Deutsche Verfassungsdokumente 1806-1849, Volume 3, Part IV , Hessen-Kassel, Mecklenburg-Strelitz
 3598357168, 978-3-598-35716-9, 978-3-598-44058-8 [PDF]

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Zitiervorschau

Sources on the Rise of Modern Constitutionalism / Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus: Hesse-Kassel – Mecklenburg-Strelitz Edited by / Herausgegeben von Werner Heun

K. G. Saur

Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts

Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century Sources on the Rise of Modern Constitutionalism Editor in Chief Horst Dippel Europe: Volume 3

Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus Herausgegeben von Horst Dippel Europa: Band 3

K·G ·Saur 2007

Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 Teil IV: Hessen-Kassel – Mecklenburg-Strelitz Herausgegeben von Werner Heun

German Constitutional Documents 1806–1849 Part IV: Hesse-Kassel – Mecklenburg-Strelitz Edited by Werner Heun

K·G ·Saur 2007

Bibliographic information published by the Deutsche Nationalibliothek The Deutsche Nationalibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the internet at http://dnb.d-nb.de .

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

U Printed on acid-free paper / Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier © 2007 by K . G. Saur Verlag, München Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG Printed in Germany All Rights Strictly Reserved / Alle Rechte vorbehalten. Technical Partner / Technischer Partner: Mathias Wündisch, Leipzig Printed and Bound / Druck und Bindung: S trauss GmbH, Mörlenbach ISBN 978-3-598-35716-9

Inhalt – Contents Verfassungsentwurf für Hessen-Kassel (1816) Anlage A [Landtags-Wahlordnung] . . . Anlage B [Landtags-Geschäftsordnung] Verfassungsentwurf für Hessen-Kassel (1830) Verfassung von Hessen-Kassel (1831) . . . . Wahlgesetz von 1831 . . . . . . . . . . Erste Revision von 1848 . . . . . Zweite Revision von 1848 . . . . Dritte Revision von 1848 . . . . . Revision von 1849 . . . . . . . .

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7 12 17 21 29 53 64 65 66 67

Verfassung von Hohenzollern-Sigmaringen (1833) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

Verfassung von Lauenburg (1849) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Verfassung von Lippe (1819) . . . . . Verfassung von Lippe (1836) . . . . . Revision von 1848 . . . . Erste Revision von 1849 . Zweite Revision von 1849 Verfassungsentwurf von Lippe (1849)

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127 137 147 148 151 153

Verfassung von Lübeck (1848) . . . . . . Erste Revision von 1848 . . . Zweite Revision von 1848 . . Dritte Revision von 1848 . . . Revidierte Verfassung von Lübeck (1848)

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161 187 190 191 195

Verfassungsentwurf für Mecklenburg-Schwerin (1848) . . . . . . . . . . . . Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit, Mecklenburg-Schwerin (1849) . Verfassung von Mecklenburg-Schwerin (1849) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahlgesetz für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin . . . . . . Vereinbarung No. I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarung No. II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verordnung von 1849 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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213 229 233 251 256 276 282

Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit, Mecklenburg-Strelitz (1849) . . . . . . 285 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

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Verfassungsentwurf für Hessen-Kassel (1816)

[Beurkundete Darstellung der Kurhessischen Landtagsverhandlungen]1

CAP. I Von dem Regenten, der Erbfolge und der Regierungsform A RT. 1. Die Regierungsform ist monarchisch, die Lineal-Erbfolge und in derselben das Recht der Erstgeburt, mit Ausschluß des weiblichen Geschlechts, stehet fest für alle gegenwärtige und künftige Kurhessische Staaten. A RT. 2. Der Landesherr wird nach den bisher bestandenen Hausgesetzen volljährig sobald er das 18te Jahr zurückgelegt hat. A RT. 3. Im Fall einer Minderjährigkeit führt die leibliche Mutter und, wenn selbige nicht mehr am Leben ist, der nächste Agnat die Vormundschaft und Regentschaft. A RT. 4. In allen Fällen stehet der Regentschaft während der Minderjährigkeit des Landesherrn, ein höchstens aus sechs Mitgliedern bestehender Regentschaftsrath zur Seite, welchen die Vormundschaft in allen Regierungs-Sachen zu Rathe ziehen muß. A RT. 5. Der Regentschafts-Rath wird gebildet aus den Ministern des abgegangenen Regenten und aus einigen, von den Ständen aus der Zahl der Staatsdienerschaft zu wählenden Mitgliedern, deren etwaiger Abgang während der Vormundschaft durch eine weitere gleiche Wahl wieder ersetzt wird. A RT. 6. Jeder Regent gelobt gleich nach dem Antritt seiner Regierung die Befolgung dieser Constitution und stellt darüber eine

schriftliche Versicherung aus. Ein gleiches muß von der Vormundschaft auf den Fall der Minderjährigkeit des Regenten geschehen. A RT. 7. Die nachgeborenen Prinzen des Kurhauses bleiben im vollständigen Genuß der bestimmten Apanagen, welche denselben stets pünctlich und regelmäßig auszuzahlen und zu verabreichen sind. In künftigen Fällen werden solche vom Regenten dem Herkommen und den bestehenden Hausgesetzen gemäß reguliert.

CAP. II Von den Provinzen, welche den Kurhessischen Staat bilden, deren Untheilbarkeit und Einführung einer allgemeinen landständischen Verfassung A RT. 1. Das Kurfürstenthum Hessen in seinem gegenwärtigen Umfang begreift a.) die Landgrafschaft Hessen. b.) das Großherzogthum Fulda. c.) das Fürstenthum Hersfeld. d.) – ” – Hanau. e.) – ” – Fritzlar. f.) die Grafschaft Ziegenhain. g.) – ” – Schaumburg. h.) – Herrschaft Schmalkalden. A RT. 2. Diese Länder, desgleichen auch diejenigen, welche in der Folge noch damit verbunden werden, bilden ein untheilbares unveräusserliches Ganze.

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H ESSEN -K ASSEL A RT. 3. Eine, sämmtliche Provinzen begreifende landständische Verfassung wird hierdurch eingeführt, und hören demnach die Repräsentationen einzelner Provinzen durch besondere Landstände von selbst auf.

CAP. III Von den Landständen A RT. 1. Besondere Repraesentationen der Praelaten und Ritterschaften der Städte – und der Bauern – hören zu Vermeidung alles Anlasses zum Zwiespalt der Stände für die Zukunft auf. Sämmtliche LandtagsDeputirte zusammen machen die Stände aus und jeder Landtags-Deputirte repraesentirt die Unterthanen ohne Unterschied ihres Standes. A RT. 2. Die Anzahl der Deputirten soll, außer dem Präsidenten, aus dreyßig Personen bestehen, die drey vornehmsten Diener der drey christlichen Confessionen und wenn bey einem derselben mehrere von gleichem Range sind, der, welcher seinen jetzigen Posten am längsten bekleidet hat, sind ohne weitere Wahl, Landtags-Deputirten, die übrigen 27 Deputirten sollen jedoch in Rücksicht der Vorzüge, die vorher jeder Stand bey der Wahl einer gewissen Anzahl von Deputirten, genossen hat, a.) zu 1/3 aus den Prälaten und der Ritterschaft und zwar mit zwey Prälaten und sieben Ritter b.) zu 1/3 aus den Stadtbewohnern, jedoch mit Einschluß des jedesmaligen Bürgermeisters zu Cassel, welcher als beständiger Deputirter anzusehen ist, und c.) zu 1/3 aus den Grundeigenthümern des platten Landes und den übrigen Unterthanen, welche bey den erstern Wahlen nicht zugezogen worden, gewinnen, und aus diesen Classen gewählt werden.

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A RT. 3. Um zum Deputirten gewählt werden zu können, ist erforderlich, daß der zu Wählende 1.) zu einer der drey christlichen Confessionen sich bekennen 2.) das 25te Jahr zurückgelegt, 3.) keine von einer rechtmäßigen Behörde verhängte Gefängnißstrafe ausgestanden habe, und 4.) daß er in keiner Untersuchung begriffen sey. A RT. 4. Die einzelnen Vorschriften, wie die Wahlen vorzunehmen seyen, besaget die Anlage A.2 A RT. 5. Sie äussern ihre Meynung nicht nach Vorschrift eines etwa erhaltenen Auftrags, sondern nach ihrer eigenen Ueberzeugung. A RT. 6. Sie können weder einen Dritten, noch selbst einen Landtags-Deputirten beauftragen in ihrem Nahmen zu stimmen. A RT. 7. Die Deputirten sind der Regel nach auf 6 Jahre gewählt. In dem 6ten Jahre wird zu einer neuen Wahl geschritten, jedoch können die nämlichen Deputirten von neuem gewählt werden. A RT. 8. Sie verlieren ihr Recht als Landtags-Deputirter früher, wenn entweder der Landesherr die ganze ständische Versammlung aufhebt, oder sie sich eines Vergehens schuldig gemacht haben, welches von den competenten Gerichten mit Gefängnißstrafe belegt worden. In dem ersten Fall können sie jedoch unbedingt, in dem letzten aber niemals wieder gewählt werden.

CAP. IV Von dem Wirkungskreis, Pflichten und Befugnissen der Landstände A RT. 1. Die Stände sind verpflichtet für

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816) Aufbringung aller ordentlichen und ausserordentlichen Staatsbedürfnisse durch Verwilligung von Steuern und Abgaben zu sorgen. A RT. 2. Die Stände haben das Recht einen jeden Staatsbeamten, welcher sich einer Uebertretung der Constitution, einer Malversation oder Concussion schuldig macht, anzuklagen. Die Sache muß alsdann auf dem gesetzlichen Wege untersucht und den Ständen von dem Erfolge Nachricht gegeben werden. A RT. 3. Die Deputirten können während der Sitzungs-Periode nicht anders als mit Zustimmung der Versammlung verhaftet, und zu keiner Zeit wegen Aeusserung ihrer Meynung zur Rechenschaft gezogen werden. A RT. 4. Ohne Zustimmung der Stände kann kein das Steuerwesen betreffendes, auch kein die Eigenthumsrechte, die persönliche oder die Gewerbfreyheit beschränkendes Gesetz gegeben werden. A RT. 5. Verordnungen, welche zu Vollstreckung oder zur Erläuterung schon bestehender Gesetze oder zu Verhütung der bey Betreibung der Gewerbe sich ergebenden Unterschleife abzwecken, und Verfügungen welche vorübergehend sind, können auch, ohne die Stände darüber zu hören, erlassen werden. A RT. 6. Die Landstände können zu neuen Gesetzen und Verbesserung der alten Anträge machen und solche dem Regenten als Wünsche vortragen. A RT. 7. In dieser Form können sie die besondern Beschwerden einzelner Unterthanen, welche zu ihrer Kenntniß gelangen, darbringen, insofern es nicht das Interesse Einzelner betrifft, mithin zur Entscheidung der Gerichte gehört. A RT. 8. Auf jeden Antrag der Stände wird eine Resolution, und zwar baldmöglichst erfolgen.

CAP. V Von den Landtagen A RT. 1. Der Landesherr verordnet die Zusammenkunft der Stände, so oft er solche für nöthig hält. A RT. 2. Die Zusammenberufung muß zum wenigsten alle Sechs Jahr geschehen, und ist alsdann der Regel nach der Anfang des Monats Maerz dazu bestimmt. A RT. 3. Eine ausserordentliche Zusammenberufung der Stände ist jedes Mal nöthig, wenn ein Landesherr mit Tode abgehet, der Tag der Zusammenkunft darf nicht länger als einen Monat nach dem Todestage ausgesetzt werden. A RT. 4. Ohne besondere Schreiben an die Deputirten zu erlassen geschiehet die Zusammenberufung der Stände durch eine allgemeine Bekanntmachung in dem Blatt, welches alle Gesetze enthält. A RT. 5. Alle das gemeine Wohl betreffende Gegenstände sind dazu geeignet, auf dem Landtag verhandelt zu werden. A RT. 6. Die Art der Einrichtung und Behandlung der Geschäfte, so wie die Zahl der Officialen und deren Beschäftigung ist in der Anlage B enthalten.3 A RT. 7. Der Regent kann die Sitzung vertagen. Er kann auch den Landtag dissolviren. Ist jedoch verbunden sogleich mit der Auflösung die Wahl neuer Deputirter zu verordnen, und kann sie noch in demselben Jahr zu einer Zusammenkunft bringen. A RT. 8. Die Landtage dürfen der Regel nach nicht länger als zwey Monate dauern, und ist aus diesem Grund mit den wichtigsten Geschäften der Anfang zu machen.

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H ESSEN -K ASSEL

CAP. VI Von den Steuern A RT. 1. Den Ständen wird vor jeder Steuer-Verwilligung die Nothwendigkeit derselben gezeigt. Zu dem Ende sind ihnen die Etats über die Staats-Einnahme und Ausgabe vorzutragen, um sie mit ihren Einwendungen darüber zu hören. A RT. 2. Wenn der ganze Betrag des Staats-Einkommens und des Staatsbedürfnisses festgesetzt ist, bleibt es den Ständen überlassen, die bestmöglichste Art der Aufbringung des Fehlenden in Berathung zu ziehen, und ihre Ansicht zur allerhöchsten Genehmigung darzulegen. A RT. 3. Das Staats-Einkommen bestehet in den Regalien, Staats-Domainen und den Staats-Kapitalien welche sich von nun an bey beyden Haupt-Cassen vorfinden, oder noch dahin abgegeben werden. A RT. 4. Zu Festsetzung aller directen und indirecten Steuern ist die Einwilligung der Stände nothwendig. A RT. 5. In den Ausschreiben und Verordnungen, welche Steuern und Abgaben betreffen, soll die Landständische Verwilligung erwähnt seyn, für welche weder die Erheber zur Einforderung berechtiget, noch die Pflichtigen zum Abtrag schuldig sind. A RT. 6. Ehe eine neue Steuer gefordert werden kann, ist die Verwendung der früher verwilligten zu den bestimmten Staatszwecken den Ständen durch Vorlegung der Rechnungen zu zeigen. A RT. 7. Kein Grundeigenthum in dem Staat kann steuerfrei seyn, alle Exemtionen auf die der Domainen, der Kirchen und Schulgüter und anderen wohltätigen Anstalten sind aufgehoben. A RT. 8. Der Staat soll jedoch die Steuern von den Grundstücken, welche bisher zu Erhaltung der Pfarrer, Schulen, Kirchen und

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wohltätigen Anstalten gedient haben und in dieser Hinsicht steuerfrey waren, denselben solange ersetzen, als sie ihre bisherige Bestimmung behalten. Auf andere acqirirte Grundstücke kann aber dieser Ersatz der Steuern nicht ausgedehnt werden. A RT. 9. Die bisher exemten Güter sollen nach einem billigen Verhältniß mit Contribution belegt werden. A RT. 10. Es soll nur eine Gattung von Grundsteuern statt finden.

CAP. VII Von dem Militair-Stand und der Militair-Pflichtigkeit A RT. 1. Es soll in Friedenszeiten so viel Militair gehalten werden, als zur Stellung des Contingents zur Landessicherheit und zu den Haustruppen des Souverains nöthig ist. Jedoch sind die Landstände auf den Fall eines Kriegs verbunden, nicht nur dasjenige, was zu Vermehrung der Contingents Truppen und deren Ergänzung, sondern auch zu dem alsdann für die allgemeine Sicherheit im Lande nothwendigen Militair erfordert wird, aufzubringen. A RT. 2. Die Verbindlichkeit zum MilitairDienst ist allgemein, und erstreckt sich über alle Classen der Unterthanen ohne Ausnahme. Es soll ein Gesetz wegen des zu leistenden Militair-Dienstes erlassen, und darinnen das Alter der Militair-Pflichtigen und die Dauer des zu leistenden Militair-Dienstes festgesetzt, auch so viel möglich dafür gesorgt werden, daß dem Ackerbau, den Gewerben, Künsten und Wissenschaften kein Nachtheil dadurch widerfahre. A RT. 3. Wenn das Vaterland in Gefahr ist, muß einjeder die Waffen ergreifen, der dazu fähig ist.

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816)

CAP. VIII Justitz-Pflege A RT. 1. Einem jeden ohne Unterschied der Person soll schnelle und unpartheyische Gerechtigkeit geleistet werden. A RT. 2. Ein jeder genießt die völlige Sicherheit seiner Person und seines Eigenthums. A RT. 3. Kein Unterthan kann seinem ordentlichen Richter weder in bürgerlichen, noch in peinlichen Fällen entzogen werden, es sey denn durch den in Gesetzen vorgeschriebenen Weg. A RT. 4. Wenn jemand in Gemäßheit der Gesetze oder wegen Gefahr für das öffentliche Wohl verhaftet wird, so muß er innerhalb 48 Stunden verhört und von der gegen ihn vorhandenen Beschuldigung in Kenntniß gesetzt werden. A RT. 5. Keinem Angeschuldigten kann das Recht der Vertheidigung versagt werden. A RT. 6. Die Verwaltung der Justitz soll überhaupt gänzlich von der Administration getrennt werden. A RT. 7. Die Richter und Gerichtshöfe sind als solche unabhängig. A RT. 8. Alle Urtheile in peinlichen und bürgerlichen Sachen werden von den Gerichten ausgesprochen und sollen die Hauptunterscheidungs-Gründe enthalten. Die in peinlichen Sachen ergangenen Urtheile müssen in den, durch die bestehenden Gesetze bestimmten Fällen an den Landesherrn eingesendet werden, um das Begnadigungsrecht ausüben zu können. Die Verhängung einer schärfern, als durch das eingesandte Urtheil ausgesprochenen Strafe findet nur auf den Antrag eines andern Justitz-Collegii statt, an welches die Sache zur gutachtlichen Aeusserung in dem Fall

abgegeben wird, wenn von dem Geheimen Ministerium einstimmig die in dem ersten Urtheil festgesetzte Strafe zu gelinde gefunden würde. A RT. 9. Die bisher bestandenen privilegirten Gerichtsstände sollen vermindert und auch in dieser Rücksicht die Justitz-Pflege vereinfacht und befördert werden. A RT. 10. Es soll ein neues allgemeines bürgerliches und ein neues allgemeines peinliches Gesetzbuch, auch eine neue Prozeß und Sportel-Ordnung entworfen, deren Abfassung möglichst befördert und damit schon in diesem Jahre der Anfang gemacht werden.

CAP. IX Von der öffentlichen Schuld A RT. 1. Alle nach Vereinigung der verschiedenen Provinzen contrahirt werdenden neue Schulden bilden eine allgemeine Hessische Staatsschuld und stehen unter der Garantie der gesammten Landstände. A RT. 2. Die vorher contrahirten Schulden haften auf denen Provinzen, welche sie contrahirt haben. A RT. 3. Eine jede dieser Provinzen zahlet in die allgemeine Landschulden-TilgungsCasse den Betrag, welcher zu Verzinsung und zu dem Abtrag ihrer Provinzial-Schuld bestimmt ist, und die Gläubiger empfangen aus derselben, die ihnen versprochenen Zins- und Capital-Zahlungen, nach dem Verhältniß der aus der betreffenden Provinz eingegangenen Beyträge. A RT. 4. Die allgemeine LandesschuldenTilgungs-Casse wird in der Residenz errichtet. Sie stehet unter der Oberaufsicht des Regenten, welcher zu dem Ende zwey herrschaftliche Commissarien anordnet. Den Landständen wird aber die Verwaltung und

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H ESSEN -K ASSEL Anstellung des dabey nöthigen Personals jedoch mit Vorbehalt der allerhöchsten Bestätigung überlassen. A RT. 5. Bis die alten Schulden getilgt sind, wird über die Schulden einer jeden Provinz eine besondere Rechnung geführt und selbige auf dem versammleten Landtage denen Landes-Deputirten, welche aus der betreffenden Provinz gewählt worden, abgelegt.

CAP. X Allgemeine Bestimmungen A RT. 1. Die Verschiedenheit der drey christlichen Confessionen bewirkt in Anse-

hung des Genusses der bürgerlichen und politischen Rechte keinen Unterschied. A RT. 2. Kein Staatsdiener kann ohne Urtheil und Recht seiner Stelle oder seines rechtmäßigen Diensteinkommen verlustig erklärt werden. A RT. 3. Ein jeder Staatsdiener, welcher Alters oder Schwächlichkeit halber seiner Stelle vorzustehen nicht mehr in Stande ist, hat Anspruch auf eine seinen geleisteten Diensten und bezogenen Besoldungen angemessenen Pension. A RT. 4. Abänderungen dieser Constitution oder davon abweichende Ausnahmen können von dem Regenten nur mit Zustimmung der Stände vorgenommen werden.

Anlage A [Landtags-Wahlordnung]4 Handschriften über die Wahl der Landtags-Deputirten

Cap. I Allgemeine Vorschriften § 1. Bei jeder Wahl eines Deputirten wird zu gleicher Zeit für denselben ein Substitut gewählt, damit dieser auf den Fall des Todes, einer bedeutenden Krankheit, oder anderen Verhinderung des ersteren, dessen Stelle vertreten könne. § 2. Die gewöhnliche Wahl muß jedes Mal in dem Jahre vorher, ehe die bisherigen Deputirten diese Eigenschaft verlieren, vorgenommen werden und im Monat August beendigt seyn. § 3. Wo daher der Deputirte nur nach vorgängiger dreifacher Wahl ernannt wird, muß die erste Wahl im Anfang des Monats Junius, die zweite im Anfang Julius und die I

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dritte im Anfang August vorgenommen werden. § 4.I Das Loos entscheidet allenthalben bey einer Stimmengleichheit. § 5. Zu jeder neuen Wahl von LandtagsDeputirten müssen vorher auch neue Repraesentanten der Städte, der Dörfer und der Ämter gewählt werden. § 6. Derjenige, der bereits bey einem Stande zur Wahl zugezogen worden, oder dabei concurriren will, kann so wenig bey einer Wahl, welche ein anderer Stand vornimmt, mitwirken, als von diesem zum Deputirten gewählt werden.

Die Wahlen geschehen durch geheime Abstimmungen. [Ergänzung]

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816)

ANLAGE A Von der Wahl der LandtagsDeputirten

Wahl eine Bescheinigung zu seiner Legitimation, und giebt dem Präsidenten der Landstände davon Nachricht.

ad I. B

Cap. II Besondere Vorschriften bey den Wahlen aus den verschiedenen Ständen I.) Der Prälaten und Ritter. II.) Der Städte-Bewohner. III.) Der auf dem Lande wohnenden Grundbesitzer und übrigen Unterthanen, welche bey obigen Wahlen nicht zugezogen werden.

ad I. A Von der Wahl der beyden Prälaten § 1. Zur Wahl der beyden Deputirten aus dem Prälatenstand sind vier Stimmen, und diese haben a.) die Obervorsteher der adligen Stifter Kaufungen und Wetter, b.) die Universität Marburg, c.) das Fräulein-Stift Fischbeck und d.) das Fräulein-Stift Obernkirchen. § 2. Die Direction dieser Wahl und die Einsammlung der Stimmen wird dem ältesten Obervorsteher der adlichen Stifter aufgetragen, welcher die übrigen Prälaten zur schriftlichen Abgabe ihrer Stimmen auffordert. § 3. Da die beyden letzten Prälaturen, als Fräulein-Stifter, keinen aus ihrer Mitte wählen können, so sollen die zwey Deputirten bloß aus den Prälaten sub A et B, und zwar aus jeder diesen beyden Klassen einer nebst seinem Substituten, genommen werden. § 4. Jeden durch Stimmenmehrheit oder Entscheidung des Looses gewählten Deputirten aus dem Prälaten-Stande sowie jedem Substituten, ertheilet der Director der

Von der Wahl der 7 Deputirten aus dem Stande der Ritterschaft § 5. Die 7 aus der Ritterschaft zu wählenden Deputierten sollen, und zwar jeder nebst Substituten, theils aus der zu einem Strome gehörigen, theils aus der in einem besondern Kreise wohnenden Ritterschaft folgendermasen genommen werden, nämlich: a.) Fünf Deputirte der Hessischen Ritterschaft und deren Substitute werden nach der ältern Eintheilung in Ströme, und zwar von der zu jedem Strome gehörigen Ritterschaft, auf die bisher üblich gewesene Art gewählt; b.) Ein Deputirter nebst einem Substituten wird aus der Schaumburger Ritterschaft, und zwar auf eben die Art, wie es vorhin bey dem ritterschaftlichen Deputirten der Fall gewesen, gewählt. c.) Ein Deputirter nebst Substituten wird aus der vormaligen Reichsritterschaft im Fürstenthum Hanau und dem Buchischen Quartier des Cantons Rhön und Werra genommen. Diese Mitglieder der ehemaligen Reichsritterschaft treten zusammen, und wählen unter sich einen Director, unter dessen Leitung alsdann jedesmal der Deputirte und sein Substitut gewählt werden, und von der getroffenen Wahl gibt sodann der WahlDirector dem Präsidenten der Landstände Nachricht.

ad II Wahl aus den Städte-Bewohnern § 6. Sämmtliche Städte präsentieren neun Deputirte mit Einschluß des Bürgermeisters zu Cassel. Fünf derselben werden,

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H ESSEN -K ASSEL nach der bisher üblich gewesenen Eintheilung in fünf Ströme, gewählt, und die in diesen Bezirken gelegenen, bisher aber zu der Wahl der Landstände nicht zugezogenen Städte sollen eben so, wie die andern Städte zu dieser Wahl zugelassen werden, und zwar: a.) zum Diemel-Strom: Die Städte Carlshafen und Naumburg. b.) zum Werra-Strom: Die Stadt Grossallmerode. c.) zum Schwalm-Strom: Die Städte Fritzlar und Neustadt. d.) zum Lahn-Strom: Die Städte Amöneburg und Schweinsberg. Ein Deputirter nebst Substituten wird aus den Städten des Fürstenthums Hanau, einer nebst Substituten aus den Städten der Grafschaft Schaumburg und einer nebst seinem Substituten aus den Städten des Großherzogthums Fulda gewählt. § 7. Die Wahl wird folgendermasen vorgenommen. Alle Einwohner einer jeden Stadt werden, insofern sie Hausväter sind, im Anfang des Monats Julius von dem amtsführenden Bürgermeister vorgeladen, um aus ihrer Mitte einen Repräsentanten dieser Stadt zu ernennen. Dieser Repräsentant muß die in der Constitution Cap. III. Art. 3 bey den Deputirten vorgeschriebenen Eigenschaften haben. Nach beendigter Wahl, wobey die Mehrheit der Stimmen der zu Vornehmung der Wahl Erschienenen, und, bey etwa gleicher Anzahl derselben, das Loos entscheidet, giebt der Bürgermeister dem amtsführenden Bürgermeister der Stadt, welcher für den befragten Bezirk die Direction des Wahlgeschäfts hat, davon Nachricht, dieser ladet sodann auf einen bestimmten Tag in dem

Anfange des Monats August sämmtliche Repräsentanten vor, und diese erwählen sodann unter seinem Vorsitz den LandtagsDeputirten.II § 8. Die das Wahl-Directorium führenden Städte sind: an der Diemel Cassel. an der Fulda Hersfeld. an der Werra Eschwege. an der Schwalm Homberg. an der Lahn Marburg. für das Fürstenthum Hanau, Hanau. für die Grafschaft Schaumburg, Rinteln. für das Großherzogthum Fulda, Fulda. § 9. Ehe zur Wahl des Deputirten geschritten wird, macht der mit der Direction der Wahl beauftragte Bürgermeister den Stadt-Repräsentanten bekannt, daß ihre Wahl auf Männer fallen müsse, welche anerkannt rechtschaffen und der Landesverfassung kundig seyen – welche die in der Constitution Cap. III. Art. 3 festgesetzten Eigenschaften haben, in einer der Städte, deren Repräsentanten sie sind, wohnen, und weder zu der Wahl der Deputirten aus der Ritterschaft, noch zu der Wahl der Deputirten aus der Classe der Landbewohner zugezogen werden. Er läßt sie die Befolgung dieser Vorschrift durch Handgelöbniß an Eides statt angeloben. § 10. Der Stadtschreiber führet bey der Wahl das Protokoll, und der amtsführende Bürgermeister bezeuget dessen Richtigkeit durch seine Namensunterschrift. Gleich nach beendigter Wahl wird das darüber aufgenommene Protokoll dem Beamten, welcher die Justitz über die Einwohner der Stadt verwaltet, vorgelegt, welcher sodann dem gewählten Deputirten sowie dessen Substituten zu ihrer Legitimation ei-

II In Rücksicht der wenigen im Großherzogthum Fulda befindlichen Städte hat die Stadt Fulda vier, die übrigen Städte Hünfeld und Saalmünster aber nur einen Stadtrepräsentanten zu wählen, welche zur Wahl des Deputirten schreiten. In der Stadt Hanau wählt die Altstadt einen und die Neustadt ebenfalls einen Repräsentanten, welche bey der Wahl des Deputirten concurriren. [Ergänzung durch weiteren Absatz]

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V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816) ne Bescheinigung über die auf sie gefallene Wahl unter Gerichtssiegel ertheilet. Den Ausgang des Wahlgeschäfts und den Namen des gewählten Deputirten macht der amtsführende Bürgermeister dem Präsidenten der Landstände bekannt.

ad III Von der Wahl der Deputirten aus der Klasse der Güterbesitzer des platten Landes und der übrigen Einwohner, welche bey der Wahl eines Deputirten ausIII der Ritterschaft und den Städten nicht mitwirken § 11. Sobald die Wahl der Landtags-Deputirten angeordnet worden, unterrichtet jeder Beamte den Orts-GrebenIV über dasjenige, was diesen dabey zu thun obliegt. § 12. Die Obliegenheit des OrtsgrebenV ist bey der Wahl des Deputirten folgende: Im Anfang Junius des Jahres, in welchem die Deputirten gewählt werden sollen, beruft der GrebeVI jedes einzelnen Orts sämmtliche Einwohner desselben, welche Hausväter sind, sowie die Familienhäupter, welche die zu dem Dorf gehörigen einzelnen Mühlen und Höfe bewohnen, zusammen, um den Dorf-Repräsentanten zu wählen. Die meisten Stimmen der Erschienenen entscheiden diese Wahl, und der GrebeVII macht nach Beendigung der Wahl den Namen des Gewählten dem vorgesetzten Beamten bekannt. § 13. Im Anfang des Monats Julius berufet jeder Beamte sämmtliche Dorf-Repräsentanten, um zu der Wahl der bestimmten Anzahl Amts-Repräsentanten zu schreiten. Bey Eröffnung dieses Wahlgeschäfts macht der Beamte den Dorf-Repräsentanten bekannt, daß der zu Wählende die in III IV V VI VII

der Constitution Cap. III. Art. 3 bemerkten Eigenschaften haben und ausserdem nicht nur aus dem Amtsbezirk, sondern auch aus der Klasse derjenigen Güterbesitzer seyn müsse, welche des Monats zum wenigsten einen Rthlr. an Grundsteuer entrichten. Über die Wahl selbst wird ein Protokoll aufgenommen. Gleich nach beendigter Wahl macht der Beamte die Namen der gewählten Amtsrepräsentanten dem Beamten bekannt, unter dessen Leitung der LandtagsDeputirte gewählt werden soll. § 14. Um nun die Wahl der LandtagsDeputirten vornehmen zu können, sollen vorläufig und bis eine andere Territorial-Eintheilung verordnet wird, sämmtliche Provinzen in neun Wahlkreise eingetheilt, und soll den einzelnen Aemtern nach Verhältniß ihrer Stärke eine bestimmte Anzahl Repräsentanten zur Wahl des Landtags-Deputirten abzusenden gestattet werden. § 15. Die Kreise sind folgende: 1.) Der Kreis Hofgeismar wird gebildet aus den Aemtern Grebenstein und Hofgeismar, diese stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten; dem Amt Wolfhagen, [es] stellt 2 AmtsRepräsentanten; den Aemtern Naumburg und Fritzlar, stellen zusammen 1 Amts-Repräsentanten; dem Amt Trendelburg nebst dem Dorf Langenthal, stellt 2 Amts-Repräsentanten; dem Amt Zierenberg, stellt 4 Amts-Repräsentanten; dem Amt Sababurg, stellt 4 Amts-Repräsentanten; dem Amt Wilhelmshöhe nebst der Vogtey Hasungen, stellt 5 Amts-Repräsentanten; dem Amt Ahna, stellt 2 Amts-Repräsentanten.

den Prälaten [Ergänzung] ältesten Ortsvorsteher mit Ausnahme des Greben oder Schultheisen [Ersetzung] ältesten Ortsvorstehers [Ersetzung] älteste Ortsvorsteher [Ersetzung] Ortsvorsteher [Ersetzung]

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H ESSEN -K ASSEL Zahl der Repräsentanten: 22 Amts-Repräsentanten. 2.) Kreis Hersfeld. hierzu gehört: Amt Hersfeld und Amt Obergeis sowie das Amt Petersberg, stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten; Amt Neuenstein und das Gericht Wallenstein, stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten; Amt Landeck nebst dem Dorfe Creutzberg, stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten; Amt Hauneck und das Amt Johannesberg, stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten; Amt Oberaula, dieses Amt stellt 3 Amts-Repräsentanten; Amt Niederaula, stellt 3 Amts-Repräsentanten; Amt Nentershausen, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Friedewald, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Neukirchen, stellt 2 Amts-Repräsentanten. 20 Amts-Repräsentanten. 3.) Kreis Eschwege besteht aus dem Amt Eschwege, stellet 2 Amts-Repräsentanten; dem Amt Allendorf und das Gericht Altenstein, stellen 2 AmtsRepräsentanten; Amt Ludwigstein und Vogtei Rückerode, 2 Amts-Repräsentanten; Amt Wanfried, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Schmalkalden, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Brotterode, stellt 2 AR; Amt Hallenberg, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Herrenbreitungen, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Bischhausen, stellt 4 Amts-Repräsentanten; Amt Bilstein, stellt 4 Amts-Repräsentanten.

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24 Amts-Repräsentanten. 4.) Kreis Rotenburg. Hierzu gehört Oberamt Rotenburg, stellet 4 Amts-Repräsentanten; Unteramt Rotenburg, stellet 4 Amts-Repräsentanten; Amt Melsungen, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Lichtenau, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Sontra, stellt 4 Amts-Repräsentanten; Amt Spangenberg, stellt 4 Amts-Repräsentanten; Amt Kaufungen, stellt 4 Amts-Repräsentanten. 24 Amts-Repräsentanten. 5.) Kreis Ziegenhain faßt in sich Amt Homberg, stellet 4 AmtsRepräsentanten; Amt Ziegenhain und Gericht Frielendorf, stellen zusammen 4 Amts-Repräsentanten; Amt Schönstein, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Felsberg, stellt 2 Amts-Repräsentanten; Amt Gudensberg, stellt 4 Amts-Repräsentanten; Amt Borken, stellt 4 Amts-Repräsentanten; Amt Jesberg und das Gericht Waltersbrück, stellen zusammen 2 Amts-Repräsentanten. 22 Amts-Repräsentanten. 6.) Der Kreis Marburg.VIII Hierzu gehören sämmtliche Aemter in Oberhessen. 7.) Der Kreis Hanau wird gebildet durch die hanauischen Aemter. 8.) Der Kreis Schaumburg dieser bestehet aus den Vogteyen und

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816) Aemtern dieser Grafschaft. 9.) Der Kreis Fulda hierzu gehören die in dem Großherzogthum Fulda und in den neu acquirirten Landen befindlichen Aemter. Die Zahl der Amts-Repräsentanten in den vier letzten Kreisen, so wie die eines jeden einzelnen Amtes wird nach eingezogenen Berichten der Local-Behörden näher bestimmt werden. § 16. Der Beamte, welcher die Justitz über die Einwohner des Orts administrirt, von welchem der Kreis seinen Namen erhält, hat jedesmal die Wahl des LandtagsDeputirten und dessen Substituten zu leiten. Ausgenommen hiervon sind jedoch die Beamten derjenigen Kreisorte, wo die Justitzpflege nicht in dem Namen des Landesherrn verwaltet wird, als Rotenburg und Eschwege. In solchen wird die Leitung der Wahl des Landtags-Deputirten den Reservat-Commissarien anvertraut. Jedoch wird auch in diesen Kreisen die Wahl der Amts-Repräsentanten den Justitzbeamten überlassen. Die Wahl der Landtags-Deputirten wird in dem Anfang des Monats August vorgenommen.

§ 17. Die zum Behuf der Wahl des Deputirten vorgeladenen Amts-Repräsentanten müssen bey Vornehmung des Geschäfts darauf Rücksicht nehmen, daß der zu Wählende ausser den in der Constitution Cap. III. Art. 3 vorgeschriebenen Eigenschaften ein der Landesverfassung kundiger und anerkannt rechtsschaffender Mann sey, daß er in dem Bezirk, dessen Repräsentanten die Wahl vornehmen, wohne und so wenig zu der Wahl der Deputirten ausIX der Ritterschaft als zu der Wahl der Deputirten aus den Städten mitzugezogen werde. Auf diese Puncte macht der das Wahlgeschäft dirigirende Beamte die Amts-Repräsentanten aufmerksam, nimmt sie sodann, mittelst Handschlags an Eides statt in Pflichten, daß sie diese Vorschriften befolgen, und ohne weitere persönliche Rücksichten nach ihrer Überzeugung wählen wollen, und setzet sodann die hierauf erfolgende Abstimmung eines jeden in das Wahl-Protokoll. § 18. Nach beendigter Wahl macht er den Ausgang nicht nur den Wählenden, sondern auch dem Gewählten bekannt, ertheilet dem Deputirten, sowie dessen Substituten zu ihrer Legitimation ein unter Gerichtssiegel ausgestelltes Document, und giebt dem Präsidenten der Landstände von dem Ausgang der Wahl Nachricht.

Anlage B [Landtags-Geschäftsordnung]5

Organisation der Landständischen Versammlung und deren Geschäftsganges § 1. Präsident ist der Erbmarschall. Er wird bey Leitung der Geschäfte durch einen nach Mehrheit der Stimmen zu wähIX

lenden Vice-Präsidenten unterstützt. Die geschehene Wahl des Vice-Präsidenten muß dem Regenten zur Bestätigung einberichtet

den Prälaten und [Ergänzung]

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H ESSEN -K ASSEL werden. X

§ 2. Die Officialen sind: ein Syndicus ein Secretarius ein Expedient ein Pedell.XI Der Syndicus ist in der Regel beständiger Referendar und entwirft alle schriftlichen Aufsätze. Der Secretarius führet das Protokoll, und hat, unter dem Mitbeschluß des Syndicus, das landständische Archiv in Verwahrung. § 3. Den Landständen soll ein anständigesXII Local angewiesen werden, in welchem sie ihre Versammlungen halten, und das Archiv verwahren. § 4. Die landständischen Officialen genießen in diesem Hause freie Wohnung und einenXIII fixen Gehalt, beziehen aber keine Diäten. § 5. Das erste Geschäft ist die Untersuchung der Legitimationen. Der Präsident nimmt diese Untersuchung vor, mit Zuziehung drei Mitglieder, welche sich vorher bey demselben legitimiren müssen. Sollte auch diese Legitimation bey einem oder dem andern nicht gehörig berichtigt seyn, so schreiten doch die übrigen Mitglieder zur Behandlung der Geschäfte. § 6. Sind die Legitimationen in Ordnung, so übersendet der Präsident das NamensVerzeichniß der Deputirten mit deren Legitimationen an den ersten landesherrlichen Commissarium, und wenn von dieX

sem gegen die Legitimationen ebenfalls keine Einwendungen gemacht sind, ein gleiches Namens-Verzeichniß mit Bemerkung der Wohnungen der Deputirten an den Hofmarschall. § 7. Durch die Landtags-Commission gelangen die Adressen und PetitionenXIV der Stände, welche jedes mal von dem Präsidenten unterzeichnet seyn müssen, an den Regenten und die darauf ertheilten Resolutionen unter Aufschrift des Präsidenten an die Versammlung. XV

§ 8. Alles, was an die Landstände gebracht wird, und alle Vorschläge und PetitionenXVI , welche von der Versammlung ausgehen, werden in das Landtags-Protokoll eingetragen; der Secretarius verfertigt von allen zu den Deliberationen zu bringenden Gegenständen täglich ein Verzeichniß und legt selbiges dem Präsidenten vor. Dieser bestimmt sodenn die Ordnung, in welcher sie vorgetragen werden sollen.XVII § 9. Der Versammlung steht es frey, sich in Ausschüsse zu bilden, um die vorliegenden Geschäfte in eine vorläufige Beratung zu ziehen. § 10. Die Ausschüsse können, um über den betreffenden Gegenstand eine erforderliche Erläuterung in möglichster Zeitkürze zu erlangen, eine Konferenz mit der einschlagenden Behörde oder einigen Mitgliedern derselben verlangen. Nach Beendigung der vorläufigen Beratung wird das Resultat in pleno vorgetragen.

§ 2. Zu den Ausfertigungen wird den Landständen ein besonderes Siegel verwilligt. [Ergänzung, die folgenden Paragraphenziffern erhöhen sich folglich: § 2 alt wird zu § 3 neu usw.] XI deren Annahme und Entlassung von der Ständeversammlung abhängt. [Ergänzung] XII permanentes [Ergänzung] XIII von den Landständen zu bestimmenden [Ergänzung] XIV Eingaben und Vorstellungen [Ersetzung] XV § 9 Bei jeder Abstimmung müssen wenigstens 2/3 der Deputirten, ausschließlich des Directoriums, in der Versammlung zugegen seyn. [Ergänzung] XVI Eingaben und Vorstellungen [Ersetzung] XVII Dieser hat deshalb mit einem ständischen Ausschuß von vier Mitgliedern Rücksprache zu nehmen, in welcher Ordnung sie vorgetragen werden sollen. [Ergänzung]

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V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1816) § 11. Einem jeden Deputirten steht es frey, einen Antrag zu machen, und zu dem Ende mit Aufstehen von seinem Sitze das Wort zu begehren. § 12. Begehren es mehrere zu gleicher Zeit, so bestimmt der Präsident die Ordnung, in welcher geredet werden soll. § 13. Niemals kann mehr als einer reden, oder der Redner unterbrochen werden. Geschieht es dennoch, so ruft der Präsident zur Ordnung. § 14. Wird hierauf die Ordnung noch nicht hergestellt, so gebietet er Stillschweigen vermittelst der Schelle und kann nach Befinden, und wenn die Bewegungen zu lebhaft werden, die Sitzung für den Tag aufheben. § 15. Sobald die Diskussion über einen Gegenstand geendiget ist, stellet der Präsident die Fragen auf, welche zu entscheiden sind, und lässet darüber mit Ja oder Nein abstimmen. Die Abstimmung geschieht mit Aufheben der Hände, oder mit Sitzenbleiben und Aufstehen.XVIII § 16. Glaubt ein Deputirter die aufgestellten Fragen nicht unbedingt beantworten zu können; so kann er bitten, dass sie anders aufgestellt werden. § 17. Der Beschluß wird nach Mehrheit der StimmenXIX von dem Syndicus abgefasset und muß, ehe er an den Regenten gelanget, dreymal in verschiedenen Tagen verlesen werden. § 18. Bey jeder Verlesung können Verbesserungen vorgeschlagen werden, über welche gestimmtXX werden muß.

XVIII XIX XX

§ 19. Erst nach dreymaliger Verlesung kann der Beschluß entweder in der ursprünglichen oder in verbesserter Gestalt als definitiver Beschluß angenommen werden.

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Die Editierung erfolgte anhand einer Handschrift aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg, Bestand 73, Nr. 158, Bd. 2. Der Entwurf wurde am 16. Februar 1816 beschlossen. Für weiterführende Hinweise siehe Werner Frotscher, Verfassungsdiskussion und Verfassungskonflikt: Zur Entwicklung freiheitlich-parlamentarischer Verfassungsstrukturen in Kurhessen (1813–1866), in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e.V ., Bd. 107 (2002), S. 204–210. Siehe auch Akten zur Entstehung und Bedeutung des kurhessischen Verfassungsentwurfs von 1815/16, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Winfried Speitkamp und Hellmut Seier, Marburg 1985. 2 Die Anlage A stammt aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg und ist im Anschluß an den Text der Verfassung abgedruckt. 3 Die Anlage B stammt aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg und ist nach Anlage A im Anschluß an den Text der Verfassung abgedruckt. 4 Ediert nach dem Manuskript der Anlagen zum Verfassungsentwurf, o.O., undatiert [Sommer 1816], Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand 73, Nr. 158, Bd. 2. Die Fußnoten enthalten Abweichungen von der Urschrift, die sich in einer korrigierten Version der Anlagen finden, sofern sie sachliche und nicht bloß formale (z.B. a statt A oder ähnliches) Modifikationen enthielten. Diese Version befindet sich im Hessischen Staatsarchiv Marburg, Bestand 63, Nr. 2546. Die Dokumente sind auch in moderner Rechtschreibung ediert in Akten zur Entstehung und Bedeutung des kurhessischen Verfassungsentwurfs von 1815/16, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Winfried Speitkamp und Hellmut Seier, Marburg 1985, Nr. 63 und 64. 5 Ediert nach dem Manuskript der Anlagen zum Verfassungsentwurf, o.O., undatiert [Sommer 1816], Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand 73, Nr. 158, Bd. 2.

Alle Abstimmungen über Ja oder Nein geschehen durch Kugelung. [Ersetzung] und bey einer Stimmengleichheit nach der Entscheidung des Directorii [Ergänzung] von neuem gekugelt [Ersetzung]

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Verfassungsentwurf für Hessen-Kassel (1830)

Landesherrliche Proposition für den Landtag, welcher zu Kassel am 16. October 1830 eröffnet wird1

Von Gottes Gnaden Wir Wilhelm der IIte, Kurfürst etc. etc. haben, durchdrungen von den hohen Regenten-Pflichten, Uns stets thätigst bemühet, die Wohlfahrt Unserer verschiedenen Landestheile sowie aller Klassen Unserer geliebten Unterthanen zu befördern, und sind daher mit aufrichtiger Bereitwilligkeit den Bitten und Wünschen Unseres Volkes entgegen gekommen, welches in einer landständischen Mitwirkung zu den inneren Staats-Angelegenheiten von allgemeinerer Wichtigkeit die kräftigste Gewährleistung Unserer landesväterlichen Gesinnungen und eine dauernde Sicherstellung seines Glückes erblickt. Um nun über Unsere Absichten in gedachter Beziehung keinen Zweifel zu lassen, und zugleich eine angemessene Vorbereitung zu den Arbeiten des durch Unsere Verordnung vom 19. v. M. auf den 16. d. M. berufenen Landtages zu erleichtern, ertheilen Wir schon jetzt hierdurch Unseren für diesen Landtag ernannten Kommissaren den allergnädigsten Auftrag, den getreuen Ständen Unserer althessischen Lande, zu denen noch Abgeordnete aus den übrigen bisher nicht vertretenen Gebietstheilen und aus der Grafschaft Schaumburg hinzuzuziehen sind, die nachstehenden, aus freiem Entschlusse getroffenen, Bestimmungen vorzulegen, damit sie vor allen anderen Angelegenheiten berathen, demnächst aber im Einverständnisse mit den Ständen, deren Einsicht und treuer Anhänglichkeit Wir gern vertrauen, in einen allgemeinen Landtags-Abschied gebracht werden, und als Staatsgrundgesetz

das schönste Denkmal der Eintracht zwischen Fürst und Unterthanen bilden, die Staatsregierung in ihrer wohlthätigen Wirksamkeit unterstützen, das Volk über die Bewahrung seiner bürgerlichen Freiheiten beruhigen, und dem gesammten Vaterlande eine segensreiche Zukunft verbürgen mögen.

ERSTER ABSCHNITT Von dem Staate und dessen Regierung im Allgemeinen § 1. Sämmtliche kurhessischen Lande, namentlich Nieder- und Oberhessen, das Großherzogthum Fulda, die Fürstenthümer Hersfeld, Hanau, Fritzlar und Isenburg, die Grafschaften Ziegenhain und Schaumburg, auch die Herrschaft Schmalkalden, sowie Alles, was etwa noch in der Folge mit Kurhessen verbunden werden wird, bilden für immer ein untheilbares und unveräuserliches Ganzes. Nur gegen einen vollständigen Ersatz an Land und Leuten, verbunden mit anderen wesentlichen Vortheilen, kann die Vertauschung einzelner Theile Statt finden. § 2. Die Regierungsform bleibt, sowie bisher, monarchisch, und bestehet dabei eine ständische Verfassung. § 3. Die Lineal-Erbfolge, und in derselben das Recht der Erstgeburt mit Ausschluß der Prinzessinnen, stehet für den kurhessischen Staat mit seinen sämmtlichen gegenwärtigen und künftigen Bestandtheilen fest.

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H ESSEN -K ASSEL § 4. Der Landesherr wird volljährig, sobald er das achtzehnte Jahr zurückgelegt hat. § 5. Während der Minderjährigkeit des Landesherrn führt die leibliche Mutter, und, wenn diese nicht mehr am Leben ist, der nächste Agnat, die Vormundschaft und Regentschaft. In beiden Fällen steht der Vormundschaft ein, aus drei Mitgliedern bestehender, Regentschafts-Rath zur Seite, welchen dieselbe in allen Regierungs-Angelegenheiten zu Rathe zu ziehen hat. Wenn in dieser Hinsicht von dem verstorbenen Landesherrn keine eventuelle Anordnung getroffen ist; so erwählt die Vormundschaft die Mitglieder desselben, kann aber solche nur unter Zustimmung der Landstände wieder entlassen. § 6. Der Geld- und Natural-Bedarf des kurfürstlichen Hofes wird aus dem Ertrage derjenigen Domänen entnommen, welche dazu werden vorbehalten, gleichwohl auch ferner durch die Finanzbehörden ganz in der bisherigen Art verwaltet werden.

ZWEITER ABSCHNITT Von den Gliedern des kurfürstlichen Hauses § 7. Kein Prinz und keine Prinzessin des kurfürstlichen Hauses in der regierenden Linie oder den Seitenlinien kann ohne Einwilligung des Landesherrn sich vermählen.

am nächsten verwandt sind. Bei gleichem Grade entscheidet das Alter. § 10. Auser bei dem Landesherrn und dessen Gemahlin, können die Staatsbehörden ohne allerhöchste Gestattung bei Niemanden anders insgesammt (in corpore) oder durch Abgeordnete erscheinen. § 11. Alle festgesetzten Apanagen der nachgeborenen Prinzen und Prinzessinnen sind stets pünktlich und regelmäsig an dieselben auszuzahlen. Bei eintretendem bedeutenden Zuwachse von Gebiet kann eine Vermehrung der Apanagen, in keinem Falle aber eine Verminderung derselben Statt finden. § 12. Ueber das Grundeigenthum, welches den Prinzen zur Apanage oder sonst von dem Landesherrn überwiesen oder irgend eingeräumt, oder auf dieselben von väterlicher Seite her oder von Agnaten vererbt oder sonst übertragen worden ist, können die Prinzen in keiner Art ohne landesherrliche Bewilligung und Zustimmung der Landstände gültig verfügen, es wäre denn zur Abtretung an den Staat selbst, zur Ausgleichung von Grenz- oder anderen RechtsStreitigkeiten, oder zur Ablösung von Diensten, Zehnten oder Grundzinsen, in welchen Fällen jedoch der empfangene Ersatz wieder in Grundeigenthum gehörig angelegt werden muß.

DRITTER ABSCHNITT Von den Landständen

§ 8. Eben so wenig darf ein Prinz des Hauses ohne vorgängige Genehmigung des regierenden Herrn in auswärtige Dienste treten; jedoch ist dieselbe ohne erhebliche Ursache nicht zu versagen.

§ 13. Die Landstände, deren Anzahl überhaupt auf ein und dreisig bestimmt ist, werden zusammengesetzt aus drei Abtheilungen oder Kurien.

§ 9. Der künftige Nachfolger in der Regierung, und dessen Deszendenz aus ebenbürtiger Ehe, gehen den übrigen Prinzen und Prinzessinnen des Hauses im Range vor. Diese folgen so, wie sie dem Landesherrn

§ 14. Zu der ersten Kurie gehören: 1) der Erbmarschall, 2) ein Mitglied der fürstlichen und gräflichen Standesherrschaften, welche in Kurhessen mit ehemals reichsunmittelbaren Besitzungen ansässig sind,

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V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1830) als deren gemeinschaftlicher Vertreter, 3) einer der Obervorsteher der adelichen Stifter Kaufungen und Wetter, 4) ein Abgeordneter der Landes-Universität, gewählt durch den akademischen Senat, 5–9) ein Abgeordneter der althessischen Ritterschaft von jedem der fünf Bezirke, nämlich der Diemel, Fulda, Schwalm, Werra und Lahn, gewählt unter der Leitung des ritterschaftlichen Bezirks(Stroms-) Deputirten, 10) ein Abgeordneter aus der Ritterschaft Unserer Grafschaft Schaumburg, gewählt von derselben unter Mitstimmung des Vertreters des ehemaligen Stiftes Möllenbeck, sowie der adelichen Stifter Fischbeck und Obernkirchen, 11) ein Abgeordneter aus dem begüterten Adel des Großherzogthums Fulda, und 12) ein Abgeordneter aus dem begüterten Adel des Fürstenthums Hanau. Die letzten beiden Deputirten werden gewählt aus den ehemals zur Reichsritterschaft gehörigen Familien, welche mit, wenigstens fünfzig Thaler jährlich an Grundsteuer entrichtenden, Lehn- oder Stammgütern in dem Grosherzogthume Fulda, beziehungsweise in dem Fürstenthume Hanau, ansässig sind, sowie aus denjenigen adelichen Familien, welche mit Rücksicht auf ihren ansehnlichen Grundbesitz gleicher Art zu der fraglichen Wohl noch besonders von Uns nach Anhörung der Landstände werden zugelassen werden. Ihre Wahl wird unter der Leitung eines Vorstandes bewirkt werden, welchen die betreffenden Familien in den genannten Provinzen dazu werden gewählt haben, und welcher die etwaige Verhinderung einzelner stimmfähigen adelichen Gutsbesitzer oder ihrer rechtmäsigen Vertreter bei der Ausfertigung der Urkunde über die getroffene Wahl unter derselben bescheinigen muß. Eine gleiche Bescheinigung ist ebenfalls von den Bezirks-Deputirten der althessischen und der schaumburgischen Ritterschaft zu ertheilen. Fällt die Wahl auf ein Mitglied der obgedachten ritterschaftlichen oder adelichen Familien, welches in einheimischen

oder ausländischen Diensten stehet; so bedarf dasselbe die landesherrliche Genehmigung zur Annahme der Landstandschaft. § 15. Die Kurie der Städte bilden: 1) der Bürgermeister der Stadt Cassel, als deren Vertreter, 2) ein Abgeordneter der Städte Hofgeismar, Carlshafen, Grebenstein, Helmarshausen, Immenhausen, Liebenau, Naumburg, Trendelburg, Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg, 3) ein Abgeordneter der Städte Hersfeld, Lichtenau, Melsungen, Rotenburg, Sontra, Spangenberg und Waldkappel, 4) ein Abgeordneter der Städte Homberg, Borken, Felsberg, Fritzlar, Gudensberg, Neukirchen, Niedenstein, Schwarzenborn, Treysa und Ziegenhain, 5) ein Abgeordneter der Städte Eschwege, Allendorf, Grosalmerode, Schmalkalden, Wanfried und Witzenhausen, 6) der Bürgermeister der Stadt Marburg, als deren Vertreter, 7) ein Abgeordneter der Städte Frankenberg, Amöneburg, Frankenau, Gemünden, Kirchhain, Neustadt, Rauschenberg, Rosenthal, Schweinsberg und Wetter, 8) der Bürgermeister der Stadt Fulda, als Vertreter der Städte Fulda und Hünfeld, 9) der Bürgermeister der Stadt Hanau, als Vertreter der Städte Hanau, Bockenheim und Windecken, 10) ein Abgeordneter der Städte Gelnhausen, Salmünster, Schlüchtern, Soden, Steinau und Wächtersbach, 11) der Bürgermeister der Stadt Rinteln, als Vertreter der Städte Rinteln, Obernkirchen, Oldendorf, Rodenberg und Sachsenhagen. Die unter Nummer 2, 3, 4, 5, 7 und 10 erwähnten Abgeordneten werden aus den Stadtrathsgliedern und anderen geeigneten Stadtbewohnern von den Stadträthen des Bezirkes unter der Leitung des Bürgermeisters der ausschreibenden Stadt (welche daselbst zuerst genannt ist) gewählt, und sodann mit einer, die geschehene Wahl bezeugenden, Urkunde versehen. § 16. Die Kurie des Bauernstandes begreift die acht Abgeordneten, welche durch

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H ESSEN -K ASSEL die Ortsvorstände (nämlich den Schultheisen oder Greben und die Vorsteher) der Landgemeinden aus den im betreffenden Bezirke ansässigen Grundbesitzern gewählt werden, und welche weder zu dem in der ersten Kurie vertretenen begüterten Adel, noch zu der Bürgerschaft in den Städten gehören, auch nicht in hiesigen oder auswärtigen Staatsdiensten stehen, noch die Advokatur ausüben dürfen. Die Bezirke sind: 1) der Diemel-Bezirk, bestehend aus den Kreisen Cassel, Hofgeismar und Wolfhagen, 2) der Fulda-Bezirk, begreifend die Kreise Hersfeld, Rotenburg und Melsungen (ohne das Amt Felsberg), 3) der Werra-Bezirk, umfassend die Kreise Eschwege, Witzenhausen und Schmalkalden, 4) der Schwalm-Bezirk, enthaltend die Kreise Homberg, Fritzlar und Ziegenhain, auch das Amt Felsberg (aus dem Kreise Melsungen), 5) der Lahn-Bezirk, bestehend aus den Kreisen Marburg, Frankenberg und Kirchhain, 6) der obere Fulda-Bezirk, begreifend die Kreise Fulda und Hünfeld, 7) der Main-Bezirk, enthaltend die Kreise Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern, 8) der Weser-Bezirk, bestehend aus der Grafschaft Schaumburg. Die Kreisräthe oder anderen Verwaltungsbeamten in den Städten Cassel, Marburg, Fulda, Hanau, Rinteln, Eschwege, Hersfeld und Homberg, welche zu Kommissaren für die Leitung der Wahl der Abgeordneten vom Bauernstande bestellt werden, haben jeden Vorstand einer Landgemeinde im betreffenden Bezirke zu veranlassen, daß derselbe binnen acht Tagen seit der ergangenen Aufforderung zu gedachtem Zwecke einen geeigneten Grundbesitzer schriftlich oder mündlich zum Wahlprotokolle bezeichne, und zwar bei Verlust seines Stimmrechtes für diese Wahl. Nach der Mehrheit der von den Ortsvorständen abgegebenen Stimmen wird sodann der Abgeordnete für den Bezirk bestimmt, und diesem die erforderliche Urkunde über seine Wahl ausgestellt, das Wahlprotokoll aber sofort an die kurfürst-

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lichen Landtags-Kommissare eingesandt. Bei etwa vorhandener Stimmen-Gleichheit ist die Auswahl mittelst des Looses in Gegenwart von mindestens sechs GemeindeVorstehern zu bewirken, und hiernach das Weitere zu besorgen. § 17. Weder zur Wahl berechtiget, noch irgend wählbar sind Diejenigen, welche 1) zu einer, nicht blos polizeilichen oder disziplinarischen, Freiheits- oder körperlichen Strafe verurtheilt, und nicht etwa von dem Landesherrn in dieser Beziehung rehabilitirt worden sind, 2) eines Verbrechens angeklagt sind, worüber den Obergerichten das Erkenntniß zustehet, so lange die Untersuchung dauert, 3) noch nicht das 25ste Jahr zurückgelegt haben, oder 4) unter Kuratel stehen, oder 5) über deren Vermögen ein gerichtliches Konkursverfahren entstanden ist, bis zur völligen Befriedigung der Gläubiger. Uebrigens muß der Gewählte sich zur christlichen Religion bekennen. § 18. Bei der Wahl eines jeden landständischen Deputirten wird zu gleicher Zeit ein Stellvertreter gewählt, auf welchen in dem Falle des Todes oder einer unvermeidlichen Abwesenheit oder sonstigen Verhinderung die landständischen Pflichten und Rechte des Ersteren während des begonnenen Landtages bis zu dessen Schlusse übergehen. § 19. Kann oder will der (hauptsächlich oder zur Aushülfe) Gewählte die Landstandschaft nicht annehmen; so darf für ihn der nächste in der Stimmenzahl eintreten, vorausgesetzt, daß dieser wenigstens ein Drittel der abgegebenen Stimmen für sich hat. Auserdem muß zu einer neuen Wahl geschritten werden. Letzteres muß auch dann geschehen, wenn die Stelle eines Abgeordneten nach bereits erklärter Annahme wieder erledigt wird. § 20. Die Deputirten sind, auser der Weiterbeförderung der ihnen von den Wählern

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1830) ihres Bezirkes anvertraueten besonderen Anliegen, nicht an Vorschriften eines Auftrages gebunden, sondern geben ihre Abstimmungen, gemäs den Pflichten gegen ihren Landesfürsten und ihre Mitbürger überhaupt, nach ihrer eigenen Ueberzeugung, wie sie es vor Gott und ihrem Gewissen zu verantworten gedenken. Auch können sie weder einen Dritten, noch selbst ein Landtags-Mitglied beauftragen, in ihrem Namen zu stimmen. § 21. Die Berathungen und Arbeiten werden geleitet: 1) bei der Ständeversammlung überhaupt von dem Erbmarschall, 2) in der ritterschaftlichen Kurie von demselben, 3) in der Städte-Kurie von dem Bürgermeister der Stadt Cassel, 4) in der Kurie des Bauernstandes von dem Vorsitzenden, welchen dieselbe aus ihrer Mitte erwählt haben wird. Die Stände bestellen für jeden Landtag einen gemeinschaftlichen Sekretar, welcher, nach erfolgter landesherrlichen Bestätigung, durch den Erbmarschall, im Beiseyn der landesherrlichen Kommissare, in besondere Pflichten genommen wird. Die gemeinschaftlichen Landtags-Akten sowie die besonderen Akten der ritterschaftlichen Kurie, werden auser den Landtagen in dem Stifte Kaufungen und die Akten der Kurien der Städte und des Bauernstandes in dem Rathhause zu Cassel gehörig aufbewahrt. § 22. Die Landstände stimmen ab zuvörderst in den Kurien, worin der Beschluß nach der Mehrheit der Stimmen und im Falle der Stimmen-Gleichheit mittelst der alsdann entscheidenden Stimme des Vorsitzenden gefast wird; jedoch ist zu einem gültigen Beschlusse das Einverständniß von mindestens der Hälfte der ordnungmäsigen Mitglieder erforderlich. Können die drei Kurien sich nicht zu einem Beschlusse über eine gemeinschaftliche Angelegenheit vereinigen; so wird in einer Plenar-Versammlung von allen ständischen Mitgliedern einzeln, blos nach der Reihenfolge der Kurien, in

Gegenwart der landesherrlichen Kommissare abgestimmt, und der Beschluß nach der Stimmen-Mehrheit genommen. § 23. Die gewählten Deputirten behalten ihre Eigenschaft für die landständischen Verrichtungen, welche in den nächsten sechs Jahren vorkommen werden. In dem sechsten Jahre wird zu einer neuen Wahl geschritten; jedoch können bei dieser dieselben wieder gewählt werden. § 24. Sie verlieren ihre Eigenschaft als Landtags-Deputirte früher, wenn entweder der Landesherr die ganze ständische Versammlung auflöset, oder sie nach Maasgabe des §. 17, zur landständischen Vertretung unfähig geworden sind. In dem ersten Falle dürfen sie jedoch von neuem gewählt werden. § 25. Ohne Zustimmung der Stände kann kein das Steuerwesen betreffendes, auch kein die Eigenthumsrechte, die persönliche oder die Gewerb-Freiheit beschränkendes Gesetz gegeben werden. § 26. Verordnungen, welche zur Vollziehung oder zur Erläuterung schon bestehender Gesetze ohne rückwirkende Kraft, oder zur Verhütung der, bei Betreibung der Gewerbe sich ergebenden, Unterschleife abzwecken, und Verfügungen, welche ihrer Natur nach vorübergehend sind, können auch, ohne die Stände darüber zu hören, erlassen werden. § 27. Die Landstände können zu neuen Gesetzen und zur Verbesserung der alten Gesetze Anträge machen, und solche dem Regenten als Wünsche vortragen. § 28. In dieser Form können sie die besonderen Beschwerden einzelner Unterthanen oder ganzer Klassen derselben, welche zu ihrer Kenntniß gelangen, vorbringen, in so fern nicht die Sache, als privatrechtliche Verhältnisse betreffend, zur Entscheidung der Gerichte gehört.

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H ESSEN -K ASSEL

VIERTER ABSCHNITT

§ 29. Auf jeden Antrag der Stände wird eine Beschlußnahme, und zwar möglich bald, erfolgen.

Von den Staats-Abgaben

§ 30. Der Landesherr verordnet die Zusammenkunft der Stände, so oft Er solches für nöthig hält.

§ 38. Die Stände sind verpflichtet, für Aufbringung aller ordentlichen und auserordentlichen Staatsbedürfnisse durch Verwilligung von Abgaben zu sorgen.

§ 31. Die Zusammenberufung muß zum wenigsten alle sechs Jahre geschehen, und es ist alsdann dazu, der Regel nach, der Anfang des Monats März bestimmt. § 32. Eine auserordentliche Versammlung der Stände ist jedesmal nöthig, wenn der Landesherr mit Tode abgehet. Der Tag der Zusammenkunft darf nicht länger, als drei Monate nach dem Todestage, ausgesetzt werden. § 33. Die Zusammenberufung der Stände geschiehet durch eine allgemeine Bekanntmachung in dem Gesetzblatte.

§ 39. Den Ständen wird vor jeder Verwilligung von Abgaben deren Nothwendigkeit gezeigt. Zu dem Ende sind die Etate über die Staats-Einnahme und Ausgabe ihnen vorzulegen, und sie mit ihren Einwendungen darüber zu hören. § 40. Wenn der ganze Betrag des StaatsEinkommens und des Staats-Bedürfnisses festgesetzt ist, und Ersteres zur Deckung der Ausgaben nicht hinreichend befunden würde; so haben die Stände die möglich beste Art der Aufbringung des Fehlenden in Berathung zu ziehen, und ihre Ansicht zur allerhöchsten Genehmigung vorzulegen.

§ 34. Alle, das gemeine Wohl betreffenden Gegenstände sind dazu geeignet, auf dem Landtage verhandelt zu werden.

§ 41. Zu der Festsetzung aller direkten und indirekten Abgaben, welche vom nächsten Rechnungsjahre an erhoben werden, ist die Einwilligung der Stände nothwendig.

§ 35. Der Landesherr kann die Sitzung vertagen. Er kann auch den Landtag auflösen, wird jedoch in diesem Falle mit der Auflösung zugleich die Wahl neuer Deputirten verordnen, und sie noch binnen Jahresfrist zu einer Zusammenkunft berufen.

§ 42. In den Ausschreiben und Verordnungen, welche Abgaben betreffen, soll die landständische Verwilligung besonders erwähnt seyn, ohne welche weder die Erheber zur Einforderung berechtiget, noch die Pflichtigen zum Abtrage schuldig sind.

§ 36. Die Landtage dürfen der Regel nach nicht länger, als drei Monate dauern, und es ist aus diesem Grunde mit den wichtigsten Geschäften der Anfang zu machen.

§ 43. Vor jeder neuen Bewilligung von Abgaben wird die Verwendung der früher bewilligten Einnahmen zu den bestimmten Staatszwecken durch Vorlegung der Rechnungen den Ständen oder deren Rechnungs-Ausschusse gezeigt, welcher von ihnen zu wählen und zur landesherrlichen Bestätigung vorzuschlagen ist, auch unter dem Vorsitze eines kurfürstlichen Kommissars bis zum nächsten Landtage bestehet. Ueber die Verwendung des dem kurfürstlichen

§ 37. Die Deputirten können während der Dauer des Landtages nicht anders, als mit Zustimmung der Stände-Versammlung, verhaftet, und zu keiner Zeit wegen Aeuserung ihrer Meinung zur Rechenschaft gezogen werden.

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V ERFASSUNGSENTWURF FÜR H ESSEN -K ASSEL (1830) Hofe aus den Domanial-Einkünften zukommenden Betrages (s. oben §. 6) findet jedoch keinerlei Nachweisung Statt. § 44. Kein im Privat-Besitze befindliches Grundeigenthum kann steuerfrei seyn. Die früherhin exemten Güter werden jedoch nach einem billigen Verhältnisse mit Kontribution belegt.

kann auch von den Landständen oder deren Ausschusse (s. oben §. 43) deshalb bei der zuständigen Gerichtsbehörde angeklagt werden. Die Sache muß alsdann auf dem gesetzlichen Wege schleunig untersucht, und den Ständen von dem Ergebnisse Nachricht ertheilt werden.

SECHSTER ABSCHNITT FÜNFTER ABSCHNITT

Von der Rechtspflege

Von den Staatsdienern

§ 49. Niemand kann an der Betretung des Rechtsweges gehindert, und seinem gesetzlichen Richter, sey es in bürgerlichen, oder in peinlichen Fällen, entzogen werden, es sey denn auf dem regelmäsigen Wege durch das zuständige obere Gericht.

§ 45. Alle festgesetzten Gehalte und Pensionen sämmtlicher landesherrlichen Diener, ohne Unterschied, sollen stets regelmäsig ausgezahlt werden. § 46. Ohne Urtheil und Recht darf kein Staatsdiener seiner Stelle entsetzt, oder demselben sein rechtmäsiges Diensteinkommen entzogen werden. Diejenigen geringen Diener gleichwohl, welche von den Behörden ohne ein landesherrliches oder Ministerial-Reskript angenommen worden sind, können wegen Verletzung oder Versäumung ihrer Berufspflichten von denselben Behörden wieder entlassen werden, nachdem die vorgesetzte höhere oder höchste Behörde, nach genauer Erwägung des gehörig in Gewißheit gesetzten Verschuldens, die Entlassung genehmigt haben wird. § 47. Diejenigen höheren oder geringeren Diener, welche wegen Alters oder Schwachheit ihre Amts-Obliegenheiten nicht mehr erfüllen können, und daher in den Ruhestand versetzt werden, sollen mit einer ihrem Range und ihrem Dienstalter angemessenen Pension versehen werden. § 48. Ein jeder Staatsbeamte, welcher sich einer Verletzung der Landesverfassung, einer Veruntreuung öffentlicher Gelder, oder einer Erpressung schuldig macht,

§ 50. Kein Einwohner darf anders, als in den durch die Gesetze bestimmten Fällen und Formen, zu gefänglicher Haft gebracht und bestraft werden. Jede verhaftete Person muß längstens binnen den nächsten acht und vierzig Stunden durch einen Gerichtsbeamten mit Angabe der vorhandenen Anschuldigung verhört werden. – Keinem Angeschuldigten kann das Recht der Vertheidigung versagt werden. § 51. Alle Gerichte sollen immer gehörig besetzt seyn, dergestalt, daß von ihnen eine unparteiische und sonst tüchtige, auch unverzögerte Rechtspflege erwartet werden kann. In den oberen Gerichten soll künftig Niemand eine Stimme führen, welcher nicht das 25ste Jahr zurückgelegt hat. § 52. Die Gerichte erkennen nach den Gesetzen in den verschiedenen Instanzen allein und ohne Einwirkung irgend einer anderen Behörde, und sollen in ihrem gesetzmäsigen Verfahren, namentlich auch in der Vollziehung ihrer Urtheile, geschützt werden, gleichwohl unbeschadet des landesherrlichen Begnadigungs- und MilderungsRechtes in Strafsachen.

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H ESSEN -K ASSEL

SIEBENTER ABSCHNITT

Wilhelm, Kurfürst.

Allgemeine Bestimmungen

(St. S.)

§ 53. Abänderungen oder Erläuterungen des Staatsgrundgesetzes, sowie besondere davon abweichende Ausnahmen, bedürfen der Zustimmung der drei Stände-Kurien. Zu solchen ausnahmsweise erforderlichen Maßregeln aber, welche bei auserordentlichen Begebenheiten von dem Staatsministerium als wesentlich und unaufschieblich zur Sicherheit des Staates oder zur Erhaltung der ernstlich bedroheten öffentlichen Ordnung in Antrag gebracht seyn würden, kann ungesäumt geschritten, und soll davon zugleich dem im §. 43 erwähnten ständischen Ausschusse Kenntniß gegeben werden. Auch wird hierauf so bald, als möglich, die Berufung der Landstände Statt finden. § 54. Die Aufrechthaltung der Landesverfassung soll in den Huldigungs- und DienerEid mit aufgenommen werden. Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Wilhelmshöhe am 7ten Oktober 1830.

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Vt. Rr. v. Meysenbug.

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Ediert nach Verhandlungen des Kurhessischen Landtags, Jahrgang 1830, Kassel, S. 2–6. Der Entwurf wurde wohl am 4./5. Oktober 1830 vom Landtag beschlossen (vgl. Akten und Briefe aus den Anfängen der kurhessischen Verfassungszeit 1830– 37, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Ewald Grothe und Hellmut Seier, Marburg 1992, S. 27) und am 7. Oktober 1830 vom Kurfürsten unterzeichnet. Hierbei handelt es sich um den ältesten Verfassungsentwurf der Landtagskommission; spätere Fassungen finden sich in Akten und Briefe aus den Anfängen der kurhessischen Verfassungszeit 1830–37, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Ewald Grothe und Hellmut Seier, Marburg 1992, S. 73ff., 101ff. Grundzüge zu einer landesherrlichen Proposition wurden dem Kurfürsten jedoch bereits am 29. September 1830 vorgelegt, vgl. Akten und Briefe aus den Anfängen der kurhessischen Verfassungszeit 1830–37, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Ewald Grothe und Hellmut Seier, Marburg 1992, S. 20ff. Für weiterführende Hinweise siehe Werner Frotscher, Verfassungsdiskussion und Verfassungskonflikt: Zur Entwicklung freiheitlich-parlamentarischer Verfassungsstrukturen in Kurhessen (1813–1866), in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e.V., Bd. 107 (2002), S. 210–211.

Verfassung von Hessen-Kassel (1831) Verfassungs-Urkunde vom 5ten Januar 18311

Von Gottes Gnaden Wir Wilhelm der IIte , Kurfürst von Hessen, Grosherzog von Fulda, Fürst zu Hersfeld, Hanau, Fritzlar und Isenburg, Graf zu Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain, Nidda und Schaumburg etc. etc. haben, durchdrungen von den hohen Regenten-Pflichten, Uns stets thätigst bemühet, die Wohlfahrt Unserer verschiedenen Landestheile, sowie aller Klassen Unserer geliebten Unterthanen zu befördern, und sind daher mit aufrichtiger Bereitwilligkeit den Bitten und Wünschen Unseres Volkes entgegengekommen, welches in einer landständischen Mitwirkung zu den inneren Staats-Angelegenheiten von allgemeiner Wichtigkeit die kräftigste Gewährleistung Unserer landesväterlichen Gesinnungen und eine dauernde Sicherstellung seines Glückes erblickt. Nachdem Wir sodann zur Ausführung Unserer deshalbigen Absichten mit den getreuen Ständen Unserer althessischen Lande, zu welchen noch Abgeordnete aus den übrigen bisher nicht vertretenen Gebietstheilen und aus der Grafschaft Schaumburg hinzugezogen worden sind, über ein Staatsgrundgesetz haben Berathung pflegen lassen, ertheilen Wir nunmehr in vollem Einverständnisse mit den Ständen, deren Einsicht und treue Anhänglichkeit Wir hierbei erprobt haben, die gegenwärtige Verfassungs-Urkunde mit dem herzlichen Wunsche, daß dieselbe als festes Denkmal der Eintracht zwischen Fürst und Unterthanen noch in späten Jahrhunderten bestehen, und deren Inhalt sowohl die Staatsregierung in ihrer wohlthätigen Wirk-

samkeit unterstützen, als dem Volke die Bewahrung seiner bürgerlichen Freiheiten versichern, und dem gesammten Vaterlande eine lange segensreiche Zukunft verbürgen möge.

ERSTER ABSCHNITT Von dem Staatsgebiete, der Regierungsform, Regierungsfolge und Regentschaft § 1. Sämmtliche kurhessischen Lande, namentlich Nieder- und Oberhessen, das Grosherzogthum Fulda, die Fürstenthümer Hersfeld, Hanau, Fritzlar und Isenburg, die Grafschaften Ziegenhain und Schaumburg, auch die Herrschaft Schmalkalden, so wie Alles, was etwa noch in der Folge mit Kurhessen verbunden werden wird, bilden für immer ein untheilbares und unveräuserliches, in einer Verfassung vereinigtes, Ganzes, und einen Bestandtheil des deutschen Bundes. Nur gegen einen vollständigen Ersatz an Land und Leuten, verbunden mit anderen wesentlichen Vortheilen, kann die Vertauschung einzelner Theile mit Zustimmung der Landstände Statt finden. Von dieser Zustimmung sind jedoch die mit auswärtigen Staaten dermal bereits eingeleiteten Verträge ausgenommen. § 2. Die Regierungsform bleibt, so wie bisher, monarchisch, und es bestehet dabei eine landständische Verfassung.

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H ESSEN -K ASSEL § 3. Die Regierung des kurhessischen Staates mit dessen sämmtlichen gegenwärtigen und künftigen Bestandtheilen und Zubehörungen ist erblich vermöge leiblicher Abstammung aus ebenbürtiger Ehe, nach der Linealfolge und dem Rechte der Erstgeburt, mit Ausschluß der Prinzessinnen. § 4. Würden dereinst Besorgnisse wegen der Thron-Erledigung bei Ermangelung eines durch Verwandtschaft oder fortdauernde Erbverbrüderung zur Nachfolge berechtigten Prinzen entstehen; so soll zeitig von dem Landesherrn in Uebereinstimmung mit den Landständen durch ein weiteres Grundgesetz über die Thronfolge die nöthige Vorsorge getroffen werden. § 5. Der Landesfürst wird volljährig, sobald er das achtzehnte Jahr zurückgelegt hat. § 6. Der Regierungs-Nachfolger wird bei dem Regierungs-Antritte geloben, die Staatsverfassung aufrecht zu halten und in Gemäsheit derselben sowie nach den Gesetzen zu regieren. Er stellt darüber eine (im landständischen Archive zu hinterlegende) Urkunde aus, worauf die Huldigung, und zwar zuerst von den versammelten Landständen, erfolgt. § 7. Ist entweder der Regierungs-Nachfolger minderjährig, oder der Landesherr an der Ausübung der Regierung auf längere Zeit verhindert, ohne daß dieser selbst, oder dessen Vorfahr durch eine mit landständischer Zustimmung errichtete Verfügung, deshalb genügende Vorsorge getroffen hat, oder hat treffen können; so tritt für die Dauer der Minderjährigkeit oder der sonstigen Verhinderung eine Regentschaft ein. Diese gebührt in Beziehung auf den minderjährigen Landesfürsten zunächst dessen leiblicher Mutter, so lange dieselbe sich nicht anderweit vermählen wird, und in deren Ermangelung oder bei deren Unfähigkeit

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zur Regierung dem hierzu fähigen nächsten Agnaten. Bei der obgedachten Verhinderung des Landesherrn kommt die Regentschaft dessen Gemahlin zu, wenn aus der gemeinschaftlichen Ehe ein zur unmittelbaren Nachfolge berechtigter, noch minderjähriger Prinz vorhanden ist, auserdem aber dem zur Regierung fähigen nächsten Agnaten. § 8. In allen Fällen stehet der Regentschaft ein Rath von vier Mitgliedern zur Seite, welche zugleich Minister oder Geheimeräthe seyn können und wenigstens zur Hälfte mit Beistimmung der Landstände zu wählen sind. Ohne die Zustimmung dieses Regentschaftsrathes kann keine, dem Landesherrn ausschlieslich zukommende, Regierungshandlung gültig ausgeübt werden. Von Seiten der Regentschaft und deren Rathes ist die Aufrechthaltung der Landesverfassung und die Regierung nach den Gesetzen ebenso, wie von dem Thronfolger, urkundlich zu geloben. Die nöthige Einleitung zur Regentschaft liegt dem Gesammt-Staatsministerium ob, und zwar alsbald im Falle eines landständischen Antrages. Zum Zwecke der deshalbigen Berathung hat nämlich dasselbe das Zusammentreten eines fürstlichen Familienrathes zu veranlassen, welcher aus den volljährigen, nicht mehr unter väterlicher Gewalt befindlichen Prinzen des kurfürstlichen Hauses, mit Ausschluß des zunächst zur Regentschaft berufenen Agnaten, bestehen wird. § 9. Sollte bei einem zunächst nach dem regierenden Landesfürsten zur Erbfolge berufenen Prinzen eine solche Geistes- oder körperliche Beschaffenheit sich zeigen, welche es demselben wahrscheinlich für immer unmöglich machen würde, die Regierung des Landes selbst zu führen; so ist über den künftigen Eintritt der Regentschaft durch ein Gesetz zeitig zu verfügen.

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831)

ZWEITER ABSCHNITT Von dem Landesfürsten und den Gliedern des Fürstenhauses § 10. Der Kurfürst ist das Oberhaupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt, und übt sie auf verfassungsmäsige Weise aus. Seine Person ist heilig und unverletzlich. § 11. Der Sitz der Regierung kann nicht auser Landes verlegt werden. § 12. Kein Prinz und keine Prinzessin des Hauses darf ohne Einwilligung des Landesherrn sich vermählen. § 13. Eben so wenig darf ein Prinz aus der wirklich regierenden Linie, oder der präsumtive Thronfolger aus einer Seitenlinie, ohne vorgängige Genehmigung des Landesherrn in auswärtige Dienste treten. § 14. Alle festgesetzten Apanagen sind stets regelmäsig auszuzahlen. Bei eintretendem bedeutenden Zuwachse von Gebiet, oder bei dem Anfalle beträchtlicher Grundbesitzungen mit Erlöschen einer Seitenlinie, kann unter Beistimmung der Landstände die Vermehrung einer dermaligen Apanage, in keinem Falle aber deren Verminderung Statt finden. § 15. Die künftig nöthigen Apanagen für nachgeborene Prinzen und unvermählte Prinzessinnen der regierenden Linie werden in Geldrenten mit Zustimmung der Landstände festgesetzt. § 16. Auf gleiche Weise erfolgt die Bestimmung der nöthig werdenden Witthümer. § 17. Ueber das Grundeigenthum, welches den Prinzen zur Apanage oder sonst von dem Landesherrn überwiesen oder irgend eingeräumt, oder auf dieselben von väterlicher Seite her oder von Agnaten vererbt oder sonst übertragen worden ist, können

die Prinzen in keiner Art ohne die landesherrliche Bewilligung und die, hinsichtlich der Apanage-Güter erforderliche, Zustimmung der Landstände gültig verfügen, es sey denn zur Abtretung an den Staat selbst, zur Ausgleichung von Grenz- und anderen Rechts-Streitigkeiten, oder zur Ablösung von Diensten, Zehnten oder Grundzinsen. In solchen Fällen muß aber der empfangene Ersatz wieder in inländischem Grundeigenthume, welches ganz die Natur der veräuserten Besitzung annimmt und an deren Stelle tritt, gehörig angelegt werden. § 18. Die bisher vom Lande besonders aufgebrachte Aussteuer der Prinzessinnen wird in den herkömmlichen Beträgen künftig aus der Staatskasse geleistet werden.

DRITTER ABSCHNITT Von den allgemeinen Rechten und Pflichten der Unterthanen § 19. Der Aufenthalt innerhalb der Grenzen des Kurstaates verpflichtet zur Beobachtung der Gesetze, und begründet dagegen den gesetzlichen Schutz. § 20. Die Staats-Angehörigkeit (Recht des Inländers, Indigenat) stehet zu vermöge der Geburt, oder wird besonders erworben durch ausdrückliche oder stillschweigende Aufnahme, und gehet verloren durch Auswanderung oder eine dergleichen Handlung nach den näheren Bestimmungen, welche ein deshalb zu erlassendes Gesetz enthalten wird. Der Genuß der Ortsbürger-Rechte, sey es in Städten oder Landgemeinden, kann nur Staats-Angehörigen zukommen. § 21. Ein jeder Inländer männlichen Geschlechts hat im achtzehnten Lebensjahre den Huldigungseid zu leisten, mittelst dessen er Treue dem Landesfürsten und dem

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H ESSEN -K ASSEL Vaterlande, Beobachtung der Verfassung und Gehorsam den Gesetzen gelobt. § 22. Ein jeder Staats-Angehörige (Inländer) ist der Regel nach (vergl. §. 23 und §. 24) auch Staatsbürger, somit zu öffentlichen Aemtern und zur Theilnahme an der Volksvertretung befähigt, vorbehaltlich derjenigen Eigenschaften, welche diese Verfassung oder andere Gesetze in Bezug auf die Ausübung einzelner staatsbürgerlichen Rechte erfordern. § 23. Das Staatsbürgerrecht hört auf: 1) mit dem Verluste der Staats-Angehörigkeit, und 2) mit der rechtskräftigen Verurtheilung zu einer peinlichen Strafe, unbeschadet einer etwa erfolgenden Rehabilitation (s. §. 126). § 24. Der Mangel oder Verlust des Staatsbürgerrechts an sich ist ohne Einfluß auf den Unterthanen-Verband, sowie auf die blos bürgerlichen Rechte und Pflichten, wenn nicht besondere Gesetze eine Ausnahme begründen. § 25. Die Leibeigenschaft ist und bleibt aufgehoben. Die von ihr herrührenden unständigen Abgaben, in so weit sie noch rechtlich fortbestehen, namentlich für die Sterbefälle, sollen auf eine für die Betheiligten billige Weise im Wege des Vertrages oder für die Fälle, wo der deshalbige Versuch ohne Erfolg geblieben seyn würde, durch ein zu erlassendes Gesetz anderweit geordnet werden. § 26. Alle Einwohner sind in so weit vor den Gesetzen einander gleich und zu gleichen staatsbürgerlichen Verbindlichkeiten verpflichtet, als nicht gegenwärtige Verfassung oder sonst die Gesetze eine Ausnahme begründen. § 27. Einem Jeden ohne Unterschied stehet die Wahl des Berufes und die Erlernung eines Gewerbes frei. Ebenso kann Jeder die

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öffentlichen Lehr- und Bildungs-Anstalten des In- und Auslandes, selbst zum Zwecke der Bewerbung um einen Staatsdienst, benutzen, ohne einer besonderen Erlaubniß der Staatsregierung hierzu zu bedürfen. Er muß jedoch jedenfalls vor dem Besuchen der Universität den für die deshalbige Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernissen genügen (vergl. übrigens §. 52). § 28. Kein Inländer kann wegen seiner Geburt von irgend einem öffentlichen Amte ausgeschlossen werden. Auch giebt dieselbe kein Vorzugsrecht zu irgend einem Staatsamte. § 29. Die Verschiedenheit des christlichen Glaubensbekenntnisses hat auf den Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte keinen Einfluß. Die den Israeliten bereits zustehenden Rechte sollen unter den Schutz der Verfassung gestellt seyn, und die besonderen Verhältnisse derselben gleichförmig für alle Gebietstheile durch ein Gesetz geordnet werden. § 30. Jedem Einwohner stehet vollkommene Freiheit des Gewissens und der Religions-Uebung zu. Jedoch darf die Religion nie als Vorwand gebraucht werden, um sich irgend einer gesetzlichen Verbindlichkeit zu entziehen. § 31. Die Freiheit der Person und des Eigenthums unterliegt keiner anderen Beschränkung, als welche das Recht und die Gesetze bestimmen. § 32. Das Eigenthum oder sonstige Rechte und Gerechtsame können für Zwecke des Staates oder einer Gemeinde, oder solcher Personen, welche Rechte derselben ausüben, nur in den durch die Gesetze bestimmten Fällen und Formen gegen vorgängige volle Entschädigung in Anspruch genommen werden. Ueber Nothfälle, in de-

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) nen ausnahmsweise nachfolgende Entschädigung eintreten soll, wird ein besonderes Gesetz das Nähere bestimmen. § 33. Die Jagd-, Waldkultur- und TeichDienste, nebst den Wildprets- und FischFuhren oder dergleichen Traggängen zur Frohne, sollen überall nicht mehr Statt finden, und die Privatberechtigten, welche hierdurch einen Verlust erleiden, nach dessen Ermittelung auf den Grund der deshalb zu ertheilenden gesetzlichen Vorschriften, vom Staate entschädiget werden. Gleichfalls werden die dem Staate zu leistenden Fruchtmagazins-Fuhren und Handdienste auf den Fruchtböden gänzlich aufgehoben. Die übrigen ungemessenen Hof-, Kameral- und gutsherrlichen Frohnen sollen in gemessene umgewandelt werden. Alle gemessenen Frohnen sind ablösbar. Die Art und Weise ihrer Umwandlung und Ablösung ist durch ein besonderes Gesetz mit gehöriger Berücksichtigung der Interessen der Berechtigten und Verpflichteten näher zu bestimmen, auch demnächst die Ausführung nach Möglichkeit durch entsprechende Verwaltungs-Maasregeln unter angemessener Beihülfe aus der Staatskasse zu befördern. Die Last der Landfolgedienste, welche nach deren gesetzlicher Feststellung fortbestehen werden, soll durch Beschränkung auf den wirklichen Bedarf gemindert und so viel, als thunlich, durch zweckdienliche Verdingung erleichtert werden. § 34. Alle Grundzinsen, Zehnten und übrigen gutsherrlichen Natural- und Geldleistungen, auch andere Real-Lasten, sind ablösbar. Ueber die deshalbigen Bedingungen und Entschädigungen wird ein Gesetz, unter gehöriger Berücksichtigung der Interessen der Pflichtigen und der Berechtigten, ergehen. § 35. Jedermann bleibt es frei, über das sein Interesse benachtheiligende

verfassungs-, gesetz- oder ordnungswidrige Benehmen oder Verfahren einer öffentlichen Behörde bei der unmittelbar vorgesetzten Stelle Beschwerde zu erheben und solche nöthigenfalls bis zur höchsten Behörde zu verfolgen. Wird die angebrachte Beschwerde von der vorgesetzten Behörde ungegründet befunden; so ist dieselbe verpflichtet, dem Beschwerdeführer die Gründe ihrer Entscheidung zu eröffnen. Ebenwohl bleibt in jedem Falle, wo Jemand sich in seinen Rechten verlezt glaubt, ihm die gerichtliche Klage offen, auch in geeigneten wichtigeren Fällen unbenommen, die Verwendung der Landstände anzusprechen. Ueberhaupt ist es den einzelnen Unterthanen, sowie ganzen Gemeinden und Körperschaften, frei gelassen, ihre Wünsche und Bitten auf gesetzlichem Wege zu berathen und vorzubringen. § 36. Ausschliesliche Handels- und Gewerbs-Privilegien sollen ohne Zustimmung der Landstände nicht mehr ertheilt werden. Die Aufhebung der bestehenden Monopole, sowie der Bann- oder Zwangsrechte, ist durch ein besonderes Gesetz zu bewirken. Patente für Erfindungen können von der Regierung auf bestimmte Zeit, jedoch nicht länger, als auf zehn Jahre, ertheilt werden. Diejenigen Gewerbe, für deren Ausübung aus polizeilichen oder staatswirthschaftlichen Rücksichten eine Konzession erforderlich ist, sollen gesetzlich bestimmt werden. Indessen ist das Erforderniß einer Konzession, wie solches bisher bestand, nirgend auszudehnen. § 37. Die Freiheit der Presse und des Buchhandels wird in ihrem vollen Umfange Statt finden. Es soll jedoch zuvor gegen Preßvergehen ein besonderes Gesetz alsbald erlassen werden. Die Zensur ist nur in den durch die Bundesgesetze bestimmten Fällen zulässig.

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H ESSEN -K ASSEL § 38. Das Briefgeheimniß ist auch künftig unverlezt zu halten. Die absichtliche unmittelbare oder mittelbare Verletzung desselben bei der Postverwaltung soll peinlich bestraft werden. § 39. Niemand kann wegen der freien Aeuserung bloser Meinungen zur Verantwortung gezogen werden, den Fall eines Vergehens oder einer Rechtsverletzung ausgenommen. § 40. Jeder Waffenfähige bis zum zurückgelegten 50sten Lebensjahre ist im Falle der Noth zur Vertheidigung des Vaterlandes verpflichtet. Ueber die Verbindlichkeit zum Kriegsdienste, die Art der Ergänzung des Kriegsheeres und die sonstigen hierauf bezüglichen Verhältnisse sowie über die nach und nach erfolgende Verabschiedung der Leute, welche bereits fünf Jahre und darüber gedient haben, ist alsbald ein Gesetz zu erlassen. In diesem soll die Dienstzeit für das aktive Heer nicht über fünf Jahre, auser dem Falle des Krieges ausgedehnt, die Stellvertretung für zulässig erklärt, und bei der Bestimmung der Verbindlichkeit zum Kriegsdienste in der Linie auf Familienwohlfahrt, Ackerbau, Gewerbe, Künste und Wissenschaften nach Möglichkeit schonende Rücksicht genommen werden. Auserdem ist noch die Einrichtung der Bürgerbewaffnung in den Stadt- und Landgemeinden, als einer bleibenden Anstalt zur geeigneten Mitwirkung für die Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung, sowie in Nothfällen zur Landesvertheidigung, gesetzlich näher zu bestimmen. § 41. Jedem Einwohner steht das Recht der freien Auswanderung unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen zu.

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VIERTER ABSCHNITT Von den Gemeinden und von den Bezirksräthen § 42. Die Rechte und Verbindlichkeiten der Gemeinden sollen in einer besonderen Städte- und Gemeinde-Ordnung alsbald festgesetzt, und darin die freie Wahl ihrer Vorstände und Vertreter, die selbstständige Verwaltung des Gemeinde-Vermögens und der örtlichen Einrichtungen, unter Mitaufsicht ihrer besonders erwählten Ausschüsse, die Bewirkung der Aufnahme in den Gemeinde-Verband, und die Befugniß zur Bestellung der Gemeinde-Diener, zum Grunde gelegt, auch die Art der oberen Aufsicht der Staatsbehörden näher bestimmt werden. § 43. Keine Gemeinde kann mit Leistungen oder Ausgaben beschwert werden, wozu sie nicht nach allgemeinen Gesetzen oder anderen besonderen Rechtsverhältnissen verbunden ist. Dasselbe gilt von mehreren, in einem Verbande stehenden Gemeinden. § 44. Alle Lasten, welche nicht die örtlichen Bedürfnisse der Gemeinden oder deren Verbände, sondern die Erfüllung allgemeiner Verbindlichkeiten des Landes oder einzelner Theile desselben erheischen, müssen, in so weit nicht bestehende Rechtsverhältnisse eine Ausnahme begründen, auch von dem gesammten Lande oder dem betreffenden Landestheile getragen werden. § 45. Das Vermögen und Einkommen der Gemeinden und ihrer Anstalten darf nie mit dem Staatsvermögen oder den StaatsEinnahmen vereinigt werden. § 46. Sämmtliche Vorstände sowie die übrigen Beamten der Gemeinden und deren Verbände sind, gleich den Staatsdienern, auf Festhaltung der Landesverfassung und insbesondere auf Wahrung der dadurch begründeten Rechte der Gemeinden zu verpflichten.

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) § 47. Das Verhältniß der Rittergüter und der ehemals adelichen geschlossenen Freigüter zu den Gemeinden, zu welchen sie in polizeilichen und anderen bestimmten Beziehungen gehören sollen, wird in der Gemeinde-Ordnung auf eine zweckmäsige und den bisherigen Rechtsverhältnissen entsprechende Weise festgestellt werden.

ser Verfassung nach dem Inhalte der deshalb zu entwerfenden Statuten, welche von der Staatsregierung genehmigt und von den Landständen den Bestimmungen der Verfassung entsprechend befunden seyn werden.

§ 48. Für die Berathung und Vorbereitung von Verwaltungs-Maasregeln, welche nur das Beste eines einzelnen Bezirkes zum Gegenstande haben, sowie für eine angemessene Mitaufsicht auf die zweckdienliche und die Kräfte der Unterthanen thunlichst schonende Ausführung der in jener Beziehung durch allgemeine Gesetze, oder durch besondere Anordnungen der Staatsbehörden, getroffenen wichtigeren Einrichtungen, sollen Bezirksräthe mittelst geeigneter Wahl gebildet werden. Die deshalb erforderlichen näheren Vorschriften sind durch ein Gesetz zu erlassen.

Von den Staatsdienern

FÜNFTER ABSCHNITT Von den Standesherren etc. und den ritterschaftlichen Körperschaften § 49. Die besonderen Rechtsverhältnisse der Standesherrschaften werden in Gemäsheit der bundesgesetzlichen Bestimmungen und nach vorgängiger näheren Verständigung der Staatsregierung mit den Standesherren durch ein Edikt geordnet werden, welches, nachdem dessen Inhalt von den Landständen dieser Verfassung entsprechend befunden worden, unter deren Schutz gestellt werden soll. In gleicher Art sollen die besonderen Rechtsverhältnisse des vormals reichsunmittelbaren Adels geordnet und geschützt werden. § 50. Die besonderen Rechte des althessischen und des schaumburgischen ritterschaftlichen Adels geniesen den Schutz die-

SECHSTER ABSCHNITT § 51. Der Landesherr ernennt oder bestätigt alle Staatsdiener, des geistlichen und weltlichen, sowohl des Militär- als Civil-Standes, in so fern den Behörden nicht die Bestellung überlassen ist. In Ansehung derjenigen Stellen, für welche einzelnen Berechtigten oder Körperschaften ein Präsentations- oder Wahlrecht zustehet, erfolgt die Ernennung in Form einer Bestätigung nach Maasgabe der deshalb bestehenden Verhältnisse. § 52. Ein Staatsamt kann nur demjenigen übertragen werden, welcher vorher gesetzmäsig geprüft und für tüchtig und würdig zu demselben erkannt worden ist. Uebrigens muß von denjenigen, welche künftig ein akademisches Studium beginnen, demnächst die Nachweisung geschehen, daß den gesetzlichen Vorschriften über das Besuchen der Landes-Universität genügt worden sey. Bei einer Weiterbeförderung ist eine abermalige Prüfung nur erforderlich, wenn solche besonders vorgeschrieben ist. § 53. Der Ernennung oder Beförderung zu einem Staatsamte muß der Vorschlag der vorgesetzten Behörde, wenn eine solche vorhanden ist, vorausgehen. § 54. Die Ertheilung von Anwartschaften auf bestimmte Staatsdienerstellen ist völlig unstatthaft; gleichwohl kann den Gehülfen, welche altersschwachen oder sonst an gehöriger Dienstversehung gehinderten Staatsbeamten beigegeben werden, die demnächsti-

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H ESSEN -K ASSEL ge selbstständige Anstellung, nach Maasgabe ihrer bewährten Tüchtigkeit, zugesichert werden. § 55. Alle erledigten Stellen sollen so bald, als thunlich, dem betreffenden Etat (vgl. §. 62) gemäs wieder besetzt werden. § 56. Ohne Urtheil und Recht darf kein Staatsdiener abgesetzt, oder wider seinen Willen entlassen, noch demselben sein rechtmäsiges Diensteinkommen vermindert oder entzogen werden, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen, welche das Staatsdienstgesetz enthält. Diejenigen geringeren Diener gleichwohl, welche von den Behörden ohne ein durch den Landesherrn oder ein Ministerium vollzogenes Bestellungs- oder Bestätigungs-Reskript angenommen worden sind, können wegen Verletzung oder Versäumung ihrer Berufspflichten von denselben Behörden wieder entlassen werden, nachdem die vorgesetzte höhere oder höchste Behörde, nach genauer Erwägung des gehörig in Gewissheit gesetzten Verschuldens, die Entlassung genehmigt haben wird. § 57. Jeder Staatsdiener muß sich Versetzungen, welche seinen Fähigkeiten oder seiner bisherigen Dienstführung entsprechen, aus höheren Rücksichten des Staats, ohne Verlust an Rang und Gehalt (vergl. jedoch §. 56) gefallen lassen. Staatsdiener, welche ohne ihr Ansuchen oder Verschulden versetzt werden, erhalten für die Kosten des Umzugs eine angemessene Entschädigung, sofern ihnen nicht durch die Verbesserung ihres Diensteinkommens eine entsprechende Vergütung dafür zu Theil geworden ist. § 58. Diejenigen Staatsdiener, welche wegen Altersschwäche oder anderer Gebrechen ihre Berufs-Obliegenheiten nicht mehr erfüllen können und daher in den Ruhestand versetzt werden, sollen eine angemessene Pension nach Maasgabe des Staatsdienstgesetzes erhalten.

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§ 59. Keinem Staatsdiener kann die nachgesuchte Entlassung versagt werden. Hinsichtlich seines wirklichen Abganges sind die näheren, durch das Staatsdienstgesetz vorgeschriebenen, Bedingungen zu erfüllen. § 60. Die Verpflichtung zur Beobachtung und Aufrechthaltung der Landesverfassung soll in den Diensteid eines jeden Staatsdieners mit aufgenommen werden. Keine Dienst-Anweisung darf etwas enthalten, was den Gesetzen zuwider ist. § 61. Ein jeder Staatsdiener bleibt hinsichtlich seiner Amtsverrichtungen verantwortlich. Derjenige, welcher sich einer Verletzung der Landesverfassung, namentlich auch durch Vollziehung einer, nicht in der verfassungsmäsigen Form ergangenen, Verfügung einer höchsten Staatsbehörde (s. §. 108), einer Veruntreuung öffentlicher Gelder oder einer Erpressung schuldig macht, sich bestechen lässt, seine Berufspflichten gröblich hintansetzt oder seine Amtsgewalt misbraucht, kann auch von den Landständen oder deren Ausschusse (s. §. 102) bei der zuständigen Gerichtsbehörde angeklagt werden. Die Sache muß alsdann auf dem gesetzlichen Wege schleunig untersucht und den Landständen oder deren Ausschusse von dem Ergebnisse der Anklage Nachricht ertheilt werden. § 62. Die übrigen besonderen Rechtsverhältnisse der Staatsdiener, sowohl des Civilals Militär-Standes (Offiziere und MilitärBeamten), sind in dem Staatsdienstgesetze, welches unter dem Schutze der Verfassung stehen wird, näher bestimmt. Die Versorgung oder Unterstützung der dazu geeigneten, nicht zum Offizierstande gehörenden Militärpersonen wird durch ein besonderes Regulativ geordnet werden.

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831)

SIEBENTER ABSCHNITT2 Von den Landständen § 63. Die Ständeversammlung wird gebildet durch folgende Mitglieder, nämlich: 1) einen Prinzen des kurfürstlichen Hauses für eine jede, dermal apanagirte Linie desselben, welche in Ermangelung von dazu fähigen Gliedern oder bei deren Verhinderung sich durch einen geeigneten, in Kurhessen begüterten Bevollmächtigten vertreten lassen kann; 2) das Haupt jeder fürstlichen oder gräflichen, ehemals reichsunmittelbaren Familie, welche eine Standesherrschaft in Kurhessen besitzt, mit Gestattung der Stellvertretung durch eines ihrer dazu fähigen Familienglieder, und in deren Ermangelung oder Verhinderung durch einen anderen geeigneten Bevollmächtigten, welcher in Kurhessen begütert ist; 3) den Senior oder das sonst mit dem Erbmarschall-Amte beliehene Mitglied der Familie der Freiherren v. Riedesel; 4) einen der ritterschaftlichen Obervorsteher der adelichen Stifter Kaufungen und Wetter; 5) einen Abgeordneten der Landes-Universität; 6) einen Abgeordneten der althessischen Ritterschaft von jedem der fünf Bezirke, nämlich der Diemel, Fulda, Schwalm, Werra und Lahn; 7) einen Abgeordneten aus der Ritterschaft der Grafschaft Schaumburg, gewählt von derselben unter Mitstimmung der adelichen Stifter Fischbeck und Obernkirchen; 8) einen Abgeordneten aus dem ehemals reichsunmittelbaren Adel in den Kreisen Fulda und Hünfeld; 9) einen Abgeordneten aus dem ehemals reichsunmittelbaren und sonst stark begüterten Adel in der Provinz Hanau; 10) sechszehn Abgeordnete von den Städten, nämlich: a. zwei von der Residenzstadt Cassel,

b. zwei von der Stadt Hanau, c. einen von der Stadt Marburg, d. einen von der Stadt Fulda, e. einen von der Stadt Hersfeld oder der Stadt Melsungen, welche unter einander dergestalt abwechseln, daß die erstgenannte Stadt zu zwei Landtagen und die Stadt Melsungen zu einem Landtage den Abgeordneten sendet, f. einen von der Stadt Schmalkalden, g. einen von der Stadt Rinteln und den Städten Obernkirchen, Oldendorf, Rodenberg und Sachsenhagen, h. einen von den Städten Hofgeismar, Carlshafen, Grebenstein, Helmarshausen, Immenhausen, Liebenau, Naumburg, Trendelburg, Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg, i. einen von der Stadt Hersfeld oder Melsungen (s. oben e) und den Städten Lichtenau, Rotenburg, Sontra, Spangenberg und Waldkappel, k. einen von den Städten Homberg, Borken, Felsberg, Fritzlar, Gudensberg, Neukirchen, Niedenstein, Schwarzenborn, Treysa und Ziegenhain, l. einen von den Städten Eschwege, Allendorf, Grosalmerode, Wanfried und Witzenhausen, m. einen von den Städten Frankenberg, Amöneburg, Frankenau, Gemünden, Kirchhain, Neustadt, Rauschenberg, Rosenthal, Schweinsberg und Wetter, n. einen von den Städten Hünfeld, Salmünster, Schlüchtern, Soden und Steinau; auch o. einen von den Städten Gelnhausen, Bockenheim, Wächtersbach und Windecken; 11) sechszehn Abgeordnete der nachgenannten Landbezirke, mit Ausschluß der darin befindlichen Städte, und derjenigen adelichen Güter, deren Besitzer an der Wahl der oben unter Nr. 6 bis 9 aufgeführten Abgeordneten Theil nehmen. Diese Bezirke sind:

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H ESSEN -K ASSEL a. der Diemel-Bezirk, bestehend aus den Kreisen Cassel, Hofgeismar und Wolfhagen, b. der (Nieder-) Fulda-Bezirk, begreifend die Kreise Hersfeld, Rotenburg und Melsungen (ohne das Amt Felsberg), c. der Werra-Bezirk, umfassend die Kreise Eschwege, Witzenhausen und Schmalkalden, d. der Schwalm-Bezirk, enthaltend die Kreise Homberg, Fritzlar und Ziegenhain, auch das Amt Felsberg (aus dem Kreise Melsungen), e. der Lahn-Bezirk, bestehend aus den Kreisen Marburg, Frankenberg und Kirchhain, f. der Ober-Fulda-Bezirk, begreifend die Kreise Fulda und Hünfeld, g. der Main-Bezirk, enthaltend die Kreise Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern, h. der Weser-Bezirk, bestehend aus der Grafschaft Schaumburg. § 64. Acht von den Abgeordneten der Städte, nämlich einer für Cassel sowie einer für Hanau, und sechs für die übrigen Städte gemäs der, nach dem Wahlgesetze von Landtag zu Landtag eintretenden, Abwechselung, müssen Magistratsglieder oder solche Einwohner seyn, welche als Mitglieder der Bürger-Ausschüsse zum zweiten Male gewählt worden sind, oder ein Vermögen von mindestens sechstausend Thalern besitzen, oder ein sicheres und ständiges Einkommen von vierhundert Thalern jährlich geniesen, oder monatlich einen Thaler zwölf gGr. an öffentlichen ständigen Abgaben entrichten. § 65. Ebenso müssen acht Abgeordnete der Landbezirke entweder soviel Grundeigenthum besitzen, daß es ihnen an eigentlicher Grundsteuer (zu deren vollen ordentlichen Ansatze und nach Abzug der gesetzlich zu vergütenden Real-Lasten) wenigstens zwei Thaler monatlich erträgt, – oder sie müssen mindestens fünftausend Thaler

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im Vermögen haben und zugleich die Landwirthschaft, als Haupt-Erwerbsquelle, betreiben. § 66. Die Wahl der übrigen acht Abgeordneten der Städte, sowie der übrigen acht Abgeordneten der Landbezirke kann ohne Unterschied auf einen Jeden fallen, welcher überhaupt wählbar (s. §. 67) und in dem Stromsbezirke wohnhaft ist. Dagegen können ausnahmsweise die unteren landesfürstlichen, standesherrlichen oder PatrimonialJustiz-, Verwaltungs- und Finanz-Beamten nur auser dem Wahlbezirke gewählt werden, worin sie ihren Wohnsitz haben. § 67. Weder zur Wahl berechtigt, noch irgend wählbar sind diejenigen, welche 1) wegen solcher Vergehungen, die entweder nach gesetzlicher Bestimmung oder nach allgemeinen Begriffen für entehrend zu halten sind (worüber im letzteren Falle hinsichtlich der Abgeordneten die Ständeversammlung zu entscheiden hat), vor Gericht gestanden haben, ohne von der Anschuldigung völlig losgesprochen worden zu seyn; 2) noch nicht das 30ste Jahr zurückgelegt haben, oder 3) unter Kuratel stehen, oder 4) über deren Vermögen ein gerichtliches Konkursverfahren entstanden ist, bis zur völligen Befriedigung der Gläubiger. Die vorstehenden Gründe der Ausschliesung finden auch auf die ohne Wahl berufenen Landstände Anwendung. § 68. Bei der Wahl eines jeden landständischen Deputirten wird zu gleicher Zeit ein Stellvertreter gewählt, auf welchen im Falle des Todes, der eintretenden Unfähigkeit oder einer längeren Verhinderung die landständischen Pflichten und Rechte des Ersteren während des begonnenen Landtages bis zu dessen Schlusse übergehen. Ueber die Einberufung des Stellvertreters entscheidet die Ständeversammlung.

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) § 69. Kann oder will der (hauptsächlich oder zur Aushülfe) Gewählte die Landstandschaft nicht übernehmen; so schreiten die Wahlmänner zur neuen Wahl. Letzteres muß auch dann geschehen, wenn die Stelle eines Abgeordneten nach bereits erklärter Annahme vor Eröffnung oder nach dem Schlusse des Landtages wieder erledigt wird.

§ 74. Jedes Mitglied der Ständeversammlung leistet folgenden Eid: „Ich gelobe, die Staatsverfassung heilig zu halten und in der Ständeversammlung das unzertrennliche Wohl des Landesfürsten und des Vaterlandes, ohne Nebenrücksichten, nach meiner eigenen Ueberzeugung bei meinen Anträgen und Abstimmungen zu beachten. So wahr mir Gott helfe!“

§ 70. Erfolgt die Ernennung oder Beförderung eines Abgeordneten zu einem Staatsamte; so wird dadurch eine neue Wahl erforderlich, wobei jedoch derselbe wieder gewählt werden kann.

§ 75. Die Beschlüsse werden nur in Sitzungen, denen wenigstens zwei Drittel der ordnungsmäsigen Anzahl von Mitgliedern beiwohnen, und nach der absoluten Stimmen-Mehrheit gefasst. Wenn Gleichheit der Stimmen eintritt; so ist die Sache in einer folgenden Sitzung zum Vortrage zu bringen. Würde auch in dieser Sitzung eine Stimmen-Mehrheit nicht zu Stande kommen; so giebt ausnahmsweise die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, jedoch muß die abweichende Meinung in diesem Falle der Staatsregierung mitgetheilt werden.

§ 71. Sobald ein Staatsdiener, des geistlichen oder weltlichen Standes, zum Abgeordneten gewählt ist, hat derselbe davon der vorgesetzten Behörde Anzeige zu machen, damit diese die Genehmigung (welche nicht ohne erhebliche, der Ständeversammlung mitzutheilende Ursache zu versagen ist) ertheilen, auch wegen einstweiliger Versehung seines Amtes Vorsorge treffen könne.3 § 72. Die einzelnen Vorschriften über die Ausübung der Wahlrechte setzt das Wahlgesetz fest, welches einen Theil der Staatsverfassung bildet.4 § 73. Die Abgeordneten sind nicht an Vorschriften eines Auftrages gebunden, sondern geben ihre Abstimmungen, gemäs den Pflichten gegen ihren Landesfürsten und ihre Mitbürger überhaupt, nach ihrer eigenen Ueberzeugung, wie sie es vor Gott und ihrem Gewissen zu verantworten gedenken. Auch können sie weder einen Dritten, noch selbst ein Landtags-Mitglied beauftragen, in ihrem Namen zu stimmen. Daneben bleibt es dem Abgeordneten überlassen, die etwa an ihn für die Ständeversammlung gelangenden besonderen Anliegen weiter zu befördern.

§ 76. Die Abstimmungen geschehen von den einzelnen Mitgliedern ohne Rücksicht auf Verschiedenheit der Stände und der Bezirke. Gleichwohl ist es den Abgeordneten eines Standes oder eines von den Hauptlanden abgesonderten oder entlegenen Bezirkes unbenommen, wenn sie einhellig den Stand, aus welchem sie abgeordnet worden, in seinen wohl erworbenen Rechten, oder den betreffenden Bezirk nach dessen eigenthümlichen Verhältnissen durch den Beschluß der Mehrheit beschwert erachten, sich über eine Separat-Stimme zu vereinigen. Eine solche Standes- oder Bezirks-Stimme hat die Wirkung, daß sie in die von dem Landtage ergehende Erklärung, neben dem Beschlusse der Mehrheit, aufgenommen werden muß; – und es bleibt der Staatsregierung vorbehalten, die gedachte Erklärung in Beziehung auf den betreffenden Stand oder den besonderen Bezirk nach Maasgabe der

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H ESSEN -K ASSEL auser Zweifel gesetzten eigenthümlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.5 § 77. Die Verhandlungen der Ständeversammlung sollen der Regel nach öffentlich seyn. Die näheren Bestimmungen über die landständische Geschäftsbehandlung enthält die Geschäfts-Ordnung. § 78. Die Abgeordneten und deren Stellvertreter behalten ihre Eigenschaft für die landständischen Verrichtungen, welche in den nächsten drei Jahren vorkommen werden. In dem dritten Jahre wird, ohne weitere Aufforderung von Seiten der Staatsregierung, zu einer neuen Wahl geschritten; doch können bei dieser dieselben Personen wieder gewählt werden. § 79. Sie verlieren ihre Eigenschaft als Abgeordnete früher, wenn 1) sie nach Maasgabe des §. 67 zur landständischen Vertretung unfähig, oder 2) zu einem Staatsdienste ernannt oder darin befördert werden (s. §. 70), oder wenn 3) der Landesherr die ständische Versammlung auflöset (s. §. 83). In den lezten beiden Fällen dürfen sie von Neuem gewählt werden. § 80. Der Landesherr verordnet die Zusammenkunft der Stände, so oft er solches zur Erledigung wichtiger und dringender Landes-Angelegenheiten nöthig erachtet. Die Zusammenberufung muß aber wenigstens alle drei Jahre geschehen, und es ist alsdann dazu, der Regel nach, der Anfang des Monats November bestimmt. § 81. Die Einberufung erfolgt mittelst einer, vom Ministerium des Innern ausgehenden, allgemeinen Bekanntmachung in dem Gesetzblatte, deren zeitige Bewirkung dem Vorstande des genannten Ministeriums als verfassungsmäsige Pflicht obliegt, und wegen deren Hintansetzung derselbe durch

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den landständischen Ausschuß (s. §. 102) bei der im §. 100 genannten Gerichtsbehörde anzuklagen ist. § 82. Eine auserordentliche Ständeversammlung ist jedesmal nöthig bei einem Regierungswechsel, dergestalt, daß die Landstände ohne besondere Berufung am vierzehnten Tage nach eingetretener Regierungs-Veränderung zusammenkommen. § 83. Der Landesherr kann die Ständeversammlung vertagen, auch sie auflösen. Die Vertagung darf jedoch nicht über drei Monate dauern, und im Falle der Auflösung des Landtages soll hiermit zugleich die Wahl neuer Stände verordnet werden, auch deren Einberufung innerhalb der nächsten sechs Monate erfolgen. § 84. Der Landesherr eröffnet und entlässt die Ständeversammlung entweder in eigener Person, oder durch einen dazu bevollmächtigten Minister oder anderen Kommissar. § 85. Die Landtage dürfen der Regel nach nicht über drei Monate dauern, und es ist daher mit den wichtigsten Geschäften der Anfang zu machen. § 86. Die Urschriften der Landtags-Abschiede nebst den etwa beigefügten besonderen Urkunden werden in doppelten Exemplaren, wovon das eine für das Staats- und das andere für das landständische Archiv bestimmt ist, von dem Landesherrn, auch von den Landständen unterzeichnet und untersiegelt. Die für die öffentliche Bekanntmachung bestimmten Abdrücke aber werden in derselben Form, wie andere Staatsgesetze, ausgefertigt. § 87. Die Mitglieder der Ständeversammlung können während der Dauer des Landtages, so wie sechs Wochen vor und nach demselben, auser der Ergreifung auf frischer verbrecherischer That, nicht anders,

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) als mit Zustimmung der Ständeversammlung oder ihres Ausschusses (s. §. 102), verhaftet, und zu keiner Zeit wegen Aeuserung ihrer Meinung zur Rechenschaft gezogen werden, den Fall der beleidigten Privat-Ehre ausgenommen. § 88. Die Mitglieder der Ständeversammlung, mit Ausnahme der Prinzen des Kurhauses, sowie der Standesherren, erhalten angemessene Reise- und Tagegelder. § 89. Die Landstände sind im Allgemeinen berufen, die verfassungsmäsigen Rechte des Landes geltend zu machen und überhaupt das unzertrennliche Wohl des Landesherrn und des Vaterlandes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsätze der Verfassung möglichst zu befördern. § 90. Die, in Folge des §. 82 versammelten, Landstände haben insbesondere dahin zu wirken, daß der Thronfolger bei seinem Regierungs-Antritte dem Inhalte des §. 6 gegenwärtiger Verfassung Genüge leiste. In dem von ihnen hiernächst geleisteten Huldigungs-Eide liegt zugleich die allgemeine Anerkennung des verfassungsmäsig geschehenen Regierungs-Antrittes. § 91. Den Landständen wird es dereinst obliegen, wegen der nöthig befundenen Maasregeln zur Verhinderung einer ThronErledigung (s. §. 4) oder zur Einleitung der nöthigen Regentschaft (s. §.§. 7 bis 9) geeignete Anträge zu thun. § 92. Die Ständeversammlung ist befugt, über alle Verhältnisse, welche nach ihrem Ermessen auf das Landeswohl wesentlichen Einfluß haben, die zweckdienliche Aufklärung von den landesherrlichen Kommissaren zu begehren. Auch werden in geeigneten Fällen die Vorstände der betreffenden Ministerial-Departements persönlich der Ständeversammlung die gewünschte Auskunft ertheilen.

§ 93. Ein jeder, von den Landständen zu einer vorbereitenden Arbeit oder GeschäftsEinleitung gewählter, Ausschuß kann zur Erlangung von Aufschlüssen über die ihm vorliegenden Gegenstände mit der kurfürstlichen Landtags-Kommission sich benehmen, oder schriftliche Mittheilungen von den einschlägigen Behörden, und zwar hinsichtlich der im §. 144 erwähnten Angelegenheiten unmittelbar, einziehen, auch die persönliche Zuziehung von den dazu sich hauptsächlich eignenden Staatsbeamten durch die genannte Kommission veranlassen. § 94. Ohne Einwilligung der Stände kann weder das Staatsgebiet überhaupt, noch ein einzelner Theil desselben mit Schulden oder auf sonstige Art belastet werden (vergl. übrigens wegen Veränderung des Staatsgebiets §. 1, und wegen des Staatsvermögens §. 142). § 95. Ohne ihre Beistimmung kann kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erläutert werden. Im Eingange eines jeden Gesetzes ist der landständischen Zustimmung ausdrücklich zu erwähnen. Verordnungen, welche die Handhabung oder Vollziehung bestehender Gesetze bezwecken, werden von der Staatsregierung allein erlassen. Auch kann, wenn die Landstände nicht versammelt sind, zu solchen ausnahmsweise erforderlichen Maasregeln, welche bei auserordentlichen Begebenheiten, wofür die vorhandenen Gesetze unzulänglich sind, von dem Staatsministerium unter Zuziehung des landständischen Ausschusses (s. §. 102) auf den Antrag der betreffenden Ministerial-Vorstände für wesentlich und unaufschieblich zur Sicherheit des Staates oder zur Erhaltung der ernstlich bedroheten öffentlichen Ordnung erklärt werden sollten, ungesäumt geschritten werden. Hierauf aber wird nach dem Antrage jenes Ausschusses sobald, als mög-

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H ESSEN -K ASSEL lich, die Einberufung der Landstände Statt finden, um deren Beistimmung zu den, in gedachten Fällen erlassenen, Anordnungen zu erwirken. § 96. Dispensazionen von den schon jetzt bestehenden gesetzlichen Vorschriften sollen nur mit gröster Vorsicht ertheilt werden, und dürfen niemals gegen die künftig ergehenden verfassungsmäsigen Gesetze Statt finden, sofern nicht solche in dem Gesetze ausdrücklich vorbehalten sind. § 97. Die Stände können zu neuen Gesetzen sowie zur Abänderung oder Aufhebung der bestehenden Vorschriften Anträge machen. § 98. Den Ständen stehet das Recht der Steuerbewilligung in der dafür festgesetzten Weise (s. §. 143 fg.) zu. § 99. Sie dürfen die begründeten Bitten und Beschwerden einzelner Unterthanen, ganzer Klassen derselben oder Körperschaften, insofern solche auf allen verfassungsmäsig gegebenen Wegen keine Abhülfe fanden (s. §. 35), der einschlägigen höchsten Behörde, oder nach Befinden dem Landesherrn selbst, zur geeigneten Berücksichtigung vorlegen, sowie über die in der Landesverwaltung oder der Rechtspflege wahrgenommenen Misbräuche Beschwerde führen, worauf, wenn diese begründet gefunden wird, die Abstellung derselben ohne Verzug erfolgen soll. § 100. Die Landstände sind befugt, aber auch verpflichtet, diejenigen Vorstände der Ministerien oder deren Stellvertreter, welche sich einer Verletzung der Verfassung schuldig gemacht haben würden, vor dem Ober-Appellations-Gerichte anzuklagen, welches sodann ohne Verzug die Untersuchung einzuleiten, selbst zu führen und nach deren Beendigung in voller Versammlung (in pleno) zu erkennen hat. Die gegründet befundene Anklage ziehet, wenn

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nicht schon das Straf-Urtheil die Amts-Entsetzung des Angeklagten ausspricht, jedenfalls dessen Entfernung vom Amte nach sich. Nach gefälltem Urtheile findet, unter den gesetzlichen Erfordernissen, die Wiederaufnahme der Untersuchung sowie das Rechtsmittel der Restitution Statt. § 101. Auch stehet den Landständen und deren Ausschusse (s. §. 102) die Befugniß zu, gegen andere Beamten, welche sich eine der im §. 61 genannten Vergehungen zu Schulden kommen liesen, die gerichtliche Untersuchung, insofern diese nicht schon eingeleitet seyn sollte, auf geeignete Weise zu veranlassen. § 102. Vor der Verabschiedung, Vertagung oder Auflösung eines jedesmaligen Landtages haben die Stände aus ihrer Mitte einen Ausschuß von drei bis fünf Mitgliedern zu wählen, welcher bis zum nächsten Landtage über die Vollziehung der Landtags-Abschiede zu wachen und dabei in der verfassungsmäsigen Weise thätig zu seyn, auch sonst das landständische Interesse wahrzunehmen, sowie die ihm, nach der jedesmal besonders zu ertheilenden Instruktion, weiter obliegenden Geschäfte im Namen der Landstände zu verrichten hat. Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte einen Vorstand, und kann in Fällen, in welchen er es für nöthig findet, noch andere ständische Mitglieder zu Rathe ziehen, auch nach dem Abgange eines Mitgliedes sich aus der Zahl der Mitglieder der lezten Ständeversammlung ergänzen. Die Mehrzahl der Mitglieder des Ausschusses darf nicht aus Staats- oder wirklichen Hof-Dienern bestehen. § 103. Die Landstände sind auch befugt, einen Landsyndikus, als beständigen Sekretar, auf dessen Lebenszeit anzunehmen. Dieser muß ein Rechtsgelehrter von bewährter wissenschaftlichen Tüchtigkeit und er-

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) probter moralischen Würdigkeit, auch wenigstens dreisig Jahre alt seyn. Von der bewirkten Wahl des Landsyndikus geschiehet dem Landesherrn Anzeige, welcher denselben, wenn gegen dessen Person nichts zu erinnern ist, bestätiget. Mit diesem Amte ist jeder andere Staatsdienst, sowie jeder andere Erwerbsberuf, unvereinbar. Der Gehalt des Landsyndikus wird von den Landständen bestimmt; dessen sonstige Dienstverhältnisse richten sich nach dem Staatsdienstgesetze. § 104. Der Landsyndikus führt das Protokoll in der Ständeversammlung, und ist der Konsulent des landständischen Ausschusses (s. §. 102). Er hat sowohl jener, als diesem, über alle vorkommenden Gegenstände, so oft es verlangt wird, die nöthigen Nachrichten und Gutachten schriftlich und mündlich zu ertheilen, das landständische Archiv zu beaufsichtigen und überhaupt Alles zu thun, was ihm nach seiner besonderen Dienst-Anweisung obliegt, welche er, nach seiner Bestätigung, von der Ständeversammlung erhält, und worauf er sodann verpflichtet wird. Sein Wohnsitz ist in der Residenzstadt und, wo möglich, im Versammlungs-Gebäude. § 105. Auf jeden Antrag der Landstände, sowie ihres Ausschusses (§. 102), wird eine Beschlußnahme, und zwar, wenn diese dem Antrage nicht entspricht, mit Angabe der Gründe thunlichst bald erfolgen.

ACHTER ABSCHNITT Von den obersten Staatsbehörden § 106. Für die Staats-Angelegenheiten werden als höchste Behörden nur bestehen das Gesammt-Staatsministerium und die Vorstände der Ministerial-Departements.

Durch diese wird der Regent in der unmittelbaren Ausübung seiner Regierungsrechte unterstützt. § 107. Die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung: die Justiz, das Innere, worunter auch die Polizei-Verwaltung in ihrem ganzen Umfange begriffen ist, das Finanzwesen, das Kriegswesen, so weit solches nicht für den Landesherrn als obersten Militär-Chef ausschlieslich gehört, und die auswärtigen Angelegenheiten, sind hinsichtlich der Kompetenz stets sorgfältig von einander abgegrenzt zu halten. Keines dieser Departements darf jemals ohne einen verantwortlichen Vorstand seyn. Ein solcher kann zwar zwei Ministerial-Departements, jedoch nicht mehrere, zugleich verwalten. Er bleibt aber stets für jedes derselben besonders, sowie überhaupt hinsichtlich der zum Staatsministerium kommenden Angelegenheiten seines Departements (vergl. §. 110) auch dann, wenn er darüber nicht selbst den Vortrag gehalten hat, verantwortlich.6 § 108. Der Vorstand eines jeden Ministerial-Departements hat die, vom Regenten in Bezug auf die Regierung und Verwaltung des Staates ausgehenden, Anordnungen und Verfügungen, welche in sein Departement einschlagen, zum Zeichen, daß die betreffende Angelegenheit auf verfassungsmäsige Weise behandelt worden sey, zu kontrasigniren, und ist für die Verfassungs- und Gesetzmäsigkeit ihres Inhaltes persönlich verantwortlich. Hinsichtlich derjenigen Angelegenheiten, welche mehrere oder sämmtliche Departements betreffen, haben deren Vorstände gemeinschaftlich zu kontrasigniren, und zwar mit persönlicher Verantwortlichkeit eines Jeden für die Gegenstände seines Departements. Durch die gedachte Kontrasignatur erhalten solche Anordnungen und Verfügungen allgemeine Glaubwürdigkeit und Vollziehbarkeit.

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H ESSEN -K ASSEL § 109. Für die wichtigeren Angelegenheiten der Gesetzgebung können Vorstände der oberen Staatsbehörden oder sonst vorzüglich geeignete Staatsdiener durch das einschlägige Ministerial-Departement auserordentliche Aufträge zur Vorbereitung der Entwürfe etc. erhalten, auch von demselben zu den betreffenden Berathungen zugezogen werden. § 110. Die Vorstände sämmtlicher Ministerial-Departements, zu welchen nach Ermessen des Landesherrn noch andere, besonders berufene Staatsdiener hinzutreten, bilden das Gesammt-Staatsministerium. Dieses hat alle Staats-Angelegenheiten, welche der landesherrlichen Entschliesung bedürfen, oder in seinen Sitzungen wegen ihrer Wichtigkeit von Seiten der Ministerial-Departements zum Vortrage gebracht werden, zu berathen. In auserordentlichen und zugleich dringenden Angelegenheiten des auswärtigen, sowie des Kriegs-Departements können die betreffenden Vorstände die landesherrliche Beschlußnahme, ohne vorgängige Berathung im gesammten Staatsministerium, einholen. § 111. Das Gesammt-Staatsministerium hat über die Beschwerden gegen Ministerial-Beschlüsse, und über erhobene Zweifel hinsichtlich der gegenseitigen Kompetenz einzelner Ministerien zu entscheiden.

NEUNTER ABSCHNITT Von der Rechtspflege § 112. Die Rechtspflege soll von der Landesverwaltung fernerhin auf immer getrennt seyn. § 113. Niemand kann an der Betretung und Verfolgung des Rechtsweges vor den Landesgerichten gehindert werden. Die Beurtheilung, ob eine Sache zum Gerichtsverfahren sich eigne, gebühret dem

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Richter nach Maasgabe der allgemeinen Rechtsgrundsätze und solcher Gesetze, welche mit Beistimmung der Landstände werden erlassen werden. § 114. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter, sey es in bürgerlichen oder peinlichen Fällen, entzogen werden, es sey denn auf dem regelmäsigen Wege nach den Grundsätzen des bestehenden Rechtes durch das zuständige obere Gericht. Es dürfen demnach auserordentliche Kommissionen oder Gerichtshöfe, unter welcher Benennung es sey, nie eingeführt werden. Gegen Civil-Personen findet die Militär-Gerichtsbarkeit nur in dem Falle, wenn der Kriegszustand erklärt ist, und zwar nur innerhalb der gesetzlich bestimmten Grenzen, Statt. Würde die Zahl der gewöhnlichen Mitglieder des zuständigen Gerichtes für auserordentliche und dringende Fälle (z. B. bei öffentlichen Ruhestörungen) nicht hinreichen, um solche gehörig und mit der nöthigen Beschleunigung zu behandeln; so soll alsdann durch das Justiz-Ministerium die erforderliche Beihülfe durch hinzutretende Mitglieder anderer Gerichte verschafft werden. § 115. Niemand darf anders, als in den durch die Gesetze bestimmten Fällen und Formen, zur gerichtlichen Untersuchung gezogen, zu gefänglicher Haft gebracht, darin zurückgehalten, oder gestraft werden. Jeder Verhaftete muß, wo möglich, sofort, jedenfalls binnen den nächsten 48 Stunden, von der Ursache seiner Verhaftung in Kenntniß gesetzt und durch einen Gerichtsbeamten verhört werden. Geschah die Verhaftung nicht von der zum weiteren Verfahren zuständigen Gerichtsbehörde; so soll der Verhaftete ohne Verzug an diese abgeliefert werden. § 116. Jeder Angeschuldigte soll, wofern nicht dringende Anzeigen eines schweren

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) peinlichen Verbrechens wider ihn vorliegen, der Regel nach gegen Stellung einer angemessenen, durch das Gericht zu bestimmenden, Kauzion seiner Haft ohne Verzug entlassen werden. Alle Urtheile über politische und PreßVergehen sollen mit den Entscheidungsgründen öffentlich bekannt gemacht werden, soweit nicht etwa eine Begnadigung des Verurtheilten erfolgt, oder ein PrivatBeleidigter dagegen Widerspruch einlegt, auch nicht ein öffentliches Aergerniß daraus entstehen würde. § 117. Die Haussuchung findet nur auf Verfügung des zuständigen Gerichtes oder der Orts-Obrigkeit in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen Statt. § 118. Keinem Angeschuldigten darf das Recht der Beschwerdeführung während der Untersuchung, das Recht der Vertheidigung, oder der verlangte Urtheilspruch versagt werden. § 119. Der Verhaftete ist berechtigt, unter der geeigneten gerichtlichen Aufsicht mündlich oder schriftlich über seine Familien-Angelegenheiten mit seinen Angehörigen sich zu benehmen, auch während der Untersuchung aus seinen eigenen Mitteln bessere, als die gewöhnliche, Kost sich zu verschaffen. Wegen Misbrauches oder aus sonstigen wichtigen Gründen kann diese Berechtigung vom Gerichte untersagt werden. § 120. Damit eine unparteiische, tüchtige und unverzögerte Rechtshülfe erwartet werden könne, soll die Zahl der Mitglieder der Gerichte gesetzlich bestimmt, und jedes Gericht vollständig besetzt seyn. § 121. Das Ober-Appellationsgericht wird nur aus wirklichen Räthen bestehen, die Obergerichte sollen wenigstens zu zwei Dritteln aus wirklichen Räthen und nur zu einem Drittel aus Beisitzern bestehen.

§ 122. Zur Bekleidung des Richter-Amtes wird jedenfalls ein Alter von 24 Jahren, in der höchsten Instanz aber ein Alter von wenigstens dreisig Jahren erfordert. § 123. Die Gerichte für die bürgerliche und Straf-Rechtspflege sind innerhalb der Grenzen ihres richterlichen Berufes in allen Instanzen unabhängig. Dieselben entscheiden, ohne irgend eine fremde Einwirkung, nach den bestehenden Rechten und den verfassungsmäsigen Gesetzen. Sie sollen in ihrem Verfahren, namentlich auch in der Vollziehung ihrer Verfügungen und Urtheile – jedoch ohne Eintrag für die Verfügungen der höheren Gerichtsbehörden, und unbeschadet des landesherrlichen BegnadigungsRechtes (s. §. 126) – geschützt, und soll ihnen hierzu von allen Civil- und Militär-Behörden der gebührende Beistand geleistet werden. Das Edikt vom 26sten November 1743 bleibt hinsichtlich der Bestimmungen über die Selbstständigkeit der Rechtspflege auch fernerhin in Kraft, und zwar mit deren ausdrücklicher Ausdehnung auf die Strafrechtspflege. § 124. Die Verhältnisse der Staats-Anwälte, als Vertreter des Staates und der Landesherrschaft in den streitigen Rechtssachen, werden durch ein Gesetz näher festgestellt werden. § 125. Gemeinden und Körperschaften bedürfen zu einer Klage gegen den StaatsAnwalt zwar nicht der Ermächtigung einer Verwaltungs-Behörde; indessen soll derjenigen Behörde, welcher die obere Aufsicht auf die Verwaltung des Gemeindeoder Körperschafts-Vermögens zustehet, mit Ausnahme eiliger Fälle (z. B. wegen des jüngsten Besitzes), sechs Wochen vor Anstellung der Klage Anzeige geschehen, um etwa einen vorgängigen Versuch der Güte einleiten zu können.

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H ESSEN -K ASSEL § 126. Der Landesherr ist befugt, Strafen zu erlassen oder zu mildern. Derselbe wird bei der Ausübung des Rechtes der Begnadigung oder Abolizion darauf Rücksicht nehmen, daß dem wirksamen Ansehen der Strafgesetze nicht zu nahe getreten werde. Eine gerichtliche Untersuchung, welche wegen Dienstvergehungen von den Landständen oder deren Ausschusse veranlasst, oder von der dem angeschuldigten Staatsdiener vorgesetzten Behörde oder dem oberen Gerichte eingeleitet oder angemessen befunden ist, wird niemals im Wege der Gnade niedergeschlagen werden. Ausgenommen von dem landesherrlichen Rechte der Begnadigung und Abolizion überhaupt sind die Fälle, welche eine Verletzung der Verfassung oder eine auf deren Umsturz gerichtete Unternehmung betreffen. § 127. Ein künftig zur Entsetzung vom Amte gerichtlich verurtheilter Staatsdiener kann, selbst nach erlangter Begnadigung, weder seine bisherige Stelle wieder erhalten, noch in einem andern Justiz- oder Staatsverwaltungs-Amte angestellt werden, sofern nicht in Hinsicht auf Wiederanstellung das gerichtliche Erkenntniß einen ausdrücklichen Vorbehalt zu Gunsten des Verurtheilten enthält. § 128. Die Konfiskazion kann künftig nur bei einzelnen Sachen, welche als Gegenstand oder Werkzeug einer Vergehung gedient haben, Statt finden. Eine allgemeine Vermögens-Konfiskazion tritt in keinem Falle ein. § 129. Moratorien dürfen nicht ertheilt werden. § 130. Die Rechtspflege soll auf eine der Gleichheit vor dem Rechte entsprechende Weise zweckmäsig eingerichtet werden, und somit die Aufhebung der privilegirten persönlichen Gerichtsstände unter den

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bundesgesetzlichen und anderen geeigneten Ausnahmen erfolgen. § 131. Die wichtigeren Angelegenheiten der Vormundschaften und persönlichen Kuratelen sollen künftig unter Mitwirkung von Familienräthen nach den deshalb zu erlassenden gesetzlichen Vorschriften besorgt werden.

ZEHNTER ABSCHNITT Von den Kirchen, den UnterrichtsAnstalten und den milden Stiftungen § 132. Alle im Staate anerkannten Kirchen geniesen gleichen Schutz desselben. Ihren verfassungsmäsigen Beschlüssen bleiben die Sachen des Glaubens und der Liturgie überlassen. § 133. Die Staatsregierung übt die unveräuserlichen hoheitlichen Rechte des Schutzes und der Oberaufsicht über die Kirchen in ihrem vollen Umfange aus. § 134. Die unmittelbare und mittelbare Ausübung der Kirchengewalt über die evangelischen Glaubensparteien verbleibt, wie bisher, dem Landesherren. Doch muß bei dem Uebertritte desselben zu einer anderen, als evangelischen Kirche die alsdann zur Beruhigung der Gewissen gereichende Beschränkung dieser Gewalt mit den Landständen ohne Aufschub näher festgestellt werden. Ueberhaupt aber wird in liturgischen Sachen der evangelischen Kirchen keine Neuerung ohne die Zustimmung einer Synode Statt finden, welche von der Staatsregierung berufen wird. § 135. Für das besondere Verhältniß der katholischen Kirche zu der Staatsgewalt dienen folgende Bestimmungen zur Richtschnur: a) In Ansehung des kirchlichen Zensurund Strafrechtes, sowie des bischöflichen

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) Amts-Einflusses auf die Unterrichts-Anstalten bleibt das (mit dem vormaligen bischöflichen General-Vikariat zu Fulda verabredete) Regulativ vom 31sten August 1829 ferner in Kraft. b) Die von dem Bischof und den übrigen katholischen Kirchen-Behörden ausgehenden allgemeinen Anordnungen, Kreisschreiben und dergleichen allgemeinen Erlasse an die Geistlichkeit und Diözesanen, welche nicht reine Glaubens- und kirchliche LehrSachen betreffen, oder durch welche dieselben zu Etwas verbunden werden sollen, was nicht ganz in dem eigenthümlichen Wirkungskreise der Kirche liegt, bedürfen der Genehmigung des Staates, und können nur mit solcher kund gemacht und in Ausführung gebracht werden. c) Solche allgemeine Erlasse der Kirchen-Behörde, welche rein geistliche Gegenstände betreffen, sind der einschlägigen Staatsbehörde zur Einsicht vorzulegen, und diese wird die Bekanntmachung nicht hindern, wenn der Inhalt keinen Nachtheil dem Staate bringen würde. d) Von allen bischöflichen, unmittelbaren oder mittelbaren, Kommunikazionen mit dem päbstlichen Stuhle, welche nicht etwa lediglich in Beziehung auf einzelne Fälle der eigentlichen Seelsorge oder auf gewöhnliche, der römischen Kurie unstreitig zukommende Dispensazionen beabsichtigt werden möchten, noch blos in Glückwünschungs-, Danksagungs- und anderen dergleichen Ceremonial-Schreiben bestehen, wird die Staatsregierung durch den landesherrlichen Bevollmächtigten bei dem Bisthume nach wie vor Einsicht nehmen lassen. e) In allen Fällen, wo ein Misbrauch der geistlichen Gewalt Statt findet, bleibt die Beschwerde oder der Rekurs ebenwohl an die Landesbehörden offen, jedoch, was das geistliche Personal in seinem Berufe angehet, erst alsdann, wenn ein bei der zuständigen oberen Kirchenbehörde geschehener

Versuch zur gebührenden Abhülfe als erfolglos dargethan, oder in so fern etwa Gefahr bei dem Verzuge seyn würde. § 136. Der Staat gewährt den Geistlichen jede, zur Erfüllung ihrer Berufsgeschäfte erforderliche, gesetzliche Unterstützung, und schützt sie in dem Genusse der Achtung und Auszeichnung, welche ihrer vom Staate anerkannten Amtswürde gebühret. Hinsichtlich ihrer bürgerlichen Handlungen und Verhältnisse sind dieselben der weltlichen Obrigkeit unterworfen. § 137. Für den öffentlichen Unterricht, sonach die Erhaltung und Vervollkommnung der niederen und höheren BildungsAnstalten, und namentlich der Landes-Universität, sowie der Landschullehrer-Seminare, ist zu allen Zeiten nach Kräften zu sorgen. § 138. Alle Stiftungen ohne Ausnahme, sie mögen für den Kultus, den Unterricht oder die Wohlthätigkeit bestimmt seyn, stehen unter dem besonderen Schutze des Staates, und das Vermögen oder Einkommen derselben darf unter keinem Vorwande zum Staatsvermögen eingezogen oder für andere, als die stiftungsmäsigen Zwecke verwendet werden. Nur in dem Falle, wo der stiftungsmäsige Zweck nicht mehr zu erreichen stehet, darf eine Verwendung zu anderen ähnlichen Zwecken mit Zustimmung der Betheiligten, und, so fern öffentliche Anstalten in Betracht kommen, mit Bewilligung der Landstände, erfolgen.

ELFTER ABSCHNITT Von dem Staatshaushalte § 139. Zum Staatsvermögen gehören vornehmlich die bisher bei den Finanzund anderen Staatsbehörden verwalteten

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H ESSEN -K ASSEL oder nach erfolgter Feststellung dieses Vermögens zur Staatsverwaltung übergehenden Gebäude, Domanial- (Kammer-) Güter und Gefälle, Forste, Jagden, Fischereien, Berg-, Hütten- und Salzwerke, auch Fabriken, nutzbaren Regalien und Rechte, Kapitalien und sonstige Werthgegenstände, welche, ihrer Natur und Bestimmung nach als Staatsgut zu betrachten sind, oder aus Mitteln des Staates oder zum Staatsvermögen erworben seyn werden. § 140. Das Staatsvermögen soll vollständig verzeichnet, und hierbei sowie bei dessen näherer Feststellung der Inhalt derjenigen Vereinbarungen mit zum Grunde gelegt werden, welche hinsichtlich der Sonderung des Staatsvermögens vom Fideikommiß-Vermögen des kurfürstlichen Hauses, sowie hinsichtlich des Bedarfes für den kurfürstlichen Hof, mit den dermal versammelten Landständen getroffen sind, und hiermit unter den Schutz dieser Verfassung gestellt werden. § 141. Für den in der betreffenden Vereinbarung festgesetzten Bedarf des kurfürstlichen Hofes an Geld und Naturalien bleiben die dazu durch dieselbe vorbehaltenen Domänen und Gefälle auf immer bestimmt. Diese werden aber dessen ungeachtet auch ferner durch die Staats-Finanzbehörden ganz so, wie das übrige DomanialVermögen, verwaltet; deren Ertrag flieset in die Staatskasse, und hinsichtlich ihrer Veräuserung finden die Bestimmungen des folgenden §. ebenwohl Anwendung. § 142. Das Staatsvermögen ist stets in seinen wesentlichen Bestandtheilen zu erhalten, und kann daher ohne Einwilligung der Stände weder durch Veräuserung vermindert, noch mit Schulden, oder sonst einer bleibenden Last beschwert werden. Unter dem Veräuserungs-Verbote aber sind diejenigen Veränderungen nicht begriffen, welche bei einzelnen Besitzungen

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zur Beförderung der Landeskultur, oder sonst zur Wohlfahrt des Staates und Entfernung wahrgenommener Nachtheile, durch Verkauf, Austausch, Vererbleihung, Ablösung oder Umwandlung in ständige Renten, oder in Folge eines gerichtlichen Urtheiles, nothwendig oder gut befunden werden sollten. Der Erlös und überhaupt alles Aufkommen aus veräuserten Besitzungen dieser Art muß jederzeit wieder zum Grundstock geschlagen, und so bald, als thunlich, zur Erwerbung neuer Besitzungen, oder auch zur Verbesserung der vorhandenen Domänen und Erhöhung ihres Ertrages verwendet werden, worüber demnächst den Landständen oder deren Ausschusse eine genaue Nachweisung geschiehet. Auch die künftig heimfallenden Lehen werden zum Staatsgute gehören. Gleichwohl bleibt der Regent berechtiget, die während der Dauer seiner Regierung heimgefallenen Lehen an Glieder des kurfürstlichen Hauses oder der hessischen (ehemals reichsunmittelbaren, althessischen und schaumburgischen) Ritterschaft, oder zur Belohnung von kundbar ausgezeichneten Verdiensten um den Staat, wieder zu verleihen. § 143. Die Stände haben für Aufbringung des ordentlichen und auserordentlichen Staatsbedarfes, soweit die übrigen Hülfsmittel zu dessen Deckung nicht hinreichen, durch Verwilligung von Abgaben zu sorgen. Ohne landständische Bewilligung kann vom Jahre 1831 an weder in Kriegsnoch in Friedens-Zeiten eine direkte oder indirekte Steuer, so wenig, als irgend eine sonstige Landes-Abgabe, sie habe Namen, welchen sie wolle, ausgeschrieben oder erhoben werden, vorbehaltlich der Einziehung aller Steuern und anderer LandesEinkünfte von den Vorjahren, auch unbeschadet der im §. 160 enthaltenen vorläufigen Bestimmung. § 144. Die Verwilligung des ordentlichen Staatsbedarfes erfolgt in der Regel für

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) die nächsten drei Jahre. Es ist zu diesem Zwecke der Ständeversammlung der Voranschlag, welcher die Einnahmen und Ausgaben für diese Jahre mit thunlichster Vollständigkeit und Genauigkeit enthalten muß, zeitig vorzulegen. Zugleich muß die Nothwendigkeit oder Nützlichkeit der zu machenden Ausgaben nachgewiesen, das Bedürfniß der vorgeschlagenen Abgaben, unter welcher Benennung solche irgend vorkommen mögen, gezeigt, auch von den betreffenden Behörden diejenige Auskunft und Nachweisung aus den Belegen, Akten, Büchern und Literalien gegeben werden, welche die Stände in dieser Beziehung zu begehren, sich veranlasst sehen könnten. Ueber die Verwendung des dem kurfürstlichen Hofe aus den Domanial-Einkünften zukommenden Betrages (s. §. 141) findet jedoch keinerlei Nachweisung Statt. § 145. Ueber die möglich beste Art der Aufbringung und Vertheilung der, für den ermittelten Staatsbedarf neben den übrigen Einnahmequellen noch erforderlichen, Abgabenbeträge haben die Landstände, nach vorgängiger Prüfung der deshalb von der Staatsregierung geschehenen oder nach Befinden weiter zu begehrenden Vorschläge, die geeigneten Beschlüsse zu nehmen. § 146. In den Ausschreiben und Verordnungen, welche Steuern und andere Abgaben betreffen, soll die landständische Verwilligung besonders erwähnt seyn, ohne welche weder die Erheber zur Einforderung berechtigt, noch die Pflichtigen zur Entrichtung schuldig sind. § 147. Die Auflagen für den ordentlichen Staatsbedarf, insofern sie nicht ausdrücklich blos für einen vorübergehenden und bereits erreichten Zweck bestimmt waren, dürfen nach Ablauf der Verwilligungszeit noch sechs Monate fort erhoben werden, wenn etwa die Zusammenkunft der Landstände durch auserordentliche Ereignisse

gehindert oder die Ständeversammlung aufgelöset ist, ehe ein neues Finanzgesetz zu Stande kommt, oder wenn die in dieser Hinsicht nöthige Beschlußnahme der Landstände sich verzögert. Diese sechs Monate werden jedoch in die neue Finanz-Periode eingerechnet. § 148. Für diejenigen Grundstücke, welche früherhin als exemte Güter, oder sonst wegen ihrer besonderen Verhältnisse mit keiner, oder mit einer geringeren, als der gewöhnlichen Grundsteuer belegt waren, werden die gesetzlichen Vorschriften wegen der bisherigen Exemtensteuer, und beziehungsweise der für die Erbleihe- und dergleichen besonders belasteten Güter bisher gesetzliche Zustand, so lange beibehalten, bis die, nach Möglichkeit zu beschleunigende, gleichmäsige Besteuerung, unter Zusicherung einer angemessenen Entschädigung für die bisherigen rechtmäsigen Steuer-Freiheiten und Vorzüge, gesetzlich eingeführt seyn wird. § 149. Die Güter der Kirchen und Pfarreien, der öffentlichen Unterrichts-Anstalten und der milden Stiftungen bleiben, so lange sie sich in deren Eigenthume befinden, von Steuern befreit. Diese Steuerfreiheit erstreckt sich jedoch nicht auf diejenigen Grundstücke, welche bisher schon steuerpflichtig waren, oder nach der Verkündung dieser Verfassung von ihnen erworben werden. § 150. Die Grundstücke, welche von der Landesherrschaft zu eigenem Gebrauche oder von Gliedern des Kurhauses erworben sind oder werden, bleiben in ihrer bisherigen Steuerverbindlichkeit. § 151. Die gesetzlich in Rücksicht ihres dermaligen Besitzers steuerfreien Grundstücke verlieren diese Eigenschaft, sobald sie in Privat-Eigenthum übergehen.

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H ESSEN -K ASSEL § 152. Bei der, im §. 144 erwähnten, Vorlegung des Voranschlages für die nächsten drei Jahre muß zugleich die Verwendung des Staats-Einkommens zu den bestimmten Zwecken für die seit Anfang des Jahres 1831 verflossenen einzelnen Rechnungsjahre, soweit sie noch nicht ihre volle Erledigung bei dem Landtage erhalten haben, nachgewiesen werden.

ZWÖLFTER ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen § 153. Zur Annahme einer in Vorschlag gebrachten Abänderung oder Erläuterung der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde ist entweder völlige Stimmen-Einhelligkeit der auf dem Landtage anwesenden ständischen Mitglieder, oder eine, auf zwei nach einander folgenden Landtagen sich aussprechende, Stimmen-Mehrheit von drei Vierteln derselben erforderlich. § 154. Sollten dereinst etwa zwischen der Staatsregierung und den Landständen über den Sinn einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde oder der für Bestandtheile derselben erklärten Gesetze Zweifel sich erheben, und würde wider Verhoffen eine Verständigung darüber nicht erfolgen; so muß der zweifelhafte Punkt bei einem Kompromiß-Gerichte zur Entscheidung gebracht werden. Dieses wird zusammengesetzt aus sechs unbescholtenen, der Rechte und der Verfassung kundigen, wenigstens dreisig Jahre alten Inländern, von welchen drei durch die Regierung und drei durch die Stände zu wählen sind. Niemand darf die auf ihn gefallene Wahl ohne hinreichende Entschuldigungsgründe, welche die wählende Partei zu beurtheilen hat, ausschlagen. Das Kompromiß-Gericht wählt sodann aus seiner Mitte durch das Loos einen Vorsitzenden mit entscheidender Stimme im Falle der Stimmen-Gleichheit.

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§ 155. Alle gesetzliche Bestimmungen und andere Anordnungen jeder Art, welche mit dem Inhalte der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde und der für Bestandtheile derselben erklärten Gesetze im Widerspruche stehen, sind hierdurch aufgehoben. § 156. Diese Verfassungs-Urkunde tritt in ihrem ganzen Umfange sofort nach ihrer Verkündung in Kraft und Wirksamkeit, und muß ohne Verzug von allen Staatsdienern des geistlichen und weltlichen, sowohl des Militär- als Civil-Standes, sowie von allen Unterthanen männlichen Geschlechts, welche das achtzehnte Jahr erreicht haben, beschworen werden. Die obersten Staatsbeamten stellen über die von ihnen geschehene eidliche Angelobung noch einen besonderen Revers aus, welcher im landständischen Archive niederzulegen ist. § 157. Eine gleichlautende Ausfertigung gegenwärtiger Verfassungs-Urkunde wird der hohen deutschen Bundesversammlung mit dem Ersuchen um Uebernahme der bundesgesetzlichen Garantie überreicht werden.

VORÜBERGEHENDE BESTIMMUNGEN § 158. Die erste Zusammenkunft der nach Inhalt dieser Verfassungs-Urkunde für die Zukunft bestehender Landstände soll am 11ten April 1831 erfolgen. § 159. Zum Zwecke der Bearbeitung des Wahlgesetzes (s. §. 72), der landständischen Geschäfts-Ordnung (s. §. 77), und des Staatsdienstgesetzes (s. §. 62), ferner zur Berathung angemessener Erleichterungen in den Stempel-Abgaben, und der nöthigen befundenen vorläufigen Maasregeln in Beziehung auf andere indirekte Steuern, auch zur Wahl des im §. 102 gedachten landständischen Ausschusses, sowie des im §. 103

V ERFASSUNG VON H ESSEN -K ASSEL (1831) erwähnten Landsyndikus, sollen die gegenwärtig versammelten Landstände noch so lange, als es nöthig seyn wird, ihre Wirksamkeit fortsetzen. § 160. Die dermaligen Steuern und anderen Abgaben, blos mit Ausschluß der für die Landesschulden bestimmten Steuern (von welchen lediglich die Exemtensteuer fortdauert), sind weiter ganz in der bisherigen Weise zu erheben, bis deshalb eine andere Einrichtung auf verfassungsmäsigem Wege getroffen seyn wird. Es ist Unser unabänderlicher Wille, daß die vorstehenden Bestimmungen, welche Wir stets aufrecht erhalten werden, als bleibende Grundverfassung Unserer Lande auch von jedem Nachfolger in der Regierung zu allen Zeiten treu und unverbrüchlich beobachtet, und überhaupt wider Eingriffe und Verletzungen jeder Art geschützt werden. Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Wilhelmshöhe am 5ten Januar 1831. Wilhelm, Kurfürst. (St. S.) Vt. Rr. v. Meysenbug.

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 6. Bd. (1831–1833), Jahrgang 1831, Nr. 1, Cassel, S. 1–27. Die Verfassungsurkunde für das Kurfürstentum Hessen wurde am 5. Januar 1831 beschlossen und unterzeichnet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Die Verkündung erfolgte am 8. Januar 1831. Ihr ging ein Entwurf vom 7. Oktober 1830 voraus, „Landesherrliche Proposition für den Landtag, welcher zu Kassel am 16. October 1830 eröffnet wird“ (Verhandlungen des Kurhessischen Landtags, Jahrgang 1830, Cassel, S. 2–6). Siehe unter „Verfassungsentwurf für Hessen-Kassel (1830)“. Zu den weiteren Entwürfen siehe Akten und Briefe aus den Anfängen der kurhessischen Verfassungszeit 1830–37, hrsg. und ein-

geleitet von Hellmut Seier, bearb. von Ewald Grothe und Hellmut Seier, Marburg 1992, S. 15ff. Die Verfassung wurde abgelöst durch die Verfassung vom 13. April 1852. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 297, 1–21. Für weiterführende Angaben siehe Werner Frotscher, Verfassungsdiskussion und Verfassungskonflikt: Zur Entwicklung freiheitlich-parlamentarischer Verfassungsstrukturen in Kurhessen (1813–1866), in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e.V., Bd. 107 (2002), S. 203–221; Huber, Dokumente I, S. 238–262; Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 62–76, 519–522; Carola Schulze, Frühkonstitutionalismus in Deutschland, Baden-Baden 2002, S. 85–91. Siehe auch Akten und Briefe aus den Anfängen der kurhessischen Verfassungszeit 1830–37, hrsg. und eingeleitet von Hellmut Seier, bearb. von Ewald Grothe und Hellmut Seier, Marburg 1992. 2 Die §§ 63–68 wurden durch das „Gesetz vom 12ten Juli 1848, die Wahlen der Abgeordneten zum Landtage betreffend“ geändert (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Nr. XVIII Cassel, S. 51). Siehe unter „Erste Revision von 1848“. 1849 erfolgte eine erneute Änderung der Paragraphen durch das „Gesetz vom 5ten April 1849, die Zusammensetzung der Ständeversammlung und die Wahl der LandtagsAbgeordneten betreffend“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 12. Bd. (1849, 1850 und 1851), Jahrgang 1849, Nr. X, Cassel, S. 37–43). Siehe unter „Revision von 1849“. 3 Geändert durch das „Gesetz vom 26ten Oktober 1848, die freie Wahl der Staatsdiener zu LandtagsAbgeordneten betreffend“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Cassel, Nr. XXVI, S. 131). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 4 „Gesetz vom 16ten Februar 1831, über die Wahlen der Abgeordneten zu den Landtagen“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 6. Bd. (1831– 1833), Jahrgang 1831, Nr. III, Cassel, S. 33–43) Siehe unter „Revision von 1831“. Das Wahlgesetz wurde aufgehoben durch das „Gesetz vom 5ten April 1849, die Zusammensetzung der Ständeversammlung und die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 12. Bd. (1849, 1850 und 1851), Jahrgang 1849, Nr. X, Cassel, S. 37–43) Siehe unter „Revision von 1849“. 5 Diese Möglichkeit wurde aufgehoben durch das „Gesetz vom 5ten April 1849, die Zusammensetzung

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H ESSEN -K ASSEL der Ständeversammlung und die Wahl der LandtagsAbgeordneten betreffend“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 12. Bd. (1849, 1850 und 1851), Jahrgang 1849, Nr. X, Cassel, S. 37–43). Siehe unter „Revision von 1849“. 6 Geändert durch das „Gesetz vom 26ten October

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1848, über die Abänderung einer das Kriegswesen betreffenden Bestimmung des §. 107 der VerfassungsUrkunde“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Nr. XXVI, Cassel, S. 131). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“.

Wahlgesetz von 1831 Gesetz vom 16ten Februar 1831, über die Wahlen der Abgeordneten zu den Landtagen1 Von Gottes Gnaden Wir Wilhelm der IIte , Kurfürst von Hessen etc. etc. haben auf den Antrag der getreuen Landstände und nach Anhörung Unseres Staatsministeriums beschlossen, die näheren Vorschriften über die Wahlen der Abgeordneten und ihrer Stellvertreter in Gemäsheit des §. 72 der Verfassungs-Urkunde durch das nachfolgende Gesetz zu erlassen:

I Allgemeine Bestimmungen § 1. In Beziehung auf die nothwendigen Eigenschaften der Wahlberechtigten und der Gewählten dient der einschlägige Inhalt der §.§. 64 bis 68 der Verfassungs-Urkunde zur Richtschnur. § 2. Das Wahlrecht kann überhaupt nicht durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. § 3. Die erforderlichen regelmäsigen Wahlen (s. §. 78 der Verf.Urk.) sollen im Monat Juli Statt finden (s. jedoch hinsichtlich des nächsten Landtages unten §. 59). Zu diesem Zwecke haben die wahlberechtigten Körperschaften und die Wahl-Kommissionen ohne weitere Aufforderung mit dem Anfange des genannten Monats in dem betreffenden Jahre ihre Geschäfte zu beginnen. In Ansehung der etwa eintretenden auserordentlichen Wahlen haben dieselben der deshalb im Gesetzblatte ergehenden allgemeinen Aufforderung des Ministeriums des

Innern zu entsprechen, auch ohne eine solche Aufforderung zu denjenigen Wahlen zu schreiten, welche durch den Abgang einzelner Landtags-Abgeordneten und ihrer Stellvertreter nöthig werden.

II Wahl eines Obervorstehers der adelichen Stifter Kaufungen und Wetter § 4. Diese Wahl wird bewirkt durch die ritterschaftlichen Obervorsteher in Gemeinschaft mit den fünf Stromsdeputirten der althessischen Ritterschaft. Die Leitung der Wahl stehet dem im Dienste ältesten Obervorsteher zu. Bei der Wahl entscheidet Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit das Loos. An der Wahl des Stellvertreters nimmt der gewählte Obervorsteher Theil. Ueber die geschehene Wahl Beider stellt der älteste Obervorsteher, und wenn dieser selbst zum Abgeordneten oder zum Stellvertreter erwählt worden ist, der nächstfolgende Obervorsteher oder der älteste Stromsdeputirte, zu ihrer Legitimazion eine Bescheinigung aus.

III Wahl des Abgeordneten der LandesUniversität § 5. Der Abgeordnete der Landes-Universität, sowie dessen Stellvertreter, wird

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H ESSEN -K ASSEL von dem akademischen Senate aus dessen Mitte durch geheime Abstimmung gewählt, und den Erwählten die nöthige Bescheinigung ertheilt.

IV Wahl der ritterschaftlichen Abgeordneten § 6. Die Abgeordneten der Ritterschaft, und deren Stellvertreter, werden folgendermasen gewählt: 1) aus der althessischen immatrikulirten Ritterschaft von jedem der fünf Stromsbezirke ein Abgeordneter nebst einem Stellvertreter; – welche Wahl auf jedes landtagsfähige Mitglied der althessischen Ritterschaft, ohne Rücksicht auf deren Eintheilung nach Stromsbezirken, fallen kann; 2) aus der Ritterschaft der Grafschaft Schaumburg, mit Zuziehung der adelichen Stifter Fischbeck und Obernkirchen, ein Abgeordneter nebst einem Stellvertreter; 3) aus der vormals reichsunmittelbaren Ritterschaft in den Kreisen Fulda und Hünfeld ein Abgeordneter nebst einem Stellvertreter; 4) aus der vormaligen Reichsritterschaft und dem sonst stark begüterten Adel in der Provinz Hanau, ein Abgeordneter nebst einem Stellvertreter. – Wir werden diejenigen adelichen Gutsbesitzer bestimmen, welche mit vorbenannter ehemaligen Reichsritterschaft an der Wahl Theil zu nehmen haben, und deren jeder ein Gut von wenigstens dreihundert Ackern (Morgen) an Gartenund Feldland oder Wiesen besitzen muß. § 7. Die Leitung der Wahl in jedem der fünf Stromsbezirke von Althessen, desgleichen in der Grafschaft Schaumburg, stehet, wie bisher, dem ritterschaftlichen Stromsdeputirten zu. In den Kreisen Fulda und Hünfeld, sowie in der Provinz Hanau geschiehet die

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Leitung dieser Wahl durch die aus der Mitte der Wahlberechtigten auf Lebenszeit zu wählenden Vorstände. § 8. Bei der Wahl der Abgeordneten und deren Stellvertreter entscheidet die Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit das Loos. § 9. Ueber die geschehene Wahl stellt der ritterschaftliche Stromsdeputirte, oder wenn er selbst gewählt ist, das von ihm substituirte Mitglied der Ritterschaft, beziehungsweise der Vorstand, den Gewählten eine Bescheinigung aus.

V Wahl der städtischen Abgeordneten § 10. Die Abgeordneten der Städte werden durch eine doppelte Wahl ernannt. Die erste Wahl bestimmt die Wahlmänner, die zweite die Abgeordneten zum Landtage und deren Stellvertreter.

A Wahl der Wahlmänner § 11. An der Wahl der Wahlmänner nehmen alle diejenigen männlichen Stadtbewohner Theil, welche das Staats- und OrtsBürgerrecht haben (mithin nicht blose Beisitzer sind), und nicht zur Klasse der Gesellen und Tagelöhner gehören, auch nicht in Kost und Lohn eines Anderen stehen. § 12. Jede Stadt, welche einen oder mehrere Abgeordnete zu ernennen hat, wählt für jeden derselben sechszehn Wahlmänner. Von den anderen Städten, welche mit mehreren zusammen einen Abgeordneten zum Landtage zu senden haben, wählet eine jede für je fünf hundert Seelen einen Wahlmann, ohne Beachtung der überschiesenden, noch nicht fünf hundert betragenden Seelenzahl.

WAHLGESETZ VON 1831 § 13. Zur Erleichterung dieser Wahl ist, wo es nöthig befunden wird, die Stadt nach Quartieren einzutheilen dergestalt, daß kein Wahlquartier nach Maasgabe der Bevölkerung über acht Wahlmänner zu ernennen hat. § 14. Zu Wahlmännern einer Stadt können nur solche Einwohner derselben gewählt werden, welche nicht nur die, aus §. 67 der Verfassungs-Urkunde sich ergebenden, Eigenschaften besitzen und das Staatsbürgerrecht nicht verloren haben, sondern auch zu den höchstbesteuerten Grundbesitzern (einschlieslich der Hausbesitzer) in der Stadtgemarkung gehören. Als höchstbesteuert sind aus jeder Stadt soviel Steuerpflichtige nach Maasgabe der direkten Abgaben, welche sie im vorhergegangenen Kalenderjahre an den Staat bezahlt haben, zu verzeichnen, als die sechsfache Anzahl der, nach dem §. 12 für die Stadt zu wählenden, Wahlmänner ausmacht, und zwar dergestalt, daß, wofern die Anzahl der Höchstbesteuerten von gleichem Betrage die sechsfache Zahl der Wahlmänner übersteigt, dennoch dieselben sämmtlich in das Verzeichniß aufzunehmen sind. Ausgeschlossen werden jedoch diejenigen, welche inzwischen den Grundbesitz, wegen dessen sie zu den Höchstbesteuerten gehörten, veräusert haben, soweit solches nämlich zur Kenntniß der Wahl-Kommission gekommen ist. Diese Verzeichnisse der Höchstbesteuerten in den Städten sind durch die Steuerbehörde zeitig vor der Wahl der Wahlmänner auf Veranlassung der Stadträthe aufzustellen, und durch Letztere acht Tage vor der Wahl mittelst Anschlages an dem zu solcher bestimmten Versammlungs-Orte bekannt zu machen. In jeder Stadt aber, welche mehr, als zwei Wahlmänner zu wählen hat, sollen den höchstbesteuerten Einwohnern diejenigen gleichgeachtet werden, welche a) Mitglieder des Stadtrathes sind, oder

b) als Mitglieder des Bürger-Ausschusses der Stadt zum zweiten Male gewählt sind, oder c) in der Stadtgemarkung wohnhaft ein ständiges Einkommen von mindestens drei hundert Thalern jährlich, auser der Besoldung aus einer Staatskasse, haben. § 15. Die Bewohner eines jeden Quartiers können zum Wahlmanne jeden wählbaren Einwohner der Stadt bestellen, ohne Rücksicht auf das Quartier, in welchem er wohnt. § 16. Die Wahl-Kommission, welche die Wahl der Wahlmänner zu leiten hat, besteht: 1) aus dem amtsführenden Bürgermeister oder dessen Stellvertreter, 2) aus vier Mitgliedern des Stadtrathes, und 3) aus dem Stadtschreiber oder dessen Stellvertreter, als Protokollführer. § 17. Die Wahl-Kommission hat die Stimmberechtigten eines jeden Wahlquartiers wenigstens zwei Tage vor dem Termine, und wenn wegen groser Anzahl derselben die Abstimmung nicht in einem Vormittage vollbracht werden könnte, deren so viel zur Wahl der bestimmten Wahlmänner durch besondere, gehörig zu bescheinigende Umsagen einzuladen, als in einer Sitzung ihre Stimmen abgeben können. § 18. Die zur festgesetzten Zeit nicht erscheinenden Wahlberechtigten werden für den einzelnen Fall ihres Wahlrechtes verlustig. § 19. Die Abstimmung geschieht vor vollständig versammelter Kommission in dem Stadthause oder dem sonst dazu bestimmten Versammlungszimmer. Jeder Stimmende hat so viel Wahlmänner mündlich zu bezeichnen, als das Quartier, wozu er gehört, zu ernennen hat. Die Namen der Bezeichneten sind mit Angabe

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H ESSEN -K ASSEL ihres Standes oder Gewerbes vollständig in das Wahlprotokoll einzutragen. § 20. Bei dieser Wahl entscheidet überall die Stimmen-Mehrheit und bei StimmenGleichheit das Loos. Doch muß da, wo mehrere Wahlquartiere gebildet sind, wenigstens die Hälfte der zur Wahl Berechtigten des Quartiers gestimmt haben. Bei dem Mangel dieser Hälfte sollen die nicht ohnehin zu der Wahl in diesem Quartier berufenen Mitglieder des Stadtrathes, auch demnächst des Bürger-Ausschusses am Orte ohne Rücksicht auf deren Anzahl hinzutreten. Wo mehrere Wahlmänner ernannt werden, sind solches diejenigen, welche überhaupt die meisten Stimmen zählen, oder auf welche bei vorhandener Stimmengleichheit das Loos gefallen seyn wird. § 21. Die Streitigkeiten über die Stimmfähigkeit der zur Wahl erschienen Personen entscheidet die Wahl-Kommission durch Stimmen-Mehrheit. Die Entscheidung ist nur für den einzelnen Fall gültig. Den Betheiligten stehet es frei, gegen dieselbe bei der verwaltenden Oberbehörde der Provinz, worin die Wahl Statt fand, hinsichtlich der Stimmfähigkeit für künftige Wahlen Beschwerde zu führen (s. jedoch die Verf. Urkunde, §. 67, Nr. 1). § 22. Die Verrichtung eines Wahlmannes kann von keinem Staatsbürger ohne eine durch die Wahl-Kommission für hinlänglich erklärte Ursache (als Krankheit, nothwendige Abwesenheit etc.) verweigert werden bei Verlust des Rechtes zur Theilnahme an der Volksvertretung. § 23. Nach Beendigung der Wahl in einem Quartier sind die Namen der Wahlmänner sofort bekannt zu machen und in dem Sitzungszimmer der Wahl-Kommission anzuschlagen, um zu verhindern, daß die von einem Quartier Ernannten nicht noch einmal gewählt werden.

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§ 24. Die Wahl-Protokolle, deren Einsicht keinem Wahlberechtigten versagt werden kann, sind von sämmtlichen Mitgliedern der Wahl-Kommission zu unterzeichnen und in der städtischen Repositur aufzubewahren.

B Wahl der Abgeordneten zum Landtage § 25. In den Städten, welche eigene Abgeordnete wählen, sind sämmtliche Wahlmänner für diesen Zweck von der WahlKommission (s. §. 16) mit gröster Beschleunigung durch gehörig zu bescheinigende Umsagen auf einen, nicht über zwei Tage hinaus zu bestimmenden, Termin einzuladen. § 26. Die Wahlmänner mehrerer Städte, welche zusammen einen Abgeordneten absenden, sind von der Wahl-Kommission der ausschreibenden Stadt des Wahlbezirkes einzuladen. Die Eigenschaft ausschreibender Städte haben die im §. 63 der Verf. Urk., Nr. 10, unter g bis m und o zuerst genannten Städte. Von den unter n aufgeführten Städten hat Hünfeld bei einer Wahl, und sodann Schlüchtern bei zwei Wahlen die Eigenschaft der ausschreibenden Stadt. Von den Städten Hersfeld und Melsungen (s. §. 63 der Verf. Urk., Nr. 10, e) gebührt der erstgenannten Stadt zuerst die zweimalige selbstständige Wahl. § 27. Für die Reise an den Wahl-Ort erhalten die Wahlmänner auf Verlangen die in städtischen Angelegenheiten gewöhnliche Vergütung aus der Kämmereikasse ihrer Stadt. § 28. Ehe zu der Wahl geschritten wird, macht die Wahl-Kommission den Wahlmännern bekannt, daß ihre Wahl auf Männer fallen müsse, welche anerkannt rechtschaffen, der Landesverfassung kundig, auch

WAHLGESETZ VON 1831 sonst zur Erfüllung der einem Abgeordneten obliegenden Pflichten hinlänglich befähigt und des Staatsbürgerrechtes (s. §. §. 22 und 23 der Verf. Urk.) theilhaftig sind, zugleich aber die in der Verfassungs-Urkunde, §. §. 64 bis 67, erforderten Eigenschaften haben. Die Wählenden betheuern sodann durch Handgelübde an Eides Statt, daß sie nach ihrer eignen Ueberzeugung ihre Stimmen abgeben wollen, so wie sie es für das Beste des Landes am dienlichsten erachten, und daß sie in Bezug auf die Wahl von Niemanden auf irgend eine Weise eine Gabe oder einen Vortheil erhalten haben, oder je annehmen werden. § 29. Damit die Abwechselung, welche hinsichtlich der erforderlichen Eigenschaften der Abgeordneten durch die §. §. 64 und 66 der Verfassungs-Urkunde vorgeschrieben ist, bei den Wahlen gehörig berücksichtiget werde, haben die Städte, welche in der Verfassungs-Urkunde, §. 63, Nr. 10, unter c, d, e, f, g und h genannt sind, mit der Wahl nach Maasgabe des §. 64 den Anfang zu machen, hingegen bei der folgenden Wahl die Städte unter i, k, l, m, n und o die Wahl nach diesem §. vorzunehmen, und so ferner von Wahl zu Wahl wechselnd den einen oder anderen der genannten §. §. sich zur Richtschnur dienen zu lassen. § 30. Die Wahl-Kommission und deren einzelne Mitglieder dürfen sich in die Wahlen selbst auf keinerlei Weise, z. B. durch Empfehlung oder Vorschlag einer bestimmten Person, einmischen. Wer sich ein solches Vergehen zu Schulden kommen lässet, ist mit einer Geldbuse von fünf bis zu zwanzig Thalern für jede solche Einmischung zu bestrafen, und das Urtheil öffentlich bekannt zu machen. § 31. Die Wahlmänner der Städte, welche mehr, als einen Abgeordneten zu ernennen haben, wählen einen jeden durch besondere Wahl.

§ 32. Ebenso wird jeder Stellvertreter nach vollendeter Wahl der Abgeordneten durch besondere Wahl ernannt. § 33. Die Wahl geschiehet mittelst geheimer Stimmengebung. Jeder Wahlmann erhält hierzu durch Ziehung einen gedruckten Wahlzettel mit einem Umschlage in Briefform. Die Wahlzettel müssen auf ihrer inneren Seite von der Wahl-Kommission mit einer Nummer, in fortlaufender Reihe nach der Zahl der Stimmgeber, versehen seyn. § 34. Nachdem jeder Wahlmann Namen, Stand und Wohnort des von ihm Vorgeschlagenen auf den Wahlzettel geschrieben, diesen zusammengelegt und den Umschlag mit seinem Namen eigenhändig versehen hat, werden die Wahlzettel gesammelt und die äuseren Aufschriften mit der Liste der Stimmgeber verglichen. Jeder Wahlmann hat, unmittelbar vor der Wegnahme des Umschlags seines Wahlzettels, die auf Ersterem befindliche Aufschrift seines Namens anzuerkennen. In Gegenwart der Wähler werden die Zettel aus den Umschlägen herausgenommen, in einer Urne oder auf sonst geeignete Weise gemischt und sodann die Vorschläge verkündiget. Ein Mitglied der Kommission lieset nämlich jeden Vorschlag mit der Nummer des Wahlzettels ab, der Sekretar trägt denselben in das Protokoll ein, und ein anderes Mitglied der Kommission, welches die abgelesenen Zettel empfängt, führt die Gegenliste. § 35. Wahlzettel, welche unleserlich geschrieben sind oder die Person des Vorgeschlagenen nicht hinlänglich bezeichnen, und zu denen der Aussteller behufs ihrer Berichtigung sich nicht bekennt, werden zwar als Vorschlag nicht beachtet, die Aussteller aber bei Berechnung der Stimmen der Mehrheit beigezählt.

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H ESSEN -K ASSEL § 36. Wenn bei der ersten Abstimmung für die Wahl des Abgeordneten, oder des Stellvertreters, auf einen der Vorgeschlagenen nicht wenigstens eine Stimme weiter, als die Hälfte der Stimmen (absolute Stimmen-Mehrheit) aller Wahlmänner nach deren gesetzlicher Anzahl gefallen, mithin die Wahl unentschieden geblieben ist; so wird eine zweite Wahl vorgenommen, es sey denn, daß nur zwei Personen vorgeschlagen worden, deren jede die Hälfte der Stimmen für sich hat. In diesem Falle wird zu einer abermaligen Wahl zwischen den beiden Vorgeschlagenen, und bei einer etwa wiederholten Stimmengleichheit zur Entscheidung durch das Loos geschritten.

§ 37 In Ansehung der nöthigen weiteren Wahl dienen folgende Vorschriften zur Richtschnur: 1) Hatten zwei der Vorgeschlagenen die meisten, gleiche oder ungleiche, Stimmen erhalten; so erstreckt sich die alsdann vorzunehmende neue Wahl nur auf diese Beiden. 2) Wenn mehr, als zwei der Vorgeschlagenen die meisten, jedoch gleiche Stimmen erhielten; so soll die vorzunehmende neue Wahl sich auf zwei derselben erstrecken, welche hierzu aus ihnen durch das Loos bestimmt seyn werden. 3) So oft blos einer der Vorgeschlagenen die meisten Stimmen, jedoch nicht die absolute Mehrheit, für sich hat, und auf Andere gleiche Stimmen gefallen sind, wird einer unter den Letzteren durch das Loos dazu bestimmt, mit dem Ersteren zur neuen Wahl gebracht zu werden.

§ 38. Das Ergebniß der Wahl wird alsbald den anwesenden Wahlmännern eröffnet, und jedem der Erwählten, einschlieslich der Stellvertreter, von der Wahl-Kommission eine Bescheinigung unter dem Stadtsiegel zur Legitimazion ertheilt.

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VI Wahl der Abgeordneten der Landbezirke

A Allgemeinere Vorschriften § 39. Die Abgeordneten der zu den acht Landbezirken gehörigen Landgemeinden werden durch eine dreifache Wahl ernannt. Die erste Wahl bestimmt die GemeindeBevollmächtigten, die zweite die Wahlmänner, und die dritte die Abgeordneten zum Landtage. § 40. Zum Zwecke dieser Wahlen ist jeder Landbezirk, mit Ausnahme des WeserBezirkes (welcher nur einen Wahldistrikt bildet), in zwei Wahldistrikte eingetheilt, und es kommen hierbei die nachfolgenden allgemeineren Bestimmungen zur Anwendung. a. Jede für sich bestehende Landgemeinde wählt einen Bevollmächtigten aus ihrer Mitte. Grösere Orte, welche eintausend Seelen und darüber haben, wählen auf je 500 Seelen einen Bevollmächtigten. Auserdem treten zu den Gemeinde-Bevollmächtigten die Eigenthümer von solchen im Wahldistrikte befindlichen Gütern hinzu, welche wenigstens zwei hundert Acker (Morgen) an Gärten, stellbarem Land und Wiesen halten, so fern diese Gutbesitzer nicht schon in einer anderen Eigenschaft an den Wahlen Theil zu nehmen haben. b. Jeder Wahldistrikt ernennt durch seine Bevollmächtigen in den einzelnen, durch die Amtsbezirke bestimmten, Abtheilungen dreisig zwei Wahlmänner, und c. durch diese einen Abgeordneten zum Landtage. § 41. In der nachstehenden Uebersicht der acht Landbezirke sind deren Wahldistrikte, die einzelnen solche bildenden Amtsbezirke und die, durch einen jeden dieser

WAHLGESETZ VON 1831 Bezirke zu ernennende, Zahl von Wahlmännern enthalten. I. Der Diemel-Bezirk bestehet aus den Wahldistrikten: 1) Cassel, begreifend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Cassel, welche 23 Wahlmänner stellen, b. des Amtes Naumburg — 4 W. c. des Amtes Wolfhagen mit Zierenberg — 5 W. 2) Hofgeismar, enthaltend die Landgemeinden a. des Amtes Hofgeismar — 7 Wahlmänner, b. des Amtes Carlshafen — 4 W. c. ” — Grebenstein — 7 W. d. ” — Sababurg — 9 W. e. ” — Volkmarsen — 5 W. II. Der (Nieder-) Fulda-Bezirk theilt sich in die Wahldistrikte: 1) Hersfeld, umfassend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Hersfeld — 13 Wahlmänner, b. des Amtes Friedewald — 9 W. c. ” kurfürstlichen Amtes Rotenburg — 2 W. d. ” Fürstl.Rotenburgischen Oberamtes Rotenburg — 8 W. 2) Spangenberg, begreifend die Landgemeinden a. des Amtes Spangenberg — 9 W. b. ” — Melsungen — 7 W. c. ” — Nentershausen — 6 W. d. ” Fürstl. Rotenburgischen Unteramtes Rotenburg — 6 W. e. des Amtes Sontra — 4 W. III. Der Werra-Bezirk hat die Wahldistrikte: 1) Witzenhausen, bestehend aus den Landgemeinden a. des kurfürstlichen Amtes Witzenhausen mit Grosalmerode — 9 Wahlmänner

b. des Fürstl. Rotenburgischen Amtes Witzenhausen — 4 W. c. des Amtes Allendorf — 3 W. d. ” — Bilstein — 6 W. e. ” — Germerode — 3 W. f. ” — Lichtenau — 7 W. 2) Eschwege, gebildet durch die Landgemeinden a. des kurfürstlichen Amtes Eschwege, welche 6 Wahlmänner stellen, b. des fürstl. Rotenburgischen Amtes Eschwege — 1 W. c. des Amtes Bischhausen — 4 W. d. ” — Brotterode — 3 W. e. ” — Netra — 5 W. f. des Landgerichts Schmalkalden — 8 W. g. ” Amtes Steinbach — 4 W. h. ” — Wanfried — 1 W. IV. Der Schwalm-Bezirk theilt sich in die Wahldistrikte 1) Homberg, enthaltend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Homberg mit dem Amte Borken — 14 Wahlmänner, b. des Amtes Felsberg — 5 W. c. ” — Fritzlar — 6 W. d. ” — Gudensberg — 7 W. 2) Ziegenhain, begreifend die Landgemeinden a. des Amtes Ziegenhain — 8 W. b. ” — Jesberg — 7 W. c. ” — Neukirchen — 5 W. d. ” — Oberaula — 6 W. e. ” — Treysa — 6 W. V. Der Lahn-Bezirk bestehet aus den Wahldistrikten 1) Marburg, umfassend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Marburg — 14 Wahlmänner, b. des Amtes Fronhausen mit Treis an der Lumbde — 6 W. c. des Amtes Kirchhain mit dem Amte Amöneburg — 7 W.

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H ESSEN -K ASSEL d. des Amtes Neustadt — 5 W. 2) Frankenberg, enthaltend die Landgemeinden a. des Amtes Frankenberg — 11 Wahlmänner, b. des Amtes Rauschenberg — 7 W. c. ” — Rosenthal — 5 W. d. ” — Wetter — 9 W. VI. Der Ober-Fulda-Bezirk hat die Wahldistrikte: 1) Fulda, begreifend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Fulda — 15 Wahlmänner b. des Amtes Grosenlüder — 8 W. c. ” — Neuhof — 9 W. 2) Hünfeld, gebildet durch die Landgemeinden a. des Amtes Hünfeld — 10 Wahlmänner b. ” — Burghaun — 11 W. c. ” — Eiterfeld — 11 W. VII. Der Main-Bezirk theilt sich in die Wahldistrikte: 1) Hanau, umfassend die Landgemeinden a. des Landgerichtes Hanau — 7 Wahlmänner, b. des Amtes Bergen — 6 W. c. ” — Bieber — 2 W. d. ” — Dorheim — 2 W. e. ” — Gelnhausen — 4 W. f. ” — Langenselbold — 4 W. g. ” — Meerholz — 4 W. h. ” — Windecken — 3 W. 2) Salmünster, bestehend aus den Landgemeinden a. des Amtes Salmünster mit dem Gerichte Romsthal — 4 Wahlmänner, b. des Amtes Birstein — 5 W. c. des Amtes Schwarzenfels — 8 Wahlmänner, d. des Amtes Steinau mit dem Amte Schlüchtern und dem Gerichte Ramholz – 10 W. e. des Amtes Wächtersbach — 5 W.

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VIII. Der Weser-Bezirk bildet nur einen Wahldistrikt und bestehet aus den Landgemeinden a. des Landgerichts Rinteln — 9 Wahlmänner, b. des Amtes Obernkirchen — 5. W. c. ” — Oldendorf — 7 W. d. ” — Rodenberg — 11 W. Der Wahl-Ort für den Weser Bezirk ist Rinteln. Bei einer künftigen Veränderung der Amtsbezirke soll auch die, durch die Landgemeinden derselben zu stellende, Anzahl von Wahlmännern nach dem alsdann sich ergebenden Verhältnisse der Bevölkerung anderweit bestimmt werden. § 42. Mit der oberen Leitung der Wahlen ist beauftragt der erste landesherrliche Gerichtsbeamte für denjenigen Ort, nach welchem oben der betreffende Wahldistrikt benannt worden ist, vorbehaltlich einer etwa zu treffenden anderweiten gesetzlichen Bestimmung. Als Wahl-Ort soll jedoch im Wahldistrikt Eschwege die Stadt Eschwege nur bei zwei Wahlen, hingegen die Stadt Schmalkalden bei der dritten Wahl angesehen werden. § 43. Die mit der obern Leitung der Wahlen beauftragten Gerichtsbeamten haben sofort mit dem Anfange des Monats Juli in demjenigen Jahre, worin eine regelmäsige Zusammenkunft der Landstände Statt findet (s. §. 78 und §. 80 der Verf. Urk.), die übrigen betreffenden Gerichtsbeamten zur Veranstaltung der Wahlen der Gemeinde-Bevollmächtigten und der Wahlmänner innerhalb ihres Amtsbezirks aufzufordern, für ihre eignen Amtsbezirke aber selbst das Wahlgeschäft einzuleiten. Um zu verhindern, daß die von einem Amtsbezirke ernannten Wahlmänner in einem andern abermals gewählt werden, darf diese Wahl in mehreren Amtsbezirken nicht gleichzeitig vorgenommen werden. Zu diesem Zwecke ist bei jener Aufforderung zu-

WAHLGESETZ VON 1831 gleich eine bestimmte Reihefolge anzuordnen.

Gerichtsbeamten das hierüber aufgenommene Protokoll einzusenden.

B

2) Wahl der Wahlmänner

Besondere Vorschriften

1) Wahl der Gemeinde-Bevollmächtigten § 44. Die Wahl derjenigen Gemeinde-Bevollmächtigten, welche nicht wegen ihres Gutsbesitzes (s. oben §. 40, a.) dazu berufen sind, geschiehet unter der Leitung des Schultheisen (Greben) und von zwei Mitgliedern des Ortsvorstandes durch mündlichen Vorschlag der, auf gewöhnliche Weise zu versammelnden, zur Wahl berechtigten Gemeindeglieder. Das über diese Wahl mit Benutzung eines gedruckten Formulars zu führende Protokoll, dessen Einsicht jedem Wahlberechtigten frei steht, ist von dem eben genannten Ortsvorstande insgesammt zu unterzeichnen. § 45. Zur Wahl berechtigt und wählbar sind alle männlichen Einwohner der betreffenden Landgemeinde, welche die aus dem §. 67 der Verfassungs-Urkunde sich ergebenden Eigenschaften haben, und auserdem den Ackerbau oder ein Handwerk selbstständig betreiben, oder ein Wohnhaus daselbst besitzen, auch nicht das Staatsbürgerrecht verloren (s. §. 23 der VerfassungsUrkunde) haben. § 46. Bei dieser Wahl entscheidet überall Stimmen-Mehrheit und bei StimmenGleichheit das Loos. Wo mehrere Bevollmächtigte zu wählen sind, gelten als solche diejenigen, welche die meisten Stimmen für sich haben, oder dazu bei vorhandener Stimmengleichheit durch das Loos bestimmt seyn werden. § 47. Das Ergebniß der Wahl ist alsbald nach deren Beendigung in der Gemeinde bekannt zu machen und dem betreffenden

§ 48. Nach beendigter Wahl der Gemeinde-Bevollmächtigten hat der betreffende Gerichtsbeamte dieselben nebst den betreffenden Gutsbesitzern (s. §. 40, a) auf einen bestimmten Termin zur Wahl der für seinen Amtsbezirk festgesetzten Zahl der Wahlmänner (s. §. 41) schriftlich einzuladen. § 49. Die Kommission, welche die Wahl der Wahlmänner zu leiten hat, besteht auser dem betreffenden Gerichtsbeamten aus vier Beisitzern, welche die versammelten Gemeinde-Bevollmächtigten, ehe zur Wahl selbst geschritten wird, aus ihrer Mitte, unter der Leitung des Ersteren, zu ernennen haben. § 50. Wählbar sind die sämmtlichen männlichen Landbewohner des Wahldistrikts, welche die aus dem §. 67 der Verfassungs-Urkunde sich ergebenden Eigenschaften besitzen, das Staatsbürgerrecht nicht verloren haben (s. §. 23 der Verf. Urkunde) und zu den höchstbesteuerten Einwohnern der den Wahldistrikt bildenden Amtsbezirke gehören (vgl. jedoch §. 52). § 51. Die betreffenden Gerichtsbeamten haben die Aufstellung der Verzeichnisse der Höchstbesteuerten aus dem ganzen Wahldistrikte durch die Steuerbehörde zeitig vor der Wahl der Wahlmänner zu veranlassen, und diese Verzeichnisse den Gemeinde-Bevollmächtigten zwei Tage vor dieser Wahl mittelst Anschlages an dem zu derselben bestimmten Versammlungs-Orte bekannt zu machen. Als höchst besteuert sind aus jedem Amtsbezirke so viel Steuerpflichtige nach Maasgabe ihres Steuerbetrages zu verzeichnen, als die sechsfache Anzahl der im §. 41 erwähnten Wahlmänner dieses Bezirkes

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H ESSEN -K ASSEL ausmacht. Sofern die Anzahl der Höchstbesteuerten von gleichem Betrage die sechsfache Zahl der Wahlmänner übersteigt, sind dennoch diese sämmtlich in das betreffende Verzeichniß aufzunehmen. § 52. Bis zu einem Drittel der gesetzlichen Anzahl können die Wahlmänner auch ausnahmsweise gewählt werden sowohl aus solchen Ortsvorgesetzten in jedem Wahldistrikte, welche nicht zu den Höchstbesteuerten gehören, als aus anderen Einwohnern, welche im Wahldistrikte ansässig sind und ein ständiges Einkommen von mindestens drei hundert Thalern jährlich, auser einer Besoldung aus der Staatskasse, haben. § 53. Bei dieser Wahl kommen überdies die Vorschriften zur Anwendung, welche in den §.§. 17 bis einschlieslich 23 für die Wahl der Wahlmänner in den Städten enthalten sind. § 54. Das über die Wahl der Wahlmänner aufzunehmende Protokoll, dessen Einsicht keinem Wahlberechtigten versagt werden darf, ist von dem Gerichtsbeamten und den Beisitzern zu unterzeichnen.

von vier Beisitzern zur Wahl-Kommission aus ihrer Mitte zu veranlassen. § 57. Die Abwechselung, welche hinsichtlich der Eigenschaften der Abgeordneten durch die §. §. 65 und 66 der Verfassungs-Urkunde vorgeschrieben ist, muß unter den beiden Wahldistrikten desselben Landbezirkes von Wahl zu Wahl Statt finden, und der Anfang nach Maasgabe des §. 65 in den zuerst genannten Wahldistrikten (s. §. 41) gemacht werden. Im Weser-Bezirke geschiehet jedesmal die Wahl des einen Abgeordneten auf den Grund des §. 65 und des anderen Abgeordneten nach Maasgabe des §. 66 der Verfassungs-Urkunde. § 58. Bei dieser Wahl kommen übrigens die Vorschriften, welche in den §. §. 28 und 30 bis einschlieslich 38 für die Wahl der städtischen Abgeordneten enthalten sind, ebenwohl zur Anwendung.

VII Vorübergehende Bestimmungen

§ 55. Das Ergebniß der Wahl wird sofort den versammelten Gemeinde-Bevollmächtigten bekannt gemacht, auch den übrigen betreffenden Gerichtsbeamten des Wahldistriktes unverzüglich mitgetheilt.

§ 59. Die Wahlen in Beziehung auf den nächsten Landtag sollen alsbald nach der Verkündigung des gegenwärtigen Wahlgesetzes ihren Anfang nehmen und thunlichst beschleunigt werden.

3) Wahl des Abgeordneten zum Landtage

§ 60. Die für den nächsten Landtag gewählten Abgeordneten behalten ihre Eigenschaft bis zum 1sten November 1833, und die neuen Wahlen der Landtags-Abgeordneten erfolgen im Monat Juli jenes Jahres, jedoch unbeschadet der im §. 79 der Verfassungs-Urkunde enthaltenen Bestimmungen. Die Behörden und sonst Alle, welche die Vorschriften des gegenwärtigen Wahlgesetzes angehen, haben sich nach denselben genau zu achten.

§ 56. Zu der Wahl des Landtags-Abgeordneten hat der mit der deshalbigen Leitung zufolge des §. 42 beauftragte Gerichtsbeamte, nach angezeigter Wahl der Wahlmänner, diese, und zwar, soweit sie sich auser seinem Amtsbezirke befinden, mittelst Requisition der einschlägigen Gerichtsbeamten, auf einen bestimmten Termin einzuladen, und hierin zunächst die Ernennung

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WAHLGESETZ VON 1831 Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Wilhelmshöhe am 16ten Februar 1831. Wilhelm, Kurfürst. (St. S) Vt. Rieß.

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 6. Bd. (1831–1833), Jahrgang 1831, Nr. III, Cassel, S. 33–43. Das Wahlgesetz wurde aufgehoben und ersetzt durch das „Gesetz vom 5ten April 1849, die Zusammensetzung der Ständeversammlung und die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend“ (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 12. Band (1849, 1850 und 1851), Jahrgang 1849, Nr. X, Cassel, S. 37–43). Siehe unter „Revision von 1849“.

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Erste Revision von 1848 Gesetz vom 12ten Juli 1848, die Wahlen der Abgeordneten zum Landtage betreffend1

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm der 1ste, Kurfürst etc. etc. erlassen nach Anhörung Unseres Gesammt-Staatsministeriums und mit einstimmiger Beistimmung der getreuen Landstände nachfolgendes Gesetz: Die Bestimmungen in den §. §. 64 und 65 der Verfassungs Urkunde vom 5ten Januar 1831 sowie die Vorschrift im §. 66 derselben, welche den Wohnsitz im Strombezirke als Bedingung der Wählbarkeit erklärt, werden außer Wirksamkeit gesetzt. Die Verweisung auf diese Bestimmungen in der nach §. 28 und §. 58 des Wahlgesetzes vom 16ten Februar 1831 an die Wahlmänner zu richtenden Bekanntmachung

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fällt hinweg und die Vorschriften der §. §. 29 und 57 dieses Wahlgesetzes treten außer Anwendung. Urkundlich Unserer allerhöchsteigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Cassel am 12ten Juli 1848. Friedrich Wilhelm (St. S.) Vt. Eberhard

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Nr. XVIII, Cassel, S. 51.

Zweite Revision von 1848 Gesetz vom 26sten October 1848, die freie Wahl der Staatsdiener zu Landtags-Abgeordneten betreffend1

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm der Iste, Kurfürst etc. etc. erlassen nach Anhörung Unseres Gesammt-Staatsministeriums und mit einstimmiger Beistimmung der getreuen Landstände nachfolgendes Gesetz: Die Bestimmung im §. 71 der Verfassungs-Urkunde vom 5ten Januar 1831, wonach Staatsdiener des geistlichen und weltlichen Standes, welche zu Landtags-Abgeordneten gewählt sind, die Genehmigung der vorgesetzten Behörde einzuholen haben, wird aufgehoben. Die genannten Diener haben aber von der auf sie gefallenen Wahl der vorgesetzten Behörde zu dem Zwecke alsbald Anzeige zu machen, damit wegen einstweiliger Versehung des Amtes zeitig Vorsorge getroffen werden könne.

Urkundlich Unserer allerhöchsteigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Cassel am 26ten October 1848. Friedrich Wilhelm. (St. S.) Vt. Baumbach. Vt. Schenk zu Schweinsberg. Vt. d’Orville. Vt. Eberhard. Vt. C. W. Wippermann. (Ausgegeben zu Cassel am 28ten October 1848)

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Nr. XXVI, Cassel, S. 131.

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Dritte Revision von 1848 Gesetz vom 26sten October 1848, über die Abänderung einer das Kriegswesen betreffenden Bestimmung des §. 107 der Verfassungs-Urkunde1

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm der Iste , Kurfürst etc. etc. erlassen nach Anhörung Unseres Gesammt-Staatsministeriums und mit einhelliger Zustimmung der getreuen Landstände folgendes Gesetz: Der im §. 107 der Verfassungs-Urkunde für den Landesherrn als obersten MilitärChef in den Worten: „soweit solches nicht für den Landesherrn als obersten Militär-Chef ausschließlich gehört“, gemachte Vorbehalt wird aufgehoben.

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Urkundlich Unserer allerhöchsteigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Cassel am 26sten October 1848. Friedrich Wilhelm. (St. S.) Vt. d´Orville

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 11. Bd. (1846, 1847 und 1848), Jahrgang 1848, Nr. XXVI, Cassel, S. 131.

Revision von 1849 Gesetz vom 5ten April 1849, die Zusammensetzung der Ständeversammlung und die Wahl der LandtagsAbgeordneten betreffend1

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm der Iste, Kurfürst etc. etc. erlassen, nach Anhörung Unseres Gesammt-Staatsministeriums und mit Zustimmung der getreuen Landstände, welche in Gemäßheit des §. 153 der Verfassungs-Urkunde vom 5ten Januar 1831 auf zwei nach einander folgenden Landtagen mit einer Stimmenmehrheit von drei Vierteln der auf dem Landtage anwesenden Mitglieder ertheilt worden ist, nachfolgendes Gesetz: § 1. Die Bestimmungen in den §. §. 63, 66, 67, 68 der Verfassungs-Urkunde vom 5ten Januar 1831 über die Zusammensetzung der Ständeversammlung, die Wahlfähigkeit und die Wahlen von Stellvertretern der Landtags-Abgeordneten, – die Vorschriften des §. 76 der Verfassungs-Urkunde über die Befugniß von Abgeordneten eines Standes sich über eine Separatstimme zu einigen, – endlich das Gesetz vom 16ten Februar 1831 über die Wahlen der Abgeordneten zu den Landtagen sind aufgehoben. An deren Stelle treten die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen, welche dergestalt für einen Bestandtheil der Staatsverfassung erklärt werden, daß solche nur auf dem im §. 153 der Verfassungs-Urkunde vorgesehenen Wege abgeändert werden können.

I Von der Zusammensetzung der Ständeversammlung § 2. Die Ständeversammlung wird gebildet durch folgende Mitglieder, nämlich: 1) sechszehn Abgeordnete von den Städten, und zwar: a. zwei von der Residenzstadt Cassel, b. zwei von der Stadt Hanau, c. einen von der Stadt Marburg, d. einen von der Stadt Fulda, e. einen von der Stadt Hersfeld oder der Stadt Melsungen, welche unter einander dergestalt abwechseln, daß die erstgenannte Stadt zu zwei Landtagen, und die Stadt Melsungen zu einem Landtage den Abgeordneten sendet, f. einen von der Stadt Schmalkalden, g. einen von der Stadt Rinteln und den Städten Obernkirchen, Oldendorf, Rodenberg und Sachsenhagen, h. einen von den Städten Hofgeismar, Carlshafen, Grebenstein, Helmarshausen, Immenhausen, Liebenau, Trendelburg, Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg, i. einen von der Stadt Hersfeld oder Melsungen (s. oben) und den Städten Rotenburg, Sontra u. Spangenberg,

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H ESSEN -K ASSEL k. einen von den Städten Homberg, Borken, Felsberg, Fritzlar, Gudensberg, Naumburg, Neukirchen, Niedenstein, Schwarzenborn, Treysa und Ziegenhain, l. einen von den Städten Eschwege, Allendorf, Großalmerode, Lichtenau, Waldkappel, Wannfried und Witzenhausen, m. einen von den Städten Frankenberg, Amöneburg, Frankenau, Gemünden, Kirchhain, Neustadt, Rauschenberg, Rosenthal, Schweinsberg und Wetter, n. einen von den Städten Hünfeld, Salmünster, Schlüchtern, Soden und Steinau, auch o. einen von den Städten Gelnhausen, Bockenheim, Wächtersbach und Windecken; 2) sechszehn Abgeordnete der Landbevölkerung und zwar nach folgender Abgrenzung der Wahl-Districte: a. für den Bezirk Cassel, einen für den Wahl-District Cassel, bestehend aus dem Landgericht Cassel, den Aemtern Wolfhagen und Zierenberg; einen für den Wahl-District Hofgeismar, bestehend aus den Aemtern Hofgeismar, Carlshafen, Grebenstein, Sababurg und Volkmarsen; b. für die Bezirke Eschwege und Schmalkalden, einen für den Wahl-District Eschwege, bestehend aus den Aemtern Eschwege I u. II, Brotterode, Herrenbreitungen, Netra, Steinbach-Hallenberg, Wannfried und dem Landgericht Schmalkalden; einen für den Wahl-District Witzenhausen, bestehend aus den Bezirken der Aemter Witzenhausen, Abterode, Allendorf, Bischhausen, Großalmerode und Lichtenau; c. für den Bezirk Hersfeld, einen für den Wahl-District Rotenburg, bestehend aus den Aemtern Rotenburg I und II, Melsungen, Nentershausen, Spangenberg und Sontra; einen für den Wahl-District Hersfeld, umfassend den Amts-Bezirk des Landgerichts Hersfeld und der Aemter Friede-

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wald, Niederaula, Oberaula, Raboldshausen, Schenklengsfeld; d. für den Bezirk Fritzlar, einen für den Wahl-District Fritzlar, bestehend aus den Aemtern Fritzlar, Felsberg, Gudensberg, Jesberg und Naumburg; einen für den Wahl-District Homberg, bestehend aus den Aemtern Homberg, Borken, Neukirchen, Treysa und Ziegenhain; e. für den Bezirk Marburg, einen für den Wahl-District Marburg, bestehend aus dem Landgericht Marburg und den Aemtern Amöneburg, Fronhausen, Kirchhain, Neustadt und Treis an der Lumbde; einen für den Wahl-District Frankenberg, bestehend aus den Aemtern Frankenberg, Frankenau, Rauschenberg, Rosenthal und Wetter: f. für den Bezirk Fulda, einen für den Wahl-District Fulda, bestehend aus dem Landgericht Fulda, den Aemtern Großenlüder und Neuhof; einen für den Wahl-District Hünfeld, bestehend aus den Aemtern Hünfeld, Burghaun und Eiterfeld; g. für den Bezirk Hanau, einen für den Wahl-District Hanau, bestehend aus dem Landgericht Hanau, den Aemtern Bergen, Bockenheim, Gelnhausen, Langenselbold, Meerholz, Nauheim, Praunheim und Windecken; einen für den Wahl-District Salmünster, bestehend aus den Aemtern Salmünster, Bieber, Birstein, Ramholz, Romsthal, Schlüchtern, Schwarzenfels, Steinau und Wächtersbach, endlich h. für den Bezirk Schaumburg, einen für den Wahldistrict Rinteln, bestehend aus dem Landgerichtsbezirke Rinteln und dem Justizamte Oldendorf; einen für den Wahldistrict Obernkirchen, bestehend aus den Aemtern Obernkirchen und Rodenberg. 3) sechszehn Abgeordnete der höchst besteuerten Grundbesitzer und Gewerbtrei-

R EVISION VON 1849 benden und zwar zwei für jeden der Verwaltungs-Bezirke Cassel, Hersfeld, Fritzlar, Eschwege, Marburg, Hanau und Fulda, und einen für jeden der Verwaltungs-Bezirke Schmalkalden und Schaumburg. § 3. Von der Theilnahme an den Wahlen der Landtags-Abgeordneten sind überhaupt ausgeschlossen Alle, welche 1) eine peinliche Strafe erlitten haben, oder wegen eines, die öffentliche Achtung entziehenden Vergehens (insbesondere wegen Diebstahls, Unterschlagung, Betrugs, Fälschung) vom zuständigen Gerichte verurtheilt worden sind; 2) noch nicht das 30ste Lebensjahr zurückgelegt haben, oder 3) unter Curatel stehen, oder 4) über deren Vermögen ein Concurs, oder ein nach §. 14 des Gesetzes vom 24. Juli 1834 eingeleitetes Vertheilungs-Verfahren bestehet oder bestanden hat, bis zur völligen Befriedigung der Gläubiger. § 4. Die Abgeordneten der Städte werden von den in denselben wohnhaften selbstständigen Staatsbürgern, – nach Ausscheidung derer, welche als Höchstbesteuerte zur Wahl der im §. 2, unter Nr. 3 genannten Abgeordneten berufen sind (vgl. §. 6) – gewählt. Als selbstständig gelten Diejenigen, welche als Ortsbürger oder Beisitzer einen eigenen Haushalt führen und nicht in Kost und Lohn eines Andern stehen, sowie diejenigen, welche seit Anfang des, der Wahl vorausgegangenen, Kalenderjahres eine directe Staatssteuer (wozu dermalen die Grund-, Gewerb- und Klassensteuer zu rechnen ist) entrichtet haben. § 5. Zur Wahl der Abgeordneten der Landbevölkerung (§. 2, Nr. 2) sind die in den einzelnen Wahl-Districten mit Ausschluß der darin gelegenen Städte wohnhaften Staatsbürger, nach Ausscheidung der

höchstbesteuerten Grundbesitzer und Gewerbtreibenden (vgl. §. 6), unter der Voraussetzung befähigt, daß sie nach §. 4 als selbstständig zu betrachten sind. § 6. Zu den Wahlen der Höchstbesteuerten (§. 2, Nr. 3) sind diejenigen mit dem Staatsbürgerrechte versehenen Stadt- und Landbewohner des Bezirks berechtigt, welche im abgelaufenen Kalenderjahre die meiste Grund- und Gewerbsteuer gezahlt haben und bei Aufstellung der Wählerliste überhaupt noch Grund- oder Gewerbsteuer entrichten. Die durch das Gesetz vom 26sten August 1848 erfolgten Steuer-Erhöhungen werden hierbei als bereits mit dem 1sten Januar 1848 eingetreten angesehen. Die Zahl der Höchstbesteuerten beträgt auf je 1000 Seelen des Bezirkes, und bei einem sich ergebenden, nicht volle 1000 Seelen betragenden, Überschusse auf volle 500 Seelen des letzteren einen Wähler. Wenn mehrere Steuerpflichtige, welche gleich hohe Steuer bezahlt haben, vorhanden sind, von denen nach dem Maaßstabe der Bevölkerung nur einzelne zur Wahl berufen seyn würden, so sind ausnahmsweise diese in demselben Steuergrade stehenden Personen sämmtlich als Wähler zuzulassen. Die Seelenzahl wird nach dem Resultate der letzten amtlichen Volkszählung bemessen. § 7. Wählbar zum Landtags-Abgeordneten ist jeder Staatsbürger, ohne Rücksicht auf Stand und Wohnort, welcher nach den Bestimmungen des §. 3 wahlfähig ist. Jedoch können ausnahmsweise die unteren landesfürstlichen, standesherrlichen oder Patrimonial-, Justiz- Verwaltungs- und Finanz-Beamten in dem Wahlbezirke nicht gewählt werden, in welchem sie zur Zeit der Wahl ihren Wohnsitz haben, oder in amtlicher Function stehen.

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II Von dem Verfahren bei der Wahl der Landtags-Abgeordneten

1) Von dem Wahlverfahren im Allgemeinen § 8. Sämmtliche Landtags-Abgeordnete werden in directer Wahl gewählt. § 9. Für jeden Abgeordneten ist ein besonderer Wahl-Act erforderlich. § 10. Das Wahlrecht kann niemals durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. § 11. Die im Wahltermine nicht erscheinenden Wahlberechtigten verlieren ihr Wahlrecht für den einzelnen Wahl-Act. § 12. Jedem Wahlberechtigten ist die Einsicht des Wahlprotocolls gestattet. § 13. Die erforderlichen regelmäßigen Wahlen (vergl. §. 78 der Verfassungs-Urkunde) sollen im Monat Juli beginnen. Zu diesem Zwecke haben die die Wahl leitenden Behörden und Commissionen ohne weitere Aufforderung mit dem Anfange des genannten Monats in dem betreffenden Jahre ihre Geschäfte zu beginnen. In Ansehung der etwa eintretenden außerordentlichen Wahlen haben dieselben der deshalb im Gesetzblatte ergehenden allgemeinen Aufforderung des Ministeriums des Innern zu entsprechen, auch ohne eine solche Aufforderung zu denjenigen Wahlen zu schreiten, welche durch den Abgang einzelner Landtags-Abgeordneten nöthig werden (vergl. §. §. 69, 70 und 79 der VerfassungsUrkunde). § 14. Der Bezirks-Ausschuß ist die obere leitende Behörde für sämmtliche Abgeordneten-Wahlen. Für diejenigen Wahlen, welche von dem Bezirke Schmalkalden gemeinschaftlich mit dem Bezirke Eschwege vorgenommen

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werden (vergl. §. 2, Nr. 2, b), ist der Bezirks-Ausschuß des Bezirks Eschwege, für die von den Städten Hünfeld, Salmünster, Schlüchtern, Sooden und Steinau vorzunehmende Wahl der Bezirks-Ausschuß des Bezirkes Hanau zuständig. § 15. Die Wahlzeugnisse für die Abgeordneten werden von den die Wahl leitenden Behörden (§. 14) unter Angabe der Gesammtzahl der Wähler und der Zahl der dem Gewählten zugefallenen Stimmen ausgestellt, und sofort im amtlichen Bezirksblatte bekannt gemacht. Eine Abschrift des Wahlzeugnisses ist an das Ministerium des Innern einzusenden. § 16. Die die Wahl leitende Behörde hat den Gewählten alsbald unter Uebersendung des Wahlzeugnisses zu einer Erklärung über Annahme oder Ablehnung der Wahl aufzufordern. Für die durch Ablehnungen erforderlich werdenden neuen Wahlen bedarf es keiner nochmaligen vorherigen Feststellung der Wählerlisten (§.§. 20 und 30).

2) Von dem Verfahren bei der Wahl der Abgeordneten der Städte und der Landbevölkerung insbesondere Die Wahlgeschäfte werden in jeder Gemeinde von einer Wahl-Commission besorgt, welche in den Städten aus dem amtsführenden Bürgermeister oder dessen Stellvertreter, aus vier von dem Stadtrathe zu erwählenden Mitgliedern des Stadtrathes oder – wo deren in zureichender Anzahl nicht vorhanden sind – des Ausschusses, endlich dem Stadtschreiber oder dessen Stellvertreter, als Protocollführer; in den Landgemeinden aus dem Bürgermeister und Gemeinderathe bestehet.

R EVISION VON 1849 § 18. Zur Einleitung einer Wahl ist von der Wahl-Commission eines jeden bei der Wahl betheiligten Ortes eine Wählerliste anzufertigen, welche alle zur Wahl berechtigten Staatsbürger umfaßt, die in der Gemeinde und den ihr in Ansehung der örtlichen Verwaltung etwa zugetheilten Bezirken ihren Wohnsitz haben. § 19. Die Wählerliste ist acht Tage lang auf dem Rathhause oder in der Wohnung des Bürgermeisters zur Einsicht offen zu legen, und daß solches geschehen, in der am Orte üblichen Weise bekannt zu machen.

und derselben Wahl betheiligte Gemeinden auf denselben Tag) bestimmt, den WahlCommissionen mitgetheilt und durch das amtliche Bezirksblatt bekannt gemacht. § 23. Die Wahl-Commission hat die in der berichtigten Wählerliste eingetragenen Wahlberechtigten mindestens zwei Tage vor dem Wahltermine durch besondere, gehörig zu bescheinigende, Umsagen einzuladen. Wo die Anzahl der Wahlberechtigten es erfordert, sind die Vorladungen in angemessener Weise auf den Wahltag und die nächstfolgenden Tage zu vertheilen.

§ 20. Ueber eingehende Reclamationen wegen Uebergehung von Wahlberechtigten oder wegen Aufnahme von Wahl-Unfähigen entscheidet der Gemeinderath. Reclamationen, welche später, als acht Tage vor dem Wahltermine, eingehen, können vom Gemeinderathe als verspätet zurückgewiesen werden; doch stehet es demselben zu, Berichtigungen der Wählerliste von Amtswegen bis zum Wahltermine vorzunehmen. Die Entscheidung des Gemeinderathes ist nur für den einzelnen Fall gültig, und ein Recurs stehet dem Betheiligten an den Bezirks-Ausschuß nur behufs der Erlangung einer für künftige Wahlen zur Norm dienenden Entscheidung zu.

§ 24. Im Wahltermine wird von den Wahlberechtigten die Abstimmung unter genauer Bezeichnung des zur Wahl Vorgeschlagenen vor der Wahl-Commission mündlich zu Protocoll gegeben.

§ 21. Für die in Ansehung der örtlichen Verwaltung einer Gemeinde gleichgestellten Orte wird von dem Bezirks-Ausschusse diejenige Gemeinde bestimmt, mit welcher die in jenen Orten wohnhaften Wahlberechtigten den Wahl-Act vorzunehmen haben. Die Wahl-Commission der bestimmten Gemeinde hat die Wahlberechtigten jenes Ortes unter Mitwirkung des die Geschäfte des Ortsvorstandes versehenden Ortsbewohners festzustellen und in die Wählerliste der Gemeinde mit aufzunehmen.

§ 27. Als gewählt ist derjenige zu betrachten, welcher von den im Wahltermine abgegebenen Stimmen die meisten Stimmen erhalten hat, oder für wen bei Stimmengleichheit das Loos entscheidet.

§ 22. Der Wahltermin wird von dem Bezirks-Ausschusse (und zwar für alle bei ein

§ 25. Die Anzahl der Stimmen, welche auf die verschiedenen zu Landtags-Abgeordneten vorgeschlagenen Personen gefallen sind, sind in dem Wahlprotocolle am Schlusse anzugeben. § 26. Die Wahlprotocolle sind sofort nach beendigtem Wahl-Acte an den die Wahl leitenden Bezirks-Ausschuß (§. 14) einzusenden, welcher nach dem Ergebnisse derselben das Resultat der Wahl feststellt und bekannt macht (vergl. §. 15).

3) Von dem Verfahren bei der Wahl der Abgeordneten der Höchstbesteuerten § 28. Die Ermittelung und Feststellung der Höchstbesteuerten, welche zu einer Abgeordneten-Wahl gesetzlich berufen sind, geschieht von dem die Wahl leitenden Bezirks-Ausschusse (vergl. §. 14) auf den

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H ESSEN -K ASSEL Grund der von den Finanz-Behörden mitzutheilenden Verzeichnisse über die Steuerzahlungen. Die Finanz- und Gerichts-Behörden haben dem Bezirks-Ausschuß jede zu diesem Zwecke erforderliche Auskunft zu ertheilen. § 29. Würde eine Steuer von mehreren Personen gemeinschaftlich bezahlt, so ist dieselbe auf die einzelnen Beitragspflichtigen gleichmäßig zu vertheilen, sofern nicht ein anderes Antheil-Verhältniß aus der Steuerrolle sich ergiebt, oder sonst nachgewiesen wird. Die einzelnen Theilhaber sind von der Steuerbehörde zu ermitteln, soweit dieselben nicht ohnehin schon feststehen. § 30. Die von dem Bezirks-Ausschusse aufgestellte Wählerliste wird mit Angabe des Namens, Berufs, Wohnorts und Steuerbetrages der darin Aufgenommenen in dem amtlichen Bezirksblatte veröffentlicht. § 31. Ueber Einwendungen wegen Aufnahme nicht berechtigter oder Nichtaufnahme berechtigter Personen entscheidet der Bezirks-Ausschuß. Zur Einbringung solcher Reclamationen läuft vom Tage der Veröffentlichung an eine vierzehntägige Frist. Die nach Ablauf derselben eingehenden Reclamationen kann der Bezirks-Ausschuß, unbeschadet seiner Befugniß zur Berichtigung der Liste von Amtswegen, als verspätet zurückweisen. Gegen die Entscheidung des BezirksAusschusses, welche nur für den einzelnen Fall Geltung hat, ist eine weitere Beschwerde nicht zulässig. Der Bezirks-Ausschuß hat die Wählerliste so zeitig definitiv festzustellen, daß die durch die nachträglichen Berichtigungen derselben etwa nöthig werdenden Veränderungen in den Wählerlisten der Gemeinden vor dem Wahltermine (§. 22) von ihm ver-

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fügt, und von den Wahl-Commissionen ausgeführt werden können. § 32. Der Wahlact wird am BezirksHauptorte an dem von dem Bezirks-Ausschusse anzuberaumenden Termine unter unmittelbarer Leitung dieser Behörde vorgenommen. § 33. Der Wahltermin ist mindestens acht Tage vorher im amtlichen Bezirksblatte bekannt zu machen. Die einzelnen Wahlberechtigten sind ebenwohl acht Tage vorher schriftlich zu dem Wahltermine einzuladen. § 34. Die Stimmen der Wähler werden vor dem Bezirks-Ausschusse, welcher, wenn er es für nöthig erkennt, aus der Zahl der Wähler Gehülfen für die Protocollführung zuziehen darf, mündlich zu Protocoll gegeben. § 35. Ueber die Wahl entscheidet die absolute Stimmenmehrheit der erschienenen Wähler. Wenn bei der ersten Abstimmung nicht wenigstens eine Stimme mehr, als die Hälfte der Stimmenden auf eine Person gefallen ist, so erfolgt eine zweite Wahl. Würde auch mit der zweiten Wahl keine Mehrheit, welche die Hälfte der Stimmen überschreitet, erzielt, so dienen für die nöthige dritte Wahl folgende Vorschriften zur Richtschnur: 1) Haben in der zweiten Wahl zwei der Vorgeschlagenen die meisten, gleiche oder ungleiche Stimmen, so erstreckt sich die vorzunehmende dritte Abstimmung auf eine Wahl zwischen diesen beiden. 2) Wenn mehr als zwei der Vorgeschlagenen die meisten, jedoch gleiche Stimmen erhielten, so soll die vorzunehmende neue Wahl sich auf zwei derselben erstrecken, welche hierzu aus ihnen durch das Loos bestimmt werden. 4) So oft blos einer der Vorgeschlagenen

R EVISION VON 1849 die meisten Stimmen, jedoch nicht die absolute Mehrheit für sich hat, und auf Andere gleiche Stimmen gefallen sind, wird einer unter den Letzteren durch das Loos dazu bestimmt, mit dem Ersteren zur dritten Wahl gebracht zu werden. 4) Ergiebt die dritte Wahl Stimmengleichheit zwischen den beiden der Entscheidungswahl Unterworfenen, so wird zu einer endlichen Entscheidung durch das Loos geschritten. § 36. Das Ergebniß der AbgeordnetenWahl ist den Wählern alsbald zu verkündigen. Urkundlich Unserer allerhöchsteigenhän-

digen Unterschrift und des beigedrückten Staatssiegels gegeben zu Cassel am 5ten April 1849. Friedrich Wilhelm. (St. S.) Vt. Baumbach. Vt. Schenck zu Schweinsberg. Vt. Eberhard. Vt. C. W. Wippermann. Vt. Bödicker.

1 Ediert nach Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, Bd. 12 (1849, 1850 und 1851), Jahrgang 1849, Nr. X, Cassel, S. 37–43.

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Verfassung von Hohenzollern-Sigmaringen (1833) Verfassungs-Urkunde für das Fürstenthum Hohenzollern Sigmaringen1

Wir Carl von Gottes Gnaden Souverainer Fürst zu Hohenzollern Sigmaringen etc. etc. thun hiemit kund, daß Wir in Folge der von Unsern getreuen Ständen Uns vorgelegten Wünsche und Anträge und mit Rüksicht auf die in andern teutschen Bundesstaaten bereits bestehenden Bestimmungen die Verfassung Unseres Fürstenthums mit Beirath und vertragsmäßiger Zustimmung der zu Vollendung des Verfassungswerkes einberufenen Ständeversammlung in nachfolgender Maße geordnet haben:

I. TITEL Von dem Fürstenthume und dessen Regierung § 1. Das Fürstenthum bildet in der Vereinigung seiner sämmtlichen nunmehrigen Gebietstheile einen Bestandtheil des teutschen Bundes. § 2. Die organischen Beschlüsse der Bundesversammlung, welche die verfassungsmäßigen Verhältnisse Teutschlands oder die allgemeinen Verhältnisse teutscher Staatsbürger betreffen, haben auch für das Fürstenthum verbindende Kraft, nachdem sie von dem Landesfürsten verkündet worden sind. Jedoch tritt in Ansehung der Mittel

zu Erfüllung der hiedurch begründeten Verbindlichkeiten die verfassungsmäßige Mitwirkung der Stände ein. § 3. Sämmtliche Theile des Fürstenthums mit allen Zugehörungen bilden ein untheilbares unveräußerliches Ganzes. Aller künftige Territorial-Erwerb bildet einen Bestandtheil des Fürstenthums. § 4. Der Landesfürst ist das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt, und übt sie unter den in gegenwärtiger Verfassungsurkunde festgesezten Bestimmungen aus. Die Person des Landesfürsten ist heilig und unverlezlich. § 5. Die Regierung ist erblich in dem Mannsstamme des Fürstlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealfolge vermöge Abstammung aus ebenbürtiger mit Bewilligung des Familienhauptes geschlossener Ehe. Nach gänzlicher Erlöschung des Fürstlich Sigmaringischen Mannsstammes gelangt die Regierung an das erbverbrüderte Haus Hohenzollern Hechingen oder bei früherer Erlöschung dieser Linie an Se. Majestät den König von Preußen in der durch die Erbverträge begründeten Ordnung. So lange ein successionsfähiger Abkömmling in dem Gesammthause Hohenzollern vorhanden seyn wird, sind die Prinzessinnen von der Regierungsfolge ausgeschlossen.

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN § 6. Die Vormundschaft und RegierungsVerwesung hat einzutreten: a.) wenn ein regierender Fürst des Hauses mit Zurücklassung minderjähriger Kinder verstirbt, oder wenn b.) ein regierender Fürst durch Geisteszerrüttung oder ein sonstiges dauerndes Hinderniß der Regierung vorzustehen unvermögend ist. Die Vormundschaft und Regierungs-Verwesung ist zunächst von der väterlichen Disposition abhängig. In Ermanglung einer solchen Anordnung soll nebst der Fürstin Wittwe derjenige volljährige Agnat, welcher nach der Erbfolgeordnung zur Succession der nächstberufene ist, die Vormundschaft und Regierungs-Verwesung übernehmen. Auch wenn ein Vormund und Regierungsverweser durch Testament des leztverstorbenen regierenden Fürsten ernannt ist, soll der zur Succession zunächst berufene Agnat an der Vormundschaft und Regierungs-Verwesung Theil nehmen. In den ad b.) bezeichneten Fällen kann nur dann eine Vormundschaft und Regierungs-Verwesung eintreten, wenn die Geistesverwirrung oder das sonstige Hinderniß an Ausübung der Regierung über ein Jahr dauert, dessen Existenz durch unverwerfliche Zeugnisse dargethan ist, und die Bestellung einer Vormundschaft von Sr. Königlichen Majestät von Preußen als Chef des Gesammthauses und den Fürstlichen Agnaten, insbesondere von einem jeweilig regierenden Fürsten von Hohenzollern Hechingen, für unausweichlich erkannt wird. Die ersten zwei Räthe der Regierung, oder diejenigen Räthe, welche der leztverstorbene Regierende Fürst in seinem Testamente dafür benennt, bilden den Vormundschaftsrath, dessen Gutachten in allen wichtigen Fällen einzuholen ist. Die Vormundschaft hat so lange zu bestehen, bis die Fürstlichen Kinder großjährig sind, und die Regierungs-Verwesung bis zu erlangter Volljährigkeit des Erbprinzen oder

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rüksichtlich des regierenden Fürsten bis zu Hebung der die Vormundschaft und Regierungs-Verwesung veranlassenden Umstände. § 7. Der Anfang der Großjährigkeit wird für den Erbprinzen auf den Antritt des 21. Jahres festgesezt. § 8. Alle übrigen Verhältnisse der Mitglieder des Fürstlichen Hauses sind durch ein besonderes Hausgesez bestimmt. § 9. Der Siz der Regierung kann nicht außer Landes verlegt werden.

II. TITEL Von den allgemeinen Rechten und Pflichten der Landesangehörigen § 10. Der Aufenthalt innerhalb der Gränzen des Fürstenthums verpflichtet zu Beobachtung der Geseze desselben und begründet dagegen den gesezlichen Schuz. § 11. Der Genuß aller staatsbürgerlichen Rechte steht nur den Landesangehörigen zu. § 12. Das Staatsbürgerrecht wird theils durch Geburt, wenn zur Zeit derselben bei ehelich Gebornen der Vater oder bei Unehlichen die Mutter das Staatsbürgerrecht hat, theils durch Aufnahme erworben. Leztere sezt voraus, daß der Aufzunehmende von einer bestimmten Gemeinde die vorläufige Zusicherung des Bürger- oder Beisiz-Rechtes erhalten habe. Außerdem erfolgt durch die Anstellung eines Ausländers in dem Staatsdienste die Aufnahme in das Staatsbürgerrecht, jedoch nur, wenn solcher mit wirklicher Wohnung im Lande verbunden ist. § 13. Der Verfassungs- und HuldigungsEid (§. 198.) muß von jedem Landeseingebornen männlichen Geschlechts nach erreichtem achtzehnten Altersjahre, und von

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) jedem neu Aufgenommenen nach erfolgter Aufnahme in das Landesunterthanen-Recht abgelegt werden. § 14. Alle Staatsangehörigen haben gleiche staatsbürgerlichen Rechte, und sind vor dem Geseze gleich; eben so sind sie zu gleichen staatsbürgerlichen Pflichten und zu gleicher Theilnahme an allen Staatslasten, soweit die gegenwärtige VerfassungsUrkunde keine Ausnahme bestimmt, verbunden. Insbesondere sind alle Befreiungen von direkten und indirekten Abgaben aufgehoben. Auch darf kein fortan steuerbares Objekt anders, als mit der darauf haftenden Steuerlast veräußert werden. In wie fern diejenigen, welche durch das bisherige Steuerverhältniß verlezt sind, die Entschädigung aus der Hauptlandeskasse erhalten, soll durch ein Gesez geordnet werden. § 15. Die Fürstlichen Standesherrn treten in die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Verpflichtungen ein, jedoch mit den Vorzügen, welche ihnen die deutsche Bundesakte zusichert. § 16. Jedem steht die Wahl seines Berufes und Gewerbes nach eigener Neigung, und mit Beobachtung der gesezlichen Ordnung frei. Unter Beobachtung der für die Vorbereitung zum Staatsdienste bestehenden Geseze ist es jedem überlassen, sich für seine Bestimmung im Inn- oder Auslande auszubilden.

§ 19. Jeder, ohne Unterschied der Religion, genießt im Fürstenthume ungestörte Gewissensfreiheit. Diese kann jedoch niemals zum Vorwande gebraucht werden, um sich irgend einer nach den Gesezen obliegenden Verbindlichkeit zu entziehen. Den vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte, und das Recht der öffentlichen Ausübung des Religionskultus gewähren die anerkannten christlichen Glaubensbekenntnisse. Andere Glaubensgenossen können zur Theilnahme an diesen Rechten nur in dem Verhältnisse zugelassen werden, als sie durch die Grundsäze ihrer Religion an der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten nicht gehindert werden. Die bestehenden Verträge und Edikte über ihre Aufnahme in den Staatsverband können nur durch die Gesezgebung abgeändert werden. § 20. Die Freiheit der Person und des Eigenthums ist in dem Füüstenthume keiner andern Beschränkung unterworfen, als welche durch Recht und Gesez bestimmt wird. Die Freiheit der Presse und des Buchhandels findet mit Beobachtung der gegen den Mißbrauch bestehenden oder künftig zu erlassenden Geseze statt.

§ 17. Alle Staatsangehörigen haben ohne Unterschied zu allen Civil- Militair- und Kirchenstellen bei gleicher Befähigung gleiche Ansprüche.

§ 21. In dem Umfange des Fürstenthums darf keine Leibeigenschaft bestehen. Über die Ablösungsart der daraus hervorgehenden Abgaben sollen die nähern gesezlichen Bestimmungen erlassen werden. Alle ungemessenen Frohnen sollen nach zu treffenden gesezlichen Bestimmungen in gemessene umgewandelt werden, und auch diese ablösbar sein. Über die Ablösung anderer Lasten und Grundabgaben soll die Gesezgebung ebenfalls das Erforderliche bestimmen.

§ 18. Über das Recht zu Begründung eines Familienstandes mittelst einzugehender Ehe soll ein Gesez zur Verabschiedung mit den Ständen gebracht werden.

§ 22. Das Eigenthum kann für öffentliche Zweke nur gegen vorgängige volle Entschädigung, und nachdem in administrativem Wege zuvor über die Nothwendig-

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN keit entschieden ist, in Anspruch genommen werden. Entsteht noch ein Streit über die Summe der Entschädigung, und will sich der Eigenthümer mit dem festgesezten Betrage nicht beruhigen, so ist die Sache im ordnungsmäßigen Rechtswege zu erledigen, jedoch einstweilen die festgesezte Entschädigungssumme auszubezahlen, wogegen aber die Abtretung des betreffenden Gegenstandes sogleich zu geschehen hat. § 23. Jedem Landeseingebornen steht das Recht der freien Auswanderung ohne Bezahlung einer Nachsteuer unter Beobachtung der gesezlichen Bestimmungen zu, sobald er seine Schulden und andere Obliegenheiten berichtiget, und hinreichende Versicherung ausgestellt hat, daß er inner Jahresfrist hinsichtlich der vor seinem Wegzuge erwachsenen Ansprüche vor den dießeitigen Gerichten Recht geben wolle. Durch den Wegzug verliert der Auswandernde das Staatsbürgerrecht für sich und seine mit ihm wegziehende Gattin und Kinder. § 24. Wer in auswärtigen Staatsdienst ohne einen auf sein Ansuchen zugestandenen Vorbehalt des Staatsbürgerrechtes eintritt, wird desselben verlustig. Ist hingegen mit landesherrlicher Bewilligung bei dem Wegzuge in einen fremden Staat das Staatsbürgerrecht in dem Fürstenthume vorbehalten, und zugestanden worden, so muß der Wegziehende allen staatsbürgerlichen Pflichten bei Verlust der Bewilligung in jeder Hinsicht Genüge leisten. § 25. Jeder Landesangehörige männlichen Geschlechtes ist verbunden, soweit nicht eine gesezliche Ausnahme für ihn besteht, an der ordentlichen Kriegsdienstpflicht Antheil zu nehmen, und der Militärauswahl sich zu unterziehen. Die Stellvertretung wird unter Beobachtung der gesezlichen Vorschriften gestattet. In außerordentlichen Nothfällen ist jeder Waffenfähige zur Vertheidigung des Vaterlandes verpflichtet.

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§ 26. Niemand soll seinem gesezlichen Richter entzogen werden. § 27. Alle Vermögenskonfiskationen sind aufgehoben. Es kann jedoch die Konfiskation einzelner Sachen, welche als Werkzeug oder Gegenstand eines Vergehens gedient haben, oder dienen können, auch künftig statt finden. § 28. Kein Landeseinwohner darf anders, als in den durch das Recht und die Geseze bestimmten Fällen und in den gesezlichen Formen verhaftet und bestraft werden. Keiner darf länger als 24 Stunden über die Ursache seiner Verhaftung in Ungewißheit gelassen werden, und dem ordentlichen Richter ist, wenn die Verhaftung von einer andern Behörde verfügt wurde, in möglichst kurzer Zeitfrist von derselben Nachricht zu geben. § 29. Ausschließliche Handels- und Gewerbs-Privilegien können nur in Folge eines Gesezes oder mit besonderer für den einzelnen Fall gültigen Beistimmung der Stände ertheilt werden. Dem Ermessen der Regierung bleibt überlassen, nüzliche Erfindungen durch Patente zu deren ausschließlicher Benuzung bis auf die Dauer von 10 Jahren zu belohnen. § 30. Jeder hat das Recht, über gesez- und ordnungswidriges Verfahren der Landesbehörden, über Verzögerung der Entscheidung bei der unmittelbar vorgesezten Stelle schriftliche Beschwerde zu erheben, und nöthigen Falls stufenweise bis zur höchsten Behörde zu verfolgen. Wird die angebrachte Beschwerde von der vorgesezten Behörde ungegründet gefunden; so ist leztere verpflichtet, den Beschwerdeführer über die Gründe ihres Erkenntnisses zu belehren. § 31. Jeder Einzelne sowohl, als ganze Korporationen sind berechtiget, schriftliche Beschwerden und Gesuche an die Ständeversammlung zu bringen, wenn sie sich in ihren Rechten verlezt oder bedroht halten.

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) Im Falle einer Beschwerdeführung müssen sie sich jedoch über die vorgängige Befolgung des §. 30 ausweisen. § 32. Gesuche und Anträge Einzelner oder ganzer Korporationen an den Landtag hinsichtlich solcher Interessen, welche nicht die innern Landesangelegenheiten betreffen, sind unzuläßig.

III. TITEL Von den Kirchen, Stiftungen und Unterrichtsanstalten § 33. Die geistliche Gewalt darf in rein geistlichen Gegenständen der Religionslehre nicht gehemmt werden, als in so weit das oberhoheitliche Schuz- und Aufsichtsrecht des Landesfürsten eintritt, wonach keine Verordnungen und Geseze der Kirchengewalt ohne vorgängige Einsicht und Genehmigung des Landesherrn verkündet und vollzogen werden dürfen. § 34. Zu erledigten Kirchenstellen können nur diejenigen gelangen, welche die staatsgesezliche und kirchliche Befähigung ausweisen. Die Ausübung der Patronatrechte ist an diese Vorschriften gebunden, und untersteht der landesherrlichen Bestätigung. Die vorgesezten Behörden werden zuvor mit ihrem Antrage hierüber gehört werden. § 35. Die Geistlichen sind in Ansehung ihrer rein bürgerlichen Handlungen und Verhältnisse der weltlichen Obrigkeit untergeben. § 36. Die Beschwerden über Mißbrauch der Amtsbefugnisse der Geistlichkeit können bei der weltlichen Behörde angebracht werden, welche sich darüber mit der Kirchenstelle benehmen wird. Dagegen gewährt der Staat den Geistlichen jede zu ihren Amtsverrichtungen erfoderliche gesezliche Unterstüzung.

§ 37. Der katholischen Kirche im Fürstenthume wird ein Kirchenfond zu Bestreitung ihrer nothwendigen Auslagen für kirchliche Anstalten ausgeschieden werden. § 38. Das Kirchengut und das Vermögen der Stiftungen für Religions-Unterrichtsund Wohlthätigkeits-Anstalten kann unter keinem Vorwande und keiner Bedingung eingezogen werden. Ueber die Verwaltung soll die Gesezgebung verfügen. § 39. Das gesammte Vermögen der Kirche und der Stiftungen wird genau nach den Anordnungen der Stiftungsbriefe und in deren Ermanglung nach ihren ursprünglichen Zweken verwaltet werden. Nur in dem Falle, wenn der Zwek nicht mehr erreicht werden kann, ist mit Zustimmung der Betheiligten, und in so fern allgemeine Landesanstalten in Betracht kommen, oder gar keine Betheiligten mehr vorhanden sind, mit Einwilligung der Landstände die Verwendung zu ähnlichen Zweken gestattet. § 40. Für die Unterrichtsanstalten und den Unterhalt der öffentlichen Lehrer wird zwekmäßig gesorgt werden.

IV. TITEL Von den Gemeinden § 41. Die Gemeinden sind die Grundlage des Staatsvereins. Jeder Staatsbürger muß daher, sofern nicht bisher eine Ausnahme bestanden hat, oder künftig gesezlich besteht, einer Gemeinde als Bürger oder Beisizer angehören. Die Ertheilung des Bürger- oder Beisizrechtes sezt die vorgängige Erwerbung des Staatsbürgerrechtes voraus. Sämmtliche zu einem Amte gehörige Gemeinden bilden den Amtsverband. Die Veränderung der Amtsbezirke ist der Staatsregierung vorbehalten, jedoch nur in

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN so weit, daß kein einem andern Amte zuzutheilender Ort von dem neuen Amtssize mehr als vier Poststunden entfernt seyn darf. § 42. Die innere Verfassung der Gemeinden wird durch ein besonderes Gesez geordnet werden, welches auf folgenden Grundlagen beruht: a.) freie Wahl der Vorsteher vorbehaltlich des Bestätigungsrechts der Regierung, b.) selbstständige Verwaltung des Vermögens und der örtlichen Einrichtungen unter Oberaufsicht der Regierung, in Beziehung auf Gemeindehaushalt, Schuldentilgung und Konkurrenz zu Schulen und Ortspolizeianstalten, c.) das Recht der Gemeinde, Bürger und Beisizer aufzunehmen, mit Vorbehalt der gesezmäßigen Entscheidung der Staatsbehörden in streitigen Fällen, d) das Rechtsverhältniß der Gemeinden als moralische Personen. § 43. Das Vermögen und Einkommen der Gemeinden kann unter keiner Voraussezung zu dem Staatsvermögen eingezogen werden. § 44. Keine Staatsbehörde ist befugt, über das Eigenthum der Gemeinden mit Umgehung oder Hintansezung der Ortsbehörden zu verfügen. § 45. Weder der ganze Amtsverband, noch einzelne Gemeinden sollen mit Leistungen und Abgaben beschwert werden, wozu sie nicht vermöge allgemeiner Geseze oder besonderer Rechtstitel verbunden sind. § 46. Was nicht auf örtliche Bedürfnisse der Gemeinden oder des Amtsverbandes, sondern zu Erfüllung allgemeiner Landesverbindlichkeiten zu verwenden ist, kann nur auf das gesammte Land vertheilt werden.

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V. TITEL Von den Staatsdienern und von Ausübung der Staatsgewalt § 47. Die Staatsdiener werden von dem Landesfürsten ernannt, und zwar nach eingeholtem Antrage der vorgesezten Collegien, wobei jedesmal alle Bewerber aufzuzählen sind. Wo besondere Rechte eine Ausnahme für die Ernennung begründen, steht dem Landesfürsten das Bestätigungsrecht zu. § 48. Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor gesezmäßig geprüft und für tüchtig erkannt zu seyn. Landeseingeborne sind bei gleicher Tüchtigkeit vorzugsweise vor Fremden zu berüksichtigen. Die Mitglieder der höchsten Landesbehörde ernennt der Landesfürst nach eigener freier Entschließung, ohne hiebei an vorstehende Beschränkungen gebunden zu sein. § 49. Kein Staatsdiener, der ein Richteramt bekleidet, kann aus irgend einer Ursache ohne richterliches Erkenntniß seiner Stelle entsezt, entlassen, oder auf eine geringere Dienststelle versezt werden. Durch ein besonderes Gesez soll festgesezt werden, in wiefern diese Bestimmung hinsichtlich der übrigen Staatsdiener Ausnahmen erleidet, und welche Normen in Beziehung auf die sonstigen Verhältnisse der Staatsdiener in Anwendung kommen. § 50. Alle von dem Landesfürsten ergehenden Verfügungen, welche die Staatsverwaltung betreffen, müssen von einem der obersten Staatsbeamten mitunterzeichnet seyn, welcher dadurch für ihren Inhalt verantwortlich wird. § 51. Auf gleiche Weise sind auch alle übrigen Staatsdiener und Behörden in ihrem Wirkungskreise, soweit er die Staatsverwaltung betrifft, verantwortlich; sie haben bei eigener Verantwortlichkeit nur die

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) ihnen von den geeigneten Stellen in der ordnungsmäßigen Form zukommenden Anweisungen zu beobachten. Sind sie im Zweifel, ob die Stelle, welche ihnen einen Auftrag ertheilte, dazu kompetent sey, so haben sie darüber bei ihrer vorgesezten Behörde anzufragen, so wie ihnen auch obliegt, wenn sie bei dem Inhalte einer höhern Verfügung Anstände finden, solche auf geziemende Weise, und unter Vermeidung jeder nachtheiligen Verzögerung der verfügenden Stelle vorzutragen, im Falle eines beharrenden Bescheides aber die Verfügung zu befolgen. § 52. Der Landherr vertritt den Staat in allen seinen Verhältnissen gegen auswärtige Staaten. Es kann jedoch durch Verträge mit Auswärtigen kein Theil des Staatsgebietes und des Staatseigenthums veräußert, keine neue Last auf das Fürstenthum und dessen Angehörige übernommen, und kein Landesgesez abgeändert oder aufgehoben, auch keine Verpflichtung, welche den Rechten der Staatsbürger Eintrag thun würde, eingegangen werden, ohne daß die Zustimmung der Landstände vor dem Abschlusse eingeholt, und gegeben worden ist. Von dieser Zustimmung sind aber die bereits mit auswärtigen Staaten geschlossenen Verträge für ihre vertragsmäßige Dauer ausgenommen. § 53. Alle Subsidien und Kriegskontributionen, so wie andere ähnliche Entschädigungsgelder und sonstige Erwerbungen, welche dem Landesfürsten zu Folge eines Staatsvertrags, Bündnisses, Krieges, und überhaupt in seiner Eigenschaft als Landesherr zu Theil werden, sind Staatseigenthum. § 54. Ohne Beistimmung der Stände-Versammlung kann kein Gesez gegeben, aufgehoben, abgeändert, oder authentisch erläutert werden. Dieselben Bestimmungen finden auch bei den Gesezen über das Landespolizeiwesen Statt.

§ 55. Der Landesherr hat das Recht, ohne Mitwirkung der Ständeversammlung die zu Vollstrekung und Handhabung der Geseze erfoderlichen Verordnungen und Anstalten zu treffen, und in dringenden Fällen zur Sicherheit des Staats das Nöthige vorzukehren. Durch solche Vorkehrungen darf jedoch keine Verfassungs-Bestimmung abgeändert oder aufgehoben werden, auch bleibt der kontrasignirende Staatsbeamte dafür verantwortlich, daß das Staatswohl die Eile geboten habe. Wenn die Vorkehrungen noch fortbestehen, müssen sie der nächsten Ständeversammlung zur Beistimmung vorgelegt werden. § 56. Die Gerichte sind innerhalb der Grenzen ihrer gesezlichen Wirksamkeit unabhängig von aller Einwirkung durch die Regierung. § 57. Der Fiskus hat vor den ordentlichen Gerichten Recht zu geben, und zu nehmen. § 58. Keinem Bürger, der sich durch einen Akt der Staatsgewalt in seinem auf einem besondern Titel beruhenden Privatrechte verlezt glaubt, kann der Weg zum Richter verschlossen werden. § 59. Die Berufung an den obersten Gerichtshof, oder an eine auswärtige Juristenfakultät darf unter Beobachtung der gesezlichen Vorschriften Niemanden erschwert oder gehindert werden. § 60. Dem Landesherrn steht das Recht der Begnadigung und Abolition mit Ausnahme der im Tit. XII. §. 195. bestimmten Fälle zu; derselbe wird aber bei Ausübung dieser Rechte darauf Rüksicht nehmen, daß dem Ansehen und der Wirksamkeit der Strafgeseze nicht zu nahe getreten werde. § 61. Alle Gerichtsstellen haben ihren Entscheidungen und Urtheilen Gründe beizufügen.

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN § 62. Dem Landesherrn steht innerhalb der bundesmäßigen Verpflichtung die Verfügung über das Militair, über die Formation desselben, über die Disziplinar-Verwaltung, und das Recht zu, alle den Kriegsdienst betreffenden Anordnungen zu erlassen. Die Zahl der zur ordentlichen Ergänzung des Bundes-Kontingents jährlich erfoderlichen Mannschaft wird mit den Ständen verabschiedet. Die zu dieser Ergänzung erfoderlichen, und nach den Bundesgesezen jährlich vorzunehmenden Aushebungen können von den Ständen auf erfolgenden Ausweis nicht verweigert werden. Aushebungen zu Vermehrung des Militairs über das bundesbeschlußmäßige Erfoderniß hinaus, die Auswahlordnung, die übrigen Landesvertheidigungsanstalten, die bürgerlichen Verhältnisse der unter dem Militair befindlichen Staatsangehörigen sind Gegenstände der Gesezgebung. § 63. Für die Regulirung der Militairpensionen und Invalidengehalte wird durch ein Gesez gesorgt werden. § 64. Veränderungen in der Organisation der Staatsbehörden, worunter Dienst- und Geschäftsordnungen, auch Disziplinarverfügungen nicht gehören, (§. 55) können nur auf dem Wege der Gesezgebung vorgenommen werden.

VI. TITEL Von dem Wirkungskreise der Landstände § 65. Die Landstände sind das gesezmäßige Organ der Gesammtheit der Staatsbürger, und als solches berufen, deren Rechte im Verhältniß zur Regierung nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde geltend zu machen, und das allgemeine Wohl des Fürsten und des Landes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsäze der Verfassung möglichst zu befördern.

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§ 66. Die Wirksamkeit der Stände hat sich vorzüglich auf folgende Gegenstände zu erstreken: a.) auf die verfassungsmäßige Mitwirkung zur Gesezgebung, b.) auf die Steuerbewilligung, c.) auf die Mitwirkung bei der Militairaushebung (Tit. V. §. 62.), d.) auf die Mitwirkung bei der Landesfinanzverwaltung, e.) auf das Recht der Beschwerden und Anträge in Beziehung auf Staatsverwaltung überhaupt und im Einzelnen, und auf das Recht der Anklage wegen Verfassungsverlezungen. § 67. Die Gesezentwürfe werden nur von dem Landesfürsten an die Ständeversammlung gebracht; verweigert diese die Beistimmung, so kann der Entwurf auf demselben Landtage ohne wesentliche Abänderung nicht mehr in Antrag gebracht werden. Den Ständen steht es zu, im Wege der Vorstellung auf neue Geseze, so wie auf Abänderung oder Aufhebung der bestehenden anzutragen. § 68. Ohne Beistimmung der Stände können weder direkte noch indirekte Steuern, noch irgend eine sonstige Landesabgabe oder allgemeine Leistung, sie habe einen Namen, welchen sie wolle, ausgeschrieben und erhoben werden. Dieser Beistimmung ist bei dem Steuerausschreiben ausdrüklich zu erwähnen. Auch die Art der Umlegung und Vertheilung aller öffentlichen Abgaben und Leistungen auf Personen und Gegenstände, so wie die Erhebungsweise erfordern die ständische Beistimmung. Die Bewilligung der Abgaben und Leistungen darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, welche nicht das Wesen oder die Verwendung derselben unmittelbar betreffen. Abgaben und Leistungen, welche zu Erfüllung allgemeiner Bundespflichten erfo-

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) derlich, und in dieser Beziehung genüglich ausgewiesen sind, dürfen nicht verweigert werden. Wenn die Steuerbewilligung in solchen Fällen verweigert, oder nur bedingt gegeben werden wollte, so bleibt der Landesfürst zu Ausschreibung der erfoderlichen Steuern ohne andere Mitwirkung berechtiget, und es ist allein deren zwekmäßige Verwendung in der Folge nachzuweisen. Die Steuerverwilligung geschieht in der Regel von einem ordentlichen Landtage zum andern, wenn nicht wegen eines zeitlichen außerordentlichen Bedürfnisses eine Abgabe auf kürzere Dauer bewilligt ist, oder solche Auflagen mit Staatsverträgen in Verbindung stehen, die auf längere Dauer geschlossen sind, in welchem Falle sie vor Ablauf des Vertrags nicht geändert werden können. § 69. In Beziehung auf die Landes-Finanz-Verwaltung ist den Ständen a.) für die nachfolgende Finanzperiode ein Voranschlag über sämmtliche Einnahmen und Ausgaben mit möglichster Vollständigkeit und Genauigkeit zur Prüfung und Beistimmung zu übergeben, mit welchem der Antrag auf die zu erhebenden Abgaben zu verbinden ist. b.) Bezüglich der vergangenen Finanzperiode ist eine genaue Nachweisung über die nach Maßgabe des Voranschlages geschehene Verwendung der bewilligten und erhobenen Abgaben von der Regierung mitzutheilen, vorbehaltlich der nachträglichen Genehmigung von gerechtfertigten, und des Rükgriffs gegen die Schuldigen bei nicht gerechtfertigten Ueberschreitungen. c.) Die Stände haben in Uebereinstimmung mit dem Landesfürsten über die Aktiven der Landeskasse zu verfügen. d.) Sie haben das Recht, mit landesherrlicher Genehmigung zu Dekung außerordentlicher Bedürfnisse die Aufnahme von Anleihen auf die Landeskasse zu bewilli-

gen, so daß ohne ihre Bewilligung keine die Staatsschuld vermehrenden Darleihen aufgenommen, noch andere die Landeskasse beschwerende und nicht durch den bereits genehmigten Etat herbeigeführte Verpflichtungen und Verträge eingegangen werden sollen. Bei Rüstungen zu einem Kriege und während der Dauer eines Krieges kann der Landesfürst zur schleunigen und wirksamen Erfüllung seiner Bundespflichten auch vor eingeholter Zustimmung der Stände gültige Landesanleihen machen, oder Kriegssteuern ausschreiben. Für diesen Fall wird jedoch ungesäumt eine Nachweisung über die Verwendung der Gelder der Ständeversammlung mitgetheilt, und dieselbe in außerordentlichem Wege, sobald nur immer möglich, einberufen werden. e.) Zu Besezung der Landeskassierstelle werden von den Ständen dem Landesherrn geeignete Personen zu Auswahl und Ernennung vorgeschlagen. Die Instruirung geschieht gemeinschaftlich. § 70. Die Stände sind berechtiget, in Beziehung auf Mängel und Mißbräuche, die sich in der Landesverwaltung oder Rechtspflege ergeben, in Folge Beschlusses Vorstellungen und Beschwerden dem Landesfürsten vorzulegen, und auf deren Abstellung anzutragen. Die in solchen Fällen verlangten aktenmäßigen Aufschlüsse werden niemals verweigert werden. Sie sind befugt, Beschwerden und Vorstellungen Einzelner oder ganzer Korporationen wegen widerrechtlicher Verlezung ihrer Interessen und Bedrükung anzunehmen, und an den Landesfürsten zu bringen, (Tit. II. §. 31. u. 32.) wenn nachgewiesen ist, daß die Beschwerdeführer die gesezlichen Wege bei den Landesstellen vergeblich eingeschlagen haben, und die Beschwerde selbst nach eingeholter Auskunft bei der obersten Landesbehörde als begründet erscheint. Auch jeder Abgeordnete kann solche Be-

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN schwerden annehmen und der Ständeversammlung zur Beschlußfassung vorlegen. Beschwerden gegen einzelne Staatsdiener, namentlich wegen Verlezung der Verfassung (Tit. XII. §. 192., Tit. V. §. 51.), Veruntreuung öffentlicher Gelder, Erpressung, Bestechung oder gröblicher Hintansezung ihrer Amtspflichten können die Stände entweder unmittelbar an den Landesfürsten bringen, oder an die kompetenten Gerichte im Wege förmlicher Klage gelangen lassen. Die erfolgte Abstellung der Beschwerden oder das Ergebniß der Untersuchung wird der Ständeversammlung oder dem Ausschusse eröffnet werden. Eben so werden der Ständeversammlung auch die Entschließungen über die von ihr vorgelegten Wünsche und Anträge mitgetheilt. § 71. Die Mittheilungen zwischen der Ständeversammlung und der Regierung geschehen durch die oberste Landesbehörde, oder deren Commissäre.

VII. TITEL Von den landesfürstlichen Domainen und dem Staatshaushalte § 72. Die zum Fürstenthume gehörigen Domainen des jezt regierenden Fürstlichen Hauses werden als wahres Stamm- und Fideikommißvermögen desselben unter nachfolgenden Bestimmungen anerkannt. § 73. Der Ertrag dieser Domainen und ihrer Zugehörden soll vorzugsweise für die Bedürfnisse des Fürstlichen Hauses und Hofes verwendet werden. § 74. Durch eine Uebereinkunft mit den Ständen soll festgesezt werden: a.) was als Bestandtheil des Domainenvermögens zu betrachten ist, b.) welche Ausgaben aus dem Ertrage desselben zu bestreiten,

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c.) welche Leistungen auf die Hauptlandeskasse zu überweisen sind, und d.) was bei der Unzulänglichkeit des Domainen-Ertrags für die Bedürfnisse des Fürstlichen Hauses und Hofes aus den Mitteln des Landes beigetragen werden soll. § 75. Der Ertrag der Hoheitsrechte wird der Hauptlandeskasse zugewiesen. § 76. In soweit die Bedürfnisse der Landeskasse nicht aus andern Einnahmen derselben bestritten werden können, ist der weitere Bedarf durch direkte oder indirekte Abgaben, welche zu dieser Kasse bezogen werden, zu deken. § 77. Die Veränderungen in der Finanzverfassung des Landes, sowohl hinsichtlich der Einnahmen als der damit verbundenen Ausgaben, treten vom 1. Mai d. J. an in Wirksamkeit, und die dießfallsige Liquidation zwischen der Fürstlichen Hofkammer und der Hauptlandeskasse hat unrüksichtlich auf den Zeitpunkt des endlichen Abschlusses der näheren Übereinkunft von diesem Termin an Statt zu finden. Die Hofkammerkasse bleibt aber bis zum Abschluß der Übereinkunft (§. 74.) im Besiz von drei Viertheilen des reinen Ertrags der Zoll- und Salzgefälle und bestreitet hieraus auch in so lange die bisher geleisteten Ausgaben auf die öffentliche Verwaltung. § 78. Bei Veräußerungen oder Belastungen des Fürstlichen Stamm- und Fideikommißvermögens, wozu nach den Hausgesezen der agnatische Konsens eingeholt werden muß, ist auch die Zustimmung der Stände erfoderlich. Die Mitwirkung der Stände in Betreff der Verwendung und Verwaltung der Domainen-Einkünfte, welche jedoch nur so lange, als ein Zuschuß von dem Lande vertragsmäßig vorbehalten bleibt, einzutreten hat, wird durch die besondere Nebeneinkunft (§. 74.) näher bestimmt werden.

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VIII. TITEL Bestellung der Abgeordneten durch Ernennung oder Wahl § 79. Für das Fürstenthum besteht eine allgemeine Ständeversammlung, an welcher alle Theile desselben nach Maßgabe der Verfassung Theil nehmen. § 80. Die Ständeversammlung wird zusammengesezt: a.) aus den Fürstlichen Standesherren oder ihren Abgeordneten; b.) aus einem Abgeordneten der Geistlichkeit; c.) aus 14 Abgeordneten der aus sämmtlichen Gemeinden des Fürstenthums gebildeten sieben Wahlbezirke. § 81. Jedem der beiden Fürstlichen Standesherren steht das Recht zu, ihr Stimmrecht auf dem Landtage persönlich auszuüben, oder einen Abgeordneten in ihrem Namen zu dem Landtage zu senden. Der Abgeordnete muß jedoch die nemlichen persönlichen Eigenschaften besizen, welche durch gegenwärtige Verfassung §. 95. von einem Abgeordneten gefodert werden. § 82. Der Geistlichkeit soll das Recht zustehen, einen Abgeordneten zu wählen. Die Ernennung desselben geschieht durch die Wahl sämmtlicher in den drei Ruralkapiteln Siz und Stimme führenden Geistlichen nach der sich ergebenden relativen Stimmenmehrheit, wobei jedoch wenigstens ein Viertheil aller Stimmen erfoderlich ist. Der Gewählte muß im Besiz einer ständigen Kirchenpfründe inner Landes und sonst mit den Eigenschaften begabt sein, welche die gegenwärtige Verfassung von einem Abgeordneten fodert. § 83. Die Wahlstimmen der Stimmberechtigten sind in Stimmzeddeln, welche aus Rüksicht auf die Stellvertretung zwei Namen enthalten müssen, verschlossen und

mit einem Umschlage versehen, auf welchem der Name des Stimmenden steht, an den Dekan des Ruralkapitels einzusenden, und von diesem an den, dem natürlichen Alter nach ältesten Dekan als Wahlkommissär nebst einem Verzeichniß aller stimmgewährenden Kirchenstellen, und der zur Zeit bestehenden Vakaturen im Kapitel, zur Vergleichung mit den eingegangenen Stimmzeddeln, zu befördern. Im Falle der Verhinderung tritt der nächst älteste Dekan als Wahlkommissär ein. § 84. Die drei ältesten Geistlichen, wovon jedes Ruralkapitel einen zu stellen hat, sind bei der Eröffnung der Stimmzeddel als Urkundspersonen thätig. Im Falle ihrer Verhinderung treten diejenigen ein, die in dem natürlichen Alter ihnen zunächst folgen. Die Eröffnung der Stimmzeddel wird von den Urkundspersonen in Gegenwart des Wahlkommissärs in der Art vorgenommen, daß die mit dem Namen der Stimmenden versehenen Umschläge eröffnet, und die Stimmzeddel, ohne sie einzusehen, in eine Urne geworfen werden, wobei der Name des Stimmgebers aufgezeichnet wird. Die so aufgezeichneten Stimmgebungen werden mit den Verzeichnissen der Dekane und den Umschlägen verglichen, und sodann wird zur Eröffnung der eigentlichen Stimmzeddel geschritten. Wer hiebei die meisten Stimmen erhält, ist Abgeordneter, und derjenige, der nach diesem die meisten Stimmen, welche jedoch gleichfalls ein Viertheil betragen müssen, erhalten hat, ist Stellvertreter. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos. Das Wahlprotokoll, welches der betreffende Kapitelssekretär führt, enthält die Stimmenzahl mit Aufführung der einzelnen Wahlstimmen, und wird der Regierung vorgelegt, welche das Ergebniß der Wahl, wenn derselben kein gesezliches Hinderniß entgegen steht, durch das Wochenblatt bekannt macht.

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN Zugleich wird dem Gewählten von der Wahlkommission eine Urkunde über das Resultat der Wahl ausgefertiget, und von dem Wahlkommissär, den Urkundspersonen und dem Protokollführer unterzeichnet. Wird die Wahl nach §. 106. für nichtig und ungültig erklärt, so wird ungesäumt eine zweite Wahl vorgenommen. Wenn aber der Gewählte die Wahl nicht annehmen kann oder will, oder sein Austritt während des Landtags erfolgt, so tritt der Stellvertreter ein. § 85. Die Abgeordneten der einzelnen Wahlbezirke werden durch Wahlmänner ernannt, welche theils aus der höchstbesteuerten Klasse der Ortsbürger, theils durch die freie Wahl der gesammten Bürgerschaft bestellt werden. Je auf zehn Bürger einer Gemeinde, wobei auch die ruhenden Bürgerrechte in Anschlag kommen, wird ein Wahlmann berechnet, so daß auf 120 Bürger 12 Wahlmänner aufzustellen sind. Hiebei wird jede Zahl, welche 5 übersteigt, für vollständig, und jede nicht über 5 betragende Anzahl als gar nicht vorhanden angenommen, so daß auf 16 Bürger 2, auf 25 Bürger aber auch nur 2 Wahlmänner zu ernennen sind. § 86. Die Hälfte der aus einer Gemeinde zu stellenden Wahlmänner wird aus denjenigen Bürgern zusammengesezt, welche zur Zeit der vorzunehmenden Wahl die höchste direkte Staatssteuer, sei es aus eigenem oder nuznießlichem Vermögen an die Landeskasse zu entrichten haben, die andere Hälfte wird durch Wahl ernannt. Bei ungerader Zahl der Wahlmänner wird die größere Hälfte aus den Höchstbesteuerten genommen. § 87. Alle einzelnen Höfe und Ortschaften, welche eine eigene Markung bilden, stellen auch eigene Wahlmänner auf. Sind nicht mehr als drei stimmfähige Bürger,

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oder deren weniger vorhanden, so tritt entweder der einzige Hofbesizer als Wahlmann ein, oder es bestimmt unter Mehreren freie Uebereinkunft, oder das Loos den Wahlmann. Mehr als drei stimmfähige Bürger stellen einen Wahlmann, und zwar das einemal den Höchstbesteuerten, das anderemal einen Gewählten. Mehr als eilf Bürger stellen 2 Wahlmänner, den Höchstbesteuerten und einen Gewählten. § 88. Die Ausscheidung der Höchstbesteuerten geschieht durch den Ortsvorsteher in Vereinigung mit dem Ortsgerichte und Ausschuße auf die Grundlage der Steuerrodel, und wird vor Eröffnung des Wahlakts der Gemeinde bekannt gemacht. Jedem Betheiligten bleibt im Falle vermeintlicher Benachtheiligung die Berufung an die betreffenden Gerichtsstellen vorbehalten, welche zu besonderer Beschleunigung solcher Prozesse verpflichtet sind. Zur Zeit der Wahl ist sich an das zulezt erfolgte Erkenntniß zu halten. § 89. Die Ernennung der durch die Wahl zu bestellenden Wahlmänner erfolgt mittelst Abstimmung sämmtlicher hiezu einberufener Ortsbürger. Hiebei sind ohne Unterschied sowohl stimmfähig als wählbar alle Ortsbürger, welche a.) das 25te Lebensjahr zurükgelegt haben, b.) im Wohnorte als Bürger angesessen sind. Nur allein stimmfähig, nicht aber wählbar sind: c.) Wittwen und Waisen, welche im Besize eines Aktivbürgerrechtes sich befinden; Erstere durch ihre Söhne, Leztere aber durch Brüder, wenn beide das vorschriftsmäßige Alter besizen (Lit. a.) Weder stimmfähig noch wählbar sind: a.) die schon durch den Steuerbetrag zu Wahlmännern Berufenen,

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) b.) bloße Hintersaßen, Schuzgenossen u. dgl. c.) diejenigen, welchen die freie Vermögens-Verwaltung wegen Verschulden nicht zusteht, oder welche wegen Verschulden von der Ausübung des Stimmrechtes bei Gemeindeversammlungen für beständig, oder zur Zeit der Wahl ausgeschlossen sind. Wenn Jemand in mehreren Gemeinden Bürgerrecht und besteuertes Vermögen besizt, so ist er in allen diesen Orten wählbar, darf aber sein Stimmrecht nur in einer Gemeinde nach eigener Wahl ausüben. § 90. Die Abstimmung über die zu ernennenden Wahlmänner geschieht unter der Leitung des Ortsvorstehers mit Zuziehung von 2 Urkundspersonen, wovon die eine aus dem Gerichte, die andere aus dem Bürgerausschusse zu wählen ist. Die Stimmen werden im Durchgange von jedem Ortsbürger einzeln, und sogleich für so viele Wahlmänner abgegeben, als durch die Wahl aufzustellen sind; Bevollmächtigung darf keine Statt finden. § 91. Für die Wahl entscheidet relative Stimmenmehrheit, und bei Stimmengleichheit das Loos. Die Liste der sämmtlichen Wahlmänner, sowohl derjenigen, welche wegen der Größe des Steuerantheils eintreten, als der Gewählten, wird von dem Ortsvorsteher und den Urkundspersonen unterzeichnet, sogleich nach dem Wahlakte der versammelten Gemeinde bekannt gemacht und dem Amte vorgelegt, welches Bericht darüber an die Regierung erstattet, wenn sämmtliche Wahlmänner seines Amtsbezirkes bestellt sind. § 92. Der Wahlkörper erneuert sich bei jeder neuen Wahl, welche nicht in demselben Etatsjahre geschieht, auch nicht blos als Fortsezung einer frühern Wahlhandlung erscheint.

§ 93. Sind die Verhandlungen wegen Aufstellung der Wahlmänner in dem Wahlbezirke ganz bereiniget, so wird zu der Wahl der Abgeordneten unter Leitung eines von der Regierung zu ernennenden Commissärs, welchem die Verhandlungen über Aufstellung der Wahlmänner zugestellt werden, durch die versammelten in einen Amtsort des Wahlbezirks auf einen bestimmten Tag einzurufenden Wahlmänner geschritten. Die Vorladung der Wahlmänner ergeht drei Tage vor der Wahl mit Beifügung des Tags und der Stunde der Wahlhandlung. Die Wahlhandlung kann nur dann statt finden, wenn wenigstens ¾tel der Wahlmänner des Wahlbezirkes gegenwärtig sind. Würden an dem bestimmten Tage mehr als ¼tel sämmtlicher Wahlmänner nicht erscheinen, so haben die Ausbleibenden, soweit sie nicht durch legales Hinderniß, d. i. wegen ärztlich bescheinigter Krankheit, oder wenn häusliche Verhältnisse nach dem Zeugnisse der vorgesezten obrigkeitlichen Behörde ihre persönliche Gegenwart zu Hause wesentlich und unentbehrlich machen, abgehalten worden, die Kosten des zweiten Wahltags zu tragen. Keinem Wahlmanne ist verstattet, seine Stimme an einen andern zu übertragen, oder die Abstimmung schriftlich einzusenden. § 94. Die Wahlmänner sind in Ansehung der auszuwählenden Abgeordneten nicht auf ihren Wahlbezirk beschränkt; sie können auch einem, außer dem Wahlbezirke wohnenden Staatsbürger ihre Stimme geben. § 95. Wer als Abgeordneter wählbar, und zu dem Erscheinen auf dem Landtage befähigt seyn soll, muß folgende Eigenschaften besizen: 1.) er muß Staatsbürger seyn, 2.) das 26te Altersjahr erreicht haben, 3.) er muß sich zu der christlichen Religion bekennen,

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN 4.) er darf weder in eine Criminal-Untersuchung verflochten, noch durch gerichtliches Erkenntniß zur Dienstentsezung, oder zur Zuchthausstrafe verurtheilt worden, oder wegen eines angeschuldigten Criminalverbrechens blos von der Instanz entbunden seyn, auch soll er 5.) in dem freien Besize seiner Vermmögensverwaltung sich befinden, daher weder in einem Konkurse, Schuldverfahren, oder Bevogtung stehen, und 6.) inner Landes entweder ein besteuertes Vermögen oder ständiges Diensteinkommen besizen. § 96. Die Räthe und stimmgebenden Mitglieder der geheimen Konferenz und der Regierung können nicht zu Abgeordneten gewählt werden. Wirkliche Staats- und Standesherrliche Bezirks-Ober- und Unterbeamte können nicht inner des Wahlbezirks, zu welchem ihr Amtsbezirk ganz oder theilweise gehört, Geistliche nicht in dem Wahlbezirke, welchem ihr Wohnort angehört, zu Abgeordneten gewählt werden. Unter den 14 Abgeordneten der Wahlbezirke darf die Zahl der gewählten Geistlichen und Beamten aus allen Dienstklassen fünf nicht übersteigen. Würden mehrere Abgeordnete aus diesen Klassen gewählt, so haben diejenigen den Vorzug, für welche das Verhältniß ihrer Stimmenzahl zu der Anzahl der Wahlmänner des Bezirks sich am günstigsten ausspricht. Bei gleichen Verhältnissen entscheidet das Loos. Ein in zwei oder mehreren Bezirken Gewählter schließt einen einfach Gewählten nur dann aus, wenn seine Stimmenzahlen zusammengerechnet um zwei Drittheil mehr betragen, als die Stimmen des einfach Gewählten. Erfolgt die Ernennung eines Abgeordneten zu einem Staatsamte oder wird einem Abgeordneten, welcher zugleich Staatsdiener geistlichen oder weltlichen Standes ist,

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Beförderung, Gehaltszulage, Titel oder andere Auszeichnung verliehen, welche nicht durch ein Gesez begründet sind, so ist eine neue Wahl vorzunehmen, wobei jedoch der Austretende wieder gewählt werden kann. § 97. Jeder Wahlbezirk darf nur einen Staatsdiener oder Geistlichen zum Abgeordneten wählen. Ist wegen Nichtigkeit eine zweite Wahl nothwendig, so kann hiebei nur dann ein geistlicher oder weltlicher Beamter gewählt werden, wenn die gesezliche Zahl noch nicht voll ist, den einzigen Fall ausgenommen, wenn der bei der zweiten Wahl zu wählende Beamte oder Geistliche schon bei der ersten Wahl gewählt war, und diese nur wegen formellen Mängeln für nichtig erklärt wurde; in diesem Falle konkurrirt derselbe mit den früher Gewählten. Die bei Partial-Erneuerungen gewählten Geistlichen oder Beamten, sofern durch sie die gesezliche Zahl überschritten werden sollte, konkurriren nur unter sich selbst, und schließen keinen schon in der Versammlung befindlichen Abgeordneten aus dieser Klasse aus. § 98. In jedem Wahlbezirke wird zugleich ein Stellvertreter, mit Ausschluß von Beamten und Geistlichen, in einem besondern Wahlakte ganz so, wie der Abgeordnete selbst gewählt, welcher auch, gleich dem Abgeordneten, absolute Stimmenmehrheit haben muß. Für sich allein, ohne daß zugleich ein Abgeordneter gewählt wird, kann keine Stellvertreterswahl statt finden. Der Stellvertreter tritt ein, wenn ein Gewählter die Wahl nicht annimmt, oder während des Landtags seine Entlassung erhält, wenn er stirbt, oder die §. 95. gefoderten Eigenschaften verliert, und endlich, wenn er auf längere Zeit bei dem Landtage zu erscheinen gehindert ist, im leztern Falle jedoch nur auf die Dauer des Landtages. Die Ständeversammlung entscheidet über die Einberufung des Stellvertreters.

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) Bei Nichtigkeit einer Wahl (§. 106.) ist diese zu erneuern. § 99. An der für die Wahlhandlung ausgeschriebenen Tagfahrt versammeln sich die einberufenen Wahlmänner an dem ihnen zu bezeichnenden Wahlorte. Die Wahlhandlung wird, falls die Wahlmänner in gesezlicher Anzahl versammelt sind, von dem Regierungs-Commissär mit einem angemessenen, jedoch nur im Allgemeinen abgefaßten Vortrag über die Eigenschaften eines würdigen Abgeordneten und mit wirklicher Beziehung auf die Anordnungen des gegenwärtigen Grundgesezes eröffnet, sodann aber zu der handgelübdlichen Verpflichtung der anwesenden Wahlmänner geschritten. Dieselben geloben mit Handschlag, ihre Stimme nach eigener Ueberzeugung für das Beste des Landes bei der vorzunehmenden Wahl eines Abgeordneten zu dem Landtage abzugeben, und daß sie hiezu weder überredet, noch von irgend jemand beauftragt worden, auch sonst hiewegen weder etwas erhalten haben, noch annehmen werden. § 100. Das Wahlgeschäft wird durch den Regierungs-Commissär unter Beiziehung des Amtsaktuars als verpflichteten Protokollführers und dreier durch das Loos zu bestimmenden Wahlmänner aus verschiedenen Gemeinden als Urkundspersonen vorgenommen. Jeder Wahlmann giebt seine Stimme einzeln, ohne daß er von den übrigen gehört werden kann, in das Wahlprotokoll, und bestättiget die gegebene Abstimmung mit seiner Unterschrift. Wenn 2 Abgeordnete zu wählen sind, so geschieht es in einem Wahlakte. Es steht dem Abstimmenden unbenommen, statt der mündlichen Abstimmung einen Stimmzeddel offen oder verschlossen zum Protokoll abzugeben, welches aber in dem Protokoll ausdrücklich anzumerken, und die geschehene Übergabe durch den Abgebenden in dem Protokolle unterschrift-

lich anzuerkennen ist. In die Wahl selbst darf keine Behörde, besonders nicht diejenige, welche mit der Leitung des Wahlakts beauftragt ist, durch Empfehlung oder Vorschlag einer bestimmten Person oder sonst sich einmischen, und die Übertretung dieses Verbots ist als Verlezung der Verfassung zu bestrafen. Der Regierungskommissär hat einzig die Erhaltung der Ruhe und Ordnung, auch die vorschriftmäßige Beurkundung des Wahlakts wahrzunehmen. § 101. Ist die Abstimmung vollendet, so wird der Erfolg derselben nach Maßgabe der Stimmenzahl den versammelten Wahlmännern durch den Regierungskommissär bekannt gemacht. Die absolute Stimmenmehrheit entscheidet bei der Wahl des Abgeordneten. Hat sich bei der ersten Abstimmung eine absolute Stimmenmehrheit nicht ergeben, so muß zu einer zweiten Wahl geschritten werden. § 102. Bei der zweiten Abstimmung, wobei nur unter den bereits Vorgeschlagenen gewählt werden darf, entscheidet relative Stimmenmehrheit, und im Falle der Stimmengleichheit zwischen zwei Gewählten das Loos. Die Loosziehung erfolgt in Gegenwart sämmtlicher Wahlmänner, und wenn die Betheiligten nicht persönlich anwesend sind, so werden durch den Regierungskommissär die ältesten zwei Wahlmänner als Stellvertreter für die Ziehung bestimmt. Kann eine Wahl nicht an demselben Tage vollendet werden, so ist sie am nächstfolgenden fortzusezen und zu schließen. § 103. Der zum Abgeordneten Gewählte kann die Stelle ablehnen, muß aber binnen 10 Tagen von erlangter Kenntniß sich hierüber an die Regierung erklären. Erfolgt keine Erklärung, so ist die Wahl angenommen. Wer eine Wahl angenommen hat, kann nur

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN in Folge von Gründen von der Ständeversammlung entlassen werden. Der Urlaub für Staatsdiener, soweit nach §. 96. zu Abgeordneten gewählt werden können, wird, wenn nicht sehr erhebliche Gründe entgegen stehen, von dem Landesfürsten bewilliget werden. Die Gründe der Verweigerung, wenn solche erfolgen muß, werden im Allgemeinen der Ständeversammlung mitgetheilt werden. Wenn einem Staatsdiener der Urlaub verweigert wird, so ist der Wahlbezirk zu einer neuen Wahl berechtiget. § 104. Würde der Fall eintreten, daß derselbe Abgeordnete von mehreren Wahlbezirken gewählt werden sollte, so hat er sich ebenfalls binnen 10 Tagen zu erklären, aus welchem Wahlbezirke er die Wahl annehmen wolle. In den andern Wahlbezirken haben die Stellvertreter nach §. 98. einzutreten. Sollte sich ergeben, daß Vater und Sohn zugleich zu Abgeordneten in verschiedenen Wahlbezirken gewählt werden; so wird, wenn der Vater nicht aus eigener Entschließung zurücktreten will, der Sohn durch denselben ausgeschlossen, und muß in dem Bezirke, wo dieser Sohn gewählt wurde, der Stellvertreter statt desselben eintreten. § 105. Sobald der Wahlakt vollendet ist, wird das Wahlprotokoll mit kurzem Beiberichte an die Regierung eingeschikt, dem Gewählten aber zu seiner Nachweisung eine Wahlurkunde mit der Unterschrift sämmtlicher zur Leitung und Beurkundung der Wahl zugegen gewesenen Personen ausgefertigt, worüber derselbe wegen Wahrung der Frist (§. 103.) einen Empfangschein abzugeben hat. § 106. Sollten bei der Wahl die vorgeschriebenen Formen nicht beachtet worden seyn, den Gewählten die gesezlichen Eigenschaften fehlen, gesezwidrige Einwirkungen und strafbare Umtriebe statt gefunden

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haben, so ist die Wahl ungültig und nichtig. Haben ein oder mehrere Nichtbefugte als Mitstimmende an der Wahl Theil genommen, so bleibt leztere demungeachtet gültig, wenn die dadurch entstehende Differenz in der Stimmenzahl keinen Einfluß auf die Stimmenmehrheit für den Gewählten hat. Ist dieses aber der Fall, so ist die Wahl nichtig. Bei Partial-Erneuerungen der Ständeversammlung prüft der zurükbleibende Theil als Commission die Wahlen der neu Eintretenden, so fern wenigstens drei der ältern Mitglieder gegenwärtig sind, unter Vorsiz des Vorstandes des Ausschusses. Bei einer Integral-Erneuerung werden die Wahlen in Abtheilungen geprüft. Die Ständeversammlung, welcher das Erkenntniß über die Gültigkeit und Ungültigkeit der Wahlen zukommt, veranlasst nöthigen Falls wegen Umtrieben und gesezwidrigen Einwirkungen eine Untersuchung durch die ordentlichen Gerichte, welches Recht auch der Regierung, so wie jedem Betheiligten zusteht. § 107. Die Regierung hat eine neue Wahl sogleich anzuordnen: a.) wenn eine Wahlhandlung an solchen offenbaren Formfehlern leidet, welche ihre Nichtigkeit unzweifelhaft machen. b.) wenn der Gewählte selbst erklärt, daß er die gesezlichen Eigenschaften nicht besize. § 108. Die Kosten der Wahlhandlung werden aus der Landeskasse berichtiget; sie haben sich allein auf ein angemessenes Taggeld für die Wahlmänner, so fern solches verlangt wird, sodann auf die Reise- und Verpflegungskosten des Commissärs und überhin bei denjenigen, welche über 4 Poststunden von dem Wahlorte entfernt wohnen, auf mäßige Reisekosten zu beschränken. Das Taggeld für jene Wahlmänner, die nicht in dem Wahlorte selbst wohnen, wird vorerst auf vierzig Kreuzer, und auf zwanzig Kreuzer für die in dem Wahlorte selbst

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) wohnenden bestimmt. Wird die Wahl wegen eines Verschuldens nichtig erklärt, so ist hinsichtlich des Kostenpunkts sich an den schuldigen Theil zu halten. § 109. Der Gewählte ist als Abgeordneter, nicht seiner Kommittenten, oder des einzelnen Wahlbezirkes, sondern des ganzen Landes anzusehen. Es kann ihm daher auch keine Instruktion, an welche er bei seinen künftigen Abstimmungen gebunden wäre, zugestellt werden.

IX. TITEL Von dem Landtage § 110. Die Versammlung der Ständemitglieder auf vorgegangene gesezmäßige Einberufung bildet den Landtag. § 111. Der Landesherr allein hat das Recht, die Ständemitglieder zu einem ordentlichen oder außerordentlichen Landtage zu berufen; den ordentlichen oder außerordentlichen Landtag zu schließen, denselben aus besondern der Ständeversammlung mitzutheilenden Gründen bis auf drei Monate zu vertagen, oder aufzulösen. § 112. Der Landesherr wird die Zusammenkunft der Ständeversammlung verordnen, so oft er solches zur Erledigung wichtiger und dringender Landesangelegenheiten nöthig erachtet. Die Einberufung zu einem ordentlichen Landtage muß alle drei Jahre geschehen, und es ist dafür, der Regel nach, der Zeitraum zwischen dem 15. September und 15. November bestimmt. Die gewöhnliche Dauer des Landtags wird auf die Zeit von sechs Wochen festgestellt; doch soll eine Verlängerung dieses Termins bis auf weitere sechs Wochen nicht verweigert werden, falls sich die Ständeversammlung erklärt, daß ihre Geschäfte noch nicht beendigt seien.

§ 113. Nach erfolgter Auflösung des Landtags soll eine neue Wahl angeordnet, und die neuerwählte Ständeversammlung wieder einberufen werden. Auch die standesherrlichen Vollmachten sind zu erneuern. Wird aber eine neue Wahl binnen drei Monaten nach Auflösung des Landtags, und in solcher Zeit vorzunehmen, nicht angeordnet, so gelangen die Vollmachten der Mitglieder der aufgelösten Ständeversammlung wieder in Gültigkeit, und die Auflösung ist als nicht geschehen zu betrachten. In jedem Falle hat die Einberufung der Stände auf einen Zeitpunkt zu erfolgen, welcher von dem Tage der Auflösung nicht über vier und einen halben Monat entfernt ist. § 114. Im Falle der Vertagung findet keine besondere Einberufung Statt, sondern die Ständemitglieder haben sich auf den vorher zu bestimmenden Zeitpunkt zu versammeln. § 115. Ein außerordentlicher Landtag ist jedesmal nöthig bei einem Regierungswechsel, dergestalt, daß die Mitglieder der Ständeversammlung dreißig Tage nach eingetretener Regierungsveränderung eingerufen werden sollen. Ist eine Auflösung vorhergegangen, und noch keine neu gewählte Versammlung vorhanden, so sind die Wahlen so zu beschleunigen, daß die Einberufung längstens auf den sechzigsten Tag nach eingetretener Regierungsveränderung zu erfolgen hat. § 116. Durch einen außerordentlichen Landtag kann die regelmäßige Reihenfolge der ordentlichen Landtage nicht unterbrochen werden. § 117. Außer der in dem gegenwärtigen Verfassungsgeseze bezeichneten Ordnung kann sich der Landtag nicht konstituiren, und auch keine gültigen Beschlüsse fassen.

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN § 118. Alle der Ständeversammlung zukommenden Rechte können nur auf dem Landtage in gesezlich geordneter Versammlung und unter den Bedingungen ausgeübt werden, welche in dem gegenwärtigen Grundgeseze ausgesprochen sind. § 119. Alle Anfoderungen an die Ständeversammlung, welche von ihrer Bewilligung abhängen, sollen nur auf dem Landtage und nie auf einem andern Wege gemacht werden. § 120. Die Wahl der Abgeordneten geschieht auf sechs Jahre. Die Hälfte der Abgeordneten der Wahlbezirke wird jedoch nach drei Jahren erneuert, und durch neue Wahlen ersezt. Dieser Austritt wird das Erstemal durch das Loos, in der Folge aber durch die Reihenfolge bestimmt. Jeder Austretende ist wieder wählbar. § 121. Die Wahl der Abgeordneten soll nicht früher als sechs Wochen vor der Einberufung der Ständeversammlung geschehen. Die Einberufung der Ständemitglieder zu einem Landtage erfolgt mittelst einer landesherrlichen Verordnung in dem Gesezblatte, und bezeichnet den Tag und Ort, an welchem der Landtag sich zu versammeln hat. Es wird statt eines besondern und förmlichen Einberufungsschreibens jedem Mitgliede der Ständeversammlung ein Abdruk dieser Verordnung gegen Empfangsbescheinigung zugeschikt. § 122. Auf die ergangene Einberufung haben die Ständemitglieder persönlich zu erscheinen. Eine Übertragung ihrer Stimme an Andere darf nicht Statt finden. Im Falle gesezlicher Verhinderung hat das betreffende Ständemitglied an die Landesherrliche Commission Anzeige zu machen, und zwar wo möglich noch vor Eröffnung des Landtags. Ist das Hinderniß bleibend, so muß der Stellvertreter einberufen werden. (Tit. VIII. §. 98.)

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§ 123. Der Landtag wird von dem Landesfürsten in eigener Person, oder durch einen Bevollmächtigten desselben mit angemessener Feierlichkeit eröffnet, wobei sämmtliche neu eintretende Ständemitglieder folgenden Eid schwören: „Ich gelobe, die Staatsverfassung zu halten, und in der Ständeversammlung das unzertrennliche Wohl des Landesfürsten und des Vaterlandes ohne Nebenrüksichten nach meiner eigenen Überzeugung zu beobachten.“ „So wahr mir Gott helfe.“ Die erst nach der Eröffnung eintretenden Mitglieder der Ständeversammlung werden auf diesen Eid von dem Direktor verpflichtet. § 124. Die einzelnen Gesezesvorschläge werden während der Dauer des Landtages, und sobald sie die landesherrliche Bestätigung erhalten haben, nach vorhergegangener Anzeige an die Ständeversammlung in dem Gesezblatte mit der Unterschrift des Landesfürsten und eines verantwortlichen Beamten versehen, verkündet, ohne daß diese Bekanntmachung bis zum Schlusse des Landtags verschoben wird. Im Falle der nicht gewährten landesherrlichen Zustimmung werden die Beweggründe der Ständeversammlung mitgetheilt werden. Der vor Beendigung der Sizungen der Ständeversammlung zu eröffnende landesherrliche Landtagsabschied wird eine Zusammenstellung aller mit dem Landtage genommenen Abschlüsse enthalten. Die Landtagsabschiede werden doppelt gefertiget. Ein Exemplar wird der Regierung, das andere der Ständeversammlung mitgetheilt. Die Bekanntmachung der Geseze wird mit Anführung der vorausgegangenen Vernehmung der Regierung und der Zustimmung des Landtags geschehen. § 125. Der Landtag wird von dem Landesfürsten in eigener Person oder durch

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) einen landesherrlichen Commissär auf eine feierliche Weise geschlossen.

§ 126. Bei der Auflösung eines jeden Landtags und bei der Entlassung eines ordentlichen Landtags muß ein Ausschuß gewählt werden, wobei dessen vorige Mitglieder, sofern sie in der Ständeversammlung verbleiben, wieder wählbar sind. Zu dieser Wahl wird der Ständeversammlung jedesmal, auch bei der Auflösung, die erfoderliche Sizung noch gestattet. Sollten außerordentliche Umstände ihr unmöglich machen, diese Sizung noch zu halten; so haben die bisherigen Mitglieder oder deren Stellvertreter die Geschäfte des Ausschusses fortzusezen.

§ 127. Kein Mitglied der Ständeversammlung kann während der Dauer des Landtages ohne Einwilligung der Ständeversammlung verhaftet werden, den Fall der Ergreifung auf frischer That wegen eines peinlichen Verbrechens ausgenommen. In lezterm Falle ist aber die Ständeversammlung mit Angabe des Grundes von der geschehenen Verhaftung unverzüglich in Kenntniß zu sezen. Wird ein Abgeordneter während sechs Wochen vor Eröffnung des Landtags in Verhaft genommen, so ist dem Ausschuß mit Angabe des Grundes ungesäumt davon Kenntniß zu geben.

§ 128. Die Ständemitglieder erhalten aus der Landeskasse, neben Erstattung billiger Reisekosten, während der Dauer des Landtags angemessene Diäten nach der Bestimmung des §. 177. der Geschäftsordnung. Die standesherrlichen Bevollmächtigten haben, sofern die Standesherrn von der Stellvertretung Gebrauch machen, hierauf keinen Anspruch.

X. TITEL Geschäftsordnung für die Landtage § 129. Zu den in der Verfassungsurkunde festgesezten Landtagen, gleichwie auch zu den besonders angeordneten außerordentlichen Landtagen, versammeln sich nach vorher erfolgter landesherrlicher Einberufung alle Ständemitglieder an dem hiezu bestimmten Orte und zu der bestimmten Zeit. § 130. Die Stelle des Landtagsdirektors vertritt bis zur landesherrlichen Ernennung desselben das älteste rechtskundige Mitglied der Stände-Versammlung. Die Stelle des Sekretärs übernimmt, bis zur Wahl desselben, das jüngste rechtskundige Ständemitglied. Wenn keine rechtskundigen Abgeordneten vorhanden sind, so werden diese Stellen beziehungsweise von dem ältesten und jüngsten Mitgliede der Versammlung eingenommen. § 131. Jedem Mitgliede der Ständeversammlung ist bei seinem ersten Eintritte von dem Direktor ein Abdruk der Verfassungsurkunde mit sämmtlichen Beilagen zuzustellen. Neugewählte Angeordnete weisen sich durch Uebergabe ihrer Wahlurkunde nach Tit. VIII. §.105. und die standesherrlichen Abgeordneten durch eine von den Fürstlichen Standesherrn vollzogene und auf die ganze Dauer das Landtags lautende Ernennungsurkunde (§. 81.), der Abgeordnete der Geistlichkeit aber gleichfalls durch seine Wahlurkunde (§. 84.) aus. § 132. Zur Gültigkeit der nur auf dem angewiesenen Sizungssaale vorzunehmenden Landtagsverhandlungen wird die Anwesenheit von wenigstens zwei Drittheilen der Ständemitglieder erfodert. § 133. Die Ständeversammlung hat vor Allem die Legitimationsurkunden, die

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN Wahlen und die erfoderlichen Eigenschaften der neueintretenden Ständemitglieder mit Bezugnahme auf die Vorschriften §. 105. und §. 106. zu prüfen. Die Prüfung geschieht bei Partial-Erneuerungen der Ständeversammlung durch den zurükbleibenden Theil als Commission, sofern wenigstens drei der nicht ausgetretenen Mitglieder gegenwärtig sind, außerdem und bei einer Integral-Erneuerung der Ständeversammlung in sogleich zu bestimmenden Abtheilungen, welche über den Erfund in den allgemeinen Sizungen möglichst bald zu berichten haben. Keine Abtheilung kann mit der Legitimation ihrer eigenen Mitglieder beauftragt werden. Streitige Fragen, Zweifel und Anstände, welche sich über die Gültigkeit der Wahlen,über die Wahlfähigkeit der Abgeordneten, und über die Zulänglichkeit der Legitimation ergeben, hat die Ständeversammlung zu entscheiden. Zur Abstimmung wird aber erst geschritten, wenn über alle der Ständeversammlung bereits zugekommenen Wahlverhandlungen und Urkunden ein erster Vortrag erstattet, und die Zulassung der Abgeordneten ausgesprochen worden ist, deren Legitimationen als richtig befunden, und deren gesezliche Eigenschaften nicht beanstandet wurden. Eine Verschiebung der Entscheidung bis nach Eröffnung des Landtags kann nur dann statt finden, wenn die Legitimation der erfoderlichen Anzahl von zwei Dritteln bereiniget ist. Die Abgeordneten, deren Zulassung beanstandet wird, wohnen den Sizungen nicht mehr bei, bis über die Gültigkeit ihrer Wahl entschieden ist. Jedem Mitgliede steht das Recht zu, die Wahlakten und Urkunden einzusehen, und Anträge darauf zu gründen. § 134. Der Landtagskommissär wird dem Direktor am ersten Tage der Versammlung sämmtliche Wahlverhandlungen und Protokolle zustellen.

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§ 135. Über die Wahlen und Ernennung der Ständemitglieder wird nach erfolgter Bericht-Erstattung sogleich diskutirt und abgestimmt. Zugleich untersucht die Ständeversammlung die Entschuldigungen der nicht erschienenen Mitglieder, und hat diejenigen, deren Ursachen nicht gegründet gefunden werden, unter Anberaumung eines bestimmten Termins sogleich einzuberufen. § 136. Wenn einer oder mehrere Abgeordnete ohne alle, oder doch ohne gegründete Entschuldigung der von der Ständeversammlung an sie ergangenen Einberufung keine Folge leisten, so sind die anwesenden Ständemitglieder, ohne Rüksicht auf ihre Anzahl, jedenfalls berechtiget und verpflichtet, nach Umständen entweder auf Kosten der Ungehorsamen mittelst Kommunikation mit der Regierung neue Wahlen zu veranlassen, oder auf demselben Wege die Stellvertreter einzurufen. Wäre die Anzahl der ungehorsam Ausbleibenden so groß, daß die Anwesenden nicht einmal zwei Drittheile der Ständemitglieder betragen würden, alsdann haben die Nichterschienenen und nicht gehörig Entschuldigten auch noch die Diäten der anwesenden Mitglieder so lange zu ersezen, bis sich eine zu den Landtagsverhandlungen hinreichende Anzahl eingefunden haben wird. § 137. Sobald zwei Drittheile aller Ständemitglieder sich gehörig legitimirt haben, wählen dieselben nach absoluter Stimmenmehrheit für die Stelle eines Landtagdirektors drei Kandidaten, aus welchen der Landesfürst den Direktor und dessen Stellvertreter für die Dauer des Landtages ernennt. Der ernannte Landtagsdirektor ist zugleich Vorstand des ständischen Ausschusses bis zum nächsten Landtage. Für jeden Kandidaten findet eine besondere Wahl durch Stimmzeddel statt, welche der provisorische Landtagsdirektor unter Beiziehung von zwei aus der Ständever-

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) sammlung durch das Loos zu ernennenden Urkundspersonen eröffnet, und nach vorgängiger Vergleichung und Revision das Ergebniß nach jeder Abstimmung der Versammlung sogleich bekannt macht. Wenn nach dreimaliger Abstimmung keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten sich ergiebt, so kann nur noch unter denjenigen, welche bereits Stimmen erhalten haben, gewählt werden. Ergiebt sich hierauf nach dreimaliger Abstimmung abermal keine absolute Stimmenmehrheit für einen einzelnen Kandidaten, so entscheidet nach der sechsten Abstimmung die relative Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit das Loos. Auf diese Art wählt die Ständeversammlung einen ersten und zweiten Sekretär. Der provisorische Landtagsdirektor übergiebt der landesfürstlichen Commission das Wahlprotokoll für den Vorschlag der drei Candidaten, und macht sonach die landesfürstliche Ernennung bekannt, womit sich sowohl seine als die Funktion des proviorischen Sekretairs beendigt. § 138. Die Ordnung der Pläze, welche die Ständemitglieder in den Versammlungen einzunehmen und beizubehalten haben, wird durch das Loos bestimmt. Wenn die Standesherren in Person auf dem Landtage erscheinen, nehmen sie die ersten Pläze nach dem Landtagsdirektor. Die Sekretäre haben ihre Size in der Nähe desselben. Für die landesherrliche Commission sind besondere Size bestimmt. § 139. Sobald zwei Drittheile der Ständemitglieder anwesend und ihre Legitimationen von der Versammlung für unbeanstandet erklärt sind; so muß die Landtagskommission mit dem Bemerken davon in Kenntniß gesezt werden, daß zur feierlichen Eröffnung der Ständeversammlung geschritten werden könne. Die Berichtigung einzelner Wahlhandlun-

gen und mangelhafter Legitimation kann die Eröffnung nicht hindern. Der Landesherr wird hierauf an dem bestimmten Tage den Landtag in Höchster Person oder durch einen Bevollmächtigten eröffnen, und hiebei sämmtliche neueintretende Ständemitglieder zugleich den in §. 123. vorgeschriebenen Eid ablegen lassen. Später ankommende Mitglieder werden von dem Landtagsdirektor beeidigt. § 140. Die Antwort auf die landesherrliche Eröffnungsrede wird von der Ständeversammlung auf den Antrag einer dazu erwählten Commission nach vorgängiger Berathung in geheimer Sizung beschlossen, unter Beigebung einer Deputation durch den Landtagsdirektor dem Fürsten überbracht und verlesen, oder, wenn die Annahme der Deputation nicht statt finden kann, der Landtagskommission übersendet. § 141. Der Landtagsdirektor leitet die Geschäfte der Ständeversammlung und führt den Vorsiz in derselben. Er bestimmt, wenn die Ständeversammlung keinen Beschluß darüber gefaßt hat, die Zahl und Zeit der ordentlichen Sizungen nach Maß, Menge und Dringlichkeit der Geschäfte. Bei den Diskussionen, Berathungen und Abstimmungen, sorgt er für Aufrechthaltung der Ordnung. Er eröffnet und schließt jede Sizung, wobei er zugleich den Tag der folgenden anzeigt. Zu außerordentlichen nicht angesagten Sizungen ladet er durch Zirkulare, wo möglich am Tage vor der Sizung ein, worin die vorkommenden Gegenstände verzeichnet sein müssen. Er läßt die Tagesordnung abfassen, und im Sizungssaale öffentlich anheften. Er eröffnet alle Eingaben und Schreiben an den Landtag, und läßt dieselben in ein besonderes Eingangsprotokoll eintragen. Auch sind die Wünsche, Vorschläge und Anträge einzelner Ständemitglieder, wozu nicht die Berathungen in den Sizungen An-

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN laß geben, ihm schriftlich zu überreichen. Er unterzeichnet mit den Sekretären alle Beschlüsse, Protokolle und Ausfertigungen bei dem Landtage. § 142. Die Sekretäre führen die Sizungsprotokolle bei den allgemeinen Versammlungen, erhalten unter Oberaufsicht des Landtagsdirektors die Ordnung in der Kanzlei, bemerken die Meldungen zum Vortrage und zur Tagesordnung, und machen die Entwürfe zu allen Aktenstüken, Berichten und Beschlüssen, wenn damit nicht andere Ständemitglieder beauftragt sind. Sie leisten die Zahlungen, wozu sie aus den betreffenden Kassen die erfoderlichen Zuschüsse erhalten, und stellen am Schlusse des Landtages darüber Rechnung. Sie sorgen für Aufbewahrung der Akten, für die Ordnung in der Registratur, und für die Anschaffung der Kanzleirequisiten. Sie theilen unter sich die Geschäfte und Arbeiten im Einverständnisse mit dem Landtagsdirektor. § 143. Im Verhinderungsfalle des Landtagsdirektors tritt der Stellvertreter, welchem davon zeitig Kenntniß zu geben, in die Stelle und alle Obliegenheiten desselben ein. Die Sekretäre vertreten sich bei Verhinderungen gegenseitig, bei längerer oder gänzlicher Verhinderung aber wird ein Stellvertreter gewählt. § 144. Das erfoderliche Kanzlei- und Diener-Personal wird nach Vernehmung der Ständeversammlung vom Landtagsdirektor für die Dauer der Versammlung angenommen, verpflichtet, und am Schlusse des Landtags wieder entlassen. § 145. Während der Dauer des Landtags gebührt die Polizei in dem für die Ständeversammlung bestimmten Lokale nur der Ständeversammlung. Sie wird vom Landtagsdirektor nach einer besondern Instruktion ausgeübt.

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§ 146. Die Ständeversammlung wählt, so oft sie es für nöthig erachtet, zur Prüfung, Ausarbeitung und zum Vortrage der vorkommenden Geschäftsgegenstände besondere Commissionen, wobei sie jedesmal auch die Anzahl der Mitglieder bestimmt. Die Erwählung der Commissionen geschieht durch geheimes Abstimmen mittelst Zeddel nach relativer Stimmenmehrheit. Dem Landtagsdirektor und dessen Stellvertreter ist es ausnahmsweise gestattet, einzelne Mitglieder als besonders für die Prüfung und Ausarbeitung des Gegenstandes geeignet zu bezeichnen. Zwischen solchen, welche eine gleiche Zahl von Stimmen erhalten haben, entscheidet das Loos, wenn sie nicht ohne dieses gütlich mit einander übereinkommen. Auch steht es der erwählten Commission frei, noch den Beitritt gewisser anderer Mitglieder aus der Ständeversammlung zu begehren. Streitige Fälle hierüber entscheidet die Ständeversammlung. Die Namen aller erwählten Commissionsmitglieder werden durch Anschläge im Sizungssaale bekannt gemacht. § 147. In den Commissionen werden die Vorsizer, die Berichterstatter und Sekretäre nach Ermessen der Mitglieder gewählt. Wenn der Direktor einer Commission zugetheilt wird, führt er den Vorsiz von Amtswegen. Um die an sie verwiesenen Gegenstände gehörig zu bearbeiten, haben die Commissionen alle hiezu erfoderlichen Aufschlüsse, Akten und Urkunden zu sammeln, und sich mit der Landtagskommission in schriftliches oder mündliches Benehmen zu sezen, um die nöthigen Erläuterungen, Auskünfte und aktenmäßige Belege zu erwirken. Im Verweigerungsfalle machen sie Anzeige und Vortrag an die Ständeversammlung, welche hierauf die weitern Auskünfte und die Aktenvorlage unmittelbar bei der

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) Regierung oder dem Landesfürsten nachzusuchen berechtiget ist. Die Gründe für und wider den Gegenstand sind genau zu entwikeln, und der Vortrag mit allen Meinungen der Commissionsmitglieder umständlich zu entwerfen. Der Landtagsdirektor hat vermöge seines Amtes bei allen Commissionen den Zutritt. Er benachrichtigt die Ständeversammlung auf die von dem Berichterstatter erhaltene Anzeige von der Vollendung des Berichtes, und sezt in Uebereinstimmung mit ihr den Tag zu Anhörung desselben fest. § 148. Findet die Ständeversammlung den erstatteten Vortrag nicht erschöpfend, so kann sie den Gegenstand zur weitern Ausarbeitung wieder an die Commission zurükweisen, und dieselbe mit noch einigen Mitgliedern verstärken. § 149. Jedes anwesende Mitglied ist verbunden, sowohl den allgemeinen als den Comissionsizungen beizuwohnen, und im Falle der Abhaltung, diese mit Angabe der Ursache dem Landtagsdirektor vor der Sizung schriftlich anzuzeigen. Denselben Bestimmungen unterliegen auch die standesherrlichen Bevollmächtigten. Wenn aber die Standesherren in Person bei dem Landtage erscheinen, so steht ihnen der Besuch der Sizungen frei, und sie sind an keine Urlaubsertheilung gebunden. § 150. Kein Mitglied darf sich während der Dauer des Landtags ohne Urlaub auf einen oder mehrere Tage entfernen. Den Urlaub ertheilt die Ständeversammlung und nur in besonders dringenden Fällen kann ihn der Landtagsdirektor auf zwei Tage allein ertheilen, wovon er jedoch in der nächsten Sizung die Versammlung in Kenntniß zu sezen hat. Wenn die Ständeversammlung Urlaub über 4 Tage gestattet, benachrichtiget der Landtagsdirektor auch die Regierung davon. Begehrt ein Commissionsmitglied Urlaub, so wird der Direktor vor der Bewilligung sich immer zuerst mit

dem Commissionsvorsizer darüber benehmen. § 151. Allen Ständemitgliedern steht die Einsicht in die Eingaben an den Landtag, in die Akten, Urkunden und literarischen Werke und Schriften jeder Zeit zu. § 152. Die Landtagssizungen beginnen mit der Vorlesung des Protokolls der vorigen Sizung, welches sodann von dem Landtagsdirektor mit einem der beiden Sekretäre und von einem Mitgliede der Ständeversammlung nach der Reihe der Size abwechslungsweise zu unterzeichnen ist, und gegen dessen Innhalt später keine Einwendung mehr statt finden darf. Werden aber gegen den Innhalt, oder gegen die Fassung desselben Erinnerungen vorgebracht, so werden diese erfoderlichen Falls sogleich durch Abstimmung entweder beseitiget, oder das Protokoll darnach ergänzt und verbessert. Hierauf folgt die Bekanntmachung der seit der lezten Sizung eingelaufenen Eingaben und Schreiben mittelst Vorlesung der dießfallsigen Einträge im Eingangs-Protokolle, nebst der hierinn vom Landtagsdirektor geschehenen Überweisung an die Commission, welche zu Bearbeitung desselben Gegenstandes bereits niedergesezt worden ist. Besteht für den Gegenstand des Einlaufes noch keine Commission, so wird derselbe einem oder mehreren Mitgliedern zur Berichterstattung übergeben. In unbedeutenden oder sehr dringenden und unverschieblichen Fällen kann jedoch der Landtagsdirektor oder einer der Sekretäre über die Eingabe sogleich einen Antrag stellen. Demnächst werden die Referenten für die Einläufe zum Vortrage aufgerufen, und die Ständeversammlung beschließt nach Anhörung derselben und nach vorgängiger Berathung über jede Eingabe das Erfoderliche, als: Die blosse Abgabe an die zuständige Behörde, die Einreichung einer Vorstellung an

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN die Regierung, die Überweisung an eine mit dem Gegenstande beschäftigte, oder dazu noch zu wählende Commission, die Niederlegung zu den einschlagenden Akten, die Zurückgabe an die Bittsteller mit geeigneter Bescheidung, die Verwerfung durch den Übergang zur Tagesordnung etc. Die Tagesordnung, zu welcher nun geschritten wird, ergiebt sich aus dem im Sizungsaale anzuheftenden Verzeichnisse derjenigen Gegenstände, über welche in der Sizung zu verhandeln, oder abzustimmen ist. Den Vorzug eines Gegenstandes vor dem andern entscheidet die Ständeversammlung. § 153. Die allgemeinen Sizungen werden in der Regel öffentlich sein. Sie können jedoch auf den Antrag der für die Prüfung des betreffenden Gegenstandes bestellten Commission oder auf Verlangen der Mehrheit in geheime Sizungen verwandelt werden, so wie es überhaupt der Ständeversammlung frei steht, durch einen vorgängigen Beschluß zu bestimmen, daß eine Sizung bei verschlossenen Thüren statt finden soll. Die Fürstlichen Landtagskommissarien sind befugt, bei Eröffnungen oder Berathungen, für welche sie eine geheime Sizung nöthig achten, eine solche zu verlangen. Es steht auch jedem Ständemitglied das Recht zu, die Entwiklung seiner Gründe für eine geheime Sizung bei verschlossenen Thüren vorzutragen. § 154. Bei geheimen Sizungen werden besondere Protokolle geführt, welche nur im Einverständnisse mit der Regierung durch den Druk bekannt gemacht werden dürfen. § 155. Die Oeffentlichkeit der Sizungen besteht darinn, daß einer dem Raume angemessenen Anzahl von erwachsenen männlichen Zuhörern der Zutritt zu den für sie bestimmten Pläzen gestattet wird. Einem jeden Ständemitgliede werden einige Einlaß-

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karten zur Verfügung zugestellt, und die übrigen Einlaßkarten werden nach einer von dem Landtagsdirektor und den landesherrlichen Commissarien gemeinschaftlich zu treffenden Anordnung vertheilt. Alle Zuhörer müssen sich aber auf den jedesmaligen Befehl des Landtagsdirektors, und sobald sich die Sizung in eine geheime verwandelt, unverzüglich entfernen. § 156. Jedes störende Zeichen von Beifall oder Mißbilligung ist untersagt. Die Zuwiderhandelnden werden sogleich fortgewiesen. Sollte sich jemand beigehen lassen, die Ruhe der Sizungen auf was immer für eine auffallende Art zu stören, oder die Berathungen zu unterbrechen, so ist derselbe der betreffenden Behörde zur Bestrafung zu übergeben. § 157. Die landesherrlichen Berathungsgegenstände (Propositionen), welche durch landesfürstliche Commissäre an die Ständeversammlung gelangen, müssen jedesmal zur Berichterstattung an eine Commission verwiesen werden. Die landesherrlichen Commissarien haben bei der Versammlung freien Zutritt, und müssen bei allen Diskussionen, wenn sie es verlangen, gehört werden, (§. 166.) sind aber nicht befugt, den Abstimmungen anzuwohnen. Wenn sie sich wegen der Abstimmung entfernt haben, darf nach ihrer Entfernung die Diskussion nicht wieder aufgenommen werden. Zu Beförderung des Geschäftsganges werden die Commissäre wichtige Berathungsgegenstände in der Versammlung noch besonders mündlich erörtern, auch haben sie auf Verlangen der Ständemitglieder jede angemessene Nachweisung und Erläuterung über einzelne Gegenstände abzugeben. Wenn die landesherrlichen Commissäre ihren Vortrag über den Innhalt der Proposition und über die Beweggründe dazu beendigt haben, erfolgt die Uebergabe an den

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) Landtagsdirektor, die etwa begehrte Empfangsbescheinigung und in der Regel die unverzügliche Vertheilung unter sämmtliche Ständemitglieder durch Abdrüke oder Abschriften. § 158. So oft die landesherrlichen Commissäre erscheinen, um im Namen des Landesfürsten oder der Regierung der Ständeversammlung Eröffnungen zu machen, bleiben die in der Tagesordnung stehenden Berathungen ausgesezt, und diese werden erst nach geschlossenem Vortrage des landesherrlichen Commissärs, falls dieser nicht eine andere Einleitung nothwendig machen sollte, wieder aufgenommen. § 159. Wenn die Commission, welche mit der Begutachtung eines vom Landesfürsten mitgetheilten Entwurfes beauftragt ist, auf wesentliche Änderungen in demselben antragt, so hat sie immer vor dem Schlusse ihrer Arbeit den mit der Vertheidigung des Entwurfs beauftragten Landesfürstlichen Commissär zu einer gemeinschaftlichen Sizung einzuladen, ihm wo möglich über die wichtigsten Änderungen wenigstens einen Tag zuvor Kenntniß zu geben, und die vorgeschlagenen Änderungen und Zusäze mit demselben zu erörtern. Wird dagegen erst im Laufe der Diskussion in der Ständeversammlung von einem Mitgliede der Vorschlag zu einer wesentlichen Änderung gemacht, und derselbe nicht nach der Entwiklung und Beleuchtung der Gründe durch die Vorfrage beseitiget, so kann die Mehrheit der Ständeversammlung die Verweisung an die Commission verlangen. In diesem Falle wird die Abstimmung über die Änderung und über die betreffenden Paragraphen wenigstens bis zur nächsten Sizung verschoben. § 160. Selbstständige Anträge einzelner Ständemitglieder werden ebenso, wie die landesherrlichen Propositionen in einer sich

zu Beschlüssen eignenden Form abgefaßt. Sie werden als Entwurf dem Landtagsdirektor schriftlich übergeben, und durch denselben alsbald ihrem Inhalte nach bekannt gemacht. Die Ständeversammlung beschließt hierauf, ob der Antrag sogleich auf die Tagesordnung zu sezen, oder in geheimer Sizung vorerst zu verlesen und zu begründen sei. § 161. Die ausführlicheren Vorträge über landesherrliche Propositionen und über selbstständige Vorschläge von Ständemitgliedern werden regelmäßig, besonders bei Gegenständen von Wichtigkeit, alsbald mit oder nach dem Vortrage der Berichterstatter in Abdrüken oder Abschriften unter sämmtliche Mitglieder vertheilt. In der Regel wird die allgemeine Berathung über die Annnahme oder Verwerfung der Proposition oder des Vorschlags im Ganzen erst nach Umfluß von drei Tagen (vom Tage der Anhörung des Berichts ausschließlich berechnet) eröffnet. Ausnahmen hievon können nur durch eine Stimmenmehrheit von drei Vierteln der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. An dem Tage vor der zur Diskussion bestimmten Sizung wird die Meldung der Mitglieder, welche über den Entwurf sprechen wollen, bei dem Sekretär angenommen und aufgezeichnet. § 162. Niemand kann sprechen, ohne zuvor vom Landtagsdirektor das Wort erhalten zu haben, welcher dasselbe nach den in dieser Geschäftsordnung enthaltenen Bestimmungen und im Allgemeinen nach der Reihenfolge, wie es verlangt worden ist, ertheilt. § 163. Die Mitglieder haben sich sowohl in ihren Reden als sonstigen Aeußerungen und Vorträgen aller ungehörigen Persönlichkeiten, aller ungeziemenden und beleidigenden Ausdrüke, aller Schmähungen ohne Ausnahme, so wie aller Abschweifungen

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN von dem vorliegenden Berathungsgegenstande zu enthalten; widrigenfalls sie der Landtagsdirektor zur Ordnung zu verweisen, und bei Widersezlichkeit oder Wiederholungen die Ständeversammlung um Entziehung des Wortes zu befragen hat. Würden in Folge solcher Vorfälle oder aus andern Anlässen die Diskussionen einen ordnungswidrigen und tumultuarischen Charakter annehmen, und die Ruhe auf wiederholte Erinnerungen des Landtagsdirektors nicht hergestellt werden; so hat derselbe das Recht, die Sizung auf der Stelle aufzuheben. Sollte wider Erwarten ein Mitglied gegen diese Vorschriften handeln, so ist dasselbe nur allein der Ständeversammlung hiewegen verantwortlich, Privatehrenverlezungen ausgenommen, welche vor die ordentlichen Gerichte gezogen werden können. Die Ständeversammlung wird auf den Antrag des Landtagsdirektors oder eines Ständemitgliedes, oder auf die Beschwerde des Betheiligten nach Ermessen auf Rüge und Mißbilligung, welche mit der Eintragung in das Protokoll verschärft werden kann, und auf Widerruf erkennen. Bei Wiederholungen solcher Vergehen gegen die Bestimmungen dieses Paragraphen kann die Ständeversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln das schuldige Mitglied mit dem Ausschluß aus der Versammlung auf die Dauer des Landtags bestrafen. § 164. Wenn sämmtliche Mitglieder, welche sich zur Rede gemeldet, gesprochen haben, steht es jedem Mitgliede frei, nach der Reihe der Pläze noch seine allenfalsigen Bemerkungen vorzutragen, so wie es auch dem Berichterstatter der Commission und den landesherrlichen Commissarien vorbehalten bleibt, noch einmal das Wort zu nehmen, worauf die allgemeine Diskussion geschlossen wird, und der Uebergang zu den einzelnen Paragraphen entweder so-

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gleich, oder in der nächsten Sizung erfolgt. § 165. Die Abänderung der Paragraphen und die Zusäze zu denselben, welche einzelne Mitglieder vorschlagen wollen, sind von ihnen nicht blos der Ständeversammlung bei der Berathung über den betreffenden Punkt vorzutragen, sondern auch dem Landtagsdirektor zeitig vor, oder bei der Berathung, schriftlich zu übergeben. Die Aenderungen und Zusäze so wie die Unterabänderungen, zu welchen die Diskussion Anlaß giebt, können auch im Lauf derselben vorgeschlagen werden. Bei jedem Paragraphen wird zuerst über die ursprüngliche Fassung und den Innhalt des Entwurfes, ferner über die Anträge der Commission, und sodann über die Vorschläge der Mitglieder der Versammlung diskutirt, und jedes Mal dem Urheber des Antrages zuerst das Wort zu dessen Begründung gegeben, hierauf aber dasselbe den übrigen Ständemitgliedern nach der Ordnung, in welcher sie es verlangt haben, ertheilt. § 166. Kein Redner darf während seiner Rede unterbrochen werden. Auch ist die in obigen Bestimmungen festgesezte Folge der Redner genau zu beobachten. Indessen kann der Landtags-Commissär nach dem Schlusse einer jeden Rede oder sonstigen Aeußerung über den Gegenstand das Wort verlangen, welches ihm sodann auch außer der Ordnung zu ertheilen ist. Eben so hat jedes Ständemitglied, welches bei einer zur Erwähnung gekommenen Thatsache persönlich betheiliget, oder vermöge seiner Stellung davon besonders unterrichtet ist, den Anspruch, sogleich mit einer Berichtigung oder dem nähern Aufschlusse gehört zu werden. § 167. Wenn die Diskussion über einen Gegenstand, über einen Artikel oder Paragraphen, über die vorgeschlagenen Aenderungen, Unterabänderungen und Zusäze geschlossen, und diese zur Abstimmung vor-

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) bereitet sind; so entwirft der Landtagsdirektor entweder sogleich oder bis zur folgenden Sizung die zur Entscheidung vorzulegenden Fragen in der Art, daß hiedurch der ganze Gegenstand erschöpft wird, und die Abstimmung nur mit Ja und Nein erfolgen kann. Die Fragen werden zwei Tage vor der Abstimmung in der Ständeversammlung vorgelesen, und den Mitgliedern in Abschriften mitgetheilt, auch zugleich im Sizungssaale angeheftet. Erinnerungen dagegen können von jedem Mitgliede entweder mündlich vorgebracht, oder binnen des Zeitraums von zwei Tagen dem Landtagsdirektor schriftlich eingegeben werden. Im Falle, daß gegen den Innhalt, gegen die Fassung oder gegen die Ordnung in der Zusammenstellung der Fragen Erinnerungen gemacht worden sind, werden diese vor der Abstimmung immer zuerst durch einen Beschluß beseitiget oder berichtiget. Ist die Fassung der Fragen bereiniget, so werden sie vom Sekretär sogleich in das Protokoll eingetragen. § 168. In der Regel wird bei jedem Artikel oder Paragraphen zuerst über die von den Ständemitgliedern vorgeschlagenen Unterabänderungen und Aenderungen, hierauf, soweit es nöthig erscheint, über die Anträge der Commission, und sodann über die ursprüngliche Fassung des Entwurfes, zulezt aber über die Zusäze abgestimmt. § 169. Wenn die Abstimmung über die einzelnen Paragraphen oder Artikel auf diese Art zu Ende gebracht und die Fassung in Gemäßheit des §. 167. bereiniget worden ist, so wird zur Abstimmung über die Annahme oder Verwerfung der Proposition oder des Vorschlages in der ganzen dermaligen Fassung, wie sich dieselbe aus der Abstimmung über die einzelnen Punkte und Paragraphen ergeben hat, geschritten. § 170. Die Abstimmung sowohl über die

einzelnen Punkte und Paragraphen, als über das Ganze des Entwurfes geschieht ohne weitere Motivirung oder Erläuterung öffentlich. Dagegen hat jedes Mitglied das Recht, eine geheime Abstimmung in Antrag zu bringen, worüber sodann die Mehrheit der Versammlung entscheidet. Die öffentliche Abstimmung findet Statt bei minderwichtigen Gegenständen durch Aufstehen, (welches für Bejahung gilt) oder durch Sizenbleiben (welches für Verneinung gilt) im Zweifel mit Probe und Gegenprobe, bei Gesezentwürfen und Gegenständen von Wichtigkeit durch Namensaufruf mittelst mündlicher Bejahung oder Verneinung nach der Reihe der Pläze, so, daß der Landtagsdirektor zulezt, und die Sekretäre unmittelbar vor diesem abstimmen. Die geheime Abstimmung erfolgt durch das Abgeben von Stimmzeddeln mit Ja oder Nein. Nach vollständiger Sammlung und Mischung werden die Stimmzeddel vom Landtagsdirektor und einem Sekretär, welchen die Ständeversammlung noch eine oder mehrere Urkundspersonen aus ihrer Mitte beigeben kann, geöffnet, und nach der Sizung in Gegenwart des Landtagsdirektors und der Urkundspersonen sogleich vernichtet. § 171. Das Ergebniß der Abstimmung wird jedes Mal sogleich vom Sekretär zu Protkoll genommen, und beim NamensAufrufe jede einzelne Stimme auf Verlangen namentlich darin bemerkt. Der Landtagsdirektor macht das Resultat der Abstimmung für und wider die Frage der Ständeversammlung sogleich bekannt, spricht am Ende die Stimmenmehrheit und darnach den Beschluß des Landtages aus. § 172. Zur gültigen Abstimmung wird die Gegenwart von zwei Dritteln der gesezlichen Anzahl der Ständeversammlung nach §. 132. und zu gültigen Beschlüssen die absolute Stimmenmehrheit unter den

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN anwesenden Mitgliedern erfodert, mit Ausnahme der besonders angeführten einzelnen Fälle. Tritt Stimmengleichheit ein, und wird diese nach einer dreimaligen Abstimmung in Zwischenräumen von zwei Tagen beibehalten, so giebt ausnahmsweise die Stimme des Vorsizenden den Ausschlag. Jedoch muß in diesem Falle die abweichende Meinung der Regierung angezeigt werden. Die Verhandlungen werden mit möglichster Vollständigkeit in das Protokoll aufgenommen. § 173. Die Beschlüsse des Landtags, welche auf den Vortrag besonderer Commissionen gefaßt worden, werden lezteren zum Entwurfe der in Folge dieser Beschlüsse nöthigen Aufsäze mitgetheilt, sodann aber der Versammlung zur Annahme oder Verwerfung im Ganzen vorgelesen, und wenn Erinnerungen gegen die Fassung derselben gemacht werden, diese entweder sogleich oder in den folgenden Sizungen durch Beschlüsse erlediget. § 174. Durch eine Stimmenmehrheit von drei Vierteln kann die Ständeversammlung bei kürzern und minder wichtigen Anträgen und Gegenständen, so wie in sehr dringenden und außerordentlichen Fällen, nach Anhörung des Berichtserstatters sogleich zur Diskussion des ganzen Vorschlages und der Hauptpunkte übergehen, und entweder sogleich oder in der folgenden Sizung zur Abstimmung schreiten. § 175. Sind in den Landtagsbeschlüssen Anträge, Erklärungen oder Gesuche an den Landesfürsten oder an die Regierung enthalten, so werden sie sogleich nach genehmigter Fassung entweder mit einem Begleitungsschreiben, welches das Gesuch um bald möglichste Erledigung enthalten wird, durch den Landtags-Commissär an die Regierung übergeben, oder durch eine ständische Deputation dem Landesherrn selbst

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überreicht. Der Ständeversammlung steht, so oft sie es für nöthig hält, das Recht zu, nach vorgängiger Anfrage, und erfolgter Bewilligung Deputationen an den Landesfürsten abzuordnen. Landesherrliche Resolutionen und Beschlüsse der Regierung an den Landtag werden stets schriftlich erlassen. § 176. Die Mittheilung der Beschlüsse an die betheiligten Privatpersonen geschieht durch Protokollsauszüge, an die LandtagsCommission und die Regierung in der Form von Communikations-Schreiben, und an die Person des Landesfürsten in der Form von Vorstellungen. Die Ausfertigungen werden jedes Mal vom Landtagsdirektor und Sekretär unterzeichnet und mit dem LandtagsSiegel versehen oder verschlossen. § 177. Die Ständemitglieder erhalten während der Dauer des Landtages, mit Einschluß des Tages ihrer Ankunft und Abreise, vorbehaltlich der durch die folgenden Zeitläufe etwa nothwendig erscheinenden Abänderungen, eine tägliche Diät von drei Gulden, die Sekretäre von vier Gulden, und der Landtagsdirektor von fünf Gulden aus der Landeskasse. Den Ständemitgliedern, mit Ausnahme der standesherrlichen Bevollmächtigten, werden auch die Reisekosten nach einem billigen Ansaze ersezt. Sie legen ihre dießfallsigen Kostenverzeichnisse der Ständeversammlung zur Genehmigung vor. Die an dem Orte der Ständeversammlung wohnhaften Ständemitglieder beziehen in jeder Abstufung einen Gulden am Taggeld weniger, als diejenigen, welche außer demselben wohnen. Die standesherrlichen Bevollmächtigten empfangen im Falle der Uebertragung eines Amtes in der Ständeversammlung nur die betreffende Erhöhung des Taggeldes aus der Landeskasse. § 178. Die Verhandlungen des Landta-

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) ges werden möglichst bald durch den Druk zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Die Besorgung der Bekanntmachung wird unter Mitwirkung der Sekretäre einer Commission übertragen. In soweit von der Ständeversammlung nicht eine Geheimhaltung beschlossen wird, sind zum Druke bestimmt: 1.) die Sizungsprotokolle, 2.) die Eröffnungsrede, die Dankaddresse und Antwort darauf, 3.) die landesherrlichen Propositionen und die zur Berathung gezogenen Anträge einzelner Ständemitglieder sammt den Beweggründen, 4.) andere Aktenstüke, deren Druk von der Ständeversammlung besonders angeordnet wird. § 179. Die Ständeversammlung ist berechtigt, die obigen Bestimmungen, wenn sie blos ihren innern Geschäftsgang betreffen, auf den Antrag ihrer Mitglieder, welcher aber nach der in dieser Geschäftsordnung festgesezten Form vorgebracht, und berathen werden muß, selbst zu ändern und zu verbessern. Wenn dagegen die vorgeschlagenen Abänderungen das Verhältniß des Landtags zur Regierung und zum Landesfürsten berühren; so können dieselben nur im Einverständnisse mit der Regierung statt finden. Diejenigen Bestimmungen, welche die Gültigkeit der Landtagsverhandlungen, so wie der Abstimmungen und Beschlüsse betreffen, dürfen nur auf die in Tit. XII. §. 190. vorgeschriebene Weise abgeändert oder erläutert werden.

XI. TITEL Von dem Landtagsausschusse § 180. Während des Zeitraums von einem Landtage zum andern besteht ein Ausschuß aus den Ständemitgliedern für diejenigen Geschäfte, deren Besorgung in der

Zwischenzeit zur ununterbrochenen Wirksamkeit der Landesvertretung nothwendig ist. § 181. Der Ausschuß besteht 1.) für die ordentlichen Geschäfte a.) aus dem Direktor, b.) aus zwei Abgeordneten, 2.) für außerordentliche Geschäfte (§. 182. Lit f. und §. 185.) c.) aus noch zwei weitern Abgeordneten, welche zugleich Stellvertreter der ordentlichen Ausschußglieder sind. Für diese zwei weitern Ausschußglieder werden noch zwei Stellvertreter gewählt. Die Wahl sämmtlicher zu wählenden Ausschußglieder und der Stellvertreter geschieht nach der Art der Wahl der Candidaten für das Direktorium. (§. 137.) Die Reihenfolge in der Wahl bestimmt den Eintritt des Stellvertreters eines Abgehenden. In Verhinderung des Direktors hat der Vizedirektor der Ständeversammlung in dessen Verrichtungen für die Dauer der Verhinderung einzutreten. § 182. Der Ausschuß ist berechtiget und verpflichtet: a.) darauf zu dringen, daß die Verfassung aufrecht erhalten, die Landtagsabschiede vollzogen und der festgesezte Voranschlag (état) nicht überschritten werde, b.) mitzuwirken bei der Abnahme, Prüfung und Verbescheidung der Landeskassenrechnung; zu dessen Behufe ihm die Rechnung nach erfolgter Revision mit dem Entwurfe des Rechnungsbescheides zu weitern Erinnerungen oder zur Mitanerkennung zu übergeben ist, (§. 185.) c.) die auf die Landeskasse mit Beziehung auf den Beschluß einer vorhergegangenen Ständeversammlung auszustellenden Schuld- und Hypothek-Verschreibungen mitzuunterzeichnen, d.) einsweilige Vorkehrung bei Erledigung der Landeskassierstelle im Einverständniß mit der Regierung zu treffen.

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN e.) in dringenden Fällen Anzeige an den Landesherrn zu erstatten; bei Bedrohung und Verlezung verfassungsmäßiger Rechte an die oberste Staatsbehörde Vorstellungen, Verwahrungen und Beschwerden zu bringen. f.) nach Erfoderniß der Umstände, besonders wenn es sich von eine Anklage im Falle des §. 50. Tit. V. handelt, die Einberufung einer außerordentlichen Ständeversammlung zu beantragen, welche Leztere nie wird verweigert werden, wenn der Grund und die Dringlichkeit der Anklage gehörig nachgewiesen ist. § 183. Der Ausschuß kann sich auf solche Gegenstände, welche verfassungsmäßig eine Verabschiedung mit der Ständeversammlung erfodern, nicht einlassen. § 184. Der Ausschuß kann keine bleibende Verbindlichkeit für das Land eingehen, und ist dem nächsten Landtage hinsichtlich seiner Geschäftsführung verantwortlich. Er hat diesem über seine Verhandlungen Rechenschaft abzulegen, und solche sind nur so weit für das Land verbindlich, als sie von dem Landtage wirklich anerkannt werden. § 185. Der Ausschuß hat sich zu Besorgung der ihm obliegenden Geschäfte alljährlich im Monat Dezember an dem Size der Regierung zu versammeln. Außer diesem regelmäßigen Zusammentritte kann eine weitere Versammlung sowohl auf landesherrliche Einberufung, als auch dann Statt finden, wenn der weitere Ausschuß die Einberufung einer außerordentlichen Ständeversammlung zu verlangen für nothwendig erachtet. (§. 182. Lit. f.) Ueber die Nothwendigkeit eines solchen Zusammentritts entscheidet die Stimmenmehrheit des weitern Ausschusses. Die Stimmgebung geschieht durch schriftliche Mittheilung an den Direktor. § 186. Die Verrichtungen des Ausschusses hören mit der Eröffnung des neuen

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Landtages auf, und werden nach einer bloßen Vertagung desselben, oder nach Beendigung einer außerordentlichen Ständeversammlung wieder fortgesezt. Die Wahl des Ausschusses geschieht nach Vorschrift des §. 126. § 187. Die Mitglieder des Ausschusses beziehen während ihrer Versammlung ohne Unterschied die nämlichen Diäten und Reisekosten, welche §. 177. für die Abgeordneten bestimmt sind.

XII. TITEL Von der Gewähr der Verfassung § 188. Das gegenwärtige Landesgrundgesez ist für alle Landesangehörige nach seiner Verkündigung durch den Landesfürsten verbindlich. § 189. Alle Geseze, Verordnungen und Observanzen, welche mit einer ausdrüklichen Bestimmung der gegenwärtigen Verfassungsurkunde im Widerspruch stehen, sind in soweit ungültig. § 190. An dem Landesgrundgeseze darf ohne Uebereinstimmung der Regierung und der Ständeversammlung nichts, weder durch Hinwegnahme, noch durch Hinzufügung, geändert werden. Anträge auf Abänderungen oder Erläuterungen in den Bestimmungen der Verfassungsurkunde können sowohl von dem Landesfürsten an die Ständeversammlung, als von der Ständeversammlung an den Landesfürsten gebracht werden. Zu einem gültigen Beschlusse in dieser Angelegenheit wird eine Stimmenmehrheit von drei Viertheilen sämmtlicher Ständemitglieder erfodert, auch kann ein solcher Antrag nicht eher vom Landesfürsten genehmiget werden, als bis derselbe auf zwei unmittelbar nach einander folgenden ordentlichen Landtagen von der Ständeversammlung angenommen worden ist.

V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833) Jede, während einer Regierungs-Verwesung verabschiedete Abänderung einer Bestimmung der Verfassung ist nur auf die Dauer der Regentschaft gültig. § 191. Wenn über die Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassungsurkunde Zweifel entsteht, und derselbe nicht durch Uebereinkunft zwischen der Regierung und der Ständeversammlung beseitigt werden kann; so soll unter beiderseitiger Darlegung der für und wider streitenden Gründe die Entscheidung darüber, falls man nicht zu Niedersezung eines Kompromißgerichts sich vereinbaren wird, dem Ausspruche einer deutschen Juristenfakultät unterstellt werden. Zu diesem Ende wird die Regierung der Ständeversammlung drei Universitäten aus drei verschiedenen deutschen Bundesstaaten in Vorschlag bringen, von welchen die Ständeversammlung durch absolute Stimmenmehrheit eine Juristenfakultät zu wählen hat, an die alsdann die Sache zur Entscheidung in der Ordnung des gewöhnlichen Kompromißverfahrens gelangt. Der hierauf ertheilte Ausspruch soll als authentische Interpretation angesehen und befolgt werden. § 192. Jede Verlezung der Verfassung und ihrer einzelnen Bestimmungen durch Entgegenhandlung oder Unterlassung soll bei den zuständigen Gerichten verfolgt und nach dem Grade der Verschuldung bestraft werden. Geschehen solche Verlezungen von Seite eines verantwortlichen Mitglieds der obersten Staatsbehörde (Tit. V. §. 50.) oder des ständischen Ausschusses (Tit. XI. §. 184.) so hat allein die Ständeversammlung das Recht und die Pflicht, den Schuldigen bei dem obersten Gerichtshof des Fürstenthums zu belangen, welcher auf die Klage der Ständeversammlung die Untersuchung vornehmen, und das Erkenntniß fällen wird.

§ 193. Die Strafbefugniß des obersten Gerichtshofs erstrekt sich nur auf ausdrükliche Mißbilligung des Verfahrens oder Entfernung vom Amte, auf zeitliche oder immerwährende Ausschließung von der Landstandschaft. Wenn derselbe die höchste, in seiner Kompetenz liegende Strafe erkannt hat, ohne eine weitere ausdrüklich auszuschließen, so wird er die Sache an den ordentlichen Gerichtsstand des Verurtheilten zu weiterm Verfahren zurükweisen. § 194. Gegen den Ausspruch des obersten Gerichtshofes findet keine Appellation Statt, sondern nur das Rechtsmittel der Revision und der Wiedereinsezung in den vorigen Stand. § 195. Untersuchungen gegen Staatsdiener wegen Verfassungsverlezungen oder Dienstverbrechen, welche entweder auf die an den Landesfürsten gebrachte Beschwerde oder auf gerichtliche Klage verfügt worden, können nicht niedergeschlagen, und das Begnadigungsrecht nie dahin ausgedehnt werden, daß ein durch gerichtliches Erkenntniß in die Entfernung vom Amte verurtheilter Staatsdiener in seiner bisherigen Stelle gelassen, oder in einem andern Staatsdienste wieder angestellt würde, es wäre denn, daß in Rüksicht auf Wiederanstellung das gerichtliche Erkenntniß einen ausdrüklichen Vorbehalt zu Gunsten des Verurtheilten enthielte. § 196. Jeder Regierungsnachfolger wird bei dem Antritte seiner Regierung den Ständen bei Fürstlichen Ehren und Würden die unverbrüchliche Festhaltung der Verfassung in einer schriftlichen Urkunde zusichern; um diese noch vor der Huldigung von dem neuen Landesfürsten in Empfang zu nehmen, wird eine außerordentliche Ständeversammlung einberufen werden. (§. 115.) § 197. Im Falle einer Regierungsverwesung wird, bei dem Antritte derselben, der

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H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN Regierungsverweser in der deßhalb zu veranstaltenden Ständeversammlung (Titel IX. §. 115.) den Eid schwören, daß er das Fürstenthum in Gemäßheit der Verfassung und Geseze regieren, die Integrität desselben und die landesfürstlichen Rechte erhalten, und an den Landesfürsten die Gewalt, deren Ausübung ihm zeitlich anvertraut ist, vollständig und getreu übergeben werde. § 198. Alle Staatsdiener und angestellte Beamte, alle Magistrate und Ortsgerichte schwören dermal und künftig bei dem Dienst- oder Amtsantritt folgenden Eid: „Ich schwöre Treue dem Landesfürsten, Gehorsam dem Geseze und Beobachtung der Landesverfassung.“ Sie sind alle ohne Ausnahme für die genaue Beobachtung der Verfassung in ihrem Wirkungskreise verantwortlich. Den gleichen Verfassungseid abzulegen, sind alle Landesangehörige bei ihrer Huldigung oder bei ihrer bürgerlichen Aufnahme verbunden. § 199. Gegenwärtiges Verfassungsgesez

wird unter die Garantie des deutschen Bundes gestellt, und bei dem Bundestage der erfoderliche Antrag deßhalb gemacht werden. Indem Wir die vorstehenden Bestimmungen in Folge der, mit der Ständeversammlung getroffenen Vereinbarung als das Landesgrundgesez Unsers Fürstenthums hiemit erklären, wiederhohlen Wir zugleich Unsere bei Unterzeichnung und Uebergabe des Verfassungsvertrags gegebene Landesfürstliche Versicherung, daß Wir dieselben nicht nur genau erfüllen, sondern auch gegen alle Eingriffe und Verlezungen kräftigst schüzen wollen. Zu dessen Bestättigung haben Wir gegenwärtige Verfassungsurkunde eigenhändig vollzogen, und Unser Fürstliches Sigel beidruken lassen. So geschehen Schloß Krauchenwies den 11. Juli 1833. Carl Fürst zu Hohenzollern Sigmaringen. v. Huber.

MIT DER STÄNDEVERSAMMLUNG VERABSCHIEDETE EINTHEILUNG DER VII WAHLBEZIRKE ZU TITEL VIII. §. 80 I. Wahlbezirk Oberamt Glatt Fischingen und Betra Empfingen Imnau

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– – – –

2434 1574 1790 531

Einwohner – – –



6329



V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833)

II. Wahlbezirk Stadt Haigerloch Bietenhausen Harth Höfendorf Stetten Trillfingen Bittelbronn Gruel Hengstetten Weildorf Zimmern

– – – – – – – – – – –

1017 309 456 409 649 1030 474 1138 39 598 457

Einwohner – – – – – – – – – –



6576



– – – – –

3836 970 1132 282 170

Einwohner – – – –



6390



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1742 530 216 274 815 428 798 697 30 248

Einwohner – – – – – – – – –



5778



III. Wahlbezirk Amt Trochtelfingen Gammertingen Neufra und Freudenweiler Feldhausen Harthausen

IV. Wahlbezirk Oberamt Straßberg Stadt Hettingen Hermentingen Kettenaker Stadt Vöhringen Vöhringendorf Harthausen Benzingen Blättringen Storzingen

107

H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN

V. Wahlbezirk Stadt Sigmaringen Jungnau Inneringen Hochberg Billafingen Langenenslingen Hornstein Laiz Inzigkofen Nikhof Vilsingen sammt Dietfurth Oberschmeihen Unterschmeihen Thiergarten

– – – – – – – – – – – – – –

1434 663 765 132 110 708 96 375 303 12 456 250 125 111

Einwohner – – – – – – – – – – – – –



5540



– – – – – – – – – – –

1510 581 737 292 858 650 32 184 143 118 579

Einwohner – – – – – – – – – –



5684



VI. Wahlbezirk Oberamt Ostrach Amt Achberg Bingen Hizkofen Sigmaringendorf Ruelfingen Zielfingen Roßna Habsthal Kalkreute Hausen

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V ERFASSUNG VON H OHENZOLLERN -S IGMARINGEN (1833)

VII. Wahlbezirk Oberamt Wald Ablach Krauchenwies Bittelschieß Ettisweiler Mottschieß

1

Ediert nach Verfassungs-Urkunde für das Fürstenthum Hohenzollern Sigmaringen, Sigmaringen 1833. Die Verfassung wurde am 11. Juli 1833 beschlossen, unterzeichnet sowie verkündet und trat auch an diesem Tag in Kraft. Sie verlor jedoch 1850 nach der Übernahme des Fürstentums durch Preußen ihre Gültigkeit.

– – – – – –

3957 341 691 138 72 114

Einwohner – – – – –



5313



Ihr ging ein Entwurf aus dem Jahre 1832 voraus, siehe dazu Pölitz, Verfassungen II, S. 1072. Für weiterführende Angaben siehe Roland Kirchherr, Die Verfassung des Fürstentums HohenzollernSigmaringen vom Jahre 1833: Zu den Auswirkungen der Verfassungstheorien der Zeit des Deutschen Bundes auf das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen, Tübingen 1979.

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Verfassung von Lauenburg (1849) Grundgesetz für das Herzogthum Lauenburg1

Nachdem der Statthalterschaft von dem hier anwesenden außerordentlichen ReichsCommissair, Freiherrn v. Wintzingerode folgender Erlaß zugefertigt worden: „Die in verstärkter Ritter- und Landschaft zusammengetretene Landesversammlung des Herzogthums hat mit angefügtem Schreiben vom 11. Mai dem unterzeichneten Reichs-Commissair die seit ihrem Zusammentritt am 19. April d. J. auf Grund vorgängiger Commissionsarbeiten berathen und mit Stimmeneinhelligkeit zum Abschlusse geführte neue Landesverfassung übersendet, und damit den dringenden Antrag verbunden, daß dieselbe in den unsichern Verhältnissen, welche die Zeitereignisse in dem Zustande des Herzogthums und bei dessen Berührungen mit den neuen Einrichtungen der Nachbarstaaten hervorgerufen haben, alsbald in das Leben treten möge. Auf Grund seiner der Statthalterschaft mitgetheilten Vollmacht und Instruction d. d. Frankfurt, den 22. April 1849, so wie mit Bezugnahme auf die Verhandlungen bei Einsetzung der Statthalterschaft, und auf die nachgefolgten Erörterungen der innern und äußern Verhältnisse des Landes ist der Unterzeichnete nunmehr in dem Falle, unter Hinweisung auf die Zusicherungen, welche Seine Majestät der König-Herzog bereits unter dem 3/5. April 1848 hinsichtlich einer Reform der Verfassung des Herzogthums auf breiten Grundlagen haben verkündigen lassen, ferner mit Beziehung auf die vor längerer Zeit vorschriftsgemäß in dem Lande veröffentlichten Grundrechte die Statthal-

terschaft hiermit zu ersuchen, „mit Vorbehalt der Rechte des KönigsHerzogs, obiges in Originalausfertigung hier angeschlossene Grundgesetz des Herzogthums Lauenburg zur Nachachtung zu verkündigen, und dasselbe dergestalt in thatsächliche Wirksamkeit zu setzen, daß nach Maaßgabe seiner Bestimmungen und in Folge der Erörterungen mit der Landesversammlung 1) der Artikel 6, soweit derselbe auf Taufe und Begräbniß sich bezieht, desgleichen Artikel 8 in dem Bestehenden vor der in Art. 109 in Aussicht gestellten Normirung der kirchlichen Verhältnisse nichts ändern, 2) daß die Art. 27, 31 Ziff. 3 hinsichtlich der Jagdberechtigung, 33, 34, 36, 101, 102, 104, 111, 113, 118, 121, 125, 129, 131 bis 134 einschließlich und 141 nur Vorschriften für die erforderliche weitere Gesetzgebung sind, und erst durch diese ihre Anwendung erhalten, 3) daß in der Forterhebung der bisherigen landesgesetzlichen und vertragsmäßigen Steuern bis zu der im Art. 151 verordneten neuen Steuergesetzgebung durch Art. 147 nichts geändert wird, 4) daß die im Art. 150 vorgeschriebene Cassenvereinigung nicht vor Ablauf des jetzigen Verwaltungsjahres vollzogen wird, 5) daß die Annahme der nach Art. 155 eintretenden Eidesleistung weiterer Verfügung vorbehalten ist. Der Unterzeichnete etc. Ratzeburg, den 13. Mai 1849. v. Wintzingerode.

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L AUENBURG so wird nach Maaßgabe dieses Erlasses, unter Vorbehalt der Rechte des Landesherrn gegenwärtiges Gesetz als Grundgesetz für das Herzogthum Lauenburg hierdurch zur öffentlichen Kunde gebracht.

I Vom Staatsgebiete und dem Verhältniß zum deutschen Reiche A RT. 1. Das Herzogthum Lauenburg ist ein selbstständiges Staatsgebiet des deutschen Reiches. Jede Veränderung des Staatsgebiets ist eine Veränderung der Verfassung. A RT. 2. Das Herzogthum Lauenburg unterliegt der deutschen Reichsverfassung. A RT. 3. Die deutschen Reichsgesetze und die von den verfassungsmäßigen Gewalten des deutschen Reiches ausgehenden Anordnungen sind für das Herzogthum Lauenburg verbindlich.

II Von den Staatsbürgern A RT. 4. Der Vollgenuß der bürgerlichen und öffentlichen Rechte, wie sie durch die Reichsverfassung und die besonderen für das Herzogthum Lauenburg geltenden Rechte gewährleistet werden, wird bedingt durch das deutsche Reichsbürgerrecht. Die Bedingungen für die Ausübung werden durch das nach §. 3. der Grundrechte zu erwartende Heimathsgesetz festgestellt. A RT. 5. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun. A RT. 6. Jeder hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet,

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seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren; niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. Jeder ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion. Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. A RT. 7. Die Formel des Eides soll künftig lauten „So wahr mir Gott helfe.“ A RT. 8. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Civil-Acts abhängig, die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des CivilActs stattfinden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt. A RT. 9. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. A RT. 10. Unterrichts- und ErziehungsAnstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht Jedem frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat; der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. A RT. 11. Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die unteren Volksschulen angeschrieben ist. A RT. 12. Es stehet einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen, und sich für denselben auszubilden, wo und wie er will. A RT. 13. Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zugänglich. A RT. 14. Die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt.

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) A RT. 15. Vor dem Gesetze gilt kein Unterschied der Stände. Der Adel als Stand ist aufgehoben. Alle Standesvorrechte sind aufgehoben. A RT. 16. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. AusnahmeGerichte sollen nie Statt finden. A RT. 17. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblicke der Verhaftung oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrsam genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder frei lassen, oder der richterlichen Behörde übergeben. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Im Falle einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft, ist der Schuldige und nöthigenfalls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet. Die für das Heer- und Seewesen erforderlichen Modificationen dieser Bestimmungen werden besonderen Gesetzen vorbehalten. A RT. 18. Die Wohnung ist unverletzlich. Eine Haussuchung ist nur zulässig: 1.) in Kraft eines richterlichen mit Gründen versehenen Befehls, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll; 2.) im Falle der Verfolgung auf frischer

That durch den gesetzlich berechtigten Beamten; 3.) in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz ausnahmsweise bestimmten Beamten auch ohne richterlichen Befehl dieselbe gestattet. Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung von Hausgenossen erfolgen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten. Denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, bleibt vorläufig diese Befugniß. A RT. 19. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf, außer bei einer Verhaftung oder Haussuchung nur in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. A RT. 20. Das Briefgeheimniß ist gewährleistet. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen. A RT. 21. Jeder hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Herzog, an die Landesversammlung und die Behörden schriftlich zu wenden. Dies Recht kann sowohl von Einzelnen als von Mehreren gemeinschaftlich ausgeübt werden. Die auf solche Bittschriften und Beschwerden von den Behörden ergehenden Antwortschreiben, sind durch Gründe zu motiviren. A RT. 22. Das Recht, Vereine zu bilden, darf nicht durch vorbeugende Maaßregeln beschränkt werden.

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L AUENBURG A RT. 23. Friedliche Versammlungen ohne Waffen sind gestattet; einer besonderen Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. A RT. 24. Jeder hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maaßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien und des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden. A RT. 25. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt; Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden. A RT. 26. Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden. A RT. 27. Jeder Grundeigenthümer kann seinen Grundbesitz unter Lebenden und von Todeswegen ganz oder theilweise veräußern. Die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums ist durch Uebergangsgesetze zu vermitteln. A RT. 28. Für die todte Hand sind Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu erwerben, und über sie zu verfügen, im Wege der Gesetzgebung aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig. A RT. 29. Die Strafe der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden.

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A RT. 30. Jeder Unterthänigkeits- und Hörigkeits-Verband hört für immer auf. A RT. 31. Ohne Entschädigung sind aufgehoben: 1) die Patrimonial-Gerichtsbarkeit und die grundherrliche Polizei, sammt den aus diesen Rechten fließenden Befugnissen, Exemtionen und Abgaben; 2) die aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande fließenden persönlichen Abgaben und Leistungen, worunter auch diejenigen Bannrechte und Zwänge, welche aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande entspringen und nicht auf Grund und Boden ruhen; bei den in Zeitpacht stehenden Bannrechten tritt jedoch der Wegfall des Zwangs erst mit dem Ablauf der Zeitpacht ein. Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, welche den bisher Berechtigten dafür oblagen. 3) die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden, Jagddienste, Jagdfrohnden und andere Leistungen für Jagdzwecke. Im Grundeigenthum liegt die Berechtigung zur Jagd auf eigenem Grund und Boden. Die Ausübung des Jagdrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls zu ordnen, bleibt einem Gesetze vorbehalten. Die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden darf in Zukunft nicht wieder als Grundgerechtigkeit bestellt werden. A RT. 32. Alle übrigen auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leistungen, insbesondere die Zehnten, sind ablösbar; – in denjenigen Fällen, wo nachgewiesen wird, daß Bannrechte und Zwänge zu diesen Lasten gehören und nicht aus dem gutsund schutzherrlichen Verbande entsprungen sind, tritt eine Entschädigung durch den Staat ein. Ein Gesetz wird die Art und Weise der Ablösung Seitens der Belasteten und, hinsichtlich der ebengedachten Bannrechte und Zwänge, der Entschädigung durch den

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) Staat, näher feststellen. Zu den ablösbaren Lasten gehört auch die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden, welche erweislich durch einen lästigen, mit dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks abgeschlossenen Vertrag erworben ist; der Titel des Erwerbs ist speciell zu erweisen und begründet die allgemeine Anführung einer bestehenden Jagdgerechtigkeit in Verkoppelungs-Recessen und ähnlichen Documenten keinesweges die Präsumtion eines lästigen Vertrages. Es soll fortan kein Grundstück mit einer unablösbaren Abgabe oder Leistung belastet werden. A RT. 33. Die Familien-Fideicommisse sind aufzuheben. Die Art und Bedingung der Aufhebung bestimmt ein Gesetz. A RT. 34. Aller Lehnsverband ist aufzuheben; das Nähere über die Art und Weise der Ausführung wird ein Gesetz bestimmen. A RT. 35. Die Beschränkungen des freien Eigenthums an Bauerstellen durch Meierrecht, Erbenzinsrecht und dergleichen, sind ohne Entschädigung aufgehoben; die durch Verträge festgestellten Gefälle und Leistungen bleiben vorbehalten. A RT. 36. Die Freiheit der Gewerbe und der sonstigen Nahrungsbetriebe darf nur so weit beschränkt werden, als das Gemeinwohl es erfordert. Die nothwendigen Beschränkungen werden in Übereinstimmung mit der nach §. 3. der Grundrechte zu erwartenden allgemeinen Gewerbe-Ordnung durch ein Gesetz festgestellt werden. A RT. 37. Alle Titel, insoweit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben, und dürfen nie wieder eingeführt werden. Kein Lauenburgischer Staatsbürger darf von einer nicht Deutschen Macht Orden annehmen.

III Vom Herzog und der Regierungsform A RT. 38. Dem Herzog steht als Oberhaupt des Staats die vollziehende Gewalt, der Oberbefehl über das Militair, so wie in Gemeinschaft mit der Landesversammlung die gesetzgebende Gewalt und das Recht der authentischen Auslegung der Gesetze zu. Der Herzog übt diese Gewalt in dem Umfange und in den Formen aus, die in diesem Grundgesetze festgesetzt sind. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Vollziehung nöthigen Verordnungen. A RT. 39. Vor dem Antritt der Regierung hat der Herzog entweder schriftlich oder vor der Landesversammlung persönlich folgenden Eid zu leisten: „Ich gelobe und schwöre, die Reichsverfassung und die Verfassung des Herzogthums Lauenburg, so wie die Rechte des Volks aufrecht zu erhalten, so wahr mir Gott helfe.“ Die über die Eidesleistung aufgenommene Urkunde wird in dem Archive der Landesversammlung bewahrt. – Bevor dieser Eid geleistet worden, steht dem Herzog keine Regierungsgewalt zu. A RT. 40. Die Person des Herzogs ist unverletzlich; seine Minister oder die deren Stelle vertretenden Ministerialbeamte sind verantwortlich. A RT. 41. Keine Anordnung des Herzogs in Regierungsangelegenheiten ist gültig, wenn nicht die über dieselbe aufgenommene Urkunde von einem Ministerialbeamten gegengezeichnet ist. Durch die Gegenzeichnung wird der Ministerialbeamte verantwortlich. A RT. 42. Der Herzog kann die Gesetze nicht aufheben und von deren Anwendung keine Ausnahme machen, diejenigen Fälle vorbehältlich, in denen die bestehenden

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L AUENBURG Gesetze eine Dispensation ausdrücklich zulassen. A RT. 43. Der Herzog ernennt und entläßt die Ministerialbeamten. A RT. 44. Der Herzog besetzt alle Staatsämter, sowohl civile als militaire, so weit nicht das Gesetz eine andere Art der Besetzung bestimmt. A RT. 45. Der Herzog hat das Recht mit andern Staaten Verträge abzuschließen; Verträge, durch welche dem Staate oder einzelnen Staatsbürgern Verbindlichkeiten oder Lasten entstehen, bedürfen der Zustimmung der Landesversammlung; für dringende Fälle kann der Herzog die Zustimmung nachträglich von der Landesversammlung einholen. A RT. 46. Der Herzog hat das Recht der Begnadigung. Ein wegen Amtshandlungen verurtheilter Ministerialbeamter kann nur mit Zustimmung der Landesversammlung begnadigt werden. A RT. 47. Dem Herzog steht das Münzrecht zu; den Münzfuß, die Eintheilung der Münzen und das Gepräge bestimmt das Gesetz. A RT. 48. Das Herzogthum Lauenburg darf keine gemeinsame Regierung mit einem nicht deutschen Staate haben. So lange das Herzogthum dasselbe Staatsoberhaupt mit einem nicht deutschen Staate hat, beruhet das Verhältniß lediglich auf dem Grundsatze der reinen PersonalUnion. A RT. 49. So lange der Herzog zugleich Oberhaupt eines nicht deutschen Staates ist, läßt er, wenn er sich ausserhalb der Grenzen des Landes befindet, die ihm zustehenden Rechte durch einen Statthalter selbstständig ausüben. Der Statthalter darf von dem Herzog weder Befehle noch Instructionen annehmen.

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A RT. 50. Der Herzog ernennt, und entläßt den Statthalter; nur deutsche Staatsbürger können zu Statthaltern ernannt werden. A RT. 51. Die Ernennung und Entlassung des Statthalters erfolgt in einer von dem Herzoge zu unterzeichnenden und von mindestens einem Ministerialbeamten gegenzuzeichnenden Urkunden. Die Ernennung tritt in Kraft, nachdem sie verkündigt ist und der Statthalter vor der Landesversammlung folgenden Eid geschworen: „Ich gelobe und schwöre, als Statthalter des Herzogthums Lauenburg bei Ausübung der mir anvertrauten Gewalt die Verfassung und die Gesetze zu beobachten, die Unabhängigkeit des Staats, die Rechte des Herzogs und des Volks aufrecht zu erhalten; so wahr mir Gott helfe.“ A RT. 52. Der Statthalter hat seinen Wohnort im Lande, und kann in einem Jahre nicht länger als 3 Monate ausserhalb des Staatsgebiets sich aufhalten. A RT. 53. Nach dem Tode oder Abgange des Statthalters übernimmt bis zum Wiedereintritt eines neuen Statthalters der älteste Ministerialbeamte die Gewalt. A RT. 54. Dem Statthalter wird aus Staatsmitteln ein angemessenes Einkommen bestimmt. A RT. 55. Der Statthalter hat dem Herzog über seine Geschäftsführung Bericht zu erstatten. A RT. 56. Der Statthalter hat alle die Unterschrift des Herzogs erfordernden Gesetze, Verordnungen und Befehle Namens des Herzogs zu unterschreiben; die Gegenzeichnung der Ministerialbeamten ist auch bei dem Statthalter Bedingung der Gültigkeit aller Regierungsverordnungen. A RT. 57. Die herzogliche Gewalt vererbt im Mannsstamme in absteigender Linie nach dem Rechte der Erstgeburt. Erlischt

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) der jetzige Mannsstamm, so hat die Landesversammlung sofort die Reichsgewalt Deutschlands um Anordnung einer provisorischen Regierung zu ersuchen, und wird bis dahin die herzogliche Gewalt durch den ersten Ministerialbeamten ausgeübt. Für den Fall, daß keine berechtigte Prätendenten da sind, wählt das Volk in Urwahlen mit Zustimmung der Reichsgewalt das Oberhaupt. A RT. 58. Von dem Tode des Herzogs an und bis sein Nachfolger oder der Regent den Eid geleistet hat, wird die herzogliche Gewalt durch einen von der Landesversammlung gewählten verantwortlichen Statthalter ausgeübt. Die Function eines etwanigen Statthalters erlischt mit dem Tode des Herzogs. A RT. 59. Nach dem Tode des Herzogs versammelt sich sofort die Landesversammlung ohne Einberufung. War die Landesversammlung aufgelöst und fällt der Termin des Zusammentretens der neuen Landesversammlung später, so tritt die aufgelöste Landesversammlung wieder zusammen, und bleibt versammelt bis die neue Landesversammlung eintritt. A RT. 60. Der Herzog wird mit dem vollendeten 21sten Lebensjahre mündig.

Verfassung in Kraft getreten ist; für die Folge geschiehet die Bestimmung zu Anfang jeder Regierung durch ein Gesetz. A RT. 63. Apanagen, Ausstattungen und Witthümer des herzoglichen Hauses finden regelmäßig nur Statt, wenn die betreffenden fürstlichen Personen im Herzogthum Lauenburg ihren bleibenden Aufenthalt haben, und über den Betrag derselben bestimmt in den einzelnen Fällen ein Gesetz. A RT. 64. An der Spitze der Verwaltung stehen verantwortliche Ministerialbeamte, deren Zahl und Geschäftskreis zu bestimmen, dem Herzog zusteht. A RT. 65. Niemand kann zum Ministerialbeamten ernannt werden, der nicht das deutsche Reichsbürgerrecht hat. A RT. 66. Die Ministerialbeamten haben freien Zutritt zu den Sitzungen der Landesversammlung und müssen auf ihr Verlangen gehört werden; sie sind verpflichtet, zu erscheinen, so oft es von der Landesversammlung verlangt wird; sie können nicht Mitglieder der Landesversammlung sein. A RT. 67. Die Ministerialbeamten können der ihnen wegen der Verwaltung ihres Amtes obliegenden Verantwortlichkeit von dem Herzoge oder dem Statthalter nicht enthoben werden.

A RT. 61. Ist der Herzog unmündig oder nicht regierungsfähig, so ordnet die Reichsgewalt eine Regentschaft an, und ist bei der Wahl der Personen auf die nächsten regierungsfähigen Agnaten Rücksicht zu nehmen. Ob die Voraussetzungen einer Regentschaft vorhanden sind, oder aufgehört haben, darüber entscheidet auf desfallsigen Antrag der nächsten Agnaten oder der Landesversammlung die Reichsgewalt.

A RT. 68. Ein Ministerialbeamter kann wegen Verwaltung seines Amtes und kraft eines Beschlusses der Landesversammlung in Anklagestand versetzt werden; der Beschluß muß indeß in einer zweiten Berathung nach Ablauf dreier Tage wiederholt werden, bevor das Verfahren Statt haben kann.

A RT. 62. Die Bestimmung der Civilliste für den jetzigen Herzog geschieht durch eine Vereinbarung zwischen dem Herzog und der Landesversammlung, sobald die

A RT. 69. Ist das Endurteil nicht freisprechend, so hat dasselbe stets den Austritt des Ministerialbeamten aus dem Amte zur Folge.

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L AUENBURG

IV Von der Landesversammlung A RT. 70. Die Landesversammlung übt in Gemeinschaft mit dem Herzoge die gesetzgebende Gewalt. Ein Gesetz fordert zu seiner Gültigkeit die Uebereinstimmung des Herzogs und der Landesversammlung. Wird, während der Herzog Oberhaupt eines andern nicht deutschen Staates ist, ein Gesetzvorschlag auf drei verschiedenen Landtagen von der Landesversammlung mit einer Stimmenmehrheit von 3 Viertheilen unverändert angenommen, so kann der Herzog seine Zustimmung zu demselben nicht verweigern und verkündigt ihn als Gesetz. A RT. 71. Der Landesversammlung stehet gleich dem Herzoge das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

seine Person unter Curatel stehet, nicht fortlaufende Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln erhält, und nicht wegen eines peinlichen Verbrechens verurtheilt oder wegen eines solchen in Untersuchung ist. Die Wahlberechtigung ist an dieselben Bedingungen geknüpft, jedoch sind diejenigen, welche bei Andern in Kost und Lohn stehen, ohne einen eignen Heerd zu haben, zur Wahl nicht berechtigt. A RT. 76. Die Wahlhandlung ist öffentlich, die Abstimmung mündlich. A RT. 77. Das Wahlrecht kann nur in Person ausgeübt werden. A RT. 78. Der Landesversammlung allein steht die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlen zu. A RT. 79. Die Wahlperiode ist eine 3jährige und beginnt mit dem Tage der Eröffnung der neugewählten Landesversammlung.

A RT. 72. Die Landesversammlung hat das Recht, Adressen und Anträge zu beschließen.

A RT. 80. Die Stelle eines abgegangenen Abgeordneten wird sogleich durch eine neue Wahl ersetzt.

A RT. 73. Die Landesversammlung kann Ausschüsse ernennen und denselben das Recht verleihen, zur Erlangung ihnen nöthig scheinender Aufklärungen allein oder unter Zuziehung von richterlichen Beamten Vernehmungen vorzunehmen und die Behörde zur Hülfe zu requiriren.

A RT. 81. Das bei den Wahlen zu beobachtende Verfahren wird in einem besondern Wahlgesetze bestimmt werden.

A RT. 74. Die Landesversammlung bestehet aus 21 gewählten Abgeordneten. – Von diesen werden: 12 durch allgemeine Wahlen, 9 von den Grundeigenthümern gewählt und zwar: a) 6 von den ländlichen, und b) 3 von den städtischen Grundbesitzern. Die Wahl ist direct.

A RT. 83. Staatsdiener, die zu Abgeordneten gewählt werden, bedürfen keines dienstlichen Urlaubs; sie müssen aber die Wahl der ihnen vorgesetzten Dienstbehörde sofort anzeigen. Stehen dem Eintreten des Staatsdieners erhebliche Bedenken entgegen, so ist der Landesversammlung davon Mittheilung zu machen, und es entscheidet alsdann die Landesversammlung. Für die zu Abgeordneten erwählten Staatsdiener sind die Stellvertreter im Dienst auf Kosten des Staats anzustellen.

A RT. 75. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder mündige Lauenburger, der nicht für

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A RT. 82. Die Abgeordneten vertreten das ganze Volk, nicht allein die Wähler des Districts, sie können durch Instructionen ihrer Wähler nicht gebunden werden.

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) A RT. 84. Nimmt ein Abgeordneter ein besoldetes Staatsamt an, so hört er auf, Mitglied der Landesversammlung zu sein, er kann jedoch wieder gewählt werden. A RT. 85. Die Landesversammlung versammelt sich jährlich ohne besondere Berufung am 1. November, und wenn dieser Tag ein Sonntag ist, am folgenden Tage. Außerordentlich kann die Landesversammlung vom Herzog berufen werden, so oft er es für nöthig erachtet, auch hat die Landesversammlung das Recht, sich in dringlichen Fällen ohne Berufung zu versammeln, und ernennt dieselbe zu diesem Zweck im Anfange jeder Diät einen permanenten Ausschuß von 3 Mitgliedern, der bei vorkommenden dringlichen Fällen den Zusammentritt der Landesversammlung zu veranlassen hat. A RT. 86. Der ordentlichen Landesversammlung ist jedesmal der jährliche Voranschlag zum Staatshaushalt zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. A RT. 87. Dem Herzog steht das Recht zu, die Landesversammlung zu vertagen, zu schließen und aufzulösen. Die ordentliche Landesversammlung kann ohne eigne Zustimmung nicht vor Ablauf von 14 Tagen nach ihrem Zusammentritt vertagt oder geschlossen werden. Die Landesversammlung kann sich selbst nur auf 3 Tage vertagen. A RT. 88. Die Gültigkeit der Auflösung der Landesversammlung ist dadurch bedingt, daß die Auflösungsacte zugleich die Anordnung neuer Wahlen und die Berufung der neuen Landesversammlung enthält, die Wahlen müssen innerhalb 30 Tagen nach dem Auflösungstage beendigt sein, und die neue Landesversammlung muß innerhalb fernerer 14 Tage zusammentreten. A RT. 89. Die Landesversammlung versammelt sich regelmäßig am Sitz der

Regierung. A RT. 90. Der von der Landesversammlung erwählte permanente Ausschuß (Art. 85) bleibt als Finanzausschuß für die Dauer der ganzen Legislaturperiode, und im Fall der Auflösung der Landesversammlung bis zum Zusammentritt der neuen Landesversammlung in Function. A RT. 91. Während der Dauer der Landesversammlung übt der Präsident die PolizeiGewalt in dem Versammlungslocale. A RT. 92. Zu einem gültigen Landesversammlungsbeschlusse wird erfordert, daß von der gesetzlichen Zahl der Mitglieder zwei Drittheile anwesend sind. A RT. 93. Es entscheidet die absolute Stimmenmehrheit, so weit nicht das Grundgesetz ein Anderes bestimmt; der Präsident stimmt mit, aber zuletzt; im Fall der Stimmengleichheit ist die Sache als abgelehnt anzusehen; bei Wahlen entscheidet relative Stimmenmehrheit, ausgenommen bei den Wahlen des Präsidenten und Vicepräsidenten, welche durch absolute Stimmenmehrheit erwählt werden. A RT. 94. Die Sitzungen der Landesversammlung sind öffentlich. Ausnahmen hievon können auf Antrag der Staatsregierung in Folge Beschlusses der Landesversammlung stattfinden. A RT. 95. Ueber Gesetzesvorschläge muß regelmäßig eine Vor- und eine Schlußberathung stattfinden. A RT. 96. Kein Abgeordneter kann wegen seiner Aeußerungen und Abstimmungen in der Landesversammlung anders als durch den Präsidenten oder die Landesversammlung zurechtgewiesen oder zur Verantwortung gezogen werden, wenn nicht der Fall unter den Gesichtspunct einer Injurie oder eines in den Gesetzen mit Strafe bedrohten Vergehens fällt.

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L AUENBURG A RT. 97. Ein Abgeordneter kann während der Diät nur mit Erlaubniß der Landesversammlung verhaftet oder einem Strafverfahren unterworfen werden, es sei denn, daß er bei einem Verbrechen auf offener That ergriffen wäre. A RT. 98. Es ist nicht gestattet, in Person oder durch Deputationen der Landesversammlung Bittschriften zu überreichen. Die Landesversammlung hat das Recht, die bei derselben beschafften Eingaben an die betreffenden Departements zu verweisen. Die Ministerialbeamten sind auf Verlangen der Landesversammlung verpflichtet, über deren Inhalt die etwa erforderlichen Aufklärungen, so wie Auskunft über deren Erledigung zu ertheilen. A RT. 99. Jeder Abgeordnete ist befugt von den Ministerialbeamten Aufschlüsse zu verlangen, wenn er seine Absicht, eine Frage zu stellen, unter Bezeichnung des Gegenstandes, in einer vorgehenden Sitzung angekündigt hat. A RT. 100. Der vor dem Schluß der Landesversammlung zu gebende Abschied wird eine Zusammenstellung der Resultate und die Erklärungen des Herzogs auf die Anträge der Landesversammlung enthalten, und ist durch das Gesetzblatt öffentlich bekannt zu machen.

V Von den Gemeinden A RT. 101. Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: a) die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter; b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeinde-Angelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates; c) die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes;

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d) Oeffentlichkeit der Verhandlungen als Regel. A RT. 102. Jedes Grundstück soll einem Gemeindeverbande angehören. Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien bleiben der Landesgesetzgebung vorbehalten. A RT. 103. Jeder Staatsangehörige muß einer Gemeinde angehören. Exemtionen von Gemeindelasten finden nicht Statt.

VI Von religiösen Gemeinschaften A RT. 104. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, ist aber den Gesetzen des Staates unterworfen. A RT. 105. Keine Religionsgesellschaft genießt vor andern Vorrechte durch den Staat; es bestehet fernerhin keine Staatskirche. A RT. 106. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. A RT. 107. Dem Staate bleibt über alle Religionsgesellschaften eine Oberaufsicht vorbehalten, daß nichts geschehe, was den Gesetzen des Staates und dem Staatszwecke widerstreitet. A RT. 108. Der Staat gewährt allen religiösen Gemeinschaften gleichen Schutz. A RT. 109. Die durch das Staatsgrundgesetz nothwendig gewordene Auseinandersetzung zwischen dem Staat und der Kirche, wird durch eine Vereinbarung festgestellt werden.

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849)

VII Von Schulen A RT. 110. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. A RT. 111. Das gesammte Unterrichtsund Erziehungswesen steht unter Oberaufsicht des Staats und ist, abgesehen vom Religionsunterrichte, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. A RT. 112. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. A RT. 113. Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden aus der Zahl der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an. Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbsschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt werden. A RT. 114. Ein Gesetz wird das gesammte Schulwesen ordnen.

VIII Von milden Stiftungen A RT. 115. Das Vermögen milder Stiftungen darf unter keinem Vorwande zum Staatsvermögen gezogen oder zu andern als den stiftungsmäßigen Zwecken verwandt werden. A RT. 116. Dem Staat gebührt das Oberaufsichtsrecht über alle für kirchliche Zwecke, für den Unterricht oder für andere öffentliche Zwecke bestimmte Stiftungen. A RT. 117. Eine Abänderung solcher Stiftungen kann von dem Staat nur nach Vernehmung der zur Verwaltung und Aufsicht etwa Berechtigten und nur dann vorgenommenen werden, wenn der Zweck der Stiftung auf die vorgeschriebene Weise nicht

mehr zu erreichen ist. Es muß indeß das Vermögen unter möglichster Berücksichtigung der Wünsche der zur Verwaltung und Aufsicht etwa Berechtigten, zu gleichen oder ähnlichen und der muthmaßlichen Absicht des Stifters am meisten entsprechenden Zwecken wieder verwandt werden. Bei einer Abänderung von geistlichen Stiftungen ist die Zustimmung der betreffenden Kirchen-Gemeinde erforderlich.

IX Von der Rechtspflege A RT. 118. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus; es sollen keine Patrimonial-Gerichte bestehen. A RT. 119. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten ausgeübt. Cabinets- und Ministerial-Justiz ist unstatthaft. A RT. 120. Eine Gerichtsbehörde kann nur in Folge eines Gesetzes errichtet oder aufgehoben werden. A RT. 121. Die Organisation der Gerichte und die Zahl ihrer Mitglieder wird durch das Gesetz bestimmt. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufs-Erfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden. A RT. 122. Ein Richter darf nur auf Lebenszeit ernannt werden. A RT. 123. Kein Richter darf, ausser durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt, oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden. Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen. A RT. 124. Kein Richter darf wider seinen Willen, ausser durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten

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L AUENBURG Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.

A RT. 133. In Strafsachen gilt der Anklageproceß.

A RT. 125. Ein Richter darf nicht zugleich ein anderes, vom Staate besoldetes Amt bekleiden.

A RT. 134. Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen.

A RT. 126. Einem Richter können ausser seinem Gehalte keine Nebeneinnahmen oder Gratificationen irgend einer Art von der Regierung zugewendet werden.

A RT. 135. Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, so wie die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung sind abgeschafft.

A RT. 127. Die Gerichte sind verpflichtet, die in verfassungsmäßiger Form beglaubigten und verkündigten Gesetze zur Anwendung zu bringen. Die Frage, ob ein Gesetz auf verfassungsmäßigem Wege zu Stande gekommen ist, gehört nicht zur gerichtlichen Beurtheilung. A RT. 128. Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet die höhere Instanz. A RT. 129. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein; die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei stehet keine Strafgerichtsbarkeit zu. A RT. 130. Jeder, der sich durch eine Handlung der Staatsgewalt in seinem Rechte verletzt glaubt, kann den Weg Rechtens betreten. A RT. 131. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Die Militairgerichtsbarkeit ist auf die Beurtheilungen militairischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militair-Disciplinarvergehen beschränkt. Vorbehältlich der Bestimmungen über den Kriegsstand. A RT. 132. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein; Ausnahme von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz.

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A RT. 136. Die Strafe des bürgerlichen Todes soll nicht stattfinden, und da, wo sie bereits ausgesprochen ist, in ihren Wirkungen aufhören, so weit nicht hiedurch erworbene Privatrechte verletzt werden. A RT. 137. Rechtskräftige Urtheile aller deutschen Gerichte werden gleich den Erkenntnissen der Lauenburgischen Gerichte zur Vollziehung gebracht.

X Vom Staatsdienste A RT. 138. Es können nur Lauenburger und andere deutsche Staatsbürger als Staatsbeamte angestellt werden. A RT. 139. Einem ohne Zeiteinschränkung angestellten Staatsbeamten kann ohne gerichtliches Urtheil sein Diensteinkommen nicht entzogen werden, und er kann nicht ohne seine Einwilligung versetzt werden, beides vorbehältlich der Ausnahmen, welche das Gesetz bestimmen wird; eine Suspension mit Belassung des Diensteinkommens ist zulässig. A RT. 140. Einem Staatsbeamten kann der verlangte Abschied nicht verweigert werden, jedoch ist er verpflichtet, die Geschäfte fortzuführen, bis die Entlassung erfolgt ist.

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) A RT. 141. Staatsbeamte können nicht auf Sporteln angewiesen werden. Ein Gesetz regelt den Betrag der Sporteln und fließen die Sporteln, namentlich auch die Gerichtssporteln, in die Staatscasse. A RT. 142. Transitorische Bestimmungen Deutsche, welche während des Kriegs in dänischen Diensten verbleiben oder von Dänemark besoldet sind, sind vom Staatsdienst ausgeschlossen. Dies gilt auch vom Statthalter (Art. 52.)

XI Vom Staatshaushalte A RT. 143. Alles bisher als herrschaftlich bezeichnete Eigenthum und Vermögen ist Staatseigenthum. Alles aus Staatsmitteln Erworbene oder für den Staat Erworbene ist Eigenthum des Staats. Kriegscontributionen, Entschädigungsgelder und sonstige aus einem Staatsvertrage, Bündnisse oder Kriege entspringende Erwerbungen sind daher ebenfalls Staatseigenthum. Ueber das gesammte Staatsvermögen, namentlich über die in die Staatscasse fließenden grundherrlichen Abgaben und Leistungen werden genaue Inventarien aufgenommen. Alles Staatsvermögen wird der Staatsverwaltung zur Verwaltung und Verwendung überwiesen. Jede Abtheilung der Staatsverwaltung hat jährlich bei der Rechnungs-Ablage einen Nachweis über die Vermehrung oder Verminderung der ihr besonders anvertrauten Theile des Staatsvermögens einzuliefern. Das unbewegliche Staatsvermögen soll in seinem wesentlichen Bestande erhalten werden, und darf ohne Einwilligung der

Landesversammlung weder veräußert, noch mit bleibenden Lasten oder Schulden beschwert werden. A RT. 144. Die Beibehaltung, Einführung oder Abschaffung von Regalien, namentlich Zöllen, hängt von der Zustimmung der Landesversammlung ab. A RT. 145. Die Erhebung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Anstalten, z. B., Chaussée- und Fährgeldern und dergleichen, oder für die Dienste der Staatsbeamten, wie Sporteln aller Art, kann künftig nur durch ein Gesetz angeordnet werden. A RT. 146. Es wird jährlich der ordentlichen Landesversammlung ein Voranschlag über die zu erwartenden Staatsausgaben mit einem Nachweis ihrer Nothwendigkeit oder Nützlichkeit zur Genehmigung vorgelegt. A RT. 147. Soweit der Ertrag des Staatsvermögens, der Regalien und die Gebühren nicht ausreichen, um die bewilligten Ausgaben zu decken, wird der Staatsbedarf durch Steuern und Abgaben bestritten. Der Voranschlag über die Ausgaben muß zugleich Vorschläge über die zum Staatsbedarf erforderlichen Steuern und Abgaben enthalten. Die Bewilligung der Steuern und Abgaben ertheilt die Landesversammlung durch Genehmigung des Steuergesetzes; die Bewilligung gilt nur für ein Jahr; verzögert sich indeß die neue Bewilligung bis nach Ablauf der Finanzperiode, so dürfen die für den ordentlichen Staatsbedarf bewilligten Steuern und Abgaben noch sechs Monate hindurch fort erhoben werden. Keine Behörde ist berechtigt, Steuern und Abgaben zu erheben, wenn die Erhebung nicht durch das Gesetz angeordnet ist. A RT. 148. Die jährliche Staatsrechnung über Einnahme und Ausgabe wird mit allen Belegen dem von der letzten ordentlichen Landesversammlung erwählten Fi-

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L AUENBURG nanzausschusse zwei Monate vor Eröffnung der Landesversammlung zur Prüfung mitgetheilt und von dem Ausschusse der ordentlichen Landesversammlung in der ersten Sitzung mit Bericht vorgelegt. Der Ausschuß ist berechtigt, jede Art von Aufklärung von den betreffenden Departements zu verlangen. A RT. 149. Der Staat wird durch Anleihen und Garantien nur dann verpflichtet, wenn die Landesversammlung sie genehmigt hat; die von Ritter- und Landschaft contrahirten Schulden und die von ihr übernommenen Verbindlichkeiten werden von dem Staate anerkannt. A RT. 150. Die Centralkasse, die landschaftliche Casse und die sonstigen etwaigen besondern Landes-Cassen werden in eine Staatskasse vereinigt. A RT. 151. Bevorzugungen dürfen bei Steuern und Abgaben nicht stattfinden, die bestehende Steuergesetzgebung wird einer Revision unterzogen werden.

bereinstimmung mit dem Beschlusse der Landesversammlung erlassen werde. A RT. 154. Bis dahin, daß diejenigen Gesetze ergehen, welche durch die in diesem Verfassungsgesetze ausgesprochenen Grundsätze erforderlich werden, bleiben die bestehenden Gesetze und Rechtsnormen in Gültigkeit. Im Uebrigen treten alle mit den Bestimmungen des Verfassungsgesetzes in Wiederspruch stehenden Gesetze und Rechtsnormen sofort außer Kraft. A RT. 155. Alle Staatsbeamte und die bewaffnete Macht haben der Reichsverfassung, dem Herzoge und der Landes-Verfassung Treue und Gehorsam zu schwören. A RT. 156. Eine Abänderung dieses Grundgesetzes erfordert zu ihrer Gültigkeit die Uebereinstimmung des Herzogs und der Landesversammlung, und zwar mit einer Stimmenmehrheit von zwei Drittheilen der im Artikel 74 festgesetzten Zahl der Abgeordneten.

ZUSATZARTIKEL XII Allgemeine Bestimmungen A RT. 152. Der Sitz der Regierung kann nur innerhalb der Landesgrenzen sein. A RT. 153. In jedem Gesetze muß ausdrücklich erwähnt werden, daß es in Ue-

Levetzow, Präsident

Kielmann, Vice-Präsident

A. Lescow. v. Gundlach. H. J. Wischer. J. Ehlers. J. J. F. Stamer. 124

A RT. 157. Die nach dem vorstehenden Grundgesetze der Landesversammlung zustehenden Rechte und Befugnisse werden bis zum Zusammentritt der neugewählten von der gegenwärtigen Landesversammlung geübt. Ratzeburg, den 11. Mai 1849.

Bärens, Schriftführer

Ludwig Rohde. A. v. Schrader. J. F. Michelsen. J. H. C. Meyer. L. Frost.

A. Hudemann, Schriftführer

F. H. Wagner. C. Dölle. Meyer. L. H. Stamer. E. Speckhahn.

V ERFASSUNG VON L AUENBURG (1849) C. Hornbostel II. A. Schmidt. H. J. Meyer. Aug. Schlüter. F. Rieck. J. C. Brüsselle.

J. P. F. Knoop. H. Stamer. F. Hornbostel I. H. H. Schmaljohann. J. Wentorp. C. v. Schrader.

A. F. Thölcke. Werner. H. Berling. Fr. Aßmann. H. Metzener. E. Th. Berckemeyer.

L. S. Allen Einwohnern des Landes, insonderheit allen Obrigkeiten, Behörden und Beamten wird geboten, den grundgesetzlichen Vorschriften in allen Stücken, soweit sie nach dem Erlasse des Reichskommissairs sofort in Wirksamkeit treten sollen, nachzukommen. Ratzeburg, den 14. Mai 1849. Die Statthalterschaft des Herzogthums Lauenburg. L. Kielmansegge.

E. F. Walter.

A. Höchstädt. Büttner.

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Ediert nach Officielles Wochenblatt für das Herzogthum Lauenburg, Bd. 1848–1849, Jahrgang 1849, No. 11, Ratzeburg, S. 85–107. Eine handschriftliche, gesiegelte Urschrift des Staatsgrundgesetzes von Lauenburg findet sich im Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 210 Nr. 1221. Das Lauenburger Grundgesetz wurde am 11. Mai 1849 verabschiedet und am 14. Mai 1849 offiziell verkündet und in Kraft gesetzt. Die Verfassung wurde jedoch bereits am 6. März 1851 durch ein Patent von König Frederik VII. wieder außer Kraft gesetzt. Sie wurde schließlich am 20. Dezember 1853 durch ein „Allerhöchstes Patent, betreffend die innereVerfassung des Herzogtums Lauenburg, namentlich in Hinsicht der Landesvertretung“ ersetzt. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 347, 1ff. Das Herzogtum Lauenburg war seit dem Wiener Kongreß von 1815 in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden. Im Sommer 1848 wurde das Herzogtum jedoch vorübergehend in die Verwaltung des Deutschen Bundes aufgenommen und besaß seit dem Malmöer Waffenstillstand eine selbständige Regierung. Am 19. April 1849 trat die lauenburgische Landesversammlung nach den Wahlen von März/April

1849 zusammen und begann unmittelbar mit der Arbeit an der Verfassung, wobei die Hauptarbeit im Verfassungsausschuß geleistet wurde. Vorbildfunktion für das Staatsgrundgesetz hatten das schleswigholsteinische Staatsgrundgesetz (siehe Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 (Europa Band 3), Teil VI, „Verfassung von Schleswig-Holstein (1848)“) und die bereits aus Frankfurt bekannt gewordenen Entwürfe (siehe Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 (Europa Band 3), Teil I, „Bayrischer Entwurf einer deutschen Verfassung (1848)“, „Entwurf der Siebzehn (1848)“ sowie „Verfassung des Deutschen Reiches (1849)“). Siehe hierzu Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig und Stiftung Mecklenburg in Ratzeburg (Hrsg.), Staatsgrundgesetze 1848/49 in Schleswig-Holstein und Lauenburg, Katalog zur Austellung im Haus Mecklenburg Ratzeburg, 11. Mai bis 7. November 1999, Schleswig 1999, insbes. S. 61ff. mit zahlreichen Hinweisen auf Archivquellen; Christiane Oberländer, Die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Kreises Herzogtum Lauenburg vom Mittelalter bis zur Ämterreform 1948, in: Lauenburgische Heimat, 156 (Dez. 2000), S. 20–83 (51ff.). Für die Verfassungen des dänischen Gesamtstaates siehe Constitutions of Denmark, Norway and Sweden 1809–1849.

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Verfassung von Lippe (1819)

Landständische Verfassungs-Urkunde des Fürstenthums Lippe1

Von Gottes Gnaden, Pauline Christine Wilhelmine, Souveraine Fürstin, Vormünderin und Regentin zur Lippe, Edle Frau und Gräfin zu Schwalenberg und Sternberg, gebohrne Fürstin zu Anhalt, Herzogin zu Sachsen, Engern und Westphalen, Gräfin zu Ascanien u.s.w. u.s.w. Wir wurden bisher auf mehr als eine Weise an der Erfüllung des dreyzehnten Artikels der deutschen Bundes-Acte gehindert, geben aber nunmehr mit voller Beystimmung des künftigen regierenden Fürsten, Unsers Herrn Sohns Paul Alexander Leopold Liebden, dem Fürstenthum Lippe nachstehende Landständische Verfassungs-Urkunde. Möge sie dem geliebten Lande, dem siebenzehn Jahre Unsre treue, mütterliche Fürsorge gewidmet war, bey dem nahen Ende Unsrer vormundschaftlichen Regierung ein theures Vermächtniß und die Grundlage ungestörter Einigkeit zwischen Haupt und Gliedern werden. Es bedarf keiner neuen Landes-Constitution; es war unnöthig, Rechte zu versichern, die zu entziehen nie Unsre Absicht war, Pflichten einzuschärfen, die sich von selbst verstehen. Wir wollten nur die Hauptzüge der landständischen Verhältnisse nach den Bedürfnissen des Uns anvertrauten Landes bezeichnen, und überlassen es gern der Zukunft, im seegensreichen Einverständniß der künftigen Regenten und der künftigen Stände, die Landes-Einrichtungen, fortschreitend mit den Bedürfnissen der Zeit, zu vervollkommen und auszubilden. Es ist das schöne Vorrecht hoher Men-

schenwürde, niemals still zu stehen, nie am Ziele sich zu glauben; denn was die Väter beglückte, paßt nicht mehr ganz für die Söhne, was diese bedürfen, würde schwerlich mehr den Enkeln genügen; aber dagegen steht es unerschütterlich fest, daß wo es dem allgemeinen Wohle gilt, dem persönlichen Vortheil, den hergebrachten Gewohnheiten entsagt werden muß, und das Glück der Gesammtheit allein Richtschnur seyn und bleiben darf. Die Wahlen sollen ohne Aufenthalt angesetzt, und sobald sie vollendet sind, die Abgeordneten zum Landtag berufen werden. Diese Verordnung wird abgedruckt, vertheilt, angeschlagen und ohne die Verfassungs-Urkunde von den Kanzeln verlesen. Gegeben in Unserer Residenz-Stadt Detmold den 8ten Juni 1819. Paulina. v. Funk. Helwing. Petri. v. Meien.

LANDSTÄNDISCHE VERFASSUNGS-URKUNDE Titel I Bestimmung der Landstände, der Anzahl ihrer Abgeordneten, und deren Rechte und Pflichten § 1. Die bisherigen Stände von Ritterschaft und Städten im Fürstenthum Lippe werden aufgehoben und durch eine Vertretung aller Landes-Einwohner ersetzt.

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L IPPE § 2. Diese Volks-Vertretung ruhet auf Grund-Eigenthum und bildet sich aus den drey Classen der schriftsässigen Gutsbesitzer, des Bürgerstandes und des Bauernstandes. § 3. Jede dieser drey Classen wählt aus ihrer Mitte sieben Abgeordnete, die sich auf Ausschreiben der Landes-Regierung versammeln und dann den Landtag bilden. § 4. Diese ein und zwanzig Abgeordneten vertreten die Gesammtheit des Lippischen Landes, nicht blos die sie gewählt habende Classe; das Interesse des ganzen Vaterlandes ist ihre heilige Pflicht. § 5. Die Wahl bestimmt jedem Abgeordneten einen Stellvertreter für den Fall, wenn der Tod, der Verlust der erforderlichen Eigenschaften, oder die mit landesherrlicher Genehmigung erfolgte Niederlegung seiner Stelle sein Verhältniß auflöset. § 6. Die Abgeordneten und ihre Stellvertreter geloben vermöge körperlichen Eides: dem Landesherrn unverbrüchliche Treue, den Gesetzen Gehorsam, der Verfassung Aufrechthaltung, dem Gemeinwohl des Vaterlandes unablässige Aufmerksamkeit und Fürsorge. § 7. Bey Einführung neuer oder Abänderung früherer Landes-Gesetze sollen die Landes-Abgeordneten mitwirken, ihr Gutachten geben, und wird, wenn jene Verordnungen auf die Landes-Verfassung wesentlichen Einfluß haben, ihre Zustimmung erforderlich seyn. § 8. Ohne vorhergegangene Berathung und ausdrückliche Beystimmung der Landes-Abgeordneten kann keine neue Steuer, sie habe auch Namen welchen sie wolle, sey direct oder indirect, aufgelegt, keine Anleihe auf den Credit Landschaftlicher Cassen gemacht werden. Bey höchst dringenden Fällen und unaufschieblicher Eile

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sollen jedesmal die Deputirten des ständischen Ausschusses zur Ueberlegung und Repartition zugezogen werden. Von Nebenbedingungen bey Steuer-Bewilligung darf niemals Rede seyn, nur von richtiger und alleiniger Verwendung zu den angegebenen Zwecken. § 9. Die bisherigen längst bestehenden Steuern, welche im Verhältniß andrer, durch Krieg und Regenten-Wechsel härter betroffenen Staaten, weder vielfach noch drückend sind, bleiben vorerst noch in gewohnter Art. § 10. Die Regierung legt, wie bisher auf jedem Landtage, einen Etat der nöthig erachteten Bewilligungen bis zum nächsten vor, den genau zu prüfen und was des Landes Wohlfahrth fordert, dabey zu erinnern, der Landes-Abgeordneten besondre Pflicht ist. § 11. Auch steht den Vertretern des Landes das Recht des Vorschlags, der Anzeige, der Erinnerung bey Gegenständen zu, welche die Wohlfahrth des Landes, Vervollkommnung der Gesetzgebung, Mißbräuche der Verwaltung, Verbrechen einzelner Staatsdiener umfassen. § 12. Außer dem Landtags-Director, welcher nur während des Landtags sein Amt verwaltet, und einem Landsyndicus, der im Lande wohnt und wohl im Stande ist, seinen Verpflichtungen zu genügen, wählt noch jeder Stand zu leichterer und schnellerer Besorgung der landständischen Angelegenheiten auch außer dem Landtage, einen daurenden Deputirten. Diese drey bilden den Ausschuß. § 13. Alle diese Wahlen bedürfen der Bestätigung des Landesherrn.

V ERFASSUNG VON L IPPE (1819)

Titel II Nähere Angabe der zu jedem Stand gehörigen Staatsbürger § 14. Der erste Stand oder der Stand der Gutsbesitzer im Fürstenthum Lippe besteht aus den Stiftern Cappel und Lemgo, aus allen Eigenthümern schriftsässiger, weder der städtischen Contribution noch der Grundsteuer des platten Landes unterworfenen Güter. Diese Güter mögen in einer Stadt oder auf dem Lande liegen, bisher dem ritterschaftlichen Cataster einverleibt gewesen seyn oder nicht, der Eigenthümer mag adlichen oder bürgerlichen Standes seyn, fehlt ihm nur keine der Eigenschaften zur Ausübung des Stimm-Rechts; so steht ihm bey der Wahl der sieben Abgeordneten des ersten Standes eine Stimme zu. Zersplitterte Grundstücke ohne Wohnhaus berechtigen hierzu nicht. § 15. Den zweyten oder den Bürgerstand vertreten die Abgeordneten der Städte Lippstadt, Lemgo, Horn, Blomberg, Salzufeln, Detmold, Barntrup und des Fleckens Lage. Die sechs ersten Städte wählen jeder einen Abgeordneten; Barntrup und Lage den siebenten gemeinschaftlich. § 16. Den dritten oder den Bauernstand bilden alle erbliche Güter-Besitzer des platten Landes, welche unter der ersten Instanz der Aemter stehen, sie mögen der Contribution oder Grundsteuer unterworfen seyn oder nicht, ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Besitzungen; die Flecken Schwalenberg, Alverdissen, Bösingfeld, Varenholz, und sämmtliche Erbkötter ohne Unterschied der Exemtion.

Titel III Von den Wahlen § 17. Die Regierung schreibt die von dem Landesherrn verordneten Wahlen aus, die nach ihrer Vollziehung dessen Genehmigung bedürfen.

§ 18. Die Behörden, denen die Leitung der Wahl anvertrauet wird, enthalten sich aller Vorschläge, jeder Einmischung, sorgen für Ordnung, Ruhe; verständigen die Erschienenen mit großer Sorgfalt und ermahnen sie, gewissenhaft und rücksichtslos ihre Stimme nur Männern von bekannter Einsicht und Rechtschaffenheit zu geben. § 19. Die Wahlen der Landes-Abgeordneten des ersten Standes geschehen in einer und derselben Handlung unmittelbar, die Wahlen der Abgeordneten des zweyten und des dritten Standes mittelbar durch die dazu bestimmten Wahlmänner. § 20. Wer zu Lippstadt, Lemgo, Horn, Blomberg, Salzufeln, Detmold oder in Barntrup und Lage ein Wohnhaus, in den Aemtern und Vogteien ein der Amtsgerichtsbarkeit unterworfenes Gut, Wohnhaus oder Stätte wirklich besitzt, und der nachher anzuführenden Eigenschaften dieser Classen nicht ermangelt, ist ein Wähler des zweyten oder dritten Standes. § 21. Für funfzig bürgerliche Wohnhäuser in den Städten und dem Flecken Lage, und für funfzig amtssässige Güter, Colonate oder Stätten auf dem Lande wird immer ein Wahlmann erkohren. § 22. Wer als Wähler Theil nehmen will, muß sein Vermögen selbst verwalten, weder in Concurs noch Elocation stehen, im Lande wohnen und 25 Jahre zurückgelegt haben. Wer sich eine entehrende Strafe zuzog, ist von jeder Wahl ausgeschlossen. § 23. Der Wahlmann bedarf, außer denen vom Wähler begehrten Eigenschaften, ein dreyßigjähriges Alter, Bekenntniß der christlichen Religion, untadelhaften Wandel, den Ruf eines verständigen rechtschaffenen Mannes und ein Grundvermögen von tausend Thaler, um wählbar zu seyn. § 24. Ein Landes-Abgeordneter muß die Eigenschaften des Wählers und Wahl-

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L IPPE manns besitzen, seine Gedanken schriftlich verständlich auszudrücken vermögen, und ein Grundvermögen von dreytausend Thaler haben. Die nehmlichen Vorzüge muß der Stellvertreter eines Abgeordneten vereinigen. § 25. Niemand kann in mehr als einem Stande wählen, mehr als eine Stimme führen; doch hängt es von einem jeden ab, der in mehr als einer Classe Grund-Eigenthum besitzt, das Gut zu bestimmen, von dem er seine Rechte ausüben will. § 26. Die Stifter Cappel und Lemgo werden jedes durch seinen Syndicus vertreten. Andre Wahlstimmen müssen persönlich erscheinen und ruhen demnach, während eine Frau sie besitzt, ein Vormund oder Curator sie verwaltet. § 27. Großväter, Väter, Brüder können nicht mit ihren Enkeln, Söhnen und Geschwistern zugleich Wahlmänner, noch weniger Landes-Abgeordnete seyn. Werden die demnach gleichzeitig gewählt; so tritt der jüngere an Jahren zurück und sein Stellvertreter ein. § 28. Die Mitglieder der Regierung, der Rentkammer, des Consistoriums, der obern Justiz-Höfe, diejenigen, welche Hof-Chargen oder Militairdienste bekleiden, können keine Landes-Abgeordnete seyn. Andre dazu gewählte herrschaftliche Diener müssen erst die Erlaubniß des Regenten zur Annahme nachsuchen. § 29. Wer an einer Wahl Theil nehmen darf, hat auch die Pflicht, dem an ihn ergehenden ehrenvollen Ruf zu folgen, wenn nicht Krankheit, Abwesenheit und unaufschiebliche Geschäfte ihn entschuldigen. § 30. Die Gegenwart von drey Viertheilen der Berechtigten ist bey jeder Wahl nothwendig; erscheinen sie nicht zahlreich genug, muß deshalb ein neuer Termin angesetzt

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werden; so geschieht es auf Kosten derer, die ohne gesetzliche Ursache ausblieben. § 31. Bey jeder Wahl, wo StimmenGleichheit eintritt, und nicht einer der Gewählten freiwillig entsagt, entscheidet das Loos. § 32. Wer die Wahl ablehnen will, muß es sogleich zu Protocoll erklären, oder binnen drey Tagen der Regierung zureichende Gründe anzeigen. § 33. Wenn bey den Wahlen die vorgeschriebenen Formen nicht beachtet wurden, oder den Gewählten die gesetzlichen Eigenschaften fehlen, Ränke, Einflößungen, Verabredungen oder Cabalen eintraten; so sind sie ungültig und nichtig; die vergeblichen Kosten fallen dem zur Last, der diese Mängel verschuldete, und es kann ihn nach Befinden auch Strafe treffen. § 34. Die mit der Leitung der Wahl beauftragten Behörden berichten die Vollziehung, mit Beyfügung eines Gutachtens über die Gültigkeit, der Regierung, welche dann die Entschließung des Landesherrn bekannt macht. § 35. Sobald eine Wahl die Landesherrliche Genehmigung erhalten hat, lösen sich alle Verhältnisse der Wahlmänner auf, und sie dürfen sich nicht weiter eigenmächtig versammeln. § 36. Die Landes-Abgeordneten, die drey Deputirten des Ausschusses und der Landsyndicus werden auf sechs Jahre gewählt, können es aber auch nach diesem Zeitraum bleiben, wenn ihre Wahl sich erneuert. § 37. Geht während des sechsjährigen Zeitraums ein für einen Landes-Abgeordneten eingetretener Stellvertreter ab; so wird die Regierung eine neue Wahl des Abgeordneten und des Stellvertreters veranlassen. § 38. Die dieser Verfassungs-Urkunde beygeschlossene Wahlvorschrift bestimmt

V ERFASSUNG VON L IPPE (1819) das Betragen eines jeden Standes bey der ihm obliegenden Wahl.2

Titel IV Von den Landtagen § 39. Eine Landesherrliche Verordnung im Intelligenzblatt beruft den Landtag der Regel nach in die Residenz Detmold. Eigenmächtige Landständische Versammlungen sind gesetzwidrig und nichtig; doch kann sich jeder Stand, hat er die Landesherrliche Erlaubniß dazu erbeten, in seinen Angelegenheiten vereinigen. § 40. Alle zwey Jahre soll ein Landtag gehalten werden; doch kann, wenn es der Landesherr früher nöthig erachtet, die Zusammenberufung der Stände auch nach kürzerem Zeitraum geschehen. § 41. Nach des Regenten Ableben werden binnen drey Wochen die Landes-Abgeordneten einberufen, um die Huldigung zu leisten, oder im Fall eine Vormundschaft anzuordnen ist, dazu mitzuwirken. § 42. So oft eine neue Wahl von LandesAbgeordneten eingetreten ist, begiebt sich eine Fürstliche Commission noch vor Eröffnung des Landtags in die Versammlung und beeidigt die Gewählten. § 43. Dann wählen sämmtliche LandesAbgeordnete den Director des Landtags, den aus drey Deputirten bestehenden Ausschuß, und den Landsyndicus, zeigen den Erfolg der Fürstlichen Commission an, welche die Landesherrliche Genehmigung einhohlt, die Bekanntmachung der Wahlen besorgt, den Landtags-Director und den Ausschuß auf die schon geleisteten Gelobungen verweiset, und den Landsyndicus beeidigt. § 44. Wenn die Stände-Versammlung auf diese Weise ihre innere Einrichtung erhalten hat; so erfolgt ihre feierliche Eröffnung

auf dem Residenz-Schloß in auch sonst gewohnter Weise. § 45. Die Landes-Abgeordneten berathschlagen in einer Kammer und erhalten eine weitere Geschäfts-Ordnung. § 46. Die Berathschlagungen des Landtags geschehen öffentlich; doch kann die Kammer das Abtreten der Zuhörer in dazu geeigneten Fällen verlangen. Die Resultate des Landtags sollen in paßlicher Form und Kürze durch den Druck bekannt gemacht werden. § 47. Zu einem gültigen Beschluß bedarf es der Anwesenheit von wenigstens zwey Drittheilen der Landes-Abgeordneten. Der Landtags-Director, welcher jeden Gegenstand zur Berathung vorträgt, sucht denselben in vollständiger Klarheit darzulegen und nach Möglichkeit auf einfache Fragen zurückzubringen. Im Fall entschiedener Stimmen-Mehrheit ist der Beschluß gefaßt; Stimmen-Gleichheit veranlaßt die Wiederhohlung des Gegenstandes in einer zweyten Sitzung, und dauert sie auch dann noch fort, die Entscheidung des Landesherrn. § 48. Alle Abgeordneten haben gleiche Rechte und gleiche Verpflichtungen, sie vertreten alle Landes-Bewohner und sind daher an keine Instruction ihrer Wahlbehörden gebunden. Sie müssen diese in Kopf und Herz, in bester Einsicht und Ueberzeugung finden. Protestationen gegen die Beschlüsse des Landtags sind gesetzwidrig; doch steht es jedem Abgeordneten frey, seine abweichende Meinung in einem besondern Aufsatz zur Kenntniß des Regenten zu bringen. § 49. Die Landes-Abgeordneten sind wegen ihrer Aeußerungen in der StändeVersammlung nicht verantwortlich. Verletzungen des allgemeinen Anstandes, Verunglimpfungen, Schmähungen sind ihnen nicht zuzutrauen, der Landtags-Director

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L IPPE könnte sonst, da ihm die Erhaltung der Ruhe und Schicklichkeit in den Versammlungen obliegt, zur Ordnung rufen, und geschähe es vergebens, Entfernung und Ahndung durch Anzeige befördern. Jeder Abgeordnete ist während der Dauer des Landtags für seine Person unverletzlich; nur die Begehung eines Verbrechens könnte Verhaft ihm zuziehen. § 50. Wenn es wegen der Landesherrlichen Propositionen und Regierungs-Anträge mündlicher Entwickelungen und ausführlicher Nachweisungen bedarf; so ernennt der Landesherr eine Commission, die den einzelnen Sitzungen, welche diesen Gegenständen bestimmt sind, beyzuwohnen hat. § 51. Der Landtag muß auf die Landesherrlichen Propositionen ein auf alle Punkte gerichtetes, nach Möglichkeit erschöpfendes, wohlerwogenes Gutachten erstatten, worauf dann weitere Entschließung erfolgt. In Ansehung unerfüllter Wünsche und nicht genehmigter Vorschläge der Abgeordneten steht es denselben frey, sie am nächsten Landtag zu wiederhohlen. § 52. Der Landtags-Schluß geschieht mit gleichen Förmlichkeiten, als die Eröffnung. §.53. Die gewöhnliche Dauer des Landtags ist drey Wochen; der Landesherr hat die Befugniß der Verlängerung oder Abkürzung, auch in außerordentlichen hoffentlich nie eintretenden Fällen, der Auflösung ohne förmlichen Landtags-Schluß. Dann werden binnen drey Monaten neue Wahlen ausgeschrieben, oder geschiehet es nicht; so ist es stillschweigende Anerkennung der fortdaurenden Gültigkeit der alten Wahl. § 54. Nach geschlossenem oder aufgehobenem Landtag ist jede weitere förmliche Berathschlagung oder Handlung der Landes-Abgeordneten gesetzwidrig und daher nichtig.

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§ 55. Alle Abgeordneten erhalten täglich drey Rthlr. Diäten mit Einschluß des Tages ihrer Ankunft und Abreise, der LandtagsDirector das Doppelte aus einer von den drey Ständen gemeinschaftlich zu bildenden Casse.

Titel V Geschäfts-Kreis des LandtagsDirectors, des Ausschusses und des Landsyndicus § 56 Der Landtags-Director, jedesmal nur für die Dauer des Landtags gewählt, mit dem seine Amtsführung beginnt, dauert und endigt, läßt sich mit dem Director jedes höhern Collegii vergleichen. Ihm werden die Landesherrlichen Erlasse behändigt, er legt sie dem Landtag zur Berathung und Beantwortung vor, und unterzeichnet mit den drey Ausschuß-Deputirten alle Ausfertigungen des Landtags. An ihn sind alle Eingaben überschrieben, er wacht darüber, daß nichts vorfalle, was dem Landtag die allgemeine Achtung entziehen könnte, und seine Stelle ist in jedem Betracht ein Ehrenamt. § 57. Die drey Ausschuß-Deputirten vertreten die Gesammtheit der Landes-Abgeordneten überall, wo diese selbst nicht wirksam seyn können. In eiligen die Rechte der Stände betreffenden Fällen, wenn dem Lande Gefahren drohen, wo jeder Verzug, jede Bekanntwerdung schaden würde, sind sie es, mit denen die Regierung Rath pflegen wird. Sie können indessen keine bleibende Verbindlichkeiten für das Land eingehen, und sind denen Landes-Abgeordneten verantwortlich. § 58. Die drey Ausschuß-Deputirten bilden unter dem Directorio des jedesmaligen Regierungs-Chefs das Landcassen-Administrations-Collegium. Dieser Behörde liegt es ob, jährlich alle Landschaftlichen CassenRechnungen, wozu auch die Militaircassen-

V ERFASSUNG VON L IPPE (1819) Rechnung gehört, durchzusehn und abzunehmen. Die Ausschuß-Deputirten, welche dem Landtag Rechenschaft von dem Zustand der Cassen, mit ihren Vorschlägen und Bemerkungen ablegen, erhalten Abschrift der Rechnungen und des AbnahmeProtocolls. § 59. Der Syndicus führt, als Secretair des Landtags, über alle eingehenden Sachen und darauf gefaßten Beschlüsse ein vollständiges tabellarisches Verzeichniß und in den Versammlungen das Protocoll. Er verfertigt die Gutachten und alle andre Aufsätze in ständischen Angelegenheiten, ohne selbst dabey ein Votum zu haben, er muß die Registratur wohl verwahren und zur schnellen Auffindung der benöthigten Acten in größester Ordnung erhalten. § 60. Ueber den zu bestimmenden Gehalt und die Emolumente der Ausschuß-Deputirten und des Landsyndicus aus der zu bildenden allgemeinen Casse werden die Landes-Abgeordneten Vorschläge zur Landesherrlichen Genehmigung zu eröffnen haben. Detmold den 8ten Juni 1819. (L. S.) Paulina. Vollkommen bestimmend. Leopold Erbprinz zur Lippe. v. Funk. Helwing. Petri. v. Meien. Clausing.

WAHLVORSCHRIFT Titel I Von der Wahl der Abgeordneten des ersten Standes § 1. Die Regierung wird einen Termin bestimmen und eine Commission ernennen. Letztere ladet die Güter-Besitzer ein, persönlich und auf ihre Kosten in Lemgo zu erscheinen, wenn es ihnen kein gesetzliches Hinderniß verbietet.

§ 2. Ueber das Erscheinen dieser Wähler des ersten Standes wird von der Commission, nach nahmentlichem Aufruf derselben, ein Protocoll abgefaßt, und einem jeden folgender Wähler-Eid abgenommen: „Ich schwöre zu Gott, daß ich meine Stimme aus wahrer innerer Ueberzeugung, ohne fremden Einfluß und Nebenrücksichten, nur so abgeben will, wie ich es dem allgemeinen Besten am zuträglichsten halte.“ Die Versammlung ernennt zwey Wähler aus ihrer Mitte zum Beystand der Commission. § 3. Jeder Wähler empfängt einen im Voraus gefertigten, in Brief-Form zusammengelegten, mit fortlaufenden Nummern bezeichneten Wahlzettel, auf den er die Nahmen der sieben Guts-Besitzer seines Standes schreibt (mögen sie gegenwärtig seyn oder nicht), die er zu Landes-Abgeordneten ernannt wünscht. § 4. Wenn die Zettel von den Schreibenden wieder gefaltet und in das dazu bestimmte Gefäß geworfen sind; so werden sie nun gezählt, nach der Reihe geöffnet und laut verlesen. Ist ein Mißverständniß durch Undeutlichkeit der Handschrift entstanden; so kann die Berichtigung geräuschlos und ohne Störung befördert werden. § 5. Auf einen in sieben Columnen abgetheilten Bogen wird der Inhalt jedes einzelnen Wahlzettels mit des letztern Nummer geschrieben, der Erfolg der Wahlversammlung bekannt gemacht, und, mit Beylegung der Wahlzettel und Wahlbogen, zu Protocoll genommen. § 6. Wer von den sieben Gewählten zwey Drittheile der Stimmen der Anwesenden erhielt, bedarf nur noch der Landesherrlichen Genehmigung, um Abgeordneter seines Standes zu seyn. § 7. Wenn bey der ersten Wahl nicht für sieben Güter-Besitzer entschiedene Stim-

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L IPPE men-Mehrheit vorhanden ist; so wird für die noch Fehlenden der Act wiederhohlt, und giebt das dritte Mal die Mehrheit der für jeden Einzelnen abgegebenen Stimme, den Ausschlag. § 8. Die sieben Guts-Besitzer, die nach den gewählten sieben Abgeordneten die meisten Stimmen erhalten, werden dadurch Stellvertreter, und bestimmt das Loos, wer es jedem Abgeordneten ist. § 9. Das beendigte vollständige Protocoll der Wahl unterzeichnen die Commission und die beyden Gehülfen, und erstere entläßt die Wahlversammlung. Sobald der Landesherr die Wahl bestätigt hat, wird sie im Intelligenzblatt bekannt gemacht, und jedem Abgeordneten und jedem Stellvertreter ein Wahlattest zugefertigt.

Titel II Von der Wahl der Abgeordneten des zweyten Standes § 10. Die Regierung setzt den Termin fest, wann in den Städten Lippstadt, Lemgo, Horn, Blomberg, Salzufeln, Detmold, Barntrup und im Flecken Lage die Wahlmänner des Bürgerstandes bestimmt werden sollen. Das Wahlprotocoll führen die Magisträte, wozu sich in Detmold der Neustädter Commissarius gesellt. § 11. Die Zahl der Wahlmänner bestimmt das Verhältniß der bürgerlichen Häuser nach Vorschrift der Landständischen Verfassungs-Urkunde. § 12. Die leichteste und bequemste Art, ihre Bürgerschaft zu versammeln und abstimmen zu lassen, wird der Ueberlegung und dem Gutfinden der Magisträte überlassen, wenn nur eine ruhige Wahl und leichte Uebersicht dadurch befördert wird.

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§ 13. Nur stimmfähige Einwohner werden zum Termin eingeladen. Der Magistrat unterrichtet durch eine kurze Anrede die Wahlversammlung von dem Zweck der Handlung mit Vorlesung der nöthigen Paragraphen aus der Landständischen VerfassungsUrkunde und aus dieser Wahlvorschrift; er beruft dann jeden Wähler einzeln, um ihn die Nahmen derjenigen seiner Mitbürger zu Protocoll angeben zu lassen, die er zu Wahlmännern zu ernennen wünscht. § 14. Sobald die Stimmen sämmtlicher erschienenen Wähler zu Protocoll genommen sind, und das Resultat der Abstimmungen gezogen ist, ernennt die Versammlung vier mit dem Magistrat in keiner Beziehung stehende Männer, denen beydes vorzulegen ist. § 15. Die Stimmenmehrheit bezeichnet die Wahlmänner; sind deren eine größere Zahl vorgeschlagen, als der Stadt zusteht; so bestimmt das Loos die Zurücktretenden. § 16. Der Erfolg wird der Wahlversammlung bekannt gemacht, das Protocoll geschlossen, von sämmtlichen gegenwärtig gewesenen Magistrats-Gliedern und den vier gewählten Gehülfen (Siehe §. 14.) unterzeichnet, und das Wahlprotocoll mit Berichtserstattung der Regierung eingereicht. § 17. Sobald den Magisträten die Landesherrliche Genehmigung der Wahlmänner zugekommen ist, geben erstere diesen eine Legimations-Urkunde. § 18. Nun beraumt die Regierung einen weitern Termin zur Wahl der Abgeordneten des Bürgerstandes an, wobey ein Fürstlicher Commissarius den Vorsitz führt, der Magistrat die nähere Anordnung und das Protocoll besorgt. § 19. Die Wahlmänner schwören den §. 2. vorgeschriebenen Wähler-Eid. Wenn einer derselben fehlt; so ruft der Magistrat denjenigen Bürger zur Stellvertretung auf, der

V ERFASSUNG VON L IPPE (1819) nach dem Fehlenden die meisten Stimmen zählt. § 20. Die Wahl der städtischen Abgeordneten ist vollkommen frey, auf keine Weise an die Glieder des Magistrats gebunden, oder auf diese beschränkt. Besitzen sie die gesetzlichen Eigenschaften; so kann die Wahl sie eben sowohl treffen, als vorübergehen. § 21. Jeder Wahlmann erhält einen Wahlzettel (wie oben bey der Wahl des ersten Standes) und schreibt darauf Nahmen und Standes-Bezeichnung des Mitbürgers, den er nach seinem Gewissen für den paßlichsten Landes-Abgeordneten hält. Sobald alle Zettel wieder gefaltet, in das Gefäß gelegt, durch einander gemengt, dann gezählt, geöffnet und verlesen sind; so werden sie nach ihrer Nummerfolge in das Protocoll verzeichnet. § 22. Die Regel verlangt für den Abgeordneten einer Stadt zwey Drittheile der Wahlstimmen; vereinigt sich diese Mehrheit weder in der zweyten noch dritten Wahl für alle Erkohrnen; so sind es diejenigen dennoch, welche die Mehrheit für sich haben, und die ihnen in derselben unmittelbar folgenden werden ihre Stellvertreter. § 23. Der Erfolg wird der Versammlung bekannt gemacht, das vom Commissarius, dem Magistrat und zwey Wahlmännern unterzeichnete Protocoll mit Bericht eingesendet und nach erhaltener Landesherrlicher Genehmigung die Versicherungs-Urkunde dem Gewählten ertheilt. § 24. Da Barntrup und Lage vereint nur durch einen Abgeordneten vertreten werden; so läßt die Regierung beyder Orte Gewählten vorfordern, damit das Loos entscheide, welcher Abgeordneter und welcher Stellvertreter wird.

Titel III Von der Wahl der Abgeordneten des dritten Standes § 25. Die Tabellen über die Eintheilung des Landes in Wahldistricte und die Zahl der von diesen, den Aemtern und Vogteyen zu ernennenden Wahlmänner, empfangen die Aemter auf das baldigste. § 26. Die Regierung schreibt die Wahlen aus, und wird die erste Handlung zur Ernennung der Wahlmänner von den Wählern des Bauernstandes einzeln vollzogen. Der Wohnsitz des Justiz-Beamten ist dazu bestimmt, und führt dieser, mit Beyhülfe des übrigen Amts-Personals die Direction. § 27. Die Bürger der Flecken Schwalenberg, Alverdissen, Bösingfeld und Varenholz unter dem Vortritt ihrer Bürgermeister, die Eingesessenen der Bauerschaften mit Bauerrichtern und Vorstehern begeben sich den vorgeschriebenen Morgen an das Amt, mit ihnen die in ihrem Umkreise wohnenden der Contribution nicht unterworfenen amtssässigen Gutsbesitzer und die sämmtlichen Erbkötter. § 28. Die Flecken-Bürgermeister, Bauerrichter und Vorsteher sorgen dafür, daß nur diejenigen, die nach der Landständischen Verfassungs-Urkunde eine Wahlstimme haben, sich an das Amt begeben. § 29. Der Justiz-Beamte sucht das schicklichste Local zur Vereinigung der Wahlversammlung aus, eröffnet diese durch Vorlesen der nöthigen Paragraphen aus der Landständischen Verfassungs-Urkunde und dieser Wahlvorschrift und durch eine zweckmäßige Anrede. Dann bemühet er sich, die Vereinbahrung der einzelnen Flecken und Bauerschaften zur gemeinschaftlichen Abgabe ihrer Stimmen für so viele Wahlmänner, als das Amt oder die Vogtey zu ernennen hat, nach Möglichkeit zu veranlassen.

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L IPPE § 30. Die Flecken und Bauerschaften geben ihre Stimmen mündlich zu Protocoll, auch jeder Einzelne, wenn es nicht gelungen ist, eine gemeinschaftliche Wahl zu Stande zu bringen. Die Stimmen werden aufgezählt, der Erfolg der Wahl der Versammlung bekannt gemacht, und der JustizBeamte sendet das von ihm, den FleckenBürgermeistern, Bauerrichtern und Vorstehern unterzeichnete Protocoll der Regierung ein. § 31. Das Amt ertheilt, nach erfolgter Landesherrlicher Genehmigung, den Wahlmännern eine Urkunde ihrer bestätigten Wahl. § 32. Nun folgt von Seiten der Regierung Ansetzung eines Termins zur Districts-Wahl der Abgeordneten des Bauernstandes. § 33. Sämmtliche Justiz-Beamte des Districts vereinigen sich am Wahlort und berufen die Wahlmänner und nöthigenfalls auch ihre Stellvertreter. Der an Dienstjahren älteste Beamte führt das Directorium und instruirt mit Hülfe der übrigen das Wahlprotocoll. § 34. Die Wahlmänner zeigen ihre Bescheinigungen vor, legen den Wähler-Eid ab, und geben der Reihe nach jeder einzeln seine Wahlstimme zu Protocoll, im ersten

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und zweyten Wahldistrict für zwey, in den übrigen für einen Abgeordneten. § 35. Zwey Drittheile der anwesenden Stimmen entscheiden die Wahl eines Abgeordneten des Bauernstandes; ist aber eine zweyte und dritte Wahl nöthig; so wird es eben so gehalten, wie §. 22. für die Wahlen des Bürgerstandes vorgeschrieben ist. § 36. Der Erfolg wird der Wahlversammlung bekannt gemacht, das Protocoll von sämmtlichen Beamten unterschrieben, zur Landesherrlichen Bestätigung eingesendet, und ist diese erfolgt, den Abgeordneten die Versicherung der auf sie gefallenen Wahl ertheilt.

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Ediert nach Fürstlich-Lippisches Intelligenzblatt, 26. Stück, Beilage, Lemgo 1819, S. 1–31. Diese am 8. Juni 1819 beschlossene und am 26. Juni 1819 im Gesetzblatt verkündete Verfassung ist aufgrund des Widerstands der Stände nie vollzogen worden. Für weiterführende Hinweise siehe Heide Barmeyer, Lippe 1800–1848: Biedermeier oder Vormärz?, in: Erhard Wiersing (Hrsg.), Lippe im Vormärz: Von bothmäßigen Unterthanen und unbothmäßigen Demokraten, Bielefeld 1990, S. 17- 55, insbes. S. 22; Hans Kiewning, Hundert Jahre lippischer Verfassung 1819–1919, Detmold 1935, S. 5ff. 2 Im Anschluß an den Verfassungstext abgedruckt.

Verfassung von Lippe (1836) Verordnung, die landständische Verfassungs-Urkunde betreffend1

Von Gottes Gnaden Wir Paul Alexander Leopold, regierender Fürst zur Lippe, edler Herr und Graf zu Schwalenberg und Sternberg etc. etc. Schon längst war es Unser Wunsch, durch Sanctionirung einer, den Verhältnissen Unsers Landes und den Zeit-Umständen angemessenen, landständischen Verfassungs-Urkunde eine auf das Grund-Eigenthum, als den sichersten und bleibendsten Besitz, begründete, allgemeine Repräsentation der Interessen des Landes herbeizuführen und die Rechte und Pflichten der darauf basirten Landes-Vertretung festzustellen. Nachdem nunmehr dieser wichtige Gegenstand auf dem heute beendigten Landtage mit Unsern getreuen Ständen sorgfältig berathen worden, erlassen Wir, unter deren Zustimmung, und mit Aufhebung der Verordnung vom 8ten Juni 1819 und der derselben angehängten Wahlvorschrift, so wie auch der Geschäftsordnung vom 31sten August 1819, hiemit nachfolgende

LANDSTÄNDISCHE VERFASSUNGS-URKUNDE, NEBST WAHLVORSCHRIFT FÜR DEN ZWEITEN UND DRITTEN STAND Titel I Bestimmungen der Landstände, ihrer Rechte und Pflichten2 § 1. Die Landstände des Fürstenthums

Lippe bestehen künftig aus den Abgeordneten der übrigens qualificirten adlichen und bürgerlichen Besitzer Landtagsfähiger Rittergüter, welche ohne Unterschied der Geburt oder sonstiger Rechte die Ritterschaft bilden, der Städte, einschließlich des Fleckens Lage, und der übrigen Grundbesitzer des Landes. § 2. Eine jeder dieser 3 Classen erwählt sieben Abgeordnete aus ihrer Mitte und bilden diese das Landständische Collegium, welches das Interesse des ganzen Landes und nicht das des einzelnen Standes zu vertreten hat. § 3. Zur leichtern und schnellern Besorgung der Landständischen Angelegenheiten außer dem Landtage wählt jeder Stand einen Deputirten und, wenn er es für angemessen hält, auch einen Substituten desselben, die beide im Lande wohnen müssen. Die drei Deputirten bilden den Ausschuß und sind deren Functionen auf die Dauer von 6 Jahren, ohne jedoch ihre Wiedererwählung auszuschließen, beschränkt. Die Wahlen derselben bedürfen der Landesherrlichen Bestätigung. § 4. Der Geschäftsführer der Landstände ist der Landsyndicus. Dieser wird von sämmtlichen Landes-Abgeordneten gewählt und vom Landesherrn bestätigt. Derselbe muß Rechtsgelehrter und Einländer seyn; und finden die in Rücksicht der Staatsdiener erlassenen Verordnungen auch auf ihn Anwendung. Seinen Gehalt erhält der-

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L IPPE selbe, bis zur Errichtung einer gemeinschaftlichen Casse, vorerst von jedem Stande zu einem Drittel und zwar für den dritten Stand aus der Landcasse.

1832, welcher unterm 7ten August 1832 publicirt und im 7ten Bande der Sammlung der hiesigen Landes-Verordnungen abgedruckt ist, genau beachtet.

§ 5. Den Landständen werden diejenigen Rechte zugesichert, welche ihnen bis zum Jahre 1805 zugestanden haben, insoweit solche nicht durch das gegenwärtige Gesetz ausdrücklich Modificationen erleiden. Insbesondere kann, ohne vorhergegangene Berathung und ausdrückliche Bewilligung auf dem Landtage, keine neue Steuer aufgelegt, keine neue Anleihe auf den Credit der landschaftlichen Cassen gemacht werden; und in Fällen, wo das Staatsbedürfniß unaufschiebliche Eile fordert, ist wenigstens der Ausschuß der Landstände zur Ueberlegung und Repartition zuzuziehen, auch demnächst am folgenden Landtage gesammten Ständen, denen ihr jus monendi vorbehalten bleibt, die Verwendung nachzuweisen. Ferner steht nach wie vor dem ersten und zweiten Stande das Recht zu, aus seiner Mitte jeder einen qualificirten Deputirten zum General-Hofgerichte, so wie im eintretenden Fall zur Landes-Tutel zu ernennen; nur muß ersterer im Lande wohnen und letzerer überdem frei von fremdem Staatsdienste seyn. Das pactum unionis, das pactum tutorium und die Hofgerichtsordnung werden ausdrücklich von Uns bestätigt; so wie auch die in den Hausverträgen begründeten Rechte der Erbherrlichen Linien unverändert bewahrt bleiben.

§ 7. Den Landständen steht das Recht des Vorschlags bei Gegenständen, welche die Wohlfahrt des Landes und die Vervollkommnung der Gesetzgebung betreffen, so wie das Recht der Erinnerung und Anzeige zu, wenn sich Mißbräuche der Verwaltung, oder Verbrechen einzelner Staatsdiener ergeben sollten; und soll das Resultat dieser Anzeigen den Landständen auf dem nächstfolgenden Landtage bekannt gemacht werden.

§ 6. Die Regierung legt auf jedem Landtage einen Etat der nöthig erachteten Bewilligungen den Landes-Abgeordneten zur genauen Prüfung und zur Beachtung der Wohlfahrt des Landes vor. Hinsichtlich der Fortdauer der bisherigen und der nach Anleitung des §. 5. etwa zu bewilligenden neuen Steuern wird jederzeit der Bundes-Beschluß vom 28sten Juni

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Titel II Zusammensetzung und Eintheilung der Landstände § 8. Die Landstände des Fürstenthums Lippe bestehen aus den Abgeordneten der drei Stände, welche sich in 2 Curien theilen und von denen die erste durch sieben Deputirte des ersten Standes oder der Ritterschaft und die zweite durch sieben Abgeordnete des zweiten und sieben Abgeordnete des dritten Standes gebildet wird. Der erste Stand besteht aus den Besitzern der Landtagsfähigen Rittergüter, gegenwärtig namentlich der Güter: Ahmsen, Altendonop, Barntrup, Borkhausen, Braunenbruch, Freismissen, Gröpperhof, Heidelbeck, Herberhausen, Hornoldendorf, Hovedissen, Iggenhausen, Küterbrok, Lüdershof,

V ERFASSUNG VON L IPPE (1836) Maspe, Obernhof daselbst, Niedernhof daselbst, Mönchshof, Niederntalle, Papenhausen, Reelkirchen, Schötmar, Steinbeck, Sylbach, Ullenhausen, Wendlinghausen, Wierborn, Wöbbel, unter dem Vorbehalt des Landesherrlichen Rechts, auch andern schriftsässigen Gütern, von einem der Landstandschaft angemessenen Werthe, die Eigenschaft beizulegen, ihren Eigenthümer zum ersten Stande zu qualificiren; und geht einem Gute die Eigenschaft, zur Landstandschaft im ersten Stande zu befähigen, verloren, wenn durch künftige Veräußerung von Grundstücken der aus den übrig bleibenden Grundstücken zu beziehende Reinertrag unter 500 Rthl. jährlich herabsinken sollte. § 9. Die Eigenthümer solcher Güter sind zur Landstandschaft berufen, wenn sie männlichen Geschlechts, 25 Jahre alt, frei von jeder Curatel, unbescholtenen Rufes und christlicher Confession sind; sie qualificiren sich durch das Ausschwören des hergebrachten Eides. § 10. Der Verein dieser Gutsbesitzer (die Ritterschaft) deputirt aus seiner Mitte zum jedesmaligen Landtage sieben Abgeordnete in der Art, daß, so lange das gegenwärtige Zahlverhältniß der adlichen Rittergutsbesitzer zu den bürgerlichen sich nicht wesentlich verändert, fünf Abgeordnete aus der Mitte der adlichen und zwei aus der Mitte der bürgerlichen Besitzer Landtagsfähiger Güter ernannt werden; jedoch tritt die Nothwendigkeit der Wiederernennung der zu dem vorhergehenden Landtage deputir-

ten Mitglieder des ersten Standes bei dem Ausschuß-Deputirten für die Dauer seiner Amtsführung ein. Diese Abgeordneten müssen jedesmal 4 Wochen vor dem Landtage der Regierung von dem Ausschuß-Deputirten des ersten Standes bekannt gemacht werden, und bleibt die gleichfalls zuvor der Regierung anzuzeigende Substitution für einen etwa nach der ersten Anzeige verhinderten Deputirten, den Mitgliedern des ersten Standes überlassen. § 11. Der zweite Stand besteht aus den Bürgern der Städte Lemgo, Horn, Blomberg, Salzuflen, Detmold, Barntrup, und des Fleckens Lage, so wie vorerst den Bewohnern der Neustadt Detmold und den Eigenthümern eximirter Häuser in den Städten. Die 5 ersten Städte wählen jede, so wie die Neustadt Detmold mit den Eigenthümern der eximirten Häusern in den Städten, einen Abgeordneten, Barntrup und Lage zusammen den siebenten. § 12. Den dritten Stand bilden sämmtliche erbliche Gutsbesitzer des platten Landes, welche nicht zu dem ersten Stande gehören, so wie die Bürger in den Flecken Schwalenberg, Alverdissen, Bösingfeld und Varenholz. Besitz, der nur auf Erbpachtverhältnisse gegründet ist, schließt jedoch von der Theilnahme am dritten Stande aus.

Titel III Von der Wahl der LandtagsAbgeordneten des zweiten und dritten Standes3 § 13. Die Wahlen des zweiten und dritten Standes werden vom Landesherrn angeordnet und von der Regierung ausgeschrieben. § 14. Für den zweiten Stand wählen die Städte Lemgo, Horn, Blomberg, Salzuflen, Detmold und Barntrup, nebst dem Flecken Lage, in der im §. 2 der Wahlvorschrift für

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L IPPE den zweiten und dritten Stand näher angegebenen Art, so wie sämmtliche Angesessene der Neustadt Detmold und die ihr beigegebenen Besitzer eximirter Häuser in den Städten, welche die im folgenden §. bestimmten Eigenschaften eines Wählers haben, ihren Landtagsabgeordneten und dessen Stellvertreter. An den Wahlen der Landtagsabgeordneten und Stellvertreter des dritten Standes nimmt jeder Eigenthümer eines, nicht dem ersten Stande beigerechneten, Gutes, einer Stätte, oder eines Wohnhauses auf dem platten Lande, insofern er sonst die Eigenschaften eines Wählers hat, in der durch die Wahlvorschrift näher bestimmten Art Theil. § 15. Ein Wähler muß sein Vermögen selbst verwalten, weder im Concurs, noch in der Elocation stehen, im Lande wohnen, sich zur christlichen Religion bekennen und 25 Jahre zurückgelegt haben. Wer sich eine entehrende Strafe zuzog, ist von der Theilnahme an der Wahl ausgeschlossen. § 16. Niemand kann in mehr, als einem Stande wählen, doch hängt es von dem, der in mehreren Classen Grundeigenthum besitzt, ab, das Gut zu bestimmen, von dem er seine Rechte ausüben will. § 17. Das Stimmrecht muß persönlich ausgeübt werden und ruhet, wenn das Gut im Besitz einer Frau sich befindet, oder von einem Vormunde oder Curator verwaltet wird. § 18. Ein Landesabgeordneter und dessen Stellvertreter im zweiten und dritten Stande muß die Eigenschaften eines Wählers haben, seine Gedanken schriftlich auszudrücken vermögen, ein Grundeigenthum von 3000 Rthl. Werth besitzen und das dreißigste Jahr erreicht haben. Diese letzten beiden Erfordernisse werden jedoch nachgelassen, wenn die Wahl des Landesabgeordneten auf den Bürgermeister oder Syndicus des Orts fallen sollte.

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§ 19. Ascendenten und Brüder können zwar in der ersten, aber nicht in der zweiten Curie mit ihren Descendenten und Brüdern zugleich Landesabgeordnete seyn; und tritt im Collisionsfalle der Jüngere zurück. § 20. Die Mitglieder der Regierung und Rentcammer können keine Landesabgeordnete seyn. Andere dazu gewählte herrschaftliche Diener müssen die Erlaubniß des Regenten zur Annahme nachsuchen.4 § 21. Wer die auf ihn gefallene Wahl ablehnen will, muß, wenn er anwesend ist, dies sogleich, mit Angabe zureichender Gründe, zu Protocoll erklären. § 22. Ein Landesabgeordneter des zweiten und dritten Standes, so wie dessen Stellvertreter, wird auf sechs Jahre gewählt. Geht während dieses Zeitraums ein Abgeordneter, oder der für ihn eingetretene Stellvertreter ab; so wird die Regierung für die noch übrigen Jahre eine neue Wahl veranlassen. § 23. Die dieser Verfassungs-Urkunde beigefügte Wahlvorschrift bestimmt das Nähere wegen der dem 2ten und 3ten Stande obliegenden Wahl; und wird in Absicht der Abordnung aus dem ersten Stande die nähere Bestimmung durch ein von Uns zu bestätigendes Ritterschaftliches Statut vorbehalten.

Titel IV Von den Landtagen § 24. Ein Landesherrliches Ausschreiben, welches durch das Intelligenzblatt publicirt und dem Deputirten eines jeden Standes zugefertigt wird, beruft den Landtag, der Regel nach, in die Residenzstadt Detmold. Eigenmächtige Landtägige Versammlungen sind gesetzwidrig und nichtig. In Absicht sonstiger Landständischer Versamm-

V ERFASSUNG VON L IPPE (1836) lungen bleibt es bei dem früheren Herkommen. § 25. Alle 2 Jahre soll Landtag gehalten werden; doch kann, wenn es der Landesherr früher nöthig erachtet, die Zusammenberufung der Landstände auch in kürzerem Zeitraume geschehen. § 26. Nach dem Ableben des Landesherrn werden binnen 3 Wochen die Landesabgeordneten zusammen berufen, um die Huldigung zu leisten, oder, im Fall eine Vormundschaft anzuordnen ist, dazu nach Maaßgabe des pacti tutorii von 1667 mitzuwirken. § 27. So oft eine neue Wahl von Landesabgeordneten des 2ten und 3ten Standes eingetreten ist, begiebt sich eine Fürstliche Commission, noch vor Eröffnung des Landtages, in die Versammlung und beeidigt die Gewählten. Diese schwören folgenden Eid: „Ich schwöre Treue dem Fürsten, Gehorsam dem Gesetze und genaue Befolgung der Verfassung, so wie, daß ich in der Stände-Versammlung nur das allgemeine Wohl, nach bester eigener, durch keinen Auftrag bestimmter Ueberzeugung, berathen will.“ § 28. Jeder Stand wählt seinen AusschußDeputirten und sämmtliche Landes-Abgeordnete wählen den Landsyndicus. Die Wahlen werden der Regierung angezeigt, welche die Landesherrliche Bestätigung einholt, die Bekanntmachung der Wahlen besorgt und veranlaßt, daß die Deputirten, so wie der Landsyndicus, und zwar letzterer auf den §. 39 dieser Urkunde, eidlich verpflichtet werden. Im Falle der Erledigung der Stellen kann die Wahl, sowohl der Deputirten als des Ladesyndicus, auch außer dem Landtage, vorgenommen werden. § 29. Wenn die Ständeversammlung ihre vollständige innere Einrichtung erhalten hat; so erfolgt ihre feierliche Eröffnung auf dem Residenzschlosse in gewohnter Art.

§ 30. Die vorbereitenden Berathschlagungen geschehen in Einer Versammlung, die Abstimmungen aber in getrennten Curien. Nur Gegenstände, welche allgemeine Landes-Abgaben betreffen, werden bis zum Schluß in allgemeiner Landtags-Versammlung verhandelt und es entscheidet in Rücksicht ihrer die Mehrheit der Stimmen sämmtlicher Abgeordneter.5 § 31. Wenn es wegen der Landesherrlichen Propositionen, welche 4 Wochen vor dem Landtage den Landständischen Deputirten mitgetheilt werden, oder wegen sonstiger Anträge, mündlichr Entwickelungen und ausführlicher Nachweisungen bedarf; so ernennt der Landesherr eine Commission, die den berathschlagenden Sitzungen, welche diesen Gegenständen bestimmt sind, zu dem angegebenen Zwecke beizuwohnen hat. § 32. Der Landtag muß ein, auf alle Puncte der Landesherrlichen Propositionen gerichtetes, nach Möglichkeit erschöpfendes, wohlerwogenes Gutachten erstatten, worauf dann der Landtags-Abschied in herkömmlicher Form erfolgt. Unerfüllte Wünsche und nicht genehmigte Vorschläge der Landstände können an folgenden Landtagen wiederholt werden. § 33. Die gewöhnliche Dauer des Landtags ist 14 Tage bis 3 Wochen. Die Ständeversammlungen sind nicht öffentlich, jedoch sollen die Resultate derselben, nach vorheriger Berathung mit den AusschußDeputirten, von der Regierung durch den Druck bekannt gemacht werden.6 § 34. Jeder Landes-Abgeordnete, so wie der Landsyndicus, erhält, während der Dauer des Landtags und der sonstigen, Landesherrlich veranlaßten Landständischen Zusammenkünfte, täglich, einschließlich des Tags der Herreise, drei Thaler Diäten und zwar vorerst und bis auf weitere Verfügung noch aus der Landcasse.

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L IPPE § 35. Der Landtagsschluß geschieht mit gleicher Förmlichkeit, als die Eröffnung.

Titel V Vom Landtags-Directorio, dem Ausschusse und dem Landsyndicus § 36. In der ersten Curie führt der Ausschuß-Deputirte des ersten Standes das Directorium, in der zweiten derjenige, welchen die Wahl der Mitglieder der Curie dazu bestimmt; und führt bei der vorzunehmenden Wahl der älteste Deputirte der zweiten Curie den Vorsitz. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet der Landesherr. Die Erlasse und Eingaben an den Landtag werden an den Deputirten des ersten Standes abgegeben, welcher auch in den gemeinschaftlichen Versammlungen den Vorsitz führt. § 37. Die drei Ausschuß-Deputirten unterzeichnen und der Landsyndicus contrasignirt die Ausfertigungen des Landtags; erstere vertreten die Landtagsabgeordneten da, wo sie selbst nicht wirksam werden können, in den ihnen zustehenden Rechten, nach dem im §. 30 festgesetzten Verhältniß, in welchem die Curien zu einander stehen. Dieselben vermögen jedoch keine bleibende Verbindlichkeiten für das Land einzugehen und sind den Landständen zur Rechenschaft über ihre Handlungen verpflichtet. § 38. Die Deputirten bilden, unter dem Directorio eines Regierungs-Mitgliedes, das Landcassen-Administrations-Collegium. Dieser Behörde liegt es ob, jährlich alle landschaftlichen Cassen-Rechnungen durchzusehen und abzunehmen. Die Deputirten, welche dem Landtage Rechenschaft von dem Zustande der Cassen, mit ihren Vorschlägen und Bemerkungen, ablegen, erhalten Abschrift der Rechnungen und des Abnahme-Protocolls.

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§ 39. Der Landsyndicus führt, als Secretair des Landtags, über alle eingehenden Sachen und darauf gefaßte Beschlüsse ein vollständiges Productenbuch, so wie in den gemeinschaftlichen und in den Curiat-Versammmlungen das Protocoll, verwahrt die Registratur und hält dieselbe in Ordnung. Er ist zugleich verpflichtet, die Gutachten und alle andern Aufsätze in Landständischen Angelegenheiten abzufassen, ohne selbst ein Votum zu haben. § 40. Ueber den Gehalt und die Emolumente der Ausschuß-Deputirten und des Landsyndicus werden die Landstände auf dem ersten Landtage Vorschläge zur Landesherrlichen Bestätigung eröffnen.

WAHL-VORSCHRIFT FÜR DEN ZWEITEN UND DRITTEN STAND7 § 1. Anordnung der Wahlen der Abgeordneten des zweiten Standes. Die Regierung setzt einen Termin fest, an welchem die Wahl der Abgeordneten des zweiten Standes vorgenommen werden soll. § 2. Bildung der Wahl-Collegien. In den Städten Lemgo, Horn, Blomberg, Salzuflen, Detmold, Barntrup und dem Flecken Lage besteht das Wahlcollegium aus den Personen des alten und neuen Raths, den verfassungsmäßigen Repräsentanten der Bürgerschaft und einer, dieser Gesammtheit gleich kommenden, Zahl von Bürgern, welche die in den §§. 14 und 15 der Landständischen Verfassungs-Urkunde angegebenen Eigenschaften besitzen und vom Magistrat ausgewählt werden. In der Neustadt Detmold, der die Eigenthümer der eximirten Häuser in den Städten beigegeben sind, wählen sämmtliche Angesessene, welche die gesetzlichen Eigenschaften besitzen.

V ERFASSUNG VON L IPPE (1836) § 3. Function des Landesherrlichen Commissarius. An dem zur Wahl festgesetzten Tage begiebt sich ein Landesherrlicher Commissarius an den Ort der Wahl, wo das Wahlcollegium von dem Magistrat (in der Neustadt Detmold von der Neustädter Commission) versammelt wird und führt in der Wahlversammlung den Vorsitz. Es wird ihm eine Liste der Wahlmänner, mit Nachweisung ihrer Qualificationen, zur Prüfung vor dem Wahlact, eingereicht. § 4. Eid der Wahlmänner. Den Wahlmännern wird von dem Landesherrlichen Commissarius folgender Eid abgenommen: „Ich schwöre zu Gott, daß ich meine Stimme aus wahrer innerer Ueberzeugung, ohne fremden Einfluß und Nebenrücksichten, so abgeben will, wie ich es dem allgemeinen Besten am zuträglichsten halte.“ § 5. Form der Wahl. Jeder Wahlmann erhält einen, in BriefForm zusammengelegten, Zettel und schreibt auf denselben Namen und Standesbezeichnung desjenigen, den er nach seinem Gewissen für den paßlichsten Landes-Abgeordneten hält. Wenn alle Zettel wieder gefaltet, in ein Gefäß gelegt, durch einander gemengt, dann gezählt, vom Landesherrlichen Commissarius geöffnet und verlesen sind; so werden sie nach ihrer Nummerfolge in das Protocoll, welches der Magistrat, resp. Neustädter Comissarius, führt, eingetragen. § 6. Entscheidung der Wahl. Die Regel verlangt für den Abgeordneten des zweiten Standes zwei Drittel der Wahlstimmen. Vereinigt sich diese Mehrheit nicht in der ersten, auch nicht in der dann noch vorzunehmenden zweiten und dritten Wahl für eine Person; so ist derjenige Landes-Abegeordneter, welcher in der dritten Wahl die Mehrheit der Stimmen für

sich hat. Diejenige Person, für welche sich die meisten Stimmen nach dem Landesabgeordneten vereinigen, ist hierdurch zum Stellvertreter erwählt. Sollte der Landesabgeordnete einstimmig gewählt seyn; so muß zu der besondern Wahl des Stellvertreters, nach den für die Wahl des Abgeordneten vorgeschriebenen Regeln, geschritten werden. § 7. Bekanntmachung und Bestätigung der Wahl. Der Erfolg der Wahl wird der Versammlung bekannt gemacht und ertheilt der Landesherrliche Commissarius, Namens des Landesherrn, den Gewählten die Bestätigung. Das Protocoll wird vom Commissarius, den Bürgermeistern und zwei Wahlmännern unterzeichnet und vom erstern mit Bericht an die Regierung eingesandt. § 8. Besondere Bestimmung wegen Barntrup und Lage. Da Barntrup und Lage vereint nur durch einen Abgeordneten vertreten werden; so unterbleibt an diesen Orten die Wahl des Stellvertreters, vielmehr läßt die Regierung beider Orte Gewählte vorfordern, damit das Loos entscheide, welcher Abgeordneter und welcher Stellvertreter wird. In der Folgezeit tritt zwischen Barntrup und Lage von sechs zu sechs Jahren ein regelmäßiger Wechsel bei Ernennung des Landesabgeordneten und Stellvertreters ein. § 9. Wahlen für den dritten Stand. Für den Zweck der Erwählung der Abgeordneten des dritten Standes wird das Land in sieben Wahldistricte eingetheilt und sollen den Aemtern die Tabellen über diese und die Zahl der zu ernennenden Wahlmänner zugefertigt werden. § 10. Wahl der Wahlmänner. Die Regierung schreibt die Wahlen aus und es wird zunächst die Ernennung der

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L IPPE Wahlmänner von jedem Amtsdistricte besonders vollzogen. Der Wohnsitz des Justitzbeamten ist zu dieser Handlung bestimmt und führt der Justitzbeamte, mit Beihülfe des übrigen Amtspersonals, die Direction. § 11. Fortsetzung. Die Bürger der Flecken Schwalenberg, Alverdissen, Bösingfeld und Varenholz, unter dem Vortritt ihrer Bürgermeister, die Eingesessenen der Bauerschaften mit Bauerrichtern und Vorstehern, begeben sich zu der festgesetzten Zeit an das Amt und mit ihnen die in den verschiedenen Districten wohnenden, zum ersten Stande nicht gehörigen Gutsbesitzer. § 12. Fortsetzung. Die Fleckenbürgermeister, Bauerrichter und Vorsteher sorgen dafür, daß nur diejenigen, welche nach der landständischen Verfassungs-Urkunde eine Wahlstimme haben, sich an das Amt begeben und haben die Beamten gewissenhaft genaue Wahllisten anzufertigen und nach diesen strenge zu verfahren, solche auch Jedem, der es verlangt, zur Einsicht vorzulegen. § 13. Fortsetzung. Der Justitzbeamte eröffnet die Wahlversammlung durch Vorlesung der nöthigen Paragraphen aus der landständischen Verfassungs-Urkunde und dieser Wahlvorschrift, so wie durch eine zweckmäßige Anrede. Dann bemühet er sich, die Vereinbarung der einzelnen Flecken und Bauerschaften, zur gemeinschaftlichen Abgabe ihrer Stimmen für so viele Wahlmänner, als der District zu ernennen hat, zu veranlassen. § 14. Fortsetzung. Die Flecken und Bauerschaften geben ihre Abstimmungen für die von ihnen zu ernennenden Wahlmänner mündlich zu Protocoll, auch jeder Einzelne, wenn es nicht gelungen ist, eine gemeinschaftliche Wahl

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zu Stande zu bringen. Die Stimmen werden aufgezählt, der Erfolg der Wahl wird der Versammlung bekannt gemacht und der Justitzbeamte sendet das von ihm, den Fleckenbürgermeistern, Bauerrichtern und Vorstehern unterzeichnete Protocoll der Regierung ein. § 15. Genehmigung der Wahlen. Wenn die Wahlen Landesherrliche Genehmigung erhalten haben, wird jedem Wahlmanne eine Urkunde der bestätigten Wahl vom Amte ertheilt und von der Regierung ein Termin zur Districtswahl der Abgeordneten des dritten Standes angesetzt. § 16. Wahl der Abgeordneten des dritten Standes. Sämmtliche Justitzbeamte des Districts vereinigen sich am Wahlorte und berufen die Wahlmänner. Der an Dienstjahren älteste Beamte führt das Directorium und instruirt, mit Hülfe der übrigen, das Wahlprotocoll. § 17. Beeidigung der Wahlmänner. Die Wahlmänner zeigen ihre Bescheinigungen vor, legen den, im §. 4 vorgeschriebenen, Wählereid ab und geben, der Reihe nach, jeder einzeln, die Wahlstimme zu Protocoll. § 18. Entscheidung der Wahl. Auch hier entscheiden in der Regel zwei Drittel der Stimmen die Wahl des Abgeordneten. Ergiebt sich diese Mehrheit nicht bei der ersten Wahl; so wird so verfahren, wie im §. 6 für die Wahlen des zweiten Standes vorgeschrieben ist, und treten die dort in Rücksicht der Ernennung der Stellvertreter gegebenen Vorschriften hier gleichfalls ein. § 19. Bestätigung der Wahlen. Der Erfolg wird der Wahlversammlung bekannt gemacht, das Protocoll von sämmtlichen Beamten unterschrieben, zur Landesherrlichen Bestätigung eingesandt und, ist

V ERFASSUNG VON L IPPE (1836) diese erfolgt, den Abgeordneten und Stellvertretern die Urkunde über die Versicherung der auf sie gefallenen Wahl eingehändigt. § 20. Allgemeine Bestimmungen. Zahl der Wähler und Wahlmänner. Die Gegenwart von zwei Dritteln der Berechtigten ist bei jeder Wahl nothwendig. Erscheinen die Wähler oder Wahlmänner nicht zahlreich genug; so wird eine neue Wahl angeordnet und zwar auf Kosten derjenigen, welche ohne Bescheinigung gesetzlicher Ursache, als z.B. Krankheit, nothwendige Abwesenheit, unaufschiebliche Geschäfte, ausgeblieben sind. § 21. Entscheidung der Wahl durch das Loos. Wenn da, wo sich die Wahl durch einfache Stimmenmehrheit entscheidet, Stimmengleichheit eingetreten ist und nicht einer der Gewählten freiwillig entsagt, entscheidet das Loos. Wenn eine solche Stimmengleichheit bei der Wahl des Abgeordneten eintritt; so ist derjenige, welcher durch freiwillige Entsagung oder durch das Loos auf die Stelle des Abgeordneten verzichtet, zum Stellvertreter ernannt. § 22. Nichtige Wahlen. Die Wahlen, bei denen die vorgeschriebenen Formen nicht beachtet worden, oder welche durch Bestechungen oder sonstige unrechtliche Mittel befördert sind, werden eben so, wie diejenigen, welche auf Personen fallen, denen die gesetzlichen Eigenschaften fehlen, für ungültig erklärt. Der, welcher jene Mängel veranlaßte, ist dafür verantwortlich. § 23. Auflösung der Wahlcollegien. Nach ordnungsmäßig vollzogener Wahl und darüber an die Regierung abgestatteten Berichte hören alle Verhältnisse der Wahlmänner auf und diese dürfen sich nicht weiter eigenmächtig versammeln.

Wir wollen und verordnen, daß diese landständische Verfassungs-Urkunde, sammt der damit verbundenen Wahlvorschrift für den zweiten und dritten Stand, als ein Landes-Grundgesetz gelte und nach demselben von einem Jeden, den es betrifft, genau verfahren und darüber getreulich gehalten werde. Gegeben unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigefügtem RegierungsSiegel, Detmold den 6ten Juli 1836. (L.S.) Leopold Fürst zur Lippe. W. A. Eschenburg. 1

Ediert nach Landes-Verordnungen, Bd. VIII, Jahrgang 1836, No. LXIX, Detmold, S. 179–200. Die Verfassung ist am 6. Juli 1836 beschlossen und unterzeichnet worden. Vorgänger war die allerdings nie vollzogene „Landständische Verfassungs-Urkunde des Fürstenthums Lippe“ vom 8. Juni 1819 (Fürstlich-Lippisches Intelligenzblatt, 26. Stück, Beilage, Lemgo 1819, S. 1–31). Siehe unter „Verfassung für Lippe (1819)“. Nachfolgende Verfassung war die „Vorläufige Verfassung des Freistaates Lippe“ vom 13. Februar 1919 (siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 327, 1). Zu den nachfolgenden Änderungen siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 326, 12ff. Für weiterführende Hinweise siehe Heide Barmeyer, Lippe 1800–1848. Biedermeier oder Vormärz?, in: Erhard Wiersing (Hrsg.), Lippe im Vormärz: Von bothmäßigen Unterthanen und unbothmäßigen Demokraten, Bielefeld 1990, S. 17–55, insbes. S. 25ff.; Hans Kiewning, Hundert Jahre lippischer Verfassung 1819– 1919, Detmold 1935, S. 31ff. 2 Zur Übertragung der landständischen Rechte auf die Landtagsabgeordneten siehe die „Verordnung, die Zusammensetzung des Landtags und die Ausübung der ständischen Rechte betreffend“ vom 16. Januar 1849 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 5, Detmold, S. 142–143). Siehe unter „Zweite Revision von 1849“. 3 Die Wahlvorschriften wurden durch die „Verordnung, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend“ vom 16. Januar 1849 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 4, Detmold, S. 136–141) geändert. Siehe unter „Erste Revision von 1849“.

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L IPPE 4 Diese Vorschrift bleibt ausdrücklich auch nach der Änderung der Wahlvorschriften in Kraft, vgl. §. 24. der „Verordnung, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend“ vom 16. Januar 1849, (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 4, Detmold, S. 136–141). Siehe unter „Erste Revision von 1849“. 5 Geändert durch die „Verordnung, die Zusammensetzung des Landtags und die Ausübung der ständischen Rechte betreffend“ vom 16. Januar 1849 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 5, Detmold, S. 142–143). Siehe

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unter „Zweite Revision von 1849“. 6 Aufgehoben durch die „Verordnung, die Oeffentlichkeit der Landtagssitzungen betreffend“ vom 24. März 1848 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1848, No. 3, Detmold, S. 89–90). Siehe unter „Revision von 1848“. 7 Die Wahlvorschriften wurden durch die „Verordnung, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend“ vom 16. Januar 1849 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 4, Detmold, S. 136–141) geändert. Siehe unter „Erste Revision von 1849“).

Revision von 1848 Verordnung, die Oeffentlichkeit der Landtagssitzungen betreffend, vom 24. März 18481

Von Gottes Gnaden Wir Paul Alexander Leopold, Regierender Fürst zur Lippe, Edler Herr und Graf zu Schwalenberg und Sternberg etc. etc. Verordnen unter Beirath und mit Zustimmung getreuer Stände wie folgt: 1) Die Landtagssitzungen sind von jetzt an öffentlich. Die entgegenstehende Bestimmung des §. 33 der landständischen Verfassungs-Urkunde wird aufgehoben. 2) Die Oeffentlichkeit der Sitzungen besteht darin, daß einer dem Raume angemessenen Anzahl von erwachsenen Zuhörern der Zutritt zu den für sie bestimmten Plätzen in dem Sitzungssaale gestattet wird. 3) Wenn die Zuhörer Zeichen des Beifalls oder der Mißbilligung geben, oder sich sonst Störungen erlauben, so ist der Vor-

sitzende befugt, nach vorheriger Warnung, die Räumung der dem Publicum angewiesenen Plätze zu verfügen. Dasselbe kann geschehn, wenn die Majorität der Ständeversammlung auf Antrag eines Mitgliedes sich dafür ausspricht. 4) Der Ständeversammlung steht frei, die öffentliche Sitzung in eine geheime zu verwandeln. Gegeben Detmold, den 24sten März 1848. Leopold, Fürst zur Lippe. Petri.

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Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstentum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1848, No. 3, Detmold, S. 89–90.

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Erste Revision von 1849 Verordnung, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend, vom 16. Januar 18491

Von Gottes Gnaden Wir Paul Alexander Leopold, Regierender Fürst zur Lippe, Edler Herr und Graf zu Schwalenberg und Sternberg etc. etc. Zum Zweck der Umgestaltung und Vervollkommnung der bestehenden landständischen Verfassung Unsers Landes verordnen Wir, um die ertheilte Zusage in Unserm Patente vom 9. März v. J. zu erfüllen, mit Zustimmung getreuer Stände, über die Wahl der Landtags-Abgeordneten, was folgt: § 1. Jeder Lipper, welcher das 25ste Lebensjahr zurückgelegt hat, ist wahlberechtigt, sofern er nicht durch ausdrückliche Bestimmung dieses Gesetzes ausgeschlossen ist. § 2. Ausgeschlossen von der Wahlberechtigung sind alle diejenigen: a) welchen durch rechtskräftiges gerichtliches Erkenntniß die politischen oder die Ehren-Rechte entzogen sind; b) welche wegen Diebstahls, Betrugs oder Unterschlagung durch rechtskräftiges Erkenntniß verurtheilt sind; c) welche durch rechtskräftiges Erkenntniß für überführt erklärt sind, bei Ausübung ihrer politischen Rechte Stimmen erkauft 1) 2) 3) 4) 5)

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oder ihre Stimmen verkauft zu haben; d) welche durch gerichtliches Erkenntniß unter Curatel gestellt sind; e) welche seit 3 Jahren vor der Wahl regelmäßige Unterstützungen aus öffentlichen Armenmitteln erhalten haben. § 3. Das Stimmrecht ruht: a) bei Allen, welche sich in Haft befinden; b) bei gerichtlich erkannter polizeilicher Aufsicht während der Dauer derselben; c) bei denen, welche sich im Concurse befinden, bis zu dessen Beendigung. § 4. Wählbar ist jeder wahlberechtigte (§. 2. 3.) Lipper, welcher das 30ste Lebensjahr zurückgelegt hat. Der Beamte, welcher bei der Wahl den Vorsitz führt, ist jedoch in seinem Wahlbezirke nicht wählbar. § 5. Die künftige Volkvertretung besteht aus 25 Landtags-Abgeordneten. § 6. Das Land wird in 25 möglichst gleiche Wahlbezirke eingetheilt, von welchen jeder einen Abgeordneten wählt. Die Wahlbezirke werden in folgender Art gebildet:

Stadt und Amt Horn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amt und Flecken Schwalenberg nebst Lipperode und Cappel . . Stadt Lemgo und Amt Brake . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amt Varenholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadt Uflen und Amt Schötmar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 2 3 3 3

Wahlbezirke ” ” ” ”

E RSTE R EVISION VON 1849 6) 7) 8) 9) 10)

Amt Oerlinghausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadt und Amt Detmold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadt und Amt Lage nebst Amt Iggenhausen . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadt und Amt Blomberg nebst dem Amte Schieder . . . . . . . . . . . Amt Sternberg, Stadt und Amt Barntrup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Die specielle Abgränzung der Wahlbezirke geschieht durch die Regierung und ist durch die Regierungsblätter zeitig zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Auf Beibehaltung der politischen Verbände ist thunlichst Rücksicht zu nehmen, doch können die Verwaltungsbezirke nöthigenfalls oder wo es zweckmäßig erscheint, getrennt werden § 7. Nach erfolgter Anordnung der Wahl durch die Regierung sind Commissionen zur Leitung der Wahl zu bilden. § 8. Die Wahl-Commissionen bestehen in der Regel: a) in den Wahldistricten in Detmold und Lemgo aus dem Bürgermeister und 6 Stadtverordneten; b) in den Wahldistricten, in welchen eine der übrigen Städte liegt, aus dem Beamten, dem Bürgermeister, 3 Gemeinderathsmitgliedern und 2 Stadtverordneten; c) in den Wahldistricten, in welchen keine Stadt liegt, aus dem Beamten und 6 Gemeinderathsmitgliedern, d) in den Wahldistricten, welche aus Theilen verschiedener Verwaltungsbezirke zusammengesetzt sind, aus den beiden Beamten und 3 Gemeinderathsmitgliedern jedes Amtsbezirks. Auf den Antrag des Beamten oder in Behinderungsfällen desselben steht es der Regierung frei, andere Personen für ihn zu substituiren. § 9. Den Vorsitz in den Wahlcommissionen führen in den Städten Detmold und Lemgo die Bürgermeister; in den übrigen Wahldistricten die Beamten, resp. deren

2 3 3 2 2

Wahlbezirke ” ” ” ”

Substituten. In den zusammengesetzten Wahldistricten hat der älteste Beamte in der Commission den Vorsitz. § 10. Die Stadtverordneten und Gemeinderathsmitglieder in den Wahlcommissionen werden erwählt von den Stadtverordneten-Collegien resp. den Gemeinderäthen. § 11. Die Wahlcommission kann sich bei der Wahl selbst außer Zahl der Wähler noch weitere Wahlgehülfen erforderlichen Falls beiordnen. § 12. Jede Wahlcommission hat sofort eine Liste der in ihrem Bezirke vorhandenen Wähler aufzustellen und dieselbe spätestens 8 Tage vor dem Wahltermine auf dem Rathhause resp. in dem Amtslocale zur allgemeinen Ansicht öffentlich auszulegen. Speciallisten jeder Bauerschaft auf dem Lande sind bei dem Vorsteher auf gleiche Weise niederzulegen. § 13. Reclamationen gegen die ausgelegte Wahlliste müssen, wenn sie berücksichtigt werden sollen, spätestens 3 Tage vor dem Wahltermine bei dem Magistrate resp. Amte angebracht werden. Die Wahlcommission entscheidet darüber mit Vorbehalt des Recurses an die Regierung; ebenso entscheidet die Regierung, wenn Stimmengleichheit in der Wahl-Commission vorhanden ist. § 14. Jeder Wähler nimmt der Regel nach in demjenigen Wahlbezirke an der Wahl Theil, in welchem er seinen Wohnsitz hat. Ausnahmsweise können Diejenigen, welche sich mindestens seit 3 Monaten

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L IPPE an einem andern Orte aufgehalten haben, daselbst das Stimmrecht ausüben, wenn sie spätestens 3 Tage vor dem Wahltermine darüber vor dem Magistrate resp. Amte ihre Erklärung abgeben. § 15. Der Termin zur Vornahme der Wahl eines Landtags-Abgeordneten wird von der Regierung für das ganze Land möglichst auf einen und denselben Tag angesetzt und durch das Regierungsblatt mindestens 8 Tage vorher bekannt gemacht. § 16. Die Wähler sind zu der Wahlhandlung wenigstens 2 Tage vor dem Wahltermine in ihrer Wohnung unter dem Präjudize zu citiren, daß sie widrigenfalls ihrer Stimme verlustig seyn; sie haben sich indeß auf die erlassene öffentliche Bekanntmachung auch dann einzufinden, wenn jene Vorladung unterblieben, oder ihnen nicht bekannt geworden seyn sollte. § 17. Das Wahlrecht muß persönlich ausgeübt und die Stimme mündlich zu Protocoll abgegeben werden. § 18. Die Wahlhandlung findet in der Regel an dem Orte des Amtssitzes statt; doch bleibt es der Regierung vorbehalten, in solchen Fällen, wo es die Zweckmäßigkeit gebietet, von dieser Regel abzuweichen. In den zusammengelegten Districten hat die Regierung unter Berücksichtigung der Oertlichkeit und der vorhandenen Räume, den Ort zu bestimmen, wo die Wahl vorzunehmen ist. § 19. Den Bewohnern von Lipperode und Cappel wird gestattet, ihre Stimmen bei dem Amte Lipperode abzugeben, welches das aufzunehmende Protocoll an die Wahlcommission des Amts Schwalenberg zur Vervollständigung der dortigen Stimmliste einzusenden hat. § 20. Bei der Wahl der Landtags-Abgeordneten entscheidet die absolute Stimmenmehrheit der erschienenen Wähler. Hat

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sich eine solche bei der ersten Abstimmung nicht ergeben, so sind diejenigen 2 Personen, welche die meisten Stimmen für sich haben, auf die engere Wahl zu bringen, und es ist dazu nöthigenfalls ein neuer Termin anzusetzen, was immer dann geschehen muß, wenn nicht drei Viertheile der Wähler, welche bei der ersten Wahl gestimmt haben, noch anwesend sind. Bei eintretender Stimmengleichheit entscheidet das Loos. § 21. Das Ergebniß der Wahl wird sofort bekannt gemacht und mittelst Einsendung des aufgenommenen Protocolls der Regierung angezeigt, welche eine Bekanntmachung darüber durch das Regierungsblatt erläßt. § 22. Fällt die Wahl auf einen Staatsdiener, so bedarf derselbe für die Annahme der Wahl nicht der Genehmigung seiner vorgesetzten Behörde; auch kann ihm der Urlaub nicht verweigert werden. Die durch seine Vertretung entstehenden Kosten hat er selbst tragen. § 23. Wenn der Gewählte die Wahl ablehnt, austritt, oder im Staatsdienste eine Anstellung oder Beförderung annimmt, so ist eine Neuwahl erforderlich. § 24. Alle dieser Verordnung entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen sind aufgehoben; doch bleibt der §. 20 der Verfassungs-Urkunde vom 6. Juli 1836, sofern danach die Mitglieder der Regierung und der Rentcammer zu Landtags-Abgeordneten nicht gewählt werden können, in Kraft. Gegeben Detmold, den 16ten Januar 1849. Leopold, Fürst zur Lippe. Petri. 1

Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstentum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 4, Detmold, S. 136–141.

Zweite Revision von 1849 Verordnung, die Zusammensetzung des Landtags und die Ausübung der ständischen Rechte betreffend, vom 16. Januar 18491

Von Gottes Gnaden Wir Paul Alexander Leopold, Regierender Fürst zur Lippe, Edler Herr und Graf zu Schwalenberg und Sternberg etc. etc. Durch die heute erlassene Verordnung über die Wahl der Landtags-Abgeordneten sind die derselben entgegenstehenden Vorschriften in der landständischen Verfassung-Urkunde vom 6. Juli 1836 aufgehoben worden. Dadurch werden anderweite Bestimmungen über die Zusammensetzung des Landtages und die Ausübung der landständischen Rechte bis dahin nothwendig, daß eine neue Landesverfassung festgestellt seyn wird. Mit Beirath und Zustimmung getreuer Stände verordnen Wir demnach, was folgt: § 1. Der Landtag des Fürstenthums Lippe wird aus den in Gemäßheit der erlassenen Wahlordnung erwählten Abgeordneten gebildet. Die Letztern sind verpflichtet, für die Wohlfahrt des ganzen Landes, ohne Berücksichtigung der damit collidirenden Sonder-Interessen einzelner Stände, nach Kräften zu wirken. § 2. Die am Landtage versammelten Landtags-Abgeordneten erwählen bei ihrem Zusammentreten, unter dem Vorsitze des Alterspräsidenten aus ihrer Mitte den Präsidenten und Vicepräsidenten der Versammlung; alsdann unter dem Vorsitze des

erwählten Präsidenten drei Ausschuß-Deputirte, auf welche die Rechte und Verpflichtungen der bisherigen Ausschuß-Deputirten der Ritterschaft, der Städte und des platten Landes übergehen. Der erwählte Präsident und der Vicepräsident können auch als Ausschuß-Deputirte gewählt werden. Von den erfolgten Wahlen ist zum Zweck der Verpflichtung der Gewählten, der Regierung Anzeige zu machen. § 3. An den Landtagen finden die Berathungen und Abstimmungen in einer Versammlung statt und es entscheidet dabei einfache Stimmenmehrheit. § 4. Die dem Wahlgesetz gemäß erwählten Abgeordneten haben bis zur erfolgten Feststellung einer neuen Verfassung sämmtliche, den seitherigen Landständen verfassungsmäßig zustehende und durch Unser Patent vom 9. März 1848 verliehenen Rechte auszuüben. § 5. Alle dieser Verordnung entgegen stehende Gesetze werden aufgehoben. Gegeben Detmold, den 16. Januar 1849 Leopold, Fürst zur Lippe. Petri.

1

Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstentum Lippe, Bd. 2 (1847–1852), Jahrgang 1849, No. 5, Detmold, S. 142–143.

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Verfassungsentwurf von Lippe (1849)

Entwurf eines Staatsgrundgesetzes1

ABSCHNITT I Von dem Staatsgebiete, der Staatsangehörigkeit und dem Staatsbürgerrechte § 1. Das Fürstenthum Lippe in seinen gegenwärtigen Grenzen bildet ein untheilbares unter derselben Verfassung vereinigtes Staatsgebiet.

§ 7. Die vermöge der deutschen Grundrechte nöthigen Abänderungen und Ergänzungen der Landesgesetze werden nach vorgängiger Berathung und Beschlußnahme auf dem Landtage zur Ausführung gebracht werden.

ABSCHNITT II Von dem Fürsten

§ 2. Dasselbe ist ein Bestandtheil des deutschen Reichs. Die Reichsgesetze sowie die Verfügungen der Reichsgewalt erlangen ohne Weiteres im Fürstenthume verbindliche Kraft. § 3. Die Abtrennung eines Gebietstheils sowie eine etwaige Gebietsausgleichung mit den Nachbarstaaten erfordert die Zustimmung des Landtags. § 4. Dem Lippischen Staatsverbande gehören Alle an, welche innerhalb des Staatsgebiets das Heimathsrecht erworben haben. § 5. Jeder volljährige männliche Staatsangehörige ist Staatsbürger und genießt das volle Staatsbürgerrecht. § 6. Die durch das Reichsgesetz vom 27sten December 1848 verkündigten, einen Bestandtheil der Reichsverfassung bildenden Grundrechte des deutschen Volks werden jedem Lipper gewährleistet. Dieselben sind als ein Bestandtheil des Lippischen Staatsgrundgesetzes zu betrachten.

§ 8. Der Fürst ist erbliches Oberhaupt des Staats. Seine Person ist unverletzlich und unverantwortlich. § 9. Die Regierungshandlungen des Fürsten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung von wenigstens einem Mitgliede der Regierung, welches dafür verantwortlich ist. § 10. Die Landesregierung vererbt sich im Mannesstamme des regierenden Fürstlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealfolge. § 11. Der Fürst und sämmtliche Prinzen des regierenden Fürstlichen Hauses werden mit dem zurückgelegten 21sten Lebensjahre volljährig und regierungsfähig. § 12. Ist der Fürst minderjährig, so tritt für die Dauer der Minderjährigkeit eine Regentschaft ein. Dieselbe gebührt, wenn nicht von dem Regierungsvorgänger mit Zustimmung des Landtags eine andere Verfügung deßhalb

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L IPPE getroffen ist, zunächst der leiblichen Mutter. Würde sich dieselbe nicht mehr am Leben befinden oder anderweit vermählt oder sonst verhindert seyn, so ist der in der Erbfolge zunächststehende volljährige und regierungsfähige Prinz zur Regentschaft berufen.

§ 20. Er verkündigt die Gesetze und erläßt die zur Ausführung derselben erforderlichen Verordnungen und Instructionen. Die Gesetze und Verordnungen treten in Wirksamkeit, sobald deren Verkündigung durch die Gesetz-Sammlung oder das Regierungsblatt erfolgt ist.

§ 13. Sollte der Fürst aus andern Gründen an der Ausübung der Regierungsrechte verhindert seyn; so steht seiner Gemahlin die Regentschaft zu, wenn aus der Ehe ein zur Nachfolge berechtigter noch minderjähriger Prinz vorhanden ist. Im andern Falle übernimmt der nächste bereits volljährige und regierungsfähige Prinz die Regentschaft. Ueber die Nothwendigkeit einer bei Lebzeiten des Fürsten anzuordnenden Regentschaft steht dem Landtage die Entscheidung zu.

§ 21. Der Fürst vertritt das Land nach Außen und ist zur Abschließung von Staatsverträgen mit auswärtigen Staatsregierungen ermächtigt, unter Beachtung der in den §§. 8 und 9 der Deutschen Reichsverfassung enthaltenen Vorschriften. Dieselben bedürfen jedoch in dem Falle der Zustimmung des Landtags, wenn daraus Lasten und Verpflichtungen für den Staat und die Staatsangehörigen erwachsen.

§ 14. Würde es an einer zur Regentschaft berechtigten oder befähigten Person fehlen; so steht dem Landtage die Wahl zu. § 15. Der Regent übt die Staatsgewalt, wie sie dem Fürsten selbst zusteht, in dessen Namen aus. Es liegen ihm aber auch dieselben Pflichten wie diesem ob. Der Regent führt zugleich die Vormundschaft über den minderjährigen Fürsten. § 16. Bei jedem Regierungswechsel stellt der Fürst oder Regent, bevor er die Regierung antritt, ein schriftliches Gelöbniß aus, daß er die Verfassung unverbrüchlich aufrecht erhalten und in Gemäßheit derselben sowie der Gesetze regieren wolle.

§ 22. Der Fürst unterhält in geeigneter Weise und nach seinem Ermessen durch Abordnung eines Bevollmächtigten die Beziehungen zu der Reichsgewalt. § 23. Die vollziehende Gewalt steht ihm allein zu. Er leitet und überwacht durch seine Regierung die gesammte innere Staatsverwaltung. Er ernennt zu allen Staatsämtern, insoweit nicht die Gesetze eine Ausnahme bedingen. § 24. Der Fürst führt den Oberbefehl über die bewaffnete Macht und verfügt über dieselbe, insoweit sie nicht für den Reichsdienst in Anspruch genommen wird.

§ 18. Der Sitz der Staatsregierung darf nicht außer Landes verlegt werden.

§ 25. Er übt das Recht der Begnadigung, der Strafmilderung, sowie die Niederschlagung anhängiger Untersuchungen. Dieses Recht wird jedoch in Fällen, wo vom Landtage gegen Mitglieder der Regierung oder andere Staatsbeamte wegen Verletzung der Verfassung oder der Landesgesetze eine Anklage erhoben worden, nur mit dessen Zustimmung ausgeübt.

§ 19. Der Fürst übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Landtage.

§ 26. Die Bedürfnisse des Fürsten und seiner Familie werden aus den Aufkünften

§ 17. Derselbe darf nicht in Dienstespflichten eines andern Staates stehen.

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V ERFASSUNGSENTWURF VON L IPPE (1849) von den Domainen bestritten. Es wird deßhalb eine besondere Vereinbarung getroffen werden, welche als ein Bestandtheil dieses Grundgesetzes betrachtet werden soll. § 27. In seinem privatrechtlichen Beziehungen giebt und nimmt der Fürst vor den ordentlichen Landesgerichten Recht.

ABSCHNITT III Von dem Landtage § 28. Der Landtag besteht aus 25 nach Maßgabe des Gesetzes vom 16. Januar d. J. gewählten Abgeordneten, welche sich zu einer Kammer vereinigen. § 29. Dieselben bekleiden ihr Amt sechs Jahre hindurch, nach Ablauf welcher Zeit eine allgemeine Neuwahl angeordnet wird. § 30. Niemand ist zur Annahme einer auf ihn gefallenen Wahl verpflichtet; auch steht es einem Abgeordneten frei, sein Amt zu jeder Zeit niederzulegen. § 31. Ein Landtagsabgeordneter verliert diese seine Eigenschaft, wenn Umstände eintreten, welche seine Wahl unzulässig gemacht haben würden. § 32. Wenn wegen Ablebens eines Abgeordneten oder aus andern Gründen sich eine Neuwahl nöthig macht; so wird solche für die noch übrige Dauer der 6jährigen Periode von der Regierung angeordnet. § 33. Der Landtag wird regelmäßig alle zwei Jahre und außerdem so oft einberufen, als es der Fürst zur Erledigung wichtiger und dringender Landesangelegenheiten für nöthig erachtet. § 34. Bei einem Regierungswechsel tritt der Landtag, auch wenn er nicht besonders einberufen werden sollte, nach Ablauf von drei Wochen zusammen, um das von dem neuen Staatsoberhaupte auszustellende Gelöbniß entgegen zu nehmen und die

etwa sonst nöthigen Anordnungen zu treffen. § 35. Sonstige eigenmächtige landtägige Versammlungen, mit alleiniger Ausnahme des in §. 68 unterstellten Falls, sind verfassungswidrig und die in ihnen gefaßten Beschlüsse nichtig. § 36. Die Einberufung des Landtags geschieht durch ein im Regierungsblatte zu veröffentlichendes Ausschreiben. § 37. Die Landtagsabgeordneten versammeln sich zu der bestimmten Zeit und an dem bestimmten Orte, worauf die Eröffnung des Landtags durch den Fürsten in Person oder durch einen Bevollmächtigten desselben erfolgt. § 38. Jeder neu eingetretene Landtagsabgeordnete hat in die Hände des vom Fürsten dazu ernannten Bevollmächtigten folgenden Eid zu leisten: Ich schwöre Treue dem Fürsten, gewissenhafte Beachtung der Verfassung und Beförderung der allgemeinen Landeswohlfahrt nach eigener bester Ueberzeugung. Sowahr mir Gott helfe. § 39. Dem Landtage selbst bleibt die Prüfung der Wahlen sowie die Entscheidung über deren Gültigkeit überlassen. § 40. Er beginnt seine Geschäfte unter dem Vorsitz des an Jahren ältesten Mitgliedes, schreitet jedoch sofort für die Dauer des bevorstehenden Landtages zu der Wahl eines Präsidenten, eines Vicepräsidenten und eines Schriftführers. § 41. Der Präsident – im Falle seiner Abwesenheit oder Verhinderung der Vicepräsident – führt den Vorsitz in den Versammlungen, hält auf Ordnung in denselben, leitet die Verhandlungen und bestimmt die Reihefolge der zu erledigenden Geschäfte. Alle Eingaben an den Landtag gelangen

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L IPPE zunächst an den Präsidenten, welcher dieselben zum Vortrage befördert, sowie er denn auch die schriftlich auszufertigenden Verfügungen, Erlasse und Erklärungen Namens des Landtages unterschreibt. § 42. Der Schriftführer führt das Protocoll in den Sitzungen, nimmt die Registraturgeschäfte wahr und hat die Expedition unter seiner Aufsicht. § 43. Außerdem wird, so oft eine allgemeine neue Wahl stattgefunden hat, für die Dauer von sechs Jahren ein aus drei Abgeordneten bestehender Ausschuß erwählt, welcher in der Zwischenzeit von einem Landtage zum andern denselben zu vertreten und dessen Rechte wahrzunehmen hat. Der Präsident, der Vicepräsident und der Schriftführer können auch in den Ausschuß erwählt werden. § 44. Die Sitzungen sind öffentlich. Den Zuhörern sind keinerlei Aeußerungen des Beifalls oder der Mißbilligung gestattet. Geheime Sitzungen finden nur statt, wenn auf einen desfalls gestellten Antrag sich die Mehrheit der Stimmen dafür erklärt. § 45. Um berathen und beschließen zu können, müssen wenigstens 17 Landtagsabgeordnete anwesend sein. Zu einem gültigen Beschlusse ist absolute Stimmenmehrheit erforderlich. Ergiebt sich keine solche, so ist der betreffende Antrag abgelehnt. Bei der Vornahme von Wahlen genügt jedoch relative Stimmenmehrheit. § 46. Der Landtag verhandelt in Landesangelegenheiten nur mit der Regierung. Die Mitglieder der letztern sowie andere vom Fürsten ausdrücklich ernannte Landtags-Commissarien sind berechtigt, den Landtagssitzungen beizuwohnen. Es ist ihnen, so oft sie Erläuterungen oder Berich-

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tigungen für nöthig erachten, das Wort zu gestatten. § 47. Dagegen kann auch der Landtag verlangen, daß wenigstens ein Mitglied der Regierung in den Sitzungen gegenwärtig sei, um den etwa erforderlichen Aufschluß zu ertheilen. An den Commissionsberathungen nehmen die Regierungsmitglieder und Landtags-Commissarien nur auf besondere an sie ergehende Einladung Theil. § 48. Die über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Landtags aufzunehmenden Protocolle sollen gedruckt und mit dem Regierungsblatte ausgegeben werden. § 49. Das Stimmrecht kann nur persönlich ausgeübt werden. Der Abgeordnete ist dabei an keine Instruction gebunden. § 50. Die Behandlung der Geschäfte wird durch eine vom Landtage zu entwerfende, dem Fürsten zur Bestätigung vorzulegende Geschäfts-Ordnung näher geregelt werden. § 51. Der Landtag vertritt das ganze Land und seine Bewohner, deren verfassungsmäßige Rechte er zu wahren und deren Wohl er pflichtmäßig zu befördern hat. § 52. Die Landtagsabgeordneten folgen bei der Berathung und Abstimmung lediglich ihrer Ueberzeugung und sind nur ihrem Gewissen verantwortlich. Wer sich beleidigende Aeußerungen oder Rechtskränkungen erlaubt, kann deßhalb nach beendigtem Landtage vor dem zuständigen Gerichte belangt werden. § 53. Während der Dauer des Landtags übt dieser selbst wegen unwürdigen Benehmens seiner Mitglieder das Strafrecht gegen dieselben aus und kann er im äußersten Falle die Ausschließung verfügen. Dieses darf jedoch nur geschehen, wenn wenigstens zwei Drittel der Stimmen sich dafür aussprechen.

V ERFASSUNGSENTWURF VON L IPPE (1849) § 54. Wegen strafrechtlicher Anschuldigungen darf während der Dauer des Landtages ohne Zustimmung desselben ein Abgeordneter weder verhaftet noch zur Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That, wovon dem Präsidenten sogleich Nachricht zu geben ist. § 55. Dem Landtage steht das Recht der Beschwerdeführung über Mängel und Mißbräuche in der Landesverwaltung so wie über ein gesetzwidriges Verfahren der Behörden zu. Er kann sowohl die Regierung oder einzelne Mitglieder derselben als auch andere Beamte wegen Entgegenhandlung gegen die Verfassung oder die Gesetze anklagen. Jene sind bei dem Reichsgerichte, diese bei dem zuständigen Landesgerichte zu belangen. § 56. Der Landtag ist befugt, Beschwerden, Anträge und Gesuche entgegen zu nehmen und dieselben nach Befinden der Umstände bei dem Fürsten oder der Regierung zu befürworten. Die letztere ist zu einer alsbaldigen Rückäußerung und Darlegung der etwa entgegenstehenden Gründe verbunden. § 57. Die Eingaben an den Landtag dürfen nicht persönlich in den Sitzungen überreicht, sondern müssen an den Präsidenten gerichtet oder durch einen Landtagsabgeordneten vorgelegt werden. § 58. Landesgesetze können nur mit Zustimmung des Landtags erlassen, aufgehoben, abgeändert oder authentisch ausgelegt werden. Verordnungen zur Vollziehung und Handhabung bestehender Gesetze erläßt der Fürst oder die Regierung. § 59. Machen dringende Umstände die sofortige Erlassung eines Gesetzes nothwendig, so ist wenigstens der LandtagsAusschuß darüber zu Rathe zu ziehen.

Ein auf diese Weise erlassenes Gesetz ist auf dem nächsten Landtage den Abgeordneten zur Zustimmung vorzulegen. Wird diese verweigert, so tritt dasselbe sofort außer Wirksamkeit. § 60. Der Landtag kann die Erlassung von Gesetzen, welche er für nöthig oder nützlich hält, beantragen und auch ausgearbeitete Entwürfe dazu vorlegen. Die von der Regierung vorzulegenden Gesetz-Entwürfe sollen, wenn dabei keine Hindernisse eintreten, zeitig vorher durch den Druck veröffentlicht werden. § 61. Ohne Zustimmung des Landtags können keine Steuern ausgeschrieben, keine neuen Ausgaben auf die Landescasse übernommen werden. § 62. Die erforderlichen Geldmittel, um die Verpflichtungen gegen das Reich zu erfüllen und bereits bewilligte Ausgaben zu bestreiten, dürfen nicht versagt werden. § 63. Staatsgut darf nur mit Zustimmung des Landtags veräußert werden. Dieselbe ist nicht minder erforderlich, wenn zur Deckung von Staatsbedürfnissen neue Anleihen gemacht werden sollen. § 64. In dringenden Fällen kann dies jedoch mit vorläufiger Zustimmung des Landtags-Ausschusses geschehen und ist die Maßregel auf dem nächsten Landtage zu rechtfertigen. Die Schuldurkunden werden von dem Regierungs-Präsidenten und von den Mitgliedern des Ausschusses unterschrieben. § 65. Auf jedem ordentlichen Landtage wird der Voranschlag der Einnahme und Ausgabe für die nächste zweijährige FinanzPeriode zur Prüfung und Feststellung vorgelegt. Sollte dabei eine Verzögerung eintreten, so dürfen die für den ordentlichen Staatsbedarf bewilligten Steuern und Abgaben noch

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L IPPE sechs Monate hindurch fort erhoben werden. § 66. Der Landtag hat die Landes-Finanzverwaltung zu controliren. Es sind ihm zu dem Ende die bereits abgenommenen und festgestellten Rechnungen der verschiedenen Landescassen vorzulegen, damit er sich von der ordnungsmäßigen Verwendung der zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse bewilligten und erhobenen Gelder überzeuge. Die Rechnungen werden von einer niederzusetzenden Commission näher geprüft werden. § 67. Nachdem der Landtag seine Arbeiten erledigt hat, wird derselbe von dem Fürsten in Person oder von einem Bevollmächtigten desselben geschlossen. § 68. Der Fürst kann jedoch nach seinem Ermessen den Landtag auch auflösen und eine allgemeine neue Wahl anordnen, in welchem Falle aber der neue Landtag so schleunig einberufen werden muß, daß sein Zusammentritt spätestens drei Monate nach der Auflösung erfolgt. Geschieht dies nicht, so treten die neu erwählten oder, sofern die neuen Wahlen noch nicht vollzogen seyn sollten, die zuletzt versammelt gewesenen Landtagsabgeordneten zur Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte des Landes aus eigener Machtvollkommenheit zusammen.

§ 71. Die Landtagsabgeordneten beziehen während der Dauer des Landtags, mit Einschluß des Tags der Her- und Rückreise, eine Gebühr von drei Thaler täglich.

ABSCHNITT IV Von der Landesverwaltung § 72. Die gesammte Landesverwaltung steht unter der Leitung der Regierung, durch welche der Fürst seine Regierungsrechte ausübt. § 73. Die Regierung ist dem Lande wegen getreuer Beachtung der Verfassung und Beobachtung der Landesgesetze verantwortlich. § 74. Die Verantwortlichkeit für die Beschlüsse und Amtshandlungen des Collegiums trifft jedes Mitglied, welches daran Theil genommen und nicht durch ein zu den Acten gegebenes Separat-Votum sich ausdrücklich dagegen verwahrt hat. § 75. Gegen das ganze Regierungs-Collegium oder einzelne Mitglieder desselben kann von dem Landtage wegen einer Verletzung der Verfassung oder der Landesgesetze bei dem Reichsgerichte eine Anklage erhoben werden. § 76. Auch andere Staatsbehörden oder einzelne Staatsdiener können wegen einer solchen Pflichtwidrigkeit angeklagt werden, und zwar bei dem zuständigen Landesgerichte.

§ 69. Nicht minder steht dem Fürsten das Recht der Vertagung des Landtages zu; jedoch höchstens auf 6 Wochen. Auch der Landtag kann sich, nach vorheriger Anzeige beim Fürsten, aus bewegenden Gründen so lange vertagen.

§ 77. Eine Verfassungsverletzung setzt nicht nothwendig eine darauf gerichtete bösliche Absicht voraus; sondern die Verantwortlichkeit deßhalb tritt auch schon bei einem groben Verschulden ein.

§ 70. Die schließliche Erklärung des Fürsten über die auf dem Landtage verhandelten Gegenstände erfolgt in dem Landtags-Abschiede, welcher durch die Gesetzsammlung zu verkündigen ist.

§ 78. Amtsvergehen, welche in der Unterlassung eines Amtshandlung ihren Grund haben, werden derjenigen Behörde oder demjenigen Beamten angerechnet, welchem die Amtshandlung oblag.

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V ERFASSUNGSENTWURF VON L IPPE (1849) § 79. Die Dienstverhältnisse der Staatsdiener werden durch ein mit Zustimmung des Landtags zu erlassendes Staatsdienstgesetz näher geordnet. Alle Staatsdiener sollen auf die Beachtung der Verfassung eidlich verpflichtet werden. § 80. Die Justizpflege ist von der Verwaltung zu trennen. Sie wird selbstständigen und unabhängigen Gerichten anvertraut. § 81. Alle Staatsangehörige sind vor dem Gesetze und vor dem Richter gleich. Die Patrimonialgerichte werden aufgehoben und findet ein befreiter Gerichtsstand nicht weiter statt. Eine Ausnahme tritt allein ein bei der bewaffneten Macht, in Ansehung der Dienstvergehen, sowie überhaupt im Kriege. § 82. Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Die näheren Bestimmungen bleiben einem besondern Gesetze vorbehalten. Das Militair wird auf die Verfassung beeidigt. § 83. Die Kirche ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig. Ihre Beziehungen zum Staat werden mit Zugrundelegung der in den deutschen Grundrechten enthaltenen Bestimmungen durch ein besonderes Gesetz geregelt werden. § 84. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden.

§ 85. Eltern und Vormünder dürfen ihre Kinder und Pflegebefohlenen nicht ohne den Grad von Unterricht lassen, welcher für die Volksschulen vorgeschrieben ist. § 86. Eine zu erlassende Schulordnung wird das Volksschulwesen ordnen. § 87. Die Abgaben und Leistungen an den Staat sowie an die Gemeinden sollen künftighin, ohne Gestattung irgend einer Befreiung, möglichst nach den Steuerkräften und nach der Leistungsfähigkeit bemessen werden. Der Gesetzgebung bleibt es vorbehalten, zur Verwirklichung dieses Grundsatzes die bestehenden Steuern abzuändern oder auch aufzuheben und dafür andere an die Stelle zu setzen. § 88. Jeder Staatsangehörige muß zugleich einem Gemeindeverbande angehören. Die Gemeinden ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig. Die Städte-Ordnung sowie die Landgemeinde-Ordnung sollen einer Revision unterzogen werden.

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Ediert nach Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 22, Detmold, S. 1–10. Der undatierte Entwurf geht zurück auf Piderit und wurde am 2. Juni 1849 im Regierungs- und Anzeigeblatt veröffentlicht. Ihm folgten weitere Entwürfe des Landtags. Siehe zum Ganzen Hans Kiewning, Hundert Jahre lippischer Verfassung 1819–1919, Detmold 1935, S. 136ff.

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Verfassung von Lübeck (1848) Verfassungs-Urkunde für die Freie und Hansestadt Lübeck1

BEKANNTMACHUNG, DIE EINFÜHRUNG DER NEUEN VERFASSUNG BETREFFEND Nach Beendigung der Verhandlungen über die Abänderung der bisherigen Verfassung des Lübeckischen Freistaates ist die von dem Senate und der Bürgerschaft genehmigte Verfassungsurkunde zum StaatsGrundgesetze erhoben worden. Die in dieser Urkunde und deren vier Anhängen enthaltenen Bestimmungen, welche am heutigen Tage in gesetzliche Kraft treten, werden hiedurch zur öffentlichen Kunde gebracht. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 8. April 1848. M. N. E. Wunderlich, Secretarius.

VERFASSUNGS-URKUNDE FÜR DIE FREIE UND HANSESTADT LÜBECK I Der Senat § 1. Der Senat besteht aus zwanzig Mitgliedern, welche auf Lebenszeit gewählt werden. § 2. Zum Mitgliede des Senates ist jeder Bürger des Lübeckischen Freistaates ohne I

Rücksicht auf seinen Stand wählbar, wenn er das dreißigste Lebensjahr vollendet hat.I Es darf jedoch Keiner gewählt werden, dessen Vater, Sohn, Bruder, Stiefvater, Stiefsohn, Schwiegervater, Schwiegersohn oder Handlungsgenosse bereits Mitglied des Senates ist. § 3. Wer zum Mitgliede des Senates gewählt ist, muß dieser Wahl, bei Verlust des Bürgerrechtes und des zehnten Theiles seines Vermögens, Folge leisten. § 4. Wenn zur Wahl eines Mitgliedes des Senates zu schreiten ist, ruft der Senat die Bürgerschaft (§. 25.) zusammen. Nach Eröffnung der Versammlung zeigt der Senat derselben durch Commissarien an, wie viele von seinen Mitgliedern zur Vornahme der Wahl sich eingefunden haben, und fordert die Bürgerschaft auf, eine gleich große Anzahl aus den in ihrer Versammlung Erschienenen zu Wahlbürgern zu erwählen. Die Wahlbürger werden von den Commissarien in den Rathssaal geführt, die Bürgerschaft selbst wird entlassen. § 5. Die Mitglieder des Senates und die Wahlbürger treten darauf zu einer Wahlversammlung zusammen und leisten, nachdem der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister (§. 19.) die das Verfahren bei der Wahl bestimmenden Vorschriften der Verfassungsurkunde verlesen hat, folgenden Eid: Ich schwöre und gelobe zu Gott, daß ich bei der jetzt vorzunehmenden Wahl eines

Vergl. Anhang I. §. 1.

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L ÜBECK Mitgliedes des Senates die bestehenden Vorschriften genau befolgen, über Alles, was in Wahlkammern oder unter den ObmännernII gesprochen werden wird, das strengste Stillschweigen beobachten und nur Demjenigen meine Stimme geben will, welcher nach meiner Ueberzeugung der Würdigste ist. So wahr mir Gott helfe! Der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister lieset diese Eidesformel vor und alle Anwesende sprechen die Worte: ich schwöre es!

§ 9. In jeder Wahlkammer führt das seinem Amte nach älteste Mitglied des Senates den Vorsitz. Die Wahlhandlung wird damit eröffnet, daß die Mitglieder der Wahlkammer einzeln diejenigen Bürger nennen, welche sie zur Besetzung des erledigten Amtes vorzugsweise für geeignet halten. In keiner Wahlkammer darf ein in ihr selbst sitzender Wahlbürger genannt, Mitglieder der andern Wahlkammern können dagegen in Vorschlag gebracht werden.

§ 6. Sodann werden drei Wahlkammern durch das Loos gebildet, in der Art, daß zuerst unter die Mitglieder des Senates und hierauf unter die Wahlbürger Loose ausgetheilt werden, von denen jedesmal drei mit der Nummer I., drei mit der Nummer II., drei mit der Nummer III. bezeichnet, die übrigen aber unbezeichnet sind.

§ 10. Nachdem hierauf die von dem Vorsitzenden angefertigte Liste sämmtlicher genannten Personen durch Ausscheiden der nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde nicht Wählbaren berichtigt ist, fordert der Vorsitzende die Mitglieder der Wahlkammer zu einer freimüthigen Besprechung über alle Diejenigen auf, deren Namen auf der Liste geblieben sind.

§ 7. Jede dieser, somit aus drei Mitgliedern des Senates und drei Wahlbürgern gebildeten, Wahlkammern begiebt sich in das für sie bestimmte Wahlzimmer. Die in dem Rathssaale zurückbleibenden Senatsmitglieder und Wahlbürger erwählen durch das Loos aus ihrer Mitte zwei Mitglieder des Senates und zwei Wahlbürger zur Entgegennahme und Aufzeichnung der Stimmzettel bei einer etwanigen allgemeinen Wahl. (§§. 13. 14.) § 8. Die Mitglieder der Wahlkammern dürfen bis zur Beendigung ihres Wahlgeschäftes nicht leise mit Jemanden reden, auch nicht das Wahlzimmer verlassen. Von keiner Wahlkammer und von keinem Mitgliede derselben darf an eine andere Wahlkammer oder an ein Mitglied der andern Wahlkammern, auch nicht an die im Rathssaale Zurückgebliebenen, und eben so wenig von diesen an jene, irgend eine Mittheilung erfolgen. II

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Vergl. §. 14.

§ 11. Nach beendigter Umsprache wird zur Wahl des von der Kammer Vorzuschlagenden geschritten, indem jedes Mitglied derselben den Namen Desjenigen aufschreibt, welchen es unter den auf der Wahlliste Gebliebenen für den Würdigsten hält. Sind wenigstens vier Stimmen für eine und dieselbe Person abgegeben, so ist diese von der Wahlkammer vorzuschlagen; wird dagegen eine solche Stimmenmehrheit nicht sofort erreicht, so ist über Diejenigen, für welche die meisten Stimmen sich entschieden haben, auf’s Neue abzustimmen und damit, unter jedesmaliger Weglassung Derjenigen, welche die wenigsten Stimmen erhalten haben, so lange fortzufahren, bis wenigstens vier Stimmen sich für eine Person ergeben. § 12. Sollte bei diesem Wahlverfahren sich Stimmengleichheit herausgestellt haben und diese durch eine wiederholte Umstimmung nicht gehoben sein, so werden

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) aus der Mitte der Wahlkammer durch das Loos drei Obmänner ernannt, welche nach Stimmenmehrheit zu entscheiden haben, wer aus den in Frage stehenden zwei oder mehren Personen durch die Wahlkammer vorzuschlagen ist. § 13. Sobald eine Wahlkammer ihr Geschäft beendigt hat, läßt sie dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister davon Anzeige machen. Nachdem diese Anzeige von allen drei Wahlkammern erfolgt ist, werden die Mitglieder sämmtlicher Wahlkammern aufgefordert, sich wieder in den Rathssaal zu begeben. Der Vorsitzende jeder Wahlkammer nennt sodann den von dieser Vorgeschlagenen. Haben sämmtliche Wahlkammern dieselbe Person in Vorschlag gebracht, so erklärt der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister diese sofort als zum Mitgliede des Senates erwählt. Sind aber zwei oder drei verschiedene Personen vorgeschlagen, so ist durch die Wahlversammlung einer der Vorgeschlagenen, nach unbedingter Stimmenmehrheit, durch geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel, zu wählen, ohne daß eine weitere Besprechung über die in Vorschlag gebrachten Personen stattfindet. § 14. Wenn unter drei Vorgeschlagenen die Stimmen sich dergestalt vertheilen, daß keiner derselben die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen erhält und somit die Wahl noch nicht für vollzogen erklärt werden kann, so wird, falls nicht etwa alle drei eine gleiche Anzahl von Stimmen erhalten haben sollten, die Wahl unter Weglassung Desjenigen, auf welchen die wenigsten Stimmen gefallen sind, fortgesetzt. Sollten auch dann die Stimmen zwischen beide Personen sich gleich vertheilen, so wird, ebenso wie in dem Falle, wenn sich bei der ersten Wahl unter zwei oder drei Vorgeschlagenen Stimmengleichheit für jeden ergiebt, zuvörderst versucht, durch eine Wiederholung der Abstimmung die Stim-

mengleichheit zu beseitigen; mislingt aber dieser Versuch, so werden aus sämmtlichen Theilnehmern an der Wahlhandlung fünf Obmänner ausgelooset, welche in ein besonderes Zimmer treten und dort nach Stimmenmehrheit über einen derjenigen Vorgeschlagenen, auf welche eine gleiche Stimmenzahl gefallen ist, sich zu vereinigen haben. Der von ihnen Genannte wird sodann durch den im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister für gewählt erklärt. Würde einer der Wahlbürger selbst unter den von der Wahlkammer Vorgeschlagenen oder unter denjenigen sich befinden, welche nach wiederholtem Wahlversuche gleich viele Stimmen erhalten haben, so kann er zwar in jenem Falle an der Wahl selbst und in diesem an der Ausloosung der Obmänner Theil nehmen, aber nicht zum Obmann ausgelooset werden. § 15. Sollten mehre Stellen im Senate gleichzeitig erledigt sein, so sind die verschiedenen Wahlen an verschiedenen Tagen vorzunehmen. Bei jeder Wahl ist das vorgeschriebene Verfahren aufs Neue einzuleiten. § 16. In der nächsten nach der Wahl stattfindenden Versammlung des Senates wird das neu erwählte Mitglied feierlich eingeführt und leistet bei der Einführung in Gegenwart des Bürgerausschusses (§. 67.) folgenden Eid: Als neu erwähltes Mitglied des Senates dieser freien Stadt gelobe und schwöre ich zu Gott: Ich will meinem Amte gewissenhaft vorstehen, das Wohl des Staates nach allen meinen Kräften erstreben, die Verfassung desselben getreu befolgen, das öffentliche Gut redlich verwalten und bei meiner Amtsführung, namentlich auch bei allen Wahlen, weder auf eigenen Vortheil noch auf Verwandtschaft oder Freundschaft Rücksicht nehmen. Ich will richten nach dem Rechte, dem

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L ÜBECK Reichen wie dem Armen und dem Armen wie dem Reichen. Ich will auch verschwiegen sein in Allem, was Verschwiegenheit erfordert, besonders aber will ich geheim halten, was geheim zu halten mir geboten wird. So wahr mir Gott helfe! § 17. Zum Austreten aus dem Senate verpflichten dieselben Gründe, aus welchen das Recht zur Theilnahme an den Wahlen in die Bürgerschaft verloren geht. (§. 27.) Auch ist Derjenige aus dem Senate auszutreten verpflichtet, welcher die Mutter oder die Tochter eines Mitgliedes des Senates ehelicht; die Eingehung einer Handlungsgenossenschaft zwischen zwei Mitgliedern des Senates begründet dagegen weder ein Recht noch eine Verpflichtung zum Austreten aus dem Senate. § 18. Jede im Senate erledigte Stelle muß innerhalb vier Wochen wieder besetzt werden. § 19. Die in dem Senate und in dem Obergerichte Vorsitzenden werden von dem Senate aus seiner Mitte auf zwei Jahre gewählt und führen während dieser Amtsführung den Titel: Bürgermeister.III Ihre Wahl geschieht durch geheime Abstimmung nach unbedingter Stimmenmehrheit, in der Weise, daß, wenn die unbedingte Stimmenmehrheit nicht sofort bei der ersten Abstimmung erlangt wird, unter den beiden Personen, auf welche die meisten Stimmen gefallen sind, abermals zu wählen ist. Ein abtretender Bürgermeister kann nicht sofort wieder zum Bürgermeister erwählt werden. Im Falle ein Bürgermeister während seiner Amtsführung aus dem Senate ausscheidet, wird vom Senate sein Nachfolger nur bis zur nächsten Rathssetzung (§ 23.) gewählt; letzterer verliert jedoch dadurch seine Wählbarkeit bei der nächsten Wahl nicht. III

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Vergl. Anhang I. §. 2.

§ 20. In Verhinderungsfällen wird der in dem Senate den Vorsitz führende Bürgermeister durch Denjenigen vertreten, welcher vor ihm den Vorsitz in dem Senate geführt hat, der in dem Obergerichte den Vorsitz führende Bürgermeister dagegen durch den ältesten im Obergerichte sitzenden Syndicus. (§. 21.) § 21. Dem Senate zur Seite, mit berathender Stimme und im Range nach den Bürgermeistern, stehen zwei Syndici. Die Zahl derselben kann jedoch durch Vereinbarung des Senates mit der Bürgerschaft vorübergehend vermehrt werden. Die Wahl eines Syndicus steht dem Senate zu. Bei dieser Wahl ist derselbe durch keinerlei Beschränkung gebunden, auch das Wahlverfahren lediglich seinem Ermessen anheimgegeben. § 22. Die Vertheilung der Geschäfte unter die Mitglieder des Senates (die Rathssetzung) findet alle zwei Jahre, im Anfange des Monates December, statt; der Wechsel selbst tritt mit dem Anfange des nächsten Jahres ein. Es steht jedoch dem Senate frei, bei außerordentlichen Veranlassungen auch in der Zwischenzeit eine Aenderung in der Vertheilung der Geschäfte vorzunehmen. § 23. Die Rathssetzung beginnt mit der Wahl der beiden Bürgermeister. Demnächst treten die beiden neuerwählten mit den abgehenden Bürgermeistern und den vier ältesten Mitgliedern des Senates zusammen und bestimmen die Vertheilung der Geschäfte, so wie den Vorsitz in den einzelnen Behörden, worauf in der nächsten Versammlung des Senates die Rathssetzung verlesen und sofort öffentlich bekannt gemacht wird. § 24. Dem Senate allein ist die Leitung sämmtlicher Staatsangelegenheiten anvertraut, in so weit nicht die nachfolgenden Be-

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) stimmungen eine Mitwirkung oder Zustimmung der Bürgerschaft (§§. 51–53.) oder des Bürgerausschusses (§. 73.) ausdrücklich vorschreiben.

II Die Bürgerschaft § 25. Die Bürgerschaft besteht aus einhundert und zwanzig Mitgliedern (Vertretern). Sie übt ihre Thätigkeit theils in ihrer Gesammtheit, (§§. 26–66.), theils durch einen Ausschuß (§§. 67–89.)

A Die Bürgerschaft in ihrer Gesammtheit 1. Zusammensetzung § 26. Zur Wahl der Vertreter sind in der Regel alle Bewohner des Lübeckischen Freistaates berechtigt, welche das Bürgerrecht besitzen und den Bürgereid geleistet haben.IV,2 § 27. Zur Theilnahme an der Wahl sind nicht berechtigt: 1) die Beamten des Senates und der Bürgerschaft, die Kanzleibeamten, diejenigen Beamten, welche ausschließlich eine polizeiliche Wirksamkeit üben, die niedern Gerichtsbeamten und die Executoren der öffentlichen Gefälle. 2) Diejenigen, welche fremden Regierungen mit Eiden verwandt sind oder im Dienste fremder Regierungen stehen; – die Uebernahme eines Consulates ist jedoch nicht als Eintritt in einen fremden Staatsdienst anzusehen; – 3) Diejenigen, welche in Dienstverhältnissen zu einem einzelnen Bürger ihren ausschließlichen Erwerb finden;V IV V VI

4) Diejenigen, welche unter Curatel stehen; 5) Diejenigen, über deren Vermögen gerichtlicher Concurs verhängt ist, welche dem Senate ihre Insolvenz angezeigt, oder welche sich, unter gerichtlicher Mitwirkung, einer Inspection ihrer Güter unterworfen haben, bis sie nachgewiesen, daß ihre Gläubiger zu voll bezahl sind;VI 6) Diejenigen, welche von öffentlichen Wohlthätigkeits-Anstalten Unterstützung erhalten; 7) Diejenigen, welche wegen eines Verbrechens, dessen Bestrafung den Verlust bürgerlicher Ehrenrechte nach sich zieht, zur Untersuchung gezogen sind, und zwar so lange bis ihre Freisprechung erfolgt ist.3 § 28. Wer an der Wahl der Vertreter Theil zu nehmen berechtigt ist, kann auch zum Vertreter gewählt werden. § 29. Die zur Wahl berechtigten Bürger theilen sich zum Behuf derselben in fünf Stände. Diejenigen, welche innerhalb der Stadt ihren ordentlichen Wohnsitz haben, sondern sich in die Stände der Gelehrten, der Kaufleute, der Krämer und der Gewerbetreibenden; Diejenigen dagegen, welche außerhalb der Stadt ihren ordentlichen Wohnsitz haben, bilden den Stand der Landleute.4 § 30. Zum Stande der Gelehrten gehören Alle, welche auf einer Universität gelehrte Bildung erworben haben, sofern sie nicht ein Gewerbe betreiben, in Folge dessen sie Mitglieder eines andern Standes geworden sind. Der Stand der Gelehrten hat aus seiner Mitte zwölf Vertreter zu wählen.5 § 31. Den Stand der Kaufleute bilden Alle, welche die Befugniß zum Handelsbetriebe erworben haben, und nicht einem der

Vergl. Anhang II. §. 4. Vergl. Anhang II. §. 5. Vergl. Anhang II. §. 5.

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L ÜBECK andern Stände angehören, so wie Diejenigen, welche als Rentenirer Bürger geworden sind; diejenigen Rentenirer dagegen, welche nicht als solche das Bürgerrecht gewonnen haben, verbleiben in demjenigen Stande, welchem sie früher angehörten. Der Stand der Kaufleute hat aus seiner Mitte vierzig Vertreter zu wählen.6 § 32. Der Stand der Krämer besteht aus den Mitgliedern der Krämer-Compagnie. Dieser Stand hat aus seiner Mitte zwölf Vertreter zu ernennen.7 § 33. Zum Stande der Gewerbtreibenden gehören die Mitglieder der als Gewerbsinnungen fortbestehenden Körperschaften der Brauerzunft, der Schiffergesellschaft und der Aemter, so wie Diejenigen, welche ein unzünftiges Gewerbe treiben, sofern sie nicht schon einem der anderen Stände angehören. Der Stand der Gewerbtreibenden hat aus der Gesammtheit seiner Mitglieder, in vier nach den Quartieren der Stadt gesonderten Wahlversammlungen, vierzig Vertreter zu wählen, und zwar dergestalt, daß sämmtliche in den vier Versammlungen auf eine Person gefallenen Stimmen zusammen gezählt werden.VII,8 § 34. Diejenigen Beamten, welche in der Stadt ihren ordentlichen Wohnsitz haben, werden, soweit sie wahlberechtigt sind, demjenigen Stande beigeordnet, welchem sie entweder früher angehört haben, oder ihrer Fachbildung nach zuzurechnen sind.9 § 35. Der Stand der Landleute hat aus seiner Mitte, in fünf nach den Landwehrbezirken gesonderten Abtheilungen, sechszehn Vertreter zu ernennen, dergestalt, daß der Ritzerauer-, Mühlenthors-, Holstenthorsund Burgthors-Bezirk je drei Vertreter wählen, und zwar aus sämmtlichen Mitgliedern VII

Vergl. Anhang I. §. 3.

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des Standes der Landleute, der Travemünder Bezirk aber vier Vertreter ernennt, und zwar zwei aus dem Städtchen Travemünde, zwei aus dem Stande der Landleute überhaupt.10 § 36. Niemand kann zwei Ständen oder zwei Bezirken zugleich angehören.11 § 37. Die Vertreter werden auf acht Jahre erwählt. Alle zwei Jahre treten diejenigen aus, welche volle acht Jahre hindurch in der Bürgerschaft gesessen haben und werden an deren Stelle, so wie für die im Laufe der letzten zwei Jahre ausgeschiedenen (§§. 38. 39.) Mitglieder, neue Vertreter gewählt. Diese Wahl geschieht in dem Stande der Landleute in der Weise, daß bei der ersten regelmäßigen Ergänzungswahl je einen Vertreter ernennen: der Ritzerauer-, Mühlenthors- und Holstenthors-Bezirk; bei der zweiten: der Mühlenthors-, Holstenthors- und BurgthorsBezirk; bei der dritten: der Holstenthors-, Burgthors- und Ritzerauer-Bezirk; bei der vierten: der Burgthors-, Ritzerauer- und Mühlenthors-Bezirk. In gleicher Reihenfolge rückt bei den fernern regelmäßigen Ergänzungswahlen in Stelle desjenigen dieser vier Bezirke, welcher dreimal hintereinander an der Wahl theilgenommen hat, der das letzte Mal zur Wahl nicht berufene Bezirk ein. Der Travemünder Bezirk wählt dagegen jedesmal, und zwar abwechselnd einen Vertreter aus dem Städtchen Travemünde und einen aus dem Sande der Landleute überhaupt. Die im Laufe der letzten zwei Jahre ausgeschiedenen Vertreter werden bei jeder Ergänzungswahl durch denjenigen Bezirk wieder ersetzt, von welchem dieselben gewählt waren.12 § 38. Wer zum Vertreter gewählt wird, ist in der Regel der Wahl Folge zu leisten verpflichtet; auch ist der nach achtjähriger

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Theilnahme13 aus der Bürgerschaft Austretende sofort wieder wählbar und die zweite Wahl anzunehmen verbunden, jedoch nicht schuldig, einer zum dritten Male auf ihn gefallenen Wahl zu folgen. Eben so berechtigen ein Alter von fünf und sechszig Jahren oder körperliche Unfähigkeit sowohl den Neugewählten zur Ablehnung der Wahl, als auch den bereits in die Bürgerschaft Eingetretenen zum Austritte aus derselben. In beiden Fällen ist deshalb ein schriftlicher Antrag an den Wortführer des Bürgerausschusses (§. 70.) zu richten und der Antragsteller verbunden, bis zur erfolgten Entscheidung seine Pflichten als Vertreter zu erfüllen. Die Lücken, welche durch den Ausfall von Neugewählten entstehen, werden sofort durch die bei den Wahlen im Voraus bestimmten Ersatzmänner ergänzt.VIII § 39. Wenn bei Mitgliedern der Bürgerschaft Verhältnisse eintreten, durch welche sie das Recht zu wählen verlieren (§. 27.), so sind sie schuldig, aus der Bürgerschaft auszutreten. Dem Wortführer der Bürgerschaft (§. 48.) liegt die Verpflichtung ob, auf die Befolgung dieser Vorschrift zu achten und von Fällen der Art dem Wortführer des Bürgerausschusses Kenntniß zu geben. § 40. Ueber Ablehnung der Wahl zum Vertreter, über Anträge auf Entlassung aus der Bürgerschaft (§. 38.), so wie über nothwendigen Austritt aus derselben (§. 39.), hat der Bürgerausschuß zu entscheiden, und zwar in der nächsten Versammlung, nachdem der Antrag bei dem Wortführer eingereicht ist. Gegen den Ausspruch des Bürgerausschusses steht dem Betheiligten innerhalb vier Wochen die Berufung an die Bürgerschaft zu, doch ist vorläufig dem Ausspruche des Bürgerausschusses Folge zu leisten. VIII

2. Wahlversammlungen § 41. Die Wahlversammlungen finden alle zwei Jahre im Monate Junius statt, für die Stadtbewohner im Versammlungssaale der Bürgerschaft, für die Landbewohner an einem in jedem Bezirke dazu besonders zu bestimmenden Versammlungsorte. Zu Wahltagen sind angesetzt: für den Stand der Gelehrten der erste, für den der Kaufleute der zweite, für den der Krämer der dritte, für den der Gewerbtreibenden der vierte, fünfte, sechste, siebente und achte Werktag dieses Monates, und zwar für letztern Stand dergestalt, daß das Jacobi-Quartier am vierten, das Marien-Magdalenen-Quartier am fünften, das MarienQuartier am sechsten, das Johannis-Quartier am siebenten Tage zur Wahl sich versammelt, worauf am achten Tage das Ergebniß der in den vier Wahlversammlungen vorgenommenen Wahlen ermittelt wird. Für den Stand der Landleute sind die letzten fünf Werktage des Juni-Monates zu Wahltagen bestimmt.14 § 42. Das Verzeichniß der Wähler (Wählerliste) wird von einer aus fünf Mitgliedern bestehenden Commission, unter Mitwirkung des Protokollführers der Bürgerschaft, angefertigt. Diese Commission, zu welcher die Bürgerschaft alle zwei Jahre aus jedem Stande ein Mitglied und einen Stellvertreter desselben ernennt, tritt spätestens vier Monate vor den Wahlversammlungen zusammen. Die Wählerliste enthält die Namen aller zur Wahl berechtigten Personen, nach den Ständen in alphabetischer Reihenfolge gesondert, mit Bezeichnung der aus jedem Stande in der Bürgerschaft sitzenden, der aus der Bürgerschaft jetzt austretenden, so wie der seit der letzten Wahlversammlung ausgeschiedenen Mitglieder. Die zu dieser Arbeit erforderlichen Mittheilungen gelangen von den Behörden

Vergl. Anhang III. §. 8.

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L ÜBECK an den Wortführer der Bürgerschaft und durch diesen an die Commission. Die Wählerliste wird zweimal durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt gemacht: das erste Mal, zur Ermittelung der nothwendigen Berichtigungen, spätestens acht Wochen (erste Wählerliste), das zweite Mal, nach erfolgter Berichtigung, spätestens vierzehn Tage vor dem ersten Wahltage (zweite Wählerliste).15 § 43. Beschwerden Einzelner über Unrichtigkeiten der ersten Wählerliste müssen innerhalb vier Wochen, vom Tage der Bekanntmachung derselben an gerechnet, an den Bürgerausschuß, vermittelst schriftlicher Eingabe bei dem Wortführer desselben, gebracht werden. Der Bürgerausschuß hat über dieselben in seiner nächsten Versammlung zu entscheiden. Gegen den Ausspruch des Bürgerausschusses steht dem Betheiligten die Berufung an die Bürgerschaft zu. Dieselbe muß innerhalb vier Wochen, vom Tage der erfolgten Entscheidung des Bürgerausschusses an gerechnet, durch eine bei dem Wortführer der Bürgerschaft einzureichende schriftliche Rechtfertigung verfolgt werden, und ist darüber von der Bürgerschaft in ihrer nächsten Versammlung ein Beschluß zu fassen. Durch die Beschwerdeführung erleidet indessen die Wahlhandlung keinen Aufschub; der Betheiligte ist daher verbunden, einstweilen an der Wahlversammlung desjenigen Standes theilzunehmen, welchem er durch die Wählerliste zugewiesen ist.16 § 44. Zu jeder Wahlversammlung beruft der Wortführer der Bürgerschaft drei Tage vorher mittelst Zusendung eines den zur Wahl kommenden Stand betreffenden Auszuges aus der zweiten Wählerliste. Dieser Auszug enthält zugleich die Angabe des Tages und der Stunde der Wahlversammlung, so wie die Zahl der in ihr zu wählenden IX

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Vergl. Anhang III.

Vertreter. Ein Jeder, dessen Name in der zweiten Wählerliste aufgeführt steht, ist berechtigt, in den Wahlversammlungen zu erscheinen, auch wenn er den Auszug aus der Wählerliste nicht sollte erhalten haben.17 § 45. Geleitet wird eine jede Wahlversammlung durch drei Mitglieder des Bürgerausschusses, welche von diesem ernannt werden. Ueber den Vorsitz haben dieselben sich unter einander zu verständigen, nöthigenfalls entscheidet das Loos. Das Protokoll wird in allen Wahlversammlungen durch den Protokollführer und durch den Archivar der Bürgerschaft (§. 49.) geführt.18 § 46. Das Verfahren in den Wahlversammlungen ist durch eine besondere Ordnung gesetzlich festgestellt.IX,19 § 47. Sofort nach einer jeden Wahlversammlung ist das in derselben geführte Protokoll zugleich mit einer Abschrift desselben dem Wortführer der Bürgerschaft zuzustellen. Dieser hat sodann dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister, mittelst Uebersendung jener Abschrift, von dem Ergebnisse der Wahlen zu benachrichtigen. Auch hat der Wortführer den zu Vertretern Erwählten ihre Wahl schriftlich anzuzeigen und für die Bekanntmachung der Wahlen in den Lübeckischen Anzeigen Sorge zu tragen.20 3. Wortführer, Protokollführer und Archivar der Bürgerschaft § 48. Die Bürgerschaft erwählt aus ihrer Mitte einen Wortführer und zwei Stellvertreter desselben auf zwei Jahre. Die dazu Gewählten sind verbunden, die Wahl anzunehmen und, wenn sie Mitglieder des Bürgerausschusses sind, aus demselben auszutreten. Der Wortführer kann nach Ablauf seiner

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Wortführung nicht sofort wieder gewählt werden. Er ist verpflichtet, einer zum zweiten Male auf ihn gefallenen Wahl Folge zu leisten, jede fernere Wahl aber abzulehnen berechtigt. § 49. Die Bürgerschaft erwählt ferner einen Protokollführer und einen Archivar, einen jeden auf fünf Jahre. Die Abtretenden sind sofort wieder wählbar. Beide haben sich durch Unterzeichnung eines gesetzlich festgestellten Reverses an Eidesstatt zur getreulichen Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten und erhalten aus der Staatscasse eine Entschädigung für ihre Bemühungen. Der Archivar ist als solcher zugleich Beamter des Bürgerausschusses und verbunden, den Protokollführer der Bürgerschaft, so wie den Protokollführer des Bürgerausschusses, (§. 71.) in Behinderungsfällen zu vertreten. § 50. Die Wahl des Wortführers der Bürgerschaft ist nur dann entscheidend, wenn sich die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen für eine und dieselbe Person ausspricht. Wird ein solches Ergebniß bei der ersten Wahl nicht erreicht, so ist unter den drei Personen, welche die meisten Stimmen erhalten haben, und wenn auch auf diese Weise die erforderliche Stimmenmehrheit nicht gewonnen wird, unter den Beiden, für welche die meisten Stimmen sich erklärt, abermals zu wählen. Wenn Mehre eine gleiche Anzahl von Stimmen für sich haben, sei es bei der ersten Wahl, sei es bei einer Nachwahl, so entscheidet unter ihnen das Loos. Diese Bestimmungen gelten auch für die Wahlen der Stellvertreter des Wortführers, so wie für die Wahlen des Protokollführers und des Archivars der Bürgerschaft. X

4. Wirkungskreis § 51. Die Mitgenehmigung der Bürgerschaft ist erforderlich: I. zu jeder Aenderung der Staatsverfassung; II. zu jeder Veräußerung von Hoheitsrechten; III. zur Erlassung, authentischen Auslegung, Aenderung oder Aufhebung von Gesetzen, so wie von Verordnungen in Handelssachen; – Polizeiliche Verfügungen und lediglich die Handhabung bestehender Gesetze betreffende Verordnungen werden dagegen vom Senate allein beschlossen, doch ist bei Verkündigung der letztern stets das Gesetz zu bezeichnen, von dessen Handhabung es sich handelt. – IV. zur Einführung, Aufhebung und Veränderung directer oder indirecter Steuern und Abgaben aller Art. § 52. Der Bürgerschaft steht ferner eine Mitwirkung zu: V. bei der Verwaltung des Staatsvermögens, so wie des Vermögens der Kirchen und der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten. In dieser Beziehung treten folgende Bestimmungen ein: 1) Die Verwaltung des Staatsvermögens ist im Allgemeinen den Behörden übertragen, unter Leitung und Aufsicht des Senates. Ohne Zustimmung der Bürgerschaft können jedoch wesentliche Aenderungen in den Wirkungskreisen der einzelnen Behörden und in der herkömmlichen Verwaltung und Benutzung des Staatsvermögens nicht vorgenommen, namentlich nicht Staatsgüter neu erworben oder veräußert, auch nicht in Erbpacht gegeben oder verpfändet werden (§. 73. No. 3. 4.) 2) Die Vorsteherschaften hiesiger Kirchen und öffentlicher Wohltätigkeitsanstal-

Vergl. Verordn. vom 28. October 1818.

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L ÜBECK ten können ohne Zustimmung der Bürgerschaft nicht zu denjenigen Verfügungen ermächtigt werden, zu welchen sie nach dem bestehenden GesetzeX die Genehmigung des Senates und der Bürgerschaft nachzusuchen verpflichtet sind. (§ 73. No. 4. 5.) 3) Das Staatsbudget so wie das allgemeine Budget der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten muß alljährlich der Bürgerschaft zur Genehmigung vorgelegt werden. Bei dieser Gelegenheit darf indessen den durch besonderen Rath- und Bürgerschluß bereits bewilligten Einnahmen und Ausgaben die Genehmigung einseitig so wenig von der Bürgerschaft, als von dem Senate versagt werden. 4) In der Regel sind alle Ausgaben aus der öffentlichen Kasse durch die Mitbewilligung der Bürgerschaft bedingt. Dem Senate verbleibt jedoch die Befugniß, ohne besonderen Antrag von der Stadtcasse abzufordern und zu verwenden: a) die Competenzgelder des Senates; – der Senat erhebt dieselben in jedem Jahre zur vollen vereinbarten Summe. – b) die Gehalte der hohen Beamten; – von der dafür festgesetzten Summe wird dem Senate in jedem Jahre so viel ausgekehrt, als nach dessen Aufgabe erforderlich ist. – c) die dem Senate herkömmlich zu Ehrenausgaben ausgesetzte Summe; – wenn solche vor Ablauf des Jahres erschöpft sein sollte, so kann die Bürgerschaft zwar ihre Zustimmung zu einer Vergrößerung derselben, so weit diese nach der Aufgabe des Senates erforderlich ist, nicht versagen, sie hat indessen in einem solchen Falle die Befugniß, von dem Senate eine Darlegung der mit der Gesammtsumme bestrittenen Zahlungen zu begehren. – d) die Kosten diplomatischer Verhandlungen und Sendungen; – wenn die im Budget dafür ausgesetzte Summe nicht ausreicht, so ist dieselbe, so weit es der SeXI

Vergl. Verordn. vom 28. October 1818.

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nat für erforderlich erklärt, zu vergrößern; die Rechnungen über diese Ausgaben werden dem Senate abgelegt und gelangen hiernächst an das Finanz-Departement, dessen allgemeiner Rechnung sie zu Beilagen dienen; in dieser Eigenschaft sind sie gleich allen übrigen Rechnungen den Erinnerungen der Rechnungs-Revisions-Deputation unterworfen. 5) Ohne Zustimmung der Bürgerschaft kann keine neue Staatsanleihe gemacht und der zur Tilgung der Staatsschulden festgesetzte Plan nicht geändert werden. 6) Der Bürgerschaft ist über die Verwaltung eines jeden Jahres der Bericht des Finanz-Departements und der Bericht der Rechnungs-Revisions-Deputation mitzutheilen, und kann der Stadtcassenverwalter nur nach dem gemeinsamen Beschlusse des Senates und der Bürgerschaft über seine Verwaltung in jedem Jahre quittirt werden. Ebenso sind die von der Central-ArmenDeputation abgestatteten Revisionsberichte der Bürgerschaft mitzutheilen. § 53. Die Mitgenehmigung der Bürgerschaft ist endlich erforderlich: VI. wenn die Ausübung öffentlichen Gottesdienstes solchen Religionsparteien gestattet werden soll, welchen dieselbe bisher noch nicht zugestanden ist; VII. zu Veränderungen im Münzwesen, in den Maaß- und Gewichts-Bestimmungen, so wie zu Veränderungen im städtischen Postwesen, wenn diese die Einrichtung neuer oder die Aufhebung bestehender Posten oder die Erhöhung der geltenden Posttarife betreffen; VIII. zur Ertheilung ausschließlicher Privilegien; IX. zu Verfügungen, bei welchen die Vorsteherschaften von Privatstiftungen nach dem bestehenden GesetzeXI der Genehmigung des Senates und der Bürgerschaft bedürfen; (§. 52. V. 2.)

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) X. zur Entscheidung über Anwendbarkeit des Expropriationsgesetzes auf die Ausführung einer Anlage; XI. zur Bestimmung der Stärke der bewaffneten Macht, der Art ihrer Ausrüstung und Ergänzung, so wie wenn dieselbe gegen andere Staaten gebraucht werden soll, oder wenn es sich um Einquartierung und Verpflegung fremder Truppen, so wie um Besetzung des Staatsgebietes oder eines Theiles desselben durch fremde Truppen handelt; XII. zum Abschlusse von Staatsverträgen, welche den Handel, die Schifffahrt, die Erhöhung von Posttarifen oder einen derjenigen Gegenstände betreffen, welche nach den vorstehenden Bestimmungen der Mitgenehmigung der Bürgerschaft unterliegen. § 54. Sollten bei Gelegenheit eines abzuschließenden Staatsvertrages oder auch bei einer anderen außerordentlichen Veranlassung der Senat und die Bürgerschaft der übereinstimmenden Ansicht sein, daß der Gegenstand aus Rücksicht auf nothwendige Geheimhaltung sich so wenig zur Verhandlung mit dem Bürgerausschusse als mit der Bürgerschaft eigne, so ist eine Geheimcommission zu ernennen, (§. 76.) welche völlig in die Stelle des Bürgerausschusses wie der Bürgerschaft tritt, in so weit nicht in jedem einzelnen Falle von der Bürgerschaft die Befugniß der Commission beschränkt ist. Die Zahl der in eine solche Commission zu wählenden Mitglieder wird von der Bürgerschaft bestimmt; eine Vermehrung derselben ist vorzunehmen, so oft es die Bürgerschaft, sei es auf Antrag der Geheimcommission, sei es aus eigenem Antriebe, für angemessen erachtet. Ein Beschluss der Geheimcommission ist nur dann gültig, wenn er von der Mehrheit sämmtlicher Mitglieder gefaßt ist. Falls von einer Geheimcommission die Instruction des mit dem Abschlusse eines Staatsvertrages beauftragten Abgeordneten genehmigt ist, so kann die Bürgerschaft ih-

re Zustimmung zu dem Vertrage nur dann ablehnen, wenn die Geheimcommission die Gränzen ihrer Befugniß überschritten haben, oder der Vertrag nicht der dem Abgeordneten ertheilten Instruction gemäß abgeschlossen sein sollte. 5. Versammlungen der Bürgerschaft § 55. Die Bürgerschaft wird durch den Senat berufen so oft dieser es für erforderlich erachtet oder der Bürgerausschuß es begehrt, wenigstens aber sechsmal im Jahre, und zwar viermal an festbestimmten Tagen, nämlich an dem dritten Montage in den Monaten März, Julius, September und December.21 § 56. In der Regel wird jede Versammlung der Bürgerschaft acht Tage zuvor durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt gemacht und spätestens drei Tage vor derselben jedem Vertreter ein Abdruck der zur Verhandlung kommenden Anträge des Senates, nebst einem Einladungszettel, zugestellt. § 57. Die Mitglieder der Bürgerschaft nehmen ihren Sitz in der Reihenfolge ein, welche in der am dritten Montage des Juli-Monates jedes Jahres stattfindenden Versammlung durch das Loos bestimmt wird. Die Mitglieder des Bürgerausschusses haben in den Versammlungen der Bürgerschaft keine Vorrechte vor den übrigen Vertretern. § 58. Den Vorsitz in den Versammlungen und die Leitung der Geschäfte hat der Wortführer der Bürgerschaft. Ist derselbe zu erscheinen verhindert oder wünscht er bei der Verhandlung eines Gegenstandes an der Berathung und Abstimmung theilzunehmen, so tritt einer der Stellvertreter desselben für ihn ein, nach der Reihenfolge, welche durch die Wahl bestimmt ist.

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L ÜBECK § 59. Die Versammlung der Bürgerschaft kann nur dann eröffnet werden, wenn außer dem Wortführer mindestens ein und sechszig Vertreter erschienen sind.22 § 60. In den Versammlungen sind Commissarien des Senates gegenwärtig und an der Berathung theilzunehmen berechtigt; dieselben verlassen jedoch die Versammlung, sobald zur Abstimmung geschritten werden soll.23 § 61. Jeder Abstimmung geht eine freie Berathung über den in Antrag gebrachten Gegenstand voraus. Die Abstimmung geschieht demnächst über bestimmte von dem Vorsitzenden zu stellende Fragen, welche stets so zu fassen sind, daß sie mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Die Abstimmung ist in der Regel eine offene, durch Aufstehen und Sitzenbleiben. Ausnahmsweise findet geheime Abstimmung statt, und zwar durch Stimmzettel bei allen von der Bürgerschaft vorzunehmenden Wahlen, durch Kugelung, so oft zehn Mitglieder der Versammlung dieses bei Berathung eines Gegenstandes verlangen. Kein Mitglied der Versammlung darf die Abgabe seiner Stimme verweigern, vielmehr muß ein Jeder sich für oder wider die zur Abstimmung gestellte Frage erklären.24 Ergiebt sich Gleichheit der Stimmen, so gilt bei einer zur Entscheidung verstellten Frage diese für verneint, bei einer Wahl entscheidet dagegen das Loos. Wer Zusätze, Beschränkungen oder sonstige Aenderungen vorschlagen will, hat dieselben, ehe er sie vorträgt, ihrem wesentlichen Inhalte nach dem Vorsitzenden schriftlich zuzustellen. § 62. Ein jedes Mitglied ist berechtigt, Anregen zu Anträgen der Bürgerschaft an den Senat zu machen. Einer solchen Anrege ist jedoch nur dann Folge zu geben,

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wenn sie dem Vorsitzenden schriftlich zugestellt ist und von zwei Mitgliedern der Versammlung unterstützt wird. Ist dies der Fall, so stimmt die Versammlung, ohne daß eine vorgängige Berathung stattfindet, sofort darüber ab, ob der Gegenstand zur näheren Erwägung an den Bürgerausschuß zu verweisen sei, oder nicht. Entscheidet sich die Versammlung für das Letztere, so ist damit der Antrag verworfen; entscheidet sie sich für das Erstere, der Bürgerausschuß hält aber demnächst den Antrag für nicht geeignet, an den Senat gebracht zu werden, so hat der Wortführer der Bürgerschaft dieser selbst die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob der Antrag an den Senat gelangen solle, oder nicht.25 § 63. Auf alle Anträge des Senates muß in derselben Versammlung, in welcher sie gestellt sind, ein Beschluß gefaßt werden. Es steht jedoch der Bürgerschaft frei, einen Antrag des Senates zunächst einer aus ihrer Mitte zu ernennenden Commission zur Begutachtung zu überweisen und demnach bis zur Erstattung des Gutachtens ihre Entscheidung auszusetzen. Die Commissarien des Senates sind befugt, Mittheilung eines solchen Gutachtens zu begehren, bevor über die Sache in der Bürgerschaft weiter verhandelt wird. Uebrigens haben die Verhandlungen über Anträge des Senates vor allen andern den Vorzug und dürfen nicht durch anderweitige Geschäfte unterbrochen werden.26 § 64. Sofort nachdem ein Beschluß über einen Antrag des Senates gefaßt ist, wird das Protokoll über den Beschluß in Gegenwart der Commissarien des Senates verlesen, und diesen eine von dem Vorsitzenden und von dem Protokollführer unterzeichnete Ausfertigung des Beschlusses übergeben. Die Commissarien legen die Beschlüsse dem während der Verhandlungen der Bürgerschaft versammelten Senate vor, und

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) überbringen hierauf die Antwort des Senates. § 65. Der Geschäftsgang bei den Berathungen der Bürgerschaft wird, so weit er nicht im Vorstehenden festgestellt worden, durch eine von der Bürgerschaft selbst zu beschließende Geschäftsordnung geregelt.XII,27 § 66. Eine Ausfertigung des in den Versammlungen der Bürgerschaft geführten Protokolles ist drei Tage nach jeder Versammlung dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister durch den Wortführer der Bürgerschaft zuzustellen. Der Senat läßt die schließlichen Erklärungen der Bürgerschaft auf seine Anträge durch den Druck veröffentlichen, so weit nicht Gründe des Staatsinteresses deren Geheimhaltung rathsam erscheinen lassen.

B Der Bürgerausschuß 1. Zusammensetzung § 67. Der Bürgerausschuß besteht aus dreißig Personen und zwar aus dem vierten Theile der Vertreter jedes Standes, mithin aus: drei Gelehrten, zehn Kaufleuten, drei Krämern, zehn Gewerbtreibenden, vier Landleuten.28 § 68. Die Bürgerschaft wählt die Mitglieder des Bürgerausschusses aus ihrer Mitte, auf zwei Jahre, in der Weise, daß alle in der Versammlung anwesenden Vertreter an jeder einzelnen Wahl Theil nehmen und daß diejenigen, welche bei jeder Wahl die meisten Stimmen für sich haben, als gewählt gelten. XII

Der Wortführer der Bürgerschaft und dessen Stellvertreter (§. 48.) sind nicht wählbar; alle übrigen Mitglieder der Bürgerschaft sind verpflichtet, der Wahl Folge zu leisten.29 § 69. In der Regel treten jährlich, im Anfange des Juli-Monates, funfzehn Mitglieder des Bürgerausschusses ab, und zwar von der für die Stände der Kaufleute, der Gewerbtreibenden und der Landleute festgesetzten Zahl die Hälfte, von den Mitgliedern aus den beiden andern Ständen aber abwechselnd das eine Jahr zwei Gelehrte und ein Krämer, das andere Jahr ein Gelehrter und zwei Krämer. Es darf indessen nie mehr als die Hälfte des Bürgerausschusses aus Neugewählten bestehen; wenn Sterbefälle oder andere Ursachen den regelmäßigen Wechsel stören, bleiben daher, nach einer von dem Bürgerausschusse selbst zu treffenden Bestimmung, einzelne Mitglieder länger als zwei Jahre, jedoch niemals über drei Jahre, im Bürgerausschusse. Die Ausgetretenen werden durch neue Wahlen ersetzt, und sind erst nach Ablauf eines Jahres wiederum wählbar. Für alle im Laufe eines Jahres Austretenden finden in der nächsten Versammlung der Bürgerschaft neue Wahlen statt.30 2. Wortführer und Protokollführer des Bürgerausschusses § 70. Der Bürgerausschuß erwählt jährlich aus seiner Mitte einen Wortführer und zwei Stellvertreter desselben, welche die Wahl anzunehmen verpflichtet sind. Der abtretende Wortführer kann zwar, wenn er im Bürgerausschusse bleibt, wiederum auf ein Jahr gewählt werden, ist aber dieser Wahl Folge zu leisten nicht verbunden. Wird derselbe jedoch, nachdem er eine Zeitlang nicht Mitglied des Bürgerausschusses war, auf’s Neue in denselben gewählt

Vergl. Anhang IV.

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L ÜBECK und sodann wieder zur Wortführung berufen, so ist er verbunden, diese und auch eine ihn unter gleichen Verhältnissen abermals treffende Wahl anzunehmen, jede fernere Wahl zum Wortführer des Bürgerausschusses aber abzulehnen berechtigt. § 71. Der Bürgerausschuß erwählt einen Protokollführer auf fünf Jahre. Derselbe wird in gleicher Weise wie der Protokollführer der Bürgerschaft verpflichtet (§. 49.) und ebenfalls aus der Staatskasse besoldet. Der abtretende Protokollführer kann sofort wieder gewählt werden. Der Protokollführer des Bürgerausschusses darf nicht zugleich Protokollführer oder Archivar der Bürgerschaft sein. § 72. Bei der Wahl des Wortführers und der Stellvertreter desselben, so wie bei der des Protokollführers muß die Mehrheit sämmtlicher Mitglieder des Bürgerausschusses sich für eine und dieselbe Person entscheiden. Mit einer etwa nöthig werdenden Nachwahl wird es ebenso wie bei den Wahlen des Wortführers und des Protokollführers der Bürgerschaft gehalten. (§. 50.) 3. Wirkungskreis § 73. Der Bürgerausschuß übt die der Bürgerschaft zustehenden Befugnisse im Namen derselben aus, wenn es sich handelt: 1) um Geldbewilligungen bis zur Summe von 3000 Mark auf einmal oder von 150 Mark jährlich; – Wenn in einem einzelnen Falle durch die Geldbewilligung zugleich eine Frage berührt wird, deren Entscheidung der Mitgenehmigung der Bürgerschaft bedarf (§. 51.– 53.), so muß ein desfallsiger Beschluß der Bürgerschaft schon vorliegen, ehe die Geldbewilligung durch den Bürgerausschuß erfolgen kann. – 2) um Verwendung der bereits im Staatsbudget ausgesetzten Summen, so weit nicht

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die einzelnen Behörden zur Verwendung dieser Summen berechtigt sind; 3) um den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken für den Staat, die Kirchen, die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten und die Privatstiftungen, so weit mit der Veräußerung nicht ein Aufgeben von Hoheitsrechten verbunden ist und das Grundstück nicht einen höheren Werth hat, als von 6000 Mark Capital oder von 300 Mark jährlicher Rente; (§. 52. V. 1. 2. §. 53. IX.) 4) um Aenderungen in der Verwaltung oder in der Benutzung des Eigenthumes des Staates, der Kirchen, der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten und der Privatstiftungen, wenn ein Werth von nicht mehr als 6000 Mark Capital oder 300 Mark jährlicher Rente in Frage steht; (§. 52. V. 1. 2. §. 53. IX.) 5) um Verfügungen über Denkmäler der Kunst oder des Alterthums; endlich 6) um Entscheidungen, welche von der Bürgerschaft dem Bürgerausschusse durch einen besondern Beschluß übertragen sind. Wenn der Bürgerausschuß einen Antrag des Senats ablehnt, so ist es dem Senate unbenommen, denselben Antrag an die Bürgerschaft zu richten. § 74. Ueber alle zur Verhandlung mit der Bürgerschaft gehörende Gegenstände hat der Senat die Ansicht des Bürgerausschusses einzuziehen, bevor er seine Anträge an die Bürgerschaft gelangen läßt. § 75. Der Bürgerausschuß hat die Befugniß, Anträge und Vorschläge, sei es in Folge ihm von der Bürgerschaft überwiesener Anregen (§. 62.) sei es aus eigenem Antriebe an den Senat zu richten. § 76. Zu jeder Wahl eines bürgerlichen Deputirten bei denjenigen Verwaltungsbehörden, welche von Mitgliedern des Senates und der Bürgerschaft gebildet werden, hat der Bürgerausschuß dem Senate zwei

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Bürger vorzuschlagen, welche von allen zur Theilnahme an den Wahlen in die Bürgerschaft Berechtigten ihm dazu am meisten geeignet erscheinen. Er selbst ernennt die Mitglieder von Geheimcommissionen (§. 54.), und übt im Namen der Bürgerschaft diejenigen Wahlbefugnisse aus, welche vor Einführung dieser Verfassung der Bürgerschaft selbst zustanden; auch hierbei hat der Bürgerausschuß aus sämmtlichen Personen zu wählen, welche an den Wahlen in die Bürgerschaft theilzunehmen berechtigt sind. 4. Versammlungen des Bürgerausschusses §. 77. Der Bürgerausschuß versammelt sich regelmäßig alle vierzehn Tage auf dem Rathhause zur Zeit der Versammlungen des Senates; bei sonderer Veranlassung kann der Senat denselben auch zu einer andern Zeit durch den Wortführer zusammenberufen lassen. Außerdem kann der Wortführer selbst eine Versammlung des Bürgerausschusses ansetzen, so oft ihm dieselbe nothwendig erscheint; verpflichtet ist er dazu, sobald sechs Mitglieder des Bürgerausschusses es begehren und den Zweck der Berufung, so wie die Gründe ihres Verlangens, in einem schriftlichen Antrage darlegen. § 78. Die Mitglieder des Bürgerausschusses nehmen ihren Sitz in der Reihenfolge ein, welche in der ersten Versammlung im Juli-Monate jedes Jahres durch das Loos bestimmt wird. § 79. Den Vorsitz in den Versammlungen und die Leitung der Geschäfte hat der Wortführer des Bürgerausschusses. Ist derselbe zu erscheinen verhindert, so tritt einer der Stellvertreter desselben für ihn ein, nach der Reihenfolge, welche durch die Wahl bestimmt ist.

§ 80. Zu einer gültigen Beschlußnahme des Bürgerausschusses ist die Anwesenheit von mindestens zwei Drittheilen sämmtlicher Mitglieder erforderlich. § 81. Die Anträge des Senates werden dem Bürgerausschusse in schriftlicher Abfassung durch Commissarien überbracht, und von diesen, nach mündlicher Erläuterung, mit dem Bürgerausschusse besprochen. Bei der Abstimmung sind die Commissarien nicht gegenwärtig. § 82. In der Regel muss die Entscheidung des Bürgerausschusses auf die Anträge des Senates in derselben Versammlung, in welcher sie vorgelegt sind, erfolgen. Der Bürgerausschuß kann indessen bei umfangreichen und eine vorgängige Prüfung ausführlicher Anlagen erfordernden Anträgen, oder auch dann, wenn er es für angemessen hält, Einigen aus seiner Mitte eine besondere Begutachtung einzelner Fragen zu übertragen, seine Beschlußnahme aussetzen. § 83. Wenn dem Bürgerausschusse über irgend einen Punkt noch eine Aufklärung erforderlich scheint, steht es ihm frei, eine weitere Besprechung mit den Commissarien des Senates zu begehren. Auch den einzelnen mit der Begutachtung eines besondern Gegenstandes beauftragten Mitgliedern des Bürgerausschusses steht diese Befugniß zu. § 84. Bei Abstimmungen gilt im Falle einer sich ergebenden Stimmengleichheit eine zur Entscheidung verstellte Frage für verneint, bei einer Wahl entscheidet dagegen das Loos. § 85. Vor dem Schlusse einer jeden Versammlung des Bürgerausschusses ist das Protokoll derselben zu verlesen, und, so weit es Beschlüsse auf Anträge des Senates, Anträge an den Senat, Entscheidungen in Berufungsfällen (§. 43.) und Wahlen enthält, in einem von dem Protokollführer

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L ÜBECK unterzeichneten Auszuge durch den Wortführer und zwei Mitglieder des Bürgerausschusses den Commissarien des Senates im Rathhause zu übergeben. Wenn der Bürgerausschuß einem Antrage des Senates nicht beistimmt, sind die Gründe des abweichenden Beschlusses in der Regel in den Protokollauszug mit aufzunehmen, es kann indessen auch die Nachlieferung derselben vorbehalten werden. § 86. Die Bestimmung des Geschäftsganges in den Versammlungen bleibt, in so weit nicht darüber im Vorstehenden Vorschriften enthalten sind, dem Bürgerausschusse selbst überlassen. § 87. Das Protokoll einer jeden Versammlung des Bürgerschusses ist innerhalb drei Tagen dem Wortführer der Bürgerschaft zuzustellen. Derselbe ist auch berechtigt, die von dem Senate an den Bügerausschuß gelangten Schriftstücke, nach Beendigung der mit dem Bürgerausschusse darüber gepflogenen Verhandlungen, zur Einsicht zu begehren. § 88. Die von dem Bürgerausschusse in Gegenständen, bei welchen ihm die Mitentscheidung zusteht (§. 73.), auf Anträge des Senates erfolgten endlichen Erklärungen werden von dem Senate der Bürgerschaft in deren nächsten Versammlung mitgetheilt, und in gleicher Weise, wie die mit Zustimmung der Bürgerschaft gefaßten Beschlüsse, bekannt gemacht (§. 66.).

III Verfahren bei beharrlicher Meinungsverschiedenheit zwischen dem Senate und der Bürgerschaft § 89. Zeigt sich bei den Verhandlungen über Anträge des Senates an die Bürgerschaft oder über Anträge der Bürgerschaft an den Senat zwischen beiden eine beharrliche Meinungsverschiedenheit, so kommen

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die nachfolgenden Bestimmungen zur Anwendung. § 90. Wenn zwischen dem Senate und der Bürgerschaft über die authentische Auslegung bestehender Gesetze eine Meinungsverschiedenheit obwaltet, insbesondere wenn Bestimmungen der Verfassung streitig sind, oder wenn ein von dem Senate oder von der Bürgerschaft auf den Grund der Verfassung in Anspruch genommenes Recht von dem andern Theile bestritten wird, so wird zuvörderst der Versuch gemacht, die Meinungsverschiedenheit im Wege der Verständigung zu beseitigen. Bleibt dieser Versuch ohne Erfolg, so ist die Streitfrage der rechtlichen Entscheidung des Ober-Appellations-Gerichtes der vier freien Städte Deutschlands zu unterwerfen. Das dabei zu beobachtende Verfahren wird durch eine besondere Uebereinkunft zwischen dem Senate und der Bürgerschaft festgestellt werden. § 91. Weichen dagegen die Meinungen des Senates und der Bürgerschaft darüber von einander ab, was das Staatswohl erfordere und sind in einem solchen Falle der Senat und die Bürgerschaft der übereinstimmenden Ansicht, daß eine Beschlußnahme ohne wesentlichen Nachtheil für das Gemeinwesen keinen Aufschub erleide, so ist die Meinungsverschiedenheit durch den Ausspruch einer Entscheidungs-Commission zu beseitigen. Aenderungen in der StaatsVerfassung dürfen indessen niemals durch den Ausspruch einer solchen Commission herbeigeführt werden. § 92. Die Entscheidungs-Commission wird durch sieben Mitglieder des Senates und sieben Mitglieder der Bürgerschaft gebildet. Jene werden vom Senate, diese von der Bürgerschaft, durch geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel, erwählt.

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) § 93. Diese Wahl erfolgt an demselben Tage, an welchem sich der Senat und die Bürgerschaft vollständig darüber geeinigt haben, daß eine Entscheidungs-Commission zusammentreten solle und welcher Auftrag derselben zu ertheilen sei. § 94. Die Mitglieder des Senates sind zufolge ihres Rathseides, die Mitglieder der Bürgerschaft zufolge ihres Bürgereides, verpflichtet, die auf sie gefallene Wahl anzunehmen. Nur für Kranke oder Abwesende ist daher zu einer neuen Wahl zu schreiten. § 95. Die in die Entscheidungs-Commission berufenen Mitglieder des Senates und der Bürgerschaft haben spätestens in der nächsten nach der Wahl stattfindenden Versammlung des Senates, in Gegenwart des Bürgerausschusses, folgenden Eid zu leisten: Ich schwöre und gelobe zu Gott, bei der mir übertragenen Entscheidung der zwischen dem Senate und der Bürgerschaft obwaltenden Meinungsverschiedenheit mich lediglich durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl leiten zu lassen, meinen Ausspruch nur nach meinem besten Wissen und Gewissen zu thun, über Alles was in der Commission verhandelt werden wird, namentlich auch darüber, in welcher Weise die Entscheidung zu Stande gekommen ist, wie ich selbst und die übrigen Mitglieder der Commission gestimmt haben, niemals irgend Jemanden eine Mittheilung zu machen, vielmehr über dieses Alles das unverbrüchlichste Stillschweigen zu bewahren. So wahr mir Gott helfe! § 96. Die Commission erwählt ihren Vorsitzenden aus den ihr angehörigen Mitgliedern des Senates, in geheimer Abstimmung mittelst Stimmzettel. § 97. Die Reihenfolge, in welcher die übrigen Mitglieder ihren Sitz einzunehmen haben und in welcher die Abstimmung geschieht, wird durch das Loos festgestellt.

Der Vorsitzende darf seine Stimme jedoch erst dann abgeben, wenn die übrigen Mitglieder der Commission abgestimmt haben. § 98. Zur Beschlußnahme der Commission ist Stimmenmehrheit sämmtlicher Mitglieder erforderlich. Ergiebt sich Stimmengleichheit, so erwählt die Commission aus ihrer Mitte einen aus drei Mitgliedern des Senates und drei Mitgliedern der Bürgerschaft bestehenden Ausschuß, welcher sich über den von der Entscheidungs-Commission zu fällenden Ausspruch verständigen muß. § 99. Der Ausspruch der EntscheidungsCommission muß spätestens innerhalb vierzehn Tagen nach der geschehenen Beeidigung ihrer Mitglieder erfolgen. Derselbe wird, nachdem er von sämmtlichen Mitgliedern in der Schlußsitzung unterzeichnet und mit einem Siegel verschlossen ist, sofort durch zwei Mitglieder der Commission dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister überbracht. § 100. Wenn die Entscheidungs-Commission bei ihrer Berathung die Ansicht gewonnen haben sollte, daß die zwischen dem Senate und der Bürgerschaft obwaltende Meinungsverschiedenheit ihr in anderer Weise, als geschehen, hätte zur Entscheidung verstellt werden müssen, und daß die Annahme eines von ihr zu machenden Vorschlages dem Gemeinwohl am Meisten entsprechen würde, so hat sie diesen ihren Vorschlag dem Senate einzureichen, jedoch gleichfalls verschlossen und zugleich mit dem entscheidenden Ausspruche auf die ihr vorgelegte Frage. Für einen solchen Fall ist in dem Senate und in der Bürgerschaft zuerst über den von der Commission eingereichten Vorschlag zu verhandeln; bis dahin, daß sich diese Verhandlungen zerschlagen haben, bleibt der Entscheidungsspruch selbst uneröffnet bei dem Senate liegen.

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L ÜBECK § 101. Der Ausspruch der Entscheidungs-Commission wird innerhalb acht Tagen nachdem er eingereicht, oder nachdem der etwanige Vermittlungs-Vorschlag (§. 100.) verworfen worden, in der Versammlung des Senates, in Gegenwart des Bürgerausschusses, von dem den Vorsitz führenden Bürgermeister eröffnet und verlesen. Der Ausspruch gilt sodann als Rathund Bürgerschluß.

ANHANG I Vorübergehende Bestimmungen § 1. Zu §§. 1. und 2. der Verf. Urk. – Der Senat und die Bürgerschaft sind darüber einig, daß eine Umgestaltung der GerichtsVerfassung vorzunehmen sei, und zwar unter Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung, so wie auf Grundlage eines öffentlichen und mündlichen Verfahrens. Zur Berathung dieses Gegenstandes wird sofort nach Einführung der neuen Verfassung eine Commission niedergesetzt, und wird, wenn die Berathung darüber beendigt ist, eine feste Bestimmung über die Zusammensetzung des Senates getroffen werden. Bis dahin bleibt es bei der bisherigen Zahl der Senatsmitglieder, so wie bei dem bisherigen Verhältnisse von acht rechtsgelehrten zu zwölf kaufmännischen Mitgliedern, es wäre denn, daß sich der Senat vor einer Wahl mit der Bürgerschaft über eine andere Besetzung der erledigten Stelle verständigt haben würde.

zwölf der von dem Stande der Gewerbtreibenden zu ernennenden vierzig Vertreter ausschließlich aus der Mitte der genannten drei Körperschaften, nämlich aus einer jeden derselben vier, vor den übrigen Vertretern dieses Standes voraus erwählt und wird darauf die Wahl der dann noch zu ernennenden acht und zwanzig Vertreter aus der Gesammtheit der Mitglieder des Standes der Gewerbtreibenden vorgenommen. Von jenen zwölf Vertretern tritt, gleich wie von der Zahl der Vertreter eines jeden Standes, alle zwei Jahre der vierte Theil aus, und zwar jedesmal ein Mitglied der Brauerzunft, ein Mitglied der Schiffergesellschaft und ein Mitglied der Aemter. Die Ausscheidenden werden bei den Ergänzungswahlen nur in dem Falle ausschließlich aus den betreffenden Körperschaften ersetzt, wenn und so weit außerdem nicht wenigstens vier Personen aus jeder derselben noch Mitglieder der Bürgerschaft sind.

ANHANG II Bestimmungen, die Einführung der neuen Verfassung betreffend

§ 2. Zu §. 19. der Verf. Urk. – Die derzeitigen auf Lebenszeit erwählten Bürgermeister behalten ihren Rang und Titel.

§ 1. Zur Vermittelung des Ueberganges von der bisherigen zu der neuen Verfassung wird eine besondere Vorbereitungscommission von der Bürgerschaft niedergesetzt. Dieselbe besteht aus siebenzehn Personen, und zwar aus je einem Mitgliede der gegenwärtigen eilf bürgerlichen Collegien, einem Mitgliede des Gelehrtenstandes und fünf, nach den Landwehrbezirken zu ernennenden, Mitgliedern des Standes der Landleute.

§ 3. Zu §. 33. der Verf. Urk. – Mit Rücksicht auf die gegenwärtige Berechtigung der Körperschaften der Brauerzunft, der Schiffergesellschaft und der vier großen und zugehörigen Aemter werden bis auf Weiteres

§ 2. Die Vorbereitungscommission wird von dem der Zeit wortführenden Aeltermann des Schonenfahrer-Collegiums zusammenberufen und erwählt unter dessen Leitung ihren Vorsitzenden aus ihrer Mitte.

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V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) § 3. Die Commission hat die Liste aller zur Theilnahme an den Wahlen berechtigten Stadt- und Landbewohner, nach den Ständen in alphabetischer Reihenfolge gesondert, anzufertigen. Die beikommenden Behörden werden angewiesen, der Commission auf deren Anforderung die dazu erforderlichen Mittheilungen zu machen. § 4. Alle derzeitigen Stadt- und Landbewohner, welche durch die neue Verordnung über die Gewinnung des Bürgerrechtes jetzt zum Erwerbe des Bürgerrechtes verpflichtet werden, erhalten dasselbe bis zur Einführung der neuen Verfassung unentgeltlich. Die Behörden haben das in dieser Beziehung Erforderliche wahrzunehmen. § 5. Die Bestimmung des §. 27. No. 3. der Verfassungsurkunde findet auf alle Diejenigen keine Anwendung, welche gegenwärtig Sitz und Stimme in einem bürgerlichen Collegium haben. Ebenso trifft die Vorschrift des §. 27. No. 5. Diejenigen nicht, welche vor Eintritt der neuen Verfassung die Befugniß zur Ausübung aller bürgerlichen Rechte wieder erlangt haben; würde jedoch später einer der in jener Vorschrift erwähnten Fälle abermals bei ihnen eintreten, so sind sie verbunden, aus der Bürgerschaft auszuscheiden. § 6. Die Vorbereitungscommission hat innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang der, der Wählerliste zu Grunde zu legenden, ihr von den Behörden zuzustellenden Verzeichnisse aller wahlberechtigten Stadtund Landbewohner die erste Wählerliste durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt zu machen. § 7. Beschwerden Einzelner über Unrichtigkeiten der ersten Wählerliste müssen innerhalb vierzehn Tagen, vom Tage der Bekanntmachung derselben angerechnet, dem Vorsitzenden der Vorbereitungscommission schriftlich zugestellt und von

der Commission innerhalb acht Tagen entschieden werden. Gegen den Ausspruch der Vorbereitungscommission steht dem Betheiligten die Berufung an eine aus vier Mitgliedern des Senates und acht Mitgliedern der Bürgerschaft zu bildende Commission (Berufungscommission) zu. Die Berufung muß innerhalb vierzehn Tagen, vom Tage des erfolgten Spruches der Vorbereitungscommission an gerechnet, durch schriftliche Rechtfertigung verfolgt werden. Die Berufungscommission hat darüber innerhalb acht Tagen zu entscheiden und ihre Entscheidungen sofort der Vorbereitungscommission mitzutheilen. Gegen diese Entscheidung findet für dieses Mal eine weitere Beschwerdeführung nicht statt. Die Vorbereitungscommission hat sodann ungesäumt die zweite Wählerliste durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt zu machen. Zu gleicher Zeit wird die Ansetzung der Wahltage erfolgen.31 § 8. Mit der Wahl der Vertreter wird sodann nach Vorschrift der Ordnung für die Versammlungen zur Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft verfahren, jedoch mit der Abweichung, daß jede Wahlversammlung durch drei Mitglieder der Vorbereitungscommission, welche diese dazu beauftragt, geleitet wird und daß zwei durch das Loos bestimmte Notare das Protokoll führen. § 9. Nach Beendigung aller Wahlen ladet der Senat alsbald die neue Bürgerschaft zu einer Versammlung ein und läßt dieselbe durch besondere Commissarien feierlich eröffnen. Diese vorbereitende Versammlung wird von dem Vorsitzenden der Vorbereitungscommission geleitet. Das Protokoll wird von den bei den Wahlversammlungen thätig gewesenen Notaren geführt. Nachdem die Commissarien des Senates sich zurückgezogen haben, werden zuerst der Wortführer der Bürgerschaft und dessen zwei Stellvertreter, sodann der Protokollführer

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L ÜBECK und der Archivar der Bürgerschaft, zuletzt die dreißig Mitglieder des Bürgerausschusses gewählt. Wenn diese Wahlen beendigt sind, treten die Commissarien wieder ein, es wird das Protokoll über das Ergebniß der Wahlen verlesen und in beglaubigter Ausfertigung den Commissarien eingehändigt, worauf die Versammlung durch den Vorsitzenden entlassen wird. § 10. Am Tage darauf beruft der Vorsitzende der Vorbereitungscommission die in den Bürgerausschuß erwählten Mitglieder der Bürgerschaft und veranlaßt die Wahlen des Wortführers und dessen Stellvertreter, so wie des Protokollführers des Bürgerausschusses. Die von der Vorbereitungscommission zugezogenen Notare führen auch dabei das Protokoll. Der Vorsitzende hat sofort nach Beendigung dieser Wahlen von dem Ergebnisse derselben den im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister und den neugewählten Wortführer der Bürgerschaft mittelst Einsendung von den Notaren beglaubigter Protokollauszüge zu benachrichtigen. § 11. Von den durch die erste Wahl in die Bürgerschaft Berufenen tritt während der nächsten acht Jahre alle zwei Jahre der vierte Theil der Vertreter eines jeden Standes aus. Die Reihenfolge des Austretens wird in einer der ersten Versammlungen der Bürgerschaft durch das Loos bestimmt, und zwar bei den Landleuten mit Berücksichtigung der für die regelmäßigen Ergänzungswahlen in der Verfassungs-Urkunde §. 37. vorgeschriebenen Reihenfolge der Bezirke. Auch darüber, welche von den zuerst erwählten Mitgliedern des Bürgerausschusses ein oder zwei Jahre in demselben ihren Sitz behalten, entscheidet das Loos. § 12. Die der gegenwärtigen Bürgerschaft bei Einführung der neuen Verfassung zur Beschlußnahme vorliegenden Anträge

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des Senates, werden als nicht erledigt von dem Senate zurückgenommen.

ANHANG III Ordnung für die Versammlungen zur Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft § 1. Die Wahlversammlung wird eine Viertelstunde nach dem Ablaufe der zur Zusammenkunft der Wähler festgesetzten Zeit von dem Vorsitzenden für eröffnet erklärt. Die alsdann nicht erschienenen Wähler bleiben von der Versammlung ausgeschlossen und nehmen für das Mal an der Wahl keinen Theil. § 2. Nachdem der Vorsitzende die Wahlordnung verlesen hat, wird sofort zur Wahl selbst geschritten. § 3. Jeder der Anwesenden legt, nachdem er als Wähler seines Standes oder Bezirkes von den Leitern der Wahlversammlung anerkannt ist, einen Zettel, welcher sämmtliche von ihm gewählte Personen mit deren vollständigen Vor- und Zunamen enthält, verdeckt in die Wahlurne. § 4. Der Name jedes Abstimmenden wird zu Protokoll verzeichnet. § 5. Sobald alle bei der Eröffnung der Versammlung gegenwärtigen Wähler ihre Zettel in die Wahlurne gelegt haben, wird die Zählung der abgegebenen Stimmen in der Art vorgenommen, daß jeder in der Wahlurne befindliche Wahlzettel bei dessen Herausnahme von den Leitern der Wahlversammlung eingesehen, von dem Vorsitzenden verlesen und mit einer Nummer bezeichnet wird. Die Nummer eines jeden Wahlzettels und sämmtliche auf demselben geschriebene Namen werden von dem Protokollführer und von dem Archivar der Bürgerschaft abgesondert zu Protokoll genommen.

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) § 6. Sind sämmtliche Wahlzettel verzeichnet, so wird das Ergebniß der Abstimmung von beiden Protokollführern, von jedem für sich, zusammengestellt und, nachdem beide Protokolle mit einander verglichen und übereinstimmend gefunden sind, von dem Vorsitzenden verlesen. § 7. Bei der Zählung werden nur diejenigen Stimmen gerechnet, welche auf in den Wählerlisten als wählbar aufgeführte Personen abgegeben sind und diese deutlich bezeichnen. Etwa sich ergebende Zweifel sind durch die Leiter der Wahlversammlung nach Stimmenmehrheit zu entscheiden. Enthält ein Zettel mehr Namen, als Vertreter zu wählen sind, so gelten nur die ersten der verzeichneten Namen, so weit für diese Wahl erforderlich. § 8. Diejenigen, welche die meisten Stimmen erhalten haben, sind zu Vertretern erwählt. Aus Denjenigen, welche nach den Gewählten die meisten Stimmen erhalten haben, werden in Stelle der die Wahl etwa AblehnendenXIII die Ersatzmänner entnommen. Bei der Wahl sowohl der Vertreter, als auch der Ersatzmänner, entscheidet im Falle einer Stimmengleichheit das Loos. § 9. Nach Verkündigung des Ergebnisses der Wahlen wird die Versammlung durch den Vorsitzenden sofort aufgelöset. § 10. Bei den Wahlen für den Stand der Gewerbtreibenden findet die Abweichung statt, daß die Wahlurne in jeder der vier Wahlversammlungen gleich nach beendigter Abstimmung versiegelt wird, die vier Wahlurnen bis zu dem zur Zählung der abgegebenen Stimmen festgesetzten Tage geschlossen bleiben, und sämmtliche in den vier Wahlversammlungen auf eine Person gefallenen Stimmen zusammengerechnet werden. XIII

§ 11. Bei den Wahlen für den Stand der Landleute wird in einer jeden Wahlversammlung sofort nach Abgabe der Wahlzettel zur Zählung der Stimmen geschritten; es hat aber der Vorsitzende in der zweiten, so wie in jeder ferneren Wahlversammlung vor dem Beginne der Wahlhandlung die Namen der bereits in den anderen Wahlbezirken gewählten Vertreter bekannt zu machen. Die Stimmen, welche auf die bereits in den vorausgegangenen Wahlversammlungen gewählte Personen abgegeben sind, werden nicht gerechnet.

ANHANG IV Vorläufige Geschäftsordnung für die Bürgerschaft § 1. Jedes Mitglied der Bürgerschaft ist verpflichtet, den Versammlungen derselben beizuwohnen. Wird einem Mitgliede der Besuch einer Versammlung unmöglich, so muß es davon dem Wortführer der Bürgerschaft vor der Sitzung schriftliche Anzeige machen, wenn irgend thunlich am Tage vorher. Macht ein Mitglied der Bürgerschaft Reisen von längerer Dauer, so hat es davon, sowie demnächst von seiner erfolgten Rückkehr, den Wortführer der Bürgerschaft gleichfalls schriftlich in Kenntniß zu setzen. § 2. Die Versammlungen der Bürgerschaft werden eine Viertelstunde nach Ablauf der zur Zusammenkunft angesetzten Zeit in der Weise geschlossen, daß den später Kommenden der Zutritt nicht gestattet wird, und auch von den Erschienenen Niemand die Versammlung verlassen darf, bevor dieselbe aufgelöset ist, es sei denn in Nothfällen und mit Zustimmung des Vorsitzenden.

Vergl. Verf.-Urk. §. 38.

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L ÜBECK § 3. Die Mitglieder der Bürgerschaft nehmen ihren Sitz in der Reihenfolge ein, welche in der am dritten Montage des Juli-Monates jedes Jahres stattfindenden Versammlung durch das Loos bestimmt wird. Die Mitglieder des Bürgerausschusses haben in den Versammlungen der Bürgerschaft keine Vorrechte vor den übrigen Vertretern. § 4. Den Vorsitz in der Versammlungen und die Leitung der Geschäfte hat der Wortführer der Bürgerschaft. Ist derselbe zu erscheinen verhindert, oder wünscht er bei der Verhandlung eines Gegenstandes an der Berathung und Abstimmung Theil zu nehmen, so tritt einer der Stellvertreter desselben für ihn ein, nach der Reihenfolge, welche durch die Wahl bestimmt ist. § 5. Nachdem die Namen der Anwesenden durch den Protokollführer verzeichnet sind, erklärt der Vorsitzende die Sitzung für eröffnet, wenn außer dem Wortführer mindestens 61 Vertreter erschienen sind; im entgegengesetzten Falle entläßt er die Versammlung als unvollzählig. Je nachdem das Eine oder das Andere stattgefunden, läßt der Vorsitzende dem Senate anzeigen, daß die Bürgerschaft versammelt oder als unvollzählig entlassen sei. § 6. Wenn die Commissarien des Senates die seit der letzten Versammlung der Bürgerschaft erfolgten endlichen Erklärungen des Bürgerausschusses über diejenigen Gegenstände, in welchen demselben an Stelle der Bürgerschaft die Mitentscheidung zusteht, mitgetheilt, und die Anträge des Senates nebst den Gutachten des Bürgerausschusses übergeben haben, wird über jeden Antrag folgendermaßen verhandelt: 1) Es wird der Antrag nebst dem Gutachten des Bürgerausschusses verlesen. 2) Die Commissarien erläutern denselben mündlich

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3) Es erfolgt die Besprechung des Antrages. Hierbei giebt der Vorsitzende Denjenigen, welche in der Versammlung bei ihm darum nachgesucht haben, das Wort, in der Reihenfolge, in welcher dieses geschehen ist. Von dieser Ordnung findet eine Abweichung nur dann statt, wenn die Commissarien des Senates das Wort begehren. 4) Will Niemand mehr reden, oder haben, nachdem durch die Mehrheit der Versammlung der Schluß der Verhandlung begehrt worden, Diejenigen gesprochen oder auf das Wort verzichtet, welche vorher um das Wort gebeten hatten, so wird zur Abstimmung geschritten, nachdem die Commissarien des Senates abgetreten sind. 5) Ist ein Beschluß über einen Antrag gefaßt, so wird sofort das Protokoll über den Beschluß in Gegenwart der Commissarien verlesen und diesen eine von dem Vorsitzenden und von dem Protokollführer unterzeichnete Ausfertigung des Beschlusses übergeben. In gleicher Weise erfolgt die Berathung über sämmtliche Anträge des Senates in der Reihenfolge, in welcher sie übergeben sind, ohne daß die Berathung durch anderweitige Verhandlungen unterbrochen werden darf. § 7. Die Reihenfolge, in welcher die übrigen in der Bürgerschaft zu verhandelnden Gegenstände zum Vortrage und zur Abstimmung zu bringen sind, bestimmt der Vorsitzende. § 8. Alle von Mitgliedern der Versammlung gestellten selbstständigen Anträge, mögen sie mit einem Vorschlage des Senates in Verbindung stehen oder nicht, müssen, ehe der Antragsteller sie in der Versammlung vorträgt, ihrem wesentlichen Inhalte nach dem Vorsitzenden schriftlich zugestellt werden. Wenn ein Antrag gestellt wird, welcher von der Bürgerschaft an den Senat gelangen soll, so hat der Vorsitzende zuvörderst zu fragen ob der Antrag unterstützt wird.

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Geschieht dies von wenigstens zwei Mitgliedern, so stimmt die Versammlung, ohne daß eine vorgängige Berathung stattfindet, sofort darüber ab, ob der Gegenstand zur näheren Erwägung an den Bürgerausschuß zu verweisen sei oder nicht. Im letztern Falle ist der Antrag selbst als verworfen zu betrachten. § 9. Bei den Berathungen spricht jedes Mitglied, welches das Wort erhalten hat, stehend von seinem Platze. Es ist untersagt, einen Redner zu unterbrechen. Nur dem Vorsitzenden steht die Befugniß zu, denselben daran zu erinnern, daß er sich von dem Berathungsgegenstande entferne, so wie auch nur der Vorsitzende das Recht hat, ein Mitglied der Versammlung zur Ordnung zu rufen. § 10. Die zur Abstimmung zu stellenden Fragen sind stets so zu fassen, daß sie mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Die Fragestellung gebührt dem Vorsitzenden. Nur wenn drei Mitglieder übereinstimmend die Fassung der Frage anders gestellt zu sehen wünschen, entscheidet die Versammlung, ob die von dem Vorsitzenden oder die von jenen Mitgliedern aufgestellte Frage zur Abstimmung gebracht werden soll. § 11. Die Abstimmung ist in der Regel eine offene, durch Aufstehen oder Sitzenbleiben. Ist das Ergebniß der Abstimmung zweifelhaft, so hat der Vorsitzende dasselbe durch Zählen Derjenigen, welche für die Bejahung der zur Abstimmung gebrachten Frage sich erklärt, in Gewißheit zu stellen, weshalb die Aufgestandenen jedesmal so lange stehen bleiben müssen, bis das Ergebniß der Abstimmung durch den Vorsitzenden verkündigt ist. Ausnahmsweise findet geheime Abstimmung statt: durch Stimmzettel, bei allen von der

Bürgerschaft vorzunehmenden Wahlen, durch Kugelung, so oft bei Berathung eines Gegenstandes zehn Mitglieder dies verlangen. Kein Mitglied darf die Abgabe seiner Stimme verweigern, vielmehr muß ein Jeder sich für oder wider die zur Abstimmung gestellte Frage erklären. Ergiebt sich Gleichheit der Stimmen, so gilt bei einer zur Entscheidung verstellten Frage diese für verneint, bei einer Wahl entscheidet dagegen das Loos. Zum Behufe der Wahlen in den Bürgerausschuß werden allen in der Versammlung anwesenden Mitgliedern der Bürgerschaft gedruckte Namensverzeichnisse der für jeden Stand zur Zeit Wählbaren eingehändigt, aus welchen Listen Jeder die Namenzettel der von ihm Gewählten in die Wahlurne einlegt. § 12. Die Commissionen, welche die Bürgerschaft zur Begutachtung eines Gegenstandes ernennt, werden nach Beschaffenheit desselben aus drei, fünf, sieben oder mehr Mitgliedern der Bürgerschaft gebildet. § 13. Zur Wahl von Commissionsmitgliedern schlägt der Vorsitzende, nach Rücksprache mit seinen Stellvertretern, aus der Mitte der Bürgerschaft die Personen in doppelter Anzahl vor. Die Versammlung erwählt sodann die zu der Commission bestimmte Anzahl, entweder aus den Vorgeschlagenen, oder auch aus den übrigen Mitgliedern der Bürgerschaft. § 14. Der Wortführer der Bürgerschaft und dessen Stellvertreter sind bei den Wahlen in Commissionen nicht wählbar. Alle übrigen Mitglieder der Bürgerschaft können sich der Erwählung ohne von der Versammlung anerkannte Entschuldigungsgründe nicht entziehen. Niemand ist jedoch verpflichtet, zur nämlichen Zeit der Wahl

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L ÜBECK in mehr als zwei Commissionen Folge zu leisten. § 15. Dasjenige Mitglied einer Commission, welches bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hat, beruft die Commission innerhalb acht Tagen. Eine jede Commission ernennt ihren Vorsitzenden aus ihrer Mitte. Die Bestimmung des Geschäftsganges bleibt ihr selbst überlassen. § 16. Binnen vier Wochen, von der Zeit der Ernennung an gerechnet, hat jede Commission dem Wortführer der Bürgerschaft entweder ihr Gutachten einzureichen oder schriftlich über die Ursache der Verzögerung zu berichten. § 17. Nach Einreichung des Gutachtens macht der Wortführer der Bürgerschaft, wenn dasselbe einen Antrag des Senates betrifft, dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister von dem Eingange des Gutachtens Anzeige. § 18. In der Versammlung der Bürgerschaft verlieset der Vorsitzende der Commission selbst das eingereichte Gutachten, nachdem er erforderlichen Falles vorher einen Vortrag aus den Acten erstattet hat. § 19. Ueber alle Verhandlungen und Beschlüsse der Bürgerschaft wird ein kurzes Protokoll geführt, welches vor Aufhebung jeder Sitzung zu verlesen und von dem Vorsitzenden der Versammlung, so wie von dem Protokollführer sofort zu unterzeichnen ist.

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Ediert nach Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 15, Lübeck 1849, S. 23–70. Die Verfassung wurde am 8. April 1848 beschlossen, unterzeichnet sowie verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Damit war sie die früheste der im Revolutionsjahr 1848 beschlossenen Verfassungen. Sie beruht auf einem Entwurf einer Kommission aus Vertretern des Senates und der Bürgerschaft, der

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dem Senat am 17. März 1848 vorgelegt wurde. Die Verfassung wurde ihrerseits bereits am 30. Dezember 1848 durch die Bekanntmachung und den gleichzeitigen Neuabdruck der revidierten Verfassungsurkunde nach den einschneidenden Änderungsgesetzen abgelöst (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 61, Lübeck 1849, S. 186–213). Siehe unter „Revidierte Verfassung von Lübeck (1848)“. Ihr voraus ging der sog. Bürgerrezeß vom 9. Januar 1669. Bereits in der Zeit von 1814–1817 gab es Bestrebungen, eine Verfassung zu erlassen. Diese führten jedoch zu keinem vollständigen Entwurf. Siehe dazu Gerhard Ahrens, Von der Franzosenzeit bis zum Ersten Weltkrieg 1806–1914: Anpassung an die Forderungen der neuen Zeit (6. Teil), in: Antjekathrin Graßmann, Lübeckische Geschichte, Lübeck 1988, S. 529–677, insbes. S. 559f.; Fehling, Die Revision der lübeckischen Staatsverfassung in den Jahren 1814–1817, in: Zeitschrift für Lübeckische Stadtgeschichte, Bd. 16 (1914), S. 231–260. Für weiterführende Hinweise siehe Gerhard Ahrens, Von der Franzosenzeit bis zum Ersten Weltkrieg 1806–1914: Anpassung an die Forderungen der neuen Zeit (6. Teil), in: Antjekathrin Graßmann, Lübeckische Geschichte, Lübeck 1988, S. 529–677, insbes. S. 612ff.; Friedrich Bruns, Verfassungsgeschichte des Lübeckischen Freistaates 1848–1898, Lübeck 1898; Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 547; Günter Krabbenhöft, Verfassungsgeschichte der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1969, insbes. S. 25ff. 2 Geändert durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 3 Die ersten drei Sätze wurden durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 aufgehoben (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 4 § 29 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachun-

V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) gen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 5 § 30 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 6 § 31 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 7 § 32 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 8 § 33 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 9 § 34 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 10 § 35 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 11 § 36 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, be-

treffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 12 § 37 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 13 Geändert durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 14 § 41 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 15 § 42 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185. Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 16 § 43 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 17 § 44 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahl-

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L ÜBECK rechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 18 § 45 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 19 § 46 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 20 § 47 wurde ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 21 Ergänzt durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 22 Geändert durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 23 Geändert durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 24 Dieser Absatz wurde durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Be-

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kanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111), aufgehoben. Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 25 Ergänzt durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 26 Geändert durch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 27 Siehe dazu auch die „Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft“ vom 21. Oktober 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111). Siehe unter „Zweite Revision von 1848“. 28 Die §§ 67–69 wurden ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 29 Die §§ 67–69 wurden ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 30 Die §§ 67–69 wurden ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 30. Dezember 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185). Siehe unter „Dritte Revision von 1848“. 31 Ergänzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Ansetzung der Wahltage zur Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft“ vom 6. Mai 1848 (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 23, Lübeck 1849, S. 83–86). Siehe unter „Erste Revision von 1848“.

Erste Revision von 1848 Bekanntmachung, betreffend die Ansetzung der Wahltage zur Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft1

In Nachgehung des 7ten Paragraphen im Anhange II. zur Verfassungs-Urkunde und der darauf Bezug habenden Verordnung vom 15. April d. J. wird hiedurch, hinsichtlich der Versammlungen zur Wahl der Mitglieder der neuen Bürgerschaft und deren Beschleunigung, vom Senate Folgendes angeordnet und bekannt gemacht: 1. Um die gleichzeitige Abhaltung mehrerer Wahlversammlungen möglich zu machen, ist, im Einvernehmen mit der Bürgerschaft, die zur Einführung der neuen Verfassung ernannte Vorbereitungs-Commission ermächtiget worden, abweichend von den Bestimmungen der Paragraphen 8., 9. und 10. des Anhanges II. der Verfassungs-Urkunde, mehr als zwei Notare, nach Wahltag: Montag den 15. d. M. Dienstag den 16. d. M.

Dienstag den 16. d. M. Dienstag den 16. d. M. Mittwoch den 17. d. M.

Mittwoch den 17. d. M.

Bestimmung durch das Loos, zur Führung der Protocolle in den Wahlversammlungen zuzuziehen, auch in den Fällen, da einer oder mehrere der in Folge der Loosung requirirten Notare die Protocollführung zu übernehmen überhaupt oder an einzelnen Tagen aus für genügend anzuerkennenden Gründen behindert sein sollten, an deren Stelle andere, ebenfalls durch das Loos zu bestimmende, Notare damit zu beauftragen. 2. Diese Versammlungen, in denen die Wahlen der Mitglieder der Bürgerschaft vorzunehmen sind, werden in nachstehender Weise, unter der Leitung der daneben nahmhaft gemachten Mitglieder der Vorbereitungs-Commission, gehalten:

Wahlversammlung des Standes der: Landleute. Ritzerauer Bezirk. Gelehrten.

Gewerbtreibenden. JacobiQuartier. Landleute. Mühlenthorbezirk. Kaufleute.

Gewerbtreibenden. Mar.-Magd.-Quart.

Versammlungsort: Nusse, im Bauervogthause. Saal der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit. die Börse. bei dem Wirth Wilms vor dem Mühlenthore. Saal der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit. die Börse.

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L ÜBECK Wahltag: Mittwoch den 17. d. M. Donnerstag den 18. d. M.

Donnerstag den 18. d. M. Donnerstag den 18. d. M. Freitag den 19. d. M. Freitag den 19. d. M.

und Stunde: Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

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Wahlversammlung des Standes der: Landleute. Holstenthorbezirk. Krämer.

Gewerbtreibenden. MarienQuartier. Landleute. Burgthorbezirk. Gewerbtreibenden. Johannis-Quartier Landleute. TravemünderBezirk.

Versammlungsort: der Bürgerschützenhof. Saal der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit. die Börse. bei dem Wirth Breckwoldt vor dem Burgthore. die Börse. bei Kröger in Travemünde.

Leiter der Wahlversammlung: Johann Carl Böse, b. R. Dr. Heinrich Friedrich Dohm in Lauerhof. Franz Friedrich Gottfried Kahts in Düchelsdorf. Christian Adolph Nölting. Joachim Nicolaus Stolterfoht. Christian Friedrich Wilms. Christian Heinrich Bernhard Drewcke. Friedrich Levenhagen. Gotthard Hinrich Weichbrodt. Johann Friedrich von Brocken. Carl Christian Grösser vor dem Mühlenthore. Heinrich Prösch in Moisling. Johann Carl Böse, b. R. Dr. Friedrich Levenhagen. Johann Heinrich Friedrich Meyer. Johann Friedrich von Brocken. Heinrich Prösch in Moisling. Christian Friedrich Wilms. Carl Christian Grösser vor dem Mühlenthore. August Peter Rehder. Matthias Heinrich Dreckmann. Christian Heinrich Bernhard Drewcke. Heinrich Wilhelm Haltermann. August Peter Rehder.

E RSTE R EVISION VON 1848 und Stunde: Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Vormittags 10 Uhr.

Leiter der Wahlversammlung: Christian Adolph Nölting. Johann Heinrich Friedrich Meyer. Gotthard Hinrich Weichbrodt. Heinrich Friedrich Dohm in Lauerhof. Matthias Heinrich Dreckmann. Heinrich Prösch in Moisling. Matthias Heinrich Dreckmann. Christian Heinrich Bernhard Drewcke. Joachim Nicolaus Stolterfoht. Johann Carl Böse, b. R. Dr. Heinrich Wilhelm Haltermann. Peter Hinrich Rüsch in Teutendorf.

Die Zählung der vom Stande der Gewerbtreibenden in den vier Quartieren der Stadt abgegebenen Stimmen, zur Ermittelung des Ergebnisses der Wahlen, wird unter der Leitung der gesammten Vorbereitungs-Commission am Sonnabend den 20. d. M., Vormittags 10 Uhr, in der Börse vorgenommen

werden. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 6. Mai 1848. 1

Ediert nach Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 23, Lübeck 1849, S. 83–86.

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Zweite Revision von 1848 Bekanntmachung, betreffend Abänderungen einzelner Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848 über die Versammlungen der Bürgerschaft1

Bei der nach §. 65. der Verfassungs-Urkunde vorgenommenen Berathung der Bürgerschaft über ihre Geschäftsordnung sind, durch mehrere Puncte der letzteren, Anträge auf Abänderungen einzelner die Versammlungen der Bürgerschaft betreffender Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde selbst veranlaßt worden, und bringt der Senat die, nach hierüber gepflogenen Verhandlungen, mit der Bürgerschaft vereinbarten Bestimmungen nunmehr zur öffentlichen Kenntniß. 1. Der §. 55. der Verfassungs-Urkunde vom 8. April dieses Jahres erhält folgenden Zusatz: Der Wortführer der Bürgerschaft hat auf das schriftliche, unter Darlegung des Zweckes der Berufung und der Gründe des Begehrens gestellte, Verlangen eines Viertels der Vertreter, in gleicher Art wie dies dem Bürgerausschusse zusteht, durch einen Antrag an den Senat die Berufung des Bürgerschaft zu veranlassen. 2. Die Vorschrift des § 59. wird dahin geändert: Die Versammlung der Bürgerschaft kann eröffnet werden, wenn außer dem Wortführer mindestens die Hälfte sämmtlicher Vertreter erschienen ist. 3. Im §. 60. wird die Bestimmung: Die Commissarien des Senates verlassen die Versammlung (der Bürgerschaft), sobald zur Abstimmung geschritten werden

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soll. aufgehoben. 4. Auch im §. 61. wird die Vorschrift des dritten Absatzes: Kein Mitglied der Versammlung darf die Abgabe seiner Stimme verweigern, vielmehr muß ein Jeder sich für oder wider die zur Abstimmung gestellte Frage erklären. aufgehoben. 5. Zum §. 62. wird das Verfahren bei Anregen zu Anträgen der Bürgerschaft an den Senat dahin näher bestimmt: Wenn ein an die Bürgerschaft gerichteter Antrag von wenigstens zwei Mitgliedern unterstützt worden, steht es dem Antragssteller frei, denselben näher zu begründen, ehe die Bürgerschaft einen Beschluß darüber faßt, ob der Antrag an den Bürgerausschuß zur näheren Erwägung zu verweisen oder ob demselben keine weitere Folge zu geben sei. 6. Im §. 63. wird der letzte Satz wie folgt geändert: Uebrigens haben die Verhandlungen über Anträge des Senates vor allen anderen den Vorzug und dürfen nicht ohne Zustimmung der Commissarien des Senates durch anderweitige Geschäfte unterbrochen werden. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 21. Octbr. 1848. 1

Ediert nach Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 45, Lübeck 1849, S. 110–111.

Dritte Revision von 1848 Bekanntmachung, betreffend die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April 1848, in Gemäßheit der Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft1

Nachdem der Senat und die Bürgerschaft sich dahin geeinigt haben, daß künftig allen Bürgern des Lübeckischen Staates gleiche Berechtigung zur Theilnahme an der Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft zustehen solle, so wie über die demgemäß erforderlich werdende Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungsurkunde vom 8. April d. J. bringt der Senat hiedurch zur öffentlichen Kenntniß, daß die nachstehenden Paragraphen der Verfassungsurkunde in folgender Weise geändert worden: Im §. 26. sind nach den Worten „des Lübeckischen Freistaates“ die Worte „und zwar gleichmäßig“ eingeschaltet. Die Vorschriften der drei ersten Sätze des §. 27. sind aufgehoben. Statt der §§. 29. bis 37. einschließlich sind folgende Bestimmungen getroffen: § 29. Die Wahlen der Vertreter werden in eilf abgesonderten Wahlbezirken vorgenommen: der erste Wahlbezirk umfaßt die im Jacobi-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Burgthore wohnhaften Bürger; der zweite die im Marien-MagdalenenQuartiere der Stadt wohnhaften;

der dritte die im Marien-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Holstenthore wohnhaften; der vierte die im Johannis-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Mühlenthore wohnhaften; der fünfte das Städtchen Travemünde; der sechste den Travemünder Landwehrbezirk, mit Ausnahme des Städtchens; der siebente die von den Holsteinischen Gebietstheilen umschlossenen Dorfschaften; der achte den Ritzerauer Landwehrbezirk; der neunte den Mühlenthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem vierten Wahlbezirke vereinigten Theile desselben; der zehnte den Holstenthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem dritten Wahlbezirke vereinigten und der den siebenten Wahlbezirk bildenden Theile desselben; der eilfte den Burgthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem ersten Wahlbezirke vereinigten Theile desselben. Die Gränzen der städtischen Armenbezirke vor den Thören, so wie der Landwehrbezirke, sind durch besondere Verordnungen bestimmtI .

I Verordnung vom 21. September 1836. Verordnung vom 6. April 1814.

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L ÜBECK § 30. Die Zahl der von jedem Wahlbezirke zu ernennenden Vertreter richtet sich nach dem Verhältnisse der Bevölkerung desselben zu der Gesammtbevölkerung des Lübeckischen Freistaates. § 31. In jedem der eilf Wahlbezirke kann jeder wahlberechtigte Bürger des Lübeckischen Freistaats, wo auch er seinen ordentlichen Wohnsitz haben möge, zum Mitgliede der Bürgerschaft gewählt werden. Die Mitglieder der Bürgerschaft vertreten nicht den Wahlbezirk, von welchem sie gewählt sind, sondern die Gesammtheit aller Staatsangehörigen. §. 32. Jeder Bürger kann sein Wahlrecht nur persönlich und nur in demjenigen Bezirke ausüben, in welchem er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. § 33. Die Vertreter werden auf sechs Jahre erwählt. Alle zwei Jahre treten diejenigen aus, welche volle sechs Jahre hindurch in der Bürgerschaft gesessen haben, und werden durch neue Wahlen ersetzt. Die Zahl der bei jeder Ergänzungswahl in den verschiedenen Wahlbezirken zu ernennenden Vertreter ist für die Dauer von jedesmal sechs Jahren, nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung, durch eine Verordnung zu bestimmen. Die im Laufe der letzten zwei Jahre ausgeschiedenenen Vertreter werden bei jeder Ergänzungswahl durch denjenigen Bezirk wieder ersetzt, von welchem dieselben erwählt waren. Im bisherigen §. 38., künftig §. 34., ist statt „nach achtjähriger Theilnahme“ gesetzt: „nach sechsjähriger Theilnahme.“ An die Stelle der §§. 41. bis 47. einschließlich treten folgende Vorschriften: § 37. Geleitet und beaufsichtigt wird das Wahlgeschäft durch eine besondere für jeden Wahlbezirk vom Bürgerausschusse alle

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zwei Jahre im April zu ernennende Commission, welche aus einem Mitgliede des Bürgerausschusses als Vorsitzenden und, für die ersten vier Wahlbezirke aus sechs, für die andern aber aus drei in dem betreffenden Bezirke wohnhaften Bürgern besteht. Neben diesen Mitgliedern der Commission hat der Bürgerausschuß eine gleich große Zahl als etwanige Stellvertreter desselben zu bezeichnen. Die zu Mitgliedern der Bezirks-Wahlcommissionen Ernannten und deren Stellvertreter sind dieser Wahl zu folgen schuldig, falls sie nicht dem Bürgerausschusse nachweisen, daß Krankheit oder eine unaufschiebbare Reise sie daran verhindere. § 38. Am vorletzten Montage des Monates Mai versammeln sich sämmtliche Bezirks-Wahlcommissionen an vorher angemessen bekannt zu machenden Orten, um zunächst die Berechtigung Aller, welche an der bevorstehenden Wahl der Vertreter in dem einen oder andern Bezirke Theil nehmen wollen, zu prüfen. Jeder Bürger hat vor der Commission des Bezirks, an welchem mitzuwählen er beabsichtigt, als Bürger durch seinen Bürgerbrief, und als diesem Bezirke angehörig durch seinen diesjährigen Steuerzettel, oder in beiden Beziehungen in sonstiger glaubhafter Weise, sich zu legitimiren. Bescheinigungen über das Bürgerrecht der Wahlberechtigten sind erforderlichen Falles von den Behörden unentgeltlich auszustellen. § 39. Diejenigen, gegen deren Legitimation die Commission nichts zu erinnern findet, erhalten von derselben eine mit ihrem Namen bezeichnete Wählerkarte und einen unausgefüllten, mit einem besonderen Stempel auf der Rückseite versehenen Wahlzettel. Denjenigen, deren Theilnahme an der Wahlhandlung von der Bezirks-Wahlcommission für nicht zulässig erklärt ist, steht

D RITTE R EVISION VON 1848 eine binnen acht Tagen bei dem Wortführer des Bürgerausschusses einzureichende Beschwerdeführung zu, über welche der Bürgerausschuß in einer am dritten Tage nach Ablauf dieser Frist abzuhaltenden Versammlung entscheidet. Im Falle einer günstigen Entscheidung wird dem Beschwerdeführer sofort seine Wählerkarte und sein Wahlzettel zugestellt. Gegen eine ungünstige Entscheidung des Bürgerausschusses ist zwar eine Berufung an die Bürgerschaft statthaft, der Beschluß der letzteren aber erst für die nächste ordnungsgemäßige Ergänzungswahl maßgebend. Die Beschwerdeführungen sowohl an den Bürgerausschuß als an die Bürgerschaft sind stempelfrei. § 40. Die Wahlversammlungen finden alle zwei Jahre statt und zwar für die sieben letzten Bezirke am vierzehnten, zwölften, zehnten, achten, sechsten, vierten und zweiten der letzten Werktage des Junimonates, für die vier ersten Bezirke am ersten, vierten, siebenten und zehnten Werktage des Julimonates. Die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Bezirke die Wahlen vorzunehmen haben, wird im Aprilmonate von dem Bürgerausschusse durch das Loos bestimmt und von dem Wortführer der Bürgerschaft durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt gemacht. § 41. Zu der Wahlversammlung eines jeden Bezirkes beruft der Wortführer der Bürgerschaft die zur Theilnahme an derselben Berechtigten acht Tage vorher mittelst Aufforderung durch die Lübeckischen Anzeigen, und für die ländlichen Wahlbezirke auf sonst geeigneteWeise. § 42. Die Wahlversammlung wird in jedem Bezirke von der Commission dieses Bezirkes (§. 37.) geleitet, das Protocoll in derselben aber von dem Protocollführer der

Bürgerschaft geführt, unter Beihülfe des Archivars derselben. § 43. Das über das Ergebniß jeder Bezirkswahl aufzunehmende, von dem Vorsitzenden derselben wie von dem Protocollführer zu unterzeichnende Protocoll muß die Namen aller derer enthalten, auf welche in diesem Bezirke überhaupt Stimmen abgegeben sind, in der durch die Stimmenzahl und beziehungsweise das Loos gebotenen Reihenfolge, bei jedem mit Angabe der auf ihn gefallenen Stimmen. Der Vorsitzende hat dies Protocoll unmittelbar nach Beendigung der Wahlhandlung dem Wortführer der Bürgerschaft mitzutheilen, welcher sofort das Namensverzeichniß der in dem betreffenden Bezirke gewählten Vertreter durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt machen und eine Abschrift des Protocolls dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister übersenden, auch den zu Vertretern Erwählten ihre Wahl schriftlich anzeigen wird. § 44. Das Verfahren sowohl in den zur Prüfung der Wählerberechtigung als in den zur Vornahme der Wahlen selbst bestimmten Versammlungen ist durch eine besondere Ordnung gesetzlich festgestellt. Statt der bisherigen §§. 67., 68. und 69. endlich ist Folgendes bestimmt: § 64. Der Bürgerausschuß besteht aus dreißig Personen, welche von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte auf zwei Jahre in der Art gewählt werden, daß diejenigen, welche bei jeder Wahl die meisten Stimmen für sich haben, als gewählt gelten. Der Wortführer der Bürgerschaft und dessen Stellvertreter sind nicht wählbar; alle übrigen Mitglieder der Bürgerschaft sind verpflichtet, der Wahl Folge zu leisten. § 65. In der Regel treten jährlich in der Mitte des Julimonates fünfzehn Mitglieder des Bürgerausschusses aus und werden

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L ÜBECK durch neue Wahlen ersetzt. Es darf indessen nie mehr als die Hälfte des Bürgerausschusses aus Neugewählten bestehen; wenn Sterbefälle oder andere Ursachen den regelmäßigen Wechsel stören, bleiben daher, nach einer vom Bürgerausschusse selbst zu treffenden Bestimmung, einzelne Mitglieder länger als zwei Jahre, jedoch niemals über drei Jahre, im Bürgerausschusse. Die Ausgetretenen sind erst nach Ablauf eines Jahres wieder wählbar. Für alle im Laufe eines Jahre Austretenden finden in der nächsten Versammlung

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der Bürgerschaft neue Wahlen statt. Ein erneurter Abdruck der in Gemäßheit dieser Bestimmungen und der Bekanntmachung vom 21. October d. Js. abgeänderten Verfassungsurkunde ist vom Senate angeordnet. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 30. Dec. 1848.

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Ediert nach Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), Nr. 59, Lübeck 1849, S. 180–185.

Revidierte Verfassung von Lübeck (1848) Revidierte Verfassungs-Urkunde für die freie und Hansestadt Lübeck1

BEKANNTMACHUNG, DEN ABDRUCK DER REVIDIRTEN VERFASSUNGS-URKUNDE BETREFFEND

REVIDIRTE VERFASSUNGSURKUNDE FÜR DIE FREIE UND HANSESTADT LÜBECK I Der Senat

Da, in Folge der Verhandlungen über die Geschäfts-Ordnung der Bürgerschaft und über die Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechtes aller Bürger für die Wahl der Mitglieder der Bürgerschaft, die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 8. April d. J. erforderlich geworden, hat der Senat einen abermaligen Abdruck dieser demgemäß umgeänderten Urkunde angeordnet. Vom heutigen Tage angerechnet, hat statt der bisherigen die revidirte Verfassungs-Urkunde alleinige Gültigkeit, doch verbleibt bis zur Eröffnung der ersten Versammlung der nach den Bestimmungen der revidirten Verfassungs-Urkunde erwählten Bürgerschaft die jetzige Bürgerschaft so wie der Bürgerausschuß in der Ausübung aller nach der bisherigen Verfassung der einen wie dem andern zustehenden Rechte. Auch behalten die vier Anhänge der VerfassungsUrkunde vom 8. April 1848, so weit deren Inhalt jetzt überall noch anwendbar ist, ihre gesetzliche Kraft. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 30. Decbr. 1848.

§ 1. Der Senat besteht aus zwanzig Mitgliedern, welche auf Lebenszeit gewählt werden. § 2. Zum Mitgliede des Senates ist jeder Bürger des Lübeckischen Freistaates ohne Rücksicht auf seinen Stand wählbar, wenn er das dreißigste Lebensjahr vollendet hat. Es darf jedoch Keiner gewählt werden, dessen Vater, Sohn, Bruder, Stiefvater, Stiefsohn, Schwiegervater, Schwiegersohn oder Handlungsgenosse bereits Mitglied des Senates ist. § 3. Wer zum Mitgliede des Senates gewählt ist, muß dieser Wahl, bei Verlust des Bürgerrechtes und des zehnten Theiles seines Vermögens, Folge leisten. § 4. Wenn zur Wahl eines Mitgliedes des Senates zu schreiten ist, ruft der Senat die Bürgerschaft (§. 25.) zusammen. Nach Eröffnung der Versammlung zeigt der Senat derselben durch Commissarien an, wie viele von seinen Mitgliedern zur Vornahme der Wahl sich eingefunden haben, und fordert die Bürgerschaft auf, eine gleich große Anzahl aus den in ihrer Versammlung Erschienenen zu Wahlbürgern zu erwählen. Die Wahlbürger werden von den Commissarien

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L ÜBECK in den Rathssaal geführt, die Bürgerschaft selbst wird entlassen. § 5. Die Mitglieder des Senates und die Wahlbürger treten darauf zu einer Wahlversammlung zusammen und leisten, nachdem der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister (§. 19.) die das Verfahren bei der Wahl bestimmenden Vorschriften der Verfassungsurkunde verlesen hat, folgenden Eid: Ich schwöre und gelobe zu Gott, daß ich bei der jetzt vorzunehmenden Wahl eines Mitgliedes des Senates die bestehenden Vorschriften genau befolgen, über Alles, was in den Wahlkammern oder unter den ObmännernI gesprochen werden wird, das strengste Stillschweigen beobachten und nur Demjenigen meine Stimme geben will, welcher nach meiner Ueberzeugung der Würdigste ist. So wahr mir Gott helfe! Der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister lieset diese Eidesformel vor und alle Anwesende sprechen die Worte: ich schwöre es!

§ 8. Die Mitglieder der Wahlkammern dürfen bis zur Beendigung ihres Wahlgeschäftes nicht leise mit Jemanden reden, auch nicht das Wahlzimmer verlassen. Von keiner Wahlkammer und von keinem Mitgliede derselben darf an eine andere Wahlkammer oder an ein Mitglied der andern Wahlkammern, auch nicht an die im Rathssaale Zurückgebliebenen, und eben so wenig von diesen an jene, irgend eine Mittheilung erfolgen. § 9. In jeder Wahlkammer führt das seinem Amte nach älteste Mitglied des Senates den Vorsitz. Die Wahlhandlung wird damit eröffnet, daß die Mitglieder der Wahlkammer einzeln diejenigen Bürger nennen, welche sie zur Besetzung des erledigten Amtes vorzugsweise für geeignet halten. In keiner Wahlkammer darf ein in ihr selbst sitzender Wahlbürger genannt, Mitglieder der andern Wahlkammern können dagegen in Vorschlag gebracht werden.

§ 6. Sodann werden drei Wahlkammern durch das Loos gebildet, in der Art, daß zuerst unter die Mitglieder des Senates und hierauf unter die Wahlbürger Loose ausgetheilt werden, von denen jedesmal drei mit der Nummer I., drei mit der Nummer II., drei mit der Nummer III. bezeichnet, die übrigen aber unbezeichnet sind.

§ 10. Nachdem hierauf die von dem Vorsitzenden angefertigte Liste sämmtlicher genannten Personen durch Ausscheiden der nach den Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde nicht Wählbaren berichtigt ist, fordert der Vorsitzende die Mitglieder der Wahlkammer zu einer freimüthigen Besprechung über alle Diejenigen auf, deren Namen auf der Liste geblieben sind.

§ 7. Jede dieser, somit aus drei Mitgliedern des Senates und drei Wahlbürgern gebildeten, Wahlkammern begiebt sich in das für sie bestimmte Wahlzimmer. Die in dem Rathssaale zurückbleibenden Senatsmitglieder und Wahlbürger erwählen durch das Loos aus ihrer Mitte zwei Mitglieder des Senates und zwei Wahlbürger zur Entgegennahme und Aufzeichnung der Stimmzettel bei einer etwanigen allgemeinen Wahl. (§§. 13. 14.)

§ 11. Nach beendigter Umsprache wird zur Wahl des von der Kammer Vorzuschlagenden geschritten, indem jedes Mitglied derselben den Namen Desjenigen aufschreibt, welchen es unter den auf der Wahlliste Gebliebenen für den Würdigsten hält. Sind wenigstens vier Stimmen für eine und dieselbe Person abgegeben, so ist diese von der Wahlkammer vorzuschlagen; wird dagegen eine solche Stimmenmehrheit nicht sofort erreicht, so ist über Diejenigen, für wel-

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Vergl. §. 14.

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) che die meisten Stimmen sich entschieden haben, auf’s Neue abzustimmen und damit, unter jedesmaliger Weglassung Derjenigen, welche die wenigsten Stimmen erhalten haben, so lange fortzufahren, bis wenigstens vier Stimmen sich für eine Person ergeben. § 12. Sollte bei diesem Wahlverfahren sich Stimmengleichheit herausgestellt haben und diese durch eine wiederholte Umstimmung nicht gehoben sein, so werden aus der Mitte der Wahlkammer durch das Loos drei Obmänner ernannt, welche nach Stimmenmehrheit zu entscheiden haben, wer aus den in Frage stehenden zwei oder mehren Personen durch die Wahlkammer vorzuschlagen ist. § 13. Sobald eine Wahlkammer ihr Geschäft beendigt hat, läßt sie dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister davon Anzeige machen. Nachdem diese Anzeige von allen drei Wahlkammern erfolgt ist, werden die Mitglieder sämmtlicher Wahlkammern aufgefordert, sich wieder in den Rathssaal zu begeben. Der Vorsitzende jeder Wahlkammer nennt sodann den von dieser Vorgeschlagenen. Haben sämmtliche Wahlkammern dieselbe Person in Vorschlag gebracht, so erklärt der im Senate den Vorsitz führende Bürgermeister diese sofort als zum Mitgliede des Senates erwählt. Sind aber zwei oder drei verschiedene Personen vorgeschlagen, so ist durch die Wahlversammlung einer der Vorgeschlagenen, nach unbedingter Stimmenmehrheit, durch geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel, zu wählen, ohne daß eine weitere Besprechung über die in Vorschlag gebrachten Personen stattfindet. § 14. Wenn unter drei Vorgeschlagenen die Stimmen sich dergestalt vertheilen, daß keiner derselben die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen erhält und somit die Wahl noch nicht für vollzogen erklärt werden kann, so wird, falls nicht etwa alle drei eine

gleiche Anzahl von Stimmen erhalten haben sollten, die Wahl unter Weglassung Desjenigen, auf welchen die wenigsten Stimmen gefallen sind, fortgesetzt. Sollten auch dann die Stimmen zwischen beide Personen sich gleich vertheilen, so wird, ebenso wie in dem Falle, wenn sich bei der ersten Wahl unter zwei oder drei Vorgeschlagenen Stimmengleichheit für jeden ergiebt, zuvörderst versucht, durch eine Wiederholung der Abstimmung die Stimmengleichheit zu beseitigen; mislingt aber dieser Versuch, so werden aus sämmtlichen Theilnehmern an der Wahlhandlung fünf Obmänner ausgelooset, welche in ein besonderes Zimmer treten und dort nach Stimmenmehrheit über einen derjenigen Vorgeschlagenen, auf welche eine gleiche Stimmenzahl gefallen ist, sich zu vereinigen haben. Der von ihnen Genannte wird sodann durch den im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister für gewählt erklärt. Würde einer der Wahlbürger selbst unter den von der Wahlkammer Vorgeschlagenen oder unter denjenigen sich befinden, welche nach wiederholtem Wahlversuche gleich viele Stimmen erhalten haben, so kann er zwar in jenem Falle an der Wahl selbst und in diesem an der Ausloosung der Obmänner Theil nehmen, aber nicht zum Obmann ausgelooset werden. § 15. Sollten mehre Stellen im Senate gleichzeitig erledigt sein, so sind die verschiedenen Wahlen an verschiedenen Tagen vorzunehmen. Bei jeder Wahl ist das vorgeschriebene Verfahren aufs Neue einzuleiten. § 16. In der nächsten nach der Wahl stattfindenden Versammlung des Senates wird das neu erwählte Mitglied feierlich eingeführt und leistet bei der Einführung in Gegenwart des Bürgerausschusses (§. 64.) folgenden Eid: Als neu erwähltes Mitglied des Senates dieser freien Stadt gelobe und schwöre ich

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L ÜBECK zu Gott: Ich will meinem Amte gewissenhaft vorstehen, das Wohl des Staates nach allen meinen Kräften erstreben, die Verfassung desselben getreu befolgen, das öffentliche Gut redlich verwalten und bei meiner Amtsführung, namentlich auch bei allen Wahlen, weder auf eigenen Vortheil noch auf Verwandtschaft oder Freundschaft Rücksicht nehmen. Ich will richten nach dem Rechte, dem Reichen wie dem Armen und dem Armen wie dem Reichen. Ich will auch verschwiegen sein in Allem, was Verschwiegenheit erfordert, besonders aber will ich geheim halten, was geheim zu halten mir geboten wird. So wahr mir Gott helfe!

gefallen sind, abermals zu wählen ist. Ein abtretender Bürgermeister kann nicht sofort wieder zum Bürgermeister erwählt werden. Im Falle ein Bürgermeister während seiner Amtsführung aus dem Senate ausscheidet, wird vom Senate sein Nachfolger nur bis zur nächsten Rathssetzung (§. 23.) gewählt; letzterer verliert jedoch dadurch seine Wählbarkeit bei der nächsten Wahl nicht.

§ 17. Zum Austreten aus dem Senate verpflichten dieselben Gründe, aus welchen das Recht zur Theilnahme an den Wahlen in die Bürgerschaft verloren geht. (§. 27.) Auch ist Derjenige aus dem Senate auszutreten verpflichtet, welcher die Mutter oder die Tochter eines Mitgliedes des Senates ehelicht; die Eingehung einer Handlungsgenossenschaft zwischen zwei Mitgliedern des Senates begründet dagegen weder ein Recht noch eine Verpflichtung zum Austreten aus dem Senate.

§ 21. Dem Senate zur Seite, mit berathender Stimme und im Range nach den Bürgermeistern, stehen zwei Syndici. Die Zahl derselben kann jedoch durch Vereinbarung des Senates mit der Bürgerschaft vorübergehend vermehrt werden. Die Wahl eines Syndicus steht dem Senate zu. Bei dieser Wahl ist derselbe durch keinerlei Beschränkung gebunden, auch das Wahlverfahren lediglich seinem Ermessen anheimgegeben.

§ 18. Jede im Senate erledigte Stelle muß innerhalb vier Wochen wieder besetzt werden. § 19. Die in dem Senate und in dem Obergerichte Vorsitzenden werden von dem Senate aus seiner Mitte auf zwei Jahre gewählt und führen während dieser Amtsführung den Titel: Bürgermeister. Ihre Wahl geschieht durch geheime Abstimmung nach unbedingter Stimmenmehrheit, in der Weise, daß, wenn die unbedingte Stimmenmehrheit nicht sofort bei der ersten Abstimmung erlangt wird, unter den beiden Personen, auf welche die meisten Stimmen

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§ 20. In Verhinderungsfällen wird der in dem Senate den Vorsitz führende Bürgermeister durch denjenigen vertreten, welcher vor ihm den Vorsitz in dem Senate geführt hat, der in dem Obergerichte den Vorsitz führende Bürgermeister dagegen durch den ältesten im Obergerichte sitzenden Syndicus. (§. 21.)

§ 22. Die Vertheilung der Geschäfte unter die Mitglieder des Senates (die Rathssetzung) findet alle zwei Jahre, im Anfange des Monates December, statt; der Wechsel selbst tritt mit dem Anfange des nächsten Jahres ein. Es steht jedoch dem Senate frei, bei außerordentlichen Veranlassungen auch in der Zwischenzeit eine Aenderung in der Vertheilung der Geschäfte vorzunehmen. § 23. Die Rathssetzung beginnt mit der Wahl der beiden Bürgermeister. Demnächst treten die beiden neuerwählten mit den abgehenden Bürgermeistern und den vier ältesten Mitgliedern des Senates zusammen und bestimmen die Ver-

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) theilung der Geschäfte, so wie den Vorsitz in den einzelnen Behörden, worauf in der nächsten Versammlung des Senates die Rathssetzung verlesen und sofort öffentlich bekannt gemacht wird. § 24. Dem Senate allein ist die Leitung sämmtlicher Staatsangelegenheiten anvertraut, in so weit nicht die nachfolgenden Bestimmungen eine Mitwirkung oder Zustimmung der Bürgerschaft (§§. 48–50.) oder des Bürgerausschusses (§. 69.) ausdrücklich vorschreiben.

II Die Bürgerschaft § 25. Die Bürgerschaft besteht aus einhundert und zwanzig Mitgliedern (Vertretern). Sie übt ihre Thätigkeit theils in ihrer Gesammtheit (§§. 26–63.), theils durch einen Ausschuß (§§. 64–84.)

A Die Bürgerschaft in ihrer Gesammtheit 1. Zusammensetzung § 26. Zur Wahl der Vertreter sind in der Regel alle Bewohner des Lübeckischen Freistaates und zwar gleichmäßig berechtigt, welche das Bürgerrecht besitzen und den Bürgereid geleistet haben. § 27. Zur Theilnahme an der Wahl sind nicht berechtigt: 1) Diejenigen, welche unter Curatel stehen; 2) Diejenigen, über deren Vermögen gerichtlicher Concurs verhängt ist, welche dem Senate ihre Insolvenz angezeigt, oder welche sich, unter gerichtlicher Mitwirkung, einer Inspection ihrer Güter unterworfen haben, bis sie nachgewiesen, daß ihre Gläubiger zu voll bezahlt sind; 3) Diejenigen, welche von öffentlichen

Wohltätigkeits-Anstalten Unterstützung erhalten; 4) Diejenigen, welche wegen eines Verbrechens, dessen Bestrafung den Verlust bürgerlicher Ehrenrechte nach sich zieht, zur Untersuchung gezogen sind, und zwar so lange bis ihre Freisprechung erfolgt ist. § 28. Wer an der Wahl der Vertreter Theil zu nehmen berechtigt ist, kann auch zum Vertreter gewählt werden. § 29. Die Wahlen der Vertreter werden in eilf abgesonderten Wahlbezirken vorgenommen: der erste Wahlbezirk umfaßt die im Jacobi-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Burgthore wohnhaften Bürger; der zweite die im Marien-MagdalenenQuartiere der Stadt wohnhaften; der dritte die im Marien-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Holstenthore wohnhaften; der vierte die im Johannis-Quartiere der Stadt und in dem städtischen Armenbezirke vor dem Mühlenthore wohnhaften; der fünfte das Städtchen Travemünde; der sechste den Travemünder Landwehrbezirk, mit Ausnahme des Städtchens; der siebente die von den Holsteinischen Gebietstheilen umschlossenen Dorfschaften; der achte den Ritzerauer Landwehrbezirk; der neunte den Mühlenthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem vierten Wahlbezirke vereinigten Theile desselben; der zehnte den Holstenthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem dritten Wahlbezirke vereinigten und der den siebenten Wahlbezirk bildenden Theile desselben; der eilfte den Burgthor-Landwehrbezirk, mit Ausnahme der mit dem ersten Wahlbezirke vereinigten Theile desselben.

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L ÜBECK Die Gränzen der städtischen Armenbezirke vor den Thören, so wie der Landwehrbezirke, sind durch besondere Verordnungen bestimmt. II § 30. Die Zahl der von jedem Wahlbezirke zu ernennenden Vertreter richtet sich nach dem Verhältnisse der Bevölkerung desselben zu der Gesammtbevölkerung des Lübeckischen Freistaates. § 31. In jedem der elf Wahlbezirke kann jeder wahlberechtigte Bürger des Lübeckischen Freistaate, wo auch er seinen ordentlichen Wohnsitz haben möge, zum Mitgliede der Bürgerschaft gewählt werden. Die Mitglieder der Bürgerschaft vertreten nicht den Wahlbezirk, von welchem sie gewählt sind, sondern die Gesammtheit aller Staatsangehörigen. § 32. Jeder Bürger kann sein Wahlrecht nur persönlich und nur in demjenigen Bezirke ausüben, in welchem er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. § 33. Die Vertreter werden auf sechs Jahre erwählt. Alle zwei Jahre treten diejenigen aus, welche volle sechs Jahre hindurch in der Bürgerschaft gesessen haben, und werden durch neue Wahlen ersetzt. Die Zahl der bei jeder Ergänzungswahl in den verschiedenen Wahlbezirken zu ernennenden Vertreter ist für die Dauer von jedesmal sechs Jahren, nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung, durch eine Verordnung zu bestimmen. Die im Laufe der letzten zwei Jahre ausgeschiedenen Vertreter werden bei jeder Ergänzungswahl durch denjenigen Bezirk wieder ersetzt, von welchem dieselben erwählt waren. II Verordnung vom 21. September 1836. Verordnung vom 6. April 1814.

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§ 34. Wer zum Vertreter gewählt wird, ist in der Regel der Wahl Folge zu leisten verpflichtet; auch ist der nach sechsjähriger Theilnahme aus der Bürgerschaft Austretende sofort wieder wählbar und die zweite Wahl anzunehmen verbunden, jedoch nicht schuldig, einer zum dritten Male auf ihn gefallenen Wahl zu folgen. Eben so berechtigen ein Alter von fünf und sechszig Jahren oder körperliche Unfähigkeit sowohl den Neugewählten zur Ablehnung der Wahl, als auch den bereits in die Bürgerschaft Eingetretenen zum Austritte aus derselben . In beiden Fällen ist deshalb ein schriftlicher Antrag an den Wortführer des Bürgerausschusses (§. 66.) zu richten und der Antragsteller verbunden, bis zur erfolgten Entscheidung seine Pflichten als Vertreter zu erfüllen. Die Lücken, welche durch den Ausfall von Neugewählten entstehen, werden sofort durch die bei den Wahlen im Voraus bestimmten Ersatzmänner ergänzt. § 35. Wenn bei Mitgliedern der Bürgerschaft Verhältnisse eintreten, durch welche sie das Recht zu wählen verlieren (§. 27.), so sind sie schuldig, aus der Bürgerschaft auszutreten. Dem Wortführer der Bürgerschaft (§. 45.) liegt die Verpflichtung ob, auf die Befolgung dieser Vorschrift zu achten und von Fällen der Art dem Wortführer des Bürgerausschusses Kenntniß zu geben. § 36. Ueber Ablehnung der Wahl zum Vertreter, über Anträge auf Entlassung aus der Bürgerschaft (§. 34.), so wie über nothwendigen Austritt aus derselben (§. 35.), hat der Bürgerausschuß zu entscheiden, und zwar in der nächsten Versammlung, nachdem der Antrag bei dem Wortführer eingereicht ist. Gegen den Ausspruch des Bürgerausschusses steht dem Betheilig-

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) ten innerhalb vier Wochen die Berufung an die Bürgerschaft zu, doch ist vorläufig dem Ausspruche des Bürgerausschusses Folge zu leisten 2. Wahlversammlungen § 37. Geleitet und beaufsichtigt wird das Wahlgeschäft durch eine besondere für jeden Wahlbezirk vom Bürgerausschusse alle zwei Jahre im April zu ernennende Commission, welche aus einem Mitgliede des Bürgerausschusses als Vorsitzenden und, für die ersten vier Wahlbezirke aus sechs, für die andern aber aus drei in dem betreffenden Bezirke wohnhaften Bürgern besteht. Neben diesen Mitgliedern der Commission hat der Bürgerausschuß eine gleich große Zahl als etwanige Stellvertreter derselben zu bezeichnen. Die zu Mitgliedern der Bezirks-Wahlcommissionen Ernannten und deren Stellvertreter sind dieser Wahl zu folgen schuldig, falls sie nicht dem Bürgerausschusse nachweisen, daß Krankheit oder eine unaufschiebbare Reise sie daran verhindere. § 38. Am vorletzten Montage des Monates Mai versammeln sich sämmtliche Bezirks-Wahlcommissionen an vorher angemessen bekannt zu machenden Orten, um zunächst die Berechtigung Aller, welche an der bevorstehenden Wahl der Vertreter in dem einen oder andern Bezirke Theil nehmen wollen, zu prüfen. Jeder Bürger hat von der Commission des Bezirkes, an welchem mitzuwählen er beabsichtigt, als Bürger durch seinen Bürgerbrief, und als diesem Bezirke angehörig durch seinen diesjährigen Steuerzettel, oder in beiden Beziehungen in sonstiger glaubhafter Weise, sich zu legitimiren. Bescheinigungen über das Bürgerrecht der Wahlberechtigten sind erforderlichen Falles von den Behörden unentgeltlich auszustellen.

§ 39. Diejenigen, gegen deren Legitimation die Commission nichts zu erinnern findet, erhalten von derselben eine mit ihrem Namen bezeichnete Wählerkarte und einen unausgefüllten, mit einem besonderen Stempel auf der Rückseite versehenen Wahlzettel. Denjenigen, deren Theilnahme an der Wahlhandlung von der Bezirks-Wahlcommission für nicht zulässig erklärt ist, steht eine binnen acht Tagen bei dem Wortführer des Bürgerausschusses einzureichende Beschwerdeführung zu, über welche der Bürgerausschuß in einer am dritten Tage nach Ablauf dieser Frist abzuhaltenden Versammlung entscheidet. Im Falle einer günstigen Entscheidung wird dem Beschwerdeführer sofort seine Wählerkarte und sein Wahlzettel zugestellt. Gegen eine ungünstige Entscheidung des Bürgerausschusses ist zwar eine Berufung an die Bürgerschaft statthaft, der Beschluß der letzteren aber erst für die nächste ordnungsmäßige Ergänzungswahl maaßgebend. Die Beschwerdeführungen sowohl an den Bürgerausschuß als an die Bürgerschaft sind stempelfrei. § 40. Die Wahlversammlungen finden alle zwei Jahre statt und zwar für die sieben letzten Bezirke am vierzehnten, zwölften, zehnten, achten, sechsten, vierten und zweiten der letzten Werktage des Junimonates, für die vier ersten Bezirke am ersten, vierten, siebenten und zehnten Werktage des Julimonates. Die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Bezirke die Wahlen vorzunehmen haben, wird im Aprilmonate von dem Bürgerausschusse durch das Loos bestimmt und von dem Wortführer der Bürgerschaft durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt gemacht. § 41. Zu der Wahlversammlung eines jeden Bezirkes beruft der Wortführer der

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L ÜBECK Bürgerschaft die zur Theilnahme an derselben Berechtigten acht Tage vorher mittelst Aufforderung durch die Lübeckischen Anzeigen, und für die ländlichen Wahlbezirke auf sonst geeignete Weise. § 42. Die Wahlversammlung wird in jedem Bezirke von der Commission dieses Bezirkes (§. 37.) geleitet, das Protocoll in derselben aber von dem Protocollführer der Bürgerschaft geführt, unter Beihülfe des Archivars derselben. § 43. Das über das Ergebniß jeder Bezirkswahl aufzunehmende, von dem Vorsitzenden derselben wie von dem Protocollführer zu unterzeichnende Protocoll muß die Namen aller derer enthalten, auf welche in diesem Bezirke überhaupt Stimmen abgegeben sind, in der durch die Stimmenzahl und beziehungsweise das Loos gebotenen Reihenfolge, bei jedem mit Angabe der auf ihn gefallenen Stimmen. Der Vorsitzende hat dies Protocoll unmittelbar nach Beendigung der Wahlhandlung dem Wortführer der Bürgerschaft mitzutheilen, welcher sofort das Namensverzeichniß der in dem betreffenden Bezirke gewählten Vertreter durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt machen und eine Abschrift des Protocolls dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister übersenden, auch den zu Vertretern Erwählten ihre Wahl schriftlich anzeigen wird. § 44. Das Verfahren sowohl in den zur Prüfung der Wählerberechtigung als in den zur Vornahme der Wahlen selbst bestimmten Versammlungen ist durch eine besondere Ordnung gesetzlich festgestellt. 3. Wortführer, Protocollführer und Archivar der Bürgerschaft § 45. Die Bürgerschaft erwählt aus ihrer Mitte einen Wortführer und zwei Stellvertreter desselben auf zwei Jahre. Die dazu

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Gewählten sind verbunden, die Wahl anzunehmen und, wenn sie Mitglieder des Bürgerausschusses sind, aus demselben auszutreten. Der Wortführer kann nach Ablauf seiner Wortführung nicht sofort wieder gewählt werden. Er ist verpflichtet, einer zum zweiten Male auf ihn gefallenen Wahl Folge zu leisten, jede fernere Wahl aber abzulehnen berechtigt. § 46. Die Bürgerschaft erwählt ferner einen Protocollführer und einen Archivar, einen jeden auf fünf Jahre. Die Abtretenden sind sofort wieder wählbar. Beide haben sich durch Unterzeichnung eines gesetzlich festgestellten Reverses an Eidesstatt zur getreulichen Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten und erhalten aus der Staatscasse eine Entschädigung für Ihre Bemühungen. Der Archivar ist als solcher zugleich Beamter des Bürgerausschusses und verbunden, den Protocollführer der Bürgerschaft, so wie dem Protocollführer des Bürgerausschusses, (§. 67.) in Behinderungsfällen zu vertreten. § 47. Die Wahl des Wortführers der Bürgerschaft ist nur dann entscheidend, wenn sich die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen für eine und dieselbe Person ausspricht. Wird ein solches Ergebniß bei der ersten Wahl nicht erreicht, so ist unter den drei Personen, welche die meisten Stimmen erhalten haben, und wenn auch auf diese Weise die erforderliche Stimmenmehrheit nicht gewonnen wird, unter den Beiden, für welche die meisten Stimmen sich erklärt, abermals zu wählen. Wenn Mehre eine gleiche Anzahl von Stimmen für sich haben, sei es bei der ersten Wahl, sei es bei einer Nachwahl, so entscheidet unter ihnen das Loos. Diese Bestimmungen gelten auch für die Wahlen der Stellvertreter des Wortführers,

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) so wie für die Wahlen des Protocollführers und des Archivars der Bürgerschaft. 4. Wirkungskreis § 48. Die Mitgenehmigung der Bürgerschaft ist erforderlich: I. zu jeder Aenderung der Staatsverfassung; II. zu jeder Veräußerung von Hoheitsrechten; III. zur Erlassung, authentischen Auslegung, Aenderung oder Aufhebung von Gesetzen, so wie von Verordnungen in Handelssachen; – Polizeiliche Verfügungen und lediglich die Handhabung bestehender Gesetze betreffende Verordnungen werden dagegen vom Senate allein beschlossen, doch ist bei Verkündigung der letztern stets das Gesetz zu bezeichnen, von dessen Handhabung es sich handelt. – IV. zur Einführung, Aufhebung und Veränderung directer oder indirecter Steuern und Abgaben aller Art. § 49. Der Bürgerschaft steht ferner eine Mitwirkung zu: V. bei der Verwaltung des Staatsvermögens, so wie des Vermögens der Kirchen und der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten. In dieser Beziehung treten folgende Bestimmungen ein: 1) Die Verwaltung des Staatsvermögens ist im Allgemeinen den Behörden übertragen, unter Leitung und Aufsicht des Senates. Ohne Zustimmung der Bürgerschaft können jedoch wesentliche Aenderungen in den Wirkungskreisen der einzelnen Behörden und in der herkömmlichen Verwaltung und Benutzung des Staatsvermögens nicht vorgenommen, namentlich nicht Staatsgüter neu erworben oder veräußert, auch nicht III

in Erbpacht gegeben oder verpfändet werden (§. 69. Nr. 3. 4.) 2) Die Vorsteherschaften hiesiger Kirchen und öffentlicher Wohlthätigkeitsanstalten können ohne Zustimmung der Bürgerschaft nicht zu denjenigen Verfügungen ermächtigt werden, zu welchen sie nach dem bestehenden GesetzeIII die Genehmigung des Senates und der Bürgerschaft nachzusuchen verpflichtet sind. (§ 69. Nr. 4. 5.) 3) Das Staatsbudget so wie das allgemeine Budget der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten muß alljährlich der Bürgerschaft zur Genehmigung vorgelegt werden. Bei dieser Gelegenheit darf indessen den durch besonderen Rath- und Bürgerschluß bereits bewilligten Einnahmen und Ausgaben die Genehmigung einseitig so wenig von der Bürgerschaft, als von dem Senate versagt werden. 4) In der Regel sind alle Ausgaben aus der öffentlichen Kasse durch die Mitbewilligung der Bürgerschaft bedingt. Dem Senate verbleibt jedoch die Befugniß, ohne besonderen Antrag von der Stadtcasse abzufordern und zu verwenden: a) die Competenzgelder des Senates; – der Senat erhebt dieselben in jedem Jahre zur vollen vereinbarten Summe. – b) die Gehalte der hohen Beamten; – von der dafür festgesetzten Summe wird dem Senate in jedem Jahre so viel ausgekehrt, als nach dessen Aufgabe erforderlich ist. – c) die dem Senate herkömmlich zu Ehrenausgaben ausgesetzte Summe; – wenn solche vor Ablauf des Jahres erschöpft sein sollte, so kann die Bürgerschaft zwar ihre Zustimmung zu einer Vergrößerung derselben, so weit diese nach der Aufgabe des Senates erforderlich ist, nicht versagen, sie hat indessen in einem solchen Falle die Befugniß, von dem Senate eine Darlegung der mit der Gesammtsumme bestrittenen Zahlungen zu begehren. –

Vergl. Verordnung vom 28. October 1818.

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L ÜBECK d) die Kosten diplomatischer Verhandlungen und Sendungen; – wenn die im Budget dafür ausgesetzte Summe nicht ausreicht, so ist dieselbe, so weit es der Senat für erforderlich erklärt, zu vergrößern; die Rechnungen über diese Ausgaben werden dem Senate abgelegt und gelangen hiernächst an das Finanz-Departement, dessen allgemeiner Rechnung sie zu Beilagen dienen; in dieser Eigenschaft sind sie gleich allen übrigen Rechnungen den Erinnerungen der Rechnungs-Revisions-Deputation unterworfen. 5) Ohne Zustimmung der Bürgerschaft kann keine neue Staatsanleihe gemacht und der zur Tilgung der Staatsschulden festgesetzte Plan nicht geändert werden. 6) Der Bürgerschaft ist über die Verwaltung eines jeden Jahres der Bericht des Finanz-Departements und der Bericht der Rechnungs-Revisions-Deputation mitzutheilen, und kann der Stadtcassenverwalter nur nach dem gemeinsamen Beschlusse des Senates und der Bürgerschaft über seine Verwaltung in jedem Jahre quittirt werden. Ebenso sind die von der Central-ArmenDeputation abgestatteten Revisionsberichte der Bürgerschaft mitzutheilen. § 50. Die Mitgenehmigung der Bürgerschaft ist endlich erforderlich: VI. wenn die Ausübung öffentlichen Gottesdienstes solchen Religionsparteien gestattet werden soll, welchen dieselbe bisher noch nicht zugestanden ist; VII. zu Veränderungen im Münzwesen, in den Maaß- und Gewichts-Bestimmungen, so wie zu Veränderungen im städtischen Postwesen, wenn diese die Einrichtung neuer oder die Aufhebung bestehender Posten oder die Erhöhung der geltenden Posttarife betreffen; VIII. zur Ertheilung ausschließlicher Privilegien; IX. zu Verfügungen, bei welchen die VorIV

Vergl. Verordnung vom 28. October 1818.

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steherschaften von Privatstiftungen nach dem bestehenden Gesetze IV der Genehmigung des Senates und der Bürgerschaft bedürfen; (§. 49. V. 2.) X. zur Entscheidung über die Anwendbarkeit des Expropriationsgesetzes auf die Ausführung einer Anlage; XI. zur Bestimmung der Stärke der bewaffneten Macht, der Art ihrer Ausrüstung und Ergänzung, so wie wenn dieselbe gegen andere Staaten gebraucht werden soll, oder wenn es sich um Einquartierung und Verpflegung fremder Truppen, so wie um Besetzung des Staatsgebietes oder eines Theiles desselben durch fremde Truppen handelt; XII. zum Abschlusse von Staatsverträgen, welche den Handel, die Schifffahrt, die Erhöhung von Posttarifen oder einen derjenigen Gegenstände betreffen, welche nach den vorstehenden Bestimmungen der Mitgenehmigung der Bürgerschaft unterliegen. § 51. Sollten bei Gelegenheit eines abzuschließenden Staatsvertrages oder auch bei einer anderen außerordentlichen Veranlassung der Senat für die Bürgerschaft der übereinstimmenden Ansicht sein, daß der Gegenstand aus Rücksicht auf notwendige Geheimhaltung sich so wenig zur Verhandlung mit dem Bürgerausschusse als mit der Bürgerschaft eigne, so ist eine Geheimcommission zu ernennen, (§. 72.) welche völlig in die Stelle des Bürgerausschusses wie der Bürgerschaft tritt, in so weit nicht in jedem einzelnen Falle von der Bürgerschaft die Befugniß der Commission beschränkt ist. Die Zahl der in eine solche Commission zu wählenden Mitglieder wird von der Bürgerschaft bestimmt; eine Vermehrung derselben ist vorzunehmen, so oft es die Bürgerschaft, sei es auf Antrag der Geheimcommission, sei es aus eigenem Antriebe, für angemessen erachtet. Ein Beschluß der Geheimcommission ist nur dann gültig, wenn er von der Mehrheit

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) sämmtlicher Mitglieder gefaßt ist. Falls von einer Geheimcommission die Instruction des mit dem Abschlusse eines Staatsvertrages beauftragten Abgeordneten genehmigt ist, so kann die Bürgerschaft ihre Zustimmung zu dem Vertrage nur dann ablehnen, wenn die Geheimcommission die Gränzen ihrer Befugniß überschritten haben, oder der Vertrag nicht der dem Abgeordneten ertheilten Instruction gemäß abgeschlossen sein sollte. 5. Versammlungen der Bürgerschaft § 52. Die Bürgerschaft wird durch den Senat berufen so oft dieser es für erforderlich erachtet oder der Bürgerausschuß es begehrt, wenigstens aber sechsmal im Jahre, und zwar viermal an festbestimmten Tagen, nämlich an dem dritten Montage in den Monaten März, Julius, September und December. Auch muß die Bürgerschaft versammelt werden, wenn ein Viertel der Vertreter, unter Darlegung des Zweckes der Berufung und der Gründe des Begehrens, bei dem Wortführer der Bürgerschaft schriftlich darauf anträgt. Letzterer hat sodann, in gleicher Art, wie dies dem Bürgerausschusse zusteht, durch einen Antrag an den Senat die Berufung der Bürgerschaft zu veranlassen. § 53. In der Regel wird jede Versammlung der Bürgerschaft acht Tage zuvor durch die Lübeckischen Anzeigen bekannt gemacht und spätestens drei Tage vor derselben jedem Vertreter ein Abdruck der zur Verhandlung kommenden Anträge des Senates, nebst einem Einladungszettel, zugestellt. § 54. Die Mitglieder der Bürgerschaft nehmen ihren Sitz in der Reihenfolge ein, welche in der am dritten Montage des Juli-Monates jedes Jahres stattfindenden Versammlung durch das Loos bestimmt wird. Die Mitglieder des Bürgerausschusses

haben in den Versammlungen der Bürgerschaft keine Vorrechte vor den übrigen Vertretern. § 55. Den Vorsitz in den Versammlungen und die Leitung der Geschäfte hat der Wortführer der Bürgerschaft. Ist derselbe zu erscheinen verhindert oder wünscht er bei der Verhandlung eines Gegenstandes an der Berathung und Abstimmung theilzunehmen, so tritt einer der Stellvertreter desselben für ihn ein, nach der Reihenfolge, welche durch die Wahl bestimmt ist. § 56. Die Versammlung der Bürgerschaft kann nur dann eröffnet werden, wenn außer dem Wortführer mindestens die Hälfte sämmtlicher Vertreter erschienen ist. § 57. In den Versammlungen sind Commissarien des Senates gegenwärtig und an der Berathung theilzunehmen berechtigt. § 58. Jeder Abstimmung geht eine freie Berathung über den in Antrag gebrachten Gegenstand voraus. Die Abstimmung geschieht demnächst über bestimmte von dem Vorsitzenden zu stellende Fragen, welche stets so zu fassen sind, daß sie mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Die Abstimmung ist in der Regel eine offene, durch Aufstehen und Sitzenbleiben. Ausnahmsweise findet geheime Abstimmung statt, und zwar durch Stimmzettel bei allen von der Bürgerschaft vorzunehmenden Wahlen, durch Kugelung, so oft zehn Mitglieder der Versammlung dieses bei Berathung eines Gegenstandes verlangen. Ergibt sich Gleichheit der Stimmen, so gilt bei einer zur Entscheidung verstellten Frage diese für verneint, bei einer Wahl entscheidet dagegen das Loos. Wer Zusätze, Beschränkungen oder sonstige Aenderungen vorschlagen will, hat dieselben, ehe sie berathen werden, ihrem wesentlichen Inhalte nach dem Vorsitzenden

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L ÜBECK schriftlich zuzustellen oder zu Protocoll zu geben. § 59. Ein jedes Mitglied ist berechtigt, Anregen zu Anträgen der Bürgerschaft an den Senat zu machen. Einer solchen Anrege ist jedoch nur dann Folge zu geben, wenn sie dem Vorsitzenden schriftlich zugestellt ist und von zwei Mitgliedern der Versammlung unterstützt wird. Ist dies der Fall, so steht es dem Antragsteller frei, seinen Antrag näher zu begründen. Die Versammlung stimmt, ohne daß eine vorgängige Berathung stattfindet, sofort darüber ab, der Gegenstand zur näheren Erwägung an den Bürgerausschuß zu verweisen sei, oder nicht. Entscheidet sich die Versammlung für das Letztere, so ist damit der Antrag verworfen; entscheidet sie sich für das Erstere, der Bürgerausschuß hält aber demnächst den Antrag für nicht geeignet, an den Senat gebracht zu werden, so hat der Wortführer der Bürgerschaft dieser selbst die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob der Antrag an den Senat gelangen solle, oder nicht. § 60. Auf alle Anträge des Senates muß in derselben Versammlung, in welcher sie gestellt sind, ein Beschluß gefaßt werden. Es steht jedoch der Bürgerschaft frei, einen Antrag des Senates zunächst einer aus ihrer Mitte zu ernennenden Commission zur Begutachtung zu überweisen und demnach bis zur Erstattung des Gutachtens ihre Entscheidung auszusetzen. Die Commissarien des Senates sind befugt, Mittheilung eines solchen Gutachten zu begehren, bevor über die Sache in der Bürgerschaft weiter verhandelt wird. Uebrigens haben die Verhandlungen über Anträge des Senates vor allen andern den Vorzug und dürfen nicht ohne Zustimmung der Commissarien des Senates durch anderweitige Geschäfte unterbrochen werden. § 61. Sofort nachdem ein Beschluß über ein Antrag des Senates gefaßt ist, wird

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das Protocoll über den Beschluß in Gegenwart der Commissarien des Senates verlesen, und diesen eine von dem Vorsitzenden und von dem Protocollführer unterzeichnete Ausfertigung des Beschlusses übergeben. Die Commissarien legen die Beschlüsse dem während der Verhandlungen der Bürgerschaft versammelten Senate vor, und überbringen hierauf die Antwort des Senates. § 62. Der Geschäftsgang bei den Berathungen der Bürgerschaft wird, so weit er nicht im Vorstehenden festgestellt worden, durch eine von der Bürgerschaft selbst zu beschließende Geschäftsordnung gereget. § 63. Eine Ausfertigung des in den Versammlungen der Bürgerschaft geführten Protokolles ist drei Tage nach jeder Versammlung dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister durch den Wortführer der Bürgerschaft zuzustellen. Der Senat läßt die schließlichen Erklärungen der Bürgerschaft auf seine Anträge durch den Druck veröffentlichen, so weit nicht Gründe des Staatsinteresses deren Geheimhaltung rathsam erscheinen lassen.

B Der Bürgerausschuß 1. Zusammensetzung § 64. Der Bürgerausschuß besteht aus dreißig Personen, welche von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte auf zwei Jahre in der Art gewählt werden, daß diejenigen, welche bei jeder Wahl die meisten Stimmen für sich haben, als gewählt gelten. Der Wortführer der Bürgerschaft und dessen Stellvertreter sind nicht wählbar; alle übrigen Mitglieder der Bürgerschaft sind verpflichtet, der Wahl Folge zu leisten. § 65. In der Regel treten jährlich in der Mitte des Julimonates funfzehn Mitglieder des Bürgerausschusses aus und werden

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) durch neue Wahlen ersetzt. Es darf indessen nie mehr als die Hälfte des Bürgerausschusses aus Neugewählten bestehen; wenn Sterbefälle oder andere Ursachen den regelmäßigen Wechsel stören, bleiben daher, nach einer vom Bürgerausschusse selbst zu treffenden Bestimmung, einzelne Mitglieder länger als zwei Jahre, jedoch niemals über drei Jahre, im Bürgerausschusse. Die Ausgetretenen sind erst nach Ablauf eines Jahres wieder wählbar. Für alle im Laufe eines Jahres Austretenden finden in der nächsten Versammlung der Bürgerschaft neue Wahlen statt. 2. Wortführer und Protokollführer des Bürgerausschusses § 66. Der Bürgerausschuß erwählt jährlich aus seiner Mitte einen Wortführer und zwei Stellvertreter desselben, welche die Wahl anzunehmen verpflichtet sind. Der abtretende Wortführer kann zwar, wenn er im Bürgerausschusse bleibt, wiederum auf ein Jahr gewählt werden, ist aber dieser Wahl Folge zu leisten nicht verbunden. Wird derselbe jedoch, nachdem er eine Zeitlang nicht Mitglied des Bürgerausschusses war, auf´s Neue in denselben gewählt und sodann wieder zur Wortführung gerufen, so ist er verbunden, diese und auch eine ihn unter gleichen Verhältnissen abermals treffende Wahl anzunehmen, jede fernere Wahl zum Wortführer des Bürgerschusses aber abzulehnen berechtigt. § 67. Der Bürgerausschuß erwählt einen Protokollführer auf fünf Jahre. Derselbe wird in gleicher Weise wie der Protokollführer der Bürgerschaft verpflichtet (§. 46.) und ebenfalls aus der Staatskasse besoldet. Der abtretende Protokollführer kann sofort wieder gewählt werden. Der Protokollführer des Bürgerausschusses darf nicht zugleich Protokollführer oder Archivar der Bürgerschaft sein.

§ 68. Bei der Wahl des Wortführers und der Stellvertreter desselben, sowie bei der des Protokollführers muß die Mehrheit sämmtlicher Mitglieder des Bürgerausschusses sich für eine und dieselbe Person entscheiden. Mit einer etwa nöthig werdenden Nachwahl wird es ebenso wie bei den Wahlen des Wortführers und des Protokollführers der Bürgerschaft gehalten. (§. 47.) 3. Wirkungskreis § 69. Der Bürgerausschuß übt die der Bürgerschaft zustehenden Befugnisse im Namen derselben aus, wenn es sich handelt: 1) um Geldbewilligungen bis zur Summe von 3000 Mark auf einmal oder von 150 Mark jährlich; – Wenn in einem einzelnen Falle durch die Geldbewilligung zugleich eine Frage berührt wird, deren Entscheidung der Mitgenehmigung der Bürgerschaft bedarf (§. 48.– 50.), so muß ein desfallsiger Beschluß der Bürgerschaft schon vorliegen, ehe die Geldbewilligung durch den Bürgerausschuß erfolgen kann. – 2) um Verwendung der bereits im Staatsbudget ausgesetzten Summen, so weit nicht die einzelnen Behörden zur Verwendung dieser Summen berechtigt sind; 3) um den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken für den Staat, die Kirchen, die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten und die Privatstiftungen, so weit mit der Veräußerung nicht ein Aufgeben von Hoheitsrechten verbunden ist und das Grundstück nicht einen höheren Werth hat, als von 6000 Mark Capital oder von 300 Mark jährlicher Rente; (§. 49. V. 1. 2. §. 50. IX.) 4) um Aenderungen in der Verwaltung oder in der Benutzung des Eigenthumes des Staates, der Kirchen, der öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten und der Privatstiftungen, wenn ein Werth von nicht mehr als

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L ÜBECK 6000 Mark Capital oder 300 Mark jährlicher Rente in Frage steht; (§. 49. V. 1. 2. §. 50. IX.) 5) um Verfügungen über Denkmäler der Kunst oder des Alterthums; endlich 6) um Entscheidungen, welche von der Bürgerschaft dem Bürgerausschusse durch einen besondern Beschluß übertragen sind. Wenn der Bürgerausschuß einen Antrag des Senats ablehnt, so ist es dem Senate unbenommen, denselben Antrag an die Bürgerschaft zu richten. § 70. Ueber alle zur Verhandlung mit der Bürgerschaft gehörende Gegenstände hat der Senat die Ansicht des Bürgerausschusses einzuziehen, bevor er seine Anträge an die Bürgerschaft gelangen läßt. § 71. Der Bürgerausschuß hat die Befugniß, Anträge und Vorschläge, sei es in Folge ihm von der Bürgerschaft überwiesener Anregen (§. 59.) sei es aus eigenem Antriebe an den Senat zu richten. § 72. Zu jeder Wahl eines bürgerlichen Deputirten bei denjenigen Verwaltungsbehörden, welche von Mitgliedern des Senates und der Bürgerschaft gebildet werden, hat der Bürgerausschuß dem Senate zwei Bürger vorzuschlagen, welche von allen zur Theilnahme an den Wahlen in die Bürgerschaft Berechtigten ihm dazu am meisten geeignet erscheinen. Er selbst ernennt die Mitglieder von Geheim-Commissionen (§. 51.), und übt im Namen der Bürgerschaft diejenigen Wahlbefugnisse aus, welche bis zum 8. April 1848 der Bürgerschaft selbst zustanden; auch hierbei hat der Bürgerausschuß aus sämmtlichen Personen zu wählen, welche an den Wahlen in die Bürgerschaft theilzunehmen berechtigt sind. 4. Versammlungen des Bürgerausschusses § 73. Der Bürgerausschuß versammelt sich regelmäßig alle vierzehn Tage auf dem

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Rathhause zur Zeit der Versammlungen des Senates; bei besonderer Veranlassung kann der Senat denselben auch zu einer andern Zeit durch den Wortführer zusammenberufen lassen. Außerdem kann der Wortführer selbst eine Versammlung des Bürgerausschusses ansetzen, so oft ihm dieselbe nothwendig erscheint; verpflichtet ist er dazu, sobald sechs Mitglieder des Bürgerausschusses es begehren und den Zweck der Berufung, sowie die Gründe ihres Verlangens, in einem schriftlichen Antrage darlegen. § 74. Die Mitglieder des Bürgerausschusses nehmen ihren Sitz in der Reihenfolge ein, welche in der ersten auf die regelmäßige jährliche Ergänzung des Bürgerausschusses folgenden Versammlung durch das Loos bestimmt wird. § 75. Den Vorsitz in den Versammlungen und die Leitung der Geschäfte hat der Wortführer des Bürgerausschusses. Ist derselbe zu erscheinen verhindert, so tritt einer der Stellvertreter desselben für ihn ein, nach der Reihenfolge, welche durch die Wahl bestimmt ist. § 76. Zu einer gültigen Beschlußnahme des Bürgerausschusses ist die Anwesenheit von mindestens zwei Drittheilen sämmtlicher Mitglieder erforderlich. § 77. Die Anträge des Senates werden dem Bürgerausschusse in schriftlicher Abfassung durch Commissarien überbracht, und von diesen, nach mündlicher Erläuterung, mit dem Bürgerausschusse besprochen. Bei der Abstimmung sind die Commissarien nicht gegenwärtig. § 78. In der Regel muss die Entscheidung des Bürgerausschusses auf die Anträge des Senates in derselben Versammlung, in welcher sie vorgelegt sind, erfolgen. Der

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Bürgerausschuß kann indessen bei umfangreichen und eine vorgängige Prüfung ausführlicher Anlagen erfordernden Anträgen, oder auch dann, wenn er es für angemessen hält, Einigen aus seiner Mitte eine besondere Begutachtung einzelner Fragen zu übertragen, seine Beschlußnahme aussetzen.

halb drei Tagen dem Wortführer der Bürgerschaft zuzustellen. Derselbe ist auch berechtigt, die von dem Senate an den Bürgerausschuß gelangten Schriftstücke, nach Beendigung der mit dem Bürgerausschusse darüber gepflogenen Verhandlungen, zur Einsicht zu begehren.

§ 79. Wenn dem Bürgerausschusse über irgend einen Punkt noch eine Aufklärung erforderlich scheint, steht es ihm frei, eine weitere Besprechung mit den Commissarien des Senates zu begehren. Auch den einzelnen mit der Begutachtung eines besondern Gegenstandes beauftragten Mitgliedern des Bürgerausschusses steht diese Befugniß zu.

§ 84. Die von dem Bürgerausschusse in Gegenständen, bei welchen ihm die Mitentscheidung zusteht (§. 69.), auf Anträge des Senates erfolgten endlichen Erklärungen werden von dem Senate der Bürgerschaft in deren nächsten Versammlung mitgetheilt, und in gleicher Weise, wie die mit Zustimmung der Bürgerschaft gefaßten Beschlüsse, bekannt gemacht (§. 63.).

§ 80. Bei Abstimmungen gilt im Falle einer sich ergebenden Stimmengleichheit eine zur Entscheidung verstellte Frage für verneint, bei einer Wahl entscheidet dagegen das Loos.

Verfahren bei beharrlicher Meinungsverschiedenheit zwischen dem Senate und der Bürgerschaft

§ 81. Vor dem Schlusse einer jeden Versammlung des Bürgerausschusses ist das Protokoll derselben zu verlesen, und, so weit es Beschlüsse auf Anträge des Senates, Anträge an den Senat, Entscheidungen in Berufungsfällen (§. 39.) und Wahlen enthält, in einem von dem Protokollführer unterzeichneten Auszuge den Commissarien des Senates zuzustellen. Wenn der Bürgerausschuß einem Antrage des Senates nicht beistimmt, sind die Gründe des abweichenden Beschlusses in der Regel in den Protokollauszug mit aufzunehmen, es kann indessen auch die Nachlieferung derselben vorbehalten werden. § 82. Die Bestimmung des Geschäftsganges in den Versammlungen bleibt, in so weit nicht darüber im Vorstehenden Vorschriften enthalten sind, dem Bürgerausschusse selbst überlassen. § 83. Das Protokoll einer jeden Versammlung des Bürgerschusses ist inner-

III

§ 85. Zeigt sich bei den Verhandlungen über Anträge des Senates an die Bürgerschaft oder über Anträge der Bürgerschaft an den Senat zwischen beiden eine beharrliche Meinungsverschiedenheit, so kommen die nachfolgenden Bestimmungen zur Anwendung. § 86. Wenn zwischen dem Senate und der Bürgerschaft über die authentische Auslegung bestehender Gesetze eine Meinungsverschiedenheit obwaltet, insbesondere wenn Bestimmungen der Verfassung streitig sind, oder wenn ein von dem Senate oder von der Bürgerschaft auf den Grund der Verfassung in Anspruch genommenes Recht von dem andern Theile bestritten wird, so wird zuvörderst der Versuch gemacht, die Meinungsverschiedenheit im Wege der Verständigung zu beseitigen. Bleibt dieser Versuch ohne Erfolg, so ist die Streitfrage der rechtlichen Entscheidung des Ober-Appellations-Gerichtes der

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L ÜBECK vier freien Städte Deutschlands zu unterwerfen. Das dabei zu beobachtende Verfahren wird durch eine besondere Uebereinkunft zwischen dem Senat und der Bürgerschaft festgestellt werden. § 87. Weichen dagegen die Meinungen des Senates und der Bürgerschaft darüber von einander ab, was das Staatswohl erfordere und sind in einem solchen Falle der Senat und die Bürgerschaft der übereinstimmenden Ansicht, daß eine Beschlußnahme ohne wesentlichen Nachtheil für das Gemeinwesen keinen Aufschub erleide, so ist die Meinungsverschiedenheit durch den Ausspruch einer Entscheidungs-Commission zu beseitigen. Aenderungen der StaatsVerfassung dürfen indessen niemals durch den Ausspruch einer solchen Commission herbeigeführt werden. § 88. Die Entscheidungs-Commission wird durch sieben Mitglieder des Senates und sieben Mitglieder der Bürgerschaft gebildet. Jene werden vom Senate, diese von der Bürgerschaft, durch geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel, erwählt. § 89. Diese Wahl erfolgt an demselben Tage, an welchem sich der Senat und die Bürgerschaft vollständig darüber geeinigt haben, daß eine Entscheidungs-Commission zusammentreten solle und welcher Auftrag derselben zu ertheilen sei. § 90. Die Mitglieder des Senates sind zufolge ihres Rathseides, die Mitglieder der Bürgerschaft zufolge ihres Bürgereides, verpflichtet, die auf sie gefallene Wahl anzunehmen. Nur für Kranke oder Abwesende, ist daher zu einer neuen Wahl zu schreiten. § 91. Die in die Entscheidungs-Commission berufenen Mitglieder des Senates und der Bürgerschaft haben spätestens in der nächsten nach der Wahl stattfindenden Versammlung des Senates, in Gegenwart des

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Bürgerausschusses, folgenden Eid zu leisten: Ich schwöre und gelobe zu Gott, bei der mir übertragenen Entscheidung der zwischen dem Senate und der Bürgerschaft obwaltenden Meinungsverschiedenheit mich lediglich durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl leiten zu lassen, meinen Ausspruch nur nach meinem besten Wissen und Gewissen zu thun, über Alles was in der Commission verhandelt werden wird, namentlich auch darüber, in welcher Weise die Entscheidung zu Stande gekommen ist, wie ich selbst und die übrigen Mitglieder der Commission gestimmt haben, niemals irgend Jemanden eine Mittheilung zu machen, vielmehr über dieses Alles das unverbrüchlichste Stillschweigen zu bewahren. So wahr mir Gott helfe! § 92. Die Commission erwählt ihren Vorsitzenden aus den ihr angehörigen Mitgliedern des Senates, in geheimer Abstimmung mittelst Stimmzettel. § 93. Die Reihenfolge, in welcher die übrigen Mitglieder ihren Sitz einzunehmen haben und in welcher die Abstimmung geschieht, wird durch das Loos festgestellt. Der Vorsitzende darf seine Stimme jedoch erst dann abgeben, wenn die übrigen Mitglieder der Commission abgestimmt haben. § 94. Zur Beschlußnahme der Commission ist Stimmenmehrheit sämmtlicher Mitglieder erforderlich. Ergiebt sich Stimmengleichheit, so erwählt die Commission aus ihrer Mitte einen aus drei Mitgliedern des Senates und drei Mitgliedern der Bürgerschaft bestehenden Ausschuß, welcher sich über den von der Entscheidungs-Commission zu fällenden Ausspruch verständigen muß. § 95. Der Ausspruch der EntscheidungsCommission muss spätestens innerhalb vierzehn Tagen nach der geschehenen Beeidigung ihrer Mitglieder erfolgen.

R EVIDIERTE V ERFASSUNG VON L ÜBECK (1848) Derselbe wird, nachdem er von sämmtlichen Mitgliedern in der Schlußsitzung unterzeichnet und mit einem Siegel verschlossen ist, sofort durch zwei Mitglieder der Commission dem im Senate den Vorsitz führenden Bürgermeister überbracht. § 96. Wenn die Entscheidungs-Commission bei ihrer Berathung die Ansicht gewonnen haben sollte, daß die zwischen dem Senate und der Bürgerschaft obwaltende Meinungsverschiedenheit ihr in anderer Weise, als geschehen, hätte zur Entscheidung verstellt werden müssen, und daß die Annahme eines von ihr zu machenden Vorschlages dem Gemeinwohl am Meisten entsprechen würde, so hat sie diesen ihren Vorschlag dem Senate einzureichen, jedoch gleichfalls verschlossen und zugleich mit dem entscheidenden Ausspruche auf die ihr vorgelegte Frage. Für einen solchen Fall ist in dem Senate und in der Bürgerschaft zuerst über den von der Commission eingereichten Vorschlag zu verhandeln; bis dahin, daß sich diese Verhandlungen zerschlagen haben, bleibt der Entscheidungsspruch selbst uneröffnet bei dem Senate liegen. § 97. Der Ausspruch der EntscheidungsCommission wird innerhalb acht Tagen nachdem er eingereicht, oder nachdem der

etwanige Vermittlungs-Vorschlag (§. 96.) verworfen worden, in der Versammlung des Senates, in Gegenwart des Bürgerausschusses, von dem den Vorsitz führenden Bürgermeister eröffnet und verlesen. Der Ausspruch gilt sodann als Rath- und Bürgerschluß.

1

Ediert nach Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No. 61, Lübeck 1849, S. 186–213. Die revidierte Verfassung wurde am 30. Dezember 1848 beschlossen, unterzeichnet sowie verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Ihr voraus ging die „Verfassungs-Urkunde für die Freie und Hansestadt Lübeck“ (Sammlung der Lübeckischen Verordnungen und Bekanntmachungen, Bd. 15 (1848), No.15, Lübeck 1849, S. 23–70). Siehe „Verfassung von Lübeck (1848)“. Sie wurde abgelöst von der „Verfassung der Freien und Hansestadt Lübeck“ vom 5. April 1875 (siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 349, 1–18). In der Zwischenzeit wurde diese Verfassung 1851/52 erneut einer Revision unterzogen (siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K.G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 348, 1–21). Siehe auch Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 547. Für weiterführende Hinweise siehe Gerhard Ahrens, Von der Franzosenzeit bis zum Ersten Weltkrieg 1806–1914: Anpassungen an die Forderungen der neuen Zeit (6. Teil), in: Antjekathrin Graßmann, Lübeckische Geschichte, Lübeck 1988, S. 529–677, insbes. S. 614ff.; Friedrich Bruns, Verfassungsgeschichte des Lübeckischen Freistaates 1848–1898, Lübeck 1898; Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 547.

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Verfassungsentwurf für Mecklenburg-Schwerin (1848)

Entwurf des Staatsgrundgesetzes für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin1

I. ABSCHNITT

II. ABSCHNITT

Vom Staatsgebiete

Von den Rechten der Mecklenburger

A RT. 1. Das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin in seinen gegenwärtigen Landestheilen bildet einen unter einer Verfassung vereinigten untheilbaren Staat, dessen Selbstständigkeit nur durch die allgemeine Verfassung Deutschlands beschränkt ist. Diese Vereinigung ergreift auch die Stadt und Herrschaft Wismar, so wie die Aemter Poel und Neukloster nebst Zubehörungen für die ganze Dauer des zwischen Schweden und Mecklenburg-Schwerin zu Malmö am 26. Junius 1803 abgeschlossenen Vertrags, jedoch dergestalt, daß, in dem vorbehaltenen Falle einer Wiedereinlösung von Seiten des Königs von Schweden, weder den Rechten des Letzteren, noch denjenigen der genannten Gebietstheile durch solche Vereinigung irgendwie ein Abbruch geschehen soll.

A RT. 3. Die Bedingungen für die Erwerbung und den Verlust der Eigenschaft eines Mecklenburgers, so wie für die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte werden durch die Verfassung und besondere Gesetze bestimmt.

A RT. 2. Eine Veränderung der Gränzen des Staatsgebiets kann nur in Uebereinstimmung des Großherzogs und der Abgeordneten-Kammer vorgenommen werden. Gränzberichtigungen sind hierunter nicht begriffen, wenn nicht in Folge davon Staatsangehörige aus dem Staatsverbande treten.

A RT. 4. Als verfassungsmäßige Rechte der Mecklenburger treten sofort in Kraft alle diejenigen Bestimmungen, welche die allgemeine deutsche Verfassung definitiv feststellen wird über die nachstehend verzeichneten Gegenstände, betreffend. 1) die Strafe des bürgerlichen Todes (§. 4.)I , 2) die Auswanderungsfreiheit, die Abzugsgelder (§. 5.), 3) die Gleichheit vor dem Gesetze, die Standesprivilegien und Ordenstitel, die Zugänglichkeit zu den öffentlichen Aemtern, das Waffenrecht und die Wehrpflicht (§. 6.), 4) die Freiheit der Person, den Anspruch auf den gesetzlichen Richter, die Ausnahmsgerichte, die Verhaftung von Personen, die Todesstrafe und die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung (§. 7.), 5) die Unverletzlichkeit der Wohnung, die Vornahme von Haussuchungen (§. 8.),

I Die am Schlusse der einzelnen Nummern angezogenen Paragraphen beziehen sich auf den der Frankfurter Verhandlung grundleglich gemachten Entwurf.

213

M ECKLENBURG -S CHWERIN 6) das Briefgeheimniß und die Beschlagnahme von Briefen und Papieren (§. 9.),

23) die Enteignung aus Rücksichten des gemeinen Bestens (§. 26.),

7) das Recht der freien Meinungsäußerung, die Preßfreiheit und die Aburtheilung der Preßvergehen (§. 10.),

24) die beziehungsweise Ablösbarkeit und Aufhebung der guts- und schutzherrlichen Grundlasten, ländlicher Servituten, der Gerichtsherrlichkeit, der gutsherrlichen Polizei, so wie der übrigen einem Grundstücke zuständigen Hoheitsrechte und Privilegien, der aus solchen Rechten herstammenden Befugnisse, Exemtionen und Abgaben, der aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande entspringenden persönlichen Abgaben und Leistungen, der Jagdgerechtigkeit auf fremden Grund und Boden; – die Ausübung des Jagdrechts auf eigenem Grund und Boden (§. 27. 28. 29.),

8) die Glaubens- und Gewissensfreiheit (§. 11.), 9) die gemeinsame Uebung der Religion (§. 12.), 10) die Einwirkung des religiösen Bekenntnisses auf den Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und die Uebung der staatsbürgerlichen Pflichten (§. 13.), 11) die Bildung neuer Religionsgesellschaften, das Recht der Religionsgesellschaften auf selbstständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten, die Aufhebung des Kirchenpatronats (§. 14.),

25) die Aufhebung der Bevorzügung einzelner Stände und Güter bei Besteuerungen (§. 30.),

12) den Zwang zu kirchlichen Handlungen und Feierlichkeiten (§. 15.),

26) die Auflösung des Lehnsverbandes (§. 31.),

13) die bürgerliche Gültigkeit der Ehe, die Führung von Standesbüchern (§. 16.), 14) die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre (§.17.),

27) die Familien-Fideicommisse (§. 32.),

15) die Ertheilung des Unterrichtes und Gründung von Unterrichtsanstalten (§. 18.), 16) die unentgeltliche Ertheilung des Unterrichts (§. 19), 17) die Freiheit, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden (§. 20.), 18) das Recht der Bitte und der Beschwerde (§. 21.), 19) das Recht auf gerichtliche Verfolgung öffentlicher Beamte wegen amtlicher Handlungen (§. 22.),

28) die Strafe der Gütereinziehung (§. 33.), 29) die Gerichtsbarkeit und die Aufhebung der Patrimonialgerichte (§. 34.), 30) die Aufhebung des privilegirten Gerichtsstandes der Personen und Güter (§. 35.), 31) die Unabsetzbarkeit der Richter, deren Versetzung und Pensionirung (§. 36.), 32) die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens (§. 37.), 33) die Einführung des Anklageprocesses und der Schwurgerichte (§. 38.),

20) das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, die Abhaltung von Volksversammlungen unter freiem Himmel (§. 23.),

34) die Uebung oder Mitübung der bürgerlichen Rechtspflege in Sachen besonderer Berufserfahrung durch Männer aus dem Volke (§. 39.),

21) das Recht, Vereine zu bilden (§. 24.),

35) die Trennung der Rechtspflege und Verwaltung (§. 40.),

22) die Unverletzlichkeit des Eigenthums, dessen Theilbarkeit, und das Recht der freien Verfügung über dasselbe (§. 25.),

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36) das Aufhören der Verwaltungsrechtspflege (§. 41.)

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848)

III. ABSCHNITT Von der Regierungsform und dem Staatsoberhaupte A RT. 5. Die Regierungsform ist constitutionell monarchisch nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Staatsgrundgesetzes.

Zu ihrer Gültigkeit bedürfen solche Verträge der Zustimmung oder der nachträglichen Genehmigung der Abgeordneten-Kammer. A RT. 13. Der Großherzog leitet und überwacht die gesammte innere Landesverwaltung und führt über das gesammte Militair den Oberbefehl.

A RT. 6. Der Großherzog ist das Oberhaupt des Staates und übt die ihm zustehenden Rechte der Staatsgewalt verfassungsmäßig aus.

A RT. 14. Die oberste Leitung der Regierung unter dem Großherzoge geht von dem Gesammtministerium aus. Für die einzelnen Verwaltungszweige bestehen besondere Ministerien.

A RT. 7. Der Großherzog kann ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer nicht zugleich Oberhaupt eines anderen Staates sein.

A RT. 15. Der Großherzog übt das Münzrecht nach Maaßgabe des Gesetzes.

A RT. 8. Der Sitz der Staatsregierung darf, dringende Nothfälle in Kriegszeiten ausgenommen, nicht außerhalb des Staatsgebietes verlegt werden. Auch wird der Großherzog seinen wesentlichen Aufenthalt nicht außerhalb desselben nehmen. A RT. 9. Die Person des Großherzogs ist unverletzlich. Seine Minister sind verantwortlich. Alle Regierungserlasse des Großherzogs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. A RT. 10. Dem Großherzoge steht die vollziehende Gewalt allein zu. Er ernennt und entläßt die Minister nach eigener Entschließung. A RT. 11. Der Großherzog hat alle Staatsdiener des Civilstandes und des Militairstandes zu bestellen. A RT. 12. Der Großherzog vertritt das Großherzogthum nach Außen und schließt Verträge mit anderen Staaten.

A RT. 16. Der Großherzog kann ausgezeichnete Verdienste belohnen, namentlich durch Ehrenzeichen und Würden. Einrichtungen und Anordnungen, wodurch Standesunterschiede und Standesvorrechte begründet werden können, dürfen jedoch von ihm nicht getroffen werden. A RT. 17. Der Großherzog übt auf erforderten und erstatteten Bericht des erkennenden Gerichts das Begnadigungsrecht. Sind nach dem Gutachten des Justizministeriums ausreichende Gründe dazu vorhanden, so kann auch der Großherzog, bevor die Untersuchung begonnen oder über die Bestrafung erkannt worden, alles Verfahren gegen den Angeschuldigten einstellen und niederschlagen lassen. Der Großherzog wird jedoch bei Ausübung des einen oder des anderen Rechtes darauf Rücksicht nehmen, daß das Ansehen und die Wirksamkeit der Strafgesetze nicht darunter leiden. Ist gegen einen Minister wegen seiner Amtsführung Anklage erhoben, so dürfen die Begnadigung oder die Abolition nur auf Antrag der Abgeordneten-Kammer geübt werden.

215

M ECKLENBURG -S CHWERIN Eben so wenig ist es zulässig, Untersuchungen gegen Staatsdiener wegen Dienstverbrechen niederzuschlagen.

die verfassungsmäßigen Rechte des Großherzogs irgendwie schmälern, nicht vorgenommen werden.

A RT. 18. Das Recht der Thronfolge ist nach hausgesetzlicher Vorschrift erblich in dem aus ebenbürtiger Ehe entsprossenen Mannsstamme des Großherzoglichen Hauses, nach dem Rechte der Erstgeburt und der Lineal-Erbfolge.

A RT. 24. Die in Bezug auf die Erziehung und den Unterricht des minderjährigen Großherzogs zu treffenden Anordnungen bedürfen der Zustimmung des Gesammtministeriums.

A RT. 19. Der Großherzog ist volljährig mit zurückgelegtem neunzehnten Lebensjahre. A RT. 20. Im Falle der Minderjährigkeit des Großherzogs tritt für die Zeit derselben eine Regentschaft ein. Die Person des Regenten, welcher zugleich Vormund ist, bestimmt sich nach den Hausgesetzen, insofern nicht durch ein besonderes Gesetz darüber Anordnung getroffen ist. Sind keine nach den Hausgesetzen zur Regentschaft berechtigte Personen vorhanden, oder lehnen dieselben die Uebernahme ab, so bestimmt die Abgeordneten-Kammer den Regenten aus den nicht regierenden, volljährigen Prinzen der Fürstenhäuser Deutschlands, und ebendasselbe findet Statt, wenn der Großherzog in der Unmöglichkeit sich befindet, die Regierung zu führen. A RT. 21. Der Großherzog hat das Recht, mit Zustimmung der der AbgeordnetenKammer im Voraus für die Fälle eine Regentschaft anzuordnen, daß sein Nachfolger zur Zeit des Anfalls der Regierung minderjährig oder sonst zu regieren verhindert wäre. A RT. 22. Der Regent übt im Namen des Großherzogs die Staatsgewalt, wie sie dem Großherzog selbst verfassungsmäßig zusteht. A RT. 23. Während der Regentschaft dürfen Veränderungen der Verfassung, welche

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A RT. 25. Der Aufwand des Regenten ist aus der Civilliste zu bestreiten. A RT. 26. Der Regent ist verpflichtet, seinen wesentlichen Aufenthalt innerhalb Landes zu nehmen.

IV. ABSCHNITT Von der Abgeordneten-Kammer A RT. 27. Für das Großherzogthum besteht eine Abgeordneten-Kammer, deren Mitglieder durch Wahl ihrer Mitbürger nach dem Verhältnisse der Zahl der Bevölkerung bestimmt werden. A RT. 28. Die Wahl der Abgeordneten wird vermittelt durch Wahlmänner. A RT. 29. Für die Wahl der Wahlmänner ist das Großherzogthum in Wahlabtheilungen und für die Wahl der Abgeordneten in Wahlbezirke einzutheilen. A RT. 30. Die Ernennung oder Beförderung eines Abgeordneten zu einem Staatsamte vernothwendigt eine neue Wahl, durch welche derselbe jedoch wiedererwählt werden kann. A RT. 31. Für einen zum Abgeordenten erwählten Staatsbeamten im Civil- oder Militairdienste bedarf es eines dienstlichen Urlaubes nicht; derselbe muß aber seine Wahl der ihm vorgesetzten Dienstbehörde sofort anzeigen. Ist das betreffende Ministerium der Ansicht, dass seinem Eintreten in die Abgeordneten-Kammer erhebliche Bedenken in

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) Hinsicht des Dienstes entgegenstehen, so hat es der Abgeordneten-Kammer davon Mittheilung zu machen, welche über die Gewährung oder Nichtgewährung zu entscheiden hat. A RT. 32. Die Wahl der Abgeordneten, von denen alle zwei Jahre die eine Hälfte austritt, geschieht auf vier Jahre und entscheidet über den Austritt beim ersten Male das Loos. Jeder Austretende kann wieder erwählt werden. A RT. 33. Sobald ein Abgeordneter vor Ablauf des Zeitraums, für welchen er berufen ist, verstirbt oder aus sonstigen Gründen aufhört, Mitglied der Abgeordneten-Kammer zu sein, ist für die übrige Zeit eine neue Wahl vorzunehmen. A RT. 34. Die Abgeordneten-Kammer hat die Legitimation ihrer Mitglieder zu prüfen und darüber zu entscheiden. Sie ernennt vermittelst geheimer Stimmgebung ihren Präsidenten und Vice-Präsidenten, so wie ihre Schriftführer. A RT. 35. Die Abgeordneten-Kammer steht nur mit dem Gesammtministerium in unmittelbarer Geschäftsbeziehung, mit alleiniger Ausnahme der Mittheilungen zwischen ihr und dem Staatsgerichtshofe. (Art. 125.) Dieselbe ist befugt, über die ihrer Berathung vorliegenden Gegenstände von dem Gesammtministerium Auskunft und die Vornahme von Ermittelungen zu begehren und die persönliche Zuziehung von Sachverständigen zu den Ausschußarbeiten zu veranlassen. A RT. 36. Die Abgeordneten haben sich als Repräsentanten des ganzen Landes anzusehen und folgen bei Abstimmungen allein nur ihrer eigenen Ueberzeugung und ihrem Gewissen. Ihre Befugnisse können sie nur bei persönlichem Erscheinen in der Abgeordneten-

Kammer ausüben und sind sie an keinerlei Aufträge oder Instructionen gebunden. A RT. 37. Jeder Abgeordnete hat bei seinem ersten Eintreten in die AbgeordnetenKammer den nachfolgenden Eid zu leisten: Ich gelobe, die Staatsverfassung heilig und treu zu bewahren und in der Abgeordneten-Kammer das Wohl des Großherzogs und des Landes ohne Nebenrücksichten, nach meinem besten Wissen und Gewissen zu beachten. So wahr mir Gott helfe! Von dem Präsidenten der AbgeordnetenKammer wird dieser Eid in die Hände des Großherzogs oder des von ihm dazu beauftragten Gesammtministeriums, so wie von den übrigen Mitgliedern dem Präsidenten in der Abgeordneten-Kammer abgelegt. Ein Abgeordneter, welcher in Folge einer neuen Wahl wieder eintritt, wird mittelst Handschlags verpflichtet, unter Verweisung auf den früher abgelegten Eid. A RT. 38. Kein Abgeordneter kann wegen seiner Aeußerungen und Abstimmungen in der Abgeordneten-Kammer anders als durch diese letztere, beziehungsweise ihren Vorsitzenden, zurechtgewiesen und zur Verantwortung gezogen werden. Wegen eines durch solche Aeußerungen etwa begangenen Verbrechens oder Vergehens kann die Abgeordneten-Kammer ihre Mißbilligung förmlich aussprechen, auch den Fall zur strafrechtlichen Erledigung an den gesetzlichen Richter verweisen. A RT. 39. Ein Abgeordneter darf während der Dauer der Zusammenkunft der Abgeordneten-Kammer und auf der Hin- und Rückreise wegen Verbrechen oder Vergehen nur bei Ergreifung auf frischer That oder mit Zustimmung der Abgeordneten-Kammer verhaftet werden. Im ersteren Falle ist die AbgeordnetenKammer von der geschehenen Verhaftung, mit Angabe des Grundes, unverzüglich in Kenntniß zu setzen.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Die Verhaftung eines Abgeordneten aus civilrechtlichen Gründen erfordert gleichfalls die Zustimmung der Abgeordneten-Kammer. Auf Verlangen der Letzteren ist für die Zeit ihrer Zusammenkunft jegliches Strafverfahren gegen einen Abgeordneten, so wie jede Haft eines solchen aufzuheben. A RT. 40. Gesuche oder sonstige Anträge dürfen von Nicht-Mitgliedern bei der Abgeordneten-Kammer nur schriftlich eingesandt werden. Eine persönliche Ueberreichung oder mündliches Vorbringen sind unstatthaft. Daneben bleibt es den einzelnen Abgeordneten überlassen, die etwa an ihn für die Abgeordneten-Kammer gelangenden besonderen Anliegen weiter zu befördern. A RT. 41. Die Abgeordneten-Kammer ist befugt, die bei ihr eingereichten Beschwerden von Staatsangehörigen anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer darlegt, daß er sich vergeblich bemühet hat, bei den betreffenden Staatsbehörden Abhülfe zu erlangen. Sie hat das Recht, wegen bemerkter Mängel oder Mißbräuche in der Landesverwaltung aus eigenem Antriebe Beschwerde zu führen. Werden die Beschwerden gegründet befunden, so soll deren Abstellung sofort geschehen und ist jedenfalls der Abgeordneten-Kammer von dem Erfolg Kenntniß zu geben. A RT. 42. Gesetze können nur in Uebereinstimung des Großherzogs mit der Abgeordneten-Kammer erlassen, aufgehoben, geändert oder authentisch ausgelegt werden und hat auch die Abgeordneten-Kammer das Recht zu Anträgen und Gesetzesvorlagen. A RT. 43. Ein von der Abgeordneten-Kammer eingebrachter Gesetzesvorschlag darf während derselben Zusammenkunft nicht

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wieder vorgelegt werden, wenn der Großherzog selbigen ablehnt. Wird in der darauf folgenden ordentlichen Zusammenkunft, nachdem zuvor ein aus einem Drittel der Abgeordneten-Kammer niedergesetzter Ausschuß zu Gunsten des Gesetzesvorschlags berichtet, derselbe von drei Viertel der Abgeordneten-Kammer unverändert angenommen und versagt der Großherzog zum zweiten Male die Genehmigung, so ist die Abgeordneten-Kammer aufzulösen. Nimmt die neue Abgeordneten-Kammer die Verhandlung in ihrer ersten Zusammenkunft wieder auf und erfolgt von ihrer Seite, unter Beobachtung der für die zweite Prüfung gegebenen Vorschriften, die unveränderte Annahme mit drei Viertel Stimmen, so ist mit der Publication des Gesetzes in Maaßgabe des Artikels 46 zu verfahren. Vorschläge, welche eine Veränderung der constitutionell-monarchischen Regierungsform und der verfassungsmäßigen Rechte des Staatsoberhaupts, in soweit sie durch das Princip dieser Regierungsform bedingt werden, so wie insonderheit eine Veränderung dieses Artikels betreffen, erfordern allemal die ausdrückliche Genehmigung des Großherzogs. A RT. 44. Die zur Vollziehung und Handhabung der Gesetze erforderlichen Verordnungen erläßt der Großherzog ohne Mitwirkung der Abgeordneten-Kammer. A RT. 45. Auch erläßt der Großherzog solche ihrer Natur nach der Zustimmung der Abgeordneten-Kammer bedürfende gesetzliche Verfügungen, welche durch die Umstände dringend geboten sind und weder einen Aufschub bis zur nächsten ordentlichen Zusammenkunft der AbgeordnetenKammer zulassen, noch die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung der Abgeordneten-Kammer gestatten oder durch ihre Wichtigkeit rechtfertigen, auch eine Abänderung des Staatsgrundgesetzes nicht

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) enthalten. Der Abgeordneten-Kammer sind bei ihrer nächsten Zusammenkunft, unter Darlegung der Dringlichkeit und Zweckmäßigkeit, die also erlassenen Verfügungen zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen. Erfolgt diese nicht, so treten solche Verfügungen außer Kraft. A RT. 46. Der Großherzog befiehlt die Verkündigung der Gesetze mit ausdrücklichem Bezug auf die erfolgte Zustimmung der Abgeordneten-Kammer, ohne jemals die Vollziehung derselben aufschieben oder erlassen zu können. In den Fällen des Art. 45 ist bei der Verkündigung der obwaltenden Umstände zu gedenken. A RT. 47. Würden Zweifel darüber aufkommen, ob bei einem gehörig verkündigten Gesetze die verfassungsmäßige Mitwirkung der Abgeordneten-Kammer hinreichend Statt gefunden, so hat nur die Letztere das Recht, dieserhalb Anträge zu machen. A RT. 48. Erörterungen zum Zweck der Aufhebung eines von der AbgeordnetenKammer gültig gefaßten Beschlusses dürfen nicht anders eröffnet werden, als wenn von einem Drittel der Mitglieder darauf angetragen wird. Ist dies der Fall, so muß zur Prüfung der Sache ein Ausschuß niedergesetzt werden, und wenn dieser für die Aufhebung berichtet, auch zwei Drittel der Abgeordneten-Kammer dafür stimmen, ist der betreffende Beschluß außer Geltung gesetzt. Dieser Bestimmung unterliegen jedoch nicht die von dem Gesammtministerium eingebrachten Gegenstände. A RT. 49. Die Versammlung der Abgeordneten-Kammer muß alle zwei Jahre im Monat November von dem Großherzoge zusammenberufen werden.

Unterbleibt dies, so versammelt sich dieselbe am letzten Tage dieses Monats von Rechtswegen, und zwar, insoweit inzwischen keine Ergänzungswahlen vorgenommen worden, in ihrem bisherigen Bestande. Außerdem steht es dem Großherzoge frei, jederzeit, wenn er es für nothwendig hält, die Abgeordneten-Kammer außerordentlich zusammenzuberufen, und wenn dies der Fall gewesen, braucht die ordentliche Versammlung erst im November des darauf folgenden Jahres abgehalten zu werden. A RT. 50. Die Einberufung erfolgt mittelst Großherzoglicher Verordnung in dem Gesetzblatte. Deren zeitige Bewirkung ist die verfassungsmäßige Pflicht des Vorsitzenden im Gesammt-Ministerium, und müssen in der betreffenden Verordnung der Regel nach die der Abgeordneten-Kammer zu machenden wichtigeren Vorlagen im Allgemeinen bezeichnet werden. A RT. 51. Eine Versammlung der Abgeordneten-Kammer darf ohne Einberufung, oder nach dem Schlusse, der Vertagung oder Auflösung, nicht statthaben, mit alleiniger Ausnahme der in den Artikeln 49 und 57 bezeichneten Fälle. A RT. 52. Die Versammlungen sind am Orte der Staatsregierung abzuhalten. A RT. 53. Der Großherzog eröffnet und schließt die Versammlung der Abgeordneten-Kammer entweder in eigner Person oder durch einen dazu Bevollmächtigten. A RT. 54. Der Großherzog hat das Recht, die Abgeordneten-Kammer zu vertagen, zu verabschieden und aufzulösen, in welchem letztern Falle die Abgeordneten wieder wählbar sind. Die Gründe der Vertagung und der Auflösung sind der Abgeordneten-Kammer mitzutheilen.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN A RT. 55. Ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer darf die Vertagung den Zeitraum von drei Monaten nicht übersteigen und deren Wiederholung während derselben Zusammenkunft nicht stattfinden. A RT. 56. Die Abgeordneten-Kammer hat das Recht, sich auf drei Tage zu vertagen. Zu einer längeren Vertagung ist die Genehmigung des Großherzogs erforderlich. A RT. 57. Im Falle einer Auflösung muß in der dieselbe verfügenden Urkunde der Tag der neuen Wahlen bestimmt werden und sind dieselben innerhalb einer Zeitfrist von acht Wochen zu veranstalten. Die Einberufung ist dergestalt anzuordnen, daß vom Wahltage abgerechnet, binnen vier Wochen der Zusammentritt der neuen Abgeordneten-Kammer erfolgt. Wird die Anordnung der Wahlen oder die Einberufung unterlassen, so haben nach Ablauf von zwölf Wochen die Mitglieder der aufgelösten Abgeordneten-Kammer sich sofort ohne Einberufung zu versammeln und treten wiederum in ihre Rechte ein bis zur Bildung einer neuen Abgeordneten-Kammer. A RT. 58. Die Minister, so wie diejenigen Staatsbeamten, deren Zuziehung sie für nöthig halten, haben Zutritt zu den Sitzungen der Abgeordneten-Kammer und müssen bei allen Verhandlungen gehört werden. Die Abgeordneten-Kammer kann die Gegenwart der Minister verlangen und haben diese der Abgeordneten-Kammer auf die an sie gerichteten Fragen Antwort zu ertheilen. Ein Stimmrecht haben die Minister in der Abgeordneten-Kammer nur dann, wenn sie Mitglieder derselben sind. A RT. 59. Die Sitzungen der Abgeordneten-Kammer sind öffentlich. Sie werden geheim: a. auf Anfordern des Gesammtministeriums bei Mittheilungen, für welche dieses die Geheimhaltung nöthig hält, b. auf den Antrag des Präsidenten oder

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von wenigstens zehn Mitgliedern, wenn denselben nach Entfernung der Zuhörer die Mehrzahl der Abgeordneten beistimmt. A RT. 60. Nur den Ministern, den von ihnen zugezogenen Staatsbeamten, sowie den Berichterstattern der Ausschüsse ist das Ablesen schriftlicher Vorträge gestattet; alle übrigen Mitglieder der AbgeordnetenKammer dürfen nur mündliche Reden halten. A RT. 61. Aeußerungen des Beifalls oder der Mißbilligung, so wie sonstige Einwirkungen auf die Abgeordneten-Kammer oder den Gang der Verhandlungen sind den Zuhörern untersagt, und hat der Präsident erforderlichen Falles durch Entfernung derselben, die äußere Ordnung angemessen aufrecht zu erhalten. A RT. 62. Berathungen und Beschlüsse der Abgeordneten-Kammer dürfen nur bei Anwesenheit von zwei Drittel der durch die Verfassung bestimmten Zahl der Mitglieder stattfinden. Die Beschlüsse werden mit Ausnahme der in den Art. 43, 48 und 126 gedachten Fälle und der nach Ausweis der GeschäftsOrdnung vorzunehmenden Wahlen, durch absolute Stimmenmehrheit gefaßt. A RT. 63. Im Falle einer Stimmengleichheit ist die Sache in einer folgenden Sitzung wieder vorzubringen und wenn auch hier keine absolute Stimmenmehrheit erlangt werden sollte, so ist es anzusehen, als sei der zur Abstimmung gebrachte Gegenstand abgelehnt worden. A RT. 64. Die über die Verhandlungen in der Abgeordneten-Kammer aufgenommenen Protocolle sind durch den Druck bekannt zu machen, falls nicht in einzelnen Fällen die Abgeordneten-Kammer die Geheimhaltung beschließt. A RT. 65. Der vor dem Schlusse der Versammlung zu gebende Abschied wird eine

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) Zusammenstellung aller definitiven Resultate, so wie die Erklärungen des Großherzogs auf die Anträge der Abgeordneten-Kammer enthalten und ist durch das Gesetzblatt öffentlich bekannt zu machen. A RT. 66 Die näheren Bestimmungen über das Verfahren in den Versammlungen der Abgeordneten-Kammer und den Geschäftsbetrieb wird die von der Abgeordneten-Kammer zu beschließende Geschäftsordnung feststellen. A RT. 67. Die Abgeordneten, mit Ausnahme der am Orte der Versammlung wohnenden, erhalten Tagegelder und ihre Reisekosten erstattet.

V. ABSCHNITT Von den Gemeinden und Kreisverbänden A RT. 68. Alle Staatsgenossen müssen einer Gemeinde angehören. Dasselbe gilt von sämmtlichen Grundstücken. Ausgenommen von diesen Vorschriften sind nur die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses und die Großherzoglichen Schlösser und Gärten. A RT. 69. Die Bildung von Landgemeinden, so wie die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden überhaupt, sind durch ein Gesetz zu regeln, welches als Grundbestimmungen die freie Wahl der Beamten und Vertreter der Gemeinde, die eigene selbstständige Verwaltung des Gemeindevermögens und der Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei und eine angemessene Oeffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen, unter alljährlicher Veröffentlichung des Gemeindehaushaltes, aufzunehmen hat. A RT. 70. Die Oberaufsicht des Staats tritt nur aus Gründen des allgemeinen Wohls ein

und sind die Gränzen dieser Oberaufsicht in dem Gesetze näher zu bestimmen. A RT. 71. Keine Gemeinde darf zu Abgaben oder Leistungen herangezogen werden, wozu sie nicht ihre Zustimmung ertheilt hat, oder durch ein Gesetz verpflichtet worden ist. A RT. 72. Das ganze Großherzogthum ist in Kreise einzutheilen, denen die einzelnen Gemeinden angehören müssen.

VI. ABSCHNITT Vom Staatsdienste A RT. 73. Staatsbeamte, welche definitiv und ohne Kündigung angestellt sind, dürfen im Verwaltungswege nur unter Verleihung der gesetzlichen Pension entlassen werden. Die Verminderung oder gänzliche Entziehung der Pension kann nur durch richterlichen Spruch erfolgen. Bei einer Versetzung ist solchen Beamten, unter Erstattung der Umzugskosten, das ganze bisherige Gehalt zu belassen. A RT. 74. Die Anstellung der richterlichen Beamten muß auf Lebenszeit geschehen und dürfen dieselben mit ihren Gehalten nicht auf Sporteln angewiesen werden. A RT. 75. Ein richterliches Amt darf mit einem einträglichen Nebenamte nicht verbunden werden, wenn nicht in besonderen Fällen die Abgeordneten-Kammer ihre Zustimmung dazu ertheilt. A RT. 76. Richterliche Beamte dürfen die gerichtliche Advocatur nicht ausüben und als Notarien nicht fungiren. A RT. 77. Anwartschaften auf Staatsämter finden nicht Statt und dürfen Staatsdiener, deren Entsetzung vom Dienste in der Weise geschehen, daß ihre Unfähigkeit zum Staatsdienst durch gerichtliches Erkenntniß

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M ECKLENBURG -S CHWERIN ausdrücklich ausgesprochen worden ist, niemals wieder im Staatsdienste angestellt werden. A RT. 78. Die sonstigen Verhältnisse des Staatsdienstes sind durch ein Gesetz zu ordnen. A RT. 79. Die in Bezug auf die bestehenden Wittwen-Institute erworbenen Rechte stehen unter dem Schutze der Verfassung.

VII. ABSCHNITT Vom Schulwesen A RT. 80. Für den Elementar-Unterricht der Jugend hat jede Gemeinde ausreichende Sorge zu tragen. Der unvermögenden Gemeinde wird aus Staatsmitteln Hülfe gewährt. A RT. 81. Die Aufsicht über das Gemeinde-Schulwesen übt der von der Gemeinde einzusetzende Schulvorstand im Auftrage und aus Vollmacht der Gemeinde. A RT. 82. Anstalten für den höheren Unterricht, so wie Fachschulen hat der Staat zu erhalten und beziehungsweise zu gründen. A RT. 83. Der Staat führt die Oberaufsicht über sämmtliche Unterrichtsanstalten durch besondere von ihm eingesetzte Behörden. A RT. 84. Ein besonderes Gesetz, in Grundlage vorstehender Bestimmungen soll das gesammte Unterrichtswesen ordnen.

VIII. ABSCHNITT Vom Staatshaushalt A RT. 85. Die Sonderung des Staatsgutes von dem Gute des Großherzoglichen Hauses und beider von dem Privatvermögen des Großherzogs und der übrigen Mitglieder der Großherzoglichen Familie ist durch die

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zwischen dem Großherzog und der Abgeordneten-Kammer getroffene Vereinbarung vom ...... geschehen. Dieselbe ist diesem Staatsgrundgesetze unter No. I. angelegt und bildet einen wesentlichen Bestandtheil desselben. A RT. 86. Das gesammte Staatsgut ist, als eine untheilbare Gesammtmasse, stets in seinen wesentlichen Bestandtheilen zu erhalten und auf eine das nachhaltige Einkommen sichernde Weise lediglich zu den Zwecken des Staats zu benutzen. A RT. 87. Die Veräußerung oder Beschwerung des Staatsgutes mit Schulden oder andern Lasten kann nur mit Zustimmung der Abgeordneten-Kammer geschehen. Dasselbe gilt von der Veräußerung der dem Staatsoberhaupte zustehenden Rechte. Einer solchen Zustimmung bedarf es aber nicht zu denjenigen Veränderungen oder Veräußerungen, welche bei einzelnen Besitzungen, zur Beförderung der Landescultur, oder zur Entfernung wahrgenommener Nachtheile durch Verkauf, Austausch, Ablösung, Vererbleihung oder zur Berichtigung zweifelhafter Gränzen nöthig oder gut befunden werden sollten. Auch gehören zu dieser Ausnahme der Verkauf entbehrlicher Gebäude, so wie die Vergleiche zu Beendigung von Rechtsstreitigkeiten. Was durch solche Veräußerungen erworben wird, nimmt die Eigenschaft des veräußerten Gegenstandes an und tritt an dessen Stelle. Etwa vereinnahmte Kaufgelder sind baldthunlichst zinsbar zu belegen oder zum Abtrag zinstragender Staatsschulden zu verwenden. Zu einer sonstigen Verwendung ist die Zustimmung der Abgeordneten-Kammer erforderlich. A RT. 88. Alle Veränderungen im Bestande des Staatsgutes sind der AbgeordnetenKammer bei deren nächsten ordentlichen Zusammenkunft darzulegen.

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) A RT. 89. Das Hausgut ist Eigenthum des Großherzoglichen Hauses. Der Besitz und die Nutzung des Hausgutes gebühren dem Großherzoge und gehen auf den Regierungsnachfolger über. A RT. 90. Das Hausgut ist unveräußerlich. A RT. 91. Außer der Veräußerung einzelner beweglicher Sachen sind indessen in den Fällen und unter den Bedingungen, welche eine Veräußerung des Staatsgutes ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer zulassen, Veräußerungen und Veränderungen des Hausguts gestattet. Etwanige Kaufgelder sind, sobald sich eine vortheilhafte Gelegenheit darbietet, zum Erwerb liegender Gründe anzuwenden. Auch steht dem Großherzoge das Recht zu, das Hausgut, unter Zustimmung der Abgeordneten-Kammer, bis zum Drittheile seines Werthes in außerordentlichen Nothfällen zu verpfänden. Der Abtrag solcher Schulden ist zugleich durch ein Gesetz zu regeln. A RT. 92. Der Großherzog hat zu bestimmen, ob eine abgesonderte Verwaltung des Hausgutes statthaben, oder ob dieselbe in Verbindung mit dem Staatsgute geschehen soll. A RT. 93. Privateigenthum des Großherzogs ist alles dasjenige, was derselbe vor seinem Regierungsantritte bereits besessen hat, oder späterhin erwirbt. A RT. 94. Der Großherzog kann über das Privateigenthum unter den Lebenden und auf den Todesfall frei verfügen, nach den näheren Bestimmungen des sub No. II. anliegenden, unter dem Schutze der Verfassung stehenden Hausgesetzes vom ......., welches zugleich die Apanagen und die Witthumsverhältnisse regelt. A RT. 95. Der Großherzog hat jährlich eine mit der Abgeordneten-Kammer auf die

Dauer seiner Regierung vereinbarte Summe, als Civilliste, in monatlichen Zahlungen, aus den Staats-Cassen zu beziehen. A RT. 96. Bis zur Feststellung einer neuen Civilliste bezieht der Regierungsnachfolger die mit seinem Vorgänger vereinbarte Civilliste. A RT. 97. Steuern und Abgaben können ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer nicht ausgeschrieben und erhoben werden. Für die Feststellung von Wegegeldern und Gerichtssporteln ist die Bewilligung gleichfalls erforderlich. A RT. 98. Die Zustimmung darf an keine Bedingungen geknüpft werden, die nicht das Wesen oder die Verwendung der Ausgaben unmittelbar betreffen. A RT. 99. Die Abgeordneten-Kammer wird Ausgaben nicht verweigern, deren Nothwendigkeit auf Verbindlichkeiten beruht, welche im Wege der allgemeinen deutschen Verfassung oder der Landes-Verfassung entstehen, oder aber zur Zeit der Erlassung dieses Staatsgrundgesetzes bereits rechtlich bestehen. A RT. 100. Die gesammte Staatsschuld ist als solche durch die Verfassung garantirt und wird das Staatsschuldenwesen in Uebereinstimmung mit der AbgeordnetenKammer geregelt. Ohne Einwilligung der AbgeordnetenKammer dürfen keine Staatsanleihen und Schulden contrahirt werden. Die Verwendung der zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden ausgesetzten Summen soll unter Mitwirkung von zwei Commissarien der Abgeordneten-Kammer geschehen. Diese Commissarien sind auch bei Ausstellung von Obligationen über Staatsschulden zuzuziehen, um zu constatiren, daß bei Eingehung von Anleihen, deren vollständige

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Bedingungen ihnen mitzutheilen sind, die verfassungsmäßigen Zuständigkeiten nicht überschritten werden. Die Abgeordneten-Kammer ernennt aus ihren Mitgliedern diese Commissarien auf einen vierjährigen Zeitraum. Erfolgt inzwischen eine Auflösung der Abgeordneten-Kammer, so verbleiben jedoch diese Commissarien nur so lange in Function, bis von der darauf folgenden Abgeordneten-Kammer eine neue Wahl vorgenommen worden ist. Die Vornahme einer solchen neuen Wahl vernothwendigt sich auch in dem Falle, wenn der eine oder der andere dieser Commissarien vor Ablauf des Zeitraums, für welchen derselbe ernannt worden ist, aufhört, Mitglied der Abgeordneten-Kammer zu sein. A RT. 101. Bei einer jeden ordentlichen Versammlung der Abgeordneten-Kammer ist mit deren Zustimmung der Bedarf des gesammten Staatshaushaltes für die nächstfolgende Finanz-Periode festzusetzen. Der Abgeordneten-Kammer wird, möglichst bald nach ihrem Zusammentreten, ein nach den Hauptzweigen der Verwaltung aufgemachter Voranschlag vorgelegt werden, welcher die Ausgaben, Einnahmen und die Deckungsmittel thunlichst vollständig und genau enthalten muß. Zu Etatsüberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der AbgeordnetenKammer erforderlich. A RT. 102. In den Ausschreiben und Verordnungen, welche Steuern und andere Abgaben betreffen, soll die geschehene Bewilligung der Abgeordneten-Kammer ausdrücklich bemerkt werden. A RT. 103. Verzögert nach Ablauf der festgestellten Finanzperiode sich die neue Bewilligung aus dem einen oder dem andern Grunde, so dürfen die für den ordentlichen Staatsbedarf bewilligten Steuern und Abgaben noch sechs Monate hindurch forterho-

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ben werden. Diese sechs Monate werden jedoch in die neue Finanz-Periode eingerechnet und ist in einem solchen Falle bei Verkündigung der Steuern und Abgaben auf diesen Artikel der Verfassungsurkunde ausdrücklich Bezug zu nehmen. A RT. 104. Der Abgeordneten-Kammer steht das Recht zu, das Finanzwesen zu überwachen und sind derselben bei jeder ordentlichen Versammlung zugleich mit dem Voranschlage die bis dahin abgelegten und aufgenommenen Rechnungen der HauptCassen und der betreffenden Neben-Cassen nebst den erforderlichen Belägen und Erläuterungen vorzulegen. A RT. 105. In dringenden und unvorhergesehenen Fällen kann der Großherzog unter den im Art. 45. angegebenen Voraussetzungen und Bedingungen die zur Deckung eines außerordentlichen Bedürfnisses unumgänglich erforderlichen finanziellen Maßregeln vorläufig verfügen. Es sind dieselben aber unter Nachweisung der verwandten Summen der nächsten Abgeordneten-Kammer zur Erwirkung der verfassungsmäßigen Zustimmung vorzulegen.

IX. ABSCHNITT Verschiedene sonstige Bestimmungen A RT. 106. Der Aufenthalt innerhalb der Grenzen des Staats verpflichtet zu Beobachtung der Gesetze und begründet dagegen gesetzlichen Schutz. A RT. 107. Kein Staatsgenosse kann zur Strafe für ein Verbrechen oder aus sonstigen Ursachen aus dem Lande verwiesen werden. A RT. 108. Die Gerichte sind innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) Zur Ausführung ihrer Erlasse dürfen sie die Hülfe der bürgerlichen und militärischen Behörden verlangen. A RT. 109. Die Zuständigkeit der Gerichte und der Verwaltungsbehörden ist durch ein Gesetz zu bestimmen. Die Entscheidung über sich ergebende Competenz-Conflicte ist einer besondern Behörde zuzuweisen. A RT. 110. Die Verwaltung der Staats- und Hausgüter und der Steuern nimmt in allen sie betreffenden Rechtssachen Recht vor den ordentlichen Gerichten. A RT. 111. Privatrechtliche Ansprüche gegen den Großherzog gehören zur Competenz der ordentlichen Gerichte und wird der Großherzog ein für allemal einen Procurator ernennen, gegen welchen derartige Klagen zu erheben sind. Auch die Mitglieder der Großherzoglichen Familie stehen hinsichtlich solcher privatrechtlichen Ansprüche unter den ordentlichen Gerichten, vor denen sie gleichfalls durch Bestellung eines Procurators Recht zu nehmen haben. A RT. 112. Die bewaffnete Macht steht außer dem Kriege und Dienste unter denselben Rechtsvorschriften, welche für die übrigen Staatsgenossen zur Anwendung kommen. Die militairische Disciplin im Kriege und Frieden wird ein Gesetz feststellen.

unter denen ein solches Einschreiten geschehen darf, sind durch ein Gesetz zu bestimmen. Im Falle eines Aufstandes kann das Gesammtministerium die gestörte Ordnung, so wie die gefährdete Freiheit durch außerordentliche Mittel, nöthigenfalls durch Anordnung des Standrechts, wiederherstellen und schützen. Die nähere Feststellung der Formen und Bedingungen für solche außerordentliche Maßregeln, so wie die Befugniß des Gesammtministeriums zur Suspension einzelner Bestimmungen der Verfassung, wird durch ein besonderes Aufruhrgesetz geschehen. A RT. 115. Die Gerichtsbarkeit der Landesuniversität ist aufgehoben und sind die Disciplinarstatuten für dieselbe durch ein Gesetz zu regeln. A RT. 116. Gebühren können von Staatsund Communalbeamten nur auf Grund eines Gesetzes erhoben werden. A RT. 117. Die Erfordernisse für die Ertheilung von Corporationsrechten sind gesetzlich zu bestimmen. A RT. 118. Dispensationen von künftig ergehenden verfassungsmäßigen Gesetzen dürfen nur dann ertheilt werden, wenn deren Ertheilung ausdrücklich in dem Gesetze als zulässig vorbehalten worden ist.

A RT. 113. Das Militairverpflegungswesen und die Quartierlast sind durch ein Gesetz zu ordnen.

A RT. 119. Erfindungs- und Einführungspatente können von dem Gesammtministerium, jedoch nicht länger als auf zehn Jahre, ertheilt werden und bedarf es dazu nicht der Zustimmung der Abgeordneten-Kammer.

A RT. 114. Die bewaffnete Macht kann für Zwecke der inneren Ordnung und Sicherheit, sowie zur Vollziehung der von den Civilbehörden erlassenen Verfügungen nur auf Antrag der zuständigen Civilbehörden einschreiten. Die Fälle, in welchen, sowie die Formen,

A RT. 120. Allen Stiftungen ohne Ausnahme, sie mögen für kirchliche Zwecke, für den Unterricht oder die Wohlthätigkeit bestimmt sein, wird der volle Besitz und Genuß ihres Vermögens und Einkommens zugesichert. Dasselbe steht unter dem besonderen Schutze des Staats und darf zum Staats-

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M ECKLENBURG -S CHWERIN vermögen nicht eingezogen werden. Würde der ursprüngliche stiftungsmäßige Zweck sich nicht mehr in seinem ganzen Umfange oder doch nicht in zeitgemäßer Weise erreichen lassen, so ist es zulässig, das stiftungsmäßige Vermögen zu einem andern Zwecke zu verwenden, jedoch muß dieser Zweck ein ähnlicher sein und kann die Verwendung nur mit Zustimmung der betheiligten Privatpersonen und Gemeinden und soferne Anstalten in Betracht kommen, welche das ganze Land angehen, nur mit Zustimmung der Abgeordneten-Kammer geschehen.

X. ABSCHNITT Von der Gewähr der Verfassung A RT. 121. Der regierende Großherzog hat alsbald nach Vereinbarung dieses Staatsgrundgesetzes vor einer Deputation der Abgeordneten-Kammer die unverbrüchliche Aufrechthaltung der Verfassung in einer Urkunde eidlich zuzusichern, welche der Abgeordneten-Kammer mitgetheilt und im Archive derselben niedergelegt wird. A RT. 122. Jeder Nachfolger in der Regierung verheißt vor Ausübung seines Regierungsrechtes mittelst feierlichen Eides: Die Verfassung des Großherzogthums unverbrüchlich aufrecht zu erhalten und den grundgesetzlichen Bestimmungen, so wie den Gesetzen gemäß zu regieren. Die Eidesleistung erfolgt in Gegenwart der Mitglieder des Gesammtministerium und dreier Mitglieder der AbgeordnetenKammer, welche von dieser ernannt werden, wenn sie gerade versammelt ist. Sonst aber geschieht die Einberufung dieser drei Mitglieder durch das Gesammtministerium und sind, im Falle einer zuvor stattgehabten Auflösung, Mitglieder der zuletzt versammelt gewesenen Abgeordneten-Kammer zuzuziehen.

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Das darüber aufgenommene Protocoll, welches von dem Großherzoge und den Anwesenden zu vollziehen ist, wird der Abgeordneten-Kammer zugefertigt und im Archive derselben aufbewahrt. Bis zur Eidesleistung des Großherzogs führt das dafür verantwortliche Gesammtministerium die Regierung fort. A RT. 123. Im Falle einer Regentschaft hat vor deren Antritt, bis zu welchem das dafür verantwortliche Gesammtministerium die Regierung fortführt, der Regent den im Artikel 122 bestimmten Eid in der daselbst vorgeschriebenen Weise zu leisten. A RT. 124. In den Diensteid der Staatsbeamten, den Gemeindebürgereid und den Fahneneid ist der Eid auf die Verfassung aufzunehmen. A RT. 125. Die Abgeordneten-Kammer hat das Recht zur gerichtlichen Anklage derjenigen Mitglieder des Gesammtministerium, welche einer Verletzung der Verfassung oder eines für einen integrirenden Theil der Verfassung erklärten Gesetzes, sich schuldig gemacht haben. Eine solche gerichtliche Anklage darf jedoch erst dann erhoben werden, wenn der darüber gefaßte Beschluß in einer folgenden, mindestens vierzehn Tage nach der ersten Abstimmung gehaltenen Sitzung wiederholt worden ist. Die näheren Bestimmungen über die Ministeranklage, das dabei einzuhaltende Verfahren und die Bildung eines Staatsgerichtshofes sind durch ein Gesetz zu regeln. A RT. 126. Solche Beschlüsse der Abgeordneten-Kammer, wodurch Abänderungen des Staatsgrundgesetzes oder Zusätze zu demselben beantragt oder zugestanden werden, erfordern die Anwesenheit von drei Viertheilen der verfassungsmäßigen Anzahl der Abgeordneten und müssen mindestens zwei Drittheile der Erschienenen dafür sich ausgesprochen haben.

V ERFASSUNGSENTWURF FÜR M ECKLENBURG -S CHWERIN (1848) 1

Ediert nach Entwurf des Staatsgrundgesetzes für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin, Schwerin 1848. Wann dieser Entwurf beschlossen wurde ist nicht bekannt. Wahrscheinlich ist er im Rahmen der Märzbewegung entstanden, siehe dazu Huber, Verfassungs-

geschichte II, S. 542ff. Der Entwurf hat viele Übereinstimmungen mit dem Staatsgrundgesetz vom 10. Oktober 1849 (siehe unter „Verfassung von MecklenburgSchwerin (1849)“), weicht jedoch an entscheidenden Stellen deutlich von diesem ab, so daß daher eine Aufnahme als eigenständiger Text erfolgt ist.

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Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit, Mecklenburg-Schwerin (1849) Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit, vom 23sten Mai 18491

Wir Friedrich Franz, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. etc. Verordnen, in Ausführung der §§. 8, 10 und 11 des Reichsgesetzes vom 27sten December v. J., die Grundrechte des deutschen Volks betreffend, auf Antrag der Versammlung der Abgeordneten, zum Schutze der persönlichen Freiheit, was folgt: § 1. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. § 2. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Fall der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen, wenn sie in einem gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasse angeordnet ist. Dieser Erlaß muß im Augenblicke der Verhaftung oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. § 3. Ergreifung auf frischer That ist vorhanden: a.) wenn der Verhaftete bei der Ausführung der strafbaren Handlung; b) wenn er gleich nach derselben entweder am Orte der That oder auf der Flucht ergriffen wurde;

c) wenn er kurz nach der That im Besitze von Waffen, Geräthschaften, Schriften oder andern Gegenständen betroffen ward, welche ihn als Urheber oder Theilnehmer verdächtig machen. § 4. Die verhaftende Behörde hat binnen 24 Stunden nach Vornahme der Verhaftung den Verhafteten dem zuständigen Gerichte zu überweisen. § 5. Jeder Verhaftete muß binnen 24 Stunden nach seiner Ablieferung an das zuständige Gericht von demselben so vernommen werden, daß ihm die Möglichkeit zur Aufklärung eines Mißverständnisses gegeben wird. § 6. Zwecks Verhinderung der Collusion darf Niemand verhaftet werden. Personen, welche zur Zeit der Publication dieses Gesetzes aus solchen Gründen schon gefangen gehalten werden, sind der Haft sofort zu entlassen. § 7. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer, vom Gericht sofort nach der ersten Vernehmung vor der Rückführung in die Haft zu bestimmenden und dem Verhafteten bekannt zu machenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, soferne nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Als schwere peinliche Verbrechen sind bis auf Weiteres diejenigen anzunehmen,

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M ECKLENBURG -S CHWERIN welche im §. 1 der Competenz-Ordnung für das Criminal-Collegium zu Bützow vom 12ten Januar 1838 unter No. 1 bis 18, 20 bis 31 angegeben sind, nämlich: 1) Hochverrath; 2) Landesverrätherei; 3) Majestätsbeleidigung; 4) Aufruhr; 5) thätliche Widersetzung oder sonstige thätliche Beleidigung gegen die Obrigkeit oder in der Ausübung ihres Amtes begriffene Staatsdiener – mit Ausnahme derjenigen gegen Subalterne oder Officianten der obrigkeitlichen oder sonstigen öffentlichen Behörden; 6) vorsätzliche Brandstiftung; 7) vorsätzlich verursachte gemeingefährliche Ueberschwemmung; 8) Landzwang; 9) a. Münzverfälschung; b. Nachmachung oder Verfälschung der Staatsschuldscheine oder sonst von einer öffentlichen Behörde oder einer autorisirten Corporation ausgestellten Schuldverschreibungen; 10) Meineid; 11) Mord; 12) Todtschlag; 13) Tödtung in Raufhändeln; 14) Tödtung aus Fahrlässigkeit; 15) Kindesmord; 16) Abtreibung der Leibesfrucht; 17) Kindesaussetzung; 18) vorsätzliche Vergiftung; 19) Nothzucht; 20) Menschenraub; 21) gewaltsame Entführung; 22) mehrfache Ehe; 23) Blutschande der Ascendenten mit ihren Descendenten und der leiblichen Geschwister mit einander; 24) Raub und die mittelst thätlicher Mißhandlung oder durch Drohungen, die mit gegenwärtiger Leibes- oder Lebensgefahr verbunden waren, verübte Erpressung; 25) Kirchendiebstahl;

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26) Pferdediebstahl; 27) bewaffneter Diebstahl; 28) alle von einer, wenn gleich schon aufgelösten, Diebesbande verübten Diebstähle und andere Eigenthumsverbrechen; 29) alle Diebstähle und Eigenthumsverbrechen, die von Personen verübt worden sind, welche schon früher wegen Diebstahls oder anderer Eigenthumsverbrechen einmal auf einen mindestens zweijährigen Zeitraum oder zweimal eine Freiheitsstrafe im Zuchthause, Stockhause oder in irgend einer andern öffentlichen Strafanstalt erlitten haben; 30) von den besondern Verbrechen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener, wenn sie nicht zu den untern Officianten und Bedienten gehören: a. die Bestechung; b. die Erpressung; c. die Fälschung in Amtshandlungen; d. Unterschlagung oder Veruntreuung anvertraueten Geldes oder Guts; 31) der strafbare Versuch aller vorbenannten Verbrechen. § 8. Die Haft darf nicht härter sein, als zur Verhütung einer Entweichung nöthig ist. § 9. Die polizeiliche Verwahrung einer Person ist nur statthaft zu deren eigenem Schutze oder während sie die Ruhe, die Sittlichkeit oder die Sicherheit auf den Straßen und an öffentlichen Orten gefährdet, so wie wenn die Hülfe der Polizei gegen solche Gefährdung in einem Hause von einem Bewohner desselben angesprochen ist. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder freilassen, oder der richterlichen Behörde übergeben. § 10. Die für das Heer- und Seewesen bestehenden Vorschriften bleiben, insoweit sie den obigen Bestimmungen entgegenstehen, noch in Kraft.

G ESETZ ZUM S CHUTZ DER PERSÖNLICHEN F REIHEIT, M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) § 11. Die Wohnung ist unverletzlich. § 12. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten. § 13. Haussuchung ist nur zulässig: 1) in Kraft eines gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasses, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll; 2) im Fall der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten; 3) in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz bestimmten Beamten auch ohne gerichtlichen Erlaß dieselbe ausdrücklich gestattet. § 14. Die Haussuchung muß wenn thunlich mit Zuziehung der Betheiligten, aushülflich von Hausgenossen, oder endlich von Nachbaren erfolgen. In den Fällen des §. 13. Nr. 1 ist außerdem die Gegenwart eines Richters oder Actuars erforderlich. § 15. Während nächtlicher Zeit ist das Eindringen in die Wohnung nicht anders erlaubt, als in dem Fall einer Feuersbrunst oder Wassersnoth, einer Lebensgefahr oder einer aus dem Innern der Wohnung hervorgehenden Aufforderung. Unter nächtlicher Zeit wird verstanden vom 1sten April bis zum 30sten September die Zeit von 10 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens, und vom 1sten October bis 31sten März die Zeit von 10 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens. Auf diejenigen Orte jedoch, welche als Schlupfwinkel des Hazardspiels, der Ausschweifung oder als gewöhnliche Zufluchtsorte von Verbrechern durch den gemeinen Ruf bezeichnet werden, und auf Wohnungen der Personen, welche unter besondere polizeiliche Aufsicht gestellt sind, findet das Verbot keine Anwendung. Auch in Betreff derjenigen Orte, in welchen während der Nachtzeit das Publicum ohne Un-

terschied zugelassen wird, bleibt das Verbot außer Anwendung, so lange und so weit sie dem Publicum geöffnet sind. § 16. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf nur in Kraft eines gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasses vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. Jedoch bedarf es im Fall der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten zur Beschlagnahme von Briefen und Papieren, welche den Verfolgten als Urheber oder Theilnehmer des, die Verfolgung veranlassenden Verbrechens verdächtig machen, eines gerichtlichen Erlasses nicht. § 17. Uebertretungen dieses Gesetzes werden mit Geld- oder Gefängnißstrafe von Amtswegen beahndet. Außerdem hat der Verletzte eine Klage auf Genugthuung und Entschädigung, wider welche die Einrede, auf höhern Befehl gehandelt zu haben, unwirksam bleibt. Insbesondere ist im Fall einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft der Schuldige und nöthigen Falls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet. § 18. Der §. 15. der Verordnung vom 12ten Januar 1841, betreffend den Beweis im Criminalprocesse, und die bestehenden Gesetze über das Verfahren gegen Landstreicher, Corrigenden und Heimathslose, so wie die über Forst- und Jagdfrevel, über Wilddiebstahl und zum Schutze der Abgabenerhebung, werden von diesem Gesetze nicht ergriffen und bleiben bis auf Weiteres in Kraft. § 19. Im Fall des Kriegs oder Aufruhrs können die Bestimmungen diess Gesetzes über Verhaftung und Haussuchung für einzelne Bezirke zeitweise ganz außer Kraft gesetzt werden, jedoch nur unter folgenden

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Bedingungen: 1) die Verfügung muß in jedem einzelnen Falle von Unserer Regierung (Unserm Gesammt-Ministerium) ausgehen; 2) diese (dieses) hat die Zustimmung der Abgeordneten, wenn selbige zur Zeit versammelt sind, sofort einzuholen. Wenn selbige nicht versammelt sind, so darf die Verfügung nicht länger als 14 Tage dauern, ohne daß dieselben zusammenberufen und die getroffenen Maßregeln zu ihrer Genehmigung vorgelegt werden. Gegeben durch Unsere Regierung, Schwerin am 23sten Mai 1849. Friedrich Franz. L. von Lützow.

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1

Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 22, Schwerin, S. 3–7. Das Gesetz wurde am 23. Mai 1849 unterzeichnet. Es wurde durch das Gesetz vom 5. Oktober 1850 aufgehoben (Großherzoglich-Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1850, Schwerin, S. 229). Es wurde aufgrund des „[Reichs-] Gesetzes betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“ vom 27. Dezember 1848 erlassen (abgedruckt in Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 (Europa Band 3), Teil I, „Gesetz über die Grundrechte (1848)“). Das Gesetz ist inhaltlich identisch mit dem „Gesetz vom 23. Mai 1849 zum Schutze der persönlichen Freiheit“, das am 23. Mai 1849 in Mecklenburg-Strelitz erlassen wurde. Siehe „Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit (1849)“.

Verfassung von Mecklenburg-Schwerin (1849) Staatsgrundgesetz für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin, nebst dem Einführungsgesetz vom 10ten October 18491

Friedrich Franz, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. etc. Nachdem Wir mit der, in Grundlage der Verordnung vom 13ten Julius v. J. erwählten und am 31sten October v. J. eröffneten Abgeordneten-Versammlung das hieneben anliegende Staatsgrundgesetz vereinbart, auch dasselbe vollzogen und selbst und unverbrüchlich zu halten gelobet haben, bringen Wir solches hiermit zur öffentlichen Kenntniß und verordnen, in Uebereinstimmung mit der Abgeordneten-Versammlung, zum Zweck der Einführung des Staatsgrundgesetzes, wie folgt.

sie gebotenen Abänderungen oder Ergänzungen der bisherigen Gesetzgebung auf verfassungsmäßigem Wege getroffen sind: 1) der erste Absatz des §. 16, jedoch mit Ausnahme der Aufhebung der Strafe der körperlichen Züchtigung, welche bereits durch das Gesetz vom 11ten Januar d. J. abgeschafft ist; 2) der Schlußsatz des §. 20; 3) der §. 25; 4) die §§. 27, 28 und 29; 5) die §§. 31, 34, 35 und 36; 6) die beiden ersten Sätze des §. 43; 7) die Bestimmung unter No. 1 im §. 45; 8) die §§. 49 und 50; 9) die §§. 52 bis 57 incl.

A RT. 1. Das Staatsgrundgesetz tritt für Unser Großherzogthum mit seiner Publication sofort in Kraft. Vorläufig davon ausgenommen sind jedoch diejenigen Bestimmungen, welche nachstehend ausbeschieden werden, oder für welche der Erlaß besonderer Gesetze vorbehalten worden ist.

A RT. 3. Zum §. 59. Die Vorschrift, daß der Großherzog ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer nicht an der Spitze eines anderen Staates stehen kann, findet auf die hausvertragsmäßige Erbfolge der Primogenial-Linie des Großherzoglich Mecklenburgischen Gesammthauses in das Großherzogthum Mecklenburg-Strelitz keine Anwendung, vielmehr verbleibt es dieserhalb unverändert bei dem §. 1 des am 8ten März 1701 zu Hamburg errichteten Vergleichs.

A RT. 2. Nachstehende Paragraphen des Abschnitts III. „von den Grundrechten“ treten erst in Wirksamkeit, sobald die durch

A RT. 4. Zu den §§. 60 und 61. In dem im voraufgehenden Artikel beregten Falle einer Erbfolge in das Großherzogthum

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Mecklenburg-Strelitz ist unter dem Ausdruck „Staatsgebiet“ im ersten Satze des §. 60 und im §. 61 das Gebiet der beiden Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zu verstehen.

A RT. 8. Zu den §§. 88. und 90. Diese Paragraphen finden auf den ersten ordentlichen Landtag keine Anwendung.

des neuen Rechnungsjahres, mithin vom 1sten Julius 1850, oder aber demjenigen Zeitpunkte, welcher in Uebereinstimmung mit der nächsten Abgeordneten-Kammer wird festgestellt werden. Die ausgeschriebenen Steuern und Abgaben sind auf den Zeitraum, für welchen deren Ausschreibung erfolgt ist, fortzuerheben und ist bis auf Weiteres in bisheriger Weise zu verfahren mit der Erhebung derjenigen Steuern, Abgaben, Gebühren und sonstigen Gefälle, für welche nach der bisherigen Verfassung besondere Ausschreiben nicht erlassen wurden, und zwar gleichviel ob dieselben auf allgemeinen Gesetzen, Verordnungen, dem Herkommen oder einem andern Verpflichtungsgrunde beruhen. Bis zur Feststellung eines neuen Etats hat das Gesammtministerium diejenigen Maßregeln in’s Werk zu richten, welche erforderlich werden, wenn etwa die etatisirten Einnahmen zur Deckung der Staatsausgaben, insonderheit der in dem laufenden Rechnungsjahre fällig werdenden Staatsanleihen nicht ausreichen sollten; jedoch sind die getroffenen Maßregeln der nächsten Kammer zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen.

A RT. 9. Zum VIII. Abschnitte. Die in dem von der richterlichen Gewalt handelnden Abschnitte getroffenen Bestimmungen, insoweit sie nicht bereits Rechtens gewesen sind, treten erst mit den ihre Anwendung bedingenden organischen Einrichtungen in Kraft, und wird im Allgemeinen als der endliche Zeitpunkt für den Eintritt ihrer Gültigkeit die Vollendung der Organisation der Gerichtsverfassung bezeichnet.

A RT. 11. Zum §. 167. Würde die Errichtung eines Staatsvertrags, zum Zweck der Begründung eines Zollvereins oder des Anschlusses an einen solchen, eine Aufhebung oder Modification der Bestimmung, daß die Bewilligung der indirecten Steuern auf ein Jahr zu geschehen habe, erfordern, so findet auf eine solche Aufhebung oder Modification der §. 112 des Staatsgrundgesetzes keine Anwendung.

A RT. 10. Zum IX. Abschnitte. Die aufgestellten Grundsätze, betreffend die Verwaltung und Belastung des Staatsvermögens und der dahin fließenden Einkünfte, so wie die Erhebung von Steuern, Abgaben, Gebühren und sonstigen Gefällen treten beziehungsweise in Kraft mit dem Beginne

A RT. 12. Zum §. 178. Bis zum Erlasse eines Gesetzes, welches für die bewaffnete Macht die Disciplin im Dienste und im Kriege regelt, tritt die Vorschrift dieses Paragraphen, nach welcher die bewaffnete Macht außer im Kriege und im Dienste unter denselben Gesetzen und Behörden, wie

A RT. 5. Zum §. 75. Für das erste Mal beginnt die Kammerperiode mit dem 1sten November d. J. A RT. 6. Zum §. 83. Das den Abgeordneten zu zahlende Tagegeld wird auf drei Thaler Cour. für den Tag festgestellt. Die Reisekosten sind ihnen, ohne weitere Berechnung von Tagegeld, für jede Meile der Hin- und Rückreise beziehungsweise mit 16 ßl. und 1 Thaler Cour. zu erstatten, je nachdem eine Eisenbahnverbindung besteht, oder andere Communicationsmittel benutzt werden müssen. A RT. 7. Zum §. 84. Für das erste Zusammentreten der Abgeordneten-Kammer normirt, wiewohl unter Vorbehalt der Zulässigkeit einer früheren Einberufung, der Monat Februar 1850.

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V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) die übrigen Bewohner des Staatsgebiets stehen soll, nicht in Wirksamkeit. A RT. 13. Zum §. 189. Der letzte Absatz dieses Paragraphen bleibt einstweilen suspendirt und wird dafür bis auf Weiteres verordnet, daß jeder Abgeordnete, welcher nicht als Gemeindebürger, Staatsbeamter oder im Militairdienste die treue Beobachtung und Bewahrung der Verfassung beziehungsweise gelobt oder beschworen hat, bei seinem ersten Eintritt in die Abgeordneten-Kammer folgende Erklärung abzugeben hat: Ich gelobe die Staatsverfassung treu zu beobachten und zu bewahren. Diese Erklärung wird von dem Präsidenten in die Hände des Großherzogs oder des beauftragten Bevollmächtigten und von den übrigen Mitgliedern dem Präsidenten in der Versammlung abgelegt. A RT. 14. Alle im Gesetze oder Herkommen beruhenden Normen, welche mit den in Kraft getretenen Bestimmungen dieses Staatsgrundgesetzes in Widerspruch stehen, werden hiemittelst aufgehoben. Im Uebrigen aber behält es bei dem bestehenden Zustande in allen Zweigen der Verwaltung und der Gesetzgebung so lange das Bewenden, bis dessen Veränderung im verfassungsmäßigen Wege verfügt wird. Gegeben durch Unser Gesammt-Ministerium, Schwerin am 10ten October 1849. Friedrich Franz. L.v. Lützow. Stever. M.v. Liebeherr. Meyer.

I. ABSCHNITT Vom Staatsgebiete § 1. Das Großherzogthum MecklenburgSchwerin in seinen gegenwärtigen Landestheilen bildet einen unter einer Verfassung vereinigten untheilbaren Staat, dessen

Selbstständigkeit nur durch die allgemeine Verfassung Deutschlands beschränkt werden kann. Die Vereinigung ergreift auch die Stadt und Herrschaft Wismar, sowie die Aemter Poel und Neukloster nebst Zubehörungen, für die ganze Dauer des zwischen Schweden und Mecklenburg-Schwerin zu Malmö den 26sten Junius 1803 abgeschlossenen Vertrags, jedoch dergestalt, daß in dem vorbehaltenen Falle der Wiedereinlösung von Seiten des Königs von Schweden weder den Rechten des letzteren, noch denjenigen der genannten Gebietstheile durch solche Vereinigung irgend wie Abbruch geschehen soll. § 2. Eine Veränderung der Grenzen des Staatsgebietes kann nur in Uebereinstimmung des Großherzogs und der Abgeordneten-Kammer vorgenommen werden. Grenzberichtungen sind hierunter nicht begriffen, wenn nicht in Folge davon Staatsangehörige aus dem Staatsverbande treten.

II. ABSCHNITT Vom Staatsbürgerrechte § 3. Das Mecklenburgische Staatsbürgerrecht steht Jedem zu, welcher bei Verkündigung der Verfassungsurkunde dem Mecklenburgischen Staate angehört. § 4. Das Staatsbürgerrecht wird erworben: 1) durch Geburt, und zwar: a. in der Ehe eines Mecklenburgischen Staatsbürgers, b. außer der Ehe, wenn die Mutter zur Zeit jener Geburt das Mecklenburgische Staatsbürgerrecht besitzt; 2) durch Verheirathung mit einem Mecklenburgischen Staatsbürger; 3) für einen Deutschen durch Gewinnung des Heimathsrechtes an irgend einem Orte des Großherzogthums;

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M ECKLENBURG -S CHWERIN 4) für einen Fremden durch Naturalisation mittelst eines Erlasses der Staatsregierung.

§ 12. Kein Mecklenburger darf von einem außerdeutschen Staate einen Orden annehmen.

§ 5. Das Staatsbürgerrecht geht verloren: 1) durch Auswanderung, worüber das Gesetz das Nähere bestimmt; 2) für eine Mecklenburgische Staatsbürgerin durch Verheirathung mit dem Angehörigen eines anderen Staats. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt; Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden.

§ 13. Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zugänglich.

§ 6. Durch das Mecklenburgische Staatsbürgerrecht ist der Genuß der politischen Rechte bedingt, welche die Verfassung gewährt. Die Ausübung dieser Rechte steht jedem Mecklenburgischen Staatsbürger zu, sofern nicht die Landesgesetzgebung noch andere Bedingungen vorschreibt. § 7. Dem Staatsbürger schuldigt der Staat seinen Schutz auch außerhalb der Staatsgrenzen. § 8. Kein Staatsbürger darf einem andern Staate zur Untersuchung oder Bestrafung ausgeliefert werden, es sei denn in Folge bestehender oder noch zu errichtender Staatsverträge.

III. ABSCHNITT Von den Grundrechten § 9. Alle Mecklenburger sind vor dem Gesetze gleich. § 10. Vor dem Gesetze gilt kein Unterschied der Stände; der Adel als Stand ist aufgehoben. Alle Standesvorrechte sind abgeschafft. § 11. Alle Titel, insoweit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben, und dürfen nie wieder eingeführt werden.

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§ 14. Die Wehrpflicht ist für alle gleich. Stellvertretung bei derselben findet nicht statt. § 15. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Fall der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen in Kraft eines gerichtlichen mit Gründen versehenen Erlasses. Dieser Erlaß muß im Augenblicke der Verhaftung oder innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder frei lassen, oder der richterlichen Behörde übergeben. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gerichte zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, insofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Im Fall einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft ist der Schuldige dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet. Wegen der Entschädigung haftet ihm auch der Staat. Die für das Heer und Seewesen erforderlichen Modificationen dieser Bestimmungen werden besonderen Gesetzen vorbehalten. § 16. Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, oder das Seerecht im Falle von Meutereien sie zuläßt, sowie die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung sind abgeschafft. Die Strafen des bürgerlichen Todes und der Vermögenseinziehung finden nicht statt.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) Kein Mecklenburger kann zur Strafe für ein Verbrechen oder aus sonstigen Ursachen aus dem Lande verwiesen werden. § 17. Die Wohnung ist unverletzlich. Eine Haussuchung ist nur zulässig: 1) in Kraft eines gerichtlichen mit Gründen versehenen Erlasses, welcher sofort, oder längstens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll; 2) im Falle der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten; 3) in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz bestimmten Beamten auch ohne gerichtlichen Erlaß dieselbe ausdrücklich gestattet. Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung des Betheiligten, aushülflich von Hausgenossen, erfolgen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten. § 18. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf nur in Kraft eines gerichtlichen mit Gründen versehenen Erlasses vorgenommen werden, welcher sofort, oder innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. Jedoch bedarf es im Falle der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten zur Beschlagnahme von Briefen und Papieren, welche den Verfolgten als Urheber oder Theilnehmer des, die Verfolgung veranlassenden Verbrechens verdächtig machen, eines gerichtlichen Erlasses nicht. § 19. Das Briefgeheimniß ist gewährleistet. Ausnahmen davon können nur bei strafgerichtlichen Untersuchungen in Folge gerichtlicher Verfügung stattfinden, oder in Kriegsfällen nach Maßgabe des Gesetzes angeordnet werden. § 20. Jeder Mecklenburger hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche

Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden. Die Postbeförderung findet für alle Zeitungen und Zeitschriften unter gleichen Bedingungen statt. Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. § 21. Jeder Mecklenburger hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren. § 22. Jeder Mecklenburger ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion. Verbrechen und Vergehen, welche bei der Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. § 23. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt, noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun. § 24. Keine Religionsgesellschaft genießt vor andern Vorrechte durch den Staat. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. Es besteht fernerhin keine Staatskirche. § 25. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. § 26. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN § 27. Die Formel des Eides soll künftig lauten: „So wahr mir Gott helfe“.

der Zahl der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an.

§ 28. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Civilacts abhängig; die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des Civilacts stattfinden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß.

§ 36. Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt werden.

§ 29. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt. § 30. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. § 31. Das Unterrichts- und Erziehungswesen wird durch ein besonderes Gesetz geordnet. Es steht unter der Oberaufsicht des Staats und ist, abgesehen vom Religionsunterrichte, der Beaufsichtigung der Geistlichen als solcher enthoben. § 32. Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Mecklenburger frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. § 33. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne das Maaß von Unterricht lassen, welches für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist.

§ 37. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will. § 38. Die Mecklenburger haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besondern Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. § 39. Die Mecklenburger haben das Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregeln beschränkt werden. § 40. Jeder Mecklenburger hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an die Behörden und an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Recht kann sowohl von Einzelnen, als von Corporationen und von Mehreren im Verein ausgeübt werden. § 41. Die in §§. 38, 39 und 40 enthaltenen Bestimmungen finden auf das Heer und die Kriegsflotte Anwendung, insoweit die militairischen Disciplinarvorschriften nicht entgegenstehen.

§ 34. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. Daß ihre Besoldung eine auskömmliche und ihre Pension eine entsprechende sei, überwacht der Staat.

§ 42. Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden.

§ 35. Der Staat stellt, unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden, aus

§ 43. Jeder Grundeigenthümer kann seinen Grundbesitz unter Lebenden und von

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V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) Todeswegen ganz oder theilweise veräußern. Die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums soll durch Uebergangsgesetze vermittelt werden. Für die todte Hand sind Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu erwerben und über sie zu verfügen, im Wege der Gesetzgebung aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig. § 44. Jeder Unterthänigkeits- und Hörigkeitsverband hört für immer auf. § 45. Ohne Entschädigung sind aufgehoben: 1) die Patrimonialgerichtsbarkeit und die grundherrliche Polizei sammt den aus diesen Rechten fließenden Befugnissen, Exemtionen und Abgaben; 2) die aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande fließenden persönlichen Abgaben und Leistungen. Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, welche den bisher Berechtigten dafür oblagen. § 46. Alle auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leistungen, insbesondere die Zehnten, sind ablösbar; ob nur auf Antrag des Belasteten oder auch des Berechtigten, und in welcher Weise, wird das Gesetz bestimmen. Es soll fortan kein Grundstück mit einer unablösbaren Abgabe oder Leistung belastet werden. § 47. Im Grundeigenthum liegt die Berechtigung der Jagd auf eigenem Grund und Boden. Die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden, Jagddienste, Jagdfrohnden und andere Leistungen für Jagdzwecke sind ohne Entschädigung aufgehoben. Nur ablösbar jedoch ist die Jagdgerechtigkeit, welche erweislich durch einen lästigen, mit dem Eigenthümer des belasteten

Grundstücks abgeschlossenen Vertrag erworben ist; über die Art und Weise der Ablösung wird die Gesetzgebung das Weitere bestimmen. Die Ausübung des Jagdrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls, so wie die Feststellung von Grundsätzen über den Ersatz des Wildschadens sollen gesetzlich geordnet werden. Die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden darf in Zukunft nicht wieder als Grundgerechtigkeit bestellt werden. § 48. Den Gemeinden bleibt vorbehalten, die Uebung der Jagd auf den in Communion befindlichen Grundstücken durch Gemeindebeschluß zu regeln. § 49. Die Familienfideicommisse sind aufzuheben. Die Art und Bedingungen der Aufhebung bestimmt die Gesetzgebung. Ueber die Familienfideicommisse des regierenden Großherzoglichen Hauses bleibt jedoch besondere Bestimmung vorbehalten. § 50. Aller Lehnsverband ist aufzuheben. Das Nähere über die Art und Weise der Ausführung hat die Gesetzgebung anzuordnen. § 51. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden. § 52. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Die Militairgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militairischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militair-Disciplinarvergehen beschränkt, vorbehältlich der Bestimmungen für den Kriegsstand. § 53. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit im Interesse der Sittlichkeit bestimmt das Gesetz. § 54. In Strafsachen gilt der Anklageproceß.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen. § 55. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden. § 56. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein. § 57. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf. Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.

IV. ABSCHNITT Vom Großherzoge § 58. Der Großherzog ist das Oberhaupt des Staats und übt die ihm zustehenden Rechte der Staatsgewalt verfassungsmäßig aus. § 59. Der Großherzog kann ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer nicht an der Spitze oder in Dienstespflichten eines andern Staats stehen. § 60. Der Großherzog wird seinen wesentlichen Aufenthalt nicht außerhalb des Staatsgebietes nehmen. Für Fälle der Abwesenheit vom Sitze der Staatsregierung trifft der Großherzog die zur Verhütung von Verzögerungen nöthigen Anordnungen. § 61. Der Sitz der Staatsregierung darf, dringende Nothfälle in Kriegszeiten ausgenommen, nicht außerhalb des Staatsgebietes sein. § 62. Der Großherzog bezieht eine Civilliste, welche für die Dauer seiner Regierung auf die im §. 174 angegebene Weise bestimmt wird.

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§ 63. Das Recht der Thronfolge ist erblich in dem aus ebenbürtiger Ehe entsprossenen Mannsstamme des Großherzoglichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge. § 64. Der Großherzog ist mit vollendetem 19ten Lebensjahre volljährig. Eine Volljährigkeitserklärung ist nur mit Zustimmung der Abgeordneten-Kammer zulässig. § 65. Wenn der Großherzog durch Minderjährigkeit, Abwesenheit, Geisteskrankheit oder körperliche Gebrechen an der Uebernahme oder Fortführung der Regierung behindert ist; wenn die Erwartung statt hat, es möge ein zur Thronfolge berechtigter Prinz nachgeboren werden; so tritt für die Dauer solches Zustandes eine Regentschaft ein. § 66. Der Großherzog kann mit der Kammer der Abgeordneten im Voraus Bestimmung treffen, wer statt seiner oder statt des Thronerben im Verhinderungsfalle die Regierung führen solle. § 67. Ist solche Bestimmung nicht getroffen, oder wird sie nicht wirksam, so ist der zunächst zur Thronfolge berechtigte regierungsfähige Agnat zur Regentschaft berufen. Fehlen solche Agnaten, oder lehnen sie sämmtlich die Uebernahme ab, so bestimmt die Abgeordneten-Kammer den Regenten aus den nicht regierenden volljährigen Prinzen der Fürstenhäuser Deutschlands. § 68. Streitigkeiten darüber, ob der Großherzog an der Regierung behindert ist, entscheidet das Reichsgericht, aushülflich das Bundesschiedsgericht nach vorgängiger Untersuchung, und ebendasselbe findet statt, wenn Streitigkeiten darüber entstehen, ob der Regent an der Fortführung der Regierung oder der zur Regentschaft Berufene an der Uebernahme der Regierung behindert ist. Ist kein für Mecklenburg zuständiges

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) Reichs- oder Bundesschiedsgericht vorhanden, so stehet die Entscheidung dem höchsten Gerichte des Landes zu.

So oft die Kammer vollständig neu gewählt ist, werden die Austretenden beim ersten Male durch das Loos bestimmt.

§ 69. Der Regent ist verpflichtet, seinen wesentlichen Aufenthalt innerhalb Landes zu nehmen.

§ 76. Beamte, die zu Abgeordneten erwählt werden, bedürfen keines Urlaubs, müssen aber nach Annahme der Wahl sofort der ihnen vorgesetzten Dienstbehörde die Anzeige machen. Die Kosten der Stellvertretung im Dienste trägt, soweit sie durch die Wahl eines Staatsbeamten erforderlich wird, der Staat. Ist das betreffende Ministerium der Ansicht, daß dem Eintreten des Beamten in die Abgeordneten-Kammer erhebliche Bedenken in Hinsicht des Dienstes entgegenstehen, so hat es der Abgeordneten-Kammer davon Mittheilung zu machen, welche über die Gewährung zu entscheiden hat.

§ 70. Der Regent übt im Namen des Großherzogs die Staatsgewalt, wie sie dem Großherzoge selbst verfassungsmäßig zusteht. Während der Regentschaft dürfen jedoch Veränderungen der Verfassung, welche die Rechte des Großherzogs irgendwie schmälern, nicht vorgenommen werden. § 71. Der Aufwand des Regenten ist aus der Civilliste zu bestreiten. § 72. Der Regent ist zugleich Vormund des Großherzogs. § 73. Die in Bezug auf die Erziehung und den Unterricht des minderjährigen Großherzogs zu treffenden Anordnungen bedürfen der Zustimmung des Gesammtministeriums.

V. ABSCHNITT Von der Abgeordneten-Kammer § 74. Für das Großherzogthum besteht eine Abgeordneten-Kammer, deren Mitglieder nach Maßgabe des beigefügten Wahlgesetzes gewählt werden.2 § 75. Die Wahl der Abgeordneten geschieht auf eine Kammerperiode, welche vier Jahre, vom 1. November des Wahljahrs an gerechnet, dauert. Alle zwei Jahre tritt die eine Hälfte der Abgeordneten aus. Jeder Austretende kann wieder gewählt werden. Im Falle der Auflösung muß die Kammer vollständig erneuert werden. Die Kammerperiode derselben beginnt vom voraufgegangenen 1sten November.

§ 77. Jeder Abgeordnete kann sein Mandat niederlegen. Dasselbe tritt außer Kraft: a. wenn der Abgeordnete die Wahlfähigkeit verliert; b. wenn sich ergiebt, daß er zur Zeit der Wahl die Wahlfähigkeit nicht gehabt; c. wenn er in den Staatsdienst tritt, oder in demselben eine nicht schon rechtlich begründete Beförderung oder Verbesserung erlangt. In dem Falle sub c. ist der Ausgeschiedene wieder wählbar, und eben so auch in dem Falle sub b., vorausgesetzt, daß der Ausgeschiedene zur Zeit der neuen Wahl die Wahlfähigkeit hat. § 78. Von dem während einer Kammersitzung erfolgten Ausscheiden eines Abgeordneten hat der Vorstand der Kammer dem Ministerium sofort Anzeige zu machen. § 79. Für jeden vor Ablauf der Kammerperiode Ausgeschiedenen ist auf die noch übrige Zeit, wenn vorliegt, daß während derselben ein Zusammentreten der Kammer statthaben wird, sofort eine neue Wahl durch das Ministerium zu veranlassen.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN § 80. Der Abgeordnete hat nur das Interesse der Gesammtheit der Staatsmitglieder zu wahren und ist an keinerlei Aufträge und Instructionen gebunden. Er kann sein Recht als Abgeordneter nur bei persönlichem Erscheinen ausüben. § 81. Die Abgeordneten können während der Dauer des Landtages, sowie auf der Hin- und Rückreise, nicht zur Haft gebracht oder zur Untersuchung gezogen werden, es sei denn, daß sie auf frischer verbrecherischer That ergriffen werden, oder die Kammer die Genehmigung beziehungsweise zur Einleitung der Untersuchung und zur Verhaftung ertheilt. Von der geschehenen Verhaftung ist die versammelte Kammer, unter Angabe des Grundes, sofort in Kenntniß zu setzen. Auf Verlangen der Kammer ist für die Zeit des Landtages jegliches Strafverfahren gegen einen Abgeordneten, sowie jede Haft eines solchen aufzuheben. § 82. Für seine Abstimmungen in der Kammer ist ein Abgeordneter niemals verantwortlich, für seine in Ausübung seines Berufs gemachten Aeußerungen nur, insofern dieselben unter den Begriff der Ehrverletzung fallen.

§ 85. Der Großherzog kann die Kammer zu jeder Zeit außerordentlich zusammenberufen. In demselben Jahre, in welchem eine außerordentliche Zusammenberufung stattgehabt hat, kann das nächste ordentliche Zusammentreten derselben Kammer mit ihrer Genehmigung unterbleiben. § 86. Die Zusammenberufung der Kammer geschieht mittelst Großherzoglicher Verordnung im Gesetzblatt. Ohne Einberufung während der Vertagung, nach dem Schlusse oder der Auflösung darf sich die Kammer nicht versammeln, mit Ausnahme der Fälle, in welchen dies Staatsgrundgesetz es ausdrücklich verstattet. § 87. Die Abgeordneten-Kammer tagt im Sitze der Staatsregierung. § 88. Die der Kammer vom Großherzoge vorzulegenden Gesetzentwürfe sind in der Regel vor der Zusammenkunft der Kammer durch den Druck zu veröffentlichen. § 89. Der Großherzog eröffnet die Abgeordneten-Versammlung in Person oder durch einen Bevollmächtigten.

§ 83. Die Abgeordneten erhalten in Maßgabe des Gesetzes während der Dauer des Landtags Tagegeld und außerdem ihre Reisekosten erstattet. Ein Verzicht auf das Tagegeld und die Erstattung der Reisekosten ist nicht statthaft, und läuft das Tagegeld im Falle einer Vertagung nur fort, soweit dieselbe nicht über 14 Tage dauert.

§ 90. Beim Beginn jedes ordentlichen Landtags ist vom Ministerium ein übersichtlicher Bericht über die Lage der Staatsverwaltung vorzulegen.

§ 84. Die Kammer der Abgeordneten muß jährlich im Monat November zusammentreten. Unterbleibt die Einberufung, so versammelt sie sich am letzten Tage dieses Monats unaufgefordert, und zwar tritt, wenn eine theilweise Erneuerung nicht stattgehabt hat, dieselbe in ihren bisherigen Mitgliedern zusammen.

§ 92. Die Verhandlungen der Kammer geschehen nach der Geschäftsordnung, in Betreff deren sie völlige Autonomie hat, insofern die Verfassung nicht bestimmte Normen dafür aufstellt. Bis zur Feststellung einer solchen Geschäftsordnung gilt die von dem zunächst vorhergehenden Landtage angenommene Geschäftsordnung.

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§ 91. Die Kammer hat die Legitimation ihrer Mitglieder zu prüfen und darüber zu entscheiden. Sie wählt ihren Präsidenten, ihre Vicepräsidenten und ihre Schriftführer.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) § 93. Zu einer gültigen Beschlußnahme der Kammer wird erfordert, daß von der gesetzlichen Zahl ihrer Mitglieder die Mehrheit anwesend ist. Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit der Abstimmenden gefaßt, jedoch muß die Mehrheit der zur Beschlußnahme erforderlichen Zahl dafür gestimmt haben. § 94. Die Sitzungen der Kammer sind öffentlich. Sie werden geheim: a. auf Anfordern des Gesammtministeriums, jedoch nur zum Zwecke von Mittheilungen, für welche dieses die Geheimhaltung nöthig hält; b. auf Beschluß der Kammer, wenn entweder der Präsident oder 10 Mitglieder eine vertrauliche Sitzung beantragen, in welchem Falle über diesen Antrag nach Entfernung der Zuhörer zu beschließen ist. Die Protocolle werden durch den Druck bekannt gemacht, wenn nicht die Kammer der Abgeordneten im einzelnen Fall eine Ausnahme beschließt. § 95. Aeußerungen des Beifalls oder der Mißbilligung, sowie sonstige Einwirkungen auf die Abgeordneten-Kammer und den Gang der Verhandlungen sind den Zuhörern untersagt, und hat der Präsident erforderlichenfalls durch Entfernung derselben die äußere Ordnung aufrecht zu erhalten. § 96. Die Verhandlungen der Kammer mit der Krone werden regelmäßig durch das Gesammtministerium gepflogen. § 97. Die Abgeordneten-Kammer hat das Recht, sich während desselben Landtags einmal bis auf 14 Tage zu vertagen. Eine längere oder wiederholte Vertagung erfordert die Zustimmung des Großherzogs. § 98. Der Großherzog kann die Kammer bis auf 3 Monate einmal während desselben Landtags vertagen. Eine längere oder öftere Vertagung bedarf der Zustimmung der Kammer.

§ 99. Der Großherzog hat das Recht, die Kammer aufzulösen. In der die Auflösung verfügenden Urkunde sind die Gründe für diese Maßregel anzugeben und muß sofort der Tag der neuen Wahlen festgesetzt werden, welcher nicht über 8 Wochen verschoben werden darf. Die Einberufung ist so anzuordnen, daß der Zusammentritt der neuen Abgeordneten-Kammer innerhalb 4 Wochen, vom Wahltage ab gerechnet, erfolgt. Wird die Anordnung der neuen Wahlen oder die Einberufung unterlassen, so tritt nach 12 Wochen, vom Tage der Auflösung ab gerechnet, die aufgelöste, beziehungsweise die neugewählte Abgeordneten-Versammlung ohne Einberufung wieder zusammen. § 100. Ein ordentlicher Landtag darf ohne Einwilligung der Kammer vor Ablauf von zwei Monaten, wobei eine durch Vertagung oder Auflösung etwa eingetretene Zwischenzeit nicht mitzurechnen ist, nicht geschlossen werden. § 101. Eine außerordentlich zusammenberufene Kammer kann der Großherzog nach seinem Ermessen schließen. § 102. Der Großherzog schließt die Abgeordneten-Versammlung entweder in Person oder durch einen Bevollmächtigten. § 103. Die Kammer der Abgeordneten steht nur mit dem Gesammtministerium in unmittelbarer Geschäftsbeziehung, mit Ausnahme jedoch des Falles der Ministeranklage, worüber das zu erlassende Gesetz die Norm giebt, sowie der außerdem in diesem Staatsgrundgesetze besonders vorhergesehenen Fälle. § 104. Die Kammer der Abgeordneten hat das Recht der Vorstellung und Beschwerdeführung. Wegen aller Gegenstände, welche ihrer Berathung unterliegen, darf sie vom Ministerium Auskunft und die Vornahme von Ermittelungen begehren. Zu den Ausschußarbeiten darf sie Sachverständige

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M ECKLENBURG -S CHWERIN zuziehen. Das Ministerium hat auf Ansuchen deren Gestellung zu veranlassen. Die besondere Befugniß der Kammer für den Fall einer Ministeranklage bestimmt das betreffende Gesetz. § 105. Es steht der Kammer der Abgeordneten zu, Gesuche und Anträge zu empfangen und zu berathen. Solche in den Sitzungen persönlich zu überreichen oder mündlich vorzubringen, ist Nichtmitgliedern untersagt. § 106. Die Kammer der Abgeordneten kann die Anwesenheit der Minister in ihren Sitzungen verlangen, und sind dieselben verpflichtet, von der Kammer erforderte Aufklärungen zu ertheilen und Interpellationen zu beantworten, außer bei Gegenständen, welche annoch in der Verhandlung begriffen und noch nicht zum Abschluß gelangt sind, wenn Gründe der Zweckmäßigkeit vorliegen, welche ihnen zur Zeit die Ertheilung von Aufklärungen unthunlich erscheinen lassen. § 107. Die Kammer der Abgeordneten kann bemerkte Pflichtverletzungen der Staatsdiener dem Gesammtministerium anzeigen. Dasselbe hat der Kammer von den dieserhalb getroffenen Verfügungen und deren Ergebniß Kenntniß zu geben.

VI. ABSCHNITT Von der gesetzgebenden Gewalt § 108. Gesetze können nur in Uebereinstimmung des Großherzogs mit der Abgeordneten-Kammer erlassen, aufgehoben oder verändert werden. § 109. Das Recht, Gesetzesvorschläge zu machen (die Initiative), steht ebensowohl der Abgeordneten-Kammer, als dem Großherzoge zu.

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§ 110. Die Weigerung des Großherzogs, einen ihm von der Kammer vorgelegten Gesetzentwurf zu bestätigen, muß unter Angabe der desfallsigen Gründe erklärt werden. § 111. Hat der Großherzog einem von der Kammer vorgelegten Gesetzentwurfe seine Genehmigung definitiv versagt, so darf dieser Entwurf während desselben Landtags und auf dem zunächst folgenden ordentlichen Landtage nicht wieder vorgebracht werden. Wird ein solcher Entwurf sodann weiter auf dem dritten und wiederholt auf dem vierten ordentlichen Landtage von der Kammer berathen und dem Großherzoge in unveränderter Fassung zur Bestätigung vorgelegt, so wird dieselbe ertheilt, falls der Großherzog nicht vorzieht, die Kammer aufzulösen. Nimmt die darauf zusammentretende Kammer auf dem der Auflösung folgenden Landtage den Entwurf mit einer Stimmenmehrheit von wenigstens zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten unverändert wieder an, so ist die von derselben nachgesuchte Bestätigung nicht zu versagen. § 112. Ein von der Kammer gefaßter Beschluß über Abänderung oder Ergänzung dieses Staatsgrundgesetzes, mag der Vorschlag von der Krone oder der Kammer ausgegangen sein, darf nur dann zum Gesetz erhoben werden, wenn die nächstfolgende ganz oder zur Hälfte neu gewählte Kammer denselben auf ihrem ersten ordentlichen Landtage unverändert genehmigt. § 113. Ist der von der Kammer gefaßte Beschluß einer Abänderung oder Ergänzung der Verfassung auf dem ersten ordentlichen Landtage der nächstfolgenden ganz oder zur Hälfte neu gewählten Kammer, sowie auf den beiden folgenden ordentlichen Landtagen, unverändert wiederholt und dem Großherzoge auf diesen drei Landtagen zur Bestätigung vorgelegt, so muß dieselbe erfolgen, wenn der Großherzog nicht

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) vorzieht, die Kammer aufzulösen. Nimmt in diesem Falle die darauf zusammentretende Kammer mit einer Stimmenmehrheit von wenigstens zwei Drittel der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten den Beschluß unverändert wieder auf, so darf der Großherzog die Sanction nicht versagen. Eine Aenderung der verfassungsmäßigen Rechte des Staatsoberhauptes, insonderheit des Inhalts dieser und der beiden voraufgehenden Paragraphen, kann jedoch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Großherzogs erfolgen. § 114. Wenn der Großherzog über ein ihm von der Abgeordneten-Kammer vorgelegtes Gesetz innerhalb desselben Landtages seine Erklärung nicht abgegeben hat, so wird dies so angesehen, als wenn die Bestätigung versagt sei. § 115. Der Großherzog kann Verordnungen, welche einen Gesetzes-Charakter an sich tragen, erlassen, wenn sie durch die Umstände dringend geboten sind und weder einen Aufschub bis zum nächsten ordentlichen Landtage zulassen, noch die Einberufung eines außerordentlichen Landtags gestatten oder durch ihre Wichtigkeit rechtfertigen, auch eine Abänderung des Staatsgrundgesetzes nicht enthalten. Der Abgeordneten-Kammer sind auf ihrem nächsten Landtage unter Darlegung der Dringlichkeit und Zweckmäßigkeit die also erlassenen Verordnungen zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen. Erfolgt diese nicht, so sind solche Verordnungen sofort aufzuheben. Gesetze, die von der Abgeordneten-Kammer auf dem letzten Landtage abgelehnt sind, dürfen in Grundlage dieses Paragraphen nicht erlassen werden. § 116. Die Gesetze sind mit der Unterschrift des Großherzogs zu versehen und von wenigstens einem Minister zu contrasigniren; in den Fällen des §. 115 jedoch vom

ganzen Ministerium. § 117. Die Publication der Gesetze, welche nicht verzögert werden darf, muß durch das Gesetzblatt geschehen, und sind alle Gesetze, wenn nicht ein Anderes im Gesetze selbst bestimmt ist, vom dritten Tage nach der Publication an verbindend. Die im §. 115 bezeichneten Verordnungen, deren Genehmigung oder Aufhebung sind gleichfalls durch das Gesetzblatt zu verkünden. § 118. Der Eingang des Gesetzes enthält den Namen und Titel des Großherzogs und den Zusatz, daß es in Uebereinstimmung mit der Kammer der Abgeordneten erlassen werde, oder in eiligen Fällen, unter Angabe des Grundes der Dringlichkeit, daß dasselbe nur bis auf Weiteres gelten solle. Gesetze, welche solchen Zusatz nicht enthalten, sind nicht verbindend. § 119. Darüber, ob ein in gehöriger Form verkündetes Gesetz verfassungsmäßig zu Stande gekommen, hat nur die Abgeordneten-Kammer zu wachen. § 120. Authentische Auslegung eines Gesetzes wird in allen Beziehungen behandelt, wie die Erlassung eines neuen Gesetzes.

VII. ABSCHNITT Von der vollziehenden Gewalt § 121. Die vollziehende Gewalt steht dem Großherzoge zu. § 122. Der Großherzog erläßt die zur Vollziehung und Handhabung der Gesetze nöthigen Verordnungen. § 123. Der Großherzog leitet und überwacht die gesammte innere Landesverwaltung und hat den Oberbefehl über das gesammte Militair.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN § 124. Der Großherzog vertritt das Großherzogthum nach Außen. Er hat das Recht, mit auswärtigen Regierungen Staatsverträge zu schließen. Letztere bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung oder nachträglichen Genehmigung der AbgeordnetenKammer. § 125. Der Großherzog hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung auf erstatteten Bericht des erkennenden Gerichts und das Recht der Abolition auf Antrag des Beteiligten, so weit das Staatsgrundgesetz diese Rechte beschränkt. Eine Amnestie erfordert die Zustimmung der Abgeordneten-Kammer. § 126. Der Großherzog übt das Münzrecht mach Maßgabe des Gesetzes. § 127. Die Person des Großherzogs ist unverletzlich. Die Minister sind verantwortlich. § 128. Der Großherzog ernennt und entläßt die Minister. Jedoch kann Niemand Minister werden, der nicht das Mecklenburgische Staatsbürgerrecht besitzt. § 129. Die oberste Leitung der Regierung wird unter dem Großherzoge vom Gesammtministerium ausgeübt. Für die einzelnen Verwaltungszweige bestehen besondere Ministerien. § 130. Kein Regierungserlaß des Großherzogs ist gültig ohne Gegenzeichnung eines Ministers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit für denselben übernimmt. § 131. Die Minister sind berechtigt, in den Sitzungen der Abgeordneten-Kammer zu erscheinen, und müssen jederzeit gehört werden. Sie haben als solche kein Stimmrecht in der Kammer. Ausnahmsweise ist ihnen gestattet, für andere Beamte Zutritt zu den Kammersitzungen und das Wort in Anspruch zu nehmen.

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Den Ministern und den von ihnen zugezogenen Beamten ist das Ablesen schriftlicher Vorträge gestattet. § 132. Das abtretenede Ministerium ist verpflichtet, bis zur Zustandekunft des neuen die laufenden Geschäfte fortzuführen. § 133. Die Minister können durch Beschluß der Kammer in Anklagestand versetzt werden. Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über das Verfahren und die Strafen werden durch ein besonderes Gesetz getroffen. § 134. Der Großherzog kann von seinem Rechte der Abolition und Begnadigung zu Gunsten eines in Anklagestand versetzten Ministers nur mit Zustimmung der Abgeordneten-Kammer Gebrauch machen. § 135. Abtretende Minister werden entweder im Staatsdienst anderweitig angestellt, oder erhalten ein durch das Pensionsreglement zu bestimmendes Warte- oder Ruhegehalt, insoweit nicht durch richterliches Erkenntniß ein Anderes bestimmt wird. § 136. Der Großherzog bestellt alle Staatsdiener des Civil- und Militairstandes. § 137. Die Anstellung, Entlassung und Pensionirung der Staatsdiener geschieht in Grundlage einer zu erlassenden Dienstpragmatik. § 138. Die Anstellung von Staatsbeamten geschieht in der Regel auf Lebenszeit. § 139. Anwartschaften auf Staatsämter dürfen nicht ertheilt werden. § 140. Jeder Verwaltungsbeamte muß sich eine Versetzung gefallen lassen, jedoch soll er in diesem Fall an seiner bisherigen Gehaltseinnahme keine Einbuße erleiden, und sind ihm die Umzugskosten aus der Staatscasse zu erstatten.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) § 141. Ein Beamter, der durch richterliche Entscheidung für definitiv unfähig zum Staatsdienst erklärt ist, darf in demselben niemals wieder angestellt werden. § 142. Der Staat haftet unmittelbar für die Amtshandlungen seiner Beamten, so weit es sich um Entschädigung handelt; der Beamte haftet dem Staat. § 143. Untersuchungen gegen Staatsdiener wegen Dienstverbrechen dürfen ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer nicht niedergeschlagen werden. § 144. Staatsdienst und Hofdienst sind künftig in derselben Person nicht zu vereinigen.

VIII. ABSCHNITT Von der richterlichen Gewalt § 145. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Patrimonialgerichte jeder Art sind aufgehoben und dürfen nicht wieder eingeführt werden. § 146. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets- und Ministerial-Justiz ist unstatthaft. § 147. Kein Gericht kann anders als in Kraft eines Gesetzes errichtet, verändert oder aufgehoben werden. § 148. Die Organisation der Gerichtsbehörden, deren Zahl, Personalbestand und Geschäftskreis, so wie der Instanzenzug, werden durch ein Gesetz geregelt. § 149. Ueber alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Jeder, der sich durch öffentliche Behörden oder Beamte in seinem Rechte verletzt glaubt, kann den Schutz der Gerichte nachsuchen.

Es wird ein für allemal ein Procurator bestellt, gegen welchen die Klagen wider den Staat zu erheben sind. § 150. Ueber Competenz-Conflicte zwischen einer Verwaltungsbehörde und einem Gerichte entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof. In allen übrigen Fällen steht die Bestimmung, ob eine Sache sich zum Gerichtsverfahren eignet, lediglich den Gerichten in geordnetem Instanzenzuge zu. § 151. Die Anstellung der Richter geschieht auf Lebenszeit aus der Zahl derjenigen, welche in gesetzlicher Art zum Richteramte befähigt erklärt sind. Ausnahmen hievon sind jedoch zulässig in Betreff der in Sachen besonderer Berufserfahrung zu bestellenden sachkundigen Richter. § 152. Die Richter beziehen feste Gehalte und dürfen nicht auf Sporteln oder ungewisse Einnahmen angewiesen werden. Die Annahme von Gratificationen ist ihnen untersagt, wodurch jedoch temporäre Gehaltszulagen und Unterstützungen von Seiten des Staats nicht ausgeschlossen sind. § 153. Die Richter dürfen keinerlei Advocatur ausüben und als Notarien nicht fungiren. Ein richterliches Amt darf mit einem einträglichen Nebenamte nicht verbunden werden, wenn nicht in besonderen Fällen die Abgeordneten-Kammer ihre Zustimmung dazu ertheilt. § 154. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden. Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen. Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.

Krieges zu Theil werden, sind ebenfalls Staatseigenthum.

§ 155. Privatrechtliche Ansprüche gegen den Großherzog und die übrigen Mitglieder der Großherzoglichen Familie gehören zur Competenz der ordentlichen Gerichte. Der Großherzog wird ein für alle Mal für sich einen Procurator bestellen, gegen welchen derartige Klagen anzustellen sind; die übrigen Mitglieder der Großherzoglichen Familie sind befugt, durch Bestellung eines Procurators Recht zu nehmen.

§ 159. Nur in Folge geschehener Bewilligung der Abgeordneten-Kammer und eines derselben gemäß erlassenen Gesetzes kann von dem Staatsvermögen, vorbehältlich der durch eine gesetzliche Instruction zu regelnden Ausnahmen, etwas veräußert, der Staat mit Dienstbarkeiten und Verbindlichkeiten belastet, insbesondere für denselben eine Anleihe abgeschlossen, Garantie übernommen oder Papiergeld ausgegeben werden. Erfordern unvorhergesehene Ereignisse außerordentliche Ausgaben und desfallsige Anleihen, so wird, wenn eine schleunige Zusammenberufung des Landtages nicht möglich war, die vom Gesammtministerium zu treffende Maßregel dem nächstfolgenden Landtage zur Prüfung und Bewilligung vorgelegt.

IX. ABSCHNITT Vom Staatshaushalte § 156. Die Sonderung des Staatsvermögens von dem Gute des Großherzoglichen Hauses und beider von dem Privatvermögen des jetzt regierenden Großherzogs und der übrigen Mitglieder der Großherzoglichen Familie ist durch die Urkunde, welche diesem Staatsgrundgesetze unter No. I. beigefügt worden, ein für alle Mal beschafft.3 Die gesammte Staatsschuld ist als solche durch die Verfassung garantirt, und wird das Staatsschuldenwesen in Uebereinstimmung mit der Abgeordneten-Kammer geregelt. § 157. Das über das gesammte Staatsvermögen aufzunehmende genaue und vollständige Inventar wird im Archiv des Ministeriums aufbewahrt. Veränderungen im Staatsvermögen werden vom Ministerium in das Inventar eingetragen und dem nächsten ordentlichen Landtage vorgelegt. § 158. Alles aus Staatsmitteln oder für den Staat Erworbene wird Theil des Staatsvermögens. Kriegscontributionen, Entschädigungsgelder und sonstige Erwerbungen, welche dem Großherzoge als Staatsoberhaupte zufolge eines Staatsvertrags, Bündnisses oder

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§ 160. Die Verwaltung des Staatsvermögens muß bereits bestehenden und künftig zu erlassenden desfallsigen gesetzlichen Bestimmungen gemäß geschehen. § 161. Die Finanzperiode ist einjährig, worüber ein Gesetz das Erforderliche ordnen wird. § 162. Der für jede Finanzperiode zu entwerfende, ins Einzelne gehende, die verschiedenen Verwaltungszweige getrennt darstellende Voranschlag der Staatseinnahmen und Ausgaben ist der im voraufgehenden Herbste zusammentretenden Abgeordneten-Kammer durch das Gesammtministerium vorzulegen. § 163. Der Voranschlag wird von der Abgeordneten-Kammer im Ganzen und Einzelnen geprüft und demnächst in Gesetzesform festgestellt. § 164. Alle Bewilligungen von Ausgaben sind nur für den besondern Zweck, für welchen sie gemacht worden, als ertheilt

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) anzusehen, und nur in der Grenze der Bewilligung kann die Verwendung erfolgen. § 165. Ueberschreitungen des festgestellten Voranschlages bedürfen der nachträglichen Genehmigung der Kammer. Anweisungen auf die Staatseinnahmen der bevorstehenden Finanzperioden sind nichtig. § 166. Die Rechnungen der abgelaufenen Finanzperiode mit Belägen und den Monituren der Staatsrevisionsbehörde werden der Abgeordneten-Kammer von dem Gesammtministerium sofort nach deren Eröffnung zur Prüfung und Beschlußnahme vorgelegt. § 167. Ohne Zustimmung der Abgeordneten-Kammer dürfen keine Steuern und Abgaben für die Staatscasse, sie mögen directe oder indirecte sein, ausgeschrieben werden. Die Bewilligung geschieht auf ein Jahr und sind die bewilligten Steuern und Abgaben mittelst Gesetzes auszuschreiben. § 168. Die Zustimmung darf an keine Bedingungen geknüpft werden, die nicht das Wesen oder die Verwendung der Ausgaben unmittelbar betreffen.

§ 171. Die Besteuerung soll so geordnet werden, daß der Grundsatz verhältnißmäßiger gerechter Benutzung der Steuerkraft dabei als Hauptgesichtspunkt dient, und die Bevorzügung einzelner Stände und Güter aufhört. § 172. Die Einführung, Veränderung oder Abschaffung von Regalien und Monopolien, die Erhebung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Anstalten und Einrichtungen, so wie für Dienste der Staatsbeamten, kann nur auf Grund eines Gesetzes geschehen. § 173. Die Civilliste wird aus der Staatscasse in vierteljährlichen Raten gezahlt. § 174. Die Feststellung der Civilliste ist der Vereinbarung des Großherzogs mit der Abgeordneten-Kammer überlassen. Bis zur Feststellung der neuen bezieht der Großherzog die dem Vorgänger bewilligte Civilliste. § 175. Die Apanagen und Witthumsverhältnisse sind durch die der Verfassung unter No. II. beigefügte Vereinbarung geregelt.4

X. ABSCHNITT Von der bewaffneten Macht

§ 169. Verzögert nach Ablauf der festgestellten Finanzperiode sich die Bewilligung aus einem oder dem andern Grunde, so dürfen die für den ordentlichen Staatsbedarf bewilligten Steuern und Abgaben noch sechs Monate hindurch forterhoben werden. Diese sechs Monate werden jedoch in die neue Finanzperiode eingerechnet. In einem solchen Fall ist bei Verkündigung der Steuern und Abgaben auf diesen Paragraphen der Verfassungsurkunde ausdrücklich Bezug zu nehmen. § 170. Keine Behörde ist berechtigt, Steuern und Abgaben zu erheben, wenn sie nicht durch das Gesetz ausgeschrieben sind.

§ 176. Die Wehrpflicht ruht auf der ganzen männlichen Bevölkerung von Mecklenburg. § 177. Die Organisation der bewaffneten Macht, das Militairverpflegungswesen und die Quartierlast werden durch besondere Gesetze geregelt, welche auch die näheren Bestimmungen über den Eintritt in den Kriegsdienst, die Dauer desselben und die Entlassung, so wie über etwaige Entfreiungsgründe enthalten. § 178. Die bewaffnete Macht steht, außer im Kriege und im Dienste, unter denselben Gesetzen und Behörden, wie die übrigen

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Bewohner des Staatsgebietes. Ein besonderes Gesetz regelt die Disciplin im Dienste und im Kriege. § 179. Die bewaffnete Macht kann für Zwecke der innern Ordnung und Sicherheit so wie zur Vollziehung der von den Civilbehörden erlassenen Verfügungen nur auf Antrag der zuständigen Civilbehörden einschreiten. Die Fälle und Formen, in und unter denen solches geschehen kann, sind durch ein Gesetz zu bestimmen. Die Befugnisse des Gesammtministeriums, im Falle eines Aufstandes die gestörte Ordnung und die gefährdete Freiheit durch außerordentliche Mittel herzustellen und zu schützen, sollen durch ein besonderes Aufruhrgesetz geregelt werden.

XI. ABSCHNITT Von den Gemeinde- und KreisVerbänden § 180. Das gesammte Staatsgebiet ist in Gemeinden und Kreise einzutheilen. § 181. Jedes Grundstück soll zu einem Gemeindeverbande gehören, jede Gemeinde zu einem Kreise. § 182. Die Kreisverfassung, namentlich die Bildung der Kreisbehörden und die Betheiligung der Gemeinden an deren Besetzung, wird durch das Gesetz geregelt. § 183. Die Bildung der Landgemeinden, so wie die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden überhaupt sind durch ein Gesetz zu regeln, welches als Grundbestimmungen die freie Wahl der Beamten und Vertreter der Gemeinde, die eigene selbstständige Verwaltung des Gemeindevermögens und der Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei und die Oeffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen als Regel, unter alljährlicher Veröffentlichung des Gemeindehaushalts, aufzunehmen hat.

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§ 184. Die Oberaufsicht des Staates tritt nur aus Gründen des allgemeinen Wohls ein und sind die Grenzen dieser Oberaufsicht in dem Gesetze näher zu bestimmen. § 185. Keine Gemeinde darf zu Abgaben oder Leistungen herangezogen werden, wozu sie nicht ihre Zustimmung ertheilt hat, oder durch das Gesetz verpflichtet ist. § 186. Die Bevorzugung einzelner Stände und Güter bei der Selbstbesteuerung ist nicht gestattet.

XII. ABSCHNITT Gewähr der Verfassung § 187. Der Thronfolger darf kein Regierungsrecht ausüben, bevor er folgende Erklärung: „Ich gelobe, die Verfassung des Großherzogthums fest und unverbrüchlich zu halten und den Gesetzen gemäß zu regieren“, in Gegenwart des Gesammtministeriums und dreier Mitglieder der AbgeordnetenKammer, welche von dieser ernannt werden, wenn sie gerade versammelt ist, mündlich abgegeben hat. Ist die Abgeordneten-Kammer nicht versammelt, so geschieht die Einberufung jener drei Mitglieder durch das Gesammtministerium und sind, im Falle einer zuvor stattgehabten Auflösung, Mitglieder der zuletzt versammelt gewesenen AbgeordnetenKammer zuzuziehen. Das Ausbleiben der eingeladenen Deputation veranlasst keinen Aufschub. Ueber die Handlung wird ein Protocoll aufgenommen, welches von dem Großherzog und den Anwesenden unterschrieben, der Abgeordneten-Kammer zugefertigt und im Archiv derselben aufbewahrt wird. Bis zu jener Erklärung des Thronfolgers führt das Gesammtministerium die Regierung fort.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) § 188. Der Regent hat vor Uebernahme seines Amts die im §. 187 vorgeschriebene Erklärung in der dort festgesetzten Form abzugeben. Bis dahin führt das Gesammtministerium die Regierung fort. § 189. Alle Staatsbeamten und die bewaffnete Macht sind auf die treue Beobachtung und Bewahrung der Verfassung zu beeidigen. Alle Gemeindebürger haben dieselbe zu geloben. Dieser Eid und dies Gelöbniß sind in denjenigen Eid oder dasjenige Gelöbniß aufzunehmen, welches die Betheiligten beim Eintritt in die bezeichneten Verhältnisse abzulegen haben. Jeder Mecklenburger muß, bevor er zum Abgeordneten wählen oder gewählt werden kann, dies Gelöbniß abgeleistet haben. § 190. Die Bestimmungen der Grund-

rechte über Verhaftung, Haussuchung und Versammlungsrecht können vom Ministerium nicht anders, als im Fall eines Krieges oder Aufruhrs und nur zeitweise und für einzelne Bezirke außer Kraft gesetzt werden. Dabei sind folgende Bedingungen zu beobachten: 1) die Verfügung muß in jedem einzelnen Falle vom Gesammtministerium ausgehen; 2) das Ministerium hat die Zustimmung der Abgeordneten-Kammer, wenn dieselbe zur Zeit versammelt ist, sofort einzuholen; wenn dieselbe nicht versammelt ist, so darf die Verfügung nicht länger als 14 Tage dauern, ohne daß die Abgeordneten-Kammer zusammenberufen und die getroffenen Maßregeln zu ihrer Genehmigung vorgelegt werden. Friedrich Franz.

Wahlgesetz für das Großherzogthum MecklenburgSchwerin5

I. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen § 1. Es sind für das Großherzogthum sechszig Abgeordnete zu wählen, und zwar vierzig Abgeordnete durch allgemeine Wahlen und zwanzig Abgeordnete durch besondere Wahlen Seitens der ländlichen Grundbesitzer, der Kaufleute und Gewerbtreibenden. § 2. Stimmberechtigt bei den Wahlen der Abgeordneten ist jeder Mecklenburgische Staatsbürger, welcher das 25ste Lebensjahr zurückgelegt und durch obrigkeitliche Verleihung oder factische Ausübung das Niederlassungsrecht an einem Orte des Landes

erworben hat, auch nicht durch eine Bestimmung des §. 3 ausgeschlossen ist. § 3. Von der Berechtigung zum Wählen sind ausgeschlossen: 1) Personen, welche unter Curatel stehen; 2) Personen, über deren Vermögen Concurs oder concursmäßiges Verfahren gerichtlich eröffnet worden ist, während der Dauer dieses Concurs- oder consursmäßigen Verfahrens; 3) Personen, welche eine fortlaufende Armenunterstützung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen ha-

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M ECKLENBURG -S CHWERIN ben; 4) diejenigen, welche den von ihnen zu der zuletzt erhobenen außerordentlichen Contribution zu zahlenden Beitrag nicht gezahlt haben, oder von solcher Zahlung Armutshalber entfreiet sind; 5) Personen, denen durch rechtskräftiges Erkenntniß die Berechtigung zum Wählen entzogen ist; 6) diejenigen, welche wegen eines dolosen Verbrechens Zuchthausstrafe erlitten haben, so wie diejenigen, welche wegen eines entehrenden Verbrechens bestraft sind, insofern solchen Personen nicht vom Großherzoge die Herstellung der staatsbürgerlichen Ehrenrechte ertheilt worden ist. § 4. Des Rechtes zu wählen soll, unbeschadet der sonst verwirkten Strafe, für eine Zeit von 4 bis 12 Jahren durch strafrechtliches Erkenntniß verlustig erklärt werden, wer bei einer Wahl seine Stimme verkauft, oder Stimmen erkauft, oder mehr als einmal seine Stimme abgegeben, oder überhaupt zur Einwirkung auf die Wahl gesetzlich unzulässige Mittel angewendet hat. § 5. Wer das Wahlrecht in einem Wahlkreise ausüben will, muß in demselben zur Zeit der Wahl seinen Wohnsitz haben. Der Standort der Militairpersonen aller Art gilt als Wohnsitz. § 6. Bei den allgemeinen Wahlen darf Jeder nur einmal sein Stimmrecht ausüben. Die zur Theilnahme an den besonderen Wahlen Berechtigten werden durch solche Berechtigung hinsichtlich der Theilnahme an den allgemeinen Wahlen nicht behindert. Bei den besonderen Wahlen darf ein Jeder aber ebenfalls nur einmal wählen, auch wenn er mehrere der dort genannten Eigenschaften in sich vereinigt. Im letztgedachtem Falle ist der Wähler, wenn er Grundbesitzer ist, als solcher, und wenn er Kaufmann und Gewerbtreibender

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ist, als Kaufmann in die Wahllisten einzutragen. Das Stimmrecht kann nur in Person, nicht durch Vertreter geübt werden; es wird durch Stimmzettel ohne Unterschrift ausgeübt. § 7. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder nach §. 2 und §. 3 stimmberechtigte Staatsbürger, welcher das 30ste Lebensjahr zurückgelegt hat. § 8. Alle Wahlen sind direct. Die Wahlhandlung ist öffentlich.

II. ABSCHNITT Von den allgemeinen Wahlen § 9. Zum Zweck der allgemeinen Wahlen wird das Großherzogthum ohne Unterscheidung zwischen Stadt und Land in zwanzig annähernd gleichbevölkerte und, soweit thunlich, geographisch abgerundete Wahlkreise getheilt, wovon jeder zwei Abgeordnete zu wählen hat. § 10. Die Wähler eines jeden Wahlkreises zerfallen in zwei Wahlkörper, deren jeder einen Abgeordneten wählt. Zu dem ersten Wahlkörper eines jeden Wahlkreises gehören alle diejenigen in den Städten oder auf dem Lande wohnhaften Wähler, welche mindestens zwei Thaler Courant zum Simplo des außerordentlichen Contributions-Edicts erlegen, so wie diejenigen Bewohner des platten Landes, welche mindestens entweder 20 ßl. an Grund- oder Pachtsteuer, oder 18 ßl. an Erbpachtsteuer zahlen. Die Kopfsteuer des Bauern gilt als Grundsteuer. Die nur vorschußweise für Gesellen, Gesinde u.s.w. geleisteten Zahlungen kommen nicht mit in Ansatz. Zu dem zweiten Wahlkörper gehören alle übrigen Wähler des Wahlkreises.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

III. ABSCHNITT Von den besonderen Wahlen durch die Gewerbetreibenden § 11. Von den Gewerbtreibenden werden sechs Abgeordnete gewählt. Zu dem Ende werden mit Rücksicht auf annähernd gleiche Wählerzahl und thunlichste geographische Abrundung sechs Wahlkreise gebildet. In jedem Wahlkreise ist ein Abgeordneter zu wählen. § 12. Stimmberechtigt sind die in den Städten des Landes, Ludwigslust einschließlich, wohnhaften zünftigen und nicht zünftigen Handwerker, Fabrikanten, Bierbrauer und Branntweinbrenner, welche ihr Gewerbe treiben und davon steuern.

IV. ABSCHNITT Von den besonderen Wahlen durch die Kaufleute § 13. Von den in den Städten und dem Flecken Ludwigslust wohnhaften Kaufleuten und Krämern werden sechs Abgeordnete gewählt. § 14. Zum Zwecke der Wahlen dieser sechs Abgeordneten des Kaufmannsstandes werden sechs Wahlkreise in der Art gebildet, daß die Stadt Rostock einen Wahlkreis, die Stadt Wismar einen zweiten Wahlkreis bildet, und die übrigen vier Wahlkreise aus den Landstädten und dem Flecken Ludwigslust mit Rücksicht auf annähernd gleiche Wählerzahl und thunlichste geographische Abrundung gebildet werden. In jedem Wahlkreise ist ein Abgeordneter zu wählen. Stimmberechtigt sind die in den Städten und Ludwigslust wohnhaften Kaufleute, welche ihr Geschäft noch betreiben und davon steuern, jedoch mit Ausnahme der kleinen Händler, als Mehl-, Kessel-, Sensen-, Putz-, Vieh-, Frucht-, Glas-,

Milch-, Citronen-, Spitzen-, Leinwand-, Uhrenhändler, der concessionirten Productenhändler, der Drögeköper, Kleiderseller, Trödler.

V. ABSCHNITT Von den Wahlen durch ländliche Grundbesitzer § 15. Von den ländlichen Grundbesitzern sind acht Abgeordnete zu wählen. Stimmberechtigt sind diejenigen, welche ein ländliches Grundstück in der Größe von mindestens zweihundert bonitirten Scheffeln im Eigenthum (Lehnbesitz) haben, oder zu Erbpacht oder Bauerrecht besitzen. § 16. Behufs dieser Wahlen ist das Land nach Maßgabe §. 9. in acht Wahlkreise zu theilen. In jedem Wahlkreise ist ein Abgeordneter zu wählen. § 17. Von mehreren Miteigenthümern oder Mitbesitzern kann nur Einer wählen. Der Erschienene gilt als legitimirt. Unter mehreren zur Ausübung des Wahlrechts Erschienenen entscheidet im Mangel der Vereinbarung das Loos.

VI. ABSCHNITT Von dem Wahlverfahren § 18. Die Wahlen werden nach Kirchspielen vorgenommen. In den größeren Städten sind jedoch die Magistrate befugt, anderweitige passende Wahlabtheilungen zu bilden. Auch ist es den Wahl-Commissarien gestattet, für die Wahlen des ersten Wahlkörpers mehrere Kirchspiele zu einer Wahlabtheilung zu vereinigen. § 19. Zur Leitung der Wahlen wird für jeden Wahlkreis ein Commissarius durch die Staatsregierung ernannt. Derselbe hat die Anfertigung und Veröffentlichung der

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Wahllisten zu veranlassen und zu überwachen. § 20. Die Wahllisten, welche Namen, Stand und Wohnort der Wähler und deren Vertheilung in die beiden Wahlkörper enthalten, werden in den Städten durch die Magistrate, auf dem platten Lande durch die von dem Commissarius nach Kirchspielen zu ernennenden Wahldirigenten angefertigt. Bei der Sonderung der Wahlkörper sind die Verzeichnisse der zuletzt erhobenen außerordentlichen Contribution grundleglich zu machen und zu dem Ende den Dirigenten auf Erfordern von den Colligirungsbehörden und nöthigen Falles von der LandesReceptur-Direction mitzutheilen. § 21. Die Wahllisten sind durch die mit deren Anfertigung beauftragten Behörden an einem geeigneten Orte während acht Tage zu Jedermanns Einsicht auszulegen, und ist dies öffentlich bekannt zu machen. Einsprachen gegen die Listen sind binnen dreier Tage nach geschehener öffentlicher Bekanntmachung bei der genannten Behörde anzubringen, welche alsdann die Liste schließt. Beschwerden wegen zurückgewiesener Einsprachen werden durch den Commissarius entschieden. Nur diejenigen sind zur Theilnahme an der Wahl berechtigt, welche in die Listen aufgenommen worden sind. § 22. Die Leitung der Wahlen gebührt den Magistraten und den vom Wahl-Commissarius ernannten Dirigenten. § 23. Die Wahlen eines jeden Wahlkörpers sind an einem und demselben Tage durch das ganze Großherzogthum vorzunehmen. Der zweite Wahlkörper wählt an dem ersten, der erste Wahlkörper an dem späteren Wahltage.

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§ 24. Den Wahl-Commissarien bleibt bei den besonderen Wahlen überlassen, mehrere Kirchspiele zu einer Abtheilung zu vereinigen. § 25. Die besonderen Wahlen geschehen durch das ganze Großherzogthum an einem und demselben Tage, jedoch später, als die allgemeinen Wahlen. § 26. Die mit der Leitung der Wahl beauftragte Behörde hat die Wähler unter Angabe des Tages, der Stunde und des Ortes der Versammlung in ortsüblicher Weise vorzuladen. Der Wahlort muß innerhalb des Wahlbezirks belegen sein. § 27. Bei der Wahlhandlung hat der Dirigent einen durch Handschlag zu verpflichtenden Protocollführer und zwei Beisitzer aus den Wahlberechtigten zuzuziehen, über die Wahlhandlung ein Protocoll aufzunehmen, solches durch seine, der Beisitzer und des Protocollführers Unterschrift zu beglaubigen und spätestens anderen Tages an den Commissarius einzusenden. § 28. Die Wahlhandlung geht vor sich ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler. § 29. Die im Voraus zusammengefaltenen, auf der innern Seite numerirten, auf der Außenseite gestempelten Stimmzettel werden durch einander gemischt. Der Wahldirigent läßt sie sodann durch die Beisitzer an die erschienenen Wähler austheilen. § 30. Jeder Wähler schreibt oder läßt auf den ihm übergebenen Zettel Namen, Beruf und Wohnort des von ihm Gewählten schreiben. Zettel, auf welchen mehr als ein Name oder der Name einer nicht wählbaren Person geschrieben steht, oder aus welchen der Gewählte nicht unzweifelhaft zu erkennen ist, ebenso andere, als die ausgetheilten Zettel, sind ungültig. Wählern, welche nicht schreiben können,

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) muß auf Verlangen der Schriftführer den Namen des von ihnen Gewählten in ihren Stimmzettel schreiben. § 31. Jeder Wähler hat seinen Stimmzettel in das Wahlgefäß zu legen. In der Reihenfolge, wie dies geschieht, sind die Namen der Stimmenden zu Protocoll zu nehmen. § 32. Nach vergeblicher Frage, ob noch Jemand einen Stimmzettel abzugeben habe, erklärt der Wahldirigent die Wahl für geschlossen. Es dürfen dann keine Stimmzettel mehr abgegeben werden. § 33. Die Zettel werden uneröffnet von den Beisitzern laut gezählt. Das Ergebniß ist zu Protocoll zu vermerken. Stimmt die Zahl der Abstimmenden und der Stimmzettel nicht überein, so ist eine Berichtigung sofort zu versuchen. § 34. Die Stimmzettel werden sodann durch einen Beisitzer entfaltet und die Nummern derselben mit den darauf geschriebenen Namen laut verlesen. Die Namen der Gewählten und die auf sie fallenden Stimmen werden protocollirt. § 35. Aufkommende Zweifel über die Gültigkeit einzelner Stimmzettel entscheiden Wahldirigent und Beisitzer nach Stimmenmehrheit. § 36. Das Ergebniß der Abstimmung wird den anwesenden Wählern mitgetheilt und die Wahlversammlung geschlossen. § 37. Die Stimmzettel sind nach geschlossener Wahlhandlung sofort zu vernichten. § 38. Zur Wahlhandlung haben nur die stimmberechtigten Wähler Zutritt. Nicht stimmberechtigte Anwesende sind vor dem Beginne der Wahlhandlung zum Abtreten aus der für die Wähler bestimmten Räumlichkeit zu veranlassen.

§ 39. Der Commissarius hat aus den vollständig eingegangenen Protocollen an einem der größeren Orte des Wahlkreises in öffentlicher, vorher bekannt zu machender Sitzung, unter Zuziehung zweier, als Dirigenten oder Beisitzer oder Protocollführer bei den Wahlen nicht fungirt habender Wahlberechtigter, das Resultat der Wahlen zu ermitteln und zu einem, nach Vorschrift §. 27 zu beglaubigenden Protocolle zusammenzutragen. § 40. Wer über die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten hat, ist für gewählt zu achten. Stellt sich eine absolute Stimmenmehrheit nicht heraus, so hat der Wahl-Commissarius, unter abschriftlicher Mittheilung des das Wahlresultat enthaltenden Protocolles an die Dirigenten, die zweite Wahlhandlung zu veranstalten, und wenn auch durch diese eine absolute Stimmenmehrheit nicht erreicht wird, für die dritte Wahlhandlung die beiden Candidaten zu bezeichnen, welche in der zweiten die meisten Stimmen erhalten haben. Wenn Mehrere gleiche Stimmen erhalten haben, so entscheidet das in öffentlicher Sitzung zu ziehende Loos, wer von ihnen zur Wahl kommt. Ergiebt sich bei der dritten Wahl Stimmengleichheit, so entscheidet das Loos. Von dem jedesmaligen Wahlresultate und der etwa angeordneten Neuwahl hat der Commissarius der Staatsregierung berichtliche Anzeige zu machen, den erwählten Abgeordneten von der auf ihn gefallenen Wahl schriftlich zu benachrichtigen und sämmtliche Wahlacten an die Staatsregierung einzusenden. § 41. Die Bildung der Wahlkreise, die Anberaumung der Wahltage, die Ernennung von Wahl-Commissarien, so wie die Anordnungen wegen Beschaffung der erforderlich werdenden Neuwahlen liegen der Staatsregierung ob. Die Ergebnisse der Abgeordneten-

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M ECKLENBURG -S CHWERIN Wahlen sind durch das Gesetzblatt zu verkündigen. § 42. Wer nicht binnen acht Tagen die Wahl abgelehnt hat, wird angesehen, als habe er sie angenommen. Ist Jemand mehrmals zum Abgeordneten gewählt worden, so hat derselbe binnen acht Tagen, nachdem er davon benachrichtiget worden, bei der Staatsregierung sich darüber zu erklären, welche Wahl er annehmen wolle. Unterläßt er solche Erklärung, so behält seine Wahl nur für denjenigen Wahlkreis Bestand und Gültigkeit, in welchem er die relative, d. h. im Verhältniß zu der Zahl der in den betreffenden Kreisen gestimmt habenden Wähler, größte Stimmenzahl erhalten hat. § 43. Keiner der bei den Wahlen thätigen Beamten darf durch Empfehlung oder Vorschlag oder sonst wie auf die Wahl einwirken. § 44. Mängel im Wahlverfahren sind nicht zu berücksichtigen, wenn dieselben auf das Endergebniß keinen Einfluß haben üben können. § 45. Für die Verwendungen, zu welchen sich die Wähler durch die Ausübung ihrer Wahlrechte an Reisekosten oder sonst veranlaßt sehen, findet eine Vergütung nicht statt.

§ 46. Die zur Wahl der Abgeordneten berufenen Versammlungen dürfen sich mit keinem andern Gegenstande als mit der Wahl beschäftigen.

VII. ABSCHNITT Schlußbestimmungen § 47. In den Fällen, wo die Kammer verfassungsmäßig zur Hälfte erneuert werden muß, geschieht die Erneuerung dergestalt, daß von den aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Abgeordneten 10 aus dem ersten Wahlkörper und 10 aus dem zweiten Wahlkörper Gewählte ausscheiden, und zwar letztere in denjenigen Wahlkreisen, in denen die im ersten Wahlkörper gewählten Abgeordneten noch bleiben; das Loos entscheidet, in welchen Kreisen die im ersten Wahlkörper Gewählten zunächst ausscheiden sollen. Von den Abgeordneten der ländlichen Grundbesitzer scheiden 4, und von denen der Kaufleute und Gewerbetreibenden je 3 aus. Das Loos entscheidet, wer zunächst ausscheidet. § 48. Das Wahlgesetz ist Theil der Verfassung, es findet jedoch für eine Aenderung desselben die Vorschrift des §. 112 der Verfassung keine Anwendung. Friedrich Franz.

No. I Vereinbarung über die Abtretung der Großherzoglichen Domainen an den Staat, über das auszubescheidende Großherzogliche Hausgut und die Krondotation6

A RT. I. A. Das Großherzogliche Hausgut besteht aus: 1) denjenigen Domanial- und incamerirten Gütern und Forsten, welche in der An-

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lage unter No. 1.7 verzeichnet worden, nebst den inventarienmäßigen Hofwehren und Einsaaten, so

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) wie den von den Pächtern gezahlten Pachtvorschüssen und Saatengeldern; 2) dem Schlosse zu Ludwigslust und denjenigen Gebäuden nebst Park und Gärten, welche die Anlage unter No. 2.8 aufgeführt enthält; 3) denjenigen Einrichtungs-, Zier- und Kunstgegenständen, auch Sammlungen, sie mögen sein, welche sie wollen, die sich in dem in der Anlage No.2. aufgeführten Schlosse und sonstigen Gebäuden befinden, soweit sie nicht zum Privateigenthum des Großherzogs und der Großherzoglichen Familie gehören, wovon Verzeichnisse aufgenommen werden sollen; 4) der zu Schwerin in einem besondern Locale aufgestellten Sammlung von Gemälden, Kupfer- und Stahlstichen, Lithographien und plastischen Kunstgegenständen; 5) den gesammten Großherzoglichen Marstall-Pferden, Wagen und Stallinventarien, desgleichen den Pferden im Gestüte zu Raben-Steinfeld; 6) den vorhandenen Jagderfordernissen und Jagdgeräthen; B. Zur Krondotation gehören: 1) diejenigen Schlösser und Gebäude, so wie Gärten und Parke, die in der Anlage unter No. 3.9 verzeichnet stehen; 2) diejenigen sich in den, in der Anlage No. 3. aufgeführten Schlössern und Gebäuden befindenden, zum Bedarf und Glanz des Hofes bestimmten Einrichtungs- und Ziergegenständen, worüber Verzeichnisse angefertigt und der Finanzverwaltung zugestellt werden sollen; 3) dasjenige, was als Civilliste aus der Staatskasse gezahlt wird. C. Als Privateigenthum des jetzt regierenden Großherzogs und der übrigen Mitglieder der Großherzoglichen Familie werden anerkannt: 1) diejenigen Gebäude und Grundstücke,

welche in der Anlage unter No. 4.10 mit Angabe desjenigen, dem das Eigenthum daran zusteht, verzeichnet sind; 2) alle beweglichen Gegenstände, sie mögen bestehen in Pretiosen, Gold- und Silbergeräthen, Einrichtungs-, Zier- und Kunstgegenständen oder worin es sonst wolle, die sich im Besitze des Großherzogs und der Großherzoglichen Familie befinden und nicht nach dem Vorstehenden zum Hausgut (A. 3. 4. 5. 6.) und zur Krondotation (B. 2.) gehören. A RT. II. Die in den Anlagen unter No. 1. und 2. zum vorhergehenden Artikel aufgeführten zum Großherzoglichen Hausgute gehörenden Domanial- und incamerirten Güter und Forsten, so wie das Schloß zu Ludwigslust und die sonstigen Gebäude, imgleichen Gärten und Parke, werden dem Großherzoge vom Staate in jeder Beziehung gewährleistet, und von dem letzteren alle darauf haftenden Schuldansprüche ohne Ausnahme, mögen sie aus Anleihen, welche gegen die Verpfändung des gesammten Domanium oder einzelner Theile desselben gemacht werden, oder aus irgend einem sonstigen Grunde herrühren, allein übernommen, so daß der Großherzog für solche Schuldansprüche nicht aufzukommen hat. Für die auf den Gütern und Forsten ruhenden Reallasten und Realservituten bleiben dieselben aber nach wie vor verhaftet. Patronatslasten rücksichtlich der innerhalb dieser Güter befindlichen Kirchen, für welche bisher der Landesherr Patron war, sind vom Großherzoge ohne Ausnahme zu tragen. Der Betrag der Pachtvorschüsse und Saatengelder wird dem Großherzoge durch auszustellende vierprocentige ReluitionsCassen-Verschreibungen vom Staate ausgezahlt, und sind die Pachtcontracte den Pächtern vom Großherzoge zu erfüllen.

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M ECKLENBURG -S CHWERIN A RT. III. Die Erhaltung des zum Großherzoglichen Hausgute gehörenden Schlosses, der übrigen Gebäude und sonstigen Baulichkeiten im gehörigen Zustande wird aus den Aufkünften des Hausguts bestritten, und sind sie aus denselben in angemessener Weise wiederherzustellen, wenn sie durch Brand oder sonstige Unglücksfälle zerstört werden. A RT. IV. Das Hausgut ist unveräußerlich. Es sind jedoch, außer den Fällen der Veräußerung einzelner beweglicher Gegenstände, diejenigen Veränderungen oder Veräußerungen zulässig, welche bei einzelnen Besitzungen zur Beförderung der Bodencultur oder zur Entfernung wahrgenommener Nachtheile, durch Verkauf, Austausch, Ablösung, Vererbleihung oder zur Berichtigung zweifelhafter Grenzen, nothwendig oder gut befunden werden. Was durch solche Veräußerungen erworben wird, nimmt die Eigenschaft des veräußerten Gegenstandes an und tritt an dessen Stelle. Das aus Veräußerungen unbeweglicher Gegenstände Aufkommende ist, sobald sich eine vortheilhafte Gelegenheit darbietet, zum Erwerb liegender Gründe wiederum zu verwenden. A RT. V. Eine Verpfändung des Hausguts kann von dem Großherzoge in außerordentlichen Nothfällen, aber nur mit Zustimmung der Abgeordneten-Versammlung und nur bis zum Dritttheil seines Werthes, geschehen. Der Abtrag solcher Schulden ist durch ein Gesetz zu regeln. A RT. VI. Meliorationen an unbeweglichen Gegenständen des Hausguts wachsen demselben zu. Werthverminderungen, die eine Ersatzforderung begründen, sind aus dem Privatnachlaß des verstorbenen Großherzogs zu erstatten. Für die beweglichen Gegenstände des Hausguts normiren die aufgenommenen Inventarien. A RT. VII. Die Verwaltung des Hausguts geschieht abgesondert von derjenigen des

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Staatsguts, nach unmittelbarer Anordnung des Großherzogs, und werden die Kosten derselben aus den Aufkünften des Hausguts getragen. A RT VIII. Das Hausgut ist Eigenthum des Großherzoglichen Hauses und hat fideicommissarische Eigenschaft. Der Besitz und die Nutzung des Hausguts gebühren dem Großherzoge und gehen auf den Regierungsnachfolger über. Erlöscht der gesammte Mannsstamm beider Linien des jetzt regierenden Mecklenburgischen Hauses, so fällt von dem Hausgute der fünfte Theil auf die weibliche Linie, nach den Grundsätzen der Allodialerbfolge. Bei der ersten Zusammenkunft jeder Kammerperiode wird, wenn Veränderungen in Ansehung der Substanz des Hausguts in der verflossenen Periode stattgehabt haben, der Abgeordneten-Versammlung davon eine Uebersicht gegeben. A RT. IX. Der Bau des zur Krondotation gehörenden Schlosses zu Schwerin wird in wesentlicher Grundlage des gefertigten Bauplans, und zwar in angemessener, der Würde des Großherzoglichen Hauses, so wie dem Styl dieses Gebäudes entsprechender Weise vollendet, und werden dazu aus der Staatskasse acht Jahre hindurch, von Johannis 1849 an, jährlich Hundert Tausend Thaler Courant, also im Ganzen Achthundert Tausend Thaler Courant, an den Großherzog zur Ausführung dieses Baues mit Einschluß der innern Ausschmückung und Möblirung gezahlt. Der Großherzog garantirt für diese Summe die Vollendung des Ganzen, es bleiben aber die Bestimmungen und Anordnungen rücksichtlich der Bauausführung in den einzelnen Theilen, wiewohl unter wesentlicher Festhaltung des untergelegten Plans, der eignen Entschließung desselben vorbehalten. Die beiden Kunstziegeleien vor dem Wis-

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) marschen Thore und auf dem Schelfwerder verbleiben, so lange als der Schloßbau dauert, zum alleinigen Betrieb und zur ausschließlichen Benutzung für den Schloßbau, jedoch für Rechnung der Schloßbaucasse. A RT. X. Die Erhaltung der zur Krondotation gehörenden Schlösser, übrigen Gebäude und sonstigen Baulichkeiten, so wie der Gärten und Parke und sämmtlicher beweglicher Gegenstände (Art. I. B. 1. 2.) im gehörigen Zustande geschieht aus der Civilliste. Ebenso sind dieselben, wenn sie durch Brand oder sonstige Unglücksfälle ganz oder theilweise zerstört werden, aus der Civilliste wieder herzustellen, mit Ausnahme jedoch der Schlösser und Palais (Anlage No. 3. A. 1. 2. 5., B. 1. und C. 1.), welche, wenn sie durch einen derartigen Unglücksfall also zerstört werden, aus Staatsmitteln in angemessener Weise wieder zu erbauen sind. Für die Bestreitung der durch die vorstehende Bestimmung der Civilliste auferlegten Ausgaben werden dem jetzt regierenden Großherzoge für seine Lebenszeit jährlich Zehn Tausend Thaler Courant aus der Staatscasse gezahlt. Im Uebrigen finden auch rücksichtlich der Krondotation die Bestimmungen des Art. VI. entsprechende Anwendung. A RT. XI. Als Civilliste bezieht der Großherzog aus der Staatscasse jährlich die Summe von Ein Hundert Fünf und Siebenzig Tausend Thaler Courant (175,000 Thlr. Courant). Dieselbe wird auf die gesammten, nicht zum Hausgute gehörenden Domanialund incamerirten Güter radicirt und ist aus denselben vorzugsweise zu entrichten, so daß keine anderweitige Staatsausgabe derselben vorgeht. Die Zahlung geschieht vorschüssig in vierteljährlichen Raten. A RT. XII. Aus der Civilliste und den Aufkünften aus dem Hausgute sind sämmtliche Bedürfnisse des Großherzogs, des

Hofstaats, der Hof- und Haushaltung desselben zu bestreiten, mithin: 1) die persönlichen Ausgaben des Großherzogs und dessen Gemahlin; 2) die Verwendungen zur Unterhaltung und Erziehung der Kinder desselben, insoweit dazu keine Sustentationsgelder gezahlt werden; 3) die Gehalte sämmtlicher zum Hofstaat des Großherzogs gehörenden Hofbeamten und Diener, wie sie unter den Oberkammerherrnstab, das Hofmarschallamt und den Marstall begriffen werden, und zwar mit Einschluß der Großherzoglichen Jagdbediente und der bei dem Gestüt zu Rabensteinfeld Angestellten, jedoch mit Ausschluß derjenigen Gartenbediente, welche nicht lediglich bei den zur Krondotation und zum Hausgute gehörenden Gärten und Parken angestellt sind, so wie des bisherigen Hoftheaters; 4) die künftig den vorgedachten Hofbeamten und Dienern zu bewilligenden Pensionen und Ruhegehalte; 5) der Aufwand für die Hofhaltung, den Stall und die Hofjagd, so wie für die Erhaltung der dazu gehörenden Inventarien; 6) jeder außerordentliche Hofaufwand für Reisen oder sonst, überhaupt aber alle und jede Hofausgaben, die nicht ausdrücklich auf das Staatsbudget gewiesen sind. A RT. XIII. Die dem Hausgute verbleibenden Domanial- und incamerirten Güter und Forsten (Art. I. A. 1.), so wie das Schloß, die sonstigen Gebäude und übrigen Grundstücke, welche dazu gehören (Art. I. A. 2.), werden von denjenigen Grundsteuern ergriffen, die von sonstigen im Privateigenthum sich befindenden Immobilien zu Staats- und Communalzwecken nach den erlassen werdenden Steuergesetzen zu erlegen sind. Dagegen genießen die zur Krondotation gehörenden Schlösser, Gebäude, Gärten und Parke (Art. I. B.1.) die Entfreiung von

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M ECKLENBURG -S CHWERIN allen Grundsteuern. Der Großherzog und die übrigen Mitglieder des Großherzoglichen Hauses sind von der Erlegung aller und jeder persönlichen Steuern und Abgaben zu Staats- und Communalzwecken, so wie von den jetzigen Accise- und Zollerlegnissen entfreit, und ist von den zu ihrem Gebrauche bestimmten beweglichen Gegenständen, insbesondere den Moventien, keine Steuer zu entrichten. A RT. XIV. Auch haben der Großherzog und die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses für ihre Pferde und mit eigenen Pferden bespannten Wagen kein Chausseegeld zu zahlen und genießen die Portofreiheit. A RT. XV. Die gegenwärtig den Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses ausgesetzten Apanagen, gebührenden Witthümer und anderen vertragsmäßigen Leistungen werden auf das Staatsbudget übernommen. Deren Entrichtung erfolgt aus den Staatscassen ohne Anrechnung auf die Civilliste und werden die Naturallieferungen in Gelderlegnisse umgewandelt. Der Betrag derselben, die Empfänger und Zahlungszeiten sind in der Anlage unter No. 5.11 a.

b.

aufgeführt. A RT. XVI. Als Staatsschulden werden anerkannt und vom Staate übernommen: 1) das Heirathsgut der verwittweten Frau Großherzogin Alexandrine im Betrage von Hundert Tausend Thalern Gold, welches bei der Reluitions-Casse belegt ist, so wie die Morgengabe derselben mit Fünf Tausend Thalern Gold; 2) die Morgengabe der verwittweten Frau Erbgroßherzogin Auguste Friederike, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, mit Vier Tausend Thalern NZwdr.; 3) die für den Herzog Gustav auf das Domanium übernommene Schuld, welche Johannis 1849 betragen hat 32,433 1/3 Thaler Courant; 4) der Werth des zum Nachlaß des hochseligen Großherzogs Paul Friederich gehörenden, am alten Garten zu Schwerin belegenen Palais mit Neben- und Hintergebäuden, so wie der darin befindlichen, im Inventar vom 18ten Julius 1840 verzeichneten beweglichen Gegenstände, welche sämmtlich zum Krongut übergehen, im Gesammtbetrage von 49,608 Thalern NZwdr., von welchen überwiesen sind:

an die Herzogin Louise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oder Sechs und Zwanzig Tausend Achthundert Drei und Dreißig 13 Thaler Courant; an den Herzog Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oder Ein und Dreißig Tausend und Zwei und Vierzig 23 Thaler Courant.

23,000 Thaler NZwdr.

26,608 Thaler NZwdr.

49,608 Thaler NZwdr. und zwar mit Zinsen vom Abschluß dieser Vereinbarung an, wobei jedoch vorausgesetzt wird, daß die Erben des hochseligen Großherzogs Paul Friederich auf alle etwanigen Ansprüche an den Staat, aus Verwendungen ihres Erblassers auf das Staats-, Kron- oder Hausgut aus Privatmitteln, oder wegen nicht gezahlter Apanage verzichten. Nach Vollendung des Schloßbaues (Art.

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IX.) scheidet das Palais, mit Neben- und Hintergebäuden von dem Krongute aus und geht zum Staatsgut über, die darin befindlichen beweglichen Gegenstände verbleiben aber dem Krongute; 5) die Forderung von 20,000 Thalern NZwdr., welche die Wittwe oder die Kinder des Obersten Mecklenburg von Kleeburg aus einer Versicherung des hochse-

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) ligen Großherzogs Friedrich Franz vom 13ten Juli 1819 ansprechen können. A RT. XVII. Die beim Abschluß dieser Vereinbarung bestehenden Pensionen und Gnadenbewilligungen der Hofbeamten und Diener, so wie deren Wittwen und nachgelassenen Kinder, wie dieselben sich in der Anlage unter No. 6.12 verzeichnet finden, werden ebenfalls vom Staate übernommen und aus der Staatscasse bis zu ihrem Erlöschen an die Berechtigten gezahlt. Dem Großherzoge bleibt es aber außerdem vorbehalten, während des laufenden und des nächstfolgenden Jahres an Pensionen für zu entlassende zum Hof-Etat gehörende Diener bis zur Summe von Zehn Tausend Thalern Courant, und für zu entlassende zum Marstall-Etat gehörende Diener bis zur Summe von Fünf Tausend Thalern Courant den vom Staate übernommenen Pensionen zuzuweisen, welche von Zeit der Pensionirung an ebenfalls aus der Staatscasse zu zahlen sind. Es sollen diese Pensionirungen aber nur unter der Bedingung geschehen, daß die Pensionirten sich eine andere ihren bisherigen Dienstverhältnissen und ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Anstellung im Hof- oder Staatsdienste gefallen lassen müssen und daß, wenn das Einkommen eines solchen Dienstes die Pension ganz oder nur theilweise erreicht, dieselbe ganz oder theilweise wegfalle. A RT. XVIII. Im Falle einer Regentschaft sind die Kosten derselben aus der Civilliste (Art. XI.) ohne Belastung des Staats zu bestreiten. A RT. XIX. Der Großherzog tritt an den Staat die Domanial- und incamerirten Güter, soweit sie nicht dem Hausgute verbleiben, mit ihren Activen, den rückständigen Forderungen und Kassenbeständen und den darauf haftenden Passiven zu der Folge ab, daß

sie als Staatsgut angesehen und in Gemäßheit des Staatsgrundgesetzes als solches behandelt und benutzt werden. Es geschieht diese Abtretung aber nur unter der Voraussetzung und den Bedingungen: 1) der vollständigen Gewährung dessen, was in den vorhergehenden Artikeln bestimmt ist, und 2) der Uebernahme: a. der Zahlung der Sustentationsgelder, Apanagen, Einrichtungskosten, Mitgaben und Witthümer der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses, wie die darüber gleichzeitig getroffene Vereinbarung sie feststellt; b. der sämmtlichen an Großherzogliche Civil- und Militairdiener oder sonstige Personen, auch deren Wittwen und nachgelassenen Kinder, so wie Commünen, beziehungsweise bereits bewilligten oder zugesicherten Gehalte, Wartegelder, Pensionen und Gnadenverleihungen; c. aller und jeder auf den Großherzoglichen Domainen und incamerirten Gütern haftenden, oder sonst an den regierenden Großherzog gemacht werden könnenden Ansprüche und Forderungen, sie mögen sein, welche sie wollen, soweit sie nicht die Privatverhältnisse des Großherzogs und des Großherzoglichen Hauses betreffen, insbesondere aller derjenigen, welche durch landesherrliche und regiminelle Handlungen, seien sie unmittelbar oder von der Regierung, Lehn-Kammer, Domainen-Kammer oder sonst nachgesetzten Behörden geschehen, in irgend einer Beziehung begründet sein möchten, vom Staate und Entfreiung des Großherzogs von aller Verhaftung dafür. Die Mitausübung der Jagd in den abgetretenen Domanial- und incamerirten Gütern und Forsten verbleibt dem Großherzoge in soweit, als dieselbe nicht verpachtet worden ist oder verpachtet werden wird, jedoch

261

M ECKLENBURG -S CHWERIN ohne dadurch die Benutzung der Jagd für Rechnung des Staats zu beschränken oder demselben zu entziehen. Bei etwaniger Verpachtung der hohen Jagd in den Forsten steht dem Großherzoge das Vorpachtsrecht zu. Diejenigen im Eigenthume des Großherzogs sich befindenden Gebäude und Grundstücke, welche dem Hausgute und der Krondotation nicht zugewiesen worden, gehen gleichfalls unter denselben Bedingungen und Voraussetzungen zum Staatsgut über, jedoch nur unter dem Vorbehalte, daß a. die Schloßgebäude zu Neustadt und das Schloß zu Dargun nicht veräußert werden dürfen, sondern vom Staate zu erhalten und nur in der Art zu benutzen sind, daß, wenn es nach dem Ermessen und der Bestimmung des regierenden Großherzogs erforderlich wird, Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses dieselben zur Wohnung anzuweisen, alsdann deren Einräumung zu diesem Zwecke geschehen müsse; b. daß die Mieths-Contracte, so wie Dienst- oder Gnadenwohnungsansprüche den gegenwärtigen Miethern und Nutznießern solcher Gebäude und Grundstücke erfüllt und gewährt, mithin erst nach deren Erlöschen Dispositionen darüber zulässig werden. Die vormaligen Lübeckschen Hospitaldörfer gehören mit zu den Domanialgütern. Die Rechte des Großherzogs auf den nießbräuchlichen Besitz der Stadt und Herrschaft Wismar, imgleichen der Aemter Poel und Neukloster nebst Zubehörungen, so wie auf den Pfandschilling werden unter derselben Vorausetzung und denselben Bedingungen, wie es bei der Abtretung der Domanialund incamerirten Güter, die nicht dem Hausgute verbleiben, geschehen, dem Staate überwiesen. Alle aus Regalien fließenden, und alle dem Großherzoge als Lehnherrn gebührenden Einnahmen und Erwerbungen, imglei-

262

chen alle öffentlichen Mobilien, so wie alle öffentlichen ausstehenden Forderungen und öffentlichen Aufkünfte gehen gleichfalls auf den Staat über. A RT. XX. Die gegenwärtige Vereinbarung soll so angesehen werden, als sei sie in allen ihren Punkten zu Johannis 1849 in Kraft getreten. Zu diesem Ende wird bestimmt: 1) die formelle Ausbescheidung des Hausgutes vom Staatsgute geschieht zu Michaelis d. J.; 2) über die von der bisherigen Gesammtverwaltung der Domainen von Johannis bis Michaelis 1849 aus dem Hausgute vereinnahmten und verausgabten Gelder und sonstigen Leistungen wird eine Liquidation aufgemacht und demnächst zwischen dem verbleibenden Ueberschusse, unter Hinzurechnung des vierten Theils der baaren Civilliste einer Seits, und den in diesem Zeitraume an den Großherzog und die Hofverwaltung zu den aus dem Hausgute und der Civilliste zu bestreitenden Ausgaben aus den Staatskassen geleisteten Zahlungen anderer Seits, die erforderliche Ausgleichung getroffen; 3) von Michaelis 1849 wird über das Hausgut eine von der Berechnung des Staatsguts völlig getrennte Rechnungsführung eintreten; es bleibt jedoch der Bestimmung des Großherzogs überlassen, ob derselbe bis Johannis 1850 der Verwaltung der Staatsdomainen auch die Administration und Berechnung des Hausguts übertragen will. In diesem Falle zahlt der Großherzog von der Brutto-Einnahme des Hausguts zu den einzelnen Administrationszweigen für das Rechnungsjahr 1849/50 23 15/100 Procent. Die Ausführung der in dem Bau-Etat für Johannis 1849/50 für das Hausgut aufgenommenen Land-, Kirchen- und Pfarrbauten und der in demselben Jahrgange vorkommenden Brandbauten übernimmt der Großherzog auf eigene Rechnung, und fin-

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) det darüber keine Berechnung nach Procentsätzen statt. Die durch die Administration der zum Hausgute gehörigen Forsten während des Jahrganges 1849/50 erwachsenden Kosten werden nach zugelegter Liquidation vom Großherzoge baar vergütet. 4) Von Michaelis 1849 an beginnt die regelmäßige Ratenzahlung der vereinbarten Civilliste. A RT. XXI. Der Bestand dieser Vereinbarung ist abhängig von demjenigen des Staatsgrundgesetzes, dessen Anlage und integrirender Theil dieselbe ist. Sollten daher auf irgend einem in dem Staatsgrundge-

setze nicht bezeichneten Wege wesentliche Veränderungen desselben und der dadurch begründeten Landesverfassung, insbesondere in Bezug auf den Großherzog und das Großherzogliche Haus, herbeigeführt werden, so hängt es vom freien Belieben des Großherzogs ab, dieselbe aufzurufen, und treten in diesem Falle, bezüglich des Vermögens des Staats und des Großherzoglichen Hauses, diejenigen Rechtsverhältnisse wieder in Kraft, welche vor Bildung der neuen Staatsverfassung und vor Abschluß dieser Vereinbarung stattgefunden haben. Friedrich Franz.

ANLAGE NO. 1 Verzeichniß der zum Hausgute übergehenden Domanial- und imcamerierten Güter und Forsten

A Amt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Buckow – – – Dargun Goldberg Schwaan – Sülz – Warin Toitenwinkel – – – – – –

Incamerierte Güter Hof Jörnsdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” und Dorf Kirch-Mulsow . . . . . . . . . . . ” Wendisch-Mulsow c.p. . . . . . . . . . . . . . ” Panzow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Klein-Methling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Moosten mit Wend.-Wahren und Sandhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” und Dorf Goldenitz . . . . . . . . . . . . . . . . ” Klein-Sprenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” und Dorf Breesen mit Carlsthal . . . . . ” ” ” Nütschow . . . . . . . . . . . . . . . . und Schlowe ” Woserin mit Hohenfelde  ” Toitenwinkel     ” Peetz    ” Häschendorf   ” Nienhagen ............  Dorf Krummendorf      Hinrichsdorf    Meierei Oldendorf vid. B. Petersdorf

Hufenstand. Scheffel.

1/16

1600 1386 2537 2295 2984

– – 10 2 10

5875 1703 1470 2710 1134 4171

1 10 11 15 12 13

10,336

2

263

M ECKLENBURG -S CHWERIN

A Amt. 19 20 21

Vogtei Plüschow – –

22 23 24 25

– – – –

Incamerierte Güter

Hof Jamel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Meierstorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Plüschow mit der Mühle und dem Sternkrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Testorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorf Bahrendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Boienhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Friedrichshagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summa

B Amt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

264

Dargun Doberan Goldberg Goldberg-Plau -

Domanial-Güter Hof Kämmerich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Kleverhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Klüsserow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Lützerhof und Wagun . . . . . . . . . . . . . . ” Lehnenhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Warrenzin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Niendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Schlackendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Schönkamp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Hinter-Bollhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Vorder-Bollhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Brusow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Hanstorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Lambrechtshagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Marienehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Rabenhorst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Retschow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Konow und Reuhof . . . . . . . . . . . . . . . . ” Satow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Steffenshagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Medow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Grabow und Neu-Grabow . . . . . . . . . . . ” Zidderich und Steinbeck . . . . . . . . . . . . ” Gr.-Riendorf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Malchow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Zahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Hufenstand. Scheffel.

1/16

1234 1070

3 –

3162 2055 1129 1445 1163 49,464

– – 5 1 – 15

Hufenstand. Scheffel. 2774 1849 981 2374 1926 1472 2022 2375 986 1866 1760 2065 1495 1845 860 1333 1344 1805 1265 770 1697 2553 3570 1870 1780 2144

1/16

13 5 4 4 9 11 1 14 15 11 10 2 11 8 4 5

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

B Amt. 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49

Güstrow Schwaan Schwerin Toitenwinkel Schwerin -

Domanial-Güter ” Bredentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Schwiesow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Striesdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Benitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Bröbberow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Fahrenholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Kambs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Matersen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Tatschow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Nier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Dalliendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Dambeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Drieberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Gallentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Herrnsteinfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Kirchstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Rabensteinfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Rampe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Gr.-Rogahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Zickhusen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Petersdorf mit Oldendorf . . . . . . . . . . . Der Ziegelwerder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Kaninchenwerder . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summa

Hufenstand. Scheffel. 2127 3638 2392 2288 1432 2707 2460 2154 1725 2315 1455 2050 1979 1360 1830 1740 783 1565 1737 1910 1323 75 56 87,900

1/16

49,464 87,900 137,365

15 11 10

12 2 8 1 15 10 3 15 4 9 14 14 11 10 15 8 8 13 11

Recapitulation A. B.

Incamerirte Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Domanial-Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesammt-Summa C Forsten

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

Das Ludwigsluster Holz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Jasnitzer Saugarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Rabensteiner Jagdrevier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Reservat aus dem Zickhufer und Metelnschen Forste . . . Die Ivendorfer Forst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Franzensberger Forst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Niendorfer Forst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summa

[]R. 261,023 80,154 280,629 410,277 326,021 238,694 65,571 1,662,369 []R.

265

M ECKLENBURG -S CHWERIN Bei diesen und den in den voraufgeführten Gütern enthaltenen Forsten und Hölzungen verbleiben: 1) der Förster Dellwall zu Plüschow, 2) der Holzwärter Hagemeister zu Jamel, 3) der Förster Henschel zu Höltingsdorf, 4) der Förster Ripke zu Ivendorf, 5) der Holzwärter Neckel zu Satow, 6) der Holzwärter Jochens zu Bollbrügge, 7) der Förster Drepper zu Hinrichsdorf, 8) der Holzvoigt Stiegmann zu Oldendorf, 9) der Holzvoigt Panter zu Nütschow,

10) der Förster Pflugradt zu Franzensberg, 11) der Unterförster Grohmann zu Niendorf, 12) der Holzwärter Suhr zu Schlowe, 13) der Förster Nebel zu Sandhof (Woosten), 14) der Stationsjäger zu Zickhusen, 15) der Holzwärter Freyer zu Ludwigslust, sämmtlich mit den von ihnen bewohnten Förstereien und Holzwärterwohnungen nebst Zubehör.

ANLAGE NO. 2 Verzeichniß der zum Hausgute gehörenden in Ludwigslust belegenen Gebäude, Park und Gärten13 1. Das Schloß mit den auf dem Schloßplatze und an der Seite des Schlosses belegenen Nebengebäuden. 2. Der Schloßgarten mit Gebäuden, incl. der Erholungshalle. (Siehe Unteranlage A.) 3. Der Prinzengarten mit Gebäuden. 4. Der Küchengarten mit Gebäuden. 5. Der sogenannte Lützow’sche Garten in der Gäde. 6. Das Fontainenhaus mit Stall und Nebengebäuden. 7. Das neue Küchengebäude mit dem Holzhofe und den Holzställen. 8. Das Spritzenhaus. 9. Das Pentz’sche Haus mit Garten und Hintergebäuden. 10. Die Gärtnerwohnung zum Küchengarten mit Garten und Nebengebäuden. 11. Das alte Waschhaus mit der Bleiche. 12. Das Fremdenhaus mit Nebengebäu-

266

den. 13. Der Schloßplatz mit den Nebenplätzen bis zur steinernen Brücke über den Kanal und bis zur Kaskade, Brücke und Kaskade einschließlich. 14. Die bisherige Wohnung des katholischen Küsters (dem eine andere Wohnung zuzutheilen sein wird) mit Garten. 15. Die Castellanswohnung mit Hintergebäuden und Hofplatz. 16. Das Herzoglich Gustavsche Haus mit Vorplatz und Nebengebäuden. 17. Der Cavalierstall mit Remisen. 18. Der Weinkeller, Feuerwärterwohnung und Kohlenschauer. 19. Der kleine Reitstall. 20. Die Marställe mit Hintergebäuden und Plätzen. 21. Das neue Waschhaus mit Nebengebäuden und Plätzen und mit der Bleiche.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

A Verzeichniß der zum Ludwigsluster Schloßgarten gehörenden Flächen Gärten Extrahirt aus der neuen Ludwigsluster Charte. I. Gärten: hinterm Schweizerhause . . des Hofgärtners Schweer . . . . des Fasanenjägers Zeese . . . . II. Gehölz: Uferholz . . . . . . . . . . . . . . . . Baumschule . . . . . . . . . . . . . . . Hofplatz bei Zeese . . . . . . . . . . die linke Seite von der Allee . die Anlagen bei der katholischen Kirche . . . . . . die rechte Seite von der Allee desgleichen desgleichen . . . desgleichen desgleichen . . . Baumschule . . . . . . . . . . . . . . . III. Wiesen: Rundtheil am Ende des Johannisdamms . . . . . . . . . . . die linke Seite Wiesen . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . Louisen-Insel . . . . . . . . . . . . . . Wiesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . Rasen hinterm Schloß . . . . . . . Friedrichs-Denkmal-Insel . . . Wiesen an der rechten Seite der Fasanerie . . . . . . . . . . . . Rasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

[]R.

Wohnungen, Wege, Gehölz Wiesen Gräben Summa etc. []R. []R. []R. []R.

122 163 31 – – – – –

13 126 40 8346 633

– – – – –

4199 227 164 33 –

96

– – – – – – – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – –

2742 72 93 756 9 479 340 148 798 275 284 191 186 516 181 34 488 70 360





230

316

13781

267

M ECKLENBURG -S CHWERIN

A Verzeichniß der zum Ludwigsluster Schloßgarten gehörenden Flächen Gärten Extrahirt aus der neuen Ludwigsluster Charte. desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . Kanincheninsel . . . . . . . . . . . . . Rasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . desgleichen . . . . . . . . . . . . . . IV. Wohnungen, Wege, Gewässer etc. Schweer’s Wohnung . . . . . . . . Scheer’s Treibhaus . . . . . . . . . Gartenhaus etc. 17. 3. 3. . . . . . Louisen-Kapelle . . . . . . . . . . . . Schweizerhaus . . . . . . . . . . . . . Zeese’s Wohnung etc. 12. 9. 7. Zu Befriedigungsgräben 48. 52. 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helenen-Insel . . . . . . . . . . . . . . Johannisdamm und Gräben 56. 56. 61. 25. 25. . . . . . . . . Platz an der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karautschenteich . . . . . . . . . . . Pulverthurm etc. . . . . . . . . . . . . Allee hinterm Schloß . . . . . . . Befriedigungsgräben (rechte Seite) 48. 48. 26. 32. 12. . . Fasaneriegebäude etc. 4. 15. 3. 3. 3. 3. 8. . . . . . . . . . . . . . . . . Bärenhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . Summa

[]R.

Wohnungen, Wege, Gehölz Wiesen Gräben Summa etc. []R. []R. []R. []R.

– – – – – –

– – – – – –

17 137 28 360 194 356

– – – – – – –

– – – – – – –

– – – – – – –

54 4 23 3 16 28 119

– –

– –

– –

99 223







168

– – – –

– – – –

– – – –

90 293 436 166







39

– 316

– 13781

– 9440

9440

4 1765

                         

                        

= 25302 [] Ruthen

268

1765 25302

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

B Zu dem am Schloßgarten liegenden Großherzoglichen Küchengarten gehören: Gräben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karpfenteich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mistbeete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebäude 28. 6. 1. 1. 2. 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gartenacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dito. auf der Schloßkoppel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nach Nr. 204 noch dahin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . - - 239 do. do. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . und ein freier Platz circa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Summa

22 81 41 40 1289 966 31 128 30 2628

[] R. [] Ruthen.

C Der sogenannte Prinzengarten an der Kummer’schen Allee enthält: Helena-Paulowna-Kapelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehölz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gartenacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebäude 34. 7. 8. 7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dito. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Summa

14 1474 1806 56 57 32 3439

[] R. [] Ruthen.

ANLAGE NO. 3 Verzeichniß der zur Krondotation gehörigen Schlösser, Gebäude, Plätze und Gärten14

A In Schwerin

I Gebäude 1. Das im Bau begriffene Schloß und die Schloß-Insel. 2. Das Palais auf der Neustadt mit Hintergebäuden, Eiskeller, Befriedigung etc. 3. Die Wohnung des Kastellans bei demselben.

4. Die Gärtnerwohnung im Palais-Küchengarten, die dortigen Garten- und Gewächshäuser. 5. Das Großherzogliche Palais auf der Altstadt mit Neben- und Hintergebäuden, jedoch ohne das Börncke’sche Haus und das vormals Barca’sche Gehöft. Bemerkung: Dasselbe gehört mit den darin befindlichen beweglichen Gegenständen, worüber unterm 18ten Julius 1840 ein Verzeichniß mit Taxe aufgenommen worden,

269

M ECKLENBURG -S CHWERIN zum Nachlaß des hochseligen Großherzogs Paul Friederich und ist der Werth dieser zur Krondotation übergehenden unbeweglichen und beweglichen Gegenstände an die Erben desselben aus der Staatscasse auszuzahlen. 6. Das ehemalige Flemming’sche Haus mit Garten. 7. Das frühere Posthaus mit Hintergebäuden und dem an der Ritterstraße belegenen, früher Cornehl’schen Hause. 8. Der Eiskeller im Schloßgarten unweit der alten Artillerie-Wache. 9. Das von den Hofdamen bewohnte Haus neben dem Greenhouse nebst Hintergebäude. 10. Der im Küchengarten befindliche Schuppen, die Scheuer, sowie das von den Gartengehülfen bewohnte Haus. 11. Das Wohnhaus des Hofgärtners Klett mit Hintergebäuden. 12. Die Wohnung der Gartenvoigte. 13. Das ehemalige Inspectorhaus der Schleifmühle. 14. Von dem früheren Etablissement der Artillerie-Wache und Pulverthurm: a. ein Haus für Gartenvoigte mit Hintergebäuden, b. der alte Pulverthurm. 15. Das Marstallgebäude mit der alten ehemaligen Wadewiese. 16. Das Fourage-Magazin. 17. Der Krankenstall nebst Roßarztwohnung. Außerdem werden bis zur Vollendung des Schloßbaues für die Krondotation reservirt: a. die von Sr. Hoheit dem Herzog Gustav bewohnten Häuser, worin auch einige Zimmer für Fremde, mit Stallgebäuden und Remise; b. das für die Leinkammer und als Wohnung für die Oberaufseherin bestimmte Haus in der Ritterstraße; c. das sogenannte Commandantenhaus für die Bett- und Livreekammer, mit den Hintergebäuden; d. die Treib- und Conservirhäuser im

270

Schloßgarten.

II Plätze und Gärten 1. Der alte Garten. 2. u. 3. Die beiden Palaisgärten. 4. Der sogenannte Wiesengarten unweit des Greenhouse. 5. Der Kuchengarten, bestehend aus dem früheren Küchengarten unten am See, sowie dem obern Theile rechts der Chaussee nach Zippendorf. 6. Die Siechenbaumswiese neben der wilden Allee am Schloßgarten, groß 1810 []Ruthen. 7. Die Bamben-Bleichs-Wiese am Beutel des hiesigen Sees in der Nähe des Marstalls belegen, groß 1450 []Ruthen. 8. Die Schwanenhorst in der Nähe der vorgedachten Wiese, groß 160 []Ruthen.

B In Ludwigslust Das Palais der verwittweten Frau Erbgroßherzogin Auguste, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, nebst den dazu gehörenden Dienerwohnungen und Gärten, das mit seinen Zubehörungen nach deren Tode zum Staatsgute übergeht.

C In Doberan

I Gebäude 1. Das große Palais mit dem als Hintergebäude zu betrachtenden sogenannten Bornemann’schen Hause. 2. Das Cavalierhaus, sogenannte von Suckow´sche Haus, nebst Hintergebäuden. 3. Die Remisen mit der Stallstube. 4. Die Remise mit dem Kornboden. 5. Der Nebenstall und die bretterne Remise.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) 6. Der große Stall mit dem Heuboden. 7. Der neuerbaute Pferdestall. 8. Die Wohnung des Wagenmeisters.

II Plätze und Gärten 1. Die Anlagen hinter dem großen Palais, soweit solche durch das Palais, das Saalgebäude, den Küchengarten und das Bornemann’sche Haus begrenzt sind. 2. Die Anlagen zwischen dem ehemaligen Großherzoglichen Palais, dem Theater und dem Mühlengraben. 3. Der zum Cavalierhause gehörige Garten.

D In Rostock 1. Das Großherzogliche Palais mit den Flügel-, Kuchen- und Nebengebäuden. 2. Die Wohnung des Feuerwärters Busch in der Schwaanschen Straße. 3. Der Pferdestall mit Pavillon, nebst einem zur Einfahrt in den Pferdestall genügenden Platz hinter demselben. 4. Der Garten hinter dem Palais mit dem Eiskeller.

E In Friedrichsthal 1. Das Jagdhaus mit Neben- und Stallgebäuden, Gärtner- und Tagelöhner-Wohnung. 2. Der Platz vor dem Jagdhause bis zur Chaussee. 3. Der Garten hinter dem Jagdhause, wie die Benutzung der Promenaden bis zum See.

F Im Fürstenhofe zu Wismar und im Schlosse zu Dargun werden einige Zimmer für den etwanigen temporairen Aufenthalt Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs reservirt.

G Die Jägerhofgebäude nebst dazu gehörigen Grundstücken zu Schwerin.

H Das Jagdhaus nebst Zubehör zu Friedrichsmoor.

ANLAGE NO. 4 Verzeichniß der im Privateigenthum der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerinscher Linie sich befindenden Grundstücke15

A In Schwerin 1. Das im Schloßgarten belegene Greenhouse nebst dazu gehörendem Gartenplatz. Der verwittweten Frau Großherzogin Alexandrine, geb. Prinzessin von Preußen, gehörig. 2. Das bei dem Palais am alten Garten

zunächst belegene, ehemalige Mehlhändler Börncke’sche Haus. 3. Das vormalige Barca’sche Gehöft. Die unter 2. und 3. aufgefuhrten Gebäude sind aus dem Privatnachlaß des hochseligen Großherzogs Paul Friederich übergegangen auf die Großherzogin Louise und den Herzog Wilhelm.

271

M ECKLENBURG -S CHWERIN

B

C

In Ludwigslust

In Doberan

4. Der Herzogin Louise und dem Herzog Wilhelm, als Erben des hochseligen Großherzogs Paul Friederich, gehören: a. die sogenannten Stallbaracken nebst Schmiede und den Gärten; b. das vormals Bode’sche Haus nebst Garten am Canal; c. das ehemalige von Kahlden’sche Haus in der Schulstraße nebst Garten 5. Die Villa Gustava, mit Garten und sonstigen Zubehörungen, ist Privateigenthum des Herzogs Gustav.

6. Das vormals Erbgroßherzogliche Palais mit dem dahinter belegenen Cavalierhause. Dasselbe gehört zum Privatnachlaß des hochseligen Großherzogs Paul Friederich, und ist aus demselben übergegangen auf die Hezogin Louise und den Herzog Wilhelm. 7. Das kleine, am Damm belegene, bisher während der Badezeit von der verwittweten Frau Großherzogin Alexandrine, geb. Prinzessin von Preußen, bewohnte Haus nebst dem dazu gehörigen Platze ist Eigenthum derselben.

ANLAGE NO. 5 Verzeichniß der den gegenwärtigen Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses ausgesetzten Apanagen und Sustentationsgelder, sowie gebührenden Witthümer16 I. Die verwittwete Frau Großherzogin Alexandrine, geborne Prinzessin von Preußen, erhalt an Witthum, außer dem Wittwensitz nebst vollstandiger Einrichtung und einem Silberservice zum Gebrauch: 1. jährlich 18000 Rthlr. NZwdr. oder Einundzwanzig Tausend Rthlr. Courant, und aus dem Nachlasse ihres verstorbenen Gemahls 1500 Rthlr. NZwdr. oder Siebzehn Hundert und Funfzig Rthlr. Courant; 2. an Naturalien zu ihrem Haushalte: sechs Hirsche, acht Stück Wild, zwölf Rehe, vier wilde Schweine, hundert Hasen, hundert und funfzig Faden dreifüßiges Brennholz, hundert und funfzig Schock Reisig und die benöthigten Kohlen, mit freier Anfuhr. II. Das Witthum der verwittweten Frau Erbgroßherzogin Auguste Friederike, gebornen Prinzessin von Hessen-Homburg, besteht, außer dem Wittwensitze mit

272

dem zu dessen Einrichtung erforderlichen Ameublement und dem Silberservice zum Gebrauche, in 1. einer jährlichen Zahlung von 15000 Rthlr. NZwdr. oder Siebzehn Tausend Fünf Hundert Rthlr. Courant, mit Einschluß der auf die Morgengabe zu zahlenden zehn Procent Zinsen, des Betrags von 400 Rthlr. NZwdr. oder Vier Hundert Sechs und Sechzig Rthlr. 32 ßl. Courant, und zu einer Badereise 1500 Rthlr. NZwdr. oder Siebzehn Hundert und Funfzig Rthlr. Courant; 2. an Naturalien zu ihrem Haushalte: sechs Hirsche, acht Stück Wild, zwölf Rehe, vier wilde Schweine, hundert Hasen, hundert und funfzig Klafter Holz, hundert und funfzig Schock Reisig und die benöthigten Kohlen, nebst freier Anfuhr. III. Als Apanage erhält Herzog Gustav: 1. jährlich, mit Einschluß der Tafelgelder, 12000 Rthlr. NZwdr. oder Vierzehn Tausend

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) Rthlr. Courant; 2. für aufgehobene Naturallieferungen jährlich 88 Rthlr. 24 ßl. NZwdr. oder 103 Rthlr. 12 ßl. Courant; 3. an Naturalien: Feuerung nach Bedarf vom Ludwigsluster Holzhofe und vom Schweriner Holzhofe, von ersterem durchschnittlich circa 100 Faden Buchholz und 50 Faden Weichholz, von letzterem circa 50 bis 60 Faden und außerdem jährlich 140 Tonnen Kohlen. 4. die Kosten an Spann- und Handdiensten zu den Jagden, durchschnittlich circa 250 Rthlr. Courant; 5. Benutzung der Jagd in der Hagenower Haide. IV. Die Sustentationsgelder der Herzogin Louise betragen jährlich 5000 Rthlr. Nzwdr. oder Funf Tausend Acht Hundert Drei und Dreißig ein Drittel Rthlr. Courant, und dauert deren ganze oder theilweise Zahlung auch nach ihrer Verheirathung bis zu ihrem Ableben fort, wenn der regierende Großherzog solches den eintretenden Verhältnissen angemessen findet und dies bestimmt. V. Dem Herzog Wilhelm sind an Apa-

nage jährlich Zehn Tausend Rthlr. Courant zugesichert. Außerdem kommen dem Herzoge zu, wenn er sich in Schwerin aufhält: Wohnung, Heizung derselben, und freie Tafel. Sollte der Herzog sich mit Einwilligung des Großherzogs vermählen, so soll die Apanage um 2000 Rthlr. Courant erhöhet werden, und erhält derselbe außerdem 5000 Rthlr. Courant zur ersten Einrichtung. Es fallen dagegen die Belassung der freien Wohnung, die sonstigen Naturallieferungen und die freie Tafel weg. Die Zahlung der Witthümer, Apanagen und Sustentationsgelder geschieht vorschüssig in vierteljährlichen Raten, und der 1750 Rthlr. Courant an die verwittwete Frau Erbgroßherzogin Auguste Friederike, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, zur Badereise, im Johannistermine jeden Jahrs. Die Verabreichung der Naturalien, welche durch den Aufenthalt der betreffenden Mitglieder des Großherzoglichen Hauses in hiesigen Landen bedingt wird, erfolgt nach den zeitigen Bedürfnissen des Haushalts; jedoch bleibt eine Ablösung derselben gegen baare Entschädigung zum vollen Werthe vorbehalten.

ANLAGE NO. 6 Verzeichniß der Pensionen und Gnadenbewilligungen der Hofbeamten und Diener17 Pensionen. Namen der Empfänger. N 2/3 Rthlr. ß

No

LebensBedingte längliche Gnadenbewilligungen. N 2/3 N 2/3 Rthlr. ß Rthlr. ß

1) 1. 2. 3. 4. 5.

Hofhaltung Armstedt, Feuerwärter, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . Baustian, Feuerwärter, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blunck, Lakai, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bock, Hof-Cassier, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . . . . . . v. Both, Generallieut., vormals Hofdame, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119 78 135 1160 400

16 -

15 -

-

-

-

273

M ECKLENBURG -S CHWERIN

Pensionen. Namen der Empfänger. No 6. 7. 8.

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.

33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.

274

Bouchholtz, Demoiselle, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . v. Colleville, Major, zu Bajeur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dabelstein, Lakai, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . . und aus Uebernahme des Etats der Frau Herzogin von Orleans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dementy, Porteuse, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . Dementy, russischer Koch, daselbst . . . . . . . . . . . . . . Erhardt, Hofsängerin, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frehse, Hauskoch, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v. Finkenstein, Graf, Gouvernor, zu Berlin . . . . . . . . Gabcke, Kammerfrau, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . . . Garniere, Gouvernante, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . Gesterling, Garderobemädchen, zu Schwerin . . . . . Greiß, geb. Grabusch, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . Greiß, Bettmeister, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heller, Hofmusicus, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . Klockmann, vormalige Bonne, zu Schwerin . . . . . . Klockow, Kastellan, zu Neustadt . . . . . . . . . . . . . . . . Klooß, Hofsängerin, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . Krumm, Lakai, zu Sachsenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lenthe, Galleriedirector, zu Ludwigslust . . . . . . . . . Lorck, unverehelichte, zu Weimar . . . . . . . . . . . . . . . Kurtzisch, Hofkuchenmeister, zu Ludwigslust . . . . Meißner, Hoftrompeter, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . Meier, Cämmerier, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meyer, Garderobemädchen, daselbst . . . . . . . . . . . . . Mietze, Hofmusicus, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muffelmann, Mundkoch, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . Pleßmann, Garderobemädchen, daselbst, mit Einschluß der vom Etat der Frau Herzogin von Orleans übernommenen Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . Pohl, Lakai, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rabe, Lakaiwitwe, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . . Raeder, ehemalige Kammerfrau, zu Rostock . . . . . . Rapp, Hofmusicus, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . Rautenkolb, Hofmusicus, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . Rehdanz, Mundkoch, zu Doberan . . . . . . . . . . . . . . . . v. Roeder, Hofmarschall, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . Saal, Hofsängerin, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . . Salomon, verehelichte v. Bontemps, daselbst . . . . . .

N 2/3 Rthlr. ß 250 400 199 12 102 8

LebensBedingte längliche Gnadenbewilligungen. N 2/3 N 2/3 Rthlr. ß Rthlr. ß -

15 96 87 240 1500 240 600 60 7 60 355 700 52 420 135 100 308 580 256 844 60 366 400 110

24 24 44 20 24 24 -

20 20

-

16 -

-

209 32 50 403 500 400 600 170 450

24 -

-

-

100 -

-

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

Pensionen. Namen der Empfänger. No 42. 43.

57. 58. 59.

Schoknecht, Feuerwärter, zu Dargun . . . . . . . . . . . . . v. Schmidt, Geh. Legationsrath, vormals Gouverneur, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmidt, Kammerlakai, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . Schultz, Pagenschreiblehrer, zu Schwerin. . . . . . . . . Schwarz, Feuerwärter, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . Seeemann, Lakai, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spillner, Kammerfrau, zu Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerwaldt, Pagen-Fechtmeister, zu Schwerin . . . . Stievenard, Hofmusicus, zu Ludwigslust . . . . . . . . . Thun, Kammerdiener, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . Turck, Pastorin, vormals Kammerfrau, zu Schwerin Viereck, Kammerdiener, zu Ludwigslust . . . . . . . . . Viereck, Frotteur, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vogler, Hofkuchenmeister, zu Schwerin 845 Rl. 28 ß. Ert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wangemann, Zimmermädchen, zu Schwerin 150 Rl. - ß. Ert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wöhler, Hofmusicus, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . . . Wolter, Zimmermädchen, daselbst 150 Rl. - ß. Ert. Zeisig, Hofsängerin, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60. 61.

Hofbauten Schmidt sen., Bauaufseher, zu Ludwigslust . . . . . . . Wilcken, Baukutscher, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62.

Hoftheater Gneib, verehelichte Kossel, zu Schwerin . . . . . . . . .

44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56.

N 2/3 Rthlr. ß 44 42 1450 -

LebensBedingte längliche Gnadenbewilligungen. N 2/3 N 2/3 Rthlr. ß Rthlr. ß -

330 100 39 229 400 100 554 575 380 510 62 -

12 -

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500 470

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115 30

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400

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300

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-

350 993 100 120 100 144 1000

46 -

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20 -

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2)

3)

4) 63.

Hofkapelle Schmittgen, Musikdirector, zu Bremen . . . . . . . . . . .

5) 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70.

Marstall Albrecht, Stallschreiber, zu Ludwigslust . . . . . . . . . . Eggerss, Stallmeister, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frenz, Heubinder, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herrmann, Kutscher, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horn, Marstallbediente, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . Kläun, Droschkenkutscher, daselbst . . . . . . . . . . . . . . v. Rantzau, Vice-Oberstallmeister, daselbst . . . . . . .

275

M ECKLENBURG -S CHWERIN

Pensionen. Namen der Empfänger. No 71. 72. 73. 74.

Stein, Leibsatteldiener, daselbst . . . . . . . . . . . . . . . . . Strömer, Beireiter, zu Hagenow . . . . . . . . . . . . . . . . . Tarncke, Reitknecht, Sultorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tiede, Beireiter, zu Schwerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summa 1145 Rt. 28 ß. Crt.

N 2/3 Rthlr. ß 314 24 40 110 100 23223

LebensBedingte längliche Gnadenbewilligungen. N 2/3 N 2/3 Rthlr. ß Rthlr. ß -

8

55

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136

-

NO. II VEREINBARUNG ÜBER DIE APANAGEN, SUSTENTATIONS- UND EINRICHTUNGSGELDER, MITGABEN UND WITTHÜMER DER MITGLIEDER DES GROSSHERZOGLICHEN HAUSES MECKLENBURGSCHWERINSCHER LINIE18 I

II

Großherzogliches Haus

Vermählungen der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses

§ 1. Das Großherzogliche Haus Mecklenburg-Schwerinscher Linie wird gebildet durch: a. den Großherzog; b. die Gemahlin des Großherzogs; c. die Großherzoglichen Wittwen; d. die Prinzen und Prinzessinnen, welche von dem gemeinschaftlichen Stammvater derselben, aus einer von dem Großherzoge anerkannten, ebenbürtigen, rechtmäßigen Ehe in männlicher Linie abstammen, die Prinzessinnen, so lange sie nicht außer dem Großherzoglichen Hause vermählt sind; e. die mit Genehmigung des Großherzogs geehelichten ebenbürtigen Gemahlinnen der Prinzen des Großherzoglichen Hauses und, wenn sie verwittwet werden, so lange sie im Wittwenstande verbleiben.

§ 2. Vermählungen der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses erfordern zur vollen Rechtswirkung Ebenbürtigkeit und Einwilligung des regierenden Großherzogs. Die Einwilligung ist durch eine förmliche Urkunde zu ertheilen.

276

§ 3. Schließt ein Prinz des Großherzoglichen Hauses eine Ehe, der es an beiden, oder an einem dieser Erfordernisse fehlt, so hat dieselbe keine rechtliche Wirkung in Beziehung auf Apanage, Sustentation, Einrichtungskosten, Mitgabe und Witthum für den angeheiratheten Gatten und die in einer solchen Ehe erzeugten Kinder. Vermählt sich eine Prinzessin des Großherzoglichen Hauses ohne Einwilligung des regierenden Großherzogs, so hat sie keinen Anspruch auf Mitgabe.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849)

III Apanagen, Sustentations- und Einrichtungsgelder, Mitgaben und Witthum

A Apanagen, Sustentations- und Einrichtungsgelder § 4. Der Erbgroßherzog erhält: A. von seinem vollendeten fünfzehnten Lebensjahre an bis dahin, daß er seinen eignen Hausstand gründet, jährlich Zwölf Tausend Thaler Courant. B. Wenn er aus dem väterlichen Hause tritt und 1. unvermählt einen eignen Hausstand gründet: a. zur Einrichtung der Wohnung und des Hofhaltes Acht Tausend Thaler Courant; b. jährlich Achtzehn Tausend Thaler Courant. 2. Wenn er sich vermählt: a. zur Einrichtung der Wohnung und des Hofhaltes, so wie zu den Vermählungskosten Acht Tausend Thaler Courant; b. jährlich Dreißig Tausend Thaler Courant. Gründet derselbe einen eignen Hausstand gleichzeitig mit der Vermählung, so sind die unter 1 a. und 2 a bestimmten Summen, also zur Einrichtung etc. Sechszehn Tausend Thaler Courant zu zahlen. § 5. Stirbt der Erbgroßherzog vor seinem Vater dem Großherzoge mit Hinterlassung von Kindern, so wird dessen Apanage unter die nachgelassenen Söhne und Töchter nach dem Verhältnisse der Größe der für die Kinder des regierenden Großherzogs bestimmten Apanagen vertheilt und wachsen die etwa später zur Erledigung kommenden Theile den übrigen Geschwistern zu. Dem zunächst zur Thronfolge berufenen Sohne ist, wenn er durch diese Vertheilung

weniger erhält, wie derselbe nach §. 4 verlangen kann, so viel zuzulegen, als zur Ergänzung des ihm danach Gebührenden erforderlich wird. Ein nachgeborner Sohn oder eine Tochter des Erbgroßherzogs können aber in keinem Falle mehr erhalten, als ein nachgeborner Sohn oder eine Tochter des Großherzogs. Nach dem Tode des Großvaters treten die nachgebornen Söhne und die Töchter des verstorbenen Erbgroßherzogs, wenn sie bis dahin weniger erhalten haben, in den Genuß so hoher Apanagen, als für die nachgebornen Söhne und die Töchter des Großherzogs bestimmt sind. § 6. Die nachgebornen Söhne des Großherzogs erhalten, und zwar ein jeder: 1. von seinem vollendeten funfzehnten Lebensjahre an bis zum vollendeten neunzehnten jährlich Fünf Tausend Thaler Courant; 2. vom neunzehnten Jahre an jährlich Zehn Tausend Thaler Courant und, wenn er 3. seinen eigenen Hausstand gründet, zu seiner häuslichen Einrichtung Fünf Tausend Thaler Courant. Eine Vergrößerung der zu den Einrichtungskosten zu zahlenden Summe und der jährlichen Apanage im Falle ihrer Vermählung unterliegt der Genehmigung des regierenden Großherzogs und der Zustimmung der Abgeordneten-Kammer. Stirbt der Großherzog früher, ehe seine nachgeborenen Söhne die Großjährigkeit erlangt, also das neunzehnte Lebensjahr vollendet haben, so erhalten sie bis dahin jährlich Sechs Tausend Thaler Courant. § 7. Hinterläßt ein Prinz des Großherzoglichen Hauses Kinder, so erhalten dieselben zusammen die Apanage des Vaters, jedoch so, daß die Söhne doppelte Theile gegen die Töchter bekommen und dabei auch die Vorschrift des §. 5 im dritten Absatz Anwendung findet.

277

M ECKLENBURG -S CHWERIN Wird eine Tochter eines Prinzen vermählt oder stirbt unvermählt, so fällt deren Antheil an der väterlichen Apanage ihren Geschwistern oder Bruderkindern nach demselben Verhältnisse zu. Die Söhne eines Prinzen vererben ihre Apanage auf ihre Kinder nach gleichen Grundsätzen. Werden von demjenigen Prinzen des Großherzoglichen Hauses, der eine ursprüngliche Apanage erhalten hat, nur Töchter hinterlassen, so bekommen diese nur die Hälfte derselben, und zwar, wenn mehrere vorhanden sind, unter sich zu gleichen Theilen. Eine durch Erbgang auf den Verstorbenen gekommene Apanage ist aber in ihrem vollen Betrage Gegenstand der Vererbung. In der Seitenlinie findet eine Vererbung nur unter der Descendenz desjenigen Prinzen statt, der eine ursprüngliche Apanage erhalten hat. Die Erbfolge regelt sich nach den Grundsätzen des gemeinen Rechts und nach den in diesem Paragraphen gegebenen Vorschriften. Ist von dem Prinzen eine Wittwe hinterlassen, die auf ein Witthum Anspruch hat, so ist es aus der Apanage desselben zu bestreiten (vergl. §. 14), und geht die Apanage nur mit der darauf ruhenden Last des Witthums auf dessen Descendenz oder die anderweitig Berechtigten über. Sind von einem Prinzen, der eine ursprüngliche Apanage erhalten hat, nur Töchter hinterlassen, so ist das Witthum aus der andern Hälfte der Apanage zu gewähren. Stirbt ein Prinz ohne Hinterlassung von Kindern und einer Wittwe, die auf ein Witthum Anspruch hat, so fällt die Apanage desselben an die Staatscasse zurück, wenn nicht noch sonstige agnatische Descendenten desjenigen Prinzen, welcher die Apanage ursprünglich erhalten, vorhanden sind. § 8. Jeder Prinzessin Tochter des Groß-

278

herzogs werden von ihrem zurückgelegten funfzehnten Lebensjahre an bis zum vollendeten neunzehnten jährlich Zwei Tausend Thaler Courant, vom neunzehnten Lebensjahre an aber Fünf Tausend Thaler Courant verabreicht. Verliert sie ihren Vater und gründet mit Genehmigung des Großherzogs einen eigenen Hausstand, so erhält dieselbe alsdann: a. zu ihrer häuslichen Einrichtung Drei Tausend Thaler Courant. b. jährlich Sechs Tausend Thaler Courant. Stirbt der Großherzog früher, ehe seine Töchter das funfzehnte Lebensjahr vollendet haben, so erhalten sie von dem Tode des Großherzogs an bis dahin ebenfalls Zwei Tausend Thaler Courant. Alle den Töchtern des Großherzogs ausgesetzten Sustentationsgelder fallen bei deren Vermählung oder deren Ableben an die Staatscasse zurück.

B Mitgaben der Prinzessinnen des Großherzoglichen Hauses § 9. Die Töchter des Großherzogs erhalten bei ihrer Vermählung eine Mitgabe von Zwanzig Tausend Thalern Courant aus der Staatscasse. § 10. Den Töchtern des Erbgroßherzogs wird im Falle ihrer Vermählung eine Mitgabe von Zehn Tausend Thalern Courant aus der Staatscasse gezahlt.

C Witthum § 11. Ein Anspruch auf Witthum wird nur durch eine, nach den Bestimmungen des §. 2 geschlossene Ehe begründet und erlischt durch das Ableben der Wittwe oder deren Wiedervermählung. § 12. Die Wittwe des Großherzogs erhält:

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) a. eine Aversionalsumme zu ihrer häuslichen Einrichtung von Zehn Tausend Thalern Courant; b. ein jährliches Witthum von Zwanzig Tausend Thalern Courant. § 13. Der Wittwe des Erbgroßherzogs werden als Witthum jährlich Zwölf Tausend Thaler Courant gezahlt. Das zu ihrer häuslichen Einrichtung Erforderliche ist derselben aus dem Nachlasse ihres Gemahls zu gewähren. § 14. Die Wittwen der nachgebornen Prinzen des Großherzoglichen Hauses erhalten ihr Witthum aus den Apanagen derselben. Die Größe des Witthums ist von den Prinzen mit Genehmigung des regierenden Großherzogs zu bestimmen. Ist solches unterlassen, so trifft letzterer hierüber die erforderliche Anordnung (vergl. §. 7).

erhöhete Apanage und Einrichtungsgelder anzusprechen. § 18. Alle Apanagen, Sustentationsgelder und Witthümer dürfen nur mit Bewilligung des regierenden Großherzogs außerhalb Mecklenburg verzehrt werden. Würde ein Mitglied des Großherzoglichen Hauses ohne Genehmigung des regierenden Großherzogs seinen Aufenthalt außerhalb Mecklenburg nehmen, so werden die demselben ausgesetzten Einkünfte der gedachten Art zurückgehalten. § 19. Von den Gläubigern der Prinzen und Prinzessinnen des Großherzoglichen Hauses, so wie der Wittwen der Ersteren, können die Apanagen, Sustentationsgelder und Witthum nur bis zu einem Dritttheil in Anspruch genommen, oder mit Beschlag belegt werden. Friedrich Franz.

D Allgemeine Bestimmungen § 15. Die Apanagen, Sustentationsgelder und Witthümer werden aus der Staatscasse vorschüssig in vierteljährlichen Raten ausgezahlt; die Einrichtungskosten und Mitgaben, sobald die Gründung eines eigenen Haushalts oder die Vermählungen eintreten. § 16. Den Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses gebührt, außer den Apanagen, Sustentationsgelder und Witthum, freie Wohnung in den zur Krondotation gehörenden fürstlichen Gebäuden, welche ihnen von dem regierenden Großherzoge, dem darüber die alleinige Bestimmung zusteht, angewiesen werden. § 17. Mit dem vollendeten neunzehnten Lebensjahre erlangen der Erbgroßherzog und die übrigen Prinzen des Großherzoglichen Hauses das Recht, ein eigenes Haus zu bilden und die in den §§. 4 und 6 bestimmte

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Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. III-28. Das Staatsgrundgesetz wurde am 3. August 1849 beschlossen, am 23. August 1849 unterzeichnet sowie am 10. Oktober 1849 schließlich verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft (vgl. Art. 1 des Einführungsgesetzes). Gleichzeitig sind am 10. Oktober 1849 die alten Stände aufgehoben worden (Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, No. 20, Schwerin, S.206–207). Siehe unter „Verordnung von 1849“. Dem Staatsgrundgesetz voraus ging der Landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755. Es wurde letztlich durch den Freienwalder Schiedsspruch für nichtig erklärt und daraufhin durch die Verordnung vom 14. September 1850 aufgehoben (Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1850, Schwerin, S. 198). Zur Verfassung gehören die folgenden Anlagen: 1. Wahlgesetz für das Großherzogthum MecklenburgSchwerin, 2. Vereinbarung über die Abtretung der Großherzoglichen Domainen an den Staat, über das auszubescheidende Großherzogliche Hausgut und die Krondotation (No. I), sowie die zur Vereinbarung gehörenden Anlagen No. 1–6, nämlich das Verzeichniß der zum Hausgute übergehenden Domanial- und incamerirten Güter und Forsten (No. 1), das Verzeichniß der

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M ECKLENBURG -S CHWERIN zum Hausgute gehörenden in Ludwigslust belegenen Gebäude, Park und Gärten (No. 2), das Verzeichniß der zur Krondotation gehörigen Schlösser, Gebäude, Plätze und Gärten (No. 3), das Verzeichniß der im Privateigenthum der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerinscher Linie sich befindenden Grundstücke (No. 4), das Verzeichniß der den gegenwärtigen Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses ausgesetzten Apanagen und Sustentationsgelder, sowie gebührenden Witthümer (No. 5) und das Verzeichniß der Pensionen und Gnadenbewilligungen der Hofbeamten und Diener (No. 6), sowie 3. Vereinbarung über die Apanagen, Sustentations- und Einrichtungsgelder, Mitgaben und Witthümer der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerinscher Linie (No. II). Dieses Staatsgrundgesetz sollte aufgrund der zwischen Mecklenburg-Strelitz und -Schwerin bestehenden landständischen Union ein gemeinsames Grundgesetz sein. Nachdem der Landtag das Staatsgrundgesetz am 3. August 1849 verabschiedet hatte, war jedoch Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz nicht zur Annahme bereit und erklärte am 13. August die Auflösung des Landtags, obwohl er dazu nicht befugt war. Am 22. August 1849 löste Großherzog Friedrich Franz II. von Schwerin den Landtag schließlich rechtswirksam auf und unterzeichnete am 23. August 1849 auch das Staatsgrundgesetz, wogegen Großherzog Georg Einspruch einlegte und am 22. Oktober 1849 Klage vor dem provisorischen Bundesschiedsgericht der Erfurter Union gegen Großherzog Franz Friedrich II. erhob. Das Verfahren kam jedoch nicht zur Entscheidung, da Mecklenburg 1850 aus der Erfurter Union ausschied. Der Streit konnte erst durch das Schiedsverfahren von Freienwalde beigelegt werden, in dem das Staatsgrundgesetz am 11. September 1850 mit dem Freienwalder Schiedsspruch für nichtig erklärt wurde. Großherzog Franz Friedrich II. hob es daraufhin per Verordnung am 14. September 1850 auf, so daß erneut der landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755 galt. Für weiterführende Hinweise siehe Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 541ff. sowie Verfassungsgeschichte III, S. 220–223; Helge bei der Wieden, Kurzer Abriß der mecklenburgischen Verfassungsgeschichte, Schwerin 1994; Otto Vitense, Geschichte von Mecklenburg, Gotha 1920, Nachdruck Würzburg 1985, insbes. S. 447ff. 2 „Wahlgesetz für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin“ (Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 29–38). 3 „Vereinbarung über die Abtretung der Großherzoglichen Domainen an den Staat, über das auszuscheidende Großherzogliche Hausgut und dir Krondotation“ (Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 39–48).

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„Vereinbarung über die Apanagen, Sustentationsund Einrichtungsgelder, Mitgaben und Witthümer der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerinscher Linie“ (Großherzoglich-Mecklenburg Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 66–71). 5 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 29–38. 6 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 39–48. Dazu gehören die im Anschluß abgedruckten Anlagen No. 1–6. 7 Ediert nach „Verzeichniß der zum Hausgute übergehenden Domanial- und incamerirten Güter und Forsten“, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 49–52. 8 Ediert nach „Verzeichniß der zum Hausgute gehörenden in Ludwigslust belegenen Gebäude, Park und Gärten“, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 53–56. 9 Ediert nach „Verzeichniß der zur Krondotation gehörigen Schlösser, Gebäude, Plätze und Gärten“, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 57–59. 10 Ediert nach „Verzeichniß der im Privateigenthum der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerinscher Linie sich befindenden Grundstücke“, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 60. 11 Ediert nach „Verzeichniß der den gegenwärtigen Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses ausgesetzten Apanagen und Sustentationsgelder, sowie gebührenden Witthümer“, Großherzoglich MecklenburgSchwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 61–62. 12 Ediert nach „Verzeichniß der Pensionen und Gnadenbewilligungen der Hofbeamten und Diener“, Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 63–65. 13 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 53–56. 14 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 57–59. 15 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 60. 16 Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 61–62.

V ERFASSUNG VON M ECKLENBURG -S CHWERIN (1849) 17

Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 63–65.

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Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, Beilage zu No. 38, Schwerin, S. 66–71.

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Verordnung von 1849 Verordnung über die Aufhebung der Stände1

Wir Friedrich Franz, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. Verordnen, unter Bezugnahme auf Unsern Landtags-Abschied vom 17ten Mai v. J., nach stattgehabter Verhandlung mit der Abgeordneten-Kammer und in Uebereinstimmung mit Derselben, wie folgt: A RT. 1. Die Landstände und ständischen Corporationen sind aufgehoben. Jedoch sollen mit der Aufhebung der Landstandschaft die sonstigen durch die landständische Verfassung begründeten Verhältnisse nicht aufgehoben sein, vielmehr, in so weit nicht schon die deutschen Grundrechte eine Abänderung derselben getroffen, einstweilen bis dahin von Bestand bleiben, daß deren Veränderung oder Aufhebung durch die Verfassungsurkunde oder im Wege der Specialgesetzgebung erfolgt. A RT. 2. Folgende Behörden, zu denen die Landstände bisher concurrirt haben: 1) die dirigirende Commission des Landarbeitshauses, 2) die Commission zur Visitation und Revision der Landes-Receptur-Casse, 3) die Schuldentilgungs-Commission, 4) die Militair-Districtsbehörden, 5) die Recrutirungsbehörden, 6) die für die Eisenbahn und einzelne Chaussee- und Wasserbauten, so wie für die Entwässerung der Ländereien bestellten Expropriations-Commissionen, 7) die Administration der Landesklöster,

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bleiben einstweilen in Funktion und ressortiren zu den durch die Verordnung über die Organisation der höchsten Staatsbehörden bezeichneten Ministerien. In Vacanzfällen steht die Wiederbesetzung Uns nach Unserem Ermessen zu. Die Geschäfte der bisherigen Wegebesichtigungsbehörden werden Wir fortan anderweitig besorgen lassen. A RT. 3. Unseren Ministerien ist beziehungsweise übertragen und bleibt bis auf Weiteres allein überlassen: 1) die Wahrnehmung des Landes-Interesses in Bezug auf die Berlin-Hamburger Eisenbahn; 2) die Anordnung von Revisionen über die ökonomischen Verhältnisse des Criminal-Collegiums zu Bützow; 3) die Entscheidung von Streitigkeiten darüber, ob ein Weg als Communicationsweg im engeren Sinne zu betrachten sei; 4) die Bestimmung über die in Folge der Erbauung von Chausseen zweckmäßig zu verfügende Aufhebung von Landstraßen und beziehungsweise deren Verwandlung in Communicationswege; 5) die Entscheidung der Frage, ob bei Chaussee- und Wasserbauten, welche für gemeinnützig anerkannt sind, den gesetzlichen Bestimmungen so weit genügt worden, daß die Auszahlung der Landeshülfen und Vorarbeitungskosten geschehen könne; 6) die Ertheilung der Erlaubniß zur Erhebung von Chausseegeld nach geschehener Ablieferung von Chausseen, welche bereits für gemeinnützig erklärt sind;

V ERORDNUNG VON 1849 7) die Entscheidung, ob vormaligen freiwilligen Jägern auf ihr Ersuchen eine Pension aus dem neu fundirten Pensionsfond zu bewilligen sei; 8) die Bestimmung über Auszahlung von Indemnisationsgeldern für Kriegserleidungen an die Beschädigten; 9) die Anordnung von Maßregeln, welche für den Fall eines Einmarsches fremder Truppen erforderlich werden; 10) der Erlaß von Zahlungsverordnungen an die Landes-Receptur-Casse; 11) die Verfügung zur Eintreibung der Contributionen und Landes-Anlagen; 12) die Verwaltung der Steuer-Erhöhungs-Casse, der Casse der Landeshülfen für den Chaussee- und Wasserbau, der Landes-Receptur-Casse, der Casse zur Aufhülfe der städtischen Industrie, der Recrutirungs- und Stellvertreter-PrämienDeposital-Casse.

A RT. 4. In näher zu regulirender Gemeinschaft mit dem Großherzoglich Strelitzschen Ministerio werden Unsere Ministerien bis auf Weiteres führen: die Verwaltung des Landkastens, des ständischen Hauptarchivs, des Vermessungs- und Umschreibungs-Archivs, der Landesbibliothek und des Bergholz’schen Stipendiums. Gegeben durch Unser Gesammt-Ministerium, Schwerin am 10ten October 1849. Friedrich Franz. L. v. Lützow. Stever. M. v. Liebeherr. Meyer.

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Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, Jahrgang 1849, No. 20, Schwerin, S.206–207.

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Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit, Mecklenburg-Strelitz (1849) Gesetz vom 23. Mai 1849 zum Schutze der persönlichen Freiheit1

Wir Georg, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. etc. Verordnen, in Ausführung der §§. 8, 10 und 11 des Reichsgesetzes vom 27. December v. J., die Grundrechte des deutschen Volkes betreffend, für Unsere gesammten Lande, mit Einschluß des Fürstenthums Ratzeburg, auf Antrag der Versammlung der Abgeordneten, zum Schutze der persönlichen Freiheit, was folgt: § 1. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. § 2. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen, wenn sie in einem gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasse angeordnet ist. Dieser Erlaß muß im Augenblicke der Verhaftung oder innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. § 3. Ergreifung auf frischer That ist vorhanden: a) wenn der Verhaftete bei der Ausführung der strafbaren Handlung; b) wenn er gleich nach derselben entweder am Orte der That oder auf der Flucht ergriffen wurde;

c) wenn er kurz nach der That im Besitze von Waffen, Geräthschaften, Schriften oder anderen Gegenständen betroffen ward, welche ihn als Urheber oder Theilnehmer verdächtig machen. § 4. Die verhaftende Behörde hat binnen vierundzwanzig Stunden nach Vornahme der Verhaftung den Verhafteten dem zuständigen Gerichte zu überweisen. § 5. Jeder Verhaftete muß binnen vierundzwanzig Stunden nach seiner Ablieferung an das zuständige Gericht von demselben so vernommen werden, daß ihm die Möglichkeit zur Aufklärung eines Mißverständnisses gegeben wird. § 6. Zwecks Verhinderung der Collusion darf Niemand verhaftet werden. Personen, welche zur Zeit der Publication dieses Gesetzes aus solchen Gründen schon gefangen gehalten werden, sind der Haft sofort zu entlassen. § 7. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer, vom Gericht sofort nach der ersten Vernehmung vor der Rückführung in die Haft zu bestimmenden und dem Verhafteten bekannt zu machenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, soferne nicht dringende Anzeigen eines schweren, peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Als schwere peinliche Verbrechen sind bis auf Weiteres diejenigen anzunehmen,

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M ECKLENBURG -S TRELITZ welche im §. 1 der Competenz-Ordnung für das Criminal-Collegium zu Bützow vom 12. Januar 1838 unter No. 1 bis 18, 20 bis 31 angegeben sind, nämlich: 1) Hochverrath; 2) Landesverrätherei; 3) Majestätsbeleidigung; 4) Aufruhr; 5) thätliche Widersetzung oder sonstige thätliche Beleidigung gegen die Obrigkeit oder in der Ausübung ihres Amtes begriffene Staatsdiener – mit Ausnahme derjenigen gegen Subalterne oder Officianten der obrigkeitlichen oder sonstigen öffentlichen Behörden; 6) vorsätzliche Brandstiftung; 7) vorsätzlich verursachte, gemeingefährliche Ueberschwemmung; 8) Landzwang; 9) a) Münzverfälschung, b) Nachahmung oder Verfälschung der Staatsschuldscheine oder sonst von einer öffentlichen Behörde oder einer autorisirten Corporation ausgestellten Schuldverschreibungen; 10) Meineid; 11) Mord; 12) Todtschlag; 13) Tödtung in Raufhändeln; 14) Tödtung aus Fahrlässigkeit; 15) Kindesmord; 16) Abtreibung der Leibesfrucht; 17) Kindesaussetzung; 18) vorsätzliche Vergiftung; 19) Nothzucht; 20) Menschenraub; 21) gewaltsame Entführung; 22) mehrfache Ehe; 23) Blutschande der Ascendenten mit ihren Descendenten und der leiblichen Geschwister mit einander; 24) Raub und die mittelst thätlicher Mißhandlung oder durch Drohungen, die mit gegenwärtiger Leibes- oder Lebensgefahr verbunden waren, verübte Erpressung; 25) Kirchendiebstahl;

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26) Pferdediebstahl; 27) bewaffneter Diebstahl; 28) alle von einer, wenngleich schon aufgelös’ten, Diebesbande verübten Diebstähle und andere Eigenthumsverbrechen; 29) alle Diebstähle und Eigenthumsverbrechen, die von Personen verübt worden sind, welche schon früher wegen Diebstahls oder anderer Eigenthumsverbrechen einmal auf einem mindestens zweijährigen Zeitraum oder zweimal eine Freiheitsstrafe im Zuchthause, Stockhause oder in irgend einer anderen öffentlichen Strafanstalt erlitten haben; 30) von den besonderen Verbrechen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener, wenn sie nicht zu den untern Officianten und Bedienten gehören: a) die Bestechung, b) die Erpressung, c) die Fälschung in Amtshandlungen, d) Unterschlagung oder Veruntreuung anvertraueten Geldes oder Guts; 31) Der strafbare Versuch aller vorbenannten Verbrechen. § 8. Die Haft darf nicht härter sein, als zur Verhütung einer Entweichung nöthig ist. § 9. Die polizeiliche Verwahrung einer Person ist nur statthaft zu deren eigenem Schutze oder während sie die Ruhe, die Sittlichkeit oder die Sicherheit auf den Straßen und an öffentlichen Orten gefährdet, sowie, wenn die Hülfe der Polizei gegen solche Gefährdung in einem Hause von einem Bewohner desselben angesprochen ist. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder freilassen oder der richterlichen Behörde übergeben. § 10. Die für das Heer- und Seewesen bestehenden Vorschriften bleiben, in soweit sie den obigen Bestimmungen entgegenstehen, noch in Kraft.

G ESETZ ZUM S CHUTZ DER PERSÖNLICHEN F REIHEIT, M ECKLENBURG -S TRELITZ (1849) § 11. Die Wohnung ist unverletzlich. § 12. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten.

in Betreff derjenigen Orte, in welchen während der Nachtzeit das Publikum ohne Unterschied zugelassen wird, bleibt das Verbot außer Anwendung, so lange und so weit sie dem Publikum geöffnet sind.

§ 13. Haussuchung ist nur zulässig: 1) in Kraft eines gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasses, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll; 2) im Falle der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten; 3) in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz bestimmten Beamten auch ohne gerichtlichen Erlaß dieselbe ausdrücklich gestattet.

§ 16. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf nur in Kraft eines gerichtlichen, mit Gründen versehenen Erlasses vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. Jedoch bedarf es im Falle der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten zur Beschlagnahme von Briefen und Papieren, welche den Verfolgten als Urheber oder Theilnehmer des, die Verfolgung veranlassenden Verbrechens verdächtig machen, eines gerichtlichen Erlasses nicht.

§ 14. Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung der Betheiligten, aushülflich von Hausgenossen, oder endlich von Nachbaren erfolgen. In den Fällen des §. 13 No. 1 ist außerdem die Gegenwart eines Richters oder Actuars erforderlich.

§ 17. Uebertretungen dieses Gesetzes werden mit Geld- oder Gefängnißstrafe von Amtswegen beahndet. Außerdem hat der Verletzte eine Klage auf Genugthuung und Entschädigung, wider welche die Einrede, auf höheren Befehl gehandelt zu haben, unwirksam bleibt. Insbesondere ist im Falle einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft der Schuldige und nöthigen Falls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet.

§ 15. Während nächtlicher Zeit ist das Eindringen in die Wohnung nicht anders erlaubt, als in dem Falle einer Feuersbrunst oder Wassersnoth, einer Lebensgefahr oder einer aus dem Innern der Wohnung hervorgehenden Aufforderung. Unter nächtlicher Zeit wird verstanden vom 1. April bis zum 30. September die Zeit von zehn Uhr Abends bis vier Uhr Morgens, und vom 1. October bis 31. März die Zeit von zehn Uhr Abends bis sechs Uhr Morgens. Auf diejenigen Orte jedoch, welche als Schlupfwinkel des Hazardspiels, der Ausschweifung oder als gewöhnliche Zufluchtsorte von Verbrechern durch den gemeinen Ruf bezeichnet werden, und auf Wohnungen der Personen, welche unter besondere polizeiliche Aufsicht gestellt sind, findet das Verbot keine Anwendung. Auch

§ 18. Der §. 15 der Verordnung vom 12. Januar 1841, betreffend den Beweis im Criminalprocesse, und die bestehenden Gesetze über das Verfahren gegen Landstreicher, Corrigenden und Heimathlose, sowie die über Forst- und Jagdfrevel, über Wilddiebstahl und zum Schutze der Abgabenerhebung, werden von diesem Gesetze nicht ergriffen und bleiben bis auf Weiteres in Kraft. § 19. Zum Falle des Krieges oder Aufruhrs können die Bestimmungen dieses Gesetzes über Verhaftung und Haussuchung

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M ECKLENBURG -S TRELITZ für einzelne Bezirke zeitweise ganz außer Kraft gesetzt werden, jedoch nur unter folgenden Bedingungen: 1) Die Verfügung muss in jedem einzelnen Falle von Unserer Regierung (Unserem Gesammt-Ministerium) ausgehen. 2) Diese (dieses) hat die Zustimmung der Abgeordneten, wenn selbige zur Zeit versammelt sind, sofort einzuholen. Wenn selbige nicht versammelt sind, so darf die Verfügung nicht länger als vierzehn Tage dauern, ohne daß dieselben zusammenberufen und die getroffenen Maaßregeln zu ihrer Genehmigung vorgelegt werden. Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Großherzoglichen Regierungs-Insiegel. Neustrelitz den 23. Mai 1849.

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Georg, G. H. v. M. (L. S)

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v. Bernstorff.

Ediert nach Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Officieller Anzeiger für Gesetzgebung und Staatsverwaltung, Bd. 1849–1850, Jahrgang 1849, No. 16, Neustrelitz, S. 109–115. Das Gesetz wurde am 23. Mai 1849 erlassen und am 10. Juni 1849 verkündet. Es wurde aufgrund des „[Reichs-] Gesetzes betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“ vom 27. Dezember 1848 erlassen (abgedruckt in Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 (Europa Band 3), Teil I, „Gesetz über die Grundrechte (1848)“), vgl. vor § 1. dieses Gesetzes. Das Gesetz ist inhaltlich identisch mit dem „Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit, vom 23sten Mai 1849“, das am 23. Mai 1849 in Mecklenburg-Schwerin erlassen wurde, siehe unter „Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit (1849)“.

Deutscher Index

Adel – Abschaffung von Adelstiteln, 236 – Stellung, 35 Bildung, 32, 47, 79, 112, 121, 159, 214, 222, 238 – allgemeine Schulen, Errichtung, 47, 112, 121, 159, 222, 238 Eide, 28, 30, 31, 39, 41, 50, 76, 92, 112, 115, 116, 128, 131, 133, 136, 139, 143, 144, 155, 159, 161, 163, 177, 196, 197, 210, 217, 226, 237 – Amtseide, 7, 36, 106 – Treueeide, 31, 106, 141 erbliche Titel, Verbot, 236 Exekutive, 43, 44, 161, 195, 245 – Befugnisse, 35, 129, 158, 164, 169, 170, 199, 203, 255, 282–283 – – Auflösung der Legislative, 40, 158, 219–220, 243 – – Außenpolitik, 43, 154, 215, 245 – – – Verträge, 215, 245 – – Begnadigungsrecht, 11, 27, 45, 81, 105, 116, 154, 215–216, 246 – – Einberufung der Legislative, 40, 128, 155, 161, 171, 175, 195, 205, 208, 219, 242 – – Ernennungsrecht, 35, 154, 246 – – – Besetzung von Vakanzen, 35 – – Haushaltsrechte, 128, 170, 203 – – – Notbewilligungsrechte, 41 – – judikative Befugnisse, 246 – – legislative Befugnisse, 43, 118 – – – Exekutivanordnungen oder Verfügungen, 154, 218–219, 245 – – – Gesetzesinitiative, 190, 244, 245 – – – Sanktionierung von Gesetzen, 244 – – Militärbefehlsgewalt, 154, 215, 245 – – Vertagungsrecht bez. Legislative, 40, 119, 158, 175, 208, 219, 243

– Bürgermeister, 55, 144, 149, 161, 163, 164, 178, 196–198 – exekutive Körperschaften, 282–283 – Minister, 215, 220, 245, 246 – Mitglieder, 35, 36, 46, 116, 140, 164, 198 – – Ämterhäufung, 39 – – Amtsenthebungsverfahren, 36, 46, 116 – – Amtsunfähigkeit, 36 – – Amtszeit, 116, 161, 164, 195, 198 – – Anwesenheitsrecht i. d. Legislative, 117, 156, 172, 205, 220, 246 – – Ernennung, 35, 116, 215, 282 – – Qualifikationen, 35 – – Verantwortlichkeit, 36, 115, 117, 153, 215, 226, 246 – – Vergütung, 36 – – Virilisten, 116 – – Wahl, 36, 161, 162, 164, 176, 195, 196, 198, 210 – – Wiederwahl, 164, 198 – Monarch, 21, 30, 153, 154, 240 – – Abstammung, 153, 276 – – Apanagen, 7, 22, 31, 117, 249, 260, 276, 277 – – Domäne, 22, 48, 49, 84, 154, 256 – – Huldigung, 131 – – Kammergut, 22, 222–223, 256 – – königliche Zustimmung, 245 – – Regentschaft, 7, 22, 30, 75, 117, 131, 153, 154, 216, 226, 240, 241, 261 – – Thronfolge, 7, 21, 22, 29, 30, 75, 76, 116–117, 216, 240, 258 – – Unverletzlichkeit, 31, 115, 153, 246 – – Zivilliste, 117, 223, 240, 241, 249, 256, 269 – offizieller Sitz des Parlaments, 31, 76, 119, 124, 240, 242 – Staatsoberhaupt, 31, 75, 115, 153, 215, 240

289

D EUTSCHER I NDEX – – Befugnisse, 115–117, 132, 154, 155, 215, 219, 223, 242, 243 – Verhältnis zu anderen Gewalten, 11, 75, 176, 209, 240 Feudale Institutionen und Praktiken, 31, 114, 159, 239, 247 – Fideikomiß, 48, 214, 258 – Lehen, 115, 214, 239 – Leibeigenschaft, 32 – Primogenitur, 29 – Stände, 8, 83, 84, 112–113, 127, 129, 137–142, 165, 166, 214 Gesetze, 50, 53, 104 – Übergangsbestimmungen, 49–51, 62, 124, 178, 233–235, 282 Grundrechte, 77, 153, 236, 282 Handel, 33, 78 Hoheitsrechte – Münzrecht, 215, 246 – Waidrecht, 171 Infrastruktur, 282 – Eisenbahn, 282 – Straßen, 282 Judikative, 44, 247 – Gerichte, 45, 46, 50, 81, 105, 121, 224– 225 – – außerordentliche Gerichte, Verbot, 44, 45, 214, 239 – – Berufungsgericht, 176, 209 – – Militärgerichte, 44, 122, 239 – – Oberster Gerichtshof, 105 – Gerichtsdistrikte, 247 – Gerichtsprozesse, 122, 214 – Rechtsprechung, 44, 45 – – reguläre Verfahren, 45 – – Wechselseitige Anerkennung der Rechtsprechung, 122 – Richter, 45, 80, 122, 214, 221, 247 – – Amtsenthebung, 121 – – Ernennung oder Wahl, 121, 240 – – gesetzliche Richter, 44, 113, 239, 247

290

– – Unvereinbarkeit mit anderen Ämtern, 122, 247 – Staatsanwalt, 45 – Vergütung, 247 – Verhältnis zu anderen Gewalten, 27, 44, 45, 81, 122, 159, 178, 214, 240, 247 – – Unterscheidung von administrativen Körperschaften, 214 Kirche, 46, 47, 49, 79, 121, 169, 174, 203, 207, 214 – Kirchenautonomie, 79, 159 – Staatskirche, 46 – Trennung von Staat und Kirche, 120, 237 Korporationen, 78, 79, 225, 282 Kriegszustand, 215, 225, 231, 283, 287 Legislative, 37, 103, 127, 131, 165, 199 – Befugnisse, 128 – dritte und weitere Häuser oder Kammern, 21–26, 28, 81, 82, 85, 91–93, 118, 139–144, 151, 155, 171, 173, 176, 178, 204, 206, 210, 216, 241 – – Befugnisse, 25, 82, 141, 154, 155, 157, 158, 169, 174, 203, 204, 207, 218–219, 226 – – – Amtsenthebungsverfahren, 167, 200 – – – Budgetrecht, 26, 82, 119, 123, 128, 170, 174, 203, 204, 207, 223–224, 248, 249 – – – Ernennungen, 174, 208 – – – Geschäftsordnung, 93–103, 131, 156, 173, 181, 195, 206, 221, 242 – – – Gesetzgebung, 25, 81, 82, 128, 138, 154, 157, 218, 242, 244 – – – – Einschränkungen, 219 – – – – – Verfassungsmäßigkeit, 245 – – – – Gesetzesausfertigung, 245 – – – – Gesetzesinitiative, 25, 82, 118, 128, 157, 218, 244 – – – – Gesetzesveröffentlichung, 120, 220–221, 245 – – – – Lesung von Gesetzesentwürfen, 119, 244

D EUTSCHER I NDEX – – – – Steuergesetzgebung, 82, 123, 128, 157, 159, 169, 203, 223–224, 249 – – – – Verabschiedung von Gesetzesentwürfen – – – – – Mehrheiten, 119, 151, 177 – – – Interpellation, 120, 157, 172, 174, 206, 208, 243, 244 – – – judikative Funktionen, 25, 156–158 – – – Ratifizierung von Verträgen, 154, 171, 204, 215 – – – Vertagung, 158, 219–220, 243 – – Mitglieder, 22–25, 85, 92, 93, 118, 128, 130, 137, 139–144, 148, 155, 165, 167, 173, 199, 200, 206 – – – Ämterhäufung, 65, 150, 241 – – – Amtszeit, 8, 25, 118, 130, 155, 166, 168, 169, 173, 174, 180, 192, 193, 200, 202, 206, 207, 217, 241 – – – Immunität, Indemnität, 9, 26, 119, 131, 156, 217–218, 242 – – – Inkompatibilität, 118 – – – Pflichtanwesenheit, 181 – – – Qualifikationen, 217 – – – Vergütung, 132, 142, 158, 169, 202, 221, 234, 242 – – – Wahl, 24, 53, 56, 62, 64, 65, 67, 85– 91, 118, 133–135, 137, 138, 140, 143–145, 148, 151, 165, 166, 168, 169, 173, 174, 176, 183, 187, 192, 193, 199, 200, 202, 206, 208, 210, 216, 241, 251–253, 256 – – – Wiederwahl, 8, 166, 168, 169, 173, 193, 200, 202, 207, 241 – – Verfahren, 25, 27, 86, 91–93, 132, 141, 155, 157, 158, 171, 175, 177, 181–183, 190, 205, 208, 209, 211, 216, 219–220 – – – Abstimmungen, 25, 151, 156, 172, 175, 182, 183, 190, 205, 208, 209, 218, 220 – – – Auflösung, 8, 25, 26, 119, 145 – – – Ausschüsse, 103, 104, 118, 119, 123, 128, 132, 141, 156, 167, 183, 184, 193, 200, 210, 218, 223–224, 243 – – – Beschlussfähigkeit, 119, 131, 156, 171, 175, 182, 205, 208, 210, 220,

242 – – – Dauer der Sitzungsperiode, 9, 26, 119, 132, 141, 210, 234 – – – Eröffnungssitzung, 26, 118–119, 140, 141, 155, 175, 190, 205, 208, 234, 242 – – – Öffentlichkeit der Sitzungen, 119, 131, 147, 156, 220, 243 – – – Sitzungsprotokoll, 142, 156, 175, 176, 182, 184, 209, 220 – – – – Veröffentlichung, 156, 173, 206, 220, 243 – – – Wahl parlamentarischer Amtsträger, 131, 151, 155, 173, 174, 180, 207, 242 – Einberufung, 9, 26, 91, 131, 175, 178, 184, 190, 205, 208, 219, 242 – Oberhaus – – Befugnisse, 35 – offizieller Sitz, 219 – Unterhaus, 37 – – Befugnisse, 41, 42 – – – Amtsenthebungsverfahren, 42 – – – Geschäftsordnung, 40 – – – Gesetzgebung, 41 – – – – Gesetzesinitiative, 42 – – – – Steuergesetzgebung, 42 – – – Steuerbewilligungsrecht, 49 – – – Vertagung, 40 – – Mitglieder, 37–40 – – – Ämterhäufung, 39 – – – Amtszeit, 40 – – – Immunität, Indemnität, 40 – – – Qualifikationen, 38 – – – Vergütung, 41 – – – Wahl, 38 – – – Wiederwahl, 39 – – Verfahren, 39, 40 – – – Abstimmungen, 39 – – – Beschlussfähigkeit, 39 – – – Dauer der Sitzungsperiode, 40 – – – Haushaltsbericht, 49 – – – Öffentlichkeit der Sitzungen, 40 – – – Wahl parlamentarischer Amtsträger, 39

291

D EUTSCHER I NDEX – Verhältnis zu anderen Gewalten, 58, 176, 209 Mandatsverteilung, 37 Militär, 10, 43, 81, 82, 159, 171, 204, 225, 230, 249, 286 – Mitglieder – – besondere Regelungen für, 216–217, 230, 249, 252, 286 – Oberkommando, 66 – Organisation, 249 – stehendes Heer, 10 – Unterordnung unter Zivilgewalt, 250 – Wehrpflicht, 10, 34, 78, 112, 159, 236 Polizeigewalt, 43, 225, 236 Rechte, 32, 44, 45, 76, 77, 213, 224, 229, 285 – Auswanderung, 34, 78, 114, 213, 236 – Berufsfreiheit, 32, 77, 112, 214, 238, 249 – Briefgeheimnis, 33, 113, 214, 231, 237, 287 – Ehestand, 22, 77, 112, 214, 238 – Eigentumsrechte, 25, 32, 49, 114, 214, 238 – – Eigentumsfreiheit, 11, 77, 78, 114, 214, 238 – – Enteignung, 32, 33, 46, 77, 114, 238 – Freiheit der Wissenschaft, 112, 214, 238 – Freiheit und Sicherheit der Person, 213, 229, 285 – Gewerbefreiheit, 115 – Gleichheit, 32, 77, 112–113, 159, 213, 236 – Justizgrundrechte, 27, 78, 81, 213, 229, 230, 239, 285, 286 – – Anklageerhebung durch Staatsanwalt oder Geschworene, 122, 230, 239, 285 – – Geschworenengerichte, 122, 214, 237, 240 – – Kaution, 44, 113, 229, 236, 285 – – rechtliches Gehör, 11, 27, 44, 229, 285 – – Rechtsbeistand, 11 – – Rechtsweggarantie, 45, 78, 81

292

– – Verbot grausamer oder ungewöhnlicher Bestrafung, 122, 214, 236 – persönliche Freiheit, 77, 229, 285 – Petitionsrecht, 33, 113, 214, 238 – Pressefreiheit, 33, 77, 114, 214, 237 – Recht auf freie Meinungsäußerung, 34, 114, 214, 237 – Rechte Unschuldiger, 236 – Religionsfreiheit, 12, 32, 77, 112, 120, 170, 204, 214, 237 – Schutz der persönlichen Freiheit (habeas corpus), 44, 77, 113, 236 – Unverletzlichkeit der Wohnung, 113, 213, 230, 231, 237, 286, 287 – Vereinsfreiheit, 113, 214, 238 – Versammlungsfreiheit, 113–114, 214, 238 – Waffen, Besitz oder Tragen von, 213 Regierung, 105, 116, 246 – Beziehungen Bund - Einzelstaat, 112, 153, 223 – Finanzen, 26, 34, 47–49, 80, 81, 83, 84, 124, 142, 157 – – Haushalt, 48, 49, 124, 128, 157, 222, 248 – – Haushaltsjahr, 248 – – Staatsschuld, 11, 41, 222–224, 248 – öffentlicher Besitz, 123 – Regierungsform, 7, 29, 215 – – Monarchie oder Kaisertum, 7, 21, 29, 215 – subnationale Regierung, 34 – – Beaufsichtigung der Kommunalregierung, 35, 221 – – Kommunalregierung, 34 – – – Kommunalbeamte, 34, 221 – – Kommunalverfassungen, 34, 221 – – Provinzuntergliederungen (Grafschaften/Landkreise etc.), 120, 221 Religion, 32, 120, 214 Repräsentation, 137 – freies Mandat, 8, 39, 131, 156, 217 Ritterschaft, 35, 54, 138, 139 soziale Wohlfahrt, 21, 174, 207

D EUTSCHER I NDEX Staats- und Verwaltungsapparat, 43, 45, 80, 82, 138, 215, 250 – Beamte, 27, 65, 80, 105, 121, 122, 150, 158, 166, 170, 203, 214, 221, 225–226, 238, 246 – Verwaltung, 158, 225 Staatsbürgerschaft, 31, 32, 76, 79, 112, 153, 179, 213, 235 – Verlust, 32, 78, 112, 213, 236 – Verpflichtungen, 31, 77, 112, 120, 159 Staatsgebiet, 7, 21, 29, 75, 81, 112, 153, 213, 235 Staatsstruktur, 75, 153 Steuern, 8, 10, 48, 49, 81, 128, 138, 157, 223–225, 283 – Besteuerung, 27, 48, 49, 123, 159, 249 – Steuergleichheit, 124, 249 territoriale Organisation, 221 – Grenzen, 235 Todesstrafe, 213 Verfassung, 7, 21, 50, 103–106, 140, 144, 145, 151, 226 – Amendierung, 50, 66, 190, 216, 218, 226 – Status, 50, 125, 226 – Verfassungsrevision, 28, 105, 124, 176, 191, 210, 244 Wahlen, 8, 39, 53, 56, 60, 61, 94, 128–130, 133, 139, 142, 151, 201, 216, 220, 251 – Anfechtung, 71, 72, 118, 149, 179, 254, 256 – Wahlergebnisse, 56, 58, 61, 62, 70, 71, 73, 150, 168, 179–181, 189, 193, 202, 255, 256 – Wahlkomitee, 53–56, 60–62, 70–72, 129, 130, 133, 134, 149, 167, 187, 192, 201, 253 – Wahlregister, 61, 70–72, 149, 162, 167, 196, 254 – Wahltag, 53, 56, 70–72, 133, 134, 150, 163, 167, 176, 187, 188, 197, 201, 210, 254 – Wahlverfahren, 8, 54–58, 60–62, 70, 129, 130, 133–135, 161, 162, 166, 168, 179–181, 192, 193, 195–197, 252, 253

– – mündlich, 55, 61, 71, 72, 118, 134, 135, 150 – – Stimmzettel, 57, 94, 133, 135, 162, 163, 176, 177, 180, 192, 196, 197, 210, 254, 255 Wahlkreise, 54, 58–60, 67, 68, 88, 89, 106– 109, 142, 144, 148, 166, 191, 199, 216, 252, 253 – Einzelwahlkreise, 253 Wahlprinzipien, 53, 130, 252 – allgemeine Wahlen, 191, 195 – direkte Wahlen, 8, 54, 70, 118, 129, 252 – freie Wahlen, 56, 57, 135 – geheime Wahlen, 53, 163, 164, 180, 195, 197, 198 – gleiche Wahlen, 191 – Mehrheitsprinzip, 53, 54, 56–58, 61, 72, 150, 162–164, 169, 173, 174, 181, 196– 198, 206, 207, 255 Wahlrecht, aktiv, 39, 53, 54, 61, 69, 129, 130, 134, 140, 148, 149, 165, 166, 251, 253 – Alter, 69, 129, 148, 161, 195, 251 – Disqualifikation, 55, 69, 70, 118, 129, 148, 161, 195, 251 – Eigentum, 61, 129, 251 – Geschlecht, 61 – Konfession, 129 – Staatsbürgerschaft, 54, 61, 148 – Wohnort, 129, 192, 200, 251, 252 Wahlrecht, passiv, 24, 38, 39, 53, 55, 61, 62, 64, 69, 86, 87, 129, 130, 165, 183, 192, 199, 200, 252 – Alter, 8, 38, 86, 148, 252 – Disqualifizierung, 38, 55, 69, 118, 165, 167, 199–201, 241 – Eigentum, 38, 54, 55, 61, 129 – Geschlecht, 56, 61 – Konfession, 8, 24, 87 – Staatsbürgerschaft, 55, 56, 61, 87, 148, 165, 199 – Wohnort, 38, 86, 87 Zölle, 123

293

English Index

apportionment of representatives, 37 capital punishment, 213 church, 46, 47, 49, 79, 121, 169, 174, 203, 207, 214 – autonomy of the church/of churches, 79, 159 – separation of church and state, 120, 237 – state church, 46 citizenship, 31, 32, 76, 79, 112, 153, 179, 213, 235 – loss of, 32, 78, 112, 213, 236 – obligations of, 31, 77, 112, 120, 159 commerce, 33, 78 constitution, 7, 21, 50, 103–106, 140, 144, 145, 151, 226 – amendment of, 50, 66, 190, 216, 218, 226 – constitutional review, 28, 105, 124, 176, 191, 210, 244 – legal status of, 50, 125, 226 corporations, 78, 79, 225, 282 education, 32, 47, 79, 112, 121, 159, 214, 222, 238 – common schools, establishment of, 47, 112, 121, 159, 222, 238 election, eligibility for, 24, 38, 39, 53, 55, 61, 62, 64, 69, 86, 87, 129, 130, 165, 183, 192, 199, 200, 252 – age, 8, 38, 86, 148, 252 – citizenship, 55, 56, 61, 87, 148, 165, 199 – disqualifying attributes, 38, 55, 69, 118, 165, 167, 199–201, 241 – gender, 56, 61 – property, 38, 54, 55, 61, 129 – religion, 8, 24, 87 – residence, 38, 86, 87 elections, 8, 39, 53, 56, 60, 61, 94, 128– 130, 133, 139, 142, 151, 201, 216, 220, 251

– contestation of, 71, 72, 118, 149, 179, 254, 256 – election committee, 53–56, 60–62, 70– 72, 129, 130, 133, 134, 149, 167, 187, 192, 201, 253 – election day, 53, 56, 70–72, 133, 134, 150, 163, 167, 176, 187, 188, 197, 201, 210, 254 – electoral returns, 56, 58, 61, 62, 70, 71, 73, 150, 168, 179–181, 189, 193, 202, 255, 256 – voter registration, 61, 70–72, 149, 162, 167, 196, 254 – voting procedure, 8, 54–58, 60–62, 70, 129, 130, 133–135, 161, 162, 166, 168, 179–181, 192, 193, 195–197, 252, 253 – – ballot, 57, 94, 133, 135, 162, 163, 176, 177, 180, 192, 196, 197, 210, 254, 255 – – viva voce, 55, 61, 71, 72, 118, 134, 135, 150 electoral districts, 54, 58–60, 67, 68, 88, 89, 106–109, 142, 144, 148, 166, 191, 199, 216, 252, 253 – single constituency, 253 electoral principles, 53, 130, 252 – direct elections, 8, 54, 70, 118, 129, 252 – equal elections, 191 – free elections, 56, 57, 135 – general elections, 191, 195 – majority principle, 53, 54, 56–58, 61, 72, 150, 162–164, 169, 173, 174, 181, 196– 198, 206, 207, 255 – secret elections, 53, 163, 164, 180, 195, 197, 198 executive, 43, 44, 161, 195, 245 – executive agencies, 282–283 – head of state, 31, 75, 115, 153, 215, 240 – – competencies, 115–117, 132, 154, 155, 215, 219, 223, 242, 243 – mayor, 55, 144, 149, 161, 163, 164, 178, 196–198

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E NGLISH I NDEX – members, 35, 36, 46, 116, 140, 164, 198 – – appointment, 35, 116, 215, 282 – – election, 36, 161, 162, 164, 176, 195, 196, 198, 210 – – impeachment, 36, 46, 116 – – inability to serve, 36 – – length of term, 116, 161, 164, 195, 198 – – plurality of offices, 39 – – qualifications, 35 – – re-eligibility, 164, 198 – – remuneration, 36 – – responsibility, 36, 115, 117, 153, 215, 226, 246 – – right of attendance in legislature, 117, 156, 172, 205, 220, 246 – – virilists, 116 – ministers, 215, 220, 245, 246 – monarch, 21, 30, 153, 154, 240 – – appanage, 7, 22, 31, 117, 249, 260, 276, 277 – – civil list, 117, 223, 240, 241, 249, 256, 269 – – demesne, 22, 222–223, 256 – – domain, 22, 48, 49, 84, 154, 256 – – homage, 131 – – inviolability, 31, 115, 153, 246 – – lineage / descent, 153, 276 – – regency, 7, 22, 30, 75, 117, 131, 153, 154, 216, 226, 240, 241, 261 – – royal assent, 245 – – succession, 7, 21, 22, 29, 30, 75, 76, 116–117, 216, 240, 258 – official seat, 31, 76, 119, 124, 240, 242 – powers, 35, 129, 158, 164, 169, 170, 199, 203, 255, 282–283 – – adjourning legislature, 40, 119, 158, 175, 208, 219, 243 – – appointing power, 35, 154, 246 – – – vacancies, filling of, 35 – – budgetary powers, 128, 170, 203 – – – emergency budgetary powers, 41 – – convoking legislature, 40, 128, 155, 161, 171, 175, 195, 205, 208, 219, 242 – – dissolving legislature, 40, 158, 219– 220, 243

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– – foreign affairs, control of, 43, 154, 215, 245 – – foreign affairs, control of – – – treaties, 215, 245 – – judicial powers, 246 – – legislative powers, 43, 118 – – – executive orders or ordinances, 154, 218–219, 245 – – – legislative initiative, 190, 244, 245 – – – sanctioning of laws, 244 – – military commanding power, 154, 215, 245 – – pardoning power, 11, 27, 45, 81, 105, 116, 154, 215–216, 246 – relation to other branches, 11, 75, 176, 209, 240 feudal institutions and practices, 31, 114, 159, 239, 247 – entail, 48, 214, 258 – estates, 8, 83, 84, 112–113, 127, 129, 137–142, 165, 166, 214 – feudal tenure, 115, 214, 239 – primogeniture, 29 – serfdom, 32 fundamental rights: see rights, 77, 153, 236, 282 government, 105, 116, 246 – federal - state relations, 112, 153, 223 – finances, 26, 34, 47–49, 80, 81, 83, 84, 124, 142, 157 – – budget, 48, 49, 124, 128, 157, 222, 248 – – fiscal period, 248 – – public debt, 11, 41, 222–224, 248 – form of, 7, 29, 215 – – monarchy or empire, 7, 21, 29, 215 – public domain, 123 – subnational government, 34 – – municipal constitutions, 34, 221 – – municipal government, 34 – – – municipal officers, 34, 221 – – provincial subdivisons (counties etc), 120, 221 – – supervision of local government, 35, 221

E NGLISH I NDEX hereditary distinctions, outlawed, 236 infrastructure, 282 – railroad, 282 – roads, 282 judiciary, 44, 247 – attorney general, 45 – courts, 45, 46, 50, 81, 105, 121, 224–225 – – appellate court, 176, 209 – – extraordinary courts, prohibition of, 44, 45, 214, 239 – – military courts, 44, 122, 239 – – supreme court, 105 – judges, 45, 80, 122, 214, 221, 247 – – appointment or election, 121, 240 – – incompatibility with other offices, 122, 247 – – legally competent judges, 44, 113, 239, 247 – – removal, 121 – judicial districts, 247 – jurisdiction, 44, 45 – – ordinary, 45 – – reciprocity of recognition of judgments, 122 – relation to other branches, 27, 44, 45, 81, 122, 159, 178, 214, 240, 247 – – distinction from administrative bodies, 214 – remuneration, 247 – trials, 122, 214 knighthood, 35, 54, 138, 139 law, 50, 53, 104 – transitional provisions, 49–51, 62, 124, 178, 233–235, 282 legislature, 37, 103, 127, 131, 165, 199 – convocation of, 9, 26, 91, 131, 175, 178, 184, 190, 205, 208, 219, 242 – lower house, 37 – – members, 37–40 – – – election, 38 – – – immunity, indemnity, 40 – – – length of term, 40

– – – plurality of offices, 39 – – – qualifications, 38 – – – re-eligibility, 39 – – – remuneration, 41 – – powers, 41, 42 – – – adjournment, 40 – – – bylaws, 40 – – – impeachment, 42 – – – legislation, 41 – – – – legislative initiative, 42 – – – – tax, revenue legislation, 42 – – – tax grants, right of, 49 – – procedures, 39, 40 – – – budget report, 49 – – – duration of session, 40 – – – election of officers, 39 – – – quorum, 39 – – – sessions open to public, 40 – – – votes, 39 – official seat, 219 – powers, 128 – relation to other branches, 58, 176, 209 – third and further houses or chambers, 21– 26, 28, 81, 82, 85, 91–93, 118, 139–144, 151, 155, 171, 173, 176, 178, 204, 206, 210, 216, 241 – – members, 22–25, 85, 92, 93, 118, 128, 130, 137, 139–144, 148, 155, 165, 167, 173, 199, 200, 206 – – – election, 24, 53, 56, 62, 64, 65, 67, 85–91, 118, 133–135, 137, 138, 140, 143–145, 148, 151, 165, 166, 168, 169, 173, 174, 176, 183, 187, 192, 193, 199, 200, 202, 206, 208, 210, 216, 241, 251–253, 256 – – – immunity, indemnity, 9, 26, 119, 131, 156, 217–218, 242 – – – incompatibility, 118 – – – length of term, 8, 25, 118, 130, 155, 166, 168, 169, 173, 174, 180, 192, 193, 200, 202, 206, 207, 217, 241 – – – mandatory attendance, 181 – – – plurality of offices, 65, 150, 241 – – – qualifications, 217 – – – re-eligibility, 8, 166, 168, 169, 173, 193, 200, 202, 207, 241

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E NGLISH I NDEX – – – remuneration, 132, 142, 158, 169, 202, 221, 234, 242 – – powers, 25, 82, 141, 154, 155, 157, 158, 169, 174, 203, 204, 207, 218–219, 226 – – – adjournment, 158, 219–220, 243 – – – appointing power, 174, 208 – – – budgetary power, 26, 82, 119, 123, 128, 170, 174, 203, 204, 207, 223– 224, 248, 249 – – – bylaws, 93–103, 131, 156, 173, 181, 195, 206, 221, 242 – – – impeachment, 167, 200 – – – interpellation, 120, 157, 172, 174, 206, 208, 243, 244 – – – judiciary functions, 25, 156–158 – – – legislation, 25, 81, 82, 128, 138, 154, 157, 218, 242, 244 – – – – legislative initiative, 25, 82, 118, 128, 157, 218, 244 – – – – passage of bills – – – – – majorities, 119, 151, 177 – – – – promulgation, 245 – – – – publication of laws, 120, 220– 221, 245 – – – – reading of bills, 119, 244 – – – – restrictions, 219 – – – – – constitutionality of laws, 245 – – – – tax or revenue legislation, 82, 123, 128, 157, 159, 169, 203, 223–224, 249 – – – ratification of treaties, 154, 171, 204, 215 – – procedures, 25, 27, 86, 91–93, 132, 141, 155, 157, 158, 171, 175, 177, 181– 183, 190, 205, 208, 209, 211, 216, 219– 220 – – – committees, 103, 104, 118, 119, 123, 128, 132, 141, 156, 167, 183, 184, 193, 200, 210, 218, 223–224, 243 – – – dissolution, 8, 25, 26, 119, 145 – – – duration of session, 9, 26, 119, 132, 141, 210, 234 – – – election of officers, 131, 151, 155, 173, 174, 180, 207, 242

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– – – first/constitutive session, 26, 118– 119, 140, 141, 155, 175, 190, 205, 208, 234, 242 – – – journal, 142, 156, 175, 176, 182, 184, 209, 220 – – – – publication of, 156, 173, 206, 220, 243 – – – quorum, 119, 131, 156, 171, 175, 182, 205, 208, 210, 220, 242 – – – sessions open to public, 119, 131, 147, 156, 220, 243 – – – votes, 25, 151, 156, 172, 175, 182, 183, 190, 205, 208, 209, 218, 220 – upper house – – powers, 35 military, 10, 43, 81, 82, 159, 171, 204, 225, 230, 249, 286 – conscription, 10, 34, 78, 112, 159, 236 – members – – special regulations for, 216–217, 230, 249, 252, 286 – organization of, 249 – standing army, 10 – subordination to civil authorities, 250 – supreme command, 66 nobility – abolition of titles of, 236 – position of, 35 oaths, 28, 30, 31, 39, 41, 50, 76, 92, 112, 115, 116, 128, 131, 133, 136, 139, 143, 144, 155, 159, 161, 163, 177, 196, 197, 210, 217, 226, 237 – loyalty oaths, 31, 106, 141 – of office, 7, 36, 106 police power, domestic security, 43, 225, 236 religion, 32, 120, 214 representation, 137 – free mandate, 8, 39, 131, 156, 217 rights, 32, 44, 45, 76, 77, 213, 224, 229, 285

E NGLISH I NDEX – assembly, freedom of, 113–114, 214, 238 – association, freedom of, 113, 214, 238 – bearing or keeping of arms, 213 – emigration, right of, 34, 78, 114, 213, 236 – equality, 32, 77, 112–113, 159, 213, 236 – expression, freedom of, 34, 114, 214, 237 – habeas corpus, 44, 77, 113, 236 – innocent, rights of, 236 – inviolability of the home, 113, 213, 230, 231, 237, 286, 287 – legal rights, 27, 78, 81, 213, 229, 230, 239, 285, 286 – – bail, 44, 113, 229, 236, 285 – – counsel, 11 – – cruel or unusual punishment, prohibition of, 122, 214, 236 – – due process, 45, 78, 81 – – indictment and information, 122, 230, 239, 285 – – to be heard, 11, 27, 44, 229, 285 – – trial by jury, 122, 214, 237, 240 – liberty and security of person, 213, 229, 285 – matrimony, 22, 77, 112, 214, 238 – occupation, freedom of, 32, 77, 112, 214, 238, 249 – personal freedom, 77, 229, 285 – petition, right of, 33, 113, 214, 238 – press, freedom of the, 33, 77, 114, 214, 237 – privacy of mail, 33, 113, 214, 231, 237, 287 – property rights, 25, 32, 49, 114, 214, 238 – – expropriation, 32, 33, 46, 77, 114, 238 – – freedom of ownership, 11, 77, 78, 114, 214, 238

– religion, freedom of, 12, 32, 77, 112, 120, 170, 204, 214, 237 – science, freedom of, 112, 214, 238 – trade, freedom of, 115 social welfare, 21, 174, 207 sovereign rights of the state – hunting privileges, 171 – right of coinage, 215, 246 state and administrative apparatus, 43, 45, 80, 82, 138, 215, 250 – administration, 158, 225 – civil servants, 27, 65, 80, 105, 121, 122, 150, 158, 166, 170, 203, 214, 221, 225– 226, 238, 246 state structure, 75, 153 state territory, 7, 21, 29, 75, 81, 112, 153, 213, 235 tariffs and duties, 123 taxes, 8, 10, 48, 49, 81, 128, 138, 157, 223– 225, 283 – tax equity, 124, 249 – taxation, 27, 48, 49, 123, 159, 249 territorial organization, 221 – boundaries, 235 voting rights, 39, 53, 54, 61, 69, 129, 130, 134, 140, 148, 149, 165, 166, 251, 253 – age, 69, 129, 148, 161, 195, 251 – citizenship, 54, 61, 148 – disqualifying attributes, 55, 69, 70, 118, 129, 148, 161, 195, 251 – gender, 61 – property, 61, 129, 251 – religion, 129 – residence, 129, 192, 200, 251, 252 war, state of, 215, 225, 231, 283, 287

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