen i2010-Strategie diesem Problemfeld zugewandt hat. Die an diese Strategie anknüpfende Digital Agenda legt ebenfalls in einem von sieben Aktionsbereichen ihr Augenmerk auf dieses Thema. Aufgrund der Aktualität der Problematik beschäftigt sich dieser Beitrag mit einem Teilaspekt der Strategie, nämlich der Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte, und konzentriert sich dabei ausschließlich auf den Bereich Musik. Zwar gibt es zu anderen Online-Inhalten, wie z.B. Spielen, Filmen, selbst erstellten Nutzerinhalten etc., zahlreiche Analogien, um eine detaillierte Auseinandersetzung zu gewährleisten fokussiert dieser Beitrag jedoch ausschließlich den Musik-Bereich. Nach einer einleitenden Erläuterung der beiden EU-Strategien und Einordnung der Schaffung des Binnenmarktes in den Rahmen dieser Initiativen werden vier Probleme, 1 Huber

(2008), S. 163.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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die die Entstehung des Binnenmarktes beeinträchtigen, besonders hervorgehoben. Der aktuelle Stand des Vorhabens und die von der EU vorgeschlagenen Lösungswege werden aufgezeigt und kritisch hinterfragt, indem die Realisierbarkeit der Vorschläge anhand vergangener und aktueller Trends des Musikmarktes überprüft und anhand amtlicher Statistiken verdeutlicht wird. 1.1 Digitale Strategien in der EU Zur Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas im internationalen Konkurrenzkampf im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) entwickelt die Europäische Kommission seit mehreren Jahren Strategien, mit deren Hilfe die angestrebten Ziele erreicht werden sollen. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die zu Beginn des Jahres 2010 beendete i2010Strategie sowie die im selben Jahr beginnende Digital Agenda gegeben, bevor die Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte im Rahmen der Strategien konkretisiert und erläutert wird. 1.1.1 i2010– Eine europäische Informationsgesellschaft „Um auch in Zukunft das Wirtschaftswachstum zu gewährleisten, braucht die EU eine umfassende und ganzheitliche Strategie, mit der das Wachstum des IKTSektors und die Verbreitung von IKT [...] in allen Bereichen der Wirtschaft angeregt wird“2 , so heißt es in einem Bericht zur Lissabon-Strategie3 . Die ersten Programme, die aufgrund der Beschlüsse in Lissabon umgesetzt wurden, zielten auf die Erhöhung der Zahl der genutzten Internetanschlüsse in Europa sowie auf die Verbesserung der damit verbundenen Serviceleistungen ab. Während 2004 nach Angaben des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaften 41% der Privathaushalte in der EU mit mindestens einem Mitglied im Alter zwischen 16 und 74 Jahren über einen Internetanschluss verfügten, waren es 2008 schon 60%.4 Die Zahlen belegen, dass die geplanten Maßnahmen Wirkung zeigten. Aufgrund der verstärkten Nutzung der IKT entwickelt die Gesellschaft sich zur sogenannten Informationsgesellschaft und erfährt dadurch einen deutlichen Wandel. Die beobachtbaren Veränderungen erfordern jedoch Maßnahmen zur Gewährleistung der 2 Europäische

Kommission (2004). Lissabon-Strategie ist ein von den europäischen Staats- und Regierungschefs im März 2000 entworfener Maßnahmenkatalog, durch welchen die EU im Laufe des folgenden Jahrzehnts zum weltweit wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum geführt werden soll. 4 Vgl. Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften (o.J.). 3 Die

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Stabilität und des positiven Verlaufs des Entwicklungsprozesses, um die mit dem Wandel verbundenen Herausforderungen zu meistern. Als eine konkrete Maßnahme wurde 2005 die i2010-Strategie von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Wachstum der Medien- und Kommunikationsbranche und steigende Beschäftigungszahlen in diesem Bereich sollten erzielt werden, indem ein offener und wettbewerbsfähiger Binnenmarkt innerhalb der EU für die Dienste der Informationsgesellschaft geschaffen wird. Außerdem sollten die Investitionen im Bereich der IKT um 80% erhöht und die Entwicklung der Informationsgesellschaft dahingehend gefördert werden, dass die existierende Lücke zwischen Internetnutzern und Nichtnutzern geschlossen wird.5 Diese Maßnahmen sollten die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Politik schaffen, damit die ökonomischen Potenziale des Sektors in gemeinschaftlicher Arbeit vollständig genutzt werden können. 1.1.2 Die Digital Agenda Im Rückblick auf die i2010-Strategie wird deutlich, dass viele der geplanten Ziele in dem durch die Europäische Kommission vorgegebenen Zeitrahmen nicht realisiert werden konnten. Um ihre Vorhaben dennoch voranzutreiben, knüpft die EUKommission mit der Digital Agenda an die bereits ausgelaufene i2010-Strategie an. Im Rahmen der Strategie Europa 20206 ist die Digital Agenda eine von sieben Leitinitiativen, die Europas Wirtschaftswachstum stärken und die „Vorteile des Digitalzeitalters“7 herausstellen soll. Wie schon im Rahmen der i2010-Strategie ist einer der vorrangigen Aktionsbereiche der seit 2010 laufenden Agenda die Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Onlineinhalte,8 welcher im weiteren Verlauf besonders in den Vordergrund der Betrachtung gestellt wird. 1.2 Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte Der Bereich der IKT erreicht nicht nur durch die Durchdringung aller Lebensbereiche der Menschen einen hohen Stellenwert, sondern ebenfalls durch seine wirtschaftliche Bedeutung für die Arbeitswelt. Nach Angaben der Europäischen Kommission ist Europa eine „weltweit führende Kraft im Bereich der Informations5 Vgl.

Reding (2005). 2020 ist eine Strategie, die die Europäische Kommission ins Leben gerufen hat, um Europa aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gestärkt hervorgehen zu lassen. 7 Europäische Kommission (2010), o.P. 8 Vgl. ibid. 6 Europa

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und Kommunikationstechnologien“9 ; die IKT wirken gleichzeitig als Wachstumsbeschleuniger für viele andere Branchen.10 Im internationalen Vergleich ist die Branche in der EU jedoch noch nicht bedeutungsvoll genug, um im globalen Wettbewerb Stand halten zu können. Im Tätigkeitsfeld der EU „Audiovisuelle Politik und Medienpolitik“11 ist die EU aufgrund mangelnder Wettbewerbsfähigkeit unter anderem um die Förderung der Verbreitung von Online-Inhalten bemüht. In der fortschreitenden „digitalen Entmaterialisierung von geschützten Inhalten“12 sieht sie große Chancen auf dem Gebiet der IKT wettbewerbsfähig zu werden, Innovationen zu schaffen und Beschäftigungszahlen der Branche zu erhöhen. Die diesbezüglichen Maßnahmen zielen darauf ab, einen Binnenmarkt für kreative Online-Inhalte zu schaffen, denn „den Völkern Europas wurde eine Union versprochen, ein Raum ohne Grenzen: doch im Internet gibt es diesen noch nicht.“13 Kreative Online-Inhalte umfassen „Inhalte und Dienste wie audiovisuelle Online-Medien (Film, Fernsehen, Musik und Hörfunk), Online-Spiele, OnlinePublikationen, Bildungsinhalte und von Nutzern selbst erzeugte Inhalte.“14 Durch den EU-Binnenmarkt für kreative Online-Inhalte soll sichergestellt werden, dass die Inhalte verbraucherfreundlich jedem zugänglich gemacht werden, bei gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Urheber und deren angemessener Vergütung. Sowohl kommerzielle Online-Musikanbieter, als auch die Musikindustrie können neue Märkte erschließen und Neukunden gewinnen; Verbrauchern hingegen soll der europaweite, problemlose Zugriff auf Online-Inhalte ermöglicht werden. Um diese Vorteile für alle Nutzergruppen erschließen zu können und die geplanten Maßnahmen zu konkretisieren, richtete die Europäische Kommission 2006 die Online Content Platform15 zum Thema Online-Inhalte im Binnenmarkt ein. Aus den Ergebnissen der im Rahmen der Online Content Platform laufenden öffentlichen Konsultation ermittelte die Europäische Kommission vier bereichsübergreifende Problemfelder, die die Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte behindern. Nach eigenen Angaben der EU-Kommission gelang es trotz deutlicher Fortschritte bis zum August 2009 jedoch nicht, den Online-Binnenmarkt in gewünschter Form zu schaffen.16 Die Übernahme der Ziele aus der i2010-Strategie in die Digital Agenda offenbart ebenso den fehlenden Erfolg bei der Umsetzung 9 Europäische

Kommission (2009b). Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2009). 11 Vgl. Europäische Kommission (o.J.). 12 Europäische Kommission (2009a). 13 Kroes (2008). 14 Europäische Kommission (2008d). 15 Die Online Content Platform ist ein Diskussionsforum, an dem neben 77 Experten auch betroffene Nutzergruppen beteiligt waren. 16 Vgl. Europäische Kommission (2009d). 10 Vgl.

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der Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte. Im Oktober 2009 hat die Europäische Kommission ein Diskussionspapier vorgelegt und gleichzeitig eine zweite öffentliche Konsultation eingeleitet, deren Ende im Januar 2010 war. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen die Entwicklung des Binnenmarktes endgültig vorantreiben, damit sich die, von Viviane Reding17 geäußerten Befürchtungen nicht bewahrheiten: „If we do not, very quickly, make it easier and more consumer-friendly to access digital content, we could lose a whole generation as supporters of artistic creation and legal use of digital services.“18

2 Probleme und Lösungsansätze bei der Umsetzung eines EU-Binnenmarktes Die Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte zeigt neben Potenzialen verschiedenartige Schwierigkeiten auf, die es bei der Umsetzung zu berücksichtigen und zu lösen gilt. Die von der Europäischen Kommission herausgestellten Probleme und Lösungsansätze werden nachfolgend aufgezeigt und anhand aktueller Entwicklungen auf dem Musikmarkt kritisch hinterfragt. 2.1 Gebietsübergreifende Lizenzen für kreative Online-Inhalte Die zunehmende Verbreitung von Breitbandanschlüssen und das Aufkommen neuer Geräte zur Nutzung digitaler Inhalte stellen die Verbraucher, Rechteinhaber und kommerzielle Anbieter der Musikindustrie vor neue Herausforderungen im Umgang mit digitaler Musik.19 Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, hat die EU im Zuge der Schaffung des Binnenmarktes vier zentrale Problemaspekte herausgearbeitet und teilweise erste Lösungsansätze vorgelegt. Eines der vier Probleme sieht die EU-Kommission bei der europaweiten Bereitstellung von Musik im Fehlen gebietsübergreifender Lizenzen. Eingeräumte Nutzungsrechte obliegen den Bestimmungen der nationalen Rechtsordnung des jeweiligen Staates und sind ausschließlich auf ein begrenztes Territorium bezogen. Auf Basis von Verträgen mit Künstlern vertritt und verwaltet eine Verwertungsgesellschaft die Rechte der Urheber. Die bekannteste Verwertungsgesellschaft in Deutschland ist die GEMA 17 Vivane

Reding ist die für die Informationsgesellschaft und Medien zuständige EU-Kommissarin. (2009). 19 Vgl. Europäische Kommission (2009c). 18 Reding

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(Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Wird von urheberrechtlich geschützten Werken eine Kopie erstellt, verlangt die GEMA von den Nutzern eine gesetzlich vorgeschriebene Gebühr und sorgt damit für eine angemessene Vergütung der Urheber. Vor diesem rechtlichen Hintergrund müssen Musikportal-Betreiber beim Anbieten urheberrechtlich geschützter Songs aus anderen europäischen Staaten von der dort ansässigen Verwertungsgesellschaft eine Lizenz zur Nutzung im Verwendungsland erwerben.20 Im digitalen Zeitalter fordern die Bürger jedoch eine grenzenlose Verfügbarkeit kreativer Online-Inhalte ohne jegliche Zugriffsbeschränkung.21 Um diese grenzüberschreitend zu ermöglichen, hat die EU-Kommission bereits im Oktober 2005 eine Empfehlung für die Musikindustrie ausgesprochen, die eine gebietsübergreifende Lizenzierung durch ein spezielles System ermöglichen soll. Eine multiterritoriale Lizenzierung soll die Rechtssicherheit der gewerblichen Nutzer fördern und den Urhebern die Möglichkeit eröffnen, wahlweise einen Teil oder den ganzen Umfang ihrer Rechte auf Verwertungsgesellschaften zu übertragen, ohne Beachtung der Staatsangehörigkeit der Verwertungsgesellschaft.22 Einen weiteren Schritt in Richtung gebietsübergreifender Lizenzen hat die Europäische Kommission im Juni 2007 erreicht, als sie die bilateralen Musterverträge der CISAC23 auf Wettbewerbswidrigkeit prüfen ließ. Die beanstandeten Verträge enthielten sowohl Mitgliedschaftsbeschränkungen als auch Ausschließlichkeitsklauseln, nach denen die Rechtevertretung auf das Gebiet der Verwertungsgesellschaft beschränkt war. Aufgrund der Prüfung verpflichteten sich die CISAC sowie 18 Verwertungsgesellschaften auf die umstrittenen Klauseln zu verzichten.24 Da die von der EUKommission ausgesprochenen Empfehlungen nicht ausreichend zu sein schienen, wurde im Oktober 2009 eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet, sowie Rundtischgespräche geführt, in denen Online-Musikanbieter, Musikverlage und Verwertungsgesellschaften zusammen mit der EU versuchten, ein praktikables EULizenzierungssystem zu schaffen, das das Repertoire mehrerer internationaler Verwertungsgesellschaften beinhaltet.25 Betrachtet man die Zunahme der Musikdownloads im Internet in Deutschland, zeigen Studien, dass der Gesamtabsatz digitaler Musik von 7,9 Mio. Stück in

20 Vgl.

Conley (2008); Europäische Kommission (2005a). Europäische Kommission (2005b). 22 Vgl. Europäische Kommission (2005a). 23 CISAC (Confédération Internationale des Sociétés d’Auteurs et Compositeurs) ist der Dachverband der Verwertungsgesellschaften. 24 Vgl. o.V. (2007). 25 Vgl. Europäische Kommission (2005c). 21 Vgl.

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2004 auf 54,0 Mio. Stück in 2008 angestiegen ist.26 Das starke Wachstum belegt, dass das Online-Musikgeschäft Potenziale aufweist, die durch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle aufgrund gebietsübergreifender Lizenzen zusätzlich ausgeschöpft werden könnten und sollten. Die volle Wirtschaftskraft dieses Sektors kann allerdings nicht ausgenutzt werden, wenn Musikportal-Betreiber die benötigten Lizenzen in jedem EU-Land einzeln erwerben müssen, um die Angebote aktiv anbieten zu können.27 Diese Art von Lizenzerwerb ist nicht nur kostenintensiv, sondern auch zeitaufwendig und ineffizient. Dem Vorhaben der EU-Kommission, ein gebietsübergreifendes Lizenzierungssystem zu schaffen, mangelt es an einer konkreten Ausgestaltung und Umsetzungsplanung. Einige auftretende Schwierigkeiten scheinen gleichwohl bei den Überlegungen außer Acht gelassen worden zu sein. Die verschiedenen Rechtsgrundlagen der einzelnen Staaten im Urheberrecht, die bei einem gebietsübergreifenden System angeglichen werden müssten, verleihen der Problematik zusätzliche Komplexität. Eine im Jahr 2001 erlassene Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts28 sollte eine Vereinheitlichung der Lizenzierung in den EU-Staaten schaffen. In der Umsetzung lässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten jedoch derart große Gestaltungsfreiheit, dass der Grad der Harmonisierung zu gering ausfällt, um im erwünschten Maß zielführend zu sein. Die in 2005 veröffentlichte Empfehlung der Kommission für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden,29 scheint darüber hinaus kein ausreichender Anreiz zur Umstellung des Lizenzierungssystems gewesen zu sein. Andernfalls wäre ein erneutes Aufgreifen der Problematik gebietsübergreifender Lizenzen in einem im Oktober 2009 veröffentlichten Konsultationspapier nicht notwendig gewesen. Bei einem gebietsübergreifenden Lizenzierungssystem ist ebenfalls zu bedenken, dass es unter anderem wesentlich davon abhängt, unter welchen Bedingungen die Urheber bereit sind, gebietsübergreifende Lizenzen anzubieten. Bei der Einrichtung eines gebietsübergreifenden Lizenzierungssystems, welches die Vergabe der Nutzungsrechte womöglich zentral steuert, besteht die Gefahr der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. In Art. 102 AEUV wird die „mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen“30 26 Vgl.

Bundesverband Musikindustrie e.V. (2008). Schmittmann/Kempermann (2008). 28 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechtes und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. 29 Europäische Kommission (2005a). 30 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) v. 09.05.2008, Amtsblatt 115/49, S. 43. 27 Vgl.

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jedoch untersagt. Unangemessene Lizenzgebühren und Vertragsabschlüsse, die den Wettbewerb behindern, könnten eine mögliche Folge eines Lizenzierungssystems solcherart sein. Kritiker des Vorhabens befürchten zudem, dass „das Ziel der Kommission, möglichst vielen Verwertungsgesellschaften europaweite Lizenzierungsrechte des verfügbaren europäischen Gesamtrepertoires zu ermöglichen, zu einem undurchschaubaren und administrativ kaum zu bewältigenden Rechtechaos führt.“31 Aus diesem Grund müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen gebietsübergreifender Lizenzen sorgfältig überprüft und definiert werden. 2.2 Systeme zur Verwaltung digitaler Rechte Digital Rights Management-Systeme oder kurz DRM-Systeme „zielen darauf ab, Nutzungsregeln an digitalen Gütern effektiv durchzusetzen und sie gegen unrechtmäßige bzw. unzulässige Nutzungen zu schützen.“32 Ein DRM-System umfasst nicht nur einen Kopierschutz, sondern erlaubt den Urhebern die Nutzung ihrer Werke einzuschränken und auch nach Veröffentlichung zu kontrollieren. Zu diesem Zweck legt die DRM-Technologie fest, wer die Inhalte in welchem Umfang und mit welchem Gerät nutzen kann. DRM-Systeme werden im Kampf gegen Online-Piraterie eingesetzt, indem sie durch integrierte Nutzungsbeschränkungen das illegale Kopieren von Stücken verhindern bzw. eingrenzen sollen. Die EU-Kommission begrüßt die Aufrechterhaltung der DRM-Systeme und sieht diese Technologie als „Schlüsselvoraussetzung für die Digitalisierung der Inhaltsbranche und die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle.“33 Nach Auffassung der EU führen fehlende Interoperabilität der verschiedenen Systeme sowie mangelnde Transparenz der Beschränkung der Nutzungsrechte zur Ablehnung der Technologien in der Bevölkerung. Verbraucher sehen sich zahlreichen unterschiedlichen Geschäftsmodellen, gesetzlichen Regelungen und abweichenden Vertragsbedingungen in den 27 EU-Staaten gegenüber, die Unzufriedenheit und Verwirrung bei den Nutzern stiften.34 Das Ziel der EU-Kommission ist daher, einen Rahmen bezüglich der Nutzungsbeschränkungen zu schaffen, in dem für den Verbraucher sichergestellt wird, ausreichende Informationen zu erhalten sowie die Transparenz der jeweiligen Systeme bezogen auf deren Interoperabilität herbeizuführen. Für die Verbraucher würde die Umsetzung der Interoperabilität bedeuten, dass sie nicht mehr auf unterschiedliche Geräte zur Nutzung verschiedener Anbieter digita31 o.V.

(2008a).

32 Buhse/Günnewig

(2005), S. 225. Kommission (2009b), S. 7. 34 Vgl. Europäische Kommission (2005b). 33 Europäische

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ler Musik angewiesen sind, während die Musiker und Betreiber der Musikportale unabhängig von Distributionskanälen werden.35 Viele Produzenten kreativer Inhalte fürchten Piraterie und wünschen sich daher die Ausgestaltung eines DRM-Systems, in dem die Rechte und Nutzungsbedingungen klar definiert sind. Nutzer hingegen sehen derartige Systeme als eine starke Einschränkung des Zugriffs auf geistige Güter.36 Der enthaltene Kopierschutz ist teilweise so aggressiv, dass bspw. eine, mit legal im Internet erworbenen Titeln erstellte CD, in einigen CD-Playern nicht abgespielt werden kann und damit für den Benutzer einen deutlich geringeren Wert als eine vergleichbare Audio-CD aufweist. Selbst wenn die Titel problemlos abgespielt werden können, wird der gekaufte, immaterielle Gegenstand durch die auf eine bestimmte Anzahl begrenzte Nutzung entwertet. Immaterielle Güter wie Musikfiles sollten eine unendliche Lebensdauer aufweisen, bieten dies bei einem Einsatz der DRM-Technologie allerdings oft nicht. Kritiker bezeichnen DRM-Systeme daher oftmals auch als „Digital Restrictions Management“.37 Betrachtet man verschiedene Trends auf dem Musikmarkt, wird deutlich, dass die von der EU gewünschte Interoperabilität der Systeme in der Realität mit erheblichen Umsetzungsschwierigkeiten verbunden ist und in erster Linie von der Bereitschaft der Beteiligten abhängt. Apple startete 2003 mit der Einführung des Apple iTunes Music Stores ein äußerst erfolgreiches Geschäftsmodell und ist bis heute Marktführer auf dem Gebiet.38 Der iTunes Store ist eine Internet-Handelsplattform, die neben Musikdateien auch Spiele, Serien und Spielfilme bspw. für den iPod, einen tragbaren digitalen Mediaplayer, vertreibt. Die angebotenen Musikdateien sind mit einem DRM-System ausgestattet, das erlaubt, die Titel bis zu fünf Mal auf verschiedenen Rechnern zu speichern und dort abzuspielen. Brennen darf man eine, mit den Daten zusammengestellte Playlist bis zu sieben Mal auf eine Audio-CD, kann sie jedoch beliebig oft auf den iPod spielen. Die Nutzung der Dateien ist nur mit einer von Apple herausgegebenen Software (iTunes) möglich.39 Apple zeigt, dass die Bereitschaft, die existierenden DRM-Systeme kompatibel zu gestalten, im Grunde nicht vorhanden ist. Der im April 2004 gestellte Antrag von Real Networks an Apple, ihren Kunden die Möglichkeit einzuräumen, aus dem Real Networks Music Store heruntergeladene Real-Dateien auf dem iPod abspielen zu können, wurde von Steve 35 Vgl.

Europäische Kommission (2005a). Picot (2004); Van Tassel (2006). 37 Becker et al. (2004), S. 192; Center for Intellectual Property in the Digital Environment Association (2005), S. 4. 38 Vgl. IFPI (2008). 39 Vgl. iTunes (2009). 36 Vgl.

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Jobs40 klar abgelehnt.41 Auch auf die vom US-Konzern Rio Audio vorgeschlagene Kooperation war Apple nicht bereit einzugehen,42 da Apple als Marktführer nicht auf eine Kooperation angewiesen sei. Im Mai 2007 verabschiedet sich Apple teilweise von der digitalen Rechteverwaltung und führt iTunes Plus ein, DRMfreie Songs, die zu einem Preisaufschlag von 0,30 Euro im Vergleich zu Songs mit DRM erworben werden können. Zu einem Preis von ebenfalls 0,30 Euro können Titel mit Kopierschutz in DRM-freie Songs umgewandelt werden. Der Marktführer Apple verzichtet auf die digitale Rechteverwaltung und räumt somit seinen Kunden die freie Wahl des MP3-Players ein. Dies ist ein „bedeutender Meilenstein der digitalen Musikgeschichte“,43 der die Funktionalität und Aktualität von DRM-Systemen eindeutig in Frage stellt. Die freie Wahl des Abspielgerätes eröffnet den Nutzern einen zusätzlichen Freiheitsgrad, der allerdings keine rechtliche Änderung mit sich bringt. Nach § 53 I UrhG sind nach wie vor „einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen“ erlaubt.44 Der Musikkonzern EMI unterstützt die Entscheidung von Apple und verzichtet ebenfalls seit Mai 2007 auf den Kopierschutz. Die DRM-freien Titel sind über den iTunes Store zu beziehen.45 Eine amerikanische Studie mit über 2000 College-Studenten bestätigt das Vorgehen von Apple und EMI. Nach Ergebnissen der Studie führt der Verzicht auf einen DRM-Kopierschutz zum Rückgang der Piraterie. Die Gründe hierfür fasst Tristan Nitot (Mozilla Europe) in einem Satz zusammen: “So if it becomes more painful for a legitimate customer to use a product than it is for the pirates, then that’s a problem.”46 Im Internet existieren mittlerweile immer mehr Anleitungen, die beschreiben, wie der Kopierschutz DRM-geschützter Musik umgangen werden kann. Neben den Anleitungen ist eine Vielzahl von Programmen vorhanden, die durch Umwandlung des Dateiformates ebenfalls die Umgehung des Kopierschutzes ermöglichen. Auch der beste Kopierschutz muss nur von einer einzigen Person auf der Welt umgangen und die betreffende Datei in ein Peer-2-Peer-Netzwerk eingestellt werden,47 so steht sie jedem auf der Welt zur Verfügung. „Nach mehr als 15 Jahren DRM-Technologie-Entwicklung werden über 99% der digitalen Musik unge40 Steve

Jobs: CEO von Apple Inc. Kolokythas (2004); Mazziotti (2008). 42 Vgl. Thielmann/Picot (2004); o.V. (2004); Van Tassel (2006). 43 Nicoli (2007), o.P. 44 UrhG v. 09.09.1965, § 53 UrhG. 45 Vgl. Nicoli (2007). 46 Sinha/Machado/Sellman(2010), S. 51. 47 Vgl. Sundararajan (2004). 41 Vgl.

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schützt, kostenlos und illegal im Internet verbreitet. Dieses Muster spricht nicht für einen nachhaltigen Erfolg des Konzeptes DRM. Im Handeln der Konsumenten zeigt sich vielmehr eine klare Ablehnung der DRM-Technologie.“48 Auf der Suche nach wirkungsvollen Alternativen zu DRM scheint an erster Stelle das vom Frauenhofer Institut für Sicherheit in der Informationstechnologie entwickelte digitale Wasserzeichen zu stehen, welches als Alternative zu DRM sowie als Ergänzung bestehender DRM-Systeme gehandelt wird.49 Digitale Wasserzeichen ermöglichen das Einbinden nicht wahrnehmbarer Daten in das digitale Musikstück zur Kontrolle von Vervielfältigungen, zur Rückverfolgung und Identifizierung des Urhebers. Für den Nutzer unsichtbar beigefügt, bleibt das digitale Wasserzeichen auch nach Formatumwandlungen erhalten.50 Eine Entfernung des Schutzmechanismus ist nicht trivial möglich, da zum Auslesen des Wasserzeichens ein eigener Algorithmus benötigt wird, den in der Regel nur der Markierer selbst kennt. Vorteil dieser Art der Markierung ist der Wegfall des restriktiven Charakters des DRM-Schutzes. Eine mit digitalen Wasserzeichen versehene CD ist ohne jegliche Einschränkung kopierbar und auf beliebigen Geräten abspielbar.51 Falls das Musikstück in einem Peer-2-Peer-Netzwerk auftauchen sollte, lässt sich jedoch mithilfe der Kennzeichnung des ursprünglichen Käufers– durch eine KaufvorgangsTransaktionsnummer– die potenzielle Quelle der illegalen Verbreitung des gekauften Titels ausfindig machen.52 Auf diese Weise scheinen die vorherrschenden Probleme der DRM-Technologie vorerst umgangen worden zu sein, doch bleibt abzuwarten, ob diese Technologie auf Dauer den Angriffen der Musikpiraten standhalten kann und sich damit als wirksamer Schutz gegen die illegale Verbreitung digitaler Musikstücke herausstellt. 2.3 Legale Angebote und Online-Piraterie „Digitale Güter haben eine grundlegende Eigenschaft physischer Güter verloren: Sie sind zu verschwindend geringen Kosten jederzeit und an jeden Ort übertragbar und kopierbar.“53 Die persönliche Beziehung, die bei der Kopie einer Audio-CD zu dessen Besitzer bestehen muss, ist bei digitalen Gütern nicht mehr erforder-

48 Buhse/Günnewig

(2005), S. 225. Wolf/Steinebach/Diener (2006). 50 Vgl. Hartung/Ramme (2000). 51 Vgl. Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (2008). 52 Vgl. Wolf/Steinebach/Diener (2006). 53 o.V. (2005) S. 16. 49 Vgl.

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lich.54 Mit der Digitalisierung der Musik treten illegales Herunterladen rechtlich geschützter Inhalte sowie deren Bereitstellung auf Plattformen als zentrale Probleme der Internetnutzung in den Vordergrund. Verstärkt wird die Problematik durch die stetig verbesserten Übertragungsraten. Die EU-Kommission beschäftigt sich intensiv mit diesem Problemfeld und sieht eine Lösung in der verstärkten Schaffung legaler Angebote sowie in der Aufklärung der Bevölkerung. Durch Aufklärungsmaßnahmen soll das Bewusstsein der Bevölkerung für illegale Handlungen verbessert, gleichzeitig aber auch deren Rechte klar abgesteckt werden. Nach Angaben der EU sollen des Weiteren gesetzlich gesicherte Rechte der Urheber durchgesetzt und die Kooperation der Online-Musikanbieter gefördert werden.55 Betrachtet man den illegalen Musikmarkt in Deutschland, wird deutlich, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Medien herunterzuladen oder in Netzwerken zu tauschen und anschließend Kopien anzufertigen. „It’s like a giant warehouse containing millions of different examples of creative and artistic work. Best of all, it’s completely free.”56 „Auf einen bezahlten Song kommen zehn illegale“57 in Deutschland; eine Zahl, die aufzeigt, welchen Stellenwert die Online-Piraterie mittlerweile eingenommen hat und gleichzeitig das Ausmaß des durch Piraterie entstandenen Schadens vermuten lässt. Das in den meisten EU-Staaten (mit Ausnahme von Großbritannien und Irland) geltende Recht erlaubt den Nutzern eine Kopie eines Musikstücks anzufertigen, die ausschließlich privat und nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Beim Kauf eines Speichermediums (Leer-CD, DVD, Speicherkarte, etc.) oder eines Gerätes, das Brennvorgänge ermöglicht, wird automatisch eine Gebühr, die sogenannte Privatkopieabgabe entrichtet, durch die der Rechteinhaber einen angemessenen Ausgleich erhält. Durch das Herunterladen einer urheberrechtlich geschützten Datei von einer File-Sharing-Plattform (Plattform zur gemeinsamen Dateinutzung), begeht man hingegen einen rechtlichen Verstoß. Verzichten Autoren auf ihr Urheberrecht und schaffen damit ein Werk mit offenen Lizenzen oder handelt es sich um ein Gemeingut (ein Werk, dessen Urheberrechtsschutz abgelaufen ist), ist der Download wiederum gestattet.58 Studien zufolge liegt ein Grund der starken Verbreitung der Online-Piraterie in mangelndem Unrechtsbewusstsein der Nutzer. Dies resultiert daraus, dass Verbraucher entweder nicht vollständig über ihre Rechte und damit einhergehende Verbote informiert sind oder diese gänzlich ignorieren.59 Das klassische Rechts54 Vgl.

Michel (2006). Europäische Kommission (2009b). 56 Rodman/Vanderdonckt(2006) S. 247. 57 Michalk/Koch(2008), o.P. 58 Vgl. Europäische Kommission (o.J.b). 59 Vgl. Institut für Strategieentwicklung/Universität Witten-Herdecke (2004). 55 Vgl.

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bewusstsein ist oftmals in der digitalen Welt verschoben. File-Sharing und Raubkopieren wird nicht als Straftat, sondern als Kavaliersdelikt angesehen und damit deutlich weniger gravierend als ein Ladendiebstahl.60 Die Hemmschwelle, illegales File-Sharing zu betreiben ist oftmals sehr niedrig, da das File-Sharing als dankbare Möglichkeit angesehen wird, zu sehr geringen Kosten eine umfangreiche Musiksammlung anzulegen. Demnach bedarf der Ansatz der EU-Kommission, Aufklärungsmaßnahmen in der Bevölkerung durchzuführen, ebenfalls einer konkreten Ausgestaltung. Ziel der Aufklärungsmaßnahmen sollte die Übertragung des Rechtsbewusstseins der Menschen von der realen Welt in die digitale Welt sein. Durch Musikdiebstahl leidet die Musikindustrie unter Umsatzeinbußen, die nicht konkret zu beziffern sind. Schätzungen zufolge liegen die Verluste allein in Deutschland zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro. In Folge dessen ist die Musikindustrie sehr darauf bedacht, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und in diversen Kampagnen auf diese aufmerksam zu machen (Vgl. Abb. 1). Aufgrund der im April 2004 erlassenen Richtline zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums61 hat der deutsche Gesetzgeber §101 UrhG eingeführt. Durch den damit geschaffenen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch können seit 2004 rechtliche Schritte sowohl gegen Privatnutzer, die illegal Musik downloaden, als auch gegen Betreiber von Plattformen eingeleitet werden. Seit Beginn der juristischen Verfolgung ist die Zahl der eingeleiteten Zivilverfahren sprunghaft gestiegen, die Zahl der illegalen Downloads hingegen gesunken. Seit 2008 ist allerdings auch erstmals wieder ein leichter Anstieg der illegalen Downloads zu verzeichnen, der zeigt, dass Klagen nicht bei allen Nutzern für Abschreckung sorgen. Viele Tauschbörsen-Nutzer „wanderten zu technisch höher entwickelten Nachfolgesystemen weiter.“62 Die USA sowie einige EU-Länder praktizieren alternative Modelle zu den Massenklagen, indem sie auf Kooperation der Musikproduzenten, Internetanbieter und der Regierung setzen.63 In Frankreich wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, die ermöglicht, Nutzer, die urheberrechtlich geschütztes Material im Internet verbreiten, zunächst per Email zu warnen; bei einem dritten Vergehen wird den Betreffenden der Internetzugang gesperrt.64 In Planung ist die Einrichtung einer Internetbehörde, die mit den nötigen Befugnissen für Sperrungen ausgestattet wird. Das Modell wird von der EU-Kommission im Kampf gegen Internetpiraterie fa60 Vgl.

ibid.

61 Richtline

(2004/48/EG) zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29.04.2004, Amtsblatt der Europäischen Union L 157 vom 30.04.2004. 62 Huber (2008), S. 166. 63 Vgl. o.V. (2009a). 64 Vgl. Twickel (2009).

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Abb. 1: Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen Quelle:Bundesverband Musikindustrie e.V. (2008) S. 22. vorisiert, trifft jedoch nicht in allen EU-Staaten auf Zustimmung. In Deutschland enthält der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung eine Passage, die zeigt, dass Internetsperrungen hierzulande nicht juristisch durchgesetzt werden sollen.65 Allein diese Ablehnung Deutschlands zeigt, dass eine EU-weit einheitliche Strategie im Kampf gegen die Internetpiraterie kaum möglich ist. Der letzte Vorschlag der EU-Kommission in diesem Bereich, die Verfügbarkeit legaler Angebote zu erhöhen, wird im Kampf gegen die Piraterie vermutlich nur wenig Auswirkung haben. Bei gezieltem Suchen in Online-Musikportalen können in 95% der Fälle die gewünschten Songs im iTunes Store gefunden werden. Der Shop umfasst dadurch ein größeres Angebot als auf einigen bekannten Peer-2Peer-Netzwerken zu finden ist.66 Die Zahl der zum Kauf bereitgestellten Titel in den zehn größten Onlineportalen in Deutschland lag 2008 bei 31 Millionen67 und umfasste damit ein legales Angebot, das durchaus den meisten Wünschen gerecht 65 Vgl.

CDU/CSU/FDP (2009). IFPI (2008). 67 Vgl. o.V. (2008b). 66 Vgl.

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werden dürfte. Ein Mangel an legalen Angeboten ist auf dem deutschen Musikmarkt also nicht zu verzeichnen. Deren Nutzung hängt in erster Linie nicht von der Anzahl bereitgestellter Titel ab, sondern vielmehr von der Bereitschaft der Nutzer, Musiktitel, die sie ebenfalls illegal im Internet bekommen können, käuflich zu erwerben. Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren sind eine große Zielgruppe, an die sich die Musikangebote im Internet richten. 64% dieser Jugendlichen nutzen täglich ihren MP3-Player und 47 % verwenden ebenfalls täglich das Handy als Musikabspielgerät.68 Studien belegen, dass gerade diese Zielgruppe die Marktdurchschnittspreise der Songs als zu hoch empfindet.69 Jugendliche wären bereit, einen Durchschnittspreis von 0,81 Euro pro Track zu zahlen; 2008 lag der Durchschnittspreis eines Einzeltitels aber schon bei 0,99 Euro.70 Aus den genannten Gründen scheint der Versuch, die Internetpiraterie durch die Schaffung eines breiteren Angebots bekämpfen zu wollen, mit größeren Schwierigkeiten als mit den von der EU-Kommission genannten, verbunden zu sein. Selbst wenn ein umfassenderes Angebot geschaffen würde, änderte dies nicht die Motive für illegales Downloaden, File-Sharing und Raubkopien. Der Reiz des Sammelns steht bei vielen Nutzern im Vordergrund;71 das Interesse an dem speziellen Musikstück ist oft zweitrangig. In einer Studie zum Thema digitale Mentalität des Instituts für Strategieentwicklung in Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke ermittelten Forscher digitale Typen, die sich durch ihr Verhalten im Internet voneinander abgrenzen lassen. Gerade die vermehrt vorhandenen „PC-Freaks“ werden als „Jäger und Sammler“ eingestuft, die oftmals auch in Tauschnetzwerken für Raubkopien eine bedeutende Rolle spielen.72 Neben der Sammelleidenschaft entscheiden die für die Nutzung eines legalen Angebotes entstehenden Kosten über die Bereitschaft, illegales File-Sharing zu betreiben. Die Nutzer sind oftmals nicht bereit, den geforderten Betrag für einen legalen Musikdownload auszugeben, da sie die Datei lediglich als Hörprobe vor der Kaufentscheidung nutzen.73 Hinzu kommt die Tatsache, dass im Gegensatz zu einer Audio-CD bei digitaler Musik die Gewährleistung fehlt. Bei einem Festplattenschaden wird der Verlust nicht ersetzt. Im Gegensatz zu materiellen Gütern ist der Wiederverkauf der im Internet erworbenen Dateien nicht gestattet und mindert dadurch zusätzlich den Wert des immateriellen Gutes.

68 Vgl. 69 Vgl. 70 Vgl. 71 Vgl. 72 Vgl. 73 Vgl.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2009). Buxmann/Strube/Pohl (2007); Gebhardt (2006). PricewaterhouseCoopers AG (2008). Clement/Schusser/Becker (2005). Institut für Strategieentwicklung/Universität Witten-Herdecke (2004). The Media, Content and Technology Research Specialist (2009).

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Abb. 2: Gespeicherte Musik auf Datenträgern und Playern Quelle: Bundesverband Musikindustrie e.V. (2008), S. 26. Ein viel bedeutenderes Problem stellt jedoch die Vielzahl an Peer-2-Peer-Tauschbörsen und -Netzwerken dar. Mit der Gründung von Napster begann 1999 die Geschichte des File-Sharings. Unter File-Sharing versteht man das Verteilen bzw. Kopieren von Dateien zwischen Nutzern im Internet. Nach Angaben von Napster nutzten bereits 2001 über 40 Millionen Menschen weltweit die Tauschbörse.74 Aufgrund der „existenzbedrohenden Prozesslawine“75 wegen Illegalität der getauschten Daten, wurde Napster 2002 jedoch geschlossen. Die Musikdateien sind seitdem inflationär im Internet vorhanden,76 weswegen die Schließung von Napster nur zu einer Verlagerung des File-Sharings zum größten Teil in andere Peer2-Peer-Netzwerke führte. Peer-2-Peer bedeutet dabei im Grunde Kommunikation Gleichberechtigter, die über eine direkte Dateiverbindung ohne Zwischenschal74 Vgl.

o.V. (2001). o.P. 76 Vgl. Richardson (2002). 75 Ibid.,

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tung eines Servers miteinander verbunden sind.77 Um an derartigen Netzwerken teilzunehmen, muss man zuvor einen Software-Client auf dem eigenen Rechner installieren. Die Nutzer laden dann Dateien oder Dateifragmente herunter, die gleichzeitig oder anschließend automatisch in ihren Client gestellt werden. Werden die Songs nicht aus dem Software-Client entfernt, steht der Dateibestand anderen Mitgliedern zur Verfügung. Die Nutzung eines File-Sharing-Clients ist nicht verboten– das Bereitstellen und Herunterladen urheberrechtlich geschützten Materials ist hingegen eine strafbare Form der Nutzung, da Urheberrechtsverletzungen begangen werden, sofern der Inhalt nicht mehr für den Privatgebrauch bestimmt ist.78 Während Napster noch einen zentralen Server hatte, von dem die Dateien geladen wurden, haben Peer-2-Peer-Netzwerke keinen zentralen Server mehr und können daher nicht ohne Weiteres gesperrt werden. Es wird verstärkt versucht, Möglichkeiten des Datentausches zu entwickeln, die entweder auf die Existenz eines zentralen Servers verzichten können, oder die Lücken im Rechtssystem ausnutzen. Auf den Servern von Sharehostern wie zum Beispiel Rapidshare können User gratis Dateien einstellen und begrenzt herunterladen. „Die Sharehoster indizieren ihre Files nicht, weshalb man bei ihnen nicht danach suchen kann, was rechtliche Probleme umgeht, weil sie offiziell gar nicht wissen, was sie da hosten.“79 Betrachtet man die Entwicklung des schwedischen Peer2-Peer-Netzwerkes The Pirate Bay, wird deutlich, dass es trotz der verstärkten Bekämpfung der Internetpiraterie immer noch Lücken gibt, die das File-Sharing weiterhin ermöglichen. In diesem konkreten Fall haben die Betreiber des Netzwerkes ihre Online-Tauschbörse geschlossen, da die Weiterentwicklung der Software und die Veränderung des Verfahrens des Datenaustausches die Vernetzung der Rechner untereinander ermöglichen, ohne dass ein zentraler Server benötigt wird. Im Kampf gegen die Onlinepiraterie bedeutet dies für die Musikindustrie einen erheblichen Rückschlag, da der illegale Datentausch weiterhin stattfindet, aber immer schwieriger zu verfolgen und zu bekämpfen ist. Ein großer Anteil der legal oder illegal erworbenen und getauschten Musik befindet sich inzwischen auf den Festplatten der Verbraucher (siehe Abb. 2). Nach Angaben des Bundesverbandes der Musikindustrie gibt es mittlerweile organisierte Parties, die den Tausch ganzer Festplatten mit mehreren Tausend Musiktiteln zum Ziel haben.80 Die Vervielfältigung und der Tausch der Musik, die außerhalb des Internets stattfinden und über den erlaubten Privatgebrauch hinausgehen, sind daher kaum zu überprüfen. 77 Vgl.

o.V. (2010). Murken (2008). 79 Siebenaller (2009), S. 247. 80 Vgl. o.V. (o.J.). 78 Vgl.

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Anbieter wie Nokia, Universal Music, Virgin Media, Jamba, Napster, Musicload uvm. setzen auf alternative Konzepte im Kampf gegen Internetpiraterie. Eines dieser Konzepte ist die Einführung einer Musikflatrate, bei der der Nutzer nach einmaliger oder monatlicher Zahlung für einen gewissen Zeitraum unbegrenzte Downloadmöglichkeiten hat. Teilweise sind die angebotenen Titel DRMgeschützt, doch ist die Entwicklung dahingehend, dass die Anbieter die Musikflatrate langfristig ohne Kopierschutz auf den Markt bringen wollen.81 Marktforschungsinstitute prognostizieren einen Rückgang der Internetpiraterie, da Flatrates dem Trend einer mobileren, flexibleren und individuelleren Gestaltung in der digitalen Welt folgen. Die Musikflatrate sollte ganz im Sinne der EU-Kommission sein, da die Anbieter der Flatrate stellenweise mit Internetprovidern kooperieren. Bei den angebotenen Dateien soll ein digitales Wasserzeichen den Kopierschutz ersetzen, das den Käufer eindeutig identifizieren kann, falls das Musikstück in einer illegalen Tauschbörse auftaucht. In der Konsequenz soll den Nutzern bei unrechtmäßigem Verhalten die Sperrung des Internetanschlusses drohen.82 Es bleibt abzuwarten, ob das neue Modell auf Akzeptanz bei der Bevölkerung stößt und inwieweit die einzelnen Mitgliedstaaten bereit sind, den Kampf gegen die Internetpiraterie in dieser Weise zu unterstützen. 2.4 Verfügbarkeit kreativer Inhalte Ein weiteres Problemfeld sieht die EU-Kommission in der mangelnden Verfügbarkeit kreativer Inhalte im Internet. Künstler haben die Befürchtung, durch illegale Kopien ihrer Werke stark geschädigt zu werden und neigen daher eher dazu, ihre bereits existierenden Einkommensquellen zu sichern.83 Ihr Ziel ist es, eine faire Entlohnung für ihre Arbeit zu erhalten und die finanzielle Schädigung durch illegale Downloads weitestgehend zu vermeiden. Da es sich bei der Erschließung des Online-Marktes um einen wachsenden und sich stetig verändernden Markt handelt, erweisen sich die Vereinbarung der Rechte und der Geschäftsbedingungen zwischen Künstlern und Online-Musikportalen als problematisch. Aus diesem Grund scheuen viele Künstler die Vergabe der Lizenzen an Online-Plattformen und behindern damit die Bereitstellung ihrer Inhalte im Internet.84 Dieses Problem kann jedoch nicht losgelöst von den bereits aufgeführten Schwierigkeiten betrachtet werden, da es unmittelbar mit diesen in Zusammenhang steht. Die durchgeführten 81 Vgl.

Huber (2008). o.V. (2009b). 83 Vgl. Europäische Kommission (2005a). 84 Vgl. ibid. 82 Vgl.

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Analysen zeigen zudem, dass es sich bei der mangelnden Verfügbarkeit kreativer Inhalte um eine Problematik bei der Schaffung eines Online-Binnenmarktes handelt, welche im Bereich der Online-Musik vernachlässigt werden darf, da ein breit gefächertes Angebot bereits vorhanden ist.

3 Fazit und Ausblick Die Idee der EU-Kommission, einen Binnenmarkt für kreative Online-Inhalte zu schaffen, ist durchaus positiv zu bewerten, da durch diesen Ansatz die Vielzahl von Online-Anbietern reduziert, die Interoperabilität der verschiedenen Verschlüsselungssysteme gefördert und die Transparenz für den Nutzer erhöht wird. Werden zudem Urheberrechte klar definiert und von allen Beteiligten gewahrt und respektiert, könnten auch bisher skeptischen Künstlern die Vorbehalte genommen und die Bereitschaft gefördert werden, ihre Werke dem Online-Musikmarkt zuzuführen. Die EU-Kommission hat eine Reihe von Problemen bedacht, die sich bei der Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte stellen und die Umsetzung behindern oder währenddessen auftreten können. Auffällig ist jedoch, dass sie sich seit vielen Jahren mit dem Vorhaben beschäftigt, ihre Ziele aber bisher noch nicht umsetzen konnte. Die Realisierbarkeit scheint unter den gegebenen Voraussetzungen zudem äußerst fraglich, da es der EU-Kommission zu den identifizierten Problemstellungen entweder an konkreten Umsetzungsvorschlägen mangelt, gravierende Schwierigkeiten unterschätzt wurden, oder gar in der Betrachtung fehlen. Allein die unterschiedlichen Regelungen zum Urheberrecht in den 27 EU-Staaten stellen eine fast unüberwindbare Hürde dar. Einheitlichkeit der Rechtssysteme wäre eine Grundvoraussetzung, um entsprechende Rahmenbedingungen für weitere Vorhaben zu schaffen. Auch der Versuch, das Urheberrecht zu harmonisieren, hat bisher nicht die gewünschten Erfolge erzielt. Zu bedenken ist hierbei, dass eine mögliche Korrektur durch Schaffung einer erneuten EU-Richtline den Staaten drei Jahre Frist für die Umsetzung gewähren würde, weshalb mit einer zeitnahen Harmonisierung nicht zu rechnen ist. Zudem hängt die Schaffung des Binnenmarktes in großem Maß von der Bereitschaft der Beteiligten ab, die nicht ausreichend oder überhaupt nicht vorhanden zu sein scheint. Fehlende Kooperationsbereitschaft der Branchenangehörigen untereinander und die Entwicklung eigener Lösungen auf dem Gebiet der DRM-Technologien sollten der EU-Kommission zeigen, dass sie– womöglich aufgrund mangelnder Praxiserfahrung– an veralteten Systemen festhält. Die Technologien werden weder von Verbrauchern, noch von MusikportalBetreibern heutzutage als effiziente Lösung im Kampf gegen Online-Piraterie an-

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gesehen. Der Marktführer Apple verabschiedet sich vom DRM-Schutz und setzt damit nicht nur ein Zeichen, sondern verdeutlicht gleichzeitig auch seine Einschätzung als Branchenexperte zur aktuellen Entwicklung des Musikmarktes. Die von der EU geplante Interoperabilität der DRM-Systeme wird zudem mit Kosten verbunden sein, die sich vermutlich in einer Verteuerung der zu erwerbenden Musiktitel auswirken werden. Dann bliebe abzuwarten, ob die ohnehin schon mangelnde Bereitschaft, für Online-Inhalte zu zahlen, verstärkt und zu einem Umsatzrückgang bei den jeweiligen Online-Musikanbietern führen würde. Sinnvoller wäre sicherlich, die durch Verzicht auf DRM-Technologien generierte Kostenersparnis in Form von Vergünstigungen der Musikdateien den Verbrauchern zuteil werden zu lassen. Da die vorhergehende Analyse gezeigt hat, dass die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher geringer ist, als der Durchschnittspreis der angebotenen Titel, könnte ein gesenkter Preis einen Anreiz für neue Nutzer darstellen. Die Vorstellung der EU-Kommission, Online-Piraterie durch vermehrte Schaffung legaler Angebote bekämpfen zu können, zeigt, dass ihren Überlegungen ein obsoletes Nutzerprofil zugrunde liegt. Das Nutzerverhalten hat sich im Laufe der Jahre größtenteils verschoben– Musiktitel werden nicht illegal heruntergeladen, weil der Wunsch des Besitzes eines bestimmten Titels im Vordergrund steht, sondern der „Reiz des Sammelns “.85 In einer resümierenden Betrachtung bleibt festzuhalten, dass es aufgrund konträrer Interessen und einer Vielzahl von Beteiligten kein Patentrezept für die Lösung aller Probleme gibt, was eine Einigung auf einen gemeinsamen Weg erheblich behindert. Eine Gegenüberstellung der ursprünglichen Zielsetzungen mit dem Status quo als überschaubarer Fortschritt langjähriger Bemühungen lässt an einer zeitnahen Erreichbarkeit des angedachten Online-Binnenmarktes zweifeln. Die Ergebnisse der zweiten, öffentlichen Konsultation werden zeigen, ob die EU die Problematik im Sinne der Betroffenen eingeschätzt hat und welche zukünftigen Schritte sie daraus ableitet, um die Schaffung eines Binnenmarktes für kreative Online-Inhalte letztendlich voranzutreiben.

4 Verzeichnis der zitierten Literatur Becker, Eberhard/Buhse, Willms/Günnewig, Dirk/Rump, Niels (2004), Digital rights management: technological, economic, legal and political aspects, Berlin 2004. 85 Clement/Schusser/Becker

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Netc@rds: E-Health in der EU Stefanie Gerhardy

1 Einleitung Die i2010-Strategie ist ein wichtiger Wegbereiter des digitalen Zeitalters in der Europäischen Union (EU). Die Ende vergangenen Jahres ausgelaufene i2010-Strategie, die von der Digital Agenda abgelöst wurde,1 zielt auf die Förderung von Wissen und Innovationen ab, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu generieren und die Schaffung von Arbeitsplätzen voranzutreiben.2 Die Europäische Kommission verfolgt dabei drei politische Schwerpunkte: (1) Die Schaffung eines offenen und wettbewerbsfähigen EU-Binnenmarktes für die Dienste einer Informationsgesellschaft und der Medien; (2) die Erhöhung der EU-Investitionen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und (3) die Förderung einer einheitlichen Informationsgesellschaft.3 Der Themenbereich E-Health ist dem letztgenannten Schwerpunkt – Förderung einer einheitlichen Informationsgesellschaft – hinzuzurechnen. In diesem Bereich sind über 60 Projekte initiiert worden. Von den über 60 gestarteten Projekten4 sind bereits über 40 abgeschlossen. Zu den noch laufenden Projekten gehört das in Forschung und Öffentlichkeit viel beachtete Projekt Netc@rds zur Einführung einer europaweiten elektronischen Krankenversicherungskarte.5 Dieser Beitrag untersucht mittels SWOT-Analyse die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen von Netc@rds. Dazu sind die Ausführungen in fünf Abschnitt unterteilt. Im folgenden Abschnitt 2 wird E-Health als ein Ansatz der Gesundheitsfürsorge für die EU vorgestellt und der Terminus E-Health begrifflich bestimmt. Daraufhin wird der E-Health-Aktionsplan vorgestellt, der als politische Rahmenbedingung für das Projekt Netc@rds dient. Anschließend wird die Auswahl des Projektes 1 Vgl.

Europäische Union (2010a). Europäische Union (2008). 3 Vgl. Europäische Union (2005a). 4 Vgl. Europäische Union (2009a). 5 Vgl. z.B. Doupi et al. (2005); Duplaga 2007; Quantin et al. (2007). 2 Vgl.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Netc@rds sowohl aus praktischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht begründet. In Abschnitt 3 wird das Projekt Netc@rds mit Hilfe der SWOT-Analyse evaluiert. Die theoretischen Grundlagen der SWOT-Analyse werden erläutert und gemäß der Theorie wird die allgemeine Umwelt unter Berücksichtigung der politischrechtlichen, der soziokulturellen, der makro-ökonomischen und der technologischen Umweltsegmente analysiert, bevor das Projekt selbst untersucht wird. Im Anschluss an die Umwelt- und Projektanalyse werden in Abschnitt 4 die Ergebnisse der SWOT-Analyse aufbereitet und dokumentiert. Auf den Ergebnissen der SWOT-Analyse aufbauend wird ein Handlungsbedarf identifiziert und eine Handlungsempfehlung für Wissenschaft und Praxis abgeleitet.

2 E-Health – ein Ansatz der Gesundheitsfürsorge Zu Beginn der wissenschaftlichen Diskussionen zum Thema telematische Anwendungen im Gesundheitswesen wurden diese Diskussionen unter dem Begriff Telemedizin geführt, bevor der Terminus E-Health Anwendung fand.6 Dieser Terminus umfasst sowohl die Telemedizin als auch alle anderen traditionellen Felder der medizinischen Informatik.7 Ursprünglich wurde der Begriff E-Health von Vertretern der Wirtschaft verwendet, bevor er auch in die akademische Welt Einzug hielt.8 Da das Gesundheitswesen einen öffentlichen Sektor darstellt,9 hat sich u.a. das Bundesministerium für Gesundheit mit dem Thema E-Health befasst. Es vertritt die Auffassung, dass man unter E-Health „[...] Anwendungen von Systemen der Informationstechnologie (IT) zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten [...]“ zusammenfasst.10 Innerhalb der i2010-Strategie der EU wird E-Health wie folgt aufgefasst: „eHealth means information and communication technologies tools and services for health.“11 Es existieren also viele divergente Definition von E-Health, abhängig von dem Kontext, in dem der Begriff E-Health verwendet wird.12 Dieser Beitrag stützt sich primär auf die Definition von Eysenbach: „eHealth is an emerging field in the intersection of medical informatics, public health and business, referring to health services and information delivered or enhanced through 6 Vgl.

Haas (2006). Della Mea (2001). 8 Vgl. Eysenbach (2001). 9 Vgl. Hensen/Hensen (2008), S. 30. 10 Bundesministerium für Gesundheit (2008), o.P. 11 Europäische Union (2009b), o.P. 12 Vgl. Oh et al. (2005). 7 Vgl.

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the Internet and related technologies. In a broader sense, the term characterizes [. . . ] a state-of-mind, a way of thinking, an attitude, and a commitment for networked, global thinking, to improve health care locally, regionally, and worldwide by using information and communication technology.“13 Diese Definition ist allumfassend und kann aufgrund der Tatsache, dass sie zu den meist zitierten Definitionen im wissenschaftlichen Bereich14 gehört, als allgemein anerkannt angesehen werden.15 2.1 Der E-Health-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Strategie Am 30. April 2004 wurde der Aktionsplan elektronische Gesundheitsdienste16 durch die Europäische Kommission im Rahmen der eEurope 2005-Initiative angenommen.17 Bei dem E-Health-Aktionsplan handelt es sich um einen integralen Bestandteil des politischen Handlungsrahmens der i2010-Strategie der EU.18 Die i2010-Strategie verfolgt das Vorhaben, „[. . . ] ein integriertes Gesamtkonzept im Hinblick auf die Informationsgesellschaft und die audiovisuelle Politik der Europäischen Union [. . . ]“19 zu erarbeiten. Nunmehr wird der Aktionsplan unter dem Dach der Digital Agenda fortgeführt, die an die Ziele der i2010-Strategie anknüpft.20 Der E-Health-Aktionsplan stellt einen Schritt auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste dar, in dem die elektronischen Gesundheitsdienste von den in der medizinischen Versorgung Beschäftigten, den Patienten und den Bürgern allgemein verwendet werden.21 Der Aktionsplan zielt auf die Beantwortung der Fragen ab, wie durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien die Qualität, die Verfügbarkeit und die Effizienz der Gesundheitsfürsorge verbessert werden können.22

13 Eysenbach

(2001), o.P. Oh et al. (2005). 15 Vgl. Groß/Schäfer (2007). 16 Die offizielle Bezeichnung des dazugehörigen Dokumentes lautet: „Elektronische Gesundheitsdienste – eine bessere Gesundheitsfürsorge für Europas Bürger: Aktionsplan für einen europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste.“ 17 Vgl. Bulletin der Europäischen Union (2004). 18 Vgl. Europäische Union (2009c). 19 Europäische Union (2008), o.P. 20 Vgl. Europäische Union (2010a). 21 Vgl. Europäische Union (2005b). 22 Vgl. Krüger-Brand (2004). 14 Vgl.

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Um diese Fragen zu beantworten, umfasst der Aktionsplan drei Aktionsbereiche:23 Der erste Aktionsbereich beinhaltet sowohl die Lösung gemeinsamer Probleme innerhalb der EU als auch die Schaffung von Rahmenbedingungen zur Unterstützung des Einsatzes von elektronischen Gesundheitsdiensten. Hierzu zählt u.a. die Gewährleistung der Interoperabilität von Gesundheitsinformationssystemen. Der zweite Aktionsbereich setzt sich aus verschiedenen Pilotaktionen zusammen, die den Einsatz von elektronischen Gesundheitsdiensten nachhaltig fördern sollen. Die Förderung der Verwendung von Karten in der Gesundheitsversorgung stellt einen von drei Themenbereichen dar, in dem Pilotaktionen durchgeführt worden sind bzw. durchgeführt werden. Der dritte Aktionsbereich behandelt die Verbreitung vorbildlicher Verfahren und die Messung der Ergebnisse. Als vorbildliche Verfahren werden z.B. solche Verfahren erachtet, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung und die Qualität dieser verbessern. Die Durchführung von Messungen soll Leistungsvergleiche bezüglich der Bekanntheit und damit der Akzeptanz der elektronischen Gesundheitsdienste auf Seiten der Bürger ermöglichen. 2.2 Netc@rds Zur Verbreitung der elektronischen Versichertenkarte wurde 2002 das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt Netc@rds ins Leben gerufen.24 An dem von der EU geförderten Projekt sind 16 europäische Länder beteiligt.25 Die Umsetzung des Projekts erfolgt in den einzelnen Mitgliedsstaaten, da die Gesundheitspolitik in den Verantwortungsbereich der einzelnen Mitgliedsstaaten fällt und lediglich mit den Grundprinzipien der EU vereinbar sein muss.26 Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland obliegt der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte), die sich aus den acht Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens zusammensetzt.27 Die Seite der Kostenträger ist durch die gesetzlichen Krankenkassen und den Verband der privaten Krankenversicherung vertreten, wohingegen die Leistungserbringer durch die Bundes(zahn)ärztekammer, die Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und den Deutsche Apothekerverband als Gesellschafter vertreten sind.28 23 Vgl. 24 Vgl. 25 Vgl. 26 Vgl. 27 Vgl. 28 Vgl.

Europäische Union (2004). Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Unformationsverarbeitung GmbH (2009). Europäische Union (2009d). Portal der Europäischen Union zur öffentlichen Gesundheit (2009). Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (2009). AOK-Bundesverband GbR (2009a).

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Die Gewährleistung der Interoperabilität von Gesundheitsinformationen sowie die Mobilität von Patienten und Angehörigen der Heilberufe gehören zu den Zielen der EU in Bezug auf die elektronischen Gesundheitsdienste, die im E-HealthAktionsplan zum Ausdruck gebracht wurden. Die Interoperabilität von Gesundheitsinformationen umfasst sowohl die Patientenidentifikation als auch die Interoperabilität der Gesundheitsdatensätze.29 Das Projekt Netc@rds verfolgt genau diese Ziele: Die Bereitstellung von zuverlässigen und interoperablen Lösungen für die elektronische Krankenversicherungskarte und die Leistung eines Beitrages zur Erhöhung der Mobilität der Bürger durch die Vereinfachung der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen.30 Das Vorhaben des Projekts Netc@rds, nämlich die elektronische Umsetzung der europäischen Krankenversichertenkarte (EHIC), hat in den am Projekt teilnehmenden Mitgliedsstaaten reges Interesse hervorgerufen, welches sich auch in einer Reihe praktischer und wissenschaftlichen Veröffentlichungen widerspiegelt. Gegenstand dieser Veröffentlichungen ist die Umsetzung des Projektes in den einzelnen Mitgliedssaaten, so wie u.a. die elektronische Gesundheitskarte in Deutschland oder die e-card in Österreich.31 Wissenschaftliche Publikationen, die dem Projekt Netc@rds auf EU-Ebene in der Vergangenheit gewidment wurden, waren jedoch eher deskriptiver Natur.32 Da das Projekt Netc@rds für die EU-Bürger und für die Harmonisierung der EU weitreichende Folgen haben kann, bedarf es umfangreicherer Informationen und Erkenntnisse über die Wirkung des Projekts sowohl aus praktischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht.

3 Evaluierung des Projektes Netc@rds mittels SWOT-Analyse Die Evaluation des Projektes Netc@rds kann mittels einer Vielzahl von unterschiedlichen Methoden durchgeführt werden.33 Vor dem Hintergrund der Vielfalt an Einflussfaktoren, die auf das Projekt Netc@rds einwirken, bietet sich die Methode der SWOT-Analyse zur Evaluation dieses Projektes an. Durch den check29 Vgl.

Europäische Union (2004). Europäische Union (2009d). 31 Vgl. Hildebrand et al. (2005); Speth/ Koutses (2005); Trill/ Arendt (2009); Weichert (2004). 32 Vgl. z.B. Krüger-Brand (2005); Tavakolian et al. (2007). 33 Vgl. Kuster et al. (2007). 30 Vgl.

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listenartigen Aufbau der SWOT-Analyse wird sichergestellt, dass sämtliche wichtigen Kontextveränderungen bei der Bestimmung der strategischen Stoßrichtung Berücksichtigung finden.34 Die SWOT-Analyse des Projektes Netc@rds bezieht sich im Folgenden primär auf Deutschland, da die diversen Implementierungsansätze in den einzelnen EU-Ländern eine integrierte Betrachtung verhindern. 3.1 SWOT-Analyse Bei der von der Harvard Business School35 entwickelten SWOT (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats)-Analyse36 handelt es sich ursprünglich um ein Instrument des strategischen Managements,37 das aber auch zur Evaluierung von Projekten herangezogen werden kann.38 Die SWOT-Analyse zielt auf die Identifizierung der Stärken und Schwächen eines Projektes und der Chancen und Risiken in dessen Umwelt ab.39 Zur Reduzierung des im Projekt inhärenten Risikos sollen auf den Stärken aufgebaut, die Schwächen eleminiert, die bestehenden Chancen genutzt und Bedrohungen soweit wie möglich vermieden werden.40 Abbildung 1 liefert einen Überblick über die Komponenten der SWOT-Analyse. Mit Hilfe einer Umweltanalyse werden die Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) des allgemeinen Umfeldes analysiert und mögliche Veränderungen der Umwelt abgeschätzt.41 Um möglichst viele potenziell relevante Trends und Entwicklungen erfassen und prüfen zu können, müssen im Rahmen der Analyse der globalen Umwelt diverse Faktoren berücksichtigt werden.42 Aus Gründen der Informationsverarbeitungskapazität besteht jedoch die Notwendigkeit, die wichtigsten Einflussfaktoren herauszufiltern.43 Houben et al. unterscheiden in diesem Zusammenhang die globale Umwelt in vier Hauptsektoren: die makro-ökonomische, die technologische, die politisch-rechtliche und die soziokulturelle Umwelt.44 Da 34 Vgl.

Macharzina (2003). R. Andrews als Vertreter der Harvard Business School trug mit der Veröffentlichung von „The Concept of Corporate Strategy“ (1987) westentlich zur Entwicklung der SWOT-Analyse bei. Vgl. Hill/ Westbrook (1997). 36 Vgl. Bea/ Haas (2005). 37 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005). 38 Vgl. Kuster et al. (2006); Drews/Hillebrand (2007). 39 Vgl. Welge/Al-Laham (2008). 40 Vgl. Dyson (2002). 41 Vgl. Welge/Al-Laham (2008). 42 Vgl. Weihrich (1982). 43 Vgl. Welge/Al-Laham (2008). 44 Vgl. Houben et al. (1999). 35 Kenneth

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Abb. 1: SWOT-Analyse Quelle: In Anlehnung an Macharzina (2003), S. 299. die allgemeine Umwelt von dem Projekt nicht oder nur eingeschränkt beeinflusst werden kann, dient sie als externe Rahmenbedingung, an die sich das Projekt anzupassen hat.45 Die Identifikation und Systematisierung der Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) steht im Mittelpunkt der Projektanalyse.46 Im Gegensatz zur Umweltanalyse ist die Projekt- oder Ressourcenanalyse auf die interne Ressourcensituation (interne Umwelt) gerichtet,47 wobei allerdings die Ressourcen mit den Anforderungen der globalen Umwelt übereinstimmen müssen.48 Zu den Ressourcen gehören finanzielle Ressourcen, physische Ressourcen, Humanressourcen, organisatorische Ressourcen und technologische Ressourcen.49 Im Anschluss an die Analyse der globalen Umwelt soll mit Hilfe einer geeigneten Strategie die Anpassung des Projektes an die Umwelt erreicht werden.50 Dafür stehen vier verschiedene Strategien zur Verfügung: Die SO-Strategien besagen, dass die Stärken des Projektes eingesetzt werden sollen, um bestehende Chancen 45 Vgl. 46 Vgl. 47 Vgl. 48 Vgl. 49 Vgl. 50 Vgl.

Welge/Al-Laham (2008). ibid. Steinmann/Schreyögg (2005). Weihrich (1982). Steinmann/Schreyögg (2005). Grant (2002).

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zu nutzen.51 Diese Strategien stellen im Allgemeinen den Idealfall dar.52 Die WOStrategien führen dazu, dass die Schwächen des Projektes abgebaut werden, damit die Chancen der Umwelt genutzt werden können.53 ST-Strategien bedingen die Bekämpfung von Risiken der Umwelt. Zur Bekämpfung dieser Risiken werden die Stärken des Projektes eingesetzt.54 Die Minimierung der internen Schwächen des Projektes und der gleichzeitige Versuch die Risiken der Umwelt zu eliminieren, stehen im Mittelpunkt der WT-Strategien.55 Grant postuliert, dass der Erfolg eines Projektes davon abhängig ist, ob diese Anpassung gelingt oder nicht.56 3.2 Analyse der allgemeinen Umwelt Am 1. Januar 2004 trat das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), oder kurz GMG genannt, in Kraft. Es brachte zahlreiche Veränderungen mit sich, darunter auch einige, die in Kontrast zu den bisherigen Grundprinzipien der GKV stehen.57 Zur Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung und zur Reduzierung der Kosten des Gesundheitssystems sind umfassende strukturelle Reformen angeschoben worden.58 Das Regelwerk umfasst 37 Artikel, die wiederum auf zahlreiche Gesetze im Gesundheitswesen einwirken.59 Das Gesetz beinhaltet u.a. diverse den Einsatz von Informationsund Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen betreffende Bestimmungen:60 das elektronische Rezept (§ 267, Abs. 5), den Heilberufsausweis, die Gesundheitskarte (eGK § 291a) und elektronische Netze. Diese Bestimmungen verfolgen das Ziel, Mitgliedern der Gesundheitsberufe und dem Bürger gemeinsam geführte elektronische Akten (§ 68) zur Verfügung zu stellen.61 Die Vorschrift § 291a SGB V bildet den gesetzlichen Rahmen für die Vernetzung von 80 Mio. Versicherten, 270.000 ambulant und im Krankenhaus tätigen Ärzten, 22.000 Apotheken, über 2.000 Krankenhäusern und mehr als 300 Krankenkassen.62 Die Kran51 Vgl. 52 Vgl. 53 Vgl. 54 Vgl. 55 Vgl. 56 Vgl. 57 Vgl. 58 Vgl. 59 Vgl. 60 Vgl. 61 Vgl. 62 Vgl.

Camphausen (2007). Dillerup/Stoi (2008). Camphausen (2007). Dillerup/Stoi (2008). ibid. Grant (2002). Simon (2008). AOK-Bundesverband GbR (2009b). Keun/ Prott (2008). Kaiser (2004). Stritzke/ Eissing (2005). Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und –gestaltung e.V. (2009).

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kenversichertenkarte (§ 291 Abs. 1) war – gemäß dem Gesetzesentwurf – bis zum 01. Januar 2006 zur elektronischen Gesundheitskarte i. S. d. § 291a zu erweitern.63

Abb. 2: Gesundheitssektoren: Direkt und indirekt Beschäftigte Quelle: In Anlehnung an Nusser et al. (2007), S. 54. In den deutschen Gesundheitssektoren sind insgesamt 5,4 Mio. Erwerbstätige beschäftigt, was rund 14% der Gesamtbeschäftigung in Deutschland entspricht.64 Diese Beschäftigtenzahl setzt sich sowohl aus den direkten als auch den indirekten Beschäftigungseffekten zusammen, wobei die indirekten Beschäftigteneffekte durch wirtschaftliche Verflechtungen mit anderen Sektoren entstehen.65 Abbildung 2 visualisiert die Zusammensetzung der indirekt und direkt Beschäftigten in den Gesundheitssektoren in Deutschland. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 252,8 Mrd. Euro im Gesundheitswesen aufgewendet. Die Ausgaben stiegen gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Mrd. Euro an. Die Aufwendungen entsprachen 10,4% des Bruttoinlandsprodukts und 3.070 Euro pro Kopf. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt ist trotz des Anstiegs der Gesundheitsausgaben im Vergleich zum vorangegangenen Jahr um 0,1% gesunken.66 Vor dem Hintergrund steigender Kosten des Gesundheitssystems, des demographischen Wandels und der Zunahme chronischer Erkrankungen ist es zu einem Paradigmenwechsel in der Medizin gekommen.67 Dieser Paradigmenwechsel ist 63 Vgl.

Bundesgesetzblatt (2003). Nusser et al. (2007). 65 Vgl. ibid. 66 Vgl. Deutsches Statistisches Bundesamt (2009a). 67 Vgl. Baessler et al. (2006). 64 Vgl.

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gekennzeichnet durch eine weitgehende Ablösung der reaktiven und kostenintensiven durch eine auf Prävention ausgerichteten Medizin.68 Baessler et al. sehen die Prävention als eine Möglichkeit an, chronischen Erkrankungen vorzubeugen und auf diese Weise die Gesundheit, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter zu erhalten.69 Anknüpfend an die Erhaltung der Leistungsfähigkeit argumentieren Goldschmidt und Hilbert, dass moderne Wirtschaftssysteme ohne ein effizientes Gesundheitssystem in der Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig sein können.70 Die demographische Entwicklung stellt Deutschland, wie auch die meisten anderen Industriestaaten, vor enorme strukturelle Herausforderungen.71 Die Einwohner in Deutschland werden nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes von derzeit 82,4 Mio. auf 67 bis 81 Mio.72 im Jahr 2050 zurückgehen (vgl. Abb. 3).73 Gründe hierfür sind vor allem die Überalterung der Gesellschaft, die geringe Geburtenzahl und die über dem Niveau der Geburten liegende Zahl an Sterbefällen.74 Dieser skizzierte demographische Wandel hat zur Folge, dass eine erhöhte Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen prognostiziert werden kann,75 da mit dem Alter auch die Wahrscheinlichkeit von chronischen Erkrankungen und Multimorbität76 steigt.77 In diesem Zusammenhang ist die Frage nach der zukünftigen Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens zu stellen.78 Die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien durchziehen seit Mitte der 1990er Jahre alle Lebensbereiche.79 Dem Austausch von Informationen kommt in einer modernen Gesellschaft eine zunehmende Bedeutung zu, sodass in diesem Kontext auch von einer Wissens- bzw. Informationsgesellschaft gesprochen wird.80 Die Folgen dieser Entwicklungen betreffen auch das Gesundheitswesen.81 Daher wird geschätzt, dass inzwischen bis zu 40% der Leistungen im Gesundheitswesen mit Datenerfassung und Kommunikation im Zusammenhang 68 Vgl.

Groß/Schäfer (2007). Baessler et al. (2006). 70 Vgl. Goldschmidt/Hilbert (2009). 71 Vgl. Blankart/Fasten (2009). 72 Die Differenzen sind bedingt durch die Varianten der Vorausberechnung. 73 Vgl. Deutsches Statistisches Bundesamt (2003). 74 Vgl. Blankart/Fasten (2009). 75 Vgl. Knaebel/Ungethüm (2009). 76 Multimorbität bezeichnet den Zustand, dass Patienten i.d.R. mehrere Erkrankungen gleichzeitig haben. Vgl. Trill (2009). 77 Vgl. Naegele (2009). 78 Vgl. Pack et al. (2000). 79 Vgl. Deutsches Statistisches Bundesamt (2009b). 80 Vgl. ibid. 81 Vgl. Eberspächer (2006). 69 Vgl.

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Abb. 3: Entwicklung der Bevölkerungszahl bis 2050 Quelle: In Anlehnung an Deutsches Statistisches Bundesamt (2003), S. 30. stehen.82 Es ist kaum noch vorstellbar, wie Arztpraxen oder Kliniken ohne Mobiltelefone oder WLAN organisiert werden können.83 Mit Hilfe der Informationsund Kommunikationstechnologien ist eine Vielfalt an neuen Technologien entstanden, zu denen unter anderem minimal-invasive Technologien und moderne Biomaterialien gehören.84 Möglichkeiten der Kooperation zwischen verschiedenen Anbietern im Gesundheitswesen sind erst durch geeignete Kommunikationstechnologien umsetzbar geworden.85 Alle Umweltfaktoren sind jedoch in den letzten Jahrzehnten komplexer, dynamischer sowie in ihren Entwicklungen und Auswirkungen schwerer prognostizierbar geworden.86 3.3 Projektanalyse Die mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zur Verfügung stehenden Anwendungen lassen sich in Pflichtanwendungen und freiwillige Anwendungen unterscheiden.87 Wie auch die bisherige Krankenversichertenkarte enthält die elek82 Vgl. 83 Vgl. 84 Vgl. 85 Vgl. 86 Vgl. 87 Vgl.

ibid. Aschmoneit (2009). Knaebel/Ungethüm (2009). Trill (2009). Staehle (1994). Groß/ Schäfer (2007).

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tronische Gesundheitskarte im Pflichtteil die administrativen Angaben zu einem jeden Versicherten wie z.B. Name des Versicherten, die Krankenkasse und die Versichertennummer.88 Diese sind schon auf der Vorderseite der eGK sichtbar. Neben diesen Pflichtangaben existiert eine Reihe von freiwilligen Angaben, über deren Nutzung der Patient selbst entscheidet.89 Zu den freiwilligen Anwendungen zählt u.a. die Übermittlung von Arztbriefen oder das Hinterlegen von Notfalldaten als auch von Arzneimitteldokumentationen.90 Die elektronische Gesundheitskarte wird technisch als Mikroprozessorkarte realisiert. Auf diesem Mikroprozessor werden die Daten der Versicherten gespeichert, verarbeitet und verwaltet.91 Der Zugriff auf die auf der eGK gespeicherten Daten vollzieht sich durch das sog. Zwei-Schlüssel-Prinzip:92 Die Angehörigen eines Heilberufs, wie Ärzte und Apotheker, identifizieren sich durch einen Heilberufsausweis, der ihnen den Zugriff grundsätzlich erlaubt. Den zweiten Schlüssel hält der Versicherte selbst in den Händen. Er weist sich zum einen durch die Vorlage der Gesundheitskarte aus und zum anderen durch die Eingabe einer persönlichen Zahlenkombination (PIN). Die Funktionen stehen zunächst nur offline zur Verfügung, sollen aber zu einem späteren Zeitpunkt auch online abrufbar sein.93 Die gematik ist eine Betriebsorganisation, zu deren Gesellschaftern die Kostenträger und Leistungserbringer des Gesundheitswesens gehören.94 Die Seite der Kostenträger ist repräsentiert durch die gesetzlichen Krankenkassen und den Verband der privaten Krankenversicherung, wohingegen die Leistungserbringer durch die Bundes(zahn)ärztekammer, die Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und den Deutsche Apothekerverband als Gesellschafter repräsentiert sind.95 Die Aufgabe der gematik „[. . . ] ist die Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der eGK und ihrer Infrastruktur als Basis für Telematikanwendungen im Gesundheitswesen.“96 Zur Bewältigung dieser Aufgabe ist den Gesellschaftern der gematik ein Beirat zur Seite gestellt worden,97 der sich gemäß § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages aus Vertretern der Länder, der für die Wahrnehmung der Interessen von Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen, der Wis88 Vgl.

Trill/Arendt (2009). Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (2009). 90 Vgl. Trill/Arendt (2009). 91 Vgl. ibid. 92 Vgl. Vaillant BKK (2009). 93 Vgl. ibid. 94 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2009a). 95 Vgl. AOK-Bundesverband GbR (2009a). 96 Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (2009), o.P. 97 Vgl. Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (2005). 89 Vgl.

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senschaft, der Industrieverbände, der Bundesbehörden, der Selbstverwaltung der GKV, der Leistungserbringer und dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie der Beauftragten für die Belange von Patienten von Seiten der Bundesregierung zusammensetzt.98 Sowohl die Kostenträger- als auch Leistungserbringerseite sind mit jeweils 50% an der Gesellschaft beteiligt.99 Nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der gematik können Gesellschaftsbeschlüsse nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 67% der sich aus den Geschäftsanteilen ergebenden Stimmen gefasst werden, sofern weder geltendes Recht noch der Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsieht.100 Die Finanzierung der Kosten i.H.v. 1,4 Mrd. Euro, die durch die Einführung der eGK nach Berechnungen der gematik entstehen,101 ist in § 291a Abs. 7 geregelt:102 Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker auf Bundesebene treffen eine Vereinbarung zur Finanzierung. Diese Vereinbarung betrifft (1) die Kosten, die den oben genannten Spitzenverbänden im Rahmen der Gesellschaft für Telematik entstehen, (2) die erforderlichen erstmaligen Ausstattungskosten für die Leistungserbringer, die in der Festlegungs-, Erprobungs- und Einführungsphase der Telematikinfrastruktur zustande kommen sowie (3) die Kosten, die sich aus dem laufenden Betrieb der Telematikinfrastruktur für die Leistungserbringer ergeben. Die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben sich inzwischen auf die erste Stufe einer Finanzierungsvereinbarung geeinigt, die die stationären und mobilen Kartenterminals zum Gegenstand hat.103 Demnach erhält jede Arztpraxis für die Ausstattung mit diesen Geräten entsprechende Pauschalen sowie Zuschläge für installationsbedingte Aufwendungen und für die Anpassung der Praxisverwaltungssoftware.104 Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben sich mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ebenfalls auf Pauschalen verständigt.105

98 Vgl. 99 Vgl. 100 Vgl. 101 Vgl. 102 Vgl. 103 Vgl. 104 Vgl. 105 Vgl.

Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (2009). Heinz (2009). Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (2005). Bundesministerium für Gesundheit (2009a). Bundesgesetzblatt (2003). Bundesministerium für Gesundheit (2009a). ibid. Trill/Arendt (2009).

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4 Ergebnisse der SWOT-Analyse Die Ergebnisse der in den Abschnitten 3.2 und 3.3 durchgeführten Analyse der allgemeinen Umwelt und der Projektanalyse werden in diesem Abschnitt herausgearbeitet und anschließend zusammenfassend in Abbildung 4 dargestellt. 4.1 Chancen und Risiken Mit dem Einsatz der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sollen bestehende Prozesse im Gesundheitswesen hinsichtlich Kosten und Qualität optimiert werden können oder neue Prozesse, die diese Technologien erst ermöglichen, eingeführt werden.106 Demgegenüber kommen aber auch zunehmend kritische Stimmen zu Wort, die befürchten, dass durch computergestützte Diagnoseund Entscheidungssysteme die ärztliche Erfahrung und Intuition immer mehr an Wert verlieren und auf diese Weise Erfahrungswissen immer mehr durch evidenzbasiertes Wissen zurückgedrängt wird.107 Das Aufkommen neuer beruflicher Profile und Tätigkeiten, wie z.B. GesundheitsCoaches, ist vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels zu erklären, dass sich das öffentliche Bewusstsein gewandelt hat.108 Ein weiterer Aspekt ist, dass eine anspruchsvolle Gesundheitsvorsorge zwar teuer ist, aber ein Garant für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland darstellen kann.109 Die Wirksamkeit von präventiven Maßnahmen darf im Allgemeinen jedoch nicht überschätzt werden, da insbesondere vor dem Hintergrund eines freiheitlichen Menschenbildes zu berücksichtigen ist, dass Forderungen nach Maßnahmen der Verhaltensprävention immer auch einen Eingriff in die individuelle Lebensführung bedeuten.110 4.2 Stärken und Schwächen Die Krankenversichertenkarte sollte gemäß § 291 Abs. 2 SGB V von den Krankenkassen bis spätestens zum 1. Januar 2006 zur eGK nach § 291a SGB V umgewan106 Vgl.

Aschmoneit (2009). Müller/Steinmetzer (2007). 108 Vgl. Groß/Schäfer (2007). 109 Vgl. Goldschmidt/Hilbert (2009). 110 Vgl. Oberender et al. (2006). 107 Vgl.

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delt werden.111 Das dies nicht in die Tat umgesetzt werden konnte, liegt an den inkongruenten Zielsetzungen von Ärzten, Apothekern, Krankenkassen und Kliniken.112 Da Gesellschafterbeschlüsse nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 67% gefasst werden dürfen,113 können strittige Entscheidungen von jeder Seite blockiert werden bzw. können langwierige Verhandlungen, bis ein Kompromiss gefunden ist, Entwicklungen zunichte machen.114 Jüngste Informationen zeigen jedoch, dass nach wie vor Interessenkonflikte innerhalb der gematik dem zügigen Fortschreiten des Projektes im Wege stehen.115 Aus diesem Grund hat Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler Gespräche mit der Selbstverwaltung aufgenommen, um über den weiteren Aufbau einer Telematikinfrastruktur für das Gesundheitswesen zu diskutieren.116 Das Treffen mit Dr. Carl-Heinz Müller (Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung) und Dr. Doris Pfeiffer (Vorsitzende des Vorstands des GKV-Spitzenverbandes) diente der Einleitung der im Koalitionsvertrag verabredeten Bestandsaufnahme.117 Mit Hilfe dieser Bestandsaufnahme soll der Leistungsumfang der Gesundheitskarte sowie das Geschäftsmodell und die Organisationsstrukturen der gematik und die bisherigen Erfahrungen in den Testregionen überprüft und bewertet werden.118 Die Kosten für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wurden zu Beginn des Projektes auf 1,4 Mrd. Euro geschätzt.119 Eine von der gematik in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahre 2006 besagt jedoch, dass sich die erforderlichen Gesamtkosten für den Aufbau einer Telematikinfrastruktur auf ca. 2,8 Mrd. Euro belaufen werden.120 Mittlerweile rechnen Beteiligte mit Einführungskosten von bis zu 4 Mrd. Euro oder mehr.121 Mitte dieses Jahres ist der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) aus dem Projekt ausgestiegen und gab als einen der Gründe für den Ausstieg die Angst vor einer möglichen Kostenexplosion an.122

111 Vgl.

Bundesgesetzblatt (2003). Greif (2008). 113 Vgl. Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (2005). 114 Vgl. Heinz (2009). 115 Vgl. Reinhard/Riecker/Thielmann (2005). 116 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2009b). 117 Vgl. ibid. 118 Vgl. ibid. 119 Vgl Trill/Arendt (2009). 120 Die Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass die elektronische Gesundheitskarte nach 5 Jahren ihre vollständige Funktionsfähigkeit erreicht hat; vgl. Bernnat (2006). 121 Vgl. Trill/Arendt (2009). 122 Vgl. Tomorrow Focus Portal GmbH (2009). 112 Vgl.

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Das ambitionierte Ziel der Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte konnte bislang noch nicht umgesetzt werden, weil es sowohl schwierige technische Fragen zu lösen gibt als auch Fragen, die den Datenschutz betreffen. Dabei rückt der Fokus insbesondere auf die Frage, wer welchen Zugriff auf welche Daten nehmen kann.123 Vor dem Hintergrund, dass die auf der elektronischen Gesundheitskarte verarbeiteten Daten durchgängig von hoher Sensibilität sind,124 ist sicherzustellen, dass Unbefugte sich keinen Zugriff verschaffen können. Bis 2007 sind lediglich drei Modellversuche gestartet worden, die relativ wenige Daten umfassten und so die größere Perspektive, über Krankheitsdaten im Routinebetrieb auch Qualitätssicherung zu betreiben, nicht leisteten.125 Ein mittlerweile abgeschlossener zweijähriger Test der eGK in der Modellregion Bochum-Essen legte gravierende Mängel bei der technischen Anwendung offen: So beklagen die teilnehmenden Ärzte, dass für die Ausstellung eines elektronischen Rezeptes doppelt so viel Zeit wie beim handschriftlichen Ausstellen benötigt wird.126 In einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Nordrhein-Westfalen) zu den Erfahrungen, die in der Testregion Bochum-Essen gemacht wurden, wird argumentiert, dass die Akzeptanz der neuen Technik gegenüber umso mehr wächst, je besser die Praxissysteme die heutigen Arbeitsabläufe unterstützen.127 Die Akzeptanz der eGK bei den Versicherten konnte bislang in einer vergleichenden Langzeitstudie nicht erhoben werden, da die elektronische Gesundheitskarte bisher nicht flächendeckend eingeführt werden konnte und die Ergebnisse in den Testregionen als nicht repräsentativ eingestuft werden müssen.128 Es wurde jedoch eine Reihe von Studien zu diesem Thema in Auftrag gegeben,129 aus denen sich eine Tendenz zur Nutzerakzeptanz ableiten lässt.130 Zu dieser Reihe von Studien gehört die im Jahre 2008 von der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen (SpiK) in Auftrag gegebene und von der Forsa durchgeführte Studie „Versichertenbefragung: elektronische Gesundheitskarte“.131 Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich die Mehrheit (70%) der gesetzlich Versicherten der Einführung der eGK positiv gegenübersteht. Außerdem ist 123 Vgl. 124 Vgl. 125 Vgl. 126 Vgl. 127 Vgl. 128 Vgl. 129 Vgl. 130 Vgl. 131 Vgl.

Hajen et al. (2010). Weichert (2004). Hajen et al. (2010). Bios Life News (2009). Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und –gestaltung (2009). Göres (2009). u.a. die Bertelsmann Stiftung (2006) und der BKK Bundesverband (2006). Göres (2009). Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (2008).

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bei einer großen Mehrheit die Bereitschaft zu verzeichnen, freiwillige Angaben, insbesondere die sog. Notfalldaten, frei schalten zu lassen.132

Abb. 4: Ergebnisse der SWOT-Analyse

5 Fazit und Ausblick Die im Rahmen dieses Beitrages aufgearbeiteten Informationen verdeutlichen die Chancen und Bedrohungen, denen das Projekt Netc@rds unter besonderer Berücksichtigung der Situation im EU-Mitgliedsstaat Deutschland ausgesetzt ist und welche Stärken und Schwächen das Projekt selbst aufweist. Die Analyse der allgemeinen Umwelt hat gezeigt, dass sich Chancen und Bedrohungen gleichermaßen abzeichnen. Der demographische Wandel stellt dadurch, dass er zu einem Anstieg der Kosten im Gesundheitswesen führt, eine Bedrohung dar. Der Paradigmenwechsel ist tendenziell unter einem positiven Vorzeichen zu diskutieren, da dieser zur Vorbeugung von Krankheiten und damit zur Vermeidung von Behandlungskosten geführt hat. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien kann als eine Chance begriffen werden, weil durch den Einsatz der neuen Technologien bestehende Prozesse hinsichtlich der Kosten und der Qualität optimiert werden können. Die Evaluierung des Projektes mittels der SWOT-Analyse hat die augenscheinlichen Schwächen des Projektes offengelegt. Die mit der Einführung der eGK be132 Vgl.

Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH (2008).

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traute gematik ist einem beständigen Konflikt zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern ausgesetzt und ist so nicht in der Lage, das Projekt durch beschlussfähige Mehrheiten voranzutreiben. Die Finanzierung des Projektes ist zwar rechtlich gesichert, jedoch drohen die Kosten drastisch zu steigen, da sich die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte immer mehr nach hinten hinausschiebt und die damit einhergehenden Anforderungen kostenintensiver werden. Die elektronische Gesundheitskarte ist in ihrer ursprünglichen Form momentan nicht durchsetzbar, sodass lediglich der online aktualisierte Versichertenstammdatendienst (VSDD), ein Foto des Versicherten auf der Karte und die Möglichkeit einen Notfalldatensatz freiwillig auf der Karte zu hinterlegen, realisiert werden können.133 Diesen Schwächen kann lediglich die Nutzerakzeptanz der eGK seitens der Versicherten entgegengesetzt werden.134 Da die globale Umwelt als exogen gegeben betrachtet werden muss, bezieht sich die Handlungsempfehlung für Wissenschaft und Praxis im Folgenden auf das Projekt und dessen Umsetzung. Die Handlungsempfehlung lehnt sich an die Erfahrungen an, die im EU-Mitgliedsstaat Österreich bei der flächendeckenden Einführung der e-card, dem österreichischen Pendant zur eGK, gemacht wurden. Die Interessenskonflikte zwischen den Kostenträgern und den Leistungserbringern, die aufgrund der inkongruenten Zielsetzungen vorherrschen, gefährden das zügige Voranschreiten des Projekts.135 In Anlehnung an die Erkenntnisse in Österreich136 könnte zukünftig die gematik vollständig aus Vertretern der Kostenträgerseite bestehen, jedoch sollte die Leistungserbringerseite aktiv eingebunden werden. Damit die Kosten für die Einführung nicht noch weiter ansteigen, sollte eine schnellst mögliche Einführung forciert werden. Um die Bevölkerung weiter einzubinden, sollte das Bundesministerium für Gesundheit versuchen, die bisherigen Anstrengungen die Bevölkerung mit Informationen zu versorgen, verstärken, da so die Befürchtungen der Bevölkerung hinsichtlich datenschutzrechtlichen Aspekten etc. weiter abgebaut werden können. Da momentan noch auf eine durch die Medien erzeugte Nutzerakzeptanz aufgebaut wird, sollte die flächendeckende Einführung der eGK empirisch begleitet werden, um zeitgleich über die mit einer Einführung einhergehenden Vor- und Nachteile informiert zu sein und um rechtzeitig auf unerwünschte Entwicklungen bei der Einführung reagieren zu können. 133 Vgl.

Borchers (2009). Göres (2009). 135 Vgl. Abschnitt 3.2.2. 136 Die in Österreich mit der Einführung betraute Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft mbH besteht zu 100% aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; vgl. Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft mbH (2009). 134 Vgl.

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An diesen Punkten besteht aber nicht nur für die Praxis Handlungsbedarf. Die Wissenschaft kann bspw. durch Analysen der Benutzerakzeptanz und durch die Grundsteinlegung einer interoperablen Infrastruktur zur Implementierung einen wichtigen Beitrag für das Vorankommen des Projekts leisten.

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E-Government in der EU: Eine Analyse am Beispiel öffentlicher Ausschreibungen Lukas-Julius Hüwe

1 Einleitung Das Internet ist aus dem alltäglichen Leben nicht mehr weg zu denken. Viele Menschen nutzen das World Wide Web, um sich zu informieren, zu kommunizieren, zu spielen oder um einzukaufen. Dadurch ist inzwischen ein großer Markt entstanden, der den Unternehmen viele neue Möglichkeiten bietet, ihre Produkte und Dienstleistungen zu vertreiben. Dieser Vertriebsweg wird sehr ausführlich genutzt und bringt den Unternehmen meist einen großen Vorteil bspw. hinsichtlich von Kosteneinsparungen.1 Die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden ist also stark ausgeprägt. Sie führte zu einer Steigerung der europäischen Wirtschaft und wurde auch von der Europäischen Union (EU) stark gefördert.2 Dies erfolgte unter anderem durch die i2010-Strategie der EU aus dem Jahr 2005 und wurde durch die Digital Agenda fortgeführt. Darin wird auch auf die Förderung von EGovernment großen Wert gelegt. Hieraus resultieren aus Unternehmensperspektive verschiedenste Fragestellungen, die das vorankommen der digitalen Strategien der EU prägen: Welche E-Government-Angebote für Unternehmen gibt es? Sind diese überhaupt vorhanden und werden sie ggf. von der Wirtschaft auch angenommen? Dies ist vermutlich ein Bereich, im dem sich sowohl für Staat als auch für Unternehmen große Einsparmöglichkeiten ergiben. Wie profitieren die Unternehmen von E-Government und wo sehen diese nach Abschluss von „i2010“ Verbesserungsbedarf? Im Bereich E-Government kann die EU einen direkten Einfluss auf die Umsetzung haben. Demnach stellt sich die Frage, ob die einzelnen EUStaaten Projekt-Vorschläge langfristig behandeln oder diese unmittelbar umsetzen. Die Betrachtung dieser Fragestellungen macht den Stellenwert des E-Government 1 Vgl. 2 Vgl.

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in der EU deutlich. Dieser Beitrag widmet sich einer Status quo-Analyse des EGovernments in der EU, um einen Ansatzpunkt für die Beantwortung dieser Fragestellungen und damit für die Weiterentwicklung der digitalen Strategien der EU zu liefern. Am Ende dieses Beitrages soll eine Erkenntnis darüber vorliegen, wie die EU ihre Vorgaben im Bereich E-Government umgesetzt hat und ob diese auch die erhoffte Wirkung zeigen. Dazu werden in diesem Beitrag zunächst Grundlagen zum Thema E-Government und zu den entsprechenden Programmen der EU beschrieben. Anschließend wird auf eine aktuelle Studie der Europäischen Kommission eingegangen, die sich mit den Fortschritten der E-Government-Aktivitäten der EU und den einzelnen EU-Staaten beschäftigt. Um diese Fortschritte konkreter zu bewerten, werden im Weiteren beispielhaft zwei Internetangebote für Unternehmen, die öffentliche Ausschreibungen anzeigen, auf ihren Nutzen geprüft. Dies erfolgt mit Hilfe der Nutzwertmethode. Die Bewertung zeigt, inwieweit die Initiativen der EU einen Nutzen gebracht haben bzw. welche Schwierigkeiten es bei der Umsetzung und Akzeptanz auf Seiten der Unternehmen gibt. Daraus ergibt sich, welche weiteren Maßnahmen von Regierungen und Behörden ergriffen werden müssen, um diese Probleme zu meistern.

2 E-Government in der EU Im Folgenden werden die digitalen Programme der EU mit Fokus auf E-Government vorgestellt. Dabei wird ein kurzer Einblick in die Historie der EU-Programme gegeben und im Anschluss auf die i2010-Strategie der Europäischen Kommission eingegangen. Besonderen Wert wird auf den E-Government-Aktionsplan aus dem April 2006 gelegt. Anschließend erfolgt die Vorstellung der Digital Agenda für Europa aus dem Mai 2010, die die Fortführung der i2010-Strategie darstellt. 2.1 Definition von E-Government Da dieser Beitrag den Bereich des E-Governments fokussiert, wird zunächst eine allgemeingültige Definition des Begriffs E-Government angeführt, die als Basis der folgenden Ausführungen dient. E-Government bedeutet frei übersetzt elektronische Behördendienste. Dies entspricht der Sichtweise der EU, die E-Government als „den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), um die öffentlichen Verwaltungen effizienter und wirkungsvoller zu machen und durch

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den Abbau bürokratischer Hindernisse das Wachstum zu fördern“3 definiert. Verwaltung, Administration und Regierung unterstützt durch die neuen technischen Möglichkeiten stehen dabei im Vordergrund. Damit ergibt sich eine Definition als „die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien“.4 Die lang etablierte Verwaltungsprozesse werden nun aufgrund der neuen IKT effizienter abgewickelt. Dabei werden alle Bereiche des öffentlichen Sektors beeinflusst. IKT unterstützen die Beziehung der Behörden untereinander (G2G), der Beziehung der Behörden zum Bürger (G2C) und die Beziehung zwischen Behörden und Unternehmen (G2B). E-Government ist dabei der Oberbegriff für alle elektronischen Behördendienste. Er lässt sich wie folgt untergliedern:5 „ E-Assistance: Unterstützung der alltäglichen Lebensgestaltung „ E-Administration: elektronischer Behördenverkehr „ E-Democracy: politische Partizipation und Meinungsbildung

In diesem Beitrag liegt der vermehrte Fokus auf dem Bereich der E-Administration, welcher von der EU in besonderem Maße voran getrieben wird. 2.2 EU-Programme zum E-Government im Rückblick Die Vorgängerprogramme der i2010-Strategie und der anschließenden Digital Agenda sind unter dem Schirm der eEurope-Programme gestartet. So wurde im Juni 2000 die sogenannte eEurope 2002-Initiative verabschiedet. Darin möchte die EU u.a. ein billigeres, schnelleres und sicheres Internet erreichen.6 Ebenso sind Investitionen in Menschen und Fertigkeiten zu erhöhen.7 Der dritte Punkt, den die EU-Kommission in ihrer eEurope 2002-Initiative thematisiert, fokussiert die Förderung der Nutzung des Internet.8 Hierunter fällt auch der Zugang zu öffentlichen Diensten über elektronische Wege. Es heißt, dass die „wichtigsten grundlegenden öffentlichen Dienste“9 online zur Verfügung stehen sollen. 3 Europäische

Kommission (2007), o.P. Lucke (2000), S. 1. 5 Vgl. Neuroni (2007). 6 Vgl. Europäische Kommission (2000). 7 Vgl. Ibid. 8 Vgl. Ibid. 9 Europäische Kommission (2000), S. 23. 4 Reinermann/von

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Die EU selbst bewertet die Umsetzung dieses Plans als gelungen: „ [Die] Bewertung zeigt, dass eEurope 2002 seine Hauptziele erreicht hat“.10 Allerdings war die Umsetzung der öffentlichen Behördendienste im Internet zum Ende des eEurope 2002-Programms hin nur teilweise abgeschlossen. Die angestrebte OnlineVerfügbarkeit 20 grundlegender öffentlicher Dienste lag nach Beendigung der Initiative 2002 nur bei rund 36%.11 Um u.a. diesen Punkt weiter zu fördern entwickelte die EU bis Mai 2002 die Nachfolgeinitiative eEurope 2005. Hierbei ging es einerseits um die weitere und verbesserte „Förderung von Diensten, Anwendungen und Inhalten“ und andererseits um die „zugrundeliegende Breitband-Infrastruktur und Sicherheitsfragen“.12 Auch im Bereich E-Government strebt die EU eine Weiterentwicklung an. So soll es interaktive öffentliche Dienste geben, die sowohl von Bürgern als auch von Unternehmen genutzt werden können. Bspw. sollen die meisten öffentlichen Beschaffungsmaßnahmen online durchgeführt werden.13 Hierzu stellt die EU in einer ersten Bewertung fest, dass es vor allem Probleme damit gibt, einheitlichene Standards in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zu erreichen.14 Es ist weiter ein starker Koordinationsaufwand durch die EU erforderlich, um diesen Sachverhalt zu verbessern. Auch deswegen entschied sich die EU-Kommission 2005 für eine Weiterentwicklung ihrer eEurope-Programme hin zur i2010-Strategie. 2.3 E-Government in der i2010-Strategie „i2010 – Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung“– so lautet der Titel einer Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 1. Juni 2005. Darin stellt die Kommission ihre Ziele und die daraus resultierenden Herausforderungen im Zuge eines „Aufbaus einer vollständigen integrativen Informationsgesellschaft“15 vor. Es wird dargelegt, wie bereits in der Vergangenheit Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien die Wirtschaft gefördert haben und dass auch in Zukunft neue Entwicklungen zu neuem Wirtschaftswachstum führen werden. Mit der i2010-Strategie setzt die Kommission einen „strategischen Rahmen mit allge10 Ibid.,

S. 20. Eurostat (2009a). 12 Europäische Kommission (2002), S. 3. 13 Vgl. Europäische Kommission (2002). 14 Vgl. Europäische Kommission (2004). 15 Europäische Kommission (2005), S. 3. 11 Vgl.

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meinen politischen Orientierungen“.16 Damit wird eine „offene und wettbewerbsfähige digitale Wirtschaft“17 angestrebt, die auch in Zeiten der Globalisierung international führend ist. Um dieses Ziel zu erreichen, werden drei Hauptbereiche, die es zu unterstützen gilt, genannt:18 „ Schaffung eines einheitlichen europäischen Informationsraums „ Steigerung der Innovation und Investition in die IKT-Forschung „ Aufbau einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft

Einen einheitlichen europäischen Informationsraum sieht die EU-Kommission als Grundlage für das Wirtschaftswachstum an. Es werden Geschwindigkeit, reichhaltige Inhalte, Interoperabilität sowie Sicherheit als große Herausforderungen erwähnt.19 Innovation und Investition in diese Bereiche sind von großer Bedeutung, will man im internationalen Wettbewerb weiter konkurrenzfähig bleiben. Die Zuwachsraten des IKT-Umsatzes in anderen Ländern der Welt, wie z.B. in China, sind weitaus höher als in der EU.20 Deshalb ist eine Förderung der IKT essentiell. Dabei gilt es aber nicht nur in Forschung zu investieren, sondern auch den Transfer von Forschungsergebnissen in wirtschaftliche Erfolge zu gewährleisten.21 Dabei beinhaltet der Aufbau einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft vor allem folgende Aspekte:22 „ Einbeziehung aller Menschen „ Anhebung der Lebensqualität „ Einrichtung hochwertiger öffentlicher Dienste

IKT soll für alle Menschen zur Verfügung stehen. Egal, ob Menschen mit körperlichen Hemmnissen leben müssen oder aufgrund ihres Wohnsitzes Schwierigkeiten haben, eine schnelle Internetverbindung zu erlangen, soll dies nicht dazu führen, dass sie von der Partizipation an der fortwährenden Entwicklung des World Wide Web ausgeschlossen werden. Daher fördert die EU bspw. Breitbandanschlüsse 16 Ibid.,

S. 4. S. 4. Europäische Kommission (2005). ibid. ibid. ibid. ibid.

17 Ibid., 18 Vgl. 19 Vgl. 20 Vgl. 21 Vgl. 22 Vgl.

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im ländlichen Raum.23 Seitens der EU soll die Lebensqualität durch verschiedenste Projekte erhöht werden. Es wurden drei Bereiche identifiziert, die zunächst schwerpunktmäßig verbessert werden sollen: die Bedürfnisse der alternden Gesellschaft, einen sicheren und sauberen Verkehr sowie die kulturelle Vielfalt.24 So wird bspw. eine digitale Bibliothek aufgebaut, die das kulturelle Erbe Europas bewahren und aufbereiten soll und einen barrierefreien Zugang zu selbigen gewährleisten soll. Die Verbesserung öffentlicher Dienste mit IKT ist ein weiterer wichtiger Punkt der i2010-Strategie, der den Hauptaspekt dieses Beitrages ausmacht. In ihrer Mitteilung legt die EU-Kommission die Einsparmöglichkeiten und Wichtigkeit dieses Themas dar. „Es ist eine große Herausforderung, diese Dienste besser, leichter zugänglich und kostengünstiger zu machen.“25 Um dies zu erreichen, sind allerdings viele Hürden zu nehmen. Die EU selbst ist meist nicht direkt für die Umsetzung solcher Dienste verantwortlich, sondern muss seine Mitgliedsstaaten für die Umsetzung gewinnen. Um die Dienste aber europaweit nutzen zu können, müssen gemeinsame „technische, rechtliche und organisatorische Lösungen“26 gefunden werden. Es bedarf also z.B. gemeinsamer Schnittstellen, um einen Austausch sowohl system- als auch länderübergreifend zu gewährleisten. 2.3.1 Der E-Government-Aktionsplan Der E-Government-Aktionsplan der EU-Kommission vom 25. April 2006 ist ein fester und wichtiger Bestandteil der i2010-Strategie. Die EU fokussiert E-Government in besonderem Maße, da von einem positiven Zusammenhang zwischem EGovernment und Wirtschaftsleistung ausgegangen wird.27 Um aber zufriedenstellendes E-Government zu erreichen, sind mehrere Herausforderungen zu überwinden:28 So fordern die Bürger der EU bessere Dienstleistungen, Sicherheit bei der Abwicklung elektronischer Behördentransaktionen und eine Förderung der Demokratie. Für Unternehmen stehen vor allem die Punkte Bürokratieabbau und Effizienzsteigerungen im Mittelpunkt. Dafür ist auch die grenzübergreifende Nutzbarkeit solcher Dienste, vor allem für Unternehmen, erforderlich. Was bereits mit den oben genannten Programmen zur Förderung von E-Government erreicht wurde, 23 Vgl.

Europäische Union (2009). Europäische Kommission (2005). 25 Ibid., S. 11. 26 Europäische Kommission (2005), S. 12. 27 Vgl. Europäische Kommission (2006). 28 Vgl. ibid. 24 Vgl.

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stellt die EU-Kommission anhand einiger Beispiele dar.29 So konnten Unternehmen in Dänemark bspw. durch elektronische Rechnungslegung 50 Mio. Euro pro Jahr einsparen. Auch Sozialleistungen können nun wesentlich schneller beantragt werden als vor der elektronischen Umsetzung. Als fünf Hauptziele definiert die EU in ihrem Aktionsplan, getragen von ersten Erfolgen des E-Governments in Europa, folgende Punkte:30 „ Kein Bürger bleibt zurück: Es werden Vorgaben gemacht, wie ein barrierefreier Zugang zu E-Government gewährleistet werden kann. Dabei ist die Überwindung einer digitalen Kluft erforderlich. Auch neue Zugangswege, wie Digitalfernsehen oder Mobiltelefone, sind zu beachten. „ Echte Effizienz und Effektivität: E-Government-Dienste können für Bürger, Unternehmen und Behörden durch Zeit- und Kostenersparnisse einen Nutzen generieren. Diese Dienste werden meist auf nationaler bzw. regionaler Ebene umgesetzt, sodass die EU eine koordinierende Position einnimmt und versucht, diese miteinander zu vergleichen und positive Ergebnisse auszutauschen. Dadurch kann das Risiko gemeinsam getragen und Größeneinsparungen erzielt werden. Vor allem für Unternehmen ist es wichtig, dass sie so europaweit ihre behördlichen Aufgaben erledigen können. So ist z.B. eine einheitliche Zollabwicklung von Vorteil. „ Einführung sichtbarer Schlüsseldienste: Unter Schlüsseldienste versteht die EU öffentliche Dienste, „deren grenzübergreifende Erbringung den Bürgern, Unternehmen und Verwaltungen höchst nützlich wäre und die deshalb eine Vorreiterrolle für europäische elektronische Behördendienste spielen könnten“.31 Eine dieser Schlüsseldienste ist die E-Vergabe öffentlicher Aufträge. Durch die Einführung dieses Dienstes erhofft sich die EU eine jährliche Einsparung in zweistelliger Milliardenhöhe und einen erleichterten Zugang kleiner und mittelständischer Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen. Als Ziel legen die EUStaaten fest, dass die „gesamte Auftragsvergabe zu 100% elektronisch abzuwickeln“32 ist. Weitere Schlüsseldienste für Unternehmen identifiziert die EU in der Gewerberegistereintragung und der Mehrwertsteuererstattung. „ Schaffung der Voraussetzungen: Da die elektronischen Möglichkeiten immer weiter voran schreiten, sind grundlegende Voraussetzungen zu schaffen, um 29 Vgl.

ibid. ibid. 31 Europäische Kommission (2006), S. 8. 32 Europäische Kommission (2006), S. 9. 30 Vgl.

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Lukas-Julius Hüwe diese Möglichkeiten auch auszunutzen. So ist es vor allem nötig bspw. eine sichere Identifizierung im Internet zu ermöglichen. Dies fasst die EU unter dem Punkt interoperables elektronisches Identitätsmanagement (eIDM) zusammen. Da diese Thematik aber von Land zu Land unterschiedlich– vor allem im Hinblick auf kulturelle Traditionen und Datenschutzvorgaben– zu bearbeiten ist, ist das eIDM schwierig umzusetzen. Ziel ist es, bis 2010 jedem Bürger die Möglichkeit zu geben, sich in ganz Europa gegenüber öffentlichen Diensten im Internet zu identifizieren. Auch Unternehmen würden von diesem Angebot durch eine sicherere Abwicklung ihrer Geschäftsprozesse profitieren. Elektronische Signaturen sind eine Möglichkeit eIDM umzusetzen.

„ Stärkung der Bürgerbeteiligung und der demokratischen Entscheidungsprozesse: In Deutschland wie auch in anderen Ländern der EU ist die Partizipation an der Demokratie ausbaufähig. Hier erhofft sich die EU-Kommission eine Verbesserung durch elektronische Partizipationsoptionen wie bspw. Konsultationen oder Meinungsumfragen über das Web. Auch die Meinungsäußerung der Bürger wird durch das Internet gefördert. So bieten z.B. Blogs die Möglichkeit für Beiträge zur öffentlichen Diskussion.

Diese fünf Hauptziele sollen durch die Fortführung einer Gruppe mit Vertretern erfolgreicher E-Government-Initiativen, die bereits im Zuge vorheriger E-Government-Projekte der EU ins Leben gerufen wurde, umgesetzt werden.33 Um eine gute Entwicklung neuer elektronischer Dienste zu erreichen, ist eine Zusammenarbeit aller Beteiligten, also der EU, der EU-Mitgliedsstaaten, der einzelnen Behörden, der Wirtschaft sowie der Bürger, erforderlich. 2.3.2 Abschlussbericht der i2010-Strategie Zur i2010-Strategie legte die EU im August 2009 einen Abschlussbericht vor. Dieser Bericht sieht die Strategie als eine erfolgreiche Initiative der EU. Viele greifbare Ergebnisse hat i2010 hervorgebracht, so z.B. die Steigerung der schnellen Internetzugänge oder „rasche Fortschritte bei der Bereitstellung und Nutzung der 20 elektronischen öffentlichen Dienste“.34 Die EU legt in ihrem Abschlussbericht dar, wie die drei Hauptsäulen der i2010-Strategie erfolgreich vorangetrieben wurden. So ist die Basis eines europäischer Informationsraums geschaffen worden, der u.a. einen Ansatz eines digitalen europäischen Binnenmarktes zur 33 Vgl.

ibid.

34 Europäische

Kommission (2009), S. 4.

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Folge hat.35 Dazu wurde ein Rechtsrahmen geschaffen, der Sicherheit, Datenschutz und Information für die Bürger und Unternehmen bietet.36 Auch der Förderung von Forschung und Innovation als zweite Säule wurde zumindest in Teilen nachgekommen. Man erzielte Fortschritte, ist aber weiterhin nicht führend in der Welt.37 Vor allem eine zu große Fragmentierung innovativer Märkte in den einzelnen EU-Staaten wird kritisiert. Die EU fordert daher eine „verstärkte und besser koordinierte Ausrichtung auf Forschung und Entwicklung“.38 Die dritte Säule, eine Informationsgesellschaft für alle Menschen in Europa, bezieht sich auf die Herausforderungen, die sich durch die demografischen Entwicklung ergeben. So sollen bspw. elektronische Behördendienste allen Bürgern zugänglich sein. Ein zentrales Problem ist die fehlende Interoperabilität zwischen Diensten und Staaten.39 Losgelöst von diesen allgemein gehaltenen Thesen werden allerdings keine konkreten Ergebnisse im Abschlussbericht zur i2010-Strategie zum Thema E-Government präsentiert. Jedoch werden seitens der EU bzgl. der Umsetzung von E-Government-Diensten einige Herausforderungen angeführt, die insb. die Interoperabilität der elektronischen Behördendienste betreffen.40 Diese Herausforderungen werden in der Digital Agenda for Europe aufgegriffen. 2.4 E-Government in der Digital Agenda Als Nachfolge der i2010-Strategie hat die EU im Mai 2010 die Digital Agenda für Europa veröffentlicht. Diese ist eine der sieben Leitinitiativen der Strategie Europa 2020 der EU, die Europa aus der Finanz- und Wirtschaftskrise führen und für nachhaltiges Wachstum sorgen soll. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt geht die EU-Kommission auch auf den sozialen Zusammenhalt in Europa ein, denn das Ziel der Agenda ist es, „aus einem digitalen Binnenmarkt, der auf einem schnellen bis extrem schnellen Internet und interoperablen Anwendungen beruht, einen nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu ziehen“.41 Dieses Ziel, dessen wirtschaftlicher Aspekt in der i2010-Strategie fokussiert wurde, ist bisher nicht erreicht worden.42 Zur Verwirklichung werden in der Digital Agenda sieben Problembereiche definiert, die es laut EU zu lösen gilt; E-Government-Dienste spie35 Vgl.

ibid. ibid. 37 Vgl. ibid. 38 Ibid., S. 8. 39 Vgl. ibid. 40 Vgl. ibid. 41 Europäische Kommission (2010), S. 3. 42 Vgl. Europäische Kommission (2009). 36 Vgl.

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len in diesem Zusammenhang, wie auch schon in der i2010, eine wichtige Rolle.43 Zur Umsetzung der Ziele44 sind regelmäßige Koordination und Kommunikation zwischen den einzelnen EU-Staaten, den Europäischen Institutionen und den Interessengruppen nötig. Die EU strebt damit übergeordnet nach der Realisierung eines digitalen Binnenmarktes für einen nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen.

3 Status quo des E-Governments in Europa Im folgenden Abschnitt wird ein Blick auf den aktuellen Stand der Umsetzung von E-Government in der EU geworfen. Zunächst wird eine Studie vorgestellt, die die Bereiche des E-Governments betrachtet. Anschließend werden exemplarisch zwei Ausschreibungsplattformen im Vergleich mit Hilfe der Nutzwertanalyse untersucht und bewertet. 3.1 Aktuelle Umsetzung Im November 2009 hat die EU eine Studie zum Fortschritt des E-GovernmentAktionsplan aus dem Jahr 2006 mit dem Titel i2010 E-Government Action Plan Progress Study veröffentlicht. Darin werden die Fortschritte in den fünf einzelnen Bereichen des E-Government-Aktionsplans, welche in Abschnitt 2.3.1 dieses Beitrags vorgestellt wurden, aufgezeigt: „ Kein Bürger bleibt zurück: Dieser Bereich, der das sogenannte Inclusive EGovernment abbildet, hat sich in den Jahren von 2006 bis 2009 stark verbessert. War inklusives E-Government 2006 überhaupt erst in neun Ländern Europas ein Thema, so ist es heute schon in fast allen Staaten als wichtiger Punkt angesehen.45 Allerdings besteht weiterhin konkreter Umsetzungsbedarf, da bislang nur eine Basis zur Implementierung geschaffen wurde. So ist bspw. immer noch ein erwähnenswerter Teil der Bevölkerung und der Unternehmen von einem schnellen Breitbandanschluss ausgeschlossen. 17% der Unternehmen in der EU27 sind laut der europäischen Statistikamtes ohne Breitbandanschluss.46 43 Vgl.

Europäische Kommission (2010). hierzu den Beitrag von Kollmenn/Kayser in diesem Sammelwerk. 45 Vgl. Huijboom et al. (2009). 46 Vgl. Eurostat (2009d). 44 Vgl.

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Auch der Plan, so viele Menschen wie möglich mit in die Entwicklung von EGovernment einzubeziehen, ist noch nicht realisiert worden. Erst 26% der Personen in Europa nutzen das Internet für die Kommunikation mit Behörden.47 „ Echte Effizienz und Effektivität: Hier lässt sich festhalten, dass laut der EUStudie eine Verbesserung eingetreten ist. So haben inzwischen 93% der EU27Staaten Richtlinien zur Entwicklung von mehr Effizienz und Effektivität erlassen. Dadurch entstehen in den meisten Länder bessere Nutzerzufriedenheit, verringerte Verwaltungslasten und Effizienzsteigerungen.48 Eine Messung der Fortschritte in diesem Bereich ist allerdings noch nicht weit verbreitet. Da man hier oft nur von Nutzerfreundlichkeit ausgeht, ist dies zunächst ein subjektiver Eindruck, der erst noch durch Zahlen bestätigt werden muss. Ein weiterer Bereich zur Erhöhung von Effizienz und Effektivität in der Verwaltung ist der Austausch bewährter Systeme, die in einzelnen Mitgliedsstaaten bereits erfolgreich gearbeitet haben. Mit dem Portal ePractice.eu hat die EU einen Dienst zu Verfügung gestellt, mit dem sich öffentliche Behörden aus allen Ländern austauschen und dort Dienste weiter verbreiten können. So ist es möglich effizienter zu arbeiten, da Ressourceneinsparungspotenziale realisierbar werden, getreu dem Motto der Website „It goes beyond the “exchange cases” and facilitates the exchange of advice, experiences, events and stories.”49 „ Einführung sichtbarer Schlüsseldienste: Die Schlüsseldienste, die den Bürgern und Unternehmen aufzeigen sollen, wie sinnvoll E-Government-Systeme sind, sind mittlerweile in vielen Ländern implementiert und nutzbar. Dies ist vor allem der Fall, da diese Systeme teilweise bereits vor dem Inkrafttreten des E-Government-Aktionsplans 2006 umgesetzt bzw. initiiert wurden.50 Ein Projekt, das allerdings erst mit dem E-Government-Aktionsplan initiiert wurde, ist das Pan-European Public Procurement Online (PEPPOL)-Projekt. Dieses Projekt soll dazu führen, dass auf europäischer Ebene eine einheitliche EProcurement-Lösung gefunden wird. „Das bedeutet, jedes Unternehmen in einem EU-Land kann mit jeder Verwaltung in einem anderen EU-Land sämtliche Beschaffungsverfahren elektronisch abwickeln.“51 Es ist aber noch in der Aufbauphase, sodass bisher keine Erleichterungen für Unternehmen durch dieses Projekt messbar sind. Das Ziel der 100%igen Verfügbarkeit von öffentlichen Ausschreibungen im Internet im Jahr 2010 ist laut der EU-Studie nicht erreich47 Vgl.

Eurostat (2009b). Huijboom et al. (2009). 49 ePractice.eu (2009), o.P. 50 Vgl. Huijboom et al. (2009). 51 PEPPOL (2009), o.P. 48 Vgl.

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Lukas-Julius Hüwe bar. So ergibt sich zurzeit eine Verfügbarkeit von etwa 63%.52 Auch das Ziel der 50%igen Nutzung der EU-weiten Ausschreibungen ist mit etwa 30% nur zum Teil erreicht.53 Zahlen des statistischen Amtes der EU Eurostat zeigen deutlich, dass auch noch nicht alle Unternehmen auf eine komplette Umstellung auf Internet-basierte Dienste vorbereitet sind. So nutzten bspw. im Jahr 2009 23% der Unternehmen im EU-Raum die Angebote zur elektronischen Kommunikation mit Behörden gar nicht.54

„ Schaffung der strukturellen Voraussetzungen: Dieser Punkt wird von allen Ländern der EU als Punkt mit höchster Priorität behandelt. „High impact services, such as eProcurement, can for instance only be provided if electronic identification management (eIDM) systems are in place.”55 Dies zeigt die Wichtigkeit dieser Voraussetzungen auf, welche allerdings noch nicht flächendeckend vorhanden sind. So sind in 83% der EU-Länder eIDM-Systeme für Bürger und Unternehmen implementiert.56 Allerdings sind diese Systeme meist nur national verwendbar und oft nur mit geringen Sicherheitsstandards ausgestattet. Entsprechende Möglichkeiten auf europäischer Ebene gibt es noch nicht. Programme wie STORK, SPOCS und ePSOS sollen dies beheben. Diese werden zur Zeit umgesetzt, sind aber noch nicht nutzbar.57 „ Stärkung der Bürgerbeteiligung und der demokratischen Entscheidungsprozesse: Der letzte Punkt des E-Government-Aktionsplans fokussiert die Bürgerbeteiligung. Dieser Bereich ist der am größten wachsende innerhalb des Aktionsplans. Inzwischen haben 25 Länder in der EU Maßnahmen ergriffen, um elektronische Partizipation zu verbessern.58 Vor allem auf regionaler Ebene sind entsprechende Beteiligungssysteme weit verbreitet.59 So besteht in der Zukunft die Aufgabe, solche Systeme auch auf nationale und europäische Ebene auszuweiten und deren Akzeptanz zu fördern.

52 Vgl.

Huijboom et al. (2009). ibid. 54 Vgl. Eurostat (2009c). 55 Huijboom et al. (2009), S. 73. 56 Vgl. ibid. 57 Vgl. ibid. 58 Vgl. ibid. 59 Vgl. ibid. 53 Vgl.

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3.2 Elektronische öffentliche Ausschreibungen im Vergleich Im Folgenden wird zur Erfassung des Status quo exemplarisch ein Schlüsseldienst untersucht und bewertet. Der hier betrachtete Schlüsseldienst ist die öffentliche Ausschreibung von Aufträgen und Dienstleistungen im Internet. Die Untersuchung wird durch einen Vergleich zweier Plattformen im Internet durchgeführt, wobei es sich zum einen um Plattform handelt, die der EU zuzurechnen ist und zum anderen um eine, die originär aus Deutschland stammt. 3.2.1 Die Nutzwertanalyse Die Nutzwertanalyse ist die „Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit dem Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystem zu ordnen“.60 Nun geht es in diesem Beitrag zwar nicht um die Wahl einer Handlungsalternative für ein Unternehmen; dennoch handelt es sich um zwei verschiedene Systeme, die durch die Bewertung verschiedener Präferenzen, also Kriterien, auf ihren Nutzen für Unternehmen hin zu untersuchen sind. Zur Bewertung werden folgende Kriterien, die sich aus den obigen Ausführungen ergeben, herangezogen: „ Voraussetzungen: „Die Teilnahme an digitalen Ausschreibungen sollte [. . . ] weder mit hohen Installations- noch Betriebskosten verbunden sein.“61 Dies gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, die über wenig Ressourcen verfügen. Ressourcen steht in diesem Fall einerseits für Know-How auf Seiten der Mitarbeiter, andererseits für die Verfügbarkeit von Hard- und Software. „ Usability: “Usability refers to the ease with which users can access and navigate around the web portal.”62 Dies umfasst bspw. Mehrsprachigkeit, Glossare, ein Update-Bereich, eine Sitemap oder auch einen FAQ-Bereich. Ebenso sollten Suchoptionen, spezielle Datenbanken und ein einheitliches Layout vorhanden sein.63 Auch sollten sog. Medienbrüche vermieden werden. Von einem Medienbruch wird dann gesprochen, wenn „bei der Übertragung von Information innerhalb der Übertragungskette ein Wechsel des Mediums“64 erfolgt.

60 Zangemeister

(1977), S. 45. (2006), S. 39. 62 Gant et al. (2002), S. 17. 63 Vgl. Pina (2007). 64 Lackes/Siepermann (o.J.) o.P. 61 Broens/Glock

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Abb. 1: Gewichtung der Kriterien „ Kostenaspekt: Kosteneinsparung ist ein wichtiger Aspekt, der für Unternehmen von großer Bedeutung ist. Hier ist entscheidend, in welcher Höhe ggf. Installationskosten anfallen, welche Gelder sich durch die Nutzung der Portale z.B. durch geringere Druckkosten oder Portokosten einsparen lassen und welche Gewinne durch mögliche Aufträge erzielt werden können.65

Die Nutzwertanalyse wird wie folgt durchgeführt: Auf einer Skala von 0 (nicht vorhanden) bzw. (schlecht) bis 4 (sehr gut umgesetzt) bzw. (optimal) werden die einzelnen Kriterien bewertet. Abbildung 1 visualisiert die Gewichtung der Kriterien und begründet diese Gewichtung, welche sich aus dem Stellenwert der Kriterien in den in Abschnitt 2 dieses Beitrags vorgestellten Strategien ergibt.

65 Vgl.

Laufenberg (2003).

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3.2.2 TED – tenders electronic daily Die EU veröffentlicht ihre Ausschreibungen in einem Amtsblatt für öffentliches Auftragswesen. Dieses Amtsblatt wird auch auf der Website http://ted.europa.eu/ präsentiert (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Die TED-Website für öffentliche Ausschreibungen Die Anmeldung bei TED ist sofort durchführbar und nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Privatpersonen möglich. Meldet man sich an, so erscheinen eine Liste mit allen Ländern Europas sowie mit verschiedenen Geschäftsmöglichkeiten, wie bspw. Wettbewerbsbekanntmachung oder Auftragsbekanntmachung. Nun kann beliebig navigiert werden, um so zu den Ausschreibungen in den einzelnen Ländern oder in den einzelnen Geschäftsbereichen gelangen. Im linken Bereich der Website findet sich eine Navigationsleiste, die direkt alle wichtigen Themen abdeckt. Ein Zugriff auf ein Nutzerkonto ermöglicht verschiedenste Einstellungen sowie ein komplette Löschung des Kontos. Weitere Punkte der Navigationsleiste sind Suche, Durchblättern, Neuerungen, RSS-Feed und Links. Öffentliche Ausschreibungen werden auf der TED-Website erst ab einem bestimmen Auftragswert erfasst. So sind Bauaufträge ab einem Wert von 5.150.000 Euro

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zu veröffentlichen.66 Findet man eine interessante Ausschreibung so kann man sich diese in allen Amtssprachen der EU anzeigen lassen. Man erhält alle Informationen vom Auftraggeber über die Verfahrensart bis hin zum Datum des Tages der Absendung der jeweiligen Bekanntmachung. Eine Bewerbung zur Auftragsübernahme ist nicht jedoch direkt möglich. Der Kontakt zum Auftraggeber erfolgt über den Postweg, das Telefon, per E-Mail oder die Website des Auftraggebers. Der zuletzt genannte Punkt ist ein negativer Aspekt der TED-Website. Vorteile, die das World Wide Web bietet, Prozesse einheitlich abzuwickeln und Medienbrüche zu vermeiden, werden in diesem Fall nicht genutzt. Dieser Medienbruch führt zu Schwierigkeiten in der Umsetzung des Prozesses, sodass vermeidbare Ressourcen und Gelder in Anspruch genommen werden müssen.67 Es ist festzuhalten, dass es sich im Grunde nur um eine Veröffentlichung des physischen Amtsblattes handelt. Vorteile des Internets werden nur minimal genutzt, indem bspw. eine gute Suchfunktion vorhanden ist (Medienbruch = 0; Suchfunktion = 3). Positiv zu bewerten ist, dass der Zugang für alle Interessierten einfach möglich ist. So sind technische Vorrausetzungen, wie besondere Software oder Hardware nicht gegeben. Auch auf rechtliche Beschränkungen für die Anmeldung beim TED wird verzichtet. Ebenso sind, durch die Möglichkeit die Seite in allen 23 europäischen Amtssprachen68 darzustellen, Sprachbarrieren nicht vorhanden (benötigte Hard/Software = 4; benötigtes Know-How = 3; Sprache = 3). Hilfsmöglichkeiten sind ausreichend vorhanden, aber beim Test lediglich in englischer Sprache vorhanden. Ebenso fehlt eine FAQ-Liste. Das Layout der Seite ist einheitlich und gut strukturiert (Hilfsfunktionen = 2; Layout = 3). Ein Ziel der EU, kleineren und mittleren Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern, ist allerdings nicht erreicht. Die Tatsache, dass Aufträge erst ab einer bestimmten Höhe auf der Website ausgeschrieben werden, hindert kleinere Unternehmen daran, von TED zu profitieren. Dagegen sind die Installationskosten gering. Negativ zu bewerten ist, dass, wie bereits oben erwähnt, durch die Medienbrüche mögliche Kosteneinsparungen ungenutzt bleiben (Kostenaspekt = 2). Insgesamt lässt sich festhalten, dass die umgesetzten Aspekte strukturiert und übersichtlich dargestellt werden. Die ist positiv zu bewerten. Allerdings stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Plattform wenn, wie im Falle von TED, die Funktionalität des Internets nur sehr eingeschränkt genutzt wird. 66 Vgl.

SIMAP (o.J.); weitere Schwellenwerte: öffentl. Bauaufträge: 515.0000 Euro; Dienstleistungsaufträge, Lieferaufträge: 206.000 Euro; Lieferungen in den Sektoren Wasser, Energie und Verkehr: 412.000 Euro; Lieferungen im Sektor Telekommunikation: 750.000 Euro. 67 Vgl. Brüggemeier et al. (2006). 68 Vgl. Europäische Kommission (2008), S. 3.

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3.2.3 E-Vergabe – die Vergabeplattform des Bundes Auf deutscher Ebene ist http://www.evergabe-online.de/ als Vergabeplattform für öffentliche Aufträge vorgesehen (siehe Abb. 3). Dort stellen sowohl Behörden des Bundes, der Bundesländer als auch der Kommunen Ausschreibungen ins Internet.69

Abb. 3: E-Vergabe – die Vergabeplattform des Bundes Zunächst erhält man auf der Startseite einen Überblick über verschiedenste Hinweise zur technischen Nutzung, Informationen über weitere Angebote der Plattform und Neuigkeiten der Seite. Auf der linken Seite lässt sich sofort eine Suchanfrage starten, die mit einigen Variationen, u.a. einer EU-weiten Suche, durchgeführt werden kann. Führt man eine solche durch, so erhält man bei Erfolg die zu seiner Suche passenden Ausschreibungen. Alle wichtigen Informationen, z.B. die Kontaktadresse, über den Auftrag werden angezeigt. Als Sprache stehen sowohl deutsch als auch englisch zur Verfügung. Aufträge selbst sind allerdings nur auf deutsch zugänglich. Direkt auf der Website erhält man wie auch bei der TED69 Vgl.

Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (2006).

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Seite der EU nur die Ausschreibung. Möchte man aber sein Angebot elektronisch abgeben, so benötigt man den sog. Angebotsassistenten (Ana). Dabei handelt es sich um einen Client, der die Möglichkeit bietet, auch mit Hilfe einer Reihe von elektronischen Signaturen einen sicheren und effizienten Ablauf der Ausschreibung zu gewährleisten. Bei Clients handelt es sich um eine Anwendung, die auf eine Datenbank zugreift, die auf einem anderen Rechner gehalten wird.70 Dadam spricht dabei von einer Funktionsaufteilung.71 Die Nutzung von Ana ist nur Unternehmen nach vorheriger Registrierung möglich. Ebenso wird vorausgesetzt, dass bestimmte Programme und Signaturen vorhanden sind. So müssen bspw. Adobe Acrobat oder bestimmte Signaturkomponenten genutzt werden.72 Mit Ana ist es dem Nutzer möglich, über eine Menüleiste verschiedene Dinge zu bearbeiten. So kann er nach öffentlichen Ausschreibungen, hier Verfahren genannt, suchen und die entsprechenden Unterlagen anfordern. Ist er an diesem Verfahren interessiert und möchte er ein Angebot abgeben, muss er ein PDF erstellen. Dies muss mit einer der verschiedenen Signaturen gesichert und identifizierbar sein. Diese Datei kann er nun mit Hilfe des Client Ana an die entsprechende zuständige Stelle senden und erhält eine Empfangsbestätigung und ggf. eine Auftragsbestätigung. Der zuletzt genannte Punkt ist ein großer Fortschritt im Vergleich zum Angebot der EU. Hier ist ein Medienbruch nicht so deutlich vorhanden. Alle Schritte können mittels PC genutzt werden. Allerdings sind die Vorrausetzungen zur Nutzung weitaus höher. Die Einrichtung des Angebotsassistenten dürfte kleineren Unternehmen einige Schwierigkeiten bieten, da die technische Ausstattung nicht immer gegeben sein dürfte. Auch das benötigte Wissen zur reibungslosen Installationen ist vermutlich nicht immer vorhanden (Medienbrüche = 4; benötige Hard/Software = 2; benötigtes Know-How = 2). Positiv zu bewerten ist es, dass elektronische Signaturen genutzt werden. Diese führen laut der EU zu einer Gewährleistung der Sicherheit und des Vertrauens in offene Netze.73 So ist bei diesem Verfahren eine erhöhte Sicherheit gegeben. Dadurch ist die komplette Umsetzung des Verfahrens im Internet möglich, sodass Kosten auf Seiten der Unternehmen eingespart werden können. Auch eine Beschränkung der Auftragswerte ist nicht gegeben. Dies führt dazu, dass auch kleinere Unternehmen vom Online-Angebot profitieren können. Die Suchfunktion ist genauso wie beim Angebot der EU gut gelungen (Kostenaspekt = 3; Suchfunktion = 3). Betrachet man bspw. die Sprachauswahl, so ist die von der EU geforderte europaweite Nutzung nur im Ansatz 70 Vgl.

Dadam (1996).

71 ibid. 72 Vgl.

Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (o.J.). Kommission (1998).

73 Europäische

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umgesetzt. Die Umsetzung der Website in die englische Sprache ist außerdem mangelhaft, da Ausschreibungen selbst nur auf deutsch vorhanden sind. Trotz dieser Sprachhindernisse ist es über das Internet prinzipiell möglich, aus dem EUAusland an Ausschreibungen teilzunehmen (Sprache = 1). Das Layout der Seite wirkt beim der Betrachtung veraltet. Ebenfalls ist die Hilfsseite in einem anderen, zur restlichen Website inkonsistenten, Design gehalten. Dennoch sind die Hilfsmöglichkeiten sind vorhanden und inhaltlich gut umgesetzt (Layout = 2; Hilfsfunktionen = 4). 3.3 Abschlussbewertung Der Vergleich der beiden Internetangebote der EU und der Bundesrepublik Deutschland zeigt gewisse Unterschiede in der Umsetzung der im E-Government-Aktionsplan geforderten Maßnahmen zur Verbesserung von E-Government, in diesem Falle der elektronischen öffentlichen Ausschreibung. Im Ergebnis der Nutzwertanalyse wird den Dienst der EU mit 2,25 Punkten und die Seite des Bundesamtes für Beschaffung mit 2,8 Punkten bewertet (siehe Abb. 4). Der entscheidende Punkt, der die Seite des Bundes besser abschneiden lässt, ist der Aspekt der Medienbrüche. Die Tatsache, dass sich der Prozess der Angebotsabgabe mit dem Angebotsassistenten komplett online abwickeln lässt, bringt einem Unternehmen den größten Nutzen. So wirkt sich dies vor allem auf Einsparung von Ressourcen aus. Sowohl Arbeitszeit als auch Kosten können gesenkt werden. Auch die Hilfsfunktionen sind bei evergabe-online.de wesentlich besser ausgestattet als bei der europäischen Seite. Dies ist aber auch notwendig, da bei der Installation und dem Gebrauch gewisse Kenntnisse vorhanden sein müssen. Die Website ted.europe.eu ist eine Verbesserung zum vorher handelsüblichen Amtsblatt in Papierform, nutzt aber nicht vollkommen die Vorteile von IKT. So ist festzuhalten, dass die Darstellung der Ausschreibungen, vor allem im Bereich der Einfachheit und der Suchfunktionen, gut gelungen ist. Auch die Verwendung aller europäischen Amtssprachen sowie ein ansprechendes Layout führen zu einer verbesserten Bewertung. Dies gleicht aber nicht die negative Bewertung durch die nicht angebotene elektronische Abwicklung des Ausschreibungsvorganges aus. In den letzten Jahren seit dem Inkrafttreten des E-Government-Aktionsplanes wurden große Fortschritte erzielt. So veranlasste die EU die einzelnen Regierungen der EU27 dazu, auch in ihren Ländern verstärkt auf E-Government einzugehen und eigene Initiativen zu starten. Obwohl solche Initiativen auch den Breitbandanschluss der Bürger und Unternehmen verbessern sollte, bekommen heute immer noch nicht alle diese Möglichkeit des schnellen Internetzugangs. Dies kann vor

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Abb. 4: Ergebnis der Nutzwertanalyse allem bei Unternehmen zu Nachteilen, die ggf. den Geschäftserfolg gefährden, führen, da bspw. Aufträge nicht angenommen bzw. erst gar nicht wahrgenommen werden können. Wie die oben aufgeführten Zahlen von Eurostat verdeutlichen, werden einige Ziele des E-Government-Aktionsplanes verfehlt. Dies betrifft vor allem den Bereich der öffentlichen Ausschreibungen. Hier wird das Ziel der 100%igen Verfügbarkeit und der 50%igen elektronischen Vergabe nicht erreicht.

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4 Fazit und Ausblick E-Government ist ein wichtiger Bestandteil sowohl im Rahmen der i2010-Strategie als auch der Digital Agenda der EU. E-Government ist inzwischen weit verbreitet und wird von vielen Unternehmen genutzt. Trotzdem gilt es in der Zukunft, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um für alle Unternehmen und Bürger die Voraussetzungen zu schaffen, vorhandene Angebote bzw. Dienste nutzen zu können. Es bedarf Unterstützung, um Hemmschwellen vor allem bei kleineren Unternehmen, wie z.B. die Installation der notwendigen Software, zu überwinden. Ebenso ist es hilfreich, den Betrieben die Vorteile klar zu verdeutlichen. Hier gilt es, vor allem die Möglichkeiten eines europaweiten Marktes zu erläutern, der neue Absatzmöglichkeiten verspricht. Bei der Umsetzung von E-Government-Projekten ist darauf zu achten, dass in Zukunft die Koordination der elektronischen Angebote auf EU-Ebene verbessert wird. Es ist ratsam, die Dienste in einer zentralen Anlaufstelle zu verbinden, sodass nicht jeder einzelne Staat eine Website zum gleichen Thema einrichtet, welche auf EU-Ebene nicht integrierbar ist. In Kontrast zu diesen Potenzialen steht die Umsetzbarkeit solcher Vorschläge, da bereits auf Staatenebene, vor allem in föderalen Staatssystemen wie in Deutschland, viel Rücksicht auf die Bedürfnisse von Kommunen und Ländern genommen werden muss. Speziell für den Bereich öffentlicher Ausschreibungen scheint das PEPPOL-Projekt ein guter Ansatz zu sein. Hier muss sich zeigen, wie Umsetzung und Akzeptanz zukünftig gestaltet sein werden. Für die EU gilt es, zunächst eine elektronische Abwicklung ihres Ausschreibungsprozesses zu ermöglichen. Man erkennt, dass es den EU27 wichtig ist, die Vorteile der IKT zu nutzen. Durch die grundlegenden Strategien im Allgemeinen und dem E-Government-Aktionsplan im Speziellen haben die EU-Staaten einen wichtigen Fortschritt hin zu einer einheitlichen Informationsgesellschaft gemacht. Diese Entwicklung ist fortzuführen und zu intensivieren, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

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Elektronisches Identitätsmanagement in der EU Jenny-Simone Langenberg

1 Problemstellung und Gang der Untersuchung Die öffentliche Verwaltung in der EU soll online erreichbar sein, um Privatpersonen und Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, grenzüberschreitend elektronisch mit ihnen kommunizieren zu können. Die unternehmerische Initiative soll außerdem begünstigt und der Kontakt des Bürgers mit der Verwaltung erleichtert werden. Europaweit haben Behörden begonnen, ihre Behördendienste im Rahmen von E-Government rund um die Uhr online zugänglich zu machen. Genau hier liegt jedoch das Problem. Die Behörden konzentrierten sich bei der Umsetzung in erster Linie auf nationale Anforderungen und Mittel. Es ist somit ein komplexes System mit unterschiedlichen Lösungen entstanden. Europa läuft Gefahr, dass diese Situation neue Hindernisse für grenzübergreifende Märkte mit sich zieht und ein funktionierender Binnenmarkt nicht gewährleistet werden kann. Probleme beim Zugang zu grenzüberschreitenden elektronischen Dienstleistungen liegen dabei auch in der Verwendung der elektronischen Identifizierung und der elektronischen Signatur. Die personenbezogene Identifizierung in elektronischen Verwaltungsverfahren kann erforderlich sein, um Datenmissbrauch zu verhindern. Mangelnde Interoperabilität1 auf technischer, organisatorischer und rechtlicher Ebene stellen das Hauptproblem dar.2 Ein weiterer kritischer Punkt ist die Einhaltung der Datenschutzrechte der jeweiligen Benutzer des elektronischen Identitätsmanagements.

1 Nach

ISO 19118 wird Interoperabilität beschrieben als die Fähigkeit zur Kommunikation, zur Ausführung von Programmen und zum Austausch von Daten zwischen verschiedenen funktionalen Einheiten in einer Art und Weise, die von Anwendern wenige oder gar keine Kenntnisse über diese Einheit erfordert. 2 Vgl. Europäische Kommission (2008).

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Diesem Beitrag liegen die Ziele des E-Government-Aktionsplans sowie der Digital Agenda zugrunde.3 In Abschnitt 2 wird elektronisches Identitätsmanagement einer Begriffsdefinition unterzogen. Des Weiteren werden Nutzen und Notwendigkeit des elektronischen Identitätsmanagements erläutert. Abschnitt 3 des Beitrags beschäftigt sich mit möglichen Anforderungen des elektronischen Identitätsmanagements am Beispiel der EU-Dienstleistungsrichtlinie und beschreibt Anforderungen im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit aus Sicht der beteiligten Akteure. In Abschnitt 4 wird auf elektronische Identitätsdokumente sowohl in Deutschland als auch in Europa eingegangen und auf Mängel bezüglich des Datenschutzes und der Datensicherheit hingewiesen. Abschnitt 5 beschäftigt sich mit den verschiedenen Ausprägungen der Interoperabilität und zeigt auf, warum diese für Europa so wichtig sind. Folgend wird ein Fazit zum elektronischen Identitätsmanagement in der EU gezogen.

2 Elektronisches Identitätsmanagement 2.1 Begriffsdefinition Das Arbeiten mit elektronischen Informations- und Kommunikationssystemen fordert allgemein ausgeklügelte Verfahren zur Benutzererkennung und Benutzerverwaltung. Diese werden zusammengefasst unter dem Begriff elektronisches Identitätsmanagement. Alle Prozesse und Datenbestände zur Benutzerverwaltung werden durch das elektronische Identitätsmanagement erfasst und unterstützen die drei folgenden Aufgaben:4 „ Identifikation: Identifikation beschreibt die eindeutige Erkennung der Benutzer. Die Identität kann über eindeutige Namen, Merkmalskombinationen oder künstliche Identifikationsschlüssel festgestellt werden. „ Authentifikation: Authentifikation beschreibt die Überprüfung der Echtheit der Anwender. Hier ist im Wesentlichen festzustellen, ob ein Benutzer tatsächlich derjenige ist, für den er sich ausgibt. Bei Informations- und Kommunikationssystemen ist die Vergabe eines Passwortes üblich. Das reicht heute oft nicht mehr aus. Vielmehr werden mehr und mehr elektronische Signaturen verwendet. 3 Vgl. 4 Vgl.

hierzu die Beiträge von Hüwe und Kollmann/Kayser in diesem Sammelwerk. Meier (2009); Mezler-Andelberg (2008).

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„ Autorisation: Neben der Identifikation und Authentifikation verlangt das elektronische Identitätsmanagement die Vergabe von Rechten und Pflichten, die ein Benutzer erhält. Durch Autorisation wird das Zugriffsrecht geklärt sowie das Recht, Datenbestände zu bearbeiten.

Elektronisches Identitätsmanagement kann somit als die Verwaltung und Nutzung von partiellen Identitäten definiert werden. Partielle Identitäten beschreiben dabei eine durch Attribute charakterisierte natürliche oder juristische Person, die einem kommunikativen Kontext zugeordnet ist.5 2.2 Nutzen und Notwendigkeit In modernen Industrienationen kommt dem Internet eine immer stärkere Bedeutung zu. Es entwickelt sich zu einem eigenen Lebens-, Wirtschafts- und Sozialraum. Die Virtualisierung, also die Verfügbarkeit von Services unabhängig von Raum und Zeit, wird durch elektronische Netzwerke möglich. Auch Dienstleistungen des öffentlichen Sektors können zunehmend über das Internet in Anspruch genommen werden. Die Verfügbarkeit von E-Government-Services in der EU sowie Kroatien, Norwegen, Island und der Schweiz stieg bspw. von 76% im Jahr 2007 auf 83% im Jahr 2009.6 Die zunehmende Virtualisierung geht mit immer größeren und detaillierteren Datenbeständen einher. Je mehr Informationen vorliegen, desto genauer kann das Leben eines Bürgers beschrieben werden. Die wachsenden Datenbestände und die Virtualisierung haben drei Konsequenzen zur Folge, welche durch die EU adressiert werden:7 „ Authentisierung für alle Anwender: Aufgrund hoher Komplexität oder fehlendem Vertrauen muss das Internet auch für diejenigen erschlossen werden, die es bspw. aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht nutzen. Transaktionen finden zunehmend im Netz statt, somit sind einfache Authentisierungsverfahren erforderlich. „ Herrschaft über die Preisgabe persönlicher Daten: Datenhoheit beschreibt die kontrollierte Preisgabe von persönlichen Informationen, welche beim Individuum selbst liegen sollte. Das bedeutet überspitzt auch, dass BürgerInnen auch die Instrumente des elektronischen Identitätsmanagements frei wählen können sollten. 5 Vgl.

Hühnlein (2008). Europäische Kommission (2009a). 7 Vgl. Graudenz et al. (2008); Smedinghoff (2009). 6 Vgl.

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„ Zunehmende Bedeutung der Sicherheit der Authentisierung: Die Kriminalität im Internet steigt kontinuierlich an. Oftmals gelingt es Kriminellen, sich als vertrauenswürdige Institution auszugeben, weil es an einem sicheren elektronischen Identitätsmanagement mangelt.

3 Anforderungen an elektronisches Identitätsmanagement am Beispiel der EU-Dienstleistungsrichtlinie Die im Jahr 2006 verabschiedete EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR)8 soll in allen Mitgliedstaaten der EU den Zugang zum Dienstleistungsmarkt vereinfachen, bürokratische Hindernisse abbauen und somit grenzüberschreitende Dienstleistungen in Europa unterstützen und fördern. Die Richtline war von allen Mitgliedstaaten bis Ende 2009 in nationales Recht umzuwandeln. Behörden müssen dafür sorgen, dass die von der Richtlinie betroffenen Verwaltungsverfahren elektronisch ausgeführt werden können.9 3.1 Beschreibung der beteiligten Akteure Um die EU-DLR in die bestehende IT-Infrastruktur eines jeden Mitgliedstaates zu integrieren, muss ein Vertrauensverhältnis zwischen den beteiligten Akteuren als wesentliche Voraussetzung geschaffen werden. Erreicht wird dies sowohl über technische Realisierungen als auch nicht-technische Vereinbarungen. Die beteiligten Akteure sind:10 „ Dienstleistungserbringer sind die Benutzer einer Dienstleistungsinfrastruktur, also z.B. Unternehmen, die Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten erbringen möchten. „ Einheitliche Ansprechpartner stellen eine einheitliche Anlaufstelle dar, über die sämtliche Verfahren und Formalitäten zur Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten abgewickelt werden können. Die Einführung eines 8 Richtlinie

2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats über Dienstleistungen im Binnenmarkt. 9 Vgl. Europäische Kommission (2007a). 10 Vgl. Fromm et al. (2009); von Lucke/Eckert/Breitenstrom (2008).

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einheitlichen Ansprechpartners kann zur echten Kundenorientierung führen.11 Dabei sind folgende Typisierungen möglich: – Berater: Sie nehmen Nachrichten entgegen und leiten diese ungelesen an die zuständige Behörde weiter; des Weiteren erfüllen sie eine allgemeine Auskunfts- und Beratungsfunktion. – Lotse: Dieser ist mit den Funktionen eines Beraters ausgestattet und kann, im Gegensatz zum Berater, Einblick in das jeweilige Anliegen nehmen. Er ist jedoch nicht mit einer Vollmacht des Dienstleistungserbringers ausgestattet und kann somit auch nicht in dessen Namen handeln. – Mittler: Sie besitzen Vollmachten für einfache Entscheidungen und können direkt mit den zuständigen Behörden kommunizieren und vermitteln. Ihre Aufgaben bestehen vor allem darin, Vorgänge zu koordinieren und die Einhaltung von Fristen zu gewährleisten. – Verfahrensmanager: Sie kümmern sich um das Gesamtvorhaben und sind dementsprechend mit einer umfassenden Vollmacht ausgestattet. Verfahrensmanager können ggf. Entscheidungen im Sinne des Auftraggebers treffen. „ Zuständige Behörde: Die zuständige Behörde ist die sachlich und örtlich zuständige Stelle für die zu bearbeitenden Anträge. Sie berät, nimmt Anträge entgegen und erbringt Verwaltungsdienstleistungen. Dienstleistungserbringer dürfen sich gemäß der EU-DLR mit ihrem Anliegen weiterhin an die zuständige Behörde wenden, ohne dass ein einheitlicher Ansprechpartner einbezogen werden muss.

3.2 Anforderungen aus Sicht der Akteure Die beteiligten Akteure kommunizieren in einem grenzüberschreitenden Verbund.12 Nachfolgend werden die Anforderungen der Akteure hinsichtlich des Identitätsmanagements, des Datenschutzes und der Datensicherheit betrachtet. Es handelt sich hierbei um notwendige Voraussetzungen, damit zwischen den Akteuren ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann.

11 Vgl. 12 Vgl.

Habbel (2008). Fromm et al. (2009).

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Anforderungen aus Sicht der Dienstleistungserbringer13 Die erste Anforderung, die sich aus Sicht der Dienstleistungserbringer ergibt, ist die Verwendung nationaler elektronischer Identitätsnachweise. Natürliche oder juristische Personen können sich hinsichtlich ihrer Identitätsnachweise national unterscheiden. Will nun ein Dienstleistungserbringer in einem Mitgliedstaat eine Dienstleistung erbringen, sollte es möglich sein, nationale elektronische Identitätsnachweise verwenden zu können. Daran schließt sich die zweite Anforderung an, nämlich die Vermeidung mehrfacher Authentifizierungen. Es bestehen zwei Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Authentifizierung: (1) Lokale Identifikation bei einer nationalen Instanz, die dann Authentifizierungsnachweise generiert und im Zielland vom einheitlichen Ansprechpartner oder der zuständigen Behörde anerkennt und (2) Authentifikation im Zielland direkt bei dem einheitlichen Ansprechpartner oder der zuständigen Behörde. Eine weitere Anforderung ergibt sich aus komplexeren Prozessen: Gegenseitige Authentifizierung ist notwending, wenn Dienstleistungserbringer, einheitlichen Ansprechpartner oder die zuständigen Behörde miteinander kommunizieren. Dann müssen diese Kommunikationspartner zur Vermeidung von Datenmissbrauch und Inkonsistenzen authentisch sein. Die beteiligten Akteure müssen sicher sein, dass sie auch tatsächlich mit dem gewünschten Kommunikationspartner in Kontakt stehen, da mitunter vertrauliche Daten übermittelt werden. Daran schließt sich die Anforderung des Schutzes vertraulicher Daten an. Es muss sichergestellt sein, dass die vertraulichen Informationen nur jenen Behörden zur Verfügung stehen, die die Daten zur Verfahrensabwicklung benötigen. Daten müssen somit vor unbefugter Einsicht durch Dritte geschützt werden. Anforderungen aus Sicht der zuständigen Behörde14 Es ist möglich, dass die zuständige Behörde nicht durch eine einzelne, sondern durch einen Verbund interagierender Behörden repräsentiert wird. Folglich kann jede Behörde über eigene Richtlinien, Verfahren und technische Infrastrukturen verfügen. Die zuständige Behörde stellt somit ein verteiltes System dar, welches entsprechende Anforderungen an Interoperabilität aus organisatorischer und technischer Sicht besitzt. Der erste wichtige Punkt hierbei ist die Authentifizierung der Mitarbeiter. Diese obliegt der jeweiligen Behörde. Die Berechtigung einzelner Mitarbeiter kann verwaltet werden, indem ihnen bestimmte Rollen zugewiesen werden. Daran an schließt sich die Forderung nach sicherer gegenseitiger Authentifizierung. Die Kommunikation zwischen zuständiger Behörde und ihren Kom13 Vgl. 14 Vgl.

ibid. ibid.

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munikationspartnern muss authentisch sein. Beim grenzüberschreitenden Kontakt muss die zuständige Behörde die Authentifizierung des Dienstleistungserbringers möglich machen. Des Weiteren ist der autorisierte Zugriff auf alle erforderlichen Daten notwendig. Zuständige Mitarbeiter müssen auf alle erforderlichen Dokumente zugreifen können, auch wenn diese dafür nicht unbedingt lokal vorliegen müssen. Schließlich wird die Überprüfung der Gültigkeit von Dokumenten und Daten wichtig. Die elektronischen Dokumente des Dienstleistungserbringers müssen auf Gültigkeit und Echtheit überprüft werden, sodass eine grenzüberschreitende Kommunikation mit dem Ursprungsland erforderlich sein kann. Anforderungen aus Sicht eines einheitlichen Ansprechpartners15 Die vorgenommene Typisierung der einheitlichen Ansprechpartner bedeutet unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich des Identitätsmanagements, Datenschutzes und der Datensicherheit: So haben Berater keinen Einblick in vertrauliche Daten. Berater müssen aber authentisch sein und Nachweise der Übermittlung erbringen. Lotsen sind für das Erbringen von Beratungs- und Botendiensten verantwortlich. Dies erfordert Einblicke in das jeweilige Anliegen. Jedoch kann dies möglicherweise auch ohne personenbezogene Daten erfolgen, da Nachrichten evtl. nur weitergeleitet werden. Lotsen müssen ebenfalls authentisch sein und Nachweise der Übermittlung an die zuständige Behörde erbringen können. Für Mittler ist ein identitätsbezogener Zugang erforderlich. Eine sichere Kommunikation zwischen zuständiger Behörde und Dienstleistungserbringer muss gewährleistet sein. Der Mittler muss authentisch sein und auch der Dienstleistungserbringer muss sich einer Authentifizierung unterziehen. Der Verfahrensmanager benötigt ebenfalls einen identitätsbezogener Zugang , da er eine umfassende Vollmacht des Dienstleistungserbringers für die Verwaltungsvorgänge besitzt. Somit muss der Verfahrensmanager authentisch sein und die sichere Kommunikation mit zuständiger Behörde und Dienstleistungserbringer muss sicher gestellt werden. Es stellt sich grundsätzlich aber die Frage, ob die EU-Dienstleistungsrichtlinie in einem föderalen Land wie Deutschland überhaupt vollständig umgesetzbar ist. Die Umsetzung der Richtlinie durch 16 Bundesländer mit zum Teil unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen ist zumindest problematisch, da die Standards der einzelnen Bundesländer in der Vergangenheit nicht einheitlich waren.16

15 Vgl. 16 Vgl.

ibid. Schliesky (2008).

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4 Elektronische Identitätsdokumente 4.1 Elektronische Identitätsdokumente in Deutschland Im März 2005 wurden die Eckpunkte der eCard-Strategie der Bundesregierung zur Unterstützung für einen bundesweiten Einsatz von elektronischen Chipkarten beschlossen. Die Bundesregierung hielt in ihrem Eckpunktepapier fest, dass die Funktionalitäten der Chipkarten, also die Signatur, die Verschlüsselung und die Authentisierung interoperabel sein müssen. 17 Der neue elektronische Personalausweis im Scheckkartenformat löst in Deutschland seit November 2010 den herkömmlichen Ausweis ab:18 Daten, die zuvor nur optisch ablesbar waren, werden auf einem Chip gespeichert. Ausweisinhabern soll so die Möglichkeit geboten werden, sich im Internet gegenüber Behörden in E-Government-Prozessen oder aber im privatwirtschaftlichen Bereich, wie etwa bei Online-Shopping/Banking, identifizieren zu können. Im Gegenzug bekommt der Ausweisinhaber über ein Zertifikat die Bestätigung, dass diese Website berechtigt ist, persönliche Daten abzufragen. Der neue elektronische Personalausweis dient dem elektronischen Identitätsnachweis. Verschiedene Prozesse, wie Log-in, Adressverifikation oder Altersnachweis sollen so schneller und wirtschaftlicher ausgeführt werden. Das Sicherheitskonzept des neuen Personalausweises soll auch dazu beitragen, Internetkriminalität zu bekämpfen und das Vertrauen der BürgerInnen in Internettransaktionen zu stärken. Als weitere Funktion des Personalausweises steht eine elektronische Signatur zur Verfügung. Diese kann durch ein Zertifikat freiwillig und gegen eine Gebühr auf der Chipkarte gespeichert werden. Die elektronische Signatur soll ermöglichen, dass Dienste, die eine eigenhändige Unterschrift erfordern, auch über das Internet medienbruchfrei und sicher in Anspruch genommen werden. Des Weiteren soll der neue Personalausweis als Reisedokument dienen. Für Kontrollen im Inland und an Grenzen ist eine Biometriefunktion zur Identitätsfeststellung vorgesehen. Das digitale Foto ist auf allen neuen Ausweisen gespeichert. Die Speicherung von zwei Fingerabdrücken auf dem Chip erfolgt auf freiwilliger Basis. Im Zuge der Einführung von elektronischen Personalausweisen als Identitätsnachweis ist allerdings kritisch zu prüfen, ob der versprochene Sicherheitsgewinn überhaupt realisierbar ist. In der Praxis äußert man sich z.B. kritisch über biometrische Merkmale in punkto Fälschungssicherheit, Angriffssicherheit und Eindeutig17 Vgl. 18 Vgl.

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010). Bundesministerium des Inneren (o.J.).

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keit:19 Nach dermatologischen Erkenntnissen sollen Fingerabdrücke eine Fehlerquote von 3-11% aufweisen. Die biometrische Gesichtserkennung soll ebenfalls Schwächen aufweisen, weil das hier zugrunde liegende mathematische Verfahren einen umso höher liegenden Unsicherheitsfaktor aufweist, je stärker ein Gesicht vom Normgesicht abweicht. Die notwendige Transparenz und das Schaffen von Vertrauen sind wichtige Voraussetzungen um neue Technologien voranzutreiben. Da aber der Missbrauch von IT nicht vollkommen verhindert werden kann, ist es wünschenswert, IT-Unsicherheiten zu benennen, Rechtsfolgen bei Zweckentfremdung zu regeln und Technikfolgen abzuschätzen. Diese Vorgehensweise wird allerdings nicht praktiziert. So wird z.B. bei der Begründung zum neuen Personalausweisgesetz (PAuswG) nicht auf Risiken wie Identitätsdiebstahl oder fehlgeschlagene Authentifizierung eingegangen. Der Eindruck entsteht, man könne den elektronischen Ausweis problemlos und ohne Sicherheitsbedenken einsetzen. Den BürgerInnen wird abschließend nicht genau vermittelt, was z.B. passiert, wenn die elektronische Identität geklaut wird: Welche Beweislastverteilung gilt und was können die zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Rechtsfolgen sein?20 Der Gesetzgeber stuft die Technologie des elektronischen Personalausweises schlicht als sicher ein, ohne für den nicht unwahrscheinlich eintretenden Fall vorzubeugen, dass die Authentifizierung fehlschlägt.21 Nutzer von elektronischen Personalausweisen haben, ähnlich wie bei der ECKarte, gewisse Sorgfaltspflichten. So müssen diese, im Falle des Verlustes, die sofortige Sperrung des elektronischen Personalausweises veranlassen. Der uneingeschränkten und ständigen Erreichbarkeit der Behörden wird somit besondere Bedeutung zukommen.22 4.2 Elektronische Identitätsdokumente in Europa Verschiedene elektronische Identitätsdokumente (eID) sind auf nationaler Ebene in Europa im Einsatz oder sind noch in der Planungsphase. Darunter sind Staaten, die neue Identitätsdokumente ausgeben (z.B. Belgien und Deutschland) oder aber vorhandene Identitätsdokumente werden um die Chipkartenversion erweitert (in Österreich wird bspw. die Bürgerkartenfunktion auf der Bankkarte oder 19 Vgl.

Kurz (2008). Schulz (2009b). 21 Vgl. Heckmann (2009). 22 Vgl. Schulz (2009a). 20 Vgl.

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Krankenkassenkarte implementiert). Die Europäische Kommission hat keine Regulierungsbefugnis für die Schengenausweise, daher erlässt jedes Land seine eigene Gesetzgebung dazu.23 Die folgende Abbildung 1 gibt einen exemplarischen Überblick über die Nutzung elektronischer Identitätskarten in einigen Staaten Europas.24 Dazu ist anzumerken, dass durch die Einführung des elektronischen Personalausweises in Deutschland aus der lange geplanten Einführung mittlerweile ein Faktum geworden ist.

Abb. 1: Elektronische Identitätsdokumente im europäischen Binnenmarkt Die von der EU geförderte Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) hat Ende Januar 2009 ein Grundsatzpapier über Sicherheitsmerkmale bei europäischen eID-Modellen herausgegeben.25 Dieses Grundsatzpapier zeigt allerdings auf, dass ein enormes Missverhältnis zwischen den verschiedenen Systemen existiert, sodass die Brauchbarkeit beeinträchtigt sein könnte.26 Es wurden zehn Kartensysteme untersucht, die in der EU bereits im Einsatz sind und dreizehn Systeme, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden. Bei der Formulierung der Problemstellung dieses Beitrags wurde in Abschnitt 1 darauf hingewiesen, dass Europa über keine koordinierte Strategie verfügt. Zu diesem Ergebnis kommt auch die ENISA in ihrem Grundsatzpapier.27 Die Studie zeigt, dass ein Mangel an Absprachen zwischen den einzelnen Ländern zu keiner grenzüberschreitenden Inter23 Vgl.

Kowalski (2009). Bundesministerium des Inneren (o.J.).; European Network and Information Security Agency (2009). 25 Vgl. European Network and Information Security Agency (2009). 26 Vgl. ibid. 27 Vgl. ibid. 24 Vgl.

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operabilität führt.28 Der Schutz privater Daten ist Voraussetzung, damit die Nutzer sich solcher Modelle annehmen und ihnen vertrauen. Die Sicherheitsmerkmale wurden auf nationaler Ebene entwickelt und implementiert. Sehen sich potenzielle Nutzer in anderen Staaten einem inadäquaten Datenschutz ausgesetzt, werden diese wohl keine grenzüberschreitenden eID-Modelle in Anspruch nehmen.29 Die Privatsphäre ist ein Gebiet, in dem sich die verschiedenen Staaten teilweise grundlegend unterscheiden. Wird hier nicht über eine koordinierte Kontrolle die Privatsphäre geschützt, werden europäische eID-Modelle wohl kaum das nötige Vertrauen und die nötige Akzeptanz finden.30

5 Die Bedeutung der Interoperabilität Im Zuge der Verwirklichung zur Bereitstellung europaweiter elektronischer Behördendienste spielt Interoperabilität eine wichtige Rolle. Diese kann in drei Aspekte unterteilt werden:31 „ Technische Interoperabilität umfasst die technischen Probleme der Verknüpfung von Computersystemen und die Definition von offenen Schnittstellen. „ Semantische Interoperabilität soll sicherstellen, dass die genaue Bedeutung der ausgetauschten Informationen von allen anderen Systemen verstanden wird. „ Organisatorische Interoperabilität betrifft Modelle von Geschäftsprozessen, die Übereinstimmung von IT-Architekturen und organisatorische Zielen.

Die Gewährleistung der Interoperabilität zwischen den Systemen verschiedener Staaten erscheint zwar offensichtlich und logisch, da die Mitgliedstaaten die Umsetzung jedoch größtenteils ohne Koordination durchführten, sind die Systeme für grenzüberschreitende Inanspruchnahme selten ausgelegt. Das Internet selbst ist ein gutes Beispiel dafür, dass durch die Einhaltung und Entwicklung von Standards und Spezifikationen ein hohes Maß an technischer Interoperabilität entstanden ist, um Daten weltweit abzurufen und auszutauschen. Ziel der semantischen Interoperabilität ist, dass automatische Werkzeuge die Möglichkeit erhalten, Informationen gemeinsam zu nutzen und zu verarbeiten, obwohl sie zu unterschied28 Vgl.

ibid. ibid. 30 Vgl. ibid. 31 Vgl. Europäische Kommission (2003). 29 Vgl.

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lichen Zeiten erstellt wurden.32 Organisatorische Fragen ergeben sich durch die automatisierte Verarbeitung und Weiternutzungsmöglichkeiten von Informationen in verschiedenen Systemen. Traditionell weisen Organisationen hierarchische Organisationsformen auf. Folglich existieren oft unüberwindbare, geschlossene und geschützte Informationssysteme, die einen Austausch mit anderen Organisationen (gerade über die Grenzen hinweg) fast unmöglich machen.33 Inhalte unterschiedlicher Informationsquellen werden zunehmend durch E-Government-Dienste verbunden. Interoperable Datenbanken sind z.B. ein Erfordernis für Mehrwertdienste und grenzüberschreitende Abfragen. Eine Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Behörden stellt z.B. das Binnenmarktinformationssystem (IMI) dar:34 Die Kommunikation zwischen den Behörden der einzelnen Mitgliedsstaaten soll verbessert werden. IMI ist ein elektronisches System, mit dessen Hilfe die Mitgliedstaaten bei der alltäglichen Anwendung von Binnenmarktvorschriften effizienter zusammenarbeiten können. Eine langfristige Speicherung von Informationen ist nicht vorgesehen, sondern das IMI stellt eher einen zentralisierten Mechanismus dar, damit nationale Behörden auf Informationen mit begrenzter Speicherungsdauer zurückgreifen können. Hindernisse, die sich durch unterschiedliche Verwaltungs- und Arbeitsabläufe, aber auch durch unterschiedliche Sprachen ergeben, sollen durch das IMI beseitigt werden. Durch die Entscheidung der Europäischen Kommission am 2. Oktober 200935 wird der Einsatz des elektronischen Binnenmarktinformationssystems bestätigt und unterstützt.

6 Fazit Das elektronische Identitätsmanagement stellt einen Bereich dar, welcher für die Umsetzung der digitalen Strategien der EU unabkömmlich ist. Transaktionen im Internet steigen immer mehr an und auch Behörden stellen ihre Dienste zunehmend im Internet bereit. Um Europa an die Spitze für Wachstum und Beschäftigung zu bringen, sind elektronische Behördendienste, die interoperabel und grenzüberschreitend in Anspruch genommen werden können, eine wichtige Voraussetzung. Die Umsetzung in den Mitgliedstaaten führte zu vielen Insellösungen, die nicht interoperabel sind und wohlmöglich zu neuen Schranken im Binnenmarkt 32 Vgl.

ibid. ibid. 34 Vgl. Europäische Kommission (o.J.); Europäische Kommission (2009d). 35 Vgl. Europäische Kommission (2009c). 33 Vgl.

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führen können, wenn die EU keine Möglichkeit findet, diese zu koordinieren und neue Strategien und Ideen miteinander abzustimmen. Bei der Vielzahl an Mitgliedsstaaten ist dies sicherlich eine große Herausforderung, aber auch eine Notwendigkeit, um die Zielvorgaben der Digital Agenda zu erfüllen. Eine ganz andere Herausforderung ergibt sich aber aus den Aspekten des Datenschutzes und der Datensicherheit. Grenzüberschreitende, interoperable Behördendienste werden nur dann Akzeptanz und das nötige Vertrauen finden, wenn die BürgerInnen sich auf die Einhaltung des Datenschutzes verlassen können. Inwieweit dies über die Grenzen hinweg möglich ist, ist fraglich. BürgerInnen werden sich grenzüberschreitend kaum einem höheren Sicherheitsrisiko der Preisgabe ihrer persönlichen Daten aussetzen, wenn nationale Anwendungen schon Anlass zur Sorge geben. Der elektronische Personalausweis ist sicherlich eine Möglichkeit, um in diesem Punkt vermehrt Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen. Voraussetzung ist allerdings, dass es zu keinen sicherheitsrelevanten Zwischenfällen kommt. Es muss allerdings auch klar sein, dass das Aufzeigen von Schwächen solcher Systeme nach der Einführung erst dazu führt, dass neue Sicherheitsmaßnahmen und Technologien entwickelt werden. Es handelt sich somit um einen Kreislauf, der Fluch und Segen zugleich darstellt. Die Nutzung elektronischer Behördendienste, vor allem auch über die Grenzen eines Staates hinweg, steht erst am Anfang. Verschiedene von der EU geförderte Projekte sollen bei der Standardisierung und Entwicklung aber auch bei der Koordination untereinander helfen. Damit wird deutlich, dass der Förderung des wichtigsten Erfolgsfaktors Akzeptanz höchste Priorität zuzuordnen ist, und die größten Potenziale im Bereich Datenschutz und Datensicherheit liegen.

7 Ausblick Die EU fördert Projekte in den Gebieten Identität und Identitätsmanagement und verfolgt bezogen auf die Identität von EU-Bürgern vor allem zwei Ziele: „ Integration der Bürger in die Informationsgesellschaft und „ Förderung EU-weiter, grenzüberschreitender, elektronischer Verwaltungsdienstleistungen, sog. Pan-European E-Governmental Services (PEGS).

Um Integration zu gewährleisten, wurde das Projekt Future of Identity in the Information Society (FIDIS) gestartet. Es handelt sich hierbei um ein sog. Network of Excellence, in dem Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammenar-

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beiten. Aufgabe dieses Projekttyps ist es, auf Basis von Analysen Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Bürger bezogen auf relevante Technologien im Umfeld der Informationsgesellschaft zu erarbeiten.36 Ein weiteres Projekt zur Förderung der Integration stellt das Projekt Privacy and Identity Management for Europe (PRIME) dar. Hier setzt man sich speziell mit nutzerkontrolliertem Identitätsmanagement auseinander. Ziel ist die Entwicklung von Prototypen, um verfügbare Funktionen im nutzerkontrollierten Identitätsmanagement zusammenzuführen.37 Auf Grundlage von PEGS zur Förderung grenzüberschreitender Verwaltungsdienstleistungen wurde das Programm Interoperable Delivery of PanEuropean E-Government Services to Public Administrations, Business and Citizens (IDABC) eingeführt. Das Programm fügt sich in den Rahmen der Initiativen von eEuropa 2005 und der i2010 ein. Ziel ist die Schaffung von Interoperabilität und die Einführung europaweiter elektronischer Behördendienste, damit diese effizienter zusammenarbeiten.38 Als letztes soll noch das STORK-Projekt (Secure idenTity acrOss boRders linKed) genannt werden. Es wurde im Mai 2008 gestartet und zielt ebenfalls auf Interoperabilität und grenzüberschreitende Authentifizierung ab. Bürger, Verwaltungsmitarbeiter und Unternehmen sollen nationale elektronische Identitäten in anderen Mitgliedsstaaten nutzen können. Am 12. November 2009 wurde bekannt, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für elektronische Identität im STORK-Projekt abgeschlossen werden konnten.39 Diese Projekte zeigen, dass das Identitätsmanagement in der EU einen hohen Stellenwert einnimmt. Es ist wichtig darauf zu achten, dass die Projektergebnisse an die richtigen Entscheider herangetragen werden, um eine integrative Nutzung neuer Technologien zu gewährleisten. Außerdem einigten sich die EU-Ministerpräsidenten Ende November 2009 auf einen Fahrplan, um Behördendienste intelligenter, nutzerfreundlicher und interaktiver zu gestallten. Die Umsetzungen sollen bis 2015 abgeschlossen sein.40 Die Entwicklung des elektronischen Identitätsmanagements in der EU ist also im Umbruch und wird zukünftig entscheidend von dem strategischen Erfolg der exemplarisch aufgeführten Projekte abhängen.

36 Vgl.

Future of Identity in the Information Society Consortium (2009). Leenes et al. (2008). 38 Vgl. Europäische Kommission (2007b). 39 Vgl. Eertink et al. (2008). 40 Vgl. Europäische Kommission (2009b). 37 Vgl.

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Web 2.0 zur Förderung von Kreativität und nutzergenerierten Inhalten – eine europäische Perspektive Ulrich Dengler

1 Einführung Das Internet unterliegt einem dynamischen Prozess und entwickelt sich ständig weiter. So lässt sich bspw. eine verbesserte Verfügbarkeit von Internetangeboten, eine Verbesserung der technischen Infrastruktur, aber vor allem ein verändertes Verhalten seitens der Nutzer beobachten. Während bereitgestellte Inhalte des Internets früher nur passiv konsumiert werden konnten, zeigt sich heute ein aktives Nutzerverhalten. Inhalte werden von den Nutzern nicht nur konsumiert sondern auch produziert. Dieses neue Nutzerverhalten wird durch viele verschiedene Internetplattformen begünstigt und gefördert. Diese Veränderung des Internets wurde im Jahr 2004 vom Verleger Tim O’Reilly als Web 2.0 bezeichnet. Solche Veränderungen bringen Vor- und Nachteile mit sich. Um die Vorteile dieser Entwicklung nutzbar zu machen hat die Europäische Union (EU) im Jahr 2005 die i2010Strategie vorgestellt, welche im Jahr 2009 auslief. Aus diesem Grund ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Dieser Beitrag evaluiert deshalb die Potenziale dieser Veränderungen im Bezug auf die Förderung der Kreativität der Webnutzer, der Generierung von Inhalten durch die Webnutzer und der Bereitstellung von Diensten im Internet im Hinblick auf die i2010-Strategie im europäischen Raum. Im zweiten Abschnitt wird zunächst der Begriff Web 2.0 grundlegend erklärt, bevor auf einige relevante von O’Reilly, der diesen Begriff maßgeblich prägte, vorgestellte Prinzipien des Web 2.0 eingegangen wird. Danach folgt eine Kategorisierung populärer Anwendungen und Plattformen des Web 2.0; diese werden anhand von Beispielen zusätzlich erklärt. Im Anschluss daran fokussiert dieser Beitrag die Erarbeitung von Kriterien für die Evaluation der Potenziale von Web 2.0, die aus den Zielen der i2010 bzw. der Fol-

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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gestrategie, der Digital Agenda der EU, abgeleitet werden. Anschließend werden die Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 im Hinblick auf diese Kriterien untersucht, bevor dieser Beitrag mit einem Fazit schließt.

2 Das Web 2.0 In diesem Abschnitt wird zunächst eine Klärung des Begriffs Web 2.0 und das damit verbundene Verständnis erarbeitet; dabei wird u.a. auf die von O’Reilly vorgestellten Prinzipien des Web 2.0 eingegangen. Insbesondere werden hier jene Prinzipien näher erklärt, die für die spätere Evaluation von Bedeutung sein werden. Abschließend werden Plattformen des Web 2.0 kategorisiert und anhand bekannter Beispiele erklärt um eine Basis für die in diesem Beitrag besprochene Thematik zu schaffen. 2.1 Web 2.0 – Was ist das? Der Begriff Web 2.0 entstand im Jahr 2004 während eines Brainstormings durch den Verleger O’Reilly , der damit auf die Veränderungen und Weiterentwicklungen des Internets seit dem Crash von Teilen der New Economy zu Beginn dieses Jahrhunderts eingehen wollte.1 Die Versionsnummer 2.0 verdeutlicht diese Weiterentwicklung zusätzlich. Bisher existiert allerdings keine einheitliche Definition von Web 2.0. So werden unter diesem Begriff die Veränderungen in und um das World Wide Web verstanden, seien es wirtschaftliche Aspekte, technische Weiterentwicklungen oder soziale Phänomene.2 Diesen Veränderungen, so sind sich viele Autoren einig, lassen sich durch Partizipation, Integration, Individualisierung, Offenheit und Netzeffekte charakterisieren.3 Diese Charakteristika finden sich mittlerweile in vielen populären Anwendungen und Plattformen, wie bspw. wikipedia.org, wieder. Für die starke Zunahme des Web 2.0-Angebots sind drei wesentliche Faktoren verantwortlich.4 Zum einen ist hier die verbesserte Verfügbarkeit von Internetangeboten durch Technologien wie AJAX (Asynchronous JavaScript and XML) oder RSS (Really Simple Syndication), die Nutzern eine deutlich vereinfachte Nutzung 1 Vgl.

O’Reilly (2005). Alby (2007). 3 Vgl. ibid; Kilian et al. (2008); Reitler (2007). 4 Vgl. Berge/Buesching (2008). 2 Vgl.

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dieser Angebote ermöglicht, zu nennen.5 Zum anderen hat sich die technische Infrastruktur durch die Verbreitung breitbandiger Internetzugänge und sinkende Onlinekosten verbessert.6 So ist die schnelle Übertragung von datenintensiven Inhalten Grundvoraussetzung für Plattformen wie flickr.com oder youtube.com. Der dritte Faktor beschreibt die Veränderung des Nutzerverhaltens. Während die Rollenverteilung der Webnutzer früher zweiteilig war – Inhalte wurden bspw. von Providern oder Unternehmen bereitgestellt, welche die passiven Konsumenten lediglich empfangen konnten – zeigt sich bei den Nutzern nun ein aktives Verhalten. Sie wandeln sich zu aktiven, kritischen Konsumenten, die Inhalte sowohl produzieren, als auch konsumieren.7 Häufig wird in der Diskussion um das Web 2.0 sog. Social Software erwähnt, dennoch ist dieser Begriff ebenso unzureichend definiert. Nach Alby wird der Begriff genutzt, um Anwendungen, mit denen Menschen kommunizieren, zusammenarbeiten oder auf eine andere Art interagieren, zu beschreiben.8 Da darunter bspw. auch E-Mails fallen, grenzt er den Begriff weiter ein. So sollte Social Software den Aufbau und das Selbstmanagement einer Internetgemeinde unterstützen. Er teilt Social Software in zwei Kategorien ein. In der ersten Kategorie steht die Kommunikation im Vordergrund, zu dieser Kategorie gehören bspw. Instant MessagingSysteme wie ICQ. In der zweiten Kategorie steht der Community-Gedanke im Vordergrund. Mehr als die Kommunikation selbst wird der Fokus hier auf die von Nutzern erstellten Inhalte gelegt. Auf verschiedene Anwendungen, die unter den Begriff Social Software fallen, wird an späterer Stelle eingegangen. Ein großer Kritikpunkt des Web 2.0 ist allerdings die Qualität der erzeugten Inhalte. Während die Nutzergemeinschaft zwar über eine sog. kollektive Intelligenz verfügt, gibt es Individuen, die bspw. in Wikis oder in Communities schlichtweg falsche Inhalte erzeugen. Nach einer Studie werden von Jugendlichen u.a. Plattformen wie Youtube oder MyVideo im Zusammenhang mit violenten Inhalten genannt.9 Ein anderer negativer Aspekt, den man nicht außer Acht lassen sollte, ist die Online-Reputation. Da man in sozialen Netzen meist über seinen Namen identifizierbar ist, können die erzeugten Inhalte eindeutig zugeordnet werden. So kann sich bspw. der potenzielle Arbeitgeber über den Bewerber via Internet informieren. Je nach den erstellten Inhalten, bspw. Fotos der letzten Feier auf der

5 Vgl.

Alby (2007). ibid. 7 Vgl. Kollmann/Häsel (2007). 8 Vgl. Alby (2007). 9 Vgl. Grimm et al. (2008). 6 Vgl.

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Plattform StudiVZ, kann sich das negativ auswirken. Im Web 2.0 stellt sich also auch die Frage wie viel ein Nutzer von sich selbst preisgeben möchte.10 Aus technischer Sicht umfasst Web 2.0 Technologien, die bereits Ende der 1990er Jahre entwickelt wurden.11 Aufgrund der Fülle dieser Technologien seien hier nur zwei der bekanntesten Konzepte erwähnt. Eine wichtige Technologie ist RSS, die es ermöglicht Informationen zu abonnieren und als News-Feeds auf Computer oder andere Endgeräte zu übertragen.12 Eine weitere wichtige Technologie ist AJAX. Der Begriff wird oftmals auch als Sammelbegriff für eine Art von Architektur verwendet, wie sie auf Webseiten eingesetzt wird. AJAX erlaubt es auf einer Webseite Daten nachzuladen, ohne die Darstellung dieser komplett neu aufbauen zu müssen.13 2.2 Prinzipien des Web 2.0 In seinem Artikel „What is Web 2.0“ identifiziert O’Reilly sieben Grundprinzipien, die das veränderte Netzverständnis des Web 2.0 widerspiegeln. An dieser Stelle soll jedoch nur auf die Prinzipien eingegangen werden, welche in der späteren Evaluation eine Rolle spielen werden:14 Das Web als Plattform: Durch die weltweite Vernetzung wandelt sich das Web zu einer Plattform, auf der Software nicht mehr als Produkt angeboten wird, sondern als Service. Durch die Beteiligung vieler Nutzer und die Wiederverwendbarkeit ist es möglich bei der Lösung von Problemstellungen auf die Leistungen anderer zurückzugreifen.15 Nutzen kollektiver Intelligenz: Durch die zunehmenden Partizipationsmöglichkeiten der Webnutzer wird eine kooperative Erstellung von Inhalten ermöglicht. Diese von Nutzern erzeugten Inhalte, der sog. User-generated Content, bilden eine kollektive Intelligenz. Als Beispiel hierfür erwähnt O’Reilly die Webseite flickr.com. Durch das Konzept der kollaborativen Kategorisierung, der sog. Folksonomie, können Nutzer Fotos mit Tags versehen. So kann bspw. der Pariser Eiffelturm mit den Begriffen „Paris“ oder „Architektur“ assoziiert werden. Dies erlaubt die

10 Vgl. 11 Vgl. 12 Vgl. 13 Vgl. 14 Vgl. 15 Vgl.

Alby (2007). Mikloweit (2007). Huber (2008). Alby (2007). O’Reilly (2005). Kollmann/Häsel (2007).

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Wiederauffindung entlang logischer Wege durch Nutzeraktivitäten.16 Durch Netzeffekte steigen Austausch, Systematisierung und Bewertung der Informationen. Die Gesamtheit der Nutzer stellt also ein Kontrollinstrument dar, das die Informationsqualität sicherstellen soll.17 Voraussetzung für die Entstehung einer solchen kollektiven Intelligenz ist die Bereitschaft der Webnutzer, ihr Wissen zu teilen.18 Software ohne Lebenszyklus: Im Web 2.0 werden Betriebsabläufe zur Kernkompetenz. Der Übergang von Software als Produkt zu Software als Dienstleistung erfordert eine kontinuierliche Aktualisierung der Software. Diese Aktualisierungen basieren auf Kundenfeedbacks und der Auswertung von Nutzerverhalten. In Anlehnung an die Open-Source-Entwicklung werden die Nutzer als Mitentwickler betrachtet. Oftmals wird auch der Begriff „Perpetual Beta“ für diese kontinuierlichen Änderungen genannt. Leichtgewichtige Architekturen: Simple kombinierbare Dienste, sog. Mashups, ermöglichen es Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und zu erweitern. Dies ermöglicht bspw. Unternehmen die Dienste anderer auf innovative Art und Weise nutzbar zu machen. Aus technischer Sicht erfordert dies offene Programmierschnittstellen und Architekturen.19 O’Reilly nennt dieses Prinzip Innovation durch Zusammenbau. 2.3 Anwendungen und Plattformen im Web 2.0 Im Folgenden werden populäre Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 dargestellt. Diese werden nach ihren Schwerpunkten in drei Kategorien aufgeteilt, wobei auffällt, dass diese Kategorien nicht immer klar voneinander abzugrenzen sind und es deswegen zu Überschneidungen kommen kann.20 2.3.1 Communities Bereits im Jahr 1993 prägt Rheingold den Begriff der virtuellen Gemeinschaft und bezeichnet diese als „[. . . ] social aggregations that emerge from the Net when enough people carry on those public discussions long enough, [. . . ] to form webs 16 Vgl.

Alby (2007). Kollmann/Häsel (2007). 18 Vgl. Roschek (2009). 19 Vgl. Hommen (2007). 20 Vgl. Berge/Buesching (2007). 17 Vgl.

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of personal relationships in cyberspace.“ 21 Diese Aussage deckt sich mit einer allgemeiner gefassten Bezeichnung nach Kollmann als „[. . . ] Plattform für die Zusammenkunft einer Gruppe von Individuen, die in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen bzw. zueinander stehen wollen.“22 Im Mittelpunkt einer jeden Community stehen also die soziale Interaktion und der Austausch von inhaltlich oder personenbezogenen selbst geschaffenen Informationen.23 Communities lassen sich in verbraucherorientierte Communities und B2B-Communities unterteilen. Diese Unterteilung lässt sich für beide Typen auf einer tieferen Ebene fortführen, es wird an dieser Stelle allerdings nur auf die verbraucherorientierten Communities näher eingegangen. Die weitere Unterteilung lässt sich anhand der Gemeinsamkeiten der Nutzer vornehmen. Zu unterscheiden ist zwischen geographischen, demographischen und themenspezifischen Communities.24 Geographische Communities richten sich nach der geographischen Position und haben einen regionalen Bezug. So treffen sich auf der Seite ruegen-forum.de bspw. Urlauber, die sich über Sehenswürdigkeiten, Restaurants o.ä. informieren oder über ihre Erfahrungen bzgl. dieser Insel berichten. Demographische Communities lassen sich nach Kriterien wie bspw. Geschlecht, Lebensabschnitt oder ethnischer Herkunft einteilen. Ein Beispiel hierfür ist die Community gofeminin.de, welche sich exclusiv an Frauen richtet. Zu den themenspezifischen Communities zählen solche, die sich auf gemeinsame Freizeitbeschäftigungen, Hobbies und Interessensgebiete beziehen. Auf DSLRforum.de, wo Themen rund um die Fotographie mit digitalen Spiegelreflexkameras ausgetauscht werden, ist ein Beispiel für eine solche Community. Damit die Akzeptanz einer Community steigt und diese langfristig bestehen kann, bedarf es einer kritischen Masse.25 Nach Kollmann ist zu erwarten, dass die Teilnehmer einer Community diese weiterhin nutzen werden und dass die Anzahl an neuen Nutzern steigt, wenn eine bestimmte Nutzeranzahl überschritten ist.26 Dieser kritische Masse-Effekt ist jedoch nicht nur auf Communities, sondern auf die meisten Plattformen des World Wide Web zu beziehen, denn gibt es keine Akzeptanz auf Seiten der Nutzer, sind diese Plattformen unrentabel und werden eingestellt. 21 Rheingold

(2000), S. XX. (2009), S. 543. Kollmann (2009). Hagel/Armstrong (2008). Kollmann (2009). Kollmann (2001).

22 Kollmann 23 Vgl. 24 Vgl. 25 Vgl. 26 Vgl.

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Eine populäre Community ist StudiVZ.net, eine Gemeinschaft für Studierende. Neben dem Erstellen eines Nutzerprofils kann nach Kommilitonen gesucht werden, Verbindungen zwischen Mitgliedern lassen sich darstellen, es können eigene Dateien hochgeladen werden und der Nutzer kann Gruppen erstellen und seine Kontakte in diese einladen oder anderen Gruppen beitreten. StudiVZ kann, da vorwiegend Studenten angesprochen werden, zu den demographischen Communities gezählt werden. Ein weiteres populäres Beispiel ist XING, eine Community, die ihren Schwerpunkt auf Geschäftskontakte legt. Auch hier lässt sich ein eigenes Profil erstellen, in dem neben Angaben über frühere Arbeitgeber, besuchte Hochschulen und Qualifikationen auch ein „Ich biete“ und „Ich suche“ angegeben werden kann. Alby bezeichnet XING als ein modernes Wer-liefert-Was, bei dem man mit wenigen Klicks genau die Firma oder Person gefunden hat, die das bietet, was gesucht wird.27 Die Interaktionen in solchen Communities basieren auf dem Wunsch der Befriedigung von vier Grundbedürfnissen. Diese sind die Pflege von Interessen, das Eingehen zwischenmenschlicher Beziehungen, das Ausleben der eigenen Fantasie und das Abwickeln von Geschäften.28 Damit diese Bedürfnisse befriedigt werden können, müssen die Nutzer der jeweiligen Community Inhalte erzeugen. Als Grund für die Nutzung und Bereitstellung von Inhalten werden von Maurer et al. an erster Stelle der Wunsch nach Kommunikation genannt, gefolgt von Spaß und Zeitvertreib auf Plattformen wie StudiVZ und anderen.29 Die Nutzer von XING erachten den Spaß und Zeitvertreib als deutlich weniger relevant, vielmehr spielt das Geben und Nehmen für die Nutzer eine wichtige Rolle. Diese Gründe decken sich mit denen einer weiteren Studie von Stöckl et al., die als Gründe für die Erzeugung von Inhalten Spaß, Informationsverbreitung, die Pflege von Kontakten und persönliche Dokumentation bzw. Darstellung nennen.30 2.3.2 Anwendungen und Plattformen mit informationsbasierten Inhalten Im Fokus der zweiten Kategorie populärer Anwendungen und Plattformen im Web 2.0 stehen nutzergenerierte Inhalte mit Informationscharakter.31 Hierzu gehören bspw. Blogs oder Wikis. Bisher gibt es keine einheitliche Definition von Blogs, allerdings erfüllen sie eine Vielzahl von Merkmalen. Ein Blog behandelt meist eine eingegrenzte Thematik 27 Vgl.

Alby (2007). Hagel/Armstrong (1997). 29 Vgl. Maurer et al. (2008). 30 Vgl. Stöckl et al. (2008). 31 Vgl. Berge/Buesching (2008). 28 Vgl.

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und ist somit an ein bestimmtes Zielpublikum adressiert. Sie lassen sich jedoch auch durch die Art des veröffentlichten Mediums (Text, Bild, Video) unterscheiden. Einträge in Blogs sind meist subjektiv und können von den Lesern des Blogs kommentiert werden, wodurch der Aspekt der Partizipation stark in den Vordergrund rückt. Weiterhin ist es möglich diese Einträge in anderen Blogs zu verlinken. Durch diese so entstehende netzwerkartige Kommunikationsstruktur lassen sich Inhalte schnell in der Gesamtheit der Blogs, der sog. Blogosphäre, verbreiten.32 Koller und Alpar führen zur Veranschaulichung solcher viralen Effekte ein Beispiel an: Am 12. September 2004 wurde auf der Webseite bikeforums.net, eine Webseite für Fahrradinteressierte, erwähnt, dass sich bestimmte Schlösser der Firma Kryptonite mittels eines Kugelschreibers öffnen lassen. Zwei Tage später wurde auf dem amerikanischen Technik-Blog Engadget ein Video dieses Vorgangs veröffentlicht. Nachdem die Zahl der von der Internetsuchmaschine für Weblogs Technorati registrierten Leser dieses Themas u.a. durch Veröffentlichungen der New York Times und Associated Press auf rund 1,8 Millionen stieg, sah sich das Unternehmen am 21. September 2004 gezwungen, alle betroffenen Schlösser auf nationaler Ebene kostenlos auszutauschen. Man kann also sagen, dass die Blogosphäre eine gewisse Macht besitzt, es ist jedoch zu beachten, dass die Verbreitung von Inhalten durch virale Effekte stark von dem Grad der Verlinkungen in anderen Blogs abhängig ist.33 Durch die Verfügbarkeit einfach zu nutzender BloggingSoftware ist es vielen Internetnutzern möglich ein Blog zu errichten,34 allerdings entsteht durch eben diese einfache Verfügbarkeit die Gefahr, dass viele unzensierte und ungeprüfte Behauptungen veröffentlicht werden.35 Wikis sind Plattformen, auf denen die jeweiligen Nutzer ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen können.36 Bei den meisten Wikis bedarf es keiner Authentifizierung oder technischer Vorkenntnisse seitens der Nutzer, um Einträge zu lesen, zu bearbeiten oder zu erstellen.37 Das größte Wiki und gleichzeitig bekannteste Beispiel ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Nutzer erstellen und editieren hier kollaborativ Artikel zu unterschiedlichen Themenbereichen. Dies ist gleichzeitig ein deutliches Unterscheidungsmerkmal von anderen Publikationsformen wie bspw. Blogs, bei denen einzelne Einträge oder Kommentare Autoren eindeutig zugeordnet werden können.38 Dies stellt die Frage nach der Qualität der 32 Vgl. 33 Vgl. 34 Vgl. 35 Vgl. 36 Vgl. 37 Vgl. 38 Vgl.

Koller/Alpar (2008). Alby (2007). ibid. ibid. Stein/Hess (2008). Huber (2008). Stein/Hess (2008).

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Artikel. Allerdings verweist Alby für den Fall inhaltlich falscher Artikel auf die kollektive Intelligenz.39 So kann jeder Nutzer einen falschen Artikel korrigieren. Nach einer Studie von Stein und Hess bedarf es bei der deutschsprachigen Wikipedia für ein qualitativ hohes Niveau der Artikel jedoch an Autoren mit umfangreichen (Fach-) Kenntnissen; lediglich eine hohe Anzahl an Autoren allein nicht für die Erstellung eines qualitativ hochwertigen Artikels.40 Gründe für die Erzeugung von Inhalten durch die jeweiligen Nutzer solcher Plattformen sind bspw. Anerkennung und Aufmerksamkeit, Verbreitung von Informationen, Selbstdarstellung und Meinungsbildung.41 2.3.3 Anwendungen und Plattformen mit unterhaltungsbasierten Inhalten Ebenso wie in der zweiten Kategorie populärer Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 stehen hier nutzergenerierte Inhalte im Vordergrund. Diese nutzergenerierten Inhalte haben das vorrangige Ziel der Unterhaltung. So sind typische Plattformen dieser Kategorie das Videoportal Youtube oder der Imagehoster Flickr, allerdings können auch Blogs der Unterhaltung und nicht nur der reinen Informationsverbreitung dienen. Youtube erlaubt seinen Nutzern das einfache Hochladen, Ansehen und Teilhabenlassen von Videofilmen. Diese Filme sind meist kurz und selbst gedreht. Bereits Mitte 2006 standen bei Youtube über 70 Millionen Videos, wobei täglich ca. 60.000 weitere hinzukommen, zur Verfügung.42 Jeder Nutzer kann bspw. mit einem Handy ein Video aufzeichnen und anderen Nutzern zur Verfügung stellen. Dabei steht weniger der Inhalt des Videos als der Ersteller als „Direktor“ im Vordergrund.43 Ebenso wie Youtube erlaubt Flickr seinen Nutzern das Hochladen und Ansehen von Inhalten. Im Gegensatz zu Youtube handelt es sich bei diesen Inhalten jedoch um Fotos. Zudem können die eigenen Fotos in persönliche Fotoalben sortiert werden.44 Bei diesen beispielhaft skizzierten Plattformen stehen jedoch nicht allein die nutzergenerierten Inhalte im Mittelpunkt, es lässt sich auch bei beiden Plattformen der Community-Gedanke wieder erkennen. So können sowohl auf Youtube, als auch auf Flickr die Videos bzw. Fotos bewertet, kommentiert und verschlagwortet werden. Dies zeigt, dass eine solche Kategorisierung nicht immer überschnei39 Vgl. 40 Vgl. 41 Vgl. 42 Vgl. 43 Vgl. 44 Vgl.

Alby (2007). Stein/Hess (2008). Alby (2007); Koller/Alpar (2008); Stöckl et al. (2008). o.V. (2006). Alby (2007). ibid.

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dungsfrei und eindeutig ist. Da auf solchen Plattformen allerdings nicht nur selbst generierte Inhalte, sondern bspw. aufgezeichnete Fernsehsendungen oder abfotografierte Bilder, die als die eigenen ausgegeben werden, auftauchen, kommt es oft zu Urheberrechtsverletzungen, was zu rechtlichen Problemen und dem Verbot bestimmter Inhalte führen kann.45 Gründe für die Erzeugung von Inhalten auf solchen Plattformen sind bspw. der Wunsch nach Unterhaltung oder Selbstdarstellung.46 Mit dieser Selbstdarstellung geht eine gewisse Identitätsbildung einher.47

3 Potenziale des Web 2.0 in der EU Im Zusammenhang mit der i2010-Strategie der EU werden in diesem Abschnitt zunächst drei Kriterien für die Bewertung der Potenziale von Web 2.0 erarbeitet. Darauf folgend wird kurz auf die Hauptergebnisse der i2010-Strategie und die Hauptziele der Digital Agenda, der Folgestrategie der i2010, eingegangen, bevor die im vorherigen Abschnitt vorgestellten Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 im Hinblick auf diese Kriterien untersucht werden. 3.1 Evaluationskriterien Da sich Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) immer schneller weiterentwickeln und immer stärker genutzt werden, gelten sie als Triebkraft für Wachstum und Beschäftigung. Mitte 2006 sind die IKT für ein Viertel der Zunahme des Inlandsproduktes der EU verantwortlich gewesen. Um aus dieser Entwicklung einen Vorteil erlangen zu können, wird nachhaltiges Wachstum in Europa gefördert. Zu diesem Zweck verfolgt die EU die i2010-Strategie.48 Die i2010-Strategie definiert drei Ziele, auf die jedoch, aufgrund des eingeschränkten Umfangs dieser Arbeit, nicht in voller Gänze eingegangen wird. Zur Erreichung des Ziels der i2010-Strategie, der weltweiten „[. . . ] Spitzenleistung in der IKT-Forschung und Entwicklung durch das Aufschließen zur internationalen Konkurrenz Europas“,49 schlägt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften u.a. das siebte Forschungsrahmenprogramm und das Programm für 45 Vgl.

ibid. Stöckl et al. (2008). 47 Vgl. o.V. (2006). 48 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2005). 49 Ibid., o.P. 46 Vgl.

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Wettbewerbsfähigkeit und Innovation vor. Ein spezifisches Programm des siebten Forschungsrahmenprogramms beschäftigt sich mit der Kooperation. Ziel ist es die grenzüberschreitende Kooperation zu fördern, um so sowohl Forschung, als auch die Bewältigung sozialer, wissenschaftlicher, ökologischer und industrieller Herausforderungen zu unterstützen.50 Technologieschwerpunkte dieses spezifischen Projektes sind u.a. IKT für die Förderung von Wissen, Inhalten und Kreativität und hoch entwickelte und offene Kommunikationsnetze.51 Das zusätzlich vorgeschlagene Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation befasst sich mit einem spezifischen Programm für unternehmerische Initiative und Innovation u.a. mit Maßnahmen zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit und richtet sich vor allem an kleine und mittelständige Unternehmen.52 Mit dem Ziel der Schaffung einer „[. . . ] Informationsgesellschaft, die alle Menschen einbezieht, hochwertige öffentliche Dienste bietet und zur Anhebung der Lebensqualität beiträgt“53 , verfolgt die i2010-Strategie u.a. Vorhaben wie die Vorantreibung IKTgestützter öffentlicher Dienste. Dieses Vorhaben befasst sich mit der Bereitstellung transparenter, kostengünstiger und vor allem leicht zugänglicher Dienste, wie bspw. elektronische Behördengänge.54 Im Hinblick auf diese Ziele der i2010-Strategie, die sich mit gleichem Tenor auch in der Digital Agenda finden, lassen sich für die Evaluation der Potenziale von Web 2.0 für die Förderung von Nutzerkreativität, der Produktion nutzergenerierter Inhalte und der Bereitstellung von Services für Nutzer folgende Kriterien ableiten: „ Förderung von Kooperation und Kommunikation zwischen den Nutzern verschiedener Web 2.0 Anwendungen und Plattformen und deren Auswirkungen auf die Generierung von Inhalten, Wissen und Kreativität „ Förderung von Innovationen bzw. Innovationstätigkeiten durch Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 „ Bereitstellung, Verfügbarkeit und Generierung von Diensten

Diese Kriterien sind nicht völlig unabhängig voneinander. So lässt sich bei der Erstellung von zusammengesetzten Diensten, sog. Mashups, immer ein bestimmter Grad an Kreativität beobachten. Auch die Förderung der Kooperation und Kommunikation zwischen Nutzern des Web 2.0 kann sich auf Innovationen auswir50 Vgl.

Bundesministerium für Forschung und Bildung, o.J. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2005). 52 Vgl. Europäische Kommission (2006b). 53 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2005). 54 Vgl. ibid. 51 Vgl.

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ken.55 Aus diesem Grund sind die genannten Kriterien nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern auch deren Wechselwirkungen untereinander zu beachten. Die durch die ausgelaufene i2010-Strategie vorangetriebene wettbewerbs- und verbraucherorientierte Politik hat greifbare Ergebnisse hervorgebracht. So ist bspw. der Anteil der regelmäßigen Internetnutzer von 43 Prozent im Jahr 2005 auf 56 Prozent im Jahr 2008 gestiegen.56 Ein weiteres nennenswertes Ergebnis ist die weltweite Führung Europas bei der Breitbandversorgung;57 im Jahr 2006 besaß nahezu ein Viertel aller europäischen Haushalte einen Breitbandanschluss,58 und im Jahr 2005 besaßen 69 Prozent der europäischen Unternehmen einen Breitbandanschluss.59 Im Jahr 2009 besaß schon die Hälfte aller europäischen Haushalte und über 80 Prozent der europäischen Unternehmen einen Breitbandanschluss.60 Als Folge dessen lies sich eine erhöhte Nutzung fortgeschrittener Dienste, wie bspw. die Bereitstellung und Erstellung neuer Inhalte und die Beteiligung an innovativen Prozessen, feststellen.61 Ebenfalls ist die vollständige Verfügbarkeit öffentlicher Dienste von durchschnittlich 59 Prozent im Jahr 2007 auf 71 Prozent im Jahr 2009 gestiegen.62 Ca. 70 Prozent der Unternehmen und ein drittel der Bürger der EU nahmen im Jahr 2009 elektronische Behördendienste in Anspruch.63 Um die wirtschaftliche Krise der vergangenen Jahre zu bewältigen und die Wirtschaft der EU auf die Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts vorzubereiten, stellte die Europäische Kommission im März 2010 die Strategie Europa 2020 vor.64 Diese umfasst sieben Leitinitiativen. Eine dieser Leitinitiativen ist die Digital Agenda, deren Aufgabe es ist, die grundlegende Rolle der IKT zu definieren, damit die Ziele der Strategie Europa 2020 verwirklicht werden können.65 Die Ziele der Digital Agenda lassen sich in verschiedene Leistungsziele unterteilen.66 Hier sollen diese Punkte im Hinblick auf ihre Relevanz für diesen Beitrag bzgl. der angesprochenen Ziele der i2010-Strategie und die daraus abgeleiteten Kriterien kurz genannt werden. 55 Vgl. 56 Vgl. 57 Vgl. 58 Vgl. 59 Vgl. 60 Vgl. 61 Vgl. 62 Vgl. 63 Vgl. 64 Vgl. 65 Vgl. 66 Vgl.

Gemünden/Högl (2005). Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). ibid. Europäische Kommission (2006a). Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2005). Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). ibid. ibid. ibid. Europäische Kommission (2010). ibid. ibid.

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Breitbandziele: Eines dieser Ziele ist die Schaffung von schnellem und ultraschnellem Internetzugang, sowohl für den Zugriff auf von Bürgern gewünschte Dienste und Informationen, als auch für ein erhöhtes Wirtschaftswachstum. Für die Wirtschaft der Zukunft steht das Internet im Zentrum. Aus diesem Grund misst die Strategie Europa 2020 der Bereitstellung von Breitbanddiensten große Bedeutung zu. So sollen alle europäischen Haushalte über Internetgeschwindigkeiten von über 30 Mbit/s und mindestens die Hälfte von über 100 Mbit/s bis 2020 verfügen. Dazu wird u.a. das Ziel einer garantierten universellen Breitbandverbindung verfolgt. Digitaler Binnenmarkt: Immer noch werden Online-Märkte durch Schranken getrennt, welche den Zugriff auf Dienste und Inhalte behindern. Für die Wettbewerbsfähigkeit ist aber die Schaffung von attraktiven Inhalten und Diensten eine Voraussetzung. Diese soll durch Maßnahmen wie bspw. die Öffnung des Zugangs zu Inhalten und Diensten und die Förderung der kulturellen Vielfalt und kreativer Inhalte erreicht werden. Öffentliche Dienste: Durch u.a. die Erhöhung der Nutzeranzahl öffentlicher Dienste auf die Hälfte der europäischen Bevölkerung bis 2015 sollen IKT-gestützte Vorteile für die Gesellschaft in der EU entstehen. Dazu soll die Bereitstellung elektronischer Dienste und die Schaffung einer Akzeptanz dieser gefördert werden. Daneben muss die Interoperabilität von elektronischen Diensten gefördert werden, da die meisten öffentlichen Dienste grenzübergreifend nicht ausführbar sind. Forschung und Innovation: Verstärkte Investitionen in die Forschung und Entwicklung werden immer notwendiger, da Europa immer noch hinter seinen Handelspartnern liegt. Neben der Erhöhung des IKT-Forschungsbudgets und der verstärkten Mobilisierung privater Investitionen werden Maßnahmen zur Förderung einer offenen Innovation, bspw. durch die Schaffung von offenen Plattformen für neue Produkte und Dienste, ergriffen, sodass Interessenten hier zusammengeführt werden können. 3.2 Anreize zur Steigerung von Kreativität und Inhaltsgenerierung Im Hinblick auf die Fragestellun,g inwiefern Web 2.0 Anreize zur Steigerung der Kreativität der Webnutzer und der Generierung von Inhalten schafft, werden die in Abschnitt 2.3 vorgestellten Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 im Rahmen der in Abschnitt 3.1 erarbeiteten Kriterien betrachtet.

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Die meisten Communities sind auf die Aspekte Kooperation und Kommunikation ausgelegt.67 Dabei kommt es jedoch darauf an, um was für eine Art von Community es sich handelt. Während bei der Studentencommunity StudiVZ viel Wert auf den Erhalt sozialer Kontakte durch Kommunikation zwischen den einzelnen Mitgliedern gelegt wird, legt XING, deren Schwerpunkt auf der Erstellung von Geschäftskontakten beruht, ebenso großen Wert auf die Kooperation zwischen potenziellen Geschäftspartnern. Kooperation und Kommunikation werden also nicht immer gleich stark von verschiedenen Communities gefördert. Damit man sich innerhalb einer Community untereinander austauschen und in Kontakt treten kann, bedarf es neben der schon erwähnten kritischen Masse der nutzergenerierten Inhalte. Diese Inhalte können je nach Community in ihrer Reichhaltigkeit und Breite verschieden stark ausgeprägt sein. So hat der Nutzer in der Community StudiVZ bspw. die Möglichkeit neben der derzeitig besuchten Hochschule Angaben über Heimatort, zuletzt besuchte Schule und einige persönliche Angaben in seinem Profil zu hinterlegen. Des Weiteren kann man Mitglied in verschiedenen Gruppen werden oder Gruppen erstellen, die zumeist etwas über die persönlichen Interessen aussagen, oder eigene Fotos online stellen und somit Fotoalben erstellen. Nutzer können außerdem verschiedene Applikationen auf ihrem Profil anzeigen lassen. Sowohl die Zugehörigkeit zu Gruppen, als auch diese neuen Applikationen fördern Kontakt und Kommunikation zwischen Nutzern. Ähnliche Möglichkeiten bietet die Community XING. Auch hier kann man ein Profil erstellen, verschiedenen Gruppen beitreten oder gründen. Neben persönlichen Angaben wie z.B. „Ich suche“ und „Ich biete“ wird hier großer Wert auf Angaben wie Berufserfahrung und Ausbildung der Mitglieder gelegt. Dies begründet sich im Zweck der Community. In der erwähnten Community für Fotografie mit digitalen Spiegelreflexkameras, dem DSLR-Forum, lässt sich durch Anmeldung auch ein Profil erstellen. Neben Statistiken und Kontaktinformationen des Nutzers kann man in seinem Profil allerdings keine weiteren Inhalte erstellen. Hier wird Wert auf das Wissen der Nutzer zu bestimmten Themen gelegt, sodass sich diese in Diskussionen einbringen und so Kontakt zu anderen Mitgliedern aufnehmen können. Diese Community besteht also größtenteils aus dem Wissen der Nutzer über bestimmte Themen wie Ausrüstungsgegenstände oder Bildbearbeitung. Wie auch die Inhalte ist der Grad an Kreativität abhängig von der jeweiligen Community. Während bei einigen Communities wie StudiVZ oder XING die Kreativität durch Erstellen des eigenen Profils oder neuen Gruppen nur gering gefördert wird, gibt es bspw. im DSLR-Forum Fotowettbewerbe. Durch die Vorgabe eines Themas wird ein Wettbewerb für einen bestimmten Zeitraum gestartet, an dem jedes Mitglied teilnehmen kann. So wird 67 Vgl.

Maurer et al. (2008).

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in hohem Maße die Kreativität gefordert und gefördert. Im Sinne des Prinzips der Software ohne Lebenszyklus verbessern viele Communities ständig ihr Angebot. XING und seit kurzem auch StudiVZ haben dafür ein eigenes Feedback-Forum, in dem sie die Nutzer auffordern Verbesserungsvorschläge zu nennen oder Kritik zu üben. Durch die Einbeziehung der Nutzer in den Weiterentwicklungsprozess wird die Erstellung von Inhalten zusätzlich gefördert. Diese Inhalte können je nach Potenzial zur positiven Entwicklung der Community beitragen. Neben Communities bieten auch informationsbasierte Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 verschiedene Möglichkeiten der Kooperation und Kommunikation. So fördern bspw. Wikis die Kooperation von Nutzern, denn ohne ein gewisses Maß an Kooperation würden inhaltlich falsche Einträge unverbessert beibehalten werden. Um diese Kooperation zu koordinieren ist eine Kommunikation zwischen den Nutzern notwendig. Dazu bietet bspw. Wikipedia zu jedem Artikel einen Diskussionsbereich an, indem sich Nutzer, die den entsprechenden Artikel bearbeiten möchten, austauschen und ihre Verbesserungsvorschläge koordinieren können. So wird, nicht zuletzt aufgrund der kollektiven Intelligenz, neben der Erstellung kommunikativer Inhalte auch die Qualität der Artikel, die das Wissen der Nutzer repräsentieren, gefördert. Da die erstellten Inhalte bzw. das Wissen im Fall der Wikipedia und auch in anderen Wikis von keiner Kontrollinstanz auf inhaltliche Richtigkeit überprüft wird, fördern Wikis die kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten seitens der Nutzer. Da die Erstellung und Gestaltung der Inhalte meist einem gewissen Schema, dem jeder Artikel der Wikipedia unterliegt, folgt, wird die Kreativität der Nutzer nur im Sinne des Ausdrucks des persönlichen Wissens und der einfließenden Erfahrungen gefördert. Ein anderes Beispiel bieten Blogs. Private Blogs werden meist von einem einzigen Autor geführt. Durch das kommentieren von Beiträgen kann so ein Dialog mit den Lesern des Blogs oder Betreibern anderer Blogs entstehen. Allerdings bietet ein privater Blog meist nur geringe Kooperationsmöglichkeiten, da der Autor selber die Inhalte maßgeblich bestimmt. Im Gegensatz dazu stehen bspw. Unternehmensblogs oder Projektblogs, die meist von einer Gruppe von Autoren geführt werden.68 Unternehmensblogs dienen dabei nicht nur der Kommunikation von Hintergründen nach außen, darüber hinaus geben Inhalte über aktuelle Projekte und Entscheidungen Auskunft,69 und fördern somit weiter die Kommunikation zwischen dem Unternehmen, welches den Blog betreibt und interessierten Kunden. Projektblogs dienen „[. . . ] der Koordination und Information in einem Team, z.B. zur Unterstüt-

68 Vgl. 69 Vgl.

Alby ( 2007); Koch et al. (2009). Alby (2007).

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zung bei verteilter Zusammenarbeit.“70 Dies zeigt, dass durch solche Blogs nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Kooperation z.B. bei Projekten gefördert wird. Während Autoren privater Blogs, die diese u.a. zum Zweck der Selbstdarstellung errichten, ein höheres Maß an Kreativität ausüben können, indem sie ihren jeweiligen Blog persönlich und individuell gestalten, liegt der Schwerpunkt anderer Blogs auf der Kommunikation von Informationen. Das Maß der Kreativität und die Art der erstellten Inhalte hängen also von der Art der Blogs ab. Anhand der beschriebenen Beispiele unterhaltungsbasierter Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 lässt sich erkennen, dass diese meist wenig Kooperation zwischen einzelnen Nutzern ermöglichen. Zwar können bspw. Videos, die auf Youtube veröffentlicht werden, kooperativ erstellt worden sein, dies bezieht sich aber auf den Offline-Bereich und ist nicht Gegenstand dieser Betrachtung. Im Gegensatz dazu wird durch solche Anwendungen und Plattformen die Kommunikation zwischen Nutzern durchaus gefördert. Durch den Wunsch der Nutzer nach Unterhaltung und Selbstdarstellung werden Inhalte generiert. Nutzer können diese Inhalte, wie Bilder oder Videos von anderen Nutzern bewerten und kommentieren, dadurch kann zu den jeweiligen Inhalten eine Diskussion entstehen. Wie oben schon erwähnt erhält der Nutzer bspw. bei Flickr zusätzlich die Möglichkeit Bilder zu verschlagworten. Ähnlich wie bei den informationsbasierten Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 zeigt sich also auch hier die kollektive Intelligenz. Nicht nur durch die Möglichkeit Inhalte wie Bewertungen und Kommentare zu erstellen und bestehende Inhalte zu verschlagworten, sondern gerade durch die Möglichkeit der Publizierung der eigenen Bilder oder Videos, bspw. in Alben oder Wettbewerben bei Flickr, oder im eigenen Youtube-Kanal, wird die Kreativität der Nutzer gefördert. Durch Bewertungen und Kommentare erhalten Nutzer ein Feedback über ihre Inhalte. Dies ermöglicht ihnen eine Verbesserung und fördert weiterhin ihre Kreativität und die Erzeugung neuer Inhalte. Es wird nun mehr nicht die Frage gestellt, ob man innoviert, sondern wie dies geschieht.71 Es wird ein Trend hin zur Öffnung der Innovationsprozesse bemerkt. Die Innovationsprozesse werden gegenüber interessierten und fähigen Akteuren geöffnet, um Ideen von innerhalb und außerhalb eines Unternehmens zu kombinieren. Dieser Trend wird als Open Innovation bezeichnet. Für das Gelingen von Open Innovation ist die Beteiligung von Akteuren, die auch als Innovatoren bezeichnet werden, ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dabei werden drei Gruppen von Innovatoren unterschieden. Während Kerninnovatoren im Unternehmen mit der Entwicklung neuer Produkte, Prozesse, Services und Strategien beschäf70 Koch 71 Vgl.

et al. (2009), S. 166. ibid.

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tigt sind, innovieren periphere Innovatoren im Unternehmen aus Eigenmotivation und Engagement, sind aber häufig kaum in das Innovationsgeschehen eingebunden. Die Gruppe der externen Innovatoren umfasst zumeist Kunden, Lieferanten, Mitglieder von Universitäten und Forschungsinstituten oder Wettbewerber.72 Um die Innovationsprozesse zu öffnen und die daraus entstehenden Vorteile nutzen zu können, müssen diese Innovatorengruppen zusammengeführt werden.73 Dies geschieht durch Anwendungen und Plattformen des Web 2.0. Als Werkzeuge hierfür gelten u.a. Innovationswettbewerbe und Innovations-Communities.74 Innovationswettbewerbe rufen zur wettbewerblichen Lösung von Innovationsproblemen auf. Dabei wird meist ein zusätzlicher Anreiz durch die Ausschreibung von Preisen geschaffen.75 So kann ein breites Publikum an potenziellen Innovatoren angesprochen werden, die durch ihre gemeinsame Kreativität Inhalte zur Problemlösung generieren. Der Innovationswettbewerb Sprungbrett des Verband Internet Reisebetrieb e. V. ist ein Beispiel für einen solchen Wettbewerb. Der Sprungbrett Innovationswettbewerb, welcher seit dem Jahr 2008 jährlich ausgetragen wird, ist ein Wettbewerb, der den Austausch von Ideen, Konzepten, Visionen und Projekten in der deutschen Touristikbranche fördern soll. Seit dem Jahr 2009 wird für den Wettbewerb ein Wiki bereitgestellt. Durch dieses Wiki sollen Touristiker Themen und Referenten für ein zum Innovationswettbewerb gehöriges Camp vorschlagen und festlegen können.76 Als Innovationswerkzeug unterstützen Innovationscommunities die gemeinsame Entwicklung und Fortentwicklung von Innovationskonzepten. Sie ermöglichen Ideen zu entwickeln und zu diskutieren und somit Innovationen voranzutreiben, indem sie Innovatoren zu bestimmten Themen bündeln.77 Dabei unterstützen u.a. der Zugang zu verschiedenen Wissensträgern oder die Heterogenität der Innovatoren, nicht nur Mitarbeiter eines Unternehmens, die Kreativität und den Lernprozess.78 Ein Beispiel für eine solche Innovationscommunity ist die Plattform open-innovation-projects.org, welche mit dem Open Source-Innovationsprojekt der Technischen Universität Hamburg verbunden ist. Diese Plattform wurde erstellt, um Projekte, die sich mit der Entwicklung neuer Produkte, wie bspw. einen 3D-Drucker79 oder ein elektronisches Handgerät, mit dem man Dokumente so72 Vgl. 73 Vgl. 74 Vgl. 75 Vgl. 76 Vgl. 77 Vgl. 78 Vgl. 79 Vgl.

Möslein/Neyer (2009). Koch et al. (2009). Möslein/Neyer (2009). ibid. Verband Internet Reisevertrieb e.V. (2008). Möslein/Neyer (2009). Zboralski/Gemünden (2009). Open Innovation Projects (2010a).

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wohl lesen, als auch editieren kann,80 befassen, und Innovatoren zusammenzubringen um den Informationsaustausch zwischen diesen zu erleichtern.81 Durch die Einbeziehung von externen Akteuren wird die Generierung von Ideen positiv beeinflusst, die Entwicklungsgeschwindigkeit steigt und das Marktrisiko sinkt.82 Allerdings kann dies auch zu Wissensabfluss führen, denn da diese Innovationswerkzeuge letztendlich allen Nutzern zur Verfügung stehen, können auch Wettbewerber Einblick in den Innovationsprozess eines Unternehmens gewinnen. Des Weiteren kann Integration externer Innovatoren zu einer erhöhten Komplexität führen. Es ist auch zu beachten, dass durch diese Innovationswerkzeuge die eigenen Innovationsmöglichkeiten nicht ersetzt, sondern nur erweitert werden.83 3.3 Web 2.0 und die Bereitstellung von Services für Nutzer Im Gegensatz zu Abschnitt 3.2 wird hier nicht konkret auf die populären Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 eingegangen. Vielmehr steht die Tatsache, dass die Nutzer durch neue Plattformen und Dienste des Web 2.0, die weitgehend auf Partizipation und Mitwirkung basieren, als aktive Teilnehmer, Produzenten und Konsumenten angesehen werden, im Vordergrund. Die daraus entstehende Kommunikation und Kooperation fördert die kreative Entfaltung der Nutzer des Web 2.0. Zunächst ist im Hinblick auf das Ziel der i2010-Strategie die Entwicklung der öffentlichen Dienste im Zusammenhang mit dem Kriterium der Bereitstellung, Verfügbarkeit und Generierung von Diensten zu betrachten. Andererseits lässt sich auch die Generierung völlig neuartiger Dienste durch Nutzer beobachten. Die Bereitstellung und damit die Verfügbarkeit von öffentlichen Diensten im Internet ist in den letzten Jahren stark gestiegen. So ist das Angebot vollständig verfügbarer öffentlicher Dienste im Internet von 27 Prozent im Jahr 2004 auf 50 Prozent im Jahr 2007 für Bürger und von 58 Prozent auf ca. 70 Prozent für Unternehmen im gleichen Zeitraum gestiegen. Diese werden von einem Drittel der Bürger und ca. 70 Prozent der Unternehmen in Anspruch genommen.84 Ein Beispiel für einen solchen öffentlichen Dienst im Government-to-Citizen-Bereich ist die Kfz-Zulassung im Internet. Das Nummernschild lässt sich direkt drucken und zuschicken. Dies ist 80 Vgl.

Open Innovation Projects (2010b). Open Innovation Projects (o.J.). 82 Vgl. Piller/Reichwald (2009). 83 Vgl. Enkel (2009). 84 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). 81 Vgl.

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schneller als der Gang zum Straßenverkehrsamt, spart somit Zeit und ist bequemer. Ein anderes Beispiel wären Wahlgänge per Internet. Dieser Dienst könnte ggf. die Wahlbeteiligung bei Wählern, die aus Bequemlichkeit nicht wählen, steigern. Durch verschiedene Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 werden Kooperations- und Kommunikationsanreize geschaffen. Die so entstehende Kooperation und Kommunikation aber auch das von O’Reilly angesprochene Prinzip der leichtgewichtigen Architekturen ermöglichen die Generierung von neuartigen Diensten. Dabei ist der Kreativität der Nutzer kaum eine Grenze gesetzt. Dies zeigt sich in der hohen Anzahl solcher neuen Dienste bzw. Mashups. Die Webseite programmableweb.com liefert eine Übersicht über die verfügbaren Schnittstellen (application programming interface; API), die die meisten Applikationen des Web 2.0 zur Verfügung stellen85 und zur Erstellung von Mashups benötigt werden, sowie über die aus diesen APIs erstellten Mashups.86 Die Datenbank von programmableweb.com beinhaltet 1.570 APIs und 4.543 Mashups. Im Mai 2009 beinhaltete die Datenbank lediglich 429 APIs und 1.886 Mashups.87 Dabei sind die populärsten APIs für die Erstellung von Mashups die API von Google Maps, Flickr und Youtube.88 Durch die Kreativität der Nutzer, der hohen Anzahl an verfügbaren APIs und der leichten und schnellen Möglichkeit der Erstellung89 können neue Dienste bzw. Mashups den Nutzern des Web 2.0 bereitgestellt werden. Ein Beispiel für ein Mashup ist die Webseite housingsmaps.com. Der neue Dienst entstand aus dem Mappingdienst von Google Maps und den Wohnungsanzeigen des online-Netzwerkes craigslist.org. Der Nutzer kann sich durch die Wahl einer Stadt und der für ihn angemessenen Preisklasse Wohnungsangebote und die zugehörigen Standorte auf einer Karte anzeigen lassen.

4 Fazit Der vorliegende Beitrag hat zunächst ein Verständnis für den Begriff Web 2.0 geschaffen und diesen durch einige der von O’Reilly vorgestellten Prinzipien vertieft, bevor eine Kategorisierung populärer Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 vorgenommen wurde. Anschließend wurden drei Kriterien für die Evaluation der Potenziale von Web 2.0, vorwiegend im Zusammenhang mit der i201085 Vgl.

Alby (2007), S. 137. Hommen (2007). 87 Vgl. ibid. 88 Vgl. o.V. (2009). 89 Vgl. Hommen (2007). 86 Vgl.

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Strategie, aber auch der Digital Agenda der EU erarbeitet. Die vorgestellten Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 wurden im Hinblick auf diese Kriterien untersucht. Dabei lässt sich feststellen, dass die verschiedenen Anwendungen und Plattformen des Web 2.0 die Kooperation und Kommunikation zwischen Nutzern fördern, dies allerdings nicht in gleichem Maße geschieht. Wie stark die Kooperation und Kommunikation zwischen Nutzern gefördert wird und sich auf die Kreativität und die Generierung von Inhalten auswirkt, hängt von der Art und dem Zweck der jeweiligen Plattform ab. Das Web 2.0 bietet dadurch große Potenziale zur Förderung von Kreativität und der Generierung von Inhalten, dass Nutzer mit einbezogen werden und ein offener Umgang mit den Nutzern gepflegt wird. Diese Potenziale werden aber verschieden stark ausgeschöpft. Wie stark diese Potenziale ausgeschöpft werden, hängt ebenfalls von Art und Zweck der jeweiligen Plattform ab, so wird die Kreativität durch unterhaltungsbasierte Plattformen deutlich mehr gefördert als durch informationsbasierte Plattformen. Auch bei der Bereitstellung von Diensten lässt sich großes Potenzial beobachten. Dieses wird weitgehend durch die Erstellung neuer Dienste durch Nutzer, was wiederum die Kreativität fördert, ausgeschöpft. Allerdings kann es im Bereich der öffentlichen Dienste noch mehr ausgeschöpft werden, da nur ein Teil dieser Dienste online verfügbar ist. Damit ist Web 2.0 ein für die EU nicht zu unterschätzender Faktor zur Zielerreichung im digitalen Sektor, welcher zukünftig stärker in den Fokus rücken sollte. Die i2010-Strategie hatte die Prioritäten der „Steigerung der Innovation und Investition in die IKT-Forschung [. . . ],“90 den „Aufbau einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft, [. . . ] die bessere öffentliche Dienste [. . . ] in den Vordergrund stellt“91 und die „Schaffung eines einheitlichen europäischen Informationsraums, der einem offenen und wettbewerbsfähigen Binnenmarkt [. . . ] förderlich ist“92 . Für die Schaffung dieses Informationsraums sah man sich vier Herausforderungen gegenüber, die sich mit der Internetgeschwindigkeit, der Verbesserung von rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für reichhaltige Inhalte, der Interoperabilität zwischen Geräten, Plattformen und Diensten und der Sicherheit im Internet, um somit u.a. das Vertrauen der Internetnutzer zu gewinnen, befasst haben.93 Viele Leistungsziele der Digital Agenda, wie sie in Abschnitt 3.1 vorgestellt wurden, korrespondieren mit den Zielen bzw. Prioritäten und deren Herausforderungen der i2010-Strategie. So stieg zwar im Zeitraum der i2010-Strategie die Anzahl des mit Breitbandanschlüssen versorgten Anteils der europäischen Bevölkerung sowie die Anzahl der Internetnutzer ins90 Kommission 91 Ibid.,

o.P. 92 Ibid., o.P. 93 Vgl. ibid.

der Europäischen Gemeinschaften (2005), o.P.

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gesamt, die Digital Agenda stellt jedoch das Ziel auf, neben der Schaffung der Versorgung mit höheren Internetgeschwindigkeiten, auch den Grad der Breitbandversorgung weiter zu erhöhen. Wie die Digital Agenda beschäftigte sich auch die i2010-Strategie mit der Förderung eines einheitlichen Binnenmarktes, um somit den Wettbewerb zu fördern und IKT-Innovationen voranzutreiben. Ebenfalls hatte die i2010-Strategie das Ziel der Steigerung der über das Internet vollständig verfügbaren öffentlichen Dienste. Allerdings stand im Jahr 2009 nur die Hälfte der elektronischen Behördendienste online zur Verfügung.94 Die sich durch die Erstellung von Diensten ergebenden Probleme, wie bspw. das fehlende Vertrauen und die fehlende Akzeptanz der Nutzer sowie die Interoperabilitätsschwierigkeiten, waren bereits Herausforderungen, die an die i2010-Strategie gerichtet waren. Diesen sieht sich allerdings auch die Digital Agenda gegenüber. Schon im Jahr 2002 hatte Europa einen erheblichen Investitionsrückstand,95 der bis heute anhält96 . Um diesen Rückstand aufzuholen, ist in der Digital Agenda, ähnlich wie in der i2010-Strategie, das weitere Vorantreiben von Forschung und Investition im IKT-Bereich als Ziel definiert. Hier lässt sich u.a. der in Abschnitt 3.2 angesprochene Trend der Open Innovation beobachten. Dadurch, dass die i2010-Strategie keine oder kaum Angaben über den gewünschten Grad der Zielerreichung enthält, lässt sich nur schwer sagen inwiefern die Ziele der i2010-Strategie erreicht worden sind. Die sich neu ergebenden Probleme und Herausforderungen und die Art und Weise in der sich die Ziele der Digital Agenda derer der i2010-Strategie ähneln, lässt allerdings auf ein Anknüpfen bzw. an eine Weiterentwicklung der Ziele der i2010-Strategie schließen. Es bleibt also abzuwarten inwiefern die Ziele der Digital Agenda bis zum Jahr 2020 erfüllbar sind. Wichtig ist zu konstatieren, dass mit Anwendungen des Web 2.0 ein nutzbares Medium existiert, um die Zielerreichung seitens der EU voranzutreiben, bspw. mittels elektronischer Communities, Blogs oder Wikis.

5 Verzeichnis der zitierten Literatur Alby, Tom (2007), Web 2.0 - Konzepte, Anwendungen, Technologien, München 2007.

94 Vgl.

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2005). 96 Vgl. Europäische Kommission (2010). 95 Vgl.

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Entwicklungspotenziale der Nutzung von Web 2.0-Tools im europäischen Kontext Kim C. Jericho

1 Problemstellung und Gang der Untersuchung Die EU-Kommission hat in ihrem 2009 veröffentlichtem Digital Competitiveness Report konstatiert, dass rund 56% aller EU-Bürger im Jahr 2008 regelmäßig das Internet genutzt haben, dreiviertel von ihnen sogar täglich.1 Dieser fortschreitende Trend, der insb. durch sog. Web 2.0-Tools voran getrieben wird, führt zu einer Digitalisierung der Gesellschaft und stellt die Mitgliedsländer der EU vor neue Herausforderungen, übt aber gleichzeitig auch einen positiven Einfluss auf das Wachstum und die Verbreitung der so genannten Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) aus. Dies trägt wiederum zum Vorantreiben von Wirtschaftsund Beschäftigungswachstum bei, sowie zur Verbesserung der Lebensqualität der EU-Bürger aufgrund zahlreicher Benefits.2 Um sicherzustellen, dass diese positiven Effekte auch in Zukunft anhalten, hat die EU-Kommission die i2010-Strategie verfolgt, um ein konvergentes integriertes Gesamtkonzept für die EU zu erreichen, das alle europäischen Vorstöße auf diesem Gebiet bündelt und auf einen Nenner bringt. 3 Ob die mit der Strategie verfolgten Ziele bis zum Jahr 2010 verwirklicht werden konnten und ob diese Ziele aus Nutzer-Perspektive wünschenswert und ausreichend sind, wird in diesem Beitrag herausgearbeitet. Hierzu wird zunächst kurz erläutert, was unter Web 2.0-Tools zu verstehen ist, und welche Bedeutung sie hinsichtlich der genannten Fragestellung haben. Danach sollen die aus NutzerPerspektive wichtigsten, in der i2010-Strategie formulierten Ziele dargestellt und in einem weiteren Schritt mit Hilfe einer Stärken-Schwächen Analyse bewertet 1 Vgl.

Commission of the European Communities (2009a). European Commission – Information Society and Media (2008). 3 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2005). 2 Vgl.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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werden. Anschließend wird untersucht, ob die in der i2010-Strategie postulierten Ziele durch die im Mai 2010 verabschiedete Nachfolgestrategie Digital Agenda for Europe ergänzt bzw. fallengelassen wurden, und inwieweit sich die jeweils verfolgten Strategien unterscheiden. Im Anschluss werden Verbesserungsmöglichkeiten dargestellt, wobei besonders auf die aktuellen Vorstöße von privaten Anbietern in Form sog. Bürgerkonferenzen eingegangen wird. Am Ende der Analyse steht ein Fazit in dem deutlich gemacht wird, inwieweit die i2010-Strategie und die Digital Agenda for Europe der EU-Kommission ein wichtiger Schritt sind, um nachhaltiges Wachstum in Europa zu unterstützen.

2 Web 2.0-Tools und ihre Bedeutung Die Entwicklungen des Web 2.0 offerieren das Potenzial zur Integration und inklusion von Bürgern im Hinblick auf die Ziele der digitalen Strategien der EU. Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Web 2.0 hat sich jedoch in der einschlägigen Fachliteratur bisher nicht etablieren können.4 Einigkeit herrscht bislang nur darüber, dass der Terminus als erstes durch den amerikanischen Verleger Tim O’Reilly während einer Brainstorming-Session im Jahr 2004 aufgebracht wurde.5 Seither gehen die Meinungen über seine inhaltliche Bedeutung weit auseinander. O’Reilly selbst versucht in seinem Artikel What is Web 2.0 keine strikte Definition vorzugeben, sondern legt seinen Fokus mehr auf die Identifizierung von Unterscheidungsmerkmalen, die es Internetfirmen nach dem Platzen der dot-com bubble im Jahr 2001 ermöglichten, auch weiterhin im Internet erfolgreich zu agieren.6 Für diesen Beitrag wird die Definition von Alpar et al. herangezogen, nach der der Begriff Web 2.0 Anwendungen kennzeichnet, die das World Wide Web als technische Plattform nutzen, auf der die Programme und die benutzergenerierten Inhalte zur Verfügung gestellt werden.7 Wichtig ist, dass der Fokus hierbei auf den benutzergenerierten Inhalten liegt, was verdeutlicht, dass die Nutzer explizit dazu angehalten sind, Content mitzugestalten. In welcher Form dies geschehen kann, wird im Folgenden kurz anhand beispielhaft ausgewählter, verbreiteter Applikationen dargestellt.

4 Vgl.

Bosch (2008); Maaß et al. (2007); McNutt (2008). O’Reilly (2005). 6 Vgl. ibid. 7 Vgl. Alpar et al. (2007). 5 Vgl.

Entwicklungspotenziale von Web 2.0-Tools im europäischen Kontext

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2.1 Weblogs Ein Weblog oder auch kurz Blog genannt ist eine stetig aktualisierte Webseite eines Internetnutzers, auf der er unterschiedliche Arten von Eintragungen machen kann, z.B. in Form von Tagebucheinträgen oder Meinungsäußerungen. Diese sog. Posts werden in umgekehrter chronologischer Reihenfolge eingestellt, d.h. das aktuellste Post erscheint zuerst. Zusätzlich können die Besucher des Blogs diese Einträge kommentieren oder zusätzliche Informationen (z.B. Fotos oder Links) bereitstellen.8 Man kann Blogs anhand der in ihnen behandelten Themen in unterschiedliche Gruppen zusammenfassen, z.B. in Private Blogs, bei denen der Autor hauptsächlich über private Interessen schreibt, oder in Public Relations Blogs, bei denen bestimmte Ziele mit der veröffentlichten Information verfolgt werden.9 Im Kontext der hier behandelten Fragestellung bergen sowohl die privat, als auch die kommerziell/staatlich betrieben Blogs Nutzungspotenzial. 2.2 Wikis Ein Wiki ist eine Anwendung deren Inhalte die Nutzer gemeinsam erstellen und bearbeiten können.10 Wikis werden als Plattformen genutzt, um Informationen bereit zu stellen und durchsuchbar und navigierbar zu machen, und bergen damit erhebliches Nutzungspotenzial im Kontext dieses Beitrages. Sie können entweder privat oder öffentlich organisiert sein, eine Anmeldung erfordern oder Anonymität voraussetzen, sowie unterschiedliche Stufen von Korrektur- und Kontrollmechanismen enthalten.11 Eines der prominentesten Beispiele für ein Wiki ist wohl wikipedia.org. 2.3 Podcasts Bei einem Podcast muss unterschieden werden zwischen einem klassischen AudioPodcast und einem Videocast. Bei der ersten Variante werden Audiodateien zeitversetzt über einen sog. Feed im Internet veröffentlicht, welcher dann von den Internetnutzern über einen sog. Aggregator oder Podcatcher heruntergeladen und angehört werden können.12 Der Videocast unterscheidet sich hinsichtlich des ori8 Vgl.

Lindmark (2009). Koller et al. (2008). 10 Vgl. Kantel (2009). 11 Vgl. Lindmark (2009). 12 Vgl. Alby (2007). 9 Vgl.

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ginären Podcast nur insoweit, als dass anstatt Wortbeiträgen kleine Videos publiziert werden. Diese können ebenso wie die Podcasts auch über RSS-Feeds abonniert werden, sodass der Nutzer automatisch über neue Einträge informiert wird.13 Das Potenzial von Videocasts bspw. zur Vermarktung von Produkten wird in der Wirtschaft gerade erst entdeckt, während die Podcasts schon einen festen Platz im Internet-Portfolio vieler Firmen haben.

3 Die Hauptziele der i2010-Strategie Wie man den vorausgegangenen Erörterungen entnehmen kann, bergen Web 2.0Tools aus Nutzersicht ein hohes Potenzial, sich aktiv an Prozessen in der digitalen Welt zu beteiligen. Auf der einen Seite ermöglichen sie den Nutzern einen besseren Informationszugang und eine leichtere Verständigung und Koordination untereinander, auf der anderen Seite werden die Anbieter durch die Popularität der Tools gezwungen sich mit der Thematik auseinander zu setzen und diese damit ebenfalls zu verwenden. Auch die EU-Kommission hat dieses Potenzial erkannt und versuchte im Rahmen der i2010-Strategie einen geeigneten rechtlichen Rahmen zu schaffen, um aus dieser Entwicklung nachhaltiges Wachstum zu generieren.14 Ob dieses integrierte Gesamtkonzept für die EU die Situation der Nutzer optimiert und sie dadurch zu mehr Nutzung animiert, wird durch eine gezielte Analyse der Instrumente im Folgenden gezeigt. Dazu werden zunächst kurz die angestrebten Hauptziele dargestellt, um dann im Einzelnen den aus Nutzersicht wichtigen Aspekt der Schaffung einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft zu durchleuchten. Hierbei werden zudem die Ziele der Nachfolgestrategie Digital Agenda for Europe miteinbezogen um aufzuzeigen, inwieweit diese sich ggf. von den ursprünglich angestrebten Ergebnissen unterscheiden. 3.1 Ein einheitlicher europäischer Informationsraum Die zwingende Vorraussetzung für die Nutzung jeder Web 2.0-Anwendung ist eine Internetverbindung. Optimal ist eine Breitbandverbindung, die uneingeschränkte Verfügbarkeit und eine schnelle Übertragung der immer größer werdenden Datenmengen gewährleisten kann. Daher muss auch der erste Schritt zur Realisierung einer europäischen Informationsgesellschaft die Sicherstellung eines flä13 Vgl. 14 Vgl.

Döbler (2007). Kommission der europäischen Gemeinschaften (2005).

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chendeckenden Breitbandnetzes für die europäische Bevölkerung sein.15 Die EUKommission hat dies daher auch zu ihrem ersten Hauptziel erklärt, das mit der i2010-Strategie realisiert werden sollte. Die Schwerpunkte liegen hierbei auf den vier großen Themenfelden Geschwindigkeit, reichhaltige Inhalte, Interoperabilität und Sicherheit.16 Damit soll dem IKT-Sektor, der im Jahr 2008 schon einen Anteil zwischen 6 und 8% am BIP der EU ausmachte,17 weiteres Wachstum ermöglicht werden, ohne dabei dem Endnutzer zu schaden. Geschwindigkeit steht dabei an erster Stelle, da nur mit einem schnellen Breitbandzugang die Möglichkeiten von Web 2.0-Tools effektiv genutzt werden können. Dazu ist es wichtig, der schnellen Entwicklung des Internets Rechnung zu tragen, und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese reichhaltigen Inhalte auch weiterhin existieren können. Im gleichen Zuge muss das Vertrauen in die Sicherheit dieser neuen Technologien und Anwendungen gestärkt werden. Die Nutzer werden nur dann eine positive Einstellung und ein konstantes Nutzungsverhalten entwickeln, wenn sie sich vor Betrug, fehlerhafter Technik oder sog. Malware18 sicher fühlen. Als letzten Punkt hat die EU-Kommission vereinbart, dass vermehrt Standards definiert werden müssen, damit eine verbesserte Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Systemen und Techniken gefördert wird. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Internet und dessen Nutzung für die Endnutzer einfach, sicher und komfortabel ist, und damit seine herausragende Stellung und sein wirtschaftliches Potenzial für die Zukunft gesichert werden. Auch in der Digital Agenda for Europe hält die EU-Kommission an diesem ersten übergreifenden Ziel der i2010-Strategie fest. Denn durch die im Jahr 2005 beschlossene Initiative ist es bereits gelungen, rund 50% der europäischen Haushalte und über 80% der europäischen Unternehmen an das Breitbandnetz anzuschließen.19 Sowohl die Download-Geschwindigkeit als auch die Zugänglichkeit des Breitband-Internets bewegen sich heute in den 25 EU-Mitgliedsländern auf einem sehr hohen Niveau. Auch der Mobiltelefonmarkt ist mit seinem Versorgungsgrad von 119% und seinen um 34,5% gesunkenen Preisen für Telefonate und Kurznachrichten bestens auf den Fortschritt vorbereitet.20 Im Gegensatz zu der i2010-Strategie wird aber nicht mehr nur ein „einheitlicher europäischer Infor-

15 Vgl.

Kollmann (2011). Kommission der europäischen Gemeinschaften (2005). 17 Vgl. European Commission – Information Society and Media (2006). 18 Der Begriff Malware beschreibt alle feindseligen und unerwünschten Programme, die dem Computer (und damit dem Nutzer) Schaden zufügen können, bspw. Computerviren. 19 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). 20 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). 16 Vgl.

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mationsraum“21 angestrebt, sondern die Probleme werden detaillierter fokussiert. Beispielsweise sollen explizit die starke Fragmentierung der digitalen Märkte, die mangelnde Interoperabilität und die zunehmende Cyberkriminalität und damit einhergehende Vertrauensverluste seitens der User bekämpft werden.22 Es zeigt sich also, dass die EU-Kommission damit die Schwerpunkte der i2010-Strategie herausgegriffen hat, die bisher noch in unzureichendem Maße umgesetzt wurden bzw. in denen noch keine nennenswerten Erfolge erzielt werden konnten. Durch diese Betonung wird deutlich, dass die Kommission ihrer digitalen Strategie treu bleibt um somit „sustainable economic and social benefits“23 generieren zu können. 3.2 Investitionen und Innovationen in der IKT-Forschung Obwohl schätzungsweise 40% des Produktivitätswachstums in Europa auf die IKT zurückzuführen sind, investierten der private und öffentliche Sektor in Europa im Jahr 2000 zusammen nur ca. 31 Mrd. Euro in die IKT-Forschung und blieben damit weit hinter ihren internationalen Konkurrenten zurück.24 Die EU-Kommission hat daher in ihrer i2010-Strategie die Behebung dieses Missstandes als zweite große Priorität festgeschrieben. Es wird gefordert, die Investitionen in die IKTForschung zu erhöhen und Innovationen zu fördern. Darüber hinaus soll die Einführung besagter Innovationen in bestehenden Systemen, Produkten und Diensten erleichtert werden, da nur so der Nutzen voll ausgeschöpft werden kann. Hierbei haben die bereits unter Punkt 3.1 erläuterten Hauptfelder wieder eine Schlüsselfunktion inne, da sie über den gesamten Lebenszyklus eines IKT-Produktes hinweg garantiert sein müssen. Hinsichtlich dieses ehrgeizigen Ziels, Europa international an die Spitze im Bereich IKT-Forschung und Entwicklung zu bringen, konnte die EU-Kommission bislang nur einen Teilerfolg erzielen.25 Zwar ist es gelungen strategische öffentlichprivate Kooperationen zu gründen, mit deren Hilfe innovative und risikoreiche neue Technologien erforscht und entwickelt werden können; dennoch steht für den Zeitraum 2007-2013 nur ein Budget von rund 16 Milliarden Euro für IKTForschung und Entwicklung zur Verfügung.26 Damit investiert Europa nach einer Einschätzung der EU-Kommission, immer noch viel zu wenig in diesem Bereich. 21 Kommission

der Europäischen Gemeinschaften (2005), S. 4. European Commission – Information Society and Media (2010). 23 European Commission – Information Society and Media (2010), S. 3. 24 Vgl. o.V. (2005). 25 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). 26 Vgl. ibid. 22 Vgl.

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Daher fordert die Digital Agenda for Europe zum einen die Erhöhung der Kapitalanlagen in „new very fast open and competitive internet networks“27 und zum anderen eine Steigerung und bessere Koordinierung der Ressourcen in Innovation und Forschung.28 Hierzu soll bspw. auf private Investitionen und die Nutzung gemeinsamer Infrastrukturen zurückgegriffen werden, um mit der Forschung ein Innovations-Ökosystem zu entwickeln, in dessen Rahmen neue europäische Produkte entworfen werden können, die sich im weltweiten Vergleich behaupten können.29 3.3 Eine integrative europäische Informationsgesellschaft Das dritte aus Nutzer-Perspektive besonders wichtige von der EU-Kommission in ihrer i2010-Strategie vereinbarte Ziel ist die Realisierung einer „Informationsgesellschaft, die alle Menschen einbezieht, hochwertige öffentliche Dienste bietet und zur Anhebung der Lebensqualität beiträgt“.30 Im Kern werden hier sechs Maßnahmen angestrebt, die dazu beitragen sollen, die Nutzung von IKT durch EU-Bürger noch weiter zu stärken, damit diese ihren positiven Effekt für die Gesellschaft voll entfalten können. Zunächst soll daher sichergestellt werden, dass alle EU-Bürger unabhängig von ihrer sozialen, wirtschaftlichen, ethischen oder geografischen Herkunft sowohl die persönlichen Fähigkeiten als auch das technische Equipment erlangen, um an IKT-Produkten und Diensten partizipieren zu können. Hierbei wird besonderer Wert auf den Erwerb „grundlegende[r] digitale[r] Kompetenzen“31 gelegt, da die Ausstattung mit technischen Mitteln bereits durch das unter Abschnitt 3.1 erläuterte Ziel sichergestellt werden soll. Mit der Digital Agenda for Europe geht die EU-Kommission sogar noch einen Schritt weiter und setzt sich zum Ziel, neben den digitalen Kompetenzen auch die digitalen Qualifikationen zu verbessern.32 Damit soll erreicht werden, dass die von IKT erwarteten Produktivitätssteigerungen sowohl über die Verbreitung im privaten als auch im wirtschaftlichen Sektor erreicht werden können. Hierzu bedarf es konsequenterweise neben kompetenten Nutzern auch qualifizierte Fachkräfte, die IKT entsprechend pflegen und weiterentwickeln können. Ein weiterer damit einhergehender Punkt der i2010-Strategie ist die Verbesserung der öffentlichen Dienste. Diese sollen durch die Einführung von IKT weniger kostenintensiv und leichter erreichbar 27 European

Commission – Information Society and Media (2010), S. 6. ibid. 29 Vgl. ibid. 30 Kommission der europäischen Gemeinschaften (2005), S. 11. 31 Ibid. 32 Vgl. European Commission – Information Society and Media (2010). 28 Vgl.

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werden. Leider sind hier trotz umfangreicher Aktionen nur wenige greifbare Ergebnisse erzielt worden. So konnte die Verfügbarkeit der 20 dem Benchmarking unterliegenden elektronischen öffentlichen Dienste für Bürger von 27% im Jahr 2004 auf 50 % im Jahr 2007 gesteigert werden. Ebenfalls positiv entwickelt hat sich das Nutzungsverhalten dieser Dienste, rund 70% der Unternehmen und etwa dreiviertel der Europäer nehmen sie in Anspruch.33 Allerdings sind einige geforderte Neuerungen wie bspw. die „elektronische Identität“34 noch nicht vollständig umgesetzt, sodass wichtige mit der i2010-Strategie angestrebte Ergebnisse noch nicht erreicht werden konnten. Die bedeutsamste Forderung aus Nutzer-Perspektive, und damit auch der Hauptanalysegegenstand dieser Abhandlung, ist die Verbesserung der Lebensqualität der EU-Bürger. Dies soll auf verschiedene Weise realisiert werden, z.B. durch die Einbindung von IKT in den Gesundheitssektor oder das Umweltmanagement. Auch hier sind die erzielten Erfolge leider nur unzureichend. Im Bereich E-Health35 konnten z.B. lediglich zwei Politikinitiativen in Angriff genommen werden, die im Bereich Telemedizin und elektronische Patientendatensysteme messbare Effizienzgewinne bringen sollen.36 Außerdem fördert die EU-Kommission die „Entwicklung intelligenterer, sicherer und sauberer Kraftfahrzeuge“.37 Nur im Bereich Kultur konnte mit der Freischaltung der ersten europäischen multilingualen und multimedialen Online-Bibliothek Europeana ein echter Mehrwert für die Nutzer von Web 2.0-Tools generieren werden.38 Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen der Digital Agenda for Europe der Bereich der „missed opportunities in addressing societal challenges“39 als gemeinsames Problemfeld angesehen wird. Die EU-Kommission hat erkannt, dass sich in diesem Bereich viele Faktoren gegenseitig beeinflussen und somit ergriffene Strategien und ins Leben gerufene Initiativen aufeinander abgestimmt sein müssen, um maximale Erfolge zu erzielen. Beispielsweise bedingt die zunehmend älter werdende Bevölkerung die steigenden Gesundheitskosten und einen Misstand digitaler Kompetenzen, wohingegen die nachwachsenden Generationen IKT längst in ihren Alltag integriert haben. Diese Divergenz galt und gilt es mit der i2010-Strategie und der Digital Agenda

33 Vgl.

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2009). o.P. 35 Siehe dazu auch den Beitrag von Gerhardy in diesem Sammelwerk. 36 Vgl. ibid. 37 Ibid., S. 9. 38 Vgl. ibid. 39 European Commission – Information Society and Media (2010), S. 6. 34 Ibid.,

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for Europe zu beseitigen, um damit die wirtschaftliche und soziale Leistungskraft Europas weiter zu steigern und dauerhaftes Wachstum sicherzustellen.40 Inwieweit diese Maßnahmen geeignet und ausreichend waren und sind, die Lebensqualität der EU-Bürger wirklich zu verbessern, soll im Folgenden näher untersucht werden.

4 Auf dem Weg zur europäischen Informationsgesellschaft Es wurde bereits eingangs dargestellt, dass die IKT in den letzten Jahren einen nicht unerheblichen Nutzungszuwachs generieren konnten, der aus Sicht der EUKommission dazu beiträgt und beitragen soll, auch zukünftig nachhaltiges Wachstum in der europäischen Wirtschaft sicherzustellen. Mit Hilfe der i2010-Strategie und der Digital Agenda for Europe soll vor allem die Akzeptanz von IKT und Web 2.0-Tools in der europäischen Bevölkerung verbessert werden, und damit diese Entwicklung weiter vorangetrieben werden. Inwieweit sie Impulse für das Entwicklungspotenzial der Nutzung von Web 2.0-Tools im europäischen Kontext aus Nutzerperspektive geben kann, wird nun konkret entwickelt, indem drei der beschlossenen Maßnahmen der i2010-Strategie einer Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen werden. Das Ziel der Auswertung soll dabei sein, mögliche Schwachstellen aus Nutzer-Perspektive aufzuzeigen und Verbesserungspotenzial zu evaluieren. Abschließend wird auf die möglichen Einflüsse durch die Folgestrategie Digital Agenda for Europe eingegangen. 4.1 Weiterentwicklung der E-Accessibility und Entwicklung einer umfassenden E-Inclusion-Strategie Unter dem Begriff E-Accessibility werden alle Bemühungen zusammengefasst die dazu beitragen sollen, IKT barrierefrei zu machen.41 Das bedeutet, dass alle eventuellen Hindernisse, seien sie technischer, rechtlicher oder sonstiger Natur, ausgeräumt werden und somit allen Bevölkerungsgruppen der Zugang zu Informationstechnologien ermöglicht wird. Darüber hinaus sollen gerade die bisher benachteiligten Gruppen befähigt und angeregt werden, IKT nutzen zu können und 40 Vgl. 41 Vgl.

European Commission – Information Society and Media (2010). Commission of the European Communities (2005b).

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sich dadurch deren Vorzüge bewusst werden. E-Inclusion verkörpert dagegen die Integration der IKT in den Alltag der EU-Bevölkerung und damit einhergehend eine Selbstverständlichung der Nutzung, damit es zukünftig keine Lücken mehr in der Versorgung oder Nutzung gibt.42 Exemplarisch seien dazu zwei Initiativen der EU-Kommission genannt: das sog. DFA (Design für alle)-Programm und die Identifikation und Förderung von Schlüsselkompetenzen. Aus Nutzer-Perspektive kann das DFA-Konzept als Stärke bewertet werden, denn hiermit existiert ein etabliertes System, das klare Anforderungen an die Barrierefreiheit von Dienstleistungen und Produkten definiert.43 Diese Vorgaben werden schon bei der Entwicklung miteinbezogen, sodass gewährleistet werden kann, dass das Endergebnis einer möglichst breiten Zahl von Nutzern zugänglich gemacht werden kann. Leider ist dieses Modell, auch wenn es sich mittlerweile lokal bewährt hat, in Europa noch nicht sehr weit verbreitet. Aus diesem Grund muss die EU-Kommission den Bekanntheitsgrad fördern und sowohl der Privatwirtschaft als auch den Regierungen der Mitgliedsstaaten diese sinnvolle Maßnahme bewusst machen. Das DFA-Konzept ist in vielerlei Hinsicht eine Möglichkeit um das Entwicklungspotenzial von Web 2.0-Tools zu steigern. Es vereinheitlicht die Handhabung von Online-Diensten und erleichtert den Nutzern den Umgang mit der Technik und der Software. Hinzu kommt der positive Effekt für Nutzer, die nicht mit dem Umgang von Web 2.0-Tools vertraut sind. Diese werden nicht so leicht abgeschreckt von unterschiedlichen Designs oder etwaigen Anforderungen. Damit wird es auch Menschen mit Behinderung oder älteren Menschen erleichtert, einen Einstieg ins Netz zu finden und aktiv an dessen Gestaltung teilzunehmen.44 Allerdings scheint es, als könne sich trotz der Gründung diverser Exzellenzzentren bis heute der erwünschte Bekanntheitsgrad nicht einstellen. Es existiert zwar in Deutschland das Europäische Institut Design für Alle in Deutschland e.V. (EDAD), dennoch sind bis heute sämtliche zu diesem Thema erarbeiteten Vorschläge nicht allgemeinverbindlich und weisen keinen Rechtscharakter auf. Die EU-Kommission hat die Hoheit über dieses Thema nicht auf die Regierungen der einzelnen Länder übertragen, sondern setzt darauf, dass sich in jedem Land interessierte Anhänger finden, die eine eigene Organisation gründen und Mitglied im europäischen Netzwerk des European Institute for Design and Disability werden. Damit sind die Vorgaben des DFA nicht verpflichtend bei der Entwicklung von neuen Web 2.0-Anwendungen zu berücksichtigen, sondern können nur auf freiwilliger Basis anerkannt und eingehalten werden. Es ist aus Nutzersicht also 42 Vgl.

Commission of the European Communities (2007b). Commission of the European Communities (2005b). 44 Vgl. ibid. 43 Vgl.

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dringend wünschenswert, dass dieses sinnvolle Konzept weiter gefördert würde, sodass im Ergebnis jedes neue Web 2.0-Tool diesen Standards entspricht. Auch in der Digital Agenda for Europe hat E-Accessibility immer noch eine wichtige Rolle inne. Es werden bspw. unter dem Oberbegriff inclusive digital services Aktionen gefordert, die dazu beitragen sollen, das Internet und seine Inhalte für alle Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen, besonders für Menschen mit Behinderungen.45 Zwar wird die E-Accessibility nicht explizit in den Schlüsselaktionen erwähnt, sie findet aber Eingang in drei weitere Aktionen. So sollen z.B. alle Rechtsvorschriften der EU-Kommission, die im Rahmen der Digital Agenda for Europe überarbeitet werden, systematisch im Bezug auf ihre Barrierefreiheit bewertet werden und es soll gewährleistet sein, dass ab 2015 alle Internetseiten der öffentlichen Hand vollständig barrierefrei sind.46 Im Gegensatz hierzu wird das bereits dargestellte DFA-Konzept in der Digital Agenda for Europe nicht noch einmal aufgegriffen um somit sein Wert und Nutzen weiter zu untermauern. Zwar werden alle Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, die in verschiedenen Richtlinien und Rechtsrahmen enthaltenen Bestimmungen zugunsten von Menschen mit Behinderungen umzusetzen, aber darüber hinaus werden keine weiteren Verpflichtungen auferlegt.47 Dies mag zum einen dem Umstand geschuldet sein, dass die Digital Agenda for Europe noch jung ist und eine Konkretisierung auf Einzelebene noch aussteht, zum anderen könnte sich hier aber auch herausstellen, dass die EUKommission diesem Konzept keine ausreichende Beachtung schenkt. Dennoch bleibt festzuhalten, dass E-Accessibility auch weiterhin von der EU-Kommission gefördert und gefordert wird. Eine zweite Konkretisierung einer i2010-Maßnahme stellt die im Jahr 2006 verabschiedete Empfehlung des EU-Parlaments zum Thema Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen dar.48 Der Sinn und Zweck dieser Empfehlung liegt auf der Hand und birgt ein großes Potenzial für die Nutzung von Web 2.0-Tools. Es geht im Kern darum, Schlüsselkompetenzen zu definieren, die alle Personen benötigen, um sich selbst verwirklichen und entwickeln zu können, eine aktive Staatsbürgerschaft zu erwerben, sozial integriert zu sein und einer Beschäftigung nachgehen zu können.49 Hierzu gehört bspw. das sichere Beherrschen der Muttersprache und den Erwerb mindestens einer weiteren Fremdsprache sowie grundlegende Fähigkeiten in den Bereichen Wissenschaft und Technologie. Insgesamt wurden in der 45 Vgl.

European Commission – Information Society and Media (2010). ibid. 47 Vgl. ibid. 48 Vgl. European Parliament and the Council (2006). 49 Vgl. ibid. 46 Vgl.

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Empfehlung acht Schlüsselkompetenzen definiert, wobei die aus Nutzersicht beachtenswerte die der digitalen Kompetenz ist, die es jedem Menschen ermöglichen soll, im Internet aktiv zu werden.50 Einzig diese digitale Kompetenz wird konkret in der Digital Agenda for Europe wieder aufgegriffen.51 Ihre Verwirklichung soll mit Hilfe einer Schlüsselaktion erreicht werden, die besagt, dass ihr eine Priorität im Europäischen Sozialfonds (2014-2020) eingeräumt werden muss.52 Die anderen Kompetenzen sind ebenfalls Teil einer Schlüsselaktion, die eine Entwicklung von Instrumenten zur Ermittlung und Anerkennung von ebendiesen bis zum Jahr 2012 vorsieht.53 Es ist positiv zu werten, dass sich das EU-Parlament 2006 des Kompetenzthemas angenommen und eine klare Identifikation und Definition der Schlüsselkompetenzen vorgenommen hat. Das große Problem hierbei liegt aber in der Umsetzung. Es wurden keine klaren Vorgaben gemacht, wie die Mitgliedsstaaten die Ausbildung der Kompetenzen bei jungen Menschen gewährleisten können. Es wurde lediglich vereinbart, bereits bestehende Bemühungen in dieser Richtung finanziell zu unterstützen und durch die Empfehlung einen Referenzrahmen an die Hand zu geben, an dem sich wichtige Entscheidungsgremien im Bereich Politik, Bildung und Ausbildung orientieren können.54 Dies reicht aber bei weitem nicht aus, zumal nicht klar vorgeben wurde, wie die Schlüsselkompetenzen vermittelt werden können. Es ist dabei wieder bei einer oberflächlichen Empfehlung geblieben, anstatt konkrete Programme zu entwickeln und zu fördern. Außerdem rückt das EU-Parlament in seiner Empfehlung vor allem die jungen Menschen in den Vordergrund, die im Laufe ihrer Ausbildung einen ausreichenden Wissensstand im Bereich der IKT vermittelt bekommen sollen. Das große Manko ist dabei die Vernachlässigung der älteren Generation, die bisher wenig an der Nutzung von IKT und Web 2.0-Tools teilhaben können. Diese sog. silver surfer bergen ein großes monetäres und Wissenspotenzial, das für nachhaltiges Wachstum in Europa unerlässlich ist. Daher muss es erklärtes Ziel sein, zum einen die kommenden Generationen von Anfang an und auch während ihres Lebens mit einer adäquaten Wissens- und Kompetenzbasis auszustatten auf der sie ihr Leben lang aufbauen können, und zum anderen bei den Generationen, die den technischen und digitalen Wandel bisher verpasst hat, Interesse für die Thematik zu wecken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich kostengünstig und effektiv weiterzubilden. Eine wei50 Vgl.

ibid. European Commission – Information Society and Media (2010). 52 Vgl. ibid. 53 Vgl. ibid. 54 Vgl. European Parliament and the Council (2006). 51 Vgl.

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tere Bevölkerungsgruppe, die durch diese Empfehlung auch nur am Rande berücksichtigt wird, sind Immigranten. Auch hier bedarf es einer Verbesserung, die nicht unbedingt abhängig gemacht werden muss von einer bestimmten Sprache. Es ist denkbar, dass entsprechende Weiter- und Fortbildungsangebote in verschiedenen Sprachen angeboten werden, denn das Internet ist multilingual und multikulturell. Es zeigt sich also, dass die EU-Kommission und das EU-Parlament bereits bei der Umsetzung ihrer ersten i2010-Maßnahme zur Realisierung einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft deutlich nachbessern müssen, damit sie aus Nutzersicht wirklich zu einem verbesserten Nutzungsverhalten von Web 2.0-Tools führen würde. Doch auch bei der folgenden Digital Agenda liegt der Fokus mehr auf allgemeinen Forderungen und nicht auf spezifischen Einzelmaßnahmen. Die Vorteile, die Web 2.0-Nutzern schon aus der i2010-Strategie entstanden sind, werden auch durch die Digital Agenda for Europe beibehalten. Es wird auch weiterhin daran gearbeitet, das Internet einheitlicher zu gestalten, sowohl was die Standards angeht, als auch bzgl. der Inhalte. Web 2.0-Tools sind von der EU als das Instrument der Zukunft erkannt worden, wenn es darum geht, die Bevölkerung zu beteiligen. Es stellt sich aber weiterhin die Frage, ob die ergriffenen und geplanten Maßnahmen nicht zu unkonkret und wenig verbindlich sind, um wirklich einen echten Mehrwert für Nutzer von Web 2.0-Tools zu generieren. 4.2 Förderung in den Bereichen E-Government und E-Health Wenn IKT dazu beitragen kann, nachhaltiges Wachstum in Europa auch zukünftig zu sichern, dann ist es sinnvoll diesen positiven Effekt auch in der internen und externen Organisation von Behörden und öffentlichen Verwaltungen durch E-Government zu nutzen. Im Zuge dessen wurde im Jahr 2006 der i2010 EGovernment Action Plan: Accelerating E-Government in Europe for the Benefit of All55 von der EU-Kommission verabschiedet.56 Insb. wurde das Interoperable Delivery of European E-Government Services to Public Administrations, Business and Citizens (IDABC)-Programm gegründet, das Vorstöße und Ideen zum Thema E-Government bündeln und koordinieren soll.57 Dieses Programm, das zum Ende des Jahres 2009 auslief, kann klar als Stärke bei der Verwirklichung einer europäischen Informationsgesellschaft identifiziert werden. Beispielhaft sei hier nur das aktuell in der sechsten Version vorliegende work programme genannt, in dem klare Kostenangaben, Budgetverantwortungen und zeitliche Rahmen für 55 Commission

of the European Communities (2006). dazu auch den Beitrag von Hüwe in diesem Sammelwerk. 57 Vgl. IDABC European E-Government Services (2009). 56 Siehe

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die unterschiedlichen Forschungsprojekte und verbundene Maßnahmen festgehalten sind.58 Damit existiert ein klarer Bezugsrahmen sowie eine Ausstattung mit finanziellen Mitteln, die eine Realisierung vereinfacht. Zum Beispiel wird zur Verbesserung der Sicherheit im Internet von der EU-Kommission eine Liste mit Links zu allen national vertrauenswürdigen Anbietern von Zertifizierungen veröffentlicht. Diese bieten elektronische Identifizierungen und Signaturen an, anhand derer Geschäftsprozesse zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten schneller, effizienter und sicherer gemacht werden können.59 Bedenklich ist allerdings, dass die EU-Kommission die Entwicklung solcher vertrauenswürdigen eSignaturen nicht an eigene Institutionen vergibt, sondern lediglich die privaten Anbieter solcher Dienste beglaubigt. Auf der anderen Seite können durch einen konkreten rechtlichen Rahmen und feste Vorgaben mit entsprechenden Kontrollen auch eine Vergabe dieser Aufträge an die Privatwirtschaft dazu genutzt werden, Wachstum zu generieren. E-Government nimmt auch im Rahmen der Digital Agenda for Europe einen wichtigen Stellenwert ein. Es scheint, als würde die EU-Kommission sich mit der auf die i2010 folgenden Strategie verstärkt dieser Thematik zuwenden, da hier bereits relativ große messbare Fortschritte erzielt werden konnten. Trotzdem wurden bis zum Jahr 2009 nur rund 38% der Bevölkerung und 72% der Unternehmen dazu animiert, elektronische Behördendienste in Anspruch zu nehmen.60 Daher versucht die EU-Kommission, durch eine gegenseitige Anerkennung elektronischer Identifizierungen und elektronischer Authentifizierungen sowie dem Ausbau des elektronischen Auftrags- und Vergabewesens die Quote weiter zu steigern.61 Zudem ist positiv anzumerken, dass auch das Problem der national beschränkten Online-Dienste erkannt und angegangen wurde. So fordert die Agenda als ersten Schritt eine grenzübergreifende Anerkennung der bereits genannten elektronischen Identitäten und Authentifizierungen, und zwar einheitlich für alle Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus sollen das sog. Competitveness and Innovation Programme (CIP) sowie das Interoperability Solutions for European Public Administrations (ISA)-Programm gewährleisten, damit nahtlose grenzübergreifende elektronische Behördendienste innerhalb der europäischen Gemeinschaft entstehen.62 Nur so kann sichergestellt werden, dass Unternehmen und Privatpersonen innerhalb des Binnenmarktes problemlos online agieren können. Weiterhin sollen bis zum nächsten Jahr grundlegende grenzübergreifende öffentliche Dienste defi58 Vgl.

ibid. ibid. 60 Vgl. European Commission – Information Society and Media (2010). 61 Vgl. ibid. 62 Vgl. ibid. 59 Vgl.

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niert werden, die bis zum Jahr 2015 jedem Einwohner der EU uneingeschränkte Mobilität im Bezug auf Arbeit, Ausbildung und Lebensabend garantieren können.63 Dieser Vorstoß ist klar positiv zu bewerten, da sich nur so das Potenzial von Web 2.0-Tools auch in diesem Zusammenhang voll entfalten kann. Wenn in jedem Mitgliedsland der EU die gleichen Standards und Prozesse im Bezug auf EGovernment gelten, kann dies ein Einsparungspotenzial realisieren. So könnte vor allem der große Verwaltungsapparat effizienter und schlanker arbeiten, und damit Unternehmen und Privatpersonen bei ihren administrativen Aufgaben entlasten. Im Bereich E-Health64 bringt bisher vor allem der Start des EU Health Portals65 einen Vorteil für die Nutzung von Web 2.0-Tools und der IKT. Auf der im Mai 2006 zum ersten Mal online verfügbaren Seite, die offiziell durch die Europäische Union (EU) betrieben und gestaltet wird, können sich interessierte Nutzer über alle Themen rund um Gesundheit auf internationaler und nationaler Ebene informieren. Dabei wurden Web 2.0-Tools genutzt, um innovativ auf die Probleme aufmerksam zu machen und die Nutzer zu animieren, sich aktiv einzubringen. Beispielsweise werden kleine Videos zu unterschiedlichen Themen veröffentlicht, oder speziell für den jungen Internetnutzer interaktive Spiele zur Verfügung gestellt, bei denen man anhand kleiner Comicfiguren nützliche Informationen sammeln und am Ende sein Wissen in einem Quiz testen kann. Damit hat die EU zum einen gute Impulse gesetzt, um Web 2.0-Tools auch zukünftig zur innovativen Wissensgenerierung zu nutzen und zum anderen, um damit ihrem Ziel einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft einen Schritt näher zu kommen. Dennoch bleibt auch hier die Umsetzung hinter den Erwartungen zurück. Der Bekanntheitsgrad ist sowohl unter den adressierten Nutzergruppen als auch unter einschlägigen Berufsgruppen als eher gering einzustufen. Damit hat die EUKommission zwar eine sinnvolle Maßnahme umgesetzt und ein Tool eingerichtet, um Nutzern jeden Alters die Gelegenheit zu geben, sich zu informieren und weiter zu bilden; aber auf der anderen Seite wird der Bekanntheitsgrad der Plattform nicht ausreichend gefördert, sodass das volle Potenzial unausgeschöpft bleibt. Aus Nutzer-Perspektive ist die interessante Aufbereitung und kostenlose Verfügbarkeit dieser Informationen zwar ein positiver Effekt, dennoch gehen gerade im Bereich E-Health die Bemühungen der EU noch nicht weit genug. Die Möglichkeiten im Bereich der Verbesserung der Patientenversorgung durch die Einbindung von IKT in den Versorgungsprozess werden bei weitem noch nicht ausgeschöpft. So könnten dadurch die Ärzte von der Bürokratie entlastet werden und die Versor63 Vgl.

ibid. dazu auch den Beitrag von Gerhardy in diesem Sammelwerk. 65 Das Portal ist erreichbar unter http://health.europa.eu. 64 Siehe

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gungsqualität direkt gesteigert werden. Die elektronische Gesundheitskarte ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein prinzipiell sinnvolles Instrument durch die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der EU nicht eingesetzt werden kann. Sicherlich sind auch die aktuellen Vorstöße zum Thema grenzübergreifende Interoperabilität von Gesundheitssystemen oder Einsatz von Telemedizin ein Schritt in die richtige Richtung; aber es fehlt wiederum an konkreten Umsetzungen. Hier müsste ähnlich wie beim IDABC-Programm ein klares Regelwerk entwickelt werden, welches Zuständigkeiten und finanziellen Rahmen definiert und Budgetverantwortung festlegt; nur so kann auf Dauer eine Realisierung der Maßnahmen garantiert werden. Das Potenzial der Web 2.0-Tools scheint von der EU erkannt worden zu sein, dennoch wurde wenig zur Steigerung des Bekanntheitsgrades ihrer Implementierungen beigetragen. Doch wird dieser Umstand auch durch die Digital Agenda for Europe nicht behoben. Wie bereits erwähnt, scheint erkannt worden zu sein, welches ungenutzte Potenzial sich in elektronischen Gesundheitsdiensten verbirgt, dennoch scheint der Zeitraum zur Realisierung erster kleiner Pilotvorhaben zu weit gefasst. Es steht jedoch ohne Zweifel, dass die vorausgehende grundlegende Maßnahme zur Verwirklichung jedweder elektronischen Gesundheitsdienstleistung die sichere Speicherung der sensiblen Gesundheitsdaten sein muss.66 Aber die Bemühungen der EU-Kommission sollten darüber hinausgehen und die Nutzung von Gesundheitstelematik vorantreiben. Web 2.0-Tools können den Akteuren des Gesundheitswesens mehr Bewegungsfreiheit und vereinfachte Arbeitsprozesse ermöglichen; gerade im Krankenhausbereich ließe sich so der große Spardruck besser bewältigen. Die bereits erwähnten elektronischen Patientenakten und mobilen Visitewagen sind Beispiele des gewinnbringenden Einsatzes neuer Technologien. Da die Einführung dieser Instrumente aber einen hohen Koordinierungsbedarf in den einzelnen Mitgliedsländern mit sich bringt und eines großen Budgets bedarf, ist es vorteilhaft, wenn die EU-Kommission hier die Federführung übernimmt um auch dauerhaft Interoperabilität und Bewegungsfreiheit für den Arzt und Patienten gewährleisen zu können.67 4.3 Komfortables Altern in der Informationsgesellschaft Im Jahr 2008 waren in Deutschland fast 20% der Bevölkerung älter als 65 Jahre.68 Damit wird Deutschland schon heute nur noch von Italien bzgl. des Anteils der 66 Vgl.

European Commission – Information Society and Media (2010). ibid. 68 Vgl. Statistisches Bundesamt (2009). 67 Vgl.

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älteren Bevölkerung übertroffen; es wird sogar eine Verdoppelung deses Anteils bis zum Jahre 2050 prognostiziert.69 Daher ist es wichtig, dass dieser Bevölkerungsgruppe erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt wird, da sie, wie bereits mehrfach erwähnt, unausgeschöpftes Potenzial für das Wachstum von IKT birgt. Dies hat auch die EU-Kommission erkannt und gab deshalb im Zusammenhang mit der i2010-Strategie Mitte des Jahres 2007 eine Mitteilung mit dem Titel Ageing well in the Information Society heraus, in der sie die Mitgliedsstaaten dazu auffordert, mit geeigneten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass durch die Nutzung von IKT ältere Menschen eine höhere Lebensqualität gewinnen können, gesünder bleiben und länger unabhängig leben können.70 Unterstützt wird dieser Aktionsplan durch ein koordiniertes Forschungsprogramm, an dem sich alle EU-Mitgliedsstaaten finanziell beteiligen und so Investitionen in Millionenhöhe sicherstellen sollen.71 Ziel dieses Programms ist die Weiterentwicklung geeigneter IKT und Web 2.0-Tools, die älteren Menschen das Leben erleichtern sollen. Dadurch sollen die Betroffenen dazu befähigt werden, mit der schnelllebigen Gesellschaft Schritt zu halten. Hierbei kommt es aus Sicht der EU-Kommission vor allem darauf an, den EU-Bürgen ein komfortables Altern in Einklang mit ihrem Beruf, der Gesellschaft und ihrem Zuhause zu ermöglichen. Dies würde nach ihrer Ansicht auch dazu beitragen, die Produktivität auf lange Sicht zu steigern und somit auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen generieren. Hinzu kommt die Verhinderung sozialer Isolation im Alter und die Angst vieler alternder Menschen, irgendwann nutzlos zu sein.72 Wenn all diese Probleme mit effizientem Einsatz von IKT und Web 2.0-Tools adressiert werden können, so würde dies zu einem sicheren Wachstum von Beschäftigung und Wirtschaft führen. Die Tatsache, dass die EU erkannt hat, dass Altern in unserer Informationsgesellschaft ein Problem ist, kann klar als Stärke identifiziert werden, allerdings sind die vorgeschlagenen Lösungen zu schwach. Ob Web 2.0-Tools wirklich verhindern können, dass ihre Nutzer sich im Alter alleine fühlen, oder ob durch den Einsatz von IKT am Arbeitsplatz langfristig Arbeitnehmer länger und produktiver arbeiten können, ist fragwürdig. Es fehlen, wie bereits bei anderen Zielen, konkrete Umsetzungsstrategien, in denen klare Vorgaben für die einzelnen Mitgliedsstaaten gemacht werden. Deshalb ist es notwendig, dass innovative Ideen in der Privatwirtschaft entwickelt werden, um diese dann mit finanziellen Mitteln zu fördern. Web 2.0-Tools könnten im Zusammenhang mit dem Wunsch nach komfortablen Altern dazu genutzt werden, sich untereinan69 Vgl.

Statistisches Bundesamt (2006). Commission of the European Communities (2007a). 71 Vgl. ibid. 72 Vgl. ibid. 70 Vgl.

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der besser zu vernetzen. Spezielle Foren für Senioren, in denen man sich untereinander austauschen und leichter neue Kontakte knüpfen kann, wären bspw. ein Ansatzpunkt. Außerdem könnten bspw. Videocasts und Podcasts dazu beitragen, Anwendungen an sich für diese Nutzergruppe verständlicher zu machen, indem bspw. Bedienungsanleitungen zum Nachahmen zur Verfügung gestellt werden. Zudem wird sich diese Problematik im Laufe der Zeit selbst leicht entschärfen, da die nachwachsenden Generationen bereits heute eine hohe Affinität zu IKT und Web 2.0-Tools entwickeln und diese über ihr gesamtes Leben beibehalten werden, sodass sie auch neuen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossener sind. Dennoch ist die angesprochene Thematik ein Problem, mit dem sich auch in Zukunft noch befasst werden muss; leider hat die EU-Kommission noch keinen wirklichen Zugang zur Problematik gefunden. Die Hoffnung, dass sich dieser Umstand mit der Digital Agenda for Europe verbessert, ist nicht eingetreten. Überraschenderweise ist der gesamte Bereich komfortables Altern in der Informationsgesellschaft in der Strategie nur noch nachrangig thematisiert. Lediglich eine Aktion ist dieser Thematik gewidmet, obwohl sich die Situation seit der Vorgängerstrategie keineswegs signifikant verbessert hat.73 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Ambient Assisted Living (AAL)Programme einen sehr umfassenden Rahmen für den Einsatz von Web 2.0-Tools bilden.74 Hierunter fallen IKT-Anwendungen und Web 2.0-Tools für die Sozialdienste zur Distanzbetreuung von chronisch Kranken und Menschen mit Behinderungen, ebenso wie die Zertifizierung und Schulung von Fachpflegekräften und Betreuern.75 Hinzu kommen die bisher kaum beachteten Lösungen für ein möglichst langes unabhängiges Wohnen im Alter. Ungemein positiv ist, dass in der Digital Agenda for Europe erstmals auch die Probleme von Demenzkranken aufgegriffen werden. Hier könnten spezielle Web 2.0-Tools den Betroffenen in einem frühen Stadium helfen, sich gezielt auszutauschen, oder mit speziellen Übungen das Voranschreiten der Krankheit zu verlangsamen. In einem fortgeschrittenen Stadium bieten sie vor allem den Angehörigen eine Plattform, um sich Hilfe zu holen, oder mit anderen Betroffenen Erfahrungen zu teilen. Demenz ist, gemessen an den Krankheitskosten aus dem Jahr 2006, ein signifikanten Anwendungsfeld; es wurden mit rund 8,6 Milliarden Euro etwa 3.7% der gesamten Krankheitskosten durch das Krankheitsbild Demenz verursacht.76 Da zu erwarten ist, dass sich die Anzahl der Betroffenen in den kommenden Jahren weiter erhöhen wird und sich 73 Vgl.

European Commission – Information Society and Media (2010). ibid. 75 Vgl. ibid. 76 Vgl. Statistisches Bundesamt (2008). 74 Vgl.

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auch das Erkrankungsalter immer weiter nach vorne verschiebt, ist der Einsatz von IKT und Web 2.0-Tools sinnvoll und richtig, um den Patienten eine lange und vor allem ortsunabhängige gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen. Insgesamt zeigt sich zwar, dass die i2010-Strategie nur wenig Konkretes für das komfortable Altern in der Informationsgesellschaft erreichen konnte, und auch mit der Digital Agenda for Europe keine umfassenden Neuerungen eingefordert werden, aber dennoch die Kursrichtung beibehalten wird, auch ältere und kranke Menschen aktiv an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Durch die angestrebte Steigerung der Lebensqualität können sie möglichst lange zum Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum beitragen und somit das Europa der Zukunft aktiv mitgestalten und seinem Erfolg beitragen. Zusammenfassend lässt sich bisher der Schluss ziehen, dass die EU im Rahmen der i2010-Strategie einige Anstrengungen im Bereich Entwicklung und Förderung von Web 2.0-Tools und IKT unternommen hat, um damit das Ziel einer besseren Lebensqualität der EU-Bürger und Internet-Nutzer zu verwirklichen. Die in Abbildung 1 abschließend gegenübergestellten Stärken und Schwächen der hier herausgegriffenen Maßnahmen machen deutlich, dass häufig zwar die Grundproblematik erkannt wurde, jedoch leider keine geeignete Lösungsstrategie entwickelt werden konnte. Hinzu kommt, dass gute Ideen häufig nicht ausreichend vermarktet wurden und daher der angestrebte Nutzen an einem zu geringen Bekanntheitsgrad scheiterte. Diese Tatsache konnte auch mit der Digital Agenda for Europe nicht behoben werden. Zwar wird das grundlegende Vorgehen der i2010-Strategie nicht verändert, aber es gibt auch keine Tendenz zur Behebung der aufgedeckten Verbesserungspotenziale. So haben z.B. viele Vorschläge der EU-Kommission immer noch keinen bindenden Rechtscharakter für die Mitgliedsstaaten, sondern sollen lediglich als Empfehlungen aufgefasst werden. Es sind in beiden Strategien sinnvolle Ansätze zur innovativen Nutzung von Web 2.0-Tools zu finden, wie bspw. auf der Internetseite der EU;77 allerdings wird das Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft. Die EU hat erkannt, dass die IKT einen großen Einfluss auf nachhaltiges Wachstum in Europa haben kann; leider ist der Beitrag zum Vorantreiben dieser Potenziale aber noch beschränkt.

77 Das

Portal ist erreichbar unter http://europa.eu/.

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Abb. 1: Analyse ausgewählter EU-Maßnahmen

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5 Vorstöße in der IKT-Politik der EU-Kommission Aus der vorangegangenen Analyse ausgewählter Maßnahmen der EU-Kommission zu den Entwicklungspotenzialen der Nutzung von Web 2.0-Tools aus Nutzer-Perspektive wird deutlich, dass die EU und ihre Organe nicht immer den Nutzer fokussieren. Zwar wird in allen Empfehlungen darauf hingewiesen, dass vor ihrer Veröffentlichung eine „umfangreiche Konsultation aller Beteiligten“78 stattgefunden hat; dennoch scheinen vor allem öffentliche und wirtschaftliche Interessen berücksichtigt worden zu sein. Daher ist es angebracht, zunächst offenzulegen, was sich Nutzer vom Internet und speziell von zukünftigen Web 2.0-Tools wünschen. 5.1 Zukunftsdialog 2018 Im deutschsprachigen Raum wurde vom ECOLOG-Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung gGmbH ein Projekt mit dem Namen Zukunftsdialog 2018 ins Leben gerufen. Hierbei werden Internetnutzer dazu aufgefordert, bei der Entwicklung eines digitalen Bürgergutachtens zum Thema Chancen und Risiken der vernetzen Welt mitzuhelfen,79 damit mögliche hiermit verbundene Probleme rechtzeitig erkannt und bekannt gemacht werden. Das Portal ist ein gutes Beispiel dafür, wie Web 2.0-Tools dazu beitragen können, dass sich Nutzer untereinander besser vernetzen und somit ihrer Stimme mehr Gewicht verleihen können. Das Projekt sieht vor, dass sich alle interessierten Nutzer, die älter als 18 Jahre sind, bis zu einem festgelegten Zeitpunkt bei der Seite anmelden, um dann in Foren bestimmte Themen zu diskutieren, Experten zu befragen und im Anschluss daran Lösungen zu erarbeiten. Bei all diesen Aktivitäten stehen die IKT und ihre zukünftigen Entwicklungen im privaten Bereich im Vordergrund. Hierbei kommt es vor allem darauf an, die möglichen Risiken frühzeitig und aus dem Blickwinkel der Betroffenen zu erkennen, und deren Identifikation nicht ausschließlich Experten zu überlassen.80 Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Leider können, aufgrund der Neuheit des Projekts, zum gegeben Zeitpunkt noch keine Ergebnisse präsentiert werden. Es ist jedoch ersichtlich, dass dieses Projekt die Möglichkeiten von Web 2.0-Tools nutzt (wie bspw. durch die Einbindung kleiner Videopodcasts), um Bürger in die Entwicklung des digitalen Voranschreitens in der EU zu integrieren. 78 Kommission

der Europäischen Gemeinschaften (2005), S. 4. o.V. (2010a). 80 Vgl. ibid. 79 Vgl.

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5.2 Die europäischen Bürgerkonferenzen Eine weitere Möglichkeit EU-Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Befürchtungen und Wünsche im Bezug auf IKT zu äußern, sind die Einberufung sog. europäischer Bürgerkonferenzen. Im Jahr 2008 wurden Bürger aus allen 27 EUStaaten dazu aufgefordert, im Vorfeld der Konferenz online zu der Frage Stellung zu nehmen „Wie kann die EU unsere wirtschaftliche und soziale Zukunft in einer globalisierten Welt gestalten?“81 Zwar standen hier die IKT und Web 2.0-Tools nicht wie bei dem Projekt Zukunftsdialog 2018 besonders im Vordergrund, dennoch konnten die Diskussionsteilnehmer auch hier Vorschläge und Anregungen äußern. Diese wurden dann gesammelt und auf einer der 27 identischen europäischen Bürgerkonferenzen von den bis zu 150 Teilnehmern weiter besprochen. Nach einem weiteren europäischen Bürgergipfel im Mai 2009 wurde eine aus zehn Punkten bestehende gesamteuropäische Empfehlung herausgegeben.82 Auch hier wurden Web 2.0-Tools innovativ genutzt, um Bürger aller Mitgliedsstaaten der EU aktiv und demokratisch an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Es ist wünschenswert, dass diese Methode, da sie bereits Erfolge gezeigt hat, von der EU auch für weitere Projekte eingesetzt wird.

6 Fazit In diesem Beitrag wurde besonders das Ziel der i2010-Strategie, nämlich die Schaffung einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft, untersucht, welche durch die Nutzung von Web 2.0-Tools zukunftsweisende Anregungen für das Wachstum in Europa setzten soll. Weiterhin wurde die jüngst verabschiedete Digital Agenda for Europe in die Betrachtungen mit eingebunden und untersucht, inwieweit sie Ideen der i2010-Strategie aufgegriffen oder verändert hat und ob aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wurde. Wie bereits unter Punkt 4.3 subsumiert, lässt sich aus der Analyse ausgewählter Maßnahmen der i2010-Strategie zur Erreichung eben dieser Informationsgesellschaft schließen, dass die Bemühungen der EU noch nicht ausreichend sind. Es steht außer Frage, dass die EUKommission in vielen Punkten die Problematik erkannt und diese sowohl in der i2010-Strategie als auch in der Digital Agenda for Europe berücksichtigt hat; dennoch bleiben zu viele Themen aus Nutzer-Perspektive nicht ausreichend behandelt. Sämtlichen Empfehlungen fehlt der Richtliniencharakter, der die einzelnen 81

o.V. (2010b). ibid.

82 Vgl.

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Mitgliedsstaaten dazu zwingen würde, diese für alle Beteiligten verbindlich zu machen. Häufig beschränkt sich der Beitrag der i2010-Strategie darauf, Missstände zu benennen, ohne jedoch konkrete Lösungsvorschläge vorzugeben, mit denen diese behoben werden könnten. Die Digital Agenda for Europe bleibt in ihren Vorschlägen leider vergleichsweise allgemein, sodass konkrete Projekte selten sind. Auf nationaler und europäischer Ebene wird häufig darauf verwiesen, welche Erfolge man bereits bei dem Ausbau von schnellen Breitbandverbindungen erzielen konnte, und dass hier auch die Kernherausforderungen der Zukunft liegt. Dabei gerät jedoch leider häufig der aus Nutzer-Perspektive ganz zentrale Punkt der Sicherheit eben dieser Netze und zukunftsweisender Web 2.0-Tools in den Hintergrund. Fortwährende Pannen, wie die Sicherheit von EC-Kartendaten zeigt, wie katastrophal sich technische Fehler in unserer digitalen Welt auswirken können, ebenso wie die permanent auftretenden Fälle von Datenmissbrauch oder -diebstahl. Damit das Vertrauen der Nutzer aber auch in Zukunft in Web 2.0-Tools und IKT sichergestellt werden kann, ist es essentiell hier international allgemeinverbindliche Richtlinien zu entwickeln, die Unsicherheiten, Fehler und kriminellen Missbrauch erschweren und Vertrauen schaffen. Dieser Punkt findet in der i2010-Strategie leider zu wenig Beachtung, ebenso wie die Schaffung einer geeigneten Basis für das nachhaltige Nutzungsverhalten. Im Gegensatz dazu scheint sich die EU-Kommission mit der Digital Agenda for Europe verstärkt diesem Thema zu widmen. Mehrere strategische Schwerpunkte liegen hier auf der Funktionalität der Netze und IKT-Anwendungen als Grundvoraussetzung. So soll bspw. die Interoperabilität auch auf intraeuropäischer Ebene verbessert werden sowie der EU-Rechtsrahmen und verschiedene europäische Richtlinien überarbeitet werden, um die Cyberkriminalität und das mangelnde Vertrauen der InternetNutzer zu bekämpfen. Hinzu kommen verstärkte Anstrengungen im Bereich Datenschutz und einer verständlichen Publikation der Rechte von Internet-Nutzern. Es ist wichtig, die ältere Generation in den Fokus zu rücken, und hier geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die diese Menschen dazu befähigen sollen, im Internet aktiv zu werden. Dennoch dürfen auch andere Bevölkerungsgruppen nicht vernachlässigt werden, wie die bereits angesprochenen Immigranten oder Menschen aus sozial schwächeren Schichten. Eine groß angelegte Reform der schulischen Ausbildung wäre ratsam, um dafür Sorge zu tragen, dass alle Schulen mit ausreichender und moderner digitaler Technologie ausgestattet werden, genauso wie mit entsprechend qualifiziertem Personal, welches die Heranwachsenden im Umgang mit IKT und Web 2.0-Tools unterstützen kann. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass jeder während seiner Ausbildung in Schule oder Hochschule kostenlose Zugangsmöglichkeiten zum Internet hat. Unterstützt werden könnte dies durch ein breit gefächertes Weiterbildungsangebot, das jedem eigenverant-

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wortliches lebenslanges Lernen ermöglicht. Dieser ganze Themenkomplex schulischer Bildung wird sowohl in der i2010-Strategie als auch in Digital Agenda for Europe nur unzureichend bis gar nicht berücksichtigt. Somit ist eine EUweite digitale Kompetenz noch nicht gewährleistet. So könnten Web 2.0-Tools eingesetzt werden um Schüler der unterschiedlichen Mitgliedsländer zusammenzubringen und somit sowohl ihre digitale, als auch sprachliche und soziale Kompetenz zu verbessern. Dies sind nur einige Verbesserungsvorschläge, die in diesem Zusammenhang genannt werden können. Politiker haben das Potenzial von Web 2.0-Anwendungen im Hinblick auf die Einbeziehung der Bürger in die politische Fortentwicklung längst erkannt, und werben um Wähler indem sie Videopodcasts veröffentlichen, twittern oder eigene Profile in virtuellen Communities anlegen. In der Wirtschaft wird dieses Potenzial ebenfalls genutzt, indem online Markenbildung und Kundenbindung mit Hilfe von Web 2.0-Tools gestützt werden. So versuchen einige Unternehmen z.B. mit Hilfe von Corporate Blogs (bspw. Frostablog.de) den Bekanntheitsgrad ihrer Marke auf einfache und kostengünstige Weise zu erhöhen. Die Einsatzmöglichkeiten von Web 2.0-Tools sind vielfältig und das Potenzial bisher bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Die i2010-Strategie konnte in den viereinhalb Jahren ihrer Laufzeit nicht entscheidend dazu beitragen dieses Potenzial zu erschließen und es scheint aufgrund der inhaltlichen Ähnlichkeit beider Strategien eher unwahrscheinlich, dass die Digital Agenda hier entscheidende Fortschritte leisten wird. In der Digital Agenda wird auf die bewährten Methoden der i2010-Strategie zurückgegriffen, um sich auch für die Zukunft Erfolg zu sichern. Dabei werden leider die Fehler der Vergangenheit nicht überwunden und durch mutige Innovationen und konkrete Forderungen größere Veränderungen eingeleitet. Es ist wichtig, dass das Thema IKT und Web 2.0 aufgegriffen und weiter gefördert wurde, dennoch bedarf es noch weitreichender Maßnahmen um aus Nutzer-Perspektive Anreize zu schaffen, auch zukünftig Teil der neuen digitalen Generation zu sein oder zu werden.

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E-Communities und soziales Kapital – Implikationen für die EU Sabine Salwik

1 Einleitung Das Medium Internet ist durch seine schnelle und weitrechende Entwicklung ein wichtiger ökonomischer Faktor geworden.1 Einen großen Beitrag zum Wachstum des Internets in Europa hat die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) als Motor des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts geleistet.2 Es haben sich tragfähige Geschäftsmodelle heraus gestellt, wozu unter anderem auch der Aufbau von elektronischen Kontaktnetzwerken zählt. Dies ist zum Teil der mittlerweilen schnellen und einfachen Nutzung des Internets zu verdanken,3 wodurch sich auch die Kommunikation im Internet vereinfacht hat.4 Elektronische Kontaktnetzwerke dienen zum Informationsund Kommunikationsaustausch zwischen zwei bereits bekannten oder unbekannten Teilnehmern und zur Pflege des Beziehungsgeflechts zwischen Teilnehmern mit Hilfe von elektronischen Funktionen. Ein soziales Netzwerk, welches in diesem Beitrag am Beispiel der in der EU sehr erfolgreichen5 Community Facebook heraus gestellt wird, ist die E-Community. Eine E-Community (virtuelle Community) steht im allgemeinen für eine organisierte Kommunikation innerhalb internetbasierter Netzwerke, in dem Individuen in einer bestimmten Beziehung zueinander bereits stehen oder in Zukunft stehen wollen.6 Um diese internetbasierte Kommunikation zu fördern, sind bestimmte Voraussetzungen notwendig. Diese Voraussetzungen verdeutlichten die Ziele der i20101 Vgl.

Tietz (2007). Europäische Kommission (2008). 3 Vgl. Van Eimeren/Frees (2009). 4 Vgl. Tietz (2007). 5 Vgl. Europäische Kommission (2009a). Facebook gehört in der EU-27 zu den Top 5 frequentierten Webseiten. 6 Vgl. Kollmann (2011). 2 Vgl.

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Strategie der EU:7 Das erste Ziel besteht in der Schaffung eines europäischen Informationsraums, wodurch gleichzeitig ein Binnenmarkt für die digitale Wirtschaft geschaffen werden soll. Ebenfalls wird das Ziel verfolgt, die Innovationen zu unterstützen und den Ausbau der Investitionen in die Forschung für Informationsund Kommunikationstechnologien um 80% zu steigern, da die IKT ein wichtiger Antriebsfaktor für die Wirtschaft darstellt. Als weiteres Ziel wird die Förderung der digitalen Integration öffentlicher Dienste und der Lebensqualität angestrebt. Dadurch können europäische Werte der sozialen Integration ausgedehnt werden, welche einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität der Informationsgesellschaft besitzen. Aufbauend auf der i2010-Strategie bildete sich die Strategie Europa 2020 in Kombination mit der Digital Agenda heraus, da der Binnenmarkt immer noch erhebliche Mängel und Lücken aufweist, welche die uneingeschränkte Nutzung des Internets noch nicht vollständig ermöglicht.8 Um diese Mängel zu beseitigen wurden sieben Aktionsbereiche benannt, bei denen noch Handlungsbedarf und Verbesserungspotenzial besteht.9 Das Internet hat sich vom anfänglichen globalen Informationsmediumzum heutigen Mitmach-Medium, dem Web 2.0, weiterentwickelt,10 wodurch der Nutzer mehr in den Vordergrund gelangt ist.11 Es handelt sich nicht mehr ausschließlich um eine Anbieter-Nachfrager Beziehung, vielmehr kann von einer NachfragerNachfrager Beziehung ausgegangen werden. Der Teilnehmer ist nicht mehr nur Konsument sondern nun auch Produzent von eigenen Inhalten.12 Dieser Austausch von selbst geschaffenen inhaltlichen oder personenbezogenen Informationen nennt man den User Generated Content.13 Virtuelle Communities werden folglich als Innovation betrachtet, da sie nicht nur eine Verbindung zwischen dem Teilnehmer und dem Unternehmen ermöglichen, sondern auch den Teilnehmern selbst Möglichkeiten der Vernetzung bieten.14 Erfolgreiche Netzwerke in Deutschland sind neben Facebook bspw. die virtuelle Community XING oder StudiVZ. Eine E-Community kann aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, nämlich aus Unternehmens- oder Nutzerperspektive. In diesem Beitrag wird mittels Analysen einer US-amerikanischen und einer schweizerischen Studie über die Facebook-Nutzung letztere vertieft und verdeut7 Vgl.

Europäische Kommission (2008). Europäische Kommission (2010). 9 Siehe dazu auch den Beitrag von Kollmann/Kayser in diesem Sammelwerk. 10 Vgl. Meckel/Stanoevska-Slabeva (2008); Mühlenbeck/Skibicki (2007). 11 Vgl. Mühlenbeck/Skibicki (2007). 12 Vgl. Kollmann (2011). 13 Vgl. ibid. 14 Vgl. Tietz (2007). 8 Vgl.

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licht werden. Die Nutzung der Communities wird häufig zur Selbstdarstellung und Kontaktpflege verwendet.15 Aber wie werden virtuelle Communities genutzt und kann die EU die wachsende Begeisterung für virtuelle Communities zu ihrem Vorteil nutzen? Diese Fragen werden in diesem Beitrag untersucht. Dazu wird zu Beginn der Fokus auf den Aufbau von virtuellen Communities gelegt. Folgend werden Charakteristika und die Grundlagen von virtuellen Communities erläutert. Anschließend werden in mögliche Theorien zur Analyse von virtuellen Communities erwähnt, bis der Bezug zur virtuellen Plattform Facebook genommen wird. Im weiteren Verlauf werden sowohl die amerikanische als auch die schweizerische Facebook-Nutzungsstudie detailliert beschrieben und miteinander verglichen. Abschließend werden mögliche Erweiterungen und Verbesserungen der Studien erläutert und Implikationen bzgl. de europäischen i2010-Strategie und der folgenden digitalen Strategie im Rahmen von Europa 2020 abgeleitet.

2 Aufbau virtueller Communities Im folgenden Abschnitt werden charakteristische Merkmale und Grundlagen virtueller Communities erläutert, auf die bei einer Gründung und Nutzung eines sozialen Netzwerkes geachtet werden sollte. Abschließend werden drei Theorien betrachtet, mit deren Hilfe eine Analyse virtueller Communities stattfinden kann. 2.1 Definition virtueller Communities „Virtuelle Communities bedeutet also zunächst eine Ansammlung von Individuen, die sozial interagieren, eine gemeinsame Öffentlichkeit ausfüllen und über gemeinschaftliche Bindungen verfügen, gleichzeitig aber nur scheinbar, nur der Möglichkeit nach existiert.“16 Man kann sie auch unter dem Begriff social networking zusammenfassen, welcher den Aufbau und die Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen umfasst.17 Communities können im Allgemeinen als Gemeinschaft verstanden werden.18 Bei Teilnehmern von virtuellen Communities spricht man von Menschen, die sich im

15 Vgl.

Verstraete (2004). (2007) S. 16. 17 Vgl. Kollmann (2011). 18 Vgl. Verstraete (2004). 16 Tietz

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Internet begegnen und die Möglichkeit haben, sich dort auszutauschen.19 In der virtuellen Gemeinschaft stehen neben den Teilnehmern und deren persönlichen Beziehungen zueinander das Einbringen von Gefühlen in die Community und die Dauer der Diskussionen im Vordergrund.20 Man ist Teilnehmer in der Community aus einem gemeinsamen Interesse und Bedürfnis heraus. Virtuelle Gemeinschaften sind also ein Zusammenschluss von Menschen, die ein gemeinsames Interesse haben (bspw. Sport- oder Kunst-Communities), die untereinander mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit auf computervermitteltem Wege kompetente Beiträge formulieren und somit Kontakte knüpfen.21 2.2 Charakteristika virtueller Communities Aus diesen verschiedenen, teilweise sich ähnelnden Verständnissen von virtuellen Communities, lassen sich eine Reihe von Charakteristika ableiten. Es herrscht Konsens darüber, dass es sich bei einem Hauptcharakteristika bei virtuellen Communities um die Ansammlung von mehreren Individuen handelt, die über ein gemeinsames Interesse verfügen. Es muss ebenfalls die Möglichkeit einer interaktiven Kommunikation zwischen allen Teilnehmern bestehen. Virtuelle Communities sollten zeitlich ausgedehnt sein.22 Wichtig und nicht zu unterschätzen ist auch die emotionale Unterstützung, die dem User von einer Community entgegengebracht werden sollte. Die Reziprozität nimmt einen entscheidenden Faktor ein, denn diese stellt den allgemein bestimmten Grundsatz virtueller Communities dar.23 Es muss sich bei der Reziprozität nicht unbedingt um eine direkte Reziprozität handeln (tit for tat), sondern findet häufig in einer indirekten Reziprozität statt.24 Neben den wesentlichen Charakteristika von virtuellen Communities bestehen gemeinsame Regeln, Werte und Normen, welche meist in den Teilnahmebedingungen definiert sind.25 Darunter fallen bspw. ein höfliches und respektvolles Verhalten den anderen Mitgliedern gegenüber und das Verbot der Beleidigungen.26 Das respektvolle Verhalten bezieht sich sowohl auf die schriftliche Form als auch auf den Umgang mit Fotos oder Videos. Wichtig und nicht zu unterschätzen sind 19 Vgl. 20 Vgl. 21 Vgl. 22 Vgl. 23 Vgl. 24 Vgl. 25 Vgl. 26 Vgl.

Tietz (2007). Rheingold (2000). Döring (1999). Tietz (2007). ibid. Rheingold (2000); Tietz (2007). ibid. Kollmann (2011); Tietz (2007).

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ebenfalls Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit der Kommunikation, die zwei Fundamente einer virtuellen Community bilden.27 Es entwickelt sich somit durch die langfristige Ausrichtung eine gemeinsame Kultur und Geschichte. Die Kommunikation über virtuelle Communities im Internet unterstützt die persönlichen Gespräche und soll kontinuiertlich die gesamte Community-Kultur verbessern.28 2.2.1 Ausrichtung virtueller Communities Um die virtuellen Communities auch voll ausschöpfen zu können und für die kritische Masse an Teilnehmern zu sorgen, ist ein wichtiger Aspekt die möglichen Beschränkungen des Zugangs. Diese Zugangsbeschränkungen von E-Communitites reichen von offen über halb offen und halb geschlossen bis hin zu geschlossen.29 Die Zugangsbeschränkungen definieren, in welchem Umfang sich ein Nutzer gegenüber einer E-Community vor deren Nutzung identifizieren muss. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Wahl des Zugangs einer Community stark von der strategischen Ausrichtung der Community abhängt. XING, Facebook und StudiVZ gehören zu den geschlossenen Communities. Hier wird eine Nutzung nur dann ermöglicht, wenn sich Teilnehmer zuvor mit Namen und gültiger E-MailAdresse auf der Seite registrieren. 2.2.2 Gründungsziele virtueller Communities Die Intention, eine Community zu gründen, kann aus den unterschiedlichsten Zielen heraus entstehen. Insgesamt existieren sechs verschiedene Kategorien: finanziellen Ziele, Kommunikationsziele, Marktforschungsziele, Marktstellungsziele, Prestige, Produktentwicklung und Innovation und Unterstützung der Teilnehmer.30 Facebook kann hauptsächlich auf die Kategorie der Unterstützung der Teilnehmer abgebildet werden (Bereitstellung von Informationen und Informationsaustausch bzw. Wissenstransfer unter Nutzern), wobei eine teilweise Eingliederung in die Kategorie Prestige möglich ist (Übertragung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Community auf das Produkt, wobei das Produkt hier Facebook ist).

27 Vgl.

Tietz (2007). ibid. 29 Vgl. Kollmann (2011). 30 Vgl. Meffert (2000). 28 Vgl.

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2.3 Theorien zur Analyse virtueller Communities In der Literatur existieren eine Vielzahl von Ansätzen und Theorien, die als Grundlage für die Analyse von virtuellen Communities dienen können. Dazu gehören die Theorie der sozialen Netzwerke31 , die soziale Identitätstheorie32 und die PrinzipalAgenten-Theorie33 . Im Folgenden werden die genannten Theorien kurz erklärt und auf Grundlage dessen in Abschnitt 4 ein Vergleich zu den vorliegenden Studien der Facebook-Nutzung gezogen. 2.3.1 Die Theorie der sozialen Netzwerke „In der Theorie der sozialen Netzwerke werden individuelles Handeln im Kontext mit anderen Beziehungen und die Auswirkungen der Beziehungen auf das individuelle Handeln betrachtet.“34 Die Beziehungen zu anderen Personen haben einen starken Einfluss auf die sozialen Ressourcen wie bspw. Mobilität, Zufriedenheit und Arbeitsgewohnheiten. Man kann zwischen sechs Charakteristika zur Beschreibung der sozialen Netzwerke unterscheiden: Dichte, Abgrenzung, Reichweite, Ausschließlichkeit, soziale Kontrolle und Bindungsstärke.35 Relevante Charakteristika für diesen Beitrag sind die Dichte, Abgrenzung und Reichweite einer Community. Eine starke Bindung an die Onlinegruppe stellt eine größere Bereitschaft dar, an der Community teilzunehmen und diese zu unterstützen. Computernetzwerke bilden daher eine besonders gute Möglichkeit, Mitgliedschaften in lockeren und offenen Netzwerken zu führen (die sogenannte Dichte). Bei offenen sozialen Netzwerken entstehen meistens so genannten weak ties, also schwache Verbindungen, die meistens zwischen räumlich entfernt lebenden Menschen bestehen. Es können ebenfalls neue Beziehungen zu Fremden aufgebaut werden.36 Die Reichweite einer Community beinhaltet die Größe und Heterogenität der Population innerhalb der Netzwerke. Je lockerer und größer die Netzwerke, desto leichter erreicht man zusätzliche Ressourcen. Weiter gilt, je enger diese Netzwerke sind, desto besser können vorhandene Ressourcen erhalten bleiben. Die Stärke einer Bindung setzt sich aus der sozialen Nähe, Freiwilligkeit, Breite und in geringerem Maß durch die Kontakthäufigkeit zusammen.37 Starke 31 Vgl.

Tietz (2007). ibid. 33 Vgl. Jensen/Meckling (1976); Jones/Bouncken (2008); Verstraete (2004). 34 Tietz (2007) S. 80. 35 Vgl. ibid. 36 Vgl. ibid. 37 Vgl. ibid. 32 Vgl.

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Bindungen enthalten emotionale Unterstützung, Geselligkeit und Zusammengehörigkeitsgefühl, wobei bei schwachen Bindungen unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenkommen. Die schwachen Bindungen stellen Brücken zu anderen sozialen Welten dar, da in so einem Fall Personen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenkommen.38 Durch die Möglichkeiten, auch mit Fremden einen sozialen Kontakt aufzubauen und somit an weitreichendere Informationen zu kommen, die einem sonst nicht zugänglich wären, wird soziales Kapital der einzelnen Akteure aufgebaut.39 Die starken Beziehungen beinhalten hauptsächlich starke emotionale Bindungen, Unterstützung und Beachtung des anderen.40 Schwache Beziehungen dagegen erweisen sich besonders nützlich bei Informations- und Diffusionsprozessen. Sie sind gekennzeichnet durch seltene Kontakte, eine geringe Dichte, unterschiedliche Merkmale und Heterogenität der Beteiligten.41 2.3.2 Die soziale Identitätstheorie Die soziale Identitätstheorie nimmt an, dass die soziale Umwelt in Gruppen und soziale Kategorie eingeteilt ist.42 Beide beinhalten unterschiedliche Ausrichtungen und Bedeutungen für ihre Mitglieder. Das Selbst eines Menschen und seine Identität haben ihren Ursprung in den sozialen Interaktionen innerhalb einer Gruppe und zwischen einzelnen Gruppen.43 Ein Mensch stellt viele verschiedene soziale und situative Identitäten dar und präsentiert somit verschieden Arten seiner Selbst; er bleibt sich dennoch auf eine gewisse Art und Weise treu.44 Es besteht ein Zwang, seine Individualität ständig unter Beweis zu stellen und sie sichtbar im sozialen Kontext zur Schau zu stellen.45 Es entsteht also eine Identität aus dem Vergleich mit den Mitgliedern einer Gruppe.46 Das Selbstwertgefühl wird durch die emotionale Bewertung des Selbst geprägt und man ist gezwungen, unter dem Mantel des Gesehen werdens und Auffallens Werbung in eigener Sache zu machen.47 38 Vgl. 39 Vgl. 40 Vgl. 41 Vgl. 42 Vgl. 43 Vgl. 44 Vgl. 45 Vgl. 46 Vgl. 47 Vgl.

ibid. Tietz (2007). ibid. ibid. ibid. ibid. Mummendey (1995). Frey/Haußer (1987). Mummendey (1995). Verstraete (2004).

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2.3.3 Die Prinzipal-Agenten-Theorie Die Prinzipal-Agenten-Theorie entspringt den Wirtschaftswissenschaften. Sie beschäftigt sich mit der Analyse der Wirtschaftsbeziehungen, in denen ein Beteiligter einen Wissensvorsprung vor einem anderen Beteiligten besitzt.48 Im Bezug auf die virtuellen Communities im Allgemeinen und im Speziellen auf Facebook, besitzt hier der Teilnehmer einen Wissensvorsprung in Hinsicht auf seine eigene Person und die Angaben, die er in seinem Facebook-Profil macht. Ob diese den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, lässt sich als Besucher des Profils nur schwer erkennen. Seinen Beitritt zu einer speziellen Community wird der Konsument von der Befriedigung der eigenen Präferenzen in der Community abhängig machen.49 Eine Partei (der Agent, hier der Community-Betreiber) agiert im Auftrag einer anderen Partei (dem Prinzipal, hier dem Community-Teilnehmer).50 Der Agent vertritt die Interessen des Prinzipals bzw. kommt deren Bedürfnissen nach und erhält im Gegenzug durch die Nutzung der Plattform durch den Teilnehmer eine Form der Bezahlung, die mit einem ökonomischen Vorteil verbunden ist (Werbeeinnahmen durch indirekte Werbung in der Community, Imageeffekte oder langfristige Beziehungen zu den Teilnehmern).51 Es wird in der PrinzipalAgenten-Theorie grundsätzlich unterstellt, dass die Individuen ihr Eigeninteresse verfolgen. Sowohl der Prinzipal als auch der Agent wollen individuell und unabhängig voneinander ihren Nutzen maximieren, wodurch Informationsasymmetrien auftreten können und diese durch die Ausführung von Informations- und Kontrollrechten Kosten verursachen können.52 Diese Verhaltensannahmen können zu nicht zugänglichen Informationen führen, so genannte hidden information.53 Darunter können aus der Agentenperspektive später eingeführte Gebühren fallen, die der Teilnehmer, also der Prinzipal, zahlen muss, um bestimmte Aktivitäten in der Community durchführen zu können (bspw. Applikationen herunterladen und nutzen). Es kann auch eine Form der hidden action auftreten, wobei das Verhalten der einzelnen hier nicht kontrollierbar ist.54 Am Beispiel des Prinzipals könnte dies negative Mund-zu-Mund-Propaganda bedeuten, mit der Intention der Community zu schaden.

48 Vgl. 49 Vgl. 50 Vgl. 51 Vgl. 52 Vgl. 53 Vgl. 54 Vgl.

Jensen/Meckling (1976). Verstraete (2004). Jensen/Meckling (1976). Verstraete (2004). Jones/Bouncken (2008). ibid. ibid.

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3 Facebook und soziales Kapital Im Folgenden werden zwei Studien vorgestellt, die beide im Kern den Zusammenhang zwischen der Nutzungsintensität der Online-Plattform Facebook zu dem sozialen Kapital der Teilnehmer untersuchen. Die Divergenz der Ergebnisse ist jedoch erstaunlich. Im Jahre 2007 kamen die amerikanischen Forscher Ellison, Steinfield und Lampe zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die aktiv auf der OnlinePlattform Facebook tätig sind, erfolgreicher sind und über ein größeres soziales Kapital verfügen. Die schweizer Forscher Meyer und Cepela hingegen kamen zu dem gegenteiligen Ergebnis. Demnach sind Nicht-Facebook-Nutzer beruflich erfolgreicher und zufriedener als Facebook-Nutzer. Im Folgenden wird zunächst einmal ein Überblick über die Online-Plattform Facebook gegeben und die Studien detaillierter beschrieben sowie die Bedeutung des sozialen Kapitals herausgestellt. 3.1 Aufbau und Nutzungspotenziale von Facebook Facebook wurde 2004 von Mark Zuckerberg gegründet. Er wollte mit dieser Plattform die Interaktion zwischen Studenten ermöglichen und vereinfachen.55 Mittlerweile sind über 250 Mio. Teilnehmer auf der Plattform registriert.56 Somit gehört Facebook mittlerweile, wenn es vergleichbar mit einem Land wäre, zu dem viertbevölkerungsreichsten Land der Welt.57 Es beeinflusst das gesellschaftliche Leben nicht nur in der EU, sondern auch weltweit. Zugänglich ist diese für jeden mit einer gültigen E-Mail-Adresse. Es besteht die Möglichkeit, Mitglied bei einem oder bei mehreren Netzwerken auf Facebook zu sein. Diese sind bspw. kategorisiert in Highschools, spezielle Universitäten oder geografische Zuordnungen wie Städte oder Vereine. Jedes Mitglied erstellt sein eigenes Profil, indem sowohl Basisinformationen wie Heimatstadt, Schuljahre oder ähnliches enthalten sind als auch persönliche Informationen, wie der eigene und vollständige Name, Beziehungsstatus oder alltägliche Aktivitäten.58 Der Anreiz, korrekte Daten in sein Profil einzustellen liegt für Mitglieder darin, Menschen mit ähnlichen Interessen über einfache Suchfunktionen innerhalb der Community zu erkennen, häufiger aber auch nur, um alte Freunde und Bekannte wiederzufinden.59 Der Umfang, in dem diese Informationen dargestellt werden, kann von dem jeweiligen Mitglied in55 Vgl.

Pempek et al. (2009). The Economist (2010). 57 Vgl. ibid. 58 Vgl. Kollmann (2011). 59 Vgl. ibid. 56 Vgl.

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dividuell gestaltet und auch kontrolliert bzw. geändert werden. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, sein eigenes Profil vor Mitgliedern zu schützen, für die das Profil nicht oder nur in Teilen zugänglich sein soll. Es besteht die Option, das eigene Profil für bestimmte Mitglieder freischalten bzw. sperren, oder es von speziellen Gruppen nur teilweise ansehen zu lassen. Fotos und Videos bieten weitere Möglichkeiten, sein eigenes Profil individuell zu gestalten und somit weiter Freunde, die ebenfalls bei Facebook registriert sind, zu verlinken. Erweitert werden kann dies mit Kommentaren zu den jeweiligen Fotos oder Fotoalben und Links zu weiteren Videos. Die Kommunikationsmöglichkeiten sind vielfältig. Es kann über private Nachrichten kommuniziert werden (was auch mit Mitgliedern möglich ist, die nicht in der eigenen Kontaktliste sind), über Pinnwandeinträge bei Freunden, die in der Kontaktliste sind oder auch in Gruppen, die von den Mitgliedern gegründet und genutzt werden können. Bei der Kommunikation über private Nachrichten und Pinnwandeinträgen spricht man auch von einer 1:1 Kommunikation, wobei es sich bei der Kommunikation über Gruppen um eine n:m Kommunikation handelt.60 Es können auch die Online-Kontakte in Offline-Kontakte umgewandelt werden, indem man Einladungen für Events verschickt, die in der realen Welt stattfinden; oder es können Online-Meldungen für Tagungen, Feste oder andere Veranstaltungen publiziert werden. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, mit Notizen oder Blog-Einträgen in Kontakt zu bleiben und zu kommunizieren. Die news feeds beschreiben, welchen Tätigkeiten die anderen Mitglieder aus der eigenen Kontaktliste gerade nachgehen. Insgesamt stehen viele Tools zur Verfügung, mit denen die Facebook-Seite individualisiert werden kann.61 Dabei entstehen Personalisierungsmöglichkeiten. Durch die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Community bzgl. der Bedürfnisse und Interessen der Mitglieder findet sowohl eine Förderung der Zufriedenheit der Mitglieder statt als auch eine Bindung an die Community. Es besteht die Gelegenheit, dass der Teilnehmer über die Darstellung und Nutzung der Inhalte auf seiner Seite entscheidet und die Community-Struktur dadurch mitbestimmt. Die sog. Widgets erlauben den Mitgliedern, die Inhalte und Informationsbausteine selbst auszuwählen und zu gestalten. In der Regel handelt es sich um Spiele, Suchtools oder Kalenderfunktionen. Diese sind meistens vorgefertigt und können somit schnell und einfach in das eigene Profil eingefügt werden.

60 Vgl. 61 Vgl.

ibid. Huber (2008); Kollmann (2011).

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3.2 Die Bedeutung des sozialen Kapitals Um die Bedeutung des sozialen Kapitals näher erläutern zu können, ist es zunächst erforderlich, den Begriff des Sozialkapitals näher zu definieren. Das soziale Kapital wird als „die Gesamtheit der tatsächlichen oder potenziellen Ressourcen, welche mit dem Besitz eines dauerhaften Netzwerkes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen basierend auf gegenseitiger Bekanntschaft oder Anerkennung verbunden sind.“62 definiert. Generell besitzt das Sozialkapital einen positiven Effekt auf die Interaktion zwischen den Teilnehmern eines sozialen Netzwerkes.63 Aufgrund der neuen Web 2.0-Technologien64 ist es möglich, dass neue Formen von Sozialkapital und der Aufbau von Beziehungen im sozialen Netzwerk online auftreten können bzw. diese leicht und schnell erweitert werden können. Das soziale Kapital bspw. in Amerika ging in den letzten Jahren zurück. Ein Grund dafür ist der Anstieg der notwendigen beruflichen Umzüge, bzw. die Umzüge, die aufgrund des Beginns eines Studiums oder Weiterbildung stattfinden mussten.65 Virtuelle Communities helfen dabei, dieses verloren gegangene soziale Kapital wiederzubeleben. Das Sozialkapital, welches durch diese virtuellen Netzwerke gebildet und gefördert wird, erzeugt ausgedehnte Identitäten und generalisierte Reziprozität.66 Die Ansammlung von bridging social capital, also offenem, weniger emotionale gebundenem sozialen Kapital, kann durch einige Facebook-Anwendungen erleichtert werden. Ein solches gesammeltes soziales Kapital bezeichnet man auch als weak ties, sogenannte schwache Bindungen. Die Anwendungen und Möglichkeiten auf der Plattform Facebook bilden in Folge dessen ein wichtiges Instrument zur Aufrechterhaltung des sozialen Kapitals. Es bietet dem Einzelnen die Möglichkeit, einfach und schnell bestehende enge Beziehungen mit möglichst geringem Aufwand zu pflegen, auch wenn dieser Kontakt eine gewisse geografische Distanz aufweist. 3.3 Studien zur Facebook-Nutzung Soziales Kapital, also die Beziehung zwischen Personen, ist für die EU im Hinblick auf ihre digitalen Strategien von besonderer Bedeutung. So kann die EU die Bildung von sozialem Kapitel für ihre Zwecke nutzen, Maßnahmen zu kommu62 Krisi

(2007), o.P. Helliwell/Putnam (2004). 64 Vgl. hierzu auch die Beiträge von Dengler und Jericho in diesem Sammelwerk. 65 Vgl. Ellison et al. (2007). 66 Vgl. Ellison et al. (2007); Williams (2006). 63 Vgl.

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nizieren und in der Bevölkerung zu verankern. Nur wenn Verständis und Akzeptanz in der Bevölkerung für EU-Programme herrscht, kann eine flächendeckende Implementierung gewährleistet werden. Um einen tieferen Einblick in die Nutzung von Facebook zu erlagen, werden im Folgenden zwei etablierte FacebookNutzungsstudien analysiert. Da innerhalb der EU solche Nutzungsevaluierungen bislang nicht präsent sind, wird an dieser Stelle auf eine US-amerikanische und eine schweizerische Studie zurückgegriffen. Wie schon zuvor kurz erläutert, handelt es sich bei denen in diesem Beitrag betrachteten Facebook-Nutzungsstudien um eine Studie von der Michigan State University aus dem Jahre 2007, die anhand einer Befragung von College-Studenten ihre Nutzungsintensität und das damit verbundene Sozialkapital analysieren. Wichtige Faktoren waren das Selbstwertgefühl der einzelnen Teilnehmer, die Lebenszufriedenheit und die Facebook-Nutzungsintensität, wobei diese nicht von weiteren Faktoren oder Variablen abhängig war. Im Gegensatz dazu steht die FacebookStudie aus der Schweiz aus dem Jahr 2009, die sich mit den gleichen Faktoren wie die amerikaneische Studie befasst. Allerdings wurde hier der Fragebogen zusätzlich um die Big Five-Persönlichkeitsmerkmale erweitert. 3.3.1 Aufbau und Inhalt der amerikanischen Studie Es wurde eine E-Mail an 800 zufällig ausgewählte Studenten ohne Abschluss der Michigan State University (MSU) mit einem Link zu der Studie geschickt.67 286 Teilnehmer schickten ihren Fragebogen vollständig beantwortet zurück. Die Antwortquote lag hier also bei 35,8%, wobei sich eine leichte Überrepräsentation der Frauen, Inländer und derjenigen mit einem lokalen Wohnsitz auf dem Campus abzeichnete. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 20,1 Jahren. Die Internetnutzung pro Tag lag im Durchschnitt bei knapp drei Stunden. Unter den Befragten hatten 94% ein Profil bei Facebook (268 Befragte) und die durchschnittliche Anzahl an Freunden lag zwischen 151-200. Folglich hatten 6% kein Profil bei Facebook (13 Befragte) (s. Abb. 1). Es wurde nicht untersucht, ob diejenigen, die kein Facebook-Profil besitzen bei anderen Communities registriert waren. Genauso wenig wurden Aussagen darüber gemacht, ob die Facebook-Nutzer auch noch in anderen Communities aktiv sind. Die Nutzungsdauer auf Facebook pro Tag lag im Durchschnitt zwischen 10 und 30 Minuten.

67 Die

an.

folgenden Ausführungen bzgl. der amerikanischen Studie lehnen sich an Ellison et al. (2007)

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Abb. 1: Verteilung von Facebook-Profilen an der MSU Im Fokus dieser Studie standen das soziale Kapital, die Lebenszufriedenheit, die Facebook-Nutzungsintensität und das Selbstwertgefühl. Das Sozialkapital ist ein wichtiger Faktor in der amerikanischen Studie und hat einen bedeutenden Einfluss auf die Nutzung des Facebook-Profils und den getätigten Aktivitäten auf der Seite. Verdeutlicht wird dies dadurch, dass das soziale Kapital nicht allgemein betrachtet wurde, sondern in drei Kategorien eingeteilt wurde, nämlich bridging social capital, welches eher ein nach außen orientiertes Netzwerk widerspiegelt, bonding social capital, das einem nach innen orientiertem Netzwerk entspricht und maintain social capital. Bei der letzten Kategorie des sozialen Kapitals handelt es sich um die Aufrechterhaltung der schon bereits vorhandenen Beziehungen und Kontakte. Facebook erleichtert dabei den Übergang von latenten Bindungen zu schwachen Bindungen, indem die Möglichkeit besteht, auf seinem Profil persönliche Informationen zu veröffentlichen und somit für andere Mitglieder zur Verfügung zu stellen. Die gleichzeitige Visualisierung der Kontakte ermöglicht es den Mitgliedern, diejenigen zu identifizieren, die ihnen durch die Kapazität der Informationen nützlich sein könnten. In dieser Studie wurden Maßnahmen verwendet, die die Aufrechterhaltung von existierendem Sozialkapital messen sollten. Der Fokus lag dabei auf den Fähigkeiten, die bereits vorhanden sozialen Kontakte wirksam einzusetzen und beizubehalten. Um die Rolle der Aufrechterhaltung von Beziehungen als schwache, vorübergehende Bindungen zu testen, wurden diese mit generellen überbrücken-

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den Beziehungen spezifiziert und in Vergleich mit engen Freunden gesetzt. Um den Umgang auf Facebook zu messen, wurden zwei Selbsteinschätzungen des Facebook-Verhaltens der Teilnehmer erfragt: Die Anzahl der Facebook-Freunde und die Dauer, die auf der Facebook-Seite an einem typischen Tag verbracht wird. Es wurde ebenfalls untersucht, welche Aspekte die Teilnehmer berücksichtigen, wenn sie ihr eigenes Profil erstellen (Beziehungsstatus, Telefonnummer, vollständiger Name usw.). Gefragt wurde auch nach der eigenen Einschätzung, welche Personen das eigene Profil gesehen haben. Diese Merkmale geben einen Einblick darüber, in welchem Grad die Teilnehmer Facebook benutzen und in welchem Rahmen Facebook genutzt wird: Um neue Leute zu treffen oder um vorhandene, alte Bekannte, wieder zu finden und diese Beziehung dann aufrechtzuerhalten. Am Ende der Studie stellte sich heraus, dass fast die gesamten Teilnehmer dieser Studie Facebook-Nutzer waren. Die Teilnehmer berichteten ebenfalls darüber, dass Facebook deutlich mehr dafür genutzt wird, um mit denjenigen in Kontakt zu bleiben, zu denen sie auch eine Offline-Beziehung pflegen, also Freunde, Bekannte oder Schulfreunde. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Community hauptsächlich dazu verwendet wird, den Kontakt zu bereits vorhandenen Offline-Kontakten zu pflegen, besteht in der Wahl des Benutzernamens: 96% der Facebook-Nutzer gaben an, dass sie ihren Highschool-Namen in ihrem Profil angegeben haben. Weitere 97% der Befragten gingen davon aus, dass ein Schulfreund das eigene Profil schon gesehen hat. Neben den Hauptzielgruppen von Freunden und Mitschülern (96% und 91%) existieren noch weitere Gruppen, die von der Kommunikation auf Facebook profitieren (s. Abb. 2). Bei den persönlichen Angaben zur eigenen Person stehen, wie schon oben erwähnt, der eigene Highschool-Name, der aktuelle Beziehungsstatus und das eigene Foto an erster Stelle. Wenn es allerdings um die eigene Telefonnummer geht, gibt die Mehrheit keine Auskunft (s. Abb. 3). Anhand der Abbildungen 2 und 3 lässt sich deutlich erkennen, dass die persönlichen Angaben dazu dienen, den Kontakt mit bereits vorhandenen Offline-Kontakten wieder zu erlangen und nur im geringen Maße dazu, neue Kontakte kennen zu lernen. Aufgrund dieser Erhebungen kann man zu dem Schluss kommen, dass die generelle Internet-Nutzung ein signifikanter Einflussfaktor zu der Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten geworden ist. Weitere wichtige Faktoren sind allerdings auch die Selbstachtung des Mitglieds und die Lebenszufriedenheit. Denn je zufriedener das Mitglied mit sich und seiner Umwelt ist, desto aktiver ist dieses auf Facebook und desto mehr baut es sein soziales Kapital aus.

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Abb. 2: Wahrgenommene Zielgruppe des eigenen Profils auf Facebook 3.3.2 Aufbau und Inhalt der schweizerischen Studie Nachdem Aufruf zur Teilnahme in einer schweizerischen Zeitung lag die Rücklaufquote der 1000 verteilten Fragebögen bei 68,1%.68 Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 13 und 89 Jahren, wobei ein Durchschnittsalter der Befragten von 27 Jahre ermittelt wurde. Von den 681 Befragten hatten 84,1% (573) ein Profil bei Facebook und zusätzlich noch 335 ein weiteres Profil (49,2%) bei einer anderen Community. 46 Teilnehmer hatten kein Profil bei Facebook (6,8%), aber bei einer anderen Community und 62 waren bei keiner Community registriert (knapp 9%) (s. Abb. 4). In der Studie wurden die Facebook-Nutzungsintensität, das Sozialkapital, das Selbstwertgefühl und die Lebenszufriedenheit berücksichtigt. Ebenfalls wurden die Big Five-Persönlichkeitsmerkmale einbezogen. Diese beinhalten die Extraversion, den Neurotizismus, die Gewissenhaftigkeit, die Verträglichkeit und die Offenheit.69 Das Sozialkapital spielt auch hier eine große Rolle. Eine höhere Nutzungszufriedenheit beinhaltete meist ein größeres Sozialkapital und damit verbunden eine größere Lebenszufriedenheit. Dies hängt damit zusammen, dass die gestiegene Nutzung der Plattform mit mehr Freunden zu tun hat und somit mit mehr Zeit 68 Die

folgenden Ausführungen bzgl. der schweizerischen Studie lehnen sich an Meyer (2009) an. Körner et al. (2008).

69 Vgl.

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Abb. 3: Persönliche Angaben der Profileigentümer auf Facebook auf der Plattform verbunden ist. Durch die Berücksichtigung der Extraversion der Teilnehmer stellte sich heraus, dass dieser Zusammenhang fast vollständig verschwunden ist. Je stärker die Extraversion ist, desto mehr Sozialkapital ist vorhanden und desto öfter ist man auf Facebook aktiv und folglich zufriedener, da man durch die Aktivitäten soziale Aufmerksamkeit bekommt und das eigene Selbstbild mit dieser Aufmerksamkeit und die dadurch gestiegene Wertschätzung der Mitmenschen steigt.70 Die Zufriedenheit eines Teilnehmers hängt somit teilweise von der eigenen Persönlichkeit ab. Durch die Erhebung der Studie und die Berücksichtigung der Big Five-Persönlichkeitsmerkmale hat sich heraus gestellt, dass eine leicht erhöhte durchschnittliche Lebenszufriedenheit bei Nicht-Nutzern festzustellen ist. Als Grund für diese leicht erhöhte Zufriedenheit sehen die Autoren der Studie den Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsmerkmal der Gewissenhaftigkeit, welcher etwas deutlicher zu Gunsten der Nicht-Nutzer ausfiel. In der Gesamtstichprobe ließ sich ebenfalls ein schwach positiver Zusammenhang zwischen dem Alter und der Gewissenhaftigkeit feststellen. Man geht davon aus, dass die Gewissenhaftigkeit ein Anzeichen für eine gewisse Reife ist. Ebenfalls hat sich gezeigt, dass es auch einen 70 Vgl.

Verstraete (2004).

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189

Abb. 4: Verteilung von Facebook-Profilen in der schweizerischen Studie positiven Zusammenhang zwischen der Gewissenhaftigkeit und dem Berufserfolg gibt.71 Folglich entstand die Vermutung, dass Facebook-Nutzer weniger gewissenhaft sind und somit nicht so erfolgreich im Berufsleben wie Nicht-Nutzer. Allerdings relativiert sich dieses Ergebnis durch den Alterseffekt, Nicht-Nutzer sind in der Regel älter72 und in den Communities (noch) nicht repräsentativ vertreten. 3.4 Implikationen und resultierender Nutzen im Hinblick auf die digitalen Stragegien der EU Zunächst einmal reichen die vorhandenen Studien nicht aus, um ein eindeutiges Potenzial für die Nutzung virtueller Communities für die EU abzuleiten. Es besteht die Möglichkeit, die schweizerische Studie ggf. so zu erweitern, dass die Beziehung und der Zusammenhang der Gewissenhaftigkeit mit dem Berufs- bzw. Studienerfolg zusammen mit der Facebook-Nutzung selbst erhoben wird und nicht auf eine Studie von Dritten zurückgegriffen wird. Somit würde ein direkter Vergleich mit der Facebook-Nutzung bzw. Nicht-Nutzung und bspw. dem Noten71 Vgl. 72 Vgl.

Barrick/Mount (1991). Van Eimeren/Frees (2009).

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durchschnitt an der Universität möglich.73 Ebenfalls müssten mehr Nicht-Nutzer nach Gründen der Verweigerung einer Community-Mitgliedschaft, im speziellen Facebook anzugehören, befragt werden. Ist der Grund der Nicht-Nutzung von Communities ein Datenschutzgrund oder findet man sich selbst dadurch zu transparent bzw. verliert durch die Selbstinszenierung seine eigene Identität? Liegt es an den zukünftigen Jobchancen, die ggf. durch eine solche Nutzung verbaut werden könnten? Es kann daraufhin ein Bezug zu der sozialen Identitätstheorie und den möglichen Verlust der eigenen Identität hergestellt werden. Eine Durchsetzung der Schwerpunkte der i2010-Strategie und der folgenden Digital Agenda in der EU kann die Nutzung des Internets durch die erweiterten Breitbandnetze erleichtern und somit auch die Kommunikation in sozialen Netzwerken wie Facebook fördern. Auf der anderen Seite können durch soziale Netzwerke wie bspw. Facebook aber auch die Aktionsbereiche der Digital Agenda vorangetrieben werden. Insbesondere in den Bereichen Forschung und Innovation, Förderung digitaler Kompetenzen in der Bevölkerung und Generierung von Vorteilen für die Gesellschaft können soziale Online-Netzwerke einen wertvollen Beitrag leisten. Forschungskooperationen und -kontakte werden erleichtert, Nutzer werden an das Medium Internet herangeführt und das Miteinander im alltägliche Leben wird durch die online-Ebene ergänzt. Durch eine intensive Nutzung der virtuellen Communities kann die Kreativität der einzelnen Mitglieder voran gebracht werden. Europa gehört schließlich im Bezug auf den qualitativ hochwertigen Content zu den kreativsten Regionen der Welt.74 Die Investitionen in IKT dürfen nicht außer Acht gelassen werden, da diese den Motor des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts darstellen75 und einen erheblichen Einfluss auf die Produktivitätssteigerung der EU besitzen.76 Ein guter Ausgangspunkt ist, dass Europa bei der Entwicklung der digitalen Wirtschaft deutliche Fortschritte erreicht hat.77 Eine Erweiterung der i2010-Strategie bildet die Digital Agenda. Es handelt sich um eine digitale Strategie, die intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum fördern soll.78 Diese soll zu einem erheblichen Wirtschaftswachstum in Europa beitragen.79 Auf Grund der immer weiter steigenden Zuwendung zum Internet und der digitalen Lebensweise der europäischen Bevölkerung, ist eine weltweit

73 Vgl. 74 Vgl. 75 Vgl. 76 Vgl. 77 Vgl. 78 Vgl. 79 Vgl.

Karpinski/Duberstein (2009). Europäische Kommission (2009a). Europäische Kommission (2008). Europäische Kommission (2010). Europäische Kommission (2008). Europäische Kommission (2010). ibid.

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grenzenlose verfügbare Technik notwendig.80 Allerdings weist der Binnenmarkt, der für das Internet konzipiert wurde, immer noch erhebliche Mängel und Lücken auf, welche die uneingeschränkte Nutzung noch verhindern.81 Zu den Mängeln und Lücken gehören z.B. Datenschutzbedenken und Sicherheitsprobleme, unzureichender Internetzugang, mangelnde Benutzbarkeit, fehlende Kenntnisse oder ungenügend Barrierefreiheiten.82 Die im Folgenden genannten Fakten lassen erkennen, dass Europa noch in einigen Bereichen Handlungsbedarf und Verbesserungspotenzial besitzt und folglich hinter seinen Wirtschaftspartnern zurück liegt. Beispielsweise nutzen 30% der Europäer nicht regelmäßig das Internet.83 Der Verbreitungsgrad von Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetzen liegt in Europa bei 1% (in Japan liegt dieser bei 12%, in Südkorea bei 15%). Die Ausgaben für die IKTForschung und –Entwicklung belaufen sich in der EU nur auf 40% der Ausgaben in den USA.84 Dennoch ist soziales Kapital zur Zielerreichung im Rahmen der digitalen Strategien der EU ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Etablierung von sog. ties mit den Bürgern und die Nutzung von Communities als Kommunitkationsmedium sind hier zukunftsweisend.

4 Fazit und Ausblick Die Verfolgung der EU-Aktionsbereiche soll in den kommenden Jahren von den Mitgliedsstaaten, der IKT-Branche und anderen wichtigen Wirtschaftsteilnehmern fokussiert werden, damit das Potenzial der digitalen Zukunft Europas voll ausgeschöpft werden kann. Dabei sind elektronische Communities wie bspw. Facebook ein probates Mittel, um Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Umwelt in der EU zu kommunizieren. Die betrachteten Studien haben gezeigt, dass gerade in der jüngeren Generation Facebook zu einem wichtigen Teil des sozialen Lebens geworden ist. Mangelndes politisches Interesse, welches häufig bei selbiger Zielgruppe beklagt wird, kann durch die Nutzung sozialer Netze wie Facebook abgemildert werden. Soziales Kapital, wie es von besonderer Bedeutung für die Kommunikation und Durchsetzung der Ziele der Digital Agenda ist, kann so geschaffen und gepflegt werden. Die Beziehung zwischen der EU und ihren Bürgern kann durch die Nutzung vir80 Vgl.

ibid. ibid. 82 Vgl. ibid. 83 Vgl. ibid. 84 Vgl. ibid. 81 Vgl.

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tueller Netzwerke geprägt und voran gebracht werden. Folglich ist es für die EU ratsam, sich der steigenden Bedeutung sozialer Netze bewusst zu werden und deren Potenziale für die eignenen Zwecke einzusetzen.

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Web 3.0-Fortschritt im Kontext von Sicherheit und Usability Christoph Brüning

1 Einleitung Die Entwicklung in der Informationstechnologie ist aus verschiedenen Gründen von aktuellem Interesse. So zielte das Programm i2010 der EU darauf ab, einen europaweiten Standard in diesem Bereich zu etablieren, der es ermöglicht, einen gemeinsamen digitalen Wirtschaftsraum zu schaffen. Es enthält z.B. Maßnahmen zur Verbreitung erschwinglicher, sicherer und schneller Breitbandverbindungen,1 die die Grundlage für einen solchen Raum bilden. Die Ergebnisse des Berichts über die digitale Wettbewerbsfähigkeit Europas 2009 zeigen auf, dass bereits 80% der EU-Bevölkerung Zugang zum Breitband-Internet haben und der Mobiltelefonmarkt den Versorgungsgrad von 100% überschritten hat.2 Einen weiteren Fortschritt bezüglich eines Wirtschaftsraums bedeutet die Steigerung des täglichen Umgangs mit dem Internet von 23% der EU-Bürger in 2004 auf 43% in 2008. Die Grundvoraussetzungen für eine wirtschaftliche Nutzung dieser neuen Medien haben sich somit seit der i2010 deutlich verbessert. Die in der i2010 behandelten Ziele lassen allerdings bzgl. der Wettbewerbsfähigkeit wichtige Punkte offen. So nutzen nur 3% der EU-Bevölkerung im Alter von 16-74 Jahren mobile Endgeräte der dritten Generation. Die Gründe hierfür liegen besonders in dem Geschwindigkeitsnachteil gegenüber Breitband-Verbindungen sowie vergleichbar höheren Kosten. Außerdem liegt Europa in der Verbreitung von Glasfaserverbindungen deutlich hinter anderen Wirtschaftsräumen wie z.B. Asien zurück. Diese und weitere offene Ziele werden unter anderem mit der Digital Agenda angegangen, die als erste von sieben Initiativen im Zuge einer erneuerten Europe 2020-Strategie versucht, bestimmte Kernziele zu verwirklichen. Diese fordert unter anderem die Weiterentwicklung des europäischen Breitband- und Glasfasernetzes. Außerdem 1 Vgl.

Europäische Kommission (2005). und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Europäische Kommission (2009).

2 Diese

T. Kollmann, I. Kayser (Hrsg.), Digitale Strategien in der Europäischen Union, DOI 10.1007/978-3-8349-6617-9_10, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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setzt die Digital Agenda den Fokus auf ein Thema, das in der vorangehenden i2010 noch nicht im Vordergrund stand: Die Steigerung von Vertrauen und Sicherheit im Internet. Es soll also der Schutz vor Angriffen im World Wide Web erhöht werden, um das Vertrauen der Bürger in diese Technologie zu erlangen und damit auch höhere Akzeptanz des Internets als Raum der Geschäftswelt zu erreichen. Diese Basis birgt die Möglichkeit verschiedener neuer Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie, welche nicht nur Privatnutzer sondern – mit dem Ziel eines gemeinsamen Wirtschaftsraums – auch massiv die Geschäftswelt betreffen. 1.1 Problemstellung im Kontext des Web 3.0 Die Entwicklungen vergangener Jahre zeigen, dass, nachdem eine gemeinsame technische Basis geschaffen ist – in diesem Fall die Verbreitung von Internetanschlüssen durch Maßnahmen gegeben durch die i2010 – sich neue Verhaltensweisen im Umgang mit dieser Technologie erkennen lassen. Während im Anfangsstadium des World Wide Web eine klare Rollenverteilung zwischen Inhalt-Erstellern und passiven Konsumenten herrschte, kam ab ca. 2005 mit dem sog. Web 2.0 der Community-Gedanke auf.3 Im Zuge einer immer weiter verbreiteten Nutzung des Internets wurden die Konsumenten und die Ersteller von Information in ihrer Rolle vereint; dieser Fortschrittsgedanke wird insb. auch durch die Digital Agenda vorangetrieben. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich unter anderem die Entwicklungen eines sog. Web 3.0, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird. Es handelt sich dabei um das mobile Web, das semantische Web und die Verlagerung der gesamten digitalen Kommunikation in den Browser. Aufgrund des technischen Fortschritts, der nun auf strategischer Ebene EU-weit besonders durch die Digital Agenda vorangetrieben werden soll, ergeben sich neuartige Problemstellungen. Die möglichen Veränderungen zielen unter anderem darauf ab, die Usability, also die Nutzbarkeit und Bedienbarkeit moderner Kommunikationsgeräte zu verbessern. Allerdings besteht die Gefahr, dass beim Fokus auf diesen Punkt das Thema der Sicherheit vernachlässigt wird, welches besonders durch die vermehrte Einbindung von Informationstechnologie in Geschäftsprozesse an Gewicht gewinnt. Dieser Punkt wird z.B. dadurch betont, dass die Bundesregierung ein Arbeitsprogramm zur IT-Sicherheitsforschung entwickelt, welches mitunter helfen soll, „Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und den Staat vor illegalen Zugriffen zu schützen“.4 In der Digital Agenda wird dieses Thema ebenfalls zu einem 3 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Kollmann (2009). für Bildung und Forschung (BMBF) (2009), S. 4.

4 Bundesministerium

Web 3.0-Fortschritt im Kontext von Sicherheit und Usability

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der sieben Kernthemen erklärt.5 Es gilt also zu prüfen, inwiefern sich diese beiden Punkte miteinander vereinbaren lassen oder ob sie sich zukünftig sogar im Wege stehen. Nach der Vorstellung der Grundkonzepte bildet die Entwicklung des Kriterienkatalogs den Mittelpunkt dieses Beitrags. Der Kriterienkatalog wird auf Grundlage wissenschaftlicher Publikationen erarbeitet, die im Bezug auf Usability oder Sicherheit eine Rolle spielen. Anschließend wird das Pionier-Tool Google Wave als Beispielanwendung des Web 3.0 vorgestellt und darauf untersucht, inwieweit es dem Kriterienkatalog gerecht wird, um eventuellen Handlungsbedarf zu identifizieren.

2 Grundkonzepte Im folgenden Abschnitt werden Grundkonzepte möglicher Web 3.0-Entwicklungen vorgestellt. Diese resultieren aus den Richtungen, in die sich das Web 2.0 aufgrund gesteigerter Verbreitung und Akzeptanz weiterentwickeln kann und identifizieren anschließend, welche Anforderungen sich in Bezug auf Sicherheit und Usability an moderne Webanwendungen ergeben. Diese Anforderungen sind aufgrund der strategischen Relevanz für die Digital Agenda zur Zielerreichung insb. im europäischen Kontext von großem Interesse. Zum Ende des Abschnitts wird aus den vorgestellten Konzepten ein Kriterienkatalog entwickelt, anhand dessen Webanwendungen bzgl. Sicherheit und Usability überprüft werden können. 2.1 Web 3.0 Die mit der i2010 und der Digital Agenda verbundenen Forderungen bilden die Grundlage für die Weiterentwicklung des World Wide Web. Allerdings können innovative Web 3.0-Konzepte ebenfalls dabei helfen, das Ziel eines gemeinsamen Wirtschaftsraums zu etablieren. So haben laut einer Umfrage 40% der Angestellten und Selbstständigen sowie 80% der Studenten in der EU das Internet in einem Zeitraum von 3 Monaten mindestens einmal für sog. advanced communication services genutzt.6 Dazu zählen unter anderem Instant Messaging oder die Beteiligung an Online-Foren und Newsgroups. Diese Personengruppen, die zu einem großen Teil am europäischen Wirtschaftsleben beteiligt sind oder in Zukunft sein werden, nutzen also bereits Web 1.0 und 2.0-Technologien in hohem Maße. Ein 5 Vgl.

Europäische Kommission (2010). und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Europäische Kommission (2009).

6 Diese

198

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Web 3.0-Fortschritt könnte somit besonders diesen Bevölkerungsgruppen zu einer Produktivitätssteigerung im Lernverhalten oder im Beruf verhelfen. Es ist denkbar, dass auf der einen Seite die innereuropäische Kommunikation verbessert und auf der anderen Seite eine Produktivitätssteigerung in technologieaffinen Bevölkerungsgruppen erreicht wird. Im Folgenden werden nun drei Möglichkeiten beschrieben, in denen sich Web 3.0 begründen lässt. Dabei ist zu beachten, dass sich diese drei Trends keinesfalls gegenseitig ausschließen, sondern miteinander einhergehen können. 2.1.1 Mobiles Web Die erste Entwicklung im Kontext des Web 3.0 ist die Verbreitung von internetfähigen Mobiltelefonen. Die bereits beschriebenen Maßnahmen der EU haben dieser Art der Kommunikation bereits zu einer wesentlich höheren Akzeptanz verholfen. Allerdings muss diese für ein etabliertes Web 3.0 noch wesentlich ausgebaut werden. Durch UMTS als zentrale Technik konnte bereits eine, im Vergleich zu früheren Geräten, deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeit erreicht werden.7 Diese verhilft Mobiltelefonen zur Darstellung multimedialer Inhalte und schafft somit neue Möglichkeiten in der privaten und kommerziellen Nutzung. Zunächst führt das ständige Mitführen eines internetfähigen Mobiltelefons zu einer andauernden Erreichbarkeit der Nutzer. Außerdem findet über die Zuordnung eines Mobilgerätes zu genau einem Nutzer eine Personalisierung statt, im Zuge derer eine genaue Lokalisierung der Person vorgenommen werden kann. Ein Mobilgerät kann also individuelle Informationen über den Nutzer sammeln und versenden. Diese Punkte führen zu einem situativen Nutzen, der in einem Web 3.0 eine wichtige Rolle spielen könnte, wenn ortsabhängige und zeitkritische Bedürfnisse der Nutzer „mit Hilfe des mobilen Angebots direkt, individuell, standortbezogen und damit besser gelöst werden“8 als über stationäre Geräte. 2.1.2 Semantisches Web Eine weitere Entwicklung im Web 3.0-Bereich stellt das semantische Web dar.9 Aufgrund der Informationsflut, die im Zuge des Web 2.0 dadurch entstanden ist, 7 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Kollmann (2009). (2009), S.16. 9 Diese und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Kollmann (2009). 8 Kollmann

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dass immer mehr Menschen mit dem Web verbunden sind und dort aktiv Informationen hinterlegen, fällt es Informationssuchenden zunehmend schwerer, auf der Suche nach konkreten Informationen fündig zu werden. Daher versucht ein möglicher Ansatz, das semantische Web, die individuellen Bedürfnisse des Nutzers bei der Informationssuche in den Mittelpunkt zu stellen. Die semantische Ebene im World Wide Web legt die Informationen mit Hilfe von Metadaten so an, dass der Nutzer nicht mehr aus einer Stichwortsuche die relevanten Ergebnisse selbstständig herausfiltern muss, sondern diese Aufgabe automatisch entweder von den jeweiligen Plattformen, auf denen gesucht wird, oder von sog. Software-Agenten übernommen wird. Derartig formalisierte Informationen könnten von verschiedensten Anwendungen verwendet werden. Somit kann semantisches Web innerhalb des Web 3.0 auf Basis des Web 2.0Konzeptes entstehen, indem es z.B. Wikis und Blogs durch die breite Beteiligung von Nutzern auf eine semantische Ebene erweitert. 2.1.3 Weiterentwicklung des Web 2.0 im Browser Die dritte mögliche Entwicklung ist ein Trend, der besonders von dem Unternehmen Google geprägt wird. Er hat die Zielsetzung, alle bisher bekannten Dienste webbasiert im Browser zu vereinen. So basiert das Betriebssystem Chrome OS lediglich auf dem Browser Chrome, der den aus anderen Betriebssystemen bekannten Desktop komplett ersetzt und keine Installation von Software zulässt, die nicht in diesem Browser ausführbar ist.10 Ziel dieser Änderung sind in erster Linie Sicherheit und Geschwindigkeit. Neben anderen im Browser auszuführenden Diensten wie Google Mail, Google Docs oder Google Calendar führt besonders eine Anwendung diesen Gedanken weiter. Mit Google Wave planten die Entwickler ein Tool, das alle bisher gängigen webbasierten Kommunikationsformen miteinander vereint. Es soll die Kommunikation einfacher, schneller und effizienter machen.11 Diese Vision geht einher mit der Idee des sog. Cloud Computing.12 Dieses Konzept geht davon aus, dass in Zukunft Daten und Prozesse nicht mehr auf einem eigenen lokalen Rechner gespeichert und ausgeführt werden, sondern in die sog. Cloud, die in diesem Fall das Web meint, verlagert werden. 10 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Heise Security (2008b). Google (2009). 12 Diese und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Smith (2009). 11 Vgl.

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2.2 Sicherheit und Usability Im Zuge der Ziele der Digital Agenda13 bekommen die Themen Sicherheit und Usability im Kontext der zuvor beschriebenen Entwicklungen eine zentrale Bedeutung. Dadurch, dass – wie in der Einleitung bereits erwähnt – immer mehr Menschen Zugriff auf Breitbandanschlüsse haben und diese einen neuen Wirtschaftsraum mitbegründen sollen, gewinnt die Frage nach einfacher und effektiver Bedienbarkeit an Wichtigkeit. Die Ziele der i2010 und der Digital Agenda hängen in wesentlichem Maße mit diesen beiden Aspekten zusammen. Während ein Fortschritt im Bereich der Usability Chancen birgt, die Produktivität in einem technisch voranschreitenden Wirtschaftsraum zu steigern, ist die Sicherheitsfrage mindestens ebenso wichtig, um dieses Potenzial vor möglichen Bedrohungen zu schützen. Die drei beschriebenen möglichen Web 3.0-Entwicklungen konzentrieren sich besonders darauf, die Usability für den Nutzer zu verbessern. Sie zielen darauf ab, Aufgaben des Nutzers einfacher, zielgerichteter und schneller zu bearbeiten. Das Thema Sicherheit rückt in diesem Zusammenhang häufig in den Hintergrund der Betrachtung, obwohl seit der Entwicklung des Web 2.0, fokussiernd auf einer zunehmenden Speicherung privater Daten im World Wide Web, ein erhöhter Schutzbedarf öffentlicher und privater IT-Systeme besteht. So drohen bestimmten Berufsgruppen (bspw. Ärzten und Rechtsanwälten) laut Strafgesetzbuch sogar Freiheitsstrafen, wenn sie die gespeicherten Daten von Patienten, Mandanten bzw. Klienten nicht ausreichend absichern.14 2.2.1 Anforderungen an die Sicherheit eines IT-Systems Die vorgestellten Entwicklungen des Web zielen im Wesentlichen darauf ab, die Nutzung von IT effizienter, vielfältiger und benutzerfreundlicher zu gestalten. Im Zuge der Verbreitung solcher Technologien sollten allerdings ebenfalls die Risiken betrachtet werden, die durch den Fortschritt auftreten können. Das Thema der Sicherheit in der IT spielt schon seit den Anfängen ihrer Massenverbreitung eine wichtige Rolle. So teilt bereits das 1992 vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) herausgegebene IT-Sicherheitshandbuch die Bedrohungen, denen ein IT-System ausgesetzt sein kann, in drei Grundbedrohungen auf: Der Verlust der Verfügbarkeit verhindert, dass „Funktionen eines IT-Systems bzw. 13 Siehe 14 Vgl.

hierzu auch den Beitrag von Kollmann/Kayser in diesem Sammelwerk. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2009).

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innerhalb einer vorgegebenen Zeit, die von Funktion zu Funktion unterschiedlich sein kann, zur Verfügung stehen und die Funktionalität des IT-Systems nicht vorübergehend bzw. dauerhaft beeinträchtigt ist.“15 Der Verlust der Integrität bedeutet, dass Daten bzw. Informationen nicht nur von Befugten „in beabsichtigter Weise verändert und nicht zulässig modifiziert werden können.“16 Unter dem Verlust der Vertraulichkeit versteht man, dass die Information, die im IT-System abgelegt ist, nicht mehr nur Befugten zugänglich ist und ein unbefugter Informationsgewinn stattfinden kann.17 Unabhängig von Technologien oder Leistungsvermögen des IT-Systems beschreiben diese Bedrohungen, auf welche Art und Weise die Sicherheit des Systems oder Gerätes gefährdet werden kann. Auch für moderne IT-Systeme bedeutet dies, dass Unbefugte auf diesen drei Wegen die Sicherheit eines Anwenders gefährden können. Dabei treten in der Praxis durchaus Korrelationen zwischen ihnen auf. So ist es z.B. eine gängige Methode, wie in Abschnitt 2.2.2 verdeutlicht wird, dass der Verlust der Vertraulichkeit durch den Verlust der Integrität oder den Verlust der Verfügbarkeit erreicht wird. Die Sicherheit eines IT-Systems kann also durch die Bedrohungen, denen es standhalten muss, definiert werden. Ein System ist demnach sicher, wenn es die Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit seiner Daten wahren kann. 2.2.2 Sicherheitsrisiken im modernen Web Im Folgenden werden Risiken vorgestellt, die mindestens eine der drei Grundbedrohungen, die in Abschnitt 2.2.1 beschrieben wurden, hervorrufen können und somit die IT-Sicherheit ernsthaft gefährden. Außerdem werden gängige Methoden angeführt, die diese Schwachstellen ausnutzen. Je nach den technischen Gegebenheiten des Systems bzgl. Hard- und Software können die Risiken unterschiedlich hoch sein. Dieser Abschnitt beschränkt sich dabei auf die Betrachtung der Risiken, die bei der Nutzung des Webs auftreten können. Ein zentrales Sicherheitsrisiko im modernen Web ist der Mensch, also der Nutzer der jeweiligen Webanwendung. Nutzer, die durch mangelnde Aufklärung oder mangelndes Sicherheitsbewusstsein Fehler begehen, erleichtern es Unbefugten, Zugriff zu ihren Daten zu erhalten. Ein Problem stellt dabei der Umgang mit persönlichen Zugangsdaten – in der Regel eine Kombination aus Benutzernamen und Passwort– dar, die den Zugriff auf Webanwendungen und gespeicherte Informationen ermöglichen. Kommt also ein Unbefugter in den Besitz dieser Daten, erhält er die Rechte, Daten des Nut15 Bundesamt 16 Ibid.,

o.P. 17 Vgl. ibid.

für Sicherheit in der Informationstechnik (1992), o.P.

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zers zu sperren (Verfügbarkeit), zu manipulieren (Integrität) und Informationen zu gewinnen (Vertraulichkeit). Um sich Zugriff über die Schwachstelle Nutzer zu verschaffen, gibt es eine weit verbreitete Methode: Das sog. Phishing, bei dem eben diese Zugangsdaten des Anwenders ausgelesen werden sollen, wird oft über Spamnachrichten betrieben.18 Hierbei erhält der Nutzer eine E-Mail, die einer offiziellen Nachricht einer Firma gleicht, etwa einer Bank, bei der er Kunde ist, und einen Link zu einer externen Website enthält, die von einem Unbefugten erstellt wurde. Loggt sich der Nutzer nun auf dieser Website mit seinen Kundendaten ein, werden diese vom Unbefugten ausgelesen. Damit erhalten Unbefugte vollen Zugriff auf Daten, die eigentlich geschützt sein sollen. Das zweite zentrale Risiko im Umgang mit dem modernen Web ist der Browser. Er stellt die Verbindung zwischen Nutzer und Webanwendung her und ist somit das wichtigste Instrument in dieser Beziehung. In einem Browser werden, sofern der Nutzer nicht gänzlich darauf verzichtet, typischerweise Websites angezeigt, die Technologien wie z.B. Flash, Javascript oder Java nutzen. Diese Technologien erlauben es, Programmcode auszuführen, der von Dritten geschrieben wurde. Sie stellen somit eine generelle Sicherheitslücke dar. Es gibt mehrere Wege, derartige Lücken im Browser auszunutzen: Beim Cross Site Scripting (XSS) „werden Scriptbefehle aus einem untrusted context in einen trusted context eingefügt beziehungsweise eingeschleust.“19 Dabei wird nicht selten „in verwundbare Seiten auch Code eingeschleust, der Sicherheitslücken in bestimmten Browsern ausnutzt, um Daten auszuspionieren oder den ganzen PC des Opfers zu kompromittieren und zu trojanisieren.“20 Unter Cross-Site Request Forgery versteht man eine Methode, mit der Unbefugte im Browser geöffnete Anwendungen eines Nutzers für ihre Zwecke verwenden.21 Dabei werden „die Berechtigungen eines Benutzers zur Steuerung einer Webanwendung missbraucht.“22 Dies kann z.B. geschehen, wenn ein Benutzer mehrere Webanwendungen in seinem Browser geöffnet hat. Öffnet er nun aus Interesse einen manipulierten Link, führt die dahinter stehende Website HTTPAnfragen aus, die es ermöglichen, die gleichzeitig geöffneten Anwendungen zu manipulieren. Hier wird also die mangelnde Vorsicht der Schwachstelle Nutzer im Zusammenspiel mit der Schwachstelle Browser, der die HTTP-Anfragen ausführt, ausgenutzt. Eine weitere Methode, um den Nutzer mittels des Browsers zu täu18 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Wadlow/Gorelik (2009). Security (2008a). 20 Heidereich/Matthies/Fukami/Dahse (2009), S. 469. 21 Diese und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2008). 22 Ibid., S. 18. 19 Heise

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schen, ist das Clickjacking.23 Hierbei entwerfen Unbefugte eine Website, z.B. ein Spiel, das vertrauenswürdig aussieht, aber ein transparentes Element enthält, das auf diesem Spiel liegt und den Nutzer automatisch zu einer Seite weiterleitet, auf der er möglicherweise einen Account hat. Durch geschicktes Anlegen der Buttons kann der Nutzer dazu gebracht werden, Aktionen auf dieser Seite auszuführen, die er nicht beabsichtigt. Aus den genannten Beispielen wird deutlich, dass mögliche Sicherheitsrisiken oft durch das Zusammenspiel von Nutzer und Browser entstehen. Ein drittes Risiko sind Schwachstellen, die nicht unbedingt Browser oder Nutzer, sondern der Netzwerkarchitektur zuzuschreiben sind. Im Gegensatz zu den vorherigen Methoden richten sich diese nicht gegen die Integrität oder Vertraulichkeit sondern hauptsächlich gegen die Verfügabrkeit der Daten des Nutzers. DoS-Attacken (Denial of Service) bezeichnen das Ausnutzen von Schwachstellen in der Implementierung der Netzwerkfunktionalität verschiedener Betriebssysteme, um einen oder mehrer Dienste eines Opfers außer Kraft zu setzen.24 Eine Weiterentwicklung dieser Technik sind DDos-Attacken (Distributed Denial of Service), bei denen in großer Anzahl unbeteiligte Rechner mit einer Schadsoftware, dem DDoS-Agenten, infiziert werden, damit diese gleichzeitig Anfragen an das Zielsystem schicken, dieses somit überlasten und arbeitsunfähig machen.25 Um die DDoS-Agenten auf Systemen vieler Nutzer zu installieren, können von Unbefugten u.a. die oben genannten Methoden verwendet werden. Es gibt also mehrere Schwachstellen, die die Sicherheit eines IT-Systems gefährden. Die zuvor dargestellten Methoden können dabei zusammenwirken, um die Schwachstellen Nutzer, Browser und Netzwerkarchitektur auszunutzen und den Verlust von Integrität, Verfügbarkeit und Vertraulichkeit zu erreichen. 2.2.3 Anforderungen an die Usability eines IT-Systems Das Wort Usability bezeichnet im Englischen Bedienbarkeit, Benutzbarkeit, Benutzerfreundlichkeit, Nutzbarkeit. Ein IT-System sollte also hinsichtlich Usability benutzerfreundlich und leicht zu bedienen sein.26 Ferner geht es um „den Aufwand, der erbracht werden muss, um mit dem jeweiligen Produkt bzw. Nutzungsablauf das beabsichtigte Ziel zu erreichen.“27 Somit spielen auch Effektivität und Effizienz eine wichtige Rolle. Diese grundsätzlichen Ziele sind unter anderem in 23 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Wadlow/Gorelik (2009). Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2000). 25 Vgl. ibid. 26 Diese und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Stapelkamp (2007). 27 Ibid., S. 515. 24 Vgl.

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bestimmten internationalen Standards festgelegt. So definiert die ISO 9241 Usability als “effective, efficient, and satisfying performance of the user’s task.”28 Dabei geht es nicht nur um Benutzerschnittstellen, sondern um alle Arten der Kommunikation zwischen dem Nutzer und dem Produkt in einem bestimmten Kontext.29 Derartige Standards erfüllen die Aufgabe, das Augenmerk auf die Bedeutung der Usability zu legen, die besonders in Hinblick auf die zunehmende kommerzielle Nutzung von IT ein kritischer Punkt für Effektivität und Effizienz sein kann. Allerdings vermeiden solche Standards bewusst das genaue Vorschreiben bestimmter Technologien oder Standard-Benutzerschnittstellen, um die Kreativität und Innovationsfähigkeit eines Entwicklers nicht einzuschränken.30 Der Entwickler muss immer noch die Möglichkeit haben, ein neuartiges Produkt entwerfen zu können. Außerdem spielt bei der Usability die Barrierefreiheit eine wichtige Rolle:31 Ein Produkt sollte für seine gesamte, u.U. breite Zielgruppe nutzbar sein. Das Produkt soll also den Kontext, in dem es benutzt wird, bestmöglich berücksichtigen. Der Kontext ergibt sich aus Unterschieden der Nutzer, also z.B. kultureller, sprachlicher oder durch das Alter oder eine Behinderung bedingter Natur. Eine solche Behinderung kann körperlicher aber auch technischer Natur sein. So steigert sich die Usability, wenn möglichst wenigen Nutzern der Zugang zum Produkt aufgrund ihrer technischen Umgebung verwehrt wird. Beispiele für Produkte, die für eine breite Zielgruppe nutzbar sind, sind eine Software, die für alle gängigen Betriebssysteme entwickelt wird oder eine Applikation, die auch den tendenziell kleinen Bildschirm eines Mobiltelefons berücksichtigt. Das Mobiltelefon, welches bereits in diesem Abschnitt als wichtiges Instrument zukünftiger Entwicklungen vorgestellt wurde, ist generell ein gutes Beispiel dafür, dass ein Produkt „made-forthe-medium“32 sein sollte, also genauestens an die Bedürfnisse und Aufgaben der Durchschnittsnutzer angepasst. Moderne Webanwendungen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, auch das Mobiltelefon mit einzubeziehen, welches neue Nutzerbedürfnisse hervorbringt. So geht es bei der mobilen Internetnutzung hauptsächlich um „saving time, varying locations, and convenience.“33 Das Mobiltelefon beweist, dass sich in relativ kurzen Zeiträumen die Ansprüche der Nutzer mit steigendem technischen Fortschritt deutlich erhöhen können. Im Hinblick auf die Usability müssen diese Entwicklungen genau beobachtet und entsprechend darauf reagiert werden. 28 Dzida

(1996), S. 173. ibid. 30 Vgl. ibid. 31 Diese und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Stapelkamp (2007). 32 Venkatesh/Ramesh/Massey (2003), S. 55. 33 Ibid., o.P. 29 Vgl.

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2.3 Kriterienkatalog für Sicherheit und Usability In diesem Kriterienkatalog sollen Fragen aufgeworfen werden, auf die eine Anwendung in Hinblick auf Sicherheit und Usability untersucht werden kann. Können diese Fragen positiv beantwortet werden, erfüllt die untersuchte Anwendung die Kriterien für Sicherheit und Usability. Die hier gestellten Fragen ergeben sich aus den Erkenntnissen, die in Abschnitt 2.2 gewonnen wurden. Sicherheit Die übergeordnete Fragestellung, die sich bei der Frage nach Sicherheit ergibt ist: Werden die Ziele der Erhaltung der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität meiner Daten gewahrt? Wenn diese Frage positiv beantwortet werden kann, die jeweilige Webanwendung also den in Abschnitt 2.2.1 vorgestellten Grundbedrohungen entgegenwirkt, kann das System als sicher bezeichnet werden. Die folgenden Kriterien helfen, diese übergeordnete Frage zu klären. „ Ist die Vertraulichkeit der Daten gesichert? Es ist wichtig, dass die Daten, die ein Nutzer im Web speichert auch wirklich nur diesem Befugten zugänglich sind. Es muss eine Möglichkeit vorhanden sein, den vollen Zugriff, auch seitens des Betreibers, auf möglicherweise sensible Daten zu vermeiden. „ Sind Phishing oder andere Methoden denkbar, die den Nutzer dazu verleiten können, sensible Daten an Dritte weiterzugeben? Es ist zu bewerten, ob die zu überprüfende Anwendung einen Nutzer dazu verleiten kann, z.B. Zugangsdaten an einen Unbefugten weiterzugeben. Ist es also auf dieser Plattform eventuell üblich, dass dort bekannte Firmen mit ihren Kunden kommunizieren oder dort für sich werben, so kann ein Nutzer eine Nachricht dieser Firma möglicherweise nicht von der gefälschten Nachricht eines Unbefugten unterscheiden. „ Wird die Anwendung in einem Browser betrieben? Wie bereits erläutert birgt die Nutzung eines Browsers generell gewisse Risiken. Er stellt die Verbindung ins World Wide Web dar und ermöglicht sogar den ungewollten Zugriff einer Webanwendung auf eine andere (Cross-Site Request Forgery). Dies wird z.B. durch das Benutzen von Tabs gefördert. Ein Tool, das in einem Browser gestartet und genutzt wird ist also mindestens dem Risiko des übergreifenden Zugriffs von einzelnen Applikationen ausgesetzt.

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„ Ermöglicht das Tool die Verwendung von Javascript, Flash oder anderen Inhalten von Dritten? Wie bereits erklärt stellt die Nutzung von Javascript oder Flash generell ein Sicherheitsrisiko dar, da es den Code Dritter ausführen kann, die eventuell nicht vertrauenswürdig sind. Bietet das zu untersuchende Tool sogar andere Implementierungen ungeprüften Codes, ist das Risiko des Verlustes der Integrität noch größer. So können Spiele, die von Unbefugten entwickelt und von anderen Nutzern gespielt werden, Methoden wie Clickjacking ausnutzen. „ Können auf das System DDos-Angriffe ausgeführt werden, die die Verfügbarkeit der Daten gefährden? Derartige Angriffe können generell auf jedem System ausgeführt werden. Allerdings bestimmen eventuelle Schutzmaßnahmen des Betreibers und das Interesse Unbefugter, dem Betreiber zu schaden, den Erfolg eines solchen Angriffs. Es muss also beurteilt werden, wie hoch das Risiko ist, dass die Verfügbarkeit der Daten durch DDos-Angriffe gefährdet ist.

Usability Die folgenden Fragestellungen ergeben sich aus den bisherigen Ausführungen, um die Usability, also die Bedienbarkeit innovativer Technologien zu beurteilen. „ Ist die Anwendung leicht und intuitiv zu bedienen? Um einen größtmöglichen Nutzen zu erreichen, sollte eine Anwendung möglichst leicht und intuitiv zu bedienen sein. Sie sollte sich also Gewohnheiten und Eigenarten der Nutzer anpassen oder derartige Gewohnheiten bewusst durch eine innovative und intuitive Bedienung ersetzen. „ Können die Aufgaben, für die die Anwendung ausgelegt ist, effektiv und schnell gelöst werden? Zunächst muss definiert werden, welchen Zweck die zu untersuchende Anwendung genau erfüllen soll. Anschließend muss überprüft werden, ob sie diese Aufgaben schnell, effektiv und eventuell besser als bereits bekannte Tools lösen kann. „ Werden moderne Ansprüche berücksichtigt? Wie bereits in Abschnitt 2.2.3 beschrieben, können sich mit technischem Fortschritt auch die Ansprüche der Nutzer erhöhen. Eine moderne Anwendung sollte also auch den aktuellen technischen Gegebenheiten und Ansprüchen der Nutzer angepasst sein.

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Die Frage, ob die Barrierefreiheit bestmöglich gewahrt wird, wird durch die folgenden drei Fragestellungen genauer überprüft: „ Von welchen möglichen Endgeräten, Betriebssystemen und Browsern wird die Anwendung unterstützt? Die technische Barrierefreiheit sollte im Hinblick auf die Usability möglichst stark ausgeprägt sein. Je mehr Nutzer also durch Unterstützung verschiedenster Techniken für die Anwendung erreichbar sind, desto kleiner sind die Barrieren, die die Usability einschränken könnten. „ Ist das Tool made for the medium? Eine Anwendung sollte nicht nur von verschiedenen Techniken unterstützt werden, sie sollte sich auch den Eigenarten von Endgeräten, Betriebssystemen oder Browsern anpassen.34 So sollte sich eine Anwendung, die auch mobile Endgeräte mit einbeziehen möchte, dem vergleichsweise kleinen Bildschirm des Nutzers anpassen. „ Welche Kulturen und Sprachen werden in die Nutzung der Anwendung mit eingeschlossen? Die Barrierefreiheit und damit die Usability wird dadurch gesteigert, dass Eigenarten einer bestimmten Kultur berücksichtigt und möglichst viele Sprachen unterstützt werden.

3 Entwicklung des Web 3.0 am Beispiel des Pioniers Google Wave In diesem Abschnitt wird das Tool Google Wave als Vorreiter innovativer Web 3.0Technologie herangezogen. Es soll exemplarisch für eine mögliche Entwicklung des Web 3.0 stehen, in dem sich alle gängigen Kommunikationsarten im Browser vereinen. Eine solche Entwicklung und deren Bewertung ist, ausgehend von der Digital Agenda der EU, auch auf europäischer Ebene relevant. Da die EU in der Digital Agenda Fortschritt und Entwicklung maßgeblich in den Fokus rückt, es aber noch keine europäischen Entwicklungen im Bereich des Web 3.0 am Markt gibt, dient Google Wave an dieser Stelle als exemplarischer Untersuchungsgegenstand. Zunächst wird vorgestellt, wie durch Google Wave versucht wird, die Usability in der webbasierten Kommunikation zu verbessern. Anschließend wird anhand 34 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Venkatesh/Ramesh/Massey (2003).

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des Kriterienkatalogs überprüft, ob dies tatsächlich gelingt und Sicherheitsaspekte dabei ebenfalls ausreichend berücksichtigt werden. 3.1 Konzept und Ziele von Google Wave Am 27. Mai 2009 wurde auf der Google I/O-Konferenz erstmalig das Tool Google Wave vorgestellt.35 Wenngleich Google Google Wave gegen Ende des Jahres 2010 zunächst wieder geschlossen hat, ist die Entwicklung an sich zukunftsweisend.

Abb. 1: Die Applikation Google Wave Das Tool, welches sich ohnehin nur in einer Testphase befand, wird von Google nun weiterentwickelt und in andere Google-Lösungen eingebunden. In Zukunft ist desweiteren eine Kooperation mit Novell geplant, um Google Wave unter dem Dach der Apache Software Foundation weiterzuentwickeln, da trotz der Einstellung des eigenständigen Basisdienstes Interesse an der Fortentwicklung dieser Technologie besteht.36 35 Diese 36 Vgl.

Ausführungen beziehen sich auf Google (2009). o.V. 2010.

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Google Wave soll laut Zielvorgabe der Entwickler alle modernen webbasierten Kommunikationsformen miteinander vereinen. Es beinhaltet demnach alle Vorzüge von Instant Messaging, E-Mails, Wikis und Foren. Aus dem Instant Messaging wird bspw. die Kontaktliste und Echtzeitkommunikation verwendet, die E-Mail etwa ist durch einen Posteingang und ein gemeinsames Protokoll vertreten, das unabhängig von Betriebssystem, Browser oder Webanwendung Kommunikation zwischen Nutzern ermöglicht, auch wenn diese nicht gleichzeitig online sind. Das Erreichen dieser Zielvorgaben kann beim Einsatz von Google Wave in einem betrieblichen Umfeld zu einer Steigerung der Produktivität führen. Im Zuge der i2010 und der Digital Agenda könnte dies also einen deutlichen Fortschritt bedeuten. Ähnlich wie die E-Mail, die als Medium mittlerweile von 53% der EU-Bürgern in einem Zeitraum von 3 Monaten mindestens einmal genutzt wird, muss sich eine neue Kommunikationsform zunächst einmal etablieren, um einen wirklichen Umbruch begründen zu können.37 Im Falle von Google Wave scheint diese Verbreitung– aufgrund der vermehrten Nutzung von advanced communication services in der EU– allerdings durchaus realistisch. Den Mittelpunkt der Kommunikation in diesem Tool stellt die sog. Wave dar. Eine Wave ist ein im Web gespeichertes Objekt, das beliebig viele Nutzer gleichzeitig sehen und bearbeiten können. In Echtzeit werden in der Wave Nachrichten ausgetauscht, Daten hochgeladen oder Dokumente bearbeitet. Diese Kommunikation findet ausschließlich im Browser statt und bedarf daher keiner eigenen Installation. Ein wesentliches Konzept von Google Wave ist der Open Source-Gedanke. Durch die bereitgestellte API kann jeder Entwickler eigene Extensions schreiben. Solche Extensions können von jedem Nutzer installiert und anschließend in eine Wave integriert werden. Bereits in der Preview implementierte Beispiele für Extensions sind Gadgets für Umfragen oder die Einbettung von Youtube-Videos. Solche Extensions ermöglichen die Interaktion mit anderen Webanwendungen wie Social Networks oder Blogs und weiten damit den Einsatzbereich von Google Wave deutlich aus. Durch das offene Protokoll soll es außerdem anderen Anbietern möglich sein, eigene Tools zu entwickeln, die ohne Barriere mit der Google-eigenen Anwendung auf Basis dieses Protokolls interagieren können. Google Wave repräsentiert somit die Entwicklung eines möglichen Web 3.0. Einerseits verkörpert es die Verlagerung in den Browser und setzt die Idee des Cloud Computings durch die Ablage von Diskussionen und Dokumenten auf Servern um. Gleichzeitig erfolgt die Verlagerung ins mobile Web, indem das Tool auch auf mobilen Kommunikationsgeräten vollwertig genutzt werden kann. Weiterhin soll es Möglichkeiten geben, Waves mit Tags zu versehen, die den ersten Ansatz für das semantische Web bilden. Mögli37 Vgl.

Europäische Kommission (2009).

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che Ziele der Veröffentlichung von Google Wave sind somit den Fokus darauf zu legen, welche Möglichkeiten ein Browser bietet, ein neues Protokoll zu etablieren, das die webbasierte Kommunikation und Zusammenarbeit wesentlich vereinfacht und die Nutzer maßgeblich in die Entwicklung mit einzubeziehen. 3.2 Überprüfung des Kriterienkatalogs Im Folgenden wird anhand des in Abschnitt 2.3 erstellten Kriterienkatalogs überprüft, ob Google seinen Zielen gerecht wird. Das Tool wird auf mögliche Stärken und Schwächen im Bezug auf Sicherheit und Usability untersucht. Sicherheit „ Ist die Vertraulichkeit der Daten gesichert? Google Wave kann nur mit einem registrierten Google-Account genutzt werden.38 Somit liegen nach dem Stand vom 2. Quartal 2010 alle Google WaveDaten auf Google-Servern ähnlich wie bei den bereits bekannten Diensten Google Mail, Google Docs und Google Calendar. Das BSI kritisiert diesen Umstand, da der Nutzer vollkommen die Kontrolle über seine Daten verliere; Google widerspricht dieser Kritik jedoch, da Nutzer jederzeit die Wahl haben, wie sie angebotene Services nutzen und welche Informationen sie Google zur Verfügung stellen möchten.39 Solange eine Wave definitiv auf Google-Servern gespeichert ist, die in der Kritik des BSI stehen, ist fraglich, ob die Vertraulichkeit der eigenen Daten wirklich gewahrt ist. Da Google Wave aber auf einem offenen Protokoll basiert, wird es auch anderen Anbietern neben Google möglich sein, Wave-Anwendungen zu entwickeln, die ihre Daten nicht auf Google-Servern speichern und somit eventuell ein geringeres Risiko im Bezug auf die Vertraulichkeit darstellen. „ Sind Phishing oder andere Methoden denkbar, die den Nutzer dazu verleiten können, sensible Daten an Dritte weiterzugeben? Es ist unklar, inwieweit Unternehmen diese Plattform nutzen werden. Sollte sich die Anwendung etablieren, ist es durchaus möglich, dass dort auch Marketing und Geschäftsabwicklung betrieben wird. Möglichkeiten, dies umzusetzen, wären Extensions, die in eine Wave eingebunden werden können. Sofern sich Google Wave in diese Richtung entwickeln sollte, ist es also denkbar, dass sich bekannte Unternehmen diese Plattform zu Nutze machen und somit auch 38 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2009b). 39 Vgl. Heise Security (2008b).

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Unbefugten ermöglichen, sich fälschlicherweise als diese auszugeben, um an sensible Daten zu gelangen. „ Wird die Anwendung in einem Browser betrieben? Google Wave wird komplett auf Basis eines Browsers betrieben. Das Tool ist wie eine eigene Website im Browser dargestellt und kann dadurch auch eines von vielen Tabs sein, die gleichzeitig geöffnet sind. Somit ist es anfällig für die bereits beschriebenen Risiken, die mit dem Browser verbunden sind.40 Der Browser verbindet also Wave mit anderen geöffneten Webseiten. Via CrossSite Request Forgery könnte z.B. schadhafter Code, den ein Unbefugter auf der Plattform Google Wave verbreitet, auf andere Anwendungen im Browser zugreifen. Ein weiteres Risiko in diesem Zusammenhang ist die Vielfalt an Browsern, die dieses Tool betreiben können. Dadurch, dass Google Wave im Zusammenspiel mit vielen verschiedenen Browsern genutzt wird, stellt es für die Entwickler eine besondere Herausforderung dar, alle denkbaren Sicherheitslücken, sobald sie auftreten, zu schließen. „ Ermöglicht das Tool die Verwendung von Javascript, Flash oder anderen Inhalten von Dritten? Ein zentrales Konzept von Google Wave sind die Extensions, die jeder Nutzer entwickeln kann. Diese Extensions ermöglichen also das Ausführen von Code, den ein Dritter z.B. auf Basis von Javascript geschrieben hat. Dies führt zu den bereits in Abschnitt 2.3 beschriebenen Problemen, die die Integrität der eigenen Daten gefährden. Das potenzielle Risiko der Extensions muss dadurch als besonders hoch eingeschätzt werden, da ein Nutzer eine solche Erweiterung nicht selbst installieren muss, um evtl. schadhaften Code auszuführen. Es reicht bereits aus, in eine Wave von einem anderen Nutzer eingeladen zu werden und sich diese nur anzusehen. Im Moment des Beitretens zur Wave wird die Extension bereits ausgeführt.41 „ Können auf das System DDos-Angriffe ausgeführt werden, die die Verfügbarkeit der Daten gefährden? Generell ist jeder webbasierte Service der Gefahr ausgesetzt, über eine DDosAttacke angegriffen zu werden. Besonders erfolgreiche und große Internetunternehmen können Ziel einer solchen Attacke sein, da der damit verbundene Schaden entsprechend groß ist. So gab es am 6. und 7. August 2009 einen

40 Diese

und die folgenden Aussagen beziehen sich auf die Risiken, die in Abschnitt 2.2.2 vorgestellt wurden. 41 Diese Aussage basiert auf eigenen Tests mit dem Tool.

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DDoS-Angriff auf Twitter, Facebook und Google.42 Dieser Angriff zeigt, dass die Speicherung der eigenen Daten auf externen Servern im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Daten grundsätzlich ein Risiko birgt, das vom Nutzer nicht beeinflusst werden kann. Dieses Risikos muss sich ein Nutzer bewusst sein, sobald er ein webbasiertes Tool wie Google Wave verwendet. „ Werden die Ziele der Erhaltung der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Daten gewahrt? Aufgrund der in diesem Abschnitt beschriebenen Sicherheitsrisiken bestehen durchaus Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Google Wave. In diesem Zusammenhang scheint es besonders fraglich, ob die Vertraulichkeit und die Integrität der Daten eines Nutzers tatsächlich gewahrt werden kann.

Usability „ Ist die Anwendung leicht und intuitiv zu bedienen? Die Bedienung von Google Wave findet komplett im Browser statt.43 Da der Browser ein zentrales Instrument im Umgang mit dem World Wide Web darstellt, sollte es einem Benutzer intuitiv möglich sein, die Anwendung zu starten, im Browser geöffnet zu lassen und zu schließen. Eine Programminstallation ist nicht notwendig. Die Schnittstelle von Google Wave besteht aus Fenstern, die der Nutzer öffnen, schließen, verschieben, minimieren und maximieren kann. Dieses Prinzip ist ebenfalls aus dem Umgang mit Betriebssystemen bekannt und somit leicht umzusetzen. Die Art der Fenster ist ebenfalls aus früheren Anwendungen bekannt: Es gibt eine Kontaktliste, in der alle Kontakte, die der Nutzer auf dieser Plattform kennt, aufgeführt sind. Dies erinnert an die Kontaktlisten von Instant Messengern. Außerdem gibt es eine Inbox, in der sich Waves befinden, die kürzlich erstellt oder verändert wurden. Das Navigationsfenster enthält Ordner, die der Nutzer erstellen und in die er Waves nach seinen Ansprüchen verschieben kann. Diese Elemente sind an eine MailAnwendung angelehnt. Das Fenster, in dem eine Wave geöffnet und editiert werden kann, erinnert an ein Wiki, das vertikal angeordnete Beiträge der verschiedenen Nutzer enthält. Das Erstellen und Bearbeiten der Beiträge benutzt bereits aus Textbearbeitungsanwendungen bekannte Bedienelemente, die das Verändern der Schrift und des Formats sowie das Einbinden externer Links oder Dateianhänge ermöglichen. Eine Neuheit stellen die Extensions dar, die, wenn sie einmal installiert wurden, mit einem Klick in die Wave eingebunden werden können. 42 Vgl.

Wortham/Kramer (2009). und die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den Test von Google Wave.

43 Diese

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Google Wave greift also gängige Bedienkonzepte auf, die einem Nutzer bereits vertraut sein sollten. Die Einbindung dieser Elemente scheint sinnvoll und erlaubt eine zügige Einarbeitung des Nutzers in die Anwendung. Somit kann Google Wave eine leichte und intuitive Bedienbarkeit attestiert werden. Ein Bruch in dieser intuitiven Bedienbarkeit ist lediglich der Verzicht auf den Rechtsklick. Dies ist zwar in anderen Webanwendungen auch der Fall, Desktopanwendungen wie z.B. Textbearbeitungsprogramme jedoch, an die das Tool ebenfalls angelehnt ist, benutzen den Rechtsklick als zentrales Element. „ Können die Aufgaben effektiv und schnell gelöst werden? Wie bereits in Abschnitt 3.1 beschrieben, soll Google Wave die Kommunikation zwischen Nutzern im Vergleich zu Kommunikationstools wie E-Mail, Instant Messaging, Wikis und Foren verbessern. Google Wave übernimmt also bestimmte Konzepte aus diesen Kommunikationsformen, enthält diesen gegenüber aber spezifische Vor- oder Nachteile. 44 Ein neu integriertes Konzept sind hingegen die Extensions. Sie bilden einen Mehrwert im Bezug auf die Usability, da sie von Nutzern beliebig weiterentwickelt werden und sich somit genau nach deren Bedürfnissen für einen konkreten Anwendungsfall richten können. Google Wave benutzt, wie bspw. E-Mail, ein eigenes Protokoll. Allerdings ist Google Wave zumindest im momentanen Stadium nicht auf eine formale, briefähnliche Kommunikation ausgelegt, die z.B. den Austausch von Geschäftspartnern ermöglicht. Es bietet jedoch Vorzüge, da es eine schnellere Kommunikation bewirkt, die nicht nur zwischen zwei sondern beliebig vielen Nutzern stattfindet und eine höhere Transparenz im Bezug darauf schafft, welcher Nutzer wem zu welcher Zeit geantwortet hat. Dies wird bspw. durch das sog. Playback-Feature unterstützt. Hierbei kann sich ein Nutzer genau vorspielen lassen, in welcher Reihenfolge einzelne Beiträge geschrieben und wie sie editiert wurden. Dieses Feature zuzüglich der Tatsache, dass mit einer Kontaktliste gearbeitet werden kann, in der eigene Kontakte gezielt angeschrieben und in eine Wave mit eingebunden werden können, bilden einen Mehrwert gegenüber herkömmlichen Anwendungen wie bspw. E-Mail, Wiki und Forum. Das Prinzip der Echtzeitkommunikation, auf die Wikis, Foren und E-Mail in der Form nicht ausgelegt sind, ist ein Vorzug des Instant Messaging, welchen Google Wave ebenfalls unterstützt. Mit einer Kontaktliste können also gezielt Gesprächspartner zur Kommunikation in Echtzeit ausgewählt werden. Dabei bietet Google Wave den Vorteil, dass ein Beitrag nicht wie bei vielen Instant Messengern auf eine bestimmte Anzahl von Zeichen beschränkt ist. Außerdem 44 Diese

Wave.

und die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den eigenen Test der Anwendung Google

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können Dateien und Anhänge zentral und für alle Beteiligten jederzeit abrufbar in der Wave gespeichert werden. Allerdings bietet ein Instant Messenger in der Bedienung einen wichtigen Vorteil. Zum Senden eines Beitrags muss nicht immer extra ein Mausklick erfolgen. Im Gegensatz zu Google Wave kann hier durch Drücken der Enter-Taste gesendet und anschließend direktes Weiterschreiben erfolgen. Google Wave bietet also für die kurze, schnelle, nicht gespeicherte und nicht mit Anhängen versehene Kommunikation zwischen zwei oder mehr Nutzern keinen Vorteil. Im Bezug auf bestimmte Anwendungsfälle, z.B. die Bearbeitung einer schriftlichen Aufgabe durch mehrere Nutzer, kann Google Wave eine schnellere und effektivere Lösung als vergleichbare Anwendungen bieten. Dies gilt jedoch wie beschrieben nicht für alle denkbaren Situationen. „ Von welchen möglichen Endgeräten, Betriebssystemen und Browsern wird die Anwendung unterstützt? Da die Anwendung webbasiert ist, ist die Nutzung von Google Wave unabhängig vom Betriebssystem.45 Das Tool unterstützt nach momentanem Stand die Browser Internet Explorer, Mozilla Firefox und Google Chrome. Ziel der Entwickler wird es sein, Google Wave auf allen denkbaren Browsern lauffähig zu machen. Außerdem werden nicht nur stationäre, sondern auch mobile Endgeräte unterstützt. „ Ist das Tool made for the medium? Diese Frage kann nach momentanem Stand noch nicht beantwortet werden, da sich das Tool in einer Preview-Phase befindet und sich zunächst auf stationäre Endgeräte konzentriert. Ob es sich also den Bedürfnissen mobiler Endgeräte anpassen kann, bleibt zunächst offen. „ Welche Kulturen und Sprachen werden in die Nutzung der Anwendung mit eingeschlossen? Es ist das Ziel der Entwickler, die Barrieren hinsichtlich der Sprache und Kultur möglichst klein zu halten, was insb. im sprachlich divergenten europäischen Raum von großer Bedeutung ist. So werden neben verschiedenen Sprachen z.B. auch verschiedene Schriftzeichen unterstützt. „ Wird die Barrierefreiheit bestmöglich gewahrt? In dieser frühen Phase kann noch keine definitive Aussage über die Barrierefreiheit von Google Wave gemacht werden. Wenn die Entwickler die von ihnen 45 Diese und die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Google (2009) und die bereits in Abschnitt

3.1 vorgestellten Konzepte.

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angegebenen Ziele tatsächlich umsetzen, kann das Tool bezüglich der Barrierefreiheit durchaus positiv bewertet werden.

4 Fazit und Ausblick Im Rahmen dieses Beitrags wurden zunächst wesentliche Grundkonzepte vorgestellt, welche im Rahmen der Digital Agenda die Entwicklung eines möglichen Web 3.0 bestimmen könnten und als solche von der EU strategisch angestrebt werden. Dabei wird deutlich, dass mobiles, semantisches und browserbasiertes Web in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen können. Die Erarbeitung des Kriterienkatalogs stellt einen Ansatz dar, wie eine Bewertung derartiger Anwendungen im Bezug auf Sicherheit und Usability vorgenommen werden könnte. Dieser Ansatz ist keinesfalls bindend, legt aber den Fokus auf wichtige Problemstellungen in diesem Zusammenhang. Bei der Bewertung des Tools Google Wave anhand dieses Kriterienkatalogs wird deutlich, dass ein mögliches Web 3.0 keinesfalls Lösungen für alle aufgeworfenen Probleme bietet. Abschnitt 3.2 attestiert zwar ein durchaus positives Bild in der leichten, intuitiven und effizienten Bedienung, zeigt aber gleichzeitig, dass diese Verbesserungen auch zu Lasten der Sicherheit gehen können. So bilden die Extensions in Google Wave einen Mehrwert im Bezug auf die Usability, allerdings ermöglichen sie auch die Implementierung fremden und somit unsicheren Codes. Es bleibt festzuhalten, dass die in Abschnitt 2 beschriebenen Grundkonzepte und auch das in Abschnitt 3 exemplarisch vorgestellte Pionier-Tool Google Wave im Wesentlichen auf die Verbesserung der Usability abzielen. Einen sichereren Umgang mit dem World Wide Web macht sich aber keines dieser Konzepte zum Hauptziel. In einem Web 3.0, das sowohl Privat- als auch Geschäftsleben bestimmt, sollte eine einseitige Konzentration auf die Steigerung der Produktivität allerdings überdacht werden. An diesem Punkt könnte eine EU-Initiative stärker ansetzen. Wie am Beispiel Google Wave gezeigt, gibt es nach momentanem technischen Stand Schwierigkeiten, die Balance zwischen beiden Richtungen zu halten. Es werden entweder neue technologische Konzepte oder eine Umorientierung in der Entwicklung von Webanwendungen notwendig sein, um auch die in Abschnitt 2.2.1 beschriebenen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Das Beispiel Google Wave zeigt also, dass in der technischen Weiterentwicklung und der Stützung eines großen gemeinsamen Wirtschaftsraums auf diese neuen Arten der Kommunikation sowohl Chancen als auch Risiken liegen. Auf der einen

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Seite bieten Tools wie Google Wave neue Möglichkeiten in der produktiven Zusammenarbeit, auf der anderen Seite können Sicherheitslücken eben diese stark gefährden. Daher ist die Digital Agenda der EU durchweg zu begrüßen, die sich zum Ziel gesetzt hat, derartige Risiken zu minimieren. So ist es wichtig, die Sicherheit und somit das Vertrauen der Menschen in die Technik zu gewährleisten. Besonders der Ansatz, der Bevölkerung bessere Kenntnisse im Umgang mit Online-Diensten zu vermitteln, kann helfen, die große Sicherheitslücke Nutzer ein Stück weit zu schließen.

5 Verzeichnis der zitierten Literatur Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (1992), Handbuch für die sichere Anwendung der Informationstechnik (IT), https://www.bsi.bund.de/ cae/servlet/contentblob/487140/publicationFile/31928/sichhandbuch. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2000), Distributed Denial of Service (DDoS): Analyse der Angriffs-Tools, https://www.bsi.bund.de/Con tentBSI/Themen/sinet/Gefaehrdungen/DDoSAngriffe/toolsana.html. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik(2008), Lagebericht 4. Quartal 2008, https://www.bsi.bund.de/cae/servlet/contentblob/479290/publica tionFile/30723/Quartalslagebericht_4_2008_pdf.pdf. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2009a), Leitfaden Informationssicherheit, https://www.bsi.bund.de/cae/servlet/contentblob/540280/pu blicationFile/34672/GS-Leitfaden_pdf.pdf. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2009b), Lagebericht 2. Quartal 2009, https://www.bsi.bund.de/cae/servlet/contentblob/621516/publica tionFile/38045/Quartalslagebericht_2_2009_pdf.pdf. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2007), IKT 2020– Forschung für Innovationen, http://www.bmbf.de/pub/ikt2020.pdf. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2009), Arbeitsprogramm: IT-Sicherheitsforschung, http://www.bmbf.de/pub/arbeitsprogramm_it_ sicherheitsforschung.pdf. Dietrich, Oliver/Müller, Andrea (2009), Chrome OS: Was hinter dem GoogleBrowser steckt, http://www.heise.de/open/artikel/Chrome-OS-Was-hinterdem-Google-Browser-steckt-865947.html.

Web 3.0-Fortschritt im Kontext von Sicherheit und Usability

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Christoph Brüning

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