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German Pages 256 [250] Year 2008
Sebastian Waldforst Die Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Research in Management Accounting & Control Herausgegeben von Professor Dr. Utz Schäffer WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar
Die Schriftenreihe präsentiert Ergebnisse betriebswirtschaftlicher Forschung im Bereich Controlling. Sie basiert auf einer akteursorientierten Sicht des Controlling, in der die Rationalitätssicherung der Führung einen für die Theorie und Praxis zentralen Stellenwert einnimmt. The series presents research results in the field of management accounting and control. It is based on a behavioral view of management accounting where the assurance of management rationality is of central importance for both theory and practice.
Sebastian Waldforst
Die Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren Eine experimentelle Untersuchung
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Utz Schäffer
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation European Business School, Oestrich-Winkel, 2006 D1540
1. Auflage Dezember 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0674-4
Geleitwort
V
Geleitwort $XVJDQJVSXQNW GHU :DOGIRUVW¶VFKHQ hEHUOHJXQJHQ LVW GLH 3URSDJLHUXQJ XQG ]XQHK PHQGH9HUEUHLWXQJYRQUHODWLYHQ=LHOHQLQGHU8QWHUQHKPHQVSUD[LVGHUHLQHHUVWDXQ OLFKH /FNH DQ HPSLULVFKIXQGLHUWHQ(UNHQQWQLVVHQ]XU UHODWLYHQ:LUNXQJGHUEHLGHQ =LHODUWHQJHJHQEHUVWHKW9RUGLHVHP+LQWHUJUXQGXQWHUVXFKWGLHYRUOLHJHQGH'LVVHU WDWLRQVVFKULIW GLH :LUNXQJ UHODWLYHU XQG DEsoluter Ziele auf die $UEHLWVOHLVWXQJ YRQ $NWHXUHQ 0HWKRGLVFK JHKW :DOGIRUVW GDEHL LQ GHU &RQWUROOLQJIRUVFKXQJ QRFK XQJH ZRKQWH :HJH XQG IKUW PHKUHUH /DERUH[SHULPHQWH PLW 6WXGHQWHQ GHU 7HFKQLVFKHQ 8QLYHUVLWlW%HUOLQGXUFK'LHVRJHZRQQHQHQ'DWHQZHUGHQPLW+LOIHYRQ.RYDULDQ] DQDO\VHQ 5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ XQG 0HKUJUXSSHQ6WUXNWXUJOHLFKXQJVPRGHOOHQ DQDO\ VLHUW :DOGIRUVW NRPPW XQWHU DQGHUHP ]XP 6FKOXVV GDVV GDV *UXQGPRGHOO GHU *RDO 6HWWLQJ7KHRULHLP:HVHQWOLFKHQIUEHLGH=LHODUWHQEHVWlWLJWZHUGHQNDQQ$OOHUGLQJV NRQQWHNHLQ(LQIOXVVGHU=LHOVFKZLHULJNHLWDXIGLH$UEHLWVOHLVWXQJGHU$NWHXUHIHVWJH VWHOOWZHUGHQ'LHVEHJUQGHW:DOGIRUVWPLWGHUYRQLKPEHREDFKWHWHQKRKHQLQWULQVL VFKHQ0RWLYDWLRQGHU3UREDQGHQXQGPLWGHU7DWVDFKHGDVVGLH6WXGHQWHQDXFKQDFK (UUHLFKXQJGHU=LHOHZHLWHUDUEHLWHQGXUIWHQ,QWHUHVVDQWLVWGDVVEHL$QZHQGXQJYRQ ELYDULDWHQ .RUUHODWLRQVDQDO\VHQ ± ZLH LQ GHU HLQVFKOlJLJHQ *RDO6HWWLQJ/LWHUDWXU ± DOOH3IDGHGHV*UXQGPRGHOOVYRQ/RFNH/DWKDPVLJQLILNDQWHUVFKHLQHQXQGHLQHQVWDU NHQ:LUNXQJV]XVDPPHQKDQJ]ZLVFKHQGHQEHVFKULHEHQHQ9DULDEOHQVXJJHULHUHQ(UVW GXUFK GLH ,QWHJUDWLRQ GHU 9DULDEOH Ä)lKLJNHLWHQ³ LQ GDV 0RGHOO XQG GLH $QZHQGXQJ YRQ0HKUJUXSSHQ6WUXNWXUJOHLFKXQJVPRGHOOHQNDQQ:DOGIRUVW]HLJHQGDVVGLHVLJQL ILNDQWHQ .RUUHODWLRQHQ ]ZLVFKHQ GHQ 9DULDEOHQ GLUHNWH )ROJH GHV (LQIOXVVHV GHU )l KLJNHLWHQDXIGLH6HOI(IILFDF\GLH=LHOK|KHGHUSHUV|QOLFKHQ =LHOHXQGGLH$UEHLWV OHLVWXQJVLQG 'LH (UJHEQLVVH YRQ :DOGIRUVW ]HLJHQ ZHLWHU GDVV DEVROXWH =LHOH HLQHQ VLJQLILNDQWHQ 7HLOLKUHUSRVLWLYHQ:LUNXQJDXIGLH$UEHLWVOHLVWXQJLQ.RQWH[WHQPLWKRKHUH[WHUQHU 8QVLFKHUKHLWXQGEHLXQYRUKHUJHVHKHQHQ.RQWH[WYHUlQGHUXQJHQYHUOLHUHQ$OOHUGLQJV ZLUGGHUQHJDWLYH(IIHNWYRQ.RQWH[WYHUlQGHUXQJHQDXIGLH$UEHLWVOHLVWXQJEHLDEVR OXWHQ=LHOHQGXUFKGLH7UDQVSDUHQ]GHU9HUlQGHUXQJPRGHULHUW=XGHPNRQQWH:DOG IRUVWEHLUHODWLYHQ=LHOHQGDQQNHLQHQVLJQLILNDQWHQ(LQIOXVVYRQH[WHUQHU8QVLFKHUKHLW
VI
Geleitwort
oder Kontextveränderungen auf die Arbeitsleistung feststellen, wenn sich diese auf alle Akteure gleichermaßen bezieht/beziehen. Im Experiment führten relative Ziele in diesen Kontexten entsprechend zu einer höheren Arbeitsleistung als absolute Ziele. Die Arbeit liefert noch eine ganze Reihe weiterer interessanter Befunde und Einsichten, die Stoff zum Nachdenken und hoffentlich Anregung für zukünftige Forschungsarbeiten und auch mehr Laborexperimente im Controlling liefern. Der Arbeit sei daher der breite Leserkreis gewünscht, den sie verdient.
Utz Schäffer
Vorwort
VII
Vorwort Die Idee zu dieser Arbeit entstand während eines Beratungsprojektes zur Neugestaltung der Budgetierung eines großen Mittelständlers in Deutschland. Während der Projektarbeit las ich einen interessanten Artikel über einen neuen Managementtrend in den USA, die Steuerung über Budgets durch eine Steuerung über relative Ziele (ergänzt um weitere Prinzipien) zu ersetzen. Bei einer vertiefenden Literaturrecherche zu diesem Thema fand sich jedoch keine empirische Arbeit zur Wirksamkeit von relativen Zielen im Vergleich zu absoluten Zielen, und ich beschloss daher, mich diesem Thema intensiver zu widmen und eine Dissertationsschrift darüber zu verfassen. Für die Unterstützung bei dieser Aufgabe möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem Doktorvater Prof. Utz Schäffer bedanken, welcher während meiner Zeit am Lehrstuhl immer für mich da war, für seine menschliche Art, sein konsequentes Bestreben nach Qualität und seine Offenheit für neue Themen sowie neue Wege in der Forschung. Den anderen Doktoranden am Lehrstuhl danke ich für ihr inhaltliches Feedback bei den regelmäßigen Doktorandentreffen und dafür, dass sie mir gute Freunde waren bei den gemeinsamen Unternehmungen. Bedanken möchte ich mich auch bei den ca. 300 Studenten der Technischen Universität Berlin, welche in ihrer knappen Freizeit freiwillig an meinen Experimenten teilgenommen haben, und bei Fr. Schermelleh-Engel, welche mir bei der Ausgestaltung der Experimente und der statistischen Auswertung ein guter Ratgeber war. Mein ganz persönlicher Dank gilt schließlich meiner über alles geliebten Frau Corrie Doreen und meinem Sohn Nico Leon. Ihnen widme ich diese Arbeit, da sie mich während dieser Zeit immer konsequent gefördert und motiviert haben, auch wenn sie dadurch selbst etwas zurückstecken mussten.
Sebastian Waldforst
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort ..................................................................................................................... V Vorwort...................................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................IX Tabellenverzeichnis..................................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. XV A
Einführung ............................................................................................................. 1 1.
Motivation und Zielsetzung ................................................................................. 1
2.
Aufbau der Arbeit ................................................................................................ 5
B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung .............................................. 7 1.
Überblick Zieltheorien......................................................................................... 7
2.
Vorstellung der Goal-Setting-Theorie ............................................................... 14
3.
Die vier Wirkungsmechanismen von Zielen ..................................................... 17
4.
Wirkung der Zielspezifität auf die Arbeitsleistung ........................................... 17
5.
Wirkung der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung .................................... 18
6.
Grundmodell der Goal-Setting-Theorie............................................................. 19
7.
Wichtige Kontext- und Gestaltungsfaktoren der Zielwirkung .......................... 26 7.1 Fähigkeiten der Akteure ............................................................................. 26 7.2 Feedback..................................................................................................... 28 7.3 Aufgabenkomplexität ................................................................................. 29 7.4 Monetäre Incentivierung ............................................................................ 31
8.
Kritische Diskussion und Würdigung der Goal-Setting-Theorie ...................... 33
C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie ....................................... 41 1.
Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel......................................................... 41
2.
Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel........................................................... 44
3.
Position des persönlichen Ziels im Zielsystem.................................................. 46
X
Inhaltsverzeichnis
4.
Einflussfaktoren der Zielverpflichtung.............................................................. 47
5.
Erweiterung des Grundmodells der Goal-Setting-Theorie................................ 48
D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich.......................................... 53 1.
Zielspezifität ...................................................................................................... 56 1.1 Spezifität der Zieldimension (Inhalt) ......................................................... 56 1.2 Spezifität der Leistungserwartung (Ausmaß)............................................. 57
2.
Zielschwierigkeit ............................................................................................... 58
3.
Controllability (Kontrollüberzeugung).............................................................. 61 3.1 Gemeinsame Unsicherheit.......................................................................... 63 3.2 Individuelle Unsicherheit ........................................................................... 66 3.3 Risikoeinstellung ........................................................................................ 66 3.4 Ergänzende Anmerkungen ......................................................................... 67 3.4.1 Risikoverteilung zwischen Prinzipal und Akteuren............................ 67 3.4.2 Risikoauswahl durch die handelnden Akteure.................................... 68 3.4.3 Projektauswahl durch die handelnden Akteure .................................. 69
4.
Unvorhergesehene Kontextveränderungen........................................................ 69
5.
Fairnesswahrnehmung ....................................................................................... 73
6.
Wettbewerb........................................................................................................ 75 6.1 Definition von Wettbewerb ........................................................................ 76 6.2 Wirkung von Wettbewerb .......................................................................... 77 6.3 Interaktion von Zielen und Wettbewerb..................................................... 79 6.4 Wichtige Gestaltungs- und Kontextfaktoren von Wettbewerb .................. 85 6.4.1 Wettbewerbseinstellung...................................................................... 85 6.4.2 Geschlecht........................................................................................... 87 6.4.3 Aufgabenbedingte Abhängigkeiten .................................................... 88 6.4.4 Sonstige Gestaltungs- und Kontextfaktoren ....................................... 88
7.
Feedback ............................................................................................................ 90
8.
Zusammenfassung der Hypothesen ................................................................... 92
E
Methodische Konzeption der Untersuchung .................................................... 95 1.
Auswahl der Forschungsmethode...................................................................... 95
2.
Übersicht der verwendeten Konstrukte (Bezugsrahmen) .................................. 97
Inhaltsverzeichnis
XI
3.
Versuchsaufbau.................................................................................................. 98 3.1 Teilnehmer.................................................................................................. 98 3.2 Aufgabe ...................................................................................................... 99 3.3 Untersuchungsdesign................................................................................ 101 3.4 Durchführung ........................................................................................... 103 3.5 Manipulation der Gestaltungs- und Kontextvariablen ............................. 104
4.
Operationalisierung der Messvariablen ........................................................... 110
5.
Analytisches Vorgehen .................................................................................... 116
6.
Grundlagen der quantitativen Analyse ............................................................ 117 6.1 Konstruktmessung .................................................................................... 117 6.1.1 Gütekriterien der ersten Generation.................................................. 120 6.1.2 Gütekriterien der zweiten Generation............................................... 122 6.2 Varianzanalyse und Kovarianzanalyse..................................................... 130 6.3 Regressionsanalyse................................................................................... 133 6.4 Kausalanalyse ........................................................................................... 136
F
Ergebnisse der empirischen Untersuchung .................................................... 143 1.
Güte der Konstruktmessung ............................................................................ 143
2.
Zielschwierigkeit und Grundmodell der Goal-Setting-Theorie....................... 149
3.
Gemeinsame Unsicherheit und gemeinsame Kontextveränderungen ............. 162
4.
Direkter und indirekter Wettbewerb................................................................ 176
G
Schlussbetrachtung............................................................................................ 187 1.
Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse ................................................... 187
2.
Kritische Bewertung und weiterer Forschungsbedarf ..................................... 193
3.
Implikationen für die Praxis ............................................................................ 196
Anhang ....................................................................................................................... 201 1.
Statistische Daten zu den Versuchsgruppen ................................................ 201
2.
Unterlage zur Erhebung der empirischen Daten .......................................... 203
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 213
Tabellenverzeichnis
XIII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Identifikation relevanter Einflussfaktoren für den Zielartenvergleich ... 54
Tabelle 2:
Beispiel für eine identische Zieldimension bei beiden Zielarten ........... 56
Tabelle 3:
Beispiel für Spezifität bei beiden Zielarten ............................................ 57
Tabelle 4:
Operationalisierung des KRQVWUXNWHVÄ)DLUQHVVZDKUQHKPXQJ´
Tabelle 5:
Operationalisierung des KRQVWUXNWHVÄ3HUV|QOLFKHV=LHO´
Tabelle 6:
Operationalisierung des KRQVWUXNWHVÄ=LHOYHUSIOLFKWXQJ3=´
Tabelle 7:
Operationalisierung des KRQVWUXNWHVÄ:HWWEHZHUEVHLQVWHOOXQJ´
Tabelle 8:
Operationalisierung des .RQVWUXNWHVÄ5LVLNRHLQVWHOOXQJ´
Tabelle 9:
Gütekriterien zur Beurteilung der Messmodelle................................... 129
Tabelle 10: Information zum KoQVWUXNWÄ6HOI(IILFDF\´ Tabelle 11: Information zum Konstrukt Ä=LHOYHUSIOLFKWXQJ]XPSHUV|QOLFKHQ =LHO´ Tabelle 12: Information zum KonstrXNWÄ7UDLW&RPSHWLWLYHQHVV´ Tabelle 13: Information zum KonsWUXNWÄ6HOI$JJUDQGL]HPHQW´ 7DEHOOH ,QIRUPDWLRQ]XP.RQVWUXNWÄ,QWHUSHUVRQDO6XFFHVV´ 7DEHOOH ,QIRUPDWLRQ]XP.RQVWUXNWÄ5LVLNRHLQVWHOOXQJ´ Tabelle 16: Gütemaße vom GruQGPRGHOOPLW)lKLJNHLWHQ 7DEHOOH *WHPDHYRPHUZHLWHUWHQ*UXQGPRGHOOPLW3RVLWLRQ3== 7DEHOOH (UJHEQLVGHU+\SRWKHVHQEHUSUIXQJ+\S± 7DEHOOH .RYDULDQ]DQDO\VHQ]XU:Lrkung der Zielart und der gemeinsamen Unsicherheit .......................................................................................... 163
XIV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 20: Regressionsanalysen zur Wirkung der Zielart und der gemeinsamen Unsicherheit .......................................................................................... 165 Tabelle 21: Regressionsanalysen zur Wirkung von gemeinsamen Kontextveränderungen.......................................................................... 168 Tabelle 22: Regressionsanalysen zur Wirkung der Zielart bei transparenten und intransparenten Kontextveränderungen ................................................ 169 Tabelle 23: Ergebnis der HypothesHQEHUSUIXQJ+\S± Tabelle 24: Regressionsanalysen zur :LUNXQJGHVGLUHNWHQ:HWWEHZHUEV 7DEHOOH 5HJUHVVLRQVDQDO\VHQ]XU:LUNXQJGHVLQGLUHNWHQ:HWWEHZHUEV Tabelle 26: Regressionsanalysen zur Wirkung der Zielart auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele................................................................................. 181 7DEHOOH (UJHEQLVGHU+\SRWKHVHQEerprüfung zum Einfluss von direktem und indirektem Wettbewerb................................................................. 183 Tabelle 28: Deskriptive Statistik zu den Versuchsgruppen von Exp. 1 .................. 201 Tabelle 29: Deskriptive Statistik zu den Versuchsgruppen von Exp. 2 .................. 202 Tabelle 30: Deskriptive Statistik zu den Versuchsgruppen von Exp. 3 .................. 202
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Definition relative und absolute Ziele .................................................. 5
Abbildung 2:
Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Arbeitsleistung ..... 19
Abbildung 3:
Zusammenhang zwischen zugewiesenem Ziel, Self-Efficacy, persönlichem Ziel und Arbeitsleistung............................................... 20
Abbildung 4:
Grundmodell der Goal-Setting-Theorie mit Fähigkeiten ................... 28
Abbildung 5:
Interaktion von Zielschwierigkeit und Incentivefunktion .................. 31
Abbildung 6:
Interaktion zwischen Zielschwierigkeit und Zielverpflichtung.......... 42
Abbildung 7:
Wirkung der Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel mit Störeffekt............................................................................................. 44
Abbildung 8:
Wirkung des persönlichen Ziels und der Position PZZ auf die Arbeitsleistung .................................................................................... 46
Abbildung 9:
Isoliertes Modell Zielverpflichtung ZZ .............................................. 48
Abbildung 10: Alternative I ±(UZHLWHUWHV*UXQGPRGHOOPLW Zielverpflichtung PZ........................................................................... 50 $EELOGXQJ $OWHUQDWLYH,,±(UZHLWHrtes Grundmodell mit Position PZZ ............. 51 Abbildung 12: Beispiel für den Einfluss einer Kontextveränderung bei absoluten Zielen .................................................................................. 70 Abbildung 13: Validität der verschiedenen Forschungsmethoden ............................. 96 Abbildung 14: Konzeptioneller Bezugsrahmen für die Empirie ................................ 97 Abbildung 15: Aufbau Experiment 1........................................................................ 101 Abbildung 16: Aufbau Experiment 2........................................................................ 102 Abbildung 17: Aufbau Experiment 3........................................................................ 103
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 18: Beispiel für ein konkretes relatives Ziel im Experiment .................. 105 Abbildung 19: Beispiel für ein konkretes absolutes Ziel im Experiment................. 106 Abbildung 20: Modellspezifikation in LISREL mit Struktur- und Messmodellen .. 138 Abbildung 21: Goal-Setting-Grundmodell von Locke/Latham (A) im Vergleich zu Experiment 1 (B).......................................................................... 150 Abbildung 22: LISREL-Mehrgruppen-Grundmodell mit Fähigkeiten (N = 121).... 152 Abbildung 23: LISREL-Mehrgruppen-Grundmodell mit Position PZZ (N = 121).. 155 Abbildung 24: Regressionsanalysen zur Wirkung der Risikoeinstellung auf den Zielartenvergleich ...................................................................... 167 Abbildung 25: Einfluss der Fähigkeiten auf die Wirkung des ind. Wettbewerbs .... 179 Abbildung 26: Regressionsanalysen zur Wirkung der Wettbewerbseinstellung (WE) auf den Zielartenvergleich ...................................................... 182
Teil A
Einführung
A
Einführung
1.
Motivation und Zielsetzung
1
Ziele in den Unternehmen spielen eine zentrale Rolle bei der Planung1 und dienen der Motivation der Arbeitnehmer zu mehr Arbeitsleistung und damit einhergehend der Steigerung der Profitabilität der Unternehmen.2 Die positive Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren konnte bereits in hunderten von empirischen Studien nachgewiesen werden3 und gehört zu den bedeutendsten Forschungsergebnissen der verhaltenswissenschaftlichen Organisationstheorie4. Untersucht wurden in diesem Zusammenhang die Wirkung von Zielen gegenüber keinen Zielen, die Wirkungsmechanismen von Zielen, zum Beispiel Lenkung der Aufmerksamkeit und Mobilisierung von Energie, der Einfluss der Zielgestaltung, zum Beispiel Zielspezifität und Zielschwierigkeit und der Einfluss von Kontextvariablen, zum Beispiel Aufgabenkomplexität und Feedback. Als Basis für die Untersuchungen dienten dabei immer absolute Ziele in stabilen Kontexten. Bis heute existieUW ± QDFK .HQQWQLV GHV $XWRUV ± NHLQH empirische Studie zur Wirkung von relativen Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren. Dies ist verwunderlich, da relative Ziele in der Praxis schon seit langem angewendet werden5 und zudem seit Ende der 90er Jahre ihre Anwendung auch explizit
1 2
3 4
5
Vgl. Weber (2004), S. 80. Vgl. Terpstra/Rozell (1994): Eine signifikante Korrelation zwischen der Profitabilität von Unternehmen und der Anwendung von Zielen wurde festgestellt. Vgl. Locke (2004a). Vgl. Mitchel/Daniels (2003); Miner (2003); Locke/Latham (2002); Pinder (1998 und 1977); Meyer/Schacht-Cole/Gellatly (1988). Relative Ziele werden sowohl für Mitarbeiterziele als auch für langfristige Unternehmensziele verwendet. Relative Mitarbeiterziele sind zum Beispiel einen ausgeschriebenen Kundenauftrag gegen die Wettbewerber zu gewinnen oder als Fondsmanager unter die besten 20% zu kommen. Langfristige Unternehmensziele sind z.B.GLH9LVLRQYRQ*HQHUDO(OHFWULFÄ1XPEHU2QHRU1XPEHU7ZR ZRUOGZLGHLQRXUFRUHEXVLQHVVHV´RGHUGLH8QWHUQHKPHQV]LHOHYRQ,QILQHRQÄ,QILQHRQVHW]W VHLQH 6WUDWHJLH Ã$JHQGD WR¶ NRQVHTXHQW XP XQG ZLOO LQ GHQ QlFKVWHQ IQI -DKUHQ ]X GHQ YLHU führenden Halbleiterherstellern weltweit und in allen Geschäftssegmenten zu den Top 3 gehören. In Bezug auf Profitabilität will Infineon zu den bestHQJHK|UHQXQGGLH1XPPHULP/|VXQJVJH VFKlIWIU+DOEOHLWHUZHUGHQ´
2
Einführung
Teil A
gefordert wird im Zusammenhang mit neuen Budgetierungsansätzen6. Auslöser für diese Forderung ist die zunehmende Dynamik in den Märkten7 und die damit einhergehenden Probleme der klassischen absoluten Budgetziele.8 Die Befürworter von relativen Zielen stützen ihre Aussagen hauptsächlich auf Fallbeispiele9 und argumentieren, dass absolute Ziele in dynamischen Kontexten10 (zu) schnell ihre Aktualität verlieren und sich damit ihre zielinduzierte positive Wirkung auf die Arbeitsleistung der Akteure reduziert.11 5HODWLYH =LHOH KLQJHJHQ ± VR GLH %HIUZRUWHU ± VLQG VHOEVWDGMXVWLHUHQG und passen sich automatisch an auftretende Kontextveränderungen an12, was gemeinsam mit dem beinhalteten Wettbewerb13 zu einer höheren Motivation und damit Arbeitsleistung der Akteure führt. Empirische %HOHJHIUGLHVH$QQDKPHQIHKOHQMHGRFK So stellen WEBER/LINDER/HIRSCH 2004 zu der Frage, ob relative oder absolute Ziele besser zur Motivation von ZielempfängernJHHLJQHWVLQGIHVWÄ,QGHU/LWHUDWXU >«@ILQGHWVLFKQDFK.HQQWQLVGHU$XWRUHQNHLQH$QWZRUWDXIGLHVH)UDJHVWHOOXQJ´14. Und HANSEN/OTLEY/VAN DER STEDE schreiEHQÄ:HDUHQRWDZDUHRIDQ\ research in accounting that focuses on the motivational effect of benchmarked per-
6
Vgl. zum Beyond Budgeting: Bunce (2003); Bunce/Fraser/Hope (2002) oder Hope/Fraser (2003) und zu Better und Advanced Budgeting: Gleich/Kopp (2001); Kogler/Kopp (2001); Horváth (2003a); Horváth (2003b); Horváth (2002), S. 247ff. Die Forderung nach relativen Zielen der neuen Budgetierungsansätze wird auch in den folgenden Arbeiten beschrieben: Schäffer/Zyder (2003); Weber/Linder/Hirsch (2004); Weber/Linder (2003); Neely/Bourne/Adams (2003). 7 Vgl. Weber/Linder (2003), S. 12: Die DynamiN KDW GHXWOLFK ]XJHQRPPHQ Ä6R KDEHQ VLFKEVSZ Innovations- und Produktlebenszyklen in den meisten Branchen deutlich beschleunigt. Auch die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche DynaPLN>«@KDEHQVLFKVLJQLILNDQWHUK|KW´>'LH JHVWLHJHQH'\QDPLNZLUG@ÄGXUFKGLH9HUIHFKWHUGHU1HXJHVWDOWXQJVDQVlW]H%HWWHU%XGJHWLQJXQG %H\RQG%XGJHWLQJSURPLQHQWDOV$QODVV]XU9HUlQGHUXQJDQJHIKUW´ 8 9JO6FKlIIHU=\GHU Ä,P(LQ]HOQHQZLUGNULWLVLHUWGDVVGLH%XGJHWLHUXQJ±]X]HLWDXIZHQ GLJ XQG UHVVRXUFHQLQWHQVLY VRZLH ± VWDUU XQG WUlJH LVW XQG ± QLFKW VFKQHOO JHQXJ DXI YHUlQGHUWH 5DKPHQEHGLQJXQJHQUHDJLHUW«´ 9 Z.B. Svenska Handelsbanken, Borealis A/S, Ahlsell und Leyland Trucks. 10 Dynamische Kontexte sind geprägt durch externe Unsicherheiten und unvorhergesehene Kontextveränderungen. 11 Diese Argumentation wird unterstützt von Hirst (1987); Hansen/Otley/Van der Stede (2003); Cohen/March (1974); Braybrooke/Lindblom (1970); Locke/Latham (1990), S. 331f. 12 Relative Ziele passen sich an veränderte Umweltbedingungen an. So bleibt das relative Ziel, im Top-Quartil einer Vergleichsgruppe zu liegen, sowohl bei einer Rezession als auch bei einem wirtschaftlichen Aufschwung konstant anspruchsvoll, während absolute Ziele in den beiden Szenarien ihre Aktualität verlieren würden. Vgl. Hansen/OWOH\9DQGHU6WHGH 6Ä%HQFKPDUNHG SHUIRUPDQFHWDUJHWV>«@DOORZDGMXVWLQJIRUXQFRQWUROODEOHIDFWRUV´ 13 +RSH)UDVHU D 6 Ä7KH SUHVVXUH WKDW DULVHV IURP D XQLW¶V SRVLWLRQ LQ WKH OHDJXH WDEOH GULYHVFRQWLQXRXVLPSURYHPHQWV´ 14 Weber/Linder/Hirsch (2004), S. 60: Der Artikel untersucht als erster wissenschaftlicher Beitrag die Wirkung relativer Ziele sachlich analytisch.
Teil A
Einführung
3
IRUPDQFH´15 In Ergänzung dazu stellt sich die Frage, ob ein angenommener Vorteil von relativen Zielen gegenüber absoluten Zielen für alle Unternehmen und Kontexte gleichermaßen gilt, wie es in der Regel von den Befürwortern von relativen Zielen suggeriert wird. SCHÄFFER/ZYDER weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die impliziten Prämissen der neuen Budgetierungsansätze, zum Beispiel GDVSDXVFKDOXQWHUVWHOOWH=HLWDOWHUÄRIGLVFRQWLQXRXVFKDQJHXQSUHGLFWDEOHFRPSHWLWL RQDQGILFNOHFXVWRPHUV´16, nicht für alle Unternehmen (und dezentralen Einheiten der Unternehmen) in gleichem Maße gelten.17 Um die aufgezeigte Forschungslücke zur Wirkung von relativen Zielen zu schließen, untersucht die vorliegende Arbeit die Wirkung relativer versus absoluter Ziele auf die Arbeitsleistung von Akteuren in unterschiedlichen Kontexten. Ziel der Arbeit ist es dabei, die folgenden fünf Forschungsfragen zu beantworten: x Gelten die Erkenntnisse der Zielforschung zur Wirkung von absoluten Zielen auch für relative Ziele? x Welchen Einfluss haben externe Unsicherheiten und unvorhergesehene Kontextveränderungen auf die Arbeitsleistung von Akteuren bei absoluten Zielen und bei relativen Zielen? x Wie wirken relative Ziele im Vergleich zu absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren in einem stabilen Kontext, einem unsicheren Kontext und einem sich (unvorhergesehen) verändernden Kontext? x Welchen Einfluss auf den Zielartenvergleich haben der direkte Wettbewerb, welcher ein fester Bestandteil von relativen Zielen ist, und der indirekte Wettbewerb, welcher ein häufiger Bestandteil von relativen Zielen ist? x Welchen Einfluss auf den Zielartenvergleich haben die Risiko- und die Wettbewerbseinstellung der Akteure?
15 16 17
Hansen/Otley/Van der Stede (2003), S. 106. Hope/Fraser (2000), S. 30. Schäffer/Zyder (2003), S. 104.
4
Einführung
Teil A
Die Vielzahl der Fragestellungen ist bedingt durch die große Anzahl an moderierenden Faktoren des Zielartenvergleichs18. Eine in der Regel wünschenswerte Reduzierung der Arbeit auf nur einfache, wenige Zusammenhänge ist daher nicht möglich, denn sie würde die externe Validität der Arbeit unangemessen einschränken. Ein darauf abgestimmtes Untersuchungsdesign in Kombination mit einer vergleichsweise großen Anzahl an Versuchsteilnehmern von über dreihundert ermöglichte es jedoch, alle als wichtig eingestuften moderierenden Faktoren in dieser Arbeit zu berücksichtigen. Vor einer Beschreibung des JHQDXHQ$XIEDXVGHU$UEHLWZHUGHQQXQ±]XPEHVVHUHQ 9HUVWlQGQLV±GLHHOHPHQWDUHQ%HVWDQGWHLOHeines Ziels erläutert und die Besonderheiten und Unterschiede von relativen und absoluten Zielen hervorgehoben. 1DFK +(,1(1 JLEW HLQ =LHO HLQHQ Ä]XNQIWLJHQ =XVWDQG >«@ ZLHGHU GHU DOV HUVWUH benswert angesehen wird. Eine solche Präzisierung hat grundsätzlich nach drei Richtungen oder Dimensionen zu erfolgen, und zwar hinsichtlich des Inhaltes, des angestrebten Ausmaßes und des zeitlichen BezugsGHUHLQ]HOQHQ=LHOH´19 Während sowohl der Inhalt eines Ziels, zum Beispiel Kennzahl Rendite, als auch der zeitliche Bezug, zum Beispiel Geschäftsjahr, bei beiden Zielarten frei wählbar sind und entsprechend gleichgesetzt werden können20, unterscheidet sich das angestrebte Ausmaß bei relativen und absoluten Zielen auf Grund ihrer unterschiedlichen Definitionen deutlich (zum Beispiel absoluWHV =LHO Ä $XWRV YHUNDXIHQ´ YHUVXV UHODWLYHV =LHO ÄXQWHU GLH 7RS 3UR]HQW DOOHU $XWRYHUNlXIHU NRPPHQ´ ,Q $EELOGXQJ VLQG GLH Definitionen von absoluten und relativen Zielen einander gegenübergestellt. Für die Zuordnung eines Ziels zu einer Zielart ist nur die Formulierung des Ziels ausschlaggebend und nicht die Art und Weise der Ableitung des Ziels. Absolute Ziele können zum Beispiel auch auf Basis von relativen Benchmarkanalysen abgeleitet werden und relative Ziele können auch normativ ohne Benchmarkanalysen vorgegeben werden.
18
'HU %HJULII Ä=LHODUWHQ´ IU UHODWLYH XQG DEVROXWH =LHOH ZXUGH YRQ :HEHU/LQGHU+LUVFK übernommen. 19 9JO+HLQHQ lKQOLFKDXFK:HEHU 6 20 Dabei ist zu beachten, dass relative Ziele nicht für alle Zielinhalte verwendbar sind. Für Details hierzu siehe Kapitel D1.
Teil A
Einführung
5
Definitionen relative und absolute Ziele 'HILQLWLRQYRQÄUHODWLY³>ODW@DXIHWZDV EH]RJHQEH]JOLFKYHUKlOWQLVPlLJ± Gegensatz absolut)
Definition absolute Ziele
Definition relative Ziele
=LHOYRUJDEHQZHUGHQTXDQWLIL]LHUWXQGIUHLQH IHVWJHOHJWH=HLWSHULRGHDEVROXW EH]LHKXQJVORV XQDEKlQJLJ IHVWJHVFKULHEHQ]%=LHOIU8PVDW] XQG(UWUDJLPQlFKVWHQ-DKU[E]Z\0LR(85
5HODWLYH3RVLWLRQVYRUJDEHLP/HLVWXQJVYHUJOHLFKPLW DXVJHZlKOWHQ$NWHXUHQIUHLQH]XNQIWLJH3HULRGH ]%0DUNWDQWHLOHDXI[ DXVEDXHQRGHU.DSLWDOUHQGLWH LP7RS4XDUWLO GHU9HUJOHLFKVXQWHUQHKPHQKDOWHQ
Abbildung 1: Definition relative und absolute Ziele
Vergleichsakteure bei relativen Zielen können zum Beispiel die besten Akteure oder der Durchschnitt aller Akteure sein. Neben klassischen Positionsvorgaben im Wettbewerb zählen auch vorgegebene Mindestabstände zu anderen Akteuren zu den relativen Zielen, so zum Beispiel das Ziel 2 Prozent Überrendite im Vergleich zum Markt für Fondsmanager.
2.
Aufbau der Arbeit
Das nächste Kapitel B gibt einen Überblick über die bisherige Zielforschung. Zunächst werden die existierenden Zieltheorien klassifiziert und die Charakteristika der einzelnen Ansätze mit Hilfe exemplarischer Beispiele kurz vorgestellt. Anschließend wird die Goal-Setting-Theorie, welche sich direkt mit den Auswirkungen von zugewiesenen Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren befasst, als zentrale Basistheorie der Arbeit im Detail beschrieben. Nach einer kurzen Einleitung über die Entstehung und Grundprämissen der Goal-Setting-Theorie werden die zentralen Elemente und das Grundmodell der Theorie vorgestellt. Anschließend werden wichtige Kontext- und Gestaltungsfaktoren besprochen sowie die Theorie kritisch reflektiert. Im Kapitel C wird das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie erweitert um die Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel und die Position des persönlichen Ziels im Zielsystem, um die Arbeitsleistung der Akteure noch besser erklären zu können. Damit wird die modelltheoretische Basis für den anschließenden Zielartenvergleich geschaffen.
6
Einführung
Teil A
Im zentralen Kapitel D der Arbeit wird die unterschiedliche Wirkung von relativen und absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung der Zielempfänger untersucht. In einem ersten Schritt werden dafür auf Basis der Erkenntnisse der vorherigen Kapitel und einer erweiterten Literaturbetrachtung die für einen Zielartenvergleich relevanten Einflussfaktoren identifiziert und in einem zweiten Schritt mit Bezug zur Fragestellung und mit der dafür geeigneten Literatur individuell untersucht. Die Berücksichtigung ökonomischer, psychologischer und sozialwissenschaftlicher Theorien erfüllt dabei die wichtige Forderung von MERCHANT/VAN DER STEDE/ZHENG nach einem multidisziplinären Vorgehen in der Forschung.21 Kapitel E begründet die Auswahl der empirischen Methode Laborexperiment und beschreibt den Aufbau und die Durchführung der empirischen Untersuchung zur Überprüfung der Hypothesen. Am Ende des Kapitels werden die Grundlagen der quantitativen Analyse erläutert. Kapitel F überprüft die Reliabilität und Validität der empirischen Daten und stellt die durchgeführten Analysen und die Ergebnisse der Empirie vor. Es folgt eine Diskussion der Ergebnisse im Kontext der existierenden Literatur und der aufgestellten Hypothesen. Im letzten Kapitel G werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht bewertet. Die Untersuchung folgt primär einer empiriscKHQ)RUVFKXQJVVWUDWHJLHGKVLHÄLVWYRU allem durch das Bemühen um eine systematische Erfahrungsgewinnung gekennzeichnet. Diese Erfahrungsgewinnung richtet sich nach bestimmten Methoden, die etwa im Bereich der empirischen Sozialforschung, beziehungsweise der induktiven Statistik niedergelegt sind. Die gewonnenen ErfahrXQJHQZHUGHQ>«@LQGHU$EVLFKWYHUZHQ det, bestimmte Aussagen über die Realität zu prüfen und damit entweder ihre Geltung ]XEHJUQGHQRGHULKUHQ:DKUKHLWVPDQJHO]XEHOHJHQ´22.
21 22
Vgl. Merchant/Van der Stede/Zheng (2003). Grochla (1976), S. 634. Vgl. zu den Forschungsstrategien ausführlich Grochla (1978), S. 67ff.
Teil B
B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
7
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Das vorliegende Kapitel klassifiziert die existierenden Zieltheorien und stellt die unterschiedlichen Ansätze mit ihren wichtigstenVetreter kurz vor. Anschließend wird die Goal-Setting-Theorie, welche sich direkt mit den Auswirkungen von absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren befasst, als zentrale Basistheorie der Arbeit im Detail besprochen und diskutiert. Nach einer kurzen Einleitung zur Entstehung und zu den Grundprämissen der Goal-Setting-Theorie werden die zentralen Elemente und das Grundmodell der Theorie vorgestellt. Anschließend werden wichtige moderierende Kontext- und Gestaltungsfaktoren aufgezeigt sowie die Theorie kritisch reflektiert.
1.
Überblick Zieltheorien
+(&.+$86(1+(&.+$86(1 Ä=LHOH ELOGHQ die Dreh- und Angelpunkte bei der psychischen Steuerung des PHQVFKOLFKHQ+DQGHOQV>«@Ohne Ziele sind Handlungen XQGHQNEDU´23 Die Bedeutung von Zielen für die Steuerung menschlichen Handelns und zur Erklärung von Verhalten und Erleben kommt durch unterschiedliche psychologische Theorien zum Ausdruck.24 GOLLWITZER25 und DARGEL26 unterscheiden vier Arten von Zieltheorien: x Inhaltstheorien, die von der Art der in den Zielsetzungen spezifizierten Inhalte Vorhersagen über die Effektivität des Zielhandelns ableiten. x Motivations- und volitionspsychologische Zieltheorien, die Zielsetzungen als kognitive Ausformulierung und Konkretisierung von Bedürfnissen und Wünschen verstehen.
23 24 25
26
Heckhausen/Heckhausen (2006), S. 255. Vgl. Heckhausen/Heckhausen (2006), S. 255. Vgl. Gollwitzer (1995), eine weitere gute Zusammenfassung aller Theorien des Zielsetzens und des Zielstrebens findet sich in Oettingen/Gollwitzer (2002). Vgl. Dargel (2005).
8
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
x Kognitive Zieltheorien, die ausschließlich anhand kognitiver Prozesse das Wirken von Zielsetzungen zu erklären versuchen und x Persönlichkeitspsychologische Zieltheorien, die davon ausgehen, dass überdauernde Ziele das Selbstsystem einer Person bestimmen und somit ihr Handeln. Inhaltstheorien Inhaltstheorien sind dadurch gekennzeichnet, dass Unterschiede des Zielinhalts für Unterschiede im Zielhandeln verantwortlich gemacht werden. Als den Prototyp der Inhaltstheorien bezeichnet GOLLWITZER27 die Goal-Setting-Theorie28 der Arbeitspsychologen LOCKE/LATHAM,29 welche die These vertreten, dass spezifische anspruchsvolle Ziele zu einer höheren Arbeitsleistung von Akteuren führen als leichte, XQVSH]LILVFKH ÄGR \RXU EHVW´ RGHU NHLQH =LHOH 'LH (UNHQQWQLVVH GHU *RDO6HWWLQJ Theorie wurden induktiv aus der Analyse von mehr als 400, meist experimentellen Studien, gewonnen, mit mehr als 40.000 Probanden und 88 verschiedenen Aufgaben.30 'XUFK GHQ )RNXV GHU *RDO6Htting-Theorie auf die Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren eignet sich diese Theorie sehr gut als Basis für diese Arbeit und wird daher nachfolgend im Verlauf von Kapitel B detailliert vorgestellt. Wie LOCKE/LATHAM gehen auch die pädaJRJLVFKHQ 3V\FKRORJHQ '(&, XQG 57KHJRDOVHWWLQJWKHRU\@ÄLVTXLWHHDVLO\WKHVLQ gle most dominant theory in the field, ZLWKRYHUDWKRXVDQGDUWLFOHVDQGUHYLHZV published on the topic inDOLWWOHRYHU\HDUV´ x ,QHLQHU8QWHUVXFKXQJYRQ0,1(5 ]XU:LFKWLJNHLWZLVVHQVFKDIWOLFKHQ Bedeutung und praktischen 1W]OLFKNHLW YRQ YHUKaltenswissenschaftlichen 2UJDQLVDWLRQVWKHRULHQ ZXUGH GLH *RDO6HWWLQJ7KHRULH YRQ :LVVHQVFKDIWOHUQ DXVGLHVHP%HUHLFK]XUZLFKWLJVWHQ7KHRrie gewählt und bekaPLQGHQ.DWHJR ULHQ ÄZLVVHQVFKDIWOLFKH %HGHXWXQJ´ XQG ÄSUDNWLVFKH 1W]OLFKNHLW´ GLH +|FKVW ZHUWXQJ x 0(«@LV DMXGJPHQWRIRQH¶VFDSDELOLW\WRDFFRPSOLVKDFHUWDLQOHYHORISHUIRUPDQFH«´112. 6HOI(IILFDF\ KDW HLQHQ XQPLWWHOEDUHQ SRVLWLYHQ (LQIOXVV DXI GLH $UEHLWVOHLVWXQJ GHU $NWHXUHDXFKEHUGHQ(IIHNWGHUPHVVEDUHQ)lKLJNHLWHQKLQDXV113'HUYRQ67$-.2 9,&/87+$16XQG/2&.(/$7+$0LQXPIDQJUHLFKHQ0HWD$QDO\VHQHUPLWWHOWH GXUFKVFKQLWWOLFKH.RUUHODWLRQVNRHIIL]LHQW]ZLVFKHQGHU6HOI(IILFDF\XQGGHU$UEHLWV OHLVWXQJOLHJWEHLELV114'LHHQWVSUHFKHQGH+\SRWKHVHODXWHW H3: 6HOI(IILFDF\EHHLQIOXVVWGLH$UEHLWVOHLVWXQJGHU$NWHXUHSRVLWLY 6HOI(IILFDF\ZLUG]LHOVFKZLHULJNHLWVXQDEKlQJLJHUPLWWHOWGXUFKHLQHIUDOOHHLQKHLWOL FKH %HIUDJXQJ QDFK GHU HLJHQHQ (UIROJVDXVVLFKW IU YHUVFKLHGHQH =LHOQLYHDXV115 1H EHQ GHU GLUHNWHQ SRVLWLYHQ :LUNXQJ DXI GLH $UEHLWVOHLVWXQJ ZLUNW VLFK 6HOI(IILFDF\ QRFK]XVlW]OLFKSRVLWLYDXIGLH=LHOK|KHGHUSHUV|QOLFKHQ=LHOHVLHKH(LQIOXVVIDNWRUHQ GHUSHUV|QOLFKHQ=LHOHZHLWHUREHQ DXV-HPHKU$UEHLWVOHLVWXQJHLQ$NWHXUSHUV|QOLFK IUHUUHLFKEDUKlOWGHVWRDQVSUXFKVYROOHUGHILQLHUWHUVHLQSHUV|QOLFKHV=LHO116,QHPSL ULVFKHQ $UEHLWHQ OLHJW GHU GXUFKVFKQLWWOLFKH .RUUHODWLRQVTXRWLHQW ]ZLVFKHQ GHU 6HOI (IILFDF\XQGGHU=LHOK|KHGHUSHUV|QOLFKHQ=LHOHEHL117'LHHQWVSUHFKHQGH+\SR WKHVHODXWHW H4: 6HOI(IILFDF\EHHLQIOXVVWGLH=LHOK|KHGHUSHUV|QOLFKHQ=LHOHGHU$NWHXUH SRVLWLY
112
%DQGXUD 69JODXFKGHUVHOEH 6XQG 6 9JO%DQGXUD/RFNH 6$UYH\ 114 9JO 6WDMNRYLF/XWKDQV /RFNH/DWKDP 6 EDVLHUHQG DXI %DQGXUD&HUYRQH 'DFKOHU0REOH\ *DUODQG *DUODQG$GNLQVRQ +ROOHQEHFN%ULHI /RFNHHWDOD 0H\HU*HOODWO\ 0H\HU6FKDFKW&ROH*HOODWO\ 3RGVD NRII)DUK 7D\ORUHWDO :RRG/RFNH 115 9JO/RFNH/DWKDP 6 116 9JO%DQGXUDXQG /RFNH/DWKDP 6HLMWV/DWKDP 117 9JO0HWD6WXGLHYRQ/RFNH/DWKDP 6EDVLHUHQGDXI%DQGXUD&HUYRQH 'DFK OHU0REOH\ *DUODQG *DUODQG$GNLQVRQ +ROOHQEHFN%ULHI /RFNHHW DO D 0H\HU*HOODWO\ 0H\HU6FKDFKW&ROH*HOODWO\ 3RGVDNRII)DUK 7D\ORUHWDO :RRG/RFNH 113
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
25
Die Self-Efficacy selbst wird beeinflusst durch: x Normative Informationen, welche Leistungen bei einer Aufgabe realistisch sind, zum Beispiel durch zugewiesene Ziele118 oder durch Vorbildfunktionen, zum Beispiel durch den Vorgesetzten, Kollegen oder Wettbewerber.119 x Überzeugende Kommunikation von Vertrauen in den Akteur durch Dritte120, zum Beispiel durch zugewiesene Ziele.121 x Leistungen und Erfolge in der Vergangenheit.122 x Beherrschung/Training der notwendigen Fähigkeiten zur Zielerreichung.123 x Inspirierung und kognitive Stimulierung.124 x Controllability (Kontrollüberzeugung).125 Die Zielhöhe der zugewiesenen Ziele wirkt unter Berücksichtigung der aufgeführten Einflussfaktoren positiv auf die Self-Efficacy durch die Darstellung einer Norm, durch Kommunikation von Vertrauen und durch Inspirierung. Der in zahlreichen empirischen Arbeiten ermittelte durchschnittliche Korrelationskoeffizient zwischen der Zielhöhe der zugewiesenen Ziele und der Self-Efficacy liegt bei 0,27.126 Die entsprechende Hypothese lautet: H5:
Die Zielhöhe der zugewiesenen Ziele beeinflusst die Self-Efficacy positiv.
Die formulierten Hypothesen eins bis fünf beschreiben das Grundmodell der GoalSetting-Theorie von LOCKE/LATHAM, wie es in Abbildung 3 dargestellt ist, vollständig.
118 119 120 121 122 123 124 125
Vgl. Meyer/Gellatly (1988). Vgl. Gist/Mitchell (1992); Meyer/Gellatly (1988); Meyer/Schacht-Cole/Gellatly (1988). Vgl. Gist/Mitchell (1992). Vgl. Bandura (1997); White/Locke (2000), Locke/Latham (1990), S. 172. Vgl. Gist/Mitchell (1992). Vgl. Eden/Aviram (1993). Vgl. Bass (1985). Vgl. Locke/Latham, (1990), S. 74; Bandura/Wood (1989).
26
7.
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
Wichtige Kontext- und Gestaltungsfaktoren der Zielwirkung
Folgende Kontext- und Gestaltungsfaktoren moderieren nach Aussage von LOCKE/LATHAM127 die Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung: x Fähigkeiten der Akteure x Feedback x Aufgabenkomplexität x Monetäre Incentivierung x Situationsbezogene Einschränkungen x Demographische und persönliche Variablen Die moderierende Wirkung des vorletzten 3XQNWHV Ä6LWXDWLRQVEH]RJHQH (LQVFKUlQ NXQJHQ´LVWELVKHUDOOHUGLQJVnur unzureichend untersucht worden128 und die ErgebnisVH]XPOHW]WHQ3XQNWÄGHPRJUDSKLVFKHXQGSHUV|QOLFKH9DULDEOHQ´VLQGIUGLHYRUOLH gende Arbeit zu zahlreich und in ihrer Aussage zu unspezifisch129 XP QlKHU EHUFN sichtigt zu werden. Zudem deuten neuere Ergebnisse, zum Beispiel von KALNBACH/HINSZ130, auf einen nur geringen Einfluss dieser Variablen hin. Im folgenden Abschnitt werden daher nur die HUVWHQYLHUDXIJHIKUWHQKontext- und Gestaltungsvariablen näher beschrieben.
7.1
Fähigkeiten der Akteure
Die Akteure bringen unterschiedliche FähiJNHLWHQXQG9RUDXVVHW]XQJHQIUGLHLKQHQ aufgetragenen Aufgaben mit. Da die Fähigkeiten der Akteure die Produktivität des
126
Vgl. Meta-Studie von Locke/Latham (1990), S. 71, basierend auf Garland (1985); Garland/Adkinson (1987); Hollenbeck/Brief (1987); Meyer/Gellatly (1988); Meyer/Schacht-Cole/Gellatly (1988). 127 Vgl. Locke/Latham (1990), S. 121f., 139ff. und 173-225; Locke/Latham (2002). 128 Vgl. Locke/Latham (1990), S. 222f. 129 9JO/RFNH/DWKDP 6IÄ7KHKLVWRUy of personality variables as moderators has been DFORXG\RQH>«@WKHIHZHPSLULFDOUHVXOWVWKDWDUHVWDWLVWLFDOO\VLJQLILFDQWRIWHQODFNSUDFWLFDOVLJ QLILFDQFH´ 130 Vgl. Kalnbach/Hinsz (1999).
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
27
Arbeitseinsatzes und damit die Arbeitsleistung der Akteure maßgeblich beeinflussen131, sollte in empirischen Untersuchungen zur Wirkung von Zielen generell die Variable Fähigkeiten als Einflussfaktor oder Störvariable mit berücksichtigt werden.132 Integriert man die Variable Fähigkeiten in das vorgestellte Grundmodell der Goal-SettingTheorie, so ergibt sich neben einem direkten Wirkungspfad von Fähigkeiten auf die Arbeitsleistung133 auch ein direkter Wirkungspfad von Fähigkeiten auf die SelfEfficacy.134 Dieser Zusammenhang wurde bereits weiter oben bei den Einflussfaktoren der Self-Efficacy näher erläutert. Die Beherrschung beziehungsweise das Training von Fähigkeiten135 sowie Leistungen und Erfolge in der Vergangenheit136 beeinflussen die Self-Efficacy positiv. Die entsprechenden Hypothesen lauten: H6:
Die Fähigkeiten der Akteure beeinflussen die Arbeitsleistung positiv.
H7:
Die Fähigkeiten der Akteure beeinflussen die Self-Efficacy positiv.
Der Einfluss von Fähigkeiten auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele wurde ebenfalls weiter oben erläutert und auch in diversen Studien mit Hilfe von Korrelations- und Regressionsanalysen empirisch nachgewiesen.137 Der beschriebene Effekt dürfte jedoch in einer Pfadanalyse zum Grundmodell, wie sie in dieser Arbeit durchgeführt wird, größtenteils indirekt über die Self-Efficacy stattfinden. Ein weiterer direkter Pfad von Fähigkeiten auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele wäre damit nicht signifikant und ist unnötig, denn in einer Pfadanalyse wird der durch die Self-Efficacy auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele indirekt vermittelte Effekt der Fähigkeiten aus dem direkten Effekt der Fähigkeiten auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele herauspartialisiert. Die getroffene Annahme wird unterstützt durch die empirischen Arbeiten mit Pfadanalyse von LOCKE ET AL.138 und BUTTON/MATHIEU/AIKIN139, welche in ihren Pfadmodellen keine signifikante direkte Wirkung von Fähigkeiten auf persönli-
131 132 133 134
135 136 137 138
Vgl. Pfadmodelle von Button/Mathieu/Aikin (1996) und Locke et al. (1984a). Vgl. Locke/Latham (1990), S. 347. Vgl. Button/Mathieu/Aikin (1996). Vgl. Bandura/Wood (1989); Wood/Bandura (1989); Bandura/Jourdan (1991); Earley/Lituchy (1991). Vgl. Eden/Aviram (1993). Vgl. Gist/Mitchell (1992). Vgl. Meyer/Gellatly (1988); Earley/Lituchi (1991). Vgl. Locke et al. (1984a).
28
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
che Ziele gefunden haben. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird im Modell der Argumentation folgend auf einen direkten Wirkungspfad von Fähigkeiten auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele verzichtet. Das Grundmodell mit Fähigkeiten ist in Abbildung 4 dargestellt. Die neu hinzugekommenen Pfade sind gestrichelt eingezeichnet. Grundmodell Erweiterung Fähigkeiten Zielhöhe zugewiesenes Ziel
Zielhöhe persönliches Ziel
H1 +
H5
H2
H4
+
+ H3
Self-Efficacy
+
+ Arbeitsleistung
H7 + Fähigkeit
+
H6
Abbildung 4: Grundmodell der Goal-Setting-Theorie mit Fähigkeiten
7.2
Feedback
Definition und Wirkung von Feedback Feedback beinhaltet Informationen über die bisher erbrachte Arbeitsleistung und/oder den Weg und die Wirtschaftlichkeit, in der die Leistungsprozesse erbracht wurden.140 Darüber hinaus kann Feedback auch Informationen über die Zielabweichung und Verbesserungsvorschläge beinhalten. Das Feedback kann in unterschiedlichen Formaten und Umfängen und auf zahlreichen Wegen an die Akteure kommuniziert werden. Über die Erfolgswirkung von Leistungsmessung und -feedback auf der Ebene des individuellen Akteurs gibt es in der englischsprachigen Literatur zahlreiche Arbeiten.141 Die
139 140 141
Vgl. erste Versuchsreihe von Button/Mathieu/Aikin (1996). Vgl. Stajkovic/Luthans (2001), S. 583; Kluger/DeNisi (1996). Vgl. Schäffer (2001), S. 64.
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
29
Mehrheit der Autoren geht dabei von einer positiven Wirkung von Feedback auf die Arbeitsleistung aus, was CHAPANIS bereits 1964 treffeQGNRQVWDWLHUWHÄ7KDWNQRZ ledge of results improves performance is perhaps one of the most dependable and WKRURXJKO\WHVWHG SULQFLSOHV LQ PRGHUQGD\ SV\FKRORJ\´142 $OV 5HJXOLHUXQJVPHFKD QLVPXV GLHQW QDFK 67$-.29,&/87+$16 GLe elementare Fähigkeit der Menschen ]XU6HOEVWUHIOH[LRQ143 Wirkungszusammenhang von Zielen und Feedback Weder Ziele noch Feedback wirken isoliert, ohne den jeweils anderen Part, positiv auf GLH $UEHLWVOHLVWXQJ GHU $NWHXUH144 .OHLQ NRQVWDWLHUW GLHV ZLH IROJW Ä*RDOV DQG IHHG EDFNDVGXDOHOHPHQWV>«@ERWKDUHQHFHVVDU\WRLPSURYHSHUIRUPDQFH>«@JRDOVDQG IHHGEDFNEHLQJRIOLWWOHYDOXHDORQH´145,QVEHVRQGHUHQDFKGHUSelbstregulierungstheorieYRQ%$1'85$KDEHQ=LHOHNHLQHPRWLYDWLRQDle Wirkung und führen nur dann zu einem intensiven Zielstreben, wenn eine Abweichung von Ist und Soll wahrgenommen ZLUG 'DV *HEHQ YRQ KlXILJHP )HHGEDFN EHU 6ROO,VW$EZHLFKXQJHQ I|UGHUW GDEHL GDV=LHOVWUHEHQ)HHGEDFNVWHOOWVRPLWDXV6LFKWGHU*RDO6HWWLQJ7KHRULHHLQHQZLFK tigen Moderator für die ZielZLUNXQJ GDU :HQQ $NWHXUH GXrch Feedback feststellen, dass sie mit der bisherigen Arbeitsleistung ihr anspruchsvolles Ziel nicht erreichen N|QQHQVWHLJHUQVLHEHLHQWVSUHFKHQGHU0RWLYDWLRQLKUHQ$UEHLWVHLQVDW]RGHURSWLPLH UHQLKUH$UEHLWVVWUDWHJLH146 Eine alternative Sichtweise der Interaktion von Zielen und Feedback sieht Ziele als Mediator für die Wirkung von Feedback)UZHLWHUH,QIRU mationen zu dieser Sichtweise siehe /2&.(/$7+$0 6II
7.3
Aufgabenkomplexität
%211(5635,1./(Ä%URDGO\GHILQHGWDVNFRPSOH[LW\UHIHUVWRWKHDPRXQWRIDW tention or processing a task requires as well as the amount of structure and clarity the
142
9JO&KDSDQLV 6$PPRQV $QQHWW .RSHOPDQXQG 9JO6WDMNRYLF/XWKDQV 6 9JO /RFNH/DWKDP 6 II %DQGXUD&HUYRQH %HFNHU /DWKDP0LWFKHOO 'RVVHWW (UH] /RFNH 145 .OHLQ 6 146 9JO /RFNH&DUWOHGJH.QHUU 0DWVXL2NDGD,QRVKLWD 0DWVXL2NDGD.DNX\DPD 143 144
30
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
task provides. Thus, task complexity increases as the required amount of processing LQFUHDVHVDQGDVWKHOHYHORIVWUXFWXUHGHFUHDVHV´147 Je komplexer eine Aufgabe ist, desto mehr Wissen und Fähigkeiten benötigen die Akteure, um sie effektiv und effizient zu bearbeiten und desto schwächer ist der Wirkungseffekt der Zielhöhe auf die Arbeitsleistung, da die Akteure erst die notwendigen Fähigkeiten zur Bearbeitung der Aufgabe erlernen müssen, bevor sie, motiviert durch ihre Zielhöhe, ihren Arbeitseinsatz steuern können.148 Das erforderliche Wissen und die notwendigen Fähigkeiten für komplexe Aufgaben können die Akteure durch praktische Erfahrungen und/oder Training erwerben. In einer Meta-Analyse haben WOOD/ MENTO/LOCKE den moderierenden Effekt der Komplexität auf die Zielwirkung nachgewiesen. Der Wirkungseffekt von anspruchsvollen Zielen versus einfachen Zielen bei simplen Aufgaben beträgt d = 0,69 im Vergleich zu d = 0,48 bei komplexen Aufgaben.149 Zu ähnlichen Ergebnissen bei verwandten Konstrukten kommen auch STAJKOVIC/LUTHANS150 und BONNER/SPRINKLE151. In Einzelfällen kann die Auswahl einer geeigneten Arbeitsstrategie bei komplexen Aufgaben einen größeren Einfluss auf die Arbeitsleistung haben als die Zielschwierigkeit der zugewiesenen Ziele.152 Das ist auch der Grund, warum bei sehr komplexen Aufgaben unspezifische AppeOOHZLHÄJLEGHLQ%HVWHV´153 oder auch leichte Ziele154 zu mehr Arbeitsleistung führen können als spezifische anspruchsvolle Ziele. Die Akteure sind bei anspruchsvollen Zielen für komplexe Aufgaben einer erhöhten Stressbelastung ausgesetzt und beginnen in der Mehrheit, unsystematisch nach möglichen Arbeitsstrategien zu suchen, was in der Folge zu einer suboptimalen Vorgehensweise und einer damit einhergehenden reduzierten Arbeitsleistung führt. Ein weiteres mögliches
147 148 149 150
151
152
153 154
Bonner/Sprinkle (2002), S. 319; vgl. dazu auch Campbell (1988); Wood (1986). Bonner et al. (2000), S. 22; Wood (1986); Bonner (1994). Vgl. Wood/Mento/Locke (1987), S. 420. Meta-Analyse über 125 Studien. Stajkovic/Luthans (1998) haben in ihrer Meta-Analyse den gleichen moderierenden Effekt von Aufgabenkomplexität auf das Verhältnis von Self-Efficacy und Arbeitsleistung nachgewiesen. Die Korrelation zwischen beiden Variablen nimmt bei zunehmender Komplexität ab. Vgl. Bonner/Sprinkle (2002), S. 319ff. Sie betrachten die Auswirkungen von Aufgabenkomplexität DXIGDVÄLQFHQWLYHVHIIRUWSHUIRUPDQFH´9HUKlOWQLV Vgl. Chesney/Locke (1991) mit ihrem Beispiel einer Management-Simulation oder auch Earley/Connolly/Ekegren (1989). Vgl. Earley/Connolly/Ekegren (1989); Seijts/Latham (2001). Vgl. Locke (2000); Audia/Locke/Smith (2000).
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
31
Gegenmittel gegen die negativen Effekte von Stress bei komplexen Aufgaben sind /HUQ]LHOH ]XP %HLVSLHO Ä)LQGH GLH EHste Arbeitsstrategie zur AufgabenbewältiJXQJ´155
7.4
Monetäre Incentivierung
Monetäre Incentivierungen156 und Ziele wirken, bei entsprechender Ausgestaltung, beide isoliert positiv auf die ArEHLWVOHLVWXQJGHU$NWHXUH:Hrden beide Motivationstechniken jedoch gemeinsam eingesetzt, kann es zu unerwünschten Interaktionen komPHQ157 Dies ist insbesondere bei mit dem Ziel direkt verbundenen Incentivierungen TXRWD EDVHG VFKHPHV GHU )DOO %HL HLQIDFKen und mittelschweren Zielen führt eine direkt mit dem Ziel verbundene Incentivierung zu einer zusätzlichen Arbeitsleistung der Akteure, bei anspruchsvollen Zielen dagegen kann die Arbeitsleistung der Akteure durch einen monetären ZielbonuVYRU]HLWLJQHJDWLYHLQEUHFKHQ158 Dieser Effekt wird in der Abbildung 5 von LOCKE/LATHAM basierend DXI02:(1(7$/GHXWOLFK
Arbeitsleistung
Stückincentivierung
Zielbonusincentivierung
Niedrig
Moderat
Anspruchsvoll
Unmöglich
Abbildung 5: Interaktion von Zielschwierigkeit und Incentivefunktion159
155
9JO6HLMWV/DWKDP :LQWHUV/DWKDP 9JO%RQQHUHWDO 9JO%RQQHU6SULQNOH 6II 158 9JO)DWVHDV+LUVW /HH/RFNH3KDQ :ULJKW Abbildung in Anlehnung an Locke/Latham ( 6XQG0RZHQ0LGGOHPLVW/XWKHU 6 156 157
32
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
In diesem Zusammenhang konstatiert GARLA1'Ä6LQFHZHDUHVXJJHVWLQJWKDWJRDOV EHHVWDEOLVKHGWKDWKDYHDYHU\ORZSUREDELOLW\RIDWWDLQPHQWRIIHULQJDVDOLHQWLQFHQ WLYHIRUJRDODWWDLQPHQWPLJKWEHPRWLYDWLRQDOO\GLVDVWURXV´160 :HQQ$NWHXUHPLWDXVJHVFKULHEHQHP=LHOERQXVHUNHQQHQGDVVVLHLKUDQVSUXFKVYROOHV =LHO ZDKUVFKHLQOLFK QLFKW PHKU HUUHLFKHQ N|QQHQ XQG GDKHU YRUDXVVLFKWOLFK NHLQHQ %RQXVHUKDOWHQUHGX]LHUHQVLHLKUHQ$UEHLWVHLQVDW]161RGHUVLHYHUKDOWHQVLFKXQHWKLVFK XQG YHUVXFKHQ PLW DOOHQ 0LWWHOQ ]XP %HLVSLHO UHGX]LHUWH 4XDOLWlW HUK|KWHV 5LVLNR HWFGDV=LHONXU]IULVWLJQRFK]XHUUHLFKHQRKQHGDEHLODQJIULVWLJHQHJDWLYH)ROJHQIU GDV8QWHUQHKPHQ]XEHUFNVLFKWLJHQ162'LHVHU(IIHNWLVWXQWHUDQGHUHP]XUFN]XIK UHQDXIGLH6XEVWLWXWLRQGHULQWULQVLVFKHQ0RWLYDWLRQÄHLQHP|JOLFKVWJXWH/HLVWXQJ]X HUEULQJHQ XQG ZHQQ P|JOLFK GDV =LHO ]X HUUHLFKHQ E]Z P|JOLFKVW QDKH DQ GDV =LHO KHUDQ]XNRPPHQ´GXUFKGLHH[WULQVLVFKH0RWLYDWLRQÄGHQPRQHWlUHQ%RQXV]XHUKDO WHQ´163 (LQH JDQ]H 5HLKH YRQ HPSLULVFKHQ 6WXGLHQ KDW GHQ VXEVWLWXWLYHQ =XVDPPHQ KDQJYRQLQWULQVLVFKHUXQGH[WULQVLVFKHU0RWLYDWLRQEHVWlWLJW164(VHPSILHKOWVLFKGD KHUDQVSUXFKVYROOH=LHOHEHYRU]XJWPLW]LHOXQDEKlQJLJHQ,QFHQWLYLHUXQJHQ]XP%HL VSLHO VWFNEDVLHUWH ,QFHQWLYLHUXQJ SLHFHUDWH H[SRVW EHZHUWXQJVDEKlQJLJH ,QFHQWL YLHUXQJSD\IRUSHUIRUPDQFH RGHU*HZLQQEHWHLOLJXQJSURILWVKDULQJ HLQ]XVHW]HQ165 )UGLH(PSLULHGHU$UEHLWZLUGDXI*UXQGGHUDQJHVSURFKHQHQ,QWHUDNWLRQHQXQGGHU .RPSOH[LWlWGHU:LUNXQJPRQHWlUHU,QFHQWLYLHUXQJHQDXIHLQHOHLVWXQJVEH]RJHQH,Q FHQWLYLHUXQJYHU]LFKWHW
160
*DUODQG 6 /HH/RFNH3KDQ *DUODQG 9JO/RFNHE 6 163 /RFNH/DWKDP 6 Ä3HUKDSV WKH RIIHULQJ RI D PRQHWDU\ ERQXV FKDQJHV WKH VXEMHFWV¶ PHQWDOVHWUHJDUGLQJWKHWDVNIURPÄJHWDVFORVHDV\RXFDQ´XQGHUQRERQXVWRÄVXFFHHGRUQRWKLQJ´ XQGHUDERQXVVFKHPH´ 164 9JO5\DQ'HFL /HSSHU.HDYQH\'UDNH /HSSHU 'HFL 6IIDVVW GLH(UJHEQLVVHVHLQHU([SHULPHQWHZLHIROJW]XVDPPHQÄ,QLWLDOO\VXEMHFWVZHUHLQWULQVLFDOO\PRWL YDWHGDQGWKHSHUFHLYHGORFXVRIFDXVDOLW\ZDVLQWHUQDO7KH\HQJDJHGLQEHKDYLRUEHFDXVHLWSUR YLGHG WKHP ZLWK LQWHUQDO UHZDUGV WKDW LV WKH\ GLG LW LQ RUGHU WR IHHO FRPSHWHQW DQG VHOI GHWHUPLQLQJ 7KHQ ZKHQ WKH\ ZHUH SHUIRUPLQJ WKH DFWLYLW\ LQ RUGHU WR PDNH PRQH\ VR WKH SHU FHLYHG ORFXV RI FDXVDOLW\ EHFDPH H[WHUQDO OHDYLQJ WKHP ZLWK OHVV LQWULQVLF PRWLYDWLRQ´ %LFNHQ EDFN YHUWULWWGDJHJHQGLH$XIIDVVXQJGDVVGDV9HUKlOWQLVYRQLQWULQVLVFKHU0RWLYDWLRQXQG H[WULQVLVFKHU 0RWLYDWLRQ JUXQGVlW]OLFK NRPSOHPHQWlU LVW XQG QXU LQ HLQHU JHZLVVHQ HQJHQ %DQG EUHLWHVXEVWLWXWLYLVW 165 9JO/RFNHE %RQQHU6SULQNOH 6II/RFNH/DWKDP 6 161 162
Teil B
8.
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
33
Kritische Diskussion und Würdigung der Goal-Setting-Theorie
Die Goal-Setting-Theorie schafft Transparenz über die Wirkung von Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren. Durch die induktive Ableitung der Theorie aus einer Vielzahl von empirischen Studien gilt die Theorie als sehr zuverlässig und konsistent166 und bietet durch den vergleichsweise einfachen Aufbau wenig Angriffsfläche für konzeptionelle Kritik. Anders verhält es sich dagegen bei der Frage zur Allgemeingültigkeit der Theorie. Da die Erkenntnisse der Theorie vor allem auf den Ergebnissen von Experimenten beruhen, welche eine hohe interne Validität und eine niedrige externe Validität besitzen167, ist eine Methodenkritik an ausgewählten Stellen gerechtfertigt. Im Folgenden werden daher die Erkenntnisse der Goal-Setting-Theorie mit Bezug zu ihrer Validität und zur Fragestellung kritisch reflektiert. Abgrenzung der Goal-Setting-Theorie von anderen Motivationstheorien Für eine Abgrenzung der Goal-Setting-Theorie von anderen Motivationstheorien sei an dieser Stelle auf die Arbeit von LOCKE (1997) verwiesen. Beispielhaft sei an dieser Stelle nur die Abgrenzung der Goal-Setting-Theorie zur Expectancy-Theorie dargestellt, da sich beide Theorien auf den ersten Blick vordergründig zu widersprechen scheinen. Die Valence-Instrumentality-Expectancy-Theorie von VROOM168 postuliert einen positiven Zusammenhang zwischen der Expectancy (Erfolgserwartung, sein Ziel zu erreichen) und der Arbeitsleistung. Da anspruchsvolle Ziele zu einer niedrigeren Erfolgserwartung führen als leichte Ziele, führen diese der Expectancy-Theorie zufolge in der Konsequenz zu einer niedrigeren Arbeitsleistung als leichte Ziele. Dieser Widerspruch zur Goal-Setting-Theorie lässt sich durch eine Betrachtung der dahinter liegenden Annahmen auflösen. Die Expectancy-Theorie geht davon aus, dass alle Akteure die gleiche Zielhöhe besitzen. In einem solchen Szenario führen nach der empirischen Arbeit von LOCKE/MOTOWIDLO/BOBKO169 höhere Erfolgserwartungen in der Tat zu höheren Arbeitsleistungen. Unterscheiden sich die Zielhöhen der Akteure
166
167 168
Vgl. Meyer/Schacht-Cole/Gellatly (1988), S. 390: Ä2QHRIWKHPRVWFRQVLVWHQWILQGLQJVLQWKHRU ganizational behavior literature LV WKH SRVLWLYH HIIHFW RI DVVLJQHG JRDOV RQ WDVN SHUIRUPDQFH´ /RFNH/DWKDP 6Ä,QVKRUWJRDOVHWWLQg theory is among the most valid and practical WKHRULHVRIHPSOR\HHPRWLYDWLRQLQRUJDQL]DWLRQDOSV\FKRORJ\´ Vgl. Bortz/Döring (2003). Vgl. Vroom (1964).
34
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
allerdings signifikant, führen anspruchsvolle Ziele zu einer deutlich höheren Arbeitsleistung als einfache Ziele, auch wenn die Erfolgserwartung der Akteure mit anspruchsvollen Zielen niedriger ist als die Erfolgserwartung der Akteure mit leichten Zielen.170 Wirkungszusammenhänge der vorgestellten Konstrukte Unter den hunderten von durchgeführten empirischen Studien zur Wirkung von zugewiesenen Zielen auf die Arbeitsleistung finden sich auch zahlreiche Arbeiten, deren Ergebnisse vom weiter oben vorgestellten Grundmodell abweichen. LOCKE/ LATHAM171 haben alle empirischen Studien mit abweichenden Ergebnissen geprüft und soweit es möglich war, den Grund für die abweichenden Ergebnisse identifiziert. Sie unterscheiden dabei sechs Hauptgründe für abweichende Ergebnisse zu ihrem Grundmodell. 1. Eine zu geringe Zielverpflichtung der Akteure. 2. Zu komplexe Aufgaben mit keinem oder falschem Training. 3. Kein oder falsches Feedback. 4. Bandbreite der Zielschwierigkeiten nicht ausreichend. 5. Kennzahlen für Ziele und Leistungsmessung stimmten nicht überein. 6. Fehlerhafter Aufbau des Experiments, schlechte Manipulation. Punkt eins, der Einfluss der Zielverpflichtung auf die Wirkung der zugewiesenen Ziele, wird im Detail im nächsten Kapitel C diskutiert. Die Punkte zwei (Aufgabenkomplexität) und drei (Feedback) wurden bereits weiter oben bei Kontext- und Gestaltungsfaktoren der Zielwirkung besprochen. Die Punkte vier, fünf und sechs beziehen sich auf den Aufbau und die Durchführung von Experimenten. Zur Vermeidung dieser eher methodischen Fehler, fassen LOCKE/LATHAM in ihrem Buch die wichtigsten (UIROJVIDNWRUHQ IU HLQH ± LQ LKUHQ $XJHQ ± HUIROJUHLFKH 'Xrchführung von Experi-
169 170 171
Vgl. Locke/Motowidlo/Bobko (1986). Vgl. Locke/Latham (1990, 2002). Vgl. Locke/Latham (1990).
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
35
menten zusammen.172 Die methodischen Vorschläge fließen in den empirischen Teil der Arbeit mit ein. In den Hypothesen der vorliegenden Arbeit werden nur die etablierten Annahmen der Hauptvertreter der Goal-Setting-Theorie abgebildet, welche auch von der Mehrheit der empirischen Studien unterstützt wird. Alternative Ergebnisse einzelner Studien zu den Wirkungszusammenhängen werden jedoch bei gegebenem Anlass (konkrete Verdachtsmomente) in der Auswertung der Empirie mit überprüft. Interessant sind dabei insbesondere alternative Ergebnisse in Pfadmodellen, da die vorliegende Arbeit Pfadanalysen verwendet. Zum Beispiel haben EARLEY/LITUCHY173 und GARLAND174 in ihren empirischen Studien in Pfadanalysen noch einen ergänzenden direkten Wirkungspfad von zugewiesenen Zielen auf die Arbeitsleistung gefunden oder in der Pfadanalyse von BUTTON/MATHIEU/AIKIN175 wirkte die Self-Efficacy nicht direkt auf die Arbeitsleistung, sondern nur indirekt über das persönliche Ziel. Empirische Basis der Goal-Setting-Theorie Der überwiegende Anteil der empirischen Studien der Goal-Setting-Theorie sind Experimente, welche auf Grund ihrer Methodik über eine nur geringe externe Validität verfügen.176 Die Allgemeingültigkeit der Goal-Setting-Theorie wird daher von einzelnen Autoren angezweifelt. Dazu gehören zum Beispiel YEARTA/MEATLIS/ BRINER177, welche die Ergebnisse der Goal-Setting-Theorie für die Praxis offen in )UDJHVWHOOHQÄ$PRWLYDWLRQDOWHFKQLTXHWKDWZRUNV"´ ,Q ihrer Befragung in der Praxis haben im Widerspruch zur Goal-Setting-Theorie anspruchsvolle Ziele keinen beziehungsweise sogar einen leicht negativen Einfluss auf die Arbeitsleistung der Akteure. Maßgeblich dürften die verwendeten Definitionen der .RQVWUXNWHÄ=LHOVFKZLHULJ NHLW´ XQG Ä$UEHLWVOHLVWXQJ´ IU GLH XQWHUVFhiedlichen Ergebnisse verantwortlich sein. Während LOCKE/LATHAM in ihren Experimenten objektive Zielschwierigkeiten178
172
Locke/Latham (1990), S. 347-354. Vgl. Earley/Lituchy (1991). 174 Vgl. Garland (1983). 175 Vgl. Button/Mathieu/Aikin (1996). 176 Vgl. Sprinkle (2003), S. 289, der die externe VaOLGLWlWDOV Ä$FKLOOHV KHHO RI H[SHULPHQWDWLRQ´ EH zeichnet und Bortz/Döring (2003), S. 61. 177 Yearta/Maitlis/Briner (1995). 178 Gleiche Zielschwierigkeit bedeutet gleiche Zielhöhe; vgl. Locke/Latham (1990). 173
36
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
verwenden, welche entsprechend über alle Akteure vergleichbar sind, verwenden YEARTA/MEATLIS/BRINER subjektive Zielschwierigkeiten179. Davor warnen LOCKE/LATHAM aber ausdrücklich, da subjektive Zielschwierigkeit eine Mischung von objektiver Zielschwierigkeit und Self-Efficacy darstellt und damit potenzielle Fehler beinhaltet.180 Dies liegt darin begründet, dass ein subjektiv schwieriges Ziel für einen leistungsschwachen Akteur immer noch absolut leichter sein kann als ein subjektiv leichtes Ziel für einen leistungsstarken Akteur. Für die Arbeitsleistung verwenden LOCKE/LATHAM, wie auch bei der Zielschwierigkeit, objektive Messgrößen, welche einen Vergleich zwischen Akteuren zulassen.181 YEARTA/MEATLIS/BRINER dagegen fragen nach der Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung der Akteure.182 Diese Frage lässt, bei gegebenen unterschiedlichen Zielen in der Praxis, aber keinen Vergleich über alle Akteure zu, da ein Akteur mit einem schwierigen Ziel, trotz Nichterreichens seines Ziels, mehr Arbeitsleistung erbringen kann als ein Akteur, der sein einfaches Ziel erreicht. Die nachvollziehbare Ablehnung von subjektiver Zielschwierigkeit und subjektiver Zielerreichung durch LOCKE/LATHAM macht die Anwendung von großzahligen Erhebungen zur Überprüfung der Goal-Setting-Theorie schwierig bis unmöglich. Damit bleibt, trotz unterschiedlichster verwendeter Aufgaben und Akteure sowie zahlreicher bestätigender Feldexperimente, 183 eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Allgemeingültigkeit der Goal-Setting-Theorie bestehen.
179
180 181 182 183
Die Akteure müssen die Schwierigkeit ihrer Ziele selbst beurteilen; vgl. Yearta/Maitlis/Briner (1995). Vgl. Locke/Latham (1990), S. 75 u. S. 349. Vgl. Locke/Latham (1990). Vgl. Yearta/Maitlis/Briner (1995). Locke/Latham (2002), S. 714; vgl. auch Latham/Pinder (2005); Pinder (1998); Lee/Earley (1992); Locke/Henne (1986); Miner (1984); Locke/Latham 6Ä:LWKJRDOVHWWLQJWKHRU\VSH cific difficult goals have been shown to increase performance on well over 100 different tasks involving more than 40,000 participants in at least eight countries working in laboratory, simulation, and field settings. The dependent variables have included quantity, quality, time spent, costs, job behavior, measures and more. The time spans have ranged from 1 minute to 25 years. The effects are applicable not only to the individual but to groups, organizational units, and entire organizations. The effects have been found using experimental, quasi-experimental, and correlation designs. Effects have been obtained whether the goals are assigned, self-set, or set participatively. In short,
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
37
Durchführung der Experimente In einem Teil der durchgeführten Experimente zur Goal-Setting-Theorie war es den Teilnehmern nicht gestattet, nach Erreichen ihrer zugewiesenen Ziele an der Aufgabe weiterzuarbeiten184. Damit wurde versucht, das diskrepanzschaffende Setzen von höheren persönlichen Zielen zu unterbinden. Als Nebeneffekt führte dieses Vorgehen dazu, dass Akteure mit anspruchsvollen Zielen mehr Zeit für die Aufgabe zur Verfügung hatten als Akteure mit leichten Zielen, was wiederum in der logischen Konsequenz zu einer messbar höheren Arbeitsleistung der Akteure mit anspruchsvollen Zielen führte. LOCKE/LATHAM argumentieren dieses VorgehHQPLWGHQ:RUWHQÄ,IVXEMHFWVZKR are asked to try to attain an easy goal upon reaching it choose to continue working, this no longer constitutes an easy goal setting condition. It is an easy-goal-plus conditiRQ´185 Trotz nachvollziehbarer Begründung ist das beschriebene Vorgehen in dieser Form teilweise praxisfern, da sicherlich kein Arbeitnehmer nach Erreichen seiner Jahresziele für den Rest des Jahres zu Hause bleiben darf oder muss. In der Empirie dieser Arbeit bekamen daher alle Akteure, welche ihre Ziele unterperiodig erreichten, die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis weiterzuarbeiten. Verwendete statistische Methoden Die häufig verwendeten statistischen Methoden Korrelationsanalyse, Varianzanalyse und Regressionsanalyse ermöglichen keine Untersuchung von Gesamtmodellen. Um das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie in der vorliegenden Form ganzheitlich zu untersuchen, bedarf es einer Pfadanalyse, welche gleichzeitig alle Konstrukte und Wirkungspfade in einem Modell berücksichtigt. Nur dann kann zum Beispiel der Effekt der persönlichen Ziele auf die Arbeitsleistung unabhängig von der Self-Efficacy und den Fähigkeiten untersucht werden, da in einer Pfadanalyse die direkte Wirkung der Fähigkeiten und der Self-Efficacy auf die Arbeitsleistung aus der Wirkung der persönlichen Ziele auf die Arbeitsleistung herauspartialisiert wird.186 Erste Beispiele für
184 185 186
goal-setting theory is among the most valid and practical theories of employee motivation in organL]DWLRQDOSV\FKRORJ\´ Vgl. Locke (1982) oder entsprechende Aussagen in Locke/Latham (1990), S. 28, S. 207 u. S. 349. Vgl. Locke/Latham (1990), S. 207. Für Teilfragen lässt sich dies mit gewissen Einschränkungen auch mit Hilfe von hierarchischen Regressionsanalysen durchführen.
38
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
Teil B
die Untersuchung von Gesamtmodellen in der Goal-Setting-Theorie mit Hilfe von Pfadanalysen gibt es bereits, zum Beispiel GARLAND187, BUTTON/MATHIEU/ AIKIN188 oder GIBBONS/WEINGART189. Durch die Goal-Setting-Theorie nicht beantwortete Fragestellungen Trotz hunderter empirischer Studien zur Wirkung von zugewiesenen Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren hat noch kein Autor im Rahmen der Goal-SettingTheorie die Wirkung von relativen Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren untersucht. Auch die Auswirkungen von Unsicherheit und unerwartet auftretenden Kontextveränderungen auf die Wirkung von Zielen wurden noch nicht untersucht, obwohl eine darauf aufbauende Forschungsfrage bereits 1990 von LOCKE/LATHAM190 expli]LWJHVWHOOWZXUGHÄ+RZVKRXOGRUJDQL]DWLRQVVHWJRDOVLQXQFHUWDLQHQYLURQPHQWV"´ Trotz aller angesprochenen Kritikpunkte eignet sich die Goal-Setting-Theorie von allen Zieltheorien am besten als Basis für die Untersuchung der Fragestellungen der Arbeit. Sie beschäftigt sich am intensivsten mit der Wirkung von zugewiesenen Zielen auf die Arbeitsleistung, was im Fokus dieser Arbeit steht, und gilt auf Grund der umfangreichen Anzahl an durchgeführten empirischen Studien und dem induktiven Vorgehen als sehr zuverlässig. Das methodische Vorgehen in Form von Experimenten ist zudem sehr geeignet für eine erste Untersuchung der Wirkung von relativen Zielen versus absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren, da die interne Validität in Experimenten besonders hoch ist191 und für eine erstmalige Untersuchung eines Sachverhaltes im Vordergrund steht.192 Die aufgezählten Kritikpunkte an der GoalSetting-Theorie sind dabei kein Hindernis, da sie mehrheitlich methodischer Natur sind und durch einen angepassten Untersuchungsaufbau und geeignete statistische Methoden verhindert werden können.
187 188 189 190 191 192
Vgl. Garland (1983). Vgl. Button/Mathieu/Aikin (1996). Vgl. Gibbons/Weingart (2001). Vgl. Locke/Latham (1990), S. 334. Vgl. Sprinkle (2003), S. 288ff. und Bortz/Döring (2003), S. 61. Erst wenn die interne Validität der Wirkung untHUUHLQHQÄXQYHUVFKPXW]WHQ´9HUVXFhsbedingungen nachgewiesen ist, macht es Sinn, die externe Validität (Allgemeingültigkeit der Wirkung) näher zu untersuchen.
Teil B
Bestandsaufnahme der bisherigen Zielforschung
39
Im nächsten Kapitel wird das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie um die Variablen Ä=LHOYHUSIOLFKWXQJ EH]JOLFK GHV SHUV|QOLFKHQ =LHOV´ XQG Ä3RVLWLRQ GHV SHUV|QOLFKHQ =LHOVLP=LHOV\VWHP´HUZHLWHUWXPQRFKEHVVer die Arbeitsleistung der Akteure erkläUHQE]ZSURJQRVWL]LHUHQ]XN|QQHQ6WDWLVWLVch kommt dies durch eine höhere erklärte 9DULDQ]52 GHU$UEHLWVOHLVWXQJ]XP$XVGUXFN
Teil C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
1.
Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel
41
Definition von Zielakzeptanz und Zielverpflichtung Die Zielakzeptanz bringt das Einverständnis des Zielempfängers mit dem zugewiesenen Ziel zum Ausdruck. Sie hängt davon ab, ob er das Ziel als sinnvoll empfindet und ob er die Zielentstehung nachvollziehen kann und sie als fair bewertet.193 Die Zielverpflichtung194 geht noch darüber hinaus und umfasst zusätzlich die Entschlossenheit195 der Akteure, das Ziel erreichen zu wollen. KLEIN ET AL. spezifizieren dies genauer:196Ä,PSOLFLWLQWKLVGHILQLWLRQLVWKHLQWHQtion to extend effort toward goal attainment, persistence in pursuing that goal over time, and an unwillingness to lower or abandon WKDW JRDO´ %HPKXQJHQ GLH EHLGHQ .RQVWUukte in empirischen Arbeiten zu trennen, waren bisher erfolglos. In der empirischen Arbeit von EARLEY/KANFER197]XP%HL spiel bildeten beide Konstrukte eine homogene Einheit mit einem Cronbachschen Alpha von 0,95. Im weiteren Verlauf und für die Empirie konzentriert sich die Arbeit daher in Übereinstimmung mit LOCKE/LATHAM einseitig auf die übergreifende Variable Zielverpflichtung.198 Wirkung der Zielverpflichtung Innerhalb der Goal-Setting-Theorie bestand schon früh Konsens darüber, dass die Zielverpflichtung eine notwendige Voraussetzung für die Wirkung von präzisen an-
193
Leifer/McGannon (1986) definieren nach Renn et DO GLH=LHODN]HSWDQ]DOVÄDQDWWLWXGHUH IOHFWLQJWKHUHDVRQDEOHQHVVDQGSHUVRQDODFFHSWDELOLW\RIDQDVVLJQHGJRDO´ 194 Heckhausen/Heckhausen sprechen von Zielbindung. 195 Vgl. Locke/Latham (1990), S. 125: Goal commitmentLVGHILQHGDVÄRQH¶Vattachment to or deterPLQDWLRQWRUHDFKDJRDO´ 196 Vgl. Klein et al. (2001), S. 34. 197 Earley/Kanfer (1985). 198 /RFNH/DWKDP 6Ä7KHWHUPVJRDODFFHptance and goal commitment are similar and are RIWHQ XVHG LQWHUFKDQJHDEO\ E\ UHVHDUFKHUV >«@ 7KXV WKH JHQHULF WHUP FRPPLWPHQW LV XVHG WKURXJKRXWWKLVFKDSWHUDQGERRN´YJODXFK5HQQHWDO
42
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
Teil C
spruchsvollen Zielen ist.199 Über die genaue Wirkung der Zielverpflichtung bestand jedoch lange Uneinigkeit. In einigen empirischen Studien wurde ein direkter positiver Einfluss auf die Arbeitsleistung festgestellt200, in anderen Studien eine Moderation der Beziehung von Zielschwierigkeit und Arbeitsleistung201 und in wiederum anderen Studien überhaupt keine signifikanten Auswirkungen202. KLEIN ET AL. analysierten die widersprüchlichen Ergebnisse und Aussagen zur Zielverpflichtung in einer MetaAnalyse. Ihren Ergebnissen zufolge beeinflusst die Zielverpflichtung die Arbeitsleistung der Akteure direkt positiv und wirkt sich zugleich als Moderator auf die Beziehung von Zielschwierigkeit und Arbeitsleistung aus.203 Den beschriebenen Zusammenhang der Variablen stellt folgende Abbildung von KLEIN ET AL. graphisch dar. Im Anschluss an die Abbildung werden die Ergebnisse erläutert.
Arbeitsleistung
Hohe Zielverpflichtung
Durchschnittliche Zielverpflichtung
Niedrige Zielverpflichtung
Niedrig
Durchschnittlich
Anspruchsvoll
Zielschwierigkeit
Abbildung 6: Interaktion zwischen Zielschwierigkeit und Zielverpflichtung204
Die Ergebnisse der Meta-Analyse von KLEIN ET AL. sind: x Unter der Annahme einer durchschnittlichen bis hohen Zielverpflichtung hat die Zielschwierigkeit einen direkten positiven Einfluss auf die Arbeitsleistung.
199
Vgl. Locke/Latham/Erez (1988). Vgl. Harrison/Liska (1994); Johnson/Perlow (1992); Klein/Kim (1998). Vgl. Erez/Zidon (1984); Tubbs (1993). 202 Vgl. Wright/Kacmar (1995); Klein (1991); Matsui/Kakuyama/Onglatco (1987). 203 Klein et al. (1999). 200 201
Teil C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
43
x Unter der Annahme durchschnittlicher bis anspruchsvoller Ziele hat die Zielverpflichtung einen direkten positiven Einfluss auf die Arbeitsleistung. x Die Interaktivität (moderierender Effekt)205 zwischen Zielschwierigkeit und Zielverpflichtung kommt durch die sich gegenseitige Wirkungsverstärkung zum Ausdruck. Je höher die Zielverpflichtung, desto größer ist der Effekt der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung und je schwieriger die Ziele, desto größer ist der Effekt der Zielverpflichtung auf die Arbeitsleistung. Die Begründung, warum einige Studien diese Ergebnisse zuvor nicht nachweisen konnten, sehen KLEIN ET AL. in der häufig geringen Varianz der Zielverpflichtung. So ist die Zielverpflichtung für zugewiesene mittelschwere Ziele bei gleicher Incentivierung, Autorität des Zielgebers, Wettbewerb etc. für alle Akteure ähnlich hoch und es können entsprechend kaum Effekte der Zielverpflichtung auf die Arbeitsleistung nachgewiesen werden. Für den Nachweis der Interaktivität (Moderation) muss neben einer ausreichend hohen Varianz der Zielverpflichtung zudem noch eine ausreichend hohe Varianz der Zielschwierigkeit gegeben sein. Diese Voraussetzungen sind jedoch in empirischen Arbeiten nur selten gegeben.206 Ein zusätzlicher Störeffekt, der die Wirkungsmessung der Zielverpflichtung für zugewiesene Ziele erschwert, sind hohe persönliche Ziele, da Akteure mit höheren persönlichen Zielen als die zugewiesenen Ziele teilweise eine niedrige Zielverpflichtung zum einfacheren zugewiesenen Ziel angeben und der Theorie widersprechend trotzdem eine hohe Arbeitsleistung erbringen.207 Das folgende Schaubild (Abbildung 7) zeigt die angesprochene Problematik. Die Arbeitsleistung der Akteure mit niedriger Zielverpflichtung bei niedrigen Zielen kann relativ hoch sein und nicht auf der postulierten Zielverpflichtungs-Leistungs-Kurve liegen. 'HUÄ6W|UHIIHNW´LVWLQHPSLULVFKHQ$UEHLWHQnur schwer zu vermeiden. Er kann nach LOCKE/LATHAM208 aber durch eine zusätzliche Erhebung der persönlichen Ziele der Akteure transparent gemacht werden. LOCKE/LATHAM: Ä:KHQ WKHUH LV ORZ FRP
204 205 206 207 208
Klein et al. (1999), S. 886, Abbildung ins Deutsche übersetzt. Weitere Ausführung zur analytischen Bedeutung von Interaktivität vgl. Cohen et al. (2003). Vgl. Klein et al. (1999). Vgl. Locke/Latham (1990), S. 130. Locke/Latham (1990), S. 348.
44
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
Teil C
Arbeitsleistung
mitment to assigned goals, the personal goal reveals whether the low commitment was GXHWRWKHSHUVRQDOJRDOEHLQJVHWKLJKHURUORZHUWKDQWKHDVVLJQHGJRDO´209
Niedrig
Mittel
Hoch
Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel
Abbildung 7: Wirkung der Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel mit Störeffekt
2.
Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel
Neben der besprochenen Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel (abgekürzt: Zielverpflichtung ZZ) kann man auch die Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel (abgekürzt: Zielverpflichtung PZ) betrachten. Dies wird von vielen Autoren bewusst vernachlässigt mit der Argumentation, dass persönliche Ziele, die von den Akteuren selbst definiert werden, immer eine hohe Zielverpflichtung beinhalten und die Varianz und der Einfluss daher gering seien.210 Andere Autoren, zum Beispiel LOCKE/LATHAM,211 LEIFER/McGANNON212 oder auch VANCOUVER/THOMPSON/ WILLIAMS213 sehen dies differenzierter. Sie unterscheiden deutlich zwischen vom Akteur kommuniziertem angestrebtem Zustand (formuliertes persönliches Ziel) und
209
Locke/Latham (1990), S. 348. Vgl. z.B. Hollenbeck/Brief (1987). 211 Locke/Latham (1990), S. 126f. und S. 348. 212 Leifer/McGannon (1986): (nach Aussage Locke/Latham (1990), S. 126) identifizierten die Frage, wie enthusiastisch die Probanden bezüglich ihrer persönlichen Ziele sind, als besonders signifikante Messung der Zielverpflichtung. 210
Teil C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
45
der Ausprägung der Entschlossenheit, sein genanntes persönliches Ziel wirklich zu verfolgen. Als Beispiel sei das von vielen Menschen zu Silvester genannte Ziel aufgeführt, mit dem Rauchen aufzuhören. Während einigen Personen dieses Ziel sicherlich alles bedeutet und sie zu allem entschlossen sind, zum Beispiel erhebliche zeitliche und finanzielle Mittel zu investieren, haben andere Personen das Ziel wahrscheinlich schon nach fünf Minuten im neuen Jahr vergessen. Trotzdem würden beide genannten Personengruppen das gleiche persönliche Ziel bei einer Befragung angeben. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür ist das Zielsystem von LEWIN ET AL.214 und GOULD215. Die genannten Autoren gehen in ihren Ansätzen nicht von einem einzigen persönlichen Ziel aus, sondern von einer persönlichen Zielstruktur. Diese kann zum Beispiel aus einem erhofften Zielzustand (wenn alles optimal verläuft), einem realistischen Zielzustand und einem gerade noch akzeptablen Zielzustand (Mindestwert) bestehen.216 Wird ein Akteur nun nach nur einem einzigen persönlichen Ziel befragt, hat er verschiedene Möglichkeiten zu antworten und in Abhängigkeit davon ergibt sich seine Zielverpflichtung PZ. Denn ein Akteur, der seinen erhofften maximalen Zielzustand angibt, wird eine niedrigere Zielverpflichtung besitzen als ein Akteur, der sein gerade noch akzeptables Minimalziel angibt. Es zeigt sich, dass erst die Kombination von persönlichem Ziel und dazugehöriger Zielverpflichtung PZ oder von persönlichem Ziel und dazugehöriger Position des Ziels im Zielsystem ein vollständiges Bild der Motivation der Akteure ergibt. Wirkung der Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel Die Zielverpflichtung PZ der Akteure wirkt im Paket mit der Zielhöhe der persönlichen Ziele vermutlich genauso wie die vorgestellte Kombination der Zielhöhe der zugewiesenen Ziele und dazugehöriger Zielverpflichtung ZZ (siehe Abbildung 6). Beide Wirkungsvariablen wirken isoliert positiv auf die Arbeitsleistung und interagieren durch eine gegenseitige Wirkungsverstärkung.
213
Vancouver/Thompson/Williams (2001), S. 605f. Vgl. Lewin et al. (1944). 215 Vgl. Gould (1939). 216 9JO GD]X DXFK /RFNH%U\DQ 6LH XQWHUWHLOHQ GLH =LHOH QDFK ÄKRSH´ ÄWU\ IRU´ DQG ÄPLQL PXP´JRDO 214
46
3.
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
Teil C
Position des persönlichen Ziels im Zielsystem
Die alternative Wirkungsvariable Position des persönlichen Ziels im Zielsystem (abgekürzt: Position PZZ) wirkt wahrscheinlich ebenfalls wie die Zielverpflichtung PZ direkt positiv auf die Arbeitsleistung. Unter der Annahme von drei Akteuren mit dem gleichen persönlichen Ziel, aber unterschiedlicher Positionen PZZ dürfte der Akteur, welcher das persönliche Ziel als Mindestziel sieht, die höchste Motivation haben und entsprechend, unter der Annahme gleicher Fähigkeiten und gleichem Kontext, die höchste Arbeitsleistung erbringen. Der Akteur, welcher das persönliche Ziel als Wunschziel sieht, wird die niedrigste Motivation besitzen und die niedrigste Arbeitsleistung erbringen. Der Akteur mit dem realistischen persönlichen Ziel wird dazwischen liegen. Das folgende Schaubild stellt den beschriebenen Zusammenhang graphisch dar:
Arbeitsleistung
Mindestziel Realistisches Ziel
Position persönliches Ziel im Zielsystem
Wunschziel
Niedrig
Mittel
Hoch
Zielhöhe persönliches Ziel
Abbildung 8: Wirkung des persönlichen Ziels und der Position PZZ auf die Arbeitsleistung
Es kann angenommen werden, dass die Interaktion der Position PZZ mit der Zielhöhe des persönlichen Ziels (Abbildung 8) deutlich schwächer ist als die Interaktion von Zielverpflichtung PZ und persönlichen Zielen (Abbildung 6) und daher vernachlässigt werden kann. So dürfte auch bei niedrigen Zielen die Position PZZ eine bedeutende direkte Wirkung auf die Arbeitsleistung haben, anders als dies bei der Zielverpflichtung PZ der Fall ist. Die Position des persönlichen Ziels im Zielsystem wurde im 5DKPHQGHU*RDO6HWWLQJ7KHRULH±QDFK.HQQWQLVGHV$XWRUV±ELVKHUQRFKQLFKWHP pirisch untersucht.
Teil C
4.
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
47
Einflussfaktoren der Zielverpflichtung
Nach Untersuchung der Wirkung der Zielverpflichtung auf die Arbeitsleistung der Akteure betrachten wir nun die Einflussfaktoren der Zielverpflichtung. Diese lassen sich in zwei zentrale Bereiche einteilen, den persönlichen Wert, den der Akteur mit der Zielerreichung verbindet und die akteursspezifische Einschätzung der Erfolgschance, das Ziel zu erreichen. a) Die Möglichkeiten, den persönlichen Wert der Zielerreichung für die Akteure zu erhöhen, sind zahlreich. Die wichtigsten positiven Einflussfaktoren sind dabei:217 x Monetäre Incentives218 x Öffentliche Zielzusagen: Wenn ein Akteur sich zu einem Ziel öffentlich bekennt, steigt sein persönlicher Wert der Zielerreichung an. HOLLENBECK/WILLIAMS/ KLEIN219 vermuten die persönliche Integrität als die treibende Kraft dahinter. x Wettbewerb/Benchmarkvergleiche220 und Gruppendruck221 x Die Autorität der zielgebenden Instanz222 x Fairness/Legitimität der Zielableitung und des Ziels (führt zu erhöhter Zielakzeptanz)223
217
Vgl. Locke/Latham (1990), S. 124ff. und (2002), S. 707f.; Leifer/McGannon (1986); Renn et al. (1999); Klein et al. (1999). 218 /RFNH/DWKDP 6´,QVXPPRVWVWXGLes suggest that bonus pay for moderate goals is effective. But when goals are hard to reach or unreachable, pay for performance rather than pay for goal success should be used to prevent the goals from being rejected. It is worth reiterating that such rejection of hard goals does not seem to occur if subjects are given very hard goals in the absence of incentives. Perhaps the offering of a mRQHWDU\ERQXVFKDQJHVWKHVXEMHFWV¶PHQWDOVHWUH JDUGLQJWKHWDVNIURPÃJHWDVFORVHDV\RXFDQ¶XQGHUQRERQXVWRÃVXFFHHGRUQRWKLQJ¶XQGHUDER QXVVFKHPH´ 219 Vgl. Hollenbeck/Williams/Klein (1989); Hollenbeck/Klein (1987). 220 Vgl. Mitchell/Rothman/Liden (1985); Shalley/Oldham/Porac (1987); Mueller (1983). 221 Vgl. Matsui/Kakuyama/Onglatco (1987); Bandura (1986). 222 Vgl. Feldstudie von Ronan/Latham/Kinne (1973); Laborstudie von Latham/Saari (1979). Nach Locke/Latham (1990), S. 136, sollte eine Autorität folgenden Kriterien genügen, um effektiv zu VHLQÄ7KHDXWKRULW\ILJXUHLVSK\VLFDOO\SUHVHQW supportive, trustworthy, provides a convincing rationale for the goal, exerts reasonable pressure and is knowledgHDEOHDQGOLNDEOH´ 223 Vgl. Latham/Erez/Locke (1988); Earley (1986).
48
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
Teil C
x Unterstützung und Kommunikation einer inspirierenden Vision durch den Vorgesetzten224 b) Die Erfolgschance, das Ziel zu erreichen, ergibt sich aus der Zielschwierigkeit des Ziels und der zielunabhängigen Self-Efficacy der Akteure.225 x Unter der Annahme einer konstanten Zielschwierigkeit beeinflusst die SelfEfficacy die Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, und damit auch die Zielverpflichtung des Akteurs positiv. x Unter der Annahme einer konstanten Self-Efficacy beeinflusst die Zielschwierigkeit die Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, und damit auch die Zielverpflichtung des Akteurs negativ.
5.
Erweiterung des Grundmodells der Goal-Setting-Theorie
Isoliert vom Grundmodell der Goal-Setting-Theorie lässt sich die Wirkung der Zielverpflichtung ZZ in Kombination mit der Zielhöhe des zugewiesenen Ziels wie folgt darstellen: Zielhöhe zugewiesenes Ziel
-
+ + Interaktion +
Zielverpflichtung ZZ
+
+
Self-Efficacy
Abbildung 9: Isoliertes Modell Zielverpflichtung ZZ
224 225
Vgl. Locke/Latham (2002), S. 707. Locke/Latham (2002), S. 708.
+
Arbeitsleistung
Teil C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
49
Die durchgezogenen Wirkungspfade entsprechen den vorgestellten Erkenntnissen von KLEIN ET AL.226, wie sie im Abschnitt C1 beschrieben wurden und auch in Abbildung 6 dargestellt sind. Die gestrichelten Wirkungspfade zwischen Zielhöhe zugewiesenes Ziel und Zielverpflichtung ZZ (je schwieriger ein Ziel ist, desto niedriger ist die Zielverpflichtung) sowie Self-Efficacy und Zielverpflichtung ZZ (je höher die Self-Efficacy, desto höher ist die Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel) wurde im $EVFKQLWW&Ä(LQIOXVVIDNWRUHQGHU=LHOYHUSIOLFKWXQJ´weiter oben erläutert. Die Wirkungspfade von der Zielhöhe des zugewiesenen Ziels und der Zielverpflichtung ZZ auf die gemeinsame Interaktion ergeben sich aus der mathematischen Berechnung der Interaktion durch einfache Multiplikation, wie es in der Statistik üblich ist.227 Die Multiplikatoren beeinflussen das Produkt immer direkt positiv (je höher der Multiplikator A, desto höher das Produkt A*B). 2EJOHLFKHVVLFKEHLGHUÄ=LHOYHUSIOLFKWXQJ]XP]XJHZLHVHQHQ=LHO´XPHLQ]HQWUDOHV Konstrukt der Goal-Setting-Theorie handelt, wurde die Variable in der Literatur bisher nicht in das existierende Grundmodell aus Kapitel B integriert.228 Mögliche Gründe dafür könnten die beträchtlichen Interaktionen zwischen den Variablen und damit einhergehende Komplexität sein, zum Beispiel Interaktion zwischen Zielhöhe und Zielverpflichtung, sowie die sich überschneidenden Inhalte der persönlichen Ziele und der Zielverpflichtung ZZ. Die angesprochene Überschneidung zeigt sich in einem direkten Vergleich der Einflussfaktoren der beiden Wirkungsvariablen.229 So ist zum Beispiel der zentrale Einflussfaktor der persönlicheQ =LHOH ÄHLJHQHV /HLVWXQJVSRWHQ]LDO´ GHP (LQIOXVVIDNWRUGHU=LHOYHUSIOLFKWXQJ==Ä(LQVFhätzung der Erfolgschance, das Ziel zu HUUHLFKHQ´ VHKU lKQOLFK =XGHP WHLOHQ VLch beide Variablen die Einflussfaktoren Ä:HWWEHZHUE´ Ä([WULQVLVFKH :HUWH³ ]XP %HLVSLHO PRQHWlUH ,QFHQWLYHV Ä'UXFN´ VRZLHÄ8QWHUVWW]XQJ(UPXWLJXQJGXUFKGHQ9RUJHVHW]WHQ´(LQZHLWHUHV,QGL]IUGLH Ähnlichkeit der beiden Konstrukte sind die Erkenntnisse von EARLEY230, dass die Zielverpflichtung ZZ der Differenz zwischen zugewiesenem und persönlichem Ziel entspricht. Damit kommt mathematisch zum Ausdruck, was bereits theoretisch formu-
226
Klein et al. (1999). Vgl. z.B. Cohen et al. (2003), S. 257; Backhaus et al. (2003), S. 82 und S. 131. 9JO/RFNH/DWKDPXQG 229 /RFNH/DWKDP 6 Ä« PDQ\ RI WKH IDFWRUV WKDW LQIOXHQFH JRDO FKRLFH DOVR LQIOXHQFH JRDOFRPPLWPHQW´ 230 9JO(DUOH\ XQG/RFNH/DWKDP 6XQG 227 228
50
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
Teil C
liert wurde. Die Zielverpflichtung ZZ beinhaltet keine zusätzliche Information über die der persönlichen Ziele hinaus, denn umgekehrt formuliert entspricht sie in der Regel lediglich der Differenz von zugewiesenem und persönlichem Ziel. Durch eine mögliche Integration in das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie wäre somit keine bessere Erklärung der Varianz der Arbeitsleistung (erhöhtes R2) zu erwarten und der Mehrwert wäre gering. Einbindung der Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel und der Position des persönlichen Ziels im Zielsystem in das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie Integriert man statt der Zielverpflichtung ZZ die Zielverpflichtung PZ oder die Position PZZ in das Grundmodell, gelangt eine neue zusätzliche Information über die Motivation der Akteure in das Modell, welche vorher nicht vorhanden war und welche die erklärte Varianz der Arbeitsleistung (R2) erhöhen kann. Denn wie zuvor in Abschnitt C2 diskutiert, ergibt erst die Kombination von persönlichem Ziel und dazugehöriger Zielverpflichtung oder von persönlichem Ziel und dazugehöriger Position des Ziels im Zielsystem das notwendige vollständige Bild der Motivation der Akteure. Das folgende Schaubild zeigt als Alternative I das erweiterte Grundmodell mit der Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel (Zielverpflichtung PZ): Grundmodell mit Fähigkeiten Erweiterungen Alternative I
Zielverpflichtung PZ + +
+
+
Zielhöhe zugewiesenes Ziel
Interaktion PZ und ZV PZ
Zielhöhe persönliches Ziel
+
+ + +
+ +
Self-Efficacy + Fähigkeiten
+
$EELOGXQJ$OWHUQDWLYH,±(UZHLWHUWes Grundmodell mit Zielverpflichtung PZ
Arbeitsleistung
Teil C
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
51
Die Integration der Zielverpflichtung PZ in das Modell ist durch die beschriebenen Zusammenhänge eindeutig festgelegt. Das nächste Schaubild zeigt als Alternative II das erweiterte Grundmodell mit der Position des persönlichen Ziels im Zielsystem (Position PZZ). Diese Alternative hat den Vorteil, dass sie ohne Interaktion auskommt, was ihre Anwendung und ihre empirische Überprüfung im Pfadmodell vereinfacht. Der negative Wirkungspfad Zielhöhe persönliches Ziel auf die Position PZZ ergibt sich aus der Annahme, dass je höher das persönliche Ziel ist, desto eher wird es sich um ein Wunschziel handeln. Der positive Wirkungspfad Self-Efficacy auf die Position PZZ ergibt sich aus der Annahme, dass je höher die Self-Efficacy, desto eher wird es sich um ein Mindestziel handeln. Grundmodell mit Fähigkeiten Erweiterungen Alternative II +
Zielhöhe zugewiesenes Ziel
H1
Zielhöhe persönliches Ziel
H9
+
-
+
H2
H4
+
H5
Position PZZ
H10 + H8 Self-Efficacy
H7 Fähigkeit
+
H3
+ Arbeitsleistung
+
+
H6
$EELOGXQJ$OWHUQDWLYH,,±(Uweitertes Grundmodell mit Position PZZ
Welche der beiden vorgestellten Alternativen besser geeignet ist, die Arbeitsleistung der Akteure zu erklären, wird in der Empirie explorativ untersucht. Im weiteren Verlauf dient Alternative II mit der Position PZZ als Basis für alle weitergehenden Betrachtungen, da diese Alternative bei gleichem angenommenem Informationsgehalt einfacher ist und keine Interaktionen besitzt. Die damit einhergehenden zu überprüfenden Hypothesen lauten:
52
Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie
H8:
Die Position PZZ beeinflusst die Arbeitsleistung positiv.
H9:
Die Zielhöhe des persönlichen Ziels beeinflusst die Position PZZ negativ.
Teil C
H10: Die Self-Efficacy beeinflusst die Position PZZ positiv. H11: Die Ergänzung des Grundmodells um GLH Ä3RVLWLRQ GHV SHUV|QOLFKHQ =LHOV LP =LHOV\VWHP´HUP|JOLFKWHLQHEHVVHUH Erklärung der Arbeitsleistung der Akteure (erhöhtes R2 im Vergleich zum einfachen Grundmodell). Die vorgestellten einfachen und erweiterten Grundmodelle bauen auf den Erkenntnissen der Goal-Setting-Theorie auf und untersuchen den Einfluss der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung über vermittelnde Variablen. Die Zielschwierigkeit stellt für die primäre Forschungsfrage dieser Arbeit zur Wirkung der Zielart jedoch lediglich eine moderierende Gestaltungsvariable dar. Erst das nachfolgende Kapitel D beschäftigt sich spezifisch mit möglichen Wirkungsunterschieden von relativen und absoluten Zielen sowie mit relevanten moderierenden Kontextfaktoren.
Teil D
D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
53
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
In diesem zentralen Kapitel der Dissertation wird die unterschiedliche Wirkung von relativen Zielen und absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung im Detail untersucht. Da es in der Literatur keine empirische Studie zur Wirkung der Zielart auf die Arbeitsleistung gibt, werden dazu in einem ersten Schritt auf Basis der Erkenntnisse der vorherigen Kapitel und einer erweiterten Literaturbetrachtung die für einen Zielartenvergleich relevanten Einflussfaktoren identifiziert und in einem zweiten Schritt mit Bezug zur Fragestellung und mit der dafür geeigneten Literatur individuell untersucht. Die Berücksichtigung ökonomischer, psychologischer und sozialwissenschaftlicher Theorien erfüllt dabei die wichtige Forderung von MERCHANT/VAN DER STEDE/ZHENG nach einem multidisziplinären Vorgehen in der Forschung.231 Schritt 1: Identifikation relevanter Einflussfaktoren Die nachfolgende Tabelle 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Wirkungsvariablen der Goal-Setting-Theorie, wie sie in den Kapiteln B und C vorgestellt wurden, mit dazugehörigen aufgeschlüsselten Einflussfaktoren. Jeder Einflussfaktor wird im rechten Teil der Tabelle nach Relevanz bezüglich des angestrebten Zielartenvergleichs bewertet und die Auswahl kurz begründet. Relevante Einflussfaktoren sind schattiert hervorgehoben und verweisen auf die entsprechenden Unterkapitel, in denen sie umfassend mit Bezug zur Fragestellung untersucht werden.
231
Vgl. Merchant/Van der Stede/Zheng (2003).
54
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Vorgestellte Wirkungsvariablen
Identifizierte Einflussfaktoren
Zielspezifität
Spezifität Zieldimension (Inhalt)
Ja
6LHKH.DSLWHO'Ä=LHOVSH]LILWlW´
Spezifität Leistungserwartung (Ausmaß) Eigenes Leistungspotenzial
-
Ja
6LHKH.DSLWHO'Ä=LHOVSH]LILWlW´
Bisherige Leistungen/Erfolge Fähigkeiten Erwartete Effektivität und Effizienz Self-Efficacy
Ja Nein
6LHKH.DSLWHO'Ä=LHOVFKZLHULJNHLW´ Unabhängig von der Zielart
Feedback Unzufriedenheit mit bisheriger Leistung Stimmung -
Ja Nein
6LHKH.DSLWHO'Ä)HHGEDFN´ Unabhängig von der Zielart
Nein Ja
Unabhängig von der Zielart 6LHKH.DSLWHO',QGLUHNWHU Ä:HWWEHZHUE´
Zielschwierigkeit Persönliche Ziele
Unterpunkte der Einflussfaktoren
Teil D
Relevant für Begründung Zielartenvergleich?
Unabhängig von der Zielart Unabhängig von der Zielart, zum Teil auch in der Self-Efficacy enthalten Wird eigenständig Wird als Wirkungsvariable eigenständig im im Detail weiter Detail weiter unten untersucht unten untersucht Zugewiesene Ziele sind der Kernbestandteil Einschätzung, was eine Zugewiesene Ziele und Ja Gruppenziele der Arbeit; die Ausgestaltung der Ziele wird in erstrebenswerte und .DSLWHO'Ä=LHOVSH]LILWlW´XQG.DSLWHO' angemessene Leistung Ä=LHOVFKZLHULJNHLW´XQWHUVXFKW darstellt Vorbilder u. Normen Ja 6LHKH.DSLWHO',QGLUHNWHU Ä:HWWEHZHUE´ Wettbewerber Nein 6LHKH.DSLWHO'Ä:HWWEHZHUE´ Ermutigung und/oder Nein Unabhängig von der Zielart Druck Extrinsische Werte, z.B. Nein Incentives werden in dieser Arbeit nicht näher monetäre Incentives untersucht. Incentives können aber bei beiden Zielarten für den Akteur ähnlich gesetzt werden (Bonus, Stückincentivierung etc.)
Self-Efficacy
Zielverpflichtung
Normative Informationen Kommunikation von Vertrauen Training Bisherige Erfolge Inspirierung Controllability (Kontrollüberzeugung) Einschätzung der Erfolgschance
Persönlicher Wert der Zielerreichung
Feedback Kontext- und Gestaltungsfaktoren Fähigkeiten Aufgabenkomplexität Incentives
Nein Nein
-
Ja
6LHKH.DSLWHO'Ä=LHOVFKZLHULJNHLW´
-
Nein Nein Nein Ja
Unabhängig von der Zielart Unabhängig von der Zielart Unabhängig von der Zielart 6LHKH.DSLWHO'Ä&RQWUROODELOLW\´
Zielschwierigkeit Self-Efficacy
Ja Wird eigenständig im Detail weiter oben untersucht Nein
6LHKH.DSLWHO'Ä=LHOVFKZLHULgNHLW´ Wird als Wirkungsvariable eigenständig im Detail weiter oben untersucht
Incentives
Incentives werden in dieser Arbeit nicht näher untersucht. Incentives können aber bei beiden Zielarten für den Akteur ähnlich gesetzt werden (Bonus, Stückincentivierung etc.)
Öffentliche Zielzusagen Nein
Unabhängig von der Zielart
Fairness/Legitimität Wettbewerb Autorität
Ja Ja Nein
6LHKH.DSLWHO'Ä)DLUQHVVZDKUQHKPXQJ´ 6LHKH.DSLWHO'Ä:HWWEHZHUE´ Unabhängig von der Zielart; Autorität, z.B. des Vorgesetzten, ist bei beiden Zielarten gleich
Inspirierung -
Nein Ja Nein Nein Nein
Unabhängig von der Zielart 6LHKH.DSLWHO'Ä)HHGEDFN Unabhängig von der Zielart Unabhängig von der Zielart Incentives werden in dieser Arbeit nicht näher untersucht. Incentives können aber bei beiden Zielarten für den Akteur ähnlich gesetzt werden (Bonus, Stückincentivierung etc.)
Tabelle 1: Identifikation relevanter Einflussfaktoren für den Zielartenvergleich
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
55
Um keinen wichtigen Einflussfaktor für den Zielartenvergleich zu übersehen, wurde das beschriebene Vorgehen durch eine intensive Literaturrecherche außerhalb der Goal-Setting-Theorie, zum Beispiel in der Wettbewerbs- und Incentivierungsforschung232, der Tournament-Theorie233, der Sozialpsychologie234, der psychologischen Accounting-Forschung235 und im Bereich Beyond Budgeting sowie Better und Advanced Budgeting236 etc., ergänzt. Dabei wurde mit Bezug zur Forschungsfrage als weiterer Einflussfaktor für den Zielartenvergleich Unvorhergesehene Kontextveränderungen (Details dazu siehe Kapitel D4) mit aufgenommen. Die für den Zielartenvergleich als relevant identifizierten Einflussfaktoren sind damit zusammengefasst: 1. Zielspezifität 2. Zielschwierigkeit 3. Controllability (Kontrollüberzeugung) 4. Unvorhergesehene Kontextveränderungen 5. Fairness/Legitimität 6. Wettbewerb 7. Feedback Schritt 2: Detailanalyse der relevanten Einflussfaktoren Im weiteren Verlauf des Kapitels D werden die ausgewählten Einflussfaktoren mit Bezug auf die Forschungsfrage näher untersucht und Hypothesen zur unterschiedlichen Wirkung von relativen Zielen und absoluten Zielen werden definiert.
232
233
234
235
236
Vgl. z.B. Gneezy/Niederle/Rustichini (2003); Brown/Cron/Slocum (1998); Campbell/Furrer (1995); Earley/Kanfer (1985). Vgl. z.B. Lazear (2000); Lazear/Rosen (1981); Holmstrom (1982); Holmstrom (1979); Baimann/ Demski (1980). Vgl. z.B. Locke/Latham (2004); Locke/Latham (1990); Earley et al. (1990); Lee/Locke/Phan (1997); Erez/Judge (2001). Vgl. z.B. Frederickson (1992); Waller/Bishop (1990); Waller/Chow (1985); Chow/Hirst/Shields (1995). Vgl. z.B. Max (2005); Gleich/Kopp/Leyk (2003); Bunce/Fraser/Hope (2002); Weber/Linder (2003); Rieg (2001); Hope/Fraser (2003a); Hope/Fraser (2003b); Hope/Fraser (2003c).
56
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
1.
Teil D
Zielspezifität
Es wird unterschieden nach der Spezifität der Zieldimension (Inhalt) und der Spezifität der Leistungserwartung (Ausmaß).
1.1
Spezifität der Zieldimension (Inhalt)
Eine unpräzise Beschreibung der Zieldimension führt zu einer suboptimalen Verteilung der Aufmerksamkeit und des Arbeitseinsatzes der Akteure und damit zu einer reduzierten Gesamtleistung innerhalb der Bewertungsdimensionen237 (siehe Kapitel B4). Viele wichtige KPIs238 in den Unternehmen sind relative Kennzahlen, zum Beispiel Gewinn pro Mitarbeiter oder Kosten pro Kundenanfrage, bei denen in der Regel das Maximum oder Minimum angestrebt wird und die sich mit entsprechenden Anpassungen über Zeiträume und Wettbewerber vergleichen lassen. Handelt es sich bei der Zieldimension um solche relativen Kennzahlen, können die Zielinhalte von relativen und absoluten Zielen gleich definiert werden. Beispielhaft sei dies in Tabelle 2 mit der Kennzahl Umsatzrendite dargestellt: Beispiel relatives Ziel:
Bei der Umsatzrendite zum Top-Quartil gehören.
Beispiel absolutes Ziel:
Umsatzrendite von 10 Prozent im eigenen Unternehmen erreichen.
Tabelle 2: Beispiel für eine identische Zieldimension bei beiden Zielarten
Handelt es sich jedoch um absolute Kennzahlen und akteursspezifische Zielinhalte, wo die Zieldimension sich nicht sinnvoll zwischen Akteuren vergleichen lässt und bei der kein Maximum oder Minimum angestrebt wird, fällt das Formulieren der Inhalte als relatives Ziel schwer beziehungsweise die Formulierung ist nicht möglich. So lässt sich zum Beispiel das absolute=LHOÄ%HVHW]HGUHLRIIHQHStellen im Einkauf mit IngeQLHXUHQ´QLFKWDOVUHODWLYHV=LHOIRUPXOLHUHQ
237 238
Vgl. Locke/Latham (2002), S. 706; Locke et al. (1989). KPI = Key Performance Indicator = Wichtige Leistungskennzahl.
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
57
Zusammenfassung: Relative Ziele eignen sich nicht für alle Zieldimensionen (Inhalte), sie unterliegen damit gewissen Einschränkungen. Sind sie jedoch geeignet, ergibt sich kein Unterschied zu absoluten Zielen und die Inhalte sind identisch.
1.2
Spezifität der Leistungserwartung (Ausmaß)
Vage und unspezifische absolute Ziele, wie ]XP%HLVSLHOÄ*LEGHLQ%HVWHV´RGHUÄ(U reiche eine möglichst hohe Umsatzrendite´ ZLUNHQ QDFK $XVVDJH GHU *RDO6HWWLQJ Theorie deutlich schlechter als spezifische anspruchsvolle Ziele (siehe Kapitel B4). In $QOHKQXQJGDUDQOlVVWVLFKYHUPXWHQGDVVXQJHQDXHUHODWLYH=LHOHZLH]XP%HLVSLHO Ä(UUHLFKH HLQH P|JOLFKVW JXWH 3RVLWLRQ LP :HWWEHZHUE´ HEHQIDOOV VFKOHFKWHU DXI GLH 0RWLYDWLRQ XQG GDPLW DXI GLH $UEHLWVOHLVWXQJGHU $NWHXUH ZLUNHQ DOV VSH]LILVFKH DQ spruchsvolle relative Ziele, wie zum BeispiHOÄ'HLQ=LHOLVWXQWHUGLHEHVWHQ3UR ]HQW]XNRPPHQ´,PZHLWHUHQ9HUODXIZHUGHQ daher vage, unspezifische Ziele nicht ZHLWHU XQWHUVXFKW XQG GHU )RNXV GHU $UEHLW DXf spezifische anspruchsvolle Ziele gelegt. 'RFK DXFK ZHQQ PDQ VSH]LIische Ziele verwendet, unterscheiden sich relative und absolute Ziele rein definitorisch sehr deutlich in ihrer Beschreibung der erwarteten $UEHLWVOHLVWXQJ$OV%HLVSLHOVHLHQHLQPDOLQ Tabelle 3 ein spezifisches relatives Ziel und ein spezifisches absolutes Ziel für eiQHQ$XWRPRELOYHUNlXIHUJHJHQEHUJHVWHOOW Beispiel relatives Ziel:
Komme unter diH7RS3UR]HQWDOOHU$XWRYHUNlXIHUKLQ VLFKWOLFK$Q]DKOYHUNDXIWHU$XWRVLPNRPPHQGHQ-DKU
Beispiel absolutes Ziel:
VerkauIH$XWRVLPNRPPHQGHQ-DKU
Tabelle 3: Beispiel für Spezifität bei beiden Zielarten
Beide Zielarten lassen sich quantitativ exakt formulieren und mit Hilfe ausreichender Erfahrungswerte und der Statistik lässt sich eine gleichwertige Zielschwierigkeit
=XP%HLVSLHOZHQQPDQ$XWRYHUNlXIHLPQlFKVWHQ-DKUEHQ|WLJWXPXQWHUGLH7RS3UR]HQW aller Verkäufer zu kommen, ist die Zielschwierigkeit$XVPD GHUEHLGHQ=LHOHLQ7DEHOOHREMHN tiv gleich.
58
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
sicherstellen. Dies gibt aber noch keinen Aufschluss darüber, als wie präzise die Leistungserwartung von relativen Zielen im Vergleich zu absoluten Zielen aus Sicht der Akteure wahrgenommen wird, beziehungsweise wie sich eine gegebenenfalls unterschiedliche Wahrnehmung auf die Arbeitsleistung der Akteure auswirkt. WEBER/ LINDER/HIRSCH vermuten einen komparativen Effektivitätsnachteil von relativen Zielen gegenüber absoluten Zielen bei der Zielspezifität.240 Sie verweisen dabei auf Beispiele aus der Praxis241 und ergänzen ihre Argumentation um den Punkt Präzisionsunterschiede aus Erfassbarkeitsgründen. Damit schließen sie aber die Exaktheit von Feedback und der Leistungsbewertung mit ein, was in dieser Arbeit separat betrachtet wird, und bleiben insgesamt eine wissenschaftliche Validierung ihrer Aussage schuldig. Im Ergebnis können zumindest zum augenblicklichen Zeitpunkt noch keine gesicherten Aussagen zur Wirkung der Spezifität der Leistungserwartung auf den Zielartenvergleich getroffen werden. Geht man aber davon aus, dass Akteure mit relativen Zielen bei der Zielzuweisung Benchmarkinformationen über vergangene Zeitperioden erhalten242, liegt die Spezifität der Leistungserwartung bei relativen Zielen sehr nah an der Spezifität bei absoluten Zielen243 und der diskutierte Effekt dürfte vernachlässigbar gering sein. Es wird daher für die empirische Untersuchung keine Hypothese zur Zielspezifität definiert.
2.
Zielschwierigkeit
Einfluss der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung bei relativen Zielen Wie die Wirkung der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung bei relativen Zielen aussieht, ist noch unbekannt. WEBER/LINDER/HIRSCH244 gehen in ihrer theoretisch analytischen Arbeit zu relativen Zielen pauschal von einer formidentischen Ziel-
240 241
242
243
Vgl. Weber/Linder/Hirsch (2004). Weber/Linder/Hirsch (2004), S. 67f. verweisen z.B. auf das Beispiel von Hope/Fraser (2003a): $EVROXWHV=LHOÄVDOHVSURILW@WDUJHWLVIL[HGDW[PLOOLRQ´YVUHODWLYHV=LHOÄ:HWUXVW\RXWR maximize your profit potential to continuously improve against the agreed-upon benchmarked KPIs DQGWRUHPDLQLQWKHWRS>TXDUWLOH@RI\RXUSHHUJURXS´ Da relative Ziele primär auf Basis von Benchmarkinformationen abgeleitet werden, ist die Annahme berechtigt, dass die betroffenen Zielempfänger diese Benchmarkinformationen erhalten. Die Kombination von relativen Zielen und Benchmarkinformationen ermöglicht es den Akteuren in stabilen Kontexten, ihre relativen Ziele in absolute Leistungserwartungen umzurechnen.
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
59
schwierigkeits-Leistungskurve wie bei absoluten Zielen aus (Kurve für absolute Ziele siehe Abbildung 2, Seite 19). Geht man von dieser Annahme aus gedanklich einen Schritt weiter, so kann man zusätzlich vermuten, dass das komplette Grundmodell der Goal-Setting-Theorie sowohl für absolute als auch für relative Ziele gilt. Es handelt sich in beiden Fällen schließlich um spezifische Ziele mit einem konkreten Inhalt und einem konkreten Ausmaß. Die entsprechende Hypothese lautet: H12: Das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie gilt für absolute und relative Ziele. Auch wenn das Grundmodell für beide Zielarten gilt, kann sich die Wirkungsstärke der einzelnen Pfade für die beiden Zielarten voneinander unterscheiden. Im nächsten Schritt betrachten wir daher den Einfluss der Zielart auf die Wirkungsstärke der Zielhöhe des zugewiesenen Ziels im Grundmodell näher. Wirkungsstärke der Zielhöhe des zugewiesenen Ziels auf die Self-Efficacy Bei absoluten Zielen haben die Akteure bei neuen und damit unbekannten Aufgaben, wie sie häufig bei Experimenten gegeben sind, noch kein Gefühl für die eigene absolute Leistungsfähigkeit. Die Akteure orientieren sich daher bei der Einschätzung ihrer Self-Efficacy sehr stark an dem vorgegebenen Ziel, welches für die Akteure eine realistische und angemessene Arbeitsleistung (Norm) darstellt. Je höher in solchen Situationen das zugewiesene absolute Ziel ist, desto höher ist nach Aussage der GoalSetting-Theorie die Self-Efficacy der Akteure. Dieser Effekt ist auch mit Hilfe der Verankerungsheuristik zu erklären. Wenn Akteure unsichere numerische Größen, zum Beispiel ihre Self-Efficacy, zu schätzen haben, suchen sie nach einem Ausgangswert (Anker) für ihre Schätzung. Im Fall der Self-Efficacy ist dieser Anker das zugewiesene absolute Ziel. Ihre endgültige Schätzung liegt empirischen Studien nach dann nicht weit weg von diesem Anker.245 Bei relativen Zielen haben die Akteure bei neuen Aufgaben eine vergleichsweise bessere Ausgangsbasis zur Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit und damit der SelfEfficacy. Die eigene relative Leistungsfähigkeit ist häufig für verschiedenste Aufga-
244 245
Vgl. Weber/Linder/Hirsch (2004). Vgl. Tversky/Kahneman (1974); Eichenberger (1992), S. 25.
60
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
bentypen (zum Beispiel Rechenaufgabe, Geschicklichkeitsaufgabe etc.) aus der Vergangenheit bekannt und kann mit Hilfe einfacher Abstraktion auf jede neue Aufgabe übertragen werden. So hat ein Matheschüler häufig ein gutes Gefühl dafür, welche relative Position er in der Klasse in der nächsten Mathearbeit in etwa erreichen wird (zum Beispiel Top 10 Prozent oder schlechteste 25 Prozent), während er in der Regel keine Ahnung hat, wie viele Punkte er in der für ihn noch unbekannten Arbeit haben wird (absolute Leistungsfähigkeit). Die Kombination von bekannter relativer Leistungsfähigkeit und zur Verfügung gestellter Benchmarkinformation246 über die Arbeitsleistung vergleichbarer Akteure in der Vergangenheit, ermöglicht es den Akteuren mit relativen Zielen, ihre bekannte relative Leistungsfähigkeit in absolute Leistungsfähigkeit zu übersetzen. Akteure mit relativen Zielen können ihre Self-Efficacy also verstärkt auf Basis der eigenen Leistungsfähigkeit und den Leistungen anderer Akteure aus der Vergangenheit ableiten und orientieren sich daher wahrscheinlich weniger intensiv an der Zielhöhe ihres zugewiesenen Ziels. Die Wirkung der Zielschwierigkeit des zugewiesenen Ziels auf die Self-Efficacy und damit auf die Arbeitsleistung dürfte somit für neue Aufgaben bei relativen Zielen schwächer sein als bei absoluten Zielen. Für altbekannte Aufgaben dürfte der dargestellte Wirkungsunterschied, durch gemachte Erfahrungen der Akteure mit der Aufgabe, schwächer ausfallen, da in diesen Fällen auch die Akteure mit absoluten Zielen ihre eigene Leistungsfähigkeit als Anker für die Abschätzung ihrer Self-Efficacy verwenden können. Zusammenfassend lässt sich folgende Hypothese aufstellen: H13: Der positive Einfluss der Zielhöhe der zugewiesenen Ziele auf die Self-Efficacy ist bei relativen Zielen geringer als bei absoluten Zielen. Unter der Annahme einer unterschiedlichen Wirkungsstärke der Zielhöhe ZZ auf die Self-Efficacy für beide Zielarten (H13) lässt sich zusätzlich vermuten, dass sich der Steigungswinkel und die optimale Zielhöhe in der Zielschwierigkeits-Leistungskurve bei relativen Zielen etwas von jenen der absoluten Ziele unterscheiden. Ein empirischer Wirkungsvergleich von relativen und absoluten Zielen sollte daher mit unterschiedlichen Zielhöhen durchgeführt werden, um einen Vergleich von optimalen absoluten Zielen und suboptimalen relativen Zielen zu vermeiden.
246
Da relative Ziele primär auf Basis von Benchmarkinformationen abgeleitet werden, ist die Annah-
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
61
Wirkungsstärke der Zielhöhe des zugewiesenen Ziels auf die Zielhöhe des persönlichen Ziels Für eine moderierende Wirkung der Zielart auf den Wirkungszusammenhang von Zielhöhe zugewiesenes Ziel und Zielhöhe persönliches Ziel gibt es in der Literatur keine Indizien. Daher wird dieser Zusammenhang in der Empirie ohne Hypothese exploratorisch untersucht.
3.
Controllability (Kontrollüberzeugung)
Controllability gibt den Grad an, zu welchem ein Akteur seine Aktivitäten und Leistungen selbst beeinflussen kann.247 LOCKE/LATHAM248 stellen zum Einfluss von &RQWUROODELOLW\IHVWÄ$QRWKHUmeans of influencing self-efficacy through persuasion is to convince subjects that performance on the task they are to work on is or is not conWUROODEOH´ 'RFK &RQWUROODELOLW\ beeinflusst nicht nur die Self-Efficacy der Akteure, sondern nach einer empirischen Untersuchung von BANDURA/WOOD249 auch die persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung der Akteure. Bei ihrer komplexen Managementsimulation hatten Probanden, welche kommuniziert bekamen, dass ihre Arbeitsleistung ausschließlich durch sie selbst beeinflusst wird, eine höhere Self-Efficacy, höhere persönliche Ziele und eine höhere Arbeitsleistung als Probanden, welche gesagt bekamen, dass ihre Arbeitsleistung nur in eingeschränktem Maße von ihnen beeinflusst werden kann. LATHAM/YUKL250 fanden in ihrem Experiment ebenfalls einen positiven Zusammenhang zwischen der Controllability (locus of control) der Akteure und der Zielhöhe ihrer persönlichen Ziele. Je mehr die Akteure also davon überzeugt sind, dass ihre gemessene Arbeitsleistung nur von ihrem Verhalten und/oder von ihren Eigenschaften, zum Beispiel Fähigkeiten, abhängt (hohe interne Kontrollüber-
247 248 249 250
me berechtigt, dass die betroffenen Zielempfänger diese Benchmarkinformationen erhalten. Vgl. Siegel/Shim (2000), S. 384. Vgl. Locke/Latham (1990), S. 74. Vgl. Bandura/Wood (1989). Vgl. Latham/Yukl (1976).
62
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
zeugung)251, desto höher sind ihre Self-Efficacy, ihre persönlichen Ziele und ihre Arbeitsleistung. Die Controllability (Kontrollüberzeugung) der Akteure wird beeinflusst durch die Zielgestaltung und den Kontext der Aufgabe. Um eine hohe Kontrollüberzeugung der Akteure sicherzustellen, sollte der Zielgeber bei der Zielgestaltung immer versuchen, nur Zieldimensionen heranzuziehen, welche der Zielempfänger allein oder zumindest maßgeblich beeinflussen kann. Diese Vorgabe entspricht in dieser Form dem Beeinflussbarkeitsprinzip (controllability principle)252. Der Kontext der Zielverfolgung sollte im Sinne des Beeinflussbarkeitsprinzips bei der Zieldefinition antizipiert werden und möglichst keine Auswirkungen auf die gemessene Arbeitsleistung und die Zielerreichung haben. In der Realität ist der Kontext der Zielverfolgung jedoch häufig von Unsicherheiten geprägt, welche die Kontrollüberzeugung der Akteure negativ beeinflusVHQÄ«SHUIRUPDQFHDQGWKHUHIRUHFRPSHQVDWLon) is almost always affected by ranGRP IDFWRUV EH\RQG WKH ZRUNHU¶V FRQWURO´253 Zum Beispiel beeinflussen zukünftige Markt-, Politik-, Gesetzesentwicklungen etc. die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen und Akteure, können aber häufig nur unzureichend vorausgesagt werden. Zudem gehen Organisationen freiwillig ein gewisses Risiko ein, um wettbewerbsfähig zu sein.254 Zusammenfassend wirkt die Unsicherheit negativ auf die Controllability und diese wiederum positiv auf die Self-Efficacy, das persönliche Ziel und die Arbeitsleistung. Lässt man nun die vermittelnde Variable Controllability aus der dargestellten Wirkungskette weg, erhält man eine negative Wirkung der Unsicherheit auf die SelfEfficacy, die Zielhöhe der persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung.
251
9JO GD]X DXFK GLH $WWULEXWLRQVGLPHQVLRQ Ä.RQWUROOEHU]HXJXQJ´ HQJO ÄORFXV RI FRQWURO´ YRQ Rotter (1954 und 1966). Rotter unterscheidet zwischen interner Kontrolle (Ergebnis hängt vom eigenen Verhalten und/oder den eigenen Eigenschaften ab) und externer Kontrolle (Ergebnis hängt von externen Faktoren und vom Zufall ab.). Eine hohe wahrgenommene Beeinflussbarkeit entspricht also einer hohen internen Kontrollüberzeugung nach Rotter; vgl. auch Schäffer (2001), S. 114-118; Wiswede (1995), S. 86 und 120f.; Zimbardo/Gerrig (1999), S. 347f. 252 3UHX 6 Ä'DV %eeinflussbarkeitsprinzip (controllability principle) verlangt, dass zur Leistungsbeurteilung nur Leistungsdimensionen herangezogen werden, die der Aufgabenträger alOHLQRGHU]XPLQGHVWPDJHEOLFKEHHLQIOXVVHQNDQQ´ oder auch Atkinson (2002), S. 1382; Weißenberger (2003), S. 72. 253 Gibbons/Murphy (1990), S. 30. 254 Vgl. Kahneman/Tversky (1979).
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
63
Im Folgenden unterscheiden wir zwei Arten von Unsicherheit: x Die gemeinsame Unsicherheit umschreibt unsichere Umwelteinflüsse, welche alle Akteure gleichermaßen betreffen, zum Beispiel konjunktureller Aufschwung oder Abschwung. x Die individuelle oder auch akteursspezifische Unsicherheit betrifft nur einen oder wenige spezifische Akteure, zum Beispiel die Umsatzentwicklung mit dem wichtigsten Kunden von Akteur XY.
3.1
Gemeinsame Unsicherheit
Die Vertreter der ökonomischen Tournament-Theorie 255 untersuchen formal analytisch die Auswirkungen verschiedener Incentivierungsfunktionen auf die Arbeitsleistung von Akteuren. Dabei stehen Leistungsturniere mit ordinaler Rangbewertung im Vordergrund, bei der die Vergütung nach dem erreichten Platz im Wettbewerb erfolgt. Den Vertretern der Theorie gelingt analytisch der Beweis, dass die Arbeitsleistung einer Gruppe von Akteuren Informationen beinhaltet über die Wirkung von gemeinsamen stochastischen Effekten auf die Arbeitsleistung eines einzelnen Akteurs.256 Die beschriebenen Informationen ermöglichen es, den Effekt der gemeinsamen Unsicherheiten aus der Bewertungsfunktion eines einzelnen Akteurs herauszufiltern und damit den Leistungsbeitrag dieses Akteurs genauer zu ermitteln.257 Durch das Herausfiltern gemeinsamer externer Unsicherheiten aus der Bewertungsfunktion der Akteure steigt aus der Perspektive des einzelnen Akteurs der zu beeinflussende Anteil (die Controllability) der eigenen Arbeitsleistung mit ihren dargestellten Vorteilen einer erhöhten Self-Efficacy, erhöhten persönlichen Zielen und einer erhöhten Arbeitsleistung. Relative Ziele beinhalten die beschriebene Filterfunktion für gemeinsame Unsicherheiten automatisch, wie der folgende Abschnitt erläutert.
255 256
257
Die Tournament-Theorie ist ein Zweig der Prinzipal-Agenten-Theorie. Vgl. Lazear/Rosen (1981), aber auch Baiman/Demski (1980); Holmstrom (1980 und 1982); Wolfson (1985). Vgl. Frederickson (1992).
64
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
Gemeinsame Unsicherheit und relative Ziele? Wenn ein Fondsmanager, der einen deutschen Aktienfonds verwaltet, das absolute Ziel erhält, eine Jahresperformance von +10 Prozent zu realisieren, kann er dieses Ziel nur zum Teil beeinflussen, da die Fondsrendite zu einem sehr hohen Anteil vom unsicheren Aktienmarkt (zum Beispiel DAX) beeinflusst wird. Seine Kontrollüberzeugung ist entsprechend niedrig mit den entsprechenden beschriebenen Nachteilen. Ein relativ bewerteter deutscher Fondsmanager mit dem relativen Ziel, +2 Prozent mehr Rendite zu erreichen als der Durchschnitt aller deutschen Fonds wird dagegen unabhängig von der Marktentwicklung bewertet. Denn ob der DAX in der betrachteten Periode 20 Prozent verliert oder 20 Prozent gewinnt, hat keinen Einfluss auf seine Zielerreichung und Leistungsbewertung. Seine Über- oder Unterrendite hängt nur davon ab, ob er die relativ besten Aktienwerte im Depot hat im Vergleich zu den anderen Fondsmanagern. Dementsprechend ist seine wahrgenommene Kontrollüberzeugung deutlich höher als bei dem zuvor beschriebenen absoluten Ziel und motiviert ihn unter diesem Aspekt zu einer erhöhten Self-Efficacy, einem höheren persönlichen Ziel und einer erhöhten Arbeitsleistung. Besonders wichtig ist es hervorzuheben, dass die beschriebene Filterfunktion von relativen Zielen nur für gemeinsame Unsicherheiten gilt, welche alle Akteure gleichermaßen betreffen. Individuelle Unsicherheiten, von denen nur einzelne Akteure betroffen sind, werden durch relative Ziele nicht herausgefiltert. FREDERICKSON258 bestätigt die analytischen Erkenntnisse der Tournament-Theorie empirisch in einem Laborexperiment. Er untersuchte die Wirkung unterschiedlicher Incentivierungsfunktionen259 auf den Arbeitseinsatz von Akteuren unter Unsicherheit und stellte dabei fest, dass wenn individuelle Unsicherheit sukzessiv in gemeinsame Unsicherheit umgewandelt wird, der Arbeitseinsatz von Akteuren mit relativer Incentivierung zunimmt, während der Arbeitseinsatz von Akteuren mit nicht relativer Incen-
258 259
Vgl. Frederickson (1992). Die Wirkung von Incentives kann man nicht direkt mit der Wirkung von Zielen vergleichen. Da aber sowohl relative Ziele als auch relative Incentivierungsfunktionen gemeinsame Unsicherheiten aus der Bewertungsfunktion der Akteure herausfiltern, ist ein Vergleich der moderierenden Wirkung von individueller und gemeinsamer Unsicherheit für relative Ziele und relative Incentivierungen legitim.
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
65
tivierung konstant bleibt. Der beobachtete Effekt ist zurückzuführen auf die Filterfunktion der relativen Leistungsbewertung, welche gemeinsame Unsicherheit herausfiltert und damit bei zunehmendem Wechsel von individueller Unsicherheit zu gemeinsamer Unsicherheit die Gesamtunsicherheit, welcher die Akteure mit relativer Leistungsbewertung ausgesetzt sind, reduziert. Für Akteure mit nicht relativer Leistungsbewertung ändert sich dagegen durch den Wechsel der Unsicherheitsarten nichts und der Arbeitseinsatz bleibt entsprechend konstant. Die entsprechende Hypothese lautet: H14a: Bei absoluten Zielen beeinflusst eine gemeinsame Unsicherheit die SelfEfficacy, die persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung der Akteure negativ. H14b: Bei relativen Zielen hat eine gemeinsame Unsicherheit keinen Einfluss auf die Self-Efficacy, die persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung der Akteure. Durch die Filterfunktion sind relative Ziele absoluten Zielen bei gemeinsamer Unsicherheit überlegen. Für relative Incentivierungsfunktionen, welche die Filterfunktion ebenfalls besitzen, wurde dies im Vergleich mit nicht relativen Incentivierungen bei gemeinsamer Unsicherheit bereits empirisch bestätigt.260 Die entsprechende Hypothese lautet: H15: Bei hoher gemeinsamer Unsicherheit führen relative Ziele zu einer höheren Self-Efficacy, höheren persönlichen Zielen und einer höheren Arbeitsleistung als absolute Ziele. Bei absoluten Zielen versucht man teilweise, die beschriebenen negativen Effekte von hohen externen Unsicherheiten in der Bewertungsfunktion abzumildern, durch Berücksichtigung von aufgetretenen Kontextveränderungen im Nachhinein (am Ende der Periode). Die Arbeitsleistung der Akteure wird dabei am Ende der Periode nicht mit dem ursprünglichen Planziel verglichen, sondern mit einem an die in der Periode aufgetretenen Kontextveränderungen angepassten Soll-Ziel. Der Prinzipal entscheidet dabei jedoch teilweise subjektiv, welche Kontextveränderungen er nachträglich bei der
260
Vgl. Frederickson (1992), Nalebuff/Stiglitz (1983), S. 36 und Green/Stokey (1983), S. 363f.
66
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
Leistungsbewertung berücksichtigt.261 Diese Subjektivität kann bei den Akteuren wiederum kontraproduktiv zu einer erhöhten Unsicherheit führen.
3.2
Individuelle Unsicherheit
Die Gesamtunsicherheit bei absoluten Zielen ergibt sich aus der Addition von gemeinsamer Unsicherheit und individueller Unsicherheit des Zielempfängers. Bei relativen Zielen mit Vergleich mit nur einem Akteur, häufig der beste Akteur, wird die gemeinsame Unsicherheit herausgefiltert, die individuellen Unsicherheiten der beiden Vergleichsakteure addieren sich für den Zielempfänger jedoch auf, da beide individuellen Unsicherheiten die Zielerreichung des Zielempfängers beeinflussen. Die individuelle Unsicherheit des Vergleichsakteurs beinhaltet dabei neben dessen individuellen externen Unsicherheiten auch die Unsicherheit über dessen Arbeitseinsatz.262 Abhilfe schafft ein Vergleich mit einer größeren Gesamtheit von Akteuren,263 zum Beispiel mit Hilfe des Durchschnitts aller Akteure, bei dem im Gegensatz zum Vergleich mit nur einem Akteur das individuelle Risiko der Vergleichsakteure durch die Normalverteilung und die Unabhängigkeit der Einzelrisiken nahe Null ist.264 Das verbleibende Risiko ist das individuelle Risiko des Akteurs selbst und damit sind aus Sicht des individuellen Risikos bei einer hohen Anzahl von Vergleichsakteuren absolute und relative Ziele gleichgestellt.265
3.3
Risikoeinstellung
Die Risikoeinstellung der Akteure ist unterschiedlich und kann von risikoavers über risikoneutral bis risikoaffin reichen. Da der Einfluss der Unsicherheit auf die Arbeits-
261
Vgl. Hansen/Otley/Van der Stede (2003), S. 1I)XQRWHÄ«VLPLODUZKDW'HPVNL FDOOHG ex post budgeting. The essence of ex post budget is to revise the original budget on the basis of additional information acquired during the budget peULRG>«@$OWKRXJKH[SRVWEXGJHWVUHTXLUHFHU tain subjective assessments (e.g. to determine the extent to which deviations during the budget period were avoidable/controllable), they can potentially contribute to improved hindsight performDQFHHYDOXDWLRQVDQGEHWWHUIRUHFDVWLQJDQGEXGJHWLQJLQWKHIXWXUHSHULRGV´ 262 &KRXGKXU\ 6hEHUGLH8QVLFKHUKHLWLQGHU%HZHUWXQJPLW9HUJOHLFKVDNWHXUHQÄ7KLV is a violation of the controllability principle althougKLWLVUDUHO\QRWHGDVVXFKLQWKHOLWHUDWXUH´ 263 9JO+ROPVWURP 6 264 9JO1DOHEXII6WLJOLW] 6XQG*UHHQ6WRNH\ 6I 265 9JO+ROPVWURP 61DOHEXII6WLJOLW] 6XQG*UHHQ6WRNH\ 6I
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
67
leistung über die Controllability eine akteursspezifische Bewertung von Risiko beinhaltet, hat die Risikoeinstellung einen moderierenden Einfluss auf die vorgestellten Wirkungsbeziehungen. Je risikoaverser266 ein Akteur ist, desto negativer bewertet er das mit Unsicherheit verbundene Risiko und desto stärker dürfte für absolute Ziele der negative Effekt von gemeinsamer Unsicherheit auf die Controllability und die Arbeitsleistung sein. Daraus wiederum folgt, dass je risikoaverser ein Akteur ist, desto vorteilhafter ist der Einsatz von relativen Zielen gegenüber absoluten Zielen unter gemeinsamer Unsicherheit. Die entsprechende Hypothese lautet: H16: Je risikoaverser die Akteure sind, desto größer ist der positive Effekt von relativen versus absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren bei vorliegen der gemeinsamer Unsicherheit.
3.4 3.4.1
Ergänzende Anmerkungen Risikoverteilung zwischen Prinzipal und Akteuren
Relative Ziele filtern die gemeinsame Unsicherheit aus der Leistungsbewertung der Zielempfänger heraus. Die Unsicherheit beziehungsweise das Risiko, zum Beispiel Gewinneinbruch durch weltweite Rezession oder Kurseinbruch beim DAX, ist damit aber nicht verschwunden, sondern wird lediglich vollständig auf den Prinzipal (Arbeitgeber beziehungsweise Kapitaleigner) übertragen. Handelt es sich um einen risikoneutralen Prinzipal und risikoaverse Akteure, wird mit relativen Zielen eine verbesserte Risikoverteilung erreicht. Sehen die Risikoeinstellungen anders aus, sind andere Optima vorstellbar, zum Beispiel ein bewusstes Verteilen von Teilrisiken im Unternehmen auf die Arbeitnehmer zur Entlastung der Arbeitgeber und der Anteilseigner.
266
9JO.DKQHPDQ7YHUVN\ 6Ä$SHUVRQLV risk averse if he prefers the certain prospect [ WRDQ\ULVN\SURVSHFWZLWKH[SHFWHGYDOXH[´
68
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
3.4.2
Teil D
Risikoauswahl durch die handelnden Akteure
Wenn die individuelle Unsicherheit vom handelnden Akteur selbst beeinflusst werden kann, wählen Akteure nach Aussage von HVIDE267 bei relativen Zielen oder relativen Incentivierungen ein maximal hohes Risiko. Mit einem sehr hohen individuellen Risiko sichern sich die Akteure in einem ausgeglichenen Leistungsvergleich eine ausreichend hohe Chance, ihr relatives Ziel zu erreichen oder die ausgeschriebene Belohnung/Incentive zu erhalten, bei sehr niedrigem eigenem, mit Kosten verbundenem Arbeitseinsatz.2681$/(%8))67,*/,7= 6Ä7he use of contest as an incentive device can induce agents to abandon their natural risk DYHUVLRQDQGDGRSWÃULVNLHU¶ >«@ SURGXFWLRQ WHFKQLTXHV´ 'DV LVW DXFK der wahrscheinliche Grund, warum CEOs deutlich seltener nach relativer Arbeitsleistung bezahlt werden als man nach den Aussagen der Tournament-Theorie vermuten könnte.269 Zur Abmilderung des vorgestellten negativen Effekts schlägt HVIDE eine Incentivierung nach der Nähe eines sehr guten Benchmarks vor. Ein Akteur, der knapp über dem Benchmark liegt, wird dabei höher bewertet und bezahlt als ein Akteur, der deutlich über dem Benchmark liegt. Dieses System beinhaltet zum großen Teil die Vorteile der relativen Bewertung, vermeidet aber ein zu hohes selbstgewähltes Risiko auf Seiten der Akteure. Nach Aussage von HVIDE ist diese Incentivierung gängige Praxis bei Fondsmanagern.270 Bei absoluten Zielen dürfte die Risikoauswahl aus den gleichen Gründen sehr ähnlich sein.271 Es empfiehlt sich daher bei gegebener freier Risikoauswahl der Akteure, die Abweichung zum Ziel oder das durch die Akteure gewählte Risiko mit in die Bewertungsfunktion zu integrieren. Eine andere Möglichkeit ist die Vermeidung jeglicher monetärer Zielboni und die Verwendung von zum Beispiel stückbasierten Incentivierungen.
267 268 269 270 271
Vgl. Hvide (2002). Vgl. Hvide (2002). Vgl. Hvide (2002). Vgl. Hvide (2002). Vgl. Knight/Durham/Locke (2001): In ihrer Arbeit wählten Akteure mit anspruchsvollen absoluten Zielen besonders riskante Strategien für ein Computerspiel aus.
Teil D
3.4.3
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
69
Projektauswahl durch die handelnden Akteure
Akteure mit relativen Leistungszielen beziehungsweise relativer Leistungsbewertung wählen nach Aussage von DYE272, bei gegebener eingeschränkter Projektauswahl, das Projekt aus, in welchem sie relativ zu den Wettbewerbern am besten sind. Bei absoluten Zielen wählen sie dagegen das Projekt aus, in welchem sie absolut am besten sind und entsprechend unter Ausblendung der Bezahlung der Akteure für den Prinzipal den höchsten Gewinn erwirtschaften.273 Relative Ziele können daher aus Sicht des Prinzipals zu einer suboptimalen Projektauswahl durch die Akteure führen. Existieren als Sonderfall unendlich viele Projekte, führen beide Zielarten zum gleichen, optimalen Projekt.274
4.
Unvorhergesehene Kontextveränderungen
'DVYRUKHULJH.DSLWHOÄ&RQWUROODELOLW\´XQWHUVXFKWHGHQ(Lnfluss von Unsicherheit auf den Zielartenvergleich, während dieser Abschnitt sich mit dem Einfluss von unvorhergesehenen Kontextveränderungen im Verlauf der Zielverfolgung beschäftigt. In der Realität korrelieren beide Effekte deutlich miteinander. Bei hoher externer Unsicherheit kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bedeutenden unvorhergesehenen Kontextveränderungen und bei niedriger externer Unsicherheit bleibt der Kontext mit hoher Wahrscheinlichkeit stabil oder kann korrekt partizipiert werden. In der Wissenschaft lassen sich beide Effekte jedoch getrennt voneinander untersuchen und auch innerhalb einer empirischen Untersuchung ist eine getrennte Manipulation beider Einflussfaktoren möglich. Grund genug, in der vorliegenden Arbeit beide Effekte individuell zu untersuchen, insbesondere, da unterschiedliche Wirkungseffekte von Unsicherheit und Kontextveränderungen auf die Arbeitsleistung vorliegen. Wenn eine unvorhergesehene Kontextveränderung (im weiteren Verlauf der Arbeit seien alle Kontextveränderungen unvorhergesehen) während der Zielverfolgung die gemessene Arbeitsleistung der Akteure erhöht, zum Beispiel durch eine Wechselkurs-
272 273 274
Vgl. Dye (1992), S. 28. Vgl. Dye (1992), S. 28. Vgl. Dye (1992).
70
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
änderung, oder die Arbeitsproduktivität der Akteure steigert, zum Beispiel durch die Einführung neuer Prozesse oder Technologien, können Akteure mit absoluten Zielen ihre zugewiesenen Ziele leichter und mit weniger Arbeitseinsatz erreichen. Die ursprüngliche Zielschwierigkeit ihres absoluten Ziels reduziert sich und die damit verbundene zielinduzierte Motivation und der Arbeitseinsatz nehmen ab. Die folgende Abbildung 12 zeigt die Wirkungskette einer solchen Kontextveränderung exemplarisch anhand der weiter oben beschriebenen Zielschwierigkeits-Leistungskurve. Es wird dabei von der Annahme ausgegangen, dass die Zielschwierigkeit vor der Kontextveränderung optimal war. 1. Durch eine unvorhergesehene Arbeitserleichterung wird die komplette Leistungskurve nach oben verschoben (mehr Leistung ist möglich). 2. Die Akteure erreichen ihre absoluten Ziele leichter und mit weniger Aufwand. Die Zielschwierigkeit ändert sich von anspruchsvoll zu moderat. 3. Die Akteure werden durch ihre Ziele nicht mehr optimal motiviert.
3.
Hoch Arbeitsleistung
Absolutes Ziel
2.
1.
Mittel Nach der Kontextveränderung
Vor der Kontextveränderung
Niedrig Niedrig
Moderat
Anspruchsvoll Unmöglich
Zielschwierigkeit
Abbildung 12: Beispiel für den Einfluss einer Kontextveränderung bei absoluten Zielen
Im spiegelbildlichen Fall einer Kontextveränderung, welche die gemessene Arbeitsleistung der Akteure oder ihre Arbeitsproduktivität reduziert, erhöht sich die Zielschwierigkeit für Akteure mit absoluten Zielen. Im Fall einer optimalen Zielhöhe vor der Kontextveränderung fühlen sich die Akteure dadurch überfordert und gestresst, was ihre zielinduzierte Motivation und ihren Arbeitseinsatz ebenfalls reduziert. Akteu-
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
71
re mit absoluten Zielen erbringen damit bei unvorhergesehenen Kontextveränderungen weniger Arbeitsleistung als Akteure, bei denen die auftretende Kontextveränderung im Vorfeld der Zielsetzung bereits bekannt war und in der Zielsetzung entsprechend berücksichtigt wurde. Die gemachten Aussagen für absolute Ziele gelten sowohl für gemeinsame als auch individuelle Kontextveränderungen. Bei relativen Zielen wird der negative Effekt von unvorhergesehenen gemeinsamen Kontextveränderungen durch den Filter (siehe Kapitel 3 Ä&RQWUROODELOLW\´ YHUKLQGHUW Das Ziel, unter die besten 25 Prozent zu kommen, bleibt immer gleichermaßen schwierig, egal ob die Nachfrage stark anzieht oder abfällt oder ob Technologiesprünge existieren. Relative Ziele behalten also bei Kontextveränderungen, welche alle Akteure gleichermaßen betreffen, immer konstant ihre optimale Zielschwierigkeit bei und motivieren die Akteure damit konstanter auf hohem Niveau als absolute Ziele.275 Betreffen die Kontextveränderungen nur einzelne Akteure, entfällt die Filterfunktion von relativen Zielen und der negative Effekt der Kontextveränderung ist zielartenunabhängig. Unter der Annahme einer optimalen Zielhöhe im Vorfeld einer unvorhergesehenen gemeinsamen Kontextveränderung lautHQGLHHQWVSUHFKHQGHQ+\SRWKHVHQ H17a: Bei absoluten Zielen beeinflusst eine unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderung den Arbeitseinsatz und damit auch die Arbeitsleistung negativ.276 H17b: Bei relativen Zielen haben unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderungen keinen Einfluss auf den Arbeitseinsatz und die Arbeitsleistung.277 Damit sind bei bedeutenden gemeinsamen Kontextveränderungen relative Ziele absoluten Zielen überlegen. Die daraXVDEJHOHLWHWH+\SRWKHVHODXWHW H18: Wenn bedeutende unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderungen auftreten, führen relative Ziele zu einer höheren Arbeitsleistung als absolute Ziele.
275
9JO:HEHU/LQGHU+LUVFK 6I1DOHEXII6WLJOLW]E 6 'LH +\SRWKHVH EH]LHKW VLFK DXVVFKOLHOLFK DXI GLH 9HUlQGHUXQJ GHU $UEHLWVOHLVWXQJ GXUFK HLQHQ veränderten Arbeitseinsatz und nicht auf die direkt durch die Kontextveränderung bedingte Veränderung der Arbeitsleistung. 277 'LH +\SRWKHVH EH]LHKW VLFK DXVVFKOLHOLFK DXI GLH 9HUlQGHUXQJ GHU $UEHLWVOHLVWXQJ GXUFK HLQHQ veränderten Arbeitseinsatz und nicht auf die direkt durch die Kontextveränderung bedingte Veränderung der Arbeitsleistung. 276
72
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
Die Wirkung von Kontextveränderungen auf die Zielhöhe der persönlichen Ziele, die Self-Efficacy und die Zielverpflichtung PZ wird durch diH 9DULDEOH Ä=LHOVFKZLHULJ NHLW´YHUPLWWHOW'DEHLJHOWHQGLHEHNDQQWHQ:LUNXQJV]XVDPPHQKlQJHZLHVLHLQGHQ .DSLWHOQ % XQG & EHVFKULHEHQ VLQG ,Q GHU (PSLULH ZXUGHQ GLH Effekte der Kontextveränderung auf die Variablen persönliche Ziele, Self-Efficacy und Zielverpflichtung PZ nicht untersucht, da die Variablen in GHU (PSLULH QXU ]X %HJLQQ GHU 3ODQSHULRGH erhoben wurden und den Effekt der später auftretenden .RQWH[WYHUlQGHUXQJHQ VRPLW QLFKW DEELOGHQ NRQQWHQ (V ZHUGHQ GDKHU DQ dieser Stelle auch keine Hypothesen zu GHQYHUPLWWHOQGHQ9DULDEOHQGHILQLHUW Die Wirkung von unvorhergesHKHQHQ JHPHLQVDPHQ .RQWH[WYHUlQGHUXQJHQ DXI GHQ =LHODUWHQYHUJOHLFK ZLUG PRGHULHUW YRQ GHP =HLWSXQNW GHU .RQWH[WYHUlQGHUXQJHQ -H IUKHUGLHXQYRUKHUJHVHKHQHQJHPHLQVDPHQ Kontextveränderungen auftreten und daPLWMHIUKHUGHU$UEHLWVHLQVDW]GHU$NWHXUHUHduziert wird, desto stärker ist der Effekt GHU XQYRUKHUJHVHKHQHQ JHPHLQVDPHQ .RQWextveränderungen auf den ZielartenverJOHLFK Transparenz der Kontextveränderungen Kontextveränderungen gelten als transparent, wenn sie von allen Beteiligten wahrgeQRPPHQZHUGHQXQGLKUH$XVZLUNXQJHQDXIGLHJHPHVVHQH$UEHLWVOHLVWXQJGHU$NWHX UHYRQDOOHQSUl]LVHHUPLWWHOWZHUGHQNDQQ/LHJHQ.RQWH[tveränderungen transparent vor, können der PrinziSDOXQGGLH$NWHXUHDEVROXWH=LHOe an auftretende KontextveränGHUXQJHQDQSDVVHQXQGGDPLWGLHXUVSUQJOLFh ausgewählte Zielschwierigkeit konstant KDOWHQ(VZLUGDQJHQRPPHQGDVV$NWHXUHPit absoluten Zielen ihre Ziele freiwillig an unvorhergesehene Kontextveränderungen anpassen, denn wenn KontextveränderXQJHQ GLH JHPHVVHQH $UEHLWVOHistung verbessern und die $NWHXUH GHQQRFK LKUH DOWHQ DEVROXWHQ=LHOHZHLWHUYHUIROJHQZHLMHGHULP8PIHOGGHU$NWHXUHGDVVVLHLKUH=LHOH QLFKW PLW PRWLYLHUWHP $UEHLWVeinsatz und guten Fähigkeiten erreicht haben, sondern PLW*OFNZDVIUGLH$NWHXUHQLFKW]XIULHGHQVWHOOHQGVHLQGUIWH=XGHPVLQGK|KHUH =LHOHIU$NWHXUHPLWHLQHPSULYDWHQXQGberuflichen Mehrwert verbunden und erzeugen Stolz und Selbstrespekt,278 ZHVKDOE $NWHXUH VLFK IUHLwillig anspruchsvolle Ziele
278
9JO 0HQWR/RFNH.OHLQ 6 Ä6XEMHFWs believed that trying for hard goals would be PRUHOLNHO\WRJLYHWKHP DVHQVHRIDFKLHYHPHQWGHYHORSWKHLUVNLOOV DQG SURYH WKHP FRPSHWHQW
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
73
setzen. Führen transparente Kontextveränderungen zu einer Reduzierung der gemessenen Arbeitsleistung von Akteuren, werden die Akteure (in Absprache mit dem Prinzipal) ebenfalls freiwillig ihre absoluten Ziele anpassen, um ihre vorherige Zielschwierigkeit beizubehalten. Das Konzept absolute Ziele direkt oder im Nachhinein an auftretende Kontextveränderungen anzupassen, isW YHUJOHLFKEDU PLW GHP .RQ]HSW GHV ÄH[ SRVW EXGJHWLQJ´ YRQ '(06.,279 Wird die Zielschwierigkeit bei absoluten Zielen durch Berücksichtigung transparenter Kontextveränderungen nahezu konstant gehalWHQUHGX]LHUWVLFKGHUQHJDWLYH(IIHNWder gemeinsamen Kontextveränderungen deutlich. Wenn im Gegensatz dazu KontextveränderungHQLQWUDQVSDUHQWVLQGXQGLKU(IIHNWDXI die Arbeitsleistung von Akteuren nicht ermittelt werden kann, können die Akteure ihre absoluten Ziele nicht anpassen und der Prinzipal kann von der Arbeitsleistung nicht mehr präzise auf den Arbeitseinsatz der AkteXUHUFNVFKOLHHQlKQOLFK]XÄPRUDOKD ]DUG´280 LQ GHU 7RXUQDPHQW7KHRULH ,Q GLHVHP Fall ist der negaWLYH (IIHNW YRQ JH meinsamen Kontextveränderungen auf die 0RWLYDWLRQGHU$NWHXUHEHLDEVROXWHQ=LH len besonders groß. Die entsprechende Hypothese lautet: H19: Je transparenter Kontextveränderungen vorliegen, desto geringer ist der ne JDWLYH (IIHNW YRQ XQYRUKHUJHVHKHQHn gemeinsamen Kontextveränderungen auf die Arbeitsleistung bei absoluten Zielen.
5.
Fairnesswahrnehmung
:(17=(/281 hat in einer empirischen Feldbefragung die positive Wirkung von wahrgenommener Fairness bezüglich Budgetzielen auf die Arbeitsleistung, über die Zielverpflichtung als vermittelnde Variable, signifikant nachweisen können. Der positive Zusammenhang zwischen wahrgenommener Fairness und Zielverpflichtung wurde
WKDQZRXOGWU\LQJIRUHDV\JRDOV6XEMHFWVDOVREHOLHved that high goals would lead to more practiFDOMREDQGOLIH EHQHILWVDVZHOODVPRUHSULGHDQGVHOIUHVSHFWWKDQZRXOGORZJRDOV´ Vgl. Demski (1967). 280 +ROPVWURP 6Ä0RUDOKD]DUGUHIHUVWRWKHSUREOHPRILQGXFLQJDJHQWVWRVXSSO\SURSHU DPRXQWVRISURGXFWLYHLQSXWVZKHQWKHLUDFWLRQVFDQQRWEHREVHUYHGDQGFRQWUDFWHGIRUGLUHFWO\´ 281 Vgl. Wentzel (2002). 279
74
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
ebenfalls von EARLEY/LIND, KORSGAARD/SCHWEIGER/SAPIENZA und LIND/ KANFER/EARLEY nachgewiesen.282 Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse empfiehlt sich eine nähere Untersuchung der Wirkung der Zielart auf die wahrgenommene Fairness, insbesondere da die Befürworter von relativen Zielen postulieren, dass relative Ziele von den Akteuren als fairer wahrgenommen werden bzw. tendenziell leichter akzeptiert werden als absolute Ziele.283 Empirische Erkenntnisse über die Wirkung von relativen Zielen versus absoluten Zielen auf die Fairnesswahrnehmung von Akteuren JLEWHV±QDFK.HQQWQLVGHV$XWRUV±aber noch nicht. HANSEN/OTLEY/VAN DER STEDE, welche sich analytisch mit dem Konzept des Beyond Budgeting beschäftigt haben, unterstützen aber die Annahme der Beyond-Budgeting-Literatur, dass eine relative Leistungsbewertung von Akteuren als fairer wahrgenommen wird als eine absolute Leistungsbewertung. Sie begründen dies mit der Berücksichtigung von unkontrollierbaren Faktoren bei relativen Leistungsbewertungen und besonders glaubwürdigen externen Vergleichsgrößen. HANSEN/O7/(«@DOORZadjusting for uncontrollable factors. These features are likely to increase the accuracy and perceived fairness of performance evaluation, thereby reducing gaming behaviors and motivDWLRQDOSUREOHPV>«@2QHRIWKHYLUWXHV of RPE284 is that the standard against which performance is judged has an increased degree of legitimacy because it comes from a credible outside source in form of performance that is already being achieved by competitors RURWKHUFRPSDUDEOHXQLWV´285 WEBER argumentiert ähnlich und spricht externen Vergleichswerten ebenfalls eine hohe Plausibilität zu, welche seiner Meinung nach die Durchsetzbarkeit der Ziele stützt.286 Werden absolute Ziele auf Basis externer Benchmarks mit den Zielempfängern partizipativ vereinbart, führt dies bei absoluten Zielen ebenfalls zu einer erhöhten Fairnesswahrnehmung. In diesem Fall ist die Fairnesswahrnehmung von relativen Zielen und absoluten Zielen unter dem Gesichtspunkt von Vergleichsgrößen gleich. Doch während bei relativen Zielen der Vergleich mit anderen Akteuren für die Ableitung der
282
Vgl. Earley/Lind (1987); Korsgaard/Schweiger/Sapienza (1995) und Lind/Kanfer/Earley (1990). Vgl. Hope/Fraser (2003a), S. 123 u. S. 182; Weber (2004), S. 92. RPE: Relative Performance Evaluation; -> Da relative Ziele eine relative Leistungsbewertung beinhalten, sollten die Aussagen auch für relative Ziele gelten. 285 Hansen/Otley/Van der Stede (2003), S. 101 und 106. 286 Vgl. Weber (2004), S. 84ff. 283 284
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
75
Zielhöhe die Regel ist, ist er bei absoluten Zielen nur eine Möglichkeit von vielen.287 Der zweite Vorteil von relativen Zielen, die Berücksichtigung von unkontrollierbaren Faktoren, kommt nur bei gemeinsamer Unsicherheit zum Tragen. Zusammenfassend lässt sich daraus schließen, dass relative Ziele von den Akteuren in den meisten Fällen als fairer wahrgenommen werden als absolute Ziele288 und dass gemeinsame Unsicherheit diesen Effekt noch verstärkt. Unter der Annahme, dass absolute Ziele ohne Benchmarkinformationen definiert werden, lautet die entsprechende Hypothese: H20: Relative Ziele werden von den Akteuren als fairer wahrgenommen als absolute Ziele. Der Effekt ist besonders stark bei gemeinsamer Unsicherheit. Für die weiterführende Wirkung der Fairness auf die Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel, wie sie WENTZEL und andere Autoren postulieren289, wird keine Hypothese formuliert, da die Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel nicht Bestandteil des untersuchten Theoriemodells ist.
6.
Wettbewerb
Die Wirkung von Wettbewerb auf die Arbeitsleistung wird bereits seit langem intensiv erforscht mit zum Teil widersprüchlichen Ergebnissen. STANNE/JOHNSON/JOHN621 NRQVWDWLHUHQ GD]X Ä'HVSLWH WKH SUHYDOHQFH RI FRPSHWLWLRQ LWV YDOXH KDV EHHQ GHEDWHG IRU KXQGUHGV RI \HDUV´290 Vor einer detaillierteren Betrachtung der Literatur zur Wirkung von Wettbewerb vorab jedoch zuerst eine Definition von Wettbewerb.
287
Vgl. Weber (2004), S. 82ff. Die Zielhöhe von absoluten Zielen kann z.B. auf Basis von Vergangenheitswerten, Prognosewerten, Vergleichswerten etc. abgeleitet werden. Vgl. dazu auch Weber/Linder/Hirsch (2004), S. 67; Weber (2004), S. 84ff. und S. 92; Watson (1993), S. 205; Karlöf/Östblom (1994), S. 29. 289 Vgl. Wentzel (2002); Earley/Lind (1987); Korsgaard/Schweiger/Sapienza (1995) und Lind/Kanfer/ Earley (1990). 290 Stanne/Johnson/Johnson (1999), S. 133; ähnlich auch Johnson/Johnson (1989); Kohn (1992). 288
76
6.1
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
Definition von Wettbewerb
Wettbewerb setzt sich nach JOHNSON UND JOHNSON aus drei Basiselementen zusammen:291 1. Einer wahrgenommenen Knappheit (Gewinnmöglichkeiten, Preise etc.), 2. einer innewohnenden Unsicherheit durch relative Bewertungen und 3. einem erzwungenen, sozialen Vergleich. Andere Definitionen von Wettbewerb in der Literatur betrachten häufig nur die Teilelemente eins und/oder drei. MAY/DOOB, SHAW und TJOSVOLD ET AL.292 konzentrieren sich bei ihrer Definition von Wettbewerb verstärkt auf das Element eins Ä:DKUJHQRPPHQH.QDSSKHLW´6LHVHKHQHLQH6LWXDWLRQDOV:HWWEHZHUEDQZHQQGLH individuellen Zielerreichungen der Akteure negativ zueinander korrelieren in der Form: Je besser ein Akteur sein Ziel erreicht, desto schlechter schneiden seine Mitwettbewerber ab. Häufig ist diese Definition verbunden mit Incentivierungen, zum Beispiel der Beste bekommt den Preis X, der Rest einen Trostpreis Y. FESTINGER293 definiert dagegen Wettbewerb im 6LQQHYRQ(OHPHQWGUHLÄ(U]ZXQJH QHUVR]LDOHU9HUJOHLFK´DOV9HUJOHLFKYRn Fähigkeiten und Leistungen zwischen Akteuren ohne einen direkten Bezug zu Zielen oder Incentivierungen. (OHPHQW ]ZHL Ä,QQHZRKQHQGH 8QVLFKHUKHLW GXUFK UHODWLYH %HZHUWXQJHQ´ ZLUG YHU gleichsweise selten bei der Beschreibung von Wettbewerb erwähnt und wurde in dieVHU $UEHLW EHUHLWV LP .DSLWHO Ä&RQWUROODELOLW\´ LQ GHU $EKDQGOXQJ EHU LQGLYLGXHOOH Unsicherheit diskutiert. Alle drei Basiselemente von Wettbewerb geOWHQ LQ GHU EHVFKULHEHQHQ )RUP DXFK IU relative Ziele.294 Damit ist Wettbewerb ein permanenter Bestandteil von relativen Zie-
291 292 293
Vgl. Johnson/Johnson (1989). 9JO0D\'RRE 6KDZ 7MRVYROGHWDO 9JO)HVWLQJHU
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
77
len. Für absolute Ziele stellt Wettbewerb dagegen keinen notwendigen Begleiter dar. Absolute Ziele können sowohl eigenständig ohne Wettbewerb als auch in Verbindung mit Wettbewerb angewendet werden. Der Wettbewerb wird dabei nicht an die absoluten Ziele angepasst, sondern zusätzlich und parallel zu den absoluten Zielen angewendet. Die Wirkung dürfte dabei ähnlich, jedoch nicht notwendigerweise gleich zu der Wirkung des integrierten Wettbewerbs bei relativen Zielen sein. Zusammenfassung: Relative Ziele beinhalten per Definition immer Wettbewerb, während absolute Ziele mit und ohne Wettbewerb angewendet werden können. Die Literatur unterscheidet zwischen direktem Wettbewerb von Akteuren in der laufenden Periode und indirektem Wettbewerb295 gegen Leistungsstandards (Benchmarks), welche sich aus Wettbewerbsanalysen aus der Vergangenheit ergeben. Die Leistungsstandards aus der Vergangenheit repräsentieren für die Akteure bei indirektem Wettbewerb die Leistungsfähigkeit der Wettbewerber.296 Da relative Ziele häufig auf Basis von Benchmarkvergleichen abgeleitet werden und die Ergebnisse der Benchmarkvergleiche in der Mehrzahl der Fälle den Akteuren bekannt sind, gehen relative Ziele häufig mit indirektem Wettbewerb einher. Absolute Ziele hingegen können auf zahlreichen Wegen abgeleitet werden, zum Beispiel auf Basis von Vergangenheitswerten, Prognosewerten, Vergleichswerten (Benchmarks) etc.297 Die Anwendung von indirektem Wettbewerb ist bei absoluten Zielen daher seltener der Fall als bei relativen Zielen.
6.2
Wirkung von Wettbewerb
Die vorgestellten Elemente von Wettbewerb erzeugen bei den Akteuren nach Aussage der Literatur das Bedürfnis, gut abzuschneiden beziehungsweise eine gute Arbeitsleistung zu erbringen. Element eins, um einen ausgeschriebenen limitierten Gewinn zu
294
295
296 297
Die Zielerreichung von Akteuren bei relativen Zielen korreliert negativ zueinander (Element 1), die Zielerreichung ist unsicher durch eine relative Bewertung (Element 2) und ein Vergleich der Arbeitsleistungen von Akteuren ist notwendig (Element 3). Zum Begriff und zur Definition von indirektem Wettbewerb siehe Stanne/Johnson/Johnson (1999), S. 135; Tripathi (1992); Fait/Billings (1978); Ross/Van den Haag (1957). Häufig wird in diesem ZusammeQKDQJDXFKYRQÄ1RUP´JHVSURFKHQ Vgl. Weber (2004), S. 82ff.
78
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
erhalten und Element drei, um das eigene Ä3UHVWLJH6HOEVWELOG´ ]X VFKW]HQ EH]LH KXQJVZHLVH]XYHUEHVVHUQ298(VVSLHOHQGDEHLDOVRVRZRKO|NRQRPLVFKHDOVDXFKVR]L DONRJQLWLYH)DNWRUHQ HLQHZLFKWLJH5ROOH29975,3/(77 VWDUWHWHDOVHUVWHVGLH ZLVVHQVFKDIWOLFKH 8QWHUVXFKXQJ GHV =XVDPPHQKDQJV YRQ :HWWEHZHUE XQG $UEHLWV OHLVWXQJ300(UGRNXPHQWLHUWHHLQHQHUK|KWHQ$UEHLWVHLQVDW]YRQ$NWHXUHQZHQQVLHLQ *HVHOOVFKDIW ZDUHQ LP 9HUJOHLFK ]XP $UEHLWVHLQVDW] GHU $NWHXUH ZHQQ VLH DOOHLQH ZDUHQ9LHOH:LVVHQVFKDIWOHUKDEHQVHLWGHPGLH9RUWHLOHXQGSRVLWLYHQ$XVZLUNXQJHQ YRQ :HWWEHZHUE LQ ]DKOUHLFKHQ 6WXGLHQ QlKHU XQWHUVXFKW (LQH NXU]H =XVDPPHQIDV VXQJGHU(UJHEQLVVHJLEWGLHIROJHQGHhEHUVLFKW 3RVLWLYH$XVZLUNXQJHQXQG9RUWHLOHYRQ:HWWEHZHUE x *HVWHLJHUWHU$UEHLWVHLQVDW] x 'HILQLWLRQDQVSUXFKVYROOHUUHDOLVWLVFKHU/HLVWXQJV]LHOH x 3RVLWLYHV(UOHEQLV6SDDP:HWWEHZHUEVSDQQHQGH+HUDXVIRUGHUXQJ x (UK|KWH6HOEVWUHIOH[LRQXQG(LJHQNRQWUROOH x 3V\FKLVFKH*HVXQGKHLW x 9HUEHVVHUWH]ZLVFKHQPHQVFKOLFKH%H]LHKXQJHQ 'RFK HV JLEW DXFK .ULWLNHU YRQ :HWWEHZHUE ZHOFKH GLH 1DFKWHLOH YRQ :HWWEHZHUE GRPLQLHUHQ VHKHQ %HLVSLHOH IU QHJDWLYH $XVZLUNXQJHQ XQG 1DFKWHLOH YRQ :HWWEH ZHUEDXVGHU/LWHUDWXU302 x 6LQNHQGH3URGXNWLYLWlWXQG(UJHEQLVHUUHLFKXQJ
298
9JO%DLND 0D\'RRE %RQG 5HHYH'HFL )UHGHULFNVRQ 6 Ä7KH H[SHULPHQWDO UHVXOWV VXSSRUW WKH LPSRUWDQFH RI ERWK HFRQRPLF DQGEHKDYLRUDOIDFWRUVGHSHQGLQJRQWKHW\SHRIFRQWUDFWH[DPLQHG´ 300 9JO)UHGHULFNVRQ 6 9JO *QHH]\1LHGHUOH5XVWLFKLQL %URZQ&URZQ6ORFXP )UHGHULFNVRQ 6-RKQVRQ-RKQVRQ 0H\HU*HOODWO\ )HUULV0LWFKHOO 6I*DUODQG )HVWLQJHU 302 9JO6WDQQH-RKQVRQ-RKQVRQ .RKQ 0DHKU0LGJOH\ 299
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
79
x Verschlechterung der Akteursbeziehungen (führt teilweise zu offener Feindschaft) x Psychische Probleme auf Grund von Depression und Versagensängsten x Betrug, Sabotage Die dokumentierten vor- und nachteiligen Auswirkungen von Wettbewerb widersprechen sich zum Teil deutlich. Es lässt sich daher ohne nähere Betrachtung von moderierenden Einflussfaktoren keine allgemeingültige Aussage zur Wirkung von Wettbewerb machen. Dies bestätigen in dieser Form auch BEERSMA ET AL.303, TJOSVOLD ET Al.304, STANNE/JOHNSON/JOHNSON305 und CLIFFORD.306 Man kann jedoch in der Regel davon ausgehen, dass der Prinzipal bei bewusster Anwendung von Wettbewerb diesen möglichst positiv ausgestaltet. Für die vorliegende Arbeit wird im Folgenden daher davon ausgegangen, dass die Vorteile von Wettbewerb stärker zum Tragen kommen als die negativen Auswirkungen von Wettbewerb. Auch in der Empirie wurden, soweit wie möglich, ein Kontext und eine Gestaltung von Wettbewerb gewählt, welche die positive Wirkung von Wettbewerb unterstützten. Am Ende des Kapitels werden dazu wichtige moderierende Einflussfaktoren von Wettbewerb näher besprochen.
6.3
Interaktion von Zielen und Wettbewerb
CAMPBELL/FURRER identifizieren vier mögliche Modelle für die gemeinsame Wirkung von zugewiesenen Zielen und Wettbewerb auf die Arbeitsleistung:307 1. Ä$GGLWLYH+\SRWKHVLV´: Zielschwierigkeit und Wettbewerb wirken beide unabhängig voneinander positiv auf die Arbeitsleistung.
303
Vgl. Beersma et al. (2003) S. 572f. 7MRVYROGHWDO 6Ä'HVSLWHWKHGHEDWH over the value of competition, there is relatively little research clarifying the nature of constructive competition or demonstrating that there are conGLWLRQVXQGHUZKLFKFRPSHWLWLRQFDQEHFRQVWUXFWLYH´ 305 Stanne/Johnson/Johnson (1999), S. 147IÄ7KHUHLVDQHHGIRUUHVHDUch that contrasts the conditions IRUFRQVWUXFWLYHFRPSHWLWLRQ>«@:LWKPRUHVWudies on appropriate competition, increased understanding may be revealed of the nature of appropriate competition and the conditions under which FRPSHWLWLRQLVFRQVWUXFWLYH´ 306 9JO&OLIIRUG 6Ä«@´ Bartol/Durham/Poon führen dazu auch entsprechende Studien und Quellen auf. Harkins/Jackson (1985); Beck/Seta (1980); Seta (1982); Baik (2002a). Vgl. Ferris/Mitchell (1987): Je wichtiger die Vergleichsakteure für die Akteure sind, desto mehr kognitive Aktivitäten und Informationsverarbeitung sind die Folge. Vgl. Lazear/Rosen (1981), S. 841 und Nalebuff/Stiglitz (1983), S. 40. Vgl. Tjosvold et al.(2003). Vgl. Johnson/Johnson (1989); Stanne/Johnson/Johnson (1999).
90
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
x Existierenden Beziehungen zwischen Wettbewerbern. Für einen konstruktiven Wettbewerb sind eine starke, positive Beziehung zwischen den Wettbewerbern und eine gemeinsame Geschichte gegenseitigen Respekts sowie gegenseitige Anerkennung der Kompetenzen wichtig.350 x Geringer Aufgabenkomplexität: BONNER ET AL.351 sehen die Komplexität der Aufgabe als wichtigen Faktor für die Wirksamkeit von Wettbewerb an. Je höher die Komplexität, desto weniger Wirkung zeigt Wettbewerb.352 Eine Erklärung dafür könnte die einseitige Fokussierung der Wettbewerber auf ihre relative Arbeitsleistung sein mit einhergehender Vernachlässigung von Lernen, welches insbesondere bei komplexen Aufgaben die verwendeten Arbeitsstrategien verbessert und damit die Effizienz des Arbeitseinsatzes erhöht.353 BONNER ET AL.354 weisen allerdings auf die Möglichkeit hin, dass dies nur für die untersuchten kurzfristigen Experimente gilt und für die längerfristig orientierten Aufgaben in der Praxis Lernen auch unter Wettbewerb existiert, also der genannte Effekt deutlich vermindert auftritt. Diese Vermutung bestätigen TJOSVOLD ET AL.355 auch empirisch.
7.
Feedback
Feedback ist ein wichtiger Moderator für die Zielwirkung. Nur in Kombination mit Feedback können Ziele signifikant auf die Arbeitsleistung der Akteure wirken (siehe dazu die allgemeinen Ausführungen in Kapitel B7.2). Auswirkung der Zielart auf das Feedback Die Gestaltung des Feedbacks ist in der Praxis bei absoluten und relativen Zielen häufig unterschiedlich. Bei absoluten Zielen ist präzises Feedback innerhalb der Planperiode häufig gegeben. Hat der Akteur seine eigene Arbeitsleistung selbst im Blick, kann er jederzeit seine aktuelle Zielabweichung zum persönlichen oder zugewiesenen Ziel
350
Vgl. Tjosvold et al. (2003). Vgl. Bonner et al. (2000). 352 Vgl. auch Jackson/Williams (1985) oder Stanne/Johnson/Johnson (1999). 353 Vgl. Wood/Atkins/Bright (1999), S. 711. 354 Vgl. Bonner et al. (2000). 351
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
91
ermitteln und seine Arbeitsleistung entsprechend steuern. Bei relativen Zielen gibt der Blick auf die eigene Arbeitsleistung noch keinen Aufschluss über die aktuelle Zielabweichung. Dafür müssten zusätzlich alle aktuellen Leistungen der Vergleichsakteure vorliegen. Doch die zeitnahe und unterperiodige Erhebung dieser Information ist in der Praxis häufig mit erheblichen Problemen356 beziehungsweise Kosten357 verbunden und damit in den meisten Fällen unrentabel. Akteure mit relativen Zielen erhalten daher, im Gegensatz zu Akteuren mit absoluten Zielen, in den meisten Fällen kein präzises Feedback bezüglich der Zielabweichung während der laufenden Periode. Auf den ersten Blick erscheint das unpräzise Feedback bei relativen Zielen negativ, da es als Moderator die Wirkung von anspruchsvollen Zielen reduzieren kann. Auf der anderen Seite verlieren Akteure mit absoluten Zielen jedoch häufig ihre zielinduzierte Motivation, wenn sie ihr Ziel unterperiodig erreichen, was im Fall des unpräzisen Feedbacks bei relativen Zielen nicht passieren kann. Diesen positiven Punkt hatten HOPE/ FRASER wahrscheinlich im Sinn, als sie im Zusammenhang mit Beyond Budgeting die Unsicherheit über die Arbeitsleistung der Wettbewerber als motivierende Größe auswiesen.358 Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse und den beschriebenen gegenläufigen Effekten lässt sich keine spezifische Hypothese zum Einfluss des Feedbacks auf den Zielartenvergleich definieren. Im direkten Vergleich der beiden Zielarten in der Empirie sind aber alle potenziellen Effekte von Feedback mit berücksichtigt. Im nächsten Kapitel E wird die Untersuchungsmethodik zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen vorgestellt. Zuvor werden alle Hypothesen dieser Arbeit noch einmal in der Übersicht dargestellt.
355
Vgl. Tjosvold et al.(2003). +DQVHQ2WOH\9DQGHU6WHGH 6´«PRst companies simply do not have good relative SHUIRUPDQFHGDWD«´ 357 :HEHU/LQGHU+LUVFK 6 I Ä« EHGHXWet, dass relative, benchmarkorientierte Ziele tenGHQ]LHOO DXIZlQGLJHU ]XHUPLWWHOQVLQGDOV±HLQPDOLJIUHLQH3HULRGHIRUPXOLHUWH±DEVROXWHEHL denen dieser Aufwand der permanenten Vergleichbarkeitsherstellung entfällt. Allein schon die (permanente) Bereitstellung der benötigten Vergleichsdaten in einer adäquaten inhaltlichen Verdichtung erweist sich, wenn nicht als schwierig, dann als teuer. Die Bereinigung von spezifischen Sondereinflüssen dürfte ebenfalls schwierigE]ZDXIZlQGLJ]XHU]LHOHQVHLQ´ 358 +RSH)UDVHUD 6Ä,WLVWKHXQFHUWDLQW\WKDWGULYHVVXFFHVV´ 356
92
8.
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
Zusammenfassung der Hypothesen
Grundmodell der Goal-Setting-Theorie H1:
Die Zielhöhe der zugewiesenen Ziele beeinflusst die Zielhöhe der persönlichen Ziele positiv.
H2:
Die Zielhöhe der persönlichen Ziele beeinflusst die Arbeitsleistung der Akteure positiv.
H3:
Self-Efficacy beeinflusst die Arbeitsleistung der Akteure positiv.
H4:
Self-Efficacy beeinflusst die Zielhöhe der persönlichen Ziele der Akteure positiv.
H5:
Die Zielhöhe der zugewiesenen Ziele beeinflusst die Self-Efficacy positiv.
H6:
Die Fähigkeiten der Akteure beeinflussen die Arbeitsleistung positiv.
H7:
Die Fähigkeiten der Akteure beeinflussen die Self-Efficacy positiv.
H12: Das Grundmodell der Goal-Setting-Theorie gilt für absolute und relative Ziele. Erweitertes Grundmodell der Goal-Setting-Theorie H8:
Die Position PZZ beeinflusst die Arbeitsleistung positiv.
H9:
Die Zielhöhe des persönlichen Ziels beeinflusst die Position PZZ negativ.
H10: Die Self-Efficacy beeinflusst die Position PZZ positiv. H11: Die Ergänzung des Grundmodells um GLH Ä3RVLWLRQ GHV SHUV|QOLFKHQ =LHOV LP =LHOV\VWHP´HUP|JOLFKWHLQHEHVVHUH Erklärung der Arbeitsleistung der Akteure (erhöhtes R2 im Vergleich zum einfachen Grundmodell). H13: Der positive Einfluss der Zielhöhe der zugewiesenen Ziele auf die Self-Efficacy ist bei relativen Zielen geringer als bei absoluten Zielen.
Teil D
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
93
Unsicherheit, Kontextveränderungen und Fairness H14a: Bei absoluten Zielen beeinflusst eine gemeinsame Unsicherheit die SelfEfficacy, die persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung der Akteure negativ. H14b: Bei relativen Zielen hat eine gemeinsame Unsicherheit keinen Einfluss auf die Self-Efficacy, die persönlichen Ziele und die Arbeitsleistung der Akteure. H15: Bei hoher gemeinsamer Unsicherheit führen relative Ziele zu einer höheren Self-Efficacy, höheren persönlichen Zielen und einer höheren Arbeitsleistung als absolute Ziele. H16: Je risikoaverser die Akteure sind, desto größer ist der positive Effekt von relativen versus absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung von Akteuren bei vorliegen der gemeinsamer Unsicherheit. H17a: Bei absoluten Zielen beeinflusst eine unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderung die Arbeitsleistung negativ.359 H17b: Bei relativen Zielen haben unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderungen keinen Einfluss auf den Arbeitseinsatz und die Arbeitsleistung.360 H17b: Bei relativen Zielen haben unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderungen keinen Einfluss auf die Arbeitsleistung.361 H18: Wenn bedeutende unvorhergesehene gemeinsame Kontextveränderungen auftreten, führen relative Ziele zu einer höheren Arbeitsleistung als absolute Ziele. H19: Je transparenter Kontextveränderungen vorliegen, desto geringer ist der negative Effekt von unvorhergesehenen gemeinsamen Kontextveränderungen auf die Arbeitsleistung bei absoluten Zielen.
359 360
361
Im Vergleich zu der Berücksichtigung der Kontextveränderung im Vorfeld der Zielsetzung. Die Hypothese bezieht sich ausschließlich auf die Veränderung der Arbeitsleistung durch einen veränderten Arbeitseinsatz und nicht auf die direkt durch die Kontextveränderung bedingte Veränderung der Arbeitsleistung. Im Vergleich zu der Berücksichtigung der Kontextveränderung im Vorfeld der Zielsetzung.
94
Relative und absolute Ziele im Wirkungsvergleich
Teil D
H20: Relative Ziele werden von den Akteuren als fairer wahrgenommen als absolute Ziele. Der Effekt ist besonders stark bei gemeinsamer Unsicherheit. Direkter und indirekter Wettbewerb H21: Direkter Wettbewerb beeinflusst die Arbeitsleistung der Akteure positiv. H22: Indirekter Wettbewerb beeinflusst die Arbeitsleistung der Akteure positiv, die Wirkung ist dabei schwächer als beim direkten Wettbewerb. H23: Direkter Wettbewerb beeinflusst die Zielhöhe der persönlichen Ziele positiv. H24: Indirekter Wettbewerb beeinflusst die Zielhöhe der persönlichen Ziele und die Self-Efficacy positiv.362 H25: Relative Ziele führen im Vergleich zu absoluten Zielen zu höheren persönlichen Zielen und einer höheren Arbeitsleistung. H26: Je ausgeprägter die Wettbewerbseinstellung, desto positiver ist die Wirkung von relativen Zielen im Vergleich zu absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung.
362
Der Einfluss des indirekten Wettbewerbs auf die Arbeitsleistung ist bereits Bestandteil der Hypothese 22 und wird daher an dieser Stelle nicht noch einmal berücksichtigt.
Teil E
E
Methodische Konzeption der Untersuchung
95
Methodische Konzeption der Untersuchung
Zur empirischen Überprüfung der definierten Hypothesen werden im Folgenden das Laborexperiment als geeignete Forschungsmethode ausgewählt und begründet sowie der Aufbau und die Durchführung der empirischen Untersuchung inklusive Operationalisierung der Konstrukte detailliert beschrieben. Am Ende des Kapitels folgt eine kurze Einführung in die verwendeten quantitativen Analyseverfahren.
1.
Auswahl der Forschungsmethode
Für die empirische Untersuchung der Hypothesen wurde als Methode das Laborexperiment363 ausgewählt, da es sich zum einen besonders gut für die Untersuchung von Unterschiedshypothesen eignet, 364 welche durch die zentrale Fragestellung der Arbeit ÄUHODWLYH YHUVXV DEVROXWH =LHOH´ LP 9Rrdergrund der Untersuchung stehen und zum DQGHUHQ LP 9HUJOHLFK ]X DOWHUQDWLYHQ )Rrschungsmethoden, durch seine zahlreichen Möglichkeiten Störvariablen zu eliminieren, das höchste Maß an interner Validität bietet.365 (LQH KRKH LQWHUQH 9DOLGLWlW LVW EHVRnders bei der Untersuchung von vergleichsweise unbekannten Wirkungszusammenhängen, wie in diesem Fall der Wirkung von relativen Zielen auf die Arbeitsleistung, wichtig. Denn erst wenn die interne 9DOLGLWlWGHU:LUNXQJXQWHUUHLQHQÄXQYHUVFKPXW]WHQ´9HUVXFKVEHGLQJXQJHQQDFKJH ZLHVHQLVWPDFKWHV6LQQGLHH[WHUQH9Dlidität (Allgemeingültigkeit der Wirkung) in der facettenreichen Praxis näher zu untersuchen. Die folgende Abbildung 13 von BORTZ/DÖRING stellt die interne und exWHUQH 9DOLGLWlW GHU YHUVFKLHGHQHQ )RU schungsmethoden einander gegenüber. Es zeigt sich, dass insbesondere das Laborex-
363
Das Laborexperiment ist eine wissenschaftliche Methode, mit der Kausalzusammenhänge zwischen 9DULDEOHQHPSLULVFKLQHLQHPNQVWOLFKHQ8PIHOG(Labor) überprüft werden. Im Laborexperiment ZHUGHQ VWHWV HLQH RGHU PHKUHUH XQDEKlQJLJH 9DULDElen (Ursachen) systematisch variiert und der dadurch hervorgerufene Effekt (WLUNXQJ DXIHLQHRGHUPHKUHUHDEKlQJLJH9DULDEOHQHUIDVVWZlK UHQGGLHEULJHQDP*HVFKHKHQEHWHLOLJWHQ9DULDEOHQNRQVWDQWE]ZXQWHU.RQWUROOHJHKDOWHQZHU den. 364 9JO%RUW]'|ULQJ II 365 9JO%RUW]'|ULQJ 6II6SULQNOH 6I
96
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
periment eine sehr hohe interne Validität besitzt und sich somit für unsere Arbeit besonders eignet. Experimentell
Quasiexperimentell
Feld
Interne Validität + Externe Validität +
Interne Validität Externe Validität +
Labor
Interne Validität +(+) Externe Validität -
Interne Validität Externe Validität -
Abbildung 13: Validität der verschiedenen Forschungsmethoden366
+(+) : +: -:
Die angegebene Validität ist bei dieser Methode besonders hoch Die angegebene Validität ist bei dieser Methode hoch Die angegebene Validität ist bei dieser Methode niedrig
In der ursprünglichen Abbildung von BORTZ/DÖRING367 ist die interne Validität von Laborexperimenten mit einem einfachen Plus gekennzeichnet, wie auch die interne Validität von Feldexperimenten. Die Autoren weisen im Text zur Abbildung allerdings explizit auf den Vorteil von Laborexperimenten gegenüber Feldexperimenten bezüglich der internen Validität hin. BORTZ/DÖ5,1* Ä'LHVHU 9RUWHLO >YRQ )HOGH[SHUL menten gegenüber Laborexperimenten bezüglich externer Validität] geht allerdings zu Lasten der internen Validität, denn die Natürlichkeit des Untersuchungsfeldes beziehungsweise die nur bedingt mögliche Kontrolle störender Einflussgrößen lässt häufig mehrere gleichwertige ErklärungsalternativHQGHU8QWHUVXFKXQJVEHIXQGH]X>«@'LH strikte Kontrolle untersuchungsbedingter Störvariablen macht Laboruntersuchungen zu Untersuchungen mit hoher LQWHUQHU9DOLGLWlW«´368. Auch SPRINKLE kommt 2003 zu dem Schluss, dass unabhängige und abhängige Variablen im Feld häufig nur unpräzise gemessen werden können und die untersuchten Effekte nicht von anderen Effekten (wie Selbstselektion, sample-selection biases etc.) getrennt weUGHQ N|QQHQ Ä&ROOHF tively, these weaknesses can jeopardize the internal validity, construct validity, and
366
367 368
In Anlehnung an Bortz/Döring (2003), S. 61, lediglich das + in Klammern wurde auf Basis der Textaussagen von Bortz/Döring ergänzt. Bortz/Döring (2003), S. 61. Bortz/Döring (2003), S. 60f.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
97
statistical conclusion validity of archival and field studies. Controlled laboratory expeULPHQWVKHOSRYHUFRPHWKHVHOLPLWDWLRQV«´369 Laborexperimente sind in der angelsächsischen Forschung seit langem etabliert und anerkannt370 und in der psychologischen und sozialpsychologischen Literatur weit verbreitet.371 Als Experiment-Design wurde für diese Arbeit ein Mehrgruppenvergleich mit Vor- und Nachtest ausgewählt (multiple-groups, pretest-posttest design), welcher die zuverlässigsten Ergebnisse bei Experimenten liefert.372 Die Zuordnung der Teilnehmer zu den verschiedenen Versuchsgruppen erfolgt dabei nach dem Zufallsprinzip (Randomisierung), um personenbezogene Störeffekte in ihrer Wirkung zu eliminieren.373
2.
Übersicht der verwendeten Konstrukte (Bezugsrahmen)
Die Abbildung 14 gibt einen Überblick über den konzeptionellen Bezugsrahmen der Empirie und beinhaltet alle Variablen, welche in den definierten Hypothesen der Arbeit verwendet werden. Manipulierte Variablen
Kontext
Externe Faktoren ± *HP8QVLFKHUKHLW ± *HP.RQWH[W YHUlQGHUXQJHQ
Akteurspezifische Faktoren ± )lKLJNHLWHQ ± :HWWEHZHUEV einstellung ± 5LVLNRHLQVWHOOXQJ
Gestaltung
Zielart
(relativ vs. absolut) Zielhöhe zugewiesenes Ziel Direkter Wettbewerb
Mediatoren
Self-Efficacy Zielhöhe persönliches Ziel
Zielverpflichtung
zum pers. Ziel Indirekter Wettbewerb Position pers. Ziel im Zielsystem
Fairnesswahrnehmung
Abbildung 14: Konzeptioneller Bezugsrahmen für die Empirie
369 370 371
Sprinkle (2003), S. 288ff. Vgl. Moser (1998), S. 98ff.; Camerer (1995), S. 3ff. Vgl. Locke/Latham (1990).
Messvariablen
Erfolg
Arbeitsleistung
98
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Die Variablen in Abbildung Abbildung 14 sind bereits für die empirische Untersuchung im Laborexperiment eiQJHWHLOW LQ Ä0DQLSXOLHUWH 9DULDEOHQ´ XQG Ä0HVVYDULDE OHQ´
3.
Versuchsaufbau
Zur empirischen Untersuchung der definierten Unterschiedshypothesen374 und Zusammenhangshypothesen375ZXUGHLP0DL-XQLHLQ/Dborexperiment an der TechniVFKHQ8QLYHUVLWlW%HUOLQGXUFKJHIKUW
3.1
Teilnehmer
$Q GHP ([SHULPHQW QDKPHQ PlQQOLFKH 6WXGHQWHQ DXV YHUVFKLHGHQHQ )DFKULFK WXQJHQGHU7HFKQLVFKHQ8QLYHUVLWlW%HUOLQWHLO'DLQVJHVDPWVHFKV)UDJHE|JHQIDOVFK ausgefüllt wurden,376 reduzierte sich die Anzahl der Teilnehmer für die Auswertung auf 'DVGXUFKVFKQLWWOLFKH$OWHUGHU7HLOQHKPHUODJEHL-DKUHQ6WDQGDUG DEZHLFKXQJ XQGVLHVWXGLerten im Durchschnitt bereits6HPHVWHU6WDQGDUG DEZHLFKXQJ *UQGHIUGLH%HVFKUlQNXQJDXImännliche Studenten der Technischen Universität Berlin waren insbesondere: x Das Geschlecht ist eine wichtige moderierende 9DULDEOH IU GLH :LUNXQJ YRQ Wettbewerb und damit auch füUUHODWLYH=LHOHVLHKH.DSLWHO' 'DGHU8QWHU VXFKXQJVXPIDQJ NHLQH 8QWHUVXFKXQJGHU 9DULDEOH *HVFKOHFKW ]XOlVVW EHVFKUlQNW VLFKGDV([SHULPHQWDXI0lQQHUGDGLHVH]DKOUHLFKHUDQGHU7HFKQLVFKHQ8QLYHUVL WlW%HUOLQYHUWUHWHQVLQG$QWHLOIDVW3UR]HQW
9JO6KDGLVK&RRN&DPSEHOO %RUW]'|ULQJ 6I 9JO%RUW]'|ULQJ 66KDGLVK&RRN&DPSEHOO II 374 9JO%RUW]'|ULQJ +\SRWKHVHZHOFKHVLFKDXIGLH:LUNVDPNHLWHLQHU0DQDKPHRGHUHLQHV 7UHDWPHQWV EH]LHKW ]% $QZHQGXQJ YRQ UHODWLYHQ =LHOHQ LP 8QWHUVFKLHG ]X NHLQHQ =LHOHQ RGHU DEVROXWHQ=LHOHQ 375 9JO%RUW]'|ULQJ +\SRWKHVHEHU=XVDPPHQKlQJHYRQ9DULDEOHQ]%]XJHZLHVHQH=LH OH SHUV|QOLFKH =LHOH XQG $UEHLWVOHLVWXQJ NRUUHOLHUHQ =XVDPPHQKDQJ VDJW ]XQlFKVW QLFKWV EHU .DXVDOEH]LHKXQJDXV 376 'LH$XIJDEHZXUGHQLFKWULFKWLJYHUVWDQGHQRGHUGLHJHPDFKWHQ$QJDEHQZDUHQLQNRQVLVWHQWXQG XQSODXVLEHO 373
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Methodische Konzeption der Untersuchung
99
x Studenten als Versuchsteilnehmer sind in der psychologischen und sozialpsychologischen Literatur weit verbreitet und anerkannt. Sie sind vergleichsweise leicht erreichbar und gelten als relativ homogen. Um die externe Validität zu erhöhen, wurden alle Studiengänge zugelassen.377 x Die Technische Universität Berlin wurde aus logistischen Gründen ausgewählt. Für eine mögliche Auswirkung der Standortwahl auf das Ergebnis der Empirie gibt es keine Hinweise. Somit können die Ergebnisse auf alle männlichen Studenten in Deutschland übertragen werden. Die Teilnehmer wurden nach ihren terminlichen Möglichkeiten und per Zufallsprinzip auf 15 verschiedene Versuchsgruppen aufgeteilt (das genaue Untersuchungsdesign wird in Kapitel E3.3 beschrieben), was einer durchschnittlichen Gruppengröße von ca. 20 entspricht. Für die freiwillige Teilnahme am Experiment erhielt jeder Teilnehmer am Ende des Experiments einen 5-Euro-Schein und ein Überraschungsei, unabhängig von der persönlichen Arbeitsleistung. Auf eine leistungsbasierte Incentivierung wurde bewusst verzichtet, da die Wirkung von Zielen und Incentivierungen interagieren können (siehe Kapitel B7.4).
3.2
Aufgabe
Bei der Betrachtung der Kontextfaktoren der Zielwirkung und der Wettbewerbswirkung weiter oben wurde auf die Bedeutung der Aufgabenkomplexität als Moderator hingewiesen. Je höher die Aufgabenkomplexität ist, desto schwächer ist die Wirkung der Zielschwierigkeit und des Wettbewerbs auf die Arbeitsleistung (siehe Kapitel B7 und D6.4.4). Für den Fall, dass diese Moderation auch für die untersuchte Wirkung der Zielart gilt, wurde eine einfache Aufgabe ausgewählt, um einen potenziellen Wirkungszusammenhang möglichst signifikant nachweisen zu können.
377
Eine Beschränkung der Untersuchung auf Studenten ist nicht pauschal mit einer geringen externen Validität verbunden. Nach Dipboye/Flanagan (1979) sind Laborexperimente in Bezug auf die Auswahl der Akteure, Umweltbedingungen und das zu untersuchende Verhalten von Akteuren genauso SUDJPDWLVFKDXVJHULFKWHWZLHGLHHPSLULVFKH)HOGIRUVFKXQJ'LSER\H)ODQDJDQ 6Ä,Q deed, if laboratory research can be described as having developed a psychology of the college sophomore, then field research can be described as having produced a psychology of the self-report by male, professional, technical, and managerial SHUVRQQHOLQSURGXFWLYHHFRQRPLFRUJDQL]DWLRQV´
100
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
x WOOD/MENTO/LOCKE führen als Beispiele für einfache Aufgaben mit hoher Zielwirkung die folgenden vier Aufgabenkategorien auf:378 Reaktionsaufgaben, Brainstorming, einfache Rechenaufgaben und Wahrnehmungs-/Geschwindigkeitsaufgaben. x BONNER/HASTIE/SPRINKLE/YOUNG identifizieren in ihrer Untersuchung der Wirkung von finanziellen Incentives auf die Arbeitsleistung der Akteure folgende drei Aufgabenkategorien alV ÄHLQIDFK´ XQG GDPLW IU 0RWLYDWLRQVXQ tersuchungen besonders geeignet:379 Wachsamkeits-/Entdeckungsaufgaben, Gedächtnisaufgaben und einfache Produktions- und Bürotätigkeit. Auf Basis dieser Empfehlungen wurde als Aufgabe für das Experiment die Katalogsuchaufgabe von BARTOL/DURHAM/POON380 und GREENBERG381 ausgewählt. Sie fällt unter die Kategorien Wahrnehmung/Geschwindigkeit, Wachsamkeit/Entdeckung und Bürotätigkeit und ist einfach zu verstehen und auszuführen. Zudem erlaubt sie eine gute Manipulation der Gestaltungs- und Kontextvariablen und ermöglicht eine Verschleierung der Intentionen des Experiments vor den Teilnehmern (mehr dazu weiter unten). Beschreibung der Aufgabe Aufgabe der Teilnehmer war es, Preise aus einem Produktkatalog herauszusuchen und in eine vorbereitete Einkaufsliste einzutragen. Der Produktkatalog, der für alle Teilnehmer gleich war, bestand aus einer einfachen unsortierten Tabelle mit Produkten und dazugehörigen Preisen. Die Einkaufsliste, welche ebenfalls für alle Teilnehmer gleich war, listete eine Auswahl von Produkten aus dem Produktkatalog ohne Preise DXIXQGZDUQXPPHULHUW«Q 'Le Nummerierung der Einkaufsliste ermöglichte es den Teilnehmern, während der Zielverfolgung jederzeit ihre aktuelle absolute Arbeitsleistung abzulesen. Die Teilnehmer wurden dazu gebeten, die gesuchten Preise in der Reihenfolge der aufgeführten Produkte in die Einkaufsliste einzutragen. Um die Teilnehmer von den wahren Intentionen des Experiments abzulenken und eine unbe-
378 379 380 381
Vgl. Wood/Mento/Locke (1987), S. 418. Vgl. Bonner et al. (2000). Vgl. Bartol/Durham/Poon (2001), S. 1109. Vgl. Greenberg (1987), S. 56.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
101
wusste oder bewusste Manipulation der Ergebnisse durch die Studenten zu verhindern, wurde den Teilnehmern im Vorfeld der Aufgabe mitgeteilt, dass das Experiment der Optimierung von Produktkatalogen dient. In einem Pilotversuch wurde die Aufgabe an 25 Studenten getestet. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden der Produktkatalog, die Einkaufsliste, die Fragebögen und die Aufgabenbeschreibung überarbeitet und verbessert.
3.3
Untersuchungsdesign
Auf Grund der großen Anzahl an zu manipulierenden Variablen konnten nicht alle Variablen mit allen Ausprägungen in allen Kombinationen untersucht werden. Daher wurden, an Stelle eines großen Experiments, drei kleine Experimente mit ausgewählten Variablen durchgeführt. Dieses Vorgehen reduzierte die notwendige Anzahl an Versuchsteilnehmern deutlich, bei nur geringem Erkenntnisverlust.382 In einem ersten Experiment mit 121 Studenten wurde die Wirkung der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung für relative und absolute Ziele in einem 3x2-Experiment untersucht. Es wurden dabei anspruchsvolle, moderate und leichte Ziele verwendet, deren Wahrscheinlichkeit, dass die Akteure das jeweilige Zielniveau erreichen können, bei 10 Prozent, 30 Prozent und 75 Prozent liegt.
Zielschwierigkeit 10%
30%
75%
Relatives Ziel
1
2
3
Absolutes Ziel
4
5
6
Zielart
Abbildung 15: Aufbau Experiment 1
382
Ein großes Experiment würde die Untersuchung zusätzlicher Interaktionen erlauben, für welche es aber keine Indizien in der Literatur und keine Hypothesen gibt, z.B. Interaktion der Wirkung von Wettbewerb und Unsicherheit auf die Arbeitsleistung.
102
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Gegenstand des zweiten Experiments mit 160 Studenten war die Untersuchung der unterschiedlichen Wirkung von relativen und absoluten Zielen auf die Arbeitsleistung mit und ohne gemeinsame Unsicherheit sowie mit und ohne (unvorhergesehene) gemeinsame Kontextveränderungen in einem 2x2x2-Experiment. Mit einer moderaten Zielschwierigkeit von 30 Prozent (Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung) konnten zwei Versuchsgruppen aus Experiment 1 übernommen werden und mussten nicht noch einmal erhoben werden (dunkel schattiert).
Gemeinsame Unsicherheit und gemeinsame Kontextveränderung Sicherheit
Unsicherheit
Stabil
KV
Stabil
KV
Relatives Ziel
2
7
8
9
Absolutes Ziel
5
Stabil = Keine Kontextveränderungen KV = Gemeinsame Kontextveränderung Versuchsgruppen aus Experiment 1 übernommen
Zielart 10
11
12
Abbildung 16: Aufbau Experiment 2
Im dritten Experiment mit 100 Studenten wurde die unterschiedliche Wirkung von relativen und absoluten Zielen mit und ohne direktem und/oder indirektem Wettbewerb in einem 2x2x2-Experiment untersucht. Dabei konnten nicht alle Kombinationen aller manipulierten Variablen sinnvoll untersucht werden, da zum Beispiel relative Ziele automatisch direkten Wettbewerb beinhalten und daher nicht ohne diesen getestet werden können. Auf eine Versuchsgruppe wurde zudem bewusst verzichtet, um die Anzahl an notwendigen Teilnehmern auf ca. 300 zu reduzieren.383 Wieder konnten zwei Versuchsgruppen aus Experiment 1 übernommen werden und mussten nicht noch einmal neu erhoben werden.
383
Eine zusätzliche Versuchsgruppe mit absoluten Zielen und direktem und indirektem Wettbewerb hätte in Bezug zu den aufgestellten Hypothesen keine zusätzlichen Erkenntnisse ermöglicht, denn die ausgewählten Versuchsgruppen erlauben bereits eine ausreichend genaue Untersuchung der Wirkung von direktem Wettbewerb (Versuchsgruppen 5 und 14) und indirektem Wettbewerb (Versuchsgruppen 2 und 13 sowie 5 und 15) auf die Arbeitsleistung.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
103
Wettbewerb Dir. + ind. Wettb.
Zielart
Relatives Ziel
Nur Nur Kein direkter indirekter Wettb. Wettb. Wettb.
2
Versuchsgruppen aus Experiment 1 übernommen
13 Kombination nicht möglich
Absolutes Ziel
5
14
15
Abbildung 17: Aufbau Experiment 3
Im Ergebnis konnte durch intelligente Überlappungen der Experimente (Versuchsgruppen 2 und 5, in den Abbildungen etwas dunkler schattiert) die Anzahl an Versuchsgruppen auf 15 reduziert werden.
3.4
Durchführung
Die teilnehmenden Studenten wurden per Aushang und persönlicher Ansprache im Vorfeld der Untersuchung auf freiwilliger Basis für das Experiment rekrutiert und durften aus einer gegebenen Auswahl von Terminen ihren persönlichen Wunschtermin auswählen. Für die Anmeldung und die Vorbereitung des Experiments mussten die Studenten ihren Namen, ihr Alter, ihren Studiengang, ihr Semester und ihre persönlichen Kontaktdaten angeben. Insgesamt gab es 25 Termine, an denen durchschnittlich 12,3 Studenten pro Termin teilnahmen. Die Zuordnung der 15 Versuchsgruppen zu den Terminen war zum Teil abhängig von der Anzahl an Anmeldungen384 und zum Teil zufällig. Um einen eventuellen Einfluss des Versuchsleiters auf die Versuchsergebnisse so weit wie möglich zu reduzieren, wurde der Ablauf des Experiments im Vorfeld der Untersuchung detailliert geplant und mit Hilfe des vorab durchgeführten Piloten optimiert. Ein genaues Ablaufprotokoll und schriftlich vorformulierte Einweisungen sorgten für ein identisches Auftreten des Versuchsleiters zu allen Terminen. Bei Ankunft der Teilnehmer zum Experiment in einem dafür bereitgestellten Hörsaal wurde ihnen nach Nennung ihres Namens ihre Arbeitsvorlage gereicht, und sie mussten sich mit ausreichendem Abstand zu allen anderen Teilnehmern an einen Arbeits-
384
Die Versuchsgruppen mit direktem Wettbewerb wurden bevorzugt zu vollen Terminen durchgeführt, um eine ausreichende Anzahl DQÄ:HWWEHZHUEHUQ´VLFKHU]XVWHOOHQ
104
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
platz setzen. Die Arbeitsvorlagen und die zugewiesenen Ziele wurden per Zufallsverfahren auf die Teilnehmer verteilt. Um die Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel zu erhöhen, wurde den Teilnehmern jedoch kommuniziert, dass ihre Arbeitsunterlagen und zugewiesenen Ziele individuell auf Basis ihrer demographischen Angaben bei der Anmeldung für sie vorbereitet wurden.385 Nach einer kurzen Einweisung in die Aufgabe hatten die Studenten 4 Minuten Zeit, die Aufgabe zu üben. Dabei wurden sie gebeten, so viele Preise wie möglich zu finden. Nach Abschluss der Aufwärmübung bekamen die Studenten ihre (nur dem Anschein nach) individuellen Ziele für die nächste Übung und mussten den ersten Fragebogen zur Fairnesswahrnehmung, dem persönlichen Ziel, der Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel, der Position des persönlichen Ziels im Zielsystem und der Self-Efficacy ausfüllen. Sobald alle Studenten den Fragebogen vollständig ausgefüllt hatten, wurde das gemeinsame Startzeichen für die 9 Minuten lange Hauptübung gegeben. Nach 3, 6, 7 und 8 Minuten gab es dabei jeweils kurze Zeitansagen (Ausnahmen von dieser Regel werden weiter unten erläutert). Danach mussten alle Teilnehmer einen zweiten Fragebogen zur Wettbewerbseinstellung, Risikoeinstellung und Manipulationsüberprüfung ausfüllen und erhielten im Anschluss ihren 5-Euro-Schein und ihr Überraschungsei. Die Studenten wurden darauf hingewiesen, mit niemandem über die genauen Inhalte und den Ablauf des Experiments zu sprechen, bis die komplette Untersuchungsreihe beendet ist.
3.5
Manipulation der Gestaltungs- und Kontextvariablen
Zielart Studenten mit relativen Zielen erhielten in der Regel zusammen mit ihren Zielen eine Benchmarkübersicht über die Leistungen von anderen Studenten in der Vergangenheit. Diese zusätzliche Information dürfte der üblichen Praxis in den Unternehmen entsprechen, relative Ziele auf Basis von Benchmarkanalysen abzuleiten und die Ziele gemeinsam mit den Ergebnissen der Benchmarkanalyse den Akteuren zu kommunizie-
385
Die Zielakzeptanz und damit auch die Zielverpflichtung hängt unter anderem davon ab, ob die Akteure das Ziel als sinnvoll empfinden und ob sie die Zielentstehung nachvollziehen können und sie als fair bewerten (siehe dazu Kapitel C1 und C4).
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
105
ren.386 Die Ziele für die Studenten wurden per Hand mit blauem Stift eingetragen, um den Eindruck von individuell abgeleiteten Zielen zu verstärken. Im Folgenden ein Beispiel für ein konkretes relatives Ziel im Experiment:
IHR INDIVIDUELLES LEISTUNGSZIEL Analysen auf Basis bisheriger Untersuchungen haben unter Berücksichtigung ihrer Daten (Geschlecht, Alter, Studiengang, Semester etc.) ergeben, dass Sie bei dieser Aufgabe zu den besten 30 % gehören sollten. Ihr Ziel: In der nächsten Runde zu den besten 30 % in diesem Raum zu gehören!
ZEIT Sie haben diesmal genau 9 Minuten Zeit für die Aufgabe. (Aufwärmen waren nur 4 Minuten)
Hinweis: Ergebnisse aus der Vergangenheit zeigen, dass: 100 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 10% entspricht 85 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 30% entspricht 75 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 50% entspricht 65 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 75% entspricht
Abbildung 18: Beispiel für ein konkretes relatives Ziel im Experiment
Studenten mit absoluten Zielen erhielten in der Regel keine Benchmarkinformation387 und wurden gebeten, bei zwischenzeitlicher Zielerreichung ruhig sitzen zu bleiben und abzuwarten, bis die offizielle Zeit vorbei ist. Diese Prozedur hielt die Wichtigkeit der zugewiesenen Ziele auf hohem Niveau, da nicht nach einer zusätzlichen Arbeitsleis-
386
387
Werden relative Ziele über mehrere Intervalle angewendet, muss zur Bestimmung der Zielerreichung regelmäßig ein Benchmarkvergleich durchgeführt werden. Es ist anzunehmen, dass dieser Benchmarkvergleich gleichzeitig immer als Basis zur Zielableitung für die nächste Periode dient und den Akteuren auch kommuniziert wird. Vgl. auch Weber/Linder/Hirsch (2004), welche in diesem Zusammenhang von relativen, benchmarkorientierten Zielen schreiben. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, absolute Ziele abzuleiten; vgl. Weber (2004), S. 82ff.: z.B. auf Basis von Vergangenheitswerten, Prognosewerten, Vergleichswerten (Benchmarks) oder normativen Schätzungen. Weber (2002), S. 247: Ein sehr häufig gewähltes Vorgehen in der Praxis ist, die Zielhöhe auf Prognosen aufzubauen. Daher wird für den Normalfall von absoluten Zielen in der Untersuchung keine Benchmarkinformation integriert.
106
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
tung über das zugewiesene Ziel hinaus gefragt wurde388, erlaubte es aber den Studenten gleichzeitig, auf freiwilliger Basis weiterzuarbeiten. Um direkten Wettbewerb bei absoluten Zielen zu verhindern, wurde explizit darauf hingewiesen, dass es keinen Vergleich von Ergebnissen zwischen Akteuren gibt. Die absoluten Ziele für die Studenten wurden ebenfalls per Hand mit blauem Stift eingetragen. Im Folgenden ein Beispiel für ein konkretes absolutes Ziel im Experiment:
IHR INDIVIDUELLES LEISTUNGSZIEL Analysen auf Basis bisheriger Untersuchungen haben unter Berücksichtigung ihrer Daten *HVFKOHFKW$OWHU6WXGLHQJDQJ6HPHVWHUHWF HUJHEHQGDVV85 3UHLVHYRQIHKOHQGHQ HLQ anspruchsvolles aber erreichbares Ziel für Sie ist. Ihr Ziel: Für 85 Produkte den richtigen Preis ausfindig zu machen!
IHRE ZEIT Sie haben genau 9 Minuten Zeit, um ihr Ziel zu erreichen. $XIZlUPHQZDUHQQXU0LQXWHQ
:HQQ6LHLKU=LHOYRU$EODXIGHU=HLWHUUHLFKWKDEHQ± *5$78/$7,21± GDQQVLQG6LHIHUWLJ Bitte bleiben Sie ruhig sitzen und warten Sie auf das offizielle Ende. Sie können aber auch, wenn Sie wollen, noch weiter an der Aufgabe arbeiten und weitere Preise ausfindig machen. Die Ergebnisse bei dieser Aufgabe werden individuell für jede einzelne Person ausgewertet. (LQ9HUJOHLFKPLWDQGHUHQ7HLOQHKPHUQILQGHWQLFKW statt.
Abbildung 19: Beispiel für ein konkretes absolutes Ziel im Experiment
Zielhöhe/Zielschwierigkeit Um einen signifikanten Einfluss der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung beREDFKWHQ ]X N|QQHQ HPSILHKOW VLFK QDFK /2&.(/$7+$0 HLQ 9HUJOHLFK YRQ DQ spruchsvollen Zielen, welche nur 10 Prozent der Akteure erreichen können, mit einfa-
388
9JO/RFNH/DWKDP 6X:HQQ$NWHXUHQDFK]XVlW]OLFKHU$UEHLWVOHLVWXQJEHULKU Ziel hinaus gefragt werden, reduziert sich die Wichtigkeit des zugewiesenen Ziels und die Zielverpflichtung nimmt ab. Zudem wird eine Überprüfung der Wirkung der Zielhöhe der zugewiesenen Ziele auf abhängige Variablen verwässert.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
107
chen Zielen, welche 50 Prozent oder mehr der Akteure erreichen können.389 Die optimale Zielschwierigkeit von 10 Prozent bei absoluten Zielen befindet sich jedoch bereits sehr nahe an der Überforderung der Akteure und könnte bei relativen Zielen (siehe Kapitel D2) eventuell schon im suboptimalen Überforderungsbereich liegen. Daher wurden die meisten Untersuchungen (Experimente 2 und 3) mit der Zielschwierigkeit 30 Prozent durchgeführt, was immer noch als anspruchsvoll gilt, eine Überforderung der Akteure jedoch weitgehend ausschließt. Für die Untersuchung des Effekts der Zielschwierigkeit auf die Arbeitsleistung (Experiment 1) wurden anspruchsvolle, moderate und leichte Ziele verwendet, deren Wahrscheinlichkeit, dass die Akteure das jeweilige Zielniveau erreichen können, bei 10 Prozent, 30 Prozent und 75 Prozent liegt. Um eine gleiche Zielschwierigkeit für relative und absolute Ziele sicherzustellen, wurden auf Basis der Ergebnisse des Pilotversuchs die relativen Wahrscheinlichkeiten der Zielerreichung umgerechnet in absolute Größen. Dabei ergaben sich als gleichwertige absolute Ziele 100, 85 und 65 zu findende Preise in 9 Minuten.390 Gemeinsame Unsicherheit 6WXGHQWHQ LP .RQWH[W ÄJHPHLQVDPH 8QVLFKHUKHLW´ EWHQ ZLe alle anderen Studenten die Aufgabe zu Beginn des Experiments für 4 Minuten. Ihre Zeitinformation für die anschließende Hauptübung war allerdings eine Zeitspanne von 6 bis 12 Minuten, statt der zuvor beschriebenen fix vorgegebenen 9 Minuten. Die Studenten wurden darüber informiert, dass der Computer des Versuchsleiters die genaue Zeit für die Aufgabe per Zufallsverfahren berechnet und einen lauten Alarmton von sich gibt, wenn die Zeit vorüber ist. Zusätzlich bekamen die Studenten keinerlei Zeitansagen während der Zielverfolgung, um die Unsicherheit noch zusätzlich zu erhöhen. Es handelte sich um HLQH ÄJHPHLQVDPH´ 8QVLFKHUKHLW GD DOOH Studenten im Raum von der Unsicherheit gleichermaßen betroffen waren. Die zur Verfügung stehende Zeit war am Ende exakt 9 Minuten, was einen einfachen Vergleich der Arbeitsleistungen über die verschiedenen Versuchsgruppen zulässt. Beispiele für gemeinsame Unsicherheiten in der Praxis sind weiter unten am Ende der Operationalisierung der gemeinsamen Kontextveränderung aufgeführt.
389 390
Vgl. Locke/Latham (1990), S. 349. Die Schätzung auf Basis des Piloten war sehr genau. Im Experiment entsprachen die Zielschwierigkeiten 10 Prozent, 30 Prozent und 75 Prozent, genau 101, 86 und 71 Preisen in 9 Minuten.
108
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Gemeinsame Kontextveränderung 6WXGHQWHQLP.RQWH[WÄJHPHLQVDPH.RQWH[WYHUlQGHUXQJ´EWHQZLHDOOHDQGHUHQ6WX GHQWHQ GLH $XIJDEH ]X %HJLQQ GHV ([SHULPHQWV IU 0LQXWHQ ,KUH =HLWLQIRUPDWLRQ IUGLHDQVFKOLHHQGH+DXSWEXQJZDUDOOHUGLQJV0LQXWHQVWDWWZLHQRUPDO0LQX WHQ 'LH DEVROXWHQ =LHOH XQG GLH %HQFKPDUNLQIRUPDWLRQHQ IU GLH 6WXGHQWHQ ZXUGHQ HQWVSUHFKHQGPLWGHU)RUPHO[ DQJHSDVVW)UGLHDEVROXWHQ=LHOHZXUGH]XP%HL VSLHOGDV=LHO3UHLVHLQ0LQXWHQPLW+LOIHGHUDQJHJHEHQHQ)RUPHOLQ3UHLVHLQ 0LQXWHQ XPJHZDQGHOW :lKUHQG GHU =LHOYHUIROJXQJ ZXUGH DOV JHPHLQVDPH .RQ WH[WYHUlQGHUXQJQDFK0LQXWHQGLH=HLWYRP9HUVXFKVOHLWHUIUDOOH$QZHVHQGHQDXI 0LQXWHQYHUOlQJHUW=HLWDQVDJHQZXUGHQZLHJHKDEWQDFKXQG0LQXWHQJH JHEHQ8PLP$QVFKOXVVGLHLQGLHVHP.RQWH[WDXI0LQXWHQEH]RJHQHQ$QJDEHQ]X SHUV|QOLFKHQ =LHOHQ XQG 6HOI(IILFDF\ PLW DOOHQ DQGHUHQ 6WXGHQWHQ YHUJOHLFKHQ ]X N|QQHQZXUGHQGLH$QJDEHQPLWGHU)RUPHO[ ZLHGHUXPDXI0LQXWHQKRFKJH UHFKQHW *HPHLQVDPH 8QVLFKHUKHLW XQG JHPHLQVDPH .RQWH[WYHUlQGHUXQJHQ ZXUGHQ XQDEKlQ JLJ YRQHLQDQGHU PDQLSXOLHUW 'DUDXV HUJDEHQ VLFK YLHU YHUVFKLHGHQH .RPELQDWLRQHQ IU GDV ([SHULPHQW =XP EHVVHUHQ 9HUVWlQGQLV VLQG %HLVSLHOH DXV GHU 3UD[LV IU DOOH .RPELQDWLRQHQLQ.ODPPHUQPLWDXIJHIKUW 1. Keine Unsicherheit, keine Kontextveränderung: =HLWDQNQGLJXQJ 0LQXWHQ =HLW 0LQXWHQ PLW =HLWDQVDJHQ 3UD[LVEHLVSLHO =LHOH IU GLH 3URGXNWLRQV VWDQGRUWH 'LH 5DKPHQEHGLQJXQJHQ ZHUGHQ DOV IHVW DQJHQRPPHQ XQG YHUlQ GHUQVLFKQLFKW 2. Gemeinsame Unsicherheit, keine Kontextveränderung =HLWDQNQGLJXQJ ELV 0LQXWHQPLW(UZDUWXQJVZHUW0LQXWHQ=HLW0LQXWHQRKQH=HLWDQVDJHQ 3UD[LVEHLVSLHO=LHOHYRQLQWHUQDWLRQDOHQ(LQNlXIHUQGLH(LQNDXIVNRVWHQLQ(X UR ]X VHQNHQ 'LH 8QVLFKHUKHLW GHU (LQNlXIHU VLQG GLH :HFKVHONXUVH ZHOFKH VLFKDEHUQLFKWYHUlQGHUQ Keine Unsicherheit, gemeinsame Kontextveränderung =HLWDQNQGLJXQJ 0LQXWHQ bQGHUXQJ DXI 0LQXWHQ QDFK 0LQXWHQ PLW =HLWDQVDJHQ >WUDQV SDUHQWH.RQWH[WYHUlQGHUXQJ@3UD[LVEHLVSLHO=LHOHIUGLH3URGXNWLRQVVWDQGRU WH'LH5DKPHQEHGLQJXQJHQZHUGHQDOVIHVWDQJHQRPPHQDEHUHLQHXQYRUKHU
Teil E
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gesehene Technologie- oder Prozessveränderung reduziert die Produktionszeiten.) 4. Gemeinsame Unsicherheit, gemeinsame Kontextveränderung: Zeitankündigung: 3 bis 9 Minuten mit Erwartungswert 6 Minuten, Zeit: 9 Minuten, ohne Zeitansagen [intransparente Kontextveränderung] (Praxisbeispiel: Ziele von internationalen Einkäufern, die Einkaufskosten in Euro zu senken. Die Unsicherheit der Einkäufer sind die Wechselkurse, welche sich im Laufe des Jahres auch zu ihren Gunsten verändern.) Direkter Wettbewerb Relative Ziele beinhalten per Definition immer direkten Wettbewerb. Absolute Ziele dagegen können sowohl mit als auch ohne direkten Wettbewerb angewendet werden. Für Studenten mit absoluten Zielen lautete der Text unter ihrem zugewiesenen Ziel im Kontext ohne direkten Wettbewerb: Ä'LH(UJHEQLVVHEHLGLHVHU$Xfgabe werden individuell für jede einzelne Person ausgewertet. Ein Vergleich mit anderen7HLOQHKPHUQILQGHWQLFKWVWDWW´ und im Kontext mit direktem Wettbewerb: Ä$P(QGHZLUGLKU(UJHEQLVPLWGHQHQGHr anderen Studenten im Raum und mit dem Durchschnitt aller Teilnehmer verglichen. Sie erhalten eine$XVZHUWXQJGHU(UJHEQLV VHSHU(0DLO´ Indirekter Wettbewerb 6WXGHQWHQ LP .RQWH[W ÄLQGLUHNWHU :HWWEHZHUE´ HUKLHOWHQ DOV ]XVlW]OLFKH ,QIRUPDWLRQ eine Benchmarkübersicht über die Arbeitsleistung von Studenten in der Vergangenheit. Die zur Verfügung gestellte ,QIRUPDWLRQKDWWHfolgende Form: Ä+LQZHLV Ergebnisse aus der Vergangenheit zeigen, dass: 100 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 10% entspricht 85 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 30% entspricht 75 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 50% entspricht 65 gefundene Preise in 9 Minuten ca. Top 75% entspricht´
110
4.
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Operationalisierung der Messvariablen
Für die Operationalisierung der Messvariablen wurden die relevanten Dimensionen der Konstrukte erfasst (Konzeptionalisierung) und dafür geeignete Messinstrumente entwickelt. Es wurde dabei nach direkt messbaren Variablen und nicht direkt messbaren Variablen unterschieden. Für komplexe Variablen, die sich einer direkten Messung entziehen, wurden empirisch fassbare Indikatoren definiert, welche mit den latenten Variablen im Zusammenhang stehen und eine indirekte Messung dieser ermöglichen.391 Dabei ist zu beachten, dass die Messungen damit konzeptionell bedingt geringfügig fehlerbehaftet sind392, was sich durch entsprechende Analyseverfahren aber berücksichtigen lässt. Soweit es möglich war, wurde auf etablierte und getestete Messinstrumente aus der Literatur zurückgegriffen. Notwendige Modifikationen werden gegebenenfalls begründet. Als Rating-Skala diente durchgängig eine siebenstufige Skala, da der größte Teil der aus der Literatur übernommenen Messinstrumente diese in der Vergangenheit verwendete und sie im Vergleich zur fünfstufigen Skala eine höhere Validität und Reliabilität der Messung ermöglicht.393 Fähigkeiten der Akteure Die individuellen Fähigkeiten beeinflussen die Arbeitsleistung der Akteure in hohem Maße, sind aber nicht zentraler Bestandteil der Untersuchung. Sie sind daher für die vorliegende Untersuchung als Störgröße anzusehen und ihre Wirkung sollte, soweit wie möglich, neutralisiert werden. Dies gelingt durch eine Auswahl einer relativ homogenen Stichprobe, der zufälligen Verteilung der Teilnehmer auf die Versuchsgruppen (Randomisierung) und durch die Messung der Fähigkeiten und anschließendem Herausrechnen des Störeffekts, zum Beispiel als Kovariate innerhalb einer ANCOVAAnalyse. Die Fähigkeiten der Akteure lassen sich am besten mit Hilfe von Arbeitsproben anhand der konkreten Untersuchungsaufgabe messen. Die Goal-Setting-Theorie nutzt für
391 392 393
Vgl. Churchill (1979), S. 66; Baumgartner/Homburg (1996), S. 144. Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 115. Vgl. Jacoby/Matell (1971), S. 498.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
111
ihre Experimente dabei die Einarbeitungs-/Übungszeit der Akteure als Pretest.394 In der vorliegenden Arbeit wurde die Anzahl an korrekt gefundenen Preisen in den 4 Minuten Einarbeitungszeit gemessen und als Indikator für die Fähigkeiten der Teilnehmer verwendet. Fairnesswahrnehmung Für die Messung der Fairnesswahrnehmung wurde das Messinstrument von LIND/ KANFER/EARLEY verwendet, welches unterscheidet zwischen der Fairness der Zielableitung und der Fairness des zugewiesenen Ziels. Das Konstrukt baut auf die zwei ursprünglichen Fairnessbestandteile Procedural Justice395 und Distributive Justice396 von WENTZEL397 auf. Die Indikatoren von LIND/KANFER/EARLEY wurden aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Um für die Versuchsteilnehmer ein originalgetreues Verständnis der Indikatoren im Deutschen sicherzustellen, wurde die Übersetzung mehrfach überprüft und angepasst mit Hilfe von unabhängigen Übersetzungen in beide Richtungen durch bilinguale Personen. Zur Messung wurde eine siebenstufige Likert-Skala mit einer 6NDODEHVFKULIWXQJYRQÄ7ULIIWJDUQLFKW]X´ELVÄ7ULIIWYROO]X´YHUZHQGHW Indikatoren des KonstrukteVÄ)DLUQHVVZDKUQHKPXQJ´ Mein zugewiesenes Ziel halte ich für fair. Die Herleitung, Begründung für mein zugewiesenes Ziel ist nachvollziehbar und fair. Tabelle 4: Operationalisierung des .RQVWUXNWHVÄ)DLUQHVVZDKUQHKPXQJ´
394 395
396
Vgl. Empfehlung von Locke/Latham (1990), S. 347. Vgl. Wentzel (2002), S. 251: relates to the fairness of the procedures used to determine distributive outcomes; vgl. auch Leventhal (1980); Leventahl, Karuza, Fry (1980). Vgl. Wentzel (2002), S. 251: refers to the fairness of the actual outcome an employee receives; vgl. auch Gilliland (1993); Cohen (1987); Adams (1965).
112
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Persönliches Ziel Das persönliche Ziel der Akteure wurde in Übereinstimmung mit der Goal-SettingTheorie direkt abgefragt.398 Die Studenten wurden gebeten, ihr persönliches absolutes Ziel für die Hauptübung anzugeben, unabhängig von ihrem zugewiesenen Ziel. Bei relativen Zielen sowie bei absoluten Zielen mit direktem Wettbewerb wurde im Experiment, vor dem absoluten persönlichen Ziel, erst das relative persönliche Ziel abgefragt. ,QGLNDWRUHQGHV.RQVWUXNWHVÄ3HUV|QOLFKHV=LHO´ Zu den wie viel Besten wollen Sie gehören?
Top _______ % der Anwesenden
Wie viele Preise möchten Sie (für sich) ausfindig machen? _____________ Preise (unabhängig von dem zugewiesenen Ziel) 7DEHOOH2SHUDWLRQDOLVLHUXQJGHV.RQVWUXNWHVÄ3HUV|QOLFKHV=LHO´
Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel Die Fragen zur Zielverpflichtung in empirischen Studien haben im Allgemeinen eine hohe Validität und Reliabilität.399 Zahlreiche Autoren verwendeten zur Messung der Zielverpflichtung die neun Indikatoren von HOLLENBECK/WILLIAMS/KLEIN (1989) als Ausgangsbasis, passten sie jedoch häufig noch individuell an die jeweilige Situation an.400 KLEIN ET AL. (2001) haben in einer groß angelegten Meta-Analyse die neun Indikatoren ausgiebig getestet und sie auf fünf besonders relevante Indikatoren reduziert. Da alle diese Konstrukte die Zielverpflichtung zum zugewiesenen Ziel messen und nicht, wie in unserem Fall, die Zielverpflichtung zum persönlichen Ziel, wurden für diese Arbeit, neben der Übersetzung ins Deutsche, noch kleine Anpassungen vorgenommen. Zusätzlich wurde der erste Indikator etwas emotionaler formuliert nach der Empfehlung von LEIFER/McGANNON, welche damit in ihren Studien eine höhere Validität und Varianz der Zielverpflichtung erzielten und die Arbeitsleistung
397 398 399
Vgl. Wentzel (2002). Vgl. Locke/Latham (1990); Festinger (1942); Garland (1982). Vgl. Seijts, Latham (2000) und Klein et al. (2001).
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
113
besser erklären konnten.401 Zur Abfrage wurde eine siebenstufige Likert-Skala mit eiQHU6NDODEHVFKULIWXQJYRQÄ7ULIIWJDUQLFKW]X´ELVÄ7ULIIWYROO]X´YHUZHQGHW ,QGLNDWRUHQGHV.RQVWUXNWHVÄ=LHOYHUSIOLFKWXQJ]XPSHUV|QOLFKHQ=LHO´ Ich fühle mich meinem eigenen Ziel verbunden und verfolge es mit viel Engagement und Enthusiasmus. Ich denke, es ist ein gutes Ziel, um wirklich alles dafür zu geben. Es fällt mir schwer, mein eigenes Ziel ernst zu nehmen. Ganz ehrlich, es interessiert mich nicht wirklich, ob ich mein persönliches Ziel erreiche. Es würde mir nicht schwerfallen, mein selbst gesetztes Ziel wieder aufzugeben. Tabelle 6: Operationalisierung dHV.RQVWUXNWHVÄ=LHOYHUSIOLFKWXQJ3=´
3RVLWLRQGHVSHUV|QOLFKHQ=LHOVLP=LHOV\VWHP 'LH7HLOQHKPHUZXUGHQGLUHNWEHIUDJWREHVsich bei ihrem persönlichen Ziel um ein Ä:XQVFK]LHO´ÄUHDOLVWLVFKHV=LHO´RGHUÄ0LQGHVW]LHO´KDQGHOW$OV$QWZRUWZXUGHQXU eine Nennung zugelassen und musste angekreuzt werden. 6HOI(IILFDF\ Die Self-Efficacy der Studenten wurde nachGHUHPSIRKOHQHQ0Hthode von LOCKE/ /$7+$0402 erhoben. Es wurden sowohl die Größenklasse (magnitude) als auch die Stärke (strength) der Self-Efficacy abgefragt, da beide Konstrukte zur Erklärung der
400
Vgl. zum Beispiel Chong/Chong (2002); Sue-Chan/Ong (2002); Locke/Latham (1990) etc. 9JO /RFNH/DWKDP 6 /HLIHU0cGannon (1986) haben diesen Indikator in einem persönlichen Gespräch mit Locke/Latham als beVRQGHUV ZLUNVDP KHUYRUJHKREHQ Ä7KH FRPPLW ment factor that was significantly related to performance in the regression was one that asked subjects how enthusiastic they were about trying for WKHLUJRDO>«@ 7KLVHPRWLRQIRFXVHGIDFWRUQRW only was more valid but showed higher variance than the more cognitively focused factor which VLPSO\DVNHGVXEMHFWVLIWKH\ZHUHFRPPLWWHG´ 402 Vgl. Locke/Latham (1990), S. 348. 401
114
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Self-Efficacy beitragen.403 Die Studenten mussten für zehn vorgegebene Preismengen angeben, ob sie die jeweilige Preisanzahl in der zur Verfügung stehenden Zeit erreichen können (Ja/Nein o self-efficacy magnitude) und wie hoch ihr Vertrauen in Prozent ist, diese Preisanzahl erreichen zu können (0 bis 100 Prozent o self-efficacy strength). Die angegebenen Preismengen waren in Zehnerschritte unterteilt und lagen zwischen 30 und 120 Preisen. Die self-efficacy magnitude (Anzahl aller Ja) und die self-efficacy strength (Summe aller Prozentangaben) wurden nach der Empfehlung von LOCKE/ LATHAM vor der Verwendung in den Analysen in z-Werte umgerechnet. Arbeitsleistung In der vorliegenden Arbeit wurde die Anzahl an korrekt gefundenen Preisen in der 9Minuten-Hauptübung gemessen und als Indikator für die Arbeitsleistung der Teilnehmer verwendet. Ursprünglich war eine Unterscheidung in Quantität und Qualität der Arbeitsleistung geplant, aber die Studenten machten so wenig Fehler bei der Preissuche, dass diese Unterscheidung in den Analysen nicht möglich war. Wettbewerbseinstellung der Akteure Für die Messung der allgemeinen Wettbewerbseinstellung wurde auf das weit verbreiWHWH .RQVWUXNW GHU Ä7UDLW &RPSHWLWLYHQHVV´ 7& YRQ %52:1&5216/2&80404 XQG +(/05(,&+63(1&(405 zurückgegriffen. Es besteht aus vier Indikatoren und besitzt ein Cronbachsches Alpha von 0,84.406 Für die Messung von spezifischen Teilbereichen der Wettbewerbseinstellung wurde auf HOUSTON ET AL.407 zurückgegriffen, welche in einer Faktorenanalyse zwei verschiedene Teilbereiche der Wettbewerbseinstellung identifizierten.408 Das Konstrukt Ä6HOI$JJUDQGL]HPHQW´ 6$ VLHKW GDV *HZLnnen eines Wettbewerbs als besonders
403
9JO/RFNHHWDOD :RRG/RFNH /HH%RENR 9JO%URZQ&URQ6ORFXP Vgl. Helmreich/Spence (1978). 406 Konstrukt ähnlich zu Kohn (1992). 407 Vgl. Houston et al. (2002). 408 bKQOLFK]X5\FNPDQHWDO 404 405
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
115
ZLFKWLJ DQ ZlKUHQG Ä,QWHUSHUVRQDO 6XFFHVV´ ,6 GHQ 6SD XQG GHQ SRVLWLYHQ /HUQ HIIHNWYRQ:HWWEHZHUEEHWRQW$XI%DVLVGLHVHU(UNHQQWQLVVHZXUGHQGLHYLHU,QGLND WRUHQGHU7UDLW&RPSHWLWLYHQHVVQDFK6HOI$JJUDQGL]HPHQWXQG,QWHUSHUVRQDO6XFFHVV JHWUHQQW XQG XP MH HLQHQ ,QGLNDWRU IU GLH EHLGHQ 7HLOEHUHLFKH GHU :HWWEHZHUEVHLQ VWHOOXQJ HUJlQ]W409 'DPLW HUJHEHQ VLFK IU GLH $QDO\VH GHV (LQIOXVVHV GHU :HWWEH ZHUEVHLQVWHOOXQJGUHLP|JOLFKH.RQVWUXNWH'LH7UDLW&RPSHWLWLYHQHVV7& GDV6HOI $JJUDQGL]HPHQW6$ XQGGHU,QWHUSHUVRQDO6XFFHVV,6 $OOHYHUZHQGHWHQ,QGLNDWR UHQZXUGHQDXVGHP(QJOLVFKHQLQV'HXWVFKHEHUVHW]WXQGGLHhEHUVHW]XQJPHKUIDFK EHUSUIWXQGDQJHSDVVWPLW+LOIHYRQhEHUVHW]XQJHQLQEHLGH5LFKWXQJHQ(VZXUGH ]XU $EIUDJH HLQH VLHEHQVWXILJH /LNHUW6NDOD PLW HLQHU 6NDODEHVFKULIWXQJ YRQ Ä7ULIIW JDUQLFKW]X´ELVÄ7ULIIWYROO]X´YHUZHQGHW ,QGLNDWRUHQGHV.RQVWUXNWHVÄ:HWWEHZHUEVHLQVWHOOXQJ´ 7& 6$ (VLVWZLFKWLJIUPLFKEHL$XIJDEHQEHVVHU]XVHLQDOVDQGHUH 7&6$ *HZLQQHQLVWZLFKWLJVRZRKOLP6SRUWDOVDXFKEHLGHU$UEHLW 6$ 3HUVRQHQGLHEHLHLQHP:HWWEHZHUEDXIJHEHQVLQGVFKZDFK 7&,6 0LUJHIlOOWHVEHLGHU$UEHLWLP:HWWEHZHUE]XDQGHUHQ]XVWHKHQ ,6 ,FKPDJGHQ:HWWEHZHUEGDLFKGDGXUFKYLHOEHUPLFKVHOEVWOHUQHHUIDKUH 7& ,FKVWUHQJHPLFKPHKUDQZHQQLFKLP:HWWEHZHUE]XDQGHUHQVWHKH 7DEHOOH2SHUDWLRQDOLVLHUXQJGHV.RQVWUXNWHVÄ:HWWEHZHUEVHLQVWHOOXQJ´
7&7UDLW&RPSHWLWLYHQHVV6$6HOI$JJUDQGL]HPHQW,6,QWHUSHUVRQDO6XFFHVV Risikoeinstellung der Akteure )UGLH0HVVXQJGHU5LVLNRHLQVWHOOXQJZXUGHDXIGLHYLHU,QGLNDWRUHQGHVÄ5LVLNRUHL FKHQ 9HUKDOWHQV´ EH]LHKXQJVZHLVH Ä5LVN6HHNLQJ´ GHU 6HOI&RQWURO6NDOD YRQ
409
9JO+RXVWRQHWDO 6$XPGHQ,QGLNDWRUÄ3HRSOHZKRTXLWGXULQJFRPSHWLWLRQDUHZHDN´ XQG,6XPGHQ,QGLNDWRUÄ,OLNHFRPSHWLWLRQEHFDXVHLWWHDFKHVPHDORWDERXWP\VHOI´
116
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
SEIPEL beziehungsweise GRASMICK zurückgegriffen.410 Das Cronbachsche Alpha des Konstruktes lag in der Vergangenheit bei 0,83.411 Es wurde zur Abfrage, wie bei den anderen Konstrukten, eine siebenstufige Likert-Skala mit einer Skalabeschriftung YRQÄ7ULIIWJDUQLFKW]X´ELVÄ7ULIIWYROO]X´YHUZHQGHW ,QGLNDWRUHQGHV.RQVWUXNWHVÄ5LVLNRHLQVWHOOXQJ´ Manchmal riskiere ich etwas, nur um Spaß zu haben. Hin und wieder setze ich mich Risiken aus, um mich herauszufordern. Ich finde es manchmal aufregend, Sachen zu machen, für die ich Schwierigkeiten bekommen könnte. Aufregung und Abenteuer sind für mich wichtiger als Sicherheit. 7DEHOOH2SHUDWLRQDOLVLHUXQJGHV.RQVWUXNWHVÄ5LVLNRHLQVWHOOXQJ´
5.
Analytisches Vorgehen
Für die Überprüfung der aufgestellten Hypothesen 1 bis 13 zum Grundmodell der *RDO6HWWLQJ7KHRULH ZLUG PLW GHU Kausalanalyse ein multivariates Verfahren eingesetzt, das auf Basis der empirisch gemessenen Kovarianzen und Korrelationen von Indikatorvariablen durch Parameterschätzungen Rückschlüsse auf Beziehungen zwischen den Konstrukten ermöglicht.412 Ein wichtiger Vorteil der Kausalanalyse gegenüber der klassischen Regressionsanalyse ist die Möglichkeit, auch komplexe Abhängigkeitsstrukturen, wie im Falle der GrXQGPRGHOOH GHU *RDO6HWWLQJ7KHRULH JH samtheitlich zu analysieren. Weitere Vorteile sind die Berücksichtigung auftretender Korrelationen zwischen exogenen Variablen sowie von Messfehlern im Zusammenhang mit latenten Konstrukten.
410
411 412
Vgl. ursprüngliches englisches Konstrukt Grasmick et al. (1993) und die deutsche Version davon von Seipel (2004). Vgl. Grasmick et al. (1993). Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 333ff.; Homburg/Pflesser (1999), S. 635; Homburg (1989), S. 2.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
117
Für die Überprüfung der Hypothesen 14 bis 25 werden univariate Kovarianzanalysen (ANCOVA) und multiple Regressionsanalysen verwendet, da diese Analysemethoden eine hohe Validität und Reliabilität besitzen und weit verbreitet und anerkannt sind in der psychologischen und sozialpsychologischen Literatur. Auf eine Anwendung von Kausalanalysen für diese Hypothesen wurde bewusst verzichtet, da die vorliegenden dichotomen Einflussfaktoren (Unsicherheit, Kontextveränderungen, direkter und indirekter Wettbewerb) nicht stetig und normalverteilt sind und damit eine wichtige Prämisse der Kausalanalyse verletzen.
6.
Grundlagen der quantitativen Analyse
In diesem Abschnitt wird die verwendete Methode zur Gütebeurteilung der Konstruktmessungen beschrieben und die verwendeten Analysemethoden Kovarianzanalyse, Regressionsanalyse und Kausalanalyse werden kurz vorgestellt.
6.1
Konstruktmessung
Die Gewinnung von Erkenntnissen über komplexe Zusammenhänge von Konstrukten ist nur auf Basis von reliablen (zuverlässigen) und validen (gültigen) Messungen möglich. Die Reliabilität eines Messinstrumentes beschreibt die Genauigkeit einer Messung und kann durch Gütekriterien gemessen werden.413 Indikatoren stellen eine reliable Messung des zu Grunde liegenden Faktors dar, wenn die Messung frei von Zufallsfehlern ist und ein wesentlicher Anteil ihrer Varianz durch das zugrunde liegende Konstrukt erklärt wird.414 Hohe Reliabilität zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Messwerte bei wiederholter Messung reproduzierbar sind.415 In der Literatur werden drei Formen von Reliabilität unterschieden:416
413 414 415 416
Vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder (1999), S. 87. Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 116; Churchill (1991), S. 495. Vgl. Herrmann/Homburg (2000), S. 23. Vgl. Hildebrandt (1998), S. 88.
118
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
x Interne-Konstistenz-Reliabilität: Korrelation der Indikatoren eines Konstruktes untereinander. Die Reliabilität wird umso höher bewertet, je höher die Korrelationen zwischen den einzelnen Indikatoren eines Konstruktes sind.417 x Parallel-Test-Reliabilität: Korrelation der Messergebnisse zweier äquivalenter Messinstrumente. x Test-Retest-Reliabilität: Korrelation zwischen der Messung und einer Vergleichsmessung mit demselben Messinstrument zu einem anderen Zeitpunkt. In der Regel kommt der Internen-Kosistenz-Reliabilität die größte Bedeutung zu, da die beiden letztgenannten Reliabilitätsformen nur sehr aufwendig überprüfbar sind.418 Die ValiditätHLQHU0HVVXQJÄLQGLFDWHVWKHGHJUHHWR which an instrument measures the construct which is uQGHU LQYHVWLJDWLRQ´419 Bei einer hohen Validität kann von einer konzeptionellen Korrektheit der Messung ausgegangen werden.420 Die Reliabilität ist eine notwendige Bedingung für die Validität der Messung. Während der Reliabilitätsbegriff nur auf Zufallsfehler abzielt, bezieht sich der Validitätsbegriff sowohl auf systematische als auch auf Zufallsfehler. In der Literatur werden hauptsächlich zwei Kategorien der Validität unterschieden; die Inhaltsvalidität und die Konstruktvalidität. Die Inhaltsvalidität bezieht sich auf das Ausmaß, zu dem die Indikatoren eines Messinstruments dem inhaltlich-semantischen %HUHLFK GHV .RQVWUXNWHV DQJHK|UHQ Ä&RQ tent validity focuses on the adequacy with which the domain of the characteristic is FDSWXUHGE\WKHPHDVXUH´421 Ein Messmodell weist eine hohe Inhaltsvalidität auf, wenn die konstruierten Indikatoren alle Bedeutungsinhalte und Facetten des Konstruktes abbilden.422 Die Sicherstellung der Inhaltsvalidität erfolgt in erster Linie qualitativ, da kaum intersubjektiv nachprüfbaren Kriterien zur Verfügung stehen.423
417
Vgl. Anderson/Gerbring/Hunter (1987) Vgl. Hildebrandt (1998), S. 88. Bohrnstedt (1970), S. 91. 420 Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 116. 421 &KXUFKLOO 6 422 Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 117. 423 9JO&DUPLQHV=HOOHU 6 418 419
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
119
Die Konstruktvalidität bezeichnet die Beziehung zwischen Konstrukt und Messinstrument. Es werden dabei drei Kategorien unterschieden: x Konvergenzvalidität: Hierunter wird das Ausmaß, zu dem zwei oder mehrere unterschiedliche Messungen des gleichen Konstruktes in Übereinstimmung sind, verstanden.424 Eine Übereinstimmung von Messversuchen gilt als gegeben, wenn die Indikatoren eines Konstruktes ausreichend hoch korrelieren. x Diskriminanzvalidität: Die Diskriminanzvalidität bezieht sich auf das Ausmaß, zu dem sich die Messungen unterschiedlicher Konstrukte voneinander unterscheiden. Zur Erfüllung dieses Kriteriums müssen die Indikatoren eines Konstruktes eine stärkere Assoziation untereinander aufweisen als zu den Indikatoren von anderen Konstrukten.425 x Normologische Validität: Repräsentiert das Ausmaß, zu dem theoretisch postulierte Beziehungen zwischen Konstrukten empirisch bestätigt werden können. Voraussetzung für die Untersuchung der normologischen Validität ist die Einbindung der betrachteten Konstrukte in eine übergeordneten theoretischen Rahmen, aus dem Rückschlüsse auf mögliche Beziehungen zwischen einzelnen Konstrukten abgeleitet werden können.426 Für die Beurteilung der Reliabilität und der Validität der Messung existieren verschiedene Methoden. Wir unterscheiden nach FORNELL427 und in Anlehnung an HOMBURG428 in die Methoden der ersten und zweiten Generation. Die Methoden der zweiten Generation, welche auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse beruhen, gelten dabei als wesentlich leistungsfähiger429 als die Methoden der ersten Generation, welche ihren Ursprung in der Psychometrie430 haben.
424
Vgl. Bagozzi/Phillips (1982), S. 468 Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 425.; Homburg/Giering (1996), S. 7. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 7; Bagozzi (1979), S. 24. 427 Vg. Fornell (1986). 428 Vgl. Homburg (2000), S. 70; Homburg (1998). 429 Vgl. Anderson/Gerbing (1993); Homburg (1998). 430 Zum Beispiel Campbell/Fiske (1959); Cronbach (1951); Cronbach/Meehl (1955). 425 426
120
Methodische Konzeption der Untersuchung
6.1.1
Teil E
Gütekriterien der ersten Generation
Zu den Gütekriterien der ersten Generation gehören: x Die exploratorische Faktorenanalyse x Das Cronbachsche Alpha und x Die Item to Total-Korrelation Die exploratorische Faktorenanalyse untersucht eine Gruppe von Indikatoren auf eine zugrunde liegende Faktorenstruktur.431 Das Ziel der explorativen Faktorenanalyse ist es, mit möglichst wenigen Faktoren die gesamte Indikatormenge hinreichend genau repräsentieren zu können.432 Dabei werden keine Hypothesen in Bezug auf die Faktorenstruktur zugrunde gelegt. Die Assoziationen der einzelnen Indikatoren mit einem Faktor werden durch die Faktorladungen ausgedrückt, welche den Korrelationen zwischen den Indikatoren und einem Faktor entsprechen.433 Auf Basis dieser Faktorladungen können erste Aussagen bezüglich Konvergenzvalidität und Diskriminanzvalidität der Messung getroffen werden. Konvergenzvalidität liegt nach der Literatur vor, wenn sich Indikatoren einem Faktor eindeutig zuordnen lassen und die dazugehörigen Faktorladungen mindestens 0,4 betragen.434 Sind zusätzlich die Faktorladungen der betrachteten Indikatoren zu anderen Faktoren deutlich niedriger, kann man dies als Hinweis auf Diskriminanzvalidität zwischen den Faktoren werten. Das Gütekriterium zur Beurteilung der Messung eines einzelnen Faktors ist der Anteil der erklärten Varianz der Indikatoren. In Anlehnung an HOMBURG/GIERING wird gefordert, dass ein einzelner Faktor mindestens 50 Prozent der Varianz einer Indikatormenge erklären soll.435 Das Cronbachsche Alpha ist eine der am weitesten verbreiteten Größen zur Reliabilitätsmessung und gibt den Grad der internen Konsistenz der Indikatoren eines Faktors
431
Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 259ff. Vgl. Hartung/Elpelt (1992), S. 505. 433 Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 266 434 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8 und 119; Homburg (2000). 435 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 128. 432
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
121
an.436 Das Cronbachsche Alpha gilt als ein konservativer Schätzer und errechnet sich wie folgt:
D
mit
N · § ¨ ¦ V i2 ¸ § N · ¨ ¨ ¸ 1 i 1 2 ¸ Vt ¸ © N 1¹ ¨ ¸ ¨ ¹ ©
N = Anzahl der Indikatoren der Skala, V i2 = Varianz des Indikators i und V t2 = Varianz der Summe aller Indikatoren der Skala.
Der Wert des Cronbachschen Alpha liegt immer zwischen null und eins. Je höher der Wert ist, desto höher ist die angenommene Reliabilität des Faktors. Eine ausreichend hohe Reliabilität liegt nach NUNNALLY437 und HOMBURG/GIERING438 vor, wenn das Cronbachschen Alpha größer oder gleich 0,7 ist. Es werden jedoch häufig je nach Anwendungsgebiet auch höhere oder niedrigere Grenzwerte empfohlen439 und angewendet.440 Das dritte verwendete Gütekriterium der ersten Generation stellt die Item to TotalKorrelation dar. Sie stellt in der einfachen Version die Korrelation eines einzelnen Indikators (=Item) mit der Summe der restlichen Indikatoren eines Faktors (=Total) dar. Die korrigierte Item to Total-Korrelation, welche in dieser Arbeit angewendet wird, ist die Korrelation eines Indikators mit der Summe der verbleibenden Indikatoren eines Faktors, nachdem der betrachtete Indikator entfernt wurde.441 Sowohl für die einfache als auch die korrigierte Item to Total-Korrelation existieren keine expliziten Grenzwerte in der Literatur. Es werden aber grundsätzlich möglichst hohe Item to Total-Korrelationen gefordert, wobei hohe Werte für alle Indikatoren eines Faktors auf
436
Cortina (1993), S. 98, zum Cronbachschen Alpha: ÄFHUWDLQO\RQHRIWKHPRVWLPSRUWDQWDQGSHUYD VLYHVWDWLVWLFVLQUHVHDUFKLQYROYLQJWHVWFRQVWUXFWLRQDQGXVH´ 437 9JO1XQQDOO\ 6I 438 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 120. 439 9JO0XUSK\'DYLGVKRIHU 440 +RPEXUJ 6ÄLQVHKUDQJHVHKHQHQ=HLWVFKULIWHQ>«@GDV&URQEDFKVFKH$OSKDWHLOZHL VH GHXWOLFKXQWHUOLHJW´
122
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
eine hohe Konvergenzvalidität hinweisen. Nach der Empfehlung von CHURCHILL zur Entwicklung von Messinstrumenten können die ermittelten Werte der Item to Total-Korrelation insbesondere zur Steigerung der Reliabilität bei einem zu niedrigen Cronbachschen Alpha verwendet werden. Dazu werden zur Steigerung der Reliabilität der Reihenfolge nach die Indikatoren mit der niedrigsten Item to Total-Korrelation eliminiert.442 Die Gütekriterien der ersten Generation sind weit verbreitet in der Literatur, werden aber zunehmend kritisiert. Zentrale Kritikpunkte sind dabei die hohe Restriktivität der Annahmen und die fehlende Möglichkeit der expliziten Schätzung von Messfehlern oder der inferenzstatistischen Prüfung von Modellparametern.443 Die Gütekriterien der zweiten Generation, welche auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse basieren, beheben diese Defizite.444 Sie sind damit in vieler Hinsicht leistungsstärker als die Gütekriterien der ersten Generation.445
6.1.2
Gütekriterien der zweiten Generation
Die Gütekriterien der zweiten Generation basieren auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse, die ein Spezialfall der Kausalanalyse darstellt und maßgeblich von JÖRESKOG in den 60er Jahren entwickelt wurde.446 Im Gegensatz zur vorher beschriebenen explorativen Faktorenanalyse basiert die konfirmatorische Faktorenanalyse auf vorab definierten Hypothesen zur Faktorenstruktur. Die Durchführung einer konfirmatorische Faktorenanalyse erfordert die detaillierte Spezifikation eines Messmodells, welches im Folgenden anhand der Notationen von LISREL allgemein vorgestellt wird.447 Ein Messmodell in LISREL umfasst latente Konstrukte (ȟj), Indikatorvariablen (xi), Messfehlervariablen (įi), Faktorladungen (Ȝij) und die Korrelationen der latenten Variablen untereinander (Ijk). Das Messmodell lässt sich ausdrücken durch die Vektorgleichung:
441
Vgl. Norusis (1993), S. 146. Vgl. Churchill (1979), S. 68. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 9f. 444 Vgl. Jöreskog/Sörbom (1993). 445 Vgl. Homburg (2000), Homburg/Giering (1996). 446 Vgl. Jöreskog (1969); Jöreskog (1967); Jöreskog (1966). 447 Vgl. Jöreskog/Sörborn (2001). 442 443
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x
Methodische Konzeption der Untersuchung
123
/ [ G
Hierbei bezeichnet x den Vektor der Indikatorvariablen, ȟ den Vektor der latenten Konstrukte, į den Vektor der Messfehler und ȁ die Matrix der Faktorladungen. Die Kovarianzmatrix Ȉ der beobachteten Variablen x kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen durch die drei Parametermatrizen ȁ, ĭ und șį ausgedrückt werden. Die entsprechende Gleichung lautet: 6
/)/ ' 4 G
In der Gleichung stellt ȁ¶GLHWUDQVSRQLHUWH0DWUL[ȁ und șį die Kovarianzmatrix der Messfehler dar. Mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse sollen die unbekannten Modelparameter (Ȝij, Ijk, Tį,ij) so geschätzt werden, dass die vom Modell reproduzierte Kovarianzmatrix
6
6( /, ), 4 G )
und die auf Basis der Datensätze ermittelten empirischen Kovarianzmatrix S sich möglichst wenig unterscheiden hinsichtlich der Diskrepanzfunktion F ( S , 6(/, ), 4 G ))
Das Messmodell wird also den empirisch erhobenen Daten angepasst, indem die Modellparameter des Messmodells so geschätzt werden, dass das Modell die Kovarianzstruktur der Indikatoren möglichst gut reproduziert. Die Gestalt der Diskrepanzfunktion F hängt dabei von der ausgewählten Schätzmethode ab, von denen es in der Literatur viele verschiedene gibt.448 Das am häufigsten eingesetzte Schätzverfahren für das geschilderte Minimierungsproblem ist das Maximum Likelihood Verfahren, welches auch in der vorliegenden Arbeit Anwendung findet.449 Nach der Parameterschätzung erfolgt die Gütebeurteilung des Modells. Dabei wird mit Hilfe globaler und lokaler Gütekriterien ermittelt, wie exakt die erhobenen Kovarianzen zwischen den beobachteten Variablen durch das Modell abgebildet werden kön-
448
Vgl. Jöreskog/Sörbom (2001), S. 17ff.; Homburg (1989), S. 167ff.
124
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
nen.450 Mit Hilfe von globalen Gütekriterien kann beurteilt werden, wie gut die in den Hypothesen aufgestellten Beziehungen insgesamt durch die empirischen Daten widergespiegelt werden und durch lokale Gütekriterien kann die Güte einzelner Modellteile (Indikatoren und Faktoren) überprüft werden. Im Folgenden werden die in dieser Arbeit verwendeten globalen und lokalen Gütekriterien aufgeführt und näher erläutert.451 Globale Gütekriterien: x Chi-Quadrat Test (Ȥ2-Teststatistik) x Root Mean Squared Error of Approximation (RMSEA) x Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) x Normed Fit Index (NFI) x Normalized Normed Fit Index (NNFI) x Comparative-Fit Index (CFI) x Goodness-of-Fit Index (GFI) x Adjusted Goodness-of-Fit Index (AGFI) Lokale Gütekriterien: x Indikatorreliabilität (IR) x Faktorreliabilität (FR) x Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
449
450
451
Vgl. zu einer detaillierten Darstellung des Verfahrens Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 25ff. Für eine Übersicht über die Gütekriterien der zweiten Generation mit Beschreibung und Bewertung siehe Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 31ff.; Homburg/Baumgartner (1998), S. 351ff.; Homburg/Giering (1998), S. 122ff; Sharma (1996), S. 157ff. Die Auswahl der globalen Anpassungsmaße orientiert sich an der Empfehlung von SchermellehEngel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 51. Die Auswahl der lokalen Anpassungsmaße orientiert sich an den Empfehlungen von Homburg (2000), S. 91ff.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
125
Das bekannteste Gütekriterium ist der Chi-Quadrat Test, welche die Richtigkeit des spezifizierten Modells überprüft. Dem Ȥ2-Test liegt die Nullhypothese zugrunde, dass das spezifizierte Modell korrekt ist und die empirische Kovarianzmatrix S mit der vom Modell generierten Kovarianzmatrix 6 übereinstimmt. Die Berechnung des Ȥ2-Wert beruht auf der Diskrepanzfunktion F und dem Stichprobenumfang. Ist der Ȥ2-Wert im Verhältnis zur Zahl der Freiheitsgrade groß, so ist das Modell abzulehnen. Die Beurteilung des Ȥ2-Wert wird in der Regel mit Hilfe des p-Wertes vorgenommen, welcher für einen guten Modellanpassung größer gleich 0,05 sein sollte und für eine akzeptable Modellanpassung größer gleich 0,01.452 Der Ȥ2-Wert berechnet sich wie folgt: F2
(n 1) F ( S , 6)
und die Anzahl der Freiheitsgrade wird mit df = ½q(q+1)-r berechnet. Dabei stehen n für den Stichprobenumfang, q für die Anzahl der Indikatorvariablen und r für die Anzahl der zu schätzenden Parameter. Problematisch an der Ȥ2-Teststatistik ist die hohe Sensitivität des Ȥ2-Wertes bezüglich des Stichprobenumfangs453 und dass die absolute Richtigkeit eines Modells überprüft wird, während im Rahmen der Konstruktmessung fast immer eine möglichst gute Approximation des Modells an die empirischen Daten anstrebt wird.454 Insofern ist der Chi-Quadrat Test eigentlich ungeeignet, um die Güte von Konstruktmessungen zu beurteilen. In der Literatur wird daher häufig vorgeschlagen, den Ȥ2-Wert nicht als Teststatistik zu verwenden, sondern unter Berücksichtigung der Freiheitsgrade als deskriptives Anpassungsmaß. Für eine gute Modellanpassung wird dabei in der Regel für den Quotient aus dem Ȥ2-Wert und der Zahl der Freiheitsgrade ein Höchstwert von 2 beziehungsweise für eine akzeptable Modellanpassung von 3 gefordert.455
452
Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 52; Homburg (2000), S. 92. Damit sinkt nach Backhaus et al. (2003), S. 373 die Wahrscheinlichkeit, dass ein Modell angenommen wird, mit größer werdendem Stichprobenumfang. 454 Cudeck/Browne (1983). 455 Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 33; Homburg (2000), S. 93. 453
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Methodische Konzeption der Untersuchung
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Der Root Mean Squared Error of Approximation (RMSEA) ist für die Gütebeurteilung der Konstruktmessung besser geeignet als der Ȥ2-Wert, da er nicht die absolute Richtigkeit eines Modells berechnet, sondern den Grad der Annäherung eines Modells an die empirischen Daten ermittelt. Er wird wie folgt berechnet:
RMSEA
F 2 df df (n 1)
RMSEA-Werte unter 0,05 deuten auf eine gute Modellanpassung und Werte unter 0,1 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.456 Das Gütekriterium Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) ist ein Abwandlung des Mean Square Residual (RMR),457 welcher die durchschnittliche Größe der Residuen zwischen den Elementen der empirischen Kovarianzmatrix und den Elementen der vom Modell reproduzierten Kovarianzmatrix berechnet. Der Vorteil des SRMR gegenüber dem klassischen RMR ist die größere Unabhängigkeit von der Größe der Varianzen und Kovarianzen der beobachteten Variablen. SRMR-Werte unter 0,05 deuten auf eine gute Modellanpassung und Werte unter 0,1 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.458 Das Gütekriterium Normed Fit Index (NFI) nimmt Werte zwischen null und eins an misst die Verbesserung der Anpassungsgüte beim Übergang von einem unabhängigen Modell zum Zielmodell. NFI-Werte größer 0,95 deuten auf eine gute Modellanpassung und NFI-Werte größer 0,90 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.459 Das Gütekriterium Nonnormed Fit Index (NNFI) misst die relative Modellanpassung. Er ist sehr ähnlich dem NFI, behebt aber durch seine größere Unabhängigkeit von Stichprobenumfang einen wichtigen Nachteil des NFI. NNFI-Werte größer 0,97 deuten auf eine gute Modellanpassung und NNFI-Werte größer 0,95 auf eine akzeptable
456 457 458 459
Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 33. Vgl. Bentler (1995), S. 271. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 38. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 38.
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Methodische Konzeption der Untersuchung
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Modellanpassung hin.460 Der NNFI liegt in der Regel, wie der NFI, zwischen null und eins, kann aber durch die fehlende Normierung auch Werte größer eins annehmen. Das Gütekriterium Comparative-Fit Index (CFI) ist ein inkrementelles Anpassungsmaß, welches das zu beurteilende Modell in Beziehung zu einem Referenzmodell setzt und anders als NFI und NNFI die Freiheitsgrade mit berücksichtigt. Bei dem Referenzmodell handelt es sich um ein Nullmodell, bei dem üblicherweise alle Indikatorvariablen als unabhängig angenommen werden.461 CFI-Werte größer 0,97 deuten auf eine gute Modellanpassung und CFI-Werte größer 0,95 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.462 Das Gütekriterium Goodness-of-Fit Index (GFI) berechnet die Diskrepanz zwischen der empirischen und der vom Modell reproduzierten Kovarianzmatrix.463 Die GFIWerte liegen zwischen null und eins, wobei eins einer perfekten Anpassung des Modells an die Daten entspricht. GFI-Werte größer 0,95 deuten auf eine gute Modellanpassung und GFI-Werte größer 0,90 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.464 Kritisch ist anzumerken, dass die Freiheitsgrade bei der Berechnung des GFI nicht berücksichtigt werden. Dadurch verbessern sich die GFI-Werte durch das Hinzufügen zusätzlicher zu schätzender Modellparameter. Das Gütekriterium Adjusted Goodness-of-Fit Index (AGFI) gibt ähnlich dem GFI den durch das Modell erklärten Anteil der Varianzen und Kovarianzen der Matrix S an, ist aber deutlich unabhängiger von der Anzahl der Freiheitsgrade. Wie der GFI kann der AGFI Werte zwischen null und eins annehmen. AGFI-Werte größer 0,90 deuten auf eine gute Modellanpassung und AGFI-Werte größer 0,85 auf eine akzeptable Modellanpassung hin.465 Neben den beschriebenen globalen Gütekriterien, welche die Konsistenz des Gesamtmodells beurteilen, sind zur Beurteilung einer Konstruktmessung auch lokale Gütekri-
460 461 462 463 464 465
Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 41. Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 356f. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 42. Vgl. Jöreskog/Sörbom (2001), S. 29. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 43. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 43.
128
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
terien von Bedeutung, welche einzelne Modellteile, wie zum Beispiel einzelne Indikatoren oder Faktoren, beurteilt. Das Gütekriterium Indikatorreliabilität (IR) gibt den Anteil der durch einen Faktor erklärten Varianz eines Indikators an.466 Der Wertebereich der IR liegt zwischen null und eins. In der Literatur existieren verschiedene Mindestwerte für eine gute Indikatorreliabilität, wobei die Mehrheit einen Mindestwert von 0,4 fordert.467 Zusätzlich zur Indikatorreliabilität wird häufig getestet, ob die zugehörige Faktorladung signifikant von Null verschieden ist. Um dieses sicherzustellen, wird für den t-Wert (Quotient der unstandardisierten Faktorladung und dem Standardfehler der Schätzung)468 ein Mindestwert von 1,96 (zweiseitiger Test auf dem 5%-Signifikanzniveau) gefordert.469 Auf der Ebene der Faktoren existieren die Gütekriterien Faktorreliabilität (FR) und durchschnittlich erfasste Varianz (DEV). Beide Größen dienen der Beurteilung, wie gut die Indikatoren eines Faktors den betreffenden Faktor messen. Der Wertebereich liegt jeweils zwischen null und eins, wobei hohe Werte auf eine gute Modellanpassung hindeuten. Als Mindestwert wird für die Faktorreliabilität (FR) ein Wert von 0,6 gefordert und für die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) wird ein Mindestwert von 0,5 gefordert.470 Die Diskriminanzvalidität untersucht inwieweit die inhaltlich-konzeptionelle Unterscheidung von Faktoren empirisch unterstützt werden kann. Für die Bewertung der Diskriminanzvalidität eignet sich sowohl der Ȥ2-Differenztest471 als auch das Fornell/Larcker-Kriterium, welches als das strengere Kriterium gilt.472 Das Fornell/Larcker-Kriterium fordert, dass die quadrierte Korrelation zwischen zwei Faktoren kleiner ist als die durchschnittlich erfasste Varianz von jedem der beiden Fakto-
466 467 468 469
470 471
472
Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 360f. Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 361. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1993); Homburg (2000), S. 92. Vielfach wird auch nur der einseitige t-Test verwendet mit einem Mindestwert von 1,645, z.B. Homburg/Giering (1998), S. 125. Da viele postulierten Zusammenhänge dieser Arbeit aber noch nie empirisch untersucht wurden, verwendet diese Arbeit durchgängig den zweiseitigen t-Test. Vgl. Bagozzi/Yi (1988), S. 82; Homburg/Baumgartner (1998), S. 361. Vgl. zu einer detaillierten Darstellung des Verfahrens Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 33ff. Vgl. Anderson/Gerbing (1993).
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
129
ren.473 Somit wird für jeden Faktor verlangt, dass die Varianzerklärung in Bezug auf seine Indikatoren höher ist als die Varianzerklärung bezüglich anderer Faktoren. Tabelle 9 fasst die beschriebenen und in dieser Arbeit verwendeten Gütekriterien mit ihren dazugehörigen Anspruchsniveaus zusammen.474 Bei der Beurteilung der Konstruktmessung ist das Gesamtbild der Kriterien ausschlaggebend. Es wird nicht gefordert, dass alle Kriterien simultan erfüllt sein müssen.475 Kriterien der ersten Generation
Anspruchsniveau
Erklärte Varianz (EV)
EV 0,5
Cronbachsches Alpha (Į)
Į 0,7
Item to Total-Korrelation
Elimination des Indikators mit der niedrigsten Item to Total-Korrelation, falls das Cronbachsche Alpha kleiner als 0,7 ist
Kriterien der zweiten Generation
Anspruchsniveau Gute Modellanpassung
Akzeptable Modellanpassung
˴ 2/df
0 ˴ 2/df 2
p-Wert
0,05< p 1,0
0,01 p 0,05
RMSEA
0 RMSEA 0,05
0,05 < RMSEA 0,08
SRMR
0 SRMR 0,05
0,05 < SRMR 0,10
NFI
0,95 NFI 1,0
0,9 NFI < 0,95
NNFI
0,97 NNFI 1,0
0,95 NNFI < 0,97
CFI
0,97 CFI 1,0
0,95 CFI < 0,97
GFI
0,95 GFI 1,0
0,90 GFI < 0,95
AGFI
0,90 AGFI 1,0
t-Wert 1,96
T-Wert der Faktorladung
FR 0,6
Faktorreliabilität (FR)
DEV 0,5
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
DEV > quadrierte Korrelation
Tabelle 9: Gütekriterien zur Beurteilung der Messmodelle
473
Vgl. Fornell/Larcker (1981), S. 46.
0,85 AGFI < 0,90 IR 0,4
Indikatorreliabilität (IR)
Fornell/Larcker-Kriterium
2< ˴ 2/df 3
130
Methodische Konzeption der Untersuchung
6.2
Teil E
Varianzanalyse und Kovarianzanalyse
Die Varianzanalyse (ANOVA = Analysis of Variance) ist ein sehr allgemein einsetzbares multivariates Analyseverfahren, mit dessen Hilfe die Wirkung einer (oder mehrerer) unabhängiger Variablen auf eine (oder mehrere) abhängige Variablen untersucht werden kann. Die unabhängigen Variablen nehmen im Normalfall nur diskrete Werte an (nominales oder ordinales Messniveau), während für die abhängigen Variablen metrische Skalenniveaus und Normalverteilung gefordert werden.476 Sind unabhängige Variablen metrisch skaliert, so bezeichnet man sie als Kovariate und die betreffende Analyse als Kovarianzanalyse (mehr dazu weiter unten). Varianzanalysen sind rechnerisch mit multiplen Regressionen identisch.477 Die Grundidee der Varianzanalyse besteht darin, die gesamte Varianz478 der abhängigen Variablen zu zerlegen in die nicht erklärte Varianz, die innerhalb der einzelnen Versuchsgruppen auftritt und die erklärte Varianz, die zwischen den verschiedenen Gruppen (=Faktorstufen) auftritt. Vor der Berechnung der Varianzen erfolgt jedoch in einem ersten Schritt die Zerlegung der Summe der quadrierten Gesamtabweichungen aller Beobachtungen. Dies sei im Folgenden einmal für eine einfache einfaktorielle Varianzanalyse mit einer unabhängigen und einer abhängigen Variable dargestellt.479 = SSb(etween)
SSt(otal) G
K
¦ ¦ (y
G
gk
y) 2
g 1 k 1
x SSt(otal)
¦ K(y g 1
+ SSw(ithin) G
g
K
y ) 2 ¦ ¦ ( y gk y g ) 2 g 1 k 1
= Summe der quadrierten Gesamtabweichungen
x SSb(etween) = Summe der quadrierten Abweichungen zwischen den Gruppen (durch Gruppenzugehörigkeit erklärte Varianz)
474
Vgl. auch Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 52. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Müller (2003), S. 52f.; Homburg (2000), S. 93. 476 Daher eignet sich die Varianzanalyse besonders gut für Experimente, Backhaus et al. (2003), S. Ä'LH9DULDQ]DQDO\VHLVWGDVwichtigste Analyseverfahren zur $XVZHUWXQJYRQ([SHULPHQWHQ´ 477 Vgl. Schnell/Hill/Esser (1999), 421; und detailliert Cohen et al. 2003. 478 Backhaus et al. (2003), S. 124.: Allgemein ist die (empirische) Varianz definiert als mittlere quadratische Abweichung (mean sum of squares). 479 Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 123. 475
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
x SSw(ithin)
131
= Summe der quadrierten Abweichungen innerhalb der Gruppen (nicht erklärte Varianz, auch Residualvarianz genannt)
mit Ygk = _ y = g = k_ = yg =
Beobachtungswert Gesamtmittelwert aller Beobachtungswerte Kennzeichnung einer Gruppe als Ausprägung einer unabhängigen Variablen Kennzeichnung des Beobachtungswertes innerhalb einer Gruppe Mittelwert der Beobachtungswerte einer Gruppe
Auf Basis der quadrierten Gesamtabweichungen werden die Varianzen (mittlere quadratische Abweichungen) der vorgestellten Komponenten berechnet. Dazu werden die Summen der quadrierten Gesamtabweichungen durch die Zahl der Freiheitsgrade df (degrees of freedom) geteilt, welche sich aus der Zahl der Beobachtungswerte vermindert um eins ergeben.480 Mittlere quadratische Gesamtabweichung: MS t
SS t G K 1
Mittlere quadratische Abweichung zwischen den Gruppen: MS b
SS b G 1
Mittlere quadratische Abweichungen innerhalb der Gruppen: MS w
480
SS w G ( K 1)
Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 124: Weil der Mittelwert, von dem die Abweichungen berechnet wurden, aus den Beobachtungswerten selbst berechnet wurde. Demnach lässt sich immer einer der Beobachtungswerte aus den anderen G*K-1 Beobachtungswerten und dem geschätzten Mittelwert HUUHFKQHQGKHULVWQLFKWPHKUÄIUHL´
132
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
Um die Wirkung der unabhängigen Variable statistisch zu überprüfen, wird aufbauend auf die mittleren quadratischen Abweichungen der empirische F-Wert berechnet:481 Femp
MS b MS w
Durch einen Vergleich des empirisch ermittelten F-Wertes mit der theoretischen FWerte-Tabelle482 kann nun die Hypothese, dass sich die Mittelwerte der verschiedenen Gruppen signifikant unterscheiden, auf Signifikanz geprüft werden. Ist der empirische F-Wert größer als der theoretische F-Wert, kann die Nullhypothese483 verworfen werden und ein Einfluss der unabhängigen Variablen kann angenommen werden. Die zweifaktorielle Varianzanalyse basiert auf dem gleichen Grundprinzip wie die vorgestellte einfaktorielle Varianzanalyse. Die Gesamtabweichung zwischen den Gruppen wird dabei aber zerlegt in die Abweichung bedingt durch den Faktor eins, die Abweichungen bedingt durch den Faktor zwei und die Abweichungen bedingt durch die Wechselwirkungen von Faktor eins und zwei. Entsprechend können isolierte Aussagen zur statistischen Signifikanz der beiden Faktoren und der Interaktion der beiden Faktoren getroffen werden. Für dreifaktorielle Varianzanalysen gilt die gleiche Logik, wobei durch die Analyse aller möglichen Wechselwirkungen zwischen je zwei Faktoren und allen drei Faktoren die inhaltliche Interpretation der Interaktionen schwierig ist.484 Die Kovarianzanalyse (ANCOVA) ist eine Erweiterung der Varianzanalyse. Es handelt sich um eine klassische Varianzanalyse mit einer zusätzlichen metrisch skalierten unabhängige Variablen, die als Kovariate bezeichnet wird. Die Integration eine Kovariate macht zum Beispiel immer Sinn, wenn es eine bekannte metrische Störgröße gibt (in dieser Arbeit zum Beispiel die VariableÄ)lKLJNHLWHQ´ GHUHQ:LUNXQJDXIGLHDE hängige Variable durch homogene Auswahl der Versuchsteilnehmer in ihrer Wirkung
481 482
483
484
Vgl. Bortz (2006), S. 256. Theoretische F-Werte existieren üblicherweise in Tabellenform für Vertrauenswahrscheinlichkeiten von 90%, 95% und 99%. Die Nullhypothese H0 ist die Alternativhypothese zur definierten Wirkungshypothese H1 und unterstellt, dass die Gruppen sich untereinander nicht unterscheiden. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 139.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
133
nicht ausreichend neutralisiert werden kann. Üblicherweise geht die Kovarianzanalyse so vor, dass mit Hilfe einer Regressionsanalyse der auf die Kovariate entfallende Varianzanteil ermittelt wird und aus den Beobachtungswerten herausgerechnet wird. Anschließend wird auf Basis der korrigierten Beobachtungswerte eine klassische Varianzanalyse durchgeführt.485
6.3
Regressionsanalyse
Die Regressionsanalyse ist eins der flexibelsten und am häufigsten eingesetzten statistischen Analyseverfahren486 und dient der Analyse von Beziehungen zwischen einer metrischen abhängigen Variablen und einer oder mehreren metrischen unabhängigen Variablen. Das Ziel einer Regressionsanalyse ist es, Zusammenhänge zwischen Variablen quantitativ zu beschreiben, sie zu erklären und ggf. auch zu prognostizieren. Im einfachsten Fall einer unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen lässt sich die Kausalbeziehung zwischen beiden Variablen wie folgt beschreiben: Y
f ( X ) mit Y als abhängige Variable und X als unabhängige Variable.
Liegen mehrere unabhängige Variablen vor spricht man von einer multiplen Regressionsanalyse. Die Kausalbeziehung lautet entsprechend: Y
f ( X 1 , X 2 ,..., X J )
Die Funktion f, welche die Kausalbeziehung beschreibt, kann viele Formen annehmen. In der Regel geht man aber immer von einem linearen Zusammenhang der Variablen aus. Existieren nichtlineare Kausalbeziehungen, versucht man diese in der Regel durch Transformationen in eine lineare Funktion zu überführen.487 Eine lineare Regressionsfunktion lässt sich wie folgt darstellen:488
485
Vgl. Diehl (1983), Kapitel 10. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 46. 487 Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 79ff.; Bühl/Zöfel (2002), S. 345ff. 488 Vgl. Bühl/Zöfel (2002), S. 330. 486
134
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
b0 b1 x k N «.
yk
mit ǔk = b0 b1 xk
Ermittelter Schätzwert von Y für xk .RQVWDQWHV*OLHG 5HJUHVVLRQVNRHIIL]LHQW $XVSUlJXQJGHUXQDEKlQJLJHQ9DULDEOHIU%HREDFKWXQJN
'LH $EZHLFKXQJ HLQHV HUPLWWHOWHQ 6FKlW]ZHUWHV ǔk YRP HPSLULVFKHQ %HREDFKWXQJV wert ykEH]HLFKQHWPDQDOV5HVLGXDOJU|HHk (ek = yk±ǔk 489'DV=LHOGHU5HJUHVVLRQV DQDO\VHLVWHVHLQHOLQHDUH)XQNWLRQ]XILQGHQIUZHOFKHGLHQLFKWHUNOlUWHQ$EZHL FKXQJHQ 5HVLGXDOJU|HQ P|JOLFKVW NOHLQ VLQG )U GLH /|VXQJ GHV 0LQLPLHUXQJV SUREOHPVVWHKHQYHUVFKLHGHQ6FKlW]YHUIDKUHQ]XU9HUIJXQJ'LH0HWKRGHGHUkleinsten QuadrateJHK|UWGDEHL]XGHQZLFKWLJVWHQVWDWLVWLVFKHQ6FKlW]YHUIDKUHQ490XQGILQ GHW HQWVSUHFKHQG DXFK LQ GLHVHU $UEHLW $QZHQGXQJ 'XUFK GLH 4XDGULHUXQJ GHU $E ZHLFKXQJHQZHUGHQGDEHLJU|HUH$EZHLFKXQJHQGHXWOLFKVWlUNHUJHZLFKWHWDOVNOHL QHUH$EZHLFKXQJXQGHVZLUGYHUPLHGHQGDVVVLFKSRVLWLYHXQGQHJDWLYH$EZHLFKXQ JHQNRPSHQVLHUHQ'DVEHVFKULHEHQH6FKlW]YHUIDKUHQGHUNOHLQVWHQ4XDGUDWHOlVVWVLFK DOV)XQNWLRQZLHIROJWGDUVWHOOHQ 491 K
¦ >y
b0 b1 x k @ o PLQ 2
k
k 1
0LW +LOIH HQWVSUHFKHQGHU 8PIRUPXQJHQ OlVVW VLFK GDV EHVFKULHEHQH 2SWLPLHUXQJV SUREOHPYHUHLQIDFKHQ]XGHQ)RUPHOQ492 K
K
K
k 1 K
k 1
K ¦ xk y k ¦ xk ¦ y k b1
k 1
K
5HJUHVVLRQVNRHIIL]LHQW
K ¦ x k2 ¦ x k 2 k 1
b0
489 490 491
k 1
y b1 x
9JO7RXWHQEXUJ 6 9JO%DFNKDXVHWDO 6 9JO%RUW] 6
=
.RQVWDQWHV*OLHG
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
135
Der Regressionskoeffinzient b1 gibt den quantitativen Einfluss der unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable wieder. Wird die unabhängige Variable um eine Einheit vergrößert, ändert sich die abhängige Variable gleichzeitig um b1 Einheiten. Da die Größe des Regressionskoeffizienten abhängig ist von der Skala der Messung, ist er kein Indiz für die Wichtigkeit der unabhängigen Variablen. Um Regressionskoeffizienten miteinander zu vergleichen und nach ihrem Einfluss zu sortieren, müssen sie zuvor standardisiert werden. Die standardisierten Regressionskoeffizienten (BetaWerte) werden wie folgt berechnet:493 bÖ j
bj
Standardabweichung von X j Standardabweichung von Y
Multiple Regressionsanalysen mit zwei und mehr unabhängigen Variablen werden nach der gleichen Logik berechnet. Zur Überprüfung der Güte von Regressionsanalysen wird die F-Statistik verwendet und zur Überprüfung einzelner Regressionskoeffizienten dient der t-Test. Die F-Statistik prüft ob das geschätzte Modell auch über die Stichprobe hinaus für die Grundgesamtheit Gültigkeit besitzt. Der Ablauf ist der Gleiche wie bei der Varianzanalyse. Der empirische F-Wert wird berechnet und mit den theoretischen F-Werten der ausgewählten Signifikanzniveaus verglichen. Ist der empirische Wert größer, kann die Nullhypothese verworfen werden und der aufgezeigte Zusammenhang gilt als signifikant.494
Femp
R 2 ( K J 1) (1 R 2 ) J
Wenn die F-Statistik einen signifikanten Zusammenhang in der Grundgesamtheit feststellt, werden in einem zweiten Schritt die einzelnen Regressionskoeffizienten isoliert auf Signifikanz geprüft. Dafür wird der t-Test verwendet. Der Ablauf ist der Gleiche wie bei der F-Statistik. Der empirische t-Wert wird berechnet und mit den theoreti-
492 493 494
Vgl. Bortz (2006), S. 186. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 61. Vgl. Cohen et al. (2003), S. 89.
136
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
schen t-Werten der ausgewählten Signifikanzniveaus495 verglichen. Ist der Absolutbetrag des empirischen t-Wertes größer als der ausgewählte theoretische t-Wert, kann die Nullhypothese verworfen werden und ein Einfluss der unabhängigen Variablen kann angenommen werden. Der empirische t-Wert berechnet sich wie folgt:
t emp
bj s bj
Mit bj gleich Regressionskoeffizient des j-ten Regressors und sbj gleich dem Standardfehler von bj.496 Für weitere Details zur Regressionsanalyse sei an dieser Stelle auf COHEN ET AL. (2003) oder BACKHAUS ET AL. (2003), S. 45-116 verwiesen.
6.4
Kausalanalyse
Die Kausalanalyse ist ein multivariates Verfahren, welches auf Basis von empirisch gemessenen Kovarianzen und Korrelationen von Indikatorvariablen durch Parameterschätzung Rückschlüsse auf Beziehungen zwischen Konstrukten ermöglicht.497 Die Entwicklung der Kausalanalyse beruht maßgeblich auf den Arbeiten von JÖRESKOG (1973, 1978) und JÖRESKOG/SÖRBOM (1979, 1982).498 Gegenüber der klassischen Regressionsanalyse, welche weiter oben besprochen wurde, hat die Kausalanalyse drei wesentliche Vorteile:
495
496
Dabei gelten für die t-Werte die Grenzwerte der t-Teststatistik, wie sie zum Beispiel in der tTabelle in Backhaus et al. (2003), S. 796 aufgeführt sind. Bei einer ausreichend hohen Zahl an Freiheitsgraden gilt bei einem zweiseitigen t-Test für ein Signifikanzniveau von 10% ein Mindestwert von 1,645, bei einem Signifikanzniveau von 5% ein Mindestwert von 1,96 und bei einem Signifikanzniveau von 1% ein Mindestwert von 2,576. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 73. Der Standardfehler der Schätzung ist ein weiteres globales Gütekriterium und gibt an, welcher mittlere Fehler bei Verwendung der Regressionsfunktion zur Schätzung der abhängigen Variablen Y gemacht wird. Der Standardfehler berechnet sich wie folgt:
¦e s 497 498
2 k
k
( K J 1)
Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 333ff; Homburg/Pflesser (1999), S. 635; Homburg (1989), S. 2. Vgl. Jöreskog (1973); Jöreskog (1978); Jöreskog/Sörbom (1979); Jöreskog/Sörbom (1982).
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
137
x Simultane Schätzung komplexer Dependenzstrukturen, wie sie auch im GoalSetting-Modell gegeben sind. Es können dabei sowohl kausale Ketten wie auch wechselseitige Dependenzen abgebildet und untersucht werden. x Die Möglichkeit Konstrukte über mehrere Indikatorvariable zu messen und dabei eventuell vorhandene Messfehler zu berücksichtigen.499 x Die Möglichkeit existierende Korrelationen zwischen exogenen Variablen durch Integration in das Modell zu berücksichtigen.500 Zur Durchführung der Kausalanalyse wird in dieser Arbeit das weit verbreitete Softwareprogramm LISREL in der Version 8.51 verwendet.501 Die Modellspezifikation in der LISREL-Notation umfasst 3 Teilmodelle. Ein Strukturmodell, welches die Beziehungen zwischen den Konstrukten auf Grund theoretischer Überlegungen spezifiziert sowie Messmodelle für exogene und endogene Konstrukte, welche die Beziehungen zwischen den Konstrukten und ihren Indikatoren abbilden (vgl. Abbildung 20). Die Teilmodelle lassen sich in der Vektorschreibweise als lineare Gleichungssysteme wie folgt darstellen: K
% K *[ ]
(Strukturmodell)
x
/ x[ G
(Messmodell für exogene Konstrukte)
y
/ yK H
(Messmodell für endogene Konstrukte)
499
500
501
Die Regressionsanalyse geht dagegen von der Annahme aus, dass alle Variablen des Modells fehlerfrei gemessen werden können. Diese Annahme kann zu Verfälschungen der Ergebnisse und zu möglichen Fehlinterpretationen führen. Die Regressionsanalyse geht dagegen von der Annahme aus, dass alle exogenen Variablen vollkommen unabhängig sind. Falls in den empirischen Daten jedoch solche Abhängigkeiten vorliegen, werden die Schätzer der Regressionsparameter in der Regel verzerrt (Problem der Multikollinearität). Vgl. Homburg/Sütterlin (1990), S. 181.
138
Methodische Konzeption der Untersuchung
Teil E
]1 y1
H1
y2
H2
y3
H3
y4
H4
K1 G1
x1
G2
x2
[1
K2 ]2 Messmodell der latenten exogenen Variablen
Messmodell der latenten endogenen Variablen Strukturmodell
Abbildung 20: Modellspezifikation in LISREL mit Struktur- und Messmodellen502
In der Gleichung des Strukturmodells wird die Beziehung zwischen den latenten Konstrukten spezifiziert. Dabei bezeichnet Ș die latenten endogenen Konstrukte und ȟ die latenten exogenen Konstrukte des Strukturmodells. Die Effekte zwischen den latenten endogenen Konstrukte werden durch die Koeffizientenmatrix B abgebildet. Die Effekte der latenten exogenen Konstrukte auf die latenten endogenen Konstrukte werden durch die Koeffizientenmatrix ī dargestellt. ȗ steht für die Residualvariablen der endogenen Konstrukte. Die Gleichungen der Messmodelle der endogenen und exogenen Konstrukte sind faktoranalytische Modelle. Sie geben Auskunft über die Zuordnung zwischen den latenten Konstrukten und den zugehörigen Indikatorvariablen. Der Vektor y enthält dabei die Indikatoren der latenten endogenen Konstrukte und der Vektor x enthält die Indikatoren der latenten exogenen Konstrukte. Die Koeffizientenmatrix ȁy und ȁx können als Faktorladungsmatrizen interpretiert werden und į und İ enthalten die Messfehlervariablen.503 Unter geeigneten Voraussetzungen ist es möglich, die Kovarianzmatrix Ȉ der
502 503
Abbildung in Anlehnung an Backhaus et al. (2003), S. 350. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Indikator eine fehlerhafte Messung eines latenten Konstruktes ist.
Teil E
Methodische Konzeption der Untersuchung
139
beobachteten Indikatorvariablen x und y als Funktion der acht zu schätzenden Parametermatrizen B, ī, ȁy, ȁx, ĭ, Ȍ, Ĭİ, Ĭį auszudrücken.504 6
6(%, *, / y , / x , ),