162 106 9MB
German Pages 200 Year 2006
Jochen Krau~
Deutsche Hochschulen im Ausland
WlRTSCHAFTSWlSSENSCHAFT
Jochen Kraul~
Deutsche Hochschulen im Ausland Organisatorische Gestaltung transnationaler Bildungsangebote
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald
Deutscher Universit~its-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~Jber abrufbar.
Dissertation Technische Universit~it MiJnchen, 2006
1. Auflage November 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universit~its-Verlag I GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Dr. Tatjana Rollnik-Manke Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de
~
Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiJtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere for Vervielfiiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden dOrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-IO 3-8350-0448-4 ISBN-13 978-3-8350-0448-1
Geleitwort Im Zuge der Globalisierung gehen deutsche Unternehmen vielfach den Weg, sich auf internationalen M~irkten niederzulassen und suchen vor ()rt nach Arbeitskr~iften, die nach deutschem Standard ausgebildet sind. I)iese Nachfrage kann h~iufig nicht befriedigt werden. Um die Wettbewerbsf~ihigkeit gerade an ausl~indischen Standorten sicherzustellen, besteht hier der Bedarf, dass die deutschen Universit~iten dieses Thema aufgreifen und den Schritt der lntemarionalisierung als cinc ('hancc dcs l'~xports von universit~iren Bildungsdienstlcistungen nutzen. Dic Internationalisicrung dcs Marktcs for Managcmcntwissen hat l~ingst bcgonnen, und der Wcttbcwerb im Bereich der Masterstudieng4ingc und Exccurivc Programme ist in dcn Industriel~indcm intensiv entbrannt. Diesem Wcttbewerb m0sscn sich auch die Univcrsit~itcn stcllcn. Dic Anzahl ausl~indischer Studierender in Deutschland ist ein Indikator for den Grad der Intemationalisierung im Bildungswesen ebenso wie die Angcbotc ausl~indischer Bildungstr~iger auf dem deutschen Bildungsmarkt. t;fir deutsche t tochschulcn hat sich dahcr in dcn letztcn Jahren ein starker Anreiz entwickelt, sich international zu positionieren und Studierendc in ihren Heimatl~indem auszubilden, die dann am rcgionalen Arbeitsmarkt gute Besch~,iftigungschancen haben, insbesondere bei deutschen Arbeitgcbcm. Die deutschcn Universit~iten befinden sich bci diescm Prozess im Wettbewerb mit privatcn Institutioncn, dic aufgrund dcr rcchtlichen Rahmcnbedingungcn viclfach wcsentlich flcxiblcr agieren krnncn als staatlichc Institutioncn. Bei dcr Gcstaltung dcr Studienangcbote im Ausland muss untcmchmcrisch w)rgcgangcn wcrdcn, das hcil]t, es m~isscn die Regcln dcs Marktes geltcn, wcnn der Wcttbcwcrb bcstandcn wcrdcn soil. Dic Technischc Univcrsit~it Miinchen und andcrc dcutschc Univcrsit~itcn, dic dicscn Wcg gcgangcn sind, habcn den bcgrcnzten l landlungsspiclraum crfahrcn und suchcn nach l,rsungen for dic t'~rwciterung ihres I landlungsrahmcns. Dicsem Thcmcnkomplcx widmet sich dic vorliegende Arbeit und durchleuchtct in einer cxplorariven Vorgchcnswcisc dcn l tandlungsspiclraum dcutscher Universit~itcn an ausl~indischen Standortcn, dic Studienangcbotc und ihr l'~rfolgspotenfial. I)ic t:~xploration crfolgt mcthodisch auf dcr Basis von ]:allstudicn. I)abci bcschrcitet dcr Autor cinch ncucn Weg und tr~igt dic Erfahrungen und Erkcnnmissc dcr zahlrcichcn Pilotprojcktc auf dem intcmationalcn Markt universit~ircr Ausbildungsangcbotc zusammcn. Er bcschr~inkt sich nicht auf deutsche lnstitutionen, sondern bezieht auch dcn Vcrgleich international crfolgreich agierendcr, meist privater universit~irer Einrichtungen als Benchmarks in dic Untcrsuchung ein. Auf der Basis dicscr Exploration werden Strategien und (;cstaltungscmpfehlungcn abgclcitet, dic den weitercn Wcg fOr den Export univcrsit~ircr Dicnstlcistungen st~irkcn und crlcichtcm sollen. I)as Vorgchenskonzept ist nicht nur for dic dcutschc Univcrsit~itslandschaft von strategischcr Bcdeutung, cs bildet auch cine stratcgischc Br0ckc for dcutschc Unternchmcn, dic im intcmationalcn Wcttbcwerb dic St~irkcn dcr dcutschcn Univcrsit~it im Ausland nutzcn wollcn.
VI
Geleitwort
I)iesem Anliegen, dem sich der Autor mit der vorliegenden Arbeit widmet, gilt meine voile Unterstiitzung. Ich wiinsche der Arbeit deshalb eine grof~e Verbreitung und eine positive Aufnahme in der Hochschullandschaft und in der Wirtschaftspraxis.
Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand w~ihrend meiner T~ifigkeit als wissenschaftlicher Referent des Pr~isidenten der Technischen Universit~it Miinchen (TUM) und als Projektkoordinator fiir das German Institute of Science and Technology (GIST) in Singapur von November 2003 bis Dezember 2005. Die Dissertation wurde am 29. M~irz 2006 durch die Fakult~it fiir Wirtschaftswissenschaften der TUM angenommen. Besonderer Dank gebfihrt meinem Doktorvater Herrn Univ.-Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald f-fir die konstruktive fachliche und pers6nliche Betreuung w~ihrend des Erstellungsprozesses. Bei Herrn Univ.-Prof. Dr. Georg Karg, Ph.D. m6chte ich mich fiir die freundliche 13bemahme des Koreferates bedanken. Die empirischen Ergebnisse der Arbeit resultieren aus Experteninterviews, die ich mit Projektmitarbeitern deutscher Hochschulen fiihren durfte, d i e - gleich wie die T U M - durch den Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) beim Aufbau von Studienangeboten im Ausland unterstiitzt werden. Ihnen allen danke ich fiir ihre Zeit und ihre Bereitschaft, die in den einzelnen Projekten gewonnen Erkennmisse often zu legen und dabei auch die kritischen Punkte nicht auszusparen. Ein herzlicher Dank geht auch an Herrn Dr. Sebastian Fohrbeck, Herin Dr. Heinz L. Nastansky und Herin Dr. Christian Thimme vom DAAD, die mich bei der ErsteUung der Arbeit vielfiiltig unterstiitzt haben. Aus meinem Kollegenkreis sei all denen gedankt, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit unterstiitzt haben. Hervorzuheben sind hier Herr Dipl.-Kfm. Hagen Habicht, Frau Prof. Dr. Kathrin M6slein, Herr Dr. Michael Ney, tterr Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Timm Rogoll, Frau Dr. Natalie Sauter, Herr Dr. J6rg Siebert, Herr Dr. Dominik Walcher, Herr Dr. Michael Wagner und Herr Dipl.-Phys. Martin Zi/31er, denen ich fiir ihre Diskussionsbereitschaft, hilfreiche Ratschl~ige und ihre konstruktive Kritik danke. Weiterhin soil an dieser Stelle allen weiteren Personen aus meinem privaten und famili~iren Kreis Dank ausgesprochen werden, die insbesondere in der Endphase eine grol3e Stiitze fiir mich waren. Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltem, die mich stets in nut jeder erdenklichen Form unterstiitzt und mir so den Weg f-fir meine Dissertation geebnet haben.
Jochen KrauB
Inhaltsverzeichnis
1 E i n l e i m n g .................................................................................................... 1 1.1
Problemstellung .............................................................................................................................
1
1.2
Zielsetzung und Bezugsrahmen ................................................................................................... 3
1.3
Methodische Vorgehensweise ...................................................................................................... 4
1.4
Aufbau der Arbeit ......................................................................................................................... 7
2 D e u t s c h e H o c h s c h u l e n u n d Strategie ........................................................ 9 2.1
Die unternehmerische Hochschule ............................................................................................. 9
2.2
Der Markt ffir transnationale Hochschulausbildung .............................................................. 13 2.2.1 Transnationale und intemationale Hochschulangebote .............................................. 14 2 . 2 . 2 0 k o n o m i s c h e Bedeutung des Markts for intemationale Studienangebote ............... 16
2.3
Grundlagen des strategischen Managements ........................................................................... 19 2.3.1 Strategie und Strategisches Management ....................................................................... 20 2.3.2 Ans~itze zur Entstehung von Wettbewerbsvorteilen .................................................... 25 2.3.2.1 Der marktorientierte Ansatz ............................................................................... 26 2.3.2.2 Der ressourcenorientierte Ansatz ....................................................................... 27 2.3.2.3 Organisationsstruktur als Wettbewerbsvorteil .................................................. 29 2.3.3 Strategisches Management transnationaler Studienangebote ...................................... 30
2.4
Intemationale Markteintrittsformen ......................................................................................... 31 2.4.1 Grundlegende Auspr~igungen .......................................................................................... 31 2.4.1.1 Exporte .................................................................................................................. 33 2.4.1.2 Intemationale Vertragsformen ........................................................................... 34 2.4.1.3 Direktinvestitionen im Ausland .......................................................................... 36 2.4.2 Internationale Markteintrittsformen fiir t{ochschulen ................................................ 37 2.4.2.1 Charakteristika von Dienstleistungen ................................................................ 37 2.4.2.2 Die I tochschule als Dienstleistungsunternehmen ............................................ 39 2.4.2.3 Ubertragung der Markteintrittsformen auf Hochschulen ............................... 41
2.5
Zwischenfazit und weitere Vorgehensweise ............................................................................ 42
X
Inhaltsverzeichnis
3 Theoretische Grundlagen .......................................................................... 45 3.1
Das Organisationsproblem als Ausgangspunkt 6konomischer Erkl~.rung und Gestaltung .............................................................................................................................45
3.2
Der Situative Ansatz als iibergreifender Rahmen ................................................................... 47
3.3
Theoretische Erkliirungsansiitze fiir die Formulierung von Markteintrittsstrategien ......... 48
3.4
Das Theoriegebiiude der neuen Institutionen6konomik ....................................................... 50
3.5
Transaktionskostentheorie ......................................................................................................... 53 3.5.1 Die Entstehung von Transaktionskosten ...................................................................... 53 3.5.2 Merkmale von Transaktionen ......................................................................................... 55 3.5.3 Merkmale insfitutioneUer Arrangements ....................................................................... 57 3.5.4 Erkliirung des optimalen vertikalen Integrationsgrades ............................................... 61 3.5.5 Erklkrung der Markteintrittsentscheidung von Dienstleistungsuntemehmen .......... 63
3.6
Eklektische Theorie .....................................................................................................................65 3.6.1 Wahl der Markteintrittsform ........................................................................................... 66 3.6.2 Anwendung auf die Markteintrittsentscheidung von Dienstleistungsuntemehmen ........................................................................................... 68
3.7
Zwischenfazit: Erkliimngsbeitrag der Theorieansiitze auf das Entscheidungsproblem ............................................................................................................... 69
4 Erkliirungsmodell transnationaler Studienangebote ................................. 71 4.1
Dimensionen des Modells .......................................................................................................... 71 4.1.1 Wahl der Markteintrittsform ........................................................................................... 71 4.1.2 Wahl der Leistungstiefe .................................................................................................... 72
4.2
Organisatorische Gestaltungsm6glichkeiten transnationaler Hochschulausbildung .......... 73 4.2.1 Femsmdium ......................................................................................................................75 4.2.2 Validierung .........................................................................................................................75 4.2.3 Franchising ........................................................................................................................76 4.2.4 Fliegende Fakultiit .............................................................................................................78 4.2.5 Offshore Smdiengiinge .................................................................................................... 79 4.2.6 Modifikation durch Twinning und Doppelabschluss .................................................. 80
4.3
Zwischenfazit: Einflussfaktoren auf die organisatorische Gestalmng transnationaler Studienangebote ..........................................................................................................................81
Inhaltsverzeichnis
XI
5 Transnationale Studieng~inge deutscher H o c h s c h u l e n ............................. 83 5.1
Erweiterter K o n t e x t der Fallstudien: Projektf6rderung durch den D A A D ........................ 83 5.1.1 Zielsetzungen des S t r u k m r p r o g r a m m s zur F 6 r d e r u n g deutscher H o c h s c h u l e n ...... 83 5.1.2 G e f 6 r d e r t e Projekte im D e z e m b e r 2005 ....................................................................... 85
5.2
A u f b a u der Fallstudien ...............................................................................................................
87
5.2.1 M e t h o d i s c h e Vorgehensweise ......................................................................................... 87 5.2.2 Auswahl der zu u n t e r s u c h e n d e n Projekte ..................................................................... 89 5.2.3 U n t e r s u c h u n g s s c h w e r p u n k t e .......................................................................................... 90 5.3
Darstellung der ausgew~ihlten Projekte .................................................................................... 91 5.3.1 R W T H A a c h e n - Thai G e r m a n G r a d u a t e School o f Engineering ............................ 91 5.3.1.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................... 91 5.3.1.2 Zielsetzungen ........................................................................................................
94
5.3.1.3 Organisationsstruktur ........................................................................................... 94 5.3.1.4 U n t e m e h m e r i s c h e Gestaltung ............................................................................ 95 5.3.2 Ruhr Universit~it B o c h u m -
Bochum Programme of Development
M a n a g e m e n t ......................................................................................................................
96
5.3.2.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................... 96 5.3.2.2 Zielsetzungen ........................................................................................................
98
5.3.2.3 Organisationsstrukmr ........................................................................................... 98 5.3.2.4 U n t e m e h m e r i s c h e Gestaltung ............................................................................ 99 5.3.3 Universit~it Bremen - Applied Polar and Marine Sciences ....................................... 100 5.3.3.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................. 100 5.3.3.2 Zielsetzungen ......................................................................................................
102
5.3.3.3 Organisationsstruktur ......................................................................................... 102 5.3.3.4 U n t e m e h m e r i s c h e Gestaltung .......................................................................... 103 5.3.4 T e c h n i s c h e Universit~it D r e s d e n - V i e m a m e s i s c h - D e u t s c h e s Ausbildungs- und Forschungsinstitut ..........................................................................................................
104
5.3.4.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................. 104 5.3.4.2 Zielsetzungen ......................................................................................................
106
5.3.4.3 Organisationsstruktur ......................................................................................... 108 5.3.4.4 U n t e r n e h m e r i s c h e Gestaltung .......................................................................... 108
XI I
Inhaltsverzeichnis 5.3.5 H A W H a m b u r g - Gemeinsames Zentrum ffir Technik und Wirtschaft ................ 109 5.3.5.1 Intemafionalisierungsentscheidung .................................................................. 109 5.3.5.2 Zielsetzungen ......................................................................................................111 5.3.5.30rganisafionsstruktur .........................................................................................111 5.3.5.4 Untemehmerische Gestaltung .......................................................................... 112 5.3.6 Technische Universitiit Miinchen - German Institute of Science and Technology ...............................................................................................................113 5.3.6.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................. 113 5.3.6.2 Zielsetzungen ......................................................................................................115 5.3.6.3 Organisationsstruktur .........................................................................................115 5.3.6.4 Untemehmerische Gestaltung .......................................................................... 116 5.3.7 Universitiit P a d e r b o m - Chinesisch Deutsche Technische Fakttltiit Qingdao ....... 117 5.3.7.1 Internationalisierungsentscheidung .................................................................. 117 5.3.7.2 Zielsetzungen ......................................................................................................120 5.3.7.3 Organisationsstrukmr .........................................................................................121 5.3.7.4 Untemehmerische Gestaltung .......................................................................... 122 5.3.8 Universitiiten Ulm und S t u t t g a r t - German University in Cairo .............................. 122 5.3.8.1 Intemationalisierungsentscheidung .................................................................. 123 5.3.8.2 Zielsetzungen ......................................................................................................124 5.3.8.3 Organisationsstruktur .........................................................................................125 5.3.8.4 Unternehmerische Gestaltung.. ........................................................................ 126
5.4
Zusammenfassung: Angebotsformen der untersuchten Projekte ....................................... 127
6 Einflussfaktoren 6.1
auf die organisatorische
Gestaltung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Einflussfaktoren bei der Entwicklung transnationaler Studieng/inge ................................. 129 6.1.1 Produktauswahl ...............................................................................................................129 6.1.2 Curriculumsentwicklung ................................................................................................132
6.2
Einflussfaktoren bei der Wahl des Ziellandes ....................................................................... 134 6.2.1 Beziehungskapital deutscher Hochschulen ................................................................. 135 6.2.2 Unters~tzende Faktoren ...............................................................................................137
6.3
Zielsystem deutscher ttochschulen .........................................................................................138 6.3.1 Itochschulpolifische Zielsetzungen .............................................................................. 139
Inhaltsverzeichnis
XlII
6.3.2 Wirtschaftspolitische Zielsetzungen ............................................................................. 142 6.3.3 Entwicklungspolitische Zielsetzungen ......................................................................... 144 7 G e s t a l t u n g s e m p f e h l u n g e n fiir transnationale S t u d i e n a n g e b o t e
d e u t s c h e r H o c h s c h u l e n ........................................................................... 7.1
147
Gestaltungsmodell transnationaler Studienangebote ............................................................ 147 7.1.1 Determinanten der Organisationsstruktur .................................................................. 148 7.1.2 Bezug zum Zielsystcm transnationaler Studienangebotc .......................................... 149 7.1.3 Wahl der transnationalen Angebotsform .................................................................... 150
7.2
Handlungsempfehlungen ffir transnationale Studicnangebote ............................................ 151 7.2.1 Systematisierung des Entwicklungsprozesses im [ tandlungsfeld Strategie formulierung ..................................................................................................... 153 7.2.2 Institutionalisierung der Projektorganisation im Handlungsfeld Strategieimplementierung .............................................................................................. 155 7.2.3 Professionalisierung des Finanzmanagements im t tandlungsfeld Finanzen .......... 156
8 Z u s a m m e n f a s s u n g u n d A u s b l i c k ............................................................
159
A n h a n g .........................................................................................................
163
Literaturverzeichnis .....................................................................................
167
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit .......................................................... 4
Abbildung 2:
Explorativer Forschungszyklus nach Kubicek ................................................. 6
Abbildung 3:
Aufbau der Arbeit ................................................................................................ 8
Abbildung 4:
Segmentierung intemationaler Studienangebote im weiteren Sinne ........... 16
Abbildung 5:
Anzahl international Studierender i.w.S, im Tertiiirbereich in Top 10 OECD L~indem.................................................................................... 17
Abbildung 6:
Strategieformen nach Mintzberg ...................................................................... 21
Abbildung 7:
Grundverst~indnis des strategischen Managements nach Hungenberg ...... 24
Abbildung 8:
Systematisierung intemationaler Markteintrittsformen ................................. 32
Abbildung 9:
Vorgehensmodell der Arbeit ............................................................................ 43
Abbildung 10: Theorieans~itze zur Erkl~irung der Vorteilhaftigkeit bestimmter Markteintrittsformen ......................................................................................... 49 Abbildung 11: Kostenrelevante Charakteristika altemativer institutioneller Arrangements ........................................................................... 61 Abbildung 12: Beispiele fOr Entscheidungsaltemativen der Fertigungstie fenoptimierung ...................................................................... 62 Abbildung 13: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifi6itsgrad und Integrationsform ................................................................................................ 63 Abbildung 14: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifit~itsgrad und Markteintrittsformen mit Leismngserstellung im Ausland ........................... 65 Abbildung 15: Markteintrittsformen in Abh~ingigkeit der Vorteilskategorien ..................... 67 Abbildung 16: Leistungsbestandteile transnationaler Studienangebote ................................ 73 Abbildung 17: Erkl~imngsmodell der organisatorischen Gestaltung transnationaler Studienangebote ................................................................................................. 74 Abbildung 18:
Einflussfaktoren auf die organisatorische Gestaltung transnationaler Studienangebote ................................................................................................. 81
Abbildung 19: Durch den DAAD gef6rderte Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland. Stand: Dezember 2005 ............................................................... 86 Abbildung 20: Expertengespr~iche der vorliegcnden Arbeit im l]berblick .......................... 90 Abbildung 21: Einordnung der untersuchten Projekte in das Modell transnationaler Studienangebote .............................................................................................. 127
XVI Abbildung 22: Zielsystem transnationaler Smdienangebote von deutschen Hochschulen .................................................................................................... 139 Abbildung 23: GestaltungsmodeU transnationaler Studienangebote deutscher Hochschulen .................................................................................. 147 Abbildung 24: Entscheidungsmatrix zur Wahl der transnationalen Angebotsform ........ 150 Abbildung 25: Vorteilhaftigkeit altemativer Formen transnafionaler Studienangebote in Abh~ingigkeit vom Zielsystem ....................................................................... 151 Abbildung 26: Entscheidungsmatrix: Angebot und Entwicklung nachfrageorientierter Smdieng~inge .................................................................................................... 154
Abldirzungsverzeichnis AQAS
Agentur fiir Qualit~itssicherung durch Akkreditierung von Studien~ngen
AQUIN
Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualit~itssicherungsInsfitut
Art.
Artikel
ASIIN
Akkredifierungsagentur ffir Studieng~inge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik
AUQA
Australian Universities Quality Agency
AVCC
The Australian Vice-Chancellors' Committee
B.Sc.
Bachelor of Science
BayHSchI,G
Bayerisches Hochschullehrergesetz
BMBF
Bundesministerium fiir Bildung und Forschung
CDTFQ
Chinesisch-Deutsche Technische Fakult~it Qingdao
CVCP
Committee of Vice-Chancellors and Principles of the Universities
DAAD
Deutscher Akademischer Austauschdienst
DFG
Deutsche Forschungsgemeinschaft
DSt!
Deutsche Sprachprfifung fiir den Hochschulzugang
EDB
Economic Delevopment Board
ERC
Technische Universit~it Dresden, Vietnam - Education and Research (;enter
et. al.
et alii Folgende
ff.
Fortfolgende
GATE
Global Alliance for Transnational Education
GATS
General Agreement on Trade in Services
GIST
German Institute of Science and Technology
GTZ
Deutsche GeseUschaft fiir Technische Zusammenarbeit
XVI I I
Abkiirzungsverz eichnis
GUC
German University of Cairo
HAW
Hochschule f-firAngewandte Wissenschaften
Hefce
Higher Education Funding Council for England
HRG
Hochschulrahmengesetz
Hrsg.
Herausgeber
hrsg. v.
herausgegeben von
HUT
Hanoi University of Technology
IDP
International Development Program of Australian Universities and Colleges Ltd
i.e.S.
im engeren Sinne
i.w.S.
im weiteren Sinne
lEE
Institut fiir Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik
Jg.
Jahrgang
Kap.
Kapitel
KMITNB
King Monkut's Institute of Technology in North Bangkok
KmvB
Karl-Max-von-Bauemfeind Verein zur F6rderung der TU Mfinchen e.V.
m.w.S.
Mit weiteren Nachweisen
Mio.
Millionen
MPA
Master of Arts in Public Administration
NUS
National University of Singapore
o.V.
Ohne Verfasser
QAA
Quality Assurance Agency
QUST
Qingdao University of Science and Technology
RUB
Ruhr-Universit~it Bochum Seite
SoG
School of Government, University of the Western Cape
Sp.
Spalte
StKFG
Studienkonten- und-finanzierungsgesetz, NordrheinWestfalen
Abkiirzungsverzeichnis
XIX
TestDAF
Test Deutsch als Fremdsprache
TGGS
Thai-German Graduate School of Engineering
TUD
Technische Universit{it Dresden
TUM
Technische Universit~it Miinchen
UK
Vereinigtes K6nigreich yon GroBbritannien und Nordirland
UNESCO-CEPES
The United Nation's Educational, Scientific and Cultural Organization - le Centre Europ&n pour l'Enseignement Sup&ieur
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
USST
University of Shanghai for Science and Technology
UWC
University of the Western Cape, Bellville-Kapstadt
VDAFI
Vietnamesisch-Deutsches Ausbildungs- und Forschungsinstitut, Hanoi
VgL
Vergleiche
z.B.
zum Beispiel
1
Einleimng Non sum uni angulo natus, patria mea totus hic mundus est.
(Seneca d. J., Epistulae morales 28,4) 1.1
Problemstellung
Die weltweit steigende Nachfrage nach Bildung stellt auch fiir deutsche Hochschulen einen starken Anreiz dar, sich international zu positionieren. 1 Der Themenkomplex der lntemationalisierung nimmt deshalb an vielen Hochschulen einen immer h6heren Stellenwert als wichtiges strategisches Ziel der Hochschulentwicklung ein. 2 Dazu ziihlt neben dem Austausch von Studierenden und Wissenschaftlem und der Kooperation mit ausliindischen Hochschulen in Forschung und Lehre in jfingster Zeit auch das Angebot deutscher Studienangebote im Ausland. Auch von politischer Seite wird die Internationalisierung deutscher ttochschulen dutch das Bundesministerium ftir Bildung und Forschung (BMBF) und den Deutschen Akademischen Austauschdienst 0DAAD) aktiv gef6rdert. 3 Im Vergleich zu Hochschulen
weltweit steUen Studieng~nge im Ausland
fiir deutsche
Hochschulen jedoch Neuland dar. In der englischsprachigen Welt sind Studienangebote im Ausland keine Seltenheit. Insbesondere australische und britische Hochschulen haben in diesem Feld bereits substanzielle Erfahrung durch mehr als 20 Jahre aktiven Bildungsexport erwerben k6nnen. 4 Diese Erfahrungen
schlagen sich auch in der wirtschaftlichen Bedeutung der
Bildungsexporte nieder. Im Jahr 2003 stellte der Bildungssektor in Australien mit einem Volumen von 4,9 Mrd. AUS$ den neuntgr6Bten Exportsektor dar. 5 Im Ausland treten dabei nicht nut die Top-Universitiiten
des jeweiligen Landes
auf, sondern
vielmehr auch
kleine, regionale
Hochschulen in gr613erem Umfang. Deutsche Hochschulen, die in diesem Bereich tiitig werden wollen, mfissen daher neben der organisatorischen Herausforderung des Bildungsexportes
1 Mit dem Begriffder Hochschulen soil in Anlehnung an 81 Hochschulrahmengesetz (HRG) die Menge der 6ffentlichen Universitiiten, der Piidagogischen Hochschulen, der Kunsthochschulen, der Fachhochschulen und der sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens verstanden werden, die nach Landesrecht als staatliche Hochschulen gelten. Desgleichen wird die Bezeichnung Hochschullehrer sowohl fiir Frauen und Miinner verwendet und schlieBt den Begriffdes Professors mit ein. 2 Vgl. Hahn (2004), S. 13f. 3 Im Jahr 2001 wurde die Zukunftsinitiative Hochschule dutch das BMBF mit zuniichst 275 Millionen Mark initiiert. Vgl. Bundesministerium filr Bildung und Forschung (2000), S. 2. Siehe dazu auch das Strukturprogramm Studienangebote deutscher ttochschulen im Ausland des DAAD, Kap. 5.1.1. 4 Vgl. Adams (1998), S. 3. s Vgl. Australian Vice-Chancellors' Committee (2003), S. 113. Diese Zahl umfasst jedoch auch Schiller und Studierende auBerhalb des Tertiiirbereichs, nicht jedoch Exporterl6se aus Femstudieng~ngen. Aufgrund der hohen Bedeutung des Bildungsexports schlug die Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft auch aus diesem Grund vor, Australien als Vorbild filr die deutsche Hochschulpolitik zu nehmen. Vgl. o.V. (2002), S. 496ff.
2
1 Einleitung
zus~itzlich mit etablierten ausliindischen Hochschulen in bereits welt entwickelten internationalen Bildungsm~kten konkurrieren. Aufgrund der relativ kurzen Zeit des aktiven deutschen Bildungsexports konnten deutsche Hochschulen in diesem Bereich noch keine grol3en Erfahrungen sammeln. Dies pr~igt auch die wissenschaftliche Besch~iftigung mit dem Themenfeld: Die Literatur im Bereich der intemationalen Hochschulausbildung ist prim~ englischsprachig und yon Autoren aus denjenigen L~indem gepr~igt, in denen seit vielen Jahren Hochschulen im intemationalen Bildungsmarkt aktiv sind. Eine lJbertragung der dort gewonnenen Erkennmisse auf deutsche Hochschulen wird jedoch ohne Einschr~kungen nicht m6glich sein, da sich das deutsche Hochschulsystem in seiner Struktur in vielen Punkten von anderen Systemen unterscheidet. 6 Um deutsche Hochschulen beim Aufbau von Studienangeboten im Ausland zu unterstfitzen und Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln, hat der DAAD im Jahr 2001 das Strukturprogramm Smdienangebote deutscher Hochschulen im Ausland initiiert und in den Jahren 2004 und 2005 emeut ausgeschrieben. Im Dezember 2005 werden darin 26 Projekte deutscher Hochschulen gef6rdert, die Studienangebote ins Ausland exportieren. Nach einer Anlaufphase von in der Regel vier Jahren soUen diese Projekte von F6rdermitteln unabh~gig sein. Der DAAD m6chte damit gezielt die untemehmerische Gestalmng f6rdern, um die mit dem Projekt verbundenen Kosten vollst~,indig zu decken und Ertr~ige zu generieren. Wenn nun deutsche Hochschulen im Ausland akfiv werden und dariiber hinaus mit den dort angebotenen Programmen Ertr~ige generieren woUen, stellt dies einen Paradigmenwechsel dar. 7 Ffir die anbietende Hochschule muss das Studienangebot im Ausland Wettbewerbsf~igkeit erlangen und bedarf strategischer Ausrichtung und Gestaltung, wenn dieses nicht nur als Prestigeobjekt, sondem im Wettbewerb mit anderen internationalen Hochschulen und eigenem Ergebnisbeitrag bestehen soil. Dies steht stark im Kontrast zum gewohnten Bild einer deutschen Hochschule, die als aUeiniger Anbieter von StudiengLngen in ihrem jeweiligen geographischen Umfeld t~itig ist. Die Besch~iftigung mit Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland ist in der heutigen Zeit von besonderer Bedeumng: Auf institutioneller Ebene werden damit Weiterentwicklungsund Emeuerungsprozesse von Hochschulen gef6rdert, die fiir die zuk~nftige Entwicklung des deutschen Hochschulsektors im Lichte der demn~ichst erhobenen Smdiengebfihren zwingend notwendig sind.
6 Hervorzuhebenist beispielsweisedie in Deutschlandnoch exisfierendeGebfihrenfreiheitdes Erst-Studiums. 7 Vgl. Bulmahn(2004),S. 6.
1.2 Zielsetzung und Bezugsrahmen
1.2
3
Zielsetzung und Bezugsrahmen
Aus der skizzierten Problemstellung der strategischen Ausrichtung von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland leitet sich die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ab, in der die organisatorische Gestaltung der Studienangebote im Mittelpunkt steht. Drei Ziele soilen im Rahmen der Untersuchung verfolgt werden: (1) Die Arbeit soil einen Beitrag zur Erkl~irung der organisatorischen Gestaltung von Studienangeboten im Ausland leisten. (2) Mittels geeigneter theoretischer Ans~itze soil ein Erkl~irungsmodeil zur Wahl altemativer Formen von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland generiert werden. (3) Die in einer empirisch-explorariven Untersuchung praktischer Umsetzungen von Studienangeboten deutscher Hochschulen gewonnenen Erkenntnisse sollen an den theoretischen Erkennmissen gespiegelt und Gestaltungsempfehlungen fiir zukiinftige Studienangebote abgeleitet werden. Bescheidenheit und AugenmaB sind jedoch Voraussetzungen bei der Verfolgung der Ziele. Aus der derzeitigen Aktualit~it und politischen Bedeutung folgt, dass gerade in diesem Bereich der Hochschulforschung eine rasche und dynamische Weiterentwicklung mit neuen Erkenntnissen geschieht. Abschliel3ende Ergebnisse zur optimalen Entscheidung fiber die organisatorische Ausgestaltung von Studienangeboten k6nnen daher nicht erwartet werden. Ziel ist vielmehr eine erste Konkretisierung, die durch weitere empirische Forschung erg~nzt werden muss. Um die weitere Vorgehensweise der Arbeit und die strukturierte Darsteilung der empirischen Untersuchung aufzuzeigen, ist die Verwendung eines theoretischen Bezugsrahmens fiir die wissenschaftliche Ann~iherung an das untersuchte Ph~inomen angebracht. Ein solcher Bezugsrahmen umfasst die Darstellung der Ausgangssituation und des Erkennmisgegenstands, das eingesetzte Erkenntnisinstrumentarium und das verfolgte Erkenntnisziel. Ausgangssituation der Arbeit ist die Absicht der Positionierung deutscher Hochschulen auf dem intemationalen Bildungsmarkt mit dem Angebot yon Studieng~ingen. Im Unterschied zu beispielsweise entwicklungspolitisch motivierten Studienangeboten soil bei den jetzigen Vorhaben der untemehmerische Aspekt im Vordergrund stehen. FOr deutsche Hochschulen ergibt sich somit die Notwendigkeit der strategischen Gestaltung der Studienangebote. Der Erkennmisgegenstand ergibt sich aus dem Ziel der Arbeit: Deutsche Hochschulen sollen untersucht werden, die bereits unternehmerisch konzipierte Studienangebote im Ausland anbieten. Den zu untersuchenden Bereich, das Erkenntnisobjekt, steilen die Studienangebote und deren organisatorische Gestaltung dar. Als Erkenntnisinstrumentarium wird ein hybrider Forschungsansatz gew~ihlt, der alternative Betrachtungsweisen zul~isst und mit dem dutch ein theorerisches Vorverst~indnis die empirische Erkennmisgewinnung unterstiitzt wird. Der Arbeit liegt die Transaktionskostentheorie zugrunde, die durch die eklektische Theorie und den situativen Ansatz er~nzt wird. Erkenntnisziel der Untersuchung ist es, Einblick in die organisatorische Gestaltung von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland zu gewinnen. Als Ergebnis der Untersuchung soilen Gestaltungsempfehlungen fiir zukiinftige Studienangebote abgeleitet
4
1 Einleitung
werden. Abbildung 1 skizziert nochmals den theoretischen Bezugsrahmen der Arbeit im 0berblick. A u s g a n g s s ituation: Deutsche Hochschulen wollen sich auf dem internationalen Bildungsmarkt mit Stuclienangeboten positionieren
Notwendigkeit der strategischen Gestaltung der Studienangebote
Erkenntnisobjekt: I Unternehmerisch konzipierte Studienangebote ,,deutscher Hochschulen im Ausland Erkenntnisinstrumente: Hybrider Forschungsansatz: Theoretisches Vorverst~indnisund empirische Exploration Erkenntniszieh Wie sollen untemehmerisch konzipierte Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland organisatorischgestaltet werden?
Abbildung 1: Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit.
1.3
Methodische Vorgehensweise
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der strategischen Gestaltung von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland bedarf einer forschungsprogrammatischen Grundlage. Der
nachfolgenden
Arbeit
liegt dabei
der
Gedanke
der
Betriebswirtschaftslehre
als
anwendungsorientierte Sozialwissenschaft zugrunde. 8 Die Betriebswirtschaftslehre wird als Ffihrungs- und Managementlehre verstanden, die sich mit den Problemen der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckgerichteter sozialer Systeme besch~iftigt. 9 Zwei Wissenschaftsziele sind damit verbunden: ein theoretisches Erkl~irungsziel, das die Induktion von Aussagen fiber Ursache-Wirkungs-Beziehungen verfolgt, und ein pragmatisches Gestaltungsziel dutch Deduktion von Aussagen fiber Ziel-Mittel-Beziehungen. 1~ Induktion und Deduktion werden somit komplement~ir verwendet. Als wissenschaftstheoretische Basis dient der wissenschaftliche Realismus, der den Erkennmisfortschritt dutch Verifnkation von tlypothesen zul~isst. Grundlage der Aussagen sind dabei aus der Theorie abgeleitete Hypothesen, die dutch
s In Abgrenzungdazu theorefische Wissenschaften. Vgl. Ulrich (1988),S. 177. 9 In diesem Sinne kann die Betriebswirtschaftslehreauch als systemorienfierteManagementlehreverstanden werden. Vgl. Ulrich (1984),S. 168. 1o Zu den unterschiedlichen Wissenschaftszielensiehe Chmielewicz(1979),S.9ff.
1.3 Methodische Vorgehensweise
5
Beobachtung best~itigt werden. Obwohl die Gfiltigkeit der dadurch gewonnenen Aussagen nicht absolut iiberpriifbar ist, kann eine Ann~iherung an die Wahrheit jedoch erreicht werden. 1. Der Forschungsprozess soll durch die Explorationsstrategie nach Kubicek geleitet werclen. 12 Dabei werclen ffir den Erkenntnisfortschritt theoretisch geleitete Fragen an die Realit~it gerichtet. Uber ein geeignetes Forschungsclesign soll Erfahrungswissen gewonnen werden, was wieclerum die Ableitung yon Aussagen fiber die Realit~it erm6glicht. Deren theoretische Verarbeitung fohrt durch das gewonnene Erfahrungswissen wiederum zu weiteren Vragen. Dieses Wechselspiel zwischen Theorie uncl Praxis wird auch als iterative Heuristik bezeichnet, deren Ablauf idealtypisch in drei Schritten verstanden wird: Zun~ichst wircl ein theoretisches Vorverst~indnis for das Problem entwickelt, alas die gezielte Gewinnung von Erfahrungswissen unterstiitzen soll. In einem zweiten Schritt wird clurch empirische Untersuchungen Erfahrungswissen generiert, das eine Beantwortung der Fragen erm6glicht und gleichzeitig die Identifikation neuer Fragen f6rdert. Zuletzt wird das gewonnene Wissen exploriert, inclem daraus Aussagen for die L6sung cler urspriinglich formulierten Fragen abgeleitet und neue Fragen formuliert werden. Die Qualitiit der dadurch gewonnenen praxeologischen Aussagen muss sich letztlich an ihrer Einsetzbarkeit und ihrem Nutzen for Problemstellungen der Praxis messen lassen. 13 Als Giiterkriterien des Forschungsprozesses dient somit die Praxisrelevanz der gewonnenen Erkenntnisse im Hinblick auf deren Erkliirungsbeitrag und deren Potenzial, zusiitzliche Kenntnisse in Form von neuen Fragen zu generieren. 14 Obwohl der Forschungsprozess damit wieder von vome beginnen wiirde, wird aus pragmatischen Griinden in der vorliegenden Arbeit der Prozess zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet. Die zu diesem Zeitpunkt offenen Fragen werden jedoch im Sinne des Forschungsansatzes als Teil des Forschungsergebnisses aufgefohrt. Einen 0berblick fiber die einzelnen Elemente des Forschungszyklus gibt Abbildung 2.
11 Siehe zum wissenschaftlichen Realismus (auch scientific realism) Boyd (1983), McMullin (1984), Psillos (1999), Suhm (2005). Dazu in Abgrenzung der kritische Rationalismus, clef den Erkenntnisfortschritt nut durch Falsifikation zul~isst.Siehe dazu Albert (1976), Popper (1994). 12 Siehe dazu Kubicek (1977). 13 Als praxeologisch werden Aussagen bezeichnet, die fiber die Beschreibung des Einzelfalles hinausgehcn. Vgl. Kieser/Kubicek (1992), S. 56. 14 Vgl. Kubicek (1977), S. 14ff.
6
1 Einleitung
Differenzierung,~----~ Fragen Abstraktion, I/ Perspektivenwechsel,etc. ~" an die Realit~t
KritischeReflexion < des gewonnenenRealit~tsbildes
>
Theoretisches (Vor-)Verst~indnis
Sammlung
von Daten
Abbildung 2: Explorativer Forschungszyklus nach Kubicek. is Der empirische Erkennmisgewinn der vodiegenden Arbeit ist durch ein qualitatives Vorgehen gekennzeichnet. Dies wurde gew~ihlt, da die Erkundung eines Forschungsfeldes im Vordergrund steht. Mit der Exploration wird ,,das mehr oder weniger systematische Sammeln von Informationen fiber einen Untersuchungsgegenstand ''16 verstanden. Damit soil das ffir die Ableitung von Gestaltungsempfehlungen notwendige Erfahrungswissen generiert werden, iv Explorationsstrategien verstehen sich demnach als hypothesengenerierende Verfahren. TM Ffir das Forschungsdesign war die Forderung handlungsleitend, dass ,,der betriebswirtschaftliche empirisch-orientierte Forscher .. seinen Objektbereich dutch gezielte Erfahrungsgewinnung selbst kennenlernen 'a9 muss. Mit der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Fallstudienmethodik soil diese Forderung erfiiilt werden. 2~ Diese soil jedoch nicht nut als Erhebungstechnik, sondem vielmehr als ganzheitlicher Ansatz gesehen werden, mit dem prinzipiell auf das gesamte Spektrum der sozialwissenschaftlichen Erhebungsmethodik zurfickgegriffen werden kann. 21
Is In Anlehnung an Tomczak (1992), S. 84. x6 Bortz (1993), S. 358. 17 Zur ausfiihrlichen DarsteUung der Eigenschaften qualitativer Forschung siehe Lamnek (1995), S. 6ff., Bortz/D6ring (2002), S. 295ff. In Abgrenzung dazu quantitative Forschung. Siehe Bortz/D6ring (2002), S. 137ff. Fiir eine Gegen(iberstellungder Forschungsparadigmen siehe Lamnek (1995), S. 218ff. is In Abgrenzung dazu hypothesenpriifende Verfahren der quantitativen Sozialforschung. Vgl. Lamnek (1995), S. 23. 19 Kubicek (1977), S. 11. 20 Vgl. zur Methodik der Fallstudie vertiefend Kap. 5.2.1. 21 Vgl. Witzel (1982), S. 78.
1.4 Aufbau der Arbeit
7
Die vorliegende Arbeit soil somit beiden Qualigitsansprfichen empirischer betriebswirtschaftlicher Forschung nach Witte gerecht werden: theoretische Attraktivigit und praktische Relevanz. 22 Der theoretische Beitrag erfolgt dutch die Exploration eines in Deutschland noch nicht untersuchten Forschungsfeldes. Zugleich wird praktische Relevanz mit der ttandlungsunterstfitzung von Akteuren in deutschen Hochschulen hergesteilt. 1.4
Aufbau der Arbeit
Die Zielsetzung der Arbeit und der oben geschilderte Bezugsrahmen bestimmen den weiteren Aufbau der Arbeit. In Kapitel 2 erfolgt die thematische Verknfipfung der auf den ersten Blick nicht miteinander in Beziehung stehenden Begriffe der deutschen Hochschule und des strategischen Managements durch das Konzept der unternehmerischen Hochschule. Die weiteren Ausffihrungen erl~iutern grundlegende Begrifflichkeiten des Untersuchungsfeldes. Dazu erfolgt zun~ichst eine Einordnung des Untersuchungsobjekts in den Markt fiir transnationale Hochschulausbildung. Der darauf folgende Abschnitt widmet sich den Grundlagen des strategischen Managements und geht auf die Organisationsstruktur als m6gliche Queile eines Wettbewerbsvorteils ein. Da sich die Arbeit mit Studienangeboten im Ausland besch~iftigt wird weiterhin auf internationale Markteintrittsformen eingegangen, die auf ihre Anwendbarkeit auf Studienangebote von Hochschulen hin fiberprfift werden. Mit einem Zwischenfazit und einem Vorgehensmodell fiir die weitere Arbeit schliel3t das Kapitel. Kapitel 3 stellt die theoretischen Grundlagen ffir die Wahl alternativer Formen der organisatorischen Gestaltung transnationaler Studienangebote dar. Den Ausgangspunkt der lJberlegungen stellt das Organisationsproblem dar. Auf Basis der grundlegenden Erkenntnis des situativen Ansatzes, dass keine beste Form der organisatorischen Gestaltung transnafionaler Studienangebote existiert, werden weitere Erkl~irungsans~itze auf ihre Anwendbarkeit auf das Untersuchungsobjekt hin fiberpriift. Der Fokus der Betrachtung liegt dabei auf der Transaktionskostentheorie und der eklektischen Theorie. Auf deren Basis wird in Kapitel 4 ein Erkl~irungsmodell transnationaler Studienangebote entwickelt, anhand dessen alternative Formen der organisatorischen Gestaltung erl~iutert werden. Den empirischen Tell der Untersuchung bilden Kapitel 5 und 6. Nach einer Erl~iuterung des Aufbaus der Fallstudien und des Untersuchungskontexts stellen den Kern des Kapitels 5 die aus der Untersuchung von acht Projekten gewonnenen Einzelfallstudien dar. Die Zusammenfassung schlieBt das Kapitel mit einer Einordnung der Studienangebote in das Erkl~irungsmodell ab und trifft erste Aussagen fiber m6gliche Einflussfaktoren auf die organisatorische Gestaltung. In Kapitel 6 erfolgt die Darstellung der mithilfe der empirischen Untersuchung identifizierten Einflussfaktoren auf die Wahl der Organisationsstruktur und das Zielsystem deutscher Hochschulen beim Angebot von Studienangeboten im Ausland.
Vgl. Witte (1977),Witte (1981).
8
1 Einleitung
In Kapitel 7 werden aus den Ergebnissen des empirischen Teils und aus den theoretischen Erkennmissen
Gestaltungsempfehlungen
fiir transnationale
Studienangebote
deutscher
Hochschulen abgeleitet. Dazu wird in einem ersten Schritt ein Gestaltungsmodell entwickelt. Darauf aufbauend werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die die Zielsetzungen deutscher Hochschulen und das 6konomische Ziel miteinander verbinden. Kapitel 8 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf. Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau der Arbeit nochmals im Uberblick.
1
Einf(3hrung Problemstellung und Ziele der Arbeit
2
Deutsche Hochschulen und Strategie
3
Theoretische Grundlagen
4
Erkl~irungsmodell transnationaler Studienangebote
5
TransnationaleStudienangebote deutscher Hochschulen
6
Einflussfaktoren auf die organisatorische Gestaltung
7
Gestaltungsempfehlungenfi3r transnationale Studienangebote
8
Zusammenfassung und Ausblick
Abbildung 3: Aufbau der Arbeit.
2
2.1
Deutsche Hochschulen und Strategie
Die unternehmerische Hochschule
Die steigende Bedeumng deutscher t tochschulen in einer sich veriindemden Welt hebt Reichwald hervor: ,,Hochschulen gelten mehr denn je als die Institution mit den entsprechenden Ressourcen, die Wissen, Know-How und Humankapital als Treibstoff fiir Innovation und Untemehmertum bereitstellen k6nnen ''23. Vor dem Hintergrund zunehmender Globalisierung, abnehmender staatlicher Finanzierung und der wachsenden Bedeutung der Wissensgesellschaft 24 wird in der 6ffentlichen Diskussion jedoch die Frage gestellt, ob I tochschulen mit traditioneller Struktur dieser herausragenden Rolle als entscheidenden Faktor ffir die Wettbewerbsf~ihigkeit des Standorts Deutschland derzeit noch gerecht werden k6nnen. Die Monopolkommission der Bundesregierung testiert im Jahr 2000 dem deutschen Hochschulsystem eine Reihe von Ineffizienzen. 25 Dazu geh6ren neben dem Prinzip der Gebiihrenfreiheit und der staatlichen Detailsteuerung die ,,Fiktion von Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit der Smdien~nge und Abschlfisse ''26. Das deutsche Hochschulsystem sei damit nicht mehr in der Lage, dem steigenden nationalen und internationalen Wettbewerb Schritt zu halten. Eine grundlegende Reform des Hochschulsystems und mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen seien daher dringend angeraten, t tochschulen sollen frei fiber die Auswahl der Studierenden, der Festlegung des Studienangebotes, die Auswahl der Wissenschaftler und fiber die Organisation der ttochschule bestimmen k6nnen, fiihnlich argumentiert auch t lerrmann, der ,,wettbewerbliche, unternehmerische und dennoch dem Staat verpflichtete Universit~iten ''2v fordert. Er zitiert den preuBischen
K6nig
Friedrich
Wilhelm
III., der
zur
Begrfindung
der
Humboldtschen
Bildungsreform in den Jahren 1809/10 den Staat zum Ersatz verlorener physischer Kr~ifte durch geistige Kr~ifte verpflichtet. Obwohl unter anderen Rahmenbedingungen formuliert, sei dieser Anspruch der geistigen St~irkung der Nation gerade in der heutigen Zeit akmeller denn je. Hochschulen seien dazu aber nur in der Lage, wenn sie sich unternehmerisch verhalten und als Untemehmen verstehen. 28
23 Geleitwort von Reichwald zur Arbeit von Amrhein (1998), S. V. 24 Die Weltbank betrachtet die wachsende Bedeutung von Wissen als urs~ichlichen Treiber yon Ver~inderungsprozessen in der Weltwirtschaft, der Entwicklung yon Informations- und Kommunikationssystemen,der Entwicklung eines weltweiten Arbeitsmarktes und globaler sozio-politischerVer~inderungen. Vgl. World Bank (2002), S. 6. 2s Vgl. Monopolkommission (2000), S. 69ff. 26 Monopolkommission (2000), S. 78. 27 Herrmann (2003), S. 5. 2s Vgl. Herrmann (2003), S. 25f.
10
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Amrhein steUt die Forderung auf, dass sich Hochschulen weg von staatlicher Regulierung hin zu wettbewerbsf~ihigen Organisationen am Markt wandeln miissen. 29 Handlungsmaxime soil die Abkehr von der Verwaltungsorientierung hin zur Managementorientierung sein. 3~ Diese Forderung ist nicht neu: Seit den 1950er Jahren wird im wissenschaftlichen Diskurs gefordert, dass fiir Hochschulen das 6konomische Prinzip und ein erwerbswirtschaftlicher Ansatz anzuwenden seien. 31 Die Ffihrung von Universit~iten wie privatwirtschaftliche Untemehmen wurde aufgrund der unterschiedlichen Zielsysteme vor knapp 30 Jahren dennoch ausgeschlossen. 3z In den vergangenen Jahren scheint sich in Deutschland jedoch ein Paradigmenwechsel vollzogen zu haben: 33 Das Humboldtsche Bildungsideal eines 6ffentlichen Bildungssektors scheint in einen privaten Bildungssektor fiberffihrt zu werden. Hochschulen gelten heutzutage als Dienstleistungsuntemehmen 34, Lehre
und
Forschung
werden
als Leistungen
fiir Studenten
Forschungsparmer verstanden 3s und auch die Ffihrung unter untemehmerischen
und
Gesichts-
punkten wird im Ansatz des New-Public-Managements nicht mehr ausgeschlossen. 36 Verst~irkter Handlungsdruck auf deutsche Hochschulen wurde dutch das Wachstum des Hochschulbereiches, bedingt dutch steigende Studierendenzahlen, induziert. Damit mussten deutsche Hochschulen ein differenzierteres Angebot an Studienm6glichkeiten zur Verfiigung stellen und waren zwangsl~iufig Fragen der strategischen
Positionierung ausgesetzt. 37 Deutsche
Hochschulen
wurden damit sogar einem Zwang ausgesetzt, strategisch zu handeln. 3s Niederschlag findet diese Entwicklung seit Ende der 1990er Jahre auch in der betriebswirtschaftlichen Forschung zum
Amrhein (1998), S. 10, 86f. GaUagher (2000), S. 11, sieht in diesem Prozess eine wichfige Voraussetzung zur Entwicklung von untemehmerischen Hochschulen.
29 Vgl.
30 Vgl. Reichwald (2000), S. 321. 31 Vgl. dazu Timmermann (1976), S. 12, weiterffihrend Weizs~icker (1971) und Engels (1974). Der erwerbswirtschaftliche Ansatz fordert die Steuerung des Hochschulsystems fiber den Ausgleich von Angebot und Nachfrage fiber den Preis. Als Nachfrage wird die wissenschaftliche Ausbildung durch die Studierenden und Forschungsergebnisse durch Staat und Wirtschaft definiert, w~ihrend die Universit~it Studienpl~itze und Forschungskapazit~it als Angebot zur Verffigung steUt. Das Hochschulmanagement wird somit der Konzepfion der Untemehmensffihrung gleichgestellt. 32 Vgl. Eichhom (1976), S. 971. Die Hochschule besitzt demnach kein dem privatwirtschaftlichen Gewinnstreben gleichgestelltes operationalisierbares Ziel, da sie als Verwaltungseinrichtung die bildungspolitischen Ziele des Staates verwir"ldichen soil. Dies sei als Zielbfindel zu komplex, als das eine Operationalisierung m6glich w~ire. 33 Vgl.
Blank (2002), S. 133.
34 Vgl. z.n.
Amrhein (1998), Wagner (2001).
3s Vgl. Reichwald/KoUer (1995), S. 263. Wagner (2001), S. 22f. Zentrale Pr~imisse des New-Public-Management als Oberbegriff von Verwaltungsreformen ist eine outputgerichtete Kunden- und Leistungsorienfierung. Vgl. generell zum Konzept des New-Public-Management (auch Public-Management genannt) Bud~ius (1996), Kickert (1997).
36 Vgl.
37 Vgl. Weber (2003), S. 106. Der Anteil Studierender eines Geburtsjahrganges in Deutschland stieg von ffinf Prozent im Jahr 1962 auf fund 30 Prozent in den 1990erJahren. 3s Vgl. MfiUer-B61ing/Krasny (1998), S. 13f.
2.1 Die unternehmerische Hochschule
11
Thema Hochschulmangement und insbesondere dem strategischen Management von Hochschulen. 39 Die untemehmerische Hochschule als Kristallisationspunkt systemischen Wandels wird im Konzept der entfesselten Hochschule in sieben hochschulpolitischen Handlungsfeldem operationalisiert. 4~ Demnach soil die Hochschule autonom, wissenschaftlich, profiliert und wettbewerbsflihig, wirtschaftlich, international und den neuen Medien gegeniiber aufgeschlossen sein. 41 Die englischsprachige Forschung widmet sich dieser Thematik unter dem Begriff des university entrepreneurships. 42 Wiihrend jedoch der Wettbewerb im Bereich der Forschung um Reputation und Forschungsmittel Hochschulen seit Langem zu untemehmerischem Handeln zwingt, ist ein Wettbewerb im Bereich der Lehre fOr deutsche Hochschulen aufgrund der noch existierenden Gebiihrenfreiheit in Deutschland in vielen Bereichen noch Neuland. 43 Eine Einfohrung von Studiengebiihren in Deutschland und der damit zu erwartenden Konkurrenz zwischen deutschen Hochschulen um Studierende wird abet auch in diesem Bereich eine noch stiirkere untemehmerische Orientierung rasch erforderlich machen. 44 Dabei wird erwartet, dass die Offnung des deutschen Bildungsmarktes dutch das General Agreement on Trade in Services (GATS) die steigende Notwendigkeit unternehmerischen Handelns zur Erhaltung der Wettbewerbsfiihigkeit welter unterstiitzt. 4s Auf dem intemationalen Bildungsmarkt befinden sich deutsche Hochschulen bereits jetzt im Wettbewerb zu ausliindischen, zumeist gewinnorientierten Bildungsanbietem. Die Konkurrenz besteht nicht nur aus traditionellen Anbietern von Hochschulbildung, wie Universitiiten und Fachhochschulen, sondem auch aus der wachsenden Zahl international agierender Fernuniversitiiten, wie beispielsweise die Western Governors University oder die British Open University. 46 Gleichzeitig triigt der Aufbau von neuen Studienangeboten durch traditionelle Hochschulen zum steigenden Wettbewerb auf diesem Markt bei. Hochschulen, die sich auf sich diesem Markt bewegen, sind grundsiitzlich den gleichen Herausforderungen wie Unternehmen gegeniibergestellt: ,,Universities that offer off-shore ... programs,
z.B. Reichwald/Koller (1995), M~iller-B61ing/Kiichler (1997), Streit (1997), Kiipper/Sinz (1998), t t61dl/Zegelin (1999), Bayanet/Feola/Tavemier (2000), Morill (2000), Pastemak/Winter (2002).
39 Vgl.
~ Siehe dazu Miiller-B61ing(2000). 41 F,ine lJbertragung untemehmerischer Vorgehensweisen soil jedoch ausgeschlossen sein. Vgl. M/illerB61ing/Krasny (1998), S. 14. Dennoch soil gepriift werden, ob Theorien der strategischen Planung m6glicherweise Beitr~ige zu einer Methodologie der strategischen Planung fiir Hochschulen liefem k6nnen. 42 Vgl. dazu u.a. Clark (1998), Marginson/Considine (2000), Slaughter/Rhoacles (2004). 43 Vgl. Wagner (2001), S. 36. 44 Die Wettbewerbsorientierung in der Lehre wird als eine grundlegende Ausrichtung der Universit~it der Zukunft bezeichnet. Vgl. Reichwalcl (2000), S. 321. 4s Mit dem CATS soil der grenziiberschreitende Handel mit Dienstleistungen geregelt und die l,iberalisierung gef6rdert werden. Fiir deutsche ttochschulen bedeutet dies, class damit ein freier Bildungsmarkt geschaffen wird. Vgl. clazu z.B. Knight (2002), Grothus (2004). 46 Vgl. ! lahn (2004), S. 49.
12
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
either through distance education modes or through offshore campuses, face the same challenges of management as any multinational organisation"47. Der Schluss liegt daher nahe, dass derartige Aktivit~,iten, die kostenneutral oder sogar Gewinn bringend zu gestalten sind, eine strenge Ausrichtung an 6konomischen Prinzipien und den Einsatz, auf die spezifische Situation deutscher Hochschulen angepasster, Strategien erfordert. 4s Obwohl die derzeitige wissenschaftliche Forschung im Bezug auf Hochschulmanagement und das strategische Management von Hochschulen bereits welt fortgeschritten ist, ist das Forschungsfeld der unternehmerischen Gestaltung grenzfiberschreitender, transnationaler Bildungsdienstleistungen in Deutschland aufgrund der erst seit dem Jahr 2001 in nennenswertem Umfang stattfindenden Aktivit~,iten noch nicht erschlossen. Auch die englischsprachige Literatur besch~iftigt sich mit wenigen Ausnahmen noch nicht strukturell mit diesem Feld. 49 Transnationale [ tochschulausbildung wird vielmehr als ,,under-researched and often misunderstood area "s~ ohne einheitliches Verst~indnis und gemeinsame Terminologie bezeichnet. In Verbindung mit den oben angeffihrten Forderungen nach untemehmerischem Handeln und der Formulierung von Strategien und der Annahme, dass im Bereich der unternehmerisch konzipierten, internationalen Studienangebote fiir Hochschulen gleiche Herausforderungen wie in Unternehmen herrschen, leitet sich fiir die vorliegende Arbeit die Pr~imisse ab, dass Erkenntnisse des strategischen Managements m6glicherweise geeignet sind, auf den untersuchten Bereich der transnationalen Hochschulausbildung fibertragen zu werden. 51 Die folgenden Ausfiihrungen haben d e m g e m ~ zum Ziel einen ordnenden Rahmen ffir die Konzeption transnationaler Studienangebote zu legen. Zu diesem Zweck wird zun~ichst der Markt ffir transnationale Hochschulausbildung definiert. Zur Generierung eines Verst~indnisses fiber m6gliche Ursachen von Wettbewerbsf~ihigkeit werden nach einer Definition der Begriffe Strategie und strategisches Management Ans~itze zur Entstehung von Wettbewerbsvorteilen mit einem Fokus auf die organisatorische Gestaltung skizziert. Das Kapitel schliel3t mit der Ableitung des Vorgehensmodells ffir die weitere Arbeit.
47 McKinnon/Walker/Davis (2000), S. 132. 48 Rauhut (2004), S. 16, sieht fehlende Strategien fiir deutsche Studienangebote im Ausland als Ursache fiir die nicht vorhandene Wettbewerbsf~ihigkeitauf dem internationalen Bildungsmarkt. 49 Ausnahmen bilden z.B. die Arbeiten yon Keller (1983), Clark (1998), Marginson/Considine (2000), Poole (2001b) und Slaughter/Rhoades (2004). so Adam (2001), S. 5. s~ Diese Annahme ist nicht grundlegend neu. Eine genereUe Anwendung strategischen Managements auf NonProfit-Institufionen wird bereits 1972 angeregt: ,,... is to suggest that the concept of strategy and its management can be usefully applied to managing higher education" (Schendel/ttatten, 1972, zit. in: Shirley, 1983, S. 93). Auch Reichwald fordert, dass zur Steigerung von Effizienz und Effektivitiit in Hochschulen eine Ausrichtung auf Ziele und die Entwicklung von Strategien zur Zielerreichung notwendig sind. Vgl. Reichwald (2000), S. 323.
2.2 Der Markt fiir transnationale Hochschulausbildung
2.2
13
Der Markt fiir transnationale Hochschulausbildung
Aus deutscher Perspekfive stellt die Existenz eines Marktes fiir Bildung ein neues Paradigma dar, unterstellt man als Markt den 6konomischen Ort, bei dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen. 52 Bildung gait jahrzehntelang als Kembereich staatlichen Handelns und von jeglichen monet~iren Austauschprozessen ausgenommen, s3 Aus deutscher Sichtweise wird demzufolge auch der Begriff eines internationalen Bildungsmarktes bis heute kritisch diskutiert, s4 Kritikpunkt ist die dem Begriff des Marktes implizite Annahme, dass Marktteilnehmer profitorienfiert und zur Verfolgung eigener Interessen handeln. Die derzeit ebenfalls stark diskutierte Einfiihrung von Smdiengeb/ihren an deutschen Hochschulen geht in die gleiche Richtung: Hochschulbildung sei ein 6ffentliches Gut und m/Jsse vom Staat fmanziert werden. Ein Handel mit Bildung dfirfe daher erst gar nicht stattfinden. Auf der anderen Seite setzt die Monopolkommission Hochschulen mit Untemehmen gleich, an denen mit knappen Ressourcen Dienstleistungen produziert und am Markt gehandelt werden, s5 Das Stadium wird einer Investition gleichgesetzt, die der Studierende mit verschiedenen Zielsetzungen wie h6herem Einkommen, attraktive T~itigkeiten und Aufstiegschancen verbindet. Hochschulbildung sei deshalb ein privates marktf~ihiges Gut und m~isse nicht vom Staat bereitgestellt werden, s6 )khnliche Argumentationen weisen auf den gestiegenen globalen [Iandlungsdruck hin, welcher
den
deutschen
t tochschulen
zwangsl~iufig
eine
,,Vertriebswirtschaftlichung ''57
beziehungsweise die marktf6rmige Gestalmng der Institution aufzwingt. 5s Der Handel mit Bildungsdienstleistungen ist jedoch trotz der kritischen Stimmen in Deutschland seit Jahren ein lukrafives Gesch~ift fiir die Anbieter aus den Hauptziell~indern internationaler Studierender. Auch aus Deutschland zieht es Jahr ffir Jahr tausende Studierende in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Australien, Grol3britannien, Kanada oder Neuseeland, um dort an Hochschulen mit nicht geringen Studiengebfihren zu studieren, s9 Andere L~inder, die seit Jahren sowohl ffir inl;,indische als auch fiir ausl~i.ndische Smdierende Studiengebfihren erheben, verwenden den Begriff eines Bildungsmarktes daher wesentlich freier. Insbesondere der
s2 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 30ft. s3 Larsen/Martin/Morris (2002), S. 849, sprechen dabei von non-traded services. 54 Vgl.
Sackmann (2004), S. 64f.
ss Vgl. Monopolkommission (2000), S. 44f. s6 Die Argumentation wird aus dem deutschen Hochschulsystem heraus gefiihrt, dass (noch) hauptsiichlich aus staatlichen Hochschulen besteht. Daneben exisfieren bereits einige private Hochschulen, die in dieser Diskussion aber nicht einbezogen shad. s7 Hahn (2003a), S. 49. ss Vgl. dazu Hahn (2003a), S. 49f. s9 Vgl. OECD (2002), S. 106. Die Ziell~inder intemationaler Studierender werden seit Jahren von den USA angeftihrt.
14
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
in dieser Arbeit betrachtete Markt fiir transnationale Hochschulausbildung wird als ,,one of the most dynamic global industries ''6~gepriesen. Die Entstehung des internationalen Bildungsmarktes wird im Allgemeinen mit zwei ModeUen erkl~t. 61 Das sogenannte Anbietermodell erkliirt die Entstehung fiber das Auftreten gewinnorienfierter Bildungsunternehmen, die ein Interesse an der Vermarktung ihrer Akfivitiiten besitzen. Fiir den Hochschulbereich wird dieses ModeU auch als commercial model bezeichnet. Im Gegensatz dazu geht das Nachfragermodell von einer weiten Marktdefinition aus. Die zunehmende Nachfrage nach Bildung fiihrt demnach zu der Entstehung eines internationalen Bildungsmarktes. Fiir den Hochschulbereich kann beispielsweise eine Steigerung der Anzahl intemationaler Studierender an deutschen Universitiiten als Anzeichen fiir die Entstehung dieses Marktes gerechnet werden. Da in diesem Modell die Gewinnorientierung der Anbieter nut eine untergeordnete Rolle spielt, spricht man in diesem Zusammenhang auch von einem cultural model. Der Markt fiir Bildung in diesem Sinne wiire damit bereits seit dem Mittelalter und der damals beginnenden Mobilitiit der Studierenden existent. 6" Unter 6konomischer Sichtweise ist der Markt fiir Bildung damit erst durch das Angebot kostenpflichtiger Studien~'nge entstanden. Auf nationaler Ebene kann dieser Anstieg primiir aus kulturellen und politischen Motiven, sowohl dutch die monetiire F6rderung einheimischer Studierender fiir ein Studium im Ausland als auch dutch die Aufnahme von Studierenden an einheimischen Hochschulen begriindet werden. Erst in jfingerer Zeit kann dazu das Motiv der Gewinnerzielung dutch die grenzfiberschreitende V ermarktung von Bildungsdienstleistungen geziihlt werden. 63 2.2.1
Transnationale und internationale Hochschulangebote
Die weltweit wachsende wirtschaftliche Bedeutung von Bildungsdienstleistungen wurde im Jahr 1994 in der Uruguay-Runde der Welthandelsorganisation dokumentiert. Bildung wurde dort als einer von
zw61f Sektoren
grenzfiberschreitender
Dienstleistungen
in
das
GATS
mit
aufgenommen. 64 Hochschulausbildung als tertiiirer Bildungssektor stellt einen von
Rinf
Marktsegmenten unter der Definition des GATS dar. Daneben wird weiterhin unterschieden in Dienstleistungen aus dem vorschulischen Bereich (primiirer Bildungssektor), Dienstleistungen aus dem schulischen und berufsbildenden Bereich (sekundiirer Bildungssektor), Dienstleistungen im Bereich der Erwachsenenbildung und sonstigen Bildungsdienstleistungen. Die Gesamtheit aller Studienangebote soil im Weiteren als Markt ffir internationale Studienangebote im weiteren
60 B6hm/David/Meares/Pearce (2002),S. 3. 61 Vgl.
dazu Sackmann (2004),S. 65f.
62 Vgl.Larsen/Vincent-Lancrin (2002),S. 10. 63 VgL
OECD (2002),S. 105.
64 Vgl. dazu im Folgenden World Trade Organization (1994). Das GATS-Ubereinkommen ist eine multilaterale, rechtlich bindende Ubereinkunft zur Liberalisierung des intemafionalen Handels mit Diensfleistungen. Zur Bedeutung des GATS f/Jrden Bildungsbereich vgl. u.a. Knight (2002), Scherrer/Yalqin (2002) und Grothus (2004).
2.2 Der Markt fiir transnationale Hochschulausbildung
15
Sinne (i.w.S.) bezeichnet werden. Die Erbringung von Bildungsdienstleismngen kann weiterhin in vier Modi eingeteilt werden: kommerzielle Pr~isenz, Pr~isenz natiirlicher Personen, grenzfiberschreitende Erbringung und Inanspruchnahme im Ausland. Mit Hilfe der vier Modi kann in intemationale Studienangebote im engeren Sinne (i.e.S.) und transnationale Studienangebote unterschieden werden. Als transnationale Studienangebote sollen diejenigen Angebote von Hochschulen gez~hlt werden, bei denen der Studierende sich in einem anderen Land als dem Heimatland der Hochschule befindet, wenn er das Angebot der Hochschule in Anspruch nimmt. 6s Dies setzt voraus, dass die Inhalte der Ausbildung Grenzen iiberwinden, sei es in Form von elektronischer Information oder in Form von Lehrkr~iften oder in einer Mischung von beiden. Ebenfalls in diesem Begriff mit eingeschlossen sind Angebote, bei denen nut ein Teil der Ausbildung nicht im Heimatland der Hochschule stattfmdet. 66 In der Klassifikation des GATS sind somit Bildungsdienstleistungen in den ersten drei Modi mit einbezogen. Studienangebote in den Modi der kommerziellen Pr~isenz und der Pr~isenz natiirlicher Personen werden in der deutschsprachigen Literatur auch als ,,campusbasierte Priisenzsmdieng{inge ''6v im Unterschied zu Fernstudiengaangen (grenziiberschreitende Erbringung) bezeichnet. Diese Unterscheidung findet sich ebenfalls in der australischen Literatur. 68 Australische Statistiken zu transnationalen Studienangeboten unterscheiden hier zwischen off campus und offshore. 69 In Abgrenzung zu diesen Angeboten ist der Modus der Inanspruchnahme im Ausland zu sehen. Diese sollen als intemationale Studienangebote i.e.S, bezeichnet werden. In der englischen Literarer auch als onshore bezeichnet, werden darunter Studienangebote verstanden, bei denen sich der Studierende fiir den gesamten Zeitraum der Ausbildung im Heimatland der Hochschule befindet. 7~ Abbildung 4 fasst die Segmentierung und die einzelnen Auspr~igungen tabellarisch zusammen und gibt erste Beispiele ffir Studienangebote von Hochschulen.
6s Diese Definition lehnt sich an die Terminologie der Global Alliance for Transnational Education (GATE) und des European Centre for Higher Education der UNESCO an. Vgl. dazu Global Alliance for Transnational Education (1997), S. 1 und UNESCO-CEPES (2001). Fiir eine ausfiihrliche Darstellung aller unter diesem Begriffverstandenen Angebote siehe Kap. 4.1. 67 Schreiterer/Witte (2001), S. 62. 6s Vgl. z.B. McBurnie/Pollock (1998), S. 12, Davis/Olsen/B6hm (2000), S. 7. 69 Vgl. Davis/Olsen/B6hm (2000), S. 17. v0 McBumie/Pollock (1998) sprechen sich gegen die intemationale Verwendung der Begriffe onshore und offshore aus, da diese nut ffir Australien als Land mit eigener Kfiste Gfiltigkeit bes~iBen.
16
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
0 e-
Erliiuterung
(1) Kommerzielle Pr~isenz
Anbieter erOffnet zur Erbringung von Dienstleistungen Einrichtungen im Land des Nutzers oder nutzt dortige fremde Einrichtungen.
Angebote 0ber Auslandscampus oder Partneruniversitat.
(2) Pr~senz nat0rlicher Personen
Zeitweiser Aufenthalt von Personen im Land des Nutzers zur Erbringung von Dienstleistungen.
Dozenten, Lehrkrafte, Forscher sind im Ausland tatig.
(3) Grenz0berschreitende Erbringung
Dienstleistung 0berschreitet eine Grenze, ohne dass der Nutzer oder der Anbieter sich physisch bewegen muss.
Fernstudium, e-learning.
(4) Inanspruchnahme im Ausland
Dienstleistung wird im Land des Anbieters erbracht, Nutzer begibt sich physisch in das Land.
Studium von Auslandern an eigener Hochschule.
~C
u~ C 0 o..
|
E
~
o J~ ol c c
Transnationale Studienangebote
o.. qO
r
Internationale F
0
Studienangebote im engeren
Beispiele for
Erbringsmodus
Sinne
Hochschulen
Abbildung 4: Segmentierung internationaler Studienangebote im weiteren Sinne.71 2.2.2
Okonomische Bedeutung des Markts fiir internationale Studienangebote
Die 6konomische Bedeutung des Marktes fiir internationale Studienangebote kann anhand der Zahl der Studierenden auBerhalb ihrer Heimatl~inder gemessen werden. 72 Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Studierenden auBerhalb ihrer Heimatl~inder im Durchschnitt aUe zehn Jahre um das Doppelte an. Die OECD beziffert in ihrer j~ihrlich erscheinenden Publikation Education at a Glance die Anzahl der internationalen Studierenden i.w.S, im Jahr 2003 weltweit auf 2,1 Millionen. 73 Drei Viertel der Studierenden sind demnach in Hochschulen von sechs L~indem eingeschrieben: den Vereinigten Staaten von Amerika (USA, 28%), dem Vereinigten K6nigreich (UK, 12%), Deutschland (11%), Frankreich (10%), Australien (9%) und Japan (4%). Abbildung 5 stellt die Anzahl der ausl~dischen Studierenden in Hochschulen der zehn gr6Bten OECD Aufnahmel~der im Jahr 2003 dar.
71 In Anlehnungan OECD (2002),S. 104. 72 Vgl.Mazzarol(1999),S. 287. 73 Vgl. OECD (2005).
2.2 Der Markt f/Jr transnationale Hochschulausbildung
17
500000. 451.934
4000O0 9
300000 9 232.538 178.195
200000 9
99.014 100000 9 56.552
0
!
i
|
i
I
[--I
36.137
|
r--I
35.543
i
r--q
32.954
|
F--]
29.819
|
r-1
Abbildung 5: Anzahl international Studierender i.w.S, im Terti~irbereich in Top 10 OECD L~indern.TM Der gesamte Handel an grenziiberschreitenden Bildungsdienstleistungen in O E C D L~indern im terti~iren Sektor wird im Jahr 1999 auf ungeEihr 30 Milliarden US$ gesch~itzt. 7s Das klassische Auslandsstudium ~2rbringungsmodus 4: Inanspruchnahme im Ausland) stellt dabei derzeit noch den gr6Bten Teil des Handels dar. v6 Als gr613tes exportierendes Land sind die USA zu nennen, die im Jahr 2000 mit knapp 10 Milliarden US$ 3,5% der Gesamtexporterl6se aus Dienstleistungen mit Bildungsexporten erwirtschaften. Auf den Pl~itzen zwei und befinden sich sind im Jahr 2000 das UK (3,8 Mrd. US$) und Australien (2,2 Mrd. US$) mit jeweils 11,8% beziehungsweise 3,2% Anteil der Gesamtexporterl6se aus Dienstleistungen. 7v UngeEihr zwei Drittel der Anbieter stammen aus den Industriel~indem Europas, Ozeaniens und in Amerika, w~ihrend sich zwei Drittel der Nachfrager in Entwicklungs- und Schwellenl~.ndem in Asien, Siid-Amerika und Afrika befinden. TM Eine Messung des Volumens oder des zukiinftigen Wachstumspotenzials fiir das Marktsegment transnationaler Studienangebote gestaltet sich schwierig: Statistiken im Bildungsbereich fiihren normalerweise nur die Zahl der ausl~indischen Studierenden im jeweiligen Land auf. Diese beinhaltet jedoch sowohl internationale als auch transnationale Studierende, da bei transnationaler Ausbildung der Studierende als Student der jeweiligen - aus Sichtweise der anbietenden
74 Stand: 2003. Eigene Darstellung nach OECD (2005). 75 Vgl. Kemp (2000), S.333, Larsen/Martin/Morris (2002), S. 858. Die Zahl beruht auf geschiitzten durchschnittlichen jiihrlichen Ausgabcn yon internationalen Studierenden in H6he yon 18.000 US$, 76
Wgl.
Kemp (2000), S. 235, OECD (2002), S. 117, Larsen/Martin/Morris (2002), S. 849.
77
Vgl.
OECD (2002), S. 112.
78 Vgl. Kemp (2000), S. 231 f.
18
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Hochschule - inl~indischen Hochschule g e z ~ l t wird. 79 Eine Segmentierung der intemafionalen Studierenden i.w.S, in die beiden Kategorien ist damit fast unm6glich. Der australische Hochschulverbund International Development Program of Australian Universities and Colleges Ltd (IDP) bedient sich zur Abgrenzung daher eines mathemafischen Modells s~ was aufgrund fehlender fundamentaler Daten zu transnafionalen Angeboten anderer Nafionen aber nur fiir Australien Aussagen treffen kann. sl Im Jahr 2004 betrugen demnach die gesamten Ed6se aus Studiengebiihren
internafionaler
Studierender
transnafionalen
Studienprogrammen
eingeschrieben
(28%
waren
der international
i.w.S. in
AUS$
diesem Jahr
Studierenden
i.w.S.).
374
Mio. sz In
australischen
knapp
64.000
Davon
entfielen
Studierende 27%
auf
Smdienprogramme in Singapur, 22% auf Studienprogramme in Hongkong und 20% auf Studienprogramme in Malaysia. s3 Larsen weist darauf hin, dass die Statisfiken der O E C D zum intemationalen Dienstleistungshandel zwar relativ gut das gesamte Volumen des intemationalen Marktes fiir Bildung abbilden, da derzeit der gr613te Handel im Bereich der intemafionalen Ausbildung i.e.S., also durch Studierende im Ausland (Modus 4), stattfmdet, s4 Aufgrund der steigenden Bedeutung transnationaler Ausbildung werden diese Zahlen in Zukunft jedoch immer weniger stark die Realit~it des internafionalen Handels in intemationalen Bildungsdienstleismngen abbilden, da die anderen Modi derzeit noch nicht dutch die O E C D separat erfasst werden. In Modus eins und drei wird in den kommenden Jahren mit einer deutlichen Zunahme des Handels gerechnet, einerseits durch die steigende Anzahl yon Akfivit~iten von Hochschulen attl3erhalb ihres nationalen Hoheitsgebietes und andererseits durch den zunehmenden Einsatz yon Informations- und Kommunikafionstechnologien zur Bereitstellung yon elektronischen Bildungsdienstleistungen, s5 Bis zum Jahr 2025 soil nach Sch~itzungen des IDP die weltweite Nachfrage nach intemafionaler Hochschulbildung weiterhin stark ansteigen. Zu diesem Zeitpunkt sollen insgesamt 7,2 Millionen Studierende internationale und transnafionale Studienangebote nachfragen. Zwei Drittel der international Studierenden sollen nach dieser Prognose aus nur zehn
79 Sackmann (2004), S. 71, kritisiert dabei, dass die Kategorie Ausl~der nicht ausreichend genug defmiert ist, meist vonder Staatsangeh6figkeit, und diese wiederum stark yon der Einbfirgerungspraxis eines Landes abhiingt. Vgl. dazu auch Larsen/Martin/Morris (2002), S. 852. Fiir den europ~iischen Bereich untersuchten Lanzendorf/Teichler (2003) die ausliindischen Studierendenquoten nach altemafiven Merkmalen und kommen zum Ergebnis, dass je nach Segmenfierungskriteriumder Anteil der Ausl~der stark differiert. so Vgl. dazu B6hm/David/Meares/Pearce (2002), S. 18. Die Nachfrage nach transnafionalen Angeboten h~ingtyore Verh~lmis intemafionaler zu transnafionalen Studierenden ab. Dieses wird als Funkfion der Nachfrage nach Studienangeboten australischer Universit~iten modelliert, die wiederum yon der Attraktivitiit Australiens beeinflusst wird. sl Adam (2001), S. 12, weist darauf hin, dass prakfisch kein Land transnationale Studienangebote statisfisch erfasst. s2 Vgl. Commonwealth of Australia (2005), S. 109. s3 Vgl. Commonwealth of Australia (2005), S. 23f. s4 Vgl. Larsen/Marfin/Morris (2002), S. 853. ss Vgl. OECD (2002), S. 123, Hahn/Lanzendorf (2004a), S. 47.
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
19
Liindern kommen: China, Indien, Malaysia, Siidkorea, Tiirkei, Marokko, Vietnam, Ira_n, Griechenland und Indonesien. s6 Die Nachfrage nach grenziiberschreitender Bildung kann im Allgemeinen als eine Funktion des nationalen Hochschulsystems defmiert werden. 8vAls Variablen sind dabei zu betrachten: die Verfiigbarkeit, die Erschwinglichkeit, die Qualitiit, die internationale Anerkennung, der nationale und internationale Arbeitsmarkt und die soziale und kulturelle Motivation zu einer Ausbildung bei ausl~dischen Hochschulen. Je nach Auspriigung dieser Variablen wird auf nationaler Ebene die Nachfrage nach Bildungsdienstleistungen ausliindischer Universitiiten bestimmt. In einem Land mit Hochschulen hoher Qualit~it und niedrigen Studiengebiihren wird die Nachfrage wesentlich geringer sein als in L ~ d e r n mit geringen Hochschulkapazitiiten und relativ hohen Studiengebiihren. Adam fOgt erg~inzend hinzu, ,,the more rigid the education system, the more it attracts transnational providers ''88. Begriindet wird die steigende Nachfrage unter anderem auch dutch die steigende Zahl derjenigen, die nach
der
sekundiiren
Ausbildung
eine Hochschulausbildung
absolvieren wollen. 89
Insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenliindern erhoffen sich viele Studierende durch einen ausliindischen Gleichzeitig
soil
Hochschulabschluss
die
Nachfrage
einen h6heren
nationaler
Lebensstandard
Arbeitsmiirkte
nach
zu erreichen. 9~
h6her
qualifizierten
Arbeitnehmern wachsen, sowohl in Entwicklungs- und Schwellen-, als auch in Industrienationen. Selbst in Liindern mit hoher Arbeitslosigkeit, so die Beobachtung, k6nne die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskr~iften meist nicht durch vorhandene Arbeitskriifte befriedigt werden. 91 Die dadurch induzierte steigende Nachfrage nach Hochschulbildung wird sich weiterhin
auch
in
einer steigenden
Nachfrage
nach
internationaler
Hochschulbildung
niederschlagen, da insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenliindern auch in Zukunft nicht geniigend Kapazitiit fiir die lokal steigende Nachfrage zur Verfiigung stehen wird. 92
2.3
Grundlagen des strategischen Managements
Unternehmerisches Handeln im Wettbewerb ist gepr~igt durch die Generierung und die nachhaltige Sicherung von Wettbewerbsvorteilen. Die zentrale Fragestellung des strategischen Managements besch;,iftigt sich mit der Erkl~irung von Erfolgsunterschieden zwischen Unter-
86 Vgl. B6hm/David/Meares/Pearce (2002), S. 45. 87 Vgl.Adam (2001),S. 43f.
s8 Adam (2001),S. 43. 89 Vgl. Blank (2002),S. 136f. 9o Vgl.dazu auch Huber (1999), S.17. 91 Als Beispiel for den deutschen Arbeitsmarkt weist Blank (2002), S. 137, auf die Debatte um die deutsche Green Card und die Beschiiftigungindischer Computerspezialistenin Deutschland hin. 92 Vgl. Mazzarol/Hosie (1999),S. 2f.
20
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
nehmen. 93 Konkret soil die Frage beantwortet werden, wie Unternehmen durch Einsatz von Strategien zu Wettbewerbsvorteilen gelangen und damit die 0berlebensflihigkeit des Unternehmens im Wettbewerb sichern k6nnen. 94 Obwohl der Begriff des strategischen Managements als eigenst~indige Disziplin der Managementwissenschaften bereits im Jahr 1977 gepr~igt wurde, haben sich bis heute keine einheitliche Definition und auch keine abgeschlossene Theorie herausgebildet. 9s Vor dem Hintergrund eines fast schon inflation~iren Gebrauchs der Begriffe Strategie und Strategisches Management in Wissenschaft und Praxis ist es daher angebracht, zun~ichst auf die beiden Begriffe als Mittel zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen einzugehen. 96 Da in der vorliegenden Arbeit strategisch ausgerichtete Studienangebote deutscher Hochschulen untersucht werden soilen, werden in einem weiteren Schritt Ans~itze zur Entstehung von Wettbewerbsvorteilen dargesteUt. Ffir die vorliegende Arbeit sind diese insofern von Bedeutung, als sie die Verbindung zwischen der Gestaltung der Organisationsstruktur und der Erreichung von Wettbewerbsvorteilen bilden. 2.3.1
Strategie und Strategisches Management
Aus etymologischer Sicht ist der Begriff der Strategie aus den griechischen W6rtem stratos (das Heer) und agein (Fiihren) zusammengesetzt. 9v Der strategos war zun~ichst der General des griechischen Heeres und bezeichnete zu Zeiten Alexanders des GroBen die F~ihigkeit der korrekten Anwendung von Macht zur iJberwindung von Widerst~inden und der Einfiihrung eines einheitlichen Fiihrungssystems. 9s l]ber den milit~irischen Gebrauch im 19. Jahrhundert fand die ,,Kunst der Staatsfiihrung ''99 als Begriff der Spieltheorie Mitte des 20. Jahrhunderts Eingang in die Betriebswirtschaftslehre. lt~ Eine weite Verbreitung fand der Begriff jedoch erst dutch die Arbeiten von Ansoff und anderen Vertretern des Harvard Approach in den 1960er Jahren. TM In der
93 Vgl.
Rumelt/Schendel/Teece (1991), S. 6f.
94 Vgl.
Bowman (1974), S. 47, Macharzina (2003), S. 249.
9s Vgl. Knyphausen-Aufsess (1995), S. 44, Welge/AI-Laham (2001), S. 12. Als Nukleus des strategischen Managements gilt die Konferenz an der Universitiit von Pittsburgh im Jahr 1977, die im Konferenzband von Schendel uncl Hofer dokumentiert wird. Siehe dazu Schendel/Hofer (1979). Vgl. zur inflation~iren Verwendung des Strategiebegriffs Abplanalp/Lombriser (2000), S.7. Die mit der h~iufigen Verwendung des Begriffes eingehende Fragmentierung der Strategieforschung und der Entstehung von weitgehend unverbundenen Strategieans~itzen wurde schon frfih mit dem Artikel zum ,,Management Theory Jungle" aufgegriffen (Koontz, 1961). Eine Jagdreise in den Dschungel wird in der Strategiesafari yon Mintzberg/Ahlstrand/ Lampel (1999) untemommen.
96
97 Vgl.
Welge/A1-Laham(2001), S. 12.
9s Vgl. Quinn/Mintzberg/James (1988), S.2. 99 G~weiler (1983), S. 255. 100 Vgl. Welge/A1-Laham,2001, S. 42. Die Spieltheorie versteht unter Strategie einen vollst~indigenPlan, der for alle denkbaren Spielsituationen eine richtige Wahlm6glichkeit vorsieht. Grundlegend zur Spieltheorie vgl. Neumann/ Morgenstem (1947). 1ol Vgl. Ansoff (1965).
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
21
wissenschaftlichen Literatur wird in j/ingerer Zeit im Allgemeinen zwischen zwei unterschiedlichen Str6mungen des Strategiebegriffes unterschieden. 1~ Chandler als Vertreter eines pr~iskriptiven Strategieansatzes definiert Strategie als ,,the deterruination of the basic long-term goals and objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals ''m3. Strategie wird damit als die Summe komplexer MaBnahmenbiindel verstanden, die als Ergebnis formaler und rationaler Planungen entstehen. TM Kritik an diesem Verst~indnis wird durch Mintzberg ge/ibt, der Strategien nicht zwingend als Ergebnis solcher Planungen sieht, l~ Angelehnt an ein deskriptives Strategieverst~indnis unterscheideter fiinf wesentliche Strategieformen) ~ Als Grundmuster empifisch beobachtbarer Strategien wird beschrieben, wie Ver{inderungen der Unternehmensumwelt dazu fiihren k6nnen, dass die beabsichtigte Strategie von der realisierten Strategie abweicht und nicht wie geplant als bewusste Strategie durchgef/ihrt wird. 1~ Weiterhin ist es m6glich, dass aufgrund falscher Annahmen fiber die Umwelt oder Unternehmensressourcen die urspr/inglich geplante Strategie nicht durchf/ihrbar ist (unrealisierte Strategie), oder Strategien sich im l,aufe der Zeit herausbilden. ~~ Die realisierte Strategie ist damit die Summe von Entscheidungen und Handlungen eines Unternehmens, die keiner formalen strategischen Analyse und expliziter Strategieformulierung sondern als ,,pattern in a stream of actions ''1~ entstehen (vgl. Abbildung 6).
~
Strategie Bewugte
Beabsichtigtestrategie
Unrealisierte Strategie
J
Realisierte Strategie
Sich herausbildende
Strategie
Abbildung 6: Strategieformen nach Mintzberg. 11~
m2 Vgl. dazu Welge/Al-I,aham(2001), S. 13ff., Macharzina (2003),235ff. u)3 Chandler (1962),S.23. m4 Vgl. Welge/Al-l,aham (2001), S. 13, Macharzina (2003),S. 235. 10s Vgl. dazu z.B. Mintzberg (1978), Mintzberg (1988), Mintzberg (1991), Mintzberg (1994a). 106 Vgl. Mintzberg (1978), S. 945, Mintzberg/Waters (1985), S. 257-272, Mintzberg (1987), S. 13-14, Mintzberg (1994b), S. 24-25. u)v Die beabsichtigte Strategie entspricht dabei dem pr~iskriptivenStrategieverst~indnis. 1()8 Mintzberg(1978) spricht hier von emergent strategies. Vgl. Mintzberg (1978), S. 945. m,> Mintzberg(1987), S. 12. l l0 Vgl. Mintzberg (1978), S. 945, Mintzberg/Ahlstrand/I,ampel (1999), S. 26.
22
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Der Strategiebegriff wird auf verschiedenen Ebenen des Untemehmens verwendet. Im Allgemeinen wird zwischen der Gesamt-Untemehmensebene und der Geschiiftsfeldebene unterschieden. TM Auf Ebene des Gesamtuntemehmens soil damit die genereUe Ausrichtung des Unternehmens bestimmt werden, wiihrend in einer Geschiiftsfeldstrategie die zukiinftige Wettbewerbsposition in einem bestimmten Markt oder in einer bestimmten Branche defmiert wird. Fiir den Hochschulbereich unterscheidet Shirley beispielsweise vier Strategieebenen: Corporate Level Planning beziehungsweise Institutional Strategy, Campus-Wide Functional Strategies, Program Strategies und Program-Level Functional Strategies. in Mit einer Strategie soil also, in Abhiingigkeit vonder Ebene der Anwendung, eine Aussage hinsichtlich des Tiitigkeitsbereiches und der dazu verwendeten Untemehmensressourcen getroffen werden, die zur langfristigen Zielerreichung wesentlich beitragen. 113 Dariiber hinaus wird durch die Strategie eine Aussage hinsichtlich der Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens und zu m6glichen Synergien aufgrund strategischer Entscheidungen getroffen. TM Das strategische Management beschreibt den dazugeh6figen Prozess, ,,in dessen Mittelpunkt die Formulierung und Umsetzung von Strategien in Unternehmungen steht ''l~s, und der zur Entwicklung von Strategien fiihrt. Hax/Majluf bezeichnen diesen Prozess als ,,die h6chste und koh~irenteste Form des strategischen Denkens 'a~6. In der Literatur finden sich eine Reihe unterschiedlicher Konzepte und Denkansiitze, die bisher nicht zu einem iibereinstimmenden Ergebnis gekommen sind, was genau den Prozess des strategischen Managements beschreibt. Eine hiiufig zitierte Untersuchung von Mintzberg/Ahlstrand/ Lampel fiihrt zehn strategische Denkschulen an, die in unterschiedlichen Evolutionsphasen des strategischen Managements entstanden sind. ~.7 Dabei wird grundsiitzlich zwischen priiskriptiven und deskriptiven Ansiitzen unterschieden. Gemeinsames Merkmal der priiskriptiven Ansiitze ist die Vorstellung dariiber, wie der Prozess der Strategieentwicklung idealtypisch ablaufen sollte, l~s Insbesondere der Ansatz der Positionierungsschule hat in den 1980er Jahren durch die Ver6ffentlichung von Bain und Porter an Bedeutung gewonnen und fiihrte zur Entwicklung eines eigenstiindigen Ansatzes, dem so genannten marktofientierten Ansatz. ~9 Die Ans~itze der
m Vgl.Hofer/Schendel (1978),S. 57ff., Steinmann/Schrey6gg(2000),S. 190ft. 112 Vgl.Shirley(1983),S. 94. 113 Vgl.Picot/Lange (1979),S. 570. 114 Vgl.
Welge/M-Laham(2001),S. 19.
ns Welge/A1-Laham(2001),S. 19. 116 Hax/Majluf(1988),S. 13. 117 VgL
im FolgendenMintzberg/Ahlstrand/Lampel(1999).
11s Als pr~iskripteAns~itzez~ihlendie Designschule,die Planungsschuleund die Positionierungsschule. 119 Vgl.dazu u.a. Bain (1959),Porter (1980).
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
23
deskfiptiven Schulen erg~nzen und erweitem die pr~iskriptiven Ans~itze und versuchen, den tats~ichlich in Untemehmen stattfindenden Strategieentwicklungsprozess zu beschreiben) 2~ Analog der Anwendung des Strategiebegriffes auf Untemehmens- und Gesch~iftsfeldebene kann der Prozess des strategischen Managements auf beiden Ebenen durchgeffihrt werden. Auf Ebene des Gesch~iftsfeldes besch~iftigt sich das strategische Management mit der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen mit einem Produkt in einem bestimmten Markt oder Marktsegment. 121 Strategien auf dieser Ebene setzen sich zusammen aus einer ,,Reihe gut koordinierter Aktionsprogramme ''~=. Auf Unternehmensebene soil die Auswahl und Zusammensetzung der Produktbeziehungsweise Dienstleistungsbereiche des Unternehmens getroffen werden, die die 13berlebensfiihigkeit des Untemehmens gew~ihrleisten. ~23 Zur weiteren Differenzierung k6nnen Strategien nach der Entwicklungs- oder Stol3richtung unterschieden werden. TM Die Ausweitung des Leistungsprogramms der Unternehmung, beispielsweise dutch die Einffihrung neuer Produkte, wird als Wachstumsstrategie bezeichnet. 12s Eine Strategie, die zu keiner )knderung des Leistungsprogramms fiihrt, wird als Stabilisierungsstrategie bezeichnet. Schrumpfungsstrategien sind Strategien, die die Reduktion des Leistungsprogramms beinhalten. Grundlegendes Ziel des strategischen Managements ist die Beherrschung eines sich stiindig wandelnden Umfelds von Wettbewerbem und der Aufbau und die Erhaltung nachhaltiger Erfolgspotenziale durch Ausnutzung von Wettbewerbsvorteilen. 126 Die Entstehung yon Wettbewerbsvorteilen wird durch die Kombination untemehmensinterner und untemehmensexterner Erfolgspotenziale begriindet, l~-v Mit dem Konzept der strategischen Erfolgsfaktoren wird das Konstrukt des Erfolgspotenzials als Summe mehrerer Faktoren operationalisiert. 128Wettbewerbsvorteile entstehen demnach aus der Kombination von strategischen Erfolgsfaktoren, die wiederum aus unternehmensextemen Faktoren (Marktposition) als auch unternehmensintemen Faktoten (Ressourcenbasis) bestehen. Der Grad der Zielerreichung wird wiederum durch die Aus-
120 Dazu werden die untemehmerische Schule, die kognitive Schule, die Lemschule, die Machtschule, die Umweltschule und die Konfigurafionsschulegez~ihlt. 121 Vgl. Johnson/Scholes (1999), S.12. Auf dieser Ebene kommt insbesondere der Abgrenzung des relevanten Marktes beziehungsweise des Marktsegments eine besondere Bedeutung zu. Vgl. Meffert (1994), S. 41, Grant (2002), S. 86-89. l= Hax/Majluf(1988),S. 39. 13 Vgl. Macharzina (2003), S. 242. 124 Vgl. im Folgenden G6tze (1993), S. 21 f. 12s Welge/AI-Laham (2001) bezeichnen Wachstumsstrategien als eigentliche Aufgabe der Unternehmung zur Durchsetzung neuer Kombinafion. Vgl. Welge/AI-Laham(2001), S. 437. :_6 Vgl. Schrey6gg (1984), S.5. Als Erfolgspotenfial wird ,,das gesamte Geffige aller jeweils produkt- und marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen" verstanden (G~ilweiler,1990, S. 26). 12v Vgl. Welge/A1-Laham(2001), S. 121. 12s Das Konzept der strategischen Erfolgsfaktoren geht auf Daniel (1961), S. 116, zuriick. Die Identifikation strategischer Erfolgsfaktoren gestaltet sich in der Praxis jedoch als nicht unkritisch. Nikolai/Kieser (2002) bezeichnen die Suche nach Erfolgsfaktorenin der Managementforschung als bisher erfolglos.
24
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
nutzung der vorhandenen Wettbewerbsvorteile beeinflusst. Dieser Zusammenhang wird nochreals in Abbildung 7 veranschaulicht.
Mal~nahmen
d~
Erfolgsfaktoren Marktposition /
Erfolgsfaktoren der~ Ressourcenbasi~/
I
[
Ziele
/
Wettbewerbs.~ ,. vorteile 1
I
Abbildung 7: Grundverst~indnis des strategischen Managements nach Hungenberg. 129 Ausgehend von einem priiskriptiven Verstiindnis wird in den meisten grundlegenden Werken ein mehrstufiger Prozess des strategischen Managements beschrieben. Allen Prozessbeschreibungen gemeinsam ist eine grundlegende Unterscheidung in zumindest zwei Phasen: (1) die Phase der Strategieformulierung und (2) die Phase der Strategieimplemenfierung. ~3~ (1) Die Phase der Strategieformulierung beinhaltet die strategische Analyse der intemen und extemen Untemehmensumwelt. TM Damit soil eine Informationsbasis fiber die gegenwiirtige und zukfinftige Steilung des Untemehmens oder des Gesch~iftsfeldes gewonnen werden. Auf Basis der gewonnenen Informationen k6nnen in einem niichsten Schritt Strategiealtemativen formuliert werden, die zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen geeignet erscheinen. Unter dem Entscheidungskriterium der bestm6glichen Zielerreichung wird unter den Strategiealtemativen abschliel3end eine Alternative ausgewiihlt. (2) In der Phase der Strategieimplementierung wird die ausgewiihlte Strategiealtemative dutch konkrete Handlungen im Untemehmen umgesetzt. 132 Den Mittelpunkt der Strategieimplementierung bildet die Gestaltung der Organisationsarchitektur. m Die Organisationsarchitektur setzt sich wiederum zusammen aus der Organisationsstruktur und der Anreizstruktur. TM Wiihrend in der Evolutionsphase der strategischen Planung die Organisafionsarchitektur noch als Umsetzungshilfe, d.h. als nachgelagerte Funktion der Strategieimplementierung, verstanden wurde, ist im strategischen Management ihre Rolle als integraler Bestandteil einer kohiirenten Strategie be-
129 In Anlehnungan Hungenberg(2001),S.6. 130 Vgl. Hinterhuber (1977), S. 30, Schrey6gg (1984), S. 85, Hungenberg (2001), S. 69, Welge/A1-Laham(2001), S. 96, Thompson/Strickland (2002),S. 4, Hitt/Ireland/Hoskisson (2003),S. 8. 131 Vgl.dazu ausfiihrlichWelge/AI-Laham(2001),S. 183ff., Hitt/Ireland/Hosldsson (2003),S. 38ff. 132 Vgl.dazu ausf~hrlichWelge/A1-Laham(2001),S. 527ff., Hitt/Ireland/Hoskisson (2003),S. 305ff. 133 Vgl.Jost (2005),S. 241. 134 Vgl.
Hungenberg(2001),S. 47, Saloner/Shepard/Podolny(2001),S. 67.
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
25
riicksichtigt. 13s Diese entspringt ihrer Bedeutung fiir die Erreichung der strategischen Unternehmensziele. Organisation und Strategie stehen dabei im Wechselspiel: einerseits nimmt die Strategie Einfluss auf die Gestaltung der Organisation, andererseits wirkt die Organisation mal3geblich auf den Erfolg bei der Umsetzung der Strategie ein. TM Die Gestaltung der Organisationsarchitektur kann daher als eine mit den anderen Funktionen des strategischen Managements gleichberechfigte und eigenst~,indige Funktion betrachtet werden. 13v Ob die Formulierung der Ziele Bestandteil der Strategie beziehungsweise des Strategieprozesses ist, ist in der Literatur nicht eindeutig gekl~irt. Einerseits wird die Zielformulierung als erster Schritt des Prozesses betrachtet. 138 Andererseits wird die Zielbildung in Abgrenzung zum Strategischen Management als Aufgabe des Normativen Managements verstanden, da die Strategie als Mittel zur Erreichung der Ziele gilt. 139 In Abh~ingigkeit v o n d e r Ebene der Verwendung des Strategiebegriffes kann jedoch festgestellt werden, dass die Festlegung iibergeordneter, langfristiger Unternehmensziele einen dem strategischen Management vorgelagerten Prozess darstellt. Inhaltliche Handlungsziele k6nnen jedoch nur im Anschluss an die Entwicklung der Strategie gebildet werden. ~4~ Die Bedeutung der Formulierung von Zielen im Allgemeinen wird dagegen nicht bestritten. Erst dutch diese wird festgelegt, was die Strategie erreichen soil. TM 2.3.2
Ans~itzezur Entstehung von Wettbewerbsvorteilen
Innerhalb der Disziplin des strategischen Managements wird im Wesentlichen durch zwei Ans~itze die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen erkl~irt. Diese gehen davon aus, dass Wettbewerbsvorteile entweder durch eine Positionierung des Unternehmens innerhalb einer Branche oder von der Ausstattung des Unternehmens mit Ressourcen entstehen. .42 Der marktorienfierte und der ressourcenorientierte Ansatz fiihren die Unterscheidung zwischen einem pr~iskriptiven und deskriptiven Strategiebegriff weiter. W~ihrend der marktorientierte Ansatz im Wesentlichen auf Basis 6konomischer Modelle der industrial organization entstanden ist, basiert der ressourcenorientierte Ansatz auf einer empirischen Untersuchung von Einzelf~en. m
~3s Vgl.Jost (2005), S. 240. 136 Vgl.
Hungenberg (2001), S. 254.
137 Vgl. Bea/Haas (2005),S. 355. 13a Vgl.Welge/A1-Laham(2001), S. 96. 139 Vgl.
Hungenberg (2001), S. 20f.
14o Vgl. dazu bereits Schrey6gg(1984), S. 87. 141 Zur Bedeutung von Zielen als Voraussetzung f~r Handeln siehe auch Heinen (1966),S. 28. 142 Vgl.
Day (1998),S. 71.
143 Vgl.
Osterloh/Grand (1994), S. 278.
26 2.3.2.1
2 Deutsche Hochschulen und Strategie Der marktonentierte Ansat z
Vor allem durch die Arbeiten von Porter wurde der markmrienfierte Ansatz (auch market based view) in den 80er Jahren zum vorherrschenden Paradigma des Strategischen Managements. TM Ausgangspunkt der Arbeiten von Porter ist das aus der industrie6konomischen Forschung stammende Structure-Conduct-Performance Paradigma, das den Erfolg eines Untemehmens (performance) durch die Branchenstruktur (structure) und das strategische Verhalten (conduct) des Untemehmens in der Branche zu erkl~iren versucht, m Porter transferierte diesen Ansatz der Wettbewerbstheorie in das strategische Management und erkl~irte den zukfinffigen Erfolg eines Untemehmens in Abh~ingigkeit von der Attrakfivit~it einer Branche und der Wettbewerbsposifion des Untemehmens in dieser Branche (Outside-In Perspektive). ~46 Ein Untemehmen muss zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen eine erfolgreiche Positionierung w~ihlen, die von der in der Branche vorherrschenden Struktur abh~ingt. Diese wird von der Anzahl und der Gr613e der in ihr agierenden Untemehmen sowie den von den Untemehmen gew~ihlten Strategien beeinflusst. ~47 Die Posifionierung setzt Kenntnisse tiber die in der Branche vorherrschenden Wettbewerbskr~ifte voraus, die in Summe die Wettbewerbsintensit~it und das erzielbare Gewinnpotenzial ausmachen. Porter ftihrt dazu ein strukturiertes Verfahren ein, das die in einer Branche vorherrschenden Wettbewerbskr~ifte in ftinf Kategorien beschreibt. 14s Mit dem Verfahren kann auch eine Aussage tiber die Attraktivitiit einer Branche getroffen werden, die umso h6her ausf~illt, je niedriger die in ihr wirkenden Kr~ifte ausgepr~igt sind. Ausgehend v o n d e r Analyse der Branchenstruktur schl~igt Porter zwei generische Strategieans~itze zur Positionierung vor: Strategie der Kostenfiihrerschaft und Strategie der Differenzierung) 49 Beide Strategien sind branchenweit oder in einer Nische realisierbar, jedoch nicht gleichzeitig anwendbar. In der Weiterentwicklung dieses Ansatzes entstanden sp~iter weitere Strategieans~itze, die unter anderem auch Porters Unvereinbarkeitshypothese widerlegen, sich gleichzeitig auf eine der beiden generischen Strategien festzulegen. ~s~
,44 Vgl. Porter (1980), Porter (1985). 145 Vgl. dazu Mason (1949), Bain (1959). Zur Industrie6konomik im AUgemeinen siehe Tirole (1988). 146 Vgl. Porter (1980), S.25f., Porter (1994), S. 431. 14v Vgl. Porter (1981), S. 611, Foss (1996), S.177. 14s Vgl. Porter (1985), S. 29. Die fiinf Kr~ifte nach Porter setzen sich zusammen aus der Verhandlungsmacht der Nachfrager, der Verhandlungsmacht der Zulieferer, aktuellen und potenziellen Konkurrenten sowie der Konkurrenz dutch Subsfitutionsprodukte. 149 Jedoch fiihrt die Wahl einer Strategie noch nicht zu einer st~irkeren Wettbewerbsposition. Ursachen von Wettbewerbsvorteilen k6nnen nach Porter dutch zwei QueUen begrfindet sein: niedfigere Kosten (zu gleichen Preisen im Vergleich zum Wettbewerber) oder Differenzierung der Leistung (zu h6heren Preisen im Vergleich zum Wettbewerber). Vgl. Porter (1980), S. 62ff. und Porter (1994), S. 431ff. 150 Vgl. dazu z.B. sequentielle hybride Strategien (Gilbert/Strebel, 1987), die hohe Qualit~it und niedfigen Preis kombinieren. )ihnlich simultane hybride Strategien, die Kosten- und Differenzierungsvorteile gleichzeitig realisieren sollen (Fleck, 1995).
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
27
Insbesondere dutch seine statische Konzeption ist der marktorientierte Ansatz vielf~iltig in die Kritik geraten. TM Durch die Vemachl~issigung dynamischer Abl~iufe, wie beispielsweise der Evolution von Industrien oder der steigenden Wettbewerbsdynamik, wird die Aussagef~ihigkeit der Branchenstrukturanalyse angezweifelt. Weiterhin wird die Reduktion der Unternehmen innerhalb einer Branche als identische, mit gleichen Ressourcen ausgestattete, Institufionen kritisiert, ls2 2.3.2.2
Der ressourcenodentierte Ansat z
Die Vemachliissigung des Einflusses untemehmensintemer Ressourcen auf die Strategieentwicklung und die geiiul3erte Kritik am marktorientierten Ansatz waren letztlich Ausgangspunkt dafiir, dass seit Beginn der 1990er Jahre dem ressourcenorientierten Ansatz (resource-based-view) mehr Bedeutung zukam) s3 Im Fokus des ressourcenorientierten Ansatzes sind die dem Untemehmen zur Verfiigung stehenden Ressourcen. TM Im Unterschied zu klassischen 6konomischen Theorien werden in diesem Ansatz diejenigen Ressourcen betrachtet, die es einem Untemehmen erlauben, Wettbewerbsvorteile
aufzubauen. 1s5 Durch
die
Annahme,
dass
jedem
Unternehmen
eine
individuelle
Ressourcenausstattung zur Verfiigung steht, k6nnen dadurch in diesem Ansatz Effizienzunterschiede zwischen Unternehmen erkl~rt werden, ls6 Als Ressourcen werden materielle und immaterielle Gfiter im Besitz des Untemehmens bezeichnet, die im Allgemeinen in die Kategorien physisches Kapital, Humankapital und organisationales Kapital eingeteilt werden, ls7 Unter physischem Kapital werden die klassischen Inputfaktoren des Produkfionsprozesses wie die Vorriite an Rohstoffen oder Produktionseinrichmngen verstanden. Das ttumankapital umfasst beispielsweise die Fiihigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter. ~s8 Als Organisationskapital werden Organisations-, Informations- und Kommunikationsstrukturen
lSl Vgl. Grant (1991), S. 114, Foss (1996), S. 177. lsa Vgl. Amit/Schoemaker (1993), S. 42, Foss (1996), S. 177. Scherer und Ross merken an, dass der marktorientierte Ansatz insgesamt wenig Aussagen dar/iber macht, ,,about how one organizes and directs a particular industrial enterprise" (Scherer/Ross, 1990, S. 1). 153 Die Grundlagen des Ansatzes wurden jedoch schon vorher gelegt. Als Eltem gelten Penrose (1959) und Selznick (1957). Penrose definierte ein Untemehmen als System produktiver Ressourcen wiihrend Selznick den Begriff der distinctive competencies priigte, der spezifische Fiihigkeiten eines Untemehmens bezeichnete. Der Begriff des ressourcenorientierten Ansatzes wurde durch Wemerfeh (1984) in seinem Aufsatz ,,A resource-based view of the firm" gepriigt. 154 Vgl.
Grant (1991), S. 118, Foss/Knudsen/Montgomery. (1995), S. 10.
lss Zu klassischen 6konomischen Theorien siehe z.B. Ricardo (1821). In seiner Theorie des komparafiven Kostenvorteils kann der Untemehmer mit h6herem Bodenwert eine so genannte Ricardo-Rente absch6pfen. Diese beruht auf der ungleichen Verteilung yon Ressourcen und stellt damit eine Knappheitsrente dar. ls6 Vgl. Foss (1997), S. 10. 1~7 Vgl. Barney (1991), S. 101. Daneben existieren weitere Konzepte der Einteilung yon Ressourcen, die sich im Wesentlichen jedoch fiberschneiden. Vgl. dazu B/irki (1996), S. 49ff. lss Vgl. (;rant (2002), S. 116f.
28
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
sowie Planungs-, Kontroll- und Koordinationssysteme des Unternehmens bezeichnet. 159 Zudem werden Kategorien wie Technologie, Reputation und finanzielle Ressourcen unterschieden. 16~ EbenfaUs kann das Vertrauen, das die Kunden dem Unternehmen entgegenbringen oder auch die Untemehmenskultur
als Ressource
bewertet
werden. 161 Burr/Musil/Stephan/Werkmeister
weisen darauf hin, dass in vielen Ans~itzen die fiir den Untemehmenserfolg bedeutende Ressourcen des Managementteams und der Managementf~ihigkeiten nicht gesondert betrachtet werden und fiigen diese explizit als eigene Kategorie im Sinne des dispositiven Faktors nach Gutenberg
h i n z u . 162
In Erga/inzung dazu sehen Teece/Pisano/Shuen die Grundlage von Wett-
bewerbsvorteilen nicht nut in der Ausstattung mit Ressourcen, sondem auch in Prozessen der betrieblichen Fiihrung, im organisationalen Lemen und in der Gestaltung einer spezifischen Organisationsstrukmr. 163 Ressourcen sind ftir sich alleine genommen ohne strategischen Weft f/ir das Unternehmen. TM Erst dutch die sinnvoUe Kombination k6nnen sie f/it das Untemehmen nutzbar gemacht werden. Aus Sicht des ressourcenorienfierten Ansatzes sind immaterielle Ressourcen von besonderer Bedeutung, da diese schwer durch Wettbewerber imitiert werden k6nnen. 16s Dutch die Biindelung von Ressourcen entstehen f/it das Untemehmen Kompetenzen und k6nnen unter bestimmten Voraussetzungen Kemkompetenzen darstellen. Mit Hinblick auf die grundlegenden theoretischen Annahmen166 werden in der Literamr im Allgemeinen vier Eigenschaften von Kompetenzen genannt, die zur Identifikation von Kernkompetenzen herangezogen werden k6nnen: (1) Strategischer Weft, (2) Grad der Einzigarfigkeit beziehungsweise Knappheit, (3) Grad der Nicht-Imitierbarkeit und (4) Grad der Nicht-Substimierbarkeit. 167 Der strategische Weft bemisst sich im Beitrag einer Kompetenz zur Verbesserung der Wettbewerbsposifion und der Effizienz des Untemehmens. Damit k6nnen die Stiirken der Untemehmung ausgesch6pft und die Risiken der Umwelt minimiert werden und letztlich Nutzen ftir die Kunden gestiftet werden. Mit dem Grad der Einzigartigkeit oder Knappheit wird das Vorhandensein gleicher Ressourcen und Kompetenzen bei Konkurrenten bezeichnet. Ein hoher Grad der Einzigartigkeit kann aus strategischer Sicht einen Differenzierungsvorteil verschaffen.
Is9 Vgl. Barney (1991), S. 101. 160 Vgl. Grant (1991), S. 119. 161 Vgl. Itami/Roehl (1987), S. 12ff. 162 Vgl. Burr/Musil/Stephan/Werkmeister (2005), S. 20. Die Bedeutung des Managementteams f/it den Erfolg eines Untemehmens wird bereits von Schrader (1995) herausgesteUt. 163 Vgl.
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518ff.
164 Vgl. Sanchez/Heene/Thomas (1996), S. 27. 165 Vgl. Welge/A1-Laham(2001), S. 255. 166 Hier sind insbesondere das Axiom der heterogenen Ressourcenausstattung und der Priimisse unvollkommener beziehungsweise nicht_existenter Faktormiirkte zu nennen. Vgl. dazu Amit/Schoemaker (1993), S. 42, Foss (1997), S. 10. 167 Vgl. im Folgenden Barney (1991), Barney (1997), S. 145ff. Das Konzept der Kernkompetenzen wurde in der Literatur erstmals dutch Prahalad/Hamel (1990) aufgegriffen.
2.3 Grundlagen des strategischen Managements
29
Je h6her der Grad der Nicht-Imitierbarkeit ausgepr~igt ist, desto besser lassen sich Kompetenzen vor Imitationsversuchen der Konkurrenz schfitzen. Beeinflusst wird der Grad der Nicht-Imitierbarkeit dutch die untemehmensindividueUe Vergangenheitsentwicklung, der Interdependenz der einzelnen Ressourcen, die Unklarheit fiber Kausalzusammenh~inge zwischen Ressourcen und Wettbewerbsvorteilen und dutch zeitbasierte Kriterien. Der Grad der Nicht-Substituierbarkeit bezeichnet die F~ihigkeit des Unternehmens, eigene Kompetenzen vor der Substitution durch Konkurrenten zu schiitzen. Nach Barney k6nnen zwei Arten der Substitution unterschieden werden. Ein Konkurrent kann einerseits durch die Nutzung von Ressourcensubstituten versuchen, die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu erreichen. Andererseits kann dies dutch die Nutzung gleichartiger Ressourcen geschehen. 168 Die Erzielung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils kann durch sinnvolle Kombination der Kernkompetenzen eines Untemehmens erfolgen. Aaker identifiziert drei Bestandteile eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils. Zu einem Tell besteht dieser aus dem Wettbewerbsverhalten als Summe aller Handlungen des Unternehmens. Daneben ist dies der Oft des Wettbewerbs, der Markt oder das Marktsegment, in dem das Untemehmen agiert. Zuletzt z~ihlen dazu die Ressourcen und F~ihigkeiten und werden auch als ,,basis of competition"169 bezeichnet. Erst damit kann das Untemehmen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil generieren, iv~ Aufgabe der Unternehmensfiihrung ist somit die Entwicklung und Pflege einer sinnvoUen Kombination von Ressourcen und F~ihigkeiten, die Wahl einer attraktiven Branche und der Einsatz richtiger Handlungen, sodass unter Verwendung vorhandener Ressourcen nachhaltige Wettbewerbsvorteile geschaffen werden k6nnen. Krifik am ressourcenorientierten Ansatz wird insbesondere an der Beschr~inkung auf die Angebotsseite und der Vemachl~issigung der marktlichen Umwelt und der Nachfrageseite gefibt, lvl Ebenfalls wird die schon fast wiUkiirliche Operationalisierung des Begriffes der Ressource kritisiert, die je nach Forscher verschiedenste Elemente beinhalten kann. lv2
2.3.2.3
O~ganisalionsstruktur als Wettbewerbsvorteil
Organisationales Kapital kann einen Wettbewerbsvorteil im Sinne des ressourcenorientierten Ansatzes darstellen, iv3 Chandler pr~igte bereits 1962 die klassische These, dass die Organisationsstruktur der Unternehmensstrategie
folgt: ,,Unless structure follows strategy, inefficiency
results"lv4. Obwohl in zahlreichen Studien die Einseitigkeit der These widerlegt worden ist, ~vs und
168 Vgl.
Barney (1997), S. 148f.
169 Aaker (1989), S. 91. 170 Vgl. Aaker (1989), S. 92. m Vgl. Mosakowski/McKelvey(1997), S. 67, Fn. 3. 172 Vgl. Lienemann/Reis (1996), S. 260. ,,By a resource is meant anythingwhich could be thought of as a strength or weakness of a given firm" (Wemerfelt, 1984, S. 172). 173 Vgl. z.B. Knyphausen-Aufsess (1995), S. 88, Saloner/Shepard/Podolny (2001), S. 66,Jost (2005), S. 193. 174 Chandler (1962), S. 314.
30
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
keine eindeutige Aussage fiber den Zusammenhang getroffen werden kann, ist die Notwendigkeit der Stimmigkeit von Strategie und Struktur unbestritten, iv6 Anhand der vier Kriterien zur Identifikafion einer Kernkompetenz kann die Eignung der Organisationsstruktur zur Generierung eines Wettbewerbsvorteils nachvoilzogen werden: (1) Organisation gilt als Mittel zum Zweck der Erreichung der Sachziele und im Weiteren der Erffiilung der Formalziele der Untemehmung, wie beispielsweise dem Gewinn und des lJberlebens im Wettbewerb. ~vv Die Organisationsstruktur hat damit einen strategischen Wert fiir das Unternehmen. (2) Aufgrund der situationsabh~ingigen Gestaltung der Organisationsstruktur kann keine allgemein gfiltige Organisationsstruktur existieren. ~v8 Die vonder Unternehmung individueil gestaltete Organisationsstruktur kann damit ein Differenzierungsmerkmal darsteilen. (3) Der Grad der Nicht-Imitierbarkeit der Organisationsstruktur kann aufgrund der nach auBen schwer beobachtbaren Interdependenzen und Zusammenh~ge als hoch bewertet werden. (4) Damit kann auch der Grad der Nicht-Substituierbarkeit als hoch bewertet werden, denn eine von auBen nicht eindeutig erkl~irbare Organisationsstruktur wird auch schwer zu subsfituieren sein. 2.3.3
Strategisches Management transnafionaler Studienangebote
Grunds~itzlich steilen Strategien ffir transnationale Studieng~ge Gesch~iftsfeldstrategien dar. Da mit den Strategien das Ziel des Angebots transnationaler StudiengV,inge verfolgt wird, werden diese auch als Internationalisierungsstrategien bezeichnet. 179 Die Strategie muss drei Fragen beantworten: Welcher Auslandsmarkt soil bedient werden? Welche Leistungen sollen im Auslandsmarkt angeboten werden? Wie soil der Markt bedient werden? *s~ Wird dem idealtypischen Prozess des strategischen Managements gefolgt, ist die Phase der Strategieformulierung zun~ichst durch Analyse der intemen und externen Umwelt gepr~igt.TM Dabei wird davon ausgegangen, dass die Hochschule bereits eine grunds~itzliche Entscheidung hinsichtlich des Angebots von Studieng~,ingen im Ausland getroffen hat. ls2 Die Analyse soil nun Auskunft fiber die innerhalb der Hochschule vorhandenen St~irken und Schw~ichen und fiber die in der Umwelt vorhandenen Chancen und Risiken geben. Ein besonderer Fokus ist auf die Auswahl des ZieUandes der Studienangebote zu richten, is3 Neben allgemeinen Faktoren soilen insbesondere die fiir Hochschulen und Studieng~inge bedeutsamen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise
lvs Rumelt (1974) steUtbeispielsweisedie These auf, dass die Organisationsstruktur die Strategiepr~igt. ~76 Vgl. z.B. Saloner/Shepard/Podolny (2001),S. 93, Welge/AI-Laham(2001),S. 533,Jost (2005),S. 238. 177 Vgl.Saloner/Shepard/Podolny (2001), S. 93, Picot (2005),S. 60. lvs Vgl. Hungenberg (2001), S. 254, Saloner/Shepard/Podolny (2001),S. 66. 179 Fiir ein Konzept zur Entwicklungvon Intemafionalisierungsstrategiensiehe Perlitz (2004),S. 155ff. is0 Vgl. HiU/Attiger/Bumbacher/Ziegler(1995), S. 61. is1 Fiireine Ubersicht der Instrumente der strategischen Analysesiehe Macharzina (2003), S. 254ff. m.w.N. 182 Die Intemationalisierungsentscheidungist damit der eigentliche Beginn der Strategieformulierung. Vgl. Perlitz (2004), S. 159. 183 Vgl.Root (1994),S. 55ff.
2.4 Internationale Markteintrittsformen
31
das Hochschul- und Studiensystem oder die hochschulrelevante Gesetzgebung, in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. TM Auf Basis des Ergebnisses der Analyse k6nnen dann Strategiealtemativen formuliert werden, die tiber den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen Auskunft geben. Diese k6nnen beispielsweise in Studieng~ingen mit grol3er zuktinftiger Nachfrage oder geseUschaftlich relevanter Bildung realisiert werden. 18s Die Phase der Strategieimplementierung wird als Mittel der Umsetzung einer Strategie bezeichnet. 186 Die Entscheidung bezieht sich dabei auf die Wahl der Mittel, mit denen die Zielsetzung der Untemehmung im Ausland verwirklicht werden soil und kann. Im intemationalen Kontext wird diese Entscheidung auch als Markteintrittsstrategie bezeichnet. ~87 Erm6glicht wird dies dutch die Organisationsarchitektur. Dabei muss eine Entscheidung hinsichtlich der Gestaltung der Organisationsstruktur und der Ftihrungsinstrumente getroffen werden. Bei der Gestaltung der Organisationsstruktur ist wiederum hinsichtlich des institutionellen Arrangements fiir das Angebot transnationaler Studiengaange und des Grades der Leistungstiefe der deutschen Hochschule zu entscheiden. 188 2.4
Intemationale Markteintrittsformen
Bei der Wahl der intemationalen Markteintrittsform sind zahlreiche Optionen zu berticksichtigen, darunter vertragliche Formen (z.B. Lizenzvergabe), Kooperationen mit unterschiedlichen Graden der Kapitalbeteiligung oder das vollst~,indige Eigentum an einer Auslandsgesellschaft. Jede Form stellt eine unterschiedliche Mischung aus Parametem dar, die mit Vor- und Nachteilen fiir das Untemehmen verbunden sein k6nnen. Dies betrifft vor aUem den Kontrollgrad der Auslandsaktiviff,iten, die H6he der ins Ausland zu transferierenden Ressourcen und das untemehmerische Risiko, das in Verbindung mit einer gew~ihlten Markteintrittsstrategie realisiert wird. Der folgende Abschnitt soil daher m6gliche Formen des intemationalen Markteintritts anhand ihrer wesentlichen Merkmale darsteilen und auf ihre grundsiitzliche Eignung als Option ftir die Markteintrittsentscheidung von Dienstleistungsuntemehmen hin tiberprtifen. 2.4.1
Grundlegende Auspr/igungen
Die inhaltliche DarsteUung der grundlegenden Formen des Markteintritts erfolgt aus Sicht einer Untemehmung, die Leistungen in einem ausl;,indischen Markt absetzen m6chte. Prinzipiell k6nnen die Varianten der Leistungserstellung im Inland und im Ausland unterschieden werden. Unterteilt man die Leistungserstellung im Ausland zus~itzlich noch in Formen ohne und mit
ls4 Zur systematischen Priifung stellen Hahn/Lanzendorf (2004b) ein Raster zur Auswahlvon Ziell~indemdar. lgs Vgl.Miiller-B61ing/Krasny(1998),S. 18. ~s6 Vgl.Welge/A1-Laham(2001),S. 529. 1~7 Vgl. Macharzina (2003),S. 856. lSS Vgl. Bruche (1998),S. 74f.
32
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Direktinvestitionen, ergeben sich drei grunds~itzliche Markteintrittsstrategien: durch Exporte, durch Intemationale Vertragsformen und durch Direktinvestifionen (vgl. Abbildung 8). 189
Intemationale
Markteintrittsformen
I
I
Leistungserstellung im Inland
Leistungserstellung im Ausland
! Exporte
Indirekte Exporte
I
I
Direkte Exporte
Internationale Vertragsformen Lizenz- FranchisingVertrSge VertrSge
I Internationale Di rektinvestitionen JointVentures
Auslandsgesellschaften
Steigender Kontroll- und Steuerungsgrad
Abbildung 8: Systematisierung internationaler Markteintrittsformen. 190 Als Systemafisierungskriterium wird der ausgefibte Kontroll- und Steuerungsgrad verwendet. TM Mit Kontrolle und Steuerung wird die F~ihigkeit verstanden, fiber Systeme, Methoden und Entscheidungen Einfluss zu nehmen. 192 O h n e Einflussm6glichkeit sinkt die F~ihigkeit, Handlungen zu koordinieren, Strategien auszuffihren oder zu ~indem, oder Meinungsverschiedenheiten zu kl~iren, die entstehen, wenn zwei Vertragsparmer
ihre eigenen
Interessen
maximieren. 193
Gleichzeifig kann das in einen Auslandsmarkt eintretende U n t e m e h m e n seinen Kontrollanteil nutzen und einen gr613eren Ertrag realisieren. Steigende Kontrolle bedeutet demnach auch steigende Ertragsm6glichkeiten, gleichzeitig abet auch steigende notwendige Ressourcen.
TM
Um
Kontrolle zu erhalten, muss das eintretende U n t e m e h m e n Verantwortung fibemehmen (die es unter Umst~inden gar nicht m6chte oder nicht fibernehmen kann), welche normalerweise mit der
is9 Vgl. Anderson/Gatignon (1986), S. 5, Kumar (1989), Sp. 916, Harrison (2003), S. 357, Macharzina (2003), S. 856, Perlitz (2004), S. 158, Root (1994), S. 6. tg0 In Anlehnung an Macharzina (2003), S. 857. 191 Dies stellt nur einen m6glichen Systemafisierungsgrad unter Vielen dar. Fiir einen Uberblick altemativer Formen der Systematisierung von Markteintrittsformen vgl. Kutschker/Schmid (2005), S. 825f. Die Wahl einer bestimmten Markteintrittsstrategie soll auch die langfristige Effizienz maximieren, ausgedriickt als VerhSJmis yon langfristigen Ertriigen aus dem Engagement im Ausland zu den eingesetzten Ressourcen. In der Literatur werden jedoch keine expliziten Aussagen fiber Risiko und Ertrag getroffen, sondem mittels der Hilfsvariable Kontroll- und Steuerungsgrad implizit ausgedrfickt. 192 Vgl. Anderson/Gatignon (1986), S.3. 193 Vgl. Davidson (1982). 194 Vgl. Vernon (1983), S. 196.
2.4 Intemationale Markteintrittsformen
33
Bindung von Ressourcen, tangibel (beispielsweise Anlagen) oder intangibel (beispielsweise Managementwissen), verbunden ist. Mit der Bindung von Ressourcen steigen die Wechselkosten, das heil3t, spezifische Investitionen werden get~tigt, die das Wechseln in alternative institutionelle Arrangements erschweren oder sogar verhindem. Ein steigender KontroUgrad ist daher auch mit steigendem Risiko gleichzusetzen. 19s Markteintrittsstrategien mit hohem KontroUgrad steigem somit das Risiko und die Ertragsm6glichkeiten, w~ihrend Markteintrittsstrategien mit niedrigem Kontrollgrad die daffir notwendigen Ressourcen senken (und damit das Risiko), jedoch auf Kosten der Ertragsm6glichkeiten. 196 Die im Folgenden geschilderte Systematik der Markteintrittsformen wurde aus der Perspektive von Sachgfiteruntemehmen entwickelt. Obwohl in den vergangenen Jahren eine wachsende Bedeutung von Dienstleistungen und Dienstleistungsunternehmen festzustellen ist, wird in der Literatur zu Markteintrittsformen meist keine Unterscheidung zwischen Sachgiiter- und Dienstleistungsunternehmen vorgenommen. Es entsteht daher der Eindruck, dass f-fir Dienstleistungsuntemehmen grunds~itzlich die gleichen Wahlm6glichkeiten bei Markteintrittsformen bestehen wie bei Sachgfiteruntemehmen. Zun~chst sollen daher grundlegende Formen des internationalen Markteintritts dargesteUt werden. In einem zweiten Schritt wird die 0bertragbarkeit der Formen auf Dienstleistungsuntemehmen im Allgemeinen und auf Hochschulen im Speziellen fibertragen.
2.4.1.1 Exporte Der Markteintritt durch Exporte umfasst die Leistungserstellung im Inland, w~hrend der Vertrieb aul}erhalb des Landes stattfmdet. Nach dem Kriterium der Kontroll- und Steuerungsf~ihigkeit der Vertriebsaktivit~ten im Auslandsmarkt k6nnen indirekte und direkte Exporte unterschieden werden. 197 Indirekte Exporte sind gekennzeichnet durch zwischengeschaltete Mittlerunternehmen im Inland, die zwischen den inl~ndischen Produzenten und den Abnehmern im Ausland auftreten. Das exportierende Untemehmen tritt somit nicht selbst auf dem Auslandsmarkt in Erscheinung, sondem bedient sich eines Mittlers, der fiber spezifische Kennmisse des Ziellandes verfiigt. 19s Mittleruntemehmen treten auf in Form von Exportagenten, 0berseeh~usem, Confirming Houses, Purchasing Agents oder Exportfirmen. Die entstehenden Risiken werden zu grol3en Teilen auf den Absatzmittler fibertragen, sowohl das direkte Exportrisiko, als auch das Finanz-
19s Aul3erhalb des lokalen W~ihrungsraums stud damit auch Risiken aus Wechselkurs~inderungen, also aus der Fluktuafion der Erl6sbasis - abet auch der Kostenbasis - verbunden. Vgl. Davidson (1982). 196 Die Wahl einer bestimmten Markteintrittsstrategie bedeutet also die Minimierung der dazu notwendigen Ressourcen und damit des Risikos bei gleichzeifiger Maximierung der Ertragsm6glichkeiten. Der realisierte Kontroll- und Steuerungsgrad entspricht damit der finanzwirtschaftlichen Kennzahl der risikoadjusfierten Eigenkapitalrendite (RAROC). Vgl. Krumnow/Gramlich (1999), S. 1073. 19~ Vgl. hier und im Folgenden Rother (1991), S. 80ff., Root (1994), S. 53ff., Macharzina (2003), S. 857f., Perlitz (2004), S. 630, Kutschker/Schmid (2005),S. 827ff.. 19s Vgl. Holland (1997), S. 105.
34
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
risiko. 199 Ertr~ige aus
indirekten Exporten werden deshalb auch zu Teilen durch den Absatzmittler
absorbiert. Neben den geschilderten Vorteilen des indirekten Exports wird jedoch auch auf die entstehende Abh~ingigkeit an das Mittleruntemehmen und den fehlenden, unmittelbaren Kontakt zu den ausF,indischen Abnehmem hingewiesen. 2~176 Mangels fehlender Kontroll- und Steuerungsm6glichkeiten ist das exportierende Untemehmen auf das regelkonforme Verhalten des Mittlers angewiesen. Bei nicht-exklusiven Vertragskonstruktionen, beispielsweise einem Mittler fiir mehrere Untemehmen, kommt zus~itzlich die Gefahr der Vemachl~issigung des eigenen Unternehmens) ~ Als hybride Form zwischen indirekten und direkten Exporten werden Exportgemeinschaften, Exportsyndikate oder Exportkonsortien gez~ihlt. Diese steUen Kooperationen von rechtlich und wirtschaftlich selbstst~indigen Untemehmen mit identischen oder ~hnlichen Leistungen dar, die auf freiwilliger Basis Ressourcen zusammenfiihren, um einen h6heren Kontroll- und Steuerungsgrad zu erreichen, z~ Bei direkten Exporten tritt das Unternehmen direkt auf dem Auslandsmarkt in Erscheinung, entweder dutch direkten Vertrieb an ausl~dische Endverbraucher, durch Einschaltung eines Mittlers im Ausland oder durch den Aufbau eigener Vertriebseinheiten. Formen des direkten Exports k6nnen wiederum nach der Organisationsalternafive unterschieden werden in Gebietsdelegierte, Importeure, Tochtergesellschaften im Ausland, Generalagenten, Gemeinschaftsvertretungen sowie Generalagenten und Untervertreter. z~ Im Unterschied zu indirekten Exporten ist die Kontroll- und Steuerungsfunktion bei direkten Exporten h6her ausgepr~igt. Mit direkten Exporten entstehen jedoch auch h6here Kosten, da mit dem Export der Leistungen betraute Organisationseinheiten eingerichtet werden miissen. TM Bei der Benutzung eigener ausl~indischer Vertriebseinheiten miissen zus~itzlich Ressourcen im Ausland aufgewendet werden.
2.4.1.2
InternationaleVertragsformen
Die LeistungsersteUung im Ausland ohne Direktinvestitionen wird als Markteintritt mittels internationaler Vertr~ige bezeichnet. 2~ Im Wesentlichen sind damit die beiden grunds~itzlichen Formen der Lizenz- und Franchising-Vertr;,ige mit einbegriffen, daneben exisfieren weitere Formen wie beispielsweise Auftragsfertigung und Managementvertr~ige. z~ Diese basieren auf
199 Vgl.Schanz (1995),S. 19f. 200 Vgl.Belew(2000),S. 170. 2ol Vgl. Waning (1994), S. 181. Im Kontext der Arbeit wurde dieses Verhalten dutch Study-Agents berichtet, die Studieng~ingekonkurrierenderUniversit~itenin Drittl~indemvertreiben. 202 Vgl.Seidel (1977),S. 97ff., Kulhavy(1993),S. 15f. 203 Vgl. Fischer (1973),S. 33ff. 204 Vgl. Frank/Moser (1987),S. 31ff. 205 Diese werden auch als Intemationale Technologievertr~igebezeichnet. Vgl. Jonash (1995), S. 938ff., Perlitz (2004), S. 186. 2o6 Fiireine 0bersicht intemafionalerVertragsformenvgl. z.B. Root (1994),S. 112ff.
2.4 Intemationale Markteintrittsformen
35
l~ingerfristig ausgerichteten, vertraglichen Vereinbarungen ohne Kapitalbeteiligung mit rechtlicher Selbstst~ndigkeit der Vertragsparteien. z~ Je nach Modell wird im Vertrag der Transfer von Technologie, Wissen oder auch Personal an einen Vertragsparmer im Ausland vereinbart. 2~ Im Unterschied zum Export werden nicht die Leistungen selbst, sondern Kenntnisse und Fertigkeiten zur Leistungserstellung ins A usland fibertragen. Lizenzvertr~ige beziehen sich auf gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster oder Warenzeichen, abet auch Rechte des Kunsturhebergesetzes und des Urhebergesetzes. 2~9 Know-how-Vertr~ige beinhalten die l]bertragung technischer oder betriebswirtschaftlicher Kennmisse und Erfahrungen, ffir die kein gewerbliches Schutzrecht erworben werden kann, oder aus Geheimhaltungsgriinden, erworben werden soil. 21~ Mittels des Lizenzvertrags werden dem Lizenznehmer Benutzungs-, Herstellungs- und/oder Vertriebsrechte an den gewerblichen Schutzrechten oder dem Know-how fibertragen, der diese in seinem Unternehmen verwerten kann. TM Als vorteilhaft wird insbesondere die M6glichkeit der Umgehung von tarif~iren und nichttarif~iren Handelshemmnissen
ohne Ressourcenbindung im Ausland angesehen.
Obwohl der Kontroll- und Steuerungsgrad des Lizenzgebers auf den Lizenznehmer im Auslandsmarkt aufgrund der m6glichen Freiheitsgrade bei der Ausgestaltung der Lizenzvertr~ige individuell unterschiedlich gestaltbar i s t - und im Vergleich zu Exporten h6her zu bewerten i s t - , wird die tats~ichliche ausiibbare KontroUgewalt auf den Lizenznehmer im intemationalen Kontext als problematisch beurteilt. 21z Dariiber hinaus besteht die latente Gefahr, dass der Lizenznehmer nach Ende der Lizenzvereinbarung die dadurch erworbenen Kennmisse und Fertigkeiten gegen den Lizenzgeber einsetzt und als Wettbewerber im Auslandsmarkt oder sogar im Heimatmarkt auftritt. 213 Als zweite wesentliche Form der intemationalen Vertr~.ge gelten Franchising-Vertr~ige. Neben der Ubertragung der Verwertungsrechte wird im Vertrag mit dem ausl~indischen Unternehmen auch eine Unterstiitzungsleistung beim Aufbau und der laufenden Betriebsffihrung vereinbart. 214 Der Franchise-Nehmer tritt damit im ausl~indischen Markt unter dem Namen und den vereinbatten Qualit~itsstandards des Franchise-Gebers auf. Herausragender Vorteil dieser Form des Markteintritts ist die kurze Zeit des Markteintritts und das - im Vergleich zu einer eigenen
207 Vgl. Root (1994), S. 7. z0s Vgl. dazu und im Folgenden fiir eine ausfiihrliche Darstellung Root (1994), S. 85ff., Macharzina (2003), S. 858ff., Perlitz (2004), S. 632f., Kutschker/Schmid (2005), S. 838ff. 2o9 Vgl. B6hme (1967), S. 25, Stumpf (1984), S. 25. 210 Vgl. Stumpf (1984), S. 26ff., Burr (2003), S. 545, Kutschker/Schmid (2005), S. 839. Kutschker/Schmid (2005) und Burr (2003) bezeichnen diese als Know-how-Lizenzen. 211 Vgl. Stumpf (1984), S. 5, Morschett (2003), S. 396, Kutschker/Schmid (2005), S. 838f. 212 Vgl. Belew (2000), S. 180. 213 Vgl. Morin (2001), S. 26f. zl4 Vgl. Root (1994), S. 109f., Morschett (2003), S. 397. Letztendlich wird fiber Franchising das Gesch~iftsmodelldes Franchise-Gebers an den Franchise-Nehmer fibergeben. Dieser ffihrt das Gesch~iftsmodellmit dem fibertragenen Wissen und gegebenenfalls den dazu notwendigen Hilfsmittelaus.
36
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Niederlassung im Ausland - wesentlich verringerte Risiko. Da fiber das reine Wissen auch weitere Geschiiftsbestandteile wie Marke, Leistungsprozesse oder Qualitiitsstandards fibertragen werden, ist die KontroU- und Steuerungsf~ihigkeit im Vergleich zu Lizenzen h6her. Dies bedingt jedoch auch h6here Ressourcenaufwendungen ffir die Entwicklung des Franchisesystems. Ebenso entsteht die Problematik des m6glichen opportunistischen Verhaltens des Franchise-Nehmers nach oder sogar wiihrend der Laufzeit des Franchise-Vertrags. 2.4.1.3
Direktinvestitionenim Ausland
Neben den Markteintrittsformen ohne Direkrinvestitionen im Ausland shad die Formen mit Ressourcenverlagerung ins Ausland zur Leistungserstellung abzugrenzen. 2~~Dazu ziihlen Formen der vertraglichen Zusammenarbeit, die als intemationale Kooperationen oder auch als intemadohale Joint Ventures bezeichnet werden. Als zweite Form z~ihlen dazu Auslandsgesellschaften im vollstiindigen Eigentum der inliindischen Untemehmung. Daneben existieren eine Reihe yon weiteren Formen, die nicht eindeutig den beiden Altemativen zugeordnet werden k6nnen, wie beispielsweise strategische AUianzen, virtuelle Untemehmen oder virtuelle Kooperationen. z~6 Formen der Direktinvestitionen k6nnen grundsiitzlich als Beteiligung, Neugr/Jndung oder Obernahme in ausliindischen Miirkten ausgestaltet werden. Weiteres Gestaltungskriterium ist die Leistungstiefe der ausliindischen Leistungserstellung. Kooperationen werden als ,,mittel- bis langfrisrig angelegte, vertraglich geregelte Zusammenarbeit rechtlich selbststiindiger Untemehmen zur gemeinschaftlichen Erffillung von Aufgaben ''2~7 deftniert. Im intemationalen Kontext sind die Partner zusiitzlich aus unterschiedlichen Liindem, die selbst zwar rechtlich und wirtschaftlich selbststiindig bleiben, ffir den Bereich des Joint Ventures die Eigenstiindigkeit jedoch aufgeben. Als Gemeinschaftsuntemehmen stellt das Joint Venture eine rechtlich selbststiindige Untemehmung dar. 2~s Die H6he der Ressourcenbeteiligung der einzelnen Parmer kann sowohl als Mehrheits-, Minderheits- oder auch als paritiitische Beteiligung ausgestaltet sein. ~19Als Vorteil wird bei Kooperationen der Zugang zu marktspezifischen Kenntnissen mit gleichzeitiger hoher Kontroll- und Steuerungsf~ihigkeit und, im Vergleich zu eigenen AuslandsgeseUschaften, niedrigerem Ressourcenbedarf gesehen. Diesem steht jedoch die Ressourcenbindung im Ausland gegenfiber, die bei Gr613enordnungen bis hin zur paritiitischen Beteiligung nicht gegen opportunistisches Verhalten aufgrund unterschiedlicher Zielvorstellungen absichert. Auch bei h6herer Beteiligung sind Ffihrungsprobleme und Konfliktpotenziale, unter Umstiinden in Kombination mit kulturellen Barrieren, nicht auszuschlieBen.
21s Vgl. dazu ausffihrlich Root (1994), S. 123ff., Macharzina (2003), S. 860ff., Perlitz (2004), S. 635ff., Kutschker/Schmid (2005),S. 857ff. 216
Vgl.zu virtueLlenOrganisationenauch Picot/Reichwald/Wigand(2003),S. 422ff.
217 Picot/Reichwald/Wigand(2003),S. 304. 218 Vgl.Pfohl (1994),S. 461ff. Anderson/Gatignonteilendiesein Low-Control,Medium-Controlund }ligh-Control Modes ein. Vgl. Anderson/Gatignon (1986),S. 5. 219 Die pariditischeKapitalbeteiligungwird auch als klassischesJoint-Venture bezeichnet.Vgl. Perlitz (2004),S. 636.
2.4 Intemationale Markteintrittsformen
37
Auslandsgesellschaften in vollst~indigem Eigenmm des inl~indischen Unternehmens stellen die unter Kontroll- und Steuerungsf~ihigkeiten gr6Btm6gliche Form des intemationalen Markteintritts dar. 22~Der uneingeschr~inkten Kontroll- und Steuerungsf~ihigkeit und den - im Vergleich zu K o o p e r a t i o n e n - nicht vorhandenen lnteressenskonflikten unterschiedlicher Untemehmen steht jedoch auch das uneingeschr~inkte wirtschaftliche Risiko cntgegen. 221 2.4.2
Internationale Markteintrittsformen fiir Hochschulen
Aufgrund der Unterschiede zwischen Sachgiitern und Dienstleistungen muss nun gepriift werden, ob die Annahme der Ubertragbarkeit internationaler Markteintrittsformen auf Dienstleistungsunternehmen im Allgemeinen unbeschr~inkt giiltig und im Speziellen ffir t lochschulen als Form der Dienstleistungsuntemehmen zu iibemehmen ist. Daher werden zuniichst die spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen im Unterschied zu Sachgiitem dargestellt. Anhand dieser k6nnen t~Iochschulen als Dienstleismngsuntemehmen klassifiziert und die Frage der lJbertragbarkeit der grundlegenden Formen des intemafionalen Markteintritts auf transnationale Studienangebote beantwortet werden. 2.4.2.1
Charakteffstika von DienstMstungen
Aufgrund der hohen Heterogenit~it des Dienstleistungssektors kann eine allgemein giiltige Definition von Dienstleistungen nicht gegeben werden. 222 Dies liegt nicht nur an den unterschiedlichen Erscheinungsformen von Dienstleistungen, sondern auch an den verschiedenen Betrachtungsebenen bei der Begriffsabgrenzung. 223 Die in der betriebswirtschaftlichen Literatur vorgeschlagenen Defmitionsans~itze lassen sich in drei Gruppen einteilen: enumerative Defmitionen, Negativdefmitionen zu Sachgiitern und Definitionen iiber konstitutive Merkmale. 224 Anhand enumerativer Aufz~ihlung von Dienstleistungsbereichen sollen diese von Sachgfitem abgrenzt werden. Dabei entsteht jedoch die Problematik, ob jeweils die gesamte Branche zum Dienstleistungssektor zu z~ihlen ist, oder nur Teile davon. Zus~itzlich wird durch st~,indig neue Dienstleistungsinnovationen diese durch Aufz~ihlung erzeugte l,iste immer l~inger. Auch die Abgrenzung von Sachgiitern anhand Negativdefinitionen - Dienstleistungen sind alle Giiter, die keine Sachgiiter sind - birgt ein ~ihnliches Risiko: Viele Giiter treten nicht als Reinform von Sachgut oder Dienstleistung auf, sondem stellen Leistungsbiindel dar, bei denen eine Zuordnung willkiirlich w~re. 225
220 In dcr Untemehmenspraxis steUt diese neben dem Export die dominierende internationale Markteintrittsform dar. Vgl. Fayerweather (1975), S. 74f. 221 Aufgrund der vollst~indigenKontrolle wircl diese Form auch als full-controlmode bezeichnet. Vgl. Erramilli/Rao (1993), S. 20. =2 Vgl. Weiber/Billen (2005), S. 89. 223
Vgl. l Jovelock (1983), S. 9ft., Corsten (1990), S. 17ft., Meffert/Bruhn (2003), S. 9ft.
224 Vgl. Corsten (1990), S. 173, Herrmann (2003), S. 316f., Meffert/Bruhn (2003), S. 27. =s Als laAstungsbiindelwird eine Kombination aus Sachgut und Dienstleistung vcrstanden.
38
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Ein weiterer Ansatz der Definition von Dienstleistungen versucht diese anhand konstitufiver Merkmale von Sachgfitem zu unterscheiden: (1) der Immaterialit~it oder Intangibilit~it, (2) der Integration des extemen Faktors und (3) dem uno actu Prinzip. (1) Mit Immaterialit~it wird der Sachverhalt bezeichnet, dass Dienstleistungen im Vergleich zu materiellen Sachgiitem nicht greifbar
s i n d . TM
Mit der Erweiterung der Intangibilit~it wird der
Sachverhalt berficksichtigt, dass manche Dienstleismngen nicht einfach definiert, beschrieben oder vom Kunden wahrgenommen werden k6nnen. (2) Die zwingende Mitwirkung des Nachfragers im Erstellungsprozess einer Dienstleitung wird als Integration des extemen Faktors bezeichnet. 2zv Das bedeutet, dass der Kunde selbst oder Potenziale des Kunden als exteme Produktionsfaktoren fungieren. =s Der exteme Faktor wird ..... zumeist vom Abnehmer oder Verwerter der Dienstleistung in den Produktionsprozel3 eingesetzt beziehungsweise dem Produzenten fiberlassen ...,,229. Der Integrafionsgrad des extemen Faktors kann variieren: v o n d e r 0berlassung von Informafionen (z.B. Untemehmensberatung) oder Objekten, an denen eine Dienstleistung erbracht werden soil (z.B. Kfz-Reparatur), fiber die Beteiligung des Kunden am Leistungsprozess (z.B. Flugtransport) bis hin zur starken Einbindung (z.B. Studium an einer Universit~it). (3) Die Dienstleistung kann somit erst produziert werden, sobald der exteme Faktor beteiligt wird. Insofem k6nnen Dienstleistungen auch nicht auf Vorrat produziert werden. 23~Diese zwingende Simultanit~it von Produktion und Konsum wird als das uno actu Prinzip bezeichnet. TM Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Dienstleistungen und Sachgiitem anhand der konstitufiven Merkmale ist jedoch in der Literatur nicht allgemein akzepfiert, da eine scharfe Abgrenzung zwischen beiden in der Praxis meist nicht m6glich ist. z32 Hilke argumentiert, dass Produktion und Absatz von Sachgfitern nicht ohne Einsatz von Dienstleistungen, wie Kundenservice oder Transport, m6glich sei. Genauso sei die Erstellung von Dienstleistungen als Hauptleistungsbestandteil nicht ohne den Einsatz von Sachgfitem m6glich. Die Dichotomie zwischen Sachgfitem und Dienstleistungen wird daher zugunsten eines Kontinuums zwischen vorwiegend
226 Die Betrachtungvon Dienstleistungenals Wirtschaftsgiiterkann aufJean Baptiste Say zur/.ickgefiihrtwerden, der Dienstleistungen als ,,produits immat&iels" bezeichnete (Say, 1841, S. 116). 227 Vgl. Corsten (1990), S. 134, Maleri (1994), S. 39, Meffert/Bruhn (2003), S. 29. =s Vgl. Engelhardt (1990), S. 280f. 29 Maleri(1973), S. 75f. 230 Vgl. Scheuch (2002), S. 18. Anzumerken ist jedoch, dass die Tatsache der fehlenden Lagerf~ihigkeitnichts mit der physischen Haltbarkeit zu tun hat, sondem mit der Eigenschaft von Dienstleistungen,Ver~inderungenan Personen oder Sachen zu bewirken. Die fehlende Lagerffihigkeitvon Ver~inderungenist daher eine logische, keine physische Unm6glichkeit. Vgl. Hill (197"0,S. 319. Der Nachfrager der Dienstleistungwird deshalb auch als Prosumer bezeichnet (Neologismusaus Produzent und Consumer). Vgl. Toffler (1980),S. 273.
231
232 Vgl. Kleinaltenkamp(2001),S. 35f.
2.4 Intemationale Markteintrittsformen
39
materiellen und vorwiegend immateriellen Bestandteilen aufgegeben. 233 Diese Forderung wird verst~irkt, da dutch den Einsatz modemer Informafions- und Kommunikationstechniken die konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen abgeschw~icht oder sogar aufgehoben werden. Mittels moderner Kommunikationssysteme ist die Integration des externen Faktors durch r~iumliche Anwesenheit beispielsweise nicht mehr zwingend notwendig. TM SO kann aus einer Dienstleistung wieder eine Dienstleistung werden (Lehrveranstaltung fiber Videokonferenzsystem) oder eine Dienstleistung sogar in ein Sachgut transformiert werden (Aufnahme eines Konzerts und Vertrieb auf Tontriigem). 23s Aufgrund der Schwierigkeiten eine eindeutige Definition von Dienstleistungen zu finden, hat sich in der Literatur eine Prozesssicht durchgesetzt, bei der die zentralen Besonderheiten von Dienstleistungen anhand dreier Phasen gekennzeichnet werden. Dienstleistungen sind demnach Leistungen (1) bei denen ein Leistungspotenzial die Fiihigkeit und Bereitschaft zur Erbringung einer Leistung bereithiilt, (2) bei deren ErsteUung interne Faktoren und exteme Faktoren integriert werden, an denen oder mit denen die Leistung erbracht wird und (3) die a.ls Ergebnisse Wirkungen materieller oder immaterieller Art am extemen Faktor hervorrufen. TM Ffir die Auswahl m6glicher Markteintrittsformen fiir Dienstleistungsuntemehmen ist die letzte Eigenschaft von besonderer Bedeutung: Dienstleistungen erzielen ,,an den extemen Faktoren, an Menschen (zum Beispiel Kunden) oder deren Objekten (zum Beispiel das Auto des Kunden) Nutzen stiftende Wirkungen"237.
2.4.2.2
Die Hochschule als Dienstleistungsunternehmen
Hochschulen k6nnen als Dienstleismngsuntemehmen mit den Hauptprozessen Forschung und Lehre verstanden werden, z3s Forschung und I.ehre sind grunds~itzlich Dienstleistungen, die auf Miirkten handelbar sind. Hochschulen konkurrieren somit mit anderen Hochschulen auf einem zunehmend internationaler werdenden Umfeld. 239 Den Dienstleistungscharakter der Hochschule unterstreicht das bereitgehaltene Leistungspotenzial, wie beispielsweise die Arbeitsleistung durch Hochschullehrer. Der Einsatz dieser Ressourcen erfolgt zielorientiert und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitspfinzips. 2~ Hauptzweck der Dienstleistungen ist die Generierung und Vermitt-
Hilke (1989), S. 8. Dieser Zusammenhang zwischen Sachgiitem und Dienstleistungen wird im so genannten Marketing-Verbund-Kasten veranschaulicht.
233 Vgl.
234 Vgl. Schwenker (1989), S. 128ff., Meyer/Pfeiffer (1998), S. 297ff. 23s Vgl. Bhagwati (1984), S. 134. Die Trennung der Diensfleistung vom Leistungserbringer wird als disembodiment bezeichnet. 236 Vgl. Hilke (1989), S. 10f, Meyer (1996), S. 180, Meffert/Bruhn (2003), S. 30. ,.37 Meffert/Bruhn (2003), S. 30. 23s Vgl. Sinz (1995), S. 66f., Reichwald (2000), S. 332f. 239 Als Beweis fiir die Marktsituafion fiihrt Sinz die zunehmende Bedeutung der Forschungsfinanzierung iiber Drittmittel und die Verst~irkungder Akquiset~itigkeityon Hochschulen an. Vgl. Sinz (1995), S. 67. 240 Zum Wirtschaftlichkeitsprinzip siehe W6he (2002), S. lf.
40
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
lung von Wissen. TM In der Literatur wird auch die Meinung vertreten, dass die Produkte der Universitiiten die Studierenden seien. 242 Die Sichtweise der Hochschule als Sachguthersteller yon Absolventen wird jedoch in dieser Arbeit nicht weiter verfolgt. 243 Nach diesem Verstiindnis sind die Kunden der beiden Leistungen Forschungspartner und Studierende. Diese empfangen beziehungsweise geben Leistungen in Auftrag, die mit Gegenleistungen, wie beispielsweise 6ffentlichen Mitteln oder Studiengebfihren, verrechnet werden. TM Aufgrund der fiberwiegenden hohen Informations- und Wissensintensitiit der Diensfleistungen stellen diese In formationsdienstleistungen dar. 24s Durch den Konsum der Dienstleistung Lehre soil eine Veriinderung in Bezug auf den geistigen Zustand der Studenten bewirkt werden. 246 Dabei geht es in erster Linie um Wissensvermittlung, wobei nicht das gesamte Wissen des Dozenten an den Studenten in einem Zeitpunkt vermittelt wird, sondern fiber einen liingeren Zeitraum und auch nur zum Teil. Die Veriinderung ,,may well be permanent ''24v. Ziel ist jedoch, dass diese so permanent wie m6glich geschieht. Die M6glichkeit der Ver~inderung ist darfiber hinaus auch yon der Fiihigkeit des Lemenden abhiingig, die Ausbildungsinhalte zu absorbieren. 248 Ohne die dazu notwendige Fiihigkeit wird am Lemenden keine Ver~inderung aufgrund der Aktivitiit des Lehrenden erfolgen, und keine Dienstleistung wird produziert. Die Aktivitiit des Lehrenden wiire somit verloren. Hill merkt jedoch an, dass der direkte Kontakt mit dem Lehrenden nut einen Tell der Ausbildungsdienstleistung darstellt und auch vom Einsatz des Lemenden auBerhalb der eigentlichen Dienstleistungsproduktion (dutch Nachbereitung und eigenstiindiger Ubung) abhiingt. Zusammenfassend kann die Dienstleistung Lehre somit als Kombination des Leistungspotenzials der Hochschullehrer und der Integration des extemen Faktors der Studierenden, in Form des individuellen Lempotenzials, der Lembereitschaft und dem Vorwissen, verstanden werden. 249 Der Bereich der Lehre umfasst Lehrveranstaltungen jeglicher Art, wie beispielsweise Vorlesungen, IDbungen, Seminare abet auch Priifungen, die in Kombinafion Studien~nge ergeben.
241 Vgl.
Lehtimiiki (1996), S. 119.
242 Vgl. Brinckmann (1998), S. 32. Diese wiirden nicht nur die Rolle des externen Faktors und des Konsumenten, sondern auch die des Produkts iibemehmen. 243 ,,Die von der Hochschule erbrachten Leistungen in der Lehre sind die Lehrveranstaltungen und Studieng~nge, nicht wissensangereicherte Studenten und examinierte Absolventen, wie auch ein Verkehrsbetrieb keine ortsveriinderten Personen produziert." (Bolsenk6tter, 1976, S. 386) 244 Vgl. Sinz (1998), S. 3f. 245 Zu den Charakteristika von Informationsdiensdeistungen siehe Reichwald/M6slein (1995), S. 349f. 246 Vgl. Hill (1977), S. 321ff. Im Unterschied dazu die Veriinderung des physischen Zustands des Konsumenten, beispielsweise durch eine Transportdienstleistung. 247 Hill (1977), S. 324. 248 Ein Faktor, auf den der Lehrende keinen Einfluss hat. Dieser ist vielmehr vonder vorherigen Qualifikation und Ausbildung, angeborenen Fiihigkeiten und Begabungen und dem Grad der Aufmerksamkeit und Konzentration, die bei der LeistungsersteUungder Dienstleistung aufgewendet wird, abhiingig. 249 VgL Wagner (2001), S. 21.
2.4 Internafionale Markteintrittsformen
41
Aufgrund der unterschiedlichen Auspriigungen der unter dem Begriff der IJehre verstandenen Dienstleistungen werden Universitiiten deswegen auch als ,,multiproduct firms ''25~verstanden.
2.4.2.3
(Ybertragungder Markteintrittsformen auf Hochschulen
Die Auswahl einer internationalen Markteintrittsform f/Jr Hochschulen muss berficksichfigen, dass die Wirkung der Dienstleistung nicht verloren geht. TM Bei der Leistungserstellung im Ausland ist anzunehmen, dass diese Forderung grundsiitzlich erfiillt wird. Es muss jedoch gepriift werden, unter welchen Bedingungen eine Leistungserstellung im Inland als zusiitzliche Option ffir Bildungsdienstleistungen dienen kann. Aufgrund der notwendigen Integration des externen Faktors wird der intemationale Handel mit Dienstleistungen, die Markteintrittsform des Exports, durch Adam Smith zuniichst ausgeschlossen. 252 Diese Einschr~inkung kann jedoch nut fiir nicht-trennbare Dienstleistungen gelten, bei denen ohne einen physischen Kontakt zwischen Kunde und Dienstleister die Erbringung der Dienstleistung gar nicht m6glich ist (z.B. Hotelunterbringung). Bei diesen Arten yon Dienstleistungen muss entweder der Anbieter oder der Nachfrager mobil sein und sich in das jeweils andere Land begeben. F/jr Dienstleistungen, deren Produkfion und Konsum voneinander trennbar shad, gilt diese Einschriinkung nicht. Nach einer Trennung, wie sie beispielsweise bei Tontriigem erfolgt (Frennung der Produktion eines Konzerts und Konsum durch Wiedergabe mittels CD-Spieler), sind diese so genannten ,,separated services ''253 jedoch eher als Sachgfiter, denn als Dienstleistungen identifizierbar. TM Ebenfalls k6nnen Dienstleistungen, bei denen mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien der direkte physische Kontakt nicht mehr notwendig ist, mittels Export im Ausland angeboten werden. 255 Die Diensfleistung der Lehre kann als trennbare Dienstleistung verstanden werden. Einerseits kann die Diensfleistung in schriftlicher Form (beispielsweise als Skript) erbracht werden. In diesem Fall wfirde die Dienstleistung als Sachgut exportiert und vom Studierenden irn Ausland konsumiert, zs6 Andererseits kann die Dienstleistung durch Telemedien an einen anderen Ort iibertragen werden. Der Studierende wiirde in diesem Fall im Ausland beispielsweise mittels Videoiibertragung in einen H6rsaal die Dienstleistung konsumieren.
_,so Franck/Sch6nfelder (2000), S. 223. zsl Vgl. Eitelj6rge (1999), S. 30f. Dieses Kriterium wird auch als riiumliche 0bertragbarkeit bezeichnet. 252 Vgl. Smith (1776), S. 500ft. zs3 Sampson/Snape (1985), S. 173. 2s4 Diese Art von Diensfleistungen wird auch als veredelte Diensfleistungen bezeichnet. Vgl. Meyer (1996), S. 80ff. Damit wird die vormalige Diensfleistung auch transport- und lagerf:ihig. Vgl. Boddewyn/Halbrich/Perry (1986), S. 42. 25s Diese werden auch als Teleleistungenbezeichnet. Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003),S. 414. zs6 Hier wird nur die prinzipielle M6glichkeit der Trennung betrachtet. Aspekte eines vermuteten h6heren Wirkungsgrades dutch direkten Kontakt zwischen Professor und Student und beispielsweise die M6glichkeit der direkten Rfickfragewerden nicht berficksichtigt.
42
2 Deutsche Hochschulen und Strategie
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Trennung von Produktion und Konsum bei Bildungsdienstleistungen prinzipiell m6glich ist.2s7 Die Markteintrittsentscheidung deutscher Hochschulen ffir transnationale Studienangebote kann somit zwischen allen drei grundlegenden Formen erfolgen. 2.5
Zwischenfazit und weitere Vorgehensweise
Das Angebot transnationaler Hochschulausbildung steUt deutsche Hochschulen vor die Herausforderung, diese wettbewerbsf~ihig zu gestalten, um Ertr~ige zu generieren und langfristig im Wettbewerb zu bestehen. Aus Sicht des strategischen Managements ist dazu der Aufbau von Wettbewerbsvorteilen notwendig. Einen m6glichen Wettbewerbsvorteil kann die Organisationsstruktur darstellen. Dazu bedarf es im intemationalen Kontext der Wahl eines geeigneten institutionellen Arrangements und der Wahl des Grades der Leistungsfiefe f-fir das Angebot transnationaler Studien~nge. Dabei kann die Hochschule als Dienstleistungsuntemehmen prinzipieU auf alle Arten intemationaler Markteintrittsformen zurfickgreifen. Die weitere Vorgehensweise leitet sich aus dem bisher erl~iuterten Konzept der Notwendigkeit strategischen Handelns deutscher Hochschulen in einem Wettbewerbsumfeld, dem dargestellten Feld transnationaler Hochschulausbildung und dem Verst~indnis der Organisationsstruktur als m6glichen Wettbewerbsvorteil ab. In einem ersten Schritt werden die ffir die Untersuchung notwendigen theoretischen Grundlagen zur Wahl einer Organisationsstruktur dargestellt. Ausgehend vom Organisafionsproblem als Ausgangspunkt 6konomischer Erkl~irung und Gestaltung werden dazu in Kapitel 3 theoretische Ans~itze auf ihren Erkl~irungsbeitrag ffir das Untersuchungsobjekt hin untersucht. Vertiefend werden die Transaktionskostentheorie und die eklektische Theorie als grundlegende ISrkl~irungsans~itze dargestellt. Auf Basis der theoretischen Erkenntnisse wird in Kapitel 4 ein Erkl~irungsmodell transnationaler Studienangebote entwickelt. Mithilfe des Modells werden alternative Formen der organisatorischen Gestaltung transnationaler Studienangebote erl~iutert. Ein Zwischenfazit fasst die Erkennmisse zusammen und leitet auf die empirische Untersuchung der Einflussfaktoren auf die organisatorische Gestaltung fiber. Grundlage der empirischen Untersuchung bilden transnationale Studienangebote deutscher Hochschulen, die durch den DAAD gef6rdert werden. Ausgew~ihlte Projekte werden in einem zweiten Schritt in Kapitel 5 mit Hilfe von Fallstudien analysiert. Ziel ist die Gewinnung von Erfahrungswissen, das zur L6sung des Entscheidungsproblems beitragen und weitere Impulse ffir die zukfinffige Forschung generieren kann. Die Abstrakfion und VeraUgemeinerung der in der empirischen Untersuchung identifizierten Einflussfaktoren erfolgt in Kapitel 6.
zsv Auf aUe Dienstleistungenvon Hochschulen weitet Chipman sein Argument aus: ,,Every element of it, without exception, could be done by different people". (Chipman,1999,S. 179f.)
2.5 Zwischenfazit und weitere Vorgehensweise
43
In einem dritten Schritt werden in Kapitel 7 die theoretischen Erkennmisse und die Ergebnisse der empirischen Untersuchung mit dem Ziel der Ableitung von Gestalmngsempfehlungen zusammengeRihrt. Zuniichst wird dazu ein Gestalmngsmodell zur Wahl der Organisationsstruktur entwickeh. Das Kapitel schliel3t mit der Ableimng von Handlungsempfehlungen zur Gestaltung transnationaler Studienangebote deutscher Hochschulen. Abbildung 9 visualisiert noch einmal zusammenfassend das weitere Vorgehensmodell der Arbeit.
Theoretisches Vorverst~ndnis
TheoretischeGrundlagen
(Kapitel3) Erkl~irungsmodell transnationaler
Studienangebote (Kapitei 4) Empirische Untersuchung
Fallstudienanalyse ausgewShlter Projekte (Kapitel 5) Einflussfaktoren der organisatorischen Gestaltung (Kapitel 6)
Ableitung von
Gestaltungsempfehlungen
Gestaltungsmodell transnationaler Studienangebote (Kapitel 7.1 ) Handlungsempfehlungen f~r transnationale Studienangebote (Kapitel 7.2)
Abbildung 9: Vorgehensmodellder Arbeit.
3
Theoretische Grundlagen
Grundlegende Aufgabe der wissenschaftlichen Tiitigkeit ist die Erkennmisgewinnung. Geleitet durch ein bestimmtes Erkenntnisinteresse beziehungsweise-ziel werden dazu in der Betriebswirtschaftslehre verschiedene Erkennmisinstrumente auf die Erkenntnisgegenstiinde zur Anwendung gebracht, die einen Beitrag in zweierlei Hinsicht leisten sollen: einerseits sollen die in der Untemehmenspraxis zu beobachtenden Phiinomene erkliirt, andererseits Handlungsempfehlungen fundiert begriindet werden. (3konomisch-theoretische Ansiitze sind dazu geeignete Erkenntnisinstrumente, die im Sinne einer anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre sowohl ein Erkl~irungs- als auch ein Gestaltungsziel verfolgen. Im wissenschaftlichen Erkennmisfortschritt geht jedoch dem Gestaltungsziel das Erkl~irungsziel zwingend voraus. 2s8 Dieses Kapitel soil daher die zur Erkliirung alternativer Formen der organisatorischen Gestaltung transnationaler Smdienangebote notwendigen Theorieansiitze darsteilen. Im Besonderen soil hier auf die Wahl der Markteintrittsform und den Grad der vertikalen Leistungstiefe eingegangen werden. 3.1
Das Organisationsproblem als Ausgangspunkt 6konomischer Erkliirung und Gestaltung
Wirtschaftliches Handeln dient der Befriedigung menschlicher Bedfirfnisse. Da die meisten Gfiter dutch die Natur jedoch nicht in ausreichender Menge (noch in gewiinschter Form) bereitgestellt werden und gew6hnlich die subjektiven Bediirfnisse die vorhandenen Giitermengen iibersteigen entsteht Knappheit. Zur Minderung des Knappheitsproblems miissen daher die vorhandenen Giiter bestm6glich eingesetzt werden, um ein H6chstmaB der Bediirfnisbefriedigung zu erreichen. Den gr6Bten Beitrag dazu liefem Arbeitsteilung und Spezialisierung. 2s9 Jedoch wird damit nicht unbedingt das beste Ergebnis der Allokation knapper Ressourcen erzielt, vielmehr k6nnen M~ingel aus nicht realisierten Produktivit~itspotenzialen oder verlorenen Produktivit~itsgewinnen entstehen. Diese durch Arbeitsteilung und Spezialisierung entstehenden Probleme lassen sich in die Teilaspekte der Koordinations- und Motivationsm~ingel aufteilen. 26~ Die L6sung des so genannten Organisationsproblems, Gegenstand der Organisation, besch~iftigt sich mit der Bestimmung des geeigneten Grades an Spezialisierung, der Aufgabenteilung und der Koordination der Teilleistungen mit dem Ziel einer 6konomisch sinnvollen Kombination. 261 Dies
2ss Vgl. Picot/Diefl/Franck (2005),S. 27. 2s9 Die Grundidee von Arbeitsteilung und Spezialisierung kann auf Adam Smith zuriickgeffihrt werden, der den dabei entstehenden Produktivit~itsanstiegin einer Stecknadelmanufaktur untersuchte. Vgl. Smith (1776),S. 6ff. 260 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003),S. 26f. 261 Frese betont dabei die ad~iquate Zielausrichtung der Koordination von Einzelaktivit~itenauf ein iibergeordnetes Organisationsziel. Vgl. Frese (1998),S. 69.
46
3 Theoretische Grundlagen
steUt den Ausgangspunkt aUer 6konomischen Erkl~irungs- und Gestalmngsans~itze dar. 262 Da mit der L6sung des Organisationsproblems selbst jedoch wieder Ressourcen verbraucht werden, ist das zentrale Anliegen von Organisation die Maximierung des Wohlfahrtsgewinns, der Differenz aus Produktivit~itsanstieg dutch Arbeitsteilung und Spezialisierung und des Ressourcenverbrauchs durch Tausch und Abstimmung. 263 Organisation wird in diesem Zusammenhang als Mittel zur L6sung des Organisationsproblems verstanden. Der instrumentelle Organisationsbegriff sou zum Ausdruck bringen, dass die Unternehmung eine Organisation besitzt. Davon abzugrenzen ist der institutionelle Organisationsbegriff, der die Organisation als soziales System mit festgelegten Regeln und Normen beschreibt. Aus dieser Perspektive stellt die Untemehmung eine Organisation dar. TM Die zwischen den beiden Organisationsperspektiven existierenden Abh~ingigkeiten und Beziehungen bestimmen die Realit~it. Eine vollst~dige Erkl~irung dieser Realit~it c,der die Ableitung von Gestaltungshinweisen ohne Konzentration auf eine spezifische FragesteUung miissen zwangsl~iufig an der nicht zu beherrschenden Komplexit~it scheitem. Organisationstheorien bieten Orientierung in dieser komplexen Realit~it. Sie betonen spezifische, problemabh~ingige Faktoren und vemachl~issigen andere. Als Erkenntnisinstrumente des Wissenschaftlers werden sie auch mit den Werkzeugen eines Handwerkers verglichen, die erst in der Anwendung auf konkrete Fragestellungen ihre Nfitzlichkeit beweisen. 265 Die dargestellten Theoriefelder sollen dabei jeweils als einzelner Scheinwerfer ihr Licht auf den Untersuchungsgegenstand werfen. 266Je nach Scheinwerfer wird ein bestimmter Bereich erhellt, andere werden im Dunkel gelassen. Wie aber auf einer Theaterbiihne nur durch das Zusammenspiel mehrerer Scheinwerfer ein ffir den Zuschauer nachhaltiges Erlebnis entsteht, kann der hier vorliegende Untersuchungsgegenstand nut im Lichte aller Scheinwerfer ausreichend untersucht werden. 26v Ein 0berblick fiber die verschiedenen organisationstheoretischen Ans~itze soU jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. 268 Die Darstellung der theoretischen Ans~itze wircl daher in Abh~ingigkeit v o n d e r
vermuteten Erkl~irungskraft fiir das im Rahmen dieser Arbeit zu
untersuchende Erkenntnisobjekt gew~ihlt.
detailliert zur Entstehung des Organisationsproblems Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 26ff., Picot/Dietl/Franck (2005),S. 5ft.
262 VgL
263 VgL
Picot/Dietl/Franck (2005),S. 5.
264 Vgl. Picot (2005),S. 50. 26s Vgl. Picot/Dietl/Franck (2005),S. 24. 266 Vgl. dazu die Scheinwerfermetaphernach Kirsch/Esser/Gabele (1979). 267 Dies entspricht auch dem in der Wissenschaftstheorie geforderten "I]aeoriepluralismus. Vgl. Kieser/Kubicek (1992), S. 33. 26s Ffireinen Oberblickfiber Organisafionstheorien siehe ausffihrlich Kieser (2002b).
3.2 Der Situative Ansatz als fibergreifender Rahmen
3.2
47
Der Situative Ansatz als fibergreifender Rahmen
Ffir die Erkliirung der organisatorischen Gestalmng transnationaler Smdienangebote soU der situative Ansatz als fibergreifender Rahmen dienen. Dieser geht von der Annahme aus, dass die formale Organisationsstruktur Einfluss auf die Effizienz der Organisation hat. Jedoch wird ausgesehlossen, dass es eine unter allen Bedingungen vorteilhafte Organisationsstruktur gibt. Organisationseffizienz kann nut erreieht werden, wenn die Struktur der Situation angepasst wird. 269 Das Forschungsprogramm des situativen Ansatzes will den Zusammenhang zwischen der formalen Organisationsstruktur, den simativen Faktoren oder Einflussgr6Ben und der Organisationseffizienz herstellen. Zur Uberprfifung dieses Zusammenhangs sind drei Voraussetzungen zu schaffen: (1) die Operationalisierung der Organisationsstruktur durch Bestimmung geeigneter Variablen zur Beschreibung der Organisationsstruktur, (2) die Operationalisierung der situativen Faktoren dutch relevante Gr6Ben, die Unterschiede in Strukturen erkl~iren k6nnen und (3) die Operationalisierung des Verhaltens yon Organisationsmitg~edem und der Organisationseffizienz. 27~ Ffir die empirische Untersuchung wird im simativen Ansatz die Existenz eines Organisationsgestalters angenommen, der die Organisationsziele verfolgt und dazu aus verschiedenen Alternafiven die beste Organisationsstruktur wiihlt. Der Zielerreichungsgrad wird dabei als fiber die Organisationsstruktur beeinflusst angenommen. Uber alternative Organisafionsstrukturen erzielbare Wirkungen sind yon den simafiven Faktoren abhiingig, die somit als Restrikfion ffir m6gliche Gestalmngsmagnahmen zu verstehen sind. In Abhiingigkeit yon den zu erreichenden Zielen der Organisafion son folglieh eine Organisationsstruktur gewiihlt werden, die den h6ehsten Grad der Entsprechung mit der jeweiligen Situation aufweist. TM Zur Beschreibung der Situation kann eine Einteilung in interne und exteme Faktoren vorgenommen werden. Interne Faktoren sind die vonder Organisation selbst beeinflussbaren Gr6gen, wiihrend exteme Faktoren die aus dem Verhalten der Organisafionsumwelt resulfierenden Gr6Ben darstellen. 272 Letztere k6nnen noehmals in eine aufgabenspezifische Umwelt (taskenvironment) und eine globale Umwelt (macro-environment) untergliedert werden. 273 Die Einflussgr6gen der Situation sind dabei als ein offenes Konzept zu verstehen, das in Abhiingigkeit yon der zu erkliirenden Fragestellung auf Basis yon Plausbilitiitsannahmen fiber den vermuteten
Kieser (2002a), S. 169, Picot (2005), S. 59f. Zur Entstehung und Entwicklungdes situativen Ansatzes, der auch als Kontingenzansatzoder contingencyapproach bezeichnetwird, siehe Kieser (2002a),S. 45ff.
269 VgL
270 Vgl. Kieser (2002a),S. 171f. 271 Vgl. Kieser/Kubicek (1992), S. 59f. Dies wird auch mit dem Begriff des fit zwischen intemen und extemen Einflussgr6gen und der formalen Struktur der Organisationausgedrfickt. 272 Vgl.Kieser/Kubicek(1992),S. 208. 273 Vgl.Osbom/Hunt (1974), S. 231ff.
48
3 Theoretische Grundlagen
Zusammenhang definiert
wird. TM
Bei der Bestimmung relevanter Einflussgr6Ben haben sich
verschiedene Forschungsstr6mungen entwickelt, die jeweils andere situative Faktoren als fiir die Situation relevant betrachten
uncl in die weitergehende empirische Untersuchung mit
einbeziehen. 27s Der am situativen Ansatz geiibten Kritik des geringen Informationsgehaltes des durch empirische Untersuchungen gestiitzten Zusammenhangs zwischen Situation und Organisationsstruktur wird damit entgegengewirkt. 276 Die Definition der Untemehmensaufgabe als wesentliche Einflussgr6Be der Situation hat in der Literatur besondere Aufmerksamkeit gefunden. Diese auch als Sachziel bezeichnete Variable konkretisiert sich in Eigenschaften wie Strukturiertheit, Ver;,inderlichkeit, H~iufigkeit, Ahnlichkeit und Spezifit~it. In Summe bilclen diese als situationsspezifische Zusammensetzung den Parameter, clef die Wahl der Organisationsstruktur beeinflusst. 277 F/Jr die vorliegencle Untersuchung ergibt sich daher folgende Pr~imisse: Es gibt keine beste Form der organisatorischen Gestaltung transnationaler Studienangebote. Diese muss der jeweiligen Situation angepasst und im Hinblick auf die angestrebten Ziele ausgerichtet werden. Theoretische Erkl~rungsans~itze zur Formulierung von Markteintrittsstrategien miissen deshalb folgenden Anforderungen Geniige tragen: Diese sollen die Organisationsstruktur fiir den Markteintritt deutscher Hochschulen im Ausland beschreiben, situative Faktoren fiir die Wahlentscheidung im Hinblick auf die Aufgabe konkretisieren und Effizienzkriterien fiir die Beurteilung alternativer organisatorischer Strukturen festlegen. 3.3
Theoretische Erkl~irungsansiitze Ftir die Formulierung von Markteintrittsstrategien
Obwohl in der Managementliteratur die Wichtigkeit der Markteintrittsentscheidung hervorgehoben wird, ist die theoretische Fundierung des Entscheidungsproblems bisher noch nicht vollst~,indig gel6st. Urs~ichlich wird dafiir eine fehlende, in sich geschlossene Theorie der internationalen Unternehmenst~ifigkeit angefiihrt. 2v8 Aus der Literatur zum internationalen Management ergibt sich sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Darstellung m6glicher Markteintrittsstrategien in Auslandsm~irkte, als auch im Hinblick auf die Einflussfaktoren keine iibereinstimmende Sichtweise. 2v9 Inhaltlich unterscheiden diese in verschiedenen Kriterien zur Systemafisierung der Strategien (z.B. Intensit~it der Kapitalbindung, AusmaB der Kontrolle), in der Abgrenzung verschiedener Strategien zueinander (z.B. direkter
274 VgL
Kieser/Kubicek (1992),S. 205.
275 Fiireine Ubersicht situativer Einflussfaktoren siehe z.B. Kieser (2002a), S. 175. 276 Vgl.
Kieser (2002a),S. 184. Zur Kritik am situativen Ansatz siehe Kieser (2002a),S. 183ff.
277 Vgl. Mintzberg (1979), S. 222f., Kieser/Kubicek (1992), S. 226ff., Picot/Reichwalcl/Wigand (2003), Picot (2005), S. 61f. Mit dem Sachzielwird die sachlich-inhaldiche Komponente des Zielsystemsbezeichnet. In Abgrenzungclazu das Formalzielals 6konomisches Anspruchsniveau. Siehe dazu auch Kosiol (1966),S. 212f. 278 Vgl. Perlitz (2004),S. 115. 279 Vgl. clazuz.B. Root (1994), Kulhavy (1993), Perlitz (2004).
3.3 Theoretische Erkl~irungsans~itze fiir die Formulierung von Markteintrittsstrategien
49
und indirekter Export) und in der inhaltlichen Definition der Strategien. Die Wahl einer Markteintrittsstrategie wird in den einzelnen Erkl~irungsans~itzen je nach zugrunde liegendem Theoriefundament mit unterschiedlichen Altemativen und Betrachtungsebenen erkl~irt. Obwohl /ibereinstimmend die Eignung der Ans~itze fiir Sachgiiter und Dienstleistungen hervorgehoben wird, ist die prinzipielle Anwendung auf Entscheidungen von Markteintrittsstrategien fiir Dienstleistungsunternehmen nicht gew~ihrleistet. Erkl~irungsans~itze, die die Auslandstiitigkeit von Untemehmen und die Wahl einer bestimmten Markteintrittsform begriinden, finden sich in unterschiedlichen Teildisziplinen der Wirtschaftswissenschaften. Zun{ichst sind folgende Kategorien zu unterscheiden: (1) Theorien der Internationalisierung, die die Vorteilhaftigkeit einer bestimmten Markteintrittsform erkl~iren und (2) Theorien der Intemationalisierung, die zur Entscheidung zwischen allen drei grundlegenden Markteintrittsformen herangezogen werden k6nnen. (1) Zu den Theorieans~itzen der Intemationalisierung unter Beriicksichtigung einer bestimmten intemationalen Markteintrittsform z~ihlen die Theorien des intemationalen Handels (Erkl~irung der Vorteilhaftigkeit von Export), die Theorien der Direktinvestitionen im Ausland und die Theorien fiir den Abschluss von intemationalen Technologievertr~igen. Einen 0berblick fiber m6gliche Theorieans~itze zur Erkl~irung von Markteintrittsstrategien der jeweiligen Ans~itze und deren Vertreter gibt Abbildung 10. Diese Theorieans~itze erkl~iren jeweils die Bedingungen, die zur Wahl einer bestimmten Markteintrittsform fiihren. Theoden des internationalen Handels
Theorien der Direktinvestitionen im Ausland
Theorien for den Abschluss von intemationalen Technologievertr~igen
Theorie
Autor
Theorie
Autor
Theorie
Autor
Theorie der komparativen Kostenvorteile
Smith (1776)
Klassische Kapitaltheorie
Nurske (1934) Heidhues(1969)
Uberschuss-
Perlitz (1978)
Theorie der Faktor-Ausstattung
Ricardo(1821) Heckscher (1949)
Monopolistische Bain (1956) Theorie Hymer (1960)
Kindleberger (1969) Johnson (1970) Caves (1971)
Ohlin (1931)
Theorie der Posner (1961) technologischen Lindner(1961)
L~icke (Neo-
Grubel (1967)
Theorie des
Vernon(1966)
Parallelverhaltens
technologie)
Produktlebenszyklus-Theorie
Knickerbocker oligopolistischen (1973)
Behaviouristischer Ansatz
technologie Technologiegewinnung und
-sicherung
Lovell (1968) Pfordte(1974) Lutz (1997)
Unternehmensinteme bzw. -externe
(1995)
Restriktionen
Zentesl
Perlitz (1990) Komwachs
Swoboda/ Morschett (2004)
Kutschker/ Schmid (2005) Aharoni(1966)
Abbildung 10: Theorieans~itze zur Erkl~imng der Vorteilhaftigkeit bestimmter Markteintrittsformen.280 (2) Theorieans~itze, die zur Entscheidung zwischen allen drei grundlegenden Formen des Markteintritts herangezogen werden k6nnen, erkl~iren die Vorteilhaftigkeit anhand der Auspr~igung von
2s0 Ausfiihrlichzu den einzelnen~[heorieans~itzenvgl.Weiss (1996),S. 16ff., Perlitz (2004),S. 65ff. m.w.N.
50
3 Theoretische Grundlagen
Effizienzkriterien, die die Wahlentscheidung beeinflussen. Dazu werden als statische Theorien der Entscheidung zwischen alternativen Markteintrittsformen die Transaktionskostentheorie und in ihrer Weiterentwicklung die Intemalisierungstheorie sowie die Eklektische Theorie gez~ihlt. Das Uppsala-Modell der Intemationalisierung wird als dynamische Theorie der Intemafionalisierung bezeichnet. Aufgrund der Vielzahl der Erkl~irungsans~itze stellt sich zun~ichst die Frage der Auswahl eines geeigneten Theorieansatzes zur Erkl~irung und Analyse von Markteintrittsentscheidungen deutscher Hochschulen im Ausland. Ffir die vorliegende Untersuchung liegt der Fokus auf den Theorien zur Erkl~irung aller drei Markteintrittsstrategien, da nur mit diesen eine Entscheidung zwischen altemativen Formen des Markteintritts erkl~irt werden kann. Nachdem der erstmalige Eintritt deutscher Universit~iten in einen Auslandsmarkt betrachtet wird, werden die oben genannten statischen Theorien im Folgenden n~iher auf ihren Erkl~irungsbeitrag fiir die organisatorische Gestaltung transnafionaler Studienangebote hin untersucht. TM Mit der Markteintrittsstrategie wird die institutionelle Form zur Organisation einer gegebenen Aufgabe gew~ihlt. Als elementarer Erkl~irungsansatz soil daher zun~ichst die Transaktionskostentheorie diskutiert werden und auf ihre Anwendbarkeit ffir die vorliegende Arbeit untersucht werden. Die Transaktionskostentheorie gilt als elementarer Bestandteil des Theoriegeb~iudes der Neuen Institutionen6konomik. 282 Sie liefert wichtige Elemente zur Theorie der Organisation und kann zu Fragen der Organisationsgestaltung Hinweise geben. Zur Neuen Institutionen6konomik z~ihlen weiterhin die Property-Rights-Theorie und die Agency-Theorie. 283 Bevor jedoch auf die Transaktionskostentheorie n~iher eingegangen wird, soil zuvor zur besseren Einordnung ein 0berblick fiber das Theoriegeb~iude der Neuen Institutionen6konomik, deren Bestandteile und zugrunde liegenden Annahmen gegeben werden. 3.4
Das Theoriegeb~iude der neuen Institutionen6konomik
Die Neue Institutionen6konomik gilt als Teilgebiet der Neuen Theorie der Organisation, die sich mit der 6konomischen Analyse von Institutionen und deren effizienter Gestaltung besch~iftigt. TM
2st Dementsprechend wird die dynamische Theorie zur Erkl~irung von Markteintrittsentscheidung nicht beriicksichtigt. Diese Theorie gibt einen Erkl~irungsbeitrag zur Entwicklung von Markteintrittsformen multinationaler Untemehmen im Zeitvedauf. Vgl.Johanson/Vahlne (1977),Johanson/Vahlne (1990). 28., Verfiefendzur Neuen Institufionen6konomiksiehe z.B. Richter/Furubotn (2003). 2s3 Die Property-Rights-Theorie besch~iffigt sich mit der Auswahl effekfiver und effizienter Verfiigungsrechtestrukturen fiir die Abwicklungvon Leistungsbeziehungeninnerhalb und zwischen Untemehmen sowie auf M~irkten. Siehe dazu Furubom/Pejovich (1972), Alchian/Demsetz (1973), Furubom/Pejovich (1974), Dietl (1993), Picot/Dietl/Franck (2005), S. 46ff. Anwendungsbereich der Agency-Theorieist die Analyse der Effizienz- und Anreizwirkungen unterschiedlicher Vertragsdesigns. Siehe dazu Ross (1973),Jensen/Meckling (1976), Eisenhardt (1989a), Died (1993), S. 131-153, Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 55-60, Picot/Dietl/Franck (2005), S. 72ff. 284 Als Neue Theorie der Organisation ziihlen neben der Neuen Institutionen6konomikdie Forschungsgebieteder neuen politischen Okonomik, der 6konomischen Analyse des Rechts und die neue 6sterreichische Schule. Vgl. Richter (1994), S.3.
3.4 Das Theoriegeb~iude der neuen Institutionen6konomik
51
Darin finden sich die Teilstr6me der Transaktionskostentheorie, der Verfiigungsrechtetheorie (auch Property-Rights-Theorie) und der Okonomischen Vertragstheorie (auch Agenturtheorie oder Agency-Theorie). Zur neuen Theorie der Organisation z~ihlen weiterhin der neue institutionalistische Ansatz in der Wirtschaftsgeschichte und in der polifischen ()konomie, die Verfassungs6konomik, die neue 6sterreichische Schule (auch Neo-Austrian-Economics) und die evolutorische Wirtschaftstheorie. 28s Die Teilstr6me der Neuen Institutionen6konomik steUen jedoch kein einheitliches Theoriegeb~iude dar, vielmehr werden insbesondere die Ans~itze der Transaktionskostentheorie, der Property-Rights-Theorie und der Agency-Theorie als grunds~itzlich gegenseitig iibedappend, teilweise jedoch er~nzend beziehungsweise sich unterscheidend dargestellt. 286 Die neue Insfitufionen6konomik trifft zwei Grundannahmen zu Insfitufionen: ,,institutions (1) matter and (2) are susceptible to analysis ''287. Der Begriff der Institution wird in der Neuen Institutionen6konomik verstanden als "...ein auf ein bestimmtes Zielbiindel abgestelltes System yon Normen einschlieBlich deren Garantieinstrumente, mit dem Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu steuem. ''288 Konkrefisiert bedeutet dies, dass Insfitufionen als Koordinafions- und Mofivationsinstrumente wie Vertr~ige, Regeln oder Gesetze wirken k6nnen. Andererseits k6nnen Insfitufionen aber auch kooperafive Gebilde wie Untemehmen, V e r b ~ d e oder Staaten darsteUen, in denen Individuen eingebunden sind. 289 Der Begriff der Institution ist daher in den einzelnen Ans~itzen sehr welt gefasst, letztendlich aber immer mit der Funkfion verhaltensstabilisierender Mechanismen verbunden, um beispielsweise die Koordinafion arbeitsteiliger Leistungserstellung zu erleichtem. 29~ Menschliches Verhalten wird damit als durch Institutionen koordiniert und gelenkt betrachtet. Im Unterschied zur Neoklassik werden in der Neuen Insfitutionen6konomik die prim~iren Annahmen der Existenz homogener Giiter, kostenloser Verfiigbarkeit aller Informafionen und der objekfiven Rafionalit~it der Wirtschaftssubjekte aufgegeben. Ersetzt wird dies durch eine Modellvorstellung ,,... in der unvollkommene Akteure, Menschen mit begrenzter Rationalit~it und Moral, in ihrem 6konomischen Handeln aufeinander angewiesen sind. ''291 Zudem erfolgt die Analyse
28s Vgl. zu den einzelnen Teilgebieten einfiihrend und mit Verweis auf die Hauptvertreter der einzelnen Ansiitze Richter/Furubotn (2003), S. 33. Der Begriff der Neuen Institutionen6konomik wiederum geht zuriick auf WiUiamson. Vgl. WiUiamson (1975), S. 1. Picot/Dietl/Franck (2005), S. 46. Diese drei zentralen Ansiitze der Neuen Institutionen6konomik werden auch als Organizational Economics bezeichnet. Vgl. Ebers/Gotsch (1999), S. 199.
286 Vgl.
287 Mathews (1986), S. 903. 288 Richter (1994), S.4. 289 Vgl. Picot/Died/Franck (2005), S. 9f. 29o Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 38. 291 Picot/Dietl/Franck (2005), S. 45. Williamson bezeichnet deswegen die Neue Institutionen6konomik auch als Theoriegebiiude, in der menschliches Verhalten relativ realitiitsnah modelliert wird. Vgl. Williamson (1991b), S. 79.
52
3 Theoretische Grundlagen
nicht mehr auf Ebene der Organisation, sondem verschiebt sich auf die Ebene des Entscheidungstr~igers mit eigenen (mit denen der Organisation durchaus unterschiedlichen) Zielen. 292 AUe Ans~itze der Neuen Institutionen6konomik basieren auf weitgehend identischen Verhaltensannahmen hinsichtlich der den Akteuren unterstellten Eigenschaften: begrenzter Rationalit;,it, individueller Nutzenmaximierung und opportunistischem Verhalten. 293 Zus~itzlich untersteUt Williamson den Akteuren Risikoneutralit~it in Bezug auf ihre Handlungen. TM Die Annahme einer begrenzten RationalitY,it (manchmal auch als beschr~inkte RationalitY,it bezeichnet) beschreibt den Umstand, dass Individuen aufgrund begrenzter Informationsaufnahmeund Informationsverarbeitungskapazit~,iten streng rationale Entscheidungen nut eingeschr~,inkt treffen k6nnen. 295 Daneben behindem rein pragmatische, sprachliche Barrieren den Erwerb vollst~,indiger Informationen. 296 Die M6glichkeit, rationale Entscheidungen zu treffen, wird zudem durch (subjekfive oder objektive) Unsicherheit fiber zukfinftige Ereignisse und dem Verhalten nicht in Verhandlungen beteiligter Dritter behindert. 297 Im Unterschied zur vollkommenen Rationalit~it strebt der Mensch demnach nicht nach vollstiindiger Informationsversorgung, vollst~indiger Bewertung aller Handlungsaltemativen und der Erreichung maximaler Zielbetr~ige, sondem gibt sich mit einem zumindest zufrieden stellenden Informationsstand und dadurch resultierenden Handlungsergebnissen zufrieden, ags Ebenso wird dem Menschen eine individueUe Nutzenmaximierung unterstellt. 299 Im Sinne einer offenen Nutzenfunktion wird darunter die Verfolgung individueller Pr~iferenzen verstanden. In der Folge begrenzter RationalitY,it k6nnen bei interdependenten Handlungen zwischen Individuen Handlungsspielr~iume entstehen, die - unter der Annahme individueller Nutzenmaximierung- zu opportunistischem Verhalten fiihren k6nnen. 3~ Dabei verfolgen "6konomische Akteure (nicht immer, aber manchmal) ihre eigenen Interessen auch zum Nachteil Anderer und unter Missachtung sozialer Normen"301 um ihren eigenen Nutzen zu erh6hen. Damit wird auch die Existenz
292 Dies wird als sogenannter methodologischer Individualismus bezeichnet. Ziele werden nur dem handelnden Entscheidungstriiger und nicht einem Kollekdv von Individuen zugeschrieben. Vgl. Knudsen (1995), S. 189, Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 44. 293 Vgl. WiUiamson (1990), S. 50. In friiheren Schriften hat Williamson mit der sog. atmosphere noch eine vierte Verhaltensannahme eingeffihrt (Vgl. WiUiamson, 1973, S. 317). In neueren Arbeiten zur Transakfionskostentheorie wird diese Annahme nun den Umweltmerkmalen zugerechnet. Ebenfalls wurde der Begriff der dignity eingeffihrt und diskufiert (Vgl. WiUiamson, 1986, S. 177f.). In der Literatur wurde jedoch diese Annahme nicht mehr aufgegriffen und sou im Folgenden unbeachtet bleiben. 294 Im Vergleich zu den anderen Verhaltensannahmen ist diese kontrafaktisch und wird nur getroffen, um die Argumentation zu vereinfachen. Vgl. Williamson (1985), S. 388f. 295 ,,intendendly rational, but only limitedly so" (Simon, 1976, S. xxviii). Vgl. Elster (1987), S. 67ff. 296 Vgl. Wagner (2004), S. 46. 297 Vgl.
Ripperger (1998), S. 22.
29s Vgl. Burr/Musil/Stephan/Werkmeister (2005), S. 5. 299 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 44f. 30o Williamsonbezeichnet Opportunismus als "self-interest seeking with guile" (WiUiamson,1991b, S. 79). ~1 Picot/Died/Franck (2005), S. 58f.
3.5 Transaktionskostentheorie
53
von Verhaltensrisiken begriindet, die durch opportunistisches Verhalten und der daraus entstchenden Option eines Schadens durch strategisches Verhalten entsteht. 3~
3.5
Transaktionskostentheorie
Ausgangspunkt der Entwicklung der 'Fransaktionskostentheorie ist die Fragestellung, warum Untemehmen existieren. Coase geht dieser Frage in seinem Aufsatz aus dem Jahr 1937 nach und zeigt, dass die Nutzung des Marktmechanismus unter bestimmten Voraussetzungen Kosten - sogenannte Transaktionskosten - generiert, die h6her sind als diejenigen, wenn die gleiche Transaktion unternehmensintern 0aierarchisch) koordiniert wird. >3 In den 1970er Jahren wircl diese Fragestellung vor allem durch Williamson nochmals aufgegriffen und zu einer eigenst~indigen Theorie ausgebaut. TM Ubergreifend kann die Transaktionskostentheorie als ein mikroanalytisches Instrumentarium gesehen werden, um instimtionelle Strukturen zu erkl~iren. Mit deren Hilfe k6nnen Gestaltungsempfehlungen fiir die Strukturierung von Transaktionen unter Effizienzkriterien abgeleitet werden. Strukturen uncl Prozesse werclen im Transaktionskostenansatz clann als effizient bezeichnet, wenn die dabei entstehenden Transaktionskosten minimiert sincl. 3.5.1
Die Entstehung von Transaktionskosten
Als kleinste Einheit sozio-6konomischer Aktivit~it wird in der Transaktionskostentheorie die Transaktion als die ,,ultimate unit of activity ''3~ betrachtet. Genauer wird mit einer Transaktion die lDbertragung von Verfiigungsrechten - property-rights - an Ressourcen, Sachgiitern oder Dienstleistungen zwischen zwei 6konomischen Akteuren (zun~ichst Individuen, aber auch organisierte Gebilde wie Unternehmen oder der Staat) bezeichnet. Transaktionskosten entstehen somit grunds~itzlich bei der Bestimmung, cler lDbertragung und cler Durchsetzung von Verfiigungsrechten. Dabei wird mit einer Transaktion nicht clef physische Leismngsaustausch selbst, sonclern die clem I,eistungsaustausch zeitlich und logisch zu trennencle Verhandlung und Organisation desselben verstanclen. 3~ Als Transaktionskosten werden somit die bei wirtschafflichen Handlungen entstehenden Informations- und Kommunikationskosten betrachtet, ,,die bei der Anbahnung, Vereinbarung,
~2 Vgl. Ripperger (1998), S. 23. 303 Vgl. Coase (1937). Fiir die Einfiihrung des Konzepts der Transaktionskosten und der Verfiigungsrechte fiir die institutionelle Struktur und das Funktionieren der Wirtschaft wurde Coase 1991 der Nobelpreis fiir Wirtschaftswissenschaften verliehen. ~ Vgl. Williamson (1975), Williamson (1990). 30s Commons (1932), S. 4. Der yon Williamson verwendete Transaktionsbegriff unterscheidet sich teilweise in dem von Commons verwendeten. Vgl. dazu Ramstad (1996). 306 Vgl. Tietzel (1981), S. 207ff., Picot (1991b), S. 145f. Hier wird auch die Verwandtschaft der Transaktionskostentheorie zur Verfiigungsrechtetheorie sichtbar.
54
3 Theoretische Grundlagen
Abwicklung, KontroUe und Anpassung wechselseitiger Leistungsbeziehungen auftreten"~7. Diese werden auch als Koordinationskosten bezeichnet, da sie fiir die Durchfiihrung einer Transaktion sowohl bei der Koordination von Leistungsbeziehungen auf Miirkten als auch im Untemehmen durch hierarchische Koordination entstehen. 3~ Arrow bezeichnet Transaktionskosten deshalb auch als ,,costs of running the economic system"3~ Von den Transaktionskosten sind die im Produktionsprozess anfallenden Produktionskosten abzugrenzen, die bei dem bewerteten Verzehr von Produktionsfaktoren bei Erstellung betrieblicher Leistungen entstehen. 31~ Bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit altemativer institutioneller Arrangements werden diese jedoch zu den anfallenden Transaktionskosten hinzugerechnet. 311 Zur differenzierten Betrachtung k6nnen Transaktionskosten anhand der einzelnen, zeitlich aufeinander folgenden Phasen bei der Ubertragung yon Verffigungsrechten in Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Abwicldungs-, KontroU- und Anpassungskosten unterschieden werden. 312 Eine weitere Unterscheidung teilt Transaktionskosten in ex-ante und ex-post der lJbertragung des einzelnen Verffigungsrechts anfaUende Kosten ein. 313 Im Unterschied zur Verfiigungsrechte- und Agenturtheorie wird in der Transaktionskostentheorie die Bedeutung der ex-post Transaktionskosten betont, da m6gliche Probleme im Verlauf der Austauschbeziehung yon den Transaktionspartnern meist nicht voUstiindig antizipiert werden k6nnen und Vertriige folglich unvoUstiindig bleiben. 314 Hier werden insbesondere drei Kostenarten genannt: Kosten der l~lberwachung und Absicherung der Einhaltung der Vereinbarungen, Kosten der L6sung yon Konflikten fiber die Interpretation und Erffllung der Vereinbarung und Kosten yon Nachverhandlungen. Neben den bereits dargestellten Verhaltensannahmen (sogenannte Humanfaktoren) der Neuen Institutionen6konomik wird die H6he der Transaktionskosten zusiitzlich durch die Charakteristika der Transaktion und die einem bestimmten institutionellen Arrangement inhiirenten Eigenschaften beeinflusst. 31s
307 Picot/Dietl (1990), S. 178. 3o8 Vgl. Windsperger (1983), S. 896. 3o9
Arrow (1969), S. 48.
3t0 Vgl Heinen (1991), S. 59f. Heinen ffihrt hier Personalkosten, Materialkosten, Abschreibungen und Maschinen an, die wertmiiBigin der Kostenrechnung erfasst werden. 311 Vgl.Williamson(1985), S. 22. 3t2 Vgl. Picot/Died/Franck (2005), S. 57. 3t3 Vgl. z.B. WiUiamson (1985), S. 22, Schuhmann (1987), S. 213. 314 Vgl. Ebers/Gotsch (1999), S. 226. 3ts Aufgrund der weit gefassten Definition von Transaktionskosten sind dabei nicht nur die in monetiiren Einheiten messbaren Kosten sondem auch weitere, schwer zu quantifizierende Kosten zu beriicksichtigen. Ansiitze der erweiterten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung steUen diese Gr6Ben differenziert dar. Vgl. dazu z.B. Reichwald/H6fer/Weichselbaumer (1996). Picot und Dietl weisen jedoch darauf hin, dass die genaue H6he weder absolut noch direkt quantifiziert werden muss. Eine indirekte Bestimmung fiber Eigenschaften der Transaktion und
3.5 Transaktionskostentheorie 3.5.2
55
Merkmale von Transaktionen
Transaktionskosten k6nnen durch die der Transaktion zugrunde liegenden Umweltmerkmale und der Transaktionskostenatmosph~ire beeinflusst werden. Als Umwcltmerkmale werden die Spezifit~it, die Unsicherheit, die strategischen Bedeutung und die l Eiufigkeit der Transaktion unterschieden. Mit dem Begriff der Spezifit~it wird der Grad der Ressourcenbindung an eine bestimmte Verwendungsart bezeichnet. 3~6Als MaBeinheit f/Jr die Spezifit~it wird auch das Konzept der so genannten quasi Rente verwendet. 317 Damit wird der Wertverlust zwischen der erst- und zweitbesten Verwendung einer Ressource bezeichnet. Dutch spezifische Investitionen in eine Ressource steigt die gegenseitige, restriktive Bindung der Transaktionspartner dutch die damit ansteigende QuasiRente. 318 Diese integrierende Wirkung stellt gleichzeitig ein potenzielles Diskussionsobjekt dar, wenn die Transaktionspartner zu opportunistischem Verhalten neigen. Die Erh6hung der Spezifit~it der Leismngsbeziehung im Laufe des Vertragslebens (beispiclsweise dutch spezifische Investitionen) fiihrt dann dazu, dass Meinungsverschiedenheiten der Vertragspartner nicht mehr dutch einen Wechsel des Transaktionspartners gel6st werden k6nnen. 319 Da zudem h~iufig eine der beiden Parteien dutch h6here spezifische Investitionen in die Transaktion eingebunden ist, ergibt sich f/Jr die andere Partei unter Umst~inden die M6glichkeit eines Raubfiberfalls. 32~ Die gef~ihrdete Partei wird daher versuchen, dutch vertragliche Regelungen eine Austauschbeziehung zu schaffen, die auf Kontinuit~it ausgelegt ist. TM Weiterhin k6nnen vertiefend vier Teilaspekte der Spezifit~it nach Williamson unterschieden werden: 322 (1) standortspezifische Investifionen, z.B. Invesfifionen in Immobilien, (2) anlagenspezifische Investitionen, z.B. Investitionen in spezifische Maschinen und Technologien, (3) Invesfifionen in spezifisches Humankapital, z.B. Invesfitionen in spezifische Mitarbeiterqualifikationen, und (4) abnehmerspezifische Invesfitionen, z.B. Investitionen in nicht-spezifische Maschinen, die nut fiir die Transaktion mit einem Abnehmer get~itigt werden und nach Abschluss der Transaktion als 0berkapazit~iten verbleiben.
der Vergleich altemativer institufionellerArrangements seien ausreichend, um die effizienteste Koordinationsform zu bestimmen. Vgl. Picot/Diefl (1990), S. 183. 316 Alchianbezeichnet die Faktorspezifit~itals wichtigste Eigenschaft einer Transaktion. Vgl. dazu Alchian (1984). 317 Vgl. z.B. Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 298ff., Picot (1993), Sp. 4198. 318 Die Ver~inderung der Spezifitiit der Leistungsbeziehung in der Vertragslaufzeit bezeichnet Williamson als fundamentale Transformation (Vgl.Williamson, 1990, S. 70). 319 Vgl. Diefl (1991), S. 95f. Ein Wechsel des Vertragspartnerswfirde 6konomisch zu kostspielig. 320 Vgl. Richter (1994), S. 18f. Mit dem sogenannten RaubiiberfaU (hold-up) wird das ex-post opportunistische Verhalten bezeichnet, dem Partner mit der gr6Beren spezifischen Invesfifiondessen Quasi-Rente zu rauben. 321 Vgl.Williamson (1981), S. 1545. 322 Vgl. im Folgenden Williamson (1989), S. 143, Picot/Dietl/Franck (2005), S. 60. Die Teilaspekte treten meist in Kombination, und nicht in Reinform, bei einer gegebenen Transaktion auf.
56
3 Theoretische Grundlagen
Aus Sicht der Transaktionskostentheorie wird daher mit steigendem Grad der Spezifit~it eine hierarchische Koordination einer Leistungsbeziehung als geeigneter erscheinen. Je niedriger die Spezifit~it, desto eher wird sich eine marktliche Koordinationsform anbieten, da zudem der Anbieter der Leistung unter Umst~inden Produktionskostenvorteile (Lemeffekte, Spezialisierungsvorteile) ausnutzen kann. 323 Das Umweltmerkmal der Unsicherheit bei Transaktionen kann grunds~itzlich in zwei Formen auftreten: TM (1) Exogene Risiken, die von keiner der Vertragsparteien beeinflusst werden k6nnen. Dies betrifft insbesondere unerwartete Entwicklungen, die bei Vertragsschluss nicht absehbar sind. 325 (2) Verhaltensunsicherheit aufgrund m6glichem oppormnistischen Verhalten eines Transakfionspartners. 326 Diese kann wiederum unterschieden werden hinsichtlich der Unsicherheit, ob und wie ein Transakfionsparmer seine Verpflichmngen erfiillen kann (Adverse Selection Problem), erfiillen wird (Moral Hazard und Hold Up Problem) sowie erfiillt hat. 327 Mit steigender Unsicherheit steigen damit sowohl ex-ante als auch ex-post Transaktionskosten. Ex-ante miissen von den Transakfionspartnem mit zunehmender Unsicherheit eine h6here Anzahl von Evenmalit~iten beriicksichtigt werden. Ex-post nimmt mit steigender Unsicherheit auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass Vertragskondifionen aufgrund ge~inderter Bedingungen, die in unvollst~indigen Vertr~igen nicht beriicksichfigt wurden, anzupassen sind. Dies stellt bei unspezifischen Transakfionen kein Problem dar, da Anpassungen (beispielsweise der Wechsel des Vertragspartners) ohne oder mit relafiv geringen Kosten m6glich sind. Bei spezifischen Invesfifionen entsteht jedoch die Notwendigkeit einer Entwicklung yon Anpassungsmechanismen, die die H6he der Transakfionskosten insgesamt steigert. Um die Transakfionskostentheofie besser auf strategische Fragestellungen anzuwenden, erweitert Picot die Systemafik der Umweltmerkmale um das Kriterium der strategischen Bedeutung. 32a Eine Transakfion ist dann als strategisch bedeutend einzustufen, wenn diese zur Differenzierung des Untemehmens von Wettbewerbem beitr~igt und der Geheimhaltung bedarf. Im Hinblick auf die Wettbewerbsposifion der in der Transakfion verffigten Ressource k6nnen bei gleichzeitig vorliegender Spezifit~it und strategischer Bedeutung die der Transaktion zugrunde liegenden F~ihigkeiten auch als Kemkompetenz interprefiert werden. 329 Fiir die Wahl des insfitufionellen Arrangements bedeutet dies, dass Transaktionen mit hoher strategischer Bedeutung m6glichst hierarchisch organisiert werden sollten.
323 WgL Picot (1982),S. 272.
324 Vgl. Ehrmann (1989),S. 27. 325 Vgl.Died (1991),S. 108. 326 Vgl.
Williamson(1990),S. 55 u. S. 66.
327 Wgl.
Ebers/Gotsch (1999),S. 229.
32a Vgl.Picot (1991a),S. 346. 329 Vgl. dazu den Ansatz der Kemkompetenzenyon Prahalad/Hamel (1990). Damit wird auch die Bedeumngder Transakfionskostentheorieffir den Bereichdes strategischenManagementsdeutlich.
3.5 Transaktionskostentheorie
57
Die H~iufigkeit der Transaktion stellt streng genommen kein eigenst~,indiges Kriterium fiir die Entscheidung fiber ein institutionelles Arrangement dar und wird daher mit nachrangiger Bedeutung bewertet. 33~ Es besteht jedoch die M6glichkeit, fiber das Merkmal der H~iufigkeit die Amortisationszeit von Absicherungsmechanismen (beispielsweise Kosten ffir MonitoringmaBnahmen aufgrund opportunistischen Verhaltens) zu verkiirzen und damit die Vorteilhaftigkeit neoklassischer und relationaler Vertr~ige zu erh6hen. TM Merkmal ist daher eigentlich nicht die H~iufigkeit selbst, sondem vielmehr das Produkt aus Wert (Produktionskosten der zugrunde liegenden Leistung) und Anzahl der Transaktionen. Neben diesen Umweltfaktoren beeinflusst zus~itzlich die Transaktionskostenatmosph~ire die H6he der Transaktionskosten. Mit diesem Begfift werden soziale, rechtliche und technologische Faktoren bezeichnet, die f-fir die Organisation einer Leistungsbeziehung von Bedeutung sind. 332 Diese sind wiederum durch unterschiedliche Auspr~igungen von Koordinations- und Motivationsinstrumenten in unterschiedlichen Kulturen gepr~igt.333 3.5.3
Merkmale institutioneller Arrangements
Im Ansatz der Transaktionskostentheorie werden alternative institutionelle Arrangements auf Basis vertragstheoretischer Betrachtung unterschieden. TM Alle Ubertragungen von Verffigungsrechten basieren demnach auf impliziten oder expliziten Vertr~igen, die in drei F o r m e n - klassisch, neoldassisch und relational- unterschieden werden und jeweils ein bestimmtes institutionelles Arrangement begrfinden. 33s Neben den beiden Formen der marktlichen Transaktion und der Koordination durch Hierarchie k6nnen hybride Organisationsformen zur Abwicklung der Transaktion herangezogen werden. TM In der Transaktionskostentheorie werden insfitufionelle Arrangements in zwei Dimensionen charakterisiert: (1) die grundlegende rechtliche Vertragsform, die den Austausch explizit oder implizit begriindet und (2) die dutch die Transaktionspartner vereinbarten Sanktionsmechanismen, um Meinungsverschiedenheiten in der Austauschbeziehung zu 16sen. Klassische Vertr~ige sind durch eine Zeitpunktorientierung gekennzeichnet. Leistung und Gegenleistung fallen bei diesem Typ zeitlich zusammen und k6nnen im Zeitpunkt des Vertrags-
3~ Vgl. Picot (1993), Sp. 4201. 331 Vgl.
W~lialnson (1990), S. 69.
332 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 52. 333 Vgl.
Kieser/Kubicek (1992),S. 260ff.
334 In der Sichtweise von Williamson wird der Mensch daher pfim~ir als Sch6pfer von Vertr~en bezeichnet. Vgl. Williamson (1990), S. 49. 33s Im Transaktionskostenansatz wird dabei der Vertragstypologiedes amerikanischen Rechtssoziologen Macnell gefolgt. Siehe dazu Macneil (1974), MacNeil (1978). 336 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 52f. Eine ~ihnliche Einteilung trifft Richardson: "Co-ordination ... can be effected in three ways; by direction, by co-operation, or through market transactions." (Richardson, 1972, S. 890).
58
3 Theoretische Grundlagen
schlusses eindeutig spezifiziert werden. 33v Die Identit~it der Vertragsparmer ist unerheblich, da weder vorausgegangene noch zukiinftige Beziehungen den eigentlichen Vertragsschluss beeinflussen. 338 Meinungsverschiedenheiten der Vertragspartner k6nnen durch weitgehend formalisierte Vertragsbedingungen vor Gerichten gekl~irt werden. Beispiele fiir klassische Vertr~ige sind einfache Kaufvertr~ige fiber Standardgiiter, wie beispielsweise der Kauf eines Buches. Dutch klassische Vertr~ige k6nnen daneben auch Transaktionen mit zeitlich auseinander fallender Leistung und Gegenleistung abgewickelt werden. Voraussetzung ist jedoch ebenfaUs die vollst~indige Erfassung aller m6glichen zukiinffigen Umweltzust~inde im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dutch klassische Vertr~ige werden Transaktionen koordiniert, die dem institutioneUen Arrangement des marktlichen Austauschs entsprechen. 339Als Koordinationsform dient dabei der vereinbarte Kaufpreis. Bei neoklassischen Vertr~igen k6nnen im Unterschied zu klassischen Vertr~igen nicht alle zukiinftigen Umweltzust~inde antizipiert werden. Als Ergebnis wird daher ein unvollst;,indiger Vertrag geschlossen, der nach Vertragsschluss bei sich ver~demden Umweltbedingungen gegebenenfalls angepasst wird. Die Identit~it der Vertragsparmer ist im Unterschied zum klassischen Vertrag von Bedeutung, da die Vertragsparmer mittelfristige Beziehungen eingehen und die Leistungsbeziehung nicht ohne Schaden fiir beide Seiten aufgel6st werden kann. 34~Aufgrund dieser teilweise offenen Vertragskonstruktion ist die Abwicklung der Transaktion nicht zeitpunktorienfiert, sondem auch nach Vertragsschluss durch Entscheidungen, Abstimmungen und Kooperationen der Vertragspartner gepr~igt.TM Auftretende Meinungsverschiedenheiten werden daher zun~ichst fiber Drittparteien, wie beispielsweise Ombudsm~inner, gel6st, bevor diese an Gerichte verwiesen werden. 342 Mittels neoklassischer Vertragsbeziehungen werden hybride Formen institutioneller Arrangements begrfindet. 343 Dabei existiert eine Vielzahl von Auspr>agungen, wie beispielsweise langfristige Liefervertr~ige oder Entwicklungskooperationen zwischen zwei Untemehmen. Als Koordinationsmechanismus dient eine Mischung aus dem Preis und den Weisungen eines Transakfionsparmers gegeniiber dem anderen Partner. Relationale Vertr~ige sind durch die voUst~,indige Aufl6sung des diskreten Charakters der Transaktion gekennzeichnet. Zudem wird ex-ante eine noch offenere Annahme hinsichtlich zukiinftiger Umweltzust~inde und hinsichtlich Leistung und Gegenleistung getroffen, die in eine langfristige Austauschbeziehung zwischen den Vertragspartnem mfindet. In relationalen Vertr~igen
337 Vgl.
Picot/Reichwald/Wigand(2003),S. 43. Dies entspricht auch dem Vertragsvers6indnisim jufisfischen Sinne.
33s Vgl.Macneil (1987),S. 275. 339 Vgl.Williamson(1985),S. 69. 340 Vgl.Picot/Dietl/Franck (2005),S. 17. 341 VgL
Ebers/Gotsch (1999),S. 231.
342 Aufgrund der unvollst~indigenBeriicksichtigungaller Umweltzust~indewiire die Anrufung eines Gerichts nicht nut zu aufw~indigund zu langwierig. Es wfirde auch der Abbruch der laufenden Geschiiftsbeziehungdrohen. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2005),S. 17. 343 Vgl.Williamson(1985),S. 74f., 326ff.
3.5 Transaktionskostentheorie
59
ersetzen daher inforrnale, implizite Annahmen die in klassischen und neoklassischen explizit festgeschriebenen Vereinbarungen und bilden eine komplexe Sozialbeziehung beider Vertragspartner. TM
Aufgrund
der
fehlenden
Explizierung
k6nnen
relationale
Vertr~ige bei
Meinungsverschiedenheiten weder gerichtlich noch durch Dritte oder nut unter groBen Schwierigkeiten gel6st werden. Durch relationale Vertragsformen wird die institufioneUe Form der Abwicklung von Transaktionen in Organisationen (hierarchische Koordinationsformen) begriindet. 34s Typische Beispiele daffir sind unbefristete Arbeitsverhiiltnisse. Als zentraler Koordinationsmechanismus fungiert dabei das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Die verschiedenen institutionellen Arrangements sind nun zu unterscheiden in Bezug auf die Kosten, die in ihnen fOr die Abwicklung von Transaktionen und die L6sung der damit verbundenen Transaktionsprobleme (Opportunismus- und Informationsprobleme) entstehen. Unterschiede in den Kosten entstehen in der Ausgestaltung des institutionellen Arrangements, des Anreizes fOr sparsamen Ressourceneinsatz und der H6he der dutch die L6sung von Transaktionsproblemen entstehenden Kosten, die jeweils dutch opportunistisches Verhalten und dutch begrenzte Rationalitiit der Transaktionspartner entstehen. 346 Die H6he der Kosten der Absicherung gegen opportunistisches Verhalten wird durch die in dem jeweiligen institutionellen Arrangement realisierten Grad der Anreizintensitiit und dem AusmaB der Verhaltenskontrolle determiniert. Damit sind Anreize gemeint, die den Nutzen beziehungsweise die Kosten opportunistischen Verhaltens beeinflussen beziehungsweise als direkte Kontrolle auf das Verhalten der Transaktionspartner einwirken. Begrenzte Rationalitiit der Transaktionspartner und somit unvollstiindige, der jeweiligen Transaktion zugrunde liegende Vertriige fOhren zu nachtriiglichen Verhandlungen fiber die Austauschbedingungen. Die H6he der Kosten solcher ex-post Verhandlungen wird dutch die Anpassungsf~ihigkeit des institutionellen Arrangements determiniert. Neben diesen drei Einflussfaktoren auf die Effizienz der Abwicklung und Organisation sind daneben noch die Kosten der Etablierung und Nutzung des institutionellen Arrangements selbst mit einzubeziehen. 347 Marktliche Austauschbeziehungen sind durch die direkte Kopplung von Leistung und Gegenleistung und deren einfache, monetiire Bewertbarkeit dutch starke Anreizmechanismen gekennzeichnet. Beide Transaktionspartner haben ein Interesse, ihre Ressourcen so effizient wie m6glich einzusetzen, da jede Nutzensteigerung der Transaktion den Transaktionspartnern direkt zugute kommt. Aufgrund der bei klassischen Vertragsbeziehungen geringen Spezifitiit der Leistungen, der einfachen Vergleichbarkeit der Vorteilhaftigkeit alternativer Transaktionspartner und des damit entstehenden Konkurrenzdrucks wird das Interesse der effizienten Abwicklung der Transaktion noch gesteigert. Dutch die fiber die einzelne Transaktion hinausgehende, fehlende
344 Vgl.MacNeil(1978). 345 Vgl.Williamson(1985),S. 75ff. 346 Vgl.im FolgendenEbers/Gotsch (1999),S. 232ff. 347 Vgl.
Williamson(1991b),S. 277ff.
60
3 Theosetische Grundlagen
Bindung der Transaktionspartner und der Wirksamkeit des Preismechanismus besitzt die marktliche Austauschbeziehung einen hohen Grad autonomer Anpassungsf~ihigkeit, da jeder Transaktionsparmer sein Verhalten eigensgindig auf ge~inderte Rahmenbedingungen hin anpassen kann. 348 Die eindeutige Definition von Leistung und Gegenleistung fiihrt dazu, dass die Kosten der Etablierung und Nutzung der marktlichen Austauschbeziehung, sowohl Vereinbarung als auch Uberwachung und Durchsetzung der Vertragserfiillung, gering sind. Im Gegensatz dazu ist die hierarchische Koordination der Transaktion komplexer ausgestaltet. Infolge yon Mess- und Zurechnungsproblemen sind Leistung und Gegenleistung meist nicht unmittelbar und direkt miteinander gekoppelt. Dies fiihrt zu einer im Vergleich zur marktlichen Transaktion wesentlich schw~icher ausgepr~igten Anreizintensit~it, die dutch die fehlende direkte Konkurrenz weiter geschw~icht wird. Kosten entstehen dann dutch Implementierung von Systemen zur internen Leistungsverrechnung und ~nlicher Steuerungs- und Anreizsysteme wiederum zur Steigerung des Anreizintensit~it. Ebenso wirkt die Problemafik der fehlenden direkten Leistungsmessung auf das opportunistische Verhalten der Transaktionspartner ein. Diese k6nnen beispielsweise versuchen, eine geringere als die vereinbarte Leistung zu liefem und dennoch die voile Gegenleismng entgegen zu nehmen. 349 Kontroilsysteme zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens wirken wiederum auf das Kostenniveau des institutioneilen Arrangements ein. Die beschr~inkte Wirkung des Preismechanismus kann gleichfalls Effizienz mindemd wirken, da beispielsweise Allokationsentscheidungen in Organisationen politisiert und nicht streng effizienzorientiert gef~illt werden. 3s~ Zudem besitzen bei hierarchischer Koordination die Eigentfimer der Organisation oder deren Beauftragte die Verfiigungsgewalt fiber Inputfaktoren und k6nnen bei ver~inderten Bedingungen notwendige Anpassungen leicht umsetzen (so genannte bilaterale Anpassungsf~ihigkeit). TM Im Unterschied zu marktlichen Allokationen miissen daher keine neuen Vertr~ige mit den Transaktionspartnern (den Arbeimehmem) getroffen werden. Aufgrund der h6heren Spezifit~it der Leistungsbeziehung und der damit verbundenen komplexeren vertraglichen Beziehung des Transaktionspartner sind jedoch die Kosten der Etablierung und Nutzung des institutionellen Arrangements im Vergleich zur marktlichen Koordination ungleich h6her. Hybride Formen institutioneller Arrangements sind gekennzeichnet durch eine unterschiedlichc Mischung der marktlichen und hierarchischen institutionellen Kontroll- und Regelungsmechanismen. Je nach Auspr~igung der hybriden institutionellen Form werden diese unterschiedlich stark ausgepr~igt sein. Im Bezug auf die vier Einflussgr6Ben der Effizienz der Abwicklung und Organisation nehmen diese daher eine Mittelstellung zwischen Markt und Hierarchie ein. 352
34s Vgl. WiUiamson (1991b), S. 278. Die Neoklassik geht davon aus, dass Preise aUe zur Koordinafion einer Transaktion relevantenInformationen reflekfieren:,,at any time prices fully reflect all availableinformation" (Fama, 1970, S. 383). 349 Vgl.
Ebers/Gotsch (1999),S. 233.
3s0 Vgl.WiUiamson(1985),S. 148ff. 3sl Vgl.WiUiamson(1991b),S. 278ff. 3sz Vgl.Williamson(1991b),S. 281.
3.5 Transaktionskostentheorie
61
Abbildung 11 fasst die Auspr~.gungen der die Kosten beeinflussenden Charakteristika altemativer instimtioneller Arrangements nochmals zusammen.
Markt
Hybride Formen
Hierarchie
Anreizintensit~lt
Ausmal~ der Verhaltenskontrolle
Anpassungsf~lhigkeit - Autonom -
Bilateral
Kosten der Etablierung u n c l
,,,,,
Nutzung
(+: Stark, o: Mittel; -. Schwach)
Abbildung 11" Kostenrelevante Charakteristika ahernativer institutioneller Arrangements. 3s3 Aus den Erkenntnissen der Transaktionskostentheorie kann nun mit den Charakteristika einer gegebenen Transaktion, unter den oben angefiihrten Verhaltens- und Umweltannahmen, eine Wahl des institutioneUen Arrangements getroffen werden, unter dem die Transaktion am effizientesten organisiert und abgewickelt werden kann. 3.5.4
Erkl~imng des optimalen vertikalen Integrationsgrades
Neben dem Erkl~irungs- und Gestahungspotenzial fiir die optimale Organisation von Leismngsbeziehungen hat sich das Anwendungsfeld der Transaktionskostentheorie, ausgehend v o n d e r urspriinglichen Erkl~irung der Existenz von Untemehmen, umfassend ausgeweitet. In der jiingsten Zeit z~ihlt dazu die Erkl~irung des Wegfalls von Untemehmensgrenzen, die Entwicklung hin zur grenzenlosen Untemehmung, aber auch die Ableitung von Gestahungshinweisen zur internen Organisationsgestahung und Gestahungshilfen fiir verteihe Aufgabenentwicklung mit der Unterstiitzung transaktionskostensenkender Informafions- und Kommunikationssysteme. TM Fiir die vorliegende Arbeit ist die Anwendung der Transaktionskostentheorie im Hinblick auf den optimalen vertikalen Integrationsgrad von besonderer Bedeutung. 3ss Diese Fragestellung wird
353 Nach Williamson (1991a), S. 281, Ebers/Gotsch (1999), S. 234. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 55. WiUamson fiihrt an, dass die Transaktionskostentheorie auf jedes Problem anwendbar ist, welches als Vertragsproblem darstellbar ist. Vgl. Williamson (1985), S. 91. Damit sind neben 6konomischen Transaktionen auch Austauschbeziehungen mit sozialem Charakter, wie beispielsweise Partnerschaften, einer transaktionskostentheoretischen Analyse prinzipiell zu#nglich. Vgl. dazu z.B. Pies/Leschke (1998).
354 Vgl.
3ss Vgl. z.B. WiUiamson (1971), Klein/Crawford/Alchian (1978), Picot (1991a). Empirische Untersuchungen sind beispielsweise zu Themen der Vorw~irtsintegration (Anderson/Schmittlein, 1984) und der Riickw~irtsintegrafion (Monteverde/Teece, 1982) ver6ffentlicht worden. Eine 0bersicht der empirischen Forschung zur Vertikalen Integration bieten z.B. Picot/Franck (1993), Ebers/Gotsch (1999), S. 240.
62
3 Theoretische Grundlagen
auch unter dem Themenkomplex der Eigen- und Fremderstellung, der make-or-buy Entscheidung oder der Gestaltung der Leistungstiefe behandelt. Dabei soll im Untemehmen eine Entscheidung hinsichtlich der jeweils effizientesten Integrationsform von Leistungsbeziehungen zwischen der Untemehmung und ihren Lieferanten und Kunden getroffen werden. Im Sinne der Transaktionskostentheorie werden neben vollstiindig integrierten (Hierarchie) und vollstiindig desintegrierten (Markt) Transaktionspartnern Formen mittlerer vertikaler Integration (hybride Koordinafionsformen) unterschieden. Die Leistungstiefenoptimierung, die Wahl der jeweils effizientesten Einbindungsform, vollzieht sich daher in einem Kontinuum, das zwischen dem Marktbezug und der Eigenerstellung angesiedelt ist. Abbildung 12 veranschaulicht dieses Kontinuum anhand alternativer Formen der Ferfigungsfiefe bei Industriebetrieben. Als Systematisierungskriterium wird der Grad beziehungsweise die St~irke der vertikalen Integration zwischen den beteiligten Transaktionspartnem gew~ihlt.3s6
Eigenentwicklung und Eigenerstellung Kapitalbeteiligung an Lieferanten / Abnehmern Lieferantenansiedlung Entwicklungskooperation Langzeitvereinbarungen
abnehmender vertikaler Integrationsgrad
JahresvertrSge Spontaner Einkauf am Markt
Abbildung 12: Beispiele fiir Entscheidungsalternativen der Fertigungstiefenoptimierung.357 Die aus solchen Entscheidungen resultierende Leistungstiefe eines Untemehmens wird als strategischer Themenkomplex verstanden, deren Auswirkungen die wettbewerbsstrategische Position grundlegend beeinflusst. 3ss Aufgrund der weit reichenden Konsequenzen, die sich beispielsweise auf die Kapitalbindung und die H6he der Kosten des Untemehmens auswirken, wird diese Entscheidung auch als ,,origin~ire Aufgaben der Untemehmensleistung''3s9 bezeichnet. Auf Basis der Transaktionskostentheorie entwickelt Picot einen Analyserahmen zur Ableitung von Strategieempfehlungen hinsichtlich des optimalen vertikalen Integrationsgrads. 36~ Als vorrangige Eigenschaften werden die Spezifit~it und die strategische Bedcutung einer Transakfion
3s6 Vgl. Picot/Diefl/Franck (2005), S. 68. Diese steUtjedoch nur eine m6glicheTypologiezur Systematisierungder in TransakfionsbeziehungenverwendetenKoordinations- und Mofivationsinstrumentedar. 3s7 Nach Picot (1991a),S. 340. 3ss Vgl.Picot (1991a),S. 338f. 3s9
Picot (1991a),S. 339.
36o Vgl.im FolgendenPicot (1991a),S. 345ff., Picot/Franck (1993),S. 188ff.
3.5 Transaktionskostentheorie
63
bezeichnet. Ein niedriger vertikaler Integrationsgrad, der Marktbezug, ist dann von Vorteil, wenn sowohl die Spezifit~it als auch die strategische Bedeutung gering sind. Mit zunehmender Spezifitiit und zunehmender strategischer Bedeutung w~ichst die Vorteilhaftigkeit eines hohen verfikalen Integrationsgrades, also einer hierarchischen Koordination. Die marktliche Koordination w~ire in diesem Fall aufgrund hoher Spezifikation und deshalb notwendiger schriftlicher Fixierung aller Transaktionsparameter und Eventualit~iten zu kostspielig. Als unterstiitzende Eigenschaften beeinflussen die Unsicherheit und die H~iufigkeit ebenfalls die Wahl der Integrationsform. Steigende Unsicherheit und H~iufigkeit sind hier ebenfalls Indikatoren der Vorteilhaftigkeit hierarchischer Koordinationsformen. Ceteris paribus sind bei gleich bleibender Spezifit~it die Transaktionskosten der hierarchischen Koordination somit niedriger als bei marktlicher Koordination. Diesen Zusammenhang zwischen Transaktionskosten und Spezifit~it und der Vorteilhaftigkeit alternativer Koordinationsformen veranschaulicht Abbildung 13. Transaktionskosten Markt
Hybrid
Hierarchie
Spezifit~t Abbildung 13: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifit~itsgrad und Integrationsform. 361 3.5.5
Erkliirung der Markteintrittsentscheidung von Dienstleistungsuntemehmen
Die Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die Markteintrittsentscheidung ist in der Literatur welt verbreitet. 362 Zur grunds~itzlichen Entscheidung zwischen alternativen Formen des Markteintritts wird die Transaktionskostentheorie prinzipiell als geeignet bewertet, zur Wahl des effizienten KontroUgrads wird ihr jedoch die Eignung abgesprochen. 363 Ebenfalls wird angemerkt, dass zur Wahlentscheidung nicht nur die marktliche Effizienz, sondem auch die strate-
36t In Anlehnungan WiUiamson(1991a),S. 284. 362 Vgl. z.B. Anderson/Gafignon (1986), Anderson/Coughlan (1987), Gatignon/Anderson 0988), Klein (1989), Klein/Frazier/Roth (1990). 363 Vgl.Gafignon/Anderson (1988).
64
3 Theoretische Grundlagen
gische Effizienz als Kriterium heranzuziehen ist. TM Die reine Betrachtung der H6he der Transaktionskosten muss also um die strategische Relevanz der jeweiligen Leistung er~nzt werden. 36s Eine grunds~itzliche Entscheidung fiber die LeistungsersteUung im Inland oder im Ausland kann ebenfalls nicht durch die Transakfionskostentheorie unterstfitzt werden, da in diesem Fall keine Transakfionskosten- sondem eine Produktionskostenproblematik behandelt
w i r d . 366
Mit der
Transaktionskostentheorie kann daher eine vollst~indige Wahlentscheidung zwischen allen drei grundlegenden Markteintrittsformen nicht getroffen werden. Darfiber hinaus wird in der neuen Literatur argumentiert, dass Dienstleistungsunternehmen auf die Einflussgr613en der Transaktionskostentheorie in anderer Weise als produzierende Unternehmen reagieren. 367 Die Spezifika von Dienstleistungen bedingen beispielsweise, dass das Kriterium der Verhaltensunsicherheit in viel gr613erem Mal3e und das Kriterium der Transaktionskostenatmosph~ire in viel kleinerem Mal3e Einfluss auf die H6he der Transaktionskosten nimmt. Zur Anwendung auf Dienstleistungsuntemehmen wird deshalb gefordert, die Theorie zu modifizieren. Auf Basis einer empirischen Untersuchung modellieren Brouthers und Brouthers die Wahlentscheidung ffir Dienstleistungsuntemehmen an zwei Kxiterien der Dienstleistung: (1) der Spezifitiit und (2) der Verhaltensunsicherheit: 36s (1) Spezifit~it bei Dienstleistungen ist gekennzeichnet dutch einen hohen Grad an professionellen F~igkeiten, wie beispielsweise Beratungsdienstleistungen. Diese k6nnen nur durch mehrj~ihrige Ausbildung erworben werden und sind mit spezifischen Investitionen in Humankapital verbunden. Gleichzeitig sind solche Dienstleistungen gepr~igt durch spezialisiertes Wissen, das nur in sehr spezifischen F~illen angewandt werden kann, und einem hohen Grad der Anpassung der Dienstleistung an einen oder mehrere Kunden. 369 Unternehmen mit hochspezifischen Dienstleistungen besitzen daher selbst eine hohe Spezifit~it, da diese zur Produktion und zum Angebot spezifischer Dienstleistungen hohe Investitionen t~itigen mfissen. Je h6her nun der Grad der Spezifit~it der Dienstleistung und des Unternehmens ist, desto vorteilhafter erscheint die Markteintrittsform der internafionalen Direktinvestitionen, je niedriger der Grad der Spezifit~it desto vorteilhafter erscheinen intemationale Vertragsformen. (2) Die gleiche Entscheidungsrichtung wird aus der Verhaltensunsicherheit abgeleitet. Je h6her die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens, der begrenzten Rationalit~it von Entscheidungen und des Risikos, desto mehr Aufwendungen mfissen ffir die Kontrolle der Vertragspartner aufgewendet werden, die Transaktionskosten steigen. In diesem Fall erscheint ebenfalls die Markteintrittsform der intemationalen Direklinvestitionen vorteilhaft.
364 Vgl. ErramiUi/Rao (1990),S. 22. 36s In der Theorie der Intemalisierungwird diese Forderung teilweiseumgesetzt,siehe dazu Buckley (1990), S. 658ff. 366 Vgl. Hennart (1989), Erramilli/Rao (1993), S. 20. 367 Vgl.
Brouthers/Brouthers (2003).
36s Vgl.im FolgendenBrouthers/Brouthers (2003),S. 1180ff. 369 Vgl.
Erramilli/mao(1993),S. 23.
3.6 Eklektische Theorie
65
Niedrige Verhaltensunsicherheit bedingt dagegen eine Vorteilhaftigkeit intemationaler Vertragsformen. Die Vorteilhaftigkeit einer altemativen intemationalen Markteintrittsform bei Leistungserstellung im Ausland kann somit fiber die H6he der Transaktionskosten beurteilt werden. Folgt man der Argumentation, kann der Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifit~it und den beiden altemativen Markteintrittsformen wie in Abbildung 14 dargestellt, verstanden werden. Transaktionskosten Intemationale
Vertragsformen
Internationale Direktinvestitionen
Spezifitat
Abbildung 14: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifit~itsgrad und Markteintrittsformen mit Leistungserstellung im Ausland. Die Transaktionskostentheorie aUein scheint demzufolge nicht geeignet, um Gestaltungsempfehlungen fiir Markteintrittsentscheidungen zu geben. Auf Basis der Transaktionskostentheorie kann somit keine Wahlentscheidung zwischen den drei grunds~itzlichen intemationalen Markteintrittsformen von Dienstleistungsuntemehmen getroffen werden. Deren Anwendung auf die Wahl der effizienten vertikalen Integrationsform ist jedoch auch im intemationalen Kontext m6glich. 37~Zudem bildet sie einen wichtigen Baustein fiir die Eklektische Theorie. 3.6
Eklektische Theorie
Die Eklektische Theorie erkl~irt alternative Formen des Markteintritts anhand der Bedingungen, die Untemehmen zur Wahl einer bestimmten Form beeinflussen. Der Ansatz, der auf die Arbeiten von Dunning zurfickzufiihren ist, wurde von ihm selbst wiederholt iiberarbeitet und er~nzt. 371 Der Ansatz basiert auf der Theorie der Internalisierung (die wiederum auf dem Transaktionskostenansatz basiert) und verkniipft Argumente aus den Theoriestr~ingen der Industrial-
370 WgL Hill/Hwang/Kim (1990),S. 118.
371 Vgl.Dunning (1977),Dunning (1980),Dunning (1988).
66
3 Theoretische Grundlagen
Organization, der Theorie der Untemehmung und der Standorttheorie. 372 Der Begriff eklektisch soU dies zum Ausdruck bringen. 373 3.6.1
Wahl der Markteintrittsform
Die Wahl einer Markteintrittsform wird von drei Vorteilskategorien beeinflusst, die gleichzeitig die Einbindung der oben angefiihrten drei Theoriestriinge darsteUen. 3v4Unterschieden werden (1) Eigentums- und/oder Wettbewerbsvorteile (Ownership-advantages), (2) Intemalisierungsvorteile (Intemalisation-advantages) und (3) Standortvorteile (Location-specific-advantages). 3vs (1) Mit der Kategorie der Eigentums- und Wettbewerbsvorteile wird erkl~irt, aus welchen Griinden ein Untemehmen grundsiitzlich die Entscheidung fiir einen intemationalen Markteintritt trifft. 376 Damit werden zuniichst die Voraussetzungen fiir die Internationalisierung des Unternehmens und das Vorliegen eines Wettbewerbsvorteils gegenfiber ausl~indischen Wettbewerbem geschaffen. Dunning unterscheidet drei Eigentumsvorteile: 3vv Besitz oder Zugang zu exklusiven Produktionsfaktoren, Ressourcenbestiinde des Heimatuntemehmens gegeniiber neu eintretenden Wettbewerbem im Auslandsmarkt und Eigentumsvorteile aus der geographischen Diversifikation des Untemehmens, wie beispielsweise die Verringerung des untemehmerischen Risikos. (2) Die Vorteile, die aus der intemen Abwicklung von Transakfionen heraus entstehen, werden unter der Kategorie der Intemalisierungsvorteile betrachtet. Die Wahl zwischen marktlicher und hierarchischer Koordination wird aus der H6he der Transaktionskosten abgeleitet. Dazu ziihlt Dunning auch die Durchfiihrung von Akfivitiiten, die der Markt nicht effizient genug bereitsteUt. (3) Mit Standortvorteilen sind diejenigen Faktoren bezeichnet, die die Entscheidung fiir einen bestimmten Standort im Ausland determinieren. 3v8 Diese sind an den Standort gebunden und k6nnen nur dort ausgenutzt werden: beispielsweise die natiirliche Ressourcenausstattung, wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder die vorhandene Infrastruktur, aber auch Faktoren wie die kulturelle Distanz. Auf Basis der drei Vorteilskategorien kann nun eine Entscheidung hinsichtlich der Markteintrittsform getroffen werden. 3v9 Gmndsiitzlich muss zuniichst ein Eigentums- oder Wettbewerbsvorteil
372 Vgl.
Teece (1986),S. 22.
373 Dunning verwendet in sp~iteren Arbeiten den Begriff des eklektischen Paradigmas (genauer: Faktorausstattung/ Marktversagen-Paradigma der intemationalen Procluktion, vgl. Dunning, 1988, S. lff.) um zum Ausdruck zu bringen, dass sein Ansatz kein in sich geschlossenes Theoriegeb~iudedarstellt, sondem vielmehr einen generellen Bezugsrahmen, der alternative Markeintrittsformen abbilden soU.Vgl. Kutschker/Schmid (2005),S. 452. 374 Vgl. Burr/Musil/Stephan/Werkmeister(2005),S. 321, Kutschker/Schmid (2005), S. 453. 37s Nach den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe ist die Theorie auch unter dem Namen OLl-Paradigma bekannt. 376 Vgl.
Kutschker/Schmid (2005),S. 454.
377 Vg|.
Dunning (1981),S. 27.
378 VgL
Dunning (1988), S. 4f.
379 Vgl.
im Folgenden Perlitz (2004), S. 110, Kutschker/Schmid (2005),S. 454s
3.6 Eklektische Theorie
67
vorliegen, ohne den eine Intemationalisierung der Untemehmenstiifigkeit nicht vorteilhaft ist. 38~ Liegen dariiber hinaus keine Intemalisierungs- oder Standortvorteile vor, dann kann das Unternehmen den Eigentumsvorteil nicht besser als Dritte verwerten, und es wird eine vertragliche Ressourceniibertragung an Parmeruntemehmen empfohlen (internationale V ertragsformen). Die Markteintrittsform des Exports wird empfohlen, wenn zusiitzlich ein Intemalisierungsvorteil besteht, der Standort im Ausland jedoch keinen Vorteil gegeniiber der Leistungserstellung im Inland besitzt. Fiir das Unternehmen wiire es dann von Nachteil, die Leistungserstellung an ein Partnerunternehmen im Ausland zu iibertragen oder eigene Ressourcen im Ausland zu investieren. Die Entscheidung fiir intemationale Direktinvestitionen wird empfohlen, wenn neben Eigenturns- und Internalisierungsvorteilen auch Standortvorteile im Ausland realisiert werden k6nnen. Abbildung 15 stellt diesen Zusammenhang zwischen Vorteilskategorien und Markteintrittsform nochmals dar.
Vorteilskategorie Eigentums-/ Wettbewerbsvorteile Intemationale
Vertragsformen
Intemalisierungsvorteile
Standortvorteile
Nein
Nein
Exporte
Nein
Intemationale Direktinvestitionen
Ja
Abbildung 15: Markteintrittsformen in Abhiingigkeitder Vorteilskategorien.TM Mit dem Spektrum aller Markteintrittsformen schafft es die eklektische Theorie, eine vollst~dige Erkliirung der Intemationalisierungstiitigkeit von Untemehmen zu geben. Somit wird auch die Beschriinkung monokausaler Erkliirungsansiitze hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit meist nut einer Markteintrittsform zumindest teilweise iiberwunden. 3sz Der integrative Charakter erlaubt es Dunning zudem, die Theorie auch auf aktuelle Str6mungen der wissenschaftlichen Diskussion zu
3so Vgl.Dunning (1989),S. 10ff. 3sl
In Anlehnungan Peditz (2004),S. 110.
3s2 Vgl.Kutschker/Schmid (2005),S. 457.
68
3 Theoretische Grundlagen
erweitem, wie beispielsweise die Bedeutung der dynamischen Betrachtung 3s3 oder die Rolle von Ressourcen und Netzwerkbeziehungen bei der IntemationalisierungTM. Die Kritik der eklektischen Theorie richtet sich in erster Linie an die unscharfe Abgrenzung der einzelnen Vorteilskategorien und die zu geringe empirische Uberprfifung des Ansatzes: 3ss ,,the simple differentiations between location effect und intemalisation are in practice highly complex. First, comparative costs are not easily calculable or obvious .... Second, the costs and benefits of intemalisation are nebulous and difficult to measure. ''3s6 Kfitik wird auch an der dem Ansatz zugrunde liegenden Annahme eines homo oeconomicus und dem damit vemachliissigten verhaltenswissenschaftlichen Aspekt geiibt. 3.6.2
Anwendung auf die Markteintrittsentscheidung von Diensfleistungsunternehmen
Da die Theorie ursprfinglich nur ffir die Anwendung auf Industrieuntemehmen konzipiert wurde, sind die meisten der empirischen Untersuchungen in der Vergangenheit nur mit herstellenden Unternehmen, nicht jedoch mit Dienstleistungsuntemehmen durchgefohrt. 3sv Eine prinzipielle ll)bertragung der Theorie auf Dienstleistungsunternehmen wird dennoch bejaht. 3ss Die Notwendigkeit einer Modifikation der Theorie for Dienstleistungsuntemehmen wird in der Literatur jedoch nicht eindeutig beantwortet. Vereinzelt wird dies verneint und eine Ubertragung ohne gr613ere Anderungen empfohlen. 3s9 Andere Autoren argumentieren for eine 0bertragung nur mit Modifikationen. 39~ So wird die Annahme prinzipieU hoher Kosten der Integration for Dienstleistungsunternehmen in Frage gestellt. Aul3er bei der Verwendung kapitalintensiver Anlagen zur DienstleistungsersteUung, wie beispielsweise bei Fluglinien oder Hotels, seien diese eher gering. Es seien daher weitere Vorteilskriterien zur Erkl~irung von Markteintrittsentscheidungen bei Dienstleistungsuntemehmen notwendig. Diese umfassen beispielsweise die Kapitalintensit~it der Produktion, den Grad der Untrennbarkeit von Produktion und Konsum, die explizite Beriicksichtigung kultureller Distanz als eigener Faktor oder die Firmengr613e.TM Ein dritter Ansatz in der Literatur macht die Ubertragung von der Art der Dienstleistung abh~ingig. Ffir Diensfleistungen, bei denen die Produktion und der Konsum grunds;,itzlich trennbar sind, sei die eklektische Theorie anwendbar. Bei nicht trennbaren Dienstleistungen, bei denen Simultaneit~it von
383 Vgl.
Dunning (1993),S. 277-281.
384 Vgl.Dunning (2000). 38s Vgl.Macharzina(2003),S. 844. 386 Buckley/Pass/Prescott(1990),S. 30. 387 Vgl.Ekeledo/Sivakumar(2004),S. 69. 388 Vgl. Boddewyn/Halbrich/Perry (1986), S. 42ff. Kritikpunkt ist jedoch die Vernachl~issigungin Bezug auf Markteintrittsformen, die yon Diensdeistungsuntemehmen hiiufig angewandt werden, wie beispielsweise die Bindung ~iberVe~riige (Lizenz-und Franchisingvertriige). 389 Vgl.Agarwal/Ramaswami(1992). 390 Vgl. ErramiUi(1990),Erramilli/Rao (1990),ErramiUi/Rao (1993). 391 Vgl.
im FolgendenErramilli/Rao (1993),S. 22ff.
3.7 Zwischenfazit: Erkl~irungsbeitrag der Theorieans~itze auf das Entscheidungsproblem
69
Produktion und Konsum vorherrschen, kann die eklektische Theorie nicht angewendet werden, da fOr diese Leistungen die Option des Exports nicht darstellbar sei.392 3.7
Zwischenfazit: Erkliirungsbeitrag der Theorieans~itze auf das Entscheidungsproblem
Zusammenfassend ist festzustellen, dass kein allgemein giiltiger Theorieansatz for die Wahl einer Markteintrittsstrategie existiert. 393 Die genannten Modelle beriicksichtigen zwar eine Reihe von Faktoren, diese sind jedoch nicht vollst~,indig und k6nnen aufgrund der Komplexit~it der Markteintrittsentscheidung vermutlich auch nie Vollst;,indigkeit erlangen. Die genannten Faktoren geben jedoch Hinweise auf die strukturierte Vorgehensweise und liefern Tendenzaussagen bei der Wahl einer Markteintrittsform. Im Sinne des simativen Ansatzes mfissen jedoch fOr die spezifische Entscheidungssimation die situativen Faktoren und die zu erreichenden Ziele bei der Entscheidung mit beriicksichtigt werden: "The difficulty ... is that situation is dynamic and the determinants of choice of optimal market servicing strategy are continually shifting ''394. Zur weiteren Erkl~imng soil auf Basis der theoretischen Erkenntnisse daher im n~ichsten Abschnitt ein Modell fOr die organisatorische Gestaltung transnationaler Studienangebote entwickelt werden.
392 Vgl.
Boddewyn/Halbrich/Perry(1986), Erramilli/Rao (1990), Erramilli/Rao (1993).
393 Vgl.auch Kutschker/Schmid (2005),S. 904. 394 Buckley/Pass/Prescott(1990),S. 30.
4
Erkliirungsmodell transnationaler Studienangebote
F/Jr die Erkl~imng der organisatorischen Gestaltung transnafionaler Studienangebote soil in diesem Abschnitt ein Modell entwickelt werden. Dieses verbindet die theoretischen Erkenntnisse hinsichtlich der Wahl der Leistungstiefe und der Wahl der internationalen Markteintrittsform. Anhand des Modells k6nnen alternative Formen transnationaler Smdienangebote erkl~irt werden. Zun~ichst werden dazu die beiden Dimensionen des Modells mit den jeweiligen Einflussfaktoren erF,iutert. Die Zusammenffihrung der Dimensionen erm6glicht dann eine Systematisierung organisatorischer Gestaltungsm6glichkeiten transnationaler Studienangebote. 4.1
Dimensionen des Modells
Das ModeU soil die Ausfiihrungen zu altemativen Formen des internationalen Markteintritts und den dargesteilten theoretischen Grundlagen auf das Erkenntnisobjekt anwenden. Mithilfe des Modells soilen alternative Formen von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland anhand zweier Dimensionen erkl~irt werden: dem vertikalen Integrationsgrad der Leistungserstellung und der intemationalen Markteintrittsform. Die Dimension des vertikalen Integrationsgrades soll die Leistungsbestandteile der transnationalen Studienangebote darstellen, die dutch die deutsche Hochschule im In- oder Ausland erbracht werden. Die zweite Dimension veranschaulicht die drei grunds~itzlichen Formen des internationalen Markteintritts mit ansteigendem Kontroil- und Steuerungsgrad. 4.1.1
Wahl der Markteintrittsform
Mithilfe der eklektischen Theorie kann eine Entscheidungsunterstfitzung hinsichtlich der Markteintrittsform in Abh~ingigkeit von den drei Vorteilskategorien getroffen werden. Die grunds~,itzliche Entscheidung f/jr eine Internationalisierung wird aus dem Eigentumsvorteil heraus abgeleitet. Bei Hochschulen kann dieser beispielsweise durch den Besitz von exklusiven Produktionsfaktoren, wie Hochschuilehrern oder schwer explizierbarem Wissen, begriindet werden. 39s Das Vorliegen dieser Eigenschaft soil im Weiteren dutch die Annahme einer bereits erfolgten Entscheidung hinsichtlich des prinzipieilen Angebots transnationaler StudienK,inge dutch die deutsche Hochschule als gegeben betrachtet werden. Intemalisierungsvorteile leiten sich aus der Effizienzsteigerung dutch die interne Abwicklung von Transaktionen ab. Diese werden erreicht, wenn die hierarchische Koordination von Transaktionen zu einem niedrigeren Transaktionskostenniveau gegen/jber der marktlichen Koordination fiihrt. Mit dem Vorliegen eines Internalisierungsvorteils wird nach der eklektischen Theorie die Form des Exports vorgeschlagen. Bei Hochschulen kann sich ein Intemalisierungsvorteil bei-
39s Vgl.Brockhoff(2004),S. 323.
72
4 Erkl~.rungsmodell transnationaler Studienangebote
spielsweise dutch die Anwendung spezifischer Lehrmethoden realisieren lassen. 396 Die Harvard Case Method stellt beispielsweise eine solche Form des Unterrichts dar, bei der Hochschullehrer bestimmte Qualifikationen besitzen miissen, um diese effizient durchzufiihren. 39vDer Erwerb der Fiihigkeiten zum Ausiiben der Methode stellt eine spezifische Investition in Humankapital dar, die die Spezifitiit der Lehrleistung erh6ht und einen Intemalisierungsvorteil begriindet. Wenn zus~itzlich noch Standortvorteile am Zielort existieren, soil nach der eklektischen Theorie die Form der internationalen Direktinvestition gewiihlt werden. Ein Standortvorteil fiir deutsche Hochschulen kann sich dutch die Priisenz einer einheimischen Hochschule mit technischer Infrastruktur fiir modeme Unterrichtsformen realisieren lassen. Mittels der Eintrittsform des Joint Ventures k6nnten diese dann beispielsweise dutch die deutsche Hochschule verwendet werden. 4.1.2
Wahl der Leistungstiefe
Die Wahl der Leistungstiefe fiir transnationale Studienangebote kann mit Unterstiitzung der Transaktionskostentheorie getroffen werden. Ziel ist es dabei, fiir jede Transaktion die jeweils effizienteste Einbindungsform in Abhiingigkeit von der Spezifitiit, der Verhaltensunsicherheit und der strategischen Bedeutung zu w~hlen. Transnationale Studienangebote sind eine Kombination von Einzelleistungen der Hochschule. Im Wesentlichen bestehen diese aus zwei Komponenten: akademischen Leistungsbestandteilen und administrativen Leistungsbestandteilen. Diese k6nnen jeweils weiter unterteilt werden: Im Bereich der akademischen Leistungen sind dies die Entwicklung und die laufende l~lberarbeitung des Curriculums, die akademische Lehre und Priifungen sowie die akademische Betreuung der Studierenden. Die administrativen Leistungen (oder Verwaltungsdienstleistungen) setzen sich zusammen aus dem Finanzwesen, dem Marketing, der administrativen Betreuung (z.B. Priifungsverwaltung, Einschreibung) und der Koordination der Vorlesungsriiume. 398 Die einzelnen Leistungen k6nnen anhand ihrer Umweltmerkmale beschrieben werden. Hier sind insbesondere die Auspriigung der Spezifitiit und die strategische Bedeutung der Leistung zu nennen. In Abhiingigkeit von der Auspriigung k6nnen die einzelnen Bestandteile an einem Kontinuum mit steigendem Grad der beiden Merkmale dargestellt werden. Beispielsweise besitzt die Entwicklung oder Uberarbeitung des Curriculums einen h6heren Spezifitiitsgrad als die administrative Betreuung. Diese kann aus einer spezifischen Investition in Humankapital, in diesem Fall den Hochschullehrer, der mit der Entwicklung des Curriculums beschiiftigt ist, hergeleitet werden. Ebenso besitzt die Entwicklung des Curriculums eine h6here strategische Bedeutung, da das Curriculum ursiichlich zur Differenzierung des Studienangebots von anderen Hochschulen
396 Brockhoff(2004),S. 324. 397 Zum Einsatz der FaUstudienmethodein Hochschulenmit Fokus auf die betriebswirtschaftlicheAusbildungsiehe Kleine (1981). 398 Vgl.dazu auch Davis/Olsen/B6hm (2000),S. 41.
4.2 Organisatorische Gestaltungsm6glichkeiten transnationaler Hochschulausbildung
73
beitriigt. Diese Art der Einordnung wird in Abbildung 16 mit dem Systematisierungskriterium der Spezifitiit wiedergegeben.
Curriculumentwicklung / -eberarbeitung .1= o
w
o,..
Akademische Pr(3fungen
E 4) m
Lehre
e-
Akademische Betreuung W
Finanzwesen
C
.-:, ._, Marketing .,.. eo,..
E '10
Administrative Betreuung Raum koordination
Abbildung 16: Leistungsbestandteile transnationaler Studienangebote. Bei der Wahl der Leistungstiefe transnationaler Studienangebote kann mithilfe der Transaktionskostentheorie ffir jede Einzelleistung eme Entscheidung hinsichtlich der effizientesten, institutionellen Einbindungsform getroffen werden. Nimmt man den Grad der Spezifitiit als Ausgangspunkt der Betrachtung, so kann for jeden Grad der Spezifit~it eine bestimmte Koordinationsform gewiihlt werden. Ein bestimmtes transnationales Studienangebot wird in der Folge aus einer Mischung marktlicher, hybrider und hierarchischer Einbindungsformen bestehen. Je nach Kombination kann die I,eismngstiefe des Studienangebots als gering, mittel oder hoch bezeichnet werden. Studienangebote mit geringer Leistungstiefe sind gepr~.gt dutch vorwiegend marktliche Koordinationen der administrativen Leismngen und der akademischen Leistungen mit geringem Spezifitiitsgrad. Studienangebote mit mittlerer I,eistungstiefe sind vorwiegend durch hybride Koordinationsformen der akademischen Leistungen gepriigt, wiihrend Studienangebote mit hoher Leistungstiefe durch vorwiegend hierarchische Koordination aller Leistungsbestandteile gepriigt sind.
4.2
Organisatorische Gestaltungsm6glichkeiten transnationaler Hochschulausbildung
Die beiden Dimensionen sollen nun in ein Erkliirungsmodell iiberfohrt werden. Abbildung 17 zeigt dieses Modell und die aus den generischen Markteintrittsformen abgeleiteten, idealtypischen
74
4 Erkl~irungsmodell transnationaler Studienangebote
Formen transnationaler Studienangebote. 399 Die beiden Dimensionen beschreiben damit die Organisationsstruktur im Sinne des situativen Ansatzes. Als Einflussgr6Be auf die Wahlentscheidung wird im Folgenden auf die Spezifit~it als zentrales Entscheidungsmerkmal fokussiert. Das verwendete Effizienzkriterium ist die H6he der Transakfionskosten, die minimiert werden soil. Im ModeU bezeichnet ein Studienangebot im linken unteren Teil somit eine Form mit geringem Grad der Kontrolle und Steuerung und niedrigem Grad der Leistungstiefe. Formen mit hohem Grad der Kontrolle und Steuerung und hohem Grad der Leistungstiefe sind im Modell oben rechts angetragen.
"11
=